Wie verhält sich die Neutralität im Ukraine-Konflikt? Wäre diese eine Lösung für das Land? War Österreich gut beraten, von sich aus eine Neutralität der Ukraine zu empfehlen? Darüber befragt Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.
Wie verhält sich die Neutralität im Ukraine-Konflikt? Wäre diese eine Lösung für das Land? War Österreich gut beraten, von sich aus eine Neutralität der Ukraine zu empfehlen? Darüber befragt Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.
Kein Land hat eine so hohe Inflation wie Österreich.
Aber dennoch sind Österreich und das ähnlich rasch teurer werdende Deutschland Opfer der angeblich notwendigen Anti-Deflations-Politik der Europäischen Zentralbank. Das hat für alle Sparer und Jungfamilien verheerende Folgen. So kostet in Wien schon die Hälfte aller Eigentumswohnungen über 300.000 Euro (weshalb auch klar ist, dass das künftige Luxushochhaus neben dem Konzerthaus, das die Politik so gerne bauen will, nur auf russische Oligarchen und ein paar andere Superreiche setzt). Aber dennoch fährt die EZB ungeniert weiter mit dem Gelddrucken fort. Um es in Zahlen zu sagen: Der tägliche Einkauf ist hierzulande selbst nach Angaben der Statistiker um 3,8 Prozent teurer geworden. Da ist das Billigerwerden von Benzin und Flugreisen kein wirklicher Trost. Oder gar der – in Wahrheit dringend notwendige! – Rückgang von Preisen im Griechenland.
The Erste Bank is considering: Should they move their headquarters to Prague? This news has been leaked by the Czech president Zeman, a socialist, making it semi-official through his acknowledgement. Since then, however, the media here in Austria still doesn't seem to have the subject under its radar.
But of course those in the know have realised that this move has been something the bank, which has had its headquarters in Vienna for around 195 years, has been considering for some time. What really happens with this plan rests with the government in Vienna. And that means with their tax plans. The regional government, not content with leaving the banks to be hit by the national banking tax also want to add the European banking tax and at the same time reach a new world record in the taxes that the bank is expected to pay. Of course this sort of suggestion is perfectly feasible in the political world, even if no bank in the real world can accept it.
Of course in particular the SPÖ is at the forefront of cashing in on this populist proposal to improve their profile. As far as they're concerned chasing the banks out of the country is in a party political sense completely irrelevant. They have after all completely ruined all the banks that had the misfortune of being linked in with them. Either that or they have driven them out of the country. The only banks remaining are those that are quasi-linked with the citizens rather than politicians.
Of course, opposition from the ÖVP to the move is barely noticeable. They would rather allow a working, major bank to leave the country than be outed as a friend of the bankers. Particularly scandalous is how the future boss of the Wiener Kammer and the Wiener Wirtschaftsbundes reacted. He's not worried about the business location Vienna or the banks – he's more worried about issues dealing with the gay community.
And what about the opposition? Greens and even more so blues (FPÖ) are already active in chasing banks. One hates the ideology of the banks and everything they stand for, the other doesn't have any idea about the economy. As far as the other opposition are concerned – there is nothing to be heard.
The Raiffeisen bank – which has a clearly identifiable and strong connection to the ÖVP – remain in the country, but then again it is right up to its eyeballs in difficulties which stretch all the way from the Ukraine through the "Kurier" to biomass.
It seems that nobody in politics understands exactly how catastrophic the situation is in this country when we don't have any large banks.
But the Chancellor Faymann does not seem to care about that. He thinks that without any problem it's entirely sustainable as infinitum that Austrians banks can happily pay more tax than the banks do for example in Germany. And that's despite the fact that Germany is twice the size of Austria.
It seems as if the Erste boss Treichl has given up any hope that anything like these points will take root in Faymann's head. Politics like this will simply not work. About that there is a 100% guarantee. Even those who do not yet have a school leavers certificate should be able to get their head around it. As for Faymann's coalition partner, they are just hanging beaten in the rigging.
And as a footnote, it's not just the bank taxes and the hostile atmosphere in Austria which is driving away the banks. It is also the individual managers, who can now see how much of their salaries are vanishing in taxes and other costs and how much more money they get to keep even if the salary remains the same if they move to the Czech Republic?
Those individual managers can see that better than most who remain behind because, after all, the bank has been active in the Czech Republic now for many years. And Prague, like Vienna, is a wonderful city.
This text was translated into English by the British journalist Michael Leidig and his team at the Central European News agency. He can be contacted for corrections and improvements to the English here: (editor@cen.at)
Im Juni 2012 wurde Ayman Ali zum Vizepräsidenten der Föderation Islamischer Organisationen in Europa (FIOE) ernannt. Das ist die Dachorganisation der Muslimbruderschaft in Europa. Gleichzeitig machte der damalige ägyptische Muslimbruder-Präsident Mursi ihn zu seinem Sprecher.
Im August 2012 wurde Ali als einer der vier Präsidentenberater Mursis ausgewählt. Von offizieller Seite Ägyptens wurde er damals als Mitglied der Muslimbruderschaft und Arzt beschrieben. Im Februar 2013 identifizierte eine ägyptische Zeitung Ali als hochrangiges Mitglied des ägyptischen Muslimbruderschaft-Guidance Bureau (http://www.globalmbwatch.com/ayman-aly/).
Während seiner Tätigkeit bei der FIOE war er zusammen mit Multifunktionär Ibrahim El-Zayat im Namen der Weltvereinigung der Muslimjugend – die kein Mitglied der FIOE ist – verantwortlich für Summen in Millionenhöhe. Diese Weltvereinigung ist eine saudisch geführte Organisation, die die wahhabitische Spielart des islamischen Fundamentalismus propagiert und von den USA sowie den Vereinten Nationen im Jahr 2004 offiziell zur Terrororganisation erklärt wurde (http://www.pi-news.net/2010/06/dialogpartner-idriz/). Viel von diesem Geld ging auch an die Niederlassung der Taibah in Bosnien, die ebenfalls von den USA als terroristische Organisation eingestuft wird.
US-Regierungsbehörden und Beamte haben dargelegt, dass diese Muslimjugend nicht nur dazu beigetragen hat, den islamischen Extremismus auf der ganzen Welt zu verbreiten, sondern auch terroristische Aktivitäten in Ländern wie Bosnien, Israel und Indien gefördert hat (https://koptisch.wordpress.com/2010/09/16/der-vormarsch-der-muslimbruderschaft-in-europa/).
Die Initiative liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) fordert das sofortige Verbot der Muslimbrüder in Österreich und die Schließung ihrer Hauptzentren in Wien und Graz.
Die Muslimbrüder haben in Österreich seit Jahren ein großes Netz aufgebaut und zahlreiche Moschee-Vereine unterwandert. Sie sind auch in der Führung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) seit Jahren stark vertreten. Die Muslimbruderschaft wurde 1928 von Hassan al-Banna in Ägypten gegründet und ist bis heute der Kern vieler islamistischer Terrororganisationen wie etwa Al Kaida, Hamas, Hizb ul Tahrir und Hisbollah.
Nachdem der britische Premierminister David Cameron Anfang April ankündigte, die Aktivitäten und Verbindungen der Gruppe zu Terroranschlägen prüfen zu lassen, verlegte nach glaubwürdigen Angaben die Führung der Muslimbrüder ihre aktivitäten vom Vereinigten Königreich nach Graz. Damit wird Österreich zum Zentrum des islamistischen Terrors und der fortschreitenden Islamisierung Europas.
Die Initiative Liberaler Muslime Österreich, die sich als Sprecher des liberalen europäischen Islam versteht, ist gerne bereit, einen konstruktiven Beitrag zu leisten und appelliert an die Öffentlichkeit und besonders an die Politik, die extremistischen Tendenzen unter den islamischen Organisationen nicht weiter zu ignorieren, zu leugnen oder schön zu reden. Man muss sich damit ebenso kritisch wie mit anderen extremistischen weltanschaulichen Erscheinungen auseinandersetzen und damit zur Entwicklung und Etablierung eines liberalen und zeitgemäßen Islam in Europa unterstützend beizutragen.
Amer Albayati (*1942 in Bagdad) ist Journalist, Islam- und Terror-Experte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten neuen Islamischen-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ).
www.initiativeliberalermuslime.org
Die Ähnlichkeit zwischen EU, der Unterrichtsministerin und den Universitäten ist rasch gefunden: Sie alle wollen uns für blöd verkaufen. Politik in Österreich wie in der EU wird nur noch als Show veranstaltet. Und die „Forscher“ wollen nur kassieren, ohne an einer Umsetzung interessiert zu sein. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen der Politik wie der Forschung überdrüssig werden. Aber da sie selbst die Betroffenen sind, sollten sie sich wehren.
Das zeigen wieder ganz aktuelle Beispiele.
Da beschließt das EU-Parlament schnell vor den Wahlen noch etwas, was es halt für besonders populär hält. Und alle Jubelmedien berichten groß und freudig erregt: Jetzt gebe es die europäische Bankenunion, künftig werden Eigentümer und Gläubiger in die Pflicht genommen, nicht mehr wie bisher die Steuerzahler.
Wie bitte? Wieso braucht es das EU-Parlament, um Eigentümer und Gläubiger beim Crash einer Bank zur Kassa zu bitten? Das kann man doch seit Jahrhunderten, seit es Banken gibt. Nur hat man im wirklichen Leben immer wieder die Gläubiger (=Einleger) geschont.
Es war sogar die EU selber, die einst auf Josef Pröll massiven Druck ausgeübt hat, nur ja die Hypo zu retten. Auf Kosten der Steuerzahler. Jetzt aber stellt sich die EU als Retter der Steuerzahler da. Absurder geht’s kaum.
Gewiss, damals wie auch bei allen anderen Bankenrettungen sind die Absichten der „Retter“ nachvollziehbar: Sie wollen einen Domino-Effekt vermeiden. Denn wären die Einlagen der Gläubiger ganz oder weitgehend futsch, wären auch die Gläubiger kaputt. Das sind bei Banken die Ein- und Anleger, also sehr oft Unternehmen mit sehr vielen Arbeitsplätzen. Das macht einen Bankencrash gewiss nicht einfach.
Nur eines bitte sollte man doch ehrlich zugeben: An dieser Problematik ändert sich durch den Bankenunion-Beschluss der EU absolut nichts. Kann sich auch nichts ändern. Außer dass jetzt noch mehr die Nöte der griechischen/zypriotischen/spanischen (usw.) Banken das Problem aller Europäer sind. Was ich nicht unbedingt als eine Verbesserung ansehe. Und der gleichzeitig propagierte Haftungsfonds wird erst nach acht(!!) Jahren gerade so viel Geld aufweisen, wie ein einziger größerer Bankencrash kostet.
Der Zorn heißt nun gewiss nicht, dass ich vorgäbe, an Stelle der EU den Stein der Weisen zu haben. Ein Bankencrash bleibt immer eine schlimme Sache, fast so schlimm wie ein Ländercrash. Der Zorn richtet sich aber gegen die Kritiklosigkeit der tief in die Medien hineinreichenden EU-Propagandisten, die jetzt so tun, als hätte das EU-Parlament das Problem gelöst. Als hätte die EU den Stein der Weisen gefunden.
Zornig macht auch der EU-Jubel über die nun beschlossene Vereinheitlichung von Steckern zum Aufladen von E-Autos. Diese Stecker sind zwar wunderbar – aber zehntausendmal wichtiger wäre es, wenn es endlich die seit Jahrzehnten fehlende europaweite Vereinheitlichung von ganz normalen dreipoligen E-Steckern gäbe. Aber darüber schweigt man halt. Obwohl jeder solche Geräte hat.
Gewiss ist auch da eine Vereinheitlichung nicht leicht. Aber es ist wirklich ärgerlich, wie man uns ständig für blöd verkauft, indem das wirkliche Problem verschwiegen wird. Und wie viele Medien da mittun.
Für blöd will uns auch die Unterrichtsministerin verkaufen: Heinisch-Hosek lädt jetzt serienweise zu Gipfeln über das Sparprogramm in den Schulen ein. Dabei hat sie schon alle entsprechenden Weisungen und Einsparungen verbindlich hinausgejagt. Was sollen da noch die Gipfel? Dass die Ministerin dann sagen kann, die Betroffenen hätten ja selber zugestimmt, dass sie beispielsweise statt in der neunten in der achten Schulstufe sparen wollen? Dass die Betroffenen selber entscheiden müssen, ob sie lieber gerädert oder gevierteilt werden?
Die ganze Schulpolitik ist nur noch zyklischer Schwachsinn: Regelmäßig wird von deren Vorrang schwadroniert und davon, welche Wohltaten eines ständig noch besseren Unterrichts wir denn nicht alle den Politikern zu verdanken hätten. Bis man dann halt ganz zufällig regelmäßig draufkommt, dass man ja gar kein Geld hat und sparen muss. Und dann ganz heimlich die Weisungen hinausgibt.
Besonders effektvoll beim Ruf nach Geld ist auch die Universitäten- und Bildungs-Lobby. Da sind wieder alle Medien ehrfurchtsvoll mit ihrer Unterstützung dabei (nur beim plötzlichen Sparen Heinisch-Hoseks auf Kosten der Schüler durchschauen sogar die Zeitungen den Schwachsinn). Aber wenn Universitäts-Professoren jammern, dann stimmen alle mit ein.
Zu Unrecht. Denn abgesehen von dem unglaublichen Blödsinn, den viele geistes- und sozialwissenschaftliche Professoren verzapfen, macht auch ein aktueller Anlass in Hinblick auf die Grundlagen- und Ingenieurwissenschaften stutzig: Da verkündet die amerikanische Firma Google, dass sie jetzt abgelegene Gegenden aus der Luft durch Drohnen mit Internet versorgen wird. Super. Aber die Leistung der Amerikaner wird hierzulande sofort heruntergespielt – weil die EU „schon vor zehn oder fünfzehn Jahren“ dazu geforscht habe.
Da schau ich ja: Die EU lässt – natürlich immer auf unser aller Geld – forschen (im Klartext: Professoren haben kassiert). Aber dann passiert nichts mehr. Nur die Amerikaner setzen auch um. Wieder einmal. Solche Umsetzung ist jedoch das einzige Gewinnbringende an der Sache. Während hierzulande Forschung und die Unis (wie sie heute speziell in Österreich aufgestellt sind) nur kosten, sich aber nicht um die Umsetzung kümmern.
Wenn man es ganz pointiert formulieren möchte, dann kann die Forschungslobby bei uns eigentlich nur eines: Uns für blöd verkaufen. Und die Medien sind ob der Uni-Forderungen regelmäßig ergriffen und kassieren ganz zufällig Gelder für dicke Forschungsseiten.
Fast jede Woche rufen Menschen bei der aktion leben an und fragen, wie viele Schwangerschaftsabbrüche es in Österreich gibt. Unsere Antwort ruft regelmäßig Staunen hervor. Sie lautet: Wir wissen es nicht! Wir kennen keine absoluten Zahlen und keine Details. Es gibt keine Statistik und keine Erforschung der Motive, die zu Schwangerschaftsabbrüchen führen.
Je länger wir uns mit dem Thema beschäftigen, desto unhaltbarer finden wir diese Situation: Wir zählen doch alles, von den Bienenvölkern bis zu den Sonnentagen. Reichen uns in einem so wichtigen Lebensbereich Schätzungen, die sich noch dazu aus den Veröffentlichungen einzelner Institute ableiten, also potenziell interessengeleitet sind? Rotraud A. Perner hat offenbar recht, wenn sie meinte, die „dunkle Seite der Sexualität", zu der sie die Abtreibung zählt, werde gern verdrängt und verleugnet.
Dieses Nicht-Wissen-Wollen, das Österreich im Besonderen auszeichnet, hilft sicherlich nicht weiter. Die Daten- und Faktenlage zum Thema Abtreibungen auf international übliches Niveau zu bringen, halten wir für besser und reifer. Mit der Bürgerinitiative „Fakten helfen" machen wir konkrete Vorschläge, wie es gehen kann. Unser Ziel ist, eine bundesweite anonymisierte Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und deren jährliche Veröffentlichung zu erreichen, sowie die regelmäßige wissenschaftliche und anonyme Erforschung der Gründe für Schwangerschaftsabbrüche.
Eine anonyme Statistik und eine regelmäßig durchgeführte Motiverhebung sind kein Selbstzweck. Sie sind die Grundlage dafür, die Konfliktlage von Frauen besser zu verstehen, Entwicklungen zu beobachten und daraus Maßnahmen abzuleiten. Sie sollten wie in anderen Lebensbereichen auch die Grundlage für politische Entscheidungen sein.
Alles deutet darauf hin, dass Schwangerschaftsabbrüche sehr häufig sind, wahrscheinlich kennt jede und jeder im persönlichen Umfeld eine betroffene Familie. Es ist also kein Randthema, sondern für viele Menschen sehr wichtig.
Versteht man Schwangerschaftsabbrüche als Notwehrmaßnahme, wie wir das aus unserer Erfahrung in der Schwangerenberatung tun, muss man tätig werden. Sehen wir weg, bedeutet das nichts anderes als ein Desinteresse an der Konflikt- und Notsituation von Frauen. Es geht schließlich auch um die Kinder: Was können wir tun, um mehr Frauen und Paare zu einem Ja zum Kind zu ermutigen? Wenn wir mehr wüssten, könnten wir bedarfsgerechter helfen und vor allem auch besser vorbeugen.
Sachlich lassen sich alle Gegenargumente leicht entkräften. Anonyme Statistiken zu Abtreibungen sind technisch kein Problem, das statistische Zentralamt hätte keine Schwierigkeiten damit, die Daten zentral zu sammeln und seriös auszuwerten. Es gibt keine Erschwernis für Frauen, weil die Grunddaten im Rahmen der ärztlichen Anamnese ohnehin erhoben werden. Für eine Statistik müssten sie lediglich von der Ärztin, dem Arzt oder dem durchführenden Institut anonymisiert weitergegeben werden.
Die Mitwirkung an der Motiverhebung ist freiwillig, dennoch wäre damit eine repräsentative Studie möglich. Frauen, die betroffen waren, haben oft sogar ein Interesse daran, dass die Hintergründe des Abbruchs erforscht werden, es ist nicht zuletzt eine Frage der Solidarität unter Frauen.
Die Bürgerinitiative ist eben erst gestartet, die Resonanz groß. Es geht nicht mehr um die Frage der Logik, es geht darum, ob es uns gelingt, ideologische Barrieren zu überwinden und zu mehr Sachlichkeit zu finden. Eine Datenerhebung, wie von „Fakten helfen" gefordert, wäre der Anfang einer sachgerechten und zeitgemäßen Beschäftigung mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch.
Mehr dazu lesen Sie auf der Kampagnen-Homepage www.fakten-helfen.at. Dort gibt es auch Unterschriftenbögen zum Herunterladen. Bitte unterzeichnen Sie für dieses wichtige Anliegen.
Mag. Helene Göschka, aktion leben Österreich.
In der Ukraine kann es nun offenbar doch zu einem großen Brand kommen, nachdem es ein paar Tage lang nach einer relativen Beruhigung ausgesehen hatte. Ohne dass diesen großen Brand wohl jemand so beabsichtigt, ohne dass ihn jemand wirklich will. Aber die Akteure haben nicht wie ein Schachspieler gleich mehrere Züge weitergedacht, sie haben nicht die weiteren Konsequenzen überlegt. Wer ist schuld daran?
Vor der Prüfung der ukrainischen Schuldfrage machen wir einen ebenso aktuellen und zugleich lehrreichen Blick auf einen ganz anderen Kontinent. Ohne dass es in Europa sonderlich beachtet worden ist, tobt in Afrika von Monat zu Monat schlimmer ein immer heftiger werdender Krieg, der schon abertausende Todesopfer gefordert hat: Von Küste bis Küste ist südlich der Sahara ein erbitterter Kampf zwischen Moslems und Christen im Gang. Fast in jedem der Länder, die sowohl moslemisch wie auch christlich-animistisch sind, ist ein furchtbares gegenseitiges Abschlachten in Gang, das offenbar niemand mehr stoppen kann.
Wohl sind dort offensichtlich die Moslems die Brutalsten, sei es in Nigeria, sei es in Mali, sei es in Ägypten, sei es in Somalia. Aber auch die Christen schlagen mancherorts brutal zu, wie etwa in der Zentralafrikanischen Republik. Und niemand wird je genau sagen können, ob es ein Zuschlagen oder ein Zurückschlagen ist. Gleichzeitig wird vieles dieser religiösen Polarität auch von Stammes-Antagonismen und Kriminalität überlagert. Tatsache ist aber: Europa schaut weitgehend weg. Mit der kleinen Ausnahme Frankreichs, das in einigen seiner ehemaligen Kolonien zwar für Ordnung zu sorgen versucht, aber das ebenfalls zunehmend hilflos wirkt.
Diese sich immer mehr eskalierende afrikanische Dramatik wird in Europa freilich auch deshalb gerne übersehen, weil viele hier ja das Gefühl haben, von den Tugendwächtern würde jede Äußerung zu Afrika sowieso als rassistisch eingestuft. Umso gebannter blickt Europa auf die Vorgänge in der Ukraine. Aber hilflos ist es offensichtlich auch dort.
Wer aber ist schuld an den dortigen Eskalationen?
Es besteht kein Zweifel: Selbst wenn jedes Detail wahr wäre, dass die russische Propaganda verbreitet (und das am linken wie auch am rechten äußersten Rand hierzulande auch erstaunlich kritiklos geglaubt wird), so liegt doch eindeutig die Hauptschuld bei Russland. Denn nichts von den Vorgängen in der Ukraine rechtfertigt eine Intervention von außen, selbst wenn die erfindungsreiche Propaganda Russlands die volle Wahrheit sagen sollte.
Russland ist weder bedroht worden noch hat es in der Ukraine der letzten Wochen Menschenrechtverletzungen in einer relevanten Diskussion gegeben. Auch hat der UNO-Sicherheitsrat in keiner Weise eine Intervention auf der Krim und jetzt in der Ostukraine genehmigt.
Dennoch kann kein Zweifel mehr bestehen, dass auch in der Ostukraine die Besetzungen von Moskau durchgeführt worden sind. Wie auf der Krim sind es militärisch organisierte Einheiten, die in organisierter Art ein Gebäude nach dem anderen besetzen. Und da Marsmännchen auch in der Ukraine relativ selten sind, sind es wohl unzweifelhaft neuerlich russische Spezialtruppen.
Mit seinen Interventionen verstößt Moskau nicht nur gegen die vielen Chartas, die seit 1945 ausdrücklich ein Gewaltverbot beschwören. Moskau verletzt zusätzlich auch jenen Vertrag, in dem der Ukraine einst gegen eine Rückgabe ihrer Atomwaffen eine Unverletzlichkeit der Grenzen garantiert worden ist.
Selbst wenn man dem FPÖ-Wien-Sprecher Gudenus zustimmen mag, dass viele Berichte im Westen über die Vorgänge in Kiew einseitig waren, so rechtfertigt das dennoch niemals die Aktionen russischer Soldaten in der Krim und der Ostukraine. Jeder seriöse Vergleich zeigt: Im Grund sind der erste wie der zweite Weltkrieg mit ihrem millionenfachen Leid dadurch ausgelöst worden, dass jemand mit Gewalt Grenzen verändern wollte.
Das sollte auch ein Herr Gudenus begreifen.
(Apropos Vergleiche: Dieser Blog wird weiterhin vergleichen, auch wenn Vergleiche neuerdings von den Tugendwächtern auf den Index gesetzt worden sind. Denn in Wahrheit kann es ohne Vergleiche niemals eine historische Einordnung und eine seriöse Beurteilung geben).
Der Ruf nach einem Verzicht auf militärische Gewalt (außer in den genannten Situationen) kann aber nicht den zweiten in der Ukraine verletzten Grundsatz vergessen lassen: das Selbstbestimmungsrecht. Die Entscheidung, welchem Staat die Menschen eines Gebietes mehrheitlich zugehören wollen, steht in Wahrheit sogar höher als das demokratische Grundrecht zu entscheiden, ob die Partei X, Y oder Z diesen Staat regiert. Es kann keine echte Demokratie ohne Selbstbestimmung geben.
Dieses Grundrecht wird aber bis heute nicht allgemein anerkannt. Weder in der Ukraine noch im Westen. Auch in Russland übrigens nicht. Hier gilt nur: Putin schützt russische Interessen, wo auch immer sie bedroht sind. Aber er gewährt dort keine Selbstbestimmung, wo sie weg von Russland führen würde.
Das Recht auf friedliche Selbstbestimmung hat die Tschechoslowakei eingesehen – und fährt gut damit. Das hat Kanada eingesehen – und fährt gut damit. Das hat Großbritannien eingesehen – und wird damit wohl auch gut damit fahren.
Das akzeptieren aber Italien und Spanien sowie viele andere Staaten nicht. Für sie sind die Zahl der beherrschten Quadratkilometer und damit der „Nation“ noch immer zentral. Solche Länder fahren jedoch in Wahrheit von Venetien bis Katalonien schlecht damit. Diese Länder begeben sich mit der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts auf Dauer in Konflikte, die eigentlich ins 19. Jahrhundert gehören.
Es wäre ein gewaltiger Fortschritt, wenn es nicht nur in klugen Staaten wie Großbritannien oder der Tschechoslowakei ein klares völkerrechtliches Prozedere gäbe, wie solche Selbstbestimmung stattzufinden hat. Natürlich braucht es ein klares Quorum. Klar ist auch, dass ein Referendum jedenfalls mit ordentlicher Vorbereitungsfrist und in voller Artikulationsfreiheit für alle Beteiligten ablaufen muss. Die Völkerrechtler täten daher gut daran, sich viel stärker darauf vorzubereiten.
Wer hingegen wie Gudenus ernsthaft meint, die Voraussetzungen eines ordentlichen Referendums wären etwa in der Krim gegeben gewesen, dem ist nicht zu helfen. Noch weniger zu helfen ist ihm, wenn er das Gewaltverbot ignoriert. Wer ernsthaft Gewaltanwendung mit dem Wort „Selbstbestimmung“ rechtfertigt, der nimmt letztlich in Kauf, dass die halbe Welt in Brand gesteckt wird.
Seine Argumentationslinie gibt übrigens auch den antirussischen Kämpfern in Tschetschenien und anderen Regionen jede Legitimation in die Hand. Ob das den diversen Russenfreunden bewusst ist?
Eine qualitativ wichtige Vorstufe zur Selbstbestimmung wäre jedenfalls das Recht auf regionale Autonomie. Rechtzeitige und freiwillige Autonomie nimmt enorm viel Druck aus Konflikten. Aber dennoch wird noch immer selbst der bloße Ruf nach dieser mancherorts bestraft.
Erst in dritter Linie sind jene Staaten zu tadeln, die ungefragt und von keiner Seite aufgefordert der Ukraine eine Brücken- oder Neutralitätsfunktion geben. Denn mit solchen ungewünschten Vorschlägen widersprechen sie sowohl der Souveränität der Ukraine wie auch dem Selbstbestimmungsrecht.
Das Recht auf Selbstbestimmung muss ja wohl auch für die Ukraine selbst gelten. Wenn die Krim-Bürger ihre Zugehörigkeit frei wählen können, muss dasselbe Recht auch für die Ukraine beziehungsweise ihre Bewohner gelten.
Oder sollen nur Russen dieses Recht haben? Ist man etwa gar dafür, dass ein paar Staatsoberhäupter die Welt wieder nach ihrem Gutdünken einteilen sollen, so wie sie es auf dem Wiener Kongress oder in Jalta getan haben?
Wer die betroffenen Menschen als einzige letztlich relevante Entscheidungsgrundlage nicht ernst nimmt, der kehrt wieder zum Faustrecht zurück.
Hinter dieser grundlegenden Auseinandersetzung um Werte gibt es einige ganz erstaunliche Veränderungen in den staatlichen Beziehungen zu beobachten, deren Konsequenzen wir noch gar nicht abschätzen können:
Jede Statistik zeigt es: Die Arbeitslosigkeit ist umso höher, je niedriger der Bildungsabschluss ist. Das heißt: Wir müssen das Bildungsniveau heben, damit unsere Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt. Der Schluss ist absolut richtig. Nur: In der Praxis hat die Politik jedoch das absolute Gegenteil getan.
Sie hat die Zahl der Abschlüsse gehoben, aber das Bildungsniveau gesenkt. Sie hat in ihrer Naivität geglaubt, dass in der wirklichen Welt der formale Abschluss und nicht das Können entscheidet.
Daher:
Der für das Überleben unserer Wirtschaft und damit unseres Wohlstandes richtige Weg würde nicht in einer Senkung, sondern einer Hebung der Ansprüche bestehen. In Leistungstests VOR jedem Schul- und Universitätsbesuch durch diese Schulen selbst. In Vielfalt und Spezialisierung eines von staatlichen Eingriffen befreiten Bildungssystems. In Reduktion der staatlichen Eingriffe auf regelmäßige – etwa alle zwei Jahre stattfindende – Tests. In voller Transparenz über alle Tests. In Umstellung auf ein Voucher-System, wo jedes Kind gleich viel wert ist (wo es nur Zusatz-Ausgaben für technische Studien und fremdsprachige Schüler gibt).
Und – last not least – in einem gesteigerten Respekt von uns allen für das sensationell gute duale System, also für die Ausbildung junger Lehrlinge in Schule UND Wirtschaft.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Bis über Ostern ist jetzt in Deutschland offenbar wieder Ruhe mit Streiks. Vor kurzem hat der Ausstand weniger Tausend Lufthansa-Piloten noch eine halbe Million Menschen lahmgelegt. Einige Tage davor hat ein Teil des Bodenpersonals in Deutschland Flughäfen lahmgelegt. Davor haben die deutschen Lokomotivführer als Einzelgruppe gezeigt, wie stark sie sind.
Da kann man als Österreicher einmal wirklich aufatmen. Die Streikfreudigkeit ist hierzulande äußerst gering und damit auch einer der großen Wettbewerbsvorteile dieses Landes. Das darf man durchaus mit Freude festhalten.
Die mangelnde Streiklust ist sicher auch eine Folge der Tatsache, dass es in Österreich seit 1945 eine einheitliche Gewerkschaft gibt. Und es ist kein Zufall, dass gerade in den besonders streikfreudigen (und daher wirtschaftsschwachen) Ländern Italien und Frankreich mehrere Gewerkschaftsbünde gleichberechtigt miteinander konkurrieren.
In Österreich hingegen hat nicht jede Gruppe eine eigene Organisation, um ihre Interessen durchzusetzen. Hier finden in der Regel einmal im Jahr Kollektivvertragsverhandlungen statt. Die sind zwar oft von heftigen Drohungen begleitet, aber diese werden nur selten realisiert. Und dann ist jedenfalls wieder Ruhe.
Die deutschen Piloten haben keine Sympathien verdient, wenn sie zusätzlich zu ihrem Durchschnittsgehalt von 180.000 Euro jährlich auch noch um ein Pensionsantrittsalter von 55 Jahren kämpfen (wobei ohnedies auch die Firmenpension danach sechsstellig, also mehr als gut wattiert ist). Da anderswo Piloten längst um einen bloß fünfstelligen Betrag fliegen, steht längerfristig mit den Pilotengehältern auch das Überleben der ganzen Lufthansa zur Debatte. Diese ist im Grund der letzte große europäische Luftkonzern, der noch existiert und der nicht schon verzweifelt nach einem arabischen oder sonstigen „Retter“ Ausschau hält.
Dennoch sollte man auch seinen österreichischen Patriotismus und das Lob für den ÖGB rasch wieder eindämmen: Denn im Schnitt ist in den letzten Jahren das hiesige Lohnniveau um rund 50 Prozent steiler gestiegen als das deutsche. Was sich sehr böse auswirkt und noch auswirken wird, wie jetzt schon die rapide steigenden Arbeitslosenzahlen beweisen. Dabei haben sich früher österreichische Gewerkschafter immer an den deutschen orientiert und immer die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft im Auge gehabt.
Manche werden nun einwenden, dass Österreich – trotz zahlreicher Pleiten und rapide steigender Verschuldung – noch immer die geringste Arbeitslosigkeit hat. Das stimmt nur nicht. Wenn man die (oft leider nur Pseudo-Charakter habenden) Schulungen durch das AMS und die Frühpensionen dazuzählt, ist das längst nicht so. Dann ist nach einer Berechnung der Agenda Austria die Arbeitslosenrate nicht mehr fünf oder sieben Prozent (die EU-Berechnung beziehungsweise die österreichische). Dann liegt die österreichische Arbeitslosenrate vielmehr schon über zehn Prozent.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Andreas Mölzer ist Geschichte. Zumindest in seiner Funktion als Abgeordneter der Freiheitlichen im Europaparlament. Mitleidsadressen sind unangebracht. Als lang gedienter Funktionär einer außerhalb des sozialdemokratischen Hauptstroms stehenden politischen Gruppierung weiß er, dass er unter argwöhnischer Dauerbeobachtung steht.
Während Linke Narrenfreiheit genießen und ungestraft von sich geben dürfen, wonach immer ihnen gerade ist, müssen Rechte eben peinlich genau auf jedes ihrer Worte achten. Das ist eben so. Dieses Prinzip hat er nicht beachtet. Nach einem Vergleich der EU mit dem NS-Regime (merke: Nazivergleiche sind ausschließlich dann statthaft, wenn sie von den Guten angestellt werden und keinesfalls, wenn es dabei um die geheiligte Eurokratie geht!) und einem ebenso sinnfreien wie unbeholfenen Sager („Die EU wird zum Negerkonglomerat“), der von selbsternannten Tugendwächtern als „rassistisch“ gewertet wird, hat er nun – mit einiger Verzögerung – sein Mandat zurückgelegt.
Das ist – man mag zu Andreas Mölzers Person und dem von ihm vertretenen Gedankengut stehen wie man will – aus mehreren Gründen durchaus kein Grund zum Jubeln. Zumindest dann nicht, wenn man es mit der Gedanken- und Meinungsfreiheit erst meint. Demokratie lebt nämlich davon und von der Vielfalt der zur Wahl stehenden Positionen. Aus der öden, immer stärker zum linken Einheitsbrei verrührten politischen Landschaft Kakaniens ragte er stets heraus. Schon weiland Jörg Haider schien der Burschenschaftler, der aus seinem Herzen keine Mördergrube und aus seiner deutschnationalen Gesinnung kein Hehl machte, hochgradig suspekt.
Auf seinem Marsch in jene Niederungen, in denen die kommunalen Proletensilos stehen, hatte er, der sich als einen „besseren Sozialdemokraten“ begriff, für einen rechtsgerichteten, ideologischen Tiefwurzler keinerlei Verwendung mehr. Stattdessen war nun sozialdemokratischer, allenfalls patriotisch angehauchter Pragmatismus angesagt. Das hat sich offensichtlich auch unter Haiders Nachfolger an der Parteispitze nicht geändert.
Die Geschichte wiederholt sich: Auch jetzt waren es am Ende nicht krause Strafrechtsphantasien von Möchtegernliteraten oder der geifernde Furor politisch korrekter Lohnschreiber, die zu Mölzers Rücktritt führten, sondern der „Vertrauensverlust in der eigenen Partei“. Der ewig unrasierte Sozialsprecher der Partei, Kickl, bezeichnete den Rücktritt als „logischen Schritt“. Wenn die von ihm apostrophierte „Logik“ darin besteht, die politische Landschaft Österreichs noch weiter nach links zu rücken, indem man – ein paar Wochen vor einer wichtigen Wahlentscheidung – den einzigen Freiheitlichen entfernt, der auf dem Europaparkett gleichermaßen über langjährige Erfahrung, großen Bekanntheitsgrad und Hirn verfügt, dann liegt er goldrichtig.
Zu meinen, dass der Rückzug Mölzers – sei es kurz- oder langfristig – auch nur einen einzigen der heutigen Kritiker der FPÖ dazu bringen könnte, zu verstummen oder ihr gar seine Stimme zu geben, ist geradezu lächerlich. Zu groß ist das Angebot an rosaroten Faserschmeichlern mit ausgeprägtem Hang zu Multikultigesellschaft und totaler Prinzipienlosigkeit. An verteilungs- und gesellschaftspolitisch linken Parteien herrscht im Land der Hämmer kein Mangel. Die Freiheitlichen positionierten sich – bislang – als einzige etablierte politische Kraft wenigstens gesellschaftspolitisch rechts der Mitte. Was dieser Rücktritt daher mit Sicherheit bewirken wird ist, einen Teil der freiheitlichen Wähler von der Wahlurne fernzuhalten.
Die FPÖ stand unter Mölzers Führung im Europaparlament – als einzige wählbare Alternative – für eine nicht europafeindliche, aber ausgeprägt bürokratie- regulierungs- und zentralisierungskritische Politik. Damit könnte es nun, so werden wohl viele potentielle Wähler befürchten, vorbei sein. Das Ergebnis wird in einem Nettoverlust an Wählern bestehen.
Ein schöneres Geschenk hätte der freiheitliche Parteivorstand seinen politischen Gegnern nicht machen können. Dem für eine funktionierende Demokratie notwendigen Meinungspluralismus hat er indes einen üblen Dienst geleistet. Aus reiner Feigheit und purem Opportunismus vor der linken Jagdgesellschaft in die Knie zu gehen, ist ein schwerer, ein unverzeihlicher Fehler. Wer soll, wer wird sich in Zukunft noch aus der Deckung wagen, um dem Meinungsdiktat anmaßender Bessermenschen entgegenzutreten?
Das Signal, dass die politische Korrektheit („solche Aussagen haben in unserer Partei keinen Platz“) ab sofort auch die freiheitliche Politik bestimmen wird, ist deprimierend. Nicht, weil „rassistische“ oder anderweitig neben dem Hauptstrom liegende Äußerungen zu begrüßen wären. Ganz und gar nicht. Sondern einfach deshalb, weil Nivellierung und Gleichschaltung den Tod der Freiheit bedeuten. Wie heißt die Voltaire zugeschriebene Formulierung: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen." Damit ist es nun endgültig vorbei – verheerend! Dass die über die Deutungshoheit verfügenden Dressureliten alles daran setzen, jeden Abweichler zu kriminalisieren und/oder mundtot zu machen, ist nicht neu. Dass dieser totalitäre Ungeist nun auch bei denen angekommen ist, die den Begriff „Freiheit“ sogar in ihrem Parteinamen führen, lässt sämtliche Alarmglocken schrillen!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Darf er das überhaupt noch? Als der Bundespräsident vor einigen Tagen sechs Sub-Auspiciis-Studenten der Technischen Universität Wien zu ehren hatte, stand er vor lauter Männern. Immer öfter sind trotz gewaltiger staatlicher Anstrengungen in ganz andere Richtungen solche politisch unkorrekten Phänomene zu beobachten. Und keine der vielen aus Steuergeldern bezahlten Feministinnen kann eine Erklärung dafür bieten; deren einstige Phrasen sind allesamt an der Wirklichkeit zerschellt. Dabei geht es gerade an der TU um die für die Erhaltung des Wohlstands wichtigsten Zukunftsdisziplinen.
Die Beispiele ließen sich lange fortsetzen:
Seltsame Ergebnisse, wenn man die Aktivitäten der vom Staat unterstützten feministischen Gegenseite betrachtet:
In der Tat eine seltsame Diskrepanz.
Zahllose Beispiele zeigen, dass trotz all der staatlich angeordneten Frauen-Bevorzugung in jenen Bereichen, wo es auf Wissen, Können und ehrgeiziges Bemühen ankommt, im Schnitt junge Männer viel interessierter und erfolgreicher sind.
Trotz unzähliger teurer Kampagnen wählen auch heute noch junge Mädchen viel lieber Lehrberufe wie Friseur, Kosmetik oder Einzelhandel. Während junge Männer viel stärker in technische und wissenschaftliche Ausbildungen gehen. Auch an den Unis sind die weiblichen Studenten zwar in der Überzahl. Sie strömen aber massenweise in Ausbildungen, die zwar interessant und meist leicht sind, die aber auf dem Markt nicht gefragt werden.
In Wahrheit lässt sich schon mit diesen Ausbildungs-Interessen der Frauen, sowie an Hand der Zahl der real geleisteten Arbeitsstunden und des nach wie vor unterschiedlichen Pensionsantrittsalters die von einigen Medien ständig beklagten Unterschiede im Durchschnittseinkommen erklären. Allerdings werden diese Erklärungen fast nie hinzugefügt. Obwohl sie längst wissenschaftlich erforscht sind. Obwohl viele nach wie vor von der Gewerkschaft verteidigte Kollektivverträge eine mit dem Alter steigende Entlohnung vorschreiben.
Vielleicht waren die traditionellen Männer-Frauen-Bilder doch nicht so falsch, wie es die derzeit herrschende Politische Korrektheit behauptet. Vielleicht gibt es doch eindeutige genetische Unterschiede zwischen Männern und Frauen, wie sie auch im Gegensatz zu den feministischen Theoretikern Naturwissenschaft und Verhaltensforschung zeigen. Vielleicht stimmt es doch, dass Frauen im Schnitt eine viel größere Affinität zu sozialen, menschlichen, sprachlichen, familiären Tätigkeiten haben, und dass Männer viel stärker technisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich und karriere-orientiert sind.
Aber solche Fragen sind politisch derzeit tabu. Die Politik hat sich vielmehr in ihrem Selbstzerfleischungshang im Augenblick ganz unter das Diktat des Genderismus gestellt. So will sie in Europa etwa jetzt auch für die Privatwirtschaft den Quotenzwang einführen.
Obwohl Norwegen (wo es diesen Zwang schon länger gibt) signifikant zeigt, dass die Welt anders funktioniert, als die Politik und die Gendertheorien meinen: Dort ist in quotenfreien Unternehmen der weibliche Anteil an Spitzenjob völlig unverändert bei 18 Prozent geblieben. Dort sagen Rekrutierungs-Beauftragte, dass es fast unmöglich ist, „qualifizierte und interessierte Frauen“ für einen Verwaltungsrats-Vorsitz zu finden (Ingrid Hutmacher und Herbert Unterköfler in „Aufsichtsrat aktuell“). Dort sind die „Golden skirts“ aufgekommen, jene paar Frauen, die nun reihum die politisch angeordneten Quotenposten in den Aufsichtsräten besetzen. Dort hat, wie die gleiche Studie es formuliert, die Quoteneinführung die „Unternehmensperformance nachweislich belastet“.
Ähnliche Ergebnisse zeigt eine vom – weiblich geführten – schwedischen Unternehmerverband angeordnete Untersuchung in einem weiteren nordischen Land: Auch dort blieb nach Zehntausenden Bilanzanalysen und nach dem Herausrechnen aller branchenbedingten und gründungsdatumbedingten Unterschiede ein klares Ertragsplus für die männlich geführten Unternehmen.
Was heißt das alles? Man kann wohl zu dem Schluss kommen: Entweder die Politik und die zahllosen an den Unis errichteten Gender-Professoren liefern doch noch bessere Erklärungen für diese Unterschiede. Oder das traditionelle Frauen-Männer-Bild war doch nicht so blöd, wie der Zeit(un)geist heute in seinem Gleichmachungswahn gerne tut.
Dann aber sollte es künftig nur ein Ziel geben, das ganz anders ist als das derzeitige der Politik: Das ist die völlige gesetzliche und staatliche Gleichheit und Gleichbehandlung der Geschlechter. Und nicht mehr eine Bevorzugung der Männer wie vor hundert Jahren. Und nicht mehr eine Bevorzugung der Frauen wie in den letzten Jahrzehnten.
Der Rest sollte privat sein. Der Staat als Gesellschaftsingenieur, der Staat, der die Zahl der Krippenplätze, Pensionierungsdaten, Quoten und Geschlechter von Beamten vorschreibt, hat versagt und schlechte Ergebnisse produziert.
Und erst recht haben das die Gemeinden. Etwa in Wien wird sehr viel Geld für Gender Mainstreaming und ähnlichen modischen Unsinn verschwendet. Statt dessen würde beispielsweise ein rascherer U-Bahn-Bau Männern wie Frauen viel mehr nutzen.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Nach der Erste Bank prüft nun auch die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich eine Übersiedlung ins Ausland.
Erste-Bank-Chef Andreas Treichl hat alles andere als ein Nein zu den Plänen einer Übersiedlung nach Prag kommuniziert. Und jetzt denkt auch der Chef der RLB Oberösterreich, Heinrich Schaller, ans Weggehen. Er hat bei seinen Übersiedlungsplänen primär Bayern im Visier, wie er in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ sagt. In Deutschland beträgt die Bankensteuer nämlich nicht einmal ein Sechstel der österreichischen. Dennoch lässt diese Regierung lieber die Banken ziehen, statt Steuern zu senken. Was halt in den Kopf des Werner Faymann nicht hineinwill: Jede politische Entscheidung hat am Ende auch ökonomische Folgen. Und noch jeder Ratschlag der Arbeiterkammer war letztlich eine Fehlentscheidung.
PS: Apropos Banken: Jetzt will die EZB genau das wieder einführen, was in der politischen Propaganda (statt der Defizitmacherei als wahre Hauptursache) wegen der großen Krise gegeißelt worden ist: verbriefte Kredite, oder auf Englisch: Asset Backed Securities. Man müsste homerisch lachen, wollte die EZB das nicht einsetzen, um im Interesse von Italien und Co. einfach noch mehr Schulden zu machen. Da soll man sich lieber festschnallen.
Jetzt hat die Unterrichtsministerin die Katze aus dem Sack gelassen. 57 Millionen Euro muss auch sie heuer einsparen. Die Zeiten sind in allen Ministerien härter geworden.
Dass Österreichs Nichtteilnahme an den diversen Tests primär zur Einsparung dient, war im Tagebuch lange vor allen anderen Medien als evident geschlossen worden. Das verwischt als Nebeneffekt auch, dass die von der SPÖ einst so propagierte Gesamtschule trotz gewaltiger Kosten ein totaler Fehlschlag ist.
Noch viel schlimmer ist, dass Schulklassen künftig weit größer sein werden als heute: In vielen Klassen wird nicht mehr geteilt. Derzeit werden, so teilt Frau Heinisch dem staunenden Volk mit, Klassen mit mehr als 31 Schülern in Deutsch, Mathematik und Englisch in zwei Gruppen geteilt. Mehr als 31! Dabei hat die ministerielle Propaganda jahrelang von 25 Kindern als angebliche Höchstgrenze pro Klasse schwadroniert. Und künftig wird nicht einmal ab 31 geteilt!
Dabei ist gar keine Frage: Die Sparnotwendigkeiten nach sechs Jahren Nichtstun dieses Regierungschefs, seiner Regierung und der völlig falschen Reaktion auf den Hypo-Skandal werden noch viel größer werden. Denn irgendwann bricht jedes Kartenhaus zusammen.
Was aber wirklich bis zur Weißglut ärgert: Während solche schwere Einschränkungen in den Klassen stattfinden, gibt das Ministerium weiterhin Geld für Inserate aus. Da sagt Frau Heinisch-Hosek nämlich nur ganz vage, auch dort werde gespart. Aber was heißt „sparen“? Es darf kein einziges Inserat – mit ohnedies meist skandalösen Inhalten – mehr geben, wenn an unseren Kindern schon jetzt so dramatisch gespart wird. Dichand hin, Fellner her. Über 31 Kinder pro Klasse heißt, dass manche von Ihnen wohl nie zum Englisch-Reden kommen. Eh wurscht, Hauptsache, man kann die Fakten in Inseraten wieder beschönigen.
Griechenland hat erstmals nach vier Jahren wieder eine Anleihe auf dem Markt untergebracht. Und gleich eine achtfache Überzeichnung erzielt. Das Land und Europa jubeln. Also alles wieder bestens, die Krise ist Geschichte? Keine Spur davon. Das einzige, was diese Anleihe zeigt: Deren Käufer sind – wahrscheinlich zu Recht – heute überzeugt, dass die anderen EU-Länder, also vor allem Deutschland, auch in Zukunft für griechische Schulden haften. Und sie machen daher ein blendendes Geschäft.
Sie bekommen 4,75 Prozent. Jährlich in jedem der fünf Jahre. Das ist zwar ein drastischer Rückgang von den früheren enorm hohen Werten. Das ist aber noch immer weit mehr als siebenmal so viel, wie ein Käufer deutscher Anleihen heuer mit der gleichen Laufzeit bekäme. Man kauft daher in der Aussicht auf diese Zinsen wieder griechische Papiere. Es wissen ja derzeit viele Banken gar nicht: Wohin mit dem vielen Geld, das derzeit die EZB und die Fed ständig zusätzlich drucken. Und fast zum Nulltarif hergeben.
Heute gehen alle davon aus, dass Deutschland (und damit Österreich und die Niederlande und Finnland und Luxemburg) weiterhin für Griechenland haften wird. Da nehmen die Käufer gerne die viel höheren griechischen Zinsen. Ihr einziges Risiko besteht ja darin, dass die Europäer Griechenland doch noch alleine seine Schulden zurückzahlen lassen. Danach sieht es aber derzeit nicht aus. Auch wenn sich in Wahrheit langfristig niemand vorstellen kann, wie Griechenland die 4,75 Prozent Zinsen verdienen will.
Zusätzlich Vertrauen schafft Athen durch das Ausgaberecht: Die neuen Anleihen werden nach britischem Recht ausgegeben. Das schafft deutlich mehr Sicherheit für Käufer. Denn als vor rund zwei Jahren private Anleihenkäufer ungefragt auf 70 Prozent verzichten mussten, waren ja nur Anleihen nach griechischem Recht betroffen. Die nach britischen Regeln ausgegebenen Papiere blieben hingegen zur Gänze gültig.
Die Märkte (also die potenziellen Käufer) merken sich noch jahrzehntelang, dass ein Land einmal umgefallen ist. Selbst wenn es wieder gut dastünde.
Das tut Griechenland aber noch in keiner Weise. Es ist nach wie vor in einem sehr jämmerlichen Zustand. Es besteht noch immer mehr aus Versprechungen als aus wirklicher Erholung und Reform. Durch das Festhalten am teuren Euro ist das Land touristisch noch immer nicht billig. Die vielen Streiks haben – auch wenn sie jetzt abgeflaut sind – das Image des Landes beschädigt. Und Griechenland hat nach wie vor keine nennenswerte Industrie aufbauen können.
Griechenland wird zwar heuer nach Jahren der Schrumpfung in seinem BIP voraussichtlich wieder etwas wachsen, aber deutlich weniger als ein Prozent. Das ist Stagnation auf niedrigem Niveau. Denn erst bei zwei Prozent nimmt die Arbeitslosigkeit nicht weiter zu. Diese liegt derzeit bei 27 Prozent. Noch immer gibt es zu viele Beamte. Und der Abbau von zahllosen Regulierungen (hinter denen sich meist geschickt getarnte Gruppen-Privilegien oder Beamten-Arbeitsbeschaffungsaktionen verstecken) geht endlos langsam vor sich.
Die Reform Griechenlands ist also noch keineswegs geglückt. Man muss sich wie seit 2010 fragen, ob sie überhaupt glücken kann, solange das Land die gleiche Währung wie das globale Exportwunder Deutschland hat.
Freilich: Vor den EU-Wahlen wird man europaweit so tun, als sei die Krise überwunden. Und auch danach wird man so tun, solange die deutschen Zahlen gut sind. Diese sind ja derzeit tatsächlich zumindest passabel – trotz der von fast allen Ökonomen getadelten sozialen Freigiebigkeit der neuen deutschen Regierung.
Nur eines kann auf diese Weise niemals gelingen: Europas ständigen weiteren Abstieg gegenüber den anderen Weltregionen verhindern, die ständig steigende Arbeitslosigkeit verringern, und den alten Kontinent wieder zu einstiger Blüte zurückführen.
Das hätte ich dem Europarat wirklich nicht zugetraut: Er zieht aus dem russischen Einmarsch auf der Krim mutig und ohne Rücksicht auf die Großmacht-Dimension Russlands Konsequenzen: Er entzieht allen russischen Abgeordneten zumindest bis Jahresende das Stimmrecht.
Damit ist der Europarat erstmals seit Jahrzehnten, wo er sich nur (peinlicherweise auf Antrag eines österreichischen Sozialisten!) mit Liechtenstein anzulegen getraut hat, wieder relevant. Damit nimmt er seinen obersten Grundsatz, nämlich den der Rechtsstaatlichkeit, nach Jahren des Herumgelaberes wieder ernst.
Damit stehen jedoch die österreichischen Politiker als die Blamierten da. Dabei hat Österreich derzeit den Vorsitz im Europarat. Nicht nur die Koalition, sondern alle Parteien sind blamiert, hat sich doch keine von der absurden Europarats-Rede des Bundespräsidenten am Vortag distanziert.
Fischer hat sich dabei nicht entblödet, eine in der Substanz massiv prorussische Rede zu halten. Er hat Europa weit mehr als Moskau kritisiert. Er hat gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine polemisiert – als ob Fischer für die Ukraine oder die Nato zu reden legitimiert wäre. Er hat sogar eine „Brückenfunktion“ der Ukraine verlangt – ohne sich zu erinnern, wie viel weiser sein Vorgänger Kirchschläger gewesen war, der mit guten Gründen eine solche Brückenfunktion für Österreich abgelehnt hatte (das 1955 ja nur zum Zweck der Wiedererlangung seiner Souveränität die Neutralität erklärt hatte). In dieser Rede hat Fischer jedoch eines nicht verlangt: den Abzug der Russen aus der frisch eroberten Krim. So als ob nicht gerade das auf Grund zahlloser Verträge und des allgemeinen Gewaltverbots zentrales Anliegen sein müsste.
Die Privilegien der Nationalbank-Angestellten sind absolut unfassbar. Noch unfassbarer ist aber, dass die diversen Chefs der Nationalbank bis in die unmittelbare Gegenwart nicht einmal versucht haben, daran wirklich etwas zu ändern. Das liegt mit Sicherheit primär daran, dass dort die SPÖ eine absolut sichere Mehrheit in der Belegschaft hat. Privilegienwirtschaft für ihre Mitglieder zu Lasten der Misera plebs ist genau das, was die SPÖ immer schon unter Sozialstaat verstanden hat. Aber es haben auch die Schwarzen nie ernsthaft versucht, daran etwas zu ändern. Und Andersgesinnte gibt es ja in der ganzen Notenbank nicht.
Damit wird man sich erneut auch der üblen Rolle der Nationalbank-Bosse bei der Hypo-Affäre bewusst. Diese haben ständig darauf gedrängt, dass nur ja alle Hypo-Lasten in extenso den Steuerzahlern aufgebürdet werden. Selbst wenn diese Lasten dadurch noch so hoch werden (wie einem jetzt wieder die soeben vorgelegte Hypo-Bilanz schmerzhaft in Erinnerung ruft). Keiner der Nationalbanker will, dass er persönlich in Haftung genommen wird, weil er der Hypo immer einen Persilschein ausgestellt hat. Und die Regierung lässt sich ausgerechnet von diesen Nowotnys die entscheidenden Empfehlungen geben!
Jetzt ist also die Vorlage der Pensionsprivilegien in aller Breite durch den Rechnungshof erfolgt. Gewiss: Die Nationalbank-Pensionisten haben Einzelverträge. Da ist es verfassungsrechtlich wie auch für grundsätzliche Befürworter des Rechtsstaats nicht sehr leicht, daran zu rütteln.
Nur: Zu einem Vertrag gehören immer zwei. Also auch immer ein Arbeitgeber, der die persönlichen Einzelverträge mit jedem Dienstnehmer abschließt. Da ist es absolut nicht einzusehen, dass nicht die ganz persönliche Haftung der Nowotnys, Liebschers, Walas etc. für diese Verträge schlagend wird. Wenn sie schon wegen ihrer schweren Hypo-Fehler nicht erwischt werden, dann müsste ein ordentlicher Rechtsstaat jedenfalls ihre Haftung für all diese Verträge durch einen unabhängigen Richter prüfen.
Denn Bundesbeamte bekommen schon seit vielen Jahren keine privilegierte neue Pension mehr. Auch sie akkumulieren seither nur ASVG-Ansprüche, wenngleich Tatsache ist, dass uns die einst gewährten Beamtenprivilegien noch lange nachhängen werden. Wolfgang Schüssel musste auch die ASVG-Pensionen ein wenig an die ständig steigende Lebenserwartung anpassen (was sofort die SPÖ zu wilden Protesten und Demonstrationen dagegen veranlasste).Wobei keine dieser Pensionen auch nur annähernd durch Beiträge gedeckt ist.
Aber die Nationalbank tat, als ob sie das alles nichts anginge. Als ob dort nur bessere und klügere Menschen angestellt werden, die um ein Vielfaches höhere Pensionen bekommen. (Die Wiener Rathaus-Beamten taten ebenso, aber das ist ein anderes Kapitel).
Die ärgsten Provokationen des Nationalbank-Privilegien-Stadels, die der Rechnungshof nun aufgelistet hat:
Zu diesen Nomenklatura-Privilegien passt es perfekt, dass von den Volkswirtschafts-"Experten" dieser Nationalbank ständig kommunistische Äußerungen und Studien kommen. Und dass sich sozialistische Minister dort immer wieder Kabinettsmitarbeiter holen, die dann mit ihren Ressortchefs eine entsprechende Politik machen.
Die Erste Bank überlegt: Soll sie ihre Zentrale nach Prag verlegen? Es war nun der – sozialistische! – tschechische Staatspräsident Zeman, der diese Übersiedlungspläne offiziell durchsickern hat lassen. Dennoch nehmen hierzulande Medien und Parteien das noch immer nicht zur Kenntnis.
Dabei wissen Eingeweihte schon länger um diesbezügliche Überlegungen der Bank, die 195 Jahre in Wien ihre Zentrale hatte. Was aus diesen Überlegungen Wirklichkeit machen wird, ist die Wiener Regierung. Und zwar deren Steuerpläne: Die Regierung will jetzt zu den nationalen Bankensteuern auch noch die europäische einfach draufschlagen und damit einen Höhen-Weltrekord bei den Bankensteuern erreichen. Was schön in der Denkwelt der Politik sein mag, was aber keine Bank aushält.
Vor allem die SPÖ versucht sich mit diesem populistischen Verlangen zu profilieren. Ihr ist das Vertreiben von Banken ja parteipolitisch egal, hat sie doch schon alle ihre nahestehenden Banken in den letzten Jahren ruiniert oder ans Ausland verkauft. Jetzt sind nur noch Banken über, die irgendwie als bürgerlich gelten.
Dennoch ist auch vom Widerstand der ÖVP nichts zu merken. Man lässt lieber die letzte noch lebensfähige Großbank ziehen, als sich als Freund der Banken zu outen. Besonders skurril ist etwa der künftige Chef der Wiener Kammer und des Wiener Wirtschaftsbundes: Er sorgt sich nicht etwa um den Standort Wien oder um die Banken, sondern um die Schwulen. Und die Opposition? Grün und vor allem Blau sind bei der Bankenjagd sowieso an führender Stelle aktiv. Die einen hassen ideologisch alle Banken, die anderen haben nicht die geringste Ahnung von Wirtschaft. Von den anderen Oppositionsparteien hört man nichts.
Raiffeisen – wo es nachweislich dicke Verbindungen zur ÖVP gibt – wird zwar im Land bleiben, ist aber selbst schon bis zu beiden Nasenlöchern in Schwierigkeiten, deren Reichweite von der Ukraine über den "Kurier" bis zur Biomasse geht. Niemand in der Politik begreift, wie katastrophal der Zustand dieses Landes sein wird, wenn es keine Großbanken mehr hat.
Das alles ist aber dem Bundeskanzlerdarsteller Faymann egal: Er glaubt, es wäre problemlos und auf Dauer möglich, dass Österreichs Banken in Summe deutlich mehr Bankensteuer zahlen als die in Deutschland. Obwohl der Nachbar zehnmal so groß ist!
Offenbar hat der Erste-Chef Treichl die Hoffnung aufgegeben, dass das alles doch einmal ins Hirn dieses Mannes hineingeht. Eine solche Politik wird mit hundertprozentiger Sicherheit nicht funktionieren. Jedoch wird einer, der nicht einmal sein Maturazeugnis findet, das nie begreifen. Und Faymanns Koalitionspartner hängt schwer angeschlagen in den Seilen.
Es sind übrigens nicht nur die Bankensteuern und die zunehmend feindliche Atmosphäre in Österreich, welche die Bank vertreibt. Es ist auch jeder einzelne Manager, der sieht, wie viel ihm hierzulande die Steuer und die Abgaben nehmen, und wie viel mehr – bei gleichem Einkommen – ihm in Tschechien bleiben würde. Und er sieht das sehr genau, ist ja diese Bank schon seit vielen Jahren dort aktiv.
Und Prag ist eine wunderschöne Stadt . . .
Es war einer der besonders intelligenten Sprüche des Wirtschaftsministers.
Die internationale Energie-Agentur sieht unter Österreichs Boden große Mengen an Schiefergas. Zugleich hat die – wieder einmal auch wissenschaftlich sensationelle – Montan-Universität Leoben ein neues Verfahren entwickelt: Sie setzt beim Fracking solcher Gasfunde nicht Chemikalien ein, sondern Biomais, also ein sogar schon im Namen ungefährliches Produkt, das noch dazu im Inland erzeugt wird. Das alles müsste in Zeiten, da die Gasversorgung ganz ins Zentrum der europäischen Sorgen rückt, einen riesigen Jubelschrei durchs Land gehen lassen. Aber man hört keinen Ton dieses Jubels. Sondern nur Wirtschaftsminister Mitterlehner: Die Leobner sollen dieses Verfahren doch nicht unbedingt in Österreich ausprobieren, sondern lieber in Polen. Jetzt fehlen mir wirklich die Worte.
PS: Es gibt übrigens auch bei den bisherigen Fracking-Methoden Null Evidenz, dass die wirklich gefährlich wären (nur in den Behauptungen der grünen NGOs).
Der EU-Gerichtshof hat die Datenspeicherung verboten. Und dem wird bald auch der heimische Verfassungsgerichtshof folgen. Seither wird heiß über solche Speicherungen debattiert. Nur scheinbar widersprüchlich ist die richtige Antwort eine doppelte: Ja, Datenspeicherung ist gut; Nein, die Möglichkeiten der Justiz sind viel zu weitgehend und missbrauchsanfällig. Aber die Antwort fällt anders aus als in den Mainstreammedien.
Gut ist die Datenspeicherung ganz eindeutig dann, wenn es um die Aufklärung von wirklichen Verbrechen geht. Gut ist sie auch, wenn es etwa darum geht, Entführten oder Abgängigen nachzuspüren. Es stünde Europas Innenminister dringend an, würden sie das viel klarer und deutlicher kommunizieren. Auch an Hand konkreter Fälle. Jedoch ziehen Polizeiapparate selbst dort, wo ihr Agieren sinnvoll ist, ihre amtsübliche Geheimniskrämerei vor.
Ganz schlecht ist es hingegen, dass Behörden mit den in den letzten Jahren entstandenen elektronischen Möglichkeiten weit über das Ziel hinausschießen. Dabei greifen sie auf die gespeicherten Daten auch in eher harmlosen Fällen. Und besonders problematisch ist das Verhalten der Behörden bei dem - oft mit der Datenspeicherung verwechselten - „Lauschangriff“. Während es bei der jetzt vom EuGH judizierten „Datenspeicherung“ nur darum geht, die Telefon- oder Mail-Verbindungen zu speichern (Also: Wer mit Wem Wie lange geredet hat, aber eben OHNE dass der Inhalt aufgezeichnet wird).
Viel interessanter ist aber für Neugierige das Was dessen, was dabei gesagt wurde! Es ist meist auch für die Betroffenen nicht das bloße Wissen der Polizei, dass ein Gespräch stattgefunden hat, so schmerzhaft, sondern das Abhören und die Veröffentlichung seines Inhalts. Genau solche Gespräche sind aber ununterbrochen in polizei- oder staatsanwaltschafts-nahen Illustrierten nachzulesen. Dabei scheut man sich nicht einmal offen darauf hinzuweisen, dass es um Protokolle der Justiz über den Wortlaut der Gespräche oder Mails geht. Hier passieren die weitaus größten Skandale.
Und die Skandale passieren gleich auf doppelter Ebene:
Beide Punkte aber sind durch den EU-Gerichtshof nicht inkriminiert worden. Rechtstechnisch muss man ihn freilich insofern in Schutz nehmen, dass es hier ja nicht um eine EU-Richtlinie, sondern um Beschlüsse und faktisches Handeln gegangen ist. Das ist aber dem um einen sauberen Rechtsstaat kämpfenden Europäer völlig egal.
Und jedenfalls müsste die heimische Justiz da ganz massiv einschreiten. Einen sinnvollen Datenschutz gäbe es nämlich nur dann, wenn in solchen Fällen die Strafjustiz aktiv würde.
Die sechsmonatige Speicherung von bloßen Kontaktdaten stört den Bürger kaum; die Weitergabe von Gesprächen oder die Kontrolle seiner Daten auch bei geringfügigen Delikten stört ihn hingegen sehr. Das ist beides tausend Mal schlimmer als das bloße Datenspeichern (auch wenn sich die Grünen und damit die meisten Medien groteskerweise immer nur auf die Datenspeicherung gestürzt haben).
Es ist geradezu bestürzend, dass diese Praktiken von Polizei und Staatsanwaltschaft ungehindert weitergehen. Dass keines der Höchstgerichte dagegen etwas unternimmt. Oder die Politik.
Noch lächerlicher wird die jetzige Datenschutz-Aufregung dann, wenn man internationale Vorgänge beobachtet. Denn gerade in den letzten Monaten haben wir mit bestürzender Intensität gesehen und gehört, wie hemmungslos der russische und der amerikanische Geheimdienst arbeiten. Vermutlich auch der chinesische und israelische.
Vor ihnen ist offenbar kein Telefonat, kein Mail sicher. Und natürlich nicht nur das Dass, sondern auch das Was solcher Gespräche. Zuletzt haben vor allem die Russen, aber auch die türkischen Regierungsgegner (oder waren es auch da die Großmächte?) demaskierende Gespräche feindlicher Politiker direkt ins Internet gestellt. Über die Amerikaner wiederum erfährt man von Herrn Snowden jeden zweiten Tag Brisantes.
Im Grund können wir davon ausgehen: die großen Geheimdienste hören alles, sie lesen alles. Und zwar ganz egal, was die Gesetzgeber jetzt beschließen mögen.
Etliche Vergleiche und Aussagen des Andreas Mölzer waren geschmacklos und unrichtig. Mit seinem Rückzug ist freilich klar: Auch in der FPÖ muss man wegen einiger unpassender Vergleiche gehen. Damit ist auch sie ins Lager der Political Correctness abgewandert. Damit wird auch sie so fad wie alle anderen Parteien. Denn jede Gruppierung wird todlangweilig, wenn man dort erfährt, dass inhaltliche Äußerungen pönalisiert werden.
Damit haben die Medien und das linksbeherrschte Einheitsdenken einen ganz großen Erfolg erzielt. Zuerst haben sie Stronach abgeschossen. Dann haben sie in der ÖVP jeden, der sich nicht im Sinne der Karmasins äußerte, demoliert, sodass dort praktisch alle Konservativen auf Tauchstation gegangen sind. Dann wurden die mehr als gerechtfertigten Argumente gegen das Binnen-I niedergemacht. Und jetzt haben sie eben auch in der FPÖ gesiegt.
Wir lernen: Nicht die skandalöse Unterstützung der FPÖ für Russland führt zu einem medialen Aufruhr oder das Fehlen freiheitlicher Vorstellungen von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Sondern zwei bis drei unpassende Vergleiche.
Kaum einer befasst sich mit den seltsamen Neutralisierungsthesen des Außenministers. Kaum einer mit der Sparunwilligkeit der Bundesländer. Kaum einer mit der Wahnsinnspolitik der Gewerkschaften, die zahllose Arbeitsplätze kosten. Kaum einer befasst sich mit der völlig schiefgehenden sozialistischen Schulpolitik. Kaum einer mit der explodierenden Staatsverschuldung. Kaum einer mit der völlig falschen Finanzpolitik oder mit der ständig zunehmenden Überregulierung in der EU. Kaum einer mit der total einseitigen Ungarn-Berichterstattung des ORF. Kaum einer mit dem Skandal der Medienbestechung. Kaum einer mit einem Bundeskanzler, der seine Biographie geheimhält. Kaum einer mit den Grünen, wo einige Gewalttaten organisieren.
Das sind alles, wenn überhaupt kurzfristige Randthemen. Aber mit unkorrekten Vergleichen fährt ganz Österreich empört Schlitten. Das ist eine Dimension, die alle verstehen. Da weiß man, dass man richtig liegt.
Nur mit einer Kleinigkeit wird weder mediale noch politische Berichterstattung fertig: mit dem Wähler. Der wendet sich von allen Parteien mit Grausen. Der ist wo ganz wo anders, als die politisch-mediale Öffentlichkeit zeigt. Den beschäftigen etwa die Fehlentwicklungen in der EU und die Kriegsgefahr in der Ukraine viel mehr als die blöden oder gescheiten Sprüche des Andreas Mölzer.
Der ist auch schon gar nicht dort, wo es in Facebook&Co ein kleines oder auch größeres Shitstörmchen gibt. Um nur ein aktuelles Beispiel zu nennen, wie weit die veröffentlichte von der öffentlichen Meinung entfernt ist: Obwohl wochenlanges Trommelfeuer einen parlamentarischen U-Ausschuss verlangt hatte, ist die klare Mehrheit für die Untersuchungen durch eine renommierte Richterin. Und nicht für ein Tribunal im Parlament, obwohl dort Medien und Opposition die viel größere Hetz hätten.
Und wie wird es jetzt weitergehen?
Bei der EU-Wahl wird es zweifellos eine noch größere Enthaltung geben. Und dann? Schwer zu sagen, was zuerst kommt: der fast unvermeidliche wirtschaftliche Zusammenbruch oder das Auftauchen eines neuen Milliardärs, der sich einige Medien kauft und dem dann die Wähler in ihrem Frust zuströmen werden.
Das Veneto und die Lombardei wollen los von Rom. In der italienischen Hauptstadt stehen indes die Zeichen auf mehr Zentralisierung. Derweil muss in Bozen die mit Matteo Renzis Linkspartei regierende SVP um jene „Schutzklausel“ für Südtirol bangen, die ihr der politische Jungstar an der Spitze der italienischen Regierung zugesagt hat.
Er tat dies, um die Bedenken über eine zwangsläufige Aushebelung der Selbstverwaltungsrechte des Landes durch die von ihm mit Berlusconi verabredete Staats- und Verfassungsreform zu zerstreuen. Doch ob Renzi verlässlich ist, muss mit Fragezeichen versehen werden. Angesichts widerspenstiger Kräfte im Senat, der zweiten Parlamentskammer, welche er zu einer funktionslosen Versammlung lokaler und regionaler Honoratioren degradieren will, gilt dasselbe.
„Matteo, ein Fürst aus Florenz“ nannte unlängst Andreas Pfeifer in der „Presse am Sonntag“ den derzeitigen italienischen Regierungschef Renzi. Die Anspielung auf „Il principe“ („Der Fürst“), jene von dem Florentiner Niccolò Macchiavelli vor 500 Jahren hinterlassene Handlungsanweisung für Regenten, war beabsichtigt. Zweifellos trifft auch der zweite von dem ausgewiesenen Italien-Kenner des ORF-Fernsehens davonschnellende Pfeil, nämlich seine Charakterisierung Renzis als „junger Wiedergänger Berlusconis“, ins Schwarze.
In Bozen versteift sich die vielfach gebeutelte Regierungspartei SVP – wider besseres Wissen um ihre nachkriegsgeschichtliche Erfahrung mit Rom – allem Anschein nach unbeirrt auf ihr Konzept von der „Vollautonomie“. Einer tibetanischen Gebetsmühle gleich wiederholen SVP-Führung, ihre Abgeordneten und Senatoren in Rom sowie der seit Dezember 2013 im Amt befindliche neue Landeshauptmann Arno Kompatscher ein „Versprechen“ Renzis: Südtirols Autonomie werde durch eine „Schutzklausel“ von der für Provinzen und Regionen geltenden Kompetenzbeschneidung ausgenommen, welche Renzi und Berlusconi hinsichtlich der vorgesehenen Verfassungsreform miteinander verabredet haben.
„Ein kluger Machthaber kann und darf sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereicht“: Zögen die SVP-Granden diesen machiavellistischen Lehrsatz ins Kalkül einer realistischen Einschätzung des neuen Sterns am italienischen Polithimmel, so kämen sie zu einer anderen Einschätzung, was dessen „Schutzklausel“-Zusage letzten Endes wert sein dürfte. Auch aus Verhaltensweisen ihres Wunschkoalitionspartners, der Renzi-Partei PD im Bozner Landhaus hätte die SVP schon Schlussfolgerungen ziehen sollen. So schwiegen sich ihre PD-„Autonomiefreunde“ beredt aus, als in der italienweit ausgestrahlten RAI-Fernsehsendung „Porta a porta" ein römischer Moderator Kompatscher hatte auflaufen lassen und Südtirols Autonomiestatut quasi mit einem Krebsgeschwür am italienischen Staatskörper verglich.
Seit er sich vom Bürgermeister der Stadt Florenz zum Herrn im Palazzo Chigi zu Rom aufgeschwungen hat, haftet an dem wie ein gestiefelter Kater daherkommenden Renzi das Stigma des Wortbruchs. So hatte er kurz vor dem von ihm betriebenen Sturz seines Parteifreundes Enrico Letta beteuert, das Amt des Ministerpräsidenten nicht anzustreben, schon gar nicht ohne Wahl-Mandat.
Die SVP weiß daher, dass Renzi sie verschaukeln kann, tut aber so, als ob dies ausgeschlossen sei. Von Letta hatte sie die Zusicherung erhalten, dass das einst mit Pier Luigi Bersani, dem glücklosen Vorgänger Renzis als Chef des linken Partito Democratico (PD), geschlossene (aber schon mehrmals gebrochene) Wahlabkommen weitergelte. Mit Letta hatte Kompatschers Vorgänger Luis Durnwalder ein Memorandum über autonomiepolitische Maßnahmen unterzeichnet, die aufgrund früherer Verpflichtungen Roms ohnehin längst hätten getroffen worden sein müssen; dennoch harren einige weiter der Umsetzung.
Stattdessen geht Renzi daran, die schon von Mario Monti links liegen gelassene, in den 1990er Jahren bejubelte „Föderalisierung Italiens“ kurzerhand zu beseitigen und das seit dem 17. März 1861 „einheitlich“, will sagen: traditionell zentralistisch verfasste Italien unter der Vorgabe von Reformen noch weiter zu zentralisieren. Man darf daher umso gespannter darauf sein, was aus der „Schutzklausel“ für Südtirol wird.
Eine Kostprobe davon, wie es die Zügel zu straffen gedenkt, gab Rom unter seinem neuen „Ersten Consul“ Renzi bereits. In abschreckender Weise wurden im Rahmen einer Razzia der Justizbehörden von Brescia 24 Personen festgenommen. Gegen 27 andere laufen Ermittlungsverfahren. In mehreren Städten des Veneto fanden umfangreiche Hausdurchsuchungen statt. Die Verdächtigten werden des Separatismus, Terrorismus und des Umsturzversuchs sowie der Herstellung und des Besitzes von Kriegswaffen beschuldigt. Man wirft ihnen zudem vor, sie hätten gewalttätige Aktionen mit dem Ziel geplant, die Unabhängigkeit des Veneto und anderer norditalienischer Regionen zu erreichen und damit die Einheit des italienischen Staates zu unterminieren.
Bestrebungen, sich von Italien zu lösen, gewinnen besonders im Veneto an Boden. In einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, an dem sich 2,36 Millionen Wahlberechtigte (73 Prozent der Wählerschaft der Region) beteiligten, antworteten 89 Prozent der Beteiligten auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“. Es nimmt angesichts dieses massiv zum Ausdruck gekommenen Willens zur Selbstbestimmung kaum wunder, dass der Ex-Parlamentarier Franco Rocchetta, 1980 Gründer der „Liga Veneta“ – sie ging 1989 in der Lega Nord auf – und jetzt einer der Initiatoren des Online-Referendums, unter den Verhafteten ist.
Die politische Klasse in Rom befürchtet angesichts wachsender regionaler Erosionserscheinungen eine Art „Dominoeffekt“. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Veneto ergreift die Lega Nord in der Lombardei eine ähnliche Initiative. Lega Nord-Chef Matteo Salvini gab bereits die Richtung vor. Man zielt auf „ein offizielles Unabhängigkeitsreferendum“; es soll am 18. September stattfinden, dem Tag, an dem in Britannien das Referendum über Schottlands Souveränität vorgesehen ist.
Die von Salvinis Stellvertreter Roberto Maroni geführte Mitte-Rechts-Koalition im lombardischen Regionalparlament bringt zudem einen Gesetzesentwurf zur Umwandlung der Lombardei in eine Region mit Sonderautonomie ein. Diesen Status hat die Autonome Region Trentino-AltoAdige inne, in welchem die Provinzen Trient und Südtirol seit Ende des Zweiten Weltkriegs (zwangs)vereint sind. Just diese „Privilegien“ sollen nach Renzis (Staats- und Verfassungs-)Reformplänen, für die er Berlusconis Forza Italia braucht, beseitigt werden, womit die (Sonder-)Autonomien zwangsläufig gekappt würden.
Auch im nach dem Ersten Weltkrieg annektierten Südteil Tirols gab es im Herbst 2013 ein eindrucksvolles „Los-von-Rom“-Referendum, initiiert und organisiert von der Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“. Karl Zeller, römischer SVP-Senator, bemerkte seinerzeit spitzzüngig: „Dieses Ergebnis juckt in Rom niemanden“. Hingegen „jucken“ mehr als zwei Millionen venezianische Stimmen pro Unabhängigkeit sehr wohl die politisch Mächtigen in der „Ewigen Stadt“, wie am „Schlag gegen den Separatismus“ in Brescia offenkundig wurde. Gespannt sein darf man, wie Rom – und in Sonderheit der Florentiner Matteo Renzi – auf das Rumoren in der Lombardei reagiert, zumal da auch die „Grillini“ von der „Fünf Sterne“-Partei derartige Tendenzen unterstützen. Ihr „Führer“ Beppe Grillo redet sogar der „Auflösung Italiens in seine Einzelteile“ das Wort.
Die besonders im nördlichen Teil des Stiefels wirkenden Erosionskräfte sind indes keine Rand- oder Einzelerscheinungen. Fliehkräfte wirken auch anderswo. Soeben fand in Brüssel eine machtvolle und farbenprächtige „Selbstbestimmungskundgebung der Völker und Regionen Europas“ statt. Wenngleich mainstreammedial gänzlich verschwiegen, nahmen daran gut 25.000 Menschen teil und unterstrichen den Willen von Flamen, Katalanen, Schotten, Basken, Venetern, Lombarden und Südtirolern zur Selbstbestimmung.
Ihr Marsch quer durch Brüssel unter der Losung „Europe, we will vote!" signalisiert, dass auf nicht zu unterschätzenden Terrains EUropas Umbrüche hin zu freien, selbstbestimmten und selbstverwalteten neuen Gemeinwesen im Gange sind, organisiert von Repräsentanten volklicher Entitäten, die sich nicht mehr mit Halbfreiheiten abspeisen lassen und also ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen. Ihre Botschaft kommt allmählich an. In Bozen allerdings träumt die SVP-Führung weiter von „Vollautonomie“, anstatt beherzt der in ihren Parteistatuten verankerten Selbstbestimmung für Südtirol auch von sich aus Schubkraft zu verleihen. Und die selbst der studierte Völkerrechtler DDr. Karl Zeller seinen Landsleuten offenbar vorzuenthalten gedenkt.
Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Jetzt geht es schon fast täglich Schlag auf Schlag. Eine Firma nach der anderen sperrt zu. Was aber macht der Gewerkschaftsbund? Er stellt schon wieder neue Forderungen auf, die viel Geld kosten. Und damit weitere Arbeitsplätze vernichten. Man fasst es einfach nicht.
Nach der Pleite von DiTech, nach der Fast-Pleite von Baumax, nach Dayli und Schlecker, nach Alpine und Hunderten anderen ist es jetzt der amerikanische Handy-Lautsprecherproduzent Knowles. Der einzige Unterschied: Knowles geht nicht pleite, sondern baut einfach über 280 Jobs ab. Das Ergebnis für Job-Suchende bleibt aber das Gleiche. Sie haben keinen mehr.
Die Firma Knowles (früher in Österreich die Lautsprecher-Division von Philips) sagt in einer trockenen Erklärung das, was jeder mit offenen Augen weiß, was nur Gewerkschaften und Politik nicht wahrhaben wollen. Die Kündigungen erfolgen „aufgrund des im internationalen Vergleich hohen Lohnniveaus“. Deutlicher geht nimmer. Die Knowles-Jobs gehen nicht verloren. Sie gehen nach Asien.
Was aber macht der ÖGB? Er fordert zur gleichen Zeit (und mit ORF-Hilfe) eine 6. Urlaubswoche für alle ab dem 25. Berufsjahr. Kostet eh nur kaum mehr als 700 Millionen Euro. Jährlich. Und der ÖAAB geht mit dieser Forderung gleich mit. Es wird gefordert, ohne dass wohl auch nur ein einziger Arbeitnehmer solches als wichtig verlangt hätte.
Der ÖGB fordert nicht nur, sondern stellt auch gleich Bedingungen: Ohne Erfüllung des ÖGB-Verlangens nach einer 6. Urlaubswoche (die man derzeit nur hat, wenn man 25 Jahre bei der selben Firma geblieben ist) dürfen auch künftig Vorgesetzte die Arbeitszeit nicht besser einteilen. Denn der ÖGB blockiert die betreffende Gesetzesnovelle, obwohl in Summe bei deren Wirksamwerden niemand mehr arbeiten müsste, obwohl sie etlichen Firmen helfen würde, sich ein wenig besser nach der Nachfrage des Marktes zu orientieren.
Jeden Monat steigen trotz des langen Superwetters die Arbeitslosenzahlen im Rekordtempo. Aber ÖGB-Funktionäre betreiben immer noch die alte Lizitationspolitik. Nein, sie bremsen nicht einmal dann, wenn Österreich gegen die Wand donnert. Sie geben sogar dann noch Gas.
Sie haben weder aus der zur Gänze vom ÖGB verschuldeten Konsum- noch aus der ebenso ÖGB-induzierten Bawag-Pleite etwas gelernt. Die ÖGB-Bonzen schert das alles nicht. Schuld sind immer andere. Sogar im Bawag-Prozess sind zwar viele, aber nie der Chef des ÖGB, dem die Bawag gehört hatte, auf die Anklagebank gekommen. Und seit Werner Faymann die Partei übernommen hat, hat die SPÖ überhaupt noch nie einen Beschluss gegen den Willen des ÖGB gefällt.
SPÖ und ÖGB glauben noch immer ernsthaft, dass es genügt, wenn sich Österreich innerhalb der EU behaupten kann. Welch Irrtum! Geht es doch mit der ganzen EU im Wettbewerb mit sämtlichen anderen Weltregionen ständig nach unten. Die Konkurrenz ist nämlich längst nicht mehr in anderen EU-Ländern zu finden, sondern rings um den Erdball verstreut. Auch wir kaufen unser Handy dort, wo es am billigsten ist. Ohne Rücksicht auf den Produktionsort. Jeder, der etwas anderes sagt, lügt.
Aber selbst die Wirtschaftskammer hat das Verschulden des ÖGB an den katastrophalen Zukunftsaussichten Österreichs und der EU nicht wirklich begriffen. Sondern sie hat, trunken nach Sozialpartnerschaft, den ÖGB (samt dessen Geldmaschine Arbeiterkammer) jahrzehntelang sogar aufgepäppelt. Dabei sind Gewerkschaften weltweit längst so im Aussterben wie hierzulande Bären und Wölfe.
PS: Das einzige, was ich in Hinblick auf Knowles erstaunlicherweise noch nicht gehört habe, was aber eigentlich zur automatischen Phraseologie jedes Gewerkschafters gehört, ist der Standard-Satz: „Management-Fehler sind schuld. Und doch nicht etwa wir!“ Warten wir. Wird schon kommen.
Sollen LKW auch auf normalen Straßen Maut zahlen müssen, nicht nur auf Autobahnen? Das ist ein typischer – insofern normaler – Interessenkonflikt. Nur operiert die Politik wieder einmal mit gezinkten Karten, statt ein Thema endlich ehrlich und sachorientiert zu diskutieren.
Es kann auf der einen Seite ja kein Zweifel bestehen, dass LKW auf normalen Straßen gefährlicher sind; dass sie dort mehr und pro Kilometer viel länger Lärm- und andere Umweltbelastungen verursachen als auf Autobahnen. Es ist auch zunehmend absurd, mit welchen immer komplizierter werden Verbotsschildern die regionale Obrigkeit LKW-Fahrer doch wieder zurück auf die Autobahnen zwingen will („Nur Quellverkehr“ – wo alleine schon das Wort kaum noch verständlich ist –, nur „von bis“ usw.). Das alles macht die jetzige Form der Besteuerung von LKW-Fahrten in der Tat ziemlich dumm. Insoweit haben die vereinigten Landesräte recht, die nach einer solche Besteuerung rufen.
Es ist aber dennoch eine unglaubliche Frechheit, wenn sie mit dieser an sich richtigen Begründung einfach nach einer weiteren Abgabe rufen. Es geht ihnen nämlich gar nicht um den Schutz der Dörfer, sondern darum, den Menschen schon wieder in die Tasche greifen zu können. Denn sie sagen kein Wort, dass es gleichzeitig irgendwo anders mindestens im genau gleichen Umfang eine Abgaben-Erleichterung geben muss. Es geht der Politik schon wieder nur um noch mehr Geld.
Tatsache ist, dass Österreich mit dem ständig steigenden Anteil seiner Gesamtabgaben bald einsamer Weltrekordler sein wird. Tatsache ist, dass immer mehr Firmen auf Ansiedlungen in Österreich verzichten, weil hier die Gier der Politik auf allen Feldern immer ärger wird (während andere Staaten Steuern und Abgaben reduzieren!). Tatsache ist, dass jede Abgabenerhöhung am Ende nur die Konsumenten und Lohnempfänger zahlen. Tatsache ist, dass die Länder ganz besondere Verschwender von Geld sind, welches eigentlich den Konsumenten gehört, dass Länder die allerunnötigsten Vereine fördern, dass sie Straßen mit oft sehr luxuriöser Dimension bauen.
Es kann daher keine Frage sein: Alles, was Verkehr auf die Autobahnen bringt und weg von den normalen Landstraßen, ist gut. Alles aber, was am Ende des Tages der Politik noch mehr Geld in der Tasche lässt, ist ganz schlecht. Der Rest ist Technik und Mathematik.
Freilich: Da man sich – Kapsch zuliebe? – für ein straßenmontiertes Maut-System entschieden hat und nicht ein GPS-orientiertes, wäre die Errichtung von Kontrollpunkten auf allen Straßen ziemlich teuer. Niemand kann überdies sagen, ob nicht doch in absehbarer Zeit (trotz des diesbezüglichen Schlafens der EU endlich) ein international einheitliches Maut- und LKW-System kommen wird, das dann alle anderen Investitionen zu vergeudeten machen würde. Daher muss man auch aus diesem Grund bei den Plänen zu einer Landstraßen-Maut extrem skeptisch sein.
Vor allem aber müssten wir darauf bestehen, dass die Politik zuerst auf Hehler und Pfennig genau die im Gegenzug unverzichtbare Entlastung von Konsumenten und Wirtschaft definiert.
Jetzt hat der linke Terror das nächste Opfer gefunden. In Deutschlands öffentlich-rechtlichem Fernsehen wurde ein Interview mit dem deutsch-türkischen Autor Akif Pirinçci wegen seiner nicht ins politisch korrekte Schema passenden Antworten während laufender Sendung einfach auf die Hälfte verkürzt, dann aus der Mediathek genommen, und schließlich – unter einem Proteststurm der Zuhörer – zwar wieder hineingestellt, aber schwer zensuriert.
Das ist zum einen auch sehr erfreulich: In Deutschland organisiert sich immer mehr die schweigende Mehrheit und lässt sich nicht mehr alles gefallen. In Österreich hingegen ist diese Mehrheit noch sehr zaghaft. Freilich könnte auch hierzulande in Kürze ein Proteststurm losbrechen, wenn die FPÖ ihren Spitzenkandidaten wegen zweier missglückter Äußerungen aus dem Rennen nehmen sollte. Dann hat auch sie dem rotgrünen Terror nachgegeben.
Was absurd wäre. Denn wenn ich jeden Politiker ins Aus stellen würde, dessen Äußerungen mir nicht gefallen, der falsche Vergleiche anstellt, der Fäkalausdrücke verwendet, die vor Jahrzehnten einen Unsinn begangen haben, dann gäbe es schon seit Jahrzehnten keine Politiker mehr. Und Autor erst recht nicht. Selbstverständlich habe auch ich schon Vergleiche angestellt oder Ausdrücke verwendet, die manchen Tugendwächtern nicht gefallen mögen. In einer Demokratie mit Meinungsfreiheit muss die Äußerung jeder Ansicht legitim und legal sein, die keinen Aufruf zur Gewalttätigkeit enthält. So wie etwa in den USA. Trotz – oder gerade wegen – des Mainstream-Aufrufs der Linken, die gerade von dem Schriftsteller Köhlmaier organisiert wird.
Zurück zu Pirinçci. Der Autor, der sich bisher auf Kriminalromane spezialisiert hatte, stürmt mit seinem neuen Buch „Deutschland von Sinnen“ Seite an Seite mit Thilo Sarrazin alle Verkaufsrekorde. Dabei gibt es eine Reihe von Buchhandlungen, die Sarrazin und Pirinçci zu boykottieren versuchen oder nur mit einem sichtbaren Naserümpfen verkaufen (Dieser Tage bei einer Großbuchhandlung in der Wiener Wollzeile selbst erlebt). Umso weniger Mitleid muss man mit solchen Buchhandlungen haben, wenn sie mit Existenznöten kämpfen und nach der Reihe eingehen.
Das Widerlichste an der Pirinçci-Affäre: Der im Nebenzimmer sitzende Redakteur hat trotz der vereinbarten Interview-Länge der Moderatorin sehr rasch in deren Ohrset die Botschaft zukommen lassen: „Abwürgen, Abwürgen!“ Wie das der linke Mainstream im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen ja immer wieder tut (es würde mich sehr wundern, wenn Pirinçci trotz seiner großen Auflagenerfolge im ORF auch nur irgendwo erwähnt würde, geschweige denn zustimmend. Für Hinweise wäre ich jedenfalls dankbar).
Gewiss, Pirinçci hat eine Vorliebe für das, was man im Englischen als Four-Letter-Words bezeichnet. Die zählen zwar nur eher selten zu meinem Sprachgebrauch. Aber ich falle auch nicht gleich mit dem Ruf „Nachbarin euer Fläschchen“ in Ohnmacht, wenn jemand solche Worte gebraucht. Längst sind sie massenweise in die Hochliteratur eingekehrt und werden von solchen Buchhändlern ohne Wimpernzucken verkauft. Die Zeiten, wo man an Stelle solche Wörter betreten drei Sternchen machte, sind längst vorbei.
Was die linken Mainstream-Medien und Buchhandlungen so stört, ist – trotz des rapiden Altjüngferlich-Werdens der Grünen – natürlich nicht die Verwendung von Fäkalausdrücken durch Pirinçci. Es ist in Wahrheit seine Liebeserklärung an Deutschland; es ist seine scharfe Kritik an der Herrschaft des Feminismus, des Schwulismus, des Grünismus (mit seinem Kindersex) und der islamischen Zuwanderung.
Wieder einmal weiß sich die Linke nur durch breite Zensur gegen einen brillanten Autor zu helfen. Sarrazin – obwohl aus der SPD kommend – hat man ja schon ins rechte Eck zu stellen versucht. Da tut man sich bei einem Deutschtürken noch um etliches schwerer. Beide versucht man jedenfalls nach linker Art einfach abzudrehen. Oder ihnen ständig das Wort im Mund umzudrehen. Weil man sich einer echten Diskussion nicht mehr zu stellen wagt.
Mit vehemente Worten wendet sich Pirinçci gegen das ständige schlechte Gewissen, das Zuwandererkonferenzen und Imame in uns wachzurufen versuchen. Er bekennt voll Dankbarkeit, wie er sich bei seiner Einwanderung mit zehn Jahren gefreut hat, dass ihm schon nach drei Monaten sein Vater ein Fahrrad kaufen konnte – was in der Türkei für seine Familie vollkommen undenkbar gewesen ist.
Pirinçci spricht Wahrheiten aus, die als politisch inkorrekt gelten. Dass man auswandere, um anderswo zu arbeiten und dafür dankbar zu sein. Und nicht um in einem anderen Land Rechte zu haben. Als er als Bub ausgewandert ist, hat im Gegensatz zur Gegenwart auch noch keine türkische Frau ein Kopftuch getragen, das er als Zeichen eines „Salontürkentums“ lächerlich macht.
Seine scharfe Kritik an der Linken trifft aber auch deren Hang zu den verstiegensten feministischen Thesen ebenso wie die vor allem von den Grünen durchgesetzte Energiepolitik.
Jedenfalls ein absolut lesenswertes Buch. Und im Gegensatz zu dem voller Daten und Fakten steckenden Sarrazin auch ein sehr schwungvoll zu lesendes Buch. Testen Sie Ihren Buchhändler: Wenn dieser das Pirinçci-Buch nur widerwillig hergibt, nur ganz versteckt zeigt oder gar nicht hat: Dann sollten Sie rasch Ihren Buchhändler wechseln. Nicht nur, weil er als Zensor seiner Kunden sowieso eingehen wird, sondern weil Meinungsfreiheit auch von uns allen täglich erkämpft werden muss.
Von selber bekommt man die nämlich nicht.
Die Hass-Orgien in linken Medien haben nichts genutzt: Victor Orban hat die ungarischen Wahlen mit einem Prozentsatz gewonnen, von dem die österreichischen Parteien seit Jahrzehnten nicht einmal träumen würden. Es war geradezu unglaublich, wie viele Un- und Halbwahrheiten schon in seiner ersten Periode über ihn ausgestreut worden sind. Aber Orban ließ sich nicht beirren. Und die Ungarn auch nicht.
Kein Zweifel: Auch ich hätte Orban gewählt. Schon alleine deshalb, weil die Aktionen der Gesinnungsfreunde der ungarischen Sozialisten gegen ihn in ihrer vordergründigen Denunziationsabsicht viel zu durchsichtig waren. Gibt es doch bis heute nicht einmal einen Funken von konkreten Indizien, dass Ungarn im Vergleich zu den anderen EU-Ländern kein Rechtsstaat oder keine Demokratie mehr wäre. Oder dass es das weniger wäre als in den letzten 25 Jahren. Denn vor der letzten Regierungsperiode hat Ungarn nämlich de facto noch mit einer aus dem Kommunismus stammenden Rechtstradition gelebt.
Ja, Orban hat in den letzten Jahren viel daran geändert, Verfassung und Gesetze sind in großer Zahl neu beschlossen worden.
Ja, Orban hat die Sozialisten oder, so wie es etwa Wolfgang Schüssel musste, die rechts von ihm Stehenden nicht bei den Änderungen gefragt oder fragen müssen. Das 2010 gar nicht von Orban stammende Wahlrecht hat ihm eben eine Zweidrittelmehrheit beschert. Und mit einer solchen kann eben eine Verfassung geändert werden. In fast jedem Land der Welt.
Ja, manche Gesetze und auch Teile der Verfassung mussten nachher geändert werden: Aber genau das zeigt das Funktionieren der rechtlichen Mechanismen. Verfassungsrichter und Staatsoberhaupt sind alles andere als willenlose Befehlsempfänger. Das passiert auch in jeder funktionierenden Demokratie der Welt.
Nein, es gibt kein einziges Gesetz, keinen Verfassungsartikel Ungarns, die Rechtsstaat oder Grundrechte ernsthaft verletzen würden. Es gibt in Ungarn keine Bestimmung, die man nicht so ähnlich – oder noch viel brutaler – auch in einem anderen EU-Land fände. Ungarn hat sich sogar mehr um Minderheiten wie die Zigeuner gekümmert als in den sozialistischen Jahren. Dass auch bei Orban die Ergebnisse der Bemühungen um die Zigeuner nicht sensationell viele Früchte getragen haben, liegt ja vielleicht auch ein wenig an der Minderheit selbst. Aber Tatsache ist: Der Bettler-Ansturm auf Österreich kommt vor allem aus der Slowakei und Rumänien, beide heute sozialistisch regiert, nicht aus Ungarn.).
Es mag schon sein, dass die Linken das Bekenntnis zur Nation, zum christlichen Erbe, zu Familie usw. stört. Mich stört es ganz gewiss nicht.
Ein mehrheitsförderndes Wahlrecht mag man für gut oder schlecht finden. Es wird aber nur in Ungarn als geradezu verbrecherisch denunziert. Ein zum Teil noch viel stärker mehrheitsfreundliches Wahlrecht in Großbritannien beispielsweise oder in Frankreich oder in Italien ist von keinem der Kritiker Ungarns thematisiert worden.
Tatsache ist, dass die ungarische Linke schwer diskreditiert ist. Besteht sie doch nur aus einem wilden Konglomerat, das außer dem Hass auf Orban kaum etwas gemeinsam hat. Außerdem hängt den Sozialisten noch immer die einstige Lügenrede nach, mit welcher der damalige sozialistische Regierungschef vermeintlich ohne Öffentlichkeit offen das zynische Lügen gegenüber der Öffentlichkeit zugab.
Also ist heute eigentlich alles bestens in Ungarn? Nein, zwei Dinge machen durchaus besorgt. Das eine ist der anhaltende Erfolg der ganz rechtsstehenden Oppositionspartei Jobbik. Bei ihr gibt es in der Tat den Hang zu paramilitärischen Milizen mit Gewaltnähe; bei ihr sind ganz offen antisemitische und anti-Roma-Aussagen Parteilinie.
Die zweite Sorge gilt Orbans Wirtschaftspolitik: Bei allem Verständnis für die Wahrung ungarischer Interessen dürfte gerade diese Politik langfristig schwere Schäden zur Folge haben, also den ungarischen Interessen schaden. Denn die Budapester Regierung hat in fast kommunistischer Manier ausländischen Investoren den Mittelfinger entgegengestreckt. Ob Handel, ob Banken, ob andere Dienstleister, alle haben sie die Botschaft gehört: Sie sind in Ungarn nicht wirklich erwünscht. Ungarn hält ihnen gegenüber politische Zusagen nicht ein. Zwar geht es in Zeiten der europäischen Integration nicht so einfach, Unternehmen wieder hinauszudrängen. Aber neue Investoren machen um das Land einen großen Bogen. Und das wird Ungarn langfristig schaden.
Also haben Orbans Kritiker doch recht? Nein, denn vielen von ihnen hat seine Rüpelhaftigkeit gegenüber ausländischen Investoren als einziges an Orban gefallen. Orban ist mit Banken und Handelsketten so brutal umgesprungen, wie es hierzulande eigentlich nur Gewerkschaften und Kommunisten fordern.
Manche werden kritisch einwenden: Aber hat sich der Autor nicht mehrfach für eine Direkte Demokratie eingesetzt und ausgerechnet er hätte den sehr autoritär auftretenden Orban gewählt? Keine Frage: Auch weiterhin ist die Direkte Demokratie die weitaus am klarsten menschenwürdige und langfristig effizienteste Form der Machtausübung, welche die Macht von Bürokraten signifikant reduziert. Nur: Wenn die Machthaber – ob rechts, ob links – keine Direkte Demokratie zulassen, dann ist immer noch ein Machthaber mit klarem Gestaltungswillen die zweitbeste Alternative.
Um noch einmal mit Österreich zu vergleichen: Einem Werner Faymann hat man noch nie Gestaltungswillen nachgesagt, und wohl auch sonst keinem der gegenwärtigen Politiker. In Wahrheit hatte Österreich, wenn man vom ersten Nachkriegsjahrzehnt absieht, eigentlich nur zweimal Politiker mit Gestaltungs-Willen UND -Fähigkeiten: Kreisky und Schüssel. Und beide Male haben das die Wähler durchaus honoriert.
Unter Schüssel hat es auch zum einzigen Mal eine zumindest in Ansätzen funktionierende politische Koordination zwischen Ungarn und Österreich gegeben (sowie der Slowakei). Jetzt hingegen haben der österreichische Landwirtschaftsminister – aber auch unklug agierende Banken-Exponenten – üblen Flurschaden angerichtet. Wer als Österreicher in Budapest von oben herab agiert, hat schon verloren. Und zwar langfristig. Als Tiroler hat man keinerlei Feeling gegenüber Ungarn. Und als österreichischer Adeliger die doppelte Last der Vergangenheit.
Die Volkspartei will liberaler werden, heißt es allenthalben. Würde sie das nur! Die ÖVP wird jedoch das Gegenteil, also linker und nicht liberaler.
Es sei denn, man spricht Amerikanisch, wo liberal (betont auf der ersten Silbe) das dort unbekannte „sozialdemokratisch“ bedeutet. Mehr Staatseinfluss, mehr Steuern, reglementierte Schulen, Bevorzugung von Schwulen. Die europäische Bedeutung von liberal (betont auf der letzten Silbe) heißt jedoch etwas ganz anderes: Weniger Staat – gleichgültig ob es um den Staat in seiner europäischen oder seiner nationalen Ausprägung geht –, niedrigere Steuern, mehr Freiheit und Vielfalt.
Wenn die Salzburger und steirische ÖVP sich neu, linker positionieren wollen, dann mögen sie nur. Die ÖVP ist ja auch schon davor von dem famosen Josef Pröll etliche Kilometer zum amerikanischen liberal hingeleitet worden. Selbstmord, auch politischer, ist ja straffrei.
Aber es ist einfach eine intellektuelle Zumutung, wenn ein Herr Haslauer, ein Herr Drexler und offensichtlich auch zwei oder drei neue Minister ihren Linksmarsch als liberal bezeichnen. Wenn sie – und die linken Mainstream-Medien – mit liberal nicht mehr liberal, sondern liberal meinen. Was sie offenbar nicht wissen: Rot, Grün und Pink sind schon erfunden. Da ist kein Platz mehr.
In jedem anderen Land der Welt hingegen hat der klassische Liberalismus vereint mit dem Konservativismus, zu dem auch das nationale und identitäre Denken gehören, die Mehrheit. Nur in Österreich nicht. Meinen die meist sehr provinziellen ÖVP-Wender, dass es ausgerechnet hierzulande nur noch linke, aber keine liberalen und konservativen Menschen mehr gibt? Oder verwechseln sie gar veröffentlichte mit öffentlicher Meinung?
Der große Vordenker des liberalen Denkens, Friedrich August Hayek, sieht zwar viele Ähnlichkeiten zwischen konservativ und liberal. Er hat sich aber primär immer deshalb als Liberaler bezeichnet, weil die Konservativen den Linken leider nur zeitweiligen Widerstand leisten. Liberale wüssten hingegen immer, wofür sie stehen. Während Konservative nach verlorener Schlacht oft das für richtig hielten, was die Linken durchgesetzt haben, wird das ein Liberaler nie tun. So Hayek in einem hochinteressanten Text.
In der Folge einige Punkte, wo etliche Schwarze heute glauben, durch Linksrücken liberal zu werden. Wo sie aber eben bestenfalls liberal werden, also sozialdemokratisch mit der Betonung auf der ersten Silbe.
Gegen die Neue Mittelschule sprechen aus liberaler Sicht schon die weit höheren Kosten für die Gesamtschule bei schlechteren Ergebnissen als die einstige Hauptschule. Dieser Kosten hat sich aber einst nicht nur die SPÖ, sondern auch die Pröll-Amon-ÖVP berühmt.
Statt des linken Prinzips von höheren Kosten (wie immer zu Lasten der Steuerzahler) und von noch mehr Egalität wären natürlich auch beim Schulthema ganz andere Grundsätze liberal (und richtig): öffentliche Sparsamkeit, individuelle Freiheit und mehr Leistung. Es ist mehr als erstaunlich, dass all die progressiven Anhänger der Gesamtschule die katastrophalen Ergebnisse der NMS im Inland und fast aller Gesamtschulen im Ausland einfach wegignorieren.
Jetzt werden die Schulen halt einfach nicht mehr getestet – und die „Liberalen“ schweigen. Ebenso wie sie zu den wirklichen Gründen schweigen, warum Finnland als einziges europäisches Gesamtschulland bei internationalen Tests gut abscheidet: Dort gibt es nämlich im Vergleich zu Österreich kaum ein Zehntel der Zuwanderer aus fremdsprachigen Kulturen.
Besonders unliberal an jeder Gesamtschule ist aber noch etwas ganz anderes: der mit ihrer Einführung verbundene Zwang. Liberal wäre ganz eindeutig das Gegenteil. Also dass jeder (je nach Alter: Eltern, Schüler) völlig frei den Schultyp auswählen können soll. Dass es schon ab dem sechsten Lebensjahr eine Vielfalt vom Staat gleich behandelter Schul- und Unterrichtsformen gibt; und dass es erst recht ab dem zehnten Lebensjahr mehr als die gegenwärtigen zwei Formen gibt. Aber keinesfalls nur eine einzige Form.
Das rot-grün-pinke Projekt einer Gesamtschule (oder wie sie von manchen sprachlich getarnt wird: einer „gemeinschaftlichen“ Schule) ist natürlich das absolute Gegenteil von einer solchen Wahlfreiheit.
Kein einziges Mal hat sich einer der jetzt angeblich „Liberalen“ (ob in der ÖVP oder bei den Neos) gegen die fortschreitende Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Strafgesetze gestellt. Dabei ist Meinungsfreiheit wohl überhaupt einer der obersten liberalen Werte. Diese Einschränkung erinnert lebhaft an Metternich mit seiner Zensur. Sie geschieht durch Gummiparagraphen nach Art der „Verhetzung“ oder den Ungeist der Political correctness.
Immer wieder muss man die „Liberalen“, die links für liberal halten, an Voltaire erinnern, der bis zum letzten die Meinungsfreiheit verteidigt hat. Er hat das gerade dann getan, wenn mit deren Hilfe ein totaler Unsinn gesagt wird, wenn Meinungsfreiheit für total Unrichtiges verwendet wird.
Abgesehen von der philosophischen Erkenntnis, dass zumindest in der diesseitigen Welt ohnedies niemand die ganze Wahrheit kennt: Die einst so bitter erkämpfte Meinungsfreiheit wird ja nur dann relevant, wenn jemand einer dummen oder falschen Meinung ist.
Ein besonders wichtiger Teil der Freiheiten, für die wirklich Liberale immer gekämpft haben, ist die Vertragsfreiheit. Diese soll nun nach Wunsch breiter Teile der EU-Kommission durch ein sogenanntes „Diskriminierungsverbot“ auch im privaten Bereich dramatisch eingeschränkt werden. Nach Wunsch dieser immer stärker links beherrschten EU-Kommission wird man künftig als Arbeitgeber oder Wohnungsvermieter selbst beweisen müssen, warum man nicht den sich bewerbenden Schwulen oder Moslem angestellt beziehungsweise die Wohnung gegeben hat. Andere Bewerber kann man hingegen argumentationslos abweisen.
Das ist eine ganz dramatische Einschränkung der Vertragsfreiheit. Diese ist bisher dankenswerterweise auch zwei Mal von der ÖVP, als sie noch nicht so fortschrittlich-linksliberal war, abgelehnt worden.
Jetzt aber lässt sie – offenbar fortschrittlich geworden – auf EU-Ebene dem extrem links agierenden Sozialministerium unwidersprochen freie Bahn. Was der SPÖ die nächste Attacke auf die individuelle Freiheit ermöglicht (auch wenn man vor den EU-Wahlen wohlweislich nicht davon spricht).
Da wurde vor der Wahl liberal versprochen, dass es mit der ÖVP keine Steuererhöhungen geben werde. Nach der Wahl legte der ÖVP-Obmann höchstpersönlich und ohne kommunizierte Not solche vor.
Die Steuerfrage ist übrigens von den hier aufgezählten der einzige Punkt, wo die Neos tatsächlich liberal im klassischen Sinne sind. Ansonsten positionieren sie sich ja leider meist links von der ÖVP.
Ein wirklich Liberaler würde bis heute vehement dagegen protestieren, dass seit einigen Jahren eine neue Gruppe ohne jeden Grund Privilegien zu Lasten Dritter bekommen hat. Diese Privilegien, welche die Schwulenaktivisten erkämpft haben, sind die Eintrittsrechte in Billigmieten zu Lasten von Wohnungseigentümern; sind die Gratis-Witwer-Pensionen, die sie nun Pröll und Gusenbauer sei Dank von uns erhalten.
Davon redet jedoch keiner der angeblich Liberalen. Vordergründig wird vielmehr um die Lächerlichkeit gestritten, ob Schwule nun „Nachnamen“ oder „Familiennamen“ haben. Was seit der prinzipiellen Kursänderung unter Josef Pröll nun schon wirklich wurscht ist.
Noch absurder ist: Die konservativen Katholiken kämpfen jetzt stark dagegen, dass schwule Verpartnerungen auf Standesämtern stattfinden. Statt dass sie gerade als Katholiken gegen JEDE Zeremonie auf Standesämtern eintreten. Genauso wie es jeder wirklich Liberale täte. Was diese Katholiken offenbar nicht mehr wissen: Die staatlichen Eheschließungen in der heutigen Form sind in Österreich erst im 20. Jahrhundert eingeführt worden – als Kampfinstrument gegen die religiöse Eheschließung.
Genauso kommen wirklich Liberale zu dem Schluss: Der Staat sollte absolut nichts mit irgendeiner privaten Zeremonie zu tun haben. Christen können eine solche in der Kirche veranstalten, und jeder andere, wo er sonst will. Am Donauturm, im alten Rittersaal, im Hubschrauber, im Gasthaus-Festsaal, in der Moschee.
Der Staat selbst hat hingegen so wie bei der Geburt, bei der Scheidung und beim Tod überhaupt nichts zu organisieren. Und schon gar nicht peinlich-schwülstige Hochzeitsreden eines Beamten. Der Staat hat ohne jede Zeremonie zu beurkunden und die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen. Aus.
Übrigens: Eheschließungen gingen einen liberalen Staat auch dann nichts an, wenn nicht ohnedies mindestens jede zweite Ehe in Trümmern, also meist Scheidungen enden würde.
Wenn sie dann gar kein Argument mehr haben, holen dann die Schwulen-Aktivisten ihr letztes Argument hervor: Aber Homosexuelle würden sich doch so brav und fürsorglich umeinander kümmern. Nun, glauben wir halt diese Behauptung (auch wenn wir keine statistische Evidenz dafür gefunden haben). Fragen wir lieber: Wenn das der Grund für die finanzielle Freizügigkeit des Staates sein soll – was ist dann mit all jenen, die sich ebenfalls brav und fürsorglich umeinander kümmern, aber ohne eine Ehe abschließen zu können oder wollen?
Was ist etwa mit den alt gewordenen Geschwistern, die sich in weit größerer Zahl um einander kümmern? Sollen die etwa gar vorgeben, eine inzestuöse Beziehung zu haben? Was ist mit den Bewohnern eines Klosters? Warum bekommt jener Mönch, der immer gekocht und geputzt hat, dann nicht auch eine Witwerrente nach dem anderen Mönch, der staatlicher Schulprofessor gewesen ist?
Ein wirklich Liberaler würde auch längst schon dagegen kämpfen, dass kinderlose Ehepartner eine fette Witwer- oder Witwenrente bekommen. Ohne dass für diese jemals ein Cent eingezahlt worden wäre. Warum bitte? Warum bekommen solche Hinterbliebene über ihre Eigenpension hinaus noch eine zweite Pension? Wo war ihre Leistung?
Bei der Einführung der Witwenrenten im 19. Jahrhundert hat man natürlich nur an die Versorgung von Witwen gedacht, die den Großteil ihres Arbeitslebens mit der Kinderaufzucht verbracht haben und die deswegen ohne Eigenpension dagestanden sind. Oder an die bei einem Arbeitsunfall früh verstorbenen Familienerhalter. Damals ist man ja meist vor dem Pensionierungsdatum gestorben. Damals hat ja fast jede Ehe Kinder in die Welt gesetzt oder zumindest diese Absicht gehabt. Da war es logisch und einfacher, gleich alle Witwen zu versorgen.
Das ist heute gewiss nicht mehr der Fall. Viele Ehen bleiben kinderlos. Die Gratis-Witwenrente ist sicher nicht für die Luxuspartnerin gedacht, die ohne Arbeitstätigkeit das Leben an der Seite des Karriere-Mannes verbringt und die sich nicht mit Lästigkeiten wie Kindern abgibt. Die dann aber eine dicke Witwen-Pension erhält.
Liberal heißt zum Unterschied von Interessenpolitik eben immer, nach rationalen, sparsamen und gerechten Lösungen zu suchen. Eine Berechtigung für solche Witwenrenten gibt es in einer liberalen Perspektive immer nur, wenn Kinder betreut worden sind.
Auch hier deckt sich übrigens eine echt liberale Sichtweise so wie in der Schulfrage weitgehend mit einer wertkonservativen. Nur haben skurrilerweise die Verbands-Konservativen – etwa die Familienverbände – nie nach der Abschaffung von Witwenrenten für Kinderlose gerufen. Dabei gäbe es wahrscheinlich nur so mehr Geld für Mehrkinderfamilien.
PS: Zeigt nicht der Wahlerfolg der Neos den Trend zu linker Liberalität? Nein, denn in den nie präzise werdenden Wortschwall des Matthias Strolz projiziert jeder etwas total anderes hinein. Und kaum werden die Neos präziser, dann wird bei ihnen wie einst bei Heide Schmidt liberal ganz offenkundig auch auf der ersten Silbe betont. Das kann man an der pinken Unterstützung für die Zwangsgesamtschule genauso ablesen wie an ihrer undifferenzierten Unterstützung für alle schwulen Anliegen.
PPS: Wer in den letzten Monaten nach irgendwelchen Positionslichtern des ÖVP-Obmannes zu den einschlägigen Streitpunkten sucht, der wird keine finden. Er hat sich ja von einem skurrilen PR-Berater ins Finanzministerium treiben lassen, wo er sich als schwer überfordert zeigt. Und schweigt ansonsten überall, wo die schlingernde ÖVP dringend Führung bräuchte.
Quelle: BKA, RTR, Parlament, vorarlbergernachtichten.at
Die EU will nun auch noch Sparbücher ausgeben. Statt endlich das in Wahlkämpfen gerne verwendete Wort von der Subsidiarität ernst zu nehmen, macht sich die EU-Kommission nun auch auf dem Gebiet der Sparbücher wichtig. Sie konkurriert mit den 500 Millionen Europäern als Haftungsmasse im Hintergrund normale Kreditinstitute. Dabei war es noch vor wenigen Jahren das große Verdienst der EU gewesen, Mitgliedsstaaten und Provinzen die Konkurrenz zu Geldinstituten zu verbieten.
Staaten, Provinzen und Gemeinden sind von der EU 2007 zu Recht gezwungen worden, sich aus dem Finanzgeschäft zurückzuziehen. Seit jenem Jahr hat es die EU verboten, dass die öffentliche Hand für Anleihen und sonstigen Kredite von Banken haftet. Zwar haben Bundesländer wie Kärnten noch dieses Verbot zu umgehen versucht. Aber heute ist dieses Verbot ganz unbestritten. Sonst wäre zweifellos der Schaden, den Kärnten und andere Bundesländer anrichten hätten können, heute noch viel größer.
Das war ein eindeutiges Verdienst der Union. Bis zu diesem Verbot haben sich Landesbanken, Hypos, Zentralsparkassen mit Hilfe der Landesgarantien deutlich billiger refinanzieren können als normale Banken. Das war eine eindeutige Verzerrung des Wettbewerbs.
Dieses Verbot war nicht nur wegen der Herstellung der Wettbewerbsgleichheit wichtig: denn mit diesem billig von Anleihegläubigern erhaltenen Geld haben ja nicht nur in Kärnten die Landesbanken extrem sorglos und unter ständigem politischen Druck Kredite verteilt. Kommerzielle Banken waren hingegen bei der Kreditvergabe viel sorgsamer, wie man heute sieht. Selbst der aus der Sozialdemokratie kommende Nationalbanker Nowotny gibt ja heute als Erkenntnis seiner Bawag- und Hypo-Erfahrungen offen zu, dass es völlig falsch ist, wenn sich die öffentliche Hand als Banker betätigt.
Was man zu Recht den Ländern abgedreht hat, will die Kommission nun plötzlich europaweit für sich selber einführen. Die Europäische Investitions-Bank soll dabei das Vehikel sein.
Das ist eine wirkliche Absurdität, wie auch immer es im Detail konstruiert sein wird. Denn damit steht letztlich Gesamteuropa hinter jedem solchen Sparbuch. Damit kann man die Schulden- und Haftungsdimension noch deutlich mehr aufblähen, als es ohnedies schon via ESM, EFSF usw. geschieht.
Überdies will die EU laut Ankündigung von Kommissar Barnier sogar höhere Zinsen zahlen, als es Anleger derzeit auf der Bank bekommen. Woran perverserweise ja die EZB mit ihrer Geldpolitik selbst hauptschuld ist.
Wer würde da nicht nach einem Europa-Sparbuch greifen? Höhere Sicherheit und höhere Zinsen: Das kann sich kein Sparer entgehen lassen.
Das bedeutet letzten Endes eine weitgehende Verstaatlichung der Bankenwelt. Verstaatlichungen haben am Ende aber immer zu Katastrophen geführt. Vor allem wegen der damit immer eintretenden Verantwortungslosigkeit, wegen der Eigentümerlosigkeit eines Staates, wegen des parteipolitischen und nicht mehr kommerziellen Denkens der dann als Eigentümervertreter handelnden Politiker. Es ist kein Zufall, dass es in Österreich wie in Deutschland überwiegend die staatlichen Banken gewesen sind, die in den letzten Jahren „gerettet“ werden mussten.
Das Vorgehen der EU-Kommission ist auch noch aus einem anderen Grund infam: Sie und die EZB haben in den letzten Jahren die Banken mit einem immer dichter gewordenen Regelwerk so eingeschnürt, dass diese immer weniger Kredite an Unternehmen vergeben konnten. Außer diese haben tausendprozentige Sicherheiten anbieten können.
Zunehmend merkt Europa die Katastrophe, die damit entstanden ist. Aber statt die Regulierungen – und weiteren Regulierungsabsichten – wenigstens teilweise wieder zurückzunehmen, übernimmt die EU jetzt einfach selbst das ganz normale Bankgeschäft. Das wird mit Sicherheit böse enden. Das lässt sich umso leichter voraussagen, als die Übernahme einer Leitungsfunktion in der E.I.B. nicht etwa Bank-Erfahrung voraussetzt; vielmehr amtieren dort Politiker – ob das nun einst Ewald Nowotny war oder jetzt Willi Molterer ist.
Ein typisches EU-Projekt: Es klingt für manche attraktiv (vor allem vor EU-Wahlen). Es bedeutet aber vor allem eine weitere Zentralisierung und Verstaatlichung.
Statt dass man den Menschen endlich klarer macht als heute, dass absolut jede Geldanlage auch ein Risiko enthält, wird den Europäern das Gegenteil vorgegaukelt. Alle Details freilich lässt die Kommission die Europäer erst nach dem Wahltag wissen. Sonst kämen nämlich die EU-Bürger drauf, wie gefährlich das Projekt ist. Vorerst hat EU-Kommissar Barnier nur die netten Seiten des Sparbuchs kommuniziert. Alles andere kommt später.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Sebastian Kurz ist auf jeden Fall gegen einen raschen Beitritt der Ukraine zur NATO. So hat es jetzt mehreren Meldungen zufolge der junge Außenminister ganz offiziell verkündet.
Das zeigt Kurz entweder als Erfüllungsgehilfen Moskaus. Oder dieser Satz ist eine unglaubliche Frechheit. Denn Kurz vertritt weder ein Nato-Land, das darüber entscheiden könnte, ob die (auch Österreich jahrzehntelang schützende) Allianz neue Mitglieder aufnimmt. Noch ist er befugt, für die Ukraine zu sprechen, die als souveräner Staat über ihre eigene Zukunft entscheidet. Die Ukraine ist nämlich meines Wissens kein Protektorat Österreichs. Als was spricht er dann? Selbst wenn Herr Kurz persönlich einen Nato-Beitritt Kiews für die Nato oder die Ukraine nicht als klug ansehen sollte, hat er als österreichischer Außenminister nämlich nur eines zu tun: den Mund zu halten und vor allem keine solchen Ratschläge (=Schläge) zu erteilen. Jahrzehntelang haben alle österreichischen Regierungsparteien größten Wert darauf gelegt, dass niemand dem Land sagt, was es tun soll. Und jetzt das!
PS: Die Dummheit des Herrn Kurz zum Thema Ukraine übertrifft sogar die völlig unpassenden Töne, mit denen vor wenigen Wochen der Landwirtschaftsminister Ungarn provoziert hat (und wo Kurz selber noch klüger reagiert hat). Da wie dort sollten sich die unerfahrenen Ministerberater hinter die Ohren schreiben: Osteuropäer lieben es auf Grund der Geschichte noch weniger als andere, wenn sie aus Wien solche Töne hören.
In Austria in March unemployment was at a new record high, and there were 402,323 people without a job, which is an increase of 36,046 on the previous year. In Germany in contrast, the number of unemployed people has gone down for the third month in a row.
Austria's top political commentator and business analyst Andreas Unterberger says the blame lays clearly at the door of government policies and pandering to the trade unions:
"It is now almost a daily occurrence. One company after the other is closing down. But what are the trade unions doing about it? Quite simply, they are making ever more demands that cost ever more money and that destroy even more job places. It is almost unbelievable what is happening.
"After the bankruptcy of DiTech, and the almost bankruptcy of Baumax, and after the disasters of Dayli and Schlecker, Alpine and hundreds of others, now it is the turn of the American sound technology company Knowles. They are not yet bankrupt, but they are getting rid of 280 jobs in Austria. The end result of course for those who have lost their job is the same. They don't have a job any more.
"Knowles, which was formerly the microphone division of Philips, made a rather dry statement that was not a surprise for anyone with their eyes open, although not apparently trade unionists or the politicians.
"The job losses are a direct result of the 'wage costs that on an international scale at the higher end of the level.'
"It doesn't get much clearer than that. The jobs aren't lost. They've gone to Asia.
"What has the Austrian trade union, the ÖGB, got to say about this development?
"Quite simply, backed by the powerful state broadcaster the ORF, they are putting forward the suggestion that there should now be a sixth week of holiday for anyone who has been working for 25 years. A conservative estimate is that the idea would cost around 700 million EUR annually to the Austrian economy.
"And the ÖAAB, the Conservative OVP linked trade union body, is going along with the idea, even though there isn't any evidence that a single worker in the entire country is actually requesting it.
"Every month, the unemployment statistics are increasing. But the ÖGB officials are not decreasing the demands, instead they are accelerating.
"They have learned nothing from the entire ÖGB generated Konsum disaster or from the ÖGB BAWAG bankruptcy. The big chiefs at the ÖGB seem oblivious to it all. Everyone else is always to blame, not them.
"With regards to the BAWAG investigation, that meant of course lots of other people to blame, but of course not the bosses of the ÖGB who owned it in the first place. And ever since Werner Faymann took over the Social Democrat SPÖ the party has not made any decisions that go against whatever it is that the ÖGB want.
"The SPÖ and the ÖGB seem to still seriously believe that it is enough for Austria to hold its own within the EU. That's madness. It is the EU that is in competition with the rest of the world. Competition has for a long time no longer been something found in other EU countries, instead, it's is now from around the world. Even Austria buys its mobile telephones where it is cheapest, without worrying about where they are made. Anybody that says anything different is a liar.
"Yet sadly in Austria even the Chamber of Commerce (WKÖ) hasn't understood the blame that the ÖGB shares on the catastrophic future prospects for Austria and the EU. Instead they have fostered it, drunk on the social partnership and its gold-making machine, the Chamber of Labour (AK).
"I haven't yet heard the standard parrot phrase about Knowles that has so far appeared on every other occasion: 'Management is to blame, not us.' But don't worry, it won't be long."
This English version of comment from the Tagebuch was translated by the British journalist Michael Leidig and his team at the Central European News agency. He can be contacted for corrections and improvements to the English here: (editor@cen.at)
Jetzt musste in Kalifornien der neue Chef des Firefox-Entwicklers Mozilla im Trommelfeuer des schwulen Terrors zurücktreten.
Sein einziges „Delikt“: Er hatte vor ein paar Jahren einen – völlig legalen – Gesetzesentwurf gegen gleichgeschlechtliche Ehen in Kalifornien unterstützt. Mit ganzen 1000 Dollar. Mehr hat Brendan Eich, der immerhin Technik-Chef von Firefox war und der als der entscheidende Entwickler von JavaScript gilt, nicht gebraucht: Der Terror der politisch korrekten Linken ist voll in Gang gekommen. Die Firmen „Rarebit“ und „OKCupid“ haben angekündigt, Mozilla zu boykottieren. Da half Eich auch die Garantie-Erklärung nichts, selbstverständlich alle Mitarbeiter gleich behandeln zu wollen. Da half ihm auch die Frage nichts mehr, was eigentlich die privaten politischen Anschauungen eines Menschen mit seinen beruflichen Fähigkeiten zu tun haben. Jetzt habe ich als Firefox-User nur noch eine Frage zu beantworten: Welche anderen Browser sind so gut, wie Firefox gewesen ist, das ich bis heute benutzt habe? Ich mag einfach nicht täglich Dutzende Male mit der Political Correctness und ihrem Terror konfrontiert werden.
PS: Im mächtigen Firefox-Verwaltungsrat sitzt auch eine „Spiegel“-Managerin. Welche Rolle hat die dort gespielt?
PPS: In einer Einladung des österreichischen Familien(!)-Ministeriums, die mir gerade empörte Empfänger zugeschickt haben, gibt es mehr Photos von homosexuellen Paaren als von Vater-Mutter-Eltern. Aber auch die Einladungs-Empfänger informierten nur noch ganz unter der Garantie der Anonymität, weil sie den einschlägigen Terror fürchten. Beim Familienministerium selber gibt es freilich einen großen Unterschied zu Mozilla: Die ÖVP hat kaum mehr Kunden zu verlieren . . .
Normalerweise mag ich es nicht, sich journalistischer Erfolge zu berühmen. Denn das erinnert zu stark an Fellner-„Journalismus“. Und den Erfolgen stehen ja immer auch viele Misserfolge gegenüber. Aber den Lesern ist es das Tagebuch heute schuldig, sie über den Weiterlauf schon begonnener Entwicklungen zu informieren.
Die erste Entwicklung ist jedenfalls für alle West-Wiener positiv: Die Josefstädter-Sichtachse auf den Stephansdom bleibt nun doch frei. Ursprünglich wollte ja das Kubikmeter-geile Rathaus den Neubau des ehemaligen Forum-Kinos so weit vorrücken, dass die Sicht aus der Hauptstraße des 8. Bezirks auf den Dom verstellt wäre. Darüber habe ich ja als erster berichtet. Glauben wir einmal der Beteuerung von Vizebürgemeisterin Vassilakou, dass sie das endgültig verhindert hat; womit sie in ihrer Politikerkarriere immerhin auch etwas Positives getan hat. Freuen wir uns mit der Josefstädter Bezirksvorsteherin Mickel, dass sie – nach eher seltsamen feministischen Abenteuern – nun für ihren Bezirk etwas Wesentliches erreicht hat. Beobachten wir, ob der Neubau nicht jetzt in die Höhe statt nach vorne geht. Aber dieses Tagebuch wird dennoch jedenfalls den weitaus schlimmsten Anschlag der letzten Jahrzehnte auf das Wiener Stadtbild, das geplante Hochhaus neben dem Konzerthaus, keinesfalls aus dem Auge lassen. Denn für dieses Wahnsinnsprojekt haben bisher alle Parteien und die meisten Zeitungen eine seltsame Sympathie entwickelt. Die Ursachen dieser erstaunlichen Sympathie können wir zwar noch nicht beweisen – aber uns vorerst sehr intensiv denken.
Auch in einem zweiten Fall hat das Tagebuch als erstes die Dinge beim Namen genannt. Da aber gibt es keine Wendung zum Besseren. Das sind die Schändungen in Wiener Kirchen. Der Täter ist tatsächlich ein Moslem und Asylwerber, was ja anfangs von der politisch korrekten Behörde geheimgehalten worden ist. Und es waren tatsächlich gleich sechs betroffene Kirchen. Nun ist der Mann nach der Kritik des Tagebuchs an seiner Freilassung auch festgenommen werden. Die Angelegenheit bleibt aber dennoch zutiefst deprimierend. Und die Reaktionen der Wiener Kirchen-Oberhäupter seltsam diffus. Auch wenn Vergleiche derzeit außer Mode sind: Der Mann hat weit Schlimmeres gemacht, als bloß in einer Kirche zu tanzen und für ein Video singen; das aber hat den Pussy-Riots gleich zwei Jahre Haft eingetragen.
Erfreulich ist, wie hier schon festgehalten, dass das Museum Essl nun endgültig nicht mit Steuergeldern angekauft wird, obwohl anfangs die Mafia der Kulturjournalisten ebenso wie Kulturminister Ostermayer für den Kauf plädiert hat. Noch erfreulicher ist, dass Herr Essl erfolglos geblieben ist, obwohl er sich bei dem Möchtegern-Deal besonders teurer Berater bedient hat.
Typisch – um noch eine Tagebuch-Geschichte fortzuschreiben – ist schließlich die Äußerung des Bundeskanzlers, dass die Republik zwar eh so gerne die Nutznießer staatlicher Haftungen für Wirtschaftsbetriebe bekanntgeben würde. Aber leider, leider könne er das wegen des „Datenschutzes“ nicht tun. Womit sich gezeigt hat, dass Werner Faymann schnell lernt. Noch bevor das sogenannte Transparenzgesetz seines Freundes Ostermayer in Kraft tritt, verwenden die Genossen bereits die richtige Wortwahl. Künftig wird nicht mehr wegen des „Amtsgeheimnisses“, sondern wegen des „Datenschutzes“ nicht informiert werden, wer unser Steuergeld bekommt. Das Ergebnis ist jedoch völlig gleich . . .
Warum liest man von einem österreichischen Politiker im Inland nie so Kluges?
Karlheinz Kopf hat jedenfalls in der Neuen Zürcher Zeitung überaus weise Worte gefunden. Da spricht der zweite Nationalratspräsident ganz offen davon, dass die Demokratie zusammenbrechen könnte, wenn nicht grundlegende Reformen passieren. Da urgiert der Vorarlberger, dass die Bundesländer endlich auch die Einnahmenverantwortung für das übernehmen, was sie ausgeben. Da verlangt ein Politiker (in Anbetracht der drohenden Medienrevanche besonders mutig!) „Qualitätsmedien mit Informationsgehalt und Verantwortungsbewusstsein“. Da wird die „Anfälligkeit von Politikern und Parteien für den Wählerkauf auf Kosten der nächsten Generationen“ besonders getadelt. Hut ab vor so viel Mut, selbst wenn man das nur in einem ausländischen Medium lesen kann.
PS: Kopf gehört übrigens nicht zu jenen beiden schwarz-roten Abgeordneten aus Vorarlberg, die zwar schlitzohrig nach einem U-Ausschuss rufen, die aber keine Silbe über die Haftung (auch) der Vorarlberger Hypo für die Einlagensicherung bei der maroden Kärntner Bank verlieren. Geschweige denn über den von der Bundesregierung ersatzweise verlangten Verzicht auf Vorarlbergs Anteil an der Bankensteuer oder gar über die – seit Jahren notwendige – Insolvenz der Hypo Alpen-Adria.
PPS: wenn der Wirtschaftskorrespondent der NZZ heuer in Pension geht, dann wird auch die letzte kluge Medien-Stimme in Sachen Austrowirtschaft erloschen sein.
Da hat ein einziger schwedischer Rechts-Abgeordneter gesagt, dass er nicht will, dass der FPÖ-Mann Mölzer nach dessen Sprüchen eine führende Funktion in der künftigen gemeinsamen Fraktion bekommt.
Aus diesem Zitat ist schon in der „Presse“ eine – na sagen wir: etwas stark überspitzte Überschrift geworden. Aber der ORF hat nun gleich die ganze neue Rechtsfraktion kollabieren gesehen. Eh klar: Wenn die ganze SP-Kampagne gegen die Freiheitlichen gerichtet ist, und wenn an der Spitze der EU-SPÖ jetzt gleich direkt ein ORF-Mann sitzt, dann muss man schon ohne Rücksicht auf Fakten und Wahrheit in das linke Horn stoßen. Und dann merkt man halt wieder einmal nicht, dass sehr viele Österreicher das als allzu durchsichtig durchschauen. Intelligenz war freilich noch nie eine Stärke der Linken.
PS: Hab ich eine Fernsehsendung übersehen? Oder hat derselbe ORF wirklich bis heute totgeschwiegen, dass es (wie das Tagebuch schon von Anfang an vermutet hat) ein Asylwerber und Muslim war, der in sechs katholischen Kirchen Vandalenakte gesetzt hat? Dass in linken Schmierereien das christliche Kreuz, das Hakenkreuz und das Kruckenkreuz gleich gesetzt werden? Dass es schon vorher etliche gezielte Beschädigungen gegen Kirchen gegeben hat?
Es gibt kein Steuergeld für das Essl-Museum. Diese Nachricht ist in mehrerlei Hinsicht erstaunlich. Und positiv.
Erstens zeigt sie, dass die Regierung mit dem Sparen nun doch deutlicher ernst macht als früher. Das gibt eine gewisse Erleichterung. Man erinnere sich nur an jene Zeiten, als der große Jugendstilspezialist Leopold in Schwierigkeiten gekommen war, weil er – sagen wir: Steueraspekte anders gesehen hatte als die Fahnder. Aber er wurde dennoch fast wie selbstverständlich von einem Erhard Busek gerettet. Dieses Mäzenatentum ist nun an ein Ende angekommen. Das ist ungemein positiv. Wobei man objektiverweise sagen muss, dass die Schätze des Leopold-Museums wohl für den Standort deutlich wichtiger sind als die des Essl-Museums.
Zweitens ist der neue Kulturminister Ostermayer voll gegen die Wand gedonnert. Er hatte als einziger Politiker einige Tage lang für den Ankauf des ganzen Museums gekämpft, während alle anderen mehr Instinkt bewiesen hatten. Umso verblüffender ist daher, dass Ostermayer dennoch als scheinbarer Sieger vom runden Tisch aufgestanden ist. Hat er das so geschickt gemacht - oder sind die Medien mit dem ORF an der Spitze schon so abhängig von der SPÖ und den von ihr verteilten Steuergeldern, dass sie Ostermayer nirgendwo mehr kritisieren? Denn eines ist sicher: Es hat gewiss keinen Minister gebraucht, damit Essl mit den Banken redet. Das tut er nämlich schon seit Jahr und Tag.
Drittens hängen Essl und Tausende Arbeitsplätze jetzt genau an jenen Banken, die zugleich von der Regierung ausgepresst werden wie eine Zitrone. Vor allem die SPÖ glaubt damit Wählerstimmen akkumulieren zu können (sie kann ja heute völlig hemmungslos sein, seit sie ihre eigenen Banken alle in den Abgrund gefahren hat). Aber es ist völlig klar: Je mehr die Banken an Bankensteuer, Transaktionsabgaben und so weiter zahlen müssen, umso weniger Geld haben sie zur Finanzierung von Wirtschaftsunternehmen.
Und viertens: Zweifellos können Finanzexperten besser als ich beurteilen, ob Baumax und der sympathische Herr Essl Überlebenschancen haben, die größer als 50 Prozent sind. Aber auch Branchenfremde sahen jedenfalls in den letzten Jahren eine rapide Zunahme an Baumärkten aller Art. Was daher auch bei ihnen die Frage aufgeworfen hat, ob diese Branche nicht heillos überbesetzt ist. Man ist jedenfalls irgendwie froh, dass man seine Altersvorsorge nicht in einen Baumarkt gesteckt hat (Ohne freilich zu wissen, wo sie sonst am besten angelegt wären . . .).
Der Verfassungsgerichtshof ist in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung zur bloßen Außenstelle der SPÖ geworden.
Mit seinem Online-Angebot auf „ORF on“ hat der Gebührensender bereit sämtliche Online-Angebote von anderen Anbietern total niederkonkurriert. Nun darf das auf Grund eines VfGH-Erkenntnisses auch im Bereich der sogenannten sozialen Medien. Obwohl der „einfache“ Gesetzgeber dem ORF das mit gutem Grund verboten hat. Der Herr Holzinger, seines Zeichen immer brav SPÖ-höriger VfGH-Präsident, hat dieses Urteil, das den Gesetzgeber aushebelt, mit „Rundfunkfreiheit“ begründet. Absurder geht’s immer. Hat der Herr Präsident vielleicht schon einmal davon gehört, dass es für die Seher und Hörer keine Spur von Freiheit, sondern so etwas wie Zwangsgebühren gibt? Dass man – in einem ordentlichen Rechtsstaat – eigentlich Pflichten und Einschränkungen auf sich nehmen müsste, wenn man solche Zwangsgebühren kassiert? Dass ein so privilegiertes Unternehmen eigentlich auch viel strengere Regeln auf sich nehmen muss als andere? Dass der ORF Gebühren bekommt, damit er Radio und Fernsehen macht, aber nicht damit er jede neue Technologie dick und fett besetzen kann? Aber freilich: So klar die Antworten auf all diese Fragen eigentlich sind, so klar ist, dass der VfGH auf Grund der parteipolitischen Besetzungen der letzten Jahre immer nur für die SPÖ entscheiden wird. Und damit im konkreten Fall eben für den ORF.
Irgendwie kommt einem die Nachricht nicht neu vor, man hat sie nämlich schon ein paar Dutzend Male gehört. Dennoch freut sie: Wiens U5 wird gebaut. Also scheint der Westen der Stadt doch nicht ganz vergessen zu sein. Also wird doch nicht nur auf die grünen Radfahrer gesetzt, denen mit einer dubiosen Volksabstimmung die ganze Mariahilfer Straße freigeräumt worden ist. Allein: Je näher man sich die nunmehrigen Ankündigungen der SPÖ anhört, umso rascher schrumpft der Elefant auf eine Minimaus.
Denn in Wahrheit besteht die neuerlich groß angekündigte U5 aus einer einzigen Station: Die Linie dorthin wird es – soll es irgendwann in den nächsten zehn Jahren zwischen Rathaus und Altem AKH geben (ab der Station Rathaus gibt es ja die längst vorhandenen U2-Strecke Richtung Karlsplatz). Nach dem Bau bis zum Alten AKH geht der Stadt nämlich schon wieder das Geld aus.
Jetzt wäre es natürlich billig, auf die Kosten der ständigen Umplanungen der Mariahilfer Straße zu verweisen, die man ersatzweise einsparen hätte können; aber ehrlicherweise muss man schon zugeben, dass eine U-Bahn deutlich teurer ist als sämtliche Umplanungen der Einkaufsstraße – trotz der Sinnlosigkeit der dortigen Aktionen.
Freilich: Wenn man da die Bestechungssummen für die diversen Boulevard-Medien dazurechnet, wird der Betrag schon deutlich größer, der durchaus ohne zusätzlichen Schulden für den U-Bahn-Bau zur Verfügung stünde. Das wird er insbesondere dann, wenn man Elisabeth Ochsners Enthüllungen hört, dass versteckterweise noch 20 bis 25 Prozent mehr als offiziell ausgewiesen solchen Medien zugewendet werden (und Ochsner muss es wissen, war sie doch bis Jahresende Geschäftsführerin der führenden Schaltagentur).
Natürlich freut man sich, dass Bürgermeister und Stadträte an schönen Tagen bald direkt mit der U-Bahn auf einen Gspritzten in den Alten-AKH-Hof fahren können. Zumindest könnten, wenn sie nicht auch dafür den Dienstwagen verwenden sollten.
Aber es kann überhaupt kein Zweifel bestehen: Eine U5 hat erst dann einen Sinn, wenn sie auch das Neue AKH, die U6, den Elterleinplatz und das Ende der U3 in Ottakring erreicht. Dann aber wäre sie sehr, sehr positiv. Diese Verbindung ist nämlich längst schon dringend und wichtig.
Dafür hat jedoch das Rathaus kein Geld. Und beim Bund wird dieses erst recht nicht zu holen sein. Steckt doch dieser durch seine Schuldenfreude und durch die Kärntner Pleitebank Hypo in noch viel größeren Geldnöten.
Während also die verkündete U5-Strecke vorerst nur eine Karikatur des wirklich Notwendigen ist, soll die U2 Richtung Matzleinsdorfer Platz nach Süden verlängert werden. Das entspricht zweifellos den Machtverhältnissen innerhalb der SPÖ, bedeutet aber die vierte U-Bahn nach Süden. Wobei freilich auf Grund der absurden Bundesländergrenze keine einzige dorthin ausgebaut wird, wo Niederösterreicher, Steirer und Burgenländer schon außerhalb der Stadt parken könnten.
Warum wird dann eigentlich der U-Bahn-Neubau so groß angekündigt, der in Wahrheit nur eine Umplanung, nur einen Verzicht auf andere, schon mehrfach verkündete U-Bahn-Verlängerungen darstellt? Nun, die Wiener SPÖ will und muss sich selbst und den öffentlichen Verkehr wieder stärker ins Spiel bringen, um von einigem abzulenken, das auch ihre Wähler sehr verärgert und der Opposition (trotz deren weitgehender Untätigkeit) zutreibt:
Die SPÖ hat also zweifellos sehr viel, von dem sie ablenken will. Ob da die eine Station ausreicht? Und die mindestens fünfte Verkündigung eines Baus der U5? Diese war ja schon bei der Nummerierung her im allerersten U-Bahn-Konzept enthalten, wie nicht nur die Nummer zeigt . . .
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
„Die ÖVP will raus aus dem konservativen Eck“, titeln die „Salzburger Nachrichten“ in der Ausgabe vom 31. März 2014, und im Untertitel liest man: „Die Volkspartei will liberaler werden, um ihren Absturz zu stoppen“. „Willkommen im 21. Jahrhundert!“ heißt es gleich anschließend rechts oben auf Seite zwei, um mit der rhetorisch gemeinten Frage zu enden: „Ob es heute wohl die Neos gäbe, hätte Spindelegger die ÖVP bereits vor einem Jahr dem 21. Jahrhundert geöffnet?“
Worin die gepriesene Öffnung zum 21. Jahrhundert bestehe? Selbstredend in der völligen Gleichstellung homo- und heterosexueller Paare sowie in der Gesamtschule. Worin sonst? Dass auch dies noch nicht reichen wird, um endlich „liberal“ zu sein, erfährt man ebenfalls auf Seite zwei derselben Ausgabe, denn der „Forderungskatalog“ Homosexueller ist „noch lang“. So wird von der Homosexuelleninitiative (HOSI) „die Ausweitung der mit der Ehe bzw. der Eingetragenen Partnerschaft (EP) verbundenen Privilegien auf die Lebensgemeinschaft“ gefordert.
Doch zurück zur ÖVP: Deren Problem besteht nicht darin, dass sie konservative Positionen vertritt (diese vertreten im Fall der Fremdkindadoption wohl über 50 Prozent der Österreicher), sondern dass sie diese nicht (offensiv) vertritt. Geradezu symptomatisch hierfür ist das Totschweigen der Juristin und Theologin Gudrun Kugler, die bei der Nationalratswahl 2013 das drittbeste Vorzugsstimmenergebnis der ÖVP erzielt hatte.
Zudem ist noch lange nicht alles liberal, was nicht konservativ ist. Mag die Beibehaltung des Gymnasiums unter das Etikett „konservativ“ fallen – die verpflichtende Gesamtschule ist gewiss nicht liberal. Eine liberale Politik, die diesen Namen tatsächlich verdiente, ließe Vielfalt zu, anstatt alle Zehn- bis Vierzehnjährigen in einen einzigen Schultyp zu zwingen.
Das eigentliche Problem der ÖVP sind nicht konservative Inhalte, sondern konservative Strukturen. Eine Partei, die Leistung propagiert, kann kaum begreiflich machen, warum es ein Ding der Unmöglichkeit ist, dass getrost auch drei Tiroler der Bundesregierung angehören können, wenn es in Tirol fähige Köpfe in Hülle und Fülle gibt. Mindestens in diesem Punkt werden Strolz’ Neos beweglicher und frischer wirken, selbst wenn die ÖVP deren gesellschaftspolitische Positionen gänzlich übernimmt und der vielbeschworene urbane Wähler ihr dies auch abnimmt.
Dies ist keineswegs ausgemacht, denn vor allem können die Neos authentisch auftreten: Strolz „ist“ seine Partei, während ein Vorstoß selbst eines Michael Spindelegger an den Parteistrukturen als einer Art „Hinterwelt“ gebrochen bleibt – an Strukturen, deren Eigengesetzlichkeit eine gänzlich andere ist als die nach „außen“ – an den potentiellen Wähler – transportierte Logik.
Die ÖVP hat in der Tat ein Problem, sich bzw. ihre Inhalte zu „verkaufen“, doch gerade weil sie die Inhalte aus einem Parteiinneren, in welchem sie akkordiert werden, erst an ein Äußeres bringen und also „verkaufen“ muss. Sie kann ihren Inhalt gar nicht überzeugend kommunizieren, da dieser von Beginn in Frage steht und dadurch austauschbar wird. Ist er dies, weiß die ÖVP alsbald auch nicht mehr, was sie überhaupt „verkaufen“ soll.
Die einzige Konstante, die dann noch bleibt, sind ausgerechnet die Parteistrukturen selbst. Verursacht schon die „Verkaufssituation“ eine Differenz nicht nur zum Inhalt, sondern ebenso zum Wahlvolk, muss die ÖVP nun erst recht „abgehoben“ wirken. „Konservativ“ heißt dann so viel wie „abgehoben“, auf dass die alles andere als liberale Gesamtschule in ihrem egalitären Charakter ebenso „liberal“ sei wie die Lebensgemeinschaft gegenüber der „abgehobenen“ Ehe.
So betrachtet, kann die ÖVP genausogut „liberal“ sein wie „konservativ“: Mit der seit dem Wiedereintritt in die Große Koalition gestärkten „Hinterwelt“ der Bünde, Länder und „Granden“ bleiben alle Positionierungen unscharf, gebrochen und nicht vertrauenswürdig.
Dr. Wilfried Grießer (geboren 1973 in Wien, verheiratet, drei Kinder) ist Philosoph, Erwachsenenbildner und Buchautor.
Quelle Statistik Austria, Die Presse
Die Homepage heißt „help“ und gibt ein überaus ambitioniertes Versprechen: „Amtswege leicht gemacht“. Die Realität dieser Seite der Bundesregierung ist freilich haargenau das Gegenteil.
Die Millionen kostende Seite mag einen Preis als besonders politisch korrekt bekommen. Aber Amtswege werden dabei durch diese Korrektheit nicht leichter, sondern deutlich schwerer gemacht. Wovon man sich leicht überzeugen kann, wo auch immer man auf diese Homepage klickt. Durch das politisch verlangte Gendern sind dort Texte absolut unleserlich geworden. Es ist absolut unglaublich, wie die Republik die eigenen Absichtserklärungen – eben hier jenen der leicht gemachten Amtswege – selbst wieder total zunichte macht.
Jedenfalls muss auch ich als einer, der auf Deutsch aufgewachsen ist, der sein Leben lang mit Sprache zu tun hatte, und der bei seinem Jus-Studium komplizierte Texte zu lesen gelernt hat, dort des Genderns wegen fast jeden Satz bis zu fünfmal lesen. Wie schwer muss sich da erst jemand tun, der nicht all diese drei Eigenschaften erfüllt!
Eine willkürlich herausgegriffene Kostprobe aus einer Seite von help.gv.at:
„Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerinnen/EWR-Bürgern bzw. Schweizerinnen/Schweizer oder von Österreicherinnen/Österreichern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, die EWR-Bürgerinnen/EWR-Bürger bzw. Schweizerinnen/Schweizer sind und nicht selbst die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt von mehr als drei Monaten berechtigt, wenn sie:
Und so weiter und so fort. Weiß der Leser jetzt, ob er überhaupt in Österreich leben darf?
Es wird in ganz Europa nirgendwo so absurder Schindluder gegen die Bürger und zugunsten des Genderkrampfes getrieben wie in der amtlichen deutschen Sprache. Sie hat sich – sehr zum Unterschied von anderen europäischen Sprachen – enorm weit von jener Sprache entfernt, welche die Menschen sprechen. Dabei wird auch vor Übersetzungs-Sünden nicht zurückgeschreckt.
Das zeigte sich sogar beim EU-Vertrag, der offenbar des in deutschsprachigen Ländern am heftigsten metastasierenden Genderismus wegen schlicht falsch übersetzt: Man nehme dazu den Artikel 157(4) jenes Vertrages her, wo es in der deutschen Fassung heißt:
(4) Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.
Inhaltlich heißt der Satz ganz einfach: Männer können diskriminiert werden, wo auch immer eine Regierung will.
Das aber noch viel Pikantere: Im Englischen heißt es nicht „Gleichstellung“ sondern „Equality“ und im Französischen „égalité“. Daraus folgt ein Unterschied in der Vertragsauslegung, den ich gerne Klavierspielen könnte!
Da hat der Mann einfach recht: mit seinem Vorschlag, dass man zur Matura auch eine Fachlehre machen kann.
Die – ohnedies oft nicht klug genutzten – Wahlpflichtfächer in den AHS-Oberstufen sollen nach den Vorschlägen des Wirtschaftskammer-Bosses auch für die Nutzung zu einer Lehrausbildung verwendet werden können; und die praktische Ausbildung im Betrieb könnte man dann binnen einem Jahr nach der Matura machen. Das ist in jeder Hinsicht richtig und deshalb zu loben (wird der Mann hier ohnedies oft genug gescholten, nicht zuletzt weil seine früheren Gesamtschulvorschläge zu einer Nivellierung nach unten geführt hätten). Österreich hat viel zu wenige Fachkräfte, aber viel zu viele AHS-Maturanten, die oft nicht wissen, was sie mit ihrer Matura machen sollen. Und die dann aus Verzweiflung sinnlose Studien beginnen. Dieses Missverhältnis wird in Zukunft noch ärger sein. An manchen Schulen wird das Maturazeugnis ja schon fast hergeschenkt (auch schon bevor Heinisch-Hoseks Schlangenrat Wirklichkeit wird, die Noten abzuschaffen). Junge Leute haben oft eine verständliche Scheu, sich mit 15 auf eine einzige Fachausbildung festzulegen. Gleichzeitig wird aber auch weiterhin die Ausbildung im Betrieb einen ordentlichen Platz haben. Und Maturanten werden nicht mehr nur die sein, die zwei linke Hände haben.
PS: Interessant ist der dramatische Abfall der Studentenzahlen überall dort, wo es eine Aufnahmsprüfung für die jeweiligen Studienrichtungen gibt. Es sind zum Teil weniger als die Hälfte! Das zeigt, dass bisher viele Studien nicht wirklich aus Begeisterung und Engagement begonnen werden. Sonst würde man die jetzt davorgeschaltete Prüfung wenigstens versuchen.
Die Politik und der Großteil der „liberalen“ Medien, besonders jene in den USA und in Westeuropa, legen hinsichtlich Ungarns eine überaus harsche Gangart an den Tag. Die steht ganz im Gegensatz zur Zurückhaltung, mit der Link(sliberal)e autoritären Regimes wie in Russland, Weißrussland oder Rotchina – pardon der „Volksrepublik China“ – begegnen. Dies war schon zu registrieren, bevor die Magyaren im Frühjahr 2010 die acht Jahre währende Herrschaft von Sozialisten und Liberalen demontierten und „Gottseibeiuns“ Viktor Orbán und sein christlich-nationalkonservatives Parteienbündnis Fidesz-KDNP mit einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit ausstatteten.
Die Wähler wollten, dass Orbán mittels dieser „Revolution an der Wahlurne“ das an den Rand des Abgrunds gebrachte Land wieder in Ordnung bringt. Sie wollten auch die Wende von 1989/90 – und damit die Revolution von 1956 – vollenden.
Paul Krugman hatte nach Orbáns Erfolg in der „New York Times“ quasi die Wiedererrichtung einer postsowjetischen autoritären Herrschaft in Ungarn an die Wand gemalt. In dieselbe Kerbe schlug der britische „Guardian“, der Orbán einen autoritären Politiker nannte. Die „Washington Post“ ging sogar noch weiter und verglich Ungarn mit Weißrussland unter Aljaksandr Ryhorawitsch Lukaschenko und Russland unter Wladimir Putin.
Charles Gati, während des Volksaufstands 1956 junger ungarischer Journalist, der es nach seiner Flucht zum Politologie-Professor an der Johns Hopkins-Universität brachte, schrieb in einem Gastkommentar für die „Times“, dass Ungarn „nicht länger als westliche Demokratie“ bezeichnet werden dürfe. In der „Washington Post“ führten Gati und der ehemalige US-Botschafter in Ungarn, Mark Palmer, sowie Miklós Haraszti, Professor an der Columbia Law School, vormals OSZE-Beauftragter für Medienfreiheit, ins Treffen, die ungarische Demokratie sei in einem so beklagenswerten Zustand, dass Radio Free Europe (RFE) seine Berichterstattung über Ungarn wiederaufnehmen möge.
Man stelle sich vor: RFE-Ziel hätte nicht, wie einst im Kalten Krieg, die Destabilisierung eines kommunistischen Regimes in Budapest unter sowjetrussischer Kuratel sein sollen, sondern die Unterminierung der aus demokratischer Wahl hervorgegangenen ungarischen Regierung. Nicht allein das: In ihrem perfiden Kommentar riefen Gati, Palmer und Haraszti Washington auf, „das Gespenst der Tyrannei“ in Ungarn zu verscheuchen. Ungeachtet der Tatsache, dass sich Ungarn als Nato-Verbündeter unter Orbán im Gegensatz zu anderen dafür entschied, in Afghanistan zu bleiben.
Die Liste derer, die das publizistische Trommelfeuer auf Orbán und seine Mitterechts-Regierung in den USA eröffneten, ließe sich problemlos verlängern. In Europa, besonders in Österreich und Deutschland, hält es eine ganze Armada aus politisch korrekten „Lohnschreibern“ (Bertolt Brecht) in Zeitungen, Magazinen, Blogs und Internetforen sowie Moderatoren von Rundfunk und Fernsehen am Leben. Dabei tun sich ARD, ZDF und ORF besonders hervor, und bei den Blättern sind nicht einmal Qualitätszeitungen wie Frankfurter Allgemeine – namentlich deren Feuilleton – und Neue Zürcher Zeitung davor gefeit, bisweilen in den von „Ungarn-Experten“ wie Paul Lendvai und György Konrád dirigierten Mainstream-Chor einzustimmen.
Das begann bei der Verabschiedung der neuen ungarischen Mediengesetzgebung, setzte sich fort bei der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen neuen Verfassung und hielt sich bis zum neuen Wahlgesetz, nach dem am 6. April das auf 200 Abgeordnete verkleinerte Parlament gewählt wird. Sie sehen – wie auch Politiker und EU-Kommissionsmitglieder – die Meinungsfreiheit und Demokratie in Ungarn bedroht. Und sie lassen sich nicht einmal dadurch beirren, dass das von Kritikern als Orbán-hörig bezeichnete ungarische Verfassungsgericht bestimmte Verfassungs-Passagen für nichtig erklärt hat. Es hat damit den Beweis geliefert, dass die Höchstgerichtsbarkeit so arbeitet, wie man es erwartet. Dennoch ist die ungarische Regierung zum Prügelknaben westlicher Publizisten geworden, die in Orbán einen quasi-faschistischen Tyrannen sehen, der mit der Bibel unter dem Arm herumläuft.
Und die Politik tut es ihnen gleich. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn nannte Ungarn einen „Schandfleck“. Ähnlich andere Sozialdemokraten respektive Sozialisten: Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments und sozialdemokratischen Spitzenkandidat für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten, bezichtigte Orbán der „Säuberungspolitik“. Österreichische Sozialdemokraten und Grüne brachten – ebenso wie die christdemokratische luxemburgische Justizkommissarin Viviane Reding, eine ehemalige Journalistin – gegen Ungarn mehrmals ein EU-Vertragsverletzungsverfahren und Stimmrechtsentzug ins Spiel.
Unter Beifall des flämischen Liberalen Guy Verhofstadt rief der Charlemagne-Grüne Daniel Cohn-Bendit in Straßburg Orbán zu, er sei „auf dem Weg, ein europäischer Chavez zu werden, ein Nationalpopulist, der das Wesen und die Struktur der Demokratie nicht versteht". Unübersehbar stört es die hauptsächlich links der Mitte angesiedelten politisch korrekten Moral- und Tugendwächter, dass Orbán, unbeeindruckt von Kritik, das Land von Grund auf reformiert und umbaut, vor allem aber von dem im gewendeten Gewande des (Neo-)Liberalismus daherkommenden Postkommunisten zu befreien. Was ihn aber im politisch korrekten Europa verdächtig macht, wo man ihn – im günstigsten Fall – des „Cäsarismus“, „Bonapartismus“ oder „Horthyismus“ zeiht. Oder kurzum einen „Faschisten“ nennt.
Von all diesen Invektiven hat sich der polnische Publizist Igor Janke nicht beeindrucken lassen. Der frühere Chefredakteur der polnischen Presseagentur PAP und BBC-Mitarbeiter, der jetzt dem unabhängigen Thinktank Freiheitsinstitut (Instytut Wolno?ci) in Warschau vorsteht, zeichnet in seiner soeben auf Deutsch erschienenen Biographie vielmehr ein unvoreingenommenes, die Wirklichkeit widerspiegelndes Bild des ungarischen Regierungschefs.
Denn ein Diktator ist Orbán beileibe nicht, sondern – vor allem anderen – ein ungarischer Patriot. Seiner Vaterlandsliebe, mit der er überall aneckt, ordnet Orbán vieles unter, wie Janke anhand zahlreicher Begebenheiten und Geschehnisse herausarbeitet. Schon als junger Mann hat Orbán – damals noch hinter dem Eisernen Vorhang – den Abzug der Sowjettruppen verlangt. Janke, damals als Vertreter des Unabhängigen Polnischen Studentenbunds anwesend, erlebte die Wirkung jener berühmten Rede Orbáns bei der erhebenden Umbettung der (unter János Kádár hingerichteten) Revolutionäre von 1956 im Juni 1989 in Budapest mit.
Dass er für Orbán und sein freiheitsliebendes, geschichts- und nationalbewusstes Volk Sympathien hegt, daraus macht Janke in seiner Orbán-Biographie keinen Hehl. Auch daraus nicht, dass sich Orbán „Einmischung jedweder Art“ von außen verbittet. Der Pole lobt ihn dafür, dass er angetreten ist, die Effizienz der staatlichen Strukturen und Institutionen sowie des Regierungshandelns zu steigern. Und dass Orbán in die Präambel der Verfassung die „Heilige Krone“ als Symbol der Wahrung der historischen Kontinuität der Nation hat schreiben lassen und dass der „Segen Gottes“ für deren Gedeih erfleht wird.
Das muss für alle religiös Indifferenten und jene, die sich „freisinnig“ dünken, geradezu als provokative Regelverletzung gelten, nicht aber für den polnischen Katholiken Janke. Dasselbe gilt für das Bekenntnis zur (ge)ein(t)en Nation Ungarn, im wohlverstandenen Sinne ihrer historisch, sprachlich und kulturellen Bande über die Grenzen des 1920 um zwei Drittel des damaligen Territoriums verkleinerten Ungarns hinaus. Dieses verständliche Trauma beherrscht noch immer das Bewusstsein vieler Magyaren.
Janke führt auch das in der ungarischen Verfassung Orbáns enthaltene Bekenntnis zur Familie – und im Gegensatz dazu den Ausschluss der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften mit der ehelichen Verbindung aus Mann und Frau – als christlich-zivilisatorischen Wert als rühmenswert an. Fürwahr: Die ungarische Verfassung spiegelt das christliche Erbe des Landes wider, sie definiert den Bund der Ehe in traditioneller Weise, und sie proklamiert, dass das Leben mit der Empfängnis beginnt. Janke hält auch fest, dass Orbán eine Schuldenbremse fixieren hat lassen und den Forint, ungarisches Zahlungsmittel seit 700 Jahren, zum Ärger Brüssels als nationale Währung hochhält. Dass sich Orbán dazu entschieden hat, für den Schutz traditioneller Werte der Ungarn zu kämpfen, imponiert seinem polnischen Biographen, während es Link(sliberal)en in Europa und den USA gegen den Strich geht.
Der Autor stellt uns den ungarischen Ministerpräsidenten als jemanden vor, der auf dem politischen Parkett Europas und darüber hinaus fundamentale Denkanstöße liefert. Davon könnten sich seiner politischen „Mitspieler“ ein Stück abschneiden (der fußballbegeisterte Orbán vergleicht nicht selten Konstellationen mit dem Geschehen auf einem Spielfeld). Besonders dann, wenn es um Vereinheitlichung und Regelungsdichte in der EU geht, um zentralistisches Gebaren und Subsidiarität, kurzum um Sinn und Unsinn der EU und der Nationalstaaten.
Gleichwohl spricht Janke seinem Porträtierten Qualitäten ab, die ihn im EUropäischen Konzert zur Führungsfigur avancieren ließen: Orbán sei – eine seiner Schattenseiten – von Sozialisation und Charakter her dazu nicht in der Lage, denn er könne nicht, wie Angela Merkel oder der polnische Premier Donald Tusk, mit allen reden, mit allen anderen auskommen.
Einen zentralen Abschnitt des Buches beanspruchen die Motive des Handelns Orbáns und seiner Religiosität. So bestimmt Janke die antikommunistische Prägung des vom ursprünglich „Liberalen“ zum Konservativen Gewandelten in erfahrungsgesättigten Zäsuren: Zum einen während seiner Zeit als Wehrpflichtiger, zum andern durch seine Zugehörigkeit zu dem nach einem bedeutenden Gelehrten und Politiker benannten „Biró-Kolleg“ an der Juristischen Fakultät der Budapester Eötvös-Loránd-Universität (ELTE), der bedeutendsten Hochschule Ungarns, an der Orbán studierte.
Zugang zum Glauben fand der in religiös indifferentem, politisch angepasstem Elternhaus Aufgewachsene (der Vater war Agraringenieur und Parteimitglied, die Mutter Behinderten-Pädagogin) in seiner calvinistischem Ehefrau Anikó. Sie ist Juristin wie er. Er heiratete sie 1986 und hat mit ihr fünf Kinder. Ebenso wichtig war der reformierte Geistliche Zoltán Balog, einer seiner frühen Weggefährten. Orbáns Religiosität sei echt, schreibt der Autor, sein Glaube gebe ihm Kraft, gefestigt durch Krisen zu gehen. Besonders lesenswert ist in diesem Zusammenhang der Abschnitt über Orbáns Wahlniederlage 2002 und wie er sie überwand.
Für Janke sind Nation und Freiheit die beiden zentralen Werte, die Orbáns politisches Handeln leiten. Es gehe ihm um die nationale Souveränität des ungarischen Volkes und die wirtschaftliche Souveränität des Landes. Letzteres bedeute indes nicht – und entgegen allem, was ihm Kritiker in Ungarn und außerhalb wirtschaftspolitisch unterstellen – dass er auf eine mehr oder minder gelenkte Staatswirtschaft zusteuere. Vielmehr wolle Orbán für ein gefestigtes Bürgertum sorgen, es solle im Lande „mehr ungarische Eigentümer“ geben. Dazu sei es nötig, die Rolle ausländischer Unternehmen dort einzuschränken, wo sie keine produktive Funktion erfüllten, sondern nur Kaufkraft abschöpften und – anstatt sie in Ungarn zu reinvestieren – Gewinne ins Ausland transferierten.
Jankes Biographie ist hervorragend recherchiert. Viele Gespräche hat er mit Orbán geführt, ebenso mit zahlreichen einstigen und derzeitigen Weggefährten und Gegnern. Zwar durchzieht des Biographen Sympathie für Orbán das 340-Seiten-Buch. Doch er verschweigt keineswegs die Schattenseiten des Porträtierten. Von Anfang an wird dem Leser klar, dass Janke subjektiv-anerkennend schreibt. Nirgendwo versucht er zu belehren oder gar zu indoktrinieren. Stets ist offenkundig, dass da jemand urteilt, der große Stücke auf Orbán hält, den er der Leserschaft als außergewöhnlichen, prinzipienfesten, jedem Konformismus abholden und zukunftsweisenden Politiker nahe zu bringen versucht.
Jankes flüssig geschriebene Biographie ist uneingeschränkt zu empfehlen, insbesondere jenen Zeitgenossen aus Politik und Publizistik, denen es um ihrer Glaubwürdigkeit willen gut anstünde, ihre (Vor-)Urteile ihm und den Hunderttausenden Ungarn gegenüber zu revidieren, die seine Anhänger, Sympathisanten und Wähler sind.
Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
Igor Janke: Viktor Orbán. Ein Stürmer in der Politik,
Passau (Schenk Verlag GmbH) 2014, 343 Seiten,
ISBN 978-3-944850-14-6; geb., € 20,50
In Wien kommt es zu einem schweren Vandalismus gegen gleich vier Kirchen. An einem der Tatorte wird auch der Täter gefasst – aber die Behörden lassen den 37-jährigen Ibrahim gleich wieder frei. Sie bezeichnen seltsamerweise dessen klar muslimisch klingende Motivation als wirres Gerede. Das alles erinnert lebhaft an die Christen in Ägypten: In dem einst christlichen Land kann die christliche Minderheit nur noch unter massivem Polizeischutz ihre Gottesdienste abhalten. (Mit nachträglicher Ergänzung und Präzisierung)
Dennoch sind dort schon an die hundert Kirchen zerstört worden. Und bei uns? Da schauen die Behörden lieber überhaupt weg.
Niemand interessiert sich für die radikalen Imame in den Moscheen, ihre Lehren und Gefolgsleute. Für den Religionsunterricht in manchen Schulen (den wir finanzieren). Für die jungen Moslems, die gerade in Syrien das radikalislamische Tötungshandwerk lernen (und die in Relation zur Bevölkerungsgröße aus Österreich deutlich zahlreicher sind als aus Deutschland, wo aber der Bundesnachrichtendienst massiv aufpasst). Für die Tatsache, dass hierzulande der Islam schon unter allen 28 EU-Ländern den zweithöchsten Anteil aufweist (obwohl Österreich null koloniale Vergangenheit hat).
In Österreich schaut man lieber weg – oder reagiert wie das Kaninchen angesichts der Schlange. In Österreich setzen Rot und Grün schon auf die islamischen Stimmen (so wie ihre Schwesterparteien in Deutschland). In Österreich hat man bei der Volkspartei schon zunehmend ein Appeasement-Gefühl (statt dass sie den Freiheitlichen endlich deren stärkstes Wählermotiv streitig machen würde). In Österreich werden nur Islamkritiker verurteilt (weil sie den Geschlechtsverkehr des Islam-Gründers Mohammed mit einer Neunjährigen als das bezeichnen, was er ist). In Österreich wird die tapfere Initiative Liberaler (=europäischer) Muslime von Morddrohungen verfolgt, während Exekutive und Justiz desinteressiert sind. In Österreich fließt wohl eher die Donau nach Deutschland, als dass einer der feigen Bischöfe endlich den Mund aufmachen und Klartext sprechen würde (oder diese treten höchstens an der Seite der Moslems lautstark für das Schächten ein, das meines Wissens kein christlicher Brauch ist).
So viel Dummheit tut weh.
Irgendwie erinnert sie an kleine Kinder, die ihr Gesicht hinter beiden Händen verbergen, weil sie glauben, dass sie dadurch die Existenz von Unangenehmem verhindern. Die österreichische Politik verbirgt sich hinter beiden Händen, bis es zu spät ist. Viele meinen, dass es eh schon zu spät sei.
Nachträgliche Ergänzung, um niemandem Unrecht zu tun: Möglicherweise handelt es sich bei dem Namen des Afrikaners um einen christlichen und Hintergrund seiner Tat ist eine Wiederbelebung des in Europa schon längst ausgestorbenen Bilderstürmertums mit sektiererisch-protestantischer Motivation. Absout unverständlich ist aber jedenfalls, weshalb die Exekutive den Mann erst im Laufe der Woche wieder vorgeladen hat - obwohl sie bei seiner Freilassung vorerst nur von einer Kirche, nicht von der Zerstörung gleich in vier Kirchen gewusst hat. Und unverständlich ist auch die desinteressierte und total lückenhafte Informationspolitik der Sicherheitsbehörden.
Und: Aus kirchlichen Kreisen heißt es (vorerst unbestätigt), es seien sogar sechs Kirchen mit zum Teil erheblichen Schäden betroffen.
In der Slowakei und in Frankreich wird die Linke gedemütigt. In bayrischen Rathäusern bläst der CSU der Wind nach ihren großen Erfolgen ins Gesicht. Und in der Türkei kann Premier Erdogan massiv punkten. Welche Gemeinsamkeiten haben diese auf den ersten Blick ganz unterschiedlich scheinenden Wahlergebnisse?
Die erste Erkenntnis zeigt eine ganz starke Trennlinie. Die Wahlen in sämtlichen EU-Ländern waren zweifellos demokratisch. In der Türkei waren sie das ebenso eindeutig nicht. Denn nur politisch Ahnungslose meinen, dass man an den Vorgängen in Wahllokalen den Demokratiegehalt einer Wahl abmessen könnte.
Das schon vor der Wahl erfolgte Verbot von Twitter und Youtube zeigt ebenso wie Verhaftungen und willkürliche Strafversetzungen von Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, die Regierungskorruption auf der Spur waren, und der Druck auf regierungskritische Medien, dass die Türkei einen undemokratischen, einen sunnitischen Weg geht. Das Land ist – wie etwa auch unter Atatürk – auf einen starken Führer hin orientiert. Mit Rechtsstaat und Demokratie haben die Türken heute offensichtlich weniger im Sinn als noch vor der Jahrtausendwende.
Diese Erdogan-Türkei ist nicht unsere Welt. Das kann sie nicht sein, selbst wenn sie wirtschaftlich erfolgreich wäre.
Zweifellos hat das Land eine starke, tolle, eindrucksvolle, europäische Elite. In einer solchen ist es auch ganz normal, dass es sowohl sozialdemokratische wie auch liberale wie auch national wie auch laizistisch denkende Menschen gibt. Diese demokratische Vielfalt hat freilich einen Nachteil: Die europäisch gesinnten Menschen sind sich oft nur in der Verneinung zum Machthaber einig.
Aber Faktum ist: Sowohl der regierende Machthaber Erdogan in seinem religiösen Nationalismus wie auch die Mehrheit der nach Österreich gekommenen Türken gehören nicht zu dieser europäischen Vielfalt, sondern zur Dritten Welt, zu einem noch immer mittelalterlich denkenden Islam. Das sollte man endlich zur Kenntnis nehmen – selbst wenn Herr Erdogan nicht so intensiv an eine Invasion in Syrien denken würde, wie er das offenbar tut.
Im demokratischen EU-Europa folgen alle Wahlergebnisse hingegen dem gleichen, ganz normalen Schema: Die Bäume der Regierenden wachsen nicht in den Himmel. Und das ist gut so. So ist es beispielsweise durchaus verständlich, dass bayrische Stadtbewohner nicht auch noch im Rathaus der gleichen Partei vertrauen wollen, die sowohl im Land wie in Berlin regiert.
Dieses Ergebnis aus einigen bayrischen Großstädten kann aber sicher nicht als Absage an Angela Merkel gewertet werden. Liegen doch CDU/CSU bei Umfragen noch deutlicher voran als bei der letzten Bundestagswahl.
In Frankreich, dem zweiten Land, wo am Sonntag gewählt worden ist, ist das Wahlergebnis viel klarer. Und es entspricht auch ganz den dortigen Umfragen: Frankreichs Sozialisten sind extrem unpopulär geworden. In Frankreich tobt ein heftiger Gegenwind für den unentschlossenen und schwachen Präsidenten Francois Hollande. Davon konnten die Gaullisten massiv profitieren. Und ebenso – in den wenigen Gemeinden, wo sie angetreten sind, – die Le-Pen-Anhänger.
Die Linke ist ratlos. Jetzt wächst der Druck der Basis, erst recht wieder zu den sozialistischen Ideen einer verstärkten Schuldenmacherei zurückzukehren, von denen Hollande bisher ohnedies nur verbal Abstand genommen hat. Genau diese Ideen haben aber das Land in die schwere gegenwärtige Krise gestürzt. Daher können linke Ideen auch Frankreich mit Sicherheit nicht aus seiner Krise befreien.
Personelle Änderungen, die nun zweifellos bevorstehen, ändern absolut nichts am Grunddilemma der Linken: Einzig Rezepte einer kräftigen liberalen Wirtschaftsreform würden das Land sanieren. Sie wirken aber nur langfristig, und würden kurzfristig mit Sicherheit den Zorn der Wähler noch viel mehr vergrößern. Ohne den Widerstand von Demonstranten zu ertragen, kann Frankreich nicht saniert werden.
Das war im Grund auch das Problem von Nicolas Sarkozy, der vor Hollande regiert hatte. Sarkozy klang zwar deutlich energischer und reformfreudiger als Hollande, aber auch bei ihm waren mehr Worte zu hören, als Taten zu sehen.
Die Front National hingegen war bisher nie in der Lage, mit Taten etwas beweisen zu müssen. Sie hat noch nirgendwo ihre eigene Führungseigenschaft und Wirtschaftspolitik unter Beweis stellen müssen. Und sie wird daher bei der EU-Wahl erst recht große Erfolge erzielen.
Während sich auf der Linken in Frankreich Sozialisten, Grüne und Kommunisten schon lange weitgehend vereint haben, haben nun auch auf der Rechten die Gaullisten begriffen, dass sie nicht mehr auf Totalkonfrontation zur Front National gehen dürfen. Erstens würden sie dadurch die Linke stärken, die ja fast nur noch vom ständigen „Faschismus!“-Gerede lebt. Und zweitens droht unter der Le-Pen-Tochter keineswegs eine antidemokratische Gefahr.
Stärkere Signale gegen Einwanderung, gegen die Islamisierung wie auch gegen die europäische Regulierungswut sind zweifellos auch in Frankreich notwendig. Das haben die Gaullisten unter Sarkozy zunehmend erkannt. Wenn die Sozialisten mit der Kriminalisierung ihrer Gegner so weiter machen wie in den letzten Monaten, werden sie nur eines erreichen: Die Mehrheit wird sich noch mehr radikalisieren. Gaullisten und Front National werden noch weniger Berührungsängste haben. Deren Annäherung hat die Linke ohnedies schon mit ihren familienpolitischen Linksabenteuern pro Schwule und Abtreibung ausgelöst.
Am interessantesten ist aber zweifellos des Ergebnis der Präsidentenwahlen in der Slowakei: Dort hat die linke Denunziationsmaschine überhaupt nichts mehr bewirkt. Und dort hat der Kandidat der Rechten trotz der Schmutzagitation gegen ihn („Wucherer“) mit fast 60 Prozent wider alle Prognosen einen triumphalen Sieg eingefahren.
Es ist freilich ein Kandidat, der aus keiner der von Skandalen geprägten Rechtsparteien der letzten 25 Jahre kommt, sondern ein Selfmade-Mann und Milliardär aus der Wirtschaft ist. Wahlsieger Andrej Kiska ist auch deshalb besonders interessant, weil er nur scheinbar ein Einzelfall ist: Er ist in hohem Maß vergleichbar mit dem zu ähnlichem Reichtum und politischem Erfolg gekommenen tschechischen Milliardär Andrej Babis, dem starken Mann in der nur formal sozialdemokratisch geführten Regierung. Er passte aber auch ganz zum Phänomen Frank Stronach (das freilich auf Grund der Persönlichkeit und des Alters Stronachs schon am Wahltag wieder abgeflaut war, und seither ohne Stronach erst recht weiter abflaut). Georgien ist schon ein sehr erfolgreiches Beispiel. In der Ukraine dürfte ein Milliardär die nächsten Wahlen gewinnen. Und auch Berlusconi gehört in diese Reihe, die zweifellos auch noch in anderen Ländern Fortsetzungen bekommen wird.
Das alles kann kein Zufall sein. In all den genannten Ländern erhält ein Milliardär mit neuen Organisationen an allen Altparteien vorbei zumindest zeitweise starken Zulauf. Das führt gleich zu mehreren Beobachtungen:
In extrem komplizierten Regeln schafft Europa jetzt ein eigenes Bankenrecht. Und seine Politik verspricht allen Ernstes, dass die Banken dann „krisensicher“ wären. Lächerlicher geht’s kaum.
Denn eine krisensichere Bank ist undenkbar. Es kann auch kein Stahlwerk und keinen Schuster geben, die absolut gegen Verluste und Krisen gefeit wären.
Aber haben nicht die Banken die Krise ab 2008 ausgelöst? Nein, das war ganz überwiegend die Politik, auch wenn deren Propagandisten das anders darstellen. Wie in allen Branchen gibt es gute und schlechte Banken, risikofreudige und behutsame. Aber es ist mit zahllosen Daten beweisbar: Der allergrößte Teil der seit 2008 aufgenommenen Schulden hat absolut nichts mit Banken zu tun, sondern nur mit Politik. Genauer: mit der ständigen Wählerbestechung durch die Parteien.
Die Europäisierung des Bankenrechts (ohne dass das ebenfalls sehr umfangreiche nationale Bankenrecht aufgehoben würde, ohne dass nationale Banken-Steuern abgebaut würden) wird keine einzige Krise verhindern. Es wird vielmehr zu enormen Kosten durch die Zwangsbeiträge zum europäischen Bankenfonds und durch die teure Aufblähung der Kontrolle kommen.
Aber trotz von dieser krisenerhöhenden Kostenbelastung bleibt zwangsläufig das Risiko. Das können noch so viele Kontrollore nicht ausschalten. Kredite können bei jeder Konjunkturwende plötzlich massenweise von guten zu schlechten, zu faulen werden; ein Land kollabiert, eine Branche wird durch neue Technologien plötzlich zukunftslos. Und dann? Dann stellen sich haargenau dieselben Fragen wie heute. Rettet man wackelnde Banken oder nicht? Wie etwa derzeit die Hypo.
Da Europas Politik bisher alle anderen Banken „rettet“, da sie dort aus Angst vor den Folgen und Haftungen die Gläubiger schont, wird sie das mit Sicherheit auch auf EU-Ebene tun. Sie wird es sogar noch viel unbeschwerter tun, da dann ja in Europa scheinbar Fonds herumliegen, die angeblich „retten“. In Wahrheit ist es freilich immer der Steuerzahler und Sparer, der ausgepresst wird.
Je mehr EU, umso stärker wird die Verantwortungslosigkeit. Statt dass endlich die Eigenverantwortung der Gläubiger greift, werden krachende Banken nun von irgendwo in Europa gerettet. Das wird fatal negative Folgen haben.
Aber dafür wird künftig doch viel besser kontrolliert. Das klingt nett. Das ist vor allem teuer. Das wäre aber nur dann auch „sicher“, wenn jeder Bankkredit verboten wird. Denn jeder hat ein Risiko. Werden die neuen Kontrollore das tun? Soll man sich Geld nur noch beim Bürokollegen oder beim Pfandleiher am Eck ausborgen können? Das wäre Steinzeit auf europäisch.
In einer Hinsicht hätte ein Abwürgen der Banken freilich auch positive Wirkungen: Anleger müssten sich dann direkt bei Unternehmen beteiligen, deren Aktien oder Anleihen kaufen. Das bringt dann mehr Rendite, aber natürlich auch mehr Risiko. Dabei wollte die EU doch Risiko beenden . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Bisher mussten sich in Deutschland geborene Ausländerkinder beim Erwachsenwerden entscheiden, ob sie nun Deutsche oder Ausländer sein wollen (in der Praxis meist Türken, da EU-Bürger nur selten eine Änderung verlangen). Jetzt nicht mehr.
Künftig müssen sie nicht mehr entscheiden, welchem Land ihre primäre Loyalität gilt. Künftig bekommen sie unter läppischen Voraussetzungen den deutschen Pass zusätzlich zum bisherigen (es genügt etwa zu behaupten, 8 von 18 Jahren angeblich in Deutschland gelebt zu haben, selbst wenn man dort keinen Schulabschluss hat). Warum soll es jungen Türken eigentlich unzumutbar sein, sich ganz für Deutschland zu entscheiden, wenn sie all dessen Vorteile nutzen wollen? Nun ganz einfach: In Ankara regiert extremer Nationalismus, der eine Absage an die Türkei sehr übel nehmen würde; und in Deutschland ist die SPD an der Regierung beteiligt. Sie hat diese Regelung durchgesetzt, weil sie sich bei der nächsten Wahl einen Schwall türkischer Stimmen verspricht. Humanität wird vorgeschoben, aber in Wahrheit geht es einzig und allein um Parteienmacht. Wobei sich Sozialdemokraten (und die wie immer ähnlich denkenden Grünen) mittelfristig gewaltig täuschen: Denn dann werden all diese Menschen nicht mehr für eine Linkspartei, sondern eine islamische stimmen.
Endlich bin ich bei meiner ständigen Frage fündig geworden, warum sich Michael Spindelegger das Finanzministerium angetan hat, wo es ja die seit Jahr und Tag bekannte und jedenfalls ungenießbare Hypo-Suppe auszulöffeln gibt.
Die Antwort, die ich jetzt bekommen habe, war freilich so absurd, dass man sich besser setzt, bevor man sie hört: Nach verlässlichen Angaben hat sich der ÖVP-Obmann von einem Kärntner PR-Mensch beraten lassen. Der bekannt dafür ist, dass er schon zahllose schlechte Ratschläge erteilt hat. Dass er von Wolfgang Schüssel hochkant hinausgeworfen worden ist. Und dass er sich jetzt als Gourmet-Spezialist verdingt (wovon er hoffentlich mehr versteht als von Politik und Wirtschaft). Dessen zentrales Argument hat freilich absurderweise gestimmt: Ein Finanzminister steht viel öfter in der Zeitung als ein österreichischer Außenminister. In der Tat, das tut er. Nur: Ob sich Spindelegger sehr freuen wird, dass er jetzt so oft in der Zeitung steht und nicht Maria Fekter?
Ist Sebastian Kurz endgültig die letzte, die vergangene Zukunft der ÖVP? Ist der Mann von allen guten Geistern verlassen? Reihum gibt der Mann nämlich Interviews, in denen er die Neutralität der Ukraine vorschlägt. Ja, er schickt zur Belehrung über selbige sogar schon Diplomaten nach Kiew. Kurz meint nun offenbar – wenige Jahre nachdem die Volkspartei richtigerweise die Neutralität mit Mozartkugeln verglichen hatte! –, die Welt solle am österreichischen Wesen genesen. Es wäre ziemlich gut, würde der junge Mann wenigstens ein bisschen Geschichte lernen, bevor er sich gar so peinlich exponiert.
Gewiss: Ich kann mir schon vorstellen, dass von Raiffeisen bis zur Gasindustrie viele auf dem jungen Minister und wohl auch seinem Parteiobmann draufsitzen. Alle bangen sie um ihre Geschäfte.
Aber alle diese bangenden Manager vergessen, dass bei einem Zusammenbruch der internationalen Ordnung ihre Geschäfte noch tausendmal mehr beim Teufel sind, als wenn man ein bisschen Mut und Grundsatztreue zeigt. Und diese Ordnung kollabiert mit Sicherheit total, wenn Armeen wieder folgenlos in andere Länder einmarschieren können. Wer da zur Tagesordnung übergehen will, vergisst die entscheidenden Grundlagen, auf denen auch seine Geschäfte stattfinden.
Diese Geschäftemacher vergessen überdies, dass Russland jede Maßnahme viel mehr spüren wird. Und dass es schon heute in völlig unerwartetem Umfang unter den scheinbar noch sehr harmlosen Beschlüssen leidet. Sie übersehen völlig die Wirkungen, die jetzt schon die Bankmaßnahmen und die Einreiseverbote für einige russische Drahtzieher haben.
Denn große Geldmengen sind in den letzten Wochen insbesondere auch von Russen aus Russland abgezogen worden. Moskau kann seine Refinanzierung ab Mitte des Jahres nicht mehr sicherstellen. Russische Anleihen werden inzwischen sogar als weit schlechter angesehen denn selbst griechische. Viele Investitionen in Russland sind abgesagt worden. Würde Russland nun im Gegenzug seine Gas- und Öllieferungen stoppen, wäre das Land überhaupt blitzschnell bankrott – was Putin daher nur täte, wenn er völlig wahnsinnig wäre. Die Ersatzlieferanten von (verflüssigtem) Gas für spätere Jahre stehen seit ein paar Wochen in Europa geradezu Schlange, was in wenigen Jahren das russische Gaseinkommen total schrumpfen lassen wird. Und auch die Halbinsel Krim hat sich für Russland als teures Fass ohne Boden erwiesen.
Nachdem Russland gerade in Sotschi schon so viel Geld relativ sinnlos ausgegeben hat, steht es also ziemlich katastrophal da. Die Sanktionen und die Sanktionsdrohungen der USA und aller westeuropäischen Staaten zeigen erstaunliche Wirkung. Das und nur das macht Hoffnung, dass sich zumindest die Krim nicht wiederholen wird. Ganz eindeutig sind die internationalen Verbindungen der Weltwirtschaft heute weit enger und dichter, als sie jemals vor den beiden Weltkriegen waren. Das wird nun Putin – trotz aller Popularität, die er mit seiner nationalistischen Scharfmacherei im Inland gewinnt, – zunehmend klar. Das könnte ihn auch von weiteren Abenteuern abhalten.
Das ist die beste Nachricht dieser letzten Wochen. Neben der Standfestigkeit des Westens lässt die Globalisierung mit großer Wahrscheinlichkeit jetzt in Moskau wieder die Rationalität obsiegen.
Umso dümmer sind jene Stimmen insbesondere in Österreich, die täglich Angst vor Russland äußern und die darum betteln, nur ja nichts Kritisches gegen die Invasoren zu sagen. Umso dümmer ist es – für einen Außenminister, einen Regierungschef, einen Bundespräsidenten – nicht ständig den zentralen Satz zu sagen, den gerade Repräsentanten eines kleinen Landes ständig sagen müssten: Es ist einzig und allein Sache jedes Landes selber, wie es sich außen- und sicherheitspolitisch orientiert; die Zeiten von Einfluss-Sphären sind vorbei.
Erschütternder Weise hört man in Österreich nie diesen Satz in aller gebotenen Deutlichkeit. Statt dessen vernimmt man regierungsoffizielle Lächerlichkeiten über eine Neutralisierung der Ukraine.
Schlimm. Sollen die Mozartkugeln jetzt auch bei den Schwarzen die nationale Ersatzdoktrin werden? Nur weil es die Kronenzeitung so will und weil die (in Sachen Neutralität einst durchaus vernünftigen) Blauen schon umgefallen sind?
Jede vernünftige Außenpolitik wüsste: Erst wenn aus der ukrainischen Führung der klare Wille zur Neutralität kommt oder zumindest eine klare Anfrage, hat man das Wort in den Mund zu nehmen, und hat man die Geschichte der Neutralität möglich objektiv darzulegen. Aber wahrscheinlich ist ja dieses Wissen um die Neutralität in der Generation von Kurz und seinen „strategischen Beratern“ verloren gegangen.
Würden Österreich wirklich gefragt, dann hätte es ohne Herumreden klarzumachen:
Denn es war damals bei Schwarz wie Rot ganz selbstverständlich: Vor jedem Gedanken an eine aus „freien Stücken“ erklärte Neutralität muss es den kompletten und restlosen Abzug aller fremden Truppen geben. Insbesondere der sowjetischen mit ihren bösen Übergriffen, die bei vielen Österreichern sogar die Nazi-Katastrophe und ihre Verbrechen in den Hintergrund gedrängt hatten.
Der Abzug der Besatzer, aller Besatzer und nicht etwa die Neutralität war damals zehn Jahre lang das Ziel aller Österreicher (außer der Kommunisten). Obwohl es jedem einzelnen damals viel schlechter gegangen ist als heute. Obwohl noch in den 50er Jahren Hunderttausende junge Menschen auswandern mussten (nicht nur ein Frank Stronach). Kein Österreicher hätte eine Neutralität nur westlich der Enns akzeptiert. Dieser Teil Österreichs wäre bei einer sowjetischen Okkupation des Ostens mit Sicherheit sofort der Nato beigetreten.
Aber rätselhafterweise bleibt all das ungesagt.
Es ist manches Mal recht schwer, ein Österreicher zu sein.
„News“ kann von noch so vielen SPÖ-nahen Staatsanwälten mit einseitigen Informationen gefüttert werden, der „Krone“-Verlag kann mit noch so vielen steuerfinanzierten Inseraten aus Rathaus&Co finanziert werden: Die Leser wenden sich im Eilschritt ab.
Denn diese haben wie die Wähler (noch?) die Freiheit zu tun und lassen, was sie wollen. Das geht heute bei den Medien in einem Tempo wie bei den Parteien. Nur reden Zeitungen naturgemäß nicht so gern über den eigenen Absturz, wie sie über den von Parteien reden. Daher fällt er vielen nicht so auf. Die Ergebnisse der soeben veröffentlichten Media-Analyse sprechen aber für sich: Die „Krone“ lag bei ihrem steilen Absturz im Vorjahr auf lediglich 34,3 Prozent – während sie noch vor neun Jahren 43,7 Prozent erreicht hatte. Jeder weitere Kommentar erübrigt sich – außer der Gewissheit, dass Werner Faymanns Leibblatt noch weiter stürzen wird. Das Minus der „Krone“ wird noch weit übertroffen von der grauslichen Gazette „News“. Diese ist 1995 noch bei fast 20 Prozent gelegen und erreichte im vergangenen Jahr nicht einmal mehr acht Prozent. Der "News"-Verlag war übrigens einst auch bei den weitaus heftigsten Schwindeleien bei der selbst gemeldeten Auflage erwischt worden. Da auch die Gratisgazetten nur stagnieren, ist schon klar: Alles strömt immer stärker ins Internet, wo etwa auch dieses Tagebuch 2013 das weitaus erfolgreichste Jahr seiner Geschichte erlebt hat. Aber dass es ausgerechnet „Krone“ und „News“ im Vorjahr weitaus am heftigsten erwischt hat, kann schon mit Freude erfüllen. Und dass ihr besonders steiler Absturz mit der besonders großen Nähe zur SPÖ zu tun haben dürfte, wohl auch.
PS: Mit mehr als 14.000 Interviews, die über das ganze Jahr geführt worden sind, ist die Media-Analyse eines der genauesten demoskopischen Instrumente in diesem Land. Und im Zeitungsbereich das einzige objektive.
SPÖ, Grüne und ORF regen sich maßlos über das Wort „Negerkonglomerat“ auf, das vor Monaten ein freiheitlicher EU-Mandatar in einer Diskussion verwendet hat. Da ich nicht einmal genau weiß, was ein Negerkonglomerat ist, hat es mich überhaupt nicht aufgeregt. Am meisten von vielen dummen Politikersprüchen hat mich hingegen die Behauptung eines anderen EU-Abgeordneten aufgeregt, dass hierzulande „die Sehnsucht nach einem neuen Hitler zu bemerken“ sei. Nur hat sich über diesen Mann widerlicherweise niemand aufgeregt.
Diese angebliche Hitler-Sehnsucht hat der einst der SPÖ entsprungene EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin entdeckt. Da Martin weiterhin links steht, steht er für die meisten Medien automatisch im geschützten Bereich. Dass er jetzt nicht mehr kandidiert (weil er selber unangenehme Verfahren am Hals hat, und weil ihn die „Krone“ fallengelassen hat, die nun kuschelig warm auf dem subventionsreichen Schoß des Werner Faymann sitzt), ändert nichts an der Unglaublichkeit seiner Behauptung.
Zum Unterschied vom Negerkonglomerat weiß ich jedenfalls sehr genau, was ein „neuer Hitler“ wäre. Und das macht die Behauptung Martins zur unglaublichen Zumutung und Frechheit.
Die Behauptung, dass überall Nazis säßen, ist die vor jeder Wahl wiederbelebte linke Propaganda. Da die Linke wirtschaftspolitisch ratlos ist, versucht sie es besonders intensiv mit solchen Behauptungen.
Bezeichnenderweise teilt sie diese Phobie ausgerechnet mit einem Wladimir Wladimirowitsch Putin. Dieser ortet ja derzeit auch intensiv „Nazi“-Gefahr. Natürlich nur, um von seinen Raubüberfällen abzulenken. Da wie dort sind solche Behauptungen aber nur eines: widerlich.
Diese Widerlichkeiten werden nur noch von der (neuerdings fast wählerfreien) Arbeiterkammer und ihrem „Theater Akzent“ übertroffen. Dieses entblödet sich nämlich nicht, zu der Komödie „Otello darf nicht platzen“ formell auf Distanz zu gehen. Offizieller O-Ton: „Das Theater Akzent weist darauf hin, dass die inhaltliche Verantwortung für das eingemietete Stück „Otello darf nicht platzen“ ausschließlich bei den durchführenden ProduzentInnen liegt. Das Theater Akzent distanziert sich von allfälligen politisch unkorrekten, nicht mehr zeitgemäßen Darstellungsweisen.“
Jetzt ist wirklich der Tiefpunkt an Blödheit erreicht. Werden die politisch korrekten Linken als nächsten Schritt auch Shakespeare und Verdi verbieten? Auf deren Drama bzw. Oper „Othello“ geht ja diese extrem harmlose Komödie zurück. Die Linken wissen in ihrer Blödheit wohl nicht einmal, dass der Böse in Othello nicht der schwarze Othello, sondern ein Weißer ist. Und schon gar nicht wissen sie, dass es gegen „Othello“ einst sehr vehemente Proteste gegeben hat, weil eben ein Weißer der Bösewicht ist.
Auf ungefähr gleicher Intelligenz bewegen sich jene, die gegen Jean Genets ohnedies extrem linke Satire „Die Neger“ im gleichen Arbeiterkammer-Theater Protestmails absenden. Obwohl auch hier die Schwarzen die Guten und die Weißen die Bösen sind, erregt man sich ernsthaft auch über diese Aufführung.
Es ist angeblich „rassistisch“, dass hier Weiße schwarze Schminke anlegen und Schwarze spielen. Und man sammelt Unterschriften für die Forderung: „Wir fordern hiermit auf, das N-Wort und diese rassistische Inszenierung aus dem Wiener Festwochenprogramm zu entfernen.“
Die Konsequenzen scheinen klar: Der Kulturstadtrat wird bald mit den Zähnen klappern und die Arbeiterkammer wird sich wieder distanzieren. Denn längst ist die Blödheit ja endemisch geworden.
Nochmals zurück zu Andreas Mölzer, von dem das undefinierbare Wort „Negerkonglomerat“ stammt. Absolut keine Sympathie habe ich dafür, dass er die EU – bei aller Kritik an ihr und ihrem Regulierungswahn – mit dem NS-Regime vergleicht. Das ist ein völlig absurder Vergleich. Freilich: Wenn alle Politiker zurücktreten müssten, die unakzeptable und unpassende Vergleiche anstellen, wäre das Parlament in Straßburg ebenso wie das Haus am Ring sehr leer.
Natürlich geht es vor allem der SPÖ bei der doppelten Mölzer-Aufregung darum, mit Hilfe der linken Medien ein Thema hochzustilisieren. Irgendwie wollen sie ja bei der EU-Wahl doch ein Argument, um wenigstens ein bisschen Auftrieb zu erhalten. Zuletzt lagen ja abwechselnd Schwarz und Blau bei Umfragen voran.
Die (ursprünglich von einer SPD-nahen Zeitung aus Deutschland ausgelöste) Aufregung wird nur der Linken nichts helfen. Nützen wird sie wieder einmal primär den Freiheitlichen. Die Wähler wissen zwar auch nicht, was ein Negerkonglomerat ist. Sie merken aber schon seit Jahrzehnten die immer gleiche hinter solcher künstlicher Aufregung stehende Absicht. Und sie sind entsprechend verstimmt.
Natürlich sind die EU und insbesondere die Rolle ihres Parlaments das zentrale Thema dieser Wahl. Und nicht unpassende Vergleiche. Aber vom Thema EU lenkt man ja seit einiger Zeit lieber ab . . .
Deutschlands Regierung kündigt an, gegen den Sozialmissbrauch bei der Zuwanderung aus EU-Ländern vorzugehen. Erstaunlich – hat man doch noch vor kurzem auf allen politisch korrekten Kanälen beteuert, es gäbe diesen Sozialmissbrauch gar nicht.
In Deutschland ist ja jetzt die Sozialdemokratie mit an der Macht. Da klingt dieses Eingeständnis doppelt interessant. Jedoch – über die Reaktion Berlins auf diesen durch die Mischung von EU-Regeln und Sozialstaats-Exzessen entstandenen Missbrauch kann man nur noch den Kopf schütteln: Da wird ihm nicht etwa der Kampf angesagt. Nein, Berlin gibt einfach den betroffenen Kommunen 200 Millionen Euro. Für die durch Sozialmissbrauch entstandenen Kosten.
PS: Während Rumänien (und Bulgarien) solcherart das Zigeuner/Roma-Problem entsorgen können, kündigt Rumäniens sozialistischer Premier an, was der nationalistische Staatspräsident schon lange fordert: Man sei nun stark genug, den Anschluss Moldawiens durchzuziehen. Die finanziellen Probleme hat man offenbar gelöst. Jetzt müssen nur noch die Moldawier wollen. Sofern man sie fragt. Die nämlich wollen gar nicht . . .
Droht der Ukraine-Konflikt zu einem großen Krieg zu werden? Wer hat da eigentlich recht? Selbstbestimmungsrecht versus Interventionsverbot: Darüber befragt diskutieren Erstwähler Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.
Es wäre für alle Österreicher und insbesondere für die Wiener ein dramatischer Durchbruch: das jetzt vom neuen Minister Ostermayer geplante „Informationsfreiheitsgesetz“. Er soll nämlich auch auf Landesebene Transparenz herstellen. Das wäre toll – falls nicht im Kleingedruckten und in der Durchführung wieder die bisherige Intransparenz perpetuiert wird. Zu der wird dann halt „Datenschutz“ statt „Amtsgeheimnis“ gesagt. Die Intransparenz würde bleiben. Und die Wissensbegier der Bürger, also die entscheidende Kontrolle gegen Korruption und Faulheit, würde weiterhin eiskalt ignoriert.
Aber vorerst wollen wir an das Gute glauben, also echte Transparenz erwarten. Diese hat nicht nur Frank Stronach zu seinem obersten Wert erhoben. Ihr Fehlen ist zweifellos die Hauptursache für alle Formen der Korruption. Die gibt es ja vor allem rund um das Baugeschehen hierzulande in enormem Umgang, also vor allem in Ländern und Gemeinden, und wie viele Beispiele zeigen insbesondere in Wien.
Ostermayer hat vor den Wahlen schon einmal einen solchen Gesetzesentwurf vorgelegt. Damals hat der SPÖ-Minister aber noch – unter Druck des Rathauses – die Bundesländer „vergessen“. Weshalb damals die ÖVP wohl zu Recht ihr Veto eingelegt hat. Nun hat Ostermayer auch die Länder erfasst. Deshalb sollte die Volkspartei, sollten aber auch die Oppositionsparteien dem Prinzip Transparenz möglichst rasch zustimmen.
Denn echte Informationsfreiheit wäre ein extrem wichtiges Element zu einer qualitativen Verbesserung Österreichs und speziell seiner Länder und Gemeinden. Sie wäre wohl die wichtigste Änderung der heimischen Realverfassung seit 1945, zusammen mit dem von der Koalition leider auf die lange Bank geschobenen Vorschlag von mehr direkter Demokratie. Dieser kam aus der Ecke Sebastian Kurz, wurde aber auch stark von der FPÖ und den Grünen forciert.
Aber genau wegen dieser tiefgreifenden Auswirkungen auf die österreichische Realverfassung wird es so wie bei der direkten Demokratie auch beim Transparenz-Gesetz massiv hinhaltenden Widerstand geben. Es besteht die große Gefahr, dass Politik und Bürokratie, dass Beamte und Politiker, dass Länder und Gemeinden die beiden Vorhaben zu Tode streicheln und bis zur Wirkungslosigkeit reduzieren. Schlaue Taktiker aus diesen Ecken werden natürlich nicht offenen Widerstand üben, sondern bei den koalitions- und parteiinternen Beratungen ein Hindernis nach dem anderen aufbauen. Bis dann die Sache elegant totgemacht ist, genauer wohl auf österreichische Art: eine inhaltslose Überschrift.
Umso mehr muss man kämpfen. Man denke an die vielen Studien, die Länder wie Ministerien um unser Geld in Auftrag geben, bezahlen – und dann geheim halten oder die sie nur so weit veröffentlichen, wie es ihnen ideologisch passt. Man denke an die vielen Ausschreibungen, die extrem oft knapp unter den Wertgrenzen gehalten werden, damit man den Auftrag Parteifreunden zuschanzen kann. Man denke an die vielen Gutachten. An die vielen Bauprojekte. An die vielen dubiosen Berater und Agenturen.
Zum Glück haben wir wenigstens den Rechnungshof, der bisweilen aufzeigt, wie sehr die Machthaber unser Geld beim Fenster hinausschmeißen. Zum Glück gibt es noch hie und da unabhängige Medien, die solchem Unterschleif wenigstens bisweilen nachgehen. Ansonsten sitzen ja die Zudecker fast immer näher an den Skandalen als die Aufdecker.
Es ist absolut kein Zufall, dass die nördlichen Länder nach allen Studien weltweit die weitaus geringste Korruption haben. Es sind nämlich genau diese Länder, die auch die weltweit weitaus höchste Verpflichtung zur Transparenz haben. Dort kann ich als ganz normaler Bürger wirklich jeden Akt von einer Behörde zur Gänze bekommen. Und entgegen den bei uns ständig verbreiteten Unkenrufen schadet das dort niemanden, sondern nützt allen – bis auf die Korruptionisten.
Das „Amtsgeheimnis“ hingegen, hinter dem sich Bürokraten bei uns noch immer so gut verbergen können, hält fast immer nur zwei Sachen geheim: entweder Korruption oder Faulheit (oft sogar beides).
Bei aller (Vor-)Freude muss man daher sehr aufpassen. Der Feind Korruption ist alles andere als besiegt. Mit dem von Ostermayer ins Spiel gebrachten „Datenschutz“ könnten Behörden & Co bereits wieder einen neuen möglichen Grund zur totalen Geheimhaltung aufbauen. Denn letztlich ist ja jeder Akt ein „Datum“. Es gibt keinen, wo nicht auch Namen vorkommen. Der Verdacht ist daher sehr groß, dass sich Beamte halt künftig hinter dem „Datenschutz“ verschanzen, wo sie sich bisher hinter dem „Amtsgeheimnis“ verborgen haben. Und dass sich letztlich nichts ändert.
Wir werden daher noch sehr genau schauen müssen, ob der Entwurf Ostermayers diese Hintertüre öffnet. Denn irgendwie macht es ja schon sehr stutzig, dass ausgerechnet ein Ostermayer mit seiner schmutzigen ÖBB- und Asfinag-Vergangenheit und seiner einstigen Rolle im Wiener Rathaus jetzt zum Vorkämpfer der Transparenz werden will. Dass ausgerechnet er vom Sauls zum Paulus wird. Aber wie in der Bibel ist alles möglich.
Falls wir aber von ihm wie schon so oft von Politikern hineingelegt werden, würde allerdings der Zorn der Bürger auf die Regierung noch dramatisch weiter ansteigen. Das Wachsen dieses Zorns zeigt sich ja schon bei ihren ständig fallenden Werten bei Meinungsumfragen.
Um die entscheidende Anforderung klar in einem Satz zu definieren: Das neue Gesetz darf keinen Millimeter beispielsweise unter den schwedischen Standard zurückbleiben. Denn jeder Groschen Steuergeld, den irgendjemand direkt oder indirekt erhält, muss auch in voller Offenheit und allen Details vor den Bürgern gerechtfertigt werden. Da ist keinerlei Datenschutz legitim.
Derzeit herrscht jedenfalls noch in alter schlechter Monarchentradition die geheime Kabinettspolitik vor. Im Bund, auf Landesebene und besonders in Wien.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Wie wenn sie im Gleichschritt aus dem Parteisekretariat kämen: So schauen die neuen vom Bundeskanzleramt bestellten Räte im ORF aus, die rätselhafterweise die Bezeichnung „Publikums“-Räte tragen.
Sie sind massiv links. Und da und dort finden sich ein paar Anstand-Bürgerliche. Aber nirgendwo ist das „Publikum“, sind die Seher und Hörer zu finden. Auf die pfeift die Koalition. Besonders skurril ist die Linkslastigkeit dort, wo die SPÖ weit zurückliegt: So hat bei den Schülervertretungswahlen österreichweit die ÖVP-nahe Schülerunion gewonnen – aber im Rat sitzt die linkssozialistische „Aktion Kritischer Schüler“ der SPÖ. Da ist der bürgerlich-unabhängige ÖAMTC der weitaus größte Autofahrerklub – aber im ORF sitzt der Arbö. Da werden „Eltern und Familien“ (auch keine typisch linke Zielgruppe) zwar gleich doppelt vertreten – aber beide angeblichen Familien-Vertreter sind links einzuordnen (wenn man links ist, muss man offenbar nicht einmal die eigene Homepage fehlerfrei gestalten können). Übrigens sind beide Männer – aber wenn es um den ideologischen Durchgriff geht, vergisst die SPÖ sofort auf die von ihr sonst so geliebte Quote.
PS: Zur gleichen Stunde hat das deutsche Bundesverfassungsgericht den zu starken staatlichen Einfluss auf das ZDF als verfassungswidrig eingeschränkt.
PPS: Hierzulande regen sich linke Politologen darüber auf, dass eine Regierung (mit Zweidrittelmehrheit) den Rundfunkrat kontrolliert. Dabei haben in Österreich beide Parteien nicht einmal mehr 51 Prozent der Stimmen. Dennoch kontrolliert die SPÖ den ORF sogar de facto alleine. Die Aufregung unsere Linken geht aber trotzdem nicht um Österreich, sondern (mit kräftiger Hilfe des ORF) um Ungarn. Sie begreifen offenbar nicht einmal, wie sehr sie selbst im Glashaus sitzen.
Jetzt wissen wir, was demokratisch ist: ein AK-Boss, der trotz Betriebsratsmobilisierung in allen organisierten Betrieben nur von 37 Prozent gewählt wird; und ein Salzburger Bürgermeister, an dessen Wahl gar nur 30 Prozent teilnehmen.
Wobei das jeweils nur die Zahl der Wahlbeteiligung war. Der Anteil der Sieger an den Wahlberechtigten liegt noch weit darunter. Seltsam, dass es da fast keine Debatte gibt. Liegt das gar daran, dass bei diesem Wahlen immer Genossen gewonnen haben, dass also alles in Ordnung ist, solange sich die Nichtlinken nur ordentlich zerstreiten? Waren es aber nicht ebenfalls Genossen, die gegen die direkte Demokratie mit dem Argument gekämpft haben, dass bei uninteressanten Fragen auch nur 30 oder 40 Prozent hingehen?
Die Baumax-Familie Essl war und ist ebenso sympathisch wie kunstbeflissen. Nur: Das kann kein Grund sein, dass der geschundene Steuerzahler jetzt auch noch sie rettet. Und damit gleich die Preise für heimische Künstler in zum Teil tollen Höhen hält.
Es ist natürlich Pech für die Essls, dass ihr Crash ausgerechnet in eine Zeit fällt, da vom Burgtheater bis zum „Aktionskünstler“ Hermann Nitsch gerade in der Kunstszene reihenweise die Steuerbetrüger auffliegen (Nitschs wollen jetzt offenbar nicht einmal seine Förderer Erwin Pröll und Claudia Schmied mehr kennen). Aber entgegen der Propaganda der Kultur-Journalisten gibt es in der Öffentlichkeit absolut kein Verständnis, dass schon wieder der Steuerzahler mit satten zweistelligen Millionenbeträgen die Essls und die in Klosterneuburg gesammelten Künstler „retten“ soll. Nur weil irgendjemand eine Privatsammlung für unverzichtbar erklärt.
Ich bin jedenfalls in Klosterneuburg vor allem von der tollen Architektur des Essl-Museums angetan gewesen. Die Bilder hingegen waren halt die typischen Vertreter der Nachkriegs-Moderne, von der niemand weiß, was bleiben wird. Ich erinnere mich etwa noch gut, als einst die Phantastischen Realisten der Wiener Schule zum Inbegriff von Kunst erklärt worden sind, die heute mausetot sind. Ähnlich scheint es jetzt den vielen abstrakten Künstlern zu passieren, an denen man sich ziemlich sattgesehen hat.
Die meisten werden bedeutungslos. Einiges wird bleiben – aber nur selten das, was die Zeitgenossen hochrühmen.
Wie auch immer: Nicht ich entscheide darüber, nicht der Herr Ostermayer, nicht der Herr Essl entscheiden. Das Urteil wird erst die Kunstgeschichte treffen (und vor allem – ich wage es nur in Klammern zuschreiben – der Markt, der auch in der Kunst das letzte Wort hat).
Es gibt einen ganz klaren Weg, wie sich die Gläubiger der Baumax-Gruppe zumindest einen Teil ihrer Forderungen gegen Essl holen können: Das ist die Insolvenz. In der wird Bild für Bild verkauft. Bis hin zum Museumsgebäude (sofern die Dinge nicht rechtzeitig in eine Stiftung gebracht worden sind). In der Insolvenz wird es auch etliche staatliche Museen geben, die das eine oder andere Bild günstig kaufen können.
Es gibt jedoch keinen Grund, warum die Sammlung als Ganzes vom Steuerzahler teuer gekauft werden sollte. Es war die Leidenschaft der Familie Essl, die das Museum bestimmt hat. Nicht die Notwendigkeiten eines Staates. Oder gar eine Umwegrentabilität.
Die Essl-Ankäufe haben zweifellos den Marktpreis etlicher Künstler in die Höhe getrieben. Je mehr Nachfrage, umso höher der Preis. Das war schön für die Künster. Aber wenn ihre Preise jetzt vielleicht wieder fallen, weil durch den Verkauf der Essl-Sammlung der Markt überschwemmt wird, haben sie auch das hinzunehmen. Und wir haben ihre sowie Essls Rufe zu ignorieren: „Dafür und dafür und dafür und dafür muss Österreich auch noch Geld haben“.
Nein, das muss es nicht. Und hat es auch nicht. Und wenn Erwin Pröll wirklich die Sammlung haben will, dann braucht er nur einen Teil des niederösterreichischen Anteils am Flughafen zu verkaufen. Schon hat er, nein: das Bundesland das Geld beisammen. (Auch wenn es zum Schuldentilgen tausend Mal besser eingesetzt wäre). Pröll hat ja auch Herrn Nitsch auf Steuerzahlerkosten ein Museum gebaut (wiewohl er jetzt den Namen Nitsch wohl nicht mehr hören will).
Übrigens haben aus Geldmangel zuletzt auch zwei große Finanzinstitute in Wien ihre Kunstsammlungen zusperren müssen. Sie taten dies freilich rechtzeitig, bevor noch wie bei Baumax die Insolvenz gedroht hat. Aber die Zeiten werden härter. Und das Ende von Kunstsammlungen zeigt, dass sie wirklich ernst geworden sind.
Wenn wir aus der Essl-Krise und jener vieler anderer (Leiner, Di Tech und die Medien sind etwa ganz aktuell) wirklich etwas lernen sollten, dann ist es ganz klar: Österreich muss viel mehr tun, um Unternehmen das Existieren zu erleichtern. Das geht nur durch Deregulierung, Rücknahme des Staates und durch Steuersenkungen. Und zwar für alle und nicht nur politische Liebkinder. Dann wird sich ganz von selber Spreu vom überlebensfähigen Weizen trennen. Aber diese Regierung denkt sich ja ständig noch mehr Regeln aus. Und sie erhöht die Steuern statt sie zu senken. Um dann einige selektiv retten zu können, Kärntner Hypos etwa und (vielleicht) niederösterreichische Essls.
Irmgard Griss muss an ihrer Aufgabe, das Hypo-Desaster zu untersuchen, scheitern. Obwohl sie dieser Aufgabe sicher unabhängig und engagiert nachkommen wird. Nur: Was soll die ehemalige OGH-Präsidentin eigentlich untersuchen? Wie soll sie das ohne echte Mittel, ohne richterliche Gewalt? Nicht Abhängigkeit ist ihr Problem, sondern die gigantische und völlig unbewältigbare Aufgabe. Diese ist geradezu mit dem Verlangen vergleichbar, eine Kommission müsste die Schuld am ersten Weltkrieg klären. Das heißt freilich nicht, dass ein parlamentarischer Ausschuss irgendwie besser wäre.
Die Regierung hat mit ihrer Kritik an parlamentarischen Untersuchungsausschüssen nämlich durchaus Recht. Diese haben sich als problematisch und total unfruchtbar erwiesen. Sie sind von Oppositionsseite zu Schauprozessen und Tribunalen entartet, so als ob wir noch im Zeitalter der Inquisitionsprozesse leben. Sie sind von Regierungsseite nach Belieben und mit schönfärberischen Schlussberichten abgedreht worden. Sofern es überhaupt inhaltliche Schlussberichte gegeben hat. Befragte Zeugen haben ständig die Aussage verweigert, weil gegen sie strafrechtliche Untersuchungen in Gang sind. Zugleich hat Peter Pilz ununterbrochen gegen alles und jedes Strafanzeige erstattet, was die Glaubwürdigkeit seiner ständigen Empörungen nicht gerade erhöht hat. Und ständig sind vertrauliche Aktenteile an Befreundete hinausgegangen.
Aus all diesen Gründen ist jeder U-Ausschuss in der gegenwärtigen Konstruktion weitgehend sinnlos geworden. Er bringt nur den Zeitungen viel Stoff, aber keine Klarheit. Und erst recht nicht schaffen es Mandatare, den riesigen Komplex „Hypo“ zu untersuchen. Auch sie würden nicht wissen, wo anfangen; und jeder ist im Wortsinn Partei, von einer Partei und (meist) von einem Bundesland aufgestellt.
Mandatare der Regierungsparteien werden immer sagen: Die Regierung hat perfekt gehandelt, nur Jörg Haiders leichtfertige Mega-Haftungen waren schuld an dem Desaster. Die Freiheitlichen werden ständig sagen: Schuld am Desaster ist vor allem, dass die Bundesregierung die Hypo von der Bayern-LB übernommen hat. Österreich wird möglichst viel auf Deutschland schieben, Bayern möglichst viel auf Wien. Die unzähligen Manager, die schon bei der Hypo amtiert haben, werden sowieso alle unschuldig sein – oder die Verantwortung auf den ohnedies schon zur Höchststrafe verurteilten Wolfgang Kulterer schieben. Kroatien oder Italien werden mit den Gaunereien schon gar nichts zu tun haben wollen. Und die Nationalbank wird behaupten, immer streng geprüft zu haben. Und so weiter.
Lauter Unschuldige. Einzig unabhängige Gerichte werden das eine oder andere aufrollen können. Sie haben zumindest die Kriminalpolizei und Gutachter als Helfer. Aber auch von ihnen wird der allergrößte Schuldige am System Hypo nie auf die Anklagebank gesetzt werden: Das ist der Föderalismus und die in Österreich damit verbundene Verantwortungslosigkeit. Das ist die große verfassungsrechtlich abgesicherte Macht der Bundesländer. Fast jeder Abgeordnete, der wieder aufgestellt werden will, muss primär die Zustimmung seines Landesparteiobmannes gewinnen. Daher wird er keine Sekunde lang an eine wirklich objektive Prüfung denken, sobald sie das eigene Bundesland trifft.
Kärnten war zwar in Sachen Haftungen bei weitem Spitzenreiter (mit roten und schwarzen Mittätern in Klagenfurt). Es haben aber auch viele andere Bundesländer kräftig gesündigt; etliche haben so wie Kärnten ein Vielfaches ihres Landesbudgets an Haftungen hergegeben. Und sie streifen dafür bis heute Haftungsprämien ein – obwohl auch sie die Haftungen niemals einlösen hätten können.
Dennoch zeigt der Bund nicht einmal in dieser Situation Stärke, da die Bundesländer blamiert dastehen. Das sieht man in diesen Stunden am Randthema Bezirksgerichte. Zwar wird die Verfassung gerade wegen einer unwichtigen Lappalie geändert. Aber der Bund wagt nicht einmal bei dieser Gelegenheit, am Vetorecht der Landeshauptleute gegen die Schließung von Bezirksgerichten zu rütteln. Dabei müssten die Bundesländer doch eigentlich voll des schlechten Gewissens sein. Dabei müssten sie eigentlich heilfroh sein, gerade jetzt mit einer Konzession bei den Gerichten von ihrem schlechten Wirtschaften abzulenken.
Wenn die Regierung also sogar bei einem echten Minithema versagt, ist klar, dass sie auch nichts gegen das freche Auftreten der Bundesländer bei den mit der Hypo zusammenhängenden finanziellen Fragen erreicht. Etwa bei der von der Regierungsspitze geplanten Widmung der Bankensteuer für die Hypo-Aufräumung. Die Länder wollen daran weiter mitschneiden, obwohl sie für die Banken nicht haften. Obwohl gerade europaweit eine weitere Bankensteuer eingeführt wird. Das Repräsentationsbedürfnis der Landeshauptleute ist halt stärker als die Steuerzahler.
Die Abgeordneten werden also nie und nimmer die Hypo-Affäre richtig aufarbeiten. Das wird aber mit Sicherheit auch der nun angekündigten Kommission unter Irmgard Griss nicht gelingen. Diese ist zwar von parteipolitischen Rücksichten und Ängsten vor Landeshauptleuten frei. Sie hat aber noch viel weniger Instrumente in der Hand als ein Parlamentsausschuss. Niemand wird vor dieser Kommission aussagen müssen. Niemand kann von ihr zu etwas gezwungen werden.
Selbst die Frage, was Griss eigentlich untersucht, ist nicht geklärt. Dass für die Steuerzahler eine Insolvenz günstiger gewesen wäre – das haben ohnedies schon mehrere unabhängige Gutachten gesagt. Die Regierungsparteien hätten am liebsten nur die Rolle von Jörg Haider thematisiert. Die Rolle des Föderalismus, die Rolle der Nationalbank, die Rolle der Regierung Faymann/Pröll (die sich die Bank anhängen hat lassen), der Druck der EU (um nur ja die Hypo zu „retten“), die inständigen Bitten vom Balkan (die dort wichtige Hypo nicht fallen zu lassen), die Rolle der zum Teil im Raiffeisen-Besitz stehenden Bundesländer-Hypos (die der Zahlung der Einlagensicherung entgehen wollen) und zu schlechter letzt die Absurdität, dass der Staat – insbesondere die Länder – trotz ständigen Scheiterns noch immer Eigentum an Unternehmen halten: Nichts davon kann Griss wirklich aufrollen. Aber genau das sind die wahren Problemkerne.
Zwar dürften noch einige Verantwortliche vor einem Strafrichter landen. Die haben dann wenigstens alle Untersuchungsrechte und unterliegen nicht wie die Parlamentarier zahllosen Bindungen. Aber die meisten Mitschuldigen werden sich nicht einmal selbst als Mitschuldig ansehen. Sind sie doch „nur“ Teil des Systems Österreich, der Realverfassung dieses Landes.
In Frankreich hat die äußerste Rechte unter der Tochter Le Pen einige Rathäuser erobert und wird in der Stichwahl wohl etliche weitere Erfolge erzielen. Die linken Medien tun nun so, als ob damit ein neuer Hitler oder Stalin an die Macht gekommen wäre. Was nicht nur wegen der geringen Zahl von FN-Bürgermeistern ziemlich lächerlich ist.
Natürlich ist Frankreichs Linke tief deprimiert. Haben dort doch viele ernsthaft geglaubt, dass man nur laut genug schreien muss „Sparen – Nein“ und schon ist die Notwendigkeit zu demselben verschwunden. Und die Konkurrenz der Front National glaubten die Linken einfach durch ständiges Nazi-Geschrei ausschalten zu können.
Beides hat sich als Unsinn erwiesen. Daher herrscht auf der Linken und in ihren Medien Weltuntergangsstimmung. Denn das Anti-Sparen-Gerede hat sich in der Konfrontation mit der realen Welt als totaler Unsinn erwiesen, den Frankreich (und Europa?) noch teuer bezahlen wird. Und erst recht ist die Front National keine Partei, die der Demokratie ein Ende bereiten würde.
Sie hat unter der Tochter Le Pen auch weitestgehend auf unakzeptable Zwischentöne verzichtet. Und die, die es zweifellos da und dort noch immer gibt, sind für Frankreich und Europa lange nicht so gefährlich und schädlich wie die Reformunwilligkeit der Linken. Die Front National ist geradezu ein Produkt der linken Realitätsferne und der „fortschrittlichen“ Hasspropaganda. Denn jahrzehntelang hat die Nachfolge der Vichy-Petain-Bejubler keinerlei politische Rolle gespielt.
Nun beginnt freilich in etlichen Rathäusern für die Front National erstmals der harte Alltag. Und da wird sich mit Sicherheit dasselbe zeigen wie etwa in Haiders Kärnten: Wirtschaftspolitik als Produkt von Wunschdenken funktioniert maximal eine kurze Zeit lang. Dann bricht sie umso lauter zusammen.
Die Le-Pen-Partei wird überdies darunter leiden, dass sie vorerst kaum Persönlichkeiten hat, die administrieren und Städte regieren können. Die Front National wird also vielerorten einer ganz natürlichen Entzauberung erliegen. Und dort, wo sie sauber und gut administriert, wird sie sich behaupten können.
So ist eben Demokratie.
Das Antifaschismus-Gelabere sollte die Linke jedenfalls lieber einem Putin überlassen, der mit fast genau denselben Worten, wie Europas Sozialisten in Anbetracht einer Niederlage sie verwenden, von der ärgsten Friedensverletzung der letzten Jahrzehnte ablenkt. Und der neben Herrn Lukaschenko mit der Invasion der Krim in Wahrheit der einzige echte Faschist ist, der heute in Europa regiert (falls man diesen in Wahrheit völlig abgenudelten Begriff verwenden würde).
Die französischen Liberalkonservativen erliegen dem Antifaschismus-Gerede ja offenbar kaum mehr. Dabei sind ja sie und nicht die Linke die eigentlichen Erben des Anti-Nazi-Kampfes eines Charles de Gaulle.
Vor allem können die Sozialisten nicht ernsthaft auf deren Stimmen hoffen, nachdem sie Nicolas Sarkozy, den Hero der Liberalkonservativen, monatelang abgehört und mit zahllosen Verfahren überzogen haben. So wie sie es von Italien über die Niederlande bis Venezuela mit ihren politischen Gegnern tun. (Auch das Verfahren gegen Ex-Bundespräsident Wulff muss die linken Medien eigentlich bis auf die Knochen blamieren).
Was haben die chemische Industrie, Reisebüros und Gewerbe-Pensionisten gemein? Nichts – außer dass alle mit unerträglichen Schikanen und Regulierungen des Gesetzgebers gequält werden. Alle diese Schikanen führen zu direkter Behinderung von wirtschaftlichen Aktivitäten in Österreich und Europa. Von denen wir eigentlich leben.
Erstes Beispiel, die Reisebüros. Sie dürfen von ihren Kunden bis 20 Tage vor Reiseantritt höchstens zehn Prozent der Gesamtsumme als Anzahlung verlangen. Sie müssen aber dennoch insbesondere Flug-Tickets gleich voll bezahlen. Das bedeutet nicht nur einen zinsenlosen Zwangskredit mit spürbaren Kosten für die Reisebüros – das ist auch die Verletzung eines anderen Gesetzes. Denn diese Kredite stellen nach Ansicht findiger Juristen eigentlich ein konzessionspflichtiges Bankgeschäft dar. Aber ein Reisebüro hat natürlich keine Bank-Konzession. Es macht sich also in jedem Fall strafbar. Wie bei Kafka. Absurd, aber Realität.
Zweites Beispiel, die chemische Industrie. Jim Ratcliff, der Chef der Ineos-Gruppe, prophezeite nun öffentlich, dass es in zehn Jahren in Europa keine chemische Industrie geben wird. So wie es hier längst keine Textilindustrie mehr gibt. „Ich sehe grüne Steuern, ich sehe keine Nutzung des Schiefergases, ich sehe die Schließung von Atomkraftwerken, ich sehe die Vertreibung aller Produktionen.“ Die EU-Kommission stehe diesem vernichtenden Tsunami aber blind gegenüber. „Unsere Gewinne in Europa haben sich in drei Jahren halbiert, in Amerika verdreifacht.“ BASF reduziere überhaupt zum ersten Mal in seiner Geschichte wegen der hohen Energie- und Arbeitskosten sowie wegen stagnierender Märkte strategisch seine Investitionen in Europa. „Es schaut nicht gut aus für Europa.“ Man kann aber nicht den Eindruck haben, dass Europas Politiker Ratcliff zuhören, oder dass diese Themen im EU-Wahlkampf auch nur erwähnt würden. Statt dessen wollen im Grund alle noch mehr Steuern. Was die Vertreibung der Industrie noch mehr beschleunigt. Absurd, aber Realität.
Drittes Beispiel, Österreichs Gewerbe-Pensionisten. Sie müssen auch nach Erreichen des vollen Pensionsalters und Erhalt einer Pension weiterhin Beiträge in die Pensionsversicherung zahlen, wenn sie weiterzuarbeiten wagen. Die Gewerbe-Versicherung schlägt jetzt zwar erfreulicherweise vor, dass das abgeschafft wird (hängt das etwa mit dem anlaufenden WKO-Wahlkampf zusammen?), aber die Politik denkt in ihrer Sparunwilligkeit nur an noch mehr, nicht an weniger Abgaben und Steuern. Absurd, aber Realität.
Es sind nur drei von fast unendlich vielen Beispielen (die überbordenden Allergie-Richtlinien, mit denen sämtliche Wirte bald konfrontiert werden, sind der nächste Wahnsinn). Das Bewusstsein, dass nur das Wirtschaften und nicht immer noch mehr Regulierungen die Erhaltung wenigstens des gegenwärtigen Wohlstandsniveaus sichert, ist ständig geschrumpft. Wir regulieren und besteuern uns zu Tode.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der einstige spanische Ministerpräsident Suarez ist gestorben. Todesfälle sind immer beklemmend; aber der Tod des ersten demokratischen Ministerpräsidenten nach dem Franco-Regime ist aus ganz anderen Gründen eine Tagebuch-Eintragung wert.
Denn Suarez stand – so wie jahrzehntelang alle Regierungschefs Italiens – an der Spitze einer christdemokratischen Partei. In beiden Ländern sind die Christdemokraten heute aber fast nicht mehr vorhanden. Was eine der dramatischsten Umgestaltungen der europäischen Nachkriegsgeschichte bedeutet. Wenn sich christdemokratische Bewegungen selbst in die Luft sprengen oder immer weiter nach links gehen (wie etwa die ÖVP unter Riegler, Busek und Josef Pröll), heißt das jedoch nicht, dass damit automatisch die Linke die Mehrheit bekommt. Sondern es bilden sich auf der Rechten neue starke Gruppierungen. Woran auch mediales Trommelfeuer nichts ändern kann. In Spanien ist die neue Rechte aus dem einstigen Francismus entstanden; und in Italien durch einen ebenso charismatischen wie schlitzohrigen Fernsehmagnaten.
Europa wird zunehmend von Schreckensnachrichten über die Entwicklung des Arbeitsmarktes erschüttert. Einmal wird intensiv beklagt, dass Europa heute die weitaus höchsten Arbeitslosen-Zahlen der Nachkriegszeit hat. Am nächsten Tag wird ebenso heftig vor der rapide zunehmenden Roboterisierung und Automatisierung gewarnt, als deren Folge uns die Arbeit ausgehen werde. Und am dritten wird gejammert, dass wir viel zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte haben.
Alle Warnungen stimmen zwar, alle greifen aber viel zu kurz: Sie sind fast durchwegs Folge des Denkens und Handelns, dass für alles der Staat verantwortlich sei, dass jedes Problem oder Scheinproblem durch ein Eingreifen der Obrigkeit gelöst werden könne. Das löst aber nur wieder weiteres Staatshandeln aus und führt in Wahrheit immer weiter in des Teufels Küche, zu immer größeren Problemen.
Keine Frage: Roboterisierung und Automatisierung rationalisieren viele Arbeitsplätze weg. Sie tun das umso rascher und effizienter, je teurer die einzelne Arbeitskraft ist.
Die daran anknüpfenden Katastrophenprophezeiungen sind aber völlig übertrieben und eindimensional. Sie gleichen den einstigen Jammereien über das „Bauernsterben“. Es ist nur wenige Generationen her, dass 80 Prozent der Europäer in der Landwirtschaft beschäftigt waren. Heute sind es drei Prozent. Hätte man diesen Anteil einfrieren sollen, ähnlich den heutigen Zukunftsängstlichen, die wie etwa die Sozialisten in Frankreich Unternehmen den Abbau von Arbeitskräften verbieten, solange diese noch keine Verluste produzieren?
Natürlich war es gut und richtig, dass im 19. und 20. Jahrhundert Zig Millionen aus der Landwirtschaft in die Städte gezogen sind. Sie haben ihre Lebensumstände deutlich verbessert, auch wenn die heutige Geschichtsdarstellung das anders sieht. Denn bei all den Klagen über die Industrialisierung wird vergessen, dass davor jene Kinder, die keinen Hof geerbt haben, als Knechte und Mägde oft weit unter dem Existenzminimum gelebt hatten, wenn sie nicht Zuflucht in einem Kloster gefunden haben. Sie mussten im Stall geschlafen, hatten keine Chance auf Familiengründung, starben früh oder "durften" für Kaiser und Könige als Kanonenfutter in sinnlose Kriege um irgendwelche Erbfolgen ziehen.
Erst Dampfmaschine, Industrie, Elektrizität und das juristische Ende der Schollengebundenheit haben Millionen einen Aufstieg ermöglicht. Diese sind in großer Zahl in die neu entstehenden Bassena-Wohnungen rings um die europäischen Städte gezogen. Solche Bassena-Mietshäuser sind zwar aus heutiger Sicht wenig attraktiv, haben aber damals eine dramatische Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Menschen bedeutet, auch wenn sie von Schriftstellern, Gewerkschaften, Sozial- und Christdemokraten heute heftig kritisiert werden.
Auf dem Land waren die Lebensbedingungen für die nicht-besitzenden Klassen eindeutig viel schlimmer als jene für das städtische Proletariat. Nur hat es einst niemanden gegeben, der die Not der Knechte und Mägde thematisiert hätte. Erst in Städten, erst mit der über elitäre Schichten hinausgehenden Verbreitung von Lesen und Schreiben konnten solche Klagen artikuliert werden.
Industrialisierung war und ist keineswegs ein Jammer. Das sahen wir auch wieder in den allerletzten Jahren. Dort, wo es keinen ausreichenden Anteil einer exportierenden Industrie gibt, sind in den Krisenjahren Länder steil abgestürzt. Dagegen ist es gerade in diesen Jahren den Industrieländern Deutschland und Niederlande deutlich besser gegangen.
Industrie ist unverzichtbar, so wie wir ja auch von der Landwirtschaft keinen Abschied genommen haben. Sie ist aber in ihren Dimensionen keineswegs unveränderlich. Automaten und Roboter ändern viel. Nirgendwo steht, dass in den Produktionshallen, an den Werkbänken genauso viele Menschen stehen müssen wie einst. Das glauben nur Nostalgiker etwa in den Gewerkschaften.
Wenn sie und Regierungen am Status quo festhalten wollen (etwa durch die mancherorts bestehenden Kündigungsverbote), bringen sie ganze Branchen um. Sie glauben dekretieren zu können, wie viele Menschen da und wie viele dort zu beschäftigen sind. Das geht aber am Ende immer schief.
Aber wo finden die in der Industrie überzählig werdenden Menschen Arbeitsplätze? Nun, mit Sicherheit gibt es die neuen Jobs vor allem in jenen zahllosen Tätigkeiten, die es vor wenigen Jahrzehnten noch kaum gegeben hat. Bei Dienstleistungen, bei spezialisierten Tätigkeiten, die von der Industrie ausgegliedert worden sind. Je weniger sich die Politik einmischt, umso sicherer entstehen diese Jobs.
Vernünftigerweise kann man also nicht daran zweifeln, dass es auch in Zukunft genug Arbeit gibt. Es darf nur eines nicht sein: Dass Regierungen und Gewerkschaften Arbeit viel zu teuer machen, dass sie viel zu viele Steuern und Abgaben für viel zu viele unsinnige Ausgaben an Lohn und Einkommen knüpfen. Dass sie populistische Mindestlöhne und Einkommen dekretieren, für die sich immer weniger Arbeitgeber finden. Dass sie durch die Wohnbauförderung Menschen an der notwendigen Mobilität hindern, also dorthin zu ziehen, wo es ausreichend Arbeit gibt.
Das in Wahrheit viel größere Problem ist die immer wieder entstehende Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften. Aber auch da ist das Eingreifen des Staates Schuld. Wenn Zehntausende Menschen jahrelang und unentgeltlich, also auf Kosten der Steuerzahler geistes- und sozialwissenschaftliche Ausbildungen machen („Studier nur, was dich interessiert“), dann verleitet sie der Staat zu solchen perspektivfreien Tätigkeiten. Dann werden viele Menschen davon abgehalten, sich primär nach den Jobaussichten zu orientieren. Dieser Zusammenhang ist übrigens kein Widerspruch dazu, dass eine möglichst gute geistes- und sozialwissenschaftliche Bildung ein ganz zentraler Teil jeder Allgemeinbildung sein sollte.
Menschen dort hinzulenken, wo die Gesellschaft sie braucht, funktioniert immer nur über die Höhe des jeweiligen Lohnes. Wenn es viel Geld zu verdienen gibt, wird immer die Zahl jener Menschen zunehmen, die einen bestimmten Beruf zu lernen beginnen. Hingegen ist jedes Gerede von Gewerkschaftern oder Bildungspolitikern, dass sie wüssten, was „gerecht“ und angemessen sei, nicht nur reiner Holler, sondern auch ein Fehlanreiz für junge Menschen. Das kann nur der Markt.
Ein viel ernsteres Problem Europas ist dadurch entstanden, dass immer weniger akademisch gebildete Frauen Kinder in die Welt setzen. Wenn fast jede zweite Frau darauf verzichtet, dann wird das künftige Fehlen von qualifizierten Arbeitskräften zur Katastrophe.
Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Zuwanderung aus nichteuropäischen Ländern leider überhaupt nicht wie einst versprochen jene qualifizierten Zuwanderer nach Europa bringt, die man bräuchte. Nur in der Statistik der Demographen ist Zuwanderung ein brauchbares Substitut für das Fehlen der Kinder bildungsorientierter Schichten geworden. Im wirklichen Leben nicht. Lediglich Zuwanderung von Süd- und Ostasiaten bringt Gesellschaften spürbar voran. Aber diese Migranten zieht es fast alle nach Amerika und nicht Europa (der Sprache wegen, der niedrigen Steuern wegen; und auch wegen der viel größeren Leichtigkeit, dort durch Leistung aufzusteigen).
Was tun? Es ist ein absoluter Wahnsinn, wenn der Gesetzgeber Kinderlosigkeit belohnt (etwa durch Witwenrenten für Kinderlose), wenn Frauen für die Übernahme der Mutterrolle verhöhnt werden (etwa durch die Propaganda, dass sie in eine „Falle“ gehen würden), wenn Pensionen für Mütter schlechter ausfallen als für Berufstätige.
Wenn – wie fast in der gesamten Menschheitsentwicklung – Kinder für potenzielle Eltern ein ökonomischer Vorteil wären, dann würden auch mehr von ihnen Kinder in die Welt setzen. Das war insbesondere in Hinblick auf die Altersversorgung in den meisten Gesellschaften so. Kinderkriegen ist aber durch staatliches Eingreifen ökonomisch zum Nachteil geworden. Gewiss: Kinder in die Welt zu setzen, ist immer noch ein emotionaler Gewinn, ist vielleicht auch vom Egoismus der Gene verlangt, wird in vielen Religionen als sehr positiv gewertet. Aber dennoch ist die Entscheidung für oder gegen Kinder nachweislich vor allem ökonomisch dominiert.
Es wird langfristig zum Selbstmord, wenn Politik und Wirtschaft massiven Druck auf Frauen ausüben, nur ja arbeiten zu gehen, wenn sie Kinderkriegen immer mehr als privates Hobby darstellen. Auch wenn „Job statt Kinder“ kurzfristig zweifellos für die Wirtschaft vorteilhaft ist, weil Frauen exzellent gebildete Arbeitskräfte sind, bedroht es am Ende ganze Kulturen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Jetzt hat die Türkei den Zugang zu Twitter verriegelt – der umgehend von Hunderttausenden Türken durch zahllose Nebentore wieder passierbar gemacht worden ist. Was bedeutet das aber neben einer Blamage für den Semidiktator Erdogan langfristig?
Das bedeutet zum einen, dass es schwer selbstbeschädigend für die EU ist, mit einem solchen Land auch nur eine Sekunde weiter über einen Beitritt zu verhandeln. Erdogan hat längst jede Rechtsstaatlichkeit hinter sich gelassen und passt daher in keiner Weise in die Union. Wenn so etwas in einem Land auch nur denkmöglich oder gar Realität ist, dann hat es in Europa nichts verloren.
Erdogan und seine Partie sind nicht nur in höchstem Ausmaß korrupt, wie erst in den letzten Monaten wirklich klar geworden ist. Sie verprügeln nicht nur ständig friedliche Demonstranten. Sie versetzen nicht nur zu Tausenden unbotmäßige (also weniger korrupte) Richter, Staatsanwälte und Polizisten als „Strafe“ wild im Land herum. Sie setzen auch die Eigentümer aller einst kritischen Medien so unter Druck, dass dort keine Kritik mehr vorkommt. Sie werfen auch in immer größerer Zahl politische Gegner und unabhängige Journalisten ins Gefängnis. Da ist die Schließung von Twitter ja fast nur noch ein Tüpfelchen auf dem i.
Die Erdogan-Türkei ist heute weder ein Rechtsstaat noch eine Demokratie. Und es gibt kaum noch Möglichkeiten, den Mann demokratisch oder rechtsstaatlich abzusetzen.
Dass die Twitter-Sperre von so vielen Türken sofort und leicht umgangen worden ist, macht diese Aktion zwar eher lächerlich. Wir sollten uns dennoch stärker denn je klar machen: Es geht eine Regierung absolut nichts an, ob in den wenigen Anschlägen eines Tweets, in den viel zahlreicheren eines Blogs, in einem Youtube-Interview, in einem Telefonat Sinn oder Unsinn transportiert wird. Das haben nur die Bürger zu entscheiden. Das gilt für die Türkei, das gilt auch den Rest der Welt.
Der wahre Grund des Internet-Hasses von Erdogan ist klar: Die schwere Korruption in der Familie Erdogan ist erst via Youtube aufgedeckt worden. Erdogan geht damit in die Geschichte entgegen früheren, positiven Erwartungen als jener Machthaber ein, der die Demokratie in dem Zwei-Kontinente Land wieder beendet hat, der extrem korrupt gewesen ist und der nach fast einem Jahrhundert der Westorientierung das islamische Kopftuch wieder propagiert hat. Und auch das BIP-Wachstum von 3,5 Prozent (2013) ist weit weg von früheren Rekordzahlen und angesichts der türkischen Geburtenfreudigkeit in Wahrheit sogar sehr mager. Eine beschämende Bilanz eines einstigen Hoffnungsträgers.
Es ist daher absolut rätselhaft, warum die EU mit einem solchen Land überhaupt noch über einen Beitritt spricht. Will sie sich selbst zerstören? Gibt es in Brüssel überhaupt niemanden mehr, der über linke Political Correctness hinaus außenpolitisch nachdenkt?
Noch rätselhafter ist freilich, warum hierzulande neben den Grünen auch die Neos-Spitzenkandidatin für den türkischen EU-Beitritt wirbt. Die einzige Erklärung, die ich derzeit dafür finde: Man hakt den Neos-Haufen so wie manch andere Gruppen in der Opposition einfach als Ansammlung von Dummköpfen ab, die nur von der extrem schlechten Performance der Regierung profitieren.
Als ob das des Unsinns nicht genug wäre, wollen die Neos ja auch noch Russland in die EU holen. Das will Moskau ja nicht einmal selber. Russland handelt jedenfalls fast bis ins Detail genau so, wie heute der türkischen Scheindemokratie. Beide haben ja auch wider das Völkerrecht fremde Territorien militärisch besetzt. Aber soche Beitritts-Phantasien sind letztlich ein Problem der Grünen und der Neos, nicht meines.
Viel spannender ist etwas ganz anderes, das durch das türkische Twitter-Verbot wieder besonders virulent geworden ist: Das ist der an zahllosen Fronten tobende Zweikampf zwischen Überwachern und Überwachten. Von Twitter bis NSA, von Google bis Youtube geht dieser elektronische Krieg. Da glauben die einen, durch Wechsel von http auf https der Überwachung zu entgehen. Da haben sich die anderen auch schon die Passwörter der EDV-Administratoren gefasst. Und täglich wird diese Schraube weiter gedreht.
Wer ein paar Schritte zurücktritt, der sieht wieder den Wald und nicht nur diese zahllosen Details. Er sieht:
Wie sagte mir ein Gesprächspartner in meinen allerersten Journalisten-Monaten (also lange, bevor sich irgendjemand Twitter, Internet, Youtube auch nur vorstellen konnte): „Darüber rede ich nicht am Telefon, da müssen wir schon unter vier Augen reden.“ Es hat sich seit jenen Zeiten nichts geändert. Es hat sich in Wahrheit auch nichts geändert, seit Metternichs Spione hinter jedem zweiten Gasthaus-Busch gesteckt sind.
Konklusion: Wir müssen uns so wie damals ständig, täglich wehren. Wir müssen gegen die Regierungen dieser Welt ununterbrochen um unsere Freiheit, insbesondere die Meinungsfreiheit kämpfen. Sonst wird der Moloch Staat immer noch frecher und übermächtiger.
Einen klareren Beweis hätten wir uns gar nicht ausdenken können: Nicht einmal bis Jahresende, so behauptet das Unterrichtsministerium, könne das Datenleck geschlossen werden (auf dem die Mail-Adressen der Lehrer eine Zeitlang gestanden sind).
Frecher die Unwahrheit verbreitet hat in den letzten Jahren wohl kein Minister. Denn in dieser Zeit kann man zehnmal den Provider wechseln. Er muss ja nicht Kapsch heißen. Es ist eindeutiger denn je: Die Kampffeministin als Ministerin will nicht irgendwelche Datenlecks schließen, sondern sie will nur eines – alle Spiegel zerstören. Es darf keine einzige Statistik, keine einzige Untersuchung, keinen Test über die Schulen mehr geben. Denn alle würden mit Sicherheit ein für Rotgrün extrem unerfreuliches Bild spiegeln. Alle würden zeigen, wie inferior die Gesamtschulen sind, was für ein Verbrechen die Zerstörung des Hauptschulsystems war. Das ist freilich so wie mit der Demokratie: Wenn es keine freien Wahlen gibt, können die Regierenden unwiderlegt behaupten, dass das Volk hinter ihnen stünde. Da lässt man den ORF lieber peinliche Werbefilme drehen, die kann die SPÖ leicht beeinflussen. Unglaublich ist aber auch, mit welcher Frechheit sich Frau Heinisch-Hosek über Eltern, Lehrer, Schüler und Oberösterreich hinwegsetzt, die alle zumindest einen Teil dieser Wahrheit retten wollen.
Absolut faszinierend, wie selektiv viele derzeit argumentieren, wenn sie die Krim und den Kosovo vergleichen. Die einen sehen nur die Gemeinsamkeiten, die anderen nur die Unterschiede. Und die dritten haben überhaupt keine objektiven Maßstäbe.
Viele stehen dort, wo ihre Lager, ihre Länder schon vor hundert Jahren gestanden sind. Prorussisch oder antirussisch. Eine Ausnahme bildet nur die FPÖ, die beklemmenderweise plötzlich zum Parteigänger Moskaus geworden ist. Jenseits der Lager sollte man aber die Fakten nüchtern betrachten und objektiv die einzelnen Punkte vergleichen.
Das heißt aber nicht, dass nicht auch für die russische Argumentation und die Gleichsetzung Kosovo-Krim einige Punkte sprächen:
Eine echte Selbstbestimmung muss sehr klar und konsistent erfolgen. Weder Moskau noch die Mehrheit des Westens haben dafür aber bisher auch nur irgendwelche Vorschläge gemacht. Der Westen sagt nur immer "So nicht". Aber er sagt nie: Wie sonst. Und Russland handelt einfach, ohne lange nachzudenken. Der Krim-Schock wäre jedoch der ideale Zeitpunkt, sich auf solche Regeln zu einigen. Da eigentlich beide Seiten eine Verrechtlichung dieser Frage wollen.
Dabei wären etwa folgende Eckpunkte der Selbstbestimmung sinnvoll:
Aber weder diese noch irgendwelche andere Regeln werden auch nur diskutiert. Dabei müssten eigentlich beide Seiten jetzt die Chance dafür sehen, durch Entwicklung und Festlegung solcher Regeln ein neuerliches Krim-Chaos zu verhindern, das ja keiner will. Die einen reden immer nur von Moskaus Rechtsbruch, die anderen reden zwar von der Selbstbestimmung, aber unter völlig unakzeptablen Begleitumständen.
Gar so gern hat man in Moskau übrigens den von Machthaber Putin selbst bei der Invasion formulierten Vergleich mit dem Kosovo inzwischen ohnedies nicht mehr. Denn im Kosovo hat sich Moskau ja eindeutig gegen das Selbstbestimmungsrecht gestellt. Russland agiert also sehr inkonsistent.
Bei allen Vorwürfen gegen die EU und die USA ist letztlich eindeutig: Konkretes Recht gebrochen hat nur Russland.
Die Caritas hat jetzt ganz offiziell eine „Anlaufstelle für anreisende BettlerInnen" aus Südosteuropa in Klagenfurt eröffnet (natürlich mit dem sprech- und dudenwidrigen Binnen-I). Und sie wundert sich, dass ein Großteil der Katholiken nur noch entsetzt über die einst kirchliche Institution ist.
Begründet wird die Schaffung der Anlauf- und Schlafstelle mit der „Not in Osteuropa“. Mit dieser schlichten Begründung können freilich noch Zig Millionen aus Osteuropa nach Österreich kommen. Ist das den wieder einmal schweigenden Bischöfen klar, die immer so gern vorgeben, an der Seite ihrer Gläubigen zu stehen?
Ja, es gibt Not in Osteuropa. Nein, die Öffnung von Anlauf- und Schlafstellen in Österreich ist der völlig falsche Weg, um diese Not zu lindern. Denn:
Für alle sechs Punkte gilt: Jeder Gutmensch, der das Denken ausschaltet, ist nicht gut, sondern nur dumm und damit schlecht.
Nein, die drei im Titel genannten Organisationen haben nichts miteinander zu tun. Außer in einem einzigen Punkt: Bei allen dreien spielen sich unbemerkt von der Öffentlichkeit Ärgerlichkeiten ab. Aber auf Kosten der Allgemeinheit.
Keine der drei Organisationen hätte den Konsens der Zahlenden bekommen für das, was sie tun. Was die Mächtigen alle drei aber nicht hindert zu tun, was sie wollen.
WKO: Die von Zwangsgebühren lebende Kammer veranstaltet in Wien einen „Tag der Astrologie“. Geht’s noch volksverdummender? Das ist wohlgemerkt die gleiche WKO, die dann tags darauf wieder mehr Geld für die Wissenschaft verlangt. Sie begreift offenbar nicht, dass das nicht zusammengeht, dass dadurch jede Glaubwürdigkeit ruiniert wird. Denn jeder Wissenschaftler ist zu Recht empört, wenn eine öffentlich-rechtliche Institution astrologischen Mumpitz verzapft, wenn sie Propaganda für esoterischen Schwachsinn macht.
(Um nicht nur Negatives zu vermelden: Die WKO hat zuletzt den Eindruck wieder deutlich reduzieren können, dass man dort Zwangsbeiträge gezielt für schwule oder lesbische Gruppen ausgibt. Was absurd war, weil die Kammer dafür keinerlei Auftrag hat, weil Schwule und Lesben zu den weitaus bestverdienenden Teilen der Gesellschaft gehören. Man fühlt sich heute als normal veranlagter Unternehmer jetzt doch noch in der WKO akzeptiert. Immerhin).
Bundestheater: Dort wird als so gut wie sicher gehandelt, dass nach dem schwer angeschlagen in den Seilen hängenden Georg Springer demnächst ausgerechnet der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny Generalsekretär wird. Damit wird wieder einmal ein Politiker exzellent versorgt. Damit wird bei den Bundestheatern wieder einer regieren, der noch keinen einzigen Tag in der Privatwirtschaft oder in einem Theater gearbeitet hat. Der auch von den Vorgängen in der Kunsthalle offensichtlich lang nichts mitgekriegt hat. Der sich so wie der jetzige Bundestheater-Chef wahrscheinlich nichts dabei denken wird, wenn Gehälter jahrelang brutto für netto bezahlt werden, wenn mit der Kassa manipuliert wird. Der neben der Finanzstadträtin hauptzuständig für das Desinteresse des Publikums am politisch korrekten, teuren, aber zuschauervertreibenden Kultur- und Theaterbetrieb des Rathauses ist.
(Um nicht nur Negatives zu vermelden: Dass das Burgtheater für die nächsten zwei Jahre von einer recht vernünftigen Frau aus dem Haus geleitet wird und nicht von einem der geldverbrennenden Scharlatane aus dem Kulturzirkus, ist zwar nur der Not des Burg-Skandals zu danken, es ist aber jedenfalls ein erfreulicher Beitrag zur Normalisierung.)
Familienministerium: Seit sich dessen neuer Name unter den Familienorganisationen herumzusprechen beginnt, sorgt er zunehmend für Zorn. Die neue Ministerin leitet nämlich nicht mehr – wie die letzten 30 Jahre, wie auch weiterhin eine SPD-Ministerin in Deutschland – ein Ministerium für die „Familie“, sondern ein solches für „Familien“. Und dieser plötzliche Plural ist offensichtlich kein Zufall. Die Ministerin hat sich dabei wohl auch etwas gedacht: Sie will „modern“ sein. Sie fühlt sich jetzt auch für schwule Paare aller Art zuständig. Was freilich ein totaler Bruch in der Geschichte des Begriffs wäre: „Familie“ hat es bisher nur dort gegeben, wo mindestens zwei Generationen zusammenleben. Deswegen wird ja auch „Familienbeihilfe“ nur dort gezahlt, wo es Kinder gibt. Bisher jedenfalls. Die „Modernität“ der neuen Ministerin wird ihr zwar sicher positive Kommentare in den Mainstream-Medien einbringen (sobald die ihre Absicht entdecken), aber wieder weitere ÖVP-Wähler im Eilschritt vertreiben. Ein paar gäbe es ja noch. Frau Karmasin erreicht damit das genaue Gegenteil von dem, was Michael Spindelegger mit der Schaffung des neuen Ministeriums eigentlich wollte: der ÖVP die verlorene Glaubwürdigkeit und Kompetenzzuschreibung in Sachen Familie zurückerobern. Dieses Ziel kann die Volkspartei nun endgültig abschreiben. Aber wahrscheinlich ist Spindelegger selber in einem hohen Ausmaß an dem Schlammassel schuld. Auch bei dieser Personalie hat er sich nämlich so wie bei anderen nicht die nötige Zeit genommen, um der über Nacht zur Ministerin gewordenen Frau in Ruhe zu erklären, warum er das eigentlich tut, warum er ein eigenes Familienministerium will.
(Um nicht nur Negatives zu vermelden: beim zweiten Teil des neuen Ministeriumsnamens, bei der Jugend, bleibt es beim Singular, auch bei Landwirtschaft, Justiz, Umwelt, Wirtschaft und fast allen anderen Ministerien - dabei gibt es ja in Österreich so viele Wirtschaften).
Es ist absolut provozierend, was da der Rechnungshof herausgefunden hat: Es gibt um 15 Prozent Staatsanwälte mehr; es gibt gleichzeitig um 3 Prozent weniger Ermittlungsverfahren gegen bekannte Personen; und es gibt eine dramatische Zunahme der drei Jahre und länger anhängigen Verfahren. Was tut der zuständige Minister angesichts dieses Skandals? Dasselbe wie seine Vorgänger. Also nichts, außer professoral reden und bisweilen eine Kommission zu Randthemen einzusetzen.
In Zahlen: Die mehr als drei Jahre anhängigen Strafverfahren sind in dem untersuchten Zeitraum (also von 2008 bis 2012) um 62 Prozent angestiegen. Auf sage und schreibe 257 Verfahren. Mit anderen Worten: Der Rechtsstaat ist nach italienischer Art am Kollabieren. Hunderte Existenzen sind vernichtet, ohne dass ihnen wohl jemals etwas nachgewiesen werden wird. Und die Staatsanwälte schlafen offenbar. Oder sie schicken ewig Berichte und Aufträge hin und her. An Kriminalbehörden, an Oberstaatsanwälte, ans Ministerium, an Gutachter. Wunderbar, da ist dann halt immer wer anderer schuld. Zweifellos hat neben einer nachlässigen Dienstaufsicht auch die unter Dieter Böhmdorfer erlassene neue Strafprozessordnung ordentliche Mitschuld an diesem Zustand.
In der Privatwirtschaft hätten bei einer so dramatischen Entwicklung etliche Verantwortliche längst ihren Posten verloren und wären hochkant hinausgeflogen. Aber doch nicht in unserer Justiz! Da fliegt man nur hinauf.
Man kann den Vorwurf gegen die Justiz auch an Einzelfällen aufziehen. Um nur die allerspektakulärsten zu nennen:
Dem Rechnungshof ist zu danken, dass wenigstens er keine Angst hat, öffentlich und massiv Kritik an der Staatsanwaltschaft zu üben. Für uns bleibt nur noch die Frage offen: Liegt uns die Krim näher oder Sizilien?
Die Kultursubventionen des Bundes fließen überproportional nach Wien, obwohl die Steuern dafür aus ganz Österreich stammen. Das scheint dennoch logisch. Hat doch das Kaiserhaus fast alle renommierten Museen und Theater in Wien konzentriert, welche die Republik seither weiterfinanziert. Freilich muss man dazu spätestens nach Ausbruch der Burgtheater-Krise sehr peinliche Fragen stellen. Dabei kann es nicht nur um die Aufklärung strafrechtlicher Verfehlungen gehen, sondern auch darum, ob am Burgtheater mit diesem Bundesgeld behutsam umgegangen wird. Und: Bringen das Burgtheater und alle anderen so geförderten Kulturinstitutionen auch wirklich die Umwegrentabilität, die ja immer als Grund für die kräftigen Subventionen genannt werden?
Damit ist gemeint, dass Touristen extra nach Wien kommen, um eine dieser Kulturinstitutionen zu besuchen. Oder dass ein Besuch in einer solchen Institution zumindest mit ein Grund ist, nach Wien zu kommen. So wie zweifellos die Attraktivität sommerlicher Festspiele in Salzburg, Bregenz oder Mörbisch ein Grund für eine Reise dorthin ist. Bei so manchen anderen Sommerfestspielen ist das hingegen schon viel fraglicher, aber die bekommen auch viel weniger Steuergeld.
Eine hohe Umwegrentabilität gibt es in Wien zweifellos beim Kunsthistorischen Museum, bei der Albertina und dem Belvedere. Sie sind für viele ein starker Grund, nach Wien zu kommen, so wie die Schauräume in Schönbrunn und Hofburg. Diese sind aber ohnedies schon kommerzialisiert und sehr gut geführt. Bei einigen anderen, kleineren Museen kann der Nutzen der Subventionen hingegen durchaus diskutiert werden. Aber die bekommen wenigstens nicht allzuviel Geld und haben überdies meist die notwendige Aufgabe zu erfüllen, vorhandene Schätze zu bewahren.
Theater und Oper haben hingegen nichts zu bewahren, sondern müssen jeden Abend neu ihre Existenzberechtigung beweisen. Da steht ganz außer Zweifel, dass die Staatsoper eine hohe Umwegrentabilität hat. Was man daran merkt, dass sie fast ständig ausverkauft ist, dass in vielen Innenstadthotels der Spielplan dieser Oper hängt, dass Opernbesuche fast zum Pflichtrepertoire ausländischer Besucher zählen..
Eine enorme internationale Attraktivität haben auch Musikverein und Konzerthaus. Dabei bekommen diese Institutionen extrem wenig Steuergeld.
Beim jetzt so sehr ins Gerede gekommenen Burgtheater ist die Umwegrentabilität hingegen seit längerem mehr als fraglich. Gewiss kommen in dieses Haus noch immer gern die Großfeuilletonisten aus Deutschland, um Gratiskarten zu konsumieren. Aber Burgtheater, Akademietheater oder gar Spielstätten wie der Schwarzenbergplatz sind bei zahlenden Touristen nur im kaum merkbaren Umfang ein Grund für einen Wien-Besuch.
Wohlweislich geben weder die Stadt noch die Kulturministerien des Bundes unabhängige Untersuchungen zu diesem Thema in Auftrag. Ihnen fällt allemal die Behauptung der Umwegrentabilität leichter als deren Begründung.
Das muss aber in Zeiten wachsender Sparnotwendigkeiten, eines immer ärger werdenden Zudrehens der Steuerschrauben und (auch ohne Hypo-Krise) zunehmender Staatsschulden intensiv diskutiert und nicht verschwiegen werden. Das muss auch deshalb diskutiert werden, seit im Burgtheater bei der Fußball-Euro ein SPÖ-Verein dicke Profite erzielen konnte. Das muss noch heftiger diskutiert werden, seit bekannt ist, dass die Budgets des Burgtheaters intensiv zum Steuerhinterziehen genutzt worden sind. Denn nichts anderes ist es, wenn dort Gagen reihenweise brutto für netto in bar ausbezahlt werden, wenn es Schattenverrechnungssysteme gibt.
Die Indizien sind stark, dass all das schon vor der nun im Scheinwerferlicht stehenden Direktion Hartmann so schmutzig geworden ist. Dass es mehr als unsauber ist, dass ein früherer Burg-Direktor direkt aus dem Vorzimmer eines SPÖ-Bundeskanzlers gekommen ist, und dass dieser jetzt bei den besonders erfolgsarmen Bühnen der Gemeinde Wien seine (Un)Taten fortsetzt.
Die Öffentlichkeit will wissen, wer da aller schuld an diesen Tricks ist. Aber die Steuerzahler geht noch viel mehr an, dass sich dieses Theater als Loch ohne Boden erweist.
Gewiss: Man mag als Österreicher stolz darauf sein, dass sich dieses Theater noch immer gerne als das führende im deutschen Sprachraum bezeichnet. Dass es nach wie vor die höchsten Gagen auszahlt. Dass daher Schauspieler gern an das Haus kommen.
Nur: Wenn die Kosten dafür keinerlei nennenswerten Gegenwert bringen, wird die Debatte unausweichlich. Niemand möge mit dem hanebüchenen Argument kommen, dass Kultur doch die Welt verbessere. Das ist eine absolut leere Behauptung. Denn rund 80 bis 90 Prozent gehen gar nicht in diese Hochkulturtheater. Und dass die kleine Minderheit, die dort die Tickets konsumiert, bessere Menschen wären, ist mehr als fraglich.
Kulturbudgets sind in Wahrheit eine Subventionierung der kulturkonsumierenden Menschen durch die Normalbürger, ohne dass diese jemals gefragt worden wären. Sie sind eine Umverteilung von unten nach oben.
Jeder einzelne Theaterbesucher, jede Eintrittskarte wird mit deutlich mehr als 100 Euro subventioniert, kostet den Besucher selbst aber viel weniger. Wenn jetzt gestritten wird, ob das aktuelle Burgtheater-Defizit mehr oder weniger als zehn Millionen Euro ausmacht, wird ja elegant unter den Tisch gekehrt, dass der Theaterkonzern daneben jedenfalls mehr als 46 Millionen Euro erhält. Jährlich.
Das ist besonders frustrierend, wenn man sieht, dass im Burgtheater Stehplätze im Gegensatz zur Vergangenheit meistens leer stehen (geschweige denn, dass man sich dafür anstellt). Dass vor allem unter Claus Peymann aus ideologischen Gründen die Ticketpreise massiv gesenkt wurden. Dass Produktionen des Burgtheaters oft mit völlig überflüssigem Aufwand gemacht werden. Dass – im totalen Gegensatz zur Staatsoper – Burg-Inszenierungen nach relativ kurzer Zeit für ewig vom Spielplan gestrichen werden (vor allem, wenn wieder neue Direktoren antreten). Dass sich Direktoren für Inszenierungen extra Gagen auszahlen lassen. Dass etwa im Akademietheater besonders publikumsfeindliche Stücke gerne ohne Pause produziert werden, damit die Zuschauer nicht fliehen können. Dass im Burgtheater schwer linkslastige politische Veranstaltungen stattfinden.
Warum wird das alles nicht extrem kritisch öffentlich kritisiert? Aus einem klaren Grund: Kulturjournalisten und sonstige Nutznießer des Systems denken nicht daran, gegen die eigenen Interessen (=höchstsubventionierter allabendlicher Gaumenkitzel) zu schreiben oder zu argumentieren. Und die anderen zahlen und kümmern sich nicht darum.
Da kann man nur lachen, wenn ausgerechnet dieses Burgtheater jetzt dem Nachbarland Ungarn beibringen will, was Recht und Ordnung ist.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Seit Jänner 2014 werden Frauen zentral durch ein persönliches Einladungsschreiben zur Mammographie geladen; und zwar vom 45. bis zum 69. Lebensjahr. Auf Wunsch kann man zwischen 40 und 45 sowie zwischen 70 und 75 mit einem Anruf an der Hotline der Sozialversicherung in dieses System optieren.
Frauen unter 40 Jahren können nur nach einer ganz bestimmten Indikationsliste vom Arzt zugewiesen werden. Auch die Frauen ab dem 75. Lebensjahr können nur mehr über diese Indikationsliste von Ihrem Vertrauensarzt überwiesen werden.
Das führt dazu, dass Frauen über 70 durch die doch so soziale Sozialversicherung diskriminiert werden! Angeblich lohnt sich in diesem Alter kein geordnetes System mehr. Und das bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Frauen in Österreich von 83,3 Jahren. Dagegen protestieren diese Frauen zu Recht.
Auch könnte man die Frage stellen, wie viel ein Menschenleben wert ist. Die Realität nach 2,5 Monaten staatlicher Einladung ist desaströs, in Zahlen ausgedrückt nahmen rund acht Prozent der eingeladenen Frauen teil (ca.70.000 Frauen werden pro Woche eingeladen zur Mammographie zu gehen). Es ist keinerlei Besserung in Sicht, weil das alte und bewährte graue (opportunistische) Screening abgeschafft wurde und die klinisch tätigen Ärzte, ebenso wie Praktiker und Gynäkologen, fachlich weitestgehend entmündigt wurden.
Sie dürfen nur noch dann zuweisen, wenn die Frauen bereits Symptome zeigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört man staatlicherseits den Erfolg der sehr niedrigen Mortalität bei dieser Erkrankung. Es werden tausende Karzinome (bösartige Erkrankungen) nicht oder viel zu spät entdeckt werden.
Das alte System beruhte auf Eigeninitiative und Vertrauen zum Haus- oder zum Frauenarzt. Aber der Arztkontakt ist anscheinend nicht mehr gewünscht. Die Situation ist dramatisch, da viele kleinste Tumore nicht mehr früh erkannt werden können. Je kleiner ein Tumor, desto weniger invasiv muss dieser behandelt werden und desto kleiner ist das individuelle Leid der Frau und – man höre und staune – desto niedriger sind die Kosten für die Sozialversicherung. Was wollen die Verantwortlichen eigentlich erreichen?
Es war vielleicht gut gemeint mit der zentralen Einladung, Frauen aus niedrigeren sozialen Schichten und insbesondere Migrantinnen anzusprechen. Wie man in den Ordinationen sieht, fühlen sich diese Frauen aber bisher weiterhin nicht angesprochen.
Wer im Gegensatz zu früher nicht mehr zur Mammographie geht, sind die Frauen, die bisher gewohnt waren, über Zuweisung Ihres Vertrauensarztes überwiesen zu werden.
Es braucht das alte und das neue System gleichzeitig. Das duale Einladungssystem, wie schon Jahre in Tirol und Salzburg geübt, soll rasch österreichweit eingeführt werden. Die Überweisung des Arztes für die Frau ohne Symptome und das zentrale, staatliche Einladungsschreiben sollen bleiben. Mit dem dualen Einladungssystem hat man die Ärzte an Bord und der Staat ist auch befriedigt.
Die Verantwortlichen sollten diese Korrektur vornehmen. Ansonsten machen sie sich mitschuldig, dass die Gefahr, an Brustkrebs zu sterben, deutlich steigen wird. Bis zur ersten Gerichtsverhandlung sollte nicht gewartet werden.
Brustkrebs ist bei weitem die häufigste bösartige Erkrankung von Frauen in Österreich. Daran werden wir mit keinem Screening etwas ändern können. Aber wir können Frühstadien und kleinste Tumore erkennen und somit den Frauen in der Regel viel Leid ersparen. Österreich war auf einem sehr guten Weg, diese Erkrankung in den Griff zu bekommen. Mit dem neuen staatlichen System gefährden wir diese mühsam errungenen Erfolge.
Dr.Leopold Schmidt, Radiologe und Brustkrebsexperte
Was das Tagebuch schon oft geschrieben hat, bestätigt nun auch ein Universitätsprofessor mit Zahlen: Vor allem die gut ausgebildeten Österreicher, vor allem Junge, vor allem Männer wandern in erschreckender Menge ins Ausland. Nur ist schockierend dumm, was manche Professoren daraus folgern.
Denn sie verlangen primär noch höhere Ausgaben des Staates für Unis&Co. Das bedeutet aber unweigerlich noch höhere Steuern und Abgaben. Genau diese hohen Steuern sind jedoch der Hauptgrund, warum immer mehr der Besten abwandern. (In zweiter Linie dürfte wohl auch schon die wachsende Bevorzugung von Quotenfrauen mitspielen, weshalb es vor allem junge Männer sind, die auswandern). Aber wenn halt einmal das Hirn sozialdemokratisch deformiert ist, dann begreift man den Zusammenhang nicht mehr. Dann beklagt man zwar, dass die (gratis ausgebildeten!) Jungen weggehen, glaubt aber ernsthaft, sie durch noch mehr Geld hier halten zu können. Die gut Ausgebildeten und daher potentiell gut Verdienenden werden aber immer lieber dort arbeiten, wo ihnen mehr ihres Gehalts bleibt. Oder wollen die Damen und Herren Professoren wie einst im Kommunismus durch einen Eisernen Vorhang die Leistungsträger am Auswandern hindern? Wer nicht den Mut hat, an der Steuergrenze von 50 Prozent zu rütteln, dem ist in Wahrheit dieser katastrophale Brain drain wurscht.
An völlig unerwarteter Stelle ist ein neuer Krieg um die Genderei ausgebrochen: Das von Politik und Parteien unabhängige Normungsinstitut bereitet eine Ö-Norm vor, in der auch weiterhin die normale Sprache und nicht die Kunstsprache der Genderei empfohlen wird. Das ist zwar eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber seither haben Feministen und Genderisten aller Art sämtliche Kanonen des Tugendterrors auf das Normungsinstitut gerichtet, um doch noch die Gender-Sprache durchzusetzen.
Trotz heftiger Attacken von solchen Genderisten hat sich ja bisher nur in staatlichen Anordnungen und an staatlichen Instituten die Genderei durchgesetzt. Den Staat stört ja offensichtlich nicht, dass Gesetze, Formulare und Verordnungen dadurch noch unleserlicher geworden sind. Aber jetzt sieht der Tugendterror seinen großen Durchbruch endlich auch auf die normalen Menschen nahen: Er hat ein Trommelfeuer auf das Normungsinstitut begonnen, damit dieses in einer Ö-Norm an Stelle der von 90 Prozent der Österreicher (beiderlei Geschlechts) verwendeten normalen Sprache die leserfeindliche und zungenbrecherische Gender-Sprache dekretiert.
Zwar hat das Normungsinstitut bisher mutig der sprachlichen Vernunft und der Klarheit der Sprache den Vorzug gegeben. Aber die GenderistInnen lassen sich in ihrem Kampf nicht irritieren (oder muss man jetzt schreiben – sagen kann man ja beides nicht – die Genderist_innen?). Sie lassen sich selbst dadurch nicht beirren, dass der Duden wie alle Sprachliebhaber diese lesefeindliche Kunstsprache ablehnt, dass kein Schriftsteller sie verwendet, dass kein Medium sie verwendet (bis auf den ORF, wo vor allem auf dem einstigen Kultursender Ö1 die Genderisten unterwegs sind).
Der einzige, den die Genderisten da hinter sich haben, ist freilich mächtig. Es ist der Staat. Unter seinem Kommando haben sie ihr Ziel erreicht, weil da einst die ÖVP umgefallen ist und sich so wie SPÖ, Grüne und LIF für die Kunstsprache in Gesetzen&Co ausgesprochen hat.
Dieses ständige Umfallen gegenüber linken Tugendterroristen ist im Übrigen eine der Hauptursachen der ÖVP-Krise. Auf die Idee muss man ja erst kommen, ausgerechnet in den ohnedies schon schwer verständlichen Gesetzen und Verordnungen noch zusätzlich eine weitere Lese-Erschwernis einzubauen.
Das Normungsinstitut stellt in seinem Entwurf eine an sich völlig vernünftige und einleuchtende Regel ins Zentrum: Jeder Text soll lesbar sein, soll auch vorgelesen werden können. Was natürlich weder beim Binnen-I noch bei Schrägstrich-Konstruktionen noch bei Unterstrichen und sonstigen Schreibweisen des linken Tugendterrors der Fall ist.
Man kann, so der Vorschlag der Ö-Norm-Entwickler, bei allen Bezeichnungen entweder immer die männliche wie auch die weibliche Form verwenden (das macht Texte zwar deutlich länger, ist aber wenigstens lesbar); oder man kann generell klar machen, dass mit jeder Bezeichnung immer Frauen und Männer gemeint sind. So wie es seit Jahrhunderten selbstverständlich war. Oder hat irgendwer jemals angenommen, dass es nur vier Millionen Österreicher gäbe?
Am lautesten hat sich neben einer SPÖ-Abgeordneten und dem Grüpplein linker Juristinnen ausgerechnet die ÖH über die künftige Ö-Norm aufgeregt. Die hat gerade für ein „heteronormatives Beisl“ Hunderttausende Euro an Zwangsbeiträgen in den Sand gesetzt, was nun auch die Staatsanwaltschaft beschäftigt (oder muss es künftig heißen „Staatsanwalt_wältinnenschaft“ heißen oder so ähnlich?). Was sie nicht hindert, weiter zu reiten.
Die Österreicher bleiben natürlich sowieso im Prinzip frei, so zu reden, wie sie wollen. Die Ö-Norm des Normungsinstituts hat lediglich als Empfehlung für Geschäftsbriefe Bedeutung. Diese Empfehlung wird insbesondere in Handelsakademien aber auch Schülern vermittelt.
Im Gegensatz zur Rechtschreibreform hat sich die Genderei außerhalb des Staats-Bereichs aber nirgendwo durchgesetzt. Gewiss war auch bei der Rechtschreibreform der staatliche Zwang, dass statt „daß“ halt nun „dass“ geschrieben wird – und ein paar Dutzend Dinge mehr –, total überflüssig und eine milliardenschwere Geldvernichtung. Aber die negativen Folgen dieser Änderungen sind absolut unbedeutend gegenüber der breitflächigen Leserfeindlichkeit der Genderei (die von linken Menschen als „geschlechtergerechte Sprache“ bezeichnet wird – wahrscheinlich weil auch weibliche Leser durch sie behindert werden).
Die Genderei in Schul-Texten ist eine der ganz zentralen Ursachen dafür, dass sich bei Schülern die Werte für das „sinnerfassende Lesen“ signifikant verschlechtert haben. Vor allem Menschen mit einer anderen Muttersprache wird dadurch das Deutschlernen deutlich schwieriger gemacht. Seit ein paar Kampffeministinnen in ihrer intellektuellen Schlichtheit das grammatikalische mit dem biologischen Geschlecht verwechseln, ist beim Deutschlernen ein wichtiger Anhaltspunkt verloren gegangen. Anderer Muttersprache sind etwa in Wien eh nur ein bisschen mehr als die Hälfte der Schüler . . .
PS: Die ÖVP scheint langsam zu merken, dass sie mit Feminismus weit mehr Wähler vertrieben als gewonnen hat, und versucht nun offensichtlich zurückzustecken. Was erfreulich wäre. Noch interessanter wäre das Verhalten der Neos: Diese hätten endlich die Chance zu beweisen, dass sie doch nicht nur eine Linkspartei sind. Sie könnten sich wenigstens in diesem Bereich als liberal erweisen, indem sie von der alten Gender-Position der Heide Schmidt Abstand nehmen. Es wäre jedenfalls eindeutig liberal, gegen jeden staatlichen und universitären Zwang Richtung Gendern zu sein; also es jedem selbst zu überlassen, ob er primär verstanden werden will oder primär den Feministinnen gefügsam. Aber die Neos übersetzen ja „liberal“ mit „links“ statt mit „frei“ und „freiheitsliebend“. Das haben Linke ja schon bei Orwell gelernt: Man verkehre jeden Begriff einfach in sein Gegenteil.
Das war noch nie da: Bei sämtlichen Meinungsumfragen liegen die Freiheitlichen klar an der Spitze. Die Wurzeln ihres Erfolgs sind vor allem in der Schwäche der Koalitionsparteien und dem Fehlen anderer Alternativen zu finden. Daher können die Freiheitlichen trotz zweier schwerer Mühlsteine um den eigenen Hals locker große Sprünge machen. Und sie werden bei der EU-Wahl mit Sicherheit diesmal auch an einem Wahltag als erste landen.
Dafür sorgt schon die Tatsache, dass von den derzeit in den EU-Ring getretenen Parlamentsparteien alle seltsamerweise extrem EU-euphorisch sind. Offenbar haben diese Parteien den Kontakt mit den Menschen völlig verloren. Diese sind ja viel kritischer zu Überregulierungen aus Brüssel und zur Aufteilung der Euro-Schulden geworden.
Bei den Spitzenkandidaten von ÖVP und Grünen kann man ja den Europa-Zentrismus noch irgendwie verstehen (auch wenn man ihn überhaupt nicht teilt): Beide sind seit langem Teil der EU-Parlamentsmaschine und wollen daher immer noch mehr Macht für diese, beziehungsweise für sich. Sie sind viel zu lange weg von Österreich. Dass aber auch die noch nie in Europa aktiv gewesenen Spitzenkandidaten von SPÖ und Neos die Europabegeisterung von Schwarz und Grün sogar zu übertreffen suchen, erstaunt nun doch einigermaßen. Sie alle treten offenbar in einem anderen Land an als jenem, in dem ich tagtäglich die Stimmen der Menschen höre und lese.
Da haben es die Freiheitlichen leichter denn je zu punkten. Zugleich stehen sie ja auch als die einzigen da, die sich klar wertkonservativ positioniert haben. Da man bei der ÖVP als Wähler nicht mehr weiß, woran man ist (von der Schwulenadoption bis zur Gesamtschule gibt es keinerlei eindeutigen Parteistandpunkt mehr), und da die Neos gesellschaftspolitisch ganz nach links abgeschwommen sind, ist das Feld frei und offen für die FPÖ.
Das im Wahlkampffinale mit Sicherheit wieder kommende „Faschismus!“-Gerede gegen die FPÖ wird bei vielen Wählern nur noch ein müdes Gähnen hervorrufen. Und die schweren Defizite der FPÖ in Sachen Wirtschaftskompetenz werden bei europäischen Wahlen viel weniger Rolle spielen als bei österreichischen.
Hinter den FPÖ-Erfolgen steht natürlich der große Frust der Menschen über die schwache Performance der Regierung in Sachen Hypo. Davon profitieren auf der gesellschaftspolitischen Linken die Neos (wirtschaftspolitisch sind sie ja nicht links) und auf der Rechten die FPÖ. Selten noch waren die Menschen so frustriert von einer Regierung.
Es gelingt dieser nicht einmal wirklich, die Schuld am Hypo-Debakel ganz auf die FPÖ zu schieben. Auch wenn SPÖ und ÖVP das intensiv versuchen. Aber es wirkt zu vordergründig. Dabei ist die finanzpolitische Zockerei der einstigen Haider-Jahre in der Tat mehr als atemberaubend und beängstigend.
Es haben jedoch etliche Österreicher mitgekriegt, dass bei den einstigen Kärntner Haftungen auch noch andere mitgestimmt haben (vor allem die SPÖ). Und es haben noch mehr mitgekriegt, dass die Übernahme der damals im bayrischen Besitz befindlichen Bank im Dezember 2009 alles andere als weise war und die seither ins Land gezogenen vier Jahre der Untätigkeit ebensowenig (woran vor allem die ÖVP-Finanzminister Schuld tragen).
Auch der zweite Mühlstein am Hals der Freiheitlichen scheint ihnen derzeit nicht zu schaden: Das ist ihre Anbiederung an Russland. Die Freiheitlichen haben sich sogar dazu hergegeben, auf Pfiff Moskaus als „Beobachter“ der Wahl auf die Krim zu fahren. Wo sie offenbar nichts von den russischen Soldaten gesehen haben (haben diese doch ihre Hoheitszeichen abgerissen), wo sie nichts von der totalen Einseitigkeit aller gleichgeschalteten Medien mitbekommen haben.
Aber offenbar ist das alles egal. Die FPÖ ist – gerade durch die überzogenen Kampagnen der Regierung und der linksbeherrschten Medien – zum Inbegriff der Opposition geworden. Also genau zu dem, was man wählt, wenn man die Regierung nicht mehr aushält.
Dass viele Krim-Bürger für einen Anschluss an Russland gestimmt haben, wäre unter normalen Umständen ok und in Ordnung. So aber ist alles, was dort passiert, eine echte Katastrophe. Fast alles.
Aus vielen Gründen dominieren die Katastrophensignale:
Was macht dennoch vorsichtig optimistisch?
Das ist die – allerdings vage – Hoffnung, dass das Selbstbestimmungsrecht endlich als ein Recht definiert wird, was genau das Gegenteil von Gewalt ist.
In St. Gallen haben die Schulbehörden einer Schülerin das Tragen eines Kopftuchs verboten – genauer: der Schule erlaubt, selbst darüber zu entscheiden. Was diese schon ganz klar getan hat.
Den Schulbehörden und der Schule ist zu ihrem Mut zu gratulieren. In Österreich wäre ja längst schon ein rot-grün-pinker Shitstorm der Political-Correctness-Diktatur über sie hinweggezogen, der vom Einheitsdenken von ORF-Standard-Falter-News-Profil auch kräftig unterstützt worden wäre, ohne dass irgendjemand dagegen aufzutreten wagen würde. Freilich gibt es auch in der Schweiz noch Gerichte mit so manchen linken Dummköpfen, also muss man abwarten. Besonders mutig ist jedenfalls, dass die St. Gallener Behörden auch offen davon gesprochen haben, dass die Eltern einer "fundamentalistischen" Auslegung des Islam folgen dürften und dass daher ihre Tochter nicht völlig freiwillig das Kopftuch trage. Wer würde solche Dinge in Österreich noch beim Namen zu nennen wagen?
In Österreich hat man es immer verstanden, die geographische Lage des Landes und seine seit der Zeit der Donaumonarchie bestehenden, besonderen Beziehungen zu vielen Staaten des ehemaligen Ostblocks ins Verdienen zu bringen. Österreichische Direktinvestitionen machen einen nicht geringen Anteil des westlichen Engagements in den Reformstaaten aus. Die Präsenz einiger österreichischer Bankinstitute ist beachtlich – sei es infolge der Übernahme lokaler Institute oder durch die grenzüberschreitende Ausdehnung eigener Organisationen.
Dass im Zuge des aggressiven Bemühens um Marktanteile die notwendige Sorgfalt und Umsicht oft außer Acht gelassen wurde, hat in der Zwischenzeit – insbesondere seit dem Ausbruch der Schuldenkrise anno 2008 – zu einem schmerzhaften Wertberichtigungsbedarf bei den betroffenen Instituten geführt.
So hat etwa die zur UniCredit-Gruppe gehörende Bank Austria alle Ostbeteiligungen auf Null abgewertet und damit im abgelaufenen Jahr einen rekordverdächtigen Buchverlust von 1,6 Mrd. Euro eingefahren. Welcher zusätzliche Korrekturbedarf durch die gegenwärtigen Ereignisse in der Ukraine auf die in Osteuropa exponierten Banken zukommen wird, ist im Moment schwer abzuschätzen.
Eine problematische Rolle im Zusammenhang mit namhaften Schadensfällen im Finanzsektor spielte und spielt die (nicht allein auf Österreich beschränkte) Allianz aus Politik und Geldwirtschaft. In einem staatlich monopolisierten Schuldgeldsystem ist eine derartige Komplizenschaft zu Lasten von Otto Normalbürger auch absolut unvermeidlich. Dass ausgerechnet Notenbankgouverneur Nowotny auf diesen Umstand hinweist, entbehrt nicht der Pikanterie. Schließlich manifestiert sich in seiner Person die von ihm plötzlich öffentlich kritisierte Symbiose auf geradezu archetypische Weise. Immerhin kann der wackere, bis in die Unterwolle rot gefärbte Mann nicht nur auf eine beachtliche Karriere als Bankmanager (nach seiner durch keinerlei Selbstkritik getrübten eigenen Einschätzung wurde diese natürlich nicht im Geringsten durch die hohe Politik gefördert), sondern auch auf eine jahrzehntelange Tätigkeit in der SPÖ zurückblicken.
Wie dem auch sei, das seit Wochen die Schlagzeilen der österreichischen Medien beherrschende Debakel der Provinzbank Hypo-Alpe-Adria (die massiv auf dem Balkan exponiert ist), dürfte nach derzeitigem Stand und der Einschätzung Herrn Nowotnys wohl ein Loch von rund 18 Milliarden Euro in den Staatssäckel reißen. Kein Pappenstiel. Der Betrag ist, dank des Größenwahns einiger Landespolitiker (die jeden vernünftigen Rahmen sprengende Haftungen übernommen haben) und des beeindruckenden Stumpfsinns der mit einer „Rettungsaktion“ betrauten Bundespolitiker (die sich zu einer panikartigen Notverstaatlichung des Instituts haben hinreißen lassen), im Begriff, sich in Rauch aufzulösen. Blechen wird am Ende des Tages ausschließlich der Steuerzahler. Ob durch die im Zuge der mutmaßlich geplanten Problembewältigung mittels einer „Bad-Bank“ schlagend werdenden, defizitwirksamen Abschreibungserfordernisse die Maastricht-Schuldenobergrenze verletzt wird, ist gegenwärtig nicht absehbar.
Fest steht indessen: Wo Politik, Finanzindustrie und -Aufsicht allzu amikalen Umgang miteinander pflegen, da hat der Bürger (und Bürge!) nichts zu lachen. Da werden seitens der Länder und Gemeinden (das Land Kärnten ist beileibe kein Einzelfall) Haftungen übernommen, die im Fall der Fälle nie zu stemmen sind. Da werden seitens der Aufsichtsbehörde Gefälligkeitsatteste erstellt, die offensichtlich mit der wirtschaftlichen Realität wenig zu tun haben (weil auch ein Kontrolleur schließlich nur ein Mensch ist und seine Bestellung für einen gut dotierten und prestigeträchtigen Posten nicht leichtfertig gefährden möchte). Schließlich wird – so lange es geht und bis es eben zu spät ist – von fachlich inkompetenten Politikern eine auf Konkursverschleppung hinauslaufende Vernebelungsstrategie gefahren. Der Öffentlichkeit eingestanden wird immer nur das, was selbst bei heißestem Bemühen gar nicht mehr zu leugnen ist.
Jeder Buchhalter, Schuster oder Baumeister benötigt einen Qualifikationsnachweis zur Ausübung seines Gewerbes. Ohne aufwendige Ausbildung und Fachprüfung geht gar nichts. Indes ist es in Kakanien ohne weiteres möglich, Zahnarzthelferinnen zu Infrastrukturministern, Schlosser zu Gesundheitsministern, Studienabbrecher zu Außenministern und gelernte Landwirte oder Juristen – die keinen Tag ihres Lebens jemals außerhalb geschützter Werkstätten tätig waren – zu Leitern des Finanzressorts zu küren. Ein bisserl Unterschied zwischen den Welten von Unter- und Obertanen muss eben sein. Allerdings ist mit dem, wie beschrieben, inferioren Personal kaum ein Staat zu machen – kein funktionierender nämlich!
Kein bei Sinnen befindlicher Mensch wird einen Tischler damit beauftragen, ihm ein Haus zu bauen oder einem Hilfsarbeiter die Sanierung seines Gebisses anvertrauen, etc. Selbstverständlich wird jedermann hierfür einschlägige Experten heranziehen. Nur in der hohen Politik ist das erstaunlicherweise anders. Da werden – siehe oben – blutigen Amateuren Aufgaben übertragen, die sie heillos überfordern. Prompt werden von denen postwendend entsprechend deprimierende Ergebnisse abgeliefert. Die Ausrede, dass den Ressortchefs schließlich Stäbe kundiger Beamter zur Seite stünden, trägt nicht weit. Fachlich unkundige Minister werden damit zu hilflosen Marionetten einer (politisch oft entgegengesetzt orientierten) Beamtenschaft. Minister sollten also schon wissen, worum es geht.
Dass es im Spätstadium des demokratischen Wohlfahrtsstaates keine fachlich qualifizierten – und gleichzeitig charakterlich tauglichen – Mitmenschen in die hohe Politik zieht, ist ein nicht nur in der Alpenrepublik zu beobachtendes Phänomen. Dass in Österreich selbst in den (durch Staatsgelder korrumpierten) Hauptstrommedien die beiden Begriffe „Politiker“ und „nasse Fetzen“ mittlerweile immer öfter im selben Satz genannt werden, ist bezeichnend. Der griechische Philosoph Epikur hat schon vor 2300 Jahren vor politischer Betätigung gewarnt – sofern man nämlich anstrebt, ein anständiges Leben in Zufriedenheit zu führen. Ein weiser Mann. Kompetenter Politiker zu sein und zugleich anständig zu bleiben, ist offensichtlich ein unauflösbarer Widerspruch – zumindest in der Massendemokratie unserer Tage.
Weil das so ist, kann der Ausweg aus dem dadurch entstehenden Problem nur in einem drastischen Rückbau des Staates bestehen – jenes Bereichs, in dem haarsträubende Inkompetenz sowie faktisch totale Unverantwortlichkeit herrschen. Der mündige Bürger sollte seine Angelegenheiten wieder in die eigenen Hände nehmen! Je weniger Macht und Möglichkeiten eine durch und durch verkommene Politikerkaste und deren beamtete Lakaien in ihren Händen halten, umso besser. Das Schicksal der maroden Provinzbank Hypo Alpe-Adria beruht nicht auf einem Zufall. Es ist vielmehr ein Menetekel.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Der knappe grüne Erfolg in der Mariahilfer-Straßen-Abstimmung ist ein Pyrrhus-Sieg. Und der wahre Sieger ist ganz eindeutig die SPÖ. Während die Opposition sich nicht gerade als lebenstüchtig erwiesen hat.
Die Wiener Bürgermeister-Partei konnte der Mariahilfer Straße wegen im letzten Jahr alles durchbringen, was sie wollte. Vor und hinter den Kulissen. In Zukunft kann sie das noch viel ungehemmter. Obwohl sie bei der letzten Gemeinderatswahl eine schwere Niederlage erlitten und die Mandatsmehrheit verloren hat. Obwohl sie bei allen Meinungsumfragen seither noch viel weiter zurückgesunken ist. Die SPÖ kann jetzt in Wien fast wieder wie in Zeiten der absoluten Mehrheit regieren.
Denn die Grünen haben rund um die Mariahilfer Straße ihr ganzes politisches Gewicht und ihre Organisationskraft aufgebraucht. Als Gegengeschäft dafür, dass die griechenstämmige Stadträtin auf der Einkaufsmagistrale werken konnte, hat die SPÖ absolute Loyalität der Grünen in allen anderen Fragen verlangt und durchgesetzt. Also auch dort, wo die Grünen eigentlich einst eine total andere Position als die Häupl-Partei hatten.
All das und mehr schlucken die Grünen jetzt, weil sie ihren Willen in Sachen Mariahilfer Straße bekommen haben, weil sie dort aus Steuergeldern vom Rathaus parteipolitische Propaganda finanziert erhalten haben, weil in den beiden abstimmenden Bezirken auch die Sozialdemokraten letztlich doch sehr geschlossen für das grüne Projekt gestimmt haben. Dabei hat unter den SPÖ-Exponenten bis auf die Mariahilfer Bezirksvorsteherin niemand das Projekt mit vollem Herzen unterstützt.
Besonnene Sozialdemokraten schütteln – bei aller Freude über ihre wiedergewonnene Bewegungsfreiheit – den Kopf über die Mariahilfer-Straßen-Entwicklung. Denn sie wissen um die sich rapide verschlechterte finanzielle Lage der Stadt, die sich nun durch die wirtschaftsfeindliche Haltung in der größten Einkaufsstraße Mitteleuropas weiter verschlechtern wird.
Betriebe und Handelsunternehmen werden noch viel mehr als in den letzten Jahren angesichts der grün verursachten Signale Investitionen und damit Jobs in den Einkaufszentren-intensiven Speckgürtel rund um Wien tragen. Das wird dort für einen weiteren Schub an Wertsteigerung sorgen, nachdem schon bisher die niedrigeren Abgaben für einen Trend raus aus Wien gesorgt haben.
Das wird jetzt unvermeidlich passieren – auch wenn die SPÖ noch hofft, dass man jetzt die Wirtschaftskammer zu einem Konsens bringt. Aber was Sozialdemokraten nicht verstehen: Investoren handeln nur, wenn sie sich Investitionssicherheit und -freundlichkeit erwarten, und kümmern sich keine Sekunde um WKO-Wünsche wie etwa jenen, in Wien zu investieren. Die Wirtschaft ist nicht wie eine Gewerkschaft aufgebaut, wo alles auf Pfiff von oben funktioniert.
Ob die ökonomischen Realitäten die Rathausgewaltigen zur Vernunft bringen können? Schauen wir mal. Es ist eher zu befürchten, dass diese auf anderes setzen.
Zum einen kann sich Rotgrün wohl weitere Fluchtmilliarden von dem osteuropäischen Fluchtgeld erhoffen, das in der österreichischen Hauptstadt jede Menge Grund und Boden kaufen will. Dass damit die Stadt zunehmend zerstört wird, stört ja die Rathausmänner nicht, solange sie davon profitieren.
Eine zweite Hoffnung für sie ist auch die Bundesregierung. Diese scheint nämlich trotz aller Notwendigkeit in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht imstande, Wien&Co enger an die finanzielle Kandare zu nehmen. Dabei wäre des Hypo-Debakel, für das primär Kärnten, aber sekundär auch die anderen Bundesländer (beziehungsweise deren Banken) haften müssten, der beste Anlass seit 1920, um das Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu zu ordnen. Aber dazu sind bei Rotschwarz die Landesparteien viel zu mächtig.
Zurück zur Mariahifer Straße: Was gäbe es da jetzt noch für sinnvolle Strategien, um nach dem Ausgang der Bürgerbefragung und dem Desaster der letzten zwei Jahre noch eine sinnvolle Lösung zu erzielen?
Das sind wohl folgende Punkte:
PS: Wenn Blau oder Schwarz oder Bürgerinitiativen in Wien eine Volksbefragung verlangen, wird vom Rathaus immer darauf verwiesen, dass die Stadtverfassung Referenden zu finanziellen Fragen verbietet. Jetzt frage ich mich nur: Der nun folgende teure Umbau der Mariahilfer Straße und die grünen Propagandakosten aus Steuermitteln sind keine finanzielle Dimension?
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Der Bayern-Präsident und Steuerhinterzieher verzichtet auf Berufung, legt alle Ämter nieder und geht ins Gefängnis.
Damit zeigt Ulli Hoeneß zweifellos ein eindrucksvolles Ausmaß an Würde. Er bekennt seinen großen Fehler und bereut ihn. Da kann man gar nicht anders, als den Hut zu ziehen. In der Fußballwelt scheinen doch noch andere Maßstäbe zu gelten. Und man fühlt sich an den biblischen Satz erinnert: „Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein." Denn fehlerlos ist auch keiner der Ankläger des Hoeneß durchs Leben gegangen. Aber nur wenige haben Fehler mit solcher Würde eingestanden. Und auf Lügerei und Larmoyanz verzichtet.
Die Hypo soll also jetzt doch zu dem werden, was schon seit langem geplant war: eine Anstalt. Alles andere traut sich die Regierung nicht. Nach dieser Verkündigung von Finanzminister Spindelegger können sich jetzt alle die Hände reiben, die bei einer Insolvenz draufgezahlt hätten. Das sind viele. Nur die Steuerzahler nicht.
Die Freuer:
Das ist also eine Lösung, die alle befriedigt. Fast. Übrig bleibt nur der Steuerzahler. Aber der hat ohnedies nichts zu reden.
Noch Fragen? Danke, dann ist alles klar. Setzen, zahlen, zahlen, zahlen. Oder auswandern.
Die ÖVP ist längst nicht mehr die Heimat des werteorientierten Wählers. Mit ihrer übertriebenen EU-Verherrlichung, ihrem gesellschaftspolitischen Linkskurs und ihrer Katzbuckelei gegenüber der SPÖ, etwa in der Frage des Einhaltens von Wahlversprechen („keine neuen Steuern“), setzt sie alles erdenklich Mögliche daran, bürgerliche Stimmen zu vertreiben.
Dies zeigt sich insbesondere in der Frage der Homo-„Ehe“ und der Adoption durch Gleichgeschlechtliche. Schon im Nationalratswahlkampf 2008 meinte Wilhelm Molterer in einer Fernsehdiskussion zur kirchlichen Position zu diesem Thema: „Na entschuldigen Sie, ist das ein Maßstab für mich?". Als der Journalist etwas verwundert erwiderte, dass er das schon gedacht hatte, sagte der damalige ÖVP-Chef: „Da haben Sie vielleicht falsch gedacht.“ Und weiter: „Glauben Sie wirklich, ich brauche den Bischof Laun dazu? Nein, wirklich nicht!"
Unter Josef Pröll stimmte die ÖVP dann schließlich der Einführung der eingetragenen Partnerschaft zu. Man sollte übrigens auch nicht vergessen, dass es die von eben dieser Partei aufgestellte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner war, der wir dieses Gesetz zu verdanken haben.
Nachdem die Schwarzen 2013 auch der von der EU und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verlangten Stiefkindadoption für Homosexuelle zugestimmt haben, ist es nur logisch, dass sich nun zunehmend mehr ÖVP-Politiker auch für das volle Adoptionsrecht aussprechen. Die Aussagen des Landwirtschaftministers Rupprechter brachten ihm innerparteilich etwa in der steirischen Landespartei Zustimmung, stießen aber größtenteils, vor allem bei Generalsekretär Blümel, auf Kritik. Absurd ist daran nur: Kommt so ein Vorschlag aus Österreich, gibt es immerhin noch – zumindest leisen – Widerspruch. Das war aber bei der Adoption von Stiefkindern nicht der Fall, denn da hatte man ja keine Wahl. Das musste man umsetzen, weil „Europa“ das so wollte und was „Europa“ sagt, ist ja den Spindeleggers, Rupprechters und Molterers dieser Welt heilig.
Ich engagiere mich seit einigen Wochen bei der neuen Partei REKOS. Wir Reformkonservative treten entschieden gegen jede Privilegierung von homosexuellen Partnerschaften ein. Es hat einen Grund, warum die Ehe seit jeher die Gemeinschaft von einem Mann und einer Frau ist. Sie bietet die beste Grundlage für das Zeugen und Erziehen von Kindern, die die Zukunft unserer Gesellschaft darstellen und daher unter möglichst guten Bedingungen aufwachsen sollten. Wem gesunder Menschenverstand und Jahrtausende lange Erfahrung nicht genügen, der kann sich die entsprechenden Fakten aus wissenschaftlichen Studien holen: Kinderpsychologie, Hirnforschung usw. haben längst nachgewiesen, dass sowohl die intellektuelle als auch die psychische und soziale Entwicklung von Kindern am besten in traditionellen Familien – Vater, Mutter und Kinder – gewährleistet ist.
Männer und Frauen sind nicht gleich und daher auch nicht durch einander ersetzbar, auch wenn uns der Zeitgeist dies mit dem Holzhammer einprügeln will. Die Qualität der Zuwendung, die ein Kind von seiner Mutter bekommt, ist anders als die, die es von seinem Vater erhält. Ein Kind braucht beides. Ein Kind braucht einen Vater und eine Mutter. Es gibt kein „Recht auf ein Kind“ – es sind die Kinder, die ein Recht auf Eltern haben!
Ein weiterer Punkt, in dem die ÖVP seit langem nur noch durch feige und zeitgeistige Aussagen auffällt, ist der der Abtreibung. Wir REKOS sind die einzige derzeit in einem Parlament vertretene Partei, die sich absolut kompromisslos für den Schutz des Lebens vom Moment der Empfängnis an einsetzt. In unserem Parteiprogramm stellen wir unmissverständlich klar, dass das menschliche Leben unantastbar ist. Gerade die wehrlosesten Mitglieder unserer Gesellschaft – die Ungeborenen, Alten oder Kranken – bedürfen besonderen Schutzes. Der Zivilisationsgrad einer Gesellschaft lässt sich nicht zuletzt daran ermessen, wie sie mit ihren schwächsten und wehrlosesten Mitgliedern umgeht. Für uns ist und bleibt die Abtreibung eine Tötung.
Dass die ÖVP in diesen und vielen anderen Fragen so stark nach links gerückt ist, ist zwar traurig. Wenn sie sich aber unbedingt selbst zerstören will, ist das ihre Sache. Gegen die marxistische Gesellschaftspolitik, die schon weit in das pseudo-bürgerliche Lager vorgedrungen ist, regt sich jedoch in Europa in verschiedenen Ländern zunehmend Widerstand.
Die Liste ließe sich fortsetzen. Um die grüne Ulrike Lunacek zu zitieren: „Wir erleben seit den letzten paar Jahren ein Erstarken der christlichen FundamentalistInnen … Wie stark sie sind und wie gut sie auch untereinander vernetzt sind, hat sich im Vorfeld der Abstimmung und auch durch die Ablehnung (Anm.: des Estrela-Berichts) gezeigt.“ (Standard-Interview vom 19. Dezember 2013).
Bei dieser EU-Wahl gibt es zum ersten Mal die Möglichkeit, eine überzeugt christlich-konservative und konsequent antisozialistische EU-kritische Partei zu wählen. Es ist vermutlich die letzte Chance für uns Konservative, eine politische Kraft in unserem Land zu etablieren, die unsere Werte kompromisslos vertritt. Unser Parteiobmann und Spitzenkandidat Ewald Stadler kann mit seiner Unterschrift, ohne Unterstützungserklärungen sammeln zu müssen, das Antreten der Partei ermöglichen. Durch seine Bekanntheit finden unsere Anliegen in der Öffentlichkeit, auch wenn die Medien uns weitgehend totschweigen, doch bis zu einem gewissen Grad Gehör. Nützen wir diese einmalige Gelegenheit, in Österreich für ein echtes politisches Erdbeben zu sorgen und das linke Establishment einmal wirklich in Schockzustand zu versetzen!
Emmanuel Ockay ist 23 Jahre alt, engagierter Katholik, studiert Rechtswissenschaft und arbeitet derzeit für Ewald Stadler.
Dreieinhalb Jahre Haft für den geständigen Bayern-München-Präsidenten Hoeneß in Deutschland. Dreieinhalb Jahre Haft für den nicht geständigen Ex-Politiker Ernst Strasser in Österreich. Beide Strafen sind trotz der seltsamen Gleichheit des Ausmaßes durchaus berechtigt. Wer seine Beziehungen und sein Mandat für heimlich zahlende Klienten nutzt, hat nichts anderes verdient. Wer tief in die zweistellige Millionenziffern gehende Beträge am Fiskus vorbeischummelt, ist ebenso zu bestrafen. Die beiden Fälle rücken aber auch viele andere Promis ins Scheinwerferlicht, die sich trotz ihres Gutmenschgeredes als kräftige Sünder erwiesen haben. Und sie machen auch ein Nachdenken über Kontrolle und Straf- wie auch Steuerrecht notwendig.
Das Hoeneß-Urteil hätte noch deutlicher ausfallen können, wäre da nicht seine Schuldeinsicht und seine – allerdings viel zu gering dimensionierte – Selbstanzeige miteinzubeziehen. Etwas, was Strasser nicht für sich in Anspruch nehmen konnte. Er und sein Anwalt haben das ja bis zuletzt für durchaus in Ordnung angesehen, was der EU-Abgeordnete da getan hat. Was total absurd ist.
Nur in einer einzigen Perspektive bringt den Beobachter Strassers Fall schon ins Zögern: Wie ist das mit Gewerkschaftern und Kammerfunktionären? Von denen sind ja die Parlamente voll! Auch sie fühlen sich so wie Strasser zweifellos nicht primär den Wählern verantwortlich, sondern jeweils ihren Mitgliedern und ihrer (oft gut bezahlten) Funktion bei diesen Verbänden. Also dem Geld. Aber das hat sie noch nie auf eine Anklagebank gebracht. In Österreich haben sie sich seit einigen Jahren sogar in der Verfassung abgesichert.
Hoeneß war zwar kein Politiker, aber der Bayern-München-Präsident und Ex-Spitzenspieler ist europaweit noch viel bekannter als Strasser. Er ist wohl in gewisser Hinsicht krank, sonst wäre seine letztlich verlustbringende Zockerei nicht so unvorstellbar intensiv ausgefallen. Zumindest moralisch sind ihm auch seine rund fünf Millionen Euro zugute zu halten, die Hoeneß insgesamt für wohltätige Zwecke gespendet hat (zumindest nach seinen eigenen Angaben, die sich freilich nicht wirklich überprüfen lassen).
Auch wenn jetzt viel debattiert werden wird, ob der einstige Minister und der Chef des derzeit erfolgreichsten europäischen Fußballklubs einen Promi-Bonus oder -Malus genossen haben, so scheint ihnen bei grober Betrachtung Recht zu geschehen. Diese Urteile rufen beim Ringen um eine objektive Beurteilung aber auch die vielen Gutmenschen in Erinnerung, die da in letzter Zeit als gar nicht so gut entlarvt worden sind
Nun, es geht hier überhaupt nicht darum, den CSU-nahen Hoeneß, das einstige ÖVP-Mitglied Strasser gegen die rotgrünen Sünder aufzurechnen. Es geht aber schon um die Frage, ob linke und rechte Promi-Sünder in unseren Gesellschaften gleich behandelt werden. Und es geht darum, auf die Widersprüche zwischen dem unerträglichen und oft medial tausendfach vervielfältigten Moralisieren der Linken und ihrer eigenen Realität hinzuweisen. Solches Moralisieren war jedenfalls bei Hoeneß und Strasser keineswegs in diesen Dimensionen zu beobachten.
Viele der hier erwähnten Fälle hängen aber auch noch mit einem ganz anderen Phänomen zusammen. Dieses ist uns in all seinen Konsequenzen noch gar nicht wirklich bewusst geworden: Heute werden vor allem dank der Elektronik viel mehr – finanzielle wie verbale – Sünden aufgedeckt als einst. Zwar reden alle nur von der NSA. Aber in Wahrheit hängt kein einziger dieser Fälle mit der NSA oder den USA zusammen. Egal, welche Gesetze in EU- und nationalen Parlamenten beschlossen werden: Das elektronische Spionieren geht weiter. Und immer wird am Ende primär der normale Bürger durch solche Gesetze belastet. Aber die Internet-Spione kostet es nur ein Lachen, die staatlichen wie die halbstaatlichen.
Es bleibt jedenfalls viel weniger als früher geheim. Das ist an sich sehr erfreulich. Es hat zweifellos eine generalpräventive Wirkung, wenn alle Straftäter erwischt werden. Freilich halte ich es dennoch nie für positiv, erlaubt oder gar gut, wenn ein Staat selbst kriminell wird. Also wenn er beispielsweise Täter nur durch Packelei mit anderen Tätern findet, etwa durch den Kauf gestohlener CD oder durch Straffreiheit für Kronzeugen, die in Wahrheit die Haupttäter sind.
Dass die Kontrolle viel dichter geworden ist, ist jedenfalls Faktum. Umso mehr wäre es angebracht, die Rechtsregeln überhaupt zu überdenken. Die mörderisch-konfiskatorischen Steuersätze etwa (sie sind in Österreich noch weit schlimmer als in Deutschland) waren noch nie richtig. Aber die Gesetzgeber haben immer damit spekuliert, dass Steuern ja eh immer hinterzogen würden, und daher die Steuern gleich viel höher angesetzt. Das wird in einer Zeit konfiskatorisch, wo es weitestgehend unmöglich geworden ist, Geld an der Steuer vorbeizuschwindeln.
Das Faktum wirksamer elektronischer Kontrollen aller Art muss daher zu einem kräftigen Ja zu vernünftigen, also deutlich niedrigeren Steuersätzen führen. Zumindest wenn man nicht will, dass alle kreativen Köpfe und Investitionen aus Österreich und Deutschland verschwinden. Was die Politik freilich intensiv versucht.
Ebenso dringend notwendig wäre es, jede Form von verbalen Delikten und „Diskriminierungsverboten“ wieder aus dem Bereich des Strafrechts zu entfernen. Deren Bestrafung ist eine massive Verletzung des einstigen Freiheitsprinzips.
Alleine die jüngste Statistik des Innenministeriums mit Anzeigen von Hunderten reinen Meinungsdelikten im Jahr zeigt, auf welch wahnsinnigem Weg Österreich da seit einigen Jahren unterwegs ist. Je dichter das Kontrollnetz, umso wichtiger wird die volle Wiederherstellung von Gedanken- und Meinungsfreiheit statt deren schrittweise Einschränkung, zu der es jedes Mal kommt, sobald jemand etwas Unerwünschtes sagt.
PS: Ein typisches Produkt der Absurdität des Überwachungsstaats im elektronischen Zeitalter findet sich übrigens auch im sexuellen Gebiet: Zwei Fünfzehnjährige dürfen zwar jede Art von Sex miteinander haben; sie machen sich aber strafbar, wenn sie sich elektronisch Nackt-Fotos senden. Das ist ziemlich absurd, vor allem weil solche Praktiken angeblich in der Generation der Teenager weit verbreitet sind. Aber die Politik ist nicht gewillt, das Strafrecht mit gesundem Menschenverstand zu reduzieren, statt es ständig noch mehr auszuweiten.
PPS: Das Verlangen nach einer Rücknahme rechtlicher Normen vom Steuer- bis zum Strafrecht und die kritische Frage nach Gewerkschaft & Co hat übrigens überhaupt nichts mit der Bestrafung von Hoeneß und Strasser zu tun. Für die beiden ist nur noch ein einziger Aspekt relevant: Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Was in diesen Fällen besonders gut ist, da Höchstgerichte ohne Promi-Bonus oder -Malus rechtskräftig zu befinden haben.
Die Bundestags-Rede der deutschen Bundeskanzlerin zur Ukraine-Krise ist haargenau das Richtige gewesen. Der Westen wird keinen Krieg beginnen; aber wenn sich Herr Putin wie einst ein Adolf Hitler Gebiete mit Waffengewalt holt, dann darf es keinesfalls eine Rückkehr zur Tagesordnung geben.
Dann hat es spürbare personelle, diplomatische, ökonomische und juristische Konsequenzen zu geben. Natürlich werden diese unzweifelhaft auch im Westen zu spüren sein; aber sie werden Putin und sein Land noch viel mehr treffen. Zusätzlich werden viele erkennen, dass schon die Hinnahme der Besetzungen von Teilen Georgiens und Moldawiens ein schwerer Fehler waren.
Denn jenseits der derzeit (stark) wachsenden nationalistischen Zustimmung bei russischen Meinungsumfragen für den Geheimdienstler als Machthaber ist langfristig viel entscheidender, dass die Kreditwürdigkeit Russlands katastrophal abgestürzt ist. Sie ist heute viel schlechter denn selbst die von Griechenland.
Daher sollten sich die Hosenscheißer aus der österreichischen Wirtschaft ein wenig beruhigen. Daher sollten der linksradikale österreichische Bundespräsident und der unerfahrene Außenminister ein wenig mehr nachdenken. Sonst holen sich die Russen wieder all das, wo sie 1945 gestanden waren.
Aber zum Glück hört in Europa oder gar in der Welt ohnedies niemand auf die Herren Fischer oder Kurz (von Herrn Faymann gibt es nichts zu hören, weil sich der immer verkriecht). Aber man hört sehr genau auf eine Angela Merkel.
Einmärsche in Länder (wo es keine sonderlichen Menschenrechtsverletzungen gegeben hat), die großflächige Unterdrückung jeder anderslautenden Meinung und willkürliche Verhaftungen haben mit dem Selbstbestimmungsrecht absolut nichts zu tun. Sie sind dessen absolutes Gegenteil. All das haben wir aber derzeit auf der Krim.
Für österreichische Bürgerliche ist die Lage derzeit freilich genauso frustrierend wie für Sozialdemokraten. Obwohl es in deren Reihen natürlich ebenfalls viele über Russland empörte Menschen gibt. Aber ihre Parteispitze hat im Gegensatz zu den meisten anderen Sozialdemokraten Europas seit Jahren keine über die Vorgaben Fischers hinausgehende Außenpolitik. Diese Parteispitze leidet ja überdies auch noch an den seltsamen und weitgedeckten unaufgedeckten Connections – nicht nur eines SPÖ-Anwalts – zu mittelasiatischen Diktatoren und Putin-Freunden.
Aber rechts der Mitte ist es nicht besser: Die FPÖ agiert überhaupt schon seit Jahren als Außenposten Russlands; die Neos (wenn man sie unter die Bürgerlichen reiht) wollen Russland gar als EU-Mitglied aufnehmen; die ÖVP wird massiv von Raiffeisen mit seinen zahllosen Russland-Verbindungen beeinflusst; und beim Team Stronach weiß man offensichtlich sehr genau um die Magna-Investitionen in Russland Bescheid.
Gibt es da überhaupt keine politische Heimat mehr für jene, die sehen, dass sich Russland heute stärker fast als die Sowjetunion über Recht und Verträge hinwegsetzt? Und dass der Zusammenbruch von rechtlichen Ordnungen der häufigste Quell von Kriegen und Konflikten ist? In einem solchen wird es der Wirtschaft jedenfalls mit Sicherheit noch viel schlechter gehen.
For two years now something has been going on unnoticed by the general public and certainly not checked by the politicians. That something is the way the Krankenkassen (GKK) are slowly eradicating jobs, businesses and the value of Austria as a business location. That at least is the end result of their pursuit of people who voluntarily register to be employed under the freie Dienstnehmer contract as business entrepreneurs – who are now being forced by the GKK to become salaried employees.
By changing the terms of the conditions under which they are employed, it means that more money needs to be paid to the krankenkasse in taxes and social benefits. Of course, those who are employed have been paying taxes and social benefits, but they've been paying it to the SVA, which is for people who are independently insured, and not the GKK. The result is that ever-growing numbers of companies are leaving the country, closing, or alternatively giving their contract to people employed abroad.
The damage from one month to the next is constantly growing. The business hostile employment tribunal courts back up the GKK, and the Chamber of Commerce (Wirtschaftskammer or WKA) like the SVA where these people were previously paying contributions are powerless to do anything about it. The reason is of course that the ruling left wing Social Democrats (SPO) that doesn't even recognise their right to be consulted.
Of course the civil servants involved in these witch hunting sessions are playing an active role. The krankenkassen has after all two powerful arguments to carry on with them. First of all they are in competition and want to remain the number one among the social insurers in this case at the expense of the SVA. And secondly, these new members can also be acquired as trade union members.
A good example of the bitter consequences involves a market research company in Austria that was told its interviewers could only be expensive salaried employees. In most cases it employed students or housewives who used to work in the evenings to get a bit of extra money on the side. In addition, there were many different types of contract, but that makes absolutely no difference to the GKK staff. The result of this terror attack is that the company no longer employs people in Austria – and instead employs people in Germany. And that is increasingly where the business is ending up.
It is a trend especially noticeable in the IT area and among ski teachers. The result is that IT contracts are going abroad, and in Vorarlberg ski schools are closing up because they can no longer afford to employ staff.
Even small firms are being ruined, such as the news agency Central European News, that from Vienna sends English language news around the world, which is now moving its operation to Eastern Europe.
A Salzburg firm employed in the service industry has moved to Germany, they had Austria-wide 200 independently employed staff, all of whom were told they had to be employed as salaried staff. The result is that all lost their jobs.
The really scandalous thing about this witch-hunt is that even people who are qualified independent consultants running their own business are being forced to become salaried staff. And that forcing them to do this is attached with horrendous additional demands for back payment, sometimes which can go back up to 5 years.
Even more scandalous is the fact identified by one Chamber of Commerce functionary that only certain firms were targeted. Companies who happily align themselves with the left side of the political spectrum can avoid any difficulties. All they need to do is make a big play of the way they are promoting women at work and how the trade unions are an active part of their business.
Erstwähler Maximilian fragt seinen Großvater Andreas Unterberger nach der Gefährlichkeit, nach der Notwendigkeit, nach dem Nutzen von Atomkraftwerken. Und dieser versucht zu antworten.
Noch viel konkreter als an großen Milliarden-Summen sieht man an den vielen kleinen Entscheidungen, wie die Bürokratie mit beiden Händen Geld beim Fenster hinauswirft. Das zeigt etwa exemplarisch eine absurde Weisung des Unterrichtsministeriums. Hinter dieser steht auch ein ebenso überflüssiger Aktenlauf zwischen Unterrichts- und Wirtschaftsministerium.
Das Haus am Minoritenplatz befasst sich nicht etwa mit der von ihm selbst bedrohten Zentralmatura in wenigen Wochen oder der Frage, warum zwei Monate lang Hinweise auf ein riesiges Datenleak ignoriert werden. Es befasst sich vielmehr mit – Waagen. Ja genau: mit jenen Dingern, die uns unser Gewicht zeigen. Diese sind in jedem Technikmarkt um niedrige Beträge erhältlich. Etwa bei conrad.at ab 20 Euro. Inklusive Mehrwertsteuer.
Wirtschafts- und Unterrichtsministerium hingegen sehen das anders. Sie schreiben sämtlichen Schulen der Republik nun Waagen um geschmalzene 331,50 Euro vor. Exklusive Mehrwertsteuer (die eine Schule jedoch voll zahlen muss). Dazu kommen noch verpflichtende „Eichkosten“ von 46€ und ein „Kalibrierschein (als Nachweis für die erfolgte Eichung)“ von 85,50€. Wozu ebenfalls die Mehrwertsteuer kommt. So liest man es in dem Erlass des Unterrichtsministeriums. Er ist „für die Bundesministerin“ gleich von zwei Akademikern geziert, einem Dr. Fankhauser und einer Dr. Wilkens. Ach ja: Natürlich sind auch gleich die Marke und der Hersteller vermerkt.
Der Zweck dieser Waagen sind einzig die routinemäßigen Schularzt-Untersuchungen (plus vermutlicher Selbsttests von Lehrern, die ihr Übergewicht bekämpfen).
Da lachen sämtliche Hühner dieser Republik, dass für diesen Zweck eine Waage teuer geeicht sein muss! Als ob nicht schon jede ganz normale Waage mit hundertprozentiger Sicherheit zeigen würde, dass ein Jugendlicher wieder zugenommen hat, dass er im Interesse seiner Gesundheit dringend etwas gegen sein Übergewicht tun sollte. Natürlich zeigen auch 20-Euro-Waagen längst schon auf Zehntelkilo genau das jeweilige Gewicht an. Und ich habe noch nie auch nur die geringste Klage gehört, dass solche Waagen ungenau wären.
Aber offenbar geht Ministern und Beamten jeder gesunde Menschenverstand verloren, sobald sie ein Ministerium morgens betreten. Das besonders Miese: Diesen Wahnsinn müssen die Schulen selber finanzieren. Dafür dürfen sie Sponsorverträge eingehen – etwa mit Produzenten dickmachender Limonaden. Sie dürfen nicht nur, sie müssen das wohl, um solche Absurditäten zu bezahlen.
Glaubt auch nur ein einziger Minister oder Beamter, dass die Lehrer, die diesen Waagen-Erlass umzusetzen haben, ohne zynische Bemerkungen über den Zustand der Republik auskommen?
Wie viel Geld könnten wir einsparen, wie viele Schulden abbauen und wie viel gesünder wären unsere Kinder, wenn Beamte und Politiker, die solchen Schwachsinn produzieren, einfach ersatzlos abgebaut würden?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Kulturminister Ostermayer hat mit der fristlosen Entlassung des Burgtheaterchefs den richtigen Schritt gesetzt. Ein Burgtheaterdirektor, der nicht weiß, was in seinem Haus alles passiert, ist zu entfernen. Im Unterrichtsministerium hingegen – also genau in jenem Ministerium, das jahrelang dem Treiben an der Burg tatenlos zugesehen hat, – ist die totale Verunsicherung ausgebrochen. Es hat sämtliche Leistungstests bis Jahresende ausgesetzt. Es gibt dafür jedoch überhaupt keinen Grund. Besonders dümmlich ist die Begründung von Frau Heinisch für diesen Teststopp.
Sie sagte nämlich: "Ich kann keine Testungen durchführen lassen, solange keine Datensicherheit beim Bifie gewährleistet ist." Mit diesem Satz zeigt Heinisch, dass sie Opfer der eigenen Propaganda geworden ist. Denn absolute Datensicherheit gibt es nirgendwo. Das glauben nur die hauptprofessionellen Datenschützer, die jeden zweiten Tag in irgendeinem Medium auftreten. Daten im Internet sind letztlich immer knackbar.
Wer alleine die vielen Informationen über die Methoden der amerikanischen Geheimdienste verfolgt hat, weiß das. Die der russischen Dienste sind übrigens noch viel schlimmer. Nur haben die keinen Überläufer, der die eigenen Tricks verrät. Moskau macht beispielsweise derzeit via Youtube ständig aller Welt vermeintlich vertrauliche Bemerkungen westlicher Politiker kund. Zum Unterschied von den Amerikaner gibt es nur bei den Russen keinerlei parlamentarische oder gerichtliche Kontrolle der Kontrollore. Dort machen Putins Schergen wirklich, was sie wollen. Im Internet genauso wie in der Krim.
Zurück nach Österreich. Hier ist nur eines gefährlich, aber das sehr, auch wenn erstaunlicherweise niemand davon redet: Im Unterrichtsministerium werden nämlich ganz unabhängig von den nun stornierten Tests von jedem einzelnen Schüler sämtliche Daten bis hin zu Telefonnummern elektronisch gehortet. Damit jetzt fortzufahren ist in der Tat ein Verbrechen.
Wenn jetzt die schlichte Frau Heinisch-Hosek mit dieser Datensammlung fortfährt, jedoch sämtliche Leistungstests absagt, dann schüttet sie mehr als das sprichwörtliche Kind mit dem Bad aus. Dann vergisst sie, dass auch schon vor der EDV immer wieder geheimes Wissen an Unberechtigte gedrungen ist. Dann macht sie aus einer Mücke einen Elefanten; denn außer den Mail-Adressen der Lehrer ist nichts auf den rumänischen Servern gestanden, was individuell zu Schaden gereichen könnte. Dann sind ihr vor allem die Schüler völlig wurscht; denn sie begreift nicht, dass sie die große Zahl ehrlicher Schüler nicht einfach unter den Teppich kehren kann.
Natürlich muss man wie seit Generationen eine Matura notfalls wiederholen, wenn die Schüler schon vorher die Fragen in die Hand bekommen sollten (egal, ob das durch ein Datenleak oder auf ganz herkömmliche Weise passiert ist). Und wenn es auffliegt. Aber sonst haben die Schüler einen Anspruch auf die angekündigten Prüfungen und Überprüfungen. Das sehen auch die Schülervertreter so (auch wenn der SPÖ-hörige ORF plötzlich behauptet, Schüler und Lehrer wären froh, wenn das Testen aufhört).
Der wirkliche Skandal ist aber, dass das Ministerium wie selbstverständlich auch weiterhin gewillt ist, Wissen als Geheimwissen zu horten und nicht den eigentlich zahlenden Wählern preiszugeben. Wissen über die Qualität einer Schule, Wissen über die Qualität eines Schultyps. Für diese Geheimhaltung gibt es überhaupt keinen Grund – außer den, parteipolitische Unsinnigkeiten zu tarnen.
Es geht nur den einzelnen Lehrer an, wie der einzelne Schüler abschneidet. Daher sollten auch nur die Lehrer wissen und beurteilen, wer einen konkreten Test geschrieben hat. Aber von da an geht es uns alle an, also vor allem das Abschneiden einzelner Schulen und Schultypen.
In Wahrheit nutzt jetzt die SPÖ diese Gelegenheit, das weitere Entstehen und Bekanntwerden von Fakten über das völlige Scheitern der Gesamtschule zu verhindern. Wenn jetzt wegen der Schlamperei von Kapsch keinerlei Schuldaten mehr erhoben werden, kann man wieder ohne jeden Realitätsbezug propagandistische Luftblasen über diese Schule von sich geben. Der in den letzten Jahren gerne von den linken Propagandisten verwendete Schmäh, dass die Gesamtschule noch zu neu wäre, zieht nicht mehr, weil sie eben nicht mehr neu ist.
Die SPÖ setzt weiter auf die Gesamtschule. Die Neos tun dasselbe (diese sagen bloß statt „Gesamtschule“ „gemeinschaftliche Schule“, ohne aber auch nur den geringsten Unterschied zu kommunizieren). Lediglich bei den Grünen – die ja einst überhaupt die dogmatischsten Vertreter der Zwangsgesamtschule waren – ist das auf einmal nicht mehr so klar. Vielleicht sind sie intelligenter als Rot und Pink und ändern rechtzeitig ihre Meinung? Bei den Schwarzen weiß man wie immer in letzter Zeit nicht mehr genau, wofür sie sind, Spindelegger ist klar dagegen, aber Haslauer klar dafür.
Wie auch immer: Wenn das staatliche Schulsystem und vor allem seine politischen Beherrscher so total versagen, dann wird der einzige sinnvolle Ausweg geradezu zwingend. Das heißt:
PS: Besonders absurd ist, was manche Zeitungen jetzt aus dem Salzburger Wahlergebnis ableiten wollen. Obwohl die SPÖ in diesem Bundesland weit mehr verloren hat als die ÖVP, sprechen die Medien (von den Salzburger Nachrichten bis zum ORF) nur von einer Niederlage der ÖVP; und sie wollen die einzig in der Stadt Salzburg erfolgreichen Neos samt deren Gesamtschul- und Schwulenadoptions-Fimmel an Stelle der ÖVP setzen. Offenbar sehen das freilich die Wähler anders als die Medien. Denn noch nie lag die FPÖ bei Umfragen so weit voran wie derzeit, was sogar eine „Standard“-Umfrage beweist. Die Verbindung Rot-Grün-Pink erreicht ihre zufolge nicht einmal zusammen die 50-Prozent-Grenze. Und die massiv angewachsenen Nichtwähler schienen auch nicht gerade Linkswähler zu sein; denn in jenem Eck war ja das Angebot so dicht wie noch nie.
PPS: Wetten, dass wir längst wieder einen Burgdirektor haben werden, während die Frau Heinisch-Hosek noch immer auf der Suche nach einem absolut datensicheren System ist . . .
Das EU-Parlament ist ein absolutes Rätsel. In fast all seinen Abstimmungen verhält es sich anders, als der Großteil der Europäer denkt und fühlt. Es gibt sich EU-fundamentalistischer als Kommission und Rat zusammen. Und es versucht noch viel mehr als diese, sich ständig regulierend in unser privates Leben einzumischen. Dabei müssen die EU-Abgeordneten in Kürze vor die Wähler treten. Während ja Rat, Kommission, Gericht und alle sonstigen EU-Behörden weit weg von einem direkten Urteil der Europäer sind. Welchen Sinn soll das haben?
Gewiss: Viele der Abstimmungen im europäischen Parlament werden in den heimischen Medien ignoriert. Haben die doch zum Großteil gar keine ständigen Korrespondenten, die aus dem Parlament berichten würden. Vieles von den Resolutionen des Parlaments ist auch rechtlich aufs erste unverbindlich.
Aber dennoch bleibt es beispielsweise absolut unverständlich, warum sich ausgerechnet das Parlament regelmäßig für höhere Ausgaben der EU einsetzt. Während vor allem der Rat, aber auch die Kommission deutlich mehr auf die Interessen der Steuerzahler geschaut haben. Sieht sich das Parlament so wie die österreichischen Bundesländer immer nur für das Geldausgeben zuständig, während dessen Beschaffung nicht interessiert, anderen Körperschaften zugeschoben wird?
Es war auch das Parlament, das die europäische Eisenbahnreform neuerlich verwässert hat. Gegen die Interessen der Konsumenten. Denn es hat durchgesetzt, dass auch bei dem jetzt beschlossenen vierten Eisenbahnpaket die sogenannten Holdingstrukturen erlaubt bleiben. Das Parlament hat damit durchgesetzt, dass der – theoretisch zur Neutralität verpflichtete – Schienen- und Bahnhofsbetreiber auch selber eine fahrende Gesellschaft besitzen kann. Das wird mit Sicherheit natürlich auch in Zukunft zu einer – zumindest indirekten, weil offiziell ja verbotenen – Diskriminierung von privaten Konkurrenten führen, die a la „Westbahn“ tapfer gegen den Fast-Monopolisten angetreten sind. Zwar gehen den Gewerkschaften sogar jene paar Detailreformen zu weit, die das nun angenommene Paket enthält. Aber ÖBB-Chef Kern erkennt die klare Vorteilen für die ÖBB und alle ähnlichen Bahn-Unternehmen. Weshalb er hat zu Recht darüber gejubelt hat.
Dabei wäre ja das Eisenbahnwesen ein absolut typisches Beispiel dafür, worum sich Europas Parlament im Interesse der Konsumenten schon seit Jahrzehnten kümmern hätte müssen. Es hat sich aber lieber ständig mit Randthemen befasst,wie den Aufschriften auf Zigarettenpackungen. Diese sind zwar längst EU-einheitlich (und werden nun noch einheitlicher), aber bei der Eisenbahn haben wir bis heute in der EU: 28 verschiedene Sicherheitszonen, sieben Signalsysteme, sieben Spurweiten, von Land zu Land unterschiedliche und bis zu zwei Jahre dauernde Genehmigungs-Bescheinigungen, die pro Lok bis zu vier Millionen Euro kosten!
Aber dieser, jeder Binnenmarkt-Idee spottende Wirrwarr hat das EU-Parlament nie sonderlich gestört. Dort sind die Interessen der Eisenbahn-Gesellschaften offensichtlich besser vertreten als die der Konsumenten.
Das EU-Parlament stellt sich auch immer dann an die Spitze, wenn es darum geht, das Migranten-Tor Richtung Europa noch weiter zu öffnen. Die Abgeordneten nennen es halt euphemistisch „Flüchtlingsschutz“, was sie da jetzt beschlossen haben: Dazu gehört etwa die Pflicht zur „Nicht-Zurückweisung“ solcher Migranten. Dazu gehört Straffreiheit für alle, die ihnen „in Notsituationen“ Hilfe leisten.
Das klingt harmlos, ist aber eine massive Öffnung Europas für Migranten und Schlepper. Auch wenn es vielleicht bei manchen nicht zynisch, sondern gutmenschlich gemeint ist. Zur Täuschung von Gutmenschen mag ja auch die Semantik der Vorlage dienen. Denn darin heißen die Migrationswilligen natürlich nicht so, sondern „Flüchtlinge“ und die Schlepper heißen „Helfer“. Jetzt bekommt nun praktisch jeder Schlepper parlamentsoffiziell für sein einträgliches Gewerbe einen Persilschein, um nicht zu sagen Heiligenschein.
Während sich das EU-Parlament also massiv an die Seite von Einwanderern und Schleppern stellt, stellt es sich ebenso massiv gegen „Homophobe“. Damit sind dort pointiert ausgedrückt mehr oder weniger alle gemeint, die nicht täglich das Hohelied der Homosexualität singen. In einer Resolution dieses Parlaments werden etwa nach kommunistischer Art „Toleranzschulungen“ für Journalisten verlangt oder die Bestrafung von Äußerungen gegen Homo- und Transsexuelle.
Zwar haben sich aus Österreich ÖVP-, FPÖ und BZÖ-Abgeordnete (genau die Hälfte) gegen diesen Text gewandt. Aber dennoch fand die von der österreichischen Grün-Abgeordneten und Lesben-Aktivistin Lunacek eingebracht Resolution mit einer Reihe weiterer ähnlicher Forderungen eine breite Mehrheit des EU-Parlaments. Man darf fast – wenn auch hypothetisch und daher leicht polemisch – vermuten, die Mehrheit wäre selbst dann nicht kleiner, wenn als nächster Schritt die christlichen Kirchen verboten werden, weil sie ja in Sachen Homosexualität gegen die politisch korrekte Lehre verstoßen.
Heterosexuelle haben hingegen im EU-Parlament keine Lobby. Das sieht man etwa daran, dass wenige Tage nach der Lunacek-Resolution eine weitere Resolution ebenfalls mit großer Mehrheit angenommen wird. Diese verlangt, dass jeder Besuch bei Prostituierten in Europa strafbar werden soll. Rätselhaft bleibt nur, ob man bei dieser Resolution nicht auf strafbefreiende Ausnahmen für Homosexuelle vergessen hat. Denn auch diese sollen ja ihre eigenen Formen von Prostitution haben. Oder ist nach der Lunacek-Resolution eh klar, dass Homosexuelle von Bestrafungen befreit sind? Unklar bleibt auch, wie sich die besonders großzügige Haltung der rotgrünen Gemeinde Wien gegenüber jeder Form der Prostitution mit dieser Bestrafungslust verträgt, die rotgrüne EU-Abgeordnete im EU-Parlament demonstriert haben.
Ich würde allerdings wetten, dass es das älteste Gewerbe der Welt auch dann noch lange geben wird, wenn sich niemand mehr an das EU-Parlament erinnert. Allerdings fürchte ich, dass niemand bei dieser Wette dagegenhalten wird.
Freilich gibt es auch in der EU viele vernünftige Dinge. Diese kommen aber praktisch immer aus der Kommission, wo in bestimmten Teilen die wirtschaftliche Vernunft ja durchaus noch beheimatet ist. So hat die Kommission ab dem Jahr 2024 Betriebsbeihilfen an Flughäfen verboten. Das wird zwar so manche kleine Flughäfen treffen, die aus regionaler Eitelkeit – etwa eines Landeshauptmannes – ins Leben gekommen sind, und die ohne ständige Förderungen nicht leben können. Den Steuerzahler freut solches jedoch sehr. Betrübt ist er nur deshalb, weil diese Regelung erst in zehn Jahren greifen wird, und weil sie etliche Schlupflöcher offen lässt, durch die weiter Steuergelder fließen können. Aber die Richtung stimmt eindeutig.
Eindeutig richtig wäre es auch, wenn die EU endlich beim Straßenverkehr wenigstens ein paar Vereinheitlichungen durchsetzen würde. Aber Straßenverkehr interessiert das EU-Parlament offensichtlich kaum, obwohl sich dessen Regeln in den diversen europäischen Ländern ständig noch weiter auseinander entwickeln. In jedem Land gibt es andere Autobahn-Gebühren, gibt es unterschiedliche Verkehrszeichen, werden national neuerfundene Regeln oft nur in einer Landessprache und da nur sehr kompliziert affichiert.
Besonders schlimm ist, dass diese für jeden Autofahrer sehr verwirrende Diversifizierung nun auch von jeder einzelnen Stadt betrieben wird. Überall gelten unterschiedliche Vorschriften. Nirgendwo weiß man, in welche Stadt man noch fahren darf, oder welche Vorschriften beim Parken gelten. Die jeweiligen Regeln sind meist nur Einheimischen vertraut. Selbst in jeder österreichischen Stadt sind sie ganz unterschiedlich und – trotz gewisser Deutschkenntnisse – kaum erkennbar.
Jeder Wiener weiß, wie oft er schon gefragt worden ist, ob man hier eigentlich parken darf. Jeder kennt die Verzweiflung von Nichtwienern, die daraufhin in einer Trafik Kurzparkscheine kaufen wollen, aber dort vor verschlossenen Türen stehen. Umgekehrt geht es den Wienern in hunderten anderen Städten Österreichs und Europas ähnlich.
Autoverkehr und Bahnen hätten längst eine europaweite Vereinheitlichung gebraucht. Alles, was grenzüberschreitend ist, vom Handel bis zum Verkehr, gehört in einem Binnenmarkt wirklich einheitlich geregelt. Alles andere jedoch sicher nicht und sollte daher - gemäß dem Subsidiaritätsprinzip - möglichst bürgernahe entschieden werden.
Das EU-Parlament sieht das aber anders. Es ist am Binnenmarkt erstaunlich desinteressiert und mischt sich mit allen möglichen Regulierungswüten in das Privat- und Sexualleben der einzelnen Menschen und deren Denk- und Sichtweisen ein.
Das ist alles ziemlich erstaunlich für eine Körperschaft, von der viele Mitglieder in wenigen Wochen wiedergewählt werden wollen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Kärnten soll zahlen. Das ist die gute Nachricht. Frustrierend ist fast alles andere: Bayern wird nicht zum Zahlen gezwungen. Den übrigen Bundesländern bleiben weiterhin strenge finanzielle Regeln und die steuerliche Eigenverantwortung erspart, die nur unter dem Druck einer drohenden Hypo-Insolvenz durchsetzbar gewesen wären. Weiterhin bleiben auch die Taten und vor allem Nichttaten der letzten vier Jahre unaufgearbeitet, wo die Rollen eines Bundeskanzlers Faymann, der Finanzminister Pröll und Fekter, der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht sowie deren Mitarbeiter besonders genau zu prüfen wären.
Das ist der Kern jener Strategie, die Michael Spindelegger jetzt vorlegt.
Es wird – außerhalb Kärntens – kein Mensch zweifeln, dass Spindelegger damit recht hat, dass das südliche Bundesland einen Teil des Schadens abdecken soll. Kärnten hat ja auch intensiv von dem Geld profitiert. Wie die Bundesregierung das rechtlich realisieren will, wird freilich noch in vielen Details sehr schwierig. Und die Frage wird noch viele Topanwälte sehr gut verdienen lassen.
Nur darf eines dabei nicht unter den Tisch fallen: Das Verschulden des späteren Hypo-Käufers, der Bayrischen Landesbank, an den kumulierten Hypo-Schäden ist in etwa genauso groß, wie es zuvor jene Kärntens war. München hatte genauso wie zuvor Klagenfurt geglaubt, der Balkan wäre das Eldorado, wo man nur intensiv mit Geld hineinmuss, um mächtig und reich zu werden.
Eine Beteiligung Münchens an den Schäden wäre daher genauso „legitim“ wie es jene Kärntens ist. Nur ist sie halt legal nur dann durchsetzbar, wenn man die Hypo in Konkurs gehen lässt. Darauf wird nun wohl endgültig verzichtet. Wobei zuzugeben ist, dass es viel besser gewesen wäre, wenn sich Österreich einst unter Pröll und Faymann die Hypo nicht anhängen hätte lassen. Und wenn eben die Bayern den Insolvenzbeschluss tragen hätten müssen.
Düster wird immer das Risiko eines solchen Konkurses an die Wand gemalt. Wie sieht das wirklich aus?
Nun, dass die Bayern kräftig, wenn auch in noch nicht genau bezifferbarer Höhe zur Ader gelassen werden, kann man zwar schon als „Risiko“ bezeichnen, jedoch wäre es eindeutig ein für die österreichischen Steuerzahler positives. Aber gewiss gibt es auch negative Risken.
Das heikelste: Wie sichert man nach einem dann unvermeidlichen Konkurs Kärntens die unvermeidliche Fortführung aller wichtigen Kärntner Landesaufgaben (Spitäler, Straßen, Bezirksverwaltungen usw.) gegen einen Durchgriff der Gläubiger ab? Die Forderungen Kärntens Richtung Bund auf die Finanzausgleichs-Ertragsanteile stehen nämlich wohl den Gläubigern zu. Ihre Umlenkung bräuchte daher massive verfassungsrechtliche Absicherungsmaßnahmen auf Bundesebene. Und die wären parlamentarisch angesichts der Mehrheitsverhältnisse nur mit extremen Gegenleistungen an eine Oppositionspartei durchbringbar.
Ein weiteres Risiko träfe freilich auch die Namen Faymann, Pröll, Fekter, Schieder, Nowotny, Liebscher; und wohl eine ganze Reihe ihrer Mitarbeiter: Warum hat man vier Jahre lang geradezu alles getan, um den österreichischen Steuerzahler zu schädigen? Warum haben die Aufseher beschwichtigt statt schadensmildernd einzugreifen? Warum hat man vier Jahre lang eine kaputte und in Schockstarre verfallene Bank mit hohen Kosten weiterbetrieben? Gibt es gar eine Haftung der Nationalbank für beschönigende Hypo-Testate?
Im Vergleich zu diesen letzten vier Jahren ist die – offensichtlich nun gefällte – Entscheidung für eine Kapitalgesellschaft ohne Banklizenz zweifellos eine Verbesserung. Sie ist es nur eben nicht im Vergleich zur Variante Insolvenz. In dieser wären all diese Verantwortungen auch juristisch geltend gemacht worden. Denn zu Recht versuchen Gläubiger alles, um wieder an ihr Geld oder Teile davon heranzukommen. Daher ist es zwar nicht richtig, aber irgendwie logisch, dass all diese Machthaber lieber den österreichischen Steuerzahler auf Jahre zur Kasse bitten, als dass all das mit für sie persönlich sehr unangenehmen Folgen aufgearbeitet wird.
Eine viel ernsthaftere Drohung mit einer Insolvenz hätte noch einen Vorteil gehabt: Sie hätte auch die Bundesländer in die Knie zwingen können. Denn deren Banken haften ja für die Einlagensicherung der Kärntner Hypo. Und eine Insolvenz hätte das eigene Rating der Bundesländer beschädigt. Deswegen haben die Länder in den letzten Wochen auch so panisch geschwiegen und hinter den Kulissen heftig intrigiert.
Sie spürten genau: Eine starke Bundesregierung hätte erkannt, dass jetzt der absolut beste Zeitpunkt der Nachkriegsgeschichte gekommen ist, endlich gegen die ständigen egoistischen Forderungen der Länder die dringenden Notwendigkeiten durchzubringen. Zu diesen gehören viele Dinge von der Eigenverantwortung für die Steuereinnahmen mit echten Sparpaketen in den Bundesländern bis zur Schließung überflüssiger Bezirksgerichte. Derzeit glauben die Bundesländer ja noch immer, dass es niemanden etwas anginge, was sie mit „ihrem“ Geld machten.
Eine starke Regierung hätte jetzt gesagt: Wenn ihr keine Insolvenz wollt, dann müsst ihr in diesem Bereich nachgeben. Aber das ist von dieser Regierung nicht einmal versucht worden. Übrigens hat auch keine einzige Oppositionspartei eine diesbezügliche Strategie auf den Tisch gelegt.
Völlig absurd ist hingegen das Nowotny-Argument, dass der österreichische Steuerzahler herhalten muss, weil die Hypo-Anleihen ja „mündelsicher“ gewesen seien. Bayern und Kärnten können diese Mündelsicherheit ignorieren, nur Österreich muss ihretwegen bluten? Das nächste Mal werden wohl auch Anleihen aus Kuala Lumpur von Österreich zu zahlen sein, nur weil jemand „mündelsicher“ draufgestempelt hat.
Selbst Notenbank-Präsidenten sollten endlich grundlegendes Lebens- und Wirtschaftswissen begreifen: Es gibt keine absolute Sicherheit im Leben. Auch nicht, wenn irgendwelche Juristen die Silben „mündel-“ dazufügen.
Um positiv zu schließen: Wenigstens die persönlichen Haftungen in Kärnten können – könnten jetzt aufgearbeitet werden, da die Kärntner Landeshaftung weiter bestehen bleibt. Damit hat die nun angekündigte Umwandlung der Hypo in eine Kapitalgesellschaft ohne Banklizenz noch eine zweite positive Auswirkung. Denn nur der monatelang angekündigte Verzicht auf die Idee einer Anstalt lässt dies zu – und eben den Zugriff auf den Kärntner Zukunftsfonds.
Salzburger Kommunalwahlen sind zwar Kommunalwahlen. Aber dennoch sollte man zumindest eines der Ergebnisse österreichweit sehr ernst nehmen.
Das ist der katastrophale Verfall der Wahlbeteiligung. Wenn diese gleich um acht Prozentpunkte gefallen ist, dann ist das dramatisch. Denn eigentlich sind die Kommunen ja das bürgernächste politische Forum. Denn eigentlich hat die Zahl der wahlwerbenden Listen ja zugleich signifikant zugenommen.
Daher könnte man glauben, dass die Menschen noch eher etwas Passendes finden. Sie sind aber in Wahrheit immer verzweifelter ob des Angebots, das ihnen eine repräsentative Demokratie bietet. Und direktdemokratische Mitbestimmung dürfen sie ja keine ausüben.
Besonders dramatisch ist das in der Landeshauptstadt. Dort ging die Beteiligung binnen zehn Jahren von 65 auf 50 Prozent zurück.
Hinter diesem Faktum sind alle anderen Aspekte der Salzburger Wahlen sekundär:
Rund um die Hypo tobt ein Atomkrieg. Jeder gegen Jeden. Niemand will für den Mist zahlen, den Jörg Haider, Josef Pröll, Werner Faymann, Michael Spindelegger und noch viele andere (unter kräftiger Mitwirkung der Nationalbank) angerichtet haben. Als Steuerzahler weiß ich freilich längst, dass die Rechnung so oder so auf meinem Tisch landen wird. Das hat mich wochenlang geärgert. Seit kurzem zahle ich aber (fast) gerne. Denn wenigstens Ewald Nowotny, der OeNB-Präsident und SPÖ-Veteran, hat bei der Hypo Wichtiges gelernt.
Er hat im „Wirtschaftsblatt“ etwas gesagt, das bei einem langjährigen Keynesianer alles Lehrgeld dieser Welt wert ist. Hier der Wortlaut dessen, was Nowotny aus der Hypo-Affäre gelernt hat: „Eine weitere Lehre ist – und die habe ich erst im Lauf meines Lebens registriert – die Skepsis gegenüber Banken im öffentlichen Eigentum. Es herrscht hier immer wieder die Gefahr, dass es zu politischen Einflüssen kommt. Insofern ist die Hypo Alpe Adria ein dramatisches und abschreckendes Beispiel, was geschehen kann, wenn sich verantwortungslose Landespolitik zum Herrn einer Bank aufspielt.“
Diese Sätze sind wirklich Goldes wert! Alle Politiker sollten sie sich in Großbuchstaben aufhängen und täglich memorieren, vor allem jene von Rot und Grün. Denn dort gibt es immer noch welche, die aus ideologischer Verblendung im staatlichen Eigentum etwas Positives sehen wollen. Trotz der katastrophalen Erfahrungen mit dem Staat als Eigentümer eines Unternehmens. Er hat in der verstaatlichten Industrie genauso versagt wie als Eigentümer von Landesbanken – deren Reigen von der Bank Austria (vulgo Zentralsparkassa) über die Bank Burgenland bis zur Hypo Alpen-Adria geht – und bundeseigenen Banken. Zu denen hatten einst etwa die Riesen Creditanstalt und Länderbank gehört. Auch die Bawag war übrigens nicht gerade parteifern. Überall hat es verderbliche politische Einflüsse gegeben, von Stellenbesetzungen bis zu Investitionen.
Das Traurige ist nur, dass Nowotny erst knapp vor seinem 70. Geburtstag diese Erkenntnis auszusprechen wagt, obwohl die Verstaatliche schon in den 80ern gecrasht ist. Zuvor hat er in SPÖ und – leider auch – Wirtschaftsuniversität immer auf Staatsgläubigkeit gemacht und einschlägige Epigonen herangezogen (weshalb die WU in Sachen Volkswirtschaft bis heute ein Jammerhaufen ist).
Besonders im Wiener Rathaus sollte man jedenfalls auf den weise gewordenen Nowotny hören. Dort glaubt man ja noch immer fanatisch an das Staats(=Partei)Eigentum. Dort denkt man noch überhaupt nicht daran, sich auch nur einen Millimeter von den Wirtschaftsfestungen zu trennen. Ob das nun Strom- und Gasversorger sind, Häuser wie die Stadthalle oder der Flughafen. Wahrscheinlich muss es dem Rathaus erst so schlecht gehen wie dem jetzigen Hypo-Eigentümer Bund, bevor man das dort begreift. Und die Altersweisheit ist ja noch fern: Schließlich ist Michael Häupl fünf Jahre jünger als Nowotny . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Österreichs Medien, natürlich mit dem ORF an der Spitze, begehen den Frauentag mit einer Intensität, als ob Staatsvertrags-Unterzeichnung und Kriegsende gleichzeitig stattfänden. Sie ignorieren, dass ein 103. Jahrestag nicht unbedingt ein rundes Jubiläum ist. Sie ignorieren, dass der Frauentag jahrzehntelang ein rein kommunistischer Tag war, der in der freien Welt mit gutem Grund ignoriert worden war. Sie ignorieren alle Widerlegungen der stereotypen Behauptung, dass gleiche Arbeit massiv ungleich bezahlt würde. Sie verbreiten manipulativ eine Statistik eines EU-Political-Correctness-Instituts. Aber immerhin: Zumindest am Rande wird erstmals auch ein wenig von zwei Punkten gesprochen, wo wirklich im Interesse von Frauen dringend mehr gemacht werden müsste, aber nicht getan wird.
Stellen wir daher zuerst diese beiden Punkte in den Vordergrund (da sich das Tagebuch ohnedies oft genug über die akkumulierte Blödheit von Medien und Feministinnen ärgert).
Wenigstens in ein paar Berichten wird nun doch die katastrophale Lage von Frauen in vielen Ländern der Dritten Welt thematisiert. Die ist vor allem in der islamischen Welt sehr schlimm und unter der Herrschaft von Muslimbrüdern/Hamas/Al-Kaida/Hisbollah besonders arg. Jede Frau, die es in islamischen Ländern wagt, eine eigene Meinung zu haben, sich nicht nach irgendwelchen mittelalterlichen Vorschriften bekleidet, sich gar zum Christentum bekennt, riskiert dort Vieles. In manchen Ländern sogar Alles.
Aber nicht nur die islamische Welt ist eine ganz üble für Frauen. Es ist auch nach wie vor sehr schlimm, in einem indischen Dorf als Frau geboren zu sein. Misshandlungen, Vergewaltigungen nehmen dort derzeit sogar zu. Denn der durch Abtreibungen – oder wohl auch Kindstötungen – geschaffene Männerüberschuss macht dort langsam jeden jungen Mann zu einer potentiellen Gefahr. Der gewaltiger Hormonüberschuss dieses Männerüberschusses und seine kaum beherrschbaren Folgen werden der indischen Gesellschaft erst langsam bewusst.
Dabei erreichen gleichzeitig Indiens Städte eigentlich ein gewaltiges und erfreuliches Wachstum eines wohlhabend gewordenen (männlichen wie weiblichen) Mittelstands. Jedoch stehen der Atavismus in den Dörfern und die Hilflosigkeit angesichts der vielen in die Städte strömenden Wanderarbeiter dazu in gewaltigem Kontrast. Da ist es besonders tragisch, wenn jetzt sogar Frauen-Notruf-Telefone wieder eingespart werden, obwohl sich täglich Tausende indische Frauen an ihnen gemeldet haben (was im Gegensatz zu österreichischen Frauenhäusern wohl keine manipulierten Zahlen sind).
Aber auch die Frauen in Österreich und vielen anderen europäischen Ländern haben echte Probleme: Das eine ist die wachsende Doppelbelastung durch Kinder und Berufstätigkeit. Es wird ja heute fast jede Frau scheel angesehen, die sich dafür entscheidet, ein paar Jahre nur bei ihren Kindern zu bleiben. Dabei steht außer Zweifel, dass diese Kinder letztlich einen signifikant besseren Bildungs- und Erziehungs-Hintergrund haben, wenn sich in den ersten Jahren die Mütter ihnen widmen. Da diese – eigentlich großartige – Leistung gesellschaftlich immer weniger anerkannt wird, da Wirtschaft wie Feministinnen und ihre dümmlichen männlichen Gefolgsleute die Entscheidung für den Primat der Kindererziehung als Fehler denunzieren, tun sich immer mehr Frauen die doppelte Belastung an und gehen rasch wieder arbeiten.
Und das bleibt trotz Kindergärten, Horten, Ganztagsschulen eine zusätzliche Belastung. Wer behauptet, solche Institutionen würden Frauen das Leben erleichtern, sodass das Arbeiten wieder leicht möglich wäre, der lügt. Der hat zumindest keine Ahnung von der realen Situation der Familien. Der agiert nicht im Interesse der Frauen, sondern der Unternehmen, welche die heute sehr gut ausgebildeten Frauen möglichst rasch wieder nutzen möchten (nachdem sich das Geschwätz von der hilfreichen Funktion der Zuwanderung als Schimäre erwiesen hat). Oder der will wie so manche linke Feministin sogar überhaupt die Gesellschaft zerstören.
Das Problem vieler Frauen durch den gesellschaftlichen Druck, möglichst rasch wieder arbeiten zu gehen, wird von der veröffentlichten Meinung voll ignoriert. Dort kommen nur Mode- und Kosmetik-Tussis vor oder ideologisch deformierte Feministinnen.
Wenigstens am Rande kommt in manchen Frauentags-Berichten jetzt aber wenigstens ein anderes echtes Problem vieler Frauen durch: Das sind die niedrigen Pensionen, die erfreulicherweise auch der sogenannte Seniorenrat thematisiert hat. Diese niedrigen Frauenpensionen sind zum einen logische Folge des von den Feministinnen wehrhaft verteidigten niedrigen Pensionsantrittsalters (wovon der Seniorenrat freilich schon nicht mehr spricht), dessen Erhöhung gerade auch im Interesse der Frauen extrem dringlich wäre.
Diese niedrigen Pensionen sind zum anderen Folge der in breiter Front stattfindenden Schwarzarbeit vieler Frauen aus dem Zuwanderermilieu in Haushalten und Pflege. Diese erkennen jetzt erst, dass ihnen im Alter nur die Ausgleichszulage zusteht. Freilich hat ihnen das Nichtzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen jahrelang einen spürbaren subjektiven Vorteil gebracht.
Bei der dritten Ursache der niedrigen Pensionen von Frauen ist jedoch der Nutzen überwiegend ein allgemeiner. Das sind die Mütter mehrerer Kinder und die ihrer Kinder wegen nur Teilzeit arbeitenden Frauen. Ihnen werden in der Pension – und auch das erst seit Schwarz-Blau – nur vier Jahre nach der Geburt des letzten Kindes als Ersatzzeiten angerechnet. Was in vielen Situationen absurd ist. Bei Mehrkindfamilien, bei echten Alleinerzieherinnen (was freilich schwer abzugrenzen ist) und bei Teilzeitarbeit müsste dringend etwas für diese Frauen getan werden, etwa bis zum 14. Geburtstag des jüngsten Kindes.
Davon will jedoch der politisch korrekte Mainstream nichts wissen. Die Linken nicht, weil sie ja letztlich das Kinderkriegen eher nur als Unfall ansehen, dessen Folgen rasch überwunden werden sollten. Und die Wirtschaft eben nicht, weil sie nach den gut ausgebildeten Frauen als Arbeitnehmerinnen giert.
Schließlich gibt es auch noch den Widerstand jener, die zu Recht auf die großen Löcher in unseren Pensionskassen verweisen. Denn sie sagen zu Recht, es können sicher nicht noch höhere Beiträge verlangt oder niedrigere Pensionen bezahlt werden.
Aber es könnte das Antrittsalter signifikant erhöht werden. Und – was sie nur ganz selten zu sagen wagen: Längst und radikal wäre auch das gesamte teure System von Witwen- und Witwer-Pensionen zu streichen. Es gibt absolut keinen Grund für solche Pensionen, für die nie auch nur ein Cent, ein Groschen einbezahlt worden ist. Wer oft Jahrzehnte lang hohe Witwenpensionen nach dem einst gut verdienenden Ehepartner bezieht und keine Kinder großgezogen hat, lebt massiv und ohne jede Berechtigung sehr gut auf Kosten der anderen. Bei Streichung solcher Pensionen könnten in spürbarem Ausmaß höhere Frauenpensionen für Mütter finanziert werden. Aber statt dessen hat man durch Einbeziehung der Homosexuellen den Kreis der ohne Grund Witwenpensions-Berechtigten noch weiter erhöht.
Versuchen wir dennoch optimistisch zu bleiben, dass sich die oft absurde Diskussion rund um das Frauenthema irgendwann den wirklichen Frauenproblemen zuwendet. Auch wenn die Diskussion derzeit fast nur von jenen jungen Journalistinnen geführt wird, die jetzt massiv in den Redaktionen sitzen, die außer Frauenthemen nicht viel im Sinn haben, und die die wirkliche Lage des Großteils der Frauen kaum kennen. Das macht eher skeptisch bei der Hoffnung auf mehr Vernunft.
Heuer stürzen sich diese Mainstream-Journalistinnen besonders auf einen Bericht der sogenannten Menschenrechtsagentur der EU, der europaweit Gewalt gegen Frauen misst. Der ist aber mehr als dubios. Aus mehreren Gründen.
Die Kritik an dieser Agentur und dieser Studie soll nicht heißen, dass auch nur eine einzige Gewalttat irgendwie zu rechtfertigen wäre. Aber es macht richtig übel, wenn da alles Mögliche zusammengewürfelt wird. Ohrfeigen, der Pfiff eines Bauarbeiters nach einem vorbeigehenden attraktiven Mädchen, ein laut EU „unangemessener“ Annäherungsversuch (offenbar weiß die EU, was ein angemessener Annäherungsversuch ist – das ist vermutlich einer durch den „Richtigen“), geschmacklose SMS, (in manchen Ländern sogar schon rechtlich verfolgbare) Ausdrücke wie „Darling“ für eine Bürokollegin: Nichts davon ist schön. Aber all diese Dinge sind doch meilenweit von Vergewaltigungen, sexueller Nötigung und Ähnlichem entfernt. Wer das alles durcheinanderwirft, wird halt am Schluss selber nicht ernstgenommen.
Aber mit solchen Methoden profiliert sich halt ständig eine Frau Heinisch-Hosek. Was sie ja besonders gerne tut, da zugleich ihre Unterrichtsagenden zunehmend kollabieren. Wo übrigens Mädchen genauso wie Buben die Opfer sind.
Und natürlich wissen rund um diesen Tag und ein halbes Dutzend ähnlicher Tage endlich auch grüne, rote, pinke Frauenpolitikerinnen, wozu sie gut sind.
Dass aber etwa 225.000 Männer und nur 130.000 Frauen arbeitslos sind, wird weder an diesem Tag noch an einem anderen des Jahres besonders thematisiert. Ebenso wenig, dass nach unabhängigen Studien Männer deutlich mehr arbeiten, wenn man Beruf und heimische Tätigkeit zusammenzählt (denn die doppelte Frauenlast durch Kinder und Beruf währt ja nur ein oder zwei Jahrzehnte). Ebenso wenig deren viel geringere Lebenserwartung (obwohl doch eine neue und natürlich sofort im ORF gepushte „Gendermedizin“ jetzt „nachweist“, wie sehr die Medizin Frauen diskriminiert). Oder deren Pflicht zum Präsenz- oder Zivildienst.
53 Prozent sind die Mehrheit. Und das ist, auch wenns keine große ist, zu respektieren – das wäre zu respektieren, wären da nicht so viele Sauereien rund um die Mariahilfer-Straßen-Abstimmung passiert.
Die erste und größte Sauerei ist die Tatsache, dass der Handel von der Befragung ausgeschlossen war. In Mitteleuropas größter und wichtigster Einkaufsstraße eine so gravierende Änderung zu machen, ohne den Handel zu befragen – das kann nur einer linken Rathauspartie einfallen. Aber Wien hat ja eh nur die weitaus größte Arbeitslosigkeit Österreichs. Werden halt noch ein paar Arbeitslose mehr. Machen wir halt noch ein paar Schulden mehr, um den Betroffenen ein Grundeinkommen zu zahlen. Als Partei leben wir eh gut von den Radfahrern.
Das zweite war das verwirrende Fragen-Design. Das hat wohl bewusst etliches zur Verwirrung beigetragen.
Das dritte war die unglaubliche Sauerei, dass die eine Seite – also die Grünen – tief in den mit Steuermitteln gefüllten Geldtopf für ihre Propaganda greifen konnten. Die Gegenseite, also die vielen Bürgerinitiativen, mussten hingegen alles aus eigener Tasche zahlen.
Die vierte war die Tatsache, dass jeder Einwohner des 6. und 7. Bezirkes befragt wurde, die anderen Wiener aber nicht, etwa jene im 13., 14. und 15. Bezirk. Die haben aber in Wahrheit mehr Interesse an der Straße als die auf der Lerchenfelder Straße Wohnenden. Damit wird jetzt für ganz Wien das Floriani-Prinzip zur Regel: Ihr lasst uns nicht durch, so lassen wir euch nicht durch.
Und die fünfte Sauerei war die Tatsache, dass das Ganze ja verfassungsmäßig eh keine demokratische Abstimmung, sondern eigentlich ein Nullum der rotgrünen Propagandisten war. Sonst hätte ein unabhängiger Verfassungsgerichtshof die Befragung wohl verhindert. Und wieder wurde die direkte Demokratie ein Stück mehr zu Grabe getragen, damit sie weiterhin ungestört ihre Sauereien begehen können.
Aber sonst war eh alles in Ordnung und die Mehrheit hat gesiegt . . .
Noch gestern kritisierte ich hier, dass es keine österreichische Position zur Ukraine gibt. Das ist jetzt überholt. Es gibt nun doch eine Position.
Nur ist diese geradezu unfassbar. Österreich setzt nicht nur kein einziges Protestzeichen gegen die offene russische Aggression. Sondern es spricht sich jetzt auch offiziell gegen die Unterzeichnung des längst fertigen EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine aus, um die Kiew dringend gebeten hat. Dessen Nichtunterzeichnung durch den damaligen Präsidenten Janukowitsch hatte ja zu dem ursprünglichen Aufruhr und dann zur Abwahl des Präsidenten geführt.
Noch fassungsloser macht die Begründung, die Außenminister Sebastian Kurz laut der hochoffiziellen Parlamentskorrespondenz im Hauptausschuss dafür gab: Dieses Abkommen wäre "kontraproduktiv, weil es eine Provokation Russland gegenüber darstellen würde". Also, wir lernen: Nicht die Invasion der Krim ist für Kurz eine Provokation, sondern die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens, wie es mit vielen Ländern besteht!
Natürlich ist ein Kurz nicht der Mann, der sich eine solche Politik ausdenkt, und sicher auch niemand sonst in der Regierung, wo ja das außenpolitische Verständnis gleich Null ist. Der Hauptschuldige ist zweifellos der alte Russenfreund Heinz Fischer. Irgendwo hofft er wohl, dass das Ende des realen Sozialismus doch kein wirkliches Ende war.
Noch fassungsloser macht übrigens der Freiheitliche Hübner, der sich noch mehr als die Koalition an die Russen anbiedert und der ihnen überhaupt einen Persilschein für alles und jedes gibt. Hoffentlich rentiert sich das wenigstens ordentlich. Oder meint Herr Hübner ernsthaft, dass ein Land ruhig nackte Aggressionen exekutieren dürfe, nur weil es sich deutlicher als manche im Westen gegen die muslimischen Bedrohungen ausspricht? Da gibt es im Ergebnis jedenfalls keinen Unterschied mehr zwischen den Freiheitlichen und dem linken Agitator Armin Wolf.
Das Pikante und besonders Deprimierende: Nur wenige Stunden nach diesen Unterwürfigkeitserklärungen sprach die sogenannte Krim-Regierung den sofortigen(!) Anschluss an Moskau aus. Es ist wohl nicht nur Hillary Clinton, die durch das alles heftig an das Jahr 1938 erinnert wird. Von den USA bis quer durch Mittelosteuropa will man das diesmal aber nicht wie damals einfach hinnehmen und spricht sich für Sanktionen aus, auch gegen russische Verantwortliche. In Österreich sind sich jedoch Rot, Schwarz und Blau einig: Wir haben uns den Russen anzupassen. Außerdem wäre dann die Goldene Meile nicht mehr so golden . . .
Die dramatischen Vorgänge in der Ukraine machen einige ganz überraschende Erkenntnisse deutlich. Diese haben die Welt wohl dauerhaft verändert.
Einige dieser Erkenntnisse:
Das hatte niemand erwartet: Die europäischen Lehman-Gläubiger bekommen Ihr Geld vollständig zurück.
Eine hundertprozentige Quote in Insolvenzen ist mehr als ungewöhnlich. Sie zeigt nun mehr als deutlich: Die einst große Bank hatte 2008 nur einen Mangel an verfügbarem Bargeld, an „Solvenz“, sie war aber insgesamt alles andere als überschuldet. Wie auch immer man den damals dennoch erfolgten Zusammenbruch bewertet (in meinen Augen deutet vieles auf eine böse Intrige von Konkurrenten mit Hilfe der US-Regierung): Der Vergleich zu den Staatsfinanzen ist erschreckend. Denn deren Gläubiger werden in Europa und Amerika nie mehr alles zurückbekommen. Sie erleben nur eine Umschuldung nach der anderen. Sie sehen nur eine Europäische Zentralbank, welche die Banken praktisch unlimitiert mit Gratisgeld überschüttet. Sie sehen nur Banken, die darauf den Staaten natürlich alles abkaufen, was immer diese an Anleihen produzieren (in Amerika funktioniert die Staatsfinanzierung noch direkter). Während die Lehman-Schulden gegen Null gehen, gehen die Schulden der meisten Staaten auch in Zeiten einer leichten Konjunkturerholung steil nach oben. Bis alles platzt. Aber vorher lenkt die Politik noch einmal kräftig von ihren eigenen Untaten ab, indem sie die Banken beschuldigt und sie - in Wahrheit die Sparer - zur Finanzierung ihrer Wählerbestechungsaktionen durch ständig neue Steuern beraubt . . .
Er nun wieder. Thilo Sarrazin hat sein drittes Buch veröffentlicht. Erneut stellt er die allgemein gültigen Lehrsätze und Wahrheiten der politischen Korrektheit in Frage. Noch bevor „Der neue Tugend-Terror“ überhaupt erschienen ist, prügeln die Mainstreamjournalisten auf Sarrazin ein. Alles wie gehabt. Es ist ein Ritual mit gut eingespielten Abläufen und Regeln. Jeder hat in diesem Lehrstück seine Rolle. Die Akteure sind, abhängig von ihrer Stellung und Funktion in der Gesellschaft, entsetzt, wütend, enttäuscht oder angewidert.
Alle, die in der Öffentlichkeit stehen oder irgendeinen Einfluss auf die öffentliche Meinung haben, wissen genau, was sie zu denken, zu tun oder zu sagen haben. Hetze, Populismus, Narzissmus, gekränkte Eitelkeit oder Rassismus: Selbst die Vokabeln, Redewendungen und Vorwürfe sind mittlerweile standardisiert und auf Knopfdruck abrufbar. Im Feuilleton und in den Talkshows, den Hochämtern der politischen Korrektheit, wo sich die Gläubigen Orientierung, Selbstbestätigung und Gewissheit holen, wird der Ketzer und seine verbotenen Ansichten mit viel Getöse verdammt.
Ebenfalls unverzichtbar beim medialen Schauprozess sind die persönlichen Unterstellungen und Beleidigungen. Nicht weil er die offensichtlichen Missstände in Deutschland und Europa aufzeigen und anprangern will, schreibt Sarrazin seine Bücher. Nein. Narzisstische Kränkung, Populismus, Geldgier, kurz Eigennutz gepaart mit einem miesen oder zumindest zweifelhaften Charakter sind sein Antrieb, so die Darstellung der Mainstreamjournalisten. Die Guten stehen eben ausschließlich links.
Das Ganze erinnert nicht zufällig an eine Hexenverbrennung oder Steinigung, auch wenn sich die politisch-korrekte Medienmeute noch mit der Vernichtung der sozialen Existenz begnügen muss. Den Mainstreamjournalisten ans Herz gelegt ist die Erzählung „The Mysterious Stranger“ des großen amerikanischen Autors Mark Twain. Hier wird einfach und präzise erklärt, wie sie ticken und wie ihre politisch-korrekten Hetzrituale funktionieren.
Im spätmittelalterlichen Eselsdorf in Österreich wird eine Frau gesteinigt. Der Ich-Erzähler, ein junger Mann, schildert: „Und ich warf den ersten Stein nach ihr, obwohl sie mir im innersten leid tat; doch da jedermann mit Steinen nach ihr warf und jeder seinen nächsten beobachtete, wäre es aufgefallen und übel vermerkt worden, wenn ich es nicht ebenso gemacht hätte.“
Solcherart in Gewissenskonflikt geraten, klärt der mysteriöse Fremde, der eigentlich Satan ist, den Erzähler auf: „ Nun… 68 Leute waren anwesend, und 62 hatten ebensowenig wie du den Wunsch, einen Stein zu werfen. (…) Ich kenne euer Geschlecht. Es besteht aus Schafen. Es wird von Minderheiten, selten oder nie von Mehrheiten beherrscht. Die Menschen unterdrücken ihre Gefühle und ihre Überzeugungen und folgen der Handvoll, die den größten Lärm schlägt. Bisweilen ist diese lärmende Handvoll im Recht, bisweilen im Unrecht; aber einerlei immer folgt ihr der Masse.“
Auch heute wird vieles „übel vermerkt“. Welch passender Ausdruck. Wer nicht mitspielt, bekommt die rote Karte und muss den Platz verlassen. Das politisch-korrekte Mediensystem ist mittlerweile zum Selbstläufer geworden. Es braucht weder Druck von außen, noch Meinungsführer und Zensoren, ja nicht einmal mehr die Leitmedien. Alle rudern kräftig und gleichmäßig: Links, Links, Links….. Selbst der Trommler, der den Meinungs-Takt vorgibt, ist mittlerweile überflüssig. Schließlich weiß auch der junge unerfahrene Volontär im kleinen Provinzblatt von ganz alleine, was von ihm erwartet wird, worüber er wie zu schreiben hat und was man lieber unerwähnt lässt.
Früher brauchte man noch den Spiegel oder die Süddeutsche als mediale Leuchttürme und Leitwölfe. Selbst das ist nicht mehr notwendig. Was man von Sarrazins neuem Buch, von der AfD oder traditionellen Hetero-Familien zu halten hat, wissen die kleinen Schreiber auch ohne ihre publizistischen Vorbilder und Vordenker. Die politisch-korrekten Dos & Dont’s können die Journalisten im Schlaf aufsagen. Wer gut und wer böse ist, was gut und was schlecht ist, was gesellschaftlich erwünscht und was unerwünscht ist, das braucht in den deutschen Medien nicht mehr debattiert und erörtert zu werden, es steht ohnehin außer Frage.
Wie das in Religionen oder totalitäreren Ideologen ebenso ist. Dass Zeitungen und Fernsehen – unter anderem aus diesen Gründen - nicht gerade ein Wachstumsbranche sind, erhöht ohne jedes Zutun den Druck auf die von Abstiegsängsten geplagten Journalisten, sich immer brav und konformistisch verhalten.
Und das Schöne an den schreibenden Galeerensklaven: Im Bauch des Schiffes sieht man nicht, wohin es steuert. Das ist für jene, die am Deck stehen, überaus praktisch. Unabhängig davon wohin die Reise geht, unten wird fleißig gerudert. Ganz egal wie absurd und abwegig das Ziel auch sein mag:
Selbst wenn die Galeere geradewegs auf ein Riff zusteuert, die Sklaven rudern, bis ihnen das Wasser über den Ohren steht. Es ist beängstigend, wie blind und übereifrig das politisch-korrekte Fußvolk auch gegen ihre ureigensten Interessen agiert. Wie hat es Mark Twain ausgedrückt: „Die Menschen unterdrücken ihre Gefühle und ihre Überzeugungen und folgen der Handvoll, die den größten Lärm schlägt.“
Ja, den gesunden Menschen- oder Hausverstand hat man in den letzten Jahrzehnten erfolgreich diskreditiert. Man vertraut lieber auf die politisch-korrekt genormte Second-Hand-Realität der Mainstreammedien als auf die eigenen Erfahrungen und Beobachtungen.
Die Menschen sind Schafe. Und Helden sind - wie zu allen Zeiten - eine rare Spezies. Wer sich dabei aus Überzeugung in die Riemen legt und wer nur aus Feigheit, Unsicherheit, Opportunismus oder getrieben von Abstiegsängsten mitrudert, ist von außen nur schwer zu beurteilen. Im Grunde aber auch egal. Das Ergebnis ist dasselbe. Im ganzen deutschsprachigen Raum sind die Medien de facto gleichgeschaltet. Die letzten liberalen, libertären oder konservativen Medien spielen so gut wie keine Rolle in der großen Medienwelt. Ihre Stimme geht im Chor der reichweitenstarken Blätter und Sender unter.
Leider. Für den Meinungsbildungsprozess in unserer Gesellschaft sind die wenigen kleinen Zeitschriften, Blogs und Internetseiten weitgehend bedeutungslos, ihre Außenwirkung überschaubar.
Dass die Mainstream-Journalisten selbst gegen diese letzten winzigen Oasen in der Meinungswüste anschreiben, liegt unter andrem daran, dass sie den politisch-korrekten Meinungssklaven vor Augen führen, dass es doch Alternativen zum eigenen angepassten Verhalten und Tun gibt. Dass man eben nicht gezwungen ist, mit allen andern mitzurudern, dass es trotz aller Schwierigkeiten noch jedem freisteht, seine Meinung zu äußern. Lustig ist das in vielen Fällen freilich nicht, vom Finanziellen ganz zu schweigen. Zugegeben.
Deshalb auch die persönlichen Untergriffe und Beleidigungen gegen alle, die nicht im Mainstream schwimmen. Ein Paradebeispiel dafür ist der Artikel „Der nun wieder“ von David Hugendick in der Zeit:
„Es ist nicht gewiss, wie viel Todesmut die nicht gerade als Untergrund-Verlag bekannte Deutsche Verlags Anstalt aufgebracht hat, um die 397 Seiten in Druck zu geben. Ebenso unklar ist, ob die Dekorateure deutscher Großbuchhandlungen sich erst einmal ein Maß an Obrigkeitsverachtung ansaufen mussten, um das schwarze Buch nun in die Schaufenster zu stapeln, bevor das Meinungskartell zuschnappt.“
Aus diesen Zeilen trieft die Verachtung, die ein gekränkter opportunistischer Schreiber all jenen entgegenbringt, die trotz Gegenwindes den Mut und die Courage aufbringen, sich dem politisch-korrekten Zeitgeist zu widersetzen. Menschen wie Sarrazin führen den neosozialistischen Spießern ihre eigene Jämmerlichkeit und Mutlosigkeit vor Augen. Zumal sich die modernen aufgeklärten linken Journalisten doch so gerne für sich in Anspruch nehmen widerständig, kritisch und couragiert zu sein. Es ist ein Paradoxon. Alle marschieren in eine Richtung und weigern sich trotzdem, „Mainstream zu sein“. Um diesen Widerspruch aufzulösen, wird die angeblich allgegenwärtige Gefahr des Nationalsozialismus, der hinter jeder Häuserecke lauert, tagtäglich von Politik und Medien heraufbeschworen. Alle Nichtlinken sind irgendwie Nazi.
Das eigene geschundene Journalistenego braucht schließlich seine Streicheleinheiten. Deshalb versichern sich die Akteure der politisch-korrekten Medien-Politik-Wissenschafts-Clique ständig gegenseitig, wie mutig und couragiert sie nicht seien. Das ist auch der Grund, warum der Islam in der Mainstreampresse so gut und seine Kritiker so schlecht wegkommen. Wenn es gefährlich werden könnte, wirft man auch seine politisch-korrekten Überzeugungen über Bord. Das sollte nicht nur Homosexuellen zu denken geben.
Um all das zu übertünchen, wird die „eigene“ Meinung zur einzig wahren erklärt. Da trifft es sich gut, dass die meisten kritischen Geister ohnehin Geisteskranke, Schwachköpfe oder zumindest ungebildet sind: „soviel Basis-Nietzsche und Volkshochschul-Freud müssen sein“, ätzt Zeit-Journalist Hugendick über Sarrazins Buch. Bravo David! Sehr gut, setzen. Mahatmi Ghandi hat seinen Kampf einst so beschrieben: First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you (…)”. Ignorieren kann man Sarrazin jedenfalls nicht mehr.
Trotzdem hat Thilo Sarrazin für die Mainstreampresse eine ganz wichtige Funktion. Er ist das Feigenblatt dafür, dass in Deutschland ja ohnehin Meinungsfreiheit herrscht. Wo er doch so viele seiner bösen Bücher verkaufen darf.
Politisch-korrekte Meinungsdiktatur? Was für eine paranoide Zwangsvorstellung, ist „Sarrazins Meinung doch eher etwas, wovon man in Deutschland finanziell bestens leben kann.“ Aha! Wie viele Menschen außer Thilo Sarrazin leben sehr gut von „dieser Meinung“? Niemand oder gar noch ein zweiter? Was für ein toller Beweis! Dass Sarrazin seinen Job verloren hat, seine Frau aus ihrem Lehrerberuf gemobbt worden ist, er ständigen Attacken ausgesetzt ist und ihm jeder kleine Redakteur ans Bein pinkelt, vergisst Hugendick dabei zu erwähnen.
Und weil man Herrn Sarrazin so wunderbar als Beweis für die nicht vorhandene Meinungsfreiheit in diesem Land missbrauchen kann, wird ebendiese munter weiter eingeschränkt. Das geht sogar soweit, dass es selbst einem Paradelinken wie Claus Peymann sauer aufstößt. Er hat die Schreiattacken empörter linker Tugendwächter bei Sarrazins Lesung im Berliner Ensemble als „nazihaftes Gepöbel“ verurteilt. Der politisch-korrekte Mob im Internet hat wie ein pawlowscher Hund umgehend mit einem Shitstorm reagiert. Die Botschaft: Mach dich nicht mit Meinungsverbrechern gemein. Das hat Peymann zwar gar nicht gemacht, er wollte lediglich die Redefreiheit verteidigen, aber selbst das geht den politisch-korrekten Blockwarten zu weit. Es wird zusehends enger.
Die Entscheidung von Amazon, einige Bücher mit politisch unliebsamen Inhalten nicht mehr zu verkaufen, ist ein weiterer Schritt in diese unheilvolle Richtung und ein neuerlicher Etappensieg für die Tugendterroristen. Die es, laut eigenen Aussagen, eigentlich gar nicht gibt.
Eine Besserung oder gar Trendwende ist weit und breit nicht in Sicht. Die neosozialistischen Gesellschafts-Ingenieure können ihre abstrusen Experimente ohne großen Widerstand weiter durchführen. Unten im dunklen Rumpf der europäischen Galeere wird mit mehr oder weniger großer Begeisterung gerudert. Und die fleißigen Ruderer haben offenbar vergessen oder wollen es nicht wahrhaben, dass sozialistische Gesellschaftsexperimente immer in Krieg, Armut und Chaos enden.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Vor wenigen Tagen ist sein neues Buch „Die Feinde der Freiheit“ erschienen.
In Wien ist in den letzten Jahren die Verschuldung geradezu explodiert. Renate Brauner, die Hauptverantwortliche für die Stadtfinanzen, fordert für ihre Schuldenmacherei jetzt sogar eine Ausnahme von den Schuldengrenzen des Stabilitätspaktes. Statt Schuldbewusstsein oder zumindest Besserungs-Versprechen hört man im Rathaus immer nur kühne Begründungen für die Schuldenexplosion.
Es bleibt einem geradezu der Mund offen, wenn man den Hauptgrund für die Schuldenmacherei aus den Worten eines Herrn Klemens Himpele liest, immerhin der Leiter der Wirtschafts-Magistratsabteilung des Rathauses: „Denn jährlich 30.000 zusätzliche Einwohner benötigen auch weiter Infrastruktur und Bildung.“
Das so zu lesen ist mehr als erstaunlich. Denn an ungeraden Tagen wird den Wienern ja vom gleichen Rathaus ständig versichert, welch großer ökonomischer Vorteil, ja Notwendigkeit denn die Zuwanderung wäre. Und dann wird an geraden Tagen zugegeben, dass gerade diese Zuwanderung eine rapide wachsende Verschuldung auslöst. Ohne dass irgendeine Gegenrechnung einen Netto-Nutzen zeigen könnte.
In der Tat: Je mehr man in die Fakten geht, umso klarer wird, dass große Teile der Zuwanderer ein sehr schlechtes Geschäft für Österreich und vor allem Wien sind.
Wien ist jenes Bundesland, in dem es die weitaus meisten Zuwanderer gibt. Wien ist jenes Bundesland, das die weitaus höchste Arbeitslosigkeit hat. Wien ist jenes Bundesland, in dem mehr Sozialhilfe vulgo "Grundeinkommen" gewährt wird,als in den anderen Bundesländern. Zusammen! Schon diese drei Fakten deuten auf einen engen kausalen Zusammenhang.
Um nicht selbst in die Manipulation der Rathaus-Propaganda zu verfallen, muss man in einer seriösen Analyse die Herkunft der Zuwanderer genauer untersuchen: Denn die Zuwanderer aus der EU bedeuten in der Tat einen sehr positiven Beitrag für das Gemeinwohl. Sie sind genauso arbeitsam wie die Einheimischen – oder in jüngster Zeit sogar noch mehr.
Das Problem sind die weder aus der EU noch dem Europäischen Wirtschaftsraum kommenden Zuwanderer, vor allem jene aus islamischen Ländern, aus dem Balkan und Afrika. Gerade bei ihnen ist im arbeitsfähigen Alter die Beteiligung am – Steuer und Sozialversicherungsbeiträge zahlenden – Arbeitsprozess deutlich geringer als bei den EU-Bürgern und Österreichern. Nicht nur bei den Frauen, sondern auch den Männern.
Daran ändert auch die jüngste Propaganda-Masche nichts, die betont, dass der Anteil der EU-Ausländer in Österreich ohnedies rascher wachse als jener der Nicht-EU-Ausländer. Das ist eine der typischen Halbwahrheiten, wie sie von ideologisch arbeitenden Statistikern so gerne ausgestreut werden. Diese Zahlen sind ohne zusätzliche Erläuterung grob manipulativ. Jede seriöse Demographie müsste nämlich im gleichen Atemzug zeigen, dass Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern im Expresstempo Österreicher werden wollen, Bürger aus EU-Ländern hingegen so gut wie gar nicht.
Warum sollten sie auch? Die volle Gleichberechtigung von Deutschen, Dänen, Italienern usw. mit Österreichern im Arbeitsmarkt – und vice versa – ist ja eine der unbestritten positiven Auswirkungen der EU.
Bei den Nicht-EU-Bürgern ist hingegen die österreichische Staatsbürgerschaft sehr gesucht. Bei den erteilten Einbürgerungen liegen sie absolut wie relativ weit vor Migranten aus der gesamten EU. Das heißt aber, dass statistisch schon sehr viele Zuwanderer aus dem Nicht-EU-Raum in den österreichischen Zahlen diffundiert sind. Bei der (legalen) Arbeitsfreudigkeit sinken die Zahlen der Österreicher daher langsam hinter denen für Deutsche usw. zurück.
Diese Neoösterreicher sind auch sprachlich nicht wirklich integriert. Denn die wirkliche Integration besteht wohl erst dann, wenn auch die Landessprache zur primären Umgangssprache wird. Wird sie das nicht, muss man davon ausgehen, dass die Menschen kulturell und geistig noch keineswegs ganz in Österreich angekommen sind.
Wenn in Wien nun schon die deutliche Mehrheit der Schulpflichtigen angibt, dass daheim nicht primär deutsch gesprochen wird, sagt das mehr als genug. Diese Befragungen sind unabhängig von der Staatsbürgerschaft erfolgt. Das heißt: Es gibt also nicht einmal dann mehr eine Mehrheit der deutschsprachigen Österreicher unter den Schulkindern, wenn man Deutsche, Schweizer und Südtiroler dazuzählt.
Noch niemand hat – wohl aus Political Correctness – all die Kosten addiert, die durch diese Entwicklung der Allgemeinheit erwachsen.
Dabei wissen im Grund alle: Es lässt sich bei ehrlicher Analyse niemals ein positiver Netto-Beitrag der Zuwanderer aus den Nicht-EU-Ländern zum BIP errechnen. Denn die in sehr unterschiedlichen Bundes- und Landesbudgetposten versteckten Kosten sind gewaltig: Sie reichen vom Förderunterricht in den Schulen über die wachsenden Probleme der Wirtschaft mit nichteuropäischen Pflichtschulabsolventen über die De-Facto-Segregation sämtlicher Freizeiteinrichtungen über die Kosten und Folgen ethnischer Ghettobildungen über die Förderung durch das Grundeinkommen bis eben zu den vom Rathaus genannten Kosten für sozialen Wohnraum usw.
Aber wieso ist es binnen weniger Jahrzehnte zu diesem Prozess gekommen, der Österreich und vor allem Wien nicht nutzt? Ein Teil der Zuwanderer – der geringere, freilich besonders teure – sind Asylwerber. Der viel größere sind die Familienangehörigen von einstigen „Gastarbeitern“. Da gibt es Fälle, wo eine einzige Arbeitsgenehmigung in der Folge zur „Familienzusammenführung“ von einer dreistelligen Zahl von Menschen geführt hat.
Diese Arbeitsgenehmigungen sind ursprünglich meist auf Druck der Industrie in Branchen mit relativ schlechten Löhnen erteilt worden. Die Unternehmen haben sich jedoch nicht an den zusätzlichen Gemeinkosten für ihre Arbeitskräfte-Importe beteiligt. Oft mussten dann diese Niedriglohn-Fabriken einige Jahre später dennoch zusperren. Letztlich war ein Großteil der Produktion in Österreich auch bei niedrigen Löhnen international in keiner Weise mehr konkurrenzfähig. Man denke etwa an den Textilsektor; es werden auch längst keine Fernseh-Geräte, Radioapparate oder Personal Computer in Österreich mehr gebaut. Die Arbeitskräfte und ihre Familien sind aber dennoch im Land geblieben, mit all den in diversen Budgets versteckten Kosten.
Auch bei der Zuwanderung aus der EU kann man übrigens nicht nur Freudenraketen steigen lassen. Denn unter ihnen befinden sich seit einigen Jahren Zehntausende Deutsche, die ohne Zulassungsbeschränkung und Numerus clausus hier total gratis studieren können.
Bei der EU-Zuwanderung ist vor allem auch das Thema „Sozialmigration“ völlig offen. Diese wird zwar in Deutschland und Großbritannien viel intensiver diskutiert, trifft aber auch Österreich und Wien genauso, oder noch mehr. Es geht dabei um Sozialhilfe/Grundeinkommen für EU-Europäer, die noch nie hier legal gearbeitet haben.
Es geht dabei vor allem auch um Pensionisten. Es ist eine noch nicht ausjudizierte Frage, ob sich jemand, der in einem anderen EU-Land Pension bezieht, in Österreich niederlassen kann und dadurch Anspruch auf eine österreichische Ausgleichszulage erhält. Das wäre alles andere als trivial oder marginal. Denn etwa in Bulgarien und Rumänien beträgt die Pension vieler Menschen lediglich 100 und 200 Euro. Aber die hiesige Ausgleichszulage für Alleinstehende beträgt 857 Euro und für (kinderlose) Paare sogar 1286 Euro. Wenn das jedem zuwandernden Pensionisten zu zahlen sein sollte, bricht das Pensionssystem endgültig zusammen.
Dazu kommt ein weiter Faktor, der die Sorgen noch größer macht: Das ist der seit Jahren negative Migrationssaldo der Österreicher. Vor allem die leistungsfreudigen und (um teures Steuergeld) gut ausgebildeten Landsleute wandern in andere Länder, wo fast durchwegs die Steuern und Abgaben niedriger sind als hierzulande. Womit gerade jene Leistungsträger fehlen, die die rasch alternde Republik und Stadt in künftigen Jahrzehnten finanzieren könnten. Aber niemand kann ihnen die Flucht vor der Gier der hiesigen Politik verübeln. Und selbst wenn – so kann man ihre Auswanderung doch nicht verhindern.
PS: Angesichts der dramatischen Budget- und Migrationsentwicklung ist es absolut lächerlich, wenn sich die Rathausgewaltigen jetzt lautstark einer Studie berühmen, die Wiens Lebensqualität im internationalen Vergleich an die erste Stelle setzt. Denn (bis auf die Donauinsel) profitiert Wien bis heute total von Errungenschaften aus kaiserlichen Zeiten und von Bundesleistungen: von der Schönheit der kaiserlichen Bauten, von der guten Luft (die dem seit dem 19. Jahrhundert von Bebauungen freigehaltenen Wienerwald zu danken ist), von seiner Gründerzeit-Atmosphäre innerhalb des Gürtels und von den global einzigartigen Musik-Tempeln Staatsoper und Musikverein. Hingegen ist die Zahl der Menschen, die der Donauinsel, der U-Bahn oder der Gemeindebauten wegen nach Wien kommen, extrem überschaubar. Höchstens der Silvesterpfad und „Christmas in Vienna“ waren eigenständige Kreationen der Stadtverwaltung nach 1918 mit nachweislichen positiven Auswirkungen. Mit anderen Worten: Seit hundert Jahren hat Wien kaum eine Attraktion mehr entwickelt, die es für Ausländer attraktiver machen würde. Das ist in Wahrheit extrem beschämend und kein Grund zum Selbstlob.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Der Bau des Ringturms war in der Geschichte Wiens der wohl übelste Anschlag auf das Bild der Wiener Innenstadt. Jetzt aber soll ein zweiter „Ringturm“ an einem noch viel wichtigeren und noch viel schöneren Platz des Stadtzentrums gebaut werden. Den Wienern bleibt ob dieses Vorhabens einer betuchten Investorengruppe der Mund offen. Aber diese Gruppe hat die Unterstützung der rotgrünen Rathauspartie. Einer dieser „Investoren“ hat sogar selbst die Frechheit, sein Projekt mit dem hässlichen Ringturm zu vergleichen.
Die Profiteure-Gruppe will ein Hochhaus in eine der schönsten Gegenden Wiens neben das Konzerthaus knallen, also neben eines der schönsten Jugendstil-Gebäude Wiens. Lediglich das Hotel Intercontinental ist weniger erbaulich. Aber es ist mit 39 Metern nur ziemlich genau halb so hoch wie der auf eine Höhe von gigantischen 73 Metern geplante Neubau. Damit ist das Projekt eine viel ärgere Verschandelung als der einstige Bau der Städtischen Versicherung und der Zentralsparkassa. Denn der Ringturm steht in einer Gegend, da es am Donaukanal in den letzten Kriegstagen viele Zerstörungen gegeben hat, wo sich also kaum Tourist hinverirrt.
In der Konzerthausgegend sieht man hingegen sehr viele. Der schon weitestgehend ausgedealte Städtebau-Skandal neben dem Konzerthaus stellt alles in den Schatten, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Wien passiert ist. Was ohnedies viel ist: Von der breitflächigen Zerstörung Neustifts über den Anschlag auf das Casinos Zögernitz bis zur Zerstörung des Blicks von der Josefstädter Straße auf den Dom.
Die provozierende Höhe des Ringturms hatte in den Nachkriegsjahren wenigstens noch zu heftigen Protesten und Debatten geführt. Heute hingegen scheinen sich Kapitalverwertungsinteressen undurchsichtiger Stiftungen, hemmungslose Architekten und die – eigentlich – für die Rettung der Stadt zuständigen Rathausbehörden bei der neuen Verhässlichung Wiens absolut einig zu sein.
Über das Warum dieser Einigkeit kann man zwar ohne konkretes Beweisstück nicht schreiben. Aber Bewohner der Stadt haben ohnedies keinen Zweifel an den Zusammenhängen. Im neuen Hochhaus kann jedenfalls jeder Quadratmeter extrem teuer verkauft werden. Dabei winken die höchsten Preise, die je in Wien für ein Neubauprojekt erzielt worden sind.
Zu Recht. In fast jede Richtung wird der Blick der künftigen Eigentümer AUS dem Hochhaus wunderbar. Eine Ausnahme ist nur jene Seite, wo man in den unteren Etagen des neuen Hochhauses das Intercontinental als Gegenüber hat. Aber ansonsten schaut man auf Stadtpark, Konzerthaus, Biedermeierviertel, Beethovenplatz und hat in den höheren Etagen einen Blick über die ganze Innenstadt. Besser geht’s eigentlich nicht mehr. Freilich nur, wenn es um Geld und nicht um Kultur oder Ästehtik oder um den Blick AUF das Hochhaus geht.
Auch wenn raffinierte Modellaufnahmen, aus denen die Höhe des Projekts nicht ersichtlich wird, den katastrophalen Eindruck verwischen wollen, so ist doch klar: Wien ist noch nie durch ein Projekt mit einem Schlag so hässlich geworden. Höchstens die unerträglich großen Klötze des AKH sind mit dem jetzigen Vorhaben vergleichbar; die stehen aber wenigstens in Gürtel- und nicht in Stadtnähe und haben „nur“ den einstigen berühmten Blick vom Kahlenberg aus ruiniert. Es ist übrigens kein Zufall, dass gerade beim AKH-Bau die Korruption explodiert ist.
Offen ist einzig: Wie weit hat auch der letztlich für die Genehmigung persönlich zuständige Bürgermeister da auch persönlich seine Hand im Spiel? Will er wirklich mit so einer dramatischen Dissonanz seine Karriere beenden? Vorerst dürfte er jedenfalls – mit oder ohne Weinglas in der Hand – genau beobachten, ob sich die Wiener noch zu wehren versuchen oder vom Trommelfeuer der Geschäftemacher schon erschöpft sind.
Jedenfalls wird von den Planern auf den derzeit auf diesem Grundstück etablierten Wiener Eislaufverein mehr Rücksicht genommen als auf das Bild der Stadt in einem ihrer bisher schönsten Bereiche. Die Eisläufer haben gekämpft und gewonnen, indem es weiter auf einem Teil des Areals einen Eislaufplatz geben soll. Das ist zwar eigentlich ein Randthema, auch wenn es sehr erfreulich ist, dass mitten in der Stadt eine winterliche Sportmöglichkeit besteht. Der wird jedenfalls auf einem kleinen Teil des Areals weiterbestehen.
Am Rande: Für die Sommermonate war die Verwendung des Platzes immer problematisch. Tennisplätze, Liegestühle: Nichts davon war wirklich ein nachhaltiger Erfolg, der dem winterlichen Eislaufen glich. In früheren Zeiten hatten dort übrigens im Sommer die lustigen wie harmlosen Freistilringer ihre Show abgezogen. Fette Männer traten martialisch gegeneinander an, taten sich dabei aber nie richtig weh. Auf den Rängen ging es besonders urwüchsig zu: Dort hörte man jenes nicht druckreife Vokabular an kreativen Kraftausdrücken, das heute nur noch in anonymen Internet-Postings zu finden ist.
Zurück zum Gemeinde-Projekt. Es hätte auch Hunderte andere Varianten gegeben, was mit diesem Grundstück passieren könnte. Solange das Konzerthaus nicht überragt wird und der Blick auf das Gebäude nicht beeinträchtigt wird, ist wirklich vieles möglich. Auch wenn klar ist: Kein Alternativprojekt wird in die diversen zum Teil unbekannten Kassen so viel Geld fließen lassen, wie ein 73 Meter hohes Hochhaus. Das ein ganzes Stadtviertel entstellen wird.
Damit man neben dem Hochhaus noch Platz für den Eislaufplatz hat, soll dieser zum Teil auf den jetzigen Gehsteig und die jetzige Fahrbahn hinausgedrängt werden. Was ja nichts anderes heißt, als dass man öffentlichen Raum okkupiert, damit im neuen Hochhaus all die diversen „Interessen“ bedient werden können. Das sollte einmal ein anderer Hausbauer versuchen: Weil er zu wenig Platz hat, wird einfach öffentlicher Grund okkupiert. Einem solchen Häuslbauer würde wohl bald der Sachwalter drohen.
Die Hoffnungen der Wiener haben ein letztes verzweifeltes Ziel: die UNO-Kulturorganisation Unesco. Diese hat mit der Vergabe – und dem Entzug! – des Titels „Weltkulturerbe“ ein wirksames Instrument in der Hand. Vor allem ein Entzug wäre ein weltweit hörbarer Paukenschlag. Die Unesco-Welterbe-Instanzen haben damit schon mehrere Anschläge des Macht-Netzwerkes verhindern können, die auf Wien versucht worden waren.
Diese Hoffnungen sind allerdings klein: Denn die SPÖ hat offensichtlich gelernt. Sie hat begriffen, dass die Unesco ihren schmierigen Geschäften im Weg stehen kann. Heute sitzt – natürlich ganz zufällig – eine prononcierte Sozialistin im Vorsitz von Unesco Austria, die einst sogar direkt im Kabinett eines SPÖ-Kanzlers und Parteivorsitzenden Befehle entgegenzunehmen gelernt hat. Was halt hervorragend passt.
Daher sollten sich die Wiener auf die Unesco nicht mehr allzusehr verlassen. (Auch wenn dort eigentlich ein gesondertes Komitee über das Welterbe entscheidet). Fast müsste man es gar nicht mehr extra erwähnen, so klar ist das angesichts des Rathaus-Filzes: Im Konglomerat der Eigentümer-Vertreter stößt man auf den Namen eines prominenten SPÖ-Mannes, der sogar eine Zeitlang Staatssekretär gewesen ist. Natürlich auch reiner Zufall.
Skandalös und ernüchternd ist jedenfalls, dass sich die Wiener Stadtplaner für dieses Projekt aussprechen. Die haben offenbar alle Hemmungen und jedes Gefühl für die Stadt verloren – oder sie liegen eng an der Leine der Partei. Eine dritte Erklärungsmöglichkeit für ihr Verhalten wäre so schlimm, dass ich sie gar nicht denken will. Tatsache ist jedenfalls: Bei den Stadtplanern ist jede stadtästhetische Sensibilität verloren gegangen.
Auch von Exponenten des Konzerthauses, also vom unmittelbar betroffenen Nachbarn, hört man keinen Widerspruch. Das erstaunt nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten erinnert man sich: Das Konzerthaus sitzt seit seiner – an sich grandios gelungenen – Renovierung auf einem riesigen Schuldenberg. Jede Wette: Die sich seit Jahren dem Konzerthaus gegenüber taub stellende Gemeinde wird beim Abbau dieses Schuldenbergs plötzlich sehr hilfreich sein, sofern von diesem Nachbarn kein Einspruch gegen das Projekt kommt.
Was soll in diesen Turm hinein? Es wird vor allem von Eigentumswohnungen gesprochen. Was ich auch sofort glaube. Denn der Andrang von russischem und ukrainischem Fluchtgeld auf Wiener Spitzenlagen nimmt derzeit noch immer ständig zu. Wer wird angesichts der gewaltigen Preise, die man erzielen kann, schon allzu genau hinschauen, ob das Geld vielleicht ein bisschen schmutzig ist? Können doch alle so schön daran verdienen. Und natürlich redet man in diesen Tagen nicht sonderlich gerne davon, dass sich in Wien derzeit gerade solche dubiosen Käufer einzukaufen versuchen.
Es packt einen die nackte Verzweiflung. Man möchte all diesen geldgierigen „Bauträgern“ und den ja ganz bestimmt objektiven Stadträten und „Stadtplanern“ zurufen: Geht doch nach Aspern, geht nach Favoriten, geht nach Simmering! Dort könnt ihr so hoch und so viel bauen, wie ihr wollt! Aber lasst doch endlich die paar wenigen Ecken Wiens in Ruhe, die noch schön sind, deretwegen die Touristen noch in die Stadt kommen. Und vielleicht könnt ihr es aushalten und werdet nicht verhungern, wenn halt ein paar Russen und Ukrainer weniger nach Wien kommen!
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Der ÖVP geht es offenbar gut – oder sie ist vom letzten guten Geist verlassen: Sonst könnte sie sich eine weitere schwere Selbstbeschädigung eigentlich nicht mehr leisten. Jetzt legt sie sich jedenfalls auch noch frontal mit fast allen wertorientierten und christlich orientierten Menschen an. Zur gleichen Zeit greifen mindestens zwei Parteien voller Begeisterung nach diesen mehrheitsbildenden Wählermassen.
Zwei signifikante Vorstöße aus den letzten Tagen, die nicht unterschiedlicher sein könnten: Der Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter verlangt in mehreren öffentlichen Erklärungen, dass Homosexuelle Kinder adoptieren können. Der Stronach-Abgeordnete Marcus Franz wagt es hingegen bei einem anderen, aber doch ähnlichen Thema in Sachen Abtreibung Mutiges auf Kirchen- und einstiger ÖVP-Linie zu sagen.
Franz will bessere Beratung, mehr Unterstützung für betroffene Familien, die Verpflichtung von Ärzten, dass es vor einer Abtreibung auch eine zweite Meinung geben müsse, und endlich die schon von Bruno Kreisky versprochenen Zahlen zu Abtreibungen. Franzens Schlüsselsätze: „Frauen sollen nicht bedrängt werden.“ Und: „Wir wollen eine Reduktion der geschätzten 30.000 bis 60.000 Abtreibungen durch sinnvolle Maßnahmen.“
Während die ÖVP Solches und noch Deutlichers einst selbst vehement vertreten hatte, ist seit vielen Jahren von ihr rund um den Komplex Abtreibung nichts Substantielles mehr zu hören. Oder wenn, dann hat man Zeitgeistig-Progressives nachgeplappert.
Auf zeitgeistig macht nun auch der Herr Rupprechter beim Thema Schwulenadoption. Was auch immer die Kompetenz des Landwirtschaftsministers dafür sein mag (normal ist er ja nur fürs Subventions-Kassieren zuständig), er will solche Adoptionen erlauben. Sein Argument: Er sei „nicht bereit, diese Menschen auszugrenzen“.
Zwar gibt es, seit Rupprechter sich so äußert, an der Basis der ÖVP und im Mittelbau bis hin zum Generalsekretär schweren Unmut und deutliche Abgrenzung zu dem Tiroler. Aber zumindest bis zur Stunde hört man absolut nichts zum Thema Rupprechter vom Parteiobmann, von der Familienministerin, vom Justizminister (die beide zum Unterschied von Rupprechter sachlich zuständig wären) oder vom Tiroler Landeshauptmann, der diesen Mann Fünf vor Zwölf mit einem zornigen Fußstampfen des Inhalts „Irgendein Tiroler muss hinein“, in die Regierung gepresst hatte (obwohl da ein weit besserer Mann schon nominiert war).
All die Genannten wären eigentlich seit Tagen dringend gefordert gewesen, Rupprechter in die Schranken zu weisen. Zumindest dann, wenn sie anderer Meinung sind. Und wenn die einst große Partei wenigstens noch in einem letzten Eck glaubwürdig bleiben will. Aber man hört nur Schweigen. Und die steirische ÖVP unterstützt ihn sogar.
Zu Rupprechter selber: Der schlichte Mann hat halt nicht begriffen, dass es bei dem Thema keine Sekunde um die Ausgrenzung von Homosexuellen geht. Es darf und muss einzig um die Kinder gehen. Und so wie es halt bei der Adoption auch Alters-Regeln gibt, ohne dass da wer „ausgegrenzt“ wird, so wird eben auch zu Recht bei der Kleinkindadoption von der Rechtsordnung verlangt, dass es Vater und Mutter gibt. Durch solche Regeln werden die Alten genausowenig „ausgegrenzt“ wie die Alleinstehenden oder Schwulen. Aber die Chancen der Kinder, gut aufzuwachsen und ein geordnetes Weltbild zu erwerben, werden durch diese Regeln signifikant besser. Konträre Einzelbeispiele in die eine oder andere Richtung sagen hingegen gar nichts. Es kann immer nur um die besten Wahrscheinlichkeiten für die Kinder insgesamt gehen.
Was Rupprechter wohl ebenfalls nicht weiß: Es gibt absolut keinen Mangel an Adoptiveltern. Ganz im Gegenteil, hervorragend geeignete junge Paare tun unglaublich viel, um ein Kind zu bekommen, wenn es auf natürlichem Weg nicht klappt. Sei es durch medizinische Kunststücke, sei es durch Adoptionen. Wofür es aber in Österreich viel zu wenig Kinder gibt.
Ebensowenig ist dem Mann klar, dass ein Minister halt nicht jeden Tag irgendetwas sagen darf, was er gerade will oder was eines der vielen linksliberalen Medien von ihm verlangt, sondern dass er immer auch für jene Partei spricht, die ihn aufgestellt hat. Die ÖVP hat durch ihn mit Sicherheit keinen einzigen „Standard“-Leser oder Grün/Neos-Wähler gewonnen, aber wieder zahllose empörte Wähler verloren. Diese haben nach der FPÖ und (zumindest in Europa) der Liste Stadler nun auch im Team Stronach ein Angebot gefunden, das ihren Werten und Sichtweisen mehr entspricht als die ÖVP in ihrem heutigen Zustand. Schließlich ist Rupprechter wegen der für die ÖVP abgegebenen Stimmen in der Regierung und nicht wegen seiner Person oder seiner Anschauungen.
Das Allerdümmste ist schließlich das Rupprechter-Geschwätz von Dialogverweigerung und Papst. Daraus spricht nur noch Ahnungslosigkeit und Frechheit.
Rupprechter behauptet, es gebe eine „Dialogverweigerung“ gegen die Schwulen. Bis auf ihn weiß aber jeder Österreicher, dass längst das Gegenteil wahr ist. In der veröffentlichten Meinung herrschen doch schon Monolog und Diktatur der Schwulen-Anhänger; ein Kritiker derselben kann sich doch kaum noch irgendwo artikulieren.
Und Rupprechters Berufung auf den Papst, mit dem er seine Aussagen vergleicht, ist überhaupt unglaublich: Denn der Papst hat nicht einmal in einer Viertelsilbe gesagt oder angedeutet, dass er für eine Kinderadoption durch Homosexuelle wäre. Ganz im Gegenteil.
PS: Dass uns Rupprechter auf seinem eigenen Sachgebiet auch einreden will, dass höhere Strompreise zugunsten von Solarpaneelen gut für Arbeitsplätze wären (was aber in Wahrheit nur für chinesische Jobs zutrifft), zeigt nur die gesammelte Dummheit dieses Mannes. Aber er ist halt wohl ein typisches Produkt der Tiroler ÖVP. Diese hat ja schon mit dem Gesamtschulfimmel des Herrn Platter die massive Wählervertreibungsaktion begonnen.
PPS: Freilich, an Matthias Strolz reicht Rupprechter noch nicht heran: Der setzt sich ja nicht nur mit dem Papst, sondern gleich mit Jesus Christus und dessen Fastenzeit in der Wüste in Beziehung. Aber es wird schon, auch aus einem Landwirtschaftsminister kann ja sicher noch Christus werden . . .
Wie wäre es damit, einmal mutig zu sein und zur aktuellen Weltkrise etwas Konkretes zu tun?
Tschechiens Regierung – jetzt sozialistisch geführt! – hat mutig den russischen Botschafter ins Außenministerium vorgeladen. Sie hat ihm klargemacht, dass Prag nicht akzeptieren will, dass in Europa wieder mit militärischer Macht Staatsgrenzen verändert werden. Nicht, dass Herrn Putin die tschechische Einzelmeinung stark beeindrucken wird. Aber sie ist wenigstens ein deutliches und klares Zeichen eines mittelgroßen mitteleuropäischen Landes (das von der Ukraine weiter entfernt ist als Österreich!) gegen das Rollen russischer Panzer. Vielleicht kann auch bei uns endlich irgendjemand (die unsäglich besetzten Planungsstäbe des Außenamtes sind ja eher zu vergessen) dem jungen Minister klarmachen, dass auch Österreich solche Zeichen hervorragend anstünden. Und dass man nicht nur deshalb Minister geworden ist, um sich auf vermeintlich kommende höhere Weihen vorzubereiten. In Krisenstunden müsste gerade ein Außenminister Leadership zeigen. Der sie aber offensichtlich genausowenig hat wie der Regierungschef dieses Landes.
Kaum ein Bericht der Arbeiterkammer (AK), der nicht die Wut der Menschen gegen „unser ungerechtes System“ anheizt. Nun also der Einzelhandel: Hier hätten laut AK-Chef Rudolf Kaske Frauen keine Chance, Führungsfunktionen zu übernehmen. Frauen wären diskriminiert, weil sie in Vollzeitstellen € 1.150 Euro netto verdienten, Männer hingegen € 1.500.
Ein (weiterer) AK-„Bericht“ ist (wieder einmal) tendenziös und wissenschaftlich unhaltbar.
Wieder einmal werden elementare wissenschaftliche Prinzipien ignoriert. Ziel scheint es einmal mehr zu sein, der Bevölkerung das Gefühl zu geben, es ginge in Österreich ungerecht zu.
Eine solcherart permanent im Aggressionszustand gehaltene Bevölkerung soll bei Wahlen dann ihre Zuflucht bei „gerechten“ Parteien suchen.
Weniger Ehrgeiz
Frauen wollen Teilzeit
Frauen nicht abgedrängt
Täuschender Einkommensvergleich
Ungerecht? Frauen arbeiten weniger, kürzer, gehen früher in Pension, leben länger
Als Harald Schmidt in seiner Show am Weltfrauentag den Leiter seiner Big Band, Helmut Zerlett, fragte, ob er für die Frauenquote wäre, kam es wie aus der Pistole geschossen: „Aber, natürlich!“ Nicht einmal Harald Schmidt war aufgefallen, dass in Zerletts Band keine einzige Frau zu sehen war. Ja, dass niemand sich erinnern konnte, dort jemals eine Frau gesehen zu haben.
Scharfmacher Kaske war in den 2000-ern durch seine Drohung bekannt geworden; „… dann brennt die Republik!“. Tatsächlich haben radikale Kräfte von beiden Seiten unser Land in den 1920-ern aufgehetzt – haben ein Klima erzeugt, in dem die Menschen sich vom System ungerecht und ungleich behandelt fühlten. Wer einer Gesellschaft aus selbstsüchtigen, politischen Motiven über Jahre und Jahrzehnte einredet,„das System wäre ungerecht und ungleich“, destabilisiert eine Gesellschaft. Und er riskiert, dass diese wieder kippt.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. In seinem aktuellen Buch „Die Gemeinwohl- Falle“ stellt er sich gegen den „linken Mainstream“, kritisiert etwa AK, Christian Felber und Caritas.
Die Hypo-Pleite zwingt zu einer sehr deprimierten Bilanz. Noch nie hatte Österreich einen so führungsschwachen und feigen Bundeskanzler an der Spitze. Noch nie hatten wir so sachunkundige Finanzminister wie jetzt und vor allem in jenen Tagen, da sich die Republik von Bayern die Hypo andrehen ließ. Noch nie hat die Nationalbank so parteipolitisch agiert wie heute, nachdem sie jahrelang begeistert bei jedem Fehler mitgemacht hatte.
Mehr als seltsam reagierte jetzt auch der Wirtschaftsminister: Er wusste zwar ebensowenig einen Ausweg. Er verlangte aber sofort, dass es wegen der Hypo jedenfalls zu keiner Reduktion anderer staatlicher Investitionen und Aktivitäten kommen dürfe.
Das klingt für manche vielleicht gut – bedeutet aber in Wahrheit einen verheerenden Anschlag auf Steuerzahler und Sparer. Denn wenn man einbetoniert, dass es bei den Ausgaben keine Einschränkung geben dürfe, dann kann das ja nur heißen: Wir holen uns das Geld auf der Einnahmenseite. Egal ob die Hypo „nur“ noch weitere 8 oder gar 18 Milliarden verschlingen wird.
Österreich ist schon jetzt einer der Weltrekordhalter bei der Abgabenquote. Gehen doch seit Jahren die Investitionen drastisch zurück, weil sich kaum noch ein neuer Investor dem würgenden Zugriff der hiesigen Finanz aussetzt. Spüren doch Menschen, die immer gearbeitet haben und die dann von ihren Ersparnissen leben wollten, dass der Staat seine Ausgaben jetzt auf Kosten dieser Ersparnisse deckt.
Sind doch in keinem Land die Subventionen so hoch wie in Österreich. Sie werden uns zwar als Wirtschafts-Förderung verkauft. Aber in Wahrheit wäre jeder einzelne Euro in Steuersenkungen besser eingesetzt als in Subventionen. Dann würde er wirklich Wachstum, Werte und Arbeitsplätze schaffen und nicht nur den Subventions-Optimierern, parteinahen Vereinen und längst nicht mehr lebensfähigen Unternehmen nutzen.
Hier geht es keineswegs um eine neue Erscheinung des Floriani-Prinzips, dass immer nur bei den anderen gespart werden solle. Es geht auch erst in zweiter Linie darum, dass es die Bürger total satt haben, wenn schon wieder eine rein im staatlichen Bereich entstandene Katastrophe auf ihrem Rücken abgeladen werden soll. Es ist freilich alles andere als ein Zufall, dass die Hypo, der weitaus ärgste Finanzskandal der Republik, bis zur letzten Sekunde im totalen Staatseigentum passiert ist (ob der Staat nun durch Kärnten, einen ausländischen Staat, und seit über vier Jahren durch den Bund agiert).
Der absolut wichtigste Aspekt des Skandals lautet: Jede weitere Steuererhöhung zu seiner Finanzierung wäre der absolute Todesstoß für Unternehmer und Leistungswillige in Österreich. Die Hypokrise ist die definitiv letzte Chance Österreichs auf eine tiefgreifende Ausgabenreduktion. Diese kann nur durch dramatische, tiefgehende und sinnvolle Aufgaben- und Ausgabenreformen in allen Bereichen vom Föderalismus über die vielen Subventionen bis zum Pensionsantrittsalter erzielt werden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Das Rating Österreichs könnte früher gesenkt werden, als wir denken. Und zwar dann, wenn gleich zwei derzeit über Österreich schwebende Risken schlagend werden.
Das eine ist hier schon öfter erwähnt worden: Wenn klar wird, dass Österreich über eine „Anstalt“ oder etwa Ähnliches sämtliche Schulden der Hypo Alpen-Adria übernimmt, wird sich das gar nicht gut auf das Rating Österreichs auswirken. Denn damit übernimmt der Bund unvermeidlich auch die Haftung für sämtliche Bundesländer und deren Geschäfte. Das mögen Gläubiger gar nicht, die bisher nur den Bund als Schuldner gesehen haben.
Die Schimäre, der die Herren Faymann und Spindelegger derzeit nachjagen, wird wohl nur teure Zeitverzögerung, aber keinen Cent einbringen: Die beiden lassen heftig über Mechanismen nachdenken, mit denen sie angebliche „Profiteure“ der Hypo so an den Pranger stellen wollen, dass diese der Hypo freiwillig etwas für die Kosten des Crashs spenden. Skurril. Denn wenn es irgendwo Rechtswidrigkeiten gegeben hat, wird eh voll gehaftet. Wo aber rechtlich alles in Ordnung war, kann man doch in einem Rechtsstaat nicht auf jene zugreifen, die irgendwann einmal längst abgeschlossene Rechtsgeschäfte mit der Hypo getätigt haben.
Genauswenig wird es möglich sein, alle aktuellen Anleihegläubiger der Hypo zu einem freiwilligen Verzicht auf einen Teil der Forderungen zu bringen. Das geht eben nur in einer Insolvenz. Ansonsten funktioniert so eine freiwillige Spende nur in der Phantasie der Regierung. Daran wird sich nichts ändern, auch wenn Faymann und Spindelegger noch ein paar Millionen für Berater ausgeben.
Der zweite Grund hingegen ist den Österreichern noch kaum bewusst. Er wird aber seit einigen Tagen zunehmend konkreter: Das ist die Ukraine: Dort haben Raiffeisen wie Bank Austria relativ viele Forderungen offen. Und beide Banken sind für Österreich enorm wichtig – weit wichtiger als die Hypo –, dass ein kräftiger Verlust dort sich auch auf das Rating der Republik auswirken kann. So werden wohl auch wir für die Ausplünderung der Ukraine durch Russlands Freunde zahlen müssen. Beschwichtigende Raiffeisen-Aussendungen machen da Hellhörige nur umso aufmerksamer.
PS: Offen ins Gesicht lachen sollte man allen jenen, die sich noch immer darüber erregen, dass man das Wort „Insolvenz“ auch nur in den Mund nimmt. Erstens gibt es hierzulande noch keine Sprechverbote. Zweitens wäre eine Insolvenz für die Steuerzahler weitaus am billigsten. Und drittens ist eine Insolvenz ein ganz normaler, ja ein zwingender Teil der Rechtsordnung. Worauf man doch noch hinweisen darf. In Wahrheit handelt wohl jeder, der jetzt öffentlich so laut gegen jede Idee von Insolvenz spricht, aus (meist geheim gehaltenem) Eigeninteresse. Die Sprechverbieter fürchten für sich oder nahestehende Institute einen Teilverlust von Hypo-Anleihen. Gewiss hätte ich als Gläubiger auch das Interesse, dass jemand meine Forderungen komplett zahlt. Aber Sprechverbote zu erteilen, ist ein bisschen gar zu arg.
In Kärnten musste jetzt die Kärntner Tageszeitung endgültig zusperren, die jahrzehntelang der SPÖ gehört hatte.
Wie auch bei der AZ war knapp vor dem Ende noch ein privater Eigentümer zwischengeschaltet worden. Der in diesem Fall im Finale erstaunlich undurchsichtige Geschäfte versucht hatte. Er hat jedenfalls die KTZ genausowenig gerettet, wie das einst bei der AZ gelungen war. Uns interessiert aber anderes mehr: dass das Blatt in den letzten zehn Jahren mehr als neun Millionen Presseförderung allein vom Bund kassiert hat (was ein Klacks ist gegen das, was die Familien Fellner und Dichand an staatlichen Inseraten in Kooperationen kassieren. Jährlich). Dass das endgültige Aus genau zu jenem Zeitpunkt kommt, da das SPÖ-regierte Land Kärnten selbst eine Insolvenz fürchten muss, also niemandem mehr helfen kann, weder offen noch insgeheim. Und dass natürlich die diversen, von den Gewerkschaften verfochtenen teuren Kollektivverträge gar nichts mit der Insolvenz zu tun haben, weil eine Gewerkschaft ja immer unschuldig ist. Dabei hat das Blatt am Ende immerhin noch 12.000 Abonnenten gehabt. Aber die Zukunft gedruckter Zeitungen ist halt generell nur noch eine mit sehr beschränkter Perspektive. Selbst wenn die Gewerkschaften vernünftiger wären.
Es sind schon oft irgendwo Schularbeitshefte aufgetaucht, wo sie nicht sein sollten. Daher regt mich der „Datenskandal“ im Gegensatz zu den restlichen Medien nicht sonderlich auf. Daran scheint nur dreierlei schlimm: Erstens, dass die Frau Heinisch-Hosek zwei Monate lang auf Informationen zum Datenleak nicht reagiert hat (ein Minister bekommt freilich täglich zahllose Mails); zweitens der bifie-Hochmut gegenüber seinen Informanten (auch wenn das einer der vielen Hinausgeworfenen des bifie ist); und drittens, dass die Mailadressen Zehntausender Lehrer eine Zeitlang ungeschützt waren (die aber in den allermeisten Fällen eh allen Schülern und Eltern bekannt sind, so wie einst fast alle Telefonnummern im Telefonbuch standen, also viel intimere Kontaktdaten). Schülernamen sind auf dem ominösen rumänischen Server hingegen keine gestanden. Was mich statt dieser Datengeschichte viel mehr empört, ist das allgemeine Schweigen zum wirklichen Skandal rund um altlinke Ideen der neuen Unterrichtsministerin.
Denn über die Gefahren durch diese Ideen wird erstaunlicherweise nirgendwo gesprochen. Obwohl bei ihrer wirklichen Realisierung sehr viele Bürger empört sein werden. Die Ministerin will nämlich die Ziffernnoten – vorerst – in den ersten drei Volksschulklassen abschaffen und durch verbale Beurteilungen ersetzen. Das ist aus vielen Gründen eine Dummheit.
Die vom Ministerium ausgeschickten Pädagogen berufen sich darauf, dass Ziffernnoten nur teilweise mit echter Leistung zusammenhängen. Ja, gewiss. Das weiß man seit Generationen. Leistung lässt sich in ihrer Gesamtheit nie exakt messen. Deswegen hat es Kindern in Schwierigkeiten auch oft geholfen, wenn nach einem Schulwechsel die Chemie zwischen den neuen Lehrern und ihnen viel besser war. Deswegen gibt es auch so viele Debatten über die komplizierten Objektivierungsversuche bei der neuen Zentralmatura.
Das ist aber kein Argument gegen Ziffernnoten. Denn die verbalen Beurteilungen haben genau dasselbe Problem wie die in Ziffern: Lehrern sind halt manche Schüler sympathisch und andere nicht. Auch Lehrer sind keine Übermenschen.
Verbale Beurteilungen sind in vielen Fällen bloßes Gewäsch. Auf solchen verbalen Zeugnissen steht halt dann formelartig meist der nichtssagende Satz: „Du hast Dich bemüht“. Und erst mühsame Exegese wird auf Vergleichswegen herausfinden, dass es besser (oder schlechter?) wäre, wenn dort stünde: „Du hast Dich sehr bemüht“. Wegen solcher (sogar einklagbaren!) Formelhaftigkeit sind ja auch die verbalen Arbeitszeugnisse längst total unbrauchbar geworden. Und werden von allen Personalchefs ignoriert. Wichtig ist ihnen höchstens die dabeistehende Telefonnummer, wo sie dann die Wahrheit zu hören bekommen.
Vom Ministerium wird verbreitet, dass man ja in einem Ziffernsystem „Werte, Arbeitshaltung und Sozialkompetenz“ nicht messen könnte. Das ist heiter. Denn es waren ja einst genau die linken Pädagogen, die die Betragens-Note bekämpft haben, die generationenlang genau das gemessen hatte. Jetzt wird dasselbe wieder eingeführt – halt verbal.
Das einzige, was Heinisch-Hosek anstelle der Noten an Konkretem bietet, sind „verbindliche Elternaussprachen“. Nun, erstens könnte man Aussprachen ja auch bei Ziffernnoten verbindlich machen. Zweitens sind Eltern, die nicht schon freiwillig mit den Lehrern reden, ohnedies eine Katastrophe. Und drittens hat die Ministerin nicht dazugesagt, was denn die Konsequenzen wären, wenn solche Eltern auch bei den „verbindlichen“ Aussprachen nicht erscheinen. Wahrscheinlich 50 Nach-Termine, 30 Mahnungen und 80 Briefe, damit eine SPÖ-Ministerin nur ja immer ihre Kuschel- und Sozialkompetenz zeigt. Die man ja auch am langen Bestemm der Vorgängerin gegen jede ernsthafte Konsequenz bei kontinuierlichem Schulschwänzen beobachtet hat.
Hinter dem Ruf nach Verbalen Beurteilungen steht natürlich wieder die linke Einheitsbrei-Strategie. Das Ziel ist altbekannt, die Strategie ist nur ein wenig anders. Ohne Noten, ohne Leistung, ohne Differenzierung sollen alle Kinder neun Jahre lang nebeneinander sitzen. Bis dann halt die nächste Reform nach rot-grün-pinker Art kommt und sagt, dass ja Bildungsweg-Entscheidungen mit 15 viel zu früh wären; dass man mindestens bis zum Alter von 18 alle in die gemeinsame Schule schicken müsse. Und ein paar Jahre später wird wohl jemand draufkommen, dass es eigentlich auch sehr ungerecht sei, wenn man nicht jedem seinen Bachelor-Titel zukommen lasse (hoffentlich in gegenderter Form).
Noch einmal zurück zum „Datenskandal“. Es ist zwar logisch, dass jetzt alle über die präpotente Frau Heinisch-Hosek, die Unfähigkeit ihres Kabinetts und das so von sich selbst eingenommene bifie herfallen. Das gehört zum politischen Spiel. Aber viel erstaunlicher ist das Schweigen von Lehrer- und Elternvertretern zum wichtigsten Aspekt der Angelegenheit: zur Tatsache, dass die Daten zu Schule und Schultype weiterhin geheimgehalten werden, wenn sie nicht gerade irgendwo in Rumänien stehen. Niemand will offenbar Transparenz.
Niemand will die Daten einzelner Schüler wissen. Aber die Qualität von Lehrern und Schulen geht uns sehr wohl etwas an. Das kann kein Privatwissen sein. Die Schule ist ein Dienstleister und keine Obrigkeit. Und wir sind die Kunden, die das Beste für unsere Kinder wollen. Sollten nicht eigentlich Kunden die Könige sein?
PS: Für die Firma Kapsch, der das offensichtlich passiert ist, ist die Sache eigentlich besonders unerfreulich. Kapsch wird aber in den Medien überaus freundlich ausgespart. Warum nur . . .
Maximilian fragt seinen Großvater Andreas Unterberger, ob es die große Koalition eigentlich für immer geben wird, immer gegeben hat und warum die Menschen sie immer noch gewählt haben.
Christian Wulff ist freigesprochen worden. Damit ist jetzt unbestreitbar: Wieder haben Staatsanwälte eine Existenz vernichtet, ohne dass da eine vor einem Gericht erkennbare Straftat dahintergestanden wäre.
Gewiss, die betroffenen Staatsanwälte werden im verzweifelten und wohl chancenlosen Versuch, ihr Gesicht zu wahren, zu berufen versuchen. Gewiss, man kann nicht prinzipiell Staatsanwälten Vorwürfe machen, wenn jemand freigesprochen wird – sonst wäre ja die Trennung zwischen Richter und Anklagebehörde überflüssig, die wir an Stelle des Inquisitionsprozesses heute haben.
Nur: Es ist in einer Demokratie absolut unakzeptabel, wenn Staatsanwälte ohne konkretes Delikt reihenweise Existenzen vernichten können. Ob es nun um Bundespräsidenten geht oder „nur“ um normale Menschen.
Und sie können das auch in Österreich. Auch hier kenne ich eine Reihe ganz konkreter Fälle (die ich nur nicht identifiziere, um mich nicht des gleichen miesen Verhaltens wie manche Ankläger selber schuldig machen):
Der zuständige Justizminister tut – nichts, weil seiner Meinung nach ein Minister trotz voller Zuständigkeit nichts mit der Staatsanwaltschaft zu tun haben soll. Diesen Unsinn hat er jahrelang als Universitätsprofessor verzapft. Und verzapft ihn daher auch heute noch so. Und die österreichische Staatsanwaltschaft tut daher mehr denn je, was sie will.
Die entscheidende Besserung läge in einer viel stärkeren persönlichen Haftung von Staatsanwälten dafür, wie sie mit Staatsbürgern umgehen. Dabei muss es nicht primär um strafrechtliche Konsequenzen gehen (die gibt es theoretisch eh), aber sehr wohl um karrieremäßige und dienstrechtliche. Wenn es einem Staatsanwalt mehrfach passiert, dass er Karrieren anderer Menschen zerstört, ohne dass die etwas strafrechtlich Relevantes angestellt haben, wenn er Akten jahrelang nicht erledigt, dann darf das einfach nicht ohne Konsequenzen für die Karrieren dieser Staatsanwälte bleiben.
Wirklich drastisch müssen die Konsequenzen aber für jene Staatsanwälte sein, die an Fällen wie der bayerischen Causa Gustl Mollath schuld sind. Dieser Mann war ja jahrelang auf Grund unbewiesener Behauptungen seiner Ehefrau in einer geschlossenen Anstalt gesessen, weil Staatsanwälte in ihrem Jagdfieber eindeutig falsch, einseitig und unvollständig agiert haben. Der Mann säße wohl heute noch dort, hätten nicht Wahlen die bayerische Justizministerin unter Druck gesetzt, endlich gegen die ihr unterstellten Staatsanwälte vorzugehen. Er säße auch dann noch dort, wären die Staatsanwälte nur einem Generalstaatsanwalt unterstellt, der sich ja um Wahlen nicht kümmern muss.
Ich bin 24 Jahre alt, Maurer und lebe in Wien. Seit etwa zehn Jahren erlebe ich politische Maßnahmen bewusst.
Mit 14 war es mir natürlich scheißegal, wenn Mineralölsteuern erhöht werden, und die Zigaretten habe ich damals auch meinen Eltern geklaut. Jetzt allerdings, wo mir ohnehin knapp die Hälfte meines Lohnes abgeknöpft wird, kulturbedingt (stolzer Steirer) gern Wein trinke und lieber mit dem Auto als mit der U-Bahn fahre, spüre ich diverse richtungweisende Steuern enorm.
Cui Bono?
Lenkende Steuern können unmöglich gerechtfertigt werden. Sie können erst recht keinen positiven Effekt erzeugen. Da diese Steuern vom Bund eingehoben werden, ist dieser auch der Profiteur der Einnahmen aus diesen Steuern.
Wenn nun etwa Philipp Morris eine Studie zum Thema Passivrauchen in Auftrag gibt, würde diese vermutlich nur veröffentlicht werden, wenn die Ergebnisse dem Wunsch der Geschäftsführung entsprechen. Diese Studie würde selbstverständlich niemand ernst nehmen (zum Glück), da man ja weiß, dass Philipp Morris von dem Ergebnis der Forschung profitiert.
Würde BP eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlichen, in der nachgewiesen wird, dass CO2 keine Auswirkungen auf die Umwelt hat, dann würde kein Bauer die Studie ernst nehmen, weil jeder weiß, dass die Studie ganz allein dem Zweck dient, BP die Geldkoffer zu füllen.
Jetzt frage ich mich, wer kann eine von der Regierung veröffentlichte Studie zu den Themen Rauchen, Trinken oder Abgase ernst nehmen, wenn man weiß, dass der Staat aus den Einnahmen der lenkenden Steuern dieser Bereiche profitiert?
Umgekehrt kann ich natürlich recht einfach einen Schluss ziehen. Gäbe es gar keine lenkenden Steuern, könnte der Staat unabhängige Studien in Auftrag geben, und uns freie Bürger informieren.
Und das hätte einen äußerst positiven Effekt. Wir Demokraten könnten uns durch eine völlig unabhängige Studie direkt informieren und aufgeklärt werden. Wir hätten endlich die Möglichkeit freie Entscheidungen zu treffen. Wir könnten endlich wissentlich das Richtige tun.
Und ich bin zuversichtlich, dass die Menschen sich für die nachhaltige Lösung entscheiden werden. Denn obwohl es keine unabhängigen Studien gibt, gibt es eine Nachfrage nach Mercedes S-Klasse-Autos mit Hybrid-Motoren; aber ich kann mir kaum vorstellen, dass einem Fahrer einer Mercedes S-Klasse der Sprit zu teuer ist.
Solarpaneele sind ebenfalls unwirtschaftlich, und trotzdem boomt das grüne Geschäft.
Österreicher, ob reich oder arm, sind gut und haben ein gutes Herz. Und jeder Vater will das Beste für seinen Sohn. Und diese Tatsachen reichen aus, um zu wissen, dass wir immer das Richtige und Nachhaltige tun werden. Ich will mir nicht jeden Tag von unseren weltfremden Politikern eine böse Absicht unterstellen lassen.
Benno Schmidt ist in Graz geboren, hat vier Schwestern, einen Bruder und eine Halbschwester. Er ist bis zur 7. Klasse ins Gymnasium gegangen. Dann hat er die Schule abgebrochen und eine Maurerlehre begonnen. Er hat mit 20 noch einen Versuch mit dem Abendgymnasium gestartet, mangels Lust am Lernen aber bald wieder aufgegeben. Er hat seine Lehre bei der Alpine Bau GmbH beendet. Seit deren Konkurs arbeitet er bei einer kleinen Firma als Maurer. Nebenbei schließt er heuer die Polierschule ab.
Es gibt keinen Politiker, keinen Ökonomen, der nicht schon verlangt hätte: „Mehr Bildung!“ Ohne Vorsprung in Bildung, Forschung und Ausbildung besteht in der Tat Null Chance, dass in Österreich auch künftig höhere Gehälter bezahlt werden als in 99 Prozent der übrigen Welt, dass unser aufwendiges Wohlfahrtssystem wenigstens halbwegs weiterbestehen kann. Jedoch sind Politiker wie Ökonomen naturgemäß völlige Laien in Sachen Bildung. Daher ist es sehr erstaunlich, dass sie sich ständig zu den konkreten Bildungs-Details ohne Kontakt mit den einschlägigen Profis äußern.
Profis sind eindeutig und vor allem die Pädagogen, vom Kindergarten bis zur Universität. Während man mit kranken Zähnen zum Zahnarzt geht, und beim Bau eines Hauses zu Baumeister und Architekt, hält sich jeder beim Thema Bildung selbst für einen Experten. Offenbar weil jeder Politiker und Ökonom (vermutlich) selber einmal in der Schule war. Nur: Sie waren ja auch schon in Tausenden Häusern, die gefallen oder nicht gefallen haben. Und trotzdem bauen sie nicht eigenhändig ein Haus. Ich würde es jedenfalls nur ungern betreten.
Spricht man mit Experten, lernt man viele Fakten, die in der Parteien-Diskussion nie vorkommen – wohl auch weil sie zum Teil unangenehm sind:
Aber das sind ja nur Ratschläge der Experten. Bei uns dilettieren hingegen Politiker und Journalisten weiter . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Karlsruhe hebt die Dreiprozent-Hürde für die Europawahl auf. Denn das EU-Parlament sei ohnedies jetzt schon sehr zersplittert; und dort brauche es keine klaren Mehrheiten. Ein ebenso interessantes wie seltsames Urteil.
Seltsam ist schon einmal die Tatsache, dass eine Interpretation der Verfassung ganz offen von Wahlergebnissen abhängig gemacht wird. Das bedeutet eine – vorsichtig ausgedrückt – ungewöhnliche Vorstellung von Verfassung. Die Argumentation der Karlsruhe-Richter bedeutet im Umkehrschluss ja: Wäre das EU-Parlament nicht so zersplittert, wie es zweifellos ist, dann wäre die Dreiprozenthürde verfassungsrechtlich ok. So aber kann man diese abschaffen.
Zugleich sagt das deutsche Verfassungsgericht mit seiner Begründung auch indirekt: In der EU gebe es eh keine echt demokratischen Verhältnisse. Dort braucht es laut Karlsruhe ja keine Regierungsmehrheit. In Staaten schon. Das ist eine mehr als bittere, wenn auch wahre Aussage über die EU.
Der Hauptkritikpunkt, der das EU-Parlament als undemokratisch erscheinen lässt, wird freilich auch von Karlsruhe nicht ins Zentrum gerückt: Das ist die (von den EU-Verträgen so geregelte) Tatsache, dass dort Wählerstimmen total ungleich gewertet werden. Je kleiner ein Land, umso mehr Gewicht hat jeder Bürger. Bis hin zur Extremrelation 1:12, die es zwischen Malta und Deutschland gibt.
Solange dieses Ungleichgewicht nicht beseitigt ist, ist es letztlich völlig sekundär, ob in einem Land die Drei-, in einem anderen die Vier- oder Fünfprozentklausel gilt, ob da die Nullprozentregel eingeführt wird und anderswo das Mehrheitswahlrecht gilt. Aber Juristen und erst recht Politiker diskutieren halt oft lieber Randfragen, statt sich den eigentlich gravierenden Themen zu stellen. Weil man halt Angst hat, diese nicht zu derheben.
Wenig Freude mit dem Karlsruhe-Urteil werden jedenfalls die deutschen Großparteien haben. Denn nun können sie nicht mehr behaupten, dass eine Stimme für die „Alternative für Deutschland“ eine weggeworfene wäre. Freilich war ohnedies längst klar, dass diese Gruppierung mit mehreren Mandaten ins Europaparlament einziehen wird. Die Denunziationsversuche durch die Altparteien (Extremismus und so) sowie deren Bemühen, alle ungelösten Probleme bis zu den EU-Wahlen unter den Teppich zu kehren, damit das Wirken des Parlaments nur ja gut dasteht, rufen bei den meisten Wählern ohnedies nur noch ein Gähnen hervor.
Ganz schön viel, wovon wir an einem einzigen Tag Abschied nehmen müssen. Wobei sich freilich das Bedauern in engen Grenzen hält. Denn in Wahrheit ist es nur in einem einzigen Fall ein echtes.
Irgendwie ist es zwar schade um Laura Rudas. Künftig haben wir als Folge ihres Abschieds über die Politik deutlich weniger zu lachen als bisher. Aber die junge Dame hat halt den Mann ihres Herzens entdeckt. Schön für sie. Bisher hatte sie ja nur bei Werner Faymann punkten können, der in seiner Schlichtheit geglaubt hatte, Laura Rudas würde junge Wähler ansprechen. Wo sie aber nur abschreckend gewirkt hat. Das Abschiednehmen scheint übrigens das Dauerschicksal von Generalsekretären zu sein – nicht nur bei roten, auch bei schwarzen und blauen. Hui ist man oben. Und Hui ist man draußen.
Ein Ade gibt es für die Geheimhaltung steuerfinanzierter Studien. Nach einem Bericht der „Presse“ sind die einstigen Tests hunderttausender Schüler auf einem rumänischen Internet-Server aufgetaucht. Und das ist gut so (mit Ausnahme der Veröffentlichung von Mail-Adressen der Lehrer), auch wenn jetzt alle Medien Krokodilstränen vergießen ob dieses Datenleaks und ob der offensichtlichen Rache eines der vielen geschassten Mitarbeiter des Geheimhaltungsinstituts bifie. Doch die Ergebnisse von Schulen und Schultypen gehen die Öffentlichkeit und vor allem Eltern sehr viel an. Man wird nun die Qualität einzelner Schultypen, Schulen und Lehrer genau feststellen können. Und genau auf dieses Wissen haben Eltern Anspruch, die über das Schulschicksal ihrer Kinder entscheiden müssen. Das Tagebuch hatte schon damals – auf Grund einer geheimen Information – nachgewiesen, dass bei diesen freiwilligen Tests die diversen Gesamtschulen katastrophal abgeschnitten haben. Das ist freilich damals sowohl vom Schmied-Ministerium wie auch vom bifie geleugnet worden. Jetzt rückt aber nicht nur das Gesamtschulthema kritisch ins Zentrum, sondern generell auch der unglaubliche Skandal von Geheimstudien. Es ist in einer Demokratie absolut unakzeptabel, dass eine Regierung Studienergebnisse geheim hält, die sie mit unserem Geld finanziert hat. Die Qualität einer Schule darf wie so vieles anderes nicht nur Geheimwissen eines Ministers sein.
Abschied nimmt auch die Internet-Kunstwährung Bitcoin. Es war freilich immer vorauszusehen, dass die Bitcoin-Euphorie nur eine Blase ist. Und man sollte immer beachten, auch außerhalb des Internets, Dinge, die man nicht komplett versteht, niemals anzugreifen. Selbst wenn keine kriminellen Vorgänge dahinter stehen sollten. Das geringe Vertrauen kluger Menschen in Bitcoin heißt freilich nicht, dass das Vertrauen in Euro, Dollar & Co größer wäre. Denn Fed wie EZB schöpfen monatlich zig neue Milliarden an zusätzlichem „Geld“ per Druckmaschine, ohne dass da irgendwelche Werte dahinterstecken würden. Was ja nichts anderes ist als Betrug auf Staatsebene. Was Bitcoin im Internet war.
Abschied nimmt auch der mächtige Budget-Sektionschef Gerhard Steger. Der Sozialdemokrat setzt sich in den Rechnungshof ab. Er wurde immer als Sparefroh bezeichnet, was mich sehr für ihn einnimmt. Freilich lässt die Gesamtentwicklung der von ihm gemachten Budgets nicht gerade in Jubel ausbrechen. Vor allem das Sozialministerium mit den explodierenden Kosten für Pensionen und Arbeitslosigkeit war ganz offensichtlich nicht in Stegers Spargriff. Daran ist zwar sicher die Politik hauptschuld, aber Steger war ihr Instrument.
Erfreulich ist das endgültige Aus für den Versuch der einst so mächtigen Wiener SPÖ, den ORF nach Sankt Marx zu zwingen. Das überrascht angesichts der Mehrheitsverhältnisse in den ORF-Gremien, die ja normalerweise alle rotgrünen Vorschläge abnicken. Beim Sankt-Marx-Plan stehen den ORF-Betriebsräten aber die eigenen Wähler deutlich näher als ideologische Fronten. Vor allem die linken, daher extrem strukturkonservativen ORF-Mitarbeiter wollen partout nicht in Häupls Medienzentrum übersiedeln. Es wird aber nun weitergestritten: Müssen jetzt alle ORF-ler auf den Küniglberg übersiedeln? Das wird noch spannend. Einerseits steht hinter dem Künstleraufruf „Rettet das Funkhaus!“ weitgehend eine lächerliche Sammlung jener Namen, die auf Aufträge von dort hoffen. Andererseits ist die Zentralisierungsparole vom „gemeinsamen Newsroom“ ein Konzept von vorgestern. Stehen doch in der Epoche der Elektronik sämtlichen ORF-Mitarbeitern alle Radio- und Film-Aufnahmen in einer zentralen Datenbank zur Verfügung. Die kann von überall abgerufen werden. Daher sieht nur Alexander Wrabetz einen ökonomischen Nutzen eines solchen Einheits-Newsrooms. Dessen Konzept klingt eher nach einem teuren, aber nutzlosen Berater-Gewäsch aus einem früheren Jahrtausend. Hat Alexander Wrabetz keine besseren Argumente zugunsten seines Künigl-Plans? Dann wird er auch damit scheitern.
Wirklich ärgerlich ist von all diesen vielen Abschieden das Ade für Begutachtungen. Die Regierung will solche offensichtlich als überflüssiges Element in einem autoritären System endgültig abschaffen. Schon wieder wird nämlich ein Gesetz an einer Begutachtungs-Schleife vorbeigelotst. Diesmal geht es um den Handwerker-Bonus und die Zahnspangen. Es gibt aber überhaupt keinen Grund, warum hier auf Begutachtungen verzichtet wird. Damit verzichtet die Koalition auf wertvolle Ratschläge, die jedes Gesetz verbessern könnten (wenngleich es natürlich auch interessengeleitete Stellungnahmen gibt, aber die kann man ja ignorieren). Oder meint die Regierung, dass sie selbst die oberste und einzige Weisheit in diesem Land verkörpert? Oder weiß sie nach dem Pfusch beim Steuererhöhungspaket ohnedies, dass auch in den neuen Gesetzen so viele Unsinnigkeiten enthalten sind, dass sie lieber gar nicht erst in die Begutachtung geht?
PS: Während wir also gleich sechsfach von Versatzstücken der politischen Arena Abschied nehmen müssen, gibt es dort auch einen Zugang: Die Tochter von Jörg Haider tritt bei der EU-Wahl an (für das BZÖ). So positiv es an sich ist, wenn jemand in die Politik geht, aus der sich sonst ja so viele verabschieden, so fragt man sich doch: Ist es sehr schlau, ausgerechnet zu dem Zeitpunkt die Politik zu versuchen, da ganz Österreich über die Leichtfertigkeit ihres Vaters bei den einstigen Hypo-Garantien entsetzt ist?
Die WKO und Christoph Leitl haben sich nicht mehr aufgeregt. Daher ist das Steuererhöhungspaket, das nun im Parlament fixiert worden ist, auch für viele Medien erstaunlicherweise kein Thema mehr. Es bleibt aber dennoch ein Eckstein der ökonomischen Unfähigkeit dieser Regierung.
Daran ändern auch einige minimale Entschärfungen nichts. Denn die Hauptkritikpunkte sind allesamt unverändert geblieben.
Das ganze Paket ist also auch dann ein ganz arger Pfusch, wenn Herr Leitl es jetzt nach einigen minimalen Änderungen für gut erklärt, und wenn offenbar deshalb alle Medien die Aufregung wieder beendet haben.
Angesichts eines solchen Pfuschs sollte sich vor allem niemand mehr wundern, wie Österreich seit vielen Jahren bei der Hypo herumfuhrwerkt, wie es im Burgtheater zugeht, welches Chaos im Sozialversicherungsapparat herrscht, wenn plötzlich die Matura abgeschafft werden soll. Um nur die alleraktuellsten Dummheiten aufzulisten.
Josef Ostermayer hat in Sachen Burgtheater den Rechnungshof eingeschaltet.
Der Opposition ist das zuwenig. Aber ich finde das schon ganz schön viel. Ich frage mich eher: Wer war denn all die Jahre eigentlich verantwortlicher Minister? War das nicht eine gewisse Claudia Schmied? Aber: Gab es die überhaupt? Ich erinnere mich zwar dunkel, dass sich am Tag nach der Wahl jermand mit Grandezza ins Familienleben verabschiedet hat. Aber man hat seither nie mehr den Namen der Frau gehört. Insbesondere auch von ihrer Partei nicht. Irgendwie erinnert das an Josef Stalin. Der ließ auch in Ungnade gefallene Politiker nachträglich aus Fotos herausretuschieren, als ob es sie nie gegeben hätte. Aber der Rechnungshof wird uns wohl über ihre Rolle aufklären. Etwa als Burg-Direktor Matthias Hartmann seinen Vertrag bekommen hat: In dem steht nämlich erstaunlicherweise, dass jede einzelne Regiearbeit Hartmanns noch extra honoriert wird. Während diese beim Vorgänger noch weitgehend inkludiert waren.
„Die Staatsanwaltschaft Wien wird von gegenständlichem Bescheid in Kenntnis gesetzt.“ Datum 18. Juni 2012.
Seither hat man wieder einmal nichts von der Wiener Staatsanwaltschaft gehört. Erstaunlich? Eher nicht. Es geht gegen die knalllinke Hochschülerschaft und gegen deren unglaubliches Treiben rund um das sogenannte „Studibeisl“. Das was das Wissenschaftsministerium im Juni 2012 in einem langen Bescheid zusammengefasst hat, ist eine unglaubliche Fülle von Gesetzesverletzungen und Geldverschleuderungen jener „antiheteronormativen“ Unternehmung. Diese müssen zwar jeden Studenten auf die Palme bringen, dessen Zwangsbeiträge dort verbraten worden sind. Nur die Staatsanwaltschaft offenbar nicht. Dort sind ja auch alle Verfahren gegen linke Gewalttäter offenbar auf Dauer entsorgt worden.
Für österreichische Rechtsanwälte sind Doppelvertretungen bei sonstiger Strafe strikt verboten. Das gilt auch für den bloßen Anschein einer solchen. In der Causa Hypo hingegen geht so etwas für den nominierten deutschen Berater und die österreichische Regierung offenbar problemlos.
Die Steuerzahler macht es hingegen sehr besorgt, dass sich die Regierung von einem Mann Hypo-mäßig beraten lässt, dessen Firma früher die Bayern beraten hat. Das ist eindeutig eine der Gegenseiten, die man nicht ungeschoren davonkommen lassen will. Wie die Regierung zumindest beteuert. Die Beteuerungen, dass die Bayern eh nicht von diesem Berater selbst, sondern nur von anderen Mitgliedern seiner Firma beraten worden seien, sind letztlich egal. Denn in so heiklen Causen sollte jetzt auch der kleinste blöde Anschein strikt gemieden werden, nachdem schon so viel Porzellan kaputt ist. Diese Sorge würde nur dann zerstreut, wenn dieser Berater der Regierung einen Weg weist, bei dem die bayrische Seite heftig bluten müsste. Jedoch: Das würde sofort die bayerische Landesregierung und die Bayern LB in Hektik versetzen; beide würden dann ihrerseits diese Doppelvertretung zum zentralen Thema machen. Kommt Bayern hingegen ungeschoren davon, hat ab jetzt die Wiener Regierung ein weiteres gewaltiges Problem am Hals. Erkennbarer- wie völlig überflüssigerweise.
Waren die Vorgänge in der Ukraine ein Putsch oder verfassungskonform? Und wenn es ein Putsch war, war der eventuell legitim, weil die Stimme des Volkes überhaupt nicht mehr zu Gehör kam? Darüber können jetzt nicht nur Juristen lange streiten. Sehr spannend ist auch die Kontroverse, ob sich die EU jetzt zu Recht den Erfolg an den Hut stecken kann. Nur eines kann man jetzt schon eindeutig sagen: Jeder, der glaubt, dass in der Ukraine jetzt alles wieder seinen ordentlichen Weg gehen wird, gibt sich einer Illusion hin.
Dazu ist das Land viel zu tief gespalten. Das, was im Westen des Landes gilt, hat im Osten und Süden so gut wie keine Gültigkeit. Weder die dortigen Menschen noch die Machthaber in Moskau werden Krim&Co einer neuen antirussischen Regierung überantworten. Und mit Sicherheit dreht Moskau jetzt bald wieder an den Gashebeln der Leitungen für und durch die Ukraine. Das wird bald neuerlich zu einer Knappheit führen – die allerdings am Ende des Winters nicht mehr so hart spürbar sein wird. Aber die Auswirkungen wird man auch weiter im Westen merken.
Und vor allem muss sich jeder Bürger der Ukraine klar werden: Das Land ist total bankrott. Alle notwendigen Reformen wurden ein Vierteljahrhundert versäumt. Das ist zwar wie in Russland. Nur hat Russland gewaltige Energie- und Bodenschätze, die es in der Ukraine kaum gibt. Die Zeiten, wo die fruchtbaren Böden der Ukraine alleine schon eine so große Attraktion waren, dass sie ganze Kriege auslösen konnten, sind vorbei. Aber begreifen das die Menschen, dass jetzt sehr harte Jahre vor ihnen liegen, dass die Westorientierung noch keineswegs kurzfristig Dividenden bringen kann, dass der Wechsel von einer Korruptions- zu einer Marktwirtschaft ein extrem mühsamer Prozess ist?
Viel Diskussion löst jetzt schon in- und außerhalb des Landes die Frage aus, ob in der Ukraine ein Putsch stattgefunden hat. Eigentlich nicht, muss die Antwort wohl lauten. Denn verfassungsrechtlich ist das Parlament nach wie vor korrekt gewählt und im Amt. Zwar haben sehr viele Abgeordnete die Seiten gewechselt und solcherart die Absetzung von Präsident Janukowitsch befördert. Aber das Seitenwechseln gehört ja zu den Rechten von gewählten Abgeordneten und ist auch in Österreich bekannt.
Die Motive der wechselnden Abgeordneten selbst sind freilich verworren. Haben sie aus tiefer Überzeugung gehandelt, weil ein Wechsel spätestens dann notwendig geworden ist, als Ex-Präsident Janukowitsch gezielt auf Demonstranten schießen hat lassen? Oder haben sie nur deshalb die Fronten gewechselt, weil sie sonst in Kiew nicht mehr ihres Lebens sicher wären? Oder war entscheidend, dass die Oligarchen um ihre Villen, Konten und Geschäfte im Westen gebangt haben, die nun durch Sanktionsdrohungen in Gefahr waren?
Vermutlich haben alle diese Motive mitgespielt. Das Erfreulichste an der Ukraine 2014 ist sicher, dass es bei den Demonstranten selbst eindeutig eine Erhebung war, die Werte als primäres Ziel hatte und nicht eine Füllung der leeren Mägen. Denn dazu und vor allem zur Beheizung von Wohnungen hätte derzeit ein Bündnis mit Russland zweifellos besser genutzt.
Bei denen, die auf die Straße gegangen waren, stand ein Wort im Mittelpunkt: Europa. Das wird in der derzeit maroden EU mit Freude gesehen. Jedoch hat die ukrainische Wende selber – so wie jene von 1989 – mit der EU nur recht wenig zu tun. Denn an den entscheidenden Tagen haben in Kiew der deutsche, der französische, der polnische Außenminister verhandelt und Druck gemacht. Es war Angela Merkel, welche die entscheidenden Telefonate geführt hat. Es war hingegen absolut nichts von den diversen EU-Präsidenten zu sehen oder hören oder von der EU-Außenministerin oder vom griechischen Außenminister, der jetzt eigentlich den Vorsitz in der EU führt.
Wir sehen in der Ukraine ein perfektes Beispiel der europäischen Großmachtpolitik, wie wir sie seit Jahrhunderten mit allen guten und schlechten Seiten kennen. Dennoch sollte man ehrlicherweise hinzufügen. Komplett irrelevant war auch die EU nicht: Anlass der ukrainischen Erhebung war die Zurückweisung eines Abkommens mit der EU durch Janukowitsch, was die westlich gesinnten Teile der Ukraine zutiefst empört hat; und auch die Sanktionsdrohung durch die EU, die USA und andere Länder war eine sehr wichtige „Waffe“ der drei Unterhändler.
Noch einmal zurück zu den europäischen Werten, für die auf dem Maidan gekämpft worden ist. Man bekommt in Mitteleuropa erst langsam mit, wie wenig tief in der Ukraine die Wende von 1989 gegangen ist. Wenn bis vor wenigen Tagen alleine der Westen des Landes von 40 Lenin-Statuen übersät war, zeigt das, dass der alte koloniale Geist der Sowjetunion noch immer nicht eliminiert ist.
Die entscheidenden Akteure waren jedenfalls die Ukrainer selber. Das waren einerseits die wochenlang auch in bitterer Kälte durchhaltenden Demonstranten. Und das war andererseits die totale Spaltung in Armee und Polizei. Diese haben ziemlich genau entlang der Linien der sprachlichen Herkunft – Ukrainisch oder Russisch – ganz unterschiedliche Haltungen eingenommen. Womit sie praktisch als Akteure ausgefallen sind.
In beiden Teilen der tief gespaltenen Ukraine wird weiterhin an einer längst unhaltbaren Fiktion festgehalten: der von der untrennbaren Landeseinheit. Zugleich aber wenden sich beide Teile immer mehr voneinander ab. Das zu akzeptieren, wird vielen schwer fallen. Es wäre aber für die Bürger zweifellos besser. Und schon gar nichts wird es helfen, wenn die europäische Linke jene Ukrainer als faschistoid bezeichnet, die die westlichen Werte als besser für die Ukraine ansehen denn die russische Kolonialattitüde.
Quelle: Eigenangaben der Bundesländer, wirtschaftsblatt.at
Michael Spindelegger zieht also in der Causa Hypo unabhängige internationale Berater bei. Mit dem Zurückdrängen der unsäglichen Muppet-Partie Liebscher-Nowotny-Androsch, die ständig vom Balkon herunterkeppelt und die eigenen schweren Fehler ignoriert, hat er zweifellos einen ersten richtigen Schritt getan. Der Handlungswille kommt freilich um mehr als vier Jahre zu spät. Schon 2009 hätte man sich am deutschen Nachbarn ein Vorbild nehmen müssen, wie man mit kritischen Entwicklungen umgeht.
Denn Deutschland hat jetzt eindrucksvoll vorgezeigt, wie man in einer modernen Demokratie sofort jedes politische Detail, jedes Telefonat rund um den Fall des SPD-Abgeordneten Edathy bloßlegt und analysiert. Ein CSU-Minister musste binnen weniger Stunden blitzschnell zurücktreten. Er hatte den neuen Koalitionspartner vertraulich davor gewarnt, den mit Geheimermittlungen als potenziellen Kinderschänder überwachten Edathy ins neue Kabinett zu befördern. Das hätte der Minister als Chef der Kriminalbehörden nicht tun dürfen. Dabei war es ein staatspolitisch total verantwortungsbewusster Akt (man stelle sich vor: ein Kinderschänder in der Regierung!) Ruckzuck, weg war der Minister. Und Deutschland hat die Sache ebenso ruckzuck bis ins Detail aufgearbeitet.
Zurück zur österreichischen (eigentlich: Kärntner-bayrischen) Hypo: In Österreich herrscht seit mehr vier Jahren rund um die Hypo Chaos und Unklarheit.
In Österreich wird jedoch noch immer mit Widersprüchen und Geheiminformationen gearbeitet, mit Gutachten, die manche wie der jetzt gefeuerte – pardon: zurückgetretene Klaus Liebscher nicht einmal lesen wollten. Und es geschieht seit über vier Jahren nichts. In diesen Jahren gab es unzählige Hypo-Verantwortliche, die dann baldwieder nicht mehr verantwortlich waren. Da stieß man im Lauf der Zeit etwa auf eine CSI-Hypo (so laut die anfänglichen Schlagzeilen waren, so total still ist es um sie geworden), auf renommierte Anwaltskanzleien,die Finanzprokuratur, den Ex-Minister Ditz, die unsägliche Crew Liebscher-Nowotny-Androsch (die offensichtlich schwere Fehler der Nationalbank bei einstigen Hypo-Überprüfungen zudecken wollte, und wo vor allem Nowotny überdies mehr der Partei als dem Steuerzahler dient) oder ein Geheimgutachten von Wyman, das freilich jeder kannte – außer dem Herrn Liebscher eben.
Das sind nur die bekanntesten Namen, die da ohne Ergebnis herumgeschustert haben. Die Politik hat derweil ständig Entscheidungen vertagt. Und die Bevölkerung hat angesichts von täglich anderslautenden Schadensmeldungen zwischen Null und 18 Milliarden Euro jedes Vertrauen, jede Orientierung verloren.
Auch Josef Pröll und Maria Fekter müssten endlich und dringend aus ihrem Schweigen herausgezwungen werden. Fekter, die eigentlich als gute Finanzministerin galt, riskiert jetzt eine totale Zertrümmerung ihrer Reputation.
Warum hat sie nicht gehandelt? Warum präsentierte keiner der drei Finanzminister seit 2009 umsetzungsreife Beschlüsse? Oder wenn es die im Geheimen eh gab: An wem sind sie gescheitert? An der SPÖ (die ja am liebsten nie Entscheidungen trifft außer solche über Steuererhöhungen), an den Bundesländern (die lieber die Bürger zahlen lassen), am juristischen Pfusch bei der Verstaatlichung?
All das würde jetzt auf den Tisch gehören, hätte längst dorthin gehört. Die Menschen akzeptieren es einfach nicht mehr, wie blöde Zahlautomaten, aus denen immer mehr herausgepresst wird, immer nur mit Viertelwahrheiten abgespeist zu werden.
Nun gut: Spindelegger hat jetzt internationale Experten beauftragt. Auch da wissen wir freilich nicht: Mit welchem genauen Auftrag? Wie lange haben die Zeit?
Mehr als seltsam agiert nun auch das IHS, das jetzt mit einer Studie herausgekommen ist. Deren Tenor lautet salopp verdichtet: Jeder, der für eine Insolvenz der Rest-Hypo ist, müsse schwachsinnig sein.
Ach ja? Wer wirklich insgeheim so denkt, der sollte in einer Studie jedenfalls nicht selbst so extrem Merkwürdiges präsentieren. Etwa den ständigen Hinweis, dass man Garantien auch einhalten müsse. Darf man vielleicht fragen, welche Garantien? Wo bitte soll Österreich oder gar der österreichische Steuerzahler garantiert haben? Wahr ist vielmehr: Garantiert haben nur die Hypo und Kärnten. Einfach unterschwellig Österreich mit Kärnten gleichzusetzen, ist weder rechtlich noch ökonomisch korrekt. Sondern total unsauber.
Unrichtig ist auch, dass in einer Insolvenz Werte „billiger als sonst verkauft werden“ müssten. Denn natürlich kann in einer Insolvenz – beispielsweise – die Republik die Werte zu etwa dem gleichen Betrag kaufen, wie man sie bei einer Bad-Bank-Lösung erwartet, und dann langsam versilbern. Das wäre noch immer viel billiger als die Anstalt. Denn die Republik müsste dann eben nicht alle Forderungen an die Hypo zu 100 Prozent bedienen. Etwa auch die der massiv mitschuldigen Bayern, um nur den größten Brocken zu nennen.
Köstlich ist auch, wenn das IHS davon spricht, dass Österreich sein Prestige auf dem Balkan wahren müsse. Aber ist es nicht gerade der Balkan, wo die Hypo viele Milliarden an dunkle Kanäle verloren hat? Da soll der heimische Steuerzahler für das „Ansehen Österreichs“ in dieser Region so tief bluten?
Jeder juristischen Logik frei ist auch die kühne Behauptung, Österreich müsste deshalb für Kärnten haften, weil dieses keine Möglichkeit habe, Steuern festzusetzen. Vielleicht kann sich das IHS – von dem ich bisher etliches gehalten habe – künftig auch einen Juristen leisten, der dort das Verfassungs- und Insolvenzrecht ein wenig bekannt macht. Was das IHS offenbar nicht weiß: Es können nämlich hierzulande (und in sämtlichen anderen Rechtsstaaten) auch jene Gesellschaften und Institutionen in Konkurs gehen, die kein Steuerfindungsrecht haben. Das ist nirgendwo Voraussetzung einer Insolvenz, nur beim IHS.
Frei von Logik ist schließlich auch eine weitere IHS-Behauptung: Weil es für Hypo-Anleihen wegen der Kärntner Garantie niedrigere Zinsen gegeben hat, müsste jetzt jedenfalls für die Anleihen gehaftet werden. Nämlich durch ein ganz anderes Rechtssubjekt, die Republik. Als ob niedrigere Zinsen die Garantie bedeuten, dass jemand haftet – und gar ein Dritter, in keiner Weise Beteiligter!
Fast ist man schon erstaunt, in dem IHS-Papier auch Richtiges zu finden. Richtig ist, dass es absurd wäre, jetzt die anderen Banken wegen der Hypo zur Kassa zu bitten. Erstens haben sie ja keinerlei Schuld am Konkurs eines Konkurrenten, zweitens geht es auch den anderen Banken alles andere als gut. Was irgendwann auch Arbeiterkammer und Bundeskanzler endlich begreifen sollten.
In Wahrheit geht es einerseits um die dringende Notwendigkeit, die Vergangenheit aufzuarbeiten. In dieser hat zwar Jörg Haider die Hauptschuld am Desaster getragen, aber keineswegs alleine, wie die Koalition es gerne hätte. Mitschuld ist auch Bayern, sind weitere Kärntner Parteien und last not least etliche Balkan-Gauner.
Andererseits und noch dringlicher geht es um die Zukunft: Würde ein Hypo-Konkurs die künftige Haltung der Märkte zum Schaden Österreichs beeinflussen? Wenn ja, dann wäre es vielleicht sogar wirklich besser, dass Österreich die Hypo-Schulden übernimmt. Wenn Nein, dann ist ein Konkurs jedenfalls besser und billiger für das Land.
Man kann dieselbe Frage aber auch so formulieren: Wird die Reaktion der Märkte rational sein? Also die jener Geldgeber, von denen Österreich abhängig ist, solange es Defizite produziert und Schulden hat, die refinanziert werden müssen. Wenn diese Geldgeber rational agieren, dann müssten sie eigentlich Österreich für eine Hypo-Insolvenz sogar belohnen. Denn damit würde der Bund zum ersten Mal klarmachen, dass er eindeutig nicht für die Schulden aller Bundesländer haftet. Dann geht es künftig geklärtermaßen bei Haftungen des Bundes immer nur um die eigenen Schulden des Bundes. Was dessen Rating nur verbessern kann.
Ein solcher Hypo-Konkurs müsste jeden rationalen Geldverleiher des Bundes in Wahrheit beruhigen. Logischerweise müssten die Zinsen, die der Bund zahlen muss, nach einem Hypo-Konkurs sogar sinken (die Zinsen der Republik sind ja derzeit trotz der eigentlich geringeren Maastricht-Verschuldung deutlich höher als jene Deutschlands). Steigen werden die Zinsen freilich für die Bundesländer und deren Hypos, die ja jedenfalls mit 100.000 Euro pro Kopf für die Einlagen bei der HAA haften. Hinter denen dann aber erkennbar kein Bund mehr steht.
Alleine die Frechheiten von Vorarlberg bis Kärnten, dass die Hypo-Defizite sie alle nichts angingen, sollten eine ordentliche Bundesregierung zur Variante „Insolvenz“ bringen. Freiwillig zahlen die Bundesländer offensichtlich nicht, also muss man sie im Konkurs dazu zwingen.
Vor allem bei Kärnten ist die Zahlungsverweigerung eine absolute Frechheit. Denn natürlich hat das Bundesland jahrelang von der Hypo und dem System Haider profitiert. Der Profit der Kärntner reicht von dem eigenhändig verteilten Landeshauptmann-Hunderter bis hin zu den vielen gigantomanischen Bauten in Kärnten. Der Profit wird insbesondere auch durch die mit Hypo-Geld angeschaffte „Eiserne Reserve“ Kärntens verkörpert. Wenn die nicht komplett für den Hypo-Schaden hergenommen wird, dann ist für den gesamtösterreichischen Steuerzahler keine Lösung akzeptabel.
Ebenso dringend sei vor einem weiteren Denkfehler gewarnt, der jetzt durch erstaunlich viele Politiker-Äußerungen und Zeitungs-Kommentare geistert: Viele wollen zwischen „guten“ und „bösen“ Gläubigern der Hypo unterscheiden, oder zwischen inländischen und ausländischen. Und nur die Guten, nur die Inländer sollen voll entschädigt werden.
Wer so spricht, zeigt, dass er absolut keine Ahnung hat. Denn diese Unterscheidungen sind in einem Rechtsstaat völlig unmöglich. In einem Rechtsstaat müssen inländische Pensionisten mit ein paar Hypo-Anleihen genauso behandelt werden wie ausländische Hedge-Fonds mit ein paar Hundert Millionen. Wer da Unterschiede machen möchte, der sorgt nur dafür, dass Österreich auf keiner Ebene mehr von irgendwem Geld bekommt. Der setzt jedes Konto der Republik im Ausland der Beschlagnahmung aus.
Um alle diese Gruppen zur Kassa zu bitten, gibt es rechtlich nur einen einzigen Weg: die Insolvenz der Hypo (und in der Folge Kärntens). Nur in dieser muss (abgesehen von der Einlagensicherung) jeder bluten. Aber eben prozentuell jeder gleich viel.
Spindelegger hat mehrfach betont, dass die Gläubiger mitzahlen sollen. Wenn er das ernst gemeint hat, dann muss er die Hypo in Insolvenz gehen lassen. Und zwar rasch.
Aber: Werden die Bundesländer-Kaiser dem Finanzminister einen Konkurs erlauben? Wird ihm das sein Koalitionspartner erlauben? Ob ihm da ein Gutachten hilft?
Die Sympathien der Steuerzahler könnte Spindelegger jedoch durch einen konsequenteren Hypo-Kurs großteils zurückgewinnen. Und zwar nur so.
PS: Zwischenbilanz aus der bankrotten Stadt Detroit: Dort springt KEINESWEGS der Bundesstaat oder die US-Regierung zur Rettung ein, sondern Detroit muss seine Schulden selber abdecken. Jetzt werden unter anderem den Pensionisten der Stadt die Pensionen gekürzt - bei einigen macht das 34 Prozent aus. Dabei übersteigen die Schulden Detroits in der Höhe von rund 18 Milliarden Dollar wahrscheinlich sogar den Schaden durch die Hypo. Wären sie in den USA, wüssten also die Kärntner, was ihnen blüht . . .
Der Chef der „Alternative für Deutschland“ hat eine Diskussions-Sendung nach elf Minuten verlassen, weil er sich vom Moderator dauernd unterbrochen fühlte.
Das, was Bernd Lucke da beim „Studio Friedman“ getan hat, wird ihm Sympathien eintragen. Denn Konsequenz wird immer geschätzt. Ich habe mich bei österreichischen Fernseh-Diskussionen schon oft gefragt: Warum geht der nicht einfach weg, wenn ihn die durch und durch einseitige Moderatorin schon zum zehnten Mal unterbricht, Grünpolitiker aber völlig ungestört lässt? Lucke hatte bei der Diskussion eigentlich einen Grünpolitiker als „Gegner“, aber zugleich hat ihn „Moderator“ Friedman konfrontiert. Wenn Moderatoren einseitig agieren, sehen das Zuseher immer als unfair an („Moderator“ heißt „Mäßiger“ und nicht „einseitiger Scharfmacher“). Friedman hat mehrfach eine Parteikollegin Luckes mit dem Satz zitiert: „Multikulti hat die Aufgabe, die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen.“ Und dann gleich selber verachtungsvoll inquisitorisch konstatiert: „Wenn das nicht Rassismus ist, was ist dann Rassismus?" Nun, da wüsste ich eine ganze Menge von Vorgängen in der Welt, die wirklich Rassismus sind, und nicht eine kritische Aussage über „Multikulti“, die vom Großteil der Menschen geteilt wird. Es ist eine der allergrößten Dummheiten, ständig in allem „Rassismus“ zu wittern. Dann merkt man es nämlich nicht mehr, wenn wirklich der Wolf kommt.
Fast stündlich wechseln die Nachrichten aus der Ukraine. Da gibt es einmal unerträgliche Blutbäder und ein andermal Einlenk-Signale. Man sollte sich aber selbst trotz der Wechselhaftigkeit dieser Nachrichtenflut um klare Orientierungspunkte bemühen. Die großteils unerfreulichen Grundwahrheiten reichen von der einzig möglichen Zukunft der Ukraine bis zum Verhalten der EU, österreichischer Parteien und (wieder einmal) des ORF.
Es wäre jedenfalls für alle besser, diesen sieben Fakten möglichst rasch ins Auge zu sehen:
Es ist eine absolut unfassbare Nachricht: Ein erkennbar von einem Juden geführtes Geschäft ist zum zweiten Mal binnen weniger Wochen demoliert worden. Das erste Mal war in der Nacht des Akademikerballs, als Linksterroristen die Innenstadt verwüstet haben. Und die vom rotgrünen Rathaus bestochenen Medien schweigen weiterhin dazu, was da im Stadtzentrum Wiens passiert!
Diese neuerliche Zerstörung geschah nur wenige Stunden, nachdem der Juwelier in der Marc-Aurel-Straße erst alle Schäden renovieren hat lassen.
Das noch viel mehr Beklemmende: Die links beherrschten Medien ignorieren diesen Skandal. Oder sie thematisieren in ihrer totalen Einäugigkeit höchstens eine Karikatur in einer FPÖ-Zeitung, weil dort die erste Auslagenzerstörung mit der Kristallnacht verglichen worden ist (und fordern in der bekannten „Toleranz“ der Linken gleich ein Verbot von Fernsehauftritten des Herausgebers jener Zeitung).
Gewiss: Ich weiß nicht, wer diesmal die Täter waren. Es können theoretisch auch beispielsweise ganz normale Kriminelle gewesen sein. Ich weiß aber, dass die erste Zerstörung ganz eindeutig Folge der wilden Aggressionen linker Gewalttäter gewesen ist. Ich sehe jedoch nicht die geringste Aktivität der Wiener Staatsanwaltschaft gegen jene Täter, die ja schon oft bei linken Tätern weggeschaut hat. Und ich sehe ganz dick die Verbindungen zwischen den Gewalttätern und dem rotgrünen Block sowie den linken Medien.
Wenn sich jetzt ausgerechnet die Grünen in einer Ablenkungsaktion als Tugendwächter aufspielen und den Vorsitz in einem – noch gar nicht existierenden – Hypo-U-Ausschuss haben wollen, dann ist das wohl die Infamie zur Potenz. Denn die Grünen haben jede moralische Autorität verspielt. Bis heute ist bei ihnen niemand wegen des engen persönlichen Zusammenhangs mit jenen Aktionen ausgeschlossen worden.
Jedenfalls müsste die Tatsache, dass jetzt binnen kurzem zum zweiten Mal seit dem Grauen der Reichskristallnacht ein jüdisches Geschäft in Wien demoliert wird, zusammen mit allen politischen Querverbindungen der Ausschreitungen ganz sicher durch einen öffentlichen U-Ausschuss untersucht werden. Genauso wie die Hypo.
Das einzige, was die Linken zusammenbringen, sind „politisch-korrekte“ Sprachvorschriften. Ob man nun Reichskristallnacht oder Pogromnacht sagt, sollte aber völlig wurscht sein; ob man Neger oder Afroeuropäer sagt, detto (Autobahnen oder VW nennt man ja auch noch genauso wie unter Hitler). Aber das Klirren von Fenstern eines erkennbar jüdischen Geschäftsmannes macht mir angst und bang. Es interessiert jedoch die Linken überhaupt nicht, sobald Spuren in ihre Richtung gehen.
Wohin entwickelt sich diese Stadt?? Wohin entwickelt sich die Einseitigkeit der Medien???
PS: Herr Justizminister, wissen Sie, dass Sie einen sofortigen Bericht der Staatsanwälte anfordern könnten? Wissen Sie eigentlich, dass ein Minister noch andere Aufgaben hätte, als irgendwelche Kommissionen einzusetzen, und sich ansonsten hinter seinen Sektionschefs zu verschanzen?
Seit 2007 SPÖ und ÖVP wieder das Ruder in Österreich übernommen haben, hat sich vieles verschlechtert. Es wurden zahlreiche neue Steuern erfunden, z. B. die Wertpapier-KESt, die Immobilien-KESt, die Bankenabgabe, die neue Grundbuchgebühr oder die Auflösungsabgabe, die bei Beendigung von Dienstverhältnissen anfällt.
Die wirtschaftsferne, aus lebenslangen Partei-, Polit-, Kammer- und Gewerkschaftsfunktionären bestehende Regierung missachtet die Bedürfnisse der Wirtschaft nicht nur, wenn es um neue Steuern geht, sondern auch dann, wenn ihre Beschlüsse dem Staat gar keine Einnahmen bringen. Der Wildwuchs an unnötigen, zu komplizierten, schwammigen und/oder sich oft verändernden Gesetzen wird immer schlimmer. Die Folgen sind hoher Verwaltungsaufwand, Kosten für die Erfüllung immer neuer gesetzlicher Auflagen und Rechtsunsicherheit.
Daraus resultieren auch absurde Gerichtsverfahren, die wegen oft wirtschaftlich ahnungsloser Richter in wahre Gutachter-Kriege ausarten. Unnötige, ungeeignete Gesetze ermöglichen auch Behördenwillkür zulasten der Unternehmen. Besonders berüchtigt sind die Gebietskrankenkassen, die unter dem Vorwand angeblicher Scheinselbständigkeit die Unternehmen systematisch ausnehmen.
Vor der Nationalratswahl 2013 wurde auch eine Verbesserung für die Wirtschaft eingeführt: die GmbH-light. Sie brachte drei Vorteile:
Auch unser Unternehmen hat daher eine Kapitalherabsetzung beschlossen. Diese ist nicht gratis, wir mussten € 600 für den Notar und € 250 für eine Zwangsanzeige in der staateigenen Wiener Zeitung ausgeben.
Nach der Wahl hat die Regierung beschlossen, die GmbH-light wieder abzuschaffen. Wie Finanzminister Spindelegger erläuterte, war man angeblich überrascht, dass der Steuervorteil, den die Regierung geschaffen und beworben hatte, von den Unternehmen auch genutzt wurde. Wirklich, oder war es eine wohlkalkulierte Wählertäuschung? Diese Wählertäuschung verschaffte noch dazu der Wiener Zeitung (dem mittels überflüssigen Zwangsanzeigen finanzierten Blatt der Bundesregierung) ein nettes Körberlgeld.
Wochenlang hat ÖVP-Wirtschaftsbundchef Christoph Leitl medienwirksam gedroht, mit seinen Wirtschaftsbund-Abgeordneten die Abschaffung der GmbH-light und die anderen neuen Belastungen für die Wirtschaft zu blockieren. Doch am Ende stimmte Leitl allem zu: Der Abschaffung der GmbH-light, der Einschränkung des Gewinnfreibetrags (der teilweise ausgleicht, dass Selbständige nicht in den Genuss der steuerlichen Begünstigung des 13. und 14. Gehalts kommen), der Beseitigung der steuerlichen Absetzbarkeit von Manager-Gehältern über € 500.000, der Quote für die Beschäftigung von über 50-jährigen, der Einschränkung der Gruppenbesteuerung und höheren Steuern auf Tabak, Schaumwein und Autos.
Leitl ließ sich mit zwei Mini-Zugeständnissen abspeisen, die die Verschlechterungen bei GmbH und Gewinnfreibetrag geringfügig milder ausfallen ließen als ursprünglich angekündigt. Dafür durfte sich Leitl mit Blick auf die Wirtschaftskammerwahl 2015 als Held der Wirtschaft inszenieren.
Christian Ebner ist Geschäftsführender Gesellschafter der Elpis Consulting GmbH sowie Obmann von freemarkets.at.
Der renommierte Verfassungsrechtler Manfried Welan betitelt nicht grundlos sein jüngstes Buch „Österreich auf dem Weg zur Demokratie?“ Darin manifestiert sich seine Hoffnung, der im Land am Strome seit den 1930er-Jahren herrschende Status eines ebenso paternalistischen wie korporatistisch organisierten Ständestaates könnte irgendwann doch noch überwunden werden.
Was hierzulande realpolitisch zählt, sind die Minister. Das „Hohe Haus“ dagegen dient schlicht als Legitimationsmaschinerie für Regierungsvorlagen, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Gesetzesproduktion formal zu genügen. Die Urheber der von den Abgeordneten zum Nationalrat so artig abgenickten Gesetze sitzen anderswo. Sie sind die eigentlichen Machthaber im Lande: die „Sozialpartner“. Die auf die Bezeichnung Sozialpartnerschaft hörende, aus Kammern und Verbänden gebildete Vertretung von Partikularinteressen ist, wie ihre Apologeten behaupten, maßgeblich verantwortlich für den „Ausbau des Sozialstaates“ und den „sozialen Frieden“.
Doch der gepriesene Sozialstaat ist, angesichts seiner überbordenden Schulden, heute am Ende. Und wer den „sozialen Frieden“ preist (gibt es auch einen „unsozialen Frieden“?) meint damit in Wahrheit Friedhofsruhe.
So etwas wie Streitkultur existiert in Österreich nämlich bis heute nicht. Hier wird (etwa in Fragen des umlagebasierten staatlichen Pensionssystems) nicht öffentlich in der Sache diskutiert, denn dadurch könnte ja das Stimmvieh verschreckt werden, der Wahlurne fernbleiben und so die Obertanen ihrer „demokratischen Legitimation“ berauben! Daher wird von keineswegs „demokratisch legitimierten“ Akteuren hinter schalldichten Polstertüren gemeinhin gemauschelt, dass es eine wahre Freude ist. Anschließend werden dem staunenden Volk die meist faulen Früchte des sozialpartnerschaftlichen Konsenses serviert.
Gegen freiwillige Zusammenschlüsse ist grundsätzlich nichts einzuwenden – solange diese zur Durchsetzung ihrer Ziele nicht zu kriminellen Mitteln greifen, als da wären: Erpressung, Nötigung, Sachbeschädigung und Androhung oder Anwendung physischer Gewalt. Weshalb Gewerkschaften, deren „Erfolge“ ohne Einsatz eben dieser Mittel gar nicht zu denken wären, in rechtsbasierten Gesellschaften nicht nur existieren, sondern sich darüber hinaus auch noch der Protektion ihrer Regierungen erfreuen, ist – zumindest auf den ersten Blick – rätselhaft.
Schon auf den zweiten Blick indes löst sich das Rätsel, denn die Gewerkschaften fordern ja das Macht- und Enteignungsmonopol des Leviathans keineswegs heraus, sondern sind – zum Nachteil und auf Kosten der Bürger – dessen zuverlässige Symbionten: Gewerkschaften erheben nämlich Forderungen, die ohne Staatsgewalt niemals durchsetzbar wären. Sie sorgen also für die Umverteilung von Rechten von den Bürgern zum Staat. Der gewährt den Gewerkschaften im Gegenzug Extravaganzen, die jeder anderen Organisation und deren Agenten sofort zur Bekanntschaft mit dem Strafrichter verhelfen würden. Immerhin aber wird gegenwärtig (noch) niemand zur Gewerkschaftsmitgliedschaft genötigt – zumindest nicht flächendeckend.
In Österreich vertraut man aber ohnehin, wie auch in einigen anderen, einstmals liberalen Staaten (zu einer Zeit, als das Privatrecht noch Bedeutung hatte), weniger auf Freiwilligkeit, denn auf Zwang. „Vertrauen ist gut, Kontrolle besser“, eine Überzeugung, die von den Sozialisten in allen Parteien tief verinnerlicht wurde. Deshalb zwingen sie die Bürger in „gesetzliche Interessenvertretungen“, die faktisch Vorfeldorganisationen der politischen Parteien sind. Stehen die Wirtschaftskammern der ÖVP nahe (was wenig zu besagen hat, da weder Programm noch Protagonisten dieser Partei sich heute noch erkennbar von dem der Sozialdemokraten unterscheiden), sind die Arbeiterkammern siamesische Zwillinge der Sozialdemokratie. Werner Muhm, Direktor der AK Wien, gilt als Vordenker des sozialistischen Regierungsteams und als dessen graue Eminenz. Wie Rudi Kaske („Dann brennt die Republik!“), Präsident der Bundesarbeiterkammer, ist er ein radikaler linker Klassenkämpfer.
Anno 2007 befand eine rot-schwarze Mehrheit es in ihrem unermesslichen Ratschluss angezeigt, die drei wichtigsten Kammern des Landes (Wirtschafts-, Arbeiter- und Landwirtschaftskammern) in die Verfassung zu schreiben. Sie enthoben diese damit jeder weiteren Notwendigkeit, irgendetwas zu leisten oder gar die zu ihren Gunsten enteigneten Gelder sorgsam einzusetzen. Die AK vertritt, eigenen Angaben zufolge, mit ca. 3000 Mitarbeitern rund 3,4 Millionen ungefragte Zwangsmitglieder, denen sie per Umlage etwa 370 Millionen Euro, immerhin 0,5 Prozent von deren Bruttolohn, aus den immer schmaler werdenden Geldbörsen zieht.
Dass die Arbeiterkammern keinerlei Motiv haben, etwas für die Hebung der Nettolöhne (oder anders ausgedrückt: für die substanzielle Reduktion der Steuer- und Abgabenlasten) zu tun, ist klar. Wenn sie es aber doch tun, dann nur als Mittel zum Zweck der Schädigung des bürgerlichen Klassenfeindes – etwa mittels des beharrlichen Kampfes für die Einführung von Finanztransaktions-, Erbschafts- und Substanzsteuern auf Vermögen. Ohne jede Rücksicht auf die Höhe der dadurch zu erbeutenden Gelder wird behauptet, damit die Gegenfinanzierung einer Lohnsteuersenkung darstellen zu können. Um das zu schaffen, wären allerdings konfiskatorische Tarife nötig. Was im Sinne ihrer marxistischen Agenda – Zerstörung der Bourgeoisie – auch durchaus stimmig erscheint.
Obwohl ihre Funktionäre stets den Status „autonomer Selbstverwaltungskörper“ betonen, überlassen es die Kammern doch großzügig dem Staat, bei den tributpflichtigen Zwangsklienten abzukassieren. Der wiederum bedient sich dafür, wie auch bei der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsabgaben, der Unternehmen als seiner verlängerten Werkbänke.
Das von der AK derzeit ernsthaft geplant wird, ab dem Frühjahr eine Beratungsstelle für illegale(!) Arbeitnehmer zu betreiben, ist wohl auf dem Konto „österreichische Realsatire“ zu verbuchen. Der austriakische Sinn fürs Skurrile ist schließlich nicht grundlos weithin berühmt. Nichts im Land der Hämmer ist zu absurd, um im Dunstkreis staatsnaher Organisationen nicht ins Werk gesetzt zu werden…
Einem der wenigen Nobelpreisträger österreichischer Provenienz, Friedrich August von Hayek, verdanken wir die deprimierende Erkenntnis, dass in politischen Systemen „die Übelsten an die Spitze“ kommen. Ein kurzer Blick zur Regierungsbank bestätigt dieses Verdikt aufs Eindrucksvollste. Die liberale Bloggerin Natascha Chrobok bezeichnet die aktuelle Regierungsmannschaft als „Volkssturm zweier Parteien, die mit dem Rücken zur Wand stehen“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Keineswegs besser steht es allerdings um die Personalqualität in den verfassungsrechtlich abgesicherten, total politisierten Ständestaatsbiotopen. Besonders in den tiefroten Arbeiterkammern sind die Folgen jahrzehntelanger personeller Negativauslese zu bewundern.
Als Pars pro toto seien die zwei bereits apostrophierten Herren genannt: Beide haben, ihrer frühen Einsicht folgend, dass die Mühsal produktiver Arbeit für sie eher nicht in Frage kommt, gleich nach der Kellnerlehre (Kaske) oder dem Studium (Muhm, der immerhin BWL gewählt hat, anstelle eines Orchideenfachs, wie die meisten seiner akademisch gebildeten Genossen), den Weg in die geschützte Werkstätte gesucht und glücklicherweise auch sofort gefunden. Unter Marktbedingungen gearbeitet haben sie nie. Von allen Lehren und Erfahrungen verschont, wie sie das Leben außerhalb überflüssiger Belegschaftssanatorien bereithält: Welche Art Politik ist von Funktionären dieses Typs zu erwarten…?
Drittklassiges Personal wird niemals erstklassige Arbeit leisten. Das verhält sich in der Privatwirtschaft nicht anders. Dort allerdings herrschen die Gesetze des Marktes: Wer Kundenerwartungen dauerhaft nicht erfüllt, ist weg vom Fenster. Was aber hat der bemitleidenswerte Zwangsklient von der AK zu erwarten? Welche Konsequenzen kann er – bei Unzufriedenheit mit den vom ihm unfreiwillig alimentierten Genossen – schon ziehen?
Organisationen, gleich welcher Art, die sich nicht auf wirtschaftliche Mittel (also Produktion, Tausch, freiwillige Interaktion von einander auf Augenhöhe begegnenden Vertragspartnern), sondern politische Mittel (Zwang, Gewalt und Raub) stützen, leisten niemals gute Arbeit! Denn auch für sie gilt das Diktum Adornos, wonach es „kein richtiges Leben im falschen“ gibt. Einrichtungen, welche die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, bedürfen keiner gepressten Klienten – die finden sich ganz zwanglos.
Die demnächst ins Haus stehenden AK-Wahlen werden von den Sozialisten erwartungsgemäß weidlich dazu genutzt, erneut die reichlich abgenudelte Platte von der „sozialen Gerechtigkeit“ aufzulegen und eine üble Neidkampagne zu fahren. Um Steuerzahlungen vermeidende Kapitalisten und blutsaugende Zinsgeier ausgiebig vorführen zu können, werden sogar Sondernummern der kammereigenen Klassenkampfpostille „AK Für Sie“ aufgelegt. „Leistbares Wohnen“ ist ja auch ein nur allzu dankbares Thema – vor allem, wenn dabei listig ausgeblendet wird, dass der Löwenanteil beim Anstieg des Wohnaufwandes auf die Betriebskosten entfällt. Die aber sind maßgeblich nicht von entmenschten Zinshausbesitzern, sondern von den Kommunen – z. B. von den stets um soziale Wärme bemühten Genossen in der Bundeshauptstadt Wien (die eben saftige Preisaufschläge für die kommunalen Dienste verordnet hat) – zu verantworten.
Fazit: Gehirne von Sozialisten sind augenscheinlich nicht imstande, zu grundlegenden ökonomischen Einsichten zu gelangen. Wer mit marktfeindlichen Forderungen den Bau von Zinshäusern mutwillig zum Verlustgeschäft macht, verknappt das Angebot und sorgt damit für eine weitere Verschärfung des Wohnungsmangels. Denn der Staat, die Länder und Gemeinden dürften – angesichts ihrer bresthaften Finanzsituation – als Wohnbauagenturen dauerhaft ausfallen.
Wer es mit den Interessen der Arbeitnehmer (und Wohnungssuchenden) gut meint, sollte auf die Teilnahme bei den Arbeiterkammerwahlen besser verzichten…
Dieser Beitrag erscheint – in gekürzter Form – in der aktuellen Nummer der Zeitschrift „Acadamia“.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die unsägliche Wiener Stadtschulratspräsidentin lässt eine Lehrerin nur deshalb vorladen, weil diese in einem Legasthenie-Test das Wort „Neger“ verwendet hat!
Das sind also die Sorgen der Chefin von vielen der schlechtesten Schulen Österreichs! Der Stadtschulrat lässt sich willenlos vom Political-Correctness-Terror linker Journalisten und (SPÖ-finanzierter) NGOs instrumentalisieren; in diesem Fall steht wieder einmal der ORF-Wien an der Spitze. Eine von Brandsteidls Mit-Intelligenzlerinnen im Stadtschulrat hat darin gleich „Rassismus“ diagnostiziert, weil Legasthenie-Kinder die Worte „Neger/Enger/Regen/Gerne“ auseinanderbuchstabieren sollten. Die Kinder brauchen nicht mehr rechtschreiben zu können, das ist dem Genossen-Terror völlig wurscht. Aber sie müssen Genderismus und linke Political Correctness lernen. Dümmer geht’s nümmer.
PS: Jetzt werden unter Brandsteidls Terror zweifellos auch Palindrome verboten (oder sind wahrschinlich auf demSPÖ-Bildungsniveau ohnedies schon längst unbekannt). Denn deren bekanntestes Exempel lautet ja: Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie.
Da man es sonst kaum mehr aushält: Heute habe ich endlich wieder einmal einige positive Hinweise auf politische Entwicklungen entdeckt.
Der eine ist Lob für den sich abzeichnenden Konsens der Regierung, jetzt auch vor Jus- und einigen Sprachstudien Zugangsbeschränkungen und damit Aufnahmsprüfungen einzuführen (zumindest habe ich den neuen Wissenschaftsminister Mitterlehner so verstanden). Solche dringend notwendigen Beschränkungen waren zwar lange von der SPÖ bekämpft worden, aber sie lässt jetzt offenbar der Vernunft an den Unis eine etwas breitere Bahn. Die lustige SPÖ-Bildungssprecherin Rudas konzentriert sich ja statt dessen neuerdings auf die Abschaffung der Matura. Wobei sich manche fragen, ob sie das etwa gar im Auftrag von Werner Faymann aus gewissen persönlichen Interessen tut . . .
Mit der Einführung solcher Zugangslimitierungen (auf einem hoffentlich sinnvollen Niveau!) wird man künftig bei Akademikern relativ einfach deren Qualität feststellen können: Haben sie Zugangs-Tests absolvieren müssen oder haben sie ein technisch/naturwissenschaftliches Studium gemacht? In beiden Fällen kann man sie als künftige Mitarbeiter mit relativ großer Sicherheit aufnehmen. Alle anderen sozial- und geisteswissenschaftlichen Uni-Studien wird man hingegen als netten Zeitvertreib junger Menschen abtun können.
Der zweite positive Hinweis: Die Übertragung der Bundesstraßen in die Landesbetreuung hat nun nach mehr als zehn Jahren volles Lob des Rechnungshofs gefunden. Auch sonst ist keine Kritik an dieser Übertragung bekannt geworden. Die Straßenbetreuung wurde billiger und es wurden Doppelgleisigkeiten abgebaut. Das ist übrigens ein weiteres sehr sinnvolles Ergebnis der schwarz-blauen Periode.
Ohne aktuellen Rechnungshof-Bericht sei da auch gleich noch etwas angemerkt: sowohl bei der BIG (Bundesimmobilien) wie auch der BBG (Bundesbeschaffung) hat die Ausgliederung aus der Ministerialbürokratie ebenfalls sensationelle Erfolge erzielt. Zwei ehemals schwer korrupte Bereiche wurden solcherart exzellent saniert. Und sie haben überdies dem Steuerzahler viel Geld erspart. Vor allem die BBG würde uns übrigens noch viel mehr ersparen, wenn auch Bundesländer & Gemeinden sowie deren ausgegliederte Töchter über sie gesammelt einkaufen müssten. Allein rund um die Spitäler und deren Einkaufsbedarf wäre da jährlich(!) eine Milliarde zu holen. Wäre.
Aber jetzt breche ich ab, da ich schon wieder beim Negativen gelandet bin, was ich eigentlich unbedingt vermeiden wollte.
Es ist zwar erst wenige Wochen her, dass Sie den ukrainischen Präsidenten genau und demonstrativ zu dem Zeitpunkt empfangen haben, da er sich endgültig von Europa ab und Russland zugewendet hat.
Aber es wäre doch jetzt der ideale Zeitpunkt, ihn gleich wieder hochoffiziell in Wien zu hofieren. Bitte laden Sie ihn doch dringend ein!
Herr Außenminister! Sie haben erst vor kurzem deutlicher denn die anderen Europäer gesagt, es solle keine Sanktionen gegen die Ukraine geben. Es wäre dringend Zeit, das jetzt noch einmal zu sagen!
Frau Abgeordnete Mlinar! Sie haben soeben – als Europa-Spitzenkandidatin der Neos – in einem Interview eine Erweiterung der EU bis Wladiwostok und zur Türkei noch in diesem Jahrzehnt verlangt (und haben degoutanterweise sogar behauptet, das hänge mit „Liebe“ zu Europa zusammen). Könnten Sie das bitte auch gleich so plakatieren, damit allen klar wird, dass Sie da natürlich auch die Ukraine dazuzählen, die so wie Russland und die Türkei auf die eigenen Leute schießen lässt.
Jetzt wird das letzte bisschen Mini-Mitbestimmung beim ORF eiskalt abgedreht. Die Vorgangsweise mag zwar raffiniert wirken, ist aber unglaublich brutal. Das von der Regierung dekretierte Ende der Wahl von ORF-Publikumsräten macht genauso zornig wie die Hypo-Nichtlösung, die ganz offensichtlich primär die Schonung der politischen Entscheidungsträger von Kärnten über Bayern und die anderen Bundesländer bis zur Nationalbank im Auge hat. Aber nur nicht die blöden Bürger. Die lassen sich ja offenbar eh alles gefallen. Sie revoltieren nur in der Ukraine, in der Türkei, in Venezuela und in Thailand gegen die Sauereien der politischen Klasse. In Österreich wird die Faust bloß in der Tasche geballt.
Gewiss: Die beim Publikumsrat gewählte Abstimmungs-Methode via Fax-Gerät ist eine recht antiquierte. Da gibt es elektronisch mindestens ein halbes Dutzend modernere Wege, um die Mitbestimmung der Seher und Hörer bei der Besetzung einiger Sitze im Publikums- und Stiftungsrat zu ermöglichen. Auch wenn es wahrscheinlich wieder gegen jeden einzelnen dieser Wege irgendwelche juristische Bedenkenträger geben wird. Aber es waren ja ohnedies nicht die Bürger, sondern ebenfalls die Politik (in diesem Fall jene der schwarz-blauen Ära), die sich das Fax einfallen hat lassen.
Aber jetzt einfach die Spurenelemente von Mitsprache der Seher abzustellen, ist unabhängig von allen juristischen Detaildebatten nur eines: eine himmelschreiende Provokation durch die herrschende Klasse.
Noch vor einem Jahr hatte man hoffen dürfen, dass die Mitbestimmung der Bürger sogar ein wenig ausgebaut wird, dass es in Österreich wenigstens Ansätze einer direkten Demokratie geben wird. Inzwischen haben die Parlamentarier die diesbezüglichen Versprechungen jedoch allesamt klammheimlich entsorgt. Sie haben nicht dagegen gestimmt, sondern die vorjährigen Versprechungen einfach auf eine unendlich lange Bank geschoben. Die Herren Cap und Kopf haben schon gewusst, wie man das elegant macht. Und ihre Nachfolger lassen dichtes Gras über dem Thema wachsen, ohne es anzurühren. Die Pseudoreförmchen, die man statt dessen macht, sind nicht einmal eine Fußnote wert.
Da sind sich offenbar alle Herrschenden einig: Politiker lassen sich doch nichts von den blöden Bürgern dreinreden. Sind sie doch so viel klüger als diese. Die Bürger könnten ja am Ende etwas anderes wollen als die Parlamentarier. Da sei Gott vor – oder zumindest juristisches Geschwurbel. Das sich aber letztlich immer auf den Satz bringen lässt: Das Recht ist einmal vom Volk ausgegangen, aber nie mehr dorthin zurückgekehrt.
Und auch der einsame Sebastian Kurz, der sich in der Koalition einst als einziger halbwegs glaubwürdig für mehr Bürgermitbestimmung eingesetzt hat, ist verdächtig ruhig geworden. Offenbar will da wieder einmal einer seine künftige Karriere nicht weiter durch unbotmäßige Ideen gefährden (aber vielleicht täusche ich mich, und der Obmann der Jungen ÖVP macht demnächst eine knallige Pressekonferenz zu dem Thema – lassen wir diese Möglichkeit offen, stirbt doch die Hoffnung als letztes).
Die Groteske rund um den einstigen Vorstoß von Kurz und der FPÖ wird jedenfalls noch weit übertroffen von dem, was sich diese politische Klasse jetzt beim ORF leistet. Sie dreht dort die Ansätze der Bürgermitbestimmung einfach ersatzlos ab.
Dahinter steht die famose Regie des Herrn Ostermayer (und die geistige Totalabsenz der ÖVP). Nach außen hat der Mann zwar lange laut von einer Gesamtreform des ORF geredet. Aber eigentlich hätte man ihm das schon damals keine Sekunde glauben dürfen. Hat sich Ostermayer dabei doch von fast lauter ORF-Veteranen beraten lassen. Die werden der Teufel was tun, um in Österreich endlich eine wirklich ebene Spielfläche für Fernsehen und Radio herzustellen, um Gebühren an Objektivitätsbemühungen zu knüpfen.
Jetzt aber macht die Koalition in Sachen Publikumsrat eine Mini-Novellierung, die halt nur das vollzieht, was der Verfassungsgerichtshof – angeblich – will. Angeblich, genaueres weiß man allerdings nicht. Freilich verdient auch der VfGH nicht viel Vertrauen. Wird er doch zur Gänze von den beiden Koalitionsparteien besetzt. Präsident rot, Vizepräsidentin schwarz. Und so weiter. Jeder Posten hat dort sein Parteifähnchen.
Dabei haben die beiden Parteien, die da vom ORF bis zum VfGH bis zur Nationalbank alles unter sich und mit ihren Leuten besetzen, nur noch genau so viele Prozente der Wähler hinter sich, wie bei der jüngsten Schweizer Abstimmung für die Zuwanderungsbremse gestimmt haben. Bei der Schweiz aber wird jetzt ständig davon geredet, dass das Ergebnis so knapp wäre, dass man die Abstimmung eigentlich wiederholen müsste, oder gar, dass man das Referendum ganz ignorieren könne.
In Österreich hingegen wagt niemand darauf hinzuweisen, dass Rot und Schwarz keine 51 Prozent mehr haben. Dabei steht hier viel klarer fest, dass die Koalition inzwischen (trotz der Schwäche jeder der vier Oppositionsparteien) weit unter die 50-Prozent Grenze gesunken ist. Während es in der Schweiz keinerlei Anzeichen für eine Änderung der Stimmung gibt. Im Gegenteil: Unter dem bisher mit Ausnahme Angela Merkels oft hanebüchen dumm daherkommenden ausländischen Druck werden Schweizer meist nur noch viel hartnäckiger (das haben einst schon die Habsburger lernen müssen).
Aber zurück zum Verfassungsgerichtshof. Er hat die seit zehn Jahren übliche Fax-Wahl für verfassungswidrig erkannt und aufgehoben. Jetzt seien gar nicht seine juristischen Argumente zerpflückt, sondern es sei dem VfGH (im Zweifel) zugute gehalten, dass er das, was da jetzt herausgekommen ist, nicht wirklich gewollt haben kann.
Denn das, was die Koalition jetzt vorgelegt hat, beendet zwar wunschgemäß die Fax-Wahl. Es wird aber KEINERLEI andere Form mehr vorgeschlagen, wie die Bürger stattdessen abstimmen könnten. Sondern man verzichtet einfach auf deren Mitsprache. Und der Bundeskanzler besetzt freihändig und ohne Wahl.
Damit ist natürlich auch die rote Mehrheit im ORF noch mehr abgesichert, als sie es bisher schon war. Denn auch wenn jetzt ein Vertreter des eher rechtsliberalen Teams Stronach in den ORF kommt, wird dessen Gewicht ja sofort durch einen Vertreter der linksliberalen Neos konterkariert.
Es ist zwar absolut rätselhaft, warum die ÖVP bei all dem mitspielt. Freilich: Die einst große bürgerliche Partei hat schon seit vielen Jahren nicht einmal mehr Spurenelemente einer Medienpolitik. Vermutlich durchschaut sie weder die Tricks des so netten Herrn Ostermayer noch die Vorgänge im ORF. Aber das ist letztlich Sache der ÖVP.
Sache der Bürger bleibt der ohnmächtige Zorn, dass jetzt eine der letzten Plattformen ihrer Mitbestimmung abgedreht wird.
Das Tagebuch muss bitter daran erinnern, dass bei der letzten Publikumsratswahl vier von fünf der Gewählten genau die vom Tagebuch empfohlenen Kandidaten waren. Und dass damals Analysen eine Schlüsselfunktion des Tagebuchs gesehen haben. Das ist jedenfalls ein auffälliges Faktum, wenn jetzt VfGH und Ostermayer eiskalt die Beteiligung der Bürger abdrehen. Davor haben nämlich immer die SPÖ-Kandidaten die Faxwahl zur Gänze gewonnen. Damals hat niemand die Bürger-Mitbestimmung abgedreht . . .
Apropos Zorn über den immer frecher werdenden Missbrauch der Macht: Dieser wird in diesen Stunden durch die Wiener Staatsanwälte noch einmal gesteigert. Sie stellen ausgerechnet jetzt einen Politiker vor Gericht, da dieser in zweieinhalb Monaten erstmals mit einer eigenen Liste zur EU-Wahl antreten wird. Und da dessen Kandidatur angesichts des Zustands der Regierungsparteien durchaus chancenreich ist.
Ich kann zwar verstehen, dass der cholerische Ewald Stadler nicht nach dem Geschmack vieler bürgerlicher Wähler ist. Auch ist durchaus möglich, dass sein Verhalten (in der „Paintball“-Affäre) keineswegs zimmerrein gewesen ist. Aber dennoch stinkt die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft weit heftiger zum Himmel: Sind die Vorwürfe gegen Stadler doch seit mehr als sechs Jahren bekannt; ist doch die Causa ewig in der Staatsanwaltschaft unerledigt dahingedämmert; und ist sie doch hervorragend geeignet, ausgerechnet vor einer Wahl nicht nur Stadler, sondern in einem Zug auch die FPÖ anzupatzen.
Ebenso zornig machen auch andere Staatsanwälte (diesmal Tiroler). Sie haben einen Lokalpolitiker gleich zweimal wegen „Verhetzung“ vor Gericht gestellt. Er hatte auf einem Plakat seine Beobachtung kritisch thematisiert, dass erstaunlich oft Marokkaner als Diebe erwischt worden sind („Marokkanerdiebe“). Auch wenn man – wie oft – solche Ausdrucksweisen nicht goutiert, so müssen sie doch in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat, der Meinungsfreiheit als Grundrecht hat, toleriert werden.
Dieser neue Verhetzungsparagraph hingegen eignet sich, wie das Tagebuch seit Jahr und Tag klarmacht, extrem gut, um alle unerwünschten Meinungen obrigkeitsgetreu zu unterdrücken. Zum Glück sind wenigstens noch die Gerichte selber halbwegs korrekt. Sie haben die Staatsanwälte zum zweiten Mal abblitzen lassen. Angesichts des gewaltigen Drucks der Macht fragt man sich aber bange: Wie lange noch?
Mein Vertrauen zu Staatsanwaltschaft, zu VfGH und zur Regierung ist jedenfalls in diesen Tagen endgültig gegen Null abgesunken. Das Gefühl, in einem Vormärz zu leben, wird immer stärker.
Werden mir doch zugleich die beklemmendsten Geschichten über Abhöraktionen der Mächtigen zugetragen. Aber davon ein andermal.
Diese Bilanz schaut verheerend aus. Aber die Wahrheit schaut noch viel dramatischer aus – was jedoch in der Bilanz zum Hohn für die Bürger verschwiegen wird. Daher hätte man sie sich gleich ganz sparen können. Das Bilanzieren ist jetzt zwar ein verfassungsgesetzlicher Auftrag – aber den hat sich ja die Politik selber gegeben.
Im Finanzministerium und anderswo sind zweifellos sehr viele Beamtenstunden in diese „Eröffnungsbilanz“ geflossen. Dabei hat man todesmutig versucht, auch das Eigentum des Bundes darzustellen. Die Bilanzierer haben „Sachanlagen“ in der Höhe von immerhin 39 Milliarden entdeckt. Nur: Welchem Nutzen dienen diese Entdeckungen? Was von diesen Sachanlagen könnte man denn tatsächlich verpfänden oder verkaufen? Soll es irgendjemandem etwas nutzen, wenn man jetzt beispielsweise weiß, dass das Außenamt 263.587,28 Euro an Sicherheitseinrichtungen bilanziert, aber nur 10.638,72 für Heizungen (hoffentlich frieren da unsere zumindest gut gesicherten Botschafter nicht).
Ernst zu nehmen sind auf der Aktivseite wohl nur die 25 Milliarden „Beteiligungen“. An Telekom, an Post, an Verbund. Das ist auch wohl das einzige, was sich wirklich verkaufen lässt. Wenn es die SPÖ jemals zuließe. Diesen Beteiligungen des Bundes wären natürlich noch viel mehr an Beteiligungen der Bundesländer hinzuzufügen. An Flughäfen, an Energieversorgern, an Stadthallen und Schwimmbädern.
Trotz der Einberechnung eher fragwürdiger Sachanlagen zeigt die Eröffnungsbilanz allein für den Bund eine Überschuldung von gigantischen 134 Milliarden. Bei jeder Überschuldung muss jeder Vorstand, Geschäftsführer oder Kaufmann sofort zum Konkursrichter. Der Bund aber nicht.
Endgültig unrund werde ich jedoch erst, wenn ich ins Kapitel „Pensionen“ blicke. Denn im Pensionssystem hat die Republik jahrzehntelang von Millionen Österreichern Sozialversicherungsbeiträge kassiert. Aber sie hat in der „Eröffnungsbilanz“ keinen einzigen Euro für die Auszahlung der daraus längst erwachsenen Pensionsansprüche rückgestellt.
Im normalen Wirtschaftsleben hingegen, in jeder echten Bilanz müssten natürlich für jeden in der Zukunft fällig werdenden Anspruch Rückstellungen und Rücklagen gebildet werden. Geschäftsführer, die das in so grober Form nicht tun, würden mit Sicherheit wegen schweren Betrugs verurteilt werden. Auch wenn bei ihrem Unternehmen so wie im Pensionssystem mit weiteren künftigen Einnahmen gerechnet werden kann.
In unserem Pensionssystem sind aber sogar die künftigen Einnahmen ungewiss. Nicht nur der konjunktur wegen. Denn im Pensionssystem wird das gewaltige demographische Problem und die Zuwanderungskatastrophe einfach ignoriert. Daher werden unter anderem folgende für das System mörderische Tatsachen ignoriert:
Nichts von diesen Fakten findet sich in einer „Bilanz“, die alle Pensionsansprüche ignoriert. Damit kann bei den wirklich relevanten Faktoren also auch in den kommenden Jahren nicht einmal die Veränderung gemessen werden. Dabei nennt das Finanzministerium die Messung von Veränderungen letztlich als einzigen Nutzen einer solchen Bilanz. Aber was solls, wenn die wichtigsten Faktoren gleich gar nicht gemessen werden?
Es ist schwer provozierend, wenn man sich dann für eine solche Eröffnungsbilanz noch selbst lobt. Die Republik darf aber offenbar jede Form von Betrug begehen.
Wobei man dem Bund sogar zugute halten muss, dass bei ihm wenigstens alle Haftungen und Beteiligungen offengelegt werden. Bei den Bundesländern und Gemeinden weiß man nicht einmal darüber Bescheid. Das macht deren Verhalten also noch viel betrügerischer als jenes des Bundes. Dennoch fühle ich mich auch vom Bund letztlich nur verhöhnt, wenn er jetzt großspurig eine Bilanz präsentiert und dabei so viel verschweigt.
Deprimierende Anmerkung am Rande: Man kommt also in diesem Land durchaus auch dann auf das böse Wort „Betrug“, wenn man kein einziges Mal von der Hypo Alpe-Adria spricht.
Diese Woche dürfen also die Einwohner zweier Bezirke über die Lahmlegung der Mariahilfer Straße und damit auch über die Performance der grünen Stadträtin Vassilakou entscheiden. Die Stimmung unter den Wahlberechtigten scheint freilich schlecht für die Grünen zu sein.
Denn die SPÖ – obwohl Koalitionspartner der Grünen und obwohl mitverantwortlich für jede einzelne Etappe in diesem Planungschaos – hält sich auffallend zurück. Die Sozialdemokraten haben offenbar ihr Ohr am Volk (auch wenn keine Umfragen veröffentlicht worden sind) und lassen die Grünen im Regen stehen.
Dazu kommt, dass die Grünen seit den von ihnen verharmlosten Ausschreitungen beim Akademikerball besonders unpopulär geworden sind. Dazu kommt, dass die – abgesehen von der grundsätzlichen Linksorientierung – wankelmütigen Medien seit einiger Zeit in den Neos neue Lieblinge haben und die Grünen nicht mehr so gut behandeln wie früher.
Dementsprechend voller Panik ist jetzt Vassilakou selber: „Mein Appell: Vergessen Sie die Parteipolitik!“ Es dürfe bei der Abstimmung überhaupt nicht um die Grünen gehen.
Freilich: Dieser Appell würde natürlich sofort vergessen, würden die Grünen doch gewinnen. Denn wäre Vassilakou plötzlich eine Staatsfrau. Statt bloß "die Griechin", über die ganz Wien scherzt.
Der Appel ist auch sonst mehr als seltsam. Sind die Grünen doch einzig durch die Parteipolitik überhaupt in der Lage, ihre Spintisierereien von der Mariahilfer Straße als Schachspiel- und Radfahrer-Zone zu verwirklichen. Haben sie doch nur dank der Parteipolitik das (Steuer-!)Geld für ihre Propaganda. Und können sie doch nur dank der Parteipolitik die Geschäftsleute auf Mitteleuropas wichtigster Einkaufsstraße einfach ignorieren.
Maria (Vassilakou) und keine intellektuelle Hilfe.
Eine UNO-Kommission hat erkannt, dass Nordkoreas kommunistische Führung vor Gericht gestellt werden müsse.
Es hat freilich nicht erst die UNO gebraucht, um die nordkoreanischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu erkennen. Dennoch ist die offizielle Veröffentlichung einer solchen Erkenntnis total unintelligent. Denn diese offizielle Drohung der UNO bringt die Kim-Dynastie und ihre verbrecherischen Mittäter einer Verurteilung um keinen Millimeter näher. Ganz im Gegenteil. Solche Beschlüsse führen nur dazu, dass sich in Nordkorea alles noch mehr verhärtet, dass friedliche Lösungen noch unwahrscheinlicher werden. Will doch auch ein nordkoreanischer Folterknecht nicht freiwillig ins Gefängnis gehen. Dabei wäre den Nordkoreanern mit jedem Tag, da das brutale Regime endet, mehr gedient als mit solchen UNO-Erkenntnissen. Denn selbst wenn der Preis für eine nordkoreanische Wende eine Riviera-Villa wäre, wo die Schlächter unbehelligt ins Exil gehen könnten, wäre das sicher in Kauf zu nehmen. Es verbringen ja schon etliche afrikanische Diktatoren solcherart völlig abgeschirmt von der Öffentlichkeit ihren Lebensabend. All das macht nun die Strafankündigung durch die UNO unmöglich. Jetzt werden die nordkoreanischen Folterknechte wohl überhaupt nie mehr freiwillig mit ihren Untaten aufhören. Genau aus solchen blauäugigen Kurzsichtigkeiten entstehen Kriege.
Trotz der erschreckenden Zahlen werden die Fakten überhaupt nicht registriert. Denn die linke Lügenmaschine beherrscht die Medien ja fast total. Allein am letzten Wochenende wurden mehr als Tausend „Flüchtlinge“ vor Lampedusa „gerettet“. So liest man es dort, wo überhaupt darüber berichtet wird.
Aber in der Tat: Nur die Zahl war diesmal besonders hoch. Sonst ist ja eh alles wie fast täglich. Und die gutmenschlich getarnte Zuwanderungsmaschinerie funktioniert bestens.
Aber das ist ja alles in der Tat nichts Neues. Sondern eben wie immer. Nur die Zahlen werden halt immer größer . . .
Die Arbeiterkammer fordert es derzeit täglich: Reguliert die Mieten noch mehr! Das wird freilich nur bei denen auf Zustimmung stoßen, die nicht das Geringste aus der wirklichen Welt zu lernen bereit sind.
Denn das, was der Arbeiterkammer vorschwebt, hat es im größten Realexperiment der Geschichte schon gegeben: 40 bis 70 Jahre lang war in Osteuropa Mieten fast gratis, waren alle Vermieter enteignet. Das Ergebnis kann man heute noch – 25 Jahre nach Ende des arbeiterkammeraffinen Realsozialismus – in vielen Stadtteilen Osteuropas sehen. Jahrzehntelang ist kein einziger privater Cent in den Wohnbau geflossen. Gemeinden und Genossenschaften haben bloß unerträglich hässliche Plattenbauten gebaut. Als Ergebnis herrschte dramatischer Mangel und Verfall. Häuser wurden nie renoviert. Millionen Menschen mussten sich zu dritt oder viert in ein Kabinett zusammenpferchen.
So wie die nahe Arbeiterkammer zeigt sich derzeit etwa das ferne Venezuela lernunfähig. Dort wird derzeit im Rekordtempo in einem (der Ölfunde wegen) reichen Land breitflächig eine realsozialistische Mangel- und Notwirtschaft eingeführt.
Noch nie haben Regulierungen und Preisregelungen langfristig Waren und Wohnung billiger und ausreichend verfügbar gemacht. Im Gegenteil: Am Ende wurden die Dinge immer knapp und knapper, nur noch mit Beziehungen, mit Schmiergeld erhältlich. Genau das wäre das Ergebnis, sollte die Arbeiterkammer Erfolg haben.
Gewiss: Deren derzeitigen Rufe sind primär Agitation für die AK-Wahl. Und es bleibt die Hoffnung, dass der Schwachsinn danach wieder vergessen wird.
Nicht vergessen werden sollten aber viele andere aus dem AK-Eck gekommene Unsinnigkeiten, die in Kraft sind und Wohnraum tatsächlich verknappen und verteuern: Dazu gehört etwa das Einfrieren der Altbau-Zinse über Generationen hinweg. Eine Freigabe nach dem Tod eines Mieters würde bald sehr viel Wohnraum auf den Markt bringen und diesen damit verbilligen. Das würde vor allem jungen Familien helfen, die ja meist nicht viel Geld haben.
Man könnte ihnen auch durch gezielte Subjektförderung helfen, würde man das Steuergeld nicht durch Billigwohnungen auch für Politiker und andere gut verdienende Menschen verschwenden (wie dies etwa der Think Tank Agenda Austria jetzt sehr präzise nachgewiesen hat). Man könnte die zahllosen gut gemeinten, aber das Bauen sehr teuer machenden Vorschriften reduzieren: So ist in Wien für jede(!) neue Wohnung von der Barrierefreiheit bis zum Notkamin vieles vorgeschrieben, was die meisten Mieter nie im Leben brauchen. Man könnte in Wien die zahllosen Gebühren auf ein kostendeckendes Ausmaß reduzieren.
Und vor allem: Würde nicht die Politik den Menschen so viel von ihrem Geld nehmen, dann könnten sich diese viel leichter das leisten, was sie brauchen. Die Arbeiterkammer sollte mit gutem Beispiel vorangehen und auf das viele Zwangsgeld verzichten, das sie selbst jedem(!) Arbeitnehmer monatlich von seinem Lohn stiehlt. Ohne dass es auf dem Lohnzettel vermerkt werden darf.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die ÖVP „blockiert die wichtigsten Themen, von der Bildung bis zur Steuerpolitik“ weiß der „Standard“ als Sprachrohr des links-grünen Feuilletons. Aber nicht nur die interessensgeleiteten Medien sind sich einig in ihrer Kritik an der ÖVP, auch parteiintern fallen viele auf den zeitgeistigen Schmäh herein, dass die veröffentlichte Meinung auch die öffentliche Meinung ist. Von Erhard Busek – no na! – bis zu selbsternannten Denkern in Bundesländern und Bünden nutzen viele den Zustand der Partei, um sich am Obmann abzuarbeiten, weil sie wissen, dass sie mit negativen Wortspenden jederzeit in die Medien kommen.
Die ÖVP ist „unmodern und verengt“, sie muss sich dem Zeitgeist „öffnen“, lautet die wohlfeile Forderung. Die Fakten sehen anders aus. So wie es in Österreich eine Mehrheit für die Wehrpflicht gab, was Demoskopen nicht wirklich überrascht hat, so gibt es etwa auch eine Mehrheit für Studiengebühren und wohl auch für das Gymnasium. Warum initiiert die ÖVP keine Volksbefragung zu diesen Themen, wie es die SPÖ bei der Wehrpflicht getan hat? Zwei Dauerthemen wären damit schlagartig „entblockiert“.
Es gibt nämlich nicht nur gute Argumente für Studiengebühren, sondern auch gute Gründe, die Gesamtschule abzulehnen, doch müsste man dies kompetent kommunizieren und nicht nur einfach „Njet“ sagen. Eine Mehrzahl der Eltern will für ihre Kinder eine ordentliche, gute Schule, und den Menschen ist auch klar, dass es verschiedene Begabungen, Interessen und Talente gibt, und dass ein differenziertes Schulsystem durchaus sinnvoll ist, weil eine Gleichbehandlung von Ungleichem neue Ungleichheiten erzeugt. In einem dümmlichen Trommelfeuer wird aber eine Gesamtschule gefordert, deren Wert alles andere als erwiesen ist, weder durch ausländische noch durch inländische Beispiele.
Aktuell zeigt eine erste Evaluierung der Neuen Mittelschule sogar, dass dieses teure ideologische Steckenpferd der gescheiterten Unterrichtsministerin Claudia Schmied schlechtere (!) Ergebnisse bringt als die kostengünstigere Hauptschule und AHS. Eine verantwortungsvolle Politik müsste sofort die Notbremse ziehen und diesen teuren Irrweg beenden.
Auch eine heterosexuelle Ehe/Partnerschaft mit Kindern ist immer noch der Mehrheitswunsch der Österreicher. Und, dass Menschen in homosexuellen Partnerschaften selbstverständlich nicht diskriminiert werden sollen, heißt nicht, dass eine derartige Partnerschaft mit einer Ehe gleichzustellen ist, denn es handelt sich auch hier um durchaus ungleiche Dinge, die folglich ungleich zu behandeln sind.
Viele Bürger, die sich etwas geschaffen haben und das Erarbeitete auch ihren Kindern vererben möchten, haben kein Verständnis für Erbschafts- und Vermögenssteuern. Sie haben kein Verständnis, dass ein disziplinloser, hochverschuldeter Staat rücksichtslos auf das Vermögen derer zugreift, die noch wissen, was ordentliches Wirtschaften heißt und die noch Vokabel wie „Leistung“ oder „Eigenverantwortung“ buchstabieren können.
Und viele Bürger sind daher auf der Suche nach einer Partei, die diese Interessen glaubhaft vertritt, die einen anderen Eigentums-, Gleichheits-, Gerechtigkeits- und Freiheitsbegriff hat als die links-populistischen Vorstellungen von Gleichmacherei, Bevormundung und Staatsabhängigkeit; es geht um ein Menschenbild von mündigen Bürgern statt abhängigen Subventionsempfängern.
Keine der im Nationalrat vertretenen Parteien ist in diesen Fragen auf Seiten der Bürger. Vom Koalitionspartner SPÖ ist diesbezüglich nichts zu erwarten, dort wurde die Fantasie- und Mutlosigkeit, unpopuläre Themen anzugreifen, sogar von Parteifreunden anlässlich des 125. Jubiläums wortreich beklagt. Auch von den Oppositionsparteien ist nichts zu erhoffen, weder von den Grünen, die ja die SPÖ links überholen wollen, noch von der FPÖ, die ja eigentlich eine sozialistische Partei ist, halt nur in der nationalen Variante. Das Team Stronach hat seine Chance gründlich verblödelt, und die NEOS dürften spätestens seit ihrer Fusion mit dem zeitgeistig linken LiF als glaubwürdige bürgerliche Alternative ebenfalls abgedankt haben.
Nicht „Verengung“ ist das Thema, sondern eine klare Fokussierung auf zentrale Werte wie Eigentum, Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und dergleichen mehr, sowie eine glaubhafte Umsetzung in der Praxis. Politik ist Themensetzung, und die ÖVP ist seit geraumer Zeit nur mehr auf dem Rückzug in der Abwehr von Forderungen anderer Parteien. Warum traut sie sich nicht, richtig erkannte Themen nachhaltig zu besetzen, von der Zurückdrängung des übermächtigen Staates über die Steuerentlastung der Bürger bis hin zu überfälligen Privatisierungen? Sie hätte gute Argumente auf ihrer Seite.
Derzeit stehen ohnehin keine Nationalratswahlen auf dem Programm, man könnte also zur Abwechslung einmal versuchen, das Anständige und Vernünftige zu tun.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser (leicht aktualisierte) Kommentar ist der Februar-Ausgabe entnommen.
Ein Überblick über all das, was rund um die Hypo Alpen-Adria schief gelaufen ist und schiefläuft. EU-rechtlich, strafrechtlich, politisch, ökonomisch. Die Hypo als österreichisches Sittenbild wird die Republik so verändern, wie es bisher nur Staatsvertrag, EU-Beitritt und Kollaps der Verstaatlichten getan haben. Und es ist absolut unbegreiflich, dass die Staatsanwaltschaft bisher nur gegen die Ebene Kulterer&Co aktiv geworden ist.
Die Österreicher sind so zornig und erbost, wie sie es seit Jahrzehnten nicht waren (höchstens im Februar 2002 war das kurzfristig der Fall, als SPÖ und ORF mit Hilfe der Straße demokratische Mehrheiten stürzen wollten). Die Österreicher würden am liebsten alle Kärntner Politiker und tunlichst auch jede Menge Bundespolitiker auf die Anklagebank setzen.
Vielen fehlt jedoch der Überblick, wo überall genau welche Schuld vorliegt. Mit vielen Diskussionen wird auch – bewusst oder unabsichtlich – von der eigentlichen Schuld und den eigentlichen Fehlern abgelenkt. Manche Fragen, wie etwa jene nach der genauen Höhe des Hypo-Schadens, sind seriös tatsächlich nicht genau zu klären.
Sie sind aber bei der rechtlichen – auch strafrechtlichen – Beurteilung in Wahrheit irrelevant. Denn es sind genauso 8 wie 18 Milliarden eine absolute Katastrophe. Die Schadenshöhe ändert überhaupt nichts mehr an der Antwort auf die konkrete Schuldfrage. Und die ist jetzt schon klar beantwortbar.
Kärnten. Unter den Schuldigen steht das System Kärnten an der Spitze. Blau/Orange, Rot und Schwarz haben mit Hilfe der Hypo grob fahrlässig Geld für politische Aktionen beschafft, das eigentlich gar nicht vorhanden war. Es fehlt dort sogar bis heute die Veröffentlichung einer genauen und datierten Aufstellung, wann Landesregierung und Landtag welche Haftungen beziehungsweise haftungsrelevante Gesetze beschlossen haben. Dann wäre auch jeweils genau klar, wer von Rot und Schwarz jeweils mit Jörg Haider gestimmt hat. So sehr seine kriminelle Energie die Hauptschuld am Desaster trägt, so wenig hätte er ohne Hilfe zumindest einer der beiden anderen Parteien anrichten können.
Verstoß gegen EU-Recht. Wenn endlich diese zuvor verlangte Aufstellung öffentlich vorliegt, kann auch der besonders ungeheuerliche Verdacht geklärt werden, ob Kärnten auch noch NACH einem diesbezüglichen Verbot durch die EU weitere Haftungen eingegangen ist. Der Verdacht spricht von einem besonders miesen Trick des Landesgesetzgebers. Die EU (Ehre, wo der EU Ehre gebührt) hatte ja ab 2007 die vorher üblichen Garantien öffentlich-rechtlicher Körperschaften für Anleihen von Banken verboten. Davon hatten nicht nur die Hypo Alpe-Adria, die Bank Burgenland oder die Bank Austria profitiert, sondern beispielsweise auch die vielen (und ebenfalls schlecht geführten) deutschen Landesbanken. Die EU hat in diesen Landeshaftungen schwere Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der anderen Banken erkannt. Diese anderen haben sich ja immer rein aus dem Markt finanzieren müssen, was immer zu höheren Zinsen geführt hat. Der dringende Verdacht lautet aber nun: Hat Kärnten auch nach diesem EU-Beschluss zumindest indirekte Haftungen für die Bank ausgesprochen?
Anklage. Viele verlangen Anklagen gegen „die“ Politik. Aber im Prinzip ist es absolut richtig, dass kein Mitglied einer Volksvertretung wegen eines im Parlament gefassten Beschlusses auf der Anklagebank landen darf. Sonst würden in Österreich die Staatsanwälte und nicht wie jetzt Parteien regieren. Parteien sind wenigstens abwählbar, Staatsanwälte nicht. Die sind jedoch genauso Menschen. Die Schaffung einer Anklagemöglichkeit gegen (Landes- oder Bundes-)Parlamente würde Österreich in einen noch viel übleren Polizeistaat verwandeln, als es das jetzt schon ist.
Grobe Fahrlässigkeit. Das zuvor Gesagte heißt aber nicht, dass die Kärntner Vorgänge strafrechtlich irrelevant wären. Spätestens seit der Kärntner Landeshauptmann davon geredet hat, dass Kärnten von der Hypo falsch informiert worden sei, ist die Sache sehr wohl strafrechtlich relevant. Die Hypo-Vorstände sitzen zwar ohnedies schon auf der Anklagebank. Aber mit der Kaiser-Äußerung hat sich auch die Kärntner Landesverwaltung selbst zu einem zwingenden Kandidaten für diese gemacht. Denn es ist grob fahrlässig – eventuell sogar vorsätzlich – wenn man auf Kosten der Steuerzahler Milliarden an Garantien eingeht, nur weil man halt falsch informiert war! Es wäre absolute Pflicht der Kärntner Landesregierung und ihrer Beamten gewesen, VOR jedem Haftungsbeschluss selbst penibel die Kreditwürdigkeit der Hypo nachzuprüfen! Oder bekommt in Kärnten jeder mit ein paar Schmähs ungeprüft Milliarden? Begeht ein Bankbeamter nicht Untreue, wenn er ungeprüft die Lügen eines Kreditwerbers als Wahrheit nimmt und diesem Geld auszahlt? Wenn das nicht zu einem Verfahren führt, dann sollte man gleich Amtsmissbrauch und noch ein paar Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch streichen. Dann setzen wir Kärnten mit Sotschi gleich.
Bayern. Auch dort gibt es jede Menge Schuldfragen in Zusammenhang mit dem Kauf wie auch der Weiterführung der Bank. Diese Fragen werden aber jetzt wenigstens von bayrischen Gerichten geklärt. Und in keinem Fall ist es zu rechtfertigen, dass Österreich die Bayern aus der Haftung befreit. Das war 2009 beim Kaufvertrag ein schwerer Fehler. Und erst recht heute, wenn Österreich eine Bad Bank ohne Verzicht der Bayern auf Milliardenforderungen beschließen sollte.
Verstaatlichung. Seit mehr als vier Jahren ist die Hypo nun verstaatlicht. In dieser Zeit hat sich kein Management bewährt. Es gab ständige Verantwortungswechsel. So ist etwa die einst so lautstark von einem Josef Pröll bejubelte Hypo-CSI irgendwann sanft entschlafen. Seither hat in der Hypo nur noch die Angst regiert, nur ja keinen Fehler zu machen. Und Angst führt zu absoluter Untätigkeit, die genauso falsch ist wie die vorige Hyperaktivität. Der Staat kann niemals ein Unternehmen führen. Weder Kärnten noch Bayern noch der Bund. Entweder es herrscht (partei-)politischer Einfluss oder es wird beamtenhaft auf jede unternehmerische Tätigkeit verzichtet.
Fit and proper. Ein weiterer arger – und ungeheuerlicher – Verdacht, der nun kursiert und der auch strafrechtliche Dimensionen hat, ist mit der Verstaatlichungs-Periode verbunden: Die seit 2009 tätigen Vorstände und Geschäftsführer sollen nicht einmal alle die juristisch zwingend vorgeschriebenen Erfordernisse für die Leitung einer Bank gehabt haben. Um wenigstens diesen Vorwurf zu zerstreuen, sollte das Finanzministerium umgehend alle Persilscheine für das gesamte Führungspersonal der letzten Jahre vorlegen.
Nationalbank. Es ist absolut unbegreiflich, dass der frühere und der jetzige Nationalbank-Gouverneur bis heute im Namen der Republik ganz formell die entscheidenden Vorschläge machen. Einer von ihnen hat sogar öffentlich gesagt, er wolle ein unabhängiges Gutachten zur Hypo gar nicht kennen (offenbar, weil es seiner Ansicht widerspricht). Die Nationalbank trägt ja zusammen mit der Finanzmarktaufsicht die volle Schuld daran, dass der Hypo viele Jahre die volle Unbedenklichkeit bescheinigt worden ist. Ich weiß zwar nicht, ob das aus Unfähigkeit geschehen ist oder auf politischen Druck: Aber jedenfalls dürfte in einem sauberen Rechtsstaat die Nationalbank niemals auch nur die geringste Rolle in Sachen Aufarbeitung der Hypo spielen. Jedenfalls hätte längst der Staatsanwalt die Rolle der Nationalbank und ihrer Exponenten prüfen müssen. Nur zum zusätzlichen Ärger: Deren Spitzenleute erhalten weiterhin 30.000 Euro Pension. Monatlich. Und eben unbehelligt.
Balkan-Illusionen. Eine der größten Fehleinschätzungen der Hypo und ihrer Kärntner wie bayrischen Eigentümer war: Alle haben sie völlig naiv an den Balkan geglaubt und rund drei Viertel aller Hypo-Kredite dorthin gelenkt. Sie haben den Balkan als neues Eldorado gesehen. Das war absurd. Erstens ist dort die kriminelle Energie höher als in Deutschland oder Österreich. Zweitens haben dort viele Geschäfte mehr aus Hoffnung denn aus konkreten Business-Plänen bestanden. Drittens und vor allem (was freilich der Bundesregierung bis heute nicht bewusst ist): Die Wirtschaft kann in den meisten Balkanländern gar nicht abheben. Das ist unmöglich, solange die Staatsgrenzen umstritten sind; solange die jeweiligen Staaten, Kantone und Föderationen artifizielle, extern oktroyierte Gebilde sind; solange die Machthaber in den Augen der dort lebenden Menschen keine Legitimität haben. Die Herstellung einer solchen Legitimität wird insbesondere vom Dayton-Abkommen, aber auch den unklaren Kosovo-Lösungen behindert. Dayton nimmt ja mehr auf die Aversion von Spanien&Co gegen das Selbstbestimmungsrecht der Menschen Rücksicht als auf diese. Daher ist jeder Investor gut beraten, den Balkan zu meiden. Mit anderen Worten: Die Hypo-Politik war auch dort, wo nichts Kriminelles passiert ist, ökonomisch und politisch dumm. Die Bayern – die so wie Kärnten das Balkan-Geschäft forciert haben – haben dabei überdies an die besondere Balkan-Expertise der Österreicher geglaubt. Die gibt es aber längst nicht mehr. Weder die vielen Bundesheersoldaten in Bosnien noch der dortige Hohe EU-Beauftragte aus Österreich zeigen irgendeine Fähigkeit, den Konflikt zu durchschauen oder gar zu lösen.
Der Föderalismus. Mit dem System Kärnten sitzt das ganze System des Föderalismus auf der Anklagebank. Dabei geht es nicht um eine strafrechtliche Frage, aber dafür umso mehr um eine politische und ökonomische. Die Bundesländer, ihre Holdings und ihre Banken machen ständig Geschäfte, die ihre Fähigkeiten bei weitem übersteigen. Aber auf Grund der parteiinternen Machtstrukturen hat keine der drei großen Parteien auf Bundesebene dagegen etwas zu unternehmen versucht. Dazu bräuchte es freilich Totaländerungen der Verfassung, des Steuerrecht wie des Finanzausgleichs. Man denke neben Kärnten nur an die katastrophalen Geschäfte unter Verantwortung von Salzburg, Linz, Wien, Niederösterreich, dem Burgenland oder Tirol. Die (jetzt so auffallend schweigsamen!) Bundesländer sind hinter den Kulissen am eifrigsten dabei, den Bund davon abzuhalten, die Hypo in die Insolvenz gehen zu lassen. Davon würden zwar die österreichischen Steuerzahler enorm profitieren, aber die Länder – sowie Bayern, die Landes-Hypos und Raiffeisen – würden direkt und indirekt (Haftungsverbund, eigene Kreditwürdigkeit, Zwang zu voller Transparenz . . .) zu den Leidtragenden zählen. Und natürlich die sonstigen Gläubiger, wieviel immer davon schon Hedge-Fonds sind oder noch die ursprünglichen Käufer von Anleihen.
Transparenz: Wenn das Hypo-Desaster etwas Positives haben soll, dann muss es vor allem künftig totale Transparenz bei Haftungen, Schulden und jedem Buchhaltungsdetail bringen: Bei Ländern, Gemeinden und sämtlichen ausgegliederten Betrieben. Es darf keine Sekunde mehr irgendeine heimliche Haftung und Schuld-Ausgliederung geben.
Insolvenz: Solange das Bad-Bank-Gesetz, dass den österreichischen Steuerzahlern die Bezahlung sämtlicher Rechnungen für Kärntner und bayrische Untaten auferlegt, noch nicht durch den Nationalrat ist, solange gibt es die Hoffnung, dass doch noch die Insolvenz der Hypo beschlossen wird. Sie ist – auch bei anschließender Insolvenz Kärntens und der nötigen Hilfe für die dortigen Menschen und Krankenhäuser – die relativ beste Möglichkeit, die Desaster-Folgen klein zu halten. Jeder Abgeordnete, der in den nächsten Wochen einer Bad Bank zustimmt, muss wissen, dass ihn diese Zustimmung bis ans Ende seiner politischen Laufbahn verfolgen wird.
Und ÖVP wie SPÖ sollten wissen: In einem Strudel dieser Dimension sind in anderen Ländern schon ganze Parteien und Verfassungen untergegangen.
Anerkennenswert. Minister Friedrich hatte das getan, was in Österreich fast alltäglich ist: Er hat einem anderen Politiker etwas Geheimes erzählt. Na und? Dass man deswegen zurücktreten muss, kann in Österreich kaum jemand verstehen. Denn der Balkan beginnt ja schon in Freilassing. Hierzulande wird gemauschelt und intrigiert, aber niemand tritt zurück. Da können sich Faymann&Ostermayer rechtswidrig in die Geschäfte von ÖBB und Asfinag einmischen. Da passiert rund um die Hypo jede Menge Kriminelles. Da darf im Fall Kampusch nie ein unabhängiger Richter alle Verdachtsmomente gegen weitere Täter prüfen. Da werden Zeitungen jährlich mit mehr als 200 Millionen aus Steuergeld bestochen.
Man kann Deutschland zu seinem Verständnis von Sauberkeit nur gratulieren. Auch wenn es aufs erste verblüfft, dass ein SPD-Mann bei Kinderpornographie erwischt wird, aber ein CSU-Minister zurücktritt. Es geht um Agrarminister Hans-Peter Friedrich. Er hatte im Herbst, da er noch Innenminister war, den SPD-Chef Gabriel informiert, dass gegen den SPD-Abgeordneten Edathy wegen Kinderpornographie ermittelt wird. Und nun muss Friedrich wegen Bekanntwerden dieser Informationsweitergabe zurücktreten. Noch bevor ganz klar ist, wieweit Edathy verurteilt werden wird.
Aber damit ist wohl ein für allemal geklärt: Auch wenn die Information an den Chef einer gegnerischen Partei geht, ist sie kein Zeichen parteiübergreifender Jovialität, sondern ein unakzeptabler Fehler. In Deutschland.
Wenn dieser Grundsatz auch in Österreich gälte, wäre vieles anders. Dann wären auch hier alle unerlaubten Informationsweitergaben durch Beamte, Polizisten, Staatsanwälte, Minister streng verpönt. Diese passieren hierzulande aber offenbar ständig. Man denke nur an die wöchentlichen rechtswidrigen Veröffentlichungen in linken Wochenmedien. Gegen deren Quelle hat aber noch kein Justizminister eine echte Untersuchung gestartet.
Nach der Aufregung um Friedrich, die nach bayrischer Art unglaublich schnell gelöst worden ist, steht nun der eigentliche Täter im Vordergrund. Die Beteiligung des Herrn Edathy an Kinderpornographie-Aktivitäten ist angesichts der sonstigen Rolle der SPD in sexuellen Dingen ja einigermaßen interessant.
So will die SPD ja gerade in Baden-Württemberg zusammen mit ihren grünen Koalitionspartnern Homosexualität und andere für Linke erfreuliche Tätigkeiten schon unter Grundschulkindern verbreiten. Vielleicht schaffen es nun auch ein paar Linke, endlich den Zusammenhang zu Edathys Aktivitäten zu sehen. Wenn alles gut ist, wenn alles geht, warum sollte ausgerechnet das eine nicht gehen? Herr Edathy hat sich 31 Filme und Fotosets von unbekleideten Buben zwischen 9 und 14 gekauft. Das ist strafbar. In den Schulen propagiert die Linke ganz Ähnliches. Und hält sich für gut.
So dumm kann doch nicht einmal ein Linker sein, dass er glaubt, das Ganze wäre nur eine Causa Friedrich. Oder?
Italien ist wieder dort, wo es jahrzehntelang immer war: Es gibt einen Regierungswechsel um seiner selbst willen. Einziger Grund: Jetzt will halt ein anderer an die Macht. Sonst bleibt offenbar alles gleich. Deprimierend.
Hätte der künftige Regierungschef Renzi seinem letztlich erfolgreichen Ehrgeiz auch nur einen einzigen inhaltlichen Punkt hinzugefügt, wie er Italien aus der Schlammassel retten will, wäre den Miteuropäern wohl leichter ums Herz. Aber in den vielen Worten, mit denen er seinen Partei-„Freund“ Letta gestürzt hat, fand sich hinter der Rhetorik nur reinster Machtkampf. Und es gab keinerlei Ankündigungen, was denn jetzt in Italien anders werden würde.
Genauso wie jetzt zwischen Letta und Renzi ist in den Jahrzehnten vor Berlusconi das Spiel zwischen Christ- und Sozialdemokraten gelaufen. Es schien ewig so weiterzugehen mit den zweimal jährlich fälligen Regierungswechseln und ständig noch mehr Schulden für ein wahnwitziges Verwaltungs- und Sozialsystem. Berlusconi gelang es zumindest, eine lange Phase an der Macht zu bleiben, die Dinge zu beruhigen und einige Reformen durchzubringen. Das bleibt eine anerkennenswerte Leistung, auch wenn Berlusconi ein arges Schlitzohr gewesen ist. Er hat aber mehr geleistet, als der Geifer der linken Medien wahrhaben will. Freilich waren auch seine Reformen zur Ankurbelung des schönen und an Kulturschätzen so vollen Landes in keiner Weise ausreichend.
Jetzt hat ein Sozialdemokrat gegen einen anderen intrigiert, und diesen schließlich abgeschossen. Das haben die linken Medien im Gegensatz zu ihren Hassattacken auf Berlusconi gnädig hingenommen. Es war erstaunlich ähnlich wie beim ebenfalls mit keinerlei Inhalten begründeten Abschuss Alfred Gusenbauers durch den ehrgeizigen, aber hohlen Werner Faymann. Unter dem Österreich jetzt noch leidet.
Uns bleibt nur die Hoffnung, dass Matteo Renzi für Italien mehr an positiven Dingen bringen wird als die bloße Realisierung des Ehrgeizes eines jungen Mannes. Zwar gibt es vage Andeutungen, dass er sich an Tony Blair ein Vorbild nehmen will; dass er wirtschaftsfreundliche und korruptionsfeindliche Reformen im Sinn hat. Aber bis zu deren Umsetzung führt gerade in Italien ein besonders weiter Weg. Von Berlusconi bis Monti sind in diesem Land am Ende alle „presidente“ im zähen Reformunwillen der politischen Klasse steckengeblieben.
Auffallend ist: Der bisherige wie der künftige Regierungschef kommen aus der Toskana. Der eine aus Pisa, der andere aus Florenz. Das ist mehr als pikant: Haben doch gerade diese beiden Städte (und Siena) in zahllosen Waffengängen um die regionale Macht gekämpft. In diesen Februartagen verlief die Rivalität Pisa-Florenz zwar unblutig. Das heißt aber noch nicht, dass Italien dadurch mehr vorankommen würde als einst durch die sinnlosen Eifersüchteleien der oberitalienischen Städte.
Irgendwann einmal passiert letztlich halt alles an Peinlichkeiten, was nur passieren kann.
Andreas Mölzer ist einer der Bekanntesten in der FPÖ. Jetzt tritt er auch wieder als Spitzenkandidat – genauer: als einer von zwei – im Wahlkampf fürs EU-Parlament besonders ins Rampenlicht. Bei dieser Wahl haben ja die Freiheitlichen erstmals gute Chancen, zur Nummer Eins zu werden. Zur Bewerbung dieser Kandidatur darf Mölzer auch beim – nicht gerade parteifernen – Liberalen Klub unter dem altgedienten Abgeordneten und jetzigen Volksanwalt Peter Fichtenbauer einen Vortrag halten. Dazu wurden wie immer Tausende Menschen eingeladen. Umso peinlicher, dass auf allen gedruckten Einladungen der Name Mölzer zu einem „Mälzer“ verwandelt wurde. Und das konsequent, also mehrfach. Aber irgendwie habe ich Verständnis: Man kann ja nicht jeden Parteifreund kennen. (Und ich selber habe erst vor kurzem das Jahr 2015 zum Jahr 1915 gemacht . . .)
Gleich vier schwierige Fragen: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Schweiz und Österreich? Müssen sich nur noch Nichtmitglieder an EU-Recht halten? Warum müssen die Kärntner ständig noch witziger sein als die Österreicher? Und: kann noch einer diese Staatsanwaltschaft erklären?
Beginnen wir bei der Vorgeschichte der ersten beiden Fragen: Die EU hat die Zulassung einer neuen Maissorte beschlossen, bei der ein Gen verändert worden ist. Denn selbst ausgiebige wissenschaftliche Tests haben keinerlei Gefährdung durch diesen Mais entdecken können. Im Gegenteil: Es muss bei Verwendung dieser Sorte weniger Gift auf die Maisfelder gespritzt werden. Was sie zu einem durchaus positiven Umwelt-Faktor macht. Und Genveränderungen durch Züchtungen finden ja im übrigen seit Jahrtausenden ganz selbstverständlich statt.
Natürlich sehen das die grünen Spendenkeilorganisationen (=NGOs) anders. Und erstaunlicherweise offenbar auch alle österreichischen Parteien. Sie agitieren weiterhin geschlossen gegen den Mais.
Wissenschaft? Brauch ma net. Wir wissens besser. Außerdem will das die Kronenzeitung so.
Daher soll nun ein Gesetz beschlossen werden, dass die Verwendung dieser Maissorte in Österreich verbietet. Obwohl sie von der EU ausdrücklich erlaubt worden ist. Ein glatt EU-widriges Verhalten. Dennoch finden das hierzulande offenbar alle in Ordnung.
In Wahrheit ist das aber mehr als seltsam. Denn gerade noch haben praktisch alle Medien und zahllose europäische Politiker die Schweiz wegen fast genau des gleichen Verhaltens verdammt. Dort will man künftig (nach einer Volksabstimmung mit sehr hoher Teilnahme, welche jene bei Parlamentswahlen in manchen anderen Ländern weit übertrifft) EU-Bürgern nicht mehr in unbegrenzter Zahl die Ansiedlung gestatten. Damit verstößt – auch – die Schweiz gegen eine rechtliche Regelung der EU.
Das sei völlig ausgeschlossen, heißt es da aber. Der Schweiz werden diese Flausen schon noch ausgetrieben werden. Kommt überhaupt nicht in Frage. Recht sei Recht.
Hat das auch nur irgendeine Logik? Will man da wirklich argumentieren, dass das Nicht-Mitglied Schweiz rechtlich enger an das EU-Recht gebunden sei als das Mitglied Österreich?
Nur zur Klarstellung für die üblichen Stänkereien: Ich bin natürlich kein Bauer, der Mais anbaut. Ich habe auch keinerlei Beziehungen zu irgendwelchen Saatgutfirmen oder ähnlichem. Ich sorge mich nur, dass Österreich mit seiner Gen-, Hormon-, Atom-Hysterie unter Druck der Grünen und der Krone immer mehr und immer peinlicher ins tiefe Mittelalter zurückrutscht.
Dazu passt auch gut die jüngste Behauptung des Kärntner Stronach-Landesrat Köfer, die auch unsere dritte Frage ist. Der Mann meint nämlich allen Ernstes, dass er durch Nichtaufstellung eines Handymastes die Bürger vor Krebs bewahrt habe. Jetzt bin ich ernstlich besorgt: Hat der Typ für sich selbst keine diesbezüglichen Sorgen, sobald er ein Handy benutzt? Oder soll man ihn wegen seines heldenmütigen Telefonierens im Dienste aller Kärntner loben?
Diese himmelschreiende Blödheit des Herrn Köfer rechtfertigt freilich nicht, dass die Kärntner Staatsanwaltschaft jetzt allen Ernstes gegen ihn ein Verfahren wegen genau dieser Handymast-Verweigerung begonnen hat. Damit demonstriert sie nur ebenso himmelschreiende Blödheit.
Es ist die gleiche Staatsanwaltschaft, die keinerlei Verfahren gegen die Kärntner Landesregierung und ihre Beamten führt. Dabei haben diese grob fahrlässig bis zum Zehnfachen(!) des Kärntner Landesbudgets an Haftungen für die Hypo unterschrieben! Offenbar genügt den Staatsanwälten aber strafrechtlich die Behauptung der Landesregierung, dass diese leider, leider von der Hypo schlecht informiert worden wäre.
Wir lernen daraus: Wegen solch unbedeutender Beträge brauchen doch eine Kärntner Landesregierung und ihre Beamten nicht gleich selber nachzuforschen. Und sie können weiter wie ein Fürst das viele Geld verteilen, das Kärnten als Haftungsprämie für die Hypo kassiert hat. Und das es nicht zurückzugeben denkt.
Wir lernen daraus: Kärntner Witze schlagen noch allemal Österreicher-Witze.
Und zu schlechter letzt die vierte Frage: Noch immer hat sich der neue Justizminister in keiner Weise der vielen Rätsel rings um das Verhalten und Nicht-Verhalten seiner Staatsanwälte angenommen. Wozu seit einigen Tagen auch die seltsame Rolle der Wiener Oberstaatsanwaltschaft beim Kampf ihrer Untergebenen gegen jugendliche Diebsbanden gehören dürfte.
Dafür interessiert den Minister anderes: Er will jetzt einen weiteren, zusätzlichen Richter in allen Schöffenprozessen einsetzen. Solche teuren juristischen Finessen interessieren ihn. Und im Budget findet sich sicher das nötige Geld – spätestens seit dem Hypo-Crash. So glauben es zumindest Politiker mit ihrer spezifischen Mathematik.
Die Koalition hat sich geeinigt. Die Demolierung der neuen GmbH wird nicht ganz so schlimm wie seit Wochen geplant. Die Zahnspangen auf öffentliche Kosten kommen nun doch, aber nicht für alle, nicht vor 2015. Kann man jetzt sagen: Ende gut, alles gut? Keineswegs. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Erstens bleibt der Schock der vergangenen Wochen mehr als erklärungsbedürftig. Sind Bürokraten, sind Politiker, sind Wirtschaftskammer wirklich schon so weit weg von der Realität der Unternehmer in diesem Land, dass sie erst deren Aufstand gebraucht haben, um die Realitäten zu erkennen?
Zweitens sind auch die verbleibenden Maßnahmen unsinnig. Der Vorschlag der Opposition wäre der beste: Lasst am besten das GmbH-Gesetz so wie es seit dem Vorjahr ist, ohne ständig was zu ändern. Es ist einfach unsinnig, jetzt doch 10.000-Euro-GmbH zu erlauben, diese aber im Namen zu diskriminieren und ihnen nach zehn Jahren dann plötzlich die Erhöhung auf 35.000 Euro Kapital vorzuschreiben. Diesen Schwachsinn können sich nur Politiker oder Schreibtisch-Artisten ausdenken, die noch nie ein Unternehmen gegründet haben
Auch fast jede andere Abgabenerhöhung durch dieses Gesetz wird sich negativ auswirken. Spitzenverdiener (und damit meist auch Spitzenleister!) werden Österreich meiden. Sekt-Steuern werden nur die italienischen Pro-Secco-Produzenten freuen. Und selbst höhere Zigarettenpreise werden wohl noch mehr Schmuggel auslösen als heute und daher in der Summe vielleicht sogar zu Minuseinnahmen führen.
Aber wenn ich mir diese Regierung – etwa auch die beiden nagelneuen Finanz-Staatssekretäre! – so anschaue, dann wird klar, dass da nur Murks herauskommen kann. Steuergesetze und Staatsfinanzen erfordern halt jahre-, jahrzehntelange Erfahrung und nicht nur die Bestellung eines Ministers durch den Bundespräsidenten.
Bleibt zuletzt das halbwegs Positive: Die kleinen Erleichterungen sollen auf Kosten der sogenannten „Offensivmaßnahmen“ gehen, also ergebnisneutral sein. Der nun fixierte Handwerkerbonus könnte etwas Positives sein - auch wenn ich schon wieder viel Bürokratie wittere.
In Wahrheit wäre freilich sogar der Verzicht auf sämtliche „Offensivmaßnahmen“ mehr als sinnvoll – und damit auf die zahllosen Subventionen, die in diesem Land ausgeschüttet werden. Wenn – wenn! – mindestens im gleichen Ausmaß die Steuern gesenkt würden. Das hieße konkret: Einerseits sollten die Spitzensteuern gesenkt werden und andererseits sollten ebenso die arbeitsplatzvernichtenden gigantischen Sprünge des Einkommensteuersystems abgeschafft (linear geglättet) werden. Wie dies eben jetzt eine engagierte Ökonomengruppe („ProMaktwirtschaft“) dringend empfohlen hat.
Was in politische Köpfe und vor allem in diese Koalition einfach nicht hineingeht: Die aktiven, die selbständigen Menschen brauchen in Wahrheit überhaupt keine Offensivmaßnahmen und Subventionen, keine „großzügigen“ Zuteilungen durch Kommissionen und Beamte (die vor allem einmal selbst etwas kosten!). Sie brauchen nur eines: weniger Steuern, weniger Gesetze, weniger Verordnungen. Sie wissen dann schon selber am besten, wie Geld am sinnvollsten – und damit auch die meisten Jobs schaffend – eingesetzt wird. Jede Subvention ist nur dazu da, damit ein Politiker sich ihrer berühmen kann.
PS: Auch die Zahnspangen-Lösung, die die SPÖ im Gegenzug für ihre angebliche Klientel ausgehandelt hat, ist absurd: Jetzt müssen jene Jugendlichen, die – vielleicht – Anspruch darauf haben, noch einmal eineinhalb Jahre warten. Was medizinisch für manche von ihnen alles andere als sinnvoll ist. Überdies ist auch gar nicht klar, wer dann überhaupt Anspruch haben wird – weil es davor eine neue bürokratische Hürde geben dürfte.
PPS: Sorry, dass eine Zeitlang das Datum der Zahnspangenlösung mit 1915 statt natürlich richtigerweise 2015 angegeben war.
Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen scheint die Koalition doch noch auf den ursprünglich vorgeschrieben diskriminierenden Zusatz zu verzichten, dass eine 10.000 Euro GmbH "gründungsprivilegiert" sei. Das wäre jedenfalls ein weiterer positiver Schritt (der ja ohnedies budgetär völlig irrelevant ist). Aber nix ist noch fix.
Wieder einmal haben sich die politisch-korrekten Gutmenschen (samt einem offenbar mit ihnen sympathisierenden Richter) blamiert. Wieder einmal stottert die Politik herum. Es geht um den Umgang mit professionell stehlenden Jugendlichen. Es geht darum, ob man bis zum 14. Geburtstag tun und lassen kann, was man will.
Das – im Tagebuch schon einmal angesprochene – Verfahren um einen jungen Angehörigen einer Zigeuner-Diebsbande hat sich weiterentwickelt: Das Früchtchen ist gegen den Willen der bösen Staatsanwaltschaft aus der U-Haft entlassen worden, weil er behauptet hatte, keinesfalls 14 zu sein. Diese Freilassung ließ einmal alle Gutmenschen jubeln. Der Jubel ist aber bald verstummt: Erstens deshalb, weil der Knabe schon nach zwei Stunden aus der Unterbringung bei der Gemeinde Wien auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist. Und zweitens, weil die Staatsanwaltschaft (freilich rätselhafterweise erst nach dem Prozess) informiert hat, dass der Knabe bei einer früheren Festnahme in Belgien sein Geburtsjahr selbst mit 1999 angegeben hatte, dass er also wohl jedenfalls strafmündig ist.
Die Politik begreift wieder einmal nicht, dass sich das Mitleid des Großteils der Bürger mit Seriendieben in sehr, sehr engen Grenzen hält. Sie glaubt schon wieder einmal, dass das gutmenschliche Gerede von Journalisten & Co irgendetwas mit der öffentlichen Meinung zu tun hätte. Prompt redet der neue Justizminister davon, dass „tunlichst kein Jugendlicher in Untersuchungshaft sitzen sollte“. Das heißt: Nach dem Willen des Herrn Brandstetter soll es auch keine U-Haft geben, wenn man schon über 14 ist.
Dabei besteht ja das Problem sogar schon mit den Jugendlichen unter 14! Auch viele andere europäischen Gesellschaften haben zunehmend dasselbe Problem: Zum einen weiß man mangels an Dokumenten immer seltener bei kriminell anreisenden Jugendlichen, wie alt sie wirklich sind. Daher kann sogar eine 28-Jährige behaupten, unter 14 zu sein, und man muss erst mühsam das Gegenteil beweisen. Wobei in den Armutskulturen Südosteuropas Jugendliche rein physisch deutlich schlechter entwickelt sind, also oft weit jünger aussehen als gleichalte Mitteleuropäer (Augenschein-Feststellungen durch Richter offenbar daher nur deren peinliche Ahnungslosigkeit).
Zum anderen muss sich Österreich über politisches Herumstottern hinaus jedenfalls auch für schwerkriminelle Täter unter 14 endlich etwas einfallen lassen. Auch Österreich muss für unter-14-jährige Serienverbrecher Unterbringungen entwickeln, wo diese nicht mehr am nächsten Tag einfach wieder hinausgehen können.
Gewiss sollte dort alles versucht werden, durch Betreuung, Ausbildung, Zuwendung das Leben dieser bemitleidenswerten Kinder noch halbwegs zum Besseren zu wenden (so wie es auch bei den 14-18-Jährigen viel intensiver geschehen sollte). Aber auch die Gesellschaft hat absoluten Anspruch darauf, vor solchen Kindern geschützt zu werden. Selbst wenn dann die linken Medien geschlossen aufheulen: „Haft für Kinder!“
Aber wenn die Politik nichts tut, wird umgekehrt diese Gesellschaft selbst die Politik, den Justizminister und die – derzeit für Kinder alleine zuständigen – Landeshauptleute zur Rechenschaft ziehen.
PS: Probleme mit höchstwahrscheinlich brutal gelogenen Altersangaben hat man auch bei „Flüchtlingen“, die als Kinder oder Jugendliche viel besser und aufwendiger behandelt werden. Daher geben sich oft erstaunlich entwickelte Migranten als jugendlich aus. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Das Fiasko der Hypo Alpe-Adria geht die Wiener und die anderen Bundesländer weit mehr an, als sie nach außen zugeben. Denn damit steht auch der gesamte österreichische Föderalismus und die Kreditwürdigkeit der anderen Bundesländer im Visier. Und insbesondere die Stellung Wiens.
Das zeigt sich gleich auf acht verschiedenen Ebenen.
Mit anderen Worten: Eine Insolvenz wäre zwar zweifellos die in der Summe für die österreichischen Steuerzahler weitaus günstigste Variante. Sie wäre aber für Kärnten (und Bayern) unweigerlich sehr schmerzvoll. Das hätte auch kein Tricksen ändern können. Und eine Insolvenz hätte auch sehr unerfreuliche Präjudiz-Wirkungen für die anderen Bundesländer. Daher wird sie wohlauch in Zukunft wegen des Vetos Wiens, Niederösterreichs sowie etlicher anderer Bundesländer niemals zustande kommen. Und die Herren Faymann und Spindelegger waren nicht Manns genug, gegen diesen Widerstand die beste Lösung durchzudrücken. Und werden es auch in Zukunft nicht.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Eindrucksvoll, kann man da nur zur Baroness Sayeeda Warsi sagen, der ersten islamischen Ministerin in der Geschichte Großbritanniens.
Die Ministerin sorgt sich, weil die seit 2000 Jahren im Nahen Osten lebenden Christen dort in vielen Ländern so intensiv verfolgt und vertrieben werden wie kaum jemals davor. Sie verlangte vor allem von den europäischen Regierungen, mehr zum Schutz der Christen zu unternehmen. Die Sorge ist mehr als notwendig und der Einsatz der britischen Religionsministerin für weltweite Religionsfreiheit ist mehr als überzeugend. Sie hat sich nie gescheut, deutliche Worte gegen radikale, intolerante oder gar gewalttätige Strömungen auch in ihrer Religion zu sagen. Freilich würde man sich ähnlichen Klartext auch von allen christlichen Bischöfen in Europa wünschen. Aber für manche hat es christliche Märtyrer offenbar nur einst in der Antike gegeben . . .
Gemeinsam der Toten zu gedenken, ist immer gut. De mortuis nihil nisi bene, ist einer der vielen weisen Sprüche der Antike, der sogar auf griechische Wurzeln zurückgeht. In diesem Sinne ist das gemeinsame Gedenken der Koalition an die Toten des Jahres 1934 durchaus zu loben. Nur ist das wirklich so? (Mit nachträglicher Ergänzung)
Wird wirklich über die Toten beider Seiten des Februars 1934 nur auf eine gute Art gesprochen? Oder gar auch über die der dritten Seite, die im Sommer des gleichen Jahres geputscht hat? Viele politische und mediale Äußerungen der letzten Tage führen zum gegenteiligen Eindruck: Gut soll und darf nur über die Sozialdemokraten geredet werden. Gegen die anderen kann man weiter hetzen.
Auch der SPÖ-Obmann hat im Widerspruch zum angeblich friedlichen Gedenken über die Toten sofort gegen die Existenz des Bildes des (einzigen) ermordeten Bundeskanzlers in Räumen der ÖVP gestänkert, also gegen seinen Vorgänger. Er hat aber beispielsweise noch nie ein Wort der Distanzierung zum Antisemiten und Anschlussbejubler Karl Renner gefunden.
Man hat das Gefühl, eine in Selbstauflösung befindliche ÖVP hat ebenso wie die kaum besser dastehende Kirche die Zeitgeschichte ganz den Sozialdemokraten überlassen (obwohl auch die als Partei von totaler Erosion bedroht sind). Die Sozialdemokratie hat es trotz ihrer sonstigen Hohlheit geschafft, insbesondere an der Wiener Universität die Zeitgeschichts-Lehre ideologisch so umfassend einzufärben, wie man es sonst nur unter totalitären Systemen gewohnt ist.
Daher ist es umso notwendiger, an die historischen Wahrheiten zu erinnern. Schließlich hat es auch in dem – zu Recht – gelobten Südafrika nur eine Wahrheitskommission möglich gemacht, dass man gemeinsam die blutige Vergangenheit überwindet. Schließlich würde ein völlig einseitiges, ein völlig verzerrtes Bild der Wahrheit entstehen, wenn nur die Sünden und Fehler der anderen Seiten, aber nie die der Sozialdemokraten öffentlich thematisiert werden. Schließlich hat Alfred Gusenbauer lobenswerterweise die riesigen braunen Flecken der Sozialdemokratie als erster ordentlich aufarbeiten und offenlegen lassen. Die aber dann schnell von seinem Nachfolger und der parteitreuen Historikergarde wieder zugedeckt worden sind.
Ohne dass hier der Platz für eine umfängliche historische Abhandlung wäre, sei doch auf die zwei grundlegenden Sünden der Zwischenkriegs-Sozialdemokraten verwiesen: Sie waren genauso schlechte Demoraten wie die anderen; und sie waren zum Teil noch schlechtere Österreicher als die ständig am Schandpfahl stehenden „Christlichen“ jener Jahre.
Wer die „Diktatur des Proletariats“ in sein offizielles Parteiprogramm schreibt, kann niemals als Demokrat gelten. Vor allem in jenen Jahren nicht, als die Ausrufung der „Diktatur des Proletariats“ in der Sowjetunion unmittelbare Vergangenheit und blutige Gegenwart gewesen ist. Wenn da heute manche solche Formulierungen als rhetorische Floskeln abtun, dann lügen sie entweder bewusst, oder haben keinerlei Verständnis, wie solche Forderungen damals auf Bürger, Bauern und Katholiken gewirkt haben müssen.
Gewiss waren diese keine besseren Demokraten. Alles andere als das. Aber letztlich haben 1927 nicht sie, sondern Sozialdemokraten den Justizpalast in Brand gesteckt. Das ist immerhin die weitaus schlimmste Gewalttat vor 1933/34 gewesen. Dafür kann kein als noch so ungerecht empfundenes Geschwornenurteil jemals eine Rechtfertigung sein.
In Summe sind einander fast die ganze Zwischenkriegszeit aggressive Aufmärsche und bewaffnete Parteimilizen gegenübergestanden. Auf und von beiden Seiten. Wer da jetzt die eine zur Seite der armen unschuldigen Märtyrer umstilisieren möchte, ist ein böswilliger Verdreher der Geschichte. Oder er ist halt nie über die Geschichtskenntnisse eines Taxifahrers hinausgedrungen.
Eine selbstkritische Aufarbeitung der Geschichte der Sozialdemokratie würde auch für 1933 und 1934 zahlreiche Beweise eines epochalen Fehlers entdecken: Viele Sozialdemokraten haben nämlich damals in den „Schwarzen“ den viel größeren Feind als in den „Braunen“ gesehen. Ohne diese schwere Fehleinschätzung hätte sich Österreich vielleicht noch ein weniger länger gegen die nationalsozialistische Bedrohung wehren können.
Schließlich kommt es einem auch skurril vor, wenn sich die Sozialdemokratie heute als Urmutter der österreichischen Nation ausgibt. Waren doch viele ihrer Exponenten sogar noch nach 1945 im großdeutschen Denken verhaftet (was die Christlichsozialen auch bis 1933 waren, und manche Großdeutsche bis heute).
Großdeutsch zu denken ist angesichts der Geschichte insbesondere des 19. Jahrhunderts natürlich nichts Böses. Man sollte es halt nur in einer Stunde der Wahrheit auch sagen. Ebenso wie die Tatsache, wie sich viele Sozialdemokraten vor und nach Hitler über manchmal vielleicht etwas schlichte schwarze Versuche lustig gemacht haben, eine österreichische Identität zu zimmern.
Nichts von dem hier zumindest kurz Angerissenen ist im übrigen eine Rechtfertigung des Ständestaats der 30er Jahre. Wer versucht hat, einen Staat auf undemokratischer und religiöser Grundlage und in Anlehnung ausgerechnet an Italien zu errichten, musste automatisch scheitern. Das hat der Religion geschadet. Das hat noch mehr der Partei geschadet, die das probiert hat. Das hat am meisten dem Staat geschadet. Aus päpstlichen Enzykliken lassen sich nun mal keine funktionierenden sozialökonomischen Theorien entwickeln. Das funktionierte damals so wenig wie heute. Die Bibel ist kein Ökonomielehrbuch.
Und gerade wer sich christlich nennt, hätte viel mehr für Versöhnung tun müssen, hätte immer wieder die Hand ausstrecken müssen. Auch wenn zweifellos die Bedrohung durch den Nationalsozialismus eine gewaltige, auch wenn die Wirtschaftslage eine katastrophale war. Oder vielleicht gerade deshalb.
Versöhnung sollte auch heute die einzige moralisch legitime Devise sein. Sie muss aber endlich ehrlich gemeint sein. Und kann nicht eine insgeheime Demütigung einer Seite durch die andere bedeuten.
Wer Versöhnung wirklich ernst meint, müsste die Hand letztlich auch dem dritten Lager reichen. Das es nun einmal auch gibt. Und das sich heute so wie alle anderen an Verfassung, Recht und Ordnung hält (das sich vor zwei Wochen in der Innenstadt sogar mehr als andere daran gehalten hat). Was aber schon gar nicht heißt, dass auch nur ein einziges Verbrechen des Nationalsozialismus vergessen werden darf.
Nachträgliche Ergänzung: Wie sehr die SPÖ statt einer echten Versöhnung das Jahr 1934 noch immer instrumentalisiert, zeigte jetzt wieder der niederösterreichische Landesparteichef: Er verglich das Jahr 1934 mit der schwarz-blauen Regierungszeit! (das war bekanntlich jene Zeit, an deren Ende die Staatsverschuldung von 68 auf 60 Prozent des BIP gesenkt werden konnte, während sie unter Rot-Schwarz jetzt auf über 80 Prozent steigt). Alles andere als versöhnlich war auch die einseitige Darstellung des Februars 1934 durch den ehemaligen AZ-Redakteur Dittlbacher im Fernsehen.
Zweite nachträgliche Ergänzung: Wenn man bei Denkmälern, die der Opfer für ein "Freies Österreich" gedenken, Kränze niederlegt, dann zählt zwar Engelbert Dollfuß eindeutig zu diesen (bei all seinen sonstigen Fehlern). Rätselhaft hingegen ist, warum die SPÖ auch Richard Bernaschek, den Auslöser der Februarkämpfe, da so besonders gerne einbezieht. Denn der Mann war schon vor dem Februar durch antisemitische Töne aufgefallen, und er hatte sich kurz darauf nach seiner Flucht Richtung München der antiösterreichischen Kampagne der Nationalsozialisten angeschlossen. Diese "Österreichische Legion" hatte alles andere als ein "Freies Österreich" im Sinn. Genausowenig rühmenswert war dann sein Wechsel zu den Kommunisten. Freilich muss man sich vor seinem letzten Lebensjahr trotzdem tief verneigen: Bernaschek landete nach dem Juli 1944 - zu dem er vermutlich gar keine Verbindung hatte - in Mauthausen, wo er knapp vor Kriegsende umgebracht worden ist. Aber trotzdem bleibt Faktum, dass Bernaschek für ein "Freies Österreich" viel weniger getan hat als etwa ein Dollfuß.
Jetzt ist also auch die (ohnedies immer unwahrscheinlich gewesene) Banken-Variante für die Hypo aus dem Rennen. Die hätte darin bestanden, dass sich die Banken an der Bad Bank beteiligen, in die alle Wackelkredite der Hypo Alpe-Adria ausgelagert werden. Statt dessen dürfen wir alle nun die allerteuerste Hypo-Variante finanzieren, eine „Anstalt“ zur Abdeckung des Megacrashs. Aber leider können wir niemanden in eine solche einweisen. Auch wenn wir‘s derzeit wirklich gerne täten.
Das Ergebnis ist traurig, aber erwartbar gewesen. Dabei hätten die Banken beim Eintreiben der einst unter Jörg Haider und den Bayern extrem leichtfertig vergebenen Hypo-Kredite zweifellos weit mehr Knowhow eingebracht als die Regierung. Aber sie hätten sich das dabei entstehende Risiko natürlich abgelten lassen (müssen – sind sie doch fast alle börsenotiert!).
Das will die SPÖ jedoch nicht. Sie lebt ja wie Ungarns Viktor Orban davon, ständig die Banken als Bösewichte hinzustellen und sie auszupressen. So lange, bis auch von den gesunden Geldinstituten nichts mehr übrig sein wird. Was für die ganze Wirtschaft zur Katastrophe wird. Damit glaubt die SPÖ, von der eigenen Schuldenmanie ablenken zu können. Aber auch von der ÖVP ist nie ein eigenständiges Hypo-Konzept auf den Tisch gekommen.
Glaubt jetzt auch nur ein einziger Österreicher, dass die Herren Faymann, Spindelegger & deren Unterläufel, welche die ominöse „Anstalt“ leiten werden, besser wackligen Krediten nachlaufen können als die Banken? Natürlich nicht. Ist aber eh egal. Man schnallt halt dem Steuerzahler noch mehr Risiko und Schulden auf den Buckel.Bis er kollabiert.
Die Lösung der Krise durch eine Hypo-Insolvenz war leider immer außerhalb des Denkhorizonts der Politiker. Dazu hätte es Mut und eine Ahnung von den Zusammenhängen gebraucht, die keiner der politischen Akteure hat. Das war im Grund schon klar, als ausgerechnet die Nationalbanker Liebscher und Nowotny mit der Hypo-Causa beauftragt wurden. Die beide hatten jedes Interesse, eine Insolvenz zu vermeiden. Da wäre nämlich ganz intensiv das Versagen der Nationalbank bei der Beaufsichtigung der Hypo zum Thema geworden. Und deren Haftung.
Wir Bürger werden uns zwar noch oft denken können, wie viel billiger eine Insolvenz geworden wäre (wenngleich natürlich auch die keineswegs gratis gewesen wäre). Aber jetzt werden wir vor allem nur noch eines: zahlen, zahlen, zahlen.
Ganz zufällig kommt gerade gleichzeitig mit der Hypo-„Lösung“ ein umfangreiches Steuererhöhungspaket ins Parlament . . .
Österreich oder Deutschland könnten sich ein großes Stück Selbstwertgefühl von den Briten abschauen. Patriotismus ist nämlich an sich absolut kein Widerspruch zu einem vereinigten Europa. Er darf nur nicht in Nationalismus ausarten, der chauvinistisch auf andere Völker herabsieht.
Das sieht man oft an ganz kleinen Details: eines war etwa ein Besuch in einem Londoner Musical. Da haben nach der Vorstellung bei allen Eingängen Schauspieler in ihren Kostümen für die im Kampf gefallenen oder invalide gewordenen Soldaten Geld gesammelt. Zuvor hatte mitten in die Applausrunde hinein der Hauptdarsteller auf offener Bühne diese Sammelaktion für „unsere“ Soldaten angekündigt. Wobei er besonders betonte, dass es eine Art Wettbewerb unter den britischen Bühnen wäre, welche am meisten sammelt. Dass ein kräftiger Griff in die Börse für ihn noch wichtiger wäre als der Applaus.
Das mag manchen als eine Kleinigkeit erscheinen. Es ist aber ganz sicher ein in Österreich oder Deutschland absolut undenkbarer Vorgang. Und zwar nicht nur, weil es in diesen Ländern viel weniger Soldaten in gefährlichen Einsätzen gibt. Hier weigern sich manche Schulen sogar, Soldaten bei Vorträgen auftreten zu lassen; und den Direktoren passiert nichts. Hier trauen sich nicht einmal Offiziere, öffentlich in Uniform aufzutreten.
Es ist auch kein Zufall, dass die Londoner Bühnen im Vorjahr einen absoluten Besucherrekord erzielen konnten: Sie lockten über 14 Millionen Besucher an, während hierzulande die Besucherzahlen fast überall ständig zurückgehen. Immer weniger Menschen wollen sich den dekonstruktivistischen Schwachsinn progressiver Regietheaterregisseure anschauen. Dabei werden die britischen Bühnen in einem viel geringeren Ausmaß aus Steuergeldern unterstützt als etwa jene in Wien. Aber höchstwahrscheinlich ist gerade das die Ursache, dass die Theater für und nicht gegen das Publikum spielen.
Ähnlich eindrucksvoll war auch der jüngste „Ausflug“ des Königinnen-Enkels Harry. Er ist mit versehrten Kriegsveteranen drei Wochen lang in der Antarktis bis zum Südpol gewandert. Wo er übrigens als erstes Mitglied der Königsfamilie ankam. Und was tat der Prinz dabei vornehmlich? Er errichtete jeden Abend im neuen Lager eine Latrine.
Das alles ist zweifellos Teil eines ungebrochenen und starken Patriotismus, der sich auch in solchen Details zeigt.
Aber kann man denn die Briten wirklich loben? Wollen die nicht gerade ein EU-Austritts-Referendum machen? Das wollen sie in der Tat. Aber jeder, der Premier Cameron bei seiner Referendums-Ankündigung zugehört hat, weiß, dass er den EU-Binnenmarkt über alles rühmt und schätzt. Er und der Großteil der Briten wollen aber keine Union, die sich mit immer mehr Regulierungen, Richtlinien und Judikaten in ihr Leben einmischt. Und die Briten wollen auch keinesfalls eine gemeinsame Währung, deren Institutionen ständig die selbst erlassenen Regeln brechen.
Ich kann darin nichts Übles finden.
Aber auch aus Deutschland hört man in den letzten Tagen interessante Signale. Einerseits werden unter dem offensichtlichen Druck der rapide anwachsenden „Alternative für Deutschland“ vor allem die CSU, aber auch in signifikantem Ausmaß die CDU deutlich EU-kritischer. Der dumpfe Europa-Fanatismus hat ausgedient. Er findet sich höchstens noch bei den Grünen. Freilich ist es mehr als fraglich, ob das nicht bei CDU/CSU nur Wahlkampftöne sind, die man nachher rasch wieder vergisst. Hätte es doch ohne Wolfgang Schäuble niemals die De-Facto-Übernahme griechischer Schulden durch andere Länder gegeben; das wird die CDU rückblickend nur ungern als Fehler eingestehen. Andererseits haben in Deutschland sowohl der Bundespräsident wie auch der – aus der SPD kommende! – Außenminister stärker denn früher die Verantwortung ihres Landes für die Vorgänge in der Welt betont.
Und wie sieht sich Österreich in der Welt? Es wagt es ernsthaft, schon darin einen ausreichenden Beitrag zum Weltgeschehen zu sehen, dass wieder einmal eine Runde der Iran-Atomverhandlungen in Wien stattfindet. Das ist zwar nett, aber am Amtssitz der Atomagentur IAEA eigentlich selbstverständlich. Und es ist ein wenig wenig als einziger österreichischer „Beitrag" für den Lauf der Welt.
Gerade das britische Beispiel zeigt, dass sich ein sehr tiefer Patriotismus exzellent mit einer aktiven Rolle im internationalen Getriebe verträgt. Auch wenn man ganz gewiss Österreich nicht als Groß- oder Mittelmacht einstufen kann, gäbe es da viel zu tun. Aber nur ein starkes Land, das mit sich selbst im reinen ist, kann Sinnvolles für die Welt tun.
Nur scheinbar ein ganz anderes Beispiel ist das jüngste britische Gesetz: Eine ganz überwältigende Mehrheit aus allen Parteien hat dafür gestimmt, eingebürgerten Menschen wieder die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn diese sich des Terrors verdächtig machen. Bei uns würden solche Gesetze zuerst einmal einen politisch korrekten Sturm fast aller Medien auslösen, bevor man draufkäme, dass auch die Mehrheit der Bürger für einen strengeren Umgang mit der Staatsbürgerschaft wäre.
Das britische Innenministerium bereitet darüber hinaus auch noch weitere Maßnahmen vor, die ein Untertauchen suspekter Elemente – vor allem aus der islamistischen Szene – im Land verhindern sollen: Vermieter, Banken und Standesämter sollen jeweils die Aufenthaltsgenehmigungen ihrer Gegenüber überprüfen, bevor sie denen eine Wohnung oder ein Konto einräumen oder sie heiraten lassen.
In Österreich schaut man bei all diesen Dingen lieber weg . . .
Die Schweizer haben überraschend für eine Begrenzung der Zuwanderung auch durch wohlhabende und arbeitende EU-Bürger gestimmt. Daran ändern die Tatsachen nichts, dass das Ergebnis ein äußerst knappes ist, und dass Umfragen (wieder einmal) ein anderes Ergebnis prophezeit hatten. Das Wahlergebnis ist in vielem durch Schweizer Spezifika erklärbar. Es zeigt aber auch klare gesamteuropäische Trends.
Während es in Österreich und Deutschland nicht einmal gelingt, wirksame Barrieren gegen Sozialmigration und überwiegend ungebildete Zuwanderer zu entwickeln, hat die Schweiz zunehmend ein anderes Problem bekommen. In die Westalpenrepublik sind in großer Menge gut gebildete und meist auch finanziell gut gestellte Zuwanderer gekommen.
Das zeigt natürlich einmal den überlegenen Erfolg des Schweizer Modells: Niedrige Steuern und wohlgeordnete Verhältnisse ziehen in großen Mengen gerade gut verdienende und arbeitswillige Zuwanderer an. Überdies machen individuell maßgeschneiderte Steuer-Vereinbarungen das Land für besonders Reiche zusätzlich attraktiv.
Das sind genau jene Zuwanderer, um welche auch die meisten anderen Länder buhlen, darunter insbesondere Österreich. Die Ostalpenrepublik hat aber mit ihrer auf diese Zuwanderer abzielenden Rot-Weiß-Rot-Card einen dramatischen Misserfolg erlitten. Hohe Steuern, Sozialabgaben und die heimische wie die europäische Regulierungswut wirken trotz der – mit der Schweiz durchaus ebenbürtigen – Schönheit des Landes abschreckend.
Warum ist aber trotz des ökonomischen Nutzens dennoch heute eine Mehrheit der Schweizer für eine Begrenzung der Zuwanderung? Ganz einfach: Es kann auch des Guten zu viel sein. Denn zunehmend haben die Schweizer Bürger Folgen zu spüren: So trifft die rasante Entwicklung der Immobilienpreise nach oben auch jeden Schweizer Wohnungssuchenden. Die Schweizer fühlten sich langsam marginalisiert. Die Zuwanderung in die Schweiz ist so hoch wie in kaum einem anderen Land. Zusätzlich wird sie von vielen deutschen Studenten überrollt (so wie Österreich, das aber auf Grund des Vetos der SPÖ nicht imstande ist, sich zumindest gegen die deutschen Numerus-Clausus-Versager zu wehren).
Die Mehrheit der Schweizer ließ sich auch durch die Tatsache nicht abschrecken, dass ihr Land durch Verträge mit der EU zur Personenfreizügigkeit für Bürger aller Mitgliedstaaten verpflichtet ist. Sie – genauer: der Bundesrat – muss nun in den nächsten drei Jahren das gesamte Vertragswerk der Schweiz mit der EU neu regeln. Die Mehrheit nimmt aber offenbar nicht an, dass die EU dabei aus Rache jetzt undurchdringliche Mauern rund um die Eidgenossenschaft aufziehen wird. Eine Willensbildung in der EU hat es aber dazu nicht einmal noch marginal gegeben.
Zwei EU-Aspekte haben wohl die Schweizer, vor allem die Deutschschweizer im letzten Augenblick noch zusätzlich zum Nein zur unbegrenzten Zuwanderung ermutigt.
Ein Aspekt war ein Interview des sozialdemokratischen EU-Spitzenkandidaten Schulz in der Neuen Zürcher Zeitung: Darin äußerte der Deutsche überraschendes Verständnis für die Schweizer Debatte, da die Schweiz mit mehr als 20 Prozent Ausländeranteil ein großzügiges Einwanderungsland sei. Er lobte auch die Diskussion, weil diese überwiegend differenziert und nicht von fremdenfeindlichen Tönen dominiert gewesen sei.
Dieses Interview war für viele erstaunlich, da gerade Schulz lange ein lautstarker Befürworter von Immigration auf allen Kanälen gewesen ist. So mancher Schweizer schloss aus dem Tonwechsel des roten Spitzenkandidaten, dass die EU ohnedies am Ende nicht auf hart spielen werde; dass sie immer zuerst brüllt, aber letztlich handzahm wird.
Der zweite relevante EU-Aspekt war die innerdeutsche Debatte über Sozialmigranten, die in der generösen Bundesrepublik Sozialleistungen in Anspruch nehmen, ohne jemals dort gearbeitet zu haben. Obwohl ein Gesetz die Auszahlung von solchen Leistungen (Hartz IV usw.) eigentlich untersagt, haben das nun schon mehrere offenbar ideologisch agitierende Sozialgerichte angeordnet. Aber auch die EU-Kommission hat sich gegen die deutschen Gesetze gewandt, die Sozialmigranten generell am Bezug von deutschen Sozialleistungen hindern. Sie verlangt in jedem einzelnen Fall eine Prüfung der Umstände.
Das hat natürlich die deutschen Bürger genauso erschreckt wie die Schweizer. Es ist alles andere als ein Zufall, dass sich vor allem die deutschsprachigen Schweizer für die Zuwanderungsbegrenzung eingesetzt haben.
Das Schweizer Ergebnis liegt auf einer Linie mit der rasch wachsenden Europaskepsis in vielen Ländern. Das wird sich auch bei der EU-Wahl deutlich zeigen. Der Überregulierungswahn der EU-Kommission, der ständige Bruch europäischer Verträge (siehe Maastricht-Kriterien, siehe Bailout-Verbot, siehe die jüngsten Karlsruher Beschlüsse), die Unfähigkeit der EU, auch nur ein internationales Problem zu lösen (siehe Balkan, siehe Nahost, siehe Ukraine), das total gegen die Interessen der Bürger arbeitende EU-Parlament (es hat immer noch höhere Ausgaben verlangt als Kommission und Rat zubilligen wollten) und die massenweise Zuwanderung in europäische Länder schaffen europaweit eine Abwendung vom europäischen Denken, das die ersten Nachkriegsjahrzehnte noch dominiert hat.
Dennoch ist es schade, dass neben den vielen europäischen Unsinnigkeiten auch die vielen durchaus sinnvollen Schritte Richtung internationaler Lösungen jetzt zunehmend gekippt werden. Zwar sind die Schuldigen dafür in Brüssel und vielen Regierungszentralen zu finden. Die Opfer sind aber mehr als eine halbe Milliarde Europäer.
Drei Männer haben öffentlich lebhafte Zweifel an der offiziellen Version zum Fall Kampusch geäußert, wie sie insbesondere von der Wiener Staats- und Oberstaatsanwaltschaft vertreten wird. Alle drei haben in der Folge mehr als auffällige Konsequenzen ihres Dissidententums erlebt. Überdies fällt auf, dass es rund um das spektakuläre Verbrechen zwar zahllose Aktionen und Kommissionen hinter verschlossenen Türen gegeben hat. Aber es gab kein einziges öffentliches Verfahren, bei dem alle Aspekte unter Wahrheitspflicht bezeugt werden mussten.
Es geht vor allem um die Frage, ob Natascha Kampusch wirklich nur von einem einzigen Täter entführt, jahrelang festgehalten und missbraucht worden ist. Es geht um unglaublich viele Seltsamkeiten und Zusammenhänge; der ehemalige OGH-Präsident Johann Rzeszut hat nicht weniger als 27 davon aufgelistet. Es geht um zwei Selbstmorde, die vielleicht gar keine „Selbst“-Morde waren; um die Frage, ob es ein Kind von Frau Kampusch gibt; um Erbschaften, die ganz seltsame Wege in Richtung angeblich völlig ahnungsloser Freunde des Haupttäters gegangen sind; um Ski- und sonstige Ausflüge von Natascha Kampusch während ihrer Gefangenschaft; um die Rolle der Mutter von Frau Kampusch und des angeblichen Alleintäters; und schließlich um die Frage, warum Kampusch – an sich zweifellos ein armes Opfer – für sie zwingende Gründe haben könnte, nicht die ganze Wahrheit zu sagen.
Manches davon ist Privatsache und hat uns nichts anzugehen. Aber die Frage, ob es weitere Täter gibt, ob an einer Kinderschändung Beteiligte und Schuldige vielleicht noch frei und unbescholten herumlaufen, ist alles andere als eine Privatsache. Das ist keineswegs dem Gefühlsleben von Frau Kampusch anheimgestellt.
Daher sind die regelmäßigen Versuche der Staatsgewalt, die Sache hinter verschlossenen Türen zu bereinigen, hoffentlich zum Scheitern verurteilt. Sie haben zumindest in den Augen kritischer Menschen keinerlei Gewicht. Daher ist es besonders relevant, wer die drei Männer sind, die nach intensivster Befassung mit dem Fall öffentlich massivste Bedenken an der staatanwaltsoffiziellen Darstellung äußern und substanzielle Vorwürfe äußern: Es sind zwei Präsidenten eines Höchstgerichts und es ist ein eingehend mit dem Fall befasster Kriminalbeamter.
Der Kriminalbeamte Franz Kröll hatte nach intensiver Recherche massive Zweifel an der offiziellen Version. Er stimmte aber dieser dann plötzlich bei einer Sitzung formell zu. Und war dann kurz darauf tot. Sein Bruder zweifelt seither unverdrossen die Darstellung an, dass Franz Kröll Selbstmord begangen hätte. Er glaubt eher, dass der Tote zu viele Dinge gewusst habe, die von der offiziellen Wahrheit abweichen.
Der zweite aus dem Trio ist immerhin der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs und jetzige juristische Chefberater des Bundespräsidenten, Ludwig Adamovich. Jeder der ihn kennt, weiß, dass Adamovich ein geradezu extrem zurückhaltender Jurist ist, der jede Silbe abwägt. Trotzdem kam er in der Causa zu einem klaren Urteil. Adamovich landete vor Gericht (geschmackvollerweise unter anderem mit einem Verhandlungstermin am Heiligen Abend) und schaffte erst in zweiter Instanz einen Freispruch.
Seit einiger Zeit gibt es nun auch gegen den Dritten ein Verfahren. Johann Rzeszut soll in einem Arbeitsgerichtsprozess gegen einen Amateurdetektiv falsch ausgesagt haben. Dieser hatte versucht, für einen DNA-Test taugliche Haare der vermuteten Kampusch-Tochter zu erlangen. Es geht um die Frage, wie oft Rzeszut mit diesem Amateurdetektiv telefoniert hat. Eine Rufdatenüberwachung soll herausgefunden haben, dass Rzeszuts Aussage nicht stimmt. Das Verfahren wurde an die Linzer Staatsanwaltschaft weitgeleitet. Und man kann nur hoffen, dass es Rzeszut vor einem nun zuständig gemachten Linzer Gericht endlich gelingt, Zeugen unter Wahrheitspflicht öffentlich befragen zu können. Aber vorerst wird der Prozess seit Jahr und Tag hinausgeschoben.
Ist es noch mit bloßem Zufall erklärbar, was da allen drei Zweiflern an der offiziellen These so widerfahren ist?
Mindestens ebenso seltsam ist, in welchen nicht gerade schwer-kriminellen Zusammenhängen Rufdaten erfasst werden. Was auch immer die unerlaubte Suche nach einem Haar eines Mädchens rechtlich ist: Es ist ganz sicher keines der Schwerverbrechen, deretwegen man uns die Notwendigkeit von solchen elektronischen Überwachungsmaßnahmen eingeredet hat. Eine Haarsuche ist nicht gerade mit Terrorismus oder Kinderschändung vergleichbar.
Jetzt fühlen sich viele hintergangen, die zugestimmt haben, dass im Kampf gegen wirklich schwere Verbrechen auch moderne elektronische Überwachung legal wird. Und zweifellos bekommen durch den Fall Rzeszut jene Auftrieb, die schon immer der Obrigkeit solche Instrumente verweigern wollten. Weil diese ja ohnedies primär im Interesse der Obrigkeit eingesetzt werden. Und nicht im Kampf gegen Schwerkriminelle.
Übrigens fällt gleichzeitig auf, dass es gegen rund 80 Männer, die kämpfend aus Österreich in den Nahen Osten gezogen sind, so gut wie keine Aktionen der Staatsgewalt gibt. Oder gegen die Moscheen und sonstigen Strukturen vor allem in Wien, wo diese Burschen radikal indoktriniert worden sind. In Deutschland hingegen sind die dortigen 270 Jihadisten ein Riesenthema. Dabei ist in Relation der Anteil der Kämpfer aus Österreich viel größer. Dabei ist jeder einzelne der 80 bei seiner Rückkehr nach Österreich eine schwere Gefährdung der inneren Sicherheit. Ob aber hierzulande auch nur in einem einzigen Jihadisten-Fall von der Staatsanwaltschaft so drastische Aktionen angeordnet sind wie gegen einen Haardieb?
Gewiss werden uns manche Exponenten der Staatsgewalt entgegenhalten, dass sich die drei Selberdenker ihr Schicksal selbst zuzuschreiben hätten. Dass das seltsame Zusammenfallen nur Zufall sei. Aber die Staatsgewalt kann uns nicht hindern, uns selber unseren Teil zu dem Fall zu denken. Und das ist ein sehr großer Teil . . .
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Geradezu stündlich präsentieren sich die Medien derzeit als Plattform verdeckter Aktionen der Geheimdienste. Sie geben es jedoch nur ungern zu. Weil es halt eher imageschädigend ist. Oder sie kriegen es gar nicht mit, dass sie instrumentalisiert worden sind.
Dabei kann man den Medien in Wahrheit recht wenig Vorwürfe machen. Haben sie doch selbst nur ganz wenige Mittel, um sich, unabhängig von „Diensten“, der Wahrheit wenigstens nähern zu können. Zahllose Beispiele zeigen das vermutliche - oder unbestreitbare Wirken von Geheimdiensten im Hintergrund.
Das jüngste Beispiel ist die „Fuck the EU“-Affäre. Da Russland Angst hat, dass sich die Ukraine nun doch wieder dem Westen zuwenden könnte, versucht es, einen tiefen Keil zwischen die USA und die EU zu treiben. Es veröffentlicht auf dem Umweg über Medien die Tonbänder abgehörter Telefonate mit lockeren Sprüchen wie „Fuck the EU“ (eine amerikanische Diplomatin). Aber auch deutsche Diplomaten äußern sich in Gesprächen recht salopp-kritisch über die USA. Beides führt prompt zu Verstimmung zwischen den beiden Seiten des Atlantiks.
Damit hat Russlands Geheimdienst ganz leicht sein Ziel erreicht. Dabei waren die Differenzen zwischen den europäischen Weicheiern und den amerikanischen Falken ohnedies bekannt. Aber solche Sprüche sind halt allzu pikant, als dass Medien sie souverän ignorieren könnten. Auch wenn sie spüren, dass sie hilflose Spielflächen für die Matches des Geheimdienste sind.
Umgekehrt sind die diversen NSA-Aktionen durch den nach Moskau übergelaufenen Spion Snowden seit Monaten – teilweise – bekannt geworden. Und ebenfalls amerikanische Dienste dürften es gewesen sein, die Siemens-Manager hochgehen haben lassen. Diese hatten argentinische Regierungsmitarbeiter bestochen, um an einen Auftrag für die Herstellung fälschungssicherer Pässe zu gelangen (die Siemens-Leute sind soeben verurteilt worden). Und natürlich sind es dann ganz zufällig oft amerikanische Konzerne, die vom Outing von Siemens & Co profitieren.
Ähnlich sind in den letzten Tagen Geheimdienste im serbischen Wahlkampf genauso wie im ungarischen durch mediale Enthüllungen aktiv geworden, in denen Politiker von Oppositionsparteien mit geheimdienstlich erlangten Erkenntnissen denunziert werden. Wieder über Medien.
Niemand weiß so recht, wie man sich da dagegen wehren soll. Denn diese Dienste wissen natürlich viel Interessantes, das ein Medium nur schlecht verschweigen kann. Diese Dienste lassen aber ganz einseitig nur jenen Teil an die Öffentlichkeit sickern, der ihnen oder ihren Chefs nützt. Das macht sie so besonders unappetitlich.
PS: Die jüngste Nachricht war die versuchte Entführung ausgerechnet aus der Ukraine mit ausgerechnet dem Ziel Sotschi, die ausgerechnet in der Türkei beendet worden ist. War das wirklich nur ein einsamer Betrunkener, wie uns erklärt wird? Ein Wahnsinniger? Oder stecken da vielleicht nicht doch auch noch andere Hintermänner dahinter? Wollte da vielleicht nur wer beweisen, wie wachsam er ist? Wir werden es wie so oft wohl nie ganz erfahren und sind zunehmend misstrauisch.
Plötzlich steht auch Bosnien wieder in Flammen. Bürgerkriegsartige Zustände, die durch soziale Not und ständig steigende Arbeitslosigkeit ausgelöst worden sind, erschüttern mit einem Schlag zahllose Orte des Landes, angeblich weit über 30. Schon allein diese Gleichzeitigkeit deutet auf eine gemeinsame Strategie hin. Eines sollte man sich trotz der Überraschung bewusst machen: Viel mehr als in der Ukraine oder gar Thailand ist das Ausland in Bosnien schuld am Chaos. Das sollte gerade in Österreich sehr intensiv und selbstkritisch diskutiert werden.
Denn aus keiner Gegend sind in den letzten Jahrzehnten so viele (echte) Flüchtlinge nach Österreich gekommen wie aus Bosnien. Denn gerade in Bosnien ist das Bundesheer massiv präsent (es stellt dort 300 der 800 internationalen Soldaten). Denn ein österreichischer Diplomat (Valentin Inzko) ist dort seit Jahren als Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft fast wie ein Diktator letztverantwortlich für alle Gesetze, aber letztlich total überfordert (er kann derzeit nur auf Beruhigung hoffen). Denn in der EU wird besonders genau auf die österreichischen Meinungen gehört.
Die Österreich zugeschriebene Balkan-Expertise gibt es aber längst nicht mehr. Weil man sich hier nicht mehr mit der Region befasst. Weil theoretische diplomatische Positionen über die ökonomischen und psychologischen Realitäten der Region dominieren.
Die Theorie der EU und Diplomatie sagt: Bosnien-Herzegowina sei eine staatliche Einheit. Die Mehrheit der dort lebenden Menschen will aber diese von der Außenwelt dekretierte Einheit nicht. Weder Kroaten noch Serben wollen von den islamischen Bosniaken dominiert werden. Diese sind zwar die größte Volksgruppe, aber dennoch weniger, als es Serben und Kroaten zusammen sind.
Dieser Widerspruch schafft nicht nur ständige Reibereien und Blockaden. Diese Unsicherheit hält zusammen mit einem chaotisch-abenteuerlichen Verfassungsgebilde fast jeden Investor ab, in das Land Geld und damit Arbeitsplätze zu bringen. Daher ist in vielen Städten die Hälfte der Menschen arbeitslos. Daher bietet Bosnien einen besonders guten Nährboden für die auf dem Balkan ohnedies seit jeher blühende Korruption.
All das wird sich nicht ändern, bis die Diplomatie und internationale Politik die menschlichen Realitäten endlich zur Kenntnis nehmen. Die Stabilität verlangenden Regeln von Investoren sind nun einmal stärker (und meistens auch klüger) als die papierenen Theorien der Diplomatie. Und Stabilität kann es nur geben, wenn die betroffenen Menschen die Legitimität von Staat und Grenzen wirklich anerkennen. Aber nicht wenn lediglich die internationale Politik diese anordnet.
Es scheint fast so, als hätten die Menschen in Bosnien geradezu auf den Tag gewartet, da die EU oder die Nato nicht mehr imstande oder willens sein dürften, neuerlich mit militärischer Kraft ihre Ordnungsprinzipien durchzusetzen. Denn kein Land will mehr zur Sicherung einer moslemischen Oberhoheit neuerlich in den Krieg ziehen. Vom gegenwärtigen Zustand des ausgehungerten Bundesheeres gar nicht zu reden (dessen Chef sich lieber gerade in Sochi vergnügt und dort um die Homosexuellen-Propaganda kümmert).
Und jedenfalls gilt: Wenn man den Menschen Selbstbestimmung nicht gewährt, holen sie sich diese halt eines Tages mit Gewalt.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht sagt in einem aufsehenerregenden Beschluss, dass das umstrittene Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich gegen EU-Recht verstößt. Karlsruhe legt deshalb die Angelegenheit nun – erstmals – dem Europäischen Gerichtshof vor. Das mögen viele Kritiker der EZB als Erfolg ansehen. Aber es ist leider nur ein Pyrrhussieg.
Denn in Luxemburg wird mit fast absoluter Sicherheit eine gegenteilige Rechtsmeinung obsiegen. Dort entscheidet die Mehrheit der (ja national bestellten!) Richter meist im nationalen Interesse. Und das liegt für viele Profiteure der EZB-Politik klarerweise in einer Fortsetzung dieser Politik. Obwohl sie gegen EU-Recht verstößt – und natürlich erst recht gegen die Interessen der Deutschen (und Österreicher).
Mit der Weiterleitung nach Luxemburg hat sich Karlsruhe in Wahrheit um eine eigene Entscheidung gedrückt (denn auch in Deutschland gibt es sehr linke Richter, die kein Problem mit dem hemmungslosen Gelddrucken haben). Damit ist die Causa jedenfalls über die EU-Wahl hinaus stillgelegt – was für Politiker ja immer das Allerwichtigste ist. Damit können sich zwar viele Deutsche und Österreicher in ihrer seit Jahr und Tag vorgetragenen Kritik an der EZB bestätigt fühlen. Aber es wird ihnen am Ende nichts helfen. Die EZB wird, wie schon selbstzufrieden angekündigt, ihre Politik letztlich ungehindert fortsetzen.
Trotzdem ist es erfreulich, wenn nun das Höchstgericht des größten EU-Landes vieles festhält, was man zwar seit langem sagt, was aber die EU-Verteidiger – zumindest bis zum Beginn des EU-Wahlkampfes – bisher immer totgeschwiegen oder mit Schimpfworten zurückgewiesen haben: Auch Karlsruhe sieht jedenfalls "gewichtige Gründe", dass die EZB-Politik „nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt“ sein dürfte. Die EZB, so Karlsruhe weiter, sei nicht zu einer eigenständigen Wirtschaftspolitik ermächtigt. "Geht man – vorbehaltlich der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – davon aus, dass der (… EZB-)Beschluss als eigenständige und wirtschaftspolitische Maßnahme zu qualifizieren ist, so verstößt er offensichtlich gegen diese Kompetenzverteilung."
Der „Beschluss“ bezieht sich auf die Ankündigung des EZB-Präsidenten Draghi, in Zukunft wenn nötig auch unbegrenzt Anleihen der Krisenländer zu kaufen. Was diesen naturgemäß sehr geholfen hat, zu Lasten der sparsameren Europäer.
Freilich: Die Verfassungs-Richter aus Karlsruhe (jene in Wien greifen sowieso heikle Fälle gar nicht erst auf) sind trotz ihrer richtigen Erkenntnisse mehrheitlich aber doch der Auffassung, dass das EZB-Programm mit Einschränkungen aufrechterhalten werden kann. Und mit diesem Hinweis machen sie klar: Die EZB hat zwar Verträge verletzt, aber letztlich will (oder kann?) man ohnedies nicht ernsthaft etwas dagegen machen. Wieder einmal.
Das wird den EU-kritischen Parteien wohl noch mehr Zulauf bringen. Denn letztlich heißt das ja: Deutsche, Finnen, Österreicher und Niederländer mögen zwar an die Bedeutung von Recht und Verträgen glauben, aber in der heutigen EU hat letztlich immer die politische Macht das Sagen. Und die kümmert sich nicht sonderlich um das Recht. Für viele EU-Mitglieder ist das ja auch ganz normal.
Die Existenz einer Piratenpartei wurde einem nach Monaten erstmals wieder in Erinnerung gerufen. Nämlich als sie ankündigte, für die EU-Wahlen zu kandidieren – was aber in Wahrheit die Ankündigung ihres endgültigen Endes bedeutet.
Die Piraten werden antreten, aber auf einer gemeinsamen Liste mit – den Kommunisten (sowie mit einigen Überbleibseln des Martin-Haufens). Damit sind sie endgültig bei einer Partei gelandet, die schon durch den Namen ihre Nähe zur Unterdrückung von Hunderten Millionen Menschen, zur Ermordung von 80 Millionen, zur Anfachung von Krieg und Terror signalisiert. Das ist eine große Enttäuschung bei einer Gruppierung, an deren Anfang der Ruf nach Freiheit (insbesondere im Internet) gestanden ist. Gewiss, Chaos war bei den Piraten von der ersten Stunde an präsent. Dennoch bleibt es absolut rätselhaft, warum man nicht in Würde sterben kann, sondern sich mit einer solchen Partnerschaft am Ende noch unrettbar befleckt. Sehr traurig.
Die Regierung schafft keine einzige echte strukturelle Einsparung. Nur bei den sogenannten Ermessensausgaben spart sie. Was aber sind die eigentlich? Kein Bürger hat genauere Vorstellungen dazu; auch Minister kommen ins Stottern. Sie reden über die Einsparung von Sektionen und davon, dass das nötige Geld halt aus den Rücklagen genommen werde.
Das hat dann alle mehr oder weniger befriedigt. Rücklagen sind ja in der Wirtschaft die Zeichen gesunder Betriebe.
Seltsam ist freilich: Ministerien haben gar keine Rücklagen. Sie erstellen ja keine Bilanz. Seit einigen Jahren haben sie freilich etwas anderes: Sie können das frei verfügbare Geld eines Budgets über den 31. Dezember hinaus behalten und erst im Folgejahr ausgeben. Das ist total vernünftig. Denn früher ist im Dezember oft völlig sinnlos Geld hinausgeworfen worden, wäre es doch sonst zu Jahresende automatisch an die Staatskassa zurückgegangen. In den letzten Jahren wurde nun Geld viel geordneter ausgegeben.
Der nunmehrige Zugriff auf diese „Rücklagen“ bedeutet ein Zurück in die Vergangenheit. Der Finanzminister holt sich halt nun auf diesem Weg viel Geld zurück. Man fühlt sich an das alte Sprichwort erinnert: Mundus decipi vult. Die Welt will halt getäuscht sein.
Ministerien sind freilich lernfähig: Ich wette, dass ihnen künftig zum Jahreswechsel halt wieder viel weniger Geld „übrig“bleiben wird als zuletzt. Wenn budgetiertes Geld dann eh „als Rücklage“ wieder weg ist, gibt man es gleich aus.
In Summe ist jedenfalls weniger Geld da. Und das ist zumindest in bestimmten Fällen auch durchaus erfreulich: Wenn etwa alljährlich über 200 Millionen Euro zur Bestechung von Medien (pardon: für Inserate und Kooperationen) ausgegeben werden, dann muss man sich über jeden Euro freuen, der da weniger zur Verfügung steht.
Besonders interessant ist die Entwicklungshilfe. Deren Lobbys – die ja zum Gutteil davon leben – haben den zuständigen Außenminister sehr gelobt, weil er ihnen heuer genauso viel Geld zur Verfügung stellt wie im Vorjahr. Was einerseits mit dem Rücklagen-Schmäh (der aber eben nur ein Jahr wirkt) und andererseits mit einer drastischen Kürzung der Gelder für die multilaterale und internationale Hilfen möglich gemacht wurde.
Beim zweiten Punkt fehlt aber jeder objektive Beweis, dass die Hilfe über die einheimischen Vereine effizienter wäre als die multilaterale. Es dürfte das Gegenteil zutreffen. Nur sind die inländischen Lobbys halt lauter beim Jammern und Protestieren. Daher wurde ihnen nun der Mund gestopft.
Im Grund schaffen übrigens beide Formen von Hilfe durchaus problematische Abhängigkeiten und Korruption. Daher plädieren ja immer mehr Experten, auch afrikanische, für ein Auslaufen der Zahlungen. Viel mehr zielführend wäre es, der Dritten Welt die europäischen Märkte (auch die landwirtschaftlichen!) endlich komplett zu öffnen und Investitionen in der Dritten Welt durch Abkommen zu sichern. Aber die Vernunft hat halt keine Lobby.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Michael Spindelegger hat mit dem Steuererhöhungspaket zweifellos den schwersten Fehler seiner bisherigen politischen Karriere begangen. Freilich: Wenn ausgerechnet Christoph Leitl und sein Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner die schärfsten Kritiker des neuen Finanzministers sind, dann könnte Spindelegger auch das überleben.
Spindelegger kann sich zum Unterschied von allen bisherigen wirklichen oder behaupteten Hoppalas seiner Karriere jedenfalls keinen Millimeter vom Steuererhöhungspaket distanzieren. Denn es kommt direkt aus dem Finanzministerium. Und er selbst hat sich an dessen Spitze gesetzt – obwohl ihm auch ehrliche Ratgeber dringend davon abgeraten haben.
Dieses Paket wird ihm wohl genauso dauerhaft nachhängen, wie einst der glücklose SPÖ-Bundeskanzler Gusenbauer bei den roten Basistruppen nie mehr das Image als Brecher seiner Wahlversprechen losgeworden ist. Bei Gusenbauer waren es die Studiengebühren (eine an sich durchaus gute und bei der Mehrheit der Wähler auch populäre Sache, aber Gusenbauer hatte sich im Wahlkampf im Ringen mit den Grünen um Studentenstimmen total auf die Abschaffung der Gebühren konzentriert).
Genau das dürfte nun Spindelegger bevorstehen: Es merkt einfach der Dümmste im Land die tausendprozentige Diskrepanz zwischen dem Wahlkämpfer Spindelegger und dem Minister Spindelegger. Im Wahlkampf hat er ständig die „Entfesselung der Wirtschaft“ getrommelt. Und jetzt stehen in der ersten Vorlage seines Ministeriums Schikanen gegen die gerade erst eingeführte GmbH-Light (die etwa auch durch die Bezeichnung „gründungsprivilegiert“ als Arme-Leute-Firma diskriminiert werden soll, ohne dass das der Republik auch nur einen Cent einbrächte) und gegen die nach vielen Jahren erkämpfte steuerliche Gleichstellung von Unternehmern mit Arbeitnehmern. So eine Selbstbeschädigung muss einem erst einfallen!
Die in schwarzen Zirkeln kursierende Ausrede, dass dem VP-Chef das rote Beamte aus dem Ministerium gleichsam unterschoben hätten, interessiert die Öffentlichkeit keine Sekunde. Ganz abgesehen davon, dass sich Spindelegger sein Kabinett und seinen Staatssekretär wohl eindeutig selbst ausgesucht hat. Und wenn die das Paket nicht total und kritisch durchleuchtet haben, dann fällt auf den Parteichef erst recht die Schuld, sich unfähige Mitarbeiter ausgesucht zu haben.
Jede Kritik an der Behinderung von Unternehmertum durch das Paket ist mehr als legitim. Nur zwei Herren sind da absolut unglaubwürdig: Sie heißen Leitl und Mitterlehner. Denn beide haben dem Paket ursprünglich zugestimmt. Und es war einzig der gewaltige und von ihnen überhaupt nicht erwartete Druck aus der Unternehmerschaft, der Leitl mit ordentlicher Verspätung zum scharfen Kritiker des Pakets gemacht hat. Typisch für seine geistige Positionierung ist nun freilich auch, dass er ausgerechnet mit den Grünen gegen dieses Steuerpaket zu agitieren versucht. Das sorgt bestenfalls für Amüsement.
Zwar wird es wohl noch die eine oder andere Änderung an dem Steuerpaket geben. Aber die einzige Form, wo Spindelegger noch halbwegs unbeschädigt aus dem Schlammassel käme, wird die SPÖ nie und nimmer akzeptieren: Das wäre die gesamte Streichung des GmbH-Kapitals aus der Reform. Spindeleggers Koalitionspartner würden dem höchstens um den Preis gewaltiger Demütigungen für die ÖVP an anderer Stelle zustimmen, wie es etwa die Einführung einer Vermögenssteuer wäre.
Kein Wunder, dass viele Unternehmer sich jetzt aus Zorn den Neos zuwenden. Sie sehen ja gar keine andere Möglichkeit. Die Neos haben sich zwar selbst sehr stark mit linken Ideen identifiziert, sie profitieren aber davon, dass das Team Stronach nach dem raschen Abschied Stronachs aus der Politik zumindest derzeit schwer beschädigt dahintreibt. Dass es also vorerst keine echte Alternative ist. Während die Neos derzeit vom ORF stark unterstützt werden, wo die Linke ja schon an der rot-grün-pinken Allianz bastelt.
PS: Natürlich ist auch die Limitierung von Gehältern ein absoluter Wahnsinn für eine Partei, die Wirtschaftskompetenz haben will. Um auch auf den zweiten schweren Fehler dieses Pakets neuerlich hinzuweisen.
Binnen weniger Stunden hat sich weltweit die Verachtung, der Zorn auf die politische Klasse wieder um ein kräftiges Stück weiter erhöht. Um dennoch nicht ganz zu verzweifeln, sollte man zum psychischen Selbstschutz greifen: Indem man sich ständig in Erinnerung ruft, dass auch Politiker trotz ihrer Macht genauso Menschen wie alle anderen sind, dass man selber ja auch kein Engel ist, und dass Macht und Missbrauch wohl nie trennbar sein werden. Von welchem Land immer wir reden mögen.
Aber gehen wir zu den Gründen des Zorns. Es sind heute gleich fünf neue:
Da ist in Berlin jetzt nach der Moralistin Alice Schwarzer nun auch ein Kultursenator der SPD dabei erwischt worden, dass er Steuern hinterzogen hat. Was gerade bei Sozialdemokraten besonders widerlich ist, weil sie ja ständig so heuchlerisch gegen die „Reichen“ agitieren. Der Mann hatte fast eine halbe Million Euro in der Schweiz. Zusätzlich zu seinen deklarierten Geldern. Und Schwarzer muss dort noch viel mehr haben.
Da musste in Ungarn der Vize-Parteichef der dortigen Sozialisten über Nacht zurücktreten: Er hatte eine geheimes Bankkonto in Österreich über immerhin 770.000 Euro gebunkert.
Da ist in Amerika ein rechter, ein republikanischer Gouverneur mehr als rücktrittsreif. Der übergewichtige Chris Christie (bis vor kurzem ein potentieller Präsidentschaftskandidat) hatte als Racheakt für eine ihm politisch übel gesonnene Gemeinde künstlich ein schweres Verkehrs-Chaos anrichten lassen. Widerlich. Es erinnert den Wiener übrigens an den Zustand der Bezirksämter in den (schwarzen) Bezirken 18 und 19, die ausschauen, wie wenn wir noch das Jahr 1945 schrieben (Aber in Wien ist das ja sicher Zufall, während die Amerikaner wenigstens penibel aufdecken).
Da weigern sich die Wiener Linien auch trotz der anderslautenden Urteile zweier Instanzen, einer weiteren Zeitung neben dem „Heute“ das Aufstellen von Entnahme-Boxen in U-Bahn-Stationen zu erlauben. Nicht dass mir diese andere Zeitung irgendwie sympathischer wäre (im Gegenteil – ich frage mich eher ständig, auf welchem Gratispapier der größere Mist steht). Aber in einem Rechtsstaat kann es keinesfalls im Belieben einer Gemeinde liegen, welche Zeitung sie bevorzugt. Die Wiener Linien ziehen dennoch das Verfahren weiter in die Länge und gehen auch in die dritte Instanz, ohne vorerst anderen Blättern die gleiche Verkaufsmöglichkeit zu geben wie dem Dichand-Blatt. Damit kann des Bürgermeisters Lieblingszeitung noch ein weiteres Jahr allein die U-Bahn-Fahrer als Leser für sich ausschöpfen.
Da fordert die rot-grün-linksliberale Mehrheit des EU-Parlaments einen besonderen Schutz für Homosexuelle und indirekt auch das volle Eherecht für schwule Paare (das es ja in vielen Ländern nicht gibt). Nicht dass ich das geringste Verständnis dafür hätte, dass jemand gegen Schwule Gewalttaten setzt. Aber in einem Rechtsstaat müssen alle Gruppen denselben Schutz gegen Gewalt und Verhöhnung haben. Etwa auch ein Bischof gegen Aktionen von Radikalfeministinnen. Für den tritt aber kein EU-Parlament ein. In einem Rechtsstaat darf es keine besonders privilegierten Grüppchen geben (auch nicht dann, wenn diese drei Gruppierungen in Wahlkampfzeiten besonders um sie buhlen). In einer EU, die sich noch an die eigene Verfassung hielte, würde man auch respektieren, dass es dabei um ein Thema geht, welches die Union überhaupt nichts angeht. Eine besonders unrühmliche Rolle hat bei dieser Resolution des EU-Parlaments eine österreichische Grüne als Einpeitscherin gespielt. Als ob nicht gerade Grüne derzeit in Sachen Gewalt besonders leise sein sollten.
Fünf internationale Entwicklungen, die fast alle gleichzeitig stattgefunden haben. Alle fünf tragen dazu bei, das abfällige Urteil der Menschen über die politische Klasse und ihre Verlogenheit, ihren Egoismus, ihren Verzicht auf jede Objektivität noch mehr zu steigern.
Da muss man sich selbst ständig zu dem Trost zwingen, dass in einer Demokratie solche Missbräuche wenigstens reihenweise aufgedeckt werden. Hingegen gäbe es nach einem Ende von Demokratie und Rechtsstaat – das eine offenbar wachsende Gruppe insgeheim zu ersehnen scheint – genauso viele Missbräuche wie jetzt oder vielleicht sogar mehr. Nur können diese dann von niemandem mehr aufgedeckt werden.
Widerlicher geht’s nimmer: Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat zwei Tage vor Prozessbeginn die StA angewiesen, den Strafantrag gegen den „Asyl in Not“-Obmann Michael Genner zurückzuziehen.
Damit bleibt dieser unbestraft. Genner hat zwar nach Ansicht der StA, aber nicht der OStA das Delikt des Gutheißens einer mit Strafe bedrohten Handlung begangen. Er hatte in den höchsten Tönen das Verbrechen der Schlepperei gelobt. Immerhin wäre ein solches Gutheißen nach §282 des Strafgesetzbuches mit bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
„Asyl in Not“ ist in linken Netzwerken bestens verankert. Die Oberstaatsanwaltschaft findet nach Protesten einiger der linken NGOs das Verhalten Genners offenbar nicht als Gutheißen und entdeckt in seinem Fall interessanterweise die Meinungsfreiheit. Das ist wieder ein neuer Beweis, wie sehr in diesem Land zweierlei Recht gilt.
Zwar habe ich große Sympathien für den Standpunkt, dass Meinungsdelikte prinzipiell nicht zu bestrafen wären. Aber eine selektive Haltung ist absolut unerträglich. Denn gegen nichtlinke Meinungsdelikte geht die Justiz immer unbarmherziger vor; Linke dürfen dagegen offensichtlich alles.Was man ja auch bei den Folgen der Anti-Ball-Krawalle für die Täter und die rotgrünen Hintermänner wohl wieder sehen wird.
Man kann mit guten Argumenten den ganzen Gutheißens-Paragraphen für bedenklich finden. Aber bisher habe ich geglaubt, dass für solche Rechtsänderungen das Parlament zuständig wäre. Und dass diese nicht im Belieben der Staatsanwälte stünden. Wann hört man endlich ein Wort des neuen, angeblich bürgerlichen Justizministers dazu, was sich da in der – zumindest theoretisch – ihm unterstehenden Staatsanwaltschaft ständig so abspielt?
Genners Äußerungen sind im Wortlaut jedenfalls an Klarheit nicht zu übertreffen: „Vor jedem ehrlichen Schlepper, der saubere Arbeit macht, der seine Kunden sicher aus dem Land des Elends und Hungers, des Terrors und der Verfolgung herausführt, der sie sicher hereinbringt, den Grenzkontrollen zum Trotz, in unser „freies“ Europa, habe ich Achtung. Er ist ein Dienstleister, der eine sozial nützliche Tätigkeit verrichtet und dafür auch Anspruch hat auf ein angemessenes Honorar."
Schlepperei ist laut Gesetz mit bis zu zwei Jahren, unter erschwerenden Umständen sogar mit bis zu zehn Jahren Haft zu bestrafen.
PS: Die Republik braucht sich auch jenseits des Justizbetriebs nicht zu wundern, wenn sie immer mehr lächerlich gemacht wird: So hat die „asylkoordination österreich“ (genauso wie hunderte andere, zum Teil durchaus skurrile Vereine) vom Finanzministerium ausdrücklich bestätigt bekommen, dass Spenden an sie steuerbegünstigt sind . . .
Die Zukunft Mitteleuropas verdunkelt sich. Das passiert, obwohl es im Vergleich zum Süden scheinbar so stabil dasteht. Das passiert ganz unabhängig von ein paar Zehntel Auf- oder Abwärtsbewegung der sich ja ständig ändernden Konjunkturdaten. Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich. Dazu gehören vor allem die Folgen der um 1970 einsetzenden demographischen Katastrophe, die Masseneinwanderung bildungsferner Schichten aus islamischen und afrikanischen Kulturen, die gigantisch angewachsene Haftungslawine zugunsten der schuldenfreudigen Mittelmeerländer, das immer exzessiver werdende Diktat der Politischen Korrektheit und die daraus erfolgende Einschränkung der Meinungsfreiheit.
Das Diktat der Political Correctness hat sich in den letzten Jahrzehnten schleichend, aber umso wirksamer ausgebreitet. Es hat seine Wurzeln in den USA, ist aber heute in den deutschsprachigen Ländern besonders tief verankert (vielleicht auch als Folge der deutschen Gründlichkeit).
Die USA waren das erste Land, in dem man die Political Correctness auch in der Sprache nachweisen kann. Allerdings war sie dort nur in Form des relativ wenig störenden „he/she“ zu bemerken. Dafür sind in den USA die Auswüchse der P.C. in anderen Feldern ganz besonders skurril: Dazu gehören etwa die Verbote, eine Kollegin mit Worten wie „Darling“ anzusprechen oder Kleinkinder nackt im eigenen Garten herumlaufen zu lassen oder eine Bürokollegin zum Essen einzuladen. Ein besonders krasses Beispiel war vor kurzem die Schul-Suspendierung für einen Sechsjährigen, weil dieser seine gleichaltrige Schulfreundin auf die Hand geküsst hat. Fast jedes normale Verhalten kann dort schon als „sexuelle Belästigung“ gewertet werden. Selbst wenn es im gegenseitigen Einverständnis erfolgt.
Diese Political Correctness breitet sich nun auch in Europa aus. Sie geht Hand in Hand mit dem Radikalfeminismus, also der skurrilen und natürlich nie bewiesenen oder beweisbaren Lehre, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern ein reines soziales Konstrukt wären.
Vor allem im deutschsprachigen Raum hat diese P.C. dann im Verlauf der Zeit Verkrampfungen auf vielen Gebieten ausgelöst. So ist es in der staatsoffiziellen Variante der deutschen Sprache zu viel schlimmeren Folgen als in den USA gekommen. Kann man doch nur im Deutschen sprachliches mit biologischem Geschlecht verwechseln (was die Bürokratie prompt getan hat). Gibt es doch nur im Deutschen nach Sprachgeschlechtern unterschiedliche Artikel. Wird doch hier jedes auf -er endende Wort als böse abgestempelt und in die Faschiermaschine des Genderns gesteckt. Hat sich doch nur im Deutschen die amtlich angeordnete Schriftsprache mit dem unleserlichen Binnen-I total von der gesprochenen wegentwickelt. Hat sich doch nur im deutschsprachigen Raum die hässliche Unsitte entwickelt, zahllose Substantiva durch hässliche Partizipia zu ersetzen (also etwa „Lehrende“ statt Professoren). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Sprachdekonstruktion von fast allen Literaten, Medien und sprachsensiblen Menschen abgelehnt wird.
Das Gendern war anfangs nur eine verschmockte und belächelte Höflichkeitsfloskel. Heute ist es im bürokratischen und universitären Bereich zum absoluten Diktat mit rechtlichen Zwangsfolgen geworden. Studenten – auch weiblichen – werden noch so gute Diplomarbeiten zurückgeschmissen, wenn diese nicht gegendert sind. Dass ein totales Gendern lange Texte noch viel länger macht, ist dem P.C.-Diktat egal. Ebenso wie die Tatsache, dass es so wie die ebenfalls politisch-bürokratisch diktierte Rechtschreibreform mitschuldig daran ist, dass sinnerfassendes Lesen für Jugendliche immer schwieriger wird, vor allem für jene mit Bildungsdefiziten.
Der Universitätsbereich ist ein besonders guter Nährboden für Genderisten geworden. Dort gibt es nicht nur immer mehr Gender-Institute und Professuren – auf Kosten der seriösen Wissenschaften und auf Kosten der Glaubwürdigkeit der Universitäten bei ihrem Kampf um mehr Geld. Dort werden auch Gendervorlesungen immer mehr zur Pflicht für die unterschiedlichsten Studienrichtungen. Das ist ähnlich wie einst in den kommunistischen Ländern, wo alle Studenten Marxismus-Leninismus belegen mussten.
Kleines, aber bezeichnendes Beispiel: Die Universität Wien stellte vor kurzem aus den Tausenden dort produzierten Diplom- und Seminararbeiten ausgerechnet jene Arbeit prominent auf ihre Homepage, in der sich ein halbes Dutzend Soziologinnen darüber beklagt, dass es mehrheitlich Frauen sind, die vor Weihnachten backen. Das wird – von einer wissenschaftlichen Institution! – vehement als „Retraditionalisierung“ attackiert.
In den Sog der Political Correctness ist in den letzten Jahren nicht zuletzt durch Verschulden der EU auch die Justiz geraten. Sie engt das Leben der Menschen und deren persönliche wie wirtschaftliche Handlungsfreiheit immer mehr mit Antidiskriminierungsgesetzen und Verhetzungsparagraphen ein.
Insbesondere der Islam hat in der Political Correctness einen intensiven Verbündeten gefunden. Während man etwa nach einem Delikt der „Christophobie“ oder „Katholophobie“ vergebens sucht (das würde ja reihenweise Grüne, Pinke und Rote vor Gericht bringen), wird von Linken seit einigen Jahren „Islamophobie“ als Schwerverbrechen dargestellt.
Alle Fakten, die dieser Sichtweise des Islam widersprechen, werden totgeschwiegen. Und dort wo man nicht strafen kann, wird ignoriert. Das passierte daher etwa auch der erschreckenden Studie, die das „Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung“ präsentiert hatte: Es fand nämlich durch umfangreiche Befragungen heraus, dass zwei Drittel der Moslems die religiösen Gesetze als über den staatlichen stehend erachten. Bei den Christen waren es hingegen nur 13 Prozent. Das zählt heute zu den Wahrheiten, die niemand hören will, die niemand im öffentlichen Raum mehr anzusprechen wagt.
Selbst diese 13 Prozent sind ja letztlich keine Gefahr für den Staat. Findet sich doch in der Bibel nichts, was dem Staat ein bestimmtes Handeln vorschreiben würde. Selbst das Tötungs- und damit auch Abtreibungsverbot ist in allen biblischen Quellen nur ein für das Individuum geltendes Gesetz. Diskrepanzen gibt es lediglich in einem extrem schmalen Bereich, nämlich dort, wo Staaten Christen zwingen wollen, bei Abtreibungen mitzuwirken.
Im Islam hingegen ist ein riesiger Bereich der Glaubenslehre des Korans klassisches Zivil- und Strafrecht. Viele Koranlehrer meinen sogar, dass der Koran die ausschließlich für Zivil- und Strafrecht zuständige Rechtsquelle sei. Daher hat sich in islamischen Zuwanderergruppen in Deutschland und Österreich, sobald diese eine kritische Größe erreicht hatten, eine ausgebreitete Schattenjustiz entwickelt. Diese geht längst über die Rolle von Mediatoren hinaus. Sie führt immer öfter dazu, dass Moslems wegen des in ihren Augen gültigen Vorrangs islamischer Gerichte vor staatlichen falsch oder gar nicht aussagen. Für die Mehrheit der Moslems gibt es keine getrennten Sphären für Religion und Staat – zumindest dort nicht, wo sie die Mehrheit bilden. Das wird aber schon in wenigen Jahrzehnten in Deutschland wie Österreich der Fall sein.
Die drohende Verschmelzung von staatlicher und religiöser Sphäre ist heute überhaupt die größte Bedrohung der menschlichen Freiheit. Dennoch wird von Grün&Co fast jede Kritik am real existierenden Islam heftig bekämpft. Auch in den vielen von Linken beherrschten Medien wird Kritik am islamischen Fundamentalismus meist unterdrückt. Statt dessen erstatten immer wieder grüne Politiker und Journalisten Strafanzeige gegen einen der wenigen mutigen Islamkritiker. Und Staatsanwälte wie Richter verurteilen diese immer öfter, da sie sich anpassungswillig der „politisch korrekten“ Einschränkung der Meinungsfreiheit beugen.
Vorerst gehen all diese Entwicklungen an den Durchschnittsdeutschen und Österreichern eher vorbei. Diese haben zwar immer mehr die Überzeugung, wie Umfragen nachweisen, dass man nicht mehr alles sagen dürfe, was man sich denkt. Sie nehmen das aber eher lethargisch hin. Vorerst wird die mediale und politische Agenda nämlich noch ganz von wirtschaftlichen und europäischen Themen dominiert. Weder die demographische Katastrophe noch die Einschränkung der Meinungsfreiheit scheinen die Menschen derzeit sonderlich zu erregen.
Das tun derzeit offenbar nur jene, die sich an das Jahr 1848 erinnern. Das war die einzige Revolution, die ganz Europa erfasst hat, die Bürger und Arbeiter Seite an Seite gebracht hat. Das oberste Ziel dieser Revolution war der Ruf nach Meinungsfreiheit. Oder wie es damals meist hieß: nach „Preßfreiheit“.
Zwar sind die meisten der 1848 formulierten Verfassungen damals nicht Wirklichkeit geworden. Aber langfristig haben sich ihre Forderungen total durchgesetzt. Von den Menschrechtspakten bis zum deutschen Grundgesetz findet sich die Absicherung der Freiheit als dominantes Ziel und oberste Leitlinie. In Österreich ist sogar heute noch der ganz von 1848 geprägte Grundrechtskatalog von 1867(!) das zentrale Menschenrechtsdokument. Freiheit und Würde des einzelnen sind in jener Epoche immer im Zentrum gestanden: beim Kampf für die Gewaltentrennung, bei der weitgehenden Zurückdrängung der Obrigkeit aus unserem Privatleben oder bei der Durchsetzung des Prinzips „Was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt“.
Heute aber ist die Freiheit der Bürger fundamental bedroht, weil all diese Prinzipien unterminiert werden, weil im Strafrecht die Politische Korrektheit langsam zur dumpfen General-Klausel wird.
Letztlich geht es in den meisten Phasen der europäischen Geschichte immer um das Ringen zwischen staatlicher Macht und ihrem Allmachtsstreben auf der einen Seite und dem Kampf der Menschen um Freiheit, ob sich dieser nun individuell oder in Gruppen, Vereinen und Parteien zeigt. Bei diesem Kampf um individuelle Freiheit geht es erstens um Leib und Leben, also konkret vor allem um das Recht auf einen unabhängigen Richter und um objektive, möglichst restriktive Gesetze; und zweitens um die Meinungsfreiheit, ob sich die nun in der Spezialform Religionsfreiheit äußert oder etwa in der Freiheit von Wissenschaft oder Kunst.
Immer geht es um das Recht, anderer Meinung zu sein, anderes zu glauben, anders zu reden, anders zu handeln, als es die Machthaber wollen. Dieses Spannungsverhältnis, diese Abwehr eines totalitär alles beherrschen wollenden Staates lässt sich schon im mittelalterlichen Kampf um die „Zweischwertertheorie“, also um die Trennung zwischen Staat und Kirche nachweisen, in den Geschehnissen rund um Canossa, in den Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts, im Einsatz der Aufklärung für Gewaltenteilung und in den nationalen Befreiungskriegen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Heute droht eine neue Einschränkung der Meinungsfreiheit zurück in den Vormärz zu führen. Um nur ein einziges besonders krasses Beispiel zu nennen: Österreichische Staatsanwälte klagen es als unerlaubten Meinungsexzess an und die Gerichte dreier Instanzen bestrafen es, wenn eine Wissenschaftlerin bei einem Seminar den islamischen Propheten als Pädophilen bezeichnet. Dabei gaben Gerichte und Staatsanwaltschaft durchaus das Faktum zu, dass Mohammed systematisch eine sexuelle Beziehung zu einer Neunjährigen gehabt hat. Nur sagen und kritisch thematisieren darf man es halt nicht mehr.
Deutlicher als dieses skandalöse Urteil kann man gar nicht zeigen, wie sehr die Meinungsfreiheit hierzulande wieder unterdrückt wird. Solche Urteile sind eine viel gravierendere Einschränkung der Freiheit als etwa die Vorratsdatenspeicherung. Bei dieser geht es ja nur um das behördliche Festhalten einer angerufenen/angemailten Telefon- oder Mail-Nummer, nicht um den Inhalt. Und die Vorratsdatenspeicherung könnte jedenfalls auch der Verfolgung echter Verbrechen dienen.
Umso erfreulicher ist es, dass sich ein brillanter Autor wie Werner Reichel mit seinem neuen Buch, mit seinem großen Faktenwissen und seiner schreiberischen Begabung ganz dem historischen Kampf für die Freiheit und gegen deren Einschränkungen widmet.
Dieser Text ist das Vorwort zum neuen, soeben erschienenen Werk von Werner Reichel „Die Feinde der Freiheit“ . Es kann bereits unter diesem Link auf Amazon bestellt werden.
Josef Kalina wollte eine Diskussionsrunde für seinen Schützling Eugen Freund dadurch absichern, dass er bestimmte Themengebiete gleich vor der Diskussion auszuschließen versuchte. Was nicht klappte. Jetzt ist er erstaunt. Verständlicherweise.
Der eingeladene Gesprächspartner Othmar Karas hatte auf den Zensurversuch Kalinas hin jedenfalls die ganze Diskussion abgesagt. Ich kann verstehen, dass Kalina darob erstaunt ist. Denn als ehemaliger Kanzlersprecher war er ja daran gewöhnt, dass schon vorher alles ausgemauschelt wird. Wer nicht bereit dazu war, bekam eben keinen Interview-Termin.
Allgemein bekannt sind etwa Vereinbarungen aus den Zeiten Franz Vranitzkys, welche Fragen das Staatsfernsehen denn dem Bundeskanzler stellen dürfe; ebenso wie später dann die Tatsache, dass sich der ORF sogar die Zusammensetzung von Diskussionsrunden von der SPÖ-Führung genehmigen ließ. Der arme Kalina versteht daher jetzt die Welt nicht mehr. Plötzlich wehrt sich jemand gegen den Ausschluss ganzer Themengebiete.
Die Bilanz ist dennoch klar: SPÖ-Kandidat Eugen Freund muss damit ein neuerliches Hoppala seines kurzen Politikerlebens bilanzieren. Und Othmar Karas kann mit diesem Outing des Kalina-Freund-Versuches punkten.
Freilich kann damit die Erinnerung an den letzten Wahlkampf nicht ausgelöscht werden. Damals hörte man ja ebenfalls scharfe Töne zwischen Rot und Schwarz, so wie jetzt zwischen Karas und Freund. Es gab aber vor dem Wahlkampf (siehe die vielen bedenklichen Gesetze der letzten Koalition) ebenso wie nach diesem (beim Koalitionsvertrag oder den Steuererhöhungen) einen üblen Kuschelkurs zwischen Rot und Schwarz – gegen den Willen der bürgerlichen Mehrheit in Österreich. Diesen Kuschelkurs können jetzt ein paar kantigere Karas-Töne nicht vergessen machen. Vor allem angesichts seines eigenen Kurses in den letzten Jahren.
14 Prozent der Österreicher sind im täglichen Leben von Korruption betroffen.
Das ist eine erschreckende Zahl, die da jetzt erstmals von der EU erhoben worden ist. Zwar werden sich manche damit trösten, dass in den Mittelmeerländern und in Osteuropa die tägliche Korruption laut derselben Umfrage noch deutlich höher ist. Das ist aber in Wahrheit ein beschämender Vergleich. Solange sich Österreich zu Westeuropa zugehörig fühlt, sollte es lieber auf Länder wie Finnland, die Niederlande, Luxemburg, Frankreich, Deutschland und Dänemark blicken. Denn dort fühlt sich jeweils nur ein einstelliger Prozentsatz im Alltagsleben von dem grauslichen Phänomen betroffen. Die Studie der EU übergeht dabei ohnedies großzügig, dass in Wahrheit 100 Prozent der steuerzahlenden Österreicher Opfer von Korruption sind. Denn das Land ist Rekordhalter sowohl bei Parteienförderung wie auch Bestechungs-Inseraten wie auch Subventionen (die natürlich primär an politische Günstlinge gehen). Das alles ist genauso Korruption, wie wenn ein Polizist oder ein Beamter einer Baubehörde für sich persönlich die Hand aufhält. Diese schmierigen Vorgänge sind nur auf dem Umweg über die „objektive“ Steuer scheinbar anonymisiert.
PS: Ist es Zufall, dass am gleichen Tag, da die EU dies kommuniziert, der Chef des Wifo von weiteren Steuererhöhungen spricht?
Die Neos versuchen, Wirtschaftskompetenz zu entwickeln. Weit sind sie damit noch nicht gekommen.
Jüngstes Beispiel peinlicher ökonomischer Ahnungslosigkeit waren Äußerungen des Jungabgeordneten Scherak zum Schubhaftzentrum Vordernberg. Scherak behauptete, dass die Forderung der privaten Sicherheitsfirma nur relativ knapp unter den Eigenkosten des Innenministeriums liegt. Das wären die Kosten des Ministeriums, wenn es bis hin zur Haustechnik die Vordernberger Anlage durch Beamte betreiben und nicht auslagern würde.
Lassen wir einmal beiseite, dass die für Scherak offenbar vernachlässigenswerte Differenz über die Laufzeit immerhin drei Millionen ausmacht. Der pinke Mandatar hat noch etwas viel Gravierenderes nicht begriffen: den Unterschied zwischen brutto und netto. Die private Sicherheitsfirma hat in ihrem Angebot naturgemäß auch noch 20 Prozent Mehrwertsteuer enthalten. Diese fehlen bei der Berechnung des Innenministeriums ebenso naturgemäß. Damit ist der Unterschied für den Steuerzahler ein gewaltiger. Also ein Vielfaches der von Scherak behaupteten Summe.
Oder glaubt der nette junge Mann, dass auch bei solchen Aufträgen das in Österreich nicht ganz seltene Motto gilt „Brauchen’s eh ka Rechnung Frau Minister“? Damit offenbart sich nach dem Scheitern Stronachs nun auch bei den Pinken genau das gleiche beklemmende Defizit: Österreich bräuchte in der Tat dringend Rechts- und Wirtschaftskompetenz auf den Oppositionsbänken – aber niemand hat sie dort.
Fast noch deprimierender ist ein weiterer hinter dem Hoppala Scheraks stehender Aspekt: Die gerne Liberalität (oder gar Neoliberalität – was auch immer der Unterschied sein mag) für sich beanspruchenden Neos hetzen genauso wie die Grünen und der ORF dagegen, dass wenigstens ein winziger Teil der öffentlichen Tätigkeit – wie etwa die Verköstigung von Schubhäftlingen – an Private vergeben wird. Statt sich darüber zu freuen.
Sind die Neos wirklich nur dasselbe wie die Grünen minus Scheibeneinwerfen? Nicht ganz: Parteichef Strolz hat sich ja für den Verbleib auch der abgelehnten Asylwerber in Österreich ausgesprochen. So Absurdes hat man in letzter Zeit nicht einmal von den Grünen gehört.
Alice Schwarzer hat Hunderttausende Euro Einkommen an der Steuer vorbei geschwindelt. Das löst große Aufregung aus – aber nicht wegen der Hinterziehung.
Aufregung löst bei Feministinnen und deren Lager einzig die Tatsache aus, dass die Steuer-Macheloikes der linken Kampffeministin bekannt geworden sind. Dabei geht es immerhin um 200.000 Euro. Und zwar nur an „freiwilliger“ Steuernachzahlung – was ein Vielfaches an geheimgehaltenen Bezügen bedeutet. Schwarzer & Co schäumen jetzt, dass ihr Manöver bekannt geworden ist. Was eher eigenartig ist. Denn kein einziger Linker oder Feminist hat auch nur eine Sekunde lang protestiert, als Steuerhinterziehungen etwa des CSU-nahen Chefs von Bayern-München bekannt geworden sind. Bei Bürgerlichen blasen die Linken furchtbar hinein, während sie bei sich selbst extrem wehleidig sind. Dabei hat sich Uli Hoeneß nie als Obermoralist aufgespielt, während Schwarzer das ständig tut. Wenn wir die Geheimnispflichten von Behörden ernst nehmen wollten (wofür ich bin), dann sollte das endlich für alle gelten. Auch einen Karl-Heinz Grasser.
PS: Der Ausdruck Macheloikes ist in Deutschland weniger bekannt. Aber auch Deutsche lernen gerne dazu: Es geht laut Wörterbuch um „Machenschaften, die gerne vertuscht werden“.
PPS: Köstlicher Zusammenfall: Knapp vor Bekanntwerden der Schwarzer-M. hat die SPD verlangt, dass ab einer gewissen Höhe Steuervergehen trotz freiwilliger Rückzahlung vor den Strafrichter führen sollten. Da muss die Partei hinzufügen: „bei Linken natürlich nicht“.
PPPS: Der Fall Schwarzer erinnert auch an eine andere linke Ikone: an den Autor Grass, dessen lautstarker Antifaschismus zu seinem nicht ganz unfreiwilligen Beitritt zur einstigen Waffen-SS ein wenig kontrastiert.
Efgani Dönmez, Bundesrat der Grünen, hat es auf den Punkt gebracht. Er attestiert seinen Parteikollegen Doppelmoral. Dönmez: „Islamistische Strömungen, welche auf Wiens Straßen „wir sind Soldaten Erdogans“ skandieren, fallen aus grüner Sicht unter Meinungsfreiheit und Menschenrechte, aber wenn Ball-Besucher mit einem deutschnationalen Weltbild und sonstigem rechten Gedankengut diesen besuchen, dann wird dagegen massiv gewettert und versucht dies mit (fast) allen Mitteln zu bekämpfen.“
Volltreffer! Der Grund für diese Doppelmoral: Viele Linke und vor allem die extreme Linke sehen im Islamismus eine antiimperialistische, antiamerikanische und antikapitalistische Befreiungsbewegung. Man hat also viele Gemeinsamkeiten. Allerdings gibt es auch ideologische Unterschiede. Man denke etwa an Feminismus, Homokult und Gendermainstreaming. Dass man trotzdem nur gegen Rechte hetzt und den Islamismus links liegen lässt, hat auch einen sehr pragmatischen Grund. Um gegen Islamisten zu demonstrieren braucht es erheblich mehr Mut, als öffentlich gegen ein paar Hundert Rechte in der Hofburg aufzutreten.
Der einzige Gegner der Randalierer am vergangenen Freitag war die ohnehin an der kurzen Leine gehaltene Polizei, deren Einschreiten und Verhalten zudem von den linken Mainstream-Medien, allen voran vom ORF, mit Argusaugen beobachtet worden ist. Da kann man als Nachwuchs-Anarcho leicht auf dicke Hose machen und Pflastersteine in Richtung Polizei schleudern. Viel mehr als gerötete Augen durch etwas Pfefferspray zu bekommen kann einem nicht passieren. Andererseits stelle man sich vor was passiert, wenn sich die vermummten Linken gegenüber Pro-Erdogan-Demonstranten so verhalten würden. Eben.
Voraussetzung für die Konjunktur des virtuellen Antifaschismus ist das Fehlen des realen Faschismus, schreibt Henryk M. Broder. Genau deshalb haben Linksextreme mit Unterstützung der Grünen und dem klammheimlichen Wohlwollen vieler Journalisten die Wiener Innenstadt für einen Abend zum Anarcho-Spielplatz erklärt. Der ohnehin zahmen Polizei dann im Nachhinein die Schuld für die Eskalation in die Schuhe zu schieben, ist Trick 17, die bewährte linksgrüne Täter-Opfer-Umkehr. Die Grünen rufen „Haltet den Dieb“ und fordern den Rücktritt von Wiens Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl.
Da wird etwa lautstark kritisiert, dass alleine die Präsenz von 2.000 Polizisten die Demonstranten provoziert hätte. Ein viel zu großer Aufwand für angeblich „400“ Ballgäste motzten die Demo-Organisatoren und einige Grüne. Dass sich die Zahl der Polizisten nicht an den zu schützenden Personen bemisst, sondern an jenen, die Ihnen gegenüberstehen, also an den etwa 8.000 Demonstranten und am Gefahrenpotential, das von ihnen ausgeht, hat man dabei augenzwinkernd übersehen. Zumal nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre klar war, dass es zu gröberen Ausschreitungen kommen wird. Was erwarten sich die Grünen eigentlich, dass der Ball ohne nennenswerten Polizeischutz über die Bühne gehen soll, sprich die Ballbesucher schutzlos dem linken Mob ausgeliefert werden? Sind ja nur ein paar „Rechte“.
Es ist beunruhigend wie dünn die Decke der Zivilisation selbst in einem reichen und zumeist ruhigen Land wie Österreich ist. Man muss aber gar nicht so weit gehen. Schlimm genug ist, dass Grüne und alle möglichen sozialistischen und kommunistischen Gruppen und Grüppchen mit Unterstützung des ORF und anderer linker Meinungsmacher mehr oder weniger unverhohlen grundlegende demokratische Rechte, wie Versammlungs- oder Meinungsfreiheit, in Frage stellen. Rechte dürfen nicht mehr in die Hofburg, so die einhellige Meinung der linken Reichshälfte. Eigentlich sollten sie gar keine Bälle mehr veranstalten dürfen.
Was ist das eigentliche Ziel solcher Forderungen, was die Konsequenz? Rechte, oder vielmehr was Linke dafür halten, sollen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden: Raus aus dem Parlament, raus aus den Universitäten, Umerziehungsheime statt Schulen oder gar getrennte Abteile in öffentlichen Verkehrsmitteln? Die Toleranz der Linken kennt keine Hemmschwellen. Der Akademikerball hat das erneut in ein grelles Licht gerückt. Neu ist das allerdings nicht. Die Grünen hatten seit ihren Anfängen in den 80er Jahren ein schlampiges Verhältnis zu Gewalt, Linksextremismus und Demokratie. Das ist nicht weiter verwunderlich, liegen ihre Ursprünge und ideologischen Wurzeln nicht so sehr im Natur- und Umweltschutz, als vielmehr in der 68er Bewegung, in der Außerparlamentarischen Opposition.
Selbst Peter Pilz, einst strammes Mitglied der Revolutionären Marxisten, versteht nicht, dass viele Grüne beim Thema linke Gewalt so „herumlavieren.“ Vor allem die Jungen Grünen taten sich vor dem angedrohten Parteiausschluss besonders schwer, sich von den Krawallen glaubhaft zu distanzieren. Und auch nach dem milden Machtwort von Parteichefin Eva Glawischnig hat man es bei der dummdreisten Schutzbehauptung, man habe nicht gewusst welche Hassparolen da auf der eigenen Internetseite verbreitet werden, belassen.
Was sich während und nach dem Akademikerball abgespielt hat, ist fast deckungsgleich mit den Geschehnissen rund um den Opernball Ende der 80er Jahre. 1987 schreibt der linke Wiener Falter: „Nun ist die Frage, ob der Opernball selbst eine Provokation ist, keine Frage, die in der Kompetenz der Polizei liegt. (…) Anders steht es mit der Frage, ob der Schutz der Provokation, nicht selbst eine Provokation war.“ Ein Déjà-vu? Das kommt einem irgendwie bekannt vor. Nicht die Randalierer sind die Schuldigen, sondern die Ballgäste. Das linksextreme TaTblatt legte noch eins drauf: „Alle Jahre wieder geben sich die Vertreter des internationalen staatlichen organisierten Verbrechens auf dem Opernball ein Stelldichein. (…) Bereiten wir den Herrschaften einen gebührenden Empfang.“
2014 heißt es dann auf einer von den Jungen Grünen betriebenen Internetseite: „Unseren Hass, den könnt ihr haben“ Und damals wie heute, hat man die Parolen ernst genommen und randaliert, zerstört und beschädigt. In einem internen Papier der Autonomen aus dem Jahr 1989: „Wir wollten die Demonstration in den Griff bekommen oder auflösen. Zum Teil haben wir eine Rolle zu übernehmen versucht, die die Grünen und die KP oft uns gegenüber eingenommen haben.“
Und so wie heute haben sich die Grünen schon in den 80er Jahren äußerst schwer getan sich ohne Wenn und Aber von den Ausschreitungen und der Gewalt zu distanzieren. Auch damals versuchte die First Lady der Grünen, Freda Meissner-Blau, ihre radikale Jugend zu bremsen ohne sie zu sehr zu verärgern. Wobei unter Meissner-Blau auch der Umweltschutzgedanke noch eine wichtige Rolle spielte. Sie echauffierte sich – das Ozonloch war gerade großes Thema – über: „Elemente, die zu unserer Empörung sogar Spraydosen verwendet haben, gegen deren Gebrauch wir prinzipiell sind.“ Randale, Sachbeschädigung oder Körperverletzung ähh … naja, aber FCKW, das geht gar nicht.
Von solchen Skurrilitäten abgesehen, es gab immer Verbindungen und Netzwerke zwischen Grünen und der linksextremen Szene, wie zum Beispiel zu den radikalen Hausbesetzern. Nach der Räumung der Häuser in der Ägidi- und der Spalowskygasse in Wien im Jahr 1988 klagte etwa der Grüne Günther Schobersberger, die Extremisten seien eben Leute, „die ihre Privatprobleme selber organisieren und ein hohes politisches Bewusstsein haben“. In den beiden besetzen Häusern hatte die Polizei zuvor Faustfeuerwaffen und Äxte sichergestellt. Eine nette Art seine Probleme selber zu organisieren. Besorgte Linke starteten jedenfalls einen Spendenaufruf für die linksextremen Hausbesetzer. Unterzeichner sind auch viele Grüne: Thomas Prader, Robert Misik oder Manfred Srb.
Und zum einjährigen Räumungsjubiläum bekunden die damaligen Geschäftsführer der Grünen, Pius Strobl und Johannes Voggenhuber, den Hausbesetzern „ihre Solidarität.“
Das berüchtigte TATblatt, das gerne Bekennerschrieben von Klein- und Kleinstterroristen abdruckt, wo diese stolz über Entglasungen und andere Delikte berichten, oder ehemalige RAF-Terroristen seitenlang zu Wort kommen, ist das ideale Werbeumfeld für die Grünen. Der VCÖ, der Verkehrsclub Österreich, der den Grünen nahe steht, schaltete dort Inserate.
Auch keinerlei Berührungsängste hatten viel Grüne mit Frau Dr. Ingrid Strobl. Die ehemalige ORF Mitarbeiterin und radikale Feministin wurde 1989 in Deutschland wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde später aufgehoben, bei einer neuen Verhandlung wurde sie nur noch wegen Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag zu drei Jahren Haft verurteilt. Dem „Solidaritätskomitee Dr. Ingrid Strobl“ gehörten auch einige Grüne an. Schließlich war Frau Strobl ja nur das Opfer des repressiven deutschen Polizeistaates, aber das kennt man ja.
Das sind nur ein paar Schlaglichter. Die Grünen haben und hatten eine Scharnierfunktion zwischen der extremen Linken und den umweltbewegten Bürgern und Bobos. Wie groß die mehr oder weniger heimlichen Sympathien für die „jungen Wilden“ in diesem Milieu sind, die beim Akademikerball nur etwas Randale für einen „guten“ Zweck veranstaltet haben, daran hat die Berichterstattung in den meisten Mainstreammedien kaum einen Zweifel gelassen.
Und auch wenn Grünenchefin Eva Glawischning angesichts stagnierender Wahlergebnisse und der neuen politischen Konkurrenz durch die Neos „nullstes Verständnis“ gegenüber der Grünen Jugend und ihrem problematisches Verhältnis zur linken Gewalt signalisiert hat, wirklich glaubwürdig ist das nicht. Denn die wahren Schuldigen sind letztendlich – laut Grünen, der SPÖ und den befreundeten Mainstream Medien – die FPÖ und die Polizei. Der ORF titelte: „Der Akademikerball der FPÖ hat auch heuer wieder zu heftigen Ausschreitungen geführt“
Damit wäre wieder alles im Lot, wer der Gute und wer der Böse ist. Die Grünen und all die anderen Neosozialisten haben „nullstes“ Verständnis für Andersdenkende. Solange es noch Widerstandsnester gegen die zur neuen Religion erhobene politische Korrektheit gibt, solange wird dagegen mit (fast) allen Mitteln gekämpft.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Sein neues Buch „Die Feinde der Freiheit“ (CreateSpace Independent Publishing, USA) ist vor wenigen Tagen erschienen.
Der neue Außenminister lehnt EU-Sanktionen gegen die ukrainischen Steinzeitkommunisten ab. Warum eigentlich?
Damit gefährdet Sebastian Kurz seinen Glorienschein, den er zu Recht rund um die Heimkehr einer von Haft bedrohten islamischen Österreicherin aus dem Golf errungen hat (auch wenn da viele Hintergründe noch im Dunkel sind). Natürlich kann man in Hinblick auf die Wirksamkeit von Sanktionen verschiedener Meinung sein. Aber Faktum ist, dass das ukrainische Regime unfähig, antieuropäisch und orientierungslos ist, und dass es offensichtlich zu grauslichen Foltermethoden greift. Faktum ist, dass die seit Wochen in Kiew frierende und kämpfende Opposition die EU dringend um Sanktionen bittet. Und Faktum ist auch, dass es absolut keinen Grund gibt, weshalb sich Österreich als eines der ersten Länder öffentlich gegen Sanktionen festlegen müsste. Sebastian Kurz hat kein belastbares Argument für diese Festlegung nennen können. Er hat sich damit in der ersten echten politischen Bewährungsprobe seiner kurzen Ministerzeit alles andere als einen guten Dienst getan. Das Ganze wirkt stark nach einer Fortsetzung des peinlichen Janukowitsch-Besuches bei Heinz Fischer zur gleichen Stunde, da der ukrainische Noch-Machthaber sein Land Russland in den Rachen geschmissen hat. Österreich steht damit halt neuerlich als Land da, bei dem man täglich merkt, dass weit und breit kein Staatsmann vom Format eines Joachim Gauck vorhanden ist.
Vor einem Jahr wollten Rot, Grün und die SPÖ-Boulevardzeitungen noch die Wehrpflicht abschaffen.
Jetzt ist man in Kärnten und Tirol heilfroh, dass die Soldaten im Kampf gegen die Lawinenkatastrophe bereitstehen. Jetzt redet niemand mehr von ihrer Abschaffung. Jetzt ist Norbert Darabos im Bundesheer nur noch ein fernes Schreckensgespenst. Und für seinen Nachfolger kommt die südösterreichische Schneekatastrophe um wenige Wochen spät – sonst hätte er vielleicht die fürs Heer besonders schmerzhaften Budgetschnitte doch ein wenig abmildern können. Katastropheneinsätze finden nämlich österreichweit besonders große Sympathie – selbst wenn gerüchteweise das Bundesheer auch noch für eine andere Art von Einsätzen bereitstehen sollte.
Endlich weiß der Herr Bundeskanzler, wozu es ihn gibt.
Werner Faymann hat zwar seit Jahr und Tag nicht ausreichend Zeit, endlich eine haltende und kostensparende Lösung für die Hypo Alpe-Adria zu verhandeln. Er hat zwar seit Jahr und Tag nicht ausreichend Zeit, um endlich mit seinen Minister- und Koalitionspartnern Verwaltungsvereinfachungen oder die Sanierung des Pensions- oder Gesundheitssystems anzugehen. Aber für etwas anderes hat der Mann Zeit: Er lädt Kinder, die bei einer Kronenzeitungs-Aktion mitmachen, auf eine Kakao-Jause ins Bundeskanzleramt ein. Dazu also halten wir uns einen Bundeskanzler. Für mehr reicht‘s halt nicht. Aber immerhin könnte Faymann den in Energieferien befindlichen Kindern auch Interessantes aus seinem eigenen Leben erzählen: etwa wie man Bundeskanzler wird, ohne jemals irgendjemandem irgendein Zeugnis vorzulegen.
Zuerst Vassilakou und jetzt die Verwüstung durch die jungen Grünen mit Kampf-Kollegen.
Nett haben wir es.
2 Millionen für den Mariahilferstraßen Umsonst-Umbau und jetzt eine Million Krawall-Schaden in der City.
Wie und wann zahlen das die Grünen?
© LUTZ Cartoons
Der zweimalige Staatspreisträger für Werbung & Marketing verpackt nun, nach 35 Jahren Kampagnenshooting, seine Botschaften in Cartoons. Gezeichneter Humor als treffende Antwort und listige Notwehr dem Alltag gegenüber. „Für mich auch Hilfe um halbwegs unversehrt an Gemüt und Seele durch Bad News zu kommen“ meint er dazu. Als Golfer, Jäger und Gourmet entstehen aber auch witzige Cartoons für diese Zielgruppen. Nach ihren Wünschen lässt Lutz Nowotny Bilder mit Pointen, auch als Geschenke, entstehen.
Erstmals liegen nun auch veröffentliche Leistungstests für die neuen Gesamtschulen vor. Das Ergebnis ist klar und eindeutig.
Die „Neuen Mittelschulen“ schneiden bei diesem Test um nichts besser ab als die Hauptschulen. Wobei wir großzügig unter den Tisch fallen lassen, dass sie tendenziell laut den nun veröffentlichten Ergebnissen sogar eher schlechter sind. Nicht unter den Tisch fallen lassen kann man aber drei andere Aspekte:
Das wäre alles zum Schmunzeln, wenn uns Steuerzahler nicht jeder Schüler in den NMS weit teurer käme als in Hauptschulen. Jeder vernünftig handelnde Mensch, erst recht jedes Unternehmen, würde ein Projekt sofort abblasen, das mit erheblichen Mehrkosten gleiche (oder schlechtere) Ergebnisse bringt. Aber wetten: Man wird dieses Verlangen weder von Wirtschaftskammer noch von der Industriellenvereinigung hören (oder von den Neos, obwohl diese eigentlich gerne in die Lücke vorstoßen wollen, welche ihnen die seltsame Politik eines Christoph Leitl bietet). Sie alle haben sich ideologisch verstiegen und können nun nicht mehr zurück.
Diese „Vertretungs“-Körperschaften lassen ihre Mitglieder lieber höhere Steuern zahlen, die eben auch für die völlig sinnlose NMS-Ideologie ausgegeben werden, als dass sie den Abbruch des Experiments zu verlangen wagen. Dabei hat erst am Vortag die Industriellenvereinigung sehr schlüssig und konkret die negativen Folgen der Steuererhöhungen beklagt. Jetzt läge sogar eine konkrete Einsparungsmöglichkeit auf dem Tisch, die sofort viele hundert Millionen brächte. Jährlich, und mit jeder Umstellung von Schulen noch mehr. Aber die Wirtschaft schweigt.
Die erste Erregung über die Ausschreitungen rund um den Wiener Hofburgball ist abgeflaut. Umso wichtiger ist es, in aller Ruhe an die klaren Grundsätze eines demokratischen Rechtsstaats zu erinnern, die da bei manchen Medien bedenklich ins Wanken geraten sind. Bei diesen Grundsätzen müssen Gewaltfreiheit und Versammlungsfreiheit ganz an der Spitze stehen. Wer das ignoriert, stellt sich selbst außerhalb von Demokratie und Rechtsstaat.
Wenn eine Partei wie die Grünen mit diesen Grundsätzen auch heute noch (oder wieder?) so wie in ihrer gewalttätigen Gründungsphase Probleme hat, dann ist das mehr als bedenklich. Skandalöse Nähe zu den schweren Ausschreitungen haben neben den direkt verwickelten Jungen Grünen jedenfalls auch der Wiener Klubobmann der Partei und ihr „Justiz(!)sprecher“ durch völlig unakzeptable Wortmeldungen gezeigt.
Aber haben nicht die Grünen genauso das Recht auf Versammlungsfreiheit wie die Blauen? Ganz gewiss. Jedoch sagen das Recht und alle humanen wie liberalen Prinzipien ganz klar: Versammlungsfreiheit darf nicht dazu benutzt werden, um die Versammlung eines anderen zu stören. Die Freiheit des einen endet immer an der Freiheit des anderen.
Das heißt: Die Grünen und ihre Sympathisanten haben rund ums Jahr das Recht auf (friedlich bleibende!) Demonstrationen, und auch zum Zeitpunkt des Balls haben sie das Recht dazu an jedem anderen Ort. Aber es ist selbstverständliche Pflicht der Polizei, eine ordnungsgemäß gemeldete Veranstaltung vor Störungen zu schützen. Oder es zumindest zu versuchen, wie etwa durch eine Platzsperre angesichts von langer Hand geplanter und durch Import deutscher Gewalttäter so gut wie sicherer Störaktionen.
Gewiss sind die von uns zu tragenden Kosten für den Polizeieinsatz mehr als ärgerlich. Aber diese dürfen niemals ein Grund sein, Veranstaltungen zu untersagen. Die Kosten sollten vielmehr bei denen eingetrieben werden, die sich nicht an Regeln des Rechtsstaats halten.
Wären die Kosten der Polizeieinsätze wirklich ein Argument, Veranstaltungen abzusagen, dann müssten auch wöchentlich sämtliche Fußball-Bundesliga-Spiele verboten werden (Spiele der Champions-Liga prinzipiell erst recht, aber da ist Österreich ja leider nur Zuschauer). Denn große Fußballspiele verursachen bekanntlich besonders regelmäßig und besonders teure Polizeieinsätze, auch oft lange nach einem Spiel oder schon vorher. Als Schuldige tun sich übrigens Anhänger-Gruppen der beiden Wiener Vereine gerne besonders negativ hervor (auch wenn mir einer dieser Klubs davon seit Jugendtagen irgendwie ans Herz gewachsen ist).
Wären die Grünen eine voll in der Rechtsordnung angekommene Partei, dann würden sie prinzipiell jede Kooperation mit potenziell gewalttätigen Gruppen stoppen. Dann würde eine wirkliche Parteichefin sofort jene Jungen Grünen aus der Partei ausschließen, die Gewalttäter importiert haben. Dann würde sie selber zurücktreten, sollte sie hinter den Kulissen das alles gutgeheißen haben.
Jedenfalls würde eine rechtsstaatliche Partei die Abhaltung eines Balls ignorieren, solange dort nichts Rechtswidriges passiert. Selbst wenn dieser Ball ihnen zutiefst unsympathisch ist. Ich bin ja auch nie zum FPÖ- (oder früher: WKR-)Ball gegangen. Genausowenig wie ich zu geselligen Veranstaltungen der Grünen oder einer anderen Partei gehe.
Bei der Polizei hatte diesmal ganz offensichtlich der Verfassungsschutz das Kommando übernommen. Polizeipräsident Pürstl hingegen war heuer nie zu hören. Das ist gut so. Hat dieser doch im Vorjahr mit mehr als deplatzierten Kommentaren gezeigt, dass er nur ein braver Bürokrat und Parteisoldat ist, der seiner Aufgabe überhaupt nicht gewachsen ist, nicht einmal verbal. Diesmal hat die Polizei wenigstens versucht, den Ball zu sichern. Während von Pürstl im Vorjahr nur Zynismus zu hören war.
Neben den Grünen haben sich erstaunlicherweise auch die Neos indirekt an die Seite der Gewalttäter gestellt. Sie haben vehement gegen das von der Polizei verhängte Vermummungsverbot protestiert.
Man kann nun gewiss diskutieren, ob ein solches in einem liberalen Rechtsstaat am Platz ist. Freilich darf man bei einer solchen Diskussion nicht ignorieren, dass Vermummungsverbote mit guten – liberalen – Begründungen in immer mehr rechtsstaatlichen Ländern eingeführt werden: wegen gewalttätiger Demonstranten beziehungsweise gegen diese; und wegen der von radikalen Muslims erzwungenen Ganzkörperverschleierung ihrer Frauen. Diese ist ja nicht nur menschenrechtlich überaus bedenklich, sondern auch schon mehrfach zur Tarnung von Attentätern missbraucht worden. Der Schutz der Bürger vor Kriminalität ist jedenfalls immer schon eine zentrale liberale Aufgabe gewesen (weshalb der klassische Liberalismus von den Linken sogar gerne als Nachtwächter-Ideologie denunziert wird). Und es ist jedenfalls ein urliberales Prinzip, sich offen zu seinen Meinungen zu bekennen.
Trotzdem kann man wie die offensichtlich noch immer ganz stark vom linken Gedankengut der Heide Schmidt beeinflussten Neos natürlich auch meinen, dass ein Vermummungsverbot nicht liberal wäre. Nur eines kann man dann sicher nicht, was die Neos getan haben: sich laut über dieses Verbot aufzuregen, aber gleichzeitig kein Wort gegen schwere Gewalttaten und die versuchte Einschränkung der Versammlungsfreiheit zu sagen. Das ist dann nur noch Chuzpe und jedenfalls nicht liberal.
Was passiert eigentlich auf diesem Ball, der neuerdings so viele Hass linker Gruppen erregt wie einst der Opernball? Ich war zwar nie dabei, aber nach allen seriösen Berichten geht es dort so zu wie auf jedem Ball, und es passiert in keiner Weise etwas rechtlich Bedenkliches. Die einst liberale „Presse“ hat dennoch Druck auf die Hofburg-Betreiber ausgeübt, künftig den Ball zu untersagen. Ihr Argument: Dort säßen auch Leute, „die mit der NS-Vergangenheit flirten“.
„Flirt“ als Delikt ohne Konkretisierung und Beweise ist ein mehr als leichtfertiger Vorwurf. Leben wir doch in einem Land, das die strengsten Wiederbetätigungsgesetze hat (die übrigens gerade wieder etliche Menschen auf Jahre ins Gefängnis gebracht haben). Oder weiß die „Presse“ mehr als wir alle? Wurde auf dem Ball Neonazistisches öffentlich gesagt oder getan? Dann sollte sie es konkret mit Namen und Aussagen nennen. Dann ist nach den geltenden Gesetzen gegen die Betreffenden vorzugehen. Aber in einem Rechtsstaat kann es sicher nicht wegen sogenannter Flirts verhängte Kollektivstrafen geben.
Das auf diesem vagen und unsubstantiierten Vorwurf aufbauende Verlangen, Veranstaltungen zu unterbinden, ist einer Qualitätszeitung unwürdig. Hat sie als Motiv bloß diffuse Gefühle, die sie für Moral hält, dann könnte sie ihre Glaubwürdigkeit nur dann wiederlangen, wenn sie auch all jene Veranstaltungen unterbinden will, die im Verdacht stehen, dass dort jemand mit dem Kommunismus flirtet. Dazu ist aber gar nichts bekannt.
Daher muss sich die „Presse“ den Vorwurf gefallen lassen, dass ihr die Opfer des Kommunismus offenbar egal sind, obwohl dieser rund 80 Millionen Menschen umgebracht und einer noch viel größeren Menge das ganze Leben zerstört hat. Das wäre dann auch die endgültige Abkehr von einer großen Geschichte, für die insbesondere, aber keineswegs nur der eben verstorbene Fritz Molden gestanden ist.
Es ist mehr als nachvollziehbar, dass jemandem andere Menschen, etwa die Besucher eines Parteiballs, unsympathisch sind. Aber deswegen etwas verhindern, etwas unterbinden zu wollen, ist nichts anderes als Beweis einer totalitären Gesinnung.
Man kann nur immer wieder den weisen Voltaire-Spruch zitieren, der eine der wichtigsten Grundlagen liberalen und aufgeklärten Denkens ist: Ich lehne voll ab, was sie sagen; ich werde aber alles tun, dass sie es sagen können.
Wenn dieser Grundsatz verloren geht, dann geht auch unser aller Freiheit wieder verloren, um die unsere Vorfahren so hart gekämpft haben.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Der sozialdemokratische Ex-Kanzler kritisiert mit gutem Grund die Wohltaten-Verteilung durch die neue deutsche Regierung in Grund und Boden.
In der Tat: Die einst unter Schröder mutig fixierte Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre hat mitgeholfen, einen positiven Boom in Deutschland auszulösen. Der wird jetzt durch die Einführung einer Hacklerregelung, mit der Deutsche wieder ab 63 Jahren in Pension gehen können, zunichte gemacht. Gewiss, Schröders SPD hat damals etliche Wähler an die Linke verloren. Aber Deutschland selbst hat enorm profitiert. Daher geißelt Schröder zu Recht die Reformpläne als ein „absolut falsches Signal“. Außerdem macht er klar: Diese Rentenreform koste nicht nur einmal Milliarden, sondern künftig jedes Jahr. Das werde unweigerlich wieder Debatten über eine Erhöhung der Rentenbeiträge führen. „Das ist so sicher wie das Amen im Gebet.“ Irgendwie sind auch wir mit Schröder fassungslos, warum die jetzige Berliner Regierung so schwachsinnig agiert. Nur weil Angela Merkel alles tut, um an der Macht zu bleiben? Nur weil die SPD wieder ganz auf populistischem Wohlfahrtskurs ist? Die Konklusion ist jedenfalls nüchtern: Kaum geht es einem Land wieder besser (noch 2006/07 ist Deutschland ja ganz darniedergelegen), macht die Politik wieder einen Unsinn nach dem anderen. Und insbesondere die Sozialdemokraten sind nur dann vernünftig, wenn ihnen wie in Frankreich oder Italien das Wasser bis über die Nasenlöcher steht.
PS: Die Österreicher könnten erst recht von den wahnwitzigen Folgekosten einer großen Koalition berichten.Aber sie fragt ja niemand (wen sollte man da auch fragen?)
„Nur für Weiße“ ist in Südafrika auf Bänken oder Autobussen gestanden.
Die Schwarzen waren in Zeiten der Apartheid streng auf zweit- und drittrangige Plätze verbannt. Und was ist heute? Was ist der Unterschied zur grünen Parteiobmännin Eva Glawischnig? Diese hat doch tatsächlich jetzt den „Rechten“ empfohlen, sich in Bierzelten zu treffen. Also nicht im Ballsaal der Hofburg. Gegen eine solche „Provokation" müsse man ein Zeichen setzen, formulierte Frau Glawischnig. Wohlgemerkt: Die Provokation bestand einzig darin, dass sich die „Rechten“ auf den falschen Parkbänken – pardon: Ballsälen sehen ließen.
PS: Aufwachen ÖVP! Hätte nicht wenigstens Generalsekretär Blümel etliche richtige Worte dazu formuliert, wäre die einst große bürgerliche Partei zum Thema der ärgsten Straßenkrawalle, die es seit Jahren in Österreich gegeben hat, überhaupt nicht präsent. Begreift sie nicht, wie sehr diese Vorgänge alle bürgerlichen Wähler empören, auch solche, die noch nie die FPÖ gewählt haben? Oder nimmt sie gar Rücksicht auf den Koalitionspartner, zu dem ja – neben den hauptbelasteten Grünen – ebenfalls etliche Beweisstränge führen? (Vielleicht als Dank für trotz marginaler Milderungen noch immer massiv unternehmerfeindliche neue Steuergesetze?)
Auch wenn es von einem unendlichen Wortschwall zugedeckt wird: Der Hauptgrund, warum die Hypo nicht in Insolvenz geschickt wird und alle österreichischen Steuerzahler geschröpft werden, heißt: Kärnten. Umso absurder ist dessen Verhalten, das jetzt der Rechnungshof aufgedeckt hat.
Obwohl Kärnten durch Übernahme von gigantischen Haftungen einen erklecklichen Teil der Schuld an dem Milliarden-Debakel hat, vermeidet die Bundesregierung deshalb eine Hypo-Insolvenz, weil diese unweigerlich eine Kärnten-Insolvenz auslösen würde (und Raiffeisen sowie Bayern schwer erschüttern). Aber was tut Kärnten selbst? Läuten dort alle Alarmglocken, weil das Bundesland die Hypo fahrlässig mit Haftungen im zweistelligen Milliarden-Euro-Dimension wattiert hat (bei einem Landesbudget von bloß zwei Milliarden)? Keineswegs. Kärnten kontrolliert nicht einmal die Abrechnungen der Bank. Oder im trocken-treffenden Rechnungshof-Wortlaut: „Das Land Kärnten nahm die ihm zustehenden Kontrollrechte nicht ausreichend wahr.“ Warum sollte es auch? Zahlen doch eh alles die österreichweiten Steuerzahler.
Geht’s noch blöder? Das fragt sich angesichts zahlloser Vorfälle binnen weniger Stunden der Österreicher. Nichts davon ist erfunden.
An der Spitze der Peinlichkeit steht die Chefin der Grünen mit der läppischsten Ausrede des Jahres: Die Jungen Grünen hätten ja keine Ahnung gehabt, was auf ihren Internet-Seiten steht. Dabei sind dort wochenlang Gewalttaten vorbereitet worden. Und die Grünen wollen es nicht gewusst haben. Mein Gott, wie arm! Freilich würde kein einziger Angeklagter vor einem Gericht mit so einer läppischen Ausrede durchkommen. Aber bei Frau Glawischnig geht sie offenbar durch. Das einzige, was die Grünen vielleicht nicht ganz so geplant hatten: Sie dürften gerechnet haben, dass sich die Gewalt auch gegen Besucher des FPÖ-Balls richten werde. Gegen die dürfen ja grüne Gutmenschen automatisch Gewalt anwenden und sind nachher natürlich immer Opfer. Jetzt aber sind die Grünen mit dem peinlichen Faktum konfrontiert, dass diese Gewalttäter ausschließlich Auslagenscheiben und Autos demoliert und keinen einzigen Freiheitlichen erwischt haben. Jetzt überfordert es sogar grüne und ORF-Dialektik ein wenig, Auslagenscheiben und Autos zu den Bösen machen zu müssen. Aber keine Sorge: Auch diese Peinlichkeit wird ihnen wohl noch gelingen.
Peinlich in ihrer Unbedarftheit sind auch viele Medien. Sie plappern jetzt völlig unkritisch die linke Sprechregelung nach, dass die Gewalttäter allesamt aus Deutschland gekommen wären. Glauben sie das im Ernst? Gibt’s dafür auch nur irgendeinen Beweis?
Mehr als peinlich hat auch der Wiener Bürgermeister Häupl auf die Krawalle in der Innenstadt reagiert. Er konzentrierte sich ganz auf die Polizeikritik – und fand kein Wort der Kritik an der Rolle sozialdemokratischer Funktionäre und Homepages bei der Organisation der Gewalt. Dabei geht es um Funktionäre, die direkt aus seiner Wiener Landesorganisation kommen.
Ins Kapitel „Peinlichkeiten“ gehört auch ein Fernsehauftritt der Innenministerin. Vor lauter „Polizisten und Polizisten“- (sic) und „Demonstranten und Demonstrantinnen“-Gendere bringt die Frau absolut kein einziges sachliches Argument mehr über die Lippen. Weder zum Thema Akademikerball noch zur Schließung von zahllosen Wachzimmern. Jämmerlich. Dabei hätte sie da wie dort Hunderte gute Argumente auf ihrer Seite. Auch bei der Wachzimmer-Frage. Denn kein Mensch braucht Schreibtischhengste, niemandem hilft ein geschlossenes Wachzimmer (pardon: eine geschlossene „Inspektion“) oder ein Polizist, der darin einsam sitzt und gar nicht wegdarf (was häufig der Fall ist). Diese Änderung prinzipiell abzulehnen, wie es die FPÖ tut, ist Unsinn. Die Polizei hat ganz gute Argumente. Was aber noch nicht heißt, dass sie wirklich alles bedacht hat. Was wirklich not täte, wäre eine objektive(!) Messung: Wie schnell ist die Polizei im Schnitt vor Ort, wenn man sie alarmiert? Wie viele Polizeistreifen sieht man im Laufe eines Tages an willkürlich ausgewählten Punkten? Nur so kann man vergleichen, ob die Reform etwas verbessert oder verschlechtert. Ausnahmsweise gäbe es da sogar eine Rolle für die EU. Sie misst ja auch die Schnelligkeit der Briefzustellung. Diese Mess-Fähigkeit wäre bei der Sicherheit noch viel sinnvoller eingesetzt. Das ist wohlgemerkt kein Ruf nach einer EU-Polizei, nur die Aufforderung an die Union, auch einmal etwas Sinnvolles zu tun. Ohne solche Messung behauptet weiterhin jeder, was er will. Und niemand weiß, ob es wahr ist. Solche Messungen würden endlich die Polizeiarbeit objektiv bewertbar machen, über Politiker- und Gewerkschafter-Gewäsch hinaus.
Der Aufsichtsrat-Vorsitzende des Burgtheaters und dessen Direktor sind empört, dass es dort jahrelang eine heimliche Buchhaltung gegeben habe. Schön, dass sie empört sind. Aber in Wahrheit ist bei beiden der Rücktritt fällig. Denn wenn diese heimliche Buchhaltung seit Jahren laufen kann, haben beide seit Jahren ihre Aufsichtspflicht grob vernachlässigt. Man stelle sich vor, solches wäre in der Privatwirtschaft geschehen. Dort würde sofort Strafanzeige erstattet, und Vorstand wie Aufsichtsrat müssten zurücktreten. Kein privater Eigentümer ließe sich das gefallen. Aber das Burgtheater gehört ja dem Staat (eigentlich uns, aber wir sind ja enteignet). Daher ist keinerlei Reaktion des Kulturministers zu hören (geschweige denn von seiner mit Grandezza ins Familienleben abgetretenen Vorgängerin).
Jetzt schon lassen sich künftige Peinlichkeiten rund um die Parlamentsrenovierung vorhersagen. Ein Mann, der es wissen muss, hat mir soeben eine hohe Wette angeboten: Bei der Komplett-Renovierung des Hohen Hauses werde es jedenfalls zu massiven Kostenüberschreitungen kommen. Wie will er das schon jetzt wissen, wenige Tage nach dem ersten Beschluss? Ganz einfach: Weil Auftrag, Arbeitsumfang und Kostenangaben nicht ordentlich geplant worden sind; und weil die Verantwortung nicht an einen externen Verantwortlichen übergeben worden ist (wie es etwa beim Neubau der Wirtschaftsuniversität der Fall war, wo keinerlei nachträgliche Wünsche mehr möglich waren). Beim Parlament hingegen werden ständig Beamte, Politiker, Parteien mitreden und ständig auf neue und ganz, ganz unabdingbare Wünsche und Ideen kommen. Daher wird die Sache wohl extrem teurer werden. Mit garantierter Peinlichkeit am Ende.
Seit mehr als einem Jahr gibt’s in Österreich ein Lobbying-Register. Das hat den Steuerzahler viel Geld gekostet und ist von zahllosen Leitartikeln begleitet worden. Das erschütternde Ergebnis im Rückblick: Seit seiner Gründung, also im ganzen Jahr 2013, ist kein einziges Mal von einem der befugten Politiker in diesem Register nachgeschaut worden! Kein einziges Mal! Was beweist: Von den Medien immer wieder verlangte und von der total orientierungslosen Politik gehorsam immer wieder umgesetzte Anlassgesetze (wie eben dieses Lobbying-Register, das einst eine Reaktion auf den Fall Strasser war) sind meist völlig sinnlos und nur teuer, wenn nicht gar schädlich. Sie sind nur politische Wichtigmacherei und parlamentarischer Aktionismus.
PS: Die Grenzen der Demokratie und des Rechtsstaats werden auch in Amerika in peinlicher Form überschritten. Weil das Weiße Haus in einer der beiden Parlamentskammern keine Mehrheit hat, kündigt es jetzt an, seine Vorhaben künftig halt am Kongress vorbei durchsetzen. Na dann! Wenn das so auch geht, braucht kein Diktator der Welt mehr sein Parlament zu beachten. Freilich: Auch die amerikanische Verfassung kann nur so lang gebogen werden, bis sie bricht. Das in jenem Land, das allen die Demokratie lehren will!
Am 24. Jänner haben Linksradikale – wie vorhersehbar – einen Ball in der Wiener Hofburg zum Anlass genommen, um in der Wiener Innenstadt auf Bürgerkrieg zu machen. Sie haben insbesondere Polizisten attackiert und verletzt, Polizeifahrzeuge und eine Polizeiwache absichtlich schwer beschädigt und Auslagenscheiben eingeschlagen. Die Straftäter haben damit in erster Annäherung unter anderem folgende Verbrechen und Vergehen begangen: mehrfache schwere Körperverletzung, vielfach versuchte schwere Körperverletzung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit, schwere Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, tätlicher Angriff auf Beamte, Landfriedensbruch und Verhetzung (vom direkten „Schlagt sie nieder, schlagt sie nieder“ bis zum aufreizenden „Unsern Hass, den könnt ihr haben.“). Womöglich handelt es sich bei manchen, insbesondere aus Deutschland angereisten Gruppen auch um terroristische Vereinigungen im Sinn von § 278b Abs 3 StGB.
Die Polizeiführung hat dieses Jahr immerhin den – grundrechtlich gebotenen – Schutz der Ballveranstaltung im Großen und Ganzen gewährleistet. Die einzelnen Exekutivorgane haben ohnehin, wie immer, ihr Bestes gegeben: Sie müssen bei (überschätzter) Bezahlung ihre körperliche Integrität aufs Spiel setzen, weil linksextreme Kreise auf Krawalle setzen und leider auch erhebliche Teile der etablierten Politik – ansonsten um keine Wortspende an „Rechts“ verlegen – kaum klare Worte dazu finden.
Die Medienberichterstattung erscheint tendenziös, insbesondere jene des umstrittenen Staatssenders ORF, und sympathisiert, so hat es den Eindruck, in Teilen klammheimlich mit den Krawallmachern (wenn man von larmoyanten Augenblicken im Angesicht eines demolierten ORF-Fahrzeuges absieht). Dabei werden die evidenten Straftaten von Demonstranten, sofern sie nicht überhaupt verschwiegen werden können, klein geredet und werden in Täter-Opfer-Umkehr die tatsächlich friedlichen, Unterhaltung suchenden Ballgäste verantwortlich gemacht.
So wird auch in „bürgerlichen“ Zeitungen erwogen, nicht etwa den Mob in die Schranken der Gesetze zu weisen, sondern den Ball wegzubekommen. Bezeichnend sind Schlagzeilen wie: „Akademikerball der FPÖ: Mehr als eine Million Euro Schaden“, gerade so, als wären die Ballveranstalter, die selbst Opfer des Straßenterrors sind, die Schadensstifter. Oder jene Zeile des ORF: „Der Akademikerball der FPÖ hat auch heuer wieder zu heftigen Ausschreitungen geführt“. Klar doch, der Ball, und keinesfalls die Agitation zB der Jungen Grünen. Man merkt die Absicht.
Da das Meinungsklima in verschiedenen, vielfach unmittelbar oder mittelbar steuergeldmitfinanzierten Print- und Funkmedien in einem, sagen wir, Spannungsverhältnis zu den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung steht, können ein paar grobe Hinweise auf die Rechtslage, insbesondere die Grund- und Menschenrechtslage, nicht schaden:
1. Auch gesellige Zusammenkünfte stehen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit (Art 11 EMRK), solange sie die Rechtsordnung respektieren. Der Staat muss solche Zusammenkünfte vor Störungen Dritter schützen. Der Staat darf angekündigte Störungen nicht zum Anlass nehmen, die friedliche gesellige Zusammenkunft zu unterbinden, sondern dies löst im Gegenteil staatliche Schutzpflichten aus.
2. Die Versammlungsfreiheit schützt kraft Art 17 EMRK ausdrücklich keine Versammlungen, die auf die Beschneidung des Versammlungsrechts anderer hinzielen. Die nowkr-Demonstrationen sollen eine vom Versammlungsrecht geschützte Veranstaltung unmöglich machen, durch Stimmungsmache einerseits, durch Straßenterror gegen Ballgäste anderseits. Der Zweck wird auch offen zugegeben. Diese nowkr-Demonstrationen sind daher gar nicht durch die Versammlungsfreiheit geschützt.
Irrige Vorstellungen herrschen auch über die Durchführung von Versammlungen selbst. Das Versammlungsgesetz, das noch aus 1867 herrührt, schafft es, mit schlanken zwanzig Paragraphen in klarer Sprache das Wesentliche auf den Punkt zu bringen. So ordnet § 11 VersammlungsG an: „Für die Wahrung des Gesetzes und für die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Versammlung haben zunächst deren Leiter und Ordner Sorge zu tragen. Sie haben gesetzwidrigen Äußerungen und Handlungen sofort entgegenzutreten. Wenn ihren Anordnungen keine Folge geleistet wird, ist die Versammlung durch deren Leiter aufzulösen.“
Damit ist eigentlich alles gesagt. Wer eine Versammlung veranstaltet, ist für diese verantwortlich. Schon der Gesetzgeber des Jahres 1867 wusste nämlich: Politisch motivierte Menschenansammlungen sind eine potentiell gefährliche Sache. Sie können entgleiten, die Masse kann dann schwer oder gar nicht mehr zu kontrollieren sein. Drum sorge vor, wer dieses Gefahrenpotential schafft, also der Versammlungsveranstalter und -leiter. Er muss sich um eine ausreichende Zahl an Ordnern kümmern und ist verantwortlich, dass aus der Versammlung keine Straftaten entstehen. Kommt es dennoch zu solchen, so muss er ihnen „sofort entgegentreten“. Wenn es ihm nicht gelingt, die Ordnung zu bewahren, muss er seine Versammlung auflösen (dann haben alle auseinanderzugehen).
Da hilft auch keine Ausrede, es würden einzelne kleine Gruppen die angeblich sonst so friedliche Versammlung missbrauchen. Das Gesetz ist klar (und einsichtig): Sofort entgegentreten! Ruhestörer sind auszuschließen, dafür hat man eben Ordner (und muss man auch die notwendige Zahl an Ordnern beizeiten vorsehen).
Damit komme ich zu den Folgen: Ein Versammlungsveranstalter, der nicht die notwendige Zahl an Ordnern vorhält und beizieht, der Gesetzwidrigkeiten aus der Versammlung heraus nicht „sofort entgegentritt“ oder die Versammlung nicht auflöst, wenn er die Ordnung nicht mehr garantieren kann, handelt gesetzwidrig und haftet für die daraus resultierenden Schäden.
Geschädigt sind jedenfalls deren vier:
Diese Geschädigten können den Veranstalter der gewalttätigen Versammlung vor den Zivilgerichten auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, der Staat (BMI) und der Sozialversicherungsträger müssen dies sogar tun. Das Unterlassen der Geltendmachung staatlicher Schadenersatzforderungen gegen den Veranstalter durch das Innenministerium wäre objektiv gesetzwidrig. Zweifellos hat die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen auch erzieherischen Zweck gegenüber allzu leichtfertigen Veranstaltern von Hass-Versammlungen.
Man wird sehen, ob die politische Führung des Innenministeriums auch nächstes Jahr wieder lieber die Gesundheit von 2000 Polizisten riskieren wird als einmal das Schadenersatzrecht gegen Krawallveranstalter auszuschöpfen. Für die Zukunft aber sollte die Lage ohnehin klar sein: Wenn es nach dem Gesetz geht, ist eine Versammlung nach dem Muster der diesjährigen ohnehin von den Polizeibehörden aus den gesammelten Erfahrungen heraus wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu untersagen (§ 6 VersammlungsG). Wenn!
Univ.-Prof. Dr. Andreas Hauer lehrt Öffentliches Recht an der JKU Linz.
Das europäische Parlament ist empört: In Malta kann man sich neuerdings Staatsbürgerschaften kaufen. Damit haben zahlungskräftige Nicht-Europäer automatisch auch alle Rechte im gesamten EU-Gebiet. Die Staatsbürgerschaft in einem Land öffnet einem ja auch alle anderen EU-Länder. Wie schlimm ist das eigentlich wirklich?
Aufs Erste sehr. Staatsbürgerschaft hat zumindest in unseren Ohren viel mit emotionaler Bindung an die eigene Heimat zu tun. Diese Bindung geht in Ländern mit Wehrpflicht ja sogar bis hin zur zumindest theoretischen Pflicht, für dieses „Vaterland“ zu sterben.
Das ist zwar derzeit glücklicherweise ein eher theoretischer Aspekt. Das wird auch – etwa in Österreich – von der Politik nie mehr erwähnt. Diese hat im Vorjahr ja die Wehrpflicht fast nur noch mit den Vorteilen des Zivildienstes beworben (sofern sie überhaupt für die Wehrpflicht war). Die letzte Konsequenz von Soldatsein wurde von allen Politikern und Medien verschwiegen. Aber die Durchschnittsbürger selbst verstehen den Einsatz des eigenen Lebens durchaus noch immer als dessen Teil.
Und jetzt kann man sich einfach schon mit Geld in eine solche europäische Staatsbürgerschaft einkaufen! Ganz ohne Wehrdienst. Das ist für viele Europäer unverständlich.
Dennoch sollte man Malta nicht ganz verdammen. Denn der Nutzen der Menschen mit viel Geld, die solcherart angelockt werden, ist unvergleichlich größer als jener Nutzen, den ungebildete und mittellose Zuwanderer stiften. Zwar werden diese in politisch korrekten Medien gerne als „Flüchtlinge“ bezeichnet. Und zwar keineswegs nur, wenn sie auf – ganz zufällig(?) regelmäßig ins Seenot geratenden – Schiffen auf Arbeitssuche nach Europa kommen. Übrigens ist da gerade Malta ein besonders intensiv angesteuertes Ziel.
Aber trotz dieser Propaganda ist klar: Ungebildete und mittellose Menschen sind in keiner Weise das, was Europa mit seiner riesigen Arbeitslosigkeit braucht. Sie belasten die Sozialsysteme weit mehr, als sie an Beiträgen bringen.
Etwa die österreichischen Statistiken zeigen regelmäßig und eindeutig: Nichteuropäer sind zu einem deutlich geringeren Anteil als die gleichaltrigen Österreicher arbeitstätig und sie zahlen daher auch deutlich weniger Abgaben. Dennoch finden skurrilerweise gerade die lautstarken Kritiker Maltas gleichzeitig diesen Migrationsstrom positiv.
Auf der anderen Seite wird von Bayern bis Großbritannien die Kritik an der Sozialmigration und an den europäischen Zentralisierungstendenzen immer lauter. Zuerst war die Kritik nur unter den Bürgern zu hören, jetzt ertönt sie auch bei den dortigen Parteien.
Dass diese so deutlich migrationskritisch geworden sind, hängt ganz direkt mit dem massiven Aufblühen neuer Konkurrenzparteien zusammen. Das ist in Deutschland die „Alternative für Deutschland“ und in Großbritannien die Unabhängigkeitspartei UKIP. Diese ist nach einer aktuellen Umfrage sogar schon Englands stärkste Partei. Dort richtet sich die Kritik besonders stark gegen Zuwanderer aus anderen EU-Ländern, wenn diese nicht arbeiten, sondern nur die Sozialsysteme beanspruchen wollen.
Diese Frage hat neuerdings auch eine tiefe Kluft quer durch die EU-Kommission gerissen: Während einige bürgerliche Kommissare intensiv darauf hinweisen, dass Mitgliedsländer in ihrem Sozialsystem ja nur arbeitende EU-Bürger gleich behandeln müssen, wollen die sozialistischen Kommissare das Thema Sozialmigration ignorieren – also das Kassieren von Wohlfahrtsleistungen, ohne jemals in dem zahlenden Land gearbeitet zu haben.
Die neue maltesische Praxis ist da zumindest ein richtiges Signal: Europa braucht primär jene Ausländer, die Geld hereinbringen, die hier investieren, die einen hohen Bildungsstandard haben, die nicht auf Europas volle Sozialtöpfe schielen.
Das Interesse an reichen Zuwanderern ist keineswegs eine Erfindung Maltas. Genauso kann man in vielen anderen Ländern als Investor relativ leicht den Pass bekommen. Auch außereuropäische Länder wie etwa Kanada haben solche Regelungen. Dort gibt es sogar längst genaue Tarife, wie viel Geld oder welche Ausbildung Ausländer mitbringen müssen. Kanada hat sehr profitiert davon.
Die Landesverteidigung als einzige echte Pflicht eines Staatsbürgers – genauer gesagt: jedes jungen männlichen Staatsbürgers – tritt gegen diesen Nutzen immer mehr zurück. Die meisten Staaten haben ja längst Armeen, die nur noch auf dem Papier existieren oder die nach dem alten Prinzip von Söldnerheeren geführt werden: Soldat wird man bloß gegen Geld. Daher ist Wehrpflicht kein wirklich taugliches Argument mehr gegen die Käuflichkeit von Staatsbürgerschaften.
Also ist es im Grund völlig logisch, dass man auch den Pass zu etwas Käuflichem macht. Oder?
Nur noch ein paar Konservative werden sich voll Nostalgie an jene Zeiten zurückerinnern, da das eigene Vaterland, die Identität mit diesem und der Dienst für dieses lebenslang etwas völlig Selbstverständliches gewesen sind. Freilich: Der heutige Zustand der Staaten wie auch der EU lässt diese Nostalgie rasch verbleichen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Im Internet lassen sich Spuren und Verantwortungen sehr genau festhalten. Diese führen von den nächtlichen Krawallen und Gewalttaten am Freitag in Wien massiv zu den Grünen. Aber mindestens zwei nun offenkundige Spuren führen auch zur SPÖ. Deren Parteispitze hat sich - in Wien wie im Bund - prompt auf Tauchstation begeben.
Die erste direkte Spur betrifft die Demo-Mitorganisatorin Natascha Strobl von der „Offensive gegen Rechts“. Die Dame ist nämlich Mitglied im Wiener SPÖ-Landesparteivorstand. Sie schob auch noch Tage nach den Krawallen vor ORF-Kameras in frecher Umkehrung der Fakten die Schuld an den Millionenschäden und Verletzungen auf die „Eskalationsstrategie der Polizei und die Hetzkampagne der FPÖ“. Nur in diesen liege die Ursache, dass friedliche Proteste in Gewalt umgeschlagen seien.
Es bleibt einem zwar die Spucke weg. Aber es ist halt ein alter Kritik terroristischer Strukturen: Schuld sind immer die Opfer.
Eine noch dickere Spur von den Gewalttaten zur SPÖ ist die Website www.offensivegegenrechts.net. Auch dort gibt es rechtswidrig kein Impressum (wenn man gegen Rechts ist – was auch immer das bedeuten mag –, braucht man sich doch in Österreich nicht an Gesetze halten). Aber als Selbstbeschreibung kann man lesen:
„- Offensive gegen Rechts versteht sich als Aktionsbündnis mit dem Ziel den FPÖ-Burschenschaftlerball zu thematisieren und durch Blockaden zu verhindern.
- Dafür setzen wir unsere Körper als Mittel des zivilen Ungehorsams ein. Diese Menschen-Blockaden sollen breit, bunt und kreativ – aber entschlossen sein.
- Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.
- Die Aktionen sollen für alle transparent und offen sein. Öffentliche Blockadetrainings im Vorfeld sollen uns gezielt auf die Aktion praktisch und rechtlich vorbereiten.
- Wir erklären uns solidarisch mit allen, die am 24. Jänner gegen den FPÖ-Burschenschafterball auf die Straße gehen.
- Alle Organisationen, Parteien, Initiativen und Aktivist_innen, die sich als antifaschistisch verstehen, rufen wir auf, sich am Protest gegen den FPÖ-Burschenschaftlerball am 1. Februar zu beteiligen.“ (meine Hervorhebung; www.offensivegegenrechts.net/?page_id=252)
Interessant ist auch, welche Organisationen das unterstützen (http://www.offensivegegenrechts.net/?page_id=4) – etwa die ÖH der Pädagogischen Hochschule Wien. Also jene Menschen, die künftig auf unsere Kinder losgelassen werden.
Besonders relevant wird die Domainabfrage (http://www.whois.com/whois/offensivegegenrechts.net):
Domain Name: OFFENSIVEGEGENRECHTS.NET
Registrar: MONIKER ONLINE SERVICES LLC
Whois Server: whois.moniker.com
Referral URL: http://www.moniker.com
Name Server: NS1.COOLHANDLE.COM
Name Server: NS2.COOLHANDLE.COM
Status: clientDeleteProhibited
Status: clientTransferProhibited
Status: clientUpdateProhibited
Updated Date: 22-aug-2013
Creation Date: 13-sep-2011
Expiration Date: 13-sep-2014
Domain Name: OFFENSIVEGEGENRECHTS.NET
Registrar: MONIKER ONLINE SERVICES LLC
Und dann:
Registrant [3685926]:
Jakob Zerbes email@gmail.com
. . .
Administrative Contact [3685926]:
Jakob Zerbes email@gmail.com
Wem der Name nichts sagt: Zerbes ist – Zufall, Zufall – VSStÖ-Funktionär (siehe etwa http://meinparlament.derstandard.at/p/3640/jakob-zerbes/).
Seine Adresse und Telefonnummer habe ich weggelassen. Ich stelle mich ja nicht mit den rotgrünen Gewalttätern auf eine Stufe.
PS: Bei den Grünen gibt es einen ersten (kleinen) Teilerfolg des Zorns der Bürger: Parteichefin Glawischnig fordert nun, dass die Jungen Grünen künftig garantieren, dass nichts Rechtswidriges auf einer von ihnen verantworteten Homepage steht. Künftig. Denn angeblich haben ja die Jungen Grünen keine Ahnung gehabt, was denn so seit Wochen auf NOWKR steht. Ein netter Versuch von Frau Glawischnig zwar. Aber vor einem Richter würden die Grünen mit ihrer "nichts-gewusst-Strategie" wohl nur Gelächter auslösen.
PPS: Übel wird einem auch angesichts der Art, wie der rotgrüne ORF in seinem offiziellen Programm eine (natürlich linkslastige) Diskussion über die Krawalle angekündigt hat. Der von fast lauter Sozialisten geleitete ORF schreibt: "Haben die Polizeimaßnahmen die Stimmung erst angeheizt?" Also: Ohne die ohnedies sehr defensive Polizei wäre nach Ansicht des ORF offensichtlich gar nichts passiert. Und diese linke Propaganda müssen wir tagtäglich mit unseren Gebühren finanzieren . . .
Da kann man Michael Spindelegger nur zustimmen: Sein Ziel ist es, die Steuerzahler wegen der Hypo Alpe-Adria möglichst wenig zu belasten, wie er am Montag erklärte. Da bleibt nur die Frage offen: Warum tut er es nicht?
Denn selten ist so klar wie in diesem Fall, was unter lauter schlechten Lösungen die für den österreichischen Steuerzahler relativ beste wäre: Seine bei weitem geringste Belastung brächte ein Konkurs der Hypo, auch wenn ein solcher vor mehr als drei Jahren natürlich noch viel günstiger gewesen wäre. Nur: Einen Konkurs haben die famosen Hypo-Spezialisten Nowotny und Liebscher bei ihrem angeblich ersten offiziellen Bericht an die Bundesregierung gar nicht vorgeschlagen (ja genau, Liebscher ist der, der Studien internationaler Finanzspezialisten zur Hypo gar nicht lesen will, wenn sie Unpassendes sagen. Ja genau, Nowotny ist der, der die Krise für beendet erklärt, wenn es der SPÖ gerade parteistrategisch passt).
Gewiss: So blöd sind die beiden auch nicht, dass sie nicht wüssten, was für den Steuerzahler am besten wäre. Sie haben natürlich vorher genau gefragt, was sie vorschlagen und wollen sollen. Und da wurde ihnen bedeutet, dass ein Konkurs unerwünscht ist.
Ein Konkurs hat nur ein Gegenargument: Er wäre natürlich mit einer tagelangen Aufregung verbunden. Aber wer das Feuer nicht aushält, sollte nicht in die Politik gehen. Schlimm wäre der Konkurs freilich für Bayern und Kärnten, weil dann dort Milliarden-Kredite abzuschreiben beziehungsweise Milliarden-Haftungen schlagend wären. Darauf sollte man aber keine Rücksicht nehmen. Schließlich sind das ja genau die beiden Bundesländer, die schuld sind am Hypo-Debakel.
Ein Hypo-Konkurs würde vor allem für Kärnten mit Sicherheit den eigenen Konkurs bedeuten. Ein Konkurs wäre aber für den österreichischen Steuerzahler das Beste, auch wenn dieser dann – selbstverständlich – den Betrieb in Kärntens Schulen, Krankenhäuser oder Straßendiensten finanzieren müsste. Das Mitleid mit Kärntens Politik hält sich jedenfalls in besonders engen Grenzen, seit dessen Landeshauptmann am frechsten von allen Landeskaisern die Schließung kostenintensiver Polizei-Inspektionen in kleinen Dörfern zugunsten von mehr Polizisten auf der Straße abgelehnt hat. Selbstverständlich müsste auch dafür gezahlt werden, dass in der Wirtschaft kein Gläubiger der Hypo durch einen Dominoeffekt existenzgefährdet wäre. Das wäre aber alles weit billiger als die Vorschläge von Nowotny und Liebscher.
Besonders köstlich: Bundes- und Vizekanzler tun so, als ob sie jetzt erstmals mit der Lage der Hypo konfrontiert worden wären. Und dass sie daher jetzt wieder Monate brauchen werden, um Beschlüsse zu fassen. Das ist natürlich unwahr. Natürlich haben die beiden schon oft das Thema auf dem Tisch gehabt. Nur: Die beiden haben sich dabei halt auch zwischen der zweit- und drittbesten Lösung (unter lauter schlechten Lösungen) nicht entscheiden können.
Die zweitbeste Lösung für den Steuerzahler wäre eine Beteiligung der anderen Banken an einer Bad Bank. Dann würden diese einen Teil des Risikos tragen, was ein wenig günstiger für die Staatsverschuldung wäre. Die Banken hätten auch viel mehr Knowhow beim Eintreiben von Forderungen als die unsägliche Nationalbank oder das ständig wechselnde Hypo-Management.
Nur: Die Kommerzbanken sind halt kein Wurmfortsatz der Regierungsparteien (sonst hätten sie ja die Krise gar nicht überlebt). Das heißt: Sie sind nur dann zum Einsteigen bereit, wenn ihnen die Regierung rechtsverbindlich einen Teil der Steuerlast abnähme, die sie auf den Schultern der Banken aufgehäuft hat und die sie noch weiter vermehren will.Dabei nimmt die Regierung keine Rücksicht darauf, dass sie mit ihren vielfältigen Bankensteuern bald die letzten österreichischen Institute in ausländische Hände getrieben haben wird.
Die ÖVP wäre zumindest für diese zweitbeste Lösung. Die SPÖ hingegen will in ihrem populistischen – und zweifellos auch populären – Hass auf die Banken diesen hingegen keine Garantien geben und zieht daher insgeheim lieber die drittbeste Lösung vor. Das heißt: Alle Schulden und das ganze Risiko, wie viele Wackelforderungen eine Bad Bank überhaupt eintreiben kann, sollen auf den Schultern der Steuerzahler abgeladen werden.
Daher kommt es jetzt zur viertbesten Lösung, wie wir staunend als Ergebnis des Regierungsgipfels vernehmen dürfen: Monatelange wird nun weiterhin keine Entscheidung getroffen. Monatelang wird von uns weiterhin der lebende Leichnam Hypo finanziert werden müssen.
Wir gratulieren (uns).
Die Politik brüstet sich gerne der von ihr verteilten Subventionen, besonders im Hochsubventionsland Österreich. Unter viel Beifall. Verlangen doch die Interessenvertreter der Wirtschaft ständig noch mehr davon. Auch alle bedachten Unternehmen selbst freuen sich darüber. Und ebenso tun das Gewerkschaften & Co, einerseits weil auch viele Betriebsräte für Subventionsgelder zugunsten ihrer Firma lobbyieren. Und andererseits weil die Gewerkschaft im Gegenzug dann meist eigene Interessen wie die Sozialbürokratie ausbauen kann. Warum sind Subventionen dennoch absolut und grundsätzlich schlecht?
Aus zwei klaren Gründen: Erstens, weil beim Durchschleusen von Geld durch Bürokratie und Politik immer viel davon sinnlos verloren geht; und zweitens und vor allem wegen der Knappheit von Ressourcen (von Geld, von intelligenten Menschen, von Anlagen und Rohstoffen). Ein Euro, der für Zweck A ausgegeben wird, kann nicht mehr für Zweck B ausgegeben werden. Daher sollte es nie um den von Politikern und Medien gern betonten Aspekt gehen, dass Zweck A (meist) eh ein guter ist, sondern immer darum, dass es viel sinnvollere, zu mehr Nutzen führende Zwecke gibt. Das kann B sein, aber auch C oder D.
Es geht also immer um die relativ beste Entscheidung. Und da ist es millionenfach bewiesen: Der Eigentümer dieses Euros – wie auch jedes anderen – ist im Schnitt weitaus am besten imstande, über dessen Einsatz zu entscheiden. Denn ihn trifft es immer selbst, wenn eine Verwendung suboptimal ist. Das heißt natürlich nicht, dass Eigentümer immer absolut richtig entscheiden (ich selbst werde etwa nie vergessen, einmal etliches Geld in Libro-Aktien investiert zu haben …). Das heißt aber mit Sicherheit, dass die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Entscheidung beim Eigentümer viel größer ist als bei einem Politiker oder Beamten. Denn die geben ja immer nur fremdes Geld aus.
Der Beamte sichert sich tausend Mal ab, verlangt für jede Entscheidung als erstes einmal ausreichend Dienstposten, geht von einer Kommission zur nächsten und bewegt sich immer im Mainstream, vermeidet also jedes Risiko. Und Politiker haben folgende Prioritäten im Auge: Wie wirkt sich das auf die nächsten Wahlen aus? Wie wirkt sich das auf meine persönliche Stellung im innerparteilichen Machtgefüge aus? Wie verkaufe ich es den Medien? Und: Kann mir niemand in absehbarer Zeit eine Fehlentscheidung vorwerfen (und nachher ist eh alles vergessen)?
Das sind alles normale, gesellschaftlich als regulär angesehene Verhaltensweisen. Da ist noch gar nichts Kriminelles dabei. Obwohl natürlich auch klar ist: Korruption kann es beim Verwenden eigenen Geldes gar nicht geben, sondern nur beim Ausgeben fremden Geldes.
Aus all diesen Gründen ist in der Tat jede einzelne Subvention prinzipiell falsch. Das einzig richtige wäre: Alle Subventionen weg und dafür die Steuern massiv herunter. Dann wären freilich viele Beamte, Kommissionen, Politiker sofort überflüssig …
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es ist vorerst nur eine Zahl. Aber sie wird die deutsche Wirtschaft grundlegend erschüttern: Die deutsche Regierung wird in mehr als 2600 Unternehmen eine zwingende Frauenquote für alle Führungspositionen einführen.
Diese Zahl hat nun die deutsche Familienministerin Manuela Schwesig von den Sozialdemokraten verkündet. Die Quote steht aber auch im deutschen Koalitionsvertrag.
Aber die Politik liebt nun mal den Zwang, das Regulieren, das Einmischen. Wetten, dass es nun diesen Unsinn auch bald in Österreich geben wird? Jungen, begabten, aufstiegswilligen Männern kann da nur noch das Auswandern empfohlen werden. Was angesichts auch der sonstigen EU-weiten Zu-Tode-Regulierung ohnedies schon Zehntausende getan haben. In Österreich. Und in Deutschland Hunderttausende.
Die Suche nach den Tätern, die in Wien zahllose Geschäfte devastiert und eine Million Schaden angerichtet haben, führt sehr schnell und direkt zu den Grünen. Das zeigt die genauere Analyse der Website www.nowkr.at, die zentrale Drehscheibe der devastierenden Aktionen gewesen ist. Und das jetzt noch den Tätern dankt und hofft, dass sie gut heimgekommen sind.
Diese Webseite hatte vorher unter anderem den Slogan „Unseren Hass den könnt ihr haben!“ ausgegeben und zu den Demonstrationen gegen den Akademikerball in Wien aufgerufen. Entgegen den gesetzlichen Pflichten gibt es zwar kein Impressum, aber dafür war die Formulierung zu lesen: „NOWKR.AT ist eine unabhängige Plattform für die radikale Linke, die über Gegenaktivitäten rund um den Wiener Akademikerball 2014 informiert und ist nicht mit den „Bürger/innen-Bündnissen“ der letzten Jahre zu verwechseln.“
Weiters stand dort: „Auch zur NOWKR Demonstration 2014 wird es wieder Busse aus verschiedenen Städten, wie bsp. Graz, Linz, Berlin, Bremen, Frankfurt, Göttingen oder Leipzig geben. Hier gibts die ersten Infos...“
Die gewalttätigen Ausschreitungen (Sachbeschädigung, Körperverletzung) gehen – zumindest teilweise – eindeutig auf diesen über diese Webseite organisierten Demonstrationstourismus zurück. Eine Domainabfrage liefert nun die Antwort darauf, wem die Website gehört:
Domaininhaber:
Organisationsname: Junge Gruene
Personenname: Junge Gruene
Strasse: Rooseveltplatz 4-5/Top 5
PLZ: 1090
Stadt: Wien
Land: AT
Personen Handle: JG9482235-NICAT
Das legt die zentrale Verantwortung eindeutig klar. Die "Jungen Grünen" haben sich mit den Gewalttätern des „Schwarzen Blocks“ aus Deutschland willentlich und wissentlich zusammengetan. Das heißt aber auch: Entweder diese „Jungen Grünen“ werden umgehend aus der Partei ausgeschlossen. Oder die Grünen sind direkt und voll verantwortlich für das, was in der Wiener Innenstadt passiert ist.
Sie sind damit genau dort angekommen, wo etliche Grüne gestartet haben: als Unterstützer gewalttätiger Krawallmacher. Damals wars halt der Opernball, jetzt ist es der Akademikerball. Der Unterschied ist nicht sehr groß.
Und wenn die Grünen nicht umgehend handeln, dann werden insbesondere in Wien alle mitverantwortlich, die mit solchen Grünen politisch kooperieren. Oder gar koalieren.
Da ich selbst noch nie bei einem der beiden genannten Bälle war (und mir in der Nacht auf Samstag nur auf den zahlreichen elektronischen Kanälen ein Bild zu machen versucht habe), interessiert vielleicht der Augenzeugenbericht eines alten Journalisten, der an diesem Abend im Stephansdom an der Seelenmesse für Fritz Molden teilgenommen hat.
„ . . . Dann beim Stock im Eisen Platz ist es richtig laut geworden, Knallkörper wie zu Silvester und Leuchtkörper sind herumgeflogen. Die Polizei war nur in Autos zu sehen. Je näher wir zum Riesentor kamen, desto dichter wurde der Rauch von irgendeinem Feuer. Es kam eine "Formation", die aussah, wie ich mir eine römische Phalanx vorstelle, im "Lauf- aber Gleichschritt", dicht aneinander gedrängt, umgeben von Transparenten und laut Parolen brüllend, die ich nicht verstanden habe. Die Türen am Riesentor waren zu, ein Ordner des Stephansdomes und ein Polizist haben zuerst das Gitter und dann die Tür aufgemacht. Gleichzeitig ist einer aus dem Zug gehuscht und hat Rauchbomben mit dem Ziel Stephanskirche geworfen. Es hat in den Augen gebrannt und man musste husten. Dann waren wir endlich drinnen. Den Lärm, vor allem die Knallkörper, Polizeisirenen etc. hat man natürlich auch während der Zeremonie – von Kardinal Schönborn gehalten – gehört, später dann laute Beatmusik. Schönborn wies darauf hin, dass Molden ein Widerstandskämpfer während des 2. Weltkrieges gewesen war, und dass das doch etwas anderes wäre als die Randalierer auf der Straße heute. Nach Ende der Messe haben wir den Dom durch einen bewachten Seiteneingang verlassen. Da war in dieser Gegend alles vorbei, die Mistwagen scheinen schon gefahren zu sein, es war nur noch verspritze Farbe auf der Straße. An anderen Stellen hats dann wieder angefangen.
Wütend war ich primär auf den randalierenden Mob: ich hatte mir gleich gedacht, dass es keine Österreicher gewesen sein können, dazu war die militärische Disziplin zu groß.
Nur froh bin ich, dass die Ballbesucher unbehelligt in die Hofburg gehen konnten.“
So weit die Schilderung eines Augenzeugen, die für sich spricht.
Nicht anschließen kann ich mich jenen Stimmen, die der Polizei Schuld an den Krawallen geben. Sie hat die von ihr erklärte Zone relativ erfolgreich geschützt. Aber es ist völlig unmöglich, jedes Geschäft, jede Straße in Wien a priori zu schützen, wenn Hunderte gewaltbereite Menschen Krawall machen und Schäden anrichten wollen. Und dann schon gar nicht, wenn sie unter Tausenden anderen offensichtlich naiven Sympathisanten Unterschlupf finden.
Das geht schon normal nicht. Und dann überhaupt nicht, wenn (zumindest) eine der Wiener Regierungsparteien sie so offensichtlich unterstützt. Die Innenministerin hat richtige Worte gefunden. Aber ansonsten ist das Schweigen vom Bundespräsidenten bis zum Vizekanzler beklemmend. Immerhin hat es seit Jahren so etwas in Österreich nicht gegeben.
Das was jetzt ganz entscheidend aktiv werden muss, sind die Staatsanwaltschaft und die Gerichte. Immerhin sind 15 Täter festgenommen worden. Immerhin sind zahlreiche Anzeigen auf dem Weg.
PS: Menschlich das Übelste rund um die Anti-Ball-Inszenierung ist, dass auch einige Überlebende der NS-Verbrechen für die Aktionen missbraucht worden sind. Denn wer einst die Aktionen der SA und dann SS miterleben musste, der kann mit diesem Terror nichts gemein haben.
Über eine Million Euro Sachschaden, elf zerstörte Polizeiautos, zerschlagene Schaufensterscheiben, geschockte Touristen und mehrere verletzte Polizeibeamte. Gewaltbereite Linksextremisten haben gestern eine Spur der Verwüstung durch die Wiener Innenstadt gezogen. Als Vorwand für die internationale Krawallparty hat der Ball der FPÖ, der drittgrößten Parlamentspartei in Österreich, gedient. Das ist die eine Sicht der Dinge.
Eine ganz andere haben die Journalisten des öffentlich-rechtlichen Qualitätsradios Ö1. Im Morgenjournal nach der gewalttätigen Randale in der Wiener City stellt die Moderatorin gleich vorweg in den Schlagzeilen fest, dass es sich um „relativ“ heftige Proteste gehandelt habe. Nun mag es sein, dass für die Spitzenverdiener im ORF über eine Million Euro Sachschaden „relativ“ wenig ist, für den durchschnittlichen Steuerzahler ist das jedenfalls kein Bagatellbetrag. In dieser Tonart geht es fröhlich weiter. In der Anmoderation des entsprechenden Beitrags ist von den erwarteten Protesten die Rede, „gilt der Ball doch als Versammlungsort Rechter aus ganz Europa“. Die FPÖ und die Rechte, so die „relativ“ eindeutige Botschaft, sind für die Krawalle verantwortlich. Man kann und darf in einer Demokratie gegen die FPÖ und ihre Politik demonstrieren, aber den Freiheitlichen die Krawalle, die Kosten für den Polizeieinsatz und die Sachschäden mehr oder weniger unverblümt in die Schuhe zu schieben, ist doch ziemlich perfide und zeugt vor allem von einer undemokratischen Gesinnung.
Dann berichtet Ö1 in der ersten Hälfte des Beitrags ausschließlich über die Polizei, über das Vermummungsverbot, über die polizeilichen Absperrungsmaßnahmen und über den Einsatz von Pfefferspray. Ein sichtlich entrüsteter Anarcho darf ins Ö1 Mikro jammern: „Die ham Pfefferspray gesprüht, wir wollten ihre (die der Polizei A.d.V.) Mauer durchbrechen (…)“ Na sowas aber auch, womit hat der junge Mann gerechnet? Mit Wattebällchen? Auch die Ö1-Reporterin hörbar empört. Sie berichtet mit bebender Stimme mitleidheischend über die durch Pfefferspray verletzten Demonstranten. Vielen von ihnen hatten rote Augen, erzählt sie den (hoffentlich geschockten) Ö1-Hörern. Da kommen nicht nur den Demonstranten die Tränen.
„Feuerwerkskörper und Pflastersteine(!) die in Richtung Polizei geflogen sind, haben diese Mittel notwendig gemacht, sagt Polizeisprecher (…)“ Ja, das sagt nicht Ö1, sondern nur die Polizei. Auch hier ist der Subtext „relativ“ eindeutig: Die tun eh nix, die wollten doch nur spielen, wenn da nicht die böse Polizei . . . . Nach mehreren Demonstranten darf dann endlich auch ein Exekutivbeamter etwas ins Ö1-Mikro sagen, man ist schließlich objektiv.
Trotzdem erfährt der Morgenjournal-Hörer nichts von der Höhe des Sachschadens, von verletzten Polizisten, über die extra aus Deutschland angereisten Krawalltouristen und auch nichts vom Angriff auf einen ORF-Wagen. Die Ö1-Reporter waren wohl auf einer anderen Demo als die Kollegen von der Tageszeitung „Die Presse“. Dort erfährt der Leser ganz andere Dinge: „(…) er gerät in Panik und ruft um Hilfe. Sofort springen andere Aktivisten auf den Bus zu, reißen die Tür auf und prügeln mit Gegenständen auf die Polizisten im Inneren ein. (…) Schwarz Vermummte reißen der Dame Kleidung vom Leib, bespucken sie und ihren Partner. (…)Ihre Parolen werden radikaler: Schlagt sie nieder, schlagt sie nieder!“
Also eh „relativ“ harmlos! Nichts jedenfalls, worüber es sich für das Qualitätsradio Ö1 zu berichten lohnt. Warum auch, sind doch Ö1-Journalisten und randalierende Linksextremisten ideologisch nicht besonders weit voneinander entfernt, „relativ“ gesehen natürlich.
Ö1 Morgenjournal 25.01,2014 (08:00):
http://oe1.orf.at/konsole?show=ondemand&track_id=361735&load_day=/programm/konsole/tag/20140125
Werner Reichel Ist Journalist und buchautor. Von ihm ist das Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute“ im Deutschen Wissenschafts-Verlag erschienen.
Keine Frage: Michael Spindelegger wirkt immer dann etwas besser, wenn er emotionaler wird. Am schlimmsten sind seine Auftritte ja stets dann, wenn er an der Seite seines Koalitionszwillings auf souverän und staatsmännisch zu machen versucht.
Irgendwie begreift der ÖVP-Obmann halt nicht, dass seine Wähler von ihm genau das Gegenteil von Händchenhalten mit der SPÖ erwarten. Sie sind im Gegensatz zur Regierung über vieles, das sich in Österreich und Europa abspielt, extrem besorgt.
Othmar Karas, der von der ÖVP – offenbar mangels besserer Alternativen – als EU-Spitzenkandidat aufgestellt wird, wird das zweifellos besonders zu spüren bekommen. Hauptsächlich wird er aber aus eigenem Verschulden ein Debakel erleiden. Denn seine Europabegeisterung klingt, als ob Karas in den Neunziger Jahren steckengeblieben wäre. Seither scheint er offenbar nichts mitbekommen zu haben: den eiskalten Bruch europäischer Verträge (No Bailout, Maastricht-Kriterien . . .); die hemmungslose Überregulierung durch die EU des 21. Jahrhunderts von den Glühbirnen und Duschköpfen bis hin zu dem gerade mit einer weiteren Richtlinie vorbereiteten endgültigen Gleichheits-Zwang, der die EU endgültig zum totalitären Monster machen wird.
Im Gegenteil. Karas ist bei all dem immer eifriger Mittäter.
Der intelligentere neue Außenminister Kurz hingegen scheint die gewaltig gewachsene EU-Skepsis zu spüren. Er hat jedenfalls im Gegensatz zu Karas schon einige distanzierende Vokabel über die EU gefunden. Ähnliche EU-kritische Töne waren auch schon von Reinhold Lopatka zu hören gewesen.
Aber jetzt ist halt Karas mit seiner undifferenzierten EU-Begeisterung dran. Offenbar hat die ÖVP diese Wahlen schon völlig abgeschrieben.
Spindelegger selbst hat sich angesichts der hirnarmen Revolte von vier kleineren Bundesländern erstmals ein wenig auf die Beine gestellt und kantigeres Profil gezeigt. Das steht ihm besser als seine sonstige Möchtegern-Souveränität. Er hat da vor allem deshalb Erfolg, weil sich diese Bundesländer-Parteien ja mit besonders absurden Positionen exponiert haben. Diese kommen allesamt bei den Wählern besonders schlecht an (von der Zwangsgesamtschule bis zu Vermögenssteuern), nur bei den linksliberalen Medien.
Während die Bundes-ÖVP in diesen Fragen und damit auch in der Auseinandersetzung mit den aufbegehrenden Bundesländern also gut liegt, ist es ihr „gelungen“, sowohl Wirtschaftsliberale wie auch Konservative frontal zu provozieren. Das aber wird in der ÖVP erstaunlicherweise viel weniger diskutiert. Obwohl es ein geradezu historischer Fehler ist.
Zum einen sind alle wirtschaftlich Denkenden wegen der unfassbaren Ideen tief verärgert, die ausgerechnet Spindelegger selbst in Begutachtung geschickt hat: Das sind neue steuerliche Lasten für Unternehmen und das ist eine deutliche höhere Hürde bei der Neugründung einer GmbH. Niemand kann verstehen, wie das jemand aussenden kann, der mit dem Ruf nach „Entfesselung!“ in die Wahlen gezogen ist. Inzwischen hat sogar der Alt-68er Christoph Leitl mitgekriegt, dass das bei Unternehmern extrem schlecht ankommt. Steuererhöhungen sind in Zeiten besonders unsinnig, wo selbst die sozialistischen Regierungen Europas von Frankreich bis Italien die Unternehmen spürbar zu entlasten begonnen haben.
Aber auch die Konservativen sind sehr zornig auf die ÖVP. Der jüngste Anlass war die völlig unkritische Reaktion zweier VP-Minister auf den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat lesbischen Paaren die künstliche Befruchtung zugebilligt, ohne dabei auch nur eine Sekunde die Interessen der Kinder zu prüfen. Eine sich ihrer Werte bewusste ÖVP hätte zweifellos ein Verfassungsgesetz zumindest vorgeschlagen, das den VfGH überstimmt. Statt dessen geben sich sowohl die neue Familienministerin wie auch der neue Justizminister total begeistert über den VfGH und trotten ihm hinten nach.
Gewiss: Die SPÖ hätte sich sicher auf die Seite der homosexuellen Paare gestellt und dem Verfassungsgesetz nicht zugestimmt. Aber der Versuch wäre der ÖVP gut angestanden. Er wäre ein wichtiges Signal gewesen. In anderen Fragen sind für diese Regierung ja Höchstgerichte auch nicht sakrosankt. Denn gerade in diesen Tagen überstimmt die Koalition parlamentarisch in Sachen Raucher-Nichtraucher ein anderes seltsames Höchstgerichtsurteil. Oder sind in der ÖVP nur noch die (an sich ja total legitimen) Interessen der Kaffeehausbesitzer relevant?
Jedenfalls hat die ÖVP sowohl Konservative (ob katholisch oder nicht) wie auch Unternehmer heftig verschreckt. Daran ändert die Tatsache nichts, dass Spindelegger in der Auseinandersetzung mit den Bundesländer-Parteien punkten konnte.
Zweimal hat der ÖVP-Obmann mit seiner „Bundesländer-Rede“ vor dem ÖVP-Klub den Zuhörer aber dennoch verzweifelt auflachen lassen. Das erste Mal passierte das, als Spindelegger die im Eiltempo durchgepeitschten Steuerhöhungen mit dem Argument verteidigte: „Strukturreformen wirken erst später.“ Der Satz ist zwar richtig. Nur: Die Österreicher hören ihn schon seit 30 Jahren. Und nie ist mit wirklichen Strukturreformen begonnen worden. Daher können sie logischerweise auch nie zu wirken beginnen. Auch heute sind keinerlei Strukturreformen begonnen worden. Weder kurzfristige noch langfristige.
Genauso zynisch stimmt Spindeleggers Behauptung, dass so etwas wie die Hypo-Pleite in Österreich nie wieder passieren dürfe. Das hätten wir wohl alle gern, hochverehrter Herr Finanzminister. Nur gibt es auch heute keinerlei Garantie dagegen. Denn der Bund – vom Steuerzahler gar nicht zu reden – weiß auch heute noch nicht, welche Haftungen andere Bundesländer, Gemeinden und ausgegliederte Teile der Verwaltung überhaupt eingegangen sind! So wenig wie der Bund einst die horrenden Haftungen der Kärntner Landesregierung für die Hypo Alpe-Adria gewusst hat. Also kann jederzeit eine weitere Pleite passieren. Die – schwarzen wie roten – Bundesländer verhindern es nämlich weiterhin, dass endlich überall volle Transparenz und moderne Buchhaltungsregeln einkehren.
Zu Spindeleggers Glück muss man freilich derzeit über die SPÖ noch viel mehr lachen. Fordert sie doch allen Ernstes: Wohnen und Bauen muss billiger werden. Ausgerechnet die SPÖ.
So als ob es nicht vor allem das rote Wiener Rathaus gewesen wäre, das durch massive Gebührenerhöhungen die Wohnkosten in die Höhe getrieben hat. So als ob es nicht die Sozialdemokraten wären, die immer besonders heftig die Zuwanderung (und damit den Ansturm auf Wohnraum) gefördert haben. Und so als ob nicht gerade Sozialdemokraten die lautesten Verfechter des – über die Gratisgeldpolitik der EZB organisierten – Raubes an den Sparern wären.
Die Genossen müssen schon sehr naiv sein, wenn sie sich wirklich über die Auswirkungen dieses Raubes auf die Wohnkosten wundern sollten. Es ist doch eigentlich völlig klar, dass nun alle Sparer versuchen, ihr Geld in Wohnungen, Häusern und Grundstücken anzulegen. Was natürlich die Wohnkosten noch mehr in die Höhe treibt. Ich wette jede Summe, dass zumindest diese Ursache der Verteuerung des Wohnens sofort aufhören würde, sobald es für Anlagen wieder Zinsen gibt, die zumindest der Inflation entsprechen.
Drastischer hätte man es gar nicht zeigen können, wie sehr die österreichische Strafjustiz zu einem lächerlichen Papiertiger geworden ist (der höchstens gegen politische Gegner der Wiener Staatsanwälte Ernst macht).
Diese Lächerlichkeit wird durch die vehementen Proteste der Glücksspielbranche gegen einen bisher unbeachteten Punkt der jüngsten Regierungsbeschlüsse offenkundig: Die offenbar häufig illegal agierende Branche kämpft gegen das Vorhaben, illegales Glücksspiel künftig nicht mehr gerichtlich zu bestrafen.
Richtig gelesen. Die Täter wollen von der Strafjustiz bedient werden und nicht etwa von Verwaltungsbehörden. Dies aber droht ihnen jetzt.
Die Erfahrung zeigt ihnen nämlich, dass Verwaltungsstrafen (auch durch die Aufsummierung von Delikten) viel ernsthafter sind, obwohl die Verwaltung nach dem Bau der gesamten Rechtsordnung eigentlich nur bei Bagatelldelikten für die Bestrafung zuständig ist. Aber in der Strafjustiz werden Verfahren oft eingestellt, oder jahrelang verschlampt, oder Täter landen in der meist völlig schmerzfreien Diversion, oder es kommt höchstens zu einer symbolischen bedingten Verurteilung. Sozialistisch-humanitäres Strafrecht halt (das freilich auch blaue und schwarze Minister nicht zu ändern versucht haben), nach dem jetzt Täter sogar ausdrücklich verlangen . . .
Apropos lächerliche Strafjustiz: Man hatte im Vorjahr und auch im Jahr davor viel von Strafanzeigen gegen die brutalen linksradikalen Gewalttäter gehört, die sich ja neuerdings regelmäßig beim Akademiker- (beziehungsweise: WKR-) Ball austoben, so wie sie es früher beim Opernball getan haben. Genauer gesagt: Natürlich gab es nur Anzeigen gegen jene, die man erwischt hat. Täter waren es sowieso viel mehr.
Nur: In der Folge hat man nie mehr etwas davon gehört, dass es da dann auch jemals einen Prozess gegen diese Gewalttäter gegeben hätte. Da ist es kein Wunder, dass deutsche Kommunisten jetzt wieder autobusweise nach Wien kommen, um die Ösis zu verprügeln. Ist ja lustig. Und offensichtlich ohne Konsequenzen oder gar Anzeichen einer Generalprävention. Ernste Strafen drohen nur Betreibern von illegalen Glücksspielautomaten. Und die kommunistischen Gewalttäter bekommen von etlichen Medien wie dem ORF auch noch Schützenhilfe, indem sie einen Ball einen völlig legalen Partei dämonisieren.
Im Gegensatz zum Vorjahr muss man der Polizei ein großes Kompliment machen: Sie hat – zumindest allem bisherigen Anschein nach – die Herausforderungen der linken Gewalttäter während des Balls der FPÖ recht souverän bewältigt.
Dennoch sind viele Sachbeschädigungen und Verletzte zu bilanzieren. Die Versuche vieler Medien, den Ball der FPÖ zum eigentlichen Täter zu machen, sind angesichts der Exzesse der Linksradikalen ziemlich lächerlich gescheitert. Eigentlich müssten jetzt viele Medien selbstkritische Gewissenserforschung betreiben, weil sie die Eskalation mit herbeigeführt haben. Eigentlich müssten sämtliche erwischten Gewalttäter auf die Anklagebank, schlicht weil sie die Gesetze gebrochen haben. Aber beides wird wohl auch heuer nicht geschehen. Dazu sind die Medien und die Wiener Staatsanwälte viel zu einseitig. Aber immerhin hat die Innenministerin den im Vorjahr so peinlichen Wiener Polizeipräsidenten offensichtlich ruhiggestellt. Daher hat der kritische Einsatz funktioniert. Jetzt müsste endlich auch der Justizminister die Untätigkeit der Staatsanwälte stärker thematisieren.
PS: Die größte Gewissenserforschung wäre aber bei den Grünen fällig. Sie sind wieder dort gelandet, wo sie entstanden sind: im Dunstkreis von Anti-Ball-Gewalttätern. Der einzige Unterschied: Früher galt ihre dumpfe Aggression dem Opernball, jetzt halt dem FPÖ-Ball. Und ausgerechnet diese Grünen versuchen sich am andern Tag wieder als Moralapostel zu geben . . .
Wolfgang Kulterer ist ein gebrochener Mann. Er wird auf Jahre hinter Gefängnismauern verschwinden. Es scheint zwar unbestritten, dass er nie etwas für sich selbst genommen hat. Trotzdem steht die – neuerliche – Verurteilung des Mannes zu Recht außer Diskussion. Sein schriftliches Geständnis war nur noch der Abschluss einer persönlichen Tragödie. Was aber noch viel gravierender ist: Selten ist die Dramatik der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft und der einseitige Missbrauch der Macht so offenkundig geworden.
In der Hypo ist mehr aufgebrochen als nur ein System Kulterer. Auf der Anklagebank müssen genauso die politischen Systeme aus Kärnten, Bayern und Österreich sitzen. Alle drei haben dazu beigetragen, dass der Schaden durch die Bank immer noch größer wurde.
Angefangen hat es in Kärnten. Kulterer hat vor ein paar Tagen in einem privaten Gespräch zugegeben, dass er als Bankchef dem ständigen Drängen der Großmannssucht und des politischen Balzgehabes des Jörg Haider immer wieder sträflich nachgegeben hat. Haider hat die Bank offenbar für sein Privatvermögen gehalten. Er hat geglaubt, über ein großes internationales Geldinstitut zu kommandieren. Dessen Tätigkeit ihm politisch nützlich sein sollte. Und Kulterer hat gehorcht.
Da in Osteuropa aber schon lange vorher andere (meist ebenfalls österreichische) Geldinstitute aktiv geworden waren, blieb für die Hypo nur das besonders riskante Geschäft vor allem auf dem Balkan. Ohne allzu sehr Vorurteilen nachhängen zu wollen, so kann man wohl schon sagen, dass in Südosteuropa der Hang zu – nennen wir es höflich: Luftgeschäften besonders groß ist. In Polen, Tschechien, der Slowakei oder den baltischen Staaten verhalten sich Geschäftspartner im Schnitt jedenfalls korrekter als jene auf dem Balkan (Gauner gibt’s überall). Eine Zeitlang konnte man auch Ungarn zum korrekten Teil der Reformstaaten rechnen. (Das ist heute wohl nicht mehr möglich, seit dort sehr gezielt gegen Ausländer vorgegangen wird.)
Gewiss würgen auch andere heimische Banken an osteuropäischen Investitionen. Aber sie haben offensichtlich doch ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein gezeigt. Privatwirtschaftliche Banken in Deutschland wie Österreich haben sich nachweislich deutlich vernünftiger verhalten als jene im Eigentum von politisch regierten Körperschaften. Sie taten das offensichtlich schon deshalb, weil sie rein bilanzorientert handeln, weil sie nicht von politischen Interessen oder auch vom Größenwahn eines Landeshauptmanns zusätzlich angetrieben werden. Obwohl sie gleichzeitig auch noch eine ordentliche Bilanz präsentieren sollten.
Jedenfalls hat in der Epoche von Jörg Haider die Hypo Alpe-Adria sehr riskant agiert. Und Kulterer ließ sich letztlich immer unter Druck setzen. Obwohl er oft Nein sagen hätte müssen, tat er das, was etwa auch bei der Bawag viele getan haben: Sie haben ständig dem Big Boss zugestimmt (ob sie innerlich dagegen waren oder nicht, ist schon egal). Sonst wären sie ja bald ihren Posten los gewesen. Und an dem hing ja de facto ihre ganze soziale und persönliche Existenz. Ein Mann ist offenbar nur durch seinen Beruf etwas wert.
Was bei Kulterer besonders handgreiflich ist: Denn er wurde jetzt – nach Jahrzehnten der Ehe – nicht nur vom Glück, sondern auch noch von seiner Frau verlassen.
Der Hypo ging es nach ihm aber nicht besser. Es folgte bald der Wechsel ins bayrische Eigentum, wo die Luftgeschäfte munter weitergingen. Die Bayrische Landesbank und die dahinter stehende Landesregierung glaubten, ähnlich wie das schon zuvor Kärnten versucht hatte, mit Brachialgewalt den Balkan-Bankenmarkt erobern zu können. Aber sie kamen naturgemäß noch mehr verspätet, als es ohnedies schon die Kärntner waren. Und sie kannten naturgemäß noch weniger den Balkan und ließen sich daher naturgemäß reihenweise in dubiose Geschäfte mit dubiosen Partnern ein.
Bis dann die Krise kam und die Hypo naturgemäß krachte. Sie wurde von den Bayern sofort mit spitzen Fingern an die österreichische Regierung abgeschoben. Und die war so blöd, sich die schwer marode Bank andrehen zu lassen. „Man kann doch Kärnten nicht in Konkurs gehen lassen“, sagte mir damals der amtierende Finanzminister Pröll, als ich meinte, für insolvente Unternehmen gebe es eine logische Folge: eben die Insolvenz.
Dabei müsste bei der von der Regierung bis heute abgelehnten Insolvenz eben auch Bayern seine Forderungen an die Hypo abschreiben. Ebenso wie Raiffeisen und viele andere. Und in Kärnten könnte man nicht mehr alles auf Haider abschieben. Das würde dem Steuerzahler sehr nützen. Aber da die Regierung kein großes Aufsehen will, wird dieser halt in den nächsten Jahren noch viel mehr bluten müssen.
Genauso teuer kommt uns die dritte Periode der Hypo: die der Verstaatlichung. Nach dieser wurden dort keine riskanten Geschäfte mehr gemacht, sondern der – neuerlich – politische Eigentümer sorgte für das Gegenteil: für völlige Lähmung. Mehr als drei Jahre geschah im Grunde nichts mehr. In der Bank hielt sich jeder bedeckt. Solange nur jeden Monat ein Gehalt bezahlt wurde. Wofür, blieb und bleibt freilich eher unklar.
Kulterer hat Gesetze gebrochen, kein Zweifel. Und er ist dafür zu bestrafen. Nur macht es wahnsinnig zornig, dass die noch viel teureren Fehler der Nach-Kulterer-Zeit, dass die Verbrechen der Politik ganz offensichtlich ohne jede strafrechtliche Konsequenz bleiben. In Bayern, in Wien und in Kärnten. Überall bräuchte es eine politische – und eine strafrechtliche Aufarbeitung der Taten von Politikern, die Banken kontrollierten.
Auch in Kärnten. Denn Haider hat ja die Riesenhaftungen für die Hypo nicht allein beschlossen, sondern mit der ganzen Landesregierung. Also mit Rot und Schwarz. Und die damaligen Landesräte haben sich nicht alle in einer Alko-Fahrt selbst getötet.
Aber wenn man das ordentlich aufarbeiten würde, müsste man ja auch die Geschäfte vieler anderer Landesregierungen aufarbeiten. In Banken, in Stromfirmen oder in Flughäfen. Da kümmert sich die Justiz doch lieber um Meinungsdelikte . . .
PS: Weil wir die Bawag erwähnt haben: Auch dort kann die unbestreitbare Schuld des verurteilten Bawag-Generaldirektors Elsner überhaupt nichts daran ändern, dass noch mehr der eigentliche Hintermann zu bestrafen wäre. Also der damalige Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch. Dieser ist eindeutig der Hauptverantwortliche für den Schaden am Vermögen der Gewerkschaftsmitglieder. Er musste aber nie auf einer Anklagebank sitzen. Dorthin setzt man in Österreich ja offenbar nur die Elsners und Kulterers.
Vom ORF-Nachrichtensprecher zum SPÖ-Politiker. Keine ungewöhnliche Karriere. Eugen Freund ist nicht der erste Prominente, der vom Staatsfunk in die rote Parteizentrale wechselt. Der personelle Austausch zwischen Küniglberg und Löwelstraße ist seit jeher rege – in beide Richtungen. Eine schlechte alte österreichische Tradition.
Die Liste jener, die für die SPÖ und für den ORF tätig waren und sind, ist lang: Karl Amon, Josef Broukal, Heinrich Keller, Johannes Kunz, Andreas Rudas, Alexander Wrabetz, Gerhard Zeiler oder Helmut Zilk, um nur die bekanntesten Namen zu nennen.
Viele Jahre lang war auch das marode sozialistische Parteiblatt, die Arbeiterzeitung, ideologisches Ausbildungsstätte, Lehrredaktion und Kaderschmiede für den ORF. Von der AZ zum Staatsfunk wechselten etwa Ulrich Brunner, Hans Besenböck, Barbara Coudenhove-Kalergi, Fritz Dittlbacher, Robert Hochner, Franz Kreuzer, Peter Pelinka, Robert Wiesner oder Erich Sokol. Dieser muntere Personalaustausch hatte für den ORF, die SPÖ und nicht zuletzt für den betreffenden Journalisten viele Vorteile. Wer bei der Arbeiterzeitung gegen den Klassenfeind angeschrieben hat, der hat die richtige Gesinnung bereits unter Beweis gestellt. Wer will schon die Katze im Sack kaufen. Die SPÖ konnte und kann so sicher sein, dass die ORF-Berichterstattung stets in ihrem Sinne ist, weil ein Großteil ihrer Leute die ORF-Redaktionen besetzen. Und für die Redakteure hat es sich vor allem finanziell gelohnt.
Eine Win-Win-Win-Situation, außer für die Gebühren- und Steuerzahler. SPÖ und ORF sind eine perfekte Symbiose eingegangen: Linientreue Berichterstattung erfolgt im Tausch gegen Sonderrechte für den ORF und seine Mitarbeiter. Sie verdienen nach wie vor deutlich besser als ihre Kollegen im Privatrundfunk.
Ein „Erfolgsmodell“, das die Geschichte der Zweiten Republik maßgeblich geprägt hat. Die tendenziöse Berichterstattung hatte und hat großen Einfluss auf die Wahlergebnisse und die heimische Parteienlandschaft, zumal die SPÖ dem ORF bis zur Jahrtausendwende die private Rundfunkkonkurrenz erfolgreich vom Hals gehalten hat. In keinem anderen demokratischen Staat gab es so lange ein Rundfunkmonopol. Davon haben beide Seiten profitiert. Dass dieser medienpolitische Zustand menschrechtswidrig war, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 1993 festgestellt hat, hatte weder die SPÖ noch den ORF sonderlich gestört.
Die Zusammenarbeit zwischen ORF und SPÖ lief und läuft wie geschmiert, daran haben auch die privaten Sender nicht viel geändert. Man ist schließlich unter Freunden. SPÖ-Kritisches ist so gut wie nie im ORF zu sehen oder zu hören. Und wenn es doch mal passiert, dann laufen die Telefone zwischen Löwelstraße und Küniglberg heiß. In schlechter Erinnerung ist etwa jener Fall, als 1999 Fritz Dittlbacher auf Zuruf aus der SPÖ-Zentrale einen für Bundeskanzler Viktor Klima unangenehmen Beitrag kürzen lassen haben soll. Der Schere sollen genau jene acht Sekunden zum Opfer gefallen sein, in denen der ORF-Redakteur Jan Klima, den Sohn des Bundeskanzlers, in Zusammenhang mit der Euroteam-Affaire erwähnt hatte.
Solche Schwierigkeiten hat Freund der SPÖ nie bereitet. Er hat immer brav berichtet und nie irgendwelche Anflüge von Objektivität oder Unabhängigkeit gezeigt. Wer jahrelang so treue Dienste leistet, dem verzeiht man auch die immer wieder etwas holprigen Moderationen. Auch im neuen Job agiert Freund alles andere als souverän. Er stolpert von Fettnapf zu Fettnapf. Bisheriger Höhepunkt: Der EU-Spitzenkandidat der SPÖ weiß nicht, was ein heimischer Arbeiter so verdient. Im Profil-Interview schätzt er das durchschnittliche Gehalt auf 3.000 Euro, was um schlappe 1.000 Euro zu viel ist. Seine Unwissenheit versucht Freund durch Überheblichkeit zu kompensieren: „In Amerika werden mit Gesichtern wie meinem Autobusse plakatiert, um für den Fernsehsender zu werben. Sage ich in aller Bescheidenheit.“ Man staunt.
Ebenfalls amüsant und aufschlussreich ist jene Stelle im Profil-Interview, wo Freund so tut, als ob er ORF-Kollegin Barbara Karlich nicht kennen würde: „Wenn die (Sozialdemokraten) nur ein prominentes Fernsehgesicht wollen würden, hätten sie auch die – wie heißt die Burgenländerin, die diese Diskussionen am Nachmittag macht?“ Freund bedient sich dabei einer vor allem in Österreich sehr beliebten Strategie: Man definiert sich und seinen Status in der Gesellschaft nicht darüber was man weiß, liest oder macht, sondern darüber was man nicht weiß, liest oder macht. Das ist viel einfacher und bequemer.
Inhaltlich ist von Freund, außer Standardfloskeln und Worthülsen, bisher nicht viel gekommen. Das verlangt aber auch niemand, zumindest nicht in der SPÖ. Die Sozialdemokraten brauchen Freund ohnehin nur, um die Pensionisten für die EU-Wahl zu mobilisieren. Denn der durchschnittliche ZiB1-Seher hat seinen sechzigsten Geburtstag bereits lange hinter sich. Diese Zielgruppe sitzt noch brav jeden Tag um 19:30 vor dem Fernseher, für sie gehört der etwas steife Freund quasi zur Familie. Das soll sich bei der EU-Wahl für die SPÖ lohnen, so das nicht gerade schwer zu durchschauende Kalkül der roten Parteistrategen. Und es dürfte aufgehen. Laut einer Umfrage im Auftrag des Boulevardblattes Österreich können sich 61 Prozent der Pensionisten vorstellen, ihre Stimme Freund zu geben.
Darum ist es auch gut, dass der Neo-Politiker bisher fast ausschließlich über seinen neuen Job, seine Familie, seine Befindlichkeiten und seine Wohnung plaudert. So kann er weitere Peinlichkeiten vermeiden und sich ein ähnliches Schicksal wie Frank Stronach ersparen. Es ist deshalb auch folgerichtig, dass Spitzenkandidat Freund die SPÖ-Delegationsleitung in Brüssel nicht übernehmen möchte.
Doch Eugen Freund gehört zu einer aussterbenden Spezies. Die Zeiten, als man sein Gesicht nur lange genug in eine ORF-Kamera halten musste, um ein „Star“ zu werden, gehen langsam zu Ende. Der ORF verliert von Jahr zu Jahr Marktanteile an die private Konkurrenz. Auch das Image und die Glaubwürdigkeit sind schon etwas angekratzt. Vor allem bei den Jungen spielen der Staatsfunk im Allgemeinen und seine Informationssendungen im Besonderen praktisch keine Rolle mehr. Die Außenwirkung des ORF nimmt stetig ab. Damit wird er auch für die SPÖ zusehends unwichtiger und problematischer.
Die Jungen können via Staatsfunk nicht mehr erreicht und beeinflusst werden. Die SPÖ-Wahlergebnisse in dieser Zielgruppe zeigen deutlich, dass die Sozialdemokraten bisher noch keine funktionierende Alternative zu ihrem staatlichen Propagandainstrument gefunden haben. Auch für die Staatsfunker ist die Lage nicht einfach. Die symbiotische Beziehung zwischen ORF und SPÖ droht dank stetig sinkender Quoten in eine parasitäre zu kippen. Wenn der ineffiziente und teure ORF immer weniger Bürger (sprich Wähler) erreicht, dann wird er auch für die SPÖ zunehmend zur Belastung. Schließlich sind die hohen Rundfunkgebühren in der Bevölkerung nicht gerade populär. Der Erfolg von Eugen Freund bei der EU-Wahl ist deshalb auch für den ORF nicht ganz unwichtig.
Von Werner Reichel ist 2012 das Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute“ im Deutschen Wissenschafts-Verlag erschienen.
Von Stunde zu Stunde mehr Tote, Hunderte Verletzte: Das ist die Zwischenbilanz der „europäischen“ Großmacht Ukraine. Das Land brennt.
Manche werden da jetzt einwerfen: Der ukrainische Machthaber Janukowitsch sei doch immerhin gewählt worden (so wie übrigens auch die türkische und thailändische Regierung, gegen die ebenfalls heftig protestiert wird). Man könne doch nicht einfach der Straße die Macht geben. Und die Demonstrationen gegen die Abwendung der Ukraine von Europa und gegen seinen weitgehenden Anschluss an Russland und dessen Gas seien zuletzt sehr aggressiv geworden.
Das ist alles richtig, aber dennoch nur ein winziger Teil der Wahrheit.
Denn viel fundamentaler ist: Kein Land der Welt kann heute Demokratie noch so interpretieren, dass diese bloß alle vier oder fünf Jahre stattfindet, und dass dazwischen die an die Macht gekommenen Politiker alles tun und lassen können, was sie wollen. Den Menschen der Ukraine über Nacht und auf Dauer die europäische Perspektive zu stehlen, ist massiv undemokratisch. Dazu sind sie nie befragt worden. Auch nicht einmal indirekt.
Genauso wichtig: Zu einer Demokratie gehört ebenso und völlig unabdingbar noch etwas anderes. Das ist eine wirklich freie und unpolitische Justiz. Das Vorhandensein eines Rechtsstaats ist zweifellos viel wichtiger als jede Debatte über Wahlrechtsvarianten. Eine unabhängige Justiz würde nicht auf Befehl des Präsidentenamtes unter Verwendung halbseidener Vorwürfe Oppositionspolitiker auf Jahre ins Gefängnis werfen. Auch der dringend notwendige Kampf gegen die Korruption kann nicht bedeuten, dass es diese immer nur unter früheren Regierungen gegeben hat. Eine wirklich unabhängige Justiz müsste es vor allem wagen, gegen amtierende Nehmer vorzugehen. Das ist aber in der Ukraine noch nie passiert (während übrigens sowohl die türkische wie auch die rumänische Justiz trotz heftiger politischer Repressalien erstaunlichen Mut im Kampf gegen korrupte Politiker zeigen).
Herr Janukowitsch kann sich zwar auf die Macht seiner Polizeiwaffen stützen – und auch das vielleicht nicht auf Dauer –, aber er kann sich niemals mehr auf das Prinzip Demokratie berufen.
Noch etwas politisch ganz Unkorrektes sei hinzugefügt: Wenn die Dinge weiter eskalieren, dann wäre wohl eine Teilung des Landes viel humaner, weiser und anständiger als monate- und jahrelanges Blutvergießen. Der Westen der Ukraine (übrigens zum Teil altes k. und k.-Gebiet) will dringend nach Europa. Der Osten wird von Russen dominiert, die stark nach Moskau blicken.
Lasst sie doch dorthin gehen! Alles ist besser als eine ständige Eskalation des Blutvergießens, des Zorns und Frustes. Von der Tschechoslowakei bis Jugoslawien haben wir gelernt, dass Teilungen tatsächlich viele Probleme lösen können. Politiker, die das auf friedlichem Weg schaffen, haben jedenfalls historische Verdienste errungen.
Eugen Freund war immer schon der typische SPÖ-Exponent, der in einer eitlen Privilegienwolke lebend linke Wortblasen ausstößt, aber keinerlei Tiefgang oder gar Wissensbasis hat. Daher ist die jetzige Aufregung um ihn leicht übertrieben – zumindest bei all jenen, die diese Privilegien an sich nie thematisieren. Was einen wirklich zornig macht, ist etwas ganz anderes: Freund ruft nämlich das ganze Ärgernis in Erinnerung, das der Moloch ORF darstellt (und einige ähnliche Staatsinstitutionen). Das in Zeiten wie diesen absolut unakzeptabel ist.
Herr Freund hat keine Ahnung, was ein Durchschnittsösterreicher verdient. Diese Enthüllung durch ein Interview sollte eigentlich niemanden überraschen. Denn die altlinke Kreisky-Schickeria war in Wahrheit seit jeher weit weg von der Realität der Menschen, ungefähr so weit wie der Mond von der Erde. Freunds peinliche Interviews zeigen eigentlich etwas ganz anderes: Die Diskrepanz zwischen jenen Quereinsteigern, die noch auf Fragen zu antworten versuchen (selbst wenn sie über die gefragte Materie nicht Bescheid wissen), und jenen, die prinzipiell gestellte Fragen nicht beantworten, also Politiker. Aber jede Wette: Freund wird auch diesen letzten Schritt zum durchschnittlichen Politiker hin machen.
Viel peinlicher sind die Schaltkreise in seinem Kopf: Darauf hingewiesen, dass er mit seiner Einkommens-Schätzung total falsch liegt, fällt ihm ausgerechnet die schwachsinnige Bemerkung ein, dass er dafür ja wohl nichts könne. Dümmer geht’s nimmer. Als ob ihn irgendjemand dafür verantwortlich machen würde.
Freund hat sich vor der Fernseh-Kamera immer gerne politisch korrekt über den Umgang mit „Flüchtlingen“ und sonstigen Objekten linken Gutmenschentums erregt. Das gefiel der SPÖ offenbar. Aber das hat ja nun eigentlich nichts mit Intelligenz zu tun.
Frustrierend ist jedenfalls, dass noch nirgendwo die Suche nach den Europa-Vorstellungen der SPÖ und eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesen stattgefunden haben. Offenbar können – oder wollen die Medien das nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie ja selbst fast alle total EU-begeistert sind (wofür sie brav aus diversen öffentlichen Töpfen belohnt werden). Und da passt Freund perfekt dazu. Nur die Österreicher selbst sind halt von Tag zu Tag weniger von der EU-Regulierungswut begeistert.
Zum zweiten Freund-Thema, seinen Bezügen beim ORF: Ganz eindeutig hat der Mann keinen einzigen Cent bekommen, der ihm nicht zustehen würde. Das ist alles rechtens. Die wirkliche Sauerei ist nur, dass das alles rechtens ist. Dabei geht es nämlich nicht nur um die an sich hohen ORF-Gehälter. Dabei geht es vor allem um die provozierende Tatsache, dass ORF-Menschen sowohl eine hohe Abfertigung wie auch eine saftige Betriebspension (als Einmalzahlung oder Leibrente) bekommen. Zusätzlich zur ASVG-Pension.
Und dieser ORF wagt es, ständig zu verlangen, dass er über die Gebühren hinaus auch noch direkt aus Steuergeldern gefördert werden will. Dabei bekommt er ohnedies, wie sich jetzt herausgestellt hat, unter den diversen Tarnungen alljährlich mehr als 20 Millionen von den diversen Ministerien zugesteckt.
Glaubt da auch nur einer, dass Journalisten eines solchen Staatsfunks korrekt und objektiv berichten können? Dass sie irgendeine Ahnung vom wirklichen Leben der Österreicher, die außerhalb der politischen Klasse allesamt keinen Anspruch auf Firmenpension UND Abfertigung haben – haben können?
Da wirklich schon alle Wortspiele mit dem Namen des Herrn Freund gemacht sind, verzichte ich gerne darauf. Ich versuche ihn ernstzunehmen – für das, wofür er steht. Und das ist viel schlimmer als die Themen, die derzeit öffentlich diskutiert werden.
Extrem hochrangig besetzt war in dieser Woche der Wiener Kongress Com.sult – aus dem Ausland.
Da wimmelte es nur so von spannenden Namen wie Vaclav Klaus, Peer Steinbrück oder Bernd Lucke, dem Gründer der recht erfolgreich gestarteten (und von vielen Zuhörern bei Com.sult auch beklatschten) „Alternative für Deutschland“. Nur aus Österreich war niemand von Rang zu sehen. Selbst die wenigen Halbprominenten ließen sich dann auch noch vertreten. Eine Schande. Natürlich ist Com.sult trotz etlicher Anstrengungen nicht mit dem soeben in Davos beginnenden Weltwirtschaftsforum vergleichbar (mit Alpbach in seiner seit Jahren anhaltenden großkoalitionären Lähmung hingegen sehr wohl). Nur: In dem global ausgerichteten Davos lässt sich die österreichische Politik schon gar nicht sehen. Sie bleibt lieber in ihrem eigenen, tiefen Provinzialismus unter sich. Aber wahrscheinlich tut sie ja eh gut daran: Man stelle sich nur die Peinlichkeit vor, wenn ein Faymann neben einem Steinbrück, ein Spindelegger neben einem Klaus oder ein Strache neben einem Lucke auftreten müsste . . .
Banken sind so wie Energie-Unternehmen und Medien: Bei ihnen tut es einem Land viel mehr weh als in jeder anderen Branche, wenn das Eigentum ins Ausland wechselt. In diesen drei Branchen hat die Nationalität des Eigentums eine viel größere Bedeutung und mehr Folgewirkungen als in allen anderen. Auch wenn gewiss kein Ausländer diskriminiert werden darf und soll, macht es Sorge, wenn bei fast allen österreichischen Banken die Eigentumsrechte im Eilschritt ins Ausland gehen – und zwar nicht, weil irgendein Eigentümer aus besonderer Gier seine Aktien versilbert, sondern einzig wegen der konzentrierten Dummheit der Politik. Und wegen des ideologischem Hasses von Rot (und auch Blau) gegen alle Banken, obwohl diese das Herz jeder funktionierenden Wirtschaft sind.
Man erinnere sich: Creditanstalt, Länderbank, Zentralsparkasse, Bank Burgenland, Bawag, PSK. Das waren einst durchwegs und zur Gänze österreichische Banken. Sie haben das Land total beherrscht. Sie sind aber seither alle durch Politiker ganz oder teilweise gegen die Wand gefahren worden. Sie existieren heute großteils nicht einmal mehr unter ihrem alten Namen. Sie sind heute (ebenso wie andere kleinere Banken) in ausländischer Hand.
Keines der Nachfolgeinstitute ist heute noch österreichisch. Geschweige denn dass es so handeln würde. Auch die Bank Austria trotz des noch stolzen Namens nicht; sie wurde vom Wiener Rathaus an ein bayrisches Institut verkauft, und ging dann mit diesem wie auf dem Sklavenmarkt weiter an ein italienisches. Das Schicksal der Bank Austria ist schon weit enger mit dem Schicksal Italiens als mit dem Österreichs verbunden.
Da würde man denken, dass Österreich wenigstens die beiden letzten noch als österreichisch geltende Großbanken wie auch einige mittelgroßen Institute jetzt besonders pfleglich behandelt. Aber ganz im Gegenteil. Beim Raiffeisen-Spitzeninstitut ebenso wie bei der Erste Bank samt allen Sparkassen zerrinnt als Folge mehrerer politischer Maßnahmen der Aktienanteil des österreichischen Kernaktionärs wie der Inhalt einer Sanduhr. Mit offenbar unabwendbarer Stetigkeit. Da wie dort muss der einst sichere Großaktionär notgedrungen immer mehr Aktien verkaufen, um das Überleben zu sichern. Dabei waren das alles einmal rein österreichische Institute.
Es scheint bei beiden Großbanken nur noch eine Frage der Zeit zu sein: Dann werden Investoren im Ausland ihren gierigen Blick auf ein Institut oder beide werfen. Bei den Aktien im Streubesitz können sie sich ja ziemlich problemlos schrittweise bedienen, bis sie das Sagen haben. So ähnlich, wie es gerade jetzt ein Mexikaner mit Erfolg bei der Telekom Austria getan hat. Oder wie es die Lufthansa vor ein paar Jahren bei der AUA getan hat. Längst sind die Zeiten vorbei, wo – beispielsweise – die oberösterreichische Raiffeisen-Landesbank bei der Voest als Käufer entscheidender Aktienpakete einspringen konnte. Längst haben praktisch alle österreichischen Institute die für solche Aktionen nötige Luft verloren.
Dennoch hetzen Politik – Rotgrün an der Spitze –, Gewerkschaften und Freiheitliche ständig weiter gegen die Banken. Aber auch die ÖVP begreift deren Bedeutung nicht. Bankenhetze ist zwar populär, hat aber keinerlei ökonomisch nützliche Perspektive oder Strategie. Geschweige denn ein nationales Interesse. Kursgewinnsteuer, Bankensteuer, Transaktionssteuer, und ständig würgender werdende Regulierungen: All das wird öffentlich bejubelt, führt aber eben dazu, dass immer mehr Aktien verkauft werden müssen, damit diese Banken überleben können.
Während die Banken von der Politik unter Beifall von den Rängen ausgepresst werden wie eine Zitrone, war die Republik so blöd, sich die – teils durch Kärntner, teils durch bayrisches Verschulden total kaputte und schuldenschwere – Hypo Alpe-Adria andrehen zu lassen. Um diesen katastrophalen Fehler der Politik mit zu finanzieren, werden jetzt die anderen Banken besonders heftig ausgepresst. Diese haben dadurch noch weniger Österreichisch-bleib-Perspektive als früher (den großen Rest der Hypo-Fehlentscheidungen müssen wie immer die übrigen Steuerzahler brennen).
Dennoch wird weiterhin nicht gewagt, die Hypo endlich in Konkurs zu schicken, obwohl das Österreich viele Milliarden ersparen würde (weil dann ja auch Bayern sein in der Hypo steckendes Geld verliert). Aber offenbar fürchtet die Koalition, dass sie damit ihre vielen Hypo-Fehler eingestehen würde. Sie verschleppt daher den Konkurs weiter. Und sie ist nicht einmal bereit, den Banken eine Milderung der vielfältigen Folter anzubieten, damit ihr diese bei der Hypo vielleicht beistehen. Warum auch? Diese Regierung hat ja ohnedies die Steuerzahler als Geiseln. Und wer braucht schon österreichische Banken?
PS: Der ungarische Ministerpräsident Orban will offensichtlich alle im Land tätigen Banken – EU hin, EU her – wieder ins nationale Eigentum bringen. Ebenso übt die tschechische Notenbank üblen nationalen Druck auf Banken aus. Ebenso ist das Handeln der britischen Regierung in der EU stets vom Interesse der nationalen Banken geprägt. Umso schwerer verständlich ist, wie gezielt die offenbar nur von Ressentiments geprägte österreichische Bankenpolitik die noch vorhandenen Geldinstitute gezielt aus dem Land vertreibt.
Deflation droht, also ein Sinken aller Preise. Daher müssen die Zinsen leider gleich Null bleiben, trommeln nationale und europäische Zentralbanker.
Dabei beträgt in Österreich die offizielle Inflationsrate trotz Rückgangs noch immer zwei Prozent. Und die gefühlte (vor allem Lebensmittel und Energie) ist noch viel größer. Jetzt hat die österreichische Nationalbank eine überhaupt unglaubliche Zahl von amtswegen zugeben müssen: Von 2007 bis Mitte 2013 sind die Immobilienpreise um nicht weniger als 39 Prozent gestiegen, in Wien sogar um 80. In Worten: Achtzig. Aber all das bereitet der Nationalbank dennoch „keine Sorge“, wie sie sagt. Na super. Den Menschen, die eine Wohnung suchen, bereitet das nämlich sehr wohl große Sorge. Dennoch denkt die EZB nicht daran, den Sparern wieder Zinsen zu zahlen. Es ist auch klar warum: Höhere Zinsen müssten vor allem die völlig überschuldeten Staaten zahlen, die dann endgültig kollabieren würden. Daher halten die Parteigenossen der Regierungspolitiker in den Zentralbanken einfach weiterhin die Euro-Druckmaschinen in Gang. Tag und Nacht. Zum Nulltarif (für die ausgabensüchtigen Staaten). Als Raubzug (auf die Sparer, die sich nicht an Stelle des Sparbuchs ein Grundstück gekauft haben).
Die britische Tageszeitung „Independent“ steht vor dem Verkauf. Das erinnert lebhaft an die ÖVP.
Dem „Independent“ geht es sehr schlecht. Er hat kaum noch Leser. Das hängt mit seiner ideologischen Linie zusammen: Er ist linksliberal positioniert. Das ist zwar eine unter Journalisten sehr beliebte Position. Aber leider, leider nicht unter Lesern und Wählern. Dem – in rein journalistischer Hinsicht – durchaus akzeptabel gut gemachten „Independent“ hat zusätzlich die zeitweilige Übernahme durch einen russischen Oligarchen Glaubwürdigkeit gekostet.
Zwei andere Qualitätsblätter, der linke „Guardian“ und die rechte „Times“ in den Händen der oft sehr brutalen Murdoch-Gruppe überleben wenigstens halbwegs mit Hilfe von außen. In der Gruppe der englischen Qualitätszeitungen geht es nur dem deklariert konservativen „Daily Telegraph“ gut.
Ähnliche Muster lässt sich europaweit bei Zeitungen wie Parteien verfolgen. Europas Menschen rücken nach rechts, die Medien und etliche christdemokratische Parteien nach links – und in die Erfolglosigkeit. Weil sich die Leser entgegen dem Glauben der Journalisten freiwillig nicht umerziehen lassen. Wofür sie halt auch noch bezahlen sollten. Was sie nicht mehr tun.
Genau in diese selbstzerstörerische Richtung der Mainstream-Medien zielt aber auch der Ratschlag des Klubobmanns der steirischen Volkspartei: Die Bundes-Partei solle gesellschaftspolitisch noch mehr nach links rücken! Masochistischer geht’s nimmer. Denn linksliberal sind ja schon Rot, Grün und die Neos. Während die Menschen mehrheitlich rechts der Mitte stehen. Was soll da um Himmels willen noch für die ÖVP zu holen sein?
Aber natürlich: Genauso wie dem "Independent" steht es der ÖVP frei, sich selbst zu zerstören. Richtungsweisungen aus der Steiermark waren dabei ja immer besonders effizient. Man denke nur an die Parteichefs Riegler und Busek, die beide steirisch getragen waren und die beide mit großer Zielstrebigkeit die ÖVP nach links und unten gezogen haben. Nicht zu vergessen: Die steirische ÖVP, die jetzt so gute Ratschläge gibt, hat bei der letzten Nationalratswahl weit über dem nationalen ÖVP-Durchschnitt verloren. Das gibt schon eine besonders gute Legitimation . . .
61.189 Südtiroler haben an einem von der im Bozener Landhaus mit drei Abgeordneten vertretenen Partei „Süd-Tiroler Freiheit" initiierten Referendum unter dem Titel „Autonomie ist nicht genug – Wir wählen Freiheit" teilgenommen. Davon haben 56.395 – das sind 92,17 Prozent – für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts votiert. 4562 (7,4 Prozent) stimmten mit Nein, 163 Stimmzettel (0,26 Prozent) waren ungültig, 69 (0,11 Prozent) Wahlberechtigte gaben leere Stimmzettel ab.
Im Beisein von Vertretern der Unabhängigkeitsbewegungen aus Katalonien (Spanien) und Venetien (Italien) bekundete die STF-Führung, damit hätten Südtiroler der Politik einen klaren Auftrag erteilt. Erstmals in der Geschichte des nach dem Ersten Weltkrieg von Italien annektierten Teil Tirols sei die Bevölkerung zwischen Brenner und Salurner Klause in einem Referendum befragt worden, wie die Zukunft des Landes aussehen solle.
Niemand könne länger in Abrede stellen, dass „der Wille nach einer freien und selbstbestimmten Zukunft“ vorhanden sei. Man sei davon überzeugt, dass durch dieses Referendum „die Grundlage für die Abhaltung einer Volksabstimmung über die Zugehörigkeit zu Italien geschaffen wurde“. Südtirol habe sich „damit in den Zug der Freiheit gesetzt, den die Schotten und Katalanen angeschoben haben“. Zu danken sei allen, die sich „von Einschüchterungen nicht haben beeinflussen lassen, sondern ihrer demokratischen Grundhaltung gefolgt sind und am Referendum teilnahmen.“
Nassforsch, wie es seine Art zu sein scheint, sprach der neue Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher von einem „bescheidenen Ergebnis“ und wollte darin sogar „einen Schaden für Südtirol“ sehen. Und pflichtgemäß sekundierten ihm SVP-Parteichef Richard Theiner sowie Karl Zeller, einer der drei SVP- bzw. PD (Partito Democratico, die italienischen Sozialdemokraten)-Vertreter Südtirols im italienischen Senat. Der Jurist Zeller, den der verstorbene österreichische Völkerrechtler Felix Ermacora heute kaum mehr einen „Patrioten“ nennen würde wie einst, unkte: „In Rom kratzt dieses Ergebnis niemanden“.
Angesichts des Umstands, dass von den 400.958 Wahlberechtigten an Eisack und Etsch „nur“ 15,26 Prozent ihr Votum abgegeben und also „lediglich“ 14,06 Prozent für die Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts gestimmt haben, frohlockt die Führung der SVP. Mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln bis hin zur Aufforderung der Bevölkerung, den Probelauf zu boykottieren, hatte die seit 1948 im Lande regierende Mehrheitspartei die Initiative der oppositionellen STF zu hintertreiben versucht.
Doch die Freude der SVP-Granden beruht auf oberflächlicher Interpretation der Ergebnisse. Sieht man sich diese etwas näher an, so lassen sich daraus auch abweichende Schlüsse ziehen. Würden etwa die ethnischen Italiener Südtirols (laut Volkszählung 26,06 Prozent) herausgerechnet, denn man darf sie im Großen und Ganzen als Gegner der Selbstbestimmung ansehen, so verblieben 69,41 Prozent Angehörige der deutschen Sprachgruppe, und 4,53 Prozent Angehörige der ladinischen Sprachgruppe. In Summe hätten somit von 296.462 wahlberechtigten Deutsch-Österreichern und Ladinern Südtirols 20,63 Prozent ihr Votum abgegeben und 19,02 Prozent dafür gestimmt, dass ein Referendum über die Ausübung der Selbstbestimmung stattfinden soll.
Wem dies mit der Begründung, das Herausrechnen der Italiener sei unstatthaft, denn sollte es je zu einem derartigen Referendum kommen, müssten sie selbstverständlich daran teilnehmen, abwegig vorkommt, der möge stattdessen eine andere Vergleichsgröße ins Kalkül ziehen. Legt man nämlich die tatsächlichen, also für alle Parteien Südtirols – ohne weiße und ungültige – bei der Landtagswahl 2013 abgegebenen Stimmen, nämlich 287.010, als Vergleichsmaßstab zugrunde, so betrug die Referendumsbeteiligung 21,3 und die Selbstbestimmungsbefürwortung 19,64 Prozent, mithin ein knappes Fünftel (der tatsächlichen Wahlstimmen).
Das ist so schlecht nicht, wie es die SVP-Führung glauben machen möchte. Im Gegenteil: dass die kleine Partei „Süd-Tiroler Freiheit“ die Initiative ergriff, diesen Probelauf auf die Beine stellte und trotz enormen Gegenwinds so viele Menschen erreichte, ist beeindruckend. Denn bei der Landtagswahl vom 27. Oktober 2013 hatten „nur“ 20.743 Südtiroler für die STF gestimmt. Davon ausgehend gelang es der STF, die Zustimmung für das Selbstbestimmungsreferendum annähernd zu verdreifachen.
Die Südtiroler Freiheitlichen – sie gehören wie die STF und die Kleinpartei „Bürgerunion-Ladins Dolomites – Wir Südtiroler“ zu den politischen Kräften des „Los von Rom“ – hatten vor Beginn der STF-Initiative argumentiert, für die Abhaltung eines solchen Referendums benötige man eine „breitere Plattform“. Das hat sich unzweifelhaft bewahrheitet. Gleichwohl haben sie nicht zum Boykott aufgerufen, sondern sich „neutral“ verhalten. Sie reagierten damit anders als die SVP, deren führende Funktionäre sich offenbar mit der „ewigen Italianità“ unseligen Angedenkens an Mussolini sowie seinen Fälscher Tolomei und letztlich wohl mit dem Verbleib bei Italien abgefunden haben.
Zu Recht sagt daher die freiheitliche Obfrau Ulli Mair zum Ausgang des STF-Probelaufs: „Das ist schon eine bemerkenswerte Zahl, die Politik kann nun nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Bei einer anderen Vorgangweise wäre mehr drin gewesen“. Getrost darf man folglich die Landtagswahl-Ergebnisse der „Los-von-Rom-Parteien“ – STF 20.743 (7,2 Prozent); FPS 51.510 (17,9 Prozent); BU 6.065 (2,1 Prozent) – just in punkto Selbstbestimmung addieren, womit 78.318 potentielle Befürworter zusammenkommen.
Interessant ist auch, dass die Zahl der Befürworter einer Volksabstimmung zur Frage der Selbstbestimmung die Ergebnisse aller für italienische Parteien Südtirols (Partito Democratico; Forza Alto Adige – Lega Nord – Team Autonomia; MoVimento 5 Stelle; L’Alto Adige nel cuore; Unitalia; Scelta Civica per l’Alto Adige-Südtirol; La Destra; Rifondazione Comunista; Partito die Comunisti Italiani) abgegebenen Stimmen (52.367) ebenso übertrifft wie jene der „interethnischen“ Grünen-Verdi (25.070).
Letztere haben in anderen Zusammenhängen „die Hürde von 26.000 Unterschriften für die Abhaltung eines Referendums in Südtirol“ zu Recht als „zu hoch“ kritisiert. Beim STF-Probelauf haben mehr als doppelt so viele Wähler klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts wünschen. Ob sich die Landes-Grünen-Verdi als wahre Demokraten erweisen und dafür einsetzen, dass die Südtiroler selbst über ihre Zukunft befinden dürfen?
Wiewohl selbst Arnold Tribus, einer ihrer ehemaligen Abgeordneten, der jetzt die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ herausgibt, „Evas Erfolg“ rühmte und damit die Parteigründerin und „Grande Dame“ der STF, die Abgeordnete Eva Klotz meinte – Tochter des legendären Schützen-Majors und Freiheitskämpfers Georg („Jörg“) Klotz – darf man an der „basisdemokratischen Courage“ der Grün-Alternativen in dieser Frage zweifeln, denn „Interethnische“ plädieren eher für Vermischung denn für volkliche oder gar nationale Selbstbestimmungsmühen.
Sowohl SVP, als auch all jene, die das Ergebnis des STF-Probelaufs klein zu reden versuchen, sollte schließlich nachdenklich stimmen, dass die Beteiligung in der Altersgruppe zwischen 18 und 40 Jahren mit 17,16 Prozent am höchsten und in der Altersgruppe über 65 Jahren mit 12,3 Prozent am niedrigsten war. Darin steckt für die Kräfte, welche die Selbstbestimmung befürworten, zweifellos ein zukunftsfähiges Mobilisierungspotential, auf das gebaut werden kann.
Und zu guter Letzt ist ins Kalkül zu ziehen, dass die dem STF-„Referendum“ ferngebliebenen Südtiroler nicht zwingend als ausgemachte Gegner der Selbstbestimmung gelten dürfen: Belegt doch eine Erhebung des österreichischen Meinungsforschungsinstituts Karmasin vom Mai 2013, dass 54 Prozent der befragten Südtiroler ein „Los von Italien“ befürworten.
All diese Aspekte zusammengenommen verlangen eine ernsthafte parlamentarische Debatte über die Zukunft des südlichen Landesteils Tirols unter Einschluss der Selbstbestimmungsfrage – nicht allein in Bozen, sondern auch in Innsbruck und in Wien.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Da muss man Barbara Prammer einmal kräftig loben. Ein kluger Satz lässt viele Unsinnigkeiten vergessen.
Prammer schlägt nämlich vor, dass die marginalen Aufgaben des Bundesrats einfach an die Landtage übertragen werden. Dieser Wunsch der Nationalratspräsidentin ist doppelt sinnvoll. Einerseits würden damit sämtliche Ausgaben für den Bundesrat und seine Politiker wegfallen. Andererseits würden solcherart die ohnedies nicht ausgelasteten und daher um ihre Existenz bangenden Landtage wenigstens ein paar Aufgaben bekommen. Gewiss: Solche Vorschläge sind nicht neu. Aber noch nie sind sie von einem so hochrangigen Funktionär der Republik gemacht worden. Die Anregung wird zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit so wie alle früheren beerdigt werden, aber die hohen Kosten für Parlamentsneubau und diverse Zwischenlösungen sollten eigentlich doch ein exzellenter Anlass sein, sie ernster zu nehmen. Und zwar sehr rasch, weil eben die Übersiedlung ansteht. Die Herren Faymann und Spindelegger könnten so sogar zum ersten Mal in ihrem Leben eine sinnvolle Strukturreform beschließen. Das wär doch was!
Fast alle Indikatoren für die Wirtschaft deuten nach oben. Ist die Krise nach sechs Jahren also nun wirklich zu Ende, wie etwa der Nationalbankpräsident verkündet? Oder befinden wir uns, wie viele andere meinen, bloß im Auge des Sturms, in dem es kurzfristig besonders ruhig ist, bevor es erst richtig wieder losgeht? Da niemand die Zukunft wirklich kennt, klammern wir uns an die Aussagen der Optimisten (alles andere würde uns ja ohnedies depressiv machen). Aber dennoch darf man einige jetzt schon feststehende Fakten nicht verdrängen. Dazu gehört vor allem die Tatsache, wer eigentlich die Krise bezahlt.
Das sind ganz eindeutig nicht die Griechen, Italiener oder Portugiesen. Auch wenn uns rührselige Medienreportagen das weismachen wollen. Deren Einkommen sind zwar gesunken – aber nur um einen Teil jener Prozentsätze, um die sie im ersten Jahrzehnt weit über die deutsche Entwicklung hinaus er- und damit überhöht worden sind. Daher ist auch ein leichtes Zurücksinken der Preise in jenen Ländern noch alles andere als eine Deflation. Noch immer fährt man ja keineswegs so wie in Vor-Euro-Zeiten zum billigen Einkaufen nach Italien und Umgebung (sondern wegen Landschaft, Klima, historischen Attraktionen, gutem Essen oder netten Menschen).
Die Krise hat jemand ganz anderer bezahlt. Und bezahlt sie jeden Tag weiter. Das sind die Sparer. Das sind jene Menschen, die sich mit den Erträgnissen ihres Arbeitslebens ein komfortables Alter erarbeiten wollten. Deren Beraubung findet freilich kaum in rührseligen Medienreportagen Niederschlag.
Umso präziser hat sie Paul Kirchhof, der große deutsche Ökonom und Jurist, beim Namen genannt: „Eine Kernidee des Privateigentums ist abgeschafft.“ Kirchhof zeigt, dass das Rechtssystem instabil geworden ist. „Ein Fundament des Vertrauens ist zerstört.“ Einst war jedem Bürger als Grundrecht garantiert, dass ihm sein Finanzkapital jährlich einen Ertrag bringe. „Dieses Versprechen wird nicht mehr erfüllt.“ Kirchhof arbeitet vor allem eine Ursache dieser Enteignung heraus: Die EZB-Zinspolitik.
Dazu kommen die vielen Abgabenerhöhungen in Ländern wie Österreich. Dazu kommen die Raubzüge auf die Banken durch Transaktions- oder Bankensteuern. Dazu kommen die Attacken auf Anleger und Börsen wie etwa durch die Ausweitung der Kursgewinnsteuern.
Die Politik glaubt, solcherart die Krise widerstandslos zu überstehen. Der Raubzug durch steigende Steuern und die jährliche Entwertung von Sparanlagen geschieht heimlich und ohne Paukenschlag. Dieses Prinzip zieht sich derzeit durch die gesamte Wirtschaftspolitik. So wird ja auch bei der Hypo-Alpe-Adria anstelle der notwendigen Insolvenz, die den Österreichern viele Milliarden ersparen würde (insbesondere zu Lasten Bayerns), eine auf Jahrzehnte gehende Mega-Belastung der Österreicher vorgezogen.
Nur kein Paukenschlag! Dafür trifft es voll die Sparer und Steuerzahler.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Deutschland geht es gut. Das sollte die Deutschen wie auch die sehr von ihnen abhängigen Österreicher freuen. Freilich: Je mehr man sich den deutschen Koalitionsvertrag vertieft, umso mehr zweifelt man, ob es den Nachbarn auch dauerhaft gut gehen kann.
Dabei war Deutschland erst im vor kurzem durch die Folgen der Rosskur namens Agenda 2010 aus der Stagnation nach der Wiedervereinigung gerissen worden. Deren Kosten waren ja viel höher als anfangs prophezeit. Damals glaubte Helmut Kohl noch, die Aufnahme fünf neuer Bundesländer aus der „Portokassa“ der Bundesrepublik finanzieren zu können. Aber der Westen hat dann die neu aufgenommenen DDR-Bürger und vor allem deren Rentner extrem zuvorkommend behandelt. Das war dann viel zu teuer.
Auch heute scheint sich Deutschland ähnlichen Selbsttäuschungen hinzugeben. Denn kaum geht es ihm gut, explodiert die Kreativität der Politiker in Hinblick auf neue Ausgaben.
Schwarz und Rot sind sich etwa über die Fortsetzung der Hilfen für Europas Schuldnerländer einig. Sie ignorieren die damit verbundene Bedrohung der deutschen Stabilität. Gehen die deutschen Haftungen und Kredite doch in die Hunderte Milliarden (wahrscheinlich sogar über die Billionen-Grenze). Da sie nicht abgeschrieben werden, sind sie formal nicht schuldenwirksam. Die Forderungen werden wohl noch viele Jahrzehnte in den Büchern stehen. Auf die Zinsen vergisst man stillschweigend. So könnten die Schulden sanft an Bedeutung verlieren. Diese Hoffnung wird zumindest von manchen Ökonomen vertreten.
Selbst wenn ihre Hypothese richtig wäre, übersieht sie die größte Gefahr. Die heißt Frankreich. Das bisher völlig reformresistente Land ist die zweitgrößte Wirtschaft der EU. Es droht zu kollabieren, und dann werden wohl auch die internationalen Kreditgeber, also die von manchen so verteufelten „Märkte“, das Vertrauen verlieren, dass Deutschland & Co alles aushalten können. Zwar hat Präsident Hollande offenbar, wie seine jüngste Rede zeigt, endlich die dramatische Schieflage Frankreichs erkannt. Aber bisher ist noch keine einzige der von ihm angekündigten Reformmaßnahmen konkret oder gar umgesetzt. Und sowohl in Fraktion und Partei wie auch bei den Gewerkschaften ist noch viel Widerstand zu erwarten. Weshalb sich Deutschland noch nicht sehr auf die Erholung des großen Nachbarn verlassen sollte.
Denn zugleich hat sich die neue deutsche Regierung neue Wohlfahrts-Ausgaben ausgedacht. So bekommen etwa die (auch unter dem Ansturm ausländischer Sozialtouristen stöhnenden) Kommunen viel mehr Geld.
Das anschaulichste Beispiel sind die Pensionen. Da setzten die Sozialdemokraten (die unter Schröder noch das Verdienst einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters errungen haben) eine Hacklerregelung durch. Im Parallelzug beglücken CDU/CSU ältere Mütter mit höheren Pensionen. Damit zeigt sich auch in Deutschland der alte Reflex großer Koalitionen: Sobald die eine Seite in die Kassa greift, darf die andere ebenso.
Dafür wird die schon fix gewesene Beitragssenkung gestoppt. Das heißt: Statt Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entlasten, gibt man den Pensionisten mehr. Das mag wahltaktisch richtig sein. Das ist aber das Gegenteil dessen, was die ökonomische Vernunft sagt. Und es beweist, dass Politiker sofort wieder verschwenden, sobald es nur ein bisschen besser zu gehen scheint.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat eine Rede gehalten, die ungefähr zehnmal klüger ist als alles, was Heinz Fischer in seinem ganzen Leben bisher gesagt hat.
Gauck warnte (vor dem deutschen Eucken-Institut) vor zu viel staatlicher Regulierung. Er forderte mehr Wettbewerb. Die Menschen sollen mehr Eigeninitiative zeigen. Vorbehalten gegen die Marktwirtschaft müsse entgegengetreten werden. Immer dort, wo es zu wenig Wettbewerb gebe, gedeihe die Ungerechtigkeit. Und so weiter, und so fort. Kein Wunder, dass ein Land mit einem solchen Bundespräsidenten heute in fast allen Zukunftsrankings weit vor Österreich liegt. Dabei ist es noch 2006/07 weit hinter der Alpenrepublik gelegen.
PS: Herr Fischer, wenn Ihnen vielleicht nicht einfällt, wo Sie eine solche Rede halten sollen: Dann steht Ihnen sicher dafür das Wiener Hayek-Institut zur Verfügung. Hayek hat ja die wohl weisesten Bücher des 20. Jahrhunderts geschrieben, war überdies ein Österreicher und hat noch dazu den Nobelpreis bekommen.
Die Positionierung eines Sprechers im ORF kann strategischer Natur sein. Die Partei benötigt den Schläfer nicht aktuell, sondern erst bei einer entsprechenden Konstellation.
Immer erfolgt der Einsatz auf speziellen Befehl. Wer aber war es?
© LUTZ Cartoons
Der zweimalige Staatspreisträger für Werbung & Marketing verpackt nun, nach 35 Jahren Kampagnenshooting, seine Botschaften in Cartoons. Gezeichneter Humor als treffende Antwort und listige Notwehr dem Alltag gegenüber. „Für mich auch Hilfe um halbwegs unversehrt an Gemüt und Seele durch Bad News zu kommen“ meint er dazu. Als Golfer, Jäger und Gourmet entstehen aber auch witzige Cartoons für diese Zielgruppen. Nach ihren Wünschen lässt Lutz Nowotny Bilder mit Pointen, auch als Geschenke, entstehen.
Und so simpel geht das! Danke EU! Eigentlich ist nur schade, dass wir da nicht früher draufgekommen sind.
Die EU hat einfach die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts geändert. Dadurch werden alle EU-Staaten im Schnitt mit einem Schlag um immerhin 2,4 Prozent reicher. Das ist eine Wohlstandsvermehrung, die sonst Jahre dauern würde. Diese Vermehrung wird mit Sicherheit von der Politik künftig oft herangezogen werden, um zu beweisen, wie es uns doch (natürlich: dank der Politik) besser ginge. Wie das geht? Nun, die EU berechnet plötzlich sämtliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung als Investition. Selbst wenn sie nie auch nur einen Euro Ertrag bringen. Und noch schöner: Auch Rüstungsausgaben gelten neuerdings als Investitionen. Wer hätte das gedacht! Die EU macht‘s möglich. Champagner! Feiern!
Hat auch nur ein einziger Österreicher in den letzten Tagen einen Protest des Wirtschaftsministers gehört? Gegen die absurden Belastungen der Wirtschaft durch die Koalition, wie es etwa die Abschaffung des Gewinnfreibetrags ab 30.000 Euro Gewinn ist oder das weitgehende Ende der einst jahrelang von der Wirtschaft geforderten GmbH light? Gab es zumindest hinhaltenden Widerstand des Ministers gegen solche Belastungen?
Nein, mit Sicherheit nicht. Herr Mitterlehner steht vielmehr immer an der Spitze, wenn es um Belastungen der Wirtschaft geht und damit um eine Vergrößerung der Arbeitslosigkeit. Der Mann ist einfach fehl am Platz. Und sollte diesen schleunigst räumen.
Mitterlehner war vor kurzem auch einer von acht europäischen Ministern, die sich in einem gemeinsamen Brief stark gemacht haben für noch schärfere Kyoto-Vorgaben. Während hingegen die EU-Kommission selbst (zum Glück) eine Milderung dieser arbeitsplatzvernichtenden Regeln beabsichtigt. Man könnte ja noch irgendwie verstehen, wenn ein Umweltminister solche teuren Regeln ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Verluste verlangt (wenngleich es auch auf dessen Briefpapier eine schädliche und damit dumme Idee wäre). Aber bei einem Wirtschaftsminister sind solche Vorschläge nur noch absurd.
Mitterlehner hat voller Regulierungswut auch mehrfach Preisregelungen eingeführt statt abgeschafft. Er war begeistert dabei, wenn Steuerzahlergeld leichtfertig für die Subvention von Autoankäufen verschleudert wurde („Verschrottungsprämie“). Und so weiter.
Völlig fassungslos macht aber vor allem der allerjüngste Vorstoß des Herrn: Er äußerte als erstes Regierungsmitglied die Wahnsinnsidee, Firmen zu zwingen, Lehrlinge einzustellen. Zwingen! Seiner Meinung nach gebe es nämlich 10.000 Firmen, die Lehrlinge einstellen könnten, es aber nicht tun. So hat er es zumindest im Radio begründet. Wo auch immer Mitterlehner diese Weisheit hernimmt.
Daher hält er neben der jetzt von der Regierung beschlossenen Ausbildungspflicht auch eine Einstellungspflicht denkbar, die den Unternehmen auferlegt werde: "Auch diese Diskussion wird sich möglicherweise stellen, wenn es nicht funktionieren sollte.“
Diesem ÖVP(!)-Minister ist offenbar seine Busenfreundschaft mit dem Altgewerkschafter Hundstorfer, dem man solche Ideen zutrauen kann, wichtiger als jeder Hauch von Marktwirtschaft. Es ist ja eigentlich unvorstellbar, dass Mitterlehner noch nie die Berichte zahlloser Betriebe gehört hätte, die seit Jahren verzweifelt halbwegs verwendbare Lehrlinge suchen.
Sie verlangen von diesen ohnedies nur noch Minimales: Rechnen im Zahlenraum bis Zehn. Grüßen, wenn man in ein Zimmer kommt. Aufschriften zumindest im wesentlichen Sinn lesen können. Halbwegs pünktliches Erscheinen am Morgen. Fähigkeiten, die eigentlich schon in der ersten Volksschulkasse vermittelt werden sollten.
Jedem, der das kann, dem wird heute der Rote Teppich ausgerollt. Man schaue nur auf die gerade jetzt wieder ringsum affichierten Plakate: „Komm als Lehrling zu unserer Firma!“ Noch vor einem Jahrzehnt hat kein Mensch um Lehrlinge geworben. Heute sind diese hingegen gesuchte Mangelware (eben sofern sie die genannten Fähigkeiten beherrschen). Dennoch gibt es Tausende – meist, aber keineswegs nur Immigranten, – die an diesen Anforderungen scheitern. Für die daher staatliche Lehrwerkstätten geschaffen werden mussten.
Aber diese Koalition will offenbar ganz etwas anderes. Zwang. Einstellpflicht. Arbeitgeber sollen nicht einmal mehr bei der Einstellung von Mitarbeitern eine Entscheidungsfreiheit haben.
Gewiss, in kommunistischen Staaten hat ebenfalls der Staat angeordnet, wer wo eine Stelle bekommt. Aber es hat sich nicht als sonderlich sinnvoll erwiesen. Und in einer westlichen Demokratie ist das überhaupt ein unglaublicher Vorschlag. Und bei einem direkt aus der Wirtschaftskammer in die Regierung gelangten Politiker ist das nur noch unfassbar.
Eigentlich müsste ja eine solche Wirtschaftskammer an der Spitze jener stehen, die spätestens jetzt Mitterlehners Abschied verlangen. Aber was will man von einer Kammer, deren Präsident doch laut Medien die jüngste Regierungsklausur glatt so gelobt hat: Nun gelte es, die Pläne rasch in die Tat umzusetzen. Und der sich dann einen Tag später in einem Vortrag selbst gerühmt hat, ein Alt-68er zu sein.
Als solche wurden bekanntlich jene Studenten bezeichnet, die weltweit die Abschaffung des Privateigentums und für Vietnam die Machtübernahme durch die Kommunisten gefordert haben. Vor denen dann Hunderttausende unter Lebensgefahr geflüchtet sind. Aber Herr Leitl ist eben heute noch stolz darauf, selbst ein solcher 68er gewesen zu sein. Und er hat daher auch keine Probleme mit einem solchen Wirtschaftsminister.
PS: Auch ich bin 1968 an die Uni gekommen. Aber ich habe zum Unterschied von Leitl die Bezeichnung „68er“ immer als Beleidigung empfunden.
PPS: Propagandisten der Regierung beschwichtigen: Es gibt ja auch die eine oder andere neue Förderung. Diese Propagandisten begreifen offensichtlich genauso wenig wie Mitterlehner, dass diese Förderungen nur einen Bruchteil des zuerst durch Steuererhöhungen abgenommenen Betrags ausmachen. Und vor allem: dass es zehnmal gescheiter wäre, den Menschen erst gar nicht so viel Geld abzuknöpfen, bevor man dieses durch eine teure und bürokratische Umverteilungsmaschine großteils vernichtet und einen kleinen Teil davon an ein paar schlaue Subventionsempfänger gibt. Die Menschen selbst würden das Geld jedenfalls immer viel besser einsetzen, als das Bürokraten oder Politiker vermögen.
In der Steiermark wurde ein neues Abschiebezentrum eröffnet. Was zu interessanten Beobachtungen führt.
Die eine ist der Zorn von Caritas & Co, dass nicht mehr sie die Abschiebungen abwickeln (oder in vielen Fällen: sabotieren), sondern eine professionelle Firma und das Innenministerium selbst. Die zweite ist der verzweifelte Versuch linker Medien, die „Demonstration“ von 20 Linksradikalen gegen das Zentrum als wichtig zu berichten (während sie Kundgebungen Tausender Katholiken gerne totschweigen). Die dritte Beobachtung sind die Ortsbewohner, die jene Demonstranten wild beschimpften und sich nur darüber ärgerten, dass Schubhäftlinge (also jene, die nicht freiwillig ausreisen) künftig besser untergebracht seien als sie selbst. Und die vierte ist überhaupt die interessanteste: Der SPÖ-Bürgermeister von Vordernberg erregt sich über die vielen absurden Hindernisse, welche diverse Bürokratien dem Neubau jahrelang in den Weg gelegt haben. Zu Recht. Nach seiner Darstellung spielte im Genehmigungsverfahren sogar ein Ameisenhaufen eine Rolle. Auch er hat erst dadurch gelernt, dass es einen „Ameisenbeauftragten“ gibt. „Bescheidmäßig gefordert musste sich dieser um die Verlegung des Ameisenhaufens kümmern.“ Ob die Republik all diesen Wahnsinn noch lange aushält?
Als früherer Leiter des Wirtschaftsressorts der „Presse“ gehörte Franz Schellhorn zu den wenigen liberalen Publizisten im Lande. Als nunmehriger Leiter der marktorientierten Denkfabrik „Agenda Austria“ sieht er seine Aufgabe in der Verbreitung und Stärkung des Bewusstseins, dass der Staat nicht für die Lösung jedes Problems zuständig sein kann.
Schellhorn will den Staat nicht „zerstören“, sondern vielmehr dazu beitragen, diesen von der erdrückenden Fülle seiner selbst auferlegten Verpflichtungen zu entlasten. Die von ihm geleitete „Agenda Austria“ sei weder eine Lobbyorganisation noch eine Partei oder Interessenvertretung. Sie stehe auch nicht für die Erstellung von Auftragsstudien (deren Ergebnis von vornherein feststehe) zur Verfügung. Weder staatliche Mittel, noch solche von Interessenvertretungen, gleich welcher Art, würden das Institut finanzieren, sondern ausschließlich Zuwendungen von Privaten, die keinerlei Einfluss auf dessen Arbeit nehmen.
Schellhorn sprach im „Club Unabhängiger Liberaler“ zum Thema „Braucht das Land eine nachhaltige Haushaltssanierung?" Immer wieder könne man Stellungnahmen von (insbesondere linken) Politikern, aber auch Journalisten des Medienhauptstroms entnehmen, dass in Österreich ohnehin alles zum Besten stünde: Europaweit die niedrigste Arbeitslosigkeit, das (nach Luxemburg) höchste BIP pro Kopf, eine überschaubare Verschuldung und ein geradezu vorbildhafter „sozialer Friede“. Folgerichtig wird jede Kritik als „neoliberale Panikmache“ und als Anschlag auf die im Lande allgemein herrschende Zufriedenheit gedeutet.
Doch halten die stereotypen Vorwürfe an die Adresse „neoliberaler Unruhestifter“ einer Überprüfung stand? „Der Staat soll kaputt gespart werden!“ sei einer dieser beliebten Stehsätze der Systemapologeten. Das „Kaputtsparen“ manifestiere sich indes in einer 40-prozentigen Zunahme der Staatseinnahmen während der letzten Dekade. Um sogar 41 Prozent hätten die Staatsausgaben im selben Zeitraum zugenommen.
Von Sparbemühungen weithin keine Spur. Gegenwärtig belaufe sich die kumulierte Staatsschuld (Bund, Länder und Gemeinden, ohne ausgelagerte Verbindlichkeiten und Haftungsübernahmen) auf 234 Mrd. Euro. Ist das unter „kaputt gespart“ zu verstehen? Die Zunahme der Bundesschulden gehe seit den 80er Jahren doppelt so rasch vor sich wie die Zunahme des BIP. Die Verbindlichkeiten der Länder stiegen sogar dreimal so schnell. Sparexzesse sehen anders aus.
Beim derzeit herrschenden, niedrigen Zinsniveau sei die Höhe der Zinsbelastung (noch) kein unlösbares Problem, auch wenn bereits jetzt neue Schulden aufgenommen werden müssten, um diesen Aufwand (derzeit rund acht Mrd. Euro pro Jahr) zu bedienen. Drastisch ändern könnte sich die Lage, würden die Zinsen wieder steigen und die rund 25-30 Mrd. Euro an jährlich auslaufenden Staatsanleihen auf höherverzinsliche Papiere umgeschuldet werden müssen.
Von den jährlich rund 77 Mrd. Euro Bundeseinnahmen würden nach Abzug der Zahlungen an Länder und Gemeinden (28 Mrd.), des Aufwands für Beamtenpensionen (acht Mrd.) des Bundeszuschusses zu den ASVG-Pensionen (10 Mrd.) der Schuldzinsen (acht Mrd.), der Gehälter des öffentlichen Dienstes (acht Mrd.) und des EU-Beitrags (2,6 Mrd.) gerade einmal 12 Mrd. Euro übrig bleiben. Spielraum gäbe es so gut wie keinen, da ein Gutteil dieses verbleibenden Restes durch strukturelle Verpflichtungen gebunden sei.
Es sei ein Mythos, dass erst durch den Ausbruch der Finanzkrise und die dadurch angeblich nötig gewordenen Bankenrettungen die Staatsverschuldung explodiert sei. Insolvenz sei überdies allemal eine bessere Lösung als Rettungsaktionen à la Alpe-Adria.
Ein Vergleich der Zeiträume vor und nach Ausbruch der Krise zeige vielmehr eine völlig unveränderte Dynamik der Schuldenzunahme. In Österreich sei es dem Bund letztmalig im Jahre 1962 (unter Finanzminister Klaus, der den erfolgreichen „Raab-Kamitz-Kurs“ konsequent fortsetzte) gelungen, einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften. Seither indes seien auch in der Hochkonjunktur Defizite üblich. In der Konjunktur sollen sie mittels Staatsausgaben jedermann am Wohlstandszuwachs „teilhaben“ lassen, während man in Krisenzeiten Investitionsausfälle in der Privatwirtschaft ersetzen wolle.
Gespart werde demgemäß niemals. Österreich halte den Weltrekord, was den Transferanteil an den Haushaltseinkommen angehe. Dieser belaufe sich auf stolze 36 Prozent. Die ungebremst wachsende Staatsschuld sei die in Zahlen manifestierte Reformverweigerung.
Das Problem bestehe darin, dass die eingangs erwähnten, beeindruckenden Zahlen allesamt mit Schulden erkauft seien: BIP, niedrige Arbeitslosigkeit und „sozialer Frieden“. Nichts davon sei (vollständig) erwirtschaftet. Wie in Spanien oder Griechenland vor dem Crash werde die Illusion einer heilen Welt auf Pump geschaffen.
Wie die Beispiele einiger Länder (wie etwa Schweden oder Neuseeland) zeigten, würde es immer nur dann zu substanziellen, strukturellen Reformen kommen, wenn der Druck von außen – seitens der Kreditoren – keinen anderen Ausweg mehr zuließe. Österreich bilde da keine Ausnahme. Erst wenn die Gläubiger das Vertrauen in die Bonität des Landes verlören und entsprechende Risikoprämien verlangten, werde es, dank der normativen Kraft des Faktischen, zu namhaften strukturellen Änderungen (spürbaren Einsparungen) kommen. Schellhorn erwartet auch für Österreich ein derartiges, „schwedisches Szenario“.
Gut wäre es jedoch zu beachten, „was anderswo gut funktioniert“. Im Wesentlichen sieht er fünf Chancen für eine Wende zum Positiven, die sich an fremden Beispielen orientieren:
Der in Österreich so gerne kritisierte Föderalismus existiere in Wahrheit gar nicht. Schellhorn verlangt aber einen solchen – echten Föderalismus. Ohne Steuerwettbewerb unter den Verwaltungseinheiten (Ländern und Gemeinden) gäbe es keinen Anreiz zu einem sparsamen Einsatz öffentlicher Mittel. Das dadurch angeblich drohende „Ausbluten der öffentlichen Haushalte“ sei – am Beispiel der Schweiz (mit kantonal stark voneinander abweichenden Steuertarifen) – nicht zu beobachten. Die Schweiz sei vielmehr ein insgesamt hervorragend verwaltetes Land, das mit um ein Drittel niedrigeren Verwaltungskosten geführt werden könne als Österreich.
Schellhorn sieht die Notwenigkeit einer „mentalen Wende“ im Lande. Es sei besser, das Land freiwillig und aus eigener Kraft zu reformieren, als unter dem Zwang von außen reformiert zu werden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Nach dem französischen Abrücken vom Sozialismus scheint Europa gleich auch noch in einer anderen Frage vor einem historischen Wandel zu stehen: Nach deutschen Zeitungsberichten will die EU auf die verbindliche Festlegung von Klimazielen verzichten. Das ist eine Sensation – wäre aber total logisch: Das Vorzugsschülergehabe der EU bei den sogenannten Kyoto-Zielen hat zu schweren Schaden für Europas Industrie geführt. Die durch die Kyoto-Politik der EU vertriebenen Jobs sind in den USA und Asien wiedererstanden. Während ein CO2-Alleingang Europas auf Grund seiner Größe jedenfalls irrelevant ist – selbst wenn die Klimapaniker recht hätten.
Natürlich wird diese EU-Wende jetzt wilde Proteste der vielen Profiteure von Sonnen- und Windenergie auslösen. Und erst recht bei den ihnen vorgelagerten Gutmensch-NGOs. Milliarden an staatlich garantierten Dauerrenditen gibt man nicht kampflos auf.
Kommissionspräsident Barroso plant offenbar, dass es ab 2020 für die einzelnen EU-Länder keine verbindlichen Vorgaben mehr in Hinblick auf die Quellen ihrer Energieproduktion geben soll. Diese sogenannten Kyoto-Ziele sind ja von der EU in der Illusion verpflichtend festgelegt worden, dass Europa damit der anderen Welt ein leuchtendes Vorbild gibt. Die andere Welt hat sich aber nur – geschlossen – des leuchtenden Profits erfreut, den die Selbstfesselung Europas ihnen verschafft hat. Die Energiepreise sind weltweit auseinandergelaufen - da hinauf, dort hinunter - und haben damit zur Abwanderung vieler Produktionen aus Europa geführt.
Zwar will Barroso am europaweiten Ziel von 27 Prozent „erneuerbarer“ Energieformen nach 2020 festhalten. Aber der Zwang auf die einzelnen Länder soll wegfallen. Womit auch das Ziel eher ein rhetorisches bleiben dürfte.
2007 war ja noch auf dem (in vielerlei Hinsicht) grünen Tisch die 20–20–20–Formel beschlossen worden. Damit hatte die EU gemeint, den Energieverbrauch per Dekret um 20 Prozent effizienter machen zu können (was zu solchen Schwachsinnigkeiten wie dem Glühbirnenverbot geführt hat), die Treibhausgase um 20 Prozent zu reduzieren und den Anteil von Wind- und Sonnenenergie um 20 Prozent zu erhöhen. Und zwar jeweils in Hinblick auf den Stand von 1990.
Solche plakativen Formeln lassen sich zwar bei Politikern und Journalisten gut verkaufen. Die weltweite Konkurrenz der europäischen Unternehmen hat das aber ganz anders gesehen – oder vielmehr ignoriert.
Die EU-Kommission scheint nun zunehmend einzusehen, dass das Projekt weitgehend sinnlos war. Nicht nur weil die internationale Bereitschaft zum Mittun total gefehlt hat. Sondern auch, weil Europa nur in zwei Bereichen diesem Ziel nähergekommen ist: Erstens dort, wo nach der Wende in Osteuropa total veraltete und daher auch schmutzige Fabriken durch saubere ersetzt worden sind (was ganz unabhängig von den Kyoto-Zielen genauso passiert wäre).
Und zweitens während der Rezession: Als Europas Wirtschaft echt geschrumpft ist, ist auch der CO2-Ausstoß geschrumpft. Aber es hat sich gezeigt, dass eine Rezession höchstens bei grünen Kernwählern Popularität genießt, die ja immer schon gegen das Wachstum waren. Die mit Rezessionen verbundene Arbeitslosigkeit und der Wohlstandsverlust haben sonst aber erstaunlich wenig Begeisterung ausgelöst.
Zugleich machen einige Länder wie Großbritannien und Polen ordentlich Druck, dass sich die EU vom grünen Utopismus verabschiedet. Auch Frankreich will lieber auf Atomkraftwerke statt auf Windmühlen setzen.
Die EU setzt ihre Abkehr vom Utopismus noch in einem anderen Zusammenhang fort: Sie will auch die sogenannte Fracking-Methode leichter ermöglichen. Diese Öl- und Gas-Abbaumethode ist ja als Folge der gestiegenen Energiepreise in den USA sehr erfolgreich und hat dort zum Wiederaufstieg des Landes geführt. In Österreich freilich sind die schwarzen, roten, blauen, pinken und grünen Grünen vehement dagegen. Sie sind nämlich überzeugt, dass der Strom aus der Steckdose, die Tankfüllung aus der Tankstelle und die Jobs vom Staat kommen. Sie alle sehen in dem – international seit Jahrzehnten problemlos eingesetzten – Fracking gewaltige Bedrohungen.
Die österreichischen Grünen aller Lager werden diese Überzeugung wohl auch noch eine Zeitlang beibehalten. Sie werden das zumindest solange können, als noch jemand Österreich Geld borgt. Was derzeit ja durchaus der Fall ist, trotz ständig steigender Verschuldung.
Aber nicht nur Österreich ist noch voller Begeisterung auf dem Utopieweg. Auch das EU-Parlament liebt ihn. Daher stehen Europa noch sehr spannende Debatten bevor. Daher weiß noch niemand, ob die Vernunft wirklich dauerhaft zurückkommt.
Und schon wieder drohen dem Steuerzahler arge Kosten, weil die sexistische Politik der Doris Bures Männer diskriminiert.
Ein Mann ist im Verkehrsministerium bei der Vergabe eines Spitzenjobs übergangen worden, obwohl ihn die Vergabekommission am besten gereiht hat. Statt dessen wurde von Bures die an vierter Stelle liegende Frau genommen. Worauf der Mann, nachdem er erwartungsgemäß von der feministisch dominierten Gleichbehandlungskommission abgewiesen worden ist, nun mit sehr guten Chancen vor Gericht geht. Dort klagt er über 300.000 Euro an lebenslangem Minderverdienst ein. Es ist nicht das erste Mal, dass Frau Bures solche Sauereien unternimmt. Männern ist ohnedies längst schon abzuraten, irgendwo in den öffentlichen Dienst zu gehen.
Also, mit Erstaunen las ich von der grünen Idee, Schildbürgerstreiche zu prämieren. Toll, bravo. Gerade die Grünen. Mutig auch noch. Wenn die nicht dumm sind, verstehen die wirklich Spaß, dachte ich mir. Gute Kombination, Schildbürger und Grüne. Da brauchen sie nicht lange zu suchen nach Top-Kandidaten.
Eine der Ihren wurde sogar Beraterin des Königs von Wien und sie bietet bereits eine Sieger-Idee. Sie war zwar noch nie Verkehrs-Stadträtin, Planerin, oder Marketingexpertin, konnte aber hie und da Stadt-Rad fahren. Sie trat also vor den Parteirat und sagte: „Ich habs! Unsere Klugheit war bisher an zu wenig Impact schuld. Nur besondere Ideen können uns retten.“ Viele sahen sie wahrscheinlich fragend an. „Aber wir sind schlaue Leute und werden das schon schaffen.“
An die zwei Monate übte sie das „Idee-ohne-Grundlage-Finden“ im Geheimen. Hatte vorab bereits einen Rad-Verantwortlichen ausgewählt, schrieb diese Fantasieposition aber ulkigerweise aus. Verwirrte die Bezirke mit Parkpickerl-Chaos und überraschte danach mit ihrem ersten großen Streich. Sie baute die Mariahilfer Straße um. Kein Auto, kein Bus. Dafür freie Zone für Radfahrer, die aber zu schnell waren für Begegnungen mit zurückgebliebenen Fußgängern und zu gefährlich für die Busfahrer.
© LUTZ Cartoons
Und jetzt nach vielen Wirrnissen, Medienschelte und Bürgerärgernissen plant sie eine Meinungsforschung. Jetzt? Nach bereits erfolgter Produktänderung? Nach Umbauten, Wegeänderungen, Verkehrszeichenwirrwarr, Händlerschwächungen. Das ist neu. Marketingfachleute forschen vorher, um Fehlplanungen zu vermeiden. Stimmen sich mit dem Handel ab, gerade in einer Top-Geschäftsstraße. Und dazu braucht sie nun auch noch 800.000 Euro für eine Hypnose-Werbekampagne, welche die Meinung der Zielgruppen doch noch ändern soll und welche die Dummen auch noch selber zahlen müssen. Das hat doch was, oder? Und bringt den sicheren ersten Platz in Ihrer NoNo Bewertung. Wozu also suchen?
Der zweimalige Staatspreisträger für Werbung & Marketing verpackt nun, nach 35 Jahren Kampagnenshooting, seine Botschaften in Cartoons. Gezeichneter Humor als treffende Antwort und listige Notwehr dem Alltag gegenüber. „Für mich auch Hilfe um halbwegs unversehrt an Gemüt und Seele durch Bad News zu kommen“ meint er dazu. Als Golfer, Jäger und Gourmet entstehen aber auch witzige Cartoons für diese Zielgruppen. Nach ihren Wünschen lässt Lutz Nowotny Bilder mit Pointen, auch als Geschenke, entstehen.
Es ist eindrucksvoll: Nach Italien haben nun auch in Frankreich die Sozialisten erkannt, dass linke Sprüche nur in noch mehr Sackgassen führen. Präsident Francois Hollande ist über Nacht auf eine klare und liberale Wirtschaftspolitik gewechselt. Man staunt.
Der französische Präsident hat die Periode sozialistischer Rhetorik (die einst der SPÖ so gut gefallen hat) und wahnwitziger linker Steuererhöhungsideen hinter sich gelassen. Er hat erkannt, was die einzige Strategie ist, um ein darniederliegendes Land wieder aufzurichten: eine Politik für Wirtschaft und Unternehmer. Nachdem diese in den letzten beiden Jahren nur beschimpft und noch mehr niederreguliert worden sind, hat Hollande jetzt den Kurs um 180 Grad gewendet.
Er verspricht der Wirtschaft 30 Milliarden an Steuererleichterungen und etliche gesetzliche Fördermaßnahmen. Zugleich will er massiv sparen. Noch spannender: Er prangert in seinem großen Neujahrsauftritt „Exzesse" und „Missbrauch" in den sozialen Sicherungssystemen an.
Vor allem der letzte Punkt war ja in der Verdrängungswelt der europäischen Sozialisten bisher ein absolutes Tabu. Und jetzt schließt sich ausgerechnet Hollande der auch vom britischen Premier Cameron vorangetragenen Kritik am Sozialmissbrauch an.
Ähnliche Vorschläge wie Hollande haben in den letzten Tagen auch die italienischen Sozialisten gemacht. Beide Male ist man lebhaft an die Agenda 2010 erinnert worden, mit welcher der deutsche Sozialdemokrat Gerhard Schröder (in Absprache mit Angela Merkel) im letzten Jahrzehnt tiefe Einschnitte ins Wohlfahrtssystem gewagt hat. Das hat Deutschland aus einer fast genauso schlimmen Not, wie sie jetzt die Südeuropäer plagt, heraus an die Spitze Europas katapultiert. Man könnte aber auch an Margaret Thatcher denken, die ein völlig kaputtes Großbritannien saniert hat, und an Tony Blair, der ihre Leistung eindrucksvoll fortgesetzt hat. Natürlich gibt es für solche Leistungen nie den Dank der sogenannten Intellektuellen. Diese träumen lieber von linken Phrasen. Aber diese Reformen sind absolut lebenswichtig.
Natürlich: Das sind erst Ankündigungen. Da könnten noch genug Pferdefüße damit verbunden sein, welche die 30 Milliarden und die sonstigen Ankündigungen wirkungslos machen. Vor allem muss Hollande noch viel präziser und genauer definieren, wie und wo überall der Sozialmissbrauch reduziert werden soll. Gewerkschaften, harte Linke und verträumte Gutmenschen werden jedenfalls erst einmal fürchterlich aufheulen und demonstrieren.
Es wird aber – hoffentlich – nichts nutzen. Hoffentlich hat Hollande jetzt wirklich erkannt, dass er all das jetzt Versprochene auch wirklich voll umsetzen muss, damit das Land zumindest eine kleine Chance bekommt, einem Crash zu entgehen. Wenn er jetzt hingegen nicht konsequent bleibt, sind er und Frankreich endgültig verloren.
Es ist jedenfalls die erfreulichste Nachricht seit Jahren aus Frankreich. Mit wem hingegen Monsieur Hollande seine Nächte verbringt, sollte auch künftig seine Privatangelegenheit bleiben (und die der betroffenen Frauen). Wichtig ist nur, dass er tagsüber die eigenen Worte ernst nimmt: „Es gibt keine Zeit zu verlieren“.
Was aber tut zur gleichen Zeit die österreichische Regierung? Sie schickt ein umfangreiches Steuererhöhungspaket aus, das hierzulande vor allem die unternehmerische Initiative reduzieren wird. Wer hätte das gedacht, dass man einmal den Herrn Faymann und Spindelegger sogar Francois Hollande als positives Vorbild vorhalten muss. Aber Faymann versteht sich halt noch immer als verlängerter Arm der Gewerkschaft. Was ihm zwar innerparteilich Ruhe verschafft, aber Österreich enorm schadet. Und der offizielle Vertreter der österreichischen Wirtschaft kümmert sich lieber um die Zerschlagung eines guten Schulsystems durch linken Gesamtschulzwang als um die österreichischen Unternehmer. Sein Parteichef spricht von Entfesselung und macht das Gegenteil.
Niemand hat sich über die – zumindest anfängliche – Verkomplizierung von Banküberweisungen gefreut. Werden doch ohnedies alle Transaktionen ständig kompliziert. Aber dennoch ist es mehr als seltsam, wenn IBAN und BIC-Pflichten nun drei Wochen vor ihrer lange fixiert gewesenen Einführung plötzlich um sechs Monate verschoben werden. Als ob das am Prinzip irgendetwas ändern würde.
Scheinbar einziger Anlass: Viele Europäer sind mit dem Wechsel auf IBAN noch säumig – aber sie agieren völlig korrekt. Sind doch bis zum Stichtag problemlos IBAN-lose Überweisungen möglich. Daher erspart man sich bis dahin die elendslangen IBAN- (und fürs Ausland zusätzlich verlangten BIC-)Eingaben. Da uns eingetrichtert worden ist, wie günstig für uns alle der einheitliche europäische Zahlungsraum sei, wie sicher und leicht dann internationale Zahlungen wären, hat sich der brave Österreicher aber nicht sehr aufgeregt und sich vorbereitet. Viele Investitionen sind genau auf den Stichtag 1. Februar hin programmiert worden. Wenn wenigstens halbwegs ein Sinn hinter dem Tun der Politik erkennbar ist (was freilich immer seltener der Fall ist), dann beugt man sich ihr eh.
Warum dann jetzt die Verschiebung? Das wahre Motiv ist ganz eindeutig klar: Es ist ein parteipolitisches. Die beiden großen Parteiblöcke, die Europa noch dominieren, wollen vor der EU-Wahl keinen Wirbel haben. Einen solchen wird aber vor allem in Südeuropa die IBAN-Einführung jedenfalls auslösen. Deswegen will die Kommission die Pflicht einfach verschieben. Was freilich nichts ändert: Denn auch in einem halben Jahr wird es mancherorts genauso einen Wirbel geben. Niemand agiert freiwillig komplizierter, solange er nicht muss.
Mit diesem plötzlichen Rückzug hat sich die Union noch mehr als opportunistischer und in vielem nicht mehr ernstzunehmender Haufen entpuppt. Denn immer wieder beschließt man zuerst etwas ganz Ernstes, aber am Ende gilt es dann eh nicht. Das ist genau das, was einst nur als südeuropäische Krankheit gegolten hat, was aber jetzt zu einer europäischen geworden ist.
Das sehen wir bei immer mehr europäischen Regelungen. Daher wird auch kaum eine überhaupt noch ernst genommen. IBAN wird verschoben; das Bailout-Verbot gilt doch nicht; die alten Glühbirnen gibt es in bestimmten Geschäften weiterhin; die verbotene Schuldenpolitik geht überall weiter; die Maastricht-Kriterien sind eh nur ein Schmäh. Undundund. Und jetzt will halt nach so vielen südeuropäischen Schmähs auch schon Deutschland einen solchen versuchen und eine glatt EU-widrige Maut einführen, die alle Ausländer, aber nicht die Deutschen treffen soll.
Es ist traurig, wie sich das einst so stolze, und für den eigentlichen Binnenmarkt auch nach wie vor nützliche EU-Projekt selbst demontiert.
PS: Besonders grotesk: Jetzt ist nicht einmal der Rückzug fix. Jetzt wollen manche doch wieder einen Rückzug vom Rückzug . . .
Vieles in dieser Welt bringt mich ins Staunen: der neue Mut der BBC wider die bisher ihre eigene Politische Korrektheit; das Verhältnis von katholischen Bischöfen zu kapitalistischen Insolvenzen; die Selbstauflösung von einst übermächtigen Parteien; die Erprobung neuer Erfindungen in der Schweiz, noch bevor diese zur allgemeinen Pflicht gemacht werden (ja, das ist dort erlaubt); die totalitären Attitüden schwarzer und grüner Landespolitiker; die Androhung einer dreijährigen Haft in Polen für Bagatelldelikte; das Desinteresse der jungen Österreicher am Gender-Schwachsinn der alten Frauen; das Verhältnis der Thais zur Demokratie; die Hartnäckigkeit der schwulen und lesbischen Lobbys. Eigentlich schön, wenn man so viel findet, über das man noch staunen kann.
Mehr als erstaunlich ist der leitende BBC-Redakteur Nick Robinson: Er gibt zu, dass die BBC vor und nach der Jahrtausendwende „fürchterliche Fehler“ bei ihren Berichten über Immigration gemacht hat. Die Berichte seien einseitig gewesen und haben die Sorgen der Zuschauer in Hinblick auf Einwanderer nicht ernst genommen. Die BBC habe nämlich geglaubt, dass eine offene Debatte über dieses Thema „einige schlimme Seiten der britischen Öffentlichkeit von der Leine lassen“ würden. Auch eine offizielle Untersuchung des „BBC-Trust“ hat ergeben, dass die BBC bei diesem Thema eine schwere Schlagseite hatte. Diese Selbstkritik ist nicht nur richtig, sondern auch toll und eindrucksvoll. Der Mut hängt zweifellos mit der tiefverwurzelten Fairness der Briten zusammen wie auch mit der Erkenntnis, dass Medien primär objektiv zu sein haben und nicht manipulative Volkserzieher. Und damit, dass Medien nur dann Seher und Leser haben, wenn sie nicht ständig gegen deren Interessen schreiben. Vom ORF und den anderen österreichischen Medien hingegen werden wir solche Selbstkritik wohl nie erleben. Die verlieren lieber den letzten Seher und Leser. Und der ORF-Chefredakteur tritt lieber eitel in Filmchen mit drittklassigen Schauspielern auf, als einmal ehrliche Selbstkritik zu versuchen.
Mehr als erstaunlich ist die Insolvenz des katholischen deutschen Weltbild-Verlags. Die verantwortlichen Bischöfe haben zu Recht argumentiert, dass sie den Kirchenbeitragszahlern nicht 160 Millionen als weiteren Zuschuss für die zeitweilige Rettung des Verlags abknöpfen wollen. Ganz anders klingen freilich ihre Worte, wenn es privatwirtschaftliche Eigentümer sind, die eine Insolvenz anmelden müssen. Dann schließen sich Kirchenmänner immer ungeprüft als erste der Polemik der Gewerkschaften gegen die insolvent gewordenen Unternehmer an. Die Gewerkschaften behaupten immer automatisch, dass die Eigentümer schuld an der Insolvenz seien, weil sie früher mit ihrem Unternehmen gut verdient hätten. Dasselbe sagen sie jetzt zum Weltbild-Verlag. Auch hier, egal obs stimmt oder nicht. Aber kein Bischof plappert diesmal die Gewerkschaftsworte nach. Warum nur?
Mehr als erstaunlich ist die totale Selbstauflösung einer noch vor kurzem großen europäischen Partei. Die HZDS, die unter Vladimir Meciar die Slowakei jahrelang regiert und dabei auch die Loslösung von Tschechien beschlossen hat, gibt es nicht mehr. Vielleicht sollten sich auch manche österreichische Parteien ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst werden.
Mehr als erstaunlich sind die Ergebnisse der ersten echten Einsatzstudie von Smartmeters, mit denen die EU sämtliche Haushalte zwangsbeglücken will. In der Schweiz hat man diese nämlich zuerst(!) im Einsatz getestet, noch bevor man über ihren Einsatz entschieden hat. Das ist ja eine für die EU eher unbekannte Vorgangsweise. Dabei haben die Schweizer entdeckt, dass Smartmeter nur dann Stromeinsparungen bringen (und selbst die sind nur minimal), wenn jeder Haushalt rund um die Uhr den jeweiligen Strompreis beobachtet. Bei günstigen Preisen sollten also rasch Waschmaschine und Geschirrspüler eingeschaltet werden. Bei taglangem Nebel und Windstille jedoch nie. Was ziemlich absurd ist. Es gibt aber keinen Zweifel: Die Zwangsneurotiker in der EU werden solche Fakten weiter ignorieren.
Mehr als erstaunlich sind die Worte schwarzer Tiroler Landespolitiker zum Thema Gesamtschule. Auch sie träumen von einer Zwangsgesellschaft, in der die weise Obrigkeit alles anordnen kann, was die Menschen zu tun haben. Sowohl der Gendarm als Landeshauptmann wie auch seine Schullandesrätin ärgern sich daher über die „gesetzlichen Rahmenbedingungen“, die einer echten Gesamtschule im Weg stünden. Diese störenden Rahmenbedingungen bestehen freilich einzig und allein darin, dass Eltern, Schüler und Lehrer zustimmen müssen, wenn Gesamtschulen eingeführt werden. Da sind die Tiroler Landesherren und -frauen natürlich strikt dagegen. Demokratie, Entscheidungsfreiheit, Mitbestimmung? Wer braucht denn so etwas! Wichtiger ist, zweieinhalb Artikel in lokalen Zeitungen zu ergattern, wo ein paar Grünjournalisten für die Zwangsschule agitieren.
Mehr als erstaunlich sind die Vorgänge in Thailand. Dort wird wochenlang demonstriert, damit es – keine Wahlen gibt. Weg mit der Demokratie, wenn die Falschen gewinnen könnten.
Mehr als erstaunlich ist die Anklage, die jetzt in Polen einen ehemaligen Transportminister mit drei Jahren Haft bedroht. Er habe falsche Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht. Sein ganzes Delikt: Er hat vergessen, eine 4000 Euro teure Armbanduhr zu melden. Irgendwann verliert man das Verständnis, wenn die Korruptionsjäger so total übers Ziel schießen. Und weit Schlimmeres ignorieren. Angedrohte Strafen sollten zumindest halbwegs in Relation zum Delikt stehen. Sonst geht dem Rechtsstaat jede Legitimität verloren.
Mehr als erstaunlich war vor ein paar Tagen der „Schüler-Standard“: Gleich in zwei Kolumnen haben sich dort junge Autoren über die zwangsweise verordnete Sprach-Genderei lustig gemacht. Trotz Aufforderung fand sich laut der Zeitung niemand, der die Gegenposition vertreten würde. Das könnte wohl beim alten Standard nicht passieren. Das schafft aber die Gewissheit, dass mit dem Noch-Älterwerden der ohnedies schon alten Genderfrauen rund um Barbara Prammer, Eva Kreisky und Maria Rauch-Kallat diese Lächerlichkeiten wieder verschwinden werden (nur die Schulen, Unis und Bundeshymne werden halt noch ein paar Jahrzehnte nachhinken, weil ja dort das Gendern zwangsweise verordnet ist. Von der ach so klugen Obrigkeit und der Prammer-Rauch-Generation).
Mehr als erstaunlich ist, dass Europas Linke jetzt schon zum dritten Mal binnen weniger Wochen versucht, im EU-Parlament eine Resolution durchzubringen, um Lesben, Schwule & Co in eine privilegierte Situation zu bringen. Sie will Schwulen-Ehen europaweit durchsetzen (obwohl viele Länder sie ablehnen). Sie will schwule Meinungen und Versammlungen privilegieren. Diese sollen eine weit über den Schutz sonstiger Meinungen und Versammlungen hinausgehende Sonderstellung bekommen. Was alle Andersdenkenden früher oder später ins Gefängnis bringt.
Mehr als erstaunlich ist die Wortwahl von Grüninnen, wenn sie wie in Sachen Mariahilfer-Straßen-Abstimmung mit dem Rücken zur Wand stehen. Da verwendet die Frau Vassilakou für ihre Gegner das Wort „verlogen“ – und hat die Frechheit, zugleich die 850.000 Euro Steuergeld für ihre einseitige Pro-Autoverbots-Propaganda auch noch als Kosten der „direkten Demokratie“ zu rechtfertigen. Wer ist denn da wirklich verlogen, Frau Vassilakou?
Mehr als erstaunlich agieren auch die Vereinigten Staaten, wenn sie jetzt eine Friedenskonferenz für Syrien organisieren. Alle möglichen Nachbarn und Gruppen dürfen und sollen daran teilnehmen – nur der mächtig und mit Waffen und Soldaten in Syrien mitmischende Iran nicht. Das wird mit tausendprozentiger Gewissheit die ohnedies winzigen Chancen dieser Friedenskonferenz zerschlagen.
Mehr als erstaunlich ist es, dass sich der Weizenpreis dramatisch verändert, aber niemand Spekulanten und Banken attackiert. Freilich: Der Preis steigt nicht, sondern sinkt. Das bewirkt eine gute Ernte immer, so wie eine schlechte das Steigen von Preisen. Wir lernen: Spekulanten, über die sich Gutmenschen edel und laut erregen können, gibt es immer nur dann, wenn die Preise steigen. Wenn diese sinken, gibt es sie nicht mehr. Dann ist der Markt plötzlich wieder lobenswert und erwünscht.
Mehr als erstaunlich ist, wofür McDonald’s jetzt in Ungarn bestraft wird. Denn dem US-Konzern wird vorgehalten, dass er ein Produkt mit „Hühnerfleisch“ beworben hat, in dem auch Hühner-Haut zu finden ist. Abgesehen davon, dass die Haut ohnedies das Beste am Huhn ist: Wettbewerbs-Kontrolleure und Werbungs-Überwacher machen sich immer öfter immer mehr lächerlich.
Gar nicht erstaunlich ist hingegen, dass im jetzt grünrot regierten Baden-Württemberg ein neues Unterrichtsfach eingeführt wird: nämlich Homosexualität. Und ebenfalls nicht erstaunlich ist, dass gegen jenen Lehrer, der dagegen eine Bürgerinitiative gestartet hat, sofort mit einer Strafanzeige vorgegangen wird. Von Woche zu Woche wird es deutlicher: Die Grünen sind jene Partei, die nicht nur Homosexuellen, sondern auch totalitären Attitüden weitaus am nächsten steht.
Man kann die SPÖ beruhigen: Dieselbe Pleite wie mit ihrem einstigen EU-Spitzenkandidaten Hans-Peter Martin werden sie mit Eugen Freund nicht erleben. Auch wenn es wieder ein Medienmann ist.
Dazu war der Mann schon seit seinen Ministerkabinett-Zeiten in allen Auftritten viel zu brav auf Parteilinie gewesen. Mit ihm ist wieder ein bekanntes Mediengesicht in den Dienst einer Partei getreten. Das ist absolut legitim, im konkreten Fall aber auch ein klares linkes Signal und keineswegs eines von mehr SPÖ-Öffnung oder gar Verständnis für die Wirtschaft. Freund hat seine Zwangspensionierung durch den ORF zwar geschickt und auch mit Hilfe von Tränen dramatisiert. Aber er hat nie Kritik an der Linie der SPÖ in Sachen Pensionsantrittsalter geübt. Er hat auch nie Kritik an der Gewerkschaft geübt, die mit ihrem Bestemmkurs ältere Arbeitnehmer für den Arbeitgeber besonders teuer macht. Und er hat es schon gar nicht kritisiert, als der ORF alle bürgerlichen Journalisten bereits mit einem um zwei Jahre jüngeren Lebensalter in Pension schickte. Der Standpunkt prägt halt die Sichtweise.
PS: Bei SPÖ wie - vorerst auch - ÖVP fällt auf: Von den eigentlichen Parteigranden ist kein einziger bereit, nach Europa zu gehen. Jobs in der Heimat sind halt auch viel angenehmer.
Zwar schreiben mehrere Zeitungen, dass Michael Spindelegger in der letzten Nacht die Vertrauensfrage gestellt habe. Das hat er nicht. Es gibt weder Misstrauen gegen ihn noch Vertrauen zu ihm. Aber in dieser Nacht ist viel Grundsätzlicheres passiert: Die ÖVP hat sich endgültig als totale Unsicherheitspartei präsentiert. Sie setzt nun den Marsch Richtung Kleinpartei unbeirrt fort. Ihre Spitzenfunktionäre begreifen nicht mehr die große grundsätzliche Auseinandersetzung zwischen Zwang und Freiheit.
In keiner einzigen relevanten Frage kann die ÖVP jetzt noch Glaubwürdigkeit oder Identität vermitteln. Man weiß bei ihr nicht mehr, woran man ist. Warum man immer sie auch gewählt haben mag: Die Wahrscheinlichkeit ist massiv gewachsen, dass man nach einer Wahl eine ganz andere ÖVP vorfindet, die man sicherlich nicht gewählt hat. Dabei waren die „Rettung des Gymnasiums“ und „Keine neuen Steuern“ ohnedies schon die zwei letzten Punkte, wo die ÖVP Identität vermitteln konnte. Der Rest waren nur noch diffuse Phrasen.
Natürlich hat jeder ÖVP-Provinzpolitiker für sich das Recht, keinen „Denkverboten“ ausgesetzt zu sein. Aber auch jeder Wähler denkt. Und agiert in der Wahlkabine. Eine Partei, bei der er in keinem einzigen Punkt mehr weiß, wofür sie steht, wird für ihn mit Sicherheit irrelevant.
Wer für Vermögenssteuern ist, wird Rot oder Grün wählen. Wer für die Gesamtschule ist, wird Rot oder Grün wählen. Und wer jeweils dagegen ist, hat jetzt offenbar nur noch bei der FPÖ Klarheit. ÖVP wird keiner wählen. Denn bei der weiß niemand, woran man ist.
Tatsache ist jedenfalls, dass gerade in diesen beiden Fragen alle Umfragen – auch im Westen und in der Steiermark – ein klares Ergebnis zeigen: Die Mehrheit der Österreicher ist sowohl gegen Zwangsgesamtschulen wie auch gegen neue Vermögenssteuern. Womit die Bürger zeigen, dass sie klüger sind als die politische Klasse.
Es gibt vier mögliche Gründe, warum ÖVP-Provinzpolitiker dennoch für neue Steuern und für die Abschaffung des Gymnasiums sind:
Erstens: Sie verwechseln das, was der mehrheitlich grüne Journalismus schreibt und der ORF trommelt, also die veröffentlichte Meinung, mit der öffentlichen Meinung. Dann sind sie entsetzlich dumm.
Zweitens: Sie wollen auf diesem Umweg Spindelegger aushebeln. Dann tun sie das mit einer völlig falschen Strategie. Denn sie bedenken nicht, dass sie das mit einem Politikwechsel gerade in jenen Punkten versuchen, mit denen Spindelegger noch ein relativ schmerzarmes Ergebnis eingefahren hat. Sie zerstören aus blindem Zorn ob der Absetzung bestimmter Minister oder Klubobleute die letzten Motive, noch die ÖVP zu wählen. Dann sind sie entsetzlich dumm.
Drittens: Sie haben persönliche Motive, für Gesamtschulen oder mehr Steuern einzutreten. Weil ihre eigenen Kinder das Gymnasium nicht schaffen und sie das offenbar als Schande empfinden. Weil der Haushalt ihres Bundeslandes zerrüttet ist und sie nun auf mehr Gesamtschulgeld und Steuereinnahmen hoffen, ohne es direkt sagen zu müssen. Dann sind sie charakterlos.
Viertens: Sie glauben aus Überzeugung an den Sinn von neuen Steuern und von Zwang. Dann haben sie in einer liberalen und christdemokratischen Partei nichts verloren.
Zum Thema Schulversuche gibt es einen besonders üblen Versuch, die Meinungen zu manipulieren: Es wird harmlos klingend von Versuchen und Modellen geredet. Solche Versuche und Erprobung ständig neuer Varianten gibt es schon jahrzehntelang und soll es unbedingt weiter geben. Nur soll jeder einzelne Versuch freiwillig erfolgen, von einer Schulgemeinschaft beschlossen, und dann von außen ordentlich und öffentlich evaluiert werden.
Ein erstes Verbrechen war schon die österreichweite Zertrümmerung der in vielen Regionen sehr guten Hauptschule durch die extrem teure Neue Mittelschule (die Steuerzahler kostet sie ohne irgendeinen Nutzen mindestens 300 Millionen mehr; jährlich). Diese ist zwangsweise eingeführt worden, ohne dass es eine öffentliche Evaluation der zahllosen Versuche gegeben hätte. Vor allem ist die Leistungsdifferenzierung der Hauptschule abgeschafft worden.
In Wahrheit geht es der Linken um etwas ganz anderes, was die schwarzen Provinzpolitiker, aber auch zumindest in einem Interview der Wiener VP-Chef Juracka nicht begreifen. Oder aber zynisch verschweigen: Es geht um den totalitären Zwang.
Nur dieser Zwang würde die Gesamtschul-Verfechter glücklich machen. Nur dieser fehlt ihnen noch. Sie wollen alle Kinder – oder im ersten Schritt halt alle Kinder einer Modellregion – zwingen, neun Jahre in eine Gesamtschule gehen zu müssen. Dieser Zwang ist ja das das einzige Kernkonzept der Gesamtschultheorie. Linke Theoretiker sehen Menschen – und Kinder erst recht – hemmungslos als Zwangsobjekte. So hat die Linke ja einst auch ganze Staaten zu zwangsweisen Objekten ihrer Wirtschaftstheorien gemacht, bis diese ein paar Jahrzehnte später jämmerlich gescheitert sind.
Gegen einen solchen Zwang werden sich die bildungsorientierten Eltern mit allen Mitteln wehren. Sie haben das auch in den anderen Ländern getan, in denen Gesamtschulen erzwungen werden: Sie werden dorthin übersiedeln, wo sie für ihre Kinder noch die relativ besten Schulen bekommen – also in teure Viertel. Sie werden die Kinder in teure Privatschulen schicken (wer sich‘s leisten kann halt ins Ausland, wenn solche im Inland verboten werden). Und in Österreich werden sie vor allem eines tun: Ganz sicher nie mehr eine Partei wählen, die sie so betrogen hat.
Als erstes wird das bei der Europawahl der Fall sein. Wo ja viele noch zusätzliche Motive haben, eine Liste mit einem zentralistisch denkenden EU-Fanatiker an der Spitze nicht zu wählen.
PS: Die Tatsache, dass sich der Gesamtschulzwang im Zillertal oder Montafon angesichts der recht großen regionalen Homogenität nicht besonders arg auswirken würde, ändert nichts an seiner verbrecherischen Grundstruktur. In den Städten hingegen – in der ja die große Mehrheit lebt – würde das zu echten Katastrophen führen. Und schon gar nicht kann das Zillertal ein „Modell“ für Wels oder Wien sein.
„2013 von links und rechts zu reden und etwas anderes als geografische Richtungen zu beschreiben, ist aus der Zeit gefallen. Heute kann man doch fast nur mehr Menschen mit Angst und solche ohne unterscheiden.“ Das hat unlängst die linke Autorin Sybille Berg in ihrer Kolumne auf Spiegel Online behauptet. Es braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden, wer die Menschen voller Ängste und wer die Mutigen und Zukunftsorientierten sind und zu welcher Gruppe sich Frau Sybille und ihre Schwestern im Geiste zählen.
Schließlich arbeiten die politisch korrekten Opinion Leader und ihre journalistischen Hilfstruppen seit Jahren daran, Andersdenkenden irrationale Ängste und Phobien einzureden und zu unterstellen. Das gehört mittlerweile zu den Standardvorurteilen der Gutmenschen und ins Repertoire jedes braven und staatlich subventionierten (Klein)Künstlers und Geisteswissenschaftlers.
Wer gegen die politisch korrekten Regeln verstößt, der kann nur von irrationalen Ängsten getrieben und gesteuert sein, ein armer kranker Tropf eben. Wer sich für eine intelligente und zukunftsorientierte Zuwanderungspolitik ausspricht, wer die Einwanderung bildungsferner und integrationsresistenter Schichten in die europäischen Sozialsysteme kritisiert, ist schlicht xenophob. So einfach ist das. Wer die zunehmende Diskriminierung der klassischen Familie und den modernen Homokult ablehnt und nicht auf Knopfdruck in Begeisterungsstürme ausbricht, wenn ein prominenter Fußballer unter tagelangem medialem Getöse verkündet, er sei schwul, der ist homophob. Punkt. Und wer dem Islam mit all seinen unschönen Auswüchsen skeptisch gegenübersteht und vor der drohenden Islamisierung Europas warnt, der ist islamophob.
Nun ist eine Phobie eine „zwanghafte Angsstörung“ und es gibt laut Wikipedia-Definition „keine realen Gefahren in der Außenwelt, die einen solchen Angstzustand gegebenenfalls rechtfertigen könnten.“
Ja die Angst vor der islamischen Politreligion und vor Islamisten hat trotz der Nachrichten und Bilder aus Nigeria, Syrien, Afghanistan, dem Irak, dem Libanon, Ägypten, Pakistan oder dem Sudan natürlich keinerlei realen Hintergrund, ist also völlig unbegründet. Schließlich haben all diese vielen Konflikte, Kriege, Massaker, Anschläge und Verfolgungen immer ganz unterschiedliche Gründe und Auslöser. Nein, da gibt es keinen roten blutigen Faden. Ganz bestimmt nicht!
Es gibt auch kaum jemanden, der Angst vor Schwulen hätte, lediglich Menschen, die die schrille Zurschaustellung der eigenen Sexualität bei diversen Paraden und Großevents (Lifeball etc.) inklusive der hymnischen medialen Berichterstattung darüber als übertrieben, nervig oder auch abstoßend finden. Viele lehnen den von der politisch korrekten Elite inszenierten Homokult ab, mit Schwulen hat kaum ein autochthoner Europäer ein Problem.
Aber darum geht es gar nicht. Andersdenkenden, Dissidenten, Freigeistern und Abweichlern Geisteskrankheiten oder asoziales Verhalten zu unterstellen hat in Diktaturen eine lange Tradition. Mit Geisteskranken braucht man nicht zu diskutieren, wer nicht richtig im Kopf ist, den kann man, wenn es notwendig ist, in Umerziehungsprogramme, -lager oder in die Psychiatrie stecken.
Aber in der fortschrittlichen, toleranten und demokratischen EU doch nicht, schon wieder so eine phobische Störung eines „rechten“ Paranoikers. Naja, vielleicht. Andererseits gibt es den „Europäischen Rat für Toleranz und Versöhnung“. Das klingt nicht ganz zufällig nach „Ausschuss der öffentlichen Wohlfahrt und der allgemeinen Verteidigung“ Der gute Robespierre hatte seinerzeit auch versucht „das Volk durch Vernunft zu leiten und die Feinde des Volkes durch terreur zu beherrschen“. Rund 40.000 „Unvernünftige“ mussten dabei ihr Leben lassen.
Die Neo-Jakobiner aus Brüssel haben jedenfalls ein Statut vorgelegt, das vom EU-Parlament verabschiedet werden soll. Das Ziel des Statuts: „konkrete Maßnahmen zu ergreifen zum Kampf gegen Intoleranz, vor allem im Hinblick auf Rassismus, Farb-Voreingenommenheit, ethnische Diskriminierung, religiöse Intoleranz, totalitäre Ideologien, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antifeminismus und Homophobie.“
Darunter fällt auch das sich „lächerlich machen“ etwa über Feministinnen. Verstöße gegen die Toleranz wie etwa die Kritik am Feminismus müssen laut Statut der EUdSSR-Moralwächter „wie gefährliche Körperverletzung behandelt werden“. Also ab in den Knast mit dem intoleranten Abschaum. Und sollten Jugendliche einen Witz über Alice Schwarzer oder Thomas Hitzlsperger reißen, dann müssen sie „ein Rehabilitations-Programm durchlaufen, das dazu geschaffen ist, ihnen eine Kultur der Toleranz beizubringen“
Da haben wir es, das Rehabilitations- das Umerziehungsprogramm. Jeder, der nicht im Zug der politisch korrekten Lemminge mit marschiert, und auch nur die leiseste Kritik an der politisch korrekten Ideologie und ihren Apologeten übt, der kommt hinter Schloss und Riegel, wird in Umerziehungsprogramme gesteckt und sonst wie amtsbehandelt. Ja in der EU ist man jetzt ganz tolerant und wenn endlich alle autochthonen Untertanen tolerant gemacht worden sind, dann ist alles gut. Und die Unverbesserlichen, die besonders schweren Fälle und unheilbar Kranken, die muss man eben dauerhaft internieren.
Doch halt. Sind nicht gerade jene, die allen Ängste einzureden versuchen, die nicht im politisch korrekten Morast herumkriechen, selbst von solchen zerfressen?
Da wäre etwa die allgegenwärtige Gefahr von rechts. Wer europäische Mainstream-Medien konsumiert, bekommt den Eindruck, dass rechte Horden drauf und dran sind Städte, ja ganze Landstriche zu übernehmen. Ohne Unterlass warnen die politisch korrekten Toleranzwächter vor dem Wiederaufkeimen des Nationalsozialismus. Adolf Hitler ist als untotes Schreckgespenst Dauergast in Medien, Schulen, Universitäten, Romanen, Debatten und Theaterstücken, ohne Unterlass wird die nationalsozialistische Vergangenheit „aufgearbeitet“.
Die politisch korrekte Elite ruft: „Haltet den Dieb!“ – um vor aller Augen Schritt für Schritt die Rechte und Freiheiten ihrer Untertanen einzuschränken. Und weil man in den vergangenen Jahren das politische Koordinatensystem immer weiter nach links verschoben hat, gilt alles, was nicht mehr dezidiert links oder gerade noch als „politische Mitte“ akzeptiert wird als rechts und das wiederum als rechtsextrem, denn zwischen diesen beiden Begriffen wird nicht mehr differenziert. Toleranz und Meinungsfreiheit sind in der EU offenbar unvereinbar.
Die linken Lemminge stört das nicht. Man fühlt sich wohl in der politisch korrekten Einöde und man pflegt und kultiviert seine Neurosen und Ängste. Die neosozialistische Avantgarde, die Grünen, haben es darin zur Meisterschaft gebracht, ihre leichtgläubigen Anhänger im Jahresrhythmus mit immer neuen Katastrophenszenarien in Angst und Schrecken zu versetzen. Den Gutmenschen wird immer etwas geboten. Das hat nicht einmal die katholische Kirche einst so geschmeidig hinbekommen. Gegen Claudia Roth oder Eva Glawischnig war selbst Pieter Brueghel der Ältere mit seinen Höllendarstellungen ein Anfänger.
Einer der ersten großen Hypes der grünen Untergangspropheten waren das Waldsterben und der saure Regen. Danach ging es munter weiter: Atomkraft, Ozonloch, verseuchte Böden, Klimaerwärmung, Gentechnik oder Peak Oil. Erst in letzter Zeit tun sich die politisch korrekten Hirtenhunde etwas schwerer mit ihrem Gebell, die Schafherde zu steuern. Beim Feinstaub hat die ansonsten gut bewährte grüne Panikmache nicht mehr wie erhofft funktioniert. Selbst die gutgläubigsten Öko-Schafe sind angesichts des grünen Katastrophenstakkatos schon etwas abgestumpft.
Auch bei der Klimahysterie mussten die grünen Apokalyptiker zurückrudern. Man gibt es angesichts der seit Jahren stagnierenden Durchschnittstemperaturen etwas billiger. Die Mainstream-Medien, die noch vor Kurzem unisono vor der Klimaerwärmung warnten, sprechen nur noch vom Klimawandel, auch den Meeresspiegel, der zeitweise angeblich über 50 Meter ansteigen hätte sollen, erwähnt kaum noch jemand.
Aber kein Grund zur Panik. Denn das Reservoir an Katastrophen und Ängsten scheint unerschöpflich. Der durchschnittliche Mitteleuropäer, der dank Wohlstand, Wissenschaft, Schulmedizin, moderner Landwirtschaft, Lebensmittel- und Pharmaindustrie selbst bis ins immer höhere Alter gesund und vital bleibt, fürchtet sich vor einer Unzahl an Giften, Strahlen, Technologien, Lebensmitteln und Chemikalien. Für die wirklich gläubigen Ökos sind zudem auch Handys, Mikrowellen oder moderne Medizin oder Autos Teufelszeug.
Der politisch korrekte Mitläufer wird in dieser Öko- und Politik-Geisterbahn täglich unzähligen Gefahren, Katastrophen und Ängsten ausgesetzt. Das geht soweit, dass Deutsche und Österreicher angesichts des Fukushima-Zwischenfalls auf der anderen Seite des Erdballs in Panik gerieten. Vielen blieb angesichts der hysterischen Berichterstattung das Sushi im Hals stecken. Und als Japan vor kurzem die Olympischen Spiele für 2020 zugesprochen bekommen hat, war die erste Reaktion der deutschen und österreichischen Mainstream-Medien: Und was ist mit Fukushima? Soviel zu den Phobien und Ängsten der „Rechten“.
Für den gut dressierten politisch korrekten Untertanen ist mittlerweile jede Technologie, die komplexer als die ca. 4.000 Jahre alten Windräder ist, eine potentielle Gefahr für die Umwelt und unseren Planeten. Nicht gerade die beste Einstellung, um im globalen Wettkampf mithalten zu können. Die allgemeine Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit der Europäer wird fatale Folgen haben. Mit Psychotherapeuten, Streetworkern und Gender-Beauftragten wird es dauerhaft schwer sein, den Wohlstand in Europa zu erhalten.
Aber die Modernisierungsverlierer sind immer die anderen, die tumben „Rechten“, die mit den rezenten Entwicklungen nicht Schritt halten können. Das gilt allerdings nur solange, solange die europäischen Sozialstaaten all ihre politisch korrekten Handlanger mit Jobs in der Sozial-, Psycho-, Intergrations-, Bildungs- oder Asylindustrie versorgen können. Da trifft es sich gut, dass der gemeine Gutmensch von Ökonomie keinen blassen Schimmer hat, das erspart ihm seine Zukunftsängste. Dafür jagen ihm Gentechnik, Kapitalismus, Großkonzerne, CO2, Neoliberalismus, Eigenverantwortung oder Leistungsorientierung wohlige Schauer über den Rücken. Irgendwie lässt es sich mit den Ängsten vor weitgehend selbst erfundenen Gefahren doch leichter leben, man muss nur ganz fest die Augen vor den realen verschließen.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Ende Jänner erscheint sein neues Buch „Die Feinde der Freiheit“ (eBook/Kindle Edition).
Fritz Molden war in mehrfacher Hinsicht eine der größten Persönlichkeiten der Nachkriegszeit: als begeisterter wie kämpferischer Österreicher und als unbeirrbarer wie echter Liberaler, der seine Wurzel im kampfbereiten Katholizismus hatte, also im weitaus härtesten Gegner der nationalsozialistischen Okkupanten. Seine katholische Fundierung war für Molden völlig kompatibel mit seinem liberalem Denken (das ja nichts mit der Karikatur des Liberalismus zu tun hatte, wie er heute bei linken Gruppierungen wie dem Lif irrlichtert).
Moldens Haltung und seine Lebensgeschichte haben mich in vielen Gesprächen und Begegnungen tief beeindruckt. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass er als Unternehmer, Herausgeber oder Verleger letztlich angesichts zu weit gesteckter Ziele kaufmännisch praktisch immer gescheitert ist.
Seine ersten großen Verdienste hat sich Molden im katholischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus erworben. Er wurde damals in etliche lebensgefährliche Abenteuer verwickelt, über die er ebenso gut schreiben wie erzählen konnte. Verurteilungen und Lebensgefahr konnten ihn jedenfalls nie in seinem Glauben an Österreich ins Schwanken bringen.
Gerade in diesem überzeugten Glauben wurzelte sein Engagement für eine klar prowestliche Orientierung dieses Landes. Ihm war klar, dass es ein freies und unabhängiges Österreich angesichts der großen Bedrohung von seiten der "dank" Hitler nach Mitteleuropa vorgestoßenen Roten Armee nur mit aktiver Rückendeckung durch die USA und die CIA geben konnte. Das begreifen zwar manche der heutigen Linken und im Dienste der SPÖ stehenden Zeithistoriker nicht. Das ist aber bei historischer Betrachtung ganz eindeutig.
Gemeinsam mit seinem Vater hat Fritz Molden auch enorme Verdienste um den österreichischen Journalismus erworben. Die beiden waren die ersten – und lange die einzigen –, die an Parteien, Besatzungsmächten und Bundesländerkaisern vorbei unabhängigen Journalismus gemacht haben. Von Otto Schulmeister bis Gerd Bacher sind die interessantesten Köpfe dieser Branche durch seine Schule gegangen. Moldens Journalismus war fast automatisch ein liberaler – und er wurde wegen seiner geistigen Unabhängigkeit von allen Parteien vehement bekämpft.
Molden berichtete in unseren Gesprächen oft von den Problemen der Familie im Kampf um ein Wiedererscheinen der „Presse“ (sein Vater wählte nach dem Krieg sicherheitshalber diesen Ursprungstitel aus 1848, da der 1938 verwendete Name „Neue Freie Presse“ nach 1945 möglicherweise als „Deutsches Eigentum“ gesehen werden konnte, das dann vom sowjetischen Zugriff bedroht war. Hitler hatte ja 1938 das „Judenblatt“ sofort einstellen lassen). Insbesondere der SPÖ-Innenminister Helmer verhinderte lange durch Verweigerung von Papierkontingenten das Erscheinen der „Presse“.
Unkontrollierte Stimmen waren den Machthabern zutiefst suspekt. Auch die anderen Parteien blickten damals voller Abneigung auf die Moldenschen Zeitungen. Woran die Tatsache nichts änderte, dass Fritz Molden unmittelbar nach Kriegsende für die Regierung gearbeitet hatte.
Die „Presse“ steckte dann, als ihr Erscheinen von der Politik nicht mehr verhindert werden konnte, von Anfang an fast immer in ökonomischen Problemen. Aber solange sie unter Moldens Verantwortung erschien, hatte sie dennoch immer Distanz zu den Parteien und Machtträgern gehalten. Dass das später anders werden sollte, hatte dann mit Molden nichts mehr zu tun. Für ihn waren jedenfalls Medien völlig undenkbar, die politische Inserate und Kooperationen akzeptieren. Zu Moldens Zeit hatte die „Presse“ nicht einmal Partei-Inserate angenommen. Die heutigen verdeckten Bestechungen waren damals überhaupt undenkbar.
Zusammen mit seinem Bruder Otto hat Fritz Molden auch für die Schaffung des Forums Alpbach als geistigem Hort des jungen Nachkriegsösterreichs viel getan. Das Forum war damals zwar viel kleiner als das heutige Alpbach. Es war aber intellektuell unabhängig, was nicht nur aus Österreich, sondern ganz Europa absolut faszinierende Denker angezogen hat. Alpbach war noch kein steriles Regierungs-, Kommerz- und Proporzprojekt, das nur mit zahllosen Stipendiaten Relevanz simulieren kann.
Für die heutige politische Linkskorrektheit völlig undenkbar war Moldens großes Engagement für Südtirol. So wie für Gerd Bacher und Bruno Kreisky gilt aber auch in Hinblick auf Molden: Viele aufrechte Österreicher haben in den 60er Jahren ohne Zögern mit dem bombenlegenden Freiheitskampf der Südtiroler kooperiert. Niemand von ihnen hatte Zweifel, dass das der richtige Weg war. Und man sollte sie auch heute nicht haben: Hat doch der bombenlegende Freiheitskampf entscheidend zum Südtirol-Paket mit seiner weitgehenden Autonomie und dem Stopp der Zwangsitalianisierung geführt.
Freilich wurde damals aus Sicherheitsgründen über diese Kooperation mit dem Freiheitskampf nicht viel geredet. Zum Unterschied von den italienischen Carabinieri und von der Justiz der Besatzungsmacht haben die Südtiroler und ihre österreichischen Helfer auch eines immer beachtet: Sie haben strikt Menschenleben verschont. Die grässlichen Folterungen und Morde durch den italienischen Geheimdienst bleiben hingegen bis heute ein Makel in der europäischen Geschichte. Erst jetzt hat ein wichtiges Buch von Hubert Speckner neue Details zu all dem bekanntgemacht.
So wie sich Fritz Molden vor und nach 1945 für ein unabhängiges Österreich einsetzte, so engagierte er sich dann vier Jahrzehnte später auch vehement gegen die von der SPÖ lancierte internationale Diffamierung Kurt Waldheims. Diese hatte ja damals Österreich politisch schwer geschadet. Der Erfolg der Moldenschen Bemühungen (an denen unter anderen auch Hugo Portisch und Paul Lendvai teilnahmen) hielt sich freilich in Grenzen.
Neben dem Kampf gegen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seiner Zeitungen, seiner Druckerei, seines Verlages, die Fritz Molden zweifellos zum Teil auch selbst verschuldet hat, aus denen die Familie aber immer erstaunlich unbeschadet wiedererstand, gab es noch einen letzten politischen Kampf in seinem Leben: Den um die Bewahrung des Textes der Bundeshymne. Der stammte ja von seiner Mutter Paula von Preradovic. Diesen Kampf gegen linke Feministinnen hat Molden freilich wie so manche andere in seinem Leben verloren.
Bis dann schließlich nur noch die Kämpfe gegen vielerlei Krankheiten sein Leben bestimmten.
Umso mehr ist für die Nachwelt festzuhalten, dass Fritz Molden zusammen mit Franz Olah und Leopold Figl zu jenen drei Männern gehört, die zweifellos am meisten für dieses Nachkriegsösterreich getan haben. Es sind jene drei Männer, auf die man als Österreicher für die Epoche jener historischen Schnittstelle zwischen NS-Diktatur, kommunistischer Diktatur und Demokratie am meisten stolz sein darf. Hinter deren Lebensleistung muss bei jeder objektiven Betrachtung kleinliche Kritik an Randaspekten ihres Lebens verschwinden – die natürlich immer möglich ist.
PS: Vor allem Nachgeborenen ist das Lesen von Büchern Moldens sehr zu empfehlen. Denn Molden hatte nicht nur viel Historisches zu erzählen. Er hat es immer auch sehr spannend getan.
PPS: Mehr als erstaunlich blieb den ganzen Todestag über das Schweigen von Bundeskanzler wie Vizekanzler zum Ableben Moldens. Sitzen in deren Kabinetten nur noch zeithistorisch völlig ahnungslose Jungtussis und Jungbuben, wenn den beiden schon selber der Name Molden offenbar nichts sagt? Umso mehr: Hut ab vor dem Bundespräsidenten, der eine sehr ordentliche Würdigung verfasst hat (oder verfassen ließ).
Da bleibt einem der Mund offen: Die Wiener müssen selbst kräftig für die Propaganda zahlen, die ihnen die Meinung von Grün und Rot eintrichtern will. Das wird vor der Mariahilfer-Straßen-Abstimmung besonders deutlich. Zugleich wird bei dieser auch heftig mit der Fragestellung und dem Kreis der Wahlberechtigten manipuliert, die dabei abstimmen dürfen. Seltsam: Wenn ein Drittwelt-Staat auf öffentliche Kosten einseitige Wahlpropaganda zugunsten der Machthaber macht und unfaire Abstimmungszettel produziert, dann wird dieser Staat von den internationalen Wahlbeobachtern als undemokratisch und autoritär verfemt. Warum kommen solche Wahlbeobachter eigentlich nicht auch nach Wien?
Dann würde hier wohl manches rechtsstaatlicher ablaufen. Irgendwie fehlt ja nur noch, dass der Kreis, wo die Bürger des 6. und 7. Bezirks auf dem Stimmzettel der Meinung der Machthaber zustimmen sollen, deutlich größer und fetter gedruckt wird als jener Kreis, mit dessen Ankreuzen man Widerspruch wagt. Es genügt aber durchaus schon das an Manipulations-Strategien, was man bereits kennt, um zornig zu werden.
Wie jetzt offiziell zugegeben wird, wird der Steuerzahler – und nicht die Parteien – 850.000 Euro für die Kampagne der Gemeinde Wien zu zahlen haben, mit welcher er überzeugt werden soll, im Sinne von Rotgrün abzustimmen. Dazu kommen noch die nicht genau bezifferbaren Kosten der Propaganda in den direkt und indirekt rathauseigenen Medien, die das Mariahilfer-Straßen-Projekt mit Sicherheit ebenfalls breit bejubeln werden.
Das ist genauso, wie wenn vor Nationalratswahlen die Bundesregierung direkt dafür werben würde, die machthabenden Parteien zu wählen. Solche Aktionen würden bei Wahlüberwachungen durch die OSZE, die EU und andere internationale Beobachter zu scharfer Verurteilung führen. Österreich würde in die Nähe von Nordkorea oder Venezuela gerückt.
Es ist daher ziemlich schade, dass Bürgerbefragungen in Wien nicht von solchen internationalen Wahlbeobachtern besucht werden. Oder geht’s bei solchen Befragungen gar nicht um Demokratie?
Zusätzlich sind zu diesen Kosten ja auch noch zumindest Teile der fast 40 Millionen Euro dazuzurechnen, die Wien jährlich für Inserate und Kooperationen ausgibt, um die Haltung bestimmter Medien zu beeinflussen. Damit man sich eine Vorstellung von den Dimensionen machen kann: Allein dieser Betrag ist fast doppelt so viel, wie die drei ähnlich großen Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark für Inserate und Kooperationen ausgeben. Wohlgemerkt: zusammen.
Diese Kosten haben die Wiener Bürger jedenfalls ungefragt zusätzlich zu den schon bisher gemachten Ausgaben für die Mariahilfer-Straßen-Ideen der grünen Stadträtin Maria Vassilakou zu tragen. Die ständigen Umgestaltungen während der letzten Monate, die mehrfachen Linienänderungen des 13ers, die Aufbringung von Fahrbahnbelägen oder die Aufstellung von Verkehrszeichen: All das sind verlorene Kosten. Denn jetzt erst werden die Bürger befragt. Und dann erst kommt es zu den endgültigen Baumaßnahmen.
Auch die Fragenstruktur der Volksbefragung selber ist extrem problematisch und ein weiterer Anlass, nach internationalen Wahlbeobachtern zu rufen. Denn die Fragen sind so zusammengestellt, dass man die Antworten sehr beliebig interpretieren kann. Insbesondere droht, dass das Rathaus die Stimmen aller Umgestaltungsgegner für ungültig oder irrelevant erklärt, die nicht nur ein Kreuz gegen die Umgestaltung der Straße (pardon: „Verkehrsberuhigung“) machen, sondern auch ein solches dafür, dass Querungen für den Autoverkehr geöffnet werden sollen. Dieses gilt nämlich skurrilerweise als Unterstützung für das Vassilakou-Projekt. Diese Detailfrage nach den Querungen steht aber auf dem Stimmzettel absurderweise noch vor der prinzipiellen Frage nach der generellen Ablehnung von Umgestaltungen.
Diskussionswürdig ist auch der Kreis der Befragten: Denn es werden nur die Bewohner der beiden angrenzenden Bezirke befragt. Das ist gleich in mehrerlei Hinsicht bedenklich: Denn erstens müssen ja alle Wiener für die – mehrfachen – Umgestaltungen bezahlen. Es ist zweitens keine Straße so sehr von allen Wienern besucht worden wie die Mariahilfer. Drittens kann niemand objektiv erklären, warum ein Bewohner des 15. Bezirks, der in der Nähe des Westbahnhofs wohnt und der zwischen sich und dem Stadtzentrum immer die Mariahilfer Straße hat, nicht mitstimmen darf, jemand anderer aber schon, der auf der Lerchenfelder Straße wohnt und nie über die Mariahilfer gefahren ist.
Und viertens werden ausgerechnet jene Gruppen von der Befragung ausgeschlossen, welche eigentlich die allerwichtigste Rolle auf der Magistrale zwischen Museumsquartier und Westbahnhof spielen: Das ist der Handel, das sind die für die Attraktivität der Mariahilfer Straße sorgenden Kaufleute.
Diese Straße ist ja nicht nur Wiens weitaus wichtigstes Einkaufszentrum. Sie hat derzeit auch (noch) eine wichtige Funktion für ganz Mitteleuropa. Der Mariahilfer-Straßen-Handel sorgt in eindrucksvollem Ausmaß für die Gebühren- und Steuer-Einnahmen auch der Stadt Wien. Da ist es schon sehr erstaunlich, wie sehr die Wirtschaft da ignoriert wird, nur weil sich hier eine Radfahrerpartei verewigen will.
Wien hat jetzt schon den im Vergleich mit ganz Österreich weitaus größten Prozentsatz an Arbeitslosen. Eine Stärkung seiner Funktion als Einkaufsstadt wäre da eine dringend notwendige Gegenstrategie. Aber dieser Zusammenhang ist den heute herrschenden Rathausmännern offenbar egal. Sie schauen ruhig zu, wenn rund um Wien ein Einkaufszentrum und ein Outletcenter nach dem anderen entsteht, die Kaufkraft aus Wien abziehen, und ignorieren die Kaufleute auf der Mariahilfer Straße.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Es war knapp vor den letzten Wahlen: Da hatte sich Rot-Schwarz selbst berühmt, durch die neue Form der GmbH endlich nach Jahren ergebnisloser Diskussionen doch einmal etwas für die Förderung des Unternehmertums getan zu haben. Jetzt ist es wenige Wochen nach dieser Wahl: Da wird die GmbH light auch schon wieder weitestgehend abgeschafft. Ist da in dieser Koalition eigentlich noch irgendjemand Herr seiner Sinne?
Besonders ärgerlich: die Zertrümmerung der neugeschaffenen GmbH kommt heimlich, still und leise durch die Hintertür. Sie ist erst ganz am Ende des unendlich viele Steuerverschlechterungen enthaltenden Begutachtungsentwurfs des Finanzministeriums zu finden, der jetzt herausgekommen ist. Der ist ja schon an sich mit seiner Fülle an rein juristischen Bezügen und Rückbezügen absolut unleserlich und ein einziger Pflanz der Staatsbürger. Aber ansonsten hat sich bisher in keinem Koalitionspakt, in keiner der zahllosen Presskonferenzen der beiden Parteichefs auch nur ein Hinweis darauf gefunden.
Das ist es also offenbar, was sich diese Regierung als „Entfesselung“ vorstellt. Die wirklich wichtigen, aber schlechten Nachrichten stehen nur im Kleingedruckten. Und fallen daher den meisten Jorunalisten gar nicht auf, die nur die Erhöhung der Sektsteuer begreifen (wenn sie nicht ohnedies durch Regierungsinserate gekauft sind).
Zwar gibt es jetzt eine andere Restform einer erleichterten Gründung einer GmbH, für alle jene jungen Unternehmer, die keine 35.000 Euro haben (von denen die Hälfte bar einzuzahlen wäre). Aber diese Restform muss sich künftig erstens schon im offiziellen Namen selbst als Arme-Leute-Firma diskriminieren. Was ihre Marktchancen sicher gewaltig steigern wird. Und zweitens muss sie im Falle von Gewinnen einen Teil davon so lange ansparen, bis die volle GmbH-Dimension erreicht ist. Das heißt aber: Schlecht gehenden GmbH werden weiterhin die Gläubiger gefährden. Die gut gehenden werden aber viel weniger Geld für Investitionen und Marktoffensiven haben.
Eine „Entfesselung“ halt nach Politiker- und Bürokratenart. Unternehmerische Initiativen werden massiv gedämpft – und ohne dass das dem Staat auch nur einen Euro einbrächte. Offenbar hat sich da jetzt das Justizministerium gegen die Wirtschaftskammer durchgesetzt.
Gleichzeitig geht das neue Steuerpaket auch noch an anderen Fronten massiv gegen wirtschaftliche Aktivität vor. Vor allem wird die ebenfalls in der letzten Regierung hergestellte Einkommensteuer-Gleichstellung von Unternehmern mit Angestellten wieder abgeschafft. Das Arbeitnehmer-Privileg beim Jahressechstel war damals für die Unternehmer durch die Möglichkeit eines steuerschonenden Aktienkaufs kompensiert worden. Auch das fällt jetzt (oberhalb einer Mindestgrenze) wieder weg.
Und auch das wird gewiss zahllose weitere Österreicher motivieren, sich selbständig zu machen, dass sie die „Entfesselung“ künftig mit deutlich höheren Steuern zahlen müssen. Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen: Nach diesem Motto macht die Regierung Wirtschaftspolitik.
Weiterer Anschlag: Höhere Manager-Gehälter werden nun so arg bestraft, dass große internationale Konzerne dadurch nun endgültig ins Ausland vertrieben werden. Diese zahlen eben ihren Spitzenkräften solche für einen Normalsterblichen gewaltige Gehälter über 500.000 Euro, ob man das nun für gut findet oder nicht. Neben den Konzernen wird es natürlich auch die besten Leute (Manager, Künstler, Sportler) ins Ausland treiben, weil sie unverschämterweise Geld verdienen wollen. Für Österreich langen ja auch die drittbesten.
Auch hier wage ich zu wetten, dass die Maßnahme am Schluss weniger Euro bringen wird, als sie kostet. Aber es ist halt ein weiterer Fall, wo der rote Hass auf Besserverdiener mehr wiegt als die Vernunft.
Weitere Gustostückerln der nunmehrigen „Entfesselung“ sind etwa eine höhere Bankenabgabe, eine höhere Gruppenbesteuerung bei Konzernen oder deutlich höhere Abgaben für bessere Autos.
Hei, wie wird da das Wachstum angasen! Wie werden da Tausende nun neuen Mut fassen, in schwierigen Zeiten Unternehmer zu werden!
PS: Wer einen Aufschrei in der einstigen Wirtschaftspartei ÖVP vermisst, der sollte doch in die Provinz horchen. Dort sind die Lokalkaiser mit anderem beschäftigt, nämlich der Demolierung des Schulsystems (sie glauben nämlich, sich durch die tausendste Gesamtschulversuchs-Konstruktion noch weiteres Geld aus dem Bundes-Schultopf verschaffen zu können, und die eigenen Kinder in eine Gesamtschule zu bringen, wo weniger auffällt, dass sie nicht gymnasium-tauglich sind. Dieses letztgenannte Motiv wird zwar in den öffentlichen Statements verschwiegen, aber im ganzen Bundesland schon kolportiert). Wie kann man denn von denen erwarten, dass sie etwas für die Wirtschaft tun?
PPS: Interessant: Das mehrheitlich links regierte Italien entlastet zur gleichen Zeit massiv die Unternehmen. Es tut das trotz des Widerstands der Gewerkschaften gleich durch mehrere Maßnahmen, denen auf der Gegenseite nicht der in Österreich übliche gleichzeitige Griff in die Tasche der Wirtschaft gegenübersteht.
PPPS: Um die Dimensionen richtig zu verstehen: Die Schröpfaktionen beim österreichischen Steuerzahler, vor allem Unternehmer machen in Summe das Doppelte von dem aus, was die Ministerien beim Körberlgeld der einzelnen Minister (für Bestechungsinserate und so) einsparen müssen. Alle zusammen wohlgemerkt.
Das kirchliche Hartmannspital hat so ziemlich alle Grundsätze von Demokratie und Kirche verletzt. Seine jüngste Personalentscheidung hat jedenfalls absolut nichts mit der „christlichen Liebe“ zu tun, welche die Franziskanerinnen als Eigentümer unverfroren im Namen führen.
Sie haben den ärztlichen Leiter des Spitals gefeuert. Grund ist ganz offensichtlich die politische Betätigung des Arztes. Er ist Abgeordneter der Stronachianer und hat Äußerungen gemacht, die den möchtegern-progressiven Franziskanerinnen zu konservativ, zu sehr der bisherigen Haltung der Kirche entsprechend und zu wenig politisch korrekt sind. Dieser Arzt (Marcus Franz) hat nämlich Homosexualität und Kinderlosigkeit scharf als amoralisch kritisiert. Das ist sowohl für Demokratie wie Kirche dramatisch. Wie soll eine Demokratie funktionieren, wenn Arbeitgeber einen Volksvertreter gleich wegen einer unerwünschten Äußerung feuern? Wo ist da das christliche Eintreten für Freiheit und Demokratie? Darf man sich in der Franziskaner-Kirche jetzt überhaupt nur noch mit Sätzen wie „Hoch die Schwulen-Ehe!“ äußern, wenn man nicht seinen Job verlieren will? Hat der Terror der Political Correctness und des Caritas-Kommunismus jetzt auch schon die Spitäler erfasst? Absolut unfassbar.
PS: Ein Blick auf die Homepage des Spitals zeigt eine totale Ähnlichkeit zum Stalinismus: Binnen kurzem sind sämtliche Hinweise auf den Dr. Franz entfernt worden. Spurlos. Dagegen ist ein Putin fast schon ein Demokrat.
Die neue Familienministerin trennt sich von einigen Dummheiten ihres Vorgängers.
Sophie Karmasin hat nach ihren platten Einstiegsinterviews jetzt erstmals Inhaltliches von sich gegeben. Und da ist zumindest ansatzweise für die Familien Erfreulicheres zu hören, als es jemals bei Vorgänger Mitterlehner der Fall war. Vor allem positiv ist ihr Akzent auf „individuelle Konzepte“ bei der Kinderbetreuung. Das heißt, Karmasin will das zusätzlich beschlossene Geld für Kinderbetreuung nicht nur für die (teilweise ungenutzten) Horte und Kindergärten verwenden, sondern auch für Tagesmütter. Diese sind ein viel familiennäheres Modell, das in kleinen Orten sogar das einzig sinnvolle ist. Ebenso lobenswert ist ihre Betonung der Freiwilligkeit beim modischen Thema einer höheren Väterbeteiligung an der Erziehung. Die SPÖ und manche ÖVP-Sozialisten wollen ja Väter zwangsweise eine Zeitlang aus dem Job schicken. Manche werden nun sagen: Diese neuen Akzente sind ja eigentlich nur Kleinigkeiten oder eigentlich Selbstverständlichkeiten für Liberale. Ist schon richtig. Aber man freut sich dennoch, wenn einmal jemand gegen weitere Zwangsmaßnahmen und eine weitere Verstaatlichung von Kindern auftritt. Aufzutreten wagt. Sonst gibt es ja aus dieser Regierung ohnedies nichts Erfreuliches.
PS: Die Väterbetreuung für Kinder wächst seit vielen Jahren ganz freiwillig. Sie würde noch viel stärker wachsen, wenn die Sozialistinnen nicht ständig für die Reduktion der Vater-Kind-Bindung im Scheidungsfall kämpften.
Am Anfang hat kein Mensch gewusst, was alles passieren wird, als die Politik unter dem Druck apokalyptischer Propaganda vehement auf Solar-, Bio- und Wind-Kraftwerke zu setzen begann. Heute sind die Folgen klarer: Vor allem in den deutschsprachigen Ländern ist der Energiemarkt total verzerrt. Ein marktverzerrender Eingriff hat den nächsten ausgelöst; und der wieder weitere. Jetzt herrscht totales Chaos, und die EU-Kommission muss einschreiten. Aber niemand weiß, wie Österreich und vor allem Deutschland aus den vielen gut gemeinten, aber abgrundtief dummen ökologischen Selbstfesselungen entkommen können. Denn entweder gehen Hunderttausende Arbeitsplätze verloren oder die Alternativförderung kommt zu einem abrupten Ende.
Die EU-Kommission fordert nun eine Totalreform der deutschen Energiewende. Was automatisch auch für Österreich Auswirkungen haben wird. Dabei waren die deutschen Regierungen und insbesondere Angela Merkel jahrelang sehr stolz auf diese Wende. Sie hatten lange nicht gedacht, wie sehr diese ins Chaos führen wird.
Denn diese neuen Energiequellen haben alle eines gemeinsam: Sie sind in keiner Weise mit anderen Energieformen konkurrenzfähig. Sie wurden aber so heftig gefördert, dass daraus dennoch ein brillantes Geschäft wurde: für zahllose Bauern, die Solarpaneele auf die Dächer geschraubt haben; für die Holz- und Agrarindustrie, die Biokraftwerke beliefert; für die diversen Lobbyistenverbände; und für die Erzeuger von Solarmodulen – die anfangs noch europäische waren, jetzt aber fast ganz aus China kommen.
Diese neuen Lobbys sind so lautstark und mächtig geworden, dass eine schwache Politik sie kaum mehr zurückdrängen kann. Heute stehen längst nicht mehr nur ihre grünen Fanatiker hinter ihnen (und die Sozialdemokraten, die den Grünen fast alles nachplappern), sondern etwa auch viele konservative Parteien, die unter Druck der Forst- und Landwirtschaft stehen.
Die Alternativ-Lobbys haben schlauerweise durchgesetzt, dass sie auf viele Jahre (meist 15) garantiert überhöhte Abnahmetarife bekommen. Sie können in diesem Zeitraum jede Kilowattstunde zu Superpreisen ins Netz liefern, egal ob der Strom dort zu diesem Zeitpunkt von irgendjemandem gebraucht wird oder nicht. Wenn aber Wind beziehungsweise Sonne auslassen, beziehen sie in der Gegenrichtung selbst Strom – aber zu viel niedrigeren Preisen als zu ihrem Lieferpreis, obwohl genau dann ja Stromknappheit herrscht. Absurder geht’s kaum mehr.
Das Geld zur Finanzierung der ganzen Idiotie muss freilich irgendwoher kommen. Da die öffentlichen Kassen total leer sind, greift man den Konsumenten in die Tasche. Diese zahlen bei der Stromrechnung, aber auch bei Hausbetriebskosten steil gewachsene Gebühren. Viele Bürger haben aber dennoch bis heute nicht entdeckt, dass keine einzige politische Partei ihre Interessen vertritt, dass die Politik vielmehr ganz an den Fäden der Alternativ-Lobby hängt.
Was die normalen Konsumenten umso mehr trifft, als sich ein Teil der Strombezieher bisher sehr wohl von den diversen Ökoumlagen befreien konnte: nämlich viele Industriebetriebe, die besonders viel Strom brauchen. Sie konnten der Politik klarmachen, dass Hunderttausende Arbeitsplätze kaputt wären, wenn die Industrie die Ökoförderungen bezahlen müsste. Ist doch im Ausland – etwa den USA – Energie teilweise sogar deutlich günstiger geworden, hat also eine gegenteilige Entwicklung zu dem grün beherrschten Mitteleuropa genommen.
Vor allem in Deutschland sind auch immer mehr Betriebe von den Alternativ-Kosten befreit worden, die keineswegs in Konkurrenz mit dem Ausland stehen. Lokale Verkehrsbetriebe haben ja sicher keine internationale Konkurrenz. All das müssen die Konsumenten zusätzlich zahlen.
Jetzt ist es der EU zu blöd geworden: Sie tritt – erfreulicherweise – zum Schutz der gerupften Verbraucher an und bekämpft nun die unberechtigten und ungleichen Begünstigungen. Formal heißt das, dass die EU-Kommission nun ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eröffnet. Die Alternativ-Förderungen sind richtigerweise als verbotene Beihilfen identifiziert worden. Dieses Verfahren wird natürlich auch für Österreich große Folgewirkungen haben.
Dadurch drohen den privilegierten Betrieben nämlich massive Strompreis-Nachzahlungen und zumindest schrittweise Reduktionen der Rabatte. Das aber wieder wird bei den wirklich dem globalen Wettbewerb ausgesetzten Branchen dazu führen, dass in Deutschland und Österreich etliche Unternehmen zusperren müssen. In der Folge wird die Arbeitslosigkeit gewaltig zunehmen und Wirtschaftskraft wie Wohlstand werden zurückgehen.
Auswege aus dem Dilemma sind rar. Der einzige funktionierende wäre eine Wiederherstellung der Marktmechanismen und ein rasches Auslaufen der Ökostromförderungen. Aber gerade gegen diese Perspektive läuft die mediale und grüne Stimmungsmache jetzt schon auf vollen Touren. Sie wird von den profitierenden Lobbys heftig unterstützt. Das alles macht es den Regierungen doppelt schwer, den Weg zur Vernunft zurückzufinden.
Besonders absurde Folge der teuren Ökoförderung: Strom wird dadurch zu sonnigen und windigen Zeiten viel zu viel produziert. Er ist an den internationalen Strombörsen dann sehr billig. Bei starkem Überangebot ist sogar ein negativer Strompreis logisch. Da ja Strom an sich nicht gespeichert werden kann (es sei denn indirekt in den wenigen Speicherkraftwerken, die aber meist ohne ausreichende Leitungsverbindungen ganz wo anders liegen), muss er irgendwohin fließen, soll er nicht sämtliche Leitungen und Umspannwerke zerstören.
Das aber wieder macht sämtliche anderen Stromformen bis auf – ausgerechnet – die schmutzigen Kohlekraftwerke unwirtschaftlich. Dabei geht es vor allem um den Bedarf an beliebig hochfahrbaren Lückenbüßern. In Deutschland wie Österreich werden deshalb etwa hochmoderne und sehr saubere Gaskraftwerke dauerhaft außer Betrieb genommen. Womit neuerlich Geld verbrannt wird. Womit die billigen Stromspitzen in seltsamem Kontrast zur fehlenden Grundversorgung stehen.
In strengen Wintern (von denen wir ja vorerst zum Glück weit entfernt sind) sind plötzliche Strom-Blackouts daher viel wahrscheinlicher geworden. Diese drohen vor allem dann, wenn Deutschland die letzten Atomkraftwerke abgestellt haben wird. Und Österreich ist ohnedies schon längst ein reiner Strom-Importeur geworden – trotz seiner großen Wasserkraft-Möglichkeiten. Aber hier werden ja schon lange keine Kraftwerke mehr gebaut.
Der Kampf zwischen den Ökoprivilegienrittern und dem nur durch den Markt herstellbaren Prinzip der Gerechtigkeit wird in den nächsten Jahren zweifellos zu einer Determinante in Mitteleuropa werden. Er wird sowohl die politische wie auch die ökonomische Zukunft beherrschen.
Österreich hat die gleichen Probleme wie Deutschland, auch wenn es die Ökostromförderung nicht so stark ausgebaut hat wie die oft zu Extremen neigende Bundesrepublik. In Österreich scheint die Politik dafür jedoch noch viel mehr zu schlafen. Denn hier wurde vor Weihnachten einfach die Förderung für erneuerbare Energie in weitgehend gleicher Form weiter verlängert, ohne dass es eine öffentliche Debatte darüber gegeben hätte. Die garantierten Einspeistarife wurden lediglich um ein Prozent reduziert. Besonders absurd: Für Wind- und Biostrom wurde die Förderung diesmal sogar für zwei Jahre verlängert.
Der Ansturm auf diese Förderungen ist so groß, dass die dafür geschaffene Homepage nun schon zum zweiten Mal kollabiert ist. Daher musste auch der Ausschreibungs-Stichtag zweimal verschoben werden. Das ist in diesem Chaos zwar scheinbar nur eine Groteske am Rande. Aber bezeichnend. Denn die Alternativ-Lobby hat als Reaktion auf den Internet-Zusammenbruch umgehend eine „Entdeckelung“ der Förderungen gefordert. Das heißt auf Deutsch: Die Lobby verlangt nun sogar die Subventionierung einer absolut unlimitierten Zahl an Solar- und Windanlagen. Es soll für ihren Griff in die Taschen der Konsumenten überhaupt kein Limit mehr geben.
Eine Reform der österreichischen Fehlanreize ist auf Grund der jüngsten politischen Beschlüsse jedenfalls erst 2016 möglich. Frühestens. Denn die Grünen und die profitierenden Lobbies wie etwa der Raiffeisenkonzern werden auch dann wieder mit Riesenpropaganda und der gesamten Medienorgel an der Seite ihre Millionen-Schäfchen ins Trockene zu bringen versuchen.
Immerhin sind dabei Renditen von bis zu zehn Prozent zu erzielen! Während jeder Durchschnittshaushalt ihren Profit über die sogenannten Netzentgelte mit Beträgen subventionierten muss, die zwischen 60 und 80 Euro liegen. Jährlich.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Eine interessante Begründung gibt es für den nunmehr zweiten und damit rechtskräftigen Freispruch für den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly.
Dass es bei Waffengeschäften verdeckte Konsulenten gebe, sei an sich nicht anstößig, stellte das Wiener Oberlandesgericht nun klar. Dem Gericht geht es „zu weit", generell Zahlungsflüsse über solche Berater als kriminell zu bezeichnen. Das ist ein wichtiges Urteil, um die in den letzten Jahren total neurotisierte Stimmung rund um jeden Konsulenten und jedes Waffengeschäft zu entkrampfen. Das ist zugleich zum zweiten Mal eine blutige Nase für die Wiener Staatsanwaltschaft, deren Verhalten ja nicht zum ersten Mal den Anschein einer parteipolitischen Schlagseite hat. Der Verdacht gilt insbesondere der Einstellung der Verfolgung der Herrn Faymann und Ostermayer, die ja parteipolitisch motivierte ÖBB- und Asfinag-Inserate an den zuständigen Vorständen vorbei vereinbart hatten. Bei ihren Taten fehlt im Gegenzug zur Causa Mensdorff kein einziges Indiz in der Kette. Sehr wohl aber fehlt noch immer eine öffentliche Begründung für diese Verfahrenseinstellung, die noch die letzte Ministerin verlangt hatte! Glauben die Staatsanwälte gar, sich das angesichts des neuen Ministers zu ersparen, weil der einst Faymann zum Klienten hatte? Und ist es nicht etwas seltsam, dass ausgerechnet in ihren Reihen gleichzeitig das Verlangen besonders laut ist, weisungsfrei gestellt zu werden?
Der EU-Abgeordnete Ewald Stadler wird zu den Wahlen zum europäischen Parlament im Mai antreten, und zwar mit einer neu gegründeten Partei, den „Reformkonservativen“, kurz: REKOS. Obwohl er diesmal fest entschlossen war, endgültig aus der Politik auszusteigen und sich ganz seinem Beruf als Anwalt sowie seiner achtköpfigen Familie zu widmen, ist es einer Gruppe größtenteils neuer Mitstreiter gelungen, ihn zu einem letzten Versuch zu motivieren, eine authentisch konservative Kraft in Österreich zu etablieren.
Die Voraussetzungen waren selten so gut. In vielen Ländern Europas ist der Stern der Linken derzeit im Sinken und Konservative sind auf dem Vormarsch. Umfragen und Wahlergebnisse zeigen das ganz deutlich. Rund um Ewald Stadler, einen der bekanntesten und profiliertesten Konservativen in diesem Land, hat sich in den vergangenen Wochen eine stark motivierte Gruppe vor allem junger, politisch unverbrauchter Leute gebildet, die bereit sind, am Aufbau dieser neuen Bewegung mitzuarbeiten.
Außerdem bietet diese EU-Wahl eine einmalige Chance. Mit seiner Unterschrift kann der EU-Abgeordnete Stadler das Antreten der neuen Partei ermöglichen, ohne Unterstützungserklärungen sammeln zu müssen, und wird auch an den wichtigsten TV-Diskussionen teilnehmen.
Auch die politische Lage ist nicht ungünstig. Durch das in allen Parteien zu beobachtende zunehmende Abdriften nach links tut sich im wertkonservativen und marktwirtschaftlich orientierten Wählersegment ein immer weiter wachsendes politisches Vakuum auf. Immer größer wird die Zahl derer, die nach einer bürgerlichen Alternative suchen. Es sind jene Wähler, denen die ÖVP mittlerweile zu lasch und die FPÖ zu rabaukenhaft geworden ist und die die Neos als das erkennen, was sie wirklich sind, nämlich die temporäre Wiedergeburt des pseudoliberalen, in Wahrheit aber weit links stehenden LIF.
Ich hatte in den vergangenen Wochen oft Gelegenheit mit Ewald Stadler zu sprechen. Wer ihn gut kennt, weiß, dass es ihm immer darum gegangen ist – in welcher Partei oder welchem politischen Rahmen auch immer – seinen christlich geprägten konservativen Wertvorstellungen, die von weit mehr Menschen geteilt werden, als es die Linken gerne darstellen, eine öffentliche Plattform zu geben. Das war in der Vergangenheit nicht immer möglich. Deshalb, denke ich, war es die richtige Entscheidung, es nun mit einer neuen Partei zu versuchen.
Die REKOS bekennen sich zur christlichen Werteordnung, zu den Traditionen des Abendlands, zur staatstragenden Funktion der Familie und zum freien Eigentum in einer freien Marktwirtschaft. Sie wollen, ohne sich das Blatt der „Political correctness“ vor den Mund zu nehmen, jene konservativen Werte vertreten, die heute in den – größtenteils linken – Medien nur noch marginal Gehör finden.
Auch wenn uns der politische Mainstream in eine andere Richtung bewegen will, so gibt es doch eine große Zahl von Menschen in diesem Land, für die die traditionellen Werte nach wie vor einen hohen Stellenwert haben – und auch eine wachsende Zahl junger Leute, die erkannt haben, dass uns die linke Gesellschaftspolitik in zunehmende Unfreiheit und die linke Wirtschaftspolitik in den finanziellen Ruin führt. Viele konservativ eingestellte Wähler vermissen mittlerweile bei der ÖVP ein klares Bekenntnis zu ihren eigentlichen Grundsätzen; viele können auch mit Straches linker Wirtschaftspolitik nichts anfangen und fühlen sich auch aus anderen Gründen von der FPÖ nur minimal oder gar nicht angezogen.
Bei der kommenden EU-Wahl wollen die REKOS den Grundstein für eine neue konservative Politik in Österreich legen. Soweit ich im Rahmen meines bisherigen Engagements erfahren konnte, gibt es auch hervorragende Kontakte zu anderen Kräften in Europa, mit denen nach der Wahl eine Zusammenarbeit möglich sein wird, sodass in Zukunft unsere Standpunkte hoffentlich auch im EU-Parlament mehr Gehör finden werden.
Die REKOS wollen Reformen auf Basis konservativer Werte. Im EU-Wahlkampf wird vor allem der Kampf gegen die sozialistischen und zunehmend totalitären Aspekte der Europäischen Union im Vordergrund stehen. Sie wollen eine EU, die sich auf den Abbau von Zöllen, die Wahrung des Binnenmarkts und die vier Grundfreiheiten beschränkt; ein Europa der souveränen Vaterländer, die auf freiwilliger Basis in verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten.
Sie sagen Nein zu einer EU, die sich als politische Union versteht und sich in zu viele Bereiche einmischt.
Durch klare und unmissverständliche Botschaften wollen die REKOS dem Begriff „konservativ“ wieder zu seiner eigentlichen Bedeutung verhelfen. Sie wollen in allen Bereichen konsequent antisozialistische Positionen vertreten und auf den Grundlagen der Tradition, der individuellen Freiheit und der natürlichen Bindung an Familie und Heimat einen neuen politischen Zufluchtsort für die vielen enttäuschten bürgerlichen Wähler in Österreich bilden.
Ich bin aus diesen und vielen anderen Gründen voller Begeisterung und Zuversicht, dass dieses Projekt erfolgreich sein wird. Deshalb engagiere ich mich für die REKOS und möchte alle anderen dazu motivieren, das auch zu tun.
Alexander Tschugguel (20 Jahre, Wiener) ist Student der Geschichte und Mitarbeiter der REKOS.
Stolze Leistung: Der ORF-Fernsehen übertrifft seine eigenen Infamien immer noch weiter. Das zeigt es an einem einzigen Tag gleich zu drei innenpolitischen Themen.
Erstens: Der Staatssender berichtet minutenlang und an sich durchaus zu Recht über das Finanzdebakel in Schwechat. Nur: Das dabei politisch weitaus wichtigste Faktum verschweigt er im ganzen Beitrag jedoch total (und in der Moderation des Armin Wolf natürlich sowieso). Das ist die Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters und der großen Mehrheit im Gemeinderat. Da müsste man nämlich die SPÖ negativ erwähnen. Das tut man im ORF lieber nicht.
Zweitens: Dafür wird in beiden ZiB prominent über einen angeblichen Zwist in der ÖVP berichtet, und zwar nur weil der Vorarlberger Landeshauptmann Wallner halt wieder einmal mehr Bundesgeld für seine Gesamtschul-Projekte verlangt hat. Das klang dann so, als ob die ganze ÖVP ausgerechnet wegen der Aussagen eines Herrn Wallner schwer erschüttert worden wäre (wobei ja dessen bisher einzige Leistung eine arge Wahlschlappe gewesen ist, die ihm nicht gerade bundesweites Gewicht gegeben hat). Motiv ist natürlich, dass sich die ORFler dabei wieder als Speerspitze von Rotgrün und deren Zwangsgesamtschul-Projekt betätigen können. Daher wird auch bei Wallners Gesamtschulliebe das Wichtigste verschwiegen (was sonst bei einem Bürgerlichen an eine große Glocke gehängt würde): Das ist die vernichtende Kritik des Rechnungshofs an den Kosten der Gesamtschulen, an denen sich Vorarlberg „als Vorreiter“ bereichert hat. Vernichtend heißt es in dem RH-Bericht zu Vorarlberg: Das Land „hielt die Vorgaben für die Genehmigung der Modellversuche nicht ein“. Interessiert aber nicht, wenn es ein linkes Projekt ist.
Drittens: Auch die Grünen kommen breit vor. Die natürlich positiv. Und zwar – man glaubt es nicht – nur, weil sie eine parlamentarische Anfrage gestellt haben. Das tun andere Parteien hunderte Male im Jahr, ohne deswegen jemals im ORF erwähnt zu werden. Thema der Anfrage war die jüngste Burgtheater-Finanzaffäre. Hier hat das Radio-Mittagsjournal vorgezeigt, wie es eigentlich gehört: Es hat statt über die dabei völlig irrelevanten Grünen zu berichten, den Hauptakteur interviewt, den Bundestheater-Chef. Seither wissen wenigstens die Radiohörer, worum es geht.
Das Fernsehen ist wirklich nur noch ein rotgrüner Propagandasender ohne jede journalistische Qualität. Und es zeigt auch keinerlei Besserungsabsicht. Denen ist total egal, dass sie auch im abgelaufenen Jahr bei den Marktanteilen weiter steil abgestürzt sind. Trotzdem darf man nicht aufhören, den ORF zu geißeln, solange wir Zwangsgebühren zahlen müssen.
Der tragische Unfall des Ex-Rennfahrers Michael Schumacher löst weltweites Entsetzen und Mitgefühl aus. Dem kann man sich nur anschließen. Eigentlich sollte er aber auch eine Diskussion über zwei Fragen auslösen.
Die eine lautet: Was ist eigentlich mit den Tausenden andere Skifahrern, die alpenweit ebenfalls nach Skiunfällen verletzt werden, und vor allem jenen Hunderten, die dabei lebenslange Schäden bis hin zur Totallähmung erleiden? Sind auch in all diesen Fällen Polizei und Staatsanwälte genauso massiv und penibel dahinter, jedes Detail zu prüfen? Suchen sie genauso intensiv, ob sich nicht doch noch ein Schuldiger findet, etwa jener Mann, der eine Skibindung eventuell nicht exakt eingestellt hat?
Ganz gewiss nicht. Von Frankreich über die Schweiz und Italien bis Österreich gibt es bei anderen Unfällen ein viel reduzierteres Behördenengagement. Das ist ärgerlich. Juristische Genauigkeit kann keine Funktion der Zahl von Presseberichten oder Menschen sein, die Anteil nehmen.
Die zweite Frage ist ebenfalls eine für die Obrigkeit unangenehme. Und zwar für die deutsche. Das ist die Frage, warum Michael Schumachers mit seiner deutschen Frau und den Kindern eigentlich seinen Wohnsitz in der Schweiz hat. Immerhin war er für viele ja jahrelang „der“ deutsche Paradesportler ohne Allüren.
Die gleiche Frage sollte man sich auch beim Russen Michael Chodorkowski stellen. Auch dieser Mann, der einst der reichste Russlands gewesen ist, bevor er Machthaber Putin zu eigenständig geworden war, ist jetzt sehr bald nach seiner Freilassung mit nur einem kurzen Zwischenstopp in Deutschland mit seiner Familie in die Schweiz gezogen (beziehungsweise zu dieser). Dabei hatte sich niemand so wie die deutsche Regierung und Hans-Dietrich Genscher für Chodorkowski eingesetzt.
Diese Frage richtet sich aber nicht gegen die beiden wichtigsten Michaels der letzten Wochen. Sie sollte vielmehr in Deutschland selbst intensiv diskutiert werden. Und genauso in Österreich, auch wenn die beiden Männer primär zu Deutschland Anknüpfungspunkte haben. Denn sie sind keineswegs die einzigen Spitzenverdiener, Sportler, Künstler oder Großinvestoren aus diesen beiden Ländern, die nicht in ihrem Heimatland den Wohnsitz haben, sondern etwa in der Schweiz, Australien oder Monaco.
Für die Klärung dieser Frage muss man dem jetzt im Koma liegenden Schumacher besonders dankbar sein. Denn er hatte – natürlich zu gesünderen Zeiten – offen davon gesprochen, dass er ein „vernünftiges Steuerabkommen“ mit der Schweiz abgeschlossen hat. Wörtlich: „In Deutschland sind sie ja selber dumm, wenn sie mir kein Angebot machen und dafür gänzlich auf meine Steuergelder verzichten.“
In der Schweiz hat man generell niedrigere Steuersätze. Dort gibt es bei guten Verdienern, so wie etwa eben auch für die Familie Schumacher, oft sogenannte „Pauschalsteuern“. Dabei wird von vornherein ein fixer Steuerbetrag ausgemacht, also eine jährliche Geldsumme an Einkommensteuer, kein Prozentsatz. Das nützt der Schweiz – die damit viele Spitzenverdiener wie Schumacher überhaupt erst ins Land zieht –; das nützt aber natürlich auch diesen selber.
Das mögen manche als Steuerflucht kritisieren. Das ist aber auch auf Seite von Schumacher & Co durchaus legitim. Denn gerade Schumacher selbst hat in keiner Weise moralisch bedenklich gehandelt: Hat doch gerade er freiwillig Millionen für edle Zwecke gespendet. Aber eben freiwillig und nicht von einer politisch-bürokratischen Klasse dazu gezwungen (die dann vor allem einmal sich selbst bedient).
Das einzig Unmoralische sind die Staaten. Denn sie pressen nach Vertreibung der Reichen den Mittelstand aus, also alle jene, die trotz allem lieber in ihrer Heimat bleiben, oder für die sich eine teure Übersiedlung in steuerschonende Länder (noch) nicht auszahlt. Die Hochsteuer-Staaten müssen als Folge die Sätze für diesen verbleibenden Mittelstand umso schärfer anziehen, je mehr Spitzenverdiener sie vertreiben. Sonst würden ihnen die Budgeteinnahmen zu steil absacken. Derzeit erlebt insbesondere Frankreich die Folgen einer solchen teuflischen Spirale in den Untergang.
Es ist übrigens kein Zufall, gerade in jenen Stunden an solche Entwicklungen zu denken, da die österreichische Regierung ein ganzes Paket an weiteren Steuererhöhungen beschließt. Sie holt sich damit eine weitere Milliarde Euro, die in einem immer wahnwitziger werdenden Bürokratie-, Förderungs- und Wohlfahrtssystem versickern. Und da ist es ein geringer Trost, dass die noch viel extremeren Steuererhöhungspläne von Rot und Grün noch nicht verwirklicht worden sind.
Das Rathaus hat seinen Bericht über problematische Straßennamen fertig.
Die Genossen wissen zwar noch nicht so recht, was sie damit tun sollen. Aber die in Wien ja besonders links stehenden Grünen werden jedenfalls über jeden dieser Namen – von Paula Wessely bis zum Opernsänger Manowarda – zu stänkern beginnen. Haben sie sich doch schon beim Lueger-Ring durchgesetzt. Nun: Kein Zweifel, dass sich viele der Genannten in der Nazi-Zeit einem Verbrecherregime angedient haben, dass es üble Antisemiten gegeben hat. Künstler waren freilich nur selten politisch intelligent (siehe etwa die heutigen Umtriebe an manchen Kunstunis). Aber wenn man mit dem historischen Aufräumen beginnt, dann müssen endlich genauso alle belasteten Sozialisten drankommen. Dazu gehört nicht nur ein Karl Renner mit seinem massiven Antisemitismus, sondern auch all jene, die sich noch 1945(!) für einen „Anschluss“ ausgesprochen haben; die 1927 und 1934 selbst zur Gewalt gegriffen haben; die in einem offiziellen Parteiprogramm die „Diktatur(!) des Proletariats“ verlangt hatten (wenige Jahre, nachdem diese in der Sowjetunion ausgerufen worden war!), die heute ihren aggressiven Antisemitismus nur notdürftig als Antizionismus tarnen. Das aber muss dann nicht bloß eine von Parteigenossen kontrollierte Kommission diskutieren, sondern eine wirklich unabhängige.
PS: Gäbe es noch einen Wissenschaftsminister, hätte der da einen großen Forschungsauftrag zu vergeben.
Ist Chuzpe ein ungarisches Wort?
Die Budapester Regierung betreibt neuerdings zwei Ziele gleichzeitig: Erstens hat sie allen Österreichern, die in Ungarn Agrarböden aufgekauft haben, offen den Kampf angesagt und will möglichst viele von ihnen hinausdrängen. Zweitens aber kauft sie nun – mit staatlichen Geldern! – in Rumänien, primär: Siebenbürgen landwirtschaftlichen Grund auf; wobei Budapest ganz offen großungarische Motive nennt. Fällt da in Ungarn niemand die groteske Diskrepanz zwischen dem einen und dem anderen Verhalten auf? Denkt man dort am Ende wieder so wie in den 30er Jahren (oder noch immer)?
PS: Erstmals, seit es das Tagebuch gibt, muss übrigens Rumänien selbst gelobt werden, das bisher immer nur als ein Herd der Korruption, altkommunistischer Seilschaften und übler Geschäftemacher erschienen ist: Trotz heftigen Drucks der Regierung haben sich die dortigen Gerichte nämlich nicht beirren lassen und den ehemaligen Regierungschef Nastase endgültig zu einer Haftstrafe verurteilt, der ja alle diese Eigenschaften in sich vereinigt.
Amerika diskutiert intensiv über die neue Chefin der Notenbank. Es tut das zu Recht.
Viele Experten sind besorgt, dass nun wieder eine deklarierte Anhängerin des fast ungebremsten Druckens frischer Dollar zur Staatsfinanzierung Chefin der mächtigen Fed ist. Sie sind zu Recht besorgt. Und ebenso zu Recht wird fast nirgendwo über einen anderen Aspekt diskutiert, der hierzulande mit Sicherheit im Vordergrund gestanden wäre: Nämlich dass Janet Yellen eine 67-jährige Frau ist. Sie ist damit zu Amtsbeginn schon sieben Jahre älter, als hierzulande nach dem Willen der Sozialdemokraten das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen beträgt. Und fast ein Jahrzehnt älter als das reale Antrittsalter hiesiger Frauen. Wenn man nicht annimmt, dass Amerikanerinnen prinzipiell gesünder sind und nur deswegen ganz selbstverständlich in diesem Alter noch arbeiten, dann beweist das besonders anschaulich die antiquierte Haltung der heimischen Sozialdemokraten und Feministen. Die uns wohl noch teurer kommen wird als Amerika das Dollardrucken.
Wenn Frauen in Politik oder Wirtschaft mehr Macht bekämen, werde alles gut oder zumindest besser. Das trichtern uns Feministen und sonstige rotgrüne Gutmenschen ja fast täglich ein.
Man sollte sie alle nach Bangladesch schicken. In jenem islamischen Land werden seit langem sowohl Regierung wie auch Opposition jeweils von einer Frau geführt. Das Ergebnis? Erbitterte Feindschaft zwischen den beiden Nachlassverwalterinnen des ermordeten Gatten beziehungsweise ermordeten Vaters; totale Gesprächsverweigerung, die höchstens hie und da durch einen Streit unterbrochen wird; ein Boykott der jetzt von der einen veranstalteten Wahl durch die Partei der anderen; und allein 2013 mehr als 500 Tote bei den fast täglichen Konflikten zwischen den jeweiligen Parteigängern. Ob die nach Bangladesch Geschickten auch nachher noch an die Frauen als bessere Menschen glauben?
PS: Natürlich sind auch Männer keine besseren Menschen. Aber Witwen-Fortbetriebe sind fast immer besonders problematisch.
Im allgemeinen Schock über Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung ist in den letzten Wochen die Opposition ganz in den Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Dabei wenden sich derzeit eigentlich viele Blicke der Bürger insgeheim hoffnungsuchend auf die Nichtregierungsparteien. Dabei sitzen erstmals vier solche im Parlament. Dabei sind dort erstmals in der Geschichte gleich zwei neue Parteien eingerückt. Besondere Euphorie löst aber der Blick auf die vier Oppositionsparteien vorerst nicht aus.
FPÖ und Grüne setzen ihr bisheriges Verhalten nahtlos fort. Das heißt: Während die Freiheitlichen fast ganz außerhalb des Scheinwerferlichts agieren, nur in Wahlkämpfen starke Präsenz zeigen, aber dennoch bei Umfragen zulegen, finden die Parolen der Grünen zwar ständig Wiederhall in den Medien, wo sie ja überproportional viele Sympathisanten haben. Besonderes Interesse lösen sie damit aber nicht aus.
Auf relativ mehr Aufmerksamkeit stoßen naturgemäß die beiden neuen Parteien im Parlament. Aber es ist für die meisten Österreicher auch lange nach dem Abzug der Wahlkampfnebel noch immer erstaunlich schwierig herauszufinden, wofür die eigentlich stehen. Oberflächlich entsteht der Eindruck, dass es ihnen zu genügen scheint, ständig die Regierung zu kritisieren.
Beim Team Stronach hat lange überhaupt ein einziger Aspekt dominiert: Noch nie ist eine Partei – vom Parteinamen angefangen – so absolutistisch auf einen einzigen Mann an der Spitze orientiert gewesen, ohne dass man dahinter irgendeine echte Substanz oder eine andere Persönlichkeit entdecken konnte. Jeder Halbsatz von Stronach war ehernes Gesetz. Und ausgerechnet dieser Mann hat sich nun nach der Wahl desinteressiert von Politik und Partei abgewendet. Ein enttäuschendes Wahlresultat und die Perspektive von fünf Jahren frustrierender Oppositionsrolle haben Frank Stronach jede Lust auf Politik geraubt. Da sind ihm junge Frauen und schnelle Pferde offensichtlich viel wichtiger.
Was bleibt von diesem Team, wenn Stronach wie angekündigt bald ganz weg ist? Wenn er also nicht mehr wöchentlich irgendwelche Mandatare wegen eigentlich unklar bleibender Delikte ausschließt (was ja meist die einzige Meldung aus seinem Team war)? Dann bricht wohl zwangsläufig ein Vakuum aus. Dann wird sich noch stärker zeigen, dass den Einladungen des Austrokanadiers fast nur positionslose Adoranten und dubiose Glücksritter gefolgt sind. Für die war Stronachs Geld oberste Ideologie. Die wenigen Außenseiter mit ein wenig mehr Substanz werden wohl auch künftig Außenseiter bleiben.
Ringsum scheinen ein konsistentes inhaltliches Profil oder Führungseigenschaften völlig zu fehlen. Dementsprechend sind die Umfragewerte für die Stronachianer tief in den Keller gestürzt. Letzte Hoffnung für sie ist jetzt schon skurrilerweise Stronachs Abgang: Vielleicht zeigt sich wenigstens dann mehr Substanz in seiner Verlassenschaft, als man bisher sehen konnte.
Vielleicht bilden sich aber auch aus den wenigen relevanten Parteigängern Stronachs zusammen mit zornigen Dissidenten der Regierungsparteien neue Gruppierungen. Die könnten immerhin bei der nächsten Wahl den Vorteil nutzen, dass sie aus dem Parlament heraus antreten. Das hilft. So kann ja etwa auch ein Ewald Stadler auf EU-Ebene seinen bestehenden Abgeordneten-Status nun in der dritten politischen Partei seiner Karriere nutzen. Jeder von außen neu antretende Kandidat hat es da hingegen viel schwerer.
Ganz anders als die Stronachs haben die Neos seit dem Wahltag an Sympathien gewonnen. Das heißt freilich nicht, dass die Sympathisanten inzwischen schon eine klare Neos-Idee sehen würden. Ganz im Gegenteil. Der Wortschwall von Parteiführer Matthias Strolz klingt zwar auf Grund seiner Vorarlberger Färbung sympathisch, aber inhaltlich vernebelt er oft mehr, als er sagt.
Daher können viele in die Neos jeweils ihre unterschiedlichen subjektiven Erwartungen hineinprojizieren. Auch wenn das Nebulose an Strolz taktische Absicht sein sollte, spüren die Menschen doch, dass die Neos so wie die Stronachs eigentlich eine sehr diffuse Partei geblieben sind.
Dennoch kann man mit tiefergehender Analyse aller bisher gemachten Sachaussagen beide Gruppierungen doch ein wenig deutlicher zuordnen. Die Stronachs stehen in den Grundpositionen ihres Parteigründers dem klassischen Liberalismus sehr nahe. Nur zeigt sich dort bisher nach der Epoche der knappen Überschriften des Parteigründers eben niemand, der diesen Liberalismus fundiert mit Inhalten füllen könnte.
Und was sind die Neos? Auch ihr Erscheinungsbild wird von den eigenwilligen und des Öfteren erstaunlichen Auftritten des Parteigründers dominiert. Inhaltlich entpuppen sie sich aber zunehmend als eine generationsspezifische Weiterentwicklung der Grünen minus deren Antikapitalismus und Wurzeln im Neomarxismus.
Beim Pensionsthema sind die Neos sicher am erfreulichsten und auch konkretesten unterwegs. Sie wenden sich da klar gegen ein Pensionssystem, das die jüngere Generation einseitig belastet. Diese Position hatte zwar zeitweise auch die ÖVP. Aber die Schwarzen haben sie dann in Wahlkämpfen, unter dem Kompromisszwang von Koalitionen mit SPÖ (und früher Blau/Orange), auf Verlangen der populistischen Landesfürsten und auf Wunsch des ÖAAB regelmäßig wieder aufgegeben. Das lässt bei diesem zweifellos dominanten wirtschaftspolitischen Thema den Neos viel Profilierungsmöglichkeit.
Ansonsten bieten sie in Sachen Wirtschaftsliberalismus noch etliche weitere gute Ansätze (zum Beispiel: Einsatz für Privatisierungen, Kritik am Kammerzwang, weniger Staat, weniger Steuern). Man findet aber dabei (noch?) nirgendwo wirklich in die Tiefe gehende und ausgefeilte Substanz, mit der die Neos relevant würden. Bis auf die Kritik am Kammerzwang hat man diese Positionen auch alle schon in ÖVP-Programmen gelesen. Umgesetzt wurden sie freilich von der Volkspartei nur – teilweise – unter Schwarz-Blau.
Tatsache ist auch, dass Parteichef Strolz nicht gerade ein Experte in Sachen Wirtschaftspolitik ist. Und ein – vorsichtig ausgedrückt: umstrittener – Baulöwe mit Sympathien für 80prozentige Steuersätze war dann vielleicht auch nicht die allerbeste Wahl, um dieses Manko zu übertünchen.
Einen auffälligen Kontrast zu diesem Wirtschaftsliberalismus bildet die Tatsache, dass die Neos außerhalb der Wirtschaftspolitik in fast allen gesellschaftspolitischen Fragen weit links stehen. Bisweilen finden sie sich sogar links von den Grünen.
Beim Thema Christentum etwa überholen Neos-Politiker diese an Aggressivität. Gleich zwei Neos-Abgeordnete (Alm und Scherak) sind politische Speerspitzen der Kirchenbekämpfung geworden, während sich die Grünen bei diesem Thema in letzter Zeit ja ein wenig einzubremsen versuchen.
Die zweifellos gerade für eine liberale Gruppierung, als die sich manche Neos sehen, jedenfalls viel notwendigere kritische Auseinandersetzung mit der rigiden Realität des Islam auf der einen Seite und mit der Meinungsdiktatur der Political correctness auf der anderen Seite fehlt hingegen völlig. Im Gegenteil, die Neos sind durchaus für staatliches Einschreiten gegen „Homophobie“ und „Rassismus“. Das sind aber genau jene undefinierten Schlagworte, mit deren Verwendung gegen unliebsame Menschen die Linke europaweit massiv die Meinungsfreiheit einzuschränken versucht.
Eine gesellschaftspolitisch linke Position der Neos zeigt sich auch beim Thema Schule: Dort vermeiden sie zwar artistisch das unpopuläre Wort „Gesamtschule“; sie bekennen sich aber ständig emphatisch zum Wort „gemeinsame Schule“. Das ist skurril. Denn beide Worte bedeuten in der Bildungsdiskussion haargenau dasselbe.
Damit ist die Bildungspolitik der Neos natürlich nicht liberal, sondern eine verkappte Unterstützung für die sozialdemokratischen Zwangsgesamtschul-Ideen aus den Zwanziger Jahren. Dabei würde ja das Verlangen der Neos nach mehr Schulautonomie an sich erfreulich positiv klingen. Aber wenn sie gleichzeitig die Schulen zwingen wollen, „gemeinsame Schulen“ zu sein, ist die Autonomie nur eine Propagandafacette, die sich dann in marginalen Fragen erschöpfen muss, etwa ob der Schulbeginn um 8,00 oder 8,30 Uhr ist.
Dass die Neos in Sachen Bildung nur die grünen Parolen nachplappern, zeigte sich auch bei der Strolz-Formulierung: „Bildung wird in Österreich vererbt. Das ist eine Schande.“ Diese Äußerung ist aber in Wahrheit nur eine Schande für Strolz.
Der Mann ist auch in pädagogischen Fragen alles andere als firm. Er kennt offensichtlich nicht die Erkenntnisse der Genforschung der letzten zehn Jahre, die klar zeigen, dass Intelligenz in hohem Ausmaß tatsächlich vererbt wird. Er begreift offensichtlich auch nicht, dass eine bildungsorientierte Erziehung vor allem in den ersten Lebensjahren (also: viel Reden mit den Kindern, viel Vorlesen, Bücher und Zeitungen im Haushalt, Vorbild gebende Interessen usw.) zusätzlich zur Genetik dramatisch bessere Startvoraussetzungen schafft. Eine solche Erziehung ist aber eben in Bildungs-Familien viel öfter der Fall als in allen anderen. Genetik wie elterliche Erziehung sind daher keine „Schande“, sondern entscheidende Grundlagen jedes Bildungserfolgs. Ob das Strolz irgendwann noch begreift? Ich zweifle, hört er doch viel lieber sich selber reden als nachzudenken oder zuzuhören.
Es ist ja gerade diese Phrase von der bösen Vererbung der Bildung, mit der die Linke ihren Gleichschaltungszwang von der Gesamtschule bis zur Verstaatlichung der Kinder (Ganztagspflicht oder Hort schon in frühester Kindheit) begründen will.
Ebenfalls ganz massiv links – und auch hier wieder die Grünen inzwischen fast überholend – hat sich Strolz beim Thema Zuwanderung positioniert. Da findet man geradezu unglaubliche Äußerungen des Parteigründers, die er zu einer Plattform „gegen Unmenschlichkeit“ gemacht hat. Er will „Asylwerber als Zuwanderer sehen, die in der Regel keine Rückkehr“ in ihre Heimat anstreben.
Das ist zwar richtig. Genau das aber ist für die große Mehrheit der Österreicher und Europäer der entscheidende Grund, warum sie für eine möglichst restriktive Asylgewährung sind. Strolz will hingegen das Gegenteil. In seinen Worten: „Auch wenn letztinstanzlich entschieden wurde, dass keine Verfolgungsgründe festgestellt werden konnten, ist vor allem nach einem mehrere Jahre dauernden und schon daher offensichtlich nicht eindeutigen Verfahren davon auszugehen, dass eine Integration in Österreich bereits stattgefunden hat („Integrationsvermutung“) und daher das humanitäre Bleiberecht nicht die Ausnahme ist, sondern der Regelfall, vor allem wenn u.a. Eheschließungen, Partnerschaften, Kinder, Arbeitsplatz, Deutschkenntnisse nachgewiesen werden.“
Dieser Wortdschungel zeigt: Strolz ist entweder grenzenlos naiv oder im Kern radikal links. Nach diesen Vorstellungen müsste jeder Zuwanderer nur das Wort „Asyl“ aussprechen können und dann sein Verfahren mehrere Jahre hinziehen oder eine Partnerin finden, schon ist das Bleiberecht in Österreich der „Regelfall“. Strolz kommt zu der apodiktischen und besorgniserregenden Erkenntnis: „Wir gehen davon aus, dass die Verfolgung tatsächlich besteht und der Flüchtling dauerhaft in Österreich bleiben wird.“
Zumindest mutig ist, dass sich Strolz heute noch immer mit dem EU-Fanatismus der 90er Jahre präsentiert. Er ignoriert damit aber die vielen ernüchternden Erfahrungen mit EU-Überregulierungsdrang und Euro-Manipulationen sowie die wachsende EU-Skepsis der Bevölkerung. Oder ist das so wie die „gemeinsame Schule“ in Wahrheit auch nur ein Retro-Aspekt im Denken des Mannes aus den Vorarlberger Bergen, der sich mit Sachfragen nicht wirklich befasst?
Fast selbstverständlich verlangt Strolz – um noch weitere Lackmus-Themen anzuschneiden – die Homo-Ehe. Ohne jede Einschränkung. Ebenso hat er die rotgrüne Politik gegenüber den Freiheitlichen übernommen: Laut Strolz ist mit allen Parteien eine Regierung möglich, nur nicht mit der FPÖ. Er schließt eine „stehende Koalition“ mit der FPÖ aus. Wobei ich allerdings ehrlich gesagt nicht weiß, was eine liegende, sitzende oder laufende Koalition wäre, die er offenbar nicht so deutlich ausschließt wie eine stehende.
Aber beim Wortgeklingel des Managementtrainers und Politologie-Absolventen Strolz ist ja vieles diffus und nebulos. Was etwa meint der Mann mit seiner ständigen Wendung von einer „evidenzorientierten Politik“ genau? Ist das dasselbe wie die „faktenbasierte“ Politik der Claudia Schmied?
Seltsam und zumindest für mich völlig rätselhaft – aber vielleicht für politikferne Menschen attraktiv? – ist auch die Selbstdarstellung des Matthias Strolz. Dazu zählen etwa die Tannenzapfen, die er zu Fernsehinterviews mitbringt, oder die Story seiner Parteigründung. Er verbreitet, dass er in den Wald gegangen wäre, dass er dort tagelang gefastet und dann beschlossen habe, Politiker zu werden. Will sich da jemand mit Jesus Christus gleichsetzen? Oder kommt Strolz direkt aus dem Schamanismus?
Von der ÖVP, bei der Strolz einst angestellt war, hat er sich jedenfalls weit entfernt. Und es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Erhard Busek der einzige bekannte Ex-ÖVPler ist, der in seinem Dunstkreis zu finden ist. Auch dieser ist ja viele Kilometer gegangen, bis er am anderen Ende des politischen Spektrums angekommen ist . . .
Man kann die Recherche-Methoden des britischen Tabloids „Sun“ durchaus kritisch sehen. Aber totzuschweigen, was dabei bekannt wird, ist jedenfalls ein noch viel größerer Skandal. Das aber tun die meisten Medien in dem Fall, um den es hier geht. Die Erkenntnisse der „Sun“ sind jedenfalls bedrückend. Sie zeigen, wie ungehindert radikale Moslems die numerische Mehrheit ansteuern und wie sie sich das vom europäischen Wohlfahrtssystem finanzieren lassen. Das Totschweigen des Falles passt auch zu vielen anderen fehlenden oder einseitigen Medienberichten. Etwa auch zum Verschweigen einer brutalen Massenvergewaltigung in österreichischen Asylantenheimen. Und es entspricht den massiven Manipulationen rotgrüner Machtträger insbesondere in der Gemeinde Wien.
Die „Sun“ hatte – versteckt – einige Predigten des schon mehrfach sehr negativ aufgefallenen islamistischen Predigers Anjem Choudary aufgenommen. Das ist genau die gleiche Methode, mit der andere britische Journalisten den Sturz des österreichischen EU-Abgeordneten Ernst Strasser ausgelöst haben. Damals wurde europaweit breit berichtet und nirgendwo die Legitimität der Recherche-Methode kritisiert. Im jetzigen Fall geht es um viel schlimmere Konsequenzen als um die üblen Geschäfte eines Mannes, der zugleich Abgeordneter und Lobbyist war. Dennoch wird geschwiegen.
Bei Choudary geht es um kontinentale Ambitionen, die er wörtlich in einer seiner Predigten so formuliert: „Wir sind dabei, uns England zu nehmen. Die Moslems kommen.“ Er empfiehlt seinen Anhängern, alle Möglichkeiten des britischen Sozialstaates zu nützen, und so die islamische Eroberung Großbritanniens zu finanzieren. Wörtlich: „Jetzt bevölkern wir Birmingham. Brüssel ist zu 30 Prozent islamisch, Amsterdam zu 40 Prozent, Bradford zu 17 Prozent. Wir sind wie ein Tsunami, der über Europa hinwegfegt. Das ist erst der Anfang. Die Realität ändert sich. Demokratie, Freiheit, Laizität sind bloß Ideen der Kuffar, die wir beseitigen müssen.“ Kuffar ist die arabische Bezeichnung für die Ungläubigen.
Besonders amüsiert sich der Mann über die vielen Sozialleistungen, mit denen diese Kuffar die Moslems finanzieren. „Da gibt es Menschen, die das ganze Leben damit beschäftigt sind zu arbeiten. Sie stehen um 7 Uhr auf und gehen um 9 Uhr zur Arbeit. Sie arbeiten acht, neun Stunden und kommen um sieben Uhr abends nach Hause, schauen fern. Sie machen das 40 Jahre ihres Lebens so. Und wir lassen uns von ihnen aushalten.“
Der Mann bekommt nach Angaben der „Sun“ fast 30.000 Euro im Jahr an diversen staatlichen Unterstützungen. Das ist, wie die Zeitung vergleicht, deutlich mehr Geld, als ein britischer Soldat in Afghanistan bekommt.
Choudary sieht sich als „Dschihadist“ und „Scharia-Richter“. Das sind jene Männer, die das europäische Justizsystem zunehmend unterminieren. Dem Bericht zufolge arbeiten Prediger nur zwei bis drei Tage im Jahr. „Den Rest des Jahres sind wir mit dem Dschihad beschäftigt, weil es normal und richtig für uns und für euch ist, Geld von den Kuffar zu nehmen, während wir daran arbeiten, sie zu besetzen.“
Diese Predigt schockiert. Und gewiss ist festzuhalten, dass sich keineswegs alle Moslems mit solchen Typen identifizieren. Der Mann ist ja schon oft radikal aufgefallen. Aber kann dennoch ungehindert weiter predigen und kassieren.
Vor allem aber: Seine Aussagen entsprechen genau dem rapiden Zuwachs der Moslems, den überall die Zahlen der europäischen Demographie zeigen. Diese Zahlen machen auch ganz ohne „Sun“-Tonbänder klar, dass im Laufe dieses Jahrhunderts in mehreren Staaten – darunter auch Deutschland und Österreich – die Moslems die Mehrheit übernehmen werden.
Und diese „Predigt“ passt in eine Fülle von anderen besorgniserregenden Indizien. Und zu einer erschreckenden Tatenlosigkeit der Politik sowie beschämenden Beschwichtigungs-Manipulationen in vielen Medien.
Nur wenige Tage zuvor haben etwa die deutschen Sicherheitsbehörden bekanntgegeben, dass nach ihren Daten rund 230 Islamisten nach Syrien gereist seien, um sich dort an den Kämpfen gegen die Regierung Assad zu beteiligen. Die österreichischen Zahlen sind nicht bekannt.
Zugleich hat eine Studie des „Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung“ ergeben, dass in Österreich nicht weniger als 55 Prozent der befragten Muslime „konsistente Fundamentalisten“ sind. Das ist zwar schon an mehreren Orten gemeldet worden. Das hat aber keinerlei Reaktionen ausgelöst, weder bei den Medien noch beim Integrationsminister, noch bei der Innenministerin noch bei der (bisher für Religionsfragen zuständigen und die Religionslehrer finanzierenden) Unterrichtsministerin noch bei dem (seltsamerweise künftig für Religionsfragen zuständigen) Alles-Mögliche-Minister Ostermayer.
Diese Studie zeigt, dass die Moslems in Österreich sogar weit radikaler eingestellt sind als die in fünf anderen gleichzeitig untersuchten Ländern. Die in Österreich lebenden Moslems sehen sogar zu 73 Prozent die islamischen Gebote als über den staatlichen Gesetzen stehend an. Sie sind damit die perfekte Zielgruppe für Prediger nach Art des Mister Choudary.
Und was tut da die österreichische Regierung? Sie tut weniger als gar nichts. Denn sie schaut offensichtlich bei radikalisierten Moslems weg und ebenso bei der rapiden Zunahme des islamischen Bevölkerungsanteils. Sie lässt aber zugleich ihre Staatsanwälte gegen das kleinste kritische Wort gegenüber Moslems vorgehen. Auch wenn jedes Wort dieser Kritik stimmt. Aber die Justiz interessieren die Fakten nicht, weil der Islam ja staatlich genehmigt ist. Diese seltsame Logik genügt offenbar. Daher ignoriert die Justiz das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Daher verurteilen sie Kritiker wegen Verhetzung oder Religionsstörung.
Noch schlimmer ist das Verhalten der Gemeinde Wien. Sie zahlt auf Steuerzahlerkosten 129.000 Personen eine „Grundsicherung“. Das ist weit mehr als alle anderen Bundesländer zusammen(!) zahlen. Wien verweigert jedoch seit Eintritt der Grünen in die Rathausregierung jede Angabe darüber, wie viele der Grundsicherungs-Bezieher Ausländer sind. Aus anderen Bundesländern und früheren Wiener Erhebungen weiß man aber, dass deren Zahl weit über ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt.
Am schlimmsten aber ist die Verlogenheit fast aller Medien mit ihrer offensichtlichen Rücksichtnahme auf „kulturelle Besonderheiten“. Diese sind ihnen wichtiger als die Information selbst über schwerwiegende Verbrechen.
Man vergleiche etwa die medialen Berichte über brutale Massenvergewaltigungen in Indien – und in Österreich. Aus Indien wird (zu Recht) tagelang über solche Taten berichtet. Eine rasch wachsende moderne Gesellschaft protestiert dort heftig gegen solche Taten (Freilich ist zu befürchten, dass solche Taten in etlichen Ländern Asiens wohl noch dramatisch zunehmen werden, da selektive Abtreibungen dort zunehmend zu einem massiven Frauenmangel führen. Aber das ist ein anderes Thema).
Seit einigen Tagen ist nun aber auch in Österreich ein ähnliches Verbrechen bekannt geworden. Jedoch: Außer in der „Kleinen Zeitung“ fand ich nirgendwo einen Bericht darüber (auf orf.at stand er nur ganz kurz; dann ist er rätselhafterweise wieder spurlos verschwunden). Das Opfer der brutalen Attacke ist eine mongolische Asylwerberin und junge Mutter eines Kindes, die in einem österreichischen Flüchtlingsheim von drei Pakistanis vergewaltigt worden ist. Laut dem Bericht der Bundesland-Zeitung haben die Drei die Tat bei der Polizei auch zugegeben. Sie haben die Vergewaltigung aber mit kulturellen Traditionen ihrer Heimat gerechtfertigt.
Der Rest der Alpenrepublik schweigt – während alle indischen Blättern mit Balkenlettern über solche Fälle in ihrem Land berichten. Aber Indien hat ja eine offene Medienlandschaft und kritische Zivilgesellschaft.
Ähnlich manipulativ waren die Berichte der Polizei nach einer Silvester-Schießerei vor einer Wiener Moschee. Die Attacken von etlichen Dutzenden Moschee-Besuchern auf die Polizei wurden in den meisten Berichten einfach unterdrückt.
Da weiß man wirklich nicht mehr: Sind solche Taten empörender oder ist es das politisch korrekte Schweigen der Medien? Haben diese etwa die Pläne des eingangs zitierten islamischen Predigers schon internalisiert? Gibt es sonst irgendeinen Grund, weshalb über solche Verbrechen in Österreich nicht berichtet wird? Tagelang und breitest werden wir hingegen über ein paar Touristen informiert, die halt – ohne jede Gefährdung – ein paar Tage im Antarktis-Packeis stecken geblieben sind (das trotz des südlichen Sommers und trotz der angeblichen globalen Erwärmung dicker statt dünner wird) . . .
Was man der Öffentlichkeit bisher verschwiegen hat: Josef Ostermayer wird jetzt auch für Religionsfragen zuständig gemacht.
Nach einem Grund für diese Maßnahme forscht man freilich vergeblich. Das für Religionsfragen zuständige Kultusamt hat inhaltlich ja nur mit zwei anderen Verwaltungsbereichen zu tun: einmal mit dem Religionsunterricht (also dem bisher zuständigen Unterrichtsministerium), und zweitens angesichts der dramatischen Folgen der rapiden Massenzuwanderung mit der Integration (also dem Bereich von Sebastian Kurz). Hingegen hat Religion mit dem Ostermayerschen Sammelsurium von Beamten bis zur Kultur absolut nichts zu tun. Außer – außer man glaubt, Kultus sei ohnedies so etwas wie Kultur. Wer da jetzt laut auflacht, überschätzt möglicherweise die Intelligenz der handelnden Akteure. Ich würde fast wetten, dass ein Herr Faymann noch nie das leicht antiquierte Wort "Kultus" gehört hat . . .
Man muss es wirklich drei Mal lesen, so unglaublich ist die Antwort von Klaus Liebscher, der als „Fimbag“-Chef eigentlich die Interessen der Steuerzahler rund um die in Trümmer gegangene Kärntner Landesbank Hypo Alpe-Adria zu vertreten hätte.
Es geht um das in vielen Medien ausführlich berichtete Oliver-Wyman-Gutachten. Es hatte nochmals eindeutig klargemacht, was das Tagebuch bereits 2009 verlangt hatte: Eine Insolvenz der Hypo wäre für den Steuerzahler die weitaus günstigste Variante. Schon deshalb, weil dann die Kredite Bayerns an die Hypo nicht mehr zu zahlen wären. Allein dabei geht es um immerhin annähernd drei Milliarden Euro. Aber Liebscher behauptet im „Presse“-Gespräch, dass er das Gutachten nicht kenne. „Es hat mir nie jemand zur Verfügung gestellt. Ich lege auch keinen Wert mehr darauf.“ Augen zu, Ohren zu. Wir wollen von gar nichts wissen. Der Steuerzahler zahlt eh. Punkt. Aus. Man stelle sich einmal vor, jemand in der Privatwirtschaft würde so agieren: Wie viele Jahre wegen Untreue und Insolvenzverschleppung bekäme der?
PS: Ob ein solches Verhalten auch ein Motiv hat? Ein einziges: Das ist die Angst der Politik vor den negativen Schlagzeilen nach einer Insolvenz.
Noch nie waren die Österreicher so unsicher: Welchen Parteien, welchen Politikern können sie noch trauen? Viele wussten daher bei der Nationalratswahl nicht, was sie tun sollten. So mancher davon wählte daher gar nicht mehr. Viele andere wollten, kaum hatten sie ihre Stimme abgegeben, diese Stimme am liebsten wieder zurück haben, sie anders abgeben.
Diese Verunsicherung ist Folge einer sich ausbreitenden Grundstimmung: Wir leben in der Abenddämmerung einer zwar wunderschönen, aber untergehenden Welt. Und die Versäumnisse der Innenpolitik, der von uns gewählten Parteien sind eine Hauptursache des Untergangs.
Viele Menschen fühlen sich so wie ihre Vorfahren vor hundert Jahren. Diese ahnten zwar das bevorstehende Ende des multinationalen Kaiserreichs, eines langen Friedens und eines ständigen Wohlstandszuwachses. Sie wollten das alles aber nicht wirklich wahrhaben. Bis es für jede Gegenstrategie zu spät gewesen ist.
Die Periode der letzten 68 Jahre war noch viel schöner als jene am Anfang des 20. Jahrhunderts. Österreich erlebt seit 1945 ja einen ununterbrochenen Aufstieg vom ärmsten Flecken des Kontinents zu einem überaus wohlhabenden Land. Während Reichtum und Sicherheit ununterbrochen zunahmen, fanden äußere Bedrohungen nur in den Zeitungen statt. Die Schrecken des nationalsozialistischen wie dann des kommunistischen Terrors sind kaum mehr im Bewusstsein.
Dem Land blieben all die schweren ökonomischen und damit auch sozialen Krisen erspart, die fast alle europäischen Länder irgendwann in diesem Zeitraum erlebt haben. Die europäischen Beispiele reichen von der deutschen Wiedervereinigungskrise über den Zusammenbruch der skandinavischen Wohlfahrtssysteme in den 90er Jahren bis zum Kollaps der südeuropäischen Länder.
Bei den Österreichern hingegen ist nicht einmal die Weltwirtschaftskrise nach 2008 geistig wirklich angekommen. Die Republik nahm einfach 54 Milliarden weiterer Schulden auf, die Zentralbank überflutete den Kontinent mit künstlichem Gratisgeld – und schon glaubte man, alles übertauchen zu können.
Als Reaktion auf das Auseinanderklaffen zwischen den intellektuell beobachteten Fakten und dem emotionalen Gefühl wechseln bei den Menschen ständig zwei widersprüchliche Gefühle. Das eine lautet: „Gut ists gangen, nichts ist geschehn.“ Das andere: „So kanns nicht weitergehn.“
Dementsprechend widersprüchlich verhalten sich auch die Parteien. Keine einzige sagt den Menschen die ganze Wahrheit. Die SPÖ als noch immer größte Partei spricht etwa davon, dass man durch Wachstum die Schuldenkrise (die sie zu Ablenkungszwecken gerne „Finanzkrise“ nennt) lösen könne. Sie meint damit aber in Wahrheit nur das, was sie seit 1970 zu verantworten hat: immer noch mehr Schulden machen.
Die Idee eines Wachstums durch Schulden ist freilich mehr als skurril. Wäre sie richtig, müsste Griechenland das reichste Land Europas sein. Für viele Wähler der SPÖ hat diese Theorie aber dennoch Logik: Denn sie stehen im Pensionisten-Alter. Und da das Schuldenmachen schon seit den siebziger Jahren ohne sichtbare Katastrophe läuft, glauben sie wie viele Südeuropäer, dass das ständig so weitergehen könnte. Und selbst wenn sie das kritischer sehen sollten, so hoffen sie: „Läuft das Pyramidenspiel noch ein paar Jahre, dann haben wir schon unsere ganze Lebensspanne gut hinter uns gebracht.“ Besser als jede andere Generation bisher. Was soll man sich da um die Kosten und Folgen dieses Schuldenspiels scheren? Hinter uns die Sintflut.
Klarerweise ist dieses sozialdemokratische Konzept für junge Menschen völlig unattraktiv. Da klingt die Volkspartei verbal viel vernünftiger. Nur: Sie hat – abgesehen von den positiven Sanierungsansätzen zwischen 2000 und 2006 – auch selbst viel zu bereitwillig bei der Ausgabenpolitik mitgemacht. Sie hat damit fast jede Glaubwürdigkeit verloren.
Und sie hat zugleich selber eine ähnliche Klientelpolitik betrieben wie die SPÖ. Während die Roten Pensionisten, Arbeiter und Wohlfahrtsprofiteure auf Kosten der nachhaltigen Stabilität des Landes bedienen, stellen die Schwarzen Bauern, subventionsgierige Unternehmer und ausgabenfreudige Landeshauptleute zufrieden.
Neben den beiden einstigen Monopolparteien ist die Opposition immer vielfältiger geworden. Sie macht schon die Hälfte der Wählerschaft aus. Und wenn man die Nichtwähler mitzählt, sind die Gegner von Rot-Schwarz sogar längst in der deutlichen Mehrheit. Das ist eine logische Reaktion darauf, dass sich Rot und Schwarz seit Jahrzehnten die ganze Republik aufgeteilt haben. Demokratie braucht aber den Wechsel.
Aber auch die Oppositionsparteien stimmen einen nicht sehr optimistisch. Bietet doch keine einzige von ihnen derzeit eine glaubwürdige und funktionierende Antwort auf die wichtigsten Zukunftsprobleme des Landes.
Blau und Grün haben sich – zielgruppengerecht – auf Einzelthemen konzentriert. Sie haben aber auf die zentralen ökonomischen Herausforderungen überhaupt keine Antwort, weil sie beide zur sozialen Anspruchslizitation neigen.
Die beiden neuen Gruppierungen im Parlament wiederum werden in der Außensicht primär vom Charisma ihrer Gründer geprägt. Der freilich schon rasch abbröckelt. Inhaltlich herrscht bei beiden ein riesiges Vakuum, das von Tag zu Tag deutlicher wird. Beide Parteien leben derzeit so wie die FPÖ von der widersprüchlichen Mischung aus Frust, dumpfem Protest gegen alle Verantwortungsträger und dem Glauben der Österreicher, dass man nur einige niemanden schmerzende Stellschrauben drehen müsste. Und schon wäre alles wieder gut.
Nur wenige Wähler begreifen die fundamentale Krise unseres Gesellschaftssystems und die Konsequenzen der neokeynesianisch-sozialistischen Schuldenpolitik. Daher gibt es auch keine Parteien und Politiker, die das zu begreifen versuchen. Selbst wenn sie es vielleicht könnten.
Zugleich ist die Qualität des politischen Personals ständig zurückgegangen. Jungen Menschen ist der Weg in die Politik durch Medien und Skandalisierungen in hohem Ausmaß verleidet worden. All das hat das Image von Parteien, Politik und leider auch Demokratie auf den niedrigsten Stand seit Jahrhunderten schrumpfen lassen.
Was aber sind nun die inhaltlichen Herausforderungen, denen sich die Innenpolitik nicht oder zumindest nicht ausreichend stellt? Die zehn wichtigsten in Schlagworten:
Das sind nur die wichtigsten Problemkreise. Es gibt keine Partei, die mutig alle Bedrohungen unserer Zukunft wenigstens beim Namen nennen, geschweige denn gegen alle ankämpfen würde. Zwar erleidet die Linke – welche ja eindeutig die Hauptschuld an den meisten Problemen trägt – einen ständigen Schrumpfungsprozess. Die politische Rechte ist aber ob zahlloser inhaltlicher Details zerstritten. Sie zerfällt in immer mehr Gruppen und Richtungen.
Etliche Parteien gehören auch nur zur Hälfte auf die liberalkonservative Seite: Die Freiheitlichen etwa haben zwar in allen gesellschaftspolitischen Themen eine wertkonservative Position. Wirtschaftlich und sozial versuchen sie jedoch seit einigen Jahren wie eine kommunistische Partei die SPÖ links zu überholen. Umgekehrt haben die Neos zwar in wirtschaftlichen Themen sehr vernünftige Konzepte, stehen aber gesellschaftspolitisch – soweit ihre Positionen überhaupt erkennbar sind – ganz links.
Die ÖVP wiederum ist in vielen Fragen völlig standpunktlos geworden. Sie ist heute durch die Dominanz der Klientelpolitik und die lange Machtausübung ausgedünnt, müde und alt geworden.
Stronach und BZÖ haben noch am ehesten die wichtigsten Problempunkte im Visier – wenn auch oft verschwommen und in Details völlig unausgegoren. Aber gerade diese beiden Gruppierungen haben sich durch dauernde personelle Konflikte und problematische Politikerpersönlichkeiten selbst ins Out geschossen. Andere, kleinere Gruppen wieder streiten sich um völlig überholte Themen aus dem 19. Jahrhundert wie etwa um die Frage, ob das, was da unterzugehen droht, eine österreichische oder eine deutsche Nation gewesen ist.
Im Grunde gibt es jetzt nur drei Perspektiven:
Bleibt Österreich tatenlos, dann gibt es nur einen Unterschied zur Abenddämmerung vor hundert Jahren, aber der ist gewaltig: Damals ist es als Folge der vielen fehlgeleiteten Nationalismen zu einer kriegerischen Explosion mit 30-jährigen Folgen gekommen. Im 21. Jahrhunderts steht hingegen eher eine kulturelle, ethnische, soziale und ökonomische Implosion bevor.
Dieser Beitrag erscheint in ähnlicher Form auch in den "Genius-Lesestücken" (www.genius.co.at), einer unabhängigen Online-Zeitschrift zu den großen Fragen der Zeit.
Wie viel Klimmzüge schafft man? Nun, in sportlicheren Lebensjahren habe ich einige wenige geschafft. Seither hat mich das Thema nie interessiert. Bis ich jetzt auf die Meldung gestoßen bin, dass die amerikanische Marineinfanterie die diesbezüglichen Tests für Frauen abgeschafft hat. Sie waren nämlich eine fast unüberwindbare Hürde für Frauen gewesen.
Seltsam. Bisher dachte ich, körperliche Tests wären wichtig, um herauszufinden, ob jemand die körperlichen Anstrengungen und Leistungen in einer solchen Elitetruppe schafft. Aber offenbar war das falsch. Die Tests waren offensichtlich nur überflüssige Schikane. Oder doch nicht? Denn für männliche Kandidaten bleiben sie weiterhin in Kraft. Sie bekommen aber natürlich trotzdem nur den gleichen Sold.
Natürlich? Gibt es eine Erklärung für diese ungleiche Behandlung? Ich finde keine, außer dass es halt als Folge der Political Correctness Gleiche und Gleichere gibt.
Nun, gewiss sind die amerikanischen Marineinfanteristen nicht unser zentrales Problem. Aber das brandaktuelle Beispiel zeigt recht anschaulich eine schwere geistige Deformation der politischen Klasse, die schon in vielen westlichen Ländern um sich greift. Ähnlich werden ja auch bei der österreichischen Polizei unter dem Druck der Feministinnen die Anforderungen gesenkt. Ganz Paralleles sah man einst auch bei der Zulassung zum Medizinstudium in Wien. Und immer öfter wird aus unseren Universitäten berichtet, dass um des Frauenanteils willen die Anforderungen bei der Vergabe neuer Professuren gesenkt wurden (auch wenn das meist nicht vor aller Öffentlichkeit passiert).
Gespannt darf man auch sein, wie sich die von dieser radikalen Minderheit demnächst in Deutschland und damit bald europaweit durchgesetzten Quoten für Aufsichtsräte auswirken werden. Denn gerade dort für die Mitgliedschaft in diesen Gremien hat man in den letzten Jahren ja fast weltweit durch zahllose Bestimmungen die Anforderungen – zu Recht – immer strenger gemacht. Die persönlichen Haftungen für Aufsichtsräte wurden deutlich erhöht. Und die Zahl der von einer einzigen Person wahrnehmbaren Mandate limitiert.
Ich wette aber, dass sich jetzt auch bei den Aufsichtsräten bald der Druck in die Gegenrichtung ändern wird, dass die Anforderungen wieder sinken werden. So wie bei der US-Marineinfanterie. Denn es gibt leider weniger Frauen als Männer, die sich für diese Aufgaben interessieren.
Aber wenn die Linken ihre Ideologie und ihr Menschenbild durchsetzen wollen, dann lassen sie sich ganz gewiss nicht durch Realitäten beeinflussen (und die opportunistisch-feigen Konservativen trauen sich nie, dem klar entgegenzutreten). Dabei zeigt die wirkliche Welt klare und bisher unveränderlich gewesene Unterschiede zwischen den Geschlechtern. In einem Fall geht es um die physischen Eigenschaften, im anderen um unterschiedliche Lebensinteressen und Schwerpunkte.
Nur eines ist es jedenfalls nicht, wenn einer abstrakten Quote wegen die Anforderungen für bestimmte Tätigkeiten geändert werden: nämlich gerecht. Dabei behaupten die Linken ständig, ihr Weltbild habe mit Gerechtigkeit zu tun. In Wahrheit ist es aber wirklichkeitsfremder Zwang.
Apropos wirklichkeitsfremdes Menschenbild der Linken: Die sozialdemokratisch regierte Stadt München bewirbt einen neuen Familienpass. Und zwar tut sie das ausschließlich mit Photos sogenannter Regenbogenfamilien. Normale Familien gibt es in der Denkwelt von Sozialdemokraten offensichtlich nicht mehr. Dabei sind auch in Deutschland noch immer 80 Prozent der Familien solche.
Die Münchner Dummheiten sind fast so schlimm wie die der von der SPÖ geführten ÖBB, die einfach jedes dritte (und ebenso das vierte und fünfte usw.) Kind einfach wegrationalisieren. Oder volle Fahrpreise zahlen lassen.
Die Arbeitslosigkeit hat den höchsten Stand seit 60 Jahren erreicht.
Nationale Aufregung? Keine Spur. Die Nationalbank erklärt ja im Gegenteil die Krise für beendet. Die Regierung tut, was sie seit 2008 tut: absolut nichts. Am unglaublichsten sind die Grünen: Sie fordern am gleichen Tag, da das bekannt wird, eine neue Erbschaftssteuer! Diese soll ab einer bestimmten Erbschafts-Höhe nicht weniger als 10 bis 25 Prozent ausmachen. Auch für Kinder. Da diese Steuer natürlich vor allem unternehmerisches Eigentum betreffen würde, stottern die Grünen herum, dass Unternehmern halt eine „Stundung“ gewährt werden könnte. Als ob man Gestundetes nicht genauso zahlen müsste. Die Pläne der Grünen – sie ziehen ja derzeit in eine Regierung nach der anderen ein – werden natürlich Unternehmer veranlassen, die Anstellung neuer Mitarbeiter noch mehr zu „stunden“, als sie es jetzt schon angesichts einer der höchsten Steuerlasten der Welt tun. Die grüne Blödheit macht wirklich fassungslos.
PS: Ach ja, die Grünen wollen damit Erleichterungen bei der Einkommensteuer auf Arbeit finanzieren. Vielleicht sagt einmal jemand dieser grenzintelligenten Partei, dass gerade jene unqualifizierten Niedrigverdiener, um die es geht, längst keine Einkommensteuer mehr bezahlen.
Die Briten gelten als Urväter von Demokratie und Menschenrechten. Trotzdem – oder gerade deswegen? – stellt der britische Justizminister jetzt einen Austritt seines Landes aus der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Debatte.
Chris Grayling sieht die Kompetenzen des Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) als zu groß an. Was heißt das? Will London jetzt wieder willkürlich verhaften, foltern, „falsche“ Religionsbekenntnisse verbieten (Englands Geschichte drängt da etwa den Katholizismus als Objekt eines Verbots auf), die (auf den Inseln besonders artikulationsfreudigen) Medien zensurieren, den Richtern ihre Unabhängigkeit nehmen? Ganz und gar nicht. Grayling lobt sogar ausdrücklich die Menschenrechtskonvention, deren Wortlaut all das verbietet.
Aber er kritisiert mit gutem Grund die Judikatur des – rein politisch besetzten – Gerichtshofs, der immer absurdere Urteile fällt, die vom Großteil der Menschen absolut nicht mehr geteilt werden können. Seine Richter sind nicht nur deshalb politische, weil sie von den nationalen Regierungen nach Gutdünken entsandt werden. Sondern auch, weil sie keinerlei richterliche Erfahrung oder Qualifikation brauchen.
Der EGMR hat sich als völlig unfähig erwiesen, selbst jahrelange Inhaftierungen zu stoppen, die aus rein politischen Gründen erfolgt waren. Das haben etwa die Fälle Chodorkowski und Timoschenko bewiesen. Hinter diesen beiden Schlagzeilenmachern stehen noch hunderte andere, weniger spektakuläre, aber ebenso skandalöse Schicksale, wo Menschen ebenfalls im Gefängnis verrotten. Und zwar geschieht das in Mitgliedsländern des EGMR, die alle den Menschenrechten verpflichtet wären.
Ebenso unfähig war der Gerichtshof, etwas gegen die Rückverwandlung der Türkei, eines weiteren EGMR-Staats, in einen autoritären Polizeistaat zu unternehmen, in dem die nationalen Richter mit Maulkörben mundtot gemacht werden.
Dazu kommt die unerträgliche Verfahrensdauer. Bei Chodorkowski haben die Straßburger Richter etwa acht Jahre gebraucht, bis sie sich mit bloßen marginalen Verfahrensdetails auseinandergesetzt haben. Unter fünf Jahren sollte auch sonst niemand hoffen, dass er dort eine Entscheidung bekommt.
Auch in anderen Rechtgebieten hat sich die Judikatur Straßburgs absurd entwickelt. So hat sie das frühere Verbot von homosexuellen Stiefkindadoptionen plötzlich als Verstoß gegen die (unverändert gebliebene) Menschenrechtskonvention gesehen und damit solche Adoptionen durchgesetzt. So übt sie insbesondere in Sachen Migration und Asyl massiven und wachsenden Druck auf die in die Minderheit geratenen westlichen Wohlfahrtsstaaten aus. Diese werden vom EGMR darin gehindert, auch schwer kriminelle Zuwanderer abzuschieben. Das verstoße angeblich gegen die Menschenrechtskonvention.
Ich habe schon vor einigen Monaten - also noch vor dem neuen britischen Kurs - die Entwicklung der dortigen Judikatur so zusammengefasst: „Zahllose ausländische Drogendealer, Einbrecher und Räuber können nun nicht mehr abgeschoben werden, sondern bleiben in den westeuropäischen Zielstaaten mit deren wohlausgebauten Sozialsystemen. Damit verletzt aber in Wahrheit der EGMR ganz eindeutig das Menschenrecht der Opfer auf Schutz vor Verbrechen und Verbrechern.“
Aber solange die Richterbank mit dubiosen Richtern aus oft noch dubioseren Ländern besetzt ist, ist keine Besserung in Aussicht. Solche „Richter“ freuen sich sogar insgeheim, wenn Österreich, Deutschland & Co möglichst viele problematische Subjekte aufnehmen müssen. Diese würden ja sonst ihren Herkunftsländern zur Last fallen.
Man denke nur etwa an Aserbaidschan, Georgien, Rumänien, Kroatien, Albanien, Mazedonien, Montenegro, Türkei oder Moldawien, um sich klarzumachen, warum das so ist. Sie – oder auch Russland und die Ukraine – stellen genauso jeweils einen Richter wie Österreich oder Deutschland. Zur Wirkung solcher seltsamer Richter kommen etliche Linksträumer aus westlichen Staaten auf der EGMR-Richterbank, die ebenfalls ihren wichtigsten Lebenssinn darin sehen, möglichst viele Migranten nach Westeuropa zu bringen.
Während bei uns jedes EGMR-Urteil sklavisch befolgt wird, werden diese in immer mehr Ländern ignoriert. Bestenfalls bekommen dort die Betroffenen irgendwann (sofern sie dann noch am Leben sind) einen kleinen Schadenersatz. Aber diese Länder und ihre Justiz ändern ihr Verhalten überhaupt nicht. Zum Unterschied von Österreich, wo über den EGMR nicht einmal diskutiert werden darf, wenn man nicht als politisch inkorrekt gelten mag.
Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ein Austritt aus diesem EGMR doch problematisch wäre: Das ist seine zumindest in den ersten Jahrzehnten positiv gewesene Rolle in Sachen Meinungsfreiheit. In diesem Bereich hat er sich eindeutig besser verhalten als etliche österreichische Gerichte, die früher ja ständig Meinungsäußerungen verurteilt hatten.
Nicht gelungen ist Straßburg jedoch ein Ende des Zwangsgebührenmonopols des ORF. Aber immerhin dürfen heute auch im Medienalbanien Österreich Privatsender dank dem EGMR ungehindert agieren. Die Bundesregierung (insbesondere die SPÖ-Verkehrsminister) hatte hingegen jahrzehntelang private Sender von der Polizei stürmen lassen.
Auch heute noch gibt daher die Am-liebsten-würden-wir ja-alles-verbieten-Haltung der österreichischen Gerichte und Politik zur Meinungsfreiheit dem EGMR eine letzte Lebensberechtigung. Siehe etwa auch das dringend korrekturbedürftige Skandalurteil in Sachen „Kinderschänder“.
Sollte aber eines Tages auch diesbezüglich die einstige Funktion des EGMR ins Wanken geraten, dann hätte Straßburg seine letzte Existenzberechtigung verloren. Dann gäbe es die klare Notwendigkeit, so wie die Briten den Weg aus dem EGMR anzupeilen. Gerade im Sinne der Menschen- und Freiheitsrechte.
PS: Zum Glück ist in den letzten Jahren ein weiterer Versuch der Linken im Sand verlaufen, mit denen sie jahrelang ebenfalls versucht hatten, die Bedeutung der Menschenrechte zu unterminieren. Linke Juristen wollten nämlich die sogenannten „soziale Rechte“ den Grund- und Freiheitsrechten gleichstellen. Zu jenen sozialen Rechten zählt etwa das Recht auf Gesundheit. Sobald dieses dem Recht auf Meinungsfreiheit usw. gleichwertig ist, dann gibt es bei der Unterminierung der Freiheitsrechte kein Halten mehr. Die drohende linke Logik ist nämlich klar: Da – leider, leider – das Recht auf Gesundheit noch nicht für alle garantiert werden könne, könne – leider, leider – logischerweise auch das Recht auf Meinungsfreiheit nicht allgemein garantiert werden.
Kaum hat das neue Jahr begonnen, hat es schon ein Thema – ganz über die Silvesterfolklore um Raketen, Neujahrsbabies, Walzer, Sektsteuer und hohle Neujahrsansprachen hinaus. Das Thema ist die nunmehr volle Binnenmarkt-Freizügigkeit für Bulgaren und Rumänen innerhalb der EU. Die Übergangsfrist im Anschluss an deren Beitritt ist abgelaufen.
Wie bei vielen Themen findet in den Politikeräußerungen auch hier eine wilde Mischung aus Birnen und Äpfeln und Erdäpfeln statt. Gutmenschen und Schlechtmenschen stehen einander neuerlich mit erschlagenden Schlagworten gegenüber. Die einen mischen bewusst, die anderen aus Unkenntnis. Daher sollte ein Neujahrsvorsatz auch darin bestehen, die Dinge besser auseinanderzuhalten.
Der erste Bereich ist die nunmehr genehmigungsfreie Freizügigkeit von Arbeitskräften aus Bulgarien oder Rumänien. Diese Freizügigkeit ist ein unverrückbarer Eckpfeiler des EU-Binnenmarkts. Wer kommt und zu den gesetzlichen Bedingungen in Österreich, Deutschland oder Großbritannien arbeitet, ist ein Beitrag zum gemeinsamen Wohlstand. Schlecht ist das nur für ihre Heimatländer und insbesondere die Familien der Arbeitskräfte. Aber auch gut qualifizierte Menschen finden in diesen Ländern oft keinen Job.
Das zweite davon scharf zu trennende Thema sind jene Menschen, die nicht herkommen, um zu arbeiten, sondern um zu betteln und die zahlreichen Sozialeinrichtungen zu nutzen. Da hat erstmals die sonst ja wenig erfreuliche EU-Kommissarin Viviane Reding das Wesentliche und Richtige gesagt: „Es gibt ein EU-Recht auf Freizügigkeit, aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme.“ Nur arbeitende EU-Bürger haben, so Reding, Anspruch auf Sozialleitungen. „Deutsche Urteile, die EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht Ansprüche auf Hartz IV einräumen, basieren allein auf deutschem Recht und haben nichts mit EU-Recht zu tun. Wenn nationale Sozialsysteme zu großzügig sind, dann ist es Sache der Mitgliedstaaten, das zu ändern."
Klarer kann man es nicht sagen. Es ist nicht die EU, sondern das heimische Gutmenschentum in Deutschland wie Österreich, welches die Probleme verursacht. Egal, ob es bei Richtern, Beamten oder Wohlfahrtseinrichtungen grassiert. Man denke etwa an den Kollaps von Caritas-Wärmestuben schon im abgelaufenen Jahr, als ganze Sippen von Zigeunern dort eingefallen sind und sehr selbstbewusst Forderungen gestellt haben.
Damit ist auch schon das Schlüsselwort gefallen, das die Dinge so schwierig macht, wenngleich es in fast allen offiziellen Erklärungen zum Thema peinlich vermieden wird. Das Problem besteht nämlich vor allem mit Roma und Sinti und noch einem runden Dutzend weiterer Ethnien, die unter dem Sammelbegriff Zigeuner zusammengefasst werden (der übrigens auch von vielen dieser Menschen als einzig passender verwendet wird).
Schätzungen rechnen mit Millionen Zigeunern, die alleine in den beiden betroffenen Balkanländern leben. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil diese Minderheit ja nicht als solche erfasst wird, da sie sich ja meist weder durch Sprache noch durch Religion unterscheidet. Schon jetzt werden jedenfalls aus mehreren Balkanländern Bustouren direkt zu österreichischen Wohlfahrtseinrichtungen organisiert.
Was in Deutschland wie Großbritannien in den letzten Tagen schon intensiv diskutiert wird, wird spätestens bei Einführung in diesen Ländern genauso in Österreich unumgänglich werden: Auch lokale Armen- und Obdachlosenhilfen müssen künftig an die Staatsbürgerschaft geknüpft werden.
Die erwartbaren Proteste der Landau-Caritas dagegen können jetzt schon als verlesen gelten und sollten ignoriert werden. Denn wenn Landau den Zigeunern des Balkans wirklich helfen wollte, dann sollte er diese nicht durch offene Hilfsangebote nach Österreich locken und damit viele zusätzliche Folgeprobleme auslösen. Es sollte vielmehr darum gehen, diesen Menschen auf dem Balkan, in der Slowakei und Ungarn zu helfen. Dort gibt es eine Unzahl von Möglichkeiten dafür (wobei immer der Versuch, die Menschen in Arbeitsplätze und geordneten Schulbesuch einzugliedern, weit sinnvoller ist als Ausspeisungen, Sach- und Geldgeschenke).
Das dritte zumindest in Deutschland endlich offen diskutierte Problem ist eines, das in Österreich außer dem Tagebuch bisher niemand offen angesprochen (oder auch begriffen?) hat: Das sind die Familienbeihilfen für Menschen aus fernen Ländern, die sehr wohl hierzulande arbeiten. Diese Hilfen werden nämlich auch dann ausgezahlt, wenn die Kinder weiter in der (rumänischen, türkischen, bulgarischen, arabischen) Heimat leben.
Das wird zwar vielfach als positiv interpretiert, weil dadurch die Bindung an die alte Heimat stärker bleibt und weil damit die Wahrscheinlichkeit einer Heimkehr nach Verlust des Arbeitsplatzes größer wird.
Das löst aber gleich ein doppeltes Problem aus: Zum einen berichten österreichische Beamte im Privatgespräch von ihren großen Zweifeln, ob die vielfach behauptete große Kinderschar wirklich immer vorhanden ist beziehungsweise ob sie wirklich vom Beihilfe kassierenden Vater stammt. Österreich verlässt sich da in seiner gutmenschlichen Blauäugigkeit auf die vorgelegten Dokumente. Aber es geht nun einmal um Regionen, wo man mit einem mittleren Bakschisch noch immer jede gewünschte Bestätigung kaufen kann.
Zum anderen gibt es eine große Zahl an – durchaus echten – Kindern, die erst in den allerletzten Pflichtschuljahren nach Österreich oder Deutschland kommen. Hier können sie dann Ausbildungsgarantie und vieles andere nutzen, sind aber niemals mehr imstande, die deutsche Sprache gut zu lernen und ihre Bildungsdefizite ein wenig aufzuholen.
Diese Problematik wird rund um den Jahreswechsel in Deutschland und Großbritannien intensiv diskutiert. Freilich: Bei der Familienbeihilfe für nicht im Arbeitsland lebende Kinder spielt – zum Unterschied vom zweitgenannten Problembereich – die EU sehr wohl eine Rolle. Eine Streichung solcher Beihilfen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit vom EU-Gerichtshof nicht gebilligt werden.
Aber die beiden Länder diskutieren wenigstens das Problem. Österreich hingegen schaut am liebsten weg. Einschließlich des Integrations-Staatssekretärs, der jetzt ein Minister ist. Er ist offensichtlich nur für Schönwetterthemen zuständig und ignoriert die anderen. Er lässt lieber dubiose Umfragen verbreiten, dass eh alles bestens wäre. Und von der Weltfremdheit der neuen Unterrichtsministerin wollen wir gar nicht reden, die ist mindestens genauso groß wie bei der Vorgängerin.
PS: In der EU sind seit Mitternacht nicht nur die genannten Übergangsbestimmungen ausgelaufen. Die EU ist gleichzeitig auch um mehr als 180.000 Menschen größer geworden. Um einem dringenden europäischen Bedürfnis abzuhelfen, hat Frankreich die Insel Mayotte zwischen Ostafrika und Madagaskar zu einem offiziellen Teil der Europäischen Union gemacht. Natürlich ohne die anderen Mitgliedsstaaten zu fragen. Das bringt den Einwohnern viel Geld aus Europa, für das übrigens der Kommissar Johannes Hahn zu sorgen hat. Von den Einwohnern sind übrigens rund die Hälfte Moslems . . .
Die SPÖ meldet den Verkauf des „Echo“-Medienhauses. Eine gute Nachricht, die einen ersten der heimischen Sümpfe trockenlegt. Oder?
Es wäre durchaus eine gute Nachricht, aber nur unter drei vorerst keineswegs gegebenen Voraussetzungen: Erstens muss man erst genau erfahren, ob sich nicht unter den Käufern Strohmänner befinden. Zweitens müsste unbedingt der Kaufpreis offengelegt werden. Und drittens (und vor allem): Das milliardenschwere Rathaus muss samt seiner gesamten Wirtschaftsmaschinerie endlich alle (alle!) Aufträge korrekt ausschreiben, die es vergibt, also auch jene im Propaganda- und Kommunikationsbereich. Sonst ist der Verkauf nur ein schwacher Schmäh. Denn etwa auch der Bohmann-Verlag hat ja schon bisher nicht der SPÖ gehört. Trotzdem hat er immer wieder abenteuerlich klingende Aufträge aus dem Rathaus-Imperium ohne die notwendige Transparenz bekommen. Wetten, dass da Vieles viel billiger ginge? Oder will die SPÖ gar ganz uneigennützig die angeblich rein privat zu verbrauchenden Gewinne der Verlags-Eigentümer erhöhen? Halt nur zu Lasten der Steuerzahler . . .
Franz Fiedler hat sich als Korruptionsbekämpfer einen Namen gemacht. Dabei hat er manches Positive erreicht. Zunehmend aber löst er Kopfschütteln aus. Denn entweder begreift der Mann die Hälfte und Dimension der Korruption nicht. Oder er exponiert sich populistisch-demagogisch nur in jenen Punkten, wo er bei Medien gut ankommt, und schweigt zu den anderen noch viel schwerer wiegenden.
Korruption kann grundsätzlich auf zwei Weisen stattfinden. Der eine Weg ist der, wo Gelder aus privaten Quellen an politische Entscheidungsträger oder beamtete Erfüllungsgehilfen fließen. Hier sind Fiedler und die übrigen Korruptionsbekämpfer recht aktiv. Sie haben erreicht, dass Gesetze etliche Geldflüsse strafbar gemacht haben. Siehe etwa das Anfütterungsverbot oder Spenden an Parteien und Abgeordnete.
In diesen Bereichen gibt es nur noch kleine Lücken, um deren Schließung die Antikorruptions-Aktivisten kämpfen: etwa die (derzeit noch fehlende) Gleichbehandlung von Sachspenden mit Geldspenden oder die (derzeit noch fehlende) Gleichbehandlung von Spenden an Regierungsmitglieder mit denen an Abgeordnete oder Parteien.
Zugleich tauchen anderswo schon Fragezeichen auf, ob man beim Anfütterungsverbot nicht zu weit gegangen sei. War es wirklich sinnvoll, gesellschaftliche Einladungen so streng zu limitieren? Ist doch die Annahme bestimmter Einladungen zu Essen, Empfängen oder auch einem Konzert eigentlich oft mehr Pflicht oder Höflichkeit als Vergnügen. Soll wirklich berufliche Kontaktpflege erschwert oder neurotisiert werden?
Es ist vor allem ziemlich absurd, dass die Regelungen nur für bestimmte Bereiche gelten, für andere gar nicht. Warum etwa darf man Gewerkschaftsfunktionäre problemlos anfüttern? Die sind doch spätestens seit ihrer Absicherung in der Verfassung längst kein privater Verein mehr wie der Sparverein Altottakring. Und warum gilt für ORF-Journalisten ein Anfütterungsverbot, für private geführte Medien aber nicht? Das führt dort ja seit langem zu üblen Exzessen, die immer ärger werden und längst nicht mehr nur Motor- und Reiseseiten betreffen. Zugleich aber sind die Medien verfassungsrechtlich durchaus privilegiert, wie etwa beispielsweise durch das Redaktionsgeheimnis.
Unbestreitbar ist freilich, dass das Anfütterungsverbot einen großen Wust an Kontrollbürokratie ausgelöst hat. Ganze Abteilungen prüfen nun genau, was man darf und was nicht.
Ebenso unbestreitbar ist aber auch, dass ohne strenge Grenzziehung die Umgehung von Verboten allzu leicht wird. Daher wird es wohl immer zugleich Klagen und Debatten über zu strenge und anderseits zu laxe Spenden- beziehungsweise Anfütterungsverbote geben. Damit werden wir wohl leben müssen. Das sollte uns daher nicht allzu heftig stören.
Viel gravierender, viel weitergehend ist hingegen der zweite Teil der Korruption, der von Fiedler und Transparency International aber weitgehend übersehen oder ignoriert wird. Das macht entsetzt.
Dabei geht es um jenen weit größeren Bereich, wo öffentliche Gelder korruptionär ausgegeben werden. Zur Bestechung von Medien, zur Umwegfinanzierung parteipolitischer Zwecke oder zu Gunsten einflussreichen Gruppen. Dabei ist jeder solcherart verschwendete Euro den Bürger hart abgenommenes Steuergeld (oder von den Bürgern der Zukunft rückzuzahlendes Schuldengeld).
Erstaunlich still blieben die selbsternannten Korruptionsjäger etwa zu der Tatsache, dass die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung von Aufträgen auf 100.000 Euro, also das Zweieinhalbfache, erhöht worden war. Diese Erhöhung war einst ja angeblich nur vorübergehend der Krise wegen erfolgt (was auch immer die damit zu tun haben mag). Aber die Krise ist ja jetzt nationalbankoffiziell für beendet erklärt worden.
Dabei ist völlig klar: Die Ausschreibungspflicht verschärfte keine Krisen, sondern hat ein einziges auch in Krisenzeiten wichtiges Ziel, nämlich Gemauschel, also Korruption zur Begünstigung eines Lieferanten zu vermeiden. Das geht ja immer zu Lasten der Steuerzahler, die dann überhöhte Preise zu zahlen haben.
Das tun Politiker oder Beamte meist wegen Erwartung eines Kickbacks (zugunsten einer Person oder einer Partei). Bisweilen tun sie es auch aus regionalem Egoismus oder aus Faulheit, um sich die Prozeduren einer Ausschreibung zu ersparen. Ein Kickback kann natürlich nicht nur in Bargeld bestehen, sondern beispielsweise auch darin, dass die Partei oder ein Entscheidungsträger dann eine ganz andere Lieferung deutlich billiger bekommt. Eben auf Kosten des Steuerzahlers.
Für den ist es dann doppelt erschütternd, wenn er immer wieder in Rechnungshofberichten lesen kann, dass selbst dann Aufträge nicht ausgeschrieben werden, wo es geschehen hätte müssen. Etwa zuletzt war dieser Vorwurf im Bericht über die abgetretene Grandezza-Ministerin Claudia Schmidt zu lesen. Der Vorwurf des Rechnungshofs hat erstaunlicherweise keinerlei Konsequenzen. Obwohl er doch eigentlich glatten Amtsmissbrauch bedeutet.
Genauso erschütternd ist, dass Transparency International diesen Teil der Korruption weitgehend ignoriert. Nicht nur das. Franz Fiedler lobt sogar das neue Medientransparenzgesetz. Dabei zeigt sich jedes Quartal aufs Neue, dass dieses Gesetz am Ausmaß der Korruption absolut nichts geändert hat. Aber Fiedler freut sich, dass bei den Inseraten keine Photos von Ministern mehr dabei sind . . .
Begreift er nicht, dass diese Photos nur eine marginale Randerscheinung waren? Begreift er nicht, dass der viel wichtigere Aspekt an den „Inseraten“ und „Kooperationen“ der direkte Geldfluss an die Medien ist? Weiß er nicht, dass solche Inserate und Kooperationen – mit oder ohne Photos – etwa in Deutschland (und ähnlich in allen anderen zivilisierten Ländern) schon seit den Siebziger Jahren durch höchstgerichtliche Urteile strikt verboten sind? Sieht er nicht, dass jedes Jahr auf diesem Weg weit mehr als zehnmal so viel Steuergeld an brave Zeitungen fließt – nämlich pro Jahr über 200 Millionen Euro!! –, als die gesamte staatliche Presseförderung ausmacht? Oder weiß er das alles sehr wohl und fürchtet sich nur davor, dass dann die kassierenden Medien böse auf ihn sind und er weniger oft interviewt wird?
Der Korruptionsjäger Fiedler ist damit jedenfalls eine arge Enttäuschung.
Eine arge Enttäuschung ist aber auch die ÖVP. Statt dieses vor allem von der Gemeinde Wien seit Jahrzehnten und von Werner Faymann seit seinem Einzug in die Bundesregierung praktizierte Bestechungssystem kritisch zu thematisieren, macht sie selber auch mit. Sie versucht nicht einmal, Österreich auf normalen westlichen Standard zu bringen (auch wenn es gegen diesen Koalitionspartner schwer fallen mag).
Und die anderen Parteien? Die angeblich antikorruptionär eingestellten Grünen machen seit ihrem Einzug in die Wiener Rathauskoalition nicht einmal mehr einen zarten Versuch, da etwas zu stoppen oder wenigstens einzubremsen. Die FPÖ wiederum übt Rücksicht auf die Kronenzeitung, wo sie ja trotz der dortigen Faymann-Duselei noch immer viele ihrer Leser ortet. Die Neos sind in esoterische Unkonkretheiten verflogen (und haben selbst einen nicht unproblematischen Sponsor am Hals). Und von den anderen Parteien und Parteichen ist nicht einmal ein Hauch einer kohärenten Politik zu spüren.
Der vor kurzem veröffentlichte unendlich lange Quartalsbericht über solche Bestechungen aus Steuermitteln ist fast nirgendwo aufgegriffen worden. So wie alle früheren Berichte. Erstaunlich? Nein, keineswegs. Denn genommen haben so gut wie alle Medien.
Aus den Medientransparenz-Berichten kann man etwa mit großem Staunen berechnen, dass auch der ORF selbst aus diesen „Kooperations“-Kassen ordentlich nimmt, immerhin 20 Millionen. Daher fehlen auch dort die kritischen Berichte über das Verhalten der Printkollegen fast völlig, die man sich eigentlich erhofft hatte.
Wer glaubt, dass schwarze Minister bei den Objekten ihrer Medienbestechung wenigstens ein Gegengewicht zu den roten Boulevardmedien versuchen, wird noch mehr erstaunt. Man schaue nur, was das damals vom ÖVP-Chef geleitete Außenministerium - allein im dritten Quartal! - an solchen problematischen Geldflüssen gemeldet hat: Spitzenreiter ist dort ausgerechnet „Heute“ mit über 154.000 Euro, knapp vor der ja ebenfalls aus einem Dichand-Stall kommenden „Krone“ mit 140.000 Euro.
Da jedoch das Dichand-Imperium von roten Quellen (vor allem dem Rathaus) noch viel besser finanziert wird, hat dieses Geld den Schwarzen Null parteipolitische Rendite gebracht, wie sich jeder Leser dieser beiden Blätter täglich überzeugen konnte und kann. Der Geldfluss war also einerseits Diebstahl am Steuerzahler (oder an der Auslandskultur oder an der Entwicklungshilfe oder an den Auslandsvertretungen) und andererseits eine parteipolitische Dummheit. Wenn man schon in diesen Kategorien denken will, wie es Politiker offenbar tun.
Um die Dimensionen klarzumachen: Jedes dieser beiden Boulevard-Blätter bekam mehr als doppelt so viel wie das an dritter Stelle liegende Medium. Und das ist – ausgerechnet das Heftchen „Madonna“ aus dem Hause Fellner! Es bekam 61.000 Euro. Das ist deutlich mehr, als es für die beiden Qualitätsblätter „Standard“ und „Presse“ gab – und zwar beide Zeitungen zusammengerechnet!!
Ähnlich erschütternde Fakten kann man in fast unendlicher Länge über praktisch alle öffentlichen Institutionen in der offiziellen Aufstellung lesen. Aber alle anderen Medien schweigen, denn irgendetwas hat ja fast jeder bekommen.
Und offenbar will sich niemand mit allen Medien zusammen anlegen. Auch der Herr Fiedler trotz seiner totalen Unabhängigkeit nicht. Daher rutscht Österreich immer tiefer in den Sumpf. Daher können westliche Juristen, Experten und Journalisten, die das österreichische System näher kennenlernen, nur entsetzt und angewidert den Kopf schütteln.
PS: Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Geldflüsse von Michael Spindelegger und zahllosen anderen Institutionen zu den Medien unterscheiden sich juristisch deutlich von den einstigen ÖBB/Asfinag-Geldern, die Werner Faymann und Josef Ostermayer zu verantworten hatten. Die einen sind skandalöserweise nach wie vor rechtskonform. Die anderen waren es schon damals nicht (nur die Staatsanwaltschaft ist da anderer Ansicht und verhindert einen Prozess vor einem unabhängigen Richter und den Ohren der Öffentlichkeit).
Während die Europäische Union von Duschköpfen bis Glühbirnen ständig immer mehr unser Leben überreguliert, während sie in der Schuldenkrise die eigene Verfassung eiskalt bricht (No Bailout, Maastricht-Kriterien), versagt sie in einem anderen Bereich völlig: beim Binnenmarkt. Dabei ist sie gerade für den geschaffen worden. Hier wäre sie absolut unverzichtbar. Aber weder Kommission noch Parlament kümmern sich darum, dass die vier Freiheiten dieses Binnenmarkts heftig erodieren.
Der Zerfallsprozess begann mit der Dienstleistungsrichtlinie. Diese hat als schwacher Kompromiss unter Druck der Gewerkschaften eben nicht das einst versprochene Ziel hergestellt, nämlich die volle Freiheit für Dienstleistungen.
Auch die Personenfreizügigkeit ist bedroht. Es gibt immer mehr Sozialtourismus und viel zu wenig Arbeitskräftemobilität. Während erstaunlich wenige arbeitslose Südeuropäer in Deutschland oder Österreich Jobs suchen, wollen dort immer mehr EU-Bürger vom Balkan vom üppigen Sozialstaat profitieren. Wer daheim oft nur Pensionen von knapp über 100 Euro hat, der bekommt (als Ehepaar) in Österreich 1255 Euro. Vierzehn Mal. Da ist es schon einige Anstrengungen wert, den Eindruck zu erwecken, dass man jetzt hier seinen Wohnsitz hat.
Und nun geht es auch der dritten Freiheit, der des Kapitalverkehrs, an den Kragen. Bisher glaubte man diese nur durch krause Ideen einiger Extremisten bedroht. In Wahrheit aber ist sie schon längst durch die konkrete Politik von Zentralbanken unterminiert. Das trifft insbesondere die großen, in Mitteleuropa tätigen Banken.
Denn immer mehr nationale Zentralbanken unterbinden es unter politischem Druck de facto, dass Kapital von einem EU-Land in ein anderes transferiert wird. Das hat katastrophale Folgen für die kreditsuchende Wirtschaft, aber auch die Ertragskraft einer Bank. Das ist auch deshalb besonders provozierend, da die österreichischen Banken ihre Mittelosteuropa-Töchter mit eigenem Geld gekauft haben.
Beispiel: Im Land A gibt es einen massiven Einlagenüberschuss, der nicht von Kreditnehmern in Anspruch genommen wird. Im Land B hingegen gäbe es Kreditnachfrage. Diese kann aber nicht ausreichend bedient werden. Das Geld darf auf Grund des Vetos der Zentralbank von A nicht mehr transferiert werden (was ja eigentlich der einzige Zweck einer interinational tätigen Bank wäre). Keine Bank kann es sich aber erlauben, ein solches Veto zu ignorieren oder gar zu umgehen, auch wenn dessen Rechtsqualität zweifelhaft ist.
Der EU ist das wurscht. Schließlich gelten spätestens seit den Gold- und Libor-Tricksereien einiger (durchwegs!) ausländischer Banken in Öffentlichkeit und damit Politik Geldinstitute generell als Verbrecher und Betrüger. Dass jeder seriöse Ökonom nachweisen kann, dass genau durch solche Vetos der Wohlstandsgewinn durch die EU vernichtet wird, ist Medien und Politik hingegen egal.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es gilt nicht nur in Hinblick auf die jüngste Entwicklung in der Türkei: Auch in anderen Ländern dieser Erde sollte man Vorgänge durchaus positiv sehen, die in den Medien meist nur negativ dargestellt werden. Nicht weil ich heute unbedingt alles durch die rosarote Brille sehen will, sondern weil es so ist. Dabei bieten auch Länder Anlass zu Freude, die im Tagebuch sonst gar nicht gelobt werden.
In der Türkei ist Machthaber Erdogan in arge Bedrängnis geraten. Und nach allem, was man zu den nach außen ja keineswegs noch ganz transparenten Vorgängen jetzt schon sagen kann, scheint eines klar: Auch ein mit absoluter Mehrheit regierender Mann kann in diesem Land nicht mehr nach Belieben schalten und walten.
Nachdem er im vergangenen Sommer noch recht unbeschadet die wochenlangen Protestkundgebungen in Istanbul und anderen Städten überstanden hat, zeigt sich jetzt an ganz anderer Front Erfreuliches: Die türkische Justiz lässt sich nicht mehr politisch herumkommandieren. Zumindest wichtige Exponenten der Justiz wagen es, dem scheinbaren Alleinherrscher mit seinen islamistisch-absolutistischen Attitüden entgegenzutreten.
Das heißt nun keineswegs schon, dass Erdogan jetzt stürzen wird. Das heißt auch nicht, dass die Alternativen zu ihm unbedingt besser sind. Das heißt aber: Es gibt in der Türkei heute eindeutig zumindest in wichtigen Positionen eine unabhängige Justiz, wo mutige Männer trotz großer persönlicher Risken gegen korrupte Politiker vorzugehen versuchen.
Eine unabhängige Justiz ist der absolut wichtigste Eckstein einer rechtsstaatlichen Entwicklung. Staatsanwälte, auf die brutaler Druck ausgeübt wird, wagen es dort dennoch, in die Öffentlichkeit zu gehen. Es ist in der Türkei unmöglich geworden, die üblen Machenschaften der Machthaber unter den Teppich zu kehren (Diesen Mut würde man übrigens bisweilen auch hierzulande manchen Staatsanwälten wünschen, die sich mehr einer Partei als dem Kampf gegen Korruption und Bestechungsinserate verpflichtet fühlen).
Die Existenz von Korruption in der Türkei ist hingegen nur eine banale Selbstverständlichkeit. Denn Korruption ist geradezu naturgesetzlich Folge von allzu ungefährdeten Machtsystemen. Wie sie in der Türkei oder auch im Wiener Rathaus zu finden sind.
Zumindest interessant ist, dass ausgerechnet ein Säulenheiliger der Linken, nämlich Boliviens Evo Morales, neuerdings öffentlich als Verteidiger der Kinderarbeit auftritt. Er verweist nicht nur auf seine eigene Kindheit, in der er natürlich gearbeitet hat. Er erinnert auch daran, dass Kinder in vielen Ländern etwa jedenfalls dann arbeiten müssen, wenn sie ihre Eltern verlieren. Außerdem, so der Bolivianer, fördere frühes Arbeiten das soziale Gewissen. Das ist eine Argumentationslinie, die absolut den üblichen Axiomen der naiven Gutmenschen widerspricht.
Seinen Argumenten müsste man auch noch das Stichwort Abtreibungen hinzufügen. In der dritten Welt würde deren Zahl mit Sicherheit steil steigen, sobald Kinder 14 Jahre lang nur noch als nutzlose Esser gelten, die nicht – so wie bei uns noch am Beginn des 20. Jahrhunderts – selbstverständliche Helfer etwa bei Ernten sein dürfen. Die Bereitschaft zu massenweisen Abtreibungen aus sehr egoistischen Motiven sieht man ja etwa an den total unterschiedlichen Zahlen von Mädchen- und Knabengeburten in vielen Ländern Asiens.
Die schöne heile Wohlfahrtswelt mit Kinderbeihilfen, Gratisfahrten und Gratisschulbüchern gibt es halt leider nur in einem sehr kleinen Teil der Welt (und dort wohl auch nur noch solange, bis das Schuldengebäude kollabiert). Im Rest der Welt weiß man hingegen, dass das Leben ein Existenzkampf ist, in dem man die eigenen Bedingungen und die der Kinder nur schrittweise und nicht per Dekret verbessern kann. Und wo Wunschdenken oft mehr Schaden als Nutzen anrichtet.
Erfreulich ist auch das Verhalten Indiens gegenüber den USA. In dem sich über allen Völkerrechtsregeln erhaben dünkenden Amerika war eine indische Diplomatin (im Streit um die Entlohnung ihrer Haushälterin) mit Handschellen abgeführt und erst gegen Kaution wieder freigelassen worden. Indien hat nun verkündet, dass künftig im Gegenzug auch amerikanische Diplomaten strafrechtlich nicht mehr immun sind. Das ist wahrscheinlich die einzige Sprache, die eine allzu anmaßend gewordene Supermacht versteht: die der Retorsion. Das Völkerrecht – das die Festnahme von Diplomaten verbietet – kann immer nur funktionieren, wenn volle Gegenseitigkeit herrscht. Wenn also auch gegenüber Supermächten jeder Staat Selbstbewusstsein zeigt.
Es ist aber auch erfreulich, wenn sich amerikanische Firmen gegen Erpressungen durch Gewerkschaften zu wehren verstehen. Diese hatten in Deutschland im Vorweihnachtgeschäft Amazon zu bestreiken versucht, um andere Kollektivvertragsbedingungen durchzusetzen. Die Gewerkschaften sind damit gescheitert, weil amerikanische sich zum Unterschied von europäischen Arbeitgebern nicht durch Streiks erpressen lassen. (Das schmälert übrigens nicht meine Aversionen gegen Amazon, gegen dessen zweitklassige Behandlung für österreichische Kunden und gegen dessen üble Praktik, dass dort Fremdlieferanten und deren unfreundliche Lieferbedingungen nur sehr schwer von Amazon-eigenen Angeboten auseinanderhaltbar sind. Deshalb gebe ich dem Versandgiganten nur dann Aufträge, wenn der heimische Handel versagt. Wie ich es in den letzten Wochen aber leider wieder einmal mit einem bestimmten Spielzeugwunsch erleben musste).
Das ablaufende Jahre brachte einen weiteren, erst im Rückblick klar werdenden historischen Erfolg: Die Lebensschutz-Initiative „One of us“ ist europaweit zu einem Erfolg geworden. Obwohl – oder gerade weil? – die ängstlichen und gerne politisch korrekten Bischöfe vieler Länder die Initiative lieber lange nur gedeckt aus der zweiten Reihe beobachtet haben. Die Menschen sind aber mündig geworden.
Auch ein neues Erkenntnis des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gibt Grund zum Optimismus. Er hat dekretiert, dass jemand, der den Völkermord an den Armeniern als „internationale Lüge“ bezeichnet, nicht bestraft werden kann. Denn mit solchen Äußerungen werde nur vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht.
Das macht Hoffnung, dass dieser EGMR auch die Freiheit der Meinungsäußerung in Österreich wieder auf das frühere Ausmaß ausdehnen wird. Hier wird sie ja durch Gerichte und Gesetzgeber zunehmend eingeschnürt (hier wird man sogar wegen der Bezeichnung „Kinderschänder“ für den Geschlechtsverkehr des Islam-Propheten Mohammed mit einer Neunjährigen verurteilt).
Allerdings wird die Freude dadurch ein wenig reduziert, dass beim EGMR Wartefristen von fünf bis sechs Jahren an der Tagesordnung sind. Nicht geschmälert wird die Freude über sein Erkenntnis hingegen durch den Umstand, dass auch ich natürlich den Völkermord an den Armeniern für eine eindeutige Tatsache halte (dieser ist übrigens durch k. und k. Diplomaten aufgedeckt worden – trotz des damaligen Weltkriegs-Bündnisses mit dem Osmanischen Reich).
Jedenfalls sensationell ist das, was sich in China tut. Da hat etwa der Botschafter in Deutschland nicht nur von den Problemen mit dem hohen Ressourcenverbrauch gesprochen, er hat nicht nur angekündigt, dass künftig der Markt die entscheidende Rolle haben werde, sondern er hat auch politische Reformen verlangt: Rechtsstaatlichkeit sei der Schlüssel. „Alle müssen gleich sein vor dem Gesetz. Auch die Partei darf nicht darüber stehen." Das passt ganz zu dem, was sein oberster Parteichef erst vor ein paar Tagen gesagt hat, was vor wenigen Jahren noch als Hochverrat gewertet worden wäre: Auch Mao sei nur ein Mensch gewesen; und auch Mao habe Fehler begangen. Solches Umdenken ist revolutionärer als viele Aufstände, bei denen Zehntausende umkommen.
Ebenso klar positiv ist (trotz verbreiteter Kritik) die schon einige Wochen zurückliegende Tatsache, dass die deutsche SPD ihre Parteimitglieder darüber entscheiden ließ, ob sie eine Koalition mit der CDU eingehen soll. Unabhängig vom Urteil über diese Koalition ist die Abstimmung eine neue Bestätigung dafür, dass die Krise der Parteiendemokratie nur durch mehr direkte Demokratie überwunden werden kann.
Noch ein anderes lobenswertes Exempel direkter Demokratie hat sich im Vorjahr in Deutschland abgespielt: In Oberbayern ist bei regionalen Volksabstimmungen das Projekt Olympischer Spiele 2022 abgelehnt worden. Die Bürger haben gespürt, dass sie selbst nur die Lasten und die Kosten solcher immer gigantomanischer werdenden Projekte zu tragen haben. Der Nutzen kommt hingegen nur den Sportfunktionären, Journalisten und Sportlern zugute. Wenn sich mehrere solcher Signale häufen, wird die Folge eine klare Alternative sein: Der Sport schrumpft entweder auf eine selbsttragende Finanzierung, oder er kann seine Großveranstaltungen samt dem damit verbundenen Milliardengeschäft für einige wenige nur noch in Halb- oder Ganzdiktaturen wie Russland oder Katar abhalten. Wo Machthaber solches für ihre Selbstdarstellung brauchen (bis sie dann selbst gestürzt werden).
Überhaupt nicht neu ist die Tatsache, aber nach Weihnachten wieder einmal ins Bewusstsein gerückt ist die Tatsache, dass etwa in der sozialdemokratisch regierten Stadt Berlin Geschäfte 7 x 24 Stunden offen haben dürfen. In Wien aber gehen vor allem am Sonntag die Rollläden eisern zu. Jedoch ist in Berlin keine der von den hiesigen Gewerkschaften prophezeiten Katastrophen zu beobachten. Zugleich fehlen in Berlin die unwürdigen Szenen und Drängeleien, wie sie etwa an den Weihnachtsfeiertagen in den wenigen offen halten dürfenden Wiener Supermärkten zu beobachten waren.
Diese vielen positiven Entwicklungen können uns darüber hinwegtrösten, dass es in anderen Ländern ziemlich jammervoll zugeht, etwa seit einigen Tagen im Südsudan und in Zentralafrika. Irgendwie ist es aber auch schade, dass sich für diese Sammlung erfreulicher Beispiele und Entwicklungen so gar kein österreichisches Exempel gefunden hat. Bisher gab und gibt es beispielsweise in den vielen Interviews neuer (oder alter) Minister ja keinen einzigen Satz, den man freudig aufnotieren könnte.
Fast stündlich werden wir derzeit mit guten ökonomischen Meldungen überhäuft. In der Tat: Eine Reihe von Wirtschaftsindikatoren zeigt nach oben. Das ist anzuerkennen und Grund zur Freude. Das Jahr 2014 könnte tatsächlich besser werden als die letzten Jahre. Was dieses erhoffte Bessergehen aber wirklich bedeutet, vor allem, wie langfristig es halten kann, wird sofort wieder zweifelhaft, wenn man ein bisschen tiefer in die Daten geht.
Dennoch bleibt vorerst einmal ein gutes Zwischenhoch festzuhalten:
Nach mehr als fünf schlechten Jahren hat man große Sehnsucht nach solchen Daten und Informationen. Jede einzelne wird da verständlicherweise mit Freuden begrüßt.
Da fühlt man sich fast als Spielverderber, wenn man daran erinnert, dass wir in den letzten Jahren schon allzu oft Krisen-Ende-Botschaften gehört haben. Es ist aber unabdingbar, neben diese frohen Botschaften auch die viel weniger frohen zu stellen. Denn die sind genauso Faktum. Und sie sind vor allem langfristig wirksam.
Das alles waren jetzt nur die rein ökonomischen Fakten. Die werden in Europa durch die demographische Katastrophe, und speziell in Österreich durch die enormen Kosten der unproduktiven Arbeitsaufteilung zwischen Bund und Ländern, durch die Kuschelbildungspolitik der Unterrichtsministerin (mit den obersten Zielen: kein Durchfallen, keine Nachhilfe, keine Hausübungen) und durch die Massenzuwanderung von leistungsfernen Gruppen ins Wohlfahrtssystem zusätzlich weiter verschlechtert.
Daher ist es zwar durchaus legitim, sich an den kurzfristig positiven Ausblicken auf 2014 zu erfreuen. Es ist aber fatal, dass die österreichische, die deutsche, die europäische Politik all die negativen Signale gleich wieder zu ignorieren versucht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Ich hatte vor ein paar Tagen die Ehre, in Berlin die Laudatio anlässlich einer Preisverleihung an die Bestsellerautorin Birgit Kelle zu halten. Da ich auch von deutschen Freunden gebeten wurde, den Text zu publizieren, darf ich das hier in Grundzügen tun.
Birgit Kelle steht heute für den ganzen deutschsprachigen Raum an der Spitze einer zentralen Auseinandersetzung. Nämlich jener mit der Diktatur des immer aggressiver werdenden Feminismus, nicht nur mit seinen Dummheiten, sondern auch den Schäden, die er anrichtet. Diese Auseinandersetzung ist für das Überleben unserer europäischen Kultur, die ein halbes Jahrtausend global dominierend gewesen ist, ebenso wichtig wie jene mit den anderen zentralen Bedrohungen:
Männer tun sich schwer mit dem Feminismus. Entweder sie sind desinteressiert, oder fühlen sich in der Defensive oder haben prinzipiell schlechtes Gewissen.
Anfangs haben sich sprachsensible Männer wie Frauen bloß über die Verhunzung der Sprache amüsiert, über das Binnen-I, über das „Elter“ (für Vater und Mutter), über „Mitglieder und Mitgliederinnen“, über Bürgerinnenmeisterinnen. Aber auch da wäre schon ein Aus mit Lustig am Platz gewesen. Ist doch der Schaden durch solche Texte enorm, da sich immer mehr Kinder beim sinnerfassenden Lesen schwertun.
Bloß amüsant war für manche auch, dass staatlich finanzierte Universitäten das Basteln von Sex Toys als Lehrveranstaltung angesetzt haben.
Dann kam die Quotendiskussion mit zahllosen opportunistisch verlogenen Aussagen. Wenn ein Generaldirektor eines in Vorstand und Aufsichtsrat rein männlich geführten Konzerns in Interviews für Frauenquoten plädiert, kann das ja nur so bezeichnet werden. Warum fängt denn der Typ nicht bei der eigenen Firma an, ganz ohne Gesetz?
Dazu kommt, dass solche Quoten ja erst recht frauenfeindlich sind, wie Kelle so scharf aufzeigt: Wer soll denn dann noch eine Frau in Spitzenfunktionen ernst nehmen, wenn Männer wie Frauen sie hinter ihrem Rücken als Quotenfrau abtun können?
Gleichzeitig trommelte ständig die Behauptung der dramatisch ungleichen Bezahlung quantitativ wie qualitativ gleicher Arbeit von Männern und Frauen auf uns ein. Und wieder reagierten Männer in ihrer Unbedarftheit schuldbewusst, ohne zu durchschauen, wie sehr da Äpfel mit Birnen, nein geradezu mit faulen Bananen verglichen werden. Wenn das, was da Linke und Feministen behaupten, nämlich wahr wäre, dann wäre jeder Unternehmer grenzdebil, der sich nicht durch Beschäftigung von Frauen einen 20-, 25-, ja 27-prozentigen Vorteil gegenüber den Konkurrenz verschafft und dicke kapitalistische Gewinne scheffelt.
Dann kam die Flut behaupteter Missbräuche in Rosenkriegen. Gegen den Ex-Mann, gegen den neuen Freund der Frau. Da war‘s dann überhaupt nicht mehr lustig. Denn nach Ansicht von Experten ist in mindestens einem Drittel der Fälle der Missbrauch unwahr. Man will nur die taktische Position verbessern. Selbst um den Preis der Vernichtung von Existenzen. Selbst um den Preis schwerer Schäden an verunsicherten Kindern.
Dennoch schien gegen viele dieser und anderer unsinnigen Behauptungen der Feministinnen kein Kraut gewachsen. Sie wurden durch ständige Wiederholungen zwar auch nicht wahrer, aber von allzu vielen doch geglaubt: Bis Frauen selbst die Dinge in die Hand genommen haben.
Und da steht Birgit Kelle heute an der Spitze. Schon allein deshalb, weil sie brillant schreiben und mutig wie kantig diskutieren kann. Das hat Wirkung, das hat Power.
Ich habe mich auch selbst einige Zeit mit dem Gedanken getragen, ein Buch über und gegen all die Dummheiten des Feminismus zu schreiben. Aber als ich Birgit Kelles „Dann mach doch die Bluse zu“ in die Hände bekommen habe, wusste ich: Das kann wer anderer viel besser als ich. Und habe mir viel Arbeit erspart.
Birgit Kelle ist nicht nur wegen ihrer brillanten Schreibe wirksamer: Es war vor allem dringend notwendig, dass endlich auch Mütter das Wort ergreifen. Denn diese werden ja von den vielen kinderlosen Frauen als Geiseln genommen. Die Kinderlosen hatten die Frauen mit Kindern instrumentalisiert, um ihre eigenen Karriere-Anliegen vorantreiben zu können.
Mütter haben aber viel weniger Zeit. Daher findet man sie seltener in Redaktionsstuben oder bei Parteiversammlungen. Dort trifft man fast immer nur die Singlefrauen oder ein paar, die dann mit 40 schnell noch ein Kind anschaffen, weil das geht ja mit links, weil das kann man eh gleich wieder abgeben. Solche Frauen dominieren aber in sehr vielen Medien und Parteien heute die Familien- und Gender-Themen. Obwohl sie am allerwenigsten Erfahrung haben. In Österreich etwa haben Journalistinnen im Schnitt 0,6 Kinder, also nicht einmal die Hälfte des ohnedies viel zu niedrigen nationalen Schnitts. Daher wäre logisch: Wenn schon Quote, dann nur für Frauen mit Kindern. Aber natürlich ist jede Quote leistungshemmend und diskriminierend. Daher strikt abzulehnen.
Mitschuld an vielen Fehlentwicklungen sind jedoch in hohem Maß männliche Journalisten. Diese gehen dem Themenkreis oft feige oder desinteressiert aus dem Wege und überlassen es daher der Miniminderheit der Singlefrauen.
Und jedenfalls haben Mütter keine Stimme in all den politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um sie.
Dieser heute vorherrschende linke Mainstream ist umso absurder, als auf der Gegenseite liberale wie konservative Denkmodelle eigentlich eng zusammengehen, mehrheitsfähig sind und zu sehr ähnlichen Ergebnissen führen. Jedem liberal denkenden Menschen muss das Recht auf Freiheit, auf freie Entscheidung insbesondere im familiären Feld der wichtigste Wert sein. Und jeder konservativ, jeder christlich geprägte Mensch muss die Pflichten gegenüber der eigenen Familie, den eigenen Kindern, dem eigenen Nächsten an oberste Stelle stellen.
Aber dennoch traut sich fast niemand in der Öffentlichkeit für die Familien zu kämpfen. Denn die Linken haben derzeit – noch – die Oberhoheit über die medialen Stammtische.
Die einstige Usance, dass die Männer, die Väter auch die Interessen von Frauen und Kindern zu vertreten haben, gilt nicht mehr. Gewiss haben die Männer dabei auch oft an sich gedacht und die eine oder andere Schieflage in traditionellen Gesellschaften mit zu verantworten. Ihnen wird heute aber auch weit darüber hinaus im öffentlichen Diskurs jedes Mitvertretungsrecht für ihre Familie abgesprochen, auch in jenen großen Bereichen, wo sie es durchaus sinnvoll verwendet haben.
Bei aller Bereitschaft, sich offen jeder Kritik zu stellen, ist unbestreitbar klar: Es gibt keine einzige Kultur, keine einzige Religion, in der einerseits die Freiheit aller Menschen wie auch die Gleichwertigkeit von Männern und Frauen so stark, in weiten Bereichen so selbstverständlich ist wie in der durch Christentum und Aufklärung geprägten europäisch-amerikanischen Welt.
Spätestens seit dem 18. Jahrhundert, seit einer Maria Theresia oder einer Katharina ist das auch durch ganz große Kaiserinnen so demonstriert worden. Dass damals hier in Berlin auch ein anderer, ebenfalls als groß bezeichneter König Maria Theresia ihre vollen Rechte abspenstig machen wollte, will ich hier als österreichischer Gast geflissentlich übergehen. Jeder hat so seine Traumata.
Jedenfalls hat Maria Theresia geradezu im Übermaß gezeigt, dass man sowohl eine zugleich konservativ-wertebewusste und aufklärerisch-reformorientierte Herrscherin sein kann wie eine liebevolle Frau und Mutter. Auch wenn es sicher keine Idealsituation ist, vom Wochenbett aus Kriege führen zu müssen.
Ohne jetzt Vergleiche überstrapazieren zu wollen, scheinen Maria Theresia und Birgit Kelle noch etwas gemeinsam zu haben: eine starke und innige Beziehung zum katholischen Glauben, zu dem Kelle vor zwei Jahren konvertiert ist. Für die Habsburgerin war das natürlich selbstverständlich, für Kelle war das ein langer Prozess der inneren Prüfung und Auseinandersetzung, was die Konversion umso wertvoller macht.
Das erinnert mich übrigens auch an Sabatina James, die tapfere Konvertitin aus dem pakistanischen Islam, die jetzt – von Todesdrohungen begleitet – mutig und eloquent für islamische Frauen kämpft. Ihr ist zwar von einem evangelikalen Christen das Evangelium nahegebracht worden. Aber sie hat sich dann ganz aus eigenem für den Katholizismus entschieden, nach dem Coca-Cola-Motto: It’s the real thing.
Die Konversion Birgit Kelles war aber nicht nur eine religiöse. Sie war unabhängig davon auch eine politische. Wenn Klassenkolleginnen bei Treffen fassungslos sind, dass aus der wilden, schultypisch grün aufmüpfigen Birgit eine bürgerliche, offenbar glückliche Familienmutter und politische Kämpferin für Mütter und Familien geworden ist, dann zeigt das noch in ganz anderer Hinsicht einen intellektuellen Milieuwechsel.
Da ist sie zweifellos auch von ihrer Familie mitgeprägt worden, von einem Ehemann, der selbst vor mehr als einem Vierteljahrhundert konvertiert ist; und von vier großartigen Kindern, die alle mitziehen, wenn die Mutter jetzt zur internationalen Persönlichkeit geworden ist.
Wenn ich zuvor gemeint habe, dass der europäischen Kultur nach 500 dominierenden Jahren der Abstieg droht, dann führt das noch zu einer ganz anderen Annäherung an Birgit Kelle: Sie kommt aus einer inzwischen schon untergegangenen Kultur, aus jener der Siebenbürger Sachsen. Diese ist nach mehr als sechs Jahrhunderten in aller Stille verschieden, aber umso beklemmender.
Ich erinnere mich noch, wie einer meiner Lehrer den Schmuggel von deutschen Bibeln nach Rumänien organisiert hat. Ich erinnere mich an Besuche nach der Wende in diesem Siebenbürgen, wo in den Dörfern heute des Sommers viele Golf mit Kölner Kennzeichen stehen – lauter Sachsen, die ihre Heimat besuchen, die sie verlassen hatten, weil sie keine Zukunft mehr gesehen haben. Denn im restlichen Jahr ist kein einziges deutsches Auto da.
Besonders ergreifend ist für mich die Erinnerung an einen Besuch bei Eginald Schlattner, den Pastor und Bestsellerautor, in seiner Kirche in Rothberg. Dort hängen noch die schönen deutschen Prozessionsfahnen, nur gibt es keine Prozessionen mehr, keine Gottesdienste. Und Schlattner zeigte ins Dunkel unter der Orgel: „Schauen Sie, dort stehen drei Särge für die letzten Deutschen im Ort. Wir hoffen halt, dass uns unsere braunen Brüder dann wenigstens in den Sarg liegen, wenn er schon da steht.“
Wem da nicht weh ums Herz wird, der hat wohl keines.
Ich bin überzeugt, dass gerade ihre Kindheit in diesem Siebenbürgen Birgit Kelle stark prägt. Sie hat so wie ihre Eltern und Großeltern erstens die Idiotien eines Totalitarismus erlebt. Und sie hat zweitens das Sterben einer Kultur gesehen. Da schaut man nicht tatenlos zu, wenn es wieder um das Überleben einer Kultur geht. Da gewinnt man Stärke, gegen ideologische Unsinnigkeiten aufzutreten.
Und diese Stärke sollte sich auch auf uns alle übertragen, insbesondere auch auf uns krawattentragende Männer. Jeder Kampf ist erst verloren, wenn man sich selber aufgibt. Oder mit Schiller: „Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren“.
Gerade in Tagen und Wochen, da in Deutschland wie Österreich Koalitionsverhandlungen Katastrophales für Familien bedeuten,
da brauchen wir nichts dringender, als ermutigende Persönlichkeiten. Die nicht aufgeben. Die mit jungem Schwung kämpfen.
Birgit Kelle ist eine solche.
Wann, wenn nicht zu Weihnachten, sollte man es auch positiv zu sehen versuchen: Wir haben eine Familienministerin. Vergessen wir die Turbulenzen der Bildung des neuen Ministeriums. Sehen wir das ab jetzt positiv. Denn unbestreitbar ist ja jedenfalls: Die Familien brauchen Anerkennung, sie brauchen ein Signal. Sie sind nicht nur zu Weihnachten das wichtigste emotionale Kraftzentrum. Sie sind zugleich auch für dieses Land die entscheidende Zukunft. Jedoch: Das was die neue Ministerin in ihren ersten Interviews von sich gegeben hat, ist mehr als enttäuschend. Es hat vor linksgrünen Plattitüden nur so gestrotzt. Aber versuchen wir auch das noch irgendwie zu tolerieren. Sophie Karmasin ist ja nicht nur als Ministerin total neu. Sie ist auch in der Materie Familie total neu. Senden wir ihr statt Kritik Ratschläge, was ein Familienminister (endlich) tun müsste. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Festzuhalten ist aber schon: Das was Karmasin bisher gesagt hat, ist das absolute Gegenteil dessen, was die Wähler der ÖVP von ihrer Partei in Sachen Familie erwarten. Oder besser gesagt: halt noch irgendwie erhoffen. Denn erwarten tun sie sich eh kaum noch etwas von der Volkspartei, der ja schon bald die letzten verärgerten Wähler davonlaufen.
Es ist ja kein Zufall, dass jetzt schon zwei andere Parteien bei der bevorstehenden EU-Wahl um die von der ÖVP im Stich gelassenen wertkonservativen Wähler kämpfen wollen. Neben der FPÖ ist das nun auch eine Gruppierung rund um Ewald Stadler, welche die Christenpartei und die Studentengruppe JES zusammenfasst. Bei beiden Gruppierungen wird neben Europa das Thema Familie ein absolutes Thema sein. Was eine neue Familienministerin doppelt fordern müsste.
Die ÖVP hatte offenbar die Konsequenz daraus gezogen, dass sie bei Umfragen nun auch die Familienkompetenz verloren hat. Das muss für Michael Spindelegger eine schlimme Schrecksekunde gewesen sein. Denn wofür steht seine Partei überhaupt noch? Nur noch für Bauern- und Kammerinteressen?
Der bisher für Familien zuständige schwarze Minister Reinhold Mitterlehner hat sich jedenfalls keine Sekunde um die Materie gekümmert. Er hat sie halt lustlos von seinem kinderreichen Vorgänger übernommen und sie bereitwillig an zwei Staatssekretärinnen abgeschoben, solange er welche hatte. Mitterlehners Nachfolgerin könnte sich und die ÖVP daher damit leicht profilieren. Sie hat aber vom Start weg Probleme. Denn zumindest in den ersten Tagen hat sie in Serieninterviews Positionen bezogen, die deckungsgleich mit denen von Grün und Rot sind (und vielleicht auch von Pink, aber bei denen weiß man das meist nicht so genau).
Statt eigener Eindrücke sei die Kathpress zitiert, welche die ersten Interviews der Ministerin so zusammenfasst: „Karmasin hat sich in Zeitungsinterviews zu einem liberalen Kurs in Sachen Familienbild, Homo-Ehe, Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare und Geschlechterrollen bekannt. Forcieren möchte sie außerhäusliche Kinderbetreuungseinrichtungen und den Ausbau von Ganztagsschulen“. (Kleine Anmerkung am Rande zur unpräzisen Verwendung des Begriffs „liberal“; gemeint hat die Kathpress eindeutig einen „linken Kurs“).
Das wärs dann wohl schon, werden sich viele bei diesen Worten der Neoministerin gedacht haben. Versungen und vertan. Der Versuch von Michael Spindelegger, durch die (ja von anderer Seite heftig kritisierte) neue Ministerien-Konstruktion wenigstens das Familienimage zurückzuerobern, kann damit schon als gescheitert bezeichnet werden. Selber schuld, werden manche sagen. Schließlich hat Spindelegger ganz offensichtlich keine Zeit darauf verwendet, sich seine Ministerin vorher genau anzuschauen und sie abzuklopfen, ob deren Vorstellungen mit denen der ÖVP und vor allem denen ihrer Wähler zusammenpassen. Was hilft es, wenn der neue ÖVP-Generalsekretär mutig das Konservative betont, wenn die einzig gesellschaftspolitische Ministerin der Partei ganz auf links macht?
Aber seien wir nicht vorschnell. Vielleicht ist Karmasin ja lernfähig und hat es nur bisher nicht besser gewusst. Daher seien ihr einige Ratschläge auf den Weg gegeben, was sie tun könnte, was sie tun müsste, da ihr ja eben konservative und nicht linke Stimmen den Einzug in das Amt ermöglicht haben. Im Grund laufen alle Ratschläge immer auf den einen hinaus: Wenn man schon kein Geld hat, dann kann man zumindest dafür sorgen, dass die wahren Fakten bekannt werden.
Liebe Frau Karmasin, lassen wir es bei diesen 15 Punkten. Keiner davon kostet sonderlich viel Geld, wenn überhaupt. Vieles davon wären Meinungsumfragen, da kennen Sie sich ja aus. Lassen Sie sich vor allem durch Widerstände nicht vom Stellen der richtigen Fragen abhalten.
Machen Sie sich das Prinzip zur Devise: Studieren geht über Reden. Mit jeder einzelnen dieser Studien können Sie eine exzellente Pressekonferenz veranstalten. Mit jeder einzelnen können Sie bis zum nächsten Weihnachtsfest den Eltern zeigen, dass die Familien endlich ein echtes Anliegen der ÖVP geworden sind. Mit jeder einzelnen könnten sie Gewäsch entlarven, das nur auf Ideologie, aber nicht auf Fakten beruht.
Frau Karmasin: Die Familien brauchen Sie. Und Sie brauchen die Familien, nicht den linken Medien-Mainstream. Ich kann Ihnen verraten: Wenn Sie das nicht schaffen, sind Sie rascher wieder Ex-Ministerin, als man denken mag. Haben doch die letzten Wochen gezeigt, dass Michael Spindelegger zwar seine Mannschaft leider nicht ausreichend brieft und führt, aber dass er sehr rasch ihm ungeeignet erscheinende Mitspieler fallen lässt. Und zwar über Nacht.
Denken Sie auch an einen anderen Neo-Minister, nämlich Sebastian Kurz. Der strahlt in seinen ersten Interviews eine vielen Bürgern sympathische, für einen Politiker jedoch total ungewohnte Haltung aus: nämlich Demut. Er hat erkannt: Einem neuen Minister steht es gut an, vorerst lernen zu wollen. Und nicht schon gleich zu behaupten, alles zu wissen. Denn dann weiß er gar nichts.
Nachträgliche Ergänzung: Funktionäre der konservativen Studentengruppe JES betonen, dass das berichtete Mittun der JES bei der Liste Stadler ein Alleingang zweier Funktionäre sei und keineswegs ein Beschluss der JES selber.
„Heinisch-Hosek möchte Schule ohne Nachhilfe.“ Interessant, was die neue Unterrichtsministerin so will. Denn zur Erreichung ihres Ziels gibt es nur einen einzigen denkmöglichen Weg: jedem Schüler gleich – oder notfalls erst zum 18. Geburtstag – ein Maturazeugnis in die Hand zu drücken. Solange jedoch böse Lehrer von den Jugendlichen noch irgendwelche Leistungen verlangen dürfen, und solange böse Eltern noch irgendwo mit im Spiel sind, solange wird das nicht glücken. Schon gar nicht kann durch Einführung der Gesamtschule ein Wegfall der Nachhilfe erreicht werden. Das wird von den jüngsten Pisa-Zahlen eindrucksvoll bewiesen.
Nun, wir haben längst gelernt, dass einem ordentlichen Sozialisten zur Erreichung seiner ideologischen Ziele jede Lüge recht ist. Es gibt freilich auch einige naive Bürgerliche, die wirklich glauben, durch Gesamt- und Ganztagsschule würden die Nachhilfestunden wegfallen. Das ist aber grenzenlos einfältig.
Denn ganz im Gegenteil: Je schlechter, ja gleichgeschalteter der Schulunterricht (oder genauer gesagt: der Schulaufenthalt) wird, umso mehr werden Eltern sich bemühen, dem eigenen Nachwuchs durch extern zugekaufte Bildungsanstrengungen doch wieder einen besseren Anlauf ins Leben zu ermöglichen. Und das bedeutet dann halt meist die Aufnahme in eine teure Privatschule mit ihren strengen Erfordernissen, die sich um den Gesamtschul-Egalitarismus nicht kümmern. In die kommt man eben nur durch zusätzliche private Lernlektionen hinein. Der Egoismus der Gene – auf Deutsch: das fast grenzenlose Engagement von Eltern für ihre Kinder – lässt sich nicht ausschalten. Zum Glück für die Kinder. Zum Glück für die Gesellschaft, die jeden Leistungsträger dringendst braucht.
Aber lassen wir Zahlen statt Worten sprechen. Der von den Linken früher so gerne (selektiv) zitierte Pisa-Test hat diesmal auch gemessen, ob die getesteten 15-Jährigen Nachhilfe in Mathematik bekommen. Das ist in Österreich bei 23,1 Prozent der Kinder der Fall. Im OECD-Schnitt jedoch bei 37,9 Prozent. Das heißt: Im OECD-Schnitt gehen weit mehr als eineinhalb so viel wie in Österreich zusätzlich in Mathematik-Nachhilfestunden.
Und wie ist es im (angeblichen) Gesamtschul-Wunderland Finnland? Dort bekommen sogar 47,4 Prozent außerschulische Mathematik-Nachhilfe. Dort ist dieser Anteil also sogar mehr als doppelt so hoch wie in Österreich!
Dabei ist von den asiatischen Tigern noch gar nicht die Rede gewesen (die so wie Finnland alle die Gesamtschule haben): In Japan und Korea gehen jeweils überhaupt weit über 60 Prozent der 15-Jährigen allein wegen Mathematik zu privaten Nachhilfelehrern.
Sorry, Freunde aus Industriellenvereinigung, Tirol, „Presse“ und SPÖ: Wieder ein Argument kaputt. Ich bin schon gespannt, ob sie in ihrer Verzweiflung jetzt noch irgendeines zusammenkratzen können. Das wird ja immer schwerer für sie, nachdem sich erwiesen hat, dass die von der Linken seit 100 Jahren propagierten Gesamtschulen viel teurer sind, dass sie schlechtere Schulergebnisse bringen, dass sie weit weniger differenzieren als die Hauptschulen, dass die mitteleuropäischen Länder ohne Gesamtschulen bildungsmäßig viel besser dastehen und dass diese eindeutig den Wünschen der Elternmehrheit widersprechen.
Aufgeben werden diese „Freunde“ aber dennoch nicht. Denn Sozialisten (ob nun gemäß Parteibuch oder „nur“ Gesinnung, ob nun rot oder grün) geben einfach nicht auf. Was einem immerhin Anerkennung abringt. Wenigstens das ist eine Leistung.
EU-Kommissare haben jedes Recht auf ihre Meinung. Sie können daher auch Mitgliedsstaaten das Verlassen der Union nahelegen. Warum auch sollte die Meinungsfreiheit nicht ebenso für Kommissare wie für alle anderen Europäer gelten? Nur sollten die Kommissare schon wissen: Sehr schlau ist es nicht, Großbritannien, also einem der größten EU-Länder, solche Vorschläge zu machen. Vor allem nicht wegen eines britischen Verlangens, das weit über die Insel hinaus populär ist. Und sie sollten es dann schon gar nicht tun, wenn der britische Premier mit seinen Forderungen eigentlich das wirklich Bewahrenswerte an Europa, also den Binnenmarkt, vor der in seinem Land, aber auch in ganz Westeuropa massiv aufbrandenden Anti-EU-Stimmung retten will.
Und am allerwenigsten sollten sie es dann tun, wenn dadurch eine schon in Gang befindliche EU-Austrittsbewegung noch mehr angefacht wird. Wenn es durch solche Äußerungen wirklich zum Zerfall der Union kommen wird, dann sind solche Hinausschmeiß-Kommissare und nicht etwa David Cameron hauptschuld daran.
Was will Cameron so Schreckliches, dass ihn die (ja schon oft durch ihren Linkspopulismus aufgefallenen) Kommissare Laszlo Andor und Viviane Reding zum Austritt auffordern? Dass sie Großbritannien als das „hässliche Land“ in der EU bezeichnen?
Cameron will erstens Zuwanderern aus anderen EU-Ländern während der ersten drei Monate in Großbritannien keine Arbeitslosenunterstützung mehr zahlen. Er will zweitens Obdachlose, die nur zum Betteln in sein Land gekommen sind, wieder verabschieden.
Wegen dieser Vorschläge sehen also die Luxemburgerin Reding und der Ungar Andor die „Freizügigkeit“ in Europa bedroht. Als ob irgendein EU-Gründer einst mit der Schaffung der Personenfreizügigkeit solche Auswüchse im Sinn gehabt hätte. Als ob es zu rechtfertigen wäre, dass man in ein anderes Land übersiedelt, um dort gleich Arbeitslosenunterstützung zu kassieren (die dort viel höher ist als daheim). Als ob die Freizügigkeit nicht für Arbeitnehmer und Unternehmer, sondern für Bettler und Obdachlose erfunden worden wäre.
Diese Attacke auf den derzeit fast einzigen handlungswilligen EU-Regierungschef kommt wohlgemerkt von der gleichen Kommission, die bisher peinlich herumgestottert hat, wenn Deutschland eine Ausländer-Maut auf Autobahnen einführt. Die schweigt, wenn Bulgariens Regierung offen und mit erpresserischen Methoden die Strafjustiz einsetzt, um Abgeordnete zu ihrer Unterstützung zu motivieren. Die schweigt, wenn auf dem Balkan teure Bus-Tickets mit dem erklärten Reiseziel österreichischer Asyl- und Wohlfahrts-Einrichtungen verkauft werden, wo die Insassen dann abgeladen werden. Die schweigt, wenn Frankreich mit Expresstempo auf den ökonomischen Crash zusteuert, der dann unweigerlich auch alle Euro-Haftungs- und Stützungsmechanismen zum Zusammenbruch bringen wird, die bei einem so großen Land wie Frankreich endgültig überfordert wären.
Durch diese Anti-Cameron-Äußerungen treibt die Kommission nicht nur den EU-kritischen Listen vor der Europawahl neue Millionen zu. Sie macht auch allen anderen Europäern zu deren Frust klar: Die Freizügigkeit habe Bettlern und Sozialtouristen zu dienen und die Wünsche der Bürger seien egal.
Das mag formaljuristisch schon in mancher Hinsicht richtig sein. Und jene Mitgliedsländer, die solcherart einige Bettler und Sozialleistungsbezieher exportieren wollen, werden sogar froh darüber sein. Aber genau solche Botschaften werden Europa ruinieren. Ist doch jetzt schon der Glaube an die EU bei allen Umfragen rapide geschmolzen.
Auf Dauer ist es noch nie geglückt, grob am Willen der Menschen vorbei Politik zu machen. In der Mehrheit der Länder lehnt die Mehrheit der Bürger jedoch solchen Sozialtourismus massiv ab. Mit einem Austritt Großbritanniens wird der Zerfall der EU zugleich irreversibel. Auf der britischen Inseln ist aber schon ein demokratischer Prozess Richtung Austritt in unaufhaltsamem Gang. Dieser kann nur noch gestoppt werden, wenn die EU gravierende Kurskorrekturen in der von Cameron angesteuerten Richtung vornimmt.
Es ist daher nicht nur unverständlich, sondern geradezu tragisch, dass das in der EU-Kommission nicht begriffen wird. Dass Retter Europas zu deren Feinden erklärt werden.
Manche werden nun entgegenhalten, es seien ja ohnedies nur ein ungarischer Kommissar (aus Ungarns einstiger linker Periode) und dessen Luxemburger Kollegin gewesen, die sich so geäußert haben. Das ändert aber nichts daran, dass ihnen kein anderer Kommissar entgegengetreten ist. Wer schweigt, stimmt zu. Das gilt hier noch mehr als anderswo.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com
Vier amerikanische Kongressabgeordnete waren soeben auf offiziellem Besuch in Wien. Sie gehören zur republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus und teilweise auch zur aufstrebenden "Tea Party". Umso spannender ist, was dabei über Österreich und seine Justiz gesagt worden ist. Denn es zeigt, wie der heimische Rechtsstaat zunehmend von außen gesehen wird.
Es ging um die strafrechtliche Verurteilung der österreichischen Islamexpertin und früheren Diplomatin Elisabeth Sabaditsch-Wolff, weil sie in einem Seminar den Geschlechtsverkehr des islamischen Propheten Mohammed mit einer Neunjährigen als Kinderschändung bezeichnet hatte. Michele Bachmann, eine der US-Abgeordneten, kommentierte das nun so: „Wir wollen nicht, dass es in den USA solche Urteile gibt. Jeder amerikanische Bürger hat das Recht, sich auszudrücken. Und jeder sollte auch die Sicherheit haben, reden zu können.“ In Österreich eben nicht mehr. Da kehren die Gerichte wieder zu Metternich zurück. Es könnte zwar sein, dass in den USA noch mehr abgehört wird als bei uns. Aber solange dort nur Taten, nicht wie bei uns Meinungen bestraft werden, ist das jedenfalls nur halb so schlimm.
Die weltweite Aufregung um die Freilassung von Michail Chodorkowski und seine Ausreise nach Deutschland sowie die Begnadigung einiger anderer Dissidenten ist leicht übertrieben. Weder ist Russland dadurch über Nacht zum Rechtsstaat geworden. Noch aber sind die reihenweisen Absagen der Politikerbesuche bei den Olympischen Spielen von Sotschi etwas anderes als lächerlich.
Wenn in Österreich ein Strafgefangener wenige Monate vor Ende einer zehnjährigen Strafhaft freigelassen wird, ist das niemandem auch nur ein Zeile wert. Und wenn doch, dann wird höchstens gefragt, warum der Mann nicht schon früher in Freiheit kommen konnte. Die sonderliche Gnade ist also bei diesen Begnadigungen kaum bemerkbar.
Die Tatsache, dass die Verurteilung Chodorkowskis einst eindeutig ein gesteuerter Prozess wegen dessen für Präsident Putin unangenehmen politischen Ambitionen gewesen ist, bleibt jedenfalls bestehen. Ebenso wie ein vorsorglich vor kurzem eingeleitetes neues Verfahren gegen den nun Freigelassenen. Das kann dann jederzeit aktiviert werden, falls Chodorkowski sich in der neuen Freiheit wieder politisch betätigt.
Das alles kann doch nicht durch eine Begnadigung knapp vor Strafende aus der Welt geschafft werden. Ebensowenig wie die massiv übertriebene Dimension der Strafe für die pubertären Exzesse der sogenannten Pussy-Riots-Gruppe knapp vor Strafende. Diese jungen Frauen wären wohl anderswo mit einer Verwaltungsstrafe davongekommen (auch wenn ihr Benehmen völlig unakzeptabel ist).
Natürlich hängt die Begnadigungswelle nicht nur mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest zusammen – das ist ja in vielen Ländern ein Begnadigungsanlass –, sondern auch mit den Olympischen Spielen in Sotschi. Da handelt Machthaber Putin klug, wenn er für positive Schlagzeilen sorgt.
Aber ein Beweis für ein Einschwenken des Mannes auf einen gemäßigten rechtsstaatlichen Kurs ist das noch keineswegs. Denn Putin hat sich schon mehrfach – etwa vor den letzten Wahlen – in auffallender Weise als harmlos, korrekt und friedfertig präsentiert, um dann bald wieder in das alte Nomenklatura-Denken und -Handeln zurückzufallen. Diese Handlungsmethoden hat Putin ja gerade mit großem Effekt bei der Erpressung der Ukraine praktiziert.
Aber PR und Marketing sind halt heute der zentrale Inhalt des politischen Handwerks. Im Westen wie im Osten. Inhalte treten immer mehr zurück.
Reine PR waren und sind aber auch umgekehrt die diversen Ankündigungen westlicher Politiker, nicht nach Sotschi zu fahren. Es hat ja eigentlich keinen Menschen interessiert, dass Figuren wie die EU-Kommissarin Viviane Reding angekündigt haben, nicht nach Sotschi fahren wollen. Kein Mensch wird sie dort vermissen, ebensowenig wie einen der sonstigen Absager.
Warum bitte fahren überhaupt Kommissare, Präsidenten und Minister zu Olympischen Spielen? Das sind Ereignisse für Sportler und die am Sport interessierten (und zahlenden) Zuschauer, und leider auch für die ungefragt mitzahlenden Steuerzahler. Für sonst niemanden. Auch nicht für die Herren Fischer oder Faymann, von denen einer nun doch hinfahren dürfte. Was nur dann in Ordnung wäre, wenn sie sich Reise und Ticket selbst zahlen oder für Sport zuständig wären.
Allzu vieles rund um die Sportereignisse ist Mediengeilheit (wenigsten fünf Sekunden in sympathischer, politikferner Umgebung ins Bild kommen) und Wichtigmacherei. Eine solche sind daher auch die Absagen von Menschen, zu deren Job description nicht der Besuch von Sportveranstaltungen gehört.
Besonders lächerlich sind die Absagen aber vor allem deshalb, weil sie meist nicht mit den willkürlichen Verhaftungen politischer Gegner des Präsidenten oder der brutalen Machtpolitik gegenüber der Ukraine (von der maßlos überhöhte Gaspreise gefordert worden sind) begründet werden. Da wären sie ja durchaus nachvollziehbar. Vielmehr werden sie mit den Homosexuellen-Gesetzen Russlands begründet.
Da wird es nun einigermaßen absurd. Gewiss ist jede Gewalttätigkeit gegen Schwule und Lesben strikt abzulehnen. Die es in Russland leider durch Hooligans immer wieder gibt. Aber in Russland ist an sich Homosexualität keineswegs verboten, sondern nur Propaganda für diese, wenn sie Jugendlichen zugänglich wird. Das aber ist eine Regelung, die es noch vor nicht allzu langer Zeit auch bei uns gegeben hat (jetzt steht freilich diese Werbung in manchen Schulbüchern sehr massiv). Solche Regelungen würden auch in Österreich wohl von der Mehrheit unterstützt (worum sich aber die sozialistischen Unterrichtsministerinnen prinzipiell nicht kümmern).
Auch in Sotschi können homosexuelle Sportler natürlich teilnehmen. Aber ihnen ist so wie allen anderen Sportlern – und zwar nicht nur in Sotschi, sondern auch bei allen anderen Sportereignissen! – eines untersagt: bei Wettkämpfen politische Propaganda zu machen. Egal ob nun für eine Partei oder sexuelle Vorlieben. Das steht seit jeher in den Regeln der Sportverbände, das hängt gar nicht mit Russland zusammen.
Es darf ja beispielsweise auch in Österreich kein Sportverein auf Dressen Werbung für eine politische Partei machen. Ansonsten können Sportler vor und nach den Wettkämpfen tun und lassen, was sie wollen (und haben sich in der Vergangenheit auch immer wieder von Parteien einspannen lassen). Wenn nun die USA Barack Obamas aus Sotschi einen Wahlkampf um die Stimmen der schwulen Amerikaner machen wollen, dann ist das genauso degoutant wie jede andere Agitation beim Sport.
Durch die skurrile Überbewertung des Propagandaverbots bewirken die Schwulenagitatoren nur eines: Putin wird in den Augen eines Großteils der Weltbevölkerung verharmlost, ja geradezu zur Lichtgestalt. Und es wird von seinen wirklich problematischen Schattenseiten völlig abgelenkt. Aber auch den Schwulenagitatoren geht es natürlich nicht um ein echtes Anliegen, sondern einzig um PR.
PS: Natürlich kommt in Österreich der radikalste Aufruf zu einem Boykott der Spiele wieder einmal von der obersten Zuchtmeisterin der Nation, der Verbotskaiserin Eva Glawischnig. Aber eigentlich sind die Grünen ja nur noch dann erwähnenswert, wenn sie einmal etwas erlauben sollten.
PPS: Noch übler als bei der grünen Verbotsgier wird einem bei den Reden von Sportfunktionären, in denen über die „völkerverbindende Kraft des Sports“ geschwafelt wird. Sport ist meistens spannend. Sport ist oft auch ästhetisch. Sport ist ein Riesengeschäft. Sonst ist Sport nichts. Er trägt mit Sicherheit eher zu Hass und Nationalismus bei als zu Versöhnung und Frieden. Man schaue nur, was wöchentlich in vielen Stadien passiert. Man schaue nur, wie oft Diktaturen (braune wie rote wie unideologische) den Sport missbraucht haben. Von Wettbetrug, Zerstörung jugendlicher Körper durch einschlägige Exzesse und Doping gar nicht zu reden. Daraus sollten wir lernen: Wenn Sportfunktionäre so schwafeln, wollen sie nur eines – nämlich unser (Steuer-)Geld.
Der neue Finanzminister hat in den ersten Tagen bewiesen, dass er sich mit dem Ressortwechsel nichts Gutes angetan hat. Er hat sich gleich mehrfach ordentlich blamiert. Und jetzt droht mit der Hypo die nächste Katastrophe – aus der sich Michael Spindelegger wohl nicht retten wird können.
Selbst die nicht gerade linke FAZ amüsiert sich schon über den ÖVP-Chef. Hat er doch im Fernsehen behauptet, dass er Österreich das Triple-A zurückgebracht habe. Davon weiß freilich außer ihm niemand etwas, auch wenn es im ORF unerwidert geblieben ist (Der ORF ist halt bei Interviews oft völlig blank, wenn etwas Unerwartetes gesagt wird; aber der Staatsfunk ist heute nicht das Thema).
Es geht um Spindelegger. Der Mann verzettelt sich so, dass er derzeit reihum bei allen wichtigen europäischen Terminen fehlt. Offenbar muss er vor Ort bleiben, weil ihm die ob seiner Personalentscheidungen konsternierte Partei auseinanderzubrechen droht.
Er fehlte nicht nur beim entscheidenden Treffen der europäischen Finanzminister, bei dem nach jahrelangem Ringen die europäische Bankenunion beschlossen wurde (ein Projekt von historischer Bedeutung – und historischer Gefahr). Er fehlte auch beim Treffen der Europäischen Volkspartei, wo es immerhin um deren Spitzenkandidaten für die EU-Wahl gegangen ist. Und bei dem Angela Merkel sehr wohl dabei war, obwohl auch sie so wie Spindelegger gerade erst neu angelobt worden ist – mit einem neuen heiklen Partner. Sehr zum Unterschied von Österreich, wo ja die alten beiden weiterregieren.
Noch peinlicher sind die seltsamen Kommentare, die der Finanzminister nun zu der erwähnten Bankenunion abgibt: „Damit werden künftig die Kosten für die Beseitigung von Bankenproblemen nicht mehr auf die Steuerzahler abgewälzt, sondern auf die Eigentümer.“ So Spindeleggers O-Ton – der aber ein völliger Unsinn ist.
Gewiss: Auch zahlreiche Sozialdemokraten und ORF-Redakteure haben ähnliche Blödheiten abgesondert. Aber jemand, der Finanzminister werden wollte, sollte es eigentlich besser wissen. Denn selbstverständlich sind bei allen „Bankenrettungen“ immer die Eigentümer als erste skalpiert worden. Denen ist nichts geblieben. Es sei denn, man hält den einen Euro, den die Bayern als symbolischen Kaufpreis von Österreich für die Hypo Alpe-Adria bekommen haben, für relevant.
Auch für die zweite verstaatlichte Bank, die Kommunalkredit, ist natürlich ebenfalls kein Kaufpreis bezahlt worden. Bei den Bankenrettungen ist es immer schon nur um das Geld der Einleger gegangen, noch nie um das der Eigentümer. Die waren immer als erste ihr Eigentum entschädigungslos los. Auch die Vorstände waren durch die Bank sofort draußen. Nur in der Rhetorik von Populisten aller Art werden ständig Bankeigentümer oder Vorstände gerettet.
Es geht immer nur um die Einleger. Bei deren Rettung kann es aber leider nicht nur um die relativ kleinen – also etwa bis 100.000 Euro – gehen, sondern es muss in vielen Fällen auch um die großen gehen. Denn keine Regierung der Welt kann es verantworten, dass Tausende gesunde Unternehmen bankrott gehen, nur weil ihr auf der Bank liegendes Geld über Nacht weg ist. Denn dann wären bei großen Banken auch Hunderttausende Jobs weg. Das alles sollten Spindelegger und Faymann endlich begreifen.
Jetzt haben sie beide – aber vor allem natürlich der Finanzminister – die Hypo am Hals. Da ist der Vergleich mit einem Mühlstein noch viel zu harmlos. Die Hypo ist weit gefährlicher als Spindeleggers bisherige Hoppalas. Bei der Hypo geht es um weit mehr Geld als bei allem, was im Koalitionsabkommen steht. Die Regierung und insbesondere der neue Finanzminister müssen aber nun in den nächsten Wochen Entscheidungen treffen, die eigentlich schon zu Zeiten von Josef Pröll getroffen werden sollten.
Spindelegger und Faymann werden sich dabei jedoch nach allen Anzeichen nicht für den einzigen richtigen Weg entscheiden, nämlich für eine Insolvenz der Hypo. Natürlich müsste Österreich auch in diesem Fall nicht nur die kleinen, sondern auch alle arbeitsplatzwichtigen großen Einleger retten. Nur so kann eine zerstörerische Kettenreaktion vermieden werden. Österreich müsste auch für einen Fortbetrieb der notwendigen Abläufe in Kärnten einspringen. Denn Kärnten geht ja fast automatisch mit der Hypo in die Zahlungsunfähigkeit.
Hingegen würden durch diese Insolvenz die dort noch immer üblichen Geldverbrennungsaktionen endlich gestoppt. Und vor allem: Österreich würde sich nur durch eine Insolvenz der Hypo rund drei Milliarden Euro ersparen, die Bayern noch immer für einen der Bank gegebenen Kredit zurückhaben will (obwohl das Land Bayern einer der Hauptschuldigen am Crash ist). Dieser Kredit aber wäre bei einer Insolvenz endgültig verloren.
Die Insolvenz würde also in Sachen Bayern und Kärnten dem österreichischen Steuerzahler viel ersparen. Ansonsten müsste er im Wesentlichen auch all das zahlen, was bei den anderen diskutierten Lösungen fällig wird. Daran ändert auch die Anti-Insolvenz-Kampagne nichts, die die Nationalbank jetzt offenbar im Auftrag der SPÖ fährt.
Die Insolvenz wäre gewiss ein nationaler wie internationaler Schock. Aber sie wäre ein kurzfristiger und heilsamer Schock. Und sie wäre für uns eindeutig die billigste Lösung.
Genau diese (nun von vielen Experten laut oder zumindest leise empfohlene) Insolvenz der Hypo ist übrigens schon vor mehr als vier Jahren hier an dieser Stelle empfohlen worden. Damals waren Finanzprokuratur und fast alle Medien freilich noch strikt dagegen, die heute ebenfalls, so wie internationale Gutachter, die Insolvenz empfehlen. Ausnahmsweise – auch wenn es ein wenig eitel anmuten mag – darf ich mich einmal selber zitieren, und zwar eine Tagebuch-Eintragung vom 30. November 2009 über die dann Tage darauf leider von der Republik übernommene Hypo:
„Für solche Fälle hat die Rechtsordnung an sich ein bewährtes und klares Institut: ein Insolvenzverfahren. Das wäre genauso wie im deutschen Fall Opel die einzig logische Konsequenz. Nur so werden künftig Firmen davon abgehalten, ähnlich riskant zu operieren (und Politiker, sich in die Wirtschaft einzumischen). Eine solche Insolvenz wäre im übrigen auch bei der Kommunalkredit eindeutig richtig gewesen.“
Aber Spindelegger und Faymann wagen wohl auch heute nicht das, was Pröll und Faymann schon 2009 nicht gewagt haben. Obwohl es eindeutig der relativ beste Ausweg aus einer katastrophalen Situation war und ist.
Womit wir wieder zurück bei Spindelegger sind. Er hat sich aus nur ihm bekannten Gründen das Finanzministerium angetan. Und daher wird die Schuld jetzt auch primär an ihm hängen bleiben. Selbst wenn er sich in den nächsten Tagen so weit einarbeiten sollte, um zu erkennen, dass die Insolvenz das Beste ist, wird er das niemals gegen seinen sozialdemokratischen Regierungspartner durchbringen. Und auf offene Konfrontation wird er keinesfalls gehen. Dazu hat sich Spindelegger in den letzten Tagen viel zu sehr an die SPÖ gebunden.
Und Faymann selber ist schon gar nicht der Mann klarer Entscheidungen. Ganz abgesehen von seinen Ratgebern, die außer immer-noch-mehr-Schulden-machen schon lange kein Rezept mehr kennen.
Daher hört man in der ÖVP schon hinter vorgehaltener Hand das intrigante Raunen: „Jetzt müssen wir uns halt wieder einen neuen Parteiobmann suchen.“ Spindeleggers einziges Glück im selbstverschuldeten Unglück: Es gibt weit und breit keinen, der überhaupt noch an diesem Himmelfahrtskommando interessiert wäre. Außer Reinhold Mitterlehner. Aber den wollen sich nicht einmal die verzweifelsten Rauner als ÖVP-Obmann antun.
Dabei stand Spindelegger nach der Wahl noch sehr gut da. Waren seine Stimmverluste doch deutlich geringer als erwartet. Und hat doch die SPÖ deutlich mehr verloren. Zwar haben ihn ORF und Krone am Wahltag zum Hauptverlierer stempeln wollen, nur um von dem Dämpfer für Faymann abzulenken. Aber das war leicht durchschaubar und daher wirkungslos. Spindelegger stand relativ stark da. Jetzt aber hat er sich binnen 14 Tagen höchstwahrscheinlich selbst gekillt. Erstaunlich.
Am Freitag dem 13.12. wurde das Regierungsprogramm für die Jahre 2013-2018 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ein erster Blick aus familienpolitischer Sicht ist ernüchternd.
Hauptziel ist offenbar einmal mehr der Ausbau der Kinderbetreuung, dafür werden auch beträchtliche Bundesmittel zur Verfügung gestellt (350 Mio und weitere 400 Mio für die schulische Tagesbetreuung). Unter dem Ziel „Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen“ wird das erste Mal der Ausbau der Kinderbetreuung genannt.
Das erste Vorhaben, das sich unter „Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern“ findet, stellt eine Verschlechterung dar: Es soll nämlich die Verkürzung des Anspruches auf Elternteilzeit vom siebten Lebensjahr auf das fünfte oder gar vierte Lebensjahr geprüft werden, „parallel zum Ausbau der Kinderbetreuung“. Die Einführung eines Papamonates mit Auszahlung von vorgezogenem Kinderbetreuungsgeld wird ebenfalls nur „geprüft“, diskutiert wird diese Maßnahme ja schon seit Jahren, ein weiterer Prüfungsbedarf ist mir nicht ersichtlich.
Im eigentlichen Kapitel „Familienpolitik“ gibt es zuerst ein bisschen Lyrik („Österreich ist ein kinderfreundliches Land“), dann geht es aber auch wieder um die Kinderbetreuung. Neu ist, dass statt außerfamiliärer Kinderbetreuung nun euphemistisch von „elementarpädagogischen Einrichtungen“ die Rede ist. Diese sollen nämlich quantitativ und qualitativ „weiterentwickelt“ werden. Dafür werden vom Bund 350 Mio Euro zur Verfügung gestellt. Positiv ist zu vermerken, dass auch die Tageselternbetreuung ausgebaut werden soll und künftig endlich in der Statistik berücksichtigt wird.
Ein zweites kostenfreies Kindergartenjahr soll eingeführt werden, also für die vier- bis fünfjährigen Kinder. Verpflichtend offenbar nur, wenn bei Sprach- und Entwicklungsdefiziten Fördermaßnahmen nicht in Anspruch genommen werden. Für alle Kinder im Alter von vier Jahren soll der Entwicklungsstand „umfassend festgestellt“ werden.
Beim Ziel „Finanzielle Unterstützung von Familien und Kindern“ bleibt das Regierungsprogramm undeutlich. Konkret wird nur genannt, dass das pauschale Kinderbetreuungsgeld zu einem flexiblen „KBG-Konto“ werden soll. Das ist offenbar ein weiterer Anreiz zur möglichst frühen Rückkehr der Mütter in den Erwerb. Der Wegfall der Zuverdienstgrenze wird „beraten“ – nun, das wird schon seit 2002 beraten und gefordert.
Und was ist mit einer Erhöhung der Familienbeihilfe? Der Wertanpassung an die Inflation? Dem im Wahlkampf versprochenen steuerlichen Kinderfreibetrag von 7.000 Euro jährlich? Leider nein. Lediglich das Ziel, die Familienförderung zu „bündeln, transparenter zu gestalten und den Familien breit zugänglich zu machen“ wird festgelegt, was immer das auch bedeuten mag. Im Gegensatz zum Ausbau der Kinderbetreuung wird bei der Familienbeihilfe und der Steuer kein einziger Euro versprochen. Für den Familienlastenausgleichsfonds werden nicht näher genannte „Reformoptionen“ geprüft, das kann eigentlich nach der bisherigen Erfahrung nichts Gutes bedeuten. Im Bereich der Steuer wird lediglich gesagt, dass im Rahmen einer möglichen Steuerreform die Familien besonders berücksichtigt werden sollen. Keine Rede von konkreten Verbesserungen.
Nochmals wird eigens das Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf genannt. Immerhin bei „gleichzeitiger Wertschätzung der Familienarbeit und echter Wahlmöglichkeit“. Dabei werden auch „verstärkte Beratungsmaßnahmen“ bei ungewollten Schwangerschaften genannt, offenbar ein zaghafter Hinweis auf begleitende Maßnahmen zu den Abtreibungen in Österreich.
Im Kapitel „Bildung“ wird nochmals eigens das „Barcelona-Ziel“ (33 Prozent Betreuungsquote für Kleinkinder) genannt. Dazu bemerke ich nur, dass dieses „Ziel“ keinerlei Verbindlichkeit besitzt und auf die entsprechende Nachfrage Bezug nimmt. Zum zweiten Mal werden die 350 Mio Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung festgelegt.
Beunruhigende Vorhaben finden sich noch beim Ziel des Ausbaus von ganztägigen Schulformen. Zur „Verbesserung der Wahlfreiheit“ soll an jedem Schulstandort „neben einer Klasse mit nicht verschränkter Form mindestens eine Klasse pro Schulstufe in verschränkter Form ganztägig geführt werden“. Früher sagte man zur verschränkten Form „Zwangstagsschule“. Es ist offenbar nicht mehr vorgesehen, dass die Eltern, so wie in der derzeitigen Rechtslage, hier mitbestimmen können, ob und wie lange sie ihre Kinder ganztags in die Schule geben wollen. Für den Ausbau der Ganztagschule sind 400 Mio Euro vorgesehen.
Die familienpolitischen Vorhaben der neuen Bundesregierung sind enttäuschend: Keine Wertanpassung der Familienförderung, keine konkreten Erhöhungen, keine Entlastung des Familienlastenausgleichsfonds, keine steuerliche Gerechtigkeit ist vorgesehen, lediglich die Einbahnstraße Kinderbetreuung (im Interesse der Wirtschaft) wird weiter befahren. Damit wird es die neue Familienministerin schwer haben ein familienpolitisches Profil zu erhalten, das der ganzen Wirklichkeit österreichischer Familien gerecht wird.
Mag. Dr. iur. Peter Pitzinger ist Familienvater von fünf Kindern, Jurist und als Beamter tätig.
Auftraggeber 3. Quartal 2012- 2.Quartal 2013
Stadt Wien | 39.980.187 |
Wirtschaftskammern | 17.799.698 |
BM Verkehr | 15.742.897 |
ORF | 19.897.802 |
Österreich Werbung | 10.368.910 |
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BM Finanzen | 9.160.310 |
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Oberösterreich | 7.529.690 |
BM Wirtschaft | 7.380.022 |
Tirol | 5.685.448 |
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BM Soziales | 4-321-901 |
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Weitere | 44.119.236 |
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Auftragnehmer 3. Quartal 2012- 2.Quartal 2013
Mediaprint | 30.313.189 |
ORF | 20.507.375 |
Styria (Die Presse) | 19.932.353 |
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Quelle: ARGE Grafik, Wiener Zeitung
Die Bezüge der ÖBB-Vorstandsmitglieder sind seit 2009 im Schnitt um 23 Prozent gestiegen; die der normalen ÖBB-ler im gleichen Zeitraum hingegen um weniger als 9 Prozent. Das ist sicher völlig verdient, bei den Verdiensten des Vorstandes um die Partei!
Es zahlt sich einfach aus, wenn man aus dem SPÖ-Machtgeflecht an die ÖBB-Spitze aufsteigt. Dort haben ja vorher „nur“ Manager aus dem eigenen oder aus fremden Häusern amtiert. Da hat es schon einmal einen „Fachmann“ gebraucht, der reinen Tisch gemacht hat. Und ein solcher kommt natürlich aus dem Vorzimmer eines SPÖ-Politikers. Solche „Expertise“ muss schon was wert sein.
Zugleich war ja in den letzten Jahren noch etwas besonders Heikles zu erledigen: Das war die frühere Inseratenkampagne, die ein Werner Faymann als damals zuständiger Minister zum eigenen Ruhm und zur Beschimpfung der ÖBB (etwa wegen verschmutzter und verspäteter Züge) bestellt hatte, die aber dann die ÖBB zahlen musste. Da musste schon dafür gesorgt werden, dass das kein ÖBB-Vorstand mehr kritisch anspricht.
Wer wagt es da, die deutlich erhöhten Bezüge zu kritisieren? Da darf man sich auch nicht daran stoßen, dass diese in zwei Fällen laut Rechnungshof deutlich über dem des Bundeskanzlers liegt. Einen so parteibraven Politologen aus SPÖ-Vorzimmern bekommt man eben nicht alle Tage. Also: Nur keinen Neid. Es gibt eben Menschen und es gibt Parteigenossen. Aber Achtung: Der Vorstandsvorsitzende wurde schon als neuer Parteivorsitzender genannt. Das könnte bald seinen Wert wieder gewaltig reduzieren . . .
Gleich vier Mal gibt es heute Grund zur Freude, und zwar aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Man freut sich einfach, wenn sich endlich wieder einmal da und dort die Vernunft durchsetzt. Das könnte ja Beispiel machen. Und geärgert haben wir uns ja ohnedies schon genug.
Am wichtigsten: Die amerikanische Notenbank, die Fed, hat begonnen, ihre Anleihenkäufe zu drosseln. Diese Ankäufe waren gefährlich und falsch, weil sie ja nichts anderes als eine Betätigung der Notenpresse bedeutet hatten. Zwar ist Amerika tatsächlich in einem erfreulichen Aufschwung. Das hängt aber primär mit dem gewaltigen Nutzen der neuen Schiefergas-Felder und sekundär mit der Zurückhaltung der amerikanischen Gewerkschaften zusammen. Das hektische Dollardrucken ging hingegen komplett auf Kosten der Sparer, es schickte den Dollar auf Talfahrt und hat neue gefährliche Blasen bei Aktien- und Immobilienpreisen ausgelöst. Daher ist zu hoffen, dass die Reduktion des Anleihenkaufprogrammes von 85 auf 75 Milliarden Dollar – monatlich!! – nur ein zarter Anfang ist. Aber es ist ein unerwarteter Anfang und er geht in die richtige Richtung. Die weltweite Anerkennung sollte auch deshalb eine laute sein, damit bald Fortsetzungen folgen.
Für österreichische Kaffeehausbesitzer und -gäste ist es ein erfreuliches Signal: Rund um die oft fundamentalistisch Rauch-Aufregung kehrt endlich ein wenig Vernunft ein. Die altneue Regierung in Wien lässt zumindest in Detailfragen den gesunden Menschenverstand wieder zu Wort kommen und zeigt damit, dass sie erstaunlich rasch zu arbeiten versucht. Die Koalition hat jedenfalls schon einen Gesetzesentwurf eingebracht, dass es Nichtrauchern zumutbar sein muss, auf dem Weg zur Toilette auch ein paar Meter durch die Raucherzone zu gehen. Genau das hatte zuvor der Verwaltungsgerichtshof in einer übertriebenen und geradezu fundamentalistischen Judikatur für verboten erklärt. Was nicht nur ein Unsinn war, sondern auch gewaltige Kosten ausgelöst hätte.
Fast Exakt umgekehrtes Lob ist im nächsten Bereich zu spenden, bei der Gewerbeordnung: Da war es ebenfalls ein Höchstgericht, nämlich der Verfassungsgerichtshof, der etwas total Vernünftiges beschlossen hat, was die diversen Regierungen seit Jahren nicht zusammengebracht haben. Er dekretierte, dass Berufsphotographie künftig kein reglementiertes Gewerbe mehr ist. Das heißt: Photographen müssen nicht mehr den Gewerbeordnungs-Zirkus mit Lehre und so weiter absolvieren. Der Hauptschuldige daran, dass diese Selbstverständlichkeit (und einige weitere in Sachen Gewerbeordnung, die leider noch immer ausstehen) nicht per Gesetz, sondern nur durch ein Gerichtserkenntnis Recht geworden ist, ist die Wirtschaftskammer. Sie entblödete sich dennoch nicht, gleich zu sagen, dass nun „unqualifizierten Photographen Tür und Tor“ geöffnet wären. Und dass die Reglementierung ja „zum Schutz der Konsumenten“ gedient hätte. Da schau ich ja. Die Konsumenten waren offenbar arg durch verwackelte Photos gefährdet. Und ich selber wusste gar nicht, wie sehr ich unsere Gäste gefährdet habe, indem ich bei diversen Festen Nicht-Kammer-Photographen werken ließ. Die hatten zwar immer ein besseres Auge, mehr Kreativität und bessere Preise als die Gewerbebetriebe, aber eben keinen Gewerbeschein.
Das letzte Lob geht wieder ins Ausland, nämlich an Polens Ex-Präsidenten Lech Walesa. Der einstige Führer der Arbeiter-Erhebung drückte den Hunderttausenden Anti-Regierungs-Demonstranten in der Ukraine seine volle Sympathie aus. Aber er warnte sie zugleich mit mutigen wie richtigen Hinweisen: „Die Ukraine lässt sich nicht wie ein Boxring regieren.“ Und: Macht, die man auf der Straße erringt, könne ebenso rasch wieder verloren sein. Denn eine Nation müsse auch selbst "bereit sein zu einem Regierungs- und Politikwechsel“. Wie recht hat Walesa mit diesen Sätzen! Wie viele heißblütige und begeisterte Umstürze sind doch schon bald in der tausend Mal schwierigeren Realität frustrierend versandet. So sehr man der Ukraine wünscht, dass sie sich den imperialen Erpressungen Russlands entziehen kann, so sehr muss man den Freunden dort auch klarmachen: Dem Land stehen noch Jahre und Jahrzehnte harten und selbstdisziplinierten Arbeitens und Sanierens bevor, bevor es in Europa landen kann. Auch Polen hat ja viele Jahre gebraucht, bis das Land zu dem eindrucksvollsten Vorbild für alle Reformstaaten geworden ist. Den Ukrainern unter Boxweltmeister Vitali Klitschko ist die Notwendigkeit und Härte dieses ihnen noch bevorstehenden Weges sehr ehrlich klarzumachen.
PS: Keine Freude ringt mir hingegen die soeben erzielte Einigung auf die europäische Bankenabwicklung ab. Nicht nur weil sich die EU-Finanzminister ohnedies selber loben werden (der österreichische kann das freilich nicht, denn er daheim geblieben - aber zum Unterschied von der durch unseren Wirtschaftsminister ebenfalls ignorierten historischen WTO-Einigung war in Brüssel wenigstens der zuständige und gut versierte Sektionschef dabei). Sondern vor allem auch, weil die Folgen dieser Vereinbarung wohl weit weniger erfreulich sind: Denn da läuft alles darauf hinaus, dass die seriösen österreichischen Banken kräftig in den Bankenfonds einzahlen und dass die maroden Geldinstitute im Süden dadurch gerettet werden. Aber vielleicht - sehr vielleicht - kann das noch unbekannte Kleingedruckte die diesbezüglichen Sorgen zerstreuen.
Was hat Wissenschaft mit Wirtschaft zu tun – über die Wortähnlichkeit hinaus? Diese Frage an die neualte Koalition dominiert derzeit Österreich. Die unangekündigte Zusammenführung unter einen Minister und ein Frontalkrieg mit den Unis sind zweifellos taktische Fehler. Und Reinhold Mitterlehner ist nicht der Minister, der mit der Wissenschaft auf Augenhöhe kritische ordnungspolitische Diskussionen führen könnte. Die aber an sich sehr nötig wären.
Denn die Wissenschaft fordert ständig mit wirtschaftlichen Argumenten mehr Geld: Nur Investitionen bei ihr brächten Wachstum und Gewinn. Daher sollten sich die Akademien und Universitäten eigentlich freuen, wenn ihnen die Wirtschaft näher rückt, statt „Profit“ als etwas Übles zu verteufeln. Nur das Geld der Wirtschaft haben zu wollen, ist ein wenig wenig.
In den USA oder Israel sind gerade jene die tollsten und gesuchtesten Universitäten, die eng mit der Wirtschaft kooperieren. Sie betreuen intensiv „Spin-offs“ ihrer Mitarbeiter, die mit einer bei universitären Forschungen oft völlig zufällig entwickelten Idee in den Markt hinausgehen. Das wird dort rundum bejubelt (verdienen doch die Universitäten automatisch daran mit).
Unsere Unis fördern das kaum, sondern verschwenden lieber Steuergeld. So haben weder die jungen Menschen noch die Nation irgendetwas davon, wenn alljährliche Tausende Studenten neu Publizistik, Politologie, Soziologie, Zeitgeschichte und ähnliches absolvieren. Es gibt kaum Arbeitsplätze für sie; und kaum jemand nimmt diese Leichtstudien noch ernst.
Von deren übervollen Lehrsälen profitiert in Wahrheit nur das Lehrpersonal, das seine Jobs gesichert sieht. Allein die krasse Zunahme der Gender-Lehrstühle sollte auch von den verantwortlichen Rektoren viel selbstkritischer gesehen werden. Denn die dort verzapften esoterischen Theorien stehen in krassem Widerspruch zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaft.
Umgekehrt müssen aber auch Wirtschaft und Steuerzahler akzeptieren: Grundlagenforschung hat absolut frei zu sein. Die entscheidenden Vermehrungen des Wissens der Menschheit sind gerade dann zustandegekommen, wenn völlig zweckfrei und ohne jedes Tabu geforscht werden konnte. Die vielen durchaus gut dotierten Grundlagenforschungs-Förderungsfonds und deren Kommissionen freilich entscheiden gerne zugunsten modischer und populärer Mainstream-Themen. Für unorthodoxe Ansätze gibt es hingegen oft nichts, obwohl diese bisweilen viel spannender sind.
Bei der angewandten Forschung hingegen sind Kommissionen und staatliche Förderungen überhaupt fehl am Platz. Nur der freie Markt und viel niedrigere Steuern wären eine funktionierende Forschungsförderung. Es ist keineswegs Zufall, dass in ungeförderten kalifornischen Garagen viel spannendere Projekte entsprungen sind als bei uns durch alle milliardenschweren Förderungen.
Nur: Ein Reinhold Mitterlehner scheint in keiner Weise qualifiziert, um über all das mit den Rektoren wie auch der Wirtschaft auf Augenhöhe debattieren zu können.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die fast gleichzeitigen Angelobungen zweier neuer Regierungen in den beiden deutschsprachigen Nachbarländern bringen seltsame Unterschiede zu Tage. Von der Eidesformel bis zu weiblichen Verteidigungsministerinnen.
Wohl können die österreichischen Regierungsbildner mit Stolz sagen, dass sie in totaler Atemlosigkeit am Ende doch noch mit den deutschen zeitlich gleichzeitig ins Ziel gekommen sind. Obwohl die großen Nachbarn früher gewählt hatten. Obwohl sie deutlich schneller mit den Verhandlungen fertig waren.
Aber bei der eigentlichen Angelobung war ein ganz anderer Kulturschock zu beobachten: In Österreich mokierten sich die Medien (wie immer Armin Wolf an der Spitze) über einen neuen Landwirtschaftsminister, der mit einer religiös-tirolerischen Formel mit Bezug auf das Herz Jesu seinen Eid ablegte. Kicher, kicher. Während viele seiner Kollegen nur „Ich gelobe“ sagten. In Deutschland hingegen hatten sämtliche 15 Minister aus allen Regierungsparteien keinerlei Gewissensprobleme, ihr Gelöbnis mit „So wahr mir Gott helfe“ zu ergänzen (Sie hatten dort übrigens ein auch in der Sache viel inhaltsreicheres und präziseres Gelöbnis als das österreichische abzulegen).
Dieses „So wahr mir Gott helfe“ sowie seine häufige Weglassung hierzulande zeigt ein dramatisches Kulturgefälle, über das in einem Kulturland eigentlich intensive Diskussionen ausbrechen müssten. Gilt doch Deutschland nicht gerade als bigottes Land. Regieren doch auch in Deutschland Schwarz und Rot. Aber in Österreich gibt es diese Diskussion nicht, die den eigenen Wurzeln, der eigenen Identität gelten müsste. Ist der heimischen Linken wirklich schon der kulturelle Endsieg geglückt, dass niemand mehr diesen Unterschied kritisiert?
Deutschland ist sich da seiner Wurzeln und Identität offensichtlich viel sicherer. Zum Glück freilich ist Deutschland viel wichtiger als Österreich.
Die Deutschen diskutieren ein ganz anderes Thema: die erste weibliche Verteidigungsministerin. Es kursieren recht widersprüchliche Interpretationen für diese Ernennung: Ist es zu dieser gekommen, weil die Berliner Bundeskanzlerin jetzt Ursula von der Leyen für die eigene Nachfolge aufbauen will? Oder will Angela Merkel umgekehrt eine gefährlich populäre Nebenbuhlerin durch eine Mission impossible dem eigenen Absturz näherbringen, wie sie es ja schon bei etlichen Männern getan hat?
Warum aber nicht an die eigentlich logische Erklärung denken, dass Ursula von der Leyens bisheriger Job dem neuen Koalitionspartner übergeben werden musste? Dass daher ein neuer Job, das dritte Ministerium für die Frau zu finden war. Warum, so fragt man sich weiter, ist eine weibliche Verteidigungsministerin überhaupt noch etwas Besonderes? Gerade in Berufsarmeen wie der deutschen stehen ja alle Karrieren längst auch Frauen offen. Allein in den EU-Ländern gibt es oder gab es schon von Finnland bis Spanien bis Frankreich bis Slowenien bis Schweden bis zu den Niederlanden bis Luxemburg bis Dänemark bis Tschechien bis Litauen weibliche Armee-Minister.
Warum also nicht auch Ursula vdL einfach nach Ihrer Leistung beurteile? Freilich kann man das nur in der Hoffnung tun, dass ihre Ernennung – wie die der anderen weiblichen Verteidigungsminister – nur mit ihrem politischen Gewicht zu tun hat. Und nicht mit einer Quote. Es sind gerade die Feministinnen (insbesondere auch jene in Redaktionsstuben) mit ihrem Quotengewäsch, die all diese Ministerinnen ins Zwielicht rücken. Freilich hat auch Ursula von der Leyen eine Zeitlang mit Quotenzwangforderungen populistische Schlagzeilen erreichen wollen. Was ihr nun kräftig schadet.
Davon dass Deutschland wie Österreich eigentlich auch etwas mehr Debatte über den Zustand der Landesverteidigung bräuchten, über die Notwendigkeiten der eigenen Sicherheit im 21. Jahrhundert und über die globale Dimension einer Sicherheitspolitik: Davon wollen wir gar nicht reden, so peinlich fehlt das alles. Freilich fällt schon auf, dass in Österreich über kein Ressort so wenig geredet wurde wie über das Verteidigungsressort. Weder im Wahlkampf noch am Wahltag noch während der Regierungsbildung noch rund um die Angelobung der Regierung war es irgendwie ein Thema. So wahr ihnen Gott helfe.
Quelle: Agenda Austria Denkfabrik
Die Unis haben für Proteste „vorlesungsfrei“ gegeben. Daran sieht man, dass es dort in den Köpfen nicht richtig tickt.
Auch das Tagebuch hat die Zusammenlegung von Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium und vor allem die merkwürdige Neuschaffung eines Einsektions-Ministeriums als politischen Fehler hart kritisiert. Und ebenso selbstverständlich ist, dass in einer Demokratie jeder gegen alles protestieren und demonstrieren kann und darf und soll.
Nur: Wenn große Universitäten mit der Wiener Hauptuni an der Spitze für eine solche Demonstration „vorlesungsfrei“ geben, dann ist etwas in der Grundeinstellung fundamental falsch. Eine Uni ist nämlich nicht das Bundesheer, wo man „freigibt“. Manche Rektoren halten sich aber offensichtlich noch immer für eine Obrigkeit oder für leibhaftige Stellvertreter des Kaisers, die etwas „geben“ könnten. Aber in Wahrheit geben sie nicht, sondern nehmen (den Studenten eine Leistung weg). Wider alle Amtspflichten.
Das Verhalten der Rektoren zeigt die ganze Malaise unserer immer schlechter werdenden Hohen Schulen. Wenn keine Vorlesungen und Seminare gehalten werden, dann ist das keine Gnade, sondern dann lernen unsere künftigen Akademiker einfach (noch) weniger.
In amerikanischen und anderen Privatuniversitäten hingegen verstehen sich die Lehrkräfte als Dienstleister an den Studenten. Wenn dort einmal eine Vorlesung ausfällt, dann pochen die Studenten darauf, dass ihnen das Entgangene zu einem anderen Zeitpunkt nachgereicht wird. Denn sie wissen ja, dass ihnen bei Vorlesungsausfall etwas genommen und nicht etwas „gegeben“ wird. Sie zahlen ja auch dafür. Sie wollen sich ja exzellent auf die Berufswelt vorbereiten. Daher offerieren die Professoren schon ganz von alleine einen Ersatztermin, wenn wirklich einmal eine Lehrveranstaltung ausfallen sollte. Und einem Rektor, der vorlesungsfrei „gibt“, würde der Psychiater geschickt.
In den hiesigen Gratis- und Massen-Unis ist das hingegen alles egal. Da kommt kein Professor oder Rektor auf die Idee, dass man dann halt etwa einmal an einem Samstag oder in der ersten Februarwoche das Ausgefallene nachholen könnte. Da gibt es für jeden Studenten, der sich den Uni-Betrieb lange genug antut, am Schluss ein Zeugnis. Da finanzieren wir Steuerzahler zwar den ganzen Spaß, können aber nie die Qualität der Leistung einfordern.
Bei uns drängt die Hochschülerschaft keine Sekunde lang darauf, dass Rektoren und Professoren ordentliche und vollständige Leistungen bieten. Dass Versäumtes prinzipiell immer nachgeholt wird. Also natürlich auch dann, wenn man ein Minister-Revirement für so schlimm hält, dass man dagegen demonstrieren muss. Die ÖH geriert sich ja eher als Interessenvertretung für Transgender-Personen denn als eine solche lernwilliger Studenten.
Weder Rektoren noch die ÖH erinnern sich daran, dass es in den Neunziger Jahren schon einmal einen Wissenschaftsminister gegeben hat, der ebenfalls gleichzeitig für wirtschaftliche Bereiche (Verkehr) und die Wissenschaft zuständig gewesen ist. Und dass damals niemand dagegen protestiert hat, obwohl damals der Minister viel relevanter für die Unis gewesen ist, weil er sich noch fast überall einmischen konnte. Was dann ja unter Schwarz-Blau abgeschafft worden ist. Aber damals dachte niemand an Proteste oder geschmacklose schwarze Fahnen – schon allein deshalb nicht, weil ja ein SPÖ-Mann Verkehrsundwissenschaftsminister wurde.
Die Unis haben noch immer nicht begriffen, dass sie schon etliche Jahre volle Freiheit haben. Professoren und Studenten wollen stattdessen weiterhin auf dem Schoß des Ministers sitzen und sich irgendetwas erbetteln, dass ihnen dann „gegeben“ wird. Oder eben nicht. Daher halten sie immer noch ihren Minister für relevant. In Amerika wissen sie gar nicht, ob überhaupt jemand für sie „zuständig“ ist.
Die Erkenntnis darauf kann nur sein: Die Zeit der staatlichen Unis läuft ab. Effizient können nur noch private Institutionen sein. Wo das Qualitätsimage auf dem Markt im Wettbewerb entscheidet und nicht die Frage, wer am lautesten ruft. Wo der Kunde, also der Student König ist. Wo die Studenten nur eines wollen: Dass ihnen die besten verfügbaren Köpfe in ihrer Universitätszeit möglichst viel beibringen, damit sie selbst möglichst viel lernen und eine erfolgreiche berufliche Zukunft haben.
Einem Kunden kann man nicht „freigeben“, man kann ihn nur schlecht bedienen.
Die jüngste Polemik um den Südtiroler Freiheitskampf offenbart, wie die SVP Geschichtsklitterung instrumentalisiert. In Südtirol lenkt der mediale Blick auf Wohl oder Wehe des kurz vor seinem Abgang von einem Herzinfarkt physisch niedergestreckten Landeshauptmanns Luis Durnwalder vorübergehend von politischen Auseinandersetzungen ab, die um Vergangenheit und Zukunft des nach dem Ersten Weltkrieg von Italien annektierten ehedem österreichischen Landesteils entbrannt sind. Wie heftig darob die Meinungen aufeinanderprallen, zeigt sich an der Polemik rund um die alljährlich stattfindende Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier.
Diese war in St.Pauls angesetzt, einer Fraktion der der Hauptstadt Bozen benachbarten Überetscher Gemeinde Eppan. Kerschbaumer war der charismatische Gründer und Leiter des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS). Diese Vereinigung, der Tiroler aus beiden Landesteilen, aber auch andere Österreicher angehörten, widersetzte sich – vornehmlich mittels Anschlägen auf italienische Einrichtungen – seit Mitte der 1950er Jahre der auch vom demokratischen Italien nach Ende des Zweiten Weltkriegs mehr oder weniger bruchlos fortgesetzten Politik der Italianita zwischen Brenner und Salurner Klause.
Italien betrieb diese Politik trotz des 1946 in Paris zwischen dem damaligen österreichischen Außenminister Karl Gruber und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide DeGasperi geschlossenen Vertrags. Diesem zufolge sollte den Südtirolern die Wahrung ihrer sprachlich-kulturellen Identität im Rahmen einer Selbstverwaltung (über ein 1948 installiertes Autonomie-Statut) gewährleistet sein. Weil der trickreiche DeGasperi die beiden benachbarten Provinzen Bozen-Südtirol und Trient mittels dieses Statuts zur Autonomen Region Trentino-AltoAdige zusammenfügte, waren Deutschsüdtiroler und Ladiner durch die erdrückende Mehrheit der ethnischen Italiener automatisch majorisiert.
Als SVP-Obmann Silvius Magnago am 17. November 1957 auf der Großkundgebung von Schloss Sigmundskron zum „Los von Trient“ aufrief, war Kerschbaumer dabei. Er verteilte Flugblätter, auf denen er das Verlangen nach einem freien Südtirol wie folgt begründete: „Deutsch wollen wir bleiben und keine Sklaven eines Volkes werden, welches durch Verrat und Betrug unser Land kampflos besetzt hat und seit 40 Jahren ein Ausbeutungs- und Kolonisationssystem betreibt, welches schlimmer ist als die einstigen Kolonialmethoden in Zentralafrika." Kerschbaumer hatte stets nur Anschläge auf Einrichtungen wie Volkswohnbauten – errichtet zur Unterbringung von nach Südtirol umgesiedelten Süditalienern – oder Masten von Hochspannungsleitungen befürwortet.
Er wurde nach der „Feuernacht“ – vom 11. auf den 12. Juni wurden 37 Hochspannungsmasten gesprengt (19 im Raum Bozen), woraufhin die Südtirol-Frage schlagartig ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt ward – zusammen mit 150 weiteren BAS-Leuten verhaftet und in der Haft gefoltert. Die schweren Misshandlungen an ihm und seinen Mitgefangenen, von denen Anton Gostner und Franz Höfler starben, trugen zur weiteren Eskalation bei. An den Folgen der Misshandlungen verstarb auch Kerschbaumer am 7. Dezember 1964. Er wurde in St. Pauls bestattet; dem Trauerzug folgten mehr als 15.000 Menschen.
Erst nach zähen Verhandlungen ist es 1972 zum Zweiten Autonomiestatut gekommen, seitdem hat sich die Lage erheblich befriedet. Den Südtirolern geht es heute zweifellos besser als den meisten der mehr als hundert nationalen und/oder ethnischen Minderheiten Europas, die in fremdnationaler Umgebung leben (müssen). Die Geschichte des Landes ist daher – begünstigt vom Wohlstand – weithin aus dem Bewusstsein seiner Bewohner geschwunden. Oder durch Historiker-Interpretation in ein bestimmtes, meist politisch-korrektes Bild gekleidet worden, welches zudem von der seit 1948 dominanten Mehrheitspartei SVP für mehr oder weniger sakrosankt erklärt wird.
Ob die Attentate mehr geschadet oder genutzt haben, war lange umstritten. Autonomie-„Vater“ Silvius Magnago würdigte jene, die durch Sprengstoffanschläge drei Jahrzehnte zuvor auf die Lage der Südtiroler aufmerksam machten: Sie hätten damit einen Beitrag geleistet auf dem steinigen Weg zur Autonomie. Seine Partei rückt heute mehr und mehr davon ab und macht sich in einer Art verordneter Geschichtspolitik nur allzu gerne die Thesen des Innsbrucker Zeithistorikers Rolf Steininger zueigen.
Demnach hätten nicht die Aktivitäten der Freiheitskämpfer Rom zum Nachgeben veranlasst und hätten die Entwicklungsprozesse hin zur Autonomie nur deshalb einen positiven Fortgang genommen, weil es „keine realistische Alternative gegeben“ habe; die Neunzehnerkommission, welche Autonomie-Paket und Operationskalender erarbeitete, sei daher „nicht wegen, sondern trotz der Feuernacht von 1961" zustande gekommen. Die Attentate hätten daher vor allem der italienischen Seite genutzt, da sie die Selbstbestimmung – das eigentliche Ziel des BAS und aller Freiheitskämpfer, die nach dessen Eliminierung weitere Anschläge verübten – diskreditierten. Steininger und die maßgeblichen SVP-Politiker erklären daher – wider die persönlichen Erfahrungen der Erlebnisgeneration – auch zur Unumstößlichkeit, die Autonomie sei nicht herbeigebombt worden, folglich nicht wegen, sondern trotz der Attentate errungen worden.
Was hat das nun mit dem alljährlichen Gedenken auf dem St. Paulser Friedhof zu tun? In diesem Jahr hielt auf Einladung des Südtiroler Heimatbundes (SHB) der FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer die Ansprache am Gedenkstein für Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter Franz Höfler, Toni Gostner, Luis Amplatz, Jörg Klotz und Kurt Welser vor mehr als tausend Schützen, Marketenderinnen, Ehrengästen und Besuchern. Aus Tugenden und Taten Kerschbaumers und dessen Gefährten solle man die Kraft schöpfen, die Hindernisse auf dem Weg in eine selbst bestimmte Zukunft zu beseitigen.
Die Zukunft Südtirols könne weder eine Autonomie, noch eine (von der SVP als Ziel ihres Handelns propagierte) Vollautonomie sein, sondern einzig und allein die uneingeschränkte Ausübung des Selbstbestimmungsrechts, welches ein unverbrüchliches Völker- und Menschenrecht darstellt. Neubauer berief sich auf den verstorbenen Völkerrechtler (und ÖVP-Abgeordneten) Felix Ermacora, der einst gesagt hatte, kein Staat der Erde könne auf Dauer einem Volk die Selbstbestimmung vorenthalten, auch Italien den Südtirolern nicht, aber wollen und fordern müsse man sie.
An der Feier nahm auch die stellvertretende SVP-Vorsitzende Martha Stocker teil, „seit 20 Jahren“, wie sie hinterher sagte. Sie bezog in Zeitungsinterviews sowie in Aussendungen nicht nur gegen Neubauers Gedenkrede Stellung. Sie habe „deplatzierte Äußerungen“ enthalten, und Neubauer habe eine „politische Wahlrede“ gehalten, was „der Würde des Ortes“ widerspreche. Dass sie überhaupt gegen den Auftritt des österreichischen Freiheitlichen war, kleidete sie in die Worte: „Die Kerschbaumer-Feier ist jedes Mal eine Zumutung, weil auf einem Friedhof politische Reden gehalten werden.“
Man fragt sich indes, warum sie überhaupt dort hingeht, wenn es ihr so zuwider ist. Dass in den Jahren zuvor auch SVP- und ÖVP-Politiker, wie die früheren Landesräte Sepp Mayr, Bruno Hosp, der ehemalige österreichische Bundesratspräsident Helmut Kritzinger und die Tiroler Landeshauptleute Alois Partl und Wendelin Weingartner keine unpolitischen Reden in St. Pauls hielten, scheint Martha Stocker entgangen zu sein. Und weil Neubauer – wie die in der Südtiroler Landtagswahl am 27. Oktober erstarkten „Los-von-Rom“-Parteien – Süd-Tiroler Freiheit, Freiheitliche und BürgerUnion – öffentlich die Selbstbestimmungsfrage aufwarf, glaubte sie, dem mit der Behauptung entgegentreten zu müssen: „…dabei hatte sich Sepp Kerschbaumer nie festgelegt für Selbstbestimmung oder Autonomie.“
Das widerspricht Aussagen, die die Historikerin Stocker in ihrem 2006 erschienenen Buch „Unsere Geschichte. Südtirol 1914-1992 in Streiflichtern“ getroffen hat, etwa in der Passage: „Entheimatung und Zukunftslosigkeit von jungen Leuten entluden sich dann in den Sprengstoffanschlägen und in der Forderung nach Selbstbestimmung.“
Sepp Kerschbaumer hatte in einem Rundschreiben vom April 1960 erklärt: „Tirol ist unser und muss unser bleiben. Und es wird nur dann unser bleiben, wenn wir alle entschlossen und bereit sind, dafür unser Letztes herzugeben.“ Noch als damaliger SVP-Ortsobmann von Frangart hatte Kerschbaumer im selben Jahr auf der SVP-Landesversammlung von seiner Partei gefordert: „Das Volk will die Selbstbestimmung, und die Partei muss dem Willen des Volkes Rechnung tragen.“
Im Februar 1961 erklärte er in seinem letzten Rundschreiben vor der „Feuernacht“: „Italien hat die heilige Pflicht, das in seinen Händen befindliche, gestohlene Gut – Südtirol – wieder zurückzuerstatten. Wir Tiroler wollen selbst frei entscheiden, mit wem wir zusammenleben wollen. Es gibt für uns nur eine Sicherheit, in Frieden und Freiheit als Tiroler weiter leben zu können, vereint mit allen übrigen Tirolern im Staate Österreich.“
Und auf dem aus Anlass der „Feuernacht“ verbreiteten BAS-Flugblatt unter der Losung „Die Stunde der Bewährung ist da!“ wurde in großen Lettern die Forderung erhoben: „WIR FORDERN FÜR SÜDTIROL DAS SELBSTBESTIMMUNGSRECHT!“ Das mag als klarer Beleg für das Ziel Kerschbaumers und aller seiner Mitstreiter sowie Epigonen genügen.
Die SVP-Politikerin Martha Stocker geriert sich hier als typische Vertreterin der Partei, die sich längst dieses Ziels entledigt hat, wiewohl sie die Selbstbestimmung weiterhin schamhaft als Feigenblatt im Statut führt. Bei so viel Entsorgungsgeschick der ehemaligen „Sammelpartei der Südtiroler“ muss man sich nicht wundern, dass der heutige Durchschnittssüdtiroler leichtfertig auf den Gebrauch der deutschen Sprache in den öffentlichen Ämtern verzichtet und sich nahezu gleichmütig dem „Siamo in Italia“ unterwirft. Er akzeptiert ebenso die bis heute amtlichen Namens-Kreationen des Deutschenhassers Ettore Tolomei aus der Ära des Faschismus und lässt sich von dessen Stein gewordenen Relikten – „Siegesdenkmal“, Beinhäuser, Mussolini-Konterfei am Bozner Finanzverwaltungsgebäude – Tag für Tag beleidigen.
Der Chimäre „Friedliches Zusammenleben“ opfert er sich, wie beispielsweise an Werbeauftritten der „Südtiroler Marketing Gesellschaft“ (SMG) festzustellen ist. Das auch von der maßgeblichen Regierungspartei in Bozen immer wieder herausgehobene „Südtirol(er)-Bewusstsein“ erschöpft sich darin, dass man sich im Sport als mehr oder weniger glühende Italiener bekennt, und liefert damit auch dem ORF die Rechtfertigung dafür, Südtiroler Athleten nur noch als „Italiener“ zu benennen. Zu allem Überfluss werden auch noch schenkelklopfend Österreicher-Witze gerissen. Aber dennoch wird stets nach der „Schutzmacht“ verlangt, wenn Rom scheibchenweise die angeblich „beste Autonomie der Welt“ entwertet.
Da ist Scham eigentlich die angebrachte Kategorie für diese geschichts- und rückgratlosen Akte der Selbstentäußerung.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Aus der „Wiener Zeitung“ werden Praktiken berichtet, die wohl auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft interessieren müssten. Denn sollten sie stimmen, heißt das, dass die Herren Faymann und Ostermayer die rechtlich mehr als bedenkliche Medienpolitik der letzten Jahre offenbar ungehindert weiterbetreiben wollen. Und mit dem Segen der „lieben“ Koalitionspartner auch können.
Der Stronach-Abgeordnete Georg Vetter, ein (wirklicher) Rechtsanwalt, berichtet in einer Anfrage an Faymann jedenfalls davon, dass der Chefredakteur der „Wiener Zeitung“ schon fast ein Jahr vor Ablauf seines Vertrags wiederbestellt werden soll. Und zwar unbefristet.
Während im Koalitionspakt noch von einer Reduktion der Pflichteinschaltungen in dem republikseigenen Blatt die Rede ist, würden damit kostenverursachende Handlungen gesetzt, die im eklatanten Widerspruch gleich zu zwei gesetzlichen Pflichten stehen: Zum einen wird die gesetzliche Auflage übergangen, solche Funktionen nur befristet zu besetzen. Und zum anderen ignoriert der laut Gesetz für die Wiener Zeitung zuständige Bundeskanzler die gesetzliche Pflicht, solche Funktionen vorher ordnungsgemäß auszuschreiben.
Das ist offenbar der Geist der neualten Koalition: Man macht mit dem Machtmissbrauch ungenierter denn je weiter. Schließlich hat man ja eh noch 50 Prozent der Stimmen bekommen. Wenn auch wohl ein letztes Mal.
PS: Das passt nahtlos zu einem anderen Sachverhalt, den der Rechnungshof soeben trocken mit dem Satz festgehalten hat: "Das BMUKK hielt bei wichtigen Vergaben die Vergabevorschriften nicht ein." BMUKK ist das sieben Jahre von einer gewissen Claudia Schmied geleitete Unterrichtsministerium. Und? Nichts "und". All das wird einfach hierzulande ignoriert. Und dann wundern sich alle, dass wir im Korruptionsindex immer weiter absinken. Schiebungen, Gesetzesbrüche, wohin man schaut. Aber nur in Deutschland gibt es Staatsanwälte, die selbst bei viel geringfügigeren Verdachtsfällen mit der großen Kanone aufmarschieren. Bei uns wird man doch nicht ernsthaft gegen einen amtierenden Minister vorgehen.
Der Mann macht in seiner totalen Ahnungslosigkeit absolut sprachlos. Er wäre ja nicht der Erwähnung wert, wäre er nicht immerhin der Präsident der geldschweren Industriellenvereinigung. Die Unsinnigkeiten, die Georg Kapsch zum Thema Bildung absondert, lassen aber jetzt auch massiv an der Qualität der sonstigen Aussagen dieser Vereinigung zweifeln.
Georg Kapsch ist nämlich imstande, in ein- und demselben Interview (im „Trend“) einerseits zu kritisieren, dass das heimische Bildungswesen zu teuer ist, und andererseits die Einführung der gemeinsamen Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen zu fordern. Sowie etliches anderes Kostspieliges wie deutlich höhere Gehälter für Kindergärtnerinnen. Er macht freilich keineswegs das Angebot, das alles durch höhere Steuern auf die Industrie finanzieren zu wollen.
Hätte der Herr Kapsch auch nur die geringste Ahnung von Bildungsfragen, dann wüsste er, dass heute in den unter der letzten Regierung eingeführten Gesamtschulen die Kosten pro Schüler um 37 Prozent höher sind als für jeden einzelnen Schüler der von ihm bekämpften Gymnasium-Unterstufe. Dann wüsste er auch, wie sehr der Rechnungshof das Gesamtschul-Projekt in der Luft zerrissen hat. Dann wüsste er auch, wie schlecht die pädagogischen Ergebnisse der diversesten bisher versuchten Gesamtschulformen auch im Vergleich zur alten Hauptschule sind (und würde verlangen, dass auch alle bisher geheimgehaltenen Evaluationen vorgelegt werden). Dann wüsste er auch, wie kritisch der Pädagogik-Ordinarius der Wiener Universität und die ganz große Mehrheit aller Schulpraktiker der von Kapsch verlangten Zwangsgesamtschule gegenüberstehen. Dann wüsste er auch, wie sehr sogar die bisherigen Chefs des ministeriumseigenen Instituts bifie zu dem Gesamtschul-Projekt auf Distanz gegangen sind. Dann wüsste er, dass das einzige europäische Gesamtschul-Land, das gute Pisa-Ergebnisse hat, nämlich Finnland, nur 3 Prozent fremdsprachige Schüler hat, während es bei uns 22 Prozent sind. Dann wüsste er auch, dass alle wirtschaftlich besonders schlecht dastehende europäische Länder wie Spanien und Italien durchwegs Gesamtschulländer sind.
Da Herr Kapsch von all dem aber nichts weiß, ist es wohl müßig, ihn daran zu erinnern, dass die Industriellenvereinigung einst der Vorreiter eines echten Liberalismus in Österreich gewesen ist. Und dass echter Liberalismus keinen anderen Wert so schätzt wie Freiheit. Und dass für die Menschen einer der wichtigsten Aspekte der Freiheit die Freiheit der Schulwahl ist, also das ganz genaue Gegenteil einer Zwangsgesamtschule.
Aber solche grundsätzlichen Gedanken würden den Mann wohl sowieso überfordern.
So ist es während des Kommunismus auf dem halben Erdball zugegangen – nur wird das seit einigen Jahren fast total totgeschwiegen. Deswegen muss man bei allem Abscheu über die Vendetta in Nordkorea zumindest für die drastische Erinnerung an die Realität auch irgendwie dankbar sein.
In der Hochblüte der kommunistischen Diktaturen und insbesondere in der Zeit Stalins war das keineswegs ungewöhnlich: Nicht nur völlig harmlose Bürger, sondern auch engste Verwandte der Mächtigen wurden beim leisesten Verdacht, anders als vorgeschrieben zu denken, aus Sitzungen heraus verhaftet und umgebracht. Sie wurden plötzlich von der ganzen Nation auf Kommando beschimpft, obwohl sie wie der nun in Nordkorea umgebrachte Onkel des Machthabers davor ständig als Lichtgestalt gepriesen worden waren. Dass das alles Wesenskern der kommunistischen Realität ist, sollte allen jenen – insbesondere im ORF und in etlichen sozial-„wissenschaftlichen“ Instituten der Uni Wien – eine Lehre sein, die direkte oder indirekte Kommunismus-Apologetik betreiben. Die Frage nach den Folgen für Nordkorea kann hingegen noch niemand seriös beantworten. Aber vorerst deutet vieles auf eine Abwendung vom letzten Freund, also China, und auf eine noch bedrohlichere Haltung des atomar aufrüstenden Landes gegen den Rest der Welt hin.
PS: Warum nur kommt mir bei Nordkorea immer sofort der Name Heinz Fischer in den Sinn?
Gleich zwei Beispiele zeigten in den vergangenen Stunden, wie sehr die massive Dominanz von Linksaußen-Journalisten in den Medien auch in kleinsten Details die Sicht auf die Realität verzerrt. Immer seltener wird berichtet, was Sache ist. Immer öfter merkt man dabei die manipulative Absicht. Die beiden neuen Exempel betreffen die katholische Kirche und zwar deren prominenteste Vertreter, einmal den Papst und einmal den Wiener Kardinal. Die man diesmal beide voll gegen die heimischen Medien in Schutz nehmen muss.
Zuerst die Antwort des Papstes auf die Interview-Frage zu dem häufig gewordenen Vorwurf, er sei ein Marxist: „Die marxistische Ideologie ist gescheitert. Aber in meinem Leben habe ich viele menschlich gute Marxisten getroffen, und deshalb fühle ich mich nicht angegriffen.“
Eine absolut tadellose Antwort. Aber was machen gleich mehrere Medien daraus? Sie lassen das Ganze unter Überschriften laufen wie: „Papst fühlt sich bei der Bezeichnung Marxist nicht angegriffen“. Alle eiligen Leser müssen daraus die Botschaft mitnehmen, dass der Papst den Marxismus für etwas Gutes hält. Diese Einschätzung ist zwar anscheinend die der dafür verantwortlichen Journalisten, aber ganz eindeutig nicht die des Papstes.
Man merkt die manipulative Absicht und ist empört.
Ähnlich wird mit ungewöhnlichen Worten des Wiener Erzbischofs umgegangen. Er kritisierte das Programm der neuen Regierung (die er ansonsten gegen das derzeitige „Politiker-Bashing“ in Schutz nahm) nämlich wegen unzureichendem Engagement für das Thema „Generationengerechtigkeit“. Christoph Schönborn tat dies mit der Formulierung: Seit der Regierung Schüssel habe „keine Regierung wirklich mutig und energisch diese Frage aufgeworfen“; dabei sei dies dringend nötig.
Das sind nun in der Tat Worte, die nicht nur völlig richtig sind. Sie stehen auch in deutlichem Kontrast zu den täglichen Wortspenden jener Kirchenmenschen, die am häufigsten in den Medien zu finden sind, also zu den Linksaußen Landau & Co. Während sich Schönborn um die junge Generation und die Familien sorgt, deren Zukunft durch die völlig unzureichende Reformunwilligkeit bei den Pensionen unterminiert wird, engagieren sich die Caritas-Sprecher ja ständig primär für islamische Asylschwindler.
Was aber wirklich das Widerliche ist: Ich habe diese Wortmeldung Schönborns in keinem Medium (außer kathpress, Radio Vatikan und der Online"-Presse") gefunden. Dort findet man jedoch ständig die der Landau-Clique. Jedes positive Wort über die Erfolge der schwarz-blauen Zeit ist in den meisten Medien offensichtlich streng verboten.
Und wieder merkt man die manipulative Absicht und ist empört.
PS: Sollte ich die Erwähnung dieser Schönborn-Äußerung trotz sorgfältiger Suche in irgendeinem Medium übersehen beziehungsweise -hört haben, so bitte ich um Entschuldigung. Und um entsprechende Hinweise.
PPS: Dass ich diesmal empört zur Verteidigung von Franziskus und Schönborn ausrücke, ändert natürlich nichts an der Skepsis und Kritik beiden Herren gegenüber, die allzu oft gut gemeint mit klug und daher gut verwechseln.
Es ist kein Geheimnis, dass die Wiener Staatsanwaltschaft aufgrund ihrer personellen Zusammensetzung seit Jahren besonders SPÖ-freundlich agiert. Und so war es auch keine große Überraschung, dass die Verfahren gegen Werner Faymann und seinen Staatssekretär Josef Ostermayer wegen dubioser Inseratenvergaben eingestellt wurden.
Die Genesis dieser Causa und die Fakten sind gut dokumentiert: durch Zeugenaussagen, durch Aktenvermerke und andere Dokumente (wie etwa Auftragsbestätigungen für Inserate), sowie nicht zuletzt auch durch Feststellungen des Rechnungshofs. Viele Medien haben über diese Causa ausführlich berichtet, von „Kurier“ bis zu „Profil“, zuletzt besonders detailliert Andreas Unterberger in seinem Blog. Immerhin ging es um Delikte wie Erpressung, Untreue und Missbrauch der Amtsgewalt.
In einem Land, das nicht die Banane im Wappen führt, werden derartig gravierende Vorwürfe von einem ordentlichen Gericht geklärt, um entweder zu einem Schuldspruch zu kommen oder durch einen Freispruch das Odium von den Beschuldigten zu nehmen. Der Kanzler hat es vorgezogen, auf Tauchstation zu gehen, dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss fernzubleiben und darauf zu vertrauen, dass es ohnehin zu keinem Verfahren kommen wird.
Korruptionsexperte und Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler, heute bei Transparency International tätig, meinte dazu, dass der Vorwurf des „Missbrauchs der verantwortlichen Verfügungsgewalt“ durchaus von einem unabhängigen Gericht zu untersuchen gewesen wäre. Und Hans Rauscher sieht im „Standard“ „diese Praxis an der Grenze zum Machtmissbrauch“.
Dazu kommt, dass bis dato die Begründung der Einstellung des Strafverfahrens nicht veröffentlicht wurde. Offensichtlich versucht man, noch Begründungen und Formulierungen zu finden, welche die höchst problematische Entscheidung irgendwie bemänteln sollen. Auch diese Praxis wird nicht nur von Fiedler, sondern etwa auch vom Präsidenten der Vereinigung der Österreichischen Staatsanwälte, Gerhard Jarosch, und anderen Strafrechtsexperten scharf kritisiert.
Nur die SPÖ und die Krawallzeitungen sind mit der Einstellung zufrieden. „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner kann sich freuen, denn die Steuergeldmillionen für sein Gratis-Blättchen werden somit wacker weiterfließen. Im Überschwang der Gefühle, nachdem „Österreich“ wochenlang zuvor schon immer wieder verkündet hatte, dass das Verfahren gegen Faymann sicherlich demnächst eingestellt werde, vergriff man sich dann am Tag der Einstellung – wie so oft – in der Wortwahl. Das Blatt meldete – mit einem grinsenden Konterfei des Bundeskanzlers – einen „Freispruch“ für Faymann. Das ist kompletter Unsinn, ein Freispruch wäre nur nach einem ordentlichen Verfahren möglich gewesen.
Eine besondere Pointe ist die Tatsache, dass am gleichen Tag der unrühmlichen Einstellung des Verfahrens gegen den Kanzler die Klagenfurter Staatsanwaltschaft vier ehemalige Repräsentanten der Kärntner Landespolitik anklagte. Die Blattmacher waren sich nicht zu dumm, beide Meldungen nebeneinander zu platzieren und damit klarzumachen: Das System Haider wird angeklagt, das System Faymann darf weitermachen. Dabei geht es in dem Kärntner Fall, in dem völlig zu Recht angeklagt wird, „nur“ um 219.000 Euro. Bei Faymann geht es seit vielen Jahren um Millionen an Steuergeldern, die für Eigenwerbung beziehungsweise Zeitungsbestechung ausgegeben wurden.
Und so sieht etwa auch der Innsbrucker Strafrechtsprofessor Klaus Schwaighofer keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle, die wohl einzig darauf zurückzuführen ist, dass eben verschiedene Staatsanwaltschaften zuständig sind.
Diese von Faymann erfundene – und inzwischen auch von anderen Regierungsstellen praktizierte – üble Praxis hat den österreichischen Staatsbürger und Steuerzahler allein in den letzten zwölf Monaten 203(!) Millionen Euro gekostet (dokumentiert von der KommAustria). Das ist alles andere als eine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, mit welchen Budgetnöten Österreich zu kämpfen hat und in welchen Bereichen „leider, leider“ Abstriche gemacht werden müssen. Für die Gefälligkeitswerbung in Massenmedien hat offensichtlich immer Geld da zu sein. Von diesen 203 Millionen Euro ging mit 55,6 Millionen Euro über ein Viertel an die vier Lieblingsmedien der SPÖ: „Krone“, „Heute“, „Österreich“ und „NEWS“.
Regierungsinserate im Boulevard (Juli 2012 bis Juni 2013), in Millionen Euro
Krone |
21,7 |
Heute |
13,4 |
Österreich |
12,4 |
News |
8,1 |
Womit sich diese üble Praxis für die Lobhudel-Medien durchaus gelohnt hat. Ebenso haben Werner Faymann und seine SPÖ von dem Deal profitiert. Das ist sozusagen eine „Win-win-Situation“ – auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers. Schon 2011 vermutete der „Standard“ in Hinblick auf die großzügigen Inseratengeschenke des Kanzlers, dass damit wohl ein „mittelmäßiger Kommunalpolitiker zum Kanzler gekauft“ wurde.
Und das „System Faymann“ hat auch heuer wieder bestens funktioniert. Wie schon bei den vergangen Wahlen haben die Leser der drei Boulevard-Tageszeitungen, die auffallend einseitig für die SPÖ und ihre Kandidaten kampagnisiert hatten, auch diesmal unverhältnismäßig stark für die SPÖ votiert und die ÖVP überproportional „bestraft“. Bei den Lesern anderer Zeitungen war das hingegen nicht der Fall, wie das Marktforschungsinstitut GfK Austria GmbH erhoben hat.
Parteipräferenzen der österreichischen Zeitungsleser in Prozent
Nationalratswahl 2013 | SPÖ | ÖVP |
Leser Krone |
29 |
17 |
Leser Heute & Österreich |
30 |
15 |
Leser anderer Tageszeitungen |
19 |
22 |
Der österreichische Bürger und Steuerzahler darf also ungefragt für die Eigenwerbung von Politikern blechen. Er wird zugleich um die strafrechtliche Klärung der Vorwürfe geprellt. Dann wäre immerhin noch die Frage der politischen Verantwortung anzusprechen.
Es müsste auch dem schlichtesten Gemüt zu denken geben, dass sogar die SPÖ-freundliche Staatsanwaltschaft den Beschuldigten in dieser Causa „Schutzbehauptungen“ vorgeworfen hat. Das heißt, Faymann und Ostermayer haben bei ihren Aussagen vor dem Staatsanwalt nicht die Wahrheit gesagt. Was sie auch nicht müssen, denn kein Beschuldigter ist verpflichtet, sich selber durch eine Aussage zu belasten.
Aber es ist eigentlich erschütternd, dass es in diesem Land keine Bürgergesellschaft mehr gibt, die sich empört, dass wir voraussichtlich – die Koalitionsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen – die nächsten fünf Jahre von einem Kanzler regiert werden sollen, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Dazu kommt ein ebenso belasteter Staatssekretär, der vielleicht sogar zum Minister aufsteigt. Das ist schon grundsätzlich keine sehr erbauliche Vorstellung. Angesichts vieler anderer Ärgernisse, wie etwa der widersprüchlichen Aussagen über die Existenz oder Größe des „Budgetlochs“, stellt sich immer schärfer die Frage, wie viel Unaufrichtigkeit man den Bürgern und Wählern eines Landes auf Dauer zumuten kann.
PS: Auch gegen Verkehrsministerin Doris Bures wurde ein Verfahren wegen dubioser Inseratenvergaben mittlerweile ebenso eingestellt, wie – offensichtlich um die ÖVP bei Laune zu halten – auch ein Verfahren gegen Nikolaus Berlakovich. Darüber hinaus hat die Wiener Staatsanwaltschaft mittlerweile auch das Verfahren gegen Claudia Schmied eingestellt. Sie war als Vorstandsmitglied bei der Kommunalkredit für ein Finanzdebakel von über zwei Milliarden Euro mitverantwortlich, für das nunmehr der Steuerzahler aufkommen darf; gegen andere Beteiligte wird übrigens noch ermittelt.
Offensichtlich muss die Wiener Staatsanwaltschaft Kapazitäten freimachen, um sich einer anderen wichtigen Causa zuzuwenden, denn nur kurz nach der Faymann-Einstellung wurde bekannt, dass man nunmehr mit voller Power nicht nur gegen zwei ÖVP-Politiker (Molterer und Lopatka), sondern gegen die ganze Partei vorgeht.
Auch wenn sich die Anschuldigungen gegen die ÖVP sowohl quantitativ als auch qualitativ dramatisch von den Vorwürfen gegen Faymann und Ostermayer unterscheiden, sind selbstverständlich auch diese zu untersuchen. Die Koinzidenz der beiden Ereignisse ist aber mehr als decouvrierend und unappetitlich. Dazu kommt, dass die Vorwürfe gegen Reinhold Lopatka nicht einer gewissen Skurrilität entbehren, denn dieser war im Wahlkampf 2008 nicht mehr ÖVP-Generalsekretär und somit auch nicht mehr für die ÖVP-Finanzen zuständig. Schon diese Schlamperei sagt einiges aus über die Recherchequalitäten der Wiener Staatsanwaltschaft, die offensichtlich bei der Verfolgung politischer Delikte sehr selektiv vorgeht.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.
Dieser Kommentar ist in ACADEMIA 6/Dezember 2013 erschienen und wurde für diesen Blog etwas adaptiert und aktualisiert.
Das hat es noch nie gegeben: Im ÖVP-Klub sitzen gleich vier durchwegs gegen ihren Willen abgeschossene und durchwegs erboste Ex-Minister. Im letzten Parlament saßen zwar am Beginn auch drei schwarze Ex-Minister; aber nur Martin Bartenstein blieb bis zum Ende, kurzfristig waren dort auch seine Exkollegen Plassnik sowie Molterer: Jedoch alle drei wollten sehr bewusst einer Regierung unter dem von ihnen verachteten Werner Faymann nicht angehören und alle drei haben ihren Akzent sofort wo anders hin verlagert.
Das ist jetzt ganz anders. Jetzt hat sich ÖVP-Chef Michael Spindelegger erstmals in der eigenen (noch dazu klein gewordenen) Fraktion eine kritische Viererbande eingehandelt. Ob er sich des Risikos dieser völlig unnötigen Entscheidung aber überhaupt bewusst ist?
Diese vier haben noch dazu durchwegs langjährige politische Erfahrung, weit längere als ihre Nachfolger. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Nikolaus Berlakovich nicht gerade ein erfolgreicher Minister gewesen ist. Zwei der vier haben sogar schon zwei ganz verschiedene Ministerien geleitet. Und Maria Fekter hat neben der Leitung des Finanz- und des Innenressorts überdies auch im Bereich Wirtschaft und Justiz jahrelang politische Spitzenfunktionen bekleidet.
Lediglich der abgeschossene Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle war relativ kurz im Kabinett – aber gerade er war bei den Wählern besonders beliebt. Und gerade er nimmt sich schon jetzt am allerwenigsten ein Blatt vor dem Mund. Er hat postwendend angekündigt, gegen das erste Gesetz der neuen Regierung zu stimmen. In der Kritik an der Zerschlagung des Wissenschaftsministeriums steht er überdies alles andere als allein. Er bildet die Spitze einer breiten Protestwelle sehr artikulationsstarker Persönlichkeiten.
Alleine dadurch wird die ÖVP zweifellos einen nachhaltig schweren Schaden erleiden. Diesen kann der dem gesamten Wissenschaftsbetrieb total ferne Reinhold Mitterlehner als nunmehr Zuständiger mit Sicherheit nicht reduzieren. Unsensibler Umgang mit Universitäten ist das dümmste, was ein Politiker tun kann. Das hätte die ÖVP eigentlich schon unter Elisabeth Gehrer lernen sollen.
Daran ändert im übrigen auch die Tatsache nichts, dass man eigentlich im Umkehrvorgang auch an den Universitäten selbst massive Kritik üben könnte und müsste. Denn diese gehen alles andere als sinnvoll mit dem Steuergeld um. Ihr Leistungsnachweis besteht immer nur in Worten und Hochglanzbroschüren, nie in konkreten Ergebnissen. Fast alle Unis fallen fast bei jedem internationalen Ranking von ohnedies schon schlechten Rängen noch weiter zurück. Völlig unnötige Bereiche wie die Genderei werden ausgebaut, die wichtigen und zukunftsträchtigen werden hingegen bürokratisch schikaniert.
Aber weder SPÖ noch ÖVP haben substantielle Kritik an den Universitäten zu formulieren gewagt. Dazu fehlte der Politik das Format. Und auch Töchterle selbst – der das Format hätte – war diesbezüglich immer sehr beißgehemmt.
Aber zurück ins Parlament: Töchterle, Fekter, Berlakovich und Beatrix Karl werden dort ÖVP-intern eine kritische Masse als Gegenpol zu der alles andere als ruhmreichen Koalition bilden. Es ist durchaus möglich, dass die Vier das – bei aller Unterschiedlichkeit – auch nach außen zeigen werden. Man sollte nicht vergessen, dass schon in der Vergangenheit der ÖVP-Klub keineswegs immer das apportiert hat, was in der Regierung ausgeschnapst worden war. Etwa zuletzt beim Stichwort Direkte Demokratie.
Die Vier können im Klub auch Bereiche abdecken, teilweise sogar mehrfach abdecken, die in der ÖVP bei der letzten Wahl völlig ignoriert worden sind: etwa Justiz, etwa Bildung, etwa Wissenschaft. Das verleiht ihnen zusätzliches Gewicht.
Jedenfalls darf Michael Spindelegger bei keinem der vier auf persönliche Loyalität hoffen. Ganz im Gegenteil. Da sind vier Rechnungen offen, die jetzt fünf Jahre lang abgerechnet werden können. Und auch Parlamentsvizepräsident Karlheinz Kopf ist nicht ganz freiwillig von der Klubführung abgegangen (auch wenn er im neuen Job mehr verdient). Damit könnte noch ein weiterer erfahrener Mann als Spindelegger-Kritiker zu den vier Ex-Ministern stoßen.
Damit hat Spindelegger schon automatisch ein Zehntel seiner Fraktion offen oder insgeheim gegen sich, und zwar das weitaus erfahrenste Zehntel. Keiner davon braucht mehr zu kuschen, weil er noch etwas werden könnte. Das ist alles andere als eine vertrauenerweckende Situation für den Vizekanzler. Zugleich stürzt der ÖVP-Chef bei den Meinungsumfragen nach unten.
Zugleich steht an der Klubspitze mit Reinhold Lopatka ein neuer Mann, der sich trotz seines politischen Geschicks in dieser Situation extrem schwer tun wird. Er wäre jedenfalls ziemlich schlecht beraten, wenn er sich auf Loyalitätsschwüre der Vier – oder Fünf – allzu sehr verlassen würde.
Auf der roten Gegenseite gibt es hingegen keinen einzigen abgeschossenen Minister. Lediglich ein frustrierter Altklubobmann hat dort kritisches Potential. Damit ist bei der SPÖ in der Summe das Antiregierungspotential lange nicht so gefährlich für das rote Regierungsteam wie bei den Schwarzen.
Wen Politik interessiert, der sollte jedenfalls sehr genau die schwarzen Vorgänge im Parlament beobachten. Dort dürfte es viel spannender werden als in der Regierung.
Dass mehr oder weniger große Koalitionen ein Nährboden für totale Ineffizienz und absurde Personalentscheidungen sind, sieht man auch in Deutschland.
Dort wurde jetzt der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit neuerlich Aufsichtsratschef des Berliner Flughafens. Dabei war er als solcher erst im Jänner zurückgetreten – nach elf katastrophalen Jahren in dieser Funktion! Womit er unbestreitbar entscheidende Verantwortung für alle Skandale rund um den Flughafenbau trägt. Dieser ist ja um Milliarden teurer geworden als geplant; und er hat schon zahllose ungenützt gebliebene Eröffnungstermine hinter sich. Jetzt gibt es nicht einmal mehr für die Zukunft irgendeinen solchen Termin. Es ist absolut unfassbar, dass der Sozialdemokrat statt vor Gericht oder zumindest am Schandpranger nun wieder an der Spitze des Flughafens steht. Und die CDU stimmt all dem zu. Der Grund ist klar: Sie ist sowohl in der Stadt wie im mitfinanzierenden Bund in einer schwarz-roten Koalition verfangen (der ja auch bundesweit nach dem mit Dreiviertelmehrheit gefallenen SPD-Mitgliederentscheid nun nichts mehr im Wege steht).
PS: die deutschen Staatsanwälte sind den Wienern vergleichbar: Während Wowereit ungeschoren bleibt, wurde der CDU-Bundespräsident Wulff mit diffusen Vorwürfen zum Rücktritt getrieben und jetzt wegen einer Oktoberfesteinladung um 720 Euro monatelang vor Gericht gestellt, wo ein Entlastungszeuge nach dem anderen auftritt.
In Österreich ist man eben im Begriff, einen neuen Rekord für die Dauer von Koalitionsverhandlungen aufzustellen. Während in Deutschland längst Einigkeit erzielt wurde, ist hierzulande, nach bald drei Monaten, noch immer kein Ende in Sicht. Sie hätten den Wählerauftrag verstanden, beteuern die Spitzen von SPÖ und ÖVP. Man wolle daher nicht einfach weiterwursteln wie bisher, sondern die Ärmel für Reformen aufkrempeln und ab sofort „neu regieren“. Gut Ding braucht eben Weile. Bislang gibt es allerdings keinerlei Anzeichen für einen signifikanten Kurswechsel.
Die zwei schwer angeschlagenen „Großkoalitionäre“ trauen sich einfach nicht ans Eingemachte. Haust Du meine Eisenbahner und Rentner, hau´ ich Deine Bauern und Beamten – so die unausgesprochene Devise in den Koalitionspalavern. Kakanien bietet am Ende des Jahres 2013, nach vielen Jahren des Stillstandes, ein Bild des Jammers. Der Chef der Wirtschaftskammer, Leitl, stellt fest: „Der Wirtschaftsstandort droht dank der Politik von SPÖ und ÖVP abzusandeln.“ Selten hatte der Mann so recht.
Wenn sich einer der wichtigsten Nationalökonomen des Landes, Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny, in prekärer Lage zu Fragen des Staatshaushaltes zu Wort meldet, ist das nicht ohne Bedeutung. Reiner Zufall, dass seine Stellungnahme exakt zu dem Zeitpunkt erfolgt, da Rote und Schwarze im Zuge ihrer quälend unproduktiven Verhandlungen zur Regierungsbildung, heftig darüber streiten, in welcher Höhe der in kommenden Jahren zu bedeckende Fehlbetrag im Bundesbudget zu veranschlagen ist.
Dass dieses, unter dem charmanten Begriff „Budgetloch“ bekannt gewordene Problem, den künftigen Kurs der Bundesregierung ganz wesentlich bestimmen wird, liegt auf der Hand. Zahlen zwischen einigen wenigen und 40 Milliarden Euro werden kolportiert. Je kleiner der mutmaßliche Negativsaldo, umso erfreulicher für die zur Verhinderung jeglicher Strukturreform wild entschlossenen Sozialisten. Wie überaus praktisch, dass OeNB-Chef Nowotny einer der ihren ist – noch dazu ein besonders zuverlässiger. Der brave Mann hat, wie auch UHBP, einen feinen Sinn für das richtige Timing – nur dass er dann halt nicht aufs Klo flüchtet.
Während nicht ganz so stark politisch verstrahlte Wirtschaftswissenschaftler, wie der soeben zu Nobelpreisehren gelangte Amerikaner Eugene F. Fama, vor einer weltweiten Rezession warnen, die durch den Verlust des Investorenvertrauens in die hoch verschuldeten Länder der Eurozone bedingt sein könnte, sieht der Genosse Nationalbanker indes keinen Grund zur Sorge. Er wähnt vielmehr, das „Ende der Rezession“ sei gekommen – ohne allerdings plausibel zu erklären, worauf diese ebenso plötzliche wie wundersame Wendung zum Besseren gründen könnte. Denn an der strukturellen Ursache der Krise, der überbordenden Verschuldung der Staaten und der privaten Haushalte, hat sich nichts geändert – ganz im Gegenteil!
Einige Fachleute sehen die Gefahr, dass das Publikum sein immer noch nicht völlig erloschenes Vertrauen in die Finanzinstitutionen, (namentlich das in die Zentralbanken) verliert. Dieser Vertrauensverlust könnte sogar recht schlagartig geschehen, wenn nämlich auch Otto Normalverbraucher endlich erkennt, dass die von FED, EZB & Co. ergriffenen Maßnahmen allesamt wirkungslos verpuffen. Denn während dadurch zwar die Schulden auf historische Höchststände getrieben werden, verharrt die Arbeitslosigkeit dennoch auf ungekannt hohem Niveau und die Konjunktur will und will nicht anspringen.
Bei einem auf ein historisches Tief manipulierten Zins hat die EZB ihr Pulver zudem faktisch verschossen. Weniger als Nulltarif für geliehenes Geld geht nicht. Die Erwartung, der ersehnte Aufschwung wäre mit den Instrumenten der Geldpolitik zu erzwingen, geht soeben in Rauch auf. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Der gefürchtete, von keinem Hauptstromökonomen einschätzbare, „schwarze Schwan“ könnte urplötzlich in Form einer dramatischen „Flucht aus dem Geld“ um die Ecke biegen. Hyperinflation, Bankruns, serienweise Firmenpleiten und ein bislang ungekanntes Ausmaß an Arbeitslosigkeit wären die Folgen.
Wen trifft die Schuld? Bisweilen streift auch gestandene Politiker der Blitz der Erkenntnis. So etwa den zypriotischen Finanzminister Georgiades, der kürzlich trocken feststellte: „Es gibt niemanden, dem wir unsere Problem anlasten können, außer uns selbst.“ Nicht dass das zu unmittelbaren Konsequenzen für die am bresthaften Zustand der Staatsfinanzen Verantwortlichen führen würde. Aber immerhin ist ja Selbsterkenntnis bekanntlich der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung…
Davon allerdings ist die zu befürchtende Neuauflage der rotschwarzen Verliererkoalition in Österreich (die gerade noch etwas mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten repräsentiert) weit entfernt. Für sie geht es – ausschließlich - um den Erhalt von Macht und Pfründen. Für die Regierenden sind die an der dramatischen Staatsverschuldung angeblich Schuldigen nicht in den eigenen Reihen zu suchen. Und so wird es – nicht zuletzt dank der Entlastungsoffensive des Beschwichtigungshofrats aus der OeNB – selbstverständlich nicht zu Einsparungen in den Haushalten von Bund und Ländern kommen, sondern es wird, wie schon in den hinter uns liegenden Legislaturperioden, wieder einmal versucht werden, das Verschuldungsproblem einnahmenseitig zu lösen.
An skurrilen Ideen mangelt es nicht. Die Rädchen, an denen gedreht werden sollen hören auf die Namen Tabaksteuer, Sektsteuer 2.0, Erhöhung der Normverbrauchsabgabe und Einschränkungen bei der Gruppenbesteuerung.
Dass der Fiskus den Unternehmern künftig keine Fahrzeuge mehr zuzugestehen gedenkt, die mehr als 40.000 Euro kosten (während Regierungsmitglieder kein Problem darin sehen, sich in doppelt so teuren Dienstkarossen auf Steuerzahlerkosten herumkutschieren zu lassen), passt perfekt ins surrealistische Bild. Ebenso der Umstand, daß Überstunden durch eine zusätzliche Abgabe belastet werden sollen. Damit geschieht das exakte Gegenteil dessen, was in Sonntagsreden sei Jahr und Tag – besonders von den Roten - beschworen wird: Anstatt den „Faktor Arbeit“ zu entlasten, wird die ohnehin bereits extrem hoch besteuerte Arbeitszeit nochmals künstlich verteuert. Nichts könnte die absolute Ratlosigkeit der Totalversager in dieser neuen, alten Regierung deutlicher machen.
Dass die Sozialisten ihre feuchten Träume von der Wiedereinführung von Vermögens- Schenkungs- und Erbschaftssteuern längst noch nicht begraben haben, sollte bei alldem nicht vergessen werden. Bei nächster Gelegenheit wird dieses Thema mit Sicherheit erneut aufs Tapet gebracht werden. Immerhin geht es ja dabei um die „soziale Gerechtigkeit“. Dass es keine ernstzunehmenden Fachleute gibt, die belastbare Argumente zugunsten von Substanzsteuern vorweisen können, hat die hoch ideologisierten Neidgenossen noch niemals angefochten.
Gegenwärtig weist das Schuldenbarometer der Alpenrepublik 235 Milliarden Euro an expliziten Staatsverbindlichkeiten aus. Pro Erwerbstätigen macht das stattliche 56.000 Euro, den Preis eines gut ausgestatteten Autos der gehobenen Mittelklasse.
Sparsames Haushalten ist daher so dringend angesagt wie nie zuvor. Bei einer der weltweit höchsten Abgabenbelastungen auch nur einen Gedanken an neue oder weiter zu erhöhende Steuern zu verschwenden, anstatt endlich damit zu beginnen, die explodierenden Ausgaben zurückzufahren, ist grob fahrlässig und als unverantwortlicher Anschlag auf den Wirtschaftsstandort zu werten.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien
Das Koalitionsprogramm ist ein unstrukturiertes und sprachlich schwaches Sammelsurium an Sinnvollem und Dummem. Es besteht in allzu vielen Punkten aus völlig unkonkretem Blabla. Fast jeder einzelne Satz kann nämlich alles oder nichts bedeuten. In zahlreichen Aspekten – vor allem bei den teuren Schnittflächen zwischen Bund und Ländern – bräuchte eine Umsetzung auch eine Verfassungsmehrheit, welche die Koalition bei weitem nicht hat. Inhaltlich finden sich zwar durchaus viele positive Punkte, abernoch mehr negativ zu bewertende. Zugleich strotzt es von Altbekanntem, das genauso schon in früheren Regierungsprogrammen gestanden ist oder stehen hätten können.
Um den Lesern zu ersparen, sich durch 124 Seiten schwammigen Textes durchzukämpfen (Masochisten steht das natürlich offen), seien hier die wichtigsten Punkte in der Hoffnung zusammengefasst, dass die leeren Worte wenigstens irgendetwas bedeuten. In meinem krampfhaften Bemühen, das Positive nicht zu übersehen, sei wieder mit diesem angefangen:
Die Liste der kritisch zu bewertenden Punkte ist leider länger als die der positiven oder zumindest Hoffnung gebenden Vorhaben.
In Summe mag ein wenig trösten, dass erfahrungsgemäß vieles aus solchen Programmen nicht umgesetzt wird. Aber ebenso erfahrungsgemäß sind das meist die positiv einzuschätzenden Punkte. Denn spätestens bei der gesetzlichen Ausformulierung wird sich zeigen, wieviel Dissens im Koalitionspapier noch versteckt ist.
Wäre ich ÖVP-Obmann, würde ich eines ganz sicher nicht sehen wollen: die Ergebnisse der nächsten Meinungsumfragen. Die werden noch viel schlimmer sein als die letzte. Die personellen Entscheidungen des ÖVP-Obmannes für sein Team übertreffen die mageren inhaltlichen Ergebnisse der Koalitionsbildung noch bei weitem. Die Zweifel an der Eignung von Sebastian Kurz für das Außenamt, die ebenso großen Zweifel an den Finanzministeriums-Fähigkeiten Michael Spindeleggers, der Zorn über den Umgang mit Maria Fekter: Das alles wird noch weit übertroffen durch den ebenso absurden wie überraschenden Transfer des Wissenschaftsministeriums an das Wirtschaftsressort und damit an einen der unfähigsten ÖVP-Minister. Und das alles wird noch getoppt durch die Schaffung eines eigenen Familienministeriums (mit einer einzigen Sektion!!) und durch die Art, wie die an seiner Spitze gesetzte Person ausgewählt worden ist.
Um jene Leser, die noch Sympathien für die ÖVP haben, ein wenig aufatmen zu lassen: Natürlich ist inhaltlich die SPÖ der weitaus negativste Faktor in dieser Regierung. Und natürlich gibt es bei der ÖVP in diesen Stunden durchaus auch positive inhaltliche und personelle Punkte zu vermerken. Die will ich keineswegs kleinreden.
Dazu zählt die erfolgreiche Verhinderung der von Rotgrün so vehement geforderten Steuern auf Erbschaften und Vermögen. Dazu zählt die Nichteinführung der (von der Bildungs-Arbeitsgruppe schon schriftlich festgeschrieben gewesenen) Gesamtschule. Dazu zählt die nun doch angekündigte Inflationsanpassung der Familienbeihilfen.
Auch personell kann man einige wenige Lichtpunkte erkennen: Reinhold Lopatka ist ein solcher. Er wird nach der überflüssigen Demontage von Karlheinz Kopf sicher ein sehr guter Klubobmann sein (er wäre aber auch ein besserer Minister geworden als die meisten anderen). Freilich muss man noch sehen, ob auch Lopatka ebenso wie Kopf bisweilen nein zu Vereinbarungen der Regierungsspitze zu sagen wagt. Was notwendig wäre.
Der neue Landwirtschaftsminister kann zumindest eines für sich verbuchen: Er kann mit Sicherheit nicht schwächer sein als sein Vorgänger. Den Rest werden wir unvoreingenommen beobachten.
Beim neuen Justizminister Wolfgang Brandstetter sind schon mehr Fragezeichen angebracht. Zwar ist der Universitätsprofessor ein gestandener und wissenschaftlich ausgewiesener Strafrechtler (er ist übrigens kein Rechtsanwalt, als was ihn zur Stunde viele Medien bezeichnen, sondern er durfte nur als Strafverteidiger amtieren, was auch einige Nicht-Rechtsanwälte dürfen). Die Strafrechtskompetenz gibt Brandstetter gerade auf einem für das Justizressort besonders heiklen Gebiet Gewicht.
Auf der anderen Seite war ausgerechnet er als Strafverteidiger für Werner Faymann in dessen Verfahren wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue aktiv. Gewiss soll man Verteidiger und Anwälte nie mit ihren Klienten verwechseln. Aber Brandstetter wird dennoch gerade das nicht machen, was die scheidende Ministerin Karl noch verzweifelt versucht hatte: Sie hatte die Wiener Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt, wenigstens eine Begründung für die skandalöse Einstellung des Verfahrens gegen Faymann und seinen Adlatus Ostermayer nachzuliefern. Sie war damit freilich seit zwei Monaten erfolglos.
Spindelegger wird aber darüber hinaus wohl noch in anderer Hinsicht großen Erläuterungsbedarf haben: Warum soll sich überhaupt noch jemand in der ÖVP und für sie engagieren, wenn dann ausgerechnet der Strafverteidiger des SPÖ-Obmanns zum ÖVP-Justizminister wird? Diese Schizophrenie wird keinem ÖVP-Mitglied erklärbar sein. Motivation ist aber in einer Partei die Schlüsselaufgabe.
Der Rest ist Jammer. Bei der Innenministerin war zwar schon länger klar, dass sie als Tribut an den Steinernen ÖVP-Gast Erwin Pröll im Amt bleiben wird. Dennoch ist sie alles andere als ein Plusfaktor für Österreich oder Partei.
Auf der Negativseite steht zweifellos auch die Übersiedlung von Michael Spindelegger selbst. Er hat zwar zu Recht gespürt, dass seit dem EU-Beitritt und der neuen EU-Verfassung das Außenministerium nur noch sehr geringe Bedeutung hat. Er hat auch in der Annahme recht, dass das Finanzministerium das einzig wirklich wichtige Ressort nach jenem des Regierungschefs ist. Innerösterreichisch wie auch auf EU-Ebene. Aber man muss große Zweifel haben, ob sich Spindelegger in all den heiklen internationalen Fragen halbwegs auskennt, für die er nun über Nacht zuständig ist. Ob das nun ESM oder EFSF ist, die europäische Zinsrichtlinie oder eine Reverse-Charge-Steuer.
Vor allem aber macht die Frage bang: Wird Spindelegger die in diesem Amt absolut nötige Härte und Konsequenz haben, sowohl gegenüber dem Koalitionspartner wie auch gegenüber den eigenen Parteifreunden wie auch gegenüber den zahllosen lautstarken Lobbies, den existenzbedrohten Wirtschaftsbranchen und den geldgierigen Ländern?
Wird er da ständig das einzige Wort zu sagen, dass die Steuerzahler von ihm hören wollen? Das heißt: „NEIN“ und nicht „Ja, vielleicht“ oder „Ja, später“ oder „Ja, halt ein bisschen weniger“ und wie die sonstigen Antworten eines Politikers alle heißen. Vor allem in der Doppelrolle als Finanzminister und Parteiobmann wird Spindelegger da sehr angreifbar sein. Das wird viele Gruppen motivieren, den Forderungshebel mit parteipolitisch besonders betonter Polemik anzusetzen. Auch Willi Molterer ist ja genau in dieser Doppelrolle gescheitert, obwohl er noch am Ende der guten Jahre regiert hatte. Mir ist nicht klar, ob Spindelegger wirklich schon begriffen hat, dass es absolut nichts mehr zu verteilen gibt, dass er keineswegs den Weihnachtsmann, sondern nur den Krampus zu spielen hat.
Spindelegger hat im Finanzministerium immerhin noch exzellente Beamte. Auch wenn schon auffällt, dass diese hinter vorgehaltener Hand demonstrativ von den Vorgängern schwärmen.
Diese Beamtenqualität gibt es im Außenministerium im Gegensatz zur Vergangenheit kaum mehr, wohin sich der noch immer blutjunge Sebastian Kurz begeben darf. Die dortigen Beamten sind mangels strategischer politischer Aufgaben fast durch die Bank nur noch am nächsten Posten im ihrem Dauerrevirement und an den zugehörigen Benefizien interessiert.
Wenn man sie hingegen nach dem tieferen Sinn ihrer Tätigkeit fragt, werden die Antworten sehr dünn. Kein Wunder: Für Kultur ist kein Geld da; in der EU hat das Amt nur noch die Rolle eines Briefträgers; die Außenwirtschaftskompetenz liegt primär bei den Handelsdelegierten; und unsere letzte Kriegserklärung ist meiner Erinnerung auch schon eine Zeit her.
Nun, ein kleines Achtmillionen-Land in der EU muss eigentlich gar keine großen Visionen haben. Aber das gibt niemand gerne zu. Immer noch träumen viele von einer „aktiven“ Außenpolitik (wie sie dem Land unter Kreisky zwar viele Zeitungs-Schlagzeilen, aber auch jede Menge Scherereien eingebracht hat). Das Schüssel-Plassnik-Veto gegen einen türkischen Beitritt war noch ein letzter Substitut für eine solche Vision.
Jahrelang hat man danach im Außenamt zwar noch von einer „Schwarzmeer-Strategie“ geschwätzt. Inhalte hat das aber keine mehr gebracht. Das Scheitern von Nabucco war insofern auch ein Scheitern des Außenministeriums.
Während Spindelegger als Minister wegen seiner Doppelfunktion meist die großen und bohrenden Sinnfragen erspart geblieben sind, wird das bei Kurz zweifellos bald anders sein. Auch personell ist die Situation für Kurz alles andere als einfach: Muss er doch einerseits damit rechnen, dass in Kürze die Klestil-Witwe aus Moskau mit großen Ansprüchen heimkehrt, auf die man am Minoritenplatz nicht gerade freudig wartet. Andererseits hat ihm Spindelegger den Tort angetan, noch rasch vor Abgang wichtige Botschaften und insbesondere den höchsten Posten im Haus (diesen mit einem persönlichen Vertrauten) neu zu besetzen. So hat Kurz nicht einmal die Chance, sich durch Personalpolitik Spielraum zu verschaffen.
Ich wette zwar, dass der junge Mann bald Krawatten tragen wird. Dennoch werden ihm die Damen und Herren Diplomaten mit grandioser Hochmut zu verstehen geben, dass sie ihn nicht für sonderlich satisfaktionsfähig halten.
In der Tat ist die internationale Diplomatie ein zwar faderes, aber sicher heikleres Gebiet, als es etwa Schulbesuche mit ein paar Vorzeige-Immigranten waren. Auch bei jedem ausländischen Gast wird Kurz erst ein erkleckliches Maß an Geringschätzung überwinden müssen. Denn selbst Guido Westerwelle, der Außenminister eines mindestens zehnmal wichtigeren Landes, hat es nach ein paar kleinen Patzern nie mehr geschafft, für ganz voll genommen zu werden. Kurz kann angesichts all der negativen Vorzeichen nur ein einziges Positivum einbringen: Er wird im Gegensatz zu Spindelegger ein Vollzeitminister sein.
Nun stößt unsere Analyse in die totale Katastrophenregion vor: zu Reinhold Mitterlehner. Dieser ist schon an sich einer jener Ressortchefs gewesen, die dringend abgelöst hätten werden müssen. Nicht primär weil er sich mehrmals als mögliche Obmann-Alternative illoyal in Hinblick auf den eigentlich auf Unterwürfigkeit achtenden Parteichef gezeigt hat. Sondern vor allem weil sich Mitterlehner weder für das vor kurzem finalisierte und geradezu historische WTO-Abkommen interessiert hat, noch für seine Familien- und Jugendkompetenz. Als alter Kämmerer hatte er auch erkennbar nicht wirklich etwas für freie Marktwirtschaft oder Privatisierung über. Ihm lag die Welt der Preisregelungen, der Subventionen und der Sozialpartnerschaft mit der Gewerkschaft viel näher. Mitterlehner ist weder wirtschaftsliberal noch wertekonservativ, sondern ein wertefreier Karrierist. Das alles hätte schon mehrfach für eine Ablöse gereicht.
Aber dass dieser Mann jetzt auch noch das Wissenschaftsressort dazubekommt, ist zuviel des Zumutbaren.
Ganz offensichtlich hat ihm da aber seine oberösterreichische Herkunft geholfen. Nach dem politischen Mord an Fekter musste irgendwer aus dem großen Bundesland an Bord bleiben. Dabei war vor allem entscheidend, dass ein oberösterreichischer Minister das Herzensanliegen von Landeshauptmann Pühringer garantiert, nämlich die Realisierung der unnötigen Medizin-Fakultät in Linz.
Genau deswegen wurde zweifellos auch Wissenschaftsminister Töchterle gekillt. Er hatte sich ja eine Zeitlang skeptisch zu der Linzer Medizin geäußert. Ihn retteten auch nicht seine immens guten Imagewerte und die in dieser Regierung absolut ungewohnte Anmutung, dass es dort auch einen kultivierten und hochgebildeten Mann geben kann. Um ihn ist es ebenso schade wie um Fekter. Dies auch deshalb, weil jetzt die ÖVP überhaupt niemanden mehr hat, der in Sachen Bildung für sie sprechen kann. Dadurch kann auf SPÖ-Seite die Chefideologin Heinisch-Hosek in Sachen Bildung ungehindert amtieren.
Mitterlehner wird freilich noch merken, was für ein unangenehmer Haufen die Rektoren, Professoren und Wissenschaftsförderungslobbyisten sind, für die er jetzt zuständig ist. Die haben zwar einen Töchterle ernst genommen. Bei rein politischen Ministern tun sie das nicht, wenn er nicht mit der großen Geldkiste kommt. Sie wissen überdies genau, wie sie sich Gehör in den Medien verschaffen können (siehe etwa die vielen Gelder, die von Unis und Wissenschaftsfonds an „Kooperationen“ mit den Zeitungen fließen . . .).
Und am Schluss der absolute Faschingsscherz: In Zeiten, da eigentlich Ministerien eingespart werden sollten, wird ein neues Familien- und Jugendministerium geschaffen. Dieser Bereich besteht derzeit nur aus einer einzigen Sektion, deren Ausgaben überdies weitestgehend gesetzlich determiniert sind (Familienbeihilfen & Co). Noch heiterer ist die Besetzung dieses Hauses durch eine politikfremde Meinungsforscherin, die bisher ihres Geschlechts wegen zwar etliche Fernsehauftritte hatte, die dabei aber noch nie sonderlich Wesentliches von sich gegeben hat.
Mehr als bezeichnend ist, dass die Dame nur eine Stunde Zeit bekommen hatte, sich zu entscheiden, ob sie Ministerin werden will. Dabei hat Spindelegger seit September gewusst, dass er ein Regierungsteam zu besetzen hat. Ich wette auch, dass der ÖVP-Obmann sich umgekehrt noch weniger als eine Stunde Zeit genommen hatte, die neue Ministerin, ihre Aussagen, ihre Wertpositionierung, ihre Auftritte oder die Seriosität ihrer Studien zu analysieren.
Wenn in einem Unternehmen Personalbesetzungen solcherart erfolgen, ist der Personalchef seinen Job los. Zu Recht. Aber Politik ist eben anders. Dort herrscht das Zufallsprinzip. So wie manche Menschen glauben, dass sie beim Lotto gewinnen können, so hofft offenbar der ÖVP-Obmann, dass zufällige – oder vielleicht nach der Haarfarbe erfolgende – Personalentscheidungen ja auch gut ausgehen können . . .
PS: Hat Spindelegger nicht eigentlich einen eigenen Mann für Personalplanung und -entwicklung bestellt? Da hat er in der Hektik der letzten zweieinhalb Monate wohl keine Zeit gefunden, diesen vor solchen Lappalien wie den Ministerbestellungen auch noch anzurufen.
PPS: Ich stehe wohl außer jedem Verdacht, Feminist oder Quoten-Anhänger zu sein. Daher stört mich auch überhaupt nicht, dass die ÖVP keine Geschlechterquote mehr einhält. Aber ich versuche, Frauen immer Ernst zu nehmen. Und da ist es schon traurig, dass zwei schwarze Frauen aus ernsthaften Ministerien abgehen müssen und eine für ein typisch softes Frauenressort, also eines ohne wirkliche Bedeutung kommt. Genau für diese Aufgabe wurden von der ÖVP auch schon eine Frau Marek und eine Frau Remler binnen kürzestem verheizt. Die waren Staatssekretärinnen, jetzt steht halt Ministerin am Türschild. Sonstige Unterschiede sind nicht bekannt.
Man hatte ja mit vielem gerechnet, aber dass die Einigung auf die "neue" Uraltkoalition nur noch von den übelsten Phrasen und ohne ein einziges echtes Reformsignal begleitet wird, kam nun doch als ziemlicher Schock.
Da hat sich etwa das angekündigte Nulldefizit für 2016 schrittweise in ein „strukturelles" Nulldefizit verwandelt. Dieses ist freilich alles andere als ein wirkliches. Dieser Ausdruck ist nur dazu geschaffen worden, um den Sparnotwendigkeiten zu entgehen. Er erinnert total an die Ära Gusenbauer-Molterer, als man vom Nulldefizit „über den Konjunkturzeitraum" sprach. Was fast genau dasselbe ist. Und auch dieses hat es natürlich dann im wirklichen Leben nie gegeben. Damals wie heute ist das Geld mit beiden Armen beim Fenster hinausgeworfen worden.
Da wird als zentraler Erfolg der mehr als zweimonatigen Regierungsverhandlungen verkündet, dass man „Ideen gesammelt“ habe. Na wui. Offenbar hatte man bisher keine.
Da rühmt sich die ÖVP, dass über Privatisierungen „geredet“ werde. Freilich tat das Michael Spindelegger nur mit der Formulierung, dass erst dann geredet werde, „wenn der Zeitpunkt richtig ist“. Jeder Volksschüler in diesem Land weiß aber, dass für die gewerkschaftlichen Genossen der Zeitpunkt nie richtig ist. Leben sie doch in nicht ganz privatisierten Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler viel bequemer. Überdies tritt auch die ÖVP nur halbherzig für Privatisierung ein (am wenigsten dafür übrig hat ausgerechnet der altneue Wirtschaftsminister, ein typischer Kämmerer). Dabei ist völlig klar, dass nur eine gänzliche Privatisierung, auch der Energieerzeuger ein Unternehmen wirklich dynamisch und erfolgreich machen kann.
Da verkündet die ÖVP ernsthaft die Erhöhung des realen Pensionsantrittsalter als Erfolg, nachdem sie mit dem Wunsch einer Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalter auf den SPÖ-Beton gestoßen ist. Dabei hört man das Gewäsch von einer Erhöhung des realen Antrittsalter schon seit vielen Jahren, insbesondere vom Beschwichtigungsminister aus dem Sozialministerium. Das Gewäsch ist nur nie realisiert worden. Das wird natürlich auch der jetzigen Ankündigung von Rot-Schwarz so passieren.
Da wissen wir jetzt, dass einander die beiden Herren an der Regierungsspitze wieder sehr lieb haben. Und dass sich der „liebe Michael“ für dieses Ergebnis beim „lieben Werner“ auch noch ausdrücklich bedankt.
Da hört man sogar einen noch unverschämteren Rückgriff in die Mottenkiste alter Verbaltricks. Spindelegger wagte es tatsächlich, in den wenigen Minuten seiner Koalitionspräsentation ausgerechnet die "Transparenzdatenbank" als besonderen Erfolg zu verkaufen. Genau diese, genau deren Verkündung war aber schon das einzige gewesen, was von der Periode des Josef Pröll übrig geblieben ist, bevor dieser unter dem Druck privater Zores die politische Bühne verlassen hat. Geben tut es sie bis heute nicht.
Die SPÖ, nach dem BZÖ eigentlich die größte Verliererin der letzten Wahl, hat nicht all ihre Forderungen durchgesetzt. Das ist noch die relativ beste Formulierung, die aus konservativer wie liberaler Sicht für die nunmehr abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen gefunden werden kann. Die ÖVP hingegen hat im Gegenzug gar nichts durchgesetzt.
Und sie kann vor allem die Frage überhaupt nicht beantworten, warum die einst große und zu ihren konservativen Wählern wie zur weltoffenen Wirtschaft stehende Partei in diese Koalition geht und sich damit endgültig abschlachten lässt. Warum sie sowohl die Wertkonservativen wie auch die Wirtschaftsliberalen verrät. Warum sie solcherart den roten Teppich für die Freiheitlichen noch weiter ausrollt, die schon vor Koalitionsverhandlungs-Ende bei Umfragen weit an erste Stelle des Parteienspektrums vorgestoßen sind.
Es ist natürlich klar, warum die Schwarzen – bis auf die Zeiten des Ausnahme-Parteichefs Schüssel – am Schluss immer ins rote Bett schlüpfen, sobald ihnen die Genossen (mangels anderer Alternativen) dieses öffnen: Sowohl die krankhaft gewerkschaftsfixierte Leitl-Kammer wie auch die ihren eigenen Vorteil suchenden Landeshauptleute wollen das. Denn gerade wenn die großkoalitionäre Wolke lähmend auf ganz Österreich sitzt und es keine relevanten Reformen gibt, können sie noch eine Zeitlang ihre Schäfchen ins Trockene bringen und spendable Landesfürsten spielen.
Die österreichische Formel ist kurz: Die Schwarzen dürfen mitregieren. Und die Roten jede Reform verhindern. Die Zukunft des Landes hingegen ist den wichtigsten Akteuren egal.
Das wird so weitergehen, solange die Landeshauptleute ungehindert das vom Bund beim Pfandleiher aufgenommene Geld ausgeben können; solange die WKO nicht endlich in ihren immer verteidigten „Sozialpartnern“ von der Gewerkschaft die größten Reformbremser erkennt; solange die wahren Machthaber der Republik in Wien, St. Pölten und Linz residieren; solange man dort absolutes Vetorecht, aber null Verantwortung hat; solange der ÖVP-Obmann keinen einzigen Ministerposten nach Fähigkeit und Qualität, sondern nur im Länderproporz vergeben kann; solange auch die Abgeordnetenlisten weitgehend von Ländern und Bezirksparteileitungen gemacht werden. Und: solange nicht die Troika in Österreich einmarschiert ist.
Natürlich ist klar: Die ÖVP hat alles andere als eine absolute Mehrheit. Und sie hat keine seriösen Koalitionsalternativen in der Hinterhand.
Denn die Freiheitlichen warten lieber in aller Ruhe auf den großen Sieg. Selbst wenn sie bis St. Nimmerlein auf die absolute Mehrheit warten müssten. Freilich bin ich ziemlich sicher, dass das Vakuum bis zur nächsten Wahl nach der weitgehenden Selbstvernichtung der ÖVP durch die Bildung einer neuen Partei gefüllt werden wird. Die auf drei Fundamenten aufbauen wird: Wertkonservativ (wie die FPÖ), Wirtschaftsliberal (wie einige Teile der Neos), und Österreich- statt Landeshauptmann-fixiert (wie einige Teile der Grünen).
Dieses Potential hat beim letzten Mal leider Frank Stronach mit seinem vielen Geld, seinen richtigen Slogans und seiner substanzlosen geistigen Beschränkung weitgehend blockiert. Marktverstopfung nennt man das beim Handelsgericht. Stronach ist jetzt atomisiert. Jetzt können tausend Blumen blühen.
Die ÖVP hätte sich angesichts der roten Reformweigerung nur noch retten können, wenn sie die Opposition der Unterschrift unter einen solchen Koalitionspakt vorgezogen hätte. Dann wäre auch die Chance größer geworden, dass die SPÖ substanziell nachgegeben hätte. Denn auch sie kann keinesfalls Neuwahlen wollen. Es sei denn, sie schafft mit ihren grün-pinken Freunden aus der Opposition endlich die Mehrheit.
Eine Frechheit jagt die nächste: Wer schützt die Schüler und Eltern vor diesem Lehrerdienstrecht?
Es ist ein neues grausliches Beispiel, das den jungen Österreichern zeigt, wie diese Republik funktioniert: Jetzt hat die Regierung der Gewerkschaft in Sachen Lehrerdienstrecht Konzessionen gemacht – aber total auf Kosten der Schüler und damit Eltern. Denn die Regierung hat nun zugestanden, dass Lehrer zustimmen müssen, wenn sie länger als ein Semester ein fremdes Fach unterrichten sollen. Da schau her: Dann soll das plötzlich in Ordnung sein? Eine neue üble Zumutung. Denn in der wirklichen Welt schauen die Dinge ja so aus: Lehrer brauchen einen Job; und da stimmt natürlich ein Turnlehrer zu, wenn er Physik unterrichten muss, falls daran seine (volle) Beschäftigung und Entlohnung hängen. So nett es ist, dass dieser Turnlehrer zustimmen muss: Viel wichtiger wäre, dass die Eltern gegen solche Absurditäten ein Vetorecht bekämen. Aber deren Vertretungen sind offensichtlich zu schwach (beziehungsweise in den Pflichtschulen gehorsame Befehlsempfänger der SPÖ).
Das zeigen wieder zwei Äußerungen sozialistischer Spitzen-„Ökonomen“ im Abstand weniger Tage. Hier der SPÖ-Nationalbankpräsident Ewald Nowotny, dort Jacques Attali, einer der einflussreichsten Wirtschaftsexperten Frankreichs und Berater von Präsident Hollande.
Nowotny, ganz „zufällig“ ausgerechnet in der Endphase der Koalitionsverhandlungen, wo die ÖVP mit dem Versuch gescheitert ist, Nowotnys Genossen zu den notwendigen Reformen zu bewegen: „Die Rezession in der Eurozone ist zu Ende.“ Attali hingegen: „Wir sind noch weit von einem Ende der internationalen Wirtschaftskrise entfernt. Ich glaube sogar, sie wird sich wieder zuspitzen, zu schlecht ist der Zustand der amerikanischen und europäischen Wirtschaft.“ Da erübrigt sich jeder Kommentar. Außer dass alle Welt Attali glaubt und nicht Nowotny. Reformverweigerer sind die Sozialisten jedoch genauso in Frankreich wie in Österreich.
Das gibt es in keinem Land der Welt: Die selbe Ministerin ist künftig gleichermaßen für alle Schulen wie auch für die Frauen (und NUR für die Frauen) zuständig. Das gibt allen Anlass, sich um das Los von Buben in diesem Schulsystem zu sorgen. Dort droht die Indoktrination mit feministisch-genderistischem Schwachsinn in den nächsten Jahren absolut unerträgliche Ausmaße anzunehmen. Ist doch die neue Doppelministerin Gabriele Heinisch-Hosek überdies die weitaus schärfste Chefideologin, die die SPÖ seit langem hatte. Insbesondere im Vergleich zu Waschlappen a la Hundstorfer, Faymann oder Stöger.
Die Verschmelzung von Bildungsauftrag mit dem feministischen Propagandaauftrag muss zwangsläufig zur Erziehungs-Katastrophe führen. Wobei zugegebenermaßen unserem Schulsystem auch schon etliche der bisherigen „Reformen“ eine gewaltige Verschlechterung gebracht haben. In der künftigen Heinisch-Schule wird den Kindern dann aber auch noch die von allen naturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen widerlegte Gender-Theorie eingetrichtert werden. Die da behauptet, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bloß Produkte der Erziehung wären, dass man sich das eigene Geschlecht auswählen könne.
Es kann einem nur zynisches Lachen befallen, wenn in schwarz-niederösterreichischen Kreisen noch stolz kolportiert wird, dass der Abschuss von Claudia Schmied das Werk des Erwin Pröll gewesen sei. Mit dieser Pseudotrophäe hat Pröll die ÖVP ohne einen einzigen echten Erfolg in eine neue Koalition mit der SPÖ verkauft, in der noch alles schlimmer als in der alten sein wird.
Wenn die von St. Pölten verbreitete Story wahr ist – ich war freilich beim Intellektuellen-Treffen Faymann-Pröll nicht dabei –, dann hat Faymann den St. Pöltner Glatzenträger mit dem Schachzug Heinisch statt Schmied geradezu brillant überdribbelt. Und er hat gleichzeitig Platz geschaffen, um seinen Paladin und Inseratenvermittler Ostermayer zum Minister machen zu können.
Gewiss: Auch unter einer Claudia Schmied war das innere Sehnen der Ministerin nicht gerade bubenfreundlich. Aber sie hat sich diesbezüglich zumindest nach außen neutral gegeben. Und es waren überwiegend schon die Feigheit und der Opportunismus vieler Lehrer selber, weshalb aus Lehrern und Schülern „Lehrende“ oder „Lehrpersonen“ und „Lernende“ oder „SchülerInnen“ gemacht wurden. Der sprachliche Kotau der Lehrer vor der Politischen Correctness hat sich keine Sekunde darum geschert, dass gegenderte Texte nachweislich schlechter lesbar und schlechter verständlich sind als deutsche. Das bestätigen ja indirekt auch die regelmäßig schlechten Lesetest-Ergebnisse der letzten Jahre (die natürlich auch – aber eben nur: auch – mit der extrem hohen Migrantenanzahl zusammenhängen).
Wenn also unsere Schulen der Speerspitze des Genderismus ausgeliefert werden, dann muss man dringend überlegen, ob man für die eigenen Buben nicht einen vor der Politik geschützten Fluchtplatz findet. Was aber alles andere als leicht sein wird. Denn der Versuch der Bundesländer, die Schulen der Bundeskompetenz zu entreißen, dürfte ja gescheitert sein. Und Schweizer Internate sind so teuer, dass nur Industrielle sich diese für den eigenen Nachwuchs leisten können (die für die anderen Kinder dann die Gesamtschule fordern).
Bisher hat man ja noch über jene Wiener Gemeindekindergärten scherzen können, in denen Buben bei Faschingsfesten Feen- und Prinzessinnenkleider anzulegen hatten, um ihnen nur ja alle männlichen Charaktereigenschaften zu rauben. Jetzt haben aber die Schulen eine oberste Chefin, die sich ganz deklariert dazu da fühlt, um die Botschaft des Genderismus auszubreiten.
Und auf ÖVP-Seite wagt man ja nicht einmal, dem Schwachsinn wenigstens verbal entgegenzutreten. Haben doch auch die schwarzen Wissenschaftsminister nie Kritik an der universitären Geldverbrennung durch die progressive Vermehrung von Genderprofessuren geübt.
PS: Die ÖVP ist freilich auch in allen anderen Themen seit fast drei Monaten nicht präsent. Ein Parteiobmann, der praktisch alle eigenen Minister desavouiert, der zugleich selber keinerlei klare Führung vorgibt, der außer Reinhold Lopatka auch niemandem öffentlich auftreten lässt, der braucht sich nicht zu wundern, dass sich inzwischen die letzten ÖVP-Wähler verflüchtigen. Und nichts deutet darauf hin, dass die Stunden des Koalitionsabschlusses noch irgendetwas Positives bringen werden.
PPS: Die SPÖ hat in Personalsachen geradezu lehrbuchhaft agiert. Sie hat die einzige Ministerin, die sie aus eigenem oder eben, um Pröll hineinzulegen, abzuschießen beschlossen hat, schon am Tag nach der Wahl zurücktreten lassen (und gleich ein paar böse Informationen über sie gestreut). Alle anderen Minister aber – bis auf den Gesundheitsminister, dessen ganzes Ministerium anfangs als Einsparungsziel von der Auflösung bedroht war, – konnten sich vom Wahltag an souverän und ungefährdet weiterpräsentieren.
PPPS: Die SPÖ hat noch in einer anderen Hinsicht sehr geschickt zu agieren versucht. Sie hat ihre Ministerliste genau zu jenem Zeitpunkt geleakt, da ihr Bundespräsident den größten Fehler seiner Amtszeit gemacht hat: indem er das Mandela-Begräbnis geschwänzt hat, und indem er gesagt hat, er habe leider nicht so wie der deutsche Bundespräsident ein Regierungsflugzeug. Joachim Gauck war nämlich sowohl bei der Mandela-Feier wie auch bei der Willy-Brandt-Beweihräucherung anwesend, die Fischer als Ausrede für sein Fehlen in Südafrika genannt hat. Damit ist der SPÖ eine ideal getimte Ablenkungsstrategie gelungen. Übrigens: Ich wette, Herr Gauck hätte Fischer nach dem Begräbnis in seinem Flieger gratis zur Brandt-Fete mitgenommen. Wenn er nur darum gefragt worden wäre.
Es gibt sie noch, die guten Nachrichten, selbst aus der EU, selbst von der heimischen Asylpolitik. Darob wollen wir heute die schlechten aus Europa (fast) ganz vergessen.
Die erste gute Nachricht: Das EU-Parlament hat nun schon zum zweiten Mal – wenn auch mit äußerst knapper Mehrheit – den Vorstoß der linken Volksfront abgelehnt, europaweit die Abtreibung einzuzementieren. Es waren die christdemokratischen Abgeordneten, also in unserer Diktion die „Schwarzen“, und es waren die in diverse Fraktionen zerstreuten rechtskonservativ-nationalen Abgeordneten, also auf österreichisch primär die „Blauen“, die diese Mehrheit zusammengebracht haben.
Das zeigt, wie wichtig es ist, selbst bei großer kritischer Distanz zur EU jedenfalls an Wahlen teilzunehmen – auch an europäischen, und auch wenn man an der Urne nur das jeweils kleinste Übel wählen kann. Nur so kann man Dinge beeinflussen.
Diese Notwendigkeit wird umso größer, wenn man die hetzenden Vokabel der Grünen Ulrike Lunacek nach der Niederlage der Linken hört: In ihrer Sichtweise sind die anderen, also die Abgeordneten der Parlamentsmehrheit, durchwegs „ultrakonservativ und reaktionär“. Und die sozialistische Antragseinbringerin Estrela sprach gar von „Schande“ und „Heuchelei“.
Linke Schimpf- und Hass-Diktion halt. Die ist ja bekanntlich für Rotgrün völlig normal, wenn sie einmal bei einer Abstimmung unterliegen. Welche Worte einem freilich für die Frau Lunacek und die Frau Estrela in den Sinn kommen, kann man hingegen gar nicht explizit schreiben. Denn sonst schicken einem die linken Häscher ja am Ende den Staatsanwalt an den Hals. Festzuhalten ist, dass jene Fraktion, der die Neos zugehören (wollen), neuerlich fast geschlossen mit Rotgrün mitmarschiert ist. Es wächst halt doch zusammen, was zusammengehört.
Die zweite gute Nachricht: Österreich hat gewagt, im EU-Finanzministerrat zusammen mit Luxemburg neuerlich die sogenannte Zinsbesteuerungsrichtlinie abzulehnen. Damit ist vorerst der Rest des Bankgeheimnisses gerettet, das ja bei dem mit dieser Richtlinie verbundenen automatischen Informationsaustausch zwischen den EU-Ländern endgültig Vergangenheit wäre.
Tatsache ist ja, dass die EU noch immer nicht die von Österreich als Vorbedingung für diese Richtlinie verlangten Vereinbarungen mit Steuerparadiesen in Drittländern getroffen hat. Tatsache ist auch, dass ein solcher Informationsaustausch – an Stelle von Pauschalzahlungen – eine gewaltige bürokratische Lawine auslösen würde. Trotzdem versuchen die anderen Länder immer wieder, diesen Richtlinienentwurf einzubringen.
Jedenfalls aber freut, dass sich Österreich doch traut, hartnäckig Nein zu sagen. Finanzministerin Fekter (die freilich diesmal wegen der Wiener Koalitionsverhandlungen gar nicht anwesend war) muss ja in dieser Frage seit Jahr und Tag geradezu imperialistischem Druck der großen EU-Länder standhalten. So formulierte etwa – ausgerechnet! – der italienische Wirtschaftsminister in hochmütigem Ton gegenüber den beiden Kleinen: „Wir vergeuden hier Zeit in Europa.“ Dabei weiß ganz Europa, dass in Wahrheit mit Italien selbst die meiste Zeit „vergeudet“ wird. Schafft das Land es doch seit Jahrzehnten nicht, seine Dinge in Ordnung zu bringen.
Und die dritte gute Nachricht: Acht der Votivkirchenbesetzer sind jetzt wegen Schlepperei in Untersuchungshaft gekommen. Dabei hatte man ja schon lange geglaubt, dass diese von Kommunisten und Caritas unterstützten Typen nicht nur die Kirche, sondern auch die Republik ungestraft und dauerhaft verhöhnen dürfen. Auf Kosten von Kirchenbeitrags- und Steuerzahlern.
Bei der Republik hat das offenbar doch Grenzen. Irgendwem ist dort nun doch aufgefallen, dass die Votivkirchen-Pakistanis reihenweise den selben Namen und das selbe Geburtsdatum haben (die Pässe werden ja auf Ratschlag der „Flüchtlings“-Helfer in aller Regel rechtzeitig weggeschmissen). Genauer gesagt: Das ist nicht „irgendwem“ aufgefallen, sondern ganz konkret der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Diese hatte es geschafft, die Zuständigkeit an sich zu ziehen. In Wien hingegen wäre das ja vermutlich noch auf zehn Jahre niemandem aufgefallen. Ganz zufällig natürlich.
Hinter drei so guten Nachrichten müssen heute die weniger guten zurücktreten (und die Trauernachrichten von den rot-schwarzen Koalitionsrunden erst recht, die vorerst aber nur den Charakter diffuser, fast stündlich wechselnder Gerüchte haben).
Eine der schlechten Nachrichten dringt ebenfalls aus dem EU-Parlament, und zwar aus dessen Innenausschuss. Dort wurde unter sozialistischer Führung eine lange Forderungsliste beschlossen, wobei alle Punkte auf das Gleiche hinauslaufen: Man will die Migration (in linker Diktion: die „Flucht“) Richtung EU deutlich erleichtern. Aber ein Ausschuss ist eben ein Ausschuss und seine Beschlüsse sind noch nicht Recht. Daher warten wir einmal ab.
Die zweite schlechte Nachricht hat einen serbischen Politiker als Quelle. Der Vertreter einer Belgrader Regierungspartei(!) hat geglaubt, mit einem geschmacklosen Foto Deutschland unter Druck setzen zu können. Dieses solle Serbien den Weg in die EU öffnen. Mit diesem Verlangen schickte der Mann Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Aufnahme einer deutschen Fliegerbombe aus dem Weltkrieg. Tiefer gehts nimmer.
Wenn Serbiens Regierung auf diesem Niveau angekommen ist, sollte man ihr im Gegenzug vielleicht ein Foto der durchlöcherten Uniformjacke von Franz Ferdinand schicken. Mit dieser hat ja bekanntlich etliches angefangen, was man in Serbien mehr verdrängt als in Deutschland den Weltkrieg . . .
Kostenloser Ratschlag für die SPÖ: Geht in Euer Archiv. So skurril wie jetzt wart ihr schon einmal unterwegs.
Rot und Schwarz wollen jetzt Sekt heftig besteuern; der Prosecco soll hingegen unberührt bleiben. Interessant. Ob Herr Faymann im Blindtest die beiden Getränke überhaupt unterscheiden kann? Ob diese erstaunliche Differenzierung sonst irgendeinen nachvollziehbaren Grund hat? Vielleicht den, dass Sekt meist aus dem Inland kommt, Prosecco hingegen aus Italien oder Spanien? Wer da meint, das wäre irgendwie unlogisch, überschätzt die beiden Parteien. Jedenfalls aber könnte die SPÖ ins Archiv gehen und nachschauen, wie sie schon einmal das Budget retten wollte, nämlich im September 2008. Auch damals hat sie (mitten im Ausbruch der Weltwirtschaftskrise!) wahlkampfmotiviert Milliarden beim Fenster hinausgeworfen und geglaubt, das per Mehrwertsteuererhöhung auf folgende zwölf Massenkonsum-Produkte finanzieren zu können: Kaviar, Langusten, gestopfte Leber, Hummer, Safran, Trüffel, Wachteleier, Schnecken, Austern, Straußeneier, Krabben und Garnelen. Falls jemand Faymann endlich an seine genialen Wahlkampf-Ideen von damals erinnert, wäre das Budget saniert und jedes Loch gestopft.
Es passt perfekt zur Verzwergung Österreichs. Das Land hat zur Nelson-Mandela-Totenfeier nur die ortsansässige Botschafterin entsandt. Alle anderen waren behindert, pardon: verhindert. 90 andere Staaten hatten hingegen Staats- oder Regierungschefs angeflogen.
Bundeskanzler und Außenminister mögen durch ihr Koalitionsringen entschuldigt sein (auch wenn sich der nationale Jubel über dieses in engen Grenzen hält). Aber dass der Bundespräsident – der ja genau für solche Formaltermine seine Gage bekommt – lieber zu einer Genossenfeier für Willy Brandt fährt; dass die Parlamentspräsidentin als protokollarische Nummer zwei eine Reise zu den Genossen nach Kroatien vorzieht; dass die Hofburg zu verbreiten wagt, der Bundesratsvorsitzende wäre eh ein ausreichender Ersatz, weil ja vor 22 Jahren zu einer skandinavischen Königskrönung ebenfalls nur der Innehaber dieses Amtes gereist war; und dass zu schlechter letzt dieser Bundesratspräsident auch noch einen Tag zu spät kommt, weil er sich mit einem völlig unbekannten Marokkaner treffen musste: Das alles ist selbst für eine Heidelbeerrepublik (Bananen gibt’s ja hierzulande keine) zu viel der Lächerlichkeit. Angesichts all dieser Provinzialität muss man ja geradezu froh sein, dass nicht auch die Botschafterin durch einen Cocktail-Empfang verhindert gewesen ist.
PS: Da ja Rot und Schwarz gerade so dringend Sparideen suchen: Der Bundespräsident könnte spurlos durch den nächsten Botschafter ersetzt werden.
PPS: Das alles passt auch perfekt zur Absenz des Wirtschaftsministers und seiner zuständigen Sektionschefin bei der wichtigsten WTO-Konferenz seit 20 Jahren, bei der es um viele Milliarden für Österreich gegangen ist. Noch zwei Jobs zum Abschaffen.
Es geht einem die Zornader auf, wenn westeuropäische Staaten wie etwa Österreich von der UNO Menschenrechts-Ratschläge bekommen. Denn da urteilen „Experten“, die mehrheitlich aus Ländern kommen, wo nicht einmal annähernd das denkbar, geschweige denn realisiert ist, was sie da von Österreich verlangen.
Jetzt fordern diese Experten UNO-offiziell den vollen Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt. Dabei besteht in der großen Mehrzahl vieler anderer UNO-Staaten nicht einmal die kleinste Chance, überhaupt um Asyl ansuchen zu können, mit oder ohne Arbeitsmarkt.
Jetzt fordern diese Experten für alle Asylwerber die „bedarfsorientierte Mindestsicherung“, sobald diese keine Arbeit bekommen. Mit anderen Worten: Jeder Mensch, der nach Österreich kommt, soll nur durch Buchstabieren des Wortes ASYL ohne weitere Nachweise mehr als das Zehnfache dessen auf die Hand bekommen, was er daheim verdienen könnte. Und das ohne Arbeit oft auf viele Jahre hinaus, sobald es geschickte Anwälte schaffen (die wir auf dem Umweg über „humanitäre Organisationen“ erst recht wieder aus Steuermitteln finanzieren), durch eine Antragsflut das Verfahren so lange hinauszögern.
Jetzt fordern diese Experten auch gleich einer Erhöhung der Mindestsicherung, die derzeit für Paare schon weit über 1100 Euro monatlich beträgt.
Mit diesen und ähnlichen Verlangen – insgesamt 25! – provoziert uns der (aus internationalen Steuerzahlungen) finanzierte „UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“. Damit die Dinge voll auf grün-linksradikaler Linie liegen können, beruhen diese Forderungen nicht etwa auf einem objektiven – also global geltenden – Menschenrechtsstandard. Ihre Hauptgrundlage ist vielmehr ein Pamphlet, das ein Netzwerk fast durchwegs linksradikaler NGO erstellt hat. Die leben selbst zwar in einem hohen Ausmaß von Steuermitteln. Das hindert sie aber nicht, Staat und Steuerzahler ständig weiter zu denunzieren und verhöhnen.
Das hindert sie auch nicht, überdies ein „nationales Menschenrechtsinstitut“ zu fordern. Dessen einziger Zweck kann nur sein, dass diese NGO-Typen gleich ad personam als Angestellte dieses „Instituts“ vom Steuerzahler entlohnt werden.
Dass SPÖ und ÖVP einige Verbrauchssteuern erhöhen wollen, ist das am wenigsten katastrophale am Koalitionsvertrag. Das viel Schlimmere ist das Scheitern einer substanziellen Privatisierung. Und weitaus am schlimmsten und teuersten sind die nun langsam durchsickernden Pläne zur Zerschlagung der ÖIAG. Diese soll wieder total zu einer Partei- und Proporzholding werden. Was der Republik noch teure Schadenersatzprozesse einbringen dürfte.
Höhere Tabak-, Autokauf und Alkoholsteuer haben neben dem Abkassiereffekt nur dann eine strukturell negative Folge, wenn die höheren Preise auch den Schmuggel in Gang setzen. Bei Zigaretten ist der aber ohnedies schon lang in Gang, sodass nicht allzuviele zusätzliche Effekte eintreten werden.
Diese Steuererhöhungen werden die Menschen zwar eine Zeitlang ärgern. Und der Boulevard darf sie kritisieren. Womit er ein wenig simuliert, dass er ja doch parteiunabhängig wäre. Aber in Wahrheit werden damit die viel schlimmeren Katastrophen rund um die ÖIAG vertuscht, die einen echten Schaden für die Republik bedeuten, und zwar gleich mehrfach.
Dazu gehört das schon dritte Scheitern einer substanziellen Privatisierung, seit die SPÖ in die Regierung zurückgekehrt ist: Wieder einmal – wie etwa auch bei der verlangten Schaffung von Subventionstransparenz – stimmt die SPÖ zwar einer ÖVP-Forderung zu. Sie tut das aber immer nur im Prinzip. Denn schon im zweiten Schritt wird die Zustimmung regelmäßig wieder weitgehend ausgehöhlt. So war zwar die Subventionstransparenz einst schon von einem Josef Pröll unter lautem Trommelwirbel als großer Erfolg verkauft worden. Aber geben tut es sie bis heute nicht.
Ganz ähnliches passiert jetzt bei der ÖVP-Forderung nach Privatisierung: Die SPÖ stimmt zwar im Prinzip nach langem Hinhalten zu. Konkret will sie aber vorerst nur einer Privatisierung von Hypo Alpe-Adria und Kommunalkredit zustimmen.
Diese Vorstellung der Faymann-Truppe ist geradezu süß: Zuerst donnert der Staat (auch ein Bundesland gehört ja zum Staat) Betriebe insolvenzreif gegen die Wand, sodass die Trümmer ganz Österreich treffen. Und jetzt, Jahre später, nachdem der Schaden durch die Verschleppung der Insolvenz immer größer geworden war, will man sie privatisieren.
Diesen Trick haben freilich schon viele Defraudanten versucht, die ihre Unternehmen fünf Minuten vor dem Konkursrichter noch schnell wem andrehen wollten. Aber nur selten fanden sie auch jemanden, der so blöd war, diese Betriebe zu kaufen.
Dort, wo es wirklich sinnvoll wäre, sind die Sozialdemokraten aber weiterhin gegen eine echte Privatisierung. Ihr Argument: Es könnten dem Staat ja künftig erhoffte Einnahmen aus diesen Unternehmen entgehen. Daher soll bei den Staatsbetrieben die Republik weiterhin mehr als 25 Prozent behalten, also die strategische Führung.
Können erwachsene Menschen wirklich so blöd sein? Kann man wirklich vergessen haben, dass die Verstaatliche Industrie in der Zeit, als ja selbst Portierjobs nur über Partei und Gewerkschaft zu bekommen waren, Riesendefizite und Schuldenberge produziert hat? Dass nur durch die Privatisierung Schulden abgebaut werden konnten? Und dass es erst nach der Privatisierung dann – in aller Regel – positive Ergebnisse gegeben hat?
Gewerkschaftliche Einfaltsgenossen begannen jedoch nach jedem Verkauf zu stänkern, weil sich der Staat die dann erzielten Gewinne entgehen ließe. Wobei sie einfach total ignorieren, dass die Verstaatlichte Industrie im Staatseigentum wohl auch in hundert Jahren immer neue Schulden produziert hätte.
Aber das Allerschlimmste ist die von Rot und Schwarz abgesprochene Neuformung der ÖIAG, also der Holding dieser Staatsbetriebe. Sie soll jetzt wieder einen rot-schwarzen Proporzvorstand bekommen! Und zugleich soll der ÖIAG-Aufsichtsrat wieder politisch besetzt werden.
Zur Erinnerung die jüngere Geschichte der ÖIAG: Um auch bei den im Staatseigentum verbliebenen Unternehmen noch vor der Privatisierung modernes Management einzuführen, haben Schwarz-Blau eine neue Konstruktion dieser Holding geschaffen. Die ÖIAG wurde einem Aufsichtsrat unterstellt, der sich selbständig, also politik- und parteiunabhängig erneuert. Dieser Aufsichtsrat konnte dadurch alle Zurufe und Personalwünsche aus Parteizentralen, Ministerien oder Nationalbank ignorieren, wie sie vorher jahrzehntelang Usus waren. Lediglich in der Telekom hatte das dortige Management auch nachher noch einige Jahre auf die alte Art weitergefuhrwerkt und Parteien finanziert.
Genau diese geradezu geniale ÖIAG-Lösung, auch im (noch) staatseigenen Bereich Unabhängigkeit zu schaffen, wird jetzt von der auf uns zurollenden Katastrophenkoalition zerschlagen. Einzige Kritik an dem derzeitigen ÖIAG-Aufsichtsrat, die man zu hören bekommt: In ihm hätten anfangs Manager aus dem Bereich der Papierindustrie dominiert, später solche aus dem Umkreis der Autoindustrie.
Na und? Es ist doch alles besser als Parteisoldaten, die immer auf Pfiff gehorchen.
Aber offenbar hat das Ignorieren ihrer Pfiffe manche Parteibonzen wahnsinnig gestört, auch wenn es für den Steuerzahler exzellent war. Diese Bonzen verschaffen daher jetzt sich – pardon: der Regierung – wieder den direkten Zugriff auf die ÖIAG und damit auf OMV, Post und Telekom. Dort wird bald wieder das Parteibuch dominieren.
Eine Katastrophe für die Unternehmen.
Eine Katastrophe für die Arbeitsplätze.
Eine Katastrophe für private Aktionäre.
Tut nichts. Die Parteien können wieder ihre Freunde versorgen.
Und wers noch nicht glauben will, wird bald sehen, wie in den nächsten Wochen alle internationalen Spitzenmanager mit unabhängigem Industriewissen die ÖIAG verlassen werden. Und wie in den nächsten Jahren auch in den Vorständen der ÖIAG-Unternehmen, so wie beispielsweise jetzt in Nationalbank oder Hypo zu sehen, nur noch Parteisoldaten ihr Unwesen treiben werden. Und wie aus dem Bereich der ÖIAG wieder Geld an Parteien und gefügige Zeitungen fließen wird (die halt zur Ablenkung ein bisschen über die Zigarettensteuer schimpfen dürfen).
Wir landen endgültig zurück in der Vergangenheit.
Ist die ÖIAG-Politisierung zusammen mit dem Festhalten an der strategischen Beteiligung von 25+ Prozent nicht auch ein krimineller Betrug der Koalition an all jenen, die als Investoren an das einstige schwarz-blaue Versprechen der Entpolitisierung geglaubt und Aktien gekauft hatten? Nun, strafrechtlich kann wohl nichts passieren, hat sich doch der Gesetzgeber über das Strafrecht gestellt. Aber Schadenersatzprozesse vor dem Handelsgericht gegen ihn kann es sehr wohl geben. Und die könnten noch sehr spannend – und teuer werden.
PS: In eine solche ÖIAG würde dann übrigens auch ein Alexander Wrabetz hervorragend passen. Daher sollte man das diesbezügliche Gerücht nicht bloß für einen vorzeitigen Aprilscherz halten. In diesem Land ist alles möglich.
Niemand schlägt den notwendigen Alarm. Aber in den Koalitionsvereinbarungen finden sich weitere Verschlimmerungen des Schulsystems, die noch über die bisher bekannten hinausgehen. Offenbar will die Koalition alle Unsinnigkeiten in einem Aufwaschen durchziehen, sodass die einzelnen gar nicht mehr auffallen. Die Lobby der von Arbeitslosigkeit bedrohten Politologen hat ihr nämlich mit Erfolg einreden können, dass es „schulautonom“ zu einem eigenen Gegenstand „Politische Bildung“ kommen wird. Was ein absoluter Unsinn ist. Und was die Schule noch mehr verschlechtern wird, als es die zahllosen politischen Reformen der letzten Jahre schon getan haben.
Das ist nach der (weiterhin im Protokoll stehenden, wenn auch von Michael Spindelegger offiziell abgelehnten) Gesamtschule bis zum zwölften Lebensjahr der nächste schlimme Anschlag auf die Qualität der Schule. Es wird einen einzige Effekt haben: Die Linke bekommt einen neuen Hebel zur Indoktrination der Schüler in die Hand. Der wird sich als gleich intensiv erweisen wie das ständige Pro-SPÖ-Trommelfeuer der bestochenen Boulevard-Zeitungen.
Die heutige Politologie in Österreich besteht inhaltlich zu 90 Prozent aus einer wirren Mischung von neomarxistischen und feministischen Phrasen. Und personell aus den Dreschern dieser Phrasen.
Wieso hat dann auch die ÖVP zumindest in der Untergruppe dem Einmarsch der Politologen zugestimmt? Wie so oft primär aus Ahnungslosigkeit. Klingt doch „Politische Bildung“ harmlos bis positiv. Hat doch kein ÖVP-Politiker eine Ahnung, was sich unter dieser netten Überschrift verbirgt.
Zugleich sind auch auf ihrer Seite viele sonst arbeitslose Politologen in die Beraterstäbe eingedrungen. Das ist etwa auch am massiven Linkskurs der Politischen Akademie der ÖVP während der letzten Jahre nachweisbar.
Diese vielen Politologen in den diversen, auch schwarzen Politikerkabinetten haben jedes Interesse, sich und ihren Studienkollegen endlich Jobmöglichkeiten zu verschaffen. Und sie haben naturgemäß wenig Interesse daran, dass die völlige Anforderungs- und Wertlosigkeit ihres Studiums bekannt wird. Wobei sich diese Kritik auf die realen Verhältnisse an den österreichischen Universitäten bezieht, vor allem der in Wien, die jedoch alljährlich gewaltige Massen an Absolventen dieses Billigststudiums ausstößt. In Deutschland ist das Studium an etlichen Unis deutlich besser.
Aber haben nicht in der Tat Schüler einschlägigen Bedarf? Im Prinzip ja, aber gewiss nicht an der an den Unis üblichen Hetze gegen die liberale Demokratie und Marktwirtschaft. Bei dem, was sich konkret hinter der hiesigen Politik-„Wissenschaft“ verbirgt, gibt es ausschließlich folgende Varianten: Politik-Lehrkräfte dort sind entweder radikalfeministisch oder radikalgrün oder neomarxistisch oder sie wollen einfach Geschäft machen und tarnen sich als Chamäleon. Sonst gibt’s absolut nichts.
Was Jugendliche jedoch bräuchten, um sich in der modernen Welt orientieren zu können, ist etwas ganz anderes als eine Phrasen-Politologie. Das wäre statt dessen ein viel besseres, auch alltagstaugliches Wissen in den Bereichen Recht und Wirtschaft. Die diesbezügliche Ahnungslosigkeit österreichischer Schüler ist nämlich erschreckend.
Eigentlich müsste jeder Schulabsolvent wissen (um nur einige Beispiele zu nennen):
Erst das Wissen und Verstehen Hunderter solcher Fakten würden aus einem Pflichtschulabsolventen einen handlungsfähigen Staatsbürger machen. Nichts davon können aber Politologen vermitteln. Weil sie es meist selbst nicht wissen. Sie haben nur Ideologie-Phrasen und den erstaunlichen Umstand gelernt, dass man bei den meisten Politologie-Professoren nie etwas lernen musste. (Ich hatte zehn Jahre an der Politikwissenschaft in Wien gelehrt und die erstaunliche Erfahrung gemacht, dass ich fast der einzige war, der dort auch negative Noten vergeben hat).
Gar nicht zu reden davon, dass ein Maturant noch einen deutlich besseren Wissensstand haben sollte. Aber nicht hat. Jeder Leser ist eingeladen zu testen, ob junge Maturanten – beispielsweise – jemals den Unterschied zwischen Anleihe und Aktie, zwischen Insolvenz und Konkurs, zwischen Klage und Anklage gehört haben. Viel Glück. Von der gesamten Zeitgeschichte vor und nach dem Nationalsozialismus gar nicht zu reden (ja, da hat es auch eine gegeben!).
Jetzt werden manche einwenden, dass die Vorhaben der Koalition (wenn sie denn zustandekommt) eh nicht so schlimm wären, weil die Einführung eines eigenen Faches „Politik“ ja nur „schulautonom“ erfolgt. Was in der Praxis wohl bedeuten wird, dass das Lehrfach Politologie primär in den linken Kaderschmieden mit dem Grundprinzip Bei-uns-kommen-eh-wirklich-alle-durch,-weil-wir-ja-keine-kapitalistische-Leistungsschule-sind eingeführt werden wird.
Das stimmt freilich nur zum Teil. Denn Rot und Schwarz wollen auch in den anderen Schulen die Politische Bildung zum „Pflichtmodul“ machen.
Dahinter steht neben der Einflüster-Macht politologischer Kofferträger auch der naive Irrglaube, dass man solcherart die Schüler so indoktrinieren kann, dass sie keinesfalls eine Oppositionspartei wählen. Die dummen Schwarzen begreifen nicht, dass dann der Politologie-Unterricht auch sie selber sofort auf den Nazi-Index setzen wird, sobald sie einmal etwas anderes tun, als immer nur Rot (beziehungsweise nach der nächsten Wahl: Rot-Grün) zur Macht zu verhelfen.
Jetzt sagt es also auch der Rechnungshof: Die Einführung der Neuen Mittelschule, auf die außer Claudia Schmied und ihre zu befürchtende Nachfolgerin Gabriele Heinisch-Hosek niemand mehr stolz ist, war in jeder Hinsicht missglückt, war offensichtlich ein Mist.
Oder im O-Ton der Kontrollbehörde: Diese Vorform der Gesamtschule (welche die bewährte Hauptschule abgelöst hat) sei ohne jede wissenschaftliche Begleitung und Evaluation eingeführt worden. Das Unterrichtministerium habe „unpassende Vergleichsdaten“ herangezogen, die zu einem „verzerrten Vergleich“ geführt haben. Es komme bei dem Projekt zu "Ineffizienzen, Doppelgleisigkeiten und Zielkonflikten".
Soweit das „Profil“, das noch kurz zuvor ganz im Sinn der SPÖ einen Hetzartikel gegen die Lehrer veröffentlicht hatte. Umso erstaunlicher, dass diese ideologisch sehr eindeutig positionierte Zeitschrift jetzt den Rechnungshofbericht veröffentlicht.
Völlig offen bleibt aber nach wie vor die Frage, die der Rechnungshof naturgemäß nicht analysiert: Warum hat damals die Pröll-ÖVP diesem hundert Jahre alten sozialistischen Gleichschaltungsprojekt zugestimmt, das noch nirgendwo wirklich positive Ergebnisse nachweisen konnte? War es nur die Ahnungslosigkeit des netten Josef Pröll, der sich von schlechten Beratern in eine eitle Pseudoprogressivität hineinhetzen ließ?
Die letzte Antwort findet sich wieder einmal in der Geldgier der Landeshauptleute: Diese haben in ihrer Kursichtigkeit nur gesehen, dass es für jeden einzelnen Gesamtschüler mehr Geld vom Bund (in Wahrheit: vom Steuerzahler, oder noch genauer: aus dem Schuldentopf) für die landeseigenen Pflichtschulen gibt als für einen Haupt- oder AHS-Schüler. Dass dadurch auch in ihren Bundesländern die AHS finanziell ausgetrocknet worden sind, dass dort die Klassen übers gesetzliche Limit angestopft werden, dass die NMS pädagogisch eindeutig schlechter als die Hauptschulen sind (vor allem, weil es da keine Leistungsgruppen mehr gibt): Das alles war ihnen hingegen egal.
Dennoch haben solche Menschen, die überwiegend auf dem intellektuellen Niveau eines Landgendarmen steckengeblieben sind, die ÖVP einst ins Ja zur NMS getrieben. Ohne dass sie ansonsten irgendeine pädagogische Argumentation dafür hatten, bis auf Aussagen dieser Art: Ich war ja auch selber nicht in einer AHS und aus mir ist auch etwas geworden. Ein Politiker eben.
Obwohl viele Medien aus den ÖVP-Festlegungen der letzten Stunden eher koalitionskritische Signale herausgehört haben wollen, scheint in Wahrheit das Gegenteil der Fall.
Denn je mehr man sie dreht und wendet, je mehr man in die ÖVP hineinhört, umso mehr zeigen sich alle sieben Forderungen des ÖVP-Obmannes letztlich als recht flexibel erfüllbar. Sie können am Ende der Koalitionsverhandlungen mit einem Bisschen an rhetorischen Trommelwirbeln als umgesetzt dargestellt werden, ohne dass die SPÖ wirklich substanziellen Reformen zustimmen muss. Der Rest kann den flexiblen Formulierungskünsten der Sekretäre überlassen werden.
Enttäuschender Weise hat die ÖVP in keinem einzigen Punkt mit glasklaren Ziffern festgelegt, was mindestens an Reformen geschehen muss, wenn sie in eine Koalition geht. Enttäuschender Weise hat sie nicht einmal angedeutet, dass es auch andere Optionen für sie gibt (Opposition, Neuwahlen, Versuch einer Rechtsregierung). Alternativlos ist jede Partei hoffnungslos. Und in diesem Fall auch Österreich.
Ganz offensichtlich haben damit die geldwütigen VP-Landeshauptleute und der in besonders ärgerlicher Weise großkoalitionäre Herr Mitterlehner jeden wirklichen Reformzwang verhindert. Also werden Rot und Schwarz noch ein paar Jahre weiterwursteln. Mehr gibt es zu dieser Sitzung nicht zu sagen. Sie war in der Tat ernüchternd.
Aber ich versuche dennoch, positiv zu bleiben. Immerhin gleich drei Punkte geben eindeutig zu Freude Anlass:
Es war seit Wochen zu erwarten gewesen. Michael Spindelegger hatte sich mit Othmar Karas ausgesöhnt. Daher ist der jetzt halt EU-Spitzenkandidat geworden. (mit nachträglicher Ergänzung)
Nun, das ist natürlich Sache der ÖVP. Man hörte auch weit und breit nichts von interessanten Alternativen. Hatten die Parteien doch schon fürs Wiener Parlament oder (allem Anschein nach) auch für Ministerämter keine interessanten Persönlichkeiten gefunden. Noch weniger Interesse herrscht da an dem wenig attraktiven Pendelleben eines EU-Abgeordneten zwischen Wien, Strassburg, Brüssel und des öfteren auch Luxemburg. Und aktive Suche nach solchen Kandidaten wird sowieso keine betrieben, halten sich doch selbst bei schrumpfenden Parteien immer noch sehr viele für auserwählt.
Und ja, fast hätt ich es vergessen: Karas ist ein braver Mann.
Klar muss den Schwarzen freilich auch sein: Mit dieser Entscheidung wird die unvermeidliche Wahlniederlage noch deutlicher werden. Denn die Partei steht nicht nur im Negativsog der rot-schwarzen Handlungsunfähigkeit. Die Partei wird auch nicht mehr von dem (eigentlich gar nicht geplant gewesenen) Effekt eines emotionalisierenden Duells Strasser vs. Karas, also Pröll/Raiffeisen vs. CV profitieren können, wie bei der letzten EU-Wahl.
Vor allem aber hat sie sich mit Karas jetzt für einen hemmungslosen EU-Fanatiker entschieden. Karas war in den letzten Jahren ständig auf Seite jener, die immer noch mehr Macht, noch mehr Geld für die EU verlangt haben. Und das ist halt, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade das, wofür sich die Österreicher derzeit in langen Kolonnen begeistern können.
An der Anti-EU-Stimmung wird auch die erwartbare proeuropäische Gehirnwäsche im nächsten Halbjahr nichts ändern können, obwohl die EU-Propaganda aus allen Medien dröhnen wird. Dazu hat die EU durch maßlose Überregulierung, Political-Correctness-Diktate und vor allem die schweren Fehler in der Schulden- und Eurokrise viel zu viele katastrophale Ärgernisse gesetzt. Unter tatkräftiger Mitwirkung von Othmar Karas. Der sich in Deutschland schon abzeichnende große Erfolg der „Alternative“ wird daher zweifellos auch in Österreich stattfinden. Aber das alles ist ja Sache der ÖVP.
Nachträgliche Ergänzung: Ach ja, fast hätt ich es vergessen: Die ÖVP hat auch gleich einen neuen Generalsekretär. Nach dem schwachen Tiroler Rauch ist Michael Spindelegger damit jetzt sogar schon auf die Kategorie seines eigenen Ministerkabinetts abgesunken. Da muss bereits allerhöchster Belagerungszustand herrschen, wenn man sich so einigelt.
Der neue Mann – irgendwann wird man sich auch seinen Namen merken – hat wohl nur zwei Vorteile: Er wird erstens seinem Parteiobmann in keiner Weise gefährlich werden können (was ja in der ÖVP-Geschichte des öfteren der Fall war). Er kann zweitens, wie es schon bei seinem Protektor Sebastian Kurz einst der Fall gewesen war, niemanden negativ überraschen. Freilich sollte niemand glauben, dass die fehlenden Erwartungen an den neuen Generalsekretär automatisch die Wahrscheinlichkeit auf eine positive Wende erhöhen. Nur weil das dann bei Kurz passiert ist.
In Wahrheit bräuchte die ÖVP heute, wenn sie doch noch überleben will, einen wirklichen Dompteur, jemanden, der den auseinandergefallenen Laden noch einmal mit starker Hand zusammenpicken könnte. Falls das angesichts des heute in den Landeshauptmann-Sesseln dominierenden Hinterwäldlertums überhaupt noch möglich sein sollte.
Aber etwas Positives kann man – bei einigem Bemühen – dem neuen Mann doch abgewinnen: Er hat mit Philosophie und Wirtschaft etwas halbwegs Ordentliches studiert und wenigstens nicht Publizistik oder Politologie.
Der nach zähem Kampf verstorbene südafrikanische Ex-Präsident Nelson Mandela hat sich mit vielen Leistungen ins Geschichtsbuch eingetragen: Eine davon überragt aber alles andere.
Das ist nicht sein würdig ertragener und schon bei Lebzeiten in den Märtyrerstatus gehobener Gefängnisaufenthalt. Das ist auch nicht sein Sieg über die Apartheid. Denn früher oder später war ja letztlich immer klar, dass wie in allen anderen Ländern Afrikas die große schwarze Mehrheit auch in Südafrika die Oberhand über die Weißen gewinnen wird. Demographie gewinnt immer über Wohlstandszufriedenheit. Selbst wenn es dort so viele Weiße gab und gibt wie in keinem anderen afrikanischen Land; selbst wenn die Weißen, vor allem die burischen Afrikaaner (=Niederländer) dort schon seit Jahrhunderten daheim sind; selbst wenn sie in vielen Gegenden vor den Schwarzafrikanern die ersten Siedler waren: Letztlich hatten die Weißen keine Chance im südafrikanischen Guerillakrieg. Natürlich war es ein Krieg, auch wenn die linke Geschichtsschreibung vom Sieg der Gewaltlosigkeit faselt.
Das wirklich allergrößte Verdienst Mandelas war aber das, was er nach der Machtwende geschafft hat: Er hat verhindert, dass Südafrika durch jahrzehntelange Prozesse oder gar blutige Racheaktionen in einen schlimmen Strudel gestürzt wurde. Weder die Verbrechen der Weißen noch die Verbrechen der Schwarzen wurden vor Gericht gebracht. Statt dessen hat eine Wahrheitskommission in recht fairer Weise die historischen Fakten offenzulegen versucht. Die Justiz – die in solchen Situationen immer nur eine Rachejustiz sein kann – wurde hingegen ferngehalten.
Das hat Südafrika nach Jahrzehnten erbitterter Gewalt ein hohes Ausmaß an Versöhnung gebracht. Das ist eine wirkliche historische Leistung. Und diese ist vor allem Mandela als erstem Machthaber des schwarz gewordenen Südafrikas gutzuschreiben. Woran die Tatsache nichts ändert, dass die Linie natürlich auch von anderen Männern (insbesondere von Erzbischof Tutu und dem letzten weißen Machthaber De Klerk) mitgetragen worden ist.
Dieser Versöhnungskurs hat Südafrika schon eine Generation lang Frieden und halbwegs Wohlstand gebracht. Mandela hat gewusst, wenn er die vier Millionen Weißen verfolgt und drangsaliert, dass das erstens ein neuerliches Blutbad auslösen wird. Und dass dann zweitens der Wohlstand des Landes zusammenbrechen wird.
Sein Kollege Mugabe im benachbarten Zimbabwe hatte hingegen diese Stärke und Weisheit nicht. Er begann nach einigen ebenfalls versöhnlichen Jahren die Weißen (vor allem Farmer) zu terrorisieren und ihnen ihre großen Güter wegzunehmen. Das hatte katastrophale Folgen – wie überall, wo kommunistisch-sozialistische Umverteilungs- und „Gerechtigkeits“-Theorien umgesetzt werden. Das landwirtschaftlich reichste Land Afrikas leidet seither unter Hungersnöten, und Millionen schwarze Zimbabwer sind in der Hoffnung auf ein Überleben geflohen – nach Südafrika. Mugabe hatte dem Druck seiner alten Kämpfer nicht standgehalten, die nach den wohlhabenden Farmen der Weißen gierten. Die aber völlig außerstande waren, die Farmen nach Einbringen der ersten Ernte und nach Übernahme der schönen Farmhäuser weiter in Gang zu halten.
Mandela hatte hingegen bis zu seinem Tod – obwohl er die letzten Jahre nicht mehr Präsident, sondern nur noch Graue Eminenz und lebender Nationalheiliger war – genau diese Entwicklung verhindert. Er hat die Weißen im Land gehalten, die Elite wie den Mittelstand. Er hat Besitz und Eigentum geschützt (was freilich nichts an der hohen Kriminalität ändert). Auch die schwarzen Minister und Behördenchefs hielten sich weiße Berater, die die Dinge in Gang hielten.
Bezeichnend ist, dass all die rot-grünen Anti-Apartheid-Kämpfer in Europa, die vorher so lautstark waren, nachher Afrika völlig ignoriert haben. Sie haben daher auch die wichtigste afrikanische Lektion versäumt. Denn heute lässt sich mit ganz harten Zahlen nachweisen: Afrikanische Länder sind umso erfolgreicher auf Stabilitäts- und Wachstumskurs (und etliche sind in diesem Jahrhundert sehr erfolgreich!), je kapitalistischer sie funktionieren, je mehr sie Europäer in Wirtschaft und Verwaltung beschäftigen, und je weniger sie islamisch sind. Da aber solche Korrelationen politisch inkorrekt sind, werden sie wegignoriert, so konkret sie auch beweisbar sind.
Dass auch etliche andere afrikanische Länder südlich der Sahara heute diesen Weg gehen, ist ganz eindeutig das Verdienst Mandelas, sicher des größten Afrikaners der letzten Jahrzehnte. Südafrika, Afrika und der Rest der Welt müssen jetzt freilich hoffen, dass das Land an der Südspitze Afrikas auch nach dem Tod Mandelas diesen Weg weitergeht.
PS: Die Weisheit des Mandela steht in direktem Gegensatz zur Dummheit westlicher Völkerrechtler, die mit dem Internationalen Strafgerichtshof auch nach Jahrzehnten nationale Konflikte aufrollen wollen. Und die in Wahrheit dadurch die Beilegung vieler Konflikte verhindert haben.
Nach „Prolokratie“ legt Christian Ortner eine weitere politisch inkorrekte Streitschrift vor. Das Buch läuft über von beißender Kritik an den im real existierenden Wohlfahrtsstaat herrschenden Ansichten und Befindlichkeiten der unangefochten über die Deutungshoheit verfügenden (linken) Dressureliten.
Diesen hält der sehr pointiert formulierende Autor anhand von Themenkomplexen wie Entwicklungshilfe, Umweltpolitik, gesetzlicher Mindestlohn und Bildungssystem einen Spiegel vor, in dem ganz und gar nichts Erfreuliches zum Vorschein kommt. Gut gemeint, so seine zentrale These, bedeutet meist das Gegenteil von gut gemacht.
Wobei mit gut gemeint primär die Verbesserung der jeweils eigenen moralischen Verfassung hauptberuflicher Bessermenschen gemeint ist, nicht aber deren vorgebliches Ziel, die Welt zu verbessern und Unterprivilegierten zu einem besseren Leben zu verhelfen. Denn oft genug entpuppt sich der von der rotgrünen Intelligenzija vermeintlich für das Gute geführte Kampf als nichts weiter als eine listig getarnte, hocheffiziente Vertretung ureigenster Interessen.
Angesichts verbesserungswürdiger Umstände in „kapitalistischen“ Ländern (die gegen rosarote Bilder vom gemeinwohlorientierten Alle-Menschen-werden-Brüder-multikulti-Utopia kontrastiert werden) fortgesetzt in Tränen auszubrechen und jeden Verstand zugunsten nobler Gefühle auszuschalten, bringt niemanden weiter.
Das alles wollen oder können die selbsternannten „Guten“ nicht zur Kenntnis nehmen.
Wenn Europa im Wettbewerb mit den USA, Fernost und den Schwellenländern im Rest der Welt bestehen will, wird ein radikaler Kurswechsel nötig sein. Sentimentale Heulsusen und marktferne Sozialromanantiker werden diesen mit Sicherheit nicht hinbekommen. Der Kurswechsel kann nur gelingen, „…wenn jene Politik der Gefühle, die im Namen der „sozialen Gerechtigkeit“ soziale Ungerechtigkeit herbeiführt, durch eine faktenbasierte Politik ersetzt wird, auch wenn sich das nicht so gut anfühlt.“
Eine erfrischend boshafte, in allen Punkten zutreffende Polemik.
Hört auf zu heulen
Christian Ortner
Verlag Edition a, 2013
ISBN 978-3-99001-063-1
143 Seiten, gebunden
16,95,- Euro
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Das, worauf sich SPÖ und ÖVP zum Thema Pensionen geeinigt haben, ist ein schlechter Scherz. Der angebliche Erfolg bedeutet in Wahrheit eine gefährliche Stagnation.
Die Pensions-Gruppe hat beschlossen, dass das reale Pensionsantrittsalter von 58,4 auf 60 Jahre steigen soll. Freilich erst im Jahr 2018. Der Jubel, mit dem sich die Unterhändler darob umgeben, übersieht – bewusst – alle Fakten:
Die Pensionsgroteske fällt zusammen mit der von einer Arbeitsgruppe geplanten Verschlechterung des Schulsystems durch eine zweijährige Zwangsgesamtschule für alle Zehn- bis Zwölfjährigen zur „Orientierung“ (statt zum Lernen). Sie fällt zusammen mit der Fortsetzung des arbeitsplatzvernichtenden Kampfes gegen die heimischen Banken. Sie fällt zusammen mit familienfeindlichen Maßnahmen (Viel mehr Geld für überflüssige Hortplätze, während die schon um 37 Prozent geschrumpfte Familienbeihilfe weiter eingefroren bleibt). Sie fällt zusammen mit dem Ausbleiben jeder Strukturreform.
Nicht nur Rot und Schwarz steuern so der Selbstzerstörung entgegen. Sie treffen auch nachhaltig den Wirtschaftsstandort.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Man kommt gar nicht mehr mit beim Notieren, wie schnell die Halbwertszeiten und die Lebenserwartung politischer Parteien absinken. Sie erweisen sich heute allesamt als schwer überfordert. Wobei sich Alt- und Neuparteien in einem absurden Wettlauf befinden.
Als Konsequenz dieses suizidalen Verhaltens gibt es letztlich nur eine einzige Alternative: Es wird entweder wieder eine autoritäre (oder gar totalitäre) Seilschaft die Macht an sich reißen; was freilich noch viel schlimmer enden würde als die Agonie der repräsentativen Demokratie. Oder aber diese ist endlich bereit, die Macht direkt an die Bürger zu übertragen, wie es die Verfassung schon immer fingiert hatte. Der Wechsel von einer repräsentativen Demokratie (die immer weniger Menschen repräsentiert) in eine direkte ist also die einzige sinnvolle Rettung aus der Demokratiekrise.
Jedenfalls haben sich praktisch alle Neugründungen von Parteien binnen kürzester Zeit als Fehlschlag erwiesen. Neugründungen sind nicht mehr imstande, kohärent die Vielfalt von Meinungen und persönlichen Vorstellungen auch nur der unmittelbaren Akteure zusammenzubringen. Dazu kommt ein erschreckendes Ausmaß an Unfähigkeit und Karrieregeilheit, von Streitsucht und Intriganz bei allen Möchtegernpolitikern zum Vorschein.
Das beweist ein Rundblick durch alle Parteien:
Bisweilen sagen Gesprächspartner und Poster zu mir: „Na, dann mach’s doch selber besser.“ Das ist ein völliges Missverständnis. Auch ich könnte es nicht besser. Aber ich weiß: Die Österreicher selbst könnten es in der Summe besser als Parteipolitiker mit ihren vielen offenbar unvermeidlichen Lügen. Denn die Bürger haben in der Regel einen langen Horizont (=ihr restliches Leben oder auch das ihrer Kinder) und nicht nur den parteipolitischen bis zum nächsten Wahltag.
Das würde zu besseren Ergebnissen führen, ließe man sie nur die grundlegenden Weichenstellungen direktdemokratisch selbst vornehmen. Ich selbst bin bloß einer von 6,4 Millionen Wahlberechtigten, die dabei ihre Meinung sagen können – und die dann die Konsequenzen der Mehrheits-Entscheidung zu tragen haben.
Ein Bundesland könne nicht pleite gehen, behauptet die Politik. Auch wenn es gigantische Haftungen eingegangen ist, die ein Zehnfaches des Landesbudgets ausmachen. Daher müsse die Hypo Alpe-Adria um jeden Preis gerettet werden. Sonst ist Kärnten zahlungsunfähig. Völliger Unsinn: Das Pleiteverbot für Kärnten steht nirgendwo.
Lehrreiches Exempel: In der Stadt Detroit ist jetzt genau eine solche Pleite einer Gebietskörperschaft passiert. Diese wurde von Gericht offiziell ausgerufen. Jetzt protestieren halt lokale Gewerkschafter und Pensionsfonds. Weil ja auch sie Geld von der Stadt wollen. Zum Vergleich: In Detroit leben mehr Menschen als in Kärnten; die Schulden sind aber weniger als die Haftungen, die Kärnten unter Blau-Orange-Rot-Schwarz eingegangen ist. Im Pleitefall sollte die Republik Österreich zwar Lehrer, Krankenschwestern und Straßenarbeiter weiter zahlen, soweit sie wirklich wichtig sind. Landtagsabgeordnete, Subventionsbezieher & Co gehen hingegen leer aus. Das wäre rechtlich ok und extrem heilsam. Es gibt lediglich zwei Gründe, warum die Hypo und damit Kärnten nicht in Konkurs gehen: Erstens will auch die jetzige rot-schwarz-grüne Landesregierung eine solche Demütigung vermeiden. Zweitens sind auch alle anderen Bundesländer interessiert, zu unsinkbaren Schiffen erklärt zu werden. Irgendwann wird jedoch dieses politische Wunschdenken an der Realität zerschellen. Wie in Detroit.
Das Urteil nach Veröffentlichung des Pisa-Tests bleibt dasselbe wie vorher: Auch wenn die europäischen Länder mit einem halbwegs leistungsbezogenen Schulsystem – Deutschland, Österreich, Schweiz – beim sogenannten Pisa-Test diesmal besser abgeschnitten haben als beim letzten Mal, so bleibt dieser weitgehend unbrauchbar für die Bewertung eines Bildungssystems. Dafür gäbe es mindestens zwei Dutzend bessere Bewertungsmaßstäbe, die aber allesamt leider weitgehend ignoriert werden.
Wie absurd viele Interpretationen von Pisa sind, lässt sich schon an den Schlagzeilen sogenannter Qualitätsblätter ablesen. Das eine titelt: „Unsere Schüler hinken noch immer hinterher“, das andere: „PISA: Spitzenplatz für Österreich“. Alles klar?
Viel relevanter für den Zustand des Landes ist beispielsweise der – am gleichen Tag bekannt gewordene – neuerliche Absturz im internationalen Korruptionsindex. Österreich sank dort vom schlechten Rang 16 auf den katastrophalen 26. Platz. Aber logischerweise schreiben das die Zeitungen viel dezenter. Sonst müsste man ja auch die eigene Abhängigkeit von parteipolitisch vergebenen Inseraten als besonders üble Korruption diskutieren.
Wer aber doch Pisa trotz all seiner methodischen Mängel, trotz der vernichtenden Kritik führender Pädagogen, trotz der absolut nicht erklärbaren Schwankungen bei vielen Ländern von einem Test zum nächsten ernst nimmt, der kommt auf folgende durchaus erstaunliche Erkenntnisse:
Nach dem teilweisen Abschwimmen der Finnen liegen nun ganz allein die Bildungssysteme der Ostasiaten auf den Spitzenplätzen. Diese aber sind genau das, was die linken Bildungsagitatoren noch weniger wollen als unser Schulsystem. Die ostasiatischen Systeme sind von klein auf extrem selektiv und leistungsorientiert. Ihren Schuldrill kann man zwar emotional kritisieren und ablehnen. Diese Länder sind aber jedenfalls auch bei allen anderen Vergleichs-Methoden durchwegs mit hohem Tempo auf der Überholspur. Daher sollte man sie und ihr Bildungssystem sehr ernst nehmen. Dort werden fast alle wichtigen Weichen für den Bildungsweg schon im Kindergartenalter gestellt. Bei uns hingegen sagen linke „Experten“, dass künftig vor dem 12. oder gar 15. Lebensjahr gar nichts entschieden werden soll. Und jetzt träumt die zuständige Koalitionsarbeitsgruppen sogar von noch mehr „Orientierungsphasen“, also von noch mehr Kuscheln und noch mehr Illusionen.
Wenn man Pisa ernst nimmt, muss man jedenfalls auch das signifikante Zurückfallen der österreichischen Mädchen gegenüber den Burschen in Mathematik ernst nehmen. Dabei kommen einem gleich drei Aspekte in den Sinn. Diese sind jedenfalls in letzter Zeit ständig getrommelt worden. Und sie sind daher sicher auch bei den Jugendlichen angekommen:
- Der erste Aspekt ist die Dauer-Forderung der Feministinnen nach einer Frauenquote. Das legt – auch wenn die üblichen Dummköpfinnen natürlich sofort empört aufheulen werden – eine Vermutung nahe: Bei einigen Schülerin dürfte dadurch die Versuchung gewachsen sein, dass man Karriere ohnedies mit Quote statt Leistung machen könne. Wozu dann noch anstrengen?
- Zweitens: Besonders in letzter Zeit dröhnten fast alle Medien von dem pseudopädagogischen Gerede, dass es überflüssig und falsch wäre, sich um einen Ausgleich der individuellen Schwächen zu bemühen. Wichtig wären nur die Stärken. Da aber viele Mädchen meinen, für Mathematik nicht begabt zu sein, interessieren sie sich auch viel weniger für diese und orientieren sie sich mit ihrer sozialen Klugheit gern nach diesem Gerede und lassen daher Mathematik Mathematik sein.
- Drittens stehen diese Pisa-Ergebnisse in Widerspruch zu den guten Schulnoten der Mädchen. Wird dabei etwa mehr das Brav- und Angepasstsein belohnt als die Problemlösungsfähigkeit?
Skurril ist, dass die Grandezza-Ministerin Schmied jetzt noch einmal aus der wohlverdienten Versenkung aufgetaucht ist und sich des guten Pisa-Ergebnisses berühmt. Dabei ist dieses noch immer nicht so gut wie einst das der Schule unter Elisabeth Gehrer. Dabei ist Gehrer immer medial heruntergemacht worden (wohl weil sie nicht so viel inseriert hat wie Schmied). Dabei ist die nunmehrige Verbesserung gegenüber dem letzten Mal, als viele Schüler gegen Schmied einen Boykott gesetzt haben, besonders nichtssagend.
Mit der Einführung der Neuen Mittelschule unter Schmied hat dieses Ergebnis nichts zu tun. Erstens sind die NMS-Schüler noch gar nicht im Alter, wo sie Pisa-getestet werden. Zweitens weist Pisa überhaupt nicht die Ergebnisse irgendwelcher Gesamtschul-Formen auf, obwohl es diese schon viel länger gibt, als „Neue Wiener Mittelschule“, als „Integrierte Gesamtschule“ usw. Indirekte Indizien zeigen freilich, dass diese Schultypen immer besonders schlecht abschneiden. Das ist wohl der Grund , dass der gesamtschulgeile Pisa-Koordinator der OECD sie regelmäßig unter den Tisch fallen lässt.
Was Pisa aber sehr wohl zeigt, ist das im internationalen Vergleich besonders schlechte Ergebnis der hierzulande in der Schule sitzenden Migranten. Dieses Ergebnis bekommt zusammen mit vielen anderen, gewichtigeren Indikatoren über die nach Österreich kommenden Zuwanderer Gewicht. Dazu gehört insbesondere ihre geringe Beteiligung am Arbeitsmarkt und hohe Arbeitslosigkeit. Das sollte mit oder ohne Pisa konkrete Aktionen auslösen:
- Die Sprachstandsfeststellung mit vier Jahren wäre die einzige wirklich sinnvolle Reformmaßnahme, welche die Koalition derzeit diskutiert. Ihr Ergebnis müsste aber unbedingt mit wirklichen Konsequenzen verbunden sein.
- Es braucht endlich eine konzentrierte Schwerpunktbetreuung für sprach- und bildungsferne Zuwanderer-Kinder und deren ganz spezifischen Bedürfnisse. Dies darf aber keinesfalls auf Kosten der bildungsorientierten Kinder gehen, wie es die Linken gerne hätten.
- Und auch bei der Zuwanderung selber muss Österreich viel ernsthafter schauen, dass endlich nicht mehr primär bewusste Nutznießer des üppigen Wohlfahrtssystems nach Österreich kommen. Diese Forderung mag zwar politisch unkorrekt sein, ihre Umsetzung ist aber dringend notwendig.
Selbst die absurdesten und ärgerlichsten Dinge passieren in diesem Land, ohne dass es offensichtlich noch jemanden wirklich aufregt. Aber eigentlich sollte das jede einzelne der hier bunt aufgelisteten Episoden tun.
Da gibt’s etwa den sogenannten Swap-Prozess um satte dreistellige Millionen-Verluste der Stadt Linz. Und was sagt der angeklagte (sich aber nicht schuldig fühlende!) Spitzenbeamte auf die Frage, ob er auch mit seinem Privatvermögen so umgegangen wäre? „Eher nicht.“ Wir lernen: Wenn es um unser Steuergeld geht, braucht man eher nicht so genau hinzusehen. Es gehört ja offenbar niemanden. Da kann ein Finanzchef schon ein bisschen spielen damit. Und wenn das Geld ausgeht, holt man sich halt neues. Deshalb wollen uns die Parteifreunde dieser Linzer Partie ständig noch mehr von unserem Geld abknöpfen. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da gibt’s bei der ersten Konferenz der Welthandelskonferenz WTO nach vielen Jahren der Eiszeit in der Staatenwelt (und nach den schwere Schäden anrichtenden Querschüssen durch NGOs wie Attac) nun erstmals die große Chance auf ein weltweites Handelsabkommen. Es könnte 21 Millionen neue Jobs ermöglichen. Was aber macht da Österreichs Wirtschaftsminister? Er fährt gar nicht hin. Er bleibt lieber daheim im Intrigenspiel um die Ministerjobs. Der Herr Mitterlehner hatte freilich auch schon vorher absolut kein Interesse an dem Thema gezeigt. Dafür fährt die zuständige Sektionschefin – auch nicht hin. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da erhöht Deutschland sein Briefporto, Österreich nicht. Da kann man sich doch endlich einmal über Österreich freuen? Nun, nicht ganz. Denn die Deutschen können auch nach der Erhöhung noch billiger Briefe versenden als die Österreicher. Inlandsbriefe wohlgemerkt. Die müssen im kleinen Deutschland offenbar viel weniger weit reisen als in der großen Alpenrepublik. Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da suspendiert der parteistramme Wiener Polizeipräsident Pürstl einen Polizisten, der den unglaublichen Skandal um Planvorgaben für Strafmandate öffentlich gemacht hat. Die gähnend leeren Wiener Stadtkassen brauchen ja dringend das Geld der Polizei. Diese Vorgaben führen zu ständigen Einkassieraktionen von Pürstls Truppe an völlig gefahrfreien Stellen. Denn dort ist das Plansoll am leichtesten erreichbar. Dort aber, wo aus anderen Behörden, nämlich der Staatsanwaltschaft, ständig amtsgeheime Strafakten hinaussickern, hat der Herr Präsident noch nie etwas Zweckdienliches unternommen. Klar: Dort sind ja „nur“ Bürger die Opfer, und nicht das geldgierige Ratshaussystem. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da zeigt eine neue Studie, dass Österreich im Vergleich das komfortabelste Pensionssystem hat. Hier geht man vier Jahre vor dem EU-Schnitt in die Rente. Und die Höhe dieser Rente deckt in Österreich 77 Prozent des Letztgehalts, während es im Durchschnitt der Industrieländer weniger als 55 sind. Bloß eine Kleinigkeit ist noch ungeklärt: Wer diese Großzügigkeit bezahlen soll, da jetzt die Babyboomer in Bataillonsstärke in Pension gehen. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da ist im November die Zahl der Arbeitslosen sogar schon um fast elf Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen; vor allem bei den Unqualifizierten ist die Entwicklung ganz schlimm. Dabei ist die Zahl der Beschäftigten zugleich noch durchaus gestiegen. Gleichzeitig sind die Kindergeburten seit langem stark im Sinken. Wie kann es das geben, das passt doch rechnerisch nicht zusammen? Des Rätsels Lösung liegt in der Massenzuwanderung unqualifizierter und vom Arbeitsmarkt nicht nachgefragter Menschen aus der Dritten Welt und dem Balkan. Das wird jedoch nirgendwo erwähnt, weil es politisch unkorrekt ist. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da ist in Wien die Arbeitslosigkeit am steilsten gestiegen. Dabei betrugen hier die Arbeitslosenzahlen schon vorher einen weit höheren Prozentsatz als in den anderen Bundesländern. Seltsamer Zufall: Wien liegt auch bei der Gewährung von „Mindestsicherungen“ österreichweit an der Spitze. 57 Prozent aller österreichweit ausbezahlten arbeitslosen Einkommen dieser Art hat die rotgrüne Rathausverwaltung genehmigt. In Wien leben jedoch kaum mehr als 20 Prozent der Österreicher. Ziemlich seltsam. Das zur Kontrolle zuständige Sozialministerium findet das jedoch gar nicht seltsam. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da werden hierzulande unter großem Aufwand die absurdesten Zahlen erhoben und staatsoffiziell veröffentlicht. Bis hin zur Tatsache, dass es im Burgenland zwei Kinos mit Digitalprojektion gibt. Wen auch immer das interessiert. Aber zur tatsächlich spannenden Frage, in welchem Ausmaß Frauen und in welchem die Männer vom Wahlrecht Gebrauch machen, gibt es Null offizielle Daten. Weder österreichweit und schon gar nicht bundesländerweise. Ebensowenig gibt es das über die Wahlbeteiligung der neuerdings ja wahlberechtigten Jugendlichen. Das interessiert offenbar niemanden außer den Tagebuch-Autor. Im zuständigen Innenministerium faselt man auf Anfrage des Tagebuchs zuerst etwas vom Wahlgeheimnis. Was ein Schwachsinn ist, wird doch sogar bei Gemeinden mit wenigen Dutzend Einwohnern bekanntgegeben, ob es dort plötzlich einen Kommunisten gibt. Ich wollte aber nur die Zahlen der beiden Geschlechter wissen, die zur Wahl gehen. Schlussendlich zog sich das Ministerium auf ein anderes, ebenfalls hanebüchenes Argument zurück: Das wäre mit beträchtlichem organisatorischem Aufwand verbunden. Was es überhaupt nicht ist, wenn man es effizient organisiert, da man ja Geschlecht und Alter jedes Wahlberechtigten ganz genau kennt. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Da wird in Oberösterreich aus Steuergeld ein Theaterprojekt(!) eines SPÖ-nahen Vereins mit 100.000 Euro gefördert. Um ein besonders absurdes Beispiel Abertausender sinnloser Subventionen zu nennen. Das Geld fließt über ein Programm unter dem Arbeitstitel „Aktionspaket für MigrantInnen“. Mit seiner Hilfe sollen „wichtige individuelle Kompetenzen“ entwickelt werden. Eine vom Markt nachgefragte Kompetenz ist das freilich nicht. Nicht einmal mit dem dudenwidrigen Binnen-I. Egal, zahlen tun‘s ja die blöden arbeitenden Bürger. Eh wurscht, wir sind ja in Österreich.
Die linke Hexenjagd auf Burschenschafter in Innsbruck hatte nur die Hälfte der angekündigten Teilnehmer. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Bald gibt es schon mehr Briefkastenplattformen als Menschen, die hinter dem ständigen Antifa-Geschreie der Linken stehen. Für einige kräftige Rechtsbrüche reichte es in Innsbruck dennoch. Einer richtete sich weitab des Burschenschaft-Treffens gegen einen CVer, also einen katholischen Studentenvertreter, der brutal niedergeschlagen wurde. Was der schwer überforderten Innsbrucker Bürgermeisterin vielleicht doch die Augen öffnet, die im Wahlkampf ja heftig um die CVer gebuhlt hatte. Wäre sie intelligent, würde sie nämlich erkennen: Wenn man einmal dem Druck der Straße weicht, wenn man einmal selbst Recht bricht (etwa durch bewussten Bruch eines Vertrags), dann sollte man sich nicht wundern, wenn dann auch die eigenen Freunde niedergeprügelt werden. Noch widerlicher wieder einmal das ORF-Fernsehen. Es formulierte im miesesten Stürmer-Stil: Die Burschenschafter durften sich diesmal nicht in der Messehalle "zusammenrotten.“ Eigentlich hatte „öffentlich-rechtlich“ einmal mit „Recht“ zu tun gehabt . . .
Nachträgliche Ergänzung: Genauso infam und eine indirekte Rechtfertigung der Gewaltausübung war die Formulierung einer anderen ORF-TV-Sendung: Die linken Demonstranten hätten "offenbar versehentlich" auch Personen aus einer katholischen Verbindung attackiert. Die übrigen gewalttätigen Attacken der Linkschaoten gehen im ORF-Österreich des Jahres 2013 also offenbar in Ordnung. Das ist Bürgerkriegsdiktion.
Das Ergebnis der kroatischen Volksabstimmung ist eigentlich eine absolute Selbstverständlichkeit. Zwei Drittel sagten dabei, dass Ehe eine Sache zwischen Mann und Frau ist. Vor kurzem wäre niemand irgendwo auf der Welt überhaupt auf die Idee gekommen, über so evidente Fakten Referenden abzuhalten.
Dennoch sind diese notwendig geworden – auch für andere Länder. Denn noch nie sind veröffentliche und öffentliche Meinung so total auseinandergeklafft. Auch hierzulande denunzieren fast alle Medien, linke Politiker und einige Universitäts-Dummköpfe gehirnwäscheartig seit einigen Jahren die klassische Sicht der Ehe als faschistisch und eine Untat gegen Homosexuelle.
Was für ein Unsinn! Vielmehr geht es darum, dass Ehe nur dann Förderung verdient, wenn sie Kinder produziert, die wichtigste Investition sterbender Gesellschaften. Mit dem Kindermachen tun sich aber Schwule noch immer verdammt schwer.
Was für die große Mehrheit der Menschen klare Konsequenzen hat – ohne deswegen Schwule verfolgen zu wollen. Hingegen sehen die immer radikaler nach links gehenden Medien das anders. Das ist ihre Sache. Sie sollten sich aber nicht wundern, dass ihnen Leser und Seher davonrennen, und zum Ausgleich Steuergelder verlangen.
Auf einem Baum hockt eine kleine Schar von Raben;
sie krächzen laut und können sich dort sehr gut laben
an Futter auf dem Boden und auch im Geäst,
da man sie eher fürchtet und gewähren lässt.
Sie rauben jedes Futter, um es selbst zu haben
verjagt wird jeder, auch etwaige fremde Raben.
Ein Schuss! Man flattert auf, doch setzt sich wieder schnell,
nur tauschen manche ihre Äste eventuell.
So ist ihr Futterbaum für sie erneut gerettet;
es ist, als wäre jeder daran angekettet.
Die Raben sind die Leute in des Staates Führung,
die Handvoll, die bezeichnet wird als die Regierung.
Der Schuss, der sie aufscheuchen kann, das ist die Wahl,
doch gleich drauf hocken sie – wie jedes Mal.
Sind Amterln schon verteilt? Besonderheit des Falles:
Ein jeder Rabe ist Experte rein für alles.
Und weiter lässt man sie auf sich die Schande laden
dass immer wieder furchtbar sie dem Lande schaden.
Dr. Günther Voith ist Jurist und Unternehmer. Er hat lange die Inzersdsorfer Nahrungsmittelwerke geführt, war Vorstandsmitglied der Industriellenvereinigung, Mitglied des Österreich-Konvents, der Staatsaufgaben-Reformkommission und Lehrbeauftragter. Er hat soeben ein 600-Seiten-Buch "Reimekraut und Schüttelrübern" herausgebracht mit Alltags-Gedichten und Schüttelversen. Sie sind kritisch, persönlich, menschlich, politisch, zum Besinnen und zum Schmunzeln, jedenfalls unterhaltsam, aber keine Lyrik. Zu beziehen um € 28,- inkl. Versand via E-Mail guenter.voith@chello.at.
Die Wahrheit werden wir wohl erst in ferner Zukunft wissen: Hat der Westen wirklich erreicht, dass der Iran dauerhaft auf die nukleare Bewaffnung verzichtet? Oder haben sich die Iraner in den letzten Wochen durch geschicktes Taktieren erst recht den Weg dorthin eröffnet? Selbst heute sind noch viele Details rund um den Deal der Großmächte mit dem Iran unklar. Aber selbst diese Details können nicht die wahren Intentionen Teherans offenlegen.
Am klarsten und aufschlussreichsten ist die Beobachtung, wer NICHT am Verhandlungstisch gesessen ist: Israel, Saudiarabien und die EU.
Das Fehlen der EU wurde nicht einmal bemerkt, geschweige denn bedauert. Dabei reden EU-Politiker ständig davon, dass man eine 500-Millionen-Union geschaffen habe, die nun ebenbürtig mit den ganz Großen dieser Welt wäre. Dabei hat die EU heute schon zwei Präsidenten, eine eigene Außenministerin und Tausende eigene Diplomaten. Aber wenn es wirklich ans Eingemachte geht, gibt es diese EU nicht. Nicht einmal am Katzentisch.
Am Verhandlungstisch mit Iran sowie den USA, Russland und China saßen hingegen die EU-Länder Frankreich (das sich dort zum Unterschied von seinem wirtschaftspolitischen Kollaps außenpolitisch positiv profilieren konnte), Großbritannien und Deutschland. Dieses ist als einziger der Gesprächspartner Teherans kein ständiges Sicherheitsratsmitglied. Berlin ist gerade durch die Teilnahme an den Iran-Gesprächen zum Unterschied eben von der EU der endgültige Aufstieg in den Kreis der Großen dieser Welt geglückt.
Auch Israel und Saudiarabien sind keine Sicherheitsratsmitglieder. Und sie sind für den Nahostfrieden noch viel wichtiger. Aber wenn man sie beigezogen hätte, hätte es dieses Abkommen nicht gegeben. Dann wären viel schärfere Bedingungen gestellt worden. Ja, dann hätte Iran wohl nicht einmal verhandelt.
Beide Staaten fühlen sich aber durch die Perspektive einer iranischen Atomwaffe existenziell bedroht. Israel hat schon längst eine solche Waffe, wenn auch nie offiziell zugegeben. Und Saudiarabien hat nach etlichen Anzeichen aus Angst vor Iran mit ihrer Beschaffung begonnen. Was Israel interessanterweise viel weniger zu stören scheint.
Die Saudis sind (zusammen mit den kleinen, aber reichen Scheichtümern) der große Rivale Irans am Golf. Sie sind die finanzstarke Schutzmacht der Sunniten, die ja mit den von Teheran unterstützten Schiiten in vielen Staaten des Nahen Ostens, insbesondere Syrien, Irak und Libanon, in blutige Kämpfe verstrickt sind. Werden sie den – vor allem amerikanischen – Zusicherungen trauen, dass man Irans Ambitionen jetzt gestoppt habe? Wohl eher nicht, auch wenn die Saudis viel ruhiger reagieren als Israel, das empört und besorgt aufschreit.
Die Vergangenheit ist zwar leichter zu analysieren als die Zukunft. Aber auch die gibt keine eindeutige Antwort, ob die israelischen Ängste berechtigt sind. Es gibt positive wie negative Beispiele und Antworten auf die Frage, ob sich aufstrebende Mächte durch internationalen Druck von atomarer Bewaffnung abhalten lassen.
Auf der positiven Seite finden sich interessanterweise die gestürzten Diktatoren des Iraks und Libyens. Sowohl Saddam wie Gadhafi hatten eindeutig schon Massenvernichtungswaffen, aber beide hatten schon vor ihrem Sturz unter westlichem Druck darauf verzichtet. Was die Amerikaner aber im Fall Irak erst nach Saddams Sturz erfahren haben wollten.
Auf der anderen Seite hat sich Pakistan unbemerkt in den Besitz von Atomwaffen gebracht (was dann wieder Indien aktiviert hat). Noch dramatischeres Exempel ist Nordkorea. Dieses betreibt ein ähnliches Zuckerbrot-und-Peitsche-Spiel wie Iran in den letzten Jahren: verhandeln, Verhandlungen unter einem Vorwand abbrechen, lügen, schmuggeln, geheime Anlagen betreiben, Zugeständnisse gegen materielle Gegenleistungen machen, diese Zugeständnisse wieder zurückziehen.
Israel hat sicher recht: Es ist durchaus möglich, dass auch Iran dasselbe Spiel spielt wie Nordkorea. Iran erlaubt vorerst keineswegs unabhängige Inspektionen an allen unter Verdacht geratenen Plätzen. Es zerstört auch keine suspekten Anlagen.
Das Land ist aber dringend daran interessiert, wieder an seine vor allem in den USA eingefrorenen Konten heranzukommen und von Handelsrestriktionen befreit zu werden. Die wirtschaftlichen Schäden der Sanktionen sind schon enorm. Und das droht die Stimmung in Iran immer regimefeindlicher zu machen.
Extrem schwer ist freilich die Einschätzung, ob sich die iranische Führung jetzt in der sechsmonatigen Phase der Zurücknahme etlicher Sanktionen so gut mit Geld und strategischen Gütern eindecken kann, dass sie dann viel gelassener auf neuerlichen Druck zu reagieren imstande wäre. Bemerkenswerte Tatsache ist jedenfalls, dass die Wirtschaftssanktionen (an denen Österreich übrigens erst nach etlichen „freundlichen“ Hinweisen der USA mitgewirkt hat) im Gegensatz zu einer lange verbreitet gewesenen Meinung sehr wirksam gewesen sind.
Tatsache ist auch, dass Teheran es sich nicht so wie das steinzeitliche Nordkorea leisten kann, seine politischen Ziele ohne Rücksicht auf die darbende Bevölkerung zu verfolgen. Iran ist eine – auch im regionalen Vergleich mit arabischen und zentralasiatischen Nachbarn – hochentwickelte Nation. Daher hat der Terror der Revolutionsgarden und der noch im Mittelalter steckenden Mullahs viel engere Grenzen. Die Bevölkerung macht durchaus das Khamenei-Regime für die spürbare Verschlechterung ihrer Lage immer direkter verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Mehrheit der Menschen in Iran keine Einwände gegen eine atomare Bewaffnung ihres Landes hat.
Da geht es um nationalen Stolz – und der ist gerade in dieser Weltgegend ganz wichtig. Von den Indern bis zu den alten Griechen haben viele oft weit weg beheimatete Völker ja im Lauf der Geschichte schon einmal unerquicklichen Kontakt mit persischen Großmachtstrategien gehabt. Und diese imperiale Vergangenheit steckt heute noch in vielen iranischen Köpfen. Da bräuchte es gar nicht den kollektiven Hass auf die bösen "Zionisten".
Zumindest die Elite Irans weiß überdies auch: Im Weltkonzert sind nur atomare Mächte wirklich relevant.
Das kann man etwa an Hand der Ukraine exzellent zeigen: Diese ist heute fast willenlos Erpressungen eines mächtigen Nachbarn ausgesetzt. In Washington oder Peking, in Paris oder London interessiert man sich hingegen herzlich wenig für das Land. Noch dazu da dieses von einer diktatorischen Clique der Oligarchen regiert wird.
Das war noch in den 90er Jahren ganz anders. Da wurde die damals genauso autoritäre Ukraine von allen genannten Mächten hofiert und respektiert. Aus einem einzigen Grund: In der Ukraine lagerten nach dem Zerfall der UdSSR viele Atomwaffen. Kiew zögerte zwar etliche Jahre, bis es schließlich dann doch alle an Russland überstellte. Es merkte aber sehr rasch: Nach dem Abzug der letzten Atomrakete waren viele der vorherigen Versprechungen vergessen. Und die Ukraine ein trotz ihrer Größe unbedeutendes Land.
Das haben viele Regierungen dieser Welt sehr genau registriert. Atommächte sind einfach mächtiger. Das macht die israelische Skepsis gegenüber der Ehrlichkeit Irans durchaus nachvollziehbar.
Dennoch sagen auch in Israel zumindest außerhalb der Regierung viele Experten ähnlich wie die Großmächte: Man müsse trotz berechtigter Skepsis alles versuchen. Man müsse den kleinsten Hoffnungsschimmer nutzen. Denn die Alternative wäre letztlich wohl ein Präventivkrieg. Einen solchen hat Israel durch – sehr gezielte – Leaks den Iraner auch immer wieder angedroht. Internationale Medien mit (scheinbar) unklaren Quellen haben detailliert berichtet, wie Israel den Mullahstaat durch einige überraschende Luftschläge entmannen könnte.
Mitteleuropäern, die einem Explosionsherd in Nahost geographisch viel näher liegen als die sechs Unterhändler, bleibt daher nur die Hoffnung: Dass Iran diesmal wirklich ehrlich spielt. Wissen können sie es nicht. Sie wissen nur: Nach wie vor ist für ihre Region keine Kriegsgefahr so relevant und bedrohlich wie die nahöstliche wie vor allem Israel vs. Iran.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das französische Parlament hat beschlossen, dass Kunden von Prostituierten künftig bestraft werden.
Ein erstaunlicher Schritt für ein Land, das angeblich das Mutterland der „Liebe“ sein soll (wobei es wohl nicht um die die christliche Nächstenliebe geht, sondern um deren biologisch geprägtes Gegenüber, ob nun kulturell verbrämt oder nicht). Das Klügste zu diesem Thema sagt die ehemalige SPÖ-Frauenministerin Helga Konrad. Sie ist seit Jahren Sonderbeauftragte der OSZE zum Thema Menschenhandel, und damit eine der wenigen unabhängigen Experten für die wirklich Betroffenen, also die Prostituierten. Konrad weiß, dass die Kriminalisierung von Prostitution bloß dazu führt, dass diese dann „im Verborgenen“ stattfindet. „Und da ist noch mehr Gewalt.“ Da gebe es noch weniger Möglichkeiten, ausgebeutete Frauen zu schützen. Womit Konrad die moralische Scheinheiligkeit der französischen (und zuvor schwedischen) Gesetzgeber bloßlegt. Von den islamischen Ländern gar nicht zu reden, wo das Phänomen vielerorts sogar mit dem Tod bestraft wird. Oder wo es dann halt skurrilerweise als „Ehe auf Zeit“ auftaucht. Es wäre in der Tat auch erstaunlich, wenn man per Gesetz plötzlich das älteste Gewerbe der Welt abschaffen könnte . . .
Die (vorerst) zweijährige Zwangsgesamtschule, die trotz der hohen Kosten von der zuständigen Untergruppe der Koalitionsverhandler als verpflichtende „Orientierungshilfe“ für alle Elf- und Zwölfjährigen angepeilt wird, ist keineswegs alles, was die dortigen rot-schwarzen Politruks über die Köpfe von Eltern, Lehrer und Schülern hinweg an Unsinnigem bereits ausgehandelt haben. Dazu zählt etwa auch die zusätzliche Summe von 350 weiteren Millionen „Anschubfinanzierung“ für die Erreichung des sogenannten „Barcelona-Ziels“.
Diese Geldausgabe zielt auf eine „33% Betreuungsquote“ von null- bis dreijährigen Kleinkindern „in allen Bundesländern“ ab. Das ist eine weitere Verstaatlichung der Kinder nach einstiger Ostblockmethode. Das ist in Zeiten der riesigen Budgetlöcher (und des nunmehr 14. Jahres eines verfassungswidrigen Einfrierens der Familienbeihilfen) auch finanziell eine Absurdität. Denn:
Freilich: Fakten haben Linke und Feministinnen noch nie gestört.
Im Gegensatz zum Kleinkindalter wird ein Kindergartenbesuch ab drei oder spätestens vier Jahren von den meisten Familien als sinnvoll angesehen. Insbesondere für Kinder nichtdeutscher Muttersprache wäre ein deutschsprachiger Kindergarten zum Deutsch Lernen sogar dringend notwendig. Da aber sind die Koalitionsbastler erstaunlicherweise wieder völlig knieweich.
Wohl wollen sie – was zweifellos lobenswert ist – eine „umfassende“ Feststellung des „Entwicklungsstands (Schwerpunkt Sprachstandsfeststellung)“ von Vierjährigen beschließen. Aber sie sehen keine aus dieser „Feststellung“ erfolgenden Konsequenzen vor. Diese könnten ja sinnvollerweise nur in der Pflicht für alle nicht ausreichend deutsch sprechenden Vierjährigen bestehen, einen deutschsprachigen Kindergarten zu besuchen.
Das Ausbleiben von Konsequenzen im Falle einer unzureichenden Sprachstandfeststellung macht diese zwar völlig unsinnig. Aber parteipolitisch hat es für die Sozialdemokraten durchaus Sinn. Denn die meisten Kinder, die derzeit in den letzten ein, zwei Jahren vor der Schule keinen Kindergarten besuchen, sind in Zuwandererfamilien aus Drittweltmilieus zu finden (wenn man einmal von ein paar abgelegenen Bergbauern absieht). Genau diese Zuwandererkinder erreicht man jedoch weiterhin nicht, wenn man auf Zwangsmaßnahmen verzichtet. Genau diese Zuwandererfamilien sind aber parteipolitisch fast das letzte Hoffnungsgebiet von Rot und Grün.
Das zeigt: Noch wichtiger als die ideologisch seit langem angestrebte Verstaatlichung der Familien ist bei der SPÖ die Rücksicht auf ihre Wähler im sozial problematischen Zuwanderermilieu. Da gibt man zwar der ÖVP nach, indem man halt eine Sprachstandsfeststellung machen lässt. Man verhindert aber jede ernsthafte Konsequenz daraus. Was aber auch die Realisierung der ÖVP-Forderung sinnlos macht.
PS: Noch eine Anmerkung zur Gesamtschule: Die abgrundtiefe Dummheit der ÖVP sieht man daran, dass diese jetzt offenbar schon wieder glaubt, durch einen Kompromiss wäre das Thema vom Tisch. Sie sieht diesen „Kompromiss“ darin, dass „nur“ eine zwei- statt einer vier- oder fünfjährigen Gesamtschule eingeführt wird (zusätzlich zur Gesamtschule Volksschule). Dasselbe hatte die ÖVP freilich schon geglaubt, als sie der widersinnigen Gleichheit der Lehrpläne für alle 10- bis 14-Jährigen zugestimmt hat. Dasselbe hatte sie schon geglaubt, als sie der extrem teuren und die Unterrichtsqualität verschlechternden Verwandlung der Hauptschulen in „Neue Mittelschulen“ zugestimmt hat. Für die SPÖ war das jedoch nur jeweils eine weitere Salamischeibe auf dem Weg zum rotgrünen Endsieg, also zur Einheitsschule für alle 10- bis 15-Jährigen. Wie etwa auch ein Kommentar der beim Schulthema heute leider besonders rotgrünen „Presse“ zeigt.
PPS: Ob der forcierte Bau von gar nicht nachgefragten Kindergärten unter Druck der Baulobby erfolgt ist, kann nicht bewiesen werden. Die FAZ schreibt das freilich in Hinblick auf Deutschland. Das große Interesse einiger österreichischer Wirtschaftsfunktionäre an diesem Ausbau ist zumindest alles andere als eine Widerlegung dieser Vermutung.
Die einzige Studie, die jemals die Schädlichkeit von genverändertem Mais behauptet hatte, ist jetzt vom betreffenden Fachmagazin als unseriös zurückgezogen worden.
Was etliche Fragen aufwirft: Wo berichten die Medien ebenso groß darüber, wie sie einst über diese Studie berichtet haben? Wo werden die extrem unseriösen Grün-NGOs jemals für das ständige Ausstreuen von Unwahrheiten zur Rechenschaft gezogen? Wer übernimmt die Schuld an den vielen Todesopfern in der Dritten Welt, die durch einen ergiebigeren Mais und durch einen genveränderten Reis verhindert hätten werden können, der Mangelkrankheiten zuvorkommt? Natürlich niemand. Aber der ORF, genauer: der Herr Wrabetz stellt diesen Vereinen nächstes Jahr sogar eine ganze Woche das öffentlich-rechtliche Geschütz für deren Werbung zur Verfügung. Gratis. Obwohl er angeblich kein Geld hat. Da sollte man dringend prüfen, ob da nicht schon ein Fall der Untreue vorliegt.
Es gibt Themen, wo das Gefühl das Gegenteil dessen sagt, was die Vernunft meint. Die extrem hohen Pensionen sind ein solches.
Fast ganz Österreich ist einer Meinung: Diese sind eine absolute Frechheit. Das ist richtig – außer diese Pensionen sind eine marktgerechte Leistungsabgeltung, die halt erst viel später ausbezahlt wird. Denn manche Spitzenmanager haben sich einst bewusst zu geringeren Entgelten verdingt, als sie anderswo erzielen hätten können, damit sie sich fürs Alter eine komfortable Pension sichern. Aufsichtsräte und Personalchefs haben das auch in der Regel gern gemacht, klingen doch niedrigere Gehälter besser, wenn die Belegschaft sie erfährt. Zugleich wurde der Cash Flow meist entlastet – die bei ordentlicher Buchhaltung erfolgenden Rückstellungen standen in der Bilanz oft anderswo.
Fast nie wurde freilich die Verlängerung der Lebenserwartung einkalkuliert. Es ist aber erfreuliche Tatsache, dass wir alle 24 Stunden um fünf bis sechs Stunden länger leben. Was natürlich auch den Wert solcher Luxuspensionen drastisch erhöht.
Aber wirklich provozierend sind die Megapensionen im öffentlichen Bereich. Angefangen von der besonders frechen Nationalbank, über die Zwangsbeiträge kassierende Arbeiterkammer bis zu den Funktionären der Sozialversicherung (die selbst ständig die Minipensionen für den Rest der Nation ausrechnen!). Von den dortigen Bediensteten hätte wohl kein einziger solche Vergünstigungen auch auf dem Markt erzielt. Sie haben nur eines mit Sicherheit geleistet: sich durch die Partei ihre Position errungen.
Daher ist es bei ihnen mehr als legitim zu sagen: Herunter mit solchen Pensionen, besser spät als nie.
Aber wie macht man das legal? Denn sie sind ja meist in einem privatrechtlichen Vertrag vereinbart. Daher kann die Politik diese Pensionskürzungen nur über ein Verfassungsgesetz realisieren. Denn sowohl wohlerworbene Rechte wie auch erst recht Einzelverträge können nicht durch ein normales Gesetz ausgehebelt werden.
Das bedeutet aber zweierlei:
Erstens einen Bruch aller Politikerschwüre, dass man nie wieder, auch wenn‘s populär ist, verfassungsrechtliche Sonderregeln beschließen werde.
Und zweitens würde damit ein Verfassungsgesetz in private Einkommensverhältnisse eingreifen. Das wäre ein gewaltiger Präzedenzfall. Das erfüllt mit großer Sorge: Wo hört das auf? Denn ist einmal ein Anfang gemacht, wird der Staat in seiner Geldgier und Schuldenlast immer weiter diese Methode anwenden. Und am Schluss können dann alle verfassungsrechtlich für „reich“ erklärt und ihrer Einkünfte und ihres „Vermögen“ beraubt werden. Egal wie seriös sie erwirtschaftet worden sind.
Ich kann mich daher bei allem Zorn auf die öffentlich-rechtlichen Privilegienritter nicht wirklich über einen solchen Enteignungsbeschluss freuen. Denn damit bricht ein letzter Damm gegen die Gier der Politik.
PS: Ich habe übrigens keinen Pensionsvertrag.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Linken haben ihre Steuer durchgesetzt – und 850 Jobs vernichtet.
Bank-Austria-Chef Willibald Cernko hatte den Mut, den Zusammenhang auszusprechen. Diesen Mut sollten auch alle anderen Banken haben, die vorerst nur im stillen Kämmerlein jammern. Den Banken geht es nicht zuletzt wegen der Bankensteuer schlecht, die ihnen unter Führung Werner Faymanns aufgebrummt worden war (auch der Widerstand der ÖVP gegen diese Steuer war damals ein sehr kurzer). Jetzt gehen dadurch viele Jobs verloren, auch in anderen Instituten. Dabei hat die SPÖ immer davon schwadroniert, dass sie mehr Steuergeld wolle, um Arbeitsplätze zu schaffen. Das Gegenteil ist wahr. Und auch die einst eingegangenen Megahaftungen Kärntens für die Hypo zeigen die ganz klare Schuld der Politik an der Hypo-Malaise, die weit über die der jetzt auf Anklagebänken sitzenden Manager hinausgeht. Die Kärntner Landesregierungen (also Blau-Orange/Rot/Schwarz) hatten ja im Lauf der Jahre ganz geheim Haftungen im mehr als zehnfachen Ausmaß des Kärntner Budgets für die Hypo beschlossen. Es ist absolut rätselhaft, dass nicht alle Angehörigen dieser Landesregierungen vor Gericht stehen (auch wenn der Haupttäter im Vollrausch schon umgekommen ist). Denn das war wirklich ein schuldhaft herbeigeführter Schaden.
Noch genieren sie sich, es offen zuzugeben. Aber im vertraulichen „Zwischenprotokoll Bildung“, das dem Tagebuch exklusiv vorliegt, steht es bereits schwarz auf weiß: Die Koalitionspartner führen „zusätzlich zur Neuen Mittelschule eine Mittelstufe als Orientierungsphase für die 10- bis 12-Jährigen“ ein. Schon im Schuljahr 2014/15 soll damit begonnen werden können, also in neun Monaten. Damit hat die Linke nach der Einführung der NMS und der Abschaffung der (billigeren und effizienteren) Hauptschule einen neuen historischen Erfolg erzielt: Die Gesamtschule für alle bis zum 12. Lebensjahr ist damit praktisch fix.
Noch nie wurde damit ein Wahlversprechen so brutal gebrochen, wie es mit der Garantie Michael Spindeleggers für den Weiterbestand des achtjährigen Gymnasiums passiert ist. Schwarzer Haupttäter ist der Salzburger Landeshauptmann Haslauer, der in einem Brief an einen besorgten Bürger kürzlich wörtlich geschrieben hat: „ . . . ich bin sehr wohl ein Anhänger der neuen gemeinsamen Schule der Zehn- bis 15-Jährigen . . .“
Bis 2016/17 wird laut Koalition das neue Modell in „mindestens“ 350 Klassen eingeführt werden. Und schon nach zwei Jahren will man die „Einführung ins Regelschulwesen“ entscheiden. Die Koalitionsbastler haben als Tarnung für die nach Aussage von Teilnehmern schon feststehende Einführung der zweijährigen Gesamtschule die Formulierung hinzugefügt: „nach entsprechender wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung“.
Was aber gleich aus mehreren Gründen besonders absurd ist.
Die NMS haben bisher in Wahrheit als einzigen Erfolg vorzuweisen, dass dort jeder Schüler weit teurer kommt als in AHS oder Hauptschule. Diese NMS werden auf Grund des Koalitionsprotokolls künftig sogar noch teurer: Die „Doppelbesetzung“ (gemeint: zwei statt einem Lehrer in der Klasse) soll nicht nur in Deutsch, Englisch und Mathematik stattfinden, sondern künftig auch in einem Drittel der weiteren Fächer. Man buttert also lieber zusätzliches Steuergeld in ein völlig verfehltes Schulmodell, als dass man erlauben würde, dass die Schüler auch nur eine halbe Stunde am Tag nach Leistungsfähigkeit getrennt werden. Damit die einen ein wenig vorankommen, und die anderen wenigstens Grundlegendes eintrainieren.
Die Koalitions-„Experten“ haben zwar noch keine „pädagogische und organisatorische Konfiguration“ für diese zwei neuen Klassenstufen. Aber eines steht schon fest: „Der Unterricht erfolgt gemäß den Rahmenbedingungen der NMS“. Mit anderen Worten: Sie wissen zwar noch nicht Was und Wie, aber es steht fest, dass es eine Gesamtschule ist.
Weitere Skurrilität: Diese Gesamtschule soll laut Koalition nicht nur an AHS, sondern auch an Volksschulen eingeführt werden. Was nichts anderes ist als für volle sechs Jahre ein Zurück zur achtklassigen Volksschule der Maria Theresia.
Nur an einem Schultyp werden sie nicht eingeführt: An den NMS. Über denen schwebt die schützende Hand der SPÖ. Dort hat man zwar katastrophale Ergebnisse, aber die NMS sind unberührbar. Statt dessen verwandelt man alle anderen Schulen zumindest für zwei Jahre in NMS.
Wäre die Angelegenheit nicht so dramatisch, so könnte man sich über das schlechte Bürokratendeutsch und die Phrasendrescherei der Koalitions-„Experten“ amüsieren. Etwa alleine bei dem völlig inhaltsfreien Satzteil: „wobei ein besonderes Gewicht auf eine prozesshafte Stärkenanalyse der SchülerInnen gelegt wird“. Aha, na dann ist ja alles anders.
Eine typische Formulierung der Koalitions-„Experten“ lautet auch, dass diese neue „Mittelstufe“ (der Ausdruck „Gesamtschule“ wird aus taktischen Gründen vermieden) eine „Orientierungsphase“ sei. Also nicht Bildung, nicht Lernen oder gar Leistung ist die Hauptaufgabe, sondern „Orientieren“. Auf deutsch übersetzt: Die Kuschelschule wird um zwei Jahre länger. Orientierungslose Kinder werden freilich auch dann nicht orientiert sein.
Eine besondere Frechheit der Koalitions-„Experten“: Sie wagen es, im gleichen Papier von „Stärkung der Schulautonomie“ zu reden. Das heißt aber nicht etwa, dass die Schulen entscheiden könnten, ob sie das Gesamtschulmodell umsetzen. Dann würde man ja mit Sicherheit keine 350 mitmachenden Klassen zusammenbringen. Nein, soweit geht die Autonomie nicht.
Die besteht in Wahrheit überhaupt nur aus hohlen Worten, aber nicht aus Substanz. Da finden sich bloß geschwollene Formulierungen: „Ausbau der kompetenzorientierten Mitwirkung der SchulleiterInnen bei der PädagogInnenauswahl“. Wieder abgesehen von der fürchterlichen Sprache und den inhaltsarmen Formulierungen (was soll denn eine „kompetenzorientierte Mitwirkung“ sein? Wollen Rot und Schwarz in ihrer frechen Art den Direktoren damit mitteilen, dass sie künftig nicht nach der Augenfarbe, sondern nach der Kompetenz urteilen sollen? In Wahrheit kann man unter dieser Formulierung nur verstehen, dass es offensichtlich um das Gegenteil der Koalitions-„Experten“ geht. Aber das wird wohl nicht gemeint sein . . .): Das Papier gesteht also den Schuldirektoren nicht einmal das absolute Minimum von Autonomie zu, nämlich die eigenständige Auswahl der zur Schule stoßenden Lehrer. Sie bekommen nur „Mitwirkung“. Mitgewirkt hat aber jeder halbwegs engagierte Direktor in Wahrheit schon seit Jahrzehnten. Diese Formulierung ist nur eine schwülstige Beschreibung des Ist-Zustandes.
Mit absoluter Garantie: Dieses „Bildungs“-Papier wird bei einer Umsetzung die künftige Bildungs-Qualität der jungen Österreicher signifikant verschlechtern. Und sehr viel teurer machen. Beides sind ja offenbar die Ziele dieser Koalitionsverhandlungen.
Jetzt ist jeder einzelne ÖVP-Abgeordnete gefordert zu sagen: „Nein, da mache ich nicht mit. Ein solcher Bruch eines Wahlversprechens und eine so katastrophale Lösung sind mit meinem Gewissen absolut unvereinbar.“
Na ja, Gewissen?
Fast könnte einem Monika Lindner leid tun.
Aber eben nur fast. So naiv, wie sich die Dame ins politische Haifischbecken begeben hat, darf man eben nicht sein. Sie hat sich dabei als ebenso überfordert erwiesen wie in ihrer ORF-Zeit, als sie ernsthaft geglaubt hat, sich mit der SPÖ arrangieren und sich auf Zusagen ausgerechnet eines Alexander Wrabetz verlassen zu können. Jetzt zieht sie sich wohl endgültig zurück, bevor noch ihr positiver Beitrag für dieses Land gefunden worden ist. Dafür hat sich mit Lindners Rückzug ein zusätzlicher Parlamentssitz für das Team Stronach und eine ehemalige Miss World gefunden. Ulla Weigerstorfer wird freilich so wie das ganze Stronach-Team auch erst beweisen müssen, dass sie mehr Ahnung von der Aufgabe eines Volksvertreters hat, als man sich von einer ORF-Sportsprecherin und einer Beteiligten an einer Insolvenz erwarten kann.
Hätten wir einen Bundeskanzler, der seine Gage wert wäre, bräuchte es zweifellos nicht erst der Aufforderung vieler Salzburger Bürgermeister mit dem Sozialdemokraten Schaden an der Spitze, in Sachen Luftraumsperre in Deutschland zu intervenieren.
Denn dem Salzburger Flughafen droht der Tod, und damit einem großen Fremdenverkehrsraum großer Schaden. Freilich: Ein Mann, der so wenig internationales Standing hat wie Werner Faymann, wird sich bei Interventionen schwer tun. Überdies kann man in Verhandlungen nie mit leeren Händen eintreten. Zu Salzburg würde es im logischen Gegenzug gehören, auch über die Pickerl-Schikanen der Asfinag und der Verkehrsministerin gegen deutsche Autofahrer im Raum Kufstein zu sprechen (freilich nur, falls man nicht Angst hat, dass die Asfinag dann zuwenig Geld für Inserate hat). Über die angebliche Ausländermaut auf deutschen Autobahnen braucht Österreich hingegen nicht zu sprechen. Denn die deutschen Vorstellungen (vor allem der CSU) sind so absurd, dass die EU gar nicht anders kann, als sie zu verbieten.
PS: Ein Regierungschef und ein Außenminister, die ihr Geld wert sind, würden auch nicht schweigend die gewaltige Erhöhung der Autobahntarife in Slowenien schlucken. Vielleicht könnte man es ja einmal auch im Interesse der Österreicher nutzen, dass in Wien wie Laibach die gleiche Partei den Regierungschef stellt . . .
Der nach einer langen Nacht nun fixierte neue deutsche Koalitionsvertrag hat gravierende Auswirkungen: Erstens für die Wirtschaft, zweitens für die deutsche Demographie und drittens für den Staatshaushalt.
Es sind zwar noch viele vertrauliche Details der Vereinbarungen zwischen Union und SPD unbekannt. Aber dennoch ist nunmehr klar: die Vereinbarungen sind ein mühsam zusammengeschusterter Kompromiss, aus dem nur wenig Positives ableitbar ist.
Und das Positive findet man auch nur dann, wenn man sehr gutwillig ist: Als positiv könnte man neben der Reduktion der Diskriminierung älterer Mütter auch noch werten, dass die Gesamtkosten der Vorhaben der Großen Koalition in der nächsten Legislaturperiode 23 Milliarden ausmachen sollen. Wobei es aber absurd ist, für gar nicht benötigte Kindergartenplätze den Gemeinden Milliarden zuzuschieben.
Dennoch wären 23 Milliarden für Deutschland ein überschaubarer Betrag. Und sie wären auch eine interessante Latte für Österreich: Denn nimmt man die Faustregel des Größenverhältnisses von 1:10, dann dürfen SPÖ und ÖVP in der Summe der nächsten vier Jahre nur 2,3 Milliarden ausgeben.
Viel negativere Folgen werden jedoch die deutsche Wirtschaft und die deutsche Gesellschaft zu tragen haben. Diese wird durch die Neuregelung der doppelten Staatsbürgerschaft stark verändert werden. Bisher mussten sich in Deutschland geborene Doppelstaatsbürger im Alter von 23 für einen einzigen Pass entscheiden. Das müssen sie künftig nicht mehr. Also wird es in Zukunft viel mehr Menschen in Deutschland geben, die sich – je nach Nutzen – einmal nach dem einen, einmal nach dem anderen Staat orientieren können.
In der Praxis sind das vor allem Türken. Sie werden mit Begeisterung die vorerst noch immer üppigen Fleischtöpfe Deutschlands nutzen, mit dem Herzen aber eindeutig und eben nun viel leichter als bisher Türken bleiben. Wozu ja auch schon die Bildung großer türkischer Ghettos und die viel zu große Toleranz gegen verfassungsfeindliche Gruppierungen beigetragen hat. Ob die – moralisch sehr problematische – Berechnung der Sozialdemokraten wirklich aufgeht, dass diese Deutschtürken vor allem rot wählen werden, muss sich erst zeigen. Der in der SPD ebenfalls starke Feminismus und ihre große Schwulenfreundlichkeit lassen das nämlich eher als fragwürdig erscheinen. Sicher ist aber eines: Deutschland wird sich in seinem Grundwesen dadurch noch mehr verändern, als das schon bisher der Fall war.
Schwer leiden wird auch die Wirtschaft selbst, und zwar durch eine Fülle von Regelungen. So wird in Deutschland die Hacklerpension wieder eingeführt - mit unklarem Finanzierungsmodus. So wird der nun doch fixierte Mindestlohn von 8,50 Euro viele Jobs vernichten. So wird die Wirtschaft durch die künftig auch auf Landstraßen ausgedehnte Mautpflicht bei jedem Transport durch zusätzliche Kosten belastet.
So soll in einem strikt planwirtschaftlichen Denken der Anteil der erneuerbaren Energieträger von 25 auf 40 bis 45 Prozent gesteigert werden, bis 2035 sogar auf 55 bis 60: Diese „Erneuerbaren“ sind aber viel teurer. Das wird die Wirtschaft sehr belasten. Denn da die Konsumenten in den letzten Jahren beim Strompreis schon überproportional getroffen worden sind, wird sich die Last zwangsläufig zunehmend auf die Betriebe verlagern. Und viele zum Zusperren veranlassen. Daran ändert der Umstand nichts, dass die SPD ursprünglich sogar von 75 Prozent geredet hat.
Ebenso schlimm ist die sozialdemokratisch geprägte Hassorgie des Koalitionspapiers gegen die Finanzwirtschaft. Dabei wird von dem alten Irrglauben ausgegangen, dass diese böse und nur die Realwirtschaft gut wäre. Die Koalitionspartner haben nicht begriffen, dass die Finanzwirtschaft weitestgehend ja nur eine ausgelagerte Funktion der Realwirtschaft, eine Dienstleistung ist. Wer explizit auf einer Besteuerung von Aktien, Anleihen, Devisengeschäfte und Investmentanteilen besteht, besteuert ja letztlich niemand anderen als die Realwirtschaft. Das weiß man natürlich auch in dieser. Das weiß nur der Populismus der Politiker nicht.
Großer Schaden für die Realwirtschaft wird auch dadurch entstehen, dass die deutschen Parteien die Rohstoffpreise limitieren wollen. Das ist wirklich eine unglaubliche Idee, die von einem bei Karl Marx steckengebliebenen Wirtschaftsverständnis zeugt. Das ist genau jene Idee, die in kommunistisch-sozialistischen Systemen jedes Mal vom Brot angefangen die Regale durch scheinbar konsumentenfreundliche Preislimits geleert hat. Weil eben bei zu niedrigen Preisen die Warenproduktion eingeschränkt wird. Weil die Rohstoffe dann halt in andere Länder ohne Preislimits geliefert werden.
Es ist eigentlich unglaublich, wie sich die zuletzt so erfolgreiche Bundesrepublik selbst beschädigt. Und dass CDU/CSU so etwas unterschreiben. Noch absurder ist, dass jetzt die Urabstimmung in der SPD die letzte Hoffnung ist, dass dieser Koalitionspakt doch nicht zustande kommt.
Es gibt wenig Hoffnung, dass Rot-Schwarz in Österreich in irgendeiner Hinsicht Besseres produzieren wird.
Durch zwei ganz verschiedene politische Aktionen haben die Bürgermeister der Bundeshauptstadt und der Tiroler Landeshauptstadt unbeabsichtigt eine unerwünschte Wahrheit zugegeben: In ihren Gemeindekassen gibt es im Gegensatz zum allgemeinen Finanznot-Gerede viel zu viel Geld.
Die Innsbrucker Bürgermeisterin Öppitz-Plörer (von einer Dissidentenliste aus dem vielschichtigen Tiroler ÖVP-Biotop) will das am Wochenende festgesetzte Burschenschafter-Treffen in ihrer Stadt im letzten Moment verhindern. Auch wenn das nicht unbedingt die Plattform ist, auf der ich meine Wochenenden verbringen würde, so ist doch klar: Es gibt keinerlei Rechtswidrigkeiten auf Seite der Burschenschafter, also keinen relevanten Grund der Absage.
Die gewohnheitsmäßige Gegendemonstration der üblichen linken Haufen kann in einem Rechtsstaat daran nicht das Geringste ändern. Das sollte auch der Bürgermeisterin klar sein. Ganz unabhängig davon, dass die Dame offenbar sehr launisch ist, wechselt sie doch alle paar Monate ihre Parteiverbindungen (sowohl in Innsbruck wie auch in Tirol). Und jetzt sitzt sie ganz auf dem Schoß der Grünen.
Oppitz-Plörer kann das Burschenschaft-Treffen jedoch nur durch einen Bruch des Vertrags der Veranstalter mit der „Congress und Messe Innsbruck GmbH“ erreichen. Die gehört zwar mehrheitlich der Stadt, aber damit in Wahrheit natürlich den Innsbruckern und nicht Oppitz-Plörer. Was die Dame offenbar vergessen hat. Freilich vergessen auch viele andere Politiker solche Zusammenhänge.
Da der beabsichtigte Bruch des Vertrags mit den Burschenschaftern eindeutig von der GmbH verursacht würde, muss diese bei einer Absage den Herrn mit den Narben im Gesicht jede Menge Schadenersatz (und eventuell auch Pönale) zahlen. Das aber zahlt nicht die Bürgermeisterin, sondern es zahlen direkt oder indirekt alle Innsbrucker.
Daraus kann man schließen: Erstens, dass Innsbruck noch immer zuviel Geld hat. Und zweitens, dass solche Geldverschwendungen wohl solange immer weitergehen werden, bis die Staatsanwaltschaft erkennt, dass solche Fälle verdammt nach Amtsmissbrauch sowie Untreue riechen. Was endlich handeln auslösen sollte. Erst dann wird den Politikern ihr populistisches Agieren ein wenig vergehen.
Die antifaschistischen Parolen sollte die Bürgermeisterin trotz all ihrer Anpassungsfähigkeit dem Gebrüll der linken Horden überlassen. Diese sind ja noch viel enger mit dem kommunistischen Totalitarismus verwandt, als es die Burschenschafter mit dem nationalsozialistischen sind. Daher gibt es keinerlei Gründe, mit den Demonstranten zu sympathisieren (außer für die Grünen, die haben ja dort ihre Wähler).
Freilich: Die Zeiten, da die Tiroler für ihr Rückgrat bekannt waren, sind ja leider schon lange vorbei.
Der zweite Bürgermeister, der um eine Verschwendung von Steuergeld kämpft, heißt Michael Häupl. Der Wiener Rathausboss erregt sich über die EU-Kommission. Diese hat nämlich schon mehrfach – bisher allerdings nur in anderen Städten – dafür gesorgt, dass der steuerlich geförderte kommunale Wohnbau nur wirklich sozial Bedürftigen zugute kommen darf.
Was ja absolut richtig und gerecht ist. Und man muss inständig hoffen, dass sich die Kommission bald auch mit der Eiterbeule der Wiener Wohnbaupolitik befasst. Es ist nicht nur ein Verstoß gegen das europäische Beihilfenverbot, sondern auch gegen den Anstand und gesunden Menschenverstand, wenn Wien gut betuchte Menschen wie etwa grüne Nationalratsabgeordnete auf Kosten der Allgemeinheit subventioniert.
Das ist zwar wohl keine Rechtswidrigkeit wie im Fall Innsbruck. Das bedeutet aber in finanzieller Hinsicht einen noch viel größeren Schaden. Das zeigt auch, dass die Existenz der EU und ihrer Binnenmarkt-Regeln durchaus sehr sinnvoll und positiv sein kann (was ja noch keine Rechtfertigung für die schweren Fehler rund um den Euro ist).
Das Gegenargument Häupls ist dürr: Dadurch gebe es eine „Durchmischung“ der Stadt. Mehr ist ihm nicht eingefallen. Das ist aber ein geradezu läppisches Argument.
Wetten, dass von Oppitz-Plörer bis Häupl nichts mehr zu hören und sehen sein wird, wenn dann eines Tages nach tausendfacher Geldverschwendung dieser Art auch hierzulande die Troika das Kommando übernimmt?
In diesem Blog erschienen am 28. 4. sowie am 30. 10. Beiträge von mir als Gastkommentare zu dem spannenden Thema „Pensionen“. Dabei war die Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme in Österreich – durch die gravierende Ungerechtigkeiten entstehe – ein wesentlicher Inhalt. Nun hat nach der Nationalratswahl die Diskussion um einen Stopp für alle Luxus-Pensionen an Fahrt aufgenommen.
Geplant ist ein Verfassungsgesetz gegen alle Pensionsprivilegien. Am 19.11.2013 wurde es im Ministerrat behandelt und ein Entschließungsantrag mit Fristsetzung Ende Jänner eingebracht. Im Jänner soll es im Nationalrat mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen werden. Demnach sollen die Luxuspensionen um 20 Prozent bzw. 30 Prozent gekürzt werden.
Dabei ergeben sich allerdings folgende interessante Fragen:
Es muss endlich „Grelles Licht ins Dunkel“ dieses Luxuspensionssaustalls der staatsnahen Institutionen und Unternehmen kommen. Als Staatsbürger hat man zunehmend den Eindruck, dass landauf und landab ein flotter Selbstbedienungsladen auf Kosten der Steuerzahler bestanden hat. Da geht einem als kleiner und bescheidener ASVG-Pensionist „Das Geimpfte auf“, wie es Wirtschaftskammer-Präsident Leitl in einem anderen Zusammenhang einmal so treffend zum Ausdruck brachte.
Die Verantwortungsträger/Funktionäre sind verantwortlich und zur Rechenschaft zu ziehen – aber nicht nur sie, sondern auch die vorgesetzten Instanzen/Dienststellen auf der Grundlage ihrer Kontrollverantwortung. Wenn dies in Zukunft nicht konsequent gehandhabt wird, werden sich solche Vorkommnisse im Laufe der Zeit immer wieder einschleichen.
Christian Freilinger, Mag. Dr., geboren in Linz, war nach Abschluss seines Studiums zuerst Assistent des Ausbildungsleiters der Daimler Benz AG in Untertürkheim/Stuttgart. Anschließend war er Dozent an der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft und ab 2000 Dozent an der AFW Wirtschaftsakadmie Bad Harzburg. Lehraufträge an der Leopold Maximilian Universität in München und dann an der Johannes Kepler Universität in Linz runden seine akademische Laufbahn ab. Er hat sechs Bücher zu Managementthemen sowie über hundert Aufsätze zu gesellschaftspolitischen Fragen geschrieben.
Wie auch immer man juristisch die Aufhebung des Urteils gegen Ernst Strasser beurteilt: Die Tatsache an sich macht Mut.
Denn bei allzu vielen Urteilen der ersten Instanz ist ganz eindeutig der Druck der Öffentlichkeit, der Medien ins Urteil eingeflossen, dem sich die eigentlich zur Unabhängigkeit verpflichtete Justiz mancherorts schamlos beugt. Urteilsbegründungen lesen sich oft schon wie Möchtegern-Leitartikel. Da ist es gut, dass es einen Obersten Gerichtshof gibt, der sich geradezu demonstrativ nicht dazu hergibt und kühl wie eigenständig nachdenkt. Was keine Rechtfertigung der Sauereien des einstigen Abgeordneten Strasser bedeutet. Jenseits des Strasser-Schicksals bleiben zwei Fakten offen: erstens die Verantwortung Josef Prölls für die unfassbare Nominierung eines Mannes als Spitzenkandidat, der offen darauf bestanden hat, auch als Abgeordneter weiter Lobbyist zu sein. Zweitens die Tatsache, dass aus Gewerkschaften und Kammern ja weiterhin zahllose Abgeordnete in den diversen Parlamenten sitzen, die nichts anderes als ständig bezahlte Lobbyisten sind, die also nicht nur einmal 100.000 Euro verlangt haben.
Bezieher | Kosten | |
Bund |
441 |
26,7 |
Wien * |
302 |
15,5 |
Niederösterreich |
99 |
5,3 |
Steiermark |
96 |
4,8 |
Vorarlberg |
65 |
3,5 |
Tirol |
37 |
3,4 |
Kärnten |
73 |
3,3 |
Oberösterreich |
72 |
3,3 |
Salzburg |
72 |
3,2 |
Burgenland |
75 |
2,0 |
Gesamt |
1.295 |
71 |
* Wien: Bundesland und Gemeinde, andere Länder ohne Gemeinden
Quelle: Landesregierungen/Landesbudgets
Die Europäische Zentralbank, die Herrin über den Euro, ist auf eine so schiefe Bahn geraten, dass sie auf dieser zwangsläufig immer weiter hinuntergleitet. Seit mehr als drei Jahren betreibt sie indirekt und direkt die Finanzierung der kranken Staaten. Und kann längst nicht mehr zurück. Alle offiziellen Aussagen, dass das jederzeit möglich ist, erweisen sich als leeres Gerede. Das ist in den letzten Stunden gleich zweifach klar geworden. Und zwar schockierender denn je.
Zum ersten gab es da ein Dementi von EZB-Chef Mario Draghi zu einem Bericht des „Spiegel“. Das Dementi war aber so gedrechselt, dass man als geübter Zuhörer daraus eine klare Bestätigung ablesen muss.
Der „Spiegel“ berichtet, dass Draghi die Berater des bei der EZB angesiedelten Systemrisikorates zu beeinflussen versucht hat. Diese wollen nämlich das, was die ökonomische Vernunft schon lange sagt: Dass Banken von ihnen gekaufte Staatsanleihen in gleicher Weise wie andere Kredite behandeln muss, nämlich als Risikopapiere. Das ist spätestens seit den Vorgängen in Griechenland und Zypern (sowie nach vielen Pleiten von Nicht-Euro-Ländern) eigentlich logisch. Und jeder gesunde Menschenverstand müsste es als zwingend ansehen.
Dennoch haben die Euro-Staaten es bisher immer gezielt verhindert. Über die EZB, über die sogenannten Basel-Regulierungen. Müssten Banken bei den diversen Stresstests Staatsanleihen nämlich mit dem jeweiligen Risiko bewerten, würden erstens viele Banken-Stresstests viel negativer ausfallen. Und zweitens würden die Banken sofort viel weniger Staatsanleihen kaufen. Das wäre für die ständig Defizit machenden Staaten eine Katastrophe. Denn dann würden sie ihre Anleihen nicht mehr anbringen. Oder die Sparer würden sie ihnen nur zu viel höheren Zinsen abkaufen.
Eine unabhängige EZB würde und müsste unbedingt diese Interessen der diversen Finanzminister ignorieren und nur auf die Stabilität schauen. Wie es in Zeiten vor der EZB die deutsche Bundesbank und die österreichische Nationalbank getan haben.
Die EZB dementierte diesen Bericht. Aber sie tut das mit einem seltsamen Wortlaut: Draghi habe „keine Vorschläge abgeblockt“. Das ist ungefähr so geschraubt wie die Dementis des US-Präsidenten, dass er die deutsche Kanzlerin nicht abhöre und nicht abhören werde. Woraus – durch Barack Obama unwidersprochen – das Eingeständnis abzulesen war, dass die USA in der Vergangenheit sehr wohl Angela Merkel belauscht haben.
Draghi hat halt die EZB-Berater nicht „blockiert“ – was wäre das auch für ein unelegantes Wort für einen eleganten Italiener! –, sondern er hat sie zu einer Überarbeitung ihrer Vorschläge eingeladen. In dem Dementi steht vor allem kein Wort von dem, was eigentlich am Platz wäre: nämlich, dass Draghi für eine korrekte Risikogewichtung der Anleihen wäre.
Genau wegen dieser Bevorzugung von Staatsanleihen gibt es trotz heftiger Geldproduktion von neuen EZB-Euros heute in vielen Ländern eine schlimme Kreditklemme für die Wirtschaft. Seit 2010 ist in der Eurozone das Krteditvolumen um sechs Prozent gefallen. EZB wie Staaten beklagen diese Klemme auch lautstark. Was aber mehr als zynisch ist, da sie ja selber deren Urheber sind!
Und ausgerechnet diese EZB will jetzt zum obersten Aufseher aller großen Banken Europas werden. Dabei tritt - zusätzlich zu dieser Kreditbewertungsproblematik - ja auch noch ein weiteres Problem auf: So wie bei den Staaten ist auch bei den Banken eine Gleichbehandlung aller Institute in den 17 Euro-Ländern absolut unmöglich. Was den EZB-Job unmöglich macht.
Einer der nicht mehr bereit gewesen ist, diese betrügerischen Spiele mitzumachen, ist der frühere EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing. Womit wir beim zweiten Schock sind. Issing hat in einem offiziellen Interview mit mehreren Medien noch eine weitere gravierende EZB-Problematik klar gemacht. Das ist der diskriminierende Charakter der direkten Staatsanleihenkäufen durch die EZB.
Denn diese kauft ja nicht bei allen 17 Ländern Anleihen, etwa entsprechend dem Sozialprodukt, sondern primär bei den notleidenden. Gäbe es wirklich Deflationsgefahr, wie von manchen behauptet (Issing sieht sie übrigens nicht), dann müsste die EZB ein ausgewogenes Bündel von Anleihen aller 17 kaufen. Nur so könnte (auch laut dem Ex-Chefvolkswirt der EZB) eine Diskriminierung vermieden werden.
Was noch viel schlimmer ist: Diese Vorgangsweise des ständigen Kaufs von Anleihen kranker Staaten ist wohl vor einem Crash nicht mehr rückgängig machbar und wird immer weitergehen. Als Folge werden viele Regierungen bald im alten Trott und undiszipliniert wie einst weitermachen.
Issing wörtlich: „Ich kann mir zum Beispiel schwer vorstellen, dass die EZB sagt: Wir beharren auf einer tiefgreifenden Arbeitsmarktreform, die etwa in Italien politisch . . . gar keine Chance hat. Also ist die EZB damit Gefangener der Politik.“ Sie kann praktisch nicht mehr aus ihren Anleiheaufkaufprogrammen aussteigen. Denn: „Überlegen Sie einmal, was dann an den Märkten los wäre.“
Aber auf Leute wie Issing wird beim Weg in den Abgrund schon lange nicht mehr gehört. Warnte er doch auch heftig vor einer Bankenaufsicht durch die EZB.
PS: Die deutschen Koalitionsverhandlungen lassen befürchten, dass bald auch Deutschland so wie etwa Italien in kritische Stürme gerät. Gewiss ist da noch nichts fix. Aber dafür ist in Person des unsäglichen sozialdemokratischen Europa-Spitzenmannes Martin Schulz klar, wie man bei der neuen deutschen Regierungspartei denkt, und was uns bevorsteht: Der Mann will die "Banken rechtlich dazu verpflichten", das billige Geld anteilig an die Wirtschaft weiterzugeben. Da geht einem das Geimpfte auf: Zuerst stehen die Sozialdemokraten an der Spitze, wenn man die Banken zur Staatsfinanzierung "bewegt", und dann will man sie zwingen, die Kredite anderswo zu vergeben. Offenbar damit dann die Banken in jedem Fall prügeln und zum Schuldigen für etwas stempeln kann, woran die Politik ganz allein schuld ist.
Die SPÖ handelt klug, sich für die Verlängerung von Johannes Hahn als EU-Kommissar auszusprechen. Die Sozialdemokraten haben dieses Angebot in den letzten Tagen breit durchsickern lassen. Und sie erwecken damit den Eindruck, großzügig zu sein. In Wahrheit ist es aber sehr gute – freilich leicht durchschaubare – Taktik.
Denn erstens versuchen sie damit Druck bei der Verteilung der Ministerien aufzubauen. Sie signalisieren vor den Medien: Da müsse jetzt schon auch im Gegenzug einmal die ÖVP großzügig sein und manches akzeptieren. (Etwa eine Frau Heinisch-Hosek als Unterrichtsministerin: Womit ja Claudia Schmied durch eine inhaltlich ebenso radikale, aber politisch stärkere Person ersetzt würde. Was den Deal Pröll-Faymann, auf den der Niederösterreicher so stolz ist, total konterkarieren würde.)
Zweitens ist Hahn ein netter, immer schon großkoalitionär gesinnt gewesener Mensch. Er ist bisher in Brüssel kein einziges Mal kantig aufgefallen. Auch sonst nicht. Andere Kommissare äußern sich ständig und oft sehr eigenartig zu allem und jedem. Hahn nicht. Mit ihm riskieren die Sozialdemokraten also absolut nichts.
Drittens ist Hahn ja auch deswegen der SPÖ verpflichtet, weil diese ja einst eiskalt ihn statt des vereinbarungsgemäß von der ÖVP eigentlich nominierten Willi Molterer für Brüssel durchgesetzt hat. Da wird es auch bisher wohl schon das eine oder andere öffentlich unbemerkte Zeichen der Dankbarkeit gegeben haben.
Viertens versuchen die sozialdemokratischen Strategen mit der vorzeitigen Nennung Hahns der ÖVP den Weg abzuschneiden, einen alternativen Vorschlag zu machen, der den Schwarzen vielleicht mehr nutzen würde. So könnten sie die viel mutigere Maria Fekter nach Brüssel schicken. Michael Spindelegger will ja die von ihm aus unklaren Gründen verabscheute Fekter möglichst weit aus den Augen und aus dem Sinn haben.
Fünftens und vor allem: Damit kann die SPÖ elegant davon ablenken, dass zwei viel wichtigere europäische Positionen schon jetzt sehr links besetzt sind. Und weiter so besetzt bleiben sollen, ohne dass das zu einem politischen Geschäft wird: Das sind die beiden Richterposten in den von Monat zu Monat wichtiger werdenden supranationalen Gerichtshöfen in Luxemburg und Straßburg. Jeder von den beiden (der EU-Gerichtshof ebenso wie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof) ist gesellschaftspolitisch weit relevanter und einflussreicher als die Kommission. Die Gerichtshöfe und vor allem die beiden dort tätigen österreichischen Richterinnen stehen dennoch seltsamerweise außerhalb des Scheinwerferlichts, in dem die Kommission ständig steht. Wenn auch nicht gerade Hahn selbst.
Eine sich und ihrer Wertebasis bewusste ÖVP müsste daher darauf beharren, dass zumindest eine der beiden Gerichtspositionen bei Ablauf der gegenwärtigen Periode bürgerlich besetzt wird. Selbst um den Preis einer Opferung Hahns als Kommissar.
Dasselbe müsste sie ganz parallel auch in Hinblick auf jene beiden innerösterreichischen Funktionen verlangen, die ebenfalls wichtiger sind als die meisten Ministerjobs: der ORF-Generaldirektor und der Verfassungsgerichtshof-Präsident. Einer davon müsste bei Freiwerden bürgerlich besetzt werden, wenn die ÖVP eine Koalition auf Augenhöhe erreichen will (auch der gegenwärtige VfGH-Präsident ist ja trotz seiner lange zurückliegenden bürgerlichen Wurzel seit langem ein den Sozialdemokraten treuer Diener).
Aber es wird natürlich weder das eine noch das andere geschehen. Denn angesichts des Totalverlustes juristischer wie medialer Kompetenz begreift die heutige ÖVP ja nicht mehr, dass die gestaltungsmächtigen Höchstgerichte zehnmal wichtiger sind als Ministerposten. Und selbst wenn die ÖVP das wider Erwarten doch verstehen sollte, würde sie sich diese gestaltungsstarken Funktionen um ein Linsengericht abkaufen lassen. Wirtschaftskammer oder Bauernbund haben ja sicher irgendeine Subventionsforderung liegen, die unbedingt abgetauscht werden muss . . .
Die Schweizer haben bei drei Referenden gesellschaftspolitisch spannende Entscheidungen getroffen. Sie haben mit ihrem Votum – sowie mit der davorliegenden langen Diskussionsphase, die durchaus die Meinungen noch stark geändert hat, – neuerlich gezeigt: Die direkte Demokratie ist dem Populismus und dem Kurzfristdenken repräsentativer Modelle überlegen. Besonders eindeutig und klar war ihre Entscheidung gegen die Beschränkung von Spitzengehältern. Ihre Ablehnung solcher Beschränkungen stellt indirekt auch eine donnernde Ohrfeige für eine neue dumme Äußerung von Werner Faymann und den in Österreich grassierenden Populismus von Politik und Medien dar.
Die Eidgenossen haben mit einer rund zwei Drittel ausmachenden Mehrheit das rotgrüne Verlangen abgelehnt, die Gehälter von Spitzeneinkommen mit maximal dem Zwölffachen des niedrigsten Lohnes zu limitieren. Sie haben sich damit als weit klüger erwiesen als all die Schwätzer unter Linkspolitikern, Caritas-Funktionären, ORF- und Boulevardjournalisten, die sich gerne und regelmäßig darüber zu erregen verstehen, dass manche Vorstandsmitglieder weit mehr als dieses Zwölffache verdienen. Was eine große Ungerechtigkeit wäre.
Warum lehnen die Schweizer diesen oberflächlich gerecht klingenden Vorschlag ab? Die Bezieher von Supergagen machen samt Angehörigen ja nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung aus und sind auch noch dazu oft Nichtschweizer. Daher waren sie in keiner Weise selbst abstimmungsentscheidend. Sie sind natürlich auch anderswo in keiner Weise wahlentscheidend.
Folglich glauben oberflächliche Politiker, dass bei diesen Reichen ohne Probleme etwas zu holen wäre. Etwa auf der Linie des Satzes, den der berühmte sozialistische Umverteilungsphilosoph Werner Faymann erst am Wochenende in einem Interview wieder geäußert hat: "Wenn man nicht einfach mehr Schulden machen kann, muss man dafür sorgen, dass von seiten der Vermögenden ein höherer Beitrag geleistet wird."
Im Unterschied zu Faymann haben die Schweizer aber erkannt: Wenn auch nur einer dieser Vermögenden, einer dieser Supergagenbezieher samt seiner Infrastruktur, seinem Unternehmen ins Ausland geht, ist der Schaden für Arbeitnehmer und Staatshaushalt enorm. Er ist höher als der Nutzen für den Staatshaushalt durch das Schröpfen der anderen, im Land bleibenden „Reichen“. Auch die Bezieher von Niedrigstlöhnen haben nichts davon, wenn sie als Folge der Reichenvertreibung ihren Job verlieren.
Eine Annahme der Vorlage hätte zwar Ressentiments gegen die Reichen bedient. Aber ansonsten hätte sie sowohl eine substanzielle Einschränkung der privaten Freiheit wie auch einen Schaden für die staatlichen Kassen bedeutet. Diese Zusammenhänge sind übrigens auch dann relevant, wenn man in etlichen Fällen durchaus der Meinung ist, dass bestimmte Spitzenmanager nicht das Geld wert sind, das sie bekommen.
Sparsamkeit hat auch die beiden anderen Entscheidungen der Schweizer geprägt. Diese sind allerdings mit weit geringerer Deutlichkeit erfolgt als die Ablehnung des linken Eingriffs in privat vereinbarte Gehälter.
Die Schweizer haben zugleich eine Erhöhung der Autobahnmaut aufs Zweieinhalbfache abgelehnt. Sie zahlen lieber die wachsenden Autobahnkosten über das Budget als übers Pickerl. Wohl auch deshalb, weil sie dadurch bei einzelnen Straßenbau-Entscheidungen mehr Sparsamkeit erhoffen. Das überrascht aber dennoch, denn beim Pickerl müssen ja auch viele Ausländer mitzahlen, die bei den Steuerzahlungen fürs Budget ungeschröpft bleiben.
Das ist für Österreicher natürlich erfreulich. Es ist aber auch interessant in Hinblick auf die deutsche Diskussion. Dort versucht ja gerade die CSU ein Modell zu erfinden, in dem nur die Ausländer zahlen müssen. Was aber zumindest bei EU-Bürgern so nicht möglich ist. Und für die paar Nicht-EU-Autofahrer zahlt es sich schon gar nicht aus. Denkbar ist aber ein Modell, wo in Kompensation für eine allgemeine Mautpflicht andere deutsche Steuern gekürzt werden.
Zurück in die Schweiz: Weniger erfreulich – aber ebenfalls von alemannischer Sparsamkeit geprägt – ist eine weitere Entscheidung der Stimmbürger:Sie haben Steuerbegünstigungen für Familien abgelehent, die ihre Kinder selbst erziehen. Das hilft zwar der Eidgenossenschaft beim budgetären Sparen. Das bedeutet aber eine anhaltende Ungerechtigkeit gegenüber Familien: Daheim betreute Kleinkinder kommen die Allgemeinheit ja viel billiger als jene Kinder, wo die Allgemeinheit für Horte oder Kindergärten (mit)zahlt.
Die familiäre Betreuung ist ja – bis auf bildungsferne Randschichten – auch qualitativ die viel bessere Erziehung für kleine Kinder. Dies hat man aber offensichtlich nur in einigen katholischen Kantonen in der Innerschweiz verstanden, nicht jedoch im Rest der Schweiz, wo neuerlich das Sparen wichtiger war.
PS: Der oben zitierte Faymann-Satz lässt übrigens auch allzu deutlich anmerken, wie sich der SPÖ-Chef ärgert, dass man heute „nicht einfach mehr Schulden“ machen kann. War das doch der Inbegriff der linken Politik seit Kreisky und Androsch, einfach jeden Wunsch dadurch zu erfüllen, dass man ständig „einfach mehr Schulden“ macht. So was Blödes auch, dass das nicht mehr geht. Böse EU, böse Finanzmärkte. Dass übrigens neben immer mehr Schulden machen und Reichenvertreiben noch eine dritte Möglichkeit besteht, will er einfach nicht begreifen. Die buchstabiert sich so, damit es vielleicht einmal auch die SPÖ begreift: S – P – A – R – E – N.
Ganz konkrete anschauliche Dinge zeigen einem am deutlichsten die Widerlichkeit der Entscheidung dieser Koalition, im Bruch aller feierlichen Vorwahl-Versprechungen die Familienbeihilfen auch nach 14 Jahren eingefroren zu lassen.
Der katholische Familienverband hat nachgerechnet, was das Einfrieren der Familienbeihilfe seit 1999 ganz konkret bedeutet: Damals konnte man um einen Monat Familienbeihilfe 56,7 kg Brot kaufen. Heute sind es nur noch 35,6 Kilogramm. Oder, wer lieber in Prozent rechnet: Das ist ein Minus von mehr als 37 Prozent.
Höchstens Zyniker und Regierungspolitiker (oder ist das eh dasselbe?) können da noch sagen: Reicht eh, um ein Kind einen Monat lang zu füttern.
Keine andere Bevölkerungsgruppe hat einen solchen Raubzug erdulden müssen. Arbeitnehmer, Pensionisten: Alle setzen regelmäßig Anpassungen durch, die im Schnitt zumindest die Inflation abfangen. Aber die Familien, die Kinder kann man ja so behandeln. Sie haben ja keine starke Protestkraft – und am Wahltag fürchten sich die Parteien offenbar nicht so vor ihnen wie vor den Pensionisten. Bisher zumindest.
Derartige Wertverluste erleiden in Europa nur die Griechen. Aber die hatten zuvor ihr Einkommen um ähnliche Dimensionen in die Höhe geschnalzt.
Offenbar kann die rot-schwarze Koalition wirklich nur durch den Verfassungsgerichtshof zu einem Mindestmaß an Gerechtigkeit gezwungen werden, weil sie aus eigener Einsicht ja nicht dazu imstande ist. Das ist aber gar nichts Neues. Schon in den Achtziger Jahren hat der VfGH die damals noch große Koalition dazu gezwungen, mehr finanziellen Ausgleich für Kinder zu leisten.
Dabei muss es laut Gerichtshof um das echte Einkommen der Familien gehen, nicht um irgendwelche Sachausgaben, die ihnen von der Politik willkürlich angerechnet werden. Nur durch echte Geldleistungen – also entweder Steuerfreibeträge oder ausreichend hohe Zuschüsse – kann der notwendige Einkommensausgleich mit Kinderlosen hergestellt werden. Sachausgaben subventionieren ja in Wahrheit meist primär ganz andere Empfänger, wie Schulbuchverlage, ÖBB und andere Verkehrsbetreiber.
Eine besondere Frechheit sind die jetzt den Familien angelasteten zusätzlichen Ausgaben für Nachmittagsbetreuung oder Kindergärten, für die es vielfach gar keinen Bedarf gibt. Die aber ganz in die familienfeindliche Strategie der Linken und der (nach weiblichen Arbeitskräften gierenden) Wirtschaft passen.
Dabei wird total mit getürkten Statistiken gearbeitet. Die de facto SPÖ-eigene Statistik Austria unterlässt es ja beispielsweise bewusst, die freibleibenden Kindergartenplätze mitzuzählen. Und sie ignoriert überhaupt die – meist sehr wertvollen – Tagesmütter. Sie passen halt nicht ins Verstaatlichungskonzept.
PS: Ganz unbescheiden sei angemerkt, dass der Tagebuchautor damals selbst der Antragsteller gewesen ist, der mit dem Verlangen nach besserer finanzieller Behandlung als Unterhaltsverpflichteter beim VfGH durchgedrungen ist (ganz im Alleingang und völlig unabhängig von irgendwelchen Verbänden). Und er hofft sehr, dass sich auch heute wieder Väter und Mütter finden, die für dieses Ziel und damit für hunderttausende andere Familien auch bis zum Höchstgericht zu kämpfen bereit sind. Und er hofft noch mehr, dass das Ergebnis auch diesmal positiv sein wird, obwohl die SPÖ den VfGH inzwischen geschickt mit etlichen Politruks durchsetzt hat.
PPS: Es gibt noch einen zweiten Bereich, der seit ähnlich langer Zeit fast keine Wertanpassung bekommen hat: die Bundesmuseen und -theater. Aber diese können wenigstens die Eintrittspreise erhöhen (sofern sie nicht am Publikum vorbei und nur für esoterische Kulturjournalisten programmieren). Nur: Auch das können Familien nicht. Oder sollen sie jetzt anfangen, ihre Kinder zu verkaufen?
Rot und Schwarz versuchen verzweifelt, durch neue Nachrichten vom Mega-Desaster ihrer bisherigen Koalitionsverhandlungen abzulenken. Offensichtlich aus diesem Grund wird nun das Thema „Alle Schulen in die Länder-Kompetenz“ in die Medien gespielt. Was würde eine solche Kompetenzverlagerung aber bedeuten? Sie bringt ja sowohl auf politischer wie auch verfassungsrechtlicher Ebene alle Denkmuster durcheinander. Noch viel wichtiger ist aber, was eine solche Änderung für Schüler und deren Bildung wie Ausbildung bedeutet.
Die wichtigste politische Bedeutung ist die endgültige Bestätigung dessen, was sich schon seit längerem abzeichnet: Angesichts der Schwäche der beiden Männer an der Regierungsspitze haben die Landeshauptleute gewaltig an Macht und Einfluss gewonnen. Während vor allem die schwarzen Minister sowie die an der Schulmisere hauptschuldige Claudia Schmied fast durchwegs zu Rücktrittskandidaten und lahmen Schweigeenten degradiert worden sind, dominieren die Landeshauptleute die Koalitionsverhandlungen.
Deren Machtzuwachs tut es auch keinen Abbruch, dass sie sich dabei in den letzten Wochen mehr als blamiert haben: vom Bruch des einzigen gemeinsamen Wahlversprechens (Familienbeihilfen-Valorisierung) bis hin zur erbärmlichen Kommunikation. Insbesondere negativ aufgefallen ist diesbezüglich übrigens der Vorarlberger Markus Wallner. In Summe hat die Koalition jedenfalls abwechselnd folgende Botschaften ausgeschickt: Plötzliches Loch entdeckt– welches Loch? – noch größeres Loch – doch gar kein Loch – totale Fehler der Wirtschaftsforscher – positive Wirtschaftsprognosen – katastrophale Wirtschaftsprognosen.
Dennoch sollte man die Idee der Schul-Verländerung unvoreingenommen prüfen. Selbst die Tatsache, dass sie vor allem mit der Person des Niederösterreichers Erwin Pröll verbunden wird, macht sie noch nicht automatisch zum Unsinn. Der Transfer der Schulen in die Länderkompetenz ist jedenfalls eine alte Forderung mehr oder weniger aller Landeshauptleute, quer über die Parteigrenzen.
Vor allem die Wiener Medien und die Bundesbürokraten sollten sich von ihrem Vorurteil lösen, dass Zentralismus, dass angeordnete Vereinheitlichung automatisch besser wäre. Dafür gibt es keinerlei seriösen Beweise. Ganz im Gegenteil; in vielen Bereichen ist Zentralismus nur teuer und lebensfern. Eine Verländerung würde auch – hoffentlich – die ständigen lächerlichen Konflikte zwischen Bund und Ländern beenden. Denn jetzt zahlt der eine, während die anderen die Pflichtschullehrer anstellen. Fast zwangsläufig ergeben sich daraus immer wieder Diskrepanzen.
Für die Mehrheit der Österreicher ist ganz eindeutig mehr Sympathie und Vertrauen zum eigenen Bundesland vorhanden als zum Bund. So etwas ist in einer Demokratie zu respektieren, sofern nicht gravierende Gründe dagegen sprechen. Beispielsweise Landesverteidigung macht nur österreichweit einen Sinn (eigentlich ja überhaupt nur EU-weit; aber das, was wirklich wichtig ist, schafft die EU ja nicht).
Überdies hat Claudia Schmied mit ihrer blamabel gescheiterten Schulpolitik, die nur von Ideologie statt Bildungserfordernissen getrieben war, fast jedes Vertrauen in die Bundeskompetenz bei der Bildung zerstört. In dieser Zeit hat sich die Meinung rapid verbreitet: Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden.
Erst jetzt zeigt die gerichtliche Aufarbeitung (an der Wiener Staatsanwaltschaft vorbei), wie sehr die für sich selbst in peinlicher Weise „Grandezza“ in Anspruch nehmende Frau ständig Recht gebrochen hat: Vom fix bestellten Direktor der Tiroler Pädagogischen Hochschule bis zu den Leitern des Bildungsinstituts bifie hat sie Menschen zu Unrecht gefeuert. Die Entschädigungen dafür werden am Ende sehr teuer kommen – die Steuerzahler, nicht Schmied.
Dabei hatte bei ihr ein falscher Satz in einem Interview genügt, und schon war der Betreffende seinen Posten los. Wie soll man da junge Menschen zur Zivilcourage und eigenen Meinung erziehen können, wenn die oberste Bildungschefin sich so verhält? Schmied hatte im ganzen Schulbereich die Überzeugung geschaffen: So brutal wie bei ihr geht es nicht einmal bei Erwin Pröll oder Michael Häupl zu (höchstens im Burgenland, aber das ist ein wenig zu unbedeutend).
Interessant ist, dass auch in Deutschland die Schulen verfassungsrechtlich Ländersache sind. Was dort ganz überwiegend als positiv bewertet wird. Freilich muss korrekter Weise hinzugefügt werden, dass die deutschen Bundesländer mehrheitlich deutlich größer sind als die österreichischen.
Damit sind wir beim Verfassungsrecht gelandet. Dieses ist in Wahrheit der Hauptgrund, warum der ganze Schul-Deal voraussichtlich doch scheitern dürfte, unabhängig von allen Vor- und Nachteilen. Denn er braucht mit Sicherheit eine Verfassungsänderung, egal wie er im Detail aussieht. Es ist aber unwahrscheinlich, dass eine der Oppositionsparteien Interesse an einem Mitziehen haben wird. Sind doch seit dem blau-orangen Selbstmord in Kärnten die Landeshauptleute wieder eine uneinnehmbare schwarz-rote Festung geworden.
Daher müsste sich die Koalition die Zustimmung von Oppositionsparteien für die notwendige Zweidrittelmehrheit teuer erkaufen. Jede von ihnen würde wohl einen zu hohen Kaufpreis für ein Mitstimmen verlangen. Überdies kommen gemäß den neuen Mehrheitsverhältnissen im Parlament schon rein zahlenmäßig ohnedies nur FPÖ oder (ganz knapp) die Grünen als Zweidrittelbringer in Frage. Auch daher scheint ein Scheitern eines Projekts, das hinter rot-schwarzen Polstertüren und an ebenso gefärbten Heurigentischen ausgebrütet worden ist, so gut wie sicher. Und die Grünen sind überdies die geborenen Zentralisten, also für Subsidiarität nicht zu haben.
Aber auch ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger wird innerlich nicht sonderlich interessiert sein, für dieses Projekt Konzessionen zu machen. Denn für ihn selber ist ja die persönliche Perspektive an der Verländerung besonders peinlich: Der Schul-Deal wird reihum als Projekt Faymann-Pröll verkauft werden. Pröll wäre also bei einem Erfolg endgültig als der starke schwarze Übermann einzementiert, Spindelegger hingegen nur noch als Marionette. Diese Optik kann nicht in seinem Interesse liegen.
Außerdem werden mit Sicherheit einige VP-nahe Wirtschaftskreise dagegen intrigieren. Hängen diese doch teilweise an den Drähten der Androsch-Maschinerie. Auch vor dem Zorn der Wirtschaft fürchtet sich Spindelegger, die ja immer wieder mit einer eigenen Partei spekuliert..
Was aber bedeutet dieses Projekt für die Schulen, die Schüler, den Bildungserfolg, um die es in Wahrheit immer gehen sollte? Ganz sicher nicht die Katastrophe, als die eine Verländerung von der ideologischen Linken dargestellt wird.
Eine der sich in Medien noch herumtreibenden Schmied-Propagandistinnen faselt zwar wie immer, wenn den Linken gar nichts mehr einfällt, von „wissenschaftlicher Evidenz“, die gegen eine Verländerung spräche. Sie kann aber in Wahrheit keine konkrete Evidenz anführen. Ihr fällt lediglich ein, dass bei einem Bundeslandwechsel eines Lehrers die Anrechnung von Vordienstzeiten ein Problem wäre. Das ist aber ein Problem von so untergeordneter Größenordnung, dass es bei konstruktiven Sozialpartnergesprächen in der Kaffeepause gelöst werden könnte.
Die Verländerung wäre jedenfalls ein Schritt hin zur Subsidiarität, also zu der von Europa angefangen dringend notwendigen Kompetenz-Verlagerung nach unten. Subsidiarität wird von der Politik – angefangen bei der EU – auch immer wieder beschworen, beschlossen wird aber fast immer das Gegenteil.
Wie man in Deutschland sieht, bedeutet die Landeskompetenz sogar einen fruchtbaren Wettbewerb (der triumphale Siege der Länder mit gegliedertem Schulwesen über jene Länder gebracht hat, die linken Gesamtschulpropagandisten aufgesessen sind).
Aber bedeutet eine Verländerung nicht einen parteipolitischen Durchgriff der im Land dominierenden Partei auf die Schulen und insbesondere Direktorenbesetzung? So werden viele manche fragen. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen, lautet die Antwort: Ja. Es wird diesbezüglich zwar nichts schlechter, aber auch nicht besser.
Genau das befürchtete Gleichbleiben dieser Rahmenbedingungen ist daher auch die eigentliche Crux des ganzen Projekts. Denn eigentlich müsste es dringendst darum gehen, weniger den Ländern, sondern vor allem den Schulen selbst mehr Kompetenz zu geben. Also Eltern und Lehrern, aber auch den älteren Schülern. Aber diesbezüglich hört man gar nichts von der Koalition.
Solange die Schulpartner nicht selbst bestimmen, wer Direktor wird, solange sie nicht zumindest ein absolutes Vetorecht gegen Bestellungen von oben haben, wird immer die Politik entscheiden. Alle „Objektivierungen“ haben sich ja weitgehend als Farce erwiesen. Mindestens genauso wichtig wäre es, dass endlich in den Schulen selbst ganz autonom das Schulmodell und der Typus, der inhaltliche und der pädagogische Schwerpunkt entschieden werden.
Nur dort weiß man, was nachgefragt wird, was zum Niveau von Schülern und Lehrern passt. Nur bei autonomen Entscheidungen kann die Motivation aller Beteiligten gestärkt werden. Nur so begreifen die Eltern wieder mehr ihre Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder, die man eben nicht wie ein Auto in einer Servicewerkstatt abgeben und dann repariert abholen kann. Nur so können lächerliche Dinge wie das Haslauer-Modell aus der Welt geschafft werden, der am grünen Politikertisch von oben dekretieren will, dass 80 Prozent der Schulen Zwangsgesamtschulen sein müssen.
All das lässt sich am einfachsten und sinnvollsten mit einem Voucher-System realisieren. In diesem bekommen alle Eltern selbst für ein Kind einen staatlichen Bildungs-Gutschein in die Hand, egal ob vom Bund oder Land,. Den können sie in jeder Schule ihrer Wahl, in öffentlichen wie privaten einlösen. Davon müssen sich dann die Schulen finanzieren. Wichtig ist nur, dass die Schule entscheiden muss, ob das Kind die dortigen Zulassungskriterien erfüllt.
Dabei sollte man für bildungsbenachteiligte Kinder einen beispielsweise zehnprozentigen Bonus geben. Ansonsten müsste es dann nur noch aus einem einzigen Grund zusätzlich Geld geben: Wenn sich eine Schule besonders auf die (teuren, aber dringend benötigten) technischen und naturwissenschaftlichen Fächer spezialisiert.
Der Bund hat in einem wirklich funktionierenden Schulsystem nur noch eine – freilich ganz wichtige – Aufgabe: Er muss extern und objektiv alle zwei oder vier Jahre die Bildungsstandards messen lassen. Und er muss die Ergebnisse dieser Messung komplett transparent machen, also auch das Ergebnis jeder einzelnen Schule veröffentlichen.
Das wird – auch wenns manche Lehrer ärgert – Druck auf die Schulen ausüben, gut und zielorientiert zu unterrichten. Das wird auch einen gesunden Wettbewerb auslösen. Nach diesen Daten können sich dann auch Arbeitgeber orientieren, die ja derzeit immer öfter mit Absolventen von Schulen (aller Art) konfrontiert werden, die all die Dinge halt nicht können, die sie laut Zeugnis eigentlich beherrschen sollten.
Also in Summe: Nichts gegen die Verländerung. Aber den wirklichen Fortschritt wird sie nicht bringen, solange man all die angesprochenen Punkte nicht angeht. Wonach es aber nicht aussieht.
Die Wiener Staatsanwaltschaft wird täglich mehr zum zentralen Problemfeld der Republik und des Rechtsstaats. Jetzt wurde bekannt, dass sie mit voller Breitseite gleich gegen die ganze ÖVP losgeht. Und dies nur drei Wochen, nachdem sie die Herren Faymann und Ostermayer trotz extrem gravierender Vorwürfe und Beweise vor einem öffentlichen Strafverfahren und damit auch den öffentlichen Aussagen aller Belastungszeugen unter Wahrheitspflicht bewahrt hat.
In dieser Staatsanwaltschaft hat man offenbar wirklich keinen Genierer mehr. Die Wiener Staatsanwälte begehen dabei auch noch schwerste handwerkliche Fehler: So wissen sie offenbar nicht einmal, dass Reinhold Lopatka im Wahlkampf 2008 längst nicht mehr ÖVP-Generalsekretär gewesen ist, sondern ein Mann namens Hannes Missethon.
Der ist zwar auch ein Steirer, aber sonst haben die beiden nicht viel gemein. Braucht ein strammer Wiener Staatsanwalt solche Kleinigkeiten eh nicht auseinanderhalten zu können, solange es nur gegen einen Schwarzen, Blauen oder Orangen geht?
Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist auch jedem Verdacht gegen bürgerliche Parteien und Politiker ordentlich und konsequent nachzugehen. Aber es ist wohl schon ein wenig gravierender, wenn der Infrastrukturminister Faymann die Vorstände von Staatsbetrieben unter Druck setzt, seine Inserate zu bezahlen, als wenn die Telekom ganz ohne Druck alle möglichen Politiker schmiert, damit sie ihr wohlgesonnen sind. Natürlich immer mutmaßlich. Im Fall Faymann sind die Beweise noch dazu viel dichter.
Keine Frage: Grauslich und widerlich ist alles. Aber man sollte schon beim Allergrauslichsten beginnen! Und man sollte schon das Gefühl haben, dass das, was diese Wiener Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft tut, noch irgendetwas mit Gerechtigkeit zu tun hat. Und dieses Gefühl geht eben keineswegs nur wegen des Lopatka-Missethon-Patzers verloren.
Wie grauslich es rund um Faymanns Bestechungsinserate auf Kosten von ÖBB und Asfinag ausschaut, kann man inzwischen nämlich auch daran sehen, dass noch immer keine Begründung für die Einstellung dieses Verfahrens bekanntgemacht worden ist. Obwohl der Öffentlichkeit diese Begründung schon vor Wochen versprochen worden ist! Das drängt den ungeheuerlichen Verdacht auf: Der Beschluss, nichts gegen die Genossen Faymann und Ostermayer zu unternehmen, ist offensichtlich schon lange festgestanden, bevor man genau gewusst hat, warum man zu diesem Beschluss kommt.
Aber ich helfe gerne mit einem guten Rat aus: Man könnte doch gleich jene SPÖ-nahe Rechtsanwaltskanzlei, die ihre Unterlagen seltsamerweise in Luxemburg zu verstecken pflegt, und von der schon ein halbes Dutzend Juristen in die Staatsanwaltschaft gewechselt ist, bitten, eine Begründung für diese Einstellung zu formulieren.
PS: Ein hochrangiger Justizexperte machte mich dieser Tage auch darauf aufmerksam, dass es immer nur im Wiener Bereich und immer nur bei Vorwürfen gegen bürgerliche Politiker der Fall ist, dass „ganz zufällig“ ständig Geheimakten den Weg in die Medien finden. Will jetzt jemand gar durch das Verfahren gegen die ÖVP Überlegungen des Ministeriums einen Schuss vor den Bug setzen, diesen ständigen Geheimnisverrat einmal gründlich durch eine CSI-StA zu untersuchen?
So peinlich wie diesmal haben sich Heinz Fischers außenpolitische Sympathien wohl noch nie erwiesen.
Der Bundespräsident hat den von fast allen anständigen Staaten geschnittenen ukrainischen Staatschef Viktor Janukowitsch ganz offiziell in Wien empfangen. Nur Stunden davor hat die Janukowitsch nahe stehende ukrainische Parlamentsmehrheit brutal die international schon ausgehandelte Freilassung der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko abgelehnt; diese ist die prominenteste politische Gefangene des ukrainischen Regimes (ihre gesundheitlichen Probleme sind ja nur eine Randaspekt der ukrainischen Diktatur). Provozierender und frecher könnte die ukrainische Seite die Dinge gar nicht zusammenfallen lassen. Peinlicher und beschämender könnte die Entwicklung auf der anderen Seite für Heinz Fischer gar nicht sein. Dabei hatte sich der langjährige Verehrer der nordkoreanischen und kubanischen Diktaturen ja in letzter Zeit als Bergwanderer und Hofburg-Beamter selbst zu verharmlosen versucht. Dabei hat auch die EU bei den Gesprächen über Timoschenkos Freilassung der Ukraine ohnedies schon viel zu viele Konzessionen gemacht, die im Grund auf einen Menschenhandel hinausliefen.
Hinten und vorne geht dieser Republik das Geld aus. Zugleich aber wird immer mehr davon beim Fenster hinausgeworfen. Wie etwa für die Linzer Medizin. Deren Absurdität ist nun durch eine große OECD-Analyse der Gesundheitspolitik aller Industrieländer endgültig offengelegt worden.
Während die Familien brutal ausgehungert werden und es seit 1999 nicht einmal mehr eine Inflationsanpassung der Familienbeihilfe gibt, hat diese Koalition beschlossen, in Linz eine komplett neue Medizin-Universität zu bauen. Als Argument wird ständig ein drohender Ärztemangel genannt. Damit nur ja nicht der katastrophale Geldmangel dieses Projekt noch abdreht, hat die ÖVP gleich Josef Pühringer, den Chef-Lobbyisten dieser neuen Medizinerausbildung, zum finanziellen Chefverhandler bei den Koalitionsgesprächen gemacht.
Der kann dann dort ungehindert das Geld für sich sichern. Auf Kosten der Familien, die dem ehemaligen Religionslehrer und nunmehrigen „Bildungsexperten“ offensichtlich völlig wurscht sind.
Und ausgerechnet in dieser Phase platzt die große OECD-Gesundheitsstudie herein. Blöd gelaufen. Die OECD zeigt, dass im Vergleich aller Industrieländer – also weit über die EU hinaus – Österreich bei den Zahlen der Absolventen eines Medizinstudiums an der absoluten Spitze liegt. In Österreich absolvieren fast doppelt so viele junge Menschen das teure Medizinstudium wie im OECD-Schnitt. Es ist also eine absolute Frechheit, ja eine neuerliche Lüge dieser Koalition, wenn sie uns dennoch – trotz aller „plötzlich“ entdeckten Löcher – noch mehr Geld für die Ausbildung von noch viel mehr Medizinstudenten abknöpft.
Für eine Sicherung ausreichender Ärzte-Zahlen wären zwei ganz andere Ursachen zu bekämpfen: die skandalöse Bezahlung junger Mediziner in Krankenhäusern und die schlechte Honorierung von Allgemeinmedizinern durch die staatliche Sozialversicherung; diese zahlt für viele Leistungen bloß noch ein Trinkgeld, das man sonst in dieser Höhe nur einem Kellner gibt. Beides treibt viele – auch österreichische – Jungmediziner rasch ins Ausland.
Bei diesen beiden Problemkreisen wäre dringend der Hebel anzusetzen und nicht bei der universitären Ausbildung. Das Linzer Projekt führt nur zu dreierlei:
Diese OECD-Daten entlarven endgültig die völlige Unfähigkeit der politischen Machtelite zu sinnvollen Maßnahmen. Statt mutig auf Linz zu verzichten, werden die Minister Töchterle und Fekter eiskalt entsorgt. Offenbar weil sie da nicht gleich begeistert mitgespielt haben.
Alois Durnwalder nimmt einen überschatteten Abschied von der Südtiroler Landespolitik. An seinem Bild zeigen sich jetzt deutliche Kratzer. Dabei hat Durnwalder Südtirol ebenso seinen Stempel aufgedrückt wie Silvius Magnago, der „Vater der Autonomie“.
Magnago war noch länger Vorsitzender der Südtiroler Volkspartei – nämlich von 1957 bis 1991 – denn Landeshauptmann (1960-1989) der Provinz Bozen-Südtirol. Durnwalder hingegen lehnte die SVP-Obmannschaft ab und regierte das südliche Tirol „nur“ als Landeshauptmann von 1989 bis in unsere Tage. Wenn sein präsumtiver Nachfolger Arno Kompatscher (voraussichtlich) am 10. Jänner vom Südtiroler Landtag gewählt wird, tritt Durnwalder eigenem Bekunden zufolge gänzlich von der landespolitischen Bühne ab, auf der er dann gut vier Jahrzehnte gewirkt haben wird, davon 25 Jahre als Landeshauptmann.
Das Erringen der Autonomie des Landes, die Sicherung von Selbstverwaltungsstrukturen, die Verwirklichung der Gleichstellung von deutscher und italienischer Sprache sowie des muttersprachlichen Unterrichts, somit der kulturellen Selbstbehauptung der Südtiroler, haben die Ära Magnago völlig beansprucht und ausgefüllt. In dem Vierteljahrhundert, in dem „der Landesluis“ die Geschicke in der Hand hielt, ging es hingegen um die Festigung des Erzielten sowie um dessen systematische Ausweitung. Das ist Durnwalder mit der ihm eigenen „stiernackigen Art“ – so der frühere Tiroler Landtagspräsident Helmuth Mader – mit allgegenwärtiger Präsenz und jener Durchsetzungsfähigkeit gelungen, die es braucht, um tatsächlich erfolgreich Politik zu machen.
Nie zuvor ist es den Südtirolern besser gegangen als unter Durnwalders aufgekrempelten Ärmeln. Nie zuvor kümmerte sich jemand so sehr persönlich um Anliegen von Petenten, die Durnwalder frühmorgens zwischen sechs und acht Uhr zu empfangen pflegte. Was ihm zu Spitzenzeiten bei Wahlen 120.000 Vorzugsstimmen eintrug; was ihm aber auch den Vorwurf einbrachte, sein Gebaren sei „landesfürstlich“.
Niemals war die Dominanz eines Südtiroler Politikers so ausgeprägt wie jene Durnwalders, nie zuvor gab es allerdings auch Skandale wie in der Endphase seiner Regierungszeit, die davon merklich getrübt wurde – etwas was unter dem asketischen Magnago unvorstellbar gewesen wäre. Weshalb die Verleihung der höchsten Auszeichnung des Bundeslandes Tirol an Tiroler diesseits und jenseits des Brenners, seines „Ehrenrings“ nämlich, an Durnwalder soeben just von der Anklageerhebung gegen ihn überschattet gewesen ist.
Das verfinsterte den Himmel über dem Innsbrucker Landhaus. Dort fand die Verleihung durch Landeshauptmann Günther Platter und Landtagspräsident Herwig Van Staa im Rahmen eines Festakts statt, bei der auch die ehemaligen Landeshauptleute Alois Partl und Wendelin Weingartner sowie die gesamte Tiroler Landesregierung und die Abgeordneten des Landtags zugegen waren. Wider Platters zutreffende Laudatio, wonach Durnwalder „die Eigenschaften Hausverstand, Bodenständigkeit und Durchsetzungsvermögen“ in sich vereine und „stets Gesamttirol im Blick gehabt“ habe, nimmt sich der Abschluss der Ermittlungen des Leitenden Bozener Staatsanwalts Guido Rispoli wie eine Kontradiktion aus. Es sind harte Vorwürfe, die zur förmlichen Anklageerhebung führen sollen. Sie treffen Durnwalder sichtlich. Wenngleich er darauf beharrt, nichts anderes als andere und also nichts Ungesetzliches getan zu haben.
Konkret wirft ihm Rispoli „Unterschlagung im Amt“ und „illegale Parteienfinanzierung“ vor. Unter anderem soll Durnwalder „zugunsten einer politisch-organisatorischen Gruppierung der SVP“, d.h. ihrem Jugendverband „Junge Generation“ (JG), aus seinem Sonderfonds „Finanzierungen bzw. Beiträge ausgeschüttet“ haben. Durnwalder hält dagegen, dabei habe es sich „lediglich um Getränke-Rechnungen im Zusammenhang mit meiner Vortragstätigkeit bei der JG gehandelt“.
Weitere Vorhalte Rispolis betreffen „Zuwendungen bzw. Einkäufe, die aus dem Sonderfonds bestritten wurden“. Durnwalder habe die Ausgaben nur durch formlose Eigenbescheinigungen gerechtfertigt, statt sich „zum Zeitpunkt der Übergabe eine entsprechende, nachprüfbare Bescheinigung der Nutznießer ausstellen zu lassen“. Zudem sollen Spenden und Schenkungen nicht eng mit der Ausübung der Funktion als Landeshauptmann verbunden gewesen sein. Dazu zählen Schecks für Maturabälle, Spenden für das Rote Kreuz, für „Ärzte für die Dritte Welt“, für Feiern oder Trinkgelder.
Dem hält Durnwalder entgegen, dass jede Ausgabe bzw. Spende in Ausübung seines Amtes und mittels Eigenerklärung gerechtfertigt gewesen sei: „Ich kann schlecht von einem Kind, das ein Gedicht aufgesagt hat, eine Rechnung verlangen". „Ich habe alles so gemacht, wie es schon die letzten 50 Jahre gemacht worden ist". Und: „Ich habe das Gefühl, man möchte hier nur zeigen, dass in Südtirol bei der Verwaltung italienische Verhältnisse vorherrschen." Dabei habe er alle Ausgaben stets genau aufgeschrieben, sagte er gegenüber der APA.
Erstmals war das italienische Delikt „Amtsunterschlagung“ gegenüber Durnwalder vom Staatsanwalt des zuständigen Rechnungshofs Anfang 2013 ins Spiel gebracht und sodann von Rispoli, der das Verfahren an sich zog, übernommen worden.
Losgetreten worden war der „Fall Sonderfonds“, als der Rechnungshof nach der üppigen Feier des Landeshauptmanns auf Schloss Tirol (24. September 2011) aus Anlass seines 70. Geburtstags Ermittlungen einleitete und sämtliche Unterlagen über die Verwendung des Sonderfonds überprüfte. Die in Durnwalders Büros seinerzeit beschlagnahmten Akten – derlei kam erstmals am Sitz eines Südtiroler Landeshauptmanns vor – wurden sodann an den Leitenden Staatsanwalt übermittelt.
Beanstandet wurden ursprünglich Ausgaben in Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Euro zwischen 1994 und 2012. Schließlich reduzierten sich Zeitraum und Summe: Insgesamt habe Durnwalder von 2004 bis 2012 einen finanziellen Schaden von 556.189,65 Euro verursacht. Bei insgesamt 3189 Ausgabenposten ist der Staatsanwalt überzeugt, dass sie entweder nicht rechtskonform belegt worden seien oder mit Durnwalders Amt nichts zu tun hätten. Darunter finden sich etliche Restaurant- und Bar-Rechungen, Einkäufe von Obst, Joghurt, Mehlspeisen, Zahnstochern, Getränken oder für die Kaffeepause der Landesregierung.
Ebenso auf der Liste stehen Einkäufe wie Geschirrspülmittel, Taschentücher, Sonnencreme, Blumendünger, beispielsweise die Vergütung einer Essensrechnung in Moskau (570 Euro), Karten für die Arena von Verona (900 Euro), ein Fernrohr für seinen Stellvertreter, Landesrat Florian Mussner (500 Euro), ein Geschenk für (den damaligen Landesrat und jetzigen Senator) Hans Berger (500 Euro) und dergleichen mehr.
Schließlich beanstandet der Staatsanwalt noch Beträge, die ausdrücklich zur Bestreitung privater Ausgaben verwendet und mit persönlichen Guthaben auf den Durnwalderschen Sonderfonds (jährlich 72.000 Euro) verrechnet bzw. kompensiert worden seien – im Ausmaß von insgesamt 180.731,92 Euro. Dazu gehören etwa Ausgaben für Auto- und Fernsehsteuer, private Flugtickets, Versicherungen und Mitgliedsbeiträge. Diese Sonderfonds-Mittel, so der Rechnungshof, seien vielfach für unzulässige Zwecke wie Geschenke, Eintrittskarten oder Arzneimittel ausgegeben worden – ein Vorwurf, den Durnwalder bestreitet: Er habe aus seiner eigenen Brieftasche Ausgaben vorgestreckt; am Monatsende seien sie mit dem Sonderfonds verrechnet worden.
Das Südtiroler Landesgesetz zum Sonderfonds legt nicht fest, wie die Gelder verwendet werden sollen bzw. dürfen. Deshalb stützen sich die Verdachtsmomente der Staatsanwaltschaft vornehmlich auf einen Präzedenzfall.
Den Ex-Präsidenten der Region Sizilien, Giuseppe Drago und Giuseppe Provenzano, wurde vorgeworfen, sich aus ihrem Sonderfonds bedient zu haben, ohne die Zahlungen zu begründen bzw. zu belegen. Drago erklärte damals, er habe das Geld entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ausgegeben, er sei nicht verpflichtet gewesen, Belege beizubringen. Das Gericht verurteilte ihn aber zu drei Jahren und acht Monaten Haft, und nach seinem Einspruch bestätigte das Kassationsgericht in Rom, die höchste Instanz, 2009 das Urteil der Erstinstanz.
Unterschlagung im Amt liege vor, wenn keine „ausführliche, synchrone und nachprüfbare Angabe“ erbracht werden könne, wonach die Verwendung des Geldes strikt mit der institutionellen Ausübung der Funktion verbunden ist, so die Höchstrichter. Und justament ein derartiger Verstoß wird auch dem Südtiroler Landeshauptmann zur Last gelegt.
Für seinen Anwalt Gerhard Brandstätter „ein Riesen-Missverständis“. Man werde die Rechtmäßigkeit aller aus Durnwalders Sonderfonds bestrittenen Ausgaben anhand von Dokumenten und Schriftsätzen belegen. Auch ist Brandstätter überzeugt, dass der Kassationsentscheid, auf den sich Rispoli beruft, nicht auf die Causa Durnwalder angewandt werden könne. „Das sind ganz andere Voraussetzungen: Der Landeshauptmann hat nicht einen Cent veruntreut, während es beim Urteil von Palermo um die private Verwendung öffentlicher Gelder ging.“
Rispolis von publizistischem Getöse begleitetes Vorgehen gegen Durnwalder, den über zweieinhalb Jahrzehnte mächtigsten Mann Südtirols, ist indes nicht unpopulär. Zumal da die Botschaft lautet: Seht her, wir ermitteln gegen jeden, gleich welchen Ranges, Amtes oder Standes.
25 Jahre Durnwalder haben Spuren hinterlassen, im Land wie in der Partei, die es seit 1948 regiert. So volksnah Durnwalder seine Politik auch gestalten und verkörpern mochte, die SVP verlor in den letzten beiden Legislaturperioden seiner Amtszeit ihre Basisnähe und insgesamt 10 Prozentpunkte ihres vorherigen Stimmenpotentials.
Die Führung des Landes hatte sich mehr und mehr auf ihn konzentriert, und es war eine Art Personenkult unseligen Angedenkens entstanden. Um den Landeshauptmann herum gesellte sich ein Machtzirkel, Nepotismus und Günstlingswirtschaft paarten sich mit unübersehbarer Großmannssucht.
Spätestens mit dem Skandal um den landeseigenen Energieversorger SEL AG wurde dies vor zwei Jahren offenkundig. Die Betrugsaffäre, die den zuständigen Landesrat Michl Laimer zum Rücktritt zwang, musste auch Durnwalder belasten, ohne den in der Südtiroler Politik seit 1989 nichts lief. Michl Laimer musste nicht nur seinen Hut nehmen, er wurde auch rechtskräftig verurteilt.
Immer öfter tauchte seitdem in den Medien die Metapher „System Durnwalder" auf. Nur Naive glaubten seinen Worten, wonach er von der Affäre rund um die Vergabe von Kraftwerkskonzessionen nichts gewusst habe. Selbst wenn dies der Wahrheit entsprochen hätte, so muss er dennoch die politische Verantwortung dafür tragen, was Durnwalder trotzdem in Abrede stellte. „Menschlich, allzu menschlich“ hätte Dichterfürst Goethe für den „Südtiroler Landesfürsten“ entschuldigend parat gehabt, dem selbst „Der Spiegel“, sonst für das publizistische Unterminieren politischer Denkmäler bekannt, eine zwar in wenige kritische Untertöne verpackte, aber alles in allem sympathische Titelgeschichte lieferte, auf die Durnwalder seinerzeit gerne hinwies.
SEL-Affäre und Causa Sonderfonds trüben das Bild vom beliebten Tatmenschen Durnwalder indes umso mehr, als es ihm den „honorigen Abgang“ vergällt. Der wäre ihm sonst aufgrund seiner nicht zu bestreitenden Leistungen – das sei hier ausdrücklich anerkannt – zugestanden.
Durchaus auch selbstkritisch hatte sich der scheidende Landeshauptmann in seiner letzten Haushaltsrede am 6. Dezember 2012 im Südtiroler Landtag geäußert und dabei zwei maßgebliche Punkte erwähnt. Bezüglich der Autonomie des Landes befand er, sie sei vier Jahrzehnte nach Inkrafttreten des „Zweiten Statuts“ (1972) „nicht gestärkt, sondern geschwächt“: „Wir hier in Südtirol haben der Autonomie nicht den nötigen Respekt erwiesen, haben sie nach außen hin zwar mit Zähnen und Klauen verteidigt, ihr aber von innen Schaden zugefügt, indem wir an ihren Fundamenten gerüttelt haben". Diese Fundamente seien nämlich „nicht nur der Pariser Vertrag und das Autonomiestatut“, sondern sie hießen „auch Ehrlichkeit, Rechtsstaatlichkeit, Moral, Transparenz, Offenheit, Engagement und Hingabe“.
Und in Bezug auf die „Strom-Affäre“ äußerte er: „Wenn sich der Bürger nicht mehr darauf verlassen kann, dass alle Gesetze eingehalten und alle Zweifel ausgeschlossen werden, dann hat er allen Grund, die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und – grundsätzlicher – mit seinen Repräsentanten unzufrieden zu sein." Nichts anderes taten die Bürger am 27. Oktober 2013 – sie ließen seine Partei, die SVP, mit dem Verlust der absoluten Mehrheit der Sitze im Bozener Landhaus aus der Landtagswahl hervorgehen.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
Unbemerkt von der Öffentlichkeit und ungestört von der Politik sind seit etwa zwei Jahren die Gebietskrankenkassen dabei, Jobs zu killen, Unternehmen und Wertschöpfung aus Österreich zu vertreiben. Das ist Ergebnis ihrer Jagd auf (freiwillig!) freie Dienstnehmer und sogar gewerberechtliche Unternehmer, welche die Kassa zwangsweise zu Angestellten macht. Dabei haben die Betroffenen durchaus Steuer und Sozialversicherung gezahlt, nur halt bei der Selbständigen-Versicherung. Die Folgen: Immer mehr Firmen wandern ab, sperren zu oder vergeben Aufträge ins Ausland.
Der Schaden wird von Monat zu Monat größer. Aber die unternehmerfeindlichen Arbeitsgerichte machen der Gebietskrankenkasse die Mauer. Und die Wirtschaftskammer wie die SVA (bei der die Menschen vorher versichert waren) können nur ohnmächtig protestieren. Denn die SPÖ hat ihnen bisher sogar Parteistellung in diesen Verfahren verweigert.
Auch „prüfende“ Finanzbeamte spielen bei dieser Menschenjagd mit. Die Gebietskrankenkassen haben offensichtlich zwei Motive: Sie wollen erstens im Konkurrenzkampf der Sozialversicherungen besser dastehen – und zweitens können die Genossen von der Gewerkschaft dann diese Menschen als Mitglieder akquirieren.
Erbitterten Zorn gegen diese Praktik hört man etwa von Marktforschern, deren Interviewer nun teure Angestellte sein sollen. Da geht es meist um Studenten oder Hausfrauen, die in den Abendstunden ein wenig dazuverdienen. Zugleich haben die Marktforscher naturgemäß sehr unterschiedlichen Auftragsanfall. Aber das begreift ein dick und fett abgesicherter GKK-Beamter halt nicht. Ergebnis: Die Meinungsforscher beschäftigen angesichts des GKK-Terrors nun oft Interviewer jenseits der Republiksgrenzen. Wohin dann auch die Wertschöpfung wandert.
Ganz ähnliches spielt sich im IT-Bereich und bei Skilehrern ab. Ergebnis: IT-Aufträge wandern ab. Und in Vorarlberg sperren Skischulen zu, weil sie keine Skilehrer mehr finden beziehungsweise zahlen können. Selbst winzige Firmen werden ruiniert: etwa die kleine Nachrichtenagentur Central European News, die aus Wien englische Zeitungen mit Stories aus ganz Mittel- und Osteuropa versorgt. Sie wandert nun Richtung Osten ab. Eine Salzburger Vertriebsfirma ist nach Deutschland übersiedelt: Sie hatte in ganz Österreich 200 selbständige Vertreter beschäftigt – die nun von der Gebietskrankenkasse zu Arbeitnehmern gezwungen werden sollten.
Besonders skandalös: Diese Jagd macht sogar Gewerbeschein-Besitzer zu Angestellten. Und sie ist mit oft horrenden Forderungen verbunden, die bis zu fünf Jahre zurückreichen. Noch skandalöser ist das, was einem sowohl WKO-Funktionären wie mehreren Unternehmen zuraunen: Firmen, die sich im linken Sinne brav verhalten, werden verschont. Also wenn sie sogenannte Frauenförderungspläne veröffentlichen und mit der Gewerkschaft kooperieren . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
40.512 Euro muss Österreich Strafe zahlen. Täglich. Wir haben‘s ja.
Der Grund: mangelhafte Umsetzung der EU-Richtlinie über Erneuerbare Energiequellen. Offenbar sind der EU-Kommission die unzähligen Windmühlen noch lange nicht genug, welche Österreich verschandeln; und auch nicht die (Papier- und Nahrungsmittelpreise-treibenden) Biomasseanlagen; und auch nicht der Kollaps des Güssinger „Modells“; und auch nicht die zahlreichen (rechnerisch in unserem Klima völlig ineffizienten) Solarpaneele auf neuen wie alten Häusern. Tut nichts, Österreich wird bestraft. Dabei liegt der Anteil erneuerbarer Quellen am Energieverbrauch in Österreich an fünfter Stelle unter allen EU-Ländern. Und er ist mehr als doppelt so hoch wie im EU-Schnitt. Tut nichts, Österreich wird bestraft. Eigentlich muss man noch mehr als der EU-Kommission der heimischen Politik zürnen, den Textern einschlägiger Parlamentsresolutionen (aus allen Parteien!), den jeweiligen Umweltministern und deren Beamten, die Österreich immer auf besonders ehrgeizige Ziele verpflichtet haben. Sie wollten dadurch den Prügeln der diversen grünen Terrorvereine entgehen (die sie natürlich dennoch bekamen). Was wirklich zornig macht: Die Strafe für die Nichteinhaltung nichteinhaltbarer Selbstverpflichtungen zahlen nicht diese Schuldigen, sondern die Steuerzahler. Die sollten ihren Zorn daher nicht nur auf die EU richten, sondern – auch – auf Parteien und Minister, auf Beamte und Grünvereine.
Rund 400 Afrikaner sterben am 3. Oktober dieses Jahres vor der italienischen Insel Lampedusa beim Versuch, illegal in die EU einzureisen. Der tunesische Kapitän hatte vor der Küste den Kutter in Brand gesteckt. Das 20 Meter lange Boot kentert, ein Großteil der Passagiere ertrinkt.
Seit mehreren Wochen versuchen NGOs, linke Politiker und kirchliche Organisationen den Unglücksfall für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ihre Forderungen werden mit Hilfe der gleichgeschalteten politisch-korrekten Staats- und Mainstream-Medien flächendeckend in der EU verbreitet. Die Botschaft ist eindeutig. Europa und die Europäer sollen Grenzen und Geldtaschen noch weiter öffnen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch: „Wir dürfen Europa nicht als Festung ausbauen, in die keiner mehr hinein darf". Der UN-Sonderberichterstatter François Crepeau fordert den Ausbau der legalen Einwanderung, denn Europa müsse die „Vorstellung von Vielfalt und Multikulturalität" endlich akzeptieren. Die Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun: „Die rigide Abschottung Europas ist nicht nur kleinlich (…), sondern kostet jeden Tag Menschenleben.“
Wer nicht in den Chor der guten Menschen mit einstimmt, der ist Unmensch, Chauvinist, Nazi oder einfach dumm und herzlos. Schließlich gehöre Europa zu den reichsten Regionen der Welt, deshalb müsse man sich das doch schließlich leisten können, so das politisch-korrekte Mantra. Die Trennlinie zwischen gut und böse ist klar gezogen. In Österreich haben sich 14 Organisationen und dutzende Privatpersonen zum Bündnis „Gegen Unmenschlichkeit“ zusammengeschlossen. In dieser Initiative haben sich führende Gutmenschen versammelt, um ein Zeichen gegen diese Unmenschen – wie etwa gegen den Autor dieser Zeilen – zu setzen. Wer nicht für eine möglichst weite Öffnung der europäischen Grenzen eintritt, der trägt, nach Darstellung der selbsternannten moralischen Elite dieses Kontinents, (Mit)Schuld am Tod der Lampedusa-Flüchtlinge.
Es ist allerdings kein Zufall, dass jene, die so öffentlichkeitswirksam die „restriktiven“ Einwanderungsgesetze verdammen und eine möglichst unkontrollierte Einwanderung fordern, auch jene sind, die davon am meisten profitieren und am seltensten davon direkt und negativ betroffen sind. Der ständige Zustrom möglichst unqualifizierter und ungebildeter Migranten nach Europa ist für sehr viele dieser guten Menschen Lebensgrundlage, er sichert ihnen das Einkommen und die Stellung in der Gesellschaft. Er ist für sie vor allem eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Viele Gutmenschen nutzen die Not anderer, um ihr eigenes Leben zu finanzieren. Und wenn nicht genügend Hilfsbedürftige im eigenen Land aufzutreiben sind, dann muss man eben neue ins Land lassen.
Das Geschäftsmodell ist einfach. Die steuerzahlende Bevölkerung wird mit der Not und Armut anderer Menschen moralisch erpresst. Das funktioniert deshalb so gut, weil man mit Hilfe der (post)kolonialen und der nationalsozialistischen Vergangenheit der europäischen Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten einen veritablen Schuldkomplex eingepflanzt hat. Diese Geisteshaltung hat sich in den Köpfen festgefressen, sie ist für viele sogar ein wichtiger Bestandteil ihrer Identität und ihres Selbstverständnisses. Daraus hat sich ein regelrechter Schuldkult und Schuldstolz entwickelt. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung ist fest davon überzeugt, dass Europa bzw. der Westen am Leid der Dritten Welt mehr oder weniger die alleinige Schuld trägt. Das ist zwar, vor allem auch dank der wachsenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Bedeutungslosigkeit Europas, etwas größenwahnsinnig, aber was solls, schließlich dient es ja der „guten Sache“.
„Wir“ – oder besser alle westlichen Nicht-Gutmenschen, sprich Unmenschen – sind es, die die Armut in Afrika und Asien zu verantworten haben. Europas Wohlstand beruht nicht in erster Linie auf Leistung, Erfindergeist, Fortschritt oder Innovation (all das, womit Gutmenschen recht wenig anfangen können), sondern auf der Ausbeutung der Dritten Welt. Das ist zwar nicht einmal die halbe Wahrheit, trotzdem wird dieses Ammenmärchen den Europäern Tag für Tag aufgetischt, in Aufrufen, Moralpredigten, Sonntagsreden, Appellen, Vorlesungen, Büchern, in Theaterstücken, Filmen, auf Plakaten und in Werbespots. Die Moralmafia, ein Netzwerk aus Politkern, Beamten, Wissenschaftern, Intellektuellen, Kirchen und NGOs leistet ganze Arbeit, um ihr Ziel zu erreichen. Der Bevölkerung unter dem Deckmantel der Menschlichkeit das Geld aus der Tasche zu ziehen und ein für ihre eigenen Interessen möglichst optimales politisches und gesellschaftliches Klima zu schaffen. Völlig ungeachtet der schlechten Wirtschaftslage, der bereits jetzt astronomisch hohen Steuersätze und der zunehmenden sozialen Spannungen.
Die Gelder, die über Steuern und Spenden eingetrieben werden, fließen in die mittlerweile riesige Asyl-, Einwanderungs- und Sozialindustrie mit ihren tausenden Arbeitsplätzen. Dieser Geschäftszweig braucht zum Überleben den ständigen Zustrom von möglichst ungebildeten und unqualifizierten Zuwanderern aus der Dritten Welt. So finden eine Unzahl an Betreuern, Sprachlehrern, Dolmetschern, Anwälten, Streetworkern, Integrationslehrern, Politkern, Psychologen, Supervisoren, Beamten, Projektleitern, Trainern , Mediatoren, Therapeuten, interkulturellen Coaches, Sozialpädagogen, Betreuern, etc. ihr Einkommen und ihre Daseinsberechtigung. Viele von ihnen wären ohne den ständigen Zustrom aus den armen Regionen Afrikas und Asiens selbst Sozialfälle.
Es ist also kein Zufall, dass das Bündnis „Gegen Unmenschlichkeit“ von Organisationen wie Amnesty International, Caritas, Asylkoordination Österreich, Diakonie, Zara, Ute Bock oder S.O.S. Mitmensch gegründet worden ist. Sie alle brauchen die importierte Not, damit der Strom an Spenden, Subventionen und sonstigen öffentlichen Zuwendungen nicht versiegt. Außerdem, wer will schon zu den Unmenschen gehören. Selbstverständlich geschieht das im Namen der Menschlichkeit, alles ganz selbstlos, denn, so ein billiger Marketingspruch der Moralmafia: „Kein Mensch ist illegal!“
Das wissen auch die Grünen. Was nicht verwundert, sind doch laut Zahlen des Politikwissenschaftlers Manfred Güllner (FORSA) die Hälfte der Grünen-Parteimitglieder in Deutschland im öffentlichen Dienst beschäftigt. Da sind die vielen, die in der staatsnahen Sozial-, Psycho- und Asylindustrie beschäftigt sind, noch gar nicht mitgerechnet. In Österreich ist es nicht viel anders. Diejenigen, die durch produktive Arbeit in der freien Marktwirtschaft jenes Geld verdienen, auf das Linke, Politiker, NGOs und Kirchen so scharf sind, wählen selten grün.
Doch in der rezenten europäischen Gesellschaft zählen nicht die Menschen, die den Wohlstand schaffen, zu den Guten, sondern jene, die das Geld von den Leistungsträgern einkassieren, einen Teil selbst behalten und den Rest umverteilen. Der Präsident der österreichischen Caritas verdient übrigens 3.800 Euro Netto im Monat (Stand 2010). Und als Sahnehäubchen obendrauf gibt es für engagierte Gutmenschen noch jede Menge Ehrungen, Preise und Auftritte in Funk und Fernsehen. Das ist doch viel lustiger als langweilige Maschinenteile zu entwerfen oder Stromleitungen zu verlegen. Unterstützt werden die Guten von den Journalisten. Auch sie wählen, wie mehrere Studien belegen, zu mehr als zwei Drittel links.
Es ist zynisch, wenn die Moral-Mafia alle jene, die für eine sinn- und verantwortungsvolle Einwanderungspolitik eintreten, für den Tod der Lampedusa-Flüchtlinge verantwortlich macht. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Gerade jene, die potentiellen Wirtschaftsflüchtlingen einreden, sie hätten ein „Recht“ in Europa zu leben und dies mit hohlen Slogans wie „No Borders“ oder „Kein Mensch ist illegal“ untermauern, animieren die unzähligen notleidenden Menschen in Afrika und Asien, ihr gesamtes Geld zusammenzukratzen, um sich mit Hilfe von kriminellen Organisationen nach Europa schleppen zu lassen.
Die Gutmenschen rufen einmal mehr: „Haltet den Dieb!“ Eine nahezu grenzenlose Union aus – im Vergleich zu Afrika – wohlhabenden Sozialstaaten hat angesichts der hunderten Millionen armer Menschen die rund um Europa leben eine nur sehr begrenzte Lebensdauer. Der Kollaps ist vorprogrammiert.
Klassische Einwanderungsländer wie die USA, Kanada oder Australien waren und sind leistungsorientiert, die Zuwanderer in diesen Ländern sind es damit zwangsläufig auch. Nicht so in Europa. Hier betreiben Politik und NGOs eine Negativauslese. Kluge Köpfe und Leistungswillige machen längst einen großen Bogen um die EU. Nicht das beste Zukunftskonzept. Der stetige Zustrom in die Sozialsysteme führt unweigerlich zum Zusammenbruch des Systems. Wer nach weit geöffneten Grenzen ruft oder der Einfachheit halber gleich „No Borders“ fordert, der zerstört den Wohlstand und die innere Sicherheit Europas.
Und wenn die Sozialtöpfe endlich leer und die letzten Reste der europäischen, sprich der deutschen, Industrie dank leistungsfeindlicher sozialistischer Politik international nicht mehr konkurrenzfähig sind, dann wird es zwangsläufig zu Umverteilungskämpfen, Unruhen, religiösen und ethnischen Konflikten kommen. Die Anzeichen für diese Entwicklungen sind ohnehin kaum noch zu übersehen. Während in China oder Südkorea Kinder täglich von früh bis spät zu schulischen Höchstleistungen angespornt werden, versuchen die Europäer gerade die Analphabetenrate mit untauglichen Mitteln wie etwa der Gesamtschule möglichst gering zu halten.
Die unzähligen Euro-Milliarden, mit denen Europa versucht, die Probleme der verfehlten Einwanderungspolitik oberflächlich zu kaschieren (eine Art Schutzgeld für den sozialen Frieden), werden anderswo in Forschung und Entwicklung investiert. Indien hat übrigens vor wenigen Tagen erfolgreich eine Mars-Mission gestartet. Die chinesische Wirtschaft wird in diesem Jahr um über sieben Prozent wachsen. Das ist zwar der schlechteste Wert seit über 20 Jahren, trotzdem kann Europa von solch astronomischen Zuwächsen nur noch träumen. Und eine Trendumkehr ist dank Politkern wie Hollande, Barroso und Co. auch nicht in Sicht. Sie sind lediglich die Profiteure und Verwalter des europäischen Niedergangs.
Denn trotz der gigantischen Umverteilung kommt es in französischen Vorstädten, in Großbritannien oder Schweden immer wieder zu Unruhen und Ausschreitungen. Die Folgen einer verfehlten Einwanderungspolitik. Und jetzt wollen die Gutmenschen die Lampedusa-Katastrophe zum Anlass nehmen, diese Probleme zu potenzieren.
Der Preis, den die europäischen Gesellschaften für die Meinungsdiktatur der Gutmenschen zu zahlen haben, ist ein sehr hoher. Am Ende will dann, wie schon einmal in der Geschichte, niemand von irgendetwas gewusst haben, obwohl hinter den Forderungen nach offenen Grenzen nicht nur ökonomisches Unverständnis und gutmenschliche Naivität stecken, sondern vielmehr politisches Kalkül. Joschka Fischer wollte einst Deutschland durch „Zustrom heterogenisieren, quasi verdünnen“. Für linke Strategen sind all die Notleidenden aus der Dritten Welt nur Figuren auf ihrem Schachbrett. Kirchliche Organisationen und andere gutmeinende Menschen lassen sich aus Dummheit, Opportunismus und Gefallsucht vor den Karren der linken Gesellschaftsingenieure spannen.
Es geht jedenfalls nicht um Menschlichkeit oder um eine bessere oder gar „gerechtere“ Welt. Denn dafür sind die Rezepte der Gutmenschen und Sozialisten völlig untauglich. Auch wenn Europa noch weitere Millionen an Wirtschaftsflüchtlingen in die EU lässt, die Bedingungen in Afrika werden dadurch um keinen Deut besser. Dambisa Moyo, eine Wirtschaftswissenschaftlerin aus Sambia: „Die Chinesen haben in zehn Jahren das erreicht, worin der Westen sechzig Jahre versagt hat. Sie haben eine Infrastruktur aufgebaut und weit über 100.000 Jobs geschaffen.“ Und das ohne jede gutmenschliche Gefühlsduselei, sondern aus rein wirtschaftlichen Interessen.
Das was die Chinesen da in Afrika geschaffen haben, ist zwar schön und gut für die Afrikaner, aber wovon sollen dann die vielen europäischen Integrationsbeauftragten, Spendenkeiler, Betreuer usw. leben?
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. In wenigen Wochen erscheint eine Sammlung von Texten aus den Jahren 2012 und 2013 als eBook (Kindle Edition).
Es ist derzeit das größte – und gefährlichste Projekt auf der Vorhabenliste der EU: die sogenannte Bankenunion. Das Projekt ist zumindest in Teilen so weit gediehen, dass es für die Politik kein Zurück mehr gibt. Denn diese will ja keinesfalls als blamiert dastehen. Was der Fall wäre, wenn einmal von ihr begonnene und weit vorangetriebene Projekte später als unsinnig und gefährlich erkannt und abgebrochen würden. Da macht man lieber mit dem Unsinn weiter.
Nun scheint es im Prinzip ja durchaus sinnvoll zu sein, wenn die internationale Kontrolle großer europäischer Banken verstärkt wird. Nationale Aufseher könnten allzu leicht nationale Rücksichten auf die heimischen Finanzriesen üben, manche internationalen Zusammenhänge übersehen.
Da muss man freilich schon die ersten Fragezeichen hinzufügen: Erstens, ist es nicht vielleicht sogar richtig, dass nationale Bankenkontrollore auch immer ein wenig mitbedenken, welche Konsequenzen ihre Maßnahmen haben? Und zweitens: Werden nicht auch europäische Aufseher situationsbedingt Rücksichten üben, wenn auch halt aus europäischer Sichtweise?
Jedenfalls richtig und sinnvoll ist es, wenn man sich mehr als in der Vergangenheit den Kopf zerbricht, was mit maroden Banken zu geschehen hat. Da sind in den letzten Jahren insbesondere in Österreich viele Fehler begangen worden. Die Frage ist nur: Wie macht man‘s besser? Durch mehr Bürokraten oder durch den Markt? Etwas anders oder zentralisierter zu machen ist ja noch keine Garantie für Besserung.
Formalrechtlich gilt bei Banken derzeit das normale Konkursrecht, erweitert durch die Einlagensicherung. Diese soll kleine und mittlere Sparer bis zu einer bestimmten Grenze schützen (was freilich immer nur solange geht, wie irgendwer in der Branche oder auf staatlicher Ebene zahlungsfähig ist).
Da der Konkurs einer Bank schlimme Folgen auch für größere Einleger hätte, hat man sich in Europa zum Unterschied von den USA immer für politische „Rettungen“ entschieden. Heute freilich erkennen immer mehr Experten, dass der amerikanische Weg richtiger war, Lehman und Hunderte andere Banken in Konkurs zu schicken, aber den Dominoeffekt abzufedern.
Die europäische Vorgangsweise wird oft salopp mit dem Schlagwort „too big to fail“ bezeichnet. Die Intention: Durch das generelle Auffangen gefährdeter Finanzinstitute wird die Panik eines Bank-Runs vermieden. In einem solchen räumen alle Einleger binnen weniger Stunden ihre Konten ab, sobald das erste diesbezügliche Gerücht auftaucht. Was letztlich jede Bank umbringt.
Im Gegensatz zu einem verbreiteten Irrtum, sind auch größere Einleger aus sozialen und Arbeitsmarkt-Gründen oft sehr schutzwürdig, meist sogar noch mehr als Sparer. Sind die Großeinleger doch häufig durchaus gesunde Wirtschaftsbetriebe. Die wären samt Tausenden Arbeitsplätzen aber über Nacht kaputt, wenn ihre Einlagen bei der Bank weg wären. Diese Einlagen liegen ja dort nicht zum Vergnügen oder aus Gier (wie manchmal behauptet wird), sondern damit Rechnungen, Gehälter oder Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden können. Auch der Staat (Bund, Länder, Sozialversicherungen, Gemeinden und hundert andere staatlicher Organisationen) ist nur arbeitsfähig, wenn er unbesorgt größere Summen über Bankkonten bewegen kann.
Die Verhinderung von Domino-Effekten ist also im Prinzip absolut richtig. Und sie wird es auch sein, wenn plötzlich europäische Institutionen über eine Bankinsolvenz entscheiden. Die zentrale Frage ist nur: Ist es schlau, zur Vermeidung von Dominoeffekten auch gleich die ganze Bank zu retten?
Wichtig, wenn auch eigentlich nicht neu ist die nun fixierte Reihenfolge der Folgen einer Bank-Insolvenz für verschiedene Gruppen, die Geld in einer Bank haben. Dass als Erstes die Aktionäre haften, ist mehr als selbstverständlich. Auch bei der Hypo Alpe-Adria waren die Aktien Bayerns am Schluss nur noch einen Euro wert.
Ebenso sollten zum Vermeiden des erwähnten Domino-Effekts normale Einleger, also die Wirtschaft wie auch die ganz Vorsichtigen, so gut wie möglich geschützt werden. Das sind insbesondere Inhaber von Girokonten und Sparbüchern.
Das wirklich Positive an den europäischen Plänen betrifft die Zwischenklasse. Das sind die diversen Anlageformen zwischen dem vollen Risiko einer Bankaktie und der höchstmöglichen Sicherheit eines Sparbuchs (beziehungsweise Girokontos). Da wird nun klargestellt, dass diese Anleger künftig auch wirklich haften müssen: Das sind beispielsweise all jene, die eine Anleihe dieser Bank gekauft haben. Sie haben dafür ja auch mehr Zinsen kassiert als auf einem Sparbuch.
Das Risiko eines Anleihenkäufers war zwar rechtlich immer klar. Aber dennoch hat die Politik bisher bei Bank-Problemen meist die Anleihe-Gläubiger geschützt (außer in den Fällen Griechenland und Zypern). Für die Zukunft ist jedenfalls klargestellt: Auch eine Anleihe ist eine Risiko-Investition. Hoffentlich bleibt man künftig im Ernstfall auch wirklich bei diesem Prinzip.
Was aber ist mit der Bank selber? Zusperren oder Retten?
Wenn ein Geldinstitut trotz Insolvenz weitergeführt wird – wozu entscheidungsfeige Politiker gerne tendieren –, dann laufen auch viele Kosten weiter: für Gehälter, für Gebäudemieten, für den Büroaufwand. Daher wäre oft das rasche und auch rechtlich eigentlich vorgesehene Zusperren günstiger. Die ausstehenden Forderungen (Kredite) werden dabei auf eine Bad bank übertragen. Diese hat einzig die Aufgabe, alle Forderungen bestmöglich Zugunsten jener, die beim Crash bluten mussten, zu verwerten.
Dem steht häufig das Gegenargument gegenüber: Wenn man eine Bank in Problemen zusperrt, dann gibt es keine Chance mehr, dass diese vielleicht wieder Geld verdient und den Schaden gut macht oder zumindest verringert.
Die Politik hat aber gar nicht deswegen Banken „gerettet“. Sie hat sich vielmehr vor der Aufregung gefürchtet, vor dem lauten Paukenschlag, den das Schließen einer Bank bedeuten würde. Sie wollte immer wieder Arbeitsplätze retten, was ja in jedem Fall das allerdümmste Argument ist. Die Politik fürchtet sich vor der Aufregung der Medien und der Reaktion der Wähler. Sie ignoriert aber die langfristigen Folgen einer Rettung, wie jetzt die Österreicher etwa am Fall Hypo Alpe-Adria sehen können.
Heißt das, jede insolvente Bank sollte zugesperrt werden? Nein, aber man sollte die Entscheidung dem Markt überlassen. Nur er kann in halbwegs sinnvoller Weise über die Zukunft einer maroden Bank entscheiden. Wenn der Kern der Bank gesund scheint, wenn diese halbwegs positive Perspektiven und Chancen hat, werden andere Banken oder Investoren die kranke Bank kaufen. Wenn sie das nicht hat, wenn es in einer Region ohnedies viel zu viele Banken gibt, dann wird niemand die Bank haben wollen. Dann ist das Zusperren sicher schlauer.
Aber genau der Logik dieser Markt-Entscheidung wollen nicht nur Regierungen, sondern auch die europäischen Bankenunion-Bastler entkommen. Und sie basteln daher eine unglaublich komplizierte und teure Maschinerie, die künftig die Banken regulieren soll. Diese wird aber scheitern. Denn eine politisch eingesetzte und daher massiv beeinflussbare Organisation kann nie gut beurteilen, ob die Weiterführung einer Bank eine reelle Chance hat oder nicht. Das kann nur – halbwegs – ausreichend, wer sein eigenes Geld riskiert. Politik und Bürokraten verstehen hingegen vom Bankgeschäft nichts.
Auch in Österreich hat sich die Republik zuletzt immer für eine Weiterführung einer Bank entschieden. Aber sowohl die Volksbanken-AG wie auch die Hypo Alpe-Adria sind alles andere als überzeugende Beispiele, dass der Staat als Eigentümer von Banken gut wäre. Wobei er es bei der ÖVAG allerdings nur zum Teil ist.
Die Volksbanken (die sich einst durch den Kauf der schon sehr proporzartig geführten Investkredit und Kommunalkredit in die Krise geritten haben) werden nur deshalb weniger kritisch in der Öffentlichkeit diskutiert, weil der Schaden lange nicht so groß ist wie bei der Hypo. Diese steht vier Jahre nach der Verstaatlichung noch viel deprimierender da. Sie ist (nach den katastrophalen Fehlern, der Großmannssucht von Provinzpolitikern und auch einigen kriminellen Handlungen in der Kärntner wie in der bayrischen Zeit) nach der Verstaatlichung 2009 erst recht ins Unglück geritten worden. Denn seither hat es aus lauter Angst und Vorsicht des staatlichen Eigentümers überhaupt keine unternehmerischen Entscheidungen an der Spitze der Bank gegeben. Was der allersicherste Weg zu einem negativen Ergebnis ist.
Zwei zusätzliche Probleme: Erstens, die Entscheidung, welchen Weg man geht, muss in jedem Krisenfall sehr schnell getroffen werden. Was die Sache noch problematischer macht. Egal, ob die Mitgliedsstaaten oder Europa sie treffen. Und zweitens: Entscheidungen sind immer auch mit Haftungen verbunden, mit dem Tragen von Verantwortung.
Wer haftet bei Fehlentscheidungen: Europa, die Europäischen Zentralbank oder doch wieder das jeweilige Land? Diese Haftungsfrage ist besonders schwierig, wenn die Verantwortungen, Kompetenzen und Entscheidungen in diffuser Weise zwischen Land und EU, zwischen EZB und Kommission aufgeteilt sind. Viele wollen mitsprechen, aber niemand will haften. Jetzt scheint es so zu werden, dass das Los von Großbanken letztlich durch EZB und/oder Kommission entschieden wird. Die Haftungen wollen die beiden Institutionen aber keinesfalls tragen. Die wollen sie auf andere abwälzen.
Dasselbe gilt genauso, wenn bei der Abwicklung einer Bank kein Fehler passiert, wenn also niemand haftet. Einen Schaden gibt es aber bei Insolvenzen dennoch fast immer (auch wenn man alle Anleihegläubiger heranzieht). Wer trägt ihn: Der jeweilige Staat? Der sogenannte Stabilitätsmechanismus ESM?
Wenn es der ESM sein soll – was sich derzeit abzeichnet –, dann sollten sich die Steuerzahler in den wenigen noch halbwegs stabilen Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Finnland und Österreich fest anschnallen. Dann werden zwei, drei Insolvenzen von Großbanken so gewaltige neue Summen erfordern, dass die Staaten trotz ihrer eigenen Überschuldung neues Geld in den ESM pumpen müssen. Die Insolvenzbanken hingegen werden höchstwahrscheinlich neuerlich primär aus jenen Ländern kommen, die direkt oder indirekt schon von Deutschland & Co unterstützt worden sind. Diesen öffnet sich damit ein neuer Weg, andere für ihren Kollaps zahlen zu lassen.
Das alles macht sehr skeptisch gegen die neue Bankenunion.
Noch gewichtiger ist die Frage der Einlagensicherung. Und zwar jetzt schon. Warum müssen andere Banken oder Sparkassen für ein anderes Institut geradestehen? Das gibt es in keiner anderen Branche, dass die Konkurrenz für ein Crash-Unternehmen haftet, auf dessen Geschäftsführung sie absolut keinen Einfluss hatten.
Was die Sache noch ärgerlicher macht: Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden ja vor allem jene Institute kollabieren, die mit hohem Risiko und aggressiv in den Markt hineingegangen sind, die höhere Zinsen gezahlt haben, die Wackelkredite vergeben haben. Jedes Gerechtigkeitsgefühl wehrt sich da dagegen, dass andere Banken, die niedrigere Zinsen zahlen, die besonders vorsichtig bei der Kreditvergabe sind, für die Einlagen bei der risikofreudigen Konkurrenz zahlen müssen. Diese hat ihnen ja schon vorher wehgetan, als noch Hoffnung bestand, dass die eingegangenen Risken nicht schlagend werden.
Jetzt aber will die Politik vieler Länder sogar noch einen Schritt weitergehen: Vor allem die Linksparteien hätten am liebsten, dass alle europäischen Banken gezwungen werden, crashende Institute irgendwo in Europa mit viel Geld aufzufangen, beziehungsweise zumindest sämtliche Einlagen in den Crash-Banken zu sichern.
Das ist absurd.
Einlagensicherung und Haftung kann nur auf freiwilliger Basis (wie beispielsweise unter den österreichischen Sparkassen) funktionieren. Also nur zwischen jenen Instituten, die zueinander Vertrauen haben; die sich an einen strengen Kodex der Vorsicht halten; die genug Eigen- und Risikokapital haben, um die allergrößten Risken abzudecken. Einzig dafür bräuchte es Aufseher und Regeln, die es in den Verbünden auch schon gibt.
Wenn aber auch die Politik eine Einlagensicherung abgibt (die dann eben aus den erwähnten Gründen für alle Giro- und Sparkonten gelten sollte), dann sollte das jedenfalls nur für jene Institute gelten, die sich freiwillig einer strengen Kontrolle unterwerfen, die keine über dem Marktniveau liegenden Zinsen vergeben, die ihre Risiken streuen.
Das wäre das entscheidende Prinzip. Denn für alle anderen aber sollte gelten: Sie können machen, was sie wollen. Aber jeder, der bei solchen Banken Geld einlegt, sollte wissen, dass da dann keine Steuerzahler, kein mithaftende Sektor dahintersteht. Dass man also ganz auf seine eigene Verantwortung agiert. Dass man keine Sicherheit hat, wenn man gierig hohe Einlagezinsen (etwa bei südeuropäischen Banken) kassieren will. Wer dort anlegt, spekuliert. Das ist kein Verbrechen. Das muss aber mit allen Konsequenzen, also Risken auch von der Politik völlig klargelegt sein.
Die europäische Politik geht jedoch andere Wege. Mit der – fast schon fix beschlossenen – Rekapitalisierung maroder Banken durch den „Stabilitätsfonds“ und mit der – noch von der CDU und Finanzministerin Fekter abgelehnten, aber sonst von der Mehrheit geforderten – europaweit gemeinsamen Einlagensicherung droht ein weiterer Schritt Richtung Abgrund. Dadurch werden erneut alle Europäer zwangsweise zur Hilfe für die Maroden herangezogen.
Gegen all diese Gefahren nimmt sich ein weiterer Schönheitsfehler der europäischen Bankenunion geradezu harmlos aus: Große Banken werden künftig europäisch kontrolliert, kleine und mittlere aber weiterhin national. Auch dadurch entsteht natürlich eine weitere überflüssige Zone an Reibereien, Unklarheiten und Umgehungsmöglichkeiten.
Fazit: Durch die europaweite Einlagenhaftung wie auch durch die ESM-Haftung für das Kapital von Banken wie auch durch europäisch diffundierte Haftungsstränge wird das Prinzip Verantwortung noch weiter unterminiert. Das aber ist für eine gesunde Wirtschaft das absolut wichtigste Prinzip.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die österreichischen Lehrer werden bald streiken. Noch viel mehr Grund zum Streik haben eigentlich alle an Bildung interessierten Schüler und Eltern. Denn sie sind das eigentliche Opfer dessen, was die Regierung da beschließt.
Darüber wird in der Öffentlichkeit nur viel weniger diskutiert als über die Interessen der Lehrer selber. Die Familien hingegen, im konkreten Fall die Eltern von Schulkindern, die sind hierzulande immer nur Objekte, Opfer der Politik und der Sozialpartner. Sie werden nicht als Akteure und Verhandlungspartner akzeptiert, obwohl sie die eigentlich Wichtigsten eines Schulsystems sind.
Mit dem Schulpaket sind die Familien nach der zynischen Rücknahme aller fixen Familienbeihilfen-Versprechen zum zweiten Mal binnen weniger Tage Hauptopfer des rot-schwarzen Murks. Das zeigt sich an vielen Aspekten des von der Regierung oktroyierten Lehrerdienstrechts:
Es ist völlig rätselhaft, warum die ÖVP all dem zustimmt. Zumindest für etliche Jahre wird dadurch das derzeit so dominierende Budgetloch ja noch vergrößert. Und die bürgerliche Partei verärgert nach den Familien neuerlich Kernwählerschichten zutiefst: Diesmal sind es bildungsorientierte Eltern und Lehrer.
Der einzige Grund kann nur darin liegen, dass die Partei überhaupt keinen Bildungs- und Schulspezialisten mehr hat. Die sind alle abgeschossen und ausgeschieden. Wenn jetzt auch in diesem Bereich der Außenamts-Staatssekretär, Ex-Sportstaatssekretär, gegenwärtige Finanzstaatssekretär, Ex-Generalsekretär und Klubobmann-Kandidat Reinhold Lopatka den Sprecher abgeben muss, obwohl er noch nie als Bildungsexperte aufgetreten ist, dann zeigt das, wie ausgedünnt der schwarze Haufen ist.
Die Tatsache, dass es schon 35 Verhandlungsrunden gegeben hat, ist jedenfalls in keiner Weise ein inhaltliches Argument. Sie macht aus einem katastrophalen Inhalt keinen guten. Wenn immer derselbe Unsinn besprochen wird, kann doch die Dauer der Verhandlungen kein Argument sein, dass daraus plötzlich etwas Sinnvolles geworden wäre. Außerdem war der Großteil der Verhandlungen ohnedies nur zum ministeriellen Zeitschinden auf Beamtenebene gedacht.
Es kann nur der Druck von Wirtschaftskreisen sein, die von Schule und Bildung absolut keine Ahnung haben, der da die ÖVP wieder zum Umfallen gebracht hat. Diese Kreise diagnostizieren zwar zu Recht ein Problem mit vielen Schulabbrechern, die Jobs in der Wirtschaft wollen. Sie begreifen aber nicht, dass das zum einen Folge von leistungsfeindlichen, aber als „progressiv“ verkauften Reformen während der letzten Jahrzehnte gewesen ist. Und zum anderen ist das Bildungsproblem Folge der einstigen Gier etlicher Industriebranchen nach Billigstarbeitskräften aus der Dritten Welt, deren Kinder sich aber nun (überraschenderweise?) als völlig bildungsferne erweisen.
Pikant ist übrigens auch, dass dieselbe Wirtschaft ihren Gegenüner-Gewerkschaften bisher immer nachgegeben hat, die jetzt die Regierung in einen Krieg mit den Beamtengewerkschaften gehetzt hat.
Das einzig Sinnvolle am neuen Dienstrecht hätte man Schritt für Schritt bei jeder Beamtenlohnrunde einfließen lassen sollen: ein stärkeres Steigen der Anfangsgehälter und ein weitgehendes Einfrieren der hohen Schlussgehälter. Davon redet man zwar seit Jahrzehnten, schiebt es aber schon ebensolange auf.
Dazu kommt der Widerspruch zu den plötzlich eingestandenen Budgetnöten der Regierung. Ausgerechnet da beschließt sie ein Paket, das ihr – nein: uns! – durch die höheren Einstiegsgehälter wohl in den ersten Jahren deutlich teurer kommen wird. Geht’s noch dümmer?
Aber ist es nicht notwendig gewesen, die Lehrer zu mehr Arbeit zu zwingen? Im Prinzip zweifellos, ja. Aber es ist schon etwas merkwürdig und den Lehrern schwer erklärbar, wenn sie jetzt österreichweit die einzigen sind, die deutlich mehr arbeiten müssen. (auch wenn es vorerst scheinbar „nur“ die Neuanfänger sind; aber diese Zweiklassengesellschaft in den Schulen wird sich mit Sicherheit nicht jahrelang halten, sodass die älteren Lehrer bald auch erfasst sein werden).
Vor allem wäre es viel klüger gewesen, die Lehrermehrarbeit durch Kürzung der vielen Ferienzeiten um mindestens eine, wenn nicht zwei oder drei Wochen zu erreichen. Und nicht dadurch, dass man mehr Wochenstunden aus ihnen herausholt. Für kürzere Ferien hätte sich der Krieg mit der Gewerkschaft gelohnt. Das hätte den Kindern genutzt.
Parteipolitisch muss die ÖVP nun eine verheerende Bilanz ziehen (falls sie wenigstens noch zum Bilanzziehen imstande ist): Nach den Familien hat sie mit Lehrern und Eltern binnen weniger Tage weitere Kernwählerschichten brutal vor den Kopf gestoßen, ihnen vor der Wahl ganz andere Signale geschickt als nachher.
PS: Die einzige Hoffnung der Regierung liegt darin, dass der Hauptsprecher der Lehrer bei öffentlichen Auftritten alles andere als klug und sympathisch agiert. Ein Betonfunktionär, der rein im Gewerkschafts-Denken verhaftet ist, dürfte die Sympathien der Eltern bald schwinden lassen. Die aber gibt es vorerst sehr wohl. Ganz im Gegensatz zu den Behauptungen des Links-ORF, der aus den von den Zeitungen ausgewählten Leserbriefen eine massive Antilehrer-Stimmung abzulesen versucht (wobei vermutlich im ORF eh nur Standard, Falter und Profil gelesen werden). Übrigens ist der ORF so SPÖ-hörig, dass ihm dabei nicht einmal die überraschende Distanzierung der Grünen vom Dienstrechtentwurf auffällt.
Wie weit die deutschen Sozialdemokraten nach links marschiert sind, sieht man an den Prioritäten von Parteichef Sigmar Gabriel. Dieser hat seine Partei weit weg vom einst staats- und europatragenden Steinbrück-Steinmeier-Müntefering-Kurs verschoben. Das dürfte zwar den SPD-Funktionären gefallen, das ist aber für das wichtigste Land Europas eine Katastrophe.
Die drei schlimmsten Aktivitäten, durch die Gabriel allein in den letzten Tagen negativ aufgefallen ist:
Erstens kündigt die SPD an, dass sie nach der nächsten Wahl offen für Koalitionen mit der „Linken“ ist, also mit der direkten Nachfolgepartei der ostdeutschen Kommunisten. Sie will sich nicht mehr wie bei der letzten Wahl die Hände binden.
Das ist beängstigend. Der SPD geht es also nur noch darum, dass man nach der Wahl nicht den Fehler begehen sollte, vorher Versprochenes zu brechen. Das sollte man natürlich nie tun (Merks SPÖ/ÖVP). Aber diese Absage an die Linke hatte ja einen starken Grund. Den beschließt die SPD nun plötzlich zu ignorieren, ohne dass er weggefallen wäre. Und die Kommunisten werden zu akzeptablen Partnern erklärt.
Die DDR-Vorgeschichte der Linken wird über Nacht als nicht mehr vorhanden behandelt. Trotz der vielen von ihren Vorfahren begangenen Morden, Folterungen und Einkerkerungen. Trotz der von den Kommunisten angerichteten und bis heute teilweise nachwirkenden wirtschaftlichen Katastrophe. Trotz des Mauerbaus. Trotz der Verfolgung, den anständige Sozialdemokraten durch die Kommunisten erlitten. „Lernen sie Geschichte!“, hätte ein alter österreichischer Parteiführer dazu gesagt.
Zweitens stellt Gabriel jetzt zwei für ihn unverzichtbare Forderungen ins Zentrum seiner Koalitionsbedingungen. Die eine ist das arbeitsmarktpolitisch unsinnige Verlangen nach einem Mindestlohn; dieser könnte aber als Folge der Geldentwertung wieder bedeutungslos werden.
Die andere Forderung kann hingegen nicht mehr revidiert werden, sobald sie realisiert ist: Das ist die doppelte Staatsbürgerschaft. Diese Forderung ist in der Praxis nur für die in Deutschland lebenden Türken relevant. Viele von ihnen wollen die Loyalität gegenüber der Türkei keinesfalls aufgeben (die auch der absolutistisch gewordene türkische Regierungschef Erdogan bei Deutschland-Besuchen laut einfordert). Aber sie wollen die Vorteile einer deutschen Staatsbürgerschaft zusätzlich haben.
Und Gabriel will ihnen diese schenken, obwohl das mit der eigentlichen Idee der Staatsbürgerschaft absolut unvereinbar ist. Warum tut er es dennoch? Gabriel glaubt – vielleicht sogar zu Recht –, dass dadurch Hunderttausende deutschtürkische Stimmen für die schmalbrüstige SPD zu gewinnen wären.
Drittens: Ganz in diese Denkweise passt das, was Gabriel am Wochenende getan hat. Er hat aus Solidarität ein durch Aufstellung von fünf Schweinsköpfen entehrtes Moscheegelände in Leipzig besucht. Was soll daran unpassend sein, war doch diese Schweins-Aktion zweifellos widerwärtig? Das wird dadurch zum gravierenden Fehler, dass es keinerlei Berichte über Solidaritätsbesuche von Gabriel auf geschändeten christlichen Stätten gibt. Dabei hat es allein im Vorjahr 414 christenfeindlicher Straftaten in Deutschland gegeben. Davon waren nicht weniger als 18 gewalttätig. Diese Taten waren alle Gabriel keinen Muckser wert. Warum empört ihn das eine und lässt ihn das andere eiskalt? Ist das nicht total entlarvend für das Denken des deutschen Sozialdemokraten-Führers?
PS: Dass man diese Zahlen überhaupt kennt, ist übrigens der OSZE zu verdanken. Damit hat diese aus dem Kalten Krieg stammende „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (mit ihrem völlig unbemerkten Hauptsitz in Wien) zum ersten Mal seit Jahrzehnten etwas Sinnvolles getan. Genauso aber ist das auch ein Verdienst der (noch amtierenden) deutschen Regierung. Denn diese hat die Hass-Verbrechen gegen Christen erstmals aufgelistet und der OSZE wunschgemäß gemeldet. Das haben in Europa nur sechs Staaten gemacht. Die Republik Österreich nicht. Natürlich.
Jetzt reicht es sogar schon den Fußballern. Jetzt reicht es sogar schon vielen Lehrern. Jetzt reicht es schon unglaublich vielen Europäern. Es geht um drei ganz verschiedene Themen. Aber alle drei sind ebenso widerlich und ungeheuerlich wie positiv und erfreulich.
Wie das?
Erstens: Das österreichische Fußballnationalteam hat etwas getan, was Sportler noch nie gewagt haben: Es hat geschlossen in einem offenen Brief gegen die Ungeheuerlichkeiten in Werner Faymanns Lieblingszeitung „Österreich“ protestiert. Da muss sich schon sehr viel angesammelt haben, wenn Sportler einmal öffentlich aufbegehren. Aber auch die Leser spüren zunehmend, was dort los ist, wie wenig die Texte auf diesen Fellner-Seiten mit der Realität zu tun haben, und stehlen das Blatt nicht einmal mehr.
Die Fußballer machen darin unter anderem bekannt, dass selbst für viele „Exklusiv-Interviews“ von „Österreich“ nie mit einem der Sportler auch nur geredet worden ist. Aber diese Zeitung tut ja, was sie will. Jenseits irgendwelcher Fakten und Wahrheiten. Es hat beispielsweise auch nie ein Verfahren gegeben, als die heutige „Österreich“-Führung früher bei Auflage-Meldungen der damals von ihr geleiteten Illustrierten („News“ bis „Profil“) gelogen hat.
Dennoch ist das erfreulich: Endlich beginnt sich jemand gegen solchen Gossenjournalismus zu wehren. Und wenn schon Politiker und Firmen noch immer kuschen, so freut man sich über die Fußballer umso mehr.
Zweitens: Ebenso ungeheuerlich agiert der Wiener Stadtschulrat, der alle Wiener Lehrer zu einem „Dallinger-Symposion“ einlädt. Dieses wird von der Arbeiterkammer veranstaltet, was auch mit Referaten der Klassenkämpfer Kaske oder Katzian klargemacht wird. Das Ganze ist offensichtlich eine ideologische Propaganda-Show für die „Inklusion“, also die Steigerung der Gesamtschul-Ideologie durch Hinzunahme auch von geistig schwer retardierten Kindern in die gleichen Klassen.
Das wirklich Skandalöse aber ist: Die Lehrer werden für diese Ideologie-Show dienstfrei gestellt – an einem Montag und Dienstag im Jänner. Unterricht ist im Wiener Schulsystem ja offenbar tertiär. Das war im Häupl-Brandsteidl-Imperium freilich schon immer so.
Aber auch das kann man erfreulich sehen: Es sind Lehrer, die einem auf solche Ärgernisse hinweisen. Die also lieber arbeiten wollen als Ideologieschwampf anzuhören. Man wehrt sich.
Drittens: Hier kann man mit dem Erfreulichen gleich beginnen: Das EU-Volksbegehren „One of us“ ist mit 1,9 Millionen Unterschriften und Erreichung des nötigen Quorums in 21 Ländern (statt der notwendigen sieben) voraussichtlich für viele Jahre das erfolgreichste europäische Begehren geworden. Natürlich wird jetzt bei der EU-peniblen Prüfung aller Unterschriften die Zahl noch geringer werden, was aber alle Volksbegehren trifft.
Zugleich sind die Linke und die Feministinnen im EU-Parlament mit ihrem gegenläufigen Vorstoß gescheitert, Abtreibung als Menschenrecht(!) zu verankern. Das ist alles sehr ermutigend.
Ungeheuerlich ist es jedoch, dass dieses Volksbegehren von fast allen europäischen Medien totgeschwiegen worden ist. Außer dem Tagebuch haben auch in Österreich kaum welche darüber berichtet. Die Präpotenz der Medien glaubt offenbar noch immer, ganze Themen verschweigen zu können. Aber das geht nicht mehr. Die Menschen können sich heute unabhängig von den alten Medien machtvoll organisieren. Diese mögen halt weiter ein paar Dutzend linke Demonstranten oder illegal auf einem öffentlichen Platz Campierenden für das Volk halten. Es schert fast niemanden mehr.
„Was ist das? Man nimmt etwas weg , und trotzdem wird es größer?“ – „ Das Loch!“ Der dazugehörige „Lochgott“ (© Karikaturist Rudi Klein im „Standard“ ) feiert fröhliche Urständ. Seit einigen Tagen ist „das Loch" landauf landab in aller Munde. Was in den letzten Tagen im Sparverein Ösiland dazu passiert ist – garniert mit „Headlines“ der Gratiszeitungen:
Mitspieler :
Der Experte KARLI gespielt von Karl Aiginger (Direktor des WIFO, seines Zeichens der linken Reichshälfte nicht unaffin)
Der Experte BERNI gespielt von Bernhard Felderer (Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses und seines Zeichens der rechten Reichshälfte nicht unaffin)
Die kratzige SCHRATZI gespielt von Margit Schratzenstaller (deutsche „Expertin“ im Wifo, ihres Zeichens je linker desto besser)
Der Experte CHRISTIAN gespielt von Christian Keuschnigg (Direktor des IHS – Gegenstück zum Wifo – und seines Zeichens der rechten Reichshälfte nicht unaffin)
Der fesche HC gespielt von HC Strache
Der listige WOLFI gespielt von Wolfgang Fellner
Der fürstliche ERWIN gespielt von LH Erwin Pröll
Der SCHAMANE gespielt von Matthias Strolz (Parteichef der NEOS)
Die MIZZI gespielt von Finanzministerin Maria Fekter
Der windige WERNER gespielt von Werner Faymann (Bundeskanzler mit starker Tendenz zu selektiver Wahrnehmung und keiner Meinung)
Der gutgläubige MICHI gespielt von Michael Spindelegger
Die blonde KATHRIN gespielt von Kathrin Nachbauer (Team Stronach)
Der feste ANDREAS gespielt von (Staatssekretär) Andreas Schieder
Die kleine EVI gespielt von Eva Glawischnigg
Der dicke MICHI gespielt von Michael Häupl
Die MARIA aus Wien gespielt von Maria Vassilakou
Der Experte KARLI berichtet im Mittagsjournal, dass das Budgetloch der nächsten fünf Jahre circa 30 Mrd. Euro betragen wird. ?Der listige WOLFI schreibt in seiner Zeitung, dass das nur Panikmache der ÖVP sei.? Der windige WERNER lässt in der Zeitung vom listigen WOLFI ausrichten, dass das „Budgetloch“ nicht richtig sei, und, dass er noch immer an einer Steuerreform festhalte.? Der Experte KARLI tritt in der ZIB 2 auf und berichtet auf Drängen der Journalistin, dass es eher in Richtung 40 Mrd. Euro gehe: circa 20 Mrd. durch mangelndes Steueraufkommen, circa 8 Mrd. fehlende Pensionsdeckung und der „Rest“ für die Kärntner Bank. Im Übrigen gehe sich daher eine Steuerreform realistischerweise nicht vor 2018 aus.
Der SCHAMANE, noch immer frustriert, dass er in der Klasse nicht in der ersten Reihe sitzen darf, geht in den Wald zum meditieren und schweigt.? Der Experte KARLI bekräftigt im Abendjournal die Zahlen und verteidigt sich, dass die Basis für diese Zahlen aus dem Finanzministerium kamen. ?In der Zeitung vom listigen WOLFI verteidigt sich die MIZZI: „Ich mach Euch nicht den? Sündenbock!“
?In der Zeitung vom listigen WOLFI wird berichtet, dass der windige WERNER das „Loch“ noch immer nicht glaube und weiterhin an der Steuerreform festhalte. ?Der feste ANDREAS meldet in der ZIB, dass es legitim sei, vor der Wahl die günstigeren Prognosen anzunehmen. Man wolle ja gewählt werden.
Der Experte CHRISTIAN analysiert im ORF die letztgenannten „Loch“-Zahlen, bekräftigt sie, erklärt wieso es dazu kam und welche Möglichkeiten man nun habe, und was unbedingt getan werden muss.? Der listige WOLFI schreibt in seiner Zeitung, wie böse die ÖVP sei, dass sie Panik mache und mittlerweile sogar drohe keine Koalition machen zu wollen, wenn der WERNER nicht das „Loch“ akzeptiere und den Sanierungsbedarf einsehe.
Der SCHAMANE murmelt etwas von „… wenn ich nur Flügel hätt …„ meditiert weiter und schweigt.? Die kleine EVI ist ganz aufgeregt, es überschlägt ihr die Stimme, sie rollt mit den Augen und spricht etwas von „Sparloch“. Sie hat Glück: Für die neue fälschliche Terminologie bekommt sie vom „Lochgott“ keine Abmahnung, da es ja nur ein Freudscher Versprecher war.? Die MARIA aus Wien freut sich, dass die MAHÜ endlich pressemäßig ein „Loch“ ist und nicht mehr in den Medien über sie geschrieben wird. Der Experte BERNI schämt sich im „Report“ wie ein ertappter Schulbub ob der sonderbaren Zahlenoptik. ?Die kleine EVI fordert einen Klassenausschuss damit die „Loch“-Verantwortlichen dingfest gemacht werden können.? Der fürstliche ERWIN fordert, dass man nicht die Nerven wegschmeißen soll und endlich? die „Experten“ sprechen lassen soll.
Die blonde KATHRIN fordert mit lispelnder Stimme die Annullierung der Nationalrats-Wahl, da der Wähler getäuscht worden sei und das „jetzige Loch“ nun eine andere „Geschäftsgrundlage“ darstelle.? Die kratzige SCHRATZI verteidigt, dass es vor der Wahl legitim für die Politik sei, geschönte Zahlen zu nennen, da die Politiker wiedergewählt werden wollen.
(Anm: Wer sind Lidia Bach und Hans-Christian Haas?)
Der windige WERNER beschließt, dass das „Loch“ interessanter ist als der Place Pigalle und sagt seinen Besuch bei seinem Busenfreund Francois in Paris ab.? Der fesche HC trennt sich von seiner Andrea und twittert, dass der Wahlkampf die Beziehung zerstört habe. Er habe aber nun Zeit und fordere „rasche Neuwahlen“.? Der dicke MICHI sagt: „Es gibt kein Budgetloch!“
Werner und Michi beziffern es mit 18,5 Mrd. Euro + Bankkosten.? Der „Lochgott" rekelt sich zufrieden in seinem Himmelsloch ob des großen Zulaufes und ist freudig erregt ob des Wachstums an Löchern, das er noch in dieser Legislaturperiode erwarten kann.
Der Schreiber der obigen Zeilen hingegen, setzt sich frustriert auf seine „Geschäftsgrundlage“ und zwickt sich in die dem „Loch“ benachbarten Backen, dass er nicht schon früher gelernt hatte, dass Zahlen nicht lügen! ;-)
Der Autor (Jahrgang 1958), ist Wohnhaft in Wien, jahrelang in leitenden Positionen in der Holz/Papierindustrie tätig, nun seit einigen Jahren Industriekonsulent.
Man greift sich an den Kopf, wenn man in diesen Tagen die deutsche und die österreichische Justiz vergleicht. Dem ehemaligen deutschen Bundespräsident Wulff wird – 21 Verhandlungstage lang! – der Strafprozess gemacht, weil er einst sich und seine Frau von einem Freund aufs Oktoberfest einladen hat lassen. Der österreichische Bundeskanzler und sein Staatssekretär kommen hingegen ohne Prozess davon, obwohl sie zwei Unternehmen gezwungen haben, ihnen um viele hunderttausend Euro teilweise unternehmensschädliche Inserate zur Bestechung von Zeitungen zu zahlen. Dieses Verhalten hätte in Deutschland mit absoluter Sicherheit – und vermutlich in Österreich auch außerhalb Wiens – zur Verurteilung aller Beteiligten geführt.
Was in dem einen Land offensichtlich an Rechtsstaatlichkeit fehlt, wird in dem anderen bis zum Exzess praktiziert. Wulff wird vorgeworfen, dass er sich wegen dieser – auf 720 Euro geschätzten – Einladung dann später für ein Filmprojekt dieses Freundes eingesetzt habe. Dessen Thema war ein Deutscher, der im Krieg in China viele Menschen während der Angriffe der Japaner das Leben gerettet hatte.
Lächerlicher geht’s nicht mehr. Ganz unabhängig von der Darstellung Wulffs, dass er gar nicht mitgekriegt haben will, wer für den Oktoberfest-Ausflug zahlt. Ganz unabhängig davon, dass die Verfahrensökonomie dagegen spricht, wegen 720 Euro einen so gigantischen Prozess anzufangen.
Es ist ja geradezu zentrale Job description für einen Ministerpräsidenten (Landeshauptmann) oder Bundespräsidenten, sich ständig zugunsten patriotischer Projekte wie diesen Film einzusetzen (oder stört es die Staatsanwälte vielleicht gar, dass in einem Weltkriegsfilm ein Deutscher einmal gut wegkommt?). Und es gehört ebenso zur Job description von Spitzenpolitikern, ständig Kontakte zu knüpfen, sich ständig unter die Menschen, etwa beim Oktoberfest, zu mischen.
Im Gegensatz zur österreichischen Justiz habe ich zwar keine Kenntnis von den parteipolitischen Motivationen in der deutschen Staatsanwaltschaft (wenngleich man sich auch dort auf Grund der Abläufe manches denken kann). Aber was im Fall Wulff jedenfalls auf der Hand liegt, das ist die Motivation der beteiligten Staatsanwälte.
Denn diese hatten ja einst mit der Eröffnung der Ermittlungen gegen Wulff und einem ursprünglich gewaltigen Wust an Vorwürfen den amtierenden Bundespräsidenten aus dem Amt geschossen. Unter großem (und zweifellos wollüstig genossenem) Beifall aller linken Medien.
Da war es dann später schon extrem peinlich, als fast alle Vorwürfe schon bei den Erhebungen in sich zusammengebrochen sind. Da klammert man sich jetzt halt geradezu verzweifelt an die Oktoberfest-Film-Story (nachdem die Staatsanwaltschaft – vergeblich – versucht hatte, Wulff zur Zahlung einer freiwilligen Diversion und damit einem indirekten Schuldeingeständnis zu bewegen).
Dieses Verhalten der Strafverfolger mag zwar vielleicht psychologisch nachvollziehbar sein, es bleibt aber absolut absurd. Ich bin jedenfalls überzeugt, nicht einmal ein (im Vergleich schlecht bezahlter) deutscher Staatsanwalt wird wegen einer solchen Einladung durch einen Freund irgendetwas tun, was er nicht auch sonst getan hätte.
Nichts braucht das Gemüt derzeit dringender als positive Nachrichten, die im Kontrast stehen zu all den deprimierenden Unsinnigkeiten, die Österreichs und Europas Politik produzieren. Die guten Nachrichten kommen freilich von weither, aus China. Angesichts der Größe und Bedeutung des gelben Riesen sind sie für die Zukunft des Planeten aber enorm wichtig.
Eines der Highlights, die da in China soeben beschlossen worden sind, heißt: weniger Planwirtschaft, weniger Einmischung des Staates in die Wirtschaft. Das ist exzellent und vielversprechend – und steht in glattem Widerspruch zur europäischen Retro-Politik: Der ganze alte Kontinent geht ja mit wenigen Ausnahmen genau in die umgekehrte Richtung, also hin zu noch mehr Staatseinfluss und EU-Regulierung.
Gewiss: Man muss erst sehen, wie die Parteibeschlüsse in der chinesischen Praxis genau umgesetzt werden. Etwa in Hinblick auf lokale Potentaten, die sich derzeit noch immer hemmungslos und korruptionär bereichern. Oder in Hinblick auf die alten Staatsbetriebe, die nach wie vor ein Loch ohne Boden sind, in denen unendliche Geldmengen spurlos verschwinden.
Nicht nur die lautstarken, sondern auch die echten Freunde von Menschenrechten werden sich jedenfalls über weitere Beschlüsse Pekings freuen: China schafft die Arbeitslager ab (in denen man auch ohne Gerichtsurteile jahrelang verschwinden konnte). Und China will die Todesstrafe stark einschränken.
Am wichtigsten aber ist zweifellos: China will seine seit mehr als drei Jahrzehnten betriebene Ein-Kind-Politik zwar noch nicht ganz beenden, aber jedenfalls deutlich einschränken. Dieser Schritt ist nicht nur aus Menschenrechtsgründen dringend notwendig; freilich müssen ihm noch weitere folgen. Im größten Staat der Welt ist nämlich das demographische Gleichgewicht total außer Balance geraten. China steht unmittelbar vor einem gewaltigen Überalterungsproblem, das die europäischen und japanischen Sorgen noch weit übertrifft. Angesichts des weitgehenden Fehlens von Pensions- und Pflege-Systemen wird das in China für Hunderte Millionen Menschen zur Katastrophe werden. Gleichzeitig zeichnet sich ein Arbeitskräftemangel ab – China ist schon längst nicht mehr das Land mit den billigsten Arbeitskräften.
Und am schlimmsten ist der gewaltige Überhang von männlichen Kindern und Jugendlichen: Weibliche Embryonen und Babys werden dort in großer Zahl umgebracht. Das sollte auch Europas Feministinnen ein bisschen mehr beschäftigen, die ja wegen Lächerlichkeiten oft sehr lautstark werden.
Es ist gar nicht abzuschätzen, was es bedeuten wird, wenn unzählige Männer keine Partnerinnen finden. Die Folgen des drohenden Hormonstaus drohen von organisiertem großflächigem Frauenraub und Frauenhandel bis hin zu kriegerischen Verwicklungen zu gehen. Nichts davon sollte uns kalt lassen.
Von den dringend notwendigen Reformen in China hat man bei den jüngsten Beschlüssen entgegen allen Erwartungen von China-Experten eine (noch) nicht gehört: Das ist eine Landreform, die den Bauern das noch immer staatliche Ackerland endlich ins Eigentum überträgt. Aber nur so kann die ländliche Armut überwunden werden. Nur so können für die chinesischen Bauern sinnvolle Strukturen und viele kleinstrukturierte Gewerbebetriebe entstehen. Immerhin gibt es in China weit mehr Bauern als in der ganzen EU Menschen.
Die grausliche Neugier der Staatsbüttel explodiert.
Eine soeben bekannt gewordene Zahl stellt alles in den Schatten: Allein Google hat allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres den Behörden verschiedener Länder, also nicht nur den USA, die Daten von nicht weniger als 42.500 Nutzern bekanntgegeben. Nach Googles Darstellung: bekanntgeben müssen. Mit Sicherheit ist das bei den anderen Internet-Providern nicht besser. Die Zahlen bedeuten eine Verdoppelung binnen drei Jahren und brauchen eigentlich keinen Kommentar mehr. Sondern nur noch die angsterfüllte Frage: Was unterscheidet uns noch von den feudalen und totalitären Diktaturen mit ihren Überwachungsapparaten? Denn niemand kann mir einreden, dass es da immer um Terrorismus und schwere Kriminalität gegangen ist. Ein Gutteil war zweifellos blanke Meinungsüberwachung.
Alle Welt prügelt die Politik für die Defizite. Zu Recht. Zu Recht wird auch die Groteske geprügelt, die sich in den letzten zwei Wochen rund um das plötzlich thematisierte und dann täglich größer oder kleine werdende Schuldenloch abgespielt hat (wo sich neben der überhaupt schon handlungsunfähigen SPÖ vor allem die schwarzen Regionalhäuptlinge Wallner und Schützenhöfer als besonders minderbemittelt erwiesen haben). Nur wenn es darum geht, wie genau Abhilfe zu schaffen wäre, werden die wortgewaltigen Leitartikler und Sonntagsredner sehr einsilbig. Denn sie alle lügen sich selbst und ihr Publikum über vieles hinweg. Man will ja niemandem weh tun. Daher äußern sie meist nur die Schlagworte: Verwaltungsreform, Privatisieren und den Verweis auf Hunderte Ratschläge des Rechnungshofs.
Je schärfer man aber diese an sich richtigen Forderungen prüft, umso klarer wird: Sie bringen viel weniger als erhofft. So sind die Rechnungshof-Ratschläge schon rund zur Hälfte verwirklicht.
Oder das Thema Privatisieren, also der Verkauf staatlicher Unternehmen: Dieser ist natürlich richtig, weil in der ganzen Geschichte fast jedes privatisierte Unternehmen nachher effizienter gewesen ist. Nur: Die hohen zweistelligen Verkaufspreise wird das wohl nicht einspielen. Wirtschaftsforscher, die das versprechen, rechnen leider nach Milchmädchenart. Sie ignorieren die Schuldenlast.
Man erinnere sich nur an den AUA-Verkauf. Damals musste die Republik noch eine halbe Milliarde drauflegen, obwohl das Unternehmen angeblich eine Milliarde wert war. Aber leider hatte es auch rund eineinhalb Milliarden Schulden, von denen dann eben ein Teil beim früheren Haupteigentümer geblieben ist.
Auch eine Verwaltungsreform bringt nicht die erhofften Milliarden. Denn in den Beamtenzahlen stecken vor allem Lehrer, Polizisten, Spitalsmitarbeiter. Das ist geschütztes Terrain, wenngleich auch dort kostenbewusste Reformen dringend wären, um die Ausgaben zumindest stabil zu halten (Beispiel Schulen: Abschaffung der teuren Gesamtschulen, der Wahlpflichtfächer und Umstellung auf ein Voucher-System; Beispiel Gesundheit: Selbstbehalte für alle, Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung – also Konkurrenz zwischen den Kassen).
Auch die ebenfalls empfehlenswerte Reduktion einer Verwaltungsebene (Gemeinde, Bezirke, Bundesland, Republik, EU) würde nicht so viel bringen wie erhofft. Selbstverständlich ist eine echte Aufgabenreform notwendig, also eine wirkliche Reduktion dessen, wo sich Bund und Land überall für wichtig halten. Aber auch da wird leider die Kosteneinsparung überschaubar bleiben.
Die wirklichen Einsparungen sind anderswo zu finden. Erstens im ständig mehr Steuermittel (=Schulden) verschlingenden Pensionsbereich, und zwar durch eine rasche Hinaufsetzung des Antrittsalters. Angesichts der Weltfremdheit vieler populistischer Richter wäre da eine Verfassungsmehrheit sinnvoll.
Zweitens durch einen drastischen Abbau der Subventionen. Hier wird freilich jeder Abbau besonders erbitterten und medienträchtigen Widerstand auslösen: Man denke etwa an die milliardenverschlingende ÖBB, die Trachten- oder Integrationsvereine, die Frauenhäuser oder die Lärmschutzfenster-Produzenten (und hunderte andere Abkassier-Lobbies). Aber nur wenn man ihnen den Kampf erklärt, kann der Kampf gegen das Schuldenloch erfolgreich werden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
5400 Euro hat eine niederösterreichische Richterin als Strafe wegen eines Flugblatts mit scharfer Buddhismus-Kritik verhängt. Damit hat sich neuerlich gezeigt, wie dringend die in den letzten Jahren eingeführten „Verhetzungs“-Paragraphen wieder eliminiert werden müssen. Denn diese führen (wider alle bei ihrer Einführung gemachten Beteuerungen) zu einer dramatischen Einschränkung der Meinungsfreiheit. Wie jetzt bewiesen ist.
Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt: Auch wenn die vom Angeklagten geäußerten Vorwürfe in Hinblick auf Gruppen um den Buddhismus tatsächlich stimmen, darf man sie trotzdem nicht äußern. Denn es gibt ja auch viele friedliche und durch nichts negativ auffallende Buddhisten. Eine unglaubliche Logik, die einem feudalen und totalitären Regime würdig ist. Die – beispielsweise – zu folgenden Konsequenzen führt:
Wir sind in des Teufels Küche gelandet. Eine außer Rand und Band geratende Justiz maßt sich voller Präpotenz an, Meinungs- und wissenschaftlichen Aussagen überprüfen zu können. Natürlich trifft das nicht automatisch jede Meinungsäußerung, aber man weiß nie, welche von der Justiz dann etwa wegen einer Denunziation herausgefischt wird. Genau das nennt man Willkür-Regime.
Das ist die schöne neue Welt der Political correctness, wie sie Rot, Grün und Pink erträumen (Natürlich nicht alle, es gibt sicher auch dort welche, die eigentlich noch die Meinungsfreiheit respektieren wollen . . .) und wo die Schwarzen solche Gesetze ermöglicht haben, sei es in der EU oder in Österreich.
Immer mehr Menschen sind überzeugt, dass am Ende der Monarchie deutlich mehr Meinungsfreiheit geherrscht hat als heute. Solche Judikate sind jedenfalls meilenweit von dem entfernt, was Ministerium und Politik bei der Einführung der „Verhetzung“ als Verteidigung gesagt hatten: Es würden ohnedies nur jene bestraft, die öffentlich dazu auffordern, dass eine Gruppe die Straße waschen muss. Davon ist das niederösterreichische Flugblatt meilenweit entfernt.
Eine rasch wachsende Zahl von Menschen spürt jedoch: Wir rutschen immer tiefer in den Vormärz. Wir wissen nur noch nicht genau, wann 1848 und 1867 kommen.
Was ein Richter oder Staatsanwalt denn tun solle, wenn die Politik diese Einschränkung der Meinungsfreiheit nicht zurücknimmt, wird mir bei Gesprächen mit Angehörigen dieser Berufsgruppen oft entgegengehalten? Die Antwort ist einfach: Nichts. Das ist allemal besser als Urteile, die problematische Paragraphen noch extensiv interpretieren. Und das ist ohnedies das, was manche (natürlich nicht alle . . .) in der Justiz ohnedies recht oft tun, wenn es nicht gegen christliche Aktivisten geht.
Und allen anderen rate ich, freie Meinungsäußerungen nur noch in Ländern wie den Niederlanden oder den USA zu machen. Dort ist die Meinungsfreiheit noch geschützt, selbst wenn man einen Blödsinn oder eine Geschmacklosigkeit äußert. Bei uns aber droht jetzt immer die Aktivität von Staatsanwälten und Richtern, die Meinungen auf ihre Korrektheit überprüfen.
PS: Ich habe – vermutlich zum Unterschied von Richterin und Staatsanwälten – Tibet selbst besucht und mehrmals den Dalai Lama interviewt. Ganz unbestreitbar ist der dortige Buddhismus eine atavistische und rückständige Religion, die meilenweit von Menschenrechten oder Demokratie entfernt ist. Woran auch der nette Dalai Lama nichts ändern kann. Dennoch bin ich ein vehementer Unterstützer des tibetanischen Anspruchs auf Selbstbestimmung. Als Volk, als Nation, aber nicht wegen einer Religion.
Wer Sie vertreten soll im Nationalrat – kennen Sie ihn nicht?
Sie kennen seinen Namen nicht einmal und gar nicht sein Gesicht?
Sie wählen ja auch keinen Menschen, sondern nichts als die Partei!
Und deren Führung ganz allein bestimmt, wer Nationalrat sei.
Auf diese Art vertritt der Abgeordnete allein die Sache
der Führung der Partei. Die „Volksvertetung“? Ha, dass ich nicht lache! –
Und grad erst wurden Klubobmänner für Fraktionen frisch ernannt
von den Parteiobmännern - statt gewählt vom Klub. Und einbekannt
ist damit, wer das Sagen hat. Und keinen macht das auch nur munter,
auch nicht die Medien: Demokratie geht so den Bach hinunter…
Dr. Günther Voith ist Jurist und Unternehmer. Er hat lange die Inzersdsorfer Nahrungsmittelwerke geführt, war Vorstandsmitglied der Industriellenvereinigung, Mitglied des Österreich-Konvents, der Staatsaufgaben-Reformkommission und Lehrbeauftragter. Er hat soeben ein 600-Seiten-Buch "Reimekraut und Schüttelrübern" herausgebracht mit Alltags-Gedichten und Schüttelversen. Sie sind kritisch, persönlich, menschlich, politisch, zum Besinnen und zum Schmunzeln, jedenfalls unterhaltsam, aber keine Lyrik. Zu beziehen um € 28,- inkl. Versand via E-Mail guenter.voith@chello.at.
Es waren die beiden Hauptaussagen von Michael Spindelegger im Wahlkampf: Das Gymnasium bleibt unangetastet, und es kommen keine neuen Steuern. Beide Positionen sind schon wenige Wochen nach der Wahl von Spitzenfunktionären seiner eigenen Partei lustvoll zertrümmert worden. Was tut da Spindelegger? Er schweigt konsequent. Werner Faymann ist zwar auch nicht präsent. Aber bei der SPÖ hält wenigstens die ganze Partei Linie (halt nur leider eine falsche).
Beide Spindelegger-Positionen wurden von schwarzen Spitzenfunktionären gekübelt. Es ist kein Zufall, dass beide Landeshäuptlinge sind. Sind doch praktisch alle relevanten ÖVP-Bundespolitiker, insbesondere die Minister, von Spindelegger weitgehend desavouiert worden. Und nirgendwo stehen Nachfolger bereit.
Damit fehlt aber auch die Sachkenntnis und Kompetenz, welche die Minister zum Teil noch hatten. Jetzt sind es nur noch die Bundesländer-Bosse, die in der ÖVP reden. Und die reden natürlich alle aus der engen Interessenlage ihrer lokalen Kirchtürme heraus (Motto gegenüber dem Bund: „Zaster her!“). Also zum Schaden der Republik und der Bundes-ÖVP.
Der steirische ÖVP-Häuptling Schützenhöfer fordert plötzlich lauthals Vermögenssteuern. Das ist politisch wie ökonomisch völlig wahnwitzig.
Politisch gilt: Für so idiotisch kann kein ÖVP-Politiker die Wähler halten, dass ihm nicht die Konsequenzen klar sein müssten. Ein solcher Bruch der schwarzen Hauptagitationslinie führt zwangsläufig zu einer Zornexplosion der Wähler und einer Halbierung des schwarzen Wähleranteils, wenn das Wirklichkeit wird. Auch wenn die Wahlen erst in fünf Jahren sein sollten.
Ist Schützenhöfer wirklich zu dumm, um das zu begreifen? Oder will er solcherart gegen seinen Parteichef intrigieren? Oder tut er das am Ende mit Rückendeckung von Spindelegger, weil dieser Versuchsballons in diese Richtung wagen will?
Wie auch immer. Schützenhöfer beteuert öffentlich treuherzig: Die Ergebnisse des ominösen Kassensturzes würden zu solchen Maßnahmen zwingen. Selbst wenn das wahr wäre, hätte man es sich schon vor dem Wahltag besser überlegen müssen. Es ist verlogener Populismus, das alles jetzt auf auf die von Spindelegger offenbar gehasste Maria Fekter zu schieben oder auf plötzlich dramatisch verschlechterte Wirtschaftsprognosen. So schlecht sind nicht einmal unsere Wirtschaftsforscher.
Aber selbst wenn das Budgetloch wirklich ganz plötzlich aufgegangen wäre, dürfte man keinesfalls zu Maßnahmen greifen, die mit Sicherheit Kapitalflucht auslösen und damit das Wirtschaftswachstum noch weiter reduzieren. Das würde das Budgetloch nur vergrößern, nicht verkleinern. Das müsste doch auch in den Kopf des Herrn Schützenhöfers hineingehen.
Statt neuer Steuern täte etwas ganz anderes not: Ein gewaltiges Paket an Stimulierungsmaßnahmen, die kein Geld kosten, die viel Geld einsparen. Dazu gehören Deregulierungen, Verwaltungsvereinfachungen, Privatisierungen. Nur das wäre richtig, und nur das wäre die ja auch von Spindelegger immer geforderte „Entfesselung“. Aber offenbar versteht die ÖVP darunter jetzt die Entfesselung der Politikergier nach unserem Geld.
Wenn die offenbar noch in der Gewerkschaftsmentalität der 70er Jahre einbetonierte SPÖ zu allen diesbezüglichen Vorschlägen prinzipiell Nein sagt, dann kann es für die ÖVP nur einen Weg geben, wenn sie sich selbst noch in den Spiegel schauen will, dann muss sie klipp und klar sagen: Mit dieser SPÖ ist keine Koalition möglich. Aber sie kann sich doch nicht selbst so blamieren!
Da auch FPÖ und Grüne zu keinen sinnvollen Maßnahmen bereit scheinen, aber auch ein Bündnis der roten und blauen Sozialträumer unrealistisch ist, müsste die ÖVP halt notfalls auch Neuwahlen hinnehmen. Aber auch diese Perspektive hat die ÖVP für sich selbst unmöglich gemacht: Denn mit Vorschlägen nach Schützenhöfer-Art hat man die eigene Glaubwürdigkeit, und mit einer Personalpolitik nach Spindelegger-Art die eigene Mannschaft zertrümmert.
Die SPÖ hingegen hat eiskalt und blitzschnell ihren Klubobmann Cap abserviert und sofort einen Nachfolger installiert. Anschließend hat sie mit der Groteske um Caps allzu große Gier hervorragend von allen sonstigen Problemen abgelenkt. Damit hat sie die perfekte Perspektive entwickelt: Schulden&Co sind offenbar ein reines ÖVP-Problem.
Daher lassen die Genossen die Schwarzen mit verschränkten Armen und Null eigener Bewegung beinhart anrennen. Und die üben sich halt wieder einmal in Selbstbeschädigung, statt die Reformunwilligkeit der SPÖ zu thematisieren versuchen.
Dasselbe spielt sich beim Bildungsthema ab. Die Beibehaltung des Gymnasiums war ja der zweite Spindelegger-Eckpfeiler. Davon ist nicht mehr viel übrig. Dank Wilfried Haslauer.
Es ist zwar durchaus legitim und richtig, den Zugang zum Gymnasium wieder an so etwas wie eine Aufnahmsprüfung zu binden. Alles andere, was der schwarze Neo-Schulpolitiker Haslauer aber von sich gibt, ist Nonsens, ist dumm wie gefährlich.
Nein, hat er alles nicht. Der Mann, der selbst nur haarscharf an einer Mitschuld am Salzburger Finanzdebakel entlanggeschrammt ist, befindet einfach ex cathedra: 80 Prozent sind nicht fähig, in ein Gymnasium zu gehen. Egal was dieser Herr Spindelegger da ein paar Hundert Male gesagt haben soll.
Und am Schluss wird die SPÖ schließlich auch die einzig positive Haslauer-Idee, die Aufnahmsprüfung, verhindern. Als Ergebnis wird von seinen Vorschlägen dann nur noch die Zertrümmerung des Gymnasiums bleiben. Samt jener der ÖVP.
Aber die ist ja allen Beteiligten längst ebenso wurscht wie die Wähler. Wenn sie nur ihre Pöstchen noch ein paar Jahre lang retten können.
Es ist eine mehr als gute Nachricht. Und doch belebt sie alten Ärger wieder. Inhalt: Die Müllentsorgung ist für viele steirische Gemeinden um fast die Hälfte billiger geworden.
Der Grund: Sie haben die Sache neu ausgeschrieben, es herrscht viel mehr Wettbewerb, und Müll ist zu einem wertvollen Rohstoff geworden, den immer mehr Abfallentsorgungsanlagen haben wollen. Gemeinden wie Lannach wollen die Gebühren für die Bürger deshalb sogar halbieren. Eigentlich alles super - würde man nicht an die rotgrüne Volksbefragung in Wien erinnert: Da wurde den Menschen eingeredet, dass Müllentsorgung, Wasserversorgung & Co ja nicht privatisiert werden dürfen, sondern unbedingt in staatliche Hände gehören. Die freilich in Wahrheit immer parteipolitische sind. Die Wiener haben aber den Schmäh geglaubt. Nicht einmal eine einzige Partei hat widersprochen. Jetzt zahlen die Wiener halt alle dafür. Und dem rotgrünen Rathaus ist es völlig egal, dass wegen der hohen Gebühren immer mehr Gewerbebetriebe in Wien zusperren. Solange es nur abcashen kann (und mit dem Geld die Medien bestechen, die dann wiederum das SPÖ-Eigentum bei Wasser, Müll, Wohnen, Strom usw. bejubeln).
Das Erstaunen der Koalition über eine plötzliche Verschlechterung der Konjunkturprognosen, die alle Wahlversprechen über den Haufen werfen würde, ist erstunken und erlogen. Diese Verschlechterung gibt es nämlich gar nicht, wenn man die Prognosen des ganzen letzten Jahres vergleicht!
Die Wachstumsprognosen der beiden staatsnahen Institute Wifo und IHS haben sich nämlich seit Dezember 2012 keineswegs dramatisch verschlechtert, sondern sind gleich geblieben. Das lässt nur zwei mögliche Erklärungen für die plötzlich ausgerufene Panik zu, Österreich stehe vor einem Megaloch von 30 bis 40 Milliarden: Entweder die Koalition lügt, damit sie mit dem uralten Politik-Schmäh des unerwarteten Ergebnisses eines „Kassasturzes“ all ihre Wahlversprechen entsorgen kann (die offenbar keine Partei jemals einhalten wollte). Oder die beiden Institute lügen mit ihren veröffentlichten Zahlen und geben dem Finanzministerium ganz andere Prognosezahlen als der Öffentlichkeit.
Beide Erklärungsvarianten sind ein unglaublicher Skandal.
Konkret die Daten zum Beweis des Vorwurfs: Sowohl im letzten Dezember wie im März haben beide Institute für das Jahr 2014 ein Wachstum von 1,8 Prozent prophezeit. Im Juni hat das Wifo dann die Prognose zwar auf 1,6 Prozent reduziert, im Oktober, also nach der Wahl, dann aber wieder auf 1,7 Prozent erhöht. Das IHS ist immer bei 1,8 Prozent geblieben, vor der Wahl und nach der Wahl.
Das ist bei beiden Instituten jedenfalls alles andere als eine dramatische Änderung, die das Auftreten eines plötzlichen Loches erklären würde.
Dementsprechend blieben auch die Prognosen für das Budgetdefizit im Jahr 2014 (Maastricht-Saldo) konstant: Im vergangenen Dezember standen die Prognosen beider Häuser bei 1,5 beziehungsweise 2,0 Prozent Defizit, ebenso im März. Bei der Prognose nach der Wahl waren sich Wifo und IHS auf 1,6 bis 1,7 Prozent nahegekommen. Das ist sogar besser als der Schnitt der Prognosen aus dem vorigen Winter.
Daher kann mir auch da niemand einreden, dass das eine Verschlechterung oder gar eine unerwartete Katastrophe wäre. Und schon gar nicht ist das eine Veränderung, welche die Republik in ihren Grundfesten erschüttern müsste. Weder beim BIP-Wachstum noch beim Maastricht-Defizit, den beiden für Budgetprognosen wichtigsten Werten.
Eine gewisse Verschlechterung der Prognosen hat es lediglich bei den Arbeitslosenquoten gegeben. Aber auch hier hat sich zumindest zwischen Juni und Oktober überhaupt nichts mehr geändert. Umgekehrt glaubt das Wifo heute an einen viel stärkeren Zuwachs der Investitionen als im Frühjahr. Was ja zumindest bei der Umsatzsteuer zu einem deutlichen Plus gegenüber den früheren Einnahmeschätzungen führen müsste.
Wenn sich diese Zahlen (die offenbar bisher noch kein Medium genau angeschaut hat) einmal in der Bevölkerung herumgesprochen haben, wird sich die Koalition mit ihrer Budgetloch-Theorie sehr schwer tun. Die Menschen lassen sich zwar eine Zeitlang für blöd verkaufen, aber nicht für immer. Und wenn einmal das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik ganz weg ist, dann werden die Bürger sehr zornig.
Gibt es also gar kein Loch, das zu füllen wäre? Das gibt es natürlich schon. Aber es ist kein neues Loch, sondern es ist längst bekannt. Dass die Finanztransaktionssteuer nichts bringen wird, dass es EU-weit inzwischen sehr strenge Vorgaben gibt, dass das Pensionssystem ständig mehr Zuschüsse aus dem Steuertopf braucht, dass die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria in eine sauteure Katastrophe gemündet ist: Das ist alles schon vor der Wahl bekannt gewesen.
PS: An der Pensionsdramatik kann übrigens der Umstand nichts ändern, dass die „Pensionskommission“ des Sozialministers vor wenigen Tagen frech erklärt hat, es gebe keinen Handlungsbedarf. In Wahrheit will die SPÖ nicht handeln, daher darf es keinen Bedarf geben. Da der Sozialminister die Kommission mit fast lauter Parteifreunden besetzt hat, entspricht der Wert dieser Kommission ungefähr dem der bei ihren Sitzungen konsumierten Mineralwasserflaschen. Alle unabhängigen Experten sagen hingegen seit längerem (auch nicht erst seit den Wahlen), dass beim Pensionsantrittsalter dringend etwas geschehen müsse. Und zwar nicht nur dem der Frauen.
Es ist eine mehr als gute Nachricht – auch wenn letztlich das Gegenteil eingetreten ist.
Laut der immer seriös informierten „Financial Times“ hat der Gouverneur der Nationalbank in der Vorwoche gegen die Zinssenkung der EZB gestimmt. Zusammen mit Deutschen und Niederländern hat er beim internen Votum der Europäischen Zentralbank diesen fast schon kriminellen Raubzug auf die Sparer zu verhindern versucht. Richtigerweise. Denn von der Zinssenkung profitieren nur die Schuldnerländer Südeuropas, die sich so auf Kosten der enteigneten Sparer billig refinanzieren. Das war zwar schon länger der Fall, ist aber jetzt noch krasser geworden. Das Gute daran: Damit hat sich der bisher vor allem feige Ewald Nowotny endlich offen an die Seite der anderen stabilitätsorienterten Länder gestellt. Er hat damit nicht nur mit den schuldengierigen Gewerkschaften gebrochen, sondern auch mit der von SPÖ-Chef Faymann begonnenen Allianz mit Frankreich. Nowotnys – hoffentlich dauerhafter – Haltungswechsel kann daher gar nicht hoch genug gelobt werden. Auch wenn er (vorerst) nichts gebracht hat.
Das Bekanntwerden der Überlegungen des Internationalen Währungsfonds, ob die Staatskassen eventuell mittels der Enteignung von Sparern und Immobilienbesitzern zu entlasten und auf den Stand von 2007 zurückzuführen wären, hat einigen Staub aufgewirbelt. Nachdem sich – völlig überraschend – selbst die gewöhnlich zuverlässig staatsfreundlichen Hauptstrommedien überwiegend kritisch zur Idee einer Teilenteignung jener Menschen äußerten, die den schwerwiegenden Fehler begingen, keine Schulden gemacht zu haben, folgten Erläuterungen, die so glaubwürdig klangen wie weiland Walter Ulbrichts Beteuerung „Niemand will eine Mauer bauen!“
Doch jetzt ist die Katze einmal aus dem Sack. Das ist auch gut so, da die „Lektion Zypern“ vom Publikum offensichtlich nicht verstanden wurde. Jetzt sollte auch der Dümmste begriffen haben, dass die Herrschenden und die ihnen zuarbeitenden Staatsökonomen und Intellektuellen vor keinem Verrat zurückschrecken werden, wenn es darum geht, das seit vielen Jahren laufende Pyramidenspiel aus Zinsmanipulation, Kreditexzess und Geldwerterosion wenigstens noch eine Zeit lang am Laufen zu halten.
Nehmen wir an, die Sache würde tatsächlich wahr gemacht: Dann erscheint es mehr als zweifelhaft, dass kleine Sparer und Eigenheimbesitzer überhaupt die Möglichkeit hätten, sich einem generalstabsmäßig geplanten und transnational orchestrierten Raubzug der Regierungen zu entziehen. Die Möglichkeiten dazu sind begrenzt. Denn wenn, wie im IWF-Papier ventiliert, eine bestimmte Vermögensquote zugunsten maroder Staatshaushalte konfisziert werden soll, dann geraten damit ja nicht nur der amtsbekannte Immobilienbesitz, Sparbücher und Wertpapierdepots ins Fadenkreuz des Fiskus, sondern natürlich auch alle anderen Vermögenswerte. Wenn schon enteignen, dann aber schon ordentlich und „sozial gerecht“.
Schließlich wäre es undenkbar, zwar die Schrebergartenhütte der Wettitant mit einer Zwangshypothek zu belasten, nicht aber Teile der Gemäldesammlung von Herrn X und/oder das Edelmetalldepot der Frau Y und deren Juwelen zu konfiszieren. Derartige Werte sind aber, falls der jeweilige Besitzer darüber keine Zeitungsinserate schaltet oder in aller Öffentlichkeit lautstark damit prahlt, anonym und daher nur durch behördliche Nachschau aufzuspüren. Von Regierungsseite wurde bereits mehrfach betont, dass im Zusammenhang mit der Vermögensbewertung nicht an Hausdurchsuchungen gedacht sei. Das ist – siehe Ulbricht – als eindeutiger Hinweis darauf zu verstehen, dass genau diese natürlich durchgeführt würden.
Beim Geld hört bekanntlich der Spaß auf – besonders der des Fiskus. Ein Anschlag auf die Vermögen der Untertanen wird daher notwendigerweise mit einer Öffnung von Bankschließfächern unter Behördenaufsicht, sowie einer gründlichen Inspektion von Heimstätten der üblichen Verdächtigen einhergehen, als da wären: Unternehmer, Besitzer lastenfreier Eigentumswohnungen oder Eigenheime und andere Geldsäcke, sowie alle jene, die keinen großen Proletariernachweis erbringen können. Im Zuge der Bewältigung der Staatsschuldenkrise werden wir daher jede Hemmung fallen sehen, auch noch die letzten verbliebenen Reste von Privatsphäre zu beseitigen. Schließlich steht ja nicht weniger als das Gemeinwohl auf dem Spiel! Unverletzlichkeit der Wohnung? Lächerlich!
Auch jene Schlaumeier, die nun – einerseits um der Enteignung durch den Staat und andererseits um einem möglichen Bankrun zuvorzukommen – ihre Konten auflösen um die abgehobenen Banknoten zu Hause in ihre Matratzen stopfen, wären leichtsinnig, würden sie sich deshalb in Sicherheit wiegen. Rascher, als sie von der Bank heimkommen, können nämlich jene Banknoten für ungültig erklärt werden, die nicht über eine entsprechende behördliche Kennzeichnung verfügen. Im Zuge dieser Kennzeichnung (oder des Umtauschs) von daheim gehorteten Barmitteln, wird dann erst recht die jeweilige Zwangsabgabe (deren Quote eher über als unter den kolportierten zehn Prozent liegen wird) eingetrieben. Derlei Übungen sind nicht neu. Es ist alles schon einmal da gewesen!
Die Konsequenz der vom IWF überlegten Ausplünderung von Nichtschuldnern und Vermögensbildnern wird nicht lange auf sich warten lassen: Nach der Immobilenbranche, den Aktien- und Rohstoffbörsen, werden jetzt die Konsumtempel Umsatzrekorde feiern und die Tourismusindustrie wird einen Boom erleben. Ludwig Mises hat ein derartiges Phänomen einst als „Katastrophenhausse“ bezeichnet. Wer keine Möglichkeit sieht, sein mühsam erspartes Vermögen dem Zugriff grob fahrlässiger oder krimineller Machthaber oder einer galoppierenden Inflation zu entziehen, wird konsumieren, als gäbe es kein morgen. Lieber noch ein paar Monate im Dauerrausch, als gar nichts vom Ersparten zu haben – durchaus rational überlegt! Ist dann der letzte Cent verbraten, und der letzte bar bezahlte Laib Brot aufgegessen, heißt es „Fertigmachen zum Zusammenbuch!“ Dann – wenn auch leider zu spät – werden selbst glühende Etatisten und eingefleischte Keynesianer erkennen, dass es doch keine Möglichkeit gibt, sich „reich zu konsumieren“ oder „in den Wohlstand zu verschulden“.
Die Ironie des Ganzen ist, dass derartige Ungeheuerlichkeiten und all der verheerende Schaden, der damit angerichtet wird, dennoch keine nachhaltige Sanierung der Staatshaushalte bewirken würden. Denn niemals waren die Abgabenlasten höher als unserer Tage; zu keiner Zeit haben die Steuerquellen ergiebiger gesprudelt als gerade jetzt. Das Problem der Staaten besteht nämlich nicht in zu geringen oder abnehmenden Einnahmen, sondern in zu hohen und zudem laufend steigenden Ausgaben. Und daran wird sich auch nach einer Entschuldung der Staaten – gleich auf welche, jedenfalls schmerzhafte Weise diese erfolgen wird – absolut nichts ändern. Schon tags darauf werden erneut die Staatsausgaben die -einnahmen übersteigen, da niemand innerhalb der politischen Klasse daran denkt, die Strukturen zu verändern.
Denn auf dem Boden der westlichen „Prolokratie“ liefe ein Entzug steuer- oder schuldenfinanzierter Wohltaten glatt auf einen politischen Selbstmord der Regierungen hinaus, den zu begehen diese mit Sicherheit nicht vorhaben. Daher würden – auch nach einer Sanierung der Staatshaushalte – dem über die Stimmenmehrheit verfügenden Proletariat weiterhin Brot und Spiele geboten werden müssen. Schließlich will man sich ja als Systemprofiteur die Finger nicht mit ehrlicher, produktiver Arbeit schmutzig machen müssen, sondern weiterhin am wohl gefüllten Futtertrog der Politik verbleiben und wiedergewählt werden. Das grausige Spiel könnte daher von neuem beginnen.
Fazit: Das herrschende politische System ist – nicht nur in materieller Hinsicht – bankrott und mutmaßlich unreformierbar. Ohne eine Rückkehr zu persönlicher Verantwortung und Haftung, Respekt vor privatem Eigentum und einem soliden Geldsystem wird die Gesellschaft jedenfalls zerfallen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Zweitklassige Führungspersönlichkeiten scharen nach einer alten Erfahrungsweisheit drittklassige Menschen um sich. Wie ist dann ein Politiker zu beurteilen, der primär letztklassige Menschen anzieht? Wie etwa ein Erwin Pröll.
Er gilt als politisches Urvieh mit brutalen Durchsetzungsmethoden, wenn auch nicht als sonderlicher Intellektueller. Aber die wichtigsten Qualitäten einer Führungspersönlichkeit sieht man erst daran, mit welchen Menschen sie sich umgibt. Wenn man den niederösterreichischen Machthaber an Hand jener Menschen beurteilt, die er in der Politik gefördert hat, da kommt einem bald das Wort Desaster in den Mund.
Niemand anderer als Pröll hat etwa einen Ernst Strasser nach oben befördert. Von niederösterreichischen Parteifunktionen bis ins Innenministerium und dann an die Spitze der ÖVP-Liste für das EU-Parlament (bei letzterem Avancement hat Neffe Josef ebenfalls eine Hauptrolle gespielt).
Besonders beschämend ist dabei für beide Prölls: Sie haben die offen deponierten Bedingungen Strassers vor seiner EU-Kandidatur akzeptiert. Strasser hat darauf bestanden, dass er auch als EU-Abgeordneter weiter als Lobbyist Geld verdienen könne. Das aber sind zwei absolut unvereinbare Tätigkeiten. Um das zu erkennen, braucht es nicht erst der Recherchen britischer Journalisten mit versteckter Kamera und verstecktem Mikrophon. Alles Weitere zu Strasser findet sich in der Gerichtssaalberichterstattung.
Jene Bedingung Strassers hätte von den Prölls mit einem absoluten Veto verboten werden müssen – selbst wenn es nachvollziehbar ist, dass Josef Pröll in Othmar Karas als völlig unberechenbarem Geschoß keine brauchbare Alternative gesehen hat.
Jedenfalls ist die Affäre Strasser – selbst wenn der Mann letztlich doch noch freigesprochen werden sollte – und die Pröll-Rolle darin meilenweit von jedem Anstand, jedem Gehört-sich, jedem Charakter entfernt.
Mindestens ebenso bedenklich ist Erwin Prölls Rolle auch bei der Karriere der Monika Lindner. Denn auch diese ist einzig und allein ihm zu verdanken. Ohne Pröll wäre Lindner vor allem nie und nimmer ORF-Generaldirektorin geworden.
ÖVP und FPÖ wollten damals eigentlich andere Kandidaten für die ORF-Spitze. Aber Pröll hat auf Lindner bestanden, was die schwarz-blaue Koalition zum Nachgeben gezwungen hat, da Pröll ja über mindestens zwei Stimmen im Stiftungsrat bestimmt. Daher ist es eine wirkliche Chuzpe, wenn Lindner nun in einem Buch Wolfgang Schüssel die Schuld daran zuschiebt, dass sie nicht wiederbestellt worden ist. Das war vielmehr ganz eindeutig auf die Dummheit Lindners selbst zurückzuführen.
Sie selbst hat als ORF-Chefin keine Chance ausgelassen, das blau-orange Lager zu provozieren. Sie hat sich in ihrer Naivität ganz auf die SPÖ verlassen. Worauf dieses dritte Lager sich dann eben rächte und am ORF-Wahltag mit der Linken packelte. Zweites (oranges) Motiv für diese Packelei war, dass die ÖVP sich geweigert hat, Peter Westenthaler ein paar Monate vor der Wahl 2006 noch schnell zum Vizekanzler von Schwarz-Orange zu machen.
Das dritte Lager büßt heute selbst ähnlich wie Lindner mit dem Ende ihrer ORF-Karriere schwer dafür, dass es sich beim ORF mit der SPÖ eingelassen hat. Aber Lindner begreift zum Unterschied von der FPÖ offenbar bis heute nicht, wie dumm es von ihr war, sich auf die falschen Treueschwüre ihres Mitarbeiters Alexander Wrabetz einzulassen. Sie glaubt sogar bis heute, dass sie gewonnen hätte, wenn sie TV-Chefredakteur Werner Mück geopfert hätte. Der hatte wenigstens noch ein bisschen der massiv linkslastigen Redaktion entgegenzuhalten versucht. Worauf er logischerweise von den Linken (angeführt von den Herren Wolf, Huemer und Konsorten) mehr attackiert worden ist als das unpolitische Leichtgewicht Lindner.
Die Dame ist schlicht unbetamt und naiv. Wer das bezweifelt hat, ist spätestens bei ihrem späteren Scheitern in der Plakat-Branche oder jetzt bei der Groteske rund um ihre Nationalrats-Kandidatur erwacht.
In diese Reihe der besonders peinlichen Pröll-Kreationen gehört auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Seit ihrem Ruf „Zaster her!“ kann es daran wohl wenig Zweifel geben. Jedoch: Während die anderen beiden genannten Pröll-Fehlgriffe inzwischen abgestürzt sind, sitzt Mikl fest im Sattel. Sie darf offenbar zur Belohnung für treue Pröll-Dienste nun auch gleich das ganze Kapitel Justiz im Namen der ÖVP verhandeln.
Mit anderen Worten: Mikl ist die dritte schwere Culpa in eligendo auf dem Konto des niederösterreichischen Machthabers. Erwin Prölls Menschenkenntnis reicht nur zur Einteilung in Freunde und Feinde. Da drängen gerade die peinlichsten Figuren danach, zu seinen Freunden zu zählen, um das nutzen zu können.
Unglaubliche Brutalität prägt auch Prölls Verhalten in Sachfragen. Da sei an seinen – die Steuerzahler letztlich Unsummen kostenden – Kampf gegen einen Semmering-Tunnel erinnert. Dem hat er erst zugestimmt, als das Projekt sinnlos verteuert worden war.
Pröllsche Brutalität sah man auch, als ein Oberstgericht einen für die Hypo-NÖ negativen Bescheid der Finanzmarktaufsicht aufgehoben hat. Da hat Pröll sofort lauthals die Köpfung des FMA-Vorstandes verlangt. Als ob es nicht täglich hunderte Male passiert, dass eine höhere Instanz einen Verwaltungsbescheid aufhebt. Auch mit solchen der niederösterreichischen Landesregierung ist das schon oft genug passiert. Ohne dass es da einen Rücktritt an deren Spitze gegeben hätte.
Prölls Verhalten zeugt von einem sehr gebrochenen Verhältnis zum Rechtsstaat. Irgendwie hat er halt nicht mitbekommen, dass die Feudalzeit vorbei ist. Er nimmt vielmehr das Wort „Landesfürst“ ganz wörtlich.
Man muss daher mehr als froh sein, dass Pröll neuerdings nicht mehr der einzige Anwärter für die Kandidatur als Bundespräsident auf dem schwarzen Ticket ist. Mit Christoph Leitl scharrt da jetzt noch ein anderer ehrgeiziger Typ in den Kulissen der ÖVP. Und bei allen Fehlern, die man Leitl vorhalten muss (dazu gehört vor allem sein standortgefährdendes ständiges Nachgeben gegen die Gewerkschaft), ist er im Vergleich zu Pröll doch eindeutig vorzuziehen. Leitl ist erstens kein so cholerisch-brutaler Machtmensch wie Pröll. Und er hat zweitens keine so katastrophalen Personalia zu verantworten wie der Niederösterreicher.
Freilich gilt dieses positive Urteil über Leitl nur dann, wenn man sich bloß zwischen diesen beiden Männern entscheiden müsste.
PS: Die ganze Brutalität des Erwin Pröll zeigte sich auch bei der Entscheidung, wer aus Niederösterreich denn nach der Wahl für die ÖVP ins Parlament einzieht. Da wurde die Badener Unternehmerin und Mutter Carmen Jeitler eiskalt übergangen, obwohl sie ein sensationelles Vorzugsstimmen-Ergebnis erzielt hat. Aber offenbar waren Pröll völlig farblos Kandidaten ohne Vorzugsstimmen-Erfolge sympathischer als eine dynamische junge Frau, die nicht mit dem Quoten-Schmäh, sondern mit Leistung in die Politik wollte. „Die ist ihm zu intelligent“ kommentierte das ein frustrierter Badener.
Seit Monaten protestieren große Massen in Bulgarien gegen die sozialistische Regierung. Und was erfährt man davon in den Medien?
So gut wie nichts. Insbesondere im ORF hetzt man nur gegen Ungarn. Jetzt sogar mit einer gedruckten Kampfschrift und polemischen Spots zur Bewerbung des Buchs. Die Vorgänge in Bulgarien und Rumänien werden von den österreichischen Medien hingegen weitestgehend ignoriert – obwohl sie mindestens so gravierend sind wie das, was der ungarischen Regierung vorgeworfen wird. Obwohl die regierungskritischen Kundgebungen vor allem in Bulgarien noch viel heftiger sind als jene in Ungarn. Unsere Medien haben halt das Prinzip: Objektivität ist das, was der Linken nutzt.
Nachher sind immer alle gescheiter. Dieses alte Prinzip gilt überall – nur offensichtlich nicht bei EU-Parlamentariern. Diese haben jetzt eine Kommission gebildet, die das Verhalten der „Troika“ bei der Griechenlandaktion überprüfen soll. Die parlamentarischen Kommissare haben aber schon vor Abreise so große Dummheiten abgesondert, dass mit Sicherheit solche auch ihren Bericht prägen werden. Obwohl man nach fast vier Jahren eigentlich schon klüger sein sollte.
Lassen wir einmal die „Kleinigkeit“ beiseite, weshalb sich der Währungsfonds und die Zentralbank überhaupt vom EU-Parlament prüfen lassen sollen, unterstehen sie diesem doch in keiner Weise. Vergessen wir die „Kleinigkeit“, dass sich das EU-Parlament nie für die vor dem Crash passierten statistischen Betrügereien durch Griechenland interessiert hat, die ja eine Hauptursache der Katastrophenausmaße sind. Übergehen wir auch die weitere „Kleinigkeit“, dass die Parlamentarier reichlich spät das Thema entdecken, erst „ganz zufällig“ vor den EU-Wahlen.
Halten wir uns vielmehr nur an das, was der Österreicher Othmar Karas selbst schon vor Beginn seiner Griechenland-Tour verkündet (er hat ja dabei die zentrale Funktion eines Berichterstatters übernommen): „Wenn das EU-Parlament stärker eingebunden wäre, hätte es sicher keine Senkung des Mindestlohns in Griechenland gegeben.“
Da kann man nur sagen: Gott sei Dank haben die Populisten aus dem EU-Parlament in Sachen Griechenland nichts mitzureden. Denn sie begreifen offenbar nicht einmal die grundlegende Tatsache: Die Senkung der Gehälter war überhaupt das Wichtigste und Richtigste, was die Troika in Griechenland getan hat. Sind doch zwischen der Einführung des Euro und dem griechischen Crash 2010 die griechischen Gehälter um rund 30 Prozent schneller gestiegen als die deutschen. Da war es absolut zwingend, dass sie nun wieder um einen ähnlichen Prozentsatz sinken mussten.
Offenbar meinen jedoch Karas&Co, dass es gerecht ist, wenn osteuropäische Euro-Länder für Griechenland haften und zahlen müssen, bei denen der Durchschnitts(!)lohn niedriger ist als griechische Mindest(!)löhne. Zum Glück hat die Troika aber Experten entsandt und keine EU-Abgeordneten.
Das heißt nun keineswegs, dass das Verhalten gegenüber Griechenland richtig war. Aber den Hauptfehler haben Politiker selbst zu verantworten, griechische Minister und Wolfgang Schäuble an der Spitze. Sie haben 2010 nicht nur eine bis dahin eiserne EU-Regel gebrochen, das Verbot eines „Bailouts“ von einzelnen überschuldeten Mitgliedsländern. Sie haben vor allem durch Griechenlands Verbleib in der Eurozone die Sanierung der griechischen Schuldenpolitik langfristig viel schmerzhafter werden lassen als notwendig. Für die Griechen wie den Rest Europas.
Diese Entscheidung wäre in der Tat intensiv zu untersuchen. Aber nicht die Senkung der griechischen Löhne.
PS: Das Chaos im EU-Parlament hat sich übrigens auch bei der jüngsten Abstimmung zum Antrag eines Ausschusses gezeigt, ein Recht auf Abtreibung europaweit festzuschreiben. Dieser Antrag ist ja - zu Erleichterung vieler wertorientierter Europäer - vom Plenum wieder an den Ausschuss zurückgeschickt worden. Jedoch haben auch konservative Abgeordnete für seine Behandlung gestimmt. Wie etwa der nämliche Othmar Karas. Er war zwar angeblich gegen den Bericht, aber im Gegensatz zur Mehrheit für dessen Behandlung. Kennst Dich aus? EU-Parlament eben . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Herren Ostermayer und Faymann haben bei ihren Aussagen vor dem Staatsanwalt massiv die Unwahrheit gesagt. Und zwar in einem Ausmaß, dass alle einstigen Erinnerungslücken eines Kurt Waldheim weit übertrifft. Das ist aber noch nicht strafbar. Das darf man, das dürfen auch Beschuldigte. Es sind andere schwerwiegende Gründe, warum beide dringend vor den Strafrichter gehört hätten, der all diese Vorwürfe gründlich prüfen müsste.
Dorthin hätten auch mindestens zwei andere Personen gehört. Daran ändert der Umstand nichts, dass sich diese nur unter politischem Druck schuldig gemacht haben.
Das Ganze ist das schlimmste Sittendrama von Politik und Justiz seit dem Kriegsende. Die Vorgänge berühren gleich mehrere strafrechtliche Problemzonen:
Im § 145 des Strafgesetzbuchs heißt es: „Wer eine Erpressung begeht, indem er . . . mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht . . ., ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“
Aus mehrere Unterlagen des Strafaktes geht nun hervor, dass der jetzige Staatssekretär Josef Ostermayer als Kabinettschef von Verkehrsminister Faymann (laut Aktiengesetz absolut weisungsfreie!) Vorstände der ÖBB mit dem Jobverlust bedroht hat, wenn sie nicht bestimmte Wünsche erfüllen.
Gewiss: Ostermayer leugnet alle diesbezüglichen Aussagen. Aber unbestreitbar ist, dass in einem Rechtsstaat ein unabhängiges Gericht – und nicht in einer Weisungshierarchie stehende Staatsanwälte – solche belastenden Beweise bewerten sollte. Vor allem ist das dann unbedingt notwendig, wenn sie Machtträger betreffen, die bei der Bestellung des Justizministers, also des weisungsberechtigten Vorgesetzten der Staatsanwälte, laut Verfassung mitzureden haben.
Im §153 des gleichen Gesetzbuches heißt es: „Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. . . wer einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“
Dieser Vorwurf trifft primär die Vorstände der genannten Aktiengesellschaften von ÖBB und Asfinag. Auch wenn sie eindeutig unter Druck Ostermayers und Faymanns gestanden sind, haben letztlich doch die Vorstände selbst die vom Gesetzgeber genannte alleinige Verfügungs-Befugnis über das Vermögen von ÖBB und Asfinag gehabt. Und nicht Faymann und Ostermayer. Diese kommen daher wohl nur als Beitragstäter in Frage. Es waren die Vorstände, die nachträglich – im ÖBB-Fall erst ein halbes Jahr später! – jene Schmeichel-Inserate für Faymann bezahlt haben, die von den beiden Politikern in Auftrag gegeben worden waren.
Der wie es im Gesetz heißt „andere“, dem der Vermögensnachteil zugefügt worden ist, war eindeutig die Republik Österreich als Eigentümerin der Staatsbetriebe. Das ist letztlich die Summe aller Staatsbürger.
Beide Betriebe sind Aktiengesellschaften, also nicht GmbH. Aber nur bei einer solchen kann ein Eigentümer dem Geschäftsführer Weisungen geben. Bei einer Aktiengesellschaft hingegen hat der Eigentümer fast keine Rechte, außer jenes, den Aufsichtsrat zu bestellen (und gegebenenfalls Dividenden zu kassieren). Er kann jedenfalls im Gegensatz zur GmbH Geschäfte wie etwa Inseratenbestellungen nicht anordnen, geschweige denn selbst vornehmen.
Die bisweilen vorgebrachte Argumentation, Faymann wäre ja damals der Eigentümer gewesen und hätte daher über die beiden Unternehmen verfügen können, ist aber auch noch aus einem ganz anderen Grund völlig falsch und geht ins Leere: Denn er war eben nicht Eigentümer, sondern als Minister nur Eigentümer-Vertreter. Das ist ein Riesen-Unterschied.
Der ist deshalb besonders gravierend, weil ÖBB und Asfinag sogar per Gesetz(!) zu Aktiengesellschaften verwandelt worden sind. Ein Politiker als Eigentümer-Vertreter bei Betrieben wie der ÖBB kann und darf daher noch viel weniger als ein echter Hundert-Prozent-Eigentümer einer AG. Ein privater Alleinaktionär kann aus einer Aktiengesellschaft mit wenigen Formalakten machen, was er will, etwa eine GmbH oder Stiftung. Ein Politiker braucht hingegen dafür ein Gesetz. Ein dramatischer Unterschied.
Bei einer korrekten rechtlichen Beurteilung müsste auch folgende Frage besonders berücksichtigen werden: Aus welchem Grund hat der Gesetzgeber diese beiden Unternehmen überhaupt zu Aktiengesellschaften gemacht? Und: Warum wollte er, dass sie nicht mehr wie früher einem Ministerium untergeordnet sind?
Die Antwort ist klar und nachweisbar: Der Gesetzgeber wollte damit die politische Unabhängigkeit und ausschließliche Verantwortlichkeit des Vorstandes fixieren und sie den interventionsanfälligen Politikern entziehen. Das ist genau das, was Faymann und Ostermayer ignoriert haben, indem sie direkt bei Zeitungen Inserate für die beiden Gesellschaften in Auftrag gegeben haben.
Damit kommen wir zu § 302: „Ein Beamter, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes . . . in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“
Die Befugnis, Vorstände einer dem Bund gehörenden Aktiengesellschaft einzusetzen und deren Verträge zu verlängern oder nicht zu verlängern, ist ganz eindeutig ein solches Amtsgeschäft. Und diese Befugnis wird wohl zweifellos missbraucht, wenn man Vorständen mit der Nichtverlängerung droht, weil sie Faymann Inseratengelder verweigern (die dieser unbedingt gewollt hat, damit bestimmte Medien künftig überwiegend positiv über ihn berichten).
Schließlich lesen wir in § 313: „Wird eine auch sonst mit Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung von einem Beamten unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit begangen, so kann bei ihm das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe um die Hälfte überschritten werden. Doch darf die zeitliche Freiheitsstrafe die Dauer von zwanzig Jahren nicht überschreiten.“
Um ein verbreitetes Missverständnis zu beseitigen: Dieses Delikt kann nicht nur von Beamten, sondern genauso auch von Politikern gesetzt werden.
Die gegen Faymann, Ostermayer und die damaligen Vorstände von ÖBB und Asfinag erhobenen Vorwürfe beruhen sowohl auf Zeugenaussagen bei den strafrechtlichen Erhebungen wie auch auf Aktenvermerken und Protokollen aus der unmittelbaren Tatzeit.
Später, während des Verfahrens, sind dann aber auch einige Entlastungszeugen für Ostermayer und Faymann aufgetreten. Deren Glaubwürdigkeit ist daher besonders spannend.
Einschlägig aufgetreten ist vor allem der ehemalige ÖBB-Generaldirektor Huber. Interessanterweise sah er im Laufe des Verfahrens plötzlich manches deutlich anders als zu seinen ÖBB-Amtszeiten. Seltsam.
Seltsam? Nein, natürlich nicht.
Denn Huber wäre selbst in höchste strafrechtliche Bedrängnis geraten, würden Ostermayer und Faymann angeklagt. Trägt doch letztlich er die Verantwortung, dass die fragwürdigen Inserate am Ende doch aus ÖBB-Kassen bezahlt worden sind.
Seine Glaubwürdigkeit ist aber nicht nur dadurch reduziert. Sondern auch durch den Rechnungshof. Dieser hat nüchtern festgehalten, dass diese behauptete „Zusammenarbeit“ mit dem Verkehrsministerium „aktenmäßig nicht dokumentiert“ ist, wie es in einem korrekten Unternehmen unabdingbar wäre. Und der Rechnungshof an anderer Stelle noch deutlicher: „Es war nicht nachvollziehbar, warum die ÖBB-Holding AG die Kosten dieser Schaltungen zur Gänze übernommen hatte“. Dabei geht es immerhin um mehr als eine halbe Million Euro.
Huber wird auch dadurch nicht salviert, weil er nach dieser Inseratenserie ein noch viel weitergehendes Verlangen Ostermayers nach noch viel mehr Inseraten-Millionen zugunsten Faymanns mit der Antwort abgelehnt hat, dass er nicht für Faymann ins Gefängnis gehen wolle. Dass spricht zwar an sich für Huber und sein – spätes – Rechtsverständnis. Damit hat er aber de facto selbst zugegeben, dass die früheren Inserate strafrechtlich bedenklich gewesen sind.
Noch auf ein weiteres Indiz stößt man bei der Überprüfung der Glaubwürdigkeit Hubers: Er hatte nach seiner Verabschiedung durch die ÖBB mit dieser große finanzielle Streitigkeiten über seine Ansprüche in satter sechsstelliger Höhe gehabt. Später hörte man dann aber plötzlich nichts mehr von seiner Klage. Die Vermutung liegt nahe, dass Hubers Wünsche erfüllt wurden – und solche Vergleiche werden in der Regel mit allgemeinen Schweigeverpflichtungen begleitet.
Übrigens: Dass die beiden SPÖ-Politiker im Zuge ihrer Entlastungsoffensive auch „Gutachten“ des Wiener Publizistik-Instituts beschafft haben, zählt angesichts des schlechten Rufs dieses Instituts und seiner dramatischen Linkslastigkeit zu den allerschlechtesten Scherzen dieses Verfahrens.
Interessanter klingt beim ersten Hinhören der Entlastungsversuch des Zeugen Marc Zimmermann. Er war einst Pressesprecher des freiheitlichen Ministers Böhmdorfer und bekam dann nicht ganz gegen den Willen der FPÖ einen führenden und gut bezahlten Job im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der Asfinag. Und auch er wollte dann später Dinge plötzlich ganz anders sehen als zur Zeit der Inserate.
Zimmermann hatte damals nämlich in mehreren Aktenvermerken ausdrücklich festgehalten, dass die der Asfinag zur Bezahlung vorgelegten Inserate ohne Rücksprache mit der Asfinag vom Faymann-Kabinett beauftragt worden sind. Bei den Vernehmungen sagt er jedoch plötzlich aus: „Wenn ich heute diese Aktenvermerke unter dem Blickwinkel des gegenständlichen Verfahrens neuerlich verfassen würde, würde ich den Begriff „Beauftragung“ sicher nicht mehr wählen.“ Herr Zimmermann wählt nun den Begriff „Initiierung“.
Alle Welt rätselt, woher Jahre später diese plötzliche Erkenntnis kommen mag und wie glaubwürdig sie ist. Was alle Welt aber offenbar nicht weiß: Der einst blau geförderte Marc Zimmermann verdiente dann später seine Brötchen bei dem der SPÖ gehörenden Echo-Verlag.
Auch einige andere, die sich nun wegen der eigenen Verantwortung fürchten müssen, haben seltsame Erinnerungsprobleme. So etwa der ehemalige Asfinag-Vorstand Alois Schedl: „Auf dieser Rechnung scheint als Auftraggeber das BMVIT (Verkehrsministerium) auf. Auch hier kann ich nicht sagen, warum das auf der Rechnung steht; meines Erachtens war der Auftraggeber die Asfinag.“
Dass sich die Akteure samt der Kronenzeitung einer schweren Verletzung des Medienrechts schuldig gemacht haben, setzt all dem das – strafrechtlich freilich irrelevante – Krönchen auf. Denn die als Inserate bezahlten Texte sind als rein redaktioneller Inhalt erschienen, ohne die vorgeschrieben Kennzeichnung als bezahlte Einschaltung. Interessanterweise wagte keine Konkurrenzzeitung, gegen diesen offensichtlichen Unlauteren Wettbewerb zu klagen. Vermutlich sind auch dort viele solcher Sünden begangen worden.
Den genannten „Entlastungszeugen“ steht eine aufschlussreiche Ansammlung an belastenden Beweisen und Aussagen gegenüber. Die interessantesten:
Am eindrucksvollsten sind die Formulierungen des einstigen ÖBB-Personenverkehrs-Vorstandes Stefan Wehinger: „Bemerkenswert daran war und deswegen kann ich mich so gut daran erinnern, dass wir, sprich der Personenverkehr, den ich als Vorstand ja vertreten habe, diese Inserate gar nicht wollten.“ Und: „Besonders“ geärgert habe ihn und den restlichen Vorstand „dass in dieser Viertelseite von Faymann immer wieder Seitenhiebe auf die ÖBB enthalten waren.“ Wehinger spricht von einem „unkontrollierten Imageschaden, der hier bewusst in den Kommentaren des Verkehrsministers zum Ausdruck gebracht wurde.“ Das sei der ÖBB-Werbekampagne zuwider gelaufen.
„Als wir dann erfahren haben, dass diese Inserate aus einem Budget des Personenverkehrs abgerechnet werden, kam es zu internen Konflikten.“ Konfliktpartner: ausgerechnet ein gewisser Herr Huber, Faymanns Entlastungszeuge. „Niemand hat verstanden, warum wir für Inserate bezahlen sollen, deren Inhalt nicht wichtig war und nicht im Budget verankert war.“
Der nächste Vorwurf ist noch gravierender: „Was mich das Ganze besonders in Erinnerung halten hat lassen, ist das Faktum, dass Herr Ostermayer meine persönliche Zukunft in dieser Funktion als Personenverkehrsvorstand mit dem Wohlwollen gegenüber diesen Inseraten verbunden hat.“ Wehinger ist prompt im März 2008 dienstfreigestellt worden, Sein Bezüge mussten die ÖBB, also letztlich die Steuerzahler aber noch lange weiterzahlen. Was wohl ein weiterer Akt der staatsanwaltschaftlich ignorierten Untreue gegenüber dem Steuerzahler ist.
Aber auch die der SPÖ nahestehende Wilhelmine Goldmann sagte nicht gerade im Sinne Faymanns aus: „Mir war klar, dass in dieser Kampagne federführend das Verkehrsministerium war.“
Trotz der oben angesprochenen Aspekte kommt auch von Huber selbst Belastendes. Denn es gab ja in der ganzen Affäre auch Vorgänge, wo er nicht selbst unter strafrechtlichem Verdacht steht.
So berichtet er von einem Mittagessen im Februar 2008 mit Ostermayer und dem ÖBB-Aufsichtsratspräsidenten Pöchhacker (einem weiteren Sozialdemokraten, der früher in der Bauwirtschaft führend tätig war, und auf den übrigens auch in der Causa Grasser ein überaus schiefes Licht fällt). „Bei diesem Gespräch wurde ich von Ostermayer sehr klar und unmissverständlich auf das Marketing- bzw. Inseratenbudget angesprochen, mit dem Hinweis, dass sich der Minister eine erkleckliche Summe davon für seine Disposition vorstelle. Ich habe das mit dem sehr knappen Hinweis, dass ich als Vorstand einer AG nicht eine Sekunde daran denke, für irgendjemanden und auch nicht für den Minister in Haft zu gehen, kategorisch und unmissverständlich abgelehnt.“ Die verlangte „erkleckliche Summe“ waren laut Huber nicht weniger als sieben Millionen.
Wen überrascht es: Zwei Monate später war Huber seinen Job los. Er hatte damals auch einigen Mitarbeitern von dem brisanten Inhalt dieses Gesprächs berichtet (das von Ostermayer und Pöchhacker natürlich dementiert wird).
So berichtete Wehinger von einer gleichlautenden Information durch Huber. So auch Walter Sattlberger, der 2006-2009 Leiter der ÖBB-Konzernkommunikation war.
Dessen Bericht hat es aber auch sonst in sich: „Nach Erscheinen der ersten Artikel in der Kronenzeitung waren wir (Mag. Huber und ich) darüber verwundert, dass die Artikel ohne unser Wissen erschienen waren.“ Und: „Im Juli 2007 kam die erste Rechnung der Kronenzeitung an die ÖBB-Holding und zwar adressiert zu meinen Handen. Ich war über diese Rechnung erstaunt, da mir keine Vereinbarung mit der Kronenzeitung bekannt war.“
Niemand in der ÖBB habe diese Kooperation mit der Kronenzeitung vereinbart. Die Rechnung hatte „keine Grundlage“. Darüber hinaus sei die Summe „über 500.000 und nicht im Budget geplant“ gewesen. Und: „Da in diesem Reportagen aber immer ein Kommentar des Verkehrsministers enthalten war, bin ich zunächst davon ausgegangen, dass es sich dabei um keine von der ÖBB lancierte bzw. finanzierte Reportagen handelt.“
Huber sah dann aber später die Dinge offenbar plötzlich anders: „Aus meiner Sicht hat der Vorstand im Nachhinein genehmigt, was seitens des Ministers bzw. dessen Kabinett mit der Kronenzeitung vereinbart wurde.“ Huber habe Sattlberger dann auch gesagt, wie dieser die Anträge an den Vorstand zur Bezahlung der Rechnung umschreiben solle: Der Verweis auf das Verkehrsministerium wurde gestrichen. Auch ein weiterer ÖBB-Vorstand, Erich Söllinger, bestätigt, dass die Krone-Kampagne erst lange nach deren Beginn im ÖBB-Vorstand formal genehmigt worden ist.
Eine – wenn auch wohl nicht beabsichtigte – Ohrfeige für Faymann war auch die Aussage des Krone-Redakteurs Claus Pandi, bekanntlich Ehemann einer langjährigen Faymann-Sprecherin: „Ich kann ausschließen, dass mir Dichand gesagt hat, dass es sich bei dieser Artikelserie um eine Kampagne für die ÖBB handeln soll.“ Offenbar hat Pandi nicht begriffen, dass er damit die ganze Verteidigungslinie seines väterlichen Förderers unterminiert.
Ähnlich ein Krone-Journalist namens Michael Pommer, der unter Anweisung Pandis die ÖBB-Seiten geschrieben hat: „Ich möchte aber darauf verweisen, dass in dieser Kampagne nicht nur negative, sondern auch positive Aspekte aufgezeigt wurden.“ Damit hat auch er zugegeben, dass die Inserate negativ für die ÖBB waren.
Besonders schwer belastend ist schließlich die Aussage des Kronenzeitungs-Managers Philipp Eissler: „Die grundsätzliche Idee des Dichand war, dass man über die Missstände der ÖBB-Personenverkehr berichtet anhand von Leserbeschwerden und dann Faymann als Minister sagen lässt, es würde alles besser werden.“
Alles andere als entlastend ist auch die Aussage des damaligen Faymann-Pressemitarbeiters Kotlowski: „Mir war damals auch nicht bewusst, dass es sich dabei um eine bezahlte Einschaltung handelt“. Er sei damals der Meinung gewesen, „dass die Kronenzeitung Interviews des Ministers abdruckt.“
Aber nicht nur die Krone hat kassiert: Sattlberger hat den Behörden auch ein Mail von „News“ vorgelegt, in dem ein Druckkostenbeitrag für eine Beilage verlangt wurde. Auch der sei vom Ministerium zuerst zugesagt worden, aber dann am Ende der ÖBB in Rechnung gestellt worden.
Bei der Asfinag finden sich Unterlagen über folgende weitere Inseratenkooperationen, die vom Kabinett Faymann abgeschlossen worden sind: mit der Zeitschrift „Gewinn“ (gehört zum Teil einem führenden Krone-Redakteur), mit „Österreich“, mit der „Kleinen Zeitung“ und mit einer Beilage von „Heute“, einer Zeitung, die unter Kontrolle der Familie Dichand und einiger Freunde Faymanns steht. Nirgendwo gab es Bestellungen durch die Asfinag.
Faymann hat in seiner Aussage übrigens zugegeben, dass ein ganz ähnliches Krone-Inseratenmodell in seiner früheren Zeit als Wohnstadtrat gelaufen ist. Eine aufrechte Staatsanwaltschaft würde zweifellos auch die Rechtmäßigkeit der Finanzierung dieser Inserate von amtswegen erforschen.
Ostermayer und Faymann haben natürlich alles geleugnet, was sie belasten könnte. Faymann: „Grundsätzlich möchte ich zu sämtlichen Vorwürfen angeben, dass es meines Wissens nach keine Fälle gegeben hat, in denen der Auftrag an das Medium vom BMVIT gekommen ist, auch der Inhalt zur Gänze vom BMVIT gestaltet wurde und in weiterer Folge dann die Bezahlung durch die ÖBB oder Asfinag erfolgte. Ich hätte so eine Vorgangsweise auch nicht geduldet, weil mir durchaus bekannt ist, dass diese Vorgangsweise mit aktienrechtlichen Bestimmungen nicht im Einklang steht.“
PS: Wie sehr die Sache stinkt, merkt man auch an einem neuen Detail aus den letzten Tagen: Das Verfahren ist zwar schon längst definitiv eingestellt worden – aber die offiziell versprochene Begründung fehlt noch immer. Mit anderen Worten: Offenbar hat man eingestellt, aber man weiß noch immer nicht genau warum. Oder man geniert sich für die Begründung. Normale Menschen wissen hingegen bei jeder ihrer Handlungen gleich das Warum. Und dieses fällt ihnen nicht erst lange nachher ein . . .
Ein tiefes Misstrauen gegenüber Polizei und Staatsgewalt gehört zur geistigen Grundausstattung eines Grün-Politikers und grünen Kernwählers. Dieses Misstrauen geht Hand in Hand mit der naiven Annahme, dass die gegenderte europäische Gesellschaft Militär und Polizei nicht – oder zumindest nicht in der derzeitigen Form – mehr braucht.
Fundi-Grüne fordern deshalb seit Jahren die Abschaffung des Heeres und/oder die Beschneidung vieler – für die innere Sicherheit notwendiger – Polizeibefugnisse. Wenn es darum geht, die Exekutive bei ihrer Arbeit zu behindern und Verbrechern die ihrige zu erleichtern, dann sind die Grünen immer ganz vorne mit dabei. Dieser Kampf wurzelt vor allem in ihrer links-alternativen Weltsicht, dass ebendiese Verbrecher und Terroristen nicht die eigentlichen Täter sind, sondern vielmehr Opfer des „repressiven Polizeistaates“ – manche sagen auch Schweinesystem.
Die grünen Parolen sind entsprechend und bekannt: „Wir wollen keinen Polizeistaat“, „Mehr privat weniger Überwachungsstaat“, „Meine Daten gehen euch nichts an!" oder „Die Großparteien haben viel vor: einen orwellschen Alptraum.”
Gegen den Kampf für mehr Bürgerrechte, Freiheit und weniger Staat wäre – vor allem im Europa unserer Tage – auch nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil, vorausgesetzt, dieses Engagement ist ehrlich gemeint und berücksichtigt auch sicherheitspolitische Aspekte in ausreichendem Maße.
Doch die Grünen geben lediglich vor, sich für eine freie Gesellschaft, für mehr privat und weniger Staat einzusetzen, sprich auf der Seite freiheitsliebender und eigenverantwortlicher Bürger zu stehen. Dieser vermeintliche Kampf ist sogar ein ganz zentrales Thema der Grünen. Damit hat es eine der freiheitsfeindlichsten und staatsgläubigsten aller rezenten Parteien geschafft, bei Mainstream-Journalisten und bei einem ganz speziellen gesellschaftlichen Milieu irgendwie als liberal durchzugehen. Doch der scheinbar unermüdliche Einsatz gegen den gläsernen Menschen ist, wie sehr vieles bei den Grünen, nur ein Fake, ein billiger Vorwand.
Denn die Ökos haben im Grunde genommen nichts gegen Überwachung, staatliche Kontrolle und Bespitzelung. Dazu ist ihre ideologische Nähe zu Politkern und Führern wie Honecker, Mao, Castro, Lenin und Co. viel zu groß. Es kommt Ihnen viel mehr darauf an, wer, wen und warum überwacht. Die Grünen wollen nicht die Privatsphäre der Bürger schützen, sondern nur ihre eigene und die ihrer Gesinnungsgenossen.
Für Abweichler hatten und haben die Grünen keine Sympathien, ihnen gilt der Pseudokampf für mehr Bürgerrechte definitiv nicht. Ganz im Gegenteil. Denn die Freiheit, die sie meinen, lautet: Alle dürfen so denken und handeln wie wir. Und das betrifft alle Lebensbereiche, bis hinein in die privateste Privatsphäre. Ab und an lassen die Grünen aber ihre liberale Maske fallen. Dann sind die totalitären Züge der grünen Ideologie deutlich zu erkennen. Oft genügt dafür ein für Außenstehende belangloser Anlass, wie etwa vor kurzem in Wien.
Die Geschichte beginnt im Sommer dieses Jahres. Ein Bösewicht setzt in einer U-Bahnstation eine Katze in einem Koffer aus. Nicht, dass dieser Fall von Tierquälerei zu befürworten wäre, aber was er auslöst, ist kurios und erschreckend zugleich.
Die Katzenliebhaberin und Grünpolitikerin Madeleine Petrovic wird auf den Fall aufmerksam und fackelt nicht lange. Petrovic, auch Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, setzt eine Ergreiferprämie von 1.000 Euro auf den Täter aus. Man will den Tierquäler möglichst rasch zur Strecke bringen. Sie nutzt ihre Bekanntheit und bringt den Katzenfrevel an die Medien. Die stets tierliebe heimische Boulevardpresse berichtet dankbar und ausführlich über das Katzen-Verbrechen und die Polizei nimmt ob des medialen Druckes ihre umfangreichen Ermittlungen auf. Glück für die Kriminalisten, der Katzenaussetzer hat einen schweren Fehler begangen: U-Bahnstationen werden bekanntlich von Kameras überwacht.
Und eine dieser ansonsten für Grüne so bösen Überwachungskameras filmt den Mann, wie er den Katzenkoffer abstellt. Obwohl der Polizei die gestochen scharfen Bilder vorliegen, gibt sie sie nicht an die Medien weiter. Der Grund: Die Veröffentlichung von Fotos eines mutmaßlichen Täters ist nur dann erlaubt, wenn der Strafrahmen für die begangene Tat bei über einem Jahr liegt. Und das ist beim Aussetzen einer Katze nicht der Fall. Das wiederum treibt Frau Petrovic zur Weißglut. Sie ruft Skandal! Es ist übrigens dieselbe Frau Petrovic, die vor einem Jahr, in ihrer Funktion als Landeschefin der niederösterreichischen Grünen, die Kampagne gestartet hat: „Meine Daten gehen euch nichts an! Das gilt aber offenbar nicht für alle.
Petrovic ist konsterniert: „Es ist mir völlig unbegreiflich, dass hier die Justiz zögert, den Täter mit Hilfe der Öffentlichkeit auszuforschen.“ Ein böser Brief an die Justizministerin ist bereits unterwegs. Ja, hier geht es nicht nur um einen Terroristen der eine Kofferbombe in der U-Bahn abgestellt hat oder um einen Mörder oder einen linken Pädophilen, nein es geht um einen Mann, der eine Katze ausgesetzt hat. Da kennen die Grünen keine Gnade. Da sind die ansonsten so furchtbar restriktiven und harten österreichischen Gesetze selbst den Grünen noch zu weich.
Vergessen ist da auch die seinerzeitige Aufregung der Grünen, als die Wiener Linien Überwachungsbilder aus ihren Kameras nicht sofort nach 48 Stunden gelöscht haben sollen. Ein Skandal, fanden die Ökos, vor allem weil die Wiener Linien gleichzeitig Mitarbeiter, die ungewöhnlich lange und oft in Krankenstand waren, von Detektiven überprüfen ließen. Bilder zu lange speichern ist böse, Sozialbetrug irgendwie eh okay.
Menschen, die eine Katze ausgesetzt haben, mit Kopfgeld und Fahndungsfotos zu jagen, ist jedenfalls alles andere als verhältnismäßig. Wer solche Vorgehensweisen fordert, fördert und gutheißt, der hat auch keine Probleme, Menschen die am künftigen Veggie-Day heimlich eine Wurstemmel essen und die selbige zuvor in einem umweltschädigenden Plastiksackerl transportiert haben, zu denunzieren und zu bestrafen, von der falschen politischen Meinung oder dem falschen politischen Engagement einmal ganz abgesehen.
Wer der grünen Truppe nicht genehm ist, der kommt auf deren Abschussliste. Sollten die Grünen jemals wirklich etwas zu sagen haben, dann haben Katzenaussetzer, Klimaleugner, Fleischfresser, Autofahrer, Konservative, Liberale, noch nicht gegenderte Männer, Unternehmer etc. nichts mehr zu lachen. Deshalb ist es gut, dass die österreichischen Wähler weit klüger und freiheitsliebender sind, als die Grünen bisher gedacht und eingeplant haben. Nur 12,4 Prozent linke politisch-korrekte Eiferer haben trotz grüner Dauerpropaganda in ORF und Mainstream-Medien dieser neosozialistischen Truppe ihre Stimme gegeben. Und das ist gut so!
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist sein Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute” im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.
Ein gefundenes Fressen für Medien, vor allem deutsche und österreichische: Abgeordnete der rechtsextremen Partei Jobbik haben in der reformierten (calvinistischen) „Kirche der Heimkehr“ zu Budapest, somit an geweihter Stätte, eine Büste Miklós Horthys enthüllt, des „Reichsverwesers“ Ungarns zwischen 1920 und 1944.
In der Berichterstattung darüber ist weitgehend untergegangen, dass sich nicht nur Vertreter der Oppositionsparteien, sondern auch der Regierungspartei Fidesz – für westliche Medien Hort eines angeblich „wieder erstarkenden ungarischen Nationalismus“ nach dem Muster der Zwischenkriegszeit, oder gar des unseligen „Pfeilkreuzlertums“ – unmissverständlich von diesem Akt distanziert haben. Antal Rogán, Fidesz-Fraktionsvorsitzender und Bürgermeister des Budapester Stadtbezirks, in dem sich die Kirche befindet, nannte die Jobbik-Aktion eine Provokation, welche die Beurteilung Ungarns negativ beeinflusse, was sich sogleich medial bestätigen sollte.
Sein Argument, Fidesz habe sich deshalb der von den link(sliberal)en Parteien organisierten Gegendemonstration nicht angeschlossen, weil deren Abgeordnete zuvor ohne Skrupel mit Jobbik zusammen einen gemeinsamen Antrag im Parlament einreichten, ist in der Berichterstattung geflissentlich unterschlagen worden. Rühmliche Ausnahme: Stephan Löwenstein in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z).
Mediale Einseitigkeit respektive Unausgewogenheit punkto Ungarn hat Methode. Und sie ist denkbar einfach. Wenige Stichwortgeber liefern die Ingredienzien, welche im denk- und recherchefaulen politisch korrekten Mainstream-Journalismus zum Einheitsgericht Ungarn- bzw. Orbán-Herabwürdigung verkocht werden. So sprachen unlängst in Wien die Schriftsteller György Dalos und Rudolf Ungváry – beide ehemalige Dissidenten – sowie Kathrin Lauer, Budapester dpa-Korrespondentin, über die dortige politische Lage. Während Dalos – nicht zu Unrecht – „die Hasskultur“ in seiner Heimat beklagte und Frau Lauer einen „zunehmend aggressiven Tonfall von Seiten der Regierung“ konstatierte, redete Ungváry dem „Export des Faschistoiden in die EU“ das Wort.
Derlei greifen Medien begierig auf und intonieren, wie beispielsweise Michaela Kampl im Online-„Standard“ unter dem Titel „Ungarn baut um“, das Lied vom „Land, das unter Orbán auf dem Weg in eine am autoritären Horthy-Regime anknüpfende Diktatur“ sei. Dass Frau Lauer in ihrer Beurteilung den aggressiven Tonfall lediglich der einen Seite unterstellt, ist angesichts von Auftritten verbalradikaler linker Oppositionspolitiker verwunderlich. Im Übrigen widerspricht ihre Äußerung – ebenso wie mitunter ihre Handlungsweise als Berichterstatterin - auch dem von einer Agentur wie der dpa zu erwartenden Objektivitätsgebot.
Sie hätte auch auf die kaum weniger verdauliche Rabulistik hinweisen sollen, die „gemeinsame Auftritte“ der gänzlich zersplitterten Opposition kennzeichnete, als beispielsweise Anhänger des ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány, der jetzt eine chancenlose politische Randfigur ist, die Rede des aktuellen Sozialistenchefs Attila Mesterházy störten. Oder auf die zelebrierte „Enthauptung“ einer Orbán-Statue aus Pappmaché, was selbst linken Blättern wie dem früheren Partei- und jetzigen Anti-Orbán-Organ „Népszabadság“ zu unappetitlich schien. Und wovon man in hiesigen Medien naturgemäß nichts erfuhr.
Wenn es um Dalos’ Begriff der Hasskultur geht, so sollte man wissen (oder wenigstens medial zu wissen geliefert bekommen), dass dies keine jüngere, sondern eine in den 1990er Nachwende-Jahren wieder aufgegriffene, aus der Zwischenkriegszeit tradierte Erscheinung ist, angereichert mit polittraumatischen Erfahrungen der Magyaren während der kommunistischen Alleinherrschaft von 1947 bis 1989. Während die Rechte linke Gegner als „Erbe der Kommunisten“ oder „Diener fremder Herren” tituliert, rückt die Linke den nationalkonservativen Fidesz stets in die rechtsextreme Ecke und setzt die Regierungspartei mit Jobbik gleich.
In Erörterungen ausländischer Medien und Politiker kommen die Diffamierungen durch Linke indes weit weniger zur Sprache als jene von rechts der Mitte oder von ganz rechts außen. Und im Falle Rudolf Ungvárys muss man wissen, dass er – mit Paul Lendvai und György Konrád – zu den zügellosesten (und daher medial gefragtesten) Kritikern der Orbán-Regierung gehört; und wie dieser als netzwerkender Ungarn-„Experte“ gilt, der als einer der begehrtesten Stichwortgeber in der nicht gerade gefüllten Auskunftei für das Ausland wirkt.
Das wirkt sich samt und sonders auf das Erzeugen klischierter Verdikte der Art aus, Ungarn sei ein Hort des Antisemitismus, und die Regierung(sparteien Fidesz und christdemokratische KDNP) schau(t)en dem Treiben nicht nur zu, sondern unternähme(n) in der Absicht, politischen Terrainverlust an Jobbik zu verhindern, nichts dagegen. Verschwiegen wird, dass die Regierung Orbán sich weit mehr als ihre sozialistischen Vorgängerregierungen, die das Thema lediglich politisch instrumentalisierten, besonders in der Roma & Sinti-Problematik durch praktische Hilfen engagiert. Auch dass die Regierung Orbán seit ihrem Amtsantritt im Frühsommer 2010 nicht nur durch Erklärungen, sondern auch in Wort und Tat, also vor allem in gesetzlichen Regelungen, gegen antisemitische und minderheitenfeindliche Umtriebe einschreitet, bleibt ausländischen Medien-„Konsumenten“ weithin verborgen.
So sind Symbole beider Willkürherrschaften ebenso verboten worden wie Formen „uniformierter Kriminalität“, wofür bereits paramilitärische Gruppen zur Verantwortung gezogen worden sind. Das geschah beispielsweise bei bedrohlich-martialischen Auftritten der Jobbik-nahen so genannten „Ungarischen Garde(n)“. Ebenso hat die Regierungsfraktion die Leugnung des Holocaust strafrechtlich fixiert.
Durch diese Maßnahmen hat die Regierung Orbán zweifelsfrei bewiesen, dass sie bei der Verteidigung der Menschenrechte und der Würde der ethnischen sowie religiösen Gemeinschaften nicht von den in zivilisierten demokratischen Staaten geltenden rechtlichen Standards abweicht, sondern – im Gegenteil – verfassungsrechtlich schützt, was nicht überall auf der Welt, nicht einmal in Europa, der Fall ist.
Dennoch wird all dies kaum medial thematisiert. Dennoch reißt die internationale Kritik an der Politik Orbáns nicht ab. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. In verständlicher, rasch Fakten schaffender Hast, daher ohne Bedacht auf handwerkliche Sorgfalt, ist er mit seiner Zweidrittelmehrheit daran gegangen, seine eigenen Vorstellungen und die seiner Mitstreiter von der „richtigen Politik“ für das von den Sozialisten und ihren (seit 2010 aus dem Parlament verschwundenen) „liberalen“ Helfern an den Rand des Staatsbankrotts geführte Land durchzusetzen. Dabei ist es mitunter zu fragwürdigen, auch rechtlich angreifbaren Maßnahmen gekommen. Und damit bringt man viele gegen sich auf.
Es fällt auf, dass viel Kritik aus dem Nachbarland Österreich kommt, mit dem man sich – wie es allzu gerne heißt – in einem „Verschwägerungsverhältnis“ befindet. Von ungarischen Stichwortgebern (siehe oben) „aufmunitionierte“ Medien-Vertreter, die von Wien aus den mittel-osteuropäischen Raum beäugen, werden die oft unkonventionell getroffenen Entscheidungen in Ungarn ebenso begierig aufgegriffen und – meist ohne deren Wirkung abzuwarten – verdammt, wie von Interessengruppen aus Unternehmen und Banken mit (bisher gewinnbringendem) Engagement in Ungarn, deren Lobbyisten das Land in Brüssel und anderen Hauptstädten der EU anschwärzen.
Dabei fällt auf, dass eine gehörige Portion Heuchelei im Spiel ist. So etwa hinsichtlich der „Taschenverträge” – also zum Schein geschlossener Verträge über den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen – gegen die die Regierung Orbán mithilfe eines neues Bodenerwerbsrechts einzuschreiten gedenkt. Was immer daran rechtlich problematisch und also nicht EU-konform sein sollte, in der (gewiss von Raiffeisen-Verband und Bauern-Lobby, somit der ÖVP, geförderten) medialen Entrüstung wäre zumindest der Hinweis angebracht gewesen, dass man diesbezüglich bei heimischen Schutzvorkehrungen vor ausländischem Erwerb ganz und gar nicht zimperlich war und ist. Unerwähnt bleibt dabei nämlich in aller Regel, dass in Österreich mittels restriktiver, gegen „Überfremdung“ abschottender Grundverkehrsgesetze der Bundesländer Tirol, Salzburg und Vorarlberg Regelungen eingeführt wurden, die es Ausländern faktisch unmöglich machen, landwirtschaftlich, mitunter auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu erwerben und/oder zu bewirtschaften.
Selbst der Erwerb von Grundstücken für den Hausbau, ja von Wohn-Immobilien insgesamt, fiel – vor dem EU-Beitritt, dann für eine Übergangsfrist, seitdem müssen alle Erwerber vor Erwerb fünf Jahre ihren Wohnsitz in Österreich gehabt haben – darunter, wovon, nicht nur wegen „räumlicher Nähe“, besonders Deutsche betroffen waren/sind. Aufgrund auch von Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof mehrmals modifiziert, entsprechen die heutigen österreichischen Regelungen dem, was an Neuem im ungarischen Bodenerwerbsrecht festgeschrieben ist. Beispielsweise, dass – wie übrigens auch in Deutschland ab einem halben Hektar (5000 m²) – landwirtschaftlicher Grund und Boden von einer bestimmten Größe in Österreich nur dann käuflich erworben, ja sogar „nur“ gepachtet werden kann, wenn sich Erwerber bzw. Pächter selbst im Inland als praktizierende Landwirte betätigen. In Österreich befinden darüber bei Anhörung der Landwirtschaftskammern die Grundverkehrsbehörden (in Deutschland die regional zuständigen Landwirtschaftsämter). Ausnahmen, wie sie fallweise beim Erwerb und Betrieb von Landwirtschaften durch Unternehmen/r aus Tirol bekannt wurden, dürften auch in anderen Bundesländern die Regel bestätigend sein.
An derlei Beispielen lassen sich mühelos weitere aufbieten. Da wäre etwa die Verfassungsgerichtsbarkeit, in Bezug auf die der Regierung Ungarns (nicht nur) in Österreich unterstellt worden ist, dieselbe einzuschränken, zu umgehen, ja sogar „abzuschaffen“. Da dem österreichischen Verfassungsrecht die Popular-Klage fremd ist, sollten sich hiesige Publizisten nicht anklagend darüber alternieren, dass Ungarn – übrigens mit Zustimmung des Verfassungsgerichtshofspräsidenten aufgrund kaum mehr zu bewältigender Fallzahlen – die zuvor bestehende rechtliche Möglichkeit unterband, dass jeder Bürger Anträge auf Überprüfung von Gesetzen stellen konnte, unabhängig davon, ob sie ihn träfen oder nicht. Tatsächlich kritikwürdig ist indes das neue ungarische Verfassungsrecht dort, wo die Prüfung von Gesetzen auf Verfassungswidrigkeit inhaltlich, also materiell, beschränkt worden ist.
Selbstverständlich gilt dies auch für die Strafbarkeit von Meinungsdelikten; was allerdings auch auf die österreichische (und deutsche) Strafverfolgung in Fällen von Meinungsdelikten im Sinne der „NS-Wiederbetätigung“ zutrifft, wofür die „Causa David Irving“ als ein(es von nicht wenigen) Beispiel(en) stehen mag. Und selbstverständlich ist auch der nachträgliche gesetzgeberische Eingriff in laufende Verträge rechtlich höchst frag- und kritikwürdig, wie er unter der Orbán-Mehrheit hinsichtlich der Fremdwährungskredite vorgekommen ist.
Ebenso heuchlerisch ist die medial befeuerte Wortmeldung des EU-Parlamentsabgeordneten Hannes Swoboda (SPÖ), der der Regierung Orbán – zu Recht – vorwarf, Befugnisse des Verfassungsgerichts dadurch auszuhebeln, dass sie mit ihrer Zweidrittelmehrheit für rechtswidrig erkannte Gesetze durch Aufnahme in die Verfassung vor neuerlichem Zugriff schützt. Heuchlerisch ist das deshalb, weil Swobodas Partei zu Zeiten großer Koalitionen mit Zweidrittelmehrheit (die natürlich längst nicht mehr gegeben ist) mehrfach Gesetze in den Rang von Verfassungsgesetzen gehoben hatte, um sie der Prüfung des Verfassungsgerichtshofs zu entziehen: Das Beispiel der „Wiener Taxiordnung“ zu erwähnen, die so im Interesse von Lobbyisten abgesichert wurde, mag genügen.
Sodann sei auf den ebenso heuchlerischen Aufschrei wider den rahmengesetzlichen Umgang mit Obdachlosen in Ungarn hingewiesen. Dort ist es Gebietskörperschaften verfassungsrechtlich gestattet, bei Strafandrohung das Nächtigen im Freien respektive den „Aufenthalt zum Zwecke der Lebensführung“ an bestimmten Plätzen zu untersagen. Von Susanne Scholl, der früheren Moskau-Korrespondentin des ORF, ist der angeblich „menschenverachtende Umgang mit den Ärmsten“ als „Missachtung von EU-Normen“ gebrandmarkt worden. Es bedurfte (wiederum) der F.A.Z. und des zurechtrückenden Hinweises ihres Österreich- und Ungarn-Korrespondenten Stephan Löwenstein auf vergleichbare Gebietskörperschaftsverordnungen mehrerer deutscher Bundesländer, sowie der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Korrespondentin Meret Baumann), um nicht nur darauf aufmerksam zu machen, dass in Österreich seit 28 Jahren schon eine gesetzliche Regelung in Kraft ist, wonach das Campieren im Freien verboten werden kann, sondern auch darauf, dass die österreichische Regelung der ungarischen weitgehend ähnelt.
Schließlich hat man weithin in außerungarischen Medien schamhaft den jüngsten Sündenfall wider das sonst wie eine Monstranz hochgehaltene „journalistische Ethos“ verschwiegen. So galt die Kommunal-Nachwahl in der südungarischen Gemeinde Baja als eine Art Probelauf des unter Mühen gezimmerten linken Oppositionsbündnisses für die im Frühjahr 2014 anstehende Parlamentswahl. Es besteht aus Sozialisten und der (von Kurzzeitregierungschef Gordon Bajnai geführten) Bewegung „Együtt 2014" („Zusammen 2014"), aus vier Kleinparteien.
Wegen Manipulationsvorwürfen hatte die Wahl in Baja, bei der Fidesz knapp gesiegt hatte, teilwiederholt werden müssen. Unmittelbar nach dem wiederholten Urnengang hatte die Orbán-kritische Wochenzeitung „hvg“ auf ihrer Internetseite ein Video veröffentlicht, das angebliche „Beweise für wiederholten Wahlbetrug“ zeigte: Ein Mann verteilte an einige Roma – viele Bürger in Baja gehören dieser stärksten Minderheit des Landes an – jeweils 200 000 Forint (umgerechnet 670 Euro) und sagte ihnen für den Fall, dass sie und ihre wahlberechtigten Familienmitglieder für Fidesz stimmen würden, weitere Geldgeschenke und Brennholz zu. Sogleich prangerten Sozialisten-Chef Mesterházy und andere Oppositionspolitiker den vermeintlichen Betrug des Fidesz an und stellten ihn als Beispiel für „geplante Manipulationen bei der Parlamentswahl 2014“ dar. So weit so schlecht.
Bis hierher waren die Vorgänge nichtungarischen Medien des Berichtens und Kommentierens wert. Dass dann polizeiliche Ermittlungen zu dem Ergebnis kamen, dass das Video schlicht gefälscht war, die festgesetzten „Akteure“ angaben, im Auftrag des (mittlerweile zurückgetretenen) Kommunikationschefs der Sozialisten gehandelt zu haben und der Online-Chef von „hvg“ seinen Platz räumen musste, verschwiegen sie – mit Ausnahme (wiederum) der F.A.Z.
Fazit: Bevor man sich dazu hinreißen lässt, über Ungarn, seine Regierung, die sie tragenden Parteien und/oder „die“ Ungarn herzufallen, sollte man vor der eigenen Haustür kehren, Einflüsterungen irgendwelcher ungarischer Stichwortgeber (und Netzwerker) möglichst wenig Gehör schenken und – vor allem – sich dem medialen Mainstream entziehen und unvoreingenommen recherchieren. Dann wird man sicherlich zu ausgewogeneren Analysen und weniger vor Gemeinheiten triefenden Kommentaren/Urteilen über das Land kommen, dem wir maßgeblich den Einsturz der Berliner Mauer, den Systemkollaps des „real existierenden Sozialismus“ jedweder europäischen Provenienz und der Überwindung der Teilung Deutschlands – und damit Europas – verdanken.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
SPÖ und ÖVP können immer wieder von den Deutschen etwas lernen. Die beiden österreichischen Koalitionsverhandler tun ja jetzt ganz überrascht ob der gewaltigen Finanzlücke. Sie schieben mit dem alten Trick „Kassasturz“ raffiniert die ganze Schuld an dem dabei völlig „überraschend“ gefundenen Loch auf die längst vom eigenen Parteiobmann zum Abschuss freigegebene Finanzministerin, die das angeblich verschwiegen hätte.
Das ist so, als ob die Herrn Faymann und Spindelegger selber nicht Zeitungen – und Blogs – lesen könnten, in denen von der Hypo-Katastrophe bis zum wachsenden Zuschussbedarf des Pensionssystems alles längst schon zu lesen gewesen ist. Und ganz sicher auch in den internen Berichten des Finanzministeriums. In Wahrheit haben beide vor der Wahl insbesondere von der Finanzministerin verlangt, dass es öffentlich bis zum September nur gute Nachrichten geben dürfe.
In dieser Situation des Platzens der Wohlfühllüge kommen die deutschen Ideen gerade passend. Auch dort hat ja ähnlich zur ÖVP die CDU versprochen: keine neuen, keine höheren Steuern. Aber auch dort ist die bürgerliche Partei mit einem Koalitionspartner verbunden, der statt einsparen zu wollen viele Ausgabenwünsche hat. Die kommen nun zu den durchaus auch vorhandenen Ausgabenplänen von CDU und CSU dazu.
Daher hat man jetzt die süße Idee einer saftigen Abgabe auf Zucker entwickelt. In alter Kreisky-Art kann man da treuherzig sagen, das sei doch keine Maßnahme der staatlichen Geldgier, sondern eine aus wohlwollender Obsorge um die Gesundheit der Menschen (denen ja süße Sachen in der Tat nicht gut tun). Chuzpe nennt man das auf altmitteleuropäisch. Fast muss man schmunzeln, dass die Politik immer wieder mit den gleichen Tricks zu arbeiten versucht.
Viel zorniger aber macht ein anderer Aspekt aus den deutschen Verhandlungen. Da hat man – laut seriösen Medienberichten – als erste Einsparung die Familien und Kinder geopfert. Wieder einmal. Nichts von dem, was ihnen schon fix zugesagt war, soll jetzt kommen. Das ist schon mehr als eine Chuzpe. Das ist eine Infamie.
Wie heißt es so schön in den ersten beiden Zeilen der dritten Strophe der österreichischen Bundeshymne? „Mutig in die neuen Zeiten/Frei und gläubig sieh uns schreiten." Ob diese Zeilen auch für Südtirol gelten können? Der Verfasser dieser kleinen Abhandlung glaubt daran. Unrecht verjährt nicht. Der Einsatz für Wahrheit und der Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung muss als Kontrastprogramm zur Zugehörigkeit Südtirols zu Italien angesehen werden.
Wer das Unrecht als Recht ansieht und die Wahrheit aus Toleranzgründen verschweigt, macht sich mitschuldig, wenn es darum geht, nicht mutig in die neuen Zeiten frei und gläubig zu schreiten. Fürwahr war die Autonomie Südtirols vor vielen Jahren der gangbarere Weg, die realpolitisch richtigere Entscheidung. Aber in Zeiten der Krise zeigte Italien sein wahres Gesicht, nicht erst durch die Melkkuh-Politik in der Phase des „technokratischen" Ministerpräsidenten Mario Monti.
Nur ein friedlich vereintes Tirol kann als gerechte Lösung der Südtirolfrage angesehen werden. Die Summe des Denkens eines Volkes bestimmt sein Schicksal. Und wenn man den international hoch angesehenen und leider all zu früh verstorbenen Völkerrechtler Felix Ermacora zitieren darf, kann keine Macht der Erde einem Volk auf Dauer die Selbstbestimmung vorenthalten – auch Italien den Südtirolern nicht. Aber wollen und verlangen muss man sie.
Auf den rechten Augenblick zu warten ist eine Kunst. Nachdem die deutschen Oppositionsparteien im Südtiroler Landtag durch den Wähler politischen Aufwind bekommen haben, wäre die Chance da, aber höchstwahrscheinlich möchte man ja aus Loyalitätsgründen das friedliche Zusammenleben der Volksgruppen nicht aufs Spiel setzen. Man wird sehen, ob die Bekundung des Freiheitswillens der Schotten (hier durch ein Referendum im Herbst 2014), der Basken und der Katalanen auf Südtirol wirken werden. Darüber hinwegzusehen wäre sicherlich der falsche Weg.
Aber es heißt auch, dass nur die glücklichsten Sklaven die erbittertsten Feinde der Freiheit wären. Das heißt, dass nicht alles an Italien falsch oder zu beanstanden wäre. Aber es wäre gut zu wissen, weshalb die Tagespolitik der Apenninenhalbinsel immer wieder den Artikel drei des eigenen Grundgesetzes missachtet.
Darin heißt es, dass alle Staatsbürger die gleiche gesellschaftliche Würde haben und vor dem Gesetz ohne Unterschied des Geschlechtes, der Rasse, der Sprache, des Glaubens, der politischen Anschauungen, der persönlichen und sozialen Verhältnisse gleich sind.
Andreas Raffeiner (Jg. 1979), Diplomand aus Geschichte mit politischem und völkerrechtlichem Interesse.
Bozen-Innsbruck
Die Dimension dessen, was der EU-Gerichtshof da angerichtet hat, ist gar nicht groß genug einzuschätzen. Er hat mit einem einzigen Urteil allen Homosexuellen aus aller Herren Länder – also insbesondere auch islamischen und afrikanischen – einen Anspruch(!) auf Asyl in Europa eingeräumt. Einzige Voraussetzung: In ihrer Heimat muss Homosexuellen Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung drohen.
Das aber ist in der großen Mehrzahl dieser Länder der Fall. Dazu kommt aber vor allem, dass eine solche „Orientierung“ leicht behauptet, aber praktisch nicht bewiesen werden kann. Jede Wette: Ab sofort werden in Lampedusa und Umgebung die schwulen Orientierungen gewaltig zunehmen.
Das ist den Migranten auch gar nicht wirklich vorzuwerfen: Sie wollen jede Chance nützen, um ins europäische Wohlfahrts-Schlaraffenland zu schlüpfen (bevor dieses endgültig kollabiert; aber davon ahnen die Afrikaner und Moslems ja noch nichts). Wenn es zu Erreichung dieses Ziels hilft, dann ist man auch schnell einmal schwul.
Diese Entscheidung wird unabsehbare Konsequenzen in Hinblick auf eine Explosion der Zuwandererzahlen haben. Gegen die dadurch ausgelösten Probleme werden dann die finanziellen Ansprüche von Kindern dieser angeblich anders orientierten Menschen schon gar keine Rolle mehr spielen. Dann ist man halt dann wieder nicht mehr homosexuell oder bisexuell oder was auch immer. Man hat ja schon den ersehnten Status.
Oder wollen die Richter jetzt jedes Zuwanderer-Bett mit einem Mikrophon oder einer Kamera beobachten lassen (die NSA hätte ja in der Tat derzeit viele überflüssige Geräte)? Andernfalls ist nur eine Interpretation dieses Urteils denkbar: In der EU und im Gerichtshof haben endgültig jene Menschen die Oberhand gewonnen, die in ihrer linken Weltfremdheit und in ihrem Hass auf die europäische Identität diese erbarmungslos zerstören wollen. Aus Österreich sitzt übrigens die ehemalige SPÖ-Politikerin Maria Berger dort.
Dabei zertrümmern diese Richter auch hemmungslos die Demokratie. Denn sie schaffen aus ihren Luxemburger Büros heraus nach rein persönlichem Gutdünken ohne jede rechtliche Grundlage neues Recht. An allen Gesetzgebern vorbei. Das nennt man schlicht: Willkür. Kein Parlament hat den Inhalt dieses Rechts auf schwule Immigration jemals beschlossen. Kein internationaler Pakt hat es verankert. Aber Richter machen in Europa neuerdings, was sie wollen.
Und glauben, die Bevölkerung wird es sich dauerhaft gefallen lassen.
Es mag ein Zufall sein, aber es ist bezeichnend: Am gleichen Tag ist ein Urteil des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofs bekannt geworden, des zweiten paneuropäischen Gerichtshofs (Österreich ist dort ebenfalls durch eine sehr linke Frau vertreten, die aber seltsamerweise von Schwarz-Blau entsandt worden war): Er rügt Griechenland, weil dort das Gesetz für eingetragene Lebenspartnerschaften nicht für Homosexuelle gilt.
Auch da ist völlig unklar, woher die Legitimation für dieses Urteil und den Eingriff in die nationale Souveränität Griechenlands kommen soll. Noch vor wenigen Jahren hätte nämlich niemand zu behaupten gewagt, dass eine solche Konklusion irgendwie aus der Menschenrechtskonvention ableitbar wäre. Diese Konvention ist seither auch keineswegs geändert worden. Trotzdem judizieren die Richter in ihrem linken Zeitgeist heute das Gegenteil des früheren Inhalts in die Konvention hinein.
Und glauben, die Bevölkerung wird es sich dauerhaft gefallen lassen.
Die Gesamtschule ist pro Schüler viel teurer als alle Alternativen, wie sich nun herausstellt. Daher ist es völlig absurd, sie in Zeiten von zig-Milliarden großen Budgetlöchern noch weiter auszubauen. Das zeigen bisher unveröffentlichte bifie-Zahlen. Wer wirklich sparen will, müsste die Umstellung der Hauptschulen auf Gesamtschulen („Neue Mittelschulen“) sofort einstellen beziehungsweise rückgängig machen.
Denn laut dem gefeuerten bifie-Chef Haider sprechen ja auch die – unter Claudia Schmied geheimgehaltenen – pädagogischen „Erfolge“ nicht für diese Umstellung. Sie war unter der letzten Regierung beschlossen worden.
Auch fast alle beteiligten Lehrer bestätigen (vertraulich, da von einem Maulkorb bedroht) die schlechteren Ergebnisse: Konnten in Hauptschulen die Kinder je nach ihren Fortschritten in Leistungsgruppen getrennt werden, so ist das bei den NMS strikt verboten. Was das Unterrichten massiv erschwert und zu weit schlechteren Ergebnissen als in den früheren Hauptschulen führt, wie ja mit gesundem Menschenverstand auch schon vorher zu erwarten war.
Nicht ganz zu erwarten waren die gewaltig gesteigerten Kosten pro Schüler. Diese liegen nämlich in der Gesamtschule NMS sowohl über den Kosten eines Hauptschülers, wie auch über den Kosten eines Schülers der AHS-Unterstufe. Ein NMS-Kind ist der Republik um über 37 Prozent mehr wert als ein AHS-Kind! Was eigentlich ein glatter Bruch des Gleichheitsprinzips der Verfassung ist.
Die Kosten laut dem Nationalen Bildungsbericht des bifie (in Kombination mit den Zahlenspiegeln des Unterrichtsministeriums):
Das braucht eigentlich keinen Kommentar mehr. Es liegt daher auch mehr als deutlich auf dem Tisch, wo die Republik einen Teil der dringend einzusparenden Gelder herbekommen könnte. Egal, ob das Budgetloch nun alt oder neu ist. Außer ideologischen Verhärtungen der Linken spricht absolut nichts dagegen.
Bei den deutschen Koalitionsverhandlungen setzt die Nummer Zwei durch eine geschickte Strategie beinharte Bedingungen durch. Bei den österreichischen Koalitionsverhandlungen agiert die Nummer Zwei taktisch schwach wie eine Kirchenmaus.
Eine seltsame Differenz. Dabei würden die Fakten der ÖVP sogar bessere Karten geben, als sie die SPD in Deutschland hat. Denn in Deutschland ist der prozentmäßige Abstand zwischen CDU und SPD viel größer als jener zwischen SPÖ und ÖVP. Denn bei den Wählern hat es in Österreich wie Deutschland einen leichten Rechtsruck gegeben (der freilich zum Teil außerhalb des Parlaments verpufft ist), was keinerlei Bewegung nach links indiziert. Und die ÖVP hat jedenfalls den gleichen, Stärke verleihenden Hebel in der Hand wie die SPD: Die Nummer-Eins-Partei hat da wie dort wohl keine Koalitions-Alternative, die Nummer Zwei jedoch schon – zumindest theoretisch.
Ich will da jetzt gar nicht jeden inhaltlichen Schwachsinn und jede Luftblase kommentieren, der da derzeit schon aus den angeblich vertraulichen heimischen Koalitionsverhandlungen dringt (sonst müsste man den Salzburger Landeshauptmann frontal attackieren, der den Standpunkt seiner eigenen Partei als "ideologisch" denunziert). Erfahrungsgemäß wird aber sowieso vieles am Ende nicht Teil des Koalitionsabkommens oder gar der Realität. Tatsache aber ist, dass bisher absolut NUR zwei Typen von Informationen aus diesen Verhandlungen dringen: Entweder komplette Dummheiten oder Punkte, über die sich nur die Linke freuen kann (sie will jedenfalls schon schwarze Umfaller-Typen geortet haben, die Steuererhöhungen akzeptieren).
Wieso schafft es aber die SPD – voraussichtlich (fix ist ja auch dort noch nichts) – im Gegensatz zur ÖVP eine ganze Reihe von Forderungen durchzusetzen? Sie schafft das mit einer Strategie aus dem einfachsten ABC der Politik. Sie stellt im Gegensatz zur ÖVP während der Verhandlungen einige – wenige, aber klare und für Linke wichtige – Bedingungen in aller Öffentlichkeit auf. Und sie hat von Anfang an angekündigt, dass es am Schluss der Verhandlungen eine Basisabstimmung geben wird. Damit kann die SPD dem Verhandlungspartner jetzt immer signalisieren: „Wir müssen konkrete Erfolge für uns erzielen, sonst bringen wir die Koalition an der Basis nicht durch.“
Mit dieser ebenso harten wie klugen Strategie dürfte die SPD einige ganz konkrete Punkte durchsetzen können.
Hier ist jetzt gar nicht die inhaltliche Dummheit der SPD-Positionen das Thema oder die Abkehr Sigmar Gabriels vom arbeitsplatzfreundlichen Wirtschaftskurs, den einst die roten Regierungsmitglieder Clement, Müntefering, Steinbrück, Steinmeier und Schröder II zum Wohle ganz Deutschlands mitgetragen haben. Hier geht es nur um die Analyse seiner exzellenten Taktik.
Gabriel nutzt nämlich trotz Wahlschlappe seine Karten optimal. Dazu gehört auch, dass er sich im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen auch nicht vor Neuwahlen zu fürchten scheint, obwohl dann durch den Einzug der „Alternative für Deutschland“ der Rechtsschwenk der Bürger auch im Bundestag sichtbar werden dürfte. Was das derzeit theoretisch mögliche Rot-Rot-Grün unmöglich machen würde.
Wo ist die vergleichbare Taktik der ÖVP? Unsichtbar. Statt für liberalkonservative Wähler inhaltliche Schwerpunkte durchzusetzen, werden gute eigene Spitzenpolitiker gemobbt und offenbar eiskalt abgeschossen: Siehe Töchterle, siehe Fekter, siehe Kopf.
Anstelle von sinnvollen Inhalten will man in Österreich unter großen Kosten Ministerien tranchieren und umstrukturieren. Ohne dass es dafür irgendeinen Bedarf gäbe. Offenbar sind sich die Koalitionspolitiker gar nicht bewusst, welche – völlig unproduktiven – Kosten sie auslösen, wenn sie Ministerien umtaufen, wenn sie Sektionen transferieren: Von sämtlichen Türschildern bis zum Briefpapier, von zahllosen Broschüren bis zum Internet-Auftritt des jeweiligen Ministeriums. Dazu kommen gewaltige Reibungsverluste, bis sich das neue Zusammenleben eines neuen Hauses (vielleicht) einmal einspielt.
Aber die beiden Koalitionshelden hatten doch versprochen, zwei Ministerien einzusparen, werden manche entgegnen. Nun, das könnten sie mit einem Federstrich: Unterrichts- und Wissenschaftsministerien können problemlos wieder zusammengelegt werden (auch um die absurden Machtkänmpfe der Claudia Schmied rund um die Lehrerausbildung aus der Welt zu schaffen). Ebenso sollten Gesundheits- und Sozialministerium zu einer Einheit werden (und eigentlich auch das Frauenministerium). Voila.
Aber statt dessen werden mit Methode Faschiermaschine „Zukunftsministerien“ und ähnliche Dummheiten konstruiert. Als ob sich nicht ohnedies jedes Ministerium – hoffentlich – mit der Zukunft befasst (es sei denn, es gäbe ein Geschichtsministerium).
Aber ist dann genug „neu“? Nun, die Zeiten Kreiskys sind längst vorbei, als die Politik noch durch ständige Neukreationen von Ministerien und Staatssekretariaten Punkte sammeln konnte. Österreich braucht inhaltliche Reformen und nicht personelle Luftballone. Da wäre die ÖVP mehr als gefordert, um endlich den Linkskurs der Regierung zu beenden oder zumindest abzubremsen.
Ein einziger parteipolitischer Tausch wäre freilich durchaus sinnvoll – gerade auch aus inhaltlichen Gründen: nämlich einer zwischen Außen- und Unterrichtsministerium. Die ÖVP hat ja seit den 90er Jahren inhaltlich mit der Außenpolitik nichts mehr anfangen können. Und die SPÖ hat sich mit den wichtigsten Drehscheiben jedes Bildungssystems, nämlich den Lehrern, so sehr verfeindet, dass da nur noch bei einem kompletten Parteiwechsel ein sinnvoller Neuanfang möglich ist.
Wenn die SPÖ meint, dass das ein unfairer Tausch wäre, darf man daran erinnern, wie laut das rote Gebrüll war, als 1986 die ÖVP das Außenministerium bekommen hat. Außerdem könnte man die Kunst- und Kultur-Kompetenz aus dem widervereinigten Unterrichtsministerium ausgliedern und dem Kanzleramt zurückgeben. Die Bildung wäre das wert.
Wer ein Produkt herstellt oder eine sonstige Leistung erbringt, wofür ein anderer freiwillig etwas bezahlt, der schafft einen Wert. Wenn der Einsatz teurer ist als der Erlös, so entsteht kein Wert, sondern ein Verlust und damit – irgendwo – eine Wertvernichtung. Gerade Politikern ist diese wirtschaftliche Grundtatsache nicht bewusst oder sie wird absichtlich verschleiert oder ignoriert.
Natürlich gibt es ethische Gründe, dass Werte bewusst vernichtet werden, wie die Versorgung von Kindern und Kranken. Übel und zu bekämpfen wären aber die zahlreichen Fälle, wo die „Freiwilligkeit“ durch Monopole in Frage zu stellen ist. Der ärgste Monopolist ist der Staat. Zwar sind die Bürger im Prinzip bereit, etwa für ihre Sicherheit, für Straßenreinigung oder Schulen angemessen(!) zu bezahlen, auch in Form von Steuern, wenn der Staat die Leistung erbringt. Aber bei einem Großteil der staatlichen Verwaltungstätigkeit hat der Steuerzahler das Gefühl, dass vieles unnötig und/oder zu teuer ist: Es fehlt die Freiwilligkeit, denn der Staat kann mit seiner Macht Steuern festsetzen und verteilen, und die Frage, ob auch Werte geschaffen oder eher vernichtet werden, wird meist gar nicht beurteilt.
Unsinn ist dabei die Behauptung, dass jedes, auch arbeitsloses, Einkommen „ohnehin in die Wirtschaft fließt“: Dann wäre das Land also am Besten dran, wenn kein Mensch arbeitete? Politiker verstecken sich bei der Verantwortung für die Verwendung der Steuergelder hinter der Fassade, dass es um politische Ziele gehe. Eine Rentabilitätsrechnung, ob eine Investition Werte schafft oder Verlust bringt, wird erst gar nicht gemacht (in Wahrheit verdrängen Politiker sogar jeden Gedanken an die Zeit nach den nächsten Wahlen).
Die Folge sind höhere Steuern, Schulden und Verarmung. Ein Koralmtunnel könnte nur einen Wert bedeuten, wenn die Frachtkosten und damit die Verbraucherpreise durch die kürzere Fahrzeit sinken. Langfristig ist das gar nicht ausgeschlossen, aber die Rechnung wurde wohl nie gemacht. Ein Klagenfurter Stadion, zwei neue Wiener Bahnhöfe und hunderte andere Projekte (auf Schulden, also jedenfalls schon mit Zinskosten belastet) sind Wertvernichtung – man kann diese wollen, aber in einer Demokratie gehört das zumindest transparent gemacht.
Das „soziale“ Argument, damit werden Arbeitsplätze geschaffen, ist schlicht falsch; denn Arbeitsplätze, mit denen keine Werte geschaffen werden, sind wirtschaftlich reine, und zu teure, Arbeitsosenunterstützung.
Selbst bei „Rettung“ etwa von Baufirmen muss man fragen, ob nicht die Priorität falsch gesetzt wird. Die Wertschöpfung in der Baubranche ist schwach. Nur Objekte, die gut verkauft oder vermietet werden können, haben einen Wert. Tatsächlich können Werte und damit echte Arbeitsplätze nur von Ertrag bringenden Unternehmen geschaffen werden; der Staat ist mit ganz wenigen Ausnahmen als Unternehmer völlig ungeeignet, lehrt die Erfahrung. Er kann nur umverteilen!
Der Missbrauch seiner Macht für falsch eingesetztes Steuergeld führt unser reich gewesenes Land nach unten; Wählerkauf kann das Grundgesetz der Wertschöpfung oder -vernichtung nicht ändern.
Dr. Günther Voith ist Jurist und Unternehmer. Er hat lange die Inzersdsorfer Nahrungsmittelwerke geführt, war Vorstandsmitglied der Industriellenvereinigung, Mitglied des Österreich-Konvents, der Staatsaufgaben-Reformkommission und Lehrbeauftragter. Er hat soeben ein 600-Seiten-Buch „Reimekraut und Schüttelrübern" herausgebracht mit Alltags-Gedichten und Schüttelversen. Sie sind kritisch, persönlich, menschlich, politisch, zum Besinnen und zum Schmunzeln, jedenfalls unterhaltsam, aber keine Lyrik. Zu beziehen um € 28,- inkl. Versand via E-Mail guenter.voith@chello.at.
Die Wiener Staats- und Oberstaatsanwälte haben sich die Renner-Medaille in Gold mit Brillanten verdient. Sie haben das Korruptionsverfahren gegen die Herren Faymann und Ostermayer eingestellt. Notgedrungen mit geradezu abenteuerlichen Begründungen. Damit ist der großen Mehrheit der Österreicher der letzte Glaube an das Vorhandensein eines Rechtsstaats wohl endgültig ausgetrieben worden. Das schafft vielerorts eine an den Vormärz des 19. Jahrhunderts erinnernde vorrevolutionäre Stimmung (auch wenn das die staatsoffiziellen Medien noch ignorieren). Diese Stimmung wird nun nicht nur durch die unfassbare Einstellung des Faymann-Ostermayer-Verfahrens verschärft, sondern auch dadurch, dass ganz zufällig am gleichen Tag andere Staatsanwälte ein Strafverfahren gegen vier blau-orange Politiker angestrengt haben. Mit Vorwürfen, die jenen gegen die beiden SPÖ-Politiker ähneln – nur mit deutlich geringerer Schadenssumme.
Erschütterndes Fazit: Die Staatsanwälte sind zu reinen Bütteln der Staatsmacht geworden. Bei der Opposition wird bestraft, was bei Regierungspolitikern straflos bleibt. Sie spielen damit genau jene Rolle, die den Justizschergen schon in der Feudalzeit zugekommen ist: Sie sorgen nicht für Recht und Ordnung, sondern vertreten die Interessen der Mächtigen. Auch gegen den vorerst ohnmächtigen Zorn der Bürger. Verfolgt wird, wer der Macht und Obrigkeit in die Quere kommt. SPÖ-Minister bleiben hingegen in jedem Fall straflos.
Die Hauptverantwortung dafür kommt den Staatsanwälten zu. Aber auch die schwache Justizministerin trägt einen Teil der Mitverantwortung. Ihr ist zwar zugute zu halten, dass sie es zumindest einmal gewagt hatte, den Staatsanwälten den Akt zurückzuschmeißen, als diese schon vor Jahr und Tag die ganze Sache einstellen wollten. Dadurch hatte Beatrix Karl sehr das Missfallen der SPÖ erregt. Ein zweites Mal war das gegen die geschlossene Kommandanten-Front von Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft aber offenbar nicht mehr zu derheben.
Karl war natürlich auch dadurch geschwächt, dass ihr in den letzten Wochen der eigene Parteichef den Sessel kommentarlos vor die Tür gestellt hat. Andererseits hätte sie gerade in dieser Situation an den gleichgeschalteten Staatsanwälten vorbei eine Beurteilung der Situation durch unabhängige Richter erzwingen können. Und jedem Nachfolger wäre es wohl sehr schwer gefallen, einen solchen Beschluss der Vorgängerin noch einmal zurückzuziehen.
Nicht vergessen werden darf aber auch die wohl noch größere Mitschuld des früheren Justizministers Dieter Böhmdorfer. Einzig und allein er war es, der die Schlüsselstelle des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft – der ja auch große personalpolitische Kompetenzen bei allen weiteren Besetzungen hat! – ausgerechnet einem deklarierten Sozialdemokraten überantwortet hat. Die politischen Dividenden dieser unverständlichen Entscheidung kassiert nun freilich nicht die FPÖ, sondern die SPÖ.
Wenn Faymann Ehre im Leib hätte, müsste er jetzt alle klagen, die ihm vorwerfen, Bestechungsinserate platziert zu haben. Darunter auch dieses Tagebuch.
Er wird das aber wohl eher nicht tun, denn dann würde erstmals ein unabhängiges, nicht steuerbares Gericht unter öffentlicher Anhörung von Zeugen, die unter Wahrheitspflicht stehen, über den Fall Faymann/Ostermayer entscheiden. Und nicht mehr die Staatsanwaltschaft in ihren Hinterzimmern, wo ja beispielsweise einst (im Zusammenspiel ebenfalls mit einem FPÖ-Justizminister) auch der Massenmord im Fall Lucona unter den Teppich gekehrt werden sollte.
Unter dem Teppich ist jetzt durch diese Einstellung neben vielen anderen schwerwiegenden Indizien beispielsweise auch ein durch glaubwürdige Zeugenaussagen belegte Vorwurf gegen Ostermayer gelandet. Die linke Hand Faymanns hatte Zeugen zufolge nach dieser Kronen-Serie vom ÖBB-Chef weitere Millionen (Euro) „für den Werner“ gefordert. Und das noch dazu in erkennbarem Zusammenhang mit der anstehenden Verlängerung des Vertrags dieses ÖBB-Chefs. Dass sich dieser ÖBB-Chef geweigert hat und dass in der Folge sein Vertrag nicht mehr verlängert worden ist, gereicht ihm zwar zur Ehre, ist aber – natürlich – von der Staatsanwaltschaft ignoriert worden.
Dafür hat dieser Ex-ÖBB-Chef nun in anderen Zusammenhängen ein Strafverfahren angehängt bekommen. Natürlich ganz zufällig.
Wirklich lauter Meisterleistungen dieses Rechtsstaats.
Die Staatsanwaltschaft wagte es sogar, die Einstellung mit folgender unglaublichen Behauptung zu begründen: Die ÖBB sei Nutznießerin der Kampagne gewesen, weil sie vom Bekanntheitsgrad des Ministers profitieren konnte.
Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, was das heißt: Die ÖBB war also in den Augen der Staatsanwaltschaft offenbar vorher noch ein weitgehend unbekanntes Wesen gewesen; und sie ist erst durch den frisch aus einem Wiener Stadtratsbüro zum Minister avancierten Faymann bekannt gemacht worden.
Man fasst es einfach nicht. So wird in diesem Land allen Ernstes von der Staatsanwaltschaft argumentiert. Mit dieser Logik kann spielend auch Blau zu Gelb und Weiß zu Schwarz erklärt werden.
Eine Meisterleistung ist es auch gewesen, einen Gutachter gefunden zu haben, der zu den seltsamsten Behauptungen bereit war. So zitiert ihn die Staatsanwaltschaft etwa mit dem Hinweis, die von Faymann georderten Kronenzeitungs-Inserate auf Kosten der ÖBB seien positiv für die ÖBB gewesen. Es wäre sogar ein objektiver Nutzen für die ÖBB vorgelegen.
Was ebenfalls schlicht absurd ist. Ein halbes Jahr lang wurden die ÖBB in fast jedem der Krone-Inserate – pardon: Artikel (denn die von der Bahn auf Faymann-Order bezahlten Seiten sind wider das Mediengesetz als normaler redaktioneller Text erschienen!) – heftigst heruntergemacht.
Da lautete beispielsweise eine über zwei Seiten gehenden knallige Überschrift: „Ärger rund um verspätete Züge!“ Auch fanden sich in jenen Inseraten Passagen von „verdreckten Zügen und unverständlichen Fahrplänen“.
Diese Dauerbeschimpfungen wurden dann immer von einem Vierspalter unter dem Motto „Der Minister antwortet“ konterkariert, wo Faymann dann als Schützer der Passagiere gegen die ÖBB auftrat. Aber diese natürlich rein für Faymann positive PR war in den Augen der Staatsanwälte für die Bahn „positiv“.
Zahlreiche Rechtswidrigkeiten rund um Faymanns Bestechungsinserate auf Kosten von ÖBB und Asfinag sind im Laufe der letzten Jahre in diesem Tagebuch schon aufgezählt worden. Aber keine davon hat die Staatsanwaltschaft zu dem einzigen in einem Rechtsstaat eigentlich unumgänglichen Schritt veranlasst: zu einer Anklageerhebung.
Sie hat sich auch nicht dadurch beirren lassen, dass der Rechnungshof die ganze Affäre komplett anders als sie und extrem kritisch gesehen hat.
Der deprimierte Staatsbürger fragt sich, ob nun sämtliche Korruptionsakte in Österreich freie Bahn hätten. Die Antwort: Nein, sondern nur dann, wenn sie in Wien und zugunsten der SPÖ geschehen.
Ob das ein Trost ist?
PS: Nach überwiegender Ansicht von Juristen müssten die ÖBB-Führung und jene der Asfinag zivilrechtlich zumindest einen Teil der Kosten der Inserate einklagen. Sonst machen sie sich selbst der Untreue schuldig. Freilich können sie vorerst sicher sein: Auch das wird bei Anhalten der derzeitigen Machtverhältnisse in Staatsanwaltschaft und Regierung strafrechtlich nicht releviert werden. Ansonsten haben die Vorstände wohl keine Zeit, dieses Geld einzutreiben, weil sie ja wahrscheinlich die nächsten Tarif- und Pickerl-Verteuerungen ausbrüten. Die zweifellos niedriger ausfallen würden, wenn Faymann oder die SPÖ jene Inserate zahlen müssten. So dürfen die ausgepressten Bürger bei jeder Zugs- und Autobahn-Fahrt in den Ruf ausbrechen: Hoch die SPÖ und ihrer Durchdringung des ganzen Staatsapparates!
PPS: Ein einziger Aspekt spricht für die Staatsanwaltschaft: Sie neigt auch sonst in immer mehr Fällen zu einer Einstellung von Strafverfahren. Was ja eine Menge Arbeit erspart. Freilich lösen auch in vielen dieser Fälle diese Einstellungen immer mehr Kopfschütteln aus. Nur politische Gegner der SPÖ und Islamkritiker sollten sich mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf einstellen, dass gegen sie jedenfalls Anklage erhoben wird.
In der Wiener Ärztekammer amtiert seit der letzten Ärztewahl ein sozialistischer Gewerkschafts-Apparatschik. Das merkt man schmerzhaft. Sind doch Rot und Grün jene Parteien, die nicht mehr auf der wichtigsten Grundlage der historischen Aufklärung und der daraus entstandenen bürgerlichen Revolutionen stehen, also auf dem Boden des ständigen Kampfes für die Meinungsfreiheit als oberstem Wert (bei Pink ist es mir noch nicht ganz klar, wo die stehen).
Die unhaltbaren Arbeitsbedingungen der AKH-Ärzte sind dem Mann nicht so wichtig, obwohl er dort eigentlich Betriebsrat ist. Oder vielleicht gerade deswegen. Er wäre ja nicht der erste Betriebsrat, der sich gut arrangiert. Die öffentlichen Proteste gegen die Arbeitsbedingungen überlässt der Kammerpräsident jedenfalls lieber den paar mutigen Professoren, die es am AKH noch gibt.
Dafür schlägt er öffentlich umso brutaler mit der Moralkeule zu, wenn ein Wiener Arzt dem Politkommissar nicht gefallende Wertaussagen macht. Und das ist ungeheuerlich. Eine Kammer hat die Wertauffassungen ihrer Mitglieder nicht zu kommentieren, geschweige denn zu kritisieren oder gar deswegen öffentliche Entschuldigungen zu verlangen. Ganz gleich, ob man nun der Meinung des Neo-Abgeordneten (Liste Stronach) Marcus Franz ist oder nicht.
Dieser Arzt hatte in einem Interview (mit einer der Links-Kämpferinnen vom „Profil“) gemeint, dass Homosexualität eine genetische Anomalie ist und „mit Sicherheit amoralisch“, wenn man „strenge Moralmaßstäbe“ anlegt.
Nun, vielleicht liegt Franz mit dem Hinweis auf die Genetik tatsächlich falsch. Hat man doch meines Wissens bisher noch kein Homosexuellen-Gen gefunden, das Ursache dieser „Orientierung“ wäre. Das Fehlen eines solchen Gens ärgert übrigens die Schwulen-Lobby sehr, aber das weiß der Kammer-Politruk wohl nicht. Denn wenn etwas genetisch bedingt wäre, dann wären tatsächlich alle Moral-Diskussionen fehl am Platz.
Neuerlich hat sich bestätigt: In Österreich darf man nur noch Meinungen im engen Denk(?)feld zwischen „Profil“ und SPÖ haben. Das mehr ein Punkt als ein Feld ist.
PS: Zufällig werden fast zur gleichen Zeit andere Neuigkeiten über das „Profil“ bekannt. Jahrelang hatte das Blatt gegen die frühere Gesundheitsministerin Rauch-Kallat agitiert; deren Mann hätte vom einstigen staatlichen Ankauf von Grippemasken profitiert. Nun – nach so vielen Jahren! – hat die Raiffeisen-Zeitschrift den Schwanz eingezogen und den Vorwurf „mit dem Ausdruck des Bedauerns“ zurückgezogen. „Profil“ halt.
Vor den EU-Wahlen werden die regulierungswütigen Menschen in der Brüsseler Kommission von immer heftigeren Fieberschüben geplagt.
Verbieten, verbieten, regulieren, regulieren. Das ist in der heutigen EU die zentrale Devise. Jene EU-Beamten und Politiker, die einst die EU als Vorkämpferin der Freiheit groß gemacht haben, scheinen in Brüssel allesamt schon hinausgemobbt worden zu sein. Jedenfalls kommen jetzt die Verbotswünsche im Staccato-Tempo – offenbar spürt man schon, dass bei den EU-Wahlen die verbotsgierigen grün-rot-gelben Linksparteien einen kräftigen Deckel bekommen werden. Nach Glühbirnen und Duschköpfen haben daher die Eurokraten in den letzten Tagen auch den leistungsstarken Staubsaugern und den Mist- und Plastiksackerln den Kampf angesagt. Gewiss: Der Plastikdreck in den Meeren ist ein echtes Problem – nur landen österreichische Sackerln mit Sicherheit nicht im Meer, sondern im Müll, meist sogar im nützlichen Recycling-Müll.
Schockierende Arbeitsmarktdaten. Ebenso schockierende Vorschläge vom Währungsfonds. Aber unsere Regierungsparteien klopfen sich selbst weiterhin auf die Schultern, dass sie die Wirtschaftskrise überwunden hätten, wenn auch um die Kleinigkeit von 54 Milliarden zusätzlicher Schulden.
Die neuesten Statistiken zeigen: Mehr als zwölf Prozent Arbeitslose binnen eines Jahres. Bei den Über-50-Jährigen sind es sogar 22 Prozent. Zugleich ist die Zahl der als offen gemeldeten Stellen um mehr als zehn Prozent zurückgegangen.
Da müsste eine anständige Gewerkschaft Großalarm schlagen. Eine anständige. Bei uns schweigt sie jedenfalls. Sind doch sowohl der Bundeskanzler wie auch der Arbeits- und Sozialminister Vertrauensmänner der Gewerkschaft.
In dieser Situation müssten auch sonstige Gesundbeter, etwa aus den Wirtschaftsforschungsinstituten, lauten Alarm schlagen und zugeben, dass die für beendet erklärte Krise in Wahrheit lichterloh brennt. Dass sie in Österreich überhaupt erst jetzt zu brennen angefangen hat. Jeder vernünftige Ökonom (also natürlich nicht die linksradikalen von den Wiener Unis) müsste massiv rund um die Uhr nach Deregulierungen, Privatisierungen und Steuersenkungen rufen, damit es wieder mehr Jobs gibt. Hört man etwas davon? Ich nicht. Aber die Wirtschaftsforscher haben ja ihre Jobs. Und ihre Aufträge aus der Politik.
Noch mehr Anlass gäbe es für Alarm und Panik, wenn man die Vorschläge des Internationalen Währungsfonds liest. Der schlägt einfach und frech vor, allen europäischen Sparbuchinhabern zehn Prozent wegzunehmen. So als ob er endgültig zur Revolution rufen wollte.
Dabei ist seine Logik durchaus nachvollziehbar: Die von der Politik verursachte Schuldenlast ist unerträglich und zur Lunte an einer großen Bombe geworden; dennoch zeigt sich die Politik Österreichs und der meisten anderen europäischen Länder offensichtlich außerstande, die Staatshaushalte in Ordnung zu bringen. Eine stimulierende Befreiung, eine „Entfesselung“ der Wirtschaft findet ja offenbar nur verbal statt.
In dieser Situation schlägt halt der IWF als allerletzten Ausweg den Griff auf die Sparguthaben vor, um die Defizite zu beseitigen. Ähnlich – wenn auch ein wenig verschwurbelter – haben das ja in den letzten zwei Jahren auch schon linke Ökonomen getan. Sie alle verschweigen freilich: Die Sparer zahlen jetzt schon alljährlich mit rund zwei Prozent ihrer Guthaben für den Spaß der Profiteure des Wohlfahrtsstaates. Denn so viel beträgt ja in den letzten Jahren die Differenz zwischen der Inflation und den (auf Verlangen der Politik) von der EZB auf null gedrückten Sparzinsen. Gäbe es übrigens Zinsen, müsste man da auch noch die Sparbuchsteuer abziehen.
Aber die Politik ignoriert das alles, sonst müsste sie ja irgendeiner Lobby wehtun, etwa den Gewerkschaften als Verfechtern des lächerlich niedrigen Pensionsalters und des steinzeitlich niedrigen Frauenpensionsalters. Oder den agrarischen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Subventionsempfängern. Oder der Zuwanderungslobby. Statt dessen werden ja zu Dutzenden finanzielle Forderungen an die neue österreichische Koalition gerichtet. Und wahrscheinlich teilweise sogar erfüllt.
Nun, jede Wette: Die Spareinlagen werden in den Tagen nach dieser IWF-Ankündigung noch rascher schrumpfen, als sie es ohnedies schon seit längerem tun. Daher wird noch weniger Spargeld der Wirtschaft für arbeitsplatzschaffende Investitionen zur Verfügung stehen. Daher wird immer mehr Spargeld in Goldmünzen und Immobilien umgetauscht werden, vielleicht sogar wieder in brasilianische Aktien. In der vagen Hoffnung, wenigstens dort dem politischen Zugriff entzogen zu sein.
Warum hält bei einem vom Außenministerium gesponserten „Kulturkongress“ ausgerechnet ein Hannes Androsch das Hauptreferat zum Thema „Bildung und Ausbildung“?
Den Schwarzen ist in ihrem Selbstzerstörungsdrang offenbar nicht mehr zu helfen. Denn wenn man einem Androsch eine solche Plattform zum Bildungsthema gibt, will man, genauer: will das von einem in der ÖVP nicht ganz unmaßgeblichen Politiker geleitete Außenministerium und ein von ihm gesponsertes Vereinchen eindeutig den Gesamtschulfanatikern weiter nachgeben. Wider den mehrheitlichen Willen aller Betroffenen, also Bürger, Eltern, Lehrer, zum Schaden der Kinder und zur weiteren Verschlechterung der Bildungsqualität. Alle anderen Interpretationen würden auf Grenzdebilität der Veranstalter schließen lassen. Oder legitimiert gar der „makellose“ Androsch-Lebenslauf den Mann als Kulturmensch für einen „Kulturkongress“? Ganz abgesehen davon wäre es um unser Steuergeld und die Staatsschulden viel besser bestellt, wenn man endlich die Subventionen für solche Kongresse und ein paar Hundert weiterer und ebenso überflüssiger Veranstaltungen streicht. Oder ist das alles eh schon wurscht, weil seit den 70er Jahren - wer war da schnell Finanzminister? - die Staatsschulden unrettbar explodiert sind?
Ohne jedes öffentliche Echo hat ein gigantischer Raubzug stattgefunden. Opfer sind viele Männer. Der Diebstahl ist sehr real und kostet viele Milliarden, während ja die von wirtschaftlich und statistisch ahnungslosen (oder böswilligen?) Journalistinnen in den Mainstream-Medien ständig repetierte Behauptung eines um 25 Prozent ungleichen Lohns für gleiche Leistung längst als Lüge enttarnt ist. Was jene Medien freilich nicht hindert, sie fast allwöchentlich zu wiederholen. Offenbar ist die feministische Garde in den Redaktionen zwar mathematisch ahnungslos, aber grenzenlos kreativ, Anlässe zu kreieren, bei denen sie jene Lüge wiederholen kann.
Worin besteht nun der angesprochene Raubzug? Er findet sich ganz versteckt in dem Wörtchen „Unisex-Sterbetafeln“ bei Lebensversicherungen. Da Männer ja im Schnitt deutlich kürzer leben als Frauen, haben sie gemäß der zwingenden versicherungsmathematischen Logik für den gleichen angesparten Betrag eine deutlich höhere Pension bekommen. Beispielsweise aus der Zukunftsvorsorge, die jetzt reihenweise aus der Ansparphase in die Auszahlungsphase wechselt. Ebenso bei Bezügen aus anderen Lebensversicherungen.
Männer, die daraus Zahlungen bekommen (werden), sind nun bass erstaunt: Sie erhalten deutlich weniger Geld, als ihnen einst bei Abschluss einer solchen Zukunftsvorsorge versprochen worden ist. Hingegen sind durch den unisex-Trick die Zahlungen an Frauen deutlich mehr geworden.
Wenn so etwas unter Privatmenschen oder Firmen passiert, gibt es nur einen Ausdruck für ein solches Verhalten: Betrug. Aber im Zeichen des feministischen Terrors, der heute schon fast ebenso allumfassend ist wie etwa einst der marxistisch-leninistische in Osteuropa, ist das offenbar ganz legal. Vor allem wenn die EU als Instrument dieses Terrors eingesetzt wird.
Diskriminierungen von Männern finden aber auch ständig unter rein österreichischen Vorzeichen reihenweise statt. Da gab es etwa eine Veranstaltung im Bundeskanzleramt, bei der eine neue Broschüre (eine „Rechtsratgeberin“!) vorgestellt wurde, die angeblich sagt, was man im Falle einer Scheidung tun solle. Zu dieser Veranstaltung wurden – trotz Anmeldung! – Männer und auch jene Frauen nicht eingelassen, die sich schon einmal für die Rechte von Männern eingesetzt haben. Vorwand: Platzmangel. Aber der war wie fast alles aus diesem Lager gelogen: Im Saal blieben sehr viele Plätze frei.
Die Ursache all dieser Probleme sind nicht die Frauen. Die wollen ja in ihrer großen Mehrheit den ganzen feministischen Unsinn nicht. Das Problem sind die knieweichen Regierungsparteien – Rot wie Schwarz –, die sich ständig von Radikalfeministinnen unter Druck setzen lassen. Und die Männer insgesamt, die viel zu lahm sind, um sich dagegen offen zu wehren. Die offenbar bei Scheidungen keine Rechte haben, wie das Bundeskanzleramt klar signalisiert. Steuern zahlen für die Kosten solcher diskriminierenden Veranstaltungen müssen sie freilich schon.
Ein weiteres ganz aktuelles Beispiel: Hinter den Kulissen werden schon Kandidaten für Ministerposten gesucht (obwohl das angeblich ja überhaupt noch nirgendwo Thema ist). Und da bekam ich tatsächlich von einem der Rechercheure zu hören: „Einzige Voraussetzung, es muss eine Frau sein.“
Na, dann ist ja alles klar. Es kommt nicht darauf an, wie fähig jemand ist, eine bestimmte Position zu übernehmen, sondern nur auf die Chromosomen. Den Wählern ist das Geschlecht eines Ministers zwar völlig wurscht (siehe viele Umfragen, siehe das regelmäßig schwache Abschneiden der oberfeministischen Grünen bei Wahlen), aber nicht den Zeitungen. Mangels anderer Beurteilungs-Fähigkeiten werden sie halt nach Bekanntgabe der Ministerliste wieder als wichtigste Frage berichten, wie viel Prozent denn welches Geschlecht in der Regierung hat. Das sind ja offenbar unsere größten Sorgen.
Viele Europäer haben noch immer nicht begriffen, warum im Mittelmeer ständig so viele Boote mit Möchtegern-Zuwanderern aus Afrika und Asien in Seenot geraten. Noch weniger haben sie und die europäischen Institutionen verstanden, was die einzig mögliche Strategie in dieser Situation ist.
Die in letzter Zeit ständig gemeldeten Fälle von Seenot haben eine klare Ursache: Diese Seenot wird in den meisten Fällen von den (an den Migranten gut verdienenden) Schleppern künstlich herbeigeführt oder überhaupt fingiert. Sie wollen nämlich mit ihren Schiffen keinesfalls an italienischen oder maltesischen Häfen anlegen. Denn dort würden sie wegen ihres kriminellen Treibens Verhaftung und Strafverfolgung riskieren.
Daher zwingen sie ihre „Passagiere“ schon in Sichtweite der Küste regelmäßig über Bord. Diese müssen sich auf Verlangen der Schlepper entweder in kleinen Rettungsbooten zusammendrängen oder überhaupt an Land schwimmen. Was beides mit großer Lebensgefahr verbunden ist. In anderen Fällen haben die Schlepperschiffe noch weiter draußen auf See einen „Maschinenschaden“, worauf die „Passagiere“ von anderen Schiffen gerettet werden müssen – und sich die Schlepperboote (für ein Havarieschiff erstaunlich schnell) wieder entfernen.
Bisweilen passiert bei solchen Tricks halt eine größere Katastrophe. Etwa wenn die sich in Seenot dünkenden und Hunger oder Durst leidenden Migranten auf Deck ein Feuer anzünden, um andere Schiffe auf sich aufmerksam zu machen, und wenn dieses Feuer dann außer Kontrolle gerät.
Was aber soll das durch solche Katastrophen humanitär erpresste Europa in dieser Lage nun konkret tun? Der gegenwärtige politische Streit zwischen Ländern wie Italien oder Malta und der EU beziehungsweise den anderen EU-Staaten ist da jedenfalls ziemlich sinnlos. Der Versuch von Italien &Co, den nördlichen EU-Staaten die Schuld (woran immer) zuzuschieben, ändert überhaupt nichts am Ergebnis des massenhaften Zustroms nach Europa. Einmal auf dem Landweg über Griechenland und einmal auf dem Seeweg übers Meer..
Ebenso untauglich, ja geradezu unmoralisch ist das Verhalten von immer mehr Schiffskapitänen, welche die Seenot auf solchen Booten aus möglichst großer Distanz zu ignorieren versuchen und mit geändertem Kurs weiterfahren.
Genauso untauglich, ja geradezu unmoralisch ist es aber eben auch, wenn die Italiener diese an Land gebrachten Migranten dann einfach ihrer Wege gehen lassen. Bisweilen geben sie diesen sogar diskrete Hinweise, wie man möglichst rasch nach Norden kommt.
Auch die diversen EU-Gipfel scheitern an diesem Thema. Viele Teilnehmer daran begreifen nicht, dass es ja nicht nur um das eine oder andere Schiff geht, sondern um einen täglich stärker anschwellenden Strom von Menschen, die in die EU und an deren scheinbar übervolle Sozialtöpfe drängen.
Auch die Hunderten Zeitungskommentare, die in den letzten Wochen zu diesem Thema erschienen sind, enthalten zwar viele wohlklingende Worte, aber wagen es nur selten, konkrete Lösungsansätze zu nennen. Denn die müssten auch eine Reihe hart erscheinender Maßnahmen enthalten.
Diese Punkte stellen die einzig bekannte Strategie dar, wie Europa auf die Massenmigration antworten kann. Wer diese Maßnahmen ablehnt, muss riskieren, dass sich die Mehrheit der europäischen Bürger in Bälde für noch viel Härteres ausspricht, wie etwa eine Kündigung der Flüchtlingskonvention. Dennoch scheint klar, dass die EU und die europäischen Regierungen derzeit viel zu populistisch und weich sind, um den Mut zu solchen Strategien zu entwickeln. Aber niemand soll behaupten können, dass es solche Strategien nicht gäbe.
Und niemand soll bitte glauben, dass die gegenwärtige – besonders in christlichen Kreisen – beliebte Verbalstrategie auch nur irgendeinen Nutzen brächte. Die da ungefähr so lautet: „Europa ist schuld an den Flüchtlingsmassen, weil es zu wenig Entwicklungshilfe gibt. Daher muss es die Flüchtlinge aufnehmen. Die werden dann eh nicht mehr kommen, sobald die Entwicklungshilfe ihr Ziel erreicht hat.“
Das ist zum einen ein Unsinn, weil das jedenfalls die Einwanderung von Zig-Millionen Menschen nach Europa bedeutet, also die weitaus größte Völkerwanderung der ganzen bekannten Menschheitsgeschichte.
Das ist zum anderen auch deshalb ein Unsinn, weil die letzten Jahrzehnte klar gezeigt haben, dass Entwicklung nicht ein Produkt der Entwicklungshilfe ist. Wer das nicht glaubt, möge beispielsweise das brillante Buch „Dead Aid“ der schwarzafrikanischen Ökonomin Dambisa Moyo lesen.
Entwicklung kommt primär immer nur durch Anstrengungen des betroffenen Landes selber zustande, wie mittlerweile Dutzende Beispiele beweisen: durch Marktwirtschaft, durch eine saubere Justiz, durch freien Handel, durch Bekämpfung der Korruption, durch ein leistungsorientiertes Bildungswesen, durch Sicherheit für Investoren. Alle anderen Rezepte sind gut für Sonntagspredigten, aber nicht für die Dritte Welt. Und ewige Hilfe stellt nur Abhängigkeiten, keine Entwicklung her.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
„Alle Banker an den Galgen! Sie sind schuld an der Krise!“ Dieser populistische Ruf ist derzeit massiv mehrheitsfähig. Nur jene kleine Minderheit, die Zahlen und Ursachen genauer anschaut, erkennt: Weit mehr als neun Zehntel der Staatsverschuldung haben überhaupt nichts mit Banken zu tun, sondern nur mit der Ausgabenwut der Politik. Und jene Banken, die heute den deutschen und österreichischen Steuerzahler belasten, sind wiederum zu neun Zehntel staatlich, also selbst von der Politik kontrolliert.
Etwa rund um die Hypo-Alpe-Adria wird jetzt Managern ein Prozess nach dem anderen angehängt. Das ist aber ein reines Ablenkungsmanöver – außer in jenen Fällen, wo sich Manager persönlich bereichert haben. Die folgenschwersten Delikte rund um die Hypo-Katastrophe hat aber eindeutig die Politik selbst zu verantworten.
Auf die Anklagebank gehören in Wahrheit sämtliche Mitglieder der Kärntner Landesregierung. Denn sie haben auf Kosten der Steuerzahler der Bank grob fahrlässig Garantien für deren Anleihen gegeben, die ein Zehnfaches des Kärntner Budgets ausmachen. Und sie haben – Jörg Haider an der Spitze, aber keineswegs alleinschuldig – immer wieder Druck auf die Bank ausgeübt, von diesem Geld Kredite an politische Lieblingsprojekte zu vergeben. So hat das Land, statt direkt eine regionale Fluglinie zu finanzieren, die Bank dazu „motiviert“.
Auf die Anklagebank gehören aber auch die Mitglieder der bayrischen Landesregierung, welche die Hypo gekauft und dann schuldhaft in einen noch aggressiveren Kurs als davor hineingetrieben haben.
Ebenso auf die Anklagebank gehören die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung, die sich 2009 von den Bayern abenteuerlich die Bank andrehen haben lassen. Deswegen müssen jetzt vermutlich alleine die österreichischen Steuerzahler all das bezahlen, was unter Kärntner und bayrischer Verantwortung passiert ist. Die Regierung hat dabei nicht einmal eine Schadensminimierung versucht, also die juristische Wahrung aller Ansprüche gegen Bayern und die sofortige Gründung einer Bad Bank. Zugleich wurde die Bank danach erneut extrem schlecht geführt.
Das heißt nun nicht, dass man nicht jedem einzelnen Kredit der Vergangenheit nachgehen sollte. Das heißt aber:
Der Staat (also die Politik) macht jetzt jedoch in einem großen Ablenkungsmanöver nur den Managern (also den Erfüllern politischer Wünsche) den Prozess. Diese sind damit Bauernopfer und Kanonenfutter, wie man früher die Opfer der politischen Macht genannt hat.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Faszinierend, wie die meisten Medien über die eskalierenden Roma-Probleme in Wien und Linz (oder früher schon in Graz) berichten: Sie tun das, ohne auch nur ein einziges Mal das R- oder gar das Z-Wort zu verwenden. Das ist offenbar die Korrektheit und Ehrlichkeit der österreichischen Medien. Bei dieser organisierten Fakten-Unterdrückung steht wieder einmal der ORF an der Spitze. Es wird immer rätselhafter, wie diese Medien es überhaupt noch wagen können, von den Sehern, Hörern und Lesern auch noch Geld dafür zu verlangen, dass sich die Zahler wie kleine Kinder tagtäglich politisch korrekt umerziehen (also manipulieren) lassen müssen. Das Problem der Medien: Fast alle merken, was da los ist.
Natürlich handelt es sich in Linz wie Wien um ein reines Roma-Problem. Das bestätigen alle Experten – solange kein Mikrophon in der Nähe ist. Nur in der verlogenen Berichterstattung vieler Medien findet sich darauf kein Hinweis.
In Linz haben größere Roma-Gruppen seit Monaten so oft in großer Zahl gewalttätigen Rabatz in einer für soziale Problemfälle gedachten Wärmestube gemacht, dass sich die oberösterreichische Caritas nicht mehr anders zu wehren wusste als durch ein Hausverbot. Das hat man dann – offenbar im Glauben, damit politisch korrekt vorzugehen, – sicherheitshalber gleich für ganze Nationen ausgesprochen. Einem Caritas-Funktionär kommt ja das R- oder Z-Wort nicht über die Lippen.
Aber beim Hausverbot für ganze Nationen ist erst recht – auch innerhalb der Caritas – sofort die politisch korrekte Erregung losgebrochen. Daher hat man dieses Hausverbot wieder zurückgezogen und als neue Devise ausgegeben, dass das Verbot nicht für Angehörige bestimmter Nationen gilt, sondern nur für größere Gruppen. Ohne zu klären, was das wieder ist, und was man tut, wenn die Mitglieder einer größeren Gruppe nun in zwanzigsekündigen Abständen eintreffen.
Wir lernen aber die neue PC-Lektion: R. oder Z. oder auch Nation geht gar nicht. Zahl geht schon. Auch wenn immer dasselbe gemeint ist. Auch für das Vorgehen der Wiener Behörden gegen im Stadtpark campierende Roma wird man schon noch eine politisch korrekte Formulierung finden.
Gewiss kann man dem ob der Linzer Krise ordentlich ins Schwitzen geratenen Caritas-(bald: Alt-)Präsidenten Küberl beipflichten, dass es ein bisschen unfair ist, wenn nun den Caritas-Apparat als letzten die Hunde der geschürten Erregung beißen. Haben doch alle anderen schon längst den Kopf im Sand vergraben. Es geht nicht an, dass die Gemeinde-, Landes- und Bundespolitik auf Tauchstation geht, kaum wird etwas heikel.
In Linz gibt es zwar einen verbal extrem linken Soziallandesrat. Aber jetzt schweigt er. Im Bund fühlt sich zwar ein Staatssekretär für die integrationswilligen Zuwanderer zuständig. Für die Unwilligen, für die Problemfälle ist aber niemand zuständig. Offenbar glaubt man noch immer, dass Diskussionen über die wirklichen Probleme mit der üblichen Moralkeule gelöst werden können.
Jetzt hat auch die Caritas als letzte in der Reihe kapituliert. Dabei sind Linz und Wien noch gar nichts gegen das, was sich schon in Italien und Frankreich an Roma-Invasionen abgespielt hat. Dort mussten auch linke Politiker am Ende eingestehen, dass ihre einstige Schönwetter-Rhetorik zu dem Thema absolut nichts mit dem wirklichen Leben zu tun hat. Insbesondere in Frankreich hat man dann zuletzt auf hart geschaltet. Worauf der besonders konsequente Innenminister plötzlich das einzige französische Regierungsmitglied war, das im Gegensatz zu seinen Kollegen noch über so etwas wie positive Popularitätswerte verfügt. Was ihm natürlich erst recht den Hass der Linkskorrekten eingebracht hat.
Gewiss kann in einem einzigen Kommentar keine detaillierte Lösung der Roma-Frage ausgearbeitet werden. Die gibt es auch in dicken Büchern nicht. Die gibt es überhaupt nicht auf die Schnelle. Aber eines kann klar gesagt werden: Ohne damit anzufangen, offen und ehrlich die volle Wahrheit zu suchen und auszusprechen, kann eine Lösung nicht einmal ansatzweise näherrücken.
Zur Wahrheit gehört auch das Eingeständnis: Es ist billiger Linkspopulismus, ständig so zu tun, als ob der Kern und die primäre Wurzel des Roma-Problems in Rassismus und Diskriminierungen der Roma durch andere lägen. Natürlich gibt es das, aber mehrheitlich als Reaktion, die sich dann mancherorts im Lauf der Zeit auch ohne Anlässe verdichtet hat.
Bei uns oft verschwiegene Tatsache ist: Von der Slowakei über Ungarn bis auch Rumänien haben die dortigen Regierungen, Kirchen und viele in- wie ausländische Organisationen in den letzten Jahrzehnten sogar sehr viel unternommen. Sie versuchen, über Bildung, Wohnbauten, Sonderprojekte und Arbeitsplätze den Roma und allen anderen Gruppierungen (die eigentlich trotz PC nur mit dem Ausdruck Zigeuner präzise zusammenfassbar sind) zu helfen.
Der Erfolg war aber endenwollend. Die Probleme von Kleinkriminalität über Vandalismus über Arbeitsunwilligkeit bis zu den vielen Schwangerschaften kindlicher Mädchen sind nach wie vor in weit überdurchschnittlicher Zahl existent. Auch wenn es politisch total unkorrekt ist, das zu sagen. Auch wenn in den meisten Ländern Roma nicht als solche identifiziert und erfasst sind.
Das heißt nun keineswegs, dass man all diese Bemühungen und Projekten für sinnlos erklären und einstellen soll. Man wird im Gegenteil vieles noch intensivieren, verstärken und in der einen oder anderen Form besser machen müssen. Man wird immer wieder dazulernen, was funktioniert, was nicht.
Aber zugleich muss man endlich mit den ewigen verlogen-einseitigen Schuldzuweisungen aufhören. Zugleich muss man endlich auch den Mut haben, ganz klar auch die harte Seite eines Rechtsstaats zu zeigen, wenn die spendablen Seiten nichts helfen. Da darf man sich auch nicht vor dem schon längst eingelernten Reflex fürchten, dass bei jedem Ansatz einer konsequenten Politik sofort „Rassismus!“ gebrüllt wird. Aber man hilft Problemgruppen nicht, wenn man sie nur mit Samthandschuhen angreift.
Vor allem müssen sich Gutmenschen – also auch die Mehrheit von Politik und Medien – endlich von der Illusion trennen, man könne aller Welt die Tore öffnen. Und alle Welt mit den vielen Wohltaten des heimischen Sozialsystems versorgen. Diese werden nämlich auf Dauer nicht einmal für die österreichische Schrumpfbevölkerung aufrechterhaltbar sein.
Freilich steht die Wahrheit weiterhin nirgendwo auf dem Programm. Die Medien werden lügen, lügen, lügen. Und die Politik wird schweigen, untertauchen, ignorieren.
Nichts ist widerlicher, als wenn freie Bürger durch freiwillige Selbstzensur ihre eigene Freiheit verraten.
Das kann auch durch scheinbare Kleinigkeiten passieren, wie den Verzicht auf ein Lied: Der Dresdner Kreuzchor hat von sich aus für eine China-Tournee "Die Gedanken sind frei" aus dem Programm genommen, obwohl es ursprünglich darin als emotionaler Eckpfeiler geplant gewesen ist. Aber dann fürchtete man, dass sich Chinas Machthaber an den Worten des Freiheitslieds über "dunkle Kerker" und über die Gedankenfreiheit stoßen könnten. Daher änderte man das Programm, noch bevor es ein Chinese sehen konnte. Wir lernen: Wenn ein bisschen Geld in der Kasse klingelt, opfert man heute sogar freiwillig die bloße Erwähnung von Europas (einst?) wichtigstem Wert. Vielleicht wissen die Sachsen gar nicht mehr, wie viele Menschen allein für dieses Freiheitslied und mit ihm in den letzten drei Jahrhunderten in den Kampf für eine gute Sache gezogen sind. Etwa genau vor zweihundert Jahren in die (ebenfalls in Sachsen ausgetragene!) Völkerschlacht gegen Napoleons Fremdherrschaft. Oder dann gegen den feudalen Absolutismus in der eigenen Heimat. Heute aber sieht man, wie alt, müde, schwach diese Deutschen, diese Europäer geworden sind. Beklemmend.
Jetzt ist endlich Schluss mit der Unklarheit um Schulbesuch, Matura und siebenjährige Lücken im Leben des Bundeskanzlerdarstellers.
Wie sich der kleine Werner die Entsorgung eines Problems vorstellt: Für den SPÖ-Vorsitzenden gibt es in der Homepage des Parlaments am Beginn der neuen Legislaturperiode nämlich überhaupt keine biographischen Angaben mehr. Bei allen anderen Abgeordneten (zumindest bei allen von mir getesteten) findet man oft sehr ausführliche Biographien. Bei Faymann stehen hingegen nur noch seine politischen Mandate und Funktionen. Offenbar will er seinen Vorgänger Fred Sinowatz übertreffen mit dem Motto: Nur das, was man durch die Partei geworden ist, ist überhaupt wert, erwähnt zu werden. Oder hat er in Anklang an Richard Strauss beziehungsweise Hugo von Hofmannsthal und ihre „Frau ohne Schatten“ beschlossen, zum ersten Regierungschef der Welt ohne Biographie zu werden? Irgendwie ist der Mann damit jedenfalls reif für das „Buch der Rekorde“.
Endlich! Österreichs und Deutschlands Außenpolitik haben wieder einen Erfolg erzielt. Und freuen sich dementsprechend. Beide haben freilich eine Kleinigkeit übersehen: Dieser Erfolg ist in Wahrheit die absolute Peinlichkeit.
Israel wurde so lange unter massiven Druck gesetzt, dass es sich nach langem Hinhalten nun doch der Kritik im UN-Menschenrechtsrat stellt. In diese Richtung hatten davor insbesondere auch die beiden deutschsprachigen Länder heftig in Israel interveniert. Nach dem israelischen Nachgeben haben die Außenminister aus Berlin und Wien Israel daher für sein Nachgeben auch heftig belobigt.
Die beiden Ministerien hätten sich aber für ihr Engagement ungefähr zweitausend wichtigere und würdigere Ziele auf diesem Erdball aussuchen können. Denn bei allem, was man durchaus an Israel kritisieren kann: Die in diesem Menschenrechtsrat versammelten Pseudo-Richter sind in ihrer großen Mehrheit ungefähr das letzte Gremium, das berechtigt wäre, über irgendeinen anderen Staat zu urteilen.
Oder glaubt jemand ernstlich an die einschlägige Qualifikation von Ländern wie Katar (einem Hauptfinancier des syrischen Massenmordens) oder Malaysia (mit seinen grauslichen Schikanen gegen Christen)? Nach welchen Maßstäben urteilen etwa die Vertreter Libyens, Moldawiens, Mauretaniens, Kuwaits, Indonesiens, Benins, Ekuadors oder des Kongo über Menschenrechte? Dabei sind das nur die auffallendsten Mitglieder dieses „Menschenrechtsrates“, wo man über jedes Einzelne katastrophale Dinge schreiben könnte. Können solche Länder auch nur im Entferntesten zu einer irgendwie objektiven Beurteilung eines anderen Landes oder gar Israels imstande sein? Nicht einmal ein George Orwell hätte das wohl für möglich gehalten.
So naiv kann auch kein Außenministerium eines zivilisierten Landes sein, dass es eine Sekunde lang daran glaubt. Insbesondere die seltsamen, die Grundidee ins Gegenteil verkehrenden Vorstellungen vieler islamischer Länder von Menschenrechten sowie deren Hass auf Israel machen klar, dass ein solches Urteil dieses Menschenrechtsrates nur eine politische Waffe sein kann und sein wird.
Selbst der österreichische Linksaußen-Völkerrechtler Manfred Nowak hatte einst kritisiert, dass im Menschenrechtsrat jene „Staaten, die die Menschenrechte am meisten verletzen,“ die Mehrheit haben.
Ach ja, fast hätte ich den einzigen Vorteil dieses Rats auch für Österreicher vergessen: Natürlich bietet ein solches sitzungsintensives Gremium eine interessante Verbreiterung der Karriereperspektiven für Diplomaten. Muss man noch extra hinzufügen, dass derzeit auch Österreichs Diplomatie Mitglied in dem famosen Gremium ist?
Diese lustvolle Mithilfe beim Israel-Bashing ist gerade in Deutschland und Österreich absolut unverständlich und unerklärlich. Einmal abgesehen von der Vergangenheit: Auch diese beiden Länder haben sich von diesem lächerlichen Gremium schon absurde Vorwürfe machen lassen. Und beide haben in geradezu beschämend demütiger Weise darauf reagiert.
PS: Apropos: Unverständlich und unerklärlich ist übrigens noch etwas ganz anderes (wenngleich es keinen direkten Zusammenhang gibt, außer dass es ebenfalls gerade passiert ist): Warum um Himmels willen macht der Präsident der Kultusgemeinde – total unzuständigerweise – öffentliche Vorschläge über die Zukunft der Wiener Museumslandschaft, über deren Neuaufteilung und Neustrukturierung? Wem nützt es, wenn er alle jene, die eine andere Museumsstruktur als er haben wollen, etwa die bestehende, zum Feind macht?
Es ist ein erfreuliches Zeichen der Vitalität der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler: Der Stimmenanteil, der bei der dortigen Landtagswahl für italienische Parteien abgegeben wurde, ging deutlich zurück. Dennoch hat die Südtiroler Landtagswahl zugleich der lange absolut regierenden Südtiroler Volkspartei eine Schlappe gebracht - die mehr bedeutet als etliche Prozent weniger.
Die SVP hat nicht nur neuerlich verloren, sondern sie verfügt erstmals seit Kriegsende bloß über eine relative Mehrheit (freilich noch immer über eine sehr deutliche). Die großen Dazugewinner sind jene Südtiroler Parteien, die sich in der einen oder anderen Form für die Lostrennung von Italien ausgesprochen haben.
Natürlich ist es nicht ungewöhnlich, dass eine lange Zeit regierende Partei zunehmend an Stimmen verliert. Noch viel logischer ist das, wenn diese Partei auch erstmals in etliche Korruptionsgerüche gekommen ist. Irgendwie erinnert das Südtiroler Wahlergebnis an Österreich, wo ja auch die einst große Koalition ständig an Stimmen verliert. Die schleichende Linksbewegung der SVP hat in den letzten Jahrzehnten rechts von ihr jede Menge Platz geschaffen (während die einstigen Linksgruppierungen der deutschen und ladinischen Volksgruppe allesamt sanft entschlafen sind). Ähnliches hat ja sich ja auch bei der ÖVP abgespielt.
Jetzt muss die SVP halt mit der italienischen Linkspartei koalieren – was sie freiwillig aber ohnedies seit langem tut. Und sie wird das wohl auch in Zukunft so tun, solange dieses Bündnis noch eine Mehrheit im Landtag findet. Die deutschsprachige Opposition wird hingegen links liegengelassen.
Dennoch sollte man das Südtiroler Ergebnis über diese relativ normalen Aspekte hinaus sehr ernst nehmen. Denn es bedeutet auch inhaltlich Gravierendes und für alle beteiligten Regierungen Überraschendes: Der Ruf nach Ausübung des Selbstbestimmungsrechts wird lauter. Dieser Ruf war seit den 60er Jahren in Südtirol noch nie so deutlich zu hören wie jetzt.
Dieses Selbstbestimmungsrecht ist zwar einst in Bozen wie Wien ohnedies formell als unverzichtbar deklariert worden. Es wurde auch seither nie darauf verzichtet. Aber irgendwie ist die Selbstbestimmung da wie dort bei einer neuen Politikergeneration in Vergessenheit geraten. Und langsam zum Unwort geworden.
Jetzt ist guter Rat teuer. Der fast völlige Verzicht Österreichs auf eine Südtirolpolitik (und Expertise) macht sich bitter bemerkbar. Nicht nur das peinliche Herumgerede des in Sachen Südtirol offenbar völlig ahnungslosen Werner Faymann fällt da schmerzlich auf. Auch das Außenministerium hat seine einst brillante Südtirolkompetenz fast völlig verloren. Und selbst die österreichischen Freiheitlichen sind bei diesem Prinzip wenig glaubwürdig, wenn sie zwar für Südtirols Selbstbestimmung eintreten, aber zugleich den in einer ähnlichen Lage befindlichen Tibetanern dasselbe Recht vehement absprechen. Oder wenn sie mit Mussolinis Enkelin im EU-Parlament eine gemeinsame Fraktion bilden woll(t)en. Und die anderen Wiener Parteien wissen wohl nicht einmal, wo Südtirol liegt.
Seit etlichen Jahren wird daher mancherorts so getan, als ob die Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht irgendetwas Böses wäre. Dabei war es viele Jahre parteiübergreifend für das ganze Wiener Parlament eines der heiligsten politischen Güter, und für die Südtiroler sowieso.
Natürlich ist es kein Zufall, dass der Ruf nach einer Umsetzung dieses Rechts genau zu dem Zeitpunkt wieder lauter wird, da der italienische Staat im politischen, ökonomischen, sozialen und Schulden-Chaos zu ersticken droht. Lange ging es den Südtirolern in Italien ja ziemlich gut. Jetzt hingegen geht es ihnen dort wirtschaftlich zunehmend schlechter.
Das macht den Selbstbestimmungsruf zwar nicht sonderlich ehrenvoll, aber umso wirksamer. Daher wird auch die Südtiroler Volkspartei als einstige Kampfpartei für die Selbstbestimmung, die jetzt satt geworden auf diesen Anspruch verzichtet hat, gut daran tun, die wachsende Unzufriedenheit der Bürger mit der erzwungenen Zugehörigkeit zu Italien wieder ernster zu nehmen.
Denn diese Revitalisierung der Selbstbestimmungsidee ist nicht nur Folge der italienischen Krise, sondern auch eines starken europaweiten Trends: Von Schottland bis nach Katalonien, von Flandern bis zum Baskenland wird der Drang gewachsener Volksgruppen Richtung Selbständigkeit immer stärker. Und man kann erwarten, dass daraus in einem Jahrzehnt auch der eine oder andere unabhängige Staat neu entsteht. So wie es in Jugoslawien und der Tschechoslowakei der Fall war.
Warum sollte der Selbstbestimmungs-Ruf da ausgerechnet in Südtirol nicht laut werden? Ist doch dort die als Kriegsbeute erzwungene Zugehörigkeit zum Zentralstaat noch viel jünger als in den anderen EU-Ländern.
Die angelaufenen Koalitionsverhandlungen machen vielen Österreichern aus vielen Gründen Sorge. Die größte Angst gilt aber dem Thema Schule. Denn die SPÖ, damit automatisch die Mainstreammedien und einige Industrielle machen derzeit enorm viel Druck, dass die ÖVP der von der SPÖ seit 90 Jahren angestrebten Zwangsgesamtschule zustimmt. Da die ÖVP niemanden mehr an Bord hat, der auch nur die geringste Ahnung von Schulthemen hätte, ist – wider alle Versprechungen aus dem Wahlkampf – eine Katastrophe möglich. Daher an dieser Stelle gleichsam zum Mitschreiben für Schul(politik)anfänger ein paar Fakten dazu. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Diese werden komprimiert zusammengefasst, damit sie auch ein Politiker begreifen könnte. Fakten anzuschauen, sehen freilich viele in der ÖVP als Zeitverschwendung an. Bildungspolitik wird dort ja im Vorbeigehen behandelt. Waren doch allein in der letzten Legislaturperiode für die ÖVP nicht weniger als sechs Politiker abwechselnd für die Schule zuständig: Hahn, Neugebauer, Amon, Töchterle, Marek, Haslauer (ganz abgesehen von zwei sich ebenfalls einmischenden Parteichefs). Das macht klar, dass die Partei dem fanatischen Ideologieduo Heinisch-Hosek plus Schmied samt den bezahlten Medien nicht gewachsen sein kann. Aber dennoch sei hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte versucht:
Nachträgliche Ergänzung mit Informationen durch einen Schweiz-Experten über das dortige Modell: Das Ist kantonsweise unterschiedlich geregelt. In Zürich kann man zwar erst nach 6 Jahren Primarschule in "Gymnasium Langform" wechseln. Dabei gibt es aber eine Aufnahmeprüfung, die im Schnitt nur von rund 15 Prozent eines Jahrgangs bestanden wird. Aufnahmeprüfungen bestehen dort aus einer Kombination der Einschätzung durch den Primarschullehrer mit den Noten aus der Primarschule und einem externer Test. Die anderen Schüler gehen in die dreijährige Sekundarschule, die ähnlich unserer Hauptschule (zumindest der früheren) in Leistungszüge geteilt ist. Während der Sekundarschule kann man versuchen, aus dem A-Zug ins Gymnasium zu wechseln. Wobei es auch da wieder eine ähnliche Aufnahmeprüfung gibt. Damit sind in Zürich ca. 26 Prozent eines Jahrgangs im Gymnasium. Die anderen können eine Fachschule eventuell plus Fachmaturität machen (3+1 Jahre; das qualifiziert für manche Studien, aber nicht für alle) oder eine Berufsschule + Lehre, wo man auch eine Berufsmaturität anhängen kann (4+1 Jahre, die auch für manche Studien qualifiziert). Gerade das Prinzip der Aufnahmsprüfung macht das Schweizer Modell - trotz der sechs Jahre Gemeinschaftsschule - zu einem wohl noch viel effektiveren und leistungsorientierten Modell. Denn solche für das Vorankommen relevante externe Tests sind als Leistungshebel besonders gut wirksam.
Die tschechische Linke hat einen argen Dämpfer bekommen – an Stelle des von vielen internationalen Medien schon bejubelten Wahlsieges. Statt dessen haben die nördlichen Nachbarn massenweise zwei Parteien gewählt, die von Milliardären über Nacht auf der grünen Wiese gegründet worden waren. Daraus kann man gleich mehrere Lektionen ableiten.
Eine erfreuliche Lektion: Die bisherigen – rechten – Regierungsparteien haben zwar das Land in einen im Vergleich mit vielen anderen Ländern exzellenten wirtschaftlichen Zustand gebracht. Sie sind aber zu Recht schwer abgestraft worden. Denn zumindest in Tschechien wird von den Wählern Korruption nicht stillschweigend geschluckt. Gut so.
Während ja etwa in der benachbarten Stadt Wien die Bestechung willfähriger Medien mit hunderten Millionen Steuer-Euro von den Wählern ebenso ignoriert wird wie die Zuschiebung eines PR-Auftrags um weitere 130 Millionen an den – vorsichtig ausgedrückt – sehr SPÖ-nahen Bohman-Verlag. Anders formuliert: Politische Sauberkeit ist den tschechischen Wählern ein Anliegen, aber nicht den Wienern.
Noch eine erfreuliche Lektion: Die tschechischen Sozialdemokraten schneiden noch schwächer ab als die österreichischen oder deutschen. Auch das spricht zumindest aus einem Punkt für die große Weisheit der Wähler: Hatten die Sozialdemokraten doch vor der Wahl ganz offen angekündigt, mit Hilfe der Kommunisten regieren zu wollen.
Das hat ihnen sehr geschadet.
Denn die Tschechen wissen noch sehr genau, was für ein Menschenschlag Kommunisten sind. Bis vor einem Vierteljahrhundert haben diese Tausende wegen ihrer politischen Ansichten ins Gefängnis geworfen, haben Hunderte Menschen ermordet, haben einem ganzen Volk die Freiheit geraubt, und haben das einst im Vergleich zu Österreich reiche Land in arge Armut gestürzt. Dabei war die Tschechoslowakei das einzige Land Europas, wo die Kommunisten anfangs demokratisch eine Mehrheit errungen hatten.
Wenig hilfreich für die Sozialdemokraten sind aber auch die schweren inneren Zerwürfnisse in der Partei. Sie landeten daher mit 20 Prozent nur ganz knapp am ersten Platz. Wähler wählen niemanden Zerstrittenen. Hauptschuld an diesen Zerwürfnissen trägt der sozialdemokratische Staatspräsident Zeman. Er führt seit Jahren einen unbarmherzigen Feldzug gegen seine innerparteilichen Gegner (zumindest dann, wenn er gerade nüchtern ist).
Diese Spaltung hätte die Sozialdemokraten sogar dann schwer belastet, wenn sie wie geplant zusammen mit den Kommunisten oder anderen Linksparteien die Mehrheit gehabt hätten (die anderen Linksparteien sind aber nicht einmal ins Parlament gekommen).
Noch eine erfreuliche Prognose: Die tschechischen, deutschen und österreichischen Wahlen sind auch ein positiver Vorgeschmack auf die 2014 fälligen EU-Wahlen: Da wird es sicher keinen Linksruck geben.
Neben diesen erfreulichen Nachrichten von der tschechischen Verwandtschaft gibt es freilich auch zwei unerfreuliche. Die eine ist eben das Machtverständnis von Präsident Zeman. Es wollte und will ohne Rücksicht auf parlamentarische Mehrheiten einen Regierungschef nach eigenem Gutdünken einsetzen. Solche Pläne eines Staatspräsidenten sind in einer europäischen Demokratie ungehörig und einmalig (wenn man einmal von kurzfristigen, aber – angeblich wegen der heftigen Kommentarkritik des Tagebuch-Autors – nie realisierten Überlegungen eines Thomas Klestil aus dem Jahr 2000 absieht).
Zeman hingegen hat einen solchen frechen Demokratiebruch aber schon einmal begangen: Er hat vor ein paar Monaten eine Regierung gegen die Mehrheit des Parlaments inthronisiert. Dagegen hat es erstaunlicherweise keinen Protest aus der EU gegeben.
Das ist nur damit erklärbar, dass Zeman eben ein Sozialist ist. Es sind ja immer nur die Linksfraktionen (grün, rot, linksliberal nach LIF-Art), die ständig mit Schaum gegen die innenpolitischen Verhältnisse in einzelnen Mitgliedsstaaten agitieren. Wie etwa einst gegen Österreich oder zuletzt gegen Ungarn. Obwohl es dort keinerlei mit Tschechien vergleichbare Verletzungen der Demokratie gibt.
Das, was Herr Zeman da neuerlich tun will, hat übrigens zuletzt ein gewisser Franz Josef getan. Es ist überraschend, dass ein tschechischer Präsident ausgerechnet den bei seinen Landsleuten ungeliebten „alten Prochazka“ zum Vorbild zu nehmen versucht.
Ebenfalls problematisch – wenn auch nicht ganz so schlimm wie Zemans Verhalten – ist ein weiterer Aspekt dieser Wahlen: Die einzigen wirklichen Wahlsieger sind zwei von reichen Unternehmern neu gegründete Parteien. Sie haben 19 beziehungsweise 7 Prozent errungen. Das erinnert lebhaft an zwei ebenfalls neu ins österreichische Parlament gekommene Parteien. Solche früher unbekannten Parteien finden heute zunehmend Unterstützung von Protestwählern. Freilich: Klare inhaltliche Gestaltungsvorstellungen über ihre hohlen Phrasen hinaus haben sie bisher nicht.
Das intellektuelle Vakuum dieser derzeitigen Erfolgsparteien zeigte sich in Tschechien schon in den ersten Stunden nach der Wahl. Die Siegerpartei kündigte dort nämlich sofort an, nicht regieren, sondern in Opposition gehen zu wollen. Dadurch hat vorerst keine mögliche Koalition eine Mehrheit.
Das aber kann genauso wie Zemans Verhalten die Demokratie zerstören. Es ist jedoch kein tschechisches Spezifikum. Denn in immer mehr Ländern findet man Parteien, die nur bei Wahlen reüssieren, aber keineswegs regieren wollen. Oder höchstens irgendwann einmal, wenn ihnen die Wähler eines Tages die absolute Mehrheit geben sollten.
Das aber werden wohl weder die Herrn Babis und Okamura (in Tschechien) noch Herr Grillo (in Italien), noch die Herren Stronach oder Strache schaffen.
Kritisieren und gegen alles zu sein ist bequem und populär. Eine politische Perspektive für das jeweilige Land ist das aber nicht.
Das führt vielmehr immer zur gleichen Konsequenz: zu notdürftigen Koalitionen zwischen Mitte rechts und Mitte links. Nach Deutschland und Österreich droht das nun auch in Tschechien. Und wenn dann einmal auch diese einst „großen“ Koalitionen keine Mehrheit mehr haben, dann droht dem Land die Unregierbarkeit. Die einen haben keine Mehrheit. Die anderen wollen nicht regieren. Wem auch immer das nutzen soll.
Ich habe immer auch rigide amerikanische Methoden im Kampf gegen Terrorismus, Islamismus, Drogenschmuggel und illegale Immigration unterstützt. Aber das macht umso empörter, wenn nun klar geworden ist, dass die USA befreundete Regierungen und Regierungschefs belauschen, die ganz sicher hinter keinem dieser Verbrechen stehen. Wie etwa Angela Merkel.
Die USA haben ziemlich unverhohlen, wenn auch nur indirekt zugegeben, dass sie die deutsche Bundeskanzlerin in der Vergangenheit belauscht haben. Und das ist nun in der Tat ein Vertrauensbruch, der das Ende der innigen Allianz zwischen beiden Seiten des Atlantiks einläuten dürfte. Wo kein Vertrauen, sondern Betrug herrscht, da kann es keine echten Allianzen geben.
Es ist zwar unklar, aber letztlich egal, ob das Abhören erst unter Barack Obama oder schon unter George W. Bush begonnen hat. In beiden Fällen gilt: So behandelt man keine Freunde. Denn bei Angela Merkel findet man mit absoluter Garantie keine Spur zu Hintermännern des islamistischen Terrors. Dort kann man jedoch etwas ganz anderes erfahren: nämlich wirtschaftliche Geheimnisse des wichtigsten Handels-Konkurrenten der USA und Strategien der größten EU-Macht. Und genau darum ist es gegangen. Und genau deshalb sollte man auch alle Besserungs-Schwüre der USA eher skeptisch betrachten.
Es hilft aber nichts, auf die USA böse zu sein. Sie verfolgen eben ihre eigenen Interessen. Und das sind nicht die unseren.
Man sollte einfach die Fakten klar sehen: Die USA sind der größte Konkurrent Deutschlands und Europas. Gewiss waren ihre Verdienste für das Überleben der Freiheit in Westeuropa (auch in Österreich!) gewaltig. Dafür gebührt ihnen große Dankbarkeit. Aber diese Verdienste sind seit einem Vierteljahrhundert Vergangenheit. Heute herrscht nur noch beinharter wirtschaftlicher, rechtlicher, außenpolitischer und kultureller Wettbewerb, in dem halt auch versteckte Fouls üblich sind.
Dennoch sollte man sich ständig bewusst machen: Die USA sind auf diesem Globus noch immer eine viel sympathischere Erscheinung als Russland oder China oder Dutzende andere Länder, die beispielsweise politisch Andersdenkende jahrzehntelang in brutale Gefängnisse werfen. Die noch viel stärker alles, was sie haben, von Diplomaten bis zu Satelliten für ihre wirtschaftlichen, geheimdienstlichen und nationalistischen Interessen einsetzen. Dennoch muss Europa natürlich auch mit diesen Ländern Kooperation, Handel und friedliche Koexistenz suchen.
Aber Freundschaft ist das alles nicht (mehr). Es ist schlicht Konkurrenz, in der man alle erlaubten Mittel – und etliche unerlaubte – einsetzt. Eben auch die USA.
Man denke nur daran, wie sie immer wieder europäische Banken und Industrie-Unternehmen mit ihrer Strafjustiz erpressen, berauben und von Drittmärkten zu verdrängen versuchen. Die Liste der attackierten Unternehmen reicht von der UBS bis zu Siemens. Europäische Unternehmen werden für behauptete Delikte bestraft, die bei amerikanischen Unternehmen von der US-Justiz gerne übersehen werden. Wenn europäische Firmen Drittweltgauner bestechen, um an wichtige Aufträge heranzukommen, fliegt das auf geheimnisvollen Wegen in den letzten Jahren immer öfter auf, bei amerikanischen fast nie. Mich würde es jedenfalls nicht überraschen, wenn auch da meist abgehörte Telefone die Quelle gewesen sein sollten . . .
Selbst in europäisch-amerikanischen Sorgerechtsstreitigkeiten zwischen (einstigen) Ehepartnern setzt Amerika die ganze Macht seiner Größe ein, die etwa österreichische Regierungsmitglieder reihenweise erzittern lässt. So wie beim Spionieren sollte man doch bitte auch in der Justiz nicht glauben, dass die USA nicht auf allen Ebenen primär ihre eigenen Interessen und damit auch die ihrer Wähler im Auge hätten. Das Spiel heißt: Merkantilismus und Populismus in der Tarnung von unehrlicher Rhetorik (Wie: „gemeinsame Werte“ oder „Verteidigung der freien Marktwirtschaft“ . . .).
Twitter, Facebook und Co sind gezwungen worden, mit dem amerikanischen Geheimdienst in einer bis heute nicht offen gelegten Form zu kooperieren. Warum eigentlich dürfen diese Firmen weiterhin in Europa ungehindert ihre Geschäfte machen?
Die EU regelt mit Zwangsmaßnahmen Glühbirnen und Duschköpfe. Sie zwingt uns, südliche Defraudanten-Regierungen zu finanzieren. Sie ist aber nicht imstande, im Interesse des europäischen Binnenmarktes ein Gegengewicht zu den USA zu bilden. Daher liegt ein Teil der Schuld an der praktizierten Präpotenz der USA zweifellos auch auf unserer europäischen Seite.
PS: In Sachen Abhören ihrer Telefonate kann man im Übrigen nur eines hoffen: Dass die deutsche Bundeskanzlerin gewusst hat, dass man wirklich heikle Sachen ohnedies nie am Telefon oder mit SMS und Mails bespricht. Egal ob Internet, Festnetz oder Mobil, egal ob – theoretisch! – abhörsicher oder nicht. Nichts davon sollte Transporteur von wirklich heiklen Informationen sein, aus denen irgendjemand einen Nutzen ziehen könnte. Das haben jedenfalls meine Gesprächspartner gewusst, seit ich Journalist geworden bin.
PPS: Zumindest ein Europäer wäre übrigens sehr gerne abgehört worden. Und ausgerechnet er ist es nicht. Nämlich Werner Faymann. Wäre er von den Amerikaner als abhörenswert eingestuft worden, hätte sich der Bundeskanzlerdarsteller jetzt endlich international zumindest ein wenig wichtig und relevant fühlen können. Endlich einmal Opfer. Aber wieder nichts. Mister President, couldn’t you do something for this guy and his ego?
US-Präsident Obama hat absolute Narrenfreiheit: So viel Geld kann er gar nicht zum Fenster hinauswerfen oder dank der unter seinem Regime blühenden Vetternwirtschaft verbrennen; so viele unschuldige Zivilisten können gar nicht durch die Hand der von ihm völkerrechtswidrig ausgeschickten Killer sterben – der Friedensnobelpreisträger ist und bleibt die Lichtgestalt der veröffentlichten Meinung. Auch ein anderes Urteil der Hauptstrommedien steht unverrückbar fest: Die Tea Party ist ein Sammelbecken von ungebildeten Landeiern, Rechtsradikalen, Waffennarren, Rassisten, religiösen Fanatikern und anderen gefährlichen Spinnern – finanziert von zynischen Plutokraten, als deren nützliche Idioten sie sich betätigen.
Auch einigermaßen seriöse Medien kommen nicht umhin, die Aktivitäten der Tea Party stets in ein schiefes Licht zu rücken und deren Protagonisten routinemäßig als „radikale Minderheit innerhalb der Republikaner“ zu apostrophieren – was den Tatsachen entschieden widerspricht.
Ein neues Buch bietet nun eine ebenso kritisch ausgewogene, wie tiefgehende Analyse des nicht nur in Europa meist falsch eingeschätzten Phänomens Tea Party. Für den vom Kindergarten an sozialistisch indoktrinierten, bedingungslos obrigkeitshörigen Europäer ist diese ganz und gar führerlose, aus der Mitte der Gesellschaft heraus spontan entstandene politische Bewegung schwer zu erfassen.
Deren Anfang sehen die beiden Autoren (ein Ökonom und ein liberaler Essayist) in Ron Pauls Präsidentschaftskampagne des Jahres 2008. Es handelt sich um eine weit versprengte „Graswurzelbewegung“ mit stark lokal geprägtem Charakter. Es würde der Sache also eher gerecht werden, von vielen Tea Parties zu sprechen, denn es gibt weder es eine einheitliche Zielvorstellung, noch eine koordinierende Kommandozentrale, wie bei anderen politischen Bewegungen.
Ihre dezentrale Struktur ist zugleich Stärke und Schwäche der Tea Party. Die starke lokale Orientierung ermöglicht ihr ein hohes Maß an Bürgernähe, was sich in erstaunlichen Erfolgen einzelner lokaler Gruppierungen manifestiert. Das Fehlen einer einheitlichen Programmatik führt indes dazu, dass immer wieder auch problematische Persönlichkeiten unter ihrem Namen auftreten, die ihren Gegnern dann willkommene Anlässe zur pauschalen Verurteilung bieten.
Eine Erklärung für die scheinbare Überlappung von Tea Party und Republikanern (und deren häufige Gleichsetzung in der Medienberichterstattung) liegt darin, dass die „Grand Old Party“ oft – kontrafaktisch – mit konservativer Budgetpolitik und Sparsamkeit identifiziert wird. Sparsamkeit legen republikanische Mandatsträger allerdings nur in Wahlreden, nicht jedoch in der realen Politik an den Tag.
Sie verpulvern das Geld der Steuerzahler allerdings auf anderen Baustellen als die Demokraten – bevorzugt für Militär und Rüstung. Reagan, Bush sen. und Bush jun. sind beredte Beispiele für die Gleichzeitigkeit von Freimarktrhetorik einerseits und beinharten, die Staatsverschuldung in die Höhe treibenden Etatismus anderseits. Einige smarte republikanische Mandatsträger haben es verstanden, die Tea Party für ihre Politik zu instrumentalisieren. Die Hauptstrommedien haben diesen Umstand prompt in sein Gegenteil verkehrt, indem sie behaupten, die Grand Old Party sei von den Tea-Partiern „gehijackt“ worden.
Was die Tea-Partier eint, ist ihr Widerstand gegen die Bundesregierung in Washington, die ihre durch die Verfassung gesetzten Grenzen unentwegt überschreitet und ihre Macht kontinuierlich ausdehnt. Sie wollen die Macht des Staates beschränkt und kontrolliert wissen. Sie wollen schlicht in Ruhe gelassen werden.
Das sind Kernanliegen des klassischen Liberalismus. Bei der Forderung nach niedrigen Steuern und in der Konsequenz nach geringeren Staatsausgaben herrscht gleichfalls Einigkeit. Bei der Ablehnung militärischer Interventionen in Übersee, der Haltungen zu religiösen Fragen oder in der Drogenpolitik besteht indes nicht mehr ganz so große Übereinstimmung unter den Mitgliedern.
Ein besonders interessantes Kapitel des Buches widmet sich dem Vergleich der Tea Party mit der Occupy Wall Street-Bewegung. Die Aktivisten beider Gruppen rekrutieren sich zum Teil aus denselben gesellschaftlichen Gruppen; auch in der Kritik am Zentralstaat herrscht partiell erstaunliche Übereinstimmung. Die Vorstellungen vom anzustrebenden Idealzustand könnten jedoch kaum unterschiedlicher ausfallen: Die Staatskritik von Occupy Wallstreet läuft letztlich darauf hinaus, dass der Staat nicht wirksam genug interveniert – etwa um arbeitslosen Soziologen, Politikwissenschaftlern und Literaturwissenschaftlern lukrative Jobs zu verschaffen oder überschuldete Hausbesitzer vom Joch ihrer Hypotheken zu befreien. Die Tea Party dagegen zieht einen „Nachtwächterstaat“ vor, der sich um die innere und äußere Sicherheit und um den Schutz des für eine funktionierende Marktwirtschaft erforderlichen Privateigentums kümmert und der die Bürger ansonsten ihr Glück auf selbst gewählten Pfaden suchen lässt.
Für gesellschaftszerstörenden Klassenkampf, Diskriminierungsverbote, Gleichmacherei, Tugendterror und Genderwahn – alles sinnstiftende Elemente von „Occupy“ – ist in der Tea Party kein Platz. Ebenso wenig übrigens wie für Chaos und Gewalt, welche die Aktivitäten der Occupiers regelmäßig begleiten. „Wir verlassen die Orte unserer Zusammenkünfte sauberer, als wir sie vorgefunden haben“ – so ein auf den Vergleich mit Occupy angesprochener Aktivist der Tea Party.
Zur Zukunft der Tea Party stellen die beiden Autoren am Ende fest, dass deren Anziehungskraft nicht sinken wird, so lange es der Staat unternimmt, den Bürgern mehr und mehr deren sauer verdienten Geldes aus der Tasche zu ziehen und ihre Freiheit täglich mit neuen Ge- und Verboten einzuschränken.
Als freiheitsliebender europäischer Nettosteuerzahler kann man jedenfalls nur neidvoll in die USA blicken: Um eine derart fundamental staatskritische politische Bewegung hervorzubringen, wird die Staatquote in der Alten Welt wohl erst auf 90 Prozent oder mehr steigen müssen…
The Tea Party Explained
From Crisis to Crusade
Yuri Maltsev & Roman Skaskiw
Open Court Publishing Company, 2013
206 Seiten, broschiert,
ISBN 978-0-8126-9831-2
€12,87,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Der ÖVP-Obmann räumt nun alle jene Spitzenpolitiker seiner Partei weg, die einmal gewagt hatten, eine andere Meinung als er zu haben. Jetzt nach der glimpflich überlebten Wahl hat er zum ersten und vielleicht letzten Mal die Macht dazu. Er vergisst dabei nur eines: Wenn man gute Leute wegräumt, ohne irgendwo eine alternative Perspektive zu bieten, dann kann das nur als Rache interpretiert werden. Das ist in einem Zeitpunkt besonders schlimm für die ÖVP, da zugleich ihre inhaltlichen Defizite immer größer werden. Von der Schul- bis zur liberalen Ordnungspolitik.
Offensichtlich sind jetzt alle auf der Abschuss- oder Abschiebeliste, die sich im Sommer 2012 den Revirement-Plänen von Michael Spindelegger in den Weg gestellt haben. Das nennt man kalt konsumierte Rache.
Nun ist es gewiss nicht nur das Recht, sondern auch die absolute Aufgabe eines Parteiobmanns, sich seine Mannschaft selber zusammenzustellen. Das Recht der Wähler ist es aber dann, das Ergebnis zu beurteilen.
Vielleicht sollte daher der ÖVP-Obmann auch ein wenig selbstkritisch sein und darüber nachdenken, ob wirklich Finanzministerin und Klubobmann das Bleigewicht an seinen Beinen sind. Oder ob das nicht vielmehr die von fast allen bürgerlichen Wählern verabscheute Koalition mit einem Werner Faymann ist. Die nur von der linken Einheitspresse herbeigewünscht wird.
Faktum ist ja jedenfalls, dass weder Josef Pröll noch Michael Spindelegger in der ganzen Regierungszeit mit Faymann eine einzige relevante Maßnahme durchgebracht haben, welche nur im Entferntesten ordnungspolitisch-wirtschaftsliberal oder wertkonservativ gewesen wäre. Vielleicht schafft es Faymann wirklich, hinter verschlossenen Türen den lieben Michael und den lieben Sepp immer einzukochen. Aber Genießbares serviert ist dann eben nie worden.
Auch jetzt deutet rund um die Koalitionsgespräche nichts darauf hin, dass auch nur eine einzige liberalkonservative Reform umgesetzt wird. Die ÖVP hat zwar des öfteren einige ganz linke SPÖ-Dummheiten verhindert, aber anderen immer wieder zugestimmt. Das ist nicht ganz das, was man als Wahlmotiv der letzten noch verbliebenen ÖVP-Wähler vermuten darf.
Karlheinz Kopf war sicher kein strahlender Volkstribun, der die Säle gefüllt hätte. Aber er ist einer der ganz wenigen echten Ordnungsliberalen in der österreichischen Politik. Er hat zugleich ein ziemlich gutes Gefühl als auch konservativ denkender Bürgerlicher, welchen Absprachen zwischen Bundes- und Vizekanzler man trotz allem nicht blindlings zustimmen sollte. Und er war vor allem das letzte Bollwerk dagegen, dass der linke Staatsfunk für seine immer ärger werdenden Umtriebe frisches Steuergeld bekommt (oder höchstens dafür, dass ein Mann des Erwin Pröll dort halt als Feigenblatt hineingepresst wird, der aber die inhaltliche Schlagseite in keiner Weise austarieren kann – höchstens bei der Niederösterreich-Berichterstattung).
Maria Fekter kann und muss man vorhalten, dass sie dem Verlangen ihres oberösterreichischen Landesparteichefs nachgegeben und letztlich doch einer Linzer Medizin-Fakultät zugestimmt hat. Nur sollte es nicht ausgerechnet Spindelegger sein, der ihr das vorhält. Denn dieser hat sich – so wie die SPÖ – nicht einmal eine Sekunde lang gegen die teure Unsinnigkeit dieser Fakultät gewandt.
Aber Fekter war wenigstens bei allen übrigen Fragen eine der politischen Ausnahmeerscheinungen, die beim Bürger noch den glaubwürdigen Eindruck hinterlassen, die Interessen der Steuerzahler im Auge zu haben. Und sie war und ist einer der letzten authentisch wirkenden Politikertypen in diesem Land, die noch wie ein Mensch redet und nicht als substanzloser Phrasendrescher daherkommt.
Gewiss, niemand ist unersetzlich, weder Fekter noch Kopf noch der schon davor entsorgte Neugebauer. Aber wo um Himmels willen ist der Ersatz? Wenn Sebastian Kurz derzeit schon fast für jedes Ministerium genannt wird, dann zeigt das nur eines: Das einzige politische Talent, das da im letzten Jahrzehnt neu in der Politik aufgetaucht ist, wird nun möglichst rasch verheizt.
Umso schlimmer ist das, was da sonst auftaucht: Wenn wirklich ernsthaft ein Christoph Leitl Minister werden sollte, dann ist das wohl endgültig der Untergang der ÖVP. Hat sich doch Leitl in den letzten Jahren immer als DER sozialdemokratisch-gewerkschaftlich denkende und handelnde Eckpfeiler der Volkspartei positioniert. Wenn Spindelegger wirklich diesen Alt-68er aus der Greißler-Gewerkschaft in die Regierung befördert, dann ist ihm wirklich nicht mehr zu helfen.
Das gilt noch viel mehr, wenn auch nur ansatzweise das Wirklichkeit werden sollte, was da inhaltlich aus den Koalitionsverhandlungen kolportiert wird. Sollte der Salzburger Landeshauptmann und Ex-Rechtsanwalt Haslauer wirklich das achtklassige Gymnasium opfern, dann hat sich die ÖVP nicht nur viele Lehrer, sondern vor allem hunderttausende Eltern von gegenwärtigen oder vor allem künftigen AHS-Kindern zum Feind gemacht. Und die werden das mit Garantie nicht nach ein paar Wochen vergessen haben. Geht es doch um ihre Kinder. Die haben sie höchstwahrscheinlich auch noch bei der nächsten Wahl. Und diese Eltern werden immer an Haslauer und Spindelegger denken, wenn ihre Kinder acht Jahre in einer Gesamtschule verblöden oder wenn sie teures Geld für Privatschulen zahlen müssen.
Nun, wir werden ja sehen. Ich glaube noch immer, dass eine Partei eigentlich nicht so dumm, so suizidal gestrickt sein kann, dass das wirklich passiert. Nur weil es ein paar Industrielle so wollen (die ihre eigenen Kinder immer schon auf die teuersten Privatschulen schicken).
Aber die nunmehr vorliegenden Personalmaßnahmen lassen mich jedoch zittern, dass ich mit meinem Glauben an die schwarze Restintelligenz völlig falsch liegen könnte.
Meine diesbezügliche Skepsis ist ja schon durch die personelle Zusammensetzung des neuen ÖVP-Klubs genährt worden: Noch nie haben die Schwarzen so arge inhaltliche Defizite gehabt. Die einst große bürgerliche Partei hat von den Schulen bis zur Kultur, von der Außen- bis zur Pensions- und Gesundheitspolitik und bis zum ganzen Justizbereich überhaupt keine respektierten Experten mehr in ihren Reihen, die sich in diesen politischen Schlüsselthemen auskennen würden. Es gibt nur noch jede Menge Quotenfrauen, Lokalkaiser, Bürgermeister, Raiffeisen-Funktionäre, Rüben-, Wein-, Berg-, Milch- und Getreidebauern. So wie man auch bei der SPÖ fast nur noch Bürgermeister, Lokalkaiser und Gewerkschafter antrifft.
PS: Noch deprimierender ist, dass die einzige – zum Glück nur ein paar Stunden anhaltende – parteiinterne Kritik an den schwarzen Personalentscheidungen ausgerechnet mit dem dümmsten aller Argumente vorgebracht worden ist: mit der feministischen Kritik daran, dass der Herr Kopf, der ins Nationalratspräsidium abgeschoben werden soll, ein Mann ist. Das sind offenbar die größten Sorgen, die sich jemand in der ÖVP macht . . .
Und wieder will das EU-Parlament mehr Geld ausgeben (lassen), als die Regierungen beschlossen haben. Und auch als die Kommission verlangt hat.
Mag sein, dass manchen Menschen 1,3 Milliarden Euro nicht gar so viel vorkommen, also jene Summe, die das Parlament 2014 mehr ausgeben will als die versammelten Finanzminister. Dennoch sollten sich die – demnächst zur Wahl anstehenden – Abgeordneten schon eines fragen: Ist auch nur einer von ihnen deswegen gewählt worden, damit er ständig für noch mehr Ausgaben auf Kosten der Bürger agitiert? In Bezug auf Sparen und Bekämpfung von Betrug sowie Verschwendung hört man hingegen sehr wenig aus dem Brüssel-Straßburger Wanderzirkus.
Es ist fast unmöglich, dass die Regierungsbildung nicht mit einer großen Enttäuschung endet. Zu viele Erwartungen an einen jetzt ausbrechenden Geldregen werden allerorten daran geknüpft. Umso wichtiger sind daher zwei Dinge: die Person des Finanzministers; und eine Strategie für das allergrößte Problem, welches schon in den Wintermonaten zu lösen sein wird, also das Hypo-Alpe-Adria-Debakel.
Nichts bräuchte Österreich jetzt dringender als einen Finanzminister, der von der ersten Stunde an die entscheidenden vier Buchstaben beherrscht: NEIN. Notfalls rund um die Uhr muss er so alle auf ihn einprasselnden Forderungen beantworten.
Gibt es unter den gehandelten Kandidaten einen, der das kann? Nein. Das ginge wohl erst dann wirklich, wenn die bisher ignorierte Krise auch bei Wählern und Parteien voll angekommen ist. Am ehesten ist die Fähigkeit zum hartnäckigen Nein aber noch dem resch-deftigen Charme der amtierenden Ministerin zuzutrauen. Auch wenn ihre Zustimmung zur teuren und langen Volksschullehrerausbildung und zur Linzer Medizin-Uni schwere Kapitalsünden gewesen sind.
Alle anderen kursierenden Namen, Spindelegger oder vor allem Mitterlehner, machen sehr besorgt. Sie bedeuten teure Kompromisslerei und den Ungeist der Sozialpartnerschaft.
Genauso wichtig wie ein harter Minister ist es, dass die Regierung schon beim Start eine Lösung für die Hypo Alpe-Adria bereit hat. Die ist in Wahrheit schon längst fällig, seit Faymann und Pröll der Republik diese angehängt haben. Da liegen die richtigen Vorschläge zwar längst am Tisch. Nur sind sie politisch alles andere als einfach.
Zum einen ist es dringend notwendig, endlich – endlich! – eine Bad Bank zu gründen, in die alle wackelnden Forderungen hineinwandern. Die hat dann nur den Auftrag, möglichst viel Geld hereinzubringen und sich aufzulösen. Der solcherart auf Steuerkosten sanierte und zugleich stark abgespeckte Rest der Hypo kann dann verkauft werden. Diese Lösung hat die Regierung vor der Wahl jedoch nicht gewagt, weil das sofort die Staatsverschuldung unerfreulich erhöht. Aber nur so kann Krankes vom Überlebensfähigen getrennt werden.
Zum anderen haben – selten genug – beide großen Wirtschaftsforschungsinstitute den gleichen Vorschlag zur Finanzierung des Hypo-Schadens gemacht: Ein einmaliger Großschaden kann und soll nur durch einmalige Einnahmeneffekte finanziert werden. Diese Effekte können nur in einer kompletten Privatisierung von Post, OMV, Stromfirmen und Telekom bestehen. Das täte diesen Unternehmen gut (oder wollen wir noch mehr Telekom-Prozesse?). Das würde die Wiener Börse kräftig beleben. Und nur so können Steuererhöhungen vermieden werden.
Schauen wir mal, ob die Politik noch Mut und Kraft zu all dem hat. Oder ob Rot-Schwarz wirklich glaubt, statt dessen als völlig fehlgeleitetes „Erneuerungssignal“ die letzten noch funktionierenden Schulen, also die Gymnasien zerstören zu müssen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Vermutung ist stark: Wenn der ganze ORF protestiert, muss es etwas relativ Sinnvolles sein, was da in Sachen ORF auf uns zukommt.
Das Leiden der Bürger mit dem Staatsfunk ist vielfältig: Zwangsgebühren, Linkslastigkeit, Verschwendung, Qualitätsdefizite. Die Ursachen lassen sich jedoch auf einen einzigen Nenner bringen: Sämtliche ORF-Reformen der letzten Jahrzehnte wurden führend von ORF-Menschen selber beeinflusst oder gar getextet. Daher muss eine Reform schon fast automatisch besser sein, gegen die vom linksradikalen Betriebsrat bis zum Generaldirektor alle ORF-Menschen wutschäumend zu Felde ziehen. Und zwar noch bevor alle Details bekannt wären. Die ORF-Menschen wollen statt Heilung der genannten Leiden in Wahrheit nur eines: noch mehr Geld vom Steuerzahler. Aber nichts davon für die Privatsender, selbst wenn diese stellenweise viel mehr öffentlich-rechtliche Qualität produzieren als der staatseigene Sender. Da können sich die Bürger nur eines wünschen: Hohe Politik, bleibe einmal hart.
Die Einführung von mehr direkter Demokratie hat viele Vorteile, die der öffentlichen Diskussion gar nicht bewusst sind. Sie ist vor allem Garant gegen Anlassgesetzgebung und gegen schlechte Huschpfusch-Gesetze. Beides ist in den letzten Jahren in Österreich ja fast die dominierende parlamentarische Mode geworden. In Ländern mit direkt demokratischen Instrumenten wirkt die Phase vor dem Referendum hingegen durch ihre Dauer und ihre öffentlichen Diskussionen versachlichend und beruhigend.
Es ist immer wieder beeindruckend, wie nüchtern etwa in der Schweiz von den Medien und Bürgern alle Pro- und Kontra-Argumente dargelegt und abgewogen werden. Daher sollten auch die österreichischen Parteien endlich lernen, dass es bei einem Referendum um die Sache und nie um einen Politiker (beispielsweise um den einst angekündigten Rücktritt Bruno Kreiskys) gehen sollte.
Auch die – eigentlich nur aus populistischen Motiven angeordnete – Bundesheerabstimmung des vergangenen Winters hat bei den Österreichern solche Abwägungen in breiter Front ausgelöst. Bei den Wählern noch mehr als bei den Medien. Diese behandelten die Abstimmung so wie die Parteisekretariate noch immer verfehlterweise als parteipolitische Angelegenheit.
Das sind Referenden aber nur noch für einen kleinen Prozentsatz der Bürger. Die Mehrzahl hingegen hat im Winter weitestgehend sachlich, nicht parteipolitisch über das Heer nachgedacht. Und dann entschieden.
Dennoch äußern nach wie vor viele Politiker und Beamte Einwände gegen die direkte Demokratie. Der am häufigsten vorgebrachte: Sie warnen, dass das Volk in dieser oder jener Frage „falsch“ entscheiden könnte.
Das ist in Wahrheit ein skandalös provozierender Einwand. Denn er geht davon aus, dass irgendjemand da oben das absolute, oder zumindest ein höherrangiges Wissen über „falsch“ oder „richtig“ habe. Aber die Demokratie ist nicht zuletzt deshalb entstanden, weil man erkannt hat, dass niemand und niemandes Wissen höherwertig sind. Die Elite – und damit die Machthaber – versucht jedoch, sich moralisch und intellektuell über das zu bevormundende Volk zu erheben. Motto: „Wir wissen‘s besser.“
Das ist reine Anmaßung, und hat auch keine Grundlage in der Verfassung oder in der Rechtsphilosophie. Dahinter verbirgt sich auch der Gesinnungsterrorismus der Political correctness, der den Menschen eine wachsende Menge an Denk-, Sprech- und Verhaltensregeln aufzwingen will. Zugleich versucht er diese Regeln als höherwertig denn normale (=abänderbare) Gesetze einzustufen.
Diese Haltung verwandelt den alten Scherz über die Verfassung in beklemmende Wirklichkeit: Das Recht geht vom Volk aus, aber es ist nie wieder zum Volk zurückgekehrt; denn eine herrschende Mandarinen-Klasse hat es sich inzwischen angeeignet.
Diese hält das Volk für ungeeignet, seine eigenen Angelegenheiten zu regeln. Sich selber hält diese Klasse hingegen für sehr gut geeignet, auch die Angelegenheit anderer Menschen zu regeln. Ihre wahren Motive sehen freilich ein wenig anders aus. Bei vielen Abgeordneten hört man primär egoistische und geradezu primitive Bedenken. Etwa des Inhalts, dass bei den Referenden dann die Politikerbezüge oder Parteiförderung reduziert würden.
Die Behauptung der Überlegenheit repräsentativdemokratischer Abstimmungen wird durch die Realität jedenfalls total ad absurdum geführt. So schlechte, so überflüssige, so populistische, so viele nachhaltig zum ökonomischen und gesellschaftlichen Kollaps führende Gesetze, wie sie die repräsentative Demokratie in den letzten Jahren produziert hat, bringt das Volk nie und nimmer zusammen.
Die Staatsschulden oder der Zustand der Universitäten oder das seit Jahrzehnten gesunkene(!) Pensionsantrittsalter oder die vielen verfehlten Schulreformen oder die überflüssig teure Rettung von Hypo und Kommunalkredit oder die Aufblähung der bürokratischen Regulierungsmenge: All diese Beispiele zeigen ein Versagen der repräsentativen Demokratie.
Diese versucht ständig eilfertig, vermeintlichen Wünschen der Bevölkerung entgegenzukommen. Jedoch hätten die Bürger selbst die meisten Unsinnigkeiten der repräsentativen Demokratie gar nie beschlossen, wenn sie selbst die Letztverantwortung hätten. Denn meistens werden ja nur lautstarke Lobbies bedient. Und dort, wo sich die Bevölkerung für eine Schimäre engagiert, tun die repräsentativen Politiker aber auch gleich servil mit. Siehe etwa Neutralität.
Man kann übrigens die um das eigene Überleben bangenden Politiker trösten: Das Parlament bleibt ohnedies das entscheidende Gremium, und zwar in all jenen Fällen, wo niemand die vielen Unterschriften für ein Referendum zustandebringt. Daher werden die meisten Aufgaben der Parlamentarier weiterlaufen – aber vielleicht mit mehr Nachdenken verbunden, ob man auch gut begründet agiert. Zugleich nimmt direkte Demokratie viel des derzeit ständig wachsenden Erwartungsdrucks von den Parlamentariern. In Wahrheit wissen die ja längst selber, dass sie immer weniger die vielfältigen und widersprüchlichen Erwartungen erfüllen können, die an sie gestellt werden.
Eine Reform nach Schweizer Muster wäre daher absolut richtig. Schwarz, Blau und meist auch Grün sind ja bei ihren Reformüberlegungen der letzten Jahre auch von diesem Ziel ausgegangen. Also: verpflichtende direktdemokratische Abstimmungen im Falle einer erfolgreichen Unterschriftensammlung für oder gegen ein Gesetz. Aber inzwischen ist unter dem Druck der SPÖ und einiger schwarzer Bedenkenträger das Projekt stark verstümmelt worden. Auch Grün und zum Teil Blau haben anscheinend die Lust ein wenig verloren.
Die ersten Entwürfe Richtung direkter Demokratie sind im Sommer fertiggestellt worden. An diesen wird öffentlich vor allem die Festlegung einer sehr hohen Grenze für die notwendige Unterschriftenzahl kritisiert. 10 beziehungsweise 15 Prozent der Wähler sind eine gewaltige Menge. Diese muss man binnen einer Woche in die Amtsstuben bringen, damit die Menschen dort das einleitende Volksbegehren unterschreiben (und sich dabei vor politisch vielleicht andersdenkenden Funktionären outen!). In der Schweiz sind hingegen je nach Materie nur 50.000 beziehungsweise 100.000 Unterschriften nötig. Also maximal ein Sechstel.
Noch viel schlimmer aber als bei der notwendigen Unterschriftenzahl fällt der Vergleich in Hinblick auf den Zeitraum aus: Die Schweizer haben ein halbes Jahr Zeit, um die nötigen Signaturen zu sammeln. Bei uns gibt es nur eine Woche.
Am ärgerlichsten aber ist die umfangreiche Liste der Bereiche, über die nicht abgestimmt werden darf. Dabei geht es vor allem um das EU-Recht. Während es noch nachvollziehbar ist, dass gegen dessen Geltung keine sinnvollen Referenden möglich sind, wären Referenden bei der Frage der Schaffung neuen EU-Rechts sehr wohl möglich und sinnvoll.
Denn absurderweise bestimmen über neue EU-Gesetze (Richtlinien oder Verordnungen) in den EU-Räten einzig und allein die zuständigen Ressortminister. Die im österreichischen Ministerrat immer vorgeschriebene Einstimmigkeit ist dabei nicht notwendig. Zwar könnte das österreichische Parlament das Abstimmungsverhalten jedes Ministers durch einen Beschluss vorweg auch inhaltlich festlegen. Aber nur wenn es will. Und es will nie. Denn die Koalition hat sich auf eine skandalöse Linie festgelegt: Die Schwarzen reden den roten Ministern nicht drein, und die Roten nicht den schwarzen Ministern. Dass nachher auch noch das EU-Parlament abstimmt, ist da absolut kein Trost. Denn dieses ist nicht nur total undemokratisch gewählt (ein deutscher Abgeordneter vertritt 811.000 Menschen, einer aus Malta nur 67.000!), ihm fehlt auch die nationale Gesamtverantwortung einer Regierung.
Provozierenderweise sollen die Bürger künftig also bei EU-Themen nicht einmal das dürfen, was das Parlament kann. Direkte Demokratie hin oder her. Dabei geht es in der EU wirklich um Wichtiges: Denn im EU-Rat können Minister im Alleingang zusammen mit ihren 27 Kollegen aus den anderen Ländern Gesetze für die ganze EU genehmigen oder blockieren. Und die sind auch inhaltlich meist wichtiger als normale österreichische Gesetze.
Minister sind also via EU viel mächtiger als innerösterreichisch. Daher wäre es absolut logisch, dass sie bei ihrer europäischen Gesetzgebertätigkeit künftig durch Referenden zwingend gebunden werden können. Denn, auf einen Satz gebracht: Wenn man die direkte Demokratie ernst und nicht nur als Augenauswischerei versteht, dann muss künftig das Volk dieselben Möglichkeiten wie das Parlament bekommen.
Noch ein weiteres schweres Manko prägt die kursierenden Entwürfe für mehr direkte Demokratie: Sie beschneiden die Rechte des Volkes bei Verfassungsgesetzen zusätzlich. Bei diesen soll das Quorum für eine erfolgreiche Einbringung noch um 50 Prozent höher sein als bei normalen Gesetzen. Das hat keinerlei Berechtigung. Denn im Parlament braucht es ja auch nicht mehr Abgeordnete als sonst, um eine Verfassungsänderung vorzuschlagen. (Die „Verfassungsmehrheit“ ist nur bei der Abstimmung, nicht aber bei der Einbringung nötig). Und auch bei der allerhöchsten Stufe, einer Gesamtänderung der Verfassung, ist nur eine Mehrheit bei einem Referendum notwendig. Nicht mehr. Dass ausgerechnet in diesem - einzigen - Fall die Verfassung eine Volksabstimmung sogar vorschreibt, zeigt aber auch, dass die ursprünglichen Verfassungsautoren durchaus das Volk als alleroberste Instanz angesehen haben.
Aber heute will der Machtdünkel der Politik das Volk weiterhin von wirklichen Entscheidungen möglichst fernhalten. Mit allen möglichen Tricks.
Überdies schafft sich das Parlament laut dem Entwurf die Möglichkeit, durch fünfmonatige Ausschussberatungen und Verhandlungen den Antrag wieder zu verwässern. In der Schweiz ist hingegen eine Volksabstimmung ein automatisches Muss, wenn das Parlament nicht zur absoluten Gänze dem von Bürgern begehrten Entwurf zustimmt.
Zugleich wollen Rot und Schwarz die Bundeswahlbehörde sowie den Verfassungsgerichtshof bei solchen Verwässerungen durchs Parlament in eine Schiedsrichterposition bringen. Der VfGH ist jedoch ein auf Jahrzehnte absolut unaufbrechbares Machtrefugium von Rot und Schwarz. Alle Verfassungsrichter sind ausschließlich auf einem Ticket einer dieser beiden Parteien dort hineingesegelt. Damit haben Rot und Schwarz auf Jahrzehnte einen starken Verhinderungshebel in der Hand.
Wenn man Schweizern diese Rolle des VfGH erklärt, schütteln sie nur entgeistert den Kopf. Kennen Sie doch eine solche Institution gar nicht. Das einzige, was es dort gibt, ist das Recht der Regierung, zu einer Volksabstimmung ihre Meinung zu sagen und dann eventuell neben der eingebrachten Formulierung den Bürgern auch noch eine eigene zur Abstimmung vorzulegen.
In Österreich hingegen wird der Souverän behandelt wie ein Kindergartenkind, das man ständig fest an der Hand halten muss.
Die allergrößte Einschränkung der Bürgerrechte liegt aber im Bereich der in ihrer Urform zweifellos unabdingbaren Menschenrechte. Den Bürgern ist aber noch viel zu wenig bewusst: Unter Berufung auf die angeblich notwendige ständige Fortentwicklung der Menschenrechte haben sich die obersten Richter Österreichs und Europas Schritt für Schritt ein unglaublich weitreichendes politisches Gestaltungs- und Einmischungsrecht geschaffen. Dadurch gilt in hohem Ausmaß Richterrecht – total an Geist und Buchstaben der Menschenrechtskonvention und der Verfassung vorbei. Diese haben ja die Schaffung von neuem Recht eigentlich exklusiv dem Gesetzgeber vorbehalten.
Die Schöpfer der Verfassung und Menschenrechtskonvention haben offensichtlich die expansive und machtbewusste Partisanentaktik von Richtern unterschätzt. Fast in ganz Europa haben diese unter Berufung auf "Menschenrechte" ihre Macht ständig ausgeweitet. Dadurch nähert sich die europäische Realität immer mehr den USA an. Dort sind es ja auch die Richter und nicht der eigentlich gewählte Kongress, die über fundamentale Fragen wie Schwulenehe oder Abtreibung entscheiden.
Da aber die Parlamente der eigenen Entmachtung jahrzehntelang tatenlos zugesehen haben, sollen nun offenbar auch die (vielleicht eines Tages) direktdemokratisch entscheidenden Stimmbürger sofort wieder weitgehend entrechtet sein.
Dieser Beitrag beruht in großen Teilen auf einem Aufsatz, den ich für einen Sammelband der Wochenzeitung „Zur Zeit“ zum Thema „Direkte Demokratie“ geschrieben habe.
Eine radikalfeministische Vorlage aus einem rot-grün dominierten Ausschuss ist im Plenum des EU-Parlaments jetzt abgeschmettert worden.
Das ist ebenso überraschend wie erfreulich. Denn normalerweise werden Ausschussberichte auch im Plenum angenommen. Die Debatte im Plenum war so heftig und emotional wie schon lange nicht. Sie ist aber letztlich mit 351 zu 319 gegen die radikalen Befürworter von Abtreibung, Sexualisierung selbst kleinster Kinder und Einschränkung der Gewissensfreiheit (insbesondere in allen medizinischen Bereichen) ausgegangen. Damit hat die Bürgerinitiative „One of us“ auch wieder deutlich mehr Chancen für ihre Initiative zur Betonung auf menschlicher Würde.
Die Nachrichten von der künftigen großen Koalition in Deutschland machen einen Österreicher angst und bang. Wenn man sie auf die offenbar auch hierzulande unvermeidliche Koalition umlegt, dann ahnt man schon vor der ersten Verhandlungsrunde in Wien, was da auf Österreich zukommt: eine weitere klare Linksverschiebung, ein weiterer schwerer Schaden für die Wirtschaft.
Dabei haben die Wahlen in beiden Ländern einen klaren Rechtsruck gebracht. Aber da wie dort ist durch die Aufspaltung der Wähler rechts der Mitte auf mehrere Parteien ein guter Teil der Stimmen parlamentarisch „außen vor“ geblieben (um es deutschdeutsch zu formulieren), während die linken Parteien alle ins Parlament gekommen sind.
In Deutschland hat sich die SPD von einem Parteitag jene Positionen absegnen lassen, die nach den bisherigen Verhandlungen mit CDU und CSU den harten Kern eines Koalitionskompromisses bilden. Der SPD-Spitze wird daher ein Zurückfallen hinter diese Positionen nur noch sehr schwer fallen.
Das wäre aber auch deshalb kaum möglich, weil die SPD vor der endgültigen Unterschrift unter das ausformulierte Koalitionsabkommen auch noch eine Urabstimmung ihrer Mitglieder abhalten will. Sie kann nun bei den Detailverhandlungen die Union jederzeit damit erpressen, dass bei einer Nichteinhaltung ihres Positionspapiers die Basis sicher nicht zustimmen wird.
Analysiert man den harten Kern der SPD-Positionen, dann kann man zweifellos auch Positives finden: Die Forderung nach direkten Steuererhöhungen ist für die SPD offensichtlich nicht mehr unabdingbar. Im Papier findet sich abgesehen vom Ruf nach einer Finanztransaktionssteuer nur noch die eher weiche Formulierung, dass die Sozialdemokraten den Beitrag zur Pflegeversicherung anheben „wollen“. Freilich haben trotz dieser Steuererhöhungs-Abstinenz des Parteitags-Papiers nur einen Tag nach dem Parteikonvent einige sozialdemokratische Spitzenpolitiker schon wieder betont, dass die Forderung nach Steuererhöhungen noch nicht vom Tisch ist.
Auch der SPD-Text zum Bildungsthema liest sich insofern positiv, als nirgendwo eine zwangsweise Gesamtschule verlangt wird. Dabei gehört diese Forderung ja eigentlich schon seit den 20er Jahren zum Eckstein aller roten Programme, scheitert freilich in Deutschland an der Autonomie der Bundesländer.
Der Rest dessen, was die Sozialdemokraten offenbar für unabdingbar halten, ist dennoch dramatisch. Daher ist es durchaus denkbar, dass am Ende der Verhandlungen in der Union so mancher sagen wird: Wenn die das wirklich alles wollen, sollten wir eher nochmals Neuwahlen riskieren, als da zuzustimmen.
An der Spitze der für die SPD unabdingbaren Dinge steht die Forderung nach einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Der Linzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider hat ebenso wie einige deutsche Experten schon die Folgen dieser so harmlos scheinenden Bestimmung berechnet: Als Reaktion auf solche diesen Mindestlohn werden sich die Umsätze der völlig an Steuern und Behörden vorbeiagierenden Schattenwirtschaft um ein bis zwei Milliarden Euro erhöhen, und die der legalen (steuer zahlenden) reduzieren. Pro Jahr.
Denn je höher der Mindestlohn, umso weniger werden Kunden bereit sein, die Rechnung zu zahlen. Und umso eher werden Menschen ihre Arbeit deutlich billiger anbieten, weil sie sonst überhaupt kein Einkommen finden. Sie können das dann eben nur illegal tun, was vor allem bei Dienstleistungen (man denke etwa an Friseurinnen) auch sehr leicht möglich ist. Aber dieser logische Zusammenhang geht offenbar nicht in den von Wunschdenken vollgestopften Kopf eines Linken hinein.
In österreichischen Ohren klingen die Alarmglocken besonders schrill, wenn sie in einem anderen Punkt der SPD die Forderung lesen: „Nach einem langen Arbeitsleben (45 Jahre) muss eine gute Rente ohne Abzüge stehen.“ Dieser Satz bedeutet exakt die Hacklerregelung. Also jene Bestimmung, welche die österreichische Staatsschuld in den letzten Jahren um Milliarden in die Höhe getrieben hatte. De facto bedeutet sie Vollpension für viele gesunde Menschen ab dem 60. Lebensjahr.
Nach dieser SPD-Festlegung kann man sich in Österreich die Hoffnung wohl abschminken, dass die unsinnige Hacklerregelung demnächst endgültig begraben wird. Denn wenn jetzt sogar die deutschen Sozialdemokraten danach rufen, werden das die österreichischen in der einen oder anderen Form umso mehr tun. War doch die SPÖ in Pensionsfragen immer radikaler als die SPD. Sie war beispielsweise nie bereit, den einstigen mutigen Schritt der SPD zur Erhöhung des regulären Pensionsantrittsalters auf 67 nachzuvollziehen.
Alleine diese beiden Forderungen sind tödliche Anschläge auf die – momentan zweifellos noch gut schnurrende – deutsche Wirtschaft.
Das SPD-„Kompromisspapier“ enthält noch etliche andere Punkte, welche die deutsche Wirtschaft schädigen, aber in Wahrheit nur einzelne lautstarke Lobbys bedienen: Dazu gehört etwa der Ruf nach „verbindlichen Regelungen für mehr Frauen in Führungspositionen“. Das heißt wohl endgültig: Quotenzwang.
Zugleich will die SPD alle Deutschen, die nur befristete Arbeitsverhältnisse haben oder die nur einen Werksvertragsauftrag haben, de facto in unbefristete Anstellungen bringen. Auch das wird viele ihr Einkommen kosten.
Etwas unklarer ist das Verlangen nach einem „Bundesteilhabegesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“. Da ist total ungewiss, was sich hinter dieser nebulosen Formulierung eigentlich konkret verstecken soll: Gleichberechtigter Sport für Athleten mit Körperbehinderungen? Abitur und Studium für alle mit geistigen Behinderungen?
Ähnlich unklar ist die konkrete Bedeutung von vielem sonstigen linken Hohlsprech. Wie: Das Bildungssystem soll „gerechter“ werden. Oder: Die Finanzmärkte sollen „wirksam“ reguliert werden. Solche Sätze können jeweils von bloßer inhaltsfreier Rhetorik bis zur totalen Zerstörung eines funktionierenden Bildungs- und Finanzsystems alles bedeuten.
Nicht interpretationsbedürftig ist hingegen, was die SPD mit ihrer Absage an Privatisierungen meint. Diese Absage ist freilich in Deutschland nicht ganz so konsequenzenreich wie in Österreich. Denn dort ist der Staat ja weniger an Wirtschaftsunternehmen beteiligt. Aber auch die deutschen Genossen hätten in der realen Welt ihres Landes sehr gut lernen können, wie unfähig die Politik ist, einen Flughafen (in Berlin) oder ein Konzerthaus (in Hamburg) zu bauen.
Die SPD setzt offenbar einen extrem gefährlichen Kurswechsel durch. Er ist gefährlich für Deutschland wie Österreich. Erstens weil Deutschland Österreichs und Europas einziger Wirtschaftsmotor ist. Zweitens weil sich die neue österreichische rot-schwarze Koalition sicher nicht zukunftsorientierter aufstellen wird als die deutsche in Schwarz-Rot.
Es sei denn, dass die ÖVP begreift, dass man als Nummer Zwei – so wie die SPD – viel erfolgreicher erpressen kann. Die Nummer eins muss hingegen viel hergeben, wenn die Nummer zwei gut taktiert. Nur damit sie für sich das jeweilige Bundeskanzleramt behalten kann.
Ob das die ÖVP begreift? Die vielen Gerüchte und Indiskretionen rund um die anlaufenden österreichischen Koalitionsverhandlungen machen jedenfalls auf keinem Gebiet Hoffnung. Aber da sie ja alle noch vage und unbestätigt sind, wird sich das Tagebuch erst dann mit den Koalitionsvereinbarungen befassen, wenn irgendetwas fix ist. Für Gerüchte sind andere da.
PS: Apropos Unfähigkeit der Politik, auch nur irgendein Projekt gut über die Bühne zu bringen: ich habe in den vergangenen Tagen ausgerechnet in der Stadt Wels Österreichs modernstes und schönstes Kunstmuseum entdeckt. Es ist zu hundert Prozent privat konzipiert und finanziert, hält also den Staat auf weite Distanz. Ebenso eindrucksvoll wie nachahmenswert.
Bei der Landtagswahl am Sonntag geht es diesmal mehr denn je um die Zukunft des Tiroler Etschlandes.
„Siamo in Italia“ – wie unter ihresgleichen üblich, kanzelt ihn die Polizistin ab. Der Urlauber aus Österreich hatte sie unweit des Bozner Walther-Platzes auf Deutsch gebeten, sie möge, da die Parkzeit für sein Fahrzeug erst seit zehn Minuten abgelaufen sei, doch „Milde“ walten lassen, und zur Antwort ein „Non capisco“ („Ich verstehe nicht“) erhalten. Woraufhin er sie höflich, aber wirkungslos auf das im Südtiroler Autonomiestatut verankerte Zweisprachigkeitsgebot für öffentlich Bedienstete hinwies.
Für Roland Lang vom Heimatbund (SHB) ist das Alltag. Seit Jahren verlangen die Oppositionsparteien Süd-Tiroler Freiheit (STF), Freiheitliche (F) und BürgerUnion (BU) – nicht zuletzt aber auch die seit 1948 regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) – die Einhaltung dessen, was gemäß dem mühsam erkämpften, im Statut von 1972 festgeschriebenen sowie nach der österreichisch-italienischen Streitbeilegung von 1992 noch erheblich ausgeweiteten Selbstverwaltungskompetenzen eigentlich verbrieftes Recht ist, aber von Rom oder dessen Statthaltern an Eisack und Etsch mäßig oder gar nicht vollzogen, verschleppt oder einfach ignoriert wird.
Wenn es eines nachhaltigen Beweises für die Missachtung statuarischer Bestimmungen des Autonomie-Pakets durch die römische Politik bedurfte, so lieferte ihn „Übergangsregierungschef“ Mario Monti, als vormaliger EU-Kommissar ein „Vorzeigepolitiker des demokratischen Italien“, der ungeniert in die Selbstverwaltungsrechte der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol eingriff. Das ist zwar schon wieder Geschichte, und Monti hat sogar der von ihm gegründeten Partei SC den Rücken gekehrt. Doch unter dem alerten Enrico Letta, dem am Faden von Berlusconi(s PdL) hängenden Ministerpräsidenten, mit dessen linkslastiger Partei PD die SVP – erstmals überhaupt – ein Bündnis einging, wird der römische Griff nach den Subsidien der „reichen Provinz“ unterm Alpenhauptkamm kaum nachlassen.
Deren Prosperität ist allerdings längst nicht mehr so, wie sie in der zu Ende gehenden „Ära Durnwalder“ zweifellos war. Doch Lettas Hand ist geschmeidig und sein Ton moderater als der Berlusconis und selbst Montis gegenüber dem „Alto Adige“.
Während dort seit Magnagos Zeiten ordentlich regiert und verwaltet wird, schieben Italiens Regierungen und Finanzminister – ganz gleich, wer sie stellt(e) – seit Jahrzehnten einen Schuldenberg vor sich her, der sich an 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bemisst. Was der von der SVP quasi in „vorauseilendem Gehorsam“ unterstützte Letta daher finanz-, steuer-, und sozialpolitisch zu beschreiten gezwungen ist, wird letztlich die Südtirol-Autonomie weiter entwerten.
Aus alldem und anderem mehr leitet sich für die nicht-italienische Opposition zwingend ab, dem maroden Italien ein für allemal den Rücken zu kehren. Für SHB und STF, auch für den Südtiroler Schützenbund (SSB) ist die Autonomie lediglich ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Wiedervereinigung mit Tirol. Gemeinsam ist STF, F und BU das „Los von Rom“, über den zu beschreitenden Weg gehen die Ansichten auseinander. Daher finden sie auch nicht zur nötigen Geschlossenheit, oder sei es nur zu einer gemeinsamen „Plattform“, wie sie Pius Leitner, Spitzenkandidat der Freiheitlichen, anregt.
Gemeinsam kämpfen sie gegen die SVP, aber jeder kämpft für sich allein. Das mag für das erhoffte Erstarken der jeweiligen Repräsentanz im künftigen Landtag, der am 27.10. neu gewählt wird, zielführend sein, um die absolute Mehrheit (der Sitze) der SVP zu brechen. Für das Fernziel – Unabhängigkeit und Eigenständigkeit als Freistaat, wie ihn die Freiheitlichen anstreben, oder über Ausübung des Selbstbestimmungsrechts erwirkte Wiedervereinigung mit dem Bundesland Tirol, damit die Rückgliederung an Österreich, wie ihn STF und BU propagieren, mithin also für die Loslösung von Italien – ist die Aufsplitterung der oppositionellen Kräfte allerdings mehr als hinderlich.
Das „Los von Rom“ bestimmte indes den gesamten Landtagswahlkampf, überlagerte alle anderen Themen. Dies rührte maßgeblich vom seit 1. September bis 30. November quasi parallel laufenden „Selbstbestimmungs-Referendum“ her, welches allein von der STF betrieben wird, beflügelt von Unabhängigkeitsbewegungen in Schottland und Katalonien und unterstützt von der österreichischen FPÖ, die in Gestalt des „Gesamt-Tiroler“ Nationalratsabgeordneten (und „Bergisel-Bund“-Vorsitzenden) Werner Neubauer häufig bei STF- und SSB-Aktionen anwesend ist.
Vom Wahlerfolg der FPÖ erhoffen sich auch die F unter Spitzenkandidat Pius Leitner stimmungsmäßig Auftrieb; nicht gänzlich bereinigte Animositäten, die auf Andreas Mölzers einstigem Versuch beruhten, im EU-Parlament eine Rechtsparteien-Achse unter Einbindung von Alessandra Mussolini, der Enkelin des Duce, zu schmieden, stehen indes einem engeren Verhältnis zu den „Gesinnungsfreunden“ in Österreich entgegen. Wegen des Übertritts eines bisherigen F-Landtagsabgeordneten (mitsamt Funktionären einer ganzen Bezirksparteiorganisation) zur BU, der es unter Spitzenkandidat Andreas Pöder auch gelungen ist, eine Listenverbindung mit einer Ladiner-Partei einzugehen, müssen die Südtiroler Freiheitlichen allerdings fürchten, einen Teil ihres bei der italienischen Parlamentswahl im Februar erzielten beachtlichen Stimmengewinns wieder einzubüßen.
Worauf die SVP ebenso setzt wie – nach dem Skandal um die Landesenergiegesellschaft SEL – auf den von ihr propagierten „Neustart“ unter ihrem Spitzenkandidaten Arno Kompatscher, der den seit 1988 im Amt befindlichen Landeshauptmann Luis Durnwalder beerben soll. Auffällig massiv warnt die SVP vor dem „Los von Rom“, vor Unabhängigkeitsbestrebungen, vor der Freistaatsidee der F und der Selbstbestimmungskampagne der STF und ihres Spitzenkandidaten Sven Knoll.
Da bemühte die wie ein SVP-Parteiorgan agierende Zeitung „Dolomiten“ zum einen den emeritierten Salzburger Zivilrechtler Franz Matscher, einen gebürtigen Südtiroler, der einst eine wenig rühmliche Rolle als österreichischer Generalkonsul in Mailand spielte, und ließ ihn als „Völkerrechtler“ gegen die (angeblichen Unwägbarkeiten der) Selbstbestimmung Stellung nehmen. Zum andern vereinnahmte die SVP, vom „Wahlerfolg der Schwesterparteien“ – Tiroler ÖVP, CSU in Bayern sowie CDU und CSU im Bund – beflügelt, Edmund Stoiber und Angela Merkel.
So „bestätigte“ der ehemalige bayerische Ministerpräsident im „Dolomiten“-Interview sowie auf einer Veranstaltung des SVP-Wirtschaftsflügels, dass die Sammelpartei „genau auf dem richtigen Weg“ sei und „mit Arno Kompatscher eine große Zugkraft“ habe. Und die deutsche Kanzlerin fand trotz beanspruchender Koalitionssondierungen in Berlin Zeit für Kompatscher und das Unterstützung signalisierende Photo mit ihm in den „Dolomiten“.
Dessen vorgetragener SVP-Konzeption von der „Vollautonomie“ – alle Kompetenzen nach Bozen, lediglich Außenvertretung und Militärwesen sollen in der Zuständigkeit Roms verbleiben – und von der „Zukunft Südtirols in einer Zusammenarbeit der Regionen in Europa“, stimmte die CDU-Vorsitzende pflichtschuldigst bei: Zwar gebe es „in Deutschland wie in Südtirol europafeindliche Tendenzen“, es sei aber „für eine Minderheit der europäische Weg der einzig gangbare“. Man wird am Landtagswahlergebnis auch ablesen können, wie viele Südtiroler diesem Weg folgen wollen.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Wenn die Gauner nur in Salzburg und sonst nirgendwo säßen!
Die EU-Statistikbehörde Eurostat bezweifelt wegen des Finanzskandals in Salzburg die von Österreich gemeldeten Defizit- und Schuldenstand-Zahlen für 2012. Was noch peinlicher ist: Österreich ist das einzige Land Europas, wo es diesen "Qualitätsvorbehalt" gibt. Als Österreicher kann man sich da nur in Grund und Boden genieren. Vor allem dann, wenn man weiß, was die EU offenbar noch nicht weiß: Denn es sind auch viele andere Bundesländer, die so lügen und betrügen, wie es jahrelang die Salzburger getan haben – bisher ohne strafrechtliche Konsequenzen für die Akteure (übrigens genauso wie bei dem noch viel größeren Betrug in Griechenland, für den auch nie irgendein Politiker vor Gericht gelandet ist!). Und die Bundesländer tun es weiterhin ganz ungeniert. Sie behaupten auch noch ganz frech, der Föderalismus gäbe ihnen das Recht, öffentliche Schulden und Haftungen geheim halten, ausgliedern und verstecken zu dürfen. So haben ja auch die Kaiser einst ihre Schulden vor den blöden Bürgern nie veröffentlichen müssen . . .
Strafen für jene Parteien, die nicht die Werte der EU vertreten! Diese Forderung der europäischen Sozialisten stößt auch in Teilen der EU-Kommission auf große Zustimmung. Dennoch ist völlig klar: Würde Europa solche Strafen wirklich einführen, verlässt es endgültig den Weg des demokratischen Rechtsstaats. Denn der baut auf weltanschaulicher Neutralität auf, wie sie etwa schon die österreichische Verfassung seit fast hundert Jahren ganz wertfrei verkörpert. Sobald diese Neutralität aufgegeben wird, ist Tür und Tor zu einem neuen Totalitarismus geöffnet.
Der Vorstoß Richtung Strafbarkeit ist umso chancenreicher, als im EU-Parlament auch Gruppierungen sitzen, die sich zwar als „liberal“ bezeichnen, die aber in Wahrheit große Sympathien für solche Ideen einer Wertekontrolle haben.
Jede Strafbarkeit für Meinungen und Werte ist aber ein schwerer Verstoß gegen die fundamentale liberale Grundidee der Aufklärung und aller in der Folge darauf aufbauenden Revolutionen und Verfassungen. Das oberste Verlangen der Aufklärung war der Ruf nach Meinungsfreiheit. In der Präzisierung von Voltaire: Auch wenn ich total den Inhalt dessen ablehne, was ein anderer sagt, so werde ich (als freiheitsbewusster Einzelmensch ebenso wie als Rechtsstaat) alles tun, damit dieser andere seinen Inhalt weiter verbreiten kann. Meinungsfreiheit nur für jene, die so denken wie man selbst, wäre ja nur eine Karikatur.
Um die Notwendigkeit der echten Meinungsfreiheit zu unterstreichen, denke man an die Geschichte der letzten paar Jahrhunderte, da es eben keine Meinungsfreiheit gegeben hat. Da wurde in der mariatheresianischen Zeit sogar der Messbesuch kontrolliert; da gab es in der Nazi-Zeit den Zwang, die nationalistischen, antisemitischen und rassistischen „Werte“ der Nazis zu unterstützen; da musste bis 1989 halb Europa die „Werte“ des Klassenkampfes und des ausbeuterischen Aufbaus sozialistischer Gesellschaften einhalten. In Wahrheit wurde freilich immer die eigene Macht geschützt.
Jetzt droht also die Verordnung „europäischer Werte“. Schon etliche Urteile der obersten europäischen Gerichte (in Luxemburg wie Straßburg) in den letzten Jahren waren stark vom Geist einer Machtelite geprägt, die den Zwang zu einem politisch-korrekten Denken und Reden auf Kosten der Meinungsfreiheit durchsetzen will. Künftig will offenbar die Politik (oder zumindest ein Teil der politischen Klasse) wieder ganz unser Denken kontrollieren.
Natürlich hat der EU-Binnenmarkt, der freie und damit preisgünstige Austausch von Gütern und Dienstleistungen, den Europäern viel gebracht. Daher setzt sich jeder für seine Bewahrung ein, der die ökonomischen Grundrechnungsarten beherrscht. Aber es wäre ein absoluter Wahnsinn und absolut kontraproduktiv, wenn man Kritik am Binnenmarkt oder einzelnen seiner Aspekte als „Verstoß gegen die europäischen Werte“ zu bestrafen versucht.
Das schon deshalb, weil Menschen (erfreulicherweise) immer gerne das Gegenteil dessen glauben, was ihnen eine Obrigkeit zu glauben anordnet. Sie tun das zumindest ab dem Zeitpunkt, da sie die erste Lüge, Dummheit, Korruption dieser Obrigkeit entdecken. Und das war selbst unter einem Hitler oder Stalin trotz totaler Kontrolle über Medien und andere Kommunikationsschienen nicht zu verhindern.
Solange die EU eine reine Wirtschaftsgemeinschaft gewesen ist, hat sie sich auch ohne Zwang höchster Zustimmung und Sympathie erfreut. Die damalige EU passte auch gut zu dem zweiten großen und erfolgreichen Netzwerk der Nachkriegsjahre, der Nato, in der sich die Westeuropäer – und insbesondere die Amerikaner – gegenseitigen Beistand im Falle einer Bedrohung versprochen haben.
Beides hat exzellent funktioniert. Als aber nach 1989 die gemeinsame Herausforderung aus dem Osten weggefallen ist, haben die Machthaber, insbesondere die (von zweitklassigen Kommissaren geführte) Brüsseler Bürokratie neue Betätigungsfelder gesucht. Von der Justiz bis zur Kultur, von den Universitäten über die Währung und Duschköpfe bis zu den Glühbirnen haben sie begonnen, immer mehr zu regulieren, zu vereinheitlichen. Immer mehr Regeln und Richtlinien wurden den Gemeinden, Provinzen und den – sich interessanterweise noch für souverän haltenden – Staaten vorgeschrieben. Und damit vor allem den Menschen.
Viele in der EU taten das sicher in der besten Absicht. Oder, wie Margaret Thatcher es einmal formulierte: Wenn sie Italienerin wäre, würde sie vielleicht auch mehr auf Brüssel als auf Rom setzen. Umso enttäuschter ist man in Brüssel und Straßburg, weil die Menschen immer mehr auf innere Distanz zur EU gehen.
Wie schon so oft in der Geschichte ist den Menschen meist die mittelmäßige eigene Regierung lieber als ein sich für noch so weise haltender fremder Herrscher irgendwo weit draußen. An dieser Grundhaltung sind letztlich alle großen Reiche der Geschichte wieder zerbrochen. Was uns in den nächsten Monaten auch die hundertste Wiederkehr des Weltkriegs-Ausbruchs in Erinnerung ruft.
Die EU-Führer wären daher gut beraten, auch für sie ärgerliche Ansichten und Gruppierungen zu tolerieren. So wie es die Briten als Musterland der Demokratie vorbildlich vorexerzieren. Sie haben klargemacht, dass sie auch eine Sezession von Nordirland oder Schottland widerwillig, aber gelassen hinnehmen würden, wenn es dort eine Bevölkerungsmehrheit verlangt.
Genauso muss es Europa hinnehmen, wenn Gruppierungen wieder die Loslösung von der EU anstreben. Diese wäre klug beraten, auf jeden Versuch zu verzichten, unerwünschte und unverständliche Forderungen zu verbieten, zu bestrafen, oder sonstwie mit undemokratischen Mitteln zu unterdrücken.
So zu denken fällt freilich auch vielen autoritär strukturierten Mitgliedsstaaten gar nicht so einfach. Denn während sich die Briten zur prinzipiellen Tolerierung von Sezessionen durchgerungen haben, während die Tschechoslowakei eine solche schon erfolgreich absolviert hat, sehen andere EU-Staaten in der bloßen Idee noch immer Hochverrat. Ja, selbst das bloße Wort „Autonomie“ wird mancherorts bestraft.
Diese autoritär-zentralistischen Tendenzen sind besonders in jenen Staaten der EU übermächtig, in denen die Bevölkerung großer Gebiete – oder zumindest die mutmaßliche Mehrheit – weg will von diesem Staat. Man denke an die Basken und Katalanen, an die Südtiroler und Flamen, an die Ungarn in Rumänien und der Slowakei. Um nur die wichtigsten Gruppen zu wünschen, die unter Zwang zu einem nicht gewünschten Staat gehören.
Niemand hat bisher überhaupt definiert, was beispielsweise in dieser so grundlegenden Frage die angeblichen „europäischen Werte“ überhaupt bedeuten. Brutaler Zentralismus oder freie Entscheidung der Einwohner über die wichtigste staatspolitische Frage? Die EU schweigt. Aber dennoch wagen es europäische Politiker, von gemeinsamen Grundwerten der EU zu schwafeln. Und deren Nichteinhaltung zu bestrafen.
Allein der bloße Gedanke ist absurd. Sind doch auch in vielen anderen Fragen die „europäischen Werte“ eine absolute Schimäre, unter der jeder versteht, was er eben will. Selbst die sogenannten Grundrechte sind keine fixen Werte, sondern ändern sich ständig. Sollten sie aber einen Bestandteil der nie definierten, jedoch durch Strafen geschützten Werteordnung bilden (wie es eben bei totalitären Instrumenten der Fall ist), dann macht sich jeder Richter strafbar, der eine neue Judikatur entwickelt, und jeder Politiker und Beamte, der eine Änderung des Rechtsregeln vorschlägt.
Wenn eines hoffentlich fernen Tages die EU wieder auseinanderfallen sollte, dann sind jene die Hauptschuldigen, die die Union mit völlig unrealistischen Ansprüchen weit über den Aufbau eines Binnenmarkts hinaus aufzuladen versucht haben. Denn sie haben etwas versucht, was noch nie in der Geschichte dauerhaft geglückt ist, nämlich Werte und Loyalität mit Strafen durchzusetzen.
Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich gibt es Werte, die in Europa mehr Signifikanz haben als in Asien oder Afrika. Aber dabei ist eben immer zentral, dass es Werte sind, die aus Überzeugung befolgt werden, und nicht aus Not oder Zwang oder Angst vor Strafe.
Aber diese Initiative ist noch lange nicht alles, wie die dominierende Linke in der EU die Meinungsfreiheit einschränken will. Es steht auch schon ein Richtlinienentwurf in den Pipelines der Kommission, welcher die Meinungsfreiheit auch noch auf anderen Gebieten einzuschränken versucht. Schon die ersten Richtlinien-Entwürfe versuchen die Mitgliedsstaaten zu zwingen, Meinungen zu "bekämpfen", welche die Kommission als "anti-feministisch", "homophob", "xenophob", "ethnisch diskriminierend" oder "religiös intolerant" einstuft.
Wobei ja auch der Kampf gegen "religiöse Intoleranz" keineswegs so harmlos ist, wie er klingt. Denn in der europäischen Praxis wird diese Formulierung praktisch nur gegen die Kritiker des Islam eingesetzt. Gewiss: Dieser Text ist erst am Beginn des europäischen Gesetzeswergungsprozesses.
Was man gegen diesen Wahnsinn tun kann? Nun, das Dümmste wäre es jedenfalls, aus Protest gegen europäischen Totalitarismus und weitere Einschränkungen der Meinungsfreiheit etwa den EU-Wahlen fernzubleiben. Auch die ÖVP wird dabei wohl absolut unwählbar sein, wenn sie wirklich auf der fanatisch EU-zentralistischen Linie des Otmar Karas bleiben sollte.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das wird wohl die allerteuerste Hinterlassenschaft der Claudia Schmied. Eine unter ihrer Hauptverantwortung – wenn auch natürlich formal vom Parlament – beschlossene Neuregelung der Restitution von Kulturgütern führt zu der in keinem anderen Land denkbaren Situation: Viele Kulturgüter müssen nun ein zweites Mal restituiert werden. Das dürfte jetzt auch den Beethovenfries von Gustav Klimt als weitaus wichtigsten Teil der Wiener Secession treffen.
Dabei ist den Erben der einstigen Eigentümer keinerlei Vorwurf zu machen. Sie berufen sich nur auf geltendes Recht. So wie man ja auch keinem Frühpensionisten einen Vorwurf machen kann, weil er nicht mehr arbeitet. Der Vorwurf gilt immer nur dem opportunistischen Gesetzgeber, der das eine wie das andere ermöglicht hat.
Schmied hat 2009 für das Gesetz viel Beifall bei den (mit zwei Ausnahmen) ökonomisch, historisch, politisch und juristisch ahnungslosen Kulturjournalisten bekommen. Was ihr wohl nicht sehr unangenehm war (und kurzfristig billiger als die vielen Inserate, mit denen sie viele Medien von ihrer Schulpolitik „überzeugte“). Diese Journalisten hatten in ihrer Mehrzahl die von Rot und Grün verbreitete Mär geglaubt, dass Österreich erst durch die neue Restitution endlich aus einem perpetuierten Nationalsozialismus und Räuberdasein befreit würde. Seit sie merken, was sie – und natürlich vor allem Schmied – damit ausgelöst haben, stottern sie freilich nur noch betreten herum.
Der Beethofenfries der Secession wird jetzt wohl zurückgestellt werden müssen. Da hilft auch die juristische Argumentation nichts, dass es hier ja um ein immobiles Kunstwerk ginge. Da der Fries jedoch keineswegs immer fix befestigt gewesen war, zieht das Argument schon allein aus diesem Grund nicht.
Was viele, über die Schulzerstörerin Schmied hinaus, nicht begreifen: Das ist der Unterschied zwischen dem zu Tausend Prozent zu unterstützenden Anspruch aller NS-Opfer (und ihrer Nachfahren) auf volle Entschädigung einerseits und dem moralisch absolut korrekten Anspruch Österreichs darauf, dass österreichische Kulturgüter auch in Österreich bleiben.
Diese Gesetzesregelung wurde schon nach dem ersten Weltkrieg geschaffen. Sie war von Anfang an – trotz der damaligen gewaltigen Not, die man mit Kunstexporten lindern hätte können, – ein notwendiges Instrument. Nur so konnte der Ausverkauf der österreichischen Kultur verhindert werden. Solche Gesetze gibt es in den allermeisten Ländern der Welt.
Es ist daher auch absolut nichts Unmoralisches daran, dass Österreich dieses Gesetz auch nach dem zweiten Weltkrieg voll in Geltung belassen hat. Schon auf Grund der Vorgeschichte (die damals primär den plötzlich verarmten Adel getroffen hat) ist es absolut absurd, daraus eine antisemitische Haltung abzuleiten. Noch absurder ist es, jetzt die Dinge so darzustellen, als ob da ein Ausfuhrverbot willkürlich verhängt worden wäre.
Richtig ist: Dieses Kulturgüter-Ausfuhrverbot ist schlecht für die Eigentümer. Es schmälert ganz eindeutig den Wert ihres Besitzes. Das ist aber in Österreich genauso wie in allen anderen Kulturländern. Das war vor der Nazi-Zeit genauso wie nachher, auch wenn politische-korrekte Dummköpfe es heute als spezifische Bosheit gegen die NS-Opfer darstellen wollten. Zugleich haben die Erben bei der ersten Restitution einen durchaus namhaften Preis für die Überlassung des Werkes an die Republik erzielt.
Daher ist es einfach absurd, wenn Österreich auf Grund des Schmied-Gesetzes nun Dinge zum zweiten Mal restituiert, nur weil beim ersten Mal dieses Ausfuhrverbot schmerzhaft gewesen ist. Besonders skurril wird diese Regelung dann, wenn die Republik damals den Empfängern der Kulturgüter einige davon abgekauft hat, während im Gegenzug für andere, gleichzeitig erhaltene Objekte eine Ausfuhrgenehmigung erteilt worden ist. Auch das war kein Antisemitismus, sondern in aller Regel ein fairer Deal.
Die Kulturgüter sind zuvor jedenfalls immer ohne Auflage in volles Eigentum restituiert worden. Das Thema eines Verkaufs einzelner Objekte an die Republik – meist an irgendein Museum – hing nicht mit der Restitution zusammen, sondern kam erst wegen des allgemein gültigen Ausfuhrverbots ins Spiel. Dieses gesetzliche Verbot ist dann – gleichsam in einem umgekehrten Akt – für einzelne Objekte auf Antrag der betroffenen Familien außer Kraft gesetzt worden.
Besonders absurd ist, wenn heute ein damals bestandener Geldbedarf als Argument ins Spiel gebracht wird, weswegen der Fries – oder andere Objekte – an die Republik verkauft worden sind. Das ist doch immer der Normalfall. Es ist fast immer der Bedarf an dem erzielbaren Geld, der einen Verkäufer motiviert.
Erzählt man Kunstexperten aus anderen Ländern, etwa auch aus Deutschland, die nunmehrige österreichische Rechtslage, so können die nur den Kopf schütteln. Das gibt es in keinem anderen Land.
Nochmals sei ausdrücklich betont: Auch wenn das furchtbare Leid durch den Holocaust nie mehr gut oder gar rückgängig gemacht werden kann, so ist doch völlig klar: Bei allen materiellen Gütern, die von den Nazis geraubt, beschlagnahmt oder sonstwie entwendet worden sind, ist eine vollständige Rückstellung am Platz. Wie sie ja in allen bekannten Fällen auch stattgefunden hat. Beim Beethovenfries geht es jedoch um eine neuerliche, eine zweite "Rückstellung" von Gütern, die nach der Rückstellung an Österreich verkauft worden sind.
Diese erfolgt eben nur deshalb, weil es seit 2009 ein erstaunliches Gesetz so ermöglicht. Und das ist eben vor allem deswegen zustandegekommen, damit eine der unglückseligsten Ministerinnen der Nachkriegszeit ein paar gute Rezensionen in der Kulturjournalistenszene erhält.
Übrigens: Restituierte Kulturgüter, die nicht an die Republik, sondern an Privatpersonen verkauft worden sind, bleiben voll und unbestritten in deren Eigentum. Auch das zeigt, dass das Schmied-Gesetz mit Gerechtigkeit überhaupt nichts zu tun hat.
PS: Hätte Österreich eine führungsstarke Regierungsspitze, würde jetzt sehr rasch eine Überarbeitung des unglücklichen Schmied-Gesetzes erfolgen. Aber eben: hätte. Die SPÖ ist diesbezüglich sowieso fanatisch und blind. Und die ÖVP hat seit dem Ausscheiden von Franz Morak keinen einzigen Kulturexperten mehr in ihren Reihen.
Wenn jemand lächerliche Behauptungen aufstellt oder lächerlich agiert, dann gehört immer auch jemand dazu, der das so schluckt. Statt den Betreffenden mit nassen Fetzen davon zu jagen. Ob das nun der Herr Mitterlehner, die Wiener Polizei, der Siemens-Betriebsrat, das EU-Parlament, ORF-Lobbyisten oder die Caritas sind.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört beispielsweise Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Er pries jetzt öffentlich, dass künftig die Finanzierung von Firmen durch „Risikokapital“ (also Unternehmensbeteiligungen) viel „attraktiver“ würde. Als Grund kann er nicht etwa eine Neuregelung des Risikokapitals nennen, die diese derzeit steuerlich diskriminierte Finanzierungsform attraktiver machen würde, sondern nur die Verknappung der Kreditfinanzierung. Diese wird durch die neuen Bankregulierungen, also insbesondere Basel III, deutlich schwieriger. Durch diese kommt es zu einer Verteuerung von Krediten für die Wirtschaft und zu einer Reduktion des Kreditvolumens. Dieses Schönreden muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Risikokapital wird in keiner Weise attraktiver, sondern andere Finanzierungsformen (die in Österreich dominierend sind!) werden deutlich unattraktiver und knapper. Und dafür lobt Mitterlehner also die Politik. Diesen Schwachsinn haben wir uns also offenbar unter „Entfesselung“ vorzustellen. Noch schlimmer: Fonds, die in Österreich Risikokapital-Beteiligungen an Privatanleger verkaufen wollen, klagen sogar heftig, dass sie hier viel schlechter behandelt werden als in Deutschland.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört der Chef des in München sitzenden Siemens-Gesamtbetriebsrats, ein Herr Lothar Adler. Er bekommt ein Gehalt von nicht weniger als 300.000 Euro. Und das in Zeiten, da Siemens weltweit reihenweise Mitarbeiter feuern muss. Wie war das schnell mit der Gewerkschafts-Hetze gegen die „Reichen“, also auch gegen jene, die zum Unterschied von Herrn Adler wirklich etwas geleistet, wirklich Risiko getragen haben? Wie das mit dem Abgang der – hier vor kurzem gelobten – Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer zusammenhängt, können wir uns nur denken und beschweigen es daher bis zum Vorliegen konkreter Indizien.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch die „Arbeitsgruppe ORF Reform“ des Bundeskanzleramtes. Die besteht ausschließlich aus drei Alt-ORFlern, darunter zwei Linksradikalen. Diese haben im Auftrag der Herrn Ostermayer und Faymann eine Forderungsliste aufgestellt, wo alles drinnen steht, was (für den ORF) gut und (für uns) teuer ist. Bis hin zur Haushaltsabgabe, bei der auch nicht fernsehende Menschen den ORF finanzieren müssen. Gleichzeitig sollen die längst gleichgeschalteten Redaktionen jeder Pflicht zu öffentlich-rechtlicher Ausgewogenheit entkommen. Die Ostermayer-Gruppe glaubt jetzt offenbar ernsthaft, dass das auch Teil des neuen Koalitionsabkommens wird. Oder sollte sie sich mit diesem Wahnsinn sogar durchsetzen? Dann würde freilich nicht sie sich abgrundtief lächerlich machen, sondern die Koalition.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch die EU. Sie hat der Ukraine für die Abschiebung der inhaftierten Oppositionsführerin Timoschenko Richtung Ausland umgehend eine Freihandelszone und ein Assoziierungsabkommen versprochen. Geht es noch primitiver? Kann man sich noch plumper erpressen lassen? Eine Semidiktatur braucht offenbar nur eine Geisel ins Gefängnis zu werfen, um dann im Gegenzug für deren Freilassung von der Europäischen Union alles zu bekommen, was sie will. Und sie kann sich dabei noch als edel profilieren.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch das EU-Parlament. Das will jetzt einem der ersten erfolgreichen EU-Volksbegehren („One of us“), das bereits überraschende 1,3 Millionen Unterschriften gesammelt hat, durch eine radikal-feministische Resolution mit gegenteiligem Inhalt die Luft abdrehen. Und zwar noch bevor das Volksbegehren abgeschlossen und eingebracht worden ist (Fristablauf am 1. November). Das Begehren richtet sich gegen Klonen, Embryonenversuche und Abtreibungsförderung. Und jetzt versucht das – eigentlich gar nicht zuständige – Parlament mit seiner rot-grün-linksliberalen Mehrheit, durch eine Resolution die Forderungen von vornherein auszuhebeln. Das ist mehr als lächerlich, nämlich abgrundtief undemokratisch. Offenbar darf es nur Volksbegehren geben, die von links kommen.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehören auch die Caritas-Bosse Küberl und Landau. Sie haben öffentlich die Einführung der Gesamtschule gefordert. Zwar ist nicht ersichtlich, ob die beiden auch nur in irgendeiner Hinsicht eine Ahnung von Bildungsfragen und Schulen haben. Aber als Vorfeldsprecher von Rotgrün haben sie sich damit neuerlich fest einbetoniert. Wobei nur rätselhaft bleibt, warum die Bischöfe dann immer schutzsuchend zur ÖVP rennen, um die Anliegen der Kirche gegen Rot-Grün-Pink zu verteidigen. Denn sie selbst sind ja die Vorgesetzten der Caritas-Bosse.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch der burgenländische Landtag. Rot und Schwarz beschlossen dort wieder einmal ein Budget, in dem man nichts erfuhr über die ausgegliederten Gesellschaften und die Haftungen des Landes. So als ob die Milliardengaunereien in Kärntner und Salzburger Hinterzimmern und all die Besserungsschwüre der Politik nie passiert wären. Als die Opposition dagegen remonstrierte, warf man dieser im Gegenzug sofort „Arbeitsverweigerung“ vor und erregte sich in gut politisch-korrekter Art maßlos über ein in einem Zwischenruf gefallenes Schimpfwort. Ziemlich lächerlich, wenn man gegen den neuerlichen Betrug an Wählern und Steuerzahlern selbst nichts tut. Der ein wenig schlimmer ist als ein Kraftausdruck.
In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch die Wiener Polizei. Sie versucht ihre Jagd auf Strafmandate rhetorisch mit „mehr Verkehrssicherheit“ zu begründen. Wobei ganz Wien weiß, dass die Mandatsaktionen in Wahrheit zur Anfüllung der Wiener Rathauskassen dienen. Denn die Polizei agiert ja niemals dort, wo wirklich die Verkehrssicherheit auf dem Spiel steht (Drängereien, Schneiden, Abbiegen ohne Signal, Ignorieren von Zebrastreifen, Fahrradfahren auf Gehsteigen). Dafür agiert sie stets mit großer Intensität dort, wo absolut Null Gefahr für irgendjemanden besteht, wo aber Autofahrer wegen eines Formaldelikts ganz leicht abkassiert werden können. So sieht man die Uniformträger in total verkehrsarmen Zeiten vor dem Museumsquartier, wo Autofahrer mutterseelenallein auf einer dreispurigen kreuzungsfreien Richtungsfahrbahn eine lange gerade, völlig einsehbare Strecke vor sich haben. Und wo selbst der vorsichtigste Lenker ohne jedes Risiko schneller als 50 fahren kann, es aber wegen des formalistischen Gessler-Hutes der geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung nicht darf. Genauso provozierend ist es, wenn die Polizei auf der ebenfalls dreispurigen, geraden, einsichtigen, menschenleeren, kreuzungsfreien Schönbrunner Schloßstraße (Richtung Grünbergstraße) an Samstagen um 6,45 Uhr(!) auf die Radarjagd geht. Auch dort gibt es keinerlei Sicherheitsmotiv, sondern nur das Abkassiermotiv. Das ist wohlgemerkt dieselbe Polizei, die Diebstähle und Einbrüche mit wachsendem Desinteresse zur Kenntnis nimmt, und die auch absolut nichts zu deren Aufklärung unternimmt.
Um 25,5 Prozent verdienten Frauen angeblich weniger als Männer, meinen die „Business and Professional Women“ (BPW). Ihre einzige Quelle, den Einkommensbericht des Rechnungshofes, interpretieren sie dabei aber eher großzügig als wissenschaftlich.
Die „Lücke“ ergibt sich, wenn man etwa das Medianeinkommen aller weiblichen Akademiker (37.389 Euro) dem aller männlichen Akademiker gegenüberstellt (51.500 Euro). Damit vergleicht man aber Sozialpädagoginnen mit Erdöltechnikern. Denn laut Eurostat wählen Frauen vor allem „soziale“ (und eher schlecht bezahlte) Fächer, Männer eher „technische“ (und hoch entlohnte). So beträgt der Frauenanteil bei Philologen 76 Prozent, bei Wirtschaftsingenieuren aber nur 9. Kunstgeschichte studieren zu 88 Prozent Frauen, Maschinenbau nur 8.
Besonders groß der Unterschied bei Facharbeitern: Auf den ersten Blick bekommen Frauen nur die Hälfte (14.532 Euro). Die Differenz ergibt sich aber aus der Art des Facharbeiters: Weibliche sind vor allem Schneider (Anfangsgehalt laut Kollektivvertrag 1.188 Euro) oder Friseure (1.228 Euro), oft dazu in Teilzeit. Männer sind Kfz-Mechaniker oder Schlosser (1.961 Euro, 65 Prozent mehr). Frauen bevorzugen Tätigkeiten in geschützten Innenräumen. Männern werken in kalten, zugigen Produktionshallen. Dort wird „produziert“ – die Wertschöpfung ist doppelt so hoch wie bei (einfachen) Dienstleistungen.? Fragen Sie eine junge Frau, ob sie lieber für 2.800 Euro im Monat schweißen oder für die Hälfte in einer beheizten Boutique Kleider verkaufen möchte.
In den Forschungs- und Entwicklungsbereich drängen nur 21 Prozent Frauen, aber viermal so viele Männer (79 Prozent). Einzig im „Non Profit“-Bereich forschen fünfmal (!) so viele Frauen wie Männer.
Männer leisten mehr Arbeitsstunden. Bricht man den Jahresverdienst auf die einzelne Stunde herunter, schmilzt der Nachteil alleine hier von 25,5 Prozent auf 17,6 Prozent. Frauen sind aber nicht weniger ehrgeizig, im Gegenteil. Viele Mütter freuen sich, neben Haushalt und Familie einen Teilzeitjob zu haben. Wenn er auch nicht die Top-Karriere verspricht, er garantiert Einkommen und soziale Kontakte. Pro Stunde verdienen Frauen hier pro Stunde sogar um zehn Prozent mehr als Männer.
Kinder unterbrechen die Karriere vieler Frauen, Frauen sind kürzer berufstätig als Männer, sammeln im Betrieb weniger Erfahrungen. Von 55-59 sind 61 Prozent der Männer berufstätig, aber nur mehr 35 Prozent der Frauen.?Den Nachteil durch Kinder gleichen einerseits Sozialleistungen aus. Andererseits das Mutterglück und damit eine längere Lebenserwartung – was schwer quantifizierbar, jedoch zu erwähnen ist.
Schon 2001 führte das IHS (Leitner) die „schlechteren Einkommenschancen für Frauen“ auf die „Beharrlichkeit bei der Wahl von Frauen-Berufen“ zurück. Aber selbst innerhalb eines Fachbereiches gehen Frauen andere Wege: Männliche Betriebswirte entscheiden sich im Bereich „Sales“ eher für die „raue Front“: den Verkauf. Betriebswirtinnen hingegen für ruhigere Bereiche wie Marketing und PR – damit aber auch für schlechter bezahlte Positionen. ?„Ungerecht“ ist angeblich der hohe Unterschied beim Beruf der „Rechtsberater“. Männer verdienen mit 67.339 Euro etwa 1,7-mal so viel wie Frauen (40.627 Euro).
Was der Bericht nicht sagt: Viele weibliche Rechtsberater arbeiten bei NGOs. Sie haben oft besser bezahlte Stellen in der Privatwirtschaft aufgegeben, um eine „sinnvollere Arbeit“ zu leisten. ?Männer fühlen sich oft gezwungen, für ihre Familien möglichst viel Geld zu verdienen. Für ihre Karriere nehmen sie mehr Stress und Arbeitsstunden in Kauf als Frauen und sie legen weniger Wert auf den Sinn ihrer Tätigkeit. Dafür sterben sie um sieben Jahre früher als Frauen.
Um die Jahreseinkommen von Frauen zu erhöhen, müsste man sie mit „Frauen-Höchstquoten von 50 Prozent“ aus sozialen Berufen hinaus und in technische hineindrängen. Aussichtslos, in beide Richtungen.?So ist etwa Deutschland trotz massiver Fördermaßnahmen seitens der EU meilenweit vom Ziel einer 20-prozentigen Männerquote bei Kindergärtnern entfernt – diese stagniert bei unter 3 Prozent. Also sind 97 Prozent (dieses Niedriglohnsektors) Frauen.
Als Harald Schmidt in seiner Show am Weltfrauentag den Leiter seiner Big Band, Helmut Zerlett, fragte, ob er für die Frauenquote wäre, kam es wie aus dem Mund geschossen: „Aber, natürlich!“ Nicht einmal Harald Schmidt war aufgefallen, dass in Zerletts Band keine einzige Frau zu sehen war. Ja, dass niemand sich erinnern konnte, dort jemals eine Frau gesehen zu haben.
Gerne bringen Soziologen „Gläserne Decken“ ins Spiel, welche ehrgeizige Frauen vom Aufstieg in Männerdomänen abhalten würden. Abgesehen davon, dass Frauen im „Human Resources“- und im „Non Profit“-Bereich sehr wohl die Mehrheit erlangten, gibt es in der Privatwirtschaft schlicht zu wenige ehrgeizige Frauen.? Zu Betriebsleitern oder Bauleitern, zu Fertigungschefs und Forschungsdirektoren werden nur Ingenieure befördert. Gibt es Ingenieurinnen weder am Markt noch in der Firma, kommen Männer zum Zug.
Für Zukunftsforscher Matthias Horx haben es Frauen schwerer, an die Spitze zu kommen, weil sie dafür einen männlichen Lebensstil annehmen müssten: Viele Überstunden, Arbeit an Wochenenden, Vernachlässigung der Familie. Das tun sich Frauen einfach nicht an – zu Recht. ?Für Horx liegt die Lösung deshalb in Skandinavien. Dort hätten Kinder und Familie einen höheren Stellenwert als in Mitteleuropa. Jenen Manager, der nach 17 Uhr noch in der Firma säße, würde man nicht bewundern, sondern besorgt fragen, warum er seine Familie vernachlässige.?
In Österreich blickt die „Konstruktion“ vermeintlicher Ungerechtigkeiten auf eine lange Tradition. Kein Wunder, dass Unterstützer der „Business and Professional Women“ durch die Nationalrats-Präsidentin Barbara Prammer (SPÖ), Frauenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ), Arbeiterkammer (SPÖ), ÖGB (SPÖ) und ORF (SPÖ) hier ins selbe Horn stoßen.? Wer durch oberflächliche Konstruktionen eine „Verschwörung“ alt eingesessener Männerklüngel erdichtet, genießt allein aus Tradition die Gunst des Mainstreams – steht aber auf wissenschaftlich dünnem Eis.
Wer so oberflächlich arbeitet wie die Business Women, verdient es, um 25,5 Prozent weniger zu verdienen. Aber nicht weil „er“ eine Frau ist, sondern weil „er“ schlampig arbeitet.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. In seinem aktuellen Buch „Die Gemeinwohl-Falle“ stellt er sich gegen den „linken Mainstream“, kritisiert AK, Christian Felber und Caritas.
Barack Obama hat den Krieg der gegenseitigen Erpressungen gewonnen. Er konnte länger, als die Republikaner ihn bedroht haben, das Messer am Hals der Gegenseite halten. Die Demokraten und die linken Medien können jubeln: Das Schuldenmachen geht vorerst ungehindert weiter.
Die Hauptursache, warum der Machtkampf so ausgegangen ist, ist klar: Die Demokraten haben das Match um die öffentliche Meinung gewonnen. Dort wurde nicht mehr die teure Obamacare zur Diskussion gestellt. Dort wurde auch keine Grundsatzdiskussion über die ständige Schuldenexplosion geführt. Dort war bis auf wenige Ausnahmen nur der kollektive Ruf zu hören: Das Geld muss wieder her!
Natürlich kann eine exzessive Schuldenpolitik nicht von einem Tag auf den anderen gestoppt werden; das ginge nur durch den Stopp einer Reihe ganz konkreter Einzelprogramme, wo man aber immer zuerst mit einer Lobby fertigwerden muss. Natürlich ist Obamas Gesundheitsreform schon korrekt durch die gesamte Gesetzgebungsmaschinerie durchgegangen, sodass jetzt vielen, auch einst ablehnenden Amerikanern eine nachträgliche Rücknahme als nicht sonderlich fair erschienen ist. Und natürlich haben die Republikaner schlecht taktiert: Wenn man die schlechteren Karten hat, sollte man nicht unbedingt den Einsatz ständig erhöhen – vor allem wenn man die Karten beider Seiten kennt.
Aber ebenso natürlich ist Obamacare ein weiterer Schritt in die völlig falsche Richtung: Dadurch wird das langfristig absolut unfinanzierbare Wohlfahrtssystem noch weiter aufgebläht. Natürlich ist dem Präsidenten auch vorzuwerfen, dass er noch nie substanziellen Einsparungen vorgeschlagen hat, um den amerikanischen Haushalt wieder in Ordnung zu bringen: Etwa im Gesundheitssektor könnte das durch eine radikale Eindämmung der absurd hohen Haftungskosten für wirkliche und angebliche Kunstfehler (samt den aufwendigen Absicherungsmaßnahmen jedes einzelnen Arztes) begonnen werden. Dieser Sektor verschlingt ja in den USA jetzt schon einen viel höheren Anteil des Nationaleinkommens als in europäischen Ländern.
Manche werden freilich jetzt meinen: Das System, Schulden ständig durch immer noch höhere Schulden zu finanzieren, hat doch bisher ganz gut funktioniert. Im Grund geht das exzessive Schuldenmachen doch schon seit über 40 Jahren so. Die rund 13 Prozent der Weltbevölkerung in Europa und Nordamerika geben heute schon 88 Prozent der weltweiten Wohlfahrtsausgaben aus. Sie glauben irgendwie sogar, einen naturgesetzlichen Anspruch darauf zu haben, während von China bis Brasilien die Menschen halt von ihrer Arbeit statt von der Wohlfahrt leben sollen. Das heißt mit anderen Worten: Die Nachkriegsgeneration kann möglicherweise ihr ganzes Leben unbeschadet im ständigen Konsumrausch auf Kosten der nächsten Generation genießen.
Je länger sie das kann, umso weniger wird sie logischerweise zum Umdenken bereit sein. Und irgendwann schleicht sich angesichts eines so langen „Gut ist‘s gegangen, nichts ist geschehen“ natürlich das Gefühl ins Bewusstsein ein, das könne ohnedies ewig so weitergehen.
Wer aber darauf hinweist, dass zwangsläufig die Katastrophe umso größer wird, je länger das tatsächlich so weitergeht, wird als „erzkonservativ“, „radikal“, „hinterwäldlerisch“, „unsozial“, „neoliberal“ (was auch immer das alles heißen soll) hingestellt. Das Denunziations-Spiel ist jetzt jedenfalls in Washington wieder einmal perfekt aufgegangen.
In der Tat werden Bevölkerungen und damit Regierungen erst wirklich in der großen Mehrheit umdenken, wenn es schon zu spät ist. All die schon längst erkennbaren Warnsignale werden ja von den Medien und der Öffentlichkeit total ignoriert. Dabei sind sie sie durch die ständig steigende Arbeitslosigkeit und die schrittweise Enteignung der Sparguthaben durch nur noch mikroskopisch über Null liegende Zinsen für die Betroffenen bereits massiv spürbar. Auch wenn sie zweifellos nur ein Vorspiel sind.
Jetzt einmal feiern wir wieder schön, dass der Tanz auf der Titanic vorerst weitergehen kann. Und wenn das Schiff gegen den Eisberg kracht, brauchen die Medien nur noch die Schuldigen zu finden. Und das werden dann natürlich jene sein, die vor dem Eisberg gewarnt haben.
„Wir können Erpressung in unserer Demokratie nicht zur Routine werden lassen.“ Also sprach Barack Obama am Höhepunkt seines Kriegs mit der Mehrheit des Repräsentantenhauses, der für die Weltwirtschaft schon bedrohlich geworden ist. Klingt völlig richtig. Nur: sind es immer bloß die anderen, die erpressen?
Denn in Wahrheit haben sowohl der amerikanische Präsident den Kongress, wie auch der Kongress den Präsidenten zu erpressen versucht. Beide Seiten erpressen einander. Und Amerikas Verfassung gibt da keiner Seite automatisch das letzte Wort.
Ganz ähnlich ist es auch anderswo. Etwa in Österreich. Alle Oppositionsparteien sagen: Wenn uns Rot-Schwarz nicht das Oppositionsrecht auf U-Ausschüsse gibt, stimmen wir keinem Verfassungsgesetz mehr zu. Ein solches wird aber etwa der EU wegen immer wieder nötig. Glatte Erpressung, denn inhaltlich hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.
Genauso geht es aber auch in der Koalition zu: Die Interessen von Bauern oder Branchen werden im Gegenzug für den Ausbau des Wohlfahrtsstaats abgetauscht. Das wird dann zwar als toller Kompromiss verkauft, ist aber nichts anderes als gegenseitige Erpressung. Dabei einigt man sich meist zu Lasten Dritter, nämlich der künftigen Steuerzahler. Diese müssen die dabei entstehenden Schulden einmal abzahlen. Via Steuererhöhungen, via Inflation oder (am wahrscheinlichsten) auf beiden Wegen.
Am schlimmsten ist die Erpressung, die alle Staaten gegenüber ihren Bürgern begehen: Entweder du zahlst alle von uns festgesetzten Steuern, Gebühren und Abgaben oder wir holen uns das Geld mit Gewalt. Eine Exekution ist ja nichts anderes als Gewalt.
Gewiss, Steuerzahlen kann sich nicht auf freiwillige Spenden reduzieren. Aber gerecht wäre der Steuer-Zwang nur, wenn es auch eine echte Mitsprache der Bürger bei den ständig höher werdenden Ausgaben durch die Politik gäbe. So wie es eigentlich ja auch der Urgedanke der Demokratie war. Eine solche Mitsprache verweigern aber bis auf die Schweiz praktisch alle Machthaber. Deshalb hat gerade die Schweiz besonders niedrige Steuern und einen besonders hohen Wohlstand.
Auch die Amerikaner hätten mit großer Mehrheit die Einführung von „Obamacare“ abgelehnt. Ohne eine solche Legitimation fällt es aber schwer zu sagen, Bürger und Abgeordnete dürfen sich nicht mit legalen Mitteln gegen ständige Neuverschuldungen wehren, die – nicht nur, aber eben auch – durch diese Gesundheitsversicherung notwendig wird.
Das Tragische ist jetzt aber, dass ein plötzlicher Neuverschuldungsstopp – dessen Herannahen der Präsident noch vor einem Monat ignoriert hatte – schockartige Folgen für die gesamte Weltwirtschaft haben wird. Diese reagiert logischerweise wie ein schwer Süchtiger, der plötzlich zu einem totalen „harten“ Entzug gezwungen wird. Aber insgesamt sollte es keine Frage sein, dass ein geordneter Entzug dringend notwendig wäre. Für Amerika wie für Europa.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Sozialdemokraten müssen nach der Wahl in die Opposition, obwohl sie die deutlich stärkste Partei geblieben sind. An ihrer Stelle bilden Konservative und Rechtspopulisten eine Zweiparteienregierung. Das sind ja gleich zwei politische Mega-Kapitalverbrechen auf einmal. Und dennoch regt sich nirgendwo der nun eigentlich zwangsläufig fällige Moralistensturm der rot-grün-medialen Volksfront. Schlafen die? Lesen die überhaupt keine Nachrichten mehr? Oder schaffen sie aus Mangel an Erregungs-Ganglien immer nur ein Empörungs-Thema auf einmal? Und derzeit sind halt all linken Gutmenschen vollauf damit beschäftigt, Europa zu zwingen, alle Drittweltbürger – pardon: Flüchtlinge – einwandern zu lassen (weil ja offenbar Europa am Untergang mehrerer Schlepperschiffe schuld ist).
Der Grund für dieses seltsame Schweigen könnte freilich auch darin liegen, dass es nicht um Österreich, sondern um Norwegen geht. Dort sind die Sozialdemokraten eine recht vernünftige und demokratische Gruppierung. Österreich hingegen muss nach Beschluss der Linken auf ewig ein besachwaltertes Land bleiben, sonst donnert sofort die rot-grün-pinke Antifa-Keule hernieder.
Dabei hätte ein linker Entrüstungssturm ob der Entmachtung der norwegischen Sozialdemokraten durchaus mehr Ursache, als wenn das den österreichischen passieren sollte. Denn die Sozialdemokraten im Norden haben mit 30,8 Prozent ja einen deutlich höheren Stimmenanteil als die österreichischen mit ihren 26,8. Und überdies ist dort der prozentuelle Vorsprung auf die nächstgrößere Partei deutlich größer als jener der SPÖ auf die ÖVP.
Ohne dass das zu einer psychologischen Ferndiagnose der norwegischen Sozialdemokraten ausarten sollte, so ist doch stark anzunehmen, dass sie ebenso wie alle anderen Nordmänner sehr nüchtern und rational gebaut sind. Dass sie jeden Hang zur Hysterie lieber den Genossen weiter im Süden überlassen.
Daher hat bei ihnen anstelle der Panikmache auch die Vernunft die Oberhand. Und die sagt den norwegischen Sozialdemokraten ganz klar: Rechtspopulisten sind höchstwahrscheinlich gar nicht zum Mitregieren imstande. Verloren sie doch von Holland bis Dänemark jedes Mal sehr rasch einen Großteil ihrer Wähler, sobald sie die Regierungslast tragen mussten. Diese Weisheit hat ja wohl auch die Strache-FPÖ erkannt, die keinerlei ernsthaften Versuch macht, jemals in die Regierung zu kommen (oder immer erst: beim nächsten Mal).
Dennoch sollte man nicht ausschließen, dass das in Norwegen anders laufen könnte. Dass sich die dortigen Rechtspopulisten also rasch von einer Protestpartei zu einer verantwortungsbewussten Gruppierung entwickeln. Das hieße für sie auf der einen Seite: weiterhin deutlicher als alle anderen immigrationskritisch und heimatverbunden Flagge zu zeigen. Das hieße auf der anderen Seite: sehr rasch zu begreifen, dass all die schönen Dinge absolut unerfüllbar und unfinanzierbar sind, die man in der Oppositionszeit so gefordert hat.
Genau diesen Zwiespalt haben ja vor mehr als zehn Jahren die österreichischen Freiheitlichen am eigenen Leib erlebt. Bis es sie zerrissen hat. Ein Teil von ihnen ist auf eine Politik des Verantwortungsbewusstseins gewechselt. Der andere zog sich auf die viel sichere Oppositionsbank zurück.
Die Option Verantwortungsbewusstsein hat aber gerade bei den norwegischen Rechtspopulisten eine Chance: Denn diese wollen alles tun, um den Schatten über ihrer Partei loszuwerden – also den des terroristischen Massenmörders B., der einmal ihrer Partei nahegestanden ist. Da wäre es absolut fatal, weiter ungehindert den alten Forderungspopulismus fortzusetzen.
Regierungen in Norwegen und damit auch die Rechtspopulisten haben es jedenfalls leichter als jene anderer Länder. Erstens hat der Ölsegen dem Land ein Vermögen gebracht, das sehr hilfreich ist, wenn jetzt die Konjunktur flau wird. Zweitens hat zwar auch Norwegen viel Immigranten und damit die direkten und indirekten Kosten, aber deren Zahl macht doch einen deutlich niedrigeren Prozentsatz aus als in Österreich. Und drittens erspart sich das nordische Land auch alle Kosten und Risken durch die Schuldenpolitik der Euroländer.
PS: War die einleitende Gleichsetzung zwischen Drittweltbürgern und Flüchtlingen nicht ein wenig polemisch? So könnten jetzt manche fragen. Ich meine: Ganz sicher nicht. Gelingt es doch heute schon jedem Caritas-Lehrling, aus jedem Drittweltbürger rhetorisch einen Flüchtling zu machen. Das heißt genau das, was wir derzeit täglich sehen: Alle, die nach Europa wollen, werden als Flüchtlinge bezeichnet. Mit sämtlichen daraus folgenden Ansprüchen an die europäischen Staaten.
Die Fakten der Ökonomie und die Lügen eines Wahlkampfes.
Sehr trocken der – meist SPÖ-nahe agierende – Chefökonom der Bank Austria: Die Arbeitslosigkeit werde Ende 2013 den „höchsten Wert der jüngeren österreichischen Geschichte“ erreichen. Na Bumm. Deutlicher geht’s nimmer. Zu diesem Rekordwert kommen noch die in der Statistik gar nicht erfassten österreichischen Formen, Arbeitslosigkeit zu verstecken: Weitaus am gravierendsten ist da der frühe Pensionsantritt, vier Jahre unter dem EU-Schnitt. Dabei haben wir alle noch die vibrierende Stimme des kleinen Bundeskanzlerdarstellers aus dem Wahlkampf in den Ohren. Da hat er sich noch der niedrigen Arbeitslosigkeit gebrüstet, jede substanzielle Pensionsreform abgelehnt, einen absurd hohen, damit massenweise Jobs vernichtenden Mindestlohn angedroht (in der roten Diktion: „versprochen“) und angekündigt, jene Menschen, die als einzige Arbeitsplätze schaffen könnten (in der rot-grünen Diktion: „die Reichen“), mit jeder Menge neuer Steuern zu belasten. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit. Wohl rascher, als es sich die Genossen selbst in ihren ärgsten Albträumen vorstellen konnten.
Uns bleibt nichts erspart. Nicht einmal ein Da capo von Rot-Schwarz, der einst großen Koalition. Das wird von Tag zu Tag klarer. Die Alternativen schließen sich ja eine nach der anderen. Um nicht ganz depressiv zu werden, sollte man sich daher an den kleinen Lichtblicken erfreuen, die sich dabei zumindest abzeichnen.
Die innenpolitische Lage hat sich 14 Tage nach der Wahl jedenfalls auf diese enge Alternativlosigkeit reduziert: Rot will nicht mit Blau. Blau will nur mit Rot oder Pink. Die Stronachs wollen mit allen, aber niemand will mit ihnen angesichts ihres gegenwärtigen Zerfallszustands und ihrer totalen Führungslosigkeit. Pink und Grün wollen mit allen außer Blau. Die Schwarzen wollen mit allen – und beschließen deshalb einstimmig mit Rot zu verhandeln.
Die Hoffnung, dass da wirklich etwas Neues herauskommt, ist aber nicht nur angesichts der strategischen Alternativlosigkeit, und angesichts des weitgehend gleichbleibenden Personals in Parlament und Verhandlungskomitees gering. Auch in Sachen „Direkte Demokratie“ wird kaum etwas weitergehen. Nicht einmal die schwächliche Regierungsvorlage vom Sommer wird in vollem Umfang Realität werden. Dabei wäre die direkte Demokratie wohl die einzige Möglichkeit, angesichts der verbreiteten Politikverweigerung vieler Parteien mit Rot-Schwarz – oder trotz Rot-Schwarz – wirklich etwas auffällig Neues zu machen, das auch gleichzeitig sinnvoll ist.
Aber suchen wir in unserer Depression halt dennoch das Positive. Schon um unser eigenes Seelengleichgewicht wiederherzustellen: Dazu gehört einmal die offenbar haltende Garantie der ÖVP, dass die Gymnasien nicht zerschlagen werden. Das ist angesichts des einschlägigen Trommelfeuers fast aller Medien (die ja das für Gesamtschulfans mehr als ernüchternde Wahlergebnis sowie die einschlägigen Meinungsumfragen unverfroren wegignorieren wollen) schon eine Leistung. Ebenso scheint die Vermögenssteuer vom Tisch.
Zu den Positiva gehört auch die offenbar jetzt schon feststehende Verabschiedung einiger schwer überforderter Minister. Da ist insbesondere erfreulich, dass Frau Schmied und Herr Berlakovich (mit oder ohne Grandezza) in der Versenkung verschwinden. Das freut nicht nur deshalb, weil das zwei der schwächsten Minister waren, sondern weil sie auch an der Spitze jener Ministerien standen, welche zu den Spitzenreitern in Sachen Bestechungsinserate für Printmedien gehört haben.
Daraus lernen wir: Man kann sich also doch nicht (mit unserem Steuergeld) den Verbleib an der Macht erkaufen. Man muss dennoch gehen. Ich find das super.
Natürlich wackeln auch noch weitere Minister, wenn auch überall der Abschied nicht so sicher ist wie bei den beiden. Dazu zählt etwa die Justizministerin Karl. Aber immerhin hat sie jetzt etwas sehr Lobenswertes gemacht: Sie hat ein Hundeverbot für Gerichte verhängt. Sie traut sich damit erstmals, auch die Richter zur Ordnung zu rufen. Von denen traten ja schon viele so auf, als würden sie über jeder Zivilisation schweben. Dass Karl sich diese Anordnung erst nach der Wahl getraut hat, sei amüsiert vermerkt. Vermutlich hatte Angst vor der Kronenzeitung für die Zeitwahl gesorgt. Hat das Blatt der Familie Dichand ja (nur noch) zwei erkennbare Linien: Tierliebe und Faymannliebe.
Aber es bleibt die lobenswerte Hauptsache, dass da wenigstens ein kleiner erster Schritt in Sachen „Mehr Ordnung in der Justiz“ gesetzt worden ist. Denn es ist schon aus Staatsräson absolut wichtig, wie die Republik dem einzelnen bei der extremsten Form ihrer Machtausübung gegenübertritt. In T-Shirts, mit Männerzöpfen und Christus-Sandalen, sowie eben mit Richterhunden, die da Parteien und Zeugen anknurren (all das hat es in letzter Zeit schon zu sehen gegeben). Oder eben ordentlich gekleidet. Und ohne Hunde. Ein Prozess ist ja kein Freizeitvergnügen.
Ähnliche Ordnungsrufe hätten übrigens statt der Ministerin natürlich auch längst schon die diversen Gerichtspräsidenten anordnen können. Die haben sich aber nicht getraut. Offenbar gilt da wieder einmal der Spruch von der Krähe, die der anderen Krähe nichts antut.
Gleich noch ein zweckdienlicher Vorschlag für die Ministerin: Wenn sie schon das Ordnungsmachen angeht, könnte sie jetzt auch endlich die seit langem fällige Kommission CSI-Staatsanwaltschaft einsetzen. Diese müsste vor allem dem Amtsmissbrauch durch Staatsanwälte effizient nachgehen, welche seit Jahr und Tag gezielt geheime Aktenteile nach außen spielen (wenn sie gegen rechte Politiker gerichtet sind). Während sie andere Akten kontinuierlich unerledigt lassen. Würde sie das wagen, müsste man ja geradezu Bittprozessionen für ihren Verbleib veranstalten.
Irgendwie ist es ja ziemlich heiter: Wir lernen gerade, wie man ohne Wahlkampf und Partei ins Parlament kommt.
Monika Lindner hat für ihre Pensionsjahre einen netten Job gefunden: Sie geht als wilde Abgeordnete im Parlament. Ohne Fraktion, aber auch ohne die Mühen eines Wahlkampfs. Ich hab zwar so meine Zweifel, ob das dem Image der Politik wirklich zuträglich ist. Aber es ist rechtens. Und es ist spannender, als wenn Lindner nur jagen gehen, Plakatwände einer (unter ihr) gecrashten Werbefirma anschauen und als Strafverschärfung das Programm des (nach ihr) noch schlechter gewordenen ORF anschauen müsste. Vor allem aber bedeutet es eine subtile Rache für Blödheiten des Herrn Lugar ihr gegenüber. Aber auch an uns: Müssen wir jetzt am Ende auf den Anblick einer Ex-Miss im Hohen Haus verzichten? Wäre schade. Wäre doch zumindest ein Hauch von Berlusconismus gewesen. Und nicht nur der grantige Alte in Kanada. Da ja bei Stronachs offensichtlich eh keine Politik gemacht wird, könnte doch vielleicht einer der Herren jetzt verzichten, damit wir Frau Weigerstorfer . . .
PS: Etwa ein gewisser Frank S.?
Die ÖVP hat vor der Nationalratswahl eine ebenso mutige wie richtige Haltung eingenommen: Entlastungen durch eine an sich durchaus notwendige Steuersenkung gibt es erst, wenn die Republik kein Defizit hat. Sehr lobenswert. Aber glauben sollte man es erst, wenn es auch nach der Wahl gilt. Wenn also auch nach der Wahl nicht gleich neue Ausgaben beschlossen werden, die Defiziteliminierung und Steuersenkung unmöglich machen.
Da macht es mehr als besorgt, dass sich allerorten jetzt zahllose Lobbies und Eigeninteressensgruppen lautstark zu Wort melden. Alle halten eifrigst die Hand auf. Alle wollen mehr Geld von uns. Und fast jede Gruppe kann darauf verweisen, dass ihnen irgendwann irgendein Politiker tatsächlich auch versprochen hat, dass es mehr geben wird.
Nur einige Beispiele dessen, was da zuletzt zu hören gewesen ist:
Und so weiter. Und so fort. Dabei mag man durchaus für manche oder auch jede einzelne Forderung persönliche Sympathie empfunden. Nur eines sagt niemand: Wo das Geld dafür herkommen soll, außer höchstens dem luftleeren Gewäsch von einer Millionärssteuer, die wahrscheinlich am Ende viel mehr kosten als bringen würde (wobei ja auch niemand zu sagen wagt, wie die denn genau ausschauen soll). Keine einzige dieser Lobbies sagt etwa: „Ja, wir unterstützen es auch, wenn im Gegenzug das Pensionsantrittsalter deutlich erhöht wird. Und dass in der Krankenversicherung überall ein Selbstbehalt eingeführt wird.“
Gespannt kann man aber auch sein, was der – an sich ja ebenfalls tolle – ÖVP-Slogan von der „Entfesselung der Wirtschaft“ konkret bedeuten wird. Da sieht man noch sehr wenig Inhalt. Im Gegenteil: auch im schwarzen Dunstkreis, und erst beim roten Koalitionspartner, werden schon die Ketten für neue Fesselungen geschmiedet: etwa durch den von den Radikalfeministinnen verlangten Zwang zu Frauenquoten; etwa durch die Forderung der Political correctness nach weiteren Diskriminierungsverboten; etwa durch neue Finanzregulierungen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Mit einer Ausnahme habe ich in keinem einzigen österreichischen Medium eine Zeile dazu gefunden. Oder gar einen Ton gehört. Daher hier die wichtigsten Fakten: Gegen den Leiter eines Wahlkreisbüros der Grünen in Deutschland ist ein Haftbefehl erlassen worden. Sechs Jahre lang soll der Mann seine – mutmaßlichen – Verbrechen begangen haben. Und zwar bis in die unmittelbare Gegenwart. Die Taten liegen also nicht um Jahrzehnte zurück, wie es bei den von all unseren Medien genußvollst aufbereiteten Vorkommnissen in kirchlichen Heimen der Fall gewesen war.
Wenn es um kirchliche Internate gegangen ist, wurde und wird auch breit über das berichtet, was einst in deutschen und irischen Heimen geschehen ist. Bei den Grünen schweigt man meist betreten.
Zurück zum konkreten Fall: Mindestens 160 Mal soll der Grüne laut Polizei Kinder zwischen acht und elf mit Drogen gefügig gemacht und anschließend sexuell missbraucht haben. Natürlich „mutmaßlich“. Er wird freilich von etlichen Zeugen schwer belastet. Und die Polizei hat vom Marihuana bis zur Reizwäsche in Kindergröße etliche seltsame Dinge bei dem Mann gefunden.
Weitere Details erspare ich den Lesern. Aber nicht die Tatsache, was für ein guter Mensch der von diesem Wahlkampfleiter betreute grüne Abgeordnete Tom Koenigs denn ist: Er ist Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im Bundestag. Er setzt sich regelmäßig lautstark für die Belange von Kindern ein. Und er sitzt im Vorstand des Kinderhilfswerks Unicef. Ein typischer Gutmensch halt.
Ach ja: Die grüne Parteispitze in Deutschland ist erschüttert. Aber warum eigentlich? Jahrelang haben die Grünen doch die Straffreiheit für Pädophilie verlangt. Da müsste eigentlich ziemlich klar sein, dass gerade solche Leute dorthin drängen.
Die Grünen sind aber auch genau jene Partei, die ständig direkte und indirekte Attacken auf die Familien reitet. Die (zusammen mit kurzsichtigen Wirtschaftskreisen) den Eltern die Kinder möglichst rasch entreißen und in Kindergärten und Ganztagsschulen abschieben will. Die Verachtung für die klassische Familie zeigt. Und die dafür ständig die Forderungen von Lesben, Schwulen, Singles und Transgender-Menschen sympathieheischend in die Öffentlichkeit trägt. Dabei sind diese Gruppen materiell der bestgestellte Teil der Gesellschaft, während es in die relative oder absolute Verarmung führt, eine Familie mit Kindern zu gründen.
Aber vielleicht schwingt auch in diesen Fragen das Pendel demnächst wieder zur Normalität und zu Gunsten der Kinder zurück. Das ist ja auch in Sachen Pädophilie so geschehen. Vorige Woche konnte man jedenfalls im „Spiegel“ einen eindrucksvoll selbstkritischen Beitrag lesen. Dieser setzte sich mit eigenen Artikeln aus früheren Zeiten auseinander, in denen klare Sympathien für pädophil veranlagte Menschen zu finden waren. Noch viel ärger hat es die formal großformatige „Zeit“ getrieben, die jahrelang geradezu eine Vorkämpferin des Kindesmissbrauchs gewesen ist. Kinder seien ja dabei gar keine Opfer, meinte die dortige Linksredaktion.
Wenn man das heute liest, wird einem übel. Und man fragt sich, wie hohl das „Zeit“ lesende Bildungsbürgertum eigentlich schon ist, dass es da nie laut protestiert hat.
Aber auch in der "Zeit" selber, findet man immer öfter Texte, die in früheren Jahren dort undenkbar gewesen sind: So stand dort vor kurzem eine große und extrem kritische Abhandlung über das Los der französischen Frauen, die in Frankreich besonders oft in der vollen Doppelbelastung Beruf+Familie stehen. Und die auch laut "Zeit" furchtbar darunter leiden. Frankreich wird dennoch von unseren Linken und frauengierigen Wirtschaftskreisen ständig als Vorbild bezeichnet. Was diese Kreise hingegen nicht erwähnen - die "Zeit" aber schon -, sind internationale Vergleichsstudien: So bezeichnen in einer Unicef-Studie Kinder und Jugendliche (aus 30 Ländern) ihr Verhältnis zu den Vorfahren nirgendwo als so schlecht wie in Frankreich. So ist Frankreich seit Jahren an der Weltspitze beim Verbrauch von Antidepressiva.
Nicht nur die Anzeichen einer Umkehr bei „Zeit" und „Spiegel“, sondern noch etwas ganz anderes stimmt ein wenig optimistisch für Kinder und Familien. Das ist die bisherige deutsche Familienministerin Kristina Schröder. Diese hatte nicht nur der unsäglichen Ursula von der Leyen in Sachen Quotenzwang tapfere Gefechte geliefert. Sie imponiert noch mehr durch ihren nunmehrigen Rücktritt. Der Grund: Ihr ist ihre zweijährige Tochter viel wichtiger. „Oft hatte ich das Gefühl, zu wenig Zeit mit der Kleinen zu haben.“
Solche Sätze sind für die große schweigende Mehrheit einfach schön. Auch die will nämlich mehr Zeit für ihre Kinder statt noch mehr Berufsstress. Frauen wie Schröder finden den Mut, gegen den feministischen Terror aufzustehen, der ja ihnen selbst am meisten geschadet hat, der sie selbst am meisten unter Druck setzt.
Der von Rotgrün und Industrielobbyisten ausgehende Zwang, gleichzeitig in Beruf und Familie perfekt sein zu müssen, wird zunehmend als absurd entlarvt. Beides geht nicht. Der Druck hat keine Befreiung gebracht, sondern den jungen Frauen nur ständig schlechtes Gewissen gemacht und viele Kinder um die Geborgenheit eines Elternhauses betrogen. Daher ist gerade Schröders Aufbegehren gegen diesen Druck so wichtig: Gibt es doch kaum attraktivere Karrierepositionen als ein Ministeramt (zumindest solange man nicht selber Minister ist).
Das Traurige ist nur, dass das alles nur in Deutschland stattfindet, nicht in Österreich. Hier traut sich die Mehrheit der Frauen noch nicht, gegen das Diktat der meist kinderlosen Karrieristinnen aufzubegehren, welche die Mütter als Geisel für ihre eigenen Interessen nehmen. Diese geben immer noch in Politik und Medien mit ihren absurden Geschichten den Ton an.
Eine davon ist die ständig wiederholte Lüge von der um 25 Prozent schlechteren Bezahlung für die gleiche Arbeit. Dazu der WKO-Sozialexperte Rolf Gleißner resignierend: „Es fehlt uns nicht an Daten und Argumenten – es ist nur schwer, bei den oft voreingenommenen Journalisten (meistens Journalistinnen) durchzudringen.“
Und natürlich schweigen diese voreingenommenen Medien erst recht, wenn sich zeigt, dass es die Grünen (und die einstigen Zwangsbordellbetreiber aus dem Wiener Rathaus) sind, die im Zentrum der Pädophilie-Verbrechen stehen. Wenn sie nicht die Kirche auf die Anklagebank setzen können, dann interessiert sie das Thema nicht.
Wenn ich mir, wenn ich Österreich etwas wünsche, dann ist es, auch hierzulande einmal nicht nur Politikerinnen wie Schröder, sondern auch so brillante Autorinnen wie die deutsche Kolumnistin Birgit Kelle zu finden. Diese fährt regelmäßig mit brillanter Feder mit den Feministinnen Schlitten. Und wenn ich den Lesern etwas wünsche, dann ist es, dass sie selbst das neue Kelle-Buch „Dann mach doch die Bluse zu“ in die Hände bekommen.
PS: Zurück zur fehlenden Berichterstattung in den österreichischen Medien. Die versuchen manche mit dem Hinweis zu entschuldigen, dass der grüne Kindesmissbraucher doch aus einem anderen Land komme. Darüber zu berichten sei halt nicht immer ausreichend Platz. Interessant. Denn etliche der Medien haben sehr wohl groß Platz gefunden, um über das unglaubliche Verbrechen eines französischen Abgeordneten (natürlich der Opposition) zu berichten: Er hatte in einem Zwischenruf Hühnergegacker nachgemacht. Wenn es den „Richtigen“ anlastbar ist, dann werden eben auch solche Halblustigkeiten zum international zu berichtenden Verbrechen.
Radikalislamische Salafisten treffen sich in Wien. Das fällt ganz zufällig mit einem Prozess gegen einen radikalen Christen in Niederösterreich zusammen. Dieses Zusammentreffen macht mehr als anschaulich, wie einseitig es hierzulande schon um die Meinungsfreiheit bestellt ist.
Dabei gibt es sogar einen großen Unterschied zwischen den beiden Vorfällen: Der Christenaktivist (Alfons Adam) hat ein bloßes Meinungsdelikt begangen. Er hatte auf einem Flugblatt gegen ein geplantes Buddhistenzentrum und deren Religion scharfe Kritik formuliert.
Salafisten hingegen finden nicht nur starke Worte. Sie sind vielmehr in vielen islamischen Ländern, aber zunehmend auch in Europa in blutige Gewalt und deren Finanzierung verwickelt. Ihre Exponenten dürfen sich aber dennoch offenbar problemlos treffen. Christen hingegen werden wegen reiner Meinungsdelikte verurteilt. Die Differenz ergibt ein trauriges Sittenbild der österreichischen Justiz.
Der Prozess wegen der Attacke auf Buddhisten liegt auf der gleichen Linie der absurden Härte, mit der die bei wirklich argen Verfehlungen ja oft untätig bleibende Staatsanwaltschaft und ein Gericht etwa gegen eine Frau vorgegangen sind, die den islamischen „Propheten“ Mohammed kritisiert hatte. Sie hat dessen Geschlechtsverkehr mit einer Neunjährigen als das bezeichnet, was er nach der Meinung der Österreicher auch ist (freilich nicht nach den Wünschen so mancher Grüner, wie wir heute wissen).
Dieser sogenannte Verhetzungsparagraph, dessentwegen jetzt eine linke Staatsanwaltschaft ständig gegen christliche Aktivisten vorgeht, ist mit Mitwirkung der ÖVP ins Strafgesetz gekommen. Diese hatte uns einst beschwichtigt, dass es doch nur um extreme Fälle ginge, wo Gruppen das Recht auf Menschsein schlechthin abgesprochen werde (so wie bei den Judenverfolgungen durch die Nazis). Davon ist die Buddhisten-Kritik in dem Flugblatt aber meilenweit entfernt.
Ich teile nun gewiss nicht alle Ansichten des Herrn Adam über die Buddhisten. Ich habe auch immer die tibetanischen Freiheitsbemühungen unterstützt, habe aber nach drei langen Interviews mit dem Dalai Lama (und den vorbereitenden Recherchen) eine deutlich schlechtere Meinung von dieser Religion als vorher.
Darum geht es aber gar nicht. Es geht vielmehr um die grundsätzliche Freiheit jedes Menschen, in Österreich sagen zu können, was er will. Moslems, Buddhisten, Atheisten sollen Gescheites wie Falsches sagen können. Ja, aber bitte auch Christen. Ausnahmen von diesem Prinzip darf es in einem Staat, der auf der Grundlage der klassischen Menschenrechte stehen will, für die unsere Vorfahren so hart gekämpft haben, nur bei einem Zusammenhang mit Gewalt geben. Wer dieses von der Aufklärung erkämpfte Prinzip verletzt, der stößt das Tor Richtung Totalitarismus auf. Das ist dann aber ein Weg ohne Zurück.
Umso trauriger, dass man von den sich bisweilen als liberal ausgebenden Parteien wie den Neos oder Stronachs bisher keine Silbe zum zentral-liberalen Anliegen der vollen Meinungsfreiheit gehört hat.
Zurück zu den Christen: Vielleicht schaut sich die Justizministerin als Vorgesetzte der Staatsanwaltschaft, vielleicht schaut sich aber auch die ganze ÖVP doch einmal das österreichweite Vorzugsstimmen-Ergebnis ihrer Partei an. Da liegt nämlich hinter den beiden von allen Plakatflächen prangenden Herrn Spindelegger und Kurz an dritter Stelle ausgerechnet die konservative Katholikin Gudrun Kugler. Sie wurde von der Partei nirgendwo beworben und von den Medien totgeschwiegen.
Vielleicht begreift die ÖVP endlich, bevor es für sie endgültig zu spät ist, dass sie ohne konservative Wähler, ohne Katholiken (die Caritas-Funktionäre mögen ruhig zu den Grünen wechseln), ohne Lehrer, ohne all jene, die sich zur historischen Identität Österreichs bekennen, verloren ist. Vielleicht begreift die ÖVP endlich, was für einen Schlangenrat ihr all jene geben, die die Partei noch mehr nach links drängen wollen. Von der Gesamtschule über den Genderismus und die zunehmende Verstaatlichung der Kinder bis zur Political correctness. Links von der ÖVP stehen aber schon Grüne, Rote, Neos. Da gibt es keinen Platz, und schon gar keine Wähler.
PS: Kugler hat sich übrigens auch mehrfach als Gastkommentatorin um die Sympathie der Tagebuch-Leser bemüht. Ist das am Ende genauso wirksam wie zahllose Plakate sowie ständige Fernsehauftritte und Zeitungsinterviews? Auch ein nunmehriger Stronach-Mandatar hat das mit Erfolg genutzt.
Der ORF versucht gerade, die Regierung zu erpressen – und wirft selbst das Geld hinaus.
Wenn er nicht mehr Geld bekommt, müssten allein im ORF-Radio mehr als sechs Millionen jährlich eingespart werden. Mit zahllosen Argumenten dieser Art versucht der ORF Rot-Schwarz unter Druck zu setzen. Bei etlichen Sendungen (insbesondere bei den grün-kommunistischen Ö1-Formaten Dimensionen, Kollegs, Panorama, Kontext, Im Gespräch, Spielräume) kann sich der Hörer freilich nur denken: Hoffentlich werden sie eingespart. Und ebenso muss man hoffen, dass sich die ÖVP nicht wieder unter Druck setzen lässt. Denn noch einseitiger können etwa die Informationsschienen des ORF gar nicht mehr werden, wo jetzt beispielsweise fast jedem Auftritt eines ÖVP-FPÖ-Stronach-Politikers eine linke Polemik als „Faktencheck“ nachgeschickt wird. Aber noch ärgerlicher ist, dass ORF-Boss Wrabetz nun frech verkündet, auf jeden Fall eine weitere Million Euro für ein sogenanntes Gleichstellungsprogramm hinauszuwerfen. Das besteht im Wesentlichen darin, dass Frauen in höhere Verwendungsgruppen, also meist Leitungsfunktionen hinaufgereiht werden. Auch wenn dort gar keine Funktion frei ist.
Das Kleinformat verliert rapide seinen Mythos. Es zahlt eine bittere und von Jahr zu Jahr teurere Faymann-Steuer. Denn keine Tageszeitung hat in den letzten Jahren auch nur annähernd so viele Leser verloren wie die Kronenzeitung. Ob man das nun in absoluten Zahlen misst oder in Prozentpunkten.
Das zeigt am besten der Vergleich der heutigen Leserzahlen mit 2004. Das war einerseits das überhaupt beste Jahr der Kronenzeitung, und andererseits ein Jahr, in dem die Krone noch nicht zum fett angefütterten Leib- und PR-Blatt eines in die Bundespolitik aufgestiegenen Werner Faymann abgesunken war. Damals sagten bei der Media-Analyse 43,7 Prozent, dass sie das Blatt lesen, bei der nun veröffentlichten MA (zweites Halbjahr 2012 + erstes Halbjahr 2013) hat die Zeitung mit einem signifikanten Absturz hingegen nur noch 36,2 Prozent erreicht.
Das ist zwar noch immer sehr viel. Aber es zeigt sich jedenfalls eine starke und klare Tendenz. Die einstige Allmachtsanmutung der Dichand-Zeitung bröckelt rapide. Das ist für die meisten Österreicher, die den Kuschelplatz der Krone auf dem Schoß Faymanns zutiefst verachten, sehr erfreulich.
Gewiss hängt das auch mit den Gratiszeitungen zusammen, aber nicht in erster Linie. Das sieht man insbesondere am Kurier: Diese Zeitung hat sich seit 2010 voll stabilisieren können (sie hatte damals 8,1 Prozent und steht jetzt bei 8,3). Auch das fällt keineswegs zufällig mit einer neuen Blattlinie zusammen. Nur war sie beim Kurier erstmals nicht ganz so links, wie sie früher jahrzehntelang gewesen ist.
Der Schluss ist zwingend: Die Krone zahlt eine verdammt hohe Faymann-Steuer. Sie bekommt von den SPÖ-Imperien durch Faymann zwar so viele Steuergeld-Inserate wie noch nie; aber sie ist gleichzeitig auf der Leserseite in einen Abwärtsstrudel geraten, der sich nur noch extrem schwer aufhalten lässt. Von einer Umkehr ist schon überhaupt keine Rede. Mit der gegenwärtigen Mannschaft sicher nicht. Denn wenn manche Redakteure auf Twitter mutiger sind als im eigenen Blatt, dann steckt da schon tief der Wurm drinnen. Dann ist nämlich vor den Augen aller das Wichtigste jeder Zeitung dahin: die Glaubwürdigkeit.
Signifikant gewonnen hat das muntere kleine Gratisblatt „Heute“. Hingegen stagniert die zweite Faymann-Postille, „Österreich“, trotz ähnlicher Gratismethoden total: Sie wurde bei der Media-Analyse von 9,8 Prozent genannt. Sie stand bei der ersten Messung 2010 auf 9,6 Prozent und war dazwischen schon über 10.
Die Media-Analyse-Daten sind die einzige harte Währung im Zeitungsgeschäft, das ja sonst immer voller Aufschneider und Lügner ist. Die Daten zeigen sehr schön: Leser lassen sich manches gefallen, aber nicht auf Dauer alles. Offen ist nur, ob auch die Verleger endlich ihre Lektion lernen oder ob sie weiterhin den Weg der Prostitution gehen.
Der seit einigen Jahren von SPÖ-Protektionskindern statt Experten geführte Verein ist sogar zu blöd, um eine ordentliche Untersuchung der Allgemeinbildung im Lesen oder Rechnen durchzuführen.
Das wurde spätestens am Donnerstag Morgen klar, als der für die jüngste Erwachsenenbildungs-Statistik zuständige Mann im Servus TV auftrat. Er hatte so viele Probleme mit der deutschen Hochsprache, dass selbst der seit Jahren als analphabetische Kultfigur im Internet kursierende Abgeordnete Otto Pendl bald um seinen Rang bangen muss. Dafür attackierte der Statistik-"Experte" dabei das duale Schulsystem, um das uns schon halb Europa als beste Vorkehr gegen die Jugendarbeitslosigkeit beneidet. Noch schlimmer ist, dass die Statistik Austria bei der Befragung zu physikalischen Themen „Energie“ und „Leistung“ einfach verwechselte. Was in der Physik halt weder das selbe noch das gleiche ist. In der Statistik Austria bemüht man sich wohl, selbst schon auf das Niveau der von der Partei angestrebten Gesamtschule abzusinken. Dos Schreiben und dos Lesen . . .
Im Wahlkampf haben Politiker gerne darüber gesprochen, wie sie die Familien unterstützen wollen. Nach der Wahl war das rasch vergessen. Kaum jemand kennt wirklich die alltäglichen Probleme einer Gruppe, die zu klein ist, um zur Stimmenmaximierung dienen zu können. Das sind die Großfamilien. Das sind Familien mit jener Größe, wie sie früher fast alle österreichischen Familien hatten. Heute aber haben sie, an den Rand der Gesellschaft gedrückt, kaum noch Luft zum Überleben. Während sich die Medien auf Druck der Grünen intensiv um die angebliche Diskriminierung von Schwulen und Transgender-Menschen sorgen, werden die Großfamilien ignoriert und seit Bruno Kreisky auch steuerlich schwer diskriminiert. Daher hier die nüchterne Kostenaufstellung durch die Mutter einer solchen Großfamilie.
Von Katharina Teufel-Lieli:
Es folgt eine Kostenaufstellung für eine Großfamilie, der sechs Schulkinder (Volksschule 1.und 3.Klasse, Gymnasium 1., 3., 6., 7.Klasse) angehören.
€ 350,- für Basics wie Hefte, Mappen, Stifte, Kleber,…
€ 130,- Schultasche Volksschule und Schulrucksack Gymnasium, jeweils erste Klasse (Schultaschen sind kaum mehr unter € 120,- zu finden, wir hatten Glück und haben eine günstigere im Internet gefunden).
€ 78,- vier Mal Selbstbehalt Schul„frei“fahrt
€ 148,- Aufzahlung Super s´coolcard für die beiden Teenager, damit sie nicht jedes Mal teure Fahrkarten kaufen müssen, wenn sie zur Musikschule fahren oder Freunde besuchen wollen.
Lehrmittelbeiträge, Klassenkassa: Volksschule erste Klasse € 95,-, Volksschule dritte Klasse € 100,-, Gymnasium erste Klasse € 185,- Gymnasium dritte Klasse € 135, Gymnasium sechste und siebte Klasse steht noch nicht fest. Vorläufig also für vier von sechs Kinder zusammen € 515,-
€ 96,- für die Exkursion im September – Gymnasium siebte Klasse
€ 130,- wetterfeste Kleidung und Schuhe für Gymnasium erste Klasse, da diese jeden Mittwoch drei Stunden bei jedem(!) Wetter im Wald verbringen werden. Aus Erfahrung durch den Waldkindergarten weiß ich, dass leider nur Goretex-Schuhe wirklich wasserdicht sind, alle anderen (und günstigeren) „Tex“ halten diesen Anforderungen nicht stand.
€ 100,- sieben Hosen für die fünf Söhne, da Hosen nicht weitervererbt werden können (überleben meist nur einen Buben) und geschenkte Hosen oft nicht passen. Andererseits geht es ohne halbwegs ordentliche Schulkleidung nicht.
€ 110,- für Schulpatschen, Turnschuhe mit hellen Sohlen sowie Straßenschuhe. Dazu möchte ich anmerken, dass Schuhe unter € 30,- nur etwa einen Monat halten, da sich die Sohlen aufgrund der miserablen Qualität ablösen. Billig einkaufen wie in manchen Arbeiterkammer-Preisvergleichstests ist in diesem Punkt sehr kurzsichtig und bringt keine objektiven Zahlen. Dasselbe trifft übrigens auffallend häufig auch auf Buntstifte zu.
Dieses Jahr hatten wir also bisher Ausgaben in der Höhe von € 1657,-, welche mit dem Schulbeginn in Zusammenhang stehen. Selbst ohne Bekleidung (die allerdings unverzichtbar ist) bleiben immer noch € 1317,-, welche unmittelbar mit der Schule zusammenhängen.
Sind (eigentlich) verpflichtend!
Gymnasium dritte Klasse: Skikurs € 400,- Gymnasium sechste Klasse: Rom € 450,- Gymnasium siebte Klasse Neapel € 350,- und Weimar € 250,-
Zusammen: € 1450,- Pro Jahr kann man eine Unterstützung von € 200,- pro Kind beantragen, bleiben immer noch € 850,-, wobei die gesamte Summe vorfinanziert werden muss.
Dazu kommen erfahrungsgemäß monatlich etwa € 50,- für „dies und das“: Busfahrten wegen Exkursionen, Schwimmen statt Turnen, Wandertage, Theaterbesuche, neuerlicher Werkbeitrag, weil alles verbraucht wurde und eine hübsche Abschlusszahlung im Juli (manchmal nur € 20, aber auch schon € 60 pro Kind), da die vorveranschlagten Lehrmittelbeiträge nie reichen.
Alles zusammen komme ich auf den bewusst niedrig geschätzten monatlichen Betrag von € 250,-
Ich finde es wunderbar, dass sich die Schulen um einen abwechslungsreichen und anschaulichen Unterricht bemühen. Es wäre schade, wenn auf das alles verzichtet würde. Andererseits kann wirklich niemand behaupten, dass Schule gratis ist! Die Extra-Familienbeihilfe im September deckt hier nur einen kleinen Teil ab.
Die österreichische Politik kann leider nur bis drei zählen, warum sonst scheint in jeder Statistik die Rubrik „drei oder mehr Kinder“ auf? Naja, stimmt, zwischen drei und sechs Kindern ist der Unterschied ja wirklich minimal – sicher nicht so groß wie zwischen null und drei, oder …?
Wir brauchen etwa € 40,- pro Tag für Lebensmittel, also € 1200,- pro Monat. Alleine für Milch gebe ich im Monat rund € 60,- aus. Das ist 1/4l Milch pro Tag pro Person, also nicht übermäßig viel. Der Staat kassiert mit Lebensmitteln € 120,- monatlich an Umsatzsteuer. Er bekommt also allein dadurch fast ein Zehntel der Familienbeihilfe wieder zurück.
Die Familienbeihilfe deckt nur mehr die Lebensmittel, also nicht einmal annähernd einen guten Teil der Lebenserhaltungskosten (da wären Miete, Strom, Gas, Wasser, Arztechnungen, Zahnspangen!!, Hygieneartikel, Schule, Kleidung…). Es geht zumindest für größere Familien schon lange nicht mehr um die Luxusfrage, ob man auf Urlaub fahren kann, sondern tatsächlich darum, wie man die nächste Stromrechnung oder Winterjacke finanzieren soll!
Der Mehrkindzuschlag wurde bei uns um € 64,- monatlich gekürzt, da wir vier „Mehrkinder“ haben. Es gibt österreichweit eine sehr überschaubare Anzahl an Familien mit sechs Kindern. Wie schön, dass der Staat durch so eine Kürzung zu sanieren ist. Wie wäre es mal mit einem Solidaritätszuschlag von € 60,- für Kinderlose? Das gäbe wohl einen ordentlichen Tumult. So etwas kann man doch kinderlosen Personen nicht zumuten, die zahlen eh schon so viele Steuern!
Zur Geburt und für alle absolvierten Mutter-Kindpass Untersuchungen bekam man:
Bis Juni 1996 ÖS 15.000,-,
ab Juli 1996 ÖS 2.000,- bzw. € 150,-
Seit zumindest 2003 gibt es kein Geld mehr, dafür wird die Kürzung des Karenzgeldes angedroht.
Und das ist das Stichwort zur größten Absurdität:
Wir bekamen aufgrund unseres Einkommens letztes Jahr die Schulfahrtbeihilfen, die Schulbeihilfe und sogar eine Extraunterstützung aus dem Sozialfonds der Krankenkasse zugesprochen. Trotzdem muss ich bei meinem durchschnittlichen Einkommen von € 23.000,- brutto dieses Jahr € 3000,- Einkommenssteuer nachzahlen. Wie kann das sein?
P.S.: Mit dem Steuerfreibetrag von € 132,- pro Kind im Jahr kann ich erfreulicherweise den monatlichen Schulkakao bezahlen. Danke, Frau Finanzministerin!
Ich zahle also deutlich mehr Steuern als Kinderlose (wenn man die Umsatzsteuer der ungleich höheren Lebenserhaltungskosten hinzurechnet), ziehe mit minimaler finanzieller Unterstützung, aber viel Kraft und persönlichem Einsatz sechs Kinder groß und darf dann zuschauen, wie meine Kinder die anderen Österreicher in der Pension erhalten, während für mich – wenn überhaupt – mit viel Glück eine Mindestpension übrig bleibt.
Der österreichische Staat benimmt sich wie eine falsche Schlange, weil er nach außen mildtätige Gaben austeilt, sich aber hintenherum noch viel mehr zurückholt.
Ich habe vor ein paar Jahren einen Artikel eines österreichischen Wissenschaftlers gelesen. Er meinte, die Familien sollten auf Gleichberechtigung klagen, da sie im jetzigen System sehr benachteiligt werden. Wenn sich eine Organisation dafür findet, ich wäre bereit dazu! Die ungerechte Verteilung in Österreich ist mittlerweile wirklich unerträglich!
Nach den politischen Debatten der letzten Wochen möchte ich die praktischen Probleme von Familien in Erinnerung rufen. Da sich die Ungerechtigkeiten mit jedem weiteren Kind potenzieren, ist unser Beispiel vielleicht besonders plakativ. Seit der Wahl sind die Familien bei den Diskussionen wieder aus dem Blickpunkt der Politiker verschwunden, einzig der Kandidat der Neos nahm das Wort Familie überhaupt in den Mund. Schöne Aussichten…
Mag. Katharina Teufel-Lieli ist Musikerin und Mutter von sechs Kindern im Alter von 17, 15, 12, 10, 9 und 6 Jahren.
Endlich einmal gibt es über eine der vielen Auslandsreisen des Heinz Fischer Berichtenswertes.
Und zwar gleich Sensationelles: Unser aller Bundespräsident hat der spanischen Königin formvollendet die Hand geküsst. Da legst dich nieder. Jener Präsident, der einst ein großer Apologet des Groß-KZ Nordkorea gewesen ist, der jahrzehntelang als Gralshüter linker Ideologie fungiert hatte (außer es gab echte Entscheidungen, da fehlte er meist), dessen Sprecher bis heute nicht einmal Krawatten trägt, der küsst fremde Hände. Irgendwann färbt es also doch ab, wenn man jahraus, jahrein in den Räumlichkeiten der Habsburger Hof hält – pardon: die proletarische Weltrevolution vorantreibt. Dieser Handkuss war es ja auch zweifellos wert, dass Fischer erst zwei Tage später Zeit fand, den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen.
PS: Er hat auch sonst dort Wichtiges gemacht: Er hat Bilder der Habsburger angeschaut, die er normalerweise jahraus, jahrein in Wien mit zwei Minuten Fußweg anschauen könnte.
PPS: Und er war der dreißigste österreichische Politker, der den Spaniern erklärt hat, sie sollen angesichts der dramatischen Jugendarbeitslosigkeit dringend ihr Bildungssystem umstellen. Nein, hoppla, nicht auf die Gesamtschule. Die haben die Spanier ja schon. Eben mit den katastrophalen Ergebnissen. Sondern auf das System Lehre-Berufsschule. Das zufälligerweise eng mit Nicht-Gesamtschul-Systemen zusammenhängt . . .
Vernichtender kann man mit einem System gar nicht abrechnen, als jetzt der Rechnungshof über das Land Salzburg formuliert hat.
Die Schlüsselsätze der staatlichen Controller: Es „wurden Forderungen und Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe so verbucht, dass sie der Beschlussfassung des Landtages entzogen waren. Durch die schwerwiegenden Mängel in der Buchhaltung waren Vollständigkeit und Aussagekraft des Rechnungswesens grob beeinträchtigt.“ Na Bumm. Wobei es seitenweise so weitergeht. Und das nennt sich Demokratie und Rechtsstaat. Dennoch wehren sich die Bundesländer weiterhin gegen die Einführung modernster und republikseinheitlicher Buchhaltungs- und Controlling-Mechanismen. Größeren Schaden können sie sich selbst gar nicht zufügen – sofern sie den eigenen Weiterbestand noch retten wollen. Denn wir sind ja keineswegs nur mit einem Einzelfall-Problem Salzburgs konfrontiert. Oder der Stadt Linz. Jede Wette, dass es auch anderswo stinkende Leichen in den Kästen gibt, die nur noch nicht aufgesperrt worden sind. Am schlimmsten waren die Zustände in Kärnten, wo das Land für 20 Milliarden Haftungen übernommen hatte, ohne dass Öffentlichkeit oder Landtag davon gewusst hatte. Was jetzt allen Österreichern sehr teuer kommt.
Frauenquoten und Frauenförderung so weit das Auge reicht – den Männern reicht es allmählich mit der Gleichberechtigung. Unverbesserliche Machos, oder endlich mal ein ehrliches Wort?
Es ist ja schön, dass wir es endlich auch mal schwarz auf weiß haben, aber um es gleich vorwegzunehmen: Keine Frau, die halbwegs bei Verstand ist, hätte diese Erhebung des Institutes Allensbach im Auftrag der „Bild der Frau“ gebraucht, die uns nun mit dem bahnbrechenden Ergebnis konfrontiert, dass die Mehrheit der Männer der Meinung ist, es sei genug getan für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Wer mit offenen Ohren und nicht nur mit feministischen Scheuklappen mit Männern redet, hätte das schon lange wissen können. Wer aber ständig aufschreit, kann so schlecht zuhören …
Da ist dieses Grummeln, die blöden Sprüche, der Tittenbonus-Effekt. Wenn Männer unter sich reden, oder auch mal öffentlich aufbrausen, wie die Ingenieure bei Daimler Benz in ihrem Firmennetzwerk oder der Piraten-Mann Gerwald Claus-Brunner, dem wir dieses Wort „Tittenbonus“ zu verdanken haben. Ach ja, natürlich, Stammtisch-Niveau, aber gut ausgedrückt, was Männer offenbar wirklich denken über die Frauen, die an ihnen vorbeiziehen – oder in Zukunft noch vorbeiziehen werden – mit Unterstützung von Medien und Politik.
Gut, man kann es auch als Erfolg verbuchen, dass Männer heute eben nicht mehr davon ausgehen, dass wir uns als Frauen einfach nur hochgeschlafen haben auf den Job, sondern bequem via Quote Karriere machen. Im Ergebnis bleibt aber für die Frau: Mann sagt ihr Hilfestellung nach und es zementiert sich auch im männlichen Bewusstsein, dass Frau eben nicht ausschließlich auf Leistung angewiesen ist. Respekt sieht anders aus.
Das ist der tragische Teil der Debatte. Dass uns Frauen eine Quotierung, eine ständige Unterstützung nichts nützt, jedenfalls denjenigen nicht, die noch einen Funken Stolz in sich tragen. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich es inzwischen leid bin, dass mich in Diskussionsrunden neuerdings verständnisvolle Männer tätscheln, um mir zu erklären, warum wir Frauen dringend eine Quote brauchen. Eine, die sie selbst nicht nötig hatten, mir aber gerne hinterhertragen würden, um sich selbst besser zu fühlen – oder um mir für immer zu verstehen zu geben: Du brauchst unsere Hilfe, Mäuschen. Wer sind also im Endeffekt die schlimmeren Machos? Diejenigen, die mir sagen: „Wenn du meinen Platz haben willst, dann guck erst mal, wie du an meinen Ellenbogen vorbeikommst“, oder diejenigen, die mich geistig für immer eine Stufe unter sich selbst zementieren würden, um mich nur mit gönnerhafter Geste an sich vorbeizulassen. Dann lieber die erste Variante, meine Herren, und ziehen Sie sich schon mal warm an.
Die Allensbach-Umfrage zeigt etwas anderes jedoch viel deutlicher: Männer sind offenbar mittlerweile genauso überfordert mit den Ansprüchen, die Frauen an sie stellen, mit den neuen Rollenverteilungen und Rollenzuweisungen, wie Frauen es schon längst sind. Während also Krankenkassen vermelden, dass immer mehr berufstätige Mütter im Burn-out landen und die Anträge auf Mutter-Kind-Kuren explodieren, weil Frau heute eben nicht mehr nur Mutter und Hausfrau sein soll, sondern wonderwomengleich spielend einen Topjob nebenher präsentieren muss, während sie stramm die Figur trainiert, erleben Männer den Druck, dass sie einerseits immer noch die Ernährer der Familie sein sollen, gleichzeitig aber auch die einfühlsamen Frauenversteher, die die Kinder großziehen und die Hälfte der Hausarbeit übernehmen, ohne dass dabei jedoch der Job leidet, denn Frauen mögen es zum Leidwesen der 68er sozialisierten Feministinnen nach wie vor, wenn ER gut verdient.
Man könnte das Ergebnis der Studie auch positiv lesen, wenn man dazu den Willen aufbringt; hinzunehmen, dass sich ein Großteil der Männer und Frauen einfach nicht ändern wollen: Dann könnte man feststellen, dass das Interesse am Rollenaufbrechen nur in bestimmten medialen und politischen Kreisen hoch im Kurs steht, die Masse aber immer noch gerne so lebt wie früher. Topf sucht immer noch nach Deckel, Männer entscheiden sich im Zweifel lieber für Karriere, denn für Teilzeithausmanntätigkeiten, Frauen lieber für die Familie, denn für die Karriere. Passt doch, wenn man sie denn lässt. Lassen wir aber nicht. Mann soll sich ändern, Frau auch, bis am Ende mit der Stoppuhr Parität beim Zeitaufwand fürs Bügeln und Windelnwechseln erreicht wurde. Die Gleichstellungsfanatiker mögen dann frohlocken, glücklicher macht es aber offenbar weder Mann noch Frau, wie alle Umfragen immer wieder beweisen.
Was von dieser Umfrage hängen bleiben könnte, ist, dass das Votum der Männer endlich Gehör findet. Wenn man sie denn endlich auch selbst zu Wort kommen lässt, ohne jeden Einspruch gleich als frauenfeindlich abzubügeln. Wie gesagt, die Meinung stand schon immer im Raum, jetzt wird sie diskutiert, wenn auch selbstredend in allen Kommentierungen immer weiter lamentiert wird, wie viel noch zu tun ist, wie sehr sich der Mann noch ändern muss, damit er endlich modern ist. Übrigens ein Déjà-vu für jede Frau, die ebenfalls nicht im feministischen Gleichschritt mitmarschiert. Wo seid ihr Männer, hatte ich in meinem Buch gefragt. Wo verteidigt ihr euren Willen, euren Standpunkt, eure Forderungen? Habt ihr noch welche, oder sollen wir dies Gleichstellungsdings weiterhin unter Ausschluss der Männlichkeit diskutieren?
Exemplarisch hier eine der Antworten, die zeigt, dass auch auf männlicher Seite noch genug Gelassenheit herrscht, sich nicht von aufschreienden Damen, Herren und Medien irritieren zu lassen – auch auf die Gefahr hin, für rückständig erklärt zu werden:
„Wir sind vergleichsweise klug und wissen daher aus Erfahrung, dass es ganz und gar sinnlos ist, gegen Furien resp. Windmühlen zu kämpfen, solange die 75 Prozent vernünftigen Frauen es vorziehen, vor sich hin zu schweigen. Und für die fehlgeleiteten Pullunderträger (maskulin, pro forma) möchten wir uns auch nicht unbedingt in das aus kinderlosen Redaktionsstuben schlagende verbale Fegefeuer stellen. Sehen Sie uns also bitte nach, dass wir ganz einfach souverän bleiben. Es herrschte und herrscht ja für uns nicht der geringste Mangel an vernünftigen, klugen und gutaussehenden Frauen, die wie wir ein „konservatives“ Familienglück anstreben, und da wir hierzu nicht auf ein ergänzendes Einkommen unserer Frauen angewiesen sind, kümmern wir uns halt einfach um genau das, was wichtig ist: Wir arbeiten hart, ernähren und versorgen unsere Familien, ermöglichen Kindern und Müttern, möglichst viel zusammen zu sein, und versuchen überdies und obendrein, in der verbleibenden Zeit auf gar nicht klassische Weise, wunderbare Väter zu sein. Mit offenen Ohren, mit Zeit, mit Inlinern an den Füßen, bei Bedarf. Da sind sie, die von Ihnen angefragten Männer: da, wo’s wichtig ist.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die freie Journalistin Birgit Kelle ist Vorstandsmitglied des EU-Dachverbandes „New Women For Europe“ mit Beraterstatus am Europäischen Parlament. Als Vorsitzende des Vereins „Frau 2000plus“ tritt sie für einen neuen Feminismus abseits von Gender Mainstreaming und Quoten ein. Kelle ist verheiratet und Mutter von vier Kindern.
Sie ist außerdem Autorin des Buches „Dann mach doch die Bluse zu: Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn." Adeo, Asslar 2. September 2013, ISBN 978-3-942208-09-3
www.frau2000plus.net
Unter den Wählern hat sich in den letzten beiden Wochen vor der Wahl große Dynamik abgespielt. Das hängt keineswegs nur mit dem wachsenden Wählertrend zu Entscheidungen erst im letzten Augenblick zusammen, sondern auch damit, welche Aspekte im Wahlkampf letztlich wirklich entschieden haben. Das sieht man nur, wenn man die Wahlkampftage selbst unters Mikroskop nimmt. Die vielen veröffentlichen Wählerstromanalysen hingegen vergleichen ja immer nur mit dem, was vor fünf Jahren war. Sie bauen damit auch auf der trügerischen Erinnerung der Menschen daran auf, wie sie glauben, sich damals verhalten haben.
Gespräche mit Meinungsforschern, die jetzt hinter ihre Daten zur allerletzten Entwicklung der Wählermeinungen blicken lassen, bringen da Erstaunliches zutage. In der Folge ein paar der wichtigsten Aspekte und Motive. Sie zeigen, wie sich nach den nun zugänglichen Studien die Sympathien für die einzelnen Parteien genau entwickelt haben.
Die SPÖ verlor am Wahlkampfende noch zusätzlich Wähler. Sie ist damit nach dem BZÖ zur zweitgrößten Verliererin der Wahl geworden, wenn man mit der Wahl 2008 vergleicht. Wenn man mit dem Wahlkampfbeginn vergleicht, heißt der größte Verlierer hingegen Frank Stronach.
Auch die Last-Minute-Steuerversprechungen halfen der SPÖ in der Schlussphase nicht mehr. Die Partei hat trotz des Wahlkampfprofis Darabos keine Dynamik zu ihren Gunsten mehr entfachen können. Damit sind ihre grundsätzlichen Strukturprobleme deutlicher denn je. Werner Faymann hat zwar nach Alfred Gusenbauer den linken Flügel der Alt-68er seit 2008 kontinuierlich gestutzt, ohne aber jemals offen einen Machtkampf gegen sie zu führen (auf dieser Linie liegt ja nach der Wahl auch der Abschuss von Claudia Schmied). Die mageren Zugewinne von Grün und KPÖ zeigen, dass das der SPÖ nicht sonderlich geschadet hat.
Ihr hat wohl viel mehr geschadet, dass Faymann keinerlei Exponenten eines pragmatisch-zentristischen Flügels der Sozialdemokratie gefunden oder auch gesucht hat. Dabei ist dieser Flügel in anderen Ländern immer wieder sehr stark: in Deutschland (von Schmidt bis Steinbrück), in Großbritannien (Blair hat dort auch heute noch bei Labour viele Anhänger), neuerdings sogar in Italien (siehe etwa die deutlich wirtschaftsfreundlichen Akzente der Regierung Letta) und in Frankreich (zumindest die Ausländerpolitik des dortigen Innenministers ist alles andere als links). Faymann hat nur Gewerkschaft und Arbeiterkammer mit ihren schwindenden Anhängerschaften hinter sich, sowie die männlichen Pensionisten. Insbesondere bei der Jugend und bei Akademikern hat die SPÖ jedoch jede Präsenz verloren. Auch aus der einst dominierenden Schickeria haben sich nur noch ganz wenige Sympathisanten zur SPÖ bekannt.
Die ÖVP hat in der Schlussphase doch noch eine leichte Verbesserung erzielt. Dabei hat sie diesmal in Wahrheit den zweitschlechtesten Wahlkampf ihrer Geschichte geführt (nach jenem von 2008). Etwa auf die kuriose Idee, ausgerechnet in Österreich ausgerechnet bei „Entdeckern“, „Optimisten“&Co Wähler finden zu wollen, muss man erst kommen. Nicht einmal die gedruckten Flugblätter und Broschüren waren irgendwie professionell getextet.
Der relative Zugewinn im letzten Moment erklärt sich primär durch die Entwicklung einiger anderen Parteien. An sich erstaunt er nämlich. Denn die ÖVP hat im Gegensatz zu allen anderen Parteien nicht einmal mehr eine Wahlkampf-Schlussveranstaltung geschafft.
Sie war auch nicht mehr imstande, die strahlende deutsche Wahlsiegerin Merkel oder den bayrischen Triumphator Seehofer nach ihren Siegen zu einem Auftritt nach Österreich zu lotsen. Das zeigt übrigens auch, dass Parteichef Michael Spindelegger keineswegs der Aufbau des früheren innigen Verhältnisses zu CDU/CSU gelungen ist. Er hat vielmehr primär auf Außenminister Westerwelle gesetzt, was nur begrenztes strategisches Denken signalisiert. Der rapide Rückgang der Bedeutung der Außenpolitik könnte die ÖVP übrigens auch motivieren, an Stelle des wertlos gewordenen Außenministeriums ein großes Bildungsressort anzustreben. Wäre sie klug beraten.
Zugleich hat das letztlich doch schmerzarme Endergebnis aber Spindeleggers Stellung parteiintern zweifellos gestärkt. Denn im schwarzen Lager hatte man auf Grund des Trends der ersten Wahlkampfwochen, aber auch wegen des Antretens zweier neuer, in irgendeiner Hinsicht ebenfalls im liberalen Wählerteich fischender Parteien mit deutlich Schlimmerem gerechnet. Eine Spindelegger-Nachfolge-Diskussion hat daher nur virtuell im ORF stattgefunden.
Die FPÖ gehört zwar eindeutig zu den Wahlsiegern. Sie konnte aber von der Dynamik der allerletzten Tage nicht mehr profitieren. Für die derzeit in Euphorie schwelgenden Freiheitlichen muss darüber hinaus vor allem jener Wert ernüchternd sein, der sich ergibt, wenn man Blau und Orange zusammenzählt.
Das sind ja die beiden aus den gleichen Wurzeln gekommenen Parteien, die nur durch Knittelfeld, Haider und Strache getrennt worden sind: Vor fünf Jahren hatten diese zwei Parteien nämlich zusammen um vier Prozent mehr als diesmal. Das heißt: Das blau-orange Lager ist trotz des erstmaligen Fehlens von Polemiken zwischen seinen Exponenten signifikant geschrumpft. Vor allem die Mittelschichten haben jede wirtschaftliche Kompetenz vermisst. Und Unterschichten werden erst dann stärker von der SPÖ Abschied nehmen, wenn die Krisenfolgen einmal spürbar werden.
Die Grünen erlitten in der Endphase gegenüber der sommerlichen Hochblüte eine deutliche Verschlechterung ihrer Werte. Daher gab es für sie letztlich nur einen mageren Zugewinn gegenüber der letzten Wahl.
Trotz eines spritzigen Wahlkampfes schadeten den Grünen am Ende vor allem zwei Hauptfaktoren: erstens die Aufdeckung der breiten Verstrickung europäischer Grüner in Pädophilie-Propaganda und -Aktivitäten; und zweitens das zum Teil damit zusammenhängende schlechte Abschneiden der deutschen Grünen. Gerade bei der Wählerschaft der Grünen gibt es immer einen Abfärbe-Effekt deutscher Entwicklungen.
In Deutschland wie Österreich gelang den anderen Parteien überdies im Laufe des Wahlkampfes die Abstempelung der Grünen als Verbotspartei (Veggie-Day, weitere Ausdehnung der Kindergartenpflicht usw.). Atomängste und die – außerhalb Wiens – verdienstvolle Rolle der Grünen als Korruptionsaufdecker waren in der Schlussphase des Wahlkampfs hingegen überhaupt keine Themen mehr. Damit ist dem grünen Turbo der Sprit ausgegangen.
Die Liste des Milliardärs erlitt im Endspurt das schwerste Absacken. Das erklärt wohl auch seine frustrierte Haltung der verbrannten Erde nach der Wahl (plötzliche Rückforderungen von Geldern und massenweise Absetzungen von Funktionären).
Hauptursache des Stronach-Absturzes waren seine eigenen Fernsehauftritte. Was noch im Frühjahr als erfrischende Attacken auf den ORF und die Funktionärspolitik gewirkt hatte und was ihm damals über zehn Prozent der Stimmen gebracht hätte, ist am Schluss zum Offenbarungseid persönlicher Ahnungslosigkeit und einer altersmäßigen Überforderung geworden. Da wirkten auch die an sich sehr professionellen Plakate und Flugzettel nicht mehr.
Das einst von Jörg Haider gegründete Bündnis schaffte am Wahlkampfende ein deutliches Aufholen. Es war aber eben doch unzureichend. Im Frühjahr war das BZÖ bei Umfragen praktisch gar nicht mehr existent gewesen. Ursache des Aufholens waren eindeutig die souveränen und liberalkonservative Wähler gezielt ansprechenden Fernsehauftritte des Parteiobmanns. Aber eine Einmannpartei war dann halt doch zu wenig.
Die Neos schafften in der Schlussphase ebenfalls eine steile Aufwärtskurve. Sechs Monate vor der Wahl hatten sie hingegen noch schlechtere Umfragewerte gehabt als das fast schon tote LIF vor den letzten Wahlen. Am Schluss half der Pinktruppe aber – trotz des weniger hilfreichen Haselsteiner-Auftritts – sehr das Absacken der Grünen und Stronachs.
Von beiden Parteien konnten sie etliches an Wählern abholen. Der Zugewinn aus dem Stronach-Lager scheint naturgemäß in den mit der letzten Wahl vergleichenden Wählerstromanalysen nicht auf. Denn damals gab es die Stonach-Liste noch gar nicht. Viele jener Menschen, die in den Wählerstromanalysen als einstige ÖVP-Wähler aufscheinen, hatten sich inzwischen schon für Stronach entschlossen gehabt. Oder sie hatten beim letzten Mal als einstige Schüssel-Wähler das BZÖ gewählt, wollten sich aber nicht mehr so recht daran erinnern und bezeichneten sich als ehemalige VP-Wähler.
Letztlich wurden die Neos laut der Wahlmotivforschung in Oberschichten dasselbe, was die Freiheitlichen für Unterschicht-Wähler sind: ein Magnet für Protestwähler. Diese wurden auch gezielt angesprochen, etwa durch die vielen Sujets, wo frisch-fröhliche Neos-Politiker rot-schwarze Pappkameraden abtransportieren.
Die Neos hatten darüber hinaus mit ihrem dynamischen Wahlkampf im Internet und in bürgerlichen Salons gerade in der Schlussphase noch etliches dazugewonnen. Gleichzeitig war es für sie ein Segen, dass keine TV-Debatte ihren linken gesellschaftspolitischen Akzent aufgedeckt hat.
Die Neos verkörpern neben Protest auch ein modisches Lebensgefühl. In bestimmten Zirkeln fühlt man sich als Neos einfach emotional wohl, ohne das Warum begründen zu müssen oder zu können. So wie es unter Kreisky etwa der SPÖ gelungen ist. So wie es den Grünen eine Zeitlang in bestimmten Szenen geglückt ist.
Die Nichtwähler sind nun bei weitem die stärkste Partei. Sie haben weitere vier Prozent der Wahlberechtigten dazugewonnen (was übrigens bei den Wählern sogar fünf Prozent wären). Jeder vierte Österreicher hat sich den Gang in die Wahlzelle erspart. Auch die letzte Phase des Wahlkampf hat da kein Umdenken ausgelöst, etwa mit dem Satz: „Na, wenn das so ist, dann gehe ich ja doch wählen.“ Außer den negativen Effekten bei Stronach und Grünen gab es ja bei keiner Partei irgendwelche positive oder gar emotionsgeladene Last-Minute-Akzente. Skurrilerweise war höchstens Josef Bucher eine Ausnahme.
Was Amerikas Politik derzeit vor aller Welt abliefert, ist das perfekte Argument für die direkte Demokratie.
Die repräsentativ-demokratischen Machtträger der USA blockieren einander total. Und jede Seite steht ganz auf dem Boden der US-Verfassung. Jede Seite wirft der anderen Erpressung vor. Der Präsident hat ebensoviel Prestige und Ideologie in die Causa investiert wie die Mehrheit der Abgeordneten. Nirgendwo gibt es Kompromissbereitschaft. Nirgendwo gibt es einen Schlichtungsmechanismus. Das amerikanische System der Checks and Balances ist damit gegen die Wand gedonnert. Aus der gegenseitigen Kontrolle ist die gegenseitige Blockade geworden. Da ist die österreichische Verfassung noch besser konstruiert: Da kann sich der Bundespräsident zwar viel wünschen (etwa Thomas Klestil oder Heinz Fischer eine SPÖ-geführte Regierung), aber wenn der Nationalrat nicht will, kann (könnte) er nur brummend einpacken. Oder ebenfalls eine an einen Putsch gemahnende Verfassungskrise auslösen. Die sauberste und beste Lösung – sei es für die Gesundheitsreform, sei es für die Schuldenpolitik – wäre daher eindeutig, wenn das Volk in jeder einzelnen Frage das letzte Wort hätte. Dort, wo es will; und dort, wo die Politik scheitert.
Die Schiffskatastrophe vor Lampedusa lässt einen lauten Schrei durch alle kirchenoffiziellen und linken Lautsprecher gellen: Europa müsse die Grenzen öffnen, um solche tragischen Unglücksfälle zu verhindern. Damit laden aber in Wahrheit gerade diese Rufer einen erklecklichen Teil der Schuld an den Todesfällen auf sich. Denn gerade weil diese Rufe überall gehört werden, setzen immer mehr Afrikaner ihre Unzufriedenheit mit der eigenen Lage in einen konkreten Versuche der Migration um. Und damit häufen sich auch die Unfälle.
Gerade diese gutmenschlichen Rufer locken mit ihren Äußerungen ständig neue Menschenmassen aus Afrika nach Europa. Statt des dringend notwendigen klaren Neins zu uneingeladen Migranten sagen sie nur ständig Nein zu jedem Versuch, den Strom zu stoppen oder zumindest zu bremsen.
Das Potential an auswanderungswilligen Afrikanern beträgt keineswegs nur ein paar Hundert oder Tausend. Das ist vielmehr die tägliche Dimension der illegalen Zuwanderung. Es geht in Wahrheit schon um viele Millionen.
Hinter den jämmerlich Ertrunkenen strömt nämlich ein unendlicher Zug von Menschen quer durch Afrika an die Küsten des Mittelmeers, um nach Europa zu kommen. Und viele von denen, die noch nicht unterwegs sind, sparen gerade intensiv, um das Geld für die Schlepper zusammenzukratzen.
Am wirksamsten bei dieser Anlockung von Immigranten war zweifellos neben den politischen Umwälzungen in Libyen und Italien der demonstrative Besuch von Papst Franziskus auf Lampedusa vor dem Sommer. Das Oberhaupt der Kirche hat damit ganz Afrika nonverbal, aber unmissverständlich das Signal geschickt: Kommt nach Europa, hier gibt es jetzt starke Kräfte, die euch mit offenen Armen aufnehmen. Franziskus war sicher wohlmeinend, aber ahnungslos über das, was er in Wahrheit bewirkt.
Das gleiche Signal strahlen die – katholischen und linken – Migrationshelfer aus (die sich euphemistisch Flüchtlingshelfer nennen). Sie tun alles, um den Zuwanderern ein Bleiben in Europa zu ermöglichen. Um die Asylverfahren durch immer neue Tricks ständig in die Länge zu ziehen. Oder um dann nach einem negativen Asylbescheid eine Abschiebung zu verhindern.
Ich will gar nicht sagen, dass sich diese Akteure in der Regel der verheerenden Folgen ihres Tuns bewusst sind. Viele halten sich selbst sogar für edel und wohlmeinend. Aber de facto sind sie nichts anderes als PR-Agenten für die Schlepper.
Dass Schlepper bereitstehen, um ihre schmutzigen Geschäfte zu verrichten, ist ja nicht wirklich etwas Neues. Sie tun letztlich genau dasselbe wie Schmuggler, die seit Generationen Zigaretten oder Alkoholika über Grenzen hinweg verschieben, solange man damit einen Gewinn erzielen kann. Sie tun dasselbe wie Drogendealer, die es geben wird, solange Rauschgift produziert und konsumiert wird.
Die gleiche Schuld wie die wohlmeinenden Migrationshelfer laden auch alle jene Politiker – und Medien – auf sich, die jetzt eine gleichmäßige Aufteilung der nach Lampedusa (oder auch nach Griechenland) gekommenen Menschen auf ganz Europa verlangen. Sie kritisieren, dass Europa derzeit vor allem bei der Abwehr weiterer Zuwanderer aktiv ist. Auch sie strahlen damit primär die Botschaft nach Afrika aus: Wir wollen, dass die Migration nach Europa noch weiter erleichtert werde.
Aus italienischer Sicht klingt eine solche Forderung allerdings durchaus logisch. Auch Österreich hatte einst – vergeblich – Ähnliches gefordert, als es selbst ein Teil der EU-Außengrenze gewesen ist. Aber Italien sollte über etwas ganz anders nachdenken.
Denn Tatsache ist, dass das Land unter Berlusconi selbst wirksame Maßnahmen zu einer Reduktion der schwarzafrikanischen Zuwandererströme gesetzt hatte. Diese sind damals auch stark zurückgegangen. Berlusconi hatte mit Libyen ein Rücknahme-Abkommen für illegale Zuwanderer geschlossen, die über das nordafrikanische Land gekommen waren. Italien hatte damals überdies ein Gesetz beschlossen, dass illegale Einwanderung strafbar macht. Beides hatte dazu geführt, dass in der Folge viel weniger Afrikaner nach Italien gekommen sind.
Hingegen haben seither weder die neuen Machthaber in Italien noch die EU ein ähnliches Abkommen mit den neuen Machthabern in Libyen auch nur versucht. Statt dessen bemüht sich die italienische Linke, die Strafbarkeit der illegalen Immigration abzuschaffen.
Italien betreibt ein infames Spiel: Es schiebt niemanden mehr ab, sondern lässt die Schwarzafrikaner einfach nach Europa herein. Es nimmt insgeheim an, dass diese im Laufe der Zeit illegal über den ganzen Kontinent diffundieren werden. So illegal, wie sie schon hereingekommen sind. Deswegen regen sich italienische Linkspolitiker neuerdings auch primär darüber auf (und natürlich die unseren mit ihnen), dass Österreich schon Hunderte Schwarzafrikaner an der Brennergrenze wieder zurückgeschickt hat.
Am unglaublichsten ist, was nun die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, fordert: Sie verlangt offenere Grenzen Europas. Die Europäer müssten nicht nur "die Herzen und die Geldbeutel" offen halten, sondern auch ihre Grenzen. Die EU basiere auf Solidarität. "Das bedeutet, dass wir Menschen willkommen heißen müssen, wenn sie unsere Hilfe brauchen."
Das klingt vielleicht edel, bedeutet aber nichts anderes als: Tore auf für eine unbegrenzte Zuwanderung nach Europa. Wir „müssen“ sie ja laut der Kommissarin willkommen heißen.
Um die Gefahr von Schiffskatastrophen zu reduzieren, müsste die EU dann folgerichtig auch die Zuwanderer-Transporte gleich selber organisieren. Und sie müsste vor allem auf jede Abschiebung von Zuwanderern verzichten. Nichts anderes ist es ja auch, was die Caritas und auch Kardinal Schönborn in ihren vielen Erklärungen rund um die Votivkirchen-Besetzer fordern.
Dass gerade die bulgarische EU-Kommissarin da am lautesten nach völlig freier Zuwanderung ruft, ist freilich nicht gerade überraschend: Ist doch Bulgarien zusammen mit Rumänien jener Teil der EU, in dem viele Menschen auf den Ablauf der Übergangsfristen nach dem Beitritt warten, um endlich in die anderen EU-Länder ziehen zu können. Die Kommissarin begreift nicht, dass sich bei der von ihr verlangten freien Zuwanderung aus der ganzen Welt auch die Perspektiven ihrer bulgarischen Landsleute dramatisch verschlechtern werden, die auf positive Auswirkungen ihrer EU-Mitgliedschaft hoffen.
Selbstverständlich ist Katastrophenhilfe gut und notwendig. Aber Tatsache ist: Es gibt keine aktuelle Katastrophe in Somalia. Und ebenso ist Tatsache: Je weiter weg man Migranten unterbringt, umso unwahrscheinlicher ist es, dass diese jemals in ihre alte Heimat zurückkehren werden.
Dass die meisten Menschen auf den Lampedusa-Schiffen ausgerechnet aus Somalia kommen, ist mehr als seltsam. Denn dort hat sich mit Hilfe anderer Länder endlich eine halbwegs zivilisierte Regierung stabilisiert. Davor war das Land am Ostrand Afrikas jahrzehntelang in der Hand von radikalmoslemischen Milizen und Piraten gewesen.
Gerade in Somalia ist also der politische Grund zur Auswanderung jetzt endlich weggefallen. Einen solchen hätten nur noch die radikalen Islamisten, also jene jetzt an den Rand gedrückten Gruppierungen, die gerade in Kenia einen blutigen Terrorüberfall auf ein Kaufhaus durchgeführt hatten. Und die Somalia so devastiert haben, dass der Aufbau jetzt viele Jahre dauern wird.
Europa muss in seiner Gutmensch-Duselei endlich eines begreifen: Es kann nicht alle Migrationswilligen dieser Welt aufnehmen. Deren Zahl würde nämlich bei offenen Grenzen Hunderte Millionen ausmachen. Wenn Europa dennoch alle aufnehmen will, zerstört es die eigenen Fundamente, Stabilität, Wohlstand, Frieden und Sicherheit.
Heißt das, die Afrikaner sollen in Afrika bleiben? Ja, das heißt es. Denn gerade dynamische Menschen werden dort bei der Entwicklung des Kontinents gebraucht. Um dessen Perspektiven sieht es nämlich gar nicht so schlecht aus, wie manche Europäer glauben. Das gilt freilich nur mit Ausnahme der Zone jenes Schreckens und Terrors, den Islamisten in vielen Regionen verbreiten.
Europa mit seiner wachsenden Arbeitslosigkeit braucht die Zuwanderer nicht. Diese bringen ja keinerlei Nutzen für den Arbeitsmarkt mit sich. Diese kommen primär, weil sie hier auch durch Schwarzarbeit und die hohen Sozialleistungen ein viel höheres Einkommen als in Afrika erreichen.
Was aber Europa sehr wohl für Afrika tun muss, ist einerseits eine Beseitigung aller Handelsschranken. Und andererseits Hilfe im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Den haben übrigens die Amerikaner soeben in zwei tollen Kommandoaktionen bekämpft. Statt ebenfalls diese bedrohliche Herausforderung anzunehmen, macht Europa aber rund um Lampedusa exakt das Falsche. Und stellt sich von Ägypten bis Syrien an die Seite der Islamisten.
PS: Die Mehrheit der europäischen Politiker handelt dabei genauso illusionistisch, wie sie es etwa bei den Kyoto-Zielen getan habt. Sie halten sich für die Retter der Welt. Sie glauben, das globale Klima hänge von Europa ab. Dabei machen hier die CO2-Emissionen keine zehn Prozent der globalen aus. Einmal angenommen, die These von der menschengemachten Klimaveränderung habe auch nur irgendeine Körnchen Relevanz.
Die mediale und juristische Hysterie um den Datenschutz in Europa wird immer absurder. Vor allem weil die normalen Menschen mehrheitlich ganz anders denken. Das werden sie noch viel mehr, wenn sie sich noch stärker der grotesken Folgen der Datenschutzmanie bewusst werden. Zwei neue Hysterie-Beispiele aus Österreich und Schweden.
Einbruch bei einem oberösterreichischen Bäcker. Dieser stellt darauf Fotos des Täters von seiner Überwachungskamera auf Facebook. Und das bringt tatsächlich sehr rasch sehr konkrete Hinweise. Alles paletti? Nein, ganz und gar nicht. Denn der Bäcker hätte das nicht tun dürfen! Nur die Polizei darf laut den Datenschützern Fahndungsfotos veröffentlichen. Sie ist aber keineswegs dazu verpflichtet, auch dann nicht, wenn ein Geschädigter das verlangt und es gute Fotos gibt.
Das ist keineswegs nur eine Formsache. Denn wir alle wissen: Für die überforderte Polizei sind Einbrüche in einem Geschäftslokal nicht gerade ein vorrangiges Kriminalitätsproblem. Halt schon wieder einer. (Außerdem muss sie zum Geldeintreiben Strafmandate schreiben).
Groteske Folge: Der Einbrecher kann jetzt sogar den Bäcker klagen. Hauptschuldige an der Groteske sind die sogenannten Datenschutzexperten, die ständig mit Schützenhilfe von Medien und Gutmenschjuristen solche völlig überflüssigen Gesetze durchdrücken. Klares Ergebnis: Nicht nur Bäcker sollen weiterhin schön einbrechen lassen.
Genauso grotesk sind die Aktivitäten der Datenschützer in der nordschwedischen Stadt Umea. Diese überlegt, ihren aus Finnland zugewanderten Einwohnern einen finnisch-sprachigen Informationsdienst anzubieten. Dazu hat sie als logische Vorstufe ein Register der finnischen Zuwanderer erstellt, damit sie überhaupt weiß, wie viele das überhaupt sind und an wen die Informationen gehen müssten. Aber das ist offenbar schon ein Delikt. Die Stockholmer Datenschutzbehörde ermittelt jedenfalls gegen die Stadtverwaltung.
Unter den vielen Krankheiten unserer europäischen Gesellschaft ist die Datenschutzhysterie eine der verbreitetsten und gefährlichsten. Denn zum einen ist sie eine ständige Effizienzbremse auf allen Ebenen. Zum anderen kosten all die Datenschutzräte und -experten enorm viel Steuergeld. Denn sie leben ja ausschließlich von diesem. Sie werden daher nie und nimmer sagen: Eigentlich ein totaler Blödsinn, was wir hier machen.
PS: Diese Datenschützer sind genauso ein wucherndes Übel der Gesellschaft wie die Berufsfeministinnen, die wieder einmal über alle Sender die Lüge ausgestreut haben, dass Frauen 25 Prozent weniger als Männer für die gleiche Arbeit verdienen. Umso trauriger, dass auch die FPÖ die Propagandawalzen der Frauenministerin nachbetet. Und von den anderen Parteien keine sich traut, dem die Wahrheit entgegenzustellen.
Warum unterließen am Wahltag so viele Männer das Kreuz bei den Schwarzen? Und warum unterließen das so viele Frauen bei den Blauen? Bei keiner der sonstigen Parteien ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern so unterschiedlich wie bei diesen beiden (nur die kleine Stronach-Partei hat ebenfalls ein starkes Männer-Übergewicht). Das ist eine der vielen spannenden Fragen, die eine nähere Analyse des Wahlergebnisses stellt. Und worauf die Antwort sehr spannend ist.
Wie verteilen sich die großen Bevölkerungsgruppen auf die Parteien? Dafür gibt es natürlich keine Wahlergebnisdaten, sondern nur Umfragen. Bei diesen präsentieren die Meinungsforscher zum Teil unterschiedliche Daten. Ich halte mich im Folgenden an die von SORA. Mir ist klar, dass andere Institute andere Zahlen haben. Diese sind jedoch in der großen Tendenz ähnlich.
Die ÖVP hat laut der SORA-Umfrage am Wahltag bei den Frauen 29 Prozent gewonnen, bei den Männern aber nur 19. Erstaunlich. Die ÖVP wäre daher extrem gut beraten, sich über ihren Männermangel den Kopf zu zerbrechen. Ihr haben zweifellos einige feministische Ansätze geschadet.
Sowohl das Quotenzwang-Gerede etlicher schwarzer Politiker wie auch die krampfhaft männlich-weiblich strukturierten Reißverschluss-Listen (in einigen Bundesländern, wie etwa in Wien) verstören bei einer konservativen Partei. Zumindest bürgerliche Wähler mögen es nicht, wenn offensichtlich Geschlecht und Bünde entscheiden und nicht die Qualität eines Bewerbers. Die Schwarzen haben dadurch eindeutig mehr Männer vertrieben als Frauen zusätzlich gewonnen. Auch werfen noch Viele der Partei ihre unheilvolle Rolle beim holprigen Umdichten der Bundeshymne und beim Eingendern von Sprache und Universitäten vor.
Die Freiheitlichen hingegen haben bei den Männern 32 Prozent der Wähler gewonnen, bei den Frauen jedoch nur genau die Hälfte. Ein solches Auseinanderklaffen ist ein historisch extrem erstaunliches Phänomen, bei den Freiheitlichen jedoch schon länger merkbar. Der FPÖ schadet zweifellos bei den Frauen, dass sie überhaupt keine Frau in einer relevanten Rolle hat, mit der sich Geschlechtsgenossinnen identifizieren könnten. Barbara Rosenkranz, die letzte weithin bekanntgewordene FPÖ-Frau, war im Auftreten nicht gerade ein modellhafter Frauentyp. Ein solcher fehlt bei den Freiheitlichen in Wahrheit schon seit dem Abschuss von Susanne Riess-Passer.
Die ÖVP hat hingegen in Maria Fekter eine starke Frau in einer Schlüsselposition. Diese imponiert gerade bürgerlichen Frauen, weil sie eine eigenständige Persönlichkeit ist, die mutige und kantige Positionen bezieht, aber nie feministische Phrasen absondert. Ähnlich waren auch früher Plassnik, Klasnic und Gehrer VP-Frauen mit politischem Gewicht, aber ohne Feminismus-Gequatsche (lediglich bei Gehrer blitzte es anfangs hier und da auf).
Eine weitere Ursache des freiheitlichen Frauenproblems: die FPÖ hat wegen der relativ starken Rolle der schlagenden Verbindungen den bei Frauen nicht sonderlich anziehenden Geruch des Männerbündlerischen. Zwar ist auch die ÖVP seit Michael Spindelegger wieder stark in der Hand des CV. Das stört aber Frauen aus mehreren Gründen viel weniger. Erstens gibt es beim CV nicht die für viele unverständliche Unsitte des Mensurenschlagens. Zweitens ist er religiös fundamentiert. Und drittens gibt es seit einigen Jahrzehnten farbentragende katholische Verbindungen auch für weibliche Studenten. Sie sind zwar eigenständig organisiert, aber mit dem CV eng verschwistert. Außerdem ist ein guter Teil der schwarzen Promis nur Ehrenband-CVer, also erst im Spitzenamt solcherart aufgenommen worden. Daher macht der CV, wenn er überhaupt zum Thema wird, keinen abschreckenden Eindruck auf Frauen.
Die ÖVP hat hingegen ein anderes großes Problem. Das sind die Angestellten. Dafür gibt es einen klaren Grund: Die ÖVP hat überhaupt niemanden mehr in ihren Reihen, der die Angestellten-Lebenswelt wiederspiegeln würde. In der fast exklusiven Dominanz von Berufspolitikern, Unternehmern, Bauern und Beamten muss man unter den VP-Politikern Angestellte geradezu mit der Lupe suchen.
Die ÖVP ignoriert mit den Angestellten schon in der eigenen Identität völlig jenen Berufsbereich, der in den letzten Jahrzehnten am raschesten gewachsen ist. Sie spricht nicht die Sprache des Bürotratsches, sondern nur die der Spitzenmanager, während die Freiheitlichen zumindest die Sprache der einfacheren Angestellten sehr gut drauf haben.
Der FPÖ-Klub ist auch im Bereich der Freien Berufe nach wie vor stark präsent. Das ist eine weitere Berufsgruppe, welche die ÖVP in den letzten Jahren vergessen oder übersehen hat. Rechtsanwälte, Notare, Zahnärzte & Co sind zwar nicht die ganz große Masse der Wähler. Sie sind aber für die Welt des bürgerlichen Mittelstands entscheidende Meinungsführer, die in früheren Epochen die ÖVP stark geprägt hatten. Josef Klaus, Hermann Withalm, Michael Graff waren hervorragende Exponenten aus dieser kleinen Gruppe, Wilfried Haslauer ist das zumindest in Salzburg heute noch.
Der VP-Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl hat sich hingegen mit einem reinen Kammervorfeld umgeben, das andere Selbständige nicht mehr anspricht. Zugleich ist die WKO durch Leitl der früheren intellektuellen Stärke entblößt worden. Dort wo der Wirtschaftsbund ordnungspolitisch noch interessant ist, ist er das völlig an der Kammer vorbei (siehe etwa die Namen Haubner, Kopf und eben Fekter).
Die ÖVP hat in der personellen Zusammensetzung ihrer Parlamentarier auch andere wichtige Kompetenzbereiche aufgegeben, die eigentlich für eine bürgerliche Partei konstitutiv sein müssten. Justiz, Kultur, Medien, Technik, Medizin, Globalisierung: Überall herrscht im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten ein Vakuum. Durch Wissenschaftsminister Töchterle ist ein solches wenigstens Richtung Universitäten und Geisteswissenschaften wieder ein wenig geschlossen worden. Aber sonst kann es ja wohl nicht im Ernst Strategie der Schwarzen sein, mit Zampano Sebastian Kurz all ihre vielen Defizite zudecken zu wollen.
Es gab nicht einmal den Versuch Spindeleggers, die – für die Listenerstellung entscheidenden – Bundesländer dazu zu bewegen, zumindest in soziologischer Hinsicht und mit Rücksicht auf die erwähnten Themenschwerpunkte wieder besseres Personal für den Nationalrat zu nominieren. Für eine bürgerliche Partei kann es überhaupt kein Trost sein, dass Werner Faymann beschlossen hat, die SPÖ auf eine Außenstelle der Gewerkschaften zu reduzieren. An bürgerliche Parteien werden von den Wählern aber eben größere Ansprüche gestellt als an sozialistische.
Noch einmal zurück zu Männern und Frauen: Ich kenne zwar keine aktuelle Studie, welche die anhaltende Geltung der folgenden politischen Weisheit bestätigen würde. Aber wenn, dann wäre es schlimm für die ÖVP: Früher ist man jedenfalls immer davon ausgegangen, dass Männer schneller veränderungsbereit und Wechselwähler sind, während sich Frauen immer erst mit Zeitabstand dem Verhalten der Männer anschließen. Sie bleiben länger bei ihrem traditionellen Verhalten. Sollte diese Regel noch immer gelten, könnte das zu einer langfristigen Verschiebung von der ÖVP zur FPÖ auch beim weiblichen Teil der Wählerschaft führen (obwohl es bei dieser Wahl kaum Wählerflüsse von Schwarz zu Blau gegeben hat).
Umgekehrt hat die Strache-FPÖ ein ganz anderes gravierendes Problem: Sie wird nicht von Akademikern gewählt. Der FPÖ-Anteil beträgt dort nur blamable 4 Prozent. Hingegen war die FPÖ bis in die 80er Jahre noch eine typische Akademikerpartei.
Sie teilt dieses Problem übrigens in hohem Ausmaß mit der SPÖ, die heute offenbar von kaum mehr als jenen Akademikern gewählt wird, die der SPÖ ihren Posten zu verdanken haben (nur 9 Prozent der Akademiker wählen noch SPÖ). Das ist ein dramatischer Unterschied zu den Zeiten Bruno Kreiskys, der einst gerade auch bei Universitätsabsolventen gut angekommen ist. Absolut führend sind bei den Akademikern jedenfalls ÖVP und Grüne; und die Neos haben in dieser Gruppe immerhin SPÖ wie FPÖ überholt.
Dafür können die Roten, aber auch die Schwarzen bei einer Gruppe hervorragend punkten: bei den Pensionisten. Dort konzentrieren sich ja auch jene Wähler, die ein Leben lang dasselbe gewählt haben.
Jahr | Beteiligung | SPÖ | ÖVP | FPÖ | Grüne | BZÖ | KPÖ | LiF/ NEOS |
Stronach |
1945 | 94,3 (165) | 44,6 (76) | 49,8 (85) | – | – | – | 5,4 (4) | – | – |
1949 | 96,8 (165) | 38,7 (67) | 44,0 (77) | 11,7 (16)* | – | – | 5,1 (5) | – | – |
1953 | 95,8 (165) | 42,1 (73) | 41,3 (74) | 10,9 (14)* | – | – | 5,3 (4) | – | – |
1956 | 96,0 (165) | 43,0 (74) | 46,0 (82) | 6,5 (6) | – | – | 4,4 (3) | – | – |
1959 | 94,2 (165) | 44,8 (78) | 44,2 (79) | 7,7 (8) | – | – | – | – | – |
1962 | 93,8 (165) | 44,0 (76) | 45,4 (81) | 7,0 (8) | – | – | – | – | – |
1966 | 93,8 (165) | 42,6 (74) | 48,3 (85) | 5,4 (6) | – | – | – | – | – |
1970 | 91,8 (165) | 48,4 (81) | 44,7 (78) | 5,5 (6) | – | – | – | – | – |
1971 | 92,4 (183) | 50,0 (93) | 43,1 (80) | 5,5 (10) | – | – | – | – | – |
1975 | 92,9 (183) | 50,4 (93) | 42,9 (80) | 5,4 (10) | – | – | – | – | – |
1979 | 92,2 (183) | 51,0 (95) | 41,9 (77) | 6,1 (11) | – | – | – | – | – |
1983 | 92,6 (183) | 47,6 (90) | 43,2 (81) | 5,0 (12) | – | – | – | – | – |
1986 | 90,5 (183) | 43,1 (80) | 41,3 (77) | 9,7 (18) | 4,8 (8) | – | – | – | – |
1990 | 86,1 (183) | 42,8 (80) | 32,1 (60) | 16,6 (33) | 4,8 (10) | – | – | – | – |
1994 | 81,9 (183) | 34,9 (65) | 27,7 (52) | 22,5 (42) | 7,3 (13) | – | – | 6,0 (11) | – |
1995 | 86,0 (183) | 38,1 (71) | 28,3 (52) | 21,9 (41) | 4,8 (9) | – | – | 5,5 (10) | – |
1999 | 80,4 (183) | 33,2 (65) | 26,9 (52) | 26,9 (52) | 7,4 (14) | – | – | – | – |
2002 | 84,3 (183) | 36,5 (69) | 42,3 (79) | 10,0 (18) | 9,5 (17) | – | – | – | – |
2006 | 78,5 (183) | 35,3 (68) | 34,3 (66) | 11,0 (21) | 11,0 (21) | 4,1 (7) | – | – | – |
2008 | 78,8 (183) | 29,3 (57) | 26,0 (51) | 17,5 (34) | 10,4 (20) | 10,7 (21) | – | – | – |
2013 | 74,9 (183) | 26,8 (52) |
24,0 (47) |
20,5 (40) | 12,4 (24) | 3,5 (0) | – | 5,0 (9) | 5,7 (11) |
Anmerkung: FPÖ bis 1953 WdU
Jeweils nur Wahlergebnisse angegeben, etwaige Abspaltungen/Umbenennungen während der laufenden Legislaturperiode sind nicht angeführt.
Quelle: BMI
Rot und Schwarz haben bei der Wahl ihre schwerste Niederlage ausgerechnet in der Steiermark erlitten. Also gerade dort, wo sie im Gegensatz zum sonstigen Stillstand lobenswerte Reformen setzen. Am gleichen Wochenende ist in Portugal die Regierung bei Kommunalwahlen hart für notwendige, aber schmerzhafte Sanierungsmaßnahmen bestraft worden.
Überall lernt man: Wähler wollen keine Spar- und Sanierungsmaßnahmen. Das steht schon lange in allen Lehrbüchern der politischen Taktik und wird wohl künftig noch fetter gedruckt werden. Wenig Relevanz hat hingegen, was Politiker nach solchen Erfahrungen meist sagen: Man hätte halt den Wählern die Notwendigkeiten besser erklären müssen.
Wahr ist vielmehr: Die Wähler wollen hier und jetzt ihre Wünsche erfüllt bekommen. Und keine Erklärungen. Nur eine Minderheit erkennt den Nutzen, der entsteht, wenn man zuerst reformiert, mehr arbeitet, ein paar wohlfahrtsstaatliche Hängematten entfernt. Die Mehrheit ruft hingegen: „Her mit der Marie, aber gleich“.
Das ist eine üble, aber logische Folge von Jahrzehnten politischer Propaganda und Gehirnwäsche. Politiker haben ein halbes Jahrhundert lang in jedem Wahlkampf ohne Rücksicht auf die Finanzierbarkeit viel zu viel versprochen, was ihre Partei, was der Staat denn künftig nicht alles für die Bürger tun würde, wenn sie nur gewählt werden.
Reformiert wird jedoch immer erst, wenn das Wasser bis zur Nase steht. Margaret Thatcher und Ronald Reagan hätten ihre erfolgreichen Revolutionen nie geschafft, wenn ihre Länder nicht zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich schon total kaputt gewesen wären.
Ähnlich die Sozialdemokraten in Schweden und Deutschland. Bundeskanzler Gerhard Schröder war – trotz explodierender Arbeitslosenzahlen – erst dann bereit zu den heute so segensreichen Reformen der Agenda 2010, als seine eigene Wahlniederlage schon unvermeidbar war. „Wenn ich ohnedies keine Chancen mehr habe, dann mache ich halt gleich das Notwendige.“ Diesen Wortlaut erzählte mir zumindest der deutsche Sozialdemokrat und Wirtschaftsexperte Thilo Sarrazin dieser Tage.
Genauso reagierte im Jahr 2000 der österreichische Kanzler Wolfgang Schüssel angesichts der wütenden Ablehnung durch Ausland, Medien, Opposition und Gewerkschaft: „Wenn wir es ihnen eh nie recht machen können, dann machen wir halt gleich das Richtige.“ Und so stand Österreich am Ende seiner Amtszeit exzellent und weltweit belobigt da, mit deutlich reduzierter Schulden- wie auch Abgabenquote.
Politiker regieren nur dann richtig und gut, wenn sie schon mit dem Rücken zur Wand stehen. Sonst aber lieben sie populistische Wählerbestechungen. Und sie haben wahltaktisch auch oft recht damit. Viele Wähler warten ja auf Bestechungen.
Die aktuelle Frage ist: Erkennen Rot und Schwarz den bedrohlichen Wasserstand, bevor es zu spät ist? Werden sie uns daher damit überraschen, dass sie künftig das Richtige machen? Hoffen dürfen wir ja zumindest.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die neue Wiener WU lässt jubeln. Sie lehrt uns und die Politik vieles. Und das meiste davon ist extrem erfreulich.
Man weiß fast nicht, wo man mit der Freude über den Universitäts-Neubau beginnen soll, der von der Fläche (90.000 Quadratmeter) bis zu den Kosten (eine halbe Milliarde) der weitaus größte Europas ist.
Am wichtigsten ist wohl, dass endlich auch in Wien moderne Architektur auf Weltspitzenniveau Einzug gefunden hat. Endlich gibt es auch aus dem Nach-Habsburg-Jahrhundert ein Großprojekt, das man voll Stolz ausländischen Besuchern zeigen kann. Es ist eine Universitätslandschaft, die nicht durch plumpe Höhe (wie etwa bei den Donauplatten-Hochhäusern der letzten Jahrzehnte) oder Länge (wie beim Karl-Marx-Hof oder den dumpfen Plattenbau-Siedlungen am Stadtrand) aufzutrumpfen versucht. Vielmehr besticht sie durch erstaunliche Kreativität und Vielfalt sowie – zumindest nach Aussage der Nutzer – auch Funktionalität. Und der Campus wirkt auch trotz seiner Größe überhaupt nicht groß.
Erstmals fällt einem in Wien bei moderner Architektur das Wort Schönheit ein. Wer das für übertrieben hält, sollte einfach in den Prater fahren und sich‘s anschauen (von der WU geht man dann übrigens auch gleich direkt in den Wurstelprater, ohne sich den jammervollen, von den RaushausgenossInnen verbrochenen Kitsch-Eingang am Praterstern antun zu müssen).
Für den Steuerzahler – und wohl auch jeden privaten Hausbauer – ebenso sensationell: Die Sache hat keinen Cent mehr gekostet als von Beginn an geplant gewesen war. Und zugleich ist der Campus auch völlig termingemäß fertiggeworden. Beides ist gerade in dieser Stadt absolut unglaublich.
Beides hat – neben den handelnden und offensichtlich sehr fähigen Personen – eine klare Hauptursache, die aber niemandem mehr richtig bewusst wird. Das war die komplette Ausgliederung der Universitäten wie auch der Bundesimmobiliengesellschaft BIG aus der Bundesverwaltung. Die BIG wurde der Politik weggenommen und auf den Markt und auf kapitalistische Verhaltensweisen hingelenkt. Das heißt natürlich auch, dass dort selbstverständlich kein Beamter mehr aufgenommen wird.
Ältere Österreicher werden sich noch erinnern, wie viele und wie schlimme Korruptionsskandale mit der einstigen Bundesgebäudeverwaltung verbunden gewesen sind. Auch der Bundespräsident erinnerte sich in seiner Eröffnungsrede schmerzhaft an den Bau des Wiener AKH, der ihn in seiner Ministerzeit enorm belastet hatte. Wohl nicht nur wegen der üblen Korruptionsskandale, sondern auch wegen der Hässlichkeit des Baus und seiner unmenschlichen Dimensionen.
Bei der neuen WU hingegen ist mit Sicherheit kein Professor mehr auf die Idee gekommen, wie in den dunklen AKH-Zeiten ständig beim Minister oder einem Sektionschef zu antichambrieren. Beispielsweise mit dem Ansinnen, dass er doch unbedingt ein größeres oder ein zusätzliches Zimmer oder ein bestimmtes Gerät brauche.
Ganz klare Erkenntnis: Je weiter die Politik von jeder Entscheidung weg ist, umso besser wird diese. Seltener ist das so klar bewiesen worden wie hier. Ästhetisch, sparsam, funktionell. Das heißt natürlich nicht, dass die Politik beim Neubau einer staatlichen Universität überflüssig ist. Denn immer noch hatte sie bei der WU eines zu tun: den Finanzierungsbeschluss zu fassen.
Aber auch in diesem Zusammenhang macht die neue WU aber vor Begeisterung sprachlos. In einer großen Inschrift im zentralen Eingangsbereich des zentralen Bibliotheksbaus wird nämlich gedankt. Aber wohl erstmals in der österreichischen Geschichte nicht der Politik, einem Minister, einem Stadtrat, einem Bürgermeister. Sondern dem einzigen wahren Wohltäter und Financier der Wirtschaftsuniversität: dem Bürger.
Dieser liest das und freut sich. Und ist ungemein stolz. Und dankt für den Dank der WUler.
Manche Tagebuch-Leser werden sich fragen, ob es denn diesmal gar nichts zu kritisieren gibt. Nun freilich gibt es das. Aber dimensionsmäßig tritt hier die Kritik weit hinter das Lob für den Beweis zurück, dass all das in Österreich ja doch geht.
Aber dennoch seien die kritischen Punkte auch angeführt, obwohl sie gar nicht direkt etwas mit dem Bau zu tun haben:
PS: Zum Schluss noch ein kleines, ganz anders Positivum am Rande der WU-Eröffnung: Es ist immer wieder erstaunlich, wie Karlheinz Töchterle mit kurzen, eigentlich bescheidenen Antworten alle Sympathien für sich erringt. Denn er zeigt dabei einfach das, was fast allen anderen in der Politik so bitter fehlt: Bildung.
Nur 2008 angetreten:
Partei | Stimmen | Prozent |
Liberales Forum | 102.249 | 2,09 |
FRITZ | 86.194 | 1,76 |
RETTÖ | 35.718 | 0,73 |
TRP | 2.224 | 0,05 |
STARK | 237 | 0,00 |
KLEM | 347 | 0,01 |
Anmerkungen:
CPÖ = Christliche Partei Österreichs
WANDL = Der Wandel
M = Männerpartei
EUAUS = EU-Austrittspartei
SLP = Sozialistische Linkspartei
RETTÖ = Unabhängige Bürgerinitiative Rettet Österreich
TRP = Tierrechtspartei
STARK = Liste Stark
KLEM = Dipl.-Ing. Karlheinz H. Klement
Was ist jetzt nach der Wahl dringend? Was muss, was müsste eine Regierung gerade jetzt, am Beginn einer Legislaturperiode sofort machen, bevor neuer Wahlkampfstress jede Reformmöglichkeit wieder zuschüttet? Wenn die Regierungsparteien, sollen sie in Prölls Namen halt wieder SPÖ und ÖVP heißen, das jetzt zügig angreifen, dann hätten sie sogar eine Chance: Sie würden nicht nur kurzfristig den unvermeidbaren Ärger der Wähler, sondern später dann auch den dann wohlverdienten Nutzen der Reform kassieren.
Natürlich ist klar, dass diese Liste sehr rasch auf den Widerstand der veränderungsunwilligen Bedenken- und Machtträger stoßen wird. Aber wenn diese nicht begreifen, dass man Vieles ändern muss, um das Wichtige zu bewahren, dann werden sie halt von viel größeren Veränderungen hinweggefegt werden.
Natürlich bräuchte es zu einer erfolgreichen Reform noch hunderte anderer Punkte. Diese reichen von einer massiven Deregulierung und Privatisierung über eine drastische Beschneidung der zahllosen Subventionsprogramme bis zu einer echten Föderalismusreform, bei der die Bundesländer künftig auch jeden Euro, den sie ausgeben, zuerst einnehmen und vor den Wählern verantworten müssen.
Die hier aufgezählten sind aber zweifellos die sechs zentralen und wichtigsten Aufgaben für das Projekt "Österreich Neu“. Nur mit ihner Verwirklichung kann man die sachlichen Herausforderungen meistern und zugleich auch den Menschen glaubhaft machen, dass in Österreich künftig wirklich wieder Politik gemacht wird. Und dass die Politikeraussagen „So nicht mehr“ ernst gemeint und nicht bloßes Gerede zur Tarnung einer Wahlniederlage sind.
Wenn sich SPÖ und ÖVP nicht auf mindestens fünf dieser Punkte einigen können, dann macht es überhaupt keinen Sinn, dass sie es mit ihrer Gerade-noch-Mehrheit noch einmal versuchen.
Dort aber, wo es Verfassungsmehrheiten braucht, müssten auch die Oppositionsparteien einen Offenbarungseid ablegen: Sind sie nur substanzlose Proteststimmen-Akkumulierer? Oder sind sie auch imstande, mehr Verantwortung zu tragen? Auch das würden die Österreicher gerne wissen. Das sollte auch schon vorweg parallel zum Koalitionspakt in einem großen Zusammenarbeitsvertrag zwischen der Regierung und der Opposition – oder Teilen davon – auf wirklich gleicher Augenhöhe vereinbart werden.
In den nächsten Wochen sollte es jedenfalls nur um eines gehen: um Sachfragen. Die in den Parteien jetzt so beliebten Koalitionsrechnereien oder gar Personalfragen dürfen erst hinterher Thema werden. Erst dann sollte geprüft werden, in welcher Konstellation das Gesamtprojekt am besten umgesetzt werden kann.
Am gefährlichsten wäre jedenfalls ein rot-schwarzer Glaube, abgesehen von ein bisschen Veränderungs-Rhetorik so weitermachen zu können wie bisher, halt mit zwei Ministern weniger und ohne die total isolierte Claudia Schmied. Das kann es ganz sicher nicht sein.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Statistik Austria betätigt sich immer mehr als Vordenkerin einer rot-grünen Koalition. Auf Steuergeld.
Eigentlich hätte die Statistik Austria ja laut Gesetz eine klare Aufgabe: alles verfügbare statistische Material zu erfassen und zu veröffentlichen. Ob nun die Zahlen der Regierung genehm sind oder nicht. In Wahrheit wird die Wahrheit von der dem Bundeskanzleramt unterstehenden Behörde aber immer mehr unter den Tisch gekehrt. Etwa Daten über das Verhalten der Zuwanderer.
Dafür hat sie jetzt mit ähnlich rot-grün denkenden Vereinen eine „Wohlstandsmessung“ veröffentlicht. Und dieses Konglomerat hat nun skurrilerweise den Anstieg des Lkw-Verkehrs, des Energieverbrauchs und der Bautätigkeit als größte(!) Probleme Österreichs dargestellt. Das klingt wie aus einem schon vorbereiteten rot-grünen Koalitionspapier, mit dem es nun leider wieder nichts wird. Größere Sorgen haben die Traumtänzer offenbar keine.
Die Staatsverschuldung, die Überalterung, die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, die rapide Immigration, die in Wien heute schon die Kinder mit fremder Muttersprache zur Mehrheit machen: All das macht den eingegrünten Genossen hingegen überhaupt keine Sorge. Die BIP-Entwicklung wird sogar positiv gesehen, obwohl alle seriösen Analysen nationaler wie auch internationaler Institutionen zeigen, dass Österreich in Wahrheit schon eine implizite Staatsverschuldung von über 250 Prozent hat. Dass das Pensionssystem alleine bei der gegenwärtigen Entwicklung in einigen Jahren das ganze Staatsbudget auffressen wird. Dass irgendwann eine finanzielle Katastrophe kommen muss. Nur für die Statistik Austria ist das alles kein Problem.
Diese „Wohlstandsmessung“ ist ein Machwerk, das nichts anderes als eine Papier- und Zeitvergeudung auf unsere Kosten darstellt. So etwas passiert aber fast automatisch, wenn (so wie auch im Verfassungsdienst) Politkommissare einst unabhängig denkende Institutionen in die Hände bekommen.
PS: Wetten, dass wir auch keine Arbeitslosigkeit mehr hätten, wenn deren Daten alleine von der Statistik Austria erhoben werden.
Die große Koalition hat deutlich Stimmen verloren, zusammen aber gerade noch die absolute Mehrheit erreicht. SPÖ-Klubobmann Josef Cap sieht in erster Linie ein Kommunikationsproblem der SPÖ-ÖVP-Koalition mit den Bürgern. SPÖ-Frauenministerin Heinisch-Hosek dürfte er damit zwar nicht gemeint haben, doch gerade sie malt beständig ein düsteres Bild der Lage der Frauen und bemüht sich nach Kräften, den so genannten Gender-Pay-Gap in unrealistischer Weise aufzublasen.
Damit erleichtert sie es der FPÖ, der Regierung Versagen vorzuwerfen. Diese Partei hat ohne Rücksicht auf Budgetprobleme das Blaue vom Himmel gefordert und sich auch in Richtung Interessensvertretung der Frauen zu positionieren versucht, ohne aber bei diesen wie erhofft punkten zu können. Laut Sora-Wählerstromanalyse wählten 29 Prozent der Männer, aber nur 16 Prozent der Frauen FPÖ, womit aber die FPÖ gegenüber den als „Frauenpartei" deklarierten Grünen bei den Frauenstimmen weiterhin die Nase vorn hat.
Die vor anderthalb Jahren von Matthias Strolz gegründeten Neos sind die einzige Partei, die es gewagt hat, eine rasche Angleichung des gesetzlichen Frauenpensionsalters (beginnend mit 2014 statt 2024) zu fordern und sind für ihren Mut belohnt worden. Die vom Wählervotum enttäuschten Grünen sind zu einseitig fokussiert. Sie fordern Chancengleichheit für Frauen, nicht aber für Männer und negieren damit die veränderte Wirklichkeit.
„Alle leiden unter dem Stillstand", äußerte Sozialexperte Bernd Marin im Gespräch mit der „Kleinen Zeitung" (15.9.). Die Frauenministerin stelle sich taub. „Das frühere Pensionsalter der Frauen ist ein zutiefst reaktionäres Überbleibsel, das Frauen schadet und verhöhnt. Ein paternalistisch vergiftetes Bonbon."
Kurz vor der Wahl rief sich auch die Grazer Frauenbeauftragte Maggie Jansenberger mit einer Wortspende in Erinnerung. „Frauenquoten sind nur für SPÖ und Grüne ein Thema", bemängelt sie. Aber sie interessieren, dem Wahlergebnis nach zu schließen, auch immer weniger Wähler. Der steirische Landeshauptmann Franz Voves beklagte nach der Wahl auf Radio Steiermark, dass die SPÖ den Kontakt zur Arbeiterschaft verloren hat. Kein Wunder, können diese doch mit Forderungen wie „Mehr Frauen in Spitzenpositionen" wenig anfangen.
Der „Standard"-Journalistin und Feministin Beate Hausbichler macht die Anfälligkeit junger Männer für die FPÖ Kopfzerbrechen. Sie plädiert auf dieStandard.at für Umerziehungsmaßnahmen in der Schule. Die Printredaktion des „Standard" (2.10.) beginnt nun aber möglicherweise, Probleme von Männern nicht mehr unter den Teppich zu kehren. So schreibt sie zu den neuen Arbeitslosenzahlen für September: „Besonders Männer sind von Arbeitslosigkeit gefährdet. ... Auch im September hat die Arbeitslosigkeit unter Männern (plus 15,1 Prozent) stärker zugenommen als unter Frauen (plus 12,9 Prozent)."
Viktor Pölzl ist Obmann des Vereins Freimann, der sich für Gleichberechtigung auch für Männer einsetzt.
www.freimann.at
Warum man den oberösterreichischen SPÖ-Linksaußen Josef Ackerl auch einmal in Schutz nehmen sollte.
Ackerl hatte die Stronach-Statthalterin Kathrin Nachbaur nach einem etwas seltsamen Fernsehinterview als „Tussi“ bezeichnet. Mehr hatte er nicht gebraucht. Schon brach der feministisch-korrekte Sturm über ihn her. Schon musste er auf Knien rutschend Abbitte leisten. Nun, ohne sonstige Sympathien für den hauptberuflichen Sozial-Lizitator: Das ist schon ziemlich lächerlich.
Ich sah das Interview mit einer Gruppe von Bekannten. Und zufälligerweise wurde auch dabei von allen genau das T.-Wort zur Charakterisierung Nachbaurs verwendet. Etwa durch den nachdenklichen Satz: „Kann man mit einer solchen Tussi wirklich ernsthaft eine Koalition versuchen?“ Es blieb einem jedenfalls der Mund offen, wie die attraktive Blondine mit fünfminütigem Dauergrinsen die Existenz schwerer Konflikte in der Stronach-Truppe weglächelte.
In einer ähnlichen Runde wurde übrigens auch tags darauf der TV-Auftritt von Matthias Strolz mit einem eher distanzierten Vokabel belegt, nämlich „jenseitig“. Dies geschah, als der Neos-Mann mit einem Wortschwall sondergleichen auf die Frage nach der Zwangsgesamtschule antwortete, besser gesagt: nicht antwortete. Denn er wollte uns offenbar klarmachen, dass er sowohl dafür wie auch dagegen ist (aber vielleicht ist er auch sowohl dagegen wie dafür. Genau begriffen hab ich‘s ja nicht. Seine Gebetsmühle „Mittlere Reife“ – die übrigens auch von anderen Parteien mit einer etwas klareren Bildungspolitik befürwortet wird – ist ja absolut keine Antwort auf diese Frage).
Aber zurück zu „Tussi“: Ob der Ausdruck nun treffend für Frau Nachbaur ist oder nicht, lassen wir dahingestellt. Widerlich ist nur etwas anderes: die Macht der politischkorrekten Erregungsmaschine und die Aufregung wegen eines Wortes, das schätzungsweise 95 Prozent der Österreicher schon verwendet haben, egal ob nun zutreffend oder nicht.
Ständig beklagen wir – insbesondere nach den lähmenden Politiker-Runden in allen Sendern – zu Recht, dass diese alle total übertrainiert nur noch eingelernte Flachsätze absondern. Sie reden und antworten nicht wie normale Menschen, sondern sprechen nur noch eine Sprache, die nichts mehr mit unserem Kommunikations-Gewohnheiten zu tun hat. Und dann kommt einer und verwendet einmal ein total gebräuchliches Wort aus der ganz normalen, keineswegs nur in Randschichten gesprochenen Umgangssprache und schon kommen die strengen Verbotstanten mit spitzem Zeigefinger: „Aber das sagt man nicht!“ Wie im Kindergarten.
Noch mehr ärgert, dass die Sprachwächter mit ihrem Rohrstaberldenken sofort Erfolg haben. Dass ihre Zimperlichkeit nicht einfach ignoriert wird. Dass auch ein politisches Urgestein wie Ackerl sofort Abbitte leistet. Dabei hat sicher die große Mehrheit der Österreicher kein Problem mit dem T.-Wort, geschweige denn die Wähler von Ackerls Partei.
Nachbetrachtet zeichnet sich die Nationalratswahl 2013 vor allem dadurch aus: Mangelnde Nachhaltigkeit im Ergebnis, weiter steigende Unzufriedenheit mit allen politischen Parteien und völliges Missverständnis des eigenen Ergebnisses durch die etablierten Parteien.
Mangelnde Nachhaltigkeit: Österreich ist und bleibt eine Gesellschaft mit drei politischen Grundrichtungen: Links (S), Mitte (V), Rechts (F) mit einem gewachsenen vierten Element, dessen Entwicklung nach links geht (G). Die Mehrheit ist klar rechts der Mitte. Die Grundrichtungen lassen sich über 100 Jahre zurückverfolgen und besitzen ein Fundament – ein Backbone – welches das Überleben auch in schlimmsten Krisen sichert.
Neugründungen und Abspaltungen sind daher mangels Backbone stark von aktuellen Strömungen oder den Persönlichkeiten an der Spitze abhängig. Grundsatzprogramm (und damit Grundsätze) fehlen, das Ergebnis ist folgerichtig das Verschwinden nach in der Regel zwei Legislaturperioden. LiF und BZÖ sind den Weg vorangegangen, NEOS und Team Stronach werden folgen, wahrscheinlich schon nach einer Periode. Zu groß sind die inhaltlichen Unterschiede der einzelnen Repräsentanten und deren Persönlichkeitsstruktur. Mangels gemeinsamer ideologischer Basis sowie fehlender Erfahrung der Mandatare in politischen und parlamentarischen Abläufen ist das Scheitern Programm.
Steigende Unzufriedenheit mit allen politischen Parteien: Lediglich drei Viertel der Bevölkerung gehen überhaupt noch wählen, die Nichtwähler haben eine überwältigende relative Mehrheit. In Zahlen ausgedrückt gehen 1.722.031 Wahlberechtige nicht wählen oder wählen ungültig. Im Vergleich dazu hat die SPÖ 1.252.430 Wähler. Und von den gültigen Wählern wählt praktisch jeder Fünfte keine etablierte Partei oder eine Kleinpartei wie etwa die KPÖ. Wieder in Zahlen: 750.000 Österreicherinnen und Österreicher sind mit den etablierten Parteien so unzufrieden, dass sie vor Kirchengegnern, Stalin oder der Todesstrafe nicht zurückschrecken. Um fast die Hälfte mehr, als die Grünen auf sich vereinen können.
Völliges Missverständnis des eigenen Ergebnisses: Bezogen auf alle Wahlberechtigen hat die SPÖ 19,6 Prozent und die Volkspartei 17,5 Prozent deklariert hinter sich. Hier von einem Auftrag zu sprechen ist gewagt. Nachhaltige Ablehnung trifft das Ganze schon eher. Fast zwei von drei Österreicherinnen und Österreichern haben diese beiden Parteien nicht gewählt.
Anstatt dieses parteipolitische Fiasko ausführlich zu analysieren, zu diskutieren und den der politischen Richtung entsprechenden Lösungsansatz zu suchen, zu finden und umzusetzen, freuen sich die einen, dass es sich rechnerisch ausgeht, wie bisher weiterzutun und überlegen die anderen, wie sie sich doch ins Kanzleramt pokern können.
Beides unverantwortlich. In Wahrheit ist in Österreich eine politische Mehrheit für die Übernahme der Regierungsverantwortung nicht gegeben. Die einen können es nicht, jedenfalls nicht in ihrer derzeitigen personellen und inhaltlichen Situation (S, V), die anderen wollen es nicht (F) und die, die es wollen, sollten es nicht (G), weil das Beispiel Wien zeigt, was das bedeutet. Und die Arabesken des Wahlabends sollten nicht einmal in Frage kommen dürfen.
Auswege aus dem Dilemma gibt es wenige, weil die erforderliche Katharsis nicht erfolgen wird. Damit wird es das nächste Mal noch schwieriger für den Wähler. Und wenn Roland Düringer kandidiert, könnte er durchaus zum Beppe Grillo der Alpenrepublik werden. Das ist weniger lustig als vielmehr tragisch, weil es zeigt, wohin die Demokratie in Österreich abgewirtschaftet wurde.
Wer jetzt glaubt, dass Internetwahl, direkte Demokratie oder soziale Netzwerke das Problem lösen werden, befindet sich auf dem Holzweg. Ein politisches Nullum ist auch auf Facebook und Twitter ein solches. Und solange dem Wähler nicht klar gemacht wird, wofür er seine Stimme abgeben soll, für welche Werte und welche Ziele, wird keine Besserung eintreten.
Für die Meisten ist es nämlich offenkundig vollkommen gleichgültig, ob jetzt der Werner oder der Spindi Kanzler ist, mit der Eva oder dem HC. Weil die machen eh, was sie wollen, vertreten nur ihre Interessen und es ist eh kein Unterschied, außer dass beim Strache das Ausland schreit und die Eva was gegen Autofahrer und Fleischesser hat.
Und wer mehr nervt, kriegt halt weniger Stimmen. Oder man geht gar nicht wählen. Weil, wozu? Es bleibt ja ohnehin alles besser, bei uns in Österreich. Ein fataler Trugschluss.
Wagner ist Berater mit Schwerpunkten Medien und Marketing,
So sehr kann doch nicht einmal eine abgeschossene Ministerin ihrer Partei schaden wollen. Hat diese doch schon mit dem Linzer Skandal um die Versorgung des Finanzstadtrates Mayr genug am Hals, nachdem der zuvor hunderte Millionen Steuergeld vertan hatte. Mit nachträglicher Ergänzung.
Seit der Ankündigung des (nicht sehr freiwilligen) Rücktritts von Claudia Schmied kursiert der ganz konkrete und bisher nicht dementierte Hinweis: Sie bekomme als ehemaliges Vorstandsmitglied der Kommunalkredit künftig eine Pension von über 21.000 Euro. Pro Monat. Wenn das wahr ist, wäre das ein absoluter Hohn für die Österreicher durch die glücklose Ministerin.
Ist doch die Kommunalkredit in den Ruin geführt worden. Was den Steuerzahlern milliardenschweren Lasten aufgebürdet hat. Eine Reihe von Strafverfahren läuft deswegen auch nach wie vor. Wobei freilich einzig jenes gegen Schmied seltsamerweise eingestellt worden ist (Was aber bei den Zuständen in der Wiener Staatsanwaltschaft niemanden wirklich wundert).
Ein bisschen zu wenig wäre es, würde Schmied in der Stunde der Wahrheit nur sagen, dass der Betrag nicht stimmt. Vielleicht sind es ja ein paar Hunderter mehr oder weniger. Es wäre eigentlich nur akzeptabel, wenn sie auf jeden Euro aus einem Zusammenhang mit der Kommunalkredit verzichtet.
Übrigens: Nachdem Schmied bei der Rücktrittsankündigung selbst eine bisher nicht vorhandene „Familie“ genannt hat, könnten sie uns doch bei gleicher Gelegenheit auch mitteilen, wie diese denn aussieht. Damit wir endlich auch erfahren, was jene Frau unter Familie versteht, der die SPÖ sieben Jahre unsere Jugend anvertraut hatte.
Nachträgliche Ergänzung: Mit dreitägiger Schrecksekunde hat Claudia Schmied reagiert: Sie werde via der Kommunalkredit-Pensionskasse über 4900 Euro bekommen. Das ist zweifellos deutlich weniger. Nur hat Schmied noch nicht offengelegt, was sie insgesamt an Pensionen aus den diversesten Titeln bekommen wird. Damit ist die Causa noch alles andere als geklärt.
Die Ähnlichkeiten zwischen dem italienischen und dem austrokanadischen Milliardär sind frappierend.
Beide haben mit ihren Unternehmen große Erfolge erzielt. Beide haben sich um große Summen ihres privaten Geldes als spätberufene Propheten in eigener Sache politische Parteien aufgebaut. Silvio Berlusconi, ein hochpolitischer, aber offenbar nicht immer ganz gesetzestreuer Kopf, sehr erfolgreich. Frank Stronach, ein unpolitischer Wirrkopf, allerdings weniger erfolgreich. Beide sind auch bis in ein sehr hohes Alter hinein politisch aktiv, während ihre Firmen längst von anderen geführt werden.
Beide aber müssen auch das erfahren, was schon mittelalterliche Kaiser erleben mussten: Selbst noch so lautstarke Lehenseide und noch so dichte finanzielle Netze können die Gefolgschaft nicht dauerhaft binden. Das musste Berlusconi in diesen Stunden erfahren, als seine Partei nicht mehr bereit war, ihn auf den Weg in neuerliche Neuwahlen – als Protest gegen seinen Mandatsverlust – zu begleiten. Das wird Stronach mit Sicherheit in den nächsten ein bis zwei Jahren erleben, wenn seine eigene Mannschaft ihm eines Tages bei seinen wirren Entscheidungen endgültig die Treue versagt. Die ständigen Personalturbulenzen in seiner Liste sind da ja nur ein Vorspiel.
Moderne Parteien und Politiken lassen sich halt nicht mehr wie eine Diktatur führen. Das hatte einst auch Jörg Haider erfahren müssen, der ständig Rollkommandos zum Niederbügeln aufmuckender Funktionäre ausgeschickt hat. Und der dann doch in Knittelfeld die Steuerung seiner Partei aus der Hand verlor.
Dabei kann das Aufbegehren der Gefolgschaft auch durchaus ehrenhaft sein, und muss nicht unbedingt nur von der Angst um die eigene Position getragen sein. Das kann man jetzt in Italien sogar als wahrscheinlich annehmen. Denn es gibt kaum Zweifel, dass neuerliche Neuwahlen die zarte Stabilisierung des Landes schwer geschädigt hätten.
Die Entmachtung Berlusconis hängt aber wohl auch mit biologischen Fakten zusammen. Sein „Vatermörder“ Alfano ist kaum mehr als halb so alt wie der 77-Jährige Ex-Premier. Und er denkt daher ein wenig mehr an die Zukunft Italiens als an die Ehre Berlusconis. Auch wenn Alfano weiß, dass er diesem alles zu verdanken hat.
Selbst wenn man überzeugt sein sollte, dass Berlusconi schweres Unrecht passiert, ist doch eines klar: Für einen anständigen Menschen muss letztlich das Land wichtiger sein als die Partei oder deren Chef. So bitter das für Berlusconi auch ist, und so undankbar ihm das auch scheinen mag. An all dem ändert der Umstand nichts mehr, dass Berlusconi selbst in Anbetracht seiner innerparteilichen Niederlage letztlich nun auch selbst plötzlich auf die zuvor verlangten Neuwahlen verzichtet hat.
PS: Auch wenn alles, was ein Vergleich ist, ein bisschen hinken mag, so fühle ich mich doch an den Fall Waldheim erinnert. Dieser war zweifellos ein Opfer von Intrigen und böswilligen Denunziationen aus der SPÖ, die ihn im Wahlkampf zum Nazi-Schlächter aufbauschen wollte. Aber dennoch war es richtig, dass er kein zweites Mal kandidiert hat. Denn der durch diese Intrigen in die Welt gesetzte Schaden wäre sonst noch viel größer geworden. Auch da musste das Land wichtiger sein als die – im Fall Waldheims wirklich schuldlose – Person.
In den USA sind Hunderttausende Beamte zwangsweise und ohne Bezahlung freigestellt worden. „Katastrophe!“ rufen da viele. Ich finde das gar nicht schlimm.
Unabhängig von der gegenseitigen Erpressung zwischen den beiden Parteien rund um Obamacare (die unpopuläre allgemeine Gesundheitsversicherung), unabhängig von den komplizierten Regeln rund um die jetzt greifenden Ausgaben- und Verschuldungsgrenzen: Tatsache ist, dass sich Amerikas Steuerzahler derzeit jeden Tag gewaltige Ausgaben ersparen. Tatsache ist, dass auch Beamte nun einmal am eigenen Leib das Los jedes anderen Bürgers erfahren, dass es auch für sie keinen absolut sicheren Job gibt. Tatsache ist, dass auch in Amerika allzu viele Organisationen überflüssigerweise vom Steuerzahler leben (statt wie andere dort nur von Eintrittsgeldern und Sponsoren). Tatsache ist, dass die US-Regierung die weitaus größte Schuldenmacherin der Welt ist. Was zumindest bei solchen Gelegenheiten endlich ernsthafter überdacht werden sollte.
PS: Tatsache ist aber auch, dass Amerika nicht zuletzt deshalb so verschuldet ist, weil es eine Riesenarmee als Weltpolizist finanziert. Und dass auch wir Europäer gerne nach diesem rufen, etwa wenn auf dem Balkan der Wahnsinn um sich greift.
Der Mann kann zwar gut Fahnenschwingen, er hat aber teuflische Angst vor der Regierungsverantwortung. Das wurde seit dem Wahltag endgültig klar. Etwa durch Straches entlarvenden Satz: „Die FPÖ führt keinen Wahlkampf. Sie ist Wahlkampf.“ Wenn man immer Wahlkampf „ist“, dann kann man nie Regierung sein. Vielleicht erzählt aber jemand Strache und der restlichen Für-ewig-Oppositions-Fraktion in der FPÖ, was in Norwegen derzeit geradezu als Selbstverständlichkeit passiert. Und der ÖVP, was sich in Großbritannien und Ungarn andere konservative Parteien trauen (Die Gutmenschen haben die Schwarzen ja ohnedies schon weitgehend an Grüne und Neos verloren).
Zuerst zum freiheitlichen Parteichef. Er zeigt sich auch nach Wahl, auch nach dem Verschwinden der Rivalen vom BZÖ, nicht ernsthaft interessiert, eine Regierung zu bilden. Wenn er sagt, er will „keine Gespräche über die Hintertür“, dann will er gar keine Gespräche, auch wenn man formell ein FPÖ-Verhandlungsteam präsentiert hat. Denn nach den vielen Jahren der Eiszeit und der (gegenseitigen) Aggressionen weiß jeder erfahrene Politiker, dass man zuerst vertraulich Vertrauen aufbauen müsste, bevor irgendetwas in Gang kommen kann.
Wenn man den SPÖ-Klubobmann Cap sofort bloßstellt, dass er einen ersten Kontakt zur FPÖ gesucht habe, dann outet man sich logischerweise einmal gleich selbst als kontaktunwillig. Dasselbe tut man mit A-Priori-Aussagen Richtung ÖVP, dass diese das Interesse an den Freiheitlichen ohnedies nicht ernst meint.
Zwar ist die ÖVP in dieser Frage keineswegs einig, aber bis auf den niederösterreichischen Landeshauptmann Pröll stimmt diese Behauptung so ganz sicher nicht. Und Pröll selbst war auch schon im Jahr 2000 gegen ein Bündnis mit den Freiheitlichen. Er konnte es aber nicht verhindern (beide Male handelt er aus leicht durchschaubarem Egoismus: Er sieht bessere Chancen für seine Wiederwahl, wenn es einen roten Bundeskanzler gibt. Mit dem er im Gegenzug dann auch heftig packeln kann).
Zurück zu Strache. Dieser träumt lieber weiter ganz unverbindlich von der Macht, statt konkret auf eine Regierungsteilnahme hinzuarbeiten. Er tut das schon seit zehn Jahren. Irgendwann einmal, nur nicht jetzt.
Natürlich ist es leichter, auf Protest und Opposition zu machen, als zu regieren, Verantwortung zu tragen und zu erkennen, wie vieles von dem leichtfertig Versprochenen nicht möglich ist. Natürlich hat die FPÖ einst durch die Regierungsbeteiligung einen Rückschlag erlitten; den größten hat sie sich damals freilich in Knittelfeld selbst zugefügt (unter lebhafter Mitwirkung Straches). Natürlich ist so gut wie sicher, dass die Partei bei Verantwortungsübernahme sofort einen Teil des dumpfen Protestpotentials aus der XYZ-Schicht verliert, das prinzipiell gegen jeden ist, der zu „denen da oben“ gehört; aber das wird in fünf, in zehn, in fünfzehn Jahren haargenauso sein wie jetzt.
Europaweit verlieren Regierungsparteien Wahlen (Lediglich Angela Merkels CDU war da eine Ausnahme). Daher ist es durchaus wahrscheinlich, dass solches dann auch der FPÖ droht. Aber kann die Konsequenz sein, nie in eine Regierung zu gehen? Wozu ist man dann eigentlich eine politische Partei? Wer nicht an der Macht teilhaben will, will auch nichts machen. Denn Macht kommt eben von Machen.
In Wahrheit hat die FPÖ sogar schon vor dem Wahltag ihr Desinteresse an der Verantwortung gezeigt. Sie ist zwar alles andere als neonazistisch (das sagen nur ein paar linke Dummköpfe, deren Schallplatte ewig in der gleichen Propagandarille steckengeblieben ist). Sie hat aber so extreme Lizitationsforderungen aufgestellt, dass sie selber um deren totale Unerfüllbarkeit wissen musste.
Weder FPÖ noch ÖVP haben in den letzten Jahren das getan, was eigentlich zum politischen Handwerk gehören würde, wenn man perspektivisch denkt: nämlich gute vertrauliche menschliche Kontakte untereinander aufzubauen. Diese hatte es vor 2000 zwischen ÖVP und FPÖ – in einem eigentlich noch viel explosiveren Klima – hingegen sehr wohl gegeben. Nicht nur in Form des bekanntgewordenen Kaffeehausgesprächs Haider-Bartenstein. Haider hat sogar schon Ende November 1999 im privaten Gespräch die Ministerien genannt, die seine Partei will. Und die sie dann im Februar auch ganz genau bekommen hat.
Mit ihrer totalen Orientierung auf die XYZ-Schicht droht der FPÖ ein klares Schicksal: Sie wird nie wirklich über das Protestpotential hinauskommen. Das sind maximal 20 bis 30 Prozent. Auch die Hoffnung, beim nächsten Mal die wahrscheinlich dann freiwerdenden Stronach- und BZÖ-Stimmen erben zu können, ändert daran nichts Wesentliches. Diese Hoffnung ist überdies zumindest zum Teil falsch. Denn wirtschafts- und sozialpolitisch sind beide Listen eindeutig liberal. Also das Gegenteil des FPÖ-Wahlprogramms. Daher dürften deren Stimmen eher zu den Neos oder auch wieder ÖVP als zur FPÖ gehen.
Wahrscheinlich geht man fehl, wenn man nach Straches strategischer Perspektive forscht. Es ist einfach das dumpfe Gefühl, dass es sich als starker, wenn auch lebenslänglicher Oppositionspolitiker besser leben lässt. Er sieht sich höchstens als Wiener Bürgermeister denn als Mitglied einer Bundesregierung.
Und selbst von jenem Ziel, das Strache einst auf die Frage nach seinem Mindestziel genannt hat, ist er meilenweit entfernt: Er hat ein Drittel der Mandate angestrebt, damit er Verfassungsänderungen blockieren kann. Er steht jetzt bei 20 Prozent.
Im Gegensatz zu dieser Realitätsverweigerung spielt sich gerade jetzt in Norwegen Erstaunliches ab: Vier bürgerliche Parteien beschlossen zu kooperieren; dennoch werden nur die Konservativen und – ausgerechnet – die Rechtspopulisten die Regierung bilden. Die beiden kleineren (zum Teil christlichen) Parteien haben jedoch parlamentarische Unterstützung versprochen. Obwohl sich der Massenmörder B. eine Zeitlang im Dunstkreis der norwegischen Rechtspopulisten bewegt hatte (was nicht einmal die Linksmedien der FPÖ vorwerfen können), haben in Norwegen alle bürgerlichen Parteien gewusst, dass es ihnen die Wähler übel nehmen würden, wenn sie trotz ihrer klaren Mehrheit wieder die Sozialisten an die Regierung ließen.
In Norwegen haben alle bürgerlichen Parteien kompromissbereit verhandelt. So haben die Rechtspopulisten zwar eine strengere Asylpolitik, eine konsequentere Abschiebepolitik, die Anstellung von mehr Polizisten und eine Reduktion der Väterzeit durchgesetzt. Sie mussten aber auf die von ihnen geforderten Ölbohrungen in den Lofoten verzichten und auf eine Öffnung des norwegischen Pensionsfonds, wo Milliarden aus den Nordseeöl-Erträgen für schlechtere Zeiten gehortet sind.
Dass in Österreich nicht einmal ernsthaft über ein ähnliches Modell gesprochen wird, ist schade. Die Neos und die Stronachs haben zumindest anklingen lassen, dass sie so etwas von außen unterstützen könnten. Damit wären es auch bei uns im Übrigen genau vier Parteien . . .
Aber die FPÖ träumt offenbar nur von den Sternen einer irgendwann einmal bevorstehenden absoluten Mehrheit. Und die ÖVP scheint primär von Feigheit beseelt. Sonst würde auch sie – ganz unabhängig von der Koalitionsfrage – zumindest ernsthafter über Vorschläge ihnen nahestehender Parteien diskutieren. So hat der konservative britische Finanzminister Osborne angekündigt, dass Langzeitarbeitslose künftig nur dann das ganze Geld bekommen, wenn sie auch gemeinnützige Arbeit verrichten. So haben die ungarischen Konservativen beschlossen, den Gemeinden das Recht auf Schaffung obdachloser Zonen einzuräumen.
Solche Vorschläge klingen zwar in den Ohren mancher ÖVP-Funktionäre wohl unschön. Aber in Wahrheit ist in der ÖVP das Gefühl verlorengegangen, dass eine Law-and-Order-Politik jedenfalls das Fundament einer bürgerlichen Partei sein muss.
So wie in der FPÖ traurigerweise das Gefühl verloren gegangen ist, dass man ohne wirtschaftspolitische Vernunft nicht regieren kann.
Die verzweifelten bürgerlichen Wähler wollen aber alles, nur nicht ständig einen sozialistischen Bundeskanzler unterstützen. Und das tut die eine Partei durch eine Koalition mit ihm, und die andere durch ihr Desinteresse an einer eventuellen bürgerlichen Koalition.
Das einstige Radio Moskau der Kommunisten wirkt im Vergleich zum heutigen ORF der SPÖ fast schon wie ein echtes Informationsmedium.
Neueste Unverschämtheit: Die Wahlkartenauszählung hat der Faymann-Partei Schlimmes gebracht. Sie verliert noch ein weiteres Mandat (an die ÖVP). Damit ist die SPÖ nach dem BZÖ nun eindeutig der zweite Wahlverlierer, während es ja bisher schien, als ob Rot wie Schwarz exakt gleich viel verloren hätten. Was aber berichtet der ORF in seiner Hauptnachrichtensendung über diese signifikanten Veränderungen? Einfach nichts. Ebensowenig wie über die nunmehrige Verschiebung zweier blauer Mandate zu den Grünen. Er meldet nur die Zahlen der Auszählung. Aus. Damit erfährt niemand, der sich nicht in anderen Quellen informiert hat, dass die Lage deutlich anders geworden ist als zwei Tage lang vom ORF gemeldet. Dieser agiert wie die ärgsten Partei-Betonschädel: Nur ja keine Niederlage zugeben, wenn sie die SPÖ betreffen. Verlierer müssen immer die anderen sein. Die Nazis haben schwere Niederlagen wenigstens noch als „Frontbegradigung“ bezeichnet, woraus Zuhörer ihre Schlüsse ziehen konnten. Im ORF werden sie überhaupt wegignoriert. Auf der gleichen verlogenen Linie in der selben Sendung die unglaubliche Behauptung: Viktor Klima wird als „Wahlsieger“ 1999 bezeichnet. Nur zur Erinnerung: Klima hat damals sechs Mandate verloren . . .
PS: Im ORF-Stiftungsrat sitzt nun auch je ein Vertreter Stronachs und der Neos auf Kosten von SPÖ und BZÖ. Man darf gespannt sein, welche Auswirkung das auf die Rolle des ORF als Parteifunk hat.
Die von allen Medien unterdrückte zentrale Interpretation des Wahlergebnisses hat ausgerechnet der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser perfekt formuliert.
Dabei hat ausgerechnet Kaiser als einziger Roter etwas dazugewonnen – freilich primär als Spätfolge der blau-orangen Implosion in Kärnten. Kaiser sagte: "Das gesellschaftspolitische Spektrum ist nach rechts gerückt, das ist klar ersichtlich." Er ist wohl ein ziemlich unverdächtiger Zeuge für die Richtigkeit dieses Faktums (das übrigens auch aus der Stimmverteilung des deutschen Wahlergebnisses ablesbar war). Die geradezu zwingende Schlussfolgerung daraus – die Kaiser freilich nicht mehr zieht – ist die Frage: Ist es der nach rechts gerückten Wählermehrheit eigentlich auch nur eine Sekunde lang zuzumuten, dass nun das passiert, was die SPÖ und die ihren Druck auf die ÖVP schon wieder erhöhenden Medien wollen? Soll die ÖVP neuerlich brav bürgerliche Stimmen nicht nur zur Wahl eines SPÖ-Bundeskanzlers, sondern auch einer sozialdemokratischen Politik abliefern?
Da muss bei den Grünen in den letzten 24 Stunden heftig gebetet worden sein (zu wem auch immer: Zu Karl Marx? Zur immergrünen Eiche? Zu Simone de Beauvoir? Zu Mohammed? Zur heiligen Caritas?). Jedenfalls hat die Auszählung der Briefwahl jetzt den Grünen doch noch ganz knapp zu einem Da capo ihrer bisherigen politischen Bedeutung verholfen.
Die Grünen sind nun doch so stark geblieben, dass sie alleine Rot-Schwarz zur Verfassungsmehrheit verhelfen können. Zwar kann da jeder Autounfall und jede Grippewelle dazwischenfunken. Aber in der Regel gilt: Mehrheit ist Mehrheit. Auch wenn es nur um eine oder zwei Stimmen geht. Damit kann sich die aufgesetzte und ein wenig belämmert wirkende Fröhlichkeit der Eva Glawischnig aus der Wahlnacht jetzt doch ein wenig entspannter geben.
Damit hätte eine rot-schwarze Regierung noch eine weitere Alternative neben den Freiheitlichen zur Verfügung, wenn sie die Verfassungsmehrheit brauchen sollte. Und das ist in Österreich öfter denn anderswo der Fall.
Die anderen beiden Parteien – also Stronach plus Neos – würden hingegen nur im Doppelpack der Regierung eine Zweidrittelmehrheit bringen. Was ihre Relevanz im kommenden Parlament zweifellos reduzieren wird. Daher ist es auch eher peinlich, wenn sich der Neos-Chef Strolz jetzt der Regierung als Dritter anbiedert. Die weiß ja genau, dass sie im Verfassungsfall erst recht wieder einen Vierten brauchen würde.
An dieser Verfassungsfrage sieht man auch ganz konkret die Folgen der Schwächung der beiden einstigen Großparteien. Nach der letzten Wahl hatten diese sich ja vier Jahre lang bequem unter den anfangs drei Oppositionsparteien jede beliebige aussuchen können, um eine sichere Verfassungsmehrheit zu haben.
Dennoch können die Grünen alles andere als zufrieden sein. Trotz der kleinen Verbesserung ihres Prozentstandes stagnieren sie. Vor allem haben sie nicht wie erhofft als große Antikorruptions- und Aufdeckerpartei punkten können. Offen muss bleiben, wieweit die Wähler das Thema Korruption überhaupt als wirklich relevant ansehen. Oder ob die Grünen seit ihrer Rolle als Ersatzmotor für die rote Korruptionsmaschine im Wiener Rathaus inzwischen schon selbst alle diesbezügliche Glaubwürdigkeit verloren haben.
Tatsache ist jedenfalls, dass Stronach und Neos viel überzeugender sagen können, sie waren nie in so etwas verwickelt. Was freilich bei Stronach mit seinem Schloss am Wörthersee auch nicht ganz zutrifft.
Die grüne Malaise hat jedenfalls noch andere Ursachen: Die eine ist die in Deutschland stattgefundene Enttarnung der Grünen als einstige Pädophilie-Bewegung. Das schadet auch in Österreich heftig, obwohl es hier keine konkreten Beweise gegen die jetzige Grünmannschaft gibt. Aber es schadet dennoch, weil sich hier die Grünen ja (zusammen mit dem ORF) als moralistische Ankläger pädophiler Vorkommnisse in kirchlichen Einrichtungen zu profilieren versucht haben. Daher ist es auch schon vor den deutschen Enthüllungen seltsam aufgefallen, wie desinteressiert sie dann an der Aufarbeitung des – ja noch viel ärgeren – Pädophilie-Bordells im Bereich der Gemeinde Wien gewesen sind.
Während die anderen Kleinparteien halbwegs Distanz zu beiden Regierungsparteien zu haben scheinen, wirken die Grünen heute wie eine intellektuell angehauchte Vorfeldorganisation der SPÖ. Daran ändert der Umstand nichts, dass sie regional auch mit anderen Parteien pragmatisch und ohne größere Ärgernisse kooperieren.
Jedenfalls schädlich war auch die katastrophale Verkehrspolitik der Grünen in Wien. Das Pickerl-Diktat und die Mariahilferstraße zusammen waren ein wenig zu viel der Provokation.
Die große Frage aber bleibt: Was sind die Grünen heute? Einfach eine Partei wie jede andere, deren Chefin sich harmlos-nett mit kleinen Mädchen, Tieren und Blumen fotografieren lässt?
Die Grünen haben sich sicherlich wegentwickelt von ihren Anfängen als Partei der Hausbesetzer, Opernballdemonstranten, Maoisten, Trotzkisten und (echten oder taktischen) Antifaschisten. Dieser Haufen hat dann schon bald die ursprünglich bürgerlich-konservativ angehauchten Umweltschützer unter seine Kontrolle und Macht gebracht. Wobei dann jedoch der Umweltschutz und die Anti-Atomkraft-Bewegung, die eigentlich nur als systemzerstörend instrumentalisiert werden sollten, ganz stark zu einem harten Kern der Bewegung wurden.
Zugleich wurden auch die marxistischen Linksradikalen älter und gesetzestreuer. Dass übrigens der besonders fanatische Antifa-Kämpfer Öllinger jetzt offenbar den Sprung ins Parlament nicht mehr geschafft hat, ist eine weitere Wegmarke auf der Strecke dieser grünen Normalisierung. Da fällt Ballast ab.
Der eine oder andere Grüne (Van der Bellen, Kogler) konnte inzwischen sogar zu Wirtschaftsfragen gut mitdiskutieren. Andere wieder zogen den linken Caritas-Flügel ins grüne Lager. Beides schienen Zeichen der bürgerlichen Normalisierung zu sein.
Wäre nicht zugleich die nächste ideologische Übernahme passiert. Diesmal durch die Kampffeministinnen. Zwar kommen die Grünen bei Frauen dadurch etwas besser als bei Männern an. Aber Feminismus als zentrales Thema blieb eine Minderheitenangelegenheit.
Insbesondere vertrug er sich nicht mit dem zweiten von den Grünen in den letzten Jahren entwickelten Schwerpunkt: der Zuwendung zu Immigranten, insbesondere auch aus dem islamischen Raum. Damit hatten die Grünen plötzlich die unüberbrückbaren innerislamischen und innertürkischen Konflikte in den eigenen Reihen. Vor allem ist das islamische Frauenbild absolut konträr zum feministischen. Die Partei mag diesen Widerspruch zwar zu ignorieren versuchen. Weibliche Wähler sehen ihn jedoch sehr stark und wenden sich von den Grünen ab.
Und mit den Neos ist für die Grünen nun eine echte Katastrophe passiert. Während der zeitweise bedrohliche Ansturm der Piratenbewegung rascher als gedacht verebbt ist, ist den Grünen in der Pink-Partei eine ganz neue Konkurrenz erwachsen, die es sensationell auf Anhieb ins Parlament geschafft hat. Jetzt gibt es eine Gruppierung, die viel besser als die Grünen auf das attraktive, wenn auch unpolitische Lebensgefühl „junge, wilde Frische“ machen kann.
Die Neos können ohne die heterogenen Altlasten der Grünen heftig in grünen wie schwarzen Schickeria-Schichten wildern. Sie mühen sich nicht allzu lang mit ideologischen Fragen, sondern machen eben ganz auf locker. Das wird den Grünen noch viele Probleme bereiten. Sie laufen Gefahr, zur Partei der sauertöpfischen Studienräte und Altjungfern zu werden, welche die Menschen mit Vegetarismus, Antiraucherismus, Fahrradismus und politischkorrekter Regulierungswut immer mehr einengen. Die Grünen sind heute jedenfalls jene Oppositionspartei, die am wenigsten Lebensfreude ausstrahlt.
Nach dieser Stimmen-Nachzählung können die Grünen jedenfalls noch einmal für die nächsten fünf Jahre aufatmen. Sie werden also doch noch gebraucht. Zumindest solange, bis sie in ihrem Selbstzerstörungsdrang einen neuen -ismus gefunden haben . . .
PS: Apropos Nachzählung: Das Wandern eines Mandats von der SPÖ zur ÖVP ändert zwar keine so grundsätzliche Spielregel wie der Mandatsgewinn der Grünen. Aber es macht die Hetze des ORF und der Kronenzeitung besonders lächerlich, die beide seit Sonntag hartnäckig eine Führungskrise der ÖVP herbeireden wollen. Für die es aber null Anzeichen gibt. Während sie bei der SPÖ, die nun jedenfalls signifikant mehr verloren hat als die ÖVP, nicht einmal eine kritische Frage nach der Führungsqualität des Werner Faymann zu stellen wagen (zumindest solange ich das verfolgen konnte). Dafür wird zur Ablenkung der Steirer Voves attackiert, der unter dem regionalen Erfolg des Steirers Stronach gelitten hat. Widerlich wie immer. Aber eben ORF (siehe etwa den Montags-Report).
Wie in Deutschland vor einer Woche kam es auch in Österreich zu einem Linksruck. Die Sozialdemokraten behaupten ihre relative Mehrheit, die zweite Volkspartei des Landes, die einst bürgerliche ÖVP, fällt – wohlverdient – deutlich zurück und belegt Rang zwei. Beide Parteien markieren damit historische Tiefststände, schaffen aber trotzdem die für eine Fortsetzung der bestehenden Koalition erforderliche Mandatsmehrheit.
Die Genossen leiden offensichtlich darunter, ihren historischen Auftrag erfüllt zu haben. Alle ihre zentralen Anliegen sind längst erfüllt. Forderungen nach noch mehr Urlaub bringen heute einfach keine Stimmen mehr. Die ÖVP wieder verstand es – wie die FDP in Deutschland – ihre Klientel in einer Weise zu verprellen, die ihresgleichen sucht. Die Schwarzen stehen heute gesellschafts- und verteilungspolitisch links von jenen Positionen, die in den 1970er-Jahren von den Sozialisten eingenommen wurden. Für ihr politisches Angebot schwindet naturgemäß die Nachfrage. Der Verlust von zusammen mehr als vier Prozent der rotschwarzen Wählerstimmen kann daher nicht überraschen.
Die EU-kritische FPÖ platziert sich hinter der ÖVP auf dem dritten Rang und kann die Grünen auf deutlichem Abstand halten. Diese schaffen es – leicht gestärkt, aber nur halb so stark wie die Freiheitlichen – auf Platz vier. Das BZÖ („Bündnis Zukunft Österreich“) scheitert knapp an der Vier-Prozent-Hürde und scheidet aus dem Parlament aus. Das „Team Stronach“, das sich erstmals einer Wahl stellt, kommt, eher enttäuschend, auf knapp sechs und die ebenfalls zum ersten Mal antretenden „Neos“, ein Aufguss des selig entschlafenen, linken „Liberalen Forums“, bringen es auf respektable fünf Prozent der Stimmen.
Beruhigendes Faktum aus Sicht der Nettosteuerzahler: Keine Mehrheit links der Mitte. Für die bürgerlichen Leistungsträger deprimierend: Der Rückstand der vereinigten Linken ist kleiner geworden. Symptomatisch dafür ist der Ersatz des zwar farblosen, immerhin aber rechts der Mitte stehenden BZÖ durch die von einem alternden Straßenbautycoon gesponserten Neos, die für hundertprozentige politische Korrektheit und einen Spitzensteuersatz von 95 Prozent (!!) stehen.
Da die windelweiche Truppe des an Farblosigkeit nicht zu überbietenden ÖVP-Kapos Spindelegger kaum die Courage aufbringen wird, mit der FPÖ und dem Team Stronach (eine Dreierkoalition, die über eine komfortable parlamentarische Mandatsmehrheit verfügen würde), gemeinsam eine Regierung gegen die Opposition einer linken Volksfront zu bilden, wird leider alles beim Alten bleiben: Zum letzten Mal, so steht zu erwarten, wird eine große Koalition der im wahrsten Sinn des Wortes „Altparteien“ SPÖ & ÖVP gebildet werden. Viel schlimmer – so viel ist jedem gelernten Österreicher und jahrzehntelangen Kenner der heimischen Nomenklatura jetzt schon klar – hätte es nicht kommen können.
Die beiden großkoalitionären Wahlverlierer werden sich weitere fünf Jahre aneinanderklammern und die seit geraumer Zeit bestehende Obstruktionspolitik fortführen. Die dringend notwendige Steuerreform, die diesen Namen auch verdient, ist damit gestorben. Eine seit Jahren debattierte Verwaltungsreform kann man getrost vergessen. Das marode Pensionssystem wird weiter auf den Kollaps zutreiben und die Geldverbrennung im staatlichen Gesundheitswesen wird weitergehen wie gewohnt.
In spätestens fünf Jahren wird dann aber abgerechnet. Dann wird die absolute rotschwarze Mehrheit auf Bundesebene endgültig Geschichte sein. Dann endlich werden die Karten neu gemischt werden. Paul Watzlawick stellte einst fest: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst!“ Ein Seher! Er hatte Österreich nach den Nationalratswahlen im Herbst 2013 im Blick…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Quelle: Wiener Zeitung, APA
Das Gerücht lief seit Wochen herum, jetzt ist es fix: Claudia Schmied geht. Und das alles andere als freiwillig.
Damit gibt es endlich wieder Hoffnung auf eine neue Schulpolitik. Geprägt durch Leistung statt Kuschelschulen, durch Vielfalt statt Einheitszwang, durch Schulautonomie statt Proporz. Und vor allem: durch Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Eltern und der Politik. Die Unfreiwilligkeit ihres Rücktritts wird auch durch die peinliche Tatsache klar, dass sie den Rücktritt ausgerechnet mit einer – in Wahrheit gar nicht vorhandenen – „Familie“ begründet hat. Nun, in Arbeiterkammern und Gebietskrankenkassen finden sich in der Regel immer gutbezahlte und arbeitsarme Jobs für Genossen. Parteiposten in Banken sind hingegen nicht mehr im Angebot. Die fraglichen Banken sind inzwischen nämlich alle bankrott oder ans Ausland verkauft worden. Wozu ja einst auch Schmied ein wenig Vorarbeit geleistet hatte.
PS: Die Qualität eines Nachfolgers wird auch daran ablesbar sein, ob er alles verfügbare Steuergeld in die Schulen oder wieder in Bestechungsinserate für Gratisblätter steckt.
Der erstaunlichste Wahlsieger des Sonntags sind zweifellos die Neos. Ähnlich wie in Deutschland die „Alternative für Deutschland“ haben sie aus dem Stand ein eindrucksvolles Ergebnis geschafft. Mit sehr vielen Interpretationsebenen.
Die Neos übertreffen sogar die historische Leistung der Grünen, der einzigen Partei vor ihnen, die im letzten halben Jahrhundert von außen, also ohne Abspaltung von einer anderen Partei, den Einzug ins Parlament geschafft hat: Denn die Grünen konnten damals auf ein dichtes Netzwerk von Vereinen und Bürgerinitiativen aufbauen. Das können die Neos in keiner Weise. Umso größer die Leistung ihrer Kampagne.
Daraus kann man ganz eindeutig lernen (wenn man‘s nicht ohnedies schon gewusst hatte): Die Wähler sind volatiler denn je. Sie haben keine fixen Lebensabschnittsbindungen mehr. Sie sind bereit, sich relativ oft auf neue Bindungen einzulassen. Während die Menschen seit dem Auftreten von Aids viel öfter monogam geworden sind, sind sie das in politischen Verhältnissen keineswegs.
Schillernd ist der Vergleich der Neos mit der „Alternative für Deutschland“. Die Neos sind ins Parlament gekommen, die AfD auf Grund des rigideren deutschen Wahlrechts hingegen nicht. Aber umgekehrt hat man bei der AfD genau und scharf gewusst, wofür sie in ihrem zentralen Anliegen steht. Bei den Neos weiß ich das hingegen nicht – und vermutlich auch die meisten ihrer Wähler nicht.
Die Neos haben letztlich sogar von dem Umstand profitiert, den sie selber und auch ich eigentlich für eine große Benachteiligung gehalten hatten: Sie standen nicht im oft kritischen Scheinwerferlicht der zahllosen TV-Debatten, sondern wurden kaum beachtet. Genau das aber hat es ermöglicht, dass Wählergruppen viele sehr unterschiedliche Hoffnungen und Meinungen in die Neos hineinprojizieren konnten. Es wurde nie scharf aufgezeigt, dass das oft total unvereinbare Hoffnungen sind. Die einen haben in den Neos beispielsweise eine Partei gesehen, die gegen Steuererhöhungen ist, die anderen haben sie gewählt, weil der Neos-Ministerkandidat Haselsteiner von 95-prozentigen Steuersätzen gesprochen hat. Zuerst schienen die Neos für Zwangsgesamtschulen zu sein, dann waren sie plötzlich für Vielfalt.
Im Wählerkreis der Neos hat sich eigentlich Unvereinbares verbunden: Er rekrutiert sich laut Wählerstromanalyse primär aus ehemaligen ÖVP- und ehemaligen Grün-Wählern. Und zwar jeweils zu ziemlich gleichen Teilen. Grün und Schwarz sind freilich noch immer zwei sehr unterschiedliche Lebenswelten. Beides ist nur in den romantischen Träumereien junger Politikberater und in der medialen Beliebigkeitswelt leicht vereinbar. Solange nicht harte und konkrete politische Entscheidungen getroffen werden müssen, passt jedoch alles in den gleichen rhetorischen Schmelztiegel hinein: ökologisch, sozial, marktorientiert, freiheitsorientiert, genderistisch, politisch korrekt . Für die einen sind die Neos das alte linke Heide-Schmidt-LIF, das durch scharfe Antikirchenaktivisten sogar noch weiter nach links gerückt ist. Für die anderen sind sie neoliberal, wie es etwa die Kommunisten am Wahlabend formuliert haben.
Umso interessanter wird es, wenn die Neos jetzt im Parlament Farbe bekennen müssen. Da wird die Rolle als Chamäleon und sich ständig änderndes Vexierbild durch konkrete Positionierungen ersetzt werden müssen. Politischer Populismus allein (etwa mit dem Kronenzeitungs-artigen Kampf gegen die Parteienförderung) wird da jedenfalls zuwenig sein.
Sollte es wirklich wie vielfach befürchtet wieder zu einer rot-schwarzen Koalition kommen, dann sollten die Neos auch nicht die Schwierigkeit der Oppositionsrolle unterschätzen: Gleich vier Oppositionsparteien werden im Nationalrat gegen die Regierung, aber genauso auch gegeneinander um Aufmerksamkeit und Profilierung kämpfen müssen. Da kann man sehr leicht untergehen.
Den Neos ist aber jedenfalls zu attestieren: Sie haben sehr begeistert Wahlkampf geführt. Dafür hat vor allem die Ausstrahlung des Partei-Teilgründers Strolz gesorgt. Er hat mit seinem beharrlichen Optimismus viele mitgerissen, ein Schwung, der bei vielen anderen Parteien gefehlt hat. Strolz ist damit auch zumindest vorerst total glaubwürdig drübergekommen ist.
Im Vergleich dazu hat der Versuch der SPÖ, sich trotz des deutlichen Minus und des aschfahlen Auftritts von Werner Faymann als Sieger zu präsentieren, nur noch peinlich gewirkt. Dabei hat sie bis auf den Zehntelprozentpunkt genauso viel verloren wie die ÖVP. Die Sprachregelung der Volkspartei, offen von einem „Denkzettel“ zu sprechen, klang da jedenfalls viel ehrlicher. Das ist insofern erstaunlich, als die ÖVP nach fast allen früheren Wahlen berühmt dafür war, besonders ungeschickt auf Wahlergebnisse zu reagieren. Diesmal nicht. Das könnte der Anfang einer Besserung sein.
In der nicht eindeutig beantwortbaren Frage, ob hinter dem pinken Farbenzauber der Neos eigentlich eher eine Links- oder Rechtspartei zu finden ist, würde auch die Antwort auf die Frage liegen, ob der Wahltag in Summe einen Rechts- oder Linksruck gebracht hat. Denn eines ist klar: Die SPÖ hat deutlich mehr verloren, als die zarten Zugewinne der Grünen ausmachen. Auf der anderen Seite ist aber mit dem BZÖ ein doch nennenswerter Prozentsatz rechter Stimmen nicht ins Parlament gekommen. So wie es in Deutschland bei gleich zwei Rechtsparteien passiert ist.
PS: Noch ein interessanter Vergleich zu Deutschland: Dort wird die große Siegerin Angela Merkel am Ende wohl substanzielle Konzessionen an einen linken Koalitionspartner machen müssen. Sie hat ja keine Alternative. In Österreich hat die ÖVP hingegen trotz des Rückschlags bei den Wahlen derzeit sogar drei Koalitionsmöglichkeiten (mit der SPÖ, mit FPÖ-Stronach, mit FPÖ-Neos). Das macht sie im Vergleich zur SPÖ, die de facto ohne Alternativen dasteht, enorm stark. Freilich muss diese Stärke jetzt auch noch taktisch geschickt eingesetzt werden . . .
Nach dieser schweren Wahlniederlage für Rot wie Schwarz ist nichts mehr so, wie es vorher war. Sollten die beiden Parteien das nicht begreifen und sich jetzt nach ein paar Wochen des vordergründigen Streits um einen Koalitionsvertrag wieder bequem ins gleiche alte Koalitionsbett legen, dann ist ihnen wirklich nicht mehr zu helfen. Zwar bietet auch der eindrucksvolle Zuwachs der FPÖ noch keine klare Alternative. Zwar kann man angesichts der Aufsplitterung der Proteststimmen auf viele Häufchen nicht wirklich behaupten, dass die Wähler klar und einheitlich gezeigt hätten, wo es anstelle der Stillstandsregierung Faymann denn nun hingehen solle. Aber eindeutig haben sie – und die Nichtwähler wohl erst – gerufen: So darf es nicht mehr weitergehen. (Mit einer nachträglichen Ergänzung)
Insbesondere die bürgerlichen Wähler – was freilich eine wilde, keineswegs homogene Mischung aus liberalen, konservativen, christlichen, modernen, altvatrischen Menschen bedeutet – sind nicht mehr willens, in einem seit 1983 mehrheitlich rechten Land fast ständig hinnehmen zu müssen, dass am Ende immer ein Sozialdemokrat Bundeskanzler wird. Lediglich Wolfgang Schüssel und Jörg Haider haben es einst gewagt, diese Regel zu durchbrechen.
Vor allem der große Wahlerfolg der Freiheitlichen ist endlich ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen und nicht nach ein paar Tagen wieder zu ignorieren. Der FPÖ hat gegen Ende des Wahlkampfes wohl zweierlei genutzt: erstens das deutliche Zurücksinken von Frank Stronach, dessen Stern schon wieder im Verglühen ist. Und zweitens die lächerlichen Attacken von SPÖ-Gruppierungen, die aus einem Foto gleich die Wiederkehr der Nationalsozialisten abgeleitet haben (zum fünfhundertsten Mal), aber auch völlig überflüssige Äußerungen von Kardinal Schönborn rund ums Asylthema, das den Menschen nach wie vor wichtig ist. Freilich nicht im Sinne Schönborns.
Die FPÖ wird nun überlegen müssen, ob sie die völlig überzogenen Sozial-Forderungen ihres Wahlprogramms weiterhin zum Nennwert nimmt und sich damit trotz ihres Erfolgs gleich wieder zur Oppositionspartei macht. Denn Unerfüllbares kann auch ein Wahlsieger nicht erfüllen – sondern nur auf den Oppositionsbänken weiter versprechen. Die FPÖ könnte aber auch so, wie sie es schon bei den Europathemen gemacht hat, alle Hintertüren offen lassen.
Die ÖVP und Stronach wiederum sollten zumindest den Versuch wagen, die Freiheitlichen mit in die Verantwortung zu nehmen. Die ÖVP wäre gut beraten, trotz der SPÖ-Liebe der Herrn Leitl und Pröll, intensiv zu prüfen, wieweit H.C.Strache noch immer nur der Protest-Rabauke ist, und ob Schwarz-Blau-Stronach nicht doch erfreuliche Dynamik ermöglicht. Immerhin dürfte diese Dreierformation stärker als Rot-Schwarz ins Parlament einziehen.
Der ÖVP muss nämlich klar sein: Sollten sich in der heute sehr aufgespaltenen Opposition die Dinge konsolidieren – vielleicht schon beim nächsten Mal –, sollten dort einmal wirklich glaubwürdige politische Inhalte zu finden sein, wird es endgültig aus sein mit Rot-Schwarz. Und diese Konsolidierung kann eigentlich nur rund um die FPÖ oder höchstens in einer einzigen weiteren Rechtspartei erfolgen, welche Stronach-, BZÖ- und den bürgerlichen Teil der Neos-Stimmen zusammenführt.
Freilich steht die gefährliche Drohung im Raum, dass Rot und Schwarz auch beim nächsten Mal nach Verlust der Mehrheit noch weitermachen und halt einfach die Grünen von der Reservebank zur Mehrheitsabsicherung mit dazunehmen werden. Die Grünen wetzen dort ja schon lange ungeduldig herum, denn sie wollen unbedingt mitspielen. Für die ÖVP wäre Rot-Schwarz-Grün freilich die endgültige Selbstzerstörung.
Neben dem massiven FPÖ-Zugewinn hat dieser Wahltag jedenfalls noch eine zweite zentrale Botschaft der Wähler: eine donnernde Ohrfeige für Rot-Schwarz. Diese ist vor allem angesichts der Tatsache gewaltig, dass beide Parteien auch schon vor fünf Jahren schwer verloren haben. Die Menschen empfinden immer mehr den Anspruch von Rot-Schwarz auf pragmatisierte Dauerherrschaft als Zumutung. Daran ändert der Umstand nichts, dass dieses System sehr stark von den Medien mitgetragen wird, die als Alternative nur Rot-Grün akzeptieren wollen.
Eine solche Dauerherrschaft widerspricht aber dem Grundprinzip der repräsentativen Demokratie. Wenn man den Menschen sonst schon keine direkte Mitsprache erlaubt, dann sollte Demokratie wenigstens eines bedeuten: Dass man in regelmäßigen Abständen eine Partei, eine Koalition abwählen und anderen eine Chance geben kann.
Nicht so in Österreich. Da wollen Rot und Schwarz offenbar auf ewig miteinander regieren. Sie halten ihre Macht für so unveränderbar wie das Kälterwerden der Temperaturen im Herbst. Dabei sind sie schon von einst weit über 90 Prozent auf 50 gefallen. Dazu kommt noch, dass einst fast alle wählen gegangen sind, in den letzten Jahrzehnten wurden das immer weniger.
Auch nichtpolitische Menschen spüren, dass die rot-schwarze Macht einfach viel zu tief in alle Poren der Republik eingedrungen ist. Der Eindruck wird durch die Lage in den Bundesländern noch verschlimmert – ärgstes Beispiel sind die drei im Osten. Dazu kommt die totale SPÖ-Herrschaft im ORF. Dazu kommt die totale Rot-Schwarz-Herrschaft im Verfassungsgerichtshof. Und ebenso übel ist die gewaltige, jetzt auch noch verfassungsrechtliche Macht von Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Arbeiterkammer sowie Gewerkschaft. Das gibt es in keinem anderen westlichen Land.
Kein Wunder, dass die Menschen nach Alternativen lechzen, auch wenn sie letztlich eher unsicher sind, ob die jetzt bei Strache oder Stronach, bei Glawischnig oder Strolz-Haselsteiner zu finden sind.
Können Rot und Schwarz noch irgendwie überleben? Das ginge wohl nur, wenn sie endlich die Grundstimmung unter den Menschen begreifen. Wenn sie den Bürgern mit einem Wechsel zur direkten Demokratie, aber auch zu einem echten Mehrheitswahlrecht endlich mehr Mitsprache einräumen, wenn sie also von ihrem totalitären Anspruch einen Abstrich hinnehmen. Wenn sie von den Schulen bis zu den Familien mit linken Experimenten aufhören würden.
Das für die Freiheitlichen besonders triumphale steirische Wahlergebnis – sie sind dort vermutlich Nummer 1! – bringt aber auch eine deprimierende Botschaft. Rot und Schwarz haben besonders dort kräftig verloren, wo sie – als einzigem Land! – mutige Reformen und Einsparungen versucht haben, die die Steiermark zumindest ein wenig sanieren könnten. Das steirische Ergebnis heißt ja wohl auch: Die Österreicher haben den Ernst der weltwirtschaftlichen Lage, die Konsequenzen der Schuldenkrise nicht wirklich begriffen. Wie sollten sie aber auch: Insbesondere Faymann selber, aber auch Teile der ÖVP haben ihnen ja dauern vorgespiegelt, dass eh alles bestens wäre, dass man die Folgen der Schuldenwirtschaft problemlos ignorieren könnte.
Wenn man den Menschen die Wahrheit verschweigt, dann passiert in der Politik halt leicht etwas Ungeplantes: dass andere die Früchte der Lüge ernten.
PS: Noch ist der Einzug der Neos nicht ganz fix. Aber sollte er gelingen, können sie sich mit einem ähnlichen Prozentsatz der Stimmen für erfolgreich halten, wie ihn in Deutschland FDP oder "Alternative" erzielt haben. Die jetzt ja beide schwer deprimiert außerhalb des Bundestags sitzen. Skurril, wie das Wahlrecht halt so spielt.
PPS: Nachträgliche Ergänzung zur Wahlanalyse (die wohl erst nach Auszählung aller Wahlkarten endgültig sein kann):
Bei den TV-Berichten aus den diversen Parteihauptquartieren war wohl der stereotype Jubel bei der SPÖ am peinlichsten. Immerhin hat ja die Hochrechnung gezeigt, dass die SPÖ unter allen Parteien die zweithöchste Niederlage (nach dem BZÖ) erlitten hat. Und dass sie das weitaus schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte verbuchen muss. Die Partei glaubt offenbar wirklich, sich das vernichtende Ergebnis schönjubeln zu können. Wenn schon da so viel Realitätsverlust zu spüren ist, wie soll die Partei dann imstande sein, die Realitäten des Landes endlich ernstzunehmen?
Sehr ernstnehmen sollten Parteien wie Medien auch den dramatischen (weiteren) Rückgang der Wahlbeteiligung. Wenn trotz deutlich größeren Parteienangebots deutlich weniger Österreicher wählen, dann sollte das allen zu denken geben. Nicht nur den Parteien, sondern auch den Medien. Und allen politisch denkenden Landsleuten. Lag‘s am mäßigen Angebot? Oder lag es daran, dass immer weniger Menschen begreifen, wie wichtig letztlich alle politischen Entscheidungen sind?
Viele Österreicher wählen am heutigen Tag nur noch mit sehr geringer Begeisterung das nur sehr relativ geringste Übel. Und das war‘s dann wieder? Dann kann wieder nur fünf Jahre geschimpft werden? So verhalten sich in der Tat viele Österreicher. Dabei gäbe es eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich politisch auch über das Kreuzerl am Stimmzettel und eventuell eine Vorzugsstimme hinaus einzubringen. Man muss sie nur nutzen.
Der steigende Frustpegel unter den Menschen ist nicht allein, und vielleicht auch nicht in erster Linie die Schuld der Parteien und der Politik. Er ist vielmehr primär Ergebnis einer immer differenzierter werdenden Gesellschaft, in der über immer mehr Fragen durch Gesetze, Regierung und Verwaltung entschieden wird. Daher ist es eigentlich ganz logisch und zwingend, dass der Drang der Menschen immer größer wird, sich konkret in Einzelfragen einzubringen.
Beim Entstehen der Demokratie im 19. und 20. Jahrhundert waren heute im Vordergrund stehende Bereiche noch gar nicht in irgendeiner Weise Thema der Politik: das unfinanzierbar werdende Pensionssystem, Asylmissbrauch, Finanzmarkt, Gentechnik, Methoden der Energiegewinnung, Geburtenregelung, Politische Korrektheit, Demographie, globale Erwärmung, Gesamtschule: Tausende solcher Fragen beherrschen heute den politischen Raum.
Das macht es völlig unwahrscheinlich, noch eine Partei finden zu können, die dann all diese Fragen genauso sieht wie man selbst. Das geht höchstens bei neugegründeten Oppositionsparteien, die für alles gleichzeitig sind: für 95prozentige Einkommensteuern, um sich als sozial zu geben, und gleichzeitig gegen jede Steuererhöhung, um sich bei wirtschaftlich Denkenden sympathisch zu machen. Daher ist letztlich konkrete Einmischung in konkreten Fragen immer unverzichtbarer geworden. Das gilt auch dann, wenn man eigentlich der Meinung ist, dass der Staat sich lange nicht in so viele Themenbereiche einmischen sollte, wie er das schon tut oder zu tun beabsichtigt. Gerade dann muss man ja erst recht Stellung beziehen.
Das logische Instrument, um auf diese Ausdifferenzierung der modernen Welt zu reagieren, ist die direkte Demokratie. Da kann dann der Bürger unabhängig von 999 anderen Fragen klar seine Meinung sagen, wenn einmal ein konkreter Vorschlag zur Abstimmung kommt. Die direkte Demokratie wird freilich noch von der mächtigen Mandarinenklasse aus Altpolitikern, Beamten und Richtern gebremst. sie will so, wie es am Ende der Feudalzeit der Adel versucht hatte, ihre Macht nicht mit dem gemeinen Volk teilen. Aber immerhin: Schwarz, Blau, Grün haben sich in Richtung der direkten Demokratie – mehr oder weniger – festgelegt. Und selbst die abtretende Regierung hat da zumindest einen halbherzigen, aber keineswegs ganz irrelevanten Entwurf vorgelegt.
Aber selbst wenn in Sachen direkter Demokratie trotz dieser Vorboten doch nichts weitergehen sollte, ist der Bürger keineswegs so ohnmächtig, wie sich der Österreicher hält.
Da gibt es einmal die Möglichkeit, viel mehr Druck auf die Parteien auszuüben. Etwa in den USA ist es vielen Bürgerbewegungen schon gelungen, ihre Partei, ihren Abgeordneten zum Umdenken zu bringen. Durch zahllose Mails, durch Briefe, durch Anrufe in seinem Büro, durch Öffentlichkeitsarbeit, durch soziale Medien.
Politiker wollen ja vor allem eines: wiedergewählt werden. Und da ist es absolut wichtig, ihnen immer wieder zu vermitteln, dass die veröffentlichte Meinung (die ja besonders in Österreich einem dumpfen linksliberalen Mainstream folgt) in den meisten Fragen keineswegs mit der öffentlichen Meinung identisch ist. Politiker, die noch immer glauben, sich mit einem morgendlichen Blick in die Zeitungsausschnitts-Mappe über die Stimmung im Land informieren zu können, müssen zur aussterbenden Spezies gemacht werden.
Genauso wichtig ist es, sich intensiv auch in andere öffentliche Foren einzubringen. In Internet-Foren, in Postings, in Facebook, in Twitter. Ohne Schimpfen, aber mit klaren Positionen. Man glaubt gar nicht, wie sehr auch nur ein einziges kluges Argument, dass man in die Öffentlichkeit bringt, dann bisweilen doch den Gang der Ereignisse mit beeinflussen kann. Keineswegs immer, aber immerhin.
Wir leben eben nicht mehr in Zeiten, wo ein guter – oder schlechter – Kaiser von oben alles reguliert. Und wo wir uns nur noch freuen oder jammern können. Wir leben vielmehr in einer an sich erfreulichen Epoche, wo Politiker im Grund nur noch Angestellte von uns Bürgern sind. Wie ein guter Chef müssten wir ihnen halt künftig viel öfters als bisher sagen, wo es lang geht. Und endlich aufhören, an eine höhere Weisheit von Politikern zu glauben.
Es bedeutet auch jede Äußerung im öffentlichen Raum einen Beitrag zum politischen Klima. Sie wirken am Wirtshaustisch ebenso wie bei öffentlichen Versammlungen. Zugegeben: Da gehört auch ein bisschen Mut dazu. Aber es kann doch nicht sein, dass immer nur die Allerdümmsten bei solchen Veranstaltungen den allergrößten Mut haben, sich zu Wort zu melden.
Die Aktivitäts-Skala eines modernen Bürgers ist eine nach oben offene. Finanzielle Unterstützung für gute Initiativen kommt da genauso in Frage wie Teilnahme an Demonstrationen (obwohl man bei letzteren leicht für etwas mitvereinnahmt werden kann, was man gar nicht so will. Daher ist diesbezüglich Vorsicht am Platz).
Auch die EU-Ebene ist für Mitspracheversuche relevant geworden, seit es das Instrument europaweiter Bürgerinitiativen gibt. Die Antiabtreibungsinitiative „One of us“, die gegenwärtig läuft, ist eine der ersten und schon erfolgreichsten.
Man sollte sich nur vor zwei naiven Haltungen hüten: Erstens gleich wieder frustriert aufzugeben, weil die ersten Mails an Politiker, die dann oft noch von minderbemittelten Assistenten beantwortet werden, nichts bewirkt haben. Und zweitens zu glauben, mit einer Aktion (oder gar der Gründung der tausendsten Neupartei) alle Problem mit einem Schlag lösen zu können. Beispielsweise ist das Verlangen "Verwaltungsreform" noch viel zu diffus und allgemein, um wirksam werden zu können.
Viel wichtiger wäre es, sich mit ganz gezielten Aktionen auf ganz konkrete Einzelziele zu konzentrieren. Ein wunderbares Beispiel hat sich jetzt etwa in Polen abgespielt (es zeigt auch, dass Bürgermut nicht nur in den USA zum Erfolg führt): Dort haben gezielte Proteste im Internet und auf sozialen Medien den Konzern C&A in die Knie gezwungen. Es ging um T-Shirts mit dem Abbild des lateinamerikanischen Massenmörders Che Guevara. Das Produkt wurde als Folge von Boykotten schließlich aus allen C&A-Filialen abgezogen.
In Amerika gelingt es auch immer wieder, durch Druck auf werbende Konzerne ganze Fernsehketten zu Änderungen in ihrem Verhalten zu zwingen. Warum sollte das in Österreich nicht möglich sein? Wenn ein paar Tausend – ernstgemeinter! – Boykott-Ankündigungen etwa bei der täglich zahllose Male im ORF werbenden Möbelkette eingehen, wird diese mit Sicherheit sehr bald ein sehr ernstes Gespräch mit dem ORF führen. Aus nacktem Eigeninteresse.
Natürlich muss klar sein: Das geht nur über den Boykott von besonders werbeaktiven Firmen und nur zugunsten ganz konkreter und auch erfüllbarer Forderungen. Das Verlangen nach „einem besseren Programm“ oder nach einem Austausch der ganzen Redaktion hat da wenig Sinn (so berechtigt es an sich auch wäre). Aber sehr wohl kann der ORF solcherart unter Druck gesetzt werden, beispielsweise seinen Redakteuren polemisches und ideologisches Twittern zu untersagen. Oder ihn zu zwingen, gerichtlich angeordnete Entschuldigungen von grünen Politikern für unwahre Behauptungen auch zu senden. Um nur zwei Beispiele zu nennen.
Einige Leser haben mich in den letzten Stunden gefragt, ob ich eigentlich immer die ÖVP gewählt habe. So wie ich es wahrscheinlich mit viel Bauchweh, aber auf Grund einer meines Erachtens sehr logischen Notwendigkeit an diesem Sonntag tun werde. Notfalls nach Konsum von zwei Aufmunterungs-Gläschen. Die Antwort auf die Frage lautet aber: Nein, das habe ich keineswegs immer getan.
Wenn man alle Wahlgänge auf den verschiedensten Ebenen zusammenzählt, dann habe ich im Laufe meines Lebens sowohl Rot wie Grün wie Blau wie auch einmal eine außerparlamentarische Kleinstpartei gewählt. Mehrheitlich freilich war mein Kreuz bei der Volkspartei. Aber zum Beispiel bei der letzten Wiener Gemeinderatswahl habe ich die Freiheitlichen gewählt. Und die zwei Linksparteien habe ich nie bei der Wahl einer gesetzgebenden Körperschaft (Nationalrat oder Landtag) unterstützt.
Nur eines habe ich nie getan: Ungültig oder gar nicht gewählt. Und eines ging der Stimmabgabe immer voraus: Ein langwieriges Ringen um die eigene Entscheidung, bei der ich immer versucht habe, rational alles abzuwägen, was das geringste Übel für dieses Land sein könnte. Oft selbst im Wissen, dabei keineswegs im Mainstream mitzuschwimmen.
Es wird seit 15 Jahren global nicht wärmer. Dennoch wird uns eine ganz anders lautende Botschaft auf allen medialen Kanälen in die Ohren getrommelt. Das sollte aber nicht überraschen, ist diese Behauptung doch schon lange vorher festgestanden.
Denn die seit den 80er und vor allem 90er Jahren entstandene Global-Warming-Industrie wird nie und nimmer zugeben können und wollen, dass sie sich geirrt hat, dass sie viele Zusammenhänge nur auf Vermutungen und Spekulationen aufbaut, dass sie keine Ahnung von vielen möglichen Rückkoppelungseffekten hat. Dazu sind viel zu viele materielle und Macht-Interessen involviert.
Was sollen da die nüchternen Fakten, die zeigen, dass die Alarmisten zumindest in den letzten Jahrzehnten völlig falsch gelegen sind? Dass ihnen schon eine Reihe von Manipulationen nachgewiesen worden ist? Dass wir definitionsmäßig noch immer in einer auslaufenden Späteiszeit leben? Dass es in der Erdgeschichte – höchstwahrscheinlich der Sonne und minimaler Variationen der Erdrotation wegen – immer wieder wärmer und kälter geworden ist, was die Lebewesen und schlussendlich die Menschen regelmäßig zu Reaktionen gezwungen hat?
Natürlich hätten wir es am liebsten, wenn nicht ständig Unvorhersehbares passiert. Natürlich würden wir alle gerne zumindest wissen, wie es in hundert Jahren zugehen wird. Deswegen haben ja auch schon die Hundertjährigen Kalender seit so vielen Generationen so große Beliebtheit. Die haben uns aber wenigstens nicht so entmündigt und beraubt, wie es die Global-Warming-Industrie versucht. Und in der EU sogar mit großem Erfolg.
Man kann es als kleinen Schritt zur Vernunft sehen, dass diesmal nicht dasselbe passiert wie vor der letzten Wahl. Damals hat das Parlament ja drei(!) Tage vorher auf Initiative von Werner Faymann Wählerbestechungsaktionen von über zwei Milliarden jährlich beschlossen. Diese mussten dann zwei Jahre darauf durch ein – noch größeres! – „Stabilisierungsprogramm“ den Empfängern wieder weggenommen werden. Das Ausbleiben solcher Aktionen ist aber nur ein sehr kleiner Schritt zur Vernunft.
Denn auch heuer wurden den Wählern ungeheure Versprechungen gemacht. Wenn auch „nur“ zu Lasten der Zukunft. Ökonomen haben sie zusammengerechnet und sind auf acht bis elf Milliarden Euro pro Jahr gekommen. Was mehr als eine Verdoppelung des Defizits wäre. Dabei sind noch viele Dinge gar nicht berücksichtigt:
Zusätzlich müssten verantwortungsbewusste Akteure eigentlich auch noch einen Puffer für unvorhersehbare Katastrophen und Notwendigkeiten vorsehen. Dies wäre umso notwendiger, als die Politik gerne auch dort Notwendigkeiten sieht, wo sie gar nicht gegeben sind. So hat die Regierung ja etwa nach der Alpine-Pleite die restliche Bauindustrie sofort in Milliarden-Dimension unterstützt, obwohl diese nach Wegfallen des Alpine-Dumpings ohnedies mehr Luft zum Atmen hatte.
Bei den Versprechungen, was sie uns nicht alles Gutes tun würden, liegen FPÖ und SPÖ weit an der Spitze. Die anderen sind ein wenig zurückhaltender und haben auch teilweise einen Finanzierungsvorbehalt ausgesprochen (das heißt: Die Versprechungen würden nur dann erfüllt, wenn es sich ausgeht – also nie). Das ist aber schon der einzige Unterschied. So wagte es keine Partei, konkret zu sagen, welchen der weit über 50.000 – in Worten: Fünfzigtausend! – Subventionsprogramme durch Bund, Länder und vor allem Gemeinden es an den Kragen gehen soll, die ein Viertel unseres BIP verschlingen. Daher ist die Aussicht extrem gering, dass die Steuern nicht noch würgender und die Schuldenberge nicht noch größer werden.
Uns bleibt nur die kleine Hoffnung, dass es wie in der Steiermark zu einem staatspolitischen „Damaskus“ kommt. Dass die praktisch unweigerlich wieder bevorstehende große Koalition plötzlich zur kraftvollen Sanierungspartnerschaft wird. Ich hoffe es. Was sollte ich auch sonst tun?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Immer öfter fühlt man sich an jene Epoche erinnert, die derzeit auch den Buchmarkt überschwemmt: an die Zeit vor genau hundert Jahren, die Zeit vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Auch damals hat man noch in vollen Zügen das Leben genossen, während das größte Gewitter der Menschheitsgeschichte, ein dreißigjähriger Weltkrieg, schon unabwendbar geworden war. Darauf hatte sich aber dennoch niemand vorbereitet. Und niemand hat ernsthafte Anstrengungen unternommen, um es noch zu verhindern.
Ganz ähnlich ist die Situation heute. Das haben der deutsche wie der österreichische Wahlkampf gezeigt. Überall Schönwetterpolitik. Bis auf die kleine „Alternative für Deutschland“ gibt es im ganzen deutschen Sprachraum keine einzige Partei, die kompromisslos einen Ausweg aus der drohenden Wirtschafts- und Finanzkatastrophe ansteuern würde. Im Gegenteil.
In Deutschland wie Österreich überboten sich die Parteien an neuen, immer wilderen und teureren Versprechungen. Die „Alternative“ ist jedoch nicht in den Bundestag gekommen. Knapp, aber eben doch nicht. Das zeigt: Krisenbewusstsein gibt es auch fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise und dreieinhalb Jahre nach dem Schlagendwerden der Staatsschuldenkrise in der Politik keines und bei den Wählern nicht.
Im Gegenteil: Wie Drogensüchtige freuen sich viele, dass die amerikanische Fed in den letzten Tagen vor der deutschen Wahl offiziell eine Fortsetzung ihres Dollardruckprogramms beschlossen hat. Unvorstellbare 85 Milliarden Dollar werden also weiterhin jeden Monat zusätzlich unter die Menschen gebracht. Obwohl keine neuen Werte geschaffen worden sind, die dieser Summe auch nur annähernd entsprechen. Die Bestätigung dieser Währungspolitik lässt die Börsenkurse weiter in die Höhe springen.
Der Vergleich mit Drogen ist keineswegs absurd: So wie bei Rauschgift gibt es absolut keinen schmerz- und katastrophenfreien Weg mehr, davon wieder loszukommen. Das macht einige Akteure bei der Fed und der ähnlich handelnden Europäischen Zentralbank zwar zunehmend besorgt. Nur wissen sie alle längst keinen Ausweg mehr. Perpetuierter Rauschgiftkonsum führt ebenso wie ununterbrochenes Gelddrucken mit absoluter Sicherheit in den Abgrund. Wäre das anders, könnten wir ab jetzt ja ohne Arbeit und Anstrengung einfach vom ständigen Gelddrucken leben.
Daran wird auch der als Triumph der Stabilitätsorientierung gefeierte Wahlerfolg der Angela Merkel nichts ändern. Denn auchsie hat vielfach leichtertige Haftungen für unhaltbare Schuldner ausgesprochen.
Gerade das jüngste Kursfeuerwerk ist in Wahrheit ein sehr bedenkliches Vorzeichen. Denn es zeigt: Die Unternehmen werden von den Börsen als immer wertvoller eingestuft, ohne dass sie wertvoller geworden wären. Die Kurssteigerungen haben immer weniger mit der Realität, mit irgendwelchen Fundamentaldaten zu tun.
Das an die Börse strömende Geld dient nur zum kleinen Teil der Ankurbelung von Investitionen. Jetzt wollen auch noch Internet-Firmen wie Twitter rasch durch Börsengänge abcashen, bevor die unweigerlich bevorstehende Stunde der Wahrheit kommt. Diese wird zwar auch die Börsen treffen – aber vermutlich viel weniger als andere Bereiche. Börsengänge werden dann aber jedenfalls wieder viel weniger ertragreich sein.
Der Strom des Geldes an die Börse bedeutet primär eine rasante Flucht in die Sachwerte. Dasselbe trifft auf die in vielen europäischen Städten beobachtbare Flucht in Immobilien zu (gute Lagen steigen seit Jahren alljährlich um zweistellige Prozentsätze). Dasselbe findet man etwa auch beim Gold. Die Menschen kaufen das Metall weiterhin massiv. Obwohl sein Preis in den letzten Monaten wieder etwas gefallen ist, bleibt es Ziel vielen Fluchtgeldes. Dieser teilweise Preisrückgang ist aber nicht die Folge eines Sinkens des Interesses, sondern vielmehr Folge von Goldverkäufen durch internationale Notenbanken und des Auslaufens einiger großer Termingeschäfte in der Finanzwelt. Die Menschen flüchten weiter ins Gold, bei niedrigeren Preisen noch viel lieber.
Das heißt in Summe: Viele Menschen spüren deutlicher als die Politik die Krisenzeichen und wollen sich noch irgendwie absichern. Natürlich zeigt auch die in vielen Ministerien und internationalen Forschungs-Institutionen vorhandene Expertise bedenkliche Vorzeichen. Aber die Parteien glauben eben fast allesamt, dass der Mehrheit der Wähler die Wahrheit nicht zumutbar wäre. Das hat die deutsche Wahl dominiert. Und das beherrscht den österreichischen Wahlkampf.
Die Parteien bestechen die Wähler (um deren eigenes Geld) mit Brot und Spielen. Das reicht vom besonders in Österreich sowohl beim Antrittsalter wie auch bei der Höhe vieler nie durch Beiträge finanzierter Pensionen viel zu großzügigen Pensionssystem bis zu den tatsächlichen Spielen, die jeden Sommer auf fast jedem niederösterreichischen Schloss, jedes Wochenende auf Donauinsel oder Rathausplatz stattfinden.
Aber warum funktioniert zwar die Ankurbelung der politischen Bestechungsaktionen, aber nicht auch jene der realen Wirtschaft durch das viele künstlich geschaffene Geld? Die Wirtschaft müsste ja gemäß den keynesianischen Theorien derzeit gerade gewaltig explodieren. Der Großteil des rund um die Uhr neugedruckten Geldes fließt aber direkt in die Finanzierung der öffentlichen Defizite. In Amerika nimmt etwa die Hälfte der frisch gedruckten Dollar diesen Weg. Diese Tatsache führt mit absoluter Sicherheit entweder in eine heftige Inflation oder eine noch viel größere Krise.
Für jede Bank, jede Versicherung ist es relativ am sichersten und bequemsten, das zugeflossene Geld in möglichst hohem Ausmaß in Staatsgeldern anzulegen, statt der Wirtschaft Investitionskredite zu geben oder Venture capital zur Verfügung zu stellen. Das ist auch eine völlig perverse Konsequenz der Bankenregulierung.
An deren Verschärfung wird aber dennoch unter dem Druck der Medien und der populistischen Politiker auf zahllosen Ebenen gearbeitet. Ob das nun die Finanzmarktaufsicht oder die Nationalbank, die Zentralbank der Zentralbanken mit ihren Basler Abkommen, die EU-Kommission, das EU-Parlament, die EZB, die G20 oder die nationalen Parlamente und Finanzministerien sind. Überall wird an Regulierungen gebastelt. Überall will man sich als Verhinderer künftiger Krisen feiern lassen. Und begreift nicht, dass man statt dessen geradezu deren Förderer geworden ist. Denn Risiko ist nur am Friedhof verbietbar. Wer es wegzuregulieren versucht, sorgt nur dafür, dass anderswo das Hochwasser noch viel höher steigt.
Niemand weiß genau, was noch alles an Regulierungen auf die reale und die Finanzwirtschaft wirklich zukommt. Die Tendenz der Politiker und Regulierer ist fast überall gleich schädlich: Während Staatsanleihen bei der Vergabe von Bankgeldern massiv bevorzugt werden (durch die Fiktion der angeblichen Krisensicherheit), wird jeder einzelne Kredit an die Wirtschaft durch mehr Regulierungen immer mehr behindert. Weil ja naturgemäß jeder Kredit riskant ist. Freilich ist das heute auch ein Kredit an Staaten genaus (=Anleihekauf).
Dahinter steht die breite Ahnungslosigkeit in Medien und Öffentlichkeit, die sofort von „Zocken“ sprechen und nach Strafen rufen, wenn ein Kredit notleidend wird. Nur: Kredite ohne Risiko gibt es nicht. Und ohne ein Risiko, das einzelne Investoren und Kreditgeber eingehen, kann es niemals zu einem neuen Wirtschaftswachstum kommen. Über immer fettere Staatsbudgets kann es schon gar kein Wachstum geben.
Um dennoch auch jeden Funken Hoffnung zu beachten (sonst würde man ja ganz depressiv): In einigen der Krisenländer gibt es zarte Anzeichen von Vernunft zu sehen. Gerade in bedrohlichen Zeiten sollte man diese daher auch ordentlich preisen. Auch wenn sie eben noch sehr zart sind und auch wenn sie in keiner Weise den Fehler der Billionen-Haftungen ausmerzen.
Am positivsten fällt da derzeit Italien auf. Es hat ein 50-Punkte-Programm zur Anlockung von Investitionen erstellt. Das enthält Punkte, die man einer von einem Sozialisten geführten Regierung eigentlich niemals zugetraut hätte, die für österreichische und deutsche Linke absolut unvorstellbar wären, und erst recht für die französische, die sich total weigert, irgendeine Realität zur Kenntnis zu nehmen.
Italien hat immerhin Folgendes angekündigt, um nur das Wichtigste zu nennen:
Damit will Italien vor allem ausländische Direktinvestitionen anlocken. Diese sind ja allgemein zuletzt stark zurückgegangen. Investieren gilt als zu riskant und scheint in Europa auch angesichts der verbreiteten Reichenhatz sehr unerwünscht zu sein. Übrigens sind die Direktinvestitionen aus dem Ausland nirgends so stark wie in Österreich zurückgegangen. Dort haben sie binnen eines Jahres um 44 Prozent abgenommen. Was freilich dort im Wahlkampf noch von keiner Partei angesprochen worden ist.
Dass in Italien langsam wieder Arbeiten statt Feiern in Mode kommt, zeigt sich auch an einem ganz spezifischen Detail: Seit 2012 mussten im Land des guten Essens schon 10.000 Restaurants zusperren.
Auch Griechenland hat den einen oder anderen Sanierungserfolg. Endlich wird die oft versprochene Reduktion des Beamtenheeres ernsthaft angegangen. Dieses ist ja nicht nur maßlos aufgebläht und unproduktiv. Es hat in den letzten 15 Jahren auch Gehaltserhöhungen bekommen, die fast das Zehnfache des Zuwachses für die deutschen Beamten ausmachen. Und die Regierung lässt sich bei ihrem Reduktionsplan auch von einer großen Streikwelle nicht beirren.
Bei den Streiks kämpfen die griechischen Beamten sogar um derart absurde Dinge, wie sechs Tage Zusatzurlaub für Beamte, wenn sie auch einen Computer benutzen. Unglaublich, aber Folge der 80er Jahre, als Gewerkschaften und Grüne tatsächlich europaweit massiv Propaganda gegen den Computer und die dadurch angeblich ausgelöste Arbeitserschwernis geführt haben. In Griechenland hat das zu viel heftigeren Konsequenzen geführt als anderswo. Was aber besonders ärgerlich ist: Solche Anachronismen beginnt Griechenland erst dreieinhalb Jahre nach jenem Zeitpunkt auszumerzen, da das Land Deutschland, Österreich und Co zum erstenmal in die Börse gegriffen hat . . .
PS: Die hohen Börsenkurse sollten auch in Österreich eine ganz dringende, und derzeit leider von der SPÖ völlig blockierte Debatte auslösen: Sie bedeuten den idealen Zeitpunkt für Privatisierungen. Das Geld bräuchte Österreich ja ganz dringend, nicht nur zur Eindämmung der Schuldenexplosion, sondern auch zur Abdeckung alleine des von der Kärntner und Wiener Regierung angerichteten Hypo-Alpe-Adria-Debakels.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Auch wenn erfahrene Politologen meinen, die Wirkung von Wahlversprechen werde von den Parteien überschätzt, so sind sie doch nicht auszumerzen. Die Versuchung, Wähler mittels „Wahlgeschenke“ zu beeinflussen, ist vor allem in den letzten Wochen knapp vor dem Wahltermin besonders verlockend.
Zu früh ventiliert verpufft ihre Wirkung, zu spät ins Spiel gebracht, werden sie nicht mehr richtig wahrgenommen. Dabei ist der Begriff „Wahlgeschenke“ purer Zynismus, denn erstens wird den Wählern nichts geschenkt, und zweitens bezahlen sie die fremden Spendierhosen mit Zins und Zinseszins, sowie im Nachhinein notwendigen Sparprogrammen teuer zurück.
Abschreckendes Beispiel unverantwortlicher Lizitationspolitik der meisten Parlamentsparteien war die unrühmliche Parlamentssitzung vom 24. 9. 2008. Innerhalb weniger Stunden wurden mit unterschiedlichen Allianzen zahlreiche Gesetze beschlossen, die den Staatshaushalt mit mehr als EUR 2 Mrd. pro Jahr belasteten. Die Liste der Sündenfälle von damals liest sich extrem lang, wäre aber noch teurer ausgefallen, wenn die geplante Senkung der Umsatzsteuer für Lebensmittel von zehn auf fünf Prozent nicht gescheitert wäre.
Daher hier nur die Zusammenfassung der milliardenschweren Wahlzuckerln mit Mindest- und Höchstwerten nach Ablauf der Einschleifphase (zu den Details siehe Anhang). Wie aus der Aufzählung im Anhang erkenntlich, wurden vor allem die Pensionisten und Familien als Begünstigte auserkoren. Doch nicht alle Beschlüsse währten die gesamte abgelaufene Legislaturperiode. Das ab 2009 explodierende Budgetdefizit und die Aufforderung der Europäischen Kommission, das strukturelle Budgetdefizit jährlich um 0,5 bis 0,75 Prozentpunkte zu reduzieren, bescherten einigen Wahlzuckerln vom 24.9.2008 ein kurzes Leben.
So mussten mit dem 1. Konsolidierungspaket 2010 die zuerst Begünstigten bzw. alle Steuerzahler die großzügigen Wahlversprechen wieder begleichen. Übersicht 2 im Anhang zeigt die Maßnahmen des 1. Konsolidierungspaketes im Detail. Der Vergleich mit Übersicht 1 macht deutlich, dass die Konsolidierungsbetroffenen großteils mit den Wahlzuckerlbegünstigten übereinstimmen. Doch damit nicht genug! Im Februar 2012 musste das 2. Konsolidierungspaket geschnürt werden, das bis 2016 ein Ausgaben- bzw. Einnahmenvolumen von insgesamt EUR 26 Mrd. umfasste und Österreich wieder auf den mittelfristigen Budgetpfad brachte. Die Lehre aus der Geschichte ist, dass Wahlzuckerln mittlerweile schon innerhalb einer Gesetzgebungsperiode gegenfinanziert werden. Man könnte sich erwarten, dass Politiker lernfähig und die Wähler schlau genug sind, sodass zur Nationalratswahl 2013 milliardenschwere Versprechungen unterbleiben.
Aber trotz dieser bitteren Erfahrung scheint das „Geschenk-Gen“ der Politiker so ausgeprägt zu sein, dass man es auch 2013 offenbar nicht lassen kann. Mit der Erhöhung der Pendlerpauschale und der Einführung eines Pendlereuros im Frühjahr hat man das Pulver vielleicht etwas früh verschossen. Einen zweistelligen Millionenbetrag kostet es an Steuerminderung auf jeden Fall.
Ein noch teureres Wahlversprechen haben die Regierungsparteien im Juni dem Land Oberösterreich gemacht. Trotz namhafter Ablehnung von Gesundheitsökonomen, Gewerkschaft und Ärztekammer wird in Linz die vierte Medizinfakultät Österreichs errichtet, obwohl Oberösterreich eine Technische Universität angesichts seiner wirtschaftlichen Struktur wesentlich dringender brauchen würde. Da die Nationalratswahlen nach Politologensicht neben Nieder- auch in Oberösterreich entschieden werden könnten, wird der nur vorläufig vorhandene Geldsegen ins Land ob der Enns getragen, dem Bundesland mit den drittmeisten Wahlberechtigten.
Ebenfalls im Juni stellte die Regierung eine substanzielle Erhöhung der Familienförderung für die nächste Legislaturperiode in Aussicht. Beabsichtigt ist der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, wofür jährlich EUR 100 Mio. zusätzlich investiert werden sollen. Zweitens ist auch eine markante Erhöhung der Kinderbeihilfe geplant. Statt der bisherigen EUR 105 bis 153 plus Absetzbetrag pro Monat, wird den Familien zwischen EUR 180 und 220 je Altersstufe offeriert, was jährlichen Mehrausgaben von EUR 200 Mio. entspricht. Insgesamt ergibt das auf die nächsten vier Jahre eine Summe von EUR 1,2 Mrd., die der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) und der allgemeine öffentliche Haushalt aufbringen müssen.
Jetzt soll hier keinesfalls der falsche Eindruck entstehen, dass Familienförderung in einen Topf mit anderen staatlichen Aufgaben und Ausgaben gehört, sondern richtigerweise eine der wesentlichen Grundlagen für künftige Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit darstellt. Doch wenn Österreich schon jetzt mit EUR 6,5 Mrd. jährlich mit Abstand die höchste Familienförderung in der Europäischen Union hat und offensichtlich seine Ziele damit nicht erreicht, muss schon die Frage nach der Effizienz der eingesetzten Mittel ernsthaft gestellt werden. Dies ist übrigens im Bildungsbereich ebenso der Fall.
Da der FLAF auch nur durch Arbeitgeberbeiträge gemäß Beschäftigungslage gespeist wird, sind diese kräftigen Ausgabensteigerungen wieder nur mit einer Erhöhung der Lohnnebenkosten verbunden. Gerade bei diesen sind wir aber in Österreich ebenfalls Europaspitze und folglich fordern die gleichen Parteien richtigerweise auch eine Senkung eben dieser. Mit der Frage, wie dieser Widerspruch aufzulösen ist, muss sich die nächste Regierung herumschlagen.
Natürlich finden sich in den Wahlprogrammen auch so populistische wie berechtigte Forderungen, wie die Senkung des Eingangssteuersatzes für Lohn- und Einkommensteuer, ein Österreich-Ticket oder vermehrter Ausbau der Ganztagsschulen. Doch mit Ausnahme der SPÖ, die über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer (Selbstdefinition: Millionärssteuer) über EUR 2 Mrd. hereinbringen will, gibt es für kein einziges Wahlversprechen einen Gegenfinanzierungsvorschlag. Dass dies in krassem Widerspruch zum verpflichtenden Stabilitätsprogramm der Bundesregierung steht, bis 2017 ein ausgeglichenes Budget und einen Schuldenstand von unter 70 Prozent des BIP zu erreichen, ist rechnerisch eine simple Aufgabe. proMarktwirtschaft fragt sich schon jetzt, zu welchem Zeitpunkt in welcher Höhe das 3. Konsolidierungspaket eintrifft.
Daher fordert proMarktwirtschaft, dass dem regelmäßigen Treiben der wahlwerbenden Parteien in punkto überbordender Wahlversprechen klare Vorgaben gesetzt werden. Wir fordern von jeder den Steuerzahler ernst nehmenden Gruppierung, dass versprochene Ausgabenerhöhungen und/oder Steuer- und Abgabensenkungen mit einer Gegenfinanzierung vorgestellt werden müssen. Wer soll belastet und wer soll entlastet werden, und wie passt der Vorschlag zum Ziel des mittelfristig ausgeglichenen Budgetpfades?
Wir beziehen auch ganz klar dazu Stellung, dass geforderte Ausgabenerhöhungen nur durch entsprechende Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen und nicht durch Steuererhöhungen gegenfinanziert werden sollen. Mit einer Ausgabenquote von über 51 Prozent des BIP hält Österreich einen Platz unter den Top 5 in Europa und die Abgabenquote ist mit 44,3 Prozent fast 10 Prozent höher als im Durchschnitt der Eurozone. Da ist nicht nur aus Wettbewerbsgründen kein Platz für mehr Belastung; die mit zusätzlichen Steuern und Abgaben verbundenen negativen Wachstums- und Beschäftigungseffekte verlangen entsprechende Ausgabenkürzungen.
proMarktwirtschaft
Mathias Bauer, Peter Brandner, Peter Brezinschek, Josef Christl, Christian Helmenstein, Uta Pock und Thomas Url
Ein Viertel (26 Prozent) der österreichischen Bevölkerung hat den Eindruck, dass es zu viele gesetzliche Bestimmungen gibt, durch die sich der Staat in Bereiche des täglichen Lebens einmischt. Weitere 46 Prozent empfinden derartige Einmischungen als „lästig, aber auszuhalten“.
Man ärgert sich oft im Einzelfall, aber man nimmt das Phänomen der staatlichen Regelungswut (der Mikronominierung des Alltagslebens) selten als „Trend“ wahr. Aber es gibt diesen Trend. Anderswo (USA, UK) hat er sogar einen Namen: Nanny-State.
Von ihm ist die Rede, wenn der New Yorker Bürgermeister große Flaschen, die kohlensäurehaltige Getränke enthalten, verbieten will, oder den (bislang gescheiterten) Versuch unternimmt, Potato chips (Pommes frites) nur in kleinen Tüten zuzulassen. Der Einzelfall scheint harmlos – wenn auch „belämmert“ (wie auch die Forderung der deutschen Grünen, in Kantinen einmal pro Woche einen verpflichtenden „Veggie-day“ einzuführen); aber er ist Ausdruck einer politischen Grundhaltung.
Es gibt die „Man-muss-irgendetwas-tun“ Politik. Die ist vermutlich alt. Wenn ein Problem in der Öffentlichkeit auftaucht, schreit es danach beseitigt zu werden – ins Ohr mancher Politiker, die mit ihrer Handlungsbereitschaft Stärke beweisen wollen (oder Problembewusstsein oder Sensibilität, etc.). Dabei spielt es keine Rolle, ob das „Problem“ durch politische Aktion gelöst werden kann, ob Maßnahmen zur Verfügung stehen, die „greifen“ und ob es ein Problem ist, das den Staat etwas angeht. Entscheidend ist, dass man den Willen zur Tat zeigen kann. Hilfestellung leisten da, „allzeitbereit“, selbst- und sogenannte Experten, Lobbyisten, NGOs, die „betroffen“ sind und Medien, die den Nachrichtenraum füllen müssen.
In der Folge werden Einrichtungen geschaffen, die sich um das Problem kümmern sollen: Es wird beobachtet; es werden Pläne erstellt, Maßnahmen getroffen, Kampagnen gestartet; es wird überwacht und analysiert, Aktionspläne werden revidiert, Budgets reserviert und aufgestockt usw. Die mit den Maßnahmen befassten Einrichtungen arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen – und werden (auch aus Eigeninteresse) zu dauerhaften Institutionen.
Besonders gut für die Erfindung solcher Aktivitäten scheinen sich „Gesundheits-, Sicherheits-, und Umweltprobleme“ zu eignen; und natürlich alle Fragen der „Gender-Politik“. Auf dem letztgenannten Gebiet z.B. tut sich ein weites Feld für „Sprachpolizist_Innen“ und Sprachverbesser aller Art auf: Bis hin zu „Bibelübersetzer_Innen“ („der Ewige/die Ewige“ usw.).
Fettleibigkeit? Muss vom Staat bekämpft werden. Rauchen im Auto? Sollte verboten werden – sicherheitshalber. Energieverschwendung? Glühbirnenverbot und Duschkopfverordnung. Die Wirksamkeit (Relevanz) der jeweiligen Maßnahmen steht kaum zur Diskussion; und auch nicht die Frage, ob der Staat oder die EU der notwendigerweise zuständige Akteur ist.
Hauptsache, es geschieht etwas („Man-muss-irgendetwas-tun“). Bezahlung in barem Geld wird ab einer bestimmten Höhe in manchen EU-Ländern verboten (wegen Korruptionsverdacht). Ölflaschen in Lokalen sind aus dem Verkehr zu ziehen (aus Hygienegründen oder wegen einer Olivenöllobby?); Salz- und Zuckergehalt sind in bestimmten Lebensmitteln zu reduzieren (selbstverständlich der Gesundheit wegen und im Vertrauen darauf, dass die Konsumenten es nicht merken und nicht nachsalzen bzw. -zuckern).
Jede Maßnahme erfordert Kontrolle. Es bedarf der Kontrollore. Das kostet Geld. Dieses wird durch Budgets bereitgestellt. Es kommt von den Steuerzahlern. Diese bezahlen somit das „Gehäuse der Hörigkeit“ (M. Weber), das „zu ihrem Besten“ gereichen soll, selbst.
Selten hört man davon, dass eine derartige Einrichtung, ist sie erst einmal geschaffen, abgeschafft wird: Weil sie sich überlebt hat, nichts bewirkt, oder sich selbst für überflüssig hält.
Im alten Athen, das eine direkte Demokratie hatte, lief der Antragsteller für ein neues Gesetz Gefahr, eine Zeit lang des Landes verwiesen zu werden; paradoxerweise auch dann, wenn der Antrag von einer Mehrheit angenommen wurde (zitiert nach Moses Finley. Antike und moderne Demokratie, Reclam 1980). Zu suchen wäre ein modernes Äquivalent für Bürokratiestopp.
Vor einiger Zeit ist in Österreich eine Initiative entstanden, die auf die staatlichen Bevormundungstendenzen aufmerksam machen will. Wenn Sie diese Bemühung unterstützen wollen, besuchen sie:
homepage: www.meinveto.at
facebook: https://www.facebook.com/MeinVeto
twitter: https://twitter.com/meinveto
Dort finden Sie mehr zum Thema und die Möglichkeit, die Initiative, der auch der Autor dieser Zeilen angehört, zu unterstützen.
Rudold Bretschneider ist seit Jahrzehnten in diversen Cheffunktionen bei GfK (früher Fessel-GfK) tätig und einer der prominentesten Marktforscher und politischen Analysten des Landes.
Ist es nicht egal, wer Bundeskanzler ist? In früheren Jahrzehnten hätte ich diese Frage sofort bejaht. Entscheidend war, welche Koalition regiert. Denn Gesetze und Beschlüsse kamen nur zustande, wenn es einen koalitionären Konsens gab. Aber in den letzten Jahren gab es - von der Öffentlichkeit fast unbemerkt - gleich drei gewichtige Entwicklungen, welche der Nummer eins in der Koalition massive Machtzuwächse beschert haben. Daher wird wohl genau diese Frage letztlich für meine Wahlentscheidung ausschlaggebend sein, um die ich lange gerungen habe.
Denn die Kanzlerentscheidung ist die einzige Frage, die ich mit meinem Stimmzettel in der gegenwärtigen Situation vielleicht noch ein wenig beeinflussen kann: Soll Werner Faymann mit seiner unsäglichen Performance in den letzten fünf Jahren weiter Regierungschef sein oder Michael Spindelegger, der zwar ziemlich farblos ist, aber sich wenigstens hie und da in die richtige Richtung äußert? Freilich: Auch der derzeitige europäische Superstar Angela Merkel war anfangs ziemlich farblos.
Alles, was ich mir sonst für dieses Land wünsche, ist leider außerhalb meines Einflussbereichs. Und natürlich weiß ich, dass auch mein Stimmzettel nur eine winzige Einflussmöglichkeit öffnet.
Verfassungsrechtler werden einwenden, dass der österreichische Bundeskanzler rechtlich viel ohnmächtiger ist als der deutsche. Hat er doch keinerlei Richtlinienkompetenz. Er kann einem Minister, sobald der einmal im Amt ist, keinerlei Weisungen oder Aufträge geben. Die Beschlüsse im Ministerrat müssen im Konsens aller Regierungsmitglieder fallen. Daher wäre es ja eigentlich egal, wer die Sitzung eröffnet und schließt oder das Mineralwasser kommen lässt. Daher kann die ÖVP auch als Nummer zwei wie versprochen klassenkämpferische Steuererhöhungen und die von Eltern wie Schülern abgelehnte Einheitsschule verhindern.
Das ist formal richtig, übersieht aber die Veränderung der Realität. Denn gleich auf drei Ebenen hat sich Gravierendes geändert. In drei ganz entscheidenden Politikbereichen braucht es nun nicht mehr den früher für alle Entscheidungen notwendigen Konsens im Ministerrat oder die Mehrheit im Parlament. In der Europapolitik, in der Währungspolitik und in der Medienpolitik.
Juristisch wäre es übrigens zweifellos interessant zu diskutieren, ob diese Entwicklungen in Summe nicht schon eine Gesamtänderung der Verfassung bedeuten, die ja volksabstimmungspflichtig ist. Aber für den Wähler ist das derzeit egal. Derzeit sind wir jedenfalls mit einem enormen Machtzuwachs für den Bundeskanzler und für den Nationalbank-Gouverneur konfrontiert. Und beide können ihre Macht auch als bloßer Chef einer 26-Prozent-Partei ohne irgendeine Mehrheit ausüben. Das hat es noch nie seit 1945 gegeben.
Was sind diese Entwicklungen konkret?
Erstens hat sich das Machtgefüge in der EU in den letzten Jahren, also lange nach dem Beitritt, entscheidend verändert. Heute sitzt aus jedem Land der Regierungschef allein im Europäischen Rat, ohne wie früher den Außenminister als Zwilling daneben sitzen zu haben. Und er entscheidet dort auch allein. Gleichzeitig ist dieser Europäische Rat vom einstigen Diskutierklub zum wichtigsten europäischen Entscheidungsgremium geworden.
Das bedeutet sowohl für Europa wie auch Österreich eine dramatische Verschiebung der Machtbalance. Auch wenn das in Österreich noch kaum jemand begriffen hat. Der Außenminister ist weitgehend unbedeutend geworden. Wenn sich die Außenminister untereinander treffen, geht es fast nur noch um reine Außenpolitik, also etwa die EU-Uneinigkeit in Sachen Syrien oder Libyen. Und auch da können die Außenminister nur agieren, sofern nicht schon die Regierungschefs einen Beschluss gefasst haben. Bei den heute Europa dominierenden finanz- und wirtschaftspolitischen Fragen sind die Außenminister ganz weg vom Fenster. Dort stehen die Regierungschefs und eventuell die Finanzminister.
Letztlich können die Regierungschefs alles entscheiden, was sie wollen und wie sie wollen. Zwar könnte in Österreich der Nationalrat dem Bundeskanzler theoretisch bindende Aufträge für sein Verhalten in den Ratssitzungen mitgeben. Nur tut er das nie, das ist daher totes Recht.
Zweitens: Das ORF-Gesetz gibt dem Bundeskanzler ganz persönlich die entscheidende Macht im ORF. Er bestimmt so stark die Zusammensetzung des Stiftungsrates, dass er damit auch dessen Mehrheit bestimmt. Folge: Heute ist der ORF-Generaldirektor deshalb de facto fast schon ein direkter Untergebener des Bundeskanzlers. Und die direkten Anrufe, Wünsche und Vetos aus der SPÖ-Zentrale bei den inhaltlich wichtigsten ORF-Kommandanten, die alle aus dem SPÖ-Lager kommen, sind Legion.
Der ORF ist aber immer noch das wichtigste Medium des Landes. Und es ist demokratiepolitisch absolut unerträglich, dass ein von einem Fünftel der Wahlberechtigten gewählter Bundeskanzler dort wie über sein Privateigentum verfügt.
Angesichts der schweren Linkslastigkeit des ORF (von der Fernsehredaktion bis zu Ö1) ist die Notwendigkeit eines Gegengewichts noch viel größer. Da man ja die Redaktionen schwer austauschen kann, muss diese Linkslastigkeit zumindest durch einen Machtwechsel an der Spitze ein wenig neutralisiert werden. Da es ja in der Bevölkerung und auch bei Wahlen gesellschaftspolitisch zumindest seit 1983 eine Mehrheit rechts der Mitte gibt, wäre das umso logischer. Natürlich wäre es besser, wenn überhaupt der gesamte Filz Gebühren-Staatseinfluss-Private-Objektivität-Qualität komplett neu geregelt würde. Aber realistisch ist das vorerst leider nicht, solange es nicht die direkte Demokratie erzwingen kann.
Drittens: In der Schuldenkrise ist der Gouverneur der Nationalbank nach langen Jahren des Schattendaseins zu einer Schlüsselfigur geworden. Der Gouverneur wird zwar nicht automatisch von der Kanzler-Partei gestellt, aber in der Praxis der letzten Jahre schon. Und er ist bei allen Abstimmungen in der Europäischen Zentralbank völlig souverän und an keine Regierungsbeschlüsse gebunden.
In Krisenzeiten ist daher ganz entscheidend, wer das ist, welche Währungspolitik er verfolgt, und wie er abstimmt. Aus Deutschland hat man viele bittere Klagen gehört, dass sich der schuldenfreudige Keynesianer Ewald Nowotny in der EZB nicht an die Seite der stabilitätsbewussten Deutschen Bundesbank gestellt hat, sondern an jene der italienisch-französischen Freunde von billigem Geld. Und das war dann ganz zufällig immer auch die Linie jener SPÖ-Hintermänner, die Bundeskanzler Faymann seine jeweilige Linie einsagten.
Diese drei Gründe machen die Bundeskanzlerfrage zur wichtigsten, die am Wahltag noch offen ist, wo der einzelne Wähler noch Einfluss nehmen kann. Damit sehe ich auch nur diese Möglichkeit, durch meine Stimmabgabe die Zukunft dieses Landes wenigsten irgendwie sinnvoll zu beeinflussen.
Gewiss, es gibt keine Garantie, dass es die ÖVP viel besser machen wird als die SPÖ. Gewiss hat die ÖVP in den letzten Jahren allzu oft der SPÖ knieweich nachgegeben, vor allem bei Erstellung des Regierungsprogramms Faymann-Pröll. Aber ein ÖVP-Bundeskanzler macht mit Sicherheit in allen drei Ebenen zumindest Hoffnung auf eine bessere Politik, die bei einem SPÖ-Regierungschef absolut undenkbar ist.
Diese Kanzlerfrage wird für die Wahlentscheidung umso gravierender,
Am liebsten wäre es mir freilich, ich könnte, statt die ÖVP anzukreuzen, auf den Stimmzettel schreiben: „Das ist keine ÖVP-Stimme, sondern eine Anti-SPÖ-Stimme.“ Nur: Das wäre leider ungültig und in jeder Hinsicht unwirksam. Außer drei oder vier Funktionären in der Wahlkommission würde auch niemand diesen Satz lesen.
Nach der Wahl hat die ÖVP – egal ob als Erster oder Zweiter – die allerletzte Chance, täglich in jeder auch noch so unbedeutenden Entscheidung zu demonstrieren, dass sie SOWOHL wirtschaftsliberal WIE AUCH wertkonservativ ist. Dass also der von einem Josef Pröll unterschriebene linke Koalitionspakt ein einmaliger Ausreißer gewesen ist. Dass die ÖVP keinem einzigen neuen angeblich „sozialen“ Geldhinausschmeiß-Gesetz zustimmt. Dass sie keiner einzigen weiteren Verschlechterung des Bildungssystems, der Lage von Familien und Kindern, der Meinungsfreiheit zustimmt. Dass ihr klar ist: Wer von Entfesselung der Wirtschaft spricht, kann nicht zugleich in Sachen Quoten neue üble Zwänge für die Unternehmen beschließen. Um nur ein Beispiel zu nennen.
Ein erster Hoffnungsschimmer für eine Rückkehr zur bürgerlichen Vernunft ist jedenfalls, dass Wissenschaftsminister Töchterle angekündigt hat, das neue Lehrerdienstrecht werde so nicht kommen wie von der Regierung vorgelegt. Und dass Parteichef Spindelegger der EU wieder die Kompetenz für die Festlegung von Naturschutzgebieten entziehen will. Und dass die ÖVP sich getraut hat, der linken Propaganda-Illustrierten „News“ endlich sämtliche Parteiinserate zu entziehen.
Über diese sehr zarten Hoffnungsschimmer hinaus muss sich die ÖVP im Klaren sein: Noch einmal wird sie nicht das Glück der gegenwärtigen Parteienlandschaft haben, wo kein Konkurrent das Erfolgsrezept „wirtschaftsliberal plus wertkonservativ“ glaubhaft verkörpert.
Tiefer geht’s nimmer, wenn man - beispielsweise - den Titel des „Standard“ liest.
„SPÖ wirbt mit "tapferer" Barbara Prammer“. Das kann man wirklich nicht mehr unterbieten. Anstand, Sensibilität, Humanität? Alles wurscht, wenn es der SPÖ um die Rettung der Macht geht. Für solche – in jeder Hinsicht überflüssigen – Auftritte hat sich die Partei bis genau drei Tage vor der Wahl Zeit gelassen, obwohl die Krankheit Prammers schon mindestens eine Woche bekannt ist. Das sagt wohl alles.
30 Greenpeace-Aktivisten stecken in einem russischen Gefängnis, weil sie eine Bohrstation zu entern versucht hatten. Das wird vielerorts mit heimlicher oder offener Befriedigung zur Kenntnis genommen werden.
Von westlichen Justizbehörden hingegen sind die vielen Besetzungen, Blockaden, Beschädigungen und Verleumdungen durch solche grüne Vereine bisher immer fahrlässig toleriert worden. Maximal hat man in all diesen Aktionen einen Studentenulk gesehen. Brave Hausfrauen, die auf Marktplätzen anagitiert worden sind, haben das auch noch brav finanziert. Rechtswidrigkeiten werden im Westen solcherart sogar belohnt. Russland ist anders. Es zeigt dem Rest der Welt, dass sich ein Staat auch gegen Übergriffe wehren kann. Auch wenn man vieles an Russland total ablehnt, so muss man doch zu dem Schluss kommen: Es ist gut, wenn einmal klargemacht wird, dass es kein Grundrecht gibt, sich in jedem Land wie ein Einbrecher, in jedem Meer wie ein Pirat zu verhalten. Greenpeace und die anderen Vorfeldvereine der Grünen sind halt doch nicht immer automatisch die Guten und immer über die Gesetze erhaben. Die Zeit der Besetzer-Romantik geht zu Ende.
PS: Aber auch bei uns gibt es auf einem ganzen anderen Gebiet grüner Umtriebe Hoffnung: Zum Unterschied von den letzten Jahrzehnten wird zumindest in Deutschland nicht mehr toleriert, dass sich ein Gutpartei lange vehement für Sex mit Kindern eingesetzt hat.
„Kompromisslosen intellektuellen Radikalismus und politische Unkorrektheit“ versprach der deutsche Ökonom Hans-Hermann Hoppe zu Beginn seiner Konferenz deren Besuchern. Das Auditorium wurde nicht enttäuscht. Wieder war es dem Veranstalter gelungen, namhafte Fachleute und Wissenschaftler in Bodrum zu versammeln, die zu Themen, wie „Why are Jews so smart?“, „A Brief History of US Race Relations“ oder „Public Health or Public Totalitarism?“ Gedanken präsentierten, die allesamt als „gegen den Strich gebürstet“ zu bezeichnen sind. Geriert sich die Masse der Intellektuellen anderswo als zuverlässige Propagandisten von Staatsinteressen, herrscht hier ein völlig anderer Geist. Im Mittelpunkt standen erneut Wirtschaftsthemen.
Thorsten Polleit, Honorarprofessor an der Frankfurt School of Finance and Management, sprach über „Organized Crime and the Progression Toward a Single World Fiat Currency.“
Er begann mit der vom FBI stammenden Definition der organisierten Kriminalität: „Organisierte Kriminalität bedeutet jede Gruppe mit einer Art formaler Struktur, deren primäres Ziel es ist, sich Geld durch illegale Aktivitäten zu beschaffen. Solche Gruppen bewahren ihre Position durch den Einsatz oder durch die Androhung von Gewalt, die Korruption von Beamten, Bestechung, Erpressung und haben einen insgesamt signifikanten Einfluss auf die Menschen in den Gemeinden, Ländern und auf den Staat in seiner Gesamtheit.“ Es ist nicht zu übersehen, dass diese auf die Mafia zugeschnittene Begriffsbestimmung in allen Einzelheiten exakt auf den Staat zutrifft.
Der amerikanische Ökonom und Philosoph Murray Rothbard definiert den Staat so: „… eine Organisation, die entweder eine oder beide der folgenden Charakteristiken aufweist: Er akquiriert sein Einkommen durch physischen Zwang (Besteuerung) und hält ein Gewalt-Zwangsmonopol und die Macht zur letzten Entscheidung innerhalb eines gegebenen Territoriums.“ Der libertäre Theoretiker Albert Jay Nock meint: „Der Staat beansprucht und vollzieht ein Monopol der Kriminalität.“
Dass es sich hier nicht um bloße Behauptungen radikaler Staatsfeinde handelt, sondern um nüchterne Tatsachenfeststellungen, folgt aus der Tatsache, dass kein Staat je ohne Gewalt und/oder den Bruch individueller Rechte entstanden ist. Einen konstituierenden „Gesellschaftsvertrag“ sucht man weltweit vergebens. Es gab und gibt keinen.
Die Idee, dass der Staat etwas Gutes und Nützliches sei, ist ein Mythos aus der Zeit Platons, der im Staat eine „moralische Anstalt“ erblickte. Dass nur der Staat privates Eigentum und Eigentumsrechte schützen könne begründet die Fiktion seiner Unabdingbarkeit. Doch exakt hier liegt der fundamentale Fehler, da ja bereits vor der Entstehung des Staates Eigentum vorhanden war, das dieser sich dann (gewaltsam) aneignete.
Es erhebt sich die Frage: Wie kann der Staat überleben? Da der Einsatz brutaler Gewalt auf Dauer zu aufwendig ist und zu viel Opposition schafft, greift er zum Mittel der Propaganda. Den Bürgern werden – von auf die eine oder andere Weise staatsfinanzierten Intellektuellen – die Vorteile der Unterwerfung unter die Staatsmacht schmackhaft gemacht. Es reicht aus, eine relative Mehrheit der Bürger zu überzeugen.
Im demokratischen Wohlfahrtsstaat gibt der Durchschnittswähler jenen Parteien seine Stimme, von denen er erwartet, dass sie seine wirtschaftliche Situation verbessern. Im Laufe Zeit wird der Staat seine Aktivitäten immer weiter ausdehnen, um einem immer größeren Teil der Bürger (vermeintliche) Wohltaten zu verschaffen. Die Finanzierung dieses kostspieligen Unterfangens ist nur mittels der Erlangung totaler Kontrolle über das Geldsystem möglich.
Die Antwort auf die Frage, wie das vor sich geht, gibt Murray Rothbard in seiner 1963 erschienenen Arbeit „What Has Government Done To Our Money?“: Zuerst wird die Münzproduktion monopolisiert, dann die Ausgabe von Geldsubstituten. Dann folgt die Zulassung der Teilreservehaltung durch die Geschäftsbanken und die Schaffung von Zentralbanken als „ultimativer Kreditgeber“. Schließlich wird die Umtauschbarkeit in „echtes Geld“ (= Gold) aufgehoben und damit ein reines Fiat-Geldsystem etabliert.
Aufgrund der damit erreichten Möglichkeiten sehen sich besonders stark inflationierende Staaten alsbald mit Problemen konfrontiert, die durch den Verfall der Währung nach außen entstehen. Analog zur Überlegung, die zur Einführung von Zentralbanken geführt hat, liegt daher die Idee einer internationalen Währung – und einer „Weltzentralbank“ auf der Hand. Diese würde es den Staaten erlauben, im internationalen Gleichschritt zu inflationieren.
Polleit meint, dass in den meisten Staaten der Welt die Ideologie eines „sozialdemokratischen Sozialismus“ herrscht. Damit verbindet sich der Wunsch nach einem Ersatz nationaler Währungen durch eine internationale Fiat-Währung. Tatsächlich hätten die führenden Zentralbanken (FED, EZB, BOE (Vereinigtes Königreich) und BOJ (Japan)) ihre monetären Politiken – in Reaktion auf die Finanzkrise – bereits harmonisiert. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Mundell sagte bereits im Jahr 2000 die Schaffung einer Weltwährung voraus.
Langfristig würde eine welteinheitliche Weltwährung allerdings auch eine zentrale „Weltregierung“ erfordern. Spätestens dann indes würden sich nicht zu bewältigende Schwierigkeiten auftürmen – zumindest bei Beibehaltung demokratischer Standards. Schon 1919 schrieb Ludwig von Mises in „Nation State and Economy“ über die Unmöglichkeit der Etablierung demokratischer Zentralregierungen in multiethnischen Staaten: „In polyglot territories, democracy seems like opression to the minority.“ Seine in diesem Buch niedergelegten Thesen wurden von der Geschichte seither vielfach bestätigt. Auf einen globalen Maßstab übertragen, würde es zu einer gewaltigen Zunahme von Konflikten kommen. Die Etablierung eines „Weltstaats“ ist so bald also nicht zu befürchten. Es sollte indes klar sein, dass der Staat die vermutlich bestentwickelte Form organisierter Kriminalität darstellt…
David Howden, Ökonomieprofessor an der St. Luis Universität in Madrid, sprach zum Thema „Labor Laws: Legislating Unemplyoment“. Er erläuterte anhand einer Fülle statistischer Daten, dass ein Großteil des in den letzten Jahren ausgewiesenen Wachstums der europäischen Volkswirtschaften – sofern ein solches überhaupt vorhanden war – auf einen vergrößerten Anteil von Staatsaktivitäten entfällt. Wird dieser Effekt berücksichtigt, zeigt sich, dass sowohl das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung als auch das verfügbare Einkommen in fast allen Staaten Europas zurückgegangen ist. Nur in den Niederlanden und in Italien hat sich der relative Anteil des Staates an der Binnenwertschöpfung verringert. Auch das Wirtschaftswachstum Deutschlands, der wichtigsten Volkswirtschaft des Euroraumes, wird allein durch die Steigerung der öffentlichen Ausgaben getrieben. Die Wirtschaft Spaniens, eines der von der Krise an schwersten getroffenen Länder, ist in den zurückliegenden vier Jahren sogar um volle zehn Prozent geschrumpft.
Howden konzentrierte seine Arbeit auf eine Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Wachstumsentwicklung der einzelnen Staaten in den Jahren der Krise (seit 2008) und deren jeweiligen Anteil an „Schattenwirtschaft“. Das Ausmaß des Anteils „schwarzer“ Geschäfte ist naturgemäß nur schwer abzuschätzen. Deren Quantifizierung ist mit entsprechenden Unsicherheiten behaftet. Dennoch lassen sich relative Veränderungen recht klar herausarbeiten. So fällt auf, dass der Anteil der Schattenwirtschaft in denjenigen Ländern, die unter der Krise am schwersten zu leiden hatten – also Irland, Portugal und Spanien – gewachsen ist, während er ansonsten durchgängig rückläufige Tendenz zeigt.
Die Liste der Gründe für stark ausgeprägte wirtschaftliche Grauzonen reicht von der Steuervermeidung bis zu Problemen mit schwer kündbaren, gesetzeskonform angestellten Mitarbeitern. Als entscheidenden Punkt nennt Howden die Steuermoral, die maßgeblich vom Urteil der Bürger über Regierungen und Beamtenapparate bestimmt wird. Demnach ist es weniger eine hohe Steuerbelastung denn eine starke Korruptionsanfälligkeit in einer Volkswirtschaft, die positiv mit dem relativen Anteil der Schattenwirtschaft korreliert. So lässt sich der geringe Anteil von Schwarzarbeit in den weitgehend korruptionsfreien skandinavischen Hochsteuerländern plausibel erklären.
Versucht nun eine Regierung der Schattenwirtschaft mit verschärften Kontrollmaßnahmen – wie etwa der Einschränkung von Bargeldtransaktionen – und mit erhöhten Strafen zu begegnen, kommt es keineswegs zur erwünschten Erhöhung der Zahl von regulär Beschäftigten, sondern es wird lediglich der Wertschöpfungseffekt der Schwarzarbeit reduziert. Dadurch wird, entgegen der intendierten Absicht, eine wirtschaftliche Abwärtsspirale in Gang gesetzt.
Für Spanien ergibt die Interpretation der erhobenen Daten, dass der tatsächliche Anteil der Arbeitslosigkeit von offiziell 27 Prozent in Wahrheit deutlich niedriger liegt. Dasselbe gilt auch in anderen Staaten mit einem während der Krise gewachsenen Anteil der Schattenwirtschaft.
Die Niederlande sind gegenwärtig das einzige Land im Euroraum, das sowohl Wirtschaftswachstum als auch einen Rückgang des Staatsanteils an der Wertschöpfung zu verzeichnen hat und in dem das reale Pro-Kopf-Einkommen steigt.
Zusammenfassend stellt Howden fest, dass die einseitig negative Annäherung an das Phänomen der Schattenwirtschaft, nämlich mittels staatlicher Repression, keine positiven volkswirtschaftlichen Effekte zeigt. Um die Zahl der Arbeitslosen zu senken und die dafür nötigen Investitionsentscheidungen zu veranlassen sind vielmehr positive Anreize nötig, die derzeit in keiner der von der Krise betroffenen Volkswirtschaften gesetzt werden. Der Staat wird zum bloßen Verwalter der Arbeitslosigkeit…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die SPÖ in ihrer heutigen Faymann-Realität ist das Krebsübel dieses Landes. Das muss man sich insbesondere in den Zeiten der Wirrungen und Verwirrungen, der Lügen und Desinformationen, der Schön- und Hässlichgesichter eines Wahlkampfes in Erinnerung rufen. Diesen führt die SPÖ zum Unterschied von manchen anderen Parteien, etwa der Volkspartei, handwerklich übrigens recht gut. Aber das ist schon das einzige, was derzeit an der SPÖ das Adjektiv „gut“ verdient.
Die einstigen Verdienste der Sozialdemokratie sind heute längst verblichen und Geschichte. Etwa der Einsatz für die Gleichberechtigung der Arbeiterschaft; etwa der mutige Kampf der AZ gegen die sowjetische Besatzungsmacht in den Nachkriegsjahren; etwa der Mut der deutschen Reformer Clement-Steinbrück-Müntefering, die unpopuläre, aber notwendige Beschlüsse durchgesetzt haben, wie etwa einen Rentenantritt erst ab 67.
Die heutige Sozialdemokratie in Österreich ist hingegen eine Partei des absoluten Stillstandes geworden, ohne jede Ahnung von Wirtschaft und ohne jeden Bezug zum Wertesystem ihrer einstigen Wählerschaft. Sie ist nur noch ein Machterhaltungs- und Machtmissbrauchsverein ohne jede mutige Vision für das Land. Sie durchdringt von den Medien bis zur Justiz viele scheinbar unabhängige Strukturen mit brutaler Personalpolitik. Und sie wetteifert sich mit der FPÖ in einen immer schlimmer werdenden Sozialpopulismus hinein.
Die Sozialdemokratie wird zwar im Langfristtrend in Österreich wie auch in vielen anderen Ländern immer schwächer. Aber durch die Aufsplitterung der nichtlinken Parteien könnte sie zumindest in Österreich doch die Nase noch immer vorn behalten.
In der Folge eine Auswahl von Punkten, die zeigen, dass die SPÖ das zentrale Problem Österreichs ist, welche eine Lösung der vielen Zukunftsprobleme verhindert:
Das ist alles andere als eine vollständige Aufteilung von Punkten, die mich zu meiner festen Erkenntnis gebracht haben, dass die SPÖ das Krebsübel für die Zukunft Österreichs ist. Moralisch, wirtschaftlich, sozial.
Aber das Schlusswort soll jemand anderer sprechen, und zwar ein Sozialdemokrat. Der langjährige Bad Ausseer Bürgermeister Otto Marl bei seinem Abschied in einem Interview: „Alle geschichtlichen Forderungen der Sozialdemokratie sind erfüllt. Man weiß nicht mehr, was der Daseinszweck ist und was man der eigenen Klientel bieten kann. Diese Leerstelle wird mit ideologischen Positionen wettgemacht, die ich nicht immer teilen kann, etwa in der Familienpolitik.“
Hans Dichand, einst nach dem Erfolgsrezept seiner Kronenzeitung gefragt, antwortete: Kinder, Mädchen, Tiere! Die ebenso einfache wie erfolgreiche Formel hat sich jahrzehntelang bewährt. Kein Wunder, wer findet kleine Hundewelpen oder neu geborene Katzenbabys nicht schrecklich süß. Die Krone hatte deshalb immer ein Herz für Tiere und immer viele süße Fotos von flauschigen Vierbeinern.
Auch kleine Kinder kommen bei fast allen Zielgruppen (ausgenommen vielleicht bei linken Genderfrauen) stets gut an. Und wenn das kleine Mädchen dann auch noch ein Dirndl anhat, in einer duftenden Blumenwiese steht und ein knuddeliges Kaninchen im Arm hält, dann, ja dann ist das perfekte Krone-Titelbild für Ostersonntag im Kasten. Und mit „Mädchen“, meinte Herr Dichand natürlich die barbusigen Frauen auf Seite sieben seiner Zeitung. Aber dass „Sex Sells“ ist ohnehin bekannt.
Die Grünen scheinen in der Wahlkampfendphase das Erfolgskonzept von Hans Dichand für ihre neue Plakatwelle kopiert zu haben. Da knuddelt etwa Eva Glawischning, die nun ganz volksnah nur noch EVA heißt, lächelnd ein süßes Lämmchen. Ja da geht einem regelrecht das Herz auf. Kitschiger geht’s nimmer.
Kurios ist dabei, dass linke Genderfrauen seit einiger Zeit auf europäischer und nationaler Ebene eine Kennzeichnungspflicht (oder gar ein Verbot) von zu stark nachbearbeiteten Werbefotos fordern. Das „Eva-mit-dem-Lämmchen-Plakat“ wäre von dieser Regelung zweifellos betroffen. Denn die durch den Politikalltag schon etwas faltig gewordene Glawischnig strahlt um mindesten 15 Jahre verjüngt von den Plakatwänden. Darunter die Slogans: „saubere Umwelt“ und „saubere Politik“. Aber bei den Fotos, da darf man schon ein bisserl schummeln, gelle!
Wären die Plakate nicht von den Grünen, hätten Journalisten und Kleinkünstler ohnehin schon laut aufgejault, denn die kitschigen Sujets sehen aus, als hätte sie der Regisseur der Hansi Hinterseer Heimatfilme kreiert. Man stelle sich vor, Doris Bures mit einem Dalmatinerwelpen im Arm, Gabriele Heinisch-Hosek mit einem jungen Bonobomännchen an der Hand oder Maria Fekter mit einem Kälbchen auf der Alm. Aber bei den Grünen geht so etwas problemlos rein. Denn Eva kümmert sich um all ihre Schäfchen. Ob der religiöse Subtext des Plakats von den Grünen intendiert oder bloß im Übereifer des Wahlkampfgefechts entstanden ist, lässt sich nur schwer beantworten.
Aber Eva knuddelt auf ihren Plakaten nicht nur süße Lämmchen, auch kleine Kinder müssen zwecks Stimmenmaximierung dran glauben. Die lieben kleinen Mädchen und Buben, mit denen Eva auf den Plakaten herumtollt, sehen alle aus, als ob sie Lena-Sophie, Maximilian oder Anna heißen würden, nach Aischa und Klein-Mustafa sucht man auf den idyllischen Grünplakaten hingegen vergeblich.
Das zeigt zweierlei. Zum einen die Verlogenheit der Grünen und zum anderen in welchen Gewässern die Ökos nach Wählern fischen, nämlich im linken Kleinbürgertum. Die bildlichen Heilsbotschaften an das mittlerweile von Zukunfts- und Abstiegsängsten geplagte Milieu (der Staat hat immer weniger Geld, diese Menschen via Sozial-, Integrations-, Psycho- oder Asylindustrie finanziell zu versorgen) ist klar: Geborgenheit, Sicherheit, Zuversicht und sogar etwas heimatliche Idylle. Im Wahlkampffinale lässt man die linken Öko-Gender-Multikulitivisionen kurzfristig lieber im Keller.
Fröhliche autochthone Kinder in intakter Natur, eine gütig lächelnde Parteichefin mit einem Lämmchen. So eine Plakatserie könnte genauso gut von einer bösen „rechtspopulistischen“ Partei stammen. Aber es geht den politisch korrekten Moralaposteln in den Medien eben nicht darum, was für Botschaften und Inhalte transportiert werden, sondern wer es tut. „Der Standard“, das Leib- und Magenblatt der Grünwähler, attestiert den grünen Wahlplakaten gar „hintergründigen Witz“ („Wir brauchen mehr Bildunk“ Pardauz, wie hintergründig).
Und weil man gemäß dem Dichandschen Erfolgskonzept auch nicht auf die Sex Sells-Komponente verzichten will, haben die Grünen einen Wahlkampfspot produziert, in dem Männer mit Männern, Frauen mit Frauen und sogar Männer mit Frauen Sex haben. Allerdings, politisch ganz korrekt – oder sollte man sagen bieder – sind die Frauen, im Gegensatz zu den Männern, nur in Unterwäsche zu sehen. Nackte Frauenbrüste wie in der Kronenzeitung sind bei den genderbewegten Grünen mittlerweile tabu.
Der Spot wird auch nicht zu sehr promotet, schließlich will man die neuen Wählerschichten, die man mit heiler Natur, süßen blonden Kindern und kuscheligen Tieren ködern will, nicht mit kopulierenden Bodybuildern und den tatsächlichen politischen Zielen und Visionen der Partei überfordern.
Das kann man, wenn man endlich mit Hilfe von süßen Kindern, Lämmchen und der SPÖ an den Futtertrögen der Macht angelangt ist, immer noch tun.
Mag. Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.
Quelle: Bundeswahlleiter
Im ORF werden Politiker zumeist äußerst unhöflich behandelt – letztlich können sie sich dann aber doch fast alles erlauben. Sollte es nicht eigentlich eher umgekehrt sein? Und warum mischen sich Moderatoren in Österreich dauernd selbst in Diskussionen ein – warum ergreifen auch Interviewer immer wieder Partei? Das passiert etwa in Deutschland viel seltener. Die Politiker sind andererseits zum Teil auch selber schuld, lassen sich viel zu leicht provozieren. Man könnte doch meist weit gelassener, souveräner reagieren. Man muss ja auch gar nicht auf alles eingehen. (Manchmal würde man sich überdies fast mehr statt weniger Parteieneinfluss wünschen im ORF. Denn die Parteien haben wenigstens eine gewisse demokratische Legitimierung…)
So ein dichtes Programm gab es für Freunde des politischen Infotainment in Österreich jedenfalls noch nie. ORF und Private, TV und Radio – überall treten die Spitzenkandidaten der wahlwerbenden Parteien auf: allein, gegeneinander, mitunter auch miteinander. Vielen (Zusehern) ist es schon zu viel; manchen – vor allem natürlich den noch nicht im Parlament vertretenen Parteien – ist es hingegen noch zu wenig. Was ist oder wäre eigentlich gerecht? Und wer sollte wie oft und von wem eingeladen werden?
Aus Sicht der Zuseher und Wähler – um die es ja vor allem gehen sollte – ist primär gute Information wichtig, um sich ein Bild machen zu können. Ein bisschen Unterhaltung kann dabei auch nicht schaden. Aus Sicht der Medien geht es vorrangig um Quoten und Geschäft: Wer nützt uns, bringt uns viele Zuseher, hohe Einnahmen? In manchen Medien kommt man ja fast nur (und dann auch nur positiv) vor, wenn man auch Werbespots oder Inserate schaltet. In anderen gibt es wieder eine deutliche politische oder ideologische Schlagseite.
„Gerecht“ kann ein Wahlkampf ohnehin nie sein. Jene, die Macht und/oder Geld haben, werden wohl nicht so leicht freiwillig darauf verzichten. Wer in die Medien kommen möchte, muss irgendwie interessant sein: Eben durch Macht oder Geld; oder aber auch durch gute Ideen, interessante Persönlichkeiten und Inhalte – oder durch irgendetwas, das aufregt, polarisiert oder Zündstoff für heiße Diskussionen liefert!
Einerseits lässt sich natürlich argumentieren, dass die Titelverteidiger (also Kanzler, Regierung usw.) ein gewisses Vorrecht auf Medienberichterstattung haben. Wenn man allerdings bedenkt, wie groß der Einfluss der Regierenden auf viele Medien ist – und wie hoch dazu auch noch die staatliche Parteienfinanzierung in Österreich ist – dann müssten eigentlich sogar eher die Herausforderer bevorzugt behandelt werden…
Ziemlich absurd ist aber jedenfalls die Logik, mehr oder weniger alle Parteien gleich zu behandeln, sobald sie nur einen Parlamentsklub haben. Sei dies nun das Team Stronach, das überhaupt noch nie bei einer Nationalratswahl angetreten ist; oder sei es das BZÖ, das vielleicht nie wieder antreten wird.
Statt also in allen möglichen Formaten gleichsam „jeden gegen jeden“ auftreten zu lassen, könnte man wohl etwas selektiver vorgehen. Zum Beispiel, indem sich jeder Kandidat ein oder zwei Kontrahenten selbst aussuchen kann, die er oder sie zu einer Diskussion einladen möchte. Und sicher sollten auch neue Parteien eine Chance bekommen, da sie ja finanziell ohnehin in einer deutlich schwächeren Position sind – und sich daher auch nicht so leicht (auf Kosten der Steuerzahler) Plakate oder Inserate leisten können!
Da aber nun schon so ziemlich alle nur denkbaren Formate getestet worden sind, könnte man es doch vielleicht einfach einmal ganz ohne Moderatoren probieren? Die jeweilige Redezeit könnte ja, auch für die Zuseher sichtbar, gestoppt und angezeigt werden. Ansonsten bliebe es eben den Diskutanten überlassen, wie sie miteinander umgehen. Im politischen Alltag ist schließlich auch nicht der ORF bei jeder Verhandlung mit Moderator anwesend. (Obwohl dies gerade bei den Koalitionsverhandlungen vielleicht durchaus interessant sein könnte!) Eine Diskussion ohne Moderator könnte jedenfalls einiges über Charakter und Persönlichkeit der Teilnehmer offenbaren. Und die Zuseher könnten erfahren, wie kreativ und konstruktiv Kandidaten mit Wettbewerb, Konflikten, aber auch Möglichkeiten zur Kooperation umgehen!
Immerhin recht unterhaltsam, wenn auch ziemlich skurril, waren ja die so genannten „Wahlfahrten“ im ORF mit Hanno Settele. Man stelle sich aber vor, wie unterhaltsam es erst sein könnte, wenn zum Beispiel Herr Strache Frau Glawischnig durch die „Begegnungszone“ in der Wiener Mariahilfer Straße chauffieren müsste – möglicherweise unter den Buhrufen Hunderter Radfahrer? Strache würde dann vielleicht sagen: „Frau Glawischnig, diese Bilder sprechen doch für sich…“ – Glawischnig wiederum entgegnen: „Aber meine Taferln sprechen dafür umso deutlicher für mich!“ Und alles LIVE – da würde der ORF einmal sehen, wie viel „Raum nach oben“ es noch bei den Quoten gibt!
Aber Spaß beiseite – später im Analysestudio könnte ja doch wieder alles einen ganz anderen „Spin“ bekommen. Und notfalls ließe sich auch noch in der ZIB 24 das eine oder andere zurechtrücken – oder spätestens beim „Faktencheck“ am nächsten Tag…
Also könnte man doch eigentlich einmal ganz locker auf die Moderatoren verzichten – oder? Einen Versuch wäre es wert.
Christoph Bösch, M.A. ist Publizist in Wien und Gründer der Initiative „Mehr Wahlrecht".
Je näher der Wahltag rückt, umso schwieriger wird das Ringen um die eigene Wahlentscheidung. Dabei sind zwei Dinge ganz nüchtern festzuhalten: Erstens, einige der für (m)eine Wahlentscheidung in Frage kommenden Parteien werden wohl nicht ins Parlament kommen, bedeuten damit insbesondere nach den Erfahrungen aus Deutschland eine verlorene Stimme. Zweitens, eine große Koalition ist leider unvermeidlich.
Vor allem die zweite Erkenntnis ist ebenso folgenreich wie unangenehm: Denn eine große Koalition ist das Gegenteil von dem, was gut für Österreich wäre. Aber dennoch wird sie kommen.
Die Situation ist umgekehrt zu Deutschland: Dort war die Koalitionsfrage bis zum Wahltag völlig offen, während die Kanzlerfrage längst geklärt war; offen war nur, ob Angela Merkel mit der FDP oder mit der SPD, oder gar den Grünen. In Österreich ist hingegen die Koalitionsfrage de facto schon lange beantwortet.
Hingegen ist es in Österreich keineswegs so sicher wie beim Nachbarn, wer Bundeskanzler wird/bleibt. Die ÖVP hat da noch eine kleine Chance, selbst den Kanzler zu stellen.
Selbst wenn Rot-Schwarz unwahrscheinlicherweise die Mehrheit der Stimmen verlieren sollten, so ist ihnen die der Mandate doch nicht zu nehmen. Das könnte erst bei der folgenden Wahl passieren. Vielmehr: Das wird so passieren. Denn bis dahin ist der große Crash fast unvermeidlich. Diese Prophezeiung ist angesichts des höchstwahrscheinlichen Weitergehens der Schuldenpolitik und der Reformverweigerung nicht sehr schwer .
Dabei gäbe es mit ziemlicher Sicherheit – so wie immer seit 1986 – eine Wähler- wie auch eine parlamentarische Mehrheit rechts der Mitte. Nur will die niemand umsetzen. Weder ÖVP noch FPÖ planen das ernsthaft, auch wenn sie es nicht formell ausschließen. Da ist es ziemlich gleichgültig, was die Stronach-Liste tut; diese wird wohl in jede Koalition einzutreten bereit sein.
Die ÖVP unterscheidet sich in Ihrer Koalitionshaltung freilich massiv von den meisten ihrer Schwesterparteien. So hat sich die CDU immer eindeutig für die FDP als primären Partner ausgesprochen, den man nur dann nicht nimmt, wenn es sich nicht ausgeht. So bilden auch die skandinavischen Bürgerlichen immer eine Rechtsregierung, wenn es sich ausgeht. Etwa in Norwegen tun das derzeit sogar vier Parteien – auch unter Einschluss der sogenannten Rechtspopulisten (was immer diese Bezeichnung eigentlich genau bedeutet; es nennt ja niemand die Sozialdemokraten vice versa Linkspopulisten).
Auch die FPÖ ist nicht sonderlich am Mitregieren interessiert. Sie zieht die Rolle einer ständigen Protest- und Oppositionspartei vor. Denn ihrer Ansicht hat ihr einst die Regierungsbeteiligung geschadet. Sie sieht die damals erzielten Reformen daher auch nicht als positiv an.
Die FPÖ geht überdies davon aus, dass es in Zukunft in der Regierung noch viel weniger zu gewinnen, sondern nur Heulen und Zähneknirschen geben wird. Im Prinzip hat sie recht: Regieren wird wohl auf Jahrzehnte hinaus nicht mehr eine sehr lustvolle Perspektive sein. Aber: Kann eine Partei wirklich ewig die Oppositionsrolle anstreben? Oder bloß das Wiener Rathaus ansteuern, wo es ja noch etliches zu verteilen gibt?
Der FPÖ sollte nicht nur ihre einstige Regierungsbeteiligung, sondern auch ihr steiler Absturz am Beginn der Ära Stronach eine Lehre sein. Denn sobald der greise Autobestandteilbauer vermitteln konnte, er wäre eine wirtschaftlich versierte Alternative zu den Blauen, sind ihm die Menschen sofort massenweise zugelaufen. Die FPÖ hat jedoch wirtschaftspolitisch nicht nach- oder umgerüstet, sondern einfach auf das erwartbare biologische Ablaufdatum Stronachs geschaut.
Die FPÖ präsentiert jedenfalls ein sozialpolitisches Forderungsprogramm, das nur in der Opposition verwirklichbar ist. Nämlich gar nicht. Die Partei versucht damit im Grund, die SPÖ weit links zu überholen. Um nur ein paar Punkte zu nennen:
Dieser massiv ausgebrochene Sozialismus der Freiheitlichen ist nur so zu erklären, dass die Partei um jeden Preis – auch den einer verbrannten ökonomischen Erde – Proteststimmen sammeln will. Sie hat keinen einzigen Wirtschaftsexperten vorzuweisen und wohl auch nicht einmal nach einem solchen gesucht. Sie hat sich nie ernsthaft mit der Möglichkeit befasst, ihre Forderungen auch realisieren zu müssen. Wirtschaftsexperten können sich bei diesem Programm nur alle Haare aufstellen. Aber den Mittelstand gibt die Partei offenbar ohnedies an die Konkurrenz verloren.
Das ist umso bedauerlicher, als die FPÖ zugleich am glaubwürdigsten unter allen den Wertkonservativismus betont:
Dieser Teil der FPÖ-Position würde perfekt in eine bürgerliche Allianz passen, während ihr sozial- und wirtschaftspolitisches Programm nur zu SPÖ-Grüne-KPÖ passt. Man kann daher der ÖVP nicht einmal ernsthaft vorwerfen, dass ihre bürgerliche Koalitionssehnsucht nicht sehr groß wird.
Dieses FPÖ-Dilemma wird freilich von den linken Medien nie thematisiert. Zum Glück der FPÖ. Jenen Medien fällt in ihrer Einäugigkeit der blaue Sozialismus gar nicht auf, weil sie ja selbst genauso denken. Die Medien stürzen sich statt dessen seit fast 30 Jahren mit dem ewig gleichen Schaum vor dem Mund auf immigrationskritische FPÖ-Aussagen, die sie dann zum Skandal aufblasen. Das aber nutzt der FPÖ. Ebenso wie die Lächerlichkeiten der linken Aufregung um irgendwelche Fotos, auf denen ein Blauer drei Finger wegstreckt.
Zumindest eine Hintertür haben sich die Freiheitlichen offengelassen. Nämlich beim Thema EU. In ihrem Programm findet sich keine direkte Forderung Richtung EU- oder Euro-Austritt. Aber genau solche angeblichen Forderungen hat die ÖVP immer ins Zentrum ihrer FPÖ-Kritik gestellt. Es findet sich nur die vehemente Ablehnung der Freiheitlichen an der ESM-Schuldenpolitik. Die aber wird insgeheim auch von manchen in der ÖVP geteilt.
Fazit bleibt aber: Ich habe keine Chance, die von mir gewünschte wertkonservativ-wirtschaftsliberale Regierung zu bekommen. Daher verengen sich immer mehr meine Perspektiven, als kleiner Wähler zumindest einen kleinen Akzent gegen die drohende Fortsetzung der SPÖ-Reformverweigerung und -Schuldenmacherei zu setzen. Daher rückt für mich immer mehr die Bundeskanzlerfrage als letzter von mir als Wähler beeinflussbarer Faktor ins Zentrum.
Warum es so wichtig wäre, die SPÖ zumindest vom Kanzleramt fernzuhalten, wird mich daher in einer der nächsten Tagebuch-Eintragungen beschäftigen.
Der gewaltige Wahltriumph der Angela Merkel wird sich als ein schlimmer Pyrrhus-Sieg erweisen. Denn sie hat gemäß dem endgültigen Ergebnis die in der Nacht ein paar Stunden greifbar scheinende absolute Mehrheit doch verfehlt. Und sie steht nun einer knappen, aber doch klaren Mehrheit von drei Linksparteien gegenüber.
Wohl wird diese Mehrheit eher nicht eine Regierung bilden. Die Sozialdemokraten wissen zu genau – zumindest solange dort Steinbrück und Steinmeier das Sagen haben –, dass diese Koalition mit DDR-Apologeten und westdeutschen Linksradikalen sofort zum Gespött werden und an den inneren Differenzen zerbrechen wird. Aber die SPD wird sich im Gegensatz zur letzten Wahl extrem teuer verkaufen und Merkel das Leben sehr schwer machen.
Möglicherweise tut die SPD das auch schon bei der Regierungsbildung. Diese könnte sehr leicht dann scheitern. Dann werden auch Verhandlungen CDU-Grüne oder auch Neuwahlen – als unwahrscheinlicher, aber nicht auszuschließender Fall – denkbar. Natürlich würde das Wort „Neuwahl“ erst nach ein paar Monaten des vergeblichen Ringens hinter Polstertüren und am Verhandlungstisch ausgesprochen werden.
Man muss sich die Absurdität immer wieder bewusst machen: Deutschlands Wähler haben eine Bewegung nach rechts gemacht – aber die Zusammensetzung des Bundestags und damit wohl auch die Politik der künftigen Regierung gehen nach links. Das ist zwar genau das, was die Mehrheit nicht gewollt hat. Aber die CDU wird keine Alternative haben, als entweder letztlich baldige Neuwahlen zu riskieren (in Deutschland ein absolut ungewöhnlicher Vorgang und bei einer Merkel doppelt unvorstellbar) oder noch weiter nach links zu rücken, egal in welcher Koalition oder auch als Minderheitsregierung. Als ob die Merkel-CDU nicht ohnedies schon in den letzten Jahren viel weiter nach links gerückt wäre, als sie es jemals ihren Wählern eingestanden hat. Und als es die CDU/CSU-Wähler wollen.
Dabei hat Merkel etwas andernorts nahezu Unvorstellbares geschafft: Überall werden in den Jahren der Wirtschaftskrise die Regierungsparteien abgestraft und meist abgewählt. Egal ob links oder rechts. Nur in Deutschland nicht. Dort ist zwar die FDP bestraft, aber die CDU bejubelt worden. Dennoch ist das eben ein Pyrrhus-Sieg für sie, ja letztlich geradezu ein strategisches Desaster.
Hauptschuld daran ist die Zersplitterung der bürgerlichen Stimmen. So viele Stimmen wie noch nie seit Gründung der Bundesrepublik sind diesmal ohne Gegenwert in Mandaten geblieben. Über 15 Prozent der abgegebenen und gültigen Stimmen haben sich in Rauch aufgelöst. Absolut dramatisch. Und das passierte überwiegend im bürgerlichen Lager.
Die Stimmen von „ProDeutschland“ hätten der „Alternative für Deutschland“ in den Bundestag geholfen. Oder: Alleine die „Alternative“ und die FDP hätten zusammen mit über neun Prozent die drittgrößte Partei des Landes gebildet. Dieses Potential nicht genutzt zu haben, ist ein schweres Versäumnis. Die einen hätten endlich erkennen müssen, dass die ständige Kreditgewährung an leichtlebige Schuldnerländer das Gegenteil von liberaler Ordnungspolitik und den Wünschen ihrer Wähler ist. Die anderen hätten einsehen müssen, dass Neugründungen auf der grünen Wiese letztlich fast immer chancenlos sind – auch wenn die Alternative gewiss einen Achtungserfolg erzielt hat.
Jetzt wird es extrem mühsam, vielleicht gemeinsam für die nächsten Wahlen ein liberales Projekt neu aufzustellen, das seine PS auch auf die Straße bringt. Inzwischen wird aber wohl die europäische Währungsfiktion endgültig kollabieren, weil niemand mehr die deutschen Spar-Forderungen ernst zu nehmen braucht. Inzwischen wird es in Deutschland wie auch in Europa noch mehr linke Gesellschaftspolitik von der Verstaatlichung der Kinder bis zur weiteren Einschränkung der Meinungsfreiheit geben. Inzwischen wird in Deutschland öffentlich nur noch ganz selten eine liberale Stimme zu hören sein.
Ich selber hätte in Deutschland wohl die Alternative gewählt (wie immer eben als „geringeres Übel“). Jetzt säße ich ohne einen einzigen Abgeordneten da, den meine Stimme ins Parlament gebracht hätte. Das wäre vier Jahre lang jetzt ziemlich schockierend und frustrierend geworden (das ist nun das viel „größere Übel“).
Das wird jedenfalls auch mein österreichisches Wahlverhalten beeinflussen, selbst wenn theoretisch eine der heimischen Wackel-Parteien meine Auffassungen ein wenig besser widerspiegeln würde als eine der sicher in den Nationalrat einziehenden. Denn bei einer Wiederholung der deutschen Entwicklung wäre mein Hauptmotiv zunichte gemacht: möglichst wirksam gegen die beiden Linksparteien und (fast) all ihre Vorstellungen von Wirtschaft und Gesellschaft zu stimmen.
PS: Die Wahlbeteiligung ist in Deutschland übrigens minimal gestiegen, aber mit 71,5 Prozent noch immer viel schlechter, als sie jemals in Österreich war. Und auch da war sie ja zuletzt schon recht tief. Dennoch ist nach dieser deutschen Wahl erneut das, was Nichtwähler damit vielleicht ausdrücken wollten, völlig irrelevant geblieben. Keine Sekunde denkt jemand daran oder diskutiert gar über eventuelle Botschaften der Nichtwähler. Und das sind angesichts ihrer Größe keineswegs nur-Hartz IV-Empfänger. All diese Nichtwähler haben die Chance versäumt, sich zwischen den einzelnen Übeln das geringere auszusuchen. Das macht mitschuld am größeren Übel.
Da staunt man kräftig: Die Türkei wird immer alarmierter wegen Syrien – aber jetzt zunehmend wegen des Eindringens von terroristischen Oppositionellen in die Türkei.
Wie das? Hat doch die Türkei bisher weltweit am heftigsten die Anti-Assad-Kämpfer unterstützt. Jetzt spürt man aber offenbar langsam auch in Ankara, dass man sich da mit dem Teufel verbündet hat. Denn die gegen Assad kämpfenden islamistischen Jihadisten wurden in den Kriegsjahren immer stärker und sickern nun auch in die Türkei ein. Das hat nun jedenfalls der türkische Präsident Abdullah Gül besorgt zugegeben. Alle Welt weiß inzwischen, dass die von den Türken und einigen westlichen Ländern unterstützte Freie Syrische Armee chancenlos ist. Laut Gül gelingt es der Türkei nicht mehr, das Eindringen der Jihadisten zu verhindern – "trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und dem Einsatz von Geschützen und Panzern". Irgendwie fällt einen da Goethes Zauberbesen ein.
Es wird dringend davon abgeraten, bei der Rewe-Gruppe einzukaufen.
Dort werden die Kunden nämlich an der Kassa aufgefordert, um nicht zu sagen: genötigt, für die Caritas zu spenden. Das ist genau jene Organisation, die praktisch jede Defizitausweitungs-Forderung von Rot und Grün lauthals unterstützt. Das ist genau jene Organisation, die als massive Lobbyistin der Votivkirchen- und Servitenkloster-Besetzer agiert und deren Treiben finanziert. Selbst wird die Caritas aus Steuermitteln (vor allem von Land und Stadt) und Kirchenbeiträgen finanziert. Wogegen man sich als Steuerzahler und Katholik ja kaum wehren kann. Aber sehr wohl kann man das gegen diese Handelskette. Konsumenten sind keineswegs ohnmächtig. Sie sind sogar die einzigen, vor denen sich solche Multis wirklich fürchten.
Der österreichische Blick auf Deutschland macht fassungslos. Noch nie haben sich die beiden Länder so weit auseinanderentwickelt. Die deutschen Uhren ticken in einem bisher unbekannten Ausmaß anders.
Der Wahltriumph der Angela Merkel sollte vor allem die österreichischen Bürgerlichen fundamental nachdenken lassen. Die deutsche Bundeskanzlerin hat einen Sieg in dem Ausmaß erlebt, das die ÖVP nur 1966 und 2002 erlebt hat. Davon ist die ÖVP in ihrem gegenwärtigen Zustand hingegen weit entfernt. Man vergleiche nur die Qualität fast jedes einzelnen Ministers in Berlin und Wien. Freilich muss man sich dazu auch bewusst machen, dass Merkel in den letzten Jahren alle innerparteilichen Kritiker und Konkurrenten ausgesessen oder abgeschossen hat. Das hat sie zuletzt so ungemein stark gemacht. In der Volkspartei lassen die Herren Pröll und Leitl hingegen schon den dritten eigenen Parteichef ins Abseits laufen.
Zweite Vergleichsebene: In Deutschland wird es wohl zur großen Koalition kommen müssen – obwohl beide Parteien das gar nicht wollten. In Österreich hingegen wird es zur großen Koalition kommen, weil sich beide von vornherein aneinandergekettet haben, egal was die Wähler sagen. Und ohne dass es eine gemeinsame Vision dieser Koalition gäbe. Was die ÖVP nicht begreift: Mit einem Werner Faymann ist kein Staat zu machen. In Deutschland haben aber beide Großparteien – vor allem CDU/CSU, aber auch SPD – deutlich gewonnen. Im Österreich einer inhaltslosen großen Koalition werden beide hingegen verlieren. Der Zusammenhang liegt auf dem Tisch.
Die dritte deutsch-österreichische Vergleichsebene ist eine ganz andere. Sie ist aber besonders atemberaubend: Die gleichen Wähler-Prozentsätze wie jetzt in Deutschland würden in Österreich zu einem komplett anderen Ergebnis führen. Sowohl FDP wie auch „Alternative für Deutschland“ würden nach dem österreichischen Wahlrecht beide sicher ins Parlament kommen, was sie in Deutschland zumindest nach dem vorläufigen Ergebnis nicht werden. Nach dem österreichischen Wahlrecht stünde Deutschland mit diesem Ergebnis daher eine komplett andere politische Zukunft bevor.
Viertens, das was nach einer theoretischen Linksmehrheit im Deutschen Bundestag aussieht – minimal, politisch nicht verwertbar, aber doch – ist bei den Wählern in Wahrheit eine rechte Mehrheit. Das sollte den vielen Parteien des vielschichtigen bürgerlichen Spektrums da wie dort eine klare Lehre sein: Wenn sie sich nicht wieder stärker zusammenfinden, dann haben sie weniger Einfluss, als sie eigentlich nach der Größe der Zustimmung unter den Bürgern hätten.
Fünftens, so sehr der schwere Dämpfer für Grüne wie Linke gut und erfreulich ist (die SPD hat nicht einmal die Hälfte des Gesamtverlustes der beiden Linksaußen für sich erringen können!): Die Tatsache, dass die postkommunistische „Linke“ ab nun noch vor den Grünen die drittgrößte Partei Deutschlands und die Führerin der Opposition ist, ist dramatisch. Das gibt diesem in Wahrheit total zerstrittenen Haufen, der von alten DDR-Apparatschiks dominiert wird, unglaubliche Chancen.
Dramatisch ist sechstens aber auch: In vielen Diskussions-Formaten und Podien wird es künftig so wie im Bundestag drei Parteien auf der Linken geben und nur eine auf der Rechten. Das wird das Gesamtbild der deutschen Diskussionslage dramatisch nach links verschieben. Denn ständig werden in vielen scheinbar gerechten Foren künftig drei Linke nur einem Rechten gegenübersitzen. Das ist eine katastrophale Verzerrung der Realität und wird den Debattenschwerpunkt noch weiter nach links verschieben.
Siebentens: Um einen Mann ist es jedenfalls schade: um Peer Steinbrück. Er ist zweifellos der klügste Sozialdemokrat in deutschsprachigen Ländern, der auch enorm viel von Wirtschaft versteht. Er wird nun aber wohl aus der Politik ausscheiden und nicht einer großen Koalition zur Verfügung stehen, die ihn eigentlich dringend bräuchte. Gerade in Österreich kann man diese Verschwendung an Humanressourcen nur bedauern, wo bei der Sozialdemokratie nur Demagogie und Machtgier zu finden ist.
Achtens hat der Wähler klar gezeigt: Für Parteien wie die FDP gibt es keine Zukunft. Wirtschaftspolitisch liberal, aber gesellschaftspolitisch oft links zu sein, das hat keine ausreichende Unterstützung unter den Menschen.
Wir blicken alle wie die Kaninchen auf die Schlange: Mit immer mehr Spannung werden die ständig allerorten veröffentlichen Umfragen beobachtet – sie sind aber aus vielerlei Gründen nicht nur unpräzise, sondern auch falsch.
Umfragen sind vor allem eine Strategie von Zeitungen und Fernsehanstalten, sich mit „exklusiven“ Inhalten zu füllen. Sie sollen ähnlich wie ein Horoskop die Neugier befriedigen, künftige Entwicklungen vorzeitig zu erfahren. Das sieht man derzeit auch in Deutschland, wo entgegen allen bisherigen Usancen diesmal bis zuletzt Umfragen veröffentlicht werden. (Ausgerechnet) „Bild“ tut dies sogar noch am Wahltag. Und die öffentlichen-rechtlichen Anstalten taten dies heuer erstmals noch drei Tage vor der Wahl.
Diese späten Veröffentlichungen lösen mit Sicherheit immer Rückwirkungen auf das Verhalten der Wähler aus. Wer etwa gibt schon gerne seine Stimme einer Partei, die gar nicht ins Parlament kommt?
In ihrer Gier, Aufmerksamkeit zu erregen, lassen sich viele Medien bei den Veröffentlichungen auch immer wieder zu wilden Übertreibungen hinreißen. Wenn sich etwa ein dreiprozentiges „Intervall“ – das bedeutet den Bereich, in dem eine Partei laut Langtext der Umfrage liegt, – eine einprozentige Verschiebung gibt, dann sagt dies in Wahrheit absolut nichts. In der medialen Darstellung insbesondere der Boulevard-Medien wird das jedoch zur Sensation hochgespielt. Dabei sprechen alle Umfragen, wenn man sie genau liest, nur von solchen Intervallen.
Bei Wahlumfragen gibt es aber auch noch etliche nicht durch Sensationsgier verursachte Verzerrungen. Diese lassen sich auch gar nicht verhindern. Die von Laien oft als vermeintliches Problem angesprochene Größe der Stichprobe ist dabei noch das kleinste Problem.
Viel mehr Anlass zu Skepsis und Vorsicht sollte die – langfristig noch dazu wachsende – Zahl von Antwortverweigerern und Spätentscheidern sein. Was auch immer der wahre Grund sein mag, ein Fünftel bis ein Drittel sagt jedenfalls entweder: „Weiß nicht“ oder: „Das geht Sie gar nichts an“. Das wird übrigens besonders oft dann geantwortet, wenn ein sparsamer Auftraggeber aus Ostdeutschland bei den österreichischen Wählern anrufen lässt. Deutschdeutsch befragt zu werden, erweckt ja bei den meisten Österreichern keine sonderlichen Sympathien.
Diese große Dunkelziffer wird jedoch bei Veröffentlichungen immer konsequent verschwiegen. Die Institute versuchen vielmehr, die Verweigerer zu schätzen – und irren dabei immer zwangsläufig. Lange war es etwa so, dass sich FPÖ-Wähler auch bei noch so vertraulichen oder raffinierten Fragtechniken gerne verschweigen. Blau zu wählen war ja als böse abgestempelt und daher bekannte man sich nicht gerne einem Fremden gegenüber dazu.
Aber ist dieses FPÖ-Phänomen noch immer so? Oder geniert man sich vielleicht inzwischen schon eher, sich zu einer Regierungspartei zu bekennen als zu irgendeiner Oppositionsgruppe? Niemand weiß es.
Und schon gar nicht wissen die Institute, wie sie neue Parteien bezüglich der Schätzwerte behandeln sollen. Dabei gibt es in Österreich derzeit jede Menge davon: Stronach, Neos, Piraten.
Wie unzuverlässig Aussagen bei Umfragen sind, zeigt auch ein erstaunliches Phänomen der aktuellen Umfragen. Darauf hat dieser Tage der Meinungsforschungsexperte Peter Ulram hingewiesen: Fragt man die Österreicher (auch als Mittel, um Antwortverweigerer doch irgendwie einschätzen zu können), wen sie denn beim letzten Mal gewählt haben, dann sagen nur ein bis zwei Prozent: „BZÖ“. In Wahrheit war die Partei jedoch damals von zehn Prozent gewählt worden.
Aber offenbar verdrängen heute viele ihre BZÖ-Stimme. Oder sie haben einfach Jörg Haider wählen wollen und inzwischen ganz vergessen, dass man dazu BZÖ ankreuzen musste.
Haider hatte ja damals das sieche BZÖ im letzten Moment noch einmal in die Höhe gerissen, als er sehr viele ÖVP-Wähler angesichts der Zerstrittenheit ihrer eigenen Partei (siehe etwa die Intrigen der Prölls gegen Parteichef Molterer) für sich gewinnen konnte. Das war Haider damals mit einer bewussten Mischung aus wertkonservativen und wirtschaftsliberalen Positionen gelungen, die ihn als die bessere ÖVP erscheinen ließen.
Dieser Kurs war dann freilich beim BZÖ bald in Vergessenheit geraten und überdies durch etliche Affären von Kärnten bis Telekom überdeckt worden. Die Haider-Taktik wurde aber im jetzigen Wahlkampf von Josef Bucher zumindest in Hinblick auf liberale Positionen ein wenig wiederbelebt. Die wertkonservativen hat er allerdings nicht wirklich übernommen; Bucher hat sich deswegen auch einen Konflikt mit seinem Parteifreund Stadler eingehandelt (insbesondere rund um das Abtreibungsthema).
Allein das Beispiel BZÖ zeigt, wie schwer es ist, aus irgendwelchen Umfragen ein Wahlergebnis zu prognostizieren. Dies gelingt umso weniger, als niemand die eigentlich viel ehrlicheren Rohdaten, also die echten Umfrage-Ergebnisse veröffentlicht. Publiziert wird immer nur eine Schätzung des Wahlausgangs.
Das führt dann zu bisweilen lustigen taktischen Spielchen. So ließ die SPÖ in den letzten Wochen verbreiten, dass sie bei den geheimen Rohdaten viel bessere Ergebnisse für die Neos hätte, als die veröffentlichten Ergebnisse anzeigen würden.
Man muss da freilich schmunzeln, sobald man die Absicht durchschaut hat: Damit sollen ganz offensichtlich bürgerliche Wähler, die ihre Stimme nicht vergeuden wollen, doch noch zum Wählen der Neos gebracht werden. Das ist eine sehr ähnliche Strategie wie einst, als die SPÖ und insbesondere Heinz Fischer die Gründung des LIF unterstützt hatten. Auch damals hatte die SPÖ ja geglaubt, diese – weitgehend mit den heutigen Neos identische – Gruppierung würde vor allem der ÖVP schaden. Sie hat aber in Wahrheit den Grünen geschadet und ist praktisch immer auf der Seite der SPÖ gestanden.
Die allergrößte Unsicherheit ist aber durch die Wähler selber entstanden: Nur noch 40 Prozent haben laut Ulram wenigstens Reste einer emotionalen Bindung an daeine Partei. Und nicht einmal das bedeutet automatisch die Wahl dieser Partei. Dabei war dieser Bindungs-Wert einige Wahlen vorher noch doppelt so hoch.
Das Alles heißt nun nicht, dass Meinungsforschung sinnlos wäre. Ganz im Gegenteil. Man muss aber immer wissen, was da alles für Unwägbarkeiten und Ungenauigkeiten dahinterstecken, wie Medien und Parteien damit manipulieren. Und vor allem, dass es am Ende doch auf jede einzelne Stimme ankommt.
Also: Wir werden auch weiter wählen gehen müssen. Und das ist auch gut so.
In diesem Land ist der Rechtsstaat völlig vor die Hunde gekommen. Und zugleich ist der VfGH in den letzten zwei Jahren de facto zu einer gehorsamen Vorfeldorganisation der SPÖ degeneriert.
Menschen werden über fünf Jahre lang von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte gehalten. Sie werden damit beruflich meist ruiniert, ohne dass sie eine Chance gegen solche Feme-Justiz hätten. Es gibt Beschuldigte, deren Belastungszeugen seit zweieinhalb Jahren nicht ein einziges Mal gehört werden.
Bei den meisten Anzeigen unternimmt die Staatsanwaltschaft überhaupt nichts Relevantes. Hektisch wird sie nur, wenn es gerade um das Kapitalverbrechen geht, dass jemand den „Propheten“ Mohammed wegen des Geschlechtsverkehrs mit einer Neunjährigen als das bezeichnet, was er für die meisten Österreicher ist. Und was er auch für die Justiz gewesen ist, als dort noch das Recht regiert hat und nicht die linke Political correctness.
Keine einzige Aktion ist auch bemerkbar, die endlich gegen die ständige rechtswidrige Weiterleitung von – natürlich fast immer einseitig ausgewählten – Akteninhalten aus der Staatsanwaltschaft an nahestehende Wochenblätter vorgehen würde.
Zu diesem von unseren Steuergelder lebenden „Rechtsstaat“ gehören auch eine Bundeswettbewerbsbehörde und Kriminalämter, die Unternehmen (und damit Tausende Arbeitsplätze) durch öffentliche Kampagnen fertig machen, ohne dass sich diese wehren können. Dabei wären all die genannten Behörden zu strenger Amtsverschwiegenheit verpflichtet. (Gegen den Einsatz von dubioser Spionagesoftware versucht sich jetzt wenigstens einmal ein Unternehmen lobenswerterweise zu wehren. Schauen wir mal, wie der „Rechtsstaat“ das entsorgen wird.)
Und über diesem Sumpf thront der Verfassungsgerichtshof, das einzige rein parteipolitisch zusammengesetzte Gericht der Republik. Er hat sich in den letzten Jahren zum Oberaufseher auch über die sonstigen Oberstgerichte emporgekämpft. Er unternimmt zwar überhaupt nichts gegen die unfassbaren Zustände bei der Staatsanwaltschaft und den anderen genannten Behörden. Aber er handelt dafür blitzschnell, wenn es die parteipolitischen Interessen der SPÖ, pardon des ORF betrifft.
Der VfGH hat binnen einer Woche den Beschluss des Bundeskommunikationssenats suspendiert, der die Facebook-und Twitter-Auftritte der ORF-Mitarbeiter beschränkt hatte. Da diese ja oft klare rot-grüne Botschaften enthalten, kann solche völlig ungewöhnliche Schnelligkeit – eine Woche vor der Wahl! – wirklich nur noch parteipolitisch gesehen werden. Das ist freilich kein Wunder, wenn man sich bewusst macht, dass in diesem Land Menschen direkt aus dem Faymann-Vorzimmer zu Verfassungsrichtern werden.
Wenn Existenzen ohne Urteil unabhängiger Richter vernichtet werden, ist es der Justiz offensichtlich völlig egal. Wenn hingegen ein paar linke ORFler in ihrer ideologischen Agitation eine Woche vor der Wahl eingeschränkt werden, schreitet dieser „Rechtsstaat“ blitzschnell ein. Das, was man sich sonst dazu denkt, ist freilich nicht mehr druckreif.
Es ist für Österreich ein weitgehend neues Phänomen. In Amerika ist es schon länger bekannt: Reiche Pensionisten, die einst unternehmerisches Glück hatten, entdecken die Politik als interessantes Altershobby. Nach dem Motto jedes Stammtisches: Wir wissen doch viel besser, wie Politik zu gehen hat. Und nach jedem Krügel noch besser. Frank Stronach wie Hans-Peter Haselsteiner bescheren jetzt auch uns diese neue Erfahrung. Die in der Tat eine Erfahrung ist.
Denn beide beweisen uns in Wahrheit, dass Erfolg in der Wirtschaft noch keineswegs einen guten Parteiführer macht. Ähnliches hat – eine Stufe niedriger – etwa auch schon Veit Schalle bewiesen. Er hatte einst Billa groß gemacht, ist dann als Parlamentarier aber sehr klein geworden. Politik will halt genauso gelernt werden wie Straßen- oder Autobauen.
Es ist irgendwie schade, dass man Haselsteiner in keiner TV-Konfrontation zu sehen bekommt. Da hätte er uns etwa genau erklären können, wie man zu bestimmten staatlichen Aufträgen in Österreich oder auch Russland kommt. Solches Wissen führt ja übrigens auch an die Spitze sehr mächtiger Industrie-Vereinigungen.
Freilich hat auch Stronach in seinen Auftritten bisher vieles nicht erklärt: Etwa ob er es wirklich „fair“ – sein Lieblingswert – findet, dass man sich einen Parlamentsklub einfach kaufen kann. Oder ob es „fair“ ist, in Österreich eine Partei zu gründen und führen, aber den Großteil des Jahres aus steuerlichen Gründen im Ausland zu leben.
Beide Männer haben viel Geld in ihre jeweiligen Parteien gesteckt. Stronach zweifellos viel mehr als Haselsteiner. Er hat wohl auch mehr. Das hat etwa zu den schönsten Plakaten des Wahlkampf geführt (Die ÖVP hingegen kann sich offenbar nicht einmal mehr einen guten Photographen leisten, der Spindeleggers Gesicht nicht nur aus Nase bestehen lässt, und der Frau Jank nicht wie eine Reichswasserleiche aussehen lässt, die sich nicht einmal einen Schminkbeutel kaufen kann. Aber lassen wir diesmal die ÖVP und ihre Wahlkampfmanager. Es geht um die beiden Millionärsparteien).
Stronach hat bereits viel mehr als Haselsteiner geistig mit dem Altern zu kämpfen und damit, dass er viele Fragen und Probleme gar nicht mehr begreift. Auch wenn ich seine fünf Stehsätze weitgehend richtig und positiv finde, bleibt es doch unfassbar, dass es nie eine substanzielle Auffüllung und Präzisierung gegeben hat. Daher widerspreche ich auch nicht, wenn manche nach seinen Auftritten erstaunt meinen: Der Mann ist ja gaga.
An einem hat Stronach aber von Anfang an keinen Zweifel gelassen: In meiner Partei gelten nur meine „Wärte“. Da habe nur ich was zu sagen. Ich weiß zwar noch nicht was. Aber das gilt.
Ganz anders bei Haselsteiner, LIF und Neos. Bei denen findet man jedes nur erdenkliche Programm. Eine Partei und noch eine Partei und noch ein paar Exoten aus den unterschiedlichsten Ecken und dann der Deus ex machina mit dem dicken Geldbeutel. Der Deus hat jetzt nur das Problem, dass er schon wieder ein ganz anderes Programm hat als zuvor die beiden auch nur halb vermählten Parteien.
Wer ist dort jetzt eigentlich der Chef? Der ehrgeizige Vorarlberger oder der machtbewusste Kärntner aus Tirol? Niemand weiß es, obwohl es doch irgendwie wichtig wäre. Hat sich doch beispielswiese der eine gegen neue Steuern ausgesprochen, während der andere geradezu fanatisch die Einführung neuer Steuern verlangt.
Einkommensteuer bis 70 Prozent, bis 80, bis 95? Alles findet sich bei Haselsteiner. Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer? Alles findet sich bei Haselsteiner. Aber nichts davon war eigentlich Teil des Neos-Programms. Wir haben jedoch schon von Frank Stronach gelernt: Wer das Gold hat, macht auch die Regeln.
Und das hat eben der Herr Haselsteiner und nicht der Herr Strolz. Was sehr dafür spricht, in Haselsteiner den nunmehr entscheidenden Mann zu sehen. Zur gleichen Erkenntnis über die dortigen Machtverhältnisse kommt man auch angesichts der erstaunlichen Tatsache, dass Haselsteiner jetzt schon als „der“ Neos-Minister verkündet wird. Das heißt etwas. Denn erstens dürften die Neos selbst bei einem wider alle Erwartungen gelingenden Einzug in Parlament und Regierung nicht allzu viele Ministerien bekommen. Und zweitens hat sonst noch keine Partei gesagt, wer Minister wird; lediglich drei Möchtegern-Bundeskanzler gibt es.
Wirklich genau hat man freilich beim bisherigen Parteiführer Strolz ohnedies nie erkannt, welche inhaltlichen Ziele ihn denn wirklich innerlich antreiben. Außer jenes, sich an der ÖVP zu rächen, weil sie ihn nicht aufgestellt hat. Das hätte übrigens der ÖVP keineswegs geschadet, wenn man die bedeutungslos gebliebenen schwarzen Neo-Kandidaten aus Raiffeisen- und moslemischen Quellen näher betrachtet (freilich kaum zu sehen bekommt).
Aber abgesehen davon war für Strolz selber anscheinend immer der Weg das Ziel. Das inhaltliche Ziel seines Einstiegs in die Politik blieb jedenfalls immer ein schwimmendes, wenn es überhaupt jemals sichtbar wurde.
Haselsteiner scheint hingegen ganz klare Ziele zu haben. Nur lassen die erst recht rätseln. Warum kann ein Unternehmer eigentlich ständig noch mehr Steuern in einem der höchstbesteuerten Länder der Welt verlangen? Die SPÖ und FPÖ sind für noch höhere Steuern, weil sie ja nur auf Stimmen der XYZ-Schicht spekulieren, die sich (irrigerweise) noch nicht als Opfer der vielen Steuerpläne sieht. Das ist wenigstens wahltaktisch logisch. Aber ein Unternehmer?
Hängt das vielleicht gar damit zusammen, dass Haselsteiner ja noch immer von den Ergebnissen seines Baukonzerns profitiert? Wenn man bedenkt, dass die Strabag im hohen Ausmaß von fetten Staatsaufträgen abhängig ist (man mache sich nur die unsinnigen Bahntunnels bewusst, die von den Neos erstaunlicherweise nie kritisiert worden sind), dann wird eines ziemlich klar: Haselsteiner muss der Nachschub an Aufträgen wichtiger sein als die dann am Ende vielleicht zu zahlende Steuer.
Für das Weiterbestehen der Strabag ist viel relevanter, dass der Topf voll ist, aus dem man schöpft, als dass man – im Falle schlechter Steuerberater – dann selber eventuell etwas in diesen Topf einwerfen muss. Angesichts dieses Zusammenhangs kann es Haselsteiner ignorieren, dass praktisch sämtliche relevanten Ökonomen (bis auf die im Sold der SPÖ stehenden) vor einer weiteren Erhöhung der Abgabenlast warnen und vehement eine Senkung verlangen. Im Interesse des Überlebens (und der Neugründung) Zehntausender kleiner und mittlerer Unternehmen, die vom Markt leben und nicht vom Staat. Den sie nur finanzieren müssen.
Aber eigentlich kann man bei einem Kämpfer aus dem Stall der Heide Schmidt auch nicht viel anderes erwarten. Dort waren immer die linken Parolen wichtiger als das Ordnungspolitik. Diese Tradition wird ja auch durch die Tatsache bestätigt, dass die Neos ausgerechnet den Vorkämpfer des Antikirchen-Volksbegehrens prominent in ihre Reihen aufgenommen haben.
Wenn jemand nach den vor allem durch Haselsteiner entstandenen Widersprüchlichkeiten in der rosa Gruppierung fragt, bekommt er schnoddrig zur Antwort: Das werden wir halt in den nächsten Monaten ausdiskutieren. Das heißt: Die Katze wird erst nach der Wahl aus dem Sack gelassen. Erst dann werden wir sehen, ob sie rot ist, oder ob wenigstens noch ein paar liberale Flecken geblieben sind.
Die Neos-Farbe Rosa ist zumindest aus heutiger Sicht kein Zufall: Von der totalen Übernahme schwuler Forderungen bis zur massiven Absage an eine Partnerschaft mit der FPÖ haben sich die Neos stark an Rot und Grün angenähert. Und mit Haselsteiner sind sie endgültig in deren Lager gelandet.
Stronach hingegen ist mit den paar Aussagen, die nachvollziehbar sind, ebenso klar in der schwarz-blau-orangen Wertewelt gelandet (aus der nur der wirtschafspolitische Sozialismus der Blauen ausbricht). Und noch ein Gegensatz zu Haselsteiner ist jetzt sichtbar: Stronach kennt seine Grenzen – oder die Steuergesetze. Er bleibt daher jedenfalls der Regierung fern, selbst wenn seine Partei hineinkäme.
Völlig unklar ist freilich, wo Stronach eigentlich brauchbare Minister finden will, die irgendwie besser wären als eine Regierung voller Mitterlehners und Schmieds. Kauft man sich die auch unter frustrierten Hinterbänklern? Und wie darf man sich das Funktionieren einer Regierung mit Stronachs Liste eigentlich vorstellen: Müssen dann die von ihm entsandten Minister vor jedem Handgriff, vor jeder Äußerung bei ihm anrufen und nach Stronachs Weissagung fragen?
Wenn Stronach das glaubt, dann sollte er sich von jemandem erzählen lassen, dass das schon einmal jemand so geplant hatte: ein gewisser Jörg Haider. Der stürzte dann jedoch in tiefe Depressionen, als er entdeckte, dass das nicht so funktioniert, und dass Susanne Riess-Passer ihn sehr bald außen vor gelassen hat. Weil sonst das Regieren nicht funktioniert hätte.
PS: Wähler, die wirklich ernsthaft zwischen den beiden Millionären schwanken, haben natürlich noch ein Kriterium: Nach allen verfügbaren Meinungsumfragen kommt Stronach ins Parlament, Haselsteiner jedoch nicht. Da kommt dann zur völlig Unklarheit über die Parteilinie auch noch der Frust über die verlorene Stimme. Die genauso viel zählt, wie wenn man ganz daheim geblieben wäre.
Frank Stronach ist nicht der einzige, der „Werte“ hat. Auch die NEOS haben sie – zumindest auf ihrer Internetseite: Da liest man dann, sie wären freiheitsliebend, unabhängig und wollten „Bürgerrechte und Demokratie stärken“. Dass sie es freilich mit diesen hehren Zielsetzungen nicht allzu ernst meinen und im Gegenteil eine Politik vertreten, die nicht nur mit „liberal“ genau gar nichts zu tun hat, sondern genau für das Gegenteil dessen steht, wofür sich der klassische Liberalismus einsetzt, das beweisen sie schwarz auf weiß selbst.
Es geht dabei um das Wahlprogramm „Pläne für ein neues Österreich“, genauer gesagt um dessen mit „Integration“ übertiteltes Kapitel, das die Seiten 67 ff. füllt. Nachdem sich die Partei in ihren ersten Papieren um eine Position zu den Themen Zuwanderung und Asyl gedrückt hatte, ist freilich das, was nun diesbezüglich vertreten wird schlicht ungeheuerlich.
Nachdem zunächst vollkommen realitätsfremd behauptet wird, es sei in Österreich das „Konfliktpotenzial“ von Fremden „hochgespielt“ worden und es seien im Prinzip eh alle super integriert, weil „83 Prozent der Migrant_innen erklären, sich in Österreich gut oder sehr gut integriert zu fühlen“ (man achte auf das Wort „fühlen“!), kommen die Vorschläge der neo-linken Gutmenschen:
„Integration ist ein dynamischer, kontinuierlicher und differenzierter Prozess des Zusammenfügens. (…) Die Integration verlangt nicht die Aufgabe der eigenen kulturellen Identität“, heißt es da etwa. Denn natürlich ist es die Aufnahmegesellschaft, die sich „aufgeschlossen“ zeigen und einen „chancengleichen Zugang“ zu Betreuungs-, Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen (in denen dann auch gleich Deutsch als Amtssprache abgeschafft wird) gewähren muss.
Es folgt sodann etwa der Wunsch, Asylwerber als „Zuwanderer (zu) sehen, die in der Regel keine Rückkehr in das Land anstreben, in dem sie ihre traumatischen Erfahrungen gemacht haben. Es ist daher unsere Pflicht, optimale Bedingungen für eine Eingliederung von Asylwerbern zu schaffen, auch wenn ihr Asylverfahren noch läuft. Eine menschenwürdige Unterbringung ist dafür ebenso wichtig wie Rechtssicherheit, Bewegungsfreiheit über Bezirksgrenzen und der Arbeitsmarktzugang ab sechs Monaten.“
Auch Doppelstaatsbürgerschaft, aktives Wahlrecht für Drittstaatsangehörige und eine bevorzugte Einstellung von Fremden in öffentlichen Sozialeinrichtungen sowie bei Polizei und Justiz dürfen auf der Wunschliste nicht fehlen. „Diskriminierende Hürden“ bei der Vergabe von Gemeindewohnungen seien zu beseitigen. Und der Islam wird, in tiefster Naivität, als Religion wie jede andere betrachtet.
Kurzum: Die NEOS sehnen sich mit jeder Faser ihrer gutmenschlichen Herzen nach der „interkulturellen Gemeinschaft“.
Soweit, so schlimm, könnte man meinen und das Ganze als realitätsfremdes linkes Geschwurbel abtun. Doch es kommt tatsächlich noch dicker: „Diskriminierung und Rassismus sind zu sanktionieren. Durch die Rechtsgestaltung (Strafrecht, Polizeirecht, Presserecht) und durch soziale Interaktion (Meinungsbildungsprozesse in der Zivilgesellschaft) gibt die Gesellschaft zum Ausdruck, dass sie dieses Verhalten als unethisch, unsozial und unmoralisch verurteilt.“
Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Neo-Linken das liberale Grundprinzip der Freiheit, das sich auch im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Meinungsfreiheit manifestiert, mit Füßen treten und dass auch sie voll auf den politisch-korrekten Zug aufgesprungen sind. Denn was die Linken gerne als „Diskriminierung“ und Rassismus“ brandmarken, ist in den meisten Fällen nichts anderes als der berechtigte Hinweis auf Probleme und Missstände bzw. die Zurückweisung eines überzogenen Anspruchsdenkens von Fremden an die Aufnahmegesellschaft und den Sozialstaat.
Wenn man dafür nun entweder rechtlich verfolgt oder zumindest doch sozial isoliert werden soll, dann wissen wir, wo wir uns befinden: in einer lupenreinen Gesinnungsdiktatur.
Mag. David Nagiller ist Mag.iur., ehemaliger Journalist und ehemaliger Parlamentarischer Mitarbeiter. Derzeit absolviert er die Ausbildung zum Hauptschul-Lehrer. Er ist im ÖCV, Austria Innsbruck, korporiert.
Ich war schon ein paar Jahre in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen, als mich Mitte der 90-er Jahre ein sozialistischer Freund anrief und mir folgendes mitteilte: „Du, Georg, Du hast sicherlich in der Zeitung von dieser Geschichte im Zusammenhang mit der Maturaschule Nawarski gelesen. Tja, also, ich bin da auch dabei gewesen. Wir armen Sozi-Kinder waren halt in der Anti-AKW- und der Friedensbewegung engagiert. Wir sind lieber in Kaffeehäusern herumgehangen als in die Schule zu gehen. Aber wir brauchten dann doch die Matura. Die Staatsanwaltschaft geht jetzt Jahrgang für Jahrgang durch und ich weiß nicht, ob sie das alles bis Anfang der 80-er Jahre durchschauen. Würdest Du mich, wenn es dazu kommt, vertreten?“
Auf mein Nachfragen präzisierte er, dass er die erste Variante gewählt hatte: Den Kauf der Prüfungsfragen um 6.000 Schilling. Den Preis der zweiten Variante – Maturazeugnis ohne Prüfung – kenne er nicht.
Ich sagte zu, ihn im Fall der Fälle zu vertreten. Dazu kam es allerdings nie – weil die Staatsanwaltschaft in ihren Untersuchungen nicht so weit zurückging.
Jahre später wurde die Haupttäterin zu zwei Jahren bedingter Gefängnisstrafe verurteilt. Auch ein paar Namen von Kindern prominenter Sozialdemokraten gelangten an die Öffentlichkeit. In 170 Fällen sollen Vorprüfungs- und Maturazeugnisse gefälscht worden sein.
Jene Maturajahrgänge, die von der Staatsanwaltschaft – vermutlich wegen Verjährung – nicht mehr aufgerollt wurden, haben Glück gehabt. Sie konnten ihre Maturazeugnisse behalten. Allerdings kann ein Inhaber eines solchen Maturazeugnisses dieses nicht der Öffentlichkeit präsentieren. Insider wissen nämlich sofort, wie der Hase gelaufen ist.
Wenn hunderte Schüler auf fraudulöse Art und Weise zu einer Matura gelangten, kann man nicht mehr von Einzelfällen sprechen. Es handelte sich um eine Industrie – ein System, das in einschlägigen Kreisen alles andere als ein Geheimnis war.
In der Zwischenzeit sind die armen Sozi-Kinder erwachsen geworden und befinden sich an den diversen Hebeln der Macht. Freilich bedeutet dies nicht, dass jeder Sozialdemokrat, der behauptet, maturiert zu haben, in seiner Jugend ein Betrüger war. In jedem einzelnen Fall gilt die Unschuldsvermutung. Da aber die hunderten kleinen Gauner von damals nicht alle vom Erdboden verschwunden sein können, liegt es nahe, dass sie aus diesem prägenden Jugenderlebnis – ebenso wie einige Mitwissende – Schlüsse gezogen haben; wie die folgenden: „Bildung darf nie wieder etwas kosten“, „Matura für alle“, „Schule ohne Schultasche“, „Leistungsgesellschaft begünstigt Korruption“ oder „Markt und Bildung schließen einander aus“.
Wenn man heutzutage die öffentliche Diskussion beobachtet, kann man den Eindruck gewinnen, dass die Nawarski-Generation drauf und dran ist, das bourgeoise Bildungssystem zu überwinden – sofern es uns nicht gelingt, die Nawarski-Generation in die Schranken zu weisen.
P.S.: Ach wie freue ich mich auf meine parlamentarische Immunität!
Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt in Wien. Er kandidiert für das Team Stronach auf Platz vier der Bundesliste.
In der gesamten deutschen Nachkriegsgeschichte hat niemand so schwere Fehler begangen wie Angela Merkel. Und dennoch liegt sie in allen Prognosen für die deutsche Bundestagswahl mit einer sensationellen Beliebtheit anscheinend unangreifbar weit voran. Aber nicht nur deswegen haben diese Wahlen auch für Österreich und viele andere Europäer zentrale Bedeutung.
Zum einen sind sie für Österreich wegen der nur eine Woche danach stattfindenden Nationalratswahl besonders interessant. Und allenthalben wird – wie nach Bayern – über Nachahmungseffekte spekuliert.
Zum anderen ist Österreich so wie viele anderen europäischen Länder in vielerlei Hinsicht enorm von Deutschland abhängig. Das war auf Grund der zehnfachen Größe der Bundesrepublik immer schon der Fall. Das konnte zwar in Hinblick auf Handel und Wirtschaftskontakte sogar ein wenig reduziert werden. Die österreichische Wirtschaft hat es ja in den letzten 20 Jahren immerhin geschafft, sich international stärker zu diversifizieren: Richtung Osteuropa, aber auch nach Asien.
Dennoch ist Deutschland heute für die Alpenrepublik noch wichtiger denn früher: Das ist Folge der inzwischen unbestrittenen Führungsrolle Deutschlands in der EU. Alle anderen europäischen Großmächte haben aus unterschiedlichen Gründen an Bedeutung verloren. Österreich agiert daher (ähnlich wie etliche andere Länder) seit Jahren nur noch als Beiboot zum deutschen Riesen.
Österreich versucht nicht einmal mehr, wenigstens hie und da einen eigenen Kurs einzuschlagen. Das letzte Mal hat es das versucht, als Ursula Plassnik und Wolfgang Schüssel den Beitritt der Türkei zur EU zumindest signifikant verzögert haben. In jüngster Zeit hingegen fährt die österreichische Außenpolitik sogar dann im Kielwasser Deutschlands, wenn dieses sich erkennbar verirrt. Das war etwa beim gemeinsamen Vorstoß der Außenminister dieser beiden Länder zugunsten des gestürzten islamistischen Präsidenten Mursi zu beobachten gewesen. Dieser Vorstoß ist dann freilich schubladisiert worden, als Berlin merkte, dass sowohl der Rest der Welt wie auch die eigenen Wähler insgeheim sehr froh über die Entfernung von Mursi sind.
Man sollte aber durchaus kühl zur Kenntnis nehmen: Es ist irgendwie logisch, dass Großmächte in einer Union viel mehr zu reden haben als um den Faktor Zehn kleinere Länder. Und dass sie in der Regel auch qualitativ ein viel interessanteres Politikerangebot produzieren. Auf der anderen Seite ist schon als interessant festzuhalten, dass es ausgerechnet dem Luxemburger Premier gelungen ist, zu einem der ganz großen europäischen Spieler zu werden.
Davon ist Österreich weit entfernt. Merkel konnte sich – so wird zumindest in Deutschland verlässlich kolportiert – einmal eine spitze Bemerkung über ihren „Kollegen“ Werner Faymann nicht verkneifen: Ihr österreichischer Kollege ginge ohne eigene Meinung in europäische Gipfeltreffen hinein und komme dann mit der Meinung Merkels wieder heraus. Was freilich nach der Wahl in Frankreich nicht mehr gestimmt hat. Damals bemühte sich Faymann eine Zeitlang, statt Merkel seinem französischen Parteifreund Hollande zu folgen – bis er freilich merkte, dass Frankreich mit ziemlicher Sicherheit gegen ein Riff donnern wird. Dann war Frankreich für Faymann wieder weniger populär.
Tatsache ist jedenfalls, dass Angela Merkel in Deutschland um ein Vielfaches höhere Beliebtheitswerte hat als Faymann oder sonst ein Politiker in Österreich. Tatsache ist aber ebenso, dass die CDU/CSU schon bei mehreren Wahlen letztlich schlechter abschnitt, als es ihr vorher die Umfragen bescheinigt hatten.
Das hängt – auch – damit zusammen, dass die FDP regelmäßig im letzten Augenblick viele Leihstimmen von CDU-Sympathisanten bekommt. dies passiert zumindest dann immer, wenn diese glauben, dass es auf ihre Stimmen für die FDP und auf die FDP für eine bürgerliche Koalition ankommen könnte. Die FDP hat die Werbung um solche Stimmen nach der Schlappe in Bayern auch deutlich intensiviert. Die FDP macht das möglich, indem sie seit Jahrzehnten immer fixe Koalitionszusagen an die Union abgibt.
Dadurch werden immer wieder CDU-Wähler ermutigt, für die FDP zu stimmen, damit deren Stimmen mit Sicherheit über die schicksalshafte Fünfprozent-Grenze kommen und sich somit auch in Mandaten niederschlagen. Außerdem gibt es in Deutschland das anderswo unbekannte Zweitstimmensystem, wobei die Zweitstimme verwirrendweise die eigentlich entscheidende ist. Während die erste primär der Persönlichkeitswahl dient.
Dieses System könnte auch der „Alternative für Deutschland“ zugute kommen. Auch wenn diese von Schwarz und Gelb im letzten Augenblick für unberührbar erklärt worden ist. Die "Alternative" ist aber auch schon von sich aus in den letzten Umfragen in einen steilen Aufwärtsflug gekommen. Sie vertritt eine Position, die auch bei vielen CDU/CSU- und FDP-Wählern sehr beliebt ist: Sie wendet sich vor allem vehement gegen eine Fortsetzung der diversen Euro-Rettungsaktionen und kritisiert die hemmungslose Förderung von Windmühlen und Solarpaneelen.. So denken auch viele viele schwarz-gelbe Wähler. Das wollte aber deren Regierung nicht. Und will es offenbar weiterhin nicht.
Damit sind wir auch schon bei einem der beiden großen Merkel-Fehler: Sie – und vor allem ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble – waren entscheidend dafür verantwortlich, dass seit Mai 2010 Griechenland und andere Länder mit Hunderten Milliarden Geldern, Krediten und vor allem Haftungen „gerettet“ wurden (nach Berechnungen des renommierten Münchner ifo-Instituts sind es sogar schon Billionen).
Andernfalls hätten sich jedenfalls etliche Euro-Länder für zahlungsunfähig erklären und in der Folge wohl aus dem Währungsraum ausscheiden müssen. Genau das wäre aber vielen Deutschen als die einzig richtige Strategie gegenüber verschuldeten Ländern erschienen. Zwar hat sich jetzt ihr Zorn ein wenig gelegt, weil es in den letzten Monaten keine neuen Kredite und Haftungen mehr gegeben hat, und weil das Wirtschaftswachstum Europas nach fünf Jahren des Absturzes erstmals kein Minuszeichen aufweist (wenngleich das Plus nur minimal und wohl nur vorübergehend ist).
Dennoch sind die meisten Experten einig, dass Griechenland & Co die Schulden niemals zurückzahlen werden können. Vor allem aber ist wichtig: Diese gewaltigen Beträge sind noch gar nicht bei den deutschen und österreichischen Steuerzahlern gelandet. Man fingiert vielmehr, als ob diese Haftungen und Kredite ohnedies alle zurückbezahlt würden. Wenn da aber einmal die Stunde der Wahrheit kommt, wird das Erwachen in Deutschland (wie in dem brav nachtrottenden Österreich) ein extrem hartes werden. Und wenn vielleicht in ein paar Jahrzehnten (etwa) Griechenland doch das ausgeborgte Nominale zurückzahlen kann, dann wird das aber nur noch einen Bruchteil des ausgeborgten Geldes wert sein. Und den gewaltigen Zinsverlust wird man wohl den europäischen Steuerzahlern umhängen.
Dazu kommt der zweite schwere Fehler Merkels: die sogenannte Energiewende. In ihrem populistischen Grundzug hat die deutsche Kanzlerin unmittelbar nach der japanischen Tsunami-Katastrophe und der Zerstörung des Atomkraftwerks Fukushima den kompletten Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Der droht aber zum Todesstoß für die deutsche Industrie zu werden – trotz ihrer derzeitigen Erfolge. Denn schon jetzt, also während noch viele AKW laufen, steigen die deutschen Strompreise steil nach oben, was viele Unternehmen umzubringen droht. Die Energiewende funktioniert nur auf dem Papier. Denn:
Diese zwei katastrophale Fehler überschatten die Ära Merkel. Die gegenwärtige Wirtschaftsstärke Deutschlands ist hingegen noch ein Produkt der harten (und von der Linkspartei heftig bekämpften) Agenda-2010-Reformen, die unter Gerhard Schröder von Rot-Grün beschlossen worden waren. Freilich im Konsens mit der damals oppositionellen CDU.
Dennoch ist Merkel beliebt wie noch nie ein Bundeskanzler. Ihre ruhige, nie aufgeregte Art ist den Deutschen angenehm. Und vor allem: Die rotgrüne Opposition hat sich immer noch viel massiver als die schwarz-gelbe Regierung für die Zahlungen an die Schuldnerländer und für die Energiewende ausgesprochen. Also bringt es nichts, aus Zorn über diese beiden Entscheidungen eine der Linksparteien zu wählen.
Merkel hat die Front nach links also anscheinend elegant abgedichtet. Sie nimmt den Sozialdemokraten den politischen Spielraum. Da nutzt es der SPD auch nichts, dass sie mit Peer Steinbrück einen extrem intelligenten Spitzenkandidaten hat, der – bei Sozialdemokraten sehr selten – auch von Wirtschaft und Finanzen viel versteht. Aber er ist zu kühl norddeutsch und wurde mit vielen Deutschen nie vertraut. Daher scheint es ihm nicht wirklich geholfen zu haben, dass er innerhalb der SPD eindeutig zum rechten, pragmatischen Flügel zählt. Seine oft spitzen Sprüche oder seine provozierenden Stinkefinger-Gesten halfen ihm auch nicht zu mehr Popularität.
So deutet alles auf einen Erfolg Merkels hin. Diese hat sich ja auch in anderen Fragen (Millionen für einen „Kampf gegen Rechts“ oder die massive Vermehrung von Kindergartenplätzen) in den letzten Jahren links profiliert. Erst in den Wahlkampfmonaten ist Merkel wieder nach rechts geschwenkt, sobald sie gemerkt hat, dass etliche ihrer Wähler doch mit der „Alternative“ kokettieren.
Aber sogar der britische „Economist“ – der sich etwa einst vehement für die italienische Linke und gegen eine Wahl Silvio Berlusconis ausgesprochen hatte – unterstützt „Mutti“ vorbehaltlos.
Also alles längst geklärt? Davor würde ich warnen. Denn Wahlkämpfe nehmen oft in den letzten Stunden vor der Wahl noch eine ganz überraschende Wendung. Und der Wohlfühlwahlkampf Merkels, bei dem alle Kanten geglättet scheinen, ist gerade gegenüber solchen Wendungen doppelt exponiert. Denn plötzlich könnte auch jenen, die sie sympathisch finden, das Motiv fehlen, wenn sie sich zu fragen beginnen: Warum eigentlich Merkel?
Österreich und die anderen Satelliten Deutschlands tun jedenfalls gut, genau zu beobachten, wie es dort weitergeht. Das ist vielleicht wichtiger als die eigene Wahl.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das Tagebuch ist weder Peter Pilz noch der Falter noch News. Es hält nicht jeden Vorwurf irgendwie automatisch für wahr. Und das ist durchaus ernsthafter gemeint als die häufige süffisante Floskel von der Unschuldsvermutung (die rechtlich übrigens völlig bedeutungslos ist). Aber dennoch kein Zweifel: Der Vorwurf von Spar gegen die Bundeswettbewerbsbehörde und das Bundeskriminalamt ist so gravierend, dass er zum skandalösesten Kriminalfall der österreichischen Behörden werden könnte. Und was die Sache noch bedenklicher macht: Im Grunde wurde ja auch der zugrundeliegende Sachverhalt schon eingestanden.
Die Kriminalbeamten haben bei sogenannten Hausdurchsuchungen laut Spar eine geheime Spionagesoftware des FBI in die Computer der durchsuchten Firma implantiert, die in Österreich nur bei schweren Blutverbrechen und da nur unter genauester Kontrolle von Richtern und Rechtsschutzbeauftragten eingesetzt werden darf. Die schnoddrige Antwort der Behörden, dass das ja nur eine Routinesoftware wäre, macht die Sache noch viel schlimmer: Es ist offenbar schon Routine der Behörden, mit FBI-Technologien in privaten Computern herumzuspionieren. Aber keine der offenbar hundertfach so durchsuchten Firmen hat von solchen seltsamen „Routinen“ gewusst.
Das heißt, die Republik tut das als Routine ab, was man bisher nur bei Geheimdiensten der Großmächte im Kampf gegen Terrorismus eingesetzt geglaubt hat. Zumindest die Computertechniker von Spar, die das entdeckt haben, legen ziemlich schlüssig dar, dass diese Spionageviren auch schweren wirtschaftlichen Schaden im Computersystem anrichten können.
Das alles geschieht wegen der von der Arbeiterkammer seit Jahr und Tag angeheizten Jagd auf vermutete Kartelle, also aauf angebliche Preisabsprachen in Handel und Industrie. Die Arbeiterkammer glaubt ja, dass Preissteigerungen durch Absprachen entstehen. Und nicht primär als Folge von Lohnerhöhungen, Steuern, Rohstoffverknappungen, Energieverteuerungen (derzeit vor allem wegen der hohen Kosten von Alternativenergien), Gelddruckaktionen der Notenbanken und Erhöhungen von Gebühren (nicht nur, aber insbesondere auch im rot-grünen Wien).
Nun, es gab und gibt gewiss da und dort solche Absprachen. Aber die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass jede Absprache, sobald sie wirklich spürbar wurde, in jedem freien Markt am Ende von einzelnen Konkurrenten umgangen wurde, die dann immer anfangen, ihre Produkte billiger anzubieten.
Aber selbst, wenn man an die große Macht von Kartellen und Monopolen glaubt: Gerade die Arbeiterkammer, die das Thema immer so betont und die deswegen die Kartellbehörde vor sich herpeitscht, schweigt völlig, wenn Kartelle und Monopole ihr nahestehen.
Etwa zu den ÖBB. Die ÖBB sind bekanntlich erst dann – da aber gleich dramatisch – billiger geworden, als sie Konkurrenz bekommen haben: durch Billigflieger im Städteverkehr; und durch die private „Westbahn“ auf der Strecke Wien-Salzburg. Aber das kartellartige Monopol ÖBB hat weder die Wettbewerbsbehörde noch die Arbeiterkammer jemals bewegt.
Ebenso ignoriert wird das klassische Kartell namens „Gewerkschaft“. Diese ist ebenfalls ein Zusammenschluss, um Preise (auch Löhne sind ja nichts anderes als Preise) hochzuhalten und höherzutreiben. Zum Schaden all jener, denen dadurch kein Arbeitsplatz mehr angeboten werden kann, weil die Gewerkschaft den Preis zu teuer gemacht hat.
Aber auch wenn man die Frage „Kartell“ in altsozialistischer Weise anders sieht, so sollte doch Einigkeit bestehen: Es darf bei deren Verhinderung niemals zum Einsatz von Waffen kommen, die maximal im Krieg gegen den blutigen Terror legitim sind. Es kann niemals durch Behörden zur Umgehung von Gesetzen und Rechtsschutzbeauftragten kommen. Und es kann niemals zu Fahndungsmethoden kommen, die selbst große Schäden verursachen können.
Es waren aber schon die bisherigen Methoden der Wettbewerbs- und Kriminalbehörden problematisch, Firmen durch die öffentliche Bekanntgabe von Hausdurchsuchungen ohne jede Verurteilung an den Pranger zu stellen. Noch immer sollte in einem Rechtsstaat bis zu einer Verurteilung die Unschuld gelten.
Aber diese Behörden agieren so, dass immer mehr Firmen rasch und schnell freiwillig auf dem Vergleichsweg ein Schutzgeld zahlen, um nicht weiterhin geschäftsschädigend am Pranger stehen zu müssen, wie es Spar nun schon mehrmals passiert ist. Umso erfreulicher und wichtiger ist, dass sich endlich einmal ein Unternehmen gegen angebliche Rechtsschutz-Institutionen wehrt. Die im Grund zu Rechtsbedrohungs-Institutionen zu werden beginnen.
Man kann jetzt nur hoffen, dass objektivere Strafverfolger als die Wiener Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft den Fall zur Bearbeitung bekommen. Auf offene Schuldeingeständnisse und Rücktritte im Bundeskriminalamt oder bei der Wettbewerbsbehörde zu hoffen, wäre ohnedies viel zu naiv.
Viele Österreicher zweifeln: Hat es überhaupt einen Sinn, wählen zu gehen? Gibt es überhaupt irgendeine Partei, die meinen Vorstellungen entspricht? Ich kann die Zweifler extrem gut verstehen. Und doch haben sie nicht Recht.
Denn wer nicht wählen geht oder ungültig wählt, schadet nur sich selbst. Und nicht der Politik. Er verschenkt auch noch das winzige Ausmaß an Mitbestimmung, das den Bürgern derzeit zugestanden wird. Er macht nur die Stimmen jener, die sehr wohl hingehen und gültig wählen, automatisch gewichtiger.
Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass man solcherart den Politikern – auf gut österreichisch – eine „Watschen“ geben könnte. Das ist naiv, denn keinem Politiker wird damit auch nur ein Haar gekrümmt. Und auch die Zeitungen schreiben maximal drei Tage lang die üblichen, schon im Speicher liegenden Klagen über die geringe Wahlbeteiligung. Dann aber ist das fünf Jahre lang absolut kein Thema. Oder erinnert sich jemand, dass in den letzten Jahren irgendjemand den Umstand erwähnt hätte, dass 2006 und 2008 die Beteiligung unter 79 Prozent gefallen ist? Die jahrzehntelang über 90 Prozent gelegen war!
Unrichtig ist aber auch das häufig gehörte Argument: Die sind eh alle gleich . . . (samt einem meist nicht druckfähigen Eigenschaftswort). Dieser Satz verdeckt nur die eigene Faulheit, die Angebote näher zu analysieren. Oder es steckt die naive Erwartung dahinter, eine Partei zu finden, die ganz den eigenen Erwartungen entspricht. Aber nicht einmal auf den Listen stehende Kandidaten können sich mit allem identifizieren, was als Summe der Strömungen in der eigenen Partei dann deren Linie ergibt.
Wer wirklich eine hundertprozentige Kongruenz der eigenen Ideen mit einer Parteilinie verlangt, der träumt im Grunde von 6,4 Millionen Parteien (das ist die Zahl der Wahlberechtigten). Oder gar von 7,5 Millionen (=Staatsbürger) oder 8,5 (=Einwohner). Zum Glück ist aber – noch? – niemand der Klon eines anderen Menschen. Daher haben selbst die besten Freunde oder Partner in der einen oder anderen Frage des gesellschaftlichen Zusammenlebens unterschiedliche Auffassungen.
Es kann daher immer nur um die Suche gehen: nach der relativ größten Schnittmenge, nach dem geringsten Übel, nach dem, was jedenfalls verhindert werden sollte. Was das aber ist, muss jeder Wähler für sich selbst herausfinden. Gemäß seiner persönlichen Wertehierarchie; mit seinem Wissen um das Scheitern einzelner Gesellschaftsmodelle in anderen Ländern; mit seinen Sorgen um die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen; mit seinen Vorstellungen vom Bildungssystem; mit seinem Vertrauen in einzelne Politiker; mit seinen Vorstellungen von Freiheit und Gerechtigkeit; mit dem Stellenwert, den man dem Einzelnen und der Familie versus dem Staat (also Gemeinde+Bundesland+Republik+EU+Sozialversicherungen) einräumt.
Das ist durchaus ein mühsamer Nachdenkprozess. Aber niemand hat ja versprochen, dass Demokratie einfach und mühelos wäre.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der Abschuss von Brigitte Ederer aus dem globalen Siemens-Vorstand lässt die Sympathien für die einstige SPÖ-Politikerin stark wachsen. Zumindest wenn die in Deutschland kolportierten Gründe ihres Abschusses zutreffen. Das ist zwar angesichts der vielen Geheimgespräche rund um einen Aufsichtsrat nicht hundertprozentig sicher, aber sehr wahrscheinlich.
Diesen Informationen zufolge musste Ederer gehen, weil sie sich gegen immer frecher werdende – ganz persönliche! – Privilegien-Ansprüche des Siemens-Betriebsrates gewehrt hat. Dafür kann man ihr nur Rosen streuen. Und das sollten sich auch in Österreich mehr Unternehmen zu Herzen nehmen. Wo ebenfalls die ständige direkte (wenn auch meist formal im Rahmen der Gesetze bleibende) Bestechung der Betriebsräte Usus ist.
Dabei ist nach dem deutschen Recht die Haltung Ederers besonders riskant gewesen. Denn dort stellt auf Grund des unseligen Mitbestimmungsrechts in AG-Aufsichtsräten der Betriebsrat die Hälfte der Aufsichtsräte. Dort mischt er sich zwar meist nicht in die Betriebsführung ein; aber er hat fast immer sehr stark die persönlichen Interessen der Betriebsräte im Auge. Etwa hohe Karriere-Sprünge, obwohl solche Betriebsräte meist nicht arbeiten.
Konkret soll sich Ederer unter anderem geweigert haben, den Arbeitsvertrag von Gesamtbetriebsratschef Lothar Adler zu verlängern. Dieser erreicht nächstes Jahr die unternehmensinterne Altersgrenze von 65 Jahren. Der Gewerkschafter ist seit zehn Jahren Aufsichtsratsmitglied. Er wollte auch weiterhin in dem Gremium sitzen, und außerdem befördert werden. So schreibt es etwa die "Süddeutsche Zeitung".
Ein von Siemens in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten ist jedoch zum Ergebnis gekommen, dass das nicht geht. Die verlangte Verlängerung und Beförderung würden eine "unzulässige Begünstigung" eines Betriebsrates darstellen. Was Ederer als Arbeitsvorstand auch zu ihrer eigenen Linie machte.
Also: Hoch Ederer! Auch wenn Ihre schlechtere Hälfte, Hannes Swoboda, sich als Chef der europäischen Sozialistenfraktion in immer radikaler werdenden Tönen übt. Auch bei ihm zeigt sich halt so wie bei Ederer, nur mit ganz anderen Ergebnissen, eine alte Weisheit: Das (berufliche) Sein prägt den (ideologischen) Schein.
Aber wo ist die Partei, die sich in Deutschland wie Österreich endlich für ein Ende der absurden Mitbestimmungsregeln einsetzt (solange diese nicht mit echter Mitarbeiterbeteiligung verbunden ist)? Hierzulande sollte sie vor allem im ORF beginnen, wo die egoistische Gier der Betriebsräte immer abenteuerliche Ausmaße angenommen hat. Zu Lasten der Seher und Hörer. Die SPÖ ist freilich noch viel weniger als die SPD die Partei, die über solche Dinge auch nur nachdenken würde.
PS: Ederer wäre übrigens auch eine bessere Bürgermeisterin als die gesamte Bussi-Bussi-Korruptionspartie, die jetzt das Rathaus bevölkert.
Was Österreich braucht, ist eine Regierung, die nicht – wie übrigens die aller anderen Länder auch – gegen das Volk regiert, sondern vielmehr die Interessen des Souveräns mit Entschiedenheit vertritt.
Schon arbeiten die so genannten Eliten daran, nach dem Prinzip des Hexeneinmaleins Minderheiten zur Mehrheit zur erklären und den Begriff der Demokratie umzudefinieren. Hieß es vor siebzig Jahren „du bist nichts, dein Volk ist alles“, so transponiert man diesen fragwürdigen Slogan heute auf eine erweiterte Ebene, nämlich: „Dein Volk ist nichts, die Zentraldiktatur ist alles“. Daraus resultiert ein artifiziell konstruierter Begriff von Einheit und Solidarität, der ebenso wenig durchzusetzen ist wie ein etwaiges Postulat, man solle in Notzeiten für fremde Leute sorgen, zu Lasten der eigenen Kinder.
So wie die Familie gesellschaftspolitisch zerschlagen wird, werden Zugehörigkeiten aller Art systematisch untergraben. Der Begriff „Volk“ ist in der veröffentlichten Meinung verpönt, die „Egoismen“ der Nationalstaaten werden kontinuierlich gegeißelt und deren Vertreter nach Möglichkeit isoliert und geächtet. Als flankierende Maßnahme werden Migration und Verfall des Bildungs- und Sozialsystems gewaltig angekurbelt. Auch die Unterschiede der Geschlechter werden eingeebnet und alles, was zumindest bisher dem natürlichen Empfinden entsprach, wird unter dem Begriff der Biologismen abgetan. Dafür floriert der Todeskult der Abtreibung, die man Schulklassen durch Besuch von einschlägigen Kliniken als Lösungsansatz für die Beseitigung der Folgen eines möglichst frühen Sexualverkehrs schmackhaft machen will.
Politiker, die sich dagegen aussprechen (was sich bezeichnenderweise niemand mehr zu tun getraut), würden sofort als „Rechtsextreme“ von weiteren Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Auch auf die Religion (besonders die katholische) wird aus vollen Rohren geschossen, weil diese ja den geplanten Entwicklungen mit ihrem Wertekatalog hinderlich sein könnte. Mittlerweile rückt selbst der medial hochgejubelte progressive Flügel der Kirche von früher als unverhandelbar betrachteten Grundsätzen ab. Das ist der traurige Befund, den man nach Belieben weiter ausführen und vervollständigen könnte.
Wo ist nun eigentlich der Politiker, der allen diesen Missständen ernsthaft und mit Konsequenz entgegenträte? Der die gesetzlichen Möglichkeiten eines Vetos auf EU-Ebene einsetzen würde? Der die Möglichkeit eines EU-Austritts zu nützen bereit ist?
Denn die Europäische Union ist ja zumindest hierzulande der Spiritus Rector hinter allen genannten Missständen, auch wenn das einige Unentwegte in Abrede stellen. Zwar sind die meisten der in Brüssel fuhrwerkenden Gestalten zu beschränkt, um alle Zusammenhänge zu sehen, die dahinter stehenden Drahtzieher (Teilnehmer an diversen Geheimkonferenzen in Europa und Vertreter der Hochfinanz vor allem in Übersee) arbeiten aber mit Hochdruck an der Neuen Weltordnung, in welcher unter Vorspiegelung einer Perspektive von Friede, Freude, Eierkuchen eine Masse von gezielt verblödeten Zombies willfährig oder auch nur apathisch, gut choreographiert, nach der Pfeife der so genannten Eliten tanzen soll.
Niemand wird ernsthaft versuchen, Sand in die Maschinerie dieses Treibens zu streuen. Ein solcher Mensch würde ja auch ziemlich gefährlich leben. Überdies wäre jeder Widerstand nicht nur für die eigene Person, sondern möglicherweise auch für die Allgemeinheit riskant. Und dennoch: Sollen sich die herrschenden Tendenzen wirklich ungebremst fortsetzen und weiter verschärfen?
Es gibt Anti-EU-Kleinparteien, die aber mangels medialer Unterstützung chancenlos sind bzw. gar nicht erst zur Wahl stehen.
So bleibt nur die Möglichkeit, die Kräfte auf einem bereits vorhandenen Fundament zu bündeln und sich darüber klar zu werden, was man überhaupt will. Kann man sich nicht einigen, so sind jene Leute, die letztlich im Sinne der derzeit untragbaren Zustände arbeiten auszutauschen gegen solche, die bereit wären Nägel mit Köpfen zu machen.
Manche linientreue Katholiken sind der Meinung, das Heil könne noch am ehesten in der FPÖ liegen, was aber fraglich ist. Ich denke mit Schrecken daran, wie man Barbara Rosenkranz zur Präsidentschaftswahl einerseits aufstellte, ihr aber dann praktisch in den Rücken fiel, weil ein paar Leute ihre heimliche Liebe zur EU nicht auf dem Altar einer charaktervollen, weitblickenden Frau opfern wollten oder auch antiquierte Ansichten hinsichtlich der Bekleidung hoher politischer Ämter durch Frauen hatten. Es war auch kein Glücksgriff, sich im neuen Programm vom Christentum zu verabschieden, obgleich ja neuerdings Bibelzitate plakatiert werden und man die Kurve zwischen säkularer Haltung und einer Verbeugung vor der Religion irgendwie zu kratzen hofft.
Das etwas leiser werdende Gefasel von der Revolution von 1848 war von Anbeginn kontraproduktiv, da diese ganz andere Wurzeln hatte als jene, auf die man sich heute besinnen sollte. Jedenfalls ist aber die Erhaltung des christlichen Abendlandes wenigstens als Kulturgemeinschaft ein vorrangiges Anliegen. Kann man sich teilweise nicht mit der Religionsgemeinschaft identifizieren, so möge man doch bedenken, dass man vor allem im linken Lager die Kirche zu demontieren trachtet und antiklerikales Agitieren lediglich das Geschäft der politischen Gegner besorgt.
Jener Wertekatalog, dessen Beachtung man heute schmerzlich vermisst, ist vor allem in der Kirche verankert oder zumindest hier in konsequenter Form niedergelegt. Man sollte sich nach dem Gebot der Stunde richten und anstelle der Vergangenheit lieber die Fährnisse der Gegenwart zu bearbeiten und zu bewältigen trachten, was in der ursprünglich dazu berufenen ÖVP seit geraumer Zeit nicht mehr stattfindet. Sie ist zu jenem Reichen geworden, der in das Himmelreich nicht eingehen wird und zu dem Jüngling, der traurig davonging, weil er sich nicht von seinen Gütern trennen konnte.
Grundsätze (die dann keine mehr sind) nach der gängigen unerfreulichen Praxis zu richten (wie das selbsternannte Reformatoren verlangen) wird zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen. Die scheinbare Unterscheidbarkeit zwischen ÖVP und SPÖ besteht nur noch in kasperltheaterhaftem Geplänkel vor Publikum. Als ich vor Jahren in einer ÖVP-Veranstaltung nach dem offiziellen Teil das Thema Abtreibung und die Unvereinbarkeit mit der noch immer so bezeichneten „Christ“-Demokratie ansprach, wechselten die Herren Tschirf und Hahn (der damals noch nicht in Brüssel war) einen bedeutungsvollen Blick und murmelten einige inhaltslose Floskeln.
Über die Grünen braucht man an dieser Stelle kaum etwas zu sagen. Sie propagieren den „Crossover“ bei allem und jedem und sind selbst ein Hybrid aus Hardcore-Kommunismus und labeltragender Bobo-Community. Sie lassen eine Weste heraushängen, die so weiß gar nicht ist. Das auszuführen würde aber hier zu weit führen.
Alles kleinliche Herumdoktern an unliebsamen Gegebenheiten und Reförmchen in Teilbereichen ist Flickwerk. Jeglicher konkreten Maßnahme vorauszugehen hat eine eindeutige ideologische und moralische Ausrichtung, und es wird schwer genug sein, hier einen gemeinsamen Nenner zu finden, allerdings wäre es bekanntlich die Einigkeit, die stark macht.
Die ideale Partei müsste aus meiner Sicht für folgende Grundsätze glaubwürdig eintreten:
Vielleicht wird sich so manches Problem durch die sich anbahnenden Unruhen von selbst erledigen, allerdings nur dann, wenn man das Rebellieren nicht diversem Geschmeiß überlässt, sondern sich breite Kreise der Bevölkerung den Protesten anschließen, die dann aber auch wissen müssen, was das Resultat sein soll. Zwar dürfte primär das Fressen (nach Brecht) und, wenn überhaupt, dann erst die Moral kommen, aber die Leute sind offenbar zum guten Teil „rerum novarum cupidi“ (begierig auf das Neue), wie das seinerzeit der Lateiner nannte.
Mir (und nicht nur mir) fällt angesichts der Lage der Nation Schillers Wilhelm Tell ein, dessen Wertschätzung heute eine enden wollende ist. Das folgende Zitat könnte die Stimme des Wutbürgers sein: „Ich lebte still und harmlos, … Du hast aus meinem Frieden mich heraus geschreckt, in gärend Drachengift hast du die Milch der frommen Denkart mir verwandelt.“ Und: „Ans Vaterland, ans teure schließ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft.“
Leute wie Nigel Farage oder Viktor Orban haben wir leider nicht.
Was man als Privatperson tun kann, sind – wenn auch noch so bescheidene – Beiträge in Richtung einer Meinungsbildung, indem man in Internetforen oder auch im Gespräch im privaten Umfeld seine Meinung mit Unerschrockenheit vertritt.
Dkfm. Waltraut Kupf, geb. 1933 in Wien, Matura am Wasagymnasium 1952, Studium an der Hochschule für Welthandel bis zum Diplom, nach einigen kurzzeitigen Jobs von 1958 bis 1969 in der Finanzabteilung der Internationalen Atombehörde, dort wegen Unvereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Kindererziehung ausgeschieden, nach dem Selbständigwerden der Kinder verstärktes Interesse für Politik. Mehrjährige Mitgliedschaft beim Akademikerbund und später der FPÖ, aus beiden Organisationen wieder ausgetreten.
Was den Österreichern nur an einem einzigen Tag so alles im ORF an Einseitigkeiten unterkommt. Und zwar durchwegs mit der gleichen Schlagseite.
Da ich naturgemäß nicht alles hören oder sehen kann, ist das ja zweifellos nur eine kleine Auswahl der Ärgernisse:
PS: An einem unverständlichen Aspekt dieser Debatten trägt der ORF keine Schuld: an Spindeleggers Passivität gegenüber der Grünen. Der VP-Obmann thematisierte trotz des langatmig vorgetragenen "Korruption!"-Angriffs Glawischnigs keine Sekunde lang die eigene Verantwortung der Grünen für die Korruption in Wien. Dabei stellt Wien bei weitem alles in den Schatten, was sonstwo an Hässlichkeiten angeblich oder wirklich aufgebrochen ist.
PPS: Noch ein ganz anderes Detail zum Wahlkampf: Kathpress hatte allen Parteien Fragen zu Themen gestellt, die die kirchliche Agentur interessieren. Alle haben geantwortet, nur SPÖ und KPÖ nicht. Das zeigt halt deren Desinteresse an gläubigen Wählern. Was aber tut daraufhin die Kathpress? Sie hält nach dieser Ohrfeige den Sozialdemokraten gleichsam die andere Wange hin; und fügt von sich aus Zitate aus dem SPÖ-Programm genau so ein, als hätte die Partei wirklich geantwortet. Geht’s noch unterwürfiger?
It´s the economy, stupid! Mit diesem Schlachtruf errang Bill Clinton anno 1992 bei den US-Präsidentschaftswahlen den Sieg über George Bush sen. Nun ist Wirtschaft zwar sicher nicht alles. Aber ohne Wirtschaft ist eben alles nichts. Denn das Geld für Bildung, Straßenbau und Pensionen kommt nicht von unproduktiven Politikern und Bürokraten, sondern von den in der Wirtschaft tätigen Menschen, die Werte schaffen.
Vornehmstes Ziel der politischen Verantwortungsträger sollte es daher sein, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die es Unternehmern und deren Beschäftigten erlauben, bestmöglich zu arbeiten. Wahlkampfzeiten sind gut geeignet, um sich ein Bild darüber zu verschaffen, was in wirtschaftlicher Hinsicht zu erwarten ist. Zumindest kann man solche Parteien, die jeden einschlägigen Sachverstand vermissen lassen, guten Gewissens von Vornherein ausschließen.
Jene Parteien, die unentwegt von der Erhöhung der Staatseinnahmen schwärmen, während sie keinen Gedanken daran verschwenden, von wem und wie dieses Geld verdient werden muss, sollten – siehe oben – gar nicht erst nicht in Betracht gezogen werden. Die Protagonisten dieser Parteien leben nämlich in einem Paralleluniversum, in dem weder permanenter Mangel, noch das Gesetz von Angebot und Nachfrage existieren, von der unser irdisches Jammertal nun einmal gekennzeichnet ist.
In Österreich, einem Land mit einer der höchsten Steuerbelastungen in der OECD, nach der Einführung neuer Steuern und der Erhöhung bestehender Steuern zu rufen ist geradezu grob fahrlässig. Die Pleitenstatistik strebt heuer einem neuen Rekord entgegen – ebenso wie die Arbeitslosenstatistik. Weniger, nicht mehr Staat sind in einer solch prekären Lage gefragt. Jeder dem Privatsektor entzogene Euro verschlechtert die Wirtschaftslage weiter.
Sozialisten und Grüne zu wählen kommt daher nur für praktizierende Masochisten und/oder jene Systemprofiteure in Frage, die ihr Geld nicht mit ehrlicher Arbeit unter Wettbewerbsbedingungen, sondern in geschützten Werkstätten „verdienen“. Seit Monaten vergeht kaum ein Tag, an dem aus der rotgrünen Ecke nicht Forderungen nach neu einzuführenden oder zu erhöhenden Steuern und Abgaben ertönen. Doch die erträgliche Steuerlast ist nun einmal endlich. Die links außen stehenden Parteien des Landes sägen mit ihrer Politik daher beharrlich an dem Ast, auf dem wir alle sitzen.
Bemerkenswerten Humor in diesem Wahlkampf beweist indes die einstige „Wirtschaftspartei“, ÖVP, die bedauerlicherweise immer mehr zum Privilegien- und Subventionskonservator für Beamte und Bauern degeneriert. Die „Wirtschaft entfesseln“ möchte deren Boss, Vizekanzler Spindelegger. Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass der Mann nie in seinem Leben ein Unternehmen von innen gesehen hat. Profipolitiker. Ebenso wenig übrigens, wie seine ebenfalls aus den Reihen des ÖAAB stammende Parteigenossin „Her-mit-der Marie!“-Mikl-Leitner.
Der emeritierte VWL-Universitätsprofessor Erich Streissler stellte einst – sicher nicht grundlos – launig fest, dass er ÖAAB und Kommunisten mit freiem Auge kaum voneinander unterscheiden könne. Der ebenfalls der ÖVP zugehörige Wirtschaftkammerchef Christoph Leitl assistiert Spindelegger, wenn er beklagt, Österreich sei wirtschaftlich „abgesandelt“. Nicht, dass er damit nicht absolut recht hätte: In mehreren internationalen Rankings hat das Land gegenüber seinen Wettbewerbern bei einer ganzen Reihe von Parametern zuletzt kräftig an Boden verloren. Eine nicht ganz unbedeutende Kleinigkeit allerdings scheinen die schwarzen Damen und Herren übersehen zu haben: Sie sitzen seit 27 Jahren ununterbrochen in der Regierung – und zwar an maßgeblichen Positionen. Jetzt plötzlich oppositionelle Töne anzuschlagen und so zu tun, als ob sie die Gängelung der Wirtschaft und deren zu Recht beklagten Niedergang nicht selbst mitverschuldet hätten, ist ein übler Witz.
An das BZÖ sind kaum noch Gedanken zu verschwenden, was insofern schade ist, als aus seinen Reihen zuletzt, etwa im Hinblick auf das Steuersystem, durchaus vernünftige Vorschläge kamen. Indes ist davon auszugehen, dass gerade diese Gruppierung stark unter der Konkurrenz neuer Mitbewerber leiden wird. Weder das Erreichen eines Grundmandats in einem der Bundesländer, noch das Überspringen der bundesweit geltenden Vier-Prozent-Hürde erscheint daher wahrscheinlich. Diese Partei hat ihre Zukunft hinter sich und wird wohl aus dem Parlament verschwinden.
Das Team Stronach, anfangs der Hoffnungsträger für von den Schwarzen frustrierte Bürgerliche und in der Alpenrepublik traditionell heimatlose Liberale, lässt bis heute keine klaren Konturen erkennen. Zwar kann man deren Chef, einem Selfmademilliardär, betriebswirtschaftlichen Sachverstand natürlich nicht absprechen. Eine Regierung ist allerdings keine Konzernzentrale.
Auf konkrete Ansagen, was und wie an öffentlichen Mitteln gespart, wie viele Beamte welcher Ministerien abgebaut, welche Steuern reformiert und welche wirtschaftspolitischen Impulse gesetzt werden sollen, wartet man bis heute vergebens. Die zum Teil geradezu skurrilen Aussagen Stronachs, der sein Team mit eiserner Hand führt („Wer das Gold hat, der macht die Regeln!“) zu Fragen der Währungspolitik sind auch nicht eben geeignet, großes Vertrauen in die Wirtschaftskompetenz dieser Neugründung zu setzen.
Die um den erstmaligen Einzug in den Nationalrat kämpfenden Neos hätten, trotz vieler Vorbehalte, für manchen Wirtschaftsliberalen eine Alternative darstellen können – wenn sie sich nicht in letzter Sekunde dazu entschlossen hätten, mit Hans Peter Haselsteiner ein altes Schlachtross des selig entschlafenen, ultralinken LIF auf den Schild zu heben. Sein Ruf nach einem 95-prozentigen Spitzensteuersatz und die Befürwortung einer Inflation von 10 bis 12 Prozent (zwecks Staatsentschuldung auf Kosten der Sparer!) dröhnen denn doch allzu laut in den Ohren.
Ein Mann fortgeschrittenen Alters, der mit Staatsaufträgen (im Straßenbau) reich geworden ist, möchte also, nachdem er seine eigenen Schäfchen ins Trockene gebracht hat, alle anderen am Vermögensaufbau hindern. Verheerend! Was soll ein Liberaler davon halten? Seine Kandidatur jedenfalls ist eine Hypothek für die Neos und wird es diesen schwer machen, die Vier-Prozent-Hürde zu schaffen.
Bleiben die Freiheitlichen. Eine Partei, die sich seit den Tagen Jörg Haiders als die bessere, „nationale“, Sozialdemokratie versteht. Umverteilung ja, aber nicht an Ausländer – so könnte man deren Sozialprogrammatik zusammenfassen.
Leider ist die von Parteichef Heinz-Christian Strache zuletzt im lockeren Plauderton beiläufig hingeworfene Kritik am „Zinseszinssystem“ (das er gerne abschaffen würde) auch kein überzeugender Beleg für überragende Wirtschaftkompetenz. Denn dass derjenige, der sich verschuldet, dafür einen Preis – nämlich Zinsen – zu zahlen hat, steht weithin außer Streit. Und jemand, der nicht einmal die Zinsen entrichtet, hat demnach auch einen Zins auf den Zins zu tragen. Was wäre daran verkehrt?
Wer heute noch (oder schon wieder?) von einer „Brechung der Zinsknechtschaft“ tönt, hat einige Grundregeln des Wirtschaftens offensichtlich nicht intus. Auch ansonsten vermisst man bei den Freiheitlichen engagierte Initiativen, Unternehmen zu entlasten und den Standort Österreich attraktiver zu gestalten.
Fazit: Wer sein Stimmverhalten davon abhängig macht, eine wirtschaftsfreundliche Politik unterstützen zu wollen, dem bleibt nur, sich für 29. September schönes Wetter zu wünschen und, anstatt zur (Wahl-)Urne zu schreiten, besser an die frische Luft gehen. Welche Koalition nach der Wahl am Ende auch immer herausschauen wird: Es wird auf jeden Fall eine sozialistische sein…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Das beklemmende Mord-Drama im südlichen Niederösterreich um einen Wilderer wirft einen ganz neuen Blick auf die Bundesheer-Debatte.
Denn die Polizei musste das Heer und einen Panzer rufen, um einen einzigen Mann zu bekämpfen. Das zeigt den bescheidenen Realzustand unserer Polizei. Das zeigt aber auch, dass man sehr wohl ein ordentlich bewaffnetes Bundesheer braucht. Mit Dingen wie Panzern (ja, und auch Abfangjägern) für Situationen, auf die man binnen kürzester Zeit reagieren muss. Ob das nun kurzfristig Bedrohungen aus dem Ausland oder auch nur – nur? – ein einzelner Amokschütze im Inland ist. Das ruft die Heeresvolksabstimmung des vergangenen Winters in Erinnerung: Da wollte die eine Partei das Heer fast ganz abschaffen. Und die andere hat seinen Fortbestand nur mit Hinweisen auf Hochwasser und dergleichen verteidigt. Dass aber auch ein friedliches Land über Nacht mit Herausforderungen auf Leben und Tod konfrontiert sein kann, für deren Abwehr man eben so etwas wie ein ordentliches Heer und große Waffen braucht: Das hatte im Winter kein einziger Politiker angesprochen. Das wahre Leben weiß es besser.
Die bayrischen Wahlsieger sind eine rätselhafte Partei. Von allen Vergleichen, die ich in den letzten Jahren über die CSU gehört habe, ist jener mit Silvio Berlusconis Bewegung wohl am treffendsten. Und von allen Adjektiva charakterisiert das Wort „populistisch“ die Partei Horst Seehofers am besten (was nicht heißt, dass Populismus bei anderen Gruppierungen unterentwickelt wäre).
Die CSU bezog in letzter Zeit eine Vielzahl komplett neuer Positionen, die man bei den Erben des Franz-Josef Strauß niemals erwartet hätte. Einmal grast die Partei sehr weit nach links, dann wieder sehr weit nach rechts aus. Im Grund hat man den Eindruck: Es gibt keinen einzigen Inhalt, den die Seehofer-Truppe nicht auf ihre Fahnen zu schreiben bereit wäre. Auch wenn sie das Gegenteil von dem sind, was man gestern oder vorgestern gesagt hat. Es muss nur nützen.
Der CSU-Wahlsieg bedeutet im Grund freilich bloß eines: Es gab diesmal zum Unterschied vom letzten Mal keinerlei CSU-Leihstimmen für die FDP. Das hat die CSU automatisch stärker gemacht. Das hat die FDP sofort aus dem Landtag gekippt. Das ist aber letztlich die einzige signifikante Verschiebung durch die Wahl. Der Grund des Leihstimmen-Verzichts: Der CSU war seit Wochen eine absolute Mehrheit prophezeit worden; daher musste kein Schwarzer zur Rettung einer Koalitionsmehrheit für die Gelben ausrücken.
Einen wirklichen Rechtsruck hat es jedoch in Bayern nicht gegeben. Die Linksparteien haben nämlich trotz des CSU-Jubels in Summe einen Prozentpunkt dazugewonnen: Das ist zwar alles andere als spektakulär. Das ist aber schon gar nicht der überall behauptete Triumph für die bürgerliche Gegenseite.
Ebenso signifikant wie die quantitative Konstanz der beiden Wählerblöcke auf der Linken und Rechten ist die neuerliche Zertrümmerung grüner Hoffnungen. Eine zwänglerische Vegetarier- und Steuererhöhungspartei ist halt nicht das, was sich die Menschen wünschen. Dabei könnten sich die Grünen ja eigentlich freuen, dass sie nicht mehr als Steinewerfer wahrgenommen werden. Die Grünen erreichten jedenfalls in Bayern nicht einmal mehr die Hälfte jenes Prozentsatzes, der ihnen dort vor einiger Zeit noch bei Umfragen zugemessen worden waren. Damit sind sie wohl endgültig als reine Umfragenkaiser demaskiert.
Das wird wohl auch bei der Bundestagswahl so sein: Denn als zusätzliches Drama für die Gutmenschpartei ist nun auch Parteichef Trittin in Sachen Pädophilie schwer belastet. Er hatte einst persönlich ein Wahlprogramm verantwortet, in dem die Straffreistellung von Sex zwischen Erwachsenen und Kindern gefordert worden ist. Damit bestätigt sich, dass die Straffreiheit von Sex mit Kindern nicht nur bei einzelnen grünen Ausreißern nachweisbar ist, sondern vielmehr zentraler geistiger Inhalt der grünen Identität gewesen ist. Die Partei hat damit auch niemals wirklich sauber aufgeräumt (wie es etwa die von Grünen gerade wegen pädophiler Vorfälle scharf attackierte Kirche getan hat).
Noch eine Anmerkung zum Wahlergebnis: Das schlechte Abschneiden der FDP in Bayern ist wohl auch das Ende der dortigen FDP-Chefin, der Berliner Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Das kann man sehr positiv einordnen. Denn die Dame verkörpert seit langem den linksliberalen Flügel der FDP und wirft aus dieser Gesinnung heraus immer wieder Sand in das Getriebe der Berliner Regierung. Sie hat sich nicht nur für den längsten und damit unbrauchbarsten Bindestrich-Namen der gesamten deutschsprachigen Politik entschieden. Sie hat sich auch inhaltlich schlicht als verzichtbar erwiesen.
Aber zurück zur CSU und deren rätselhaftem Wesen. Auf der einen Seite bezieht sie Positionen, die nur dem Bierdunst über Stammtischen entsprungen sein können. Dazu zählt etwa die Forderung nach einer Pkw-Maut NUR für Ausländer.
Ganz abgesehen davon, dass eine solche Maut insbesondere Österreicher treffen soll (zum Beispiel deutsches Eck!), so fällt noch etwas Zweites auf: Es hat seit Jahrzehnten keine politische Forderung gegeben, die so klar EU-widrig gewesen wäre wie diese. Eine solche Maut würde daher auch blitzschnell vom EU-Gerichtshof aufgehoben werden. Denn die Gleichbehandlung aller EU-Bürger im ganzen EU-Raum ist wohl das wichtigste Prinzip des EU-Binnenmarktes.
Ginge der CSU-Plan durch, müsste Österreich im Gegenzug sofort hohe Studiengebühren nur für Deutsche einführen, oder gleich für alle Ausländer. Es wäre dann aber wohl überhaupt besser, die EU gleich aufzulösen. Sollte die Maut jedoch nur für Nicht-EU-Staaten eingeführt werden, würde sich Bayern zur Lachnummer machen. Denn dann würde die Einhebung mehr kosten, als man den paar Schweizern, Norwegern und Ukrainern auf deutschen (oder gar nur bayrischen) Autobahnen abknöpfen könnte.
Ungewöhnlich, aber im Gegensatz zur Ausländermaut aufs erste durchaus interessant klingt der Plan, ein „Heimatministerium“ zu schaffen. Es ist ja keine Frage, dass sich immer mehr deutsche (aber auch österreichische) Bürger in den Straßen ihrer Städte fragen, ob sie noch in ihrer Heimat leben. Immer stärker wird deswegen der von den Bürgern verspürte Handlungsbedarf (dem man mit islamischen Kandidaten wie es einige österreichische Parteien versuchen, wohl eher nicht befriedigen kann). Freilich bleibt mit Interesse abzuwarten, was ein solches Ministerium denn eigentlich tun wird. „Heimat“ und ein „Ministerium“ sind ja grundsätzlich zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.
Ebenso klar im rechten Lager positioniert sich die CSU immer in Sicherheitsfragen. Der von ihr gestellte Berliner Innenminister hat damit das CSU-Profil sehr gestärkt. Das Sicherheitsbewusstsein der CSU wird von Grün, Medien & Co zwar immer heftig kritisiert, es entspricht aber sicher dem Mehrheitswillen.
Ganz weit nach links abgestürzt ist die Partei hingegen auf der anderen Seite mit ihrem über Nacht ausgerufenen Krieg gegen Studiengebühren an Universitäten. Offenbar hat das eine Umfrage so empfohlen. Und schon ist Seehofer gesprungen. Das macht irgendwie sprachlos. Derselbe Unsinn droht übrigens bei Österreichs Schwarzen nicht. Denn hier zeigen ja die Umfragen eine klare Sympathie der Mehrheit für Studiengebühren.
Wieder zurück nach Bayern. Über Nacht hat sich Seehofer auch an die Spitze der Kämpfer gegen Atomkraft gestellt. Das brachte ihm zumindest in den Monaten nach Fukushima auch zweifellos Punkte. Damit hat der bayrische Ministerpräsident zugleich den Lebensraum für die Grünen sehr klein gemacht. Das heißt aber nicht, dass er nicht auch wieder zu einer neuerlichen Wende imstande wäre, wenn das AKW-Aus einmal zu einem größeren Strom-Blackout führen wird. Was in einem strengeren Winter passieren wird.
Nicht ändern wird Seehofer hingegen den massiven Lobbyismus für die Solarenergie, auch wenn diese in Bayern klimatisch wenig Sinn macht. Aber viele Hunderttausende CSU-Wähler – insbesondere Bauern – haben sich inzwischen Paneele aufs Dach schrauben lassen, an denen sie ein nettes Zubrot auf Kosten der Stromzahler verdienen. Damit haben die Solarstrom-Verkäufer auch eine De-facto-Garantie auf anhaltende CSU-Unterstützung.
Am interessantesten aber ist, über welchen bayrischen Politiker weder in den Wochen vor noch nach der Wahl gesprochen worden ist: über Karl-Theodor zu Guttenberg. Dabei war der noch vor nicht allzu langer Zeit Deutschlands beliebtester Politiker, bis er wegen seiner abgeschriebenen (und wohl auch: fremdgeschriebenen) Dissertation zurücktreten musste. Dennoch war noch vor einigen Monaten mit einer strahlenden Rückkehr des schönen Freiherrn in die bayrische Politik gerechnet worden.
Jetzt rechnet niemand mehr. Seehofer hat ihn elegant kaltgestellt. Dabei gleichen sich Seehofer und Guttenberg in einem ja sehr: in der plötzlichen Aufgabe lange Zeit scheinbar unverrückbarer Positionen. Guttenberg hat das vor den staunenden Augen der Bundeskanzlerin insbesondere bei der Aufhebung der Wehrpflicht demonstriert. Mit dem interessanten Ergebnis: Heute ist die Wehrpflicht in Deutschlands Wahlkämpfen absolut kein Thema mehr, obwohl Experten von einer Totaldemontage der Bundeswehr sprechen.
Offenbar scheint sprunghafte Eigenwilligkeit das zentrale Charakteristikum bayrischer Spitzenpolitiker zu sein. Und ebenso die geradezu manische Sucht, immer wieder Bundeskanzler auch aus der eigenen Union öffentlich zu brüskieren. Damit haben Seehofer und Guttenberg dann doch Gemeinsamkeiten mit Bayerns Urvater Franz-Josef Strauß. Wenngleich der ganz andere ideologische Positionen vertreten hatte. Wenngleich keiner der beiden so wie Strauß imstande ist, politische Aussagen in einer kurzen Pointe zusammenzufassen.
Es ist die brillanteste Idee dieser Wahlkampf-Wochen: Jedes Wahlversprechen soll durch gleichwertige und vor allem konkrete und präzise Einsparungen finanziert werden. Sonst dürfe es gar nicht veröffentlicht werden.
Natürlich ist das, was die Ökonomen-Gruppe ProMarktwirtschaft damit vorschlägt, letztlich utopisch. Die Parteipolitik wird sich nie an solche Regeln halten. Aber eigentlich liegt es ja gar nicht an den Parteien, sondern an den Bürgern und noch mehr an den Medien, der Politik durch entsprechende Reaktionen das Verteilen von Wahlkampfzuckerln und sonstigen Wählerbestechungen abzugewöhnen.
Jedoch: Wenige Stunden nur, nachdem die Ökonomen diese Notwendigkeit präsentiert haben, präsentierte die SPÖ ein Steuerprogramm. Und dessen Finanzierung? Die erfolgt laut SPÖ halt einfach mit so nebulosen Dingen wie „Stärkung der Kaufkraft“. Statt der SPÖ solch haltlose Lügen um die Ohren zu knallen oder das Ganze zumindest zu ignorieren, hechelt der ORF ganz aufgeregt: Wir haben es exklusiv! Und nicht einmal das hat gestimmt, ist das gleiche Zuckerl doch zugleich auch in etlichen anderen Medien veröffentlicht worden. In Wahrheit dient die ganze Aktion einzig dazu, von der roten Wahlplakat-Finanzierungsaffäre abzulenken.
Die Ökonomen weisen die Absurdität solcher Zuckerln exzellent an Hand des Jahres 2008 nach. Damals sind in der letzten Woche vor der Wahl binnen weniger Stunden Gesetze beschlossen worden, welche zwei Milliarden Kosten verursacht haben. Jährlich. Die Ökonomen zeigen, dass all das, was da hinausgeworfen worden ist (Haupttäter ein gewisser Werner Faymann), den Menschen schon zwei Jahre später mit einem „Konsolidierungspaket“ wieder abgenommen worden ist, werden musste. Und gleich noch ein bisschen mehr.
Aber die Politik ist unverbesserlich, wie der Wahlkampf zeigt. Und das Schlimme: Ein Teil der Wähler fällt immer noch darauf hinein. Wieder werden von den Pendlern bis zu den Familien Wählergruppen mit Geld oder zumindest Versprechungen überhäuft. Diese machen die ohnedies schon gewaltigen Sparnotwendigkeiten der nächsten Jahre naturgemäß noch viel härter.
Genauso wichtig ist noch ein zweiter Aspekt am Vorstoß der Ökonomen: Sie machen beinhart klar, dass Österreich insgesamt eine so hohe Abgabenquote hat, dass absolut kein Spielraum für Steuererhöhungen vorhanden ist. Welcher Art auch immer. Die Abgabenquote muss im internationalen Wettbewerb vielmehr dringend gesenkt werden. Das löst nur ein Problem aus: Dann würden sich ja viele Politiker als arbeitslos fühlen, weil sie nichts mehr zu verteilen haben.
Auch jene Politiker, die veranlagungsmäßig keine Masochisten sind, lassen sich oft widerspruchslos von Journalisten prügeln. Ja, sie halten sogar die zweite Wange für die nächste Ohrfeige hin. Sie tun das freilich nicht aus christlicher Demut, sondern aus Feigheit gegenüber der vermuteten Macht eines Journalisten. Nur ganz wenige Charaktermenschen trauen sich da dennoch mutig zu bleiben. Daher sind diese besonders laut zu loben. Dies umso mehr, als etwa eine Figur wie die Chefin des SPÖ-nahen Boulevard-Blattes „Heute“ jetzt sogar groß angekündigt hat, die Macht ihres Blättchens massiv verstärkt für politische Kampagnen zu nutzen. Und noch mehr ist zu loben, wenn es ein Politiker wagt, sich sogar direkt mit dem Medienelefanten ORF anzulegen.
Das hatte einst mit großem Erfolg Jorg Haider getan. Das hat lange auch H.C. Strache gewagt, aber inzwischen verzichtet er überraschenderweise auf Attacken gegen den Sender, er hat offenbar tonnenweise Kreide geschluckt. Heftige Attacken auf den ORF hat anfangs auch Frank Stronach versucht; er ist es aber intellektuell schlicht zu simpel angegangen. Und nun setzt der ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf einen Vorstoß, und das zwei Wochen vor einer Wahl. Was zweifellos besonders mutig ist.
Kopf hat sich dabei ein absolut legitimes, ja notwendiges Ziel gewählt: die Twitter- und Facebook-Auftritte der ORF-Journalisten. Diese missbrauchen ununterbrochen ihre durch das Gebührenprivileg des ORF entstandene und finanzierte Bekanntheit ungeniert, um in einem der „sozialen“ Medien ganz persönliche und private Hetzkampagnen zu reiten. Dabei gehen sie sogar soweit, dass sie Menschen anderer Auffassung in polemischer Weise beispielsweise wahrheitswidrig Rauschgiftkonsum unterstellen.
All diese Auftritte lassen sich nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit rechtfertigen. Wer eine durch Gesetz geschaffene wichtige Funktion übernimmt, der ist für den Rest der Nation natürlich in sämtlichen öffentlichen Auftritten durch diese Funktion geprägt.
Es kann auch der Bundespräsident nicht plötzlich irgendwo auftreten und ganz anders reden als zuvor. Es kann kein Minister eine zweite öffentliche Identität (und Meinung) neben seiner amtlichen annehmen. Das kann kein Richter, kein Diplomat, kein Sektionschef. Und gerade Journalisten sind immer die ersten, die kritisch aufbrausen, wenn jemand gegen diese Grundregel verstößt.
Und schon gar nicht kann das ein ORF-Journalist, der durch Gesetz sogar ausdrücklich zu Objektivität angehalten ist. Der kann dann nicht nach (oder vor) einer Sendung hergehen und im Internet ganz andere Auffassungen twittern. Denn erstens nimmt das dem Sender total die Glaubwürdigkeit. Und zweitens ist das ein Missbrauch der Bekanntheit, die ORF-Journalisten einzig und allein durch den öffentlich-rechtlichen Sender haben.
Dementsprechend hat ja auch einst der brillante Anchorman Broukal natürlich sofort seine ORF-Tätigkeit aufgegeben, als er ein Parlamentsmandat angenommen hat. Dabei gibt es ja keineswegs ein Berufsverbot für Abgeordnete. Dennoch war allen klar, dass sich das nicht gehört. Ebenso sind sämtliche Tätigkeiten von ORF-Journalisten in Zeitungen genehmigungspflichtig.
Und Dinge wie Twittern sollen möglich sein? Nur weil diese Kommunikationsformen bei Beschluss des ORF-Gesetzes noch völlig unbekannt gewesen und daher nicht im Gesetz enthalten sind?
Jeder der ORF-Twitterer und -Facebooker kann morgen zurücktreten und dann frei jede nur denkbare Meinung vertreten. Aber das sollte keinesfalls möglich sein, solange er das ORF-Privileg konsumiert. Man kann nicht beides gleichzeitig haben.
Ähnliches müsste eigentlich auch für all die Moderatoren von Unterhaltungssendungen gelten, die ständig und ungeniert in der Werbung auftreten, vor allem in jenen Werbespots, die dann gleich wieder im ORF ausgestrahlt werden.
All diese schmutzigen Grenz-Überschreitungen sind ein Kernelement der Verkommenheit dieses Landes. Selbst wenn kein genau ausformulierter Strafrechtsparagraph zu finden ist, der dabei verletzt wird, müsste ein ORF-Generaldirektor von sich aus Maßstäbe haben und setzen: Was soll bei ORF-Stars nicht sein? Was gehört sich nicht? Wo liegt ein Missbrauch der öffentlich-rechtlich privilegierten Situation vor?
Kopf hat also diesbezüglich absolut recht. Das wissen natürlich auch die anderen Parteien, die jetzt populistisch über ihn herfallen. „Populistisch“ heißt in diesem Fall übersetzt schlicht: „hoffnungsvoll bangend auf gute Behandlung im ORF“.
Bei seiner nächsten Forderung, der nach einem zweiten ORF-Geschäftsführer, kann man Kopf freilich weniger zustimmen. Es ist eher naiv zu glauben, dass – insbesondere angesichts der Zusammensetzung des Stiftungsrates – damit die schwere Schlagseite des Senders zu beheben wäre. Die Schieflage des ORF hat viel gravierendere Gründe.
Immer mehr komme ich zur Überzeugung, dass diese nur noch durch eine komplette Umstellung des Gebührenmodells zu sanieren ist – sofern man überhaupt weiterhin den Bürgern Zwangsgebühren abknöpfen will. Denn zumindest Servus-TV zeigt ja, dass man auch ohne Gebühren einen Sender machen kann, der besser und mehr öffentlich-rechtlich ist als der ORF.
Österreichs Jugend wählt konservativ. Bei der vergangenen Nationalratswahl im Jahr 2008 konnten vor allem ÖVP und FPÖ bei den Jung- und Erstwählern punkten. Grüne und SPÖ landeten abgeschlagen hinter den beiden Parteien auf den Plätzen drei und vier. Zwar ist die Wählergruppe der 16- bis 18-Jährigen mit rund 100.00 Personen für den Wahlausgang nicht wirklich entscheidend, für eine Partei, die sich als jung, modern und progressiv definiert, ist so ein Ergebnis aber ziemlich peinlich.
Die Grünen haben sich deshalb für die Wahl am 29. September die Latte hoch gelegt, sie wollen bei den ganz jungen Wählern die neue Nummer eins werden. Zu diesem Zweck haben die berufsjugendlichen Altlinken eine eigene Zeitschrift herausgebracht. Das Heft im Bravo-Stil soll beim heimischen Jungvolk die Begeisterung für die Grünen neu erwecken. Das ist allerdings gründlich misslungen.
Das linke Propagandablättchen ist eine Ansammlung von Peinlichkeiten und zeigt nur, warum die meisten Jungen einen großen Bogen um die selbsternannten Weltverbesserer machen. Eva, so der originelle Name der linken Ökopostille, ist „Das Grüne Mädchenmagazin. Auch für Jungs“. Damit wissen die „Jungs“ zumindest gleich, dass sie bei den Grünen bestenfalls ein lästiges Anhängsel sind.
Da hilft es auch nicht, wenn am Cover die grüne Zukunftshoffnung Julian Schmid groß abgebildet wird. Der 24-jährige wird in Eva einem „Coolness-Check" unterzogen. Ergebnis dieses Tests, welch Überraschung, der grüne Nationalratskandidat Julian ist voll total cool! Wow, total krass Alter. Grüne Lohnschreiber bewerten in einem grünen Wahlkampfblättchen einen grünen Jungpolitiker als cool! Für wie blöd halten die Grünen eigentlich 16-jährige?
Aber nicht nur Julian Schmid wird in Eva getestet, sondern auch fair gehandelte, klimaneutrale Bio-Kondome. Ja ja, politisch korrekt in allen Lebenslagen. Muss ziemlich anstrengend sein, täglich die Welt zu retten.
Jedenfalls haben die grünen Spin-Doktoren für das Propaganda-Heftchen alle Register gezogen: 16-jährige interessieren sich naturgemäß sehr für Sex. Und weil die Grünen ja jung und cool sein wollen, verstehen sie dieses Bedürfnis total, ganz Kumpeltyp eben, und versorgen die Teens bei dieser Gelegenheit – ganz selbstlos versteht sich - auch gleich mit neosozialistischer Ideologie und Propaganda, ein bisserl Klimaangst gewürzt mit linker Genderpolitik. Die klimaneutralen Biogummis testet der „pansexuelle“ Manuel, der stolz darauf hinweist, dass er ein XXL Kondom braucht.
Was für tolle Typen diese jungen Grünwähler nicht sind, die haben nicht nur mehr im Kopf, sondern auch mehr in der Hose als die bösen Rechten. Grüner Wahlkampflimbo für Teens: How Low Can You Go?
Auch die beiden Junglesben Luzi und Sophie testen die politisch korrekten Präservative. Als völlig uncooler Hetero fragt man sich natürlich, wozu zwei Lesben Kondome brauchen. Wasserbomben? Zum Drogenschmuggeln? Nein. Die beiden Studentinnen klären die Teens ohnehin auf: Sie benutzen gerne Sexspielzeug und über dieses ziehen sie Kondome mit Erdbeergeschmack. Aha! Das findet die Zielgruppe des grünlichen Heftchens sicher voll – ja was eigentlich?
Wie auch immer, moderne Teens kommen sicher auch ohne die mit politisch korrekter Ideologie durchsetzten Sexratschläge der Grünen ganz gut durchs Leben.
Die grünen Ergüsse in Eva gleiten aber auch immer wieder ins Skurrile ab. Etwa im Startalk. Da werden nicht etwa aktuelle Hip-Hop- oder Hollywood-Größen interviewt, nein, zu Wort kommen Rolf Holub, Ingrid Felipe und Gabi Moser. So viel zum Selbstbild und zur Selbsteinschätzung der Grünen. Aber immerhin, der grüne Star Gabi Moser dürfte bei den 16-jährigen einen Bekanntheitsgrad im knapp einstelligen Bereich haben. Schade nur, dass man auf das Rolf Holub Starschnitt-Poster in der Heftmitte vergessen hat.
Nicht fehlen darf hingegen der große „Eva-Test“, ein politisch korrekter Gesinnungs-Check für Teens. Da wollen die grünlichen Moralapostel etwa (ganz zielgruppengerecht :-)) wissen, ob man ein Date absagen würde, um mit einem Freund auf eine wichtige Demo zu gehen. Aber nicht schummeln! Früh übt sich…
Und wer als politisch korrekter Streber beim Test die volle Punktzahl einfährt, der darf sich mit dem Segen der Grünen fair und respektvoll nennen. Amen. Darauf haben die Teens sicher gewartet. Wer hingegen, so wie ich, null Punkte schafft, der ist reif für die linke Gesamt-Ganztagsschule. Von den tatsächlichen Problemen der jungen Generation erfährt man in der grünen Spatzenpost aber nichts, sieht man von den getesteten Biotampons ab (irgendwie ist sie fixiert diese Partei).
Ganz offensichtlich hat das linksgrüne akademisch (sprich geisteswissenschaftlich) gebildete Kleinbürgertum keinen blassen Schimmer, mit welchen Problemen sich etwa 16-jährige Lehrlinge herumschlagen müssen. Aber wer ernsthaft glaubt, viele Teens haben vor fünf Jahren deshalb ihr Kreuz bei der FPÖ gemacht, weil HC Strache damals durch die Discos getingelt ist, der hat circa so viel Realitätssinn wie Marie Antoinette.
Die Grünen haben von den Jungen und ihren Ängsten und Problemen schlicht keine Ahnung, da hilft auch der coole Coverboy Julian Schmid nichts. Aber gut, die Grünen glauben auch, sie hätten den alleinigen Wahrheitsanspruch und Rolf Holub und Gabi Moser seien Stars. Was ist dann eigentlich Eva Glawischnig, ein Super- oder gar Megastar? lol
Deshalb wirkt das Magazin auch genauso jung und hip, wie ein 43-jähriger in der Midlifecrisis mit Lederjacke und Harley Davidson. Das hat selbst die grüne Parteijugend mitbekommen. Sie hat sich deshalb von dem Heft der Bundespartei distanziert. Allerdings nicht, weil in dem Blatt vollkommen an den Interessen und Problemen der Jungwähler vorbei geschrieben wird. Den grünen Nachwuchs-Jakobinern sind die Inhalte vor allem zu wenig politisch korrekt!
So stört es sie, dass in Eva Werbung für Make-Up gemacht wird. Das geht gar nicht. Schminke ist offenbar Teufelszeug, wer sie verwendet, wird mit einem zusätzlichen Anstieg des Meeresspiegels von bis zu drei Zentimetern bestraft. Ja, voll cool, diese Grünen.
Die gestrenge Parteijugend hat deshalb eine eigene Kampagne gestartet. Titel „I love my vagina“ (und ewig grüßt das Murmeltier). Damit wolle man Tabus brechen. Und weil wir mittlerweile gefühlte 95 Prozent aller gesellschaftlichen Ge- und Verbote der politischen Korrektheit und dem grünen Gutmenschentum zu verdanken haben, bleiben den jungen wilden Grünen zum mutigen Brechen von Konventionen nur noch die vermeintlichen sexuellen Tabus.
Highlight des „I love my vagina“ Videos ist jedenfalls eine junge Grüne, die ernsthaft meint: „Wir wollen nicht in einer Gesellschaft leben, die uns sagt, wie sich Männer und Frauen verhalten sollen“. Der war gut. So etwas aus dem Mund einer jungen gendergerechten Grünen zu hören, ist wirklich skurril.
Die meisten Jungendlichen wissen es jedenfalls besser. Für sie sind die Grünen das Problem und nicht die Lösung ihrer Probleme. Die zahlreichen jungen Konservativen und Liberalen haben die Nase voll von den selbstgerechten politisch korrekten Oberlehrern, die versuchen ihre totalitären Bestrebungen und ihre Besserwisserei mit pseudocoolen Sprüchen und Propagandaheftchen zu tarnen. Leider sind die 16- bis18-Jährigen nicht wahlentscheidend.
„Eva – Das grüne Mädchenmagazin. Auch für Jungs“:
http://issuu.com/die-gruenen-at/docs/eva-magazin/1?e=9218664/4679398
„I love my vagina“: http://www.youtube.com/watch?v=8ZnHT9sekE0
Mag. Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.
Wo steht Österreich am Ende der fünf Jahre Faymann? Jenseits der oft peinlichen Fernsehdiskussionen, der banalen Plakate und der oberflächlichen Zahnspangen-Themen in den Politiker-Statements zeigt ein zusammenfassender Blick auf diese Periode 14 Tage vor Nationalratswahlen sehr erstaunliches. In der Leistungsbilanz finden sich nämlich leider nur wenige Positiva. In den allermeisten Punkten ist die Endbilanz dieser Regierung hingegen verheerend. Sie war von Reformabstinenz und schweren Fehlern geprägt. Lobenswerte Leistungen blieben selten.
Das zeigen auch praktisch alle internationalen Rankings. Österreich ist im Lauf der Faymann-Jahre in fast jeder Hinsicht zurückgefallen. Nirgendwo findet sich in dieser Unzahl von Listen auch nur eine signifikante Verbesserung. Besonders schmerzhaft ist etwa ein Ranking der EU-Kommission aus diesem Sommer über die Wettbewerbsfähigkeit der 273 europäischen Regionen: Darin liegt die beste – die beste! – österreichische Region auf Platz 83, die anderen noch weiter dahinter.
Vor allem bei den Punkten „Überregulierung“ und „Abgabendruck“ steht Österreich dort, wo sonst nur Bananenrepubliken zu finden sind, also ganz am Ende der globalen Vergleiche. Während das Land bei Produktivität, Bildung, sozialem Frieden, Infrastruktur oder Kultur nach wie vor sehr gut liegt. Aber gerade bei jenen Bereichen, für die Politik und Regierung ganz alleine verantwortlich sind, schaut es katastrophal aus.
Das Musterbeispiel für die unerträgliche Gier des Steuersystems ist die weitweite Rekordhöhe des Grenzsteuersatzes: 50 Prozent schon ab 60.000 Euro! Das ist auch zweifellos eine der Ursachen gewesen, dass alleine im vorigen Jahr die ausländischen Direktinvestitionen in Österreich um nicht weniger als 44 Prozent zurückgegangen sind. Investoren vertrieben haben zweifellos auch die 95.000 Seiten Gesetze und Verordnungen aus, die im letzten Jahrzehnt neu erlassen worden sind. Noch deprimierender: Nirgendwo zeichnet sich in diesem Wahlkampf eine echte Besserung ab. Im Gegenteil: Der Neos-Linkssozialist Haselsteiner ruft sogar nach einem Grenzsteuersatz von 95 Prozent (offenbar im Bestreben, die KPÖ links zu überholen).
Aber auch die Regierung selbst hat sich als eifrige Steuererhöherin erwiesen: von der Solidaritäts- bis zur Bankenabgabe. Und bis zum begeisterten Ja zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Diese völlig wahnsinnige Idee (die freilich auch zehn andere Regierungen hatten) wirft nun schon vor der Einführung die von Experten immer prophezeiten Megaprobleme auf. Und sie wird bei einer Einführung die Sparer noch weiter bestrafen und noch mehr Investoren vertreiben. Aber absurderweise sind da auch alle Oppositionsparteien dafür, womit sie beweisen, dass sie an Ahnungslosigkeit und Gier mit der Regierung gleichwertig sind.
Zugleich wird die Katastrophe der Hypo Alpe-Adria immer schlimmer, auch wenn man vorerst noch keiner der kolportierten Zahlen trauen sollte. Gewiss: Die primäre Hauptschuld liegt in diesem Fall nicht bei der Bundesregierung, sondern bei Jörg Haider, der unvorstellbare 20 Milliarden an geheimen Landes-Haftungen für die – oft auf seinen Wunsch – sehr abenteuerlustige Bank eingegangen ist. Nur um die Dimension klarzumachen: Das gesamte Jahresbudget Kärntens beträgt zwei Milliarden, also nur ein Zehntel.
Aber dennoch ist festzuhalten, dass die Bundesregierung gerade bei der Kärntner Bank selbst den schwersten Fehler begangen hat: Statt das Institut sofort abzuwickeln (also Forderungen einzutreiben und alle seriösen Einleger sicherzustellen), ist die Hypo Alpe-Adria nun schon vier Jahre weitergeführt worden. Dadurch sind inzwischen gewaltige Personal- wie auch Sachkosten angelaufen, die vermeidbar gewesen wären. Ebenso gab es neue riskante Kredite. Aber man war zu feig, die Hypo in Konkurs gehen zu lassen. Denn das hätte auch das Bundesland Kärnten in die Insolvenz getrieben. Das hätte Österreich sowohl mit Bayern, der EU wie auch etlichen Balkanstaaten scharfe Kontroversen und Probleme eingebracht. Jetzt haben halt die österreichischen Steuerzahler diese damals vermiedenen Probleme. In noch viel größerer Dimension.
Noch teurer wird die Österreicher die Summe der in den letzten Jahren mitbeschlossenen Haftungen und Kredite zugunsten der südeuropäischen Schuldnerstaaten kommen (ESM, EFSF, EZB-Gelddrucken usw). Da kann man der Regierung höchstens mildernd zubilligen, dass Österreich im Grund ohnedies immer nur das tun kann oder muss, was Deutschland tut.
Aber auch ohne dass diese Haftungen schon schlagend geworden wären, hat die Republik ihren Schuldenberg in diesen Jahren um 54 Milliarden vergrößert. Die Politik lügt, wenn sie daran den diversen Bankenrettungen die Schuld zuschiebt. Die sogenannte Bankenhilfe (egal ob überhaupt sinnvoll oder nur politischer Populismus) machte nur einen kleinen Teil der Neuverschuldung aus. Heute sind es nur rund zwei Prozent der gesamten Staatsverschuldung.
Ebenso unter „völliges Versagen“ ist der Bereich „Pensionen“ einzuordnen. Es gelang in keiner Weise, das Antrittsalter spürbar anzuheben, obwohl die Lebenserwartung (eigentlich: glücklicherweise!) weiter steil stieg. Dabei sind laut einem Bericht der EU 90 Prozent des österreichischen Sanierungsbedarfs im Bereich des Pensionssystems zu finden (und nur 10 Prozent bei den übrigen Altlasten).
Skandalös ist im Pensionsbereich auch die Tatsache, dass die Ausgleichszulagen viel stärker erhöht worden sind, als die Inflationsrate ausmacht. Hingegen sind viele (ASVG-, also nicht nur Beamten-!) Pensionen heute deutlich weniger wert als vor ein paar Jahren. Obwohl für diese lebenslang Beiträge bezahlt worden sind. Also auch hier wieder eine absolut leistungsfeindliche Umverteilung im großkoalitionären Gleichklang.
Die laut verkündete Gesundheitsreform hat ihre Bewährungsprobe noch nicht antreten müssen. Diese zu bestehen wird ihr wohl auch nicht gelingen. Denn sie hat die endgültigen Einführung der Planwirtschaft im Gesundheitsbereich gebracht. Unangetastet blieben hingegen die beiden wichtigsten Hebel einer wirklich effizienten Reformstrategie (Das sind Wettbewerb und Selbstbehalt). ein Erfolg der Gesundheitsreform wäre jedenfalls das erste Mal in der Geschichte, dass Planwirtschaft funktioniert.
Auf der negativen Bilanzliste dieser Regierung findet sich auch das enorme Ausmaß an Medienkorruption, der Bestechung von Verlagen und Medien durch die Politiker. Diese Bestechungswelle ist durch das Medientransparenzgesetz in keiner Weise gemildert oder verringert worden. Zwar ist die Gemeinde Wien und ihr von Parteisoldaten geführtes Wirtschaftsimperium der Hauptschuldige. Aber auch rote und schwarze Ministerien sind keineswegs unschuldig geblieben. Diese Korruption hat Ausmaße erreicht, die in Wahrheit schon an der Qualifikation Österreichs als Rechtsstaat mit Gewaltenteilung und unabhängigen Medien zweifeln lassen.
Völlig versagt hat die Regierung im Bereich der Universitäten. Weder wurde eine qualitätssichernde Regelung der Studienaufnahme beschlossen noch ein Kostenbeitrag der Studenten, der für ein besseres, zielgerichtetes Studieren gesorgt hätte.
Ein katastrophaler Fehler war die Einführung der „Neuen Mittelschulen“. Zwar ist die ÖVP in Sachen „Rettung des Gymnasiums“ hart geblieben. Aber die auch von ihr mitbeschlossene Zerstörung der Hauptschulen macht das Bildungssystem teurer und schlechter zugleich. Denn statt wie bisher die Hauptschüler in mehrere Leistungsgruppen aufzuteilen, werden in den NMS alle Kinder unabhängig von ihren Kenntnissen, ihrem Fleiß, ihrer Bildungsorientierung in eine Klasse gezwängt. Was unweigerlich zu schlechten Ergebnissen führt (auch wenn die Unterrichtministerin die Veröffentlichung der diesbezüglichen pädagogischen Untersuchungen zu verhindern versucht). Das Vorhandensein eines zweiten Lehrers in derselben Klasse kann den Leistungsverlust niemals kompensieren – macht die Sache aber viel teurer (und die Konzentration in den Klassen noch schwieriger). In Wahrheit ist längst klar, dass die Bildungsprobleme zwei ganz andere Hauptursachen haben als das Fehlen einer Gesamtschule: erstens die Massenzuwanderung aus bildungsfernen Kulturen; und zweitens die seit Jahrzehnten betriebenen Leistungssenkung in Schulen und Universitäten.
Ein katastrophaler Missgriff ist die neue Lehrerausbildung. Eine auf fünf Jahre verlängerte Ausbildung für Volksschullehrer wird nicht nur lange zu großen Personal-Lücken führen. Diese Studiendauer wird auch geeignete Persönlichkeiten vom Beruf abhalten. Sie hat einen einzigen erwartbaren „Nutzen“: Die studierenden Volksschullehrer werden von praxisfremden Uni-Professoren mit jeder Menge unbrauchbarer pädagogischer Theorien vollgestopft werden. Durch die Lehrerausbildung neu wird die inhaltliche, die fachdidaktische Ausbildung der AHS-Lehrer sogar weiter verschlechtert. Lehrer jede Woche etliche Stunden länger in Klassen zu stecken, wie es das neue Dienstrecht will, ist mit Garantie kein Beitrag zur Verbesserung der Unterrichtsqualität. Und noch absurder ist die künftige Regelung, dass in AHS jeder Lehrer JEDES Fach unterrichten darf. Tiefer geht’s nimmer als die „Bildungs“-Politik dieser Regierung.
Tadelnswert hat sich auch die Justiz entwickelt. Am schlimmsten sind dabei sicher die Wiener Staatsanwaltschaften, die eine ganz offensichtliche Mischung aus Unfähigkeit, Faulheit und schwerer politischer Einseitigkeit verkörpern. Beide Ministerinnen dieser Periode sind an einer Objektivierung dieser Behörden gescheitert.
Zu den kleineren, aber trotzdem unsinnigen Fehlern der Regierung zählt die Einführung der Gesetzesbeschwerde, die nur zu einer Verlängerung vieler Gerichtsverfahren führen wird.
Eine Frontalattacke auf die Grundrechte ist die eingeführte Bestrafung von politischen Meinungsdelikten, die man als „Verhetzung“ nun scharf verfolgt. Damit ist ein wesentliches Element eines totalitären Systems in Österreich (wieder) eingeführt worden.
Keinen ökonomischen Schaden, aber eine ziemliche Imagedelle hat der leichtfertige Abzug des Bundesheers vom Golan ausgelöst.
Einen Kulturschaden bedeutet die Deformation der Bundeshymne - wenngleich die tielgegenderte Hymne fast nirgendwo in der neuen Form gesungen wird.
Human klingend, aber leistungsfeindlich und teuer ist die Einführung der Grundsicherung gewesen. Dazu kommen noch zahllose kleinere Maßnahmen, die das Wohlfahrtssystem immer teurer gemacht haben, statt es endlich zu beschneiden.
Ebenso gravierend wie die meisten genannten Punkte ist das völlige Versagen – in Wahrheit Desinteresse – in Hinblick auf irgendwelche substanzielle Reformen. Beispielsweise wäre eine Föderalismusreform dringend nötig, welche die Einnahmen- und Ausgabenverantwortung zusammenführt. Ohne diese Reform geben die Bundesländer ständig Geld aus, dass sie gar nicht selbst eingenommen und verantwortet haben. Auch sonst hat es keine nennenswerten Strukturreformen gegeben. All die Hunderten Einsparungsvorschläge von Rechnungshof, OECD, EU, IWF, heimischen Ökonomen, Verfassungskonvent wurden im sozialpartnerschaftlichen Konsens nicht einmal ignoriert.
Zum Positiven fällt einem wenig ein.
Positiv war sicher die Bereinigung der Frage von österreichischen Bankkonten in der Schweiz und Liechtenstein. Das bringt etliches Geld in die Kassa.
Positiv war auch die Bereinigung der Ortstafelfrage. Wenngleich man dazusagen muss, dass in allen Punkten und Details der Durchbruch schon unter Wolfgang Schüssel und Jörg Haider erfolgt war (insbesondere mit Hilfe des Historikers Stefan Karner und einer neuen Politik des Kärntner Heimatdienstes). Dieser Kompromiss war damals aber von der SPÖ torpediert worden, die unbedingt einen historischen Erfolg von Schwarz-Blau verhindern wollte.
Positiv war auch, dass man beim Integrationsthema erstens die Wichtigkeit von Deutschkenntnissen gesetzlich verankern konnte, und dass man zweitens versucht, den Zuwanderern positive und leistungsorientierte Beispiele vorzuhalten. Freilich: Bei den heiklen Themen Hassprediger, Zwangsehen, islamische Frauendiskriminierung, Radikalisierung junger Islamisten, Massenzuwanderung unter dem Vorwand der Familienzusammenführung, Asylschwindeleien und vielem anderen schaute die Regierung ganz auffällig weg. Offenbar weil man sich vor den politisch korrekten Kritikern im linken und im linkskatholischen Lager fürchtet. Die binnen weniger Jahre von 30.000 auf 600.000 angestiegene Zahl von Moslems in Österreich stellt jedoch (neben den finanziellen Fragen) sicher das größte Zukunftsproblem des Landes dar. In fast keinem Land der Erde hat es in Friedenszeiten eine so dramatische Bevölkerungsverschiebung gegeben.
Zum Positiven gehört auch der Umstand, dass Österreich relativ weniger Arbeitslose als die meisten anderen Länder hat. Das wird zumindest von den Regierungspropagandisten gerne bejubelt. Diese Zahlen sind aber nur scheinbar gut. Sie sind nämlich mit vielen Tricks erkauft, welche die Arbeitslosigkeit optisch verstecken. Mit sehr langen Ausbildungszeiten – die Gratis-Unis als Wärmestube – und vor allem besonders frühen Pensionsantrittszeiten. Diese sind seit dem Amtsantritt Bruno Kreiskys trotz massiv längerer Lebenserwartung sogar noch um zwei Jahre gesenkt worden.
Ansonsten fällt mir beim Positiven nur noch die Steiermark ein, wo in erstaunlicher Eintracht Rot und Schwarz begonnen haben, wenigstens ein paar der notwendigen, aber unpopulären Aufgaben umzusetzen.
Das wär‘s dann auch schon. Deprimierend.
Freilich: Auch keine sonstige Partei, keine andere Bündniskonstellation erweckt derzeit den Eindruck, die Dinge besser angehen zu können. Und das ist noch deprimierender.
Unter dem Titel Hi-Tech und Energie, Zukunft für Österreichs Industrie startete die Wiener Freiheitsakademie einen Veranstaltungszyklus, der sich mit Fragen der künftigen Entwicklung der Energieversorgung beschäftigt. Nicht nur die zuverlässige und unterbrechungsfreie Lieferung (elektrischer) Energie, sondern auch die Höhe der Energiepreise ist von größtem Einfluss auf die Entwicklung eines Industriestandorts und auf die in einer Volkswirtschaft zu erzielenden Einkommen. Umso mehr gilt das für eine wirtschaftlich grenzenlos gewordene Welt.
Zwei der Vorträge beschäftigten sich mit Themen, die keineswegs ausschließlich den Standort Österreich betreffen: Die Zukunft der Atomenergie einerseits und die mit geradezu religiösem Eifer vorangetriebene „Energiewende“ im Nachbarland Deutschland. Es macht den Anschein, als ob beide Themen – spätestens seit der Reaktorkatastrophe im fernen Fukushima – längst nicht mehr von harten Fakten und wissensbasierter Forschung, sondern vielmehr von Emotionen und Bekenntnissen bestimmt werden und sich einer offen geführten Debatte nahezu vollständig entziehen.
Atomkraft gilt in Deutschland und Österreich mittlerweile als Inbegriff des Bösen und der menschengemachte Klimawandel als schlechterdings nicht anzuzweifelnde Tatsache. Ende der Durchsage: Merkel locuta, causa finita. Mit dem „Potsdam Institut für Klimafolgenforschung“ hält sich die Kanzlerin eine Ideologiefabrik voller strenggläubiger Klima-Alarmisten, deren Umgang mit kritischen Geistern stark an jenen Tomas de Tórquemadas mit nichtswürdigen Häretikern erinnert.
Gerhard Wrodnigg, Systemanalytiker und Experte für Risikomanagement und Technikabschätzung, widmete sich dem Thema „Zukunft der Kernkraft“. Genauer gesagt beschäftigte er sich mit einer nüchternen Analyse der mit dem Einsatz von Kernenergie verbundenen Risiken (und zwar den tatsächlichen, nicht den von den stets im Panikmodus laufenden Hauptstrommedien behaupteten) und den aktuellen, zum Teil sehr viel versprechenden technischen Entwicklungen.
Die derzeit in Gebrauch stehenden Reaktortypen, die große Mengen an (waffenfähigem) Plutonium produzieren und damit unaufhörlich Diskussionsstoff hinsichtlich der Frage von Zwischen- und Endlagerung strahlender Abfälle liefern, könnten demnach schon bald durch solche ersetzt werden, bei denen dieses Problem nicht mehr auftritt. Auf dem Gebiet dieser „Dual-Fluid-Reaktoren“ stehen deutsche Wissenschaftler an vorderster Front. Nicht nur die Verwertung von Brennelementen, die in konventionellen AKW abgebrannt wurden und die weit erhöhte Betriebssicherheit (die Gefahr einer Kernschmelze besteht bei dieser Bauart nicht länger), sondern auch die wesentlich verringerte Menge (schwach) strahlenden Abfalls sprechen für den Einsatz dieser Technik.
Auch die Überlegung, von Großkraftwerken wegzukommen und stattdessen kleineren Einheiten mit entsprechend verringerten Umweltrisiken den Vorzug zu geben, wird seitens der Politik nicht einmal in Erwägungen gezogen. Zumindest in Deutschland und Österreich – wo man denjenigen, die auch nur das Wort AKW in den Mund nehmen, auf der Stelle das Wort verbietet – scheint dieser Zug abgefahren zu sein. Gegen quasireligiöse Bekenntnisse mit rationalen Überlegungen zu Felde zu ziehen, ist allemal sinnlos…
Markus Fichtinger, Ökonom am Economia Institut für Wirtschaftsforschung, widmete sein Referat der in Deutschland im Jahr 2010 eingeleiteten „Energiewende“. Bis 2020 sollen dort demnach mindestens 35 Prozent des Strombedarfs aus „erneuerbaren Energien“ gedeckt werden – ein, gelinde ausgedrückt – mehr als ehrgeiziges Ziel. International ist keine vergleichbare Tendenz zur radikalen Änderung des Verhältnisses der Stromquellen erkennbar.
Dass man sich in Deutschland gefährlich weit aus dem Fenster lehnt, um die Emissionen des angeblich klimaschädlichen Kohlendioxids zu begrenzen, während außerhalb der OECD-Staaten zugleich eine drastische Zunahme der CO2-Emissionen stattfindet, scheint niemanden zu irritieren. Der ganze hochfahrende Plan, dessen Herzstück das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) bildet, kann ohne weiteres als die Umstellung von der Markt- auf eine Planwirtschaft bezeichnet werden, bei der die Ausschaltung von Marktpreisen für elektrische Energie am Anfang steht.
Der Verzicht auf die gründliche wissenschaftliche Untersuchung von Möglichkeiten und Konsequenzen eines Übergangs auf „erneuerbare Energieträger“ (hauptsächlich Windkraft und Photovoltaik), wird erhebliche Folgen nach sich ziehen. Die für jedermann unmittelbar erkennbare liegt in einer dramatischen Steigerung der Stromkosten für die Privathaushalte. Deutsche Stromkunden bezahlen schon heute die (nach Dänemark) höchsten Gebühren pro KWh elektrischer Energie. 85,7 Prozent der Preissteigerungen sind den auf 20 Jahre hinaus garantierten Subventionen der Einspeisetarife für Strom aus Wind- und Photovoltaikanlagen geschuldet. Unter dem Strich ergibt sich ein kollektiver Wohlstandsverlust, da die verfügbaren Einkommen nunmehr vermehrt für Energiekosten aufzuwenden sind und nicht für alternative Konsumausgaben eingesetzt werden können. Dass im Strompreis zudem mehr als 40 Prozent an Steuern enthalten sind, rundet das schauerliche Bild harmonisch ab.
Ferner bedarf es gewaltiger Investitionen in die Leitungsnetze, da die meiste Windenergie bekanntlich im Norden des Landes anfällt, während der Strombedarf aber vorrangig im Süden entsteht. Die flächendeckende und nachhaltige Verschandelung der Landschaft durch die unter Marktpreisbedingungen nicht wirtschaftlich zu betreibenden Windräder ist dagegen gar nicht in Zahlen zu fassen. Der bis spätestens 2022 geplante völlige Ausstieg aus der Atomenergie wird darüber hinaus eine ernstzunehmende Lücke in der Grundlastversorgung hinterlassen, wodurch sich das Risiko von Netzzusammenbrüchen erheblich erhöhen wird. Hier geht es schlicht an den Lebensnerv des Hochtechnologiestandortes Deutschland.
Die politisch Verantwortlichen scheinen offenbar bis heute nicht erkannt zu haben, dass Strom nicht nur dann gebraucht wird, wenn die Sonne scheint und der Wind bläst. Auch nachts und bei Flaute sollte der Kühlschrank kalt bleiben. So lange es für das Problem der großtechnischen Speicherung elektrischer Energie keine brauchbare Lösung gibt, sind Produzenten, die nicht dauerhaft liefern können, nur dann etwas wert, wenn jederzeit einsetzbare Ersatzlieferanten bereitstehen. Immerhin sind ganze Industriezweige auf eine rund um die Uhr stabile und zuverlässige Lieferung elektrischer Energie angewiesen. Da die Möglichkeiten zur Gewinnung von Energie aus Wasserlaufkraftwerken aber bereits ausgeschöpft sind, führt zur Sicherung des Grundlastbedarfs kein Weg an einem massiven Aus- und Neubau konventioneller kalorischer Kraftwerke (die mit Gas, Öl oder Kohle befeuert werden) vorbei. Wie sich das mit dem Ziel der angepeilten CO2-Reduktion unter einen Hut bringen lassen soll, sei dahin gestellt.
Während andernorts auf – stark verbesserte – Nukleartechnologie gesetzt und durch den Einsatz modernster Methoden zur Energiegewinnung aus Schiefergas und -öl die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erheblich gesteigert wird, legt die Regierung Deutschlands mit dem mittelfristigen Verzicht auf Kernkraft und dem Umstieg auf kostspielige „erneuerbare Energien“ seinen Unternehmen eine Zwangsjacke an. Die internationalen Wettbewerber dürfen dem Treiben der seltsamen Teutonen mit einer Mischung aus Unverständnis und Schadenfreude zusehen – erste Reihe fußfrei.
Mit der Politik der „Energiewende“ schickt sich Deutschland an, wieder einen Sonderweg zu beschreiten. Die Zukunft der wichtigsten Industrienation Europas wird von einer emotional motivierten, von völlig falschen Voraussetzungen ausgehenden, überstürzt angegangenen Kampagne bestimmt.
Damit kann es – wenn auch um 70 Jahre verspätet – durchaus gelingen, den 1944 bekannt gewordenen Plan Henry Morgenthaus doch noch zu realisieren und das Land der Techniker und Ingenieure auf den Status eines primitiven Agrarstaates zurückzuführen. Ganz ohne äußeren Zwang und ohne Not. Die ganze Welt würde zum Zeugen des historisch einmaligen Akts der Selbstkastration der wichtigsten Industrienation der Alten Welt. Österreich wird, dank seiner intensiven wirtschaftlichen Verflechtung mit Deutschland, davon nicht unberührt bleiben. „Interessante Zeiten“ stehen uns ins Haus…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Während die Grünen zu Recht viele Korruptionsskandale – schlimme und große ebenso wie auch lächerlich kleine – aufdecken, schweigen sie zum allergrößten der Republik beharrlich: Das sind die Vorgänge in der Gemeinde Wien. Die Grünen schweigen natürlich mit gutem Grund. Sitzen sie doch dort mit in der Verantwortung.
Jedoch sind die Medienbestechungen durch die Gemeinde Wien in den Dimensionen größer als alles andere, was in diesem Land stinkt. Wer dazu seit Jahr und Tag als Koalitionspartner die Mauer macht, ist mitschuldig, ist ein Mittäter. Diese Bestechungen erfolgen nicht mehr auf dem altmodischen Weg der Übergabe von Geldkoffern. Sondern durch Schaltungen von quadratkilometergroßen Anzeigen in all jenen Medien, die SPÖ- und rathausfreundlich berichten. Der Zweck dieser Anzeigen ist, die Zeitungsverleger zu „motivieren“, weiter so zu berichten. Das halten die Beteiligten offenbar für sauberer als den Geldkoffer.
Die zweite Jauchegrube des Rathaus-Informationskonzerns ist die Vergabe riesiger Aufträge an zwei Verlage, von denen einer SPÖ-nahe und der andere im SPÖ-Eigentum ist. Der Umstand, dass die Aufträge an diese Verlage praktisch nie nach den gesetzlichen Vergaberegeln erfolgen, lässt böse Menschen mutmaßen, dass hier ein gewaltiges Kickback-Schema zugunsten der Partei läuft. Aber selbstverständlich weise ich diese bösen Gedanken mit aller vom Medienrecht verlangten Deutlichkeit zurück. Und denke mir nur insgeheim, dass eine korrekte Vergabe die Sache viel billiger machen würde – wenn diese Aufträge (meist Rathaus-Propaganda) nicht überhaupt verzichtbar sind.
Die Dimension dieses Bestechungskonzerns lässt sogar die ÖBB-Asfinag-Bestechungsaffäre der Herren Faymann und Ostermayer oder den Telekom-Skandal dimensionsmäßig fast wie Kavaliersdelikte erscheinen.
Das Deprimierende ist: Die sich als lautstarke Korruptionsbekämpfer gerierenden Grünen tragen das alles voll mit. Ohne ihre Stimmen hätten ja nicht einmal die Budgets dafür beschlossen werden können, die letztlich, wenn man alles zusammenzählt, in die Hunderte Millionen gehen. Damit haben (auch) die Grünen total ihre Unschuld in Sachen Korruption verloren. Und sie können diese durch noch so viele Strafanzeigen in anderen Angelegenheiten – berechtigte wie unberechtigte – nicht wieder herstellen. Wer einmal beim Stehlen mitmacht . . .
Aber auch inhaltlich fällt am totalen Propagandakrieg Unglaubliches auf: Da flattert etwa dieser Tage den Wienern ein Gratisblatt des Rathauses (das auf dem einträglichen Umweg über den SPÖ-nahen Bohman-Verlag verlegt wird) namens „Wien.at“ ins Haus. Es bringt den sensationellen Cover „Meerschwein & Hund & Katz, Tier & wir“ und auch sonst dutzendweise Aufreger a la „Bestens umsorgt in unseren Spitälern“. Aber über das weitaus wichtigste Kommunalthema Wiens, die Mariahilferstraßen-Groteske, steht keine Zeile.
Das ist eine Ablenkungsstrategie, die einem den Mund offen lässt. Reinste Propaganda und Desinformation. Aber wir müssen es zahlen. Und uns im Falle eines Protestes belehren lassen, dass das legitime Information wäre.
Typisch war dieser Tage auch das rathausnahe Inseratenblatt „Heute“: Da stieß man wieder einmal die U-Bahn-Linie U5. Murmeltier, Murmeltier.
Seit Jahrzehnten taucht die U5 wie ein Fliegender Holländer immer dann auf, wenn man von etwas ablenken will (Mariahilferstraßen-Desaster) oder für etwas Propaganda machen möchte (Nationalratswahl). Jede Wette: Wie immer wird’s um die U5 bald wieder ruhig werden. Sobald eben die Wahl vorbei ist. Dabei wird uns jetzt sogar die schnellste Bauzeit vorgegaukelt, in der jemals eine U-Bahn gebaut worden ist.
Was halt weniger getrommelt wird: Die Rathäusler haben hinten und vorne kein Geld, um so etwas zu bauen. Sie (vor allem die Dauerlächlerin als Finanzstadträtin) haben schon binnen zwei Jahren das Stadt-Defizit verdoppelt. Das ist der Zeitpunkt, wo schon jeder Kreditgeber vorsichtig abzuwinken beginnt.
Freilich, mit einer Finanzierungsquelle ließe sich die U-Bahn schon bauen: Wenn das Rathaus sämtliche Medienbestechungen, PR-Blätter und sonstige Propaganda-Aktionen einstellt, dann wäre das durchaus möglich. Da wären in ein paar Jahren die nötigen Milliarden beisammen. Aber da wird eher der Bürgermeister zum Abstinenzler, bevor das passiert.
Ingrid Thurnher ist ein absolutes Phänomen: Sie lässt derzeit (fast) jeden Abend die mittelmäßige Garde der heimischen Politik als sympathisch erscheinen.
Wie? Ganz einfach: Sie wird jedes Mal - leicht unfreiwillig - selber zur unbeliebtesten Person im ganzen Studio. Erstens durch ständiges Hineinreden bei den meisten Gästen. Zweitens dadurch, dass sie auf dieses Hineinreden bei zwei davon total vergisst: bei Werner Faymann und Eva Glawischnig. Während rechte Politiker ständig gegen Thurnhers Hineingequatsche ankämpfen müssen, darf eine Glawischnig ungestört über Gott und die Welt quasseln. Und drittens demonstrieren fast alle Fragen, die Thurnher da vorzutragen hat, Dummheit wie Einseitigkeit. Einseitigkeit praktiziert der ORF freilich auch sonst mit brutaler Konsequenz: Etwa im Bericht beider ZiB-Sendungen über eine Hausdurchsuchung beim Salzburger Bürgermeister Schaden (übrigens in der SPÖ eine absolute Lichtgestalt). Beide Male wird aber verschwiegen, dass der in Verdacht gerate Mann von der SPÖ kommt – während natürlich(?) ständig erwähnt wird, dass er von den Grünen angezeigt worden ist. Die Hausregel lautet offensichtlich: Linksparteien dürfen vor allem vor Wahlen nur in positiver Rolle erwähnt werden. Aber natürlich fürchten sich viele ORFler davor, dass einmal kein linker Bundeskanzler mehr amtiert.
Die Weltwirtschaft scheint wieder das alte Bild zu zeigen, das schon lange vergessen war: gute Nachrichten aus Europa und Amerika, heftige Turbulenzen in der Dritten Welt. Deren Währungen haben einen wilden Schlingerkurs begonnen, die Börsenkurse stürzen ab, während sie Europa ganz gut gehen. Wenn sich die Europäer und Amerikaner darüber aber wirklich freuen sollten, dann wären sie Opfer einer extremen Selbsttäuschung.
Faktum ist, dass auch die freundliche und überraschende Konjunkturentspannung der letzten Wochen den Europäern nur sehr bescheidene Wachstumsraten beschert. Diese sind zwar gewiss besser als die vielen Minus-Bilanzen der letzten Rezessionsjahre. Das europäische Wachstum macht aber weiterhin nur einen Bruchteil der Raten des Wachstums der Schwellenländer aus. Und Europa ist vor allem – bis auf Deutschland – weit weg von jenen Wachstumsraten, die für einen Stopp der Arbeitslosenzahlen nötig wären.
Ebenso ist Faktum, dass vor den deutschen Wahlen zwar alle negativen Nachrichten möglichst unter den Teppich gekehrt werden. Aber dennoch ist klar: Europa ist mehr als jede andere Weltregion von den Turbulenzen im Nahen Osten bedroht. Dabei geht es keineswegs nur um Syrien oder das Palästinenserproblem, sondern noch um einen viel größeren Bogen: Der reicht von Libyen (mit seinen seit Monaten der Konflikte wegen weitgehend ungenutzt bleibenden Energieschätzen) über Ägypten (mit seinem halben Bürgerkrieg), Iran (mit seinen Nuklearentwicklungen) bis Afghanistan (wo nach dem bevorstehenden Abzug der Westmächte ein weitgehender Triumph der Taliban droht).
Europa kann zwar auf einige Reformen verweisen, die durch die Krise mancherorts in Gang gesetzt worden sind. Aber kein Ökonom hält sie wirklich für ausreichend. Österreich übrigens hat seit Krisenausbruch laut EU-Kommission weitaus am wenigsten Reaktionen und Reformen gesetzt. Das spiegelt sich ja auch im laufenden Wahlkampf wider. Aber auch in den meisten anderen Staaten der EU gleichen die derzeit beruhigenden Signale mehr einem Pfeifen im Wald als einem Startschuss zu neuer europäischer Stärke.
Dennoch zeigt sich der Euro an den internationalen Märkten seit längerem sehr stark, und fast alle Drittweltwährungen sind im Trudeln. Das scheint ein ziemlicher Widerspruch. Dafür gibt es aber doch durchaus Erklärungen. Die wichtigste Erklärung: Bei Signalen der globalen Unsicherheit flüchtet man noch immer am liebsten in altvertraute Häfen. Und das sind nun mal Europa und Nordamerika.
Zugleich gibt es erste zarte Zwischentöne, dass in beiden Regionen die Zentralbanken mit dem hemmungslosen Gelddrucken aufhören könnten. Zart. Vielleicht. Und irgendwann einmal, wenn das Wachstum kräftig genug ist: Aber schon solche vagen Perspektiven genügen offensichtlich, um die Ängste zu zerstreuen, dass Europas und Amerikas hemmungsloses Gelddrucken am Ende in eine Inflation führen muss. Daher glauben Europäer wie Nichteuropäer offensichtlich sofort, dass man dort wieder sicherer anlegen kann.
Zugleich würde bei einer auch nur leichten Verknappung der europäischen und amerikanischen Geldmenge wieder weniger Geld für Investitionen in den einige Jahre von Dollars und Euros überschwemmten Schwellenländern zur Verfügung stehen. Daher ziehen viele Investoren Geld jetzt schon aus diesen Ländern ab, also noch vor irgendeiner echten Verknappung.
Es ist in der Tat zumindest möglich, dass Deutschland nach der Wahl die Politik der fast unbegrenzten Haftungen für Griechenland & Co beenden oder abbremsen könnte. Das würde Investitionen in Europa wieder sinnvoll machen. Vor der Wahl konnten Angela Merkel und Wolfgang Schäuble zwar nicht gut zugeben, dass das ein großer Fehler war, was sie seit 2010 an Krediten und Haftungen alles unterschrieben haben. Aber nach den Wahlen ist ein Politikwandel zumindest denkbar.
Zwar scheint ein solcher Kurswechsel nach wie vor nicht sehr wahrscheinlich. Aber die Investoren und Devisenmärkte reagieren offensichtlich auch schon, wenn eine Denkmöglichkeit bloß einmal ausgesprochen wird.
Genauso wichtig sind aber auch die Turbulenzen in den einzelnen Schwellenstaaten. Wenn man es biologisch vergleicht: Diese Turbulenzen ähneln schweren pubertären Wachstumsstörungen. Diese sind ja auch bei Menschen oft sehr heftig. Nur sind sie in der Dritten Welt in aller Regel eben mit kräftigem Wachstum – und nicht mit Stagnation verbunden.
Neben den skizzierten globalen Trends hat fast jedes der pubertierenden Schwellenländer auch sehr spezifische eigene Wachstumsstörungen.
In China ist es etwa die Notwendigkeit, sich erstens auf eine rasch alternde Bevölkerung umzustellen, die logische Folge von Jahrzehnten der Einkindpolitik. Zweitens versucht China, die einseitige Abhängigkeit von billigen Industrieproduktionen abzubauen und sich in Richtung einer Dienstleistungsgesellschaft zu entwickeln. Drittens muss es dringend die – noch immer großen – Überreste der alten und nicht wettbewerbsfähigen Staatsindustrie abbauen, in der Unmengen fauler, jedoch noch nicht abgeschriebener Kredite stecken. Und viertens steht China vor der unabdingbaren Mega-Aufgabe, die Korruption nicht nur verbal, sondern wirklich zurückzudrängen. Was ja vor allem bedeutet, eine unabhängige Justiz aufzubauen, die auch gegen mächtige Parteisekretäre vorgehen darf, welche sich bisher über das Recht meist hemmungslos hinweggesetzt haben.
Ganz anders, aber in Wahrheit noch viel schlimmer sind Indiens Wachstumsprobleme. Indien ist nämlich unter dem populistischen Druck vieler Politiker noch weniger in der Marktwirtschaft angekommen als China. Indische Aktien werden derzeit massenweise verkauft. Indien hat ein gewaltiges, politisch verursachtes Leistungsbilanzdefizit.
Indien hat im Gegensatz zu China eine sehr junge und rasch wachsende Bevölkerung. Daher müsste es dringend etwas für die vielen Jungen tun. Denn das eindrucksvolle Wachstum des Mittelstandes alleine ist sicher zu wenig, um die nachdrängenden Massen zu beschäftigen.
Nur eine echte Öffnung für ausländische Unternehmen – auch im Handel und bei Dienstleistungen – kann die benötigten Arbeitsplätze schaffen. Aber die vielen kleinen heimischen Händler und sonstigen Betriebe bekämpfen das bis aufs Messer. Denn sie fürchten – wohl zu Recht – dass ihnen die Konkurrenz wehtun wird.
Die verzweifelt um eine Wiederwahl kämpfende indische Regierung hat in dieser Situation die völlig falschen Maßnahmen gesetzt. Sie hat als Reaktion auf die Turbulenzen die wirtschaftlichen Freiheiten eingeschränkt, statt sie auszubauen: Der Geldtransfer ins Ausland wurde limitiert, ebenso der Import von Gold.
Am schlimmsten ist die jüngste Maßnahme: Künftig haben 820 Millionen Inder Anspruch auf ein paar Kilo Getreide zu Billigpreisen. Freilich nur auf dem Papier. Denn in der Geschichte hat noch jede Preisregulierung unter dem Marktpreis zu Verknappungen geführt. In Indien ebenso wie anderswo.
Indien hat außerdem eine große Tradition, dass staatlich subventionierte Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt oder in korrupten Kanälen landen, aber nicht bei den Armen – genauer gesagt: Wählern. Nichts wird auch gegen die großen Probleme bei der Lagerung und beim Transport von Getreide getan. Niemand kümmert sich, ob überhaupt genug Getreide produziert wird. Aber trotz des mutmaßlichen Scheiterns wird das Nahrungsprogramm den schwer verschuldeten indischen Staat jedenfalls viele Milliarden kosten.
Ähnlich kann man auch für andere große Staaten wie Indonesien, Brasilien, Argentinien oder Thailand jeweils spezifische nationale Probleme analysieren. Argentinien etwa wird jetzt noch von seiner alten Schuldenkrise knapp nach der Jahrtausendwende eingeholt, die nur in der Rhetorik der Politik schon überwunden war: Das Land ist von US-amerikanischen Gerichten verurteilt worden, in Amerika gemachte Schulden auch voll zurückzuzahlen, sofern kein freiwilliger Teilverzicht stattgefunden hat.
Jenseits ihrer Spezifika ist allen Schwellenländern gemeinsam, dass Währungen und Börsenkurse den ganzen Sommer über steil gefallen sind, dass viele Investitionen reduziert worden sind, dass viel zu wenig neue kommen.
Diese Entwicklungen sind vor allem für die Demokratien ein Problem: Denn das Wissen um weltwirtschaftliche Zusammenhänge fehlt bei den meisten Wählern komplett. Daher ist jede notwendige Reform zumindest anfangs sehr unpopulär.
Bei allen Problemen Europas und Amerikas zeigt sich nun überraschenderweise, dass die Schwellenländer trotz der gewaltigen Erfolge in den letzten Jahren noch keineswegs eine selbsttragende Wirtschaftskraft geworden sind. Sie hängen in hohem Maße weiterhin von den beiden weißen Kontinenten ab. Die Schwellenländer haben oft nur einen Scheinboom erlebt, der lediglich auf europäisch-amerikanischen Notenpressen basiert ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Ein langjähriger Sportredakteur des ORF hatte in der ganzen Branche den Spitznamen „Die Hand“. Grund: Er war weitum bekannt dafür, dass er gerne Geschenke annahm, dass er bisweilen Bestechungen sogar verlangte. Genau an diesen Mann erinnern jetzt landauf, landab die Hand-Plakate von Werner Faymann. Und an dessen lockeren Umgang mit fremdem Geld, der an immer mehr Beispielen bekannt wird. Einziger Unterschied: Faymann lässt in öffentliche Kassen greifen, nicht um sich selbst zu bereichern, aber um seine eigene Karriere zu fördern. Moralisch ist da aber kein Unterschied.
Bei der jüngsten Affäre um die aus Klubgeldern gezahlten Wahlkampf-Plakate bleibt einem wirklich der Mund offen. Und zwar nicht nur, weil Klubgelder ganz eindeutig nicht für Wahlkampfplakate zugunsten von Faymanns Händen gewidmet sind. Und nicht nur, weil das in Wahrheit natürlich primär keine Gelder des SPÖ-Klubs sind, sondern allesamt Steuergelder, welche sich die Parlamentsklubs per Gesetz angeeignet haben.
Noch viel provokanter ist es aber, wie laut sich die Parteien in den letzten Monaten der strengen Begrenzung der Wahlkampfkosten berühmt haben. Insbesondere die SPÖ hat bei fast jeder Veranstaltung gegen den Milliardär gestänkert, der für sich keine Begrenzung der Wahlkampfkosten akzeptiert hat. Ihm wurde die eigene Bescheidenheit in unverfrorener Frechheit als leuchtendes Beispiel gegenübergestellt.
Jenem Milliardär muss man – trotz all des Unsinns, den er oft zusammenredet, und trotz seiner Ahnungslosigkeit in Hinblick auf die Unterschiede zwischen Kanada und Österreich – jedenfalls eines zugute halten: Er gibt immer nur sein eigenes Geld aus. Während Faymann ständig zur Beförderung seiner Karriere in die Kassen der Allgemeinheit greifen lässt.
Genauso arg war ja, wie er als Verkehrsminister die ÖBB und die Asfinag gezwungen hat, mit großen Beträgen das Wohlwollen von Kronenzeitung und Fellner-Blättern zu erkaufen. In diesem Fall gibt es bis heute – zum Unterschied von der aktuellen Querfinanzierung aus dem Parlament an die Partei – nicht einmal den Hauch einer tätigen Reue.
In einem anderen Land hätte das alles längst bitter geendet. In Kroatien etwa sitzt ein Ministerpräsident wegen unkorrekter Finanzgeschäfte schon jahrelang im Gefängnis. Aber bei uns am Balkan . . .
Bei uns am Balkan da finden die Wiener Staatsanwälte immer kunstvolle Kniffe und Argumente, warum diese Untreue-Delikte eigentlich doch keine waren. Irgendwie erinnert ihr Vorgehen an die berüchtigten Prinzenprüfungen der Monarchie, wo sich staatlich bezahlte Lehrer und Professoren ja auch darin üben mussten (oder wollten?), den Söhnen des Herrschers stets Recht zu geben, was auch immer diese Unkorrektes taten oder sagten.
Die SPÖ fand auch beim jetzigen – natürlich immer: mutmaßlichen – Amtsmissbrauch im SPÖ-Klub sofort Juristen, die das für in Ordnung hielten. Erstens den eigenen Rechtsanwalt (ok, das ist dessen Geschäft); und zweitens ausgerechnet den Verfassungsdienst. Das erstaunt freilich auch nur dann, wenn man nicht weiß:
Aber die Sozialdemokraten sehen halt den ganzen Staatsapparat und jedes Geld, das sie dort ausgeben, einzig als verlängerte Funktion der Parteiinteressen. Das passiert etwa mit unglaublicher Brutalität in der (interessanterweise auch von keinem anderen Medium aufgegriffenen) Personalpolitik bei ORF und Wiener Zeitung. Das sieht man ja etwa auch – ein ganz aktuelles Beispiel – an der Unterrichtsministerin. Diese unterdrückt einfach autoritär die Veröffentlichung einer Studie des – ohnedies nicht gerade bürgerlichen – bifie-Instituts, nur weil darin politisch unerwünschte Fakten herauskommen.
Aber dafür trompeten die SPÖ-Medien gerade zu diesem Zeitpunkt zum zweihunderttausendsten Mal ein Abhörprotokoll eines Telefonats von Karl-Heinz Grasser. Das hatte ein ideologisch verbissener Staatsanwalt wieder einmal in Verletzung seiner Amtspflichten hinausgespielt. Aber auch dieses Protokoll reicht so wie alles andere bisher Hinausgespielte nicht für eine Anklage gegen eine Handlung des einstigen Finanzministers. Denn dann urteilen nicht von SPÖ-Inseraten lebende Zeitungen, sondern noch unabhängige Richter. Und davor fürchtet sich auch die Staatsanwaltschaft.
PS: In das Kapitel: Unverschämte Frechheiten gehört aber auch, dass Wahlkampfleiter Darabos (Wer sonst?) nach zähneknirschender Rückzahlung des korrupten Geldes sofort sagt: Die SPÖ werde trotzdem die Kostenbegrenzung einhalten. Ei, ei, wie soll denn das wieder gehen? Da die SPÖ wohl jetzt nicht ihren Wahlkampf einstellt, hat Darabos offenbar schon wieder eine neue schmutzige Geldquelle in Aussicht. Oder aber: Er lügt halt einfach. Denn bis man ihm draufkommt, ist die Wahl ja längst vorbei (und wer bitte, soll da draufkommen? Die Wiener Staatsanwaltschaft etwa?)
Man kann über die Wortmeldungen von Kardinal Schönborn über die aktuelle „Nächstenliebe“-Wahlkampagne der FPÖ wieder einmal nur verblüfft sein. Inhaltlich sowieso, aber auch grundsätzlich.
Erzählt man uns denn nicht seit Jahrzehnten, dass sich die Kirche nicht mehr in die Parteipolitik einmische? Dass seit dem Mariazeller Manifest (1952) eine „freie Kirche in einem freien Staat“ existiere und dass keine Partei eine „Protektion“ über die Kirche ausübe? Dass die Kirche keinerlei politische Mittel einsetzen lasse, um ihre Lehre in die Politik umzusetzen? Sagt man uns nicht dauernd, dass laut dem Zweiten Vatikanischen Konzil die irdischen Bereiche eine „legitime relative Autonomie“ gegenüber der Kirche hätten?
Und dann kommen – in den vergangenen Jahren gehäuft – massive Einmischungen seitens der Kirche in die Politik. Und das regelmäßig auf der falschen Seite. (www.kathpress.at/site/nachrichten/database/56635.html?SWS=c30612a2043f9edb7f05d71ddce64be4)
Aus der fast zweitausendjährigen kultur- und zivilisationsprägenden Kraft der Katholischen Kirche auf dem Boden des heutigen Österreich ist in wenigen Jahrzehnten eine Kollaboration mit antichristlichen politischen Kräften geworden. (Man fühlt sich an George Orwells Animal Farm erinnert: Der Rabe Moses, allegorisch für die Russisch-Orthodoxe Kirche der Stalin-Ära, als Propagandist der Mächtigen.)
Den weltanschaulich neutralen Staat gibt es nämlich nicht. Jede politische Ausrichtung hat ideologischen, bekenntnishaften Charakter – gerade die stark antichristliche Legislatur der Gegenwart. Die „freie Kirche im freien Staat“ war von vorneherein eine Illusion. Die Parteinahmen von österreichischen Bischöfen zugunsten der Mächtigen haben somit seit den Tagen von Kardinal König das Mariazeller Manifest sowie die einschlägigen Aussagen des Konzils zum Verhältnis von Staat und Kirche (z. B. Gaudium et Spes) als Makulatur erwiesen.
Anlässlich der aktuellen politischen Stellungnahme von Kardinal Schönborn gegen die FPÖ-Kampagne sei an einige seiner politischen Botschaften der letzten zehn Jahre erinnert:
Kardinal Schönborn ist im Frühjahr 2003 allen in den Rücken gefallen, die einen Gottesbezug in der Präambel der neu zu schaffenden österreichischen Verfassung gefordert bzw. gewünscht haben. Ein Gottesbezug wäre ein Hinweis, dass über dem Staat noch eine Instanz steht, der Staat also nicht allmächtig ist und sich auch nicht so gebärden darf. Es war also ausgerechnet ein Kardinal, der gegen (!) eine invocatio Dei eingetreten ist. Die Begründung war im üblich verdrallten, kryptischen Stil gehalten: http://www.kath.net/news/6501
Im Juli 2004 ist Bundespräsident Klestil verstorben. Er war im Jahr 2000 wegen seines unnoblen und unpatriotischen Verhaltens anlässlich der Angelobung der demokratisch legitimiert zustande gekommenen Regierung des Jahres 2000 und der einsetzenden Sanktionen der 14 „EU-Freunde“ (die von einem gewaltbereiten Straßenmob in Wien unterstützt wurden) von einem freiheitlichen Politiker kritisiert worden. Dessen Wortwahl mag ihrerseits unnobel gewesen sein, Kritik und Emotion aber berechtigt. Das muss auch hier klar gesagt werden: De mortuis nil nisi bene ist ein heidnischer Grundsatz, kein christlicher.
Seit dem ersten Verrat im ersten Schülerkreis war für immer klar, dass ein Verrat klar und deutlich als solcher benannt werden muss. Er ist nicht zu beschönigen – nicht zuletzt, um niemanden (absichtlich oder unabsichtlich) zu einem solchen anzustiften.
Eminenz bezeichnete den verstorbenen Bundespräsidenten aber unverständlicherweise als „leidenschaftlichen Patrioten“. Die Gesamtaussage des Klestil-Begräbnisses ist daher klar: Die Kirche, oder wenigstens einer ihrer Kardinäle, solidarisiert sich mit einem Staatsoberhaupt, das der eigenen Regierung in den Rücken gefallen und ausländischen Interventionen nicht entgegengetreten ist. Eine desaströse Optik. Eine moralische Schwächung für alle politisch Tätigen, die sich um eine geradlinige patriotische Politik bemühen.
Ärgerlich ist auch, dass die kirchliche Regie des Requiems durch die Sitzordnung von (geschiedener) Ehefrau und Zweitfrau zu erkennen gab, dass ihr die Verteidigung des Ehebandes offensichtlich kein Anliegen ist. Von der Optik her muss das als moralische Schwächung aller, die sich in schwierigen Situationen um den Erhalt ihrer Ehe bemühen, gewertet werden.
Nach dem Wahlsieg der SPÖ bei der Landtagswahl in Salzburg und der Bildung einer Koalition mit der ÖVP im Jahr 2004 wurde umgehend beschlossen, am St. Johanns-Spital (Landeskrankenhaus) eine Abtreibungsmöglichkeit einzuführen. Hatte Frau Landesrätin Doraja Eberle noch angekündigt, die ÖVP werde im Fall dieser Maßnahme die Koalition verlassen, so wurde diese Ankündigung nie wahrgemacht. Der Verein Jugend für das Leben dagegen hat sich in einer aufsehenerregenden Postwurfaktion in der Adventzeit 2004 an die Bevölkerung gewandt und das mörderische Vorhaben scharf kritisiert. Der Dolchstoß von Eminenz Schönborn ließ nicht lange auf sich warten und er distanzierte sich zweimal von den tapferen jungen Leuten (http://religionv1.orf.at/projekt02/news/0412/ne041223_schoenborn_fr.htm). Sogar das Patrozinium des Erzmärtyrers Stephanus im Stephansdom wurde von Eminenz zu diesem Verrat missbraucht. Das wurde natürlich auch international bekannt und stieß auf Konsternation (http://www.cardinalrating.com/cardinal_97__article_630.htm).
Etwa fünf Jahre später wurde Jugend für das Leben übrigens von der SPÖ wegen einer weiteren Postwurfkampagne zur Wahl 2009 geklagt. Diese verlor aber den Prozess. (http://www.youthforlife.net/detail.php?id=699) In Zeiten politisierter Staatsanwaltschaften und Justizbehörden ist das als Wunder zu werten. (http://www.krone.at/Oesterreich/Salzburger_SPOe_verliert_gegen_Abtreibungsgegner-Parodie_legal-Story-221788)
Schließlich griff Kardinal Schönborn – gegen alle Usancen in der II. Republik – anlässlich der Wahl zum Europäischen Parlament 2009 direkt und ausdrücklich in den Wahlkampf ein, als er sich gegen (!) den FPÖ-Slogan „Abendland in Christenhand“ aussprach – und zwar während des Hochamtes zu Christi Himmelfahrt im Stephansdom http://diepresse.com/home/politik/eu/481151/Kardinal-Schoenborn-liest-Strache-die-Leviten.
Aufgrund dieser gespenstischen Bilanz stellt sich die bange Frage: Für wen arbeitet Eminenz eigentlich?
Es ist eine Lebenslüge: Der Kardinal handelt nicht so, wie er handeln sollte. Er sagt nicht das, was er als Hirte der Kirche und hochgebildeter Theologe sagen sollte.
Im Zusammenhang mit der „Nächstenliebe“-Kampagne der FPÖ hätte Eminenz z.B. sagen können, dass er froh ist, daß eine (säkulare) Partei das zentrale christliche Gebot in den politischen Diskurs einbringt. Er hätte sagen können, dass weder die Erzdiözese Wien noch die Caritas ein Monopol auf „Nächstenliebe“ haben und dass es in der Politik eben eine gewisse Autonomie gibt (s. o.).
Er hätte sagen können, dass etwa der Apostel Paulus zu einer Differenzierung der Nächstenliebe aufruft: „Deshalb wollen wir, solange wir noch Zeit haben, allen Menschen Gutes tun, besonders aber denen, die mit uns im Glauben verbunden sind“ (Gal 6, 10).
Er hätte sagen können, dass die Verpflichtung zur Nächstenliebe selbstverständlich auch für die Herren Flüchtlinge, für „Migranten“, für Scheinasylanten, Drogendealer, Schlägerbanden und Messerstecher gilt. Auch sie haben sich gegenüber der angestammten Bevölkerung und gegenüber anderen Einwanderergruppen mit Wohlwollen zu verhalten. Was an sich ohnehin selbstverständlich wäre – wenn da nicht die „doppelten Standards“ wären, die man gewissen Bevölkerungsgruppen stillschweigend konzediert.
Kardinal Schönborn hätte sagen können, dass sowohl auf der individualethischen als auch auf der sozialethischen Ebene die Lehre von der „Ordnung der Liebe“ (ordo amoris) gilt, wie sie exemplarisch der hl. Augustinus entwickelt hat – gesunde Vaterlandsliebe mit eingeschlossen. Schönborn hätte daher nur den von ihm selbst (!) endredigierten Katechismus der Katholischen Kirche zitieren müssen:
„Pflicht der Bürger ist es, gemeinsam mit den Behörden im Geist der Wahrheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit zum Wohl der Gesellschaft beizutragen. Die Heimatliebe und der Einsatz für das Vaterland sind Dankespflichten und entsprechen der Ordnung der Liebe“ (KKK 2239).
Und in Bezug auf die Einwanderung heißt es dort:
„Die politischen Autoritäten dürfen im Hinblick auf das Gemeinwohl, für das sie verantwortlich sind, die Ausübung des Einwanderungsrechtes verschiedenen gesetzlichen Bedingungen unterstellen und verlangen, dass die Einwanderer ihren Verpflichtungen gegenüber dem Gastland nachkommen. Der Einwanderer ist verpflichtet, das materielle und geistige Erbe seines Gastlandes dankbar zu achten, dessen Gesetzen zu gehorchen und die Lasten mitzutragen“ (KKK 2241).
Man muss kein Theologe sein, um mit dem Licht der Vernunft („Hausverstand“) zu erkennen, dass unser Einsatz zunächst dem Wohl der Strukturen und ihrer Angehörigen gilt, die uns nun einmal näher sind: Dorf oder Stadtteil, Stadt, Bundesland, Kanton oder Region, Staat. Das heißt, dass ein Politiker sich um die legitimen Anliegen der ihm anvertrauten Menschen kümmern muss, ein österreichischer eben um die Anliegen der Österreicher. Betreibt er die Anliegen anderer, fremder oder gar feindlicher Mächte, spricht man von „Vertrauensbruch“ oder gar „Verrat“. Insofern war das Volksbegehren „Österreich zuerst“ von 1993 selbstverständlich legitim, das lächerliche „Lichtermeer“ dagegen eine Vorspiegelung moralischer Überlegenheit mit suggestiv-erpresserischer Tendenz.
Es gibt, wie gesagt, eine Rangordnung in der Nächstenliebe. Denn die Nächstenliebe ist konkret. Eine Übernächsten- oder Fernstenliebe bleibt im individualethischen Bereich immer wirkungslos. Das Gerede von „europäischer“ oder gar „globaler Verantwortung” ist daher im sozialethischen Bereich sogar gefährlich. Jeder Politiker ist für seinen Bereich verantwortlich. Internationale Zusammenarbeit kann löblich sein, vorausgesetzt, alle Beteiligten sind guten Willens. Auf keinen Fall impliziert „Zusammenarbeit“ die Aufgabe von Souveränitätsrechten und die Auflösung der Nationen und Völker in übergeordnete und zunehmend diktatorische Gebilde. Was man zu diesem Thema vom österreichischen und deutschen Episkopat in der letzten Zeit hört, lässt einem die Grausbirnen aufsteigen (etwa die abwegigen Aussagen des Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, zum Euro und zur Partei „Alternative für Deutschland“ (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/erzbischof-zollitsch-gegen-afd-eine-wahlempfehlung-12536094.html). Diese Bischöfe haben hier nicht die Autorität der katholischen Soziallehre hinter sich.
Ein Staat und dessen Bevölkerung sind, wie oben gesagt, selbstverständlich berechtigt, bei der Aufnahme von Flüchtlingen auszuwählen. Es kann nicht hingenommen werden, dass einem Staat mit christlicher Mehrheitsbevölkerung die Bevorzugung christlicher Flüchtlinge verwehrt werden soll. Westliche Mächte haben jihadistische Gruppen zum Krieg gegen die legitime syrische Regierung angestachelt und ausgerüstet. Dabei wurde eine Christenverfolgung ungeahnten Ausmaßes fahrlässig oder bewusst in Kauf genommen: Das Beispiel Irak war ja bekannt.
Syrien ist – bei allem Kritikwürdigen – ein Land, das für arabisch-islamische Verhältnisse Minderheiten umfassend schützt und aufgrund einer säkularen Rechtsordnung Christen nicht als Dhimmis prinzipiell von der politischen Partizipation ausschließt (wenigstens weitgehend). Das wurde von außen bewusst zerstört. Die österreichische Bundesregierung muss unmissverständlich klarmachen, dass sich Flüchtlinge islamischen Bekenntnisses an islamische Aufnahmeländer wenden mögen. Es kann nicht sein, dass durch den Import von Jihadisten aus aller Herren Länder hierzulande genau dieselben Zustände entstehen, vor denen die Menschen in ihren Heimatländern geflohen sind.
Sollen z. B Flüchtlinge aus der mehrheitlich katholisch-melkitischen Stadt Maaloula http://katholisches.info/2013/09/06/nach-islamisten-ueberall-sind-christen-von-maalula-auf-der-flucht-dschihadisten-reissen-kreuze-von-klosterkuppeln/ in Österreich denselben Jihadisten begegnen (http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1448843/Zehn-SyrienKaempfer-in-Oesterreich-gelandet?from=suche.intern.portal), denen sie mit knapper Not entkommen sind?
Einer Destabilisierung Österreichs und Europas ist im Interesse aller, der angestammten Bevölkerung als auch der Schutzsuchenden, unbedingt entgegenzutreten.
MMag. Wolfram Schrems, Linz und Wien, katholischer Theologe und Philosoph, kirchlich gesendeter Katechist. Umfangreiche Vortrags- und Publikationstätigkeit.
Eine kritische Analyse der österreichischen Gesundheitspolitik führt gleich zu mehreren hochriskanten Folgen: Erstens zu Schock über den planwirtschaftlichen Murks, den uns die Politik (Bund, Länder, Sozialversicherungen) als gelungene Reform verkaufen will. Zweitens zu Schock über alles, was da seit Jahren strukturell falsch läuft. Und drittens zu Schock über jene einschneidenden Maßnahmen, die alleine eine sinnvolle Therapie wären.
(eine grundsätzliche Analyse, nichts für eilige Leser).
Zu Beginn zwei persönliche Anekdoten. Erstens jene von meiner Entlassung aus dem Spital. Mein Internist fand nach zwei Nächten sehr beruhigende Worte für mich. Diese Beruhigung endete jedoch abrupt, als ich seinen schriftlichen Bericht las. Dessen Lektüre veranlasste mich zur panischen Anfrage: "Wie lange habe ich denn noch zu leben, da ich jetzt die ganze Wahrheit gelesen habe?" Die Antwort des Arztes: „Aber Nein, das ist ja nur für die Versicherung.“
Ein anderes Erlebnis spielte auf einer orthopädischen Station, als ich mich wie bestellt zu einer Meniskus-Athroskopie meldete. Die erste Frage an der Abteilungs-Rezeption war: „Ambulant?“ Ich reagierte ziemlich erstaunt, denn ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht, dass das auch ambulant möglich ist. Ergebnis: Bis zu meiner Entlassung behielt man den mit einer Zusatzversicherung versehenen Patienten Unterberger schließlich fünf Nächte stationär in jener Abteilung. Dabei hatte es keinerlei Komplikationen rund um den Eingriff gegeben. Dafür wurde ich dann auch noch von einem Schlaflabor-Experten beglückt, der meinen ganzen Körper so verkabelte, dass ich keine Minute ein Auge zumachen konnte. Dabei hatte ich nur gesagt, ich schlafe manchmal schlecht, wenn ich am nächsten Tag einen Vortrag habe. aber es zahlt ja eh alles die Allgemeinheit, also scheinbar niemand.
Natürlich weiß ich: Persönliche Erlebnisse können zwar Symptome zeigen, sind aber noch keine Gesamtanalyse eines zentralen Bereichs der Gesellschaft, den ich hier versuchen möchte. Meine Sichtweise ist dabei eine mehrfache:
Verfolgt man die politischen und medialen Äußerungen des letzten Jahres zur Gesundheitspolitik, dann wird einem die Überzeugung vermittelt: Die Gesundheitspolitik sei am Ziel angekommen; die Finanzierungsprobleme seien gelöst; und man müsse nur noch nachdenken, für welche neuen Aufgaben man jetzt das reichlich vorhandene Geld ausgeben wird.
Der erstaunliche kommunikative Konsens rund um die Gesundheitspolitik wurde nur zeitweilig von Ärztekammervertretern gestört. Die waren freilich nie imstande, sich konsistent zu äußern. Das Donnern der Faust auf den Tisch, Vergleiche der elektronischen Gesundheitsakte Elga mit Auschwitz und Streikaktionen wechselten abrupt mit offenbar zufriedenem Schweigen. Ohne strategische wie inhaltliche Konsistenz und Strategie hat man aber im 21. Jahrhundert in einer kompliziert gewordenen Gesellschaft keine Positionierungs-Chance.
Aber das ist primär das Problem der offensichtlich uneinigen Ärzteschaft.
Hier geht es jedoch um eine ordnungspolitische Sicht auf die Gesundheitspolitik. Die ich ohne hybriden Anspruch eines Gesamtkonzeptes einfach in einigen Überlegungen aufgliedere. Das jetzige Gesundheitssystem hat viele Fehler, die zwar großteils bekannt sind, von denen aber kaum einer durch die groß bejubelte Reform wirklich gelöst wird:
Jetzt aber zur sogenannten Reform: Wenn die letzten Beschlüsse von Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungen und Sozialpartnern wirklich zu einer effizienteren, billigeren und menschlicheren medizinischen Versorgung führen sollten, dann wäre das eine absolute Premiere: Dann würde zum ersten Mal in der Geschichte noch mehr Planwirtschaft statt Eigenverantwortung und Freiheit zu irgendeinem Fortschritt führen.
Die Erfahrung lässt jedoch statt dessen mit einem weiteren Verlust an Effizienz und Menschlichkeit rechnen. Die Politik und die Planer scheitern in allen Ländern derzeit daran, auch nur einen neuen Flughafen zu planen oder ein neues Konzertgebäude. Oder in Salzburg binnen weniger Wochen festzustellen, wie viele Schulden das Land eigentlich hat. Und da wollen uns Politik und Bürokratie allen Ernstes einreden, ein komplett neues Gesundheitssystem planen und administrieren zu können?
In Wahrheit muss es einen doch vor Entsetzen beuteln, wenn uns ein „Bundeszielsteuerungsvertrag“ und neun dann folgende Landesverträge als Wunderdroge verkauft werden. Oder wenn man ernstlich glaubt, heute – also schon vor Abschluss dieser Verträge! – ein „Dämpfungsvolumen“ von 3,4 Milliarden Euro bis 2016 verkünden zu können. Das erinnert stark daran, dass man uns ja derzeit auch weismachen will, dass es 2016 mit Sicherheit das letzte Budgetdefizit geben werde. Wie oft haben wir das freilich in den letzten Jahrzehnten schon jeweils für andere Zeitpunkte gehört?
Was heißt eigentlich „Zielsteuerung“? Heißt es wörtlich, dass man die Ziele beliebig verändern kann? Derzeit gibt es jedenfalls neun Ziele, die miteinander ungeordnet ohne Hierarchie konkurrieren sollen. Aber auch die jetzt scheinbar friedlich zusammengeschweißten Akteure, die Zahler, die Opfer wie die zahllosen Lobbies haben weiterhin völlig unterschiedliche Ziele und Motive.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn Ambulanzen, wie versprochen, noch besser werden, ist das ökonomisch schlecht im Gesamtsystem. Denn dann werden noch mehr Patienten in Ambulanzen statt Ordinationen gehen.
Man hat die Absurdität einer rein politisch-bürokratischen Regelung der Gesundheitsausgaben ja erst im Frühjahr rund ums Thema Hüfte gesehen. Sobald die Öffentlichkeit auch nur glaubt, dass irgendeine „Kostendämpfung“ die vermeintlich oder wirklich beste Therapie limitiert, beginnt politischer und medialer Druck, bis dann alle unisono verkünden: Nein, natürlich war das nicht so gemeint. Selbstverständlich bekommt jeder unbegrenzt die beste Therapie. Auch wenn er sie gar nicht braucht.
Fassungslos macht, dass bei den zahllosen Reformgesprächen neben den nur teilweise beigezogenen Ärzten, die aber zumindest viel faktische Macht haben, eine Gruppe völlig ausgeschlossen geblieben ist. Offenbar weil zu unbedeutend. Das sind die Patienten. Zwar machen sich viele zu ihren Sprechern. Aber alle angeblichen Patienten-Vertreter haben in Wahrheit ganz andere Eigeninteressen.
Eine Stärkung der Rechte der Patienten als eigentliche und einzige Kunden des Gesundheitssystems ist in einer entwickelten Demokratie jedoch unverzichtbar. Sie wird auch angesichts der für zentralistische Planer völlig unüberschaubaren Individualbedürfnisse und insbesondere angesichts des bevorstehenden europaweiten Finanzkollapses unumgänglich sein.
Statt Patientenrechte zu verstärken, will die Politik nun von oben her „Best Points of Service“ dekretieren. Ohne zu begreifen, dass sich Menschen, so wie das Wasser, immer ihre eigenen Wege suchen. Egal was dekretiert ist.
Zur Stärkung der Patientenrechte und zur gleichzeitigen Sanierung des Gesundheitssystems gibt es in Wahrheit nur zwei Wege, die durchaus auch additiv gegangen werden können. Der eine Weg ist, den Bürgern die Wahl zwischen mehreren möglichen Krankenversicherungen zu geben. Dadurch entstünde Wettbewerb und Patientenorientierung bei den Kassen.
Das ständige Gegenargument „Was ist mit den schlechten Risken, also insbesondere chronischen Patienten?“ lässt sich wie bei den Autoversicherungen durch Zwangskontrakte leicht lösen. Da bekommen ja auch unfallfreudige Fahrer eine Kaskoversicherung.
Die zweite mögliche Stärkung der Rolle des Patienten besteht darin, dass sie bei einer Senkung der Sozialversicherungsbeiträge einen zumindest kleinen Teil jeder Behandlung, jeder Medikation selbst in Form eines Selbstbehalts zahlen müssten. In diesem Fall würden sie automatisch viel häufiger fragen als jetzt, ob diese oder jene Behandlung wirklich sinnvoll ist. Dann würde aber auch bei den allermeisten Ärzten ein Umdenken einsetzen.
Denn viele Menschen – und auch Ärzte sind Menschen! – sind nämlich bereit, eine anonyme Allgemeinheit, egal ob Staat oder Privatfirma, ohne sonderliche Gewissensbisse zu schädigen. Sie sind aber viel weniger bereit, einen unmittelbar vor ihnen sitzenden oder liegenden Patienten mit überflüssigen Kosten zu belasten. Wenn der Satz „Zahlt eh die Krankenkassa“ aus unserem Repertoire verschwunden ist, dann wird sich mit Sicherheit im Gesundheitssystem mehr ändern als durch noch so viele papierene Fünfjahrespläne.
Eine stärkere Eigenverantwortung der potentiellen Patienten bei den Behandlungskosten würde mit Sicherheit die noch viel wichtigere Eigenverantwortung auch in Hinblick auf eine gesündere Lebensweise erhöhen. Dabei geht es um ein generelles Umdenken. Viel mehr und verständlich kommunizierte Aufklärung ist dabei aber jedenfalls zentral. Das zeigt etwa die enge Korrelation zwischen Bildung und Gesundheit. Wissen erhält länger gesund. Wissen kann aber natürlich nicht so hergestellt werden, dass man jetzt einfach jedem eine Matura oder einen Master schenkt.
Nicht ein Plan, sondern Selbstdisziplin samt einem freiwillig gewählten sozialen Netz erhält gesund. Das zeigt die hohe Lebenserwartung in Klöstern.
Eine notwendige Konsequenz wäre aber auch das Recht, nein: die Pflicht des Systems zu sagen: Bevor du eine neue Hüfte bekommen kannst, muss das Übergewicht weg. Heute und auch nach der Reform suggerieren wir hingegen: Mach was du willst, die Gesellschaft wird eh die gesamte Reparatur zahlen.
Zur Mündigkeit der Patienten gehören auch viel bessere Informationen über medizinische Qualität. Dazu gehören beispielsweise Vergleiche von Operationszahlen und -erfolgen zwischen einzelnen Spitälern. Amtsgeheimnisse, Datenschutz und ähnliches haben da absolut nichts verloren.
Eines der falschesten Argumente kommt bei dieser Diskussion gerne von der Politik: Wenn Selbstbehalte eingeführt werden, dann könnten sich die Armen keine Gesundheitsausgaben mehr leisten. Das hat zu dem verheerenden Prinzip geführt: Gesundheit darf nichts kosten. Was nichts kostet, ist aber auch automatisch in den Augen der Menschen nichts oder wenig wert. Damit wird auch die Eigenverantwortung drastisch reduziert. Die sogenannten oder wirklich Armen wissen ja hingegen auch bei Essen, Fernseher oder Auto, dass sie sich da selber kümmern müssen.
Ich will hier nicht die gesamte Armutsdebatte aufrollen. Aber ein Hinweis sei gestattet: Die statistisch ärmsten Österreicher geben nicht nur relativ, sondern auch in absoluten Euro-Beträgen mehr für Unterhaltungselektronik aus als die Besserverdienenden.
Eine weitere absurde Randerscheinung der Reformdebatte ist, dass die schon jetzt diskriminierten Privatspitäler neuerlich ignoriert worden sind, obwohl sie bei durchaus gleicher Qualität weniger kosten. Weshalb man von ihnen viel lernen könnte.
Genauso ein Tabu ist auch die Frage, ob nicht mehr Geld für altersgerechte Wohnungen wirksamer sind als mehr Geld für das Gesundheits- und Pflegesystem.
Die wirklich fundamentale, aber nie ausdiskutierte Frage ist die philosophische nach dem Menschenbild, nach der Freiheit. Haben Menschen das Recht zu ungesundem Leben? Ich kann das nur bejahen. Anders lässt sich eine freie Gesellschaft außer in extremem Totalitarismus gar nicht vorstellen. Das muss freilich auch subjektive Konsequenzen haben.
Es wäre der Anfang vom Ende jeder Menschlichkeit, wenn der Staat die Menschen auch zu ihrer Gesundheit zwingen wollte. Dann bekommen wir ihn überhaupt nicht mehr aus unserem intimsten Leben hinaus. Von der Zahnputzkontrolle bis zu den Essens- und Alkoholverboten. Ja, die Krankheit und der ja sichere Tod müssen das Risiko des Patienten bleiben, nicht der Politik. Sie sind Teil der Conditio humana.
Manche meinen nun sicher, ich würde zu ökonomisch argumentieren. Aber gerade mit der Medizin und anderen Naturwissenschaften ist die Ökonomie sehr eng vergleichbar: Ihre Regeln und Gesetze gelten ganz unabhängig vom Willen der Menschen. So können ja auch noch so viele blöde Sprüche von Rauchern wie „Ohne Rauch stirbst auch“ den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs, Herzinfarkt sowie etlichen anderen Krankheiten nicht aus der Welt schaffen. So können ja auch Päpste und alle Mächtigen der Erde nicht die Regeln der Astronomie bestimmen, obwohl sie es einst versucht hatten. So wirkt ja auch die Gravitationskraft ganz unabhängig von Beschlüssen der Politik.
Und ganz genauso gelten auch ökonomische Regeln ganz unabhängig von unserer Zustimmung. Wie etwa der millionenfach bewiesene Zusammenhang: „Was nichts kostet, ist in den Augen der Menschen auch nichts wert und wird verschwendet.“ Oder: „Nur wenn man individuell Kosten tragen muss, werden die Kosten beachtet, niemals, wenn die Allgemeinheit sie trägt.“ Oder: „Kostenfolgen haben sich als einzig funktionierender Weg erwiesen, Eigenverantwortung zu tragen.“ Und ebenso: „Wenn wir nichts tun, wird unsere Gesellschaft, unser demokratischer Rechtsstaat in den nächsten 20 Jahren an drei Kostenfaktoren zerschellen: Pensionen, Gesundheit, Pflege.“ (In dieser Reihenfolge)
Ganz anders ist es um juristische Regeln und Gesetze bestellt: Sie können je nach politischer Lust und Laune abgeändert werden. Sie können auch gegen die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten beschlossen werden. Nur führen sie dann regelmäßig zu unerwünschten Folgen: Wenn man etwa Preise unter die Marktkosten limitiert, wird das Produkt aus den Regalen verschwinden; oder Dienstleistungen werden nur noch zu Schwarzmarktpreisen angeboten. Wie es beispielsweise mit vielen Gesundheitsdienstleistungen auf dem Balkan der Fall ist.
Ebenso unsinnig ist der Satz: „Gesundheit ist ein so hohes Gut, das darf doch keine Frage des Geldes sein.“ Wer so spricht, sollte immer auch die Frage beantworten müssen: Ist er etwa bereit, umsonst im Dienste der Gesundheit anderer zu werken? Das sind eben nur ganz wenige. Lobenswert, aber völlig unzureichend.
Auch das immer so gern bemühte Prinzip der Gerechtigkeit spricht gegen die gegenwärtige Form der Gratismedizin. Es ist ja zweifellos absolut ungerecht, wenn diszipliniert lebende Menschen ohne Bremse und Limit die statistisch viel höheren Gesundheitsausgaben für Raucher, für Übergewichtige, für bewegungsaverse Couch-Potatoes, für Risikosportler tragen müssen.
Das waren einige Anmerkungen über einige gesundheitspolitische, ethische und ökonomischeZusammenhänge. Dahinter steht zwar eine klare ordnungspolitische Idee, aber sicher nicht die Anmutung, ein neues Gesamtkonzept zu haben. Mir ist im Gegenteil jeder unheimlich, der behauptet, ein solches zu haben.
Ich bin mir auch keineswegs sicher, dass das wohl unvermeidliche Scheitern von Reform wie Praxis automatisch zu mehr Vernunft führen wird. Das Wissen um die Rolle von Eigenverantwortung, um die genannten Zusammenhänge ist nämlich europaweit nicht gerade im Steigen.
Daher ist es auch durchaus möglich,
Aber in einem bin ich mir sicher: Wenn ein Gesundheitssystem funktionieren soll, dann kann es nur in einer Verbindung der Gesetzmäßigkeiten von Ökonomie UND Medizin bestehen. Je mehr hingegen Politik und damit Populismus, Gesetze und Gerichte mitspielen und überregulieren, umso schlechter werden die Dinge funktionieren.
(Diese Ausführungen fassen zusammen, was ich in teilweisen Passagen in der medizinischen Zeitschrift „Spectrum Urologie“, in der „Academia“ sowie in einem Vortrag vor Ärzten formuliert habe)
Natürlich: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Schon gar nicht im Rot-Grün-Funk. Und besonders dann, wenn der Bundeskanzler diskutiert. Dann wird von den Karmasin-Meinungsforschern halt einfach schon eine Stunde vor Beginn seines Auftritts das Ergebnis erhoben. Sicher ist sicher.
Am Montag um 19 Uhr 14 Minuten trudelten die Karmasin-Mails bereits bei den zu Befragenden ein: „Haben Sie die TV-Konfrontation in ORF 2 am 9.9. um 20:15 zwischen Werner Faymann und Eva Glawischnig gesehen?“ Da hätte die Quote eigentlich null sein müssen, denn da wäre „nein“ die einzig ehrliche Antwort gewesen. Aber Zeit ist eben relativ, absolut ist nur die Meinung von Armin Wolf. Der ZiB 2-Moderator sieht ohnehin nur, was er sehen will. Die Verlobungsfeier Faymann – Glawischnig ist ihm zwar entgangen, auch wenn der Normal-Zuseher den Eindruck bekam, dass die beiden sich nur noch nicht geeinigt haben, ob die Vermögenssteuer aber einer ganzen oder schon ab einer halben Million eingehoben wird. Die deutliche Absage von Michael Spindelegger an H. C. Strache hat Wolf hingegen geflissentlich überhört. Er musste schließlich das schwarz-blaue Gespenst weitergeistern lassen. Schließlich hat es die SPÖ zum einzigen Inhalt neben Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer erkoren.
Das nächste Mal, wenn Sie die Frauenministerin Heinisch-Hosek im ORF bewundern, dürfen Sie stolz sein. Ihr großartiges Auftreten hat sie nämlich uns allen zu verdanken. Denn für gezählte 79.836 Steuer-Euro hat sie sich coachen und für ihre Medienauftritte trainieren lassen. Ist doch jeden Cent wert.
Aber die gute Frau Minister hat auch was für ihr internationales Auftreten getan. Für weitere 3.996 Steuer-Euro ließ sie sich - unentbehrlich, wie sie nun einmal ist - in ihren Amtsräumen Englisch beibringen.
Wie billig gab’s doch der Bundeskanzler dagegen! Der hatte ja auch Zeit, außer Haus zu gehen zur Weiterbildung.
Werner Faymann verrechnete dem Steuerzahler fürs Stopfen seiner Bildungslücken nur 762,50 Euro. Die durften wir für einen Englischkurs am Cambridge Institute Wien, Dolphin Unit 15 – 18, berappen.
Das ist aber jetzt wirklich was.
Denn auf der Homepage des Cambridge Institutes findet sich folgendes Versprechen:
„Nach Beendigung des achtzehnten Unit besitzen Sie die Fähigkeit, sich fließend in Englisch zu unterhalten. Sie werden an jeder Konversation teilnehmen können und die englischen Medien (z.B. Zeitungen, TV, Radio) verstehen.“
Jetzt ist er also perfekt, der Kanzler! Zumindest in englischer Konversation und Zeitungslektüre. Fließend. Wer fragt da noch nach einem Matura-Zeugnis?
Es steht wirklich jedem frei, was er mit seinem eigenen Geld macht. Sich eine Partei zuzulegen und in die Politik eingreifen zu wollen, kann ein Hobby sein - wenn auch ein sehr teures. Die Macht werden sich die reichen Herren aber nur nehmen können, wenn es ihnen der Wähler erlaubt. So funktioniert Demokratie eben. Wie hingegen die milliardenschwere Eva Dichand mit unserem Geld Politik macht, wäre in einer funktionierenden Demokratie längst als Korruptions-Skandal gebrandmarkt und beseitigt worden. Nicht bei uns: Da darf sie nach noch mehr greifen.
Frank Stronachs Credo ist längst ein geflügeltes Wort: Wer das Gold hat, macht die Regeln. In langsamer Selbstdemontage bei jedem seiner, gelinde gesagt, skurrilen Fernseh-Auftritte hat er es nun geschafft, dass nicht einmal mehr die Team-Mitglieder sich an diese Regel halten wollen: Bei seiner Forderung der Wiedereinführung der Todesstrafe gehen sie nicht mehr mit. Und trotzdem: Sogar wenn er die Aufmüpfigen deshalb hinauskippt - sein Motto kann er in seinen eigenen Reihen nach Belieben durchsetzen. Aber sicher nicht in der Republik.
Weniger auf dem Bankkonto hat zwar der frühere Heide-Schmidt-Mitstreiter Hans Peter Haselsteiner, aber auch bei ihm ist das Hobby die Politik. Die „Liberalen“ profitierten lange davon, 2006 auch die SPÖ. Damals ließ es sich Haselsteiner ein hübsches Sümmchen kosten, dass das LIF, das es schon sieben Jahre nicht mehr aus eigener Kraft in den Nationalrat geschafft hatte, endlich wieder ein Mandat erhielt – in einem „Wahlbündnis“ eines von der SPÖ. Die Freude war kurz – der Mandatar Alexander Zach stolperte über dunkle Geschäfte, die er für Haselsteiner in Ungarn erledigt hatte. Und schon saß wieder ein SP-Abgeordneter auf dem rot-hellblauen Sitz.
Diesmal finanziert der Strabag-Pensionist also die Neos und dafür stellt ihn die Neupartei, die ein Angebot für die Jungen sein will, mit seinen stolzen 70 als ihren Ministerkandidaten auf. Motto: Wer das Gold gibt, kriegt den besten Job (nun ja, zumindest in der grauen Theorie der pinken Gruppierung).
Noch einmal: Jedem steht frei, mit seinen eigenen Millionen zu machen, was er will.
Ein Skandal, den sich hingegen keine Demokratie leisten dürfte, ist aber das, was Eva Dichand ungeniert kund tut. Österreich, befindet die Herausgeberin der Gratispostille „heute“, sei überdemokratisiert. Und damit werde sie jetzt aufräumen. Mit mächtigen Kampagnen ihres Blatts.
In der Bildungsdebatte geht nichts weiter? Also wird „heute“ ab morgen in Kampagnen alles durchsetzen, was es will. Wir werden uns noch nach gestern sehnen.
Mit aberhunderten Steuermillionen kaufen sich jetzt schon die Polit-Giganten von Faymann bis Häupl freundliche Berichterstattung in dem Krawall-Blatt. Und so könnte man die Dichand-Drohung auch als Abwandlung des Gold-Regel-Credos von Frank Stronach verstehen. Im Fall der Boulevard-Zarin würde das dann so lauten: „Wer das Steuer-Gold stiehlt, der nimmt sich auch die Macht.“
Es könnte natürlich auch nichts anderes sein, als die öffentliche Ankündigung von Frau Dichand, dass sich ihr Preis erhöht hat. Nun werden die willfährigen Herren halt noch einiges von unserem Steuergeld drauflegen müssen – dann kriegen sie ganze Kampagnen.
Und dann ist Österreich endlich nicht mehr überdemokratisiert. Sondern von Eva Dichand regiert.
Da soll bitte niemand von italienischen Verhältnissen reden: Silvio Berlusconi hat sich immer Wahlen gestellt.
Von Wahlkabine bis Politikkabine: Hilfe für seine Wahlentscheidung bekommt der suchende Wähler weder da noch dort. In beiden angeblichen Entscheidungshilfs-Plattformen im Internet finden sich zwar viele seltsame Fragen zu abseitigen Themen, während jedoch fast alles, was wichtig ist, weggelassen worden ist.
Das einzige, was die von den Parteien selbst bezogenen Ja-Nein-Positionen zeigen: Das ist die innere Nähe unter den Linksparteien wie auch unter den Rechtsparteien. Für diese Erkenntnis braucht es aber keinen aufwendigen Internet-Test. Interessant sind da höchstens zwei kleine Details (die aber natürlich auch längst bekannt sind):
Der Rest sind fast nur Ärgernisse. Während die „Wahlkabine“ wenigstens noch deutsch kommuniziert, spricht die Politikkabine politisch korrektes Genderistisch. Dort gibt’s nur noch „KANDIDATINNEN“.
Völlig fassungslos wird man, wenn man etwa in beiden Plattformen zwar eine Frage nach dem Jugendgerichtshof findet. Hingegen wird weder da noch dort nach Gesamtschule oder Ganztagsschule gefragt. Dabei gehe ich jede Wette ein, dass für mindestens 95 Prozent der Österreicher diese beiden Schulthemen relevanter, wichtiger und interessanter sind als die Frage nach der Gerichtsorganisation.
Die Schaffung eines neuen Gerichtshofs interessiert in Wahrheit höchstens drei Mini-Gruppen: Fünfeinhalb linke Strafjuristen, die prinzipiell alles, was schwarz-blau abgeschafft haben, wieder einführen wollen; jene, die hoffen, dass es dann einen weiteren, gut bezahlten Posten als Gerichtspräsident gibt; und schließlich die ideologischen Gesellschaftsveränderer, die hoffen, dass dann noch weniger Jugendliche verurteilt werden.
Eine Fülle solcher Beispiele zeigt wieder einmal: Gerade jene beiden Gruppen, die sich wahnsinnig gerne als Repräsentanten der öffentlichen Meinung ausgeben, haben von dieser keine Ahnung. Die Fragen der einen Plattform waren von Politologen gestaltet worden, die der anderen von Journalisten einiger Tageszeitungen.
Dabei zeigen sich ohnedies kaum Grenzen zwischen diesen beiden Gruppen. So fragt ausgerechnet die journalistische Plattform nach einem Thema, das ausschließlich die absolvierten Politologen interessiert: Soll Politische Bildung als Schulfach eingeführt werden? Das ist seit langem ein Wunsch der Politologen-Lobby, die sich dadurch viele Jobs für die Absolventen ihres weitgehend perspektiven- und qualitätslosen Studiums erhoffen. Sonst braucht und wünscht sich das aber niemand.
Ansonsten nehmen sich solche Fragebögen wie Briefe ans Christkind aus. Bei keiner einzigen Frage wird etwa das in Wahrheit entscheidende Kostenthema angesprochen.
Staatsverschuldung? Privatisierung? Gesetzesflut? Verwaltungsreform? Einsparungen? Griechenlandhilfe? Euro-Zukunft? Stabilitätsmechanismus? Rettung von Banken statt Abwicklung? Alles unwichtig.
Dafür finden sich etwa bei der Zeitungs-Kabine die mir auch beim dritten Durchlesen nicht wirklich verständliche Frage: „Sollen die nichtkommerzielle Verbreitung und Nutzung von digitalen Daten als Grundrecht verankert werden?“ Offenbar dürfte es da um das von den Piraten verlangte Recht auf elektronischen Diebstahl gehen, das die Fragebogenschreiber nun sogar in der Verfassung ansiedeln wollen.
Auch sonst findet sich eine Reihe von Orchideenthemen. Etwa das grüne: „Sollen Einkaufstaschen aus Plastik besteuert werden?“
Interessant ist höchstens, wie sich die Parteien in diesem Ja-Nein-Schema selbst positionieren. Da finden sich etwa bei der SPÖ seltsame Widersprüche zwischen ihrer konkreten Politik und jenen Positionen, auf die sich die Partei bei den Angaben zur Politikkabine selbst festgelegt hat: „Sollen die Staatsanwälte in Österreich weisungsfrei gestellt werden?!“ Die SPÖ sagt „Nein“, ihr Justizsprecher hat jedoch immer wieder „Ja“ gesagt. Erstaunlich ist auch das Fragebogen-„Nein“ der SPÖ zu der längst (auch via EU) von ihr mitbeschlossenen Vorratsdatenspeicherung. Oder ihr Nein zu: „Sollen zehn Prozent der Wahlberechtigten (rund 650.000 Personen) mittels Unterschrift eine Volksabstimmung über ein Gesetz verlangen können?“ Hat doch die SPÖ erst vor kurzem in der Regierung einem solchen Gesetzesentwurf zugestimmt. Was gilt da nun?
Wer also glaubt, durch solche Internet-Spielereien bei der – diesmal zweifellos besonders schwierigen – Wahl-Entscheidung irgendeine Hilfe zu erhalten, der ist leider völlig auf dem Holzweg.
PS: Wenn Journalisten und Politologen einmal wirklich sinnvolle Fragebögen erstellen wollen, dann müssten sie dreierlei tun: Sie müssten sich erstens zumindest zehn Mal so viele Mühe und Zeit wie bisher für die Ausarbeitung nehmen; sie müssten zweitens endlich versuchen, sich in die Wähler und deren Prioritäten hineinzudenken; und sie müssten drittens von den Meinungsforschern lernen, die vor ein paar Jahrzehnten ähnlich amateurhaft angefangen haben, die aber seither durch bitteres Lehrgeld doch etliches dazugelernt haben. Wahlentscheidungen sollten halt nun einmal wichtiger sein als bloße elektronische Spielereien.
Der von den Medien zum SP-Star hoch gejubelte Darabos-Nachfolger Gerald Klug will endlich in der Welt-Liga mitspielen - mit Briefen. Eine gute alte Tradition in seiner Partei. Immer anbiedern an die Mächtigen der kleinen (österreichischen) und der großen Welt. Werner Faymann und Alfred Gusenbauer wandten sich einst brieflich und untertänig an Hans Dichand. Das blieb wenigstens unter uns. Klug schreibt hingegen gleich an Barack Obama. Ob der Wichtigkeit Österreichs wird das dann wohl auch unter uns bleiben. Hoffentlich.
Österreich kann Chemie-Experten nach Syrien schicken, schreibt Herr Klug. Unter zwei Bedingungen: Dass es ein UNO-Mandat gibt und dass „vor Ort die Waffen schweigen“. Wunderbar: Offensichtlich ist dem klugen Herrn Klug entgangen, dass auch beim G20-Treffen ein Gleichschritt der Welt in der Syrien-Politik nicht zu erreichen war – da wird die Aussicht, dass Österreich, das gerade fluchtartig den Golan verlassen hat (weil die Waffen eben nicht schweigen), den großen Umschwung bringen. Großmannssucht nennt man das, was Herr Klug zu Papier gebracht hat. In der Welt draußen wird niemand wissen, dass in Österreich Wahlkampf ist – bekanntlich die Zeit der fokussierten Unintelligenz (© Michael Häupl). Also wird man es schlicht als das verstehen, was es ist: Österreich macht sich selbst zur Lachnummer. Zum Weinen.
Historisch hat es Steuern, soweit die Geschichtsforschung reicht, immer gegeben. Das waren beispielsweise Wegesteuern, Mauten oder Zölle. Das waren Kopfsteuern, wo jeder gleich viel zahlen musste. Besonders interessant sind zwei Steuerprinzipien, auf die man quer durch die Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende, trifft. Das eine ist der sogenannte Zehent. Das heißt nichts anderes als eine zehnprozentige Abgabe. Es gibt eine Reihe von Quellen, die sich maßlos über diesen Zehent als viel zu hoch erregen, den einst auch die Kirche mancherorts vorgeschrieben hat. Man kann das natürlich tadeln, denn heute ist die Kirchensteuer viel geringer. Nur vergisst man dabei: Die Kirche, Klöster und andere religiöse Einrichtungen hatten viele Jahrhunderte lang allein die gesamte Funktion des heutigen Sozialstaates getragen. Der Kaiser und der Adel, also die politische Macht, haben sich hingegen fast nie um Krankheit, finanzielle Not oder Altersversorgung gekümmert. Das war Aufgabe der Kirche und wurde mit diesem Zehent finanziert, der in dieser Sicht im Vergleich zur Gegenwart gar nicht hoch erscheint.
(Das ist eine etwas längere, grundsätzliche Analyse, also nichts für flüchtige Leser)
Das zweite Steuer-Prinzip war noch viel verbreiteter, auch wenn der Ausdruck jünger ist: Durch Jahrhunderte und Jahrtausende gibt es nämlich schon eine „Flat Tax“. Das heißt: Der Prozentsatz der abzukassierenden Steuer steigt nicht, wenn man mehr verdient, sondern er ist über alle Einkommensstufen völlig gleich. Das ist keineswegs eine neue Erfindung, auch wenn heute schon der Gedanke daran als ein politisch unkorrekter Tabubruch wirkt. Übrigens war auch der fixe Prozentsatz des kirchlichen Zehents eine Flat Tax.
Erst im 19. Jahrhundert hat man mit der Einführung progressiver Steuern begonnen. Die heute wichtigsten Steuern, die Einkommensteuern, waren zwar am Beginn des 20. Jahrhunderts schon progressiv – aber sie waren insgesamt im Vergleich zu heute sensationell niedrig. In keinem europäischen Land, über das ich Quellen gefunden habe, hat es damals Spitzensteuersätze gegeben, die einen zweistelligen Prozentsatz ausgemacht hätten. Sie lagen also weit unter 10 Prozent. Im Deutschen Reich etwa ist die Progression von 0,62 Prozent – also weniger als 1 Prozent! – nur bis zum „gigantischen“ Höchstbetrag von 4 Prozent gegangen. Interessanterweise haben die Staaten auch damals trotz dieser niedrigen Steuern ganz gut existiert, und sich mit diesem Geld sogar für Kriege gerüstet.
Noch ein weiterer historischer Rückblick ist hochinteressant. Der Parlamentarismus hat sich zwar über viele Formen und Zwischenstufen entwickelt. Aber die wichtigste Forderung bei der Entstehung fast aller Parlamente war eindeutig das Verlangen der Steuerpflichtigen, durch gewählte Repräsentanten über die Steuereinhebung und den Steuersatz mitzubestimmen. Wenn man hingegen die Arbeit heutiger Parlamente analysiert, dann gehen dort weit mehr als 90 Prozent der parlamentarischen Energien ins Gegenteil hinein, ins Nachdenken, wie man die vorhandenen wie auch die noch nicht vorhandenen, also die erhofften künftigen Steuern ausgibt.
Zwangsläufig ist es schon allein durch diese Veränderung in der Bewusstseinslage der Parlamentarier zu einer ständigen Erhöhung der Abgabenquote gekommen. Die Abgabenquote ist jener Anteil des Einkommens, den der Staat den Menschen wegnimmt. Sei es über Sozialversicherungsbeiträge, sei es über Steuern, sei es über sonstige Abgaben. Alleine in den letzten 40 Jahren haben wir da eine Steigerung von 36 auf 43 Prozent erlebt.
In diesen Jahrzehnten ist tatsächlich auf vielen Gebieten eine Trendwende eingetreten. 1970 gab es in Österreich das Ende der ÖVP-Alleinregierung und der Beginn der SPÖ-Alleinregierung – nur kann dieser fundamentale Regierungswechsel nicht alleine die Ursache jener Wende gewesen sein. Viele Werte, Orientierungen, politische Usancen waren plötzlich auch in anderen Ländern nicht mehr gültig. Der Staat wurde fast überall immer mehr aufgebläht, neue gesellschaftliche Muster griffen um sich, der Wohlfahrtsstaat explodierte, Leistung und Sparsamkeit galten plötzlich als altmodisch. Es fand ein historischer und europaweiter Paradigmenwechsel statt. Der ganze Kontinent erhöhte nicht nur massiv die Abgabenquoten, sondern begann auch noch auf Pump zu leben.
Die erwähnte Steigerung der Abgabenquote von 36 auf 43 Prozent klingt ja relativ harmlos. Viel dramatischer ist die Entwicklung der Staatsschulden seit 1970. Diese haben damals weniger als 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen und sind seither auf über 70 Prozent gestiegen. Dementsprechend ist die jährliche Zinsenlast schon auf acht Milliarden Euro gestiegen.
Das ist wohlgemerkt nur die Zinsenlast, in dem Betrag ist noch keine Rückzahlung auch nur eines einzigen Kredites enthalten. Die Staatsverschuldung hat in Wahrheit so dramatische Folgen angenommen, dass diese eines Tages zum Zusammenbruch der Republik führen können. Zugleich hat sich die Begründung der Kreisky-Androsch-Jahre für die damals in Gang gesetzte (und seither nur eine kurze Periode lang kurzfristig gebremste) Schuldenspirale als haltlos erwiesen: Die Arbeitslosigkeit wurde durch die Schulden nicht reduziert, sondern ist völlig parallel gestiegen.
Österreich, also die Summe von Bund, Ländern und Gemeinden, hat kein Einnahmenproblem, sondern ein riesiges Ausgabenproblem. Das beweist die fast ständige Steigerung der Abgabenquote und die gleichzeitige Zunahme der Verschuldung. Daher ist es eigentlich absurd, über eine weitere Steigerung der Abgabenquote, über neue Steuern auch nur zu diskutieren.
Dennoch hat die Tendenz der Politik, den Menschen immer mehr wegzunehmen und das Geld dann als freigiebige Herrscher irgendwie umzuverteilen, ständig zugenommen. Der allergrößte Teil der Politiker hat, quer durch die Parteien, unter politischer Tätigkeit immer nur das Beschließen von immer mehr Ausgaben verstanden, auch wenn diese großteils nur noch durch Schulden zu finanzieren waren. Im privaten Leben landet man dafür vor dem Strafrichter, die Gesetzgeber haben sich aber selber von der Strafbarkeit für irgendeinen Gesetzesbeschluss befreit. Und sie waren sogar meist stolz auf diese Beschlüsse.
Lediglich in einer einzigen Periode hat es einen signifikanten Rückgang der Staatsschuldenquote gegeben. Das war die schwarz-blaue Ära Schüssel. Zwischen 2000 bis 2007 – das Jahr 2007 geht ja noch auf Schüssel zurück – sind diese Schulden immerhin von 68 auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückgegangen. Das sollte eigentlich zumindest Funktionäre der Volkspartei sehr positiv stimmen. Nur wird dieser historische Erfolg auch von VP-Politikern erstaunlicherweise sehr wenig kommuniziert. Aus welchen Gründen immer. Vielleicht weil die ÖVP damals den aus heutiger Sicht falschen Koalitionspartner hatte?
Wechseln wir kurz ins Ausland und zu den Staatsverschuldungen in Griechenland oder Italien. Griechenlands Staatsschuldenquote hatte - wenn man zumindest diesen Zahlen trauen darf, schon 180 Prozent erreicht. Durch das riesige Hilfspaket zu Lasten anderer Länder soll die Quote auf 125 Prozent hinunter kommen. Bei rund 120 Prozent steht aber schon Italien. Mit anderen Worten: Wenn die Griechen auf 125 Prozent herunterkommen – mit einer unglaublichen Kraftanstrengung, mit Schockwellen quer über den Kontinent – stehen sie erst dort, wo heute Italien steht. Das schafft alles andere als Zuversicht, dass schon irgendein Teil der europäischen Schuldenkrise gelöst wäre.
Da meinen nun manche, dass eine Schuldenquote von 73 Prozent in Österreich eigentlich recht beruhigend wäre. Jedoch: Dieser Wert ist ja noch lange nicht die ganze Wahrheit. In dieser Zahl sind erstens einmal die ausgegliederten Schulden – ÖBB, ASFINAG – noch nicht drinnen. Zweitens kennt man die Summe der Haftungen von Bund, Ländern und Gemeinden nicht einmal annähernd.
Man erinnere sich nur der Kärntner Haftungen für die Hypo-Alpen-Adria. Ein Land mit einem Budgetvolumen von 2 Milliarden Euro im Jahr ist allein für diese Bank Haftungen von insgesamt rund 20 Milliarden eingegangen. Dieser Umfang war aber jahrelang überhaupt nicht bekannt! Selbst bei der Verstaatlichung der Bank sprach der österreichische Finanzminister noch von bloß sechs Milliarden Haftungen. Diese reichten aber in seinen Augen schon aus, um eine Verstaatlichung der Bank zu rechtfertigen, weil Kärnten das alles nicht aushalten würde.
Wenn angesichts solcher Zustände nicht alle Glocken auf höchsten Feueralarm geschaltet werden, dann habe ich ein ziemliches Problem, eine solche Politik noch ernst zu nehmen.
Vergleichen wir uns jetzt noch einmal mit Griechenland. Diesmal nicht in Prozentsätzen, sondern mit absoluten Beträgen und der Bevölkerungsgröße, wodurch also das in Österreich deutlich höhere Bruttoinlandsprodukt nicht mehr Vergleichsbasis ist. Das deutsche Finanzministerium hat 2009 für ganz Europa einmal die Pro-Kopf-Verschuldung in Euro berechnet. Da kam für Österreichs offiziell gemeldete Staatsschulden, also noch ohne ÖBB, Asfinag und Haftungen, eine Schuldenlast von 22.000 Euro pro Kopf heraus; Griechenlands Schulden betrugen hingegen 24.000 Euro pro Kopf. Wer angesichts dieser Zahlen meint, Griechenlands Schulden seien ein Skandal, in Österreich sei aber alles wohlbestellt, der muss träumen.
Der Staatsschuldenrechner.at, der freilich noch immer nicht ganz klar legt, wie er berechnet, sah Österreich zwei Jahre später sogar schon bei 28.000 Euro. Und wenn man die Schuldensumme auf die Erwerbstätigen umrechnet – und das sind ja die einzigen, die Steuern erwirtschaften, – sind es gar schon deutlich über 50.000 Euro pro Kopf.
Das muss bei jenen, die sich ernsthaft mit Wirtschaftszahlen befassen, größte Besorgnis auslösen. Schon lange bevor es passiert ist, haben daher Experten gewarnt, dass Österreich das sogenannte Triple A verlieren wird. Was hat die Politik getan? Nichts. Sie hat sich über die Warner lustig gemacht. Sie hat die guten Jahre 2010 und 2011 nicht genutzt, und hat erst Anfang 2012 einige Sanierungsmaßnahmen beschlossen, die aber großteils erst 2013 wirken werden. Auch die meisten Medien haben das Thema lange ignoriert. Nun, wir sind eben das Land, wo Sigmund Freud den Begriff „Verdrängung“ entdeckt hat.
Der Verlust des Triple A war nur ein Zeichen des Verlustes an Kreditwürdigkeit. Daher müssen schon seit Jahren Bund, Länder, Firmen und auch Privatpersonen höhere Zinsen für jeden Kredit zahlen als etwa die Deutschen. Selbstverständlich sind auch die Gemeinden davon getroffen, wenn sie einen neuen Kredit wollen oder einen alten umschulden müssen.
Das ist aber noch immer der harmlose Teil der Geschichte. Denn jetzt kommt der dritte Punkt, weshalb die österreichische Schuldenquote alles andere als beruhigend ist. Der ist nun ein wirklicher Schock. Er zeigt, wie sich die Staatsschuldenquote in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird. Die EU-Kommission hat sie nämlich für die nächsten 50 Jahre geschätzt. Sie kam dabei auf den unglaublichen Wert von 337 BIP-Prozent. Da sind sowohl Inflation wie Wachstum schon herausgerechnet. Diese 337 Prozent sind damit eine absolute Horrorzahl, die alles, was ich bisher gesagt habe, in den Schatten stellt.
Der Horror ist aber nicht nur von der EU errechnet worden. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, also die Zentralbank aller Zentralbanken, hat eine Prognose schon für das Jahr 2040 berechnet. Und bei dieser liegt Österreich schon 2040 bei 300 Prozent. Das ist also ein noch steilerer Anstieg, als das, was die EU-Kommission prophezeit hat.
Objektiverweise muss man zwar sagen, dass diese Berechnungen noch vor dem Spar- und Belastungspaket erstellt worden sind. Jetzige Berechnungen bewegen sich zwischen 200 und 300 Prozent. Dieses Paket hatte aber viel zu wenig Elemente, um Gravierendes zu ändern. Denn diese Berechnungen beziehen sich auf bisher noch gar nicht erwähnte weitere versteckte Schulden. Das sind vor allem die Kosten des Pensionssystems. Und gegen das, was da auf Österreich zukommt, ist selbst der Hypo-Alpen-Adria-GAU harmlos.
Bekanntlich muss jedes bilanzierende Unternehmen, das irgendwem eine Zahlung zugesagt hat, diese Verpflichtung in seiner Bilanz rückstellen. Es kann sie nicht mit dem Argument ignorieren, dass die Zahlungspflicht ohnedies erst in 5, 10 oder 20 Jahren eintreten wird. Die Republik Österreich jedoch beziehungsweise ihre Pensionsversicherung tut genau das. Sie handelt also auch weiterhin nicht so, wie es jeder ordentliche Kaufmann muss. Sie hat überhaupt nichts rückgestellt. Sie rechnet einfach wie ein Greißler am Gemüsemarkt. Sie schreibt das, was in einem Jahr hereinkommt, auf die eine Seite, und das was hinausgeht, auf die andere. Und das, was sie darüber hinaus verspricht, schreibt sie nirgends hin.
Daher wird in allen Bilanzen und Berechnungen der Republik die dramatische Problematik des Pensionssystems total verschwiegen. Deren Hauptursache lautet kurz gesagt „Demographie“. Das ist aber ein Problemgemenge gleich auf sechs Ebenen.
Natürlich wird es dennoch niemals eine 300-prozentige Staatsverschuldung geben. Diese Beruhigung folgt aber nicht aus dem Glauben an eine plötzliche Weisheit der Politik. Jedoch wird lange vor Erreichung der 300-Prozent-Grenze die Wirkung der wirtschaftlichen Naturgesetze durchschlagen. Niemand mehr wird Österreich Geld borgen. Die internationalen Ökonomen sind sich ziemlich einig, dass spätestens ab 80 oder 90 Prozent Staatsverschuldung die Handlungsfähigkeit eines Staates mehr oder weniger verschwindet. Italien und Griechenland haben sie zwar erst bei einem höheren Prozentsatz verloren. Aber man kann sicher sein, dass seit dem Ausbruch der Krise alle Länder von den Geldgebern viel kritischer angeschaut werden, falls sie wieder neue Schulden aufnehmen oder alte Schulden umschulden müssen.
Da kann man dann zwar über die Finanzmärkte und die bösen Kapitalisten schimpfen. Da kann man zwar große und ideologische Kreuzzüge gegen den bösen Neoliberalismus und viele andere Pappkameraden führen. Das wird aber die Chinesen, die amerikanischen Pensionsfonds, die arabischen Staatsfonds und die sonstigen Institutionen, die Geld haben und uns dieses borgen könnten, überhaupt nicht beeindrucken. Jedoch ist Österreich überwiegend im Ausland verschuldet. Mehr als 70 Prozent aller Staatsschulden hat es im Ausland aufgenommen.
Das zeigt erstens eine fast totale Abhängigkeit vom Ausland, und zweitens, wie unsozial Verschuldungen sind. Denn alle Österreicher, vor allem der Mittelstand, zahlt Steuern. Die Zinsen aus den staatlichen Schulden zahlen nicht etwa die imaginären Kapitalisten auf irgendwelchen Schlössern, gegen welche die SPÖ, die Grünen, die Blauen und auch manche ÖVP-Politiker so gerne kampagnisieren, sondern das Ausland. Jene, die das Geld geborgt haben, das Staat und Bürger längst verkonsumiert haben. Sei es zur Bezahlung der Ölrechnung, sei es für die vielen Konsumprodukte aus Ostasien, sei es für schöne, aber teure Auslandsreisen.
All das heißt: Österreich und in ähnlicher Weise ganz Europa steuern mit Volldampf auf die Unfinanzierbarkeit zu. Es gibt im Grund nur zwei Möglichkeiten, wie das enden wird, wenn die Regierungen nicht zu kräftigem Sparen imstande oder bereit sind. Entweder in einem Crash, in dem der Staat am nächsten Monatsersten nicht einmal mehr seine Beamten und Pensionen zahlen kann. Die andere Möglichkeit scheint zwar oberflächlich etwas weniger explosiv, hat aber ähnliche Wirkungen: Das ist eine Megainflation, in der alle Ersparnisse der Durchschnittsösterreicher dahinschmelzen. Dabei wird es den Herrn Mateschitz oder die Familie Swarovski noch am wenigsten treffen. Denn die werden ihr Vermögen etwas professioneller als wir alle zu sichern verstanden haben.
In einem kleinen inoffiziellen Kreis hat einst der frühere Finanzminister und spätere Notenbankpräsident Stephan Koren gesagt: „Schauen Sie, im Grunde hat jede Generation noch einmal ihre Ersparnisse verloren.“ Das klang damals in meinen Ohren sehr zynisch, aber heute kommt mir der Hinweis deutlich realistischer vor. Daher ist die lange vor allem von Arbeiterkammer und Gewerkschaften forcierte Schuldenpolitik das Allerunsozialste, was Politik ja anstellen kann.
Der Glaube, dass man mit immer weiteren Schulden das Wachstum ankurbeln kann, ist längst als Mythos entlarvt. Bei diesem Schuldenstand funktioniert das Ankurbeln nicht mehr. Das von den Notenbanken gedruckte Geld, das derzeit die Staaten von den USA bis zur Europäischen Union unter die Menschheit bringen, wird zwar wieder ausgegeben, aber es löst keine weiteren Multiplikatoren aus. Es vervielfältigt sich nicht mehr.
Die arbeiterkammernahen Ökonomen wie die Herren Schulmeister und Marterbauer, die ob ihrer linken Positionierung ständig im ORF zu Wort kommen, sagen ständig, man müsse durch Schulden ankurbeln. Diese Herren haben hingegen noch nie gesagt: „Jetzt wäre die Zeit zum Sparen“. Was aber auch ein (ehrlicher) Keynesianer in allen Jahren mit Wachstum sagen hätte müssen. Ihr Stammvater Keynes hat selbst noch davon gesprochen, dass maximal eine Steuer- und Abgabenquote von 25 Prozent denkbar sei.
Die Linken sagen hingegen in guten wie in schlechten Jahren: „Ankurbeln, Schulden machen, Löhne kräftig erhöhen und dann geht’s schon wieder gut.“ Würde diese Theorie stimmen, dann wäre Griechenland heute das wohlhabendste und erfolgreichste Land Europas. Griechenland hat nach Einführung des Euro seine Gehälter und Löhne um rund 30 Prozent steiler, schneller erhöht, als diese etwa in Deutschland gleichzeitig gestiegen sind. Aber das Schicksal der Griechen war dann halt trotz der Arbeiterkammer-Ökonomie nicht so toll.
Kern dieser Ökonomie ist ja die Hoffnung, dass Lohnerhöhungen den Konsum und dieser die Wirtschaft ankurbeln. Das ist aber eine reine Milchmädchenhoffnung. Erstens fließt ein guter Teil jeder Lohnerhöhung in Steuern und Abgaben. Zweitens wird bei Lohnerhöhungen regelmäßig primär die private Sparquote und nicht der Konsum erhöht. Und drittens landet vom Rest, der dann wirklich konsumiert wird, der Großteil im Ausland. Unsere Ankurbelung kurbelt die Wirtschaft in China und Umgebung an. Die Wirtschaft ist also durch die Lohnerhöhungen viel stärker belastet, als sie dann durch die Einnahmen daraus am Ende profitieren könnte.
Aus all diesen Gründen führt nichts um kräftiges Sparen herum. Wo das überall möglich ist, würde diesen Rahmen sprengen. Ich habe jedenfalls hier schon Hunderte Sparvorschläge präsentiert. Aber jetzt noch einige Überlegungen zu noch höheren Steuern.
Im Prinzip gilt: Wenn die Situation so verzweifelt ist, kann natürlich auch die Diskussion über Steuererhöhungen nicht vermieden werden. Bevor ein Staat gegen die Wand fährt, darf es in der Diskussion keine Tabus geben. Nur zeigt die nähere Analyse der Folgen von Steuererhöhungen in den allermeisten Fällen eine negative Wirkung, also einen Verlust für die Staatskassa.
Österreich hat schon jetzt eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten. Nur sehr naive Menschen können da noch viel Spielraum für Erhöhungen sehen.
Die pseudomoralischen Argumente, die ständig Vokabel wie Gerechtigkeit und Armut verwenden, sind in dieser Debatte absolut fiktiv. Österreich ist eindeutig ein Land mit sehr geringen sozialen Unterschieden. Die medial immer wieder präsentierten Armuts-zahlen sind nicht ernstzunehmen. Denn sie erklären jeden, der weniger als 60 Prozent vom Durchschnittseinkommen verdient, für arm oder armutsgefährdet. Diese Armuts-Argumentation ist absolut sinnlos.
Was sich leicht mit der Frage beweisen lässt: Was würde sich an der Zahl der Armen ändern, wenn ein reicher Onkel aus Amerika oder China das Einkommen jedes Österreichers verdoppelt? Also nicht inflationär, sondern real. Wie viel weniger Arme gibt es dann in Österreich weniger? Antwort: Keinen einzigen. Es bleiben nach dieser Armutsberechnung genauso viele Menschen arm. Jeder hat zwar doppelt so viel Geld wie vorher, aber trotzdem haben wir genauso viele Arme.
Dennoch laufen zahllose Vereine herum und klagen: „Die Armut ist furchtbar gestiegen“. Und jede Zeitung hat schon 50-mal die Schlagzeile gemacht: „Schon wieder mehr Arme“. Sie glauben halt, dass sich negative Schlagzeilen besser verkaufen; und viele der Jammer-Vereine glauben, nur dann Subventionen zu kriegen, wenn alles immer schlechter wird.
Es gibt sehr starke Indizien, dass eine weitere Erhöhung am Schluss weniger Geld in die Kasse des Finanzministers und damit natürlich auch von Ländern und Gemeinden einbringen würde.
Jetzt werden manche sagen, das mit den 50 Prozent und künftig noch mehr stimmt ja gar nicht, denn es gibt ja die Begünstigung für den 13. und 14. Gehalt; daher sei die Steuerlast ohnedies um 7 Prozentpunkte weniger. Nun, versuchen Sie das mal einem ausländischen Spitzenwissenschafter oder Unternehmer zu sagen: Der hört sich so komplizierte Konstruktionen gar nicht an, der fragt nur verwirrt: „Habt ihr in Österreich 14 Monate pro Jahr?“ Aber er ist nicht bereit, sich auf das System einzulassen, sondern schaut nur auf den Steuertarif und sagt: „Österreich? 50 Prozent? Nein danke!“
Noch schlimmer ist diese Wirkung bei einem Manager, der darüber zu entscheiden hat, ob er mit einer Zentraleuropa-Niederlassung nach Österreich geht oder nach Prag oder Pressburg. Der schaut natürlich sofort, was er selber an Steuer zu zahlen hat – und verzichtet dann meist (wobei er freilich andere Vorwände vorschützt) auf die Investition in Österreich. Was das Land viele Arbeitsplätze kostet.
Welche Steuern kann ein Staat noch erhöhen, ohne insgesamt weniger zu verdienen? Da kommen dann sofort Vorschläge, Tabak oder Benzin noch mehr zu besteuern. Darüber kann man aus gesundheitlichen oder ökologischen Gründen durchaus diskutieren. Weniger Rauchen, weniger Auto fahren sind lobenswerte Effekte.
Nur sollte man dabei nicht vergessen, dass wir nicht auf einer Insel leben: Jede Zigarettenverteuerung macht Schmuggel oder Einkäufe im Ausland noch attraktiver. Und die finden heute schon in großem Umfang statt.
Beim Benzin gibt es derzeit den umgekehrten Effekt. Österreich profitiert derzeit davon, dass es niedrigere Benzinpreise als die meisten Nachbarn hat. Dadurch erzielt das Land zusätzliche Steuereinnahmen. Wenn wir die Tanktouristen vertreiben, könnten wir dann maximal beim Kyoto-Ziel profitieren, obwohl kein Kilometer weniger gefahren wird. Die tanken halt dann wieder in Freilassing. Mit anderen Worten: Auch bei Benzin und Tabak ist eine Steuererhöhung mit relativ großer Wahrscheinlichkeit von Mindereinnahmen für Österreich begleitet.
Eine der wenigen Steuererhöhungen, die funktionieren und mehr Geld einbringen würde und auch positive Lenkungseffekte hätte, ist die Umsatzsteuer. Von dieser redet aber überhaupt kein Politiker, weil ihre Erhöhung als politischer Selbstmord gilt. Sie würde jedenfalls den Abfluss von Geld für die zu 60 Prozent im Ausland produzierten Konsumartikel reduzieren. Sie ist aber politisch derzeit tabu. Sie gilt auch als unsozial, weil ärmere Menschen prozentuell einen größeren Teil ihres Einkommens konsumieren. Reichere investieren hingegen mehr.
Dann gibt es noch die ewige Debatte um höhere Vermögenssteuern. Auf Vermögen, auf Erbschaften, auf Stiftungen. Bei Stiftungen hat man die Steuer schon erhöht. Ihre minimale Privilegierung ist schon bei der letzten Steuerreform beseitigt worden. Das hat dazu geführt, dass kaum noch Stiftungen gegründet werden und dass etliche große Stiftungen bereits Geld aus Österreich abgezogen haben. Darunter ist auch eines der größten Sponsorvermögen Österreichs, von dem sowohl Theater in der Josefstadt wie auch die Wiener Sängerknaben profitiert haben.
Dasselbe wird natürlich auch bei Einführung einer Vermögenssteuer passieren. Mobile Vermögen sind schneller über die Grenze, als der Nationalrat auch nur ein solches Gesetz beschlossen hat.
Und welches Vermögen will man überhaupt konkret treffen? Das bei der Bank angelegte Geld ist jedenfalls über die Kapitalertragssteuer schon endbesteuert. Würde das – verfassungswidrig – noch mehr besteuert, würde überhaupt niemand mehr übers Sparbuch sparen. Auch stimmen die Behauptungen, im Ausland werde Vermögen viel höher besteuert, nur zum Teil. In den Vermögenssteuern sind im Ausland nämlich sehr viele Aufschließungs- und Infrastrukturkosten integriert, die bei uns über diverse andere Abgaben von den Grundeigentümern konsumiert werden.
Man muss aber auch die ethische Frage stellen: Angenommen, zwei Menschen verdienen gleich viel. Der eine konsumiert alle Einkünfte sofort; der andere spart einen Gutteil, verschiebt Konsumwünsche auf später, spart für seine Familie. Der wird dann im Gegensatz zum ersten durch eine alljährliche Vermögenssteuer bestraft, welche also die Substanz des durch Verzicht Ersparten angreift. Ist das wirklich so ethisch, diesen Sparefroh zu besteuern, wie da immer behauptet wird?
Wir sollten uns auch daran erinnern, wie wir die Vermögenssteuer in den 90er Jahren abgeschafft haben. Damals sind viele Vermögen – laut oder leise – nach Österreich gekommen. Viel davon wird bei einer Steuererhöhung wieder abfließen. Vor allem wird das Land auf Dauer einen schweren Vertrauensverlust bei allen internationalen Investoren erleiden. Das wäre katastrophal. Die Ablehnung von Vermögenssteuern hat überhaupt nichts mit persönlichen Sympathien für die Reichen zu tun, sondern nur mit ganz rationalen Überlegungen: Was nützt Österreich und was schadet den Finanzen eines schwer überschuldeten Landes?
Und worin bestehen eigentlich die Vermögen, die zu besteuern sind? Rund 80 Prozent waren damals in den 90er Jahren vor der Abschaffung der Steuer unternehmerische Vermögen. Wollen wir die wirklich wieder besteuern und damit Arbeitsplätze und Investitionen bedrohen?
Dann haben wir nur noch einen relativen kleinen Prozentsatz Privatvermögen. Wenn man das schon besteuerte Geld beiseite lässt, sind das primär Schmuck, Kunstwerke, Goldbarren, Elektrogeräte, Autos und Pelze. Wollen wir wirklich Steuerfahnder in unsere Wohnungen lassen, die dort alljährlich auf die Suche nach solchen Schätzen gehen? Ganz abgesehen davon, dass das beispielsweise den Absatz der österreichischen Künstler einbrechen lassen würde.
Bleiben noch die Grundsteuern. Die kann man am leichtesten erhöhen. Auch der Verfassungsgerichtshof sagt immer wieder, die artifiziell niedrigen Einheitswerte seien ein arges Privileg gegenüber jeder anderen Form, sein Geld anzulegen. Freilich sind Grundsteuererhöhungen extrem unpopulär. Jeder weiß, wie sehr die Landwirtschaft dagegen kämpfen wird. Aber es sind ja nicht nur die Bauern, eine Grundsteuer würde auch Industrie und Gewerbe treffen. Und ebenso jeden Häuslbauer. Auch die SPÖ wird absolut null Interesse haben, die Grundsteuern zu erhöhen. Denn diese träfen ja über die Mieten auch alle Mieter, einschließlich jener in den Wiener Gemeindebauten, wo gerade das große Match zwischen Rot und Blau und Stronach um die Mehrheit in Stadt und Bund ingange ist. Eine steilere Steilvorlage könnte man der Opposition gar nicht machen, als die Grundsteuern auf Mietshäuser zu erhöhen.
Aus all diesen Gründen ist die Konklusion klar: Über Steuererhöhungen ist die Schuldenkrise kaum mehr bekämpfbar. Man wird nicht um ganz, ganz brutale Sparmaßnahmen herumkommen, die all das übersteigen, was wir bis jetzt erlebt haben. Denn das drohende Szenario einer Staatsinsolvenz oder einer Megainflation bedeutet dann nicht bloß irgendwelche Zahlen auf einem Stück Papier. Das hat dann katastrophale soziale Wirkungen. Unruhen und Bürgerkrieg sind in der Geschichte fast regelmäßig auf solche Staatsinsolvenzen gefolgt. So hängt etwa auch der Aufstieg der Nationalsozialisten kausal mit der großen Inflation der 20er Jahre zusammen, in der der gesamte Mittelstand all seine Ersparnisse verloren hat. Damals waren die davorliegenden Kriegskosten die Ursache, heute sind es die unbedeckten Rechnungen für die Wohlfahrt der letzten Jahrzehnte.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Man stelle sich vor: Über Nacht verdoppelt sich das Budgetdefizit. Ein unvorstellbarer Wirbel ginge los. Genau dieser Schaden ist aber jetzt durch bloß zwei Pleiten passiert: durch jene des Alpine-Baukonzerns und den kolportierten Verlust der Hypo-Alpe-Adria-Bank im Jahr 2013. Dadurch verschwinden in Summe heuer rund acht Milliarden Euro; der gleiche Betrag, den wir 2012 im Budget für Kreditzinsen zahlen mussten.
Das wird erstaunlich gleichgültig hingenommen. Dabei ist jede der beiden Pleiten schon alleine die größte unserer Geschichte. Dabei trifft auch jeder Pleiten-Euro irgendwen: die Lieferanten, die Auftraggeber, den Insolvenzentgeltsicherungs-Fonds; und im Fall der Hypo die Steuerzahler (so wie bei den Zinsen). Die Hoffnung der Regierung, dass andere Banken freiwillig eine Bad Bank für die Hypo bilden, wird sich ja wohl nicht realisieren.
Dass viele Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren, ist da noch gar nicht einberechnet. Ebensowenig, dass auch für die überlebenden Lieferanten ein wichtiger Kunde dauerhaft fehlt. Den formalen Unterschied, dass die Hypo ja technisch keine Insolvenz ist, können wir außer Acht lassen. Ebenso wie den politisch-juristischen Streit, wie viel Prozent der Schuld am Hypo-Desaster auf Bayern und wie viel auf Jörg Haiders Kärnten entfällt. An den gewaltigen Folgen ändert beides nichts.
Alleine diese beiden Pleiten und ihre aktuelle Wendung zum Schlechteren trüben massiv die derzeitige zarte Aufheiterung der Konjunkturfront. Diese ist ja ohnedies mit Vorsicht zu genießen. Denn erstens könnte sie der Nahe Osten über Nacht wieder zertrümmern. Zweitens werden wir die Wahrheit zu Griechenland ja erst nach den deutschen Wahlen erfahren. Und drittens sind Österreichs Konjunkturerwartungen deutlich schlechter als die deutschen. Dabei steht Österreich positiv wie negativ im Sog der deutschen Wirtschaftsentwicklung.
Was also tun? Derzeit muss man vor allem bangen: Erstens dass nicht so wie 2008 populistischer Wahnsinn (etwa die derzeitige rot-grün-blaue Lizitation an Mindestlohn-Forderungen) vor der Wahl noch Gesetz wird. Und zweitens, dass sofort nachher mit voller Kraft das weitaus größte Problem des Landes angegangen wird: der dauerhaft nicht mehr finanzierbare Pensionskomplex.
Er ist nicht nur seit Jahren der weitaus stärkste Defizittreiber des Landes. Österreich hat auch eines der üppigsten Pensionssysteme der Welt. Nur zwei Vergleiche mit dem oft als Wohlfahrtsmodell zitierten Schweden: Dort wird für die alten Menschen 3,4 Mal so viel ausgegeben wie für die Jungen, bei uns ist es jedoch sechs Mal so viel; und in Schweden gehen die Menschen mit vier Jahren später in Pension als hierzulande.
Wird das Problem nach der Wahl mutig angegangen? Ich fürchte: Nein. Denn vor jeder Problemlösung muss es erst ein Problembewusstsein geben. Und das fehlt weitgehend. Wir nehmen ja nicht einmal Megapleiten wirklich zur Kenntnis.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es ist ein besorgniserregender Prozess: Immer öfter werden in vielen Regionen der Welt politische Auseinandersetzungen nicht mehr im Parlament, nicht über den Austausch von Argumenten, nicht auf rechtlichem Weg, sondern auf der Straße ausgetragen. Dabei glaubten viele noch vor einigen Jahren an einen unaufhaltsamen Siegeszug von Rechtsstaat, Parlamentarismus und Demokratie – insbesondere nach dem Zusammenbruch (fast) aller kommunistischen Diktaturen.
Auf diesen Zusammenbruch war dann ja auch rasch die Entmachtung vieler Drittwelt-Herrscher gefolgt. Diese konnten sich ab 1989 ja nicht mehr als Bollwerk gegen den Kommunismus verkaufen (was freilich auch vorher nur selten gestimmt hat). In letzter Zeit jedoch toben in dutzenden Ländern wilde Kundgebungen und Besetzungen, die sich über Monate oder auch Jahre hinziehen, wenn auch mit auf- und abschwellender Intensität.
Um nur einige Beispiele für solche Entwicklungen im letzten Jahr zu nennen: Ägypten, die Türkei, Russland, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Italien, Spanien, Schweden, Portugal, Deutschland (siehe etwa Stuttgarter Bahnhof, siehe Berliner Asylantenheime), Chile, Brasilien, Tunesien. Und wenn man etwas länger zurückgreift, kommen einem auch wilde Krawalle in Ländern wie Iran, Frankreich und Großbritannien in den Sinn.
Dabei geht es um durchaus unterschiedliche Entwicklungen: Proteste gegen die Sparzwänge; dumpfer jugendlicher Protest in Ghetto-artigen Vorstädten; bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen zwischen Islamisten, Regierungen und Gemäßigten; Proteste gegen Studienreformen; Sorgen über eine rapide zunehmende Zuwanderung; Profilierungssucht schwuler Aktivisten; Widerstand gegen Machthaber, denen es trotz irgendwelcher Scheinwahlen völlig an Legitimität mangelt.
Trotz aller Unterschiede lassen sich erstaunlich viele Gemeinsamkeiten finden. Fast immer ziehen kühl-strategische Drahtzieher im Hintergrund die Fäden, während im Vordergrund wilde Emotion kocht. Dementsprechend ist es etwa Ägypten zumindest kurzfristig gelungen, die kampfeslustigen islamistischen Demonstranten auszubremsen, indem man die Drahtzieher ins Gefängnis gebracht hat. Das hat mehr gewirkt als die ebenso wilden Gegendemonstrationen der Anti-Islamisten.
Befeuernd für immer mehr Demonstrationen der letzten Zeit war der Umstand, dass im – vermeintlichen – arabischen Frühling Machthaber tatsächlich durch die Straße gestürzt werden konnten. Dabei war freilich in Wahrheit der westliche Druck auf die Machthaber in Tunesien und Ägypten sowie in Libyen die militärische Intervention des Westens entscheidend für den Rücktritt. Und nicht die Straße. Aber jedenfalls ging aus jenen Ländern ein Signal in die Welt (vor allem die islamische, in der es ja nirgendwo funktionierende Staaten gibt): Demonstrieren hilft. Wenn man nur ein paar Wochen durchhält, dann stürzen sogar Diktaturen. Und man kann auch sonst alles durchsetzen.
Dieser Glaube hat nun an vielen Orten zahllose Protestaktionen gegen alles Mögliche ausgelöst. Diese Eskalation der Unruhen war freilich das Gegenteil dessen, was am Beginn der arabischen Turbulenzen Europa und Amerika durch ihre Intervention erreichen wollten. Jetzt stehen sie ziemlich belämmert da und können zu den jüngsten Ereignissen in Ägypten nur noch hilflos herumstottern. Das ist wie bei Goethes Zauberlehrling und seinem Besen.
Die vielleicht stärkste Gemeinsamkeit hinter all diesen verschiedenen Manifestationen ist aber die Rolle der Medien. Die meisten Kundgebungen werden überhaupt primär für die Medien gemacht. Man kann solcherart gratis Sympathien, Mitläufer und Zuhörer sammeln und finden. Oder eben auch ausländische Mächte, die den eigenen Staatschef stürzen.
Wo es hingegen keine Kameras gibt, wird viel weniger demonstriert. Das passiert dann nur, wenn es um wirklich existenzielle Fragen geht. Polit-PR-Agenturen raten ihren Klienten daher gerne, möglichst wilde Demonstrationen zu veranstalten. Und fast immer werden die Medien als wichtigste Teilnehmer schon alarmiert, bevor eine solche Demonstration überhaupt anfängt.
Insbesondere das Fernsehen hat weltweit fast nur noch dann Platz und Lust, in seinen Nachrichten über bestimmte Vorgänge zu berichten, wenn es dramatische Bilder gibt. Und nicht dann, wenn es vielleicht wichtig ist. Auch in den Zeitungen laufen die Dinge ähnlich: Es wird viel intensiver als sonst berichtet, wenn es Photos martialisch wirkender Straßenkundgebungen gibt.
Das verlockt natürlich: Willst du dein Anliegen in die Öffentlichkeit bringen, musst du auf die Straße gehen. Wenn Frauen bereit sind, vor Kameras ihren Busen zu entblößen, muss man überhaupt nur ein halbes Dutzend Aktivistinnen positionieren. Das bringt derzeit die meiste mediale Beachtung. Das hat die beste Kosten-Nutzen-Relation. Hingegen findet inzwischen das 200. Greenpeace-Transparent auf einem feindlichen Kraftwerk schon viel weniger Beachtung.
Diesen Mechanismus hat sich einst übrigens auch Richard Lugner zunutze gemacht, wenn auch auf einer anderen Ebene: Er hat durch alljährliches Opernball-Ankarren eines bekannten Skandalgesichts oder einer italienischen Prostituierten gratis so viel mediale Werbung bekommen, wie er sie nie bezahlen hätte können. Sein simpler Trick: Er hat einfach Material für Kameras organisiert.
Hingegen ist Tatsache: Nicht einmal die allerklügste Rede, das kreativste Pamphlet, die spannendste parlamentarische Debatte, der sensationellste Vortrag, die prominenteste Podiumsdiskussion bringt heute in der Regel eine Idee, ein Anliegen, ein Problem in die Medien. Aber ein paar schreiende oder halbnackte Menschen schaffen das. Wo es keine „schönen“ (=wilden, dramatischen, aktionsreichen, neuartigen, lautstarken) Fernsehbilder gibt, darüber wird nicht berichtet. Eigentlich ist das absolut widerlich. Aber so funktioniert die Medienwelt halt einmal. Immer hektischer Aufregungen präsentieren – und jetzt zum Wetter.
Natürlich kommen auch noch andere Faktoren dazu, etwa die ideologische Sympathie: Wenn Linke demonstrieren, genügen dem ORF ein paar Dutzend Menschen auf der Straße, um zu berichten; wenn es hingegen konservative oder christliche Gruppen sind, reagiert der Staatssender frühestens ab ein paar Tausend Demonstranten.
Auch das journalistische Herdenverhalten spielt eine große Rolle: Die meisten Medien halten erfahrungsgemäß primär das für berichtenswert, worüber auch die anderen berichten; solcherart glauben die unsicheren und verunsicherten Redaktionen, keinen Fehler zu machen.
Auch in Wien wird ja fast jeden Samstag durch irgendeine meist extremistische Randgruppe Mariahilferstraße oder Ring blockiert. Verstärkend wirken sich hier auch eine seltsame Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und das Verhalten der Wiener Polizei aus. Beide interpretieren die Demonstrationsfreiheit extrem weitgehend. In Wien darf man de facto auch ohne Anmeldung demonstrieren. Kundgebungen dürfen vereinbarte Routen verlassen. Und schon gar nicht hält man die Demonstranten dazu an, nur auf Gehsteigen oder in Fußgängerzonen zu bleiben.
Aber das nur am Rande. Österreich ist nicht das zentrale Thema dieser Analyse.
Die Vorgänge in immer mehr Staaten vermitteln eine klare Erkenntnis: Demokratie und die dabei notwendigen Umgangsformen können den Menschen nicht einfach per Anordnung, per Dekret, per Verfassung aufgestülpt werden, wie man insbesondere in den USA lange geglaubt hatte. Sie muss ebenso wie der Rechtsstaat vielmehr tief in Köpfen und Herzen der Menschen als die weitaus beste Methode des gesellschaftlichen Zusammenlebens verankert sein. Rechtsstaat und Demokratie funktionieren nicht primär durch Gesetze, sondern nur, wenn die große Mehrzahl begreift, dass legales Verhalten auch zu ihrem eigenen Nutzen ist – damit es alle anderen auch so tun.
Die Menschen müssen dabei aber auch Vertrauen haben, dass auch friedliche Äußerungen gehört werden. Sie müssen Vertrauen in den korrekten technischen Ablauf von Wahlen haben, in die Justiz, in die Polizei. Wenn dieses Vertrauen nicht – nicht mehr oder noch nicht – da ist, dann hat keine Verfassung der Welt eine Chance. Dann suchen die Menschen unweigerlich früher oder später den Kampf auf der Straße. Und die Sträksten setzen sich durch.
Das passiert natürlich auch dann, wenn die Unterdrückung durch ein Unrechtsregime als nicht mehr tragbar angesehen wird. Aber um das legitime Widerstandsrecht gegen Diktaturen, die anders nicht beseitigt werden könnten, geht es heute in Wahrheit nur in einer Minderheit der Fälle.
Kann man diese skizzierte Entwicklung bremsen oder umkehren? Auf Selbstdisziplin in den Fernseh- und Bildredaktionen zu hoffen, wäre total realitätsfremd. Film- und Bildberichte zu verbieten, wäre eine absolute Zertrümmerung unserer Meinungsfreiheit. Und umgekehrt würde es jeden Staat zusammenbrechen lassen, allen per Demonstration betriebenen Anliegen nachzugeben.
Pessimisten glauben daher, dass sich das demokratische System solcherart selbst ad absurdum führen wird. Was ja übrigens eines Tages auch als Folge der ständig teurer werdenden Wählerbestechungen in wirtschaftlicher Hinsicht droht.
Optimisten sehen aber zumindest einen Ausweg: Das ist die Direkte Demokratie. Wenn wie in der Schweiz eine Bürgermehrheit in geordneter Form über wirklich jede Frage entscheiden kann, dann führt das nicht nur zu offensichtlich viel besseren politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ergebnissen. Dann wird es vor allem reichlich sinnlos, ständig zu demonstrieren oder gar zu versuchen, Parlamente zu besetzen. Dann hat vor allem das liberal-aufgeklärte Ideal wieder Platz: Es zählt das Argument und sein Austausch unter zuhörenden Bürgern, nicht die Lautstärke und Aggressivität.
Es scheint, das ist die einzige Rettung der Demokratie. Nur die meisten der eigentlich mit dem Schutz der Demokratie beauftragten Politiker begreifen das nicht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Angesagte Sensationen finden nicht statt – die alte Weisheit hat sich auch beim deutschen Duell von Kanzlerin und Herausforderer bewahrheitet. Auch beim Nachbarn nichts Neues in diesem Wahlkampf. Angela Merkel staatsmännisch, Peer Steinbrück angriffig, aber kein Gigant. Interessant für den österreichischen Beobachter sind freilich Parallelen und Unterschiede zu den heimischen TV-Treffen der Spitzenkandidaten.
Natürlich, wenn Peer Steinbrück aus der Opposition heraus die Gerechtigkeitskeule schwingt, dann klingt das doch etwas spritziger als hierzulande, wo der amtierende Kanzler dies nach fünf allzu langen Jahren wieder tut – in der Hoffnung, dass die Wähler längst vergessen haben, wie die ausgerufene Zeit für Gerechtigkeit genau den damaligen Wahlkampf lang dauerte. Und dann der Retter der Armen im Kanzleramt verschwand, während das Gebührenfeuerwerk seiner Genossen vom Kahlenberg auf alle, inklusive Mindestrentner, niederprasselte. Und sein Parteifreund in Linz seine spekulativen Millionen-Verluste dem Steuerzahler umhängt.
Wie bei uns die thematische Trennlinie zwischen den beiden großen Parteien: Da die Betonung auf Leistung und Eigenleistung, dort das Reichenbashing, das Bankenbashing, das Beamtenbashing.
Aber es lässt sich halt einfach besser streiten, wenn man nicht in inniger Koalitions-Umarmung vor den Wähler tritt, in der sich unsere Protagonisten schon aufs gemeinsame Weiterwurschteln geeinigt haben und das bei ihrem Zusammentreffen auf Puls 4 gar nicht erst verbergen wollten. (Dass danach das schwarz-blaue Gespenst wieder reanimiert wurde, zeigt, was man von der Intelligenz des Wählers, auch des eigenen, hält.)
Steinbrück dagegen zeigte Mut mit der Ansage, dass er in keinem Fall mit Merkel in eine Koalition geht – auch wenn das (zumindest laut Umfragen) die von einer Riesenmehrheit gewünschte Regierungsform wäre. Aber natürlich muss das dann – so es notwendig wird – ohnehin nicht er, sondern sein Parteichef tun.
Das Fazit des deutschen Kanzlerduells ist einmal mehr: Viel Lärm um nichts. Darum schlägt jetzt die Stunde der Körpersprache-Experten, der Symboldeuter (oja, Angela Merkel trug eine rot-schwarz-goldene Kette!), der parteieigenen Sieg-Verkünder.
Warum sollte es beim Nachbarn anders sein als bei uns?
P.S.: Und doch gab es einen Unterschied: Der Social-Media-Berichterstatter des öffentlich-rechtlichen ARD witzelte gleich zu Beginn seiner Facebook- und Twitter-Auswertung über die Multitasking-Fähigkeiten des SP-Diskutierers. Der hatte nämlich gleichzeitig getwittert. Natürlich nicht er – so authentisch sind die Ausflüge der Politiker in die virtuelle Welt ja entgegen allen Behauptungen nicht. Sein angestellter Ghostwriter für Twitter hat wohl nicht verstanden, dass er den Chef dadurch zur Lachnummer in der Internet-Gemeinde macht, um die er buhlt. Dass Steinbrück sich keinen helleren Kopf dafür leisten kann, liegt vielleicht daran, dass er anders als Werner Faymann kein Steuergeld für seine Facebook- und sonstigen Auftritte verwenden kann.
P.P.S.: Ach, die PC ist auch nicht mehr das, was sie einmal war - warum servierte man den WählerInnen denn eigentlich kein Kanzlerin-Duell?
Nur selten erwischt man die linken Meinungsmacher bei direkten Unwahrheiten. Umso häufiger bei krassen Manipulationen. Medienmacher manipulieren die Wirklichkeit durch das, was sie zum Thema machen, durch das, worüber sie berichten. Und noch mehr durch das, was ihnen keine Sendeminute, keine Zeile wert ist.
Die Beispiele treffen fast alle jedenfalls auf den ORF zu, aber keineswegs nur auf diesen, sondern auch auf die große Zahl an privaten und Printmedien.
Erstes Beispiel ist Aids: Das ist seit Jahren die medial weitaus meistberichtete Krankheit (für die als Folge der Medienberichte auch die weitaus meisten Sammelaktionen von privatem und Steuergeld stattfinden). Kreislauferkrankungen und Krebs hingegen, obwohl hierzulande viel häufigere Krankheiten, werden von den Medien jedoch viel seltener thematisiert. Das gleiche trifft auf die Malaria zu, obwohl diese in der Dritten Welt ein Vielfaches der Todesopfer von Aids fordert. Und obwohl bei dieser die Frage nach den richtigen Gegenstrategien viel spannender wäre (Müssen Millionen in der Dritten Welt wegen der Anti-DDT-Obession der Europäer sterben?).
Aber bei Krebs oder Malaria kann man halt nicht die unterschwellige (oder auch ganz unverblümte) Botschaft transportieren, was für eine wunderbare Sache doch Homosexualität sei. Und dass Schwule auch heute noch furchtbar diskriminiert würden. Auf ähnlicher Linie liegt etwa die politische Berichterstattung. Da werden die brutalen Methoden Russlands gegen die Opposition weitgehend ignoriert, aber die Existenz eines Gesetzes, das Homosexuellen-Propaganda verbietet, lässt manche Medien gleich flächendeckend nach einem Boykott der Olympischen Spiele in Sotschi rufen.
In anderer Hinsicht verzerrte Berichterstattung kann man rund um den Brustkrebs nachweisen: Dieser ist feministisch und politisch korrekt, daher wird die Krankheit oft in Medien, durch Anstecker und Aufklebern auf Mineralwasserflaschen thematisiert. Wogegen an sich natürlich nichts zu sagen ist. Aber sehr wohl, wenn man damit die mediale Berichterstattung über Prostatakrebs vergleicht: Der ist naturgemäß männlich, und daher offensichtlich unwichtig.
Ebenso unwichtig sind Selbstmorde und die sie auslösenden Probleme. Selbstmorde sind statistisch primär ein Männerproblem. Daher offensichtlich irrelevant.
Kindesmissbrauch durch Männer ist immer – natürlich zu Recht – ein großes Thema. Wenn aber (in Rosenkriegen) Frauen diesbezügliche Vorwürfe komplett erfinden, erscheint in der Regel plötzlich keine Zeile.
Wenn ein österreichisch-italienisches Kind seinen Vater vier Jahre nicht gesehen hat, steht die ganze Nation auf der Seite der Mutter. Aber nirgendwo habe ich die kritische Frage gelesen, ob diese vier Jahre nicht vielleicht der Mutter als Verschulden anzulasten sind, ob diese so lange jeden Kontakt des Kindes mit dem Vater unterbunden hat.
Alle Studien, Statistiken und Vergleiche, die den Gesamtschulen ein jämmerliches Zeugnis in Hinblick auf die dort erzielbaren Lernerfolge ausstellen, werden prinzipiell verschwiegen. Noch so problematische PISA-Ergebnisse werden hingegen trotz Boykotts durch einen Teil der Schüler beim letzten Test als zentrale bildungspolitische Studie hinausposaunt.
Die – rechtlich völlig unabhängige – Lehrergewerkschaft oder die zumindest formal ebenso unabhängige studentische Aktionsgemeinschaft werden medial absolut und strikt immer als „ÖVP-nahe“ bezeichnet. Dass der Linzer Bürgermeister (direkt!) von der SPÖ gestellt wird, der völlig ahnungslos extrem riskante Geschäfte unterschreibt, ist hingegen im ORF gleich mehrmals verschwiegen worden.
Wenn mutmaßliche Ausländerbanden in Deutschland eine christliche Kirche abfackeln, erwähnen es die meisten deutschen Medien nur sehr klein und die österreichischen gar nicht. Wenn ein ähnlicher Akt eine Moschee trifft, dann ist breitflächig Faschismusalarm zu schreiben. Als vor kurzem die Mörder des Daniel S. (zu relativ harmlosen Strafen) verurteilt wurden, wurde das zwar in den Medien – im Gegensatz zur Tat – zumindest berichtet, dass die Täter aber alle einer Bande jugendlicher Türken angehören, wurde praktisch überall verschwiegen.
Die zahlreichen schweren Schäden, die Linksextremisten ständig durch Anschläge auf Bundeswehr-Einrichtungen verursachen, werden total totgeschwiegen. Aber selbst bloße Verbaldelikte, die man als rechtsradikal einstufen kann, finden großes Medienecho.
Besonders gern wird regelmäßig die in Wahrheit geradezu unverschämte Lüge gebracht, dass die ÖBB den Steuerzahlern einen Gewinn brächten. Das schafft zwar eine der vielen ÖBB-Gesellschaften tatsächlich – aber nur, wenn man ignoriert, dass der Steuerzahler zuvor Milliarden in die Bahn-Subventionen, in die anderen Bahngesellschaften und in die ÖBB-Frühpensionisten gebuttert hat.
Fast schon erstaunlich ist, dass den Mainstream-Schreibern bei der mehrmals im Jahr getrommelten Lüge noch nicht fad geworden ist, dass Frauen für die gleiche Arbeit 15, 20 oder 30 Prozent weniger Geld bekämen. Die Prozentsätze dieser Berichte variieren zwar, aber sonst ist immer alles gleich. Und immer fehlen die entscheidenden Fakten, nämlich die vielen Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Hinblick auf Qualität und Quantität der Arbeit. Denn die sachliche Erwähnung dieser Fakten würde aus der behaupteten angeblichen Megadiskriminierung einen ganz logischen Zusammenhang machen, der die statistischen Schein-Unterschiede völlig erklärt.
Das Leben für politisch linkskorrekte Journalisten ist ein wunderschönes. Nie müssen sie nachdenken. Sie wissen sofort und immer, wer in Artikeln, Studien oder Interviews nur als Opfer, nicht als Täter vorzukommen hat. Und dass die Bösen immer nur männliche, sexuell normal veranlagte Weiße mit nichtlinker Gesinnung sein dürfen. Sonst werden selbst schwere Kriminaltaten verschwiegen. Wenn man diese Regel beachtet, ist man selber automatisch immer mit Sicherheit einer der Guten. Das ist ja auch schon vor ihrer Berufstätigkeit etwa an der Wiener Universität zehntausenden Studenten von kommunistischen und radikalfeministischen Professoren eingehämmert worden. Und heute hämmern sie es sich gegenseitig ein. Unbeschadet der Konsequenz, dass das Vertrauen der Leser und Seher in Medien und Journalismus dramatisch nach unten geht. Und damit auch die Leser- und Seherzahlen.
Ein wenig ist das auch ein Hinweis in eigener Sache. Aber an sich ist es nur ein Hinweis auf eine Studie einer Bayrischen Landesanstalt.
Diese hat nämlich Erstaunliches wie Ermutigendes erforscht, und zwar in einem „MedienVielfaltsMonitor“ (das ist kein Schreibfehler, sondern das schreibt sich wirklich so. Na ja). Darin wird die „Relevanz der Medien für die Meinungsbildung“ untersucht. Die Ergebnisse: Zu 37 Prozent ist das Fernsehen relevant (mit abnehmendem Gewicht), zu 23 Tageszeitungen, zu 19 der Rundfunk, nur zu 4 Prozent Zeitschriften. Aber: Schon zu 18 Prozent ist das Internet für die Meinungsbildung relevant. Es ist also praktisch genauso wichtig wie Zeitungen oder Rundfunk. Und schon halb so wichtig wie das Fernsehen. Das darf einen Autor natürlich freuen, der seit fast vier Jahren sein ganzes Werken ins Internet verlegt hat. Mit Staunen kann man freilich beobachten, dass Politik, Parteien und Regierungen in Österreich das noch überhaupt nicht begriffen haben. Man schaue nur, wie ernst sie noch immer die in Wahrheit völlig irrelevanten Zeitschriften nehmen. Aber vielleicht besorgt sich ja auch einmal einer von ihnen die bayrische Studie. Oder glauben sie gar, dass in Österreich alles ganz anders ist – weshalb man es vorsichtshalber auch gar nicht untersucht?
Eine starke Rede des amerikanischen Präsidenten. Aber Rhetorik ist eigentlich doch nicht alles, wenn man dabei auf die Logik vergisst und sich in der gleichen Rede diametral widerspricht.
Barack Obama hat der Welt in martialischen Worten mitgeteilt, dass er Befehl zum Angriff auf Syrien gegeben hat. Der könne schon „morgen“ stattfinden, kündigte er an. Bevor sich aber der ganze Nahe Osten in den Luftschutzbunker begeben konnte, kam dann ein paar Sätze später das Gegenteil: Obama will erst die Zustimmung beider Häuser des Kongresses haben.
Und die wird er sicher nicht „morgen“ haben – wenn er sie überhaupt jemals bekommt. Das ist nämlich angesichts der auslaufenden Urlaubszeit und des Fehlens klarer Festlegungen vieler Abgeordneter noch völlig unklar. Das ist angesichts der Antikriegs-Entscheidung des britischen Unterhauses und der angriffsfeindlichen Stimmung der meisten Amerikaner doppelt fraglich. Die Abgeordneten wollen ja wiedergewählt werden.
Aber rhetorisch war‘s ein Meisterwerk. Daraus können noch viele Politiker in der ganzen Welt lernen, wie man einen halben Rückzug von früheren Positionen und einen ganzen Widerspruch in den eigenen Aussagen durch kraftvolle Worte überspielt.
Erstaunliche Beobachtung, keineswegs nur am Rande: Es sind weltweit nur noch zwei ganz linke Präsidenten, der französische und der amerikanische, die an der Seite islamischer Fundamentalisten wie insbesondere des türkischen Prügel-Präsidenten Syrien angreifen wollen. Während die konservativ-liberal regierten Länder von Großbritannien bis Deutschland friedfertig abseits bleiben. Was lernen wir daraus?
Die SPÖ präsentiert in einem 111-punktigen Wahlprogramm fast durchwegs Ideen, wie sie noch mehr des nicht vorhandenen Geldes ausgeben will. Daher spielt dieses naturgemäß auch bei den jüngsten Schul- und Kindergarten-Forderungen von SPÖ-Chef Werner Faymann keine Rolle. Geld kommt in der Denkwelt der Faymann-SPÖ ja ohnedies beliebig aus dem Kopierer. Daher muss man nur ständig weitere Geldausgabe-Möglichkeiten aussinnen. Und mag dabei auch noch glauben, dass das schon Politik wäre. Konkret will Faymann an einem Tag die Ausgaben für die verschränkte Ganztagsschule verdoppeln. Am nächsten Tag fordert er verpflichtende(!) zwei Kindergarten-Jahre für alle ein, also nicht nur für die Kinder mit Deutsch-Defiziten.
Das sind inhaltlich typisch sozialistische Ideen: Wieder soll die Entscheidungsfreiheit der Bürger eingeschränkt werden. Wieder sollen die Familien einen weiteren Schritt entmündigt werden, auch dort, wo sie die Kinder weit besser betreuen als staatliche Einrichtungen.
Aber wird nicht die Ganztagsschule, wird nicht der längere Kindergarten von den Experten gefordert? Nur scheinbar. Denn in der heutigen Medienwelt ist der Ausdruck „Experten“ zu einem Tarnwort für Grüne und Linksradikale geworden. Der Ausdruck klingt halt viel besser, als wahrheitsgemäß zu sagen: „Rot und Grün sowie einige ihnen Nahestehende behaupten etwas“.
Während das neue SPÖ-Verlangen eines nun schon zweijährigen Kindergartens bei den Familien noch gar nicht durchgesickert ist, stoßen jedenfalls viele der jetzt schon veröffentlichten Ganztagsschul-Pläne auf wachsenden Unwillen der Eltern. Immer mehr von ihnen sehen sich solcherart mit einer neuen und ungewünschten Schulform für ihre Kinder konfrontiert. Denn nur in größeren Städten – und da keineswegs immer – haben Eltern und Schüler eine Alternative, die auch künftig ohne deutlich längeren Schulweg oder Schultypenwechsel den bevorzugten halbtägigen Schulbesuch ermöglichen wird.
Das heißt nun keineswegs, dass es keine sehr guten ganztägigen Schulen oder Kindergärten gibt. Das heißt auch nicht, dass es keinen gewachsenen Anteil von Familien gibt, die eine ganztägige Betreuung ihrer Kinder wünschen. Solche Möglichkeiten sollen durchaus angeboten werden – aber je nach Nachfrage, je nach Finanzierungskraft und nicht mit der ideologischen Brechstange erzwungen und aufgezwungen. Nur weil gerade Wahlkampf ist und in der linken Denkwelt das Geld abgeschafft wird.
Was in linke Hirne halt nicht hinein will: In einer demokratischen Gesellschaft muss es primär der Wille der Betroffenen, der Bürger sein, wie öffentliche Angebote ausschauen sollen. Und nicht das Diktat einer Ideologie.
Zugleich bietet auch Faymanns Ganztagsschule keine Antwort auf die Frage: Und was ist mit den Kindern in dreieinhalb Monaten Schulfereien? Mit Sicherheit wäre vielen Familien mehr geholfen, wenn man diese vielen Ferien wenigstens etwas kürzt, als mit zwangsweisen Ganztagsverpflichtungen.
Nichts gegen eine Ganztagsschule, auch nichts gegen eine verschränkte Form, wenn das eine klare Mehrheit der Eltern will. Das ist aber nur sehr selten der Fall. Dazu ist in vielen Familien zu Recht das Misstrauen gegen staatliche Angebote viel zu groß. Sie ziehen oft privat organisierte Betreuungsformen vor, mit denen sie meist voll zufrieden sind: durch Mütter, Großeltern, Tagesmütter, bisweilen auch Väter, Horte, andere Verwandte, Freunde usw. In all diesen Formen kann überdies die Betreuung ganz flexibel genutzt werden, einmal so, einmal anders, einmal drei Tage so, zwei Tage anders, einmal kurzfristig nicht, einmal kurzfristig doch. Ohne Staat, ohne Bürokratie, ohne Steuergeldverschwendung, aber zum Wohl des Kindes.
Sozialisten begreifen nicht, dass die meisten Menschen durchaus imstande sind, ihre Angelegenheiten selbst zu erledigen. Ganz ohne den „Bildungsexperten“ Faymann (Ist das nicht der, der seit Jahren ergebnislos sein eigenes Maturazeugnis sucht?).
Besonders wichtig ist für die meisten Familien Flexibilität bei schulischen Nachmittags-Angeboten. Nur wenn nicht an jedem Nachmittag verpflichtender Unterricht vorgesehen ist, können Schüler problemlos den einen oder anderen Nachmittag etwas anderes Sinnvolles machen. Wer hingegen auch am Nachmittag Zwangsunterricht vorsieht, entmündigt nicht nur die Eltern. Der verantwortet auch eine schwere Attacke gegen einen in unserer Kultur ganz entscheidenden Pfeiler der Bürgergesellschaft: gegen Musikunterricht, Ballettschulen, Sportvereine, Blasmusikkapellen, Jungschar, Pfadfinder, Rote Falken (falls es die noch gibt) und Tausende andere wichtige Initiativen, die dieses Land so lebens- und liebenswert machen.
In Faymanns be- pardon: verschränkter Welt gibt’s das alles freilich nicht. Da gibt‘s nur den Staat und damit die Partei. Über den Staat versuchen Sozialdemokraten seit über hundert Jahren, einen immer stärkeren Zugriff auf unser aller Leben zu gewinnen. Wobei sie damit ja schon etlichen Erfolg gehabt hatten, auf Kosten unserer Freiheit.
Auf die Frage, wie er seine Ganztagsbetreuung und den zweijährigen Pflicht-Kindergarten eigentlich finanzieren will, spricht Faymann nur wieder einmal vage von Erbschafts- und Vermögenssteuern. Es gibt offenbar immer noch ein paar Blöde, die nicht mitgekriegt haben, dass Rotgrün die angeblichen Einnahmen aus diesen fiktiven Steuern schon vielen Dutzend verschiedenen Zwecken gewidmet haben. Das läuft schon auf ökonomische Heiratsschwindelei hinaus.
Der SPÖ fallen zwar ständig noch immer weitere Zwecke ein, wie sie das vermeintlich erwartete Geld ausgeben will. Einen konkreten Gesetzesentwurf vorzulegen, was denn Vermögens- und Erbschaftssteuer eigentlich alles und in welcher Höhe erfassen sollen, hat die SPÖ aber noch nicht geschafft. Sie hat es nicht einmal versucht.
Denn dann würde auch vielen Blöden klar werden, was die ökonomischen Grundrechnungsarten schon jetzt zeigen: Entweder es kommt bei den SPÖ-Steuerplänen nichts herein, was die Eintreibungskosten spürbar übersteigt; oder aber unsere Häuser, Grundstücke, Wohnungen, Unternehmen, Sparbücher, Schmuck, Autos usw. würden schrittweise, aber konsequent enteignet (mit überdies verheerenden Folgen für den Arbeitsmarkt).
Freilich könnte man auch sagen: Geschieht den Österreichern recht. Haben sie doch in den letzten 43 Jahren mit einer Ausnahme immer die SPÖ zur stärksten Partei des Landes gemacht, also eine Partei, die sich noch immer ihrer Wurzeln bei Karl Marx sehr bewusst ist. Dieser hat zwei Jahrhunderte (und Zig-Millionen Todesopfer) früher im Kommunistischen Manifest schon ziemlich genau das gefordert, was die SPÖ auch jetzt noch will: Abschaffung der Erbschaften und des Grundeigentums, Ersetzung der Familie durch den Staat.
Zu den weitere „Kleinigkeiten“ der Faymann-Pläne zählt der Mangel an Lehrern, Kindergärtnern und Erziehern, der ja durch die Lehrerverschwendungsaktion „Gesamtschule“ dramatisch geworden ist, und der vielen Kindern in den nächsten Wochen auf Grund der vielen Frühpensionierungen Unterrichtsfächer ohne Lehrer bescheren wird. Frecherweise schieben die SPÖ und linke Journalistinnen dieses Chaos der vor sieben Jahren abgetretenen früheren Ministerin in die Schuhe, ohne die seither verantwortliche Claudia Schmied auch nur zu erwähnen. Der Mangel wird noch viel katastrophaler, wenn die Lehrer, wie vor einigen Monaten beschlossen, sogar alle fünf Jahre studieren müssen.
PS: Apropos Schule: Ebenso erfreulich wie interessant ist, dass im letzten Jahr gleich zwei Parteien unauffällig Abschied vom einst unterstützten Gesamtschulprojekt genommen haben: BZÖ wie Neos sind heute gegen die Gesamtschule – was freilich nicht heißt, dass ihre langsame Annäherung an die Vernunft von den Wählern angesichts ihrer marginalen Existenz überhaupt noch wahrgenommen wird. Und von Stronach sind – soweit man aus den rudimentären Bruchstücken seiner Äußerungen überhaupt etwas Konzeptives ablesen kann – von Anfang an keine Gesamtschulideen bekannt geworden. Blau und Schwarz waren sowieso nie dafür (wenn man einmal von ein paar Grenzintelligenzlern im äußersten Westen und in der Industrie absieht, denen Androsch und Schmied einreden konnten, mit der Gesamtschule würde das Schulniveau steigen). Das macht Rot und Grün schulpolitisch derzeit ziemlich einsam. Wenn das keine gute Nachricht ist.
Großbritannien hat Abgeordnete mit Rückgrat: Das Unterhaus hat den eigenen Premier Cameron in einer sensationellen Wendung gezwungen, auf die Angriffspläne gegen Syrien zu verzichten. Bravi. Apropos Syrien: Deutlicher denn je kann man an Hand dieses Konflikts schwarz auf weiß beweisen, dass Österreich nur noch eine willenlose Kolonie Deutschlands ist.
Aber zuerst zu den großen und wichtigen Mächten. Der Antikriegs-Beschluss in Westminster und die damit verbundene Ohrfeige für Premier David Cameron zeigen enge Parallelen mit den ersten Andeutungen eines Rückzugs auch des amerikanischen Präsidenten von seinen in den letzten Tagen verkündeten Angriffsplänen.
Obamas Rückzug ist freilich noch keineswegs sicher. Der fesche, aber schwankende Präsident steht zwischen zwei Übeln. Er blamiert sich entweder wegen seiner bisherigen Kriegsrhetorik, die dann doch nicht ernst zu nehmen gewesen wäre. Oder er steht einsam und isoliert da – und vor allem in Kontrast zum klaren Willen seiner eigenen Bürger. Diese sind massiv dagegen, schon wieder in einen teuren und blutigen Konflikt ohne eindeutigen Kriegsgrund, ohne klares Ziel, ohne klare Verbündete oder gar zugunsten islamistischer Fundamentalisten hineingezogen zu werden. Und sie äußern dies auch auf allen Ebenen.
Beide Vorgänge – der Druck der US-Bürger und die Niederlage für Cameron – sind ungemein erfreulich. Sie zeigen, dass selbstbewusste Bürger und Abgeordnete in echten Demokratien heute ganz schön viel bewirken können. Sie zeigen aber eindeutig auch, dass es bei den Bürgern deutliche Sympathien für die an Seite Assads stehenden Christen gibt. Diese sind offenbar stärker als die Sympathien der Regierungen für das immer fundamentalistischer werdende Erdogan-Regime. Ich wage fast zu sagen: Wenn Obama jetzt doch angreift, dann schadet das seiner Partei mehr als sämtliche Fehler der letzten Jahre.
Gleichzeitig müssen auch die so gescheiten amerikanischen Geheimdienste plötzlich zugeben, was das (garantiert ganz geheimdienstfreie) Tagebuch schon vor drei Tagen geschrieben hat: Man könne keineswegs sicher sein, dass das Assad-Regime haupt- oder alleinverantwortlich für den Giftgaseinsatz ist. Na schau. Vielleicht abonniert die CIA jetzt das Tagebuch. Da gibt’s offensichtlich manches um 120 Euro im Jahr zu lesen, was die amerikanischen Steuerzahler 40 Milliarden Euro im Jahr kostet.
Spaß beiseite und kleiner Themenwechsel, wenn auch ebenfalls aus Anlass Syrien: Mit Mut und Kraft zu eigenständiger Politik ist es in Österreich nicht so weit her wie bei den Angelsachsen. Weder beim Parlament noch bei Bürgern. Aber auch nicht in der Regierung.
Das, was man schon vor Jahrzehnten über die Nationalbank gesagt hat, kann man heute auch über die österreichische Regierung sagen: Bei den meisten ihrer Entscheidungen würde ein Mail-CC aus Berlin nach Wien, eine Kopie der deutschen Beschlüsse reichen. Diese sind dann nur noch um den (zum Glück recheneinfachen) Bevölkerungsfaktor zehn zu dividieren.
Wenn wir uns das endlich ehrlich eingestehen, könnten wir uns einen Großteil der Abgeordneten und Minister ersparen. Jüngstes Beispiel: Kaum verkündet Berlin, 5000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen, nimmt Österreich 500 auf. Nicht 450, nicht 550. Genau Faktor zehn. Die Rechnung stimmt.
Ähnlich war es, als Herr Westwelle in Berlin glaubte, den ägyptischen Fundamentalisten Mursi nach dessen Sturz unterstützen zu müssen. Da plapperte der Wiener Außenminister das sofort automatisch nach. Bis die beiden merkten, dass sie sich da total vergaloppiert hatten und einsam geblieben waren (so wie jetzt Cameron).
Das blinde Befolgen deutscher Wünsche macht die österreichische Politik seit einigen Jahren einfach. Daher fällt es auch nicht weiter auf, dass unser politisches Personal quer durch die Parteien – na ja, sagen wir es deutschdeutsch: nicht gerade erste Sahne ist. Oder wie es Angela Merkel gesagt haben soll: Werner Faymann geht ohne Meinung hinein, und dann mit ihrer, Merkels, Meinung hinaus. (Kleine Ehrenrettung des Tagebuchautors für Faymann: Seine Fönfrisuren sind deutlich sorgfältiger als die Merkels).
Seit das blinde Nachverfolgen der deutschen Politik zum obersten Prinzip der Wiener Regierung geworden ist, muss man auch bei Hunderten anderen Beschlüssen und Gesetzen nicht lange nachdenken. Deutschland, geh uns voran, wir folgen dir. Was vielleicht gar nicht immer zu ganz blöden Ergebnissen führt.
Das gilt übrigens auch für die heimischen Höchstgerichte: Sie schauen insgeheim ständig auf Karlsruhe, ob es dort eventuell eine neue Judikatur gibt. Die wird dann fast immer brav übernommen.
PS: Es war noch unter der bösen Regierung Schüssel, als es 2006 noch umgekehrt war. Als alle deutschen Zeitungen der Berliner Regierung empfahlen, dem österreichischen Vorbild zu folgen. Gar nicht so lange her . . .
Frank Stronach hat also in den letzten Jahren einen Teil seines Einkommens in Österreich versteuert, wie er uns nun zeigt. Das ist erfreulich. Mit seiner Teiloffenlegung hat Stronach freilich mehr für ihn bedenkliche Fragen aufgerissen als beantwortet.
Denn erstens legt Stronach nicht offen, welchen Teil seines Einkommens er hier versteuert und welchen anderswo. Das macht also sehr wahrscheinlich, dass er sich innerlich einem anderen Land mehr verbunden fühlt als Österreich.
Zweitens hat Stronach laut seiner Teiloffenlegung in den letzten sieben Jahren in Österreich insgesamt nur 10 Millionen Nettoeinkommen gehabt; er gibt aber allein im laufenden Wahlkampf rund 25 Millionen aus. Dazu kommt ein nicht gerade sparsamer Lebenswandel. Wie passt das zusammen?
Drittens: Es ist schon eine ziemliche Zumutung, dass jemand in den Nationalrat will, der gleich sagt, er werde auch bei Nationalratssitzungen oft nicht in Österreich sein.
Viertens und vor allem: Welche Aktivitäten und Verpflichtungen sind es, die Stronach zwingen, mehrheitlich in Kanada zu leben? Diese hält er weiterhin geheim. Das ist zwar jedermanns Recht, aber bei einem Spitzenkandidaten eine unglaubliche Zumutung. Stronach verstärkt damit die Vermutungen, dass er das nur deshalb tut, um solcherart seine Dividendeneinkünfte günstig im Ausland versteuern zu können.
Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin massiv gegen die mörderisch hohen Spitzensteuersätze in Österreich (die von den feigen Parteien praktisch nie erwähnt oder sogar für richtig gehalten werden). Dies nicht nur wegen der solcherart ermöglichten Verschwendung durch die öffentliche Hand und weil diese Steuersätze längst die Dimension eines staatlichen Raubzugs haben, sondern auch deshalb, weil die Republik sehr profitieren würde, wenn sie die diversen Stronachs dieser Welt durch niedrigere Steuern zu einem kompletten Finanz-Transfer nach Österreich verleiten könnte (und diese nicht durch rotgrüne Steuerpläne noch mehr vertreibt). Aber: Bei Spitzenkandidaten ist Tarnen und Täuschen über die persönlichen Verhältnisse einfach unzumutbar.
Niemand will Stronachs nackten Oberkörper sehen (außer vielleicht die Leser von Schmutzillustrierten). Aber die Österreicher haben ein Recht auf komplette Information über alle relevanten Aspekte und Interessen ihrer Spitzenpolitiker. Vor der Wahl. Egal wie viel diese inserieren lassen, auf Steuerzahlerkosten (wie Faymann) oder aus nicht transparenten Privatmitteln (wie Stronach). Von Transparenz und Fairness sind wir jedenfalls in beiden Fällen weit entfernt.
PS: Bei seiner abendlichen Fernsehdoppelconference mit Ingrid Thunher (Irgendein Dritter war zwar auch noch da, kam aber nie zu Wort) war es schwer zu entscheiden, wer von den beiden mehr Antipathien auf sich zog. Jedenfalls gelobte ich mir auf etliche Zeit Abstinenz gegenüber diesem unsäglichen Format.
Wenn das Bundesheer im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach als Partner mit an Bord ist, ist es selbstverständlich, dass auch der Verteidigungsminister zu Wort kommen darf. So kam Mag. Gerald Klug am 25. August dieses Jahres in das Dorf der Denker, um vor dem gespannten Auditorium über Österreichs Sicherheitspolitik, speziell im Zusammenhang mit dem Thema „Cyber war“, zu referieren.
Und ja, bezüglich der Sicherheit des Auftretens und des Vortrages sowie der Ausstrahlung der Person konnte der Herr Minister durchaus überzeugen. Was er allerdings inhaltlich von sich gab, war alles andere als überzeugend.
Es begann schon damit, dass der Ressortchef bereits am Beginn ideologische Duftmarken setzen musste, indem er „soziale Sicherheit“ und ganz besonders „Verteilungsgerechtigkeit“ als erste Herausforderung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (nicht der Sozialpolitik, wenn man denn schon die Umverteilungsmaschinerie weiter forcieren will) benannte.
Peinlich war sodann die folgende Selbstoffenbarung: Nämlich, dass man innerhalb der EU und besonders hierzulande keinesfalls mehr, sondern eher immer weniger Geld für die jeweiligen Streitkräfte ausgeben will und stattdessen lieber auf gegenseitige Aushilfe, Improvisation und das Vertrauen, dass schon kein gröberer militärischer Zwischenfall passiert, setzt. Im O-Ton des Mag. Klug freilich klang das wesentlich euphemistischer, sprach er doch davon, die Verteidigungshaushalte „zu stabilisieren bzw. neu auszurichten“ und davon, dass „das Spannungsverhältnis zwischen Aufgaben und Mitteln (…) nur durch verstärkte Kooperationen, Schaffung von Synergieeffekten, Konzentration auf die wahrscheinlichen (!) Einsätze und Arbeitsteilung“ abgefedert werden könnte.
Was vielleicht für die Aufrechterhaltung einer Gemeinschaft finanziell klammer Vereine in einem 500-Einwohner-Dorf in der alpinen Peripherie durchaus Sinn macht, als Konzept für die europäische Sicherheitspolitik zu präsentieren, ist nicht nur fachlich bedenklich sondern schlicht gefährlich.
Einmal mehr bewies der Minister sodann die Schizophrenie der roten Militär-Politik: Einerseits die Neutralität als „unverrückbares Fundament“ der nationalen Sicherheitspolitik zu bezeichnen und sich explizit von der Verteidigungsdoktrin 2001 abzugrenzen und andererseits die europäische Kooperation nicht nur im Sanitätsbereich oder Katastrophenschutz zu suchen, sondern auch bei Terrorismusabwehr, im Rahmen von Groß-Manövern und „am gesamten (…) militärischen Aufgabenspektrum von EU und UNO“ mitwirken zu wollen, stellt den Versuch einer Quadratur des Kreises dar, der sich jeglicher Logik entzieht. Dasselbe trifft im Übrigen für die Erklärung des SPÖ-Politikers zu, dass er sich klar zu internationalen Einsätzen bekenne, während er gleichzeitig nach wie vor den fragwürdigen und Österreichs Ruf schädigenden Abzug vom Golan verteidigt.
Dass Klug zudem „konkrete neutralitätspolitische Akzente“ bei der Konfliktvermittlung setzen will, kann angesichts des sicherheitspolitischen Agierens Österreichs im Ausland der vergangenen Jahre wohl nur als Farce bezeichnet werden. Denn schon alleine die Grundbedingung dafür – eine realistische Bewertung der geopolitischen und regionalen Lage – war in vielen Fällen nicht gegeben. Man denke hierbei nur an die dümmliche Bejubelung des sogenannten „Arabischen Frühlings“, der sich als tief islamistischer Winter entpuppte. Wo waren da die „neutralitätspolitischen Akzente“ um die Heißsporne in Großbritannien oder Frankreich von für Europa massiv schädlichen Interventionen abzuhalten?
Immerhin erkennt der Minister, dass Afrika „an Bedeutung für die europäische Sicherheit“ (oder besser: Unsicherheit) gewinnt, auch wenn klar ist: „Österreich wird dabei natürlich nicht an vorderster Front stehen“. Inwiefern also das neue „Afrika-Kompetenzzentrum“ mit seinen „konfliktpräventive(n) Vorhaben“ tatsächlich eine Stabilisierung vor Ort und vor allem das Fernhalten von Terrorismus, Kriminalität und Zuwanderungsströmen nach Europa gewährleisten kann, bleibt dahingestellt.
Für offene Heiterkeit auch beim sicherheitspolitisch nicht versierten Laienpublikum sorgten dann allerdings die Ausführungen Klugs zum Thema „Cyber-Verteidigung“ in Österreich. So sollen Grundwehrdiener ab 2014 ein Modul „Cyber-Sicherheit“ wählen können. Dazu sollen die künftigen Rekruten bei der Musterung einem „Cyber-Talentecheck“ unterzogen werden und nach der allgemeinen Grundausbildung eine „Cyber-Grundausbildung“ durchlaufen. Danach (!) könnten sie unter anderem die Prüfung zum „Computerführerschein“ ablegen. Offenbar genügt also die Fähigkeit, den PC oder Laptop in Gang zu bringen, um den „Cyber-Talentecheck“ zu bestehen, während man nach der „Cyber-Grundausbildung“ in der Lage ist, ein Word-Dokument zu formatieren oder eine Excel-Tabelle mit Verknüpfungen anzulegen. Dann werden die Rekruten „im Rahmen ihrer besonderen (!) Fähigkeiten (…) zur Cyber-Sicherheit der Republik“ beitragen – was soll man dazu noch sagen?
Der Besuch von Alpbach erweist sich dann doch immer wieder als recht aufschlussreich – so oder so.
Mag. David Nagiller ist Mag.iur., ehemaliger Journalist und ehemaliger Parlamentarischer Mitarbeiter. Derzeit absolviert er die Ausbildung zum Hauptschul-Lehrer. Er ist im ÖCV, Austria Innsbruck, korporiert.
Als ob die im Vorjahr vom Tagebuch aufgedeckten Lücken in Werner Faymanns Lebenslauf noch nicht blamabel genug gewesen wären: Wer heute die offiziellen Lebensläufe des österreichischen Bundeskanzlers studiert, findet zusätzlich neue Manipulationen. Das wäre in keiner anderen Demokratie möglich. Vor allem, weil sich immer mehr unkorrekte Dinge aneinander reihen, selbst solche, die sich leicht beweisen lassen. Was haben die Genossen doch einst bei Kurt Waldheim wegen dessen Unterlassungen für einen weltweiten Aufruhr angezündet!
Dabei ging es bei Waldheim bloß um Weglassungen in einem Buch und keineswegs um staatsoffizielle Lebensläufe. Bei Faymann werden in diesen hingegen – mindestens – zwei essentielle Fakten unterdrückt. Neuerdings auch seine Demütigung beim letzten SPÖ-Parteitag. Zugleich steht außer Zweifel: Selbst in dem Wenigen, was geschrieben wird, hat Werner Faymann einen international absolut blamablen Lebenslauf.
Beginnen wir mit den Lebensläufen auf der republiksoffiziellen Homepage des Parlaments. Diese sind einheitlich gestaltet, wie ich mich bei zahlreichen Stichproben überzeugen konnte. Bei Roten wie Schwarzen. Bei jedem Lebenslauf wird sogar der Volksschulbesuch mit Kalenderjahren und Namen der Schule festgehalten. Dasselbe geschieht natürlich auch bei allen weiteren Ausbildungsstationen mit Ort und Zeit. Auch für – vorsichtig ausgedrückt – minder wichtige Funktionsträger.
Nur beim mächtigsten Politiker dieses Landes ist das nicht der Fall. Dort steht bloß „Bildungsweg: Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien (nicht abgeschlossen)“. Keine Schule. Kein Datum. In Wahrheit ist das ein unglaublicher Skandal. Als ob die Bürger in einer Demokratie kein Recht hätten, zumindest die simpelsten Fakten über den Chef der derzeit größten Partei des Landes zu erfahren. Nicht nur in den USA müsste jeder Politiker schon allein wegen solcher biographischen Defizite umgehend zurücktreten.
Um keinen Zweifel zu lassen: Die Volksschule hat Faymann absolviert, auch wenn es nicht vermerkt ist. Das geht aus der Tatsache hervor, dass er in der Unterstufe als Schüler einer AHS in deren Jahresbericht vermerkt war. Ab diesem Zeitpunkt jedoch verlieren sich die Spuren dieses Mannes auf viele Jahre im Nirwana.
Absolut blamabel ist aber auch, was bei Faymanns Parlaments-Lebenslauf unter „beruflicher Werdegang“ steht, also bevor er sich von einer parteipolitischen Funktion zur Nächsten weiterschob:
Aus. Alles. Die Regierungschefs wohl sämtlicher europäischen Länder würden sich mit einem solchen dürren Werdegang in Grund und Boden schämen.
Dabei muss Faymann ja ein Genie gewesen sein – oder von Jugend an ein rein parteipolitischer Protektions- und Versorgungsfall: Denn einen „Konsulenten“-Posten bei einer großen Bank gibt es normalerweise niemals für 25-Jährige. Das ist vielmehr eine (bisweilen) verwendete Konstruktion, um ehemaligen Spitzenfunktionären noch Geld zuzuschanzen, ihre angesammelte Erfahrung zu nutzen oder sie von einem Wechsel zur Konkurrenz abzuhalten. Nichts davon kann bei Faymann zutreffen.
Um nicht missverstanden zu werden: Auch ein Pflichtschüler ist ein ehrenwerter Mann. Widerlich ist nur, wenn beim Lebenslauf ein hemmungsloses Tarnen und Täuschen stattfindet. Widerlich ist aber auch seine gegenwärtige Hetze gegen Banken, obwohl er von einer solchen mehr profitiert hat als 99,99 Prozent der Wähler.
Tarnen und Täuschen findet sich aber auch beim zweiten offiziellen Faymann-Lebenslauf, nämlich dem auf der Seite des Kanzleramtes. Dort wird zwar vage ein „Gymnasium“ im 15. Bezirk, aber sonst nichts wie etwa Zeitraum seines Gymnasialaufenthalts oder etwa gar Matura erwähnt. Von Universität oder einem „Studium“ ist dort – trotz großen Wortgeschwurbels – keine Spur mehr zu finden.
Dafür findet sich dort noch eine ganz andere Unglaublichkeit: Die Darstellung seiner „Erfolge“ bei SPÖ-Parteitagen. Zwar wird, bis auf Hundertstel-Prozent genau, sein parteiinternes Wahl-Ergebnis aus dem Jahr 2008 veröffentlicht. Zwar wird sogar das Gebäude genannt, in dem der damalige Parteitag stattgefunden hat. Aber: Im gleichen Lebenslauf wird der jüngste SPÖ-Parteitag mit keiner Silbe mehr erwähnt. Dabei hat der im Oktober 2012 stattgefunden; also wäre selbst im Bundeskanzleramt wohl schon Zeit gewesen, ihn einzutragen.
Jedoch: Faymann hat bei diesem Parteitag das bisher überhaupt schlechteste Ergebnis eines Vorsitzenden in der Geschichte der Sozialdemokratie hinnehmen müssen. Die 83,43 Prozent wurden damals sogar in mehreren Medien als „historisches Debakel“ bezeichnet. Daher ist wohl eindeutig, was der wahre Grund der Nichterwähnung ist.
Seltener ist klarer bewiesen: Der Hang der Genossen zum hemmungslosen Manipulieren und Weglassen unerwünschter Fakten ist grenzenlos. Wenn ein Kurt Waldheim so mit seinem Lebenslauf umgeht, zünden sie die Republik an. Wenn es jedoch ein Faymann tut, kommt er in dieser verkommenen österreichischen Medienlandschaft offensichtlich reaktionslos davon.
Welcher Bürger soll da auch nur irgendeiner offiziellen Information oder Zahl aus dem Kanzleramt oder irgendeiner anderen regierungsoffiziellen Institution trauen? Es wäre absoluter Wahnsinn, es zu tun. Vor allem bei all jenen Fakten, die man nicht so leicht nachprüfen kann wie etwa ein SPÖ-Parteitags-Ergebnis!
Übrigens: Auf spoe.at habe ich trotz intensiver Suche überhaupt keinen Faymann-Lebenslauf mehr gefunden. Das liegt aber sicher an mir und nicht an der Tatsache, dass die Partei ihren Chef zwar in zahllosen Schönfotos präsentieren will, sich aber für seinen Lebenslauf geniert . . .
Es wäre langweilig, sich täglich über das einseitige SPÖ-Getrommel des ORF aufzuregen. Aber was zu viel ist, ist zu viel.
Da verlangt die SPÖ jetzt, dass die Mitbestimmung von Eltern, Schülern und Lehrern bei der Einführung von Ganztagsschulen abgeschafft oder zumindest wirkungslos wird. Schlimm genug. Aber wie bezeichnet die ORF-ZiB dieses demokratische Mitbestimmungsrecht? Als „Blockademöglichkeit“! Eigentlich unfassbar. Offenbar soll die Demokratie immer weiter beseitigt werden, wenn sie der Ideologie der Linken widerspricht. Und der ORF agiert mit jeder Silbe als Lautsprecher solcher totalitärer Bestrebungen. Das macht es umso wichtiger, dass nicht wieder ein roter Bundeskanzler alle Kommandobrücken des ORF links besetzen kann.
Erstaunlich, dass Wahlkämpfe, eigentlich die Zeiten hemmungsloser Lügen und haltloser Versprechungen, bisweilen auch zur Stunde der Wahrheit werden können.
Zumindest in Deutschland. Dort hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Satz gesagt, auf den viele Österreicher bei einem ihrer Spitzenpolitiker bis heute vergeblich warten. Wörtlich: "Man hätte zum Beispiel Griechenland gar nicht aufnehmen dürfen in den Euro-Raum." Brava! Wenn auch mehr als ein Jahrzehnt zu spät. Wenn auch wohl als Seitenhieb auf die damalige rotgrüne Regierung Schröder gedacht. Aber ein Aussprechen von Wahrheiten ist immer ein erster Weg zur Besserung. Jetzt fehlt freilich noch das Eingeständnis, dass es ein mindestens ebenso großer Fehler war, 2010 Griechenland – und dann fast logischerweise auch etliche andere Länder – mit unvorstellbaren Haftungssummen zu „retten“, statt es die Folgen seiner Verschwendungspolitik spüren zu lassen. Aber 2010 hat nicht mehr Schröder, sondern Merkel regiert. Daher werden wir auf diesen zweiten Teil der Wahrheit noch längere Zeit vergeblich warten. Dabei könnte Merkel zu Recht sagen, dass sie 2010 erst nach längerem Widerstand umgefallen ist – unter dem Druck Frankreichs, der USA, der EU-Kommission, sämtlicher Südeuropäer und aller Sozialdemokraten Europas, aber auch so mancher Bürgerlicher à la Helmut Kohl.
Blamage, nächste Abteilung: Der Westen verstrickt sich rettungslos in der eigenen Rhetorik rund um Syrien. Er gerät daher – wieder einmal – in einen fremden Konflikt hinein, aus dem er nicht ohne schwere Schäden herauskommen wird. Von den Medien getrieben, aber zum Entsetzen der Menschen.
Begonnen hat alles damit, dass Barack Obama in einem Interview von einer roten Linie geschwafelt hat, den ein Giftgasangriff im syrischen Bürgerkrieg darstellen würde. Nur hat er eigentlich keine Ahnung gehabt, was dann, also jenseits der Roten Linie, eigentlich geschehen soll. Bis heute ist mir im Übrigen auch nicht klar, warum ein Giftgastoter eigentlich so viel relevanter sein soll als ein konventioneller Toter. Der eine ist eine rote Linie, der andere wurscht.
Nächste Etappe war dann schon vor Wochen ein erster Gift-Einsatz, der nach tagelangem Zögern letztlich von den Amerikanern als solcher eingestuft worden ist. Also: die „Rote Linie“. Aber nichts ist geschehen.
Und jetzt eben ein zweiter Giftgas-Fall, mit deutlich mehr Opfern. Dennoch sind die Giftopfer nur ein winziger Bruchteil im Vergleich den sonstigen Opfern des Konflikts. Von den Millionen Vertriebenen gar nicht zu reden. Löst das jetzt plötzlich den großen Krieg aus, der manche sogar schon das W-Wort vom drohenden Weltkrieg in den Mund nehmen lässt?
Die allergrößten Fragezeichen sind aber andere. Das ist vor allem die Faktenlage: Was sind die eindeutigen Beweise, dass der jüngste Giftgaseinsatz nicht nur stattgefunden hat, sondern auch vom syrischen Diktator Assad veranlasst worden ist? Wie so oft in der Geschichte könnte die Logik und vor allem die Frage nach dem Nutzen, nach dem „Cui bono?“ bessere Antworten auf diese Frage bieten als die Experten unmittelbar vor Ort. Auch beim Überfall auf den Sender Gleiwitz brachten ja damals solche Analysen validere Antworten als irgendwelche vor Ort zu findende Details. Es gibt in solchen Situationen kein einziges Detail, das dabei nicht fingiert worden sein könnte.
Keinen Hauch der Sympathie für einen Assad. Aber es wäre ein Zeichen einer für ihn völlig untypischen Unintelligenz, wenn er wirklich hinter dem Anschlag stünde: ausgerechnet jetzt, da sich an den Fronten viel zu seinem Gunsten gewandelt hat; ausgerechnet zum Zeitpunkt, da UN-Inspektoren gerade in Syrien waren; ausgerechnet in Damaskus selber.
Da taucht natürlich die Gegenfrage auf: Kann denn die Opposition wirklich so zynisch sein, viele Hunderte Menschen auf der eigenen Seite durch Gift umzubringen, nur um das Assad in die Schuhe zu schieben? Diese Frage kann ich jedenfalls nicht mit einem überzeugten Nein beantworten. Denn die Lage der syrischen Opposition ist total verzweifelt. Die Geschichte hat auch genug Beispiele für solchen Zynismus. Außerdem ist es durchaus denkbar, dass nur ein einziges der zerstrittenen Gruppen und Dienste hinter einem solchen Gifteinsatz stünde, ohne dass es sonst wer weiß.
Aber selbst wenn man nicht diese zweifellos legitimen Zweifel hegt, müsste der Westen aus vielen Gründen von einem militärischen Einsatz zurückschrecken:
Nun kann man noch hoffen, dass trotz aller Kriegsvorbereitungen die Amerikaner doch noch einlenken. Was aber inzwischen eine ordentliche Blamage für Obama bedeuten würde.
Wenn es trotz allem zu militärischen Verwicklungen Amerikas und europäischer Staaten kommen sollte, dann nur aus zwei Gründen: zum einen weil die Türkei das unbedingt will; und zum anderen weil Obama glaubt, nur so sein Gesicht wahren zu können, und weil die Briten noch immer an der Seite der Amerikaner gekämpft haben. Dahinter stehen viele Medien, die derzeit ja auf Obama Druck in Richtung einer Intervention ausüben. Das sind freilich genau dieselben Medien, die dann ein paar Wochen später die selbst herbeigeschriebene Intervention verdammen werden.
Da bleibt einem der Mund offen: 500 Millionen höhere Steuereinnahmen schlägt – ausgerechnet die Industriellenvereinigung vor.
Sie hat irgendeine neue Struktur für die Grundsteuer ausgearbeitet, die diese höheren Einnahmen bringen soll. Genaueres hat uns der seltsame Industriepräsident Kapsch noch nicht verraten, außer dass es nicht die Bauern sein sollen, die das zu berappen haben. Und dass es auch nicht die Industrie sein dürfte, kann man wohl annehmen. Bleiben einzig und allein die Ein- und Mehrfamilienhäuser, also Mieter und Wohnungseigentümer. Vielen Dank, Herr Präsident. Dabei war die IV einst ein stolzer wie tapferer Verein, der vehement für Steuersenkungen und insbesondere eine Senkung der gesamten Abgabenquote gekämpft hat. Ausschließlich Ausgabenkürzungen waren das Ziel der Vor-Kapsch-IV (für die es jede Menge an Möglichkeiten gibt). Zwar sprach Herr Kapsch auch von einer Kürzung der Einkommensteuern. Nur sollte es einem Menschen mit wenigstens zehn Deka politischer Intelligenz klar sein, dass die SPÖ nur den Steuererhöhungsteil hören und sich künftig ständig auf Kapschs Steuererhöhungspläne berufen wird. Hat sie doch schon jeden einzelnen Euro aus zusätzlichen Steuern mindestens zehn Mal an die verschiedensten Lobbies versprochen. Und verspricht es im Wahlkampf täglich noch mehr Empfängern. Wieder ein neuer Beweis, dass Kapsch aus dem linken LIF und nicht einer liberalen oder marktwirtschaftlichen Denkschule kommt.
Cosi fan tutti. Bei der SPÖ wird der Parteiausschluss von Großfinancier Hannes Androsch gefordert, weil er einen Grünen unterstützt. Bei der ÖVP bezeichnet die ÖAAB-Kandidatin Gabriele Tamandl die Position der Herren Leitl und Mitterlehner (für höheres Frauenpensionsalter, gegen die Lehrergewerkschaft) als „Blödsinn“. Damit nähern sich die beiden Mittelparteien den heftigen Konflikten bei anderen an.
Bei Stronach beispielsweise gibt’s fast jede Woche einen, der das Handtuch wirft, meist aus Frust über den realitätsfernen Greis als Parteidiktator. Beim BZÖ ist die halbe Partei über schlechte Listenplätze verärgert. Bei den Grünen will man in acht Bundesländern über alles reden, nur nicht positiv über die Wiener Parteifreundinnen. Und bei den Freiheitlichen tobten in den letzten Wochen von Niederösterreich bis Kärnten Rebellion und Chaos.
Aber so ist halt Politik. Ein kluger Mann hat einst gesagt: Politik besteht nun mal im Streiten; und wenn sie nicht streiten, dann arbeiten sie nicht. Wobei man halt den (positiven) Streit über Inhalte nur selten vom (negativen) Streit über Macht und Personen trennen kann.
Die ÖVP-Debatte scheint da inhaltlich an sich eher harmlos (ich selbst stehe in Sachen Lehrer weitgehend auf Seite Tamandls, in Sachen Pensionsalter ganz gegen sie, im Generalurteil über Mitterlehner und Leitl jedoch 200prozentig an ihrer Seite). Das Problem ist nur: Gerade in diesen beiden Fragen kann sich jede schwarze Seite auf inhaltlich wechselnde Aussagen des eigenen Parteichefs berufen. Was zwar von Debattenfreudigkeit, aber nicht gerade von starker Führung zeugt.
Die SPÖ-Debatte zeigt wieder etwas anderes: nämlich, dass zwischen Rot und Grün längst kein wirklicher Unterschied mehr besteht.
Der Iran ernennt erstmals Frauen zu Botschaftern.
Das ist ein ganz starkes Indiz, dass sich dort mit dem neuen Präsidenten erstmals wirklich die Modernität durchsetzt. Dass also nicht bloß, wie von manchen befürchtet, mit lächelndem Gesicht die gleiche Politik fortgesetzt wird. Für mich ist das auch noch aus einem persönlichen Erlebnis heraus signifikant. Ich war einst einer von rund zehn Gästen, die Außenminister Mock zu einem Abendessen für einen scheidenden iranischen Botschafter geladen hat. Obwohl das strenge Protokoll bei Abendessen eigentlich immer Ehefrauen dazulädt, war natürlich – natürlich? In Wien? – keine dabei. Es gab auch nur männliche Kellner. Selbst die an der Wand hängenden Bilder waren verhängt, damit die Iraner nicht einmal dort vom Anblick einer Frau belästigt waren. Das liebedienerische Außenamt ließ auch natürlich – natürlich? In Wien? – keinen Alkohol servieren. Hätte Mock nicht seine Ansprache mit dem bei ihm einprogrammierten „Meine Damen und Herren“ begonnen, wäre man gar nicht draufgekommen, dass es noch ein zweites Geschlecht auf der Welt geben könnte.
PS: Umso köstlicher war es, als dann der Fotograf fürs offizielle Abschiedsfoto kam: Denn der war ein hübsches Mädchen. Im Minirock. Und die scheinprüden Iraner haben es überlebt . . .
Die Deutschen haben es gut: Sie haben eine Wahl. Da treten zwei unterschiedliche Kanzlerkandidaten mit zwei jeweils ganz unterschiedlichen Koalitionspartnern vor die Wähler, die sich absolut nichts schenken und von denen zumindest einer jeden Unterschied zur anderen herausarbeitet. In Österreich hingegen stellt eine Einheitspartei beide Kanzlerkandidaten, die schon lange vor dem Wahltag mit jeder Körperfaser klarmachen: Wir werden im gemeinsamen Ehebett bleiben. Sie zeigen nicht einmal den Hauch eines Interesses an einem Seitensprung. Sie planen gewissermaßen schon die gemeinsamen Urlaube für die nächsten Jahre voraus. Gute Reise!
Das ist zwar zweifellos für eine Ehe gut. Aber für dieses Land ist eine Katastrophe. Dieses ernüchternde Bild wurde zwar schon in den letzten Monaten und Wochen zunehmend klarer – aber dass es so handgreiflich deutlich werden würde wie beim ersten Fernsehduell der beiden, habe zumindest ich nicht einmal in meinen ärgsten Albträumen befürchtet.
Da standen zwei Freunde vor den Kameras, die sich nicht nur höflich, sondern geradezu lieb und rücksichtsvoll behandelten: Sie taten sich schwer, zumindest hie und da irgendwelche Nuancen an Differenzen herauszuarbeiten. Sie reden sich auch öffentlich mit dem kumpanenhaften "du" an (was zwar in der Politik fast alle tun, was aber zumindest bei Fernsehdiskussionen zwischen Profis gerne durch die Distanz des „Sie“ ersetzt wird). Sie erzählten ständig stolz, was sie denn nicht alles „gemeinsam beschlossen“ haben und noch gemeinsam alles tun werden.
Kurz: Man wähnte sich bei einem der besonders langweiligen Ministerräte der letzten Jahre und nicht bei einem „Duell“.
Jeder Wähler muss sich gefrotzelt vorkommen, der bisher vielleicht geglaubt hat, es hänge noch von seiner Entscheidung ab, wie die nächste Regierung aussieht. Dabei ist alles schon längst ausgemacht: Es wird alles so weitergehen. Dass der nachher amtierende Meinungsforscher von einem „Werner Spindelegger“ sprach, war eine mehr signifikante Fehlleistung. In der Tat: Wer hätte da einen Unterschied merken sollen?
Die Liebe ging sogar soweit, dass Spindelegger bei Faymann eine Zusage zu der von ihm vorgeschlagenen Gebührenbremse gehört haben wollte. Faymann hatte in seinem Wortgeschwurbel jedoch nie eine solche Zusage gegeben (das hätte ja den Bestechungsfonds der Gemeinde Wien auf Kosten der Wasser-, Strom-, Gas-, Abwasser-Konsumenten reduziert). Aber Spindelegger lobte ihn dennoch sogar für eine nie gegebene Zusage! Wo die Liebe hinfällt . . .
Lediglich in der Körpersprache war ein Unterschied zu merken: Spindelegger verließ immer wieder dynamisch sein Rednerpult und ging auf Fragesteller aus dem Publikum zu, während sich Faymann fast krampfhaft an seinem Pult festhielt, was wohl seine Kleinheit ein wenig verdecken sollte. Offenbar mit Erfolg. Denn Faymann lag bei der simultanen Telefon-Befragung doch meist vor seinem Konkurrenten.
Bitte melden, wer noch sonstige Unterschiede entdeckt hat. Bitte melden, wer da zwei unterschiedliche Konzepte für die Zukunft dieses Landes gehört haben will. Bitte melden, falls alles meine Schuld ist, weil ich an Stelle eines Kanzlerduells vielleicht einen falschen Kanal mit der Dauerwerbesendung „Parteifreunde unter sich“ gewählt habe.
PS: Der Sender bemühte sich zwar. Aber Kamerafahrten ins Nirwana, die Übernervosität der (wohl auch zu zahlreichen) Moderatoren, ein gelangweiltes Publikum und vertauschte Ergebnis-Inserts machten das Ganze auch von den Veranstaltern her nicht gerade zu einer echten Herausforderung an den ORF.
Rettungssanitäter, Notfallmediziner und alle anderen, die im Rettungsdienst aktiv waren oder noch sind, wissen es: Ein medizinischer Notfall ist für Rettungskräfte leichter zu managen, wenn Ersthelfer zuvor die richtigen lebensrettenden Sofortmaßnahmen ergriffen haben. Gleichzeitig wissen die gleichen Leute, dass nur eine relativ kleine Zahl der Erwachsenen im Notfall in der Lage ist, richtig zu reagieren. Der letzte Erste-Hilfe-Kurs liegt lange zurück, sodass der Mut im Fall des Ernstfalles schnell abhanden kommt.
Die Universitätsprofessoren Dr. Herz (Rudolfinerhaus) und Dr. Sterz (Universitätsklinik für Notfallmedizin) haben im Jahr 2005 beschlossen, den beiden damaligen Ministerinnen Rauch-Kallat (Gesundheit) und Elisabeth Gehrer klar zu machen, dass die Vermittlung von Erste Hilfe-Kenntnissen in den Schulen deutlich verbessert werden muss. Frau Ministerin Gehrer gab kurz darauf den Auftrag, eine entsprechende Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen. Im Frühjahr 2005 wurde mit Hilfe einer Art Rasterfahndung nach Lehrern gesucht, die bereits einschlägige Erfahrungen gesammelt hatten. Da ich selbst aktiver Rettungssanitäter und Erste Hilfe-Lehrbeauftragter bin und damals an einem Gymnasium in Bregenz unterrichtete, blieb ich im „Fahndungsnetz“ hängen und zögerte keine Sekunde, als ich gefragt wurde, ob ich mitarbeiten wolle.
Meine Frau und ich hatten jahrelang an unseren Schulen auf eigene Faust einen Erste-Hilfe-Kurs in den Biologieunterricht der ersten Klassen eingebaut. Die Resultate waren in jedem Fall überaus erfreulich.
Es hat sich klar herausgestellt, dass ein in den Biologie-Unterricht eingebauter Erste-Hilfe-Kurs das soziale- und das Sicherheitsdenken der Schüler nachhaltig positiv beeinflusst. Zudem bekommt die Lehre vom menschlichen Körper einen neuen Inhalt. Es werden den Schülern nicht mehr nur Skelett, Muskeln, Hirn, Herz und andere Organe ins Heft diktiert. Man bespricht Gefahrenzonen und bringt den jungen Menschen damit Sicherheitsdenken bei; man bespricht Bewusstlosigkeit und bringt ihnen das Gehirn nahe. Man erklärt Herz- und Kreislaufstillstand, übt die Erste-Hilfe-Maßnahmen und nimmt gleich Herz und Lunge mit in das Kapitel.
Bereits ein Jahr vor dem Start der Arbeitsgruppe „Erste Hilfe in Bewegung“ wurde das neue Unterrichtsmodell auf der Bildungsmesse in Hall/Tirol vom 3. bis 5. Juni vorgestellt. Schülerinnen des Gymnasiums Blumenstraße und des Privatgymnasiums Riedenburg (jeweils Bregenz) fuhren mit mir nach Tirol, um das Projekt einem internationalen Publikum zu präsentieren. Der von den Mädchen vorbildlich gestaltete Messestand erwies sich rasch als Publikumsmagnet. In Gesprächen mit Lehrern, Schülern und Schulpolitikern wurde der Wunsch geäußert, die Erste Hilfe verpflichtend und besser als bisher in den Regelunterricht von der ersten bis zur achten Schulstufe einzubauen.
Der Wunsch ging insofern in Erfüllung, als Ministerin Gehrer die eingangs erwähnte Arbeitsgruppe tatsächlich ins Leben rief. Im Oktober 2005 trafen sich mehrere Ärzte und Lehrer aus ganz Österreich im Bildungshaus St. Virgil in Salzburg, um die weitere Vorgehensweise zu beraten. Beim Start des Projekts herrschte Aufbruchsstimmung. Alle Beteiligten wussten, dass mit unserer Arbeit eine große Sache entstehen würde. Die gesamte Bevölkerung sollte in einer Generation einen Erste Hilfe-Kurs absolviert und die Details im Regelunterricht über vier Jahre so gut wiederholt haben, dass damit ein neues Sicherheits- und Verantwortungsbewusstsein entstehen würde.
Es folgten weitere Seminare im April 2006 in Linz und im November 2006 im Bildungshaus St. Martin bei Graz. Dazwischen gab es kleinere Besprechungen, meist in Wien. Die Projektleiter standen via Internet miteinander in Verbindung. Im Mai 2007 sollte ein Abschlussseminar mit großer Pressekonferenz im Großraum Wien stattfinden.
Nach dem Herbstseminar 2006 in Graz herrschte plötzlich Funkstille. Das Unterrichtsministerium schien nach dem Wechsel zur neuen Unterrichtsministerin Claudia Schmied in Autismus verfallen zu sein. Anfragen, sogar vom Roten Kreuz, wurden nicht beantwortet, mehr oder weniger obskure Gerüchte besagten, dass es einen geheimen Maulkorberlass gäbe, andere Gerüchte besagten, das Projekt sei auf Weisung der Ministerin ohne Angabe von Gründen abgedreht worden.
Es ist zu bedenken, dass in das Projekt „Erste Hilfe in Bewegung“ zwei Universitätsprofessoren, ein Universitätsdozent, mehrere engagierte Ärzte und Lehrer aller Schultypen, das Jugendrotkreuz, der ÖAMTC und insgesamt 21 Schulen aus ganz Österreich eingebunden waren. Finanziert wurde die Sache nicht vom Unterrichtsministerium, sondern von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt.
Wir haben schon befürchtet, dass sich etwas anbahnte, denn in der Schlussphase wurden wir mit „Geht-leider-nicht“ Argumenten überhäuft.
Im Frühjahr 2007, nach Monaten der Funkstille, was im Grunde nichts anderes als eine bodenlose Unverschämtheit war, packten einige Lehrer, darunter meine Wenigkeit, den Stier bei den Hörnern. Ein Tiroler Nationalratsabgeordneter wurde zur Ministerin Dr. Schmied geschickt, um sie zu informieren, und die Landeshauptmann-Stellvertreterin von Tirol informierte die damalige Gesundheitsministerin Kdolsky. Am 30. Juni 2007 erschien in den Vorarlberger Nachrichten mein bitterböser Artikel unter dem Titel „Nieder mit den Lehrern!“ (www.scientific.at/2007/roe_0726.htm)
Nach diesen Aktionen wachte das Unterrichtministerium nach neunmonatigem Tiefschlaf auf. In einer Mitteilung aus dem Ministerium hieß es trocken: „Frau Sektionschefin Heidrun Strohmeyr hatte für den 11. Juli im BMUKK (Anm.: Unterrichtsministerium) eine Sitzung einberufen, in der die weitere Vorgangsweise und der Abschluss des Projekts „Erste Hilfe in Bewegung" mit Herrn Nekula aus dem Ministerbüro und der Steuergruppe des Projekts diskutiert wurde. Am 5. November wird es einen Termin im BMUKK geben, an dem alle 15 Projektkoordinatoren das Ergebnis ihrer Projekte und die daraus folgenden Konsequenzen der Ministerin berichten können. Die Ministerin wird sich für das Engagement auch erkenntlich zeigen. Seitens des BMUKK soll an diesen Tag im Rahmen einer PR-Aktion bekannt gegeben werden, dass Erste Hilfe an der Schule ein quasi verpflichtender Inhalt ist, weil es für jeden erwachsenen Menschen in unserem Land die Pflicht zur Erste-Hilfe-Leistung gibt und das natürlich auch in der Schule schon gelernt und geübt werden muss. Nach Wunsch der Steuergruppe soll die Ministerin diese Überzeugung in einem Rundschreiben an alle Schulen mitteilen – mit der Info, dass es ein Curriculum in erster Hilfe gibt, das im Projekt "EH in Bewegung" entwickelt wurde, …“
Am 5. November 2007 wurden die Projektkoordinatoren und einige prominente Persönlichkeiten als Aufputz ins Unterrichtsministerium geladen. Bei Brötchen und Getränken wurde eine Broschüre verteilt und die Internetseite „Erste Hilfe in Bewegung“ (www.erstehilfe-schule.at) vorgestellt. Medien waren keine anwesend, es wurde auch nicht berichtet, wenn man von einer sehr kurzen Meldung von Radio Wien absieht. Das war’s dann. Von einem Einbau der Ersten Hilfe in den Regelunterricht war keine Rede mehr, nur von einer Internetseite, auf der man sich informieren kann. Das hätte sich das Ministerium ersparen können, denn informieren konnte man sich auch vorher schon.
Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, warum das Projekt abgewürgt wurde, das alle Beteiligten viel Arbeit und Zeit gekostet hatte und eine große Sache geworden wäre.
Die Kosten hätten wegen des Engagements der AUVA keine Rolle gespielt, schon gar nicht, wenn man sie mit den Kosten des unnützen Geldvernichtungsinstituts „bifie“ vergleicht, mit dem bereits Millionen sinnlos verbrannt wurden. Ein plausibler Grund könnte sein, dass das Projekt von Ministerin Gehrer gestartet und von Rotem Kreuz und ÖAMTC unterstützt wurde. Die Ministerin gehörte der ÖVP an und die beiden genannten Organisationen sind eher dem bürgerlichen Bereich zuzuordnen, was für Unterrichtsministerin Schmied augenscheinlich nicht akzeptabel war.
Schließlich ist ein weiteres Argument nicht zu übersehen. Beim Projekt „Erste Hilfe in Bewegung“ ging es fast ausschließlich um Unterrichtsinhalte. Alle öffentlichen Diskussionen über die Zukunft der österreichischen Schulen mündeten und münden – bis zum heutigen Tag – ausnahmslos in sinnlose Strukturdebatten. In keiner einzigen Diskussion (neudeutsch: Diskurs) geht es um Fragen wie Leistungsgruppen, Fächerkanon, Sprachangebote, Rechte von Lehrern gegenüber disziplinär auffälligen Schülern und andere konkrete Kernpunkte. Das Ministerium will inhaltsbezogene Diskussionen in der Öffentlichkeit streng vermeiden, denn das könnte ja in eine Niveaudebatte ausarten.
Selbstverständlich hat die Öffentlichkeit von der Projektblockade der Unterrichtsministerin nichts erfahren. Vom ORF erfährt man ohnehin nie etwas, was einem SPÖ-Politiker schaden könnte, die schmied-affinen Inseratenmedien halten erst recht den Mund und die seriösen Medien haben ohnehin nie etwas erfahren. Von diesem Tag an ahnte ich, dass im Bereich Bildungspolitik nichts Gutes auf uns zukommen würde. Der Frust war entsprechend groß, als wir Projektleiter nach all der vergeblichen Arbeit wieder nach Hause fuhren – mit Fahrkarten, die von der AUVA bezahlt wurden.
Mag. Dr. Rudolf Öller, Jg. 1950; Gebürtiger Oberösterreicher; Studium „Biologie und Erdwissenschaften“ in Salzburg; Studium der Genetik mit Dissertation an der Universität Tübingen; Unterricht Biologie, Physik, Chemie, Informatik an einem (katholischen) Privatgymnasium, einer privaten BHS und einem öffentlichen Gymnasium in Bregenz.
Bevorstehende Wahlen bewirken Erstaunliches: Plötzlich nehmen Politiker weit mehr Rücksicht auf die Haltung der Wähler als normalerweise. Dabei entdecken sie derzeit vor allem, dass viele Europäer, insbesondere Deutsche, der EU heute viel kritischer gegenüberstehen als noch vor ein paar Jahren. Daher beeilen sich viele Politiker, über Nacht den eigenen Standpunkt neu zu justieren. Das zeigt der deutsche Wahlkampf; aber auch jener fürs EU-Parlament wirft schon ähnliche Schatten voraus. Einige Zeit nach den Deutschen hat nun auch in Österreich Außenamts-Staatssekretär Lopatka ähnliche Gedanken geäußert.
Spannend und signifikant, wenn auch wie immer ein wenig verschwurbelt ist etwa der Tonwechsel bei der deutschen Bundeskanzlerin. Während Angela Merkel früher eine klare Verfechterin des Ziels Vereinigter Staaten von Europa und der Alternativlosigkeit dieses Ziels war – soweit halt bei Merkel etwas wirklich „klar“ ist –, so findet sie jetzt ganz andere Töne.
Zwar verlangt sie weiterhin, dass die EU von den Mitgliedsstaaten die eindeutige Einhaltung präziser ökonomischer Vorgaben erzwingen kann. Das Verlangen bedeutet zweifellos noch mehr Macht für Europa. Jedoch ist es kaum vorstellbar, dass sich etwa Franzosen oder Spanier von der EU zu irgendetwas wirklich Substantiellem in der nationalen Politik zwingen lassen werden, ob das nun Defizit, Pensionsalter, Arbeitsmarktflexibilität oder sonst etwas betrifft.
Offenbar für diesen Fall hat Merkel nun plötzlich auch den Retourgang im verbalen Repertoire: Sie spricht nämlich erstmals davon, dass Kompetenzen von Europa wieder an die Mitgliedsstaaten zurückgehen können und sollen. Zwar tut sie so, als ob das gleichzeitig mit dem „Mehr Macht für Europa“ ginge. Aber kein Zweifel: Die eine Strategie führt in die absolute Gegenrichtung von der anderen.
Dahinter stecken gleich drei Motive:
In der CDU gibt es andere Politiker, welche die Kritik an der Entwicklung der Union noch viel schärfer formulieren als Merkel. Dazu gehört vor allem der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger.
Er macht der EU – obwohl dort selbst hoher Funktionsträger! – unglaublich harte Vorwürfe: Die EU sei ein „Sanierungsfall“. Sie leide an „Gutmenschentum“. Mitgliedsländer wie Bulgarien, Rumänien und auch(!) Italien seien „im Grund kaum regierbar“. Und zu Frankreich fand Oettinger die kompromisslose Formulierung: Dieses sei „null vorbereitet auf das, was nötig ist“. So deutlich hat wohl noch nie ein EU-Exponent selber die Probleme der EU beim Namen genannt.
Nachdem solche deutlichen Worte bisher nur in der CSU und bei unabhängigen Kritikern wie Thilo Sarrazin oder Hans-Werner Sinn zu hören gewesen sind, zeigt das, dass sich auch das Schlachtschiff CDU zu wenden beginnt.
Noch mehr überrascht, dass auch der sozialdemokratische Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, plötzlich zu ähnlichen Worten findet. Der scharfzüngige SPD-Mann stand bisher wie seine ganze Partei an der Spitze der europäischen Hilfs- und Interventionswilligen. Aber ganz offensichtlich unter dem Einfluss des eindeutig in der wirtschaftsorientierten Mitte stehenden Spitzenkandidaten Peer Steinbrück hat sich Schulz zu kritischen Positionen durchgerungen.
Und das heißt weit über Deutschland hinaus etwas: Denn Schulz gilt als der aussichtsreichste Kandidat der gesamteuropäischen Sozialisten für die Wahl eines EU-Kommissionspräsidenten. Offensichtlich kann sich auch ein Sozialdemokrat wie Schulz nur noch als Integrationskritiker, nicht mehr als Integrationsfanatiker Chancen für die nächstjährigen EU-Wahlen ausrechnen.
Schulz ist jedenfalls mit folgendem Satz über die EU – wenn auch bei einem innerdeutschen Vortrag – aufgefallen: „So wie sie heute organisiert ist und geführt wird, wird sie scheitern.“ Er verlangte ähnlich wie Merkel und der Briten-Premier Cameron, dass Aufgaben von der europäischen an die lokale, regionale und nationale Ebene zurückdelegiert werden. „Wir müssen das Subsidiaritätsprinzip ernster nehmen.“ Was lokal zu machen sei, müsse auch lokal gemacht werden. Viele Menschen wenden sich von der EU ab, weil sich Brüssel aus ihrer Sicht zu stark in ihr Alltagsleben einmische, wie Schulz beklagt.
Schulz und Oettinger zusammen: Das ist eine dramatische, nicht mehr zu überhörende Entwicklung in beiden großen deutschen Parteien. Der Positionswechsel ist gewiss auf die Wahlen hin orientiert, aber er zeigt jedenfalls auch: Es ist – wenn auch mit Verspätung – „oben“ angekommen, dass die Menschen „unten“ sehr EU-kritisch denken. Was freilich noch keineswegs ein Austrittsszenario bedeutet.
Interessantes tut sich dafür in einem ganz anderen Land: Der soeben abgetretene tschechische Präsident Vaclav Klaus dürfte nun ebenfalls ins Rennen um die Rolle als EU-Kommissionspräsident gehen. Er hat zwar wenige Chancen zu gewinnen; dazu ist er zu tschechisch-national.
Auf Grund seiner hohen Intelligenz, seiner ökonomischen Brillanz, seiner ungebremsten Konfliktlust und vor allem seiner scharfen Zunge (sowie seine perfekten Deutsch- und Englisch-Kenntnisse) könnte Klaus aber mit Sicherheit den Wahlkampf thematisch dominieren. Er würde das zweifellos mit intensiver Kritik an allzu starker Integration und am Euro sowie an den hemmungslosen Hilfspaketen tun.
Klaus könnte solcherart gerade als Chancenloser die Diskussion der EU sehr vorantreiben. Er wird jedenfalls eines schaffen: Seine Gegner werden gegen ihn nicht mit den üblichen hohlen Politikerphrasen davonkommen können.
Wir können uns schon auf ein spannendes 2014 vorbereiten. Denn kampflos werden sich die Zehntausenden Eurokraten jedenfalls nicht mehr zurückdrängen lassen. Wer gibt denn schon freiwillig Macht aus der Hand . . .
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Wahlkampfmaschine der Sozialisten will im Moment nicht so recht laufen. Derjenige, der zum Gaudium der politischen Wettbewerber derzeit dabei ist, Unmengen von Sand ins Getriebe der Partei der werktätigen Massen zu streuen, hört auf den Namen Franz Dobusch.
Der wackere Mann hat – wie seine dafür bereits bei den Landtagswahlen im Frühjahr abgestrafte Salzburger Parteigenossin Burgstaller – getan, was seine Mitstreiter seit Jahr und Tag pausenlos aufs Schärfste kritisieren: Er hat, wie man es in fortschrittlich-marktwirtschaftsfeindlichen Kreisen zeitgeistkonform ausdrückt, „gezockt“. Er ist unter die „Spekulanten“ gegangen. Ins „Finanzcasino“. Mit Finanzinstrumenten („Swaps“), von denen er mit entwaffnender Freimütigkeit bekennt, nichts zu verstehen.
Sicherheitshalber hat er das aber nicht mit Geld aus seiner eigenen Tasche getan, sondern mit ihm in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Stadt Linz anvertrautem Steuergeld. Und er hat verloren – hunderte Millionen Euro. Pikanterweise an eine – damals, als das Geschäft getätigt wurde – der roten Reichshälfte zuzuordnende Bank, die von einem ebenfalls strammen Linken geführt wurde, der jetzt die Geschicke jenes weithin überflüssigen Mitarbeitersanatoriums lenkt, das unter dem Namen „Österreichische Nationalbank“ firmiert.
Jetzt prozessieren die mittlerweile in nicht mehr ganz so gutem Einvernehmen stehende Bank und die Stadt Linz gegeneinander. Müsste für die Chose am Ende nicht wieder der bereits jetzt brutal ausgesackelte Steuerzahler geradestehen, könnte man über die Geschichte glatt in homerisches Gelächter ausbrechen.
Austriakische Realsatire pur. „Solchene Sachen lassen sich nicht erfinden – nicht einmal von unserem Etablissement!“ hieß es einst im „Watschenmann“ – zu einer Zeit, als das Kabarett in Österreich noch Niveau und nicht ausschließlich „rote Gfrieser“ (© A. Khol) in seinen Reihen hatte. Heute aber könnte selbst ein über Hirn verfügender Kabarettist nicht mehr mit den Darbietungen konkurrieren, die – a la Dobusch – im realsozialistischen Alltag unserer nördlichen Balkanrepublik geboten werden.
Sieht man vom spaßigen Teil der Angelegenheit ab, kann daraus immerhin ein im Hinblick auf die anstehenden Nationalratswahlen entscheidender Schluss gezogen werden: Sozialisten sind entweder zu dumm, um die Konsequenzen ihrer wirtschaftlichen Handlungen zu begreifen; oder sie sind nichts weiter als Heuchler. Und das ist sowohl wahrscheinlicher als auch – angesichts der erschreckenden Machtfülle, über die sie gebieten – noch viel beunruhigender.
Mit ihrer Wahlkampagne gegen „Millionäre“ und „Spekulanten“ (die, bei Licht besehen, eine Kampfansage an die Mittelschicht darstellt), soll solchen Wählern, die mit schlichten Gemütern ausgestattet sind, weisgemacht werden, dass die SPÖ den Interessen des „kleinen Mannes“ diene. Indes wird die angekündigte Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern rein gar nichts einbringen. Sie wird vielmehr der Republik – vor allem aber den „kleinen Leuten“, die auf von „reichen Spekulanten“ geschaffene Arbeitsplätze angewiesen sind – schweren Schaden zufügen.
Von der Verletzung des Grundrechts auf Eigentum und der entstehenden Rechtsunsicherheit mit Blick auf vermutlich weiter eskalierende Begehrlichkeiten des Fiskus ganz zu schweigen. Der große Liberale Dalberg-Acton zu dieser Frage: „Die Arbeiterklasse hat durch eine Schädigung des Kapitals mehr zu verlieren als die Kapitalisten, denn was für letztere den Verlust von Luxus und Überfluss heraufbeschwört, bedeutet für erstere den Verlust des Notwendigen.“
Die „Reichensteuern“ werden gerne mit dem Argument gerechtfertigt, sie träfen ohnehin nur wenige Privilegierte (als ob Unrecht dadurch kleiner würde, dass man es „nur“ einer kleinen Gruppe zufügt), die oft genug als „Spekulanten“ oder „Zocker“ zu Wohlstand gelangt seien.
Wir lernen daraus: Wenn Privatpersonen ihr eigenes Geld – auf ihr eigenes Risiko – in Aktien, Grundstücke oder in eigene Unternehmen investieren, so handelt es sich dabei nach sozialistischer Einschätzung um „Spekulanten“, die mit aller Härte des Steuergesetzes zu bestrafen sind. Tätigt aber eine „Landeshauptfrau“ (welche Rolle die „Landesnebenfrauen“ im Salzburger Finanzdebakel spiel(t)en, liegt bislang übrigens noch im Dunkeln) oder ein Bürgermeister Finanzgeschäfte, für die nicht sie oder er selbst, sondern der Steuerzahler geradezustehen hat, dann sind das heroische Taten. Diese ziehen im Falle des Scheiterns natürlich keine bürgerlich-rechtliche Verantwortung nach sich, sondern sie werden im schlimmsten Fall mit einem Versorgungsposten bei der Arbeiterkammer sanktioniert (zumindest in den Fällen, in welchen es Genossen waren, die „gezockt“ haben).
Wenn das keine erstklassige Empfehlung darstellt, wen man im Herbst keinesfalls wählen sollte…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Mit ihrer Erregung über ein (sprachlich eher ungebräuchliches) Wort des Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl haben SPÖ und ihre Medien deutlich gemacht: Die Sozialdemokratie ist die einzige Gruppe im Land, welche die signifikante Verschlechterung der langfristigen Zukunftsprognosen für Österreich (Demographie, implizite Staatsverschuldung, Verlust der Konkurrenzfähigkeit auf Grund der hohen Steuern usw.) nicht zur Kenntnis nehmen will und keinerlei Handlungsbedarf sieht.
Die SPÖ verhält sich dabei ungefähr wie ein Mann, der vom hundertsten Stockwerk stürzt, und der nach dem Flug über 95 Stockwerke noch beruhigend ruft: „Gut is gangen, nix ist gschehn!“ Das Schlimme daran: Es stürzt nicht nur die SPÖ – dem könnte man ja eigentlich amüsiert zusehen –, sondern wir mit ihr. Hat doch die SPÖ seit fast sieben Jahren trotz fast ständiger Wahlverluste heute fast alle wichtigen Positionen in der Hand. Vom Bundeskanzler über den Bundespräsident und alle relevanten ORF-Kommandojobs bis zu dem ihr von der ÖVP leichtfertig ausgelieferten Verfassungsgerichtshof.
Was aber noch wichtiger ist: Die SPÖ ist hauptverantwortlich für das, was – neben vielen anderen Studien – die EU-Kommission vor kurzem bilanziert hat: Es gibt kein europäisches Land, das mit so wenig Reformen auf den Ausbruch der Krise reagiert hat wie Österreich. Denn die SPÖ hat praktisch jeden Reformvorschlag abgeschmettert. Dies geschah primär unter dem Diktat der Arbeiterkammer-Bonzen, aber auch aus Ahnungslosigkeit des kanzlerdarstellenden Gemeindebau-Funktionärs von den ökonomischen Notwendigkeiten im internationalen Wettbewerb.
Dabei war Österreich noch 2006 ein europäisches Musterland gewesen: In zahllosen Analysen und Artikeln wurden damals die Alpenrepublik und ihre politischen Erfolge insbesondere der deutschen Regierung als leuchtendes Vorbild vorgehalten. Diese damaligen Erfolge Österreichs waren eindeutig ein Ergebnis der schwarz-blauen Periode. Gerade wegen dieser für die SPÖ so peinlichen Kontrastwirkung werden jetzt die schwarz-blauen Jahre von Rot und Grün sowie den korrumpierten Medien gezielt verteufelt.
Gewiss: Es sind inzwischen etliche Korruptions-Affären aus jenen Jahren bekannt geworden (insbesondere rund um Telekom), die einen dunklen Schatten werfen. Aber:
In Wahrheit könnte sich Österreich also trotz dieser üblen Korruptionsfälle nur mit allen Fasern eine Rückkehr des Reformgeistes der Jahre 2000ff wünschen. Auch wenn die Arbeiterkammer damit nicht viel Freude hätte.
Freilich: Die heutige FPÖ ist geistig weit weg von jener Zeit. Sie zeigt fast keine Reformabsichten (weil sie fürchtet, dass das einen Teil ihrer prinzipiell antipolitischen Protestwähler aus der XYZ-Schicht wieder vertreiben könnte). Und auch die ÖVP hat in den letzten Jahren viel zu vielen Unsinnigkeiten zugestimmt, als dass man sie noch für so veränderungswillig wie damals halten könnte.
Besonders erstaunlich ist da jedoch, dass ausgerechnet ein Christoph Leitl jetzt mit dem – offenbar oberösterreichischen – Wort „abgesandelt“ plötzlich Klartext in Hinblick auf die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes herstellen kann. War es doch gerade er, der unter Schwarz-Blau aus sozialpartnerschaftlicher Rücksicht auf Gewerkschaft und Arbeiterkammer (und aus seinem eigenen sozialdemokratischen Denken) viele der Reformpläne der damaligen Koalition abgeschwächt hat. Die praktisch durchwegs positiv für die Zukunft des Landes gewesen wären.
Aber es ist immer noch besser, spät als nie vernünftiger zu werden. Überdies ist anzuerkennen, dass Leitl es mit seinem „abgesandelt“ offensichtlich geschafft hat, den bisher unerträglich oberflächlichen Wahlkampf ein wenig substanzieller zu machen. Er hat jedenfalls dafür gesorgt, dass nun nicht nur die Finanzministerin, sondern auch der konfliktscheue ÖVP-Obmann sowie der (seine linksliberale Vergangenheit bisher nie los gewordene) Industriellenpräsident jetzt endlich auf den politischen Weichmacher verzichten.
Und der Wirtschaftsminister? Naja, der spült wohl weiter weich. Und hofft insgeheim, dass er einmal Steigbügelhalter einer Gewerkschaftsregierung werden darf. Was dann die ÖVP wohl aus dem Parlament katapultieren wird. Daher wäre es für diese Partei eigentlich gut, wenn sie den Wählern garantieren könnte, dass jedenfalls nicht dieser Regulierungs-Minister nächster Parteichef wird, falls Spindelegger aus welchen Gründen immer zurücktritt.
Gerade rechtzeitig vor dem Höhepunkt des politischen und medialen Verdummungswahlkampfes hat die neugegründete Plattform „Agenda Austria“ ein „Handbuch zur intellektuellen Selbstverteidigung“ herausgebracht.
Darin werden viele der Mythen zertrümmert – so wie es oft schon auch dieses Tagebuch unternommen hat. Dabei geht es etwa um die populären Behauptungen: „Die Globalisierung bedroht unsere Gesellschaft und Arbeitsplätze“, „Wirtschaftswachstum zerstört unseren Planeten und hilft nur den Reichen“, „Die Banken müssen endlich streng reguliert werden, damit sie der Wirtschaft nicht mehr schaden“, „Föderalismus ist ineffizient und teuer“, „Die Wirtschaft schwächelt – deshalb braucht es höhere Löhne“, „Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich. Mehr Umverteilung behebt diese Ungerechtigkeit“ oder: „Der Staat wird kaputtgespart und der Sozialstaat der Wirtschaft geopfert“. Zu jedem einzelnen Satz wird sehr plausibel dargelegt, warum er – auch wenn in hunderten Leitartikeln verwendet – falsch oder schädlich ist.
PS: Tagebuch-Leser, die diese auf 126 Seiten zusammengestellten Argumente genauer kennenlernen wollen, können sich die Broschüre gratis zusenden lassen: durch ein Mail (mit der eigenen Adresse) an office@agenda-austria.at. Da der Ansturm inzwischen alle Grenzen übersteigt und es zu längeren Wartezeiten kommt, empfehle ich den Download direkt von der Webseite: www.agenda-austria.at.
Es ist ja wohl nur ein Sommerthema. Es ist aber jedenfalls ein Beweis dafür, dass Journalisten statt kühlen Kopf zu bewahren, immer wieder Opfer ihres eigenen Jagdeifers werden, wenn sie irgendwo glauben, ein Zipfel des Bösen aufgedeckt zu haben (natürlich immer nur dort, wo es die Political correctness auch haben will). Ich würde jedenfalls hohe Summen wetten, dass es trotz der maßlosen Aufregung der letzten Tage zu keinen Verurteilungen kommen wird, kommen kann.
Eigentlich ist es ja völlig absurd: Seit Jahren und Jahrzehnten erscheinen täglich weltweit Hunderte wissenschaftliche Arbeiten, Studien und Artikel, die mit Zahlen, Daten und Statistiken über Krankheiten und Therapien gespickt sind. Auch die jetzt so erregten Medien haben alle x-mal darüber geschrieben: Wie viele Menschen haben diese Krankheit, wie viele jene? Welches Medikament, welche Therapie hat geholfen, welche nicht? Erkranken eher Männer daran oder Frauen? Weißhäutige oder dunkelhäutige Menschen? Tritt die Krankheit eher in städtischen oder ländlichen Regionen auf? Und so weiter.
Und es ist extrem gut, dass diese Gesundheitsdaten – nichts anderes ist ja der Kern solcher Artikel und Studien – leicht verfügbar sind. Denn genau dieses Wissen bringt die Forschung voran. Genau dieses Wissen macht uns in Hinblick auf die Erfolge der Medizin und Wissenschaft so sicher. Und genau dieses Wissen legt auch alles bloß, was wirkungslos ist: etwa den ganzen Sumpf der (bei manchen Medien so umsatzträchtigen und daher beliebten) Esoterik und Homöopathie.
Es wäre daher eine Katastrophe, wenn als Folge der gegenwärtigen Hysterie das für Forschung und Gesundheitspolitik zugängliche Datenmaterial künftig schwerer verfügbar werden sollte. Das könnte aber angesichts des Opportunismus und der Medienorientiertheit der Politik vieler Länder leicht passieren. Gerade in Wahlzeiten.
Nur ein einziger hypothetischer Fall rund um die Medizindaten-Weitergabe wäre übel: Wenn da irgendjemand individuelle Gesundheitsdaten herausgelesen und weitergegeben haben sollte.
Jedoch gibt es als Beweis dafür lediglich die These eines Computer-Freaks. Er glaubt, dass man diese Informationen aus den verschlüsselten Datensätzen herauslesen kann. Mag schon sein. Aber hat es auch jemand getan oder versucht? Gibt es dafür auch nur den Schatten eines Beweises?
Weil ich ein langes Brotmesser in der Küche habe, bin ich ja auch noch kein Mörder. Oder ist das für die Staatsanwälte jetzt plötzlich ein Beweis, wenn etliche Medien etwas behaupten, und wenn daraufhin ein paar Sozialversicherungsfunktionäre sowie Politiker aus Regierung wie Opposition aufgeregt zu plappern beginnen?
Von den medial-politischen Hysterikern wird gerne der Fall konstruiert, dass eine Pharma-Firma durch solche Studien entdecken könnte, dass der Arzt X ihre Produkte weniger oft verschreibt als der Arzt Y. Selbst wenn das so wäre, wofür es auch keine Beweise gibt, kann man nur sagen: Na und? Das einzige, was eine solche Firma dann tun könnte: Sie lässt nochmals diesen Arzt aufsuchen und ihm ihr Produkt anpreisen (wenn man einen Termin bekommt). Ich sehe aber weit und breit keine Druckmöglichkeit gegen die praktizierenden und verschreibenden Ärzte (höchstens gegen forschende, aber die haben ja keine Daten zum Weitergeben, sondern brauchen sie dringend).
Die Pharma-Firmen könnten ja Ärzte bestechen! Nun, das tun oder versuchen sie doch seit jeher. Am liebsten würden sie ohnedies alle Ärzte bestechen. Daher sind aber – voll zu Recht! – in den letzten Jahren die Grenzen dessen schon viel enger gezogen worden, was eine Firma einem Arzt zukommen lassen kann. Beispielsweise individuelle Einladungen zu Kongressen sind längst schon strikt verpönt.
Ein Schaden entsteht nur dann, wenn ein Arzt einem Patienten die Therapie A angedeihen lässt, obwohl er überzeugt ist, dass die Therapie B besser ist. Nur: Von diesem – schlimmen, ja kriminellen – Fall ist die Weitergabe von kollektiven Gesundheitsdaten so weit weg wie ein neuentdeckter Stern von der Erde.
Kein Medium hat jedenfalls bisher auch nur den Hauch eines Beweises für etwas Strafbares vorgelegt. Aber die mediengeile Korruptionsstaatsanwaltschaft hat dennoch schon – von sich aus, ganz ohne Anzeige! – sofort zu arbeiten begonnen. Für die angezeigten und eindeutig kriminellen Vorgänge auf dieser Welt hat die Staatsanwaltschaft hingegen keine Zeit und unternimmt so gut wie gar nichts. Das zeigen zahllose Beispiele.
Wir stehen also vor einem absoluten Nullthema. Aber es zeigt paradigmatisch auf, wie leicht grundlose Hysterie zu erzeugen ist. Und man kann nur hoffen, dass diese am Ende nicht schädliche Gesetze und Verordnungen auslöst. Aber zum Glück dürften die abwechslungsgierigen Medien bald einen Misthaufen weiter gackern, bevor die Politik eilfertig reagieren kann. Ich wäre jedenfalls froh, wenn meine Daten ein Tausendstel zu irgendeinem medizinischen Fortschritt beitragen könnten.
Das Alles heißt übrigens nicht, dass ich Ärzte für Engel halte. Keineswegs. Es hat mich zum Beispiel schwer erstaunt, wie sehr alle – Medien bis Ärztekammer bis Politik – desinteressiert waren, als unlängst der Fall einer seit Jahrzehnten schwer verbrecherischen Ärztin bekannt gewordenist, die unter skandalösen Bedingungen Abtreibungen vorgenommen hat. Ihretwegen haben viele Frauen schwere Körperverletzungen davongetragen. Aber Abtreibungen sind ja offenbar für alle diese Akteure etwas Gutes und Lobenswertes. Da darf man doch politisch korrekt nicht viel über eine Pfuscherin schreiben.
Eine Spur harmloser, aber noch immer sehr übel sind auch jene Ärzte, die bei Patienten mit Krankenzusatzversicherung viel häufiger zu Operationen raten als bei Patienten mit bloßer Sozialversicherung. Es sollte bereits die bloße Tatsache misstrauisch machen, dass schon bei der Datenaufnahme nach dem erstmaligen Betreten einer normalen Ordination die Assistentin automatisch nach der Zusatzversicherung fragt.
Die Gesetze der Medien haben heute jedenfalls eine ganz andere Wertordnung: In dieser müssen beispielsweise Pharma-Firmen immer böse sein (selbst wenn ihre Produkte im Lauf der Zeit schon viele Leben gerettet haben); das muss ja schon deswegen der Fall sein, weil Pharma-Firmen meist börsennotiert sind. Hingegen müssen Abtreibungsärzte, und seien sie noch so unfähig (die also nicht nur das Leben der abgetriebenen Kinder auf dem Gewissen haben), immer irgendwie gut sein. So schaut halt die linke Political correctness aus. Bleibt nur zu hoffen, dass sich – falls es wirklich zu Prozessen kommt – zumindest Richter der gegenwärtigen Hysterie zu entziehen wagen.
PS: Absurderweise führen oft die gleichen Medien, die da plötzlich so datenpuritanisch auftreten, heftige Heiligsprechungs-Kampagnen ausgerechnet für jene Menschen, die Unmengen von geheimen Daten ganz anderer Art an die Öffentlichkeit gebracht haben. Damit sind die diplomatischen, politischen und Abhördaten gemeint, die der Soldat Manning, der Spion Snowden oder der Wikileaker Assange weitgegeben haben. Ich will heute diese Enthüllungen gar nicht im Einzelnen bewerten. Aber keine einzige davon dürfte – im Gegensatz zur Weitergabe medizinischer Statistiken – auch nur im Entferntesten das Potenzial haben, Menschenleben zu retten. Die Enthüllungen dienen vielmehr meist zu etwas anderen: Sie verschafften den Medien gschmackige Geschichten. Die Aufdeckungen wirklich krimineller Machenschaften (wie Lucona, Watergate, EADS-Gelder für den Edlinger-Verein Rapid, Kärnten und FPÖ-nahe Agenturen) sind hingegen selten geworden.
Noch ist Hosni Mubarak nicht auf freiem Fuß. Aber! (mit nachträglicher Ergänzung)
Aber können die derzeitigen ägyptischen Machthaber wirklich so dumm sein, dass sie den Ex-Diktator ausgerechnet jetzt freilassen? Selbstverständlich hat es im Verfahren gegen ihn jede Menge Formfehler gegeben – wie wohl in 99 Prozent aller ägyptischen Verfahren. Selbstverständlich war das Ganze mehr ein politisch als ein juristisch gesteuertes Tribunal. Aber umso mehr muss seine Freilassung jetzt im In- und Ausland als ebenfalls politisch gesteuerter Vorgang gewertet werden. Klare Botschaft: Das Ancien Regime ist wieder an der Macht. Das ist sicher nicht das, was die Mehrheit der Ägypter will oder was jetzt dem Land gut täte. Das ist angesichts der Tatsache, dass man so hart gegen die Muslimbrüder vorgeht (wenn auch nach den vielen islamistischen Rechtsbrüchen und Gewalttaten sowie der Verweigerung jedes Dialogs), nur noch als saudumm zu bezeichnen. Selbst wenn da kein politischer Beschluss dahinterstünde, ist damit die kleine Chance auf eine gute Entwicklung in Ägypten zertrümmert. Ein Restmaß an Psychologie sollte in Justiz wie Politik eigentlich unabdingbar sein.
Nachträgliche Ergänzung: Die ägyptischen Machthaber waren schließlich doch nicht ganz so dumm: Mubarak ging zwar formal frei, wurde aber sofort unter Hausarrest gestellt. Inzwischen hat auch die EU zu Ägypten Stellung genommen. Zum Glück haben sich die Herrn Westerwelle und Spindelegger bei den anderen – wohl besser informierten – Außenministern mit ihrer Forderung nach Einstellung der Finanzhilfe nicht durchsetzen können. Aber auch der Rest ist unausgewogen: Es ist zwar durchaus nachvollziehbar, dass die EU die Aktionen der "Sicherheitskräfte" als "unverhältnismäßig" tadelt. Es ist aber skandalös, dass die Angriffe auf Kopten, Kirchen und Museen erwähnt werden, ohne die islamistischen Täter aus dem Kreis der Muslimbrüder auch nur irgendwie zu nennen.
PS: Noch dümmer als die jüngsten EU-Sager zu Ägypten waren aber die unsäglichen Äußerungen von Werner Faymann über Italien, die er fast gleichzeitig machte. Er hat dabei seine parteipolitische Hetze so weit getrieben, dass er nicht nur von der Mitte-Rechts-Regierungspartei, sondern auch von Mario Montis Reformpartei kräftig eine übergezogen bekam. Mit sicherer Hand hat da Bundeskanzler-Darsteller Faymann wieder einmal in den Fettnapf gelangt.
Irgendwie muss einem die SPÖ fast schon leid tun.
Wenn die Faymann-Darabos-Partei niemand anderen als den Ministerpräsidenten aus Italien als Wahlkampfhilfe zu importieren weiß, dann zeigt das den Zustand der europäischen Sozialisten. Der Mann hat im Auftreten die Ausstrahlung von Werner Faymann und inhaltlich für sein schwer angeschlagenes Land bisher nur Gesundbeterei anzubieten; Signore Letta ist die hundertprozentige Fortsetzung des alten italienischen Lavierens. Aber Faymann sucht halt in seiner eigenen Profillosigkeit verzweifelt, sich irgendwo anzuhalten – aber von Deutschland über die Niederlande bis Finnland und Schweden sind halt alle (relativen oder absoluten) Erfolgsregierungen Europas nicht sozialdemokratisch geführt. Die SPÖ hat jedoch nur die Wahl zwischen Letta und dem noch unpopuläreren Minusmann Hollande aus Frankreich (den Faymann vor einem Jahr freilich noch angehimmelt hatte). Am sozialdemokratischen Lager fänden sich übrigens noch ein paar Viertel-Demokraten vom Balkan, aus der Ukraine oder Weißrussland. Wie wäre es damit? Hatte man doch einst auch gegenüber Mubarak & Co keine Berührungsängste . . .
Wer hätte gedacht, dass es ausgerechnet Johanna Mikl-Leitner sein wird, die einem wenigstens einen Rest der Hoffnung auf die ÖVP lässt? Michael Spindelegger hingegen wird sich nicht mehr viele Schnitzer – so wie in den letzten Wochen – leisten können.
Der ÖVP-Chef war ja mit dem kantigen Slogan „Entfesselung der Wirtschaft“ in den Wahlkampf gezogen. Das hat zwar angesichts der letzten fünf Jahre Rot-Schwarz erstaunt. Denn die Wirtschaft ist in dieser Zeit durch ständig noch mehr Regulierungen, Auflagen, Umweltvorschriften, Sozialausgaben zunehmend gefesselt und fast nie entfesselt worden.
Aber immerhin, die absolut notwendige Richtung war mit dem Slogan voll angesprochen.
Dann kam in den letzten Tagen sogar unerwartete Hilfe von der SPÖ: Sie legte Spindelegger sogar zweimal den Ball zu einem Elfmeter auf. Den hätte Spindelegger nur noch Richtung Tor schießen müssen, dann wäre sein Entfesselungs-Slogan auch glaubwürdig geworden – aber der Ball ging Richtung Corner-Fahne.
Konkret: Zweimal brach in den letzten Tagen aus dem roten Eck Wahlkampf-Geheul nach steinzeitlicher Darabos-Art wegen zweier Ideen aus, die seit Jahren in zahllosen ÖVP- und Wirtschaftspapieren zu finden waren. Und die natürlich ganz genau die Kernelemente einer nationalen Entfesselung bedeuten würden: raschere Anhebung des Frauenpensionsalters; und langfristige Durchrechnung einer in Summe jedoch gleichbleibenden Gesamtarbeitszeit.
Aber Spindelegger kam durch diese beiden SPÖ-Vorstöße total ins Schleudern. Statt klar zu sagen „Ja genau, das ist es, was getan werden muss, weil sonst der Gewerkschaftssozialismus Österreich wirtschaftlich umbringt“, beginnt er herumzureden. Und am Schluss ist er dann sogar gegen beides. Und lässt sich vom SPÖ-ORF sogar zu der Aussage hinreißen: Ohne Gewerkschaft werde er jedenfalls nichts machen.
Dabei hat er nur zwei Wochen davor gegen den heftigen Widerstand der Beamten-Gewerkschaft (die von eigenen Parteifreunden dominiert wird!) dem SPÖ-Verlangen nach einer längeren Lehrerarbeitszeit zugestimmt. Zumindest gilt das für die Begutachtung eines Gesetzes mit diesem Inhalt.
Du lieber Michael! Wie will der ÖVP-Chef da auch nur einen Millimeter Glaubwürdigkeit oder gar Kanten als Persönlichkeit bekommen, wenn er beim leisesten Gegenwind einknickt, sich bei der ersten Kritik zu winden beginnt?
Dabei sind beides Maßnahmen, die große Popularität haben – wenn sie nur halbwegs begründet werden. Ein höheres Frauenpensionsalter wird auch von immer mehr kritischen Frauen gewünscht (freilich nicht von den lebensfremden Berufspolitikerinnen). Aus klaren Gründen: Sie fühlen sich noch voll arbeitsfreudig. Ein höheres Frauenpensionsalter würde ihnen auch deutlich höhere Pensionen bringen. Es entspricht darüber hinaus der höheren Lebenserwartung von Frauen. Es gibt insbesondere auch jenen Frauen, die – erfreulicherweise – einige Jahre eine Kinderpause eingelegt haben, viel mehr Chance auf berufliche Karrieren. Und gerade in den letzten Berufsjahren steigt die Chance auf Spitzenpositionen.
Auch ein längerer Durchrechnungszeitraum ist bei vielen Arbeitnehmern vor allem in Klein- und Mittelbetrieben etwas sehr Positives. Sie erhalten durch die legale Möglichkeit von 12-Stunden-Tagen im Gegenzug längere Urlaube und/oder Wochenenden. Sie leben emotional mit ihrem Unternehmen und dessen Auftragslage voll mit (was ein Gewerkschafter natürlich nie verstehen wird) und legen gemeinsam Hand an, wenn es unter Zeitdruck einen größeren Auftrag zu erledigen gibt. Überdies sind Zwölfstundentage in vielen Berufen gang und gäbe. Zum Beispiel bei Parlamentssitzungen. Zum Beispiel bei den Spitals-Ärzten, wo es noch viel längere Arbeitszeiträume gibt.
Noch zwei persönliche Beispiele zur Ergänzung: Eine unserer Sekretärin sagte einst in der Redaktion, als am Abend aus aktuellem Anlass eine Krisenbesprechung einiger leitender Redakteure stattfinden musste: „Moment, wartet noch zwei Minuten, weil ich muss noch hinunter gehen ausstechen.“ Sie hatte nämlich schon fast zehn Stunden gearbeitet. Sie bediente die Stechuhr und machte dann Überstunden. Diese blieben zwangsläufig unbezahlt und auch ohne Zeitausgleich, eben nur weil für die Gewerkschaft Stunde 11 und 12 nicht existent sein dürfen.
Zweites Beispiel: Vor wenigen Stunden fuhr ich mit einem Taxi. Der Chauffeur (ein junger Türke) antwortete auf meine Frage, wie lange er arbeite: „Sechs Nächte in der Woche zwölf Stunden.“ Nur müsse er irgendwann in der Nacht auf eineinhalb Stunden unterbrechen, etwa im Auto schlafen, weil er sonst bestraft würde.
Was, wenn nicht all das, meint Spindelegger, wenn er von Entfesselung redet? Rätsel, Rätsel . . .
Der schwarze Trost kommt ausgerechnet in der Person der Innenministerin. Sie scheint seit ihrem Satz „Zaster her!“ erstaunlich viel dazugelernt zu haben. Denn sie hat jetzt – völlig zu Recht – den argen Missbrauch mit der Mindestsicherung vor allem in Wien sehr kritisch getadelt.
Zwar heulten die SPÖ und ihre Vorfeldorganisationen (von der selbsternannten Armutskonferenz bis zur einst katholischen Caritas) empört auf. Aber fast jeder Wiener kennt Beispiele solchen Missbrauchs und gibt der Ministerin recht, wenn sie sagt, eine Mindestsicherung sei nur auf Zeit zu gewähren und solle Menschen nicht vom Sozialstaat abhängig machen; man müsse mit der Mindestsicherung sorgsamer umgehen. Mikl-Leitner verlangte daher viel mehr Begleitung der Empfänger und deren Kontrolle während des Bezugs einer Mindestsicherung.
Ebenso mutig wie richtig. Vielleicht erzählt jemand der Ministerin auch noch von dem, was in immer mehr Schweizer Gemeinden praktiziert wird: Dort wird jeder Bezieher von Sozialhilfe einmal im Jahr unangekündigt kontrolliert. Und die Gemeinden sehen schon sehr positive Ergebnisse der Aktion.
Danke, Frau Mikl-Leitner (Das kann, ja muss man schließlich auch sagen, wenn man sie einst beim Zaster-Sager heftig beschimpft hat).
Ein neues Beispiel, wie linke Machthaber die Umweltschutz-Rhetorik zur Erhöhung ihrer immer totalitärer werdenden Machtausweitung einsetzen.
Rafael Correa, der Präsident von Ekuador, verlangt nun, dass es keine gedruckten Zeitungen mehr gibt. Sein Argument: Durch ein solches Verbot würde die wahllose Abholzung von Bäumen verhindert. Was Herr Correa freilich verschweigt: Die Zeitungen in Ekuador sind die schärfsten – und beinahe letzten – Kritiker seiner autoritären Machtausübung.
Ekuador ist gewiss ein fernes Land. Aber der Vorschlag stammt bezeichnenderweise genau vom gleichen Mann, der dem antiamerikanischen Wikileaks-Boss in seiner Londoner Botschaft Asyl gewährt. Und der das lautstark mit angeblichem Engagement für die Meinungsfreiheit begründet.
Bezeichnend: Während die Vorgänge in der Londoner Ekuador-Botschaft und in der Londoner „Guardian“-Redaktion weltweit (zu Recht) groß berichtet werden, schweigen die ganz mehrheitlich linken Blätter weitgehend zu solch totalitären Vorschlägen, weil sie von einem Darling der Linken kommen.
Aber stimmt das mit den Bäumen nicht doch? Nein: Es gibt seit Jahren einen Papierüberschuss. Der Anteil der Bäume nimmt global sogar zu. Es nimmt nur der (biologisch und klimatisch wichtige) Regenwald rasch ab. Aber das erfolgt großteils wegen Brandrodungen durch Land suchende Bauern und kleinteils wegen anderer ökonomischer Nutzungen. Und nie wegen des Papiers für Zeitungen.
Das schreibt ein Internet-Blogger, der auch bei unvermeidlichem Rückgang der Zeitungszahlen einen verbleibenden Rest für unverzichtbar hält (was auch immer auf den vom britischen Geheimdienst zerstörten CDs des „Guardian“ drauf gewesen sein mag).
Weil die Islam-Lobby im Außenministerium so mächtig ist (wie man schon seit längerem an dessen antiisraelischen Politik sieht)? Weil der Koalitionspartner es fordert? Weil man sich vom ORF-Korrespondenten mit seiner unverhohlenen Liebe zu den Muslimbrüdern treiben lässt? Weil irgendjemand Michael Spindelegger auf den wahnwitzigen Gedanken gebracht hat, mit einem Pro-Islamismus-Kurs im Wahlkampf punkten zu können? Oder überhaupt nur aus Mangel an Intelligenz und Haltung?
Tatsache ist: Der österreichische Außenminister vergisst im ägyptischen Bürgerkrieg das ganze regierungsübliche Neutralitätsgerede (das im Gegensatz dazu diesmal sogar in den USA die Reaktion bestimmt). Spindelegger hat sich vielmehr an die Spitze der Forderungen gestellt, Ägypten strafweise von europäischen Geldflüssen und Waffenlieferungen abzuschneiden.
Weiß er überhaupt, was er da tut? Spindelegger will in diesem Bürgerkrieg der liberal-laizistisch-christlich-militärischen Seite – die zweifellos heute von einer Mehrheit der Ägypter unterstützt wird – all jene EU-Unterstützung verweigern, die vorher widerspruchslos der islamistischen Mursi-Regierung zuteil worden ist. Dabei hatte diese schon die entscheidenden Schritte gesetzt, um das zarte Pflänzchen einer ägyptischen Demokratie irreversibel durch zutiefst antidemokratischen Islamismus zu ersetzen. Aber das hat Spindelegger nie gestört. Damals hat Österreich jedenfalls immer geschwiegen.
Spindelegger stellt sich jetzt demonstrativ und zu hundert Prozent an die Seite jener Bürgerkriegspartei, die in den letzten zwei Wochen viele Dutzende christliche Kirchen abgefackelt hat. Um nur ein Beispiel für den Hass und Fanatismus der Islamisten zu nennen. Selbstverständlich kann und soll man auch die brutale Hand der Armee beim Versuch tadeln, die Ordnung wiederherzustellen (welche eigentlich, gab‘s denn vorher eine?). Aber die nunmehrige Einseitigkeit widert nur noch an.
Und alle Europäer sollten heute aus noch einem Grund schamvoll schweigen: Sie haben - unter dem Druck der revolutionsgeilen Medien - einen entscheidenden Beitrag dazu geliefert, dass das System Mubarak gestürzt wird. Dieser war zwar alles andere als ein Demokrat. Aber mit absoluter Sicherheit ging es den Ägyptern unter ihm besser als es ihnen in den nächsten zehn Jahren gehen wird. Oder mehr. Denn die Ägypter haben weder Raum noch Öl. Daher wäre die einzige Überlebensstrategie: ausländische Investitionen und Touristen in ein Land mit sensationeller Geschichte zu bringen. Aber dafür braucht es - vor allem - eines: Sicherheit und Stabilität. Wenn wirklich der Vergleich mit der französischen Revolution stimmt, dann liegt aber ganz etwas anderes vor den Ägyptern: ein Vierteljahrhundert Kriege, Chaos und Diktatoren aller Art. Bis dann wieder das Alte Regime zurückkehrt.
Die Mariahilferstraßen-Groteske ist um eine neue absurde Wendung reicher: Jetzt wird der 13er in zwei Buslinien zerlegt, um nicht auf rotem (oder grünem?) Asphalt zu fahren – aber nur samstags; und dieser Asphalt muss weiterhin rätseln, ob er nun eigentlich Fußgängerzone oder Straße ist.
Der Zorn der Buslenker, ihre Angst vor den ständig – im propagandistisch erzeugten Glauben an eine Fußgängerzone – ohne langes Nachdenken über die Straße laufenden Passanten ist verständlich. Was soll aber diese seltsame Neuregelung der Neuregelung? Kein Mensch wird sich künftig automatisch sicher sein: Darf er nun gerade auf der Straße gehen oder nicht? Wehe, er hat nicht den Kalendertag im Kopf! Kein Benutzer des 13er wird genau wissen: Fährt dieser nun heute gerade oder fährt er nicht? Das ist das sicherste Mittel, um Kunden zu vertreiben. Aber Kunden und Bürger sind ja längst egal geworden. Das ist falsches neoliberales Denken. Hier geht es nur um eines: um grünes Machtdiktat. Das weiß offenbar nicht einmal, dass nach Schulbeginn auch wochentags mehr Menschen in der Einkaufsstraße unterwegs sein werden als an einem Hochsommer-Samstag. Welche Partei war es nur, die einst behauptet hatte, die öffentlichen Verkehrsmittel zu fördern? Wir lernen: Der Terror der fundamentalistischen Grünen gibt weder den Fakten noch der Vernunft auch nur einen Millimeter nach, er stellt sich sogar gegen die eigenen Slogans. Und die Roten machen den Grünen die Mauer, nur um selbst an den Töpfen der Macht zu bleiben.
Friedrich August von Hayek verdanken wir die folgende Einsicht: „Der echte Liberalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er die nicht auf politischem Zwang beruhenden Konventionen des gesellschaftlichen Zusammenlebens als wesentliche Faktoren für die Erhaltung einer sozialen Ordnung betrachtet.“ Der Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 1974 stellt das im Gegensatzpaar von Kosmos und Taxis in seinem Opus Magnum „Die Verfassung der Freiheit“ dar.
Kosmos bezeichnet das, was er eine „spontane Ordnung“ nennt – eine, wenn man so will, „informelle“ Ordnung, die nicht in Gesetzesform gegossen sein muss, die aber jedenfalls nicht oktroyiert wird. Beispiel: die Sprache. Der Begriff Taxis dagegen bezeichnet die (staatliche) Sphäre von Befehl und Gehorsam. In der Sicherung der Rechte des Bürgers mittels einer strikten Beschränkung (der staatlichen) Macht, erblickten die Vertreter des klassischen Liberalismus den Schlüssel zur Bewahrung der Freiheit.
Hans-Hermann Hoppe, einer der prominentesten lebenden Vertreter der „Austrian School“ und radikaler Staatskritiker, sieht den ersten fundamentalen Fehler des klassischen Liberalismus darin, dass er sich – anstatt konsequent Freiheit und Eigentum der Bürger zu schützen – auf die Seite des Staates stellt, der gewaltsam in deren Eigentum eindringt, indem er – ohne Zustimmung der Betroffenen – von ihm festgelegte Zwangsabgaben (Steuern) erhebt. Denn der Staat „… eine durch zwei typische Charakteristika geprägte Agentur: den Anspruch, innerhalb eines begrenzten Territoriums monopolistischer „Rechtsetzer und Letztentscheider“ zu sein; und dem Recht, Zwangsabgaben einzuheben,“ schafft das ihm genehme Gesetz, anstatt Recht zu suchen und zu finden – ein fundamentaler Widerspruch zur klassisch-liberalen Forderung nach der Rule of Law.
Stefan Blankertz kommt in seinem 1997 erschienen Aufsatz „Wie liberal kann ein Staat sein?" zu folgendem Befund: „Missachtung des Eigentumsrechts führt zu einer nicht freiwilligen Interaktion. Diese ist die Struktur der Herrschaft. Prinzipiell kann von jedem Menschen Herrschaft ausgeübt werden. Die Wegnahme oder Zerstörung von Eigentum (eingeschlossen das Eigentum der Selbstbestimmung) ist kriminell, nicht weil es gegen ein Gesetz, sondern weil es gegen das Recht verstößt. Kriminell verhält sich jeder Mensch, der mit Gewalt in die Entscheidungen anderer Individuen interveniert.“ Er liefert damit eine einleuchtende Begründung für das libertäre „Nichtaggressionsaxiom“.
In keiner sozialen Gruppe würde einem Einzelnen je das Recht zugestanden, auch in Streitfällen, in die er selbst involviert ist, als Schiedsrichter zu fungieren. Der Staat jedoch nimmt sich dieses Recht unwidersprochen heraus. Im Fall einer Auseinandersetzung eines Bürgers mit dem Staat entscheidet immer der Staat in letzter Instanz. Der Staat als parteilicher, enteignender Eigentumsschützer – ein offensichtlicher Widerspruch!
Einen zweiten Kardinalfehler des klassischen Liberalismus sieht Hoppe in dessen völlig unkritischer Parteinahme für die Demokratie. Der historische Grund dafür liegt auf der Hand: Die Privilegien des Königs sollten verschwinden. Allerdings wurden im antimonarchistischen Überschwang die persönlichen Privilegien des Monarchen durch funktionelle Privilegien der demokratischen Funktionsträger ersetzt. Dieser Gedanke wird von Bertrand de Jouvenel in seinem Buch „On Power“ bereits Ende der 1940-er Jahre elaboriert ausgeführt. Die Grundannahme, dass Liberalismus und Demokratie natürliche Verbündete wären, ist ein sich hartnäckig haltender Mythos, der durch die Fakten längst widerlegt ist. Totalitärer als die zunehmend alle Lebensbereiche regulierende Demokratie hat kein absoluter Monarch jemals agiert. Den Bürgern sogar vorzuschreiben, auf welche Weise sie ihr Stiegenhaus zu beleuchten haben, oder was und wo sie rauchen oder trinken dürfen, ist selbst den übelsten autokratisch regierenden Tyrannen niemals in den Sinn gekommen.
Während ein Monarch sein Land als Privateigentum betrachtet und „nachhaltig“ bewirtschaftet – schließlich hat er ein dynastisches Interesse an dessen Werterhaltung – folgt das Denken demokratisch gewählter Funktionäre gänzlich anderen Erwägungen. Der demokratische Politiker ist nämlich dem angestellten Unternehmensmanager vergleichbar, nicht aber dem einen Betrieb führenden Eigentümer! Er hat folglich größtes Interesse daran, innerhalb der kurzen, ihm zugestandenen Funktionsperiode das Maximum an Ertrag herauszuholen, zu dessen Gunsten er langfristige Ziele vernachlässigt. Er denkt eben nur in Vier- oder Fünfjahreszyklen.
Die von Karl Popper (in seinem Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“) formulierte Überlegung, dass Demokratien die Möglichkeit bieten, schlechte Funktionäre abzuwählen und durch bessere zu ersetzen, ist durch die Realität nicht zu belegen. Der Grund liegt in den völlig unterschiedlichen Funktionsweisen der Sphären von Markt und Politik. Zum Verständnis dieses Umstandes lesenswert ist das 1914 erschienene Buch „Der Staat“ von Franz Oppenheimer. Er definiert darin zwei Arten, Einkommen zu erwerben: Erstens das wirtschaftliche Mittel, also den freien Austausch von Waren oder Dienstleistung gegen Geld – ein Verfahren, bei dem beide Seiten gewinnen. Zweitens das politische Mittel – die gewaltsame Enteignung der einen Seite durch die andere – ohne, dass den Enteigneten dafür ein Anspruch auf eine konkrete Leistung erwächst. Während aber den wirtschaftlichen Wettbewerb stets die Besten gewinnen – zum Wohl des Konsumenten – siegen im politischen immer die Übelsten: Diejenigen, die am besten lügen und betrügen können – zum Schaden der Bürger.
Der Schuster, der Kaufmann und der Zahnarzt – sie liefern aus freien Stücken nachgefragte Leistungen. Sie und alle anderen auf dem Markt tätigen Akteure schaffen Werte – Güter. Hier kann ein Wettbewerb der Nachfrageseite nur Vorteile bringen – unabhängig davon, ob diese nun in niedrigeren Preisen oder in höherer Qualität ihren Niederschlag finden. Der Staat dagegen produziert – nichts.
Man könnte es noch pointierter formulieren, indem man sagt, er produziert nicht nur keine Güter, sondern sogar Übel, also „Ungüter“. Da das so ist, kann ein Wettbewerb in der politischen Sphäre nie zu etwas Gutem führen! Hoppe: „Es kann kein öffentliches Interesse an einen Wettbewerb bestehen, wer der effizienteste KZ-Kommandeur oder der brutalste Räuber ist.“ Schon Kirchenvater Augustinus wusste um dieses Problem, als er dem Staat attestierte, unter Umständen nichts anderes zu sein als eine Räuberbande (zitiert von Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch im Deutschen Bundestag am 22. September 2011).
In einer Erbmonarchie besteht die Möglichkeit, dass zufällig ein dafür charakterlich, geistig und körperlich geeigneter, oder wenigstens „netter“ Mensch auf den Thron gelangt (in Preußen und Großbritannien war es mehrfach der Fall, dass solche Persönlichkeiten die Krone trugen. Österreich hatte leider weniger Glück). Im demokratischen Wettbewerb dagegen würde ein „netter Mensch“ niemals eine Chance haben zu obsiegen. Den demokratischen Wettstreit gewinnen stets die skrupellosesten Individuen. In Österreich etwa hatten anständige Biedermänner wie Josef Klaus oder Josef Taus gegen Bruno Kreisky keine Chance. Was die große, weite Welt angeht, reicht ein Blick auf Figuren von Abraham Lincoln über Georges Clemenceau bis Jacques Chirac. Wer kennt heute noch die Namen ihrer einstigen Gegner?
Das demokratische Prinzip ist nur auf unterster Ebene sinnvoll anzuwenden – also in kleinen Gemeinden, wo jeder jeden kennt und daher die Gefahr einer institutionalisierten Ausbeutung einer Minderheit durch die Mehrheit gering ist (was auch der gerne – kontrafaktisch – als Generalanwalt des Demokratismus zitierte Jean-Jacques Rousseau genau so sah!). Der klassische Liberalismus dagegen – und das ist ein weiterer seiner Kardinalfehler, hatte als Ziel stets eine Weltregierung im Blick.
Da das Wesen der Demokratie in der Aneignung fremden Eigentums mittels Stimmzettels liegt, kann man sich unschwer ausmalen, was angesichts der internationalen Bevölkerungsverteilung in einem solchen Fall heute geschehen würde: Eine asiatisch dominierte Koalitionsregierung würde den in Europa und den USA vorhandenen Wohlstand nach Fernost umverteilen – immerhin leben dort und in Ozeanien mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung!
Der klassische Liberalismus hat einfach übersehen, dass die Demokratie – als Gegenentwurf zur Monarchie – zu einer weithin unbeschwerten Akzeptanz staatlicher Machtansprüche führt: Immerhin bietet sich Krethi und Plethi eine zumindest theoretische Möglichkeit, selbst einmal an die Schalthebel der Macht zu gelangen, was in einer dynastischen Monarchie unmöglich wäre. Die Chimäre der möglichen eigenen Beteiligung an den Staatsgeschäften bildet somit einen billigen Trostpreis für die zunehmende Ausbeutung durch den Staat.
Die Entkoppelung von Recht und Verantwortung einerseits, von individuellen Ansprüchen und Verpflichtungen andererseits, ist im demokratischen Wohlfahrtstaat am Beginn des 21. Jahrhunderts nahezu vollständig verwirklicht. Der Schutz der Rechte des Individuums ist dem Streben nach (wirtschaftlicher Ergebnis-) Gleichheit geopfert worden. Freiheit und Gleichheit sind eben schlicht unvereinbare Ziele.
Der größte Triumph des klassischen Liberalismus bestand wohl in der Sezession von dreizehn amerikanischen Kolonien von deren Mutterland England. Dieses Ereignis liegt mehr als 200 Jahre zurück. Seit damals ging es mit ihm bergab. Spätestens seit Beginn des Ersten Weltkriegs ist der klassische Liberalismus – großteils selbstverschuldet – weltweit mausetot…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Nicht dass die Freiheitlichen ein theologisch oder philosophisch irgendwie gebildeter Haufen wären. Aber sie haben mit dem plakatierten Stichwort „Nächstenliebe“ eine interessante Frage aufgeworfen. Wenn auch vielleicht unbewusst.
Da der Begriff Nächstenliebe weit über Kirchgänger hinaus ein Teil der abendländischen Kultur ist, ist jedenfalls auch eine breite Diskussion darüber legitim. Daran ändert die Tatsache nichts, dass das Wort „Nächstenliebe“ ursprünglich in der christlichen Welt entstanden ist. Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Kirchen ja absolut recht haben, wenn sie sich aus der Nähe zu allen Parteien befreien (Nur sollte sich dann auch der Wiener Caritas-Chef nicht als Helfer der SPÖ positionieren; nur sollten die einst recht FPÖ-nahen Evangelischen dann auch nicht in einer Überreaktion in die Nähe der Grünen rücken).
Dennoch muss auch der freiheitliche Umgang mit „Nächstenliebe“ sehr skeptisch gesehen werden. Denn das, was die Freiheitlichen de facto damit meinen, ist nichts anderes als die Ersetzung von „Egoismus“ durch ein anderes Wort. Oder im konkreten Fall: die Ersetzung des Wortes „ich“ im Egoismus“ durch: „alle, die mich wählen können“. Das kann aber wohl weder die biblische noch die verallgemeinerte europäisch-amerikanische Kultur einer Nächstenliebe meinen.
Auf der anderen Seite treten alle jene zum Kampf um dieses Wort an, die glauben, einen exklusiven Anspruch als Vertreter von Nächstenliebe zu haben. Das ist natürlich genauso unzulässig – vor allem, weil es dabei meist um Macht, Relevanz und Geld geht. Die Tatsache, dass Caritas eine Übersetzung von Nächstenliebe ist, gibt ihr noch keinerlei Exklusivitätsrechte auf das Wort.
Man denke aber auch an die vielen Jobs, die in der Entwicklungshilfe-Industrie durch „Nächstenliebe“-Gelder bezahlt werden. Dabei hat die globalisierte Marktwirtschaft zehn Mal mehr zur Bekämpfung des Elends und Hungers in der Welt geleistet als sämtliche Entwicklungshilfe-Anstrengungen. Und eine komplette Öffnung des europäischen und amerikanischen Agrarmarktes würde der Dritten Welt noch mehr helfen. Aber dann würden die Hunderttausenden in der Entwicklungshilfe Tätigen und sich als Nächstenliebende Ausgebenden ihren Job verlieren.
Zurück zur christlichen Interpretation des Wortes „Nächstenliebe“. Auch die Kirchen haben damit nämlich weit mehr Probleme, als man denkt. Bezeichnend für diese Schwierigkeiten ist etwa die Tatsache, dass Kardinal Schönborn in seiner Kolumne für eine SPÖ-nahe Gratiszeitung ins Alte Testament greifen muss, um den Begriff näher zu definieren. Beim Alten Testament wird es aber immer heikel. Denn mit dem kann ich selbst Menschen- und Tieropfer rechtfertigen, direkte Nächstenliebe-Befehle finde ich aber selten.
Bei ruhiger Überlegung kann man auch innerhalb des Christentums einige Eckpunkte definieren: Die Nächstenliebe heißt im Deutschen keineswegs zufällig „Nächsten“-Liebe. Bevor der Begriff in den parteipolitischen Kampf geraten ist, hat mir ein theologisch hoch versierter Priester sehr schön dargelegt, dass der Begriff in durchaus bewusstem Gegensatz zu einer allgemein diffusen Fernstenliebe steht.
Der Nächste ist sehr oft der einsame Alte einen Stock höher. Es ist die Mutter, die sich mit drei Kindern durch den Supermarkt kämpft. Und Tausend andere Beispiele mehr.
Was bei Nächstenliebe auch immer klar sein müsste, egal ob christlich oder laizistisch gesehen: Bei der Hilfe für den Nächsten ist nicht auf Religion oder Herkunft zu schauen, sondern auf dessen Bedürftigkeit. Nichts anderes sagen auch die biblischen Exempel, die jetzt in den politischen Kampf geworfen werden. Selbstverständlich ist dem von Schönborn gefunden Zitat zuzustimmen, dass man einen „Fremden“ nicht unterdrücken soll.
Aber: In der ganzen Bibel findet sich hingegen keine einzige Stelle, aus der sich nur im Entferntesten das von der real existierenden „Caritas“ de facto verfochtene Recht auf Immigration ablesen ließe. Nirgendwo steht, dass ein Fremder das Recht hätte, sich unbegrenzt in meinem Land aufzuhalten.
Im Gegenteil: Auch in der Bibel finden sich viele Bezüge, die die Heimat hochschätzen, die den Unterschied zwischen Fremde und Heimat betonen. Nichts anderes als Heimat (mit Anspruch darauf!) bedeutet etwa die Wendung vom Gelobten Land. Auch eine – vom alttestamentarischen Gott angeordnete! – „Flucht aus Ägypten“ macht nur dann einen Sinn, wenn es diesen Unterschied gibt. Wenn also kein Anspruch darauf erhoben wird, dass sich jeder überall aufhalten darf. Ebenso ist ganz klar, dass die neutestamentliche Flucht „nach“ Ägypten nur eine vorübergehende Flucht vor einer unmittelbar drohenden Lebensbedrohung darstellt. Nach deren Ende kehren Josef, Jesus und Maria ganz selbstverständlich in ihre Heimat zurück.
Und auch die oft zitierte weihnachtliche Herbergssuche ist jenseits der Verkitschung eine Bestätigung dieses Prinzips. Mit keiner Halbsilbe übt die Bibel Kritik daran, dass man für eine Volkszählung damals kurzfristig in seine einstige Heimatstadt kommen musste (was notwendig war, da ja meines Wissens Internet und Meldezettel noch nicht erfunden waren). Zumindest indirekt kritisiert wird lediglich der Umstand, dass einer schwangeren Frau keine Hilfe angeboten worden ist. Das wäre nach heutigem Standard etwa die Aufnahme in einer gynäkologischen Station – etwas, was meines Wissens seit Generationen hierzulande Selbstverständlichkeit ist.
Als positives Beispiel für den Unterschied zwischen vorübergehender Gastfreundschaft und einem Recht auf Zuwanderung und Einbürgerung sei – ausnahmsweise – auch einmal die islamische Welt genannt. Dort wird das Erstere geradezu überschäumend praktiziert. Aber ohne dass daraus irgendwie ein Recht auf Zuwanderung abgeleitet würde.
Aus diesem Hinweis erwächst sogar die Pflicht der (noch irgendwie) christlichen Länder ebenso wie der laizistischen, keine Asymmetrien entstehen zu lassen. Regierungen mit Schutzpflichten gegenüber ihren Bürgern können nicht etwas zum Prinzip machen, was anderswo nicht gilt. Sonst würde es die totale Selbstaufgabe und Preisgabe der eigenen Bürger bedeuten.
Aus all dem aber folgt auch eine indirekte Antwort auf eine in der Bibel nie beantwortete Frage. Was tun in Zeiten der totalen weltweiten Mobilität, der gewaltigen sozialen Unterschiede (vor allem zwischen der christlichen-marktwirtschaftlichen und der islamischen sowie afrikanischen Welt), der mafiosen Schlepper-Netzwerke, des manipulativen Umtaufens von Migrationswilligen zu „Flüchtlingen“ in den politisch korrekten Medien, und der von Flüchtlingsbetreuern (auch der Caritas) erteilten Ratschläge an Migranten, sofort alle Pässe wegzuwerfen und ihre Herkunft zu verwischen?
Wer glaubt, auf jedes politische Problem in der Bibel eine Antwort zu finden, ist in Wahrheit ein Fundamentalist wie jene, die die islamische Welt derzeit in Flammen stecken. Aber selbst christliche Fundamentalisten müssen die regelmäßige biblische Unterscheidung zwischen Heimat und Fremde akzeptieren.
Aus dem Recht auf Heimat folgt aber unweigerlich auch das Recht, alle jene auch gegen deren Willen wieder wegzuschicken, die hier fremd sind, die nicht einer unmittelbaren(!) Drohung für Leib und Freiheit ausgesetzt sind und die niemand gerufen hat. Auch bibeltreue Menschen können durch das heilige Buch der Christen nur belegen, dass man die Fremden bis zum Wegschicken anständig wie einen der Eigenen behandeln soll.
Alles andere ist Politik. Und niemand von der politischen Linken, die wie etwa die Grünen für die unbegrenzte Zuwanderung eintreten, kann sich dabei auf die Bibel berufen. Auch wenn in den letzten Jahren einige Teile der katholischen und evangelischen Kirche zu Vorfeldorganisationen dieser Linken mutiert sind.
Keine Frage aber auch: Der Besuch des Papstes in Lampedusa war ein verheerendes Signal. Er hat dort zwar verbal nur Zustände in Afrika gegeißelt und mit keinem Wort von einem Recht auf Zuwanderung nach Europa gesprochen. Aber der Papst hat in seiner Naivitität nicht begriffen, dass durch die bloße Tatsache seiner Reise genau diese Botschaft in Afrika ankommt. Seither hat sich jedenfalls der Menschenstrom aus dem Kontinent Richtung EU vervielfacht und wird es noch viel mehr tun. In den letzten Wochen haben wir nur die Spitze eines sich neu in Bewegung setzenden Stroms gesehen.
Während die Mainstream-Medien immer nur über die in Lampedusa ankommenden (oder tragisch ertrunkenen) Afrikaner berichten, findet sich dort nie eine Zeile darüber, was dann später mit diesen Menschen geschieht. Aber die Europäer sehen es: Die italienischen Städte füllen sich immer mehr mit illegalen schwarzafrikanischen Händlern, die von den Behörden toleriert werden. Und zunehmend drängen diese Afrikaner auch bis in den Norden Europas. Von Italien werden sie dabei nicht gerade aufgehalten.
In der Summe wird das zu einer dramatischen Bedrohung Europas. Und niemand kann diese Entwicklungen mit der Vokabel „Nächstenliebe“ rechtfertigen.
Der Präsident der Deutschen Industrie klagt lebhaft: Die EU verhalte sich total widersprüchlich; zum einen drängt sie intensiv auf eine Erhöhung des Industrieanteils in Europa, zum anderen ist sie selbst hauptschuld, dass Europas Industrie nicht vom Fleck kommt, sondern eher schrumpft.
Diese Schizophrenie trifft alle, die in der Industrie arbeiten, wie auch jene, die ihr Erspartes, ihre Altersvorsorge in Industrieaktien gesteckt haben. Auch sie wundern sich so wie BDI-Präsident Ulrich Grillo. Wie soll angesichts der EU-Politik die industrielle Wertschöpfung von 16 auf 20 Prozent des europäischen BIP gesteigert werden? Dabei wäre das ja dringend notwendig: Denn in der Krise haben sich jene Länder am besten gehalten, die noch etliches an Industrie haben.
Die EU ist jedoch gleichzeitig intensiv aktiv, um jedes Wachstum, insbesondere das industrielle an Ketten zu legen. Sie tut das durch eine Unzahl von Regulierungen. Diese sind nicht mehr wie am Beginn der Integration dazu bestimmt, den Austausch von Gütern in einem Binnenmarkt sicherzustellen, was ja noch immer sehr wichtig wäre (siehe etwa Frankreich vs. Mercedes). Die EU-Regulierungen haben heute ganz andere Ziele: gesundheitliche (etwa das Rauchen), ökologische (etwa die Kyoto-Ziele), justizpolitische (die Pflicht, eigene Staatsbürger auszuliefern) gesellschaftspolitische (die „Anti-Diskriminierungspolitik“, die Arbeitgeber und Vermieter entrechtet), soziale (die Pensionsansprüche von EU-Ausländern in Österreich, die nie Pensionsbeiträge gezahlt haben) und viele andere.
Fast jede einzelne EU-Regulierung kostet, verteilt um, hemmt Wachstum und Entwicklung. Dabei will die EU doch das Gegenteil? Die Antwort ist einfach: Es gibt nicht „die“ EU. Es gibt viele EUs.
Während die einen noch die Binnenmarktziele anpeilen, welche die EU so erfolgreich gemacht haben, sind in anderen Bereichen inzwischen ganz neue Lobbys aktiv geworden. Ökologische, soziale, feministische usw. Sie sind heute so aktiv wie einst nur die Agrarlobby.
Alle haben in den letzten 15 Jahren erkannt, dass sie über die EU ihre Ziele viel leichter durchsetzen. Ohne jede nationale Debatte und ohne mühsame Mehrheitssuche bei anderen Parteien und Ministerien. In der EU muss ein Sozialminister nur die anderen Sozialminister überzeugen und schon ist irgendein meist teures Anliegen durch Kommission und Rat geschleust. Vorbei an Ministerrat, Parlament und Öffentlichkeit.
Industrie, Wachstum oder Marktwirtschaft sind für diese neuen Lobbys völlig uninteressant. Daher braucht sich der BDI-Chef nicht zu wundern, dass die EU mehr gegen als für Europas Industrie und Arbeitsplätze tut. Sie schaut vielmehr tatenlos zu, wenn ihre eigene Kyoto-Politik fast alle energieintensiven Investitionen aus Europa vertreibt. Um nur ein Beispiel der europäischen Absurditäten zu nennen, die dringend nach einer grundlegenden Neukonstruktion Europas rufen lässt.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Jetzt ist es in vielen Ländern Europas und in den USA Schlag auf Schlag gegangen. Das, was sich schon seit fast 20 Jahren wie ein Gewitter am Medienhimmel drohend angesammelt hat, ist mit lautem Getöse losgegangen: Der Niedergang, das Sterben von Zeitungen und Zeitschriften ist gleich an mehreren Orten schlagend geworden. Was aber ist schuld? Und vor allem: Was wird bleiben, was wird kommen?
Die Details sind vielfach durch die Medien gegangen. Sie reichen vom Tod des „Newsweek“-Magazins bis zum Verschleudern der „Washington Post“ an einen Internet-Tycoon, vom Tod der „Financial Times Deutschland“ bis zur Weggabe der meisten Zeitungen des renommierten Springer-Verlags. Und das sind nur die bekanntesten Namen.
Weltweit sind seit Ausbruch der Krise Hunderte Tages- und Wochenmedien eingegangen. Damit ist die Zeitungsbranche die weitaus am härtesten von der Krise getroffene Industrie. Das zeigt, dass es hier um weit mehr geht als um bloße Kollateralschäden einer Konjunkturkrise. In Frankreich etwa kann keine einzige Zeitung ohne Regierungsgelder mehr positiv bilanzieren. Daher ist man eigentlich fast schon erstaunt, dass es noch kein EU-Programm zur Förderung der Zeitungen gibt (etwa nach Art der Solarpaneele) . . .
Nur in Österreich ist in der großen Strukturkrise der Zeitungen bisher kein Blatt eingegangen. Das mag verblüffen. Das ist aber leicht erklärbar: Denn parallel mit der Zunahme der Krise ist ab 2007 die Finanzierung durch politische Inserate hinaufgefahren worden. Das Geld kam vor allem aus dem Dunstkreis der Gemeinde Wien, aber seit Werner Faymann in der Regierung ist, auch aus Ministerien beider Couleurs und aus staatlichen Betrieben (natürlich kam es in Wahrheit immer vom Steuer- und Gebührenzahler, aber der wird ja nie gefragt). Zumindest bis zum Wahltag wird sich daran auch gewiss nichts ändern. Mit anderen Worten: Viele Verlage haben sich auf die Prostitution verlegt. Von der kann man ja ganz gut leben. Eine Zeitlang.
Interessant ist nur, dass kaum jemand kritisch darüber schreibt. Aber im Grund haben ja alle mehr oder weniger Bestechungsdreck am Stecken. Da berichtet man nicht über den Dreck am Stecken des Konkurrenten.
Um mit der Zukunft zu beginnen, eine scheinbar beruhigende Annahme: Es wird auch in etlichen Jahrzehnten trotz des Internets noch Papier-Zeitungen geben.
So wie das Fernsehen das Kino nicht umgebracht hat. So wie Schallplatte/CD/VHS/DVD nicht den Andrang zu Livekonzerten reduziert haben (ganz im Gegenteil). So wie der starke Aufstieg von Plastikgeschirr und -möbeln in den 50er Jahren keinen langfristigen Tod für Metall, Glas und Holz bedeutet hat (obwohl der damals in Hinblick auf die Verwendung in Küche und Haus prophezeit worden war). Im Gegenteil: Metall, Glas und Holz symbolisieren heute edle Qualität und sind auch viel teurer als die billige Plastik-Massenware.
Freilich wird sich, wie es bei all diesen Beispielen aus anderen Bereichen in irgendeiner Form der Fall war, auch das Zeitungswesen fundamental verändern. Verändern müssen.
Auf der einen Seite wird es das billige Gratisprodukt ohne jeden Tiefgang, jeden Objektivitätsanspruch geben. Dort zahlt der Käufer nichts. Klare Folge: Die Verlage sehen sich nicht dem Leser verpflichtet, sondern Inserenten und/oder Parteien.
Das wird sich in der (nicht sehr großen und heute schon bekannten) Bandbreite zwischen einem Spar-Prospekt und jenem bedruckten Papier abspielen, auf dessen erster Seite „Heute“ oder „Österreich“ steht. Die Masse wird glauben, informiert worden zu sein, hat aber doch nur Opium fürs Volk, hat doch nur Manipulation und politische wie kommerzielle Verführung konsumiert. Denn: Was nichts kostet, ist auch nichts wertet. There is no free lunch.
Kaum überleben werden hingegen die meisten Lokalzeitungen. Die lokalen Anzeigen (Gebrauchtautos, Wohnungen, Arbeitsplätze usw.) werden fast zur Gänze ins Internet wandeln.
Die schnellen Agenturinformationen werden dasselbe tun. An diese Entwicklung haben ja die Zeitungen selbst das Publikum gewöhnt: Haben sie doch alle fast die gleichen Agenturnachrichten gratis ins Internet gestellt. Die Konsumenten werden kaum mehr überzeugt werden können, dass es eines Tages doch wieder sonderliche Unterschiede zwischen den Zeitungen geben könnte. Sie werden daher immer weniger bereit sein, für Sushi-Informationen wieder zu zahlen. Denn selbst wenn die Zeitungen wieder eigenständiger werden sollten, wird die schnelle Nachricht irgendwo immer gratis erhaltbar sein, und sei es nur als Marketing-Gag.
Der einzige zukunftsfähige Asset der Lokalzeitungen wären breite, kritische, unabhängige Berichte über Vorgänge in Stadt und Region. Aber gerade das haben zumindest in Ostösterreich praktisch alle Zeitungen aufgegeben: Wenn man so viel Geld (vor allem von der Gemeinde Wien, aber auch von anderen Landesregierungen) bekommt, ist es denkunmöglich, eine glaubwürdige Lokalberichterstattung zu haben.
Überleben werden Qualitätsmedien. Das werden freilich nicht die heutigen Qualitätsmedien sein. Sie werden sich zumindest grundlegend ändern müssen. Sie werden zielgruppengenauer sein müssen. Sie werden sich ganz bewusst mit einer Leser-Minderheit am Markt begnügen. Sie werden sich für diese anspruchsvolle Minderheit auf weit höhere Qualität konzentrieren müssen, schreiberisch wie recherchemäßig.
Das heißt keineswegs: höhere Quantität, dickere Umfänge. Im Gegenteil. Die Qualitätszeitungen der Zukunft werden sich im Dienst einer intellektuellen, aber zeitknappen Elite ganz auf die Aufgabe konzentrieren müssen, das herauszufiltern, was wirklich wichtig ist. Journalismus muss daher auch vom Wissen und der Allgemeinbildung der Akteure her wieder zu einem elitäreren Beruf werden.
Vor allem aber werden die Qualitätsmedien der Zukunft selbst die leichteste Abhängigkeit von Inserenten oder gar von politischem Geld vermeiden müssen. Vielleicht werden sie gut daran tun, sogar total inseratenfrei zu werden. Das heißt in jedem Fall, dass sie auch deutlich teurer sein müssen.
Jene Minderheit, die wirklich gut, seriös und qualitativ informiert sein will, der wird das jedoch auch zweistellige Euro-Beträge pro Exemplar einer Zeitung/Zeitschrift wert sein (in heutigem Geldwert). Aber eben nur dann, wenn er, der Leser, absolut sicher sein kann, dass er der einzige Auftraggeber der Redaktion ist. Und nicht in Wahrheit bestenfalls Nummer zwei hinter irgendwelchen Inserenten, Druckkostenbeiträgern und Kooperationspartnern.
Ohne jetzt noch allzu lange, ideale – und wirtschaftlich funktionsfähige! – Zeitungskonzepte der Zukunft ausbreiten zu wollen, einige Hinweise, dass es solche schon da und dort gibt. (Übrigens, weil sonst gleich wieder gestänkert würde: Ich habe mit keiner der hier genannten Zeitschriften irgendetwas zu tun)
So war der deutsche „Cicero“ einige Jahre lang sehr erfolgreich mit höchster Qualität unterwegs (bevor man dort SPD-Politiker mit Jobs zu versorgen begann, was dem Heft natürlich jede Glaubwürdigkeit nahm). So werden mit Sicherheit der englische „Economist“ und der deutsche „Spiegel“ überleben. Eben weil sie Topqualität bieten, die man in Österreich weder in der Wirtschaftsberichterstattung noch in den politischen Seiten auch nur annähernd findet.
So ist in Österreich „Servus in Stadt und Land“ extrem erfolgreich. Seine (nie ausgesprochene) Zielgruppenorientierung: Frauen über 40 mit Liebe zum Land, zur Schönheit, zur Qualität, die an den üblichen Zeitungsinhalten weniger interessiert sind. Das ist eine große, dennoch sonst total vernachlässigte Gruppe. „Servus“ ignoriert trotz seines primär weiblichen Publikums total den sonst üblichen Promi-, Skandal-, Kosmetik- und Modeschwachsinn. Es orientiert sich am Ruhigen, am Heimatverbundenen, am Schönen. Während das für die anderen Medien lauter Igitt-Worte sind, tut „Servus“ dies sogar ziemlich perfekt. Das Heft aus dem Haus Red bull hat dadurch mitten in der Krise den steilsten Auflagenerfolg der letzten Jahrzehnte erzielt. Und zwar ohne Gewinnspiele und sonstige Mätzchen, sondern nur mit Qualität und Hirn.
Fragt man nach den Ursachen des Zeitungssterbens, dann liegen die wichtigsten auf der Hand. Das ist vor allem das Internet – in dem Sie ja auch diese Analyse lesen: Das Internet hat noch viel mehr Zukunft vor sich, als wir heute ahnen. Von den kommerziellen bis zu den redaktionellen Angeboten.
Das Internet tut sich aber – zumindest vorerst – freilich schwer mit der Finanzierung rein redaktioneller, nicht fremdgesteuerter Angebote, die über solche kleine, aber erfolgreiche Nischen hinausgehen.
Das Internet wird in den nächsten Jahrzehnten noch ein weiteres Problem bekommen. Es wird in seiner Qualitätsanmutung hinter echtes Papier zurückfallen. Nachdem heute fast schon jeder Arbeiter mit zwei Bildschirmen werkt, dürfte die Anmutung von Modernität, die heute Smartphones oder IPads noch haben, total an Strahlkraft verlieren.
Überdies wird das Internet weiter ein Tummelplatz für Desinformationen, Geheimdienste, Schleichwerbung, Pornographen, Spammer, Virenproduzenten und ähnliche Schädlinge bleiben. Aber dennoch ist Faktum: Das Internet wird den Zeitungen schwer schaden. Und das Internet wird vom Mist bis zur höchsten Qualität Vieles zu bieten haben.
Eine weitere Ursache des Zeitungssterbens ist die schon angesprochene Beeinflussung des Inhalts durch den Kommerz. Natürlich sind klar gekennzeichnete Inserate nichts Böses. Aber die kommerziellen und politischen Inserenten und erst recht die scheinbar im Hintergrund bleibenden „Kooperationspartner“ haben in den letzten Jahren immer öfter mit Erfolg versucht, auch auf redaktionelle Inhalte Einfluss zu nehmen. Sobald aber die Leser einmal gemerkt haben, „Die schreiben ja nur deshalb so, weil da im Hintergrund Geld fließt“, schwindet das Vertrauen rapide. Egal ob das kommerzielles oder politisches (=Steuer)Geld ist. Der Leser fühlt sich hineingelegt und getäuscht, auch wenn er es vielleicht erst mit Zeitverzögerung merkt.
Von den ganz üblen Misswüchsen einer neuen Verlegergeneration, wo nicht nur die Inserenten Einfluss zu nehmen begonnen haben, sondern wo umgekehrt auch Verleger erpresst haben (du zahlen, sonst wir schreiben), wollen wir am liebsten gar nicht reden. So übel wird einem dabei.
Zeitungen haben sich überdies in eine Sparspirale nach unten verfangen. Inhalte werden immer weniger überprüft. Es gibt kaum noch ein Gegenlesen. Immer mehr Agenturinhalt fließt Copy-Paste ins Blatt. Die Redaktionen sind im Verhältnis zur Seitenzahl so dünn wie nie zuvor. Zugleich ist die sprachliche und Wissens-Qualität einer neuen Journalistengeneration meist recht erbärmlich. Daran sind zwar primär Unis und Schulen schuld, aber auch der Umstand, dass es sich keine Zeitung mehr leistet, die Besten und Interessantesten unter den Jungen anzusprechen.
Solche schwachen Journalisten schwimmen dann alle sicherheitshalber im (linksliberalen bis grünen) Mainstream. Wenn man immer ungefähr dasselbe schreibt wie alle anderen, dann kann man ja nicht so falsch liegen, denken sie sich. Eine eigene Meinung hat man ja meist ohnedies nicht, oder man wagt diese ohne das nötige Wissen und ohne intellektuellen Mut nicht zu artikulieren.
Keine Frage, dass die Leser dies alles zumindest im Unterbewusstsein spüren. Diese und noch ein Dutzend anderer Ärgernisse der heutigen Medienwelt würden ganze Dissertationen füllen, gäbe es seröse Medienwissenschaft in Österreich.
Es darf daher niemanden wundern, dass das Vertrauen in den Journalismus so tief unten ist wie nie zuvor. Es ist fast so schlecht wie das der Politiker, auch wenn Journalisten täglich alle Politiker heruntermachen (bis auf jene, die ausreichend bestechen).
Gleichsam als PS eine besondere Groteske aus diesem Sommer: Neuerdings glaubt man vom ORF bis zur „Presse“, dass es sie rettet, wenn sie auf Migranten in der Redaktion setzen. Oder tun sie das auch nur deshalb, weil im Hintergrund Geld dafür fließt? Sie begreifen jedenfalls nicht, dass sie damit ihre bisherigen Leser/Seher noch schneller entfremden und vertreiben. Und dass sie bei den außereuropäischen Zuwanderern nicht einmal einen Bruchteil der vertriebenen an neuen Lesern finden werden.
Aber vielleicht tröstet sich die österreichische Medienszene: Solange der Strom politischer Gelder fließt, werden wir schon irgendwie im alten Trott weiterleben können. Erst wenn auch hierzulande griechische Verhältnisse ausgebrochen sind, wird dieses Business-Modell zwangsläufig zusammenbrechen. Dann aber haben wir die Chance, dass spannendes Neues entsteht. Also Medien, die sich ausschließlich am Leser orientieren.
Auch in Deutschlands und Amerikas Medienwelt muss ja zuerst Morsches kollabieren, bis aus den Ruinen wieder neues Leben entstehen kann.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Eine Berechnung habe ergeben, dass die Arbeitnehmer rund eine Milliarde Euro verlieren, wenn keine Überstunden bezahlt würden: Da muss man doch wirklich Verständnis für die Lehrergewerkschaft haben, die gegen eine Verlängerung der Arbeitszeit ohne den bisherigen Überstundenzuschlag kämpft.
Doch hoppla: Das Argument stammt von den SPÖ-Bonzen Faymann und Hundstorfer. Und es wurde nicht gegen die Verlängerung der Lehrerarbeitszeit, sondern gegen eine allgemeine Arbeitszeit-Flexibilisierung vorgebracht. Da kenne sich aus, wer mag. Aber Logik war noch nie eine Stärke der SPÖ. Was ihre Haltung besonders absurd macht: Von den Lehrern verlangt die SPÖ eine tatsächlich längere Arbeitszeit, von sonstigen Arbeitnehmern wird durch diesen Vorschlag der Wirtschaft und der ÖVP hingegen nur ein längerer Durchrechnungszeitraum verlangt, in dem jedoch die Arbeitszeit in Summe keineswegs verlängert würde. Das eine will die SPÖ (sowie BZÖ und Stronach) mit aller Kraft durchpeitschen; der andere Vorschlag bedeutet für Faymann hingegen „soziale Tiefschläge“.
PS: Wie hier schon mehrfach geschrieben: Natürlich ist von Lehrern Mehrarbeit zu verlangen. Aber das sollte erstens durch Verlängerung der Jahresarbeitszeit (kürzere Ferien) geschehen, bei mehr Wochenstunden geht es nur auf Kosten der Unterrichtsqualität. Und das ist zweitens nur zumutbar, wenn auch andere Bevölkerungsgruppen Konzessionen an die Krise machen.
Neuerliche Blutbäder in Ägypten: Die Vorgänge im größten arabischen Land können nur noch als Bürgerkrieg eingeordnet werden. Dieser ist aber im Grund eine weitere Etappe eines in zahllosen Ländern der islamischen Welt schon seit Jahrzehnten ablaufenden Bürgerkriegs mit vielen hunderttausenden, wenn nicht Millionen Todesopfern, der an immer neuen Schauplätzen aufflammt. Das ist schon wegen der Gefahr eines Übergreifens extrem beklemmend. Genauso beklemmend ist aber noch ein zweiter Aspekt: Der Westen taumelt hilflos und widersprüchlich herum. Er weiß nicht, welche Haltung und Reaktion richtig ist.
Der Westen, also Amerika und Europa, weiß nicht, auf welcher Seite er denn eigentlich steht: bei den Islamisten, bei den Gemäßigten, bei den Diktatoren, bei den Demokraten? Der Westen weiß nicht, warum er jeweils dort steht, wo er zu stehen scheint. Einmal da, einmal dort. So macht er sich alle zum Feind. Aber auch für eine echte Neutralität fehlt ihm die Kraft und Kohärenz.
In Kürze sei rekapituliert:
Damit sind nur einige Beispiele einer absolut chaotischen Politik des Westens gegenüber der arabischen Welt genannt. Die Tatsache, dass mit „Westen“ in vielen – nicht allen (siehe Libyen) – Fällen nur die Amerikaner gemeint sind, weil es meist gar keine europäische Politik gibt, lassen wir heute einmal beiseite.
Das Hauptübel der Malaise auf den Punkt gebracht: Weder die USA noch Europa haben klare Prinzipien für den Umgang mit solchen Ländern. Sie haben nie geklärt – weder nach innen noch nach außen –, ob die Unterstützung des formalen Prinzips „Demokratie“ die oberste Leitlinie darstellt, oder andere Interessen.
Was wäre da nun wirklich richtig? Nun, eine nüchterne politische Analyse müsste die westlichen Ambitionen und Illusionen (ob nun neokonservativ oder sozialistisch) dramatisch zurücknehmen und sich auf logische und durchsetzbare Leitlinien einigen:
1. Am wichtigsten für die Haltung des Westens einem Drittweltstaat gegenüber sollte sein, ob sich das Land nach außen korrekt verhält, ob es Grenzen beachtet, niemanden bedroht, keinen Terrorismus unterstützt, keine Atombomben entwickelt. Dabei ist es egal, ob es sich um ein wirklich demokratisches System handelt – das es ohnedies fast nirgends in der islamischen Welt gibt – oder um ein autoritäres. Nur wenn nach außen Gefahr droht, ist auch die Außenwelt moralisch zum Eingreifen legitimiert.
2. Wenn die außenpolitische Friedfertigkeit eines Landes gesichert ist, dann muss der Westen für die vielen zwischen Islamisten, Armeen, Diktatoren, Liberalen, Stämmen und ethnischen oder religiösen Minderheiten tobenden Bürgerkriege ein Prinzip aus früheren Epochen reaktivieren: das der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Denn der Westen ist ja ohnedies zu schwach, um Ordnung zu schaffen. Könnte er intervenieren, dann wären überdies auch bald alle gegen ihn. Zugleich ändern sich in solchen Ländern die Fronten dauernd. Jede Seite erzählt einem die abenteuerlichsten Schauergeschichten. Man weiß daher oft nicht, wer die wirklich Guten sind, und ob es überhaupt welche gibt.
3. Menschenrechtsverletzungen sind eine schlimme Sache. Die Medien sollen sie auch kritisch aufzeigen, die Menschen in Europa und Amerika können und sollen kräftig dagegen protestieren. Aber die westlichen Regierungen sind kein Weltpolizist, der überall militärisch eingreifen könnte, wo Menschenrechte verletzt werden. Er hat nicht einmal eine völkerrechtliche Legitimation dazu. Daher ist zähneknirschende Neutralität oft schlauer und hilfreicher. Und wenn man menschenrechtlich aktiv werden will, dann sollte man einmal mit den dazu geschaffenen Gremien beginnen: Wieso sitzen Polizeistaaten aus Osteuropa noch immer unhinterfragt in Europarat und Menschenrechtsgerichtshof? Warum können üble Regierungen Mitglieder (und Quasi-Richter) des UN-Menschenrechtsrates werden – von dem sich sogar Musterstaaten wie selbst Deutschland demütig ohrfeigen lassen? Solange man nicht einmal auf rechtlicher Ebene für Sauberkeit sorgt, können Menschenrechte politische oder gar militärische Interventionen von außen schon gar nicht rechtfertigen.
4. Vor allem Europa muss jedes Interesse haben, dass es zu keinen neuen Flüchtlingsströmen kommt. Es sollte daher zumindest sein ganzes ökonomisches Gewicht in die Wagschale werfen, solche zu verhindern. Denn sonst wären in Kürze in Europa mehr echte oder falsche Flüchtlinge als Europäer (was dank der Linken und der Caritas ohnedies bald der Fall sein wird).
5. Erst dahinter stehen Wirtschaftsinteressen wie das – zum Glück an Bedeutung verlierende – Öl. Dabei darf man ohnedies annehmen, dass friedliche Länder ohnedies langfristig auch ganz seriöse Handelspartner sind.
6. Und an allerletzte Stelle hat der missionarische Glaube zu rücken, man könne mit dem Geist unserer Demokratie alle Übel dieser Welt heilen. Das funktioniert meist nicht einmal theoretisch: Denn nicht alles, was sich demokratisch nennt, ist es auch. Denn in der Geschichte sind immer wieder Herrscher halbwegs demokratisch an die Macht gekommen, die dann undemokratisch die Macht nie wieder friedlich hergegeben haben. Denn manches lässt zweifeln, ob etwa die islamische Welt auf Grund ihrer kulturellen Prägung überhaupt zur Demokratie imstande ist (oder „reif“, wie manche formulieren). Denn in manchen Situationen mag die Demokratie überhaupt nicht das beste System für eine Nation sein.
Aber in Wahrheit ist das alles irrelevant. Denn in Wahrheit wird die Außen- und Interventions/Nichtinterventions-Politik des Westens von ganz anderen Faktoren als rationalen Regeln bestimmt:
Das sind die entscheidenden Punkte. Oder sieht irgendjemand andere Regeln wirksam für den Umgang Europas und der Obama-USA mit dem Chaos in Ägypten&Co?
Ein Grund zur Freude: Mitten im faden Sommer wird der Wahlkampf erfrischend heiter. Gleich zwei Oppositionsparteien sorgen für herzliches Lachen. Freilich nicht ganz freiwillig.
Anders als belustigt kann man auf das Verhalten der beiden Damen Lindner und Glawischnig gar nicht reagieren. Die eine tritt noch in der selben Woche wieder zurück, da sie als Stronachs Speerspitze aufgestellt worden ist – bleibt aber dennoch als Kuckucksei auf der Liste des betagten Austroswisskanadiers. Offenbar hatte sie bei der Kandidatur nicht ganz begriffen, dass diese zwangsläufig als Ohrfeige für Raiffeisen und Erwin Pröll interpretiert wird. Das ist ungefähr die Intelligenz, mit der sie den ORF geführt hat. Hoch intelligent agiert auch die Möchtegern-Umweltministerin Eva Glawischnig: Sie will den Bau von Autobahnen stoppen – womit sie etwa im Großraum Linz, wo man dringend auf den Westring wartet, unglaublich viele Wählerstimmen akkumulieren wird; sie will Ölheizungen verbieten – was ihr den Jubel von Hunderttausenden Hausbesitzern einbringen wird; und sie will Haschisch freigeben – was logischerweise zur Öffnung zahlreicher Haschisch-Verkaufsbuden (im Volksmund Hasch-Trafiken) führt. Beim letztgenannten Punkt hat Glawischnig nur irgendwie die moralinsaure Empörung der Grünen auf jeden Hinweis vergessen, dass ihr Regierungseintritt die Freigabe für Hasch-Trafiken bedeuten wird. Aber, was Glawischnig vielleicht nicht begreift: Was legal ist, darf dann auch irgendwo verkauft werden, ob das nun "Trafik" oder "Hanf-Shop" genannt wird.
Angela Merkel macht ihre erste Wahlveranstaltung, sagt die erwartbaren unverfänglichen Dinge – und wird von der ersten bis zur letzten Minuten von einem Trupp Jungsozialisten niedergepfiffen.
Deutlicher kann man es nicht zeigen, dass die Linken zum Teil ein unverbesserlicher Haufen untoleranter und undemokratischer Chaoten sind (auch wenn viele Medien die Vorfälle wieder einmal totschweigen). Solche Aktionen haben freilich schon seit Helmut Kohls Tagen eine klare Wirkung: Sie motivieren die Bürgerlichen erst recht. Hierzulande kann Michael Spindelegger nur hoffen, dass ihm ebenfalls diese „Ehre“ linker „Argumentationen“ zuteil wird. Aber der rotgrüne Mob hat sich zumindest in den letzten Jahren immer auf HC Strache konzentriert. Wenn er es heuer wieder tut, kann Strache dafür angesichts seines gegenwärtigen Tiefs ja besonders dankbar sein. Zumindest einige Kirchenfunktionäre (Evangelen, Caritas, Orden) haben ihm mit ihrem Aufplustern wegen des Wortes „Nächstenliebe“ ja schon zu helfen begonnen.
Ich ziehe alles Geschriebene zurück und behaupte das Gegenteil: Das neue Lehrerdienstrecht bedeutet doch einen großen Fortschritt!
Denn das Dienstrecht macht sämtliche Lehrer zu „Professoren“! Gratuliere. Diese Koalition ist wirklich eine Große. Diese revolutionäre Maßnahme wirft Österreichs Bildungssystem nun um Lichtjahre nach vorne. Schande über mich! Wie konnte ich das nur übersehen! Dieser geniale Schachzug der Unterrichtsministerin erinnert geradezu an den alten Kaiser und seine Monarchie: Damals hat man den Staatsdienern ja auch anstelle einer ordentlichen Bezahlung jede Menge austriakischer Titel und Orden an den Hals gehängt, bis alle Welt über Österreich gelacht hat. Aber auf das mit dem Universal-Professor ist nicht einmal der Kaiser gekommen. Es ist der entscheidende Erfolgsbeweis der sozialistischen Gesamtschulreform (die ja auch von BZÖ, Grünen und Liste Stronach heftig beklatscht wird). Alle sind gleich; gleicher geht’s gar nicht mehr. Jetzt fehlt nur noch die letzte Stufe, an der aber die Linken auch schon heftig basteln: Matura und Master für alle Österreicher (oder doch gleich den Doktor?). Dann sind wir wirklich das gescheiteste Volk der Welt. Und alle müssen endlich zugeben: Die Linke hat ja doch recht. Sie möge uns nur weiter vorangehen. Und wir folgen ihr.
PS: Damit ist auch das Paradoxon gelöst, warum die roten Ministerinnen so auf das Dienstrecht gepocht haben. Bisher war es ja nicht wirklich erklärbar, warum die Regierung so vehement für etwas kämpft, was ihr angeblich langfristig Milliarden kostet, während die angeblich Beglückten so vehement dagegen sind.
Ein deutscher Künstler namens Meese ist wegen zahlloser Verwendungen nationalsozialistischer Symbole und Sprüche – nicht verurteilt, sondern freigesprochen worden.
Wir lernen: Es gibt eben zwei verschiedene Klassen von Menschen. Die einen dürfen diesen Un- und Schwachsinn. Die anderen nicht. Diese anderen muss man davor bewahren, so etwas auch nur zu sehen zu bekommen. Sonst bricht nämlich eine neue Hitler-Barbarei aus, wird uns bedeutet. Dass sich in der wirklichen Welt inzwischen primär eine linke Diktatur der Political correctness, des Straßenterrors und des Islamismus anbahnt, stört interessanterweise niemanden. Freilich wissen wir: Auch die österreichischen Armeen haben sich in der Geschichte immer für den vorigen Krieg gerüstet, nie für die kommenden Herausforderungen. Ich verstehe aber noch etwas nicht: Wenn man schon die Bürger mit aller Härte des Strafgesetzes vor Hakenkreuzen und Ähnlichem schützen will, warum schützt man sie dann nicht vor den gleichen Symbolen, bloß wenn jemand behauptet, es sei Kunst? Es könnte ja auch Zuschauer bei Herrn Meese geben, die dabei infiziert werden.
Im Konflikt zwischen Regierung und Lehrergewerkschaft hat der ORF jetzt beide Seiten erstaunlicherweise gleich behandelt. Freilich nach ORF-Art. Der Chef der AHS-Lehrer wurde in der mittägigen ZiB befragt (ja, die gibt es). Eine enge Alliierte der Unterrichtsministerin durfte hingegen in die ZiB 2 kommen. Formell scheint da alles ausgewogen. Jedoch ist der Unterschied zwischen beiden Sendungen in den Einschaltzahlen dramatisch. Ganz abgesehen vom Wie der Befragung. Solche Unterschiede und Zufälle sind beim ORF wohl kein Zufall, sondern raffinierte Vorwahl-Strategie. Der Unterschied ist übrigens auch trotz der Tatsache noch immer beträchtlich, dass bei der ZiB 2 (der Sendung mit der Ehefrau des Chefs) die Seher-Quoten so steil nach unten gehen wie die Streif-Abfahrt. Noch viel mehr ärgert aber, dass es mit absoluter Sicherheit immer stramme rote oder grüne Ideologen sind, wenn der ORF (wie im genannten Fall) von „Experten“ spricht. Ist ja auch klar: Wer nicht links ist, kann für den Regierungssender automatisch kein Experte sein.
Die (voraussichtlich unmittelbar bevorstehende) Zustimmung der ÖVP zum Entwurf eines neuen Dienstrechts für alle Lehrer hat klare Konsequenzen: Die Lehrer werden es nicht hinnehmen, dass ohne den bisherigen sozialpartnerschaftlich üblichen Konsens über sie drübergefahren wird. Und die ÖVP wird weitere zwei Prozentpunkte an Wählerunterstützung erleiden. Man fragt sich nur, warum sie dem Text zustimmt: Ist es struktureller Masochismus oder wird die Partei von ein paar Geldgebern aus der Wirtschaft erpresst?
Dabei könnte sich die ÖVP ohne diesen Schwachsinn derzeit eigentlich freuen: Die Kandidatenlisten der anderen Parteien sind qualitativ so dünn wie ihre eigenen. Blau, Grün und Rot ziehen sich überhaupt auf ihre Kernwähler zurück. Das BZÖ schickt lauter Nobodys ins Rennen. Bei den Neos stechen aggressive linke Kirchenhasser hervor. Und bei Stronach sind zwar einige durchaus interessante Kandidaten zu finden, über die sich auch andere Parteien freuen könnten. Deren Wirkung wird aber durch die Minusfrau Monika Lindner mehr als kompensiert.
Lindner hat in den letzten Jahren zielsicher eine große Plakatfirma mit Millionenschaden gegen die Wand gedonnert. Davor hat sie im ORF als eigentlich bürgerliche Kandidatin so ungeschickt agiert, dass der Staatsfunk am Ende von den Linken im Handstreich übernommen werden konnte. Die Dame scheint nur in einem gut zu sein, nämlich um im Windschatten machtbewusster Macho-Tycoons (Pröll, Konrad, Stronach) nach oben zu segeln. Dass sie FÜR irgendetwas stehen würde, ist hingegen noch nie jemandem aufgefallen.
Zurück zum – erwarteten – Dienstrecht. Dieses wird am Wahltag viel relevanter sein als alle Kandidatenlisten. Für die ÖVP wird es sogar katastrophal relevant. Dies ist gleich aus mehreren Gründen der Fall. Im schwarzen Parteiquartier versteht das aber offensichtlich niemand, weil in der ÖVP ohnedies niemand mehr etwas vom Dienstrecht oder von der Schule versteht.
Konkret:
Erstens hat sich Michael Spindelegger nun wirklich als der Flippflopper erwiesen, als den ihn die SPÖ-Propaganda schon seit einiger Zeit hinzustellen versucht. Man kann gar nicht nachzählen, wie oft der ÖVP-Chef da schon seine Meinung geändert hat. Nur im Konsens mit den Lehrern. Auch ohne Konsens mit den Lehrern. Nur im Konsens mit den Lehrern. Auch ohne Konsens mit den Lehrern. Usw. Das Spiel könnte während und nach der nun beginnenden Begutachtung noch ein paarmal weitergehen. Dazwischen könnte es ein paar Zwischenetappen geben, in denen Spindelegger wieder so tut, als habe er persönlich einen Konsens mit den Lehrern erzielt. Dieses Flippflopp ähnelt ja übrigens auch Spindeleggers fast täglich wechselnden Aussagen zum Thema „Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters“. Auch dabei hat er am Schluss alle verärgert.
Zweitens zeigt die ÖVP damit klar, dass Arbeitnehmergruppen, die sich hinter die Volkspartei stellen, desavouiert werden, während die SPÖ wie eine Betonmauer hinter „ihren“ Leuten steht.
Drittens steht das nun auch von der ÖVP getragene Ansinnen, dass Lehrer an AHS künftig bis zu sechs Stunden mehr pro Woche unterrichten müssen, im deutlichen Gegensatz zur Arbeitszeit für ÖBBler: Diese ist gerade um eineinhalb Stunden gekürzt worden. Dabei liegen beide Gruppen den Steuerzahlern dick und fett auf der Tasche. Die Lehrer zwangsläufig, die Eisenbahn aus Verschulden primär der SPÖ. Bei den Staatsbahnern hat es jedoch keinerlei Proteste der ÖVP gegeben. Oder aus der (vermutlich hinter dem ganzen Unsinn steckenden) Industrie in ihrem Lehrerhass und ihrer Anti-Bildungspolitik.
Viertens gibt es kein einziges Element im neuen Dienstrecht, das auch nur irgendwie als Verbesserung der Bildung unserer Kinder gesehen werden könnte. Dabei wird genau das von allen als Grund des nunmehrigen Vorstoßes und der großen Zeitnot genannt. Es kann also nur zu einer signifikanten Verschlechterung kommen, wenn jeder Lehrer künftig viel mehr Klassen unterrichten muss.
Fünftens wird der Dienstrechts-Kampf mit Sicherheit auch Unruhe und Streiks in die Schulen bringen. Auch das macht es zu einem weiteren Baustein, der die heimische Bildungsbilanz verschlechtert.
Sechstens hat das neue Dienstrecht in Wahrheit nur eine Funktion, die aber der ÖVP und Spindelegger noch nicht aufgefallen ist: Es bereitet die Zwangsgesamtschule vor, deren Verhinderung der ÖVP-Obmann gleichzeitig den Wählern verspricht. Wenn alle Schulen in ein einheitliches Prokrustesbett gezwungen werden sollen, müssen vorher auch alle Lehrer gleich gemacht werden. Die Vorstufe hat der offenbar doch recht naive Neolateiner Töchterle mit seinem Ja zur einheitlichen Lehrerausbildung gelegt, die alle Lehrer – ab der Volksschule! – zu einer mindestens fünfjährigen Ausbildung zwingt.
Siebentens fällt auf, dass die Neos, eine der neuen Konkurrenzparteien der ÖVP, beim Schulthema genau den gegenteiligen Weg gegangen sind. Anfänglich hieß es dort noch laut „Gesamtschule!“ Inzwischen hat sich das Grüppchen aber zu dem erfreulicheren Ruf „Autonomie der Schulen!“ und für die Vielfalt entschieden. Auch Stronach (sofern in seinem Wirrgerede politische Inhalte erkennbar sind) folgt keineswegs der rotgrünen Gesamtschulideologie. Die Freiheitlichen sind nie dort gewesen. Nur das sterbende BZÖ ist dafür. Das alles könnte eigentlich Spindelegger zu denken geben.
Achtens: Die nunmehrige Eile bei der Lehrerfrage ist natürlich eine Strategie der SPÖ. Diese lenkt dadurch von ihren Versäumnissen bei der Personalplanung in Hinblick auf den demographisch und als Folge der Hacklerregelung bevorstehenden Lehrermangel ab. Statt die SPÖ wegen dieser Versäumnisse propagandistisch vor sich herzutreiben, macht ihr die ÖVP die Mauer. Sie begreift ja nicht einmal, dass die SPÖ die Schwarzen bewusst getimt in Wahlkampfzeiten in das Lehrerdilemma gehetzt hat. Jetzt und so kann das nur der ÖVP schaden, obwohl die SPÖ davor die Dienstrechtsverhandlungen jahrelang völlig desinteressiert geführt hat (meist nur auf Beamtenebene).
Neuntens gäbe es auch trotz Pensionsrechts und Demographie weitgehend genug Lehrer, wenn nicht immer mehr von ihnen als meist störende Zweitlehrer in die Klassen der Neuen Mittelschule gesteckt würden.
Zehntens: Wo sind die Gegenleistungen, die sich die ÖVP für ihre Zustimmung zum Dienstrechtsentwurf eingehandelt hat? Weit und breit sind keine zu sehen. Das heißt: die Schwarzen haben sich auch auf keinem anderen Gebiet etwas herausverhandelt. Sie beherrschen nicht einmal mehr das Einmaleins der Politik, wenn sie schon die Lehrer und Schulen zu opfern bereit ist. Eine professionelle ÖVP hätte sich für diese Zustimmung etwa die Privatisierung von ÖBB & Co sowie eine echte Pensionsreform eingehandelt.
In ein paar Wochen wird die ÖVP wohl selbst wissen, wie viele Mandate ihr diese Akkumulierung politischer Fehler gekostet hat. Sie verärgert jetzt nicht nur die Lehrer zutiefst, sondern auch alle Eltern, die jede Verschlechterung der Schulqualität, jeden Konflikt in der Schule und jeden Schritt Richtung Gesamtschule empört ablehnen. In ein paar Jahren werden auch die Arbeitgeber empört sein, wenn sie erkennen, welchen Qualitätsverlust ihre eigenen "Vertreter" da den Schulen tatsächlich angetan haben.
PS.: Könnten die Lehrer nicht wirklich ein wenig mehr arbeiten? Ja, das könnten sie. Aber es wäre in jeder Hinsicht besser, wenn das durch Verkürzung der Ferien um zwei Wochen passiert. Dann hätten freilich „nur“ die Schüler etwas davon und nicht die zwei SPÖ-Ministerinnen mit ihrem Lehrermangel. Verlängerungen der Wochenarbeitszeit hingegen sind den Lehrern nur dann zumutbar und erklärbar, wenn sie nicht die einzigen sind, sondern wenn alle zu einem Notopfer angesichts der dürren Jahre aufgefordert werden, die uns nach den Verschwendungs- und Schuldenjahren bevorstehen.
PPS.: Wenn die Industrie ihren Druck auf die ÖVP mit den Beamtenkosten begründet, dann darf man schon fragen: Warum gibt dieselbe Industrie bei den von ihr geführten Kollektivvertragsrunden selber immer der Gewerkschaft nach und fährt nie über diese drüber? Und wenn sie schon die ÖVP beeinflussen will, dann wäre doch jeder konsequente Druck in Hinblick auf eine Erhöhung des Frauenpensionsalters viel logischer. Das brächte viel mehr Einsparungen, mehr Arbeitskräfte – und wäre auch mehrheitlich populär.
Es ist erstaunlich, wie oft versucht wird, mit neuen Wortprägungen Probleme aus der Welt zu schaffen. Das geschah etwa bei der Ersetzung von Blinder/Krüppel/Tauber (usw.) durch "Behinderter"; da aber auch dieses Wort schon tabuisiert wird, haben wir nun von "Menschen mit besonderen Bedürfnissen" zu sprechen. Dahinter steht der Glaube, dass durch ein Umtaufen irgendwelche Probleme gelöst wären. Ganz Ähnliches ist in den USA mit der Umformulierungsreihe Neger-Schwarze-Afroamerikaner zu beobachten. Aber auch in der Finanzwelt passiert das Gleiche.
Das ist insbesondere an der neuerdings üblichen Verwendung von "Schaffung von Liquidität" anstelle von "inflationsförderndes Gelddrucken durch Notenbanken" zu sehen. Beides bedeutet aber dasselbe. Wer die Immobilienpreise in deutschen oder österreichischen Städten beobachtet, weiß, wohin viel des frischgedruckten Geldes fließt: in eine gefährliche Blase. Aber da aus Asien importierte Konsumartikel preisstabil sind - oder gar billiger werden - wird das in der offiziellen Inflationsrate kaum reflektiert.
Diese "Liquiditätsschaffung" scheint ja kurzfristig tatsächlich Probleme zu lösen. Daher wird sie von der Politik auch so geliebt. Die unweigerlich dadurch ausgelösten späteren und größeren Probleme ignoriert man hingegen - oft in der insgeheimen Überzeugung, dass sie erst unter den Nachfolgern sichtbar werden.
Wen aber wird die Inflation dann eigentlich treffen? Primär scheinen es die Sparer zu sein. Diese haben jedoch die Chance, durch kluges Disponieren den Schaden zu mildern. Milton Friedman wieder hat gemeint, dass letztlich alle gleichmäßig getroffen würden. Das stimmt jedoch auch nicht. Denn das würde voraussetzen, dass alle ihr Eigentum gleichmäßig verteilt haben, dass alle Preise gleichmäßig steigen, und dass alle die gleichen Informationen haben.
In Wahrheit ist es jedoch immer so, dass zuerst nur ein kleiner Personenkreis Zugang zum künstlich geschaffenen Geld hat. Wohlhabende Menschen oder Banken sind auch meist besser informiert als die kleinen Sparer und schichten ihr Geld früher um.
Das haben nun Berechnungen des Ökonomen Zoran Balac genau analysiert. Sie zeigen klar: Je größer die Inflation - pardon: Liquidität - umso größer die Umverteilung von unten nach oben.
Der Zusammenhang ist auch ohne lange Ökonometrie logisch. Unlogisch ist nur, dass sich gerade jene, die sich stets als Vorkämpfer der weniger Verdienenden ausgeben, immer besonders heftig für das Gelddrucken unter der Tarnung als Liquiditätsschaffung einsetzen. Dass sie also gerade der eigenen Klientel am meisten schaden.
Ein gutes Beispiel eines Missbrauchs des Wortes „Liquidität“ ist die bankrotte Baufirma Alpine. Diese wäre schon 2010 konkursreif gewesen, hätte der Steuerzahler nicht 200 Millionen hineingebuttert, die er nun nie wiedersehen wird. Vorwand der amtlichen Geldverbrennung: ein "Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz" . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Derzeit touren die sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Österreichs und Deutschlands durch die Lande und rechtfertigen ihre Steuererhöhungspläne mit dem Argument, dass nur eine Minderheit von einem bzw. fünf Prozent betroffen wäre. Machen wir uns über dieses Quantitätsargument einmal demokratiepolitische Gedanken.
Zunächst erscheint die Sache ja demokratisch in Ordnung zu gehen. Warum sollen in einer Demokratie nicht 95 Prozent beschließen dürfen, dass die restlichen fünf Prozent überproportional enteignet werden? Mehrheit ist schließlich Mehrheit.
Es wäre in Ordnung, wenn es nicht die Grund- und Freiheitsrechte gäbe. Jedermann weiß, dass 95 Prozent der Wähler nicht beschließen können, dass die übrigen fünf Prozent gehängt werden.
Zu diesen Grund- und Freiheitsrechten gehört auch der Gleichheitsgrundsatz, der es schon prinzipiell erschwert, eine bestimmte Minderheit – und auch die Wohlhabenden stellen eine Minderheit dar – ungleich zu behandeln.
Gerade Sozialdemokraten müssen also über ihr Gleichheitspostulat springen, wenn sie die Wohlhabenden mit einer Sondersteuer belegen wollen.
Besonders pikant erscheint diese Sondersteuer unter dem Gesichtspunkt, dass es gerade die von demokratischen Politikern erkämpfte Chancengleichheit gewesen ist, die diese ungleiche Vermögensverteilung stark begünstigt hat. Wenn ein Wlaschek, ein Mateschitz oder auch ein Schlaff heute zu den reichsten Österreichern zählen, dann verdanken sie diesen Wohlstand in erster Linie ihrer eigenen Tüchtigkeit in einem nicht privilegierten Umfeld.
Wer also das Vermögen der genannten Herren im Namen der Gerechtigkeit angreifen möchte, sagt implizit, dass die Chancengleichheit zu einem unerwünschten Ergebnis, nämlich einer Ergebnisungleichheit, geführt hat.
Letztlich bedient ein solcher Ungerechtigkeitssinn nur den Neid, der in Wirklichkeit gar nicht so verbreitet ist, wie die Politiker glauben. Wenn an jedem Wochenende 22 reiche Menschen vor Zehntausenden Armen um einen Ball spielen – die für das Zuschauen auch zahlen – und selbst eine Steuernachzahlung eines Herrn Messi von zehn Millionen Euro keine Proteststürme auslöst, erscheint die Neidverbissenheit der Menschen gar nicht so ausgeprägt.
Im Übrigen hat die Entfesselung des Neides in der Geschichte niemals vor den Reichen Halt gemacht. Schon in der französischen Revolution endete das, was man mit dem Slogan „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ begann, mit tausenden und abertausenden Toten. Auch die Enteignung der weißen Farmer in Simbabwe hat nicht zu mehr Gerechtigkeit, sondern zu Nahrungsmittelknappheit geführt. Jeder mag sich seine eigenen Beispiele finden, wenn Minderheiten im Namen des Neides der gesellschaftlichen Aggression ausgeliefert wurden.
Auch die Minderheit der Reichen verdient den Schutz der Gesellschaft, die von dieser Minderheit umso mehr profitieren wird, je größer sie ist. Wer nicht die gleichmäßige Verteilung der Armut anstrebt, muss die ungleiche Verteilung des Reichtums in Kauf nehmen. Nicht weniger Reiche, sondern mehr Reiche zu haben muss daher das Ziel einer erfolgreichen Politik sein.
Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.
Leben wir noch in einer rechtsstaatlichen Demokratie? Diese Frage kann längst nicht mehr mit einem selbstverständlichen Ja beantwortet werden. Zu viele Indizien häufen sich, die einem angst und bang machen. Von denen könnte zwar jedes einzelne Zufall sein, aber in ihrer Summe sind sie keinesfalls mehr ein solcher.
Da ist jetzt der Winzigpartei CPÖ (Christlichen Partei) in zwei Bundesländern von – parteipolitisch beschickten – Wahlbehörden die Kandidatur verweigert worden. Der Grund: Einige Unterstützungserklärungen sind zuerst nur als Fax vorgelegen und erst später im Original nachgereicht worden. Dabei ist unser demokratisches Wahlrecht ursprünglich ganz auf das Prinzip ausgerichtet gewesen: Entscheidend sei einzig, ob der Wille des Wählers klar erkennbar ist. Heute hingegen haben böswillige oder zumindest extrem bürokratische Formalisten und Schikaneure das Sagen. Und deren Sagen entspricht halt immer den Interessen der Mächtigen. Ganz zufällig.
Da ist überhaupt – in diesem Fall schon seit langem – das Procedere, um auf den Stimmzettel zu kommen, extrem ungleich. Die einen müssen in jedem Bundesland unter mühsamen Formalitäten amtlich beglaubigte Unterschriften sammeln. Die anderen brauchen nur ein paar Abgeordnete und schon ersparen sie sich das Ganze. Selbst wenn diese Abgeordneten eigentlich über eine ganz andere Partei ins Parlament gekommen sind; und selbst wenn die neue Partei bei einer Nationalratswahl noch nie auch nur eine einzige Stimme bekommen hat.
Da wird dem FPÖ-Boss Strache mitten in der Vorwahlzeit einfach das Facebook-Konto gesperrt. Ohne Begründung, ohne die Möglichkeit eines Rechtszugs. Trotz seiner marktbeherrschenden Stellung. Facebook tat das ungeniert, obwohl es in den letzten Wochen als enger Kollaborateur des amerikanischen Geheimdienstes geoutet worden ist. Obwohl gleichzeitig hierzulande die engen (an sich ja uralten und nur für ein paar unbeleckte Jungjournalisten neuen) Kontakte zwischen amerikanischen und österreichischen Nachrichtenämtern ein öffentliches Thema geworden sind. Tut nichts. Facebook tut in Vorwahlzeiten den Mächtigen gerne einen Gefallen. Oder hängt der, wie manche schon spekulieren, gar damit zusammen, dass das österreichische Nachrichtenamt einem SPÖ-Minister untersteht, und die SPÖ schon immer am allerbrutalsten mit dem Missbrauch von Macht ist? Wahrscheinlicher ist freilich, dass sich halt genug Linke zusammengetan haben, um Straches Homepage zu denunzieren. Dabei genügt ja der dubiose Gummivorwurf "Hass" (während natürlich ein Barack Obama natürlich nicht gesperrt wird, trotz seiner hasserfüllten Kampagne etwa gegen Herrn Snowden).
Da zeigt gerade wieder eine neue Statistik, wie sehr der ORF eine Schlagseite zugunsten der Mächtigen hat. Und Inhaltsanalysen zeigen, wie linkslastig die ORF-Redaktion und ihre Berichte sind. Diese Schlagseite erreicht den Höhepunkt in den Diskussionsforen vor der Wahl, bei denen Parteien mit einem – wie auch immer zustandegekommenen – Klubstatus ständige Auftritte in den diversen Diskussionsrunden bekommen, andere hingegen keinen einzigen. Auch wenn sie bei Umfragen besser liegen als Parlamentsparteien, wie etwa die Neos im Vergleich zum BZÖ (wobei freilich auch die Neos die Hürde ins Parlament wohl nicht schaffen werden).
Da sagt ein Radio-Moderator des ORF in Hinblick auf einen Koalitionspolitiker, es wäre die „politische Höchststrafe“, wenn man von der FPÖ gelobt wird. Das gesetzliche Objektivitätsgebot ist für den ORF nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem es steht. Richterliche Gremien haben es mit Geplapper von der journalistischen Freiheit eiskalt vom Tisch gewischt. Ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, dass im ORF die journalistische Freiheit zu 90 Prozent nur noch Linken zugute kommt.
Da wird der ORF diesmal von einem Privatsender an Schlagseite sogar noch übertroffen. In Puls 4 hat sich der SPÖ-Obmann geweigert, an einer Diskussion teilzunehmen – und bekommt für diese Präpotenz offenbar als Belohnung einen Einzelauftritt unmittelbar vor der Wahl (was so unglaublich ist, dass man sich nur mit der Tatsache trösten kann, dass man für die dortigen Sauereien wenigstens keine Zwangsgebühren zahlen muss).
Da werden von der Justiz zielgenau vor der Wahl Korruptionsprozesse gegen Blau und Orange geführt, obwohl ansonsten in diesem wie in jedem Sommer fast keine Gerichtstermine stattfanden. Sie sind ja auch angesichts der wochenlangen (nun endlich beendeten) Gluthitze des kontinentalen Klimas ohne Klimaanlage unzumutbar. Gegen die Opposition werden die Prozesse hingegen mit aller Gewalt gerade zu dieser Zeit durchgepeitscht. Das verschafft den Verfahren angesichts der sonstigen Nachrichtenarmut überdies eine besonders breite Berichterstattung. Die fast völlig gleichen (nur betragsmäßig anders dimensionierten) Telekom-Vorwürfe gegen Rot und Schwarz werden hingegen – natürlich wieder ganz zufällig – nicht mehr vor der Wahl abgehandelt. Als Österreich noch ein Rechtsstaat war, hatte die Justiz noch das Goldene Prinzip gekannt: Gerechtigkeit muss nicht nur formal geschehen, sondern sie muss auch so geschehen, dass die Bürger sie noch als Gerechtigkeit erkennen können. Kann das noch irgendwer?
In diese Reihe gehört natürlich auch die an dieser Stelle schon mehrfach gegeißelte schwere Schlagseite der zwei Wiener Staatsanwaltschaften: Besonders skandalös sind dabei die evidenten Vorwürfe gegen den Bundeskanzler wegen des von ihm angeordneten Griffs in ÖBB- und Asfinag-Kassen; diese werden jedoch von den Wiener Staatsanwälten mit grotesken Verrenkungen niedergeschlagen. Hingegen werden die Vorwürfe gegen Karl-Heinz Grasser alle paar Wochen durch gezielte Leaks aus der Staatsanwaltschaft an die Öffentlichkeit getragen und von den sozialistischen Medien (also Falter bis ORF) jedes Mal breitest ausgebreitet.
Da tröstet nicht einmal der Umstand, dass der zweite Korruptionsskandal rund um Werner Faymann noch nicht eingestellt worden ist. Das wird wohl auch noch kommen – oder aber die Vorwürfe werden, so wie in Italien jene gegen Silvio Berlusconi, erst dann weiter behandelt, wenn Faymann nicht mehr an der Regierung ist. Was Faymann Hoffnung auf eine Verjährung macht. Der zweite Skandal fand nämlich noch in Faymanns Zeit als Stadtrat statt. Und er bestand in der zu Lasten der Wiener viel zu teuren Einmietung von Faymanns Wiener Wohnen in – erraten: in Fellner News-Tower. Obwohl es ohne Fellner viel billiger gewesen wäre.
Widerlich, grauslich, deprimierend.
Über die Zukunft nachzudenken ist, wenn man die Sache ernst nimmt, ein schwieriges Geschäft; schon die Vergangenheit richtig zu analysieren hat so seine Probleme: Muss man doch wohlbegründete Hypothesen haben, welche gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen, technologischen Faktoren (Variablen) den Gang der Ereignisse mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmt haben bzw. bestimmen werden. Ein sicheres Wissen um die Zukunft ist, was die menschliche Gesellschaft etwa im Jahr 2025 betrifft, nicht möglich.
Das gilt sogar für ihren demographischen Aufbau. Das gilt für ihre politischen Werthaltungen. Das gilt für die technischen Tools, die in 12 Jahren zur Verfügung stehen werden. Oder haben Sie im Jahre 2000 auch nur geahnt, was Sie mit Ihrem Handy zwölf Jahre später alles in Sekundenschnelle empfangen und senden können, oder wer aller Ihre Botschaften beobachten und gegebenenfalls analysieren kann?
Und dennoch kann man verschiedene Annahmen machen, wie die nähere bzw. weitere Welt in 10-12 Jahren aussehen wird. Fast alle Menschen tun das; implizit oder explizit: jeder Unternehmer, jede Familie, die z.B. ein Haus baut, jede Gemeinde, die vorsorgt, jede Institution, die noch länger überleben will.
In dieser ausklingenden Legislaturperiode wird der Begriff der Partizipation noch mit herkömmlichen Verfahren der „direkten Demokratie“ diskutiert: Die Instrumente des „Volksbegehrens“, der „Volksbefragung“, der „Volksabstimmung“ – und ihr Verhältnis zueinander – spielen eine dominierende Rolle; ebenso der mögliche (verstärkte) Einfluss der Wähler auf die Kandidatenauswahl.
Ich erspare mir eine durchaus mögliche Kritik am Einsatz von Volksbegehren und Volksbefragung, wie sie in der jüngeren und ferneren Vergangenheit und in der Gegenwart praktiziert worden sind. Die Erinnerung daran, wer die Fragen formuliert, wie sie formuliert sind, und wozu die Ergebnisse (etwa der letzten Wiener Volksbefragung) ge- und missbraucht werden, mag genügen.
Für eine wertende Kurzcharakteristik fehlt mir etwas, was mir selten fehlt: die Worte. Also kurz und neutral: Was gefragt wurde, wie gefragt wurde und wie interpretiert wurde, oblag der Wiener Koalitionsregierung. Es war Partizipation zum Abgewöhnen.
Das periodische Auftauchen des Partizipationskonzepts hat – auch in Österreich – eine lange Geschichte. Erinnern Sie sich an den Slogan der Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie (K. Blecha). Dieser machte als Sozialforscher auch ernsthaft den Vorschlag, man solle die Demoskopie als Instrument der Demokratie nutzen. Angesichts der Verwendung von Umfragen im politischen Marketing sträubt sich beim bloßen Gedanken daran mein nicht mehr vorhandenes Haupthaar. Abgesehen davon, dass auch bei Umfragen die Fragen „von oben“ kommen und der Befragung kein Prozess der systematischen Information, der Überlegung und Willensbildung vorausgegangen ist. Die Demoskopie ist keine neutrale Institution, die die „Vox populi“ wertfrei widergibt – auch wenn sie manchmal vorgibt, eine Abbildungsmaschine zu sein, die fast auf Knopfdruck die sogenannte öffentliche Meinung, die dann in den Medien „erscheint“, abzubilden.
Oft stellt sie, in Zahlen ausgedrückt, etwas dar, was es vor der Befragung gar nicht gegeben hat: Sie summierte Reaktionen auf Fragen, die sich der Einzelne nie bewusst gestellt hat; das ist „öffentliche Meinung“, die es als wahrnehmbares Phänomen nur durch das Instrument der Meinungsforschung gibt – und nirgends sonst, außer später in den Medien.
Nein, das Instrument der Meinungsforschung ist kein Demokratieersatz, keine wünschbare Form der Mitwirkung, wie sie für eine Demokratie immer wieder gefordert wird (zu ihrer Vitalisierung, zur Stärkung der Verantwortlichkeit, um die Bereitschaft, Entscheidungen mitzutragen zu erhöhen, ja um konkrete Entscheidungen zu legitimieren).
Der Gedanke, die Bürger einer Demokratie, den demos, entscheidend entscheiden zu lassen, ist alt; so alt wie die athenische direkte Demokratie. Die Griechen haben bekanntlich nicht nur die Demokratie entdeckt, sondern auch die Politik, also die Kunst, durch öffentliche Auseinandersetzung Entscheidungen zu erreichen und diesen dann zu gehorchen.
Elias Canetti hat das so gedeutet, dass der Kampf nicht mehr physisch ausgetragen wird und mit der Vernichtung eines Kontrahenten endet, sondern durch das Zählen von Stimmen. Joseph Schumpeter sah in demokratischen Verfahren eine Methode, die darauf abzielt, eine entscheidungsfähige Regierung hervorzubringen. Andere betonten, dass Wahlen dazu zwingen, zwischen miteinander konkurrierenden Expertengruppen/Eliten/Parteien zu wählen.
Bei den griechischen „Erfindern“ war die Sache noch etwas komplexer und zugleich einfacher. In der Volksversammlung wurden nicht nur Beamte auf Zeit gewählt, meist ein Jahr (so kamen im Lauf der Zeit viele dran und erwarben „Erfahrung“). Es wurden auch auf Antrag einzelner Sprecher (die meisten hörten wohl nur zu) konkrete Entscheidungen getroffen. Nur wenige waren stimmberechtigt. Und Teilnahme war gefordert. So heißt es in einer berühmten Perikles-Rede: „Denn einzig bei uns heißt einer, der daran (an den staatlichen Dingen) überhaupt keinen Teil nimmt, nicht ein stiller Bürger, sondern ein nutzloser“. Wer sich nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, der war ein „Idiot“ (nicht in unserem Sinne).
Die Teilnahme, die Teilhabe an den politischen Entscheidungen gehörte zu einem „guten Leben“. Von diesem Ideal sind wir heute weit entfernt. Die Selbstverwirklichung wird im „privaten Leben“ angestrebt; zu ihrer Realisierung ist – wohl nach Auffassung der meisten Menschen, die in demokratischen Ländern leben – die regelmäßige, aktive Teilnahme am politischen Leben nicht nötig. Vielfach beschränkt man sich auf den einschlägigen Medienkonsum, auf das Haben (und Wechseln) von Meinungen, auf gelegentliche Gespräche im engeren Lebenskreis, auf die Teilnahme an Wahlen.
Oft wird die Lethargie der Bevölkerung beklagt. „Politikverdrossenheit“ und Desinteresse werden analysiert und es wird nachgedacht, wie man diesen als gefährlich empfundenen Phänomenen entgegenwirken könnte. Dabei wird oft übersehen, dass eine gewisse Lethargie der Bevölkerung durchaus ihr Gutes hat. Eine permanenten Erregung aller über alles wäre auf die Dauer unerträglich, eine Dauerpartizipation vermutlich lähmend, eine ständige Mobilisierung eher ein Kennzeichen einer revolutionären Atmosphäre.
Wie so oft, ist das richtige Maß an politischer Teilnahme der Bevölkerung zu bestimmen. Es liegt zwischen den Extremen der völligen Apathie und der Dauererregung – leider ohne Gedenkstein. Und es ist ziemlich sicher abhängig von unreflektierten Traditionen, gesellschaftlichen Trends, aktuellen Ereignissen und technischen Möglichkeiten.
Versuchen wir – anhand rezenter sozialwissenschaftlicher Studien und Beobachtungen – einen Blick auf die gegenwärtige Situation zu werfen, auf die Rahmenbedingungen für mehr Teilnahme am politischen Geschehen jenseits von Wahlen: Da sind zum einen Einstellungen/Werthaltungen, zum anderen technische Voraussetzungen zu beachten. Nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung interessiert sich eingestandenermaßen „sehr stark“ für Politik (12 Prozent), ein weiteres Drittel (33 Prozent) bezeichnet sich als „einigermaßen interessiert“.
Das sind (abhängig von der Problemlage) sehr variable Größen. Interesse drückt sich u.a. im einschlägigen Medienkonsum, in Gesprächen über politische Ereignisse, in (schwankenden) Beteiligungsraten bei diversen Wahlgängen, aber auch in Einstellungen zu Instrumenten der direkten Demokratie aus. Auf Grund der Ergebnisse des letzten „Demokratievolksbegehrens“ („Mein Oe“) könnte man glauben, dass an einem Mehr an Partizipation nur wenig Interesse besteht; aber das wäre ein Fehlschluss.
Die geringe Unterzeichnerzahl hat viele Ursachen: Eine davon ist der Umstand, dass nicht ein inhaltliches, sondern ein formales Thema (Verfahrensfragen) angesprochen wurde. Dieses ist „kühler“, erfordert „Kennerschaft“, stellt Verfahren als Lösung politischer Fragen zur Diskussion. Bei der Abstimmung zum Bundesheer war hingegen – entgegen den Erwartungen vieler politischer Beobachter/Meinungsforscher – die Beteiligung hoch (obwohl das Interesse am Bundesheer üblicherweise gering ist, traditionelle Parteistandpunkte irritierenderweise verlassen worden waren und das Thema in Zeiten einer Schuldenkrise kaum von brennender Aktualität war).
Obwohl nur ein kleiner Teil der österreichischen Bevölkerung als politisch „stark interessiert“ gelten kann, gilt: Mehr als 50 Prozent finden, dass Instrumente der direkten Demokratie verstärkt zum Einsatz kommen sollten (Herbst 2012), etwa 4/10 finden, man sollte mit dem Ausbau der direkten Demokratie eher vorsichtig vorgehen.
Nur eine knappe Mehrheit findet (in einer Umfrage, in der naturgemäß ohne viel Reflexion, ohne Abwägung nach Konfrontation mit pro und contra-Argumenten geantwortet wird), dass die Bevölkerung nicht automatisch über Verfassungsgesetze abstimmen können soll (falls ein entsprechend starkes Volksbegehren das „erzwingt“). Immerhin 45 Prozent halten eine Abstimmung in einem solchen Fall für wünschenswert.
Für zwei Drittel ist auch eine Abstimmung über Menschenrechte vorstellbar, für fast ebenso viele eine über Steuern und Gebühren. Zwar hält man (ebenso oft) die Warnung für berechtigt, dass bei „verpflichtenden Volksabstimmungen“ (nach entsprechend starken Volksbegehren) viele Entscheidungen am Parlament „vorbei“ fallen. Aber dennoch: Geht nicht „alles Recht vom Volk aus“? Ist nicht das Volk der Souverän (das hat man so gelernt)?
Ja, und rund die Hälfte der Bevölkerung wäre für den Vorschlag, dass man sich via Internet an Volksbegehren beteiligen kann. Demokratische Partizipation per Mausklick, Mitwirkung at our finger tips. Beppe Grillo lässt grüßen. Sein Erfolg mit seiner bizarren Internet-Utopie zeigt, welche Folgen das Versprechen von Mitwirkung durch moderne Mittel unter bestimmten Voraussetzungen (radikale Enttäuschung durch „herkömmliche Politik“) haben kann.
In seiner „besten aller möglichen Welten“ befreit die „Schwarmintelligenz“ den „entmündigten Bürger“ von „vermittelnden Instanzen“. Er träumt von einer radikalen Form der Demokratie, „ohne Parteien, ohne Regierung“, in der (Web-)Bürger über das Netz Kandidaten wählen, Gesetze diskutieren und beschließen. Nachzulesen in dem Buch „5 Sterne“ (von Dario Fo, Beppe Grillo, Gianroberto Casaleggio). Über Demokratie und die Zukunft Europas.
Das Internet ist modern; es ist Teil des Lebens. Hilfsmittel für alles und jedes. Für Information und Kommunikation, für Ein- und Verkäufe, für Bewertungen und Einholung von Bewertungen, für Sammlung und Speicherung von Erfahrungen anderer Menschen, für Austausch mit Gleichgesinnten, für die Organisation von Events, für Instant-Abreaktion in einem Shitstorm … usw. Vor 20 Jahren war es erst wenigen gebrauchs-geläufig. Heute würde sein Zusammenbruch bei vielen Menschen Entzugserscheinungen auslösen.
94 Prozent (2012) haben persönlich die Möglichkeit aufs Internet zuzugreifen. Fast 80 Prozent davon tun das zumindest einmal täglich von zuhause aus. 40 Prozent der User gebrauchen es auch für politische Information (Medienangebote, Blogs, politische Kommunikation). 45 Prozent sind bei einem sozialen Netzwerk angemeldet; weitere 8 Prozent gleich bei mehreren. Rund knappe 2/3 haben ein Smart-Phone mit Internetzugang. Die praktischen Voraussetzungen für „Grillini“ aller Spielarten sind somit einigermaßen gegeben.
Aber mit der Verfügbarkeit von technischen Mitteln steigt nicht automatisch das politische Interesse, das Engagement, der Informationsgrad über Konsequenzen politischer Entscheidungen. Interesse, Engagement, Informiertheit sind vielmehr ein Resultat eines längeren Prozesses, einer politischen Sozialisation. Am Anfang steht oft (nicht immer) das Aufwachsen in einem politischen Milieu (eher abnehmend), die regelmäßige Beschäftigung mit öffentlichen Themen (medial bzw. im sozialen Austausch), Betroffenheit durch ein Problem (beruflich oder privat), die Politisierung durch ein Thema (Atom, EU, Sterbehilfe), das „überpersönliche“ Fragen, z.B. ethische Fragen berührt und längere Zeit in der Öffentlichkeit diskutiert wird.
Auch diese Sozialisation wird sich künftighin im Netz abspielen und andere Formen des politischen Lernens ermöglichen als bisher vorhanden. An einem Beispiel ausgedrückt: Bisher schrieb man (und tut es noch) bei besonderer Erregung Leserbriefe oder Briefe an Abgeordnete (mühsam). Heute reagiert man „spontan“ (und leicht) via E-mail; Treffen in Selbsthilfegruppen oder mit „Gleichgesinnten“ erforderten früher einen längeren Such- und Organisationsprozess – heute sucht und findet man auf Knopfdruck (wenn man weiß, was man sucht).
Und dabei vermischt sich, vom Einzelnen oft unbemerkt, der private und der öffentliche „Raum“. Schließlich „agiert“ man oft von „zuhause“ aus und ist doch vielen öffentlich sichtbar. Die Probleme, die die Verwischung der Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem aufwirft, seien hier nur angedeutet: „Öffentliches Auftreten“ hat eine gewisse Verbindlichkeit, folgt anderen Verhaltensregeln und Rollenmustern als privates Agieren. „Im Netz“ benimmt man sich oft wie eine private oder auch anonyme Person und ist doch zumindest potentiell in einer sichtbaren Öffentlichkeit. Und manche wundern sich, dass sie gesehen werden, wenn sie sich in einer belebten Fußgängerzone blicken lassen. Es ist keine Frage, ob die Möglichkeiten des Netzes für die öffentlichen Angelegenheiten, die „res publica“, genutzt werden. Es ist nur die Frage, wie dies mittel- und langfristig geschieht und wie sich die politische Kultur dadurch verändert.
Viele mit den Fragen „direkter Demokratie“ befasste Menschen, auch sogenannte „Fachleute“, denken in konventionellen Bahnen, wenn sie über Möglichkeiten der Nutzung der „electronic tools“ (Internet & Co) nachdenken: Sie sprechen über die „Wahlen per mouse-click“, wie sie im Baltikum teilweise schon üblich sind; wie sich ein solches Angebot auf die Wahlbeteiligung z.B. bei Hochschülerschaftswahlen auswirken würde; über die mögliche Benachteiligung der nach wie vor „internetfernen“ Bevölkerungsschichten; über Gefahren, die durch eine mögliche „Instant-Politik“, die extrem stimmungsbeeinflusst ist, drohen.
Seltener reflektiert man die Möglichkeiten, die mit den neuen Mitteln gegeben sind – und deren Realisierung freilich wohlüberlegt sein will (was, wie).
Da gibt es z.B. die Möglichkeit, politische Vorhaben frühzeitig einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen; und die Stellungnahmen und Expertisen vieler einzuholen (weit über den Kreis der derzeitigen „Begutachter“ hinaus). „Crowd Intelligence“ heißt das. An einem solchen Prozess könnten unterschiedliche „Anrainergruppen“ teilnehmen: Solche, die nur anonym mitdiskutieren wollen; solche, sie sich durch fachliche Kenntnisse oder berufliche Qualifikation ausweisen (Freilich: Wer bestimmt die?); solche, die unmittelbar vom Problem betroffen sind (Wer definiert das?).
Eine andere Form der politischen Partizipation entwickelt sich unter dem etwas irreführenden Begriff „Liquid democracy“. Da wird nicht einfach abgestimmt, sondern es wird ein politischer Prozess bei einer definierten Gruppe (Parteimitglieder, Gemeindebürger, definierte Betroffene) in Gang gesetzt. Vorschläge werden zu einer bestimmten Frage gemacht – und modifiziert. Man kann seine „Stimme“ an Vertrauensleute delegieren und auch wieder entziehen. Der Diskussionsprozess und seine Schritte und Ergebnisse sind für alle Beteiligten transparent und erst am Schluss erfolgt allenfalls eine Abstimmung.
Geeignet erscheint mir ein solches Modell für regionale Diskussionen/Fragen/Projekte. Die Beteiligung setzt Engagement, Betroffenheit etc. voraus; so wie sich weiterbilden Bildung voraussetzt, erfolgreiche Informationssuche, das Wissen, was man sucht usw.
Sich als „Konsument“ im Netz zu bewegen ist – nach verhaltensmäßig kurzer Zeit – für sehr viele Menschen geradezu selbstverständlich geworden. Dabei benützt man etwas, dessen Mechanismen und Nebenwirkungen man kaum versteht: Man bestellt Bücher (und wundert sich, dass man wenig später artverwandte Publikationen angeboten bekommt); man erledigt seine Bankgeschäfte online und verlässt sich darauf, vom Rest der Welt unbemerkt zu bleiben; man bucht Flüge und Reisen, spielt im Internet, googelt (statt ins Lexikon zu schauen), dokumentiert auf Facebook & Co jeden kleinen Lebensschritt, kauft und verkauft usw.
Im „Mitbewusstsein“ ist zwar präsent, dass man Spuren hinterlässt, dass „das Netz nicht vergisst“, dass die eigenen Daten gesammelt und verwertet werden können – aber Verhaltenskonsequenzen hat dieses „Mitbewusstsein“ kaum. „Kein Mensch weiß, wie viel Chemiker an ihn denken“, heißt es im metaphorischen Sinn bei Paul Valery. Nun, man weiß nicht, wer sich aller für die „Spuren im Netz“ interessiert, aber man ist erschrocken, wenn man merkt, wer aller Gelegenheit hat beziehungsweise bekommt, darauf zuzugreifen. Nicht nur „internationale Skandale“, auch die permanenten, allgemein gehaltenen Warnungen von offiziellen oder selbsternannten Datenschützern tragen zur Irritation bei. Das Gerücht um „big data“ macht die Medienrunde („dein Verhalten ist komplett vorhersagbar“, du bist durchsichtig“, „wenn man die Daten verknüpft, entsteht der gläserne Mensch“ etc.). Ich wage die (leichte) Prognose, dass derartige Botschaften in Hinkunft zunehmen werden.
Das schafft unter Umständen Probleme für elektronische politische Partizipation. Es mag einem ja (hierzulande!) ziemlich egal sein, ob jemand via Amazon & Co erfährt, welchen Krimi man gekauft hat, in welchem Hotel man gewohnt, welchen YouTube-Beitrag man sich angesehen hat. Welche politischen Stellungnahmen man abgegeben hat, mit wem man über Politik kommuniziert hat, wie man „gewählt“ oder abgestimmt hat: Das aber sollte in aller Regel – außer man will an die Öffentlichkeit treten – geheim bleiben.
Wenn man, so meine These, im Netz als „politisches Wesen“ agiert – in welcher Form auch immer – will man darauf vertrauen können, dass die Daten „sicher“ sind, und dass kein Missbrauch betrieben werden kann (durch Verknüpfung oder Weitergabe). Man will sicher sein, dass Daten nur zu dem Zweck genutzt werden, den man bei seiner Beteiligung im Sinn hatte.
Man möchte vertrauen können; muss vertrauen können. Aber Vertrauen ist eine „veränderliche Variable“. „Veränderliche Variable“ das ist eine Bezeichnung aus der Statistik. Sie bezeichnet z.B. im Experimente jene Größe, deren Variation beobachtet wird, während sich die Rahmenbedingungen ändern. In meinem Beruf als Sozial- und Marktforscher hat man es oft mit der „veränderlichen Variable Vertrauen“ zu tun: So geht es bei vielen Studien um die Frage: „Was konstituiert bzw. gefährdet Vertrauen in Personen (z.B. Politiker), Parteien und andere Institutionen, in Berufsstände, in Marken, Medien, in die Politik oder die Wirtschaft oder gar in die Zukunft“.
Ich will kurz verdeutlichen, wie weit verbreitet das Verlangen nach Vertrauen ist, wie allgegenwärtig im Alltag und in spezifischen Lebenswelten. Es ist im Kern ein Verlangen nach konstanten Verhältnissen, die man kennt. Neues, vom Vertrauten Abweichendes, kann Gefahr bedeuten und mehr als nur das psychische Gleichgewicht stören.
Ein Kind braucht „vertraute“ Personen, sogenannte „Bezugspersonen“, denen es vertrauen können will; es braucht sie nicht nur im Säuglingsalter. Störungen dieses „Urvertrauens“ haben oft lang andauernde negative Folgen. Jugendliche wollen ihren Freunden vertrauen können, dass sie „verstanden“ werden. Lehrer aller Spielart müssen das Vertrauen der ihnen Anvertrauten/der sich ihnen Anvertrauenden gewinnen, um ihrer Rolle gerecht werden zu können. Permanente Skepsis würde gerade in einer arbeitsteiligen Gesellschaft alle notwendigen Abläufe blockieren. Man möchte darauf vertrauen, dass sich die anderen an die gleichen Regeln halten (im Spiel und im Straßenverkehr – siehe „Vertrauensgrundsatz“). Man möchte seinem Partner vertrauen können – auch der chronisch Eifersüchtige, der die Vertrauensbasis durch Kontrollwahn zerstört.
Man möchte dem Arzt vertrauen, den man aufsucht, dem Handwerker, den man beauftragt, der Bank, der man sein Geld hoffentlich nur temporär überlässt, der Pensionsversicherung, in die man für spätere Zeiten einzahlt, ja auch den Politikern, die für das Gedeihen von Staat, Land oder Gemeinde sorgen sollen. Man möchte „der Wissenschaft“, deren Haus bekanntlich viele Räume hat, vertrauen können, den Medien, die man zur Information nutzt; ja und auch dem eigenen Glauben (ob es sich nun um eine säkulare oder religiöse Weltanschauung handelt).
Die Aufzählung war klarerweise nicht vollständig. Sie sollte nur vor Augen führen, dass „vertrauen können“ allüberall gebraucht wird. Ohne zu vertrauen ist jegliches Handeln schwierig. Ständig zu prüfen, ob man den Bezugspersonen, den Freunden, den Vorgesetzten, den Ärzten, den Wissenschaftlern, den Beamten etc. vertrauen kann, ist praktisch unmöglich; selbst für den habituellen Skeptiker.
Manche Leser werden sich bei dem einen oder anderen Punkt meiner Aufzählung gesagt haben: „ja aber wie soll man denn „denen“ vertrauen können“? Und dennoch ist es bis zu einem gewissen Grad geradezu notwendig. Man lebt nicht nur auf Grund der eigenen Erfahrung. Nicht in der „vertrauten Welt“, schon gar nicht in der „gedeuteten Welt“ (Rilke).
Wenn man politische Partizipation mittels moderner Kommunikationstechniken geordnet auf den Weg bringen will, spielt das Vertrauen in jene Institutionen, die Strukturen und Rahmenbedingungen dafür bereitstellen, eine Schlüsselrolle.
Fragen Sie sich selbst, welchen Institutionen, welcher Einrichtung sie vertrauen würden, wenn es um ihre allfällige politische Partizipation geht; und wie unbedingt das Vertrauen ist. Wodurch kann es allenfalls erschüttert oder gar zerstört werden? Ist es ein Vertrauen auf Zeit (z.B. für einen bestimmten, zeitlich begrenzten Prozess) oder „für immer“? Ist es „blindes“ Vertrauen oder muss es durch gute Argumente gerechtfertigt sein.
Bekanntlich können sich nicht nur Technologien ändern, sondern auch politische Systeme. Daten, die theoretisch unsterblich sind, weil sie nie gelöscht werden, können unbeabsichtigte Folgen haben.
Man darf nie aus dem Auge verlieren, wozu politische Partizipation letztlich dienen soll: Es ist ein altes, ehrwürdiges Ziel, das unter ganz anderen Bedingungen „erfunden“ wurde. Teilnahme am politischen Leben ermöglicht eine Selbstentfaltung, Verwirklichung, die für das „zoon politicon“ charakteristisch ist. Nicht allein (und durch Konsum) wird der Mensch glücklich, sondern erst im Zusammenleben und -wirken mit seinesgleichen. Das Mitwirken stärkt das Vertrauen und das Gefühl, mitverantwortlich zu sein. Hehre Ziele … Es wird vertrauen-können vorausgesetzt, um Vertrauen zu stärken.
Es sind nicht nur technische Lösungen, die vertrauensbildende Wirkungen haben; es muss wohldurchdachte Gesetze geben, die Missbrauch verhindern. „Leaks“ (auch späte) müssen durch Datenlöschung unmöglich werden. Man muss „Bremsen“ in die möglichen Partizipationsprozesse einführen – um nur einige Beispiele zu nennen.
Viele Fragen bleiben offen. Es wird darauf ankommen, sich/einander die richtigen Fragen zu stellen und keine allzu schnellen Expertenantworten darauf zu geben.
Rudold Bretschneider ist seit Jahrzehnten in diversen Cheffunktionen bei GfK (früher Fessel-GfK) tätig und einer der prominentesten Marktforscher und politischen Analysten des Landes.
Serbien gilt ja als ein Brennpunkt der Korruption – und jetzt will die serbische Regierung ausgerechnet das!
Sie hat sich nämlich im Kampf gegen die endemische Korruption etwas erstaunlich Kreatives einfallen lassen: Der Wirtschafts- und der Finanzminister sollen künftig aus dem Ausland kommen. Das Motiv: Ausländer gehören in der Regel keiner serbischen Seilschaft an; sie sind normalerweise in keine dunklen Balkan-Geschäfte verwickelt; und sie sagen nicht deshalb Ja zu einer neuen Medizin-Universität, weil ihr Landesparteiobmann sie sonst nicht mehr auf die Kandidatenliste setzen würde (Oh, ist mir da jetzt etwa ein anderes Land in die Tastatur gerutscht?). Allerdings haben die Serben bisher noch keinen passenden Minister gefunden. Der erste angesprochene Kandidat hat abgesagt. Das war freilich in Wahrheit ein Glück für die Serben. Denn es war ausgerechnet der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn. Der Franzose gilt zwar nicht als anfällig für Korruption, dafür umso mehr für die Begierden seines erstaunlich aktiven Sexualtriebs. Um es nobel auszudrücken.
Der Wahlkampf hat ein neues Thema: Schulpflicht vs. Bildungspflicht. Der Reformvorschlag der ÖVP, eine Bildungspflicht einzuführen, klingt interessant. Er ignoriert aber die wirklichen Probleme in den Schulen. Das tun freilich die sozialistischen Konzepte (Schulpflicht mit Zwangsgesamtschule) noch viel mehr.
Der Auslöser der gegenwärtigen Bildungsdebatte: Immer mehr Arbeitgeber sind entsetzt, dass Möchtegern-Lehrlinge weder ordentlich lesen noch schreiben noch rechnen noch grüßen können. Diese Defizite machen einen jungen Mann, eine junge Frau ziemlich unbrauchbar für fast jede Berufstätigkeit. Einige große Handelsketten haben deswegen im Frühjahr sogar angefangen, mit Fernsehspots um die rar gewordenen brauchbaren Schulabsolventen zu werben. Das heißt: Alle jene, die auch jetzt noch keine Lehrstelle haben, sind hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit unbrauchbar.
Aber auch das Niveau von Uni-Absolventen bestimmter Studienrichtungen liegt unter dem, was sich Arbeitgeber eigentlich schon von einem Maturanten erwarten würden. Die Arbeitgeber rufen daher nach dringendem Handeln. Das ist mehr als verständlich. Da sie aber keine Ahnung von den Problemen in den Schulen haben, erkennen sie die wirklichen Ursachen der Bildungsmisere nicht.
Einige von ihnen (etwa die derzeitige Führung der Industriellenvereinigung) fallen sogar auf Rattenfänger herein, wie etwa auf die Gesamtschulpropagandisten rund um Hannes Androsch. Sie begreifen in ihrer Ahnungslosigkeit nicht, dass deren Projekt das Niveau der Schulabgänger noch dramatisch weiter verschlechtern würde.
Das sieht man im Grund schon jetzt bei der Neuen Mittelschule, obwohl brutale und eigentlich menschenrechtswidrige Maulkorberlässe die dortigen Lehrer zum Schweigen zu zwingen versuchen: Unter dem Schutz der Anonymität berichten aber dennoch erzürnte Lehrer, dass von ihnen verlangt wird, auch bei nur 30 Prozent erbrachter Leistung noch ein Genügend zu geben (während früher bei 50 Prozent die Grenze war)!
Einige etwas klügere Bildungskritiker setzen nun auf einen Wechsel von der Schulpflicht auf die Bildungspflicht. Das heißt im Klartext: Jugendliche sollen so lange die Schulbank drücken, bis sie das Lesen, Schreiben, Rechnen und ein paar simple Sozialtugenden halbwegs beherrschen. Das klingt vernünftig. Ist es aber nicht. Denn vernünftiger zu sein als die rotgrünen Gesamtschulphantasien ist noch lange nicht ausreichend für eine funktionierende Antwort auf die Bildungsmisere.
Die Bildungspflicht-Idee bietet bisher keinerlei Antwort auf zentrale Fragen: Was macht man mit jenen pubertären und postpubertären Typen, die gar keine Intention (mehr) haben, auch nur irgendetwas zu lernen? Was tut man, wenn für manche Jugendliche und deren Familie die Schule ein weit angenehmerer Aufenthaltsort ist als ein Arbeitsplatz, also gewissermaßen eine staatlich bezahlte Wärmestube? Wissen die Bildungspflicht-Proponenten nicht, dass mit 15 Jahren bei 98 Prozent aller Jugendlichen keine Weichenstellung hin zum bisher ignorierten Lernen mehr erfolgreich ist?
Natürlich haben auf all diese kritischen Fragen auch die Verfechter der Schulpflicht und erst recht die der Gesamtschule keine Antwort. Das – zweifellos richtig diagnostizierte – Problem mit der mangelnden Qualität der Schulabgänger hat nämlich ganz andere Ursachen. Nicht gegen jede gibt es eine Therapie. Dennoch sollte man zumindest die wichtigsten ehrlich auflisten und nicht aus politischer Korrektheit verschweigen.
Ich wette jede Summe, dass durch die Summe solcher Maßnahmen das Bildungsniveau viel eher verbessert würde, als durch eine noch so lange Bildungspflicht, solange diese mit der bisherigen Leistungsfeindlichkeit verbunden bleibt.
Abgesehen von der neuen Bildungspflicht-Idee hat sich die Bildungsdebatte aber seit Monaten absurderweise an der Frage der Lehrergehälter und der Arbeitszeit-Kontroverse festgebissen. Dabei kann keiner der dabei umstrittenen Punkte die Schulqualität verbessern. Höchstens eine Verschlechterung ist möglich.
Überdies sollte eines klar sein: Mehr Arbeit fürs gleiche (oder nach recht glaubwürdig klingenden Berechnungen: für weniger!) Geld – das wird sich mit Sicherheit keine Gewerkschaft ohne Kampfmaßnahmen gefallen lassen. Selbst wenn die zuständigen Ministerinnen in ihren Interviews noch so schrill werden. Darüber einen Konsens zu erringen, kann der Regierung schon gar nicht gelingen, seit soeben die Wochenarbeitszeit der ÖBB deutlich reduziert worden ist.
In Wahrheit hofft diese Regierung natürlich insgeheim, durch längere Lehrerarbeitszeiten den trotz geringerer Kinderzahlen bevorstehenden krassen Lehrermangel beheben zu können. Diesen Mangel hat sie aber selbst verschuldet: durch das Fehlen rechtzeitiger Planung und durch sinnlose und teure Vergeudungen von Lehrerkapazitäten. Insbesondere schädlich in Hinblick auf Personalressourcen und Budget war:
- die Einführung der Wahlpflichtfächer in den AHS-Oberstufen (wo oft nur ein halbes Dutzend Kinder von jeweils einem Lehrer betreut wird);
- die Entsendung eines Zweitlehrers in jede Klasse der „Neuen Mittelschule“;
- die Verwendung von staatlich bezahlten Lehrern in einer aufgeblähten Bürokratie und bei parteinahen Vereinen;
- und künftig auch die maßlose Verlängerung der Studienzeiten für alle Lehrer.
In der Nähe Hannovers wurde vor einer Woche eine evangelische Kirche total niedergebrannt. Das scheint niemanden mehr zu stören. Daher ist es auch kaum berichtet worden. Ebensowenig der unglaubliche Umstand, welche Kandidaten sich auf der SPÖ-Kandidatenliste finden. Was ja an sich nichts mit dem ersten Faktum zu tun hat. Was aber beides zumindest ähnlich merkwürdig ist.
Als tatverdächtig für den deutschen Kirchenbrand gilt eine lokale Zuwandererbande, die schon intensiv die Nachbarschaft terrorisiert hat. Aber halten wir fest: Noch ist nichts Beweiskräftiges über die Brandstifter bekannt. Und es kann ja tatsächlich alles auch ganz anders gewesen sein, als man in Hannover vermutet.
Seltsam ist aber jedenfalls das Desinteresse der Medien. Man erinnere sich nur, wie die stramm linken Medien - damit in Österreich der ORF an der Spitze - jeden Brand groß berichtet haben, der deutsche Zuwanderquartiere betroffen hat. Aber christliche Kirchen? Wer braucht denn die noch?
Bezeichnenderweise hat man in diesen Medien auch seither nichts mehr von den Kirchenbrandstiftungen in Niederösterreich gehört oder gelesen. Da gilt offenbar das Motto: Man soll doch nicht so kleinlich sein. Ist doch egal, was da war und wer das war. Oder gilt gar klammheimliche Freude?
Dafür ist ja der Wiener Kardinal zum obersten Propagandisten und Gratisquartiergeber der illegalen Möchtegern-Zuwanderer aus Pakistan geworden, die sich in der Votivkirche eingenistet hatten. Und die nun im Servitenkloster mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft das Fastenbrechen feiern. Aber letztlich ist es Sache des Kardinals, wie er sich von linksradikalen Einflüsterern aus der Wiener Caritas immer mehr in ein Eck treiben lässt, von dem aus er die letzten Gläubigen aus Wiens Kirchen vertreibt.
Alle Österreicher muss jedoch ein Name empören, der sich auf der offiziellen Kandidatenliste der SPÖ für die Nationalratswahl befindet. Der Mann gehört nämlich zur Milli-Görüs-Bewegung, wie der nicht gerade als konservatives Kampfblatt bekannte "Standard" schreibt. Und ein solcher Kandidat auf der Liste übertrifft die bei mehreren Parteien übliche Anbiederung an die wahlberechtigten Moslems noch bei weitem: In mehreren Gerichtsverfahren (in Deutschland) ist Milli Görüs als islamistisch enttarnt worden. Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet Milli Görüs als antidemokratisch ein. Und zwei deutsche Bundesländer (darunter ein SPD-geführtes) sehen die Gruppe auch als antisemitisch an.
Es ist absolut unfassbar, dass die größte österreichische Partei solche Kandidaten sogar auf die Kandidatenliste bringt. Auch wenn es in Österreich offenbar keinen funktionierenden Verfassungsschutz gibt. War es nicht gerade die SPÖ, die immer den Weltuntergang beklagt hat, wenn irgendein halbgebildeter 17-Jähriger im Rausch faschistische Parolen gelallt hat?
Alpbach ist ein wunderschönes Dorf. Aber es hat ein kleines Problem. Denn sein „Forum“ ist nicht mehr so schön, wie man es in Tirol und in dem Dorf gerne zu verkaufen versucht. Es ist eine ziemlich provinzielle Veranstaltung geworden und zeigt letztlich den geistig ausgedünnten Zustand der Republik und das Fehlen spannender intellektueller Kontroversen.
Schon die Leitung des Forums durch pensionierte Politiker und Diplomaten macht klar: Das ist eine Nostalgie- und keine Zukunftsveranstaltung.
Alpbach leidet aber dennoch nicht an Minderwertigkeitskomplexen: Da behauptete doch Franz Fischler, der gegenwärtige Chef von Alpbach, in einem Interview allen Ernstes, dass Alpbach höhere Ansprüche an akademische Diskussionen stellt als das Weltwirtschaftsforum in Davos.
Mit solcher atemberaubender Überheblichkeit macht sich Fischler aber nur noch lächerlich. Der Fußballverein LASK sollte sich ja auch nicht mit Bayern-München vergleichen. Die Debatten und Hintergründe jeder einzelnen Davos-Veranstaltung übertreffen Alpbach jedenfalls bei weitem, an intellektueller wie personeller Qualität.
Alleine die Zahl internationale Staats- und Regierungschefs oder Minister, die nach Davos kommen, ist weit mehr als zehn Mal so groß wie in Alpbach. Und auch in Österreich gibt es schon eine Reihe von Veranstaltungen wie den Wiener com.sult oder die Free-Market-Road-Show, die mindestens ein ähnliches Niveau wie Alpbach bieten. Ohne die zeitraubende Anreise in ein idyllisches Nebental.
In einem Punkt scheinen sich Alpbach wie Davos ähnlich. Da wie dort wird für die Teilnahme gezahlt. Das ist freilich nur eine oberflächliche Ähnlichkeit.
Denn in Davos zahlen große Firmen gewaltige Summen, damit ihr Boss überhaupt bei den Großen und Wichtigen dieser Welt dabei sein darf. In Davos ist es eine Ehre, überhaupt zahlen zu dürfen. Kommen doch unbedeutende Menschen dort nicht einmal in die letzte Sitzreihe des Weltwirtschaftsforums hinein, und schon gar nicht als Redner. Nicht einmal wenn sie noch so viel Geld hinlegen.
In Alpbach hingegen kommt jeder hinein, der zahlt. Der Anteil der Zahlenden wird dennoch immer geringer. Denn die meisten Zuhörer sind heute aus Steuermitteln subventionierte Studenten aus Osteuropa. Und diese bekommen dann meist Redner zu hören, die selbst gezahlt haben, um auftreten zu können. Deren Auftritte bestehen aber oft nur in einem Platz in einem vielköpfigen Panel, das in einem Klassenzimmer der örtlichen Hauptschule vor einer meist schütteren Zuhörerschaft sitzt. Die Redner fragen sich dann immer öfter kritisch, ob sich angesichts der Kosten der Auftritt für ihre Firma, ihren Verein zumindest irgendwie ausgezahlt hat.
Ein noch größerer Unterschied zwischen den beiden Alpendörfern liegt in der Zeitdauer der Begegnung: Alpbach wird über Wochen gestreckt – um die Auslastung der Hotelzimmer in den Dörfern der Umgebung zu strecken. In Davos spielt sich alles hingegen binnen drei Tagen ab. Dort weiß man, dass Topleute halt nur knapp Zeit haben, dass sie nicht zwei Tage warten oder auf einen Berg fahren wollen, bis wieder einmal etwas Interessantes passiert.
In Davos hingegen wird eine unglaubliche Programmdichte in diese knappen Tage gepumpt. Dort werden den globalen Topentscheidungsträgern schon um sieben Uhr früh mehr als ein halbes Dutzend Frühstückstermine mit spannenden Referenten und völlig unterschiedlichen Themen zur Auswahl angeboten. Danach geht es in einem unglaublich dichten Reigen von Veranstaltungen, unter denen einem die Auswahl alle zwei Stunden extrem schwer fällt, dann bis 22 Uhr, wenn die letzten „Nachteulen“-Runden beginnen.
Wer diese Tage von Davos rund um die Uhr konsumiert, der hat an politischem, ökonomischem, gesellschaftlichem Wissen mehr getankt, als er in einem halben Jahr sonstwo zusammensuchen kann. Von den vertraulichen Gesprächen am Rande ganz zu schweigen, von denen Außenstehende freilich nur hier und da ein Zipfelchen erfahren.
Das Weltwirtschaftsforum versammelt jedenfalls durch diese Struktur eine so hochgradige Mischung an europäischen und globalen Spitzenentscheidern in der Schweiz, dass man nur staunen kann.
Und noch einen gravierenden Unterschied gibt es (auch wenn man ihn dank der Geheimniskrämerei an beiden Orten nicht exakt mit Zahlen unterlegen kann): Davos ist ein kommerzielles Unterfangen mit großem ökonomischem Erfolg. Alpbach hingegen wäre ohne die vielen Subventionen des österreichischen Steuerzahlers sofort tot.
Diese fließen auf vielen Kanälen und kommen aus mehreren Bundesländern und Ministerien. Warum diese angesichts ihrer Geldnot freilich noch immer für Alpbach zahlen, bleibt hingegen eher rätselhaft. Daher sollte man sich in Alpbach auch nicht allzusehr auf die vielleicht eines Tages doch noch kommende Transparenzdatenbank freuen.
Das Schweizer Management-Team reist hingegen das ganze Jahr rund um die Welt, um wirklich die besten Leute nach Davos zu holen. Über derartige professionelle Klinkenputzerei fühlt sich Alpbach hingegen erhaben. Vor allem für Fischler-Vorgänger Busek war Alpbach halt nur einer von vielen eher lustlos ausgeübten Nebenjobs. Und die davor amtierenden Diplomaten haben nicht einmal begriffen, dass man bei Topreferenten auch wirklich antichambrieren muss.
Lächerlich macht sich Alpbach übrigens auch mit seinen inhaltlichen Schwerpunkten: Es versucht verzweifelt, den längst von der Wirklichkeit überrollten Ökosozialismus am Leben zu erhalten und diesen mit einschlägigen Rednern aus dem linken Lager zu unterfüttern. Liberales Denken hingegen, mit dem die Familie Molden einst Alpbach zum Denkzentrum über das Nachkriegsösterreich hinaus gemacht hat, ist in der Alpbacher Koalition (zwischen Vertretern des linksintellektuellen SPÖ-Flügels und des ökosozialen ÖVP-Flügels) in hohem Ausmaß unerwünscht. Und Oppositionelles kommt dort schon gar nicht zum Zug.
Aber im Grunde hat Fischler in seinem großspurigen „Presse“-Interview selbst unbeabsichtigt das Elend Alpbachs offengelegt: „Eines unserer größten Anliegen ist es, Alpbach spannender zu machen.“ So einen ähnlichen Satz würde hingegen niemand formulieren, der Davos kennt.
Dafür ist Alpbach viel schöner. Ehrlich. Und die Menschen sind dort auch viel netter. Wirklich. In diesen Dingen schlagen wir ja die Schweizer. Bei allem anderen nicht.
Zwei Zwischenstopps am Flughafen Schwechat sind sehr aufschlussreich: Vor kurzem musste der bolivianische Präsident Evo Morales hier zu Boden. Heinz Fischer und Michael Spindelegger eilten zu ihm. Nun legte John Kerry, immerhin US-Außenminister, einen einstündigen Auftank-Stopp ein. Doch der spielte lieber von heimischen Politikern unbehelligt Fußball. Das sagt einiges über den internationalen Stellenwert Österreichs, aber auch über die Bemühungen aus, einen solchen überhaupt zu erlangen.
Hofiert wurde Morales, gerade als alle Welt nicht an ihn anstreifen wollte, weil man dachte, dass er in seinem Flugzeug den mittlerweile zu Putins Trophäen-Asylanten avancierten Ed Snowden mitführe, um die USA zu düpieren. Die Photos der beiden feixenden Präsidenten sind noch in (übler) Erinnerung. Dass sich niemand um den Außenminister der Obama-Regierung kümmern wollte, wo österreichische Politiker im Normalfall kaum die Chance haben, mangels Bedeutung bei ihrem „Gegenüber“ an der Spitze der Weltmacht vorzusprechen, kann zumindest im Außenministerium nicht am derzeit modischen Anti-Amerikanismus liegen. Gerade erst hat sich Österreich mit dem überstürzten Golan-Abzug international bis auf die Knochen blamiert. Es hätte einiges zurechtzurücken gegeben, zumindest hätte der Versuch unternommen werden können, das angeknackste Image zu verbessern. Aber bei uns ist ja Wahlkampf. Und da konnte der Außenminister doch nicht den Bundeskanzler allein Dürreschäden besichtigen lassen, nur weil es internationale Flurschäden zu bereinigen gäbe.
Das Kassationsgericht hat sich für seinen Spruch unerwartet viel Zeit genommen, aber alles andere als Klarheit geschaffen. Vier Jahre Haft für Silvio Berlusconi sind also das letztinstanzliche Urteil wegen Steuerbetrugs. Den beantragten Ausschluss von öffentlichen Ämtern hingegen haben die römischen Höchstrichter nach Mailand zurückverwiesen. Ob Staatsraison der Grund dafür war oder nicht: Der gefährliche politische Schwebezustand in Italien ist damit prolongiert.
Zwanzig Jahre hat Silvio Berlusconi seine Landsleute immer wieder fasziniert – viermal haben sie ihn an die Regierung gebracht, auch wenn das für Nicht-Italiener oft nicht zu verstehen war. Und auch jetzt hängt das Schicksal Italiens an ihm.
Dass sich die Strafe wegen der italienischen Gesetzeslage auf ein Jahr Hausarrest reduziert, scheint hierzulande wie ein Geschenk im Paradies für Seniorenkriminalität (ab 75 gibt es Haftstrafen nur für Gewaltverbrechen). Für den sicher begabtesten Schauspieler der Politik der letzten Jahrzehnte ist es Grund für bebenden Zorn – auch wenn es nach Larmoyanz geklungenen haben mag, wie Berlusconi das Urteil kommentiert hat.
Doch Beppe Grillo, der nächste (diesmal) Komiker, der auf der italienischen Politbühne Staub aufwirbelt, mit weniger Talent als der Cavaliere, der ihm freilich überhaupt erst den Weg geebnet hat, triumphiert zu früh. Sein Programm – nämlich die vom Wähler verliehene Macht auf keinen Fall konstruktiv für das Land einzusetzen – ist eine Karikatur dessen, was die ewige Rückkehr des Silvio Berlusconi überhaupt erst möglich gemacht hat: das vollständige Fehlen einer politisch ernstzunehmenden Gegenkraft, einer echten, starken und attraktiven Alternative.
Mit politischen Mitteln war Berlusconi also nicht klein zu kriegen. Von den Richtern hat man sich diesen Dienst erwartet. Und die sind nur den halben Weg gegangen.
Eine typisch italienische, schlampige Lösung? Oder der hilflose Versuch, den endgültigen Bruch eines zutiefst gespaltenen Landes zu verhindern?
Wer sich an den gebrochenen Greis Giorgio Napoletano erinnert, wie er aus verzweifelter Liebe zu seinem Land noch einmal das Präsidentenamt angenommen hat, kann den Ernst der Lage nicht übersehen.
Jetzt droht die notdürftig zusammengezimmerte Koalitionsregierung Enrico Lettas zu scheitern. Nicht dass sie bisher den Niedergang des „kranken Manns Europas“, dieses seit Jahrzehnten – schon lange vor dem Auftritt Berlusconis – immer weiter hinuntergewirtschafteten Landes gestoppt hätte. Seit dem grandiosen Scheitern des Wirtschaftsexperten Mario Monti fragt man sich ohnehin, ob das überhaupt möglich ist.
Doch: Taumelt Italien nun in ein Chaos der Unregierbarkeit, endet es endgültig am Abgrund.
Und mit ihm Europa.
Der große Historiker Walter Laqueur mag mit seinen 92 Jahren nicht mehr lange unter uns weilen. Aber die Weisheit, mit der er dieser Tage Europa analysiert hat, geht wohl weit über die Spanne seines Lebens hinaus. Es ist wohl das klügste, aber auch bestürzendste Interview gewesen, das man in den letzten Jahren über Europa lesen konnte.
Dabei ist das, was Laqueur da in einem Interview mit dem „Spiegel“ gesagt hat, in fast jeder Zeile von großer, ja verzweifelter Liebe zu Europa geprägt. Er spricht in vielem das aus, was man selber für die Zukunft des Kontinents fürchtet.
Dennoch klingt seine Zukunftsvision aufs erste und oberflächlich recht harmlos. „Die Möglichkeit, dass Europa ein Museum oder ein kultureller Vergnügungspark für die Neureichen der Globalisierung wird, ist nicht völlig von der Hand zu weisen.“ Dies ist in Wahrheit ja heute schon der beherrschende Eindruck, den die Städte des Kontinents vermitteln.
Prinzipiell ist das – auch für den Historiker Laqueur – ja nichts Schlechtes: „Das Ausscheiden aus der Champions League ist nicht das Ende.“ Nur sollte man sich dessen eben auch bewusst sein. Denn „dann wäre es vielleicht auch ratsam, die freigiebige Verteilung von guten Ratschlägen an andere Länder etwas einzuschränken und die eigenen Leistungen weniger pathetisch zu beschwören.“
Laqueur sieht das aus der weit vom Objekt der Betrachtung zurücktretenden Perspektive des Analytikers (und sicher auch seines eigenen Alters): „Aufstieg und Zerfall von Reichen sind Konstanten der Geschichte.“ Das erinnert stark an Oswald Spengler, der schon am Beginn des vorigen Jahrhunderts den Untergang des Abendlandes prophezeit hat. Für Laqueur ist diese Perspektive entweder eine Konsequenz des Alterungsprozesses Europas oder die Folge seines Wohlstandes; dieser habe eine furchtsame Gesellschaft herausgebracht, die allen Konflikten ausweichen will und alle Warnsignale missachtet, durch die sie ihren Wohlstand gestört fühlt.
Man sollte sich bei der Beurteilung nicht durch seine die relative Stabilität Europas in den letzten Jahrzehnten täuschen lassen: „Es gibt immer ein retardierendes, beharrendes Moment, bevor der Zusammenbruch kommt.“ Europa hoffe auf ein Wunder – wende aber jenes Rezept an, dass auf längere Sicht den geringsten Erfolg verspreche: „ein bisschen Reform hier, ein Stück Flickschusterei da und eine Dosis business as usual.“ Dahinter habe Europa aber das Gefühl für die klare und unmittelbare Gefahr verloren, welche seine Krise bedeutet. Der europäische Antiamerikanismus, „der auf der Linken wie auf der Rechten stets latent geblieben ist“, habe nämlich den Blick auf die eigenen Schwächen Europas verstellt, so Laqueurs unbarmherziges Urteil.
Die Europäer bleiben lieber in Deckung. Sie versuchen gar nicht mehr, wieder zu einer politischen Großmacht aufzusteigen. Aber: „Die Europäer haben noch nicht begriffen, dass es keinen Schutz vor den Folgen der Weltpolitik gibt.“ Ein Rückzug biete keine Sicherheit vor den Konsequenzen.
Europa sei von einer unerklärlichen Willenlosigkeit erfasst. Die europäische Krise sei nämlich keineswegs vorrangig eine Schuldenkrise. „Europäische Werte mögen noch so oft angerufen und angepriesen werden – Willensschwäche, Trägheit, Ermüdung, Selbstzweifel, mangelndes Selbstvertrauen, das läuft auf die psychologische Diagnose eines schwachen Egos hinaus.“
Diese Ängstlichkeit strahle Europa naturgemäß auch nach außen aus. „Das merken die Rüpel, und das spüren auch die Hilfsbedürftigen.“ Laqueur verlangt von Europa, dass es endlich zur Kenntnis nehmen solle, in einer Welt zu leben, „in der allzu oft das Chaos herrscht, nicht das internationale Völkerrecht.“ Es müsse daher lernen, sich nach zwei verschiedenen Methoden in der Welt zu verhalten: „einmal nach solchen, die den Umgang untereinander regeln“; jedoch „wenn es um die Rüpel und Schurken geht, die noch nicht den aufgeklärten Zustand der Postmoderne erreicht haben“, dann sollte Europa begreifen, das ganz andere Methoden notwendig sind.
Zweifellos könnte man auch Europas unsichere Reaktion in der aktuellen NSA-Überwachungskrise so interpretieren. Die Europäer sehen in diesem Zusammenhang immer nur brave und anständige Bürger als Opfer, die Amerikaner (und zum Teil Briten) haben hingegen immer Schurken und Schurkenstaaten als Ziel all der Abhöraktionen vor ihrem Auge. Daher fällt es Europa auch so furchtbar schwer, mit den Amerikanern einen Konsens bei der Interpretation der Geheimdienstaktionen zu erzielen.
Zurück zu Laqueurs Bilanz. Sie ist jedenfalls deprimierend. Europa habe seinen moralischen Kredit weitgehend verspielt, fürchtet er. „Es scheut sich Sanktionen zu verhängen; es tut sich unendlich schwer, in Krisen außerhalb Europas zu intervenieren; es hat seine weitgehende Ohnmacht sogar bei Kriegen im eigenen Hinterhof bewiesen.“
Europa spiele zwar in Wirtschaft und Handel weiterhin eine Rolle. „Aber bis heute steht der Kontinent politisch und militärisch nicht auf eigenen Füßen.“ Das wäre aber nur möglich, wenn global die Machtpolitik keine Rolle mehr spielten würde. „Die Konflikte sind jedoch nicht zurückgegangen, der Fanatismus und die Leidenschaft in ihnen brennen weiter“. Das mache es daher fragwürdig, ob der Gedanke einer europäischen Unabhängigkeit von der Weltpolitik realistisch ist.
Europa erweise sich angesichts der heraufziehenden Stürme vielmehr als hilflos und werde zu einem Spielball dieser Weltpolitik.
Brillante und mutige Gedanken zur Lage des Kontinents und der Union, die einem viel zum Nachdenken geben. Am beklemmendsten ist aber wohl, wie weit diese Gedanken ganz offensichtlich von der Realität Europas, von den Themen seiner Wahlkämpfe und von der Denkwelt seiner Politiker entfernt sind.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Ferien – und mögen sie noch so heiß und wahlkampf-überhitzt sein – könnten gewinnbringend genützt werden. Mit einem Federstrich könnte Claudia Schmied ihr Ressort um mehr als eine halbe Milliarde reicher machen. Sie müsste nur aus dem PISA-Test der OECD aussteigen. Zwei neue wissenschaftliche Studien zerlegen dieses dubiose, aber viel zu einflussreiche Monsterranking so grundlegend, dass mit dem teuren Spuk Schluss sein müsste.
Dr. Hugh Morrison, Mathematikprofessor an der Queens University in Belfast, weist nach, dass PISA gar nicht funktionieren kann: Es lägen dem Test vollkommen falsche Berechnungsmodelle zugrunde, weshalb er „sinn- und bedeutungslos“ sei. Unabhängig davon kommt der Statistikprofessor Svend Kreiner von der Universität Kopenhagen zu demselben Schluss (übrigens schon zum zweiten Mal, diesmal noch umfassender und fundierter unterlegt).
Unter anderem beweist Kreiner, dass beim Lesetest 2006 Canada beispielsweise genau so gut auf dem 2. wie auf dem 25. Platz hätte liegen können oder Japan sogar auf dem 8. genau so wie auf dem 40.
Dieser Nachweis einer gummiartigen Ranking-Unschärfe von mehr als 20 – 30 Plätzen macht Schlüsse über die Qualität eines nationalen Schulsystems im Vergleich zu den 67 anderen getesteten vollkommen sinnlos. Auch das jedes Mal bei der Veröffentlichung der Ergebnisse ausbrechende Bestürzungs-Geschrei ist obsolet: Wenn Österreichs Schüler beim letzten Lesetest den schlechten Platz 39 belegten und Alarmstimmung auslösten, weil sie drei Jahre davor noch 17 Ränge besser lagen, ist ihnen vielleicht Unrecht geschehen. Denn nach Professor Kreiner hätten sie sich genau so gut auch um 13 Plätze verbessern können.
Der ganze teure Test- und Ranking-Zirkus ist also nicht viel wert – schon gar nicht die mehr als 500 Millionen Steuergeld, die wir dafür hinblättern dürfen. Darum wäre es gut, jetzt damit Schluss zu machen. Denn die neuesten Ergebnisse kommen im Herbst – und falls unsere armen Test-Schüler wieder mit einem schlechteren Platz bedacht wurden, wird man sich als „Verlierer“ nicht trauen wollen, diesen notwendigen Schritt zu setzen.
Freilich: Claudia Schmied wird auch diese Einsparung nicht durchführen wollen. Schließlich lässt sich mit dem sinnlos verpulverten großen Geld wunderbar politisches Kleingeld machen. Hören wir nicht jedes Mal, dass die Gesamtschule der Schlüssel zum Erfolg des „PISA-Siegers“ Finnland ist? Und dann wird weiter dieses ideologische Steckenpferd geritten – angetrieben mit der Peitsche einer angeblich objektiv-wissenschaftlichen Qualitätsmessung. Gute Schulbildung in einem differenzierten System darf nicht sein, denn damit kommt man nicht an die Ranking-Spitze.
Aber wir wollen doch endlich auch PISA-Weltmeister sein! Und dann müssen unter diesem Schlachtruf unsere Schüler auch noch für PISA lernen, als ob das ein Lehr- und Lernziel wäre – in unserem Land, in dem ein Viertel der Pflichtschulabgänger als funktionelle Analphabeten ins Leben treten.
Tja – und was wäre, wenn bei der dehnbaren Rang-Zuordnung Finnland nur auf dem 29. Platz läge (was offensichtlich dem dänischen Professor zufolge durchaus realistisch, bei der ideologischen Ausrichtung der OECD aber völlig unwahrscheinlich ist)? Womit würden die rot-grünen Eintopfschul-Apologeten dann die Zertrümmerung unseres Schulsystems begründen, die sie unter tätiger Mithilfe bereits zweier ÖVP-Landeshauptleute betreiben?
Ein Test - so schief wie der Turm der namensgleichen Stadt –, mit dem ebenso schiefe Schul-„Politik“ gemacht wird, wirft lange Schatten über die Zukunft unserer Kinder. Da gibt es eigentlich nur einen Schluss zu ziehen: Nichts wie raus aus dem PISA-Unfug!
Nichts könnte verheerender sein als das, was derzeit sowohl den deutschen wie den österreichischen Wahlkampf prägt: Es wird fast nur über Steuererhöhungen und neue Staatsausgaben geredet, fast nie über Streichungen oder Kürzungen von Ausgaben. Offenbar ist man erst dann zu solchen Schritten bereit, wenn die Dinge schon so schlecht stehen wie heute in Südeuropa.
Psychologisch ist das freilich verständlich: In der Politik und damit besonders in Wahlkämpfen äußern sich fast ständig nur jene, die das Geld der Steuerzahler für alles Mögliche ausgeben oder ausgeben wollen. Hingegen hat die Masse jener, die das finanzieren müssen, denen immer mehr Geld abgepresst wird, kaum Artikulationschancen. Sie kann sich nur in der Wahlzelle artikulieren, die bekanntlich keine sehr konkreten oder gar differenzierenden Äußerungen zulässt. Und die nächste Generation, welche die gigantische Schuldenlast erben wird, kann nicht einmal das.
Am schockierendsten war wohl die jetzt mitten im Wahlkampf erfolgte nonchalante Ankündigung Angela Merkels, dass der deutsche Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer entgegen vielen früheren Versprechungen doch nicht aufgehoben wird. Dieser war ja einst zur Finanzierung der Wiedervereinigung eingeführt worden. Für die totalrenovierten Neuen Bundesländer sind die dadurch (jährlich) abgecashten 13 Milliarden Euro künftig zwar nicht mehr wirklich nötig, aber die politische Klasse hat schon jede Menge neuer Ausgabenzwecke gefunden.
Zur Begründung der ständig höheren Steuern wird zwar in Deutschland wie Österreich immer gerne von der Notwendigkeit einer guten Infrastruktur geredet. Aber wenn man sich die Zahlen wirklich anschaut, geht der Großteil des zusätzlichen Geldes ins Sozialsystem und nicht in Straßen, Bahnen oder Glasfaserkabel. Auch die überall im letzten Vierteljahrhundert kassierte Friedensdividende, also die Verringerung der Militärausgaben, ist nicht den Steuerzahlern, sondern den Menschen in der Hängematte des Sozialsystems zugutegekommen.
Dabei bringen schon jetzt die Steuererhöhungen den staatlichen Kassen oft nur noch ein Minus ein. Ein exzellentes Beispiel ist die von der Regierung Faymann eingeführte Kursgewinnsteuer, welche in Österreich die Börse und damit deren Beiträge zur Volkswirtschaft letal beschädigt hat.
Ebenso anschaulich ist die deutsche Tabaksteuer: Deren Erhöhung hat nicht mehr Geld gebracht, sondern einen deutlichen Einnahmenrückgang. Nur scheinbar kann man sich daher über den gesundheitspolitischen Erfolg freuen, dass weniger Zigaretten gekauft worden sind: Denn alle Experten wissen, dass als Folge der Verteuerung halt noch mehr Zigaretten aus dem Ausland importiert oder geschmuggelt worden sind.
Aber es geht eben nicht in die Köpfe von Bürokraten und Politikern hinein, dass die Menschen mit einer Veränderung ihres eigenen Verhaltens auf Maßnahmen der Obrigkeit reagieren. Dass sie sich nicht ganz wehrlos abschlachten lassen.
Ein typisches Beispiel für die Denkunfähigkeit dieser Bürokraten hat dieser Tage der österreichische Rechnungshof geliefert: Er kritisierte die Gruppenbesteuerung, mit der international tätige Konzerne, die in Österreich versteuern, ihre Gewinne aus einem Land am Sitz der Konzernzentrale mit Verlusten aus anderen ausgleichen können. Das gefällt den Erbsenzählern des Rechnungshofs nicht. Grund: Die konkreten Ziele und Wirkungen dieser Regelung seien nicht bekannt und daher nicht transparent.
Als ob man solche Wirkungen bei komplexen globalökonomischen Vorgängen jemals konkret beziffern könnte. Damit hat aber der Rechnungshof – eine Körperschaft mit lauter Beamten, die heute schon fix wissen, wie viel sie in fünf Jahren mindestens verdienen werden – der Gruppenbesteuerung den Kampf angesagt.
Dabei ist völlig klar: International tätige Konzerne werden mit Vorliebe mit ihren steuerrechtlichen Hauptquartieren in jene Länder ziehen, wo sie am günstigsten fahren. Und wenn die steuerlichen Konditionen in Österreich auf Wunsch des Rechnungshofs verschlechtert werden, dann ziehen die Konzerne stillschweigend oder lauthals ein paar Länder weiter. Nur: Mit Ziffern genau berechnen lässt sich diese Wirkung natürlich nicht.
Das glauben nur die Rechnungshof-Beamten in ihrer Weltfremdheit. Was die Lehre immer deutlicher vermittelt: Diese Institution dient maximal dazu, Betrügereien und Korruption zu entdecken (aber auch diese übersieht sie meistens). Für ökonomische Aussagen ist der Rechnungshof hingegen schlicht zu dumm.
Natürlich sind auch die 70.000 verlorenen Arbeitsplätze nicht wirklich exakt beweisbar, von denen das Finanzministerium in einer neuen Studie spricht. Aber die Tendenz ist zweifellos richtig, dass die österreichische Hochsteuerpolitik, die entscheidungsunwillige Bürokratie, die zahlreichen Regeln und Schikanen immer mehr Investoren vertreiben. Das alles ist dem Rechnungshof ebenso wie jenen Abgeordneten jedoch offensichtlich wurscht, die nun mit einem Ende der Gruppenbesteuerung einen weiteren Investorenvertreibungsakt planen.
Ähnliche Blödheiten drohen nun mit der Finanztransaktionssteuer. Auch da kann man zwar nicht auf den Prozentpunkt genau eine Wirkung prognostizieren (wenngleich das viele Institutionen tun). Aber ihre Einführung wird mit absoluter Sicherheit gleich zwei Wirkungen haben: Erstens werden primär und neuerlich die Sparer und Besitzer von Lebensversicherungen die Zeche zahlen. Und zweitens wird der Umfang der betroffenen Finanztransaktionen dramatisch abnehmen.
Bezeichnenderweise haben sich die elf steuersüchtigen EU-Länder ja noch immer nicht einmal einigen können, welche Vorgänge überhaupt von der Steuer erfasst werden sollen. Denn je näher man hinschaut, umso problematischer wird diese Idee, für die sich deutsche und österreichische Politiker einst selbst lautstark gefeiert haben. Sie haben damals den Menschen und den Medien eingeredet, dass die Steuer ja ohnedies nur die Reichen treffen würde. Was halt wieder einmal eine typische Lüge der Politik gewesen ist.
Die ständig blamierten Schulden- und Steuererhöhungsfreaks ziehen sich in ihrem Argumentationsnotstand letztlich gerne auf die Geschichte zurück, auf Maynard Keynes und auf die 30er Jahre. Aber auch dabei lügen sie.
Denn die schwere Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit in den 30er Jahren sind nicht Folge von Sparsamkeit, sondern direkte Folge vom Gegenteil gewesen: von der Inflation der 20er Jahre, vom hemmungslosen Gelddrucken und von der durch die Kriegsjahre erfolgten Zerrüttung der Staatsfinanzen. Die Politik – insbesondere in Deutschland – hatte nämlich in den 20er Jahren populistischerweise die Konsumausgaben gesteigert, obwohl die Produktivität nicht gestiegen war und die Kriegsfolgen alles andere als überwunden waren.
Das alles hat geradezu nahtlos in den Zweiten Weltkrieg geführt. Vorher hat auch der amerikanische New Deal von Präsident Roosevelt kein neues Wachstum in den USA auslösen können.
Noch drastischer verlogen ist die Berufung auf den britischen Ökonomen Keynes. Dieser hatte zwar die kurzfristig stimulierende Wirkung von höheren Staatsausgaben erkannt. Er hatte aber immer dazugesagt, dass das nur in Verbindung mit Staatsüberschüssen in den guten Jahren geht. Jedoch: Seit den späten Sechziger Jahren hat die Politik nie Überschüsse produziert.
Sie hatte vielmehr auch bei guten Einnahmen ständig neue („soziale“) Ausgaben erfunden, um sich die Wählergunst zu erkaufen. Daher ist heute eine stimulierende Wirkung der Defizite nicht mehr zu sehen. Die Wirkung hat sich infolge des Missbrauches tot gelaufen.
Noch etwas zweites an Keynes wird von den heutigen Keynesianern total ignoriert und verschwiegen. Er hatte ausdrücklich gesagt, dass „25 Prozent (des BIP) der maximal tolerable Anteil der Steuern“ sei. Heute liegt etwa in Österreich diese Abgabenquote jedoch über 43 Prozent, und für die wachstumswichtigen Klein- und Mittelbetriebe bei 53 Prozent! Keynes würde sich im Grab umdrehen. Und alle anderen großen Ökonomen der Geschichte sowieso.
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Nirgendwo sonst sieht man klarer die Tiefe der Krise als in der Autobranche. Besonders deutlich ist das in Italien: Dort sind die hinter dem Lenkrad verbrachten Stunden um 27 Prozent zurückgegangen, die Zahl der neu ausgestellten Führerscheine um 19 Prozent, der Verkehr in den Städten um 34 Prozent. Die Neuwagenverkäufe haben sich überhaupt halbiert.
Dramatisch. Aber auch in der ganzen EU sieht es kaum besser aus: Die Autoverkäufe sind auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren. Lediglich Großbritannien – das ja nicht im Euroraum ist – kann ein deutliches Plus aufweisen.
Das sind auch für Österreich schlechte Nachrichten. Hat das Land doch eine sehr signifikante Auto-Industrie von Miba bis Magna. Von dort kommen zwar noch eher beruhigende Nachrichten. Dennoch wird sich auch Österreich nicht von europaweiten Trends abkoppeln können.
Auch Nordamerika geht es nicht so viel anders. Dort hat nur der Steuerzahler GM und Chrysler in der Krise retten können. Das empörte wiederum viele andere Branchen, wo Konkurse weiterhin der natürliche Lauf der Dinge sind, die aber für die Autorettung zahlen müssen. Der Bankrott der Autostadt Detroit mit allen katastrophalen sozialen und demographischen Folgen konnte dennoch nicht verhindert werden.
Das sollte allen Beteiligten ein dramatischer Weckruf zur Umkehr sein. Diese Umkehr ist in vielfacher Hinsicht notwendig. Man schaue etwa noch einmal nach Detroit.
In der Ursachenanalyse stößt man dort immer wieder auf zwei Aspekte. Der eine ist die Politik der Gewerkschaften; diese haben mit überzogenen Forderungen die globale Wettbewerbsfähigkeit der US-Autos stark reduziert; und sie haben überdies die Verlagerung etlicher Produktionsstätten aus Detroit in kleinere Städte ausgelöst, wo die Macht der Syndikate viel schwächer war. Der zweite Grund war die Stadtverwaltung, die mit wahnsinnig überzogenen Gehältern und Pensionen für Stadtbedienstete den Bogen weit überspannt hat, bis das goldene Kalb tot war, von dem man lebte.
Beide Verhaltensweisen sind auch in Europa keineswegs unbekannt. Auch hier holen sich viele aus der Wirtschaft zu viel heraus und übersehen, dass diese – in jeder Branche – in einem beinharten internationalen Wettbewerb steht.
Speziell die Autobranche leidet aber unter noch etwas: Europa hat die weltweit weitaus schärfsten Klimaschutzvorgaben. Diese richten sich geradezu gezielt gegen die deutschen Luxusmarken. Offenbar sollen diesen die gleichen Probleme angehängt werden, die schon Opel, Fiat und die schwedischen und französischen Marken existenziell plagen.
Das geschieht wohl aus purer Schadenfreude, um die (noch) selbstbewussten Deutschen zu demütigen. Denn das Klima kann nicht das Motiv sein. Selbst wenn alle negativen Prognosen stimmen sollten, würde die Erwärmung doch nur durch weltweit gültige Maßnahmen eingebremst. Europäische Selbstbeschädigung hingegen nutzt niemandem.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Zumindest zwei Neuparteien werden als zusätzliche Auswahl auf den Stimmzetteln stehen. Sind sie unserer Aufmerksamkeit würdig? Im Prinzip ist das ja jede Partei nach fast sieben Jahren rot geführter großer Koalition des Stillstands, Steuererhöhens und Schuldenmachens. Kommen sie zumindest als geringeres Übel aber auch für eine Stimmabgabe in Frage?
Nun: die Begeisterung für die beiden Gruppen hält sich in engen Grenzen. Auch wenn es klar ist, dass blutiger Amateurismus bei jeder Neugründung unvermeidlich, ja vielleicht sogar irgendwie sympathisch ist. Aber die inhaltlichen Konturen sind doch zu verwaschen und widersprüchlich.
Die Piraten haben im Laufe der Zeit sogar anfangs erfreulich gewesene Positionen abgebaut. War es doch bei ihren Anfängen geradezu erfrischend und eine Hauptursache ihres Erfolgs, dass sie gegen das leistungsfeindliche, aber im linken Mainstream sehr modische Quotendenken und Gendern gewesen sind. Dieses hat ja auch in CDU und ÖVP manche Opportunisten angesteckt (siehe die Wiener ÖVP-Liste, siehe die Quotenforderungen eines Michael Ikrath oder einer Ursula von der Leyen, siehe die schwarze Mitverantwortung in Deutschland und Österreich für zahllose feministische Gesetze, Frauenbeauftragtinnen und Genderprofessuren).
Aber inzwischen hat in Deutschland wie auch Österreich (sofern man hier überhaupt Piratenformationen entdecken kann) ein übles Spiel eingesetzt: Einige linksgrüne Politruks haben sich bei den Piraten stark positionieren und dort auch diesbezüglich etliche ihrer Inhalte einschleusen können. Das hat viele im politischen Agitieren unbedarfte Piraten-Sympathisanten wieder vertrieben, die das nicht wollen, die aber keine Zeit für und keine Lust an unendlichen Sitzungen haben.
Die Linken hingegen haben mit ihren basisdemokratischen – also undemokratischen – Methoden schon seit vielen Jahren auf den Unis gelernt, wie man Abstimmungsmehrheiten und Machtpositionen erringt. Solche Kaperungsaktionen sind zwar fast immer gegen den Willen der Mehrheit erfolgt, waren aber letztlich bei ÖH wie Piraten sehr erfolgreich.
Auch die Illusion, durch unendlich langes elektronisches Basteln zahlloser Mitautoren sinnvolle Texte und Programme erstellen, abändern, wieder abändern und irgendwann im allgemeinen Konsens vollenden zu können, hat sich weitgehend aufgelöst. Man muss fast sagen leider. Im Grunde haben wir das ja auch schon bei unseren Gesetzestexten erlebt: An den meisten ist so lange herumgebastelt worden, in ministeriellen Kommissionen und Legislativabteilungen, in Begutachtungen und Parlamentsausschüssen, bis zwar viele Worte, aber auch viele Widersprüchlichkeiten und Unklarheiten gedruckte Rechtskraft erlangt haben. Man sieht es ja jetzt beispielsweise beim Thema direkte Demokratie, wo in den letzten Monaten so viele Interessen- und Bedenkenträger quergeschossen haben, dass nichts mehr von dem übrigbleiben dürfte, was Schwarz (oder genauer gesagt: der Kurz-Spindelegger-Flügel) und Blau sowie die Mehrheit der Bürger ursprünglich wollten.
Konkret können die Piraten bei den Wählern seit längerem nur noch zwei inhaltliche Eindrücke hervorrufen (wenn überhaupt). Erstens: Bei den Piraten wird jeder politische Kopf sofort abgeschossen, sobald sich einige Wähler auch nur dessen Namen gemerkt haben. Und zweitens: Piraten bekämpfen das Internet-Urheberrecht; oder noch verkürzter: Piraten wollen, dass jeder elektronisch alles stehlen können soll. Das hat die Piraten ziemlich übers Kreuz mit der Künstler- und Autorenszene gebracht, die ja anfangs sehr Piraten-affin war. Das ist aber auch beim Rest der Bevölkerung nicht wirklich mehrheitsfähig.
Ein weiteres Internet-Thema, der Kampf gegen die Schnüffeleien ausländischer Geheimdienste, ist zwar sehr aktuell. Es ist aber zumindest verbal auch von allen anderen Parteien aufgegriffen worden (ohne dass irgendjemand konkret wüsste, was man gegen Amerikaner, Chinesen oder Russen denn im Internet Wirksames tun könnte). Außerdem scheint vielen Wählern die freie Internet-Stehlerei ja verwandt zu sein mit der freien Internet-Schnüffelei. Diese Debatte hilft den Piraten daher auch nicht viel.
Die zweite Neo-Partei, die Neos, hat wenigstens keine Negativentwicklung durchgemacht. Sie hat auch am raschesten alle für eine Kandidatur nötigen Unterschriften zustandegebracht (und es sind mir zumindest keine Hinweise bekannt, dass sie das nur mit Hilfe von Parteigängern anderer Parteien geschafft hätten, die damit einer anderen Partei schaden wollen).
Beim Bildungsthema haben die Neos ihre Haltung sogar vom massiv Negativen ins massiv Positive geändert: Waren sie zuerst Anhänger einer zwangsweisen Gesamtschule gewesen, so sind sie jetzt zu Unterstützern von Vielfalt und Entscheidungsfreiheit geworden.
Das ist ein absolut richtiges und noch dazu genuin liberales Konzept. Das überrascht umso mehr, als die Neos trotz ihrer Wurzeln bei unzufriedenen ÖVP-Angestellten insgesamt sehr stark von grünem und LIF-Personal geprägt sind. Und beide Gruppierungen haben ja absolut nichts mit echt liberalem Denken zu tun. Das LIF ist einst überhaupt nur mit roter Schützenhilfe ins Leben gekommen. Die SPÖ hatte geglaubt, durch einen solchen Etikettenschwindel Schwarz und Blau schwächen zu können. Aber in der Realität hat das LIF primär politisch korrekte Linkswähler angezogen.
Beim LIF wurde vor allem durch Heide Schmidt Liberalismus als stark sozialdemokratisch gefärbter Staatsinterventionismus mit antikirchlicher, sozial-gutmenschlicher und proschwuler Schlagseite missverstanden. Was auch heute noch nachweislich auf Neos/LIF abfärbt: Beispielsweise hat der wichtigste Vorkämpfer des katastrophal gescheiterten Antikirchen-Volksbegehrens einen prominenten Platz auf den Neos-Kandidatenlisten erhalten (Platz 18 auf der Bundesliste, Platz 2 auf der Wiener Landesliste). Das ist nicht wirklich ein Signal, dass die Neos etwas wirklich anderes als das alte LIF wären. Noch dazu haben auch die heutigen Überreste des LIF sogar ganz offiziell Plätze auf den Neos-Listen gefunden.
Noch mehr enttäuscht an den Neos, dass sie bei dem gerade für eine Möchtegern-liberale Partei zweifellos wichtigsten Thema extrem schwach aufgestellt sind: nämlich beim Komplex Wirtschaft. Da haben sie offenbar keinen einzigen wirklichen Experten anzubieten. Das hat schon bei vielen Veranstaltungen für Kopfschütteln sorgt. Wirtschaft ist halt ein wenig komplizierter als die plakative Forderung, dass die Parteien zu viel Geld bekämen. Das habe ich schon bei Jörg Haider gehört und hat auch dort nicht gestimmt.
Aus dem weiten Bereich der Wirtschaft und des Sozialen sei das Pensionsthema als Beispiel konkret herausgegriffen. Da agieren die Neos schlicht und plakativ: sie verlangen eine 15-prozentige Kürzung aller Pensionen ab 5000 Euro. Das ist eine Forderung auf dem Niveau von rotem oder blauem Populismus. Man rechnet sich einfach aus: Wo treffe ich kaum jemanden und bekomme doch Schlagzeilen. Dabei vergessen die Neos freilich zweierlei:
Und geradezu an der Intelligenz der Neos muss man zweifeln, seit sie sich in Zeiten wie diesen als die flammendsten EU-Fanatiker positionieren. Gewiss ist der Binnenmarkt absolut unverzichtbar, gewiss könnte einigen Geldgebern solcher EU-Jubel erwünscht sein. Aber sämtliche bekannten Umfragen zeigen einen steilen Rückgang jeder Form von EU- oder gar Euro-Begeisterung. Da ist die Profilierung als Super-EU-Partei zweifellos selbstbeschädigend.
Am stärksten aber spricht gar nicht ein Programmpunkt, sondern etwas ganz anderes gegen eine Stimmabgabe für beide Parteien: Sie haben beide nach allem menschlichen Ermessen keinerlei Chance auf einen Einzug ins Parlament. Daher wird jede Stimme für sie eine weggeworfene.
Das gilt vor allem dann, wenn man als Wähler am Wahltag ein anderes strategisches Hauptziel hat (weil man sich sowieso mit keiner Partei programmatisch voll identifizieren kann). Als solches kommen für bürgerliche, liberale, konservative, christliche, heimatverbundene Wähler im Grund nur drei Möglichkeiten in Frage:
Bei all diesen Zielen ist eine Stimme für Piraten und Neos – bei aller Sympathie für manche ihrer Exponenten – leider überhaupt nicht hilfreich. Um einem dieser Ziele bei der Stimmabgabe zu dienen, kommen letztlich nur Schwarz, Blau und Stronach – sofern man auch an keinen neuerlichen Parlamentseinzug des BZÖ glaubt – in Frage. So sehr auch gegen Verhalten und Programmpunkte dieser drei Parteien konkrete Kritik zu üben ist.
Klar ist freilich auch, dass keine Stimmabgabe für eine dieser drei Parteien allen genannten Zielen gleichzeitig helfen kann. Die Wahl bleibt daher auch nach dieser Festlegung enorm schwierig.
Gleich drei Länder lassen in diesen Tagen mit hochinteressanten Maßnahmen aufhorchen. Diese wären zwar auch in Österreich sehr sinnvoll und würden den Interessen des Landes dienen. Aber niemand wagt es hier, Ähnliches auch nur anzudiskutieren, geschweige denn nachzuvollziehen. Denn die Maßnahmen verstoßen allesamt gegen die Diktatur der politischen Korrektheit.
Dieser Tugendterror lässt sich auch durch die erstaunliche Tatsache nicht behindern, dass zwei der drei Länder sozialdemokratisch regiert werden. Es geht um Ungarn, die Slowakei und Australien. Es geht um die Anlockung der benötigten Menschen und die Abwehr nicht erwünschter Zuwanderer, es geht um Leistung und Disziplin.
Die in den Augen der Tugendwächter wohl noch relativ gelindeste Maßnahme gibt es neuerdings im rechtsregierten Ungarn. Dort kann man sich durch den Kauf einer fünfjährigen Staatsanleihe in der Mindesthöhe von 250.000 Euro sowie durch Bezahlung einer saftigen Bearbeitungsgebühr eine Aufenthaltsgenehmigung verschaffen.
Ähnliche Regelungen gibt es seit langem auch in Kanada. Dessen Zuwandererpolitik wird zwar von unserer Immigrationslobby sogar sehr gelobt. Vorschläge einer legalen Zuwanderung gegen viel Geld werden aber in Österreich in keiner Weise aufgegriffen – auch wenn unter der Tuchent da manches stattfindet. Aber unter der Tuchent heißt eben Korruption und der Ertrag kommt nicht dem Staat, sondern irgendjemand anderem zugute.
Das neue Gesetz hat für die Magyaren den Vorteil, dass es leistungsorientierte oder zumindest investitionswillige und -fähige Einwanderer ins Land lockt. Gleichzeitig wird dadurch auch die Finanzierung der ungarischen Staatsschuld erleichtert. Und es werden keine Zuwanderer angelockt, die wie beim Zielland Österreich vor allem das Sozialsystem suchen und signifikant unterdurchschnittliches Interesse am Arbeitsmarkt haben.
Österreich ist aber natürlich dennoch von der ungarischen Maßnahme mitbetroffen. Denn auf Grund des Schengen-Vertrags darf man mit einer solchen Aufenthaltsberechtigung die Hälfte der Zeit im ganzen Schengen-Raum verbringen, also auch in Österreich.
Noch viel sensationeller ist das, was die sozialistisch regierte Slowakei jetzt beschließt: Familien verlieren drei Monate lang die Kinderbeihilfe, wenn sich der Nachwuchs in der Schule nicht entsprechend benimmt oder wenn er ungeeignet gekleidet zum Unterricht kommt. Sapperlot, gäbe das einen Entrüstungssturm, wenn bei uns solches auch nur vorgeschlagen würde.
Man erinnere sich nur an das peinliche Gezerre, mit dem unsere Linksaußen-Unterrichtsministerin eine effiziente Bestrafung kontinuierlicher Schulschwänzer verhindert hat (das sind im Vergleich zur slowakischen Regelung ja weit schlimmer gegen die Schulordnung verstoßender Kinder). In Österreich wurden einer eventuellen Bestrafung der Familien schwänzender Schüler so viele Erziehungsgespräche, Kommissionen und Instanzen vorgeschaltet, dass es wahrscheinlich nie zu einer echten Konsequenz kommen wird.
Ich wette jede Summe, dass sich mit diesem Beschluss der Slowakei die Disziplin in den Schulen signifikant verbessern wird. Wobei das Nachbarland in der Vergangenheit ohnedies das Image relativ braver Jugendlicher gehabt hat. Das will es sich offenbar auch für die Zukunft bewahren. Und die Slowakei wird wohl auch die Proteste der üblichen blauäugigen Gutmenschen ignorieren, wenn diese eines Tages entdecken, dass von dieser Bestimmung natürlich auch die ostslowakischen Roma erfasst sind. Gerade denen hilft man aber am meisten, wenn die Eltern ernsthaft motiviert werden, Druck auf ihre Kinder auszuüben, sich ordentlich zu benehmen.
Am meisten Aufsehen erregt jetzt schon Australien: Es bringt künftig alle übers Meer auf den fünften Kontinent kommenden Flüchtlinge auf eine zu Papua-Neuguinea gehörende Insel. Der neue sozialdemokratische Ministerpräsident baut mit diesem Beschluss (und dem mit Papua hergestellten, zweifellos nicht ganz billigen Einvernehmen) auf einer klaren Erfahrung auf: Die angeblichen Flüchtlinge sind praktisch alles Immigrantionswillige aus südostasiatischen und südasiatischen Staaten, die in Australien meist illegal arbeiten wollen.
Dieser Zuwanderungsdruck hat sich zuletzt sogar noch verstärkt, seit Philippinos, Bangla-Deshis, Pakistanis, Sri Lankesen, Inder, Vietnamesen usw. in viel geringerer Zahl als früher in arabischen Ländern Arbeit finden können. Dort wurden zuletzt Millionen Arbeiter aus solchen Ländern hinausgeworfen, ohne dass auch nur ein Hauch des jetzt über Australien hereinbrechenden Shitstorms zu merken gewesen wäre.
Für die arbeitssuchenden Asiaten – und die an ihnen verdienenden Schlepper – war nach dem arabischen Aus die Tarnung als Asylwerber in Australien der beste Weg, um einen Job zu finden. Ein Aufenthalt in Australien war bisher auch mit attraktiveren Sozialleistungen verbunden, als es sie in ganz Asien gibt.
Dagegen versuchen sich nun die Australier verständlicherweise zu wehren. Die automatische Zwangsverschickung auf eine Papua-Insel Insel macht ihren Kontinent künftig viel weniger als Ziel attraktiv. Die Möchtegern-Zuwanderer werden zwar auch dort ordentlich versorgt, sie können aber eben kein legales oder illegales Geld mehr verdienen, mit denen neben den Schleppern daheim ganze Familienclans finanziert werden. Daher werden künftig nur mehr echt politisch Verfolgte den Weg nach Australien antreten. Und die anderen werden noch häufiger nach Europa geschleppt werden.
In der EU landen jetzt schon ständig große Zahlen von Migranten. Sie kommen meist entweder aus Zentralasien via Türkei oder aus Afrika via Mittelmeer. Von den Vorgängen in der Türkei erfährt man meistens gar nichts. Von den Menschen, die übers Mittelmeer kommen, liest man aber nur immer die Tatsache ihrer Landung, oder wenn bedauerlicherweise wieder ein Flüchtlingsboot vor Lampedusa untergeht.
Was nachher mit ihnen geschieht, wird von Italien gegenüber den anderen Europäern geschickt geheimgehalten. Die jetzige italienische Regierung redet nicht viel darüber, dass sie die nach Europa gekommenen Menschen nicht mehr nach Afrika zurückschickt (Vorvorgänger Berlusconi hatte einst mit Libyen noch ein umfassendes Rücknahmeabkommen geschlossen). Diese afrikanischen Zuwanderer werden vielmehr heimlich, still und leise freigelassen. Ihnen wird der Weg ins restliche Europa nahegelegt. So sind jetzt etwa viele von ihnen in Hamburg aufgetaucht . . .
Eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen zeigt: Die Oberstgerichte sind nicht mehr die Hüter unserer Rechte und Freiheiten, als die sie einst geschaffen worden sind. Sondern sie fühlen sich als Exekutoren eines möglichst großen Staatseinflusses. Im Zweifel gegen die Autonomie, gegen die Bürger und für die Macht.
Das zeigt insbesondere die vom VfGH dekretierte Aufhebung der Einhebung von Studiengebühren durch acht österreichische Universitäten. Der Verfassungsgerichtshof hat sich mit dieser Entscheidung nicht nur zu hundert Prozent an die Seite von Rotgrün gestellt. Er hat auch seine grundsätzliche Einstellung demonstriert: Er ist gegen die Autonomie der Universitäten selbst in solchen Detailfragen. Eine Einhebung von Gebühren wäre gleichheitswidrig.
Damit liegt der VfGH ganz auf der Linie des real existierenden Sozialismus. Der empfindet es ja im Grunde auch schon als gleichheitswidrig, dass nicht jeder ein Maturazeugnis, einen Bachelor und einen Master bekommt (unabhängig davon, dass das dann maximal Gesamtschulniveau haben kann). Alles muss gleich sein. Niemand darf besser sein. Keine Uni darf sich bei ihren Konsumenten Geld holen, um das eigenen Angebot wenigstens ein bisschen verbessern zu können.
Gewiss kann man im VfGH-Wolkenkuckucksheim blauäugig sagen, der Staat müsse halt alles zahlen. Aber dann sollte man halt bitteschön auch irgendwie sagen, wie man das denn aus den immer höher werdenden Schuldenbergen zahlen soll. Aber das interessiert die Richter natürlich nicht – bekanntlich unkündbar und mit fixen hohen Gehältern versorgt. Gerechtigkeit kann jedoch nicht darin bestehen, dass jeder Anspruch rechtens ist, den man nur moralistisch irgendwie argumentieren kann.
Skurrile Situation: Jetzt hat Österreich einen Wissenschaftsminister, der für die Autonomie der Universitäten gegenüber Staat und Regierung ist. Und Richter, die dagegen sind.
Wer erinnert sich da noch, dass einst unabhängige Richter eigentlich als Gegengewicht gegen die Staatsgewalt geschaffen worden sind? Dass die Gerichte eigentlich die Autonomie der Bürger und der diversen Institutionen gegen die Mächtigen schützen und ausbauen sollten? Dass die Bürger genau zu diesem Zweck die unabhängigen Gerichte überhaupt erst erkämpft haben?
Die SPÖ als oberste Vorkämpferin des immer mächtiger werdenden Staates hat sich jedoch heute das Instrument Justiz zu eigen gemacht. Sie besetzt VfGH-Posten ganz gezielt aus ihren politischen Kabinetten heraus, während die ÖVP zumindest im VfGH ein wenig Zurückhaltung gezeigt hat – was ihr nun prompt auf den Kopf fällt. Sie – oder ihre Parteigänger – spielt ständig gezielt geheime Gerichtsakten (selektiv) an linke Wochenmedien weiter.
Gewiss kann man sich jetzt über einen Minister Töchterle amüsieren, der geglaubt hat, ausgerechnet mit einem Gutachten eines Heinz Mayr vor Gericht ziehen zu können. Aber das sind letztlich Randfragen.
Den Schaden trägt jetzt das ganze Land. Und die Folge wird sein, dass man künftig nur im Ausland oder auf Privatuniversitäten studieren wird können, wenn man (für sich oder seine Kinder) eine Spitzenausbildung sucht. Denn dass die heimischen Sozialdemokraten plötzlich dafür wären, die unentgeltliche Massenuni in eine leistungs- und eliteorientierte Institution zu verwandeln, kann ja leider auch für die Zukunft ausgeschlossen werden. Der Verfall der Unis geht damit munter weiter.
Dass das Uni-Erkenntnis des VfGH kein Zufall ist, sondern klar auf Parteilinie liegt, zeigt sein gleichzeitig bekanntgegebenes ORF-Erkenntnis. Entgegen der ausdrücklichen Regelung des Gesetzes darf der Gebührenrundfunk künftig ungehindert auch auf Facebook agieren. So hat es der VfGH beschlossen. Das klingt harmlos und nach einer Randfrage. Das ist aber in Wahrheit ein weiterer gewaltiger Missbrauch der Staatsmacht, zu der ja sowohl die Oberstgerichte wie auch der ORF auf Grund seiner Eigentümerstellung und seiner vielen Privilegien gehört.
Das ist gleich aus drei Gründen keine Randfrage:
In einer dritten ebenfalls ideologisch aufgeladenen Causa hat der Gerichtshof zwar noch nicht judiziert. Aber auch hier wird allgemein mit einem Urteil auf SPÖ-Linie gerechnet: Es geht um die Anhebung des Pensionsalters bei den ÖBB. Beim Pensionsalter hat der VfGH jedenfalls schon in der Vergangenheit immer die Meinung vertreten, dass dabei vor allem der „Vertrauensschutz“ zu gewährleisten wäre.
Das heißt, nur leicht überspitzt: Wenn einer bei der Eisenbahn eingetreten ist, als dort alle mit 50 in die Pension gegangen sind, dann soll er darauf vertrauen können, dass diese Regelung nicht dann später vor seinem eigenen Pensionsantritt geändert wird. Hat er doch vielleicht schon im „Vertrauen“ auf dieses Privileg mit 47 eine ab dem 51. Lebensjahr gültige Mitgliedschaft in einem Rund-um-die-Uhr-Golf- und Tennisverein oder zumindest eine Weltreise gebucht.
Die Wette gilt, dass der VfGH auch da auf Parteilinie entscheiden wird. Auf der Linie eines allumfassenden Sozialismus, der zum einen die Macht des Staates ständig ausbaut; und der zum anderen explodierende Sozialprivilegien zugunsten seiner Parteigänger entwickelt. Um Finanzierungsfragen kümmert sich der Gerichtshof dabei aber keine Sekunde lang. Er schaut nur, dass er die Ansprüche aller linken Gruppen bedienen kann.
Wer schützt eigentlich das „Vertrauen“ und die Lebensplanung eines Angestellten der Privatwirtschaft, wenn dieser zwei Jahre vor dem Pensionsalter seinen Job verliert? Was ja einem ÖBB- oder Staatsangestellten nicht passieren kann.
Freilich steht der VfGH mit solchen Judikaten keineswegs alleine. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat soeben ein bezeichnendes Urteil gefällt: Restaurant- oder Kaffeehausbesitzer müssen beim Zugang zu den Nichtraucherräumen sicherstellen, dass man dabei nicht einmal ein paar Meter durch einen Raucherbereich gehen müsse.
Schikanöser unbd obrigkeitsstaatlicher geht’s nimmer (sagt ein deklarierter Nichtraucher). Oder will uns jemand einreden, dass man sich auf diesen paar Metern gleich einen Lungenkrebs holen kann?
Auch in diesem Fall ist Höchstrichtern die Realität jener Menschen völlig egal, die mit ihren Steuern die Gehälter der Richter (und noch ein paar Millionen andere Dinge) zwangsweise finanzieren müssen. Ihnen ist auch egal, dass in so manchen Kaffee- und Gasthäusern der Umbau des Nichtraucherzugangs so teuer wäre, dass die Eigentümer jetzt verzweifelt zusperren werden. Ihnen ist auch egal, dass viele Wirte schon teures Geld in einen Raucher/Nichtraucher-Umbau investiert haben, der nun wieder nicht den richterlichen Wünschen entspricht.
Wieder gilt: Macht, Formalismus, Wirtschaftsfeindlichkeit und Obrigkeit stechen Freiheit, Autonomie, Toleranz und Menschenverstand. Das ist offenbar zum Grundprinzip der Justiz geworden. Und der einst mmer beachtete Aspekt der Verhältnismäßigkeit wird total ignoriert.
Ist es sehr polemisch, wenn einem da auffällt, dass praktisch zur gleichen Stunde auch im undemokratischen Ausland Gerichte Urteile auf erstaunlich verwandten Linien gefällt haben? In immer mehr Ländern zeigen sich Richter widerstandslos als die verlängerten Arme der Staatsmacht. Da hat in Moskau soeben ein Gericht die Haftentlassung der Pussy-Riot-Frauen abgelehnt. Da hat in Ägypten ein Gericht gegen Expräsident Mursi plötzlich ein Mordverfahren eröffnet.
Natürlich kann Mursi ein Mörder sein, natürlich haben sich die Pussy-Riot-Frauen unappetitlich benommen. Aber absolut sicher ist: Wären die politischen Machtverhältnisse in diesen Ländern nicht jeweils so, wie sie eben gerade sind, dann hätten sich die dortigen Richter niemals so verhalten.
Wozu braucht man aber dann eigentlich noch Gerichtshöfe? Lasst doch die Putins, die Faymanns, die ägyptischen Generäle und die sonstigen Herrscher gleich wieder selbst über uns urteilen, wie sie es auch bei uns noch im 18. Jahrhundert und ein paar Jahrtausende davor getan haben.
Ganz sicher keine Polemik ist es jedenfalls, wenn man an die einstigen Urteile des argentinischen Höchstgerichts erinnert. Dieses hatte es vor einem Jahrzehnt verboten, die Zahlungen an Beamte und Provinzen im notwendigen Umfang zu kürzen. Den darauf zwingend folgenden Staatsbankrott haben die Richter hingegen schulterzuckend hingenommen. Und ebenso die Tatsache, dass Argentinien noch heute unter diesem Bankrott leidet und in vielen Ländern den Zugriff der Gläubiger fürchten muss.
PS: Wie das alles, wie vor allem SPÖ und ORF ineinandergreifen, hat auch schon wieder die nächste ORF-Meldung zur Justiz gezeigt: Das Fernsehen verkündete der Nation, dass der nächste Präsident des Verwaltungsgerichtshofs ÖVP-nahe ist; es verschweigt aber zugleich, dass der amtierende Präsident ebenso wie die künftige Stellvertreterin knallrote Genossen sind. ORF-Objektivität halt.
PPS: Alleine der an diesen und anderen Beispielen offenkundige Machtmissbrauch durch die SPÖ in ORF und Justiz müsste eigentlich Grund genug für die ÖVP sein, alles zu tun, um die bürgerliche Wählermehrheit auch wieder zu einer Regierungsmehrheit zu machen. Nur so kann dieser Missbrauch zumindest ein wenig eingeschänkt werden. Aber die Herrn Leitl, Mitterlehner und Pröll werden schon dafür sorgen, dass sich der österreichische Sozialismus auch nach den Wahlen noch weiter ausbreiten kann. Dazu ist die ÖVP nun offensichtlich sogar bereit, sich mit den Grünen in ein Koalitionsbett zu legen.
Der russische Dissident Michail Chodorkowski ist nicht aus politischen Gründen eingesperrt worden. So hat nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt. Das mag glauben, wer will. Ich kann es beim besten Willen nicht. Und stoße beim näheren Nachforschen neben diesem Fall gleich auf eine Fülle katastrophaler Entwicklungen, die dieser EGMR verschuldet hat.
Vorerst zu Chodorkowsi. Um auch nur irgendwie an den nichtpolitischen Charakter seiner Konfinierung im Gulag glauben zu können, sind in den acht(!) Jahren seit seiner Verurteilung schon viel zu viele ähnliche Urteile im Lande des Wladimir Putin gefällt worden. Jeder, der dem Machthaber politisch gefährlich werden könnte, wurde unter fadenscheinigsten Vorwänden verurteilt, musste ins Ausland fliehen oder fand plötzlich den Tod.
Praktisch alle Medien, die einst in Russland unabhängig und kritisch berichtet haben, wurden inzwischen „umgedreht“. Etliche Journalisten haben ihre Recherchen über Korruptionsaffären der Mächtigen in Politik, Geheimdienst und Armee nicht überlebt. Das ist noch ärger als die üble Lage in der Türkei, welche heute in Europa die weitaus höchste Zahl an Journalisten aufweist, die wegen ihrer Berichterstattung eingesperrt worden sind.
In Russland wie in der Türkei geht man gegen mutige Journalisten nicht nur direkt vor: Wenn das nichts fruchtet, dann wird dem Zeitungseigentümer klargemacht, dass es für seine sonstigen Geschäfte gar nicht gut sei, wenn seine Medien solcherart berichten. Das hat bei den allermeisten Verlegern rasch gewirkt. Oder gleich zu einem Verkauf der ganzen Zeitung geführt.
Im Fall Chodorkowski hat der Straßburger Gerichtshof Russland im einzig relevanten Punkt also freigesprochen. Dafür hat er das Land gleichzeitig wegen eines marginalen Verfahrensfehlers zu 10.000 Euro Strafe verurteilt. Das kann nur noch als zusätzlicher Hohn für die Dissidenten angesehen werden. Und als missglückter Versuch des Gerichtshofs, von der Peinlichkeit des eigenen Verhaltens abzulenken. Unterschwellig wird damit jedoch in Wahrheit besonders Mieses signalisiert: Dem Juden Chodorkowski würde es ja ohnedies nur aufs Geld ankommen. Tiefer gehts nimmer.
Ähnlich wie im Fall Chodorkowski hatte der Gerichtshof auch ein paar Monate davor die Causa Timoschenko behandelt. Die ehemalige Ministerpräsidentin der Ukraine ist ebenfalls aus eindeutig politischen Gründen inhaftiert. Aber auch hier hat der EGMR in seinem Urteil nur herumgeredet und nicht klar gesagt, dass Timoschenko freizulassen ist. Weshalb die Ukraine die Frau – für die sich vor allem Deutschland tapfer eingesetzt hat – ungeniert weiter hinter Gittern hält.
Die Vielzahl solcher EGMR-Urteile ist alles andere als ein Zufall. Sie ist vielmehr direkte Folge der Erweiterung des Europarates (der die Basis des EGMR bildet, während die EU trotz vielfacher Verwechslung mit beiden nichts zu tun hat) und des Gerichtshofs bis nach Mittelasien. Es ist im Gegensatz zu den damaligen Illusionen in keiner Weise gelungen, die vielen neuen Mitglieder des Europarats und des EGMR auf das menschrechtliche Niveau Westeuropas zu heben. Statt dessen trat das Gegenteil ein: Diese Länder haben den Westen ein erstaunliches Stück auf ihr eigenes Niveau hinuntergezogen.
Damit müsste nun eigentlich in den wirklichen Rechtsstaaten eine Diskussion beginnen, ob eine Mitgliedschaft in solchen Gremien überhaupt noch einen Sinn hat. Was für grundrechtliche Standards sollen sich Deutschland, Großbritannien, die Schweiz oder Österreich denn von einem solchen EGMR noch erwarten?
Gewiss: Es darf nicht vergessen werden, dass dieser supranationale Gerichtshof in der Vergangenheit durchaus Verdienste errungen hat. So hat er damals den einstigen obrigkeitsstaatlichen Durchgriff in Österreich beendet, der Politiker gegen Kritiker geradezu immunisiert hatte. So hat sich etwa Bruno Kreisky in Straßburg eine blutige Nase geholt, als er gegen kritische Journalisten vorgehen wollte.
Auch die einstige Kritik des EGMR an einer langen Verfahrensdauer in einzelnen Staaten war verdienstvoll. Nur wird diese Kritik heute von ihm selbst ad absurdum geführt. Denn beim EGMR dauern seit einiger Zeit Verfahren oft fünf oder im Fall Chodorkowski sogar acht Jahre. Dagegen ist selbst die Wiener Staatsanwaltschaft ein Weltmeister an Schnelligkeit.
Vor allem die Zusammensetzung seiner eigenen Richterbank macht heute den EGMR zur Groteske. Wie sollen solche Richter den Standard von Rechtsstaat und Menschenrechten bewahren oder gar ausbauen können? Wer kann sich von „Richtern“ aus folgenden Staaten etwas Positives zu erwarten: Aserbaidschan, Georgien, Rumänien, Kroatien, Albanien, Mazedonien, Montenegro, Türkei oder Moldawien?
In jedem einzelnen dieser Länder bewegen sich nicht nur die rechtsstaatlichen Standards auf einem sehr niedrigen Niveau. In fast allen diesen Ländern sind überdies auch Menschen aus ganz offensichtlich politischen Gründen in Haft – oder es wird Korruption nur sehr einseitig verfolgt. Das macht es ziemlich logisch, dass „Richter“ aus solchen Ländern – freundlich formuliert – extreme Zurückhaltung üben, wenn einem anderen Land der politische Missbrauch der Justiz vorgeworfen wird.
Noch unfassbarer ist: Sämtliche Richterbesetzungen im EGMR sind rein politische Ernennungen durch die einzelnen Regierungen. Da gibt es keinerlei unabhängige Bewertung oder Prüfung der Qualifikation. Viele der Richter sind daher glatte Politruks und Protektionskinder der Machthaber (übrigens weist auch die aus Österreich entsandte Juristin keinerlei richterliche Qualifikationen auf).
Diese Menschen amtieren aber in Straßburg als über allen Gerichtshöfen Europas stehende Superinstanz. Sie haben die Macht, uns mit rechtlicher Wirkung zu bleehren, wie bei uns Menschenrechte und Gerechtigkeit ausschauen sollen. Einfach absurd.
Dieser Gerichtshof fällt aber nicht nur in politischen Prozessen völlig unakzeptable Urteile. Er vertritt auch immer mehr die Interessen jener Menschen, die nach Westeuropa emigriert sind. Und die der Herkunftsländer. Diese sind natürlich in keiner Weise daran interessiert, dass ihnen etwa Österreich kriminelle Typen zurückschickt. Bei Migrationsthemen haben es die dubiosen Ostrichter doppelt leicht, eine Mehrheit auf der Richterbank zu finden, weil unter den westlichen Richtern etliche Gutmenschen zu finden sind, die prinzipiell emotional auf der Seite von Verbrechern stehen. Und die daher mit den Ostrichtern stimmen.
Der Linzer Universitätsprofessor Andreas Hauer hat jedenfalls eine Reihe von EGMR-Urteilen zusammengetragen, die einen einfach fassungslos machen. So hat der EGMR jeweils judiziert, dass Österreich folgende ausländische Straftäter nicht hinauswerfen hätte dürfen:
Auch Frankreich, Dänemark und die Schweiz sind mit ähnlich absonderlichen Urteilen aus Straßburg konfrontiert worden, in denen die Abschiebung folgender Herrschaften abgelehnt worden ist:
Das Ergebnis dieser EGMR-Urteile: Zahllose ausländische Drogendealer, Einbrecher und Räuber können nun nicht mehr abgeschoben werden, sondern bleiben in den westeuropäischen Zielstaaten mit deren wohlausgebauten Sozialsystemen. Damit verletzt aber in Wahrheit der EGMR ganz eindeutig das Menschenrecht der Opfer auf Schutz vor Verbrechen und Verbrechern.
Das aber ist dem EGMR offenbar egal. Damit liegt er übrigens auf einer Linie mit einigen linken Juristen und Medien. Diese haben sich ja in den letzten Wochen maßlos über die Zustände in österreichischen Gefängnissen alteriert, sich aber keine Sekunde lang für die einstigen Opfer der Häftlinge interessiert. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Zurück zum EGMR: Nüchterne Beobachtung kann nur zu einem Schluss kommen: So wichtig der Menschenrechtsgerichtshof in den ersten Nachkriegsjahrzehnten auch war, als er echten Rechtsstaaten und Demokratien zur Verbesserung der Menschenrechtsstandards geholfen hat, und als in Straßburg nur qualifizierte Richter aus solchen Ländern amtiert haben, so unsinnig, ja schädlich ist sein Wirken heute.
Längst sollte daher der Austritt aus Europarat und diesem EGMR auf der Tagesordnung Österreichs und anderer Demokratien stehen. Diese Mitgliedschaft schadet heute den Menschenrechten mehr, als ihnen zu nützen. Und das geht weit über Timoschenko und Chodorkowski hinaus.
Dieses Buch erscheint, da die Eurokrise trotz – oder besser: wegen! – immer neuer „Rettungspakete“ von einem Höhepunkt zum nächsten eilt, genau zum rechten Zeitpunkt. Der Autor, Jörg Guido Hülsmann, der an der Universität von Angers Volkswirtschaftslehre unterrichtet, lässt die Luft aus der von staatsnahen Scharlatanen geschaffenen Erklärungsblase, wonach angeblich unregulierte Märkte, die Gier von Bankern und Spekulanten, und eine kollektive Unterkonsumption die Schuld am nicht enden wollenden Verschuldungs- und Währungsdebakel tragen sollen.
Einer Schuldenkrise mit einer noch weiter auf die Spitze getriebenen Schuldenorgie Herr werden zu wollen, wie es gegenwärtig die politischen Eliten versuchen, erscheint verrückt. Bereits jetzt in vielen Branchen bestehenden Überkapazitäten mittels „Konjunkturprogrammen“ noch weitere hinzuzufügen, irrsinnig.
Weder Monetaristen noch Keynesianer hatten die Blasenbildungen der letzten Jahrzehnte kommen sehen. Bis heute kann keiner von ihnen eine konsistente Erklärung für deren Entstehung anbieten, geschweige denn eine plausible Idee vorweisen, welcher Ausweg zu nehmen ist. Hülsmann stellt die auf dem Kopf stehenden Theorien und Lösungsansätze der Hauptstromökonomie auf rund 300 Seiten wieder auf die Füße: Nein, an Regulierungsdichte mangelt es der Finanzwirtschaft nicht. Nein, von einem zu zaghaften Einsatz der Notenpresse, oder anderen den Staaten zur Verfügung stehenden Instrumenten, kann auch keine Rede sein. Wo also liegt der Hund begraben?
Um seine Erklärung für die Krise und den darauf folgenden Maßnahmenkatalog zu fundieren, holt der Autor weit aus. Im „Über Wachstum“ betitelten ersten Teil seines Buches unterzieht er einige irrige Vorstellungen, wie jene, wonach Deflation der Übel größtes sei, oder dass ohne „billige Kredite“ kein Wachstum möglich wäre, einer kritischen Würdigung. Im zweiten Teil nimmt er das Phänomen Inflation aufs Korn, erklärt deren verschiedene Erscheinungsformen und beschreibt die fatale Wirkung, die sie nicht nur auf Geldwert und private Ersparnisse ausübt, sondern in letzter Konsequenz auch auf die Richtung, in die sich eine Gesellschaft entwickelt.
Dass Inflation Schuldnern und Verschwendern nutzt, während sie Sparern schadet, dürfte eine Einsicht sein, die auch Zeitgenossen vermittelt werden kann, die sich selten mit Wirtschaftsfragen befassen. Weniger leicht zu erklären sind indes deren langfristige Folgen, da nicht offensichtlich auf der Hand liegt, welch tief greifende Veränderungen der Gesellschaft mit einer dauerhaft gepflegten „Inflationskultur“ einhergehen.
Erste und größte Nutznießer der Inflation sind der Staat und der mit ihm innig verbundene Bankensektor. Der wesentlichste Grund dafür ist, dass Staat und Banken, vor allen Normalsterblichen, über das neu in die Welt gebrachte – keinerlei „inneren Wert“ repräsentierende – Geld verfügen können. Das unentwegte Staatswachstum einerseits und die monströse Aufblähung des Finanzsektors andererseits, sind unmittelbare Konsequenzen des staatlich monopolisierten Schuldgeldsystems.
Da Staaten nichts produzieren, und daher nichts „verdienen“, sind die Regierungen genötigt, ihre Bürger mittels Steuern und Abgaben um ihr erarbeitetes Einkommen und das ersparte Vermögen zu bringen, um ihre Vorhaben zu finanzieren. Da die tragbare Steuerlast, trotz theoretisch unbegrenzter staatlicher Zugriffsmöglichkeiten, endlich ist, die Begehrlichkeiten der Regierungen aber grenzenlos sind, bildet die Schuldenmacherei eine willkommene Finanzierungsalternative. Stehen den Regierungen in einer solchen Lage hörige Zentralbanken und willig kooperierende, weil gegenüber allen anderen Wirtschaftsakteuren privilegierte, Geschäftsbanken zur Seite, steht der planmäßigen Ausplünderung der Privathaushalte durch eine in „finanzieller Repression“ kulminierende Geld- und Fiskalpolitik, nichts mehr im Wege.
Die im dritten Teil des Buches präsentierten Vorschläge für einen Ausweg aus der Krise sind – so richtig sie erscheinen – auf dem Boden des demokratischen Wohlfahrtsstaates schwer bis unmöglich umzusetzen. Da der Staat es geschafft hat, die Mehrheit der Wahlberechtigten – mit deren eigenem Geld! – von sich abhängig zu machen, wird die Reduzierung der Staatsaufgaben schwierig werden. Schließlich hängt eine große Mehrheit der Wahlberechtigten der von Intellektuellen und Massenmedien genährten Illusion an, letztlich doch mehr aus dem System herausziehen zu können, als sie einzahlt. „Der Staat ist die große Fiktion, dass jedermann auf Kosten von jedermann leben kann.“ Ein Ende für das staatliche Geldmonopol und die Zentralbanken (und damit der über Jahrzehnte gepflegten „Inflationskultur“) wird Otto Normalverbraucher daher als utopisches Vorhaben erscheinen. Die Inkaufnahme einer – möglicherweise mehrere Jahre anhaltenden – deflationären Rezession, die alle durch den Staatsinterventionismus geschaffenen Verzerrungen beseitigt, wird keine Regierung aushalten, ohne aus dem Amt gejagt zu werden.
Dennoch: Das vom Autor geforderte „Ende mit Schrecken“ ist zweifellos die einzig sinnvolle Alternative zum derzeit zelebrierten, immer tiefer in den Abgrund führenden, „Mehr vom selben“. Erleben werden wir eine Umsetzung der Hülsmann´schen Vorschläge wohl eher nicht. So werden wir vielmehr weiterhin mit einem Schrecken ohne Ende zu leben haben…
Krise der Inflationskultur
Jürg Guido Hülsmann
Finanzbuchverlag 2013
320 Seiten, broschiert
ISBN 378-3-89879-797-9
€ 17,99,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
In Österreich sind jetzt die neuen Verwaltungsgerichte besetzt worden. Was uns einst als Verwaltungsreform verkauft worden ist, bringt statt dessen eine Aufblähung – und wie ganz selbstverständlich streng rot-schwarzen Proporz.
An die Spitze des neuen Bundesverwaltungsgerichts kam ein Mann aus einem SPÖ-Kanzlerkabinett, mit einem symmetrisch qualifizierten schwarzen Stellvertreter. Besetzt hat eine Auswahlkommission, die sich streng im Proporz aus ehemaligen Angehörigen von Ministerkabinetten zusammensetzt. Gewiss kann man sagen und hat damit auch Recht, dass in Ministerkabinette meist nicht die Allerdümmsten geholt werden, und dass junge Nachwuchsakademiker dort mehr lernen über das Funktionieren der staatlichen Verwaltung als irgendwo sonst. Niemand kann auch genau beweisen, dass die vielen sonstigen Mitglieder der neuen Verwaltungsgerichte (allein im Bund sind es 80!) ebenso streng rot-schwarz zusammengesetzt worden sind.
Das Bild ist trotzdem kein gutes. Und der Schaden für die Reputation der Regierung ist enorm. Rätselhaft ist, wie viel weniger Aufmerksamkeit es findet, wie in Österreich mit den noch viel wichtigeren Oberstgerichten umgegangen wird. Denn beim – über den neuen Verwaltungsgerichten stehenden – Verwaltungsgerichtshof wurde nun der in Pension gehende rote Präsident von der Regierung durch seinen schwarzen Vize ersetzt. Worauf der Vize wieder rot besetzt wird. Mit offenbar ebenso selbstverständlichem Nachrücke-Ticket.
Und am ärgsten geht es beim Verfassungsgerichtshof zu, dem die Regierung vor kurzem übrigens noch mehr Macht zugeschoben hat. Dort hat jeder einzelne Posten vom Präsidenten bis zum letzten Ersatzmitglied ein rotes oder schwarzes Mascherl. Das ist bei Neubesetzungen immer wichtiger als die individuelle Qualifikation.
Für die Arbeit im Verfassungsgerichtshof ist zum Unterschied von Verwaltungsgerichten die Arbeit in einem Ministerkabinett keineswegs eine besonders hilfreiche Vorbildung. Das gilt nicht einmal für eine Tätigkeit im Vorzimmer des stadtbekannten Intellektuellen Faymann. Gerade beim VfGH wäre es besonders dringlich, dass die ganze Pluralität der Gesellschaft und der Verfassungsexperten zum Zug käme.
Das tut sie aber nicht. Denn die den VfGH exklusiv beschickenden zwei Parteien vertreten nicht einmal 43 Prozent der Wahlberechtigten. Der Rest der Nation kommt nicht vor. Demokratisch?
Besonders widerlich aber ist, wie zugleich die österreichische Linke und damit auch die Medien gegen Ungarn stänkern, wo eine Regierung mit viel größerer Mehrheit ähnliche Gremien besetzt. Vor allem die in der EU sitzenden SPÖ-Männer wollen Ungarn deswegen am liebsten strafweise von allen europäischen Mitbestimmungsmöglichkeiten ausschließen.
Das ist eine wirklich heuchlerische Doppelbödigkeit. Oder freundlicher formuliert: Wer im Glashaus sitzt, sollte schweigsam sein, statt mit Steinen zu werfen. Oder biblisch formuliert: Man sollte sich an den Balken im eigenen Auge erinnern, bevor man sich über die Splitter beim Nachbarn alteriert.
Die USA setzen völlig überraschend die schon für August fixiert gewesene Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen nach Ägypten aus.
Das verstehe, wer kann. Ich kann‘s nicht. Denn das heißt im Klartext: Die USA hätten die Flugzeuge einem islamistischen Präsidenten geliefert, der höchstwahrscheinlich jede weitere demokratische Wahl unmöglich gemacht hätte, gegen den mehr Unterschriften gesammelt worden sind, als der Mann bei seiner Wahl überhaupt gehabt hatte. Die USA liefern die Waffen aber nicht an die neue Regierung, die um Eckhäuser prowestlicher ist, die Ägyptens Annäherung an Terrorvereine wie die Hamas und an den atomwaffengierigen Iran gestoppt hat, die mit Israel wieder eine geordnete Koexistenz hat, die ganz offensichtlich nach Jahrzehnten die Aufnahme von palästinensisch-israelischen Verhandlungen ermöglicht hat, die mit der Unterstützung von islamistischen Revolutionen in der ganzen arabischen Welt aufgehört hat, die die Gleichberechtigung der Frauen akzeptiert, die den ägyptischen Kopten eine geordnete Überlebensperspektive gibt, die dem Land eine brauchbare Verfassung im Konsens aller und baldige Neuwahlen bringen will. Es gibt Momente, da beginne ich die bösen Gerüchte über Barak Obama ein wenig ernster zu nehmen, an die ich bisher nie geglaubt habe.
In den letzten Jahren konnten sich rote, schwarze und erst recht grüne Politiker gar nicht genug rühmen, den Ort Güssing und dessen angebliche Energieautarkie vor den Vorhang zu holen und bejubeln. Ein Burgenländerwitz.
Denn jetzt ist Güssings so intensiv bejubelte „Energieautarkie“ wie ein Kartenhaus zusammengebrochen. Konkurs und Aus. Wo bleibt da jetzt eigentlich der burgenländische Intelligenzminister Berlakovich, der sich ja vor relativer kurzer Zeit nicht entblödet hatte, von einer Energieautarkie Österreichs nach Güssinger Vorbild zu schwadronieren (aber ohne dass das Schiefergas angetastet würde!)? Wo bleiben da jetzt eigentlich all die Umwelt- und Alternativpäpste? Keine Sorge: Ihnen wird schon bald etwas einfallen. Der ORF etwa wird die alljährliche sommerliche Hitze zu einer Klimakatastrophe hochjubeln. Und die Politik wird beschließen, dass wir alle noch viel mehr für die Güssinger Schnapsideen zahlen müssen. „Geht es doch um Güssing! Güssing! Da kann man doch nicht tatenlos zuschauen, Schuldenexplosion hin oder her!“ Zusätzlich könnten sie auch beschließen, dass in jedem Hinterhof und Blumengarten künftig eines der ihnen und uns so teuren Windräder aufgestellt werden muss.
Alleine die Art, wie die ZiB über den Rücktritt des unter schweren strafrechtlichen Vorwürfen stehenden Linzer Finanzstadtrates berichtet hat, lässt einem die Zornesader platzen. Dagegen war das sowjetische Radio Moskau (um nicht vom Radio Eriwan zu sprechen) geradezu ein hochseriöser Sender. Wie auch viele andere Exempel zeigen.
Der Stadtrat hat – nach langer, angeblich urlaubsbedingter Schrecksekunde – nun auf die Anklageerhebung reagiert und ist zurückgetreten. Auslöser ist, dass er nicht auf die mehrfachen Warnungen und Empfehlungen der Bawag reagiert hat, sich von den immer riskanter werdenden Veranlagungen zu trennen, die er für die Stadt Linz vorgenommen hat. Diese waren jedenfalls weit riskanter als alles, was SPÖ und ihre PR-Agentur namens AK sonst immer wutschnaubend als Spekulationen diskreditieren.
Eine Auflösung der Veranlagungen zum Zeitpunkt der Bank-Warnungen hätte zwar auch einen Verlust gebracht. Sie wäre aber jedenfalls weit billiger gekommen als heute. Damit kein Missverständnis entsteht: Den Verlust tragen natürlich die Steuerzahler, nicht einer der handelnden Politiker. Deshalb (und aus ein paar weiteren, ebenso üblen Motiven) will die SPÖ ja jetzt wieder ein paar Steuern erhöhen beziehungsweise einführen.
Der ORF kam zwar nicht darum herum, über diesen Rücktritt zu berichten. Er versteckte den Bericht freilich hinter mehreren anderen. Dazu gehörte etwa die absolut nichts Neues bringende Fortsetzung des Telekom-Verfahrens (wo die Staatsanwaltschaft seltsamerweise nur das BZÖ und nicht die genauso evidenten Geldflüsse von der Telekom zu den heutigen Regierungsparteien anklagt; was dazu führt, dass der ORF den Prozess breitest aufrollt).
Was aber noch viel ärger ist: Im ganzen Bericht wurde kein einziges Mal gesagt, dass der abgestürzte Stadtrat von der SPÖ kommt, oder dass er sozialdemokratisch oder sozialistisch ist. Auch der zumindest politisch mitschuldige Bürgermeister blieb parteipolitisch im ORF-Ton ein Neutrum. Lediglich am Ende der kurz eingeblendeten Namensinserts war jeweils „SPÖ“ zu lesen.
Das ist wohlgemerkt der gleiche ORF, der sich gar nicht genug übertreffen kann, beim Telekom-Prozess zahllose Male vom BZÖ zu sprechen. Der sich gar nicht genug echauffieren kann, wenn er wieder etwas Negatives über die FPÖ berichtet. Der gar nicht oft genug bei kritischen oder negativen Berichten vom „ÖVP-geführten Finanzministerium“, von der „ÖVP-geführten Lehrergewerkschaft“ oder von der „ÖVP-nahen“ Aktionsgemeinschaft sprechen kann (Dabei sind Lehrergewerkschaft wie Aktionsgemeinschaft rechtlich völlig selbständig; dabei spricht dieser ORF ja auch bei Arbeiterkammer oder ÖGB nicht von „SPÖ-geführten“ Körperschaften; er setzt vielmehr im Gegenteil deren Interventionen hündisch um).
Da wagt es der ORF am gleichen Abend, über einen neuen Entlastungszeugen für den Kärntner SPÖ-Landeshauptmann zu berichten. Dieser steht unter staatsanwaltschaftlichem Verdacht wegen finanzieller Manipulationen mit Steuergeldern zugunsten von SPÖ-nahen Agenturen. Der Entlastungszeuge stellt sich aber als der höchsteigene Kabinettschef dieses Landeshauptmanns heraus. Dessen Aussage ist für jeden Juristen von – vorsichtig ausgedrückt – extrem reduzierter Relevanz. Nicht aber für die AZ-Nachfolger im ORF-Fernsehen, die berichten sogar über solche Treppenwitze (natürlich aus dem „Falter“) in vollem Parteiernst.
Pikant war auch der Bericht der gleichen ZiB 2 über den Besuch des Pfarrers Schüller in Amerika. Denn der war weit länger als der – nachher! – gesendete Bericht über den Papstbesuch in Brasilien. Und dabei ging es fast nicht um den Papst, sondern primär um die Parolen der dortigen Linksdemonstranten, die das Heer der Papst-Journalisten für ihre Zwecke zu missbrauchen versuchen. Kein Wort war hingegen zu hören, dass in Brasilien ein Vielfaches – rund zwei Millionen – katholischer Jugendlicher versammelt ist. Dafür rühmte man aber mehrmals in Wort und Bild die paar hundert Zuhörer für Schüller. Und man verschwieg – was die ideologisch neutrale Kamera freilich enthüllte –, dass die Schüller-Fans durchwegs im Pensionistenalter waren.
So geht es in fast jeder ORF-Sendung dahin. Hier wird nur bisweilen ein Tag herausgegriffen.
Ein noch größerer Skandal ist die Nicht-Ausstrahlung des gerichtlich angeordneten Widerrufs, zu dem die grüne Abgeordnete Moser wegen einiger haltloser Anschuldigungen gegen Karl-Heinz Grasser verurteilt worden war. Dabei hätte der angeblich notleidende ORF diesen Widerruf den Grünen bar zum vollen Werbetarif verrechnen können. Dafür hat die ZiB aber dann breit berichtet, dass Moser in einem anderen Scharmützel über Grasser gesiegt hat.
Unglaublich war auch vor kurzem der Bericht der ZiB (andere ORF-Nachrichten habe ich nicht gesehen oder gehört) über die Bilanz der Zuwanderung nach Österreich: Da wurde mit keiner Silbe die schockierende Tatsache erwähnt, dass diese Zuwanderung explosionsartig in einem einzigen Jahr um 40 Prozent zugenommen hat. Und schon überhaupt verschwiegen wurde, dass diese Zunahme einen seltsamen Kontrast zur Vermehrung der Arbeitslosen und Grundeinkommensbezieher bildet (beide Informationen wären ja Wasser auf die Mühlen von Blau und Orange, werden daher zensuriert). Oder dass immer mehr gut ausgebildete Österreicher das Land verlassen, weil sie anderswo angesichts der steigenden Steuerlast und Regulierungswut eine bessere Zukunft sehen (das wäre ja Wasser auf die Mühlen der ÖVP und wird daher ebenfalls zensuriert).
Statt dessen haben die gebührenkassierenden Manipulatoren einen ganz anderen Nebenaspekt für groß berichtenswert gefunden. Sie informierten, dass die meisten Zuwanderer aus Ungarn und Deutschland gekommen sind. Dass dann knapp dahinter Rumänien am dritten Platz liegt, war der ideologisch gesteuerten Berichterstattung dann offenbar schon wieder zuwider und blieb unerwähnt. Gegen Ungarn und Deutschland Stimmung zu machen, ist politisch bei der Linken erwünscht. Alles andere ist es nicht und wird daher dem Volk verschwiegen.
In einem öffentlich-rechtlich geführten Sender wäre es auch völlig unmöglich, wie – einzig und allein durch den ORF prominent gewordene! – Moderatoren außerhalb des ORF agieren: Da cashen sie nicht nur unverschämt bei kommerziellen Moderationen ab. Da führen sie vor allem via Twitter völlig ungehemmt und ungehindert ihre privaten Hetzkampagnen. Wie es etwa ein Herr Wolf tut.
Früher, als man im ORF das Wort „öffentlich-rechtlich“ noch buchstabieren konnte, waren hingegen ORF-Korrespondenten sogar dann auf gewaltige Hindernisse gestoßen, wenn sie aus anderen Ländern für eine Zeitung (abgesehen natürlich von „Falter“ und „Standard“) berichten wollten. Das wurde sehr oft behindert. Dabei ging es nur um Berichte und nicht um Kommentare oder gar Hetz-Tweets.
Der gezielte Hass, mit dem derselbe Wolf die (zweifellos medial total unbegabte, aber in der Sache diesmal durchaus richtig liegende) Justizministerin unlängst vorzuführen versucht hat, ist ja hier schon analysiert worden.
Weniger Erwähnung findet es hingegen meist, dass auch im Online-Auftritt des ORF sehr häufig linksradikale Hetze zu finden ist. Ein kleines Beispiel: Bei der Bestellung eines neuen Bischofs war dort der unglaubliche Satz zu lesen: „Nur Männer dürfen in der katholischen Kirche Weiheämter innehaben. Bei der Suche nach einem neuen Bischof für Vorarlberg – Benno Elbs wird heute geweiht – nahm man daher erst gar keine geeigneten Kandidatinnen in den Blick.“
Das ist reinste Hetze mit null Informationswert. Denn selbst der blödeste ORF-Online-Leser weiß, dass die Kirche nur Männer zu Priestern oder gar Bischöfen weiht. Was sich der ORF auch immer unter „geeigneten Kandidatinnen“ vorstellen mag.
Ähnlich hetzerisch war auf Online auch vor kurzem über die Airpower-Flugshow in der Steiermark berichtet worden. Dabei wurde die Tatsache, dass dabei „300.000 Liter Kerosin“ verbraucht werden, sogar zum Titel gemacht. Nun, den Umweltaspekt kann man ja bei solchen Veranstaltungen durchaus diskutieren. Nur fehlt dem ORF dazu jede Legitimität.
Denn bei den Berichten über die nun ebenfalls in der Steiermark wiederbelebte Formel 1 wird der Umweltaspekt keineswegs herausgekehrt. Die Formel 1 vergeudet jedoch ebenfalls enorm viel Treibstoff, und sie ist inhaltlich mindestens so sinnlos wie eine Flugshow. Aber in der Formel 1 ist der ORF um unsere Gebühren Mittäter; und bei der Flugshow kann er gegen das Bundesheer hetzen.
Für die ORF-ZiB werden die Umweltthemen rund um die Formel 1 plötzlich zu offenbar unerwünschten „Auflagen“. Und dass die Formel 1 ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt nach Österreich kommen soll, da deren Eigentümer wegen eines offenbaren Betrugsgeschäftes in Deutschland vor den Strafrichter muss und wohl bald nicht mehr Formel-1-Chef sein wird, wird überhaupt total verschwiegen.
Wundert sich eigentlich noch jemand über all das? Wohl nicht. Nur noch politische und mediale Totalabstinenzler können die vor allem in Vorwahlzeiten immer schwerer werdende Schlagseite des ORF übersehen, die sich mit der anhaltenden Unfähigkeit paart. Hier sind ja nur ein paar Beispiele herausgegriffen worden. Der ORF benimmt sich vom Scheitel bis zur Sohle als rotgrünes Zentralorgan – wobei alle Machtpositionen vom Generaldirektor über den Stiftungsrat bis zum Fernseh-Chefredakteur direkt in knallroten Händen sind. Grüne und Linksradikale stellen die Redaktionsteams. Und sie alle wissen schon auf Grund ihrer mäßigen Fähigkeiten, dass ihre Kariere primär daran hängt, dass die SPÖ auch den nächsten Bundeskanzler stellt.
Aber wir alle müssen dafür heftig zahlen. Und wir werden wohl bald noch mehr zahlen müssen. Sonst würden am Ende irgendwelche Kultursendungen eingestellt (die von ganzen 3000 Menschen gesehen werden). Damit versucht die ORF-Spitze ja derzeit ständig zu drohen . . .
Von den involvierten Politikern wird der „Durchbruch“ im neuen Dienstrecht bereits herbeigeredet. Noch schnell vor der Wahl soll alles über die Bühne gehen. Jede Regierungspartei will sich den Erfolg auf die Fahnen heften. Die hohe Zahl der nun in relativ kurzen Abständen stattfindenden Verhandlungsrunden soll den öffentlichen Druck erhöhen und den Eindruck vermitteln, dass die Politik den Gewerkschaften ohnehin schon stark entgegengekommen sei. Nun müsse man doch endlich zum Abschluss kommen! Sonst habe der Kanzler durchaus Recht, wenn er über die Gewerkschaft „drüberfahre“, weil nichts weitergeht!
Was an Fakten medial durchdringt, klingt ja im Grunde nicht so arg: ein bisschen mehr unterrichten, dafür höhere Einstiegsgehälter! Warum zieren sich die Lehrer, vor allem die AHS-Professoren, bloß so?
Für mich sind die Pläne der Bildungsministerin jedoch nicht nur als AHS-Direktorin, sondern auch als stellvertretende Vorsitzende der „Bildungsplattform Leistung & Vielfalt“ und Bundesobfrau der VCL alles andere als harmlos, ja geradezu eine gefährliche Drohung!
Sehen Sie als Fluggast eine Qualitätsoffensive darin, dass Billig-Airlines ihre Flugbegleiter ausbeuten, indem sie diese nur mehr für die Zeit bezahlen, die sie an Bord – also in der Luft – verbringen? Ähnliches wird nach den Schmiedschen Plänen bald für Lehrer gelten – mit massiven Auswirkungen auf die Schüler und damit Eltern.
Qualitätsoffensive durch ein neues Lehrerdienstrecht? Fehlanzeige! Das neue Dienstrecht wird die Bildungschancen unserer Kinder gefährden!
Der Vergleich mit den Billig-Fluglinien ist durchaus nicht an den Haaren herbeigezogen: Was in Zukunft für Lehrkräfte zählen soll, ist die reine Unterrichtszeit. Schon bisher waren viele Aufgaben in die Lehrverpflichtung inkludiert, doch in Zukunft sollen ALLE über das Unterrichten hinausgehenden Aufgaben sozusagen „all inclusive“ sein – und das noch dazu bei einer deutlich erhöhten Unterrichtsverpflichtung!
Das bedeutet nicht nur, dass es in Zukunft an den höheren Schulen keine Mini-Abgeltungen für Zusatzaufgaben mehr geben wird (wie für Bildungsberatung, Durchführung der Schulbuchaktion, EDV-Betreuung und Instandhaltung aller audiovisuellen Medien sowie der Ausstattung der Chemie-, Physik-, Biologie- und Werksäle, Begleitung bei Schikursen und Sprachreisen etc., um nur einige wenige zu nennen). Nein: Auch die aus keiner Schule wegzudenkenden Administratoren sind im neuen Dienstrecht nicht mehr vorgesehen, da für Schmied offensichtlich überflüssig. Diese Lehrer sind an höheren Schulen mit mindestens acht Klassen sozusagen die „rechte Hand“ der Direktion und nicht bloß zur verwaltungsmäßigen Unterstützung eingesetzt. Vielmehr sind sie Ansprechpartner in sämtlichen organisatorischen und vielen pädagogischen Bereichen.
Sie erledigen z. B. die administrative Umsetzung der Diensteinteilung und sorgen für Stundenplan und Vertretungsplanung, arbeiten sich jährlich wieder in neue komplizierte Verwaltungsprogramme ein. Sie halten so den Schulleitern den Rücken frei für ihre ohnehin an Umfang kaum zu überbietenden Aufgaben, vor allem, aber nicht nur für die pädagogische Leitung der Schule mit all den vielen Facetten: Beratung von Lehrern, Personalentwicklung, Kommunikation mit allen Schulpartnern, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Leitung und Gestaltung des schulischen Lebens, Öffentlichkeitsarbeit, Evaluation der Ergebnisse, Krisenmanagement, Gebäudeverwaltung etc. etc.
Schon die OECD-weit durchgeführte so genannte TALIS-Studie[1] (2008; die Teilnahme an der Folgestudie hat das Ministerium aus unerklärlichen oder vielleicht gerade deshalb verständlichen Gründen ja abgesagt, wie vor kurzem bekannt wurde[2]) hat gezeigt, dass den Schulleitern in Österreich ob der vielen Verwaltungsaufgaben zu wenig Zeit für die pädagogischen Führungsaufgaben bleibt. Und nun sollen sie auch mit den Verwaltungsaufgaben völlig allein gelassen werden?
Nach den Plänen von Schmied sind Administratoren in Zukunft obsolet und es obliegt künftig den Schulleitern, ausgesuchte Kollegen ohne Bezahlung dazu zu „motivieren“, die Administratorenaufgabe ebenso zu übernehmen wie die vielen kleinen Zusatzaufgaben, die essentiell zum Gelingen von Schule beitragen und das Klima einer Schule entscheidend prägen. Da ist es auch wenig hilfreich, wenn stattdessen in besonders großen Schulen Postbeamte ohne Kenntnis von Schulorganisation als administrative Unterstützung zum Einsatz kommen – 150 Personen für 5900 Schulen in ganz Österreich.
Gar nicht auszudenken, wenn in Zukunft nur noch Dienst bzw. Unterricht nach Vorschrift gemacht werden kann, weil die Kollegen unter der zeitlichen Belastung durch die Übernahme von zusätzlichen Klassen zusammenzubrechen drohen. Mehr Klassen bedeuten nämlich mehr Schüler, zu denen sie eine Beziehung aufbauen müssen, auf die sie möglichst individuell eingehen und die sie auf die neue Zentralmatura vorbereiten müssen, und mehr Eltern, die sie beraten sollen.
Ich möchte mir als Direktorin jedenfalls sicher nicht den Vorwurf machen müssen, dass ich meine Lehrkräfte ausbeute und ins Burnout treibe. Ich möchte aber auch nicht Direktorin einer Schule sein, die ihren bisher ausgezeichneten Ruf zu verlieren droht, weil sie nicht mehr wie bisher auf das vielfältige Engagement der Professoren zählen kann! Da werde ich doch lieber wieder eine engagierte Lehrerin, womöglich – wie viele meiner Kollegen jetzt schon – mit reduzierter Lehrverpflichtung und unter Einkommensverlusten. Denn ich will gute Arbeit leiten und das wäre mir als Sprachlehrerin bei einer Arbeitszeiterhöhung von mehr als einem Drittel nicht möglich!
Ein Dilemma für alle Schulleiter Österreichs, wenn das Dienstrecht nach dem momentanen Plan der Politik verändert wird – ohne Rücksicht auf all das, was die anspruchsvolle Arbeit von Lehrer tatsächlich ausmacht.
Was bei Billigairlines massiv zu Lasten der Qualität und der Mitarbeiterzufriedenheit geht, wird das vorliegende Dienstrecht auch im Bereich der Bildung tun: Geiz ist nirgends geil!
Da bin ich doch sehr gespannt, wer in Zukunft den Beruf eines Schuldirektors oder einer Schuldirektorin noch ergreifen wird! Denn schon jetzt findet sich in vielen Bundesländern Österreichs kaum mehr als ein Bewerber bzw. eine Bewerberin für einen frei werdenden Direktionsposten.
(Alle Personenbezeichnungen beziehen sich natürlich auf beide Geschlechter, auch wenn sie der besseren Lesbarkeit wegen in diesem Blog nur in einer Form geschrieben worden sind.)
Mag. Isabella Zins ist stv. Vorsitzende der Bildungsplattform Leistung & Vielfalt (www.bildungsplattform.or.at), Bundesvorsitzende der Vereinigung christlicher Lehrerinnen und Lehrer an höheren Schulen Österreichs (www.vcl-oe.at), Direktorin BORG Mistelbach (www.borgmistelbach.ac.at)
[1] vgl. https://www.bifie.at/buch/1179/8: TALIS steht für „Teaching and Learning International Survey“. TALIS ist die erste internationale Studie, die die Arbeitsbedingungen sowie das Lernumfeld aus der Wahrnehmung von LehrerInnen sowie SchulleiterInnen untersucht. Die Studie wurde von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) initiiert und ist Teil des OECD-Indikatorenprogrammes INES (Indicators of Educational Systems). Mit dieser Studie bietet sich die Gelegenheit, relevante internationale Indikatoren und Analyseergebnisse über die LehrerInnen und SchulleiterInnen sowie deren Bedingungen im Arbeitsumfeld Schule für die Politik bereitzustellen. TALIS ermöglicht den teilnehmenden Ländern, die Rahmenbedingungen ihres Schulumfelds auf Qualität und Effektivität hin zu überprüfen und die Ergebnisse bei bildungspolitischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus liefert TALIS auf Grund der internationalen Anlage einen Einblick in das schulische Arbeitsumfeld anderer Länder, deren Herausforderungen und unterschiedliche politische Herangehensweisen zur effektiven Gestaltung ihres Schulsystems. Organisation von TALIS: An TALIS 2008 haben insgesamt 24 Länder teilgenommen. Davon sind 17 Länder Mitgliedsstaaten der OECD bzw. sind in der EU vertreten. Weitere sieben der teilnehmenden Staaten sind Partnerländer der OECD.
[2] vgl. Eckehard Quin: „Wissentlich zweimal die Unwahrheit“…
(http://quinecke.wordpress.com/2013/07/03/wissentlich-zweimal-die-unwahrheit/) und Julia Neuhauser: Ex-BIFIE-Chefs: Schmied sagte Studie „aus politischen Gründen“ ab (http://diepresse.com/home/bildung/schule/1425779/ExBIFIEChefs_Schmied-sagte-Studie-aus-politischen-Gruenden-ab)
Schlechte Nachrichten für die SPÖ, die ja derzeit nicht nur das Wetter für wunderbar hält. Aber auch für Investoren - die machen freilich ohnedies längst schon einen weiten Bogen um Österreich.
Das Finanzministerium spricht in einer neuen Studie von 70.000 durch die wirtschaftsfeindliche Politik Österreichs und die investorenfeindlichen Ankündigungen vor allem der SPÖ verloren gegangenen Arbeitsplätzen; das entspricht auch den Beobachtungen vieler Manager (ohne dass diese die Auswirkungen natürlich genau beziffern könnten). Der Sozialminister betont im üblichen roten Reflex hingegen sofort öffentlich, dass alles bestens wäre und blühend.
Für diese SPÖ-Propaganda ist nun die wenige Stunden später gekommene Nachricht von der Immobilienfront mehr als vernichtend: Im ersten Halbjahr ist hierzulande um ein Fünftel weniger in Gewerbe-Immobilien investiert worden als in der ersten Jahreshälfte 2012. Das ist deutlich schlechter als im restlichen Europa, wo sogar um etwa ein Viertel mehr investiert worden ist als im Vorjahr. Dieser katastrophale Trend passt aber auch haargenau zu dem – schon 2012! – eingetretenen steilen Absturz der ausländischen Investitionen in Österreich um 43 Prozent.
Aber wer soll denn noch in einem Land investieren,
Ernst nehmen sollten diese Nachricht aber auch alle jene, die allzu viel Geld in Immobilien investiert haben. Die Blase scheint am Platzen, zumindest am gewerblichen Sektor, während bei den Wohnimmobilien der Run des billigen Geldes weitergeht, ja sich noch verstärkt hat.
Dabei begründet die Zentralbank die Überflutung Europas mit Billigstgeld ständig mit der Notwendigkeit von Investitionen. Das Geld landet jedoch nicht bei den Investitionen, sondern nur beim Konsum, insbesondere in den Wohnungen und Privathäusern, wo überdies auch noch italienisches und russisches Fluchtgeld die Situation anheizt.
In England hat ein junges Paar sein erstes Kind zur Welt gebracht. Und alle Welt steht Kopf. Ziemlich skurril oder? (mit nachträglichem PS)
Mag sein. Aber es ist jedenfalls viel schöner, wenn sich Menschen über eine Kindesgeburt freuen, als wenn sie etwa wie die Südeuropäer wegen der Wirtschaftslage verzweifeln (wozu sie freilich im Euro-freien Großbritannien angesichts eines erkennbaren Wiederaufschwungs weniger Anlass haben). Noch schöner ist, wie sehr das Gerede progressiver Kreise, dass Monarchien doch längst überholt seien und abzuschaffen wären, heute selbst so was von überholt ist.
Eine Monarchie, und sei sie noch so konstitutionell limitiert, verleiht einem Land Kontinuität, Würde, Identität. Sie wird in vielen Ländern auch attraktiv inszeniert. Sie ist insbesondere im Fall Großbritannien geradezu ein globaler Touristenmagnet geworden. Und sie nimmt sich dennoch viel weniger ernst, als das die meisten österreichischen Bundespräsidenten der letzten Jahrzehnte getan haben.
So sah ich vor ein paar Tagen bei einem Besuch in Ascot, dass dort Wetten nicht nur auf die galoppierenden Vierbeiner abgeschlossen wurden, sondern auch auf die Queen. So wettete man sogar auf die Hutfarbe, mit der die Queen bei ihrer grandiosen Vorfahrt via Pferdekutsche auffallen wird. Und sie nahm es mit britischer Gelassenheit.
Der Hut war übrigens himmelblau (was auch immer sie damit vorwegnehmen wollte). Vor allem aber beeindruckte: Eine Königin macht es zur Selbstverständlichkeit, dass etwa in diesem Ascot Abertausende andere sich ebenfalls mit einem prächtigen Hut beziehungsweise mit Zylinder plus Cut verkleidet haben. Und dass alle Spaß daran hatten. Denn die Zuschauer waren überwiegend jung. Und nicht festlich Gekleidete waren gar nicht zugelassen. Im sozialistisch-republikanischen Österreich gehen hingegen manche altgewordenen Progressivlinge mit Jeans und T-Shirt in die Oper. Ganz offensichtlich, um sich unter der feierlich gekleideten Mehrheit in Vorbereitung der proletarischen Weltrevolution unwohl zu fühlen.
Ich fühle mich zwar im Rückblick auf so manche überflüssige Kriege, in die das Haus Habsburg Österreich einst verwickelt hat, eigentlich eher als Republikaner. Aber immer öfter frage ich mich: Kann man angesichts des biederen und von jeder Ausstrahlung freien Parteifunktionärs Heinz Fischer in der Hofburg (wer schnell hat die eigentlich bauen lassen?) wirklich ein echter Republikaner sein? Von Alkoholikern unter den Vorgängern einmal ganz zu schweigen, oder von den überflüssig aggressiven Wahlkämpfen, die alle sechs Jahre um ein eigentlich nur repräsentatives Amt geführt werden.
Als Heinz Fischer vor einiger Zeit ein Enkelkind bekam, wurde das ganze Spital verdonnert, kein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren.Nur keine öffentliche Freude, selbst wenn es eine Risikogeburt ist. Als die Queen nun einen Urenkel bekam, jubelt eine ganze Nation. Was kann es eigentlich Schöneres geben, als Anlass zu sein, dass sich Menschen wenigstens ein paar Tage lang glücklich fühlen? Hat ein Fischer, hat ein Klestil das auch nur einen Tag lang geschafft?
PS.: Noch etwas ganz anderes zeigte in diesen Tagen enorm deutlich, wie selbstverständlich und tief verwurzelt der britische Patriotismus ist: an einem Wochenende sammelten in sämtlichen Theatern Londons die Schauspieler für die verletzten Armeeveteranen, "für unsere Helden"; sie taten dies zuerst durch einen kollektiven Aufruf auf der Bühne in den Schlussapplaus hinein und dann mit der Sammelbüchse bei den Ausgängen. Eindrucksvoll. Oder kann sich in Österreich oder Deutschland irgendjemand solches vorstellen?
Wenige Tage vor dem endgültigen Berlusconi-Urteil fliegt in Italien ein riesiger Justizskandal auf. Das gibt zu denken.
Richter sollen mit hohen Summen bestochen worden sein. Nun, weder Italiener noch Miteuropäer hatten im Grund Zweifel, dass das italienische Justizsystem schwer korrumpiert ist. Dass der Skandal aber genau eine Woche vor dem letztinstanzlichen Strafurteil gegen Silvio Berlusconi auffliegt, macht die Sache doppelt brisant. Hat doch auf der einen Seite Berlusconis Lager die gegen ihn vorgehende Justiz ständig als korrupt attackiert. Auf der anderen Seite aber ist Korruption (neben Sex-Vorwürfen) genau das, was Berlusconi selbst zum Vorwurf gemacht wird. Daher wird auch nach dem Urteil gegen ihn mit Sicherheit sofort das K-Wort ins Spiel kommen, also die Behauptung, dass der Expremier bestochen hätte. Zu wenig oder eben ausreichend – je nachdem. Denn auf die italienische Justiz wie auch auf Berlusconi trifft jedenfalls dasselbe zu: Ist der Ruf erst ruiniert . . .
Kunst darf alles – außer nicht links sein: Diese Definition von Kunst ist offensichtlich heute die allgemeingültige. Wie sich an Hand zweier verschiedener „Künstler“ zeigen lässt.
Dabei enthalte ich mich völlig der Definition, was eigentlich Kunst von Nichtkunst unterscheidet. Millionen von Autoren sind bereits an dieser Frage gescheitert. Trotzdem hat die einschlägige Szene der Politik einen besonderen Schutz der Kunst in die Gesetze diktieren können, die über die im Gegenzug immer stärker eingeschränkte Meinungsfreiheit inzwischen weit hinausgeht.
Dass „Kunst alles darf“, also auch lügen oder beleidigen, ist uns von Kulturredakteuren und -politikern im Jahr 2000 eingebläut worden. Damals hat ein linker Regisseur einen Container auf der Kärntnerstraße errichtet, in dem so getan wurde, als wäre es Realität, was dort geschah, wenngleich in Wahrheit primär gegen ein (heute längst zur PR-Plattform mit drittklassigen Journalisten abgesunkenes) Massenblatt und gegen die damalige Regierungspartei FPÖ gehetzt wurde.
In Zusammenwirken mit den Obergrünen Daniel Cohn-Bendit und Peter Pilz (wenn dem Leser dabei übrigens die Stichworte Kindesmissbrauch und Gewalt einfallen, liegt er wohl nicht falsch) sowie dem „Medienpartner“ „Standard“ wurde tagelang eine großangelegte Abschiebeaktion von Ausländern simuliert.
Dabei organisierte man sich raffinierter Weise auch gleich die angeblichen rechten Gegendemonstranten und Protestierer selber. Und natürlich stand fast der ganze Feuilleton wie eine Mann hinter der Aktion. Obwohl alles erlogen war, was sich da als Wirklichkeit ausgab, wurde den Kritikern der Denunziationsaktion entgegengeschleudert: „Kunst muss alles dürfen.“ Offenbar darf sie sich sogar als Wirklichkeit tarnen, also als Nicht-Kunst. Und fast selbstverständlich ist dabei leider auch, dass jede Menge Steuergeld (über die sogenannten Festwochen des Wiener Rathauses) ausgegeben worden ist.
Jeder, der nur ein Fragezeichen hinter all den Unsinn setzte, wurde als Kunstbanause diffamiert. Dies geschah mit besonderer Verbissenheit, da ja die Aktion im Jahr 2000 stattfand. Denn damals versuchten Europas Linke (und ein inzwischen verstorbener Bundespräsidentendarsteller) mit allen undemokratischen Mitteln, gegen eine Regierung mit klarer parlamentarischer Mehrheit zu agitieren.
OK, lernte der Bürger. Kunst darf alles. Gesetze gelten nur für unsereins, nicht für die weit über uns stehende Künstlerszene göttlichen Ranges. Man hielt den Mund und ärgerte sich. Vor allem, als dieser Szene hinten und vorne unser Steuergeld hineingestopft worden ist.
Und jetzt das! Ein deutscher Rapper hat in einem „Lied“ wüsteste Beschimpfungen und verbale Drohungen gegen deutsche Linkspolitiker ausgestoßen. Und was tun diese? Sie laufen zu Gericht!
Interessant, denkt man sich. Wenn es Rot und Grün trifft, dann werden plötzlich alle Waffen des Rechtsstaats in Stellung gebracht. Dann gelten plötzlich nicht mehr die glaubensbekenntnisartigen Sätze von der Freiheit der Kunst, die alles dürfe. Dabei gibt es für den sogenannten Rapper einen gewaltigen Milderungsgrund: Bei ihm ist von Anfang an klar gewesen, dass sein Text etwas Fiktionales ist. Beim einstigen Container war hingegen für keinen Passanten erkennbar, dass ihnen dort ein paar Linke (als Pseudo-Demonstranten oder als Pseudo-Asylwerber) auf offener Straße etwas vormachten.
PS: Ich muss wohl nicht betonen, dass mir jede innere Nahebeziehung zu beiden „Kunst“-Formen fehlt, ob das nun reiche Rapper sind, die so tun, als ob sie aus einem Ghetto kämen, oder Regietheater-Regisseure, welche die Zuschauer aus den Theatern vertreiben.
PPS: Ich warte nur darauf, dass mir jetzt jemand entgegenhält, man dürfe doch einen inzwischen verstorbenen Regisseur nicht kritisieren. Das wäre erstens absurd, so als ob man Hitler und Stalin ob ihres späteren Todes nicht kritisieren könnte. Und zweitens gibt es ja all die Strukturen noch, die diesem deutschen Regisseur auf Kosten der Österreicher seinen Schabernack ermöglicht haben. Von den knalllinken Feuilletons bis zur Geldverbrennungsmaschine Rathaus.
Ständig müssen wir uns schuldbewusst vorsagen: Das alles zu finanzieren, ist alternativlos unsere Pflicht, wie uns Politik und ihre medialen Helfershelfer ja ständig klarmachen.
Der europäische Wohlfahrtsstaat ist zu einem einzigen Selbstbedienungsladen geworden. Alleine in Deutschland hat es in einem Jahr mehr als 177.000 Straf- und Bußgeldverfahren wegen Leistungsmissbrauchs gegeben. Jede Wette: Der Anteil der betrügerisch erschlichenen Leistungen ist anderswo noch viel größer. Nur ist man dort halt nicht so penibel wie es deutsche Beamte sind, sondern sieht sich eher als Helfershelfer der Betrüger. Unfassbar etwa, was die FAZ über die griechische Insel Kalymnos berichtet. Dort waren von 152 blinden und schwer sehbehinderten Menschen, die darob wohlfahrtsstaatliche Bezüge erhalten haben, nicht weniger als 100 voll sehtauglich. Aber untersucht worden sind solche Dinge halt erst unter dem massiven Druck der Troika, über deren böse soziale Kälte sich vor allem öffentlich-rechtliche Medien gerne aufregen.
Amerika wie Russland setzen ihre Justiz in schockierendem Umfang als machtpolitisches Instrument ein. Aber dennoch bestehen zwischen den den beiden Staaten signifikante Unterschiede: Russland unter Putin hat die von Gorbatschow und Jelzin errungene Qualifikation als demokratischer Rechtsstaat (im Anfangsstadium) bereits total verspielt. Was von den USA sicher nicht gesagt werden kann, auch wenn dort die Geheimdienste einen erstaunlich rechtsfreien Raum genießen. Und im Vergleich zu beiden Staaten, aber vor allem zu Russland ist das, was sich in der österreichischen Strafjustiz abspielt, wenigstens noch irgendwie mit dem Grundgedanken des Rechtsstaats verwandt. Trotz allem.
Zur Verteidigung Amerikas muss man sich bewußt machen: Im Falle Snowden prallen zwei wichtige Rechtsgüter aufeinander, die beide wichtig sind. Das eine ist der Schutz der Bürger vor Terroristen. Das andere ist der Schutz der Privatsphäre und des Briefgeheimnisses in allen elektronischen Varianten der Kommunikation.
Ich würde dabei sogar – so wie ja viele andere Menschen abseits der Medien auch – den Schutz vor Terroristen für eindeutig wichtiger ansehen. Zum einen ist das die größere Bedrohung. Zum anderen ist eine echte Abschirmung elektronischer Kommunikation gegenüber unerwünschten Mitlesern sowieso technisch illusorisch.
Den Missbrauch solcherart erlauschter Informationen kann man nur ganz anders bekämpfen: durch strenge Bestrafung von Beamten, die das dabei erworbene Wissen unerlaubt verwenden (ob gegen Geld oder aus anderen Motiven); und vor allem durch einen extrem hohen Schutz der Meinungsfreiheit. Mich macht mehr besorgt, dass in Europa diese Meinungsfreiheit durch EU und nationale Gesetze immer stärker eingeengt wird, als das Wissen um die Geheimnislosigkeit des Internet und dessen auch von Geheimdiensten genutzten elektronischen Möglichkeiten.
Wenn man alles frei sagen kann, dann reduziert sich auch die Bedrohung durch Lauschprogramme.
Freilich: Mit absoluter Sicherheit haben die amerikanischen Lauscher ihr Wissen auch im Interesse großer amerikanischer Konzerne genutzt. In dieser Perspektive schwindet auch wieder rasch ein Großteil der Sympathie für Lauscher, den man noch hätte, wenn es nur um die Abwehr von Terroristen, Islamisten & Co gegangen wäre.
Die Dienste erstrecken aber ihre Aktivität auch auf Industriespionage, die Beobachtung neuer Technologien und die Konditionen von Angeboten bei internationalen Ausschreibungen. Noch mehr geht es um die Denunziation von Wettbewerbern: Es gibt schon viel zu viele Fälle, wo europäische Konzerne gegenüber amerikanischen Konkurrenten ins Hintertreffen geraten sind, weil sie (angeblich oder nur behaupteterweise) Auftraggeber in Drittländern bestochen haben. Nichts ist beispielsweise leichter, als die nationalen Strafbehörden etwa in Deutschland durch anonyme Anzeigen über Bestechungsvorgänge auf Exportmärkten zu informieren. Diese Strafbehörden arbeiten in ihrer bürokratischen Korrektheit dann ganz alleine den Rest ab und zertrümmern die Exportchancen der deutschen Firmen, während sich die Amerikaner ins Fäustchen lachen können.
Wer mehr weiß, wird das Wissen auch einsetzen. Punkt. Und niemand kann verhindern, dass die Amerikaner mehr wissen.
Da geht es um Riesenaufträge, um Arbeitsplätze, also national gesehen um edle und hehre Ziele. Warum sollte Amerika Skrupel haben, diesen zu dienen?
Was aber kann das ausspionierte Opfer tun, also insbesondere Europa?
Das alles sollte ohne jeden geheuchelten Moralismus europaweit ausdiskutiert werden. Der Versuch etwa von Rotgrün in Deutschland, daraus ein Wahlkampfthema zu machen, ist lächerlich. Denn auch rotgrüne Regierungen haben – im Interesse des notwendigen Antiterrorkampfes – mit amerikanischen Diensten exzellent und vertraulichst kooperiert.
Es bleibt also Nüchternheit am Platz: elektronische Spionage kann nicht verhindert werden; Geheimdienstarbeit ist im Kampf gegen den Terror unverzichtbar. Es kann nur um eine Schadensminimierung gehen.
Im internationalen Vergleich ist aber auch ganz klar: Große Länder wie Russland und China spionieren genauso hemmungslos wie Amerikaner oder Briten, auch wenn es dort derzeit keinen auspackenden Überläufer wie Snowden gibt. Bei Russen und Chinesen würden irgendwelche Aufdeckungsaktionen ein weit geringeres Echo auslösen. Denn sowohl chinesische wie russische Aktionen (siehe etwa die elektronischen Großangriffe auf die baltischen Staaten) werden von den westlichen Medien als irgendwie selbstverständlich behandelt.
Vor allem aber sollte man sich bewusst machen: So übel der amerikanische Druck ist, der rund um den auspackenden Spion Snowden ausgeübt wird, mit der Zertrümmerung der Demokratie durch Putin ist das alles nicht vergleichbar. Niemand wird in den USA unter fadenscheinigsten Vorwänden weggesperrt, sobald er zu einer politischen Gefahr für Präsident Obama wird. In Russland hingegen ist eine politische Herausforderung an Präsident Putin eine sicherer Weg ins Gefängnis.
In Russland gibt es nicht einmal einen Hauch einer Tradition richterlicher Unabhängigkeit. Hier werden Oppositionspolitiker, Rechtsanwälte und Journalisten nicht nur um ihren Job gebracht, sondern reihenweise bedroht, eingesperrt oder umgebracht, wenn sie dem System Putin gefährlich werden könnten. Der Unrechtscharakter Russlands zeigt sich auch an seiner Spitzenreiterrolle bei Beschwerden vor dem Menschenrechtsgerichtshof (28.000 waren allein im Vorjahr anhängig!).
Und jetzt muss eben auch Alexej Nawalny so wie viele andere ins Lager. Trotz seiner vorübergehenden Freilassung nach der ersten Instanz eines absurden Prozesses gibt es keine Zweifel an Nawalnys Schicksal. Der Mann ist eine Bedrohung Putins und gehört daher weg. Der Mann ist charismatisch, beredt und jung – konnte aber zuletzt meist nur noch als Blogger oder auf offener Straße seine Kritik äußern, weil fast alle Medien auf Regierungslinie liegen.
Das scheint zwar oberflächlich der Situation in Österreich zu ähneln. Da gibt es aber noch immer gewaltige Unterschiede. Hierzulande geht es "nur" um die Bestechlichkeit der Medien und ihre Selbstbeschädigung durch einen fast geschlossenen Linkskurs; hierzulande gibt es hingegen (noch?) keinerlei Aktionen der Justiz gegen unabhängige Blogger.
Dass Russland jetzt die Härte verschärft, hat aber noch einen anderen aktuellen Grund: die Energiepreise. Wirtschaftlich hat das Land in den letzten Jahren von deren Höhe profitiert. Putin konnte die Massen mit den im Westen erzielten Einnahmen ruhig stellen. Jetzt aber gehen die Gaspreise steil nach unten, weshalb die Einnahmen schrumpfen werden. Daher wird die Partei der Macht nichts mehr verteilen können. Was sie wieder „zwingt“, auf autoritären Kurs zu wechseln.
Was genau „zwingt“ aber Putin? Nun, das tut vor allem die totale Ablehnung der Möglichkeit eines demokratischen Wechsels. Ein solcher ist für die herrschenden Geheimdienstoffiziere schlicht undenkbar. Wer einen Wechsel will, ist eo ipso ein Verbrecher. Im Kommunismus war er zuletzt prinzipiell ein Geistesgestörter. Das ist Putin zwar bisher noch nicht eingefallen, könnte aber auch noch kommen.
In Russland war Jelzin der einzige, der jemals in der ganzen Geschichte wirklich halbwegs freiwillig zurückgetreten ist. Man denke nur an die vielen ermordeten Zaren, die noch viel unsanfter geendet haben.
Und noch etwas „zwingt“ die herrschende Clique an der Macht zu klammern: Bei deren Verlust müssten sie nämlich fürchten, dass ihre Korruption aufgedeckt würde. Und Putin ganz besonders.
Das mediale Sommerloch wird derzeit in hohem Ausmaß vom Strafverfahren wegen der illegalen Finanzierungen des BZÖ durch die Telekom gefüllt.
Der Bürger sieht gleichzeitig das baldige Wahlkampfdatum und denkt sich seinen Teil. Er glaubt jedenfalls nicht an einen Zufall, wenn der Mut der Staatsanwälte und Richter ausgerechnet gegen eine in Wahrheit schon im Koma liegende Partei ausgerechnet im Wahlkampf so groß wird. Da will sich jemand als mutig zeigen, der es nicht ist. Noch viel seltsamer erscheint das aber angesichts der massiven Hinweise, dass auch Richtung SPÖ oder ÖVP Geldströme geflossen sind. Deretwegen ist aber weit und breit kein Prozess in Aussicht. Dabei ist ein Honorar für eine wertlose Pseudo-Gegenleistung zur Unterstützung des SPÖ-Wahlkampfs sogar direkt an eine SPÖ-eigene Agentur geflossen, während es bei BZÖ und ÖVP „nur“ parteinahe Agenturen waren (wo Finanzströme ohne echte Gegenleistung auf Kosten von Aktionären und Kunden natürlich genauso rechtswidrig sind). Staatsanwälte sind nicht naiv, sondern klug. Sie wissen: Auch in Zukunft gibt es eine recht hohe Wahrscheinlichkeit schwarzer oder roter Justizminister, jedoch für orange beträgt sie kaum mehr als null. Und sie wissen auch, dass es niemand anderer als der jeweilige Justizminister ist, der über die Vergabe von Justiz-Spitzenposten entscheidet . . .
Dieser Tage jährte sich zum 90. Mal der Tag, an dem Ettore Tolomei sein 32-Punkte-Programm zur Assimilierung der Südtiroler im Bozner Stadttheater verkündete.
Auch wenn die Südtiroler inzwischen Rom einige Rechte abgerungen haben, so lebt der Geist Tolomeis bei den italienischen Politikern weiter: Noch heute gelten in Südtirol faschistische Gesetze. Die von ihm erfundenen Ortsnamen sind gesetzlich, die deutschen nur geduldet. Die Denkmäler aus Mussolinis Zeiten werden vom Staat geschützt. Wenn Italien den Tag der Befreiung vom Faschismus feiert, dann meint man den vom deutschen Faschismus, nicht vom italienischen. Das merkt man besonders in Südtirol – dort ist der Exerzierplatz des italienischen Faschismus.
Nicht nur die Berlusconi-Partei mit ihren Postfaschisten ist zutiefst nationalistisch, auch die Sozialdemokraten. 1920 lehnten sie im Parlament die Annexion Südtirols noch strikt ab. Der stellvertretende Ministerpräsident und Finanzminister Luzzatti bot der Südtiroler Delegation des Deutschen Verbandes sogar die Rückgliederung zu Österreich an. Heutzutage empfinden die Vertreter der Partito Democratico (PD) hingegen die Zustände als ihre Italianitá und die Annexion als kein Unrecht (siehe Abstimmverhalten am 08.05.2012 im Bozner Landtag und Unterstützung des Alpinitreffens am 12./13.05.2012).
Roms Politiker betrachten, ganz im Sinne Tolomeis, die Autonomie nicht als Minderheitenschutz, sondern als Regionalpolitik, bei der man Regelungen nach Belieben kippen kann. Die Autonomie sei angeblich eine inneritalienische Angelegenheit. Allein deshalb habe, so Felix Ermacora in seinem Buch „Südtirol – Die verhinderte Selbstbestimmung“, die Autonomie Südtirols keinen Vorbildcharakter. Er bezeichnete diese Autonomie als „ein Modell zur friedfertigen Auslöschung einer Volksgruppe“. Ermacora wies auch auf die Tatsache hin, dass es auf Betreiben Mussolinis und Tolomeis bis zum heutigen Tag eine „Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis“ gibt, wodurch Südtirol durch Italien geknebelt und bevormundet wird.
Mario Monti hat sich über Gesetze und Vereinbarungen hinweggesetzt und die Autonomie bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Auch vom sozialdemokratischen Ministerpräsident Letta dürfte nichts Gutes zu erwarten sein: Ein „neues“ Mailänder Abkommen ist nicht in Sicht. Das vom Südtiroler Landtag verabschiedete und von der Opposition heftig kritisierte Toponomastik-Gesetz wird von Rom angefochten. Das bestehende Südtiroler Schulsystem steht auf der Kippe…
Die Kompromisse der romtreuen SVP, die fast bis zur Selbstverleugnung gingen, konnten diesen Trend nicht aufhalten. Das Südtiroler Volk steht bei der bevorstehenden Befragung zur Selbstbestimmung und im Oktober 2013 bei den Landtagswahlen vor der Wahl, ob es die schleichende Assimilierung im Sinne Tolomeis hinnehmen oder ob es Rom selbstbewusst die Stirn bieten will.
Der designierte Außenminister Franco Frattini (Forza Italia) am 25.04.2008 in der „Tiroler Tageszeitung“: „Man muss und kann das Südtiroler Statut im europäischen Sinne revidieren. Die EU sieht keine auf ethnischer Basis gegründeten regionalen Gebiete vor. Ich bin daher auch gegen eine Euregio Tirol.“
Renato Brunetta (Popolo della Liberta), Minister für öffentliche Verwaltung, am 08.02.2009 in der „Il Gazzettino“: „Regionen mit Sonderstatut müssen der Vergangenheit angehören… In drei bis fünf Jahren wird alles anders sein. Regionen, die bis dato Privilegien besitzen, darf es bis dahin nicht mehr geben.“
Giorgio Napolitano, Staatspräsident, bezweifelte in einem Kommuniqué vom 11.02.2011 die Existenz einer österreichischen Minderheit in Südtirol.
Mario Monti, Ministerpräsident, am 26.10.2012 im „Kurier“: „Ich glaube dadurch, dass 1992 der Konflikt vor der UNO gelöst wurde, gibt es keine Notwendigkeit für so eine Rolle Österreichs. Wir reden hier von inneritalienischen Problemen, da braucht es keine Kompetenzen für Wien.“ Süffisant ergänzte er: „Die Provinz Südtirol hat im Rahmen der italienischen Verfassung alle Möglichkeiten, um ihre Positionen durchzusetzen.“
Im Vorfeld der Parlaments- und Senatswahlen im Februar 2013 kündigten Luigi Bersani und Francesco Palermo (PD) an, die Südtiroler Autonomie vom „ethnischen Ballast“ befreien zu wollen.
Der Autor ist Deutscher, EDV-Spezialist und auf Grund der Zugehörigkeit seines Vaters zur bedrohten sorbischen Volksgruppe und als ehemaliger Mitkämpfer der DDR-Bürgerrechtsbewegung in Sachen Minderheitenschutz besonders engagiert.
Die Jugendarbeitslosigkeit nimmt in immer mehr Ländern dramatische Formen an. In manchen beträgt sie schon weit über 50 Prozent. Diese vielfach kolportierten Zahlen sind freilich zu relativieren – aber in zweierlei Richtungen. Die Arbeitslosigkeit der Jungen wie der Alten wird aber dennoch zur historischen Gefahr, welche die europäischen Gesellschaften zerstören kann. Über die wahren Schuldigen spricht freilich kaum jemand.
Zu relativieren sind diese Prozentsätze vor allem, weil sie etwas anderes messen, als die meisten glauben: Sie geben nämlich immer nur den Anteil der Arbeitslosen an der Gesamtheit jener Jugendlichen aus, die sich auf dem Arbeitsmarkt bewegen. Das heißt aber beispielsweise, dass Studenten oder Menschen, die aus anderen Gründen dem Arbeitsmarkt fernbleiben, nicht dazuzählen, etwa weil sie sich dort ohnedies Null Chancen ausrechnen. Damit ist natürlich der Anteil der formal arbeitslosen Jugendlichen an der gesamten Altersgruppe deutlich geringer, der Anteil der real Arbeitsplatzlosen ist jedoch noch viel höher.
Objektiv wäre nur eine einzige Vergleichsziffer: der Anteil der Berufstätigen an der Gesamtbevölkerung. Wie viel Prozent aller 15 bis 25-Jährigen, wie viel Prozent aller 15 bis 65-Jährigen haben einen Arbeitsplatz, gehen einer – selbständigen oder unselbständigen – Arbeit nach? Nur dieser Vergleich wäre objektiv und würde alle möglichen Verzerrungen ausschalten. Dies gilt insbesondere, wenn man unter den EU-Staaten vergleichen will, die sich ja in ihren Strukturen ansonsten relativ weit angeglichen haben.
Jedoch mögen Länder wie Österreich diese objektiven Vergleiche aber überhaupt nicht. Und sie publizieren sie daher auch nicht. Denn dann gerieten sie plötzlich in eine viel schlechtere Optik.Sie lägen plötzlich nur im Mittelfeld. Vor allem aus zwei Gründen:
In den Studenten- wie auch in den Pensionistenzahlen versteckt sich also ein hoher Anteil an Arbeitslosigkeit. Dass die Arbeitslosen-Statistik keineswegs alle Arbeitslosen erfasst, sollte man den versteckten Arbeitslosen keineswegs zum Vorwurf machen. Zu ihnen gehören eben Menschen, die sich auf Grund ihres Alters – obwohl voll arbeitsfähig – noch schwerer tun als andere, einen Job zu finden; sie nutzen daher jede Möglichkeit, ins Pensionssystem zu flüchten, sobald es diese Möglichkeit gibt.
Zu den versteckten Arbeitslosen gehören vor allem viele junge Leute, die halt lieber ewig herumstudieren, statt sich in die demütigende Position eines Anstellens am Arbeitsamt zu begeben. Sie schließen ans Bachelor-Studium noch einen ursprünglich gar nicht geplanten Master an, an diesen noch ein Doktoratsstudium, an dieses noch einen Lehrgang, an diesen wieder die prekär bezahlte Mitarbeit an irgendwelchen Forschungsprojekten. Und so weiter. Oder sie beginnen überhaupt noch mit einem weiteren Studium.
Es klingt ja auch viel besser, zu sagen „Ich studiere“ als „Ich bin arbeitslos“. Damit beruhigt man Familie, Freunde und Gesprächspartner, aber auch sich selber.
Am Faktum, dass es weder für die älteren Menschen ohne Job, noch für die jüngeren einen Arbeitsplatz gibt, können solche Verschleierungen aber nichts ändern. Viele Frühpensionisten wie Langzeitstudenten wären ja durchaus arbeitsbereit, fänden sie nur einen Job. Es gibt aber keinen, zumindest keinen zu den einträglichen Bedingungen eines Kollektivvertrags. Solche Jobs sind nämlich samt allen Lohnnebenkosten so teuer geworden, dass sich immer weniger Arbeitgeber bereitfinden, jemanden zu diesen Bedingungen anzustellen.
Noch schlimmer ist der Arbeitsmarkt in den sozialutopischen Südländern: Dort gibt es insbesondere ein weitgehendes Kündigungsverbot. Dieses macht jede Anstellung für Arbeitgeber langfristig besonders teuer. Jobs sind für jene, die keinen haben, die draußen und nicht drinnen sind, wo sie von der gewerkschaftlichen Macht profitieren, daher in Südeuropa schon ähnlich selten wie ein Totozwölfer geworden.
Die meisten Gewerkschaften stehen überdies immer an der Spitze der Forderungen, wenn es um eine Erhöhung der Lohnnebenkosten geht, also um eine Vergrößerung der Differenz zwischen Brutto- und Netto-Bezügen. Man denke etwa an die hohen Kosten der gewerkschaftlich kontrollierten und auf diesem Weg finanzierten Sozialversicherungen. Man denke an den dort versteckten Zwangsbeitrag zur Arbeiterkammer in Österreich.
All das zeigt ganz klar: Die Hauptschuld an der Arbeitslosigkeit tragen die Gewerkschaften. Gerade ihre Erfolge für die Lohnbezieher hat sie zu den Todfeinden der Arbeitslosen gemacht, der versteckten wie der deklariert Arbeitslosen.
Und die Feinde der Arbeitslosen kämpfen weiter: Jetzt will Rot-Grün in Deutschland ein landesweites Mindesteinkommen erzwingen. Die Linksparteien erwarten dadurch um 18 Milliarden Euro erhöhte Konsumausgaben. Falls diese Berechnungen stimmen, heißt das, dass die deutschen Arbeitgeber um fast das Doppelte dieser 18 Milliarden zusätzlich für die gleichen Arbeitsleistungen wie bisher zahlen müssen (wegen der versteckten und offenen Lohnnebenleistungen). Das ist gewaltig viel Geld, das nur in den Märchenbüchern mancher Ökonomen aus dem Nichts geschaffen werden kann.
Sie argumentieren halt damit, dass wenigstens diese 18 Milliarden in die eigene Wirtschaft fließen würden. Nur: Ein hoher Anteil davon fließt in Fernreisen und fließt in den Import von Gütern, kommt also dem Ausland zugute.
Finanziert muss das alles aber zur Gänze von Arbeitgebern in Deutschland werden. Das heißt aber nach absolut zwingender wirtschaftlicher Logik: Ein guter Teil dieser Arbeitgeber wird sich das nicht leisten können oder wollen. Sie werden Personal abbauen, um sich die betriebswirtschaftlich nicht mehr gedeckten Ausgaben zu ersparen. Da Bezieher kleiner Einkommen vor allem in prekären Branchen arbeiten, werden dort staatlich erzwungene Lohnverteuerungen besonders stark zu Kündigungen führen.
Folge: Die Konsumausgaben werden sich keineswegs um den erhofften Betrag erhöhen. Aber die Arbeitslosigkeit wird sich sehr wohl erhöhen. Und dabei gibt es auch in Deutschland jetzt schon echte Arbeitslosigkeit.
Auch in anderen Ländern haben solche Taschenspielertricks wie ein Mindestlohn nicht funktioniert. Man schaue etwa nach Italien, also in ein Land, wo der Arbeitsmarkt jahrzehntelang von besonders vielen utopisch-gutmenschlichen Regeln überhäuft worden ist. Man hat Arbeit so teuer gemacht, dass sich immer weniger potenzielle Arbeitgeber und Auftraggeber solche Arbeit leisten konnten. Diese haben daher viel weniger Aufträge vergeben.
Als Folge sind in Italien alleine in der Baubranche in den letzten fünf Jahren 360.000 Arbeitsplätze verloren gegangen; dazu kommen 550.000 weitere in abhängigen Branchen. Viele Unternehmen mussten zusperren oder in Konkurs gehen, weil sie jahrelang weit unter den entstehenden Kosten angeboten haben. Dieses Verhalten hat ja soeben auch den europaweit tätigen Alpine-Konzern umgebracht.
Wir haben daher nur oberflächlich ein spezifisches Jugendphänomen. Das Problem ist aber nicht die Jugend, sondern das Verhalten der Arbeitsplatzbesitzer. Die Jugend ist nur das Opfer.
Die Jungen sind halt jene, die nicht den protektionistischen Schutz der gewerkschaftlichen Gehaltsstrukturen haben, weil sie noch außerhalb derselben stehen. Sie sind daher direkte Opfer kollektivvertraglicher Löhne, die höher sind, als es der Markt hergibt. Für sie bleibt dann logischerweise kein Job mehr über, denn die paar noch vorhandenen Jobs werden von den glücklichen Besitzern eines solchen mit Klauen und Zähnen verteidigt. Diese tun das legitimerweise individuell. Sie tun das mit katastrophalen Folgen aber auch kollektiv. Der Markt ist nun einmal ein Weltmarkt und lässt sich weder durch Leitartikel noch durch Politikerprogramme ändern. Und schon gar nicht durch Gewerkschaften.
Man ist nun verleitet, fatalistisch zu sagen: Das ist halt so und wird so bleiben, bis Gewerkschaften und populistische Politiker – oder ihre Wähler – endlich die Grundregeln der Ökonomie lernen. Das wird freilich noch lange dauern.
In der Zwischenzeit entsteht jedoch durch die wachsende Arbeitslosigkeit eine weitere, noch viel größere Gefahr: nämlich die einer sozialen Explosion.
Zwar nicht durch Grüppchen wie Occupy, Attac, „99 Prozent“ oder wie die epigonalen Aufgüsse der alten 68er Generation sonst immer heißen mögen. Diese Grüppchen schaffen mit ihrem Aktionismus immer nur jeweils kurzfristig Euphorie und Revolutionsgeilheit bei altlinken Journalisten, die dann aber bald immer versiegen.
Wirklich explosiv wird die Lage jedoch dann, wenn die Krise, wenn die Arbeitslosigkeit den Mittelstand voll erreicht. Wenn diesem gleichzeitig die Ersparnisse durch Inflation weggefressen werden. Dann wird der antidemokratische Aufstand nicht nur in ein paar Zelten auf öffentlichen Plätzen bestehen. Wir werden dann mit einem dramatischen Zuwachs links- und rechtsradikaler Parteien konfrontiert sein, mit dem Zusammenbruch von Rechtsstaat und öffentlicher Ordnung, mit revolutionären Umtrieben.
Dann droht sich die Zwischenkriegszeit zu wiederholen. Damals sind viele Länder durch die Folgen der Arbeitslosigkeit demokratisch unregierbar geworden. Die Arbeitslosigkeit wiederum war eine Folge der Inflation. Nach dem ersten Weltkrieg hatte populistische Politik geglaubt, die Kosten und Folgen des Krieges (und der nachfolgenden Bürgerkriege) einfach durch Inflation beseitigen zu können. Dadurch hatten sich die Regierungen die Bedienung von Anleihen erspart. Das wiederum hat jedoch sämtliche Ersparnisse total entwertet. Und das hat den Mittelstand in Verzweiflung, in antidemokratische Reflexe und Empörung getrieben.
Heute glaubt die Politik, dass sie die seit Jahrzehnten angehäuften unbeglichenen Rechnungen des exzessiven Wohlfahrtssystems auf diesem Weg beseitigen kann. Sie denkt nicht daran, am Wohlfahrtssystem substanzielle Einsparungen vorzunehmen. Die Parteien wollen ja wiedergewählt werden.
Ein Teufelskreis droht sich zu wiederholen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com
Es ist eine der meistverbreiteten Unwahrheiten über die Folgen der Euro-Teilnahme. Deutschland und Österreich hätten über die Steigerung ihrer Exporte in den Euroraum von der Währung enorm profitiert. Sie müssten daher geradezu froh sein über die Verschuldung der Südeuropäer.
Klingt gut, ist aber falsch. Österreich oder Deutschland haben wegen der Qualität ihrer Exportprodukte triumphiert und nicht wegen des Euro. Denn der Anteil des Euro-Raums an den Exporten beider Länder ist seit Euro-Einführung stark zurückgegangen. In den Ländern außerhalb des Euro gibt es hingegen sehr starke Zuwächse. Das sieht man ganz deutlich an Zahlen, die Thilo Sarrazin für Deutschland zusammengetragen hat, aber auch an denen der Statistik Austria.
Österreichische Industriebetriebe, früher meist nur südlich des Mains präsent, aber auch viele KMU bewegen sich heute souverän auf dem Weltmarkt. Auf deutliche rot-weiß-rote Spuren trifft man nicht nur in Mittel- und Osteuropa, sondern von Asien bis Lateinamerika. So habe ich – ein winziges, aber besonders erstaunliches Beispiel – in fünf verschiedenen Hotels in Indien beim Frühstück Marmeladen eines österreichischen Produzenten gefunden. Und zwar nur diese.
Freilich: Zunehmend stoßen Firmen gerade dieser beiden Länder auf von der Politik gebaute Hindernisse für ihre Exporte. Das sind die Antikorruptions-Gesetze. Diese gelten seit einigen Jahren auch dann, wenn es in bestimmten Ländern geradezu unmöglich ist, ohne Schmiergeld (für Politiker, Genehmigungsbürokraten, Zollinspektoren usw.) irgendeinen Handel, irgendeine Investition vorzunehmen.
Die Exporteure versuchen nun mit Hilfe aufwendiger und besonders teurer Konstruktionen, diese Barriere zu umgehen. Dabei werden meist an örtliche Berater oder Anwälte überhöhte Honorare bezahlt. Oder es gibt scheinbar ohne Zusammenhang für etwas anderes besonders günstige Preise. Oder es wird ein „Entwicklungs“-Projekt gefördert.
Aber die Tricks stoßen immer öfter an Grenzen. Das zeigt etwa jetzt der Prozess gegen die Gelddruckerei der Nationalbank wegen – „mutmaßlich“ – überhöhter Provisionen.
Die Antikorruptions-Regeln können jedenfalls nur dann funktionieren, wenn sie in allen exportierenden Ländern wirken. Das ist aber nicht der Fall. Ungarn beispielsweise denkt „im nationalen Interesse“ nicht daran, gegen den Ölkonzern MOL vorzugehen oder deren Chefs auszuliefern, obwohl Kroatien sehr konkret behauptet, dass MOL (ein Erzkonkurrent der OMV) bestochen habe.
Besonders infam verhalten sich die USA. Diese benutzen Korruptionsvorwürfe als Waffe gegen Konkurrenten auf Drittmärkten. Eigene Konzerne werden jedoch geschont. Siemens etwa wurde dadurch in die Knie gezwungen. Es ist daher alles andere als Paranoia, wenn die USA so unglaublich umfassend spionieren. Denn damit können sie ganz leicht in die Geschäftsgeheimnisse der europäischen Konkurrenten eindringen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
„Südtirol, Land des Lächelns“ – mit einem Hauch fernöstlichen Operetten-Klischees betitelte unlängst die in Bozen erscheinende Tageszeitung „Dolomiten“ ihren Bericht über die Ergebnisse der jüngsten Studie des Landesinstituts für Statistik (Astat). Demnach sind fast zwei Drittel, nämlich 63,5 Prozent, der befragten Bewohner Südtirols – Deutsche, Ladiner, Italiener und „Sonstige“ – mit ihrem Leben derzeit sehr zufrieden. Getrübt wird die Stimmung allerdings durch die anhaltende Wirtschaftskrise.
Beinahe zwei Fünftel der Befragten gaben an, dass sich ihre finanzielle Situation innerhalb nur eines Jahres verschlechtert habe. Das mag ein Grund dafür gewesen sein, dass im Vergleich zur vorigen Astat-Erhebung (2011) die Zahl der Zufriedenen um vier Prozentpunkte gesunken ist. Aber immerhin – nicht wirklich ein Grund zur Klage, wie der Bericht suggeriert.
Ähnlich lautet der parallel dazu publizierte Befund aus einer Studie der Handelskammer Venedig und „Unioncamere Veneto“, der Handelskammer-Vereinigung ganz Venetiens: In den Autonomen Provinzen Bozen-Südtirol und Trentino „lebt es sich am besten – im Vergleich zu den Provinzen Nordostitaliens, aber auch Italienweit“ (die „Dolomiten“ versahen ihren Bericht mit der Schlagzeile „Gut bei Kasse und gut versorgt“).
Demnach ist der Südteil Tirols mit seinen 511.000 Einwohnern „Klassenbester“ in den Sphären „materieller Wohlstand, Gesundheit und Arbeit“. (Auf Grund eines Tricks des Nachkriegsregierungschefs Alcide DeGasperi sind Südtirol und Trentino, die beide einst zu Tirol gehört haben, in der Autonomen Region Trentino-AltoAdige zusammengeschlossen. Dadurch gelang es ihm, in diesem Selbstverwaltungskörper die italienische Majorität zu sichern).
Hinsichtlich des Lebensqualitätskriteriums Arbeit wurden Beschäftigungslosenrate, Dauer der Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse sowie der Anteil berufstätiger Frauen und Jugendlicher bis 24 Jahre durchleuchtet. Auch hierbei belegt Südtirol – trotz einer mittlerweile auf 4,5 Prozent gestiegenen Arbeitslosenrate (noch vor zwei Jahren 2,8 Prozent) – Italienweit den ersten Platz. Schließlich steht Südtirol auch hinsichtlich des Faktors Gesundheit (gemessen wurden: Lebenserwartung, Mortalitäts- und Suizidrate, Anzahl der Diabetiker, Raucher, Trinker, Übergewichtigen und Bewegungsmuffel) auf dem Siegespodest.
„Dass wir in diesen Bereichen an erster Stelle sind, wundert mich nicht“, sagt Landeshauptmann Luis Durnwalder, befragt von den „Dolomiten“, dazu: „Erst vor wenigen Tagen hat die ,Frankfurter Allgemeine Zeitung’ unter anderem über uns als ,Region der Rebellen’ berichtet und uns als florierendes Land dargestellt. Auch laut dem Statistischen Amt der EU – Eurostat – zählen wir zu den Wohlstandsregionen.“
Wie gut es den Südtirolern geht, soll den „Dolomiten“-Lesern anhand eines kontrastierenden Berichts vor Augen geführt werden: Er trägt den Titel „Italiener müssen Gürtel immer enger schnallen“. Darin heißt es mit Bezug auf das italienische Statistikamt Istat, dass die monatlichen Ausgaben je Familie auf ein Rekordtief von 2419 Euro gesunken seien, was einem Rückgang von 2,8 Prozent gegenüber 2011 entspreche. Die Hälfte der italienischen Familien gäben weniger als 2078 Euro im Monat aus. Und selbst die einkommensstärkeren Familien setzten den Sparstift an und haben 2012 ihre Ausgaben um 5,7 Prozent auf 3280 Euro im Monat reduziert. Dagegen sei Südtirol mit 2919 Euro die Provinz mit den höchsten Monatsausgaben pro Familie.
Die geballte Positiv-Berichterstattung des „Tagblatts der Südtiroler“ kontrastiert mit den rundum negativen Welt-, EU(ro)- und Italien-Schlagzeilen. Warum häufen sich „Dolomiten“-Berichte, wonach es den Südtirolern angeblich so gut geht? Die Antwort ist klar:
Erstens weil sich seit zwei Jahren in den internationalen Medien immer wieder „Los von Rom“-Artikel über Südtirol finden.
Zweitens weil der in der Italienkrise mitkriselnden SVP – Regierungspartei seit 1945 – die schwierigste Landtagswahl seit ihrer Gründung bevorsteht, bei der ihr, allen Meinungsumfragen zufolge, die absolute Mehrheit der Stimmen und Mandate abhanden kommen dürfte.
Und drittens mehr noch, weil jüngste demoskopische Befunde gänzlich dem als Ziel politischer Wünsche ausgegebenen „Vollautonomie“-Leitbild der SVP zuwider laufen. Sie scheinen stattdessen die „Los von Rom“-Publizistik zu bestätigen. Diese wird beispielhaft manifestiert in einem unlängst in der FAZ-Sonntagszeitung erschienenen dreiseitigen „Rebellen“-Beitrag über Südtiroler, Basken, Schotten und Bayern.
Darauf bezog sich Landeshauptmann Durnwalder – wenngleich auf anderer Lesart fußend. So hat das in Wien beheimatete Meinungsforschungsinstitut Karmasin eine Telefon-Umfrage im Auftrag der Gesamttiroler „Arbeitsgruppe Selbstbestimmung“ durchgeführt. Dabei wurde unter 700 repräsentativ ausgewählten Südtirolern deutscher, respektive ladinischer Zunge ermittelt, dass sich nur deren sechs Prozent als Italiener, 86 Prozent der Befragten hingegen als Südtiroler fühlen.
Ebenso stark fallen die Antworten auf die Frage nach der Zukunft Südtirols ins Gewicht: 54 Prozent der Befragten würden nämlich – im Falle eines Selbstbestimmungsreferendums – für die Unabhängigkeit von Italien stimmen. Lediglich 26 Prozent wollen bei Italien bleiben. Dieser Prozentsatz würde sich bei weiterer Verschlechterung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation in Italien noch verringern, gibt sich die Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung gewiss.
Vorangetrieben von der im Bozner Landhaus (Landtag) vertretenen Partei Süd-Tiroler Freiheit zielt die Arbeitsgruppe auf eine Volksabstimmung über die Zukunft des Landes. Dem Karmasin-Ergebnis nach kann sie dabei darauf zählen, dass auch Sympathisanten anderer Parteien dieses Verlangen unterstützen. So befürwortet mehr als die Hälfte der SVP-Wähler, nämlich 56 Prozent, die Unabhängigkeit von Italien, bei jenen der Freiheitlichen sind es sogar 78 Prozent. Nur in der Wählerschaft der Grünen findet sich eine Mehrheit von 45 Prozent für den Verbleib beim römischen Staat, wohingegen dort 40 Prozent für die Unabhängigkeit sind.
Deshalb führt die Süd-Tiroler Freiheit zwischen Anfang September und Ende November ein „selbstverwaltetes Selbstbestimmungsreferendum“ durch. Dabei können alle 380.000 Wahlberechtigten des Landes, aber auch Südtiroler, die im Ausland leben, via Online-Wahl, Briefwahl, SMS-Abstimmung oder traditioneller Stimmabgabe auf die Frage antworten: „Bist Du dafür, dass die Südtiroler ihr Recht auf Selbstbestimmung ausüben, um frei über die Zukunft des Landes zu entscheiden?“
Auf dieses „selbstverwaltete“ Abstimmungsergebnis, welches bei positivem Ausgang zu einem echten Selbstbestimmungsreferendum führen soll, darf man ebenso gespannt sein wie auf den Ausgang der Südtiroler Landtagswahl am 21. Oktober.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Es gibt auch Gutes und Mutiges, Kluges und Zukunftweisendes in Politik und Gesellschaft, im In- wie im Ausland. Zwar gerät es uns ob der Fülle an negativen Entwicklungen und kritischen Beobachtungen bisweilen aus dem Blick. Umso wichtiger ist es, regelmäßig ganz bewusst auch die positiven Exempel vor den Vorhang zu holen. Als nachahmenswerte Beispiele eben.
Da ist etwa Lettland zu loben. Es hat ein Verbotsgesetz erlassen, das sowohl die Verwendung von Nazi-Symbolen wie auch von Zeichen der kommunistischen Sowjetunion gleichermaßen unter Strafe stellt, und die Leugnung des Holocausts genauso wie der sowjetischen Verbrechen. Natürlich stört das viele restaurative Kräfte im Putin-Russland und unsere linken Dummköpfe sowieso. Aber dieses Gesetz ist die einzige gerechte Form eines Verbotsgesetzes, wenn man schon nicht den Mut zur liberalen Alternative einer Freigabe aller Schwachsinnigkeiten hat (wie es etwa in den USA der Fall ist, wo daher auch die Abhöraktionen nicht solche Folgen haben könnte wie in Europa). Aber nur zu einer einzigen Phase der Geschichte skurrile Ansichten zu verbieten, wie etwa in Österreich, ist ein unakzeptabler Verstoß gegen jeden Maßstab von Gerechtigkeit und Anstand.
Da sind der deutsche und estnische Staatspräsident zu loben, die gemeinsam bei einem Staatsbesuch das Lied "Die Gedanken sind frei" angestimmt haben, also die ergreifende Hymne jedes freien, liberalen Denkens. Andere Bundespräsidenten wären wohl nur zum kollektiven Anstimmen der Internationale bereit, der Hymne der Unfreiheit und des millionenfachen Mordes.
Da sind die Bosnier zu loben: Sowohl (islamische) Bosniaken wie (katholische) Kroaten wollen dort – gegen den Widerstand der (orthodoxen) Serben – ein Denkmal für Franz Ferdinand errichten. Der k. und k. Thronfolger ist ja in Bosnien von einem serbischen Fanatiker ermordet worden. Dieser Mord war 1914 Auslöser (freilich nicht Ursache) eines im Grund mehr als 30-jährigen Weltkrieges. Die Bosnier wollen damit eine klare Haltung zeigen: Es war keineswegs die Mehrheit der Bosnier, die hinter dem Terroranschlag gestanden ist. Das ist respektvoll anzuerkennen – auch wenn ich prinzipiell Denkmäler nicht mag. Sind sie doch nicht nur meist hässlich, sondern auch schon viel zu zahlreich.
Da sind die Briten zu loben. Sie haben es nach zehnjährigen Bemühungen geschafft, einen islamischen Hassprediger nach Jordanien abzuschieben. Jahrelang haben „Menschenrechtler“ das verhindert, weil der Mann in Jordanien ja eventuell gefoltert werden könnte. Tod und Verderben, die immer wieder von britischen Moslem-Extremisten ausgegangen sind, haben diese Menschenrechtler hingegen noch nie gestört.
Da ist das amerikanische Höchstgericht zu loben, weil es das Land wieder einen Schritt weg von der Political correctness zum Leistungsprinzip geführt hat. Diese P.C. hat sich dort – ähnlich wie bei uns – vor allem in den Universitäten eingenistet, wo bei der Einschreibung neuer Studenten zunehmend „affirmative“ Regulierungen in Geltung gekommen sind. Mit verständlicheren Worten: Angehörige von Minderheiten kamen durch diese Programme viel leichter, mit viel geringeren Anforderungen als sonstige Amerikaner in jene Unis hinein. Nun hat der Supreme Court dem ein erstes Stoppsignal entgegengesetzt, das freilich noch in etlichen weiteren Prozessen präzisiert werden muss.
Da ist der langjährige New Yorker Bürgermeister Giuliani zu loben, weil er zum Unterschied von vielen anderen Wahrheiten ausspricht. Er macht die – in den USA ja noch mehr als in Europa verbreitete – „Political correctness“ mitverantwortlich für islamistisch motivierte Anschläge, etwa jenen auf den Boston-Marathon. Haben doch schon vor dem Anschlag Indizien auf die Täter hingewiesen.
Da ist sogar einmal das oberste russische Gericht zu loben: Es verlangt, dass Schulkleidung weltlichen Charakter haben muss. Dass also in Schulklassen Kopftücher nichts verloren haben. Das ist umso signifikanter, als in Russlands Südregionen mancherorts schon Frauen ohne Kopftuch auf der Straße attackiert werden. Bei uns darf man hingegen die Tatsache nicht einmal diskutieren, dass staatlich bezahlte Religionslehrer auf Mädchen massiven psychologischen Druck ausüben, solche Kleidung zu tragen.
Da sind wieder einmal die Schweizer Stimmbürger und ihr Engagement zu loben. Sie haben binnen kurzem die Unterschriften für ein Referendum gegen eine 150-prozentige Erhöhung der Autobahn-Maut zusammengebracht. Dabei wird die Schweizer Autobahn-Maut durchaus zur Gänze für den Straßenbau und deren Erhaltung verwendet. Man stelle sich nun vor, auch in Österreich gäbe es eine direkte Demokratie. Das wäre hier im Kampf gegen den ständig tieferen Griff der Obrigkeit in unsere Geldtaschen noch viel wichtiger. Das gilt ganz besonders für Wien. Hier haben ja die saftigen Gebührenerhöhungen keineswegs nur die notwendigen Ausgaben gedeckt, sondern auch das Rathaus-Budget (mit seinen gigantischen ideologischen Verschwendungen) und die diversen Reptilienfonds zur Bestechung von wohlwollendem Journalismus.
Da ist die deutsche Regierung zu rühmen: Sie erhebt Einspruch gegen den Plan der EU-Kommission, die das letzte Wort über die Schließung einer Bank erhalten will. Das verstoße gegen die EU-Verträge und die deutsche Verfassung, so Berlin ganz massiv. Und Österreich? Da wird das Problem nicht einmal diskutiert, weder von Regierung noch von Banken. Wahrscheinlich hat man es nicht einmal erkannt – oder will es nicht ansprechen, weil diese Regierung wohl keinen Konsens zustandebringt.
Da ist – um endgültig in Österreich zu bleiben – einmal auch die ÖVP zu loben. Sie ist in den turbulenten Juni-Wochen beim Gleichbehandlungsgesetz nicht wie bei anderen Materien unter dem Druck der SPÖ umgefallen. Diese wollte ja Vermieter zwingen, ihre Wohnungen künftig nur noch politisch korrekt zu vergeben. Und nicht etwa nach der freien Entscheidung und freien Verfügung des Wohnungseigentümers über sein Eigentum. Nach den Plänen der SPÖ wären nicht nur Vermieter und Arbeitgeber in ununterbrochenen Beweisnotstand und unter Erpressungsdruck der politisch korrekten oder schwulen Agitatoren geraten, sondern beispielsweise auch jüdische Hoteleigentümer, wenn sie Veranstaltungsräume nicht an radikalmoslemische Gruppen vermieten wollten.
Da ist einmal auch die Lehrergewerkschaft zu loben. Sie schlägt ein neues Gehaltsmodell vor, das auch leistungsorientierte Bestandteile enthält. Alleine das Wort „leistungsorientiert“ ist ein totaler Bruch nicht nur mit dem bisherigen Dienstrecht, sondern auch mit dem sonst üblichen Verhalten von Gewerkschaften. Übrigens muss man den Lehrervertretern auch zustimmen, wenn sie als Vorbedingung für die längere Verweilpflicht in Schulen zuerst ordentliche Arbeitsplätze (=Schreibtische mit Mindestausstattung) verlangen. Oder verlangen SPÖ, Grüne und Medien ernsthaft, dass Lehrer ohne Arbeitsplatz an ganzen 60 Zentimeter Konferenztisch jede Woche viele Stunden verbringen müssen? Es ist überhaupt rätselhaft, wieso diese Gruppen ernsthaft glauben, dass ihnen ihr ständiges Lehrerprügeln Wähler oder Leser zutreibt. Haben doch Lehrer bei allen mir bekannten Umfragen ein weit besseres Image als Politiker und Journalisten. Auch wenn keineswegs alle von ihnen Vorzeigestücke sind. Auch wenn NACH Einrichtung der notwendigen Arbeitsplätze die Lehrer-Präsenzzeiten durchaus erhöht werden können.
Da muss man einmal auch die ÖBB loben. Nicht weil sie gelernt hat, wie einfach man sich mit einer Mitgliedschaft in der Industriellenvereinigung auch gleich lobende Gutachten einkaufen kann. Und schon gar nicht dafür, dass die ÖBB-Angestellten künftig einfach weniger Stunden arbeiten, weil man ihrer zu viel hat (nachdem man ständig neue aufgenommen hat!). Sondern weil ihr Projekt, die russischen Breitspurbahnen nach Wien zu führen, absolut sinnvoll und zukunftsträchtig ist. Dabei geht es gar nicht so sehr um die romantische Perspektive, eines Tages eine lange Bahnreise von Wien bis Peking oder Wladiwostok ohne Umsteigen antreten zu können, sondern vor allem um die Aufwertung Wiens und Österreichs als internationalen Knotenpunkt. Die ist aber dringend notwendig, nachdem sich das Gas-Projekt Nabucco der OMV in Luft aufgelöst hat; und nachdem die österreichischen Steuerhöhen (welche Rotgrün und neuerdings auch Blau noch weiter erhöhen wollen) immer mehr europäische Headquarters aus Wien vertreiben.
Nur rückständige Hinterwäldler und die Lehrergewerkschaft verhindern den brennenden Wunsch der Eltern, dass ihre Kinder ganztägig und „verschränkt“, also mit Nachmittagsunterricht, in Schulen unterrichtet werden.
In Wahrheit aber wollen die Eltern das ganz und gar nicht. Diese Schulform könnte nämlich schon seit Jahren dort eingeführt werden, wo ein Drittel der Eltern zustimmt (also ohnedies nur eine Minderheit). Daher haben nur 1,8 Prozent der Schüler an AHS-Unterstufen solchen Unterricht bekommen. Viel mehr Schüler saßen hingegen in „unechten“ Ganztagsschulen, wo am Nachmittag nur Lernbetreuung angeboten wird. Diese Form lässt Kindern die Möglichkeit, an externen sportlichen oder kulturellen Aktivitäten teilzunehmen, am Reit-, Klavier- oder Balletttraining. Und die ganz große Mehrheit der Eltern hat sich überhaupt für die traditionelle Halbtagsform entschlossen. Quer durchs Land. Es waren immer die Eltern und praktisch nie die Lehrer, welche die progressive Reform abgelehnt haben. Dabei hatten Ministerium, Androsch und Industriellenvereinigung diese ihnen seit Jahren einzutrommeln versucht. Das alles hat jetzt das Unterrichtsministerium selbst zugegeben. Das alles ist doppelt erfreulich: Erstens weil einmal sogar von dort ein Teil der Wahrheit zu hören ist. Und zweitens, weil die große Mehrheit der Eltern durchaus willens und interessiert ist, die eigenen Kinder selbst zu betreuen. Was wieder einmal zeigt: die Menschen sind familienorientiert und jedenfalls viel vernünftiger als Medien, Politik und selbsternannte „Experten“.
Wie sich binnen weniger Tage eines so zum anderen fügt. Beide spanischen Großparteien sind derzeit wegen schwerem Korruptionsverdacht in der Krise. Niemand aber braucht lange nachzudenken, woher denn das Bestechungsgeld für sie eigentlich gekommen ist. Die Antwort gibt diesmal sogar der sonst zahnlose und verschlafene EU-Rechnungshof: Er hat fast zeitgleich mit dem Platzen der Korruptionsaffären enthüllt, dass ein Quadratmeter Fahrbahn in Spanien fast doppelt so teuer ist wie in Deutschland. Na, bumm.
Der Rest ist geradezu zwingend logisch. Denn da spanische Arbeitskräfte nicht teurer sind als deutsche, ist die Vermutung in Wahrheit längst Gewissheit: Das europäische Geld für den Autobahnbau ist in dunkle Kassen geflossen.
Ein Teil floss zu den spanischen Eigentümern der Bauindustrie; diese hatten ja einige Jahre lang jede Summe Geldes, um von der Alpine bis Hochtief jede Baumaschine zusammenzukaufen. Der andere Teil floss zu den Parteien. Der konservative Ministerpräsident, der von einem Parteifreund verpfiffen worden ist, hängt ja seit einigen Tagen als mutmaßlicher Geldempfänger schwer groggy in den Seilen. Und die Sozialisten haben sich insbesondere in ihrer Hochburg Andalusien ebenso heftig an öffentlichen Geldern bedient.
„Öffentliche Gelder“ ist freilich ein recht unpräziser Ausdruck. Denn die spanischen Autobahnen sind nur zum Teil mit spanischem Geld, sondern vor allem mit EU-Geldern finanziert worden. Wie? Nun, die spanischen Regierungen haben seit Jahrzehnten Europa ständig erpresst. Sie haben diversen wichtigen Beschlüssen immer nur zugestimmt, wenn es frisches Geld für sie gab.
Dieses Geld wurde dann mit Hilfe von für die Durchschnittseuropäer kaum verständlichen Programmen nach Süden geschafft. Welcher Europäer fängt denn schon etwas an mit Worten wie „Kohäsionsfonds“ oder „Strukturgelder“? Jeder Europäer hat aber bei einem Spanien-Besuch gesehen, wie quer durchs Land kaum benutzte Luxus-Autobahnen gelegt worden sind. Er hat nur nicht begriffen, dass er selbst und nicht etwa die Spanier diese bezahlt hat.
Womit wir bei einer der vielen Erkenntnisse der neoliberalen Marktwirtschaft sind: Wenn nicht der Empfänger bezahlt, sondern ein Dritter – meist der Steuerzahler –, dann sind Verschwendung und Korruption nicht weit. Ja, meist stehen sie sogar im Zentrum der Dinge.
Und was tun unsere „Volksvertreter“ Swoboda oder Karas in der EU? Sie verlangen lauthals nach immer noch mehr von unserem Steuergeld. Mit dem offensichtlichen Zweck, damit die EU dieses in Spanien&Co verteilen kann. Glauben die beiden ernsthaft, dass irgendeiner ihrer Wähler sie auch beim nächsten Mal wieder wähnen wird?
PS: Ich würde fast wetten, dass die Spanier zur Ablenkung bald einen der alten ethnischen Konflikte wieder neu aufflammen lassen. Offen ist nur, welchen. Wird es wieder gegen die Basken oder Katalanen gehen? Oder gar gegen Gibraltar?
Beim Lehrerdienstrecht scheint nun doch Fünf nach Zwölf Bewegung in die Dinge gekommen zu sein, nachdem man jahrelang nicht ernsthaft verhandelt hat (Gehaltsverhandlungen auf Beamtenebene sind ja höchstens ein langweiliges Training). Dazu fünf kurze Anmerkungen.
Erstens: Wenn nicht alles mit Brief und Siegel fertig ist, ist noch gar nichts fertig. Und es fehlen noch viele wichtige und kostenrelevante Details. Also sollte man mit einem Endurteil geduldig zuwarten.
Zweitens: Der Psychoterror der durch Schmiedsche Steuergeld-Inserate bestochenen Boulevardzeitungen scheint wieder einmal erfolglos zu sein. Alles deutet auf einen weitgehenden Erfolg der Lehrergewerkschafter hin. Den Gewerkschafter ja fast immer haben – nur glaubten manche rote Politikerinnen, dass schwarze Gewerkschafter im Gegensatz zu den eigenen Schoßhündchen sind, die man mit Medienterror bekämpfen kann. Und vor allem: die Gewerkschafter werden in den nächsten Wochen auch alle (teuren) Detailverhandlungen in Ruhe aussitzen und gewinnen können, während die Regierung im Wahlkampfstress ständig noch mehr nachgeben wird.
Drittens: Das ganze Paket dürfte viele freuen, jedoch den Steuerzahler wohl nicht, der am Ende für alles, insbesondere die unsinnige Akademisierung der Pflichtschullehrer aufkommen wird müssen. Dabei sind die wahren Defizite des Bildungssystems zu 95 Prozent gar nicht angesprochen worden (insbesondere die Mängel an Leistung, Vielfalt und Schulautonomie).
Viertens: Die Schmied-Katastrophe, dass ab September viel zu wenige ausgebildete Lehrer für alle Klassen da sein werden, kann natürlich durch kein Dienstrechtspaket im letzten Augenblick mehr verändert werden. Die Ministerin hat ja tatenlos auf das Kommen der Katastrophe reagiert.
Und fünftens: Auch weiterhin werden die Bundesländer die Herren über die Pflichtschullehrer bleiben, während der Bund für diese ebenso wie für die ihm selbst unterstehenden AHS- und BHS-Lehrer zahlen muss. Womit eine weitere austriakische Skurrilität einbetoniert bleibt, die mehr teuer als liebenswert ist.
PS: Aber pardon, dass ich so viel über Geld gesprochen habe, während die Unterhändlier nicht über Bildung geredet haben. Diese Regierung ist hingegen viel wahlkampfnobler als ich: Sie spricht nicht über Geld, sie gibt es einfach aus.
So geht es nicht. Das dürfte die EU-Kommission in Kürze zu einem wichtigen deutschen Gesetz sagen. Sie wird es aushebeln, und zwar zu Recht. Das aber wird wiederum ganz gravierende und bedrohliche Auswirkungen auf andere Länder, insbesondere Österreich haben.
Es geht um das deutsche Erneuerbare-Energie-Gesetz. Dieses fördert – auf immer größer werdende Kosten der Verbraucher – die erneuerbaren Energien, also etwa Wind-, Solar- oder Bio-Strom. Diese haben ja alle den Nachteil, zwar enorm populär und modisch, aber auch sehr teuer zu sein, jedenfalls viel teurer als normaler Strom. Daher hat populistische Politik hohe Förderungen beschlossen. Diese machen die Alternativstromerzeugung trotz ihrer Unwirtschaftlichkeit zu einem guten Geschäft. Sonst hätte bis auf ein paar Fanatiker niemand Windmühlen gebaut.
Finanziert wird diese Förderung ähnlich wie in Österreich mit hohen Zuschlägen auf den Strompreis. Deutschland hat aber bei der Belastung durch solche Stromzuschläge Ausnahmen gemacht: für die arbeitsplatz- und exportintensiven Industrien. Und diese Ausnahmen stören nun die EU. Denn die Ausnahmen sind ja wirtschaftlich gesehen nichts anderes als Förderungen einiger Unternehmen. Und solche Förderungen sind logischerweise ein Widerspruch zum gleichberechtigten Wettbewerb in einem freien Binnenmarkt. Sie laufen ja auf eine gezielte Subvention bestimmter Stromabnehmer gegenüber allen anderen hinaus (die wegen dieser Ausnahmen überdies noch höhere Zuschläge für den grünen Strom zahlen müssen!).
Es ist Wettbewerbsverzerrung durch verbotenes Dumping, wenn man die eigenen Exporte billiger macht. Dadurch verstoßen die Deutschen ganz direkt gegen das Grundprinzip eines gemeinsamen Marktes. Die deutsche Politik hat dieses Faktum aber lange zu verdrängen versucht, obwohl die EU Deutschland sicher nicht netter behandeln kann als sie die südeuropäischen Bankrotteure behandelt.
Nun ist guter Rat teuer. Die deutschen Strompreise sind nämlich jetzt schon im internationalen Vergleich Spitze. Wenn sie nun für die Exportindustrie noch höher werden, werden viele Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen und die Jobs werden in Länder mit niedrigeren Stromkosten übersiedeln. Das wird verheerende Auswirkungen auch auf Österreich haben, das ja noch immer in hohem Ausmaß von den Zulieferungen nach Deutschland lebt.
Der einzige sinnvolle Ausweg wäre daher ein rascher Ausstieg aus dem Ausstieg, also ein Ende dieser Förderungen bestimmter Stromerzeugungsformen. Das ist nun nichts anderes als eine Rückkehr zur Marktwirtschaft, deren wichtigster Grundsatz heißt, dass alle Marktteilnehmer gleich zu behandeln sind. Nur so können viele deutsche wie österreichische Arbeitsplätze erhalten werden.
Damit würde überdies auch der größten Absurdität der Alternativwelt entgegengewirkt. Diese besteht darin, dass regelmäßig schon viele teuer geförderte Windmühlen&Co abgedreht werden müssen, weil der Strom zur falschen Zeit am falschen Ort und ohne die notwendigen Leitungskapazitäten produziert wird. Also in den Stunden starken Winds plus starker Sonne. Würde man da die Alternativstrom-Erzeugungsmaschinen nicht abdrehen, würde das die Netze überlasten. Was einem flächendeckenden Kurzschluss entspricht.
Aber nicht einmal die CDU ist sich sicher, ob sie den Ausstieg wagen soll. Denn grünes Denken nistet heute auch in vielen an sich vernünftigen bürgerlichen Köpfen. Der Ausstieg vom Ausstieg wäre überdies nicht nur für die Grünen, sondern auch die Merkel-Partei blamabel, die sich ja nach dem Tsunami plötzlich voll der Alternativbegeisterung hingegeben hat.
Steigt Deutschland aber nicht aus, so ist eine progressive Deindustrialisierung und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit im letzten großen Land Europas unvermeidbar, das noch einigermaßen stabil ist. Die Folgen wären ökonomisch wie sozial katastrophal. Und für die kleinen Nachbarn Deutschlands erst recht.
Der Verteidigungsminister hat vom Generalstabschef abwärts zahllose Leiter- und Kommandantenfunktionen aller Ebenen neu besetzt. Jedoch werden etliche der Besetzungen quer durchs Bundesheer von ganz hässlichen Gerüchten begleitet. Diese hat sich etwa der neue Generalstabschef Commenda ganz sicher nicht verdient.
Um diese Gerüchte zu widerlegen, sollte insbesondere Commenda, sollten aber tunlichst auch alle anderen neuen Repräsentanten der obersten Ebene öffentlich ihr Offiziersehrenwort geben: Dass sie vor ihrer Beförderung keiner politischen Partei oder einer ihrer Unterorganisationen, keinem sozialistischen Akademikerbund oder ähnlichem beigetreten sind.
Wenn sie dieses Ehrenwort geben, dann wollen wir doch gerne daran glauben. Zumindest bis gegenteilige Fakten oder Beobachtungen auf den Tisch kommen. Und sollten Sie zu dem Thema schweigen, dann haben wir das Recht, unsere eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.
Und ja, noch etwas: Bitte kein Gewäsch, dass es doch keine Schande sei, einer Partei anzugehören. Natürlich ist es das nicht. Schande ist es nur, wenn man das einer Beförderung wegen tut, oder knapp vor dieser. Schande ist es nur, wenn man je nach politischer Opportunität die Parteibücher wechselt oder gar mehrere besitzt.
Und wenn wir schon bei den Offiziersehrenwörtern sind: Dann könnten Sie doch bitte auch mit einem solchen gleich noch klären, ob Sie in Sachen Golanabzug die Öffentlichkeit immer wahrheitsgemäß und vollständig informiert haben, ob der Abzug Ihrer eigenen Meinung entspricht oder ob Sie auf Wunsch der Partei Ihre Meinung geändert haben.
Das Heer und die Integrität der Menschen an seiner Spitze sind uns eben wichtig. Wie auch die Volksbefragung gezeigt hat. Bei der wir übrigens auch nicht die Meinung des Herrn Commenda gehört haben. Aber wir haben sie sicher nur überhört.
Zahllose Schwachsinnigkeiten haben sie im Laufe der Jahre beschlossen, insbesondere in den letzten Parlamentswochen. Aber die Einführung von – ein bisschen! – direkter Demokratie gestehen sie den Bürgern jetzt entgegen allen Ankündigungen doch nicht zu, wie sie nun im Koalitionsgleichschritt verkünden. Formal heißt es zwar nur: nicht vor den Wahlen. Aber wir alle wissen: Damit werden die direktdemokratischen Bürgerrechte mit großer Wahrscheinlichkeit auch nachher nicht kommen. Was die Koalition freilich nicht begreift: Sie hat damit einen weiteren Grund gesetzt, weshalb es ihr am Wahltag gar nicht gut gehen wird.
Sie haben sich natürlich nicht getraut, direkt Nein zu sagen, sondern als alte erfahrene Parlamentarier haben sie den Fisch so lange gestreichelt, bis er tot war. Mausetot. Statt dessen wollen sie nun die öffentliche Debatte mit irgendwelchen bedeutungslosen Scheinthemen ablenken, wie etwa der Frage nach Minister-Hearings.
Natürlich ist es richtig, dass die Frist bis zum Wahltag sehr knapp wäre, um die direkte Demokratie mit ruhiger Hand zu beschließen. Freilich: Eine solche Hand hat ja sowieso niemand in dieser Koalition, weder vor noch nach einer Wahl (Übrigens dürfte das Fehlen ruhiger Hände auch der Grund sein, warum die SPÖ zwar Faymanns Gesicht, aber nicht seine völlig untätige Hand plakatiert, obwohl sie diese anpreist). Freilich ist ebenso Tatsache, dass der SPÖ-Klub seit zwei Jahren jedes seriöse Gesetz boykottiert hat, weshalb eben die jetzige Zeitnot entstanden ist.
Sich also auf eine selbst verschuldete Zeitnot auszureden, ist schlicht Chuzpe.
Nur um ja die direkte Demokratie zu verhindern, hat man überdies noch zu einer besonderen Raffinesse gegriffen. Man hat die österreichweit unbeliebtesten Altpolitiker von Rot, Schwarz und Grün vorgeschickt, um scheinbar für die direkte Demokratie zu werben. Diese haben jedoch einerseits schon durch ihre Persönlichkeit das Anliegen beschädigt; und sie haben andererseits die direkte Demokratie auch dadurch unbeliebt zu machen versucht, indem sie diese mit unpopulären anderen Forderungen überfrachtet haben.
Die ÖVP in ihrer Dummheit hat wieder einmal nicht die Falle erkannt, in die sie geraten war. Spindelegger steht jetzt jedenfalls ziemlich blöd da, als er sich im letzten Augenblick auf einen Kompromiss mit den taktisch plötzlich umschwenkenden Sozialdemokraten und damit auf einen verwässerten Verfassungstext eingelassen hat, der nun dennoch leider, leider nicht mehr beraten werden kann. Das beteuert plötzlich auch sein eigener Parlamentsklub. Josef Cap als gefinkelter Anführer der Feinde der direkten Demokratie kann sich hingegen die Hände reiben.
Dabei hätten Schwarz und Blau mit der ursprünglichen Konzeption einer echten direkten Demokratie ein absolut wahlkampftaugliches Thema gehabt, mit dem sie die parteienmüden Menschen noch einmal aktivieren hätten können. Aber wie so oft in den letzten Jahren sind nun die Schwarzen die Blamierten, weil sie auf die roten Schmähs hereinfallen.
Natürlich gibt es aber auch in den ÖVP-Reihen viele Politiker, welche die direkte Demokratie keineswegs mögen. Insbesondere zählen viele Abgeordnete dazu, die um die eigene Wichtigkeit bangen. Und die daher die Taktik des zu Tode Streichelns durchaus geschätzt haben.
Ebenso klar ist, dass bei den bevorstehenden Begutachtungen Machtträger die raffiniertesten Argumente gegen die Überlassung eines Stücks ihrer Macht an das gemeine Volk drechseln werden. Diese werden aber in Wahrheit immer ein und dieselbe Einstellung demonstrieren: Wir, die Professoren, die Verfassungsrichter, die Sozialpartner, die NGOs, die Eurokraten, wir wissen besser, was gut und richtig für die Menschen ist. Die sind ja viel zu blöd. Die könnten ja etwas Falsches beschließen. Die könnten irgendeine unserer Errungenschaften gefährden.
Das sind im Grund freilich haargenau die gleichen Argumente, mit denen einst Aristokratie und Feudalsystem gegen Demokratie und Aufklärung gekämpft haben. Wollen es unsere heutigen Eliten auch wieder so weit treiben, bis erst auf revolutionärem Weg ein Umbruch möglich ist?
Oder wollen sie gar behaupten, die Ergebnisse der repräsentativen Demokratie in den letzten Jahren wäre irgendwie ein Leistungsausweis? Zu denen gehören etwa:
Und so weiter. Eine stolze Leistung.
Beatrix Karl präsentiert ein neues Jugendstrafvollzugspaket, über dessen Details nun alle Medien und Linksparteien heftig diskutieren. Aber nirgendwo geht es um das, was die Menschen wirklich interessiert.
Bis auf ein paar NGOs und die wie so oft am Leben vorbei berichtenden Medien sowie die Insassen von Gefängnissen haben die Menschen in Wahrheit nämlich ein ganz anderes Hauptinteresse: Warum schützt sie die Justiz künftig nicht besser vor jugendlichen Banden, die mit gezogenem Messer auf offener Straße von anderen Passanten Geld und Handy verlangen? Warum können allzu fürsorgliche Richterinnen und Fließband-Gutachterinnen, die im Jahr rund 2000 Gutachten produzieren, in hohem Ausmaß dafür sorgen, dass diese Zeitgenossen bald wieder unterwegs sind? Wenn sie die Polizei überhaupt einmal erwischt hat. In der gegenwärtigen Sommeraufregung fehlen jedenfalls die Sorgen der Opfer und potentiellen Opfer völlig. Ja, sie werden sogar noch viel größer.
Tausende Austro-Türken sind vor wenigen Tagen in Wien für Recep Tayyip Erdogan auf die Straße gegangen. Ein endloses Meer an roten Fahnen mit weißen Halbmonden zog durch die Stadt. Ausgelöst hatte die Massendemo der grüne Bundesrat mit türkischen Wurzeln Efgani Dönmez. Er hatte in einem Zeitungsinterview gefordert, alle Anhänger des türkischen Ministerpräsidenten mit einem One-Way-Ticket in die Türkei zu schicken. Die Antwort auf den Dönmez-Sager kam prompt und war eine eindrucksvolle Machtdemonstration. Rund 15.000 erboste AKP-Sympathisanten setzen mitten in Wien ein klares politisches Zeichen. Und diese Botschaft ist – zumindest bei den etwas klügeren linken Politkern – auch angekommen.
Dass die Polizei und die meisten Mainstreammedien die Demo mit 8.000 Teilnehmern klein zu reden versuchten, belegt das ungute Gefühl der Regierung und ihrer subalternen Medienmitarbeiter. Die gute Vernetzung, der Organisationsgrad, die Reaktionsschnelligkeit und die Mobilisierungskraft der islamisch-konservativen türkischen Community in Österreich scheint einige MultiKulti-Propagandisten aus ihren rosaroten Träumen gerissen zu haben. „Auf Knopfdruck auf der Straße“ titelte etwa die Wiener Zeitung.
Die Spitzen von SPÖ, ÖVP und der Grünen sahen dem Treiben kommentarlos und beunruhigt zu. Der junge ÖVP-Integrationsstaatsekretär Sebastian Kurz wurde von seinen in Deckung gegangenen Regierungskollegen vorgeschickt und musste ganz dezente Kritik üben. Er appellierte an die österreichisch-türkischen Erdogan-Fans: „Konflikte, die es derzeit in der Türkei gibt, nicht in Österreich auszutragen."
Von SPÖ und Grünen hieß es wiederum, man müsse in einer Demokratie schließlich auch Meinungen und politische Einstellungen akzeptieren, die einem nicht gefallen würden. Hört, hört! So etwas aus dem Mund von Politikern zu vernehmen, die ansonsten keinerlei Probleme haben, ihnen nicht genehme Demonstrationen, Konzerte und Veranstaltungen zu verbieten und zu unterbinden, lässt tief blicken. Wenn etwa Wiens Grünenchefin Maria Vassilakou meint, in Wien „gibt es auch Strömungen, die uns nicht gefallen,“ und im selben Zeitungsinterview zusammenhangslos und vom Thema ablenkend auf politische Gegner ihrer Kragenweite hinschlägt, nämlich „radikale Abtreibungsgegner und religiöse Fanatiker, die Frauen vor Kliniken belästigen“, da kann man sich nur noch fragen: Geht’s noch erbärmlicher?
Ihr grüner Parteikollege Klaus Werner Lobo hatte wenige Monate zuvor das Konzert der Mundart-Rockband Die Hinichen in Wien erfolgreich verhindert, weil ihm deren Texte nicht politisch korrekt genug waren. Im oberösterreichischen Wels hat die SPÖ wiederum mit Unterstützung von ÖVP und Grünen ein Konzert der Südtiroler Band Frei.Wild unterbunden. Die Gruppe war den Politkern zu heimatverbunden und zu rechts. Man habe kein Interesse an einem Auftritt, so der SPÖ-Vizebürgermeister von Wels. Ja, ja man muss auch andere Strömungen akzeptieren.
Aber es ist halt eine Sache, nicht genehmen Künstlern Auftritte zu verbieten, und mutig gegen eine weitgehend selbst aufgeblasene rechtsextreme Gefahr zu kämpfen. Eine völlig andere ist es, die politische Einstellung Tausender bestens organisierter AKP-Sympathisanten in Österreich zu kritisieren, noch dazu, wenn diese zu den wichtigsten Wählern der eigenen Partei, der SPÖ, gehören. Wenn es ernst wird, trennt sich eben die Spreu vom Weizen. Deshalb ist auch die Frage, ob sich der „große Demokrat“ Bundespräsident Heinz Fischer zur Causa Dönmez und ihren Folgen geäußert hat, eine rein rhetorische.
Die Pro-Erdogan Demo in Wien hat die Machtverhältnisse in Österreich klar aufgezeigt. Sie war ein unmissverständliches Signal an die heimischen Politiker: Vorsicht! Und diese haben wiederum – in dem sie nichts sagten und taten – eindeutige Signale zurückgesendet. Jetzt weiß jeder, woran er ist und wo er steht.
Vor allem auch, weil die Erdogan-Gegner gerade einmal 600 Menschen auf die Straße brachten. Auch die Claims innerhalb der österreichisch-türkischen Gemeinschaft sind damit abgesteckt. Für viele Sozialsten ein herber Schock. Schließlich gehören Österreicher mit türkischen Wurzeln neben den Pensionisten zur wichtigsten Kernwählerschicht der SPÖ. Seit Jahren bemühen sich die unter dramatischem Wählerschwund leidenden Sozialisten um diese für ihren politischen Machterhalt so wichtige und stetig wachsende Gruppe.
Dass die vielen tausenden Türken in Österreich die SPÖ aber nicht aus Sympathie oder gar politischer Überzeugung, sondern aus Opportunismus und aus taktischen Gründen wählen, dürfte spätestens nach dieser Großdemo den meisten roten Strategen und Funktionären klar geworden sein. Eine bittere Erkenntnis, vor allem auch für die radikale SPÖ Gender-Mainstream-Fraktion. Dass nämlich ein großer Teil ihrer eigenen Wähler die Visionen einer Frauenministerin Heinisch-Hosek oder einer Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger nicht nur nicht teilen, sondern ihnen feindlich gegenüberstehen, dürfte den missionarischen roten Feministinnen nun klar sein.
Aber in gesellschaftlichen Übergangszeiten können eben kuriose Konstellation entstehen: Mit der geliehenen Macht Tausender österreichischer Erdogan-Fans kann die SPÖ derzeit ihre linke Gender-Politik um- und durchsetzen. Das ist wirklich skurril. Doch die SPÖ weiß nun auch, dass ihre Macht ein Ablaufdatum hat und dass der Mohr spätestens dann gehen kann, wenn er seine Schuldigkeit getan hat. Auf Dauer lassen sich diese Widersprüche und diese innere Zerrissenheit nicht mehr kitten und zudecken. Bei den Grünen treten sie schon jetzt offen zu Tage.
Der Dönmez-Sager und die Großdemo haben die Verwerfungen und Widersprüche in der politischen Landschaft und der österreichischen Gesellschaft deutlich sichtbar gemacht. So will der Grüne Peter Pilz, der seit vielen Jahren mit seinen Genossen jede Art vernünftiger und zukunftsorientierter Einwanderungspolitik verhindert hat, plötzlich in einer Panikreaktion einen Gesinnungstest für einbürgerungswillige Zuwanderer einführen. Da kommt wohl seine linksextreme Gesinnung aus den Tagen bei den Revolutionären Marxisten wieder ungeschminkt an die Oberfläche.
Feuer ist auch bei den Grünen in Tirol am Dach. Dort hat gerade der grüne Funktionär Mustafa Isilak klargestellt, dass er die Homo-Ehe ablehnt. Die Gleichstellung von Homosexuellen stehe „im Widerspruch zu seiner Religion“, so der grüne Gemeinderat. Sein Parteikollege in Schwaz, Tarik Özbek, hat wiederum öffentlich seine Sympathie für Erdogan bekundet. Bisher konnten die Grünen die Probleme, Verwerfungen und Widersprüche, die die Multikulti-Ideologie mit sich bringt, mit ein paar hohlen Phrasen und der Faschismuskeule einfach aus der Welt schaffen. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein.
Auch die Grünen müssen sich nun der Realität stellen und sich mit den Konsequenzen der Politik, die sie mit zu verantworten haben, auseinandersetzen. Das ist jene Politik, die der grüne Leitwolf Joschka Fischer einst so beschrieben hat: „Deutschland muss von außen eingehegt, und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt werden.“
Und kaum haben das die roten und grünen Sozialisten eindrucksvoll geschafft, rufen bereits die ersten „Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute” im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.
Was hat Ivo Morales eigentlich in Moskau besprochen? Diese Frage sollte den Westen deutlich mehr interessieren als der vieldiskutierte Zwischenstopp, den er auf dem Rückflug einen Tag in Wien machen musste. Vielen Menschen passiert ja deutlich Schlimmeres als ein ungeplanter Zwischenstopp in einem zivilisierten Land. Hingegen ist das Gesprächsthema von Morales in Moskau weit darüber hinaus für ganze Kontinente spannend.
Morales hatte in Moskau nämlich an einem geheimen Forum Gas exportierender Länder teilgenommen. Das ist der Welt ob der Snowden-Hysterie völlig entgangen. Dieses Forum ist eine sehr diskrete und sehr informelle Gruppe. Es sagt Europa und Amerika den Kampf an – vermutlich ohne aber zu wissen, wie das gehen soll. Es scheint in Wahrheit ein Ohnmachts-Forum zu sein. Hoffentlich stimmt dieser Eindruck auch und das Forum ist wirklich ohnmächtig.
Denn es versucht, den weltweiten steilen Verfall der Gaspreise zu verhindern. Diese gehen vor allem deshalb nach unten, weil im Westen, insbesondere in Nordamerika sehr viel neuentdecktes Gas gefördert wird. Das hat die USA von einem Energie-Importeur zu einem Exporteur verwandelt. Das hat den Amerikanern ermöglicht, auf einen neuen Wachstumskurs zu gehen und die Krise der letzten Jahre zumindest vorerst zu überwinden.
Ähnliches spielt sich auch in Teilen Europas ab. Aber eben nur in Teilen. Jene Länder hingegen, die noch immer von langfristigen und teuren Verträgen vor allem mit Russland abhängig sind, haben heute einen um 30 bis 40 Prozent höheren Gaspreis als die anderen, die vom Weltmarktpreis profitieren. Das hält keine Wirtschaft auf Dauer aus – aber damit auch kein Gaspreis-Vertrag.
Die bevorzugten Länder Europas können sich aus zwei Gründen billiger versorgen: Teils über eigene Gasfunde, teils über Flüssiggas aus dem Weltmarkt, das nun statt nach Amerika nach Europa fließt. Sie brauchen dazu freilich geeignete Hafenanlagen.
Daher bauen etwa die langfristig und strategisch denkenden baltischen Staaten vehement an den technischen Einrichtungen, damit auch sie sich bald mit verflüssigtem Gas auf dem Seeweg versorgen können. Sie tun alles vor allem aus einem Motiv: Sie wollen von Russland noch unabhängiger werden. Denn sie haben den Zugriff des großen Nachbarn in der Geschichte deutlich und schmerzhaft kennengelernt.
Auch in vielen Ländern Europas wäre das Schiefergas, das die wirtschaftliche Lage der Nordamerikaner so deutlich verbessert hat, durch neue Techniken abbaubar. Jedoch stößt das in manchen Ländern auf erbitterten Widerstand. Zumindest derzeit. Angesichts eines scheinbar ungefährdeten Wohlstands begreift dort die Bevölkerung nicht die Bedeutung von Energie und Industrie für den eigenen Wohlstand. Man wird freilich abwarten müssen, wie lange sich dieser Widerstand auch in Zeiten einer progressiven Krise hält.
Aber nicht nur durch die eigenen Gas-Funde Europas und durch den Verfall des Weltmarktpreises verschlechtern sich die Karten der bisherigen Gas-Monopol-Länder. Die EU hat noch an einer weiteren Energiefront den Gaskrieg angesagt: Sie besteht darauf, dass Firmen, die Energie „erzeugen“ (also etwa Gas fördern), völlig getrennt werden von jenen, die diese Energie in der EU über ihre Netze verteilen und verkaufen.
Dieses Verlangen ist zweifellos zu einer der wichtigsten und positivsten Strategien im EU-Binnenmarkt geworden. Ein Binnenmarkt kann nur dann konkurrenzfähig sein, wenn er auch Zugang zu günstiger Energie hat. Dazu ist jedenfalls ein möglichst breiter Wettbewerb unter Energieanbietern notwendig, wie die EU richtigerweise erkannt hat. Und nur durch eine Trennung zwischen Netzbesitzern und Anbietern („Netzneutralität“) kann wirklich Wettbewerb unter diesen Anbietern entstehen.
Mehr Wettbewerb nützt immer den Abnehmern (also Privathaushalten ebenso wie arbeitsplatzschaffenden Unternehmen). Diese Strategie praktiziert die EU ja im übrigen auch an anderen Fronten. Beispielsweise:
Diese lobenswerte Strategie der EU stößt freilich EU-intern auch auf heftigen Widerstand. Dieser wird vor allem von den meist noch immer stark mit dem Staat verbundenen Platzhirschen ausgeübt (im Falle Österreichs sind das etwa ÖBB, Telekom, Wasseranbieter und Landes-Stromversorger).
Das Verlangen nach Entflechtung und Wettbewerb wird mit Sicherheit zu weiteren Preisreduktionen führen. Das löst naturgemäß in den fast zur Gänze vom Energieexport lebenden Ländern zusätzliche Panik aus. Als ob ihnen nicht schon Flüssiggas-Konkurrenz, Weltmarktpreise und Gasschieferfunde genug existenzielle Sorgen machen würden. Nach den neuen EU-Regeln müsste beispielsweise Russlands Gazprom, eines der größten Unternehmen der Welt, komplett die Versorgung, also unter anderem den Besitz der Pipelines, von der Gasgewinnung trennen.
Damit hat es die EU gewagt, der russischen Gas-Dominanz den Kampf anzusagen, natürlich ohne Russland oder die Gazprom beim Namen zu nennen. Dementsprechend hektisch hat der russische Präsident Putin seine Agitation gegen das EU-Energiepaket hochgefahren. Dementsprechend sucht er nun globale Allianzen. Russlands gesamtes Wirtschaftssystem würde ohne die fetten Energie-Exporte total kollabieren.
An seinem Treffen mit Morales haben daher auch der neue (möglichweise nicht mehr ganz so absurd wie sein Vorgänger agierende) venezolanische Präsident Maduro teilgenommen sowie der ausscheidende Iran-Präsident Ahmadinedschad (dessen Nachfolger ebenfalls gemäßigter sein dürfte).
Aber unabhängig vom Ausmaß der verbalen Radikalität bleibt für alle vier Staaten der Gaspreis entscheidend. Bei dessen weiterem Verfall würde sich fast überall der Sturm der Bevölkerung gegen die Machthaber richten, welche die Notwendigkeit einer marktwirtschaftlichen, rechtsstaatlichen und industriellen Entwicklung verschlafen haben. Öl- und Gaseinnahmen haben das ja nie als dringlich erscheinen lassen. Das trifft übrigens auch auf Nigeria zu, das ebenfalls mit dieser Gas-Gruppe kooperiert.
In diesem Zusammenhang wird auch klarer, warum das von Österreich forcierte Nabucco-Projekt einer interkontinentalen Gaspipeline gescheitert ist. Zuerst wurde es von Russland vehement bekämpft. Denn dadurch kommt erstmals mittelasiatisches Gas ohne Einflussmöglichkeit Moskaus aus Zentralasien direkt ins dichtbesiedelte Mitteleuropa. Das hat viel Zeitverzögerung ausgelöst.
Diese hat wiederum dazu geführt, dass sich am Ende die anfangs gar nicht im Spiel gewesene Mittelmeer-Variante Griechenland-Italien durchsetzen konnte. Mit dieser kann Russland freilich auch nicht viel Freude haben, umgeht sie doch ebenfalls russisches Gebiet.
Die Mittelmeer-Variante ist kürzer und geringer dimensioniert, daher billiger. Möglicherweise waren in den Mittelmeerstaaten aber auch Manager "beweglicher" als die Österreicher, bei der endemischen Korruption in Mittalasien mitzuspielen. Und zugleich hat die EU auch nicht mehr wie am Beginn das österreichische Projekt exklusiv unterstützen können (von dem freilich auch einige Osteuropäer profitiert hätten), seit auch südliche Mitgliedsstaaten in den Wettbewerb getreten sind.
Während der Jahre, an denen über Nabucco verhandelt worden ist, hat man aber noch etwas übersehen: Der Energiehunger Chinas wird ständig größer. Das hat nunmehr klar erkennbare Folgen: Künftig wird ein großer Teil des mittelasiatischen Gases nach Osten und nicht Westen fließen.
Billige Energie ist heute der wichtigste wirtschaftliche Faktor geworden. Sie kann mittelfristig sogar die italienische und die griechische Krise mildern, wenn nicht neue Unsinnigkeiten passieren. Mitteleuropa bleibt hingegen vom teuren russischen Gas abhängig.
Österreich und vor allem Deutschland haben in den letzten Jahren ihre Energieversorgung durch zwei fundamentale Fehlentscheidungen selbst schwer beschädigt. Beide Fehler werden die derzeit relativ günstige wirtschaftliche Lage der beiden Staaten mittelfristig massiv verschlechtern.
Die eine Selbstbeschädigung besteht in dem von Grün & Co erzwungenen Verzicht auf den Abbau von Schiefergas und -öl. Die andere ist die vor allem in Deutschland völlig schief gelaufene Energiewende. Die von der Regierung Merkel erzwungene Strompreisverteuerung zur Finanzierung von unwirtschaftlichen Sonnen-Paneelen und Windmühlen wird zu einer schleichenden Deindustrialisierung zu führen. Wenn Deutschland nicht nach den Wahlen wieder eine radikale Wende rückwärts macht, wird die Energiewende katastrophale Auswirkungen haben.
Ein Anlass für eine solche Wende zur alten Energiepolitik (also unter Einschluss von Nuklearstrom) könnte ausgerechnet aus Japan kommen. Der Tsunami in diesem Land und die Zerstörung eines Reaktors durch die Meereswellen hatten ja damals Merkel zu ihrer selbstbeschädigenden Energiewende veranlasst. In den letzten Monaten aber hat Japan kehrt von der Wende gemacht; es setzt angesichts seiner eigenen Krise wieder ganz auf Atomenergie. Soll jetzt Deutschland als gar nicht Betroffener radikaler auf den Tsunami reagieren als das betroffene Japan selbst? Das wäre absurd.
Wir lernen jedenfalls: Politik als Panikreaktion oder als emotionales Wunschdenken führt immer in die Irre. Sie kann nur funktionieren, wenn sie alle Zusammenhänge begreift:
(Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.)
Einige Medien und Oppositionspolitiker haben sich in den letzten Tagen riesig über die Justizministerin erregt. Die Erregung blieb aber in zwei weit schlimmeren und keineswegs nur in blöden Interview-Formulierungen bestehenden Fällen völlig aus. Dabei trifft in diesem Fällen das Versagen zweier Minister deren absoluten Kernauftrag und hat auch jeweils katastrophale Folgen für die Republik.
Zur Erinnerung: Die Justizministerin hatte in einem Interview holprig von einem „konkreten Einzelfall“ gesprochen, von dem man nicht auf den gesamten Strafvollzug schließen dürfe. Davor war eine üble Vergewaltigung in einem Jugendgefängnis bekanntgeworden. Medien und Opposition haben in der Folge den Rücktritt von Beatrix Karl gefordert. Sie taten dies spätestens dann, als die angestellten Nachforschungen des Justizministeriums vier weitere Fälle ans Tageslicht gebracht haben. Wobei die Rücktrittsforderer die Aussage der Ministerin gleich voll verdrehten: Sie ließen das Wort „konkret“ aus und stellten das Interview so dar, als hätte Karl gesagt, es habe nur einen einzigen solchen Vorfall in Gefängnissen gegeben.
Einen Tag später ist gleich zwei anderen Ministern viel Schlimmeres attestiert worden. Und das geschah noch dazu Schwarz auf Weiß durch das Bekanntwerden harter Fakten, also nicht nur durch ein ungeschicktes Interview und eine untaugliche Öffentlichkeitsarbeit. Aber seltsamerweise fordert niemand den Rücktritt dieser zwei Minister. Obwohl es in beiden Fällen eigentlich Parlamentssondersitzungen geben müsste, so dramatisch ist der Sachverhalt.
Der eine Minister, dessen fundamentales Versagen nun am Tisch liegt, ist der Sozialminister. Der wird sogar durch die eigenen Daten seines Ministeriums blamiert. Denn in diesen wird nun zugegeben, dass im ersten Halbjahr 2013 die Zahl der Hacklerpensionen noch einmal dramatisch gestiegen ist: nämlich um mehr als 13 Prozent.
Ein absolut skandalöses Faktum. Haben wir doch alle im Ohr, dass Herr Hundstorfer seit Jahren ständig behauptet, er hätte längst alle Maßnahmen zur Senkung der Hacklerpension ergriffen. Das Gegenteil ist offensichtlich wahr. Und der dadurch für die Republik entstandene Schaden ist in diesem Fall tausende Male größer als kriminelle Vorfälle unter inhaftierten Kriminellen (ob das nun echte sind oder solche, die man als „mutmaßlich“ bezeichnen muss).
Aber das ist offenbar wurscht, solange man die Fakten mit einem so beruhigend klingenden Wortgeschwurbel wieder zudecken kann, wie es Hundstorfer in seinem Großvater-Ton vermag. Dabei hat er natürlich auch wieder den seit Jahren ertönenden Stehsatz dieser Regierung verwendet: Aber nächstes Jahr werde alles besser.
Die zweite blamiert dastehende Ministerin ist Claudia Schmied. Ihr hat nun der Rechnungshof ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Der schreibt in seiner trockenen, aber präzisen Sprache: „Ein koordinierender Maßnahmenplan des BMUKK zur Deckung des Lehrpersonalbedarfs fehlte weitgehend.“
Das ist eigentlich unfassbar. Denn das heißt mit anderen Worten: Das Unterrichtsministerium kümmert sich einfach nicht darum, ob es genügend Lehrer in den Schulen gibt. Der Rechnungshof bestätigt damit das, was – außerhalb des Ministeriums – schon viele Schulpraktiker befürchtet haben.
Schon im kommenden Schuljahr droht der endgültige Ausbruch der von Schmied verursachten Katastrophe. Für 2013/2014 sind über 3000 Lehrer neu einzustellen! Dabei hat es schon im abgelaufenen Schuljahr nicht mehr genug Lehrer gegeben. Dabei ist an etlichen Schulen der Unterricht in ganzen Fächern einfach ein Semester lang ausgefallen. Dabei hat man schon im Vorjahr halbfertige Studenten aus den Unis geholt, um diese „unterrichten“ zu lassen.
Dazu kommt heuer, dass durch die von der SPÖ verschuldete Hacklerregelung Tausende Lehrer lange vor dem Regelpensionsalter in Pension gehen. Und auch früher, als viele von ihnen eigentlich wollten. Aber diese Jungpensionisten bekämen geringere Pensionen, würden sie länger bleiben. Was vernünftigerweise niemand von ihnen verlangen sollte.
Da Schmied nicht koordiniert hat und nicht planen kann, da sie das Ministerium mit unbegabten Parteisoldaten angefüllt hat, sind die Auswirkungen, die da auf unsere Kinder zukommen, dramatisch. Dennoch muss der Rechnungshof konstatieren: „Auch fehlten Maßnahmen, das bestehende Lehrerpersonal länger im Aktivstand zu halten.“
Schmied hat absolut nichts gegen die anrollende Katastrophe getan, außer von den Lehrern – bei verringerter Lebensverdienstsumme – Mehrarbeit zu verlangen. Eine ziemliche Zumutung, wenn gleichzeitig die rote ÖBB-Gewerkschaft eine Kürzung der Wochenarbeitszeit erkämpft hat.
Doch, eigentlich muss ich mich korrigieren: Schmied ist beim Thema Lehrermangel doch nicht ganz untätig gewesen. Freilich war sie in genau die falsche Richtung tätig. Sie hat den Mangel nämlich noch durch einen weiteren Unsinn dramatisch verschärft: Sie ließ die Hauptschulen in „Neue Mittelschulen“ verwandeln, wo nun – aus den bekannten ideologischen Gründen – fast ständig zwei Lehrer in der Klasse herumstehen. Ein absoluter Wahnsinn, der nur durch ideologische Verblendung erklärbar ist. Das hätte nie passieren dürfen, wenn man durch ausreichende Planung gesehen hätte, wie intensiv gleichzeitig schon von anderen Seiten durch Demographie und Hacklerregelung der Tsunami eines Lehrermangels auf uns zukommt.
Wenn das alles keine Rücktrittsgründe sind, dann weiß ich wirklich nicht mehr, was das Wort „politische Verantwortung“ eigentlich heißen soll.
PS: Einer der die linken Journalisten so erregenden Häfen-Vergewaltigungsfälle stellt sich nun offenbar als einverständliche Aktion jener Art heraus, wie sie von den zeitgeistigen Medien so gerne bejubelt wird. Das vermeintliche Opfer ist im Übrigen selbst ein Vergewaltiger. Aber manche Journalisten und ein Grüppchen linker Strafverteidiger wollen ja offenbar lieber, dass solche Typen ihre Taten in Freiheit begehen können, als dass ihnen im Gefängnis etwas angetan wird.
PPS: Aber ist nicht das Verhindern von Untaten in Gefängnissen die Kernaufgabe einer Justizministerin, werden manche fragen. Schlicht: Nein. Denn auch ein Verkehrsminister ist nicht schuld, wenn Züge zusammenstoßen – und sei das Fehlverhalten noch so schlimm. Der Rücktritt wäre vielmehr dann am Platz, wenn aus reinem Populismus und Provinzialismus viele Milliarden etwa für den sinnlosen Koralm-Tunnel verbaut werden. Ähnlich sind der Justizministerin die Langsamkeit der Justiz, schlechte Gesetze (etwa der völlig verfehlte Kompromiss beim Familienrecht) und die Ineffizienz und parteipolitische Schlagseite der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen. Deswegen halte ich sie weiter für eine schwache Ministerin. Aber eben deswegen.
In den letzten Jahren wusste man gar nicht mehr genau: Wer war eigentlich früher da, die EU oder Jean-Claude Juncker?(Mit einer nachträglichen Ergänzung)
So sehr war der nun zurücktretende Luxemburger Ministerpräsident seit fast jeher ein unverzichtbarer Akteur auf zahllosen europäischen Plattformen gewesen. Dass er jetzt ausgerechnet wegen einer Geheimdienstaffäre zurücktreten muss, lässt daher europaweit aufhorchen. Aber auch die Begleitumstände sind mehr als seltsam.
Erstens zeigt der Rücktritt, dass selbst die größten Karrieren – und das war jene Junckers trotz der Kleinheit Luxemburgs zweifellos – am Ende meist in Peinlichkeiten zerbröseln.
Zweitens hat Juncker im Vorjahr eigentlich selber Amtsmüdigkeit signalisiert, was ihm damals einen viel glorioseren Abschied ermöglicht hätte als jetzt seine Zertrümmerung.
Drittens wird er immer als einer in Erinnerung bleiben, der sich - wenn auch geschickt verklausuliert - zu dem recht zynischen Gedanken bekannt hat, dass den Menschen nicht die volle Wahrheit zumutbar wäre.
Viertens ist grotesk, dass Juncker selbst einer derjenigen ist, der von dem offenbar nicht ordentlich überwachten Geheimdienst seines Landes belauscht worden ist – dass er aber dennoch nun als Schuldiger einer unzureichenden Führung dieses Dienstes dasteht.
Und fünftens fiele mir jede Menge anderer Regierungschefs ein, die viel eher als Juncker zurücktreten müssten, weil sie ihren Geheimdiensten einen von Rechtsstaat und Völkerrecht verbotenen Spielraum gelassen haben. Aber weder in Großbritannien noch Frankreich noch Deutschland hört man auch nur die Forderung danach, obwohl dort offensichtlich ähnlich neugierig agiert wird wie in den USA selber. Und dort gibt es erst recht keine Debatte über den Präsidenten. Aber Juncker geht.
Nachträgliche Ergänzung: 24 Stunden später scheint Juncker plötzlich wieder ganz gute Chancen zu haben, sein eigener Nachfolger zu werden. Denn auch die Luxemburger scheinen nicht ganz der Ansicht, dass Juncker im Geheimdienstthema arge Versäumnisse vorzuwerfen wären. Womit sich auch dort die mediale Klasse blamiert haben könnte.
Und ewig grüßt das Murmeltier. Jedes Jahr auf´s Neue bemüht der Manager-Vergleich der Arbeiterkammer wissenschaftlich höchst fragwürdige Ansätze, um die Ungerechtigkeit des „Systems“ zu beweisen. Im Endeffekt beweisen sie nur die Unfähigkeit der Medien-Schickeria, die wirklich Mächtigen zu kontrollieren.
„Ausufernde Managergehälter deckeln!“, titelt die AK Wien 2013. Zu diesem Schluss kommt die AK, weil sie die Jahresbezüge der 78 Top-Manager der 20 größten (im ATX gelisteten) Konzerne (von durchschnittlich 1,4 Mio. Euro) mit den Durchschnittsgehältern von 3.627.300 Österreichern (27.800 Euro) vergleicht und damit auf ein Verhältnis von 1:49 kommt.
Wer schon einmal wissenschaftlich gearbeitet hat, der weiß, dass man statistische Ausreißer nach oben wie nach unten von jeder untersuchten Stichprobe ausscheiden muss, um das Ergebnis nicht zu verzerren. Es sei denn, man wünscht genau dieses.
Anif ist eine nette, kleine Gemeinde im Süden der Stadt Salzburg. Dort lebt auch Eliette von Karajan, ihr Vermögen wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. Wollte man das Durchschnittsvermögen der etwa 2.000 berufstätigen Anifer berechnen, würde alleine das Karajan-Erbe jeden Einwohner statistisch um 200.000 Euro reicher machen – selbst wenn ein konkreter Bürger arbeitslos wäre und in einer Sozialwohnung leben würde. Darum scheidet man solche Fälle aus.
Der ÖGB möchte die Manager-Einkommen auf 500.000 Euro Brutto jährlich deckeln. Auf die Frage, wieso es „ÖGB und Co“ dagegen nicht störe, wenn Lionel Messi 15 Millionen Euro verdiene, antwortete ÖGB-Präsident Foglar im Presse-Interview (vom 12.6.): „Messi zieht eben Menschen an. Manager aber steigern ihr Einkommen oft dadurch, dass sie Arbeitsplätze abbauen und andere um ihr Arbeitseinkommen bringen.“
Stammtischwissenschaftlich hat der gelernte Werkzeugmechaniker dabei nicht einmal so Unrecht. Wirtschaftswissenschaftlich verzerrt er die komplexen Lebensrealitäten von 413.000 Führungskräften (und ihren 54-Stunden-Wochen) damit manipulativ aber auf primitives Klassenkampf-Getöse.
Wenn Österreichs 78 Top-Manager 1,4 Millionen verdienen, dann ist das „ausufernd“, gierig und kapitalistisch. Es ist dies nicht, wenn (Ex-Red Bull Salzburg) Fußball-Trainer wie Huub Stevens mit 1,8 Millionen es tun – immerhin das 63-fache des österreichischen Durchschnittslohnes. Der Spieler Gonzalo Zarate soll 1,2 Millionen Euro brutto im Jahr abgecasht haben, Rapid-Spieler Steffen Hofmann eine Million Euro.
Will man die Ungerechtigkeit eines Systems künstlich herbeirechnen, braucht man aus einer Millionenzahl bloß ein paar Ausreißer herauspicken und sie in Relation zu eben diesen zu setzen. Genauso gut könnte man aus 3,6 Millionen Angestellten auch ein paar Dutzend Top-Pfuscher herauspicken und damit die Ungerechtigkeit des Sozialstaates beweisen.
Oder die Ungleichverteilung der 3000er-Gipfel in Österreich beklagen: Immerhin haben Tiroler hier 640 mal so viel wie etwa Oberösterreicher.
Einen weiteren Verzicht auf wissenschaftliche Standards stellt auch der Vergleich von 78 (größtenteils) „Industrie“-Managern mit einem nebulosen „österreichischen Durchschnittsgehalt“ von 27.800 brutto dar, welches vor allem aus niedrigen Dienstleistungs- und Handwerkerlöhnen besteht.
Beispiel: Der Vorstand des AMAG-Konzernes verdiente 2012 etwa 706.000 Euro brutto im Jahr. Ein AMAG-Mitarbeiter verdiente 52.000 Euro – und nicht 27.800, wie von der AK angeführt. Damit verdient der AMAG-Manager das 14-fache eines Angestellten. Und nicht das 49-fache, wie suggeriert wird.
Österreichs Angestellte arbeiten vor allem in kleinen Dienstleistungsbetrieben. Dort arbeitet man zwar gerne, ist aber weniger produktiv als in der Industrie – es können weder Maschinen noch Fachleute eingesetzt werden. So fällt für Mitarbeiter dann auch weniger ab.
So „produziert“ ein Gastronomie-Beschäftigter 49.000 Euro Umsatz (nicht Lohn!), ein Beschäftigter in der Metallverarbeitung aber 469.000 – beinahe das Zehnfache (Statistik Austria, „Leistungs- und Strukturanalyse“ 2011). Bei 49.000 Euro Umsatz muss der Kellner froh sein, wenn ihm überhaupt 27.500 Euro Brutto übrig bleiben. Immerhin müssen von 49.000 Euro auch noch Waren für durchschnittlich 10.000 Euro gekauft werden und ein Lokal gepachtet und beworben werden. Die Aluminium-Verarbeitung in Ranshofen produziert riesige Volumen in großen Anlagen, Industrieangestellten bleibt hier fast doppelt so viel wie Kollegen im Restaurant.
Wenn es darum geht, den Österreichern einzureden, wie ungerecht dieses System ist, ist man bei der Arbeiterkammer traditionell nicht zimperlich. Immerhin unterstützt das inszenierte „Gerechtigkeits-Defizit“ schon seit Jahrzehnten nahe stehende, „gerechte“ Parteien. „Das System muss weg“, meinte der scheidende Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel. Und auch sein Nachfolger Rudolf Kaske wurde mit Bürgerkriegs-Getöse („… dann wird Österreich brennen!“) berühmt.
Wer den Bürgern aber über die Jahrzehnte hinweg weismacht, dass „alles immer schlechter und ungerechter“ werde, die Armut wachse (obwohl sie sinkt) und dass sich eine kleine Minderheit (auf Kosten der Mehrheit) immer unverschämter bereichere, der sollte sich mit der jüngeren Geschichte befassen.
Die Propaganda von KPD und NSDAP hat mit der gleichen Wut in die gleiche Kerbe gehauen – und damit das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Irgendwann war das System nämlich tatsächlich derart instabil, dass es von den Menschen nicht mehr unterstützt wurde. Was dann kam, war der Untergang der Demokratie. Wer – wie die AK – zu den mächtigsten Organisationen des Landes zählt, wer die mächtigsten Medien und vom Staatspräsidenten über den Bundeskanzler abwärts die meisten Regierungspolitiker auf seiner Seite hat, der hat für dieses Land eine besondere Verantwortung.
Der Arbeiterkammer-Managerbericht lässt davon allerdings wenig erahnen.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Der Betriebswirt und Wirtschaftspädagoge befasst sich in seinen Büchern mit Kapitalismus und Globalisierung aus liberaler Sicht und wendet sich gegen „die staatlich geschürte Abstiegsangst“. Zuletzt erschien sein Buch „Die Gemeinwohl-Falle“.
In den nächsten Wochen muss die Justizministerin entscheiden, ob Anklage gegen Werner Faymann und Josef Ostermayer erhoben wird. Und da ist es natürlich absoluter Zufall, dass der ORF und die SPÖ-finanzierten Medien genau in diesem für die SPÖ gefährlichen Zeitpunkt eine Trommelfeuer-Kampagne gegen die bisher eher ignorierte Justizministerin beginnen. Niemals könnte es da einen Zusammenhang geben. Auch wenn sich die SPÖ-Medien sonst noch nie um die zweifellos unerquicklichen Zustände in österreichischen Gefängnissen gekümmert haben.
Aus all dem können wir freilich erkennen: Die dreckige Phase des Wahlkampfes hat bereits begonnen. Und da sind ebenfalls zufällig wieder haargenau dieselben Medien unterwegs, die 2006 Wolfgang Schüssel eine erfundene ausländische Pflegerin unterschoben haben; und die 2008 die skurrile Armutskampagne des Werner Faymann breitest unterstützt haben (welche uns dann Milliarden gekostet hat). Und im SPÖ-Hauptquartier zieht wieder ein Norbert Darabos die Fäden. Noch so ein Zufall.
Vom Küniglberg kann man derzeit geradezu den Schaum vom Munde bestimmter ORF-Moderatoren herunterrinnen sehen, wenn sie im Stile totalitärer Staatsanwälte Ministerin und Strafvollzugsbeamte verhören.
Manche werden meinen, dieser Stil sei doch legitim, wenn in Gefängnissen Vergewaltigungen passieren. Im Prinzip absolut richtig. Nur hätte der ORF – wäre er zumindest in Restelementen ein unabhängiges und um Objektivität bemühtes Medium – da ebensoviel Emotion zeigen müssen, als bekannt wurde, dass Spitzenbeamte unter dem Wissen von SPÖ-Politikern den Wilhelminenberg in ein Prügel- und Zwangsbordell verwandelt haben. Während vieler Jahre haben dort zwangsweise eingewiesene Pflegekinder ein Martyrium durchleben müssen. Mit lebenslangen Schädigungen. Und bis heute hat es keine einzige konkrete Konsequenz gegeben. In Gefängnissen sitzen hingegen schwerer Verbrechen verdächtige oder überführte Täter, die etwa einen bewaffneten Raubüberfall auf offener Straße begangen haben.
Ein unabhängiger ORF hätte genauso auch in breiter Front die Faymann-Inserate auf Kosten von ÖBB und Asfinag (also von gesetzlich unabhängigen Aktiengesellschaften) thematisieren müssen. Ein unabhängiger ORF hätte auch die unglaublichen Geldgeschäfte der Stadt Linz (die ja viel schlimmer waren als die Salzburger Vorgänge) breit aufrollen müssen.
Hätte der ORF (oder die sich als unabhängig tarnenden Zeitungen) all das getan, dann hätte er auch jedes Recht, gegen die Justizministerin zu kampagnisieren. Auch wenn es auffällt, dass ausländische wie inländische Häftlinge immer den österreichischen Knast gegenüber jenem anderer Länder vorziehen. Was auch immer das bedeuten mag.
Aber zweifellos ist dennoch vieles in Gefängnissen schlimm und gehört verbessert. Man fragt sich nur: mit welchem Geld angesichts leerer Kassen und des längst über das noch Ertrag bringende Limit hinaus ausgereizten Steuerniveaus? Es wäre daher wohl die logische Lösung, die Hälfte der ORF-Gebühreneinnahmen einem großzügigsten Neubau von Gefängnissen zu widmen, damit Vergewaltigungen und Handgreiflichkeiten unter Gefangenen absolut ausgeschlossen werden können.
PS: Es wird immer rätselhafter, warum sich schwarze, aber neuerdings auch blaue Politiker vom ORF ständig wie Schlachtopfer hinrichten lassen, statt massiv in den Gegenangriff zu gehen. Die Gegenangriffsstrategie erklärt ja zu einem hohen Anteil den Erfolg von Frank Stronach und früher Jörg Haider. Denn beide gingen zu Recht von der extrem geringen Popularität der Journalisten aus. Aber wahrscheinlich haben die heutigen Schwarzen und Blauen selbst vom Küniglberg gekommenen Trainer und Coaches, die ihnen gegen hohe Gagen erklären, dass lammfrommes Verhalten gut wäre.
Es ist absolut unglaublich: Der ORF lässt jeden zweiten Tag eine Stinkbombe hochgehen, warum er ein weiteres Projekt zusperren müsse, nur weil er kein Geld habe. Und vor allem weil ihm die böse ÖVP das Geld der Steuerzahler verweigert. Aber dann verzichtet er auf Einnahmen, wenn sie peinlich sind für die Grünen.
Es geht darum, dass die grüne Gabriela Moser laut rechtskräftigem Gerichtsbeschluss im Fernsehen persönlich eine dort gemachte Behauptung widerrufen muss. Müsste. Denn der ORF lässt den Widerruf einfach nicht zu, wie der „Standard“ berichtet. Dabei wäre der unerwünschte Moser-Auftritt voll nach dem Werbetarif zu bezahlen.
Damit erspart der ORF der grünen Mandatarin einen extrem peinlichen Auftritt, noch dazu in Wahlkampfzeiten. Damit erspart er den Grünen auch eine spürbare Barauslage.
Tiefer kann die schwer linke Schlagseite des ORF wohl nimmer offenkundig sein. Zwar richtet sich das Gerichtsurteil naturgemäß nur gegen Moser, aber in einem Rechtsstaat müsste einem so agierenden Fernsehen längst jeder öffentlich-rechtliche Charakter und damit auch das Gebühren-Monopol aberkannt werden. Die innere Nähe vieler ORF-Redakteure zu den Grünen und die Dankbarkeit, weil die Grünen immer den ORF gegen jede private Konkurrenz unterstützt haben, sind offensichtlich größer als jede öffentlich-rechtliche Verhaltenspflicht.
Pikant ist natürlich auch der Anlass des Urteils gegen Moser. Sie hatte im Fernsehen behauptet, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sei ein "Schutzpatron der Steuersünder" gewesen; er habe einzelne Firmen im Zusammenhang mit Steuerprüfungen begünstigt. Moser konnte aber, wie so oft bei den linken Attacken gegen den Exminister, keine Beweise vorlegen.
Dieser ganze Komplex ist für den ORF auch deshalb besonders peinlich, als er ja selbst oft heftig bei den Anti-Grasser-Treibjagden mitgemacht hat.
Das alles reiht sich nahtlos in die Reihe der sonstigen Einseitigkeiten der linken ORF-„Information“. Diese gehen von den total herunterspielenden Berichten über den Wilhelminenbergskandal, der das ärgste politisch zu verantwortende Verbrechen der Nachkriegszeit ist, bis zur beschönigenden Berichterstattung rund um die tiefen Griffe von Faymann & Co in die Marketingkassen staatlicher Aktiengesellschaften. Und zu Hunderten anderen Beispielen.
Der Zorn des Tagbuch-Schreibers über all das, worauf er tagtäglich an Dummheit, Verlogenheit und Opportunismus trifft, sprengt heute alle Grenzen. Offenbar lässt die sommerliche Hitze die letzten Hemmungen dahinschmelzen. Ob das nun im Nationalrat oder in der Universitätspolitik der Fall ist, ob es um burgenländische Grotesken oder um die Tricks des Frank Stronach geht, ob es sich um (kaum) versteckten Antisemitismus oder um das Eindringen der Esoterik in die Wissenschaft dreht, um die Arbeiterkammer-Propaganda oder die Wirtschaftskammer-Praktiken, um Schwule, Grüne, Tschechien oder Faymann: Überall hat sich der gesunde Menschenverstand abgemeldet.
Zornig macht der Nationalrat, der in der Vorwoche wieder neue Wohltaten unters Volk geschleudert hat, statt auch nur eine einzige einzusparen. Zugegeben, im Gegensatz zur letzten Wahl mit den vielen verschwendeten Faymann-Milliarden geht es – vorerst – nur um jeweils ein paar Millionen. Aber weit und breit ist niemand mehr zu hören, der den Abgeordneten klarmachen würde, dass auch Kleinvieh Mist macht, dass beispielsweise auch ein zweijähriges Überbrückungsgeld für Bauarbeiter, für das sich die Abgeordneten feiern, jemand bezahlen muss. Unter anderem muss das auch die Pensionsversicherungsanstalt mit ihrem alljährlichen Milliardenbudget tun. Und am Schluss der „Finanzierungskette“ steht zwangsläufig immer der Bürger, dem notfalls ein Exekutor ins Haus geschickt wird. Aber offenbar glaubt man noch immer, wie einst Bruno Kreisky, durch Schulden Arbeitsmarktprobleme lösen zu können.
Zorn erweckt eine neue Verordnung gegen Pflanzenschutzmittel. Unter dem Druck der grün beeinflussten Medien, NGOs und damit fast aller Parteien links und rechts ist diese Regelung so huschpfusch und unklar formuliert worden, dass nun extreme Rechtsunsicherheit herrscht. Jeder Gartenbesitzer, der gegen Schädlings- oder Blattlaus-Plage kämpft, ist nun nach dem Willen der Politik ein potenzieller Umweltschädling. Und in der Landwirtschaft droht überhaupt eine Einstellung bestimmter Produktionen. Was dann wohl weitere Agrar-Förderungen auslösen wird. Die Bienen werden aber dennoch weiter sterben. Sterben diese doch vor allem an einer Milbe und nicht am Pflanzenschutz . . .
Zornig macht die neue Linzer Medizin-Uni, die ja angeblich aus Rücklagen gezahlt wird. Bisher hat freilich niemand vom Vorhandensein dieser Rücklage gewusst. Das heißt: Entweder diese Finanzierungsbehauptung ist eine Lüge oder man hat uns vorher ständig angelogen. Der Zorn verwandelt sich zugleich in homerisches Gelächter, wenn nun umgehend auch Salzburg Geld verlangt – nämlich für seine bisher privat finanzierte Paracelsus-Universität. Salzburg verlangt das noch dazu mit der Androhung einer Klage gegen den Bund. Wetten, dass auch die Salzburger Geld bekommen werden? Wahlen sind ja Wahlen. Und da will man keine Wünsche verwehren. Was dann freilich wieder doppelt zornig macht.
Zornig machen auch die Medien wegen ihrer Hysterie rund um den Bachmann-Preis. Denn die geht total am Interesse des Publikums vorbei: Trotz der quadratkilometergroßen Aufregung haben ganze 3000 Österreicher das Preis-Finale angeschaut. Dem Rest ist ganz offensichtlich völlig wurscht, wenn der Preis gestrichen worden wäre. Aber Schwachmann Wrabetz an der Spitze des ORF ist schon ob des Sturms im Feuilleton-Wäldchen eingeknickt und lässt den Preis nach zwei Wochen der Absage nun doch weiterlaufen. Und ebenso laufen seine Attacken auf unser Steuergeld weiter, an das er so gerne herankäme. Zusätzlich zu den Gebühren. Bisher aber hat das die ÖVP erstaunlich tapfer verhindert. Man fragt sich nur, ob sie nicht, wie schon oft, am Ende doch noch einknicken wird.
Zornig macht auch, wie die Gruppe um den Neos-Politiker Niko Alm ständig die Republik lächerlich zu machen versucht. Zwar ist sein Antikirchen-Volksbegehren (trotz massiver ORF-Unterstützung) blamabel gescheitert. Aber jetzt hat einer seiner Gesinnungsgenossen einen Personalausweis mit einem Foto bekommen, auf dem der Mann ein Nudelsieb trägt. Dass ihm das ausgerechnet im Burgenland genehmigt worden ist, mischt dann doch den Zorn wieder mit ein wenig Heiterkeit.
Zornig macht auch Frank Stronach. Er umgeht die gesetzlichen Limits für Parteispenden einfach dadurch, dass er seiner Partei (=grammatikalisch ist das Wort "seiner" übrigens ein durchaus besitzanzeigendes Pronomen) jetzt halt einfach Darlehen gibt. Dabei kündigt er einfach an, dass er dessen Rückforderung wohl nie verlangen wird. Waren nicht „Transparenz“ und „Ehrlichkeit“ einige seiner Schlagwörter? Die man offenbar erst jetzt richtig zu deuten versteht . . .
Zornig macht auch Deutschland. Dort verlangt jetzt allen Ernstes die Regierung (auf Verlangen der Grünen) von der EU, dass Waren aus der Jordan-Westbank besonders gekennzeichnet werden müssen, etwa mit „aus Judäa und Samaria“. Damit wird natürlich nichts anderes vorbereitet als ein Boykott dieser Waren, wie ihn die ganze Linke schon verlangt. Ein solcher Schritt wäre natürlich nur dann irgendwie argumentierbar, wenn auch alle anderen Exporte aus okkupierten Gebieten gekennzeichnet werden müssten. Etwa: „aus Tibet“, oder „aus dem türkisch besetzten Nordzypern“, oder „aus Nordkosovo“, oder „aus dem russisch besetzten Transnistrien“ ,oder „aus dem vergebnlich nach Unabhängigkeit verlangenden Katalonien“. Und so weiter. Aber ohne diese generelle Klausel bleibt es letztlich bei einem grauslichen: „Kauft nicht bei Juden“. Wehret den Anfängen.
Zornig macht auch, wie sehr unsere Bildungs- und Forschungsgelder verschwendet werden. Ein vor ein paar Tagen im „Standard“ erschienener Bericht zeigt, wie viele sogenannte Dissertationen an der Wiener Uni sich mit Geisterforschung, mit „reifem Wasser“, mit „heiligen Quellen“, mit der „Kraft der Erde“, mit „extrasensorischen Wahrnehmungen“, mit Astrologie, angeblichem Geheimwissen und sonstigem Schmarrn befassen. Dabei haben sich all diese Gespenstergeschichten bei genauem Hinsehen und Prüfen jedes Mal in Luft aufgelöst. Auch all diese Dissertationen können natürlich keinerlei Beweise bei ihrer Anpreisung des schamanischen Unsinns anbieten. Dennoch bekommen sie weiterhin Siegel und Stempel der Uni. Wie sympathisch und vor allem ungefährlich sind dagegen die allgemein so scharf gegeißelten Plagiate, wo halt nur seitenweise abgeschrieben wird; dabei wird wenigstens kein Schwachsinn abgeschrieben. Und wie sinnvoll und notwendig sind dagegen die Forschungen in dem (soeben zehn Jahre alt gewordenen) IMBA von Joseph Penninger (Institut für molekulare Biotechnologie), das schon durch zahllose Veröffentlichungen in renommierten internationalen Journalen geehrt worden ist. Oder das neue Forschungszentrum in Gugging. Wenn die Universität als (einstige?) Hüterin der Wissenschaft keinen scharfen Trennstrich zu Scharlatanerien zieht, dann wird sie halt auch jede seriöse Unterstützung verlieren.
Zornig macht das regelmäßige Stänkern vor allem von Gewerkschaftern und Arbeiterkämmerern gegen die Verdienste von Managern. Solange sie nicht mit gleicher Schärfe die in etlichen Fällen sogar viel höheren (noch dazu steuerlich massiv begünstigten!) Einkommen von Spitzensportlern und Entertainern aufspießen, sind diese Attacken nur verlogen. Das ist miese Klassenkampf-Propaganda im Dienste des SPÖ-Wahlkampfes. Denn erfolgreiche Manager schaffen zahllose Arbeitsplätze. Während Sportler oder „Künstler“ höchstens für ein paar Stunden Zuschauer finden.
Zornig macht, mit welchem Schwachsinn die Politik immer wieder unsere Gesetzesbücher und auch die Verfassung anmüllen. Seit der letzten Parlamentssession steht im Grundgesetz der Satz: „Die Republik Österreich bekennt sich zum Tierschutz.“ Mit dieser legistischen Logorrhoe bekommt man höchstens Beifall in der Kronenzeitung. Bedeutung haben solche Sätze hingegen keine. Jedenfalls hat bisher noch niemand eine gefunden. Und ich darf vorerst noch weiter die mich umschwirrenden Gelsen erschlagen. Wenn ich sie erwische.
Zornig macht gerade in Tagen der Serienkonkurse, wie zynisch die Politik in letzter Zeit den Insolvenz-Entgeltfortzahlungsfonds ausgeräumt hat. Sie hat sich dort heimlich, still und leise einfach Geld für die Lehrlingsausbildung herausgenommen. Die nun wirklich gar nichts mit Insolvenz zu tun hat.
Zornig macht die Wirtschaftskammer, die mit Zwangsmethoden ihre Mitgliederlisten – und damit Zwangseinkünfte! – vergrößert. Beim Angriff auf die bisher noch kammerfreien Medien und Stromversorgern ist die WKO zwar bisher gescheitert, aber jetzt hat sie die gemeinnützigen Pflegeheime mit ihren Schleppnetzen gefangen. Diese müssen künftig für alles mitzahlen, was die WKO so macht. Für schwule Arbeitskreise, Weihnachtsbeleuchtung, Gewerbescheinzwänge und so weiter. Das wird natürlich wieder auf erhöhte Zahlungen der Allgemeinheit an die Pflegeheime zur Finanzierung des WKO-Beitrags hinauslaufen. Die Brutalität der Kammer reicht schon fast an jene der Arbeiterkammer heran. Einziger Unterschied: Die Selbstständigen sehen wenigstens noch, wie viel Geld sie an die WKO abliefern müssen. Die Arbeitnehmer sehen nicht einmal, wie viel sie zahlen müssen.
Zornig macht auch das jüngste Erkenntnis des VfGH. Es hob die gesetzliche Beschränkung der staatlich mit-arrangierten Verpartnerungs-Feiern für schwule Partner-Paare auf Amtsräume auf. Diese können jetzt überall stattfinden. Genau solche Urteile waren schon ab Beschluss des Verpartnerungs-Gesetzes erwartbar gewesen. Sie wurden auch schon damals im Tagebuch prophezeit, als die Regierung – besonders die Pröll-ÖVP – noch vollmundig ihren Wählern vorgegaukelt hat, diese Schwulen-Partnerschaften wären etwas ganz anders als eine Ehe. Damit keine Missverständnisse entstehen: Natürlich war es Schwulen schon immer möglich, auf irgendeinem Bauernhof oder im Riesenrad Feiern welcher Art immer zu veranstalten. Aber das Ärgerliche ist, dass jetzt auch staatliche Beamte zur Durchführung eines sinnfreien Formalaktes dorthin ausrücken müssen.
Zornig macht auch, dass bei uns Recht und Gesetze viel weniger ernst genommen werden als etwa in Frankreich. Dort haben die Gerichte jetzt Nicolas Sarkozy beziehungsweise seiner Partei mehr als zehn Millionen Euro abgeknöpft, weil er schon vor dem offiziellen Wahlkampfbeginn Werbung für sich gemacht hat. Das ist natürlich genau dasselbe, was die jetzt überall hängenden Plakate für die Parteien tun. Auch diese machen schnell vor dem Wahlkampfbeginn mit seinen angeblichen Beschränkungen massiv Werbung. Diese Plakate fallen daher angeblich nicht unter die gesetzlichen Limits. Noch schlimmer ist, dass Werner Faymann tiefe Griffe tief in die Kassen von ÖBB und Asfinag zu parteipolitischen Zwecken unbestraft bleiben. Aber Österreich ist eben kein Rechtsstaat – oder zumindest viel weniger als Frankreich. Und die Staatsanwaltschaft erhebt sowieso nur Anklage, wenn jemand Geschlechtsverkehr mit einer Neunjährigen als das zu bezeichnen wagt, was er für acht Millionen Österreicher eben ist.
Zornig macht auch, wenn der tschechische Staatspräsident nun ernsthaft versucht, eine Regierung gegen die Parlamentsmehrheit zu inthronisieren. Das ist schlicht undemokratisch und ein Putschversuch von oben. So wie ihn Thomas Klestil im Jänner 2000 geplant, aber im letzten Augenblick doch nicht gewagt hat. Denn weder Tschechien 2013 noch Österreich 2000 haben irgendwelche Ähnlichkeiten mit Ägypten, wo ähnliche Aktionen (dort der Armee) wohl bisweilen notwendig sind, wenn jemand versucht, eine junge Demokratie wieder zu demontieren. Aber wer braucht schon Rechtsstaat und Demokratie . . .
Die EU hat in den vergangenen Tagen einige gewaltige Brocken gelöst, die sie seit langem geplagt haben: den neuen Finanzrahmen und die Agrarpolitik. Das ist jedenfalls eine anerkennenswerte Leistung und beweist: Europa kann sich doch noch bewegen, wenn es sein muss. Das ist fast ein Wunder angesichts des dafür nötigen Konsenses zwischen mittlerweile 28 Nationen (mit ihren bisweilen uneinigen Koalitionen), dem EU-Parlament und (ja, die gibt’s auch noch) der Kommission. Dennoch sind fünf ganz gravierende Einwände und Defizitpunkte festzuhalten.
Der erste ist ein altvertrauter. Das ist der Ärger über die prinzipiell verfehlte EU-Agrarpolitik. Zwar ist anzuerkennen, dass sich diese wieder einige Millimeter in die richtige Richtung verschoben hat. Dennoch richtet sie weiterhin viel Schaden an.
Die EU-Agrarpolitik hat in Wahrheit nur aus einer einzigen Begründung Anspruch auf Geld der Steuerzahler: Das ist der Landschafts- und Umweltschutz. Von der Pflege der Almen bis zur Reinhaltung der Grundwässer ist da vieles der Agrar-Förderungen durchaus sinnvoll. Im Grund darf und soll überall dort Geld fließen, wo andere als die Bauern selbst den Nutzen einer bestimmten Form von Landwirtschaft haben, etwa der Tourismus durch gepflegte Almen, etwa die Wassertrinker durch Schutz des Grundwassers.
Bei diesen Aufgaben kann man im übrigen auch keinen logischen Unterschied zwischen Großen und Kleinen machen, wie es manche gefordert hatten. Das ist in den Verhandlungen zu Recht am Ende abgelehnt worden. Denn (beispielsweise) Wasserverschmutzung ist bei großen Betrieben nicht weniger schlimm als bei kleinen. Ganz im Gegenteil.
Der zweite Kritikpunkt in Hinblick auf die Finanzeinigung bezieht sich auf die mehr als merkwürdige Rolle des Parlaments, die dabei stärker denn je offenkundig geworden ist. Dazu ein kurzer Blick in die Geschichte:
No taxation without representation. Keine Steuern ohne Mitsprache der Betroffenen. Mit diesem Schlachtruf wurden einst überhaupt die ersten Parlamente erkämpft. Die Steuerzahler setzten angesichts der Ausgaben- und Verschwendungsgier der Fürsten, Lobbies und Administrationen ein Mitspracherecht bei der Einhebung der Steuern durch. Und diese Funktion müsste eigentlich auch heute noch eine der zentralsten jeder Volksvertretung sein. Ja sogar noch viel mehr als einst: Ist doch die Abgaben- und Steuerquote ein Vielfaches jener der Feudalzeit.
Das EU-Parlament hat diese Aufgabe jedoch ins absolute Gegenteil verkehrt. Bei allen Streitigkeiten und Verhandlungen hat das Parlament seit seiner machtpolitischen Aufwertung für mehr und höhere Ausgaben gekämpft - gegen die im Rat vertretenen Regierungen, die relativ viel mehr die Steuerzahler vertreten haben. Das ist eigentlich eine unglaubliche Perversion der einstigen Aufgabenteilung.
Aus dieser Einstellung heraus hat das Parlament auch beim jetzigen Finanzrahmen höhere Ausgaben durchgesetzt: Dies gelang ihm mit Hilfe eines nur scheinbar harmlosen Tricks. Bisher sind Budgetposten, die aus welchen Gründen immer nicht ausgegeben werden konnten, verfallen. Das ist den europäischen Steuerzahlern als Einsparung zugute gekommen. Jetzt hat das Parlament hingegen durchgesetzt, dass das budgetierte Geld jedenfalls ausgegeben werden muss. Wenn nicht für die eigentlich vorgesehenen Zwecke dann eben für anderes.
Das Erstaunliche ist, dass auch die Liberalen, Konservativen und EU-Kritiker im Parlament – also eigentlich die Mehrheit! – Seite an Seite mit den ja immer ausgabenfreudigen Linken im EU-Parlament ständig für mehr Ausgaben kämpfen.
Dennoch beklagen manche, so etwa der österreichische Bundeskanzler, der im Rat noch an die Sparsamkeitsbeschlüsse der Finanzminister gebunden war (die wieder primär den Deutschen und Briten zu danken sind), dass etwa für die Jugendarbeitslosigkeit zu wenig Geld zur Verfügung steht. Die vorgesehenen sechs Milliarden seien viel zu wenig. Es gibt also durchaus auch Regierungspolitiker, die so wie die Parlamentarier für noch mehr Ausgaben sind. Womit wir bei der dritten Kritikzone sind.
Die Jugendarbeitslosigkeit ist nun in der Tat ein gewaltiges Problem Europas. Nur braucht es zu ihrer Bekämpfung keineswegs mehr Geld. Das kann ja nur auf Schulden zu Lasten der Jungen aufgetrieben werden, denen man vorgibt, helfen zu wollen.
Es geht vielmehr darum, dass in vielen Ländern Tarifverträge und Gewerkschaften die Arbeitsplätze der Älteren und deren hohe Gehälter effektvoll schützen, während die Jungen arbeitslos herumhängen und nicht mehr in das Privilegiensystem hineinkommen.
Es geht darum, dass eine völlig fehlgeleitete Bildungspolitik die Jugend Europas einseitig zu Abitur und Studium hinlenkt – noch dazu völlig überdimensioniert in Richtung der schönen, aber kaum benötigten Sozial- und Geisteswissenschaften. Die viel notwendigere Facharbeiterausbildung bleibt hingegen weitgehend auf das duale System in Deutschland und Österreich beschränkt, also jene Länder, die keine zwangsweise Gesamtschule und kaum Jugendarbeitslosigkeit haben.
Und es geht schließlich darum, dass viel zu wenige der arbeitslosen Jungen aus den Südländern nach Deutschland&Co kommen. Dabei gibt es dort derzeit noch eine Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Dabei kann man ja heute in Europa überall seinen Arbeits- und Ausbildungsplatz suchen.
Migration ist an sich auch nichts Inhumanes. Arbeitsmigration, also die Auswanderung zu den Plätzen, die Arbeitskräfte brauchen, ist seit jeher ein Teil der Menschheitsgeschichte. Umso genauer ist für die Beseitigung von bürokratischen Hürden und sprachlichen Defiziten zu kämpfen, die einer innereuropäischen Migration noch im Wege stehen.
Der vierte trotz Budgeteinigung sehr negativ stimmende Aspekt in Europa ist die derzeitige Politik Frankreichs. Dort sieht man stärker denn je Europa nur als einen Mechanismus, um ans Geld anderer Länder heranzukommen. Frankreich wehrt sich jedoch vehement, wenn die EU auch die Grande Nation auf die dringend notwendigen und im Prinzip längst beschlossenen Strukturreformen drängt. Als Antwort wird in Paris provozierend behauptet, dass diese die EU nichts angingen. Was schlicht nicht stimmt. Die Union wird in Frankreich von der Regierung neuerdings sogar als schuldig daran beschimpft, dass dort die gemäßigte und die radikale Rechte deutlich Auftrieb haben.
Zugleich verlangt Frankreich aber, dass seine wenig erfolgreiche Kulturindustrie vor dem Wettbewerb geschützt werde. Das aber verurteilt die soeben anlaufenden Verhandlungen mit Amerika über eine große Freihandelszone mit hoher Wahrscheinlichkeit a priori zum Scheitern. Ist doch die amerikanische Kultur-Industrie im Gegensatz zur französischen sehr erfolgreich. Und noch haben die Menschen die Freiheit, selbst zu bestimmen, welche Filme sie ansehen, welche Musik sie hören.
Was besonders schlimm an diesem französischen Kulturchauvinismus ist: Durch Frankreichs Haltung zum Thema Kultur ist die gesamte, jetzt intensiv als Allheilmittel diskutierte transatlantische Freihandelszone bedroht. Diese würde viele Hunderttausende Arbeitsplätze schaffen. Diese Jobs würden wiederum die europäischen Finanzprobleme mildern und die Jugendarbeitslosigkeit signifikant reduzieren. Womit sich der Kreis schließt.
Und last not least ist auch eine neue Mitgliedschaft zu verzeichnen, nämlich die Kroatiens. Gewiss kann und soll man sich darüber menschlich mit den sympathischen Menschen zwischen Istrien, Slawonien und Dalmatien nach langen Jahren der Kämpfe um die Selbständigkeit freuen. Aber wirtschaftlich bedeutet Kroatien eine Wiederholung dessen, was frühere Aufnahmen von Balkanländern gebracht haben. Und damit sind wir beim fünften und letzten Sorgenpunkt.
Das ausgepowerte Kroatien ist eine weitere große Last für die europäischen Schuldentöpfe. Es ist in Sachen Rechtsstaat und Korruption noch lange nicht auf dem europäischen Standard. Der ist erst dann erreicht, wenn nicht nur so wie in der Ukraine Politiker der jeweils früheren Regierungen strafrechtlich verfolgt werden. Sondern wenn es auch Korruptionisten aus dem Kreis der gegenwärtigen Machthaber an den Kragen geht.
Freilich muss man zugeben: Auch in Frankreich oder Österreich ist man da offensichtlich noch nicht ganz so weit. Man sehe sich nur den unterschiedlichen Umgang mit aktueller und früherer Korruption an.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Koalition wollte die zwei bedeutendsten Änderungen der Verfassung seit dem EU-Beitritt im Eilverfahren durchpeitschen. Also in der parlamentarischen Torschlusspanik ohne ordentliche Begutachtung. Bei der – in jeder Hinsicht überflüssigen – Gesetzesbeschwerde hat sie das auch getan, noch dazu unter ganz üblen Begleitumständen. Bei der – in jeder Hinsicht notwendigen – Einführung eines Stückchens direkter Demokratie hat sie im letzten Moment unter Druck einiger alter Großjuristen hingegen dann doch noch einer Begutachtung zugestimmt. Begutachtungen sind an sich immer positiv. Aber man muss im konkreten Fall sehr aufpassen, dass dabei Machtlobbyisten nicht noch eine weitere Einschränkung der ohnedies nur noch sehr marginalen Erweiterung der Bürgerrechte durchdrücken.
Begutachtungen sind bei Reformen an sich immer gut und wichtig. Durch das gemeinsame Nachdenken ohne Zeitdruck können meistens Formulierungen und Regelungen verbessert werden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Gesetzesmacher zuhören, und wenn es nicht nur um das Durchsetzen von Lobbies geht, die sich lieber hinter den Kulissen verbergen.
Umso erstaunlicher, ja skandalöser war bei der Gesetzesbeschwerde, dass die endgültige Fassung der Verfassungsänderung überhaupt erst unmittelbar vor der Abstimmung vorgelegt wurde. Damit ging sie sowohl an Begutachtung wie auch am zuständigen Ausschuss vorbei.
Zugleich kann kein Mensch erklären, warum dieses Projekt überhaupt so dringlich gewesen sein soll. Immerhin kann dadurch künftig jede Prozesspartei parallel zum Instanzenzug ihre Causa auch noch zum Verfassungsgericht tragen. Das wird fast immer zu einer Verzögerung von Verfahren führen – obwohl die Politik bei anderen Gelegenheiten immer erklärt, im Interesse des ohnedies bedrohten Wirtschaftsstandorts Österreich eigentlich das Gegenteil anzustreben.
Die Einführung von mehr direkter Demokratie, also die zweite tiefgreifende Verfassungsänderung, ist ein Garant gegen solche Huschpfusch-Gesetze. Denn in allen Ländern mit direkt demokratischen Instrumenten wirkt die Phase vor dem Referendum mit öffentlichen Diskussionen versachlichend und beruhigend. Es ist immer wieder beeindruckend, wie nüchtern etwa in der Schweiz von den Medien alle Pro- und Kontra-Argumente dargelegt und abgewogen werden. Und auch die Parteien müssen endlich lernen, dass es bei einem Referendum um die Sache und nicht um einen Politiker (beispielsweise um den einst angekündigten Rücktritt Bruno Kreiskys) geht.
Auch die – eigentlich aus populistischen Motiven angeordnete – Bundesheerabstimmung hat bei den Österreichern solche Abwägungen in breiter Front ausgelöst. Bei den Wählern noch mehr als bei den Medien, die Abstimmungen so wie die Parteisekretariate als parteipolitische Angelegenheit behandeln. Das sind sie aber nur noch für einen kleinen Prozentsatz der Bürger. Diese haben im Winter hingegen weitestgehend sachlich, nicht parteipolitisch, über das Heer nachgedacht. Und dann entschieden.
Dennoch äußern nach wie vor viele Politiker und Beamte Einwände gegen die direkte Demokratie: Sie warnen vor allem davor, dass das Volk in dieser oder jener Frage „falsch“ entscheiden könnte.
Das aber ist ein skandalös provozierender Einwand. Denn er geht davon aus, dass irgendjemand weiß, was „falsch“ oder „richtig“ sei. Aber die Demokratie ist nicht zuletzt deshalb entstanden, weil man erkannt hat, dass niemand dieses Wissen hat. Dieser Einwand versucht dennoch, die politische Klasse moralisch und intellektuell über das zu bevormundende Volk zu erheben. Motto: „Wir wissen‘s besser.“
Das ist reine Anmaßung, und hat auch keine Grundlage in der Verfassung oder in der Rechtsphilosophie. Dahinter verbirgt sich höchstens der Gesinnungsterrorismus der Political correctness. Diese Haltung verwandelt den alten Scherz über die Verfassung in beklemmende Wirklichkeit: Das Recht geht vom Volk aus, aber es ist nie wieder zum Volk zurückgekehrt; denn eine herrschende Mandarinen-Klasse hat es sich inzwischen angeeignet.
Diese hält das Volk für ungeeignet, seine eigenen Angelegenheiten zu regeln. Sich selber hält diese Klasse hingegen für geeignet. Die wahren Motive sehen freilich ein wenig anders aus, wenn man mit Abgeordneten privat redet: Bei ihnen hört man primär egoistische und geradezu primitive Bedenken. Etwa des Inhalts, dass bei den Referenden dann die Politikerbezüge reduziert würden.
Die Behauptung der Überlegenheit repräsentativdemokratischer Abstimmungen wird durch die Realität jedenfalls total ad absurdum geführt. So schlechte, so überflüssige, so populistische, so viele nachhaltig zum ökonomischen und gesellschaftlichen Kollaps führende Gesetze, wie sie die repräsentative Demokratie in den letzten Jahren produziert hat, bringt das Volk nie und nimmer zusammen.
Die Staatsschulden oder der Zustand der Universitäten oder das gesunkene Pensionsantrittsalter oder die vielen verfehlten Schulreformen oder die teure Rettung von Hypo und Kommunalkredit oder die Aufblähung der bürokratischen Regulierungsmenge oder wahnsinnige Regelungen wie das Grundeinkommen für jeden: All diese Beispiele zeigen ein völliges Versagen der repräsentativen Demokratie.
Diese bemüht sich ständig eilfertig, vermeintlichen Wünschen der Bevölkerung entgegenzukommen. Dabei hätten die Bürger das meiste nie beschlossen, wenn sie selbst die Letztverantwortung hätten. Und dort, wo sich die Bevölkerung für eine erkennbare Schimäre engagiert, tun die repräsentativen Politiker aber auch gleich mit. Siehe etwa die Neutralitätsdebatte.
Und jedenfalls ist eine Bevölkerung immer viel eher bereit, Gesetze anzuwenden und zu akzeptieren, wenn sie diese selbst beschlossen hat.
Man kann übrigens die um das eigene Überleben bangenden Politiker trösten: Das Parlament bleibt ohnedies in allen Fällen das entscheidende Gremium, wo niemand die vielen Unterschriften für ein Referendum zustandebringt. Daher werden die meisten Aufgaben der Parlamentarier weiterlaufen – aber vielleicht mit mehr Nachdenken verbunden, ob man auch gut begründet agiert.
Eine Reform nach Schweizer Muster wäre absolut richtig. Schwarz, Blau und meist auch Grün sind ja auch von diesem Ziel ausgegangen. Also: verpflichtende direktdemokratische Abstimmungen im Falle einer erfolgreichen Unterschriftensammlung für ein neues Gesetz. Aber inzwischen ist unter dem Druck der SPÖ und einiger schwarzer Bedenkenträger das Projekt schon stark verstümmelt worden.
Die öffentliche Kritik an dieser Verstümmelung konzentriert sich vor allem auf die Festlegung einer sehr hohen Grenze für die notwendige Unterschriftenzahl. Die Kritik ist berechtigt, wird aber noch übertroffen durch die bisher kaum debattierten Defizite.
10 beziehungsweise 15 Prozent der Wähler sind jedenfalls eine gewaltige Menge, die man binnen einer Woche in die Amtsstuben bringen muss, damit sie dort das einleitende Volksbegehren unterschreiben (und sich dabei vor politisch vielleicht andersdenkenden Funktionären outen müssen!). In der Schweiz sind hingegen nur 50.000 beziehungsweise 100.000 Unterschriften nötig. Also maximal ein Sechstel.
Noch viel schlimmer fällt der Vergleich in Hinblick auf den Zeitraum aus: Die Schweizer haben ein halbes Jahr Zeit, um die nötigen Signaturen zu sammeln. Bei uns gibt es nur eine Woche.
Noch schlimmer und ärgerlicher ist die umfangreiche Liste der Bereiche, über die nicht abgestimmt werden darf. Diese Problematik ist bisher (im Gegensatz zum hohen Unterschriftenquorum) nicht einmal den Kritikern des Regierungsentwurfs richtig aufgefallen.
Dabei geht es vor allem um das EU-Recht. Während es noch nachvollziehbar ist, dass gegen dessen Geltung nicht wirklich sinnvolle Referenden möglich sind, wäre das bei der Frage der Schaffung neuen EU-Rechts sehr wohl möglich. Über solche neuen EU-Gesetze (Richtlinien oder Verordnungen) bestimmen im Rat einzig und allein die zuständigen Ressortminister. Innerösterreichisch kann jedoch das österreichische Parlament das Abstimmungsverhalten dieses Ministers durch einen Beschluss vorweg auch inhaltlich festlegen.
Provozierenderweise sollen die Bürger das laut Entwurf jedoch nicht können. Direkte Demokratie hin oder her. Dabei geht es wirklich um Wichtiges: Minister im EU-Rat können im Alleingang zusammen mit ihren 27 Kollegen aus den anderen Ländern Gesetze für die ganze EU genehmigen oder blockieren.
Minister sind also via EU viel mächtiger als innerösterreichisch. Hier brauchen sie auch für die lächerlichsten Dinge die Einstimmigkeit der ganzen Regierung. Daher wäre es absolut logisch, dass Minister bei ihrer wichtigen europäischen Gesetzgebungstätigkeit künftig durch Referenden zwingend gebunden werden können.
Wenn man die direkte Demokratie ernst und nicht nur als Augenauswischerei versteht, dann muss künftig das Volk dieselben Möglichkeiten wie das Parlament bekommen. Das heißt aber umgekehrt auch, dass jene Pflichten, die man - zu Recht - dem Volk auferlegen will, künftig auch fürs Parlament gelten sollen. Das gilt insbesondere für die Pflicht, einen Bedeckungsvorschlag vorzulegen, wenn das Volk etwas beschließt, was zu höheren Ausgaben führt.
Noch ein schweres Manko der derzeit kursierenden Entwürfe: Sie beschneiden die Rechte des Volkes bei Verfassungsgesetzen zusätzlich. Bei diesen soll das Quorum für eine erfolgreiche Einbringung noch um 50 Prozent höher sein. Auch das hat keinerlei Berechtigung. Denn im Parlament braucht es ja auch nicht mehr Abgeordnete als sonst, um eine Verfassungsänderung vorzuschlagen. (Die „Verfassungsmehrheit“ ist nur bei der Abstimmung, nicht aber bei der Einbringung nötig).
Neuerlich kann man das nur als Machtdünkel der Politik interpretieren, die das Volk auch künftig von Entscheidungen möglichst fernhalten will.
Außerdem schafft sich das Parlament laut dem Entwurf die Möglichkeit, durch fünfmonatige Ausschussberatungen und Verhandlungen den Antrag wieder zu verwässern. In der Schweiz ist hingegen eine Volksabstimmung ein automatisches Muss, wenn das Parlament nicht zur absoluten Gänze dem von den Bürgern begehrten Entwurf zustimmt.
Zugleich wollen Rot und Schwarz die Bundeswahlbehörde sowie den Verfassungsgerichtshof bei solchen Verwässerungen durchs Parlament in eine Schiedsrichterposition bringen. Der VfGH ist jedoch ein auf Jahrzehnte absolut unaufbrechbares Machtrefugium von Rot und Schwarz. Alle Verfassungsrichter sind ausschließlich auf einem Ticket einer dieser beiden Parteien dort hineingesegelt. Damit haben Rot und Schwarz auf Jahrzehnte einen starken Hebel in der Hand.
Wenn man Schweizern diese Macht des VfGH erklärt, schütteln sie nur entgeistert den Kopf. Kennen Sie doch eine solche Institution gar nicht. Das einzige, was es dort gibt, ist das Recht der Regierung, zu einer Volksabstimmung ihre Meinung öffentlich zu sagen und dann eventuell neben der eingebrachten Formulierung den Bürgern auch noch eine eigene zur Abstimmung vorzulegen.
In Österreich hingegen wird dieser Souverän behandelt wie ein Kindergartenkind, das man ständig fest an der Hand halten muss.
Die allergrößte Einschränkung der Bürgerrechte liegt aber im Bereich der so selbstverständlich erscheinenden Menschenrechte. Unter diesem positiv klingenden Titel haben sich jedoch die obersten Richter Österreichs und Europas Schritt für Schritt ein unglaublich weitreichendes Gestaltungs- und Einmischungsrecht geschaffen. Längst gilt in Österreich dadurch in hohem Ausmaß Richterrecht – total an Geist und Buchstaben der Menschenrechtskonvention und der Verfassung vorbei. Diese hat ja die die Schaffung von neuem Recht eigentlich exklusiv dem Gesetzgeber vorbehalten.
Die Schöpfer der Verfassung haben aber die expansive und machtbewusste Partisanentaktik von Richtern unterschätzt. Fast in ganz Europa haben sie ihre Macht ständig ausgeweitet. Dadurch nähert sich die europäische Realität immer mehr den USA an. Dort sind es ja auch die Richter und nicht der eigentlich gewählte Kongress, die über fundamentale Fragen wie Schwulenehe oder Abtreibung entscheiden.
Da aber die Parlamente der eigenen Entmachtung jahrzehntelang tatenlos zugesehen haben, sind nun offenbar auch die (hoffentlich künftig) direktdemokratisch entscheidenden Stimmbürger hilflos entrechtet.
Dennoch, trotz all dieser Einwände, lautet das Fazit: Es wäre noch immer besser als gar nichts, wenn es wenigstens zu dieser stark reduzierten Form der direkten Demokratie kommt. Sie ist immer noch besser als der Istzustand. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden nämlich die Bürgerrechte bei einem Scheitern dieses Anlaufs auf Jahrzehnte nicht erweitert werden. Und so bekommen die Bürger wenigstens den Fuß in die Türe.
Womit wir die absurde Situation haben: Eine längere Begutachtungsdiskussion wäre zweifellos sehr gut. Die ist aber nicht möglich, weil die SPÖ-Fraktion den direktdemokratischen Wunsch aller anderen Parteien extrem lange, also bis knapp vor die Wahlen, sabotiert hat. So müssen wir uns halt mit einem suboptimalen Mitbestimmungsrecht begnügen.
Aber dennoch ist es besser, wenn jetzt wenigstens der erste Schritt zur Realität wird. Denn die Politik scheint ja nur vor Wahltagen zu Machtkonzessionen bereit. Im einstigen Heiligen Römischen Reich hießen diese übrigens Wahlkapitulationen…
Rettet mich nur die Trägheit der Justiz oder darf ich es noch sagen? Ich sage es jedenfalls. (mit nachträglicher Ergänzung)
Denn ich habe mich sehr gefreut, dass ein Wiener Juwelier einen Räuber erschossen hat. Dabei weiß ich, dass diese Freude alles andere als politisch korrekt ist. Korrekt wäre es natürlich, den Räuber zu bedauern, ihn samt Beute und Komplicen laufen zu lassen. Und falls er durch einen blöden Zufall doch erwischt wird, würde ihm halt eines der üblichen Gutachten einer Psycho-irgendwas attestieren, dass er nicht schuldeinsichtig ist.
PS: Natürlich erwarte ich von niemandem, dass auch er sein Leben riskiert, indem er Widerstand gegen Verbrecher leistet. Freilich ist auch das Leben jener nicht sicher, die keinerlei Widerstand leisten.
PPS: Laut einer „Profil“-Umfrage findet eine massive Mehrheit die Zustände in den Gefängnissen keineswegs schlimm. Dabei hat die geschlossene Front der linken Medien seit Wochen eben wegen dieser angeblichen Zustände eine Kampagne gegen die Justizministerin gefahren, die darauf ihre Nerven flattern ließ. Lehre daraus: Es geht halt nicht alles auf, was Rotgrün und ihre medialen Vorboten in Wahlkampfzeiten so an Kampagnen reiten. Der ÖVP wäre es freilich gut angestanden, sich sofort als Law-and-order-Partei zu positionieren statt herumzustottern. Das wäre ja noch kein Widerspruch dazu, alles zur Verhinderung von Vergewaltigungen in Gefängnissen zu unternehmen.
PPPS: Ach ja, und der Vorfall fällt zusammen mit offenbar gleichgeschalteten Berichten in mehreren Medien (samt dem üblichen Heinz-Mayr-Gelabere), wie böse denn die Bürgerwehren seien, die nächtens in besonders bedrohten Ortschaften auf Streife gehen.
Wir haben in den letzten Tagen glasklar gelernt, wie halt die Macht in der Welt verteilt ist. Das ist zwar vielleicht ernüchternd, aber Tatsache. Viel ärgerlicher ist jedoch, wie Politiker aller Länder ständig an dieser Tatsache vorbei herumreden und herumlügen. Das zeigt der Fall des Edward Sowden besonders anschaulich.
In Google finden sich momentan schon über 110 Millionen Eintragungen zu seinem Namen. Natürlich hat die niemand alle gelesen. Aber jede Wette gilt, dass der allergrößte Teil der nichtamerikanischen Eintragungen ein und denselben Tenor hat: massive Solidarität mit Snowden und heftige Kritik an den neugierigen amerikanischen Geheimdiensten. Insbesondere Europas Regierungen klingen so empört, dass man fast glauben könnte, den USA werde demnächst unter großem Jubel der Massen der Krieg erklärt.
Die Verlogenheit beginnt jedoch spätestens dort, wo es um die konkreten Antworten auf die Asylanträge des schüchtern wirkenden Brillenträgers geht. Diese Anträge werden dann plötzlich unter den absurdesten formalistischen Vorwänden abgelehnt, nur nicht mit der Wahrheit. Meistens wird gesagt, der Mann stehe ja nicht an der Grenze des eigenen Landes oder auf dessen Boden. Daher könne ihm leider, leider deswegen kein Asyl gewährt werden. Sonst natürlich…
Geht’s noch mieser? Warum stellt sich keiner hin und sagt die Wahrheit? Die da lautet: „Wenn sich nicht einmal Russland und China trauen, dann trauen wir uns natürlich auch nicht; wir fürchten uns alle vor den unberechenbar gewordenen Amerikanern. Und Solidarität unter den derzeitigen Kritikern der USA würde es im Falle einer Asylgewährung mit Sicherheit sowieso keine geben. Also denken wir nicht daran, ihn zu nehmen.“
Das wäre die einzige Wahrheit zu diesem Thema. Aber niemand spricht sie aus. Staaten haben halt nur Interessen, keine Moral. Sie tun nur so, als ob sie eine hätten.
Dabei wären die Menschen – zumindest in Österreich – durchaus reif genug, um die Wahrheit auch zu begreifen. Sie werden statt dessen von ihrer Regierung angelogen. Genauso verlogen sind übrigens die Oppositionspolitiker, die nach Asyl für Snowden rufen. Sie brauchen sich ja bloß nach der Stimmung im Internet zu richten. Sie würden freilich sofort einen Grund finden, doch Nein zu Snowden zu sagen, sobald sie selbst in die Verantwortung rutschen würden.
Würde das Argument von Grenze und so stimmen, dann wäre es jedenfalls absolut unverständlich, wieso die Asylwerber in Österreich vor allem aus Russland, Afghanistan, Syrien, Pakistan, Algerien und Nigeria stammen. Wieso haben die hier allesamt Chancen? Sind das neuerdings Nachbarländer? Oder nehmen wir sie halt auf, weil sonst niemand – oder zumindest keine Supermacht – Interesse an diesen Menschen hat?
Dabei sind sie in Wahrheit meist ungebildete Arbeitsmigranten, deren Freiheit nicht bedroht ist, und schon gar nicht so wie die von Snowden. Gilt bei ihnen das Argument vom österreichischen Boden nicht mehr so richtig? Oder hätte Snowden halt auch nur irgendeinen Schlepper bezahlen müssen, der ihn auf geheimen Wegen bis vor eine österreichische Polizeiinspektion bringt, wo dann das Formalargument vom österreichischen Boden wegfällt?
Die Lehre der letzten Tage: Wir sind eben nur in Teilbereichen ein Rechtsstaat. Und sonst ein opportunistisch seine Eigeninteressen suchender Kleinstaat. Was im Falle Österreichs ja sogar irgendwie verständlicher ist als bei Deutschland oder Frankreich. Die sind nicht nur größer, sondern für sie haben sich noch dazu Amerikas Spione wirklich interessiert. Bei uns glaubt ja nur der Herr Fellner (ein von SPÖ-nahen Inseraten lebender Boulevard-Journalist), dass sich irgendjemand für die Worte eines Faymann interessieren würde.
PS: So viel sind die 110 Millionen ja auch nicht, habe ich mich inzwischen beruhigt. Selbst ich habe 340.000 Google-Ergebnisse. Und die kann auch niemand alle zur Gänze lesen…
1971, im selben Jahr, als der damalige US-Präsident Nixon die Bindung des Dollars an das Gold aufkündigte und damit de facto die größte Enteignungsaktion der Weltgeschichte inszenierte (ein Coup, der interessanterweise bis heute keine entsprechende Würdigung erfahren hat!), bekannte er freimütig, „jetzt ein Keynesianer“ zu sein. In der Tat setzte „Tricky Dick“ auf die von John Maynard Keynes, dem bis in unsere Tage wirkungsmächtigsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, propagierte Politik hoher Steuern und schuldenfinanzierter Staatsausgaben.
Dessen Theorie besagt, dass der Staat – zum Ausgleich der für private Wirtschaftsakteure typischen Irrationalität und in Zeiten des Nachlassens deren Investitionstätigkeit – alles tun muss, um einer deflationären Entwicklung entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck ist hemmungslos und unter allen Umständen Geld unter die Leute zu bringen – indem etwa das Graben und wieder Zuschaufeln von Löchern staatlich finanziert wird. Vollbeschäftigung ist in jedem Fall sicherzustellen. Genau deshalb sei eine deflationistische Politik schlicht des Teufels.
Zum ebenso leidenschaftlich wie faktenwidrig ins Treffen geführten historischen „Beweis“ dafür wird behauptet, dass der deutsche Reichskanzler Heinrich Brüning, der von 1930-1932 eine Deflation zugelassen hatte, damit schließlich dem Nationalsozialismus den Weg bereitet habe. Diese von keinerlei Seriosität belastete Kritik übersieht völlig, dass die Politik Brünings bereits auf dem besten Wege war, die Wirtschaft Deutschlands wieder auf eine gesunde Basis zu stellen. Zudem ging der Stimmenanteil der Nationalsozialisten während der Zeit seiner Regierung von 37 auf 33 Prozent zurück. Die tatsächlichen Wegbereiter des NS-Regimes hörten auf alle möglichen Namen. Der des „Deflationskanzlers“ Brüning war mit Sicherheit nicht darunter…
Dass bis heute jeder empirische Nachweis für die angeblichen Segnungen einer inflationistischen Politik fehlt, an deren Ende ja niemals Prosperität und Vollbeschäftigung, immer aber ein gewaltiger Schuldenberg steht, ficht keinen der politischen Akteure an. Sie setzen weiterhin unbeirrt auf Keynes´ Voodoo-Ökonomie.
Anders als in den USA traten auf der europäischen Seite des Atlantiks einst nur linke Parteien für eine Konjunkturbelebung mittels Schuldenwirtschaft ein. Heutzutage gilt das längst nicht mehr. „Wir sind alle Keynesianer“ – in diesen Chor stimmen heute so gut wie alle politischen Parteien zwischen Helsinki und Valetta, Portugal und Polen ein – inklusive derer, die über die beeindruckende Chuzpe verfügen, sich zu allem Überfluss auch noch „liberal“ zu nennen (wie etwa die deutsche FDP). Wir haben es gegenwärtig mit einem späten, dafür aber weltweit vollständigen Triumph des 1946 verstorbenen britischen Magiers zu tun.
Es versteht sich von selbst, dass die zu 99 Prozent aus geschützten Werkstätten in Regierungsämter gestolperten wirtschaftspolitischen Leichtmatrosen in den Staatskanzleien keine Alternativen zum „Deficit spending“ kennen – schon gar nicht, wenn Wahlen heraufziehen und spießige Sparsamkeit im Arsenal der politischen Parteien nichts verloren hat. Da ist vielmehr das großzügige Ausschütten von Wohltaten angesagt, was – angesichts der bekannten Unbedarftheit einer soliden Wählermehrheit in Wirtschaftsfragen – gute Aussichten auf einen weiteren Verbleib am steuerfinanzierten Futtertrog eröffnet.
Da die Regierenden, mangels attraktiver Alternativen, also wild entschlossen sind, ihr segensreiches Wirken nach den Wahlen fortzusetzen, buttern sie davor gerne erhebliche Mittel in so genannte „Konjunkturpakete“. Sie versuchen damit die Illusion zu erwecken, einer dräuenden Rezession tatsächlich ein Schnippchen schlagen zu können. 1,6 Milliarden Euro sind es, die jetzt nach dem Willen der rotschwarzen Regierungsparteien in Österreich in „konjunkturbelebende Maßnahmen“ fließen sollen. Darunter ist – wie könnte es anders sein – nichts weiter als die Konservierung von Überkapazitäten in der Bauwirtschaft zu verstehen, was keinerlei Effekte für die Wohlstandsentwicklung im Lande erwarten lässt – zumindest keine positiven!
Die phantastische Wirkung exzessiver – schuldenfinanzierter – Bautätigkeit kann man beispielsweise in Japan bewundern, wo seit mehr als 20 Jahren die letzten Quadratmeter unbebauter Fläche zugepflastert werden. Fazit: Keine Konjunktur – dafür aber Staatsschulden jenseits der 200-Prozent-Marke.
Der unerschütterliche Glaube, dass durch das Zubetonieren von Landschaften oder durch „Investitionen“ in die Bahninfrastruktur (z. B. in ebenso scheußlich anzuschauende wie funktional mangelhafte Monstrositäten wie den Wiener Zentralbahnhof) Impulse für eine Aufwertung des Standortes und die Schaffung von (selbsttragenden, nicht steuersubventionierten!) Arbeitsplätzen gelingen könnte, stirbt nie. Es handelt sich dabei inzwischen um eine „wissenschaftlich fundierte Tatsache“, die von listigen Etatisten erfolgreich in die Hirne gläubiger Demokraten implantiert wurde…
Dass staatliche Projekte, sofern sie mit tatsächlich vorhandenem Geld finanziert werden, zu einer Verdrängung privater Investitionen führen, ist allein schon schlimm genug. Denn, auch wenn viele das nicht glauben können: Das vorhandene Geld kann nur einmal ausgegeben werden. Entweder Privatpersonen investieren es – auf Grund ihrer freien Entscheidung in für von ihnen bevorzugte Projekte, oder Politbonzen finanzieren damit – ohne sich damit aufzuhalten, die Zustimmung der Eigentümer der Kohle einzuholen – die Mehrung ihres Ruhmes. Entsprechend sehen die Entscheidungen aus: Butter oder Kanonen.
Noch weit schlimmer wird es, wenn für staatliche Brot-und-Spiele-Lustbarkeiten Gelder verbraten werden, die – noch dazu bei einer bereits bestehenden Überschuldung – über Kredite bereitgestellt werden. Denn damit ist, zusätzlich zum genannten, unheilvollen Verdrängungseffekt, eine materielle Umverteilung verbunden, die weit in die Zukunft reicht. Für die Regierenden fällt der Nutzen infolge des Stimmenkaufs augenblicklich an. Für die Schulden indessen muss jemand anderer geradestehen. Wer sollte das sein, wenn nicht die kommende(n) Generation(en)?
Im eben erschienen Buch „Krise der Inflationskultur“ richtet der deutsche Ökonom Guido Hülsmann seinen Scheinwerfer auf die zahlreichen, der keynesianischen Konjunkturtheorie inhärenten Fehler. Deren schwerster dürfte wohl darin bestehen, dass Ausgaben, die getätigt werden, ohne dafür auf eine entsprechende Ersparnisbildung zurückgreifen zu können, stets negative Konsequenzen nach sich ziehen. Es bleibt – anders als uns Politik und Hauptstromökonomie weismachen wollen – niemals ohne nachhaltig schädliche Konsequenzen, wenn Geld aus dem Nichts geschaffen und etwa für „Konjunkturpakete“ verpulvert wird…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Es entspricht ja ziemlich genau dem Bild, das sich viele Österreicher von den Politikern machen. Dass aber die SPÖ zweieinhalb Monate vor Wahlen alles dazu tut, um es zu verfestigen, das ist doch mehr als erstaunlich.
Aber offenbar weiß sie eh schon, wie es nach der Wahl weitergeht (nämlich genauso wie vorher). Daher kümmert sie sich nicht wirklich um das, was der Wähler denkt. Dieser Eindruck wird durch die Wahlplakate des schönen Werner nicht verwischt, die zeigen, wie er mit ruhiger Hand seit Jahr und Tag nichts tut. Die SPÖ lässt jedenfalls ungeniert Johann Maier bei der letzten planmäßigen Nationalrats-Sitzung als Abgeordneten (nach längerer Unterbrechung) angeloben. Worauf dieser ohne irgendeine Arbeitsbelastung nun monatelang sein Gehalt bekommt. Samt Urlaubsanteilen. Samt Anspruch auf dreimonatige Gehaltsfortzahlung. Schönen Urlaub! Und hoffentlich wird Maier darin durch keine Sondersitzung gestört, mit der noch irgendwer Vorwahlwirbel schlagen könnte. Aber auch das wird ihn nicht sonderlich tangieren, wurde er doch nach der Angelobung am einzigen Arbeitstag kaum mehr im Nationalrat gesehen, wie zumindest BZÖ-Mann Westenthaler berichtet.
Es ist ziemlich erstaunlich, wie derzeit überall die europäische Regelung der Bankenabwicklung bejubelt wird. Denn in Wahrheit hat man sich ja erneut um das grundlegende Problem herumgedrückt.
Natürlich ist das Prinzip richtig, dass primär die direkten Vertragspartner einer Bank deren Pleite tragen müssen und nicht die Steuerzahler. Denn diese können ja am wenigsten Einfluss nehmen. Sie können ja nicht auf Jobs, Aktien- oder Anleihenkäufe bei einer wackelnden oder unseriös mit hohen Zinsen lockenden Bank verzichten.
Warum hat man dieses Prinzip aber nicht schon seit 2008 so praktiziert? Freilich gibt es ein gravierendes Argument, warum man Banken im Fall einer Pleite nicht so wie ein normales Unternehmen behandeln sollte. Sie würden unweigerlich viele gesunde Unternehmen mitreißen. Man denke nur an einen Konzern, der für Zahlung aller Gehälter, für seine diversen Steuerpflichten, für die Lieferanten ständig Millionen über eine Bank bewegen muss. In manchen Fällen sind das dann jedenfalls schon Hunderte Millionen, ja Milliarden. Die sind bei einem Bank-Konkurs ja weitestgehend weg und jedenfalls mittelfristig total blockiert.
Die europäische Bankenabwicklungs-Einigung hat für dieses entscheidende Dilemma weiter keine funktionierende Antwort. Vorerst gibt es nur jede Menge neuer Behörden, Beamtenjobs und theoretische Konstrukte ohne wirkliche Klarheit.
Der Fonds, aus dem Banken künftig gerettet werden sollen, besteht nur auf dem Papier. Man weiß nur, dass er von den Banken befüllt werden soll. Aber die Banken sind trotz ihrer bedrängten Lage ja schon von den Staaten heftigst ausgeräumt worden. Bankensteuer, Kursgewinnsteuer, Finanztransaktionssteuer fallen einem da etwa im Fall Österreich ein.
Die Fonds-Füllung kann also nur erfolgen, wenn die Republik darauf verzichtet. Dazu ist sie aber nicht bereit. Österreich hat ja laut EU-Kommission unter allen Mitgliedsstaaten am wenigsten Reformen gesetzt, die den nötigen Spielraum im Budget herstellen würden.
Frustrierend ist aber auch die total unterschiedliche Interpretation der angeblichen Einigung. Während Deutschland eine Betonung der nationalen Eigenverantwortung sieht, glaubt Frankreich, dass damit der Weg zu den Milliarden des ESM (Europäischer Stabilisierungsmechanismus) geöffnet wurde. In dem Mechanismus stecken aber nichts als – Steuergelder.
Europa hat so wie im Falle Zyperns den entscheidenden und logischen Schritt nicht gewagt: Der hätte bedeutet, die Haftung an den Zinsen zu orientieren. Wer hohe Zinsen bekommt, kassiert mehr und müsste also auch für viel mehr haften. Wer eine Bank hingegen primär als Dienstleister für Transaktionen benutzt und dafür keine Zinsen bekommt, müsste gesichert sein – ohne die für die Wirtschaft lächerliche 100.000-Euro-Grenze. Aber das wollen die jetzt schon wackelnden Südbanken nicht. Denn sie müssen ja jetzt schon höhere Zinsen zahlen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Den durch Regierungsinserate kräftig unterstützten Gratiszeitungen „Österreich“ und „Heute“ ist kein Vorwand zu blöd, um eine Faymann-Schlagzeile abzuliefern. Besonders „kreativ“ war „Österreich“ am Sonntag, als in der Hochglanzbeilage ein doppelseitiges Interview mit dem Kanzler erschien, das noch staatstragender als sonst war. Unter dem Titel „Urlaubssperre für den Kanzler“ durfte Faymann alles Mögliche absondern, insbesondere, wie er mit einem Konjunkturpaket die österreichische Wirtschaft rettet und in Brüssel unermüdlich gegen die Jugendarbeitslosigkeit kämpft; deswegen wohl die „Urlaubssperre“.
Im gleichen Sonntags-Blatt befand sich allerdings an anderer Stelle ein Beitrag über die Urlaubspläne unserer Politiker, wobei bei Faymann angemerkt wurde, dass zuerst der Lido und „dann Bergsteigen in Salzburg“ auf dem Programm stehen. Nur ein Wunderwuzzi wie unser Ausnahmekanzler schafft so etwas trotz Urlaubssperre.
In der gleichen Ausgabe fand sich dann noch ein weiterer, fast halbseitiger, Bericht über Faymanns Strafverfahren wegen Untreueverdacht. „Österreich“ stellt kategorisch fest: „Kanzler: Fix – keine Anklage!“, obwohl dann im Beitrag darauf hingewiesen wurde, dass die Oberstaatsanwaltschaft den Akt noch prüfen muss.
Man merkt, dass „Österreich“ nach wie vor viele Inserate bekommt und von Faymann-Jugendfreund Wolfgang Fellner herausgegeben wird, denn schon am Montag gab es die nächste Faymann-Sensation auf dem Cover, als das Jubelblatt bange fragte: „Bespitzelt Obama Faymann?“
Bei allem Respekt vor der globalen Bedeutung unseres Kanzlers kann man wohl annehmen, dass die US-Regierung andere Prioritäten beim Ausspionieren hat.
Da konnte das zweite Jubelblatt „Heute“ nicht nachstehen und brachte ebenfalls am Montag, den 1. Juli, sechs (!) Faymann-Fotos von einer „Papierattacke“ Jean-Claude Junckers, der dem österreichischen Kanzler mit einigen Blättern Papier „eins über den Kopf zog“. „Heute“ fand, dass Faymann auf die Jux-Attacke „souverän reagiert“ habe. Wie denn sonst?
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.
Ach ja, natürlich waren es Management-Fehler, wie uns jetzt nach der Insolvenzanmeldung von dayli der Sozialminister mitteilt.
Erstens wissen wir eh: Es sind immer Management-Fehler, wenn etwas schiefgeht, selbst wenn die Katastrophenmeldungen schon im Tagesrhythmus kommen; und wenn es aufwärts geht, ist es immer Verdienst unserer großartigen Politik, die daher ständig zu preisen ist. Zweitens kann man im konkreten Fall den Management-Fehler sogar benennen. Er lautet: grenzenlose Naivität. Wie kann man nur ernsthaft glauben, dass Gewerkschaft, Sozialpartner und Politik wenigstens dann handeln würden, wenigstens dann verzweifelten Menschen das Arbeiten an Sonntagen erlauben, wenn diesen das Wasser schon bis zum Mund steht? Keineswegs. Die Rollbalken bleiben unten. Gewerkschaftsfunktionäre sind ja auch die letzten, die ihren Job verlieren. Daher bleibt ihre Devise (und im Schlepptau die der WKO): Beton. Warum nur denke ich da an Betonpatschen, die sie da der ganzen Nation verpassen? Warum braucht es einen Frank Stronach, um wie bei des Kaisers neuen Kleidern die Hauptschuld der Gewerkschaft einmal auszusprechen? Warum sagt Michael Spindelegger mit seinem neuen, an sich richtigen Slogan, er wolle die Wirtschaft entfesseln, nichts vom Ladenschluss?
Jeder vernünftige Europäer freut sich vorerst: Noch nie seit der Wiener Türkenbelagerung ist dem politischen Islam eine so vernichtende Niederlage zugefügt worden wie nun in Ägypten. Die Absetzung des Muslimbruders Mursi ist überwältigend positiv, ganz im Gegensatz zur ersten ägyptischen Revolution. Diese war nur mit Hilfe des amerikanischen Präsidenten, vieler Europäer und der ideologischen Linken ans Ziel gekommen. Diesmal ist es eine echte – legitime? – Revolution der Ägypter. Jedoch: Die Sorgen um das wichtigste arabische Land und den Nahostfrieden sind groß geblieben. Denn in der entscheidenden Frage steht es katastrophaler denn je da. Das kann auch niemals binnen weniger Monate geändert werden.
Der erstaunlich schnelle Sturz Mursis ist vielen innerägyptischen Faktoren zu danken:
Das macht Hoffnung. Fast könnte man – ein wenig überoptimistisch – glauben, dass die Muslimbrüder nur noch in den katholischen Diözesen Wien und Graz sowie im Gazastreifen positiv gesehen werden.
Die Muslimbrüder und die Salafisten werden bei den nun kommenden Wahlen durchaus wieder präsent sein. Aber sie werden nicht einmal annähernd an ihre Erfolge während der letzten beiden Jahre anknüpfen können. Beim Sturz Mubaraks galten sie als die einzige Kraft, die nicht bis auf die Knochen korrupt war. Das hat ihnen den Sieg auch bei gemäßigten Wählern gebracht.
Jetzt aber sind sie als atavistisches, verzopftes Grüppchen entlarvt, das ernsthaft geglaubt hat, mit dem Blättern im Koran, mit Bärten und Schleiern Probleme lösen zu können. Sie haben jedoch keines gelöst, sondern nur neue geschaffen. Sie schürten die Eskalation mit Israel. Sie verstanden Null von der Wirtschaft. Und sie wollten vor allem den Dschihad nach Syrien und in andere (moslemische!) Länder tragen.
Sie waren Hauptschuld daran, dass die islamische Welt primär als Quelle des Rückschritts und der eskalierenden Kriegsgefahr angesehen werden musste. In den letzten Wochen haben wir hingegen die Wahl eines gemäßigten Präsidenten im Iran, erste Liberalisierungsschritte in Saudi-Arabien, und die Revolte des säkularen Teils der Türkei gesehen. Das Mittelalter in fast allen Ländern der Mohammed-Religion ist deswegen zwar noch keineswegs überwunden. Aber Iraner, Türken und Araber haben gezeigt, dass es überwindbar ist.
Der Islamismus hat nirgendwo mehr eine Mehrheit hinter sich. Er kann seine Bastionen nur mit Waffengewalt, mit Terrorismus, mit Pressionen, mit Verlogenheit verteidigen. Mit ein paar Ausspeisungen und Spenden in Moscheen – seiner einzigen Stärke – kann er (fast) niemanden mehr beeindrucken. Über die dümmlichen Exponenten der österreichischen Kirche, die noch immer Islamisten zu Diskussionspodien laden, um ihnen dort bei ihren hemmungslosen Lügen sogar noch Beifall zu spenden und jede Kritik zu unterdrücken, breiten wir am besten den Mantel des verzeihenden Schweigens (vielleicht sollte man ein paar Bischöfe zum Lernen nach Kairo schicken).
Natürlich ist es durchaus noch möglich, dass die verbitterten Moslembrüder den Sturz ihres Präsidenten mit Kampf und Unruhen beantworten. Das hat es ja in der Geschichte immer wieder so oder ähnlich gegeben: Viele Revolutionen haben zu Bürgerkriegen geführt. Der Spruch, dass die Revolution ihre Kinder frisst, hat sich mehrfach bewiesen. Man denke nur an die vielen chaotischen und meist blutigen Etappen der großen Revolutionsbewegungen von 1789 oder 1848. Umso absurder ist die heutige blinde Revolutionsgeilheit der europäischen Journalisten und Linken.
Die Stimmung in Ägypten, die kluge Kooperation aller relevanten Kräfte (eben mit Ausnahme von Muslimbrüdern und Salafisten) und das strategisch schlaue Vorgehen der Generäle machen bei der nächsten Wahl einen Erfolg des Mursi-Lagers absolut unwahrscheinlich. Dieses scheint aber trotz seines Versagens beim Regieren ein starkes rechtliches Argument auf seiner Seite zu haben: Mursi ist legal gewählt worden.
Warum aber? Drei Ursachen stehen dabei im Vordergrund:
Dennoch werden objektive Geister nicht um die Frage herumkommen: Kann man es ehrlichen Gewissens für gut heißen, wenn ein demokratisch gewählter Präsident vorzeitig entthront wird? Lässt man die Stimmen der Sympathie und die ägyptische wie arabische wie nahöstliche Interessenlage beiseite, haben viele Menschen Probleme mit der Antwort.
Die Lösung des scheinbaren Dilemmas findet sich auf zwei weltweit gültigen Ebenen. Erstens ist eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Begriff der Demokratie notwendig. Wenn manche unter dieser nur die repräsentative Demokratie verstehen wollen, dann besteht letztlich die Mitsprache des Volkes wirklich nur in der Wahl eines Diktators auf Zeit. Dann hätte Mursi möglicherweise tatsächlich Recht, wenn er im Amt bleiben will.
In einem direktdemokratischen Verständnis hat er hingegen sicher nicht Recht. Denn in der direkten Demokratie ist einzig das Volk der oberste Souverän. Dieses kann ohne Rechenschaftspflicht seine Meinung ändern und legt die obersten Spielregeln und Staatsorgane fest.
Im Falle Ägyptens ist eine zweite Antwort auf das Demokratiedilemma noch wichtiger und relevanter. In manchen Situationen gibt es nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht zum Widerstand. Dieser ist vor allem immer dann notwendig, wenn Herrscher trotz ihrer rein demokratischen Wahl die Realverfassung eines Landes so stark verändern wollen, dass sie auf Dauer an der Macht bleiben und die Möglichkeit weiterer freier Wahlen verhindern können.
Dieses unabdingbare Prinzip eines Rechts zum Widerstand lehrt uns die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Auch Gewaltanwendung gegen demokratische Wahlsieger kann legitim gewesen sein. Beispielsweise:
gegen die (scheinbar) demokratisch ablaufende Machtergreifung Hitlers;
gegen den gewählten chilenischen Präsidenten Allende, der mit Demokratie und Rechtsstaat Schluss zu machen begann;
gegen die kommunistische Machtergreifung in der Tschechoslowakei (die das einzige Land ist, wo die Kommunisten demokratisch an die Macht gekommen sind, die sie dann nie mehr hergeben wollten).
Dennoch bleibt der Blick auf Ägypten sehr sorgenvoll. Die derzeit kaum beachtete wirtschaftliche und damit auch soziale Lage ist so übel, dass das neue System – wie immer es aussehen mag – sehr bald sehr viele Sympathien verlieren wird. Tourismus und Investitionen sind fast total zusammengebrochen, während die islamische Geburtenfreudigkeit weiterhin explosiv anhält.
Viele Ägypter scheinen derzeit irgendwie zu glauben, man müsse nur so oft wie möglich Präsidenten stürzen, bis dann irgendwann einer kommt, unter dem plötzlich wie von selber Milch und Honig fließen. Kaum einer von ihnen begreift, dass dem Land in jedem Fall schmerzhafte Jahrzehnte bevorstehen, bevor zumindest die grundlegenden Notwendigkeiten geschaffen sind. Und selbst dann kann der Erfolg nur gelingen, wenn Ägypten sowohl mit Israel und Amerika wie auch mit den Golfstaaten exzellente Beziehungen aufbaut.
Schaut man genauer in die Geschichte, dann ist ein ganz anderes Ende der ägyptischen Putschserie viel wahrscheinlicher: dass wie bei den ähnlich fundamentalen Umbrüchen von 1789 oder 1848 in Europa ein absolutistischer Herrscher die Macht übernehmen wird, um die Auseinandersetzungen zu beenden.
Zuerst muss Ägypten jedenfalls grundlegend modernisiert und stabilisiert werden. Die Wirtschaft muss erst aufgebaut werden. Dann können sich (rund) zwanzig Jahre später auch die positiven Ziele einer Revolution durchsetzen, so wie bei anderen genannten Beispielen.
Man denke nur an die Rolle von Napoleon oder Franz Joseph als zumindest zeitweise extrem brutale Herrscher, die aber dabei ihr Land stabilisiert und entwickelt haben. Im 20. Jahrhundert hat ein ähnlich dialektischer Weg sogar mehr als 70 Jahre gedauert – vom ersten Weltkrieg bis zur Wende 1989.
Können die Ägypter diesen mühsamen Weg abkürzen? Ich zweifle. Die sich nunmehr rasch ausbreitende Erkenntnis, dass die Islamisten der falsche Weg für ein Land sind, bedeutet noch lange nicht Einigkeit über den richtigen Weg. Dieser bestünde in Schulen für alle, in Industrialisierung, in Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, in Geburtenbeschränkung, in Stabilität, in Korruptionsbekämpfung, in Investitionssicherheit, in Verzicht auf außenpolitische Abenteuer, in friedlichem Zusammenleben von Moslems und Christen, in funktionierender Justiz und Polizei.
Wenn man sich die Heterogenität der jetzigen Sieger anschaut, dann muss man zweifeln, dass all das gelingen kann. Gegen Mursi zu sein allein ist noch keineswegs eine gemeinsame Basis für die Zukunft.
Auf den ersten Blick wirkte das Gruppenbild, das den Bundeskanzler und den Vizekanzler gemeinsam mit den Chefs von sechs prominenten Tageszeitungen (Die Presse, OÖ-Nachrichten, Kleine Zeitung, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung und Vorarlberger Nachrichten) darstellte, freundlich und nett. Der anfänglich biedere Eindruck verwandelte sich allerdings rasch in Betroffenheit, sobald man sich der näheren Umstände für das trauliche Familienbild von Medien und Politik bewusst wurde.
Der Hintergrund für das Zusammensein sieht so aus: Einer der Chefredakteure (es war jener aus Oberösterreich) kam auf die ihm wahrscheinlich originell erscheinende Idee, seine Kollegen von den anderen Blättern zu einem Hearing von Bundeskanzler und Vizekanzler anzustacheln. Die Kollegen stimmten dem Aufbruch zur Jagd auf die Spitzenkoalitionäre zu, diese nahmen die Herausforderung an.
Soweit, so gut. Wer könnte auch etwas dagegen haben, dass die geballte Intelligenz von sechs Zeitungschefs die Inhaber der Staatsmacht auf Herz und Nieren prüft und sie mit knallharten Fragen schonungslos zur Offenlegung ihres politischen Verstandes und ihrer Konzepte zwingt? Schließlich vertreten die Spitzenjournalisten mit ihren Leserschaften zugleich auch einen beträchtlichen Anteil der österreichischen Wähler. Und diese haben ein Recht darauf, zu erfahren, was auf höchster politischer Ebene gedacht wird.
Das Ergebnis der Politikerbefragung durch die Zeitungschefs fand seinen Niederschlag in zumeist doppelseitigen, groß aufgezogenen, nahezu identischen Berichten. Was man als Leser daraus erfuhr, war allerdings von kaum unterbietbarer Banalität: Man las, dass sich Spindelegger und Faymann gegenseitig mit „Michael“ und „Werner“ anreden, dass sie einander zum Geburtstag gewöhnlich eine Flasche Wein oder ein Buch schenken, dass der Kanzler am Vizekanzler dessen Zuverlässigkeit schätzt und der Vizekanzler den Regierungschef als guten Bergkraxler lobt, dass keiner der beiden Spitzenpolitiker gegenüber dem anderen Neidgefühle verspürt und ähnliche Plattheiten.
Auch die Quasi-Fragen zur Politik waren von rührender Harmlosigkeit: Ob es stimmt, dass sich die Koalition auseinander gelebt hat, (sinngemäße Antwort: „Nein, nein, wir haben das Land durch die Krise geführt, das hat uns zusammengebracht“); ob unser Land da steht, wo es hingehört (Antwort: „Für Selbstzufriedenheit ist kein Anlass, aber man kann stolz darauf sein, wie Österreich dasteht), ob das Land auch nach der Wahl wieder eine große Koalition benötigt (die zustimmende Antwort Faymanns war vorprogrammiert); oder ob man garantieren könne, dass es 2014 kein weiteres Sparpaket geben werde, (Tenor der Antworten: Es wird keines geben, aber wer weiß schon, was passiert, wenn die Weltwirtschaft zusammenbricht…).
Was den Chefredakteuren ansonsten noch ermittlungswert erschien, waren die Fragen nach dem einerseits größtem Wurf und andererseits dem Tiefpunkt der ablaufenden Regierungsperiode, wie man es mit Frank Stronach hält, oder welche symbolhaften Signale des Sparens man der Bevölkerung geben möchte (Antwort: „Wir werden die neue Regierung um zwei Staatssekretäre verkleinern“).
Es ist unschwer zu erkennen, dass die analytische Genügsamkeit der Medienvertreter die beiden Parteichefs nicht in Verlegenheit bringen konnte. So flach wie die Fragen fielen die Antworten aus. Wer sich von der Lektüre der analogen Berichte (einheitliche Fragen, einheitliche Texte, einheitliche Veröffentlichung am 28. Juni) in den sechs Zeitungen einen Erkenntnisnutzen für die eigene Orientierung im Hinblick auf die kommende Wahl und zur genaueren Einschätzung der Koalitionspartner erhoffte, wurde bitter enttäuscht.
Nicht einmal angetippt wurden die Rezepte von Rot und Schwarz zur Sicherung der Arbeitsplätze. Keinerlei Neugier zeigten die Medienvertreter an den Antworten der Regierungspartner, was sie unternehmen wollen, um die Sippenhaftung Österreichs für die maroden EU-Mitglieder zu verhindern, welche Rezepte sie zur Schadensbegrenzung des Alterungsprozesses (Mangel an Ärzten, Ingenieuren, Pflegepersonal, Polizisten, Automechanikern, Installateuren, Kellnern etc.) parat haben, wie sie die Innovationsfreudigkeit einer spätestens ab 2030 vergreisenden Bevölkerung sicherstellen wollen, ob sie das Heil des Landes in einer verstärkt regulierten oder deregulierten Gesellschaft erblicken und anderes mehr.
Man könnte das Kapitel über das publizistische Possenspiel damit abschließen und den Vorgang in den Bereich des Kuriosen und Episodenhaften verweisen, wenn es da nicht auch eine demokratiepolitische Komponente zu bedenken gäbe.
Zum näheren Verständnis ist daran zu erinnern, dass ein funktionierendes demokratisches Staatswesen nicht nur auf der Meinungsfreiheit, sondern auch der Meinungsvielfalt beruht. In einem Land mit lediglich 17 Tageszeitungen, ganz wenigen (noch dazu meinungskonformen) politischen Magazinen und dem Monopol des ORF im audiovisuellen Bereich ist das Erfordernis der Meinungsvielfalt und der Auswahlmöglichkeit unterschiedlicher Standpunkte besonders schwer herzustellen. So betrachtet, war es ein flagranter Verstoß gegen ein demokratisches Grundprinzip, als sich die sechs Printmedien, (also nahezu ein Drittel der Tageszeitungen), zu einem pseudo-kritischen journalistischen Spektakulum verbündeten und den Spitzen der Koalition standardisierte Fragen stellten, die einen minimalen Erkenntniswert besitzen.
Das war kein hartes Kreuzverhör zum Zweck des Informationsgewinns, sondern eine Umarmung derer, die an den Hebeln der Macht sitzen. Es war ein journalistischer Schongang, der durch die Gleichschaltung der Fragen und die einheitliche Verbreitung der Antworten ungewollt an die gelenkte Presse in totalitären Systemen erinnert. Verstärkt wird das fatale Gleichnis durch die Tatsache, dass die vielleicht wichtigste Frage, nämlich jene, worin sich SPÖ und ÖVP angesichts ihrer im Interview bekundeten Gemeinsamkeiten eigentlich unterscheiden, nicht gestellt wurde.
Und noch eine Frage blieb ungeklärt. Sie ist mit einem Trauerflor umhüllt und lautet: Worin unterscheiden sich eigentlich unsere Medien?
Andreas Kirschhofer-Bozenhardt war langjähriger Leiter des renommierten Meinungsforschungsinstituts Imas.
Es ist geradezu phänomenal, was diese Regierung alles aus geheimnisvollen Rücklagen finanzieren kann. Nach dem skurrilen Milliardenpaket für die Bauwirtschaft wird jetzt auch noch eine Linzer Medizin errichtet. Und nie kostet nach den Worten unserer lieben Regierung das alles den Steuerzahler irgendetwas. Daher sollten auch andere bis zum Wahltag noch rasch ihre Wünsche beim Finanzministerium anmelden. Ich zum Beispiel würde dringend einen Lamborghini brauchen. Bitte in Weiß.
Und das ist ja angesichts der Wunscherfüllung für einen Oberösterreicher – Motto: Pühringer wünscht, Österreich zahlt – nun wirklich ein bescheidenes Anliegen. Da müsste sich doch eigentlich auch das nötige Gratisbenzin für die nächsten drei Jahre ausgehen.
Ganz, ganz zufällig ist die Finanzministerin oberösterreichische Spitzenkandidatin. Und ganz, ganz sicher wird in absehbarer Zeit auch der sich noch sträubende Wissenschaftsminister Töchterle umfallen und einem Ministerratsbeschluss nicht im Wege stehen (nach dem Vorbild früherer Umfaller anderer Politiker könnte er ja gerade bei der entscheidenden Ministerratssitzung verhindert sein).
Um die Kleinigkeit, dass ganz andere Faktoren schuld am künftigen Ärztemangel sind, braucht man sich ja angesichts der unerschöpflichen Rücklagen wirklich nicht zu kümmern. Und auch nicht darum, dass selbst nach noch so vielen Uni-Eröffnungen quer durchs Land Ärztemangel herrschen wird.
Aber falls die Ursachen doch irgendeinen Politiker interessieren sollten: Dann sollte man sich vor allem anschauen, warum so viele um teures Geld bei uns ausgebildete Mediziner ins Ausland abwandern. Insbesondere in Deutschland (das uns im Gegenzug die dümmeren, am Numerus clausus scheiternden Studenten schickt) herrscht ja großer Ärztemangel.
An diesem negativen Brain drain sind vor allem die schlechten Bedingungen für Turnusärzte in Österreich schuld. Er hängt aber auch mit der Lage der Hausärzte zusammen. Er hängt mit dem Versagen der österreichischen EU-Politik zusammen, die sich bei den EU-Vertragsänderungen nicht mit einer Klausel gegen die erzwungene Medizinerausbildungs-Entwicklungshilfe für Deutschland durchgesetzt hat. Er hängt mit einer gegen die Ärzte durchgepeitschten „Gesundheitsreform“ zusammen, die eher an einen kommunistischen Fünfjahresplan als an eine funktionierende Marktwirtschaft erinnert.
Die gesamte Krise im Gesundheitswesen hängt mit der auch durch diesen Fünfjahresplan nicht gestoppten Geldverschwendung zusammen. Deren zwei wichtigste Ursachen: Länder und Krankenkassen (=Sozialpartner) schieben sich gegenseitig Kosten zu. Und jeder Bürgermeister kann den Bestand „seines“ sinnlosen Kleinspitals durchsetzen.
Aber sich all diesen Missständen zuzuwenden, wäre halt viel mühsamer, als nächstes Jahr eine „Linzer Medizin“ zu eröffnen. Mit Blasmusik und lokalchauvinistischen Reden.
Nur eines ist zu befürchten: Den Wirtschaftsnobelpreis wird es für diesen ganzen Hokuspokus nicht geben.
Das wird wohl in den nächsten Stunden, aber auch Wochen und Monaten das zentrale Thema werden: die völlig überraschende Landung eines bolivianischen Flugzeugs in Wien, an dessen Bord sich gerüchteweise der Computerspion Edward Snowden befunden haben soll.Oder auch nicht.
Angeblich war es ja nur eine ungeplante Notlandung eines Flugzeugs. Seither rätseln wir, ob darin wirklich der Spion gemeinsam mit Boliviens Staatschef Evo Morales ist oder war. Bolivien betont freilich, dass Snowden ohnedies nicht an Bord ist. Was nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen muss. War doch Snowden schon tagelang in Russland, ohne dass er (laut der russischen Regierung) dort gewesen wäre.
Für die heiße Fracht könnte auch die Tatsache sprechen, dass andere Länder (Nato-Mitglieder!) dem Flugzeug sogar das Überfliegen verwehrt haben. Sie wollten Snowden nicht einmal als Potenzialität in der Luft über sich wissen. Nachdem diese Länder geheimdienstlich gut organisiert sind, könnten sie schon ihre guten Gründe haben. Und das de facto geheimdienstlose Österreich könnte einer russisch-bolivianischen Intrige in die Falle gegangen sein. Aber natürlich kann man auch nicht ausschließen, dass wirklich alles nur ein Riesenmissverständnis war.
Wäre es das nicht, dann hätte freilich Snowden plötzlich auf österreichischem Boden den Asylantrag stellen können, der bisher – angeblich – nur daran gescheitert war, dass der Mann diesen Antrag bisher nur von Moskau aus gestellt hat. Vollmundig hatte ja überdies die Innenministerin angekündigt, dass Snowden nicht ausgeliefert werde, wenn er einmal in Österreich ist. Sie tat das ganz offensichtlich im Glauben, dass der Mann eh nie nach Österreich kommen könnte.
Und wenn der Mann - trotz Dementis - doch an Bord wäre, dann wird auch die "Notlandung" eine sehr dubiose. War sie am Ende nur vorgetäuscht, damit Snowden den Weg in ein angenehmeres Land als Bolivien findet?
Jedoch: Wer die österreichische Diplomatie, Bürokratie und Politik kennt, der weiß, dass die nie und nimmer die totale Konfrontation mit den USA wagen würde, die eine Aufnahme Snowdens auslösen würde. Daher würde man ihm wohl irgendwie mitteilen, dass er lieber möglichst rasch wieder abhauen soll. Asylrecht hin oder her.
Ich bin mir freilich zur Stunde nur in zwei Punkten sicher:
Erstens, wir werden wohl nie die ganze Wahrheit über diese Episode erfahren. Was dem Boulevard jede Menge spekulativen Möglichkeiten eröffnet.
Zweitens, wenn Snowden wirklich da wäre, wäre es so gut wie unmöglich, dass Österreich den unerwarteten Besuch ohne schweren Imageschaden übersteht.
Und höchstwahrscheinlich ist er ja eh nicht da. Aber mit Sicherheit hat allein die Möglichkeit, dass doch alles stimmt, die gesamte Bundesregierung in kalten Angstschweiß versetzt.
Es ist geradezu rührend, wie die gesamte österreichische und europäische Politik jetzt auf empört und erstaunt tut, weil ein Spion in breiter Form preisgibt, wie sehr die Amerikaner hemmungslos spionieren.
Dabei haben Europas Politiker wie seine Medien immer wieder begierig von dem profitiert, was da – etwa – die Amerikaner herausspioniert haben. Sie haben nie lange nach den Quellen gefragt. Alle waren froh, wenn durch die Geheimdienste nachgewiesenermaßen Anschläge verhindert werden konnten. Die jetzt so empörten sind aber auch oft dieselben Politiker, die schon immer gesagt haben: „Am Telefon kann ich ihnen nichts sagen“. Die Vorsichtigen unter ihnen wollten auch nicht via Mail Vertrauliches mitteilen, sondern nur persönlich oder eventuell mit anonymer Post.
Also haben sie ganz genau gewusst, dass die technischen Kommunikationsmöglichkeiten nicht sicher sind. Nie sicher waren. Die völlig überdimensionerten Antennenanlagen auf manchen Botschaften haben immer schon klar gemacht, dass dort „Diplomaten“ interessantere Quellen auswerten als nur die lokalen Tageszeitungen.
Aber jetzt überbietet sich halt alle Welt gegenseitig an Aufregung. Und natürlich ist es auch allgemein bekannt, dass es nicht nur die Amerikaner sind, die Verbündete wie Gegner ausspähen. Selbstverständlich tun das ebenso Russen, Chinesen, Franzosen und viele andere. Nur hat sich dort noch nie ein Whistleblower getraut, ganz offen mit der Wahrheit hinauszugehen. Das wäre nämlich sehr ungesund nicht nur für ihn, sondern auch seine ganze Familie gewesen. Im zweitgenannten Punkt sind die Amerikaner immer noch deutlich humaner. Relativ.
Um nicht missverstanden zu werden: Auch ich ärgere mich sehr, dass solches passiert ist, dass solches möglich ist. Ich empfehle nur, nicht so naiv zu sein, es zum Wortlaut zu nehmen, wenn jetzt alle empört sind oder wenn andere demnächst vielleicht sogar versprechen: „Nie wieder!“ Natürlich wird auch künftig all das wieder getan werden, was technisch möglich ist.
Die wirklichen Verbrecher sind nicht die Abhör-Techniker, sondern jene Gesetzgeber, die in Europa und Österreich in den letzten Jahren immer mehr Meinungsdelikte strafbar gemacht haben und die der Steuerfahndung immer mehr Macht gegeben haben. Denn nur diese Gesetze haben die elektronische Spionage überhaupt so gefährlich und beklemmend für jeden einzelnen gemacht. Wenn dadurch hingegen nur Bombenleger etwas zu fürchten gehabt hätten, würde es mich ehrlich gesagt nicht sonderlich stören.
Die Affäre ist aber ein Anlass, sich wieder das wirklich Wichtige klarzumachen: Alle Kraft für den Kampf um die Meinungsfreiheit, also für den Kern des liberalen Rechtsstaats. Mit der Existenz von Spionage und Spionen müssen wir uns hingegen schon ein paar Jahrtausende abfinden.
Ansonsten können wir ein Stück weltpolitischen Ringens erste Reihe fußfrei verfolgen: Welches Land nimmt den vorerst im Moskauer Transitraum sitzenden Ex-Spion auf? Oder landet er am Ende gar hinter amerikanischen Gefängnistoren? Der Ausgang des Ringens wird die reale Macht der Amerikaner viel deutlicher zeigen als Hunderte Politikerreden.
Immerhin kann man jetzt schon mit Staunen beobachten, dass die Kartoffel bisher sowohl Chinesen wie Kubanern wie Ekuadorianern viel zu heiß gewesen ist. Dabei sind diese Länder immer die ersten, wenn es darum geht, die USA zu kritisieren. Gar nicht so unähnlich ist auch die Lage der EU. Diese schimpft auf Amerika – nimmt aber den von Washington gejagten Mann ebensowenig auf. Ganz offensichtlich weil man den Verrat – doppelt – liebt, den Verräter aber nicht. Doppelt, weil es ja um doppelte Ausspähung geht: Zuerst um die Aktionen der Terroristen; und jetzt um jene des US-Geheimdienstes.
Und auch das russische Asylangebot ist noch recht unklar. Es wurde anscheinend auch gleich wieder weitestgehend zurückgezogen. Denn Sowden die Aufnahme anzubieten, ihm aber gleichzeitig nur schwer erfüllbare Bedingungen zu stellen, ist sehr widersprüchlich. Man spürt: Auch Präsident Putin zögert vorerst noch. Auch der Russe, der zuletzt den Amerikanern viel zufleiß getan hat (siehe etwa seine Syrien-Politik), laviert, wenn es wirklich hart auf hart geht. Denn ganz offensichtlich machen die Amerikaner auch den Russen mit einer Brutaliät sondergleichen klar, dass sie Snowden haben wollen. Und vor der direkten Konfrontation mit einer Macht, die sich noch immer - und nicht ganz ohne Grund - für die stärkste der Welt hält, schreckt auch Russland zurück.
Die Amerikaner machen derzeit weltweit auf zahllosen diplomatischen Kanälen ihr totales Interesse an Sowden klar. Daher nimmt ihn bisher kein Land auf - auch wenn man sich nach außen, für Medien und Wähler, noch so sehr über Amerika empört. Aber Barack Obama zeigt in diesen Tagen sein wahres Gesicht: Da stehen Amerikas Interessen, seine Macht, seine Sicherheit nicht nur an oberster, sondern auch an einziger Stelle. Das gilt besonders dann, wenn ein recht ethisch und überzeugend auftretender Verräter die USA bis auf die Unterwäsche blamiert hat.
Daher vorerst ein - wenn auch gewagter - Tipp: Am Ende dürfte Snowden den Rest seines Lebens in einem amerikanischen Gefängnis verbringen, weil er halt die russischen Bedingungen nicht ordentlich erfüllt. Die Russen werden ihn gegen einige ihrer Leute eintauschen, die schon einige Zeit in Amerika einsitzen. Dann haben da wie dort die brutalen Machtpolitiker gesiegt.
Die meisten Mitglieder des österreichischen Parlaments haben neben ihren Politikerbezügen kein oder fast kein Einkommen. In Zahlen: 108 der 181 Mandatare verdienen maximal 1000 Euro neben ihrem Politiker-Bezug; 77 davon verdienen gar nichts dazu. Das mag die Neidgesellschaft befriedigen, die ja Politiker nur als Spucknapf oder in Sack und Asche gehüllt sehen möchte und die jeden Euro für Politikerbezüge als Verschwendung ansieht. Das ist in Wahrheit aber sehr schlecht.
Denn jemand mit einer solchen Einkommensstruktur ist total abhängig von der Politik, also konkret: von der Partei. Noch schlimmer ist: Solche Volksvertreter haben naturgemäß keine Ahnung davon, wie sehr der Mittelstand von der immer höher werdenden Abgabenlast gefoltert wird. Es sind jedoch letztlich immer diese Abgeordneten, die die gesamte Last beschließen und verantworten. Dazu kommt ja insbesondere in Wien ein noch viel steiler steigender Gebührendruck, mit dessen Erträgen die Genossen ihre Lieblingszeitungen vom Boulevard bis zum „Falter“ mit Inseraten finanzieren können.
Solche Abgeordnete werden dann auch leicht Opfer all der vielen Lobbies, NGOs und Interessenvertretungen, die ständig für irgendeinen edel klingenden Zweck weiteres Geld von der öffentlichen Hand fordern. Wer das Leben nicht wirklich kennt, der glaubt halt all diesen Scharlatanen und ihren medialen Verbündeten viel zu leicht, nur weil sie an ein paar Tagen die Schlagzeilen prägen.
Es ist höchste Zeit, sich auch in diesem Punkt die Schweiz als Vorbild zu nehmen. Dort herrscht auf allen Ebenen das Prinzip eines Milizparlaments. Das heißt so wie bei Milizsoldaten: Die Volksvertretung ist nur ein Nebenberuf, und naturgemäß auch als solcher bezahlt.
Dort hat fast jeder einen Hauptberuf, in den er jederzeit zurückgehen kann. Als Folge des gesunden Menschenverstands solcher Volksvertreter (und natürlich auch als Folge der direkten Demokratie) haben die Schweizer viel niedrigere Steuern und Abgaben. Denn Politiker fühlen sich bei den Eidgenossen vor allem als Steuerzahler und nicht als Almosen verteilende Großfürsten.
Zurück zu den österreichischen Zahlen: Sie sind wohl noch viel schlimmer. Denn zum einen gibt es ein paar neue Abgeordnete, deren Einkommenssituation noch gar nicht statistisch erfasst ist. Und zum zweiten beziehen auch viele Abgeordnete mit einem nichtparlamentarischen Einkommen dieses wiederum aus politischen Quellen. Was erst recht keine persönliche und damit geistige Unabhängigkeit und keine Empathie mit Normalmenschen herstellt.
Überdies: Viele von jener Minderheit, die relativ unbesorgt ihre Mandate aufgeben könnte, sind erst recht wieder durch öffentlich-rechtliche Strukturen abgesichert: als Kammerangestellte, als Beamte oder Verwaltungsbedienstete, als Angestellte von Vorfeldorganisationen. Die wirklich den Wohlstand erarbeitenden Menschen sind auch in dieser Minderheit kaum vertreten. Kein Zufall: Soeben verlässt gerade der letzte Industrielle das Parlament. Dabei haben wir in den letzten Jahren wieder lernen müssen: ohne Industrie kein Wohlstand.
Freilich sind auch wir als Wähler am Zustand des Parlaments schuld: Gerade die Österreicher wählen am liebsten jene, die ständig bei Feuerwehrfesten und Kindergarteneröffnungen „Präsenz“ zeigen. Intellektuelle Fähigkeiten und berufliche Erfolge sind für eine Kandidatur viel weniger relevant als jahrelange Präsenz bei Parteisitzungen aller Art.
Ein Milizparlament würde auch noch etwas ganz anderes abbilden: Egal, welches Wahlrecht wir haben – gewählt werden am Wahltag immer die Parteichefs und die Parteien, fast nie die Person des regionalen Abgeordneten. Das wäre auch bei ein Einerwahlkreisen kaum anders. Denn etwa auch in Großbritannien mit solchen Wahlkreisen ist für die Wiederwahl eines Abgeordneten die Performance der Regierung und vor allem des Premiers viel wichtiger als die eigene des lokalen Kandidaten. Auch die meisten Gesetzestexte werden bis zum letzten Komma in den Ministerien ausgearbeitet und nicht im Parlament. Das alles macht daher ein Milizparlament fast zwingend.
Wenn sich aber die Gesetzgeber dennoch nicht für ein echtes Milizparlament mit einem geringen politischen und einem verpflichtenden privaten Eigentum entscheiden wollen, dann müssten sie sich konsequent für ein Arbeitsparlament entscheiden. Das hieße: Parlamentarisches Arbeiten rund um die Uhr bis hin zum genauen Ausfeilen der Gesetzestexte. Dafür sollte es aber dann viel weniger Abgeordnete geben.
Beide Alternativen wären schlauer als der gegenwärtige – seit Bruno Kreisky noch deutlich verschlimmerte – Zustand. Dieser Zustand hat auch Mitschuld an der großen Plage durch viel zu viele und oft schlampig formulierte Gesetze. Diese sind aber die logische Folge, wenn die Gesetzesmacher weder Fisch noch Fleisch, sondern abhängige Parteisoldaten sind.
Österreichs Golan-Abzug ist eine totale Katastrophe. Der von den Herrn Faymann und Darabos hinter den Kulissen (in Abwesenheit von Bundespräsident, Außenminister, Verteidigungsminister und Generalstabschef!) blitzschnell über die alten Seilschaften von Darabos durchgezogene Syrien-Abzug hat dem Bundesheer nach der Hoch-Phase durch Referendum und Hochwasser-Hilfe wieder schwere Depressionen und Imageverluste verpasst. Er hat Österreich auch außenpolitisch bis auf die Knochen blamiert. Er zeigt aber auch noch etwas anderes, bisher Verdrängtes: Dass die gemeinsame EU-Außenpolitik endgültig als Farce geplatzt ist. Und dass der gesamte Westen einschließlich der USA nicht wirklich weiß, wie die beste Lösung für Syrien aussehen würde. Denn diese hat man bisher total verdrängt, weil sie zuviele Tabus knacken würde.
So ist auch die Hochstapelei der EU jämmerlich enttarnt. Diese hat ja jahrelang behauptet, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu haben. In Wahrheit aber ist da absolut nichts gemeinsam, wie sich in diesen Tagen besonders dramatisch bestätigt. Im Balkankrieg, bei der Anerkennung des Kosovo, bei der Libyen-Intervention oder eben jetzt in Sachen Syrien. Die Linie der EU ist immer dieselbe: die einer völligen Uneinigkeit. Und beim jüngsten Gipfel hat man das Thema Syrien da facto voll ignoriert.
Die Interventionswilligen und die Unwilligen können sich in der EU auf absolut nichts einigen. Nicht einmal in läppischen Dingen wie dem Umgang mit Mazedonien gibt es seit Jahrzehnten irgendeine Einigkeit. Und selbst der vielgefeierte einzige Erfolg der Gemeinsamen EU-Außenpolitik, nämlich die Vermittlung in der Nordkosovo-Frage, verwandelt sich schrittweise gerade wieder in einen Nichterfolg. Er wird nämlich vor Ort weitgehend ignoriert.
Das heißt aber: Diese GASP funktioniert nicht. Sie gibt es gar nicht. Sie verbraucht nur viel Steuergeld für die Stäbe und die Tausenden Diplomaten, welche die EU dafür rekrutiert hat. Die Außenministerin der EU ist mir zuletzt vor Wochen als Zuschauerin bei einem Fußballspiel aufgefallen.
Noch viel schlimmer ist: Durch das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit wird die EU nach innen wie außen zwangsläufig zum Objekt zynischer Verachtung. Großmächte wie China oder die USA ignorieren sie geradezu demonstrativ. Sie kennen nur Deutschland, Großbritannien, Frankreich.
Die Verachtung hat sich Europa eingehandelt, weil es unter Führung einiger Europa-Euphoriker von Anfang an nicht das Richtige zu sagen gewagt hat: Wir sind ein Binnenmarkt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das wäre ehrlich und nüchtern gewesen. Und das hätte die ringsum aufblühende antieuropäische Stimmung weitgehend verhindert. Deren Entstehen ist aber nun nach der Entlarvung der großspurigen Ankündigungen unvermeidlich geworden.
Was aber wäre die richtige Politik gegenüber dem Bürgerkrieg? Keinesfalls wäre das die Lieferung von Waffen. Insofern liegen Österreich und jene Staaten absolut richtig, die Waffenlieferungen strikt abgelehnt haben.
Waffenlieferungen wären wegen der Lage in Syrien selbst ein schwerer Fehler und nicht etwa wegen des Begriffs Neutralität, mit dem Österreich eine Zeitlang wieder herumzuspielen versucht hat, um ihn auf die Ebene der EU zu hieven. Die österreichische Kronenzeitungs-Neutralität ist für einen 500-Millionen-Block als Konzept grotesk. Der muss zwar keineswegs militärisch Partei ergreifen. Der müsste aber klar und mit einer starken Stimme sprechen und handeln, wenn er vorgibt, eine Außen- und Sicherheitspolitik zu haben. Und dann hätte es auch Gewicht, wenn er Waffenlieferungen ablehnt.
Man muss sich in Sachen Syrien im Klaren sein: Bei keinem einzigen Gewehr, das an die syrische Opposition geliefert wird, kann man eine auch nur annähernde Sicherheit haben, dass es nicht in die falschen Hände gerät. Falsch wären vor allem die sunnitischen Fundamentalisten, die schon in mehreren „befreiten“ Gebieten ihr totalitäres Unwesen treiben, die die Scharia einführen und nach dem unerquicklichen, aber religionspolitisch neutralen Assad ein noch viel schlimmeres Regime führen würden.
Kein europäischer Geheimdienst hat einen präzisen Überblick über die Hunderten Milizen, die gegen Assad und zunehmend auch gegeneinander kämpfen, über deren Verquickungen und Machtstrukturen. Jede Waffe kann daher ganz leicht bei den Falschen landen.
Zugleich wird auch von wichtigen Teilen der syrischen Bevölkerung selbst keineswegs ein Sieg der Aufständischen erwünscht. Vor allem Alewiten, aber auch Christen wissen, dass es ihnen dann gar nicht gut gehen wird. Denn dann wird der sunnitische Fundamentalismus das Sagen haben.
Auf der anderen Seite steht ein Assad, der mit den schiitischen Mullahs in Iran und mit der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon eng verbündet ist. Das aber sind zweifellos die zwei übelsten Kriegshetzer des Nahen Ostens.
Mit anderen Worten: Fast keine der streng nach religiösen Linien aufgeteilten Kriegsparteien ist ein wünschenswerter Sieger. Daher sollte kluge Politik auch den Kriegsverlauf nicht noch durch zusätzliche Waffenlieferungen unterheizen. Und schon gar nicht Partei ergreifen. Letztlich wird die Welt mit jedem denkbaren Ausgang des Kriegs leben müssen. Ob sie will oder nicht.
London und Paris glauben, durch Waffen für die kleinen liberal und demokratisch wirkenden Oppositionsgruppen die Dinge in ein besseres Fahrwasser leiten können. Nach allem, was man dazu weiß, scheint eine solche Strategie mehr als naiv. Daran ändert es nichts, dass wieder einmal linke Journalisten so wie im Fall Ägypten oder Libyen Druck zu Gunsten der Aufständischen zu machen versuchen. Und ignorieren, was das in Wahrheit bedeutet.
Wie wäre überhaupt das Blutbad halbwegs erträglich zu beenden? Die Geschichte des Libanon deutet darauf hin, dass der Syrien-Krieg – übrigens auch mit sehr ähnlichen Parteien wie im Libanon – noch viele furchtbare Jahre dauern kann. Ein friedliches Zusammenleben der religiösen und ethnischen Gruppen scheint auf Grund des alten und jetzt dramatisch vervielfachten Hasses gar nicht mehr möglich. Wenn eine der beiden Seiten siegen sollte, dann ist es nämlich geradezu sicher, dass es nachher den Unterlegenen ganz schlecht gehen wird. Daher kämpfen ja beide Seiten mit so großer Erbitterung.
Am positivsten wäre es wohl, wenn es zu einer Teilung des Landes käme. Auf der einen Seite die Sunniten, auf der anderen Alewiten und Christen. Gewiss: Solche Lösungsmodelle sind in Politik und Diplomatie nicht populär. Sie verletzten viele Tabus der Diplomatie. Aber sie würden das Leiden und Sterben doch deutlich reduzieren und verkürzen. Und nach einer echten Teilung kann man ja leichter wieder zu guter Nachbarschaft finden als im Fall einer Unterjochung. Siehe Tschechien-Slowakei, siehe Kroatien-Serbien.
Mir ist schon klar, welche Folgen und Präzedenzwirkungen eine Teilung Syriens hätte. Aber die sind harmlos gegen weitere Hunderttausende Tote und Verletzte und gegen Millionen verzweifelte Vertriebene.
Eine funktionierende Demokratie ist auf eine wirksame Kontrolle durch kritische Medien angewiesen. Die so genannte „vierte Gewalt“ haben Mächtige immer wieder zu spüren bekommen, von Richard Nixon in der Watergate-Affäre über die heimischen Skandale (AKH, Bauring, Noricum, Lucona) bis zu aktuellen Fällen weltweit (Stichwort Wikileaks).
In vielen Ländern funktionieren die Medien recht gut als Korrektiv der Mächtigen, in Österreich ist in den letzten Jahren hingegen ein gegenteiliger Trend festzustellen: Eng mit der Politik verschränkte Medien werden dieser Aufgabe immer weniger gerecht, ja – im Gegenteil! – sie verbünden sich mit der Politik und treten mit Kampagnisierungen selbst als Player in der politischen Arena auf.
Diese Asymmetrie der österreichischen Medienlandschaft hat mehrere sehr spezifische Ursachen, denn die Liste der medialen Sündenfälle ist lang. Im Printbereich sind vor allem die kartellrechtlichen Fehlleistungen bezüglich Mediaprint (1988) sowie die „Formil-Fusion“ (2001) hervorzuheben, dazu kommen auch noch andere wirtschaftliche Verflechtungen innerhalb der kleinräumigen österreichischen Medienlandschaft, die die oligopolartigen Zustände verstärken.
Im audiovisuellen Bereich haben wir einen Staatsrundfunk, der in Folge einer gezielten Personalpolitik durch vier Jahrzehnte hindurch heute politisch alles andere als unabhängig oder objektiv ist. Zwar hat der ORF stark Marktanteile verloren, hält aber im Informationsbereich immer noch eine wichtige Position.
Ein weiteres Charakteristikum der heimischen Medienlandschaft ist die weltweit einzigartige Stellung einer Boulevardzeitung („Kronen Zeitung“) mit einer Reichweite von über 37 Prozent und mit damit 2,7 Millionen Lesern täglich! An diese dominierende Stellung kommen auch so bekannte Boulevard-Giganten wie etwa die deutsche „Bild-Zeitung“ oder die britische „Sun“ nicht annähernd heran.
Schon 2010 stellte Fritz Plasser fest: Die „Kronen Zeitung“ ist „ein potenter innenpolitischer Macht- und Einflussfaktor und repräsentiert (…) das informelle Gravitationszentrum österreichischer Innenpolitik“. Am 18. Februar 2013 wurde er in einem „profil“ Interview noch deutlicher: „Österreich ist eine Boulevarddemokratie. Der Boulevardsektor sucht im europäischen Vergleich seinesgleichen und betreibt seit vielen Jahren in informeller Koalition mit politischen Akteuren redaktionellen Populismus, der den politischen Populismus verstärkt. Die Boulevardkampagnen gehen weit über das hinaus, was die deutsche „Bild“-Zeitung betreibt, und werden zudem mit Steuergeldern alimentiert.“
„Krone“ und ORF-TV stellen laut Plasser „zwei mediale Macht- und Meinungszentren“ dar, zu denen mittlerweile wohl auch „Heute“ und „Österreich“ gehören. Man denke etwa nur an die Beeinflussung der letzten Nationalratswahlen, vor allem durch die „Kronen Zeitung“, sowie an die einseitige Berichterstattung anlässlich der Wehrdienstbefragung.
Wahlverhalten bei der Nationalratswahl 2008
Stimmenanteil (Prozent) | SPÖ | ÖVP | FPÖ | Grüne | BZÖ |
„Krone"-Leser (ausschließlich) |
39 |
17 |
26 |
1 |
12 |
Leser anderer Zeitungen |
24 |
32 |
11 |
16 |
7 |
Quelle: GfK Austria, telefonische Wahltagsbefragung 2008
Als ob die Segnungen mit diesem Produkt der täglichen Trivialisierung noch nicht genug wären, haben sich in den letzten Jahren – gegen den internationalen Trend des Zeitungssterbens! – zwei weitere Boulevardblätter am Markt etabliert, die heute mit rund einer Million Leser („Heute“) beziehungsweise 680.000 Lesern („Österreich“) bereits Rang zwei und vier in der österreichischen Presselandschaft belegen. Kumuliert mit der „Krone“ haben diese drei Blätter über 4,3 Millionen Leser täglich! Das erklärt ihre Kampagnenmacht und ihre nicht unbeträchtlichen Möglichkeiten der Beeinflussung der öffentlichen Meinung. (Dagegen nimmt sich die so genannte Qualitätspresse wie etwa die „Presse“ oder die „Salzburger Nachrichten“ mit rund je 260.000 Lesern oder der „Standard“ mit etwa 360.000 Lesern vergleichsweise bescheiden aus.)
Während etwa vor kurzem die „Frankfurter Rundschau“ und die „Financial Times Deutschland“ schließen mussten, sowie auch in den USA reihenweise Tageszeitungen zugesperrt werden, weil sie einerseits von den audiovisuellen Medien sowie andererseits insbesondere durch den Vormarsch des Internets unter Druck geraten, wurden hierzulande neue Zeitungen gegründet.
Sind die ökonomischen Gesetze für Österreich aufgehoben? Mitnichten – die neuen Zeitungen in Österreich verdanken ihre wirtschaftliche Existenz dem massiven Einsatz von Steuermitteln, mit denen sich Ministerien, Landesregierungen, öffentliche Stellen und Unternehmungen mittels Inseraten Wohlmeinung und positive Berichterstattung kaufen.
Der Autor hat diese beklagenswerte Entwicklung neulich bei einem Vortrag in Deutschland thematisiert und ist auf generelles Unverständnis gestoßen. Rechnet man die österreichischen Regierungsausgaben für Eigenpropaganda (rund 200 Millionen) auf deutsche Verhältnisse um, dann würde das bedeuten, dass Deutschland rund zwei Milliarden Euro für Regierungseigenwerbung zur Verfügung hätte. Die deutsche Praxis sieht allerdings anders aus: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte schon 1977 auf Antrag der CDU die SPD/FDP-Regierung verurteilt, weil sie durch „Anzeigenserien, Faltblätter und sonstige Publikationen (…) für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit unter Einsatz von Haushaltsmitteln“ das Grundgesetz verletzt hatte. Seitdem gibt es in unserem Nachbarland derartigen Unfug nicht mehr, ebenso wenig wie in anderen zivilisierten Ländern.
Aber Österreich ist anders. Der öffentliche Protest hielt sich in Grenzen, was ja niemanden wundern wird, denn die Medien, die von dieser korrupten Praxis profitieren, wollen sich das gute Geschäft nicht verderben. Ja wir haben die perverse Situation, dass Medien, die selbst Korruption aufdecken sollten, sich gegen Bezahlung zu Partnern und Helfershelfern politischer Kräfte machen.
Aber den einen oder anderen bissigen Kommentar gab es doch, insbesondere in Medien, die vom Füllhorn politischer Zuwendungen weniger profitierten. Und die Politik hat reagiert. Man hat aber nicht den anständigen Weg gewählt, diese Exzesse abzustellen, sondern man hat ein „Medientransparenzgesetz“ beschlossen, das lediglich dafür sorgt, dass derartige Inserate gemeldet werden, sodass der Rechnungshof und damit auch die Bürger nachträglich Rechenschaft darüber bekommen, welche Stelle wie viel Geld in welchen Medien verpulvert hat. Wer gehofft hatte, dass damit dieser Inseratenwahnsinn weniger werden würde, wurde enttäuscht: Die Ausgaben haben dramatisch zugenommen, denn jetzt ist ja nach den Buchstaben des Gesetzes die Bestechung legalisiert. Wenn man brav meldet, kann man Steuergelder in beliebiger Höhe verbrennen. Es gibt weder eine gesetzliche noch eine moralische Grenze – ein Blankoscheck für die rücksichtslose Verschwendung von Steuergeld (und das noch dazu in Zeiten, in denen wir alles andere als ausgeglichene Budgets haben).
Allein im zweiten Halbjahr 2012 inserierten Ministerien, Länder und öffentliche Stellen um 102,5 Millionen Euro (davon über ein Fünftel allein die Gemeinde Wien!). Und das in einer relativ politikschwachen Zeit ohne Wahlen oder Volksbefragungen. Man wird also nicht sehr falsch liegen, für das Wahljahr 2013 einen Betrag jenseits von 200 Millionen Euro aus Steuergeldern für die Selbstbeweihräucherung der Politik anzusetzen; bereits im ersten Quartal des heurigen Jahres wurden 42 Millionen Euro versenkt – aber da hatte der Wahlkampf ja noch nicht richtig begonnen.
Kein Wunder, dass sich viele angewidert von diesen Medien abwenden, was den Trend – vor allem bei jungen Menschen – verstärkt, sich der neuen elektronischen Konkurrenz zuzuwenden. Dennoch haben aber die etablierten Medien (die ja auch im Internet vertreten sind), gerade dank der problemlosen Finanzierung nach wie vor einen wichtigen Anteil an der politischen Meinungsbildung („share of voice“). An den mageren Verkaufszahlen von „Österreich“ (dort, wo das Blatt nicht als Gratiszeitung auftritt) sieht man, dass „Heute“ und „Österreich“ als Kaufzeitungen wohl nicht bestehen könnten. Als Gratiszeitungen, die großzügig verteilt den öffentlichen Raum verunreinigen, werden sie aber doch wahrgenommen und zumindest überflogen, und mehr Aufmerksamkeit würde man einem Flugblatt einer politischen Partei wohl auch nicht widmen.
Während diese Boulevardmedien mit ihrem Primitivjournalismus, bestehend aus Trivialisierung, Hysterisierung und Skandalisierung, höchst bescheidene mediale Qualität bieten, sind sie also als massenmediale Flakhelfer von größter Bedeutung.
Es werden auch im heurigen Wahljahr wieder die stark der SPÖ zuzurechnenden Medien (vom Küniglberg bis „Heute“) ihre „guten“ Dienste verrichten, wovon man sich bereits täglich überzeugen kann. Die ÖVP, die es seit Jahrzehnten verabsäumt hat, sich ernsthaft mit Medienfragen auseinanderzusetzen, hat kein erkennbares Medienkonzept und keine Medienstrategie. Es wird schwer werden, gegen diese geballte Meinungsmache anzukämpfen.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser Kommentar ist der Juni-Ausgabe entnommen.
Der Präsident der italienischen Region Veneto jammert vehement: 700 Betriebe seien aus seiner Region schon Richtung Österreich abgewandert. Er nannte drei Gründe: die Steuerlast, die Bürokratie und das Bankgeheimnis; überall behandle Österreich seine Unternehmer besser. Gewiss: Politiker sind nicht immer seriöse Quellen der Wahrheit. Aber jedenfalls tut es den Österreichern gut, zumindest bisweilen zu hören, dass in anderen Ländern ihre Heimat noch irgendwo als Vorbild gehandelt wird. Wenn auch nur in Krisenländern wie Italien.
Aber jedenfalls macht diese Bemerkung eines Regionalpolitikers klar: Es geht bei allen Aspekten der Wirtschaftspolitik primär immer um die Standort-Vorteile einer Region, eines Landes gegenüber anderen. Sowohl innerhalb der EU wie auch zwischen EU-Regionen und außerhalb liegenden Wettbewerbern. Das vergessen populistische Politiker freilich allzu leicht. Nur in standortgünstigen ("wirtschaftsfreundlichen") Ländern wird investiert. Und nur bei Investitionen entstehen Arbeitsplätze. Und niemals durch Gewerkschaften oder Ministerien.
Dabei gibt es nicht den einen einzigen entscheidenden Faktor, der über Glück oder Elend eines Landes entscheidet. Vieles spielt dabei mit. An der Spitze der für einen Standort entscheidenden Notwendigkeiten stehen zweifellos die innere Stabilität eines Landes und das Funktionieren des Rechtssystems. Aber auch die Teilnahme am EU-Binnenmarkt hat sich als Wettbewerbsvorteil erwiesen, den jedenfalls kein Land aufgeben will.
Die sonstige Regulierungswut der EU ist hingegen keineswegs ein Konkurrenzvorteil. Auch der Euro hat sich nicht als solcher erwiesen, obwohl viele anfangs – auch der Autor dieser Zeilen – sehr wohl einen solchen Nutzen des Euro erwartet hatten. Im Gegenteil: Im Schnitt stehen die Euro-Länder heute bei allen volkswirtschaftlichen Messgrößen schlechter als die EU-Länder da, die nicht den Euro haben.
Freilich zeigen die Fakten ein differenziertes Bild: Auch etliche Nicht-Euro-Länder der EU wie etwa Malta oder einige Osteuropäer erlitten in den letzten Jahren schwere Krisen. Andererseits stehen einige Nicht-EU-Länder, die also auch nicht vollberechtigt am Binnenmarkt teilnehmen können wie die Schweiz und Norwegen, in jeder Hinsicht sehr gut da.
Eine Reihe anderer Ursachen des wirtschaftlichen Erfolgs eines Landes ist daher außerhalb von Binnenmarkt oder Euro zu suchen, wobei auch die Faktoren Rechtsstaat und Stabilität bei weitem nicht ausreichen.
Besonders wichtig ist für alle erfolgreichen Länder, dass sie sich extrem weit dem Weltmarkt geöffnet haben und auf Schutzzölle und ähnliche Maßnahmen in hohem Ausmaß verzichten. Und dass ihre Löhne nur soweit höher sind als in anderen Ländern, wie die Arbeitskräfte fleißiger und besser ausgebildet sind. Eher irrelevant scheint hingegen die einst stark betonte Größe eines Landes zu sein; denn Singapur und Hongkong sind ebenso erfolgreich wie Kanada und die USA.
Eine absolut dominante Rolle spielen jedoch Faktoren, die von vielen Ökonomen als politisch inkorrekt und heikel gemieden werden wie das Weihwasser vom Teufel. Das sind die ethnischen Unterschiede. Denn kaum werden diese Aspekte auch nur untersucht, schreien Gesinnungsterroristen bereits „Rassismus!“
Aber es kann kein Zufall sein, dass sich Ostasien seit seiner Öffnung für die globale Marktwirtschaft weit besser entwickelt als Afrika und die arabischen Länder, die sich nach sozialistischen Irrwegen ja ebenfalls der Marktwirtschaft geöffnet haben. Es sind also eindeutig auch ethnische Unterschiede im Spiel – ohne dass man sagen kann, ob und wie weit sie kulturell oder genetisch bedingt sind.
Jedenfalls wird dieser gerne verschwiegene Faktor auch dadurch bewiesen, dass die Ostasiaten auf amerikanischen Universitäten die weitaus erfolgreichsten Studenten sind. Sie sind deutlich besser als die Nachfahren der aus Europa gekommenen Amerikaner. Diese liegen selbst wieder weit vor den lateinamerikanischen Zuwanderern. Und diese haben wiederum die Afroamerikaner deutlich hinter sich gelassen.
Aber kehren wir noch einmal zu den Standort-Sorgen des Veneto-Präsidenten zurück, der immerhin einer der erfolgreichsten Regionen Italiens vorsteht. Er hat einige ebenfalls wichtige Faktoren genannt. daher kann der Österreicher mit erstaunter Freude registrieren, dass man in Italien die Alpenrepublik auch in Sachen Bürokratie und Steuern als Vorbild sieht.
Das hätte er eigentlich nicht geglaubt. Aber im Vergleich zur italienischen ist die österreichische Bürokratie tatsächlich besser und nur in Teilbereichen wie etwa bei den Baugenehmigungen in großen Städten korrupt. Bei den Steuern hat der gute Mann hingegen die Einkommensteuer ignoriert. Bei den meisten anderen Steuern hat er zwar Recht, lässt aber außer Acht, dass die Steuereintreibung in Italien viel weniger konsequent erfolgt.
Als dritten Wettbewerbsfaktor hat der Veneto-Präsident auch das Bankgeheimnis genannt. Mit dem ist es freilich nicht so einfach, weshalb es eine eingehende Betrachtung wert ist. Wahrscheinlich liegt die Hauptbedeutung dieses Geheimnisses in einer bloßen Illusion. Viele Sparer und Anleger glauben nämlich, dass dadurch ihr Geld ein wenig besser vor dem Staat, vor den Staaten geschützt wird; dass deren Gier dadurch Bremsen angelegt werden.
Ein guter Beweis für diese Gier als Antriebskraft bietet die Schuldenkrise. Es ist kein Zufall, dass die Staaten genau in dieser ihren Würgegriff auf Sparer und Banken verstärken. Genau wegen der derzeit explodierenden Schulden der Staaten kommt jetzt aus dem Ausland, aber auch von etlichen Politikern des Inlands das österreichische und Luxemburger Bankgeheimnis verstärkt unter Druck, ebenso jenes der Schweiz und anderer Verteidiger des Steuergeheimnisses. Die Gier und die Neugier vieler Regierungen kennt keine Grenze.
Nun werden viele mit Fug und Recht sagen, Steuerhinterzieher verdienen keinen Schutz. Jedoch ist es infam, so zu tun, als ob jeder für das Bankgeheimnis eintretende Europäer ein Steuerhinterzieher wäre. Viele wollen einfach ihr Geld vor der (letztlich gierigen) Neugier des Staates und der lieben Verwandtschaft verbergen. Es ist ja auch nicht jeder ein Terrorist oder Kinderpornokonsument, der es nicht mag, wenn der Staat in seinem Computer herumspioniert. Beim Sparbuch wie beim Computer – wie noch in vielen anderen Bereichen – geht es in Wahrheit um die letzten Residuen persönlicher Freiheit, geht es um Privatheit. Beides ist den Staaten selbst naturgemäß nichts wert. Deshalb wollen sie den automatischen Datenaustausch in Hinblick auf sämtliche Sparkonten der Europäer.
Das Bankgeheimnis kann in Ländern wie Österreich ohnedies jetzt schon sogar ohne Gerichte durch bloße Anfragen ausländischer Steuerbehörden durchbrochen werden. Außerdem ist die von Österreich und der Schweiz praktizierte Quellensteuer ein gutes Mittel, jedenfalls den Herkunftsstaat an im Ausland verdienten Zinsen seiner Subjekte teilhaben zu lassen. Zugleich kann seit langem niemand mehr in Österreich anonym Geld anlegen. Die Geldwäschebestimmungen sind heute schon sehr streng.
All das spräche eigentlich eher dafür, das Bankgeheimnis zumindest in seinen bescheidenen Resten aufrecht zu erhalten. Dennoch hat Österreich kaum mehr Chancen, es zu verteidigen. Hat doch sogar der eigene Bundeskanzler das Bankgeheimnis zu einem Instrument der Steuerhinterzieher erklärt und will es abschaffen.
Und vor allem: Wenn wirklich ein effizienterer Kampf gegen Steuerhinterziehung im Zeichen der Gerechtigkeit das Motiv wäre, dann gäbe es ein Aufgabenfeld, das viel wichtiger ist als das Bankgeheimnis. Dennoch kommt das österreichische Finanzministerium mit diesem Hinweis in der Öffentlichkeit kaum durch. Es kann jedoch beweisen, dass keineswegs das Bankgeheimnis das Instrument ist, mit dem man wirklich relevante Steuerhinterziehungen durchführt: Das Vehikel für diese sind vielmehr die in einigen Ländern zulässigen anonymen Kapitalgesellschaften.
Diese sind zwar unterschiedlich konstruiert. Aber immer ist es unmöglich, den eigentlichen wirtschaftlichen Nutznießer zu identifizieren. Nach Einschätzung des seit einem Vierteljahrhundert im Finanzministerium als Sektionschef amtierenden Wolfgang Nolz und seines Kollegen Harald Waiglein wird damit hundert Mal so viel Schindluder getrieben wie mit dem Bankgeheimnis.
Den österreichischen Finanzexperten ist es mit beharrlichen Hinweisen auf dieses Problem nun zumindest gelungen, es zum Teil des EU-Verhandlungspakets mit den „Steueroasen“ zu machen. Den Banken soll vorgeschrieben werden, bei allen Zahlungen an Drittstaaten den wirtschaftlichen Eigentümer des Kapitals zu eruieren.
Das Ministerium kann dabei als Beleg auch große Studien des britischen Ökonomieprofessors Jason Sharman vorlegen. Diese zeigen ein dramatisches Bild dessen, was international möglich ist: Sharman hat im Vorjahr 7400 Anfragen in 182 Ländern gestellt, bei denen vorgegeben wurde, anonyme Firmen gründen zu wollen. Ergebnis: in 48 Prozent der Fälle war keine ordentliche Identifikation notwendig, in 22 überhaupt keine. Selbst dann, wenn in der Anfrage von schwerer Kriminalität als Hintergrund die Rede war, waren in etlichen Ländern anonyme Firmengründungen möglich: sogar bei Korruption (9 Prozent) oder bei Terrorismus (5 Prozent).
Auch Weltbank, OECD und die Anti-Geldwäsche-Institution FATF sind auf viele Spuren gesellschaftsrechtlicher Tarnvehikel gestoßen. Während das Bankgeheimnis bei kriminellen Verschiebungen fast keine Rolle spielt.
Bei diesen problematischen Firmen-Konstruktionen geht es vor allem um die in etlichen angelsächsischen Ländern üblichen Trusts; es geht um Stiftungen in Ländern ohne umfassendes Stiftungsregister; es geht um treuhänderische Gesellschafter; es geht um den betrügerischen Erwerb ganzer Firmenmäntel samt Vorgeschichten. Wenn solche Firmen einmal über zwei, drei Grenzen hinweg Gelder verschieben, sind deren Spuren nie mehr auffindbar.
Auf diese Weise geht den Staaten in der Tat viel Geld verloren, das dann die anderen Steuerzahler ersetzen müssen. Freilich: Auch im Wiener Finanzministerium fürchtet man, dass die wirklichen Oasen des Schwarzgeldes sehr bald neue Konstruktionen finden werden, um solche Regelungen zu umgehen.
Die Möglichkeit solcher Konstruktionen vor allem in den angelsächsischen Ländern bedeutet nämlich einen großen Wettbewerbsvorteil für deren Finanzindustrie. Diese Länder werden daher vehement für diesen Vorteil kämpfen. Der von Österreich initiierte Kampf dagegen ist überdies auch juristisch viel komplizierter als jener gegen das Bankgeheimnis.
Dieses Bankgeheimnis wollen jedenfalls die meisten EU-Länder durch einen automatischen Informationsaustausch beenden. Jedoch weisen erfahrene Finanzleute in Wien auch auf die unglaublich große und unstrukturierte Datenmenge hin, um die es dabei gehen würde. Als Beispiel berichten sie von den Pensionszahlungen: Zwischen Deutschland und Österreich werden da zwar schon seit einigen Jahren große Datenmengen ausgetauscht; es hat aber sechs Jahre nach Beginn dieses Austauschs gedauert, bis Deutschland die ersten Bescheide zur Eintreibung seiner Einkommensteuer geschafft hat. Dabei sind diese Datenmengen noch deutlich geringer als die von Banktransaktionen.
Dennoch wird der an sich kluge Gedanke wohl scheitern, dem automatischen Bankdatenaustausch erst dann zuzustimmen, wenn es effektive Maßnahmen gegen Trusts & Co gibt. Hat doch die auf dieser Strategie fahrende Finanzministerin nicht einmal ihren Parteiobmann oder ihren Regierungschef von dieser Strategie überzeugen können. Vielleicht ist das Thema auch ein wenig zu kompliziert. Und jedenfalls spielen Standortfragen bei populistischer Politik keine Rolle.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Der Schulschluss bringt immer besonders viele besonders dumme Anmerkungen. Dazu zählen etwa mit Regelmäßigkeit die des selbsternannten „Experten“ und gescheiterten Volksbegehrers Hannes Androsch. Aber auch die der zuständigen Ministerin.
Bei Androsch mit seinen immer gleicherart falschen Forderungen ist einzig erstaunlich, dass er überhaupt noch von jemandem beachtet wird. Bei Claudia Schmied ist hingegen erstaunlich, dass ihr heuer eine neue, freilich besonders dümmliche Volte eingefallen ist. Sie glaubt nämlich, einen Grund gefunden zu haben, um ihre Neue Mittelschule zu bejubeln. Ihr auch von einigen grenzintelligenten Medien aufgegriffenes Argument: Statt wie im Vorjahr 48 Prozent haben heuer gleich 58 Prozent Schüler dieser Neuen Mittelschulen die AHS/BHS-Reife bestätigt erhalten.
Was Ministerin und Jubelmedien verschweigen, ist sogar den Grünen aufgefallen, die sonst ja mit Frau Schmied in einem Boot sitzen: Diese Reife-Bestätigung stammt ausschließlich von den NMS-Lehrern selber. Diese bewerten damit die eigene Leistung. Könnte irgendwann auch die Ministerin – zumindest solange sie es halt noch ist – verstehen, dass die NMS-Lehrer vielleicht nicht wirklich objektive Bewertungsrichter der Qualitäten der NMS sind? Oder ist das schon zuviel des intellektuellen Anspruchs?
Der Schmied-Jubel erinnert jedenfalls an etliche ideologisch stramme Wiener Volksschulen: Dort bekommen automatisch alle Kinder lauter Einser und damit die theoretische AHS-Reife.
In Wahrheit gibt es bisher, wie die Grünen voll zu Recht betonen, nämlich keinen einzigen externen Test, der den NMS – trotz des vielen Geldes, das sie die Steuerzahler kosten, – in irgendeiner Hinsicht bessere Erfolge bescheinigen würde. Ganz im Gegenteil. Die Flucht vor der NMS in die konkurrierenden AHS-Unterstufen geht daher mit vollem Tempo weiter, auch wenn diese von der Ministerin finanziell ausgehungert werden.
Da wundert man sich nur, dass die Grünen eigentlich nicht begeistert aufgesprungen sind, als ÖVP-Chef Spindelegger vor ein paar Tagen erstmals gleichsam offiziell eine Aufnahmsprüfung für jeden AHS-Schüler verlangt hat. Da würden dann eben andere Schulen die jeweils behauptete Reife bestätigen oder verweigern. (Es nehmen ja auch die Fahrschulen nicht selber die Führerscheinprüfung ab). Das war den Grünen dann aber auch wieder nicht recht. So wie in der Einwanderungsfrage wissen die halt in immer weniger Themen, ob sie eigentlich dafür oder dagegen sind.
Und noch etwas verwundert: Dass von den Schmied-Schulen nicht gleich allen Hundert Prozent der Schüler beste Reife bestätigt worden ist. Das wäre ja nur voll auf der roten Bildungspolitik-Linie gelegen: Jedem sein Zeugnis mit lauter Einsern, jedem seine Matura, jedem sein Gratis-Hochschulzugang, jedem sein Gratis-Abschluss. Dann ist alles gut. Und Österreich ist viel gescheiter als heute.
Und natürlich darf es auf diesem Weg keinerlei Bildungsanstrengungen mehr geben. Dann braucht sich auch die Arbeiterkammer nicht mehr über den Skandal zu beklagen, dass Eltern mit ihren Kindern lernen, dass sie Aufgaben kontrollieren und Dinge üben.
Eigentlich gehört so etwas ja überhaupt verboten (oder noch konsequenter: Solchen Eltern gehören die Kinder überhaupt gleich nach der Geburt abgenommen). Denn dadurch verschaffen bildungsorientierte Eltern ihren Kindern einen Vorsprung. Und ohne deren Anstrengungen wären dann in der sozialistischen Wunderwelt alle gleich. Gleich gut oder gleich schlecht ist nur die Frage.
Er ist eine der beliebtesten Hassfiguren in öffentlichen Diskussionen quer durch Europa geworden: der Reiche. Ständig werden wir mit Statistiken bombardiert, wie viel Prozent die obersten Promille/Prozent/Dezile/Quintile an irgendeinem fiktiven nationalen Gesamtvermögen besitzen würden. Das sind für uns Normalsterbliche aufs erste eher unvorstellbare Dimensionen. Daher versuchen viele, damit auf Marktplätzen populistisch Stimmung zu machen und dabei unterschwellig den Eindruck zu erwecken, Vermögen würde ohnedies nur in Luxus, Nachtlokale oder lockere Frauen investiert. Konsequenz: Wegnehmen, enteignen, zumindest kräftig besteuern. Damit der weise Staat mit den Vermögen Klügeres anstellt.
Aus dieser Denkweise folgt dann mit der gleichen Logik gleich die geradezu zwingende Folgerung: Wenn wir das tun, dann können wir locker das Schlaraffenland des anstrengungslosen Wohlfahrtsstaates weiter finanzieren. Selbst wenn diese Annahmen stimmen – was sie nicht tun –, dann ist die ganze Überlegungskette auch deshalb völlig unsinnig, weil mehrere entscheidende Fragen dabei nie gestellt oder untersucht werden. Sie lauten:
Zuerst zu den historischen Beispielen. Versucht sind solche Finanzierungsmodelle ja in der Tat schon oft worden. Die Realisierungen haben jedoch alle bitter geendet. Das gilt nicht nur für den überhaupt größten derartigen Versuch, also die einige Jahrzehnte agierenden kommunistischen Regime mit ihren zahllosen Abarten. Immer wurde den Ärmeren, den Arbeitern und Bauern, dabei eingeredet, man müsse nur die Besitzenden, die Adeligen, das Bürgertum, die Großbauern enteignen, und schon wären die Probleme der Armen gelöst. Und insbesondere Schriftsteller und Künstler mit ihrer großen Multiplikatorwirkung fanden das (auch im vermeintlichen eigenen Interesse) faszinierend.
Wie wir heute eigentlich alle wissen sollten: Nichts war gelöst. Das Gegenteil trat ein. Am Schluss war für (fast) alle viel weniger da als zu den Zeiten des bösen Reichtums. Arbeiter und Bauern gerieten im Kommunismus auf Generationen in noch tiefere Armut. Und Künstler konnten nur überleben, wenn sie regimekonform agierten.
Es dauerte jedenfalls nach der Abschaffung des Kommunismus Jahrzehnte, bis die Arbeiter und Bauern wieder mit denen gleichziehen konnten, die ohne die großen Umverteilungen ausgekommen sind. Besser ging es einzig der Funktionärsklasse, der Nomenklatura, die sich in die Villen der Reichen setzte, aber ohne Reichtum zu schaffen oder auch nur zu erhalten.
Es ist heute statistisch eindeutig nachweisbar: Je weniger Umverteilung, umso besser geht es auch den untersten Schichten. Das sieht man von der Schweiz bis Amerika. Zwar herrschen in solchen Ländern oft größere Verteilungsunterschiede als in anderen. Aber relevant kann ja nur sein, ob es den Armen durch Umverteilung langfristig und nachhaltig besser geht also ohne. Und das war nie der Fall.
Zur Bekämpfung der Armut muss etwas ganz anderes gewährleistet sein: dass Arme, Nichtadelige, Ungebildete ohne rechtliche oder formale Schranken genauso jede wirtschaftliche Tätigkeit ausüben können wie jene, die durch Adel und dergleichen einen scheinbaren Startvorteil haben. In den westlichen Staaten passierte das historisch in der Epoche zwischen der amerikanischen Tea Party und dem Sturz beziehungsweise der Entmachtung der Feudalsysteme. Sobald das möglich war, erfolgte in den nächsten Generationen eine große, friedliche UND nachhaltig erfolgreiche Umverteilung, eine Explosion an nationalem Reichtum.
Man denke nur an den sensationellen Aufstieg der europäischen Juden ab Ende der Diskriminierung und der Herstellung der Startgleichheit. Zünfte und Aristokratie hatten lange mit Tricks, Standesdünkeln und Ressentiments den Aufstieg der Bauern (die waren ja lange „schollegebunden“, also leibeigen), Juden und Handwerksgesellen zu verhindern versucht. Konkrete Beispiele dieser Tricks waren etwa Innungsmauern, Zugangshindernisse zu bestimmten Tätigkeiten und Zollmauern.
Sobald die benachteiligten Schichten aber gleichberechtigt waren, überflügelten die Fleißigen und Talentierten unter ihnen im Wettbewerb sehr oft die bisher dominierenden Schichten.
Gescheitert sind auch alle nichtkommunistischen Versuche, durch Reichenhatz zu Wohlstand zu kommen. Man denke etwa an das dramatische Beispiel Zimbabwes. Das Land war lange Zeit der führende Nahrungsproduzent und Exporteur Afrikas. Als aber ein angeschlagener Diktator dann populistisch zur Jagd auf die nicht einmal 5000 meist weißen Farmer rief (die im Vergleich zu den anderen Zimbabwe-Bürgern in der Tat sehr reich erschienen), errang er zwar kurzfristig den Beifall der vermeintlichen Profiteure aus seinen Reihen. Ein oder zwei Ernten später brach jedoch der bittere Katzenjammer aus: Es brach eine gewaltige Hungersnot aus, vor der Millionen Menschen ins Ausland flohen, wo sie bis heute noch darben.
Enteignung hat sich wieder einmal als der völlig falsche Weg erwiesen, um im Wettbewerb voranzukommen.
Aber auch Schweden ist hier anzuführen. Gewiss gab es dort kein Blutvergießen, keine Jagd auf politisch Missliebige oder Hungersnöte. Strukturell war das Ergebnis dennoch ähnlich: Jahrzehnte des immer intensiveren Zugriffs auf die „Reichen“, ständig erhöhter Steuern, ständig noch heftiger Regulierungen stürzten das lange von manchen als „Vorbild“ gehandelte Land in den Neunziger Jahren in eine tiefe Krise. Nur ein gewaltiger nationaler Kraftaufschwung mit Steuersenkungen, Abbau vieler „Errungenschaften“ und eben wieder mehr Rücksicht auf die Reichen hat Schweden seither wieder nach oben gebracht. Das hat auffälligerweise dazu geführt, dass keiner der Ideologen heute mehr vom schwedischen Vorbild spricht, wie es davor jahrzehntelang üblich gewesen ist.
Aber nicht nur der Blick in die Geschichte und auf die internationalen Beispiele sollte dringend vor Reichenhatz warnen. Zu dem selben Ergebnis führt auch der Blick auf die Quellen des Reichtums. In der Propaganda wird oft der Eindruck erweckt, dass dieser primär durch seit Generationen akkumulierte Erbschaften zustandegekommen und daher arbeitsloses Einkommen sei.
Das stimmt nur überhaupt nicht. Weder ein Bill Gates noch ein Dietrich Mateschitz noch ein Karl Wlaschek bauten nach dem Krieg auf irgendeinem vorgefundenen Reichtum auf, um nur einige Namen der in ihren Ländern jeweils Reichsten zu nennen. Das gilt auch für die meisten anderen auf den in manchen Medien so beliebten Listen der Reichen und der großen Vermögen.
Eine internationale Studie (Barclays) kommt zu dem Ergebnis, dass die durch unternehmerische Tätigkeit erworbenen Vermögen gegenüber den ererbten in einem Größenverhältnis von 40 zu 26 stehen. Das heißt, dass unternehmerische Aktivitäten den weitaus größten Teil der Vermögensbildung erzielen. Dass es aber kaum gelingt, Vermögen über mehrere Generationen zu erhalten. Dass man primär durch Arbeit und Leistung – und gewiss dem nötigen Quäntchen Glück – reich wird.
Nun können gewiss Moralisten die Nase darüber rümpfen, dass es ein zentrales Motiv vieler Unternehmer ist, reich zu werden. Realisten werden das aber im Sinne der Allgemeinheit zu nutzen versuchen. Denn sie wissen und haben an unzähligen Beispielen gelernt, dass ein Land ohne ausreichende unternehmerische Tätigkeiten in die Armut absinkt. Nur Unternehmer schaffen Arbeitsplätze.
Logischerweise stammt auch der weitaus größte Teil der Einkommensteuer-Einnahmen von Gutverdienern, von Reichen, von Unternehmern oder leitenden Angestellten, die wie ein Eigentümer Entscheidendes zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.
An dieser Tatsache kann auch der Umstand nichts ändern, dass es Steuerhinterzieher gibt. Die sind mit allen rechtlich erlaubten Methoden zu verfolgen. Die illegalen Einkommen vom Pfusch bis zum Drogenschmuggel können aber niemals die teilweise oder gar gänzliche Konfiskation legal erworbener und versteuerter Vermögen legitimieren.
Vor allem ist jede gänzliche oder teilweise Konfiskation kontraproduktiv. Denn die Dynamik, die Leistung, die Risikobereitschaft von Millionen auf Reichtum hoffenden Menschen ist absolut unersetzbar. Der Versuch, diese Motivation – polemisch neuerdings oft Gier genannt – durch Beamte und staatliche Planer zu ersetzen, ist immer dramatisch gescheitert.
Eine weitere schädliche Folge der Reichenhatz: Viele Menschen stellen ihre Anstrengungen ein, wenn sie keine Chance mehr sehen, Reichtum zu erwerben. Überdies sind schon unzählige Male Unternehmer und Leistungsträger in ein anderes Land übersiedelt, wenn ihnen der Staat ihr erarbeitetes Vermögen wieder wegzunehmen beginnt. Solange nicht wieder Eiserne Vorhänge aufgezogen werden, ist Abwanderung von Vermögen leicht und schnell. Lediglich bestimmte Freie Berufe (insbesondere Rechtsanwälte und Steuerberater) können meist nur im eigenen Land hoffen, reich zu werden.
Nun wird von den Reichenjägern argumentiert: Es ginge ja nur um die arbeitslosen Vermögen. Dabei lügen sie aber gleich mehrfach:
Aber die Erbschaften! Die sind doch wirklich leistungsfreies Einkommen, sagen da manche. Und liegen auch damit völlig falsch. Denn für den Erblasser sind sie keineswegs leistungsfrei, sondern ganz im Gegenteil die Summe seiner Lebensleistung. Für viele Erblasser war und ist es eine oft sogar dominierende Motivation, Werte für die Kinder zu schaffen und hinterlassen.
Noch abschreckender sollte auch die Tatsache sein, dass große Erbschaften fast immer primär aus unternehmerischem Vermögen bestehen. Dadurch würde also wiederum unternehmerische, arbeitsplatzschaffende Aktivität belastet. Es gibt viele Beispiele aus Ländern mit Erbschaftssteuer, wo Betriebe den Todesfall des Eigentümers auf Grund der Steuerlast nicht überleben konnten.
Dennoch wollen die österreichischen Gewerkschaften sogar schon ab 150.000 Euro nach den Erbschaften greifen. Dieser Betrag ist in der Summe von Autos, Briefmarkensammlungen, Häusern, Bargeld und vielem anderen in den meisten Familien erreicht, noch bevor man auf Unternehmensanteile und Aktien kommt.
Was ebenfalls gerne übersehen wird: Bei einem doppelten Schicksalsschlag, also bei zwei Todesfällen in kurzer Abfolge, ist die Erbschaftssteuer dann gleich doppelt zu bezahlen, also für kaum jemanden noch finanzierbar.
Eine Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer hätte noch eine weitere Wirkung: Sie würde zu einer Fülle von Umgehungskonstruktionen führen, weil ältere Menschen eben alles tun, um ihren Besitz zur Gänze ihren Erben zu sichern. Sie lassen sich auch dadurch nicht abhalten, dass diese Konstruktionen meist sehr teuer werden, nicht nur wegen der Anwaltskosten. Oder dass sie sich erfahrungsgemäß später oft ärgern werden, wenn sie in Notsituationen ohne ihr einst erworbenes Vermögen dastehen, wenn sie nicht mehr Herr im eigenen Haus sind.
Die Konklusion kann also nur heißen: Seien wir froh, wenn wir Reiche haben. Je mehr desto besser. Lassen wir sie und das von ihnen Erworbene in Ruhe, zu Lebzeiten wie am Todestag. Es wäre für uns alle schlechter, wenn es keine Reichen, keinen Reichtum oder viel weniger davon gäbe.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Diese Aussage wird gleich durch zwei ganz neue Unternehmensentscheidungen stärker denn je bestätigt. Und nirgendwo ertönt eine Stimme, welche die Interessen der Steuerzahler vertreten würde. Während jene der Partei natürlich von zahllosen steuerbezahlten Politikern, Pressesprechern und Medien hinausgetragen worden ist.
Vor kurzem wurde für die Staatsbahn bei den Kollektivvertragsverhandlungen eine Arbeitszeitverkürzung beschlossen. Die Privatbahnen halten hingegen an der alten Arbeitszeit fest. Der Unterschied wurde ganz offen damit begründet, dass es noch immer viele zu viele ÖBBler gibt. Das hat die zahlende Öffentlichkeit stillschweigend hingenommen, und die links kontrollierten Medien tun das sowieso. Dabei ist uns seit Jahrzehnten von wechselnden Generaldirektoren der erfolgreiche Abbau der überzähligen Eisenbahner gemeldet worden. Ihr Erfolg war also offenbar kein solcher.
Und nun, nur einige Tage später: Da melden die ÖBB, dass sie die Hälfte der Alpine-Lehrlinge aufnehmen; und zahllose SPÖ-Politiker jubeln darüber, während alle anderen schweigen). Das ist ziemlich provozierend: Wenn man zu viele Mitarbeiter hat, weil man ja angeblich durch unkündbare lebenslange Verträge gebunden ist (solche wie bei der ÖBB hätte ja jeder Arbeitnehmer gerne), dann sollte man nicht unten gleich wieder neue, nicht benötigte Mitarbeiter nachschaufeln. Diese Logik herrscht in jedem normalen Unternehmen. Nicht aber in den ÖBB.
Dort herrscht die Parteilogik, dass man zweieinhalb Monate vor der Wahl wieder so tut, als ob man in alter Kreisky-Androsch-Manier Arbeitslose wegzaubern könnte. Dass die dann mirakulöserweise später an anderer Stelle als Defizite und Schulden wieder auftauchen, sagt man ja nicht dazu. Selbst wenn den Steuerzahler in Summe die ÖBB alljährlich fast so viel kosten wie das ganze Defizit ausmacht. Und die ÖBB-Skandale spricht auch sonst niemand mehr an, seit der tapfer dagegen ankämpfende Schwarze Lopatka andere Aufgaben erhalten hatte.
Auch die doch ziemlich beklemmende Tatsache, dass diese Ankündigung zeitgleich mit den neuerlich verschlechterten Konjunkturprognosen zusammenfällt, wird elegant wegignoriert.
Es ist keinem Autofahrer entgangen: Vier Tage lang war Wien die Welthauptstadt des Fahrrads. Für Velo-City 2013 haben sich die Wiener Grünen mächtig ins Zeug gelegt: Klotzen, nicht Kleckern. Für die Radler greift Rot-Grün gerne und tief in die Taschen der Steuerzahler.
Während im Rathaus internationale Experten über die Fortschritte im „urbanen Radfahren“ schwadronierten, wurde das gemeine Volk mit allerlei mäßig originellen Events und Massenkundgebungen beglückt. Darunter eine Rad-Fashion-Show, ein Fahrrad Picknick oder – wie witzig – ein Fahrradklingelkonzert am Karlsplatz. Alles, was den grünbewegten Fahrradfan glücklich macht, setzt die linke Stadtregierung derzeit um, grün bepinselte Radwege inklusive.
Keine Frage, für die Grünen ist das Fahrrad mehr als nur Sportgerät, Kinderspielzeug oder simples Fortbewegungsmittel. Viel mehr. Während es für die meisten Zeitgenossen lediglich einen gewöhnlichen Gebrauchsgegenstand, ein profanes Alltags- und Freizeitgerät darstellt, ist es für die alternativen Ökojünger ein Kultobjekt, Gegenstand quasireligiöser Verehrung. Nur so lässt sich die Fokussierung (Hobbypsychologen würden es Fixierung nennen) der Wiener Ökotruppe auf das einfache mechanische Gerät halbwegs logisch erklären.
Velo-City 2013 sollte den grünen Neokult ins rechte Licht rücken und möglichst viele Wiener Auto-Sünder zur Um- und Einkehr bewegen. Einer der Höhepunkte dieses internationalen Radlermeetings war das kollektive in die Pedale treten zur Rushhour quer durch die abgesperrte Stadt. Gemeinsam mit Tausenden Gleichgesinnten zu radeln, scheint bei den Grünen Glückshormone freizusetzen. Gustave Le Bon hätte seine Freude gehabt.
Die Hohepriesterin des neuen Wiener Radkultes, Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, war von den zahlreich erschienenen Radfahrjüngern – oder sollte man besser sagen JüngerInnen? – hör- und sichtbar enthusiasmiert. Für sie und die vielen anderen Fahrradgläubigen offenbar ein Erlebnis von beinahe spiritueller Qualität. Dieser Radcorso quer durch die Millionenstadt war das Hochamt von Velo City 2013.
Zu diesem Ritual gehörte auch, dass die Autofahrer, sprich die ungläubigen Ökosünder, getadelt und provoziert werden mussten. Wer mit dem Rad fährt, der darf ins irdische Ökoparadies, die unverbesserlichen CO2-Sünder müssen hingegen im grünen Fegefeuer schmoren; das sind derzeit möglichst lange Staus und exorbitant hohe Autostrafsteuern.
Ja, das Rad ist weit mehr als die Summe seiner Einzelteile, wie Röhren, Schrauben, Drähte und Ketten. Strampelnd die Menschheit vor der selbst herbei phantasierten CO2-Apokalypse zu erretten – die postkatholischen Erlösungsphantasien der Grünen treiben schon seltsame Blüten. Nüchtern betrachtet ist das Fahrrad einfach, praktisch, abgasfrei und etwa genauso sexy wie Claudia Roth.
Genau deshalb gehört es zum fixen Inventar der kleinen spießigen grünen Öko-Idylle, wie Bio-Tofu und Che-Guevara-T-Shirt. Das Fahrrad ist ein Symbol des grünstichigen Weltbilds und Lebensstils. Es ist eine naiv-nostalgisch verklärte Sehnsucht nach guter alter einfacher Technik. Mit simplen Lösungen die Welt retten, das sind grüner Populismus und boboesker Volksglaube. Ja, es kann so einfach sein, Gutes zu tun und Mitglied einer selbsternannten moralischen Elite zu sein.
Dass die meisten grünen Pedalritter gerne und oft (und zumeist aus reinem Vergnügen) mit den CO2-Schleudern Airbus und Boeing um die Welt fliegen und oftmals auch ein Auto in der Garage stehen haben, ist dabei kein Widerspruch. Heuchelei war und ist fixer Bestandteil aller Religionen, Kulte und Ideologien.
Und während die grünbewegten Europäer von ihrem Teletubby-Land mit Landschaften voller gentechnikfreier Biogurkenfelder, grün bemalten Fahrradwegen und sich immer drehenden Windrädern träumen, überholen uns die Ostasiaten in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft im Eiltempo. Man kann so schnell strampeln, wie man will, ein Fahrrad bleibt eben immer nur ein Fahrrad. Vorwärts in die Vergangenheit.
Mit neuen und leichteren Materialen kann man das Rad in Details noch verbessern, technisch weiterentwickeln kann man es nicht mehr. Das Anfang des 19. Jahrhunderts erfundene Fortbewegungsmittel ist am Endpunkt seiner Entwicklung. Deshalb lieben es die Grünen auch so heiß. Es ist ein Symbol für ihre Technik-, Fortschritts- und Zukunftsfeindlichkeit.
Natürlich hat das Fahrrad als Fortbewegungsmittel seine Berechtigung. Als eine von vielen Möglichkeiten von A nach B zu kommen. Mit dem Fahrrad können halbwegs fitte Menschen bei gutem Wetter kurze und mittlere Wegstrecken zurücklegen, nicht mehr und nicht weniger. Wer sich ernsthaft mit zukunftsweisenden Verkehrskonzepten auseinandersetzt, sollte die Möglichkeiten und Potentiale des Fahrrads richtig ein- und nicht vollkommen überschätzen.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute” im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.
Statistiken zeigen vieles sehr präzise, werden aber dennoch oft nicht gern gelesen. Daher nur die zwei wichtigsten Zahlen über die Arbeitskosten im ersten Quartal 2013: Im EU-Schnitt sind sie um 1,9 Prozent gestiegen (gegenüber dem letzten Quartal des Vorjahres). Das ist viel, da es ja eben noch lange nicht der Anstieg eines ganzen Jahres ist. Wirklich schockierend ist aber der Wert für Österreich: Hier sind die Arbeitskosten in der selben kurzen Zeit gleich um 4,8 Prozent gestiegen. Die Konkurrenz in China&Co sagt da nur noch: Dankeschön.
Angesichts gleichzeitig rasch wachsender Arbeitslosigkeit müsste spätestens jetzt ein gewaltiger Ruck durch Österreich gehen. Und vor allem die Gewerkschaften müssten kollektiv ein Schuldgeständnis ablegen, das in etwa so lautet:
„Auch wenn nicht nur die Gewerkschaft schuld ist, so geben wir zu, dass wir es übertrieben haben. Österreich muss wieder wettbewerbsfähiger werden, um genügend Wachstum zu haben. Wir liegen in harter Konkurrenz mit Ländern, deren Arbeitskosten nur einen Bruchteil ausmachen. Zugleich haben wir wegen der Öko-Lobbys inzwischen Energiepreise, die schon bis zum Vierfachen der amerikanischen ausmachen. Auch die Überregulierung vertreibt immer mehr Investitionen. Wir brauchen eine ganz neue Politik.“
Der ÖGB zeigt jedoch keinen Hauch von Selbstkritik. Er stellte vielmehr auch beim jüngsten Kongress eine Fülle von Forderungen auf, welche vom Investieren in österreichische Arbeitsplätze noch mehr abschrecken: längerer Urlaub, Wiedereinführung der Erbschaftssteuer – also auch bei Betriebsübergängen – schon ab 150.000 Euro(!), höhere Steuern auf Arbeitsplätze und so weiter. Jedoch kein Millimeter Nachgeben etwa bei Ladenöffnung oder Pensionsantrittsalter. Im Gegenteil: Der ÖGB-Präsident selber geht vielmehr als schlechtes Beispiel schon mit 62 ohne jede Erkrankung in Pension.
Das alles in der gleichen Zeit, da der zweitgrößte Baukonzern des Landes mit 7000 Jobs in Insolvenz gegangen ist.
Natürlich kann man sagen: Geschieht den Gewerkschaftern schon recht, wenn das Land den Bach hinuntergeht. Nur: Es leben außer betonköpfigen Gewerkschaftern noch ein paar andere in Österreich. Wie kommen die dazu, mit in deren Krise zu geraten?
Immerhin sind das ja meist fleißige, verlässliche und arbeitsame Menschen, die geglaubt haben, sich einen Wohlstand erarbeitet zu haben, der bis zum Tod reicht. Ihnen droht aber durch Rezession, Steuern, Gebühren, Abgaben und Inflation das Schwinden sämtlicher Ersparnisse. Man kann aber auch denen keinen Vorwurf machen, die in Frühpension gehen, die sich regelmäßig Kuren zahlen lassen, und die auch sonst alle Töpfe des Sozialstaats leeren. Denn nicht sie sind schuld, sondern jene, die all das beschlossen und ermöglicht haben, obwohl es nur durch ständig wachsende Schulden finanziert wird.
Bei den Schuldigen stehen zwar die Gewerkschafter an der Spitze – mit ihnen aber auch alle jene, die ihnen nie energisch Nein gesagt haben.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der Mantel des Schweigens, den die Mainstream-Medien über einen der größten Missbrauchsskandale der zweiten Republik breiten, wird immer unerträglicher.
Als es in den Reihen der katholischen Kirche ähnliche Vorfälle gab, kannte der Kampagnenjournalismus keine Grenzen. Seit die Sozis in ihrer Heimstätte am Wilhelminenberg noch viel schlimmere Übergriffe zu verantworten haben, ist die Berichterstattung aus den Schlagzeilen verschwunden. Keine täglichen ZiB-Nachrichten vom Küniglberg, keine Hintergrundberichte in „Thema", keine Wiener Rothauspolitiker für Stellungnahmen im „Report", kein „im Zentrum" oder „runder Tisch" zur Aufarbeitung der Vorkommnisse bzw. über die Möglichkeit einer Verurteilung der Täter. Irgendwann wurde nur lapidar verlautbart, die meisten weilen nicht mehr unter den Lebenden, der Rest bleibt anonymisiert!
Außerdem hat man angeblich bereits nach Schließung des Heimes alle Akten vernichtet (vorsorglich?). Die Kommission betont freilich, dass eine solche Vorgangsweise unüblich ist!
Es gilt die Unschuldsvermutung, wie natürlich bei allen weiteren hier geäußerten Verdachtsmomenten.
Und nun wird erst das wahre, hässliche Gesicht der Genossen sichtbar. Seit wann schrecken diese Heuchler davor zurück, auch über Tote zu Gericht zu sitzen und ihnen alle Rechte und Verdienste abzuerkennen? Nur wenn es sich dabei um Verantwortliche in den eigenen Reihen handelt? Wenn sie ihre strengen Maßstäbe bei sich selbst anlegten, müssten jetzt, nach den nicht mehr zu leugnenden Ergebnissen der Kommission unter der den Sozialisten treu ergebenen Vorsitzenden Barbara Helige, die einzig logischen Schritte dort folgen, wo man keine gerichtlichen mehr setzen kann.
Maria Jacobi war von 1959 bis 1973 die erste amtsführende SPÖ-Stadträtin Wiens und zuständig für das Wohlfahrtswesen. In ihre Amtszeit fällt der Großteil des Wilhelminenberg-Skandals.
Die Helige-Kommission kommt zu dem Schluss, dass ihr die Missstände „in vollem Ausmaß bekannt" gewesen sind. Ab Mitte der 1960er-Jahre ist deutlich dokumentiert, dass es massive Beschwerden von Eltern, Jugendämtern und auch Erziehern gegeben habe.
Obwohl der Umgang mit den Heimkindern allen Rechtsvorschriften widersprach, schritt die damalige Stadträtin nicht ein. Jacobi ist Ehrenbürgerin der Stadt Wien, liegt in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof und nach ihr ist ein Pensionistenheim sowie eine Gasse in Erdberg benannt.
Das große Aufräumen ist angesagt! Die SPÖ muss nach diesen Erkenntnissen unverzüglich handeln: Aberkennung des Ehrengrabes und des Ehrenbürgertitels, Umbenennung der Gasse und des Pensionistenheimes. Bei allen anderen Parteien hätte sie keinerlei Hemmungen diese Forderungen mit Hilfe des entsprechenden Medien-Trommelwirbels durchzuziehen.
Für die Nachfolgerin von Maria Jacobi, die hoch dekorierte SPÖ-Stadträtin Gertrude Fröhlich-Sandner, ebenfalls mit Ehrengrab sowie mit Straßennamen und einem nach ihr benannten Campus geehrt, gilt genau dieselbe Vorgangsweise, welche da lautet: Aberkennung all dieser Ehrenauszeichnungen. Denn auch sie muss aus der 1974 von Ex-Nationalratsabgeordneter Irmgard Karlsson verfassten Studie „Verwaltete Kinder" über die katastrophalen Zustände in Wiens Kinderheimen gewusst haben, die der damaligen Stadtregierung zur Kenntnis gebracht, jedoch von dieser totgeschwiegen wurde.
Sollten diese Maßnahmen unterbleiben, fehlt den Sozialisten jede Glaubwürdigkeit für zukünftigen Aktionismus!
Auch regt die Kommission weitere Untersuchungen über die Erziehungsheime wie z. B. auf der Hohen Warte und in Wimmersdorf an. Und wie geht der derzeitige zuständige SPÖ-Stadtrat Christian Oxonitsch damit um? Er spielt auf Zeit, es wird vertuscht und er lässt uns wissen, dass erst nachgeforscht werden muss, wie weit hier noch Aktenmaterial vorhanden ist. Spätestens da müssten sofort bei allen Medien und Oppositionsparteien die Warnglocken Sturm läuten. Ist hier wieder eine Datenvernichtungsaktion geplant, von der dann niemand mehr weiß, warum und wer sie in Auftrag gegeben hat?
So schaut sozialistische Vergangenheitsbewältigung in den eigenen Reihen aus. Entweder es wird Beweismaterial gnadenlos vernichtet, oder sie sind sich nicht zu blöd, die Ideologiekeule auszupacken und diese unfassbaren Gräueltaten der parteieigenen Genossen wie üblich anderen in die Schuhe zu schieben, indem sie wieder einmal mit der NS-Zeit und dem Katholizismus operieren. Angesichts dieser nicht mehr zu überbietenden Absurdität bleibt einem glatt die Sprache weg.
Zu all dem hört und liest man ebenfalls so gut wie nichts von den zuständigen Oppositionsparteien. Die sind im Vorwahlkampf viel mehr mit Wohnungspreisen, Gebührendschungel, Inseratenkampagnen u.a.m. beschäftigt, jedoch kaum mit den Lebensumständen der ehemaligen Heiminsassen, für die sich bis jetzt keine Lobby gefunden hat.
Wo sind da unsere Gutmenschen von den diversen NGOs oder der Caritas? Jeder Kirchenbesetzer und Asylbetrüger ist ihnen wichtiger, als die heimischen Opfer sozialistischer „Wohlfahrtseinrichtungen".
An diesem entlarvenden Prüfstein zeigen sich einmal mehr die wahren Interessen der von linker Hand angefütterten Institutionen.
Abschließend bleibt zu hoffen, dass die bedauernswerten Betroffenen wenigstens finanziell noch eine ausreichende Entschädigung erfahren, denn die prägenden Erlebnisse kann niemand mehr ungeschehen machen. Dabei wäre noch zu beachten, dass diese finanziellen Abgeltungen nach dem Verursacherprinzip aus der parteieigenen SPÖ-Kasse kommen müssten (genauso wie bei der katholischen Kirche) und nicht aus öffentlichen Geldern!
Silvia Berger, Unternehmerin in Pension und engagierte Politikbeobachterin.
Österreich ist ein Beamtenstaat. Wer hier lebt und studiert hat, drängt in den Öffentlichen Dienst. Natürlich nicht des eigenen Vorteils wegen, sondern um selbstlos das „Gemeinwohl“ zu befördern. Unternehmer dagegen – insbesondere Kaufleute – genießen geringes Ansehen (nicht grundlos hat Shakespeare ihnen mit seinem Shylock ein Schandmal gesetzt). Nur den eigenen Vorteil im Auge, raffgierig, unbarmherzig ihre bedauernswerten Lohnsklaven ausbeutend, geben Selbständige im Lande Metternichs ein hervorragendes Feindbild für die Sozialisten in allen Parteien und Schreibstuben ab.
Wenn in einem für seine glühenden Etatisten und Paternalisten berüchtigten Land eine Denkfabrik ins Leben gerufen wird, die sich den ambitiösen Namen „Weis(s)e Wirtschaft“ gibt und selbstbewusst „Sachverstand und Verantwortung“ auf ihr Panier schreibt, ist man, als Nichtbeamter, versucht, spontan in Freudenschreie auszubrechen. Erwartet man doch, dass hier nicht, wie üblich, das Hohelied auf den Staat gesungen, sondern den Interessen der Bürger gedient wird – all jener also, die nicht zu den Schergen Leviathans zählen und somit lebenslänglich fremden Leuten auf der Tasche liegen.
Nach einem Blick auf die Homepage der Organisation beschleichen einen indes rasch Zweifel, da ausgerechnet ein Finanzbeamter als deren Chef fungiert. Auch im „wissenschaftlichen Beirat“ der Gesellschaft wimmelt es von – zweifellos honorigen und verdienten – Persönlichkeiten, die aber leider nie in ihrem Leben einen auf Gewinn gerichteten Betrieb von innen gesehen, geschweige denn einen geführt oder gar gegründet haben. Ob nun aber Beamte, Professoren und Ärzte (einer davon ist Betriebsrat an einer Universitätsklinik), das Zeug dazu haben, jenen frischen Wind zu entfachen, der nötig wäre, um die nach üppig wuchernder Bürokratie und endemischer Obrigkeitshörigkeit muffelnde Alpenrepublik zu durchlüften, sei dahingestellt.
Wie dem auch sei – man folgt der Einladung zu einer Diskussionsveranstaltung der „Weis(s)en Wirtschaft“ zum Thema „Reformfelder der Steuerpolitik“. Wer sich hier radikale Forderungen in Richtung einer – längst überfälligen – Steuerreduktion erwartet hatte (Österreich liegt mit einer Steuerquote von 43,7 Prozent im Spitzenfeld der Staaten der Eurozone und um 3,6 Prozent über deren Durchschnitt), wurde herb enttäuscht. Das heißt, derjenige wurde enttäuscht, der mit den Namen der Diskutanten und/oder den Organisationen denen sie dienen, nichts anfangen konnte. Dem Kenner schwante indes schon vorher nicht Gutes. Ein Steuerrechtsprofessor als Impulsreferent, auf dem Podium ein Arbeiterkämmerer, eine Expertin des Wifo, ein Mitarbeiter des Economia-Instituts für Wirtschaftsforschung und der bereits genannte Angehörige des Finanzministeriums – was war da zu erwarten?
Es lohnt nicht, im Detail auf den Inhalt des Impulsvortrags oder die Stellungnahmen der Diskutanten einzugehen. Eine Zusammenfassung reicht. Weitgehende Einigkeit herrschte nämlich bei der Beurteilung des Staatshaushaltes in seiner Gesamtheit: Die Ausgabenseite scheint demnach ehern festzustehen. Da der böse Föderalismus angeblich jede substantielle Einsparung verhindert, lohnt es auch nicht, an dieser starren Front in Aktionismus zu verfallen. Der „Verfassungskonvent“ ist ja schließlich deshalb nicht weitergekommen, weil jede einzelne Geldverbrennungsanstalt von den „verantwortlichen“ Pfründnern mit Zähnen und Klauen verteidigt wird. Auf den Umstand, dass der Staatshaushalt – trotz seit Jahrzehnten unentwegt steigender Steuereinnahmen – immer weiter aus dem Ruder läuft, wird kein Wort verwendet.
Hier handelt es sich eben, darüber herrscht stillschweigender Konsens, um eine seit den Tagen Kreiskys (der bei seinem Regierungsantritt anno 1970 ein so gut wie ausgeglichenes Budget übernahm), spezifisch kakanische Naturgesetzlichkeit. Und da man schließlich selbst – mittelbar oder unmittelbar – von Steuern lebt (netto jedenfalls keine zahlt!) findet man sich damit eben ab – wenn auch kräftig knirschenden Zahnes.
Einigkeit herrscht auch darüber, dass der „Faktor Arbeit“ einer steuerlichen Entlastung bedarf. Gewisse Beurteilungsunterschiede finden sich lediglich in der Frage, wer dann – nach einer „Steuerreform“ – auf welche Art noch brutaler enteignet werden soll, als bisher. „Aufkommensneutraliät“ ist das unausgesprochene Zauberwort, da ja auf der Ausgabenseite bekanntlich … siehe oben. So viel scheint sich jedenfalls abzuzeichnen: Ohne die Einführung von Vermögens- und/oder Erbschaftssteuern wird es nicht gehen. Dass diese letztlich nur aus kosmetischen Gründen implementiert werden, da mit einem nennenswerten Aufkommen nur bei Ansatz konfiskatorischer Tarife jenes Volumen zu generieren wäre, das nötig ist, um eine mit freiem Auge erkennbare Steuerreform zu „finanzieren“ (also wenigstens sechs Milliarden Euro), steht auf einem anderen Blatt. Schließlich wurden diese Steuerarten ja nicht zuletzt wegen ihres geringen Nettoertrages vor rund 20 Jahren abgeschafft.
Darauf, dass Erbschaften „ein die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steigernder Vermögenszuwachs“ seien (so der steuerkundige Impulsreferent), kann nur kommen, wer den Elfenbeinturm des Staatsrechtlers nie verlassen hat. Völlig zurecht wird von einem der Zuhörer in der Publikumsrunde dazu angemerkt, dass es schon ein recht starkes Stück ist, wenn im Zuge mehrerer hintereinander auftretender Todesfälle (mit entsprechendem Erbgang), der Staat am Ende den Löwenanteil eines privaten Vermögens an sich bringt. Steuertheoretische Erörterungen sind für denjenigen wenig trostreich, der hart gearbeitet, und die trotz horrender Einkommenssteuern ersparten Werte unter Hinweis auf eine angeblich „fehlende fiskalische Berücksichtigung der Vermögenswerte“ letztlich auch noch an den Fiskus abliefern darf.
Substanzsteuern sind Raub! Punktum. Diesen damit rechtfertigen zu wollen, dass von ihm angeblich keine „wachstumsschädlichen Gefahren“ ausgehen (so die Wifo-Expertin), dokumentiert auf haarsträubende Weise einen völlig moralfreien Utilitarismus.
Heute entfallen auf jeden Bürger Österreichs Staatsschulden in der Höhe von 31.000 Euro. Jeder Erwerbstätige trägt 55.250 Euro (implizite Schulden sind in beiden Fällen noch gar nicht berücksichtigt). Auf Basis des Jahres 1980 bedeutet das eine Steigerung um 852 Prozent. Damit ist klar, dass jedes Nachdenken darüber, auf welche Weise man die Tributpflichtigen noch weiter auspressen könnte, sinnlos ist, solange die Dynamik auf der Staatsausgabenseite nicht gebrochen und die Zahl der Unproduktiven im Lande nicht deutlich reduziert wird.
Letztere sind ins Verdienen zu bringen – nicht fürs Nasenbohren zu bezahlen. Das wird indes nur gelingen, wenn es Anreize gibt, sich nicht in die Hängematte zu legen, sondern produktiv tätig zu sein – im wahrsten Sinn des Wortes etwas zu unternehmen. Fahrradbeauftragte, Gender- und Gleichbehandlungsbürokraten bringen das Land nämlich nicht weiter. Ohne eine drastische Steuerentlastung wirtschaftlich tätiger Akteure, gleich ob angestellt oder selbständig, wird ein Kurswechsel in Richtung Belebung der Wirtschaft nicht funktionieren. Eine Steuersenkung indes ist nur über eine massive Beschränkung der Staatsaktivitäten zu haben. Sich darüber den Kopf zu zerbrechen, sollte das zentrale Anliegen der „Weis(s)en Wirtschaft“ sein, nicht aber hochgradig entbehrliche Debatten über aufkommensneutrale Steuerreformmodelle…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Innsbruck erkennt zwei Mitschuldigen an einstigen Missbrauchsfällen Ehrenzeichen ab. Und was tut Wien, wo alles noch viel schlimmer war?
Ein Untersuchungsbericht hat über grässliche Verbrechen vor allem auf dem Wiener Wilhelminenberg berichtet. Das mit zwangsweise angelieferten Kindern befüllte Heim war ja von Magistrat und „Sozialarbeitern“ in ein Gratisbordell verwandelt worden. Über die „Kunden“ kann man zwar vorerst nur spekulieren. Aber eindeutig klar ist heute, dass damals Teile der Stadtverwaltung davon gewusst und geschwiegen haben. Insbesondere liegt die Schuld der damaligen SPÖ-Stadträtin Maria Jacobi offen. Dennoch ihr ist bis heute keine einzige Ehrung aberkannt worden. Auch heißt noch immer eine Straße nach ihr, genauso wie ein Platz nach dem Euthanasie-Stadtrat Tandler von der gleichen Partei. Ein weiterer Skandal, der sich an die offensichtlichen Vertuschungsversuche des Rathauses auch lange nach den Taten anschließt. Und die Opfer? Wird man denen ebenfalls erst dann in ordentlicher Weise Genugtuung zukommen lassen, wenn die meisten schon tot sind? Es könnte einem übel werden.
PS: Ach ja, die rotgrüne Stadtverwaltung hat sich soeben durchaus mit Straßennamen befasst. Ergebnis: Verkehrswege sollen künftig primär nach Frauen und Zuwanderern getauft werden.
PPS: Die Einstellung der grünroten Schickeria - vor allem jene aus der sogenannten Kulturszene -zum Kindesmissbrauch zeigt sich auch gerade an einem schockierenden Film, der in Wien gezeigt wird: "Meine keine Familie" über die Mühl-Kommune . . .
Alter | Nichtwähleranteil |
Gesamt |
31 |
16-29 |
48 |
30-49 |
32 |
über 50 |
21 |
Quelle: IMAS
Motiv | Anteil |
Halte nicht von Politik/Politikern |
31 |
Stimme hat keinen Einfluss |
23 |
Politik interessiert mich nicht |
18 |
War verhindert | 17 |
Finde keine passende Partei |
16 |
Quelle: IMAS
Österreich gibt deutlich mehr für Bildung aus als der internationale Schnitt. Das bestätigt eine brandneue OECD-Statistik. Und dennoch wird hierzulande wohl mehr über das Bildungssystem geklagt als anderswo – auch wenn man sich nüchtern bewusst sein sollte, dass in allen Ländern der Welt das Bildungssystem neben dem Wetter, der Politik und dem Sport das am meisten bejammerte Thema ist. Aber dennoch krankt das Bildungssystem. Woran?
Eine Auflistung der größten Fehler Österreichs im Bildungsbereich:
Es ist nur noch widerlich: Diese Regierung greift wegen des Alpine-Konkurses ins Geld der Familien und Kinder und berühmt sich noch dafür. Das stellt ihre sonstigen Finanztricks auf dem Niveau eines Jahrmarktjongleurs noch weit in den Schatten.
1,6 Milliarden macht ein sogenanntes Konjunkturpaket aus, das die Regierung jetzt beschlossen hat – und das laut ihrer Propaganda doch nicht zu einer weiteren Schuldenerhöhung führen würde. Da fragt man sich: Aus welchen, offensichtlich mit einem Federstrich umstoßbaren Lügenkonstruktionen bestehen eigentlich hierzulande Budgets und öffentliche Bilanzen? Plötzlich ist eh immer Geld da, wenn nur ein paar Lobbyisten laut genug jammern.
Die Minister jammern regelmäßig bei den Budgetverhandlungen lautstark. Für populistische Auftritte haben sie dann aber plötzlich immer auf Knopfdruck verfügbare Rücklagen.
Man denke beispielsweise einige Wochen zurück: Das Außenministerium musste im Rahmen des Sparbudgets die Entwicklungshilfeausgaben reduzieren; da waren nach ein paar Klagen der von der Entwicklungshilfe lebenden Vereine plötzlich in den SPÖ-Ministerien die nötigen Gelder sofort da (zumindest wenn Werner Faymann einmal die Wahrheit gesprochen haben sollte).
Seltsam ist auch, dass offenbar die nun "konjunkturell" verjubelten Erträge aus den Mobilfunklizenzen nicht als Einnahmen budgetiert waren. Was wäre, wenn nicht ein Konjunkturbudget (angeblich) nötig geworden wäre? Hätte das die Verkehrsministerin im Casino verspielen dürfen? Hat von diesen bevorstehenden Einnahmen niemand gewusst? Oder hat man eh alles gewusst und nur mit einem neuen Mascherl versehen? Warum hat niemand daran gedacht, dass man damit ja auch Defizit, Schulden und/oder Steuern reduzieren könnte?
Blickt man noch genauer hin, wird die Sache aber noch viel widerlicher. Diese Regierung widmet einfach Gelder des Familienlastenausgleichsfonds um zur Hilfe für die Bauindustrie! Und jubelt noch darüber. Es ist nicht zu fassen.
Kinder, Familien? Brauchen wir nicht. Statt dessen bauen wir halt wieder sinnlose Kurzfristprojekte, damit nur ja die Bauwirtschaft profitiert. Wie etwa die zahllosen mehrfach neu- und umgebauten Bahnhöfe quer durchs Land. Wie etwa die komplett neugebaute und schon nach wenigen Jahrzehnten unbrauchbare Wirtschaftsuniversität. Wie hundert andere Beispiele, wo unser Geld sinnlos die Bauindustrie gefüttert hat.
Mit Verlaub: Sollte wirklich im Familienlastenausgleichsfonds einmal zu viel Geld da sein (in Wahrheit ist er vorerst noch immer verschuldet), dann könnte man ja die Zwangsbeiträge für diesen Fonds reduzieren. Eine solche Reduktion der Lohnnebenkosten würde der gesamten Wirtschaft helfen und viel mehr Arbeitsplätze sichern und schaffen. Denn noch immer wissen Unternehmer besser, wo man Geld sinnvoll investiert als populistisch-hektische Politiker.
Bitte, lieber Gott, lass uns heute noch wählen! Sonst hauen sie auf Kosten unserer Zukunft im Wahlkampf noch ein paar Milliarden beim Fenster hinaus, wie schon 2008.
PS.: Natürlich könnte ein richtiges Konjunkturpaket sinnvoll sein. Das aber müsste aus einer Abschaffung zahlloser sinnarmer Gesetze und Verordnungen, einer dramatischen Verkürzung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (die meist nur von irgendwelchen grünen NGOs zur Erpressung benutzt werden, die aber Projekte um Jahrzehnte verzögern) und einer umfassende Privatisierung bestehen (von der Telekom bis zu den Energieversorgern).
PPS.: Wenn die jetzt gestrandete Alpine bei einzelnen Projekten um 34 Prozent billiger geboten hat, dann wird nicht nur der Konkurs klarer. Dann wissen wir jetzt auch, wohin ein Großteil des Geldes fließen wird.
Geht es jeweils nach den Richtern der ersten Instanz, wird Silvio Berlusconi auf Grund seiner jetzt schon drei saftigen Verurteilungen für den Rest seines Lebens hinter Gittern verschwinden. Das gibt in mehrfacher Hinsicht zu denken.
Prinzipiell muss man es positiv finden, dass die Justiz auch vor der drastischen Verurteilung eines mächtigen Politikers nicht zurückscheut – selbst wenn sie damit mittelfristig den Sturz einer Regierung auslösen sollte. Angefangen von der Steuerhinterziehung bis zu seinen Festen mit jungen Mädchen hat schon manches an Berlusconi einen kräftigen Hautgout. Das hat auch der Einsatz seines privaten Medienimperiums für politische Zwecke, ebenso wie der umgekehrte Einsatz seiner politischen Macht für Firmeninteressen.
Vor allem wird durch Berlusconis Verurteilung die deutliche Botschaft ausgeschickt: Niemand solle glauben, dass er über den Gesetzen steht. Das ist eine gute Botschaft. Und sie ist auch, zumindest in Italien, deutlich angekommen (in Österreich gehen die Staats- und insbesondere Oberstaatsanwälte mit einem unter schwerem Verdacht stehenden Regierungschef ja offensichtlich viel schonender um).
Auf den zweiten Blick hat aber auch das Verhalten der Richterinnen einen ebensolchen unguten Geruch wie der Lebensstil Berlusconis (im letzten Prozess waren drei Frauen Richterinnen). Zu diesem Gestank trägt insbesondere die Tatsache bei, dass in allen Berlusconi-Prozessen sämtliche Richter erst dann mutig geworden sind, als Berlusconi nicht mehr so mächtig war wie früher. Dazu trägt auch der mehr als befremdliche Umstand bei, dass Berlusconi im bisher jüngsten Prozess zu strengeren Strafen verurteilt worden ist, als die Staatsanwälte überhaupt beantragt hatten. Dazu trägt auch das erstaunliche Faktum bei, dass die Justiz gegen nicht weniger als 33 Entlastungszeugen Berlusconis strafrechtlich vorgehen will. Lehre an Berlusconis Landsleute: Wer für ihn eintritt, wird eingesperrt.
Zu dem immer kräftiger stinkenden Hautgout trägt aber auch die erstaunliche Beobachtung bei, dass europaweit die Justiz mit Vorliebe gegen rechte Politiker vorgeht: von Österreichs Grasser bis Italiens Berlusconi, von der ukrainischen Timoschenko bis zum kroatischen Sanader. Dazu kommt auch Frankreich, wo einige Richter Ex-Präsident Sarkozy ins Visier genommen haben. Dabei gibt es in vier dieser fünf Länder mindestens ebenso massive Beispiele für linke Korruptionisten und Gesetzesbrecher, die jedoch allesamt nicht verfolgt werden. Die hasserfüllten Aktionen gegen den deutschen Ex-Präsidenten Wulff passen da übrigens auch perfekt ins Bild, oder die von den Linken gesteuerte Hexenjagd in mehreren Ländern unter der neuen Anti-Verhetzungs-Strategie der Europäischen Union.
Ist die Justiz so links geworden, dass sie heute so massiv einäugig agiert? Oder ist es mit ihrer Freiheit gar nicht so weit her, wie man noch vor wenigen Jahren glauben konnte? Sind die Gerichte – wie ja schon mehrere Studien sagen – am Ende gar von den Medien massiv beeinflussbar?
Tatsache ist, dass bei allen bis auf Wulff die Verfolgung erst nach dem Rücktritt eingesetzt hat oder Relevanz bekommen hat. Und ebenso Tatsache ist, dass alle fünf Politiker – wieder mit Ausnahme Wulffs – sehr tatkräftige und politisch zielstrebige Vertreter ihrer Zunft gewesen sind. Diese ist ja sonst eher durch farblose Opportunisten geprägt, welche sich selber oder ihre Partei bereichern und ansonsten alles treiben lassen.
Zurück zu Berlusconi: Vor allem riechen die Urteile – insbesondere deren Höhe – sehr stark nach Rache. Subjektiv ist es zwar vielleicht verständlich, dass die Richter es dem Expremier heimzahlen, weil dieser sie immer wieder öffentlich beschimpft und mit Gesetzesnovellen behindert hat. Vielleicht auch deshalb, weil er die Regel verletzt hat, dass man vor Richtern am besten nur ständig buckeln sollte. Objektiv darf sich ein unabhängiger und souveräner Richter jedoch keinesfalls durch so etwas beeinflussen lassen.
Ja, und ist er nun schuldig? So werden nun viele fragen und glauben, das wäre die Kernfrage in den Prozessen gewesen. Antwort: Letztlich weiß ich es nicht. Diese Frage war aber ohnedies nur ein Teilaspekt eines von beiden Seiten durch und durch politisierten Verfahrens. Und: Nur naive Menschen können glauben, das Urteil eines Gerichts hätte etwas mit dem Herausfinden der objektiven Wahrheit zu tun. Ein Urteil ist ein Urteil ist ein Urteil. Und sonst nichts.
Aber was ich jedoch umgekehrt mit Sicherheit gegen Berlusconi sagen kann: Ein Premierminister benimmt sich einfach nicht so. Auch wenn es Tatsache ist, dass Strizzi-Typen bei einem Teil der Wählerschaft gut ankommen, vor allem beim politisch desinteressierten Teil.
Ebenso kann man mit Sicherheit sagen und mit Zahlen belegen: Die Ära Berlsuconi war nicht jene Katastrophe, als die sie jetzt im Nachhinein dargestellt wird. Der allergrößte Teil der italienischen Schulden, der Wohlfahrtsexzesse und der gewaltigen Überregulierung ist schon vor der ersten Periode Berlusconi verursacht worden – von staubtrockenen und sich total seriös gebenden Politikern der Christdemokraten und Sozialisten. Die einen taten das aus ideologischer Verbohrtheit, die anderen, weil sie das christliche Gebot der Nächstenliebe mit Schuldenmacherei und Belastungen anderer Menschen zur Gewinnung von Wählersympathien verwechselten. Und beide sind heilfroh, mit Berlusconi einen Sündenbock zu haben, dem man alle Verantwortung zuschieben kann.
Seit Jahren ist das Donauinselfest der handfeste Beweis dafür, wie sehr manche so wie einst der Kaiser über den Gesetzen stehen: Heute sind das die Parteien. In Wien ist es vor allem eine Partei, für die nichts von dem gilt, womit jede andere Organisation gequält wird.
Dabei geht es nicht nur darum, dass die Partei seit Jahrzehnten zur Finanzierung ihres Festes einfach ganz tief in die öffentlichen Kassen langen kann, die von den Steuerzahlern (und der nächsten Generation) mit mühsamer Arbeit gefüllt werden müssen.
Dabei geht es auch nicht nur darum, dass partei-, pardon rathauseigene Unternehmen, aber etwa auch der angeblich bettelarme und jedenfalls auch nicht gerade parteifremde ORF bei dem Fest antreten müssen, etwa als Sponsor. Ein pikanter Zusammenfall ist im übrigen, dass der ORF am gleichen Wochenende bekanntgegeben hat, dass er kein Geld für den Bachmannpreis mehr ausgeben will.
Dabei geht es auch nicht nur darum, dass sich viele parteifremde Firmen primärin der Hoffnung auf einen späteren Euro-Segen aus dem Rathaus (oder aus Dank für einen früheren) in irgendeiner Form an der Parteiveranstaltung beteiligen.
Dabei geht es auch nicht nur um das seltsame Schweigen der anderen Parteien zum Donauinselfest. Das Schweigen wird erst dann verständlich, wenn man weiß, dass die anderen dann halt für „ihre“ Veranstaltungen auch ein wenig in den Steuertopf greifen dürfen, wenn auch bei weitem nicht so tief. Schweigegeld könnte man das auch nennen. Oder: Im Anfang waren die Parteien und sonst gar nichts.
Mindestens genauso wie all das erzürnt den einfachen Bürger die Art der Durchführung der Veranstaltung. Die zeigt endgültig, wie sehr die SPÖ über allen Vorschriften erhaben ist. Niemand kann es wagen, gegen sie Regeln und Gesetze durchzusetzen. Kein sonstiger Veranstalter darf seine Watt-Kanonen so laut aufdrehen wie die Techniker des SPÖ-Festes. Diese dürfen von der Insel aus auch jene Wiener drei Tage lang mit einer Klangwolke zudröhnen, die viele Kilometer entfernt am Rand der Stadt wohnen. Und die ob des stundenlangen nervtötenden Bass-Gewummeres zornig werden, aber machtlos sind.
Der Beweis der massiven Verletzung des Gleichheitsgebots ist leicht anzutreten: Finden doch das ganze Jahr über auch viele andere lautstarke Popkonzerte in Wien statt. Von denen ist kein einziges weit über den Veranstaltungsort hinaus oder gar im ganzen Stadtgebiet zu hören. Die anderen Veranstalter bekommen nämlich ganz genaue Auflagen, wie laut sie sein dürfen. Und auch das ist noch immer sehr laut, wie jeder Besucher eines solchen Konzerts weiß. Aber dennoch eben viel leiser. Die anderen sind halt nicht die Partei. (Aus irgendeinem Grund fallen mir da übrigens die Kommunistischen Vetter-Parteien im Ostblock ein, die selbst im kleinsten Dorf mit permanent montierten Lautsprechern ihre Parolen hinausgedröhnt haben, ohne dass sich irgendwer dagegen wehren konnte).
Dass er nicht die Partei ist, merkt regelmäßig auch jeder kleine Beislwirt: Er wird streng bestraft, wenn vor seinem Lokal nach 23 Uhr Gäste ein lautes Wort sprechen. Wäre er die Partei, dann könnte er es hingegen bis nach Mitternacht ungehindert dröhnen lassen. Selbst wenn am nächsten Morgen ein Montag als Arbeitstag ist. Freilich zieht es ein aufrechter SPÖ-Funktionär ja ohnedies vor, die „Arbeit“ nur zu plakatieren, statt sie auch auszuüben.
PS.: Das ist kein Tadel an den Besuchern. Sie holen sich durch den Gratiseintritt wenigstens einen kleinen Teil von dem zurück, was ihnen die Brutalität des Staates zuvor an Steuern und Abgaben geraubt hat. (Was freilich nur stimmt, wenn man außer Acht lässt, dass ein Großteil der Besucher aus dem befreundeten Ausland stammt, also vorher keine Steuern in die Partei-, pardon Stadtkasse eingeworfen hat.)
PPS.: Nur für jene, die es nicht wissen: Die Behörden, die all die zeitlichen und akustischen Rechtsverletzungen ahnden müssten, sind natürlich – im Wiener Rathaus zu finden.
Die von der Wiener Börse veröffentlichten Statistiken sind erschütternd. Noch mehr erschüttert, dass sie keinerlei Diskussion ausgelöst haben. Der Politik, aber auch den meisten Medien ist der Standort Österreich offenbar wurscht. Und es gibt auch keine Ökonomen, die wie etwa in Deutschland ständig fundiert debattieren würden, die den ahnungslosen Politikern und Journalisten klarmachen, dass ohne gut funktionierende Börse der Standort schwer leiden wird.
Wenn im Vorjahr der Umsatz inländischer Aktien um 40 Prozent niedriger als davor war, dann müsste das eigentlich überall Blaulicht auslösen. Noch bedenklicher ist, dass der ganze Wiener Börsenverbund, zu dem auch Budapest, Laibach und Prag gehören, inzwischen von Warschau weit überflügelt wird. Die Börse im wirtschaftsfreundlich regierten Polen erzielt schon einen doppelt so hohen Umsatz wie die vier Wien unterstehenden Börsen zusammen. Zwar sind auch in Polen 2012 die Umsätze zurückgegangen, aber eben weit weniger.
Es gibt eine klare Ursache für die hiesige Krise: die Politik. Dennoch bemüht sich fast niemand ihr klarzulegen, wie wichtig eine funktionierende Börse und ein Kapitalmarkt für die Zukunft des Landes, seiner Investitionen, seines Wachstums und seiner Arbeitsplätze wären. Weder die KMU-Gewerkschaft (=Wirtschaftskammer) noch die in den Dienst der Bundesbahnen geratene Industriellenvereinigung kämpft darum, den Politikern die langfristigen Folgen ihres Verhaltens zu vermitteln. Diese selbst sind entweder ahnungslos oder glauben, dass sie mit dem Thema Börse keine Wahlen gewinnen.
Die konkreten Fehler der letzten Jahre: Der eine bestand darin, dass keine weiteren Privatisierungen von Staatsbeteiligungen erfolgt sind, obwohl dies sogar das eher linke Wirtschaftsforschungsinstitut vorgeschlagen hatte. Viele Investoren meiden aber Firmen, an denen der Staat beteiligt ist. Von der Telekom bis zu Stromunternehmen sehen sie ja auch dessen verderbliche Einflüsse. Viele Politiker versuchen noch immer, dort ihre eigenen Interessen zu verfolgen: von versteckten Finanzflüssen über parteipolitisch motivierte Marketingausgaben bis zu Personalbesetzungen.
Noch schlimmer war das allgemeine Klima. Statt zu sparen hat die Regierung trotz fundierter Warnungen von Experten eine Finanztransaktionssteuer angekündigt. Sie hat damit die eigene Blamage in Kauf genommen, als klar geworden war, dass diese Steuer hinten und vorne nicht funktionieren kann.
Und am schlimmsten wirken die schon neu eingeführten Steuern. Das sind die Bankensteuer und vor allem die Kursgewinnsteuer. Diese kassieren einen guten Teil des Gewinnes von Börsenkursen. Weshalb viele nicht mehr dort investieren.
Wird man all die Fehler erkennen, bevor es endgültig zu spät ist? Bevor das Land auf viele Jahre in griechisch/zypriotisch/italienisch/spanisch/portugiesische Depressionen verfällt?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Viele Studenten haben mir voll Empörung die jüngste ÖH-Aussendung zugeschickt. Sie meinen, damit habe sich die Hochschülerschaft endgültig als undemokratisch und auch als kollektiver Fall für die Psychiatrie entlarvt – zumindest die ÖH der Universität Wien. Aber eigentlich ist es auch irgendwie niedlich, was da ein paar Funktionäre welchen Geschlechts immer (bei der ÖH gibt’s da ja bekanntlich zahllose) ungehindert an Unsinnigkeiten verbreiten können.
Sie können es sogar demokratisch legitimiert tun, da ja die große Mehrheit der Studenten die Wahl ignoriert hatte. Die müssen dann halt immer über solche Aussendungen schäumen. Die jüngste trägt erstaunlicherweise den Absender: „Aussendung der Universität Wien“. Bisher hat sich kein Rektor, kein Uni-Rat irgendwie von dem distanziert, was da via Mail an alle Studenten gegangen ist.
Es ist eine Selbstbeschreibung der ÖH mit folgender Einleitung: „Wir sind bemüht, unsere politische Praxis an folgenden Grundsätzen auszurichten. Im Rahmen dieser, sind wir offen für alle Interessierten!“ (Es wäre wohl ein Glücksfall für Studenten mit so vielen Grundsätzen, würden sie auch noch die Beistriche richtig setzen; aber das nur am Rande.) Damit ist in erstaunlicher Offenheit klargelegt: Wer diese ÖH-Einstellungen nicht teilt, der darf nur seine Zwangsbeiträge zahlen, der wird aber ausdrücklich nicht vertreten. Die ÖH-Grundsätze lauten laut der Aussendung so:
„Feministisch * Queer * Antinationalistisch * Antihomophob * Fraktionsunabhängig und Autonom * Emanzipatorisch * Antirassistisch * Antiheteronormativ * Antihierarchisch * Gegen Transphobie * für *Frauen-, Lesben-, Inter-, Transräume * Basisdemokratisch * Antisexistisch *
Antibiologistisch * Antitraditionalistisch * Gegen Männerbünde * Gegen Burschenschaften * Gegen Elitebildung * Antidiskriminierend * Antifaschistisch * Antiklerikal * Antipatriarchal * für ein Recht auf Abtreibung * Gegen Sexismus für Sex * für lustvolles Leben * Antikapitalistisch * Antiklassistisch * Partizipativ * Solidarisch * Gegen Lookism * Gegen Antisemitismus * Für Barrierefreiheit!“
Die Armen tun mir richtig leid! Gegen was die alles sein müssen! Ob sie sich auch alles merken? Oder sagen sie es sich vielleicht täglich im Chor gegenseitig vor, damit sie nur ja nicht vergessen, gegen was sie zu sein haben?
Ich gebe jedenfalls zu, nicht alle da aufgezählten -ismen zu kennen. Aber zumindest „für lustvolles Leben“ bin ich voll (selbstverständlich auf fremde Kosten, aber das ist bei den Linken sowieso immer üblich). Ansonsten musste ich manches erst nachschlagen. Jetzt weiß ich aber immerhin, dass „Lookism“ darin besteht, das Aussehen als einen Indikator für den Wert einer Person anzusehen.
Hurra! Damit habe ich nach der Freude am lustvollen Leben ja gleich schon einen zweiten Punkt gefunden, wo ich den ÖH-Anforderungen voll genehm wäre. Denn bei den ÖH-Funktionärinnen, die man in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen hat, habe ich keineswegs lookistisch gedacht: Da hat das Aussehen durchaus dem Wert der Person entsprochen.
Die ÖH-offizielle Eigenschafts-Liste zeigt übrigens auch eine besonders heftige Fixiertheit auf Sexismus, um nicht zu sagen: eine schwere Traumatisierung. Gegen Sexismus sind die ÖH-Mensch*innen nämlich gleich zweimal: Zumindest wenn „Anti“- und „Gegen-“ dasselbe bedeuten. Freilich ist das nicht so sicher: In der feministischen Zauberwelt von Unterstreichungen, Sternchen und Binnen-I bedeuten ja viele Worte das Gegenteil von früher.
Auch die zahllosen Sternchen habe ich noch nicht ganz begriffen. Sie kritisieren sicher ebenfalls irgendetwas ganz Böses. Daher distanziere ich mich jedenfalls auf das Heftigste davon. Von den Sternchen. Oder wenn verlangt eben vom Gegenteil.
Eigentlicher Anlass der Aussendung an alle Zwangsbeitragszahler: die Ladung zu einer Frauenvollversammlung der ÖH der Uni-Wien. Dort soll eine Frauenreferentin als „Teil des autonomen Kollektivs, das das Frauen*referat der ÖH Uni Wien gestaltet“, gewählt werden. Eine Kandidatin muss natürlich all diese schon in der Einladung dekretierten Überzeugungen mittragen (vom Auswendiglernen ist erstaunlicherweise nicht die Rede, aber das könnte vielleicht als Selbstverständlichkeit angesehen werden).
Ziemlich heftig erinnert mich das Phrasengedresche an die Phrasen des „demokratischen Zentralismus“ der KPdSU. Der hat freilich viele Millionen Todesopfer gefordert. Damals wurde ja auch immer so getan, als ob gewählt würde, obwohl in Wahrheit das „Kollektiv“ und eine Fülle agitatorischer, aber letztlich diffuser Schlagworte regiert haben.
Jedenfalls bleibt die Aufklärung durch die ÖH-Mensch*innen aus, wie denn eine Wahl mit einem offenbar schon vorhandenen „autonomen Kollektiv“ zusammenpassen soll? Wer hat das Kollektiv eingesetzt? Von wem ist dieses überhaupt autonom – außer wohl von jenen Bursch*innen, die es finanzieren müssen, die aber ausdrücklich unerwünscht sind? Wozu überhaupt eine Wahl, wenn ohnedies das Kollektiv das Sagen hat? Und warum bleibt das offensichtlich entscheidende „Kollektiv“ vor den Wählern geheim?
Wahrscheinlich nimmt aber bis auf die paar Kollektiv*istinnen niemand das Ganze wirklich ernst. Was schade ist. Denn die ÖH ist ja ein perfektes Exempel, wie der Schwachsinn in die Welt kommt. Besonders oft in die universitäre.
Die Frau*innen haben aber auch ein wirklich ernstes Problem. Das lautet so: „Die Satzung der ÖH Uni Wien sieht vor, dass sich für den Posten der Frauenreferentin nur cis_Frauen bewerben können - diese Einladungspolitik gilt für die Frauenvollversammlung überhaupt und definiert somit auch die Wahlberechtigten. Wir kritisieren diese Einladungspolitik, da sie im Widerspruch zu unseren Grundsätzen steht.“
Alles klar? Wenn nicht alles klar ist, dann meine Wikipedia-Weisheit zur Info: cis_Frauen sind nicht etwa solche, die das cis intonieren können, sondern das sind einfach Frauen, die Frauen sind. Die ÖH-Frauen wollen zwar als Frauen, die Frauen sind, nur unter sich sein, sind aber dagegen, dass nur Frauen, die Frauen sind, gewählt werden dürfen.
Jetzt ist wohl alles klar. Und nur dumme Männer, die sich auch als Männer fühlen, hören da einen kleinen Widerspruch.
Wenn ich es richtig verstanden habe, kann jedenfalls auch ich dort Frauenreferentin werden, wenn sich die Kritiker*innen durchsetzen. Ich muss nur vorgeben, dass ich mich als Frau fühle.
Das würde ja auch durchaus dem kruden Gewäsch entsprechen, das an dieser Universität auf Steuergeld von angeblichen Wissenschaftlern verzapft, pardon: gelehrt wird (ohne irgendeinen Widerstand des eigentlich verantwortlichen Rektorats). Es läuft dort vor allem unter der Tarnüberschrift „Politologie“, die zum Nest der Feministinnen verwandelt worden ist. Wahrscheinlich werden dort aber auch Astrologie, die Untaten der Marsmännchen, die Wohltaten der Venusmännchen und die Heilkräfte linksdrehenden Wassers erklärt. Oder die des rechtsdrehenden?
Die Volkspartei fällt bekanntlich dadurch auf, dass sie regelmäßig just vor Wahlen ihre soziale Wärme entdeckt und dafür in der Folge vom Wähler abgestraft wird. Dass hier ein Zusammenhang besteht, leugnen die ÖVP-Wahlstrategen konsequent – und schon haben sie angesichts der baldigen Nationalratswahlen mit einer Gebühren-Bremse-Kampagne begonnen. Laut Michael Spindelegger handelt es sich um ein Maßnahmenpaket, das „nichts kostet und viel bringt“.
Eine scheinbar unverdächtige Maßnahme dieses Pakets greife ich heraus: Mehr Wettbewerb durch Aufwertung der Wettbewerbsbehörde samt höheren Strafen bei Preisabsprachen und Kartellbildung.
Nun beschreibt schon Adam Smith im „Wohlstand der Nationen“ die den Kaufleuten innewohnende Tendenz, Preise abzusprechen, wenn sie sich irgendwo treffen. Selbst BZÖ-Chef Josef Bucher meinte unlängst bei einer Veranstaltung des Clubs unabhängiger Liberaler, dass der staatliche Eingriff in die Benzinpreisbildung seine Rechtfertigung in der oligopolistischen Struktur dieses Marktsegments finde. Manche gehen schließlich von einer natürlichen Tendenz jedes Marktes zur Monopolbildung aus.
Zunächst stimmt letzteres Argument schon empirisch nicht. Es gibt zahlreiche oligopolistische Märkte, kaum aber monopolistische. Letztere können praktisch immer nur durch staatliche Zwangsmaßnahmen aufrechterhalten werden. Der ORF und die Austria Tabak lieferten dafür in der jüngeren österreichischen Wirtschaftsgeschichte eindrucksvolle Beispiele. Sobald der gesetzliche Schutz wegfiel, war auch mit der Monopolstellung Schluss.
Selbst dort, wo es faktisch ein Monopol gibt, bedeutet dies nicht, dass der Wettbewerb ausgeschaltet ist. Solange der Markteintritt für neue Marktteilnehmer möglich ist, sich dieser aber wegen des kostengünstigen Anbietens des Monopolisten nicht auszahlt, ist der Sinn des Wettbewerbs erfüllt: Die Konsumenten beziehen Ware zu konkurrenzfähigen Preisen. Klassische Beispiele liefern die Betriebssysteme von Microsoft, die solange konkurrenzlos blieben und bleiben, wie sie vom faktischen Monopolisten zu Wettbewerbspreisen auf den Markt gebracht werden. Dass die diversen Windows-Programme regelmäßig weiterentwickelt und zu leistbaren Preisen auf den Markt gebracht werden, weiß jeder, der sich seinen PC samt Software selbst bezahlt.
Wenn wir Fragen des Wettbewerbs diskutieren, haben wir es mit zwei populären Irrtümern zu tun: Erstens sei Wettbewerb per se ruinös, weil niemand mehr kostendeckend produzieren könne und zweitens bedürfe jeder Wettbewerb nicht nur eines staatlichen Rahmenwerks – beispielsweise zur Definition der Eigentumsrechte und zur Durchsetzbarkeit von Verträgen – sondern auch einer sozialistischen Korrektur („Arzt am Krankenbett des Kapitalismus“).
Das Argument definitionsgemäß ruinösen Wettbewerbs ist heute nicht mehr sehr bedeutend, weil es schlicht mit der Wirklichkeit nicht korrespondiert. Nur dann, wenn ein paar Liberale dem Steuerwettbewerb unter den EU-Staaten etwas Positives abgewinnen, wird diese Argumentationsschiene aus dem Hut gezaubert, ohne auf viel Resonanz zu treffen.
Dass der Wettbewerb in erster Linie nur mit Hilfe der staatlichen Korrekturpolitik funktionieren könne, erscheint mir als viel bedeutenderer Irrglaube von Menschen, die in ihrer Jugend zu viel Karl Marx gelesen haben und vom planwirtschaftlichen Gedankengut nicht ganz ablassen können. So mag es schon prinzipiell schwierig sein, im Kartellrecht die Marktanteile einzelner Akteure festzustellen. Zu oktroyieren, dass der drittgrößte Marktteilnehmer mit dem viertgrößten, nicht aber mit dem zweitgrößten fusionieren darf, um nicht zum größten zu avancieren, erscheint willkürlich. Eine solche Willkür wird daher immer eine Quelle der Manipulation, wenn nicht gar der Korruption darstellen.
Dass in Österreich Preisabsprachen und Kartellbildungen tatsächlich ein brennendes Problem darstellen, darf bezweifelt werden. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass die Wirtschaft in Österreich hauptsächlich klein- und mittelständisch strukturiert ist. Aber auch in konzentrierten Märkten regulieren sich Preisabsprachen durch neue Marktteilnehmer selbst – sofern der Staat die Markteintrittshürden nicht besonders hoch angesetzt hat. Wettbewerb, Märkte und Preise sind selbst Regulative bei marktfremdem Verhalten, wenn man sie nur frei werken lässt. Wer dies nicht glaubt und nicht zulässt, wendet sich praktisch zwangsläufig dem „sozialistischen Wettbewerb“ zu und treibt den Teufel mit dem Beelzebub aus.
Wenn man nun der Wettbewerbsbehörde mehr Möglichkeiten einräumt – was auf Deutsch mehr Einsicht in die Unternehmen, also mehr Aufsicht und mehr Staatsgewalt bedeutet – bitten wir den großen Bruder um mehr Beobachtung. Warum dies eine Maßnahme sein soll, die nichts kostet, aber viel bringt, erscheint ein Geheimnis der ÖVP-Ökonomen zu sein.
Ähnlich wie bei der Übernahmekommission und anderen staatlichen Regulierungsbehörden stellt sich auch hier die Frage, ob ein Mehr an Behörden wirklich dem Wettbewerb förderlich ist. Wenn im gleichen Atemzug auch der populistisch-moderne Ruf nach höheren Strafen ertönt, fürchte ich um die Lauterkeit des Beabsichtigten. Soll hier wirklich mehr Wettbewerb geschaffen werden oder kann es sein, dass sich der Staat ein stärkeres Überwachungsinstrument mit angeschlossener Einnahmequelle schaffen will?
Auch im Bereich der Wettbewerbspolitik ist, wie so oft, der Stärkung der Rechte des Einzelnen gegenüber der Behördenausbaupolitik der Vorzug zu geben. Wissend, dass mir nicht alle Leser folgen werden, zitiere ich ein paar passende Worte unseres Nobelpreisträgers Friedrich Hayek: „… will ich nur hinzufügen, dass es mir wünschenswert scheint, dass die Liberalen über diese Themen verschiedener Meinung sind; je verschiedener, desto besser. Denn am allermeisten tut es Not, dass diese Fragen einer Politik für eine Wettbewerbsordnung wieder lebende Probleme werden und öffentlich diskutiert werden; und wir werden einen wichtigen Beitrag geleistet haben, wenn es uns gelingt, die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.“ (Hayek, „Freie Wirtschaft" und Wettbewerbsordnung)
Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.
Eine gemeinsame Währung kann ohne politische Union nicht funktionieren. Dieser Konsens wird europaweit immer stärker. Das verschärft aber die Probleme Europas gewaltig: Denn dieses hat zwar – teilweise – eine gemeinsame Währung, aber eben keine politische Union. Und die steht weder in den Verfassungen noch will die Bevölkerung so etwas, die sich ja ihrer Heimat und nicht der Währung verbunden fühlt. Die europäischen Eliten versuchen eine solche politische Union aber dennoch durch die Hintertür einzuführen, um ihr Währungsprojekt zu retten.
Vor diesem Dilemma stehen nun auch die deutschen Verfassungsrichter in Karlsruhe. Immer mehr deutsche Experten und beispielsweise auch die deutsche Bundesbank erkennen, dass die vielen Haftungen und Schuldenübernahmen die Bundesrepublik untrennbar an die Politik der südeuropäischen Schuldenländer ketten. Obwohl das nirgendwo so vereinbart war, obwohl das den Verträgen sogar diametral widerspricht. Das trifft natürlich auch Länder wie Österreich, aber da wird das Problem ja ignoriert.
Wenn die Europäische Zentralbank bis zu 40 Prozent der Anleihen eines Staates hält, dann ist sie angesichts dieser Dimensionen längst vom Schuldner abhängig. Und nicht wie bei geringeren Verschuldungen der Schuldner vom Gläubiger.
Die Macht der Schuldner zeigt sich allerorten. So hat die französische Regierung eiskalt der EU-Kommission mitgeteilt, es ginge sie überhaupt nichts an, wo Frankreich spare; dabei gibt es auf dem Papier zahllose sehr konkrete EU-Positionen in Hinblick auf Pensionen, Sozialstrukturen oder Staatsausgaben, die ja auch für Frankreich gelten. So haben jene Länder, für die es europäische Schuldenprogramme gibt, in den letzten Wochen von der EU-Kommission neuerlich gleich zwei Jahre Zeit bekommen, um die Sanierungsziele zu erreichen. Dabei waren diese Ziele eigentlich unter dem Motto „Jetzt gilt das Alles im Gegensatz zu früher aber wirklich“ fix vereinbart worden. Und im Grund weiß jeder, was in zwei Jahren dann wiederum passieren wird.
Niemand glaubt mehr, dass EZB und EU plötzlich den Mut und die Konsequenz hätten, einem Staat, der seine Zusagen nicht einhält, letztlich den Geldhahn abzudrehen. Daran ändert auch der kleine Hoffnungsstrahl nicht wirklich etwas, den das plötzliche Vorgehen Griechenlands gegen das verschwenderische Staatsfernsehen ausgelöst hat. Um ein altes Sprichwort zu zitieren: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Vor allem dann nicht, wenn man schon die Drohungen der deutschen und österreichischen Sozialisten gegen Griechenland wegen dieser Maßnahme hört.
Jens Weidmann, der Chef der Deutschen Bundesbank, hat es ausgesprochen: Die ständigen Hilfen machen „süchtig“. Eine Umkehr wird, je später sie erfolgt, umso schwieriger und teurer.
Jetzt kommen zwar einige Beschwichtigungssignale aus der EZB: Es würden ohnedies nur Staatsanleihen mit einer Laufzeit von maximal drei Jahren gekauft. Danke, sehr lieb. Das sind jedoch alleine bei Spanien, Italien, Irland und Portugal schon 524 Milliarden Euro. Und überdies: Wie sollen sich die Zahlerländer wehren, wenn die EZB dann doch auch längerlaufende Anleihen kauft? Wenn immer mehr Länder in die Hilfsprogramme flüchten?
Freilich: Endlich Nein zu sagen, nachdem das deutsche Höchstgericht mehr als drei Jahre ständig nur „Ja, aber“ gesagt hat, ist auch alles andere als einfach:
Ein – drei Jahre verspätetes – Nein aus Karlsruhe würde natürlich jetzt auch zu gewaltigen Turbulenzen auf den Waren- wie Geld- wie Währungs-Märkten führen. Das weiß man auf beiden Seiten des Konflikts. Nur sagt die eine Seite: Weitere Jahre später würden die Auswirkungen eines Crashs noch viel verheerender sein. Die andere Seite glaubt hingegen an das Wunder, dass in Südeuropa plötzlich Augenmaß, Sparsamkeit und Disziplin ausbrechen.
Zugleich haben die meisten Bürger Europas die Lage noch immer nicht begriffen, sonst würden nicht in den deutschen und österreichischen Wahlkämpfen ständig teure Versprechungen gemacht: Die Fehler der Vergangenheit lassen sich nicht mehr schmerzfrei oder gar billig auslöffeln. Der Boom früherer Jahrzehnte fordert nun seinen Preis.
Da möchte niemand in der Haut der deutschen Verfassungsrichter stecken. Denn was auch immer sie urteilen: Es wird gewaltige Konsequenzen haben. Die Frage ist nur, ob kurzfristig oder langfristig. Gleichzeitig sind die Politiker wie die Medien ja in einem sehr gut: sofort mit spitzen Fingern auf einen anderen als vermeintlich Schuldigen zu zeigen.
Daher werden sich die Richter mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit erneut feige vor einer wirklichen Festlegung ducken. Denn ihre Lust ist gering, eine Entscheidung zu treffen, die man ihnen in die Schuhe schieben kann. Denn letztlich geht es dabei auch um so etwas Dramatisches wie einen Austritt aus der Währungsunion. Genau den hat freilich einer der bestqualifizierten deutschen Verfassungs- und Europarechtler, nämlich der ehemalige Karlsruhe-Richter Udo di Fabio, als letzte Konsequenz verlangt.
All diese Probleme werden noch durch eine schwere Artillerieschlacht zwischen EU und dem Internationalen Währungsfonds übertönt. Dieser hat erstmals lautstark den Kurs der EU als viel zu optimistisch attackiert. Womit auch der Zusammenhalt und die Glaubwürdigkeit in der in den letzten Jahren überall gemeinsam herumreisenden Troika am Ende sein dürften. Nur ist auch die IWF-Kritik eine sehr problematische: Letztlich fordert der Währungsfonds noch mehr Geld für Griechenland, etwa in Form eines neuerlichen Schuldenschnitts.
Das zeigt nur: Am Ende wird Europa, wird jeder seiner Bürger unweigerlich für die zaghafte und inkonsequente Politik der EU einen hohen Preis zahlen müssen. Dieser liegt inzwischen viel höher, als es die einst schon als zu teuer abgelehnten Folgen einer korrekten und gesetzestreuen Politik gewesen wären. Diese Politik hätte erstens nur darin bestehen können, dass man ohne faulen opportunistischen Kompromiss von Anfang an keine Länder in den Euro aufnimmt, welche die Maastricht-Kriterien nicht komplett erfüllen. Und dass man zweitens beginnend bei Griechenland jedes in Schwierigkeiten gekommene Land auf seine Eigenverantwortung verwiesen hätte, statt es mit Hunderten Milliarden zu unterstützen.
Nichts davon hat man aber getan. Statt dessen versucht man halt, den Schaden durch eine politische Union über die Hintertür zu minimieren. Das kann freilich nie funktionieren. Das hat zum Glück weder ein Napoleon noch ein Hitler noch ein Stalin geschafft. Und das werden angesichts der demographischen Katastrophe, des Widerwillens der Bürger, der fehlenden Verfassungsgrundlagen, der großen kulturellen und sprachlichen Differenzen, der Verantwortungslosigkeit der letzten Jahre und der Ungleichheit der Schuldenlast auch die zaghaften Politiker von heute nicht erfolgreich schaffen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Hunderttausende, wenn nicht Millionen neuer Arbeitsplätze würde eine europäisch-amerikanische Freihandelszone bringen. Sie wird es aber nicht, denn EU-Europa hat beschlossen, nur beschränkt darüber zu verhandeln. Worauf auch die Amerikaner natürlich nur beschränkt verhandeln werden, worauf wiederum die Europäer . . . usw. Am Schluss wird wie so oft bei internationalen Verhandlungen wohl das ganze Projekt scheitern. Dabei wäre dieses angesichts der explodierenden Arbeitslosigkeit dringend notwendig .
Das ließe sich vielleicht diskutieren, wenn es um wirklich wichtige Dinge ginge – etwa um ein Verbot der amerikanischen Internet-Spionage. Aber nein, es geht einzig und allein um die Subventionen für die französische Filmindustrie. Die dürfen wie bei einer geschützten Werkstatt für Behinderte nicht geschmälert werden.So der Konsens der EU-Staaten.
Da geht einem wirklich die Galle hoch – den frustrierten Arbeitslosen zweifellos noch viel mehr (sofern sie die Zusammenhänge durchschauen). Die Subventionen kosten also nicht nur viel Steuergeld, sie schaden darüber hinaus auch indirekt.
Französische Filme zeichnen sich ja durch zweierlei aus: erstens durch die Verbreitung gepflegter Langeweile, und zweitens durch den fast automatischen Beifall der Filmjournalisten. Wie wäre es, wenn sich die Filmbranche einmal an dem orientieren müsste, woran sich jeder andere Anbieter einer Ware oder Dienstleistung zu orientieren hat: nämlich an den Kunden? Oder im konkreten Fall an den Kinobesuchern?
Die meiden nämlich französische Filme im hohen Ausmaß. Diese Filme sind zwar – angeblich – künstlerisch und literarisch wertvoll, meist politisch sehr korrekt, aber fast nie sonderlich lustig, berührend, spannend, aufregend oder sonst etwas, was die Menschen in die Kinos treiben könnte. Damit sind wir wieder einmal in der Kategorie staatlicher Bevormundung und durch Steuergelder finanzierter Zwangsumerziehung.
Einzige Begründung: Man dürfe sich doch nicht am Markt orientieren. Beim Wort „Markt“ hören die üblichen Kulturjournalisten vor Empörung ja gleich zum Atmen auf. Daher merken sie gar nicht, dass Markt ja nur ein anderes Wort für die Wünsche der Konsumenten ist. Oder vielleicht merken sie es sehr wohl und bekämpfen die Konsumenten gerade deshalb, weil es letztlich viele Kulturjournalisten arbeitslos machen würde, wenn die Kinogeher und nicht die Rezensenten das letzte Wort bekämen.
Ein weiterer Hintergrund der Subventionsgroteske: Schauspieler und Filmemacher sitzen gerne und oft auf dem Schoß der Politiker, buchstäblich wie metaphorisch. Sie tun das keineswegs nur in Frankreich, aber dort ist dieses Kuschel-Sitzen eben tatsächlich Teil der nationalen Identität. Die Politiker glauben, dass sie eher wiedergewählt werden, wenn sie sich mit irgendeinem (von ihnen mit unserem Geld gefütterten) Schauspieler abbilden lassen, oder wenn dieser für sie einen Aufruf unterschreibt.
Auch der österreichische Wahlkampf wird wohl wieder eine Fülle solcher Peinlichkeiten bringen. Dabei dürfte wie immer die SPÖ führend sein: Sitzt sie doch an den Schleusen, mit dem die Futtertröge der Schauspieler gefüllt werden.
Auf gleicher Linie liegt, dass der rotgrüne ORF fast täglich seinen Ruf nach mehr Steuergeld damit begründet, dass er für österreichische Filmproduzenten so viel Geld ausgebe. Die Filmproduzenten werden aber auch noch weit über den ORF hinaus ganz direkt mit unserem Geld gefüttert. Vor allem die Unterrichtsministerin ist da eine freigiebige und fast unerschöpfliche Quelle. Was die Kulturjournalisten jubeln lässt (wie immer beim Griff in die Subventionskassa).
Kaum jemand spricht den Zusammenhang an, dass dieselbe Ministerin gleichzeitig zuwenig Geld hat, um die Schulen mit genügend Lehrern und Sekretärinnen auszustatten. Fast in jedem Gymnasium sind deshalb Klassen zu finden, in denen weit mehr Schüler sitzen, als eigentlich gesetzlich erlaubt ist. Um nur einen Missstand von vielen zu nennen, der mit den Filmsubventionen behoben werden könnte. Diese aber sind von der EU jetzt eben zum obersten Heiligtum Europas ernannt worden. Wir habens ja.
Jahrelang hat man sich über Warnungen lustig gemacht, dass die maßlose Regulierungswut, die unerträglichen Steuerhöhen, die utopischen Umweltgesetze und die ständig steigenden Löhne Österreich in den Abgrund treiben.
Ständig wurde geantwortet: Österreich wäre doch das dritt- oder gar zweitreichste Land und könne sich das leisten – das alles und noch viel mehr (siehe den ÖGB-Kongress und seine wahnwitzigen, aber von der SPÖ bejubelten Forderungen). In diese Illusionswelt passt es natürlich überhaupt nicht, dass ausgerechnet während des ÖGB-Kongresses durch den Konkurs der zweitgrößten Baugesellschaft des Landes über Nacht fast 5000 Arbeitskräfte ihren Job los sind. Und über Dominoeffekte bei den Zulieferern werden es am Ende noch viel mehr sein. Einige Dummköpfe werden jetzt dennoch wieder nur irgendein Detail als Fehler herausholen und an den Pranger stellen. Die wahre Schuld ist aber die völlig wahnsinnige und wirtschafts- und damit arbeitsplatzfeindliche Politik dieser Regierung. Aber manche wollen den Wald nicht sehen, weil sie sich auf einzelne Bäume konzentrieren. Und die Koalition wird mitten im Wahlkampf schon gar nicht ihr totales Scheitern zugeben wollen. Aber nichts anderes ist zu bilanzieren. Wobei gleichzeitig auch zahllose Arbeitsplätze in einer Billigkette mit Imbissständen verloren gehen, weil Gewerkschaft und Wirtschaftskammer ihr das Aufsperren am Sonntag verbieten. Um Arbeitsplätze zu vernichten beschließt man ja in Österreich notfalls sogar Sondergesetze.
PS ad Gewerkschaft: Die Alpine ist der größte Konkurs der österreichischen Geschichte. Aber auch der zweitgrößte - der Konsum - passt ganz in dieses Bild.
Vor geraumer Zeit lauschte ich mit Interesse den Ausführungen eines sehr hohen Herrn von der Wiener Polizei zum Thema Polizei im Allgemeinen und Einbruchsprävention im Besonderen. Der Zufall wollte es, dass gerade bei diesem Herrn zeitgleich die Wohnung ausgeraubt wurde. Was lernen wir bei allem Bedauern daraus?
Vor den Einbrechern sind alle Menschen gleich!
Dazu fällt mir eine Gedankennotiz ein, die ich kürzlich anlegte:
Reisefreiheit
Was nützt sie mir, wenn ich mich nicht mehr aus dem Haus traue? Sie nützt jenen, die rasch herein und noch schneller hinaus wollen; aber natürlich auch jenen, die rasch herein und nie wieder hinaus wollen.
Nach sechs erlittenen Einbrüchen weiß ich, wovon ich spreche.
Die EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist eine Farce.
Nach Angaben von Insidern finden in Wien täglich 200 Einbrüche statt. Jeder Haushalt darf daher getrost erwarten, einmal in 15 Jahren an der Reihe zu sein. Nicht von ungefähr haben sich Bürgerinitiativen gebildet, die mit der Polizei zusammenarbeiten, denn unsere Polizei ist genau so hilflos wie wir alle.
In Wien sind verschiedene Sondertruppen und Sonderbeauftragte installiert, die sich als „Watchers“ um diverse nachrangige Aufgaben kümmern. Der Aufwand hiefür wäre wesentlich sinnvoller und bürgernäher als Investition in die Polizei zu verwenden.
Macht endlich wieder die Grenzen dicht, dann schlagt Ihr zwei Fliegen auf einen Schlag. Ignoriert die Parteien und die Politiker, die uns belogen haben, als sie uns die Notwendigkeit dieser EU vorgaukelten. Und wählt die Politiker ab, denen ihr Platz an den Fleischtöpfen der EU wichtiger ist als die Sicherheit und die Zukunft unserer Bürger.
In dieser Situation der tief empfundenen Wehrlosigkeit müssen wir auch noch vorsichtig in der Ausdrucksweise sein, denn Big Brother passt genau auf, ob wir nur das sagen, was wir auch sagen dürfen. Die mehrschichtige Verzweiflung könnte einen dazu verleiten, Dinge auszusprechen oder Kritik zu äußern, die als Verhetzung ausgelegt werden könnte.
Wir sind ihnen nur als Wähler wichtig und wir sind blöd genug, sie immer wieder zu wählen!
Alarmanlagenerzeuger, Schlosser, Glaser: Sie alle freuen sich über satte Umsatzzahlen. Von wirtschaftsfördernden Maßnahmen habe ich allerdings eine andere Vorstellung, Doch statt uns vor solchen Schäden, ganz abgesehen von den gestohlenen Werten, zu schützen, werden Psychologen, Psychiater und Krisenmanager beschäftigt, um unsere Nerven wieder einigermaßen ins Lot zu bringen. Selbst bei einigem guten Willen kann man solche Maßnahmen nur als blanken Hohn betrachten. Man bekämpft die Folgen, nicht aber die Ursachen. Wenn man mit vornehmlich allein stehenden oder älteren Menschen spricht, erfährt man, dass sie Angst haben. Kein Wunder, erfahren sie doch von den Medien, vorsichtig dosiert aber doch, von gewalttätigen Übergriffen. Sie fürchten sich nicht nur vor Einbrüchen, sondern vor Raub, Verletzung und Totschlag.
In diesem Raum der Unfreiheit, der Unsicherheit und des Unrechts denkt sich wohl jeder, wie er sich und seine Familie schützen kann. Eine Waffe zu besitzen kann beruhigen. Ich denke dabei an eine Schusswaffe, nicht an Küchenmesser, wie sie in letzter Zeit immer mehr in „Mode“ kommen.
Wer sich legal eine Schusswaffe zulegen möchte, braucht einen Waffenpass oder für den Schutz in den eigenen vier Wänden eine Waffenbesitzkarte, ferner einen Waffenführerschein mit behördlich vorgeschriebenen periodischen Überprüfungsmaßnahmen und muss mit dem Hausbesuch von Polizisten rechnen, die die ordnungsgemäße Verwahrung der Waffe überprüfen. Die Waffe hat dabei derart verwahrt zu sein, dass man sie im Bedarfsfall unter Garantie nicht griffbereit hat. Zu diesem Hausbesuch sind die Polizisten werktags von 7 bis 20 Uhr berechtigt. Bei uns läuteten sie dessen ungeachtet am Sonntag um 8 Uhr früh, weil sie gerade „in der Gegend zu tun“ hatten. Ist es Frust über eine derartige wenig erfüllende Tätigkeit, dass Polizisten ihre Vorschriften ignorieren?
Wenn nicht gerade so etwas passiert oder Temposünder mit 61 km/h an völlig harmlosen Stellen gejagt werden, mag man ja die Polizei. Fast möchte man sagen, sie tut ja ihre Pflicht. Es ist wohl ein Dienstaufsichtsproblem oder politisches Versagen, Nicht nur diese Vorschrift, sondern auch die Auflage „Die Überprüfung ist ohne jegliche nicht unumgänglich nötige Belästigung oder Störung des Betroffenen vorzunehmen“ wurde unbekümmert umgangen, lösten jedoch bei einer Familie, die gerade einen Einbruch hinter sich hatte, einen Paniksonntag aus.
Dazu zwei Links:
http://www.iwoe.at/inc/nav.php?id=267;
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10006074
Die Polizei, die ja eine Präventionspolizei sein sollte, ist durch die ihr aufgebürdete Verwaltungsarbeit (siehe Waffenkontrolle) zur Einsatzpolizei geworden. Sie kommt, wenn sie zum Einsatz gerufen wird. Dann ist es aber meistens zu spät.
Es braucht wohl nicht erwähnt zu werden, dass illegaler Waffenbesitz unter diesen Umständen viel bequemer ist. Das wissen auch die geschätztermaßen (es gibt keine verlässliche Statistik) mehr als 50 Prozent der Waffenbesitzer, die keinen Waffenschein ihr Eigen nennen.
Anzustreben wären Erleichterungen für legale Waffenbesitzer, die ohnehin kein Gefahrenpotential krimineller Art darstellen. Dies wird jedoch u.a. von gewissen Grünkommunisten und gleich gesinnten Genossen heftig bekämpft.
Während solcherweise der Selbstschutz erschwert wird, wird Verbrechen leicht gemacht. Wie überhaupt die Anwendung von Schusswaffen ja auch bei der Polizei problematisch ist. Der Gedanke, einen Verbrecher zu verletzen, erzeugt sofort Horrormeldungen und Angriffe auf die Exekutive in den Medien. Waffengebrauch mit Folgen kann für den Polizisten sehr unangenehm werden.
Dass allein in Österreich Zehntausende unschuldige Kinder im Mutterleib getötet werden, ist den Medien natürlich keine Meldung wert. Solchermaßen tätige Kindesmörder werden offiziell „geehrt“, Lebensschützer jedoch gerichtlich verurteilt. Auch dazu das Paradoxon: „EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“!
Dkfm Erich Pekarek ist Wirtschaftstreibender, Wiener Landesobmann der kritisch-politischen Partei Christen-Allianz und Vorstandsmitglied des Wiener Akademikerbundes.
Irgendwie muss ich die Tschechen beneiden. Sie haben einfach die viel schöneren Skandale. Sie haben keinen Präsidenten, der die nichtssagende Langeweile in Person ist. Sie haben keinen Regierungschef, der zwar seine Karriere jahrelang aus der Kassa der Staatsbahn und Autobahn-Gesellschaft finanziert hat, der aber dennoch sorglos bleiben kann, weil die Staatsanwälte es nicht wagen, ihm deswegen einen Prozess zu machen. Die Tschechen haben von allem das Gegenteil.
Neuerdings können sie sich sogar berühmen, dass ihr Regierungschef wegen einer richtig gschmackigen Sex-and-Crime-Geschichte mit einer ordentlichen Würze aus Geheimdiensten und Eifersucht zurücktreten musste. Der Mann ist zwischen seine Ehefrau und seine Kabinettschefin geraten, die ihm in letzter Zeit viel näher zugetan war als die eigentlich Angetraute.
Diese Dame hat die Ehefrau geheimdienstlich überwachen lassen. Sie hat selbst ein heftiges Plagiatsproblem am Hals. Und sie hat auch gleich - möglicherweise im Auftrag - drei Abgeordnete geschmiert, um ihrem Herzbuben den Job zu retten.
Sehr humorlos und für einen Österreicher undenkbar, wie die tschechischen Strafverfolger darauf reagiert haben. Sie haben ungeniert und überfallsartig Razzien im Büro von Herrn Necas durchgeführt und die Kabinettschefin einfach festgenommen.
Bei uns in Bagdad hingegen ist das alles undenkbar. Hier füllen die Zeitungen ihre Spalten und noch mehr das Fernsehen seine Sendeminuten mit dem peinlichen europa- und sicherheitspolitischen Herumstottern der Regierungsspitze. Sie nehmen das auch noch ernst. Und lassen die Skandale unter dem Teppich.
Dabei hat sich Necas politisch durchaus große historische Verdienste erworben, die nun alle im Hormonkrieg untergehen: Er hat so viel für die Versöhnung mit den Sudetendeutschen getan wie kein anderer tschechischer Regierungschef. Er hat auch eine grundvernünftige Wirtschaftspolitik betrieben. Und jetzt muss er wegen ein bisschen Korruption zurücktreten. Das kann der Österreicher nicht wirklich verstehen.
Freilich kann sich der Österreicher die meisten Necas-Episoden bei einem Werner Faymann nicht wirklich vorstellen. Etwa dass sich mehrere Frauen um diesen raufen würden. Oder dass sich der Mann jemals in irgendeiner historischen Hinsicht Verdienste erwerben würde. Oder dass er seine Abgeordneten schmieren müsste, weil die sonst eigenständig abgestimmt hätten. Oder dass ihm jemand angesichts seiner totalen Reformverweigerung eine grundvernünftige Wirtschaftspolitik nachsagen würde. Oder gar, dass die Staatsanwälte wagen würden, Faymanns Unsauberkeiten mit Razzien und Verhaftungen aufzurollen.
Denn die Zeitungen ignorieren manche Taten dieses Mannes wie einst die Liebesaffären im Hause Habsburg. Fast nirgendwo liest man über Faymanns Korruptionsaffären. Auch die Tatsache, dass sein Maturazeugnis oder ein sonstiger Beweis eines Schulabschlusses leider, leider unauffindbar ist, wird nirgendwo sonderlich thematisiert; ebensowenig der seltsame Umstand, dass im Lebenslauf des Mannes ein sich über fünf Jahre erstreckendes schwarzes Loch klafft. In anderen Ländern würden solche Dinge hingegen politische Erdbeben auslösen.
Eigentlich wäre der Mann also doch zumindest in dieser Hinsicht durchaus interessant. Dennoch machen ihn die Zeitungen und die televisionären Hofberichterstatter so uninteressant, indem sie auf politisch relevante Aussagen des Mannes warten. Vielleicht sollten sie einmal bei den heutigen Tschechen Journalismus lernen.
Auch mit ihren Staatspräsidenten sind uns die Tschechen voraus. Da hatten sie zuerst Vaclav Klaus, den blitzgescheiten und ständig mieselsüchtigen Ökonomen, der es geradezu liebt, Gesprächspartner, die er gering schätzte, öffentlich fertig zu machen. Da er – ein wirklich liberaler Ökonom – die EU besonders gering schätzte, machte er sie besonders oft fertig. Freilich, ohne dass dort jemand auf ihn hört. Leider.
Und jetzt nahtlos Milos Zeman. Wie sehr muss sich jeder Journalist nach einem solchen blutvollen Menschen sehnen! Da gibt es immer genug Saftvolles zu schreiben. Etwa darüber, dass Tschechien keine Auslandsbotschafter mehr ernennen kann, da sich Präsident und Außenminister einen öffentlichen Watschentanz um die Besetzungen liefern. Noch pikanter: Dabei geht es vor allem um die Frau des Vorgängers, die Zeman zur Botschafterin machen will, während sich der Minister weigert.
Dunkel werden sich übrigens manche erinnern, dass auch in Österreich die Frau eines früheren Präsidenten als Botschafterin entsorgt wurde. Nur gab es da Null öffentliche Debatten. Alle Involvierten knirschten zwar insgeheim mit den Zähnen, aber niemand widersprach offen den Avancement-Wünschen der Dame. Außenminister Schwarzenberg tut das hingegen mit erstaunlicher Härte gegen Frau Klaus.
Zeman gibt aber auch sonst viel her: Er fällt immer wieder durch seinen exzessiven Alkoholkonsum auf. Dadurch werden viele seiner Auftritte zu wackeligen Sachen. Aber als echter Tscheche bekennt er sich offen dazu und rechtfertigt sich mit dem Bonmot, dass Hitler ein Abstinenzler und Churchill ein fester Trinker gewesen seien. Ein Vergleich, der zumindest schmunzeln lässt.
Bei uns hat freilich schon jeder Jüngstpolitiker vor dem ersten Auftritt im Gemeinderat längst gelernt: Vergleiche, in denen Hitler vorkommt, sind absolutes No-Go. (Denn irgendein Grüner würde darin sicher irgendetwas Entsetzliches, Auschwitz weit Übertreffendes erkennen).
Zeman – eigentlich ein Sozialist! – hat auch politisch total unkorrekt einen homosexuellen Universitätsprofessor brüskiert. Er hat ihm brüsk die sonst üblich persönliche Ernennung verweigert. Bei uns hingegen bekommt ja schon jedes Kindergartenkind behördlich vermittelt, dass eigentlich nur Homosexuelle wirklich gute Menschen sind.
Zeman steckte es schließlich auch mit einem lockeren Schmäh weg, als Faymann beim jüngsten Wien-Besuch Zemans einfach keine Zeit für ihn hatte. Das ist zwar gegenüber dem Staatspräsidenten eines Nachbarstaats eine grobe Ungehörigkeit, aber Zeman lachte nur. Die tschechischen Zeitungen haben den Eklat groß thematisiert. In Österreich freilich werden solche Sachen von den medialen Hofberichterstattern brav unter den Teppich gekehrt (es könnte ja ein Inserat ausbleiben).
Irgendwie bekommt man da als Österreicher ob der grauen Mäuse in der Politik und der dank vieler Inserate zahnlosen Medien Minderwertigkeitskomplexe. Zum Glück fällt einem da aus der Vergangenheit doch noch ein Name ein: Thomas Klestil. Auch bei ihm gab es immerhin schlimme Alkoholexzesse. Der Unterschied: Nur ein Privatsender wagte, diese zu zeigen. Und auch Klestil wurde zwischen zwei Frauen geradezu zerrieben.
Freilich: Die – für andere – lustigen Seiten an Klestil wurden lang geheimgehalten (nämlich die Affäre um die Zweitfrau, die dann die Erstfrau verdrängte). Oder sie wurden bis zum Tod nie zugegeben (nämlich sein Alkoholproblem, das eng mit seinen Frauenproblemen zusammenhing). In Österreich passten höchstens die Nachrichtendienste auf, dass Klestil beim Stelldichein im Rennverein abgeschirmt blieb.
Nur in einem Punkt glich er Vaclav Klaus. So wie der Tscheche erfolglos die EU mahnte, so blieb Klestil innerösterreichisch erfolglos. Nämlich mit seinen Koalitionswünschen. Er hatte ja geglaubt, im Trio Infernal mit Krone-Boss Hans Dichand und ORF-Boss Gerhard Weis seine Wunschkoalition gegen den Willen der Wähler- und Parlamentsmehrheit durchsetzen zu können.
Nur tat es Österreich damals sehr gut, dass Klestil erfolglos blieb, während es der EU gar nicht guttut, dass sie nicht auf Klaus gehört hat. Dann wäre es jedenfalls nie zur Schuldenexplosion gekommen.
Ganz ehrlich: Ich beneide die Tschechen. Da ist noch blutvoll was los. Und das Land ist nicht von lauter anämischen Gestalten und Nichtberichterstattern wie bei uns geprägt.
Das ist das Schöne, wenn man an die Macht kommt: Plötzlich ist auch in dem von Haftungen und Schulden am schwersten belasteten Bundesland Österreichs auf geheimnisvolle Art jede Menge Geld da. Wie machen das die Kärntner nur?
Rot-Schwarz-Grün sind dort offenbar wirkliche Zaubermeister. Zuerst beklagen sie – völlig zu Recht – die unglaubliche Misswirtschaft der blau-orange-schwarzen Vorgänger. Die Hypo-Story zeigt sogar, dass nur das Mitleid (oder die Blödheit?) der Herren Faymann und Pröll das Bundesland 2009 vor einem Totalkonkurs gerettet hat. Da war es logisch, dass die Wähler die korrupten Geldscheinverteiler hinausgewählt haben.
Erstaunlich und nicht unmittelbar der Logik zugänglich ist jedoch, wie sich die Dinge sofort geändert haben, kaum sind die Nachfolger im Amt. Da sind plötzlich die Sparzwänge in den Hintergrund gerückt, und statt ihrer ist Big spender mit an Bord.
Zuerst wird in populistischer, wenn auch teurer Manier großzügig auf den Pflegeregress (bei Angehörigen von Pflege-Patienten) verzichtet; sehr zum Unterschied vom Nachbarn Steiermark, wo zwei Spitzenpolitiker ein ebenfalls überschuldetes Land nun kraftvoll sanieren und wirklich sparen.
Und nun erscheint ein geheimnisvoller „Kärnten-Report“ im „Standard“. Auf 16 Seiten findet man darin viele schöne Bilder der lokalen Politiker sowie nette PR-Geschichten über diese und Kärnten. Die Zeitung schreibt zwar korrekt im Impressum, dass das Ganze eine komplett entgeltliche Einschaltung ist – nur erfährt man nirgendwo, wer eigentlich gezahlt hat. Der recherchierfreudigen APA gegenüber dementieren jedenfalls alle Landesräte und Landesstellen, dass sie etwas gezahlt haben. Alles andere wäre ja nicht nur angesichts der leeren Kassen erstaunlich, sondern auch ein glatter Bruch des Gesetzes, das den Abdruck von Politikerbildern verbietet, wenn Steuergeld fließt.
Kärnten hat also offenbar einen geheimnisvollen Wohltäter gefunden, der einem total bankrotten Bundesland und vor allem dessen Politikern schöne Sachen spendiert und der dennoch in absoluter Anonymität verbleiben will. Eine andere Lösung des Kärntner Rätsels gibt’s ja nicht. Denn wenn Politiker garantieren, dass da kein Steuergeld geflossen ist, weder direkt noch indirekt, dann kann jeder gelernte Österreicher sicher sein, dass das auch hundertprozentig so stimmt.
PS.: Wer die Adresse des Wohltäters kennt, möge ihm bitte auch die Adresse des ausbauwilligen Tagebuchs mitteilen! Wir könnten damit noch viel schönere Dinge machen als der „Standard“. Ehrlich.
PPS.: Erstaunlich ist übrigens auch, dass die elektronische Medienabteilung des „Standard“, die sonst über jeden geknickten Grashalm in der Zeitungswelt berichtet, bisher die Angelegenheit total verschweigt. Dabei könnte sich das Blatt doch berühmen, dass unter der neuen Regierung die Wohltäter Kärntens auch gleich die ideologisch richtige Adresse gefunden haben . . .
PPS.: Die Angelenheit trübt ein wenig die berechtigte Anerkennung, die sich "Standard", "Presse" und "Wirtschaftsblatt" mit einem zwischen ihnen fixierten Transparenzpaket erworben haben. Demzufolge müssen die Redakteure neuerdings auch zumindest intern ihren Aktienbesitz offenlegen. Was an sich mehr als anerkennswert ist, da ja Gewerkschaft und Verleger bislang peinlich an dieser - auch von der EU verlangten! - Notwendigkeit gescheitert sind. Jetzt wärs halt noch schön, wenn man auch immer erfährt, wer Inserate finanziert. Denn: Wer das Gold, pardon: das Geld hat, macht die Regeln. Diesen Spruch und ein solches Verhalten hat ja der "Standard" dem Frank Stronach mehrmals vorgeworfen.
Wenn das von einer anderen Partei käme, hätten wir die 999. Rassismus-, Verhetzungs- und Neonazismus-Debatte. Diese würde wochenlang die Mainstream-Blätter erregen. Und der stramm politische korrekte österreichische Justizapparat würde längst schon rotieren. Ein grüner Bundesrat hingegen kann solche Sachen sagen und sein Amt ungehindert weiter ausüben. Er gehört ja automatisch zu den Gutmenschen, vor allem dann, wenn er türkischer Abstammung ist. Und seine Partei stellt ihn schon gar nicht in Frage, weil er ja eine für die Grünen wichtige Wählergruppe vertritt. Sie stottert höchstens betreten herum.
Der grüne Bundesrat Efgani Dönmez hat verlangt, dass Österreich die Anhänger des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in ihre Heimat schickt. Das sagte er in einem Gespräch mit dem Gratisblatt „Heute“. Dönmez hat das Interview nachher auch bestätigt (was ihn übrigens ehrt, denn nichts ist widerlicher als jene Politiker, die nachher immer missverstanden sein wollen).
Der Anlass der Aussage: An einer Solidaritätskundgebung für den türkischen Ministerpräsident Erdogan haben in Wien 5000 Menschen teilgenommen. Dabei hatten Medien und Grüne bisher ja den Eindruck erweckt, dass alle Türken dieser Welt total gegen Erdogan und seine brutalen Polizei- und Prügelmethoden stünden. Da frustriert es halt den Herrn Bundesrat, dass dem offensichtlich nicht so ist. Und da quittiert er diese Erkenntnis mit der öffentlichen Forderung aus der faschistoiden Lade: „Schickt alle 5.000 mit einem One-Way-Ticket wieder in die Türkei zurück!" Und doppelt nach: Austrotürken, die Erdogans autoritären Führungsstil unterstützen, hätten in Österreichs nichts zu suchen.
Na bumm. Ausgerechnet in jener Partei, die sich für die Zuwanderung jeder Art und den Verbleib aller Zugewanderten bis hin zu dem von Gewalttätern und Terroristen ausspricht, will jetzt einer plötzlich hier ganz legal lebende Immigranten nach Hause schicken. Als hingegen blaue und orange Politiker das gleiche gefordert haben, sind sie von den Grünen und den Mainstream-Medien so gepeitscht worden, dass man den Nachhall bis heute noch hört.
Natürlich hat Herr Dönmez recht, wenn er im brutalen Verhalten der türkischen Behörden einen eklatanten Widerspruch zu den demokratischen österreichischen Werten sieht. Er hat ebenso mit der Aussage recht, solche Polizeibrutalität (zu der jetzt auch noch der Einsatz der Armee kommen soll!) könne man auch „unter dem Deckmantel der Integration und Toleranz“ nicht akzeptieren.
Völlig richtig. Wenn man aber in Österreich vom Heimschicken von in diese Gewalttaten gar nicht direkt involvierten Menschen spricht, dann ist das dennoch unakzeptabel. Heimschicken sollte man vielmehr die wirklichen Gewalttäter, Drogenhändler und Asylbetrüger (denen der Rechtsstaat oft skandalös hilft) und nicht gesetzestreue Einwanderer. Das sind nämlich die Pro-Erdogan-Demonstranten trotz allem. Sie haben in Wien eine korrekt angemeldete Kundgebung durchgeführt, also keinerlei Gesetz verletzt; und sie haben diese Demonstration zur Unterstützung für einen unzweifelhaft demokratisch gewählten Ministerpräsidenten veranstaltet, der höchstwahrscheinlich auch heute noch jede Wahl gewinnen würde. Und immer noch ist die Türkei volles Mitglied des Europarates und der Menschenrechtskonvention. Das alles muss man zur Kenntnis nehmen, auch wenn es einem nicht gefällt.
Keine Frage: Nicht nur die brutalen Methoden dieses Herrn Erdogan und die Tausenden Verletzten seiner Exekutive sind total abzulehnen. Auch seine Einmischung in Syrien, seine Sympathien für einen atavistischen Islam, die von ihm forcierte Ausbreitung des Kopftuchs, seine imperialen Attitüden können nur Übelkeit auslösen.
Keine Frage auch, dass Österreich bei der Immigration, bei Familienzusammenführungen, bei Dokumentenschwindeleien, bei Asylbetrügern viel zu blauäugig und politisch korrekt agiert. Das hat ja Österreich auf ein internationales Spitzenniveau an Zuwanderern gebracht, die nachher aber in der Summe signifikant weniger arbeiten als Österreicher oder EU-Bürger.
Dennoch ist es absurd und widerspricht jedem rechtsstaatlichen Denken, jetzt auf einmal völlig rechtskonforme Demonstranten hinauszuwerfen, nur weil das Herz des Herrn Dönmez für die andere Seite schlägt. Meines schlägt übrigens auch so: Mir sind die kopftuchfreien, sehr modern und europäisch wirkenden, demokratisch gesinnten Demonstranten (die es aber in der Türkei eben nur in ein paar Städten gibt) zehnmal lieber als jeder Prügelpolizist. Diese Sympathie gilt freilich nur, soweit sich die Demonstranten selber im Rahmen der Rechtsordnung bewegt haben (was wohl nicht mehr ganz der Fall war, als sie glaubten, nach Belieben öffentlichen Grund besetzen zu dürfen).
Aber wie man auch immer in diesen Tagen über Istanbul denkt: Dass in der Türkei der Rechtsstaat noch ein paar hundert Jahre Rückstand hat, ist nichts Neues.
Das kann aber kein Grund sein, bei uns diesen Rechtsstaat einfach abzuschaffen, nur weil es einem Grünen gerade so passt. Damit zeigt diese Partei neuerlich, wie faschistoid sie im Kern eigentlich ist (was freilich ohnedies jeder weiß, der die nahtlose Übernahme der Umweltbewegung durch die neomarxistischen, gewalttätigen und Kinderschänder unterstützenden 68er beobachtet hat).
Würde Dönmez seine Kritik an Erdogan wirklich ernst meinen, dann müssten er und seine Gesinnungsgenossen in Politik und Medien eigentlich die ersten sein, die der einstigen schwarzblauen Regierung Beifall nachrufen. Denn nur Wolfgang Schüssel und Ursula Plassnik ist es zu verdanken, dass es noch ein paar Halteschilder auf dem Weg dieser Türkei in die Europäische Union gibt. Auch damals schon hat übrigens ein gewisser Herr Erdogan in der Türkei geherrscht. Und seine Zielrichtung war schon damals bekannt.
Es wird jedenfalls spannend sein, wie sich das Verhältnis Grüne-Dönmez weiter entwickelt. Denn in Wahrheit ist die grüne Allianz mit den Zuwanderern eine rein wahltaktische, da es ohne die Stimmen der Immigranten die Grünen kaum mehr geben würde. Aber inhaltlich entdecken die Zuwanderer zunehmend, dass sie nach der willkommenen Hilfe der Grünen beim Öffnen der Grenzen inhaltlich mit den Grünen kaum mehr etwas gemein haben. Lediglich das grüne Eintreten für exzessive Wohlfahrtsleistungen freut jene Türken, die nicht wirklich die Liebe zum Arbeiten hergetrieben hat. Welcher Moslem kann denn schon etwas mit dem grünen Feminismus oder Schwulismus anfangen?
Mich würde es daher auch nicht wundern, wenn wir sehr bald auch bei uns rechts stehende Türkenparteien hätten. Immerhin hat ja auch schon derselbe Dönmez vor Jahren die Bevorzugung von Frauen bei den Grünen scharf attackiert. Und er hat sich ebenso vehement gegen die islamische Ganzkörperverschleierung per Burka ausgesprochen. Lauter sympathische und richtige Positionen – nur haben sie eben absolut nichts mit den Dogmen der Grünen zu tun.
Das ändert nichts daran: Auch wenn einer sympathische Positionen hat, können und sollen wir es keinesfalls zulassen, dass er jemand anderen einfach wegen dessen unsympathischen Positionen hinausschmeißt. Und seien es seine eigenen Landsleute.
In einem anderen Punkt kann man sicher sein: Die Grünen würden sogar mit Parlamentssondersitzungen den Hinauswurf von Abgeordneten fordern, wenn bei einer anderen Partei einer so spräche wie Dönmez.
So schnell können sich Hoffnungen zerschlagen: Der griechische Staatssender darf wieder senden.
Das haben Höchstrichter und die linken Koalitionspartner der ausnahmsweise einmal mutig gewesenen Konservativen durchgesetzt. Logisch. Sie alle müssen ja den Spaß nicht zahlen. Den zahlen die anderen Europäer, auch die Wähler der EU-Sozialisten Schulz und Swoboda, die so lautstark für den griechischen Staatssender agitiert haben. Und so ist ein Hoffnungsfunke, dass in diesem Europa vielleicht doch einmal irgendwer mit Sparsamkeit Ernst macht, rasch wieder zerstoben. Niemand glaubt mehr an den offiziellen Kompromiss, dass irgendwann in Griechenland doch noch eine neue, sparsamere Anstalt gegründet wird. Haben doch die Gewerkschaftsjournalisten solche Versuche auch schon in den letzten Jahren torpedieren können. Bei Linkspolitikern hat man zwar eh nie was anderes angenommen, als dass sie Steuergeld beim Fenster hinauswerfen. Aber dass nun auch die Höchstgerichte eine immer unheilvollere Rolle durch die Sabotage von Sanierungsversuchen spielen, erschüttert nun doch ziemlich.
Loyalitätsverlust durch nationalistisch-fundamentalistische radikale Islamisierung in ganz Europa. Warum zahlreiche Österreicher durch Beitritt zu radikal-islamistischen Gruppen der Europäischen Werteordnung den Rücken zukehren – Tendenz steigend.
Die alarmierende Tatsache, dass immer mehr in Österreich bzw. in Europa lebende Menschen radikalen islamistischen Organisationen und Parteien beitreten, stellt eine große Gefahr für Österreich und Europa dar. Diese Gefahr droht vor allem aus Ägypten. „Partei des Lichts“ (Al Nour) – eigentlich nicht zeitgemäße blinde Finsternis – und „Freiheits- und Gerechtigkeitspartei“ (Muslimbruderschaft) klingen wie Hohn; im radikal-fundamentalen Islam gibt es keine Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit.
Die prominenten österreichischen Muslime Anas Schakfeh, ehemaliger Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), und Omar Al Rawi von der SPÖ im Wiener Landtag trafen sich mit Vertretern der radikalen Al Nour-Partei aus Kairo, als diese auf ihrer Europa-Tour am 12.5.2013 Station in Wien machten. Die Duldung solcher dubiosen, mit unserer Demokratie unvereinbaren Veranstaltungen ist ein unerhörter Skandal.
Dadurch zeigen Schakfeh und Al-Rawi, um welche Zughörigkeit es sich bei der fundamentalistischen IGGiÖ handelt, und Al-Rawi wäre gut beraten, wenn er endlich zurücktritt und nicht mehr der SPÖ und unserer Demokratie schadet.
Weiterhin erlauben Behörden in Österreich und Europa den Betrieb türkischer Staatseinrichtungen als Vereine (ATIB und DITIB). Der ATIB-Vorsitzende ist türkischer Staatsbürger und Diplomat in der türkischen Botschaft in Wien. Der türkische, konservativ-fundamentalistische Verein Milli Görü? konnte ungehindert die IGGiÖ übernehmen, zusammen mit der national-staatlichen ATIB.
Schuld an dieser Entwicklung ist die Blauäugigkeit unserer Politiker gegenüber Muslimen, wodurch radikale Islamisten bei uns das Sagen haben. Unsere Politik hat es verabsäumt, jungen Muslimen unsere europäische Werteordnung zu vermitteln, Freiheit und Demokratie in den Köpfen der jungen Leute zu verankern und auf die Verfassungsferne eines wesentlichen Teiles fundamentalistischer Auslegungen des Islam hinzuweisen. Damit wird die Integration junger Leute kurzsichtig erschwert oder verhindert. Tausende österreichische Staatsbürger sind Mitglieder dieser berüchtigten Parteien im Ausland, in Arabien oder der Türkei, geworden.
Die radikalen Verführer nutzen den fundamentalistischen Islam, die Wut wegen der Geschehnisse im Nahen Osten, bis hin zu den im kollektiven Gedächtnis der Muslime verankerten Kreuzzügen im Mittelalter (die Reaktion auf muslimische Eroberungen waren). Märtyrer und Jihadisten sind Vorbild für viele Jugendliche in Österreich und Europa geworden.
Unsere Politiker, und teilweise auch der Klerus, unterstützen die fundamentalistischen Islamisten ideell und materiell, laden zu verschiedenen Anlässen, wie zum Iftar-Essen, und stellen so dem konservativen Islamismus einen „Persilschein“ aus. Der politisch organisierte Islam ist die Ursache für Radikalismus und Terrorismus weltweit.
Liberale und gemäßigte Muslime in Österreich und Europa werden dagegen nicht unterstützt, sondern ideologisch übergangen und isoliert.
Wie in Frankreich, Schweden, London und anderswo wird diese Sorglosigkeit gegenüber dem radikalen Islam früher oder später explosiv wirken und zu Konfrontationen in ganz Europa führen. Dann wird man die Missachtung der Gefahren bereuen.
Also: Die Radikalisierung der in Europa lebenden Muslime ist zu hinterfragen.
Die Warnungen will keiner der Verantwortlichen hören; Sie stellen sich nicht nur blind, sondern auch noch taub, nach dem Motto „was nicht sein kann, darf nicht sein“.
Amer Albayati , geb. 1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten Islamischen-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ). www.initiativeliberalermuslime.org
Wenn man durchliest, was die sozialistische Kerntruppe, also der Gewerkschaftsbund, zu seinem Bundeskongress so alles fordert, dann muss einem für die Republik angst und bange werden. Denn offenbar glauben die Gewerkschaftsbosse wirklich, dass auf ihren Wunsch hin Weihnachten, Ostern und der Gewinn eines Lotto-Sechser künftig immer auf den gleichen Tag fallen werden. Noch mehr provozierend - wenn das möglich wäre - ist das, was der ÖGB-Präsident in einem Interview sagt.
Der Herr Foglar will nämlich demnächst – im Alter von 62 Jahren – zurücktreten. Und er begründet das in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" auf die ironische Frage, ob er dadurch nicht das faktische Pensionsantrittsalter runterdrückt, ohne jede Ironie so: „Das ist mir ehrlich gesagt wurscht. Ich bin als Einzelperson außerhalb der statistischen Wahrnehmung."
Keineswegs außerhalb der statistischen Wahrnehmung ist, dass auch fast alle von Foglars Gewerkschaftsmitgliedern so denken. Genau dieser anhaltende Trend zur Frühpension wird in absehbarer Zeit nicht nur das Pensionssystem, sondern auch die Republik kollabieren lassen. Aber das ist dem Herrn Foglar ja wurscht. Wurscht ist ihm auch, dass der aus der Gewerkschaft kommende Sozialminister seit Jahr und Tag scheinheilig ankündigt, er werde alles tun, dass die Österreicher erst mit dem gesetzlichen Pensionsalter zu arbeiten aufhören. Genau das will aber nicht einmal der ÖGB-Präsident selber. Dann müsste er ja drei Jahre länger arbeiten.
Davon, dass praktisch alle Berechnungen und Experten verlangen, dass Österreich längst auch das gesetzliche Pensionsantrittsalter spürbar anheben müsste, wenn die Pensionen gesichert bleiben sollen, wollen wir ja gar nicht reden. In die gleiche Richtung totaler Verantwortungslosigkeit gehen auch die Aussagen der Feminismusministerin: Sie macht fast täglich klar, dass die SPÖ zu keinerlei Nachgaben bei dem um weitere fünf Jahre niedrigeren Frauenpensionsalter bereit sei.
In dieser Partei dominiert heute nur noch der nackte Beton. Dort beherrscht kein einziger mehr die Grundrechnungsarten. Sie alle glauben wirklich, dass ständiges Noch-mehr-Fordern so wie in den Nachkriegsjahren noch immer am Platz ist. Trotz der explodierenden Staatsschuld. Trotz der steigenden Arbeitslosigkeit. Trotz der längeren Lebenserwartung. Trotz der gewaltigen Herausforderung durch China und Dutzend andere Staaten im internationalen Wettbewerb (immerhin muss ja Österreich weit mehr als die Hälfte all seiner Arbeit und Leistungen im Ausland verkaufen).
Die absolute Weltfremdheit des ÖGB zeigt sich aber nicht nur beim Thema Pensionen, sondern auch bei all seinen sonstigen Forderungen, die er in Zeiten wie diesen erhebt:
Da sich die SPÖ speziell unter Faymann wieder ganz zur Außenstelle der Gewerkschaft (und des Wiener Rathauses) gewandelt hat, ist auf Grund dieses Forderungskatalog wirklich höchster Alarm notwendig. Will sich die ÖVP wirklich durch eine neuerliche Koalition an eine solche Rückschrittspartei ketten? Macht Kammerchef Leitl weiterhin der Gewerkschaft die Mauer? Kann das auch nur ein einziger anständiger Mensch verantworten, dass man eine solche Partei neuerlich in die Regierung kommen lässt?
Einträchtig haben sie jetzt alle Parteien beschlossen: die sogenannte Gesetzesbeschwerde. Und dennoch ist sie ein Riesenmist. Sie ist nur ein Spielzeug für juristische Glasperlenspieler und Wichtigmacher; sie macht das Rechtssystem noch komplizierter, als es jetzt schon zum Leidwesen vieler Österreicher ist; sie wird Prozesse verzögern; sie gibt Querulanten ein neues Instrument in die Hand; und sie ist noch völlig unausgereift, weil die letztlich entscheidenden Nebengesetze fehlen (statt dass man das alles in einem Guss beraten und beschließen würde, wenn mans schon macht). Eine tolle Leistung, liebe Volksvertreter.
Aber die Koalition kann wieder ein Wort als „erledigt“ auf die Liste setzen. Dieser derzeit sehr gefährliche Erledigungsdrang der Koalition und Profilierungsneurosen einiger Verfassungsjuristen sind mit Sicherheit die einzigen Gründe für die Einführung der Gesetzesbeschwerde. Die ahnungslose und am Wirtschafts-Standort völlig desinteressierte Opposition glaubt in ihrer Populismus-Gier ja gar, die neue Regelung wäre populär. Dabei hat bis auf dreieinhalb Verfassungspuristen kein Österreicher auf diese „Erledigung“ gewartet.
Summum ius summa iniuria, sagen kluge Juristen seit 2000 Jahren. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird aus immer mehr Recht nur immer mehr Unrecht. Wenn man ständig immer neue Rechtsinstrumente bastelt, wächst nur noch die Ungerechtigkeit für den Bürger. Und überdies wächst der Arbeitsanfall für die ohnedies überlasteten Oberstgerichte.
Was ist die Gesetzesbeschwerde konkret? Es geht darum, wer ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof anfechten kann. Bisher konnten das in Zivil- und Strafprozessen nur die Richter tun. Künftig kann das jede Prozesspartei schon in der ersten Instanz verlangen. Zwar hat man in die neue Verfassungsbestimmung hineingeschrieben, dass der VfGH binnen vier Monaten entscheiden muss, und dass das normale Verfahren gleichzeitig weiterlaufen soll.
Wers glaubt wird selig oder ist schon Politiker.
Natürlich wird der Gerichtshof oft länger brauchen. Ist er doch ohnedies jetzt schon durch die Tausenden – fast durchwegs auf Steuerzahlers Kosten agitierenden – Asylwerber schwer belastet. Und ebenso natürlich ist, dass fast jeder Richter den Prozess nicht gerade mit Energie und Tempo weitertreiben wird, wenn ein Höchstgericht ihm ja möglicherweise die ganze Arbeit abnimmt. Denn natürlich sind im Fall der Aufhebung eines Gesetzes alle Arbeiten eines Richters überflüssig. Und niemand arbeitet gerne überflüssig. Richter schon gar nicht.
Das Justizministerium hat auf all diese Gefahren auch intensiv hingewiesen, wenn auch nur hinter den Kulissen. Aber es blieb ungehört. Denn in ein paar wichtigen Kabinetten dieser Regierung sitzen halt Nobeljuristen, die ständig nach weiteren Verfassungs-Erfindungen suchen, mit denen sie sich in das Geschichtsbuch der Jurisprudenz einschreiben möchten. Im normalen Gerichtsbetrieb haben die hingegen nie gearbeitet.
Denn dann wüssten sie, dass ohnedies der Oberste Gerichtshof immer sofort ein Gesetz prüfen lässt, wenn die Richter einen Verdacht haben, dass es verfassungswidrig sein könnte. Dass es also gar kein Problem gibt. Überdies werden immer öfter von den Richtern Anfragen an den Europäischen Gerichtshof geschickt. In solchen „Vorabentscheidungen“ wird dann in Luxemburg mit großer Zeitverzögerung geprüft, ob eine österreichische Regelung nicht irgendwie dem EU-Recht widerspricht. Solche Anfragen werden auf Grund der Explosion des EU-Rechts immer häufiger, was ohnedies jetzt schon zu einer starken Verfahrensverlängerung führt. Bisher halt nur auf Gerichtsentscheidung und nur bei EU-Verstößen.
Jetzt aber wird das jede Prozesspartei tun können. Und auch gleich die ganze Verfassung ins Spiel bringen. In Strafprozessen wird ein Angeklagter es sogar tun müssen, bevor er sich an den Menschenrechtsgerichtshof wenden kann. Bei diesem muss man nämlich zuerst alle nationalen Rechtsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, bis man sich dann in eine (im Schnitt fünfjährige!!) Warteschlange zum Erhalt einer EGMR-Entscheidung reihen darf.
Noch viel ärgerlicher und schädlicher ist die neue Verfassungsbestimmung aber vor allem im Zivilprozess. Denn in diesem gibt es mindestens eine Partei, die ein rasches Urteil haben und keineswegs auf Spitzfindigkeiten aus dem Verfassungsgericht warten will.
Jeder, der ein bisschen eine Ahnung von Zivilprozessen hat, weiß, dass in der dortigen Praxis angeblich verfassungswidrige Gesetze in keiner Weise ein Problem oder Thema sind. Sehr wohl sind das aber solche Parteien, die um jeden Preis, mit jedem Trick und mit jeder nur möglichen Verfahrensschleife nur eines wollen: verzögern und schleppen. Der Grund liegt sehr oft auf der Hand: Die wirtschaftliche Lage dieser Prozesspartei ist schlecht; oder sie verschlechtert sich im Lauf des Prozesses bis hin zur Zahlungsunfähigkeit. Bei Prozessverlust droht sogar der Konkurs. Da schiebt man das Prozessende natürlich mit allen Mitteln hinaus. Der Sieger kann sich dann sein endlich ergangenes Urteil an die Wand picken. Er bekommt von einem zahlungsunfähigen Gegner trotz des Urteils kein Geld. Und er muss am Ende sogar seinen eigenen Anwalt zahlen.
Die Gesetzesbeschwerde wird auch Querulanten aller Art beflügeln. Künftig können sie sich sogar als lebendes Opfer einer Verfassungswidrigkeit profilieren. Und besonders gerne werden davon auch all jene Gebrauch machen, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessieren, die also wegen Verfahrenshilfe nichts fürs Prozessführen zahlen.
Das alles wird möglich, wenn Ahnungslose Gesetze machen. Manche Verteidiger der Neueinführung sagen jetzt: „Das war ja nur die Verfassungsbestimmung und nun kommen erst die Einzelgesetze mit den Ausnahmen, wann man doch nicht zum VfGH gehen darf.“ Eigenartig. Ist das nur ein Beschwichtigungs-Schmäh vor der Wahl oder will man damit wirklich sagen, dass eine funkelnagelneue Verfassungsbestimmung nur dazu gedacht ist, um nachher durch Einzelgesetze wieder komplett ausgehöhlt zu werden? Soll eine solche Perversion tatsächlich die Absicht des Gesetzgebers sein?
Aus diesem Anlass sei gleich noch eine Frage gestellt: Wann wird es wieder halbwegs brauchbare Juristen in diesem Parlament geben? Dann haben nämlich Lobbyisten aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm mit solchen Ideen keine Chance mehr.
Wir müssen ja nicht gleich an einen Michael Graff denken. Den gibt es sicher nicht allzu bald wieder. Aber so katastrophal wie es jetzt ist, müsste es nun auch nicht sein. Denn beispielsweise die ÖVP hat keinen einzigen Abgeordneten mehr mit Justizerfahrung. Und die SPÖ hat nur einen einzigen, der sich aber vor allem darum sorgt, dass Drogendelikte entkriminalisiert werden und dass es kein „Lebenslänglich“ mehr gibt.
Statt auf Qualifizierung wird jetzt bei der Erstellung der zahllosen Kandidatenlisten jedoch heftig auf Frauenquoten geschaut. Freilich gibt es kein Anzeichen, dass dadurch an der inhaltlichen Parlamentsmalaise irgendetwas besser wird (wir sollten als Ergebnis der vermehrten Quotenfrauen im neuen Parlament höchstens mit Zwangsquoten für die Wirtschaft und Umdichtungen der Hymne rechnen).
Dabei wäre es dringend notwendig, dass die parlamentarische Mischung aus Gewerkschaftern und Arbeiterkämmerern, aus Beamten und Bauern aller Schattierungen durch Menschen mit der wirklich benötigten Expertise aufgebessert wird.
Für jedes Hörndl und Körndl findet sich sicher auch in den neuen Wahllisten wieder ein Spezialist, ebenso wie für die ausgefallenste Spezialart sozialer Versorgungwünsche. Justiz, Außenpolitik, Kultur, Medien, Technik, Forschung, Europa und Ökonomie interessieren jedoch in unseren Parteiapparaten niemanden. Man kann sich ja nicht um alles kümmern.
PS.: Zur Rolle des Verfassungsgerichtshofs bei der Gesetzesbeschwerde: Wichtiger als sich jetzt in ganz normale Prozesse einzumischen, wäre etwas ganz anderes – aber das ist ganz offensichtlich unseren Verfassungsrichtern zu heikel. Sie täten dem Land jedenfalls einen viel größeren Dienst, wenn sie sich um die wirklich großen Verfassungsverletzungen kümmern, nämlich um jene in der Schuldenkrise. Die Verletzung von europäischem und auch österreichischem Verfassungsrecht durch die Umgehung des Bailout-Verbots ist ganz eklatant. Dennoch hüten sich die österreichischen wie – vermutlich – auch die deutschen Verfassungsrichter, die Milliarden-Verbrennungen zugunsten Griechenlands & Co aufzugreifen. Denn da müssten sie sich mit der Politik anlegen. Und davor haben die Verfassungsrichter Angst – auch wenn der Schaden für die Allgemeinheit größer ist als in der Summe aller anderen Verfassungsverletzungen.
Wenn ein Fachhochschuldirektor eine sachlich andere Ansicht vertritt als die Unterrichtsministerin, dann verliert er den Job. Der österreichische OECD-Botschafter Wolfgang Petritsch hingegen kann offensichtlich den Außenminister voll attackieren – und behält den Job, er wird nicht einmal gerügt. Dabei ist ein Diplomat einzig und allein dazu da, um die Republik und ihre Politik kritiklos nach außen zu vertreten. Ein Hochschulrektor ist hingegen der Freiheit der Wissenschaft verpflichtet.
Die Formulierungen Petritschs in einem „Profil“-Interview sind jedenfalls deftig: "Da verabschiedet sich ein Außenminister von unseren internationalen Verpflichtungen", sagt er in Hinblick auf den Abzug vom Golan. Wohlgemerkt: auch das Tagebuch hat diesen Abzug massiv kritisiert. Nur: Das Tagebuch ist unabhängig und bekommt keinen Cent aus irgendwelchen öffentlichen Quellen. Ein Botschafter ist hingegen durch seine Dienstpflichten voll dazu verpflichtet, die Politik der Regierung nach außen zu vertreten. Und wenn sie ihm nicht passt, hat er den Mund zu halten oder zu gehen. Dafür bekommen die Damen und Herren ja auch Gagen, die mit allen Zulagen weit über jenen eines Ministers liegen.
Die Botschaft bei der OECD in Paris untersteht formal dem Bundeskanzleramt. Dass wir dort zwei Botschaften finanzieren, ist ja eine der vielen unsinnigen Geldverschwendungen dieser Republik. Dieser Umstand ändert aber überhaupt nichts am Skandalösen der Petritsch-Attacke. Schließlich kann und darf auch der richtige Botschafter in Paris – oder in irgendeiner anderen Stadt – nicht den Bundeskanzler oder einen Minister öffentlich kritisieren.
Was Petritschs Aussage endgültig zur verlogenen Chuzpe macht: Die Entscheidung, vom Golan abzuziehen, wird vom Bundeskanzler nicht nur voll getragen. Sie ist von diesem sogar weitgehend direkt ausgegangen, sowie vom Verteidigungsminister und der Kronenzeitung.
Der Mann, der einst als Kofferträger Kreiskys groß geworden ist, blamiert solcherart die Republik gleich doppelt. Wenn er auch nur einen Rest von Charakter hätte, würde er daher umgehend zurücktreten. Als Nicht-mehr-Beamter hätte er dann jedes Recht, die Politik dieser Regierung zu kritisieren. Und im Falle Golan würde das Tagebuch auch voll an seine Seite treten.
Es ist zweifellos nicht die allerwichtigste Form der direkten Demokratie, die uns da eine Obrigkeit erlaubt. Aber wir sollten sie unbedingt nützen. Es geht um den Patientenombudsmann der Ärztekammer. Mit nachträglicher Ergänzung.
Es gibt gleich mehrere durchaus ernsthafte Gründe, warum man das nicht ignorieren sollte:
Daher sollte man zumindest versuchen, einer bürgerlichen Alternative eine Chance zu geben. Zwar sind auch die beiden anderen Kandidaten im Gesundheitssystem tätig beziehungsweise tätig gewesen, aber sie kommen eben nicht aus der Gewerkschaft. Aus taktischen Gründen sollte man sich für jenen entscheiden, der die – relativ – besten Gegenchancen hat. Und das ist nach übereinstimmenden Auskünften Josef Kandlhofer.
Für ihn spricht, dass er sich mehrfach als scharfer Kritiker der Ärzte erwiesen hat und dass er schon in Pension ist, also frei gegenüber allen beruflichen Pressionen oder Verlockungen. Was die dritte Kandidatin, eine ehemalige Schauspielerin und jetzige Medizinjuristin, bei allem Respekt für ihren Lebenslauf eben noch nicht ist.
Der Wahlvorgang wird originellerweise über SMS organisiert (bei anderen Anläufen hat man ja auch schon Fax und Online versucht). Das geht so: Man schickt vor dem 23. Juni an die kostenfreie Telefonnummer 0800 60 50 40 eine Kurzmitteilung. Für Kandlhofer gibt man da lediglich die Nummer 2 ein. Danach erhält man eine Retour-SMS. Auf diese muss man mit einfachem JA bestätigen, in Österreich wohnhaft und über 16 Jahre alt zu sein, sowie eine aufrechte Sozialversicherung zu haben. Identifizieren muss man sich aber nicht.
Interessanterweise muss man nicht einmal behaupten, Wiener zu sein (nachprüfbar wäre es ja sowieso nicht). Also kann aus ganz Österreich gültig und ohne Gewissensbisse gewählt werden. Die Veranstalter behaupten dennoch, es sei sichergestellt, dass von jedem österreichischen Handy nur einmal gewählt werden könne.
Schauen wir mal.
Ergänzung nach der Wahl: Schade. Kandlhofer hat mit einem Abstand von bloß 170 Stimmen verloren. Damit wird der Gewerkschafter Franz Bittner also Patientenombudsmann.
Der durch zahlreiche Affären ins schiefe Licht geratene amerikanische Präsident hat die Flucht nach vorne angetreten. Er hat nun gleichsam offiziell festgehalten, dass Syrien chemische Waffen eingesetzt hat. Viel weniger gewiss scheint, dass Barack Obama eine Ahnung von allen Konsequenzen seiner Festlegung hat.
Ob der Vorwurf stimmt, lässt sich ja von außen nicht wirklich sagen. Aber angenommen, er stimmt: Dann ist einmal erstaunlich, dass auch nach amerikanischen Aussagen nur zwei Promille der Todesopfer des grausamen Krieges solcherart ums Leben gekommen sind. Alle anderen sind „herkömmlich“ umgebracht worden. Aber dennoch soll wegen eines einmaligen Ereignisses jetzt die gesamte westliche Syrien-Politik auf den Kopf gestellt werden. Denn Amerika hat sich für diesen Fall offiziell verpflichtet, die Rebellen mit Waffen zu beliefern.
Was aber folgt jetzt? Jetzt herrscht einmal großes und betretenes Rätselraten. Sogar in der Nato, wo ja etliche Länder ganz anders denken als Amerika, zeigt man extreme Zurückhaltung und schlägt salomonisch vor: Jetzt soll lieber einmal die UNO noch alles prüfen. Das ist nicht nur ein Misstrauensantrag an Amerika. Das wird mit Gewissheit dazu führen, dass die Russen als Alliierte des syrischen Diktators jede konkrete Aussage über den Gifteinsatz verhindern.
Will Amerika – offenbar zusammen mit Großbritannien – dann sowohl Nato wie UNO ignorieren? Ohne UNO gibt es nicht einmal für eine Flugverbotszone eine völkerrechtliche Basis. Und ohne UNO-Mandat Waffen zu liefern, stellt Amerika rechtlich auf eine Stufe mit üblen Staaten wie Iran und Qatar. Ist das Obamas Absicht?
Für diesen kühnen Fall taucht aber gleich das nächste Problem auf: An wen unter den zahllosen syrischen Rebellengruppen sollen die amerikanischen Waffen eigentlich geliefert werden? Wie verhindert man, dass sie in radikalen Händen landen? Was macht man, wenn sich gemäßigte und liberale Waffenempfänger in der arabischen Märchen- und Lügenwelt plötzlich als Islamisten entpuppen? Wie erklärt man es den christlichen Wählern daheim in Amerika, wenn mit solchen Waffen viele Christen getötet werden, die sich ja vor den Rebellen noch viel mehr zu fürchten haben als vor Assad?
Aber nehmen wir einmal an, am Ende gibt es wirklich freie und demokratische Wahlen in Syrien. Diese werden mit Sicherheit ähnlich wie in Ägypten mit einem Sieg der Islamisten enden. Wie will das Obama seinen Wählern erklären?
Steht doch schon heute der Austausch Mubaraks durch ein islamistisches Regime an der Spitze der Fehlleistungen der Obama-Ära. Das sieht inzwischen jedenfalls alle Welt so, bis auf die linksliberalen Mainstream-Medien, die Mubarak weggeschrieben haben und die Obama immer noch zujubeln.
Die deutschen Grünen müssen sich derzeit einem dunkeln und unrühmlichen Kapitel ihrer Vergangenheit stellen. In den 80-er Jahren haben Teile der Ökopartei die Legalisierung von Pädophilie gefordert. Dieses unappetitliche Thema ist nach über 20 Jahren nun von den Medien aufgegriffen worden und beschäftigt derzeit die deutsche Öffentlichkeit. An Österreichs Grünen ist diese Debatte bisher spurlos vorübergegangen. Zu unrecht.
Denn auch in den heimischen Grünbewegungen gab es Bestrebungen, Sex mit Kindern zu entkriminalisieren. In einem „Programm zur Sexualität“ der Alternativen Liste Wien aus dem Jahr 1984 heißt es etwa: „Wir treten ein für das Recht eines/r jeden auf Homosexualität, auf die freie und selbstbestimmte Verbindung zwischen jedem/jeder und jedem/jeder, unabhängig von Geschlecht und Alter und frei von sonstigen Regeln und Einschränkungen.“
Die Alternative Liste war eine der beiden Vorgängerorganisationen der Grünen, wobei die Wiener Landesgruppe politisch besonders weit links stand. Wie ihr Positionspapier zur Sexualität in mehreren Passagen beweist, haben sich verschiedene Gruppen innerhalb der heimischen Öko-Bewegung Mitte der 80-er für Pädophilie stark gemacht. Im Programm zur Sexualität, das vom Plenum der ALW beschlossen worden ist, heißt es weiter:
„Noch immer existieren in Österreich diskriminierende Gesetze gegen sexuelle Kommunikation der Kinder mit Erwachsenen:
§ 206 Beischlaf mit einer unmündigen Person
§ 207 Unzucht mit Unmündigen
WIR VERLANGEN: Die sofortige und ersatzlose Streichung aller Gesetze, die die Einschränkung, Reglementierung oder diskriminierende Unterdrückung der Sexualität bedeuten. In Handlungen sexueller Kommunikation, die dem freien Einverständnis aller Beteiligten (also auch der Kinder) entspringen, darf kein demokratischer Gesetzgeber sich einmischen (…)“
Was die Alternativen als diskriminierendes Gesetz und was unter sexueller Kommunikation mit Kindern verstehen, verdeutlicht dieser § 206 des Strafgesetzbuches: „Wer mit einer unmündigen Person den außerehelichen Beischlaf unternimmt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“
Die ALW hat ihre Position zur Sexualität im Übrigen fast wortident vom Programm der Homosexuellen Initiative, kurz HOSI, übernommen. Die Forderungen nach legaler Pädophilie wurden dem damaligen Zeitgeist entsprechend unter dem Vorwand der sexuellen Befreiung der Kinder erhoben. Schließlich sei die Asexualtität der Kinder nur ein Mythos, heißt es im ALW-Programm. Deshalb setze man sich „gegen die Beschneidung elementarster Persönlichkeitsrechte der Kinder, also auch des Rechts auf selbstbestimmte Sexualität“ ein. Mit pseudoemanzipatorischen und revolutionären Phrasen versuchte man die widerlichen Bedürfnisse und Forderungen pädophiler Gruppen zu tarnen.
Das gestehen nun auch die deutschen Grünen ein. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der sich in den 8o-ern ebenfalls für legalen Sex mit Kindern eingesetzt haben soll, räumt nunmehr ein: „Man habe da von einvernehmlichen und gleichberechtigten pädophilen Beziehungen gefaselt und über die strukturelle Asymmetrie zwischen Erwachsenen und Kinder hinwegschwadroniert".
Und auch die Leitfigur der europäischen Grünbewegung, Daniel Cohn-Bendit, dessen Vergangenheit die laufende Debatte in Deutschland ausgelöst hat, gesteht nun ein, dass seine Einlassungen von jedem Pädophilen als moralischer Persilschein für Kindesmissbrauch gelesen werden könnten. Cohn-Bendit hatte im Buch „Der große Basar" erotische Spiele mit Kindern in seiner Zeit als Erzieher in einem alternativen Kinderladen Ende der 70-er Jahre beschrieben. Jetzt behauptet er allerdings, dass die Beschreibungen nur seiner Fantasie entsprungen seien, er habe bloß provozieren wollen. Die linken Mainstreammedien geben sich mit dieser Erklärung, die doch etwas nach einer Schutzbehauptung klingt, nur allzu bereitwillig zufrieden.
Wie auch immer, die systematischen Missbrauchsfälle in der deutschen Odenwaldschule oder in der burgenländischen Mühl-Kommune zeigen, dass im alternativ-linken Milieu über Kindesmissbrauch nicht nur „schwadroniert“ worden ist.
Die Relativierungsversuche der grünlastigen deutschen Medien, man müsse die Aussagen Cohn-Bendits im Kontext des damaligen Zeitgeistes sehen und beurteilen, greifen schon deshalb nicht, weil es eben Politiker und Aktivisten wie Cohn-Bendit waren, die für dieses Klima und diesen Zeitgeist die Verantwortung (mit)tragen. Schon im Sinne der vielen Opfer wäre eine umfassende, ehrliche und von ideologischen Interessen unabhängige Aufklärung dringend erforderlich. Das gilt auch für Österreich, wo die ebenfalls überwiegend grün-affinen Mainstreammedien dieses unappetitliche Thema bisher links liegen gelassen haben. Und aus eigenem Antrieb melden sich die Grünpolitiker offensichtlich nicht zu Wort. Nur keine Wellen, so kurz vor den Nationalratswahlen.
Dabei wäre die deutsche Diskussion auch ein idealer Anlass, sich mit den pädophilen Strömungen und Tendenzen in der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Zumal die Grünen gerne und oft andere politische Gruppen und Institutionen (etwa die katholische Kirche) für ihre mangelnde Bereitschaft kritisieren, sich kritisch der eigenen Vergangenheit zu stellen. Nun haben die österreichischen Grünen die Gelegenheit zu beweisen, wie sie mit den Leichen in ihrem eigenen Keller umgehen. Es ist eine Art Lackmustest, wie es um die Moral und die Glaubwürdigkeit der Ökopartei tatsächlich bestellt ist.
Mag. Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. 2012 ist „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Geschichte, Politik, Ideologie und Ziele der österreichischen Grünen.
Wenn es um Europa geht, sind unsere Linken offensichtlich bereit, noch dümmer zu agieren, als sie es sonst tun. Dies beweisen gleich zwei aktuelle Beispiele. Aber auch die Wirtschaftskammer bemüht sich immer wieder, sich als besonders blöd zu outen.
Das eine Beispiel ist die Empörung einer SPÖ-Europaabgeordneten namens Karin Kadenbach über eine Aussage der Finanzministerin: Europas Norden füttere den Süden durch. Diese Erkenntnis teilt Maria Fekter bekanntlich mit Hunderten Millionen EU-Europäern. Sie sehen mit Schock und Schreck zumindest seit 2010 dieses Durchfüttern, als die ersten Mega-Zahlungen zur Rettung der bankrotten Südstaaten zu fließen begonnen haben. Das Durchfüttern findet aber im Grund schon seit Jahrzehnten (in Hunderte Milliarden ausmachenden Summen) auf dem Weg der Struktur-, Landwirtschafts- und Kohäsionsgelder statt.
Nur Frau Kadenbach sieht das alles offenbar anders. Sie hat – ganz im Gegenteil – „selten so eine menschenverachtende Aussage gehört“. Der ÖVP-Chef solle seine Finanzministerin daher in die Schranken weisen, fordert die Dame.
Womit sie sich gleich dreifach blamiert hat:
Ein solches Redeverbot ganz im linken Geist hat übrigens soeben schon wieder ein Gericht zu erzwingen versucht. Es hat in einem Witz in Facebook absurderweise eine „Verhetzung“ erkannt und darob eine Strafe verhängt. Diese ist zwar vom Obergericht aufgehoben worden, dem das Urteil offensichtlich peinlich ist; es hat jedoch nach alter, schlechter Juristenart ein banales Randargument (die Verwendung eines Smiley) vorgeschoben, statt einfach zu sagen: Genau solche Witze sollten eigentlich nicht mit dem Verhetzungsparagraphen bestraft werden, wie manche Beschwichtiger bei dessen Einführung gesagt haben. Fakt ist: Der Witz ist wie viele Witze geschmacklos, aber er ruft weder zu Gewalt noch zu sonst etwas auf. Aber zumindest die Erstinstanzrichter denken offenbar wieder wie weiland Metternich: Wer falsch denkt, wird eingesperrt. Sonst könnte ja jeder kommen und inkorrekte Witze erzählen.
Der zweite aktuelle Abgrund an linker Dummheit geht auf das Schuldkonto von Greenpeace. Der Spendensammlerverein hat nämlich völlig grundlos eine Hetzkampagne gegen den EU-Abgeordneten Seeber gestartet. Der Vorwurf: Dieser habe angeblich Formulierungen aus einem Papier der Industriellenvereinigung übernommen. Was Seeber übrigens leugnet. Aber das ist gar nicht das Thema.
Worum es eigentlich geht, ist das total widersprüchliche Verhalten von Greenpeace. Der Verein regt sich nämlich keineswegs auf, wenn etwa rotgrüne Abgeordnete Greenpeace-Behauptungen ungeprüft übernehmen.
Und noch mehr geht es um den Skandal, dass überhaupt Kritik am Verhalten des Abgeordneten geübt wird. Denn es ist sogar absolut richtig und notwendig, dass sich ein Abgeordneter bei der Industrie zum Thema „industrielle CO2-Emissionen“ kundig macht. Wo sonst sollte er erfahren, wie man weitere Schikanen für industrielle Arbeitsplätze durch die CO2-Politik der EU vermeiden könnte?
Sich über den Schutz der bedrohten Arbeitsplätze zu informieren und alles für deren Verteidigung zu tun, sollte eigentlich sogar absolute Pflicht jedes einzelnen Abgeordneten sein. Also auch der Frau Kadenbach. Denn die bisherige, extrem Greenpeace-nahe CO2-Politik der EU hat schon viele Hunderttausende Jobs aus Europa vertrieben.
Schon jeder vierte jugendliche Europäer ist arbeitslos. Aber das schert Greenpeace offensichtlich keine Sekunde. Die Arbeitslosen bekommen jedenfalls von diesem und anderen Jobvernichtungsvereinen keinerlei Angebote oder Kompensationen, die ihnen helfen würden. Dabei wäre es doch eigentlich nur fair, wenn Greenpeace zumindest einen Teil der bei gutmeinenden Hausfrauen gesammelten Millionen mit den (durch Greenpeace) Arbeitslosen teilen würde.
Und nun zur WKO: Die Wirtschaftskammer regt sich mit Hilfe des Universitätsprofessors Mazal allen Ernstes darüber auf, dass bei den Kinderbetreuungsplätzen für Kinder unter eineinhalb Jahren (=18 Monate!) "große Versorgungslücken" bestehen. Die WKO würde offensichtlich am liebsten Kinder schon im Kreißsaal in die staatliche Betreuung abschieben. Dass die Aussage von einer Frau und einem Universitätsprofessor kommt, ändert an ihrer Blödheit gar nichts.
Ein guter Tipp: Vielleicht sollten die beiden auch einmal mit Frauen reden, die kleine Kinder haben. Dann kämen sie darauf, dass an solchen Kleinstkinder-Betreuungsplätzen absolut kein Bedarf besteht. Aber freilich: Wie sollte eine KMU-Gewerkschaft wie die WKO auch draufkommen, dass eigentlich allein die Nachfrage entscheidend sein sollte. Und nicht irgendeine abstrakte Prozentvorgabe von realitätsfremden EU-Bürokraten. Die WKO ignoriert ja etwa auch bei der Geschäftssperre an Sonntagen die Nachfrage total, die man jederzeit an Bahnhofsläden und in ausländischen Grenzorten ablesen kann. Was man genauso als job- und menschenverachtend bezeichnen kann.
PS.: Der Ausdruck "KMU-Gewerkschaft" ist ein Plagiat und stammt von einem hochrangigen ÖVP-Abgeordneten. Ich übernehme die treffende Formulierung gerne und gestehe den geistigen Diebstahl ein.
Endlich macht die EU wieder einmal etwas Richtiges, das (fast) allen Europäern nutzt. Und was passiert? Die Gewerkschaften rufen zum Kampf dagegen.
Die positiven Meldungen aus Europa sind selten geworden. Da muss man es erfreut und mehr als dick unterstreichen, dass die EU-Kommission nun die Flugsicherung europaweit zusammenlegen will. Die kleinen nationalen Lufträume sind längst anachronistisch und machen das Fliegen teurer und komplizierter. Auch wenn es die Passagiere nicht direkt merken.
Natürlich führt die Zusammenlegung auch zu Personaleinsparungen. Genau diese bringen ja einen Gutteil der Kostensenkungen für die Konsumenten und für die zum Teil schwer trudelnden Fluglinien. Das genügt, um die Gewerkschaften von Frankreich bis Österreich mit wilden Protesten auf den Plan zu rufen. Deren Kampf erinnert ein wenig an den einstigen Gewerkschaftskrieg, mit dem bei der Umstellung auf E-Loks die Weiterbeschäftigung der (davor kohleschaufelnden) Heizer durchgesetzt werden sollte.
Alleine in Frankreich sind durch Proteststreiks schon Tausende Flüge ausgefallen. Man kann nur hoffen, dass das niemanden beeindruckt. Man sollte es sich nur gut merken, wenn sich die Gewerkschaft (und ihre geschützte Werkstatt, die Arbeiterkammer) wieder einmal als Konsumentenschützer aufzuspielen versucht.
Manche werden nun fragen: Hält das Tagebuch jetzt plötzlich Zentralisierungen für gut? Nun: Die sind tatsächlich immer gut, wenn sie Verbilligungen bringen. Und im Fall der Flugsicherung wird ja nicht ein funktionierender Wettbewerbsmarkt durch eine zentralistische Regelung ersetzt, sondern nationale Monopole werden zu einem europäischen Monopol zusammengefügt.
Vielleicht kann auf europäischer Ebene eines Tages sogar eine Art Wettbewerb unter mehreren gesamteuropäischen Flugsicherungen hergestellt werden. Ob das technisch funktionieren kann, wage ich nicht zu sagen. Aber es würde jedenfalls eine weitere Ersparnis für die fliegenden Konsumenten bedeuten, die ja heute schon bisweilen fast mehr an Gebühren zahlen müssen als für ihr eigentliches Ticket. Und zu den Gebühren zählen eben die Kosten der Flugsicherung.
Bei Sport-Nachrichten wird besonders viel gelogen und unter den Tisch gekehrt. Alles, was den Propagandisten des Spitzensports – also insbesondere den Sportjournalisten – unangenehm ist, wird ignoriert. Ob das nun Doping, Betrügereien, Geldverschwendung und Korruption sind. Und erst recht politische Themen.
Deswegen werden die meisten Fernseher nie erfahren, welche Kundgebungen das große Pariser Tennisturnier gleich auf mehreren Plätzen geprägt haben. Es waren nämlich Transparente gegen die französische Regierung und die Einführung der Schwulenehe.
Dabei wurde – für jene, die genauer hingeschaut haben, – auch deutlich, wie eng die Grenzen der Meinungsfreiheit heute in Frankreich schon sind. Also in dem Land, das einst die Menschenrechte auf den Kontinent gebracht hat. Gleich zwölf Zuschauer wurden einfach festgenommen. Lediglich einer hatte ein bengalisches Feuer entzündet, was man ja durchaus als legitimen Verhaftungsgrund ansehen kann. Andere, an ganz anderen Stellen, hatten bloß Transparente mit der Aufschrift: „Hilfe! Frankreich trampelt auf Kinderrechten!“ hochgehalten.
Das genügt schon, um festgenommen zu werden. Die Devise der Staatsmacht: Einsperren. Die Devise der Sportmedien: alles gesellschaftlich Relevante ignorieren. So haben ja fast alle von ihnen auch das T-Shirt-Bekenntnis des Fußballers Alaba zu Jesus ignoriert. Obwohl sie sonst sogar berichten, wenn Alaba die kleine Zehe wehtut.
PS.: Und irgendwie passt das auch perfekt zur Haltung der österreichischen Regierung. Wenn einmal unsere „Friedenssoldaten“ wirklich und ganz besonders benötigt werden, holen wir sie lieber heim. Denn es könnte ja gefährlich werden. Da schauen wir lieber weg.
PPS.: Dass das alles mit einer besonderen Vorliebe von Tennisspielerinnen für bestimmte Verhaltensweisen zusammenhängt, ist ein unbeweisbares Gerücht. Das wir natürlich streng zurückweisen.
Es ist eigentlich nur das Ergebnis einer kantonsweiten Volksabstimmung. Dennoch ist dieses mehr als lehrreich. Wahrscheinlich deshalb wird es von fast allen österreichischen Medien ignoriert . Die Bürger des Kantons Zürich haben nämlich am Wochenende mit mehr als 60 Prozent gegen eine Verschärfung der Besteuerung hoher Vermögen gestimmt. Der "Kurier" präsentierte hingegen eine Umfrage, derzufolge die Österreicher gegenteiliger Überzeugung wären. Was bedeutet der Widerspruch?
Nach der Umfrage scheint die SPÖ wahltaktisch recht zu haben, wenn sie nun mit dem Verlangen nach Vermögenssteuern in den Wahlkampf zieht. Die Österreicher wollen das scheinbar. Sind die Schweizer klüger als die Österreicher? Oder würde bei einer Vermögenssteuer-Abstimmung die SPÖ die gleiche Blamage erleben wie bei der Wehrpflicht, wo die Partei ja auch anfangs an einen sicheren Sieg geglaubt hatte?
Der miese Trick der heimischen Linken: Sie reden zwar seit Jahr und Tag von einer Vermögenssteuer. Denn sie wissen, dass in einem Land auf dem geistigen Niveau der Kronenzeitung und der Gratiszeitungen die Hatz auf die vermeintlich Reichen aufs erste immer populär klingt. Sie haben aber bis heute keinen genauen Wortlaut vorgelegt, was alles unter die Vermögenssteuer fällt. Daher glauben allzuviele, es würde ohnedies nur Mateschitz und Stronach, aber nicht sie selbst treffen.
Die SPÖ verschweigt, dass der Großteil der Vermögen in Anteilen an Unternehmen besteht. Sie verschweigt, dass bei deren Besteuerung ein guter Teil der Unternehmer Österreich verlassen wird, was die Arbeitslosigkeit vermehren wird. Sie verschweigt, dass Sparguthaben und ähnliches ohnedies schon von der Quellensteuer belegt sind, also nach EU-Regeln nicht mehr doppelt besteuert werden darf. Sie verschweigt, dass ansonsten praktisch nur Wohnungen und Einfamilienhäuser noch relevante Vermögensbestandteile bilden. Sie verschweigt, dass dadurch angesichts der wegen der EU-Schuldenpolitik explodierenden Wohnungspreise bei einer (von der Gewerkschaft vorgeschlagenen) Besteuerungsgrenze ab 500.000 Euro sehr viele Österreicher steuerpflichtig werden. Sie verschweigt, dass ihr Plan jedenfalls zu Wohnungskontrollen nach Schmuck und Kunstgegenständen führen muss, wenn zumindest die Eintreibungskosten gedeckt werden sollen.
Der "Kurier" freilich fragt nur simpel nach dem Vermögen und nicht danach, ob die Menschen wirklich all das (einschließlich des Besuchs der Steuerfahnder in ihrem Wäscheschrank) haben wollen.
In Zürich fallen die Menschen jedenfalls nicht mehr auf die populistische Anti-Reichen-Hetze der Sozialisten herein. Dabei hat Zürich als Stadt eine linke Mehrheit (in der Schweiz eine Seltenheit), wo ebenfalls so wie im ganzen Kanton die Steuererhöhungsinitiative keine Mehrheit fand. Dabei ging es dort um Besteuerung weit größerer Vermögen im Vergleich zu den viel niedrigeren Besteuerungsgrenzen, die Rotgrün und die Gewerkschaft in Österreich fordern: Thema war nämlich die Besteuerung ab zwei und drei Millionen Franken Vermögen.
Die Schweizer Sozialisten wollten bei dem Referendum primär durchsetzen, dass Vermögen ab zwei Millionen mit 4,5 statt 2 Promille besteuert werden. Auch das sind weit niedrigere Sätze, als man aus den diversen – freilich noch keineswegs harmonisierten – Forderungspapieren der österreichischen Linken kennt.
Die Mehrheit der Schweizer weiß zum - scheinbaren - Unterschied von den Österreichern, dass sie sich mit einer solchen Steuer ins eigene Fleisch schneiden würde (nur die dortigen Sozialisten wissen das nicht): Denn erstens steckt ein Großteil der Vermögen ja in unternehmerischen Veranlagungen und schafft damit weit mehr Nutzen als staatliche Budgets. Und zweitens vertreibt eine Vermögensbesteuerung sehr rasch die Reichen. Daher wohnen ja jetzt schon viele von ihnen außerhalb Zürichs, weil anderswo in der Schweiz die Steuersätze viel niedriger sind als in der Finanzmetropole. Und haargenau das würde in Österreich gleich bundesweit passieren, wenn sich die SPÖ durchsetzen sollte.
Daher wäre ich an Stelle der SPÖ gar nicht so sicher, dass sie mit ihren Steuerplänen eine Mehrheit bekäme. Wenn diese direktdemokratisch vom Volk abgestimmt würden. Denn der große Vorteil der direkten Demokratie liegt darin, dass vorher eine breite Debatte und Aufklärung stattfindet, dass Rotgrün vorher ihre Steuererhöhungspläne ganz konkret auf den Tisch legen müsste. Dann wird aber mit Sicherheit ein Entsetzensschrei durch die Bevölkerung gehen - oder die Erkenntnis, dass diese Steuer überhaupt nichts bringt, weil im Grund alles ausgenommen ist.
Das in Zürich ansässige Europäische Wirtschaftsforschungsinstitut veröffentlicht unter dem Titel „Unternehmer Monitor“ Einschätzungen der wirtschaftlichen Entwicklung, die auf der Befragung von Unternehmern und Geschäftsführern basieren. Die jüngst in der letzten verbliebenen „Wirtschaftslokomotive“ Europas, Deutschland, erhobenen Daten verheißen gar nichts Gutes.
So meinen zwar 44 Prozent der Befragten, dass die herrschende Krise nur „minimale Auswirkungen“ auf das eigene Unternehmen habe, aber stattliche 27 Prozent befürchten „erhebliche Umsatz- und Wachstumseinbußen“. Besorgniserregende acht Prozent sehen sogar die Existenz ihres Unternehmens gefährdet. Die Krise hat damit auch Kerneuropa voll erfasst. Derart negative Erwartungen werden nicht folgenlos bleiben – besonders im Hinblick auf die Beschäftigungssituation.
Das für Österreich erhobene Konjunkturklima weist ebenfalls einen massiven Abschwung aus und liegt damit offenbar weit näher an der Realität, als die Gewerkschafts- und Arbeiterkammer-affinen Jubelmeldungen des österreichischen Wifo, das leider mehr und mehr zu einer Propagandaagentur überzeugter Planwirtschaftler verkommt. Sowohl der Situations- als auch der Erwartungsmonitor des EUWIFO stehen per Anfang Juni auf absoluten Tiefstständen. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht – und zwar aus guten Gründen!
Denn die für im Herbst stattfindenden Wahlen zum Nationalrat in Stellung gehenden Sozialisten schicken sich eben an, ein wahres Feuerwerk von unternehmensfeindlichen und für die Wirtschaft empörenden Ankündigungen und Versprechungen abzubrennen. Begründet wird das mit dem abgeschmackten Schmäh eines Kampfes für mehr „soziale Gerechtigkeit“. Fast im Wochentakt wird mit Forderungen nach neuen Steuern, der Anhebung bestehender Steuern und mit der Planung zusätzlicher Gängelungsmaßnahmen für Unternehmer aufgewartet.
Besonders schlimm auf das Wirtschaftsklima wird sich wohl die Aussicht auf die Einführung einer Substanzbesteuerung von Vermögen auswirken, die großteils zu Lasten mittelständischer Unternehmen geht. Pikantes Detail am Rande: Aus eben diesem Grund wurde diese Steuer vor rund zwanzig Jahren von einem der wenigen mit wirtschaftlichem Verstand ausgestatteten Sozialisten, dem seinerzeitigen Finanzminister Lacina, abgeschafft. Welcher Teufel den Mann reitet, dass er nun plötzlich für die Wiedereinführung der von ihm einst abgeschafften Enteignungsmaßnahme eintritt, liegt im Dunkeln.
Leider ist es eine der besitzlosen Plebs schwer zu vermittelnde Botschaft, dass Vermögen nicht zuallererst aus Lustschlössern, Luxusyachten, Pelzmänteln und Privatjets, sondern aus Unternehmenskapital besteht, das zu vermindern bedeutet, den künftig verfügbaren Wohlstand der Gesellschaft zu reduzieren.
Indes ist im Land der Hämmer zu erwarten, dass die ebenso kurzsichtig wie niederträchtig auf Neidaffekte schielenden Wahlparolen auf fruchtbaren Boden fallen werden. Missgunst schadet am Ende jedoch allen. Bei diesen Aussichten kann nämlich nicht erwartet werden, dass Unternehmen, die – noch – über die dafür nötige Finanzkraft und Bonität verfügen, Investitionen tätigen werden; zumindest nicht, ohne das Wahlergebnis im Herbst abzuwarten. Die keineswegs undenkbare Bildung einer radikal linken Regierung wäre – wie das Beispiel Frankreichs eindrucksvoll belegt – ein schwerer Schlag für den Wirtschaftsstandort Österreich.
Eine über den Tellerrand hinausblickende Fiskalpolitik sucht man hier schon jetzt vergeblich. Selbst jede einzelne Initiative der einst bürgerlichen „Wirtschaftpartei“ ÖVP steht ausschließlich im Dienste kurzfristiger Stimmenmaximierung und wird maßgeblich von der unentwegten Rücksicht auf die Berichterstattung in den durch die Bank roten Hauptstrommedien bestimmt. Das gilt übrigens auch für die Politik aller anderen Parteien. Sich bei der Wahl im Herbst zwischen Pest, Cholera, Ebola, Syphilis, einem Hirnaneurysma und einem Pankreaskarzinom entscheiden zu müssen, bietet indes wenig Anlass für einen optimistischen Blick in die Zukunft…
Wie auch immer: Die nach dem unermesslichen Ratschluss des internationalen politisch-finanzwirtschaftlichen Komplexes erfolgende Flutung der Volkswirtschaften mit billiger Liquidität zeigt jedenfalls keine Wirkung – zumindest nicht die intendierte. Die Wirtschaft will – und zwar rund um den Globus – einfach nicht „anspringen“. Jene liberalen Ökonomen, die schon seit Jahren vor den Folgen der lockeren Zins- und Geldpolitik warnen, werden diesen Umstand möglicherweise mit dem Kommentar „Gott sei Dank“ versehen.
Denn aus dem Nichts geschaffener Kredit – Liquidität, die nicht erspart, also dem Konsum entzogen –- sondern einfach per Mausklick neu geschaffen wurde, zieht mittel- bis langfristig ausschließlich schädliche Konsequenzen nach sich: Schiere Wohlstandsvernichtung durch zum Teil haarsträubende Fehlinvestitionen (etwa in eine für eine Industrienation verheerende „Energiewende“) und durch den Aufbau massiver Überkapazitäten in den verschiedensten Branchen. Ihnen haben wir – nach dem politisch verordneten, mittels Schulden induzierten Boom – den nun dräuenden Abschwung zu verdanken, der, unter Aufbietung des gesamten verfügbaren Arsenals an Lenkungsmaßnamen, verhindert werden soll. Dieser Versuch jedoch ist, nach allen Lehren der Geschichte, zum Scheitern verurteilt.
Der 1973 verstorbene österreichische Ökonom Ludwig Mises fasste das Problem in einem einzigen Satz zusammen: „Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden.“ Ein Gegenbeweis zu dieser These konnte bislang jedenfalls nicht erbracht werden. Ob es zum Kollaps kommen wird, ist also nicht die Frage. Diese stellt sich nur noch nach dem Eintrittszeitpunkt. Wohl dem, der in dieser Lage eine gut funktionierende Kristallkugel sein Eigen nennt!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Zunehmend, wenn auch noch immer erschreckend langsam, beginnt sich Europa nun doch den wirklich ernsthaften Existenzfragen zuzuwenden. Und ein ganz zentrales ist dabei das Thema Energie. Sie ist (neben einem flexiblen Arbeitsmarkt gut ausgebildeter Menschen und einem auf Leistung und Vielfalt setzenden Bildungssystem) das zentrale Element einer modernen Industriegesellschaft. Nur wenn es funktionierende Antworten etwa auf die Tatsache gibt, dass Europas Gaspreis derzeit viermal so hoch wie der amerikanische ist, wird es gelingen, Europa aus seiner schier unendlichen Talsohle herauszuholen und Investoren hereinzuholen. Wie dringend das wird, zeigt etwa die Schreckensmeldung, dass mittlerweile schon jeder vierte junge Europäer arbeitslos ist. Und ohne jede Perspektive.
In der EU-Kommission beobachten mittlerweile alle Politiker und Spitzenbeamten, die sich für Wettbewerb, Arbeitsmarkt oder die Wirtschaftsentwicklung verantwortlich fühlen, panisch die Energiefrage. Es ist ihnen nun zumindest gelungen, das Thema auch beim Europäischen Rat der Regierungschefs zu verankern. Gewiss: beim jüngsten EU-Gipfel galt das primäre Interesse noch dem populistischen Kampf gegen Steuerflucht und -vermeidung.
Aber die Wichtigkeit der Energiefrage wird nun doch auch den europäischen Regierungen langsam bewusst. Sie steht jedenfalls endlich auf der Agenda. Eigentlich hätte das schon seit zwei Jahren der Fall sein müssen. Also seit erstmals die Abwanderungspläne wirtschaftlicher Champions wie etwa der Voest wegen der hohen europäischen Energiepreise bekannt geworden sind. Zumindest Optimisten hoffen, dass die mächtigsten Frauen und Männer Europas beim nächsten Gipfel auch die konkreten Konsequenzen aus dieser Lage beschließen werden.
Ohne totales Umdenken, dass eine leistbare und sichere Energieversorgung weit wichtiger ist als eine ständige Diskussion der Panikthemen, die von sogenannten ökologischen Organisationen ausgestreut werden, kann es mit Sicherheit nicht gelingen, die Krise zu beenden. Im Gegenteil. Diese wird sich ohne Lösung der Energiefrage sogar noch vertiefen.
Die USA sind da ein gutes Beispiel. Obwohl sie finanz- und schuldenpolitisch noch ärgere Fehler als Europa begangen haben, sind sie erstaunlicherweise wieder auf der Wachstumsspur. Und das verdanken sie zur Gänze ihrer Energiepolitik. Die Europäer hingegen glauben, dass man ganz von selber wieder auf die Wachstumsspur kommt. Oder gar mit noch mehr Schulden und Steuern.
Die USA haben in den zentralen Energiefragen genau das Gegenteil von Europa gemacht. Sie sind bei allen Klimakonferenzen der letzten Jahre nicht wie die EU Vorreiter, sondern Bremser gewesen. Dafür wurden sie zwar von den Europäern und den Lobbies der Umweltschützer oft getadelt, jetzt aber profitieren sie davon. Vor allem haben die USA und Kanada beim relativ neuen Thema Schiefergas ordentlich Gas gegeben, während Europa den Kontinent trotz der Krise mit Verbotsschildern zugepflastert hat. Europa will offenbar freiwillig in teurer Abhängigkeit von Russland und den arabischen Ländern bleiben, statt sich der neu entdeckten eigenen Bodenschätze zu bedienen.
Aber die Umwelt! So werden nun manche einwenden. Und sich selbst täuschen. Denn auch das von den Umweltschützern vor allem wegen der angeblich drohenden globalen Erwärmung erzwungene und sehr ambitionierte Programm der EU, den europäischen Energieverbrauch bis 2020 um volle 20 Prozent zu reduzieren, ist wirkungslos. Selbst wenn die Weltuntergangsszenarien der Klima-Apokalyptiker stimmen sollten, wird die Summe der europäischen Klimamaßnahmen die prophezeite Erwärmung der Weltatmosphäre nur um ein paar Wochen nach hinten verzögern. Im Falle ihrer kompletten Umsetzung. Wenn es wirklich Handlungsnotwendigkeiten in Sachen des globalen Klimas geben sollte, dann sind die jedenfalls nur global umzusetzen. Denn auch die Klimapaniker geben zu, dass es hier immer nur um globale Phänomene gehen kann.
Europa ist viel zu klein, um bei der erwünschten Beeinflussung der Atmosphäre sonderlich relevant zu sein. Es ist aber groß genug, dass die europäische Klimapolitik großen Schaden für die Wirtschaft der EU-Länder verursachen kann.
Dazu kommt noch die Tatsache, dass es seit eineinhalb Jahrzehnten gar keine Zunahme, sondern eine Stagnation der Erwärmung gibt (die letzten Wochen zeigen das ja wieder einmal ganz anschaulich). Und zugleich verstärkt sich die Erkenntnis, dass eine Erwärmung – ob nun durch Sonne oder durch eine Erdachsenverschiebung oder durch die CO2-Zunahme verursacht – mehr positive als negative Folgen für die Erde hätte. Beides lässt jedenfalls die Global-Warming-Theoretiker mitsamt ihren Computermodellen derzeit ziemlich peinlich dastehen. Dennoch waren sie in Europa bei der Beeinflussung der Politik sehr erfolgreich.
Ebensowenig sind die gegen den Ölschieferabbau vorgebrachten Argumente stichhaltig. Das Kernargument: Dabei würden gefährliche Chemikalien eingesetzt, die eventuell das Grundwasser gefährden.
Diese Argumente hinken mehrfach:
Das heißt natürlich nicht, dass Wasserknappheit angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung kein Problem wäre. Nur hilft es etwa den Südasiaten und Afrikanern überhaupt nichts, wenn in Mitteleuropa trotz eines gewaltigen Wasserüberflusses so gehandelt würde, als bestünde auch hier Wassernot.
Wenn nun reihenweise Industrien lieber in den USA (und in Asien sowieso) investieren als in Europa, dann müssen alle Alarmglocken klingeln. Ein Umdenken ist nötig. Aber die nationale wie die europäische Politik zögert noch damit, weil bei den Wählern nicht zuletzt unter Einfluss der Boulevardzeitungen und populistischer Politiker auf der Linken wie Rechten die Klima-, die Antiölschiefer- und die Antiatompolitik noch sehr populär sind.
Diese Politik schadet aber Europa enorm. So wie übrigens auch die Antigen- und Antihormonpolitik Europa und den dortigen Arbeitsplätzen ebenfalls sehr geschadet hat.
Die Wahrscheinlichkeit dürfte jedenfalls wachsen, dass sich diese Fehler der Politik ändern. Ich wäre daher nicht sonderlich überrascht, wenn das Umdenken schon nach den deutschen und österreichischen Wahlen deutlich konkreter würde. Denn Europa hat wirtschaftspolitisch nur noch eine Chance: Die heißt Wachstumspolitik. Diese aber funktioniert schon längst nicht mehr mit dem alten keynesianischen Rezept neuer Schulden. Denn es sind schon viel zu lange und in zu großem Umfang Schulden gemacht worden, die auf Rückzahlung warten, als dass dieses Rezept noch einmal zur Ankurbelung verwendbar wäre.
Es sind ja gerade Österreich und Deutschland, in denen diese Umweltängste heute dominieren. Einerseits weil es ihnen noch relativ gut geht; und wenn man keine echten Sorgen hat, beginnt man sich ja um zum Teil imaginäre Ängste zu sorgen. Andererseits haben in diesen beiden Ländern auch die echten Umweltprobleme seit Jahrzehnten einen höheren Stellenwert als anderswo.
Es ist fast eine Ironie der Geschichte, dass beim Thema „Global Warming“ und Ölschieferabbau ausgerechnet Frankreich zu den relativ Vernünftigen zählt, während dieses ja bei allen Finanz- und Sozialpolitikthemen an der Spitze der Unvernunft steht. Aber auch Deutschland und Österreich sollten sich – jenseits aller Wahlkampfrhetorik – bewusst sein: Sie haben langfristig kaum bessere Zukunftsaussichten. Daher hat in Österreich immerhin jetzt der sonst eher populistische Wirtschaftsminister erstmals das bisherige Tabuwort Fracking in den Mund zu nehmen gewagt. Sein deutscher Kollege redet schon viel länger davon.
Und last not least wäre mehr Unabhängigkeit bei der Energie auch strategisch für Europa günstig. Sind doch manche europäische Länder zu 80 Prozent von russischem Gas abhängig. Muss doch ausgerechnet das arme Bulgarien den weitaus höchsten Gaspreis Europas zahlen, nämlich über 43 Euro, während dieser Preis in Österreich unter 27 Euro pro Megawattstunde liegt. Und noch eine Zahl: in Europa ist Strom in den letzten Jahren um 37 Prozent teurer geworden. In den USA um 4 Prozent billiger. Aber Deutschland berühmt sich seiner Energiewende. Noch.
Europa ist nur zu retten, wenn es wieder wettbewerbsfähiger wird. Die EU hat erkannt, dass sich da viel ändern muss. Nur wagt noch kein EU- oder Regierungspolitiker laut zu sagen, was eigentlich zu tun ist. Eine Analyse über die Preistreiber im Energiebereich bis Jahresende zu erstellen, wie es der jüngste Gipfel als einziges Energie-Ergebnis beschlossen hat, ist nämlich nur die übliche Zeitgewinnstrategie von Politikern. Längst ist ja klar, wo die Fehler liegen und was zu tun wäre.
Noch immer glaubt die Mehrheit der Politiker Europas, Europa durch Gelddrucken und ständig steigende Schulden und Steuern retten zu können. Statt durch ein prinzipielles Umdenken mit Strukturverbesserungen vom Energiesektor bis zu einer Erhöhung der Flexibilität des Arbeitsmarktes.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Überaus erfreulich: Der Mann, der die US-Regierung bloßstellte, versteckt sich nicht in Anonymität, sondern stellt sich nun mit vollem Namen der Öffentlichkeit.
Es ist der 29-jährige Techniker Edward Snowden. Er hatte enthüllt, dass die USA in großem Umfang bei Google, Facebook und Microsoft Daten sammeln. Selbst wenn das durch den Kampf gegen Terrorismus gerechtfertigt wird – was in einigen Fällen auch stimmen dürfte –, so ist es dennoch dringend an der Zeit, aller Welt klarzumachen, dass die schönen sozialen Medien vieles können und kennen, nur eines nicht: Privatheit. Daher sollten insbesondere auch die jungen Menschen mit ihrem Hang zum Exhibitionismus die Konsequenzen beachten. Es sind ja auch nicht nur die Amerikaner, die da wie wild herumspionieren. Daher sollte die eigentlich normale Vorsicht in den sozialen Medien erst recht am Platz sein. Speziell in Zeiten, wo die Political correctness die Meinungsfreiheit immer mehr einschränkt. Man hat mehr „Freunde“, als man denkt. Wir sind jetzt gespannt, wie die US-Regierung reagiert. Denn zum Unterschied von den Wikileaks-Enthüllungen kann sie nicht behaupten, die Sicherheit und Soldaten wäre durch die Enthüllungen gefährdet worden. Daher müsste eigentlich die theoretisch (noch immer) in der US-Verfassung garantierte Freiheit von Informationen und Meinungen auch Edward Snowdens Freiheit garantieren. Schauen wir mal.
Den Unterschied würde ich gerne Klavierspielen können, den das Schweizer Asylreferendum jetzt wieder einmal gegenüber EU-Europa gezeigt hat.
Die Schweizer haben sich mit klarer Mehrheit für strengere Asylbestimmungen ausgesprochen. Die EU hat hingegen nur wenige Tage davor beschlossen, die Asylregeln der Union neuerlich freundlicher für die Asyl beantragenden Zuwanderer zu gestalten. Dies ist etwa in Hinblick auf das bisher geltende Verbot relevant, während des Verfahrens Arbeit aufzunehmen (deretwegen dann wiederum später trotz Ablehnung aller Asylanträge neuerdings der humanitäre Aufenthaltstitel eingeräumt wird). Alles klar? Klar auch in Hinblick auf die Frage, ob die Schweiz oder die EU bürgerfreundlicher ist? Die EU sollte sich jedenfalls nicht wundern, weshalb ihr Image bei den Bürgern ständig immer tiefer in den Keller sinkt.
Immer mehr Menschen werden immer ärmer. Tausende Leitartikel, Sonntagspredigten und Politikererklärungen werden in ganz Europa auf diesen Satz und seine Konsequenzen aufgebaut. Meistens will man damit schlechtes Gewissen erwecken, damit man noch mehr Schulden machen, noch mehr Steuern erhöhen kann. Zum Nutzen der Sozialindustrie und der eigenen Klientel. Nur stimmt der eingangs stehende Satz nicht. Ganz und gar nicht. Das Gegenteil stimmt: Die Menschheit befindet sich trotz ihrer Vergrößerung in Milliardendimensionen nachweislich im steilsten Aufwärtskurs ihrer Geschichte. Lediglich Europa hat es vorgezogen zu stagnieren.
Das Erstaunliche: Diese wichtigste und erfreulichste Botschaft seit Menschengedenken wird von den Medien und der Politik weitgehend ignoriert. Sie leben nämlich (fast) alle von den negativen Nachrichten. Und sie wollen schon gar nicht zugeben, dass der Zuwachs an Lebensqualität genau jenen Faktoren zu danken ist, die sie und andere Gutmenschen ständig verurteilen.
Faktum ist, dass in den letzten Jahrzehnten die Lebenserwartung (mit wenigen Ausnahmen wie das kommunistische Nordkorea, wie das in Korruption versinkenden Russland oder das von einem senilen Diktator gequälten Zimbabwe) jedes Jahr um einige Monate länger wird. Faktum ist, dass es kaum noch Hungersnöte in der Welt gibt, die jahrtausendelang fixer Teil der Conditio humana waren. Und ebenso Faktum ist, dass die ersten Jahre des neuen Jahrtausends seit 2000 „den schnellsten Rückgang der Armut in der Geschichte der Menschheit gebracht haben“.
Dieses Zitat stammt wohlgemerkt nicht von einer Schönfärbeagentur, sondern aus einer mehr als unverdächtigen Quelle: aus der neuen Millenniumsstudie der UNO.
Über diese Studie und diese Fakten wird nur erstaunlich wenig geredet. Denn ganz offensichtlich ist das Interesse vieler an der Armuts-Behauptung größer als an der Wahrheit. Die Sozialindustrie lebt ja vom schlechten Gewissen all jener, die keine Probleme haben, sich täglich sattzuessen, ein wohnliches Heim zu besitzen, hie und da auf Urlaub zu fahren und ihre Kinder in die Schule schicken können. Und sie lebt hervorragend davon, weil eben die Zahl und der Anteil dieser für schlechtes Gewissen empfänglichen Menschen ständig größer werden.
Gewiss, die Sozialindustriellen können auf Knopfdruck Einzelbeispiele von schrecklichen Einzelschicksalen präsentieren. Seriöse Studien gehen hingegen von der gesamten Menschheit aus. Nur so lassen sich gesamthafte Aussagen machen. Tatsache ist, dass die absolute Zahl der Armen trotz Bevölkerungsexplosionen in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als halbiert worden ist. Die relative noch viel mehr.
So mancher weitblickende Europäer denkt schon daran, in welchem Zustand sich das heute noch so viel von Armut redende Europa selbst befinden wird, wenn einmal viele Länder Asiens Europa überholen. Das wird noch in diesem Jahrhundert passieren. Auch viele Länder Lateinamerikas und Afrikas erzielen seit Jahrzehnten ein höheres Wachstum als die EU. In Europa schauen hingegen die Zukunftserwartungen dank Geburtenverweigerung, Schulden, Sozialstaat, Abgabenhöhe und Überregulierungen gar nicht gut aus.
Umso wichtiger wäre es, die Faktoren zu kennen, die der Dritten Welt zu einem solchen Erfolg verholfen haben. Der politisch am häufigsten genannte Faktor hatte dabei aber keine entscheidende Bedeutung: die Entwicklungshilfe. Die hat zwar sicher auch etliches Positives bewirkt. In der Summe aber hat sie nicht nur Korruption und Fehlentwicklungen vermehrt, sondern in den am meisten unterstützten Ländern deren Wachstum beschädigt. Entwicklungshilfe löst nämlich einen sozialökonomischen Hospitalismus aus: Man muss nur laut genug jammern, und schon wird einem von außen geholfen.
Eigene Anstrengungen und Lernprozesse sind hingegen bei der Entwicklungshilfe-Rhetorik kein Thema, ja sogar schädlich. Nützlich ist es hingegen, möglichst oft von Kolonialismus (der schon zwei Generationen her ist), Neokolonialismus (was auch immer das genau sein soll) und Global Warming (wobei jede Infragestellung der diesbezüglichen Thesen streng verfolgt wird) zu reden sowie die absurde Behauptung zu verbreiten, der Reichtum anderer Teilnehmer des Welthandels wäre die Ursache der eigenen Armut.
All diese so gerne verbreitete Rhetorik ist jedoch Nonsens. Würde sie stimmen, müssten ja Länder wie Nordkorea, die sich fast zur Gänze vom Welthandel abkoppeln, besonders gut dastehen. Das müsste auch in jenen Ländern der Dritten Welt der Fall sein, die nie Kolonien waren. Umgekehrt kann diese Rhetorik auch nicht erklären, warum in vielen Statistiken ausgerechnet die Schweiz und Singapur an der Spitze stehen, die nie Kolonien hatten.
Was aber hat wirklich die Menschheit vorangebracht? Die wichtigsten Elemente des globalen Erfolgsrezepts:
Nur mit all diesen Faktoren war es möglich, das Wissen und Können von so vielen Menschen zu aktivieren. Diese Summe ist selbst dem klügsten zentralistischen Fünfjahresplaner um ein Vielfaches überlegen. Natürlich passieren auch ohne Planwirtschaft Fehler, Dummheiten, Gaunereien. Aber in liberaler Vielfalt und Freiheit setzt sich das Bessere – eben meist auch das Gewinnträchtigere – viel rascher durch als in einem zentralverwalteten Staat oder in einer solchen Union. In einem zentralistischen Gebilde dauert es viel zu lange, bis eine Planungsbehörde einmal eingesteht, dass sie auf dem Holzweg unterwegs gewesen ist. Wenn sie es überhaupt tut.
Und Europa? Jahrhundertelang war der Kontinent nicht zuletzt auf Grund der Vielfalt seiner Staaten und Nationen, vielleicht auch wegen seines Klimas, sicher auch durch Christentum, Judentum, Aufklärung und das Erbe der griechisch-römischen Antike allen anderen weit überlegen. Heute jedoch ist Europa alt und müde geworden. Es kann sich offensichtlich nicht mehr aus den lähmenden Banden eines trügerischen Wohlfahrtssystems retten. Es muss daher zumindest am Beginn des neuen Jahrtausends im Gegensatz zu den letzten 2000 Jahren allen anderen Regionen den Vortritt lassen. Ob das noch einmal revidiert werden kann, werden erst unsere Nachfahren wissen. Sofern es solche überhaupt gibt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Der ÖVP-Vorschlag für ein neues Lehrerdienstrecht hat blitzschnell Zustimmung der Gewerkschaft gefunden und ist auch finanzierbar. So weit so positiv. Nur begreifen die Schwarzen etwas nicht: Sie haben sich mit ihrer absurden (unter dem Druck des Koalitionspartners und der Mainstream-Medien erfolgten) Zustimmung zur neuen einheitlichen Lehrerausbildung in eine Falle begeben. Aus dieser kommen sie nicht mehr heraus. Die SPÖ wird sie schon gar nicht herauslassen, hat sie doch diese Falle gezielt aufgebaut. Offensichtlich war die ÖVP mangels Bildungsexperten nicht imstande, den engen Zusammenhang zwischen den beiden Materien zu erkennen. Zugleich will die Spindelegger-Truppe möglichst viele Gesetze noch vor den Wahlen durchbringen, auch wenn es schlechte Gesetze sind (nur um zu zeigen, die Koalition lebt doch noch). Und dem ist der die Lehrerbildung verhandelnde Wissenschaftsminister Töchterle brav nachgekommen. Wenn auch ohne Ahnung um die Konsequenzen.
Die Crux mit einem Satz: Die neue Lehrerausbildung sieht von der ersten Klassen Volksschule bis zur Matura eine – mindestens – fünfjährige Masterausbildung vor; der schwarze Besoldungskompromiss sieht hingegen weiterhin unterschiedliche Entlohnungen für Pflichtschul- und AHS-Lehrer vor, die aber bisher auch deutlich unterschiedliche Ausbildungen hatten.
Auch die Dienstrechts- und Besoldungsfragen zeigen also, dass der Lehrerbildungskonsens in eine Sackgasse führt. Töchterle trägt einen großen Teil der Schuld daran. Denn dass sich die SPÖ wenig um Finanzierungsprobleme schert, war immer schon klar gewesen. Und ebenso dass sie mit einem völlig realitätsfremden und bürokratischen Ideologieziel arbeitet. Sie will ja von der Kindergärtnerin angefangen allen die gleiche lange Ausbildung verordnen.
Die anderen Defizite der neuen Lehrerbildung: Sie reißt – ausgerechnet in einer Zeit des eskalierenden Lehrermangels! – katastrophale Personallücken auf. Insbesondere in der Übergangsfrist, aber auch auf Dauer: Viele eigentlich ideal dafür begabte junge Menschen werden künftig einen weiten Bogen um Lehrer- oder Kindergartenjobs machen. Denn sie wollen und können zwar mit Kindern arbeiten, haben aber keinerlei Motivation, fünf bis sechs weitere Jahre in Schulklassen zu sitzen und praxisfremde Theorie in sich hineinzustopfen. Bei den pädagogischen Vorlesungen kommt als besonders lähmend hinzu, dass dort alle paar Jahre völlig andere Lehrmeinungen angepriesen werden.
Jeder, der eine Ahnung von den wirklichen Problemen in den ersten Schuljahren hat, weiß: Nichts wird sich bessern durch noch mehr Jahre Hörsaal vor dem Einsatz. Es geht vielmehr um die Möglichkeit, schon am Beginn der Ausbildung – aber vor allem auch dann während des Schul- oder Kindergarten-Einsatzes – ungeeigneten Lehrern Auf Nimmerwiedersehen sagen zu können. Dabei darf es keine Rücksicht auf das Dienstrecht, sondern nur auf die Kinder geben.
Ursache einer individuellen Nicht-Eignung ist primär die oft große nervliche Belastung, tagtäglich mit 25 Kindern fertig werden zu müssen. Die Eignung dafür sieht man im Grund leider immer erst in der Praxis. Ein weiteres Problemfeld sind die Pädagogischen Hochschulen: Dort wird man aufgenommen, auch wenn man selbst nicht perfekt Rechtschreiben und Rechnen kann. Und man lernt es auch dann an der Hochschule nicht mehr.
Eine wirklich positive Reform der Lehrerbildung würde die Pädagogischen Hochschulen ebenso wie die Universitäten wirklich unabhängig aufstellen. Und nicht als Weisungsempfänger einer ideologisierten Ministerin, die Rektoren nur wegen eines einzigen Interviews feuert, in dem diese eine andere Meinung als die Ministerin vertreten.
Zusätzlich muss es aber auch um den Zustand der Universitäten gehen. Dort werden ja beispielsweise Französisch- oder Geschichtslehrer für die AHS und BHS produziert, die vom Gegenstand nur sehr geringe Ahnung haben. Dennoch wird in Sachen Unis oder PH von keinem der zahllosen Konzepte auch nur an einer Stellschraube gedreht.
Die Volkspartei, die (bis auf den Kindergarten) den roten Einheitsausbildungs-Plänen zugestimmt hat, ist nun über die wachsende Erkenntnis ganz überrascht, dass diese Pläne ein Unsinn sind. Und dass diese nun auch ein neues Lehrerdienstrecht sehr erschweren.
Die ÖVP hat durch ihre Zustimmung der Linken ja sogar ein gutes Argument für ihre Einheitsideologie geliefert: Na, wenn die gleich ausgebildet werden, müssen sie auch gleich viel verdienen.
Dabei waren schon ohne die genannten Probleme die Dienstrecht-Verhandlungen massiv überlastet. Den Junglehrern deutlich mehr zu zahlen und dafür die Gehaltszuwächse am Ende der Laufbahn einzubremsen, dieses Konzept funktioniert nur in der Theorie. Auf etliche Jahre kostet das deutlich mehr Geld, und es schafft für Jahrzehnte in den Schulen eine Zweiklassengesellschaft. Von den kleinen Tricks der Beamtenministerin, die auch den alten Lehrern heimlich etliche Zulagen streichen will, was noch keine Gewerkschaft akzeptiert hat, ist da noch gar nicht geredet.
Das Problem der viel zu steilen Gehaltskurven hätte man schon seit Jahrzehnten bei den jährlichen Gehaltsrunden in vielen Minischritten angehen und inzwischen weitgehend lösen können. Also: Man gibt den jungen Lehrern mehr Erhöhung, aber den älteren weniger. Das geschah aber nicht. Die Politik hat immer auf „große“ Lösungen gewartet, und die Lehrervertreter gehören wie Gewerkschafter halt meist zu den älteren Jahrgängen.
Völlig ungelöst ist auch das Problem der sogenannten Hilfskräfte zur Entlastung der Lehrer. Diese verweisen auf internationale Vergleiche. Denen zufolge müsste eine fünfstellige Zahl von Psychologen und anderen Hilfskräften zusätzlich in die Schulen marschieren. Das ist natürlich so nicht finanzierbar. Das wäre aber zum Teil durchaus sinnvoll. Es ist beispielsweise schlichter Wahnsinn, wenn sich sogar Schuldirektoren jede Unterlage selbst kopieren müssen, weil es kaum Sekretärinnen gibt.
Viel fragwürdiger ist aber der Ruf nach Heerscharen von Psychologen. Es stimmt zwar, dass heute der Umgang mit Schulkindern viel schwieriger geworden ist, dass es viel mehr Problemkinder gibt. Durch den größeren Anteil von Einzelkindern; durch den wachsenden Anteil von Kindern aus Kulturen, in denen noch das Faustrecht zu gelten scheint; durch Zuwanderkinder, bei denen man auf keinerlei Bildungsorientierung aufbauen kann (die es in heimischen Arbeiter- und Bauernfamilien meist sehr wohl gibt); durch die psychologischen Schäden als Folge von elektronischem Dauerkonsum; durch die hohe Anzahl von berufstätigen Müttern. Und nicht zuletzt durch den modischen Trend zur Inklusion, also durch den wachsenden Zwang, Kinder in den Normalunterricht zu nehmen, die früher in eine Sonderschule geschickt worden sind. Als Ergebnis sitzen jetzt in vielen Klassen oft schwer verhaltensgestörte Kinder und terrorisieren zugleich Lehrer und Mitschüler.
Noch schlimmer ist die Lage dadurch geworden, dass man den Lehrern fast alle disziplinäre Mittel genommen hat. Immer wieder haben populistische Politiker das Geben von Strafen getadelt und eingeschränkt. Die Lehrerautorität hat überdies auch dadurch gelitten, dass Schulzeugnisse immer öfter juristisch beeinsprucht werden (oft mit Erfolg). Und last not least stehen Eltern, die früher immer an der Seite der Lehrer gestanden sind, jetzt in einer geänderten Wertestruktur fast immer nur an der Seite der Kinder (wobei beide Extreme schlecht sind).
Die Lehrervertreter begehen in dieser Situation den Fehler zu glauben, dass man all diese Probleme an Psychologen abschieben und solcherart lösen kann. Wenn man wirklich beobachtet, was Psychologen in schwierigen Situationen machen und wie wenig Erfolge sie erzielen, dann kann man nur lachen. Jedoch geben die Psychologen ihre Ohnmacht nicht gerne öffentlich zu.
Denn zum Unterschied von den Lehrern gibt es ein massives Überangebot von jobsuchenden Psychologen. Die freuen sich alle schon auf feste Anstellungen im Schuldienst. Den Lehrern und Schülern wird dies freilich nur wenig nützen. Es muss um Erziehung und Konsequenzen gehen, nicht um Jobs. Aber das werden wir erst einige Jahrzehnte und Milliarden später mit Staunen erkennen.
Auch wenn es schon sein kann, dass der eine oder andere Psychologenposten wirklich hilfreich ist, so liegt die Lösung des Problems vor allem in der Rücknahme vieler der skizzierten populistischen Schul-„Reformen“ der letzten Jahrzehnte (also durchaus auch aus der Zeit einer schwarzen Ministerin).
Auch ist der ÖVP-Vorschlag in vielen Details noch sehr unklar. Etwa: Was bedeutet die Umstellung der Lehrverpflichtung von Unterrichtsstunden auf Präsenzstunden genau? Muss es dann nicht auch das Recht jedes Lehrers auf einen Arbeitsplatz, auf Computer und Schreibtisch geben? Und wie teuer kommt das? Wo ist der Platz dafür?
Dennoch geht der Vorschlag in die richtige Richtung. Alleine der Umstand, dass etliche gehaltsrelevante Entscheidungen in die Schulen verlegt werden sollen, ist sehr positiv. Ebenso muss man erleichtert sein, dass jetzt der Generaltenor der Schuldebatte nicht mehr auf der ständigen Lehrerbeschimpfung durch die beiden SPÖ-Ministerinnen und die Herren Androsch und Schilcher liegt. Lehrer zu sein ist vielmehr eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben einer Gesellschaft. Daher verdienen Lehrer prinzipiell jede Anerkennung – wenn wir uns einmal von den zehn bis zwanzig Prozent schwarzen Schafen getrennt haben.
Angesichts all dieser Probleme ist es jedenfalls absurd zu glauben, dass noch im Juni ein neues, in allen Details durchdachtes Lehrerrecht beschlossen werden kann. Sind doch im September Wahlen. Daher wird es wohl auch nicht mehr dazu kommen. Und wenn doch, können die Neuregelungen nur schlecht und huschpfusch kommen.
Die Hauptschuld am Stillstand trägt zweifellos eine Claudia Schmied, die ihre sieben Ministerjahre (neben der Lehrerbeschimpfung) fast nur für ihre Gesamtschulpropaganda verschwendet hat.
In Deutschland sind künftig eingetragene Partnerschaften auch steuerlich gleichzubehandeln. Das hat das deutsche Höchstgericht in Karlsruhe jetzt entschieden. Das ist das gleiche Gericht, das bisher die europäische Schuldenwirtschaft zwar immer scharf kritisiert, aber letztlich nie zu verbieten gewagt hat. Obwohl spätestens seit 2010 die Rechtswidrigkeiten dieser Politik eindeutig sind. Im Fall der Euro-Haftungen brechen die Richter aus falscher Europaräson das Recht und bleiben untätig; im Fall der schwulen Partnerschaften haben sie hingegen keine Scheu, zugunsten einer aggressiven Minderheit die Gesetze der Sparsamkeit zu durchbrechen und die Staatsfinanzen auszuräumen.
Ein totaler Widerspruch? Ja, in der Tat. Aber auch Richter sind feige und opportunistische Menschen.
Auch der österreichische Verfassungsgerichtshof wird da zweifellos in Bälde wie fast immer nachstolpern. Es ist ja kaum einer Erwähnung wert, dass sich natürlich auch er fürchtet, aus den rund um den Euro begangenen Rechtsbrüchen Konsequenzen zu ziehen, nachdem sogar in Karlsruhe die Angst über das Recht gesiegt hat.
Vertragswidrig verletzt wurden etwa die No-Bailout-Verbote wie auch die ja gleich mehrfach einbetonierten Defizitlimits. Dabei hat soeben auch der Internationale Währungsfonds erstmals die katastrophalen Fehler bei der Griechenland-Hilfe zugegeben, EU und EZB haben das freilich noch nicht getan. Aber die deutschen Richter fürchten sich jedenfalls und sagen daher immer nur: Bis hierher und nicht weiter. Obwohl die deutsche EU-„Hilfe“ dann ständig doch weitergeht. Und die Österreicher sagen eben gar nichts.
Umgekehrt wird auch der österreichische VfGH zweifellos in sklavischer Nachfolge zu Deutschland demnächst auch den homosexuellen Linksmenschen viel von dem (eigentlich längst nicht mehr vorhandenen) Steuergeld zuschieben.
Die Hauptverantwortung für beide Fehlentscheidungen liegt aber nicht bei den feigen Richtern, sondern bei der Politik, wie etwa das jetzige Urteil der Gleichstellung der Ehe mit schwulen Partnerschaften zeigt. Bei den Linksparteien braucht‘s keine lange Erklärung für ihre Haltung. Haben sie doch immer die schwulen Interessen vertreten und nicht die der Steuerzahler. Und die konservativen Parteien haben in ihrer Naivität immer geglaubt, durch halbes Nachgeben mit solchen Gruppen Kompromisse schließen zu können. Diese Kompromisse haben dann „eingetragene Partnerschaft“ oder so ähnlich gelautet.
Welch Selbsttäuschung! Denn damit hat man den richterlichen Gutmenschen überhaupt erst die Instrumente in die Hand gegeben, sich an die Seite dieser Gruppen zu stellen und aus dem halben Nachgeben ein ganzes zu machen.
Hinter der Naivität der konservativen Parteien sind oft die „Berater“ aus der zweiten Linie gestanden, die geglaubt haben, ÖVP oder CDU durch solche Dummheiten „moderner“ machen zu können. Ebenso waren bürgerliche Politiker verantwortlich, die sich durch solches Nachgeben positive Kommentare bei den linken Medien holen wollten. In Wahrheit haben die Konservativen dadurch aber natürlich nur massiv Wählervertrauen verloren, nichts jedoch gewonnen.
Auch das dritte Lager hat in diesem Themenkreis keine sonderliche Glaubwürdigkeit. Der Grund ist klar: Wie sollten da ausgerechnet die Erben eines Jörg Haider oder Guido Westerwelle glaubwürdig werden?
Dabei wäre die Lösung ganz einfach und klar auf der Hand: Aber sie wird ausgerechnet durch kurzsichtige christliche Gruppen und Bischöfe blockiert, welche die staatliche Ehe mit Zähnen und Klauen verteidigen. Sie vergessen dabei völlig, dass diese staatliche Zivilehe vor nicht einmal hundert Jahren erst gegen heftigen kirchlichen Widerstand geschaffen worden ist.
Die einzige Lösung des Dilemmas hat einen rein liberalen Kern, der auf einen Satz komprimierbar ist: Der Staat hat sich weder positiv noch negativ in zwischenmenschliche Beziehungen einzumischen. Weder durch das Strafrecht noch durch Zeremonien noch durch finanzielle Folgen, die an solche Beziehungen (ob sie nun Ehe, Partnerschaft, Sexualität oder Freundschaft heißen) geknüpft sind.
Würde dieses liberale Prinzip umgesetzt, könnte die Kirche wieder frei und ohne Rücksicht auf den Staat ihre Trauungen durchführen oder verweigern. Der Staat bräuchte keine aufwendigen Standesämter mehr zu betreiben. Jeder kann mit jedem jeden Vertrag schließen und bei Notaren oder Ämtern deponieren oder auch nicht schließen. Wichtig ist nur, dass nichts zu Lasten eines Dritten oder der Allgemeinheit geht.
Der Staat hat aus liberaler Sicht überhaupt nur in einem einzigen Fall das Recht, etwas zu Lasten Dritter, also meist der Steuerzahler, zu fördern: Wenn Paare für Kinder sorgen.
Eigentlich müssten das auch katholische Bischöfe genauso sehen: Kinder sind ja in katholischer Sicht der Hauptzweck einer Ehe.
Und für Liberale (zumindest für jene, die über die nächsten Quartalsergebnisse hinauszuschauen vermögen, was in der Industriellenvereinigung allerdings derzeit nicht der Fall ist) sind Kinder eine absolut notwendige Zukunftsinvestition.
Dafür, aber nur dafür darf man auch andere Menschen enteignen. Nichts anderes als Enteignung bedeutet es ja, wenn man Menschen mit Mitteln, die bis hin zum Einsatz der Polizei gehen, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abnimmt.Oder wenn man ihnen die Verfügungsmacht über ihr (Wohnungs-)Eigentum entzieht.
Hingegen gibt es für einen Liberalen absolut keinen Grund, mit so brutalen Methoden (die manche schlicht als Raub bezeichnen) auch zugunsten kinderloser Paare vorzugehen. Ob diese nun verheiratet sind oder nicht. Ob sie eine sexuelle Orientierung haben oder nicht. Und in Wahrheit gibt es auch für Christen keinen Grund.
Der einzige Grund, dass da dennoch Geld fließt, liegt in Strukturkonservativismus und verantwortungslosem Populismus der Gesetzgeber, also Parteien.
Nur deswegen hält Deutschland am steuerreduzierenden Ehegattensplitting fest, eben auch dort wo dieses kinderlosen Paaren zugutekommt. Nur deswegen hält Österreich an vielen Förderinstrumenten auch für kinderlose Paare fest, insbesondere im Bereich der Sozialversicherung, aber auch im Mietrecht.
Dennoch hört man erstaunlicherweise auch von Liberalen nur selten den Ruf, diesen Unsinn endlich zu beenden.
PS.: Apropos Ehevertrag: Kluge Juristen empfehlen bei derjetzigen Rechtslage, schon vor der Eheschließung einen Vertrag über die gemeinsamen Vermögensverhältnisse zu schließen.
Österreich zieht also jetzt doch vom Golan ab. Mit anderen Worten: Wenn es wirklich darum geht, zum Frieden beizutragen, dann sind unsere Friedenssoldaten zu schade dafür.
Speziell in Wahlkampfzeiten. Freilich hat man auch schon vorher gewusst: Im Grund wollen wir das Bundesheer ja eh nur zum Sandsackfüllen. Wenn hingegen Risiko damit verbunden ist, einen regional stabilisierenden Korridor zwischen Israel und dem syrischen Bürgerkriegschaos zu sichern, dann ziehen wir rasch ab. Die vielberühmten Blauhelme – die früher an anderen Einsatzorten auch trotz Todesopfern geblieben waren! – sind heute nur noch für die Sonntagsreden der Politik und bunte Werbebroschüren des Heeres gut. Das entspricht zwar sicher der Mentalität einer Bevölkerungsmehrheit. Dann sollte man aber sämtliche Auslandsaktivitäten gleich ganz bleiben lassen. Insbesondere dann, wenn wie fast immer weder UNO noch EU eine klare, einheitliche und umsetzbare Strategie haben. Für Österreich selbst bleibt nur die Hoffnung, dass andere Nationen eines Tages nicht so beiseitestehen werden, wenn wieder einmal in Österreichs Umgebung Unruhen und Unsicherheit eskalieren.
Über den dramatischen Bericht des Rechnungshofs zur Linzer Finanzgebarung wird sich jemand am meisten ärgern, der gar nichts mit Linz zu tun hat.
Und das ist die Salzburger (bald Alt-)Landeshauptfrau Burgstaller. Sie hat im Gegensatz zu den Linzer Genossen im Vorjahr nach Geheimaktionen von Beamten und Spekulationsverlusten selbst tränenüberströmt und selbstkritisch die Flucht nach vorne angetreten. Und daraufhin vom Noch-Koalitionspartner und der Öffentlichkeit ordentlich eine draufgekriegt. In Linz ist alles noch viel schlimmer. Dort hat die Politik nicht nur selbst die Hochrisiko-Veranlagungen genehmigt; dort hat sie sogar stahlhart die Angebote der Bank abgelehnt, aus Hochrisikogeschäften auszusteigen; und dort wird jetzt in einem Prozess (an dem die Anwälte auf Steuerzahlers Kosten gewaltig verdienen) die ganze Schuld der Bank zugeschoben. So eisern eben, wie halt richtige Sozialdemokraten Politik machen: dicht halten und nur keine Sekunde lang Menschlichkeit oder Ehrlichkeit zulassen; schließlich stellt man in Linz noch immer die Hälfte des Stadtsenats (auch wenn man bei der letzten Wahl mehr als 12 Prozentpunkte verloren hat). So gibt ja auch ein Werner Faymann keine Sekunde zu, dass Österreich kein Finanzproblem hätte, hätte er nicht im September 2008 Milliarden unters Volk geschleudert. So hat sich auch der ÖGB-Boss Verzetnitsch zum großen Rätselraten fast aller Strafjuristen wegen des Bawag-Skandals nie auf eine Anklagebank setzen müssen. So gibt es aber auch immer noch Orange-Blaue, die keinerlei Gewissensbisse wegen der Kärntner Milliarden-Schäden haben.
Gewiss machen Goldpreis wie Aktienkurse bisweilen scharfe Zacken nach unten. Dennoch ist beides deutlich gestiegen. Der Grund ist klar: Die Anleger flüchten im Eiltempo zu Gold und Aktien. Sie flüchten vor den Raubzügen der nationalen und der europäischen Politik auf ihre Ersparnisse. Und sie vermuten zu Recht für die Zukunft noch viel Böseres, insbesondere durch eine „Bankenunion“.
Das hemmungslose Gelddrucken durch die Europäische Zentralbank ist ein Mechanismus von vielen, der primär die Sparer trifft. Noch viel schlimmer sind die direkten Raubzüge der Politik zur Finanzierung ihrer Ausgabenwut auf die Banken. Denn auch damit trifft sie immer automatisch auch die Sparer: Bankenabgabe, Finanztransaktionssteuer, Kursgewinnsteuer, Ende des Bankgeheimnisses. Eine ähnliche Wirkung haben natürlich auch die vorgeschriebenen – an sich durchaus sinnvollen – Erhöhungen des Eigenkapitals, das ja keine Ertragszinsen abwirft.
Völlig verdrängt wird – wenn nicht gerade der Erste-Bank-Chef einen öffentlichen Wutanfall wagt – ein weiterer Raubzug: die absurde ungleiche Behandlung von Krediten: Die Staaten haben sich in den Basler Abkommen eine durch nichts mehr gerechtfertigte Privilegierung (Verbilligung zu Lasten der Sparer) von Staatsanleihen gesichert. Diese haben sich ja in Wahrheit, siehe etwa Griechenland, als durchaus riskant erwiesen.
Das alles kostet Sparer, Lebensversicherte und Pensionsvorsorger schon Milliarden. Alljährlich. Das ist aber noch nichts gegen das, was unter dem Stichwort „Bankenunion“ droht. Diese wird derzeit in aller Diskretion – unter österreichischer Koordination! – durch die sogenannte Eurogruppe vorbereitet. Unter diesem Titel droht ein neuer Zugriff auf die Allgemeinheit zugunsten der schuldigen Banken und Länder. An der Brüsseler Oberfläche tobt der bürokratische Atomkrieg, ob nun die Kommission, die EZB oder eine neue Euro-Bürokratie - Deutschland hat ja wahnsinnigerweise jetzt dem französischen Verlangen nach einer hauptamtlichen Euro-Führung zugestimmt! - diese ganze Bankenunion leiten wird.
Wie auch immer die noch nicht im Detail vorliegende Regelung aussehen wird (die auf jeden Fall Geld kosten wird): Sie wird mit Sicherheit eine „Absicherung“, also in Wahrheit Belohnung für riskant agierende und sorglose Banken bringen.
Das haben wir ja im Fall der Hypo Alpe-Adria schon einmal – innerösterreichisch – erlebt. Denn bei dieser wurden die eigentlich Verantwortlichen durch das Duo Faymann-Pröll aus der Haftung befreit. Ursprünglich hatte ja das Land Kärnten für die Bank mit fast 20 Milliarden gehaftet! Das Geld wurde unter Jörg Haider zur Finanzierung von Kärntner Prestigeprojekten sowie für den großmannsüchtigen Plan ausgegeben, den Balkan bankmäßig zu erobern. Zugleich hat die Bundesregierung leichtfertig die Bayern als Käufer der Bank aus der Haftung entlassen (was freilich Gerichte noch prüfen). Als Folge kann Kärntens neue Regierung weiterhin populistische Wohltaten verteilen, etwa durch die Abschaffung des Pflegeregresses.
Als weitere Folge haften jetzt alle Österreicher für den viele Milliarden schweren Brocken aus Kärnten. Und die Bundesregierung weiß nicht, wie der finanziert wird. Eigentlich weiß sie es schon, sagt es nur noch nicht deutlich: durch neue Steuern und Raubzüge auf die Sparer auch seriöser Banken. Sie will uns erst nach den Wahlen sagen, dass diese Erbschaft Jörg Haiders und einer Fehlentscheidung der Regierung Faymann-Pröll uns eine weitere dramatische Zunahme der Staatsverschuldung einbringen wird. Und irgendwann wird dann halt auch wieder der private Goldbesitz verboten werden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Jedes Jahr bemüht der Manager-Vergleich der Arbeiterkammer wissenschaftlich fragwürdige Methoden, um die Ungerechtigkeit des „Systems“ zu beweisen. Dabei vergleicht man die Jahresbezüge der 78 wichtigsten Manager der 20 größten ATX-Konzerne (im Schnitt 1,4 Mio. Euro) mit den Durchschnittsgehältern von 3.627.300 Österreichern (27.800 Euro) und kommt auf ein Verhältnis von 1:49.
?In der wissenschaftlichen Forschung werden Ausreißer nach oben wie nach unten aus Stichproben entfernt, um das Ergebnis nicht zu verzerren. Es sei denn, man wünscht genau dieses. ?Anif ist eine kleine Gemeinde südlich der Stadt Salzburg. Dort lebt auch Eliette von Karajan, sie wird auf 400 Millionen Euro geschätzt. Wollte man das Durchschnittsvermögen der 4.021 Anifer berechnen, würde alleine das Karajan-Erbe jeden Einwohner statistisch um 100.000 Euro reicher machen – selbst wenn dieser drei Jahre alt wäre und in einer Sozialwohnung lebte. Darum scheidet man solche Fälle in seriösen Untersuchungen aus. Die 78 wären von den 3.627.300 „Normalos“ also auszuscheiden.
Arbeiterkammer-Heuchelei: Huub Stevens bekam das 63-fache
Die AK möchte die steuerliche Abzugsfähigkeit von Managergehältern bei 500.000 Euro deckeln. Sie hat dies allerdings nicht mit Fußballer-Gehältern vor: Bei Red Bull Salzburg etwa verdient niemand weniger als 600.000 Euro.
Wenn Österreichs 78 Top-Manager 1,4 Millionen verdienen, dann ist das „ausufernd“, gierig und kapitalistisch. Dem ist allerdings nicht so, wenn es Fußball-Trainer wie Huub Stevens (bis 2011 bei RB Salzburg) mit 2,0 Millionen tun – immerhin das 72-fache des österreichischen Durchschnittslohnes. Der Salzburg-Spieler Gonzalo Zarate soll 1,2 Millionen Euro brutto im Jahr abgecasht haben, Rapidler Steffen Hofmann eine Million Euro.
Ungerechtigkeit künstlich herbeigerechnet
Will man die Ungerechtigkeit eines Systems künstlich herbeirechnen, braucht man aus einer Millionenzahl bloß ein paar Dutzend Ausreißer herauszupicken und sie in Relation zu den Millionen zu setzen. Genauso gut könnte man aus 3,6 Millionen Angestellten auch ein paar Dutzend Top-Pfuscher hervorheben und damit die Ungerechtigkeit des Sozialstaates beweisen. ?Oder die Ungleichverteilung der 3000er-Gipfel in Österreich beklagen: Immerhin haben Tiroler hier 640-mal so viele wie die Oberösterreicher.
AK vergleicht Äpfeln mit Birnen
Auch der Vergleich von 78 (größtenteils) Industrie-Managern mit einem „österreichischen Durchschnittsgehalt“, das insbesondere aus niedrigen Dienstleistungs- und Handwerkerlöhnen besteht, ist wissenschaftlich zweifelhaft.? Beispiel: Ein Vorstand des AMAG-Konzernes verdiente 2012 etwa 706.000 Euro brutto im Jahr. Ein AMAG-Mitarbeiter bekam 52.000 Euro – und nicht 27.800, wie von der AK angedeutet. Damit bekam der AMAG-Manager das 14-fache eines Angestellten. Und nicht das 49-fache, wie den Menschen suggeriert wird. ?Die Österreicher arbeiten vor allem in kleinen Dienstleistungsbetrieben. Dort ist man aber weniger produktiv als in der Industrie – es können weder Maschinen, Groß-Anlagen noch Fachleute eingesetzt werden. So fällt für Mitarbeiter auch weniger ab.
Ein Beschäftigter in der Gastronomie produziert 49.000 Euro Umsatz (nicht Lohn!), ein Beschäftigter in der Metallverarbeitung aber 469.000 – beinahe das Zehnfache. Bei 49.000 Euro Umsatz muss der Kellner froh sein, wenn ihm überhaupt 27.800 Euro Brutto gezahlt werden können. Von wegen „27.800 Euro“: Nicht nur beim Aluminium-Konzern bleibt Angestellten mit 52.000 Euro fast doppelt so viel übrig.
Seriöse Betrachtung – 1:7
Lässt man die 78 Ausreißer weg, verdienen Österreichs Manager der ersten Ebene das 7-fache eines Durchschnittsgehaltes, die der zweiten Ebene das 4-fache. Von der AK bejubelte Gesellschaftskritiker wie Reinhard Fendrich bringen es hingegen mindestens auf das 11-fache, der von der AK völlig unbeachtete Huub Stevens sogar auf das 72-fache.
Verantwortung für Demokratie
Mit dem politisch inszenierten „Gerechtigkeits-Defizit“ unterstützt die AK seit vielen Jahrzehnten die SPÖ, die sich als „gerechte“ Partei vermarktet und so die verunsicherten Wählerstimmen auffangen kann.? Seit zehn Jahren haben die Angriffe aber eine andere Dynamik bekommen: „Das System muss weg“, meinte der scheidende Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel aggressiv. Und auch Nachfolger Rudolf Kaske wurde mit Bürgerkriegs-Getöse („… dann wird Österreich brennen!“) berühmt. ?Wer den Bürgern über die Jahrzehnte hinweg weismacht, dass „alles immer schlechter und ungerechter“ werde, die Armut wachse (obwohl sie sinkt) und dass sich eine kleine Minderheit (auf Kosten der Mehrheit) immer unverschämter bereichere, der sollte sich mit der jüngeren Geschichte Österreichs befassen.
Denn die Destabilisierung eines Systems kann es tatsächlich kollabieren lassen – aber nicht in die Richtung, die den Herren Tumpel, Kaske und Co gefallen dürfte.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Der Betriebswirt und Wirtschaftspädagoge befasst sich in seinen Büchern mit Kapitalismus und Globalisierung aus liberaler Sicht und wendet sich gegen „die staatlich geschürte Abstiegsangst“. Zuletzt erschien sein Buch „Die Gemeinwohl-Falle“.
Eigentlich kann man die beiden Koalitionszwillinge fast verstehen: Sie gehen der unendlichen Flut von Fernsehdiskussionen vor der Wahl weitgehend aus dem Weg. Wer nichts zu sagen hat, sollte auch nicht allzuviel zu sagen versuchen. Schon gar nicht, wenn er fast ständig auftreten muss. Diese aber auch für gewichtige Politiker unerträgliche Flut an Diskussionen ist durch zwei Faktoren ausgelöst worden (abgesehen von der Phantasiearmut der Fernsehmacher): Erstens durch die – völlig gleichberechtigte! – Teilnahme einer durch bloßen Fraktionswechsel einiger Hinterbänkler entstandenen Partei; und zweitens durch die wachsenden Ansprüche der Privatfernsehsender. Bundes- und Vizekanzler wollen sich daher mit nachvollziehbaren Gründen rar machen. Freilich kann man sie dabei nur „fast“ verstehen. Denn ihr Verhalten hat auch sehr bedenkliche Seiten.
Die Absagen der Herren Faymann und Spindelegger sind nämlich ganz eindeutig in Absprache erfolgt. Damit ist aber endgültig klar: Die beiden sind händchenhaltend dabei, auch schon die nächste Koalition vorzubereiten. Das kann man bei Faymann durchaus verstehen. Denn Rotgrün ist meilenweit von einer Regierungsmehrheit entfernt. Und sonst hat Faymann keine echten Alternativen zu Rotschwarz, also zu dem, was einst eine große Koalition war.
Bei Spindelegger kann man das viel weniger verstehen. Viele der schwarzen (Ex-)Wähler hätten es nämlich eindeutig vorgezogen, wenn die ÖVP zumindest ernsthaft auch die Alternative einer Rechtskoalition versuchen würde.
Gewiss: Eine Dreierkoalition ist keine einfache Sache, die in diesem Fall wahrscheinlich notwendig geworden wäre. Aber eine Koalition mit der SPÖ war und ist noch viel weniger einfach und für die Mehrheit der bürgerlichen Wähler die wahrscheinlich allerübelste Variante. Denn mit dieser Partei sind weder wirtschaftsliberale noch wertkonservative Positionen umsetzbar. In dieser Konstellation kann die SPÖ den ORF in demokratieschädlicher Weise wie Privateigentum behandeln.
Mit Blau und (wahrscheinlich) Stronach hat man wenigstens konservative Werte gemeinsam. Mit Stronach und (wahrscheinlich) Grün kann man wenigstens teilweise wirtschaftsliberale Positionen realisieren.
Mit Rot findet hingegen nur noch ein Kartell der Postenverteidiger statt. Dennoch hat die ÖVP nicht nur die Fernsehabsagen mit der SPÖ koordiniert, sondern realisiert auch gemeinsam eine Flut von Gesetzen, die allesamt schlecht sind. Die nur deshalb in den letzten Wochen vor der Wahl durchs Parlament gepeitscht werden, damit die Koalition etwas als erledigt bezeichnen kann. Die aber allesamt gegen den Willen der Mehrheit der bürgerlichen Wähler stehen. Ob das nun die Gesetzesbeschwerde ist (die statt zu der notwendigen Beschleunigung zu einer deutlichen Verlängerung von Zivilprozessen führen wird). Ob das die gemeinsame Lehrerausbildung ist (durch die die weisungsgebundenen Pädagogischen Hochschulen mit Universitäten gleichgestellt werden; und durch die die Volksschullehrerausbildung so stark verlängert wird, dass mit Garantie in Kürze viele Klassen ganz leer bleiben werden). Oder ob das die homosexuelle Stiefkindadoption ist (wo man sich keine Sekunde um die Interessen der Kinder geschert hat).
Besonders absurd ist das nun ebenfalls schnell durchgezogene Gesetz über Uni-Fusionen. Da muss selbst der Faymann nicht gerade fernstehende Verfassungsdienst zugeben, dass das ein völlig irrelevantes Gesetz ist. Es sagt nämlich nur: Wenn wir einmal eine Uni-Fusion machen wollen, dann machen wir ein Gesetz. Lächerlicher geht’s nimmer.
Einziger Zweck all dieser schlechten Gesetze und faulen Kompromisse: Die beiden können sich hinstellen und sagen, dass sie soundsoviel „Reformen“ beschlossen haben. Dabei haben sie von den wirklich notwendigen Reformen keine einzige beschlossen. Dabei wäre zumindest für die ÖVP jedes Mal ein „Nein, dann machen wir halt dieses Gesetz nicht“ die bessere Antwort gewesen.
Diese Huschpfusch-Gesetze in letzter Minute stehen noch dazu in einer Reihe mit früheren Gesetzen, mit denen ebenfalls die ÖVP ihre Wähler schwer enttäuscht hat. Dies gelang ihr etwa: bei der Verwandlung der (noch mit echter Leistungsdifferenzierung arbeitenden) Hauptschulen in Gesamtschulen (wo es keinerlei Leistungszüge gibt); bei der Verschärfung der Verhetzung (wo es keinerlei Entschuldigung ist, dass die Linke eine noch stärkere Beschneidung der Meinungsfreiheit gewollt hat); oder bei den diversen Steuererhöhungen (wo jetzt überdies die Finanztransaktionssteuer in eine Mega-Blamage führt).
Widerlich an den Absagen ist auch der Umstand, dass dabei offensichtlich eine Bevorzugung des ORF stattfindet. Diese ist durch nichts mehr gerechtfertigt. Hat doch die Champions League gezeigt, dass die Zuschauer längst voll bereit sind, bei entsprechenden Angeboten auf Privatsender zu wechseln.
Aber auch die Medien verhalten sich enttäuschend. So muss man dem ORF vorhalten, was denn die fast unendliche Serie von Zweierdebatten zwischen sechs Parteien (alleine das sind 15 Stück Diskussionen!) plus zusätzlicher Elefantenrunde(n) eigentlich soll. Die Gleichbehandlung von Miniparteien, die keine Chance auf Wiedereinzug ins Parlament haben (BZÖ), und von Parteien, die noch nie zu einer Nationalratswahl angetreten sind (Stronach), mit solchen Parteien, die sowohl beim letzten Wahlergebnis wie auch bei den Umfragen ein Vielfaches größer sind, ist weder demokratisch noch sinnvoll.
Eine kritische Befragung der Spitzenkandidaten durch Journalisten (mit strenger Redezeitbegrenzung für die unendlich schwätzenden Politiker!) wie in anderen Ländern wäre zweifellos spannender als exzessive Wettbewerbe an verlogener Eitelkeit. Befragungen sind zumindest dann vorzuziehen, wenn die Politiker einmal wirklich kritisch befragt würden und nicht nur durch inseratenfinanzierte Hofschreiber.
PS.: Unabhängig von all dem hat Faymann zumindest in einem Punkt meine volle Sympathie: bei seiner Absage, auch noch an einer Kochshow teilzunehmen. Politiker brauchen nicht kochen können. Viel wichtiger wäre es, wenn sie von Finanzen, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Rechtsstaat, Außenpolitik und noch ein paar anderen Dingen eine Ahnung hätten. Das hätte ich viel lieber als die Kochkünste kritisch überprüft gesehen. Freilich: Ob Faymann zumindest auf einem dieser Gebiete eine Ahnung hat? Oder liegen seine einzigen Begabungen in der Bestechung von Boulevard-Medien?
PPS.: Einfach lächerlich ist es jedenfalls, das Hochwasser als Begründung für Absagen heranzuziehen.
Auch und gerade die scheinbar so mächtigen Deutschen müssen es zähneknirschend hinnehmen.
Von Russland bis Ägypten werden die Auslandsrepräsentanten der großen deutschen Parteien verfolgt, ebenso wie die aus einigen anderen Ländern. Die Russen durchsuchen generalstabsmäßig die Büros der deutschen Stiftungen und registrieren sie als „Agenten“. Die Ägypter verurteilen sie überhaupt gleich dutzendweise zu jahrelangen Haftstrafen. Das Ärgerlichste daran ist (was einem aber auch mit ein wenig Schadenfreude füllt): Da wie dort sind die jetzigen Machthaber von Berlin – und fast allen anderem Staaten Europas – hofiert worden. Der Machtwechsel in Ägypten vom autoritären Mubarak zu islamistischen Fundamentalisten wurde von den Linken sogar laut bejubelt. Und auch die deutsche Regierung hat ihn erkennbar unterstützt. Jetzt sieht Deutschland und ganz Europa, welchen Stellenwert Rechtsstaat, Demokratie und Meinungsfreiheit in Russland wie Ägypten heute wirklich haben. Aber beschämt redet niemand von den eigenen Fehlern, ist aber auch zu schwach, um sich revanchieren zu können.
Die Wiener ÖVP hat ihre Kandidaten aufgestellt. Und dabei ganz sicher eine optimale Mischung gefunden.
Sie hat nämlich so schön brav, wie wenn es die Grünen wären, ein Reißverschlusssystem präsentiert. Ein Weiblein, ein Männlein, ein Weiblein usw. Das ist ja zweifellos ganz genau das, wonach die Bürger rufen und weswegen sie in großer Zahl von der ÖVP zu Blau und Stronach wechseln, die ja beide die Quote dogmatisch praktizieren. Oder bringt da irgendwer etwas durcheinander?
Quoten und Proporz sind ja neuerdings offenbar ein System, mit dem man immer die besten Kandidaten findet. Wahrscheinlich verstecken sich deshalb auch noch weitere Proporz-Lösungen in der Liste, die man nur von außen nicht so leicht erkennt. Etwa ein Bünde-Proporz? Akademiker-Nichtakademiker-Studienabbrecher-Lehrlinge-Facharbeiter? Alte-Junge? Linkshänder-Rechtshänder? Schwule-Nichtschwule?
Das alles würde jedenfalls perfekt in die Diversitäts-Manie passen, die derzeit bei linken Journalisten und schwarzen Politsekretären so modisch ist. Und den widerspenstigen Wählern wird man die Liebe zum totalen Proporz ja angesichts der großen Marketing-Fähigkeiten der Wiener ÖVP zweifellos noch beibringen können.
Spitzenkandidatin ist übrigens die Wiener WKO-Präsidentin Jank. Sucht man in den Archiven, war sie im letzten Monat ganze zweimal irgendwo in den Medien zu finden: einmal bei einem Fototermin mit dem Wiener SPÖ-Bürgermeister; und einmal mit einem dicken Lob für den Life-Ball. Sie kennt also ohnedies schon die richtigen Signale, wie man die bürgerlichen Wähler so richtig begeistert.
PS.: Haben sich die Stadtschwarzen bei der Listenerstellung etwa gar von ihrer Ex-Abgeordneten Rauch-Kallat beraten lassen? Die werkt nach der erfolgreichen Deformation der Bundeshyme und dem Abschied von der Politik jetzt in ihrer Agentur: „mrk diversity management“. Dort bekommt man laut Homepage Rat, wie man Migranten, „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ (so sind derzeit Behinderte politisch korrekt zu bezeichnen) und Frauen „in Führungspositionen“ bringt. Von offenbar überflüssigen Dingen wie Qualifikation oder Leistung ist da nicht die Rede.
PPS.: Manche fragen angesichts solcher Kritik dann immer gleich, was da dahintersteckt, wen ich denn lieber hätte. Nun, obwohl mir der zweitgereihte Sebastian Kurz tatsächlich immer (auch als ihn alle geohrfeigt haben) einen exzellenten Eindruck gemacht hat, bin ich da ohne jedes Engagement. Ich hätte in Wahrheit nur eine Empfehlung für die Wiener Schwarzen. Sie sollten einmal einen Blick zu den Parteifreunden nach Niederösterreich wagen (oder auch zu jenen in Südtirol). Dort entscheidet am Ende nicht die Reihung durch einen Parteivorstand, sondern einzig jene durch die Wähler und deren Vorzugsstimmen. Das wäre zehnmal spannender, demokratischer, mutiger und die Kandidaten antreibender als die dröge Übernahme abgetragener Reißverschlüsse der Grünen. Pröll ist immer noch besser als Glawischnig.
Irgendwie hat man ja nur darauf gewartet. Aber es hat dann doch einige Tage gedauert: nämlich bis ein Linkspolitiker Schwarz-Blau die Schuld an der Hochwasserkatastrophe gegeben hat. Schließlich war es die Verkehrsministerin – wie heißt die Dame nur schnell? –, die sich solcherart selbst wieder in Erinnerung bringen konnte, nachdem sie eigentlich niemand vermisst hatte.
Aber natürlich stimmen wir mit der Dame in Blond überein: Es ist ein absoluter Skandal und eine üble neofaschistische Verschwörung gegen die Arbeiterklasse, dass Schwarz-Blau nicht sämtliche Eisenbahnen und Häuser mit fünf Meter hohen Mauern gegen jedes künftige Hochwasser geschützt hat. So wie es die Deutschen und Tschechen ja offensichtlich tun konnten, wo das Hochwasser keinerlei Schäden angerichtet hat. Oder?
Aber lassen wir die Dame. Sie ist nicht wirklich allzu lange Befassung wert.
Amüsieren wir uns lieber – bei aller Betroffenheit ob der riesigen Wassermassen – über jene Zeitungskommentare, die schon wieder einmal auf der Suche nach Schuldigen sind. Manche Journalisten (wie Juristen) müssen halt einfach einen Schuldigen konstruieren, selbst dort, wo es keinen gibt, wo eigentlich nur Beklemmung am Platze sein sollte ob der trotz aller modernen Technik nie ganz bezähmbaren Kräfte der Natur.
Amüsieren wir uns lieber, wie Bundes- und Vizekanzler symmetrisch ihre Betroffenheitsbesuche absolviert haben: symmetrisch umgeben von Parteifreunden, symmetrisch in jeweils von der eigenen Partei regierten Gemeinden und symmetrisch im gleichen Bundesland, nämlich Oberösterreich. Nur an jeweils anderen Enden dieses Landes.
Immerhin: Beide haben (gewissermaßen ebenfalls symmetrisch) Viktor Klimas gelbe Stiefel daheim gelassen. Das ist ernsthaft anzuerkennen. Freilich ist ebenso ernsthaft festzuhalten: Beide sind noch meilenweit weg von der unübertreffbaren Personifizierung beliebig steigerbarer Betroffenheit, also dem niederösterreichischen Landeshauptmann.
Aber alle versprechen sie dasselbe: nämlich „schnelle und großzügige Hilfe“. Zu Recht? Gewiss, wahlkampftauglich ist diese Aussage allemal, egal, ob wir nun mit einem Jahrhundert- oder Jahrtausendhochwasser konfrontiert sind. Nur: Dadurch wird der Begriff Eigenverantwortung letztlich wieder einmal völlig ad absurdum geführt. Und das ist schade.
Immerhin könnte ja ein Hochwasser auch ein Anlass sein, primär von anderem zu reden: etwa von der Notwendigkeit, sich auch gegen solche Naturkatastrophen zu versichern. Aber offenbar wird im üblichen Politikerreflex als erstes gleich einmal tief in die Staatskassa gegriffen, statt eine ehrliche und offene Debatte zu führen, was sinnvoll ist. Beispielsweise könnte – zumindest in wasser- und lawinenbedrohten Grundstücken – eine Versicherungspflicht angebracht sein. So sehr an sich jede neue „Pflicht“ problematisch ist, so ist sie doch immer noch sinnvoller als die Komplettkasko-Gesinnung, die nun von den Spitzenpolitikern wieder unter die Menschen gebracht wird.
Das genaue Gegenteil zu dieser Alles-auf-den-Staat-abschieben-Mentalität ist der tolle und unbezahlte Einsatz Zehntausender freiwilliger Feuerwehrleute und Rotkreuzmitarbeiter (sowie von nicht ganz freiwilligen Bundesheersoldaten). Das zeigt, dass auf dem Land die Bürgergesellschaft noch funktioniert. Hier zeigt sich die gute nachbarliche Empathie mit den Opfern einer Naturkatastrophe.
Manches Mal muss halt Übles passieren, damit man auch so manche guten Seiten sieht, die es in diesem Land gibt.
PS.: Irgendwie fühle zumindest ich mich persönlich am Dauerregen der letzten Tage schuldig. Denn ich habe an diesem langen Wochenende genau dasselbe getan wie im Jahr des letzten Hochwassers 2002. Und daher gibt es sicher irgendeinen kausalen Zusammenhang: Ich war in Sankt-Petersburg und habe dort im Norden bei warmem und sonnigem Wetter die weißen Nächte genossen und nur aus der Ferne erstaunt die Meldungen aus Mitteleuropa verfolgt. Genauso wie ich es schon elf Jahre davor während der damaligen Regenkatastrophe getan habe. Daher gelobe ich hier und jetzt, dass ich nie mehr in die Stadt der russischen Zaren fahren will. Die Folgen wären zu schlimm – selbst wenn ich dann nicht mehr unmittelbar miterleben könnte, wie korrupt die russische Polizei bei der Akquirierung von Bestechungsgeldern ist. Selbst wenn ich dann nicht mehr mit eigenen Augen sehen könnte, wie rasch die Tünche abblättert, die zum dreihundertjährigen Jubiläum im Jahr 2003 an Tausenden Petersburger Häusern angebracht worden ist. Sie hat sich als reine Oberflächenkosmetik erwiesen, so wie das ganze System Putin, unter dem die von Gorbatschow und vor allem Jelzin gegen viele Widerstände eingeleitete Modernisierung Russlands ja total steckengeblieben ist.
Jetzt wird also gegen den früheren Kanzler Alfred Gusenbauer wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeit ermittelt. Dass die Aufregung sich ebenso schnell legen wird wie die Ermittlungstätigkeit der Wiener Staatsanwaltschaft, ist vorauszusehen. Kein Medium wird die fütternde Hand des SPÖ-Kanzlers beißen, dem die Affäre Gusenbauer gerade im Wahlkampf nicht zupass kommt. Aber so ist das eben: Auch in einer Partei, die gegen Gier und für Gerechtigkeit agitiert, sind manche von der Parteimoral ausgenommen.
Alfred Gusenbauer, der einst sowjetischen Boden küsste, hat sich, kaum aus dem Kanzleramt gedrängt, hochbezahlt in die Dienste des Kapitals gestellt. Da ist die Firma Novomatic, der Glücksspielkonzern, für die er nicht erst jetzt als Aufsichtsrat werkt, sondern schon früher im Südamerika-Geschäft mitmischte (ach ja, noch früher ist ihm beim Thema Südamerika nur die Solidarität mit den revolutionär-marxistischen Sandinistas ein Anliegen gewesen...). Als Aufsichtsrat der Strabag gibt’s 50.000 Euro, als Vorsitzender der Familienstiftung Haselsteiner lukriert er angeblich 200.000 Euro, ebenso viel bringt sein Engagement beim Luxusimmobilien-Entwickler René Benkö ein. Daneben ist er Miteigentümer einer Investmentgruppe, Direktor eines chilenischen Investmentfonds.
Und für den ehemaligen Bundeskanzler einer demokratischen Republik besonders unschön: Er verdingte sich als Berater des kasachischen Diktators Nursultan Nazarbajev. Freilich ist er da nicht der einzige, denn der Kasache hält sich fast die gesamte ehemalige europäische Sozialdemokratie - von Schröder bis Blair. Pecunia non olet.
Und diesem seinem kasachischen Herrn soll Gusenbauer nun Untersuchungsausschuss-Material über dessen abtrünnigen Schwiegersohn Rakhat Alijew weitergegeben haben, dessen Auslieferung er erfolglos von Österreich begehrt.
Den Vorwurf des Landesverrats weist Gusenbauer empört zurück. Und vielleicht ist ihm da auch nur bei seinem sprichwörtlichen Geschick eine späte Rache an Michael Häupl daneben gegangen? An dessen Lieblingsprojekt „Medienquartier Marx“ (apropos: auch da ist der „Sankt“ vorm Marx verschwunden) soll nämlich Alijew mit dubiosen Geldern beteiligt sein.
Und diese nicht unbedenkliche Beteiligung untersucht ausgerechnet – die Consultatio.
Jene Steuerberatungskanzlei, die Hannes Androsch 1970 gegründet hat, die in der Zeit seiner Tätigkeit als Finanzminister geschäftsmäßig nahezu explodiert ist – und an der er immer noch beteiligt ist.
Und da wären wir bei dem zweiten Fall von Plakat-Dichtung und Wahrheit. Schließlich ist Androsch mittlerweile ein großer Industrieller. Kein böser Kapitalist, denn er tut Gutes mit seinem Geld - etwa finanzierte er das Bildungsvolksbegehren in Sachen Gesamtschule. Seinen eigenen Sohn hätte der (ausgebliebene) Erfolg ohnehin nicht betroffen. Den hat er vorsorglich in einer katholischen Privatschule (Marke: Gymnasium) untergebracht. Für alle anderen aber soll endlich „Chancengleichheit“ gelten.
Dass Androsch so viel Geld in Parteianliegen investieren kann, ist kein Wunder. Schließlich ließ er sich bei der Privatisierung der Verstaatlichten von Viktor Klima den Leiterplatten-Hersteller AT&S zuschanzen. Ein prosperierendes Werk mit tausenden von Arbeitsplätzen, das immer weiter expandiert – allerdings längst in Shanghai. Weil die Arbeitskräfte dort billiger sind.
Ein anderes österreichisches Paradeunternehmen, der Flugzeugzulieferer FACC, gehörte bis vor kurzem auch Androsch. Das war die Firma, die am stärksten von den Gegengeschäften im Abfangjäger-Deal profitieren konnte. Mittlerweile hat er sie verkauft – an Chinesen.
Nicht dass man es nicht wüsste, dass antikapitalistische Überzeugung dort aufhört, wo es das eigene Bankkonto betrifft. Aber der neidgenossenschaftliche Angriff auf jeden, der es zu Wohlstand bringt, klingt dann noch verlogener – besonders wenn sich Werner Faymann gerade wieder moralisch erregen musste, dass die Zahl der Millionäre in Krisenzeiten gestiegen ist.
Vielleicht sollte er an seine eigene berufliche Zukunft denken, bevor er Reichensteuern einführen lässt. Wer weiß, wen er dann lukrativ beraten darf.
Das Justizministerium will Adoptionen durch Homosexuelle erlauben. Und zwar nur deshalb, weil es aus einem Gerichtsurteil die falschen Erkenntnisse zieht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der EGMR in Straßburg, hat ein Urteil gefällt, das nur bei oberflächlicher Betrachtung dem Ministerium Recht zu geben scheint. Der Gerichtshof hat gemeint, dass Österreich Schwule gegenüber anderen Pärchen diskriminiere, weil es nicht zulasse, dass Schwule das Kind ihres Partners adoptieren.
Also scheint Österreich ja tatsächlich unter Zugzwang zu stehen, die Stiefkindadoption künftig zu erlauben. Freilich nur, wenn man sich unter Druck der rotgrünen Medien fühlt, die ja gleich noch mehr erlauben wollen. Freilich nur, wenn man das Erkenntnis sehr oberflächlich liest. Und vor allem nur, wenn man nicht das Kindeswohl im Auge hat, dem sehr wohl eine Adoption nur dann dienlich ist, wenn das Kind dadurch Vater und Mutter, also eine normale Familie erhält.
Es gäbe eine bessere Regelung, die nicht nur einfacher, sondern auch logischer wäre: Österreich müsste die Adoption auf Ehepaare einschränken. Das wäre in jedem Fall für die Kinder besser, als die Tür erstmals ein Stück für homosexuelle Adoptionen zu öffnen. Es gibt ja mehr als genug Ehepaare, die auf Adoptionskinder warten und oft vergeblich auf solche hoffen. Also fällt auch das Argument weg, dass man notfalls auch Schwule nehmen solle, bevor man gar keine Adoptionseltern hat.
Die Vorlage der Justizministerin muss jetzt durchs Parlament. Daher kann man noch hoffen: Vielleicht gibt’s da ja genug Abgeordnete, die wiedergewählt werden wollen und die in den letzten Monaten auch die Berichte aus Frankreich gelesen oder gesehen haben. Die daher gegen die Vorlage der Frau Karl stimmen werden, wenn sie nicht persönlich mitschuld werden wollen. Denn sie haben aus Frankreich gelernt, dass die schwule Lobby zwar bei Rotgrün und den Medien sehr stark vertreten ist, aber keineswegs bei den Bürgern und Wählern.
Alles andere sollte man dann einmal in Ruhe diskutieren. Nämlich insbesondere die Tatsache, dass der Menschenrechtsgerichtshof (der übrigens nichts mit der EU zu tun hat, was die meisten nicht wissen) in seinen Urteilen immer seltsamer wird. Dass er sich immer weiter vom demokratischen Wertekonsens entfernt.
PS.: Wer noch immer zweifelt, dass die Caritas zu einer grünen Vorfeldorganisation geworden ist, sollte einmal auf deren Schweigen zum Thema Adoptionskinder achten (ein durchaus Caritas-nahes Thema!) und es beispielsweise mit ihrem lautstarken Einsatz für illegale islamische Zuwanderer vergleichen.
Die feministischen Dummheiten werden immer zahlreicher. Und immer teurer. In etlichen Stadtverwaltungen setzen Grüne nun ein Verbot durch, Männer mit Straßennamen oder Ähnlichem zu ehren. Das soll gelten, solange nicht bei den Straßennamen in Summe Geschlechterparität herrscht. In Wien bräuchte das die nächsten 200 Jahre, dennoch fordern es die grünen Koalitionspartner. Aber längst sind auch Rot und Schwarz wie etwa in der Bundesregierung eifrig dabei, sich einschlägig zu blamieren. Und vor allem für völlig überflüssige feministische Krampfaktionen Steuergeld zu verbrennen.
Da veranstaltet beispielsweise das ja ständig über Geldnot jammernde Justizministerium (weswegen etwa Strafverfahren auch immer länger dauern) zusammen mit dem Oberlandesgericht Graz eine "Fortbildungsveranstaltung". Thema: "Frauenzimmer/Mannsbilder: Wer/Was macht den kleinen Unterschied?" Da die Richter und Staatsanwälte den kleinen Unterschied zu kennen vermeinen, da sie ihren Beruf doch ernster nehmen, als das ihre Vorgesetzten tun, und da aus der Einladung keinerlei Fortbildungsnutzen herauslesbar ist, ignorierten sie – erfreulicherweise – weitgehend den behördlich empfohlenen Schwachsinn. Weshalb sogar die Anmeldefrist verlängert werden musste.
Dabei betont die Einladung, dass die Teilnahme als Dienst gilt und dass Reisegebühren gezahlt werden. Dabei haben die Grazer Veranstalter die Sache bequemerweise für die hochsommerliche Urlaubszeit angesetzt. Dabei findet die „Fortbildung“ nicht etwa in der Region des OLG Graz statt, sondern im schönen Maria Plain im Salzburger Land.
All das dürfte den Freizeitwert der „Fortbildung” ja nicht gerade reduziert haben. Dennoch lassen es sich erfreulicherweise die meisten Richter und Staatsanwälte entgehen, sich mit „Mythen der Geschlechterdifferenz" oder „Disparitäten zwischen den Geschlechtern” bei "Übungen" und "Spielen" zu befassen. Wie auch immer das gespielt werden mag.
Jeder Geschäftsführer in der Privatwirtschaft würde bei solch verschwenderischem Umgang mit fremdem Geld eine Strafanzeige der Eigentümer und den Verlust seines Jobs fürchten. Aber nicht doch die Politik und die von Steuergeldern lebende Menschen.
Solche Veranstaltungen sind keineswegs die einzigen Bemühungen des Justizministeriums, unser Steuergeld einschlägig zu verbrennen. Um einmal bei diesem Ressort zu bleiben. Jetzt sucht es so wie andere Ministerien nach "Mentees und Mentorinnen/Mentoren". Und zwar gleich für ein ganzes Jahr. Diese Aktion sei ein "Instrument der Frauenförderung" zugunsten von "Leitungsfunktionen anstrebenden weiblichen Bediensteten". So heißt es jedenfalls in dem offiziellen Schreiben. Dieses beschreibt auch die Aufgaben des Programms: Es gehe darum, das "Netzwerken vorzuleben".
Jetzt wissen wir, warum es in Wahrheit im öffentlichen Dienst geht. Nicht wie in der Privatwirtschaft darum zu arbeiten, sondern eben ums Netzwerken. Davon hängen also die Besetzungen von Leitungsfunktionen ab. Und vor allem geht es darum, all diese Schwachsinnigkeiten vor den Steuerzahlern geheim zu halten. Nur hie und da dringt durch mutige Beamte manches an die Öffentlichkeit, was sich da alles abspielt.
Die absonderlichen feministischen Ideen, die derzeit modisch sind, führen nicht nur im Frauenministerium sondern auch in vielen anderen Behörden zu Geldverschwendungen. Auch in angeblich schwarzen Ministerien.
Zu den diesbezüglich besonders heftigen Steuergeldverbrennern zählen die Universitäten. Dort werden immer öfter die Studenten in verpflichtende Feminismus-Veranstaltungen gezwungen. Und immer mehr feministische Institute können das angeblich der Wissenschaft gewidmete Geld für sich und ihre krausen Ideen ausgeben. Das erinnert lebhaft an die im Osten einst verpflichtend gewesenen Leninismus-Vorlesungen.
Auch das Bundeskanzleramt selbst ist munter unterwegs. Dort hat sich ein Sektionschef Matzka nicht entblödet, ganz ernsthaft ein Rundschreiben an andere Dienststellen auszuschicken: „Verleihung von Auszeichnungen – Genderaspekt". Künftig will er mehr Frauen auszeichnen. Deshalb sollen die anderen Ressorts gleich von vornherein „unter Genderaspekten ausgewogene Gruppen" für Ehrungen vorschlagen. Mit anderen Worten: Nicht mehr eine Leistung steht im Zentrum, sondern das Geschlecht.
Besonders dumm hat sich der angebliche Familienminister Mitterlehner geäußert. Er hatte behauptet, dass auch ganz kleine Kinder in Krippen bessere Chancen hätten als bei ihren Müttern. Was natürlich faktisch absurd ist und nur bei gewalttätigen, alkohol- oder drogensüchtigen Eltern stimmt. Der schlichte Oberösterreicher begreift halt nicht, wie manche Gutmenschen Statistiken manipulieren, indem sie Äpfel mit Birnen vergleichen.
Über die Frauenministerin selber müsste man natürlich die dicksten Bücher schreiben. So bekämpfte sie etwa vor kurzem den Muttertag als „überholt und konservativ“. So kämpft sie Tag und Nacht dafür, dass Frauen voll arbeiten (ähnlich wie die Industriellenvereinigung, wenn auch aus anderen Motiven).
Sie kämpft damit in Wahrheit total undemokratisch gegen den Willen der Mehrheit der Frauen mit Kindern. Denn diese wollen sich in der Kinderphase meist auf die häusliche und mütterliche Rolle konzentrieren. Die jungen Frauen sehen auch zunehmend bei anderen Frauen, welch schwere Belastung die von der Frauenministerin beworbene Verbindung von vollem beruflichem Engagement mit Kindererziehung in Wahrheit bedeutet. Die gibt es selbst dann, wenn sogar schon Kleinkinder rund um die Uhr in Kinderkrippen abgegeben werden.
Dagegen werden dem Feminismus widersprechende Tatsachen von den meisten Medien unter den Teppich gekehrt. Dazu zählt etwa auch das soeben bekanntgewordene Faktum, dass die Antidiskriminierungsstelle in Graz zu 61 Prozent wegen der Diskriminierung von Männern angerufen worden ist. Diese ist wohl in den meisten Fällen eben durch den politisch dekretierten Feminismus erfolgt.
Ignoriert werden auch medizinische Erkenntnisse, wie etwa die neue Klosterstudie. Diese zeigt nämlich, dass die zwischen Männern und Frauen grob unterschiedliche Lebenserwartung (sechs Jahre Differenz) plötzlich fast gleich wird (nur ein Jahr Differenz), wenn der Lebensstil gleich wird. Der Unterschied von sechs Jahren kann daher nur am ungesunden Leben der nichtklösterlichen Männer liegen, wobei zweifellos die berufliche Belastung an der Spitze steht. Damit widerlegt diese Studie die feministische Propaganda, der zufolge die Männer faul seien, während Frauen die ganze Arbeit machen müssten. Damit wurde ja die linke Stehsatz-Forderung begründet, dass man endlich per Gesetz ein 50:50 verordnen müsse.
PS.: Nochmals zu den eingangs erwähnten Geldverschwendungen, die natürlich nicht nur auf feministische Weise, sondern auch noch auf viele andere Arten erfolgen. Das einzige Mittel, diese wirksam zu bekämpfen, ist eine volle und echte Transparenz sämtlicher öffentlicher Akten. Transparenz gibt es aber nur, wenn die zahlreichen Klauseln wegfallen, mit denen der Staatssekretär Ostermayer als Gesetzesbastler die Transparenz gleich wieder zunichtemachen will. Offenbar damit die Politik ihre Schweinereien weiterhin betreiben kann.
Durch die Napoleonischen Kriege Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Ideen der Französischen Revolution nach ganz Europa getragen. Hierfür waren besonders die intellektuellen Kreise des Bürgertums empfänglich. Die Auswirkungen waren in den Ländern höchst unterschiedlich, denn mit der militärischen Niederlage Napoleons wurde eine Phase der Restauration des Feudalismus und des Absolutismus eingeleitet.
Italien war zu dieser Zeit in viele Fürstentümer zersplittert. Um 1815 formierte sich eine Bewegung zur Einheit und Freiheit dieses Landes, die auch „Risorgimento“ genannt wird. Ein bekannter Vertreter war Giuseppe Mazzini. Nach mehreren Kriegen wurde die Einheit Italiens errungen: Am 17.03. 1861 wurde das „Königreich von Italien“ ausgerufen. Südtirol (einschließlich Welschtirol) und Venetien gehörten nicht dazu.
Mit der Gründung der Organisation „Italia Irredenta“ („Unerlöstes Italien“) durch Matteo Renato Imbriani-Poerio im Jahre 1877 wurde die Risorgimento-Bewegung durch den Irredentismus abgelöst. Dieser verlangte die Einverleibung von Welschtirol, Triest, Friaul und Istrien, nicht aber die des heutigen Südtirols. Höhepunkt dieser äußerst aggressiven Bewegung waren die Gebietsforderungen an die Schweiz in Bezug auf das Tessin und Graubünden in den 20-er und 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Ettore Tolomei, der von vielen als „Totengräber Südtirols“ bezeichnet wird, ging über die Ziele des Irredentismus hinaus und propagierte, dass auch Südtirol italienisch sei. Seit 1901 begann er fieberhaft, alle Namen von Orten, Bergen, Tälern und Flüssen in Südtirol ins Italienische zu übersetzen. Er bestieg 1904 den Klockerkarkopf und nannte ihn „Vetta d´Italiá“ („Spitze Italiens“), nur um der Welt vorzugaukeln, Südtirol sei schon immer italienisch gewesen. Die Tatsache, dass dort 1910 nur 7.339 Italiener (2,9 Prozent der Bevölkerung) lebten, wurde geflissentlich verschwiegen.
1915 fiel Italien seinen Bündnispartnern – dem Deutschen Kaiserreich und Österreich-Ungarn – militärisch in den Rücken. Als Lohn für den Vertragsbruch verlangte Italien von den Siegermächten das südliche Tirol als Kriegsbeute. Dabei kam den italienischen Militärs die Vorarbeit von Ettore Tolomei sehr gelegen. Der Leiter der italienischen Delegation, Vittorio Emmanuele Orlando, präsentierte den Siegermächten eine manipulierte Landkarte, wo sämtliche Orts- und Flurnamen Südtirols nur auf Italienisch angegeben wurden. Damit sollte die „Italianítá“ Südtirols bewiesen werden.
In Hinblick auf den Kriegsgegner Österreich-Ungarn, der zuweilen als „Vielvölkergefängnis“ bezeichnet wurde, prägte der damalige US-Präsident Woodrow Wilson den Begriff „Selbstbestimmungsrecht der Völker“. Wilson wollte eine „Berichtigung der Grenzen Italiens nach den genau erkennbaren Abgrenzungen der Volksangehörigkeit“ (14-Punkte-Programm). England und Frankreich waren in ihrem kolonialen Denken so befangen, dass sie nicht auf die Idee kamen, dass auch ihre Kolonien, geschweige denn Tirol, gemeint sein könnten. Hinzu kam der Wille dieser beiden Alliierten, ihren ehemaligen Kriegsgegnern maximal zu schaden. Ein gemäßigterer Umgang mit den Unterlegenen hätte vielleicht mit dazu beigetragen, einen zweiten Weltkrieg zu verhindern.
Südtirol wurde Opfer von Täuschung und kolonialem Denken. Als Wilson von diesem Täuschungsmanöver erfuhr, war der verhängnisvolle Vertrag bereits unterschrieben. Der Präsident war sehr betrübt, dass sich der Geburtsort seines Helden Andreas Hofer dadurch plötzlich in einem fremden Land befand. Hofer war die einzige Persönlichkeit, die sich offen und kompromisslos gegen die Fremdherrschaft durch Napoleon gestellt hatte. Von Wilson ist der sich selbst tröstende Ausspruch verbrieft: „Die deutschen Tiroler sind ein herzhaftes Volk, und ich hege keinen Zweifel daran, dass sie selbst imstande sein werden, das zu ändern.“
Durch den Vertrag von Saint-Germain fiel das südliche Tirol an Italien. Mit dem Erstarken des italienischen Faschismus im Jahre 1921 begann eine schwere Zeit für die Südtiroler. Erinnert sei an den „Bozner Blutsonntag“ und an den „Marsch auf Bozen“. Am 15.07.1923 im Stadttheater von Bozen präsentierte Ettore Tolomei sein 32-Punkte Programm und kündigte an, die deutsche Kultur und Sprache mit Stumpf und Stiel auszurotten. Es wurden etliche Dekrete zur Unterdrückung der Südtiroler erlassen, die Kultur- und Sozialkassen ausgeplündert und alle Schutzhütten konfisziert. Zudem wurden tausende Italiener in Südtirol angesiedelt.
Um die Identität der Südtiroler zu zerstören und die Daseinsberechtigung der Italiener zu unterstreichen, wurden Denkmäler aus der k. u. k. -Zeit zerstört und faschistische, geschichtsfälschende, Bauten errichtet. Die bekanntesten sind das Siegesdenkmal, das Haus des Faschismus und die Beinhäuser in Gossensaß, Mals und Innichen. Letztere sollen die Nachwelt glauben lassen, dass italienische Truppen im 1. Weltkrieg am Alpenkamm Südtirol vor den Aggressoren aus dem Norden heldenhaft verteidigt haben. In Wirklichkeit verlief die Front weit südlich der Grenze des jetzigen Südtirols.
1939 schlossen Mussolini und Hitler ein Abkommen zur Umsiedlung der deutschsprachigen Bevölkerung nach Deutschland ab. Mit der „Option“ wollte Rom den Südtirolern endgültig den Garaus machen. Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges kam dieses Vorhaben ins Stocken. Hitler opferte Südtirol zwecks eines Militärbündnisses mit Italien.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Südtiroler ein zweites Mal bestraft, nur weil Italien die Seite gewechselt, und die Österreicher – bedingt durch Hitlers erzwungenen Anschluss an Deutschland – auf der „falschen“ Seite gekämpft hatten. Der Staat Österreich existierte seit 1938 nicht mehr. Somit fehlte der Interessensvertreter Südtirols bei den Nachkriegsverhandlungen. Resultierend aus der brutalen Unterdrückung der Südtiroler durch die Italiener wurde Südtirol Italien, dieses Mal unter der Bedingung der Gewährung einer Autonomie, zugeschlagen. Italien unterlief den Pariser Vertrag in der Art und Weise, dass es die Autonomie auch auf die Region Trentino ausweitete. In der neu geschaffenen Provinz Trentino-Südtirol befanden sich die Südtiroler plötzlich in der Minderheit. Die Regionalregierung beschloss Gesetze über ihre Köpfe hinweg, was zur Verbitterung und zum Unmut führte.
Während sich das nördliche Westeuropa in der Nachkriegszeit eines wirtschaftlichen Aufschwungs und der gewonnenen Freiheit erfreute, fiel Italien, insbesondere Südtirol, in alte Zustände zurück. Dank der Generalamnestie für alle Faschisten und ihre Kriegsverbrechen durch den Justizminister (und späteren KP-Vorsitzenden) Palmiro Togliatti im Jahre 1946 kam es zu einer Renaissance des italienischen Faschismus. 1957 brachte man in Bozen am Haus des Faschismus die letzten Mussolini-Reliefs an.
Rom dachte gar nicht daran, den Südtirolern die Rechte zu geben, zu denen es sich laut Pariser Vertrag verpflichtet hatte. Es setzte seine Politik der Assimilation fort. Angesichts dieser Ausweglosigkeit kam es 1957 auf Schloss Sigmundskron zu einer Demonstration von 35.000 Südtirolern. Sepp Kerschbaumer gründete 1959 den Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) und organisierte Bombenanschläge. Die Meinungen über die Aktivisten der BAS mögen auseinander gehen. Ihr Verdienst, die Weltöffentlichkeit auf die ungelösten Probleme in Südtirol aufmerksam gemacht zu haben, ist aber unbestritten. Einige Aktivisten kamen durch Folterung um, andere leben noch heute im Exil.
In der Südtiroler Volkspartei (SVP) haben Persönlichkeiten wie Alfons Benedikter, Hans Dietl und Dr. Egmont Jenny Silvius Magnago gedrängt, eine Autonomieregelung zu erwirken, die völkerrechtlich verbindlich ist. Je länger die Bombenattentate andauerten, umso mehr kam es zum Verschleiß bei der SVP und bei den Unterhändlern Österreichs und umso mehr konnte sich Italien als Opfer darstellen. Nur so ist der überhastete Abschluss des Südtirol-Paketes (Zweites Autonomiestatut, das ab 1972 in Kraft trat) zu verstehen. Aus Angst, die Südtiroler könnten sich ein Beispiel an der Wiedervereinigung Deutschlands nehmen, erfüllte Italien nach 20 Jahre langer Verzögerung im Jahre 1992 (fast) alle Punkte dieses Vertrages. Österreich gab darauf vor der UNO eine Streitbeilegungserklärung ab, was aber nicht die Aufgabe seiner Schutzmachtfunktion bedeutet.
Die erkämpfte Autonomie brachte Südtirol Wohlstand und relativen Frieden zwischen den Volksgruppen. Die SVP gab sich der Illusion hin, ohne Eingriffe Roms in die Autonomie leben zu können. Spätestens 2006 platzte dieser Traum wie eine Seifenblase. Das nationalistisch-faschistische Gedankengut ist in weiten Teilen der italienischen Bevölkerung noch tief verankert. Daraus resultiert ein Unverständnis für ethnische Minderheiten. So sagte am 05.02. 2013 Michaela Biancofiore, Parteifreundin von Berlusconi, der italienische Faschismus hätte den Südtirolern viel Gutes – wie etwa sanitäre Anlagen – gebracht… Als Landeshauptmann Durnwalder ankündigte, nicht zur 150-Jahresfeier der Staatsbildung Italiens zu erscheinen, gab es einen Sturm der Empörung. Die Südtiroler haben Italiener zu sein, basta!
Staatspräsident Napolitano schrieb an Durnwalder einen Brief, dessen Inhalt streng geheim gehalten wird. Per Pressemitteilung ließ er am 11.02.2011 wissen, dass er die Existenz einer „österreichischen Minderheit“ bezweifelt und „dass auch die Bevölkerung deutscher Sprache italienisch ist und sich mit großer Mehrheit so fühlt“. (Ein Jahr zuvor gab es eine Befragung, wo 95 Prozent der deutschen Südtiroler angaben, sich nicht mit Italien zu identifizieren.) Ist Napolitano wirklich so ahnungslos oder ignoriert er eine unbequeme Wahrheit?
Im Frühjahr 2013 trafen sich Napolitano und der deutsche Bundespräsident Gauck drei Mal. Dabei wurde auf der Pressekonferenz betont, dass Deutschland und Italien in einer „Wertegemeinschaft“ leben. Leider wurde seitens der Korrespondenten dieser Begriff nicht intensiv hinterfragt. Denn dann würden sich zwei grundverschiedene Auffassungen herauskristallisieren: Napolitano ist für einen Nationalstaat, wo Minderheiten an den Rand gedrängt werden, und Gauck ist ein Mensch der Freiheit. Allerdings lässt sich Napolitano nicht in die Karten schauen. So unterschreibt er Gesetze, die die Autonomie untergraben und ruft öffentlich zur Respektierung der Autonomie auf…
Francesco Palermo, Politiker des linken Partito Democratico, kündigte im Februar 2013 an, „ethnischen Ballast“ aus der Autonomie Südtirols zu entfernen. Jedoch aufgepasst: Der Proporz ist eine der friedensstiftenden und wichtigsten Grundsäulen der Südtiroler Autonomie!
Die Italiener waren in der Vergangenheit oft genug unsichere Kantonisten, die Verträge nur solange einhielten, solange sie für sie vorteilhaft waren. Daher muss man sich schon die berechtigte Frage stellen: Was ist das Wort eines italienischen Politikers wert?
Bedenklich sind auch die Aussagen von Ministerpräsident Monti am 25.10.2012 gegenüber der österreichischen Tageszeitung „Kurier“. Dort stellte er die Schutzmachtfunktion Österreichs in Frage und bezeichnete die Auseinandersetzungen um die Autonomie als „inneritalienische Angelegenheit“. Damit sagte er ganz offen, was italienische Spitzenpolitiker schon immer gedacht haben. Erinnert sei an eine Bemerkung des „Spiegel“, Ausgabe 46 von 1966, „Deutsch san mir“: „Sie stehen heute da, wo sie vor zwanzig Jahren auch standen, angewiesen auf den guten Willen der Italiener, die jede Konzession nicht als Pflicht aus dem Pariser Abkommen von 1946 ansehen, sondern als freiwilliges innerstaatliches Geschenk.“ Diese Aussage ist auch deshalb so brisant, weil bereits Ettore Tolomei in seinem Programm zur Assimilierung der Deutsch-Südtiroler am 15.07. 1923 gefordert hatte, dass das Ausland sich nicht in das Südtirol-Problem einzumischen habe.
Wenn es nach den italienischen Politikern ginge, dann soll Südtirol zu einer ganz normalen, recht- und schutzlosen Provinz degradiert werden und nur der Name „Autonome Provinz Südtirol“ übrig bleiben. Die Autonomie Südtirols soll zu einer Worthülse verkommen und das Pariser Abkommen unterlaufen werden. Italien hat bis heute nicht alle Punkte seiner sich daraus ergebenen Verpflichtungen erfüllt (z. B. bloß Duldung deutscher Ortsnamen, einseitige Geschichtsdarstellung in Südtiroler Schulen, Diskriminierung von Deutsch-Südtiroler Fußballspielern durch Schiedsrichter).
Unter dem Vorwand der EU-Sparvorgaben hatte Mario Monti etliche Notstandsgesetze erlassen, wie zum Beispiel das „Decreto Salva Italia“ („Dekret zur Rettung Italiens“) vom 6. Dezember 2011, womit reihenweise Autonomie-Gesetze unterschiedlichen Ranges ausgehebelt werden. Gegenüber dem „Kurier“ sagte er süffisant: „Die Provinz hat im Rahmen der italienischen Verfassung alle Möglichkeiten, um ihre Positionen durchzusetzen.“ In der Zwischenzeit werden unumkehrbare Tatsachen geschaffen und die Italienisierung vorangetrieben.
Seit der Annexion Südtirols durch Italien wurden die Werte der Französischen Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Völker in unterschiedlicher Intensität vergewaltigt. Die Südtiroler werden ungefragt und gegen ihren Willen im italienischen Staatenverband gehalten. Die europäischen Staaten haben auf dem Altar der „guten wirtschaftlichen Beziehungen zu Italien“ die Werte geopfert, die sie eigentlich alle verbinden sollten.
Der Ist-Zustand Südtirols ist nicht gottgegeben. Erfreulicherweise hat in Südtirol die Diskussion zum Thema „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ derart an Intensität zugenommen, dass den Spitzenpolitikern der SVP Angst und Bange wird. Die von dem Südtiroler Schützenbund organisierte Veranstaltung „Jetzt! Für mehr Freiheit und Unabhängigkeit!“ am letzten Wochenende hat der Welt die Aufbruchsstimmung der Südtiroler gezeigt.
Die Partei Südtiroler Freiheit gab der Universität Innsbruck den Auftrag, ein Gutachten betreffs des Selbstbestimmungsrechtes Südtirols zu erstellen. Die Arbeit von Prof. Hilpold brachte zwar nicht den erhofften Freifahrtschein für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes, sie ist aber auch nicht als abschlägiger Bescheid zu verstehen, wie ein paar SVP-Funktionäre frohlocken. Diese haben offenbar das Gutachten nicht bis zum Ende durchgelesen. Jeder Fall hat seine Spezifität. Deshalb gibt es keinen Automatismus in puncto Anerkennung. Wichtig ist, dass ein Volk, welches sich abspalten will, möglichst mit einer Stimme spricht. „Aus einer Illusion kann damit Realität werden.“ (Abschnitt 5: Externe Selbstbestimmung: Illusion oder Wirklichkeit?)
Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Südtiroler den Ernst der Lage begreifen und an der von der Südtiroler Freiheit organisierten Befragung zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes im Herbst 2013 teilnehmen. Durch ein eindeutiges Votum der Südtiroler zum „Los von Rom!“ und im Windschatten der Freiheitsbewegungen in Schottland und in Katalonien kann Europa und somit auch Italien zu einem Umdenken bezüglich des Selbstbestimmungsrechts der Völker gezwungen werden.
Der Autor ist Deutscher, EDV-Spezialist und auf Grund der Zugehörigkeit seines Vaters zur bedrohten sorbischen Volksgruppe und als ehemaliger Mitkämpfer der DDR-Bürgerrechtsbewegung in Sachen Minderheitenschutz besonders engagiert.
Die Republik Österreich sitzt auf etlichen Banken, die sie gerne zu einem Minimalpreis loswerden möchte, die sie laut EU sogar umgehend verkaufen muss. Ein dramatisches Dilemma. Dessen Ursache liegt primär im historischen Fehler, diese Banken einst auf Steuerzahlers Kosten „gerettet“ zu haben. Denn jetzt sitzt die Republik überall auf unverwertbaren Forderungen, gegen die Hypo Alpe-Adria, die Volksbank-Zentrale und die Trümmer der Kommunalkredit. Dabei hatte man einst höchstens die Volksbank für „systemrelevant“ gehalten.
Niemand will für die rundum angebotenen Banken – oder Teile davon – einen nennenswerten Preis zahlen. Warum auch? Sobald Käufer wissen, dass jemand dringend verkaufen muss, wissen sie sich in der stärkeren Position. Und sie reduzieren ihre Angebote deutlich. Diese Erkenntnis hätte die EU auch auf jedem Gemüsemarkt knapp vor der Wochenendsperre machen können. Da fallen die Preise plötzlich wie Steine, wenn die Verkäufer etwas anzubieten haben. Aber freilich: Jeder Markt ist ja etwas Urböses, da will man nicht einmal einen kurzen Blick wagen.
Dabei hätte man auf dem Gemüsemarkt die Lektion fürs EU-Leben lernen können, nämlich wie man mit Sicherheit eine Bank nicht verkauft. Und auch sonst nichts.
Für die Regierung wäre nun der von der EU geforderte Verkauf auch aus einem anderen Grund sehr peinlich. Denn dann müssten plötzlich all die Milliarden sofort abgeschrieben werden, die man für Rettung und Fortbetrieb der Institute ausgegeben hat und als „Forderung“ oder „Haftung“ hält. Das würde Budgetdefizit und Staatsverschuldung enorm in die Höhe schnellen lassen. Das soll daher – wenn man schon verkaufen muss – nicht vor den Wahlen passieren. Vor denen will man ja alle negativ klingenden Nachrichten verhindern.
Von Woche zu Woche wird jedenfalls deutlicher, dass eine ganz andere Bankpolitik am Höhepunkt der Krise klüger gewesen wäre. Entweder die Republik wäre dort, wo es sinnvoll ist, als Aktionär ins normale Eigentum gegangen. Und sie hätte diese Aktien behalten dürfen, bis sich jemand ernsthaft (und zu guten Preisen) dafür interessiert. Oder aber: Sie hätte gleich die betreffenden Banken zugesperrt und abgewickelt. Die Forderungen wären dann in einer Bad Bank gelandet, die inzwischen schon wieder viel Geld aus den rücklaufenden Krediten an Gläubiger und Steuerzahler ausgezahlt hätte. Dann müsste man keine Banken mehr verwerten, sondern nur Grundstücke und ähnliches. Gewiss hätte man die Einlagen zu einem Teil sichern müssen, und das Land Kärnten wäre ob der gewaltigen Haftungen aus der Ära Haider vorübergehend in Konkurs gegangen.
Aber in der Politik waren damals alle vom Rettersyndrom erfasst. Sie zogen den Schrecken ohne Ende dem Ende mit Schrecken vor. Längst geben jedoch immer mehr Finanzexperten zu: In der Summe ist das am Ende der viel teurere Weg. Der noch dazu erst viel später einen gesamtwirtschaftlichen Wiederaufschwung zulassen wird.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es sind nur kleine Sätze, aber sie zeigen, dass es auch in den Köpfen der Spitzenbanker sehr wirr zugeht; und dass sie oft genausoviel Unsinn reden wie die Politik.
Der Bank-Austria-Chef Willibald Cernko hat soeben in der „Presse“ erklärt: Es werde keine Überwälzung der Bankenabgabe auf die Kunden geben, denn „der Wettbewerb erlaubt es gar nicht.“ Interessant. Hätte der Bankchef recht, hätte auch Werner Faymann recht. Und er könnte den Banken noch und noch und noch Steuern aufladen. Die Gesetze der Ökonomie sagen nämlich ganz eindeutig: Gerade wenn der Wettbewerb funktioniert, dann werden Steuererhöhungen weitergegeben, weil ja dann zu Grenzkosten angeboten werden muss, alles andere wäre selbstzerstörerisch. Aber offenbar wird man in Österreich Bankchef, ohne auch nur eine Ahnung von Ökonomie zu haben. Und auch ohne eine Ahnung vom Leben der Kunden einer Bank zu haben: Denen ist bisher noch jede Steuer- und Kostenerhöhung sowie jede Zinssenkung mit spitzen Fingern weitgereicht worden. Wären die ökonomischen Grundrechenarten wirklich außer Kraft gesetzt, könnte Herr Cernko ja seinen Kunden wenigstens die Inflationsverluste ersetzen.
„Die Manif Pour Tous verurteilt jegliche Gewalttätigkeit, jegliche homophobe Äußerung und jegliche Intoleranz.“ Diesen Satz liest man auf der Homepage der Bewegung „La Manif pour Tous“, die in französischer, deutscher, englischer, spanischer und russischer Sprache aufrufbar ist (www.lamanifpourtous.fr).
Wer glaubt, er befindet sich auf der Homepage einer obskuren linkslinken Plattform, die sich das Vertretungsmonopol für die Homosexuellen Frankreichs anmaßt, irrt gewaltig. La Manif pour Tous ist vielmehr eine Gegenbewegung gegen die Ehe für alle (Le Mariage pour Tous) – also gegen die Ehe für Gleichgeschlechtliche, die die sozialistische Regierung in Paris seit kurzem im Gesetz festschreiben ließ (Loi Taubira).
Seit Wochen organisiert sich in ganz Frankreich der Widerstand gegen das Gesetz Taubira, das nicht nur die Ehe, sondern auch die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare zulässt. Vorläufiger Höhepunkt nach diversen Auftaktveranstaltungen im ganzen Land bildete eine Demonstration am 26. Mai in Paris, an der nach Schätzung der Veranstalter rund eine Million Menschen teilnahmen. Dieser Schätzung schließt sich der Autor als zufälliger Augenzeuge an.
Aus drei verschiedenen Richtungen strömten kilometerlange Massen aux Invalides, um ihre Vorstellungen von Ehe und Familie kundzutun. Die in der ganzen Stadt sichtbaren Leibchen und Fahnen bedurften keines Kommentars: Vater, Mutter, Tochter und Sohn symbolisierten das Denken und Fühlen einer bislang schweigenden Mehrheit, die an diesem Tag der Grande Nation tatsächlich Größe zu geben schien.
Nicht nur das traditionelle Frankreich, das mit Kinderwagen und Babyflaschen bewaffnet eine ungewöhnliche Herausforderung für 45.000 Polizisten darstellte, nahm an der Demonstration teil. Die Buntheit der Demonstranten reichte von diversen islamischen Gruppen bis zu prominenten Schwulen, die sich nicht für sozialistische Gesellschaftsexperimente missbrauchen lassen wollen. Motto: Wir wollen schwul sein – aber weder heiraten noch Kinder adoptieren. Zwei Väter? Zwei Mütter? Zwei Schwiegerväter? Zwei Schwiegermütter? Karl Lagerfeld im Interview: „In den 60-er waren alle für die Verschiedenheit, und heute wollen alle die bürgerliche Ehe. Ich bin gegen die Schwulenehe.“
Der sozialistische Präsident Francois Hollande steht vor dem Scherbenhaufen seiner Politik: Seine Hochsteuerpolitik ist gescheitert, sein Kabinett riecht nach Heuchelei und das Volk läuft ihm davon.
Nur ein kleines Grüppchen von strammen Ideologen in den Nachrichtenstuben versucht noch die Welt über die Zustände in Frankreich hinwegzutäuschen. Nicht eine Million Menschen hätte an der jüngsten Demonstration teilgenommen, sondern nur 150.000. Dabei handle es sich teilweise um rechtsradikale Gruppen, jedenfalls aber dem Christentum nahestehende Organisationen, die zu einem Großteil gar nicht existierten. Der ORF jedenfalls vermutet auf seiner Homepage „radikale religiöse und politische Gruppen als Drahtzieher“.
Dass sich in Frankreich eine derart breite Bewegung gegen eine diffuse sozialistische Gesellschaftsveränderungspolitik formiert, erscheint jenseits aller linksmanipulativen Berichterstattung als bemerkenswertes Signal.
Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.
Berlin und Paris starten eine Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit. Lobenswert. Aber für Österreicher nicht ganz neu.
Irgendetwas funktioniert doch noch zwischen den beiden Großeuropäern. Ansonsten haben sich Deutschland und Frankreich ja seit der Wahl des Traummännleins Hollande auseinandergelebt. Die beiden starten nun Initiativen gegen die europäische Jugendarbeitslosigkeit (soweit altes Politikergerede). Dabei rufen sie nach mehr Krediten für kleine und mittlere Unternehmen (auch das findet sich schon in ein paar Tausend Erklärungen). Sie wollen aber noch etwas, und das ist hochinteressant: nämlich die europaweite duale Ausbildung, also die Verbindung betrieblicher Lehre mit Berufsschulen. Das gibt es ja erstaunlicherweise nur in wenigen Ländern. Das sind keienswegs zufällig jene, die nicht wie Spanien, Frankreich & Co alle Jugendlichen in die Gesamtschule zwingen, an deren Ende enorm viele Maturanten, Akademiker – und junge Arbeitslose stehen. Es ist also offenbar ein europäisches Glück, dass sich Österreich (sowie Süddeutschland und die Schweiz) nicht dieses Konzept von Grünrot-Androsch-Industriellenvereinigung aufzwingen ließen. So können Europas Krisenländer wenigstens noch irgendwo funktionierende Schulsysteme studieren.
Wohlweislich meldet der ORF nicht wie sonst bei jedem halbwegs interessanten Ereignis, wie viele Menschen beim „Life Ball“ zugeschaut haben. So blamabel sind die Zahlen. Dabei war die Veranstaltung im SPÖ-Rathaus wochenlang schon im Vorhinein als das Gutmenschereignis des Jahres gefeiert worden. Die Abstimmung der Fernsehkunden per Fernbedienung hindert die ORF-Menschen freilich nicht, tags darauf wieder mit Hass, Bösartigkeit und Aggression über die französischen Massendemonstrationen gegen die Schwulenehe zu berichten.
In Ziffern lag der Marktanteil der „Life-Ball“-Zuseher zwischen erschütternden 11 und 15 Prozent. Das ist wohlgemerkt der Anteil unter jenen, die überhaupt einen Fernseher aufgedreht haben. Es bleibt dahingestellt, wie viel wenigstens dieser paar Prozent aus echter Sympathie für die ORF-Life-Ball-Anliegen zugeschaut haben und wie viele aus nacktem Voyeurismus.
Zum Vergleich: Die Zeit im Bild des gleichen Abends wurde hingegen von 49 Prozent gesehen und die gleichzeitig(!) mit dem Life Ball laufende Millionenshow immerhin von 17 Prozent. Also kann das Life-Ball-Debakel keineswegs nur mit der Peinlichkeit erklärt werden, dass ein gebührenfreier Privatsender das am gleichen Abend stattfindende Champions-League-Finale übertragen konnte. Der ORF gibt hingegen unsere Zwangsgebühren lieber für die Formel 1 und den Life Ball aus. (Apropos Fußball-Finale: Geradezu köstlich, wie sich auch viele andere Medien um die Tatsache drücken, dass der – zu Recht stark gefeierte – erste Österreicher im Team der Finalsieger unmittelbar nach Spielende demonstrativ in einem T-Shirt durchs Stadion gelaufen ist, in dem er sich in großen Lettern zu Jesus bekennt. So eine „Gefahr“ bestand ja beim Life Ball nicht).
Es ist natürlich keineswegs nur der ORF, der den Life Ball (noch) am Leben erhält. Auch vom Wiener Rathaus oder der Wirtschaftskammer fließen massenweise direkte und indirekte Subventionen zugunsten des Life Balls. Mit der läppischen Argumentation, es gäbe einen indirekten Nutzen und der Ball wäre Wien-Werbung. Diese findet jedoch bei Neujahrskonzert oder Opernball tausendmal wirksamer und positiver statt. Ohne dass die politische Klasse dafür Dritten tief in die Steuertasche greift und sich dabei auch noch abfeiern lässt.
Wie fest die Schwulen-Lobby im Gebührensender verankert ist, konnte man auch den hasserfüllten ORF-Berichten über die neuerlichen französischen Massendemonstrationen gegen die dortige Schwulenehe entnehmen. Da wimmelte es nur so von abfälligen Worten wie „seltsam“ oder „bizarr“. Und der von Seher- und Hörer-Gebühren finanzierte Online-Auftritt orf.at animierte gar zu einer Hass-„Debatte“ unter dem sensationell „öffentlich-rechtlich-objektiven“ Titel: „Wie vorgehen gegen Homophobie?“
Das ist aber auch unabhängig vom Schlagseiten-Spin eine interessante Frage. Denn die Millionen-Verschwendung Life Ball hat offensichtlich nicht im Sinne der Erfinder gewirkt.
Bei dieser Veranstaltung ging und geht es natürlich nie primär um die Hilfe für HIV-Kranke, sondern um massive Propaganda für schwule Verhaltensweisen. Ginge es wirklich nicht um Propaganda einer aggressiven Minderheit, sondern um Krankheiten, müsste sich der ORF ja fragen lassen, was er in Hinblick auf all die anderen, in viel höherem Ausmaß verbreiteten und letalen Krankheiten tut. Denn für (oder eigentlich: gegen) keine dieser Krankheiten wird vom Gebührensender ein auch nur annähernd vergleichbarer Aufwand getrieben. Ob das nun Krebs oder Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Diabetes sind. Von den völlig im Schatten stehenden und global noch viel schlimmeren Massenmördern wie Malaria oder schmutziges Wasser gar nicht zu reden.
Die französische Linke denkt aber ohnedies schon heftig über die Antworten auf die vom ORF gestellte Frage nach. Und dabei fällt vor allem das Wort „verbieten“. Verboten werden soll im Land, das sich für den Erfinder der europäischen Menschenrechte hält, etwa die Organisation, die die Massenkundgebungen durchführt.
Skurril sind auch die langen Betrachtungen in orf.at über die Organisationen, welche die Kundgebung veranstalten. Erstens seien sie in hohem Ausmaß katholisch (das kann ja nun wirklich nur den ORF überraschen); zweitens seien viele Trägerorganisationen erst in den letzten Monaten entstanden (es sollte eigentlich sogar für das Hirn eines ORF-Menschen verständlich sein, dass sich Protestorganisationen erst dann bilden konnten, als Rot-Grün in Frankreich die volle Gleichstellung der Schwulenehe voranzutreiben begonnen hat); und drittens seien diese Organisationen „leere Schalen“.
Dieser letzte Vorwurf ist nun noch absurder als die anderen: Denn selbst nach Angaben der (links kontrollierten) Polizei haben 150.000 Menschen an der Demo teilgenommen; die Organisatoren sprechen – unterlegt mit viel Bildmaterial – sogar von einer Million. Und es ist keineswegs die erste solche Massenveranstaltung mit dem gleichen Anliegen gewesen. All diese Menschenmassen sollen von leeren Schalen, von nicht existierenden Organisationen zusammengebracht worden sein?
Es ist wirklich schmerzhaft, dass die rot-grünen Linkskorrekten immer dümmer werden.
Ach ja, und dann darf natürlich das Vokabel „rechtsradikal“ nicht fehlen. Bei aller Antipathie gegen wirkliche Neonazis, Hitler-Relativierer und gewalttätige Demokratiefeinde tauchen bei diesem Stehsatz in einschlägigen Berichten gleich mehrere Fragen auf:
PS.: Fast in keinem Bericht fehlt natürlich auch das Vokabel „erzkatholisch“. Erz- ist offenbar schon jeder Katholik, der nicht auf dem Kurs der Islamo- und Schwulophilie unterwegs ist, wie er in einigen österreichischen Diözesen derzeit von oben vorgegeben wird. Genauso wie ein Konservativer medial fast nur noch als Erz- auftaucht. Für die Liberalen haben die gleichgeschalteten Linken immerhin eine marginal andere Variante anzubieten: Sie seien neoliberal. Offen muss bleiben, welche dieser serienweise vergebenen Hass-Vorsilben eigentlich schlimmer ist. Und offen muss auch bleiben, was diese Vorsilben überhaupt bedeuten sollen. Denn die intellektuelle Kraft zu Definitionen für ihre Schimpfparolen hat die Linke ja schon lange nicht mehr.
Während Werner Faymann in immer neuen Steuerphantasien schwelgt, zeigen deutsche Genossen massive Schübe von Vernunft – auch in Hinblick auf die theoretisch schon beschlossene Finanztransaktionssteuer.
Elf Regierungen, darunter jene Deutschlands und Österreichs, wollen diese einführen –, weil sie nicht zum Sparen bereit sind. Sie glauben naiverweise, damit nur die bösen Banken zu treffen. In Wahrheit trifft die Steuer natürlich voll die Kunden, Pensionssparer und Lebensversicherten. So wie das bereits jetzt die Bankensteuer tut, die Faymann dennoch erhöhen will (weil die von ihm und Josef Pröll verschuldete „Rettung“ der Hypo Alpe-Adria viel teurer kommt als prophezeit). Im deutschen und österreichischen Finanzministerium kennt man die schädlichen Folgen der geplanten Steuer schon lange, macht aber trotzdem unter populistischem Druck mit. Jetzt jedoch hat erstmals auch ein SPD-Finanzlandesrat (nämlich jener aus Baden-Württemberg) heftig vor den Plänen gewarnt. Das gibt nun auch der schwarz-gelben Koalition die Gelegenheit, blitzschnell auf Distanz zu den Steuerplänen zu gehen. Damit ist die Finanztransaktionssteuer so gut wie tot. Mit dem notwendigen Finanzverstand hätte auch die ÖVP schon lange eine Todes-Parte (mit)unterzeichnen müssen. Und zwar wegen der einzigen richtigen Todesursache: Es geht um Sparer und Kunden – die wiederum viele Arbeitsplätze finanzieren –, und nicht um die bösen Banker, wie Faymann untergriffig suggeriert. Was aber die Schwarzen schon wieder ins Stottern gebracht hat.
Die Schulen werden vom Unterrichtsministerium nun mit den Fragen der Zentralmatura beglückt. Und kommen aus dem Staunen nicht heraus.
Denn das Englisch der zentralen Maturafragen ist nicht nur holprig, sondern schlicht fehlerhaft. Die Autoren wissen nicht einmal den Unterschied zwischen people (=Leute) und Völker (=peoples). Wer für die Bedeutung „junge Leute“ einen Plural „young peoples‘“ bildet, hätte in der guten alten Schule einen dicken fetten Fehler angekreuzt bekommen. Hingegen werden bei der Zentralmatura solche Fehler vom sattsam bekannten und fett honorierten Ideologie-Institut Bifie und von der ebenfalls involvierten Universität Innsbruck von Amtswegen produziert.
Sie können zwar nicht Englisch, aber dafür die politisch korrekten, wenn auch sprachlich unkorrekten Sprachdeformationen. Das zeigt der Satz: „Every student should . . . after finishing their secondary education.“ Korrektes Englisch würde hier statt „their“ das Wort „his“ oder notfalls „his or her“ („his/her“) verwenden. Freilich ist richtig: Auch in Amerika wächst die Diktatur der Political correctness und die einschlägig Gläubigen verwenden dort daher in der Tat zum Singular „every student“ nun brutal den schlicht falschen Plural „their“. Korrekte englische Linguisten sehen darin jedoch weiterhin eine Vergewaltigung der Sprache, ist doch „every“ ein Singularwort. Aber offenbar gilt jetzt auch im obrigkeitsgehorsamen Englisch-Unterricht: Wos brauch ma a no a Grammatik, wenn ma eh politisch korrekt san?
PS.: Ihrer politischen Linkskorrektheit wegen hat Frau Schmied auch jahrelang verboten, was jeder vernünftige Österreicher für selbstverständlich gehalten hätte: nämlich Schüler erst dann in eine normale Klasse zu setzen, wenn sie ordentlich Deutsch können, sondern ihnen zuerst intensiv deutsch zu vermitteln. Die Tatsache, dass das bis zu dem dieser Tage erfolgten Nachgeben nicht der Fall war, erklärt natürlich auch einen Gutteil der Probleme in Österreichs Schulen.
Der Gesetzgeber schickt sich gerade an, die beliebteste Gesellschaftsform unseres Wirtschaftslebens, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit wenigen Federstrichen einschneidend zu ändern. Die Gründung einer GmbH soll erheblich billiger werden. Zu diesem Zweck wird das Mindeststammkapital wird von 35.000 Euro auf 10.000 Euro gesenkt. Das verführt zur Unterkapitalisierung, baut den bisherigen Gläubigerschutz ab und erhöht die Insolvenzgefahr.
All das verschwindet hinter dem Plakat der Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich und der Förderung unternehmerischer Kreativität durch eine billigere Gründung, was zwar an sich Beifall verdient, doch nur dann, wenn es Begleitmaßnahmen gibt, die verhindern, dass das Kind mit dem Bade ausgegossen wird. Eben das geschieht aber gerade.
Am 21. Mai hat der Ministerrat den diesbezüglichen Entwurf eines „Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2013“ (GesRÄG 2013) an das Parlament weitergeleitet. Nun sind die Abgeordneten am Zug. Ob sie das Gesetzesvorhaben noch ausbalancieren wollen, ist die Frage. Dabei war noch vor einiger Zeit alles im Lot. Der Wirtschaftskammer und maßgeblichen Wirtschaftskreisen ist es allerdings in der letzten Phase der Entwicklung auf höchster politischer Ebene gelungen, die ausgewogenen Vorarbeiten des BMJ zu einer GmbH-Reform so zusammenzustreichen, dass sich alle Gegengewichte zur geplanten gravierenden Herabsetzung des Mindestkapitals (auf das Niveau vor 1980!!) in Luft aufgelöst haben.
So wurden aus dem ursprünglichen Entwurf des BMJ alle dem Gläubigerschutz dienenden Begleitmaßnahmen zur Herabsetzung des Mindeststammkapitals eliminiert und damit ein Schritt zur Anglo-Amerikanisierung unseres GmbH-Rechts gesetzt, ohne die (außerhalb des Gesellschaftsrechts angesiedelten) Gläubigerschutzmaßnahmen des anglo-amerikanischen Rechts zu übernehmen.
Die zahlreichen ablehnenden Stellungnahmen zum Entwurf des GesRÄG 2013 wurden ignoriert. So lehnen alle Professoren, die sich offiziell geäußert haben, den Gesetzesvorschlag in seiner derzeitigen Form ab (Hügel, Krejci, Rüffler, Schauer, Schummer, Torggler). Noch weitere vierzehn Rechtswissenschafter, mit denen ich in der Angelegenheit kommunizierte, teilen diese Kritik. Das will bei Professoren, die bekanntlich selten einer Meinung sind, was heißen. Ferner sind insbesondere die Stellungnahmen der Bundesarbeitskammer, der Österreichischen Notariatskammer, des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, des Kreditschutzverbandes 1870, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und des ÖAMTC klar negativ. Kritisch sind auch einige Bundesländer, die zu Recht monieren, dass sie auf rechtswidrige Weise übergangen wurden, weil sie zur Verkürzung ihrer Steuereinnahmen nicht befragt wurden.
Selbst der positiv votierende Österreichische Rechtsanwaltskammertag kann sich ergänzende Begleitmaßnahmen zur Herabsetzung des Mindeststammkapitals vorstellen. Alles verlorene Liebesmüh‘. Die Regierung ließ sich nicht beeindrucken, sondern beharrte auf dem, was die Regierungsklausur des vorigen Herbstes vorgab. Dort fanden bemerkenswerte Junktimierungen politischer Projekte statt, die der SPÖ offenbar so viel wert sind, dass sie den Gegendruck aus den eigenen Reihen allem Anschein nach aushält.
Als Begründung für den Entwurf wird angegeben, dass sich Österreich vor dem unionsrechtlich zulässigen Einmarsch ausländischer Billig-GmbHs und damit vor einem Unterwandern unseres eigenen Gesellschaftsrechts schützen müsse. Von einer solchen Gefahr kann aber keine Rede sein. Selbst die englischen Limiteds, die vormals als Alternative zur teuren österreichischen GmbH beworben wurden, haben die Gründungen österreichischer GmbHs nicht zurückgedrängt. Andere europäische Billig-GmbHs sind in Österreich überhaupt nicht bemerkbar. Und die deutsche „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ hat bislang österreichische Gründer auch nicht in hellen Scharen angelockt.
Das Projekt einer Societas Privata Europaea, einer „europäischen GmbH“, ist inzwischen (nicht zuletzt dank energischer Gegenwehr Österreichs!) in ihrer ursprünglichen anglo-amerikanischen Konzeption so gut wie tot. Trotzdem wird unter dem Feldzeichen der Abwehr ausländischen Übels marschiert, um ein gleichartiges inländisches Übel zu implementieren. Motto: „Bevor mich ein anderer in den Abgrund stößt, spring ich lieber selber.“
Es ist allerdings nicht zu übersehen, dass von maßgeblichen Kreisen der Wirtschaft die weitgehend kapitallose GmbH an sich (und nicht bloß im Hinblick auf die Abwehr ausländischer Billig-GmbHs) als Wohltat empfunden wird, die man unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung unbedingt zuteil werden lassen solle. Womit wir auf die ideologische Wurzel des angestrebten Paradigmenwechsel im GmbH-Recht stoßen:
Bislang galt der Grundsatz, dass auch Gesellschafter einer GmbH in angemessener Weise mit eigenem Kapital das unternehmerische Risiko der GmbH mit zu tragen haben. Wenn die Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten schon nicht persönlich voll haften (wie das die OG-Gesellschafter, die Komplementäre der KG oder die Einzelunternehmer tun), so sollen die GmbH-Gesellschafter doch wenigstens mit einem gewissen Teil ihres eigenen Vermögens ihr unternehmerisches Risiko auch selber tragen. Warum? Um die Allgemeinheit vor allzu großer unternehmerischer Risikofreude ausschließlich auf Kosten anderer zu bewahren. Dieses eigentlich jedem einigermaßen vernünftigen Menschen einleuchtende Anliegen ist nicht mehr das des GesRÄG 2013. Dort herrschen andere Überlegungen vor.
Den, der da meint, genau das sei großartig, kann man schwerlich bekehren. In einer Zeit, in der alles unternommen wird, um dem Einzelnen sein eigenes Lebensrisiko durch unterschiedlichste „Sozialisierungen“ abzunehmen, liegt es im Trend, ihm auch noch das eigene Unternehmerrisiko weitgehend abzunehmen. Dann aber wird die Prämisse von der Eigenverantwortung des Unternehmers zur hohlen Phrase. Wer unternehmerische Eigenverantwortung nach wie vor ernst nimmt, wird ein Unternehmertum zu Lasten Dritter ablehnen, das den (freilich durch hohe Steuerlasten erheblich reduzierten) Gewinn den Gesellschaftern lässt, das Verlustrisiko jedoch vor allem den Gläubigern zuweist.
Die Methode, Gewinne den Unternehmen zu lassen, Verluste hingegen der Allgemeinheit umzuhängen, ist in jüngerer Zeit auf beklemmende Weise vor allem im Bankenbereich Mode geworden. Die verbilligte GmbH zielt auf die Kassen der Gläubiger. Banken, Versicherungen und die Industrie werden die verbilligte GmbH nicht wirklich stören; dort wird sie sich vielmehr gar nicht erst entfalten können. Die Opfer frühzeitig wegen Unterkapitalisierung in die Pleite gerutschter GmbHs werden Arbeitnehmer, Verbraucher und gleichfalls kleine Handelspartner sein.
Mittelbar freilich auch das staatliche Sozialnetz. Doch hat diesbezüglich die angestrebte Lösung des GesRÄG 2013 auch eine entlastende Seite: Wenn man Arbeitslose dazu gewinnen kann, sich mit Hilfe einer billigen GmbH selbständig zu machen, scheiden sie aus dem AMS aus – und kommen auch nicht wieder rein, weil das AMS Selbständigen nicht zur Verfügung steht. Insofern entlastet also jede – auch missglückte – Einpersonen-Billig-GmbH, die ein Arbeitsloser gründet, das AMS.
Immerhin gelingt es dem Entwurf eines GesRÄG 2013, die (insgesamt merkwürdige) Mindest-Körperschaftssteuer und auch gewisse Tarife auf einem gesellschaftsrechtlichen Umweg – nämlich durch die Herabsetzung des Mindeststammkapitals – zu reduzieren. Das hätte man auch machen können, ohne dem GmbH-Recht (nicht zuletzt auch wegen des Effekts der Senkung der Mindest- Körperschaftssteuer) ein Bein zu amputieren.
Wenn das aber der Gesetzgeber partout so haben will, sollte er zumindest das für die deutsche „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ vorgeschriebene „Kapitalaufholungs- und Thesaurierungsprinzip“ einführen: Gewinne einer Billig-GmbH sind zu einem gewissen Teil so lange in der Gesellschaft zu halten, bis das bisher vorgeschriebene Mindeststammkapital von 35.000 Euro (oder wie in Deutschland: 25.000 Euro) in der Gesellschaft angespart ist. Dies ließe sich leicht noch im Parlament erreichen. Man bräuchte nur die diesbezügliche deutsche Regelung in das österreichische Recht zu übernehmen – und schon hätte man eine einigermaßen erträgliche Mittellösung.
Der Start wäre allemal billig, aber zumindest dort, wo der Start geglückt ist, soll das Eigenkapital der GmbH wenigstens auf jenes Niveau anwachsen, das den Gesellschaftern die Verantwortung für den Umgang mit dem unternehmerischen Wagnis persönlich spürbar macht. Zugleich würde verhindert, dass die Gesellschafter aufgrund der neuen Rechtslage ihre bislang besser dotierten GmbHs bis auf 10.000 Euro Stammkapital „ausräumen“. Zugleich sollte die neue österreichische Billig-GmbH nach außen hin als solche gekennzeichnet sein, damit der Geschäftsverkehr, ohne vorher das Firmenbuch konsultieren zu müssen, schon vorweg die Kapitalschwäche des Geschäftspartners signalisiert bekommt.
Dass all dies maßgeblichen Protagonisten der Wirtschaft, aber auch Politikern, die ja allesamt immer wieder das zu geringe Eigenkapital österreichischer Unternehmen bedauern, so schwer als das Mindestgebotene begreiflich gemacht werden kann, verwundert.
Sonstige Vergünstigungen des Entwurfes für werdende Unternehmer halten sich in Grenzen: Dass man ein Billigformular für Einpersonen-Gründungen geschaffen hat, das erst recht Rechtsberatung erforderlich macht, damit die Leute nicht blind ins offene Messer rennen, ist eher eine Maus, die da der kreißende Berg in die Welt setzt. Das gilt auch für das Streichen der Bekanntmachung der GmbH in der Wiener Zeitung und die damit verbundene Ersparnis von nicht einmal 200 Euro. Vieles, was insbesondere Jungunternehmer (aber auch alle anderen) nervt, wurde ohnehin nicht angegangen. So unsere in vielen Belangen immer noch zünftlerische Gewerbeordnung, unsere überbordende Verwaltung und dergleichen mehr.
Alles in allem ist es halt wieder einmal so weit. Wie heißt’s so schön bei Grillparzer (Bruderzwist im Hause Habsburg, 2. Aufzug): „Das eben ist der Fluch von unserm edlen Hause: Auf halbem Wege und mit halber Kraft zu halben Zielen zögernd fortzuschreiten!“ Nur zur Klarstellung: Die Hälfte wäre erst erreicht, wenn das GesRÄG 2013 wenigstens das deutsche Kapitalaufholungs- und Thesaurierungsprinzip übernähme. Schön wär’s. Halbschön.
Zur Person:
Em. o. Univ-Prof. Dr. Heinz Krejci
Geb. 1941 in Wien; Dr. iur 1963; 1963 – 1973 Assistent am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien; 1972 Habilitation für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Sozialrecht; 1973 – 1976 ao. Univ.-Professor der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, 1973/74 Gastprofessor an der Freien Universität Berlin, 1976 – 1985 Ordinarius für Privatrecht und Wirtschaftsrecht an der Karl-Franzens-Universität Graz, dort Vorstand des Instituts für bürgerliches Recht; ab 1985 Ordinarius für Handels- und Wertpapierrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, 16 Jahre bis zur Emeritierung Vorstand des Instituts für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht. Nach wie vor Vortragender, Rechtsgutachter, Schiedsrichter, rechtspolitischer Berater insbesondere des BMJ. Über 400 wiss. Publikationen auf den Gebieten des Unternehmens- und Gesellschaftsrechts, Zivilrechts, Versicherungsrechts, Verbraucherrechts, Bauvertragsrechts, Arbeits- und Sozialrechts.
Die neue „Progressive Allianz“ von SPÖ, SPD & Co hat zwar nur ein sehr verwaschenes Programm, aber dafür sehr seltsame Mitglieder.
Die auffälligste Mitgliedspartei ist zweifellos die Putin-nahe Jubelorganisation „Gerechtes Russland“. An deren Beispiel kann man gut erkennen, was die ehemals S-Linksparteien künftig unter „gerecht“ und „progressiv“ verstehen. „Progressiv“ ist man also, wenn man mit Volldampf zurück zu Stalin und all seinen Symbolen wie Methoden steuert. „Gerecht“ ist man also, wenn man die unverschämte Selbstbereicherung der Putin-Freunde unterstützt, während dort liberale und demokratische Kritiker im Gefängnis landen. Das ist eigentlich zu absurd, um wahr zu sein. Vor allem, wenn man sich den offiziellen Grund für den Abschied der Linken von der SI vor Augen hält: Das war nämlich die Tatsache, dass auch Tunesiens Ben Ali und Ägyptens Hosni Mubarak bis zuletzt in dieser SI gewesen sind. Also Machthaber, die sich nur in einem von Putin unterscheiden: dass dieser noch nicht gestürzt worden ist.
In Österreich wird immer wieder geklagt, die zunehmend negative Auslese in Landtagen und anderen Gremien liege an den niedrigen Gehältern. Da bleibt freilich eine Frage offen: Wie schafft es die Schweiz, noch nicht untergegangen zu sein?
In der Schweiz sind Kantonsräte das Äquivalent zu Landtagsabgeordneten. Die Kantone haben sogar mehr Kompetenzen als Bundesländer. Dennoch bekommen Kantonsräte gar kein Gehalt, sondern nur Sitzungsgeld. Im Kanton Zürich, dem reichsten und größten mit mehr als einer Million Einwohnern, sind das 200 Franken. Das ergibt im Jahr ungefähr so viel, wie bei uns ein Landtagsabgeordneter im Monat erhält, nämlich 6500 Euro. Und das 14 Mal im Jahr (auf Grund der weltweit bestaunten österreichischen Monats-Anomalie). In der kleinen Schwyz sind es nicht einmal 2500 Euro jährlich. Fragt da noch jemand, warum die Schweizer Steuern so viel niedriger sind und warum die Sozialisten in allen Parteien bei uns so dringend nach einer Kampagne gegen die Schweiz rufen?
PS.: Bei uns fallen Politiker selbst dann gut gepolstert, wenn sie abgewählt werden. Beispiel: Für den bisherigen niederösterreichischen SPÖ-Obmann hat die Arbeiterkammer einen eigenen – bisher von niemandem benötigten – Abteilungsleiterposten erfunden. In der zwangsfinanzierten, aber medial kaum beachteten Arbeiterkammer herrscht nämlich ein sogar noch viel ärgerer Missbrauch mit öffentlichen Geldern als in den Parlamenten.
Wer links genug ist, ist über jede Kritik, ja auch über jedes Recht erhaben. Diese Regel gilt in vielen Bereichen unterschwellig – aber immer öfter jetzt auch schon oberschwellig. Ohne dass irgendeine rechte Gaunerei damit verteidigt werden soll, wird immer klarer: Polemik und Hass, Denunziation und Desinformation sind heute ganz überwiegend links. Und die Bestrebungen, die Meinungsfreiheit endgültig zu beenden, sind sogar exklusiv links.
Die Generation G in den Medien (der brillante deutsche Publizist Bok hat sie so getauft: G wie Gutmensch, Global und Greenpeace) unterstützt das alles völlig kritiklos. Sie führt das linke Gedankengut als Nachfolgerin der 68er organisch weiter. Ihre Methode: Jede noch so schwindlige und einseitige „Studie“ von Greenpeace, Arbeiterkammer, Amnesty, Armutskonferenz und wie all die sonstigen linken Vereine heißen, die von unserem Geld gedeihen, wird groß und als unbestreitbare Wahrheit berichtet. Wenn hingegen ein rechter (ÖVP-, FPÖ-, BZÖ-, TS-)Politiker etwas sagt, wird sofort auch schon in der scheinbar objektiven Nachricht wilde Polemik verpackt.
Aber längst geht es um mehr als um die organisierte Desinformation durch linkslastige Medien. Es geht um organisierte Gewalt, Einschüchterung und Meinungsfreiheit. Aber auch das hat mit den Medien zu tun: Das kann sich nur deshalb so sehr ausbreiten, weil die Medien so einäugig berichten.
Ein Beispiel der linken Gewaltaffinität sind die zahlreichen kriminellen Taten des links-grünen Vorfelds gegen farbtragende Studenten, egal ob nun schlagend oder katholisch. Immer öfter werden von Wien bis Deutschland deren „Buden“ und Mitglieder, sobald sie sich auf der Straße als solche zu erkennen geben, attackiert und verletzt beziehungsweise beschädigt. Zuletzt am 8. Mai. Vom Polizeipräsidenten, dem Genossen Pürstl, werden nach solchen Zwischenfällen nicht etwa die Täter gesucht, sondern die Opfer beschimpft (Nur zur Klarheit: Ich bin bei keiner Verbindung in irgendeiner Form Mitglied, weil ich persönlich mit Trachten aus dem 19. Jahrhundert nichts anfange. Aber ich habe mein ganzes Leben Farbstudenten als gesellschaftlich positiv engagierte und in keiner Weise rechtswidrige Personen kennengelernt).
Ein anderes Beispiel – zwar einen Kontinent weiter, aber aus haargenau der gleichen linken Denkwelt kommend: Beamte der amerikanischen Steuerbehörden haben ganz gezielt scharfe Steuerprüfungen gegen alle Vereine durchgeführt, die als „patriotisch“ oder Teil der Tea Party galten. Jetzt ist das zwar aufgeflogen, und einige kurze Tage lang ist sogar ein wenig diskutiert worden, ob Barack Obama davon gewusst hat. Eigentlich jedoch nur mit dem besorgten Unterton, ob ihm das am Ende schaden könnte. Aber das ist gar nicht das zentrale Thema. Das besteht vielmehr in der Tatsache, dass sich unter Obamas – von politisch korrekten Menschen laut als ethisch besonders wertvoll bejubelten – Regierung ein solcher Geist breitmachen konnte. Ein Geist, der alles für sakrosankt hält, was „gegen Rechts“ ist. Also einschließlich krimineller Methoden.
Ein weiteres Beispiel ist die Überwachung der Mails und Telefone der größten amerikanischen Nachrichtenagentur AP. Diese hatte einige für die Regierung unerfreuliche Dinge enthüllt. Worauf die Regierung des so nett wirkenden Barack Obama mit einer Brutalität, die man einst nur in kommunistischen Staaten oder unter Mubarak & Co gekannt hätte, die gesamte Redaktion zu überwachen begann. Big Brother Barack. Richard Nixon war ein Waisenkind dagegen.
Das nächste Beispiel finden wir wieder in Europa. Hier stoßen wir bei den Grünen – vor allem in Deutschland – auf eine massiv päderastische Vergangenheit. Diese findet sich keineswegs nur in den autobiographischen und von seiner Fraktion nie beanstandeten Texten der 68-er Ikone Cohn-Bendit; dieser wurde übrigens gerade mit einer Auszeichnung und einer Festrede des Linksjournalisten de Weck gefeiert. Die grüne Liebe zur Päderastie findet sich vielmehr auch in ihren ganz offiziellen Parlamentsanträgen, diese Tätigkeit doch straffrei zu stellen.
Ein anderes Beispiel klingt im Vergleich dazu harmlos, ist aber letztlich ebenfalls sehr folgenschwer. Das ist die Grüneuphorie in zahllosen österreichischen Zeitungskommentaren. Da werden die katastrophalen Ideen der grünen Wirtschafts- und Sozial-Politik total ignoriert (bedingungsloses Grundeinkommen und dergleichen); ebenso deren totalitärer Tugendfuror; ebenso ihre gewalttätige Vergangenheit; ebenso die weitgehende Deckungsgleichheit der grünen Positionen und Kampagnen mit denen der Kommunisten. Und jetzt wird sogar so getan, als ob Grün der Zukunftstrend wäre.
Dabei haben die Grünen lediglich in zwei Bundesländern gewonnen, wo sie als Folge des schwarz-roten Antagonismus den Vorsitz in wichtigen U-Ausschüssen bekommen haben. Womit sie sich dort als Sauberkeitspartei positionieren konnten. In Wien hingegen, wo man erstmals grüne Kommunalpolitik ganz konkret erlebt, sind sie bei den Umfragen auf steiler Talfahrt. Und noch steiler ist diese an den Universitäten: Dort sind die Grünen in den letzten Jahren von 29 auf unter 16 Prozent gesunken. Bei den Großen schreibt man bei einem solchen Abstieg von Katastrophe, bei den Grünen wird das einfach medial weggeschwiegen.
Komplett von Grünen durchsetzt sind so gut wie alle Institutionen, die "Umwelt" im Titel haben (auch dort, wo die Grünen nicht an der Regierung beteiligt sind). So auch das deutsche Umweltbundesamt in Dessau. Dises hat nun zu endgültig totalitären Methoden gegriffen: Es publiziert die Namen aller "Klimawandelskeptiker in Deutschland", also die Namen von Journalisten und Wissenschaftlern, die behördlich nicht erwünschte Positionen vertreten. Im alten Rom hat man das Proskriptionslisten genannt. Die sind nur oberflächlich harmloser als das, was vor einigen Monaten ein Grazer Musikwissenschafter gefordert hatte: nämlich gleich direkt die Todesstrafe für sogenannte Klimaskeptiker (die Staatsanwälte hat natürlich ein solcher Mordaufruf nicht interessiert).
Als kleines weiteres Beispiel kann ich mein eigenes Tagebuch nehmen. Da darf ich mich regelmäßig über linke Gäste freuen, die mich als „senilen Dolm“ bezeichnen. Oder die Ex-Bundeskanzler Schüssel „widerliche Dreckssau“ nennen.
Noch viel schlimmer ist das, was sich im Leserforum des rot-grünen Zentralorgans „Standard“ abspielt. Diese Hass-Orgien sind nun in einem ganzen e-book dokumentiert worden, bei dessen Lektüre einem geradezu übel wird (auch wenn die Autoren die Ton- und Stimmungslage der „Standard“-Leser mit Humor erträglich zu machen versuchen). Man bekommt ein ziemlich deutliches Bild, wie gut und moralisch die selbsternannten Gutmenschen wirklich sind.
Ein weiteres Beispiel für linken Schmutz sind fast sämtliche Wahlkämpfe. Da wurde Wolfgang Schüssel von einem SPÖ-nahen Sudelmagazin eine erfundene illegale Pflegerin unterschoben, die eine alte Frau im Familienkreis gepflegt hätte. Da wird jetzt aus der gleichen Ecke der Dienstvertrag der Spindelegger-Ehefrau in die Öffentlichkeit gespült (ein absolut nicht problemloser Vertrag, nur schaut sich eben niemand die Verträge und Plagiate linker Politiker an). Da wird gerade jetzt in Deutschland ein Buch auf den Markt gebracht, das Angela Merkel wegen ihrer Mitgliedschaft in der einstigen Ostgewerkschaft einen Strick drehen will. Und, jede Wette, die Menge des Schmutzes wird bis September da wie dort noch zunehmen.
Ganz typisch für die Grünen war auch ein kürzlich in Deutschland kursierender Facebook-Eintrag eines Grünpolitikers. „Schade, dass die NSU-Gruppe sich nicht solche vorgenommen haben“ – und dazu wurde ein Photo des FDP-Chefs Rösler gezeigt. („Die NSU-Gruppe“ ist die Neonazi-Bande – man sollte sie keineswegs beschönigend „Gruppe“ nennen –, die über viele Jahre Morde an zugewanderten Türken begangen hat). Dass der Mann daraufhin von den Grünen ausgetreten ist, sei der Vollständigkeit halber hinzugefügt; aber er sah in seinem Text auch danach bloß eine „Überreaktion“. Und der Eintrag bleibt wohl signifikant für die Hass-Stimmung bei den deutschen Grünen. Er erinnert auch an die blutigen, ganz ähnlich gelagerten Hassorgien aus dem linken Eck, nachdem die vorvorletzte Innenministerin plötzlich verstorben ist.
Während ausschreibungsfreie Agenturaufträge schwarzer Ministerien nicht nur im ORF, sondern auch in vielen anderen Medien landauf, landab scharf und breit berichtet und kritisiert werden, kommt Claudia Schmied völlig kritiklos davon. Dabei hat sie mindestens 1,5 Millionen an „Experten“ aus dem SPÖ-Umfeld vergeben. Natürlich ohne jede Ausschreibung. Dabei hat sie allein mindestens 670.000 Euro an die überaus SPÖ-nahe Agentur Ecker und Partner bloß für die „Koordination“ der Propaganda zugunsten der „Neuen Mittelschule“ ausgegeben.
Diese Agenturaufträge interessieren dennoch keinen Staatsanwalt. Was rechtswidrig ist. Denn selbst, wenn die Ecker-Leistung werthaltig gewesen sein sollte, was dubios ist, darf dennoch ein Ministerium kein Steuergeld für Propaganda gegen die Gesetze ausgeben. Und die NMS-Propaganda hatte unbestreitbar massive Elemente einer parteipolitischen Bewerbung der Zwangsgesamtschule für alle. Im Gesetz steht jedoch das Gegenteil, nämlich das achtjährige Gymnasium.
Zugleich werden die sogar etwas kleineren Aufträge der Telekom an eine FPÖ-nahe Agentur gerade von der einäugigen Staatsanwaltschaft in einem großen Prozess aufgerollt. Ich bin sehr dafür, dass das bestraft wird (falls die Agentur-Leistungen nicht ihr Geld wert waren, sondern nur aus parteipolitischer Liebedienerei vergeben worden sind). Aber der wirkliche Skandal ist, dass die Selbstbedienungsmentalität einer Partei gegenüber dem mehrheitlich staatskontrollierten Unternehmen Telekom groß dramatisiert wird, während die Selbstbedienungsmentalität einer anderen Partei gegenüber anderen staatskontrollierten Unternehmen von der gleichen Staatsanwaltschaft unter den Teppich gekehrt wird. Das geschieht etwa beim einstigen Griff der Herren Faymann und Ostermayer in die Kassen von Asfinag und ÖBB. Auch diese Staatsfirmen mussten – noch viel mehr – Geld für Dinge zahlen, die einzig der Partei und Faymann genutzt haben. Und die zumindest im Fall ÖBB dem Unternehmen sogar geschadet haben. Aber die einen sperrt man ein, die anderen werden Bundeskanzler. Quod licet Iovi, non licet bovi.
Ist dem Leser noch nicht übel genug ob all des linken Hasses, ob all der Einäugigkeiten, ob all der grün-roten Zerstörung des demokratischen Rechtsstaats? Dann sollte man sich noch zu Gemüte führen, was die Sozialisten im EU-Parlament fordern (Sie werden übrigens von Hannes Swoboda geführt, der auch aus der Wiener Rathaus-Partie kommt, welche Österreich schon Faymann und Ostermayer beschert hat und die sich seit Jahrzehnten über Recht und Ordnung erhaben dünkt.). Nach den roten Wünschen sollen künftig Parteien, welche die „Werte der EU nicht respektieren“ mit Strafzahlungen belegt werden.
Das ist nichts anderes als eine Bestrafung jener Parteien, welche die falsche Meinung haben. Dabei wird wohlweislich nicht einmal definiert, was denn überhaupt die Werte sind, die wir künftig wie einst den Geßler-Hut respektieren müssen. Genügt es dreimal täglich zu sagen: „Hoch die EU und ihre Werte“? Oder muss man künftig auch ganz detailliert sagen: „Hoch das Glühbirnenverbot; Hoch die unbegrenzten Schuldenhaftung; Hoch die Zuwanderung; Hoch die vielen die Meinungsfreiheit einschränkenden Political-Correctness-Regeln der EU; Hoch die ständig größer werdende Zahl der EU-Kommissare; Hoch die Geldverschwendung durch einen doppelten Sitz der EU-Parlaments; Hoch das undemokratische Parlament, in dem ein maltesischer Abgeordneter nur einen Bruchteil der Wähler einer deutschen braucht; Hoch das (geplante, aber vorerst wieder schubladisierte) Verbot von Salatöl-Flaschen in Restaurants; Hoch der Milliardenbetrug mit EU-Förderungen von den mediterranen Ölbäumen bis zu den österreichischen Almen!“?
Aber das alles ist eh nur der Vorschlag einer Minderheitsfraktion, sagen jetzt wohl manche. Sie sollten sich nicht täuschen. Die EU-Kommission hat den Vorschlag nämlich schon gierig aufgegriffen und will ihn zwingend realisieren.
Quelle: ÖH, "Die Presse"
Es ist der grässlichste Mord seit langem, den schwarzafrikanisch-muslimische Einwanderer da begangen haben. Sie zerstückelten einen britischen Soldaten vor den Toren seiner Kaserne in London mit einem Fleischhauer-Messer und berühmten sich nachher auch noch mit blutigen Händen im Rapperstil ihrer Tat: „Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ihr werdet niemals sicher sein“, riefen sie in eine offenbar mitgebrachte Kamera. Unerträglich. Und was machen politisch-korrekte Journalisten daraus? Sie stellten diesem Video sofort Bilder empörter Londoner gegenüber, die spontan auf die Straße gingen und bezeichneten sie taxfrei als Rechtsextremisten.
Damit ist das politisch korrekte Gleichgewicht gleich wieder hergestellt. Offenbar ist für diese Journalisten eine Demonstration (wenn sie von den Falschen ausgeht) gleich schlimm wie ein Mord. Aber lassen wir heute die Verkommenheit der Medien am Rande.
Das eigentliche Thema ist natürlich die Tatsache, dass der islamistische Wahnsinn nun endgültig in Europa angekommen ist. Irgendwann aber reicht es. Und den Briten reicht es schon jetzt. Dort hat die Regierung – unter dem Druck der Wähler – schon vor einigen Wochen die gesamte Immigrationspolitik neu zu strukturieren begonnen.
Auch in Amerika greift das mediale Gutmenschengesudere nicht mehr. Zieht doch dort der tschetschenische-muslimische Terror (Boston-Marathon) immer weitere Kreise. Fast gleichzeitig mit der Londoner Tat ist in den USA ein tschetschenischer Mann beim Verhör so gewalttätig geworden, dass der verletzte Polizist sich nur noch durch einen tödlichen Schuss retten konnte.
Zwei Tage davor haben am Rande von Stockholm 50 junge Immigranten randaliert, schweren Sachschaden angerichtet und vier Polizisten verletzt.
Und die Massenmorde an Christen, die Brandstiftungen gegen Kirchen in Afrika und Asien sind so regelmäßig geworden, dass sie von den Medien fast gar nicht mehr berichtet werden. Oder ist gar nicht die Regelmäßigkeit das Motiv der Kaum-Berichterstattung, sondern die politisch korrekte Angst, nur ja keine Fakten zu melden, die „Islamophobie“ befördern könnten (bekanntlich seit einiger Zeit das einzig wirklich schlimme Kapitalverbrechen)?
Und bei uns? Da macht der Sozialminister mit vier Muslims eine Veranstaltung unter dem seltsamen Titel: „Vaterliebe – Muslim Style“. Der ORF trommelt tagelang gegen die FPÖ, weil diese jetzt doch wieder vom Zuwanderungsthema spricht (er macht damit freilich unbeabsichtigt, aber in Wahrheit leicht vorhersehbar massive Werbung für die Partei, die ja zuletzt durch innere Streitereien und das Fehlen jeder Wirtschaftskompetenz in der Krise war). Und der Integrationsstaatssekretär wandert von einer Veranstaltung zur nächsten, auf der er die positiven Integrationsbeispiele unter den Zuwanderern lobend hervorhebt. An sich tut er das zwar durchaus zu Recht – nur ergibt es eine völlig verzerrte und falsche Politik, wenn sich weder er noch sonst jemand in der Regierung mit den Integrationsunwilligen oder gar den Fanatisierten unter den moslemischen Zuwanderern befasst.
Ach ja: Dann gibt es – noch – die katholische Kirche Europas. Auch sie befasste sich vor kurzem in der europäischen Bischofskonferenz mit dem Thema Islam. Nur interessiert sie sich nicht etwa für die wachsende und blutige Verfolgung ihrer Glaubensbrüder von Nigeria, Ägypten und Mali über die Türkei, Syrien und den Irak bis Pakistan. Obwohl wir dort und in einigen ähnlichen Ländern die größte Christenverfolgung der letzten 2000 Jahre erleben. Obwohl fast alle Morde an Christen von Moslems ausgehen.
Nein, die europäischen Bischöfe sehen in den Moslems Verbündete, nämlich gegen die Konsumgesellschaft. Die ist also offenbar die wahre Bedrohung für Europas Christen, etwa für die Arbeitslosen, also jeden vierten Jugendlichen. Und die kirchliche Dauerhilfe für die muslimischen Votivkirche- und Klosterbesetzer in Wien ist nach wie vor in Gange. Kann man den Kopf eigentlich noch tiefer in den Sand stecken?
Zum Glück tut das wenigstens der Papst nicht. Es ist beim Symbolbewusstsein der Kirche alles andere als ein Zufall, dass seine erste Heiligsprechung den sogenannten „Märtyrern von Otranto“ gegolten hat. Diese waren 1480 von den Osmanen hingerichtet worden, weil sie eine Konversion zum Islam abgelehnt hatten. Der Papst aus Argentinien tut in diesem Licht wohl auch gut daran, in der Kurie mit der Dominanz der Europäer aufzuräumen, für die ja an Stelle der wirklichen Probleme der Kirche Schwulenehen und Priesterinnen zu den Topthemen geworden sind.
In Freiluft-Cafés entlang der Passer-Promenade sitzen Touristen und blinzeln in die Sonne. Gäste, die das am reißenden Gebirgsfluss gelegene Städtchen Meran vor allem wegen der von alters her gesundheitsfördernden Trauben-Kur aufsuchen, genießen ihr erstes Glas. Urplötzlich durchbricht rhythmischer Peitschenknall von Goaslschnöllern die wohltuende Leichtigkeit selbstgenügsamen Daseins. In Gruppen ziehen rot-weiße Fahnen schwenkende Weiberleit und Mander am Kurhaus vorbei zum Sandplatz, die einen in Tracht, die andern in Freizeitkleidung, nicht wenige im Festtagsgewand.
Rundum sind Stände errichtet worden, Funktionäre Südtiroler Parteien sowie Vertreter des Südtiroler Heimatbunds (SHB) diskutieren mit interessierten Passanten und drücken ihnen Broschüren in die Hand. Folkloristisch-musikalische Darbietungen sorgen für gute Stimmung, Volkstanzgruppen und Schuhplattler lösen einander ab.
Aus Flandern sind Flaggenschwinger auf dem Meraner Sandplatz, ein Traditionsverband aus dem Veneto marschiert im Trommelschlagschritt vorüber und gerät ob der Klänge der „Scottish bagpipers“ (Dudelsackspieler) beinahe aus dem Schritt. Der isländische Chor „Heklurnar“ trägt wehmütige Lieder aus dem Freiheitskampf gegen die Dänen vor. Und bald tanzen Einheimische und Gäste nach fetzigen Rhythmen der krachledern gewandeten Musikgruppe „VolxRock“. Womit sich zeigt, dass eine höchst politisch motivierte Initiative, der die Zukunft Südtirols am Herzen liegt, binnen kurzem den Charakter eines Volksfestes angenommen hat, bei dem sich mehr als zehntausend Besucher aus nah und fern auf dem erstmals in Südtirol stattfindenden „Unabhängigkeitstag“ ein farbenfrohes Stelldichein geben.
Eine in ein fröhliches Fest eingebettete Kundgebung – das ist es, was die Initiatoren unter Führung des traditionsreichen Südtiroler Schützenbunds (SSB) beabsichtigten. Unter dem Motto „Jetzt! Für mehr Freiheit und Unabhängigkeit" wollten sie zeigen, dass die Tiroler südlich des Brenners über ihre Zukunft nachdenken und sich anschicken, sie selber in die Hand zu nehmen.
Nicht in einem Aufmarsch seiner Kompanien und Bataillone unter Trommelwirbel wie im Jahr zuvor, der die italienischen Sicherheitsbehörden zu einem ausnahmezustandsartigen Aufgebot an Staatspolizei, Geheimdienstlern und Carabinieri veranlasste, sollte sich der Schützen-Auftritt erschöpfen, sondern ein Fest verschiedener Völker sollte es werden, die eines gemeinsam haben: Sie treten für die Unabhängigkeit und Freiheit ihrer Heimat ein. Die kurzweilige Festivität ist zweifellos ebenso gelungen wie die lautstarke Bekundung des politischen Willens Tausender, denen es um das „Los von Rom“ bitter ernst ist.
„Die Krise hat in den letzten Jahren viele wachgerüttelt, der Wunsch nach einem freien Südtirol wird immer größer“, sagt eine selbstbewusst auftretende junge Frau. „Wir haben unsere eigene Sprache und unsere eigene Kultur. Wir sind keine Italiener, und das soll auch so bleiben“, unterstützt sie ein junger Mann, dessen T-Shirt die Aufschrift „Dem Land Tirol die Treue“ trägt, und fügt hinzu: „Wir sind gegen unseren Willen bei diesem Staat.“ „Es gab bis vor kurzem Leute, die keine Befürworter der Unabhängigkeit waren, aber viele haben jetzt ihre Meinung geändert“, ergänzt seine Freundin. „Wir wollen über unsere Zukunft frei entscheiden können, und den Weg dorthin möchten wir frei wählen. Wir wollen uns nicht vor uns selber fürchten, vor der eigenen Freiheit, Selbstbestimmtheit und vor dem eigenen Mut“, ruft Verena Geier, eine kesse Marketenderin, den Teilnehmern zu, die sie namens des SSB begrüßt.
Bart De Valck aus Flandern und Matteo Grigoli aus dem Veneto legen Beweggründe für den Kampf ihrer Volksgruppen um Unabhängigkeit dar. Christopher White aus Schottland klärt über das für 2014 festgelegte Unabhängigkeitsreferendum in Schottland auf. Anna Arqué aus Katalonien und Enaut Arretxe Agirre aus dem Baskenland berichten unter tosendem Applaus vom Freiheitskampf ihrer Landsleute. Für die Isländer, die 300 Jahre lang unter dänischer Fremdherrschaft standen und dann die lang ersehnte Freiheit erlangten, spricht Jóna Fanney Svavarsdóttir und ermuntert die Südtiroler, die „erst“ seit 95 Jahren zu Italien gehören. Klaus Tschütscher, ehemaliger Regierungschef des Fürstentums Liechtenstein, vermeidet zwar Äußerungen, welche ihm als „Separatismus-Empfehlung“ ausgelegt werden könnten, zeigt aber anhand seines Landes (nur 160 Quadratkilometer Fläche und lediglich 37.000 Einwohner) auf, wie lebensfähig ein Kleinststaat sein kann. Sympathie für das Begehr von Organisatoren und Zuhörerschaft lässt er dabei durchaus durchblicken.
Ob die Südtiroler Verfechter einer Freistaatslösung, wie die dortigen Freiheitlichen, Liechtenstein zum Vorbild nehmen; ob das Ziel, wie es die Partei Süd-Tiroler Freiheit ansteuert, die Vereinigung mit Tirol und damit Rückgliederung nach Österreich ist; oder ob es diffuser ist, wie bei der Bürger Union, die von einer „wahren Europaregion Tirol“ spricht – zweierlei eint die Landtagsopposition: Sie verlangt die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts und folgt der Devise „Weg von Italien“.
So bereitet die Süd-Tiroler Freiheit für Herbst ein Selbstbestimmungsreferendum vor und sammelt eifrig Unterschriften für die „Internationale Kommission Europäischer Bürger“ (ICEC), welche sich für die formale Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts als Grund- und Menschenrecht einsetzt. Mehr als 50 000 Menschen haben bereits die Erklärung „Ich unterstütze die Initiative für das Recht auf Selbstbestimmung aller europäischen Völker, welches von der Europäischen Union formal als Grund- und Menschenrecht anerkannt werden sollte, und fordere Unterstützung für alle Europäer, ihre Nationen und Institutionen, sollten sie die Ausübung dieses Rechts in Anspruch nehmen wollen" unterzeichnet, was im Zeitalter des Internets selbstverständlich auch unter https://www.europeancitizensdecide.eu/petition.php?language=8 möglich ist.
Die drei oppositionellen Landtagsparteien stellen sich damit vehement gegen die seit 1945 in Südtirol regierende Sammelpartei SVP, deren Ziel das Erringen der „Vollautonomie“ ist. Darunter versteht sie, „im Zusammenwirken mit Österreich“ Italien Zuständigkeiten auf den Politikfeldern Bildung, Steuern und innere Sicherheit (eigene Polizei) abzutrotzen, somit den Weg der „inneren Selbstbestimmung“ weiter zu beschreiten. Womit die SVP allerdings eingesteht, dass die von ihr bisher als „beste Autonomie der Welt“ gerühmte Selbstverwaltung der Provinz Bozen-Südtirol eine Teil-, allenfalls eine Halbautonomie ist, welche Rom in den vergangenen beiden Jahren nahezu bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt hat.
Elmar Thaler, Landeskommandant des SSB, prangert das Zaudern vieler Verantwortungsträger an. Viele Südtiroler wünschten sich als Ziel die „Loslösung von Italien“ und wollten Taten sehen, dies zu erreichen. Es gebe dafür kein fertiges Rezept, schon gar kein Patentrezept, Wege täten sich aber nur auf, wenn man sich entschlösse, sie zu gehen. Thaler unterstreicht die starke Bindung zu Nord- und Osttirol sowie zum „Vaterland Österreich“: „Woher würden wir die Forderung nach Selbstbestimmung nehmen, wenn wir nicht Teil eines abgetrennten Volkes, nämlich des Tiroler Volkes wären. Darauf und auf nichts anderes stützt sich unser moralischer Anspruch auf die Selbstbestimmung.“ Südtirol sei eine der wirtschaftlich stärksten Provinzen Italiens, verliere aber immer mehr den Anschluss an deutsche und österreichische Bundesländer und hinke ihnen immer mehr hinterher.
Seine viel beachtete Rede beendete der SSB-Landeskommandant mit den Worten: „Deshalb werden wir alles daran setzen, dass in unserem Land Schluss ist mit italienischen Verhältnissen.“
Italien greift massiv in die Selbstverwaltungsrechte der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol ein. Mit Dekreten und Erlässen wird die dortige Landesregierung zur finanziellen Alimentierung des römischen Finanzbedarfs zur Bewältigung der Überschuldung des Staates gezwungen. Seit Jahrzehnten schieben Italiens Regierungen – egal wer sie jeweils stellt – einen Schuldenberg vor sich her, der rund 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht. Die Regierung Monti hatte allen 20 Regionen und 103 Provinzen aufgegeben, nicht nur selbst zu sparen, sondern er kürzte ihnen zudem die dringend benötigten Zuweisungen aus Rom, ohne die sie ihren Aufgaben kaum nachkommen können.
Bozen-Südtirol und die Nachbarprovinz Trient trifft es dabei überproportional hart. Beide sind aufgrund der politisch-historischen Nachkriegsentwicklung unter dem Dach der Autonomen Region Trentino-Alto Adige „vereint“. Sie sollen doppelt bluten, wobei sich soeben herausstellte, dass es den trickreichen Trentinern gelang, sich bei ihrem Anteil geschickt um zwei Fünftel der eigentlich von beiden Provinzen aufzubringenden und nach Rom zu transferierenden Gesamtsumme herumzudrücken. Für Südtirol allein hat das römische Oktroy zur Folge, dass die Landesregierung für 2013 und 2014 auf gut 850 Millionen Euro verzichten muss – bei einem Landeshaushaltsvolumen von rund fünf Milliarden.
Was ihr Monti aufbürdete, bricht nicht nur das 2010 in Kraft getretene „Mailänder Abkommen“, demzufolge 90 Prozent aller Südtiroler Steuereinnahmen direkt in Bozen verbleiben. Das römische Vorgehen verletzt auch das Autonomiestatut von 1972, mit dem der Jahrzehnte währende Südtirol-Konflikt beendet worden war und Italien Österreichs Schutzfunktion für die Südtiroler anerkannt hatte.
Dieses Abkommen ist nun infrage gestellt: Zum einen verstößt Rom damit, dass es Südtirol finanz-, sozial- und steuerrechtliche Bürden auferlegt, ohne das Einvernehmen mit der dortigen Landesregierung sowie dem Landesparlament gesucht zu haben, klar gegen das Autonomiestatut. Zum andern bedrohen Aussagen, wonach es bezüglich Südtirols um „inneritalienische Probleme“ gehe und die Schutzfunktion Österreichs überholt sei – wie sie just der außerhalb Italiens als Hoffnungsträger erachtete Monti von sich gab – die Respektierung einer internationalen vertraglichen Verpflichtung Italiens.
Damit ist man im Verhältnis Rom-Bozen wieder jener düsteren politischen Existenzform nahe, wie sie vor der formellen, auf UN-Resolutionen aus den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts fußenden italienisch-österreichischen Streitbeilegung bestand, als Rom Südtirol stets als inneritalienische Angelegenheit hingestellt hatte.
Da mögen Landeshauptmann Luis Durnwalder und der Chef der seit 1945 in Bozen regierenden Südtiroler Volkspartei (SVP), Richard Theiner, noch so sehr betonen, Rom habe die Autonomie zu respektieren und Wien schlage sich dafür in die Bresche. Viele Südtiroler besänftigen sie damit ebenso wenig wie ihre eigene Sorge darüber, dass Roms Politik den deutsch-tiroler Oppositionsparteien Aufwind verschafft und die Los-von-Rom-Stimmung begünstigt.
Zwischen Brenner und Salurner Klause gewinnt damit eine Diskussion darüber an Breite, ob der Ende des Ersten Weltkriegs von Italien annektierte und diesem im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye 1919 zugeschlagene südliche Landesteil Tirols im Stiefelstaat verbleiben oder seine Zukunft anderswo suchen sollte. Die Antworten der politischen Kräfte, die in Bozen, Innsbruck und Wien das Sagen haben, lauten: Mit der EU-Mitgliedschaft Österreichs und dem Entfall der Grenzkontrollen habe der Brenner seinen Charakter als „Unrechtsgrenze“ verloren.
Und die SVP sieht die Zukunft des Landes in der „Dynamisierung der Autonomie“ – trotz der von Rom betriebenen Kastration. Doch die „Sammelpartei“ SVP hat in den letzten Jahren merklich an Strahlkraft eingebüßt. Ihre Position ist seit der Landtagswahl 2008 geschwächt. Ein Skandal im Landesenergieversorger SEL AG, befördert durch personelle Verflechtungen mit ihr, haben der SVP enorm geschadet.
Derlei hat es unter Silvius Magnago, dem „Vater der Autonomie“, niemals gegeben. Die seit 1945 regierende Partei ist ausgelaugt, führungsschwach, von Flügelkämpfen durchgeschüttelt und durch Skandale angeschlagen. Die SEL-Affäre belastet Durnwalder, ohne den in der Südtiroler Politik seit 1989 nichts lief. Er tritt indes mit Ende der Legislaturperiode ab, weshalb die Parteibasis im Blick auf die Landtagswahl im Herbst unlängst den Spitzenkandidaten für die Nachfolge bestimmte – wobei sich Parteichef Theiner zuvor selbst aus dem Rennen genommen hatte. Es obsiegte Arno Kompatscher, der außerhalb Südtirols unbekannte Bürgermeister der Gemeinde Völs am Schlern, über seinen Mitbewerber Elmar Pichler, den Landesrat und früheren Parteiobmann.
In der Bevölkerung ist das Vertrauen in die „Sammelpartei der deutsch- und der ladinischsprachigen Südtiroler“ geschwunden. Sie weigert sich, über politische Alternativen zur angeblich „weltbesten Autonomie“ auch nur nachzudenken. Trotz deren von Rom aus betriebener Aushöhlung. Von Silvio Berlusconi über Monti bis zum Ex-Kommunisten Pier Luigi Bersani ist stets die Rede davon, den Provinzen und Regionen mit Sonderstatut „(Autonomie-)Privilegien“ zu nehmen.
Und Neu-Senator Francesco Palermo, den sich Parteichef Theiner aufgrund seines – in der SVP umstrittenen und mit dem Scheitern Bersanis höchst fragwürdig gewordenen – Wahlabkommens mit dem linken Partito Democratico (PD) quasi wie eine Laus in den Pelz setzen ließ, bekundete, die Autonomie sei vom „ethnischen Ballast zu befreien“.
Solche Aussagen müssten eigentlich alle Warnlampen aufleuchten lassen. Weit gefehlt. Stattdessen nimmt die SVP hin, dass Rom nicht nur seine vertraglich verbrieften Verpflichtungen nicht einhält; es nimmt offenbar auch ungerührt zur Kenntnis, dass Italien zu den Fußkranken Europas zählt. Und Südtirol damit selbst Teil des Pilzbefalls ist.
Wie es nach der Not-Wiederwahl Giorgio Napolitanos zum Staatspräsidenten und unter dem neuen Ministerpräsidenten Enrico Letta politisch weitergeht, der einer höchst brüchigen „großen Koalition“ aus PD und Berlusconis PdL vorsteht, erahnt man. Daher wird an Eisack und Etsch das „Los von Rom“ stärker, hinter dem sich Freiheitliche (fünf Sitze), Süd-Tiroler Freiheit (zwei Sitze) und Bürger Union (ein Sitz) trotz gelegentlicher, meist personeller Reibereien vereinen. Auch in der Südtiroler Jugend findet dies verstärkt Gehör, und sogar unter Wirtschaftstreibenden wird die Option eines eigenständigen „Südtirol außerhalb Italiens“ nicht (mehr) verworfen.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
In den letzten Wochen haben alle linken Medien, also so gut wie alle, Luxemburg als positives Beispiel für die Preisgabe des Bankgeheimnisses genannt. Jetzt aber müssen Österreichs Sparbuchbesitzer und Finanzinstitute ausgerechnet Luxemburgs Premier Juncker danken, dass die Attacke von Werner Faymann gegen das Bankgeheimnis und damit gegen sie zumindest noch nicht in voller Härte zugeschlagen hat.
Denn beim EU-Gipfel hat Juncker den automatischen Bankdatenaustausch innerhalb der EU mit dem Argument gebremst, dass es zugleich auch diesbezügliche Vereinbarungen mit fünf sogenannten Steueroasen wie der Schweiz geben soll. Jedenfalls gibt es außer Erklärungen für die Kulisse keine klaren und definitiven Beschlüsse dieses Gipfels. Was nicht zuletzt mit Junckers Haltung zusammenhängt. Juncker teilt und verteidigt damit ziemlich präzise die Position von Finanzministerin Fekter und die des jüngsten Finanzministerrates.
Faymann hingegen ist seit einem Jahr zum braven Befehlsausführenden des französischen Präsidenten Hollande (also des nach einem Jahr schon unbeliebtesten Präsidenten der französischen Nachkriegsgeschichte) geworden.
Hollande wie Faymann geht’s natürlich nicht primär um Steuerbetrüger. Beide wollen vielmehr noch mehr Zugriff des Staates auf die Bürger. Beide wollen damit einen Zugriff, der nur noch als totalitär zu qualifizieren ist. Denn wenn einmal die totale Transparenz hergestellt ist, dann tun sich die Regierungen viel leichter, auch legale Steuervermeidung unmöglich zu machen. Und wenn so das letzte Schlupfloch geschlossen ist, können sie die Steuern ins Unermessliche steigern; Hollande ist ja schon bei 75-prozentigen Steuersätzen angekommen (und wundert sich über den immer katastrophaler werdenden Zustand seines Landes).
Daher ignoriert Faymann den drohenden Schaden für Österreichs Banken, der entsteht, wenn künftig in der Schweiz für Ausländer andere Regeln gelten sollten als hierzulande. Daher ignoriert er die auf Grund des EU-Rechts wohl unvermeidliche Zertrümmerung des Bankgeheimnisses auch für Inländer. Denn dieses ist vor dem EuGH dauerhaft nicht haltbar, sobald es einmal für EU-Ausländer aufgehoben ist. Faymann ignoriert natürlich erst recht die demokratiepolitisch eigenartige Tatsache, dass eine nicht einmal von einem Fünftel der Wahlberechtigten unterstützte Partei im Alleingang historische Positionen der Republik aufgibt.
Eher fragwürdig, wenn nicht peinlich bleibt freilich die Position von Michael Spindelegger. Er versucht in dieser Frage ja seit Wochen weder der ÖVP-Finanzministerin noch dem SPÖ-Koalitionspartner zu widersprechen, laviert mit widersprüchlichen Erklärungen herum und sitzt damit zwischen allen Stühlen. Eine schwer verständliche Strategie in einer wichtigen Frage . . .
PS.: Junckers Haltung zeigt: Sogar ein winziges Land kann in der EU gegen alle anderen Haltung zeigen. Das hat Österreich zum letzten Mal vor urdenklichen Zeiten bei Schüssel und Plassniks Nein zu einem automatischen Beitritt der Türkei getan. Dennoch ist es in der Summe bedenklich, wenn es immer öfter nur ein einziges Land ist, das in der EU noch die Reste von Freiheit, nationaler Eigenständigkeit und Vernunft verteidigt. Einmal ist das Luxemburg, einmal Deutschland, einmal Großbritannien, einmal Tschechien. Aber immer öfter steht es eben besorgniserregend und letztlich sehr labil (nämlich von den Zufälligkeiten nationaler Wahlen abhängend): Einer gegen Alle.
Frankreichs Präsident Hollande gelingt es nicht, die französische Wirtschaft anzukurbeln. Im Gegenteil, mit seinen Steuerplänen, tatsächlich bereits eingehobenen Sonderabgaben und der Beibehaltung des erstarrten Arbeitsrechtes verjagt er inländische beziehungsweise verschreckt er ausländische Investoren und hält die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau.
Wie immer, wenn eine Regierung die inneren Probleme nicht bewältigt, sucht sich auch Frankreich einen äußeren Reibebaum. Deutschland wurde wegen seiner auf Sparsamkeit drängenden Politik als der wahre Schuldige an der französischen Misere identifiziert. Der bekannt gewordene Parteiantrag der französischen Sozialisten ruft zum Kampf gegen die egoistische Unnachgiebigkeit von Bundeskanzlerin Merkel auf, die ausschließlich das Interesse der deutschen Sparer (damit gleichzeitig das der österreichischen), den deutschen Handelsbilanzüberschuss und die eigene politische Zukunft im Sinn habe. Frankreich müsse sich gegen das von Merkel diktierte Europa zur Wehr setzen.
Unmittelbar danach kam es zu einer Reihe von Entschuldigungen französischer Regierungsmitglieder. Wie wenig sich Frankreich um die Konsolidierung des Staatshaushaltes kümmert, zeigt der angedrohte Mahnbrief der EU-Kommission. Nach Intervention Frankreichs wurde ihm nun eine Frist von zwei Jahren zur Verringerung des Defizites auf die drei Prozent-Marke eingeräumt. Hollande kündigte eine Initiative Richtung EU an, die in Wirtschaftsangelegenheiten eine Vertiefung bringen soll. So schwebt ihm eine monatlich tagende „Wirtschaftsregierung" vor, der ein zu schaffender „Präsident der Wirtschaftsregierung" vorstehen soll. Diesem Präsidenten wird es so ergehen wie der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Ein koordiniertes Auftreten der Mitgliedsstaaten ist ihr bislang nicht gelungen, besonders während des arabischen Frühlings wurde dies offenbar.
Des Weiteren wünscht er sich eine Erhöhung des EU-Haushaltes und europäische Anleihen (Eurobonds). Damit erreichen die Olivenstaaten plus Frankreich einen unbegrenzten Zugriff auf Geld, für das andere haften. Mit den Maastricht-Kriterien und nochmals mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt wird das jährliche Haushaltsdefizit der Mitgliedsstaaten auf drei Prozent des BIP begrenzt. Das heißt das Schuldenmachen findet kein Ende. Bis zum Ausbruch der Schuldenkrise war jeder Mitgliedsstaat für seinen Staatshaushalt selbst verantwortlich. Ausdruck fand diese Ansicht in der No-Bail-Out-Klausel sowie in den Statuten der EZB, der eine Intervention in den Staatshaushalt verboten war.
Diese Regeln wurde alle gebrochen, mit dem ESM werden Staaten „gerettet", darüber hinaus kauft die EZB auch noch Staatsanleihen auf. Eurobonds wären nun eine dritte Schiene um zu Geld zu kommen. Das hätte zudem den Vorteil, keinerlei Auflagen unterworfen zu sein, wie sie bei Inanspruchnahme des ESM zu erwarten wären. Eurobonds, auf deren Emission Österreich keinen Einfluss hat, die aber den österreichischen Haushalt belasten sind – gemäß der Bestimmung, wonach ein nachhaltig geordneter Haushalt anzustreben ist – verfassungswidrig. Sollten daher Eurobonds tatsächlich Realität werden, so fordern wir Bürger schon heute vorsorglich, dass darüber eine Volksabstimmung abgehalten wird.
Rudolf Wirthig – Jahrgang 1937 – ist Oberst im Ruhestand des österreichischen Bundesheeres und war in den letzten Jahren seiner Laufbahn sehr häufig im Ausland tätig.
Der Prager Präsident Zeman weigert sich, einem homosexuellen Professor das Dekret zu dessen Ernennung zu überreichen. Obwohl das ansonsten in Tschechien als persönlicher Präsidentenakt üblich ist.
Der Grund liegt nicht in der „Orientierung“ des Mannes, wie das Schwulsein derzeit gerade politisch korrekt heißt, sondern in einem vulgären Schild, dass er bei einem Schwulenaufmarsch getragen hat. Man stelle sich nun vor, Milos Zeman wäre kein Sozialdemokrat, sondern ein rechts stehender Präsident: Welches Geheule wäre da in der EU losgegangen, bis hin zur Forderung, Tschechien wegen Diskriminierung und Verletzung sogenannter Grundwerte zu bestrafen. Aber Zeman ist ein Sozialdemokrat, daher ertönt gar nichts in der EU. Und die tschechischen Sozialdemokraten liegen – nicht zuletzt Zemans wegen – bei allen Umfragen weit voran. Ob das gar zusammenhängt?
Die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird einfacher und billiger. Super. Die wahren Probleme für Gründer liegen aber wohl wo anders (selbst wenn man die Schuldenpolitik von Regierung und Europa einmal außer Acht lässt).
Man kann eine GmbH künftig schon mit einem Stammkapital von 10.000 statt 35.000 Euro gründen. Man erspart sich auch etliche Kosten, wie etwa jene zur Finanzierung der Wiener Zeitung, die ja inzwischen in einem Ausmaß zur reinen Parteizeitung degeneriert ist, wie sie es noch nie in ihrer langen Geschichte gewesen ist (sich dafür aber einen Wirtschaftsteil erspart). Ebenso werden die Anwaltskosten bei einer Gründung geringer und auch die Mindestkörperschaftssteuer (eine an sich skandalöse Erfindung). Alles lobenswerte Dinge.
Freilich ist das Stammkapital einer GmbH schon lange nicht mehr das entscheidende Kriterium. Denn im Insolvenzfall ist von diesem Stammkapital in aller Regel ohnedies kein Cent mehr zu finden. Der durch die Mindestkapital-Regelung vorgegaukelte Gläubigerschutz ist in Wahrheit eine bloße Phantasie der Gesetzbücher. Umgekehrt wird keine GmbH von irgendeiner Bank einen Kredit bekommen, wenn nicht auch noch eine echte Person, etwa ein Gesellschafter, volle persönliche Haftung übernimmt. Also gilt auch hier wieder: Die „beschränkte Haftung“ ist nur gesetzliche Fiktion. In der Praxis ist sie jedoch keineswegs beschränkt.
Diese Reform wird uns zwar im Wahlkampf noch oft als große Errungenschaft erzählt werden. Es gibt auch nichts gegen sie einzuwenden. Aber den großen Boom wird sie wohl nicht auslösen.
Dazu bräuchte es ganz andere Reformen. So etwa eine Abschaffung der Gewerbeordnung – oder zumindest ihre Reduktion auf wirklich gesundheitsgefährdende Tätigkeiten (nicht nur angebliche!). In der Praxis ist die Gewerbeordnung vor allem ein Instrument der etablierten Unternehmer, um Konkurrenz vom Markt fernzuhalten. Und um Startversuche von Anfängern auch mit Anzeigen zu bekämpfen.
Statt dass sich die Kammer über neue Beitragszahler freut (wenn es schon eine Zwangsmitgliedschaft geben muss), hält sie neue Mitglieder durch unsinnige Prüfungen und Schikanen fern. Wovon dann manche gleich ganz illegal zu arbeiten beginnen . . .
Gerade in Zeiten wie diesen wäre eine Wachstumspumpe im Bereich der Gewerbeordnung bei Gründern und Einzelunternehmern extrem wertvoll. Noch viel wirksamer für die Stärkung des bröckelnden Arbeitsmarktes wäre es, wenn die gewaltigen finanziellen Lasten eines Arbeitgebers beispielsweise für die ersten zwei oder drei Angestellten wegfielen. Zumindest einige Jahre lang. Aber statt die dadurch zu erwartenden höheren Lohnsteuereinnahmen und den Wegfall von AMS-Ausgaben zu sehen, blickt die Politik angsterfüllt darauf, dass dann U-Bahn-Steuer, Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung oder Kommunalsteuer ausbleiben könnten. Und sie ignoriert die Tatsache, dass die ohnedies ausbleiben werden.
Natürlich würde auch vieles sonst helfen. Etwa im Steuerbereich. Warum haben nur Sportler einen akzeptabel niedrigen Steuersatz, nicht aber Normalsterbliche – eine krasse Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes? Wann wird Österreich das tun, was die Schweden in dem Zeitpunkt getan haben, da ihr sozialistischer Wohlfahrtsstaat krachend gegen die Wand gedonnert ist? Die Schweden haben nämlich den Spitzensteuersatz gleich halbiert.
Die wirklich notwendigen Reformen werden dann erst wohl in der großen Krise plötzlich möglich sein. Also ohne sie noch in diesem Jahrzehnt. Sie werden nur dann halt viel tiefergreifend sein müssen.
Nicht zuletzt in (stark) sinkenden Wahlbeteiligungen manifestiert sich die zunehmende Politik- und Politikerverdrossenheit. So machten bei der vor kurzem abgehaltenen Landtageswahl in Tirol nur mehr 56 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch und die kürzlich vereinbarte schwarz-grüne Regierung repräsentiert damit zum Zeitpunkt ihrer Angelobung mit ihrem Stimmenanteil von knapp 52 Prozent gar nur mehr 29 Prozent der Wahlberechtigten.
Um das Abgleiten in eine Legitimationskrise zu verhindern, werden von den politischen Parteien unter dem Schlagwort „mehr direkte Demokratie“ unter anderem der Ausbau direktdemokratischer Instrumente wie Volksbefragungen, Volksbegehren und Volksabstimmungen gefordert sowie die Ausweitung des Instruments der Vorzugstimme vorgeschlagen. Mit derselben Intention, die Beteiligung der Bürger am politischen Prozess zu erleichtern, besteht seit 2012 im Rahmen der EU-Bürgerinitiative für EU-Bürger eine direkte Möglichkeit, die EU-Kommission aufzufordern, einen Rechtsakt vorzuschlagen. Und Vizekanzler Spindelegger hat vor kurzem die Direktwahl des EU-Kommissionspräsidenten durch die Bürger der Mitgliedsstaaten befürwortet.
All diesen Vorschlägen zur stärkeren Bürgerbeteiligung ist jedoch eines gemein. Sie ignorieren eines der größten Übel des gegenwärtigen politischen Systems: die fortschreitende Zentralisierung der Gesetzgebungskompetenz.
Der grundlegende Irrtum besteht darin, die sicherlich ausbaufähigen Formen der Bürgerbeteiligung mit der tatsächlichen politischen Gestaltungsmöglichkeit zu verwechseln. Das politische Ohnmachtgefühl des Einzelnen nährt sich gerade auch aus dem Umstand, dass die eine Stimme eines noch so engagierten Bürgers unter mehr als 500 Millionen Einwohnern in der EU, ja selbst die eine Stimme unter mehr als 8 Millionen Einwohnern in Österreich schlichtweg keinen nachvollziehbaren Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung haben kann. An diesem Größenproblem der politischen Einheiten wird selbst der Ausbau direktdemokratischer Instrumente nichts ändern.
In der Debatte um „mehr direkte Demokratie“ sollte folglich die konsequente Dezentralisierung der Gesetzgebungskompetenz und der damit eng verknüpften Steuerhoheit für die untergeordneten Gemeinwesen in das Zentrum der Auseinandersetzung gerückt werden. Mit anderen Worten: Das Subsidiaritätsprinzip muss wieder ernst genommen werden. Seine klassische Formulierung findet sich in der 1941 veröffentlichten Enzyklika „Quadragesimo Anno“ von Papst Pius XI. Dort heißt es:
„… wie dasjenige, was der Einzelmensch aus eigener Initiative und mit seinen eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf, so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen; zugleich ist es überaus nachteilig und verwirrt die ganze Gesellschaftsordnung. Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.“ (Nr. 79)
Die angemessene Rückführung der Gesetzgebungskompetenz auf die untergeordneten Gemeinwesen versetzt den Einzelnen wieder in die Lage, sein unmittelbares Lebensumfeld – allen voran in der Familie, in der Gemeinde und im Bundesland – gemeinsamen mit jenen Menschen zu gestalten, deren Auffassungen vom guten Leben relativ homogen sind. Diese relative Homogenität ist für die Legitimität politischer Beschlüsse unabdingbar, weil politische Entscheidungen ihrem Wesen nach Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen. Mit der Zentralisierung nimmt die Heterogenität der Bevölkerung notwendigerweise zu und politische Entscheidungen fördern gerade in einer sich pluralistisch verstehenden Gesellschaft die gesellschaftlichen Konflikte anstatt die Einheit. Zudem hätte die Stimme des Bürgers, sei es in der Wahlzelle oder in einer öffentlichen Debatte, wieder das ihr zustehende Gewicht, weil sie eine unter überschaubar Vielen und nicht mehr unter unüberschaubar Unzähligen wäre.
Drei weitere Vorteile hätte die verstärkte Rückführung von Kompetenzen an die untergeordneten Gemeinschaften der Gesellschaft. Erstens vermag diese den immer weiter aufgehenden Graben zwischen den Bürgern und den Politikern zu überbrücken, weil sie die enge räumliche, persönliche und kulturelle Bindung zwischen dem Bürger und den das jeweilige Gemeinwesen verkörpernden Politikern überhaupt erst ermöglicht. Der Politiker würde seinerseits konkrete Personen in konkreten Lebensumständen adressieren und wäre nicht mehr versucht, mit inhaltsleeren oder populistischen Parolen und äußerst zweifelhaften Kommunikationstechniken die anonymen Wählermassen für sich zu gewinnen.
Zweitens verhindert die vertikale Gewaltenteilung die das Gemeinwohl bedrohende Machtakkumulation beim Zentralstaat, die durch die horizontale Gewaltenteilung bestenfalls gemildert wird. Die in regelmäßigen Abständen zu vernehmenden Forderungen nach Abschaffung der Nationalstaaten, wie vor kurzem von Staatssekretär Lopatka lanciert, oder nach Abschaffung der Bundesländer begünstigen die weitere Entfremdung der Bürger von der technokratischen Politik-Elite, die sich durch derartige Maßnahmen der direkten und unmittelbaren Kontrolle durch die Bürger entziehen können.
Und drittens wäre die Initiierung eines politischen Prozesses und die Beteiligung daran mit einem wesentlich geringeren (finanziellen) Aufwand möglich.
Gerade auch die EU würde durch die Rückführung von Kompetenzen und Souveränitätsrechten an die Nationalstaaten ihrem eigenen Wahlspruch „in Vielfalt geeint“ wesentlich besser entsprechen. „In Vielfalt geeint“ kann gerade nicht bedeuten, EU-weite Einheitsgesetze zu beschließen, so als ob einheitliche Gesetze die Voraussetzung für Vielfalt seien. Wohin dieser Uniformitätswahn eines überzogenen Gleichheitsverständnisses führt, zeigt gerade auch die anhaltende und noch lange nicht überwundene Euro-Krise. Die Einheitswährung zwingt die in ihrer Wirtschaftsstruktur und ihren wirtschaftspolitischen Auffassungen höchst unterschiedlichen Mitgliedsstaaten in ein einheitliches, und damit im jeweiligen Einzelfall unpassendes geldpolitisches Korsett.
In einem wohlgeordneten, auf dem Subsidiaritätsprinzip beruhenden Gemeinwesen würde die jeweils übergeordnete Einheit die untergeordnete Einheit zur Entfaltung der eigenen politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Eigenheiten anregen, damit diese eigenständig und eigenverantwortlich die ihnen zukommenden Aufgaben erfüllen können.
Zudem müssen die übergeordnete Einheit und insbesondere der Staat als höchste Gemeinschaft eines Gemeinwesens die Hinordnung der untergeordneten Einheiten auf das Gemeinwohl des gesamten politischen Gemeinwesens sicherstellen. Die dauerhafte Einverleibung jener Aufgaben, die von den untergeordneten Einheiten zu erfüllen sind, durch die übergeordnete Einheit ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Rechte dieser Gemeinschaften.
So wäre es eigentlich die Aufgabe des Staates, die Familien wieder in die Lage zu versetzen, ihre Erziehungsaufgaben vollumfänglich und (möglichst) eigenständig zu erfüllen, statt den Eltern die Kompetenz der Kindererziehung durch Verstaatlichung scheibchenweise zu entziehen.
Diese „Verwirrung der Gesellschaftsordnung“ bringt nicht die ersehnte Ruhe der Ordnung (Augustinus) sondern die Unordnung führt zu anhaltendem Unfrieden im Gemeinwesen, weswegen es wie immer gilt, die Extreme zu meiden: Den jede Vielfalt erstickenden Einheitsbrei des Zentralismus auf der einen Seite und den jeden Einheitsgedanken ablehnenden Partikularismus auf der anderen Seite.
Eine auf dem Subsidiaritätsprinzip beruhende politische Ordnung verstanden als „Einheit in wohlgeordneter Vielfalt“ (Thomas von Aquin) ist ein unabdingbarer Puzzlestein in der Bekämpfung der Politik- und Politikerverdrossenheit. Die Aufwertung der untergeordneten und intermediären Gemeinschaften würde das Grundübel der fortschreitenden Zentralisierung bekämpfen und einen bedeutsamen Schritt zur Re-Personalisierung des gesellschaftlichen Miteinanders setzen. Eines seiner äußerst lesenswerten Bücher versah der in seinem Heimatland viel zu wenig bekannte Sozialwissenschafter Leopold Kohr treffend mit dem programmatischen Titel „Vom Ende der Großen – Zurück zum menschlichen Maß.“
Nur durch diese kopernikanische Wende weg von anonymen, bürokratischen und gesichtlosen Großstrukturen hin zu auf persönlichen Beziehungen beruhenden, lebendigen, am gemeinsamen Guten ausgerichteten politischen Einheiten wird es möglich sein, den fortschreitenden Zerfall der intermediären politischen Glieder und den damit eng verbundenen Rückzug der Bürger vom Politischen Einhalt zu gebieten.
Wer vom mündigen Bürger spricht, sollte ihm nicht nur zutrauen seine Stimme an der Wahlurne abzugeben oder öffentlich zu erheben, sondern gerade auch für die lokalen und regionalen Probleme, die er tagtäglich am eigenen Leib verspürt, passende Lösungsvorschläge zu finden und diese in den Gemeinden und Bundesländern gemeinsam mit den Mitbürgern umzusetzen.
Gregor Hochreiter
Vorstand, Oekonomika – Institut für angewandte Ökonomie und christlich-abendländische Philosophie (www.oekonomika.org)
Die spannendste Debatte für Europas Zukunft findet derzeit in Großbritannien statt. Eine Rechtspartei ist so erfolgreich, dass sie die Konservativen nun schwer unter Druck setzt und umkrempelt. Sie sorgt damit zugleich dafür, dass die Chancen Labours gewaltig wachsen, wieder an die Macht zurück zu kommen. Dies könnte als Folge des britischen Wahlsystems sogar ohne irgendeinen Zuwachs an Wählerunterstützung passieren. Vor allem ist nun ein britischer EU-Austritt recht wahrscheinlich geworden. Das macht die Briten derzeit für die EU relevanter als irgendein anderes Land. Europa müsste eigentlich dringendst darauf reagieren.
Die EU zeigt jedoch ein Bild der Lähmung. Frankreich, Italien & Co sind nur noch zu einem imstande: ständig nach immer neuem Geld aus Deutschland (und anderen relativ stabilen Ländern) zu rufen. Dabei wären – trotz des ständigen Gelddruckens in der Europäischen Zentralbank – bei ihnen überall Reformen dringend notwendig, selbst wenn Deutschland noch mehr zahlen sollte.
Die notleidenden Länder wollen jedoch lieber unter dem harmlos klingenden Titel „Bankenunion“ Zugriff auf die deutschen (und sonstigen) Sparguthaben. Sie hoffen überdies auch, durch die extrem zentralistische Idee einer europäischen „Wirtschaftsregierung“ noch mehr Zugriff auf das Steuergeld der Nordländer zu bekommen. Dadurch glauben sie, sich selbst das wirkliche Regieren ersparen zu können. Dieses wäre ja derzeit keine sehr populäre Tätigkeit. Und schon gar nicht dann, wenn man mit teuren Wahlversprechen angetreten ist, so wie etwa die Regierungsparteien Frankreichs und Italiens.
Deutschland wiederum ist durch den Wahlkampf gelähmt. Die Regierung kämpft dabei insbesondere gegen die wachsende Erkenntnis der Bürger, dass sie europa- und finanzpolitisch in den letzten drei Jahren einen völlig falschen Weg gegangen ist (woran übrigens die Tatsache nichts ändert, dass sie in Sachen Bankengesetz in der Vorwoche wieder einmal recht vernünftig gehandelt hat). Und die deutsche Opposition wollte und will in der Schuldenkrise sogar einen noch viel schlimmeren und teureren Weg als die Regierung gehen.
Ganz anders die Entwicklung in Großbritannien. Dort hat sich mit der Unabhängigkeitspartei UKIP eine neue Gruppierung nun anscheinend dauerhaft durchsetzen können, die England erstmals ein Vierparteiensystem verschafft. Dabei ist jedoch das Wahlrecht (the winner takes it all) eindeutig auf ein Zweiparteiensystem ausgerichtet. Die UKIP bewegt sich bei Umfragen und Regionalwahlen zwischen 18 und 23 Prozent, sie lässt die Liberaldemokraten weit hinter sich und liegt nur knapp hinter Labour und Tories.
Die Folgen sind sensationell:
Erstens könnte Großbritannien beim nächsten Mal von einer Partei mit absoluter Mandatsmehrheit regiert werden, die keine 30 Prozent Wählerunterstützung hat. Nach der gegenwärtigen Lage wäre das Labour. So niedrige Regierungsmehrheiten sind absolut ungewöhnlich und würden die Frage aufwerfen, ob das britische Wahlsystem überhaupt noch als demokratisch gelten kann. Diese Frage ist auch für die EU besonders heikel, da manche gerade derzeit den Ungarn mit viel weniger konkreten Beweisen (eigentlich fast gar keinen) diese Qualifikation abzusprechen versuchen.
Zweitens rücken jetzt die zwei Hauptforderungen der UKIP ins Zentrum der britischen Politik. Die Konservativen haben sie nämlich weitgehend übernommen. Diese Forderungen stoßen auch bei einer Mehrheit der Briten auf volle Sympathie. Ihr Inhalt: erstens ein scharfer Anti-EU-Kurs; und zweitens ein scharfer Kurs gegen die Immigration.
Drittens löst der Erfolg der UKIP vor allem bei der derzeit größten Partei des Landes, den Tories, Panik aus. Denn vor allem sie wurden bisher von einem Teil der UKIP-Unterstützer gewählt. Ein guter Teil der Tory-Abgeordneten fürchtet daher, beim nächsten Mal abgewählt zu werden, und vergisst jede Parteidisziplin. Aber auch Premier David Cameron selber zeigt Interesse an europakritischen Akzenten. Wenn auch vielleicht nur, um politisch zu überleben.
Das sollte man alles anderswo genau beobachten und nicht ganz verschlafen. Jedoch hat beispielsweise die ÖVP das Gegenteil beschlossen: Sie setzt nach einer Periode recht kritischer Akzente nun im Wahlkampf wieder ganz auf Begeisterung für die EU und Zuwanderung. Den Erfolg dieses doppelten Positionswechsels wird man im September beurteilen können.
Jedenfalls zeigt Großbritannien, dass Europa- und Immigrationsskepsis keineswegs vorübergehende Phänomene sind, wie beispielsweise in Österreich manche Zeitungskommentatoren glauben. Die britische Regierung hat sogar offiziell angekündigt, dass sie für Migranten, auch für solche aus anderen EU-Ländern, den Zugang zu Wohngeld und anderen sozialen Leistungen erschweren wird. In ihrer Thronrede heißt es: „Das Gesetz wird sicherstellen, dass dieses Land Menschen anzieht, die ihren Beitrag leisten wollen, und diejenigen abschreckt, die das nicht wollen.“ Den zweiten Teil dieses Satzes wagt in anderen Ländern kaum jemand auszusprechen.
Das alles steht vor dem Hintergrund eines dramatischen sozialen Wandels in Großbritannien. Nur eine Zahl dazu: die Zahl der Christen nahm im Königreich binnen bloß zehn Jahren von 72 auf 59 Prozent ab; der Anteil der Muslime wuchs hingegen stark (wenn auch noch auf viel niedrigerem Niveau). Die Migrations-Probleme der Briten zeigen jedenfalls massive Parallelen zu den Problemen anderer europäischer Staaten. Ähnlich ist es auch beim zweiten britischen Thema, der wachsenden Anti-EU-Stimmung.
Gewiss ist klar, dass für viele Briten Europa immer schon etwas recht Fremdes war. Für sie war „Europa“ der Kontinent, und sie selbst waren ein globales, außereuropäisches Imperium. Diese uneuropäische Stimmung auf den Inseln hat sich aber in den letzten Jahren noch dramatisch vertieft, ebenso wie die Anti-Migrations-Haltung – trotz der globalen Vergangenheit des Königreiches. Noch nie seit dem EU-Beitritt waren diese beiden Emotionen so dominierend wie heute.
Was sind nun die wichtigsten Ursachen dieser doppelten Emotionalisierung bei den Briten wie auch bei den Bürgern vieler anderer EU-Länder:
Damit wird viertens das von Cameron angekündigte (und durch die Tory-Hinterbänkler nun einzementierte) EU-Austrittsreferendum der Briten zum europäischen Fanal. Wenn die anderen Europäer den Briten nicht durch echte Neuverhandlung des Vertrags substanziell entgegenkommen, dann geht das Referendum mit Sicherheit gegen die EU aus.
Da kann man nun gewiss zynisch sagen: Geschieht den Briten recht, sie werden ja bei einem Austritt mit Sicherheit wirtschaftlich ordentlich draufzahlen. Den anderen EU-Ländern sollte aber viel stärker bewusst werden:
Mit anderen Worten: Ein konstruktives Neuverhandeln der EU-Verträge und deren Konzentration und Reduktion auf einen wirklich funktionierenden Binnenmarkt wären absolut im Interesse aller Europäer. Nebstbei bemerkt: Immerhin haben die Briten in ihrer prinzipiellen Korrektheit die bisherigen Binnenmarkt-Richtlinien vollständiger und ordentlicher umgesetzt als viele romanischen Länder. Besonders stark unterscheiden sich die Briten in Sachen Korruption von den Mittelmeer- oder gar den Balkan-Ländern.
Freilich: Bei nüchterner Analyse hätten auch die Briten und Cameron eigentlich starke Motive, in der EU zu bleiben. Das gilt für die gesamte Industrie, aber auch die britische Identität: Denn wenn sie ausscheiden, dann ist nämlich im nächsten Schritt die Sezession Schottlands absolut sicher. Die dortigen Sezessionisten werden dann mit Sicherheit obsiegen; die Schotten werden in der Folge die Metropole London einfach ignorieren und gleich direkt der EU beitreten (beziehungsweise in dieser zu verbleiben suchen). Bei den Schotten gibt es nämlich keine Anti-EU-Emotionen. Sie wollen nur eines: ihren Öl- und Gasreichtum nicht mit den verarmten Städten Nordenglands teilen. Sie wollen aber sehr wohl vom EU-Binnenmarkt profitieren.
Ein Ausscheiden der Schotten wäre wiederum für Labour eine Katastrophe: Denn Labours politische Stärke liegt ja in Schottland und Nordengland, nicht im wohlhabenden Süden der Insel. Ohne schottische Abgeordnete schrumpft aber Labours Chance auf eine Mehrheit in Westminster dramatisch, während die Konservativen in Schottland völlig unbedeutend sind.
Es ist eine Situation mit gewaltig vielen Variablen, die einander alle gegenseitig beeinflussen. Und mit nur einer vernünftigen Lösung.
In der Geschichte hat sich freilich schon oft die Vernunft nicht gegen nationale und sonstige Emotionen durchsetzen können. Umso dringender wäre es, zumindest grundsätzlich zu erkennen, was der gesunde Menschenverstand sagt: Camerons gewagtes Spiel ist überraschenderweise der einzige Ausweg. Angela Merkel scheint die einzige zu sein, die das zumindest ahnt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Der Oberste Gerichtshof hat in Tateinheit mit der SPÖ die Quadratur des Kreises beschlossen: Er hat jetzt höchstgerichtlich entschieden, dass jeder zwar unentgeltlich studieren kann, so viel er will und was er will, dass er aber dennoch vollen Schadenersatzanspruch gegen den Steuerzahler hat, wenn es nicht genug Lehrveranstaltungsplätze gibt.
Das Geld dafür ist in der realitätsfremden Phantasieträumen des OGH ja offensichtlich unbegrenzt vorhanden. Ihn stört es dabei auch nicht, dass (bis auf wenige Ausnahmen) kein Student einen Cent für die – wenn er will – lebenslange Inanspruchnahme der Universität zahlt. Es stört ihn auch nicht, dass es nur in ganz wenigen Fällen funktionierende Zugangsbeschränkungen zu den Unis gibt.
Der OGH (und unisono die SPÖ): Die Republik müsse halt den Unis ausreichend Geld zur Verfügung stellen. Und zwar – nach diesem Urteil – in absolut unlimitierter Höhe. Woher das Geld in einem der jetzt schon höchstbesteuerten und mit 73 Prozent weit über alle Stabilitätspakt-Grenzen hinaus verschuldeten Land kommen soll, ist denen doch egal. Und davon, dass dazu noch ein Vielfaches an versteckten Haftungen vom europäischen Schuldenmechanismus ESM bis zum Pensionssystem kommt, weiß man im richterlichen Elfenbeinturm erst recht nichts. Oder vom uralten Rechtsprinzip: Ultra posse nemo tenetur. Niemand, auch der Steuerzahler nicht, kann über seine Grenzen hinaus beansprucht werden. Aber wie sollen das Richter begreifen, die selbst durchaus üppig von diesem Steuerzahler leben?
Dabei könnte die Koalition mit einfacher Mehrheit den Schadenersatzanspruch sofort unterbinden. Das aber verhindert wiederum die SPÖ. Ihr Prinzip: Alles gratis und das für alle (selbst wenn sich dadurch die Qualität dramatisch verschlechtert, wie seit Jahren die des Uni-Systems). Und wenn die Genossen hie und da doch nachdenken, wo all das Geld herkommen soll, dann haben sie eine einfache Lösung: Sie planen halt einen Raubzug auf Mateschitz, Swarovski & Co. Und schon glauben sie, alles finanziert zu haben.
Ein solches Land muss einfach gegen die Wand fahren. Und dann schiebt es halt den Banken und sonstigen üblichen Verdächtigen die Schuld zu.
Vor einer Woche wars. Die Meldung hat sogar den Weg in die politischen Radio-Nachrichten gefunden. Freilich: Die eigentlich relevanten Fragen – also das Wie, Wer, Warum – wurden dabei nicht beantwortet. Weder dort noch sonstwo. Und das nachher abrupt eingetretene Schweigen macht klar: Wir werden es wohl nie erfahren.
Es ist ein wunderbares Beispiel, wie speziell die Wiener Polizei – allem Anschein nach auf Wunsch des Wohlfühlinnenministeriums und seines Staatssekretariats – Fakten behandelt, wenn sie der Political correctness und der eigenen Propaganda widersprechen. Das betrifft vor allem alle Taten mit ethnischem Hintergrund. Die werden am liebsten ganz unterdrückt, da werden jedenfalls nie Zusammenhänge gemeldet, da werden alle Vornamen und ethnischen Bezüge penibel weggelassen. So wie es ja übrigens neuerdings auch die Statistik Austria und das Justizministerium tun.
Faktum ist: In der Nacht von 10. auf 11. Mai hat es vor der Wiener Innenstadt-Disco „Volksgarten“ eine Massenprügelei mit 30 Beteiligten gegeben; dabei wurden vier Jugendliche verletzt. Der Fall wurde (offenbar blöderweise) durch die Rettung bekannt. Offiziell hieß es damals nur: „Einvernahmen durch die Exekutive standen noch aus.“ Daher herrsche über das Motiv „noch“ Unklarheit.
Seither jedoch: Totales Schweigen im Wald. Weder gibt die Polizei etwas über Motiv noch über die Einvernahmen noch über die Beteiligten bekannt. Und auch die sonst viel weniger spektakuläre Fälle recherchierenden Medien sind völlig desinteressiert.
Gewiss: Auch ich war bei den Einvernahmen (wenn es sie überhaupt gegeben hat) nicht dabei. Aber ich weiß so wie fast jeder Wiener, was sich jede Nacht rund um diese Disco abspielt: Nirgendwo sind in Wien leichter Drogen erhältlich; jede Nacht stehen dort bedrohlich wirkende Gruppen von nicht sonderlich österreichisch aussehenden jungen Männern. Der Rest ist Spekulation: Hat man sich um Mädchen geprügelt (Disco-Besucherinnen gelten ja für bestimmte Gruppen prinzipiell als „Huren“)? Ging es um Drogen? Oder war die Prügelei eine klassische Fortsetzung der vielen ethnischen Konflikte aus aller Welt auf Wiener Boden?
Keine Spekulation ist aber die Gewissheit, dass Obrigkeit, Polizei und Medien durch die ununterbrochene Unterdrückung der Wahrheit ständig an Vertrauen bei den sich für blöd verkauft fühlenden Bürgern, bei Wählern, Hörern und Lesern verlieren. Denn fast jedes Wiener und Polizist weiß: Das war kein Einzelfall. Ähnliches spielt sich fast jede Nacht vor irgendeiner Disco ab.
PS.: Keine Sorge, die Polizei ist ohnedies auf den Straßen unterwegs. Sie jagt alltäglich mit großem Aufgebot - Schnellfahrer. Sie tut dies freilich nur bei Schönwetter. Und sie tut dies nur dort, wo auf breiten, mehrspurigen und leeren Straßen das Überschreiten der 50-Kmh-Grenze absolut ungefährlich ist. Das sind aber genau jene Straßen – wie etwa die sogenannte Zweierlinie an Wochenenden –, wo ständig Polizisten ihre Radarpistolen zücken . Wo sie also mit ihrem neuen Spielzeug in kurzer Zeit rasch Kassa machen können. Der Verkehrssicherheit ist damit freilich um kein Jota gedient. Oder etwa gar dem Kampf gegen Kriminalität, Drogenhändler und Straßenbanden.
Der linke Staatsfunk sollte endlich mit dem Zwangsgebührengeld und seinen Werbeeinnahmen auskommen: Darauf beharrt zumindest die ÖVP gegen den Willen von Rot und Grün (was man in Wahlkampfzeiten als tapfer anerkennen muss). Der ORF geht aber lieber in die breitflächige Gegenoffensive, statt endlich zu sparen. Aus purer Dummheit liefert er dabei aber gleich selbst die besten Argumente, warum er keinesfalls auch noch zusätzlich Steuerzahlergeld bekommen sollte.
Der eine Grund ist das Engagement einer der teuersten internationalen Beratungsunternehmen durch den ORF, um seine Geldforderungen zu unterstützen. Die ORF-Chefs begreifen offenbar nicht, dass sie gerade mit solchen Geldverschwendungen beweisen, dass noch viel zu viel Geld an Bord ist.
Der noch viel gewichtigere zweite Grund findet sich in der Androhung des ORF-Finanzgewaltigen Grasl, was passiert, wenn der ORF wirklich einmal sparen müsste: Dann gibt es keine Formel-1-Übertragungen mehr! Samt Training und allen anderem Sendezeit kostenden Zubehör.
Ist das nicht schrecklich! Ein Sonntag ohne dröhnende Motoren!
Bisher habe ich ja immer geglaubt, dass der ORF die sinnlos im Kreis fahrenden, ein katastrophales Beispiel für alle Autofahrer gebenden und die Umwelt schwerst belastenden Autorennfahrer nur deswegen überträgt, weil er damit Geld verdient. Jedoch ist offensichtlich das Gegenteil wahr, und die Formel 1 belastet das aus Zwangsgebühren bestehende ORF-Budget massiv.
Ein Defizitgeschäft ist also skurrilerweise die Formel 1 ebenso wie jene ORF-Sendungen, in denen die Grünrot-Mannschaft ständig die Umwelt rettet. Wenn die Linken wenigstens irgendwo Haltung zeigen würden, hätten sie also schon längst auf Autoübertragungen verzichtet (und diese eventuell den Privatsendern überlassen, die dafür zumindest kein Steuergeld verlangen). Was übrigens auch spätestens seit dem Zeitpunkt am Platze wäre, da die schwer kriminellen Finanzschiebereien rund um die Formel 1 bekannt geworden sind.
Da muss man jetzt geradezu Bitt- und Betprozessionen zur ÖVP veranstalten, dass sie dem rot-grünen Druck der ORF-Lobby nur ja nicht nachgibt.
Ach ja: Der ORF verbreitet noch ein zweites Drohszenario: Er werde das RSO einstellen, also das vom ORF unterhaltene Orchester. Auch diese Drohung wird hoffentlich niemanden schrecken.
PS.: Ein weiteres starkes Argument für eine absolute Geldsperre sind auch die trotz der angeblichen Finanzkrise ständig ultimativ erhobenen Betriebsrats-Forderungen, dass der ORF noch mehr Menschen anstellen solle. Der Betriebsrat will ums Steuergeld vor allem all die freien Mitarbeiter unterbringen, die schon derzeit in Ö1-Sendungen fast täglich kommunistische Propaganda machen.
PPS.: Dass im Fernsehen über den letzten EU-Finanzministerrat überraschenderweise ein der Objektivität verpflichteter Journalist der alten Garde berichten durfte, kann ja niemand ernsthaft als Trendwende der Indoktrinierung ansehen. Denn das ist ja nur eine kurze Unterbrechung der Auftritte der Trotzkisten-Garde gewesen. Und bei den ständig ideologisierenden Moderatoren der ZiB 1 (damit sind vor allem die männlichen gemeint) hat es nicht einmal eine Sekunde lang eine Unterbrechung ihres Aktionismus gegeben.
Aufgepasst! Sondermeldung! Wichtige Servicemitteilung! Schon wieder ein großer Sieg für die Political correctness! (mit nachträglicher Ergänzung)
Neue Worte sind auf die Verbotsliste gesetzt worden! Dementsprechend die wichtige Aufforderung: Sagen Sie nie mehr zu jemandem, der taub, stumm oder taubstumm ist, dass er taub, stumm oder taubstumm sei. Denn der österreichische Gehörlosenbund hat diese Worte auf den Index gesetzt und ein Gratisblatt wegen ihrer Verwendung vor den Presserat gebracht. Alles klar? Nein, eines sollte noch gesagt werden, auch wenn es in Zusammenhang mit solch krampfhafter Verbotsgier fast schon selbstverständlich ist: Präsidentin dieses Gehörlosenverbandes ist eine Grüne.
PS.: Ob die bei den Grünen eigentlich einen Wettbewerb haben, welcher von ihnen am meisten Verbote fordert?
Ergänzung: Jetzt wird auch der wahre Grund des grünen Rückschlags bei der ÖH-Wahl klar: Die linke ÖH hat skandalöserweise ihre Bundesvertretung in der Taubstummengasse. Die ja diesbezüglich besonders servile Gemeinde Wien wird die Gasse jetzt wohl zweifellos umbenennen, damit nicht beim nächsten Mal noch Schlimmeres passiert.
Die Studenten haben gewählt. Ein paar zumindest. Das Ergebnis ihrer Wahl ist auf den ersten Blick ein Tohuwabohu. Auf den zweiten zeigt es jedoch durchaus eine klare und gar nicht so uninteressante Stimmungslage.
Auch das Tohuwabohu - siehe etwa die schweren Verluste der Aktionsgemeinschjaft an der Wiener Medizin und ihre großen Gewinne in Linz - ist zu interpretieren und zwar positiv. Denn die Tatsache, dass es keinen wirklich einheitlichen Trend gibt, bestätigt: Es ist ganz offensichtlich wichtiger, wie man vor Ort arbeitet, als dass die Wähler wie meist bei politischen Wahlen bundeseinheitlich reagieren würden.Und das ist gut so.
Ebenso interessant ist der Dämpfer für die Grünen, vor allem an der Wiener Uni. Das beweist, dass die Studenten gar nicht mehr so grün sind wie zu jenen Zeiten, da viele der derzeit stimmungmachenden Journalisten eine Zeitlang selbst an den Unis vorbeigeschaut, pardon: studiert haben.
Der Dämpfer für die Grünen ist aber auch ein Indiz dafür, dass der vielerorts herbeigeschriebene Grüntrend keineswegs existiert. Er ist zumindest kein allgemeinösterreichischer und epochaler. Er bleibt vielmehr auf jene zwei Bundesländer beschränkt, wo der Zufall oder der Streit von Rot und Schwarz den Grünen den Vorsitz in wahlentscheidenden Untersuchungsausschüssen beschert hat.
Das aber wird sich zweifellos nicht mehr so bald wiederholen. Darauf werden die anderen schon schauen, selbst wenn es nochmals U-Ausschüsse geben sollte (und vielleicht kommt dann endlich auch das Richtige heraus, nämlich ein Ausschuss-Vorsitz durch einen unabhängigen Richter).
Einen ähnlichen Dämpfer wie die Grünen haben aber auch die anderen Großparteien erlitten. Das beweist erneut: Immer weniger Menschen wollen bei klassischen Parteien anstreifen. Nicht einmal bei Studentenwahlen.
Auffallend aufgeholt haben auf der anderen Seite die Julis. Sie sind nun nach der Aktionsgemeinschaft die eindeutig zweitbeste Liste, die nicht aus dem linken Lager kommt. Und ihr Erfolg ist erfreulich: Sind sie doch die Einzigen, die es wagen, laut und deutlich für Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen zu sein. Was bisher noch nie eine relevante Studentengruppe getan hat.
Aber in der Summe kann man nicht bezweifeln: Die Linke hat ihre Vormacht klar einzementiert. Nicht einmal die provozierende Geldverbrennung für ein Schwulen-Lesben-Transgender-Beisl in Wien hat ihr wirklich geschadet. Es haben zwar die Grünen verloren, aber dafür haben eben andere linke Listen gewonnen.
Das bestätigt: Studenten sind mehrheitlich links, nur eben nicht mehr parteigebunden, sondern irgendwie dumpf getarnt als Fachschaftsliste oder als „engagierte“ Studentenliste. Die Namen klingen harmlos und sachorientiert, aber in der Sache haben sich diese Listen bisher immer zu den linken gesellschaftspolitischen Positionen bekannt.
Wie man immer noch sonst die Details dieser Studentenwahl bewerten und analysieren will: Wichtig wird die ÖH als Organisation auch nach dieser Wahl sicher nicht.
Unlängst ging es wieder einmal hoch her im EU-Parlament. Redner der linken und liberalen Fraktionen sorgten sich um europäische Grundwerte, Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte. Nein, es ging nicht um die Euro-Rettungsmaßnahmen oder um Zustände in Bulgarien, Griechenland und Rumänien. Es ging um Ungarn, einen der beliebtesten Auslandsstandorte deutscher Industrieunternehmen, um ein Land, das trotz Wirtschaftskrise – anders als die meisten EU-Staaten – nicht über seine Verhältnisse lebt, sondern mehr exportiert als importiert. Das aber zugleich auch versucht, seine eigenen (nationalen) Interessen gegen die internationaler Finanz-, Handels- oder Medienkonzerne durchzusetzen.
Seit dort vor drei Jahren eine nationalkonservative Regierung ins Amt gewählt wurde, weht ein kalter Wind aus Brüssel gen Budapest – und er bläst immer schärfer. Mit der Rückkehr Viktor Orbáns – zwischen 1998 und 2002 schon einmal Ministerpräsident – an die Regierungsspitze endete eine sozialistisch-linksliberale Herrschaft, die erstmals zwei Legislaturperioden währte. In den Jahren von 2002 bis 2010 war das Land ökonomisch abgestürzt: die Staatsverschuldung stieg von 53 (2002) auf 82 Prozent (2012) des Bruttoinlandsprodukts (BIP). So sah das Erbe aus, das Orbán übernahm.
Vom Wähler mit einer komfortablen Zweidrittelmehrheit seines aus dem Bund Junger Demokraten (Fidesz) und Christdemokraten (KDNP) bestehenden Parteienbündnisses im Parlament ausgestattet, bedient sich der 49 Jahre alte, fünffache Familienvater Orbán, der in Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) aufwuchs, nach EU-Maßstäben weithin non-konformer Mittel, um postkommunistisch-oligarchische Erbhöfe aufzubrechen. Wegen seiner unkonventionellen Vorgehensweise werden ihm diktatorische Züge angedichtet – doch Orbán und seine Partei sind Mitglieder der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU sowie die ÖVP gehören.
Vor allem aber ist Orbán ein ungarischer Patriot, kein „netter Junge“, wie er kürzlich in Interviews mit deutschen Tageszeitungen betonte: „Ich würde mich sehr schämen, wenn das so wäre.“ Mit „Mainstream-Nice-Guys“ sei Ungarn nicht gedient. Die Wähler hätten ihn „nicht beauftragt, Mainstream-Politik zu betreiben“, er müsse sein Land „mit den schwierigsten Fragen konfrontieren und für diese Lösungen anbieten“. Doch mit Patriotismus und Vaterlandsliebe eckt man an in der schönen neuen EU-Welt. Schon 1989, als Student, hatte Orbán öffentlich den Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen aus Ungarn und die Rehabilitierung der Revolutionäre von 1956 verlangt. Deswegen schätzen es viele Ungarn auch heute noch, wenn sich Orbán „Einmischung jedweder Art von außen“ verbittet.
Dass sich Orbán mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) Wortgefechte liefert, spricht eher für den Ungarn. Doch dass jetzt auch die christdemokratische luxemburgische EU-Justizkommissarin Viviane Reding aus der EVP-Familie Artikel 7 des EU-Vertrags ins Spiel bringt, ist in der Tat ernst zu nehmen. Demgemäß kann ein Mitgliedsland mit Sanktionen bis zum Stimmrechtsentzug in den Unionsgremien belegt werden, wenn es „gegen demokratische Grundsätze verstößt“. Das erinnert fatal an das Vorgehen gegen die „falsche“ Wahl in Österreich anno 2000. Mit dem Unterschied, dass seinerzeit nicht die EU(-Kommission) selbst, sondern 14 Regierungen gegen die 15. (die Wiener ÖVP-FPÖ-Koalition) „besondere Maßnahmen“ (Sanktionen) einleiteten.
Die Wortwahl ist ähnlich martialisch: Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn nennt Ungarn einen „Schandfleck“. Unter Beifall des belgischen EU-Liberalen Guy Verhofstadt sieht der (selbst umstrittene) Grüne Daniel Cohn-Bendit Premier Orbán sogar „auf dem Weg, ein europäischer Chávez zu werden, ein Nationalpopulist, der das Wesen und die Struktur der Demokratie nicht versteht“. Sogar Vergleiche mit der „gelenkten Demokratie“ Wladimir Putins oder des weißrussischen Autokraten Alexander Lukaschenko wurden gezogen.
Und das nur, weil eine nationalkonservative Regierung in Budapest ihre Zweidrittelmehrheit – unbeeindruckt von Kritik – dazu nutzt, Ungarn von Grund auf umzubauen und somit die Revolution von 1989/90 zu vollenden. Die Intensität des Umbaus ist vielleicht vergleichbar mit der unter Margaret Thatcher in Großbritannien; inhaltlich geht es allerdings in eine etwas andere Richtung. Und die angeblichen Massendemonstrationen gegen Orbáns Politik haben in der Regel erheblich weniger Zulauf als die national orientierten Kundgebungen des Fidesz. Und Umfragen, so jüngst jene des liberalen Meinungsforschungsinstituts „Median“, bescheinigen dem Orbán-Lager derzeit weiter eine Mehrheit im Wahlvolk.
Wogegen verstößt dieser unbotmäßige Orbán eigentlich? Er gängle die Medien, behaupten seine Kritiker. Doch dass ein Umbau der von ausländischen Verlagshäusern sowie Privatsendern beherrschten und verschuldeten „Staatssendern“ dominierten Medienlandschaft vonnöten ist, können nicht einmal die opponierenden Sozialisten ernstlich bestreiten. In der Printpublizistik hat die den Sozialisten nahe stehende einstige Parteizeitung „Népszabadság“ eine ähnliche Auflage wie das fidesz-nahe Blatt „Magyar Nemzet“.
Was macht Orbán noch verdächtig? Mit Zweidrittelmehrheit wurde ein neues Grundgesetz beschlossen, das 2012 in Kraft trat. Schon seit der Zeitenwende 1989/90 sollte die allenfalls an demokratische Verhältnisse angepasste stalinistische Verfassung von 1949 durch eine gänzlich neue ersetzt werden. Daraus war nie etwas geworden. Orbán ergriff die Gunst der Stunde und ließ ein Grundgesetz ausarbeiten, das laut dem bedeutenden deutschen Staatsrechtler (und Ex-Minister) Rupert Scholz nach „objektiven Kriterien eine moderne, in vielen Punkten sogar vorbildliche Verfassung“ ist.
Darin wird allerdings nicht nur die „Heilige Krone“ Stephans I. als Symbol der Wahrung der historischen Kontinuität der Nation verehrt, sondern auch der „Segen Gottes“ für deren Gedeih erfleht. Ungarn gehört damit zu jenen wenigen Ländern in Europa, die einen Gottesbezug in der Verfassung haben – der übrigens wörtlich aus der ungarischen Nationalhymne entlehnt ist. Auch das „Nationale Glaubensbekenntnis“ ist keineswegs „antieuropäisch“, sondern es betont – fern jedweden territorialen Verlangens – die Verantwortung für die etwa 3,5 Millionen Magyaren außerhalb der Landesgrenzen: „Die Nation muss über Grenzen hinweg vereint werden. Nicht durch die Bewegung von Grenzen, sondern über die Grenzen hinweg, im kulturellen und geistigen Sinne“, pflegt Orbán seinen Kritikern zu entgegnen.
Das festgeschriebene Bekenntnis zur Familie sorgt für Unmut, weil die neue Verfassung die Gleichstellung der Ehe mit gleichgeschlechtlichen Gemeinschaften ausschließt. Auch mit der Festlegung des 22. Juli zum vierten Nationalfeiertag – im Gedenken an den Sieg eines christlichen Heeres bei Belgrad unter Johann Hunyadi über die Osmanen 1456 – fordert Orbáns Ungarn den Zeitgeist heraus und setzt ihm ein Stück seines christlich geprägten Wertekanons entgegen.
Dass die ungarische Verfassung ohne Volksabstimmung in Kraft gesetzt wurde, hat sie mit dem deutschen Grundgesetz oder der US-Verfassung gemein. Dass das ungarische wie andere Verfassungsgerichte nicht über ähnliche Kompetenzen wie jenes in Karlsruhe verfügt, ist in Europa nicht ungewöhnlich; Großbritannien und Schweden haben gar kein Verfassungsgericht. Und in Österreich wurde der Verfassungsgerichtshof schon oft genug durch großkoalitionäre SPÖ-ÖVP-Gesetze im Verfassungsrang ausgehebelt – ohne dass Brüssel daran Anstoß genommen hätte.
Das „Orbán-Bashing“ wird auf politischer wie medialer Ebene weitergehen, selbst wenn Venedig-Kommission und Monitoring des Europarats Ungarn keine „schwerwiegende Verletzung“ von EU-Grundrechten nachweisen können.
Derweil lässt sich die Autoindustrie weiter von Fakten leiten statt von Vorurteilen: Audi betreibt in Gy?r (Raab) das weltgrößte Pkw-Motorenwerk mit einer Jahreskapazität von zwei Millionen. Zudem werden dort der Sportwagen TT und A3-Varianten montiert. Mercedes begann 2012 mit der Produktion seiner B-Klasse in Kecskemét (Ketschkemet); in diesem Jahr kommt das neue Coupé CLA dazu. Und aus Szentgotthárd (St. Gotthard) sollen von 2014 an 600.000 statt (derzeit) 300.000 Opel-Motoren jährlich kommen. Das stimmt nicht nur Orbán und die „unorthodoxe“ Wirtschaftspolitik seines früheren Ressortchefs (und jetzigen Nationalbankpräsidenten) György Matolcsy optimistisch.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
Michael Spindelegger will Bundeskanzler werden. Das hat er vor einem großen Parteipublikum klargemacht – und er steht mit diesem deutlich unterstrichenen Anspruch keineswegs so lächerlich da, wie es noch vor einem Jahr der Fall gewesen wäre. Freilich: Zwischen Vision und Realität klafft dennoch eine weite Kluft.
Das lässt sich gut an Spindeleggers großer Grundsatzrede vom 15. Mai zeigen. Im Grund hat er (nur oder immerhin?) in zwei Punkten glasklar gemacht, wozu er keinesfalls eine Koalitionsvereinbarung unterschreiben werde: Erstens werde er nie einer Abschaffung des differenzierten Schulwesens und des Gymnasiums zustimmen; und zweitens werde er ebensowenig irgendwelchen Steuererhöhungen zustimmen.
Die Botschaft höre ich und bin begeistert – bis mir die Realität der ÖVP wieder in den Kopf kommt. Meines Wissens war es nämlich niemand anderer als die ÖVP, die gerade in Tirol im Wahlkampf und dann noch einmal im Koalitionsvertrag die Gesamtschule auf ihre (wenn auch ziemlich zerschlissenen) Fahnen geschrieben hat. Und meines Wissens war es niemand anderer als die Bundes-ÖVP, die von der Finanztransaktionssteuer über die Bankenabgabe bis zur Kursgewinnsteuer bis zuletzt sehr wohl Steuererhöhungen (mit)beschlossen hat.
Das waren nicht nur „Faymannsteuern“, wie Spindelegger jetzt die neuen, noch viel weitergehenden Pläne der SPÖ nennt. Die ÖVP hat bei den Steuererhöhungen keineswegs so gewirkt, als wäre sie bloß vom Druck der steuersüchtigen SPÖ getrieben. Die ÖVP hat für die Zustimmung zu den Steuererhöhungen nicht einmal von ihrem Koalitionspartner irgendwelche substanziellen Zugeständnisse bekommen. Ob man die nun in Sachen Gesellschaftspolitik oder bei der Pensionsreform oder beim Universitätszugang oder bei der Aufhebung des Amtsgeheimnisses oder bei der Verankerung der Schuldenbremse oder bei der gemeinsamen Obsorge oder bei der Schwulenadoption erwarten hätte können. Selbst das schon vor Jahren groß gefeierte Transparenzkonto ist noch immer in weiter Ferne.
Was bekommt aber der Wähler jetzt, wenn er ÖVP wählt? Die Spindelegger-Ankündigungen? Oder neuerlich die Steuererhöhungs- und Reformverweigerungs-Realität der letzten Jahre, die zwar primär von der SPÖ ausgegangen ist, die aber eben von der ÖVP als Koalitionspartner immer mitgetragen worden ist?
Diese Sorge ist groß: Ist der ÖVP-Obmann doch offensichtlich willens, es trotz aller Kritik am klassenkämpferisch gewordenen Koalitionspartner wieder mit der SPÖ zu versuchen. Er würde halt nur gern selbst Nummer eins werden. Rot-Schwarz beziehungsweise Schwarz-Rot scheint bei der ÖVP derzeit alternativlos zu sein, auch wenn es nicht ausgesprochen wird. Die grünen Spielereien aus dem Westen gelten bundesweit als absurd. Und die FPÖ kommt bei den schwarzen Überlegungen überhaupt nicht vor.
Die Partei scheint aber auch der SPÖ gegenüber nicht imstande zu sein, irgendwo wirklich zu sagen: „Dann gehen wir halt lieber in Opposition. Bis hierher und nicht weiter.“ Oder: „Gerne mit der SPÖ – aber nur mit einer reformwilligen wie in der Steiermark und der Stadt Salzburg, jedoch nicht mit Faymann als Gewerkschafts-Fortsatz.“
Und noch etwas schürt die Angst des Bürgers: Was ist, wenn dasselbe passiert wie bei der letzten Wahl? Da haben ÖVP-Wähler einen Molterer gewählt – und dann einen Pröll bekommen, der ohne jedes Wählermandat, sondern nur auf Raiffeisenwunsch eine sehr linke Politik gemacht hat (Schwulenehe usw.). Immerhin hat die ÖVP ja große Tradition darin, einen Obmann abzuschießen, wenn er am Wahltag nicht so gut reüssiert, wie es die schwarzen Wunschträume vor der Wahl gehofft hatten. Und dann sitzen am Ende die Platters hinter den Polstertüren und bestimmen einen Nachfolger. Eine grauenhafte Vorstellung.
Dennoch hat Spindelegger einige Chancen, trotz der wohl unvermeidlichen neuerlichen Stimmverluste seiner Partei nach Salzburger Art Nummer eins zu werden. Denn die Faymann-SPÖ ist, wie auch die jüngsten Urnengänge gezeigt haben, in einem so deplorablen Zustand, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit noch viel tiefer abstürzen dürfte als die Schwarzen.
Der rote Glaube, dass der vom SPÖ-ORF anfangs so gepushte Frank Stronach nur bei den rechten Parteien grasen würde, hat sich als schwerer Irrtum erwiesen. Die bourgeoisen Salon- und Beisl-Linken, die einst geschlossen Kreisky gewählt hatten, haben sich zu den Grünen begeben. Und bei der Arbeiterschaft ziehen nach wie vor die Freiheitlichen stark mit dem Ausländerthema, das ja nur in der medialen und koalitionären Wunschwelt als Problem verschwunden ist.
Freilich ist anzunehmen, dass die SPÖ mit Hilfe der vielen bestochenen Zeitungen, mit dem total unter Parteikontrolle befindlichen ORF und unter dem Kommando des altneuen Sekretärs Darabos die ganz große Schmutzschleuderkanone ausfahren wird. Diese vermag ja durchaus Wirkung zu erzielen, auch wenn sie reihum kritisiert wird.
Kann Spindeleggers fade Art gegen die Darabos-Schmutzwäsche eine Art Gegenprogramm sein? Der ÖVP-Obmann hat jedenfalls in der überfüllten Hofburg sehr lange gebraucht, um rhetorisch an den vor ihm aufgetretenen schwarzen Jungstar Sebastian Kurz heranzukommen. Der Vizekanzler tut sich halt schwer, emotional zu werden. (Spindelegger lässt sich übrigens wieder als Vizekanzler ansprechen, während sein Vorgänger Pröll ganz auf den Ministertitel gewechselt war; aber das sind wohl nur die kleinen Mätzchen von Ministersekretären, mit denen sie sich so die Zeit vertreiben).
Spindeleggers Positionierung ist eine klar wirtschaftsliberale, auch wenn er sie als konservativ bezeichnet. Die wirklich konservativen Themen wie innere Sicherheit, Kriminalität, Islamisierung, Heimat, Qualität der Universitäten, Disziplin, Schwulenfrage, EU-Überregulierung, Feminismus, Political correctness usw. blieben mit Ausnahme der Familie in seiner Grundsatzrede hingegen komplett unerwähnt.
Ziemlich seltsam ist auch, wie man als ÖVP-Obmann so viel über Wirtschaft reden kann, ohne den Namen der Finanzministerin zu erwähnen – hingegen den des Landwirtschaftsministers schon. Es ist ziemlich selbstbeschädigend, ganz alleine und offenbar gegen Maria Fekter in die Wahlschlacht zu ziehen.
Immer wieder merkte man Spindelegger auch das derzeitige schwarze Grunddilemma an: einerseits einen weitgehenden Kurswechsel zu verlangen, andererseits aber selber schon seit 27 Jahren an der Regierung beteiligt gewesen zu sein, sodass man deren Arbeit auch irgendwie loben muss (ausgerechnet den Sozialminister lobte er sogar namentlich).
In Sachen wirtschaftsliberal war Spindelegger hingegen sehr ansprechend. Auch wenn er das ungleiche Frauenpensionsalter nicht erwähnte. Auch wenn man nur noch schmunzeln kann, wenn jemand behaupten kann, in fünf Jahren genau 420.000 Arbeitsplätze schaffen zu können (in den verteilten schriftlichen Unterlagen waren es übrigens bloß 400.000; aber seit Drucklegung durfte es halt offenbar noch ein bisserl mehr werden).
Wenn man die genannten Bedenken ignoriert, dann klingt Spindelegger jedoch wirklich erfreulich, wie etwa mit diesen Aussagen: „Es ist keine Schande, reich zu sein; die Armut ist der Skandal“; ein flammendes Plädoyer für die von den Linken so bekämpfte Möglichkeit der Teilzeitarbeit; eine Kampfansage an die teuren sozialistischen Gas- und Strommonopole in den Städten; eine Absage an die grüne Regulierungswut; und sein Bekenntnis zur Leistung, zum Schuldenabbau, zur Wahlfreiheit bei Ganztagsschulen, zum Eigentum, zur Privatisierung, zur Mitarbeiterbeteiligung und zu längeren Lebensarbeitszeiten.
Spindelegger hat sich klar bemüht, (zumindest sozial- und wirtschaftspolitisch) einen deutlich erkennbaren Gegenpol zu den Linksparteien zu setzen. Das ist ebenso lobenswert wie der Zugewinn an Professionalität gegenüber seinen früheren Großveranstaltungen. Er wurde diesmal vor jugendliche Zuhörer positioniert und nicht mehr vor eine Wand; lautstarke Trommler machten besser Stimmung als zuletzt zwei peinliche einsame Tanzpaare.
Inszenierung wie Wirtschaftsprogramm sind also durchaus positiv. Aber die schwarze Praxis der letzten Jahre (und die gegenwärtige in Tirol) bleibt halt ebenso Faktum, wie eben alles bei einer programmatischen Rede Nichtgesagte nicht gesagt bleibt.
PS.: Rätselhaft ist, warum die neueste ÖVP-Kampagne durchaus aktuelle Themen mit Jahreszahlen einer fernen Zukunft versieht, so wie schon bei ihrer „Aktion 2050“. Die Wähler wollen jetzt und heute Antworten und nicht im Leben einer nächsten Generation.
Alle Bawag-Strafprozesse sind nun durch einen Berufungsverzicht der Staatsanwaltschaft rechtskräftig zu Ende gegangen. Das bedeutet zweierlei:
Erstens kann sich Herr Flöttl endgültig darüber freuen, dass man in Österreich tatsächlich Hunderte Millionen durch die einfache Behauptung eines Computer-Crashes spurlos verschwinden lassen kann. Zweitens ist nun ebenfalls endgültig klar, dass niemals ein Gericht die Verantwortung des damaligen allmächtigen ÖGB-Bosses Verzetnitsch für den Untergang der Gewerkschaftsbank auf Strafbarkeit prüfen wird. Doppelte Gratulation an die beiden Herren. Was halt in Österreich alles so möglich ist . . .
Dass sich Günther Platter nun auch in Hinblick auf die Bundesebene offen für eine schwarz-grüne Koalition ausspricht, halten in der Volkspartei manche Funktionäre für hilfreich. Seine lautstarken Äußerungen sind freilich vor allem für sehr viele Wähler hilfreich: nämlich für all jene, für die ähnlich wie für die CDU (dort auch für die Funktionäre!) das Fernhalten der noch immer linksradikalen Grünen von der Macht das wichtigste Kriterium bei ihrer Wahlentscheidung ist. Das ist damit freilich für die Wähler in ganz anderer Weise hilfreich, als alle Platters im Geiste meinen. Es wäre nicht die Tiroler ÖVP, würde nicht dieses Harakiri durch ein zweites noch übertroffen: nämlich durch die Fixierung der Gesamtschule im neuen Tiroler Koalitionsübereinkommen.
Damit wird für zahllose Eltern und Lehrer auch das zweite und fast schon letzte Motiv hinfällig, sich trotz aller sonstigen Bedenken doch für Michael Spindeleggers Partei zu entscheiden. Es macht irgendwie deprimiert, wenn sich damit Österreichs einst große bürgerliche Partei selbst für redundant erklärt. Warum soll man sie noch wählen?
Der Tiroler Landgendarm Platter, der den tiefsten Stand der Schwarzen in der Geschichte des Bundeslandes zu verantworten hat, schadet nun auch noch nach der Wahl seiner eigenen Partei gewaltig (nachdem er schon vorher eine mehrfache Parteispaltúng ausgelöst hat). Der Schaden durch ihn ist viel größer als jener, den einst Niederösterreichs Erwin Pröll mit seinem jahrelangen Widerstand gegen den Semmering-Tunnel angerichtet hat; oder noch früher die Steirer mit ihrer Aversion gegen Draken-Abfangjäger.
Neben dem Schulschwachsinn hat die schwarz-grüne Koalition in Tirol noch etwas Zweites beschlossen: die Aufhebung des Amtsgeheimnisses. Das hat zwar meine volle Sympathie. Nur: Das Amtsgeheimnis ist ebenso wie die Schulorganisation eine bundesgesetzliche Materie. Weder das eine noch das andere kann eigentlich mit einem Koalitionsübereinkommen eines Bundeslandes oder auch mit Landesgesetzen ausgehebelt werden.
Stellen sich die Tiroler Naivlinge vor, mit einem Landesgesetz kann man das Strafgesetz, wo ja (leider) noch immer das Amtsgeheimnis steht, unwirksam machen? Oder ist das alles eh nur ein Schmäh, um den Wählern Sand in die Augen zu streuen? Ist Tirol vielleicht gar nicht mehr Teil der Republik Österreich, sodass deren Gesetze dort nicht mehr gelten?
Noch schlimmer sind die Tiroler Vorgänge in Sachen Schule: Nicht einmal die rot-grüne Wiener Landesregierung wagte es bisher, sich über die bundesgesetzliche Garantie für das achtjährige Gymnasium hinwegzusetzen. Der Platter darf es jedoch? Er kann – mit Hilfe einer 34-jährigen Grünen – einfach beschließen, dass es in Innsbruck kein Gymnasium mehr gibt? Und die demokratische Mitbestimmung der Eltern und Lehrer und Schüler ist für Schwarz und Grün in Tirol keinen Cent mehr wert? Aber dann reden sie alle beide bei Sonntagsreden wieder von Demokratie. Erbärmlich.
Dabei haben sich praktisch alle Gymnasien Österreichs, fast alle Eltern-, Lehrer- und Schüler-Vertretungen für den vollen Bestand des Gymnasiums eingesetzt (trotz seiner laufenden Unterminierung und Aushungerung durch die Unterrichtsministerin).
Dabei bräuchten der Provinzgendarm und seine junge Helfershelferin nur einen Blick über die Grenzen machen, um zu sehen, welche verheerenden Auswirkungen die Gesamtschule in Italien mit seinen völlig falsch ausgebildeten Jugendlichen und seiner großen Jugendarbeitslosigkeit hat. Und von Tirol aus in die andere Richtung geblickt zeigt sich, wie toll Bayern und Baden-Württemberg – die beiden klarsten Verfechter und Verteidiger des Gymnasiums in Deutschland! – in sämtlichen Vergleichsdaten dastehen. Ob es nun um Jugendarbeitslosigkeit oder Wirtschaftswachstum geht.
Dabei bräuchte Platter nur die zahllosen pädagogischen Studien lesen (freilich muss man da auch lesen können, was mir bei Platter ja gar nicht mehr so sicher erscheint), die da allesamt zeigen:
Die Bildung und Entwicklung eines Kindes hängt ganz primär von der elterlichen Zuwendung ab – vor allem in den ersten Lebensjahren. In der Schule bringt alles, was für Pseudomodernisten als altmodisch gilt, den besten Erfolg, also Frontalunterricht, Disziplin, Leistung. Zugleich ist erwiesen, dass Gruppen mit halbwegs ähnlichem Leistungsstand vorteilhaft gegenüber bunt gemischten Klassen sind. All das und noch viel mehr könnten auch fast alle Tiroler Schulexperten aufzeigen, wenn sich Platter irgendwo einer sachlichen Debatte stellen würde. Was er aber wohlweislich nicht tut. Ihm hat nur irgendwer eingeredet, so würde er modern wirken. Und da springt Platter schon.
Der Mann hat offenbar Ehrgeiz: Nachdem er schon als Verteidigungsminister die Miliz mit dauerhaften Folgen zertrümmert hat, wendet er sich jetzt mit der gleichen Intention dem bisher trotz allem recht guten Schulsystem zu. Auch hier droht der Schaden irreversibel zu werden – wenn sich nicht wie etwa in Hamburg die Eltern gegen den Schwachsinn der Politik zu wehren verstehen.
Noch einmal zum Grünlauf vieler ÖVP-Funktionäre: Ihr Frust über die Reformunwilligkeit und Verschwendungssucht der SPÖ ist nachzuvollziehen. Aber dagegen gibt es immer noch ein altes Hausmittel: Nein sagen. Man muss ja nicht ständig aus einer von den linken Medien herbeigeprügelten Koalitionsräson heraus immer wieder nachgeben.
Und schließlich gibt es ja auch noch die FPÖ und einige andere Kleinparteien rechts der Mitte, mit denen die ÖVP mit Ausnahme von 13 Jahren die gesamte Nachkriegszeit eine Mehrheit gehabt hat. Auch diese Parteien sind als Partner gewiss kein Honiglecken. Aber immerhin waren die ersten Jahre mit der FPÖ die reformfreudigsten seit Jahrzehnten. Mit den Grünen haben die ÖVP-Wähler hingegen weder wirtschafts- noch gesellschaftspolitisch irgendetwas gemeinsam.
Fazit: Angela Merkel und David Cameron bewegen sich immer mehr nach rechts, je deutlicher sich die Wähler artikulieren. Die ÖVP bewegt sich hingegen nach links, ganz unabhängig von der Haltung der Wähler. Gute Reise. Stronach und Strache dürfen trotz ihren Krisen in jüngster Zeit wieder mit großen Zugewinnen rechnen.
Maria Fekter könnte nach dem EU-Finanzministerrat als Siegerin im Konflikt um die Zinsbesteuerung dastehen – wenn auch nur als sehr vorläufige –, wäre ihr nicht vor einigen Wochen der eigene Parteiobmann in Sachen des diesbezüglichen österreichischen Briefs an Brüssel völlig überflüssigerweise in den Rücken gefallen.
Dieser schwere Fehler bleibt unbegreiflich. Aber offenbar hat Werner Faymann den Vizekanzler mit seinem Vorstadtcharme wieder einmal um den Finger gewickelt. Die Andeutungen, dass Faymann bei einem Hartbleiben Spindeleggers ja dann beim Europäischen Rat Fekter desavouieren hätte können, sind nicht weiter ernst zu nehmen; denn damit hätte er sowohl Verfassung (Artikel 23d und folgende) wie auch Koalitionsvertrag gebrochen – wenn die ÖVP auf beide Dokumente gepocht hätte.
Aber ebenso offenbar hat Michael Spindeleggers tiefsitzende Aversion gegen die nicht gerade pflegeleichte Finanzministerin dessen Haltung mit beeinflusst. Das wird nun logischerweise von der SPÖ und den SPÖ-nahen Medien (also fast allen) weidlich ausgeschlachtet.
Fekter kann sich aber jedenfalls Dreierlei zugute halten:
Dennoch ist der Erfolg der Finanzministerin ein nur sehr vorläufiger.
Denn erstens dürfte am Ende des nun eingeleiteten Verhandlungsprozesses sehr wohl der von ihr anfangs abgelehnte automatische Datenaustausch in ganz Europa stehen. Und dieser wird mit Sicherheit auch das innerösterreichische Steuergeheimnis kippen. Denn seit Jahrzehnten ist eisernes EU-Gesetz, dass in allen Fragen alle EU-Bürger mit Inländern gleichzustellen sind. Das wird auch die erste Klage eines EU-Ausländers beim EuGH mit absoluter Sicherheit ergeben. Es macht fassungslos, wie sehr die Politik und fast alle Medien dieses Faktum unter den Tisch kehren, offenbar weil es parteipolitisch opportun ist. Und weil sie hoffen, dass das niemand sonderlich auffallen wird, weil bis zur Rechtskraft einer solchen Entscheidung natürlich noch Jahre vergehen werden.
Zweitens wird man erst am Ende sehen – also wenn einmal alle Wortlaute ausverhandelt sind –, ob es weiterhin die in den Niederlanden und Großbritannien derzeit problemlos möglichen anonymen Gesellschaften geben wird. Fekter hat mit ihrer wiederholten Aussage ja absolut recht, dass diese Trusts perfekt geeignet sind, um dubiose Vermögen zu verstecken.
Und drittens steht noch völlig in den Sternen, ob die EU auch gegenüber den USA (Delaware!), Singapur und sämtlichen Karibik-Inselchen eine symmetrische Klärung erreichen wird.
Dahinter verschwindet ohnedies das überhaupt Allerwichtigste, das auch Fekter nie ausgesprochen hat: So wenig man für Steuerbetrüger auch nur irgendeine Sympathie haben kann, so wenig sollte sich irgendein Steuerzahler freuen, falls nun wirklich alle Länder gleichgeschaltet werden. Denn nach der Gleichschaltung können Regierungen und Finanzminister aller Länder endgültig hemmungslos Steuern und ähnliche Konfiskationsmethoden zur Finanzierung ihrer Geldverschwendungs-Manie erhöhen. Bisher war ja die Möglichkeit zur Finanzflucht im Falle von Steuerexzessen noch das effizienteste Hindernis gegen die Gier und Verantwortungslosigkeit der Politik.
Die Beteiligung an der ÖH-Wahl nimmt seit Jahrzehnten regelmäßig ab. Das ist eine Katastrophe. Und zwar nicht wegen des hohlen Katheder-Geschwätzes in Medien und Politik (wie: „Demokratie ist wichtig“ oder gar: „Diese Studenten!“), sondern wegen des massiven Missbrauchs, den die regierende Mehrheit der ÖH – in Wahrheit eine winzige Minderheit – mit den Studentengeldern betreibt. Dieser Missbrauch müsste eigentlich dringend beendet werden.
Die linke ÖH hat ja nicht nur mit unglaublich vielen Mitteln ein Klassenkampf-Cafe gegründet und in die Pleite geführt. Sie verwendet auch die sonstigen Mittel aus den Zwangsbeiträgen zum Gutteil völlig am Interesse der allermeisten Studenten vorbei. Ständige Transgender-Diskussionen, Publikationen sexbesessener Feministinnen oder volksrevolutionäre Solidarität für Votivkirchenbesetzer sind vielleicht doch nicht ganz typisch für die wirklichen Sorgen der Studenten.
Diese leiden vielmehr unter dem ständig noch größeren Massenbetrieb; sie leiden unter den deutschen Numerus-clausus-Flüchtlingen; sie leiden unter dem nicht nur bei zahllosen Rankings ständig abnehmenden internationalen Niveau der österreichischen Hochschulen: Diese ÖH der letzten Jahre kümmert sich jedoch fast gar nicht um diese wirklichen und massiven Probleme der Studenten.
Ja, noch viel schlimmer: die ÖH ist sogar selbst eine Hauptursache dieser Probleme. Denn sie hat jede effektive Maßnahme zu einer Verbesserung der Unis bekämpft, insbesondere wirklich spürbare Zugangsbeschränkungen.
Deswegen wird auch von Rot und Grün – die ja aus wahltaktischen Gründen an der Leine der ÖH hängen – jede sinnvolle Reform verhindert und sabotiert. Sogar die jetzt beschlossenen zaghaften Pseudoreformen sind von der ÖH (mit Ausnahme jener an der WU) vehement als viel zu weitgehend bekämpft worden. Dabei hat sich die Politik aus Angst vor den Studenten ohnedies bloß getraut, in einigen Studienrichtungen den Zugang zwar zu limitieren; aber sie tat dies in einem Schildbürgerstreich auf so hohem quantitativem Niveau, dass alle Leiden der Massenuniversitäten weitergehen müssen.
Dadurch gibt es in immer mehr Studienrichtungen fast nur noch Massenvorlesungen, beinahe keinen persönlichen Kontakt mit Professoren (viele absolvieren ein ganzes Studium, ohne dass ein einziger Professor sie vor der Diplomarbeit kennenlernt) und – vor allem! – in vielen Fächern katastrophal schlechte Professoren und Assistenten.
Bis auf die Medizin, wo der Professorentitel noch bare Münze wert ist, gibt es für die tüchtigsten und klügsten Akademiker keinerlei Motivation mehr, im Uni-Betrieb zu bleiben: Sie würden dort nur mäßig verdienen (ja, junge Menschen denken da auch nicht anders als die alten); sie würden dort durch die Menge der zu betreuenden Studenten, durch leistungsfeindliche Frauenquoten und administrativen Holler so zugeschüttet, dass gute Lehre oder erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit fast nur noch außerhalb möglich ist.
Fast alle Studenten wissen um diese Probleme. Und leiden darunter. Aber dennoch sind sie nicht bereit, die paar Minuten für die ÖH-Wahl zu opfern, um eine ordentliche Vertretung zu wählen und die Transgender-ÖH – über die außerhalb der Unis ganz Österreich lacht – vor die Tür zu setzen.
Ein solcher Machtwechsel wäre ein kleiner, aber wichtiger Beitrag zur Verbesserung unserer Universitäten. Diese müsste ja vor allem im Interesse der Studenten liegen. Sie werden einmal selbst am meisten unter der schlechten Qualität, der überflüssigen Dauer und dem blamablen Renommee ihrer universitären Jahre leiden.
Es kann ja nicht wirklich im Interesse der Studenten liegen, wenn man bald nur im Ausland und an Privatunis eine ordentliche Ausbildung erhält. Denn dann haben wir wirklich eine üble Zweiklassengesellschaft.
PS.: Folgende Begründung eines Studenten, warum er nicht zur Wahl geht, hat mich sprachlos gemacht: Er gehe erst hin, wenn sich die ÖH durch ordentliche Arbeit seiner Stimmabgabe würdig zeigt. Er begreift nicht, dass gerade sein Nichtwählen die Hauptursache der schlechten ÖH-Arbeit ist. Solange diese ÖH-Typen regieren, können sie ja ihren Gesellschaftspolitik-statt-Studentenbetreuungs-Schwachsinn ungehindert fortsetzen.
„Was für eine Frivolität!“ Solche empörte Formulierungen hört man derzeit von Europas Sparern. Selbst Deutsche und Österreicher realisieren langsam, dass auch ihren Sparguthaben bei einem Zusammenbruch der Hausbank Böses geschehen könnte. „Wie soll denn der normale Anleger oder ein kleines Unternehmen herausfinden, wie stabil die Hausbank ist?“, fragte einer von ihnen im Internet voller Zorn.
Ja, wie denn? Und warum soll ein Zugriff auf Bankeinlagen überhaupt denkbar, oder gar zumutbar und gerecht sein?
Tatsache ist jedenfalls, dass im Gefolge des von Europa verlangten Zugriffs auf die zypriotischen Sparer ein totaler Wandel der europäischen Spielregeln diskutiert wird, zumindest in finanzieller und ökonomischer Hinsicht. Dass Sparer nichts anderes als Gläubiger einer Bank sind, und als solche auch ein Risiko tragen, war bisher nicht Teil unserer Denkwelt.
Im Grunde aber ist es ein Zurück zur Normalität. Jahrtausende war jeder selbst verantwortlich, wo und wie er beispielsweise sein Geld aufbewahrt. Wenn Mäuse oder Motten seine Banknoten zerfressen haben, gab es genausowenig jemanden, der ihn gegen den dabei erlittenen Schaden sicherte, wie im fast noch blöderen Fall, dass alte Menschen vergessen, wo sie das Geld versteckt haben. Auch wenn ein Haus durch Blitz, Hochwasser oder sonstige Naturkatastrophen zerstört worden war, traf es den Eigentümer und seine Familie, sonst aber niemanden. Es gab sicherlich Nächstenhilfe durch Verwandte und Nachbarn, aber keine Sicherungs-Ansprüche, wenn man nicht versichert gewesen ist.
Staatliche De-facto-Garantien für die Opfer von Naturkatastrophen haben sich erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Sie haben aber gefährliche Folgen. Seit nach fast jedem Hochwasser Landeshauptleute und Bundeskanzler durch die Lande fuhren und versprachen, dass sie allen helfen (natürlich sind es in Wahrheit immer die Steuerzahler beziehungsweise die Schuldenzahler der nächsten Generation, die zur Hilfe gezwungen wurden), seither ist logischerweise bei vielen die Lust geschrumpft, sich selbst ausreichend und teuer zu versichern. Zugleich ist die Lust gestiegen, billige, aber riskante Bauplätze zu nutzen, die lawinenbedroht oder überschwemmungsgefährdet sind.
Ganz ähnliche Folgen haben die staatlichen Garantien für Sparer und Banken. Unter dem staatlichen Sicherungs-Schirm drängen Sparer logischerweise zu solchen Instituten, bei denen sie deutlich höhere Zinsen kassieren. Dass die Sparer dort genauso gegen einen Crash gesichert sein sollen, wie bei anderen Geldinstituten, die sicherheitsbewusst nur mickrige Zinsen zahlen, ist absolut nicht einzusehen. Dennoch wird diese allgemeine Einlagensicherung von erstaunlich vielen Menschen für „gerecht“ gehalten.
„Gerechtigkeit!“ ist ja in letzter Zeit wohl der am meisten missbrauchte Slogan. Er wird besonders gerne dann gerufen, wenn es in Wahrheit skandalöse Ungerechtigkeit zu überdecken gilt. Also beispielsweise dann, wenn ein Dritter zur Erhaltung des eigenen Einkommens Schulden machen soll, wie es die Mittelmeerstaaten Griechenland bis Frankreich von den (relativ) sparsameren Nordeuropäern verlangen.
Im Falle der Banken ist eine Einlagensicherung selbst für hochverzinste Einlagen doppelt ungerecht: Wenn es gut geht, tragen die Hochzins-Sparer fette Zinsen nach Hause, wenn es schlecht geht, werden sie „gerettet“. Und zwar in erster Linie ausgerechnet von jenen Geldinstituten (und damit deren Kunden), die immer nur bescheidene Zinsen gezahlt (beziehungsweise kassiert) haben. Und in zweiter Linie werden dann die Steuerzahler beziehungsweise deren Kinder und Kindeskinder zwangsverpflichtet – ebenfalls ohne jemals die Vorteile wie fette Zinsen gehabt zu haben. Sie sind ja der sich durch den Mund der Politik so generös ausgebende „Staat“ und niemand sonst.
Damit ist aber auch die Antwort auf die eingangs gestellte Frage gegeben: Auch der „normale Anleger“ sieht auf den ersten Blick, ohne Ökonom oder Bankexperte zu sein, ob seine Bank normale oder überhöhte Zinsen zahlt. Hohe Zinsen sind immer ein Beweis für hohes Risiko. Das kann gut gehen, aber eben viel leichter als bei anderen auch schlecht.
Es wäre logisch, ja geradezu zwingend, die staatliche Einlagensicherung deklariertermaßen maximal auf jene Kreditinstitute zu beschränken, die nur mäßige Zinsen zahlen. Alles andere ist genauso Spekulation, wie das, was die österreichische Politik nun sogar allenthalben verbieten will. Es ist eigentlich völlig absurd: Der Staat verbietet sich selbst (zumindest angeblich) jede Spekulation, rettet aber jene, die bewusst spekulieren.
Das ist aber wohlgemerkt kein Plädoyer für die Verbotsmanie, die – von den Grünen ausgehend – derzeit in Politik und Medien wütet. Aber es ist sehr wohl ein Ruf nach Logik und ökonomischer Ordnungspolitik. Wirtschaftliche Konsequenzen sind immer logischer und pädagogisch heilsamer als abstrakte staatliche Gebote und Verbote. Die führen nur zur Entwöhnung von jeder Eigenverantwortung.
Wir alle sollten uns viel stärker bewusst sein: Staatliche Garantien sind nur so lange wirksam, wie der Staat stark und zahlungskräftig genug ist, sie auch einzuhalten. Bei einem staatlichen Crash hingegen ist – ebenso wie etwa nach einem verlorenen Krieg – eine staatliche Garantie nicht einmal das Papier wert, auf dem sie steht.
Irgendwie muss man ja schmunzeln: Zu jenen, die sich nun besonders ob der für sie neuen Erkenntnis empören, dass letztlich auch ein Sparbuch Risiken hat, zählen viele, die davor die Rettung von Banken durch den Steuerzahler kritisiert haben. Sie haben jedoch nicht begriffen, dass das eine mit dem anderen eng zusammenhängt. Denn neben dem (eben meist viel zu kleinen) Eigenkapital und einigen anderen Finanzierungsquellen, auf die sowieso im Falle von Problemen als erste zugegriffen wird, sind die Konto- und Spareinlagen das einzig relevante Vermögen einer Bank.
An dieser Tatsache ändert auch die Verantwortlichkeit der Staaten am Zustand der Banken nichts. Die Regierungen haben trotz tausender Seiten von Bankenregulierungen und zahlloser staatlicher Bankaufsichts-Gremien zugelassen, ja meist sogar gewünscht, dass die Banken nur ein sehr knappes Eigenkapital haben. Viele Banken wären im internationalen Wettbewerb untergegangen, hätten sie (oder ihr Land) einseitig die Haftungsreserve durch das Eigenkapital hinaufgesetzt.
Vor allem aber hätten die Banken mit höherer Eigenkapitalpflicht nicht die Staaten finanzieren können. Die Staaten haben sich dabei insbesondere dadurch schuldig gemacht, dass eine Bank Staatsanleihen überhaupt nicht mit Eigenkapital absichern („unterlegen“) muss; wachstumsrelevante Kredite an Unternehmen lösen hingegen sehr wohl eine solche Eigenkapital-Pflicht aus.
Diese ökonomisch nicht begründbare Differenzierung hilft den Staaten bei ihrer Verschuldung enorm. Sie argumentieren mit der Fiktion, dass Staaten ja absolut sichere Schuldner seien. Was man freilich spätestens seit Griechenland oder Zypern und auch Kärnten(!) nur noch für einen schlechteren Scherz halten kann.
Die katastrophalen Folgen des staatlichen „Wir retten alles und jeden“ – auf des Steuerzahlers Kosten – sieht man besonders deutlich im Fall der Kärntner Hypo Alpe-Adria. Hätte man 2008/09 (was nicht nur der Autor schon damals dringend empfohlen hatte) die Bank sofort abgewickelt, dann hätte man sich viele seither angelaufene Kosten erspart. Man hätte auch die spendierfreudigen Länder Kärnten und Bayern stärker heranziehen sollen, statt deren Haftung und Verantwortung durch die der Republik Österreich zu ersetzen. In Kärnten und Bayern hat man durch diese Hilfe der Republik elegant die Folgen der eigenen Unfähigkeit entsorgen und weiterhin munter populistische Politik machen können. So kann in Kärnten die neue Regierung – im Gegensatz zu den sparsam gewordenen Steirern – nun sogar „großzügig“ auf den Pflegeregress verzichten.
Natürlich hätte es unangenehme Folgen gehabt, hätte man damals den Crash der Hypo zugelassen: Die Sparer hätten – abgesehen von der Grundsicherung – zumindest kurzfristig keinen Zugriff auf ihre Guthaben mehr gehabt. Und sie hätten mit ihren Ansprüchen warten müssen, bis und ob die von der Hypo (oft auf Wunsch der damaligen Kärntner Landesregierung) vergebenen Kredite zurückfließen. Bei den amerikanischen Krisenbanken, wo zum Teil so vorgegangen wurde, fließt jetzt erstaunlich viel Geld zurück. Aber eben erst jetzt, fünf Jahre nach dem Krisenschock.
Statt diesen konsequenten und mutigen Schritt zu gehen, hat die Republik Österreich in großzügigem Gestus jedoch alles gerettet. Sie hat damit aber einen Schrecken ohne Ende ausgelöst. Die hauptverantwortlichen Herren Josef Pröll und Werner Faymann standen damals freilich auch unter dem massiven Druck der EU-Kommission. Diese hatte mögliche Schockwellen eines Bankencrashs vor allem Richtung Balkan gefürchtet. Daher hat sie verlangt, dass alle gerettet werden. Damit haften jetzt die Steuerzahler für viele, die es in keiner Weise verdient haben.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Der FPÖ-Chef zog jetzt einen interessanten Vergleich mit der Wahl 2008: "Hätten damals die BZÖ-Wähler FPÖ gewählt, hätten wir nicht noch einmal fünf Jahre unter Rot-Schwarz leiden müssen."
Interessant. Gar nicht so sehr, weil Was-Wäre-Wenn-Spielchen eigentlich müßig sind. Wesentlich aber sind Gegenwart und Zukunft: Wie meint das da der Strache? Meint er, dass Rot oder Schwarz mit ihm koalieren würden, wäre er nur alleine groß genug gewesen? Das kann man sich freilich für 2008 weder bei der Faymann-SPÖ noch der damaligen Pröll-ÖVP wirklich vorstellen.
Noch spannender als dieses Rätsel ist aber die Frage: Wie sieht sich Strache selbst? Ist er jetzt endlich doch ernsthaft bereit, Verantwortung zu übernehmen? Denn (mit)regieren heißt natürlich immer auch die Notwendigkeit, Unpopuläres mitzuverantworten und Kompromisse zu schließen. Genau die Hinnahme dieser Notwendigkeit haben die Strache-Getreuen aber immer Jörg Haider und Susanne Riess-Passer vorgeworfen. Sie haben jeden Kompromiss der Koalition verteufelt.
Seit Straches Machtantritt hat daher die FPÖ immer viel stärker in Radikalopposition gemacht als die FPÖ vorher. Das hat aber seither auch immer seine Koalitions-Perspektiven auf allen Ebenen stark reduziert. In Wahlkämpfen hat diese Total-Negation freilich längere Zeit geholfen. Seit Stronach aber wirkt diese Strategie nicht mehr so wirklich.
Spürt Strache jetzt endlich, dass es so doch nicht ganz geht? Oder ist dieser Satz wie vieles, was Politiker sagen, ohnedies nicht ernst gemeint? Wäre er ernst gemeint, dann müssten jetzt jedenfalls noch deutlichere Signale in die gleiche Richtung folgen.
Grüne und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten schieben die fast 20.000 Toten des japanischen Seebebens absurderweise der Atomenergie in die Schuhe. Was komplett erlogen ist. Unabhängige amerikanische Wissenschaftler haben hingegen zum ersten Mal berechnet, wie viele Menschenleben in Wahrheit durch die Atomenergie gerettet worden sind. Sie sind auf die dramatische Zahl von 1,8 Millionen gekommen.
Diese Studie ist im deutschsprachigen Raum bisher meines Wissens nur von der Neuen Zürcher Sonntagszeitung übernommen worden. Die langweiligen Mainstream-Medien, also vor allem die österreichischen, hüten sich hingegen, darüber zu berichten. Aber das ist ja längst ein bekanntes Verhalten.
Die beiden amerikanischen Studienautoren James Hansen und Pushker Kharecha kommen aus der Nasa und der Umweltbewegung. Ihre Berechnung beruht auf der Annahme, dass es weltweit keine Atomkraftwerke geben würde. Der in diesen erzeugte Strom hätte stattdessen mit Hilfe von Kohle und Gas erzeugt werden müssen.
Vor allem die in den letzten Jahren boomenden Kohlekraftwerke sind eindeutig gesundheitsschädlich. Sie verkürzen mit ihren Staub- und Ruß-Emissionen die Lebenserwartung in ihrer Umgebung signifikant. Das weisen vor allem epidemiologische Studien statistisch nach. Dabei gibt es natürlich Schwankungsbreiten – aber die gesundheitlichen Schäden sind so evident wie etwa jene des Rauchens.
Der Wert von 1,8 Millionen vermiedener vorzeitiger Todesfälle ist ein Mittelwert für die Vergangenheit. Auf die Zukunft hochgerechnet helfen AKW bis 2050 weltweit noch einmal zwischen 420.000 und 7 Millionen vorzeitiger Todesfälle zu vermeiden. 7 Millionen würden es sein, würde man zum Ersatz der AKW überhaupt nicht auf Gas-, sondern zur Gänze auf Kohlekraftwerke setzen.
Egal, wo die genaue Zahl liegen wird: Vernünftige Menschen müssten also das Gegenteil der gegenwärtigen Energiepolitik betreiben. Aber offenbar sind in Regierungen und den sie voran peitschenden Medien vernünftige Menschen Rarität.
Dabei haben die Studienautoren nur die unmittelbaren Emissionen berücksichtigt. Die ebenfalls negativen Auswirkungen von Kohlekraftwerken auf die – umstrittene – Globale Erwärmung sind da noch gar nicht einberechnet (während AKW ja auch in Hinblick auf diese Globale Erwärmung jedenfalls positiv sind). Die beiden Autoren sind durchaus Anhänger der Global-Warming-These. Dennoch wird diese Studie im Gegensatz zu Global-Warming-Papieren totgeschwiegen. Der mediale Grund ist klar: Sie macht hunderte Anti-Atom-Leitartikel zur lächerlichen Makulatur.
Aber wie gesagt: Es geht – ganz unabhängig von der Warming-Debatte – alleine um die unmittelbare Luftverpestung durch Kohlekraftwerke. Diese findet weiterhin statt, auch wenn sie dank guter Filter nicht mehr so katastrophal ist wie in den Jahrzehnten des berüchtigten Londoner Smogs.
Das besonders Absurde: Kohlekraftwerke boomen derzeit mehr denn je – und zwar als Folge der Energiewende und der Antiatompolitik mehrerer Länder. Denn die vor allem in Deutschland mit vielen Milliarden geförderten Solar- und Windkraftwerke brauchen immer mehr Kohlekraftwerke zur Abfederung. Nämlich immer dann, wenn die Sonne nicht scheint (nächtens, in Nebel- und Schlechtwetterzeiten) oder wenn kein Wind weht (was mancherorts wochenlang der Fall ist). Atomkraftwerke laufen hingegen permanent, selbst wenn die Medien jede ausgefallene Glühbirne zur Panne stilisieren.
Nur noch 30 Prozent der Salzburger wählten bei der Landtagswahl eine bürgerliche Partei. In Städten wie Hallein oder der Stadt Salzburg rutschte die ÖVP (22 Prozent) gar hinter Grüne (26 Prozent) und SPÖ (24 Prozent) auf Platz drei. Selbst in Landgemeinden wie Seekirchen unterlagen die Schwarzen (26 Prozent) den Grünen (28 Prozent). Der Grund: Österreichs Medien und sein Schulsystem haben in 40 Jahren eine „katholisch-konservative“ in eine „katholisch-sozialistische“ Bevölkerung „umgedreht“.
Ohne die „Staatspartei“ geht in Österreich heute gar nichts mehr. Sie stellt den Bundespräsidenten; und von einem ungeplanten Interregnum abgesehen, stellt sie schon seit 1970 ununterbrochen den Bundeskanzler. Über 32 Jahre (von 1970 bis 2002) war immer nur sie ununterbrochen die stimmenstärkste Partei. Alexander Lukaschenko glückt dies erst seit 19 Jahren.
Neben der Statistik Austria, der Österreichischen Nationalbank, dem Gewerkschaftsbund und der Arbeiterkammer sind auch alle staatlichen Fernsehsender und Radiostationen ausschließlich von der Staatspartei besetzt. Der Boulevard wirbt offen für die Staatspartei, Wochen- oder Bundesländerblätter tun dies diffiziler. Millionengeschenke in Form von Inseraten oder Presseförderungen wären nicht einmal notwendig – werden aber trotzdem gerne angenommen.
Damit werden fast alle politischen Instanzen, Gremien und Medien eines Landes von nur mehr einer einzigen Partei dominiert. Einzigartig in der Zweiten Republik. Und in Westeuropa.
Die Österreicher empfinden es aber trotzdem nicht als Diktatur. Denn im Unterschied zu Weißrussland haben mehr Österreicher das subjektive Gefühl, es könnte theoretisch auch jemand anderer als die Staatspartei die Nummer Eins werden. Denn vor jeder Wahl lanciert der „linke Mainstream“ Stories, die eine Schwäche der Staatspartei andeuten. Wird es dann aber ernst, weiß natürlich jeder wieder, wo er steht – und wer ihn füttert.
Dass „die Kluft ohnedies wächst“ (zwischen „Armen" und „Reichen", obwohl der Gini-Koeffizient auf 0,26 abgesunken ist), lässt Salzburgs ORF-Nachrichtensprecherin Viola Wörter gern so nebenbei in Sätze fließen. Und auf Ö1 grüßt uns täglich das Murmeltier: In Form eines Philosophen oder Politologen, der auf Neoliberalismus, Heuschrecken-Kapitalismus und Ausbeutung durch das entfesselte Finanzsystem schimpft – vom Moderator angestachelt. Gegenstimmen gibt es nicht – nie.
Seit 2008 hat die Statistik Austria unter Konrad Pesendorfer (SPÖ) über 20 neue Armutskennzahlen erfunden: Beispielsweise erklärt man heute willkürlich jeden, der mehr als „25 Prozent seines Haushaltseinkommens für`s Wohnen ausgibt“, als armuts- bzw. ausgrenzungsgefährdet. Also 1,4 Millionen Bürger. Ist eine Meldung links – oder kommt sie gar von der AK – wird sie beim ORF meist durchgewinkt und millionenfach multipliziert. Ohne Fragen oder gar Recherche.
Eine Gesellschaft wird von seiner staatlichen Elite aufgewiegelt. Ob das die Gewerkschaftszeitung „Solidarität“ ist, die aktuelle „Gerechtigkeitskampagne“ der Arbeiterkammer oder die „Inländerarmut-Aktion“ der Caritas – täglich prasseln negativ-designte Meldungen auf Millionen Menschen nieder. Tenor: „Eine kleine, verschworene Minderheit wird auf Kosten einer Mehrheit verarmender, kleiner Leute immer noch reicher. Darum Vorsicht! Denn die Armut steigt rapide an – und „dich“ könnte sie als Nächsten treffen!“
Leider ist die sozialistische Wahltaktik des permanenten Schürens von Abstiegsangst – um verunsicherte Wähler der vermeintlich „starken und gerechten“ Partei zuzutreiben – mittlerweile zu erfolgreich. Und so kanalisiert sich die geschürte Wut – wie schon in den 1920ern – in immer extremeren Bewegungen. Das beginnt bei marxistoiden Organisationen wie Attac und endet bei offen kommunistischen Forderungen eines Christian Felber zur Massenverstaatlichung der Wirtschaft und der zentralen Lenkung unserer Gesellschaft. Bewundert auf Ö1.
Im Deutsch-Unterricht studieren viele unserer Schüler noch heute das „Kommunistische Manifest“. Und sie lernen, wie aktuell die kommunistischen Ideale in Zeiten der Globalisierung doch wären. Im Religionsunterreicht lehrt man die marxistische Grund-„Weisheit“, dass Wohlstand auf der Ausbeutung von Arbeitern und Rohstofflieferanten beruht. Man hört, dass „die herrschenden Klassen des Nordens den Süden ausbeuten“. Jean Zieglers „Kommunisten im Marx´schen Sinne“ wird von der Kirche gern zitiert, ganz listig unter dem Mäntelchen der „Gesellschaftskritik“.
Ganze Generationen von Jugendlichen lernen Kritik nur noch als Kritik am „linken Mainstream“ aus linksextremer Perspektive. Wenn unsere Jugend das Schulsystem verlässt, dann hat sie eine Wut auf das System. Obwohl sie gar nie drinnen war. Sie ist aber leidenschaftlich überzeugt, dass „unser System“ verkommen ist und zerstört bzw. umgebaut werden muss.
Wen man heute als „Freiheitlich-liberalen“ enttarnt, sieht sich im gesellschaftlichen Ansehen plötzlich um die Plätze mit den Kinderschändern raufen. Wohlstand durch Arbeit? – „Das Märchen glaubt dir heut niemand mehr! – Die da oben haben sich doch längst alles ausgemacht!“
Da ist nirgendwo mehr Platz für Bürgertum. ÖVP wählt nur noch, wer dies schon vor 30 Jahren tat.
Jahrzehntelang hat sich die ÖVP für „ihre“ Lehrer ins Zeug gehaut – und tatsächlich sind viele bei der „schwarzen“ Beamtengewerkschaft. Gewählt hat man dann aber immer „links“ – in der Hauptschule war man „rot“, im Gymnasium seit 20 Jahren „grün“.
Im Mainstream lacht man über die Naivität der ÖVP – und lanciert aus Jux nach jeder ÖVP-Wahlniederlage ein paar tröstende Mini-Meldungen, dass jetzt sicher das Jahr der ÖVP anbrechen werde. Was sich in den letzten 40 Jahren dann aber leider nie erfüllt hat.
Niemand – außer der Staatspartei – hat heute eine reelle Chance, bei Wahlen ohne Tricks (Stichwort „Wolfgang Schüssel anno 2000“) an die Macht zu kommen. Wie man das verändern kann, weiß niemand so genau. Soll man Rupert Murdoch bitten, ORF III in einen konservativen Gegenpol zum ORF zu verwandeln? Braucht es ein Mehrheitswahlrecht? Soll man das Objektivitätsgebot des ORF ernst nehmen und Verletzungen vor Gericht bringen? Den Religionsunterricht ersatzlos streichen? Oder soll man die Arbeiterkammer und alle ihre SPÖ-„nahen“ VWL-Institute mit ihren Arbeiterkammer-„nahen“ Lektoren aus der WU Wien hinausbegleiten – um dort ein Reservat für „nicht-linke“ Ideen einzurichten?
Was auch immer man macht: Das Land muss auf demokratischem Gebiet schrittweise von Weißrussland nach Westminster geführt werden.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Der Betriebswirt und Wirtschaftspädagoge befasst sich in seinen Büchern mit Kapitalismus und Globalisierung aus liberaler Sicht und wendet sich gegen „die staatlich geschürte Abstiegsangst“. Zuletzt erschien sein Buch „Die Gemeinwohl-Falle“.
Bisher haben die Bauern immer geschickt ihre Interessen zu wahren gewusst. Dies geschah meist in Hinterzimmern und auf dem Weg komplizierter Förderungs-Mechanismen, die außer Bauernfunktionären kein Mensch verstanden hat. Der Bienenkrieg hat nun freilich gezeigt, dass das so nicht mehr weitergeht. Auch die Bauern müssen sich der Öffentlichkeit stellen. Denn – zumindest in manchen Bereichen – sind ihre Argumente keineswegs so absurd, wie es öffentlich kolportiert wird.
Gewiss: Bewusste Falschberechnungen beispielsweise in Hinblick auf die Größe von Almen kann und darf es nicht mehr geben. Offensichtlich haben die heimischen Bauern da versucht, mit den südeuropäischen mitzuziehen. Diese lügen und betrügen ja bei den EU-Förderungen so heftig, dass sich Hunderttausende Ölbäume vor Scham verbiegen müssten, würden diese nicht nur auf dem Papier der Förderanträge aus den Mittelmeerländern existieren.
Der Bienenkrieg um die öffentliche Meinung ist längst entschieden: vor allem durch die dümmlichen Strategien des Landwirtschaftsministers. Nach seinem erklärungsbedürftigen Abstimmungsverhalten in der EU hat er sich einfach hinter dem Amtsgeheimnis verschanzt. Forscht man aber weiter, stößt man auf durchaus ernsthafte Argumente zugunsten des Einsatzes der Pflanzenschutzmittel. Diese wurden aber von der Landwirtschaftskammer viel zu spät vorgebracht. Jetzt ist die Kuh schon aus dem Stall, beziehungsweise die Biene aus dem Stock.
Zumindest eine präzise Darstellung der burgenländischen Landwirtschaftskammer lässt nachträglich durchaus Verständnis für die Bauern aufkommen. Nach deren Zahlen sind von den 360.000 österreichischen Bienenvölkern im Jahr 2011 deutlich weniger als ein halbes Prozent durch den Einfluss von Neonicotinoiden geschädigt gewesen, genau: 1400. Hingegen kämen alljährlich rund 100.000 Bienenvölker durch ganz andere Ursachen um: vor allem durch den Winter und durch eine gefährliche Milbe.
Das muss nun nicht unbedingt stimmen. Die Bauern-Argumente sollten jedoch die lauten politischen und medialen Bienenretter unter Zugzwang setzen, sich einmal sachlich mit den Bauern zusammenzusetzen. Damit endlich objektiv den Ursachen nachgegangen wird.
Die Berechnungen der Landwirtschaftskammer relativieren das Bild von 2011 jedenfalls noch deutlich weiter: die Kammer berichtet, die Bauern haben die Maissaatgeräte inzwischen so umgestellt, dass 2012 nur noch 400 Bienenvölker durch die Pflanzenschutzmittel geschädigt worden seien, und heuer noch gar keines.
Noch viel spannender ist die zweite Argumentation der Bauern. Wenn keine Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt werden dürfen, gäbe es nur noch eine zweite praktikable Möglichkeit der Schädlingsbekämpfung: den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut.
Die Bauernkammer meint zwar, dass im Vergleich zu diesem Gottseibeiuns doch die chemischen Mittel zweifellos besser seien. Ich aber meine: Seit Jahrzehnten ist trotz der riesigen, vor allem durch den deutschsprachigen Raum schwappenden Hysterie keine einzige Schädigung durch Genveränderungen gefunden worden, oder sonst eine negative Folge. Daher wäre es längst an der Zeit, den diesbezüglichen Bannstrahl aufzuheben. Denn durch genveränderte Pflanzen wird nicht ein einziges Bienenvolk oder sonst jemand geschädigt. Dadurch wird nur das diesbezügliche Diktat von Kronenzeitung, Greenpeace und ähnlichen Manipulatoren geschmälert. Das müsste eigentlich ein selbstbewusster Staat aushalten.
PS.: Natürlich gibt’s noch eine dritte Möglichkeit: Österreich verzichtet der Bienen willen gänzlich auf die Landwirtschaft. Angesichts des durch die Republik tobenden Schwachsinns ist das ja offenbar auch nicht mehr auszuschließen.
„Mehrheit der Deutschen will Steuererhöhungen“ meldet „Die Welt“. Demnach befürworten 72 Prozent der Wahlberechtigten die Anhebung der Steuern für die „Gutverdienenden“. 62 Prozent sprechen sich für die Einführung von Vermögenssteuern aus.
Frankreichs sozialistischer Staatspräsidentendarsteller Francois Hollande möchte – unter dem tosenden Applaus der Neidgenossen – „Steueroasen in aller Welt ausradieren“ und dadurch den Erdball in eine einzige Steuerwüste verwandeln.
Angesichts der kollektiven Hatz auf perfide Steuersünder, wie etwa den Ex-Kicker Uli Hoeneß, kann der deutsche Bundespräsident nicht länger an sich halten und verkündet: „Wer Steuern hinterzieht, verhält sich asozial". Wer wäre wohl eher legitimiert, über asoziales Verhalten zu räsonieren, als ein von Steuern lebender Mann, der keinen Tag seines Lebens produktiv gearbeitet hat?
Dass auch die üblichen Verdächtigen unter den österreichischen Geistesathleten – speziell solche aus dem Dunstkreis von Gewerkschaften und Arbeiterkammern – ihre begehrlichen Blicke verstärkt auf jene Bürger richten, die ihr Einkommen nicht versoffen und verhurt, sondern zur Vermögensbildung genutzt haben, sei der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt.
Jeder vom Bürger zum Staat umverteilte Euro bedeutet nicht nur einen Wohlstandsverlust, sondern bringt auch eine Zunahme der (Kontroll-)Macht des Leviathans über den Bürger mit sich. Angesichts dessen ist es erstaunlich, dass die Tage offenbar vorbei sind, in denen mit dem Ruf nach Steuersenkungen auf dem politischen Parkett gepunktet werden konnte. So kurios es auch scheint, verspricht ausgerechnet in einer Zeit historisch höchster Abgabenlasten die erklärte Absicht, die Steuerschraube noch weiter anziehen zu wollen, Wahlerfolge.
Ob die feuchten Träume der Obertanen dabei nun um die Erfindung oder Einführung neuer Tribute, wie Kapitaltransaktions- oder Vermögenssteuern, oder um die Verschärfung bereits bestehender Enteignungsinstrumente (wie die Einkommenssteuer) kreisen, erscheint nebensächlich. Das einzige, worauf die Umverteiler zu achten haben, ist, den Steuerhammer selektiv auf kleine, in der Massendemokratie unbedeutende Gesellschaftsgruppen niedersausen zu lassen, als da wären: Unternehmer, Mietshausbesitzer, „Spekulanten“, (kurz: Eigentümer von Vermögen aller Art) und „Besserverdiener“.
Die genannten Minderheiten zu Sündenböcken zu erklären, die unausgesetzt beschuldigt werden, an der herrschenden Krise die Alleinschuld zu tragen und daher jetzt – „Gerechtigkeit muss sein!“ – entsprechend bluten sollen, ist eine leichte Fingerübung, da es die Politelite verstanden hat, die Hauptsrommedien zu ihren treuesten Symbionten zu machen. Die Damen und Herren Redakteure sind artig mit von der Partie, wenn das Lied vom treu sorgenden, verantwortungsvoll im Sinne des „Gemeinwohls“ agierenden Staat angestimmt und zugleich der ruchlose Egoist und ausschließlich den eigenen Vorteil suchende Private verdammt wird. Die „Vierte Macht“ im Staate ist – einer konsequenten Negativauslese und Korrumpierung der Bericht erstattenden Zunft sei Dank – mittlerweile zum zuverlässigsten Wasserträger staatlicher Allmachtsbestrebungen und zugleich zum erbarmungslosen Zensor jeglicher Staatskritik degeneriert.
Allerdings gibt es keinen Schatten ohne Licht: Immerhin könnte das die allgemeine Moral zerstörende Prinzip der Demokratie nicht deutlicher enthüllt werden, als durch den immer lauter erschallenden Ruf einer Mehrheit nach immer höheren Steuerlasten für eine Minderheit. Demokratie bedeutet eben knallharte Diktatur der Mehrheit. Diese Tatsache jedermann ungeschönt vor Augen zu führen, ist schon etwas wert.
Für privat handelnde Personen gelten Tabus. Kaum jemand würde den Raub an seinem Nachbarn gutheißen oder den Versuch unternehmen, diesen zu rechtfertigen. Auch leuchtet es jedermann ein, dass ein Verbrechen nicht dadurch zur Wohltat mutiert, indem man es im Kollektiv begeht. Ein in der Gruppe verübter Raub ist eben kein kleineres Übel als die Tat eines Einzelnen. Interessanterweise gibt es aber ab dem Moment keinerlei Halten und keinen moralischen Einwand mehr, da die Ausführung des Raubes mittels eines Stimmzettels an politische Parteien – die damit völlig ungeniert und ungestraft werben dürfen – delegiert und am Ende durch Staatsschergen vollzogen wird. Die Sozialisten in allen Parteien waren, sind und bleiben nichts weiter als von ihren (anonymen) Wählern gedungene Räuber.
Es ist kaum zu fassen: Rechtschaffene Menschen, der Großteil davon würde nie im Leben daran denken, kriminell zu werden – 72 Prozent der Bundesbürger – heißen die willkürliche Ausplünderung von Menschen gut, deren Fehler darin besteht, es materiell weiter gebracht zu haben, als sie selbst. Das reicht, um diesen – ohne dabei von Gewissensbissen geplagt zu werden – den Steuervogt an den Hals zu hetzen, der ihnen in der Folge seine Beute (oder wenigstens einen Teil davon) übergeben soll. Dass diejenigen, die ihre Enteignung nicht widerstandslos hinnehmen und entsprechende Gegenstrategien entwickeln, als „asozial“ denunziert werden, fügt dem Unrecht den blanken Hohn hinzu.
Steuern sind niemals gerecht. Stets werden sie gewaltsam und nicht im Konsens erhoben und stets schaffen sie zwei Klassen von Menschen: Eine, die sie bezahlt und eine, die davon lebt. Doch selbst wenn diese Tatsache unbeachtet bleibt, ist eines klar: Wer sich den Kampf für die Gerechtigkeit aufs Panier schreibt und dabei ein Minimum an Glaubwürdigkeit bewahren will, der kann eines keinesfalls tun: Willkürlich gestalteten (progressiven) Steuertarifen das Wort reden. Genau das aber tun alle in den Parlamenten Österreichs und Deutschlands vertretenen Parteien – möglicherweise ohne zu wissen, dass progressive Steuern ein Instrument sind, das von Karl Marx einst dazu erdacht wurde, um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören…
Montesquieu schreibt in seinem wichtigsten Werk „Vom Geist der Gesetze“ zum Thema Steuern folgendes: „…die Wirkung (…) übermäßiger Besteuerung ist, dass die Freiheit ihrerseits die Knechtschaft hervorbringt und die Wirkung der Knechtschaft ist die Verminderung der Steuereinnahmen.“ Mit dem letzten Satz hat der hellsichtige Mann bereits den Jahrhunderte später gefundenen „Laffer-Effekt“ beschrieben. Die tragbare Steuerlast ist eben endlich! Eine Seite zuvor stellt der Baron fest: „Die maßvollen Staaten bieten eine Entschädigung für den Steuerdruck: eben die Freiheit. Die despotischen Staaten bieten ein Entgelt für die Freiheit: eben die geringfügigen Steuern.“ Der selige Mann lebte allerdings in einer absoluten Monarchie. Er hatte keine blasse Vorstellung vom Ausmaß der in einer Massendemokratie herrschenden Despotie – bei zugleich maximalen Steuerlasten…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Seltsame Diskrepanz: Die CDU/CSU erklärt eine Koalition mit den Grünen gerade für absolut ausgeschlossen. In Österreich hingegen sind die Grünen nun sowohl für Salzburg wie auch für Tirol der erklärte Wunschpartner der Schwarzen. Dabei sind die deutschen wie die österreichischen Grünen absolut vergleichbar – bei genauem Hinsehen sind sogar die aus Deutschland gemäßigter, haben sie doch schon in einer Regierungskoalition Schröder-Fischer vom Truppeneinsatz im Ausland bis zur Agenda 2010 vielem zugestimmt, wovon die österreichischen Grünen noch meilenweit entfernt sind.
Warum hat sich eigentlich bei der ÖVP noch nie jemand angeschaut, wie radikal links die Grünen in Wahrheit sind? Oder lassen sich die Schwarzen in ihrer Orientierungslosigkeit einfach blind von den massiv grün-affinen Medien vor sich her treiben?
In Deutschland hat jedenfalls soeben die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen die steuer- und sozialpolitischen Vorstellungen der Grünen als „aberwitzig“ bezeichnet. Deren Ideen würden eine Million zusätzlich in die Arbeitslosigkeit ziehen, weil sich Arbeit für sie nicht mehr auszahlt. Die Tür für Schwarz-Grün sei „knallhart zugemacht“. Diese Worte haben besonderes Gewicht. Steht doch von der Leyen am linken Rand der CDU; sie hat zuletzt auch in Sachen Feminismus den bürgerlichen Konsens Richtung Grünnähe verlassen.
Bei der ÖVP hingegen hat man das Gefühl, dass sich dort noch gar niemand angeschaut hat, was Inhalt der grünen Ideologiewelt ist. Gewiss: Noch ist weder in Tirol noch in Salzburg ein Koalitionsabkommen unterzeichnet. Schon vor dem eigentlichen Beginn der Koalitionsverhandlungen in Salzburg gibt es dort grüne Querschüsse. Die Salzburger Grünen wollen eigentlich nicht mit der Stronach-Partei als Drittem verhandeln, sondern mit der SPÖ. Ein merkwürdiges Ansinnen, wenn man nicht größte Partei ist. Die Intention ist aber klar: Damit hätte die Landesregierung von vornherein ein linkes Übergewicht – im Gegensatz zum Wahlergebnis.
Die Stronach-Partei einmal in die Regierungsverantwortung zu ziehen, ist hingegen ein kluger Schachzug des künftigen schwarzen Landeschefs Haslauer. Es ist wichtig, sich einmal anzuschauen, wieweit die Gruppe auch wirklich verantwortlich agieren kann.
Die Illusionen des greisen Austrokanadiers, dass er von den Österreichern bald zum Bundeskanzler berufen würde, sind ja inzwischen wohl schon zerstoben. Aber immerhin wird er von einem respektablen Teil der Wähler unterstützt. Und die Liste hat ja einige programmatische Überschriften, die durchaus brauchbar klingen. Mehr hat sie freilich noch nicht. Und ob die Monomanie des Parteichefs zu ständiger Destruktion führt, ist sicher eine dauerhafte Gefährdung. Die man aber in einer Demokratie riskieren muss.
Von den Grünen werden die Salzburger Schwarzen hingegen jetzt schon mit knallharten Ultimaten konfrontiert. Besonders pikant ist jenes, das jedes weitere Wasserkraftwerk kategorisch ausschließt. Ja genau, das sind jene Kraftwerke, die als einzige kein CO2 abgeben, und dennoch ständig Strom produzieren, auch wenn kein Wind geht und keine Sonne scheint (was in Salzburg leider fast die Regel ist).
Richtig ist, dass in Tirol so wie in Oberösterreich und Kärnten recht pragmatische Grüne das Sagen haben. Die radikalen Utopisten sind primär in Wien und vor allem im Bund an der Parteispitze. Das schwarze Doppelsignal ist dennoch extrem seltsam. Und mit Oberösterreich und Kärnten (wo die Schwarzen freilich wenig zu sagen haben) ist es ja schon ein Vierfachsignal. Die Wähler werden dieses Signal sehr genau hören – nicht zum Vorteil der ÖVP, die ja nach rechts und nicht nach links Wähler verliert.
PS.: Dabei hat die ÖVP im Vorjahr mit einer harten Broschüre gegen Rot-Grün erstmals in die richtige Richtung argumentiert. Nur war dieses Heft inhaltlich, journalistisch, historisch wie politisch so schleißig und anfängerhaft gemacht, dass seine Wirkung nach hinten losging. Es hat offenbar die vielen schwarzen Politsekretäre erst recht aufmunitioniert, die im Geiste lieber bei den Grünen wären. Und dementsprechend intrigieren. Überdies war die Broschüre auch deshalb irgendwie seltsam, weil die ÖVP gleichzeitig in einer Koalition mit den Roten steckt. Daher hätte man sich wohl besser einmal so sorgfältig wie die CDU mit den Grünen an sich befassen müssen.
Wir leben ja in Zeiten des zynisch-hemmungslosen Opportunismus, in Zeiten von völlig profillosen Politikern. Da darf man, nein muss man zwei Politiker vor dem Vorhang holen, die sich anders verhalten als der Rest der Meute, die mit Mut und – zumindest bisher – Konsequenz für Dinge einstehen, die absolut richtig sind, die ihnen aber parteiintern und wahltaktisch schaden dürften.
Es geht um die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl und den ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Kopf verweigert konsequent dem ORF einen weiteren Griff in die Budgetkassen. Dafür muss ihm jeder Steuerzahler dankbar sein. Vor allem im Wissen, dass die ÖVP dafür während des Wahlkampfs vom ORF heftige Prügel bekommen wird. Freilich sollte jeder Schwarze – so wie Kopf – wissen: Die ÖVP war (wie die Freiheitlichen) ja auch schon dann vom ORF geprügelt worden, als sie unter Josef Pröll einer 160-Millionen-Tranche für den Staatssender zugestimmt hatte. Nachgeben nutzt also angesichts dieser Ideologentruppe in der ORF-Information ohnedies nichts. Da kann man gleich anständig und sparsam bleiben.
Man muss nun freilich jeden Tag bangen und hoffen, dass Kopf auch auf Dauer hart bleibt. Das ist dem kleinen Vorarlberger aber durchaus zuzutrauen – wenn ihn nicht wieder wie beim letzten Mal die Front von Parteiobmann und Landeshauptleuten in die Knie zwingt.
Das Gewäsch, dass der ORF das Steuergeld doch ach so dringend bräuchte, kann man problemlos abdrehen. Denn solange der Sender zwei unterschiedliche Zeit-im-Bild-Sendungen auf verschiedenen Programmen gleichzeitig ausstrahlt, solange er die wenigen noch vorhandenen bürgerlichen Journalisten zu weißen Elefanten stempelt, solange er fast täglich den eigenen Generaldirektor ins Bild rückt, solange er seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag mit linker Gehirnwäsche verwechselt, solange über die Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser zehnmal so oft berichtet wird wie über jene gegen den amtierenden(!) Bundeskanzler, ist jeder zusätzliche Cent für diesen Parteisender verbranntes und gestohlenes Geld.
Also: Bravo Kopf, der dafür ja in der ÖVP offenbar als einziger seinen Kopf hinzuhalten bereit ist.
Ein ebensolches Bravo gilt in ganz anderen Zusammenhang – und keineswegs aus vordergründigem Proporzgehabe – der Wienerin Brandsteidl. Sie setzt jetzt schon zum zweiten Mal ein Signal, das zeigt, dass sie endlich in den Schulen wirklich etwas besser machen will (ein Signal, auf das man bei Claudia Schmied wohl auch noch zehn weitere Jahre vergebens warten würde).
Brandsteidl will nämlich die schulautonomen Tage abschaffen, ebenso die schulfreien Tage nach Ostern und Pfingsten. Gewiss kann man über Details streiten; genauso berechtigt und sinnvoll wäre etwa statt dessen die Reduktion der Sommerferien von neun auf acht Wochen. Aber das Entscheidende ist zweifellos die Intention. Jahrzehntelang hat die Politik die Ferien immer mehr verlängert – und sich dann gewundert, dass das kein sonderlich toller Beitrag zum Lernerfolg war. Vorsichtig ausgedrückt.
Gewiss sind ein paar Tage Lernen mehr noch keine geglückte Trendwende im Schulsystem. Dazu würde auch eine Stärkung (und Entlastung!) der Lehrer gehören; die Einführung von Aufnahmsprüfungen; das Hinausdrängen der Juristen und(!) der schlechten Lehrer aus dem Schulwesen; ein Bekenntnis zu den unterschiedlichen Begabungen und Bedürfnissen von Schülern; eine Wiederbelebung des Wortes „Leistung“; ein Zurückholen der Eltern in eine stärkere Erziehungsverantwortung; und insbesondere eine dramatische Stärkung der Schulautonomie.
Aber das ist kein Grund, den Vorschlag der bisher eher nur durch ihr Dauerlächeln aufgefallenen Brandsteidl kleinzureden. Was für die Schule gilt, gilt auch für eine Stadtschulratspräsidentin: Jeder Anfang ist das Allerschwerste. Und den hat sie jedenfalls geschafft. Die Ferienverkürzungs-Idee ist ja immerhin schon ihre zweite richtige Idee: Sie hat – wiederum ganz im Gegensatz zur Ministerin – vor einigen Monaten auch schon vorgeschlagen, die sogenannten Bildungstests verbindlich und deren positives Bestehen zur Voraussetzung für ein Aufsteigen zu machen.
Auch Brandsteidl wird freilich – so wie Kopf – für etwas Richtiges wie Mutiges in der eigenen Partei wohl noch ordentlich unter Druck kommen. Daher: Alle guten Wünsche fürs Durchhaltevermögen.
PS.: In diese Ruhmesreihe würde auch Wissenschaftsminister Töchterle gehören, wenn er es schafft, einmal dauerhaft hart zu bleiben. Bei Ihm geht es um die Linzer Medizin-Uni. Aber da zweifeln viele, ob er sein Nein wirklich durchhält. Schließlich hat der einstige Hoffnungsträger Töchterle in den letzten Wochen sowohl beim Thema Uni-Zugang wie auch Lehrerausbildung allzu faulen Kompromissen offenbar aus Koalitionsräson zugestimmt.
Ein Österreicher ist aus langer Geiselhaft in einem besonders gesetzlosen Teil der arabischen Welt freigekommen. Alles bestens. Alles bestens? Wenn da nicht eine kleine Frage bliebe.
Nämlich die, ob die Republik davor Lösegeld gezahlt hat. Mehr als verräterisch ist dazu die Aussage von Außenminister Spindelegger, es seien keine unmittelbaren Forderungen an Österreich gestellt worden. Mit anderen Worten kann man sicher sein: Es ist also „mittelbar“ Geld aus Österreich geflossen. Auf welchen Kanälen, an welche Empfänger und als was getarnt? Entwicklungshilfe? Humanitäre Hilfe? Wir werden es wohl nicht so bald erfahren. Aber das sind ja ohnedies nur Details.
Nun werden manche sagen: Ende gut, alles gut. Hauptsache, der Österreicher ist wieder frei. Ja, eh. Nur hat sich halt immer wieder bewahrheitet: Je öfter man Geiselnehmern solcherart nachgibt, umso öfter kommt es zu solchen Aktionen. Und etwa in Somalia hat man überdies gesehen: Das gezahlte Lösegeld ist oft sehr gezielt eingesetzt worden, damit man bei den nächsten Entführungen noch professioneller agieren kann.
Daher ist keineswegs mit der Befreiung dieser Geisel (und zweier gleichzeitig entführter Finnen mit seltsamer Nähe zum finnischen Militär . . .) jetzt alles gut.
Mit der warmen Jahreszeit tauchen wieder die vielen hässlich-entblößten Menschen auf – von nabelfreien, fettleibigen und gepiercten Frauen in engen Shorts bis zu tätowierten, ungepflegten Männern in Mundl-Leiberl und in Jogging-Hosen – eine tägliche ästhetische Herausforderung. Das ist selbstverständlich ein politisch völlig unkorrekter Beginn eines Artikels; in den USA etwa darf man heute übergewichtige Menschen nicht einmal mehr „dick“ nennen, sondern bestenfalls „horizontally challenged“.
Auch Müll, Graffiti und Hundekot stören im öffentlichen Raum, und es nerven ordinäre und laute Handy-Telefonierer in öffentlichen Verkehrsmitteln, rowdyhafte und aggressive Radfahrer, Handy-telefonierende oder betrunkene Autofahrer, vor sich hinspuckende Halbstarke, übelriechende Fastfood-Speisen, nervend-laute Techno-Rhythmen aus Kopfhörern und was es dergleichen noch alles an Ungehörigem und Unappetitlichem gibt. Manches davon ist bereits verboten, manches nicht, bei manchen Themen (etwa Essen in der U-Bahn) wurden Verbote diskutiert. Über eine Million Kameras kontrollieren bereits das Verhalten im öffentlichen Raum, können aber Gewaltverbrechen oder Vergewaltigungen in der U-Bahn auch nicht verhindern.
Dieser Drang, das zwischenmenschliche Leben zunehmend regulieren zu müssen, entspringt der trivialen Erkenntnis, dass zunehmend viele Menschen nicht mehr wissen, was man tut (oder besser nicht tut). Es gibt – wenn auch nur spärliche – empirische Befunde, dass eine schleichende Erosion rücksichtsvollen Verhaltens zu verzeichnen ist. Vor allem in der Anonymität der Großstädte ist ein unaufhaltsames Vordringen rüpelhaften Benehmens festzustellen, das von der Bürgergesellschaft anscheinend resignierend hingenommen wird.
Die Ursachen für diese Entwicklung liegen wohl in erster Linie darin, dass sich Eltern in mehr oder weniger schlecht funktionierenden Familien um dieses Thema nicht mehr kümmern (können oder wollen), und dies auch seit Jahrzehnten einer permissiven 68er-Pädagogik ziemlich gleichgültig ist. Seit damals werden Begriffe wie Anstand, Benehmen, Respekt und Rücksichtnahme, oder auch Bürgersinn und Bürgertugenden als gestrig belächelt und gezielt heruntergemacht.
Die Konsequenzen ernten heute die Pädagogen selbst, indem das Unterrichten zunehmend schwieriger wird. Schulschwänzen, Zuspätkommen, Stören oder fast unerträgliche Geräuschpegel in Klassenzimmern gehören heute offensichtlich zur Norm. Dass es in diesem Klima – auch für gutmeinende Lehrer – kaum noch möglich ist, den Stoff vollständig zu unterrichten, ist klar; die Kinder zusätzlich auch noch zu „erziehen“, ist damit praktisch nicht mehr möglich; womit sich diese Spirale wohl in den nächsten Jahren weiter drehen wird.
Ein trauriger Schildbürgerstreich der Spät-68er-Pädagogik ist dieser Tage – nach monatelangen (!) Verhandlungen – in Kraft getreten: Von der Unterrichtsministerin wurde ein „Maßnahmenpaket“ vorgestellt, das nachhaltiges Schulschwänzen eindämmen soll. Ein fünfstufiges (!!) Verfahren ist vorgesehen: Auf ein Gespräch zwischen Schüler/Erziehungsberechtigten/Lehrer folgt Stufe II (die Einschaltung von Schülerberatern oder Schulpsychologen). Nützt das auch nichts, wird erst in Stufe III über die rechtlichen Schritte im Fall weiterer Schulrechtsverletzungen informiert. Ändert sich wieder nichts, wird in Stufe IV die Jugendwohlfahrt eingeschaltet. Nach maximal vierwöchiger Überprüfung könnte es dann zu Stufe V kommen – die Verhängung einer Geldstrafe bis maximal 440 Euro.
Ein Staat, der in einer solchen Materie ein derart langwieriges (bis zu 14 Wochen!) hochbürokratisches Prozedere vorgibt, nimmt sich wohl selbst nicht ganz ernst. Obwohl dieses System einen gewissen Charme für andere Rechtsbereiche hätte: etwa bei Falschparken, Schnellfahren oder Fahren ohne Vignette. Wäre da nicht erst ein klärendes Gespräch mit dem Parksheriff angebracht, dann vielleicht psychologische Beratung et cetera? Auch so kann man den Rechtsstaat ad absurdum führen.
Der inspirierende und stets gut formulierende Philosoph Rudolf Burger hat dies einmal auf den Punkt gebracht: „Wir leben nicht wirklich in einer liberalen Gesellschaft, sondern in einer Massengesellschaft. Der Liberalismus als konstitutive Lebensform war an das klassische Bürgertum geknüpft, das verschwindet. Was in traditionalen Gesellschaften durch Brauchtum, Traditionen geregelt war, wird in einer atomisierten Massengesellschaft zur Aufgabe einer staatlichen Ordnung.“
Aber nicht nur in den trivialen Niederungen des Verhaltens im öffentlichen Raum werden zunehmend Verbote und Gebote angedacht, auch im Bereich der Wirtschaft und Politik glaubt man immer stärker, mit Regulierungen Verhaltensweisen erzwingen zu müssen. Wo sind die Zeiten, als es etwa noch so etwas wie Handschlagqualität gab oder einen ungeschriebenen, aber allseits stillschweigend akzeptierten Comment?
Am Anti-Korruptionsrecht wird seit 2008 herumgedoktert, weil eben nicht mehr alle Politiker in dem Land wissen, was „part of the game“ ist. Eine Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde eingerichtet und auch das Kartellrecht wurde dramatisch verschärft. Der letztjährige Untersuchungsausschuss zu diversen halbseidenen bis korrupten Vorgängen ist noch in unguter Erinnerung. Aufgrund des Salzburger Spekulationsskandals sollen nunmehr „Spekulationsverbote“ festgeschrieben werden, und es ist noch der Plan in Erinnerung, eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern.
Ende April beschloss der Salzburger Landtag in Folge des Spekulationsskandals tiefgreifende Reformen in der Verwaltung, wobei ein Punkt besondere Aufmerksamkeit verdient: Hinkünftig sollen – laut Salzburger Nachrichten – „Beamte streng bestraft werden, wenn sie dem Landtag falsche Auskünfte erteilen.“ „Na bumm“, denkt sich der steuerzahlende Bürger und fragt sich, wie das wohl bisher war? In welchen Zeiten, beziehungsweise in welchem gesellschaftlichen Gefüge leben wir, wenn man derartige Selbstverständlichkeiten speziell mit Sanktionen versehen muss?
Wie weit es mit dem politischen Anstand gekommen ist, zeigt auch ein Vergleich bei der Rücktrittskultur, die in Österreich extrem unterentwickelt ist. Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff etwa ist im Februar 2012 zu Recht zurückgetreten, weil er Dinge getan hat, die man als Amtsträger nicht tut. Seitdem sind die Ermittler 21 verschiedenen Anlassfällen akribisch nachgegangen und sind in 20 Fällen zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Wulff in seiner Amtszeit als Ministerpräsident weder der Vorteilsannahme, noch der Bestechlichkeit verdächtig gemacht hat. Übrig geblieben ist ein einziger Fall: ein Filmproduzent hatte für ein Hotel-Upgrade, ein Abendessen und Kinderbetreuung die Kosten übernommen. Wulff hatte es abgelehnt, sich mittels einer Spende von diesem Verfahren freizukaufen, es wird also zu einem Verfahren wegen 719,40 Euro kommen.
Blicken wir nach Österreich: Hier haben wir es mit einem Bundeskanzler zu tun, der jahrelang als Stadtrat, Minister und Bundeskanzler dafür gesorgt hat, dass Steuermillionen für Bestechungsinserate in diversen Medien verschwendet werden. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, wir werden wahrscheinlich aber vor den Nationalratswahlen von diesem Verfahren nichts mehr hören. Nach den Wahlen wird es dann wahrscheinlich ebenso still entsorgt werden wie vor kurzem das Verfahren gegen Ministerin Claudia Schmied, die als Managerin maßgeblich an der Milliardenpleite der Kommunalkredit AG, für die nunmehr ebenfalls der Steuerzahler aufkommen darf, mitgewirkt hatte. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat dieses Verfahren zwar mit ihren Untersuchungen gegen andere Beschuldigte bei weitem noch nicht abgeschlossen, sie weiß aber schon jetzt, dass die Ministerin schuldlos ist – eine bemerkenswert prophetische Gabe.
In Deutschland, England, der Schweiz oder Skandinavien wären wohl beide Politiker nicht mehr im Amt, weil sie und ihr Umfeld sowie Medien und Bürger ein Gefühl dafür haben, was eben nicht „part of the game“ ist.
So ist es auch logisch, warum die SPÖ ein Fairness-Abkommen für den Wahlkampf ablehnt, denn sie hat mit „dirty-campaining“ bereits gute Erfahrungen gemacht: 2006 war es – neben dem schlappen Wahlkampf der ÖVP – vor allem die „Napalm“-Strategie des SPÖ-Wahlkampfleiters Norbert Darabos, der Alfred Gusenbauer damals den überraschenden Erfolg bescherte. Nachdem dieses Rezept gut funktioniert hat, hat es Werner Faymann zwei Jahre später in der Variante eines Gentlemen-Agreement-Bruchs erfolgreich praktiziert.
Wir stehen derzeit mit beiden Beinen bereits im Wahlkampf für die Nationalratswahl. Nicht nur der beachtliche Wahlerfolg von Erwin Pröll macht deutlich, dass mit der ÖVP zu rechnen ist, auch das anständige Ergebnis in Kärnten sowie die Bundesheerbefragung haben gezeigt, dass der Wähler durchaus zu differenzieren imstande ist.
Die Tiroler Wahl, bei der zehn Parteien gegen die ÖVP angetreten sind, brachte nicht den herbeigeschriebenen Absturz; die Wagenburg am Inn hat gehalten, während die SPÖ mit ihren Verlusten wenig überzeugend war. Eine Woche später zeigte sich in Salzburg ein ähnliches Bild, was sogar zu einem Machtwechsel in diesem Bundesland führte. Michael Spindelegger hat 2013 zum „Jahr der ÖVP“ erklärt; der endgültige Befund über diese Ansage steht noch aus. Dass 2013 bislang aber alles andere als das Jahr der SPÖ ist, steht ebenso fest.
Und wenn die SPÖ in einem Wahljahr nervös wird, begeben sich eigentümliche Dinge. So etwa machten Ende April erstaunliche Meldungen die Runde, dass sowohl Kanzler Faymann als auch sein Staatssekretär Josef Ostermayer schon vor Monaten von Luxemburg über die beabsichtigten Änderungen beim Bankgeheimnis informiert worden waren und wohl „vergessen“ haben, die ressortzuständige Ministerin zu informieren. Wenige Tage darauf führte die Causa sogar zu einem ungewöhnlich lauten Theaterdonner Werner Faymanns.
Wie auch immer die Kommunikationsströme in dieser Angelegenheit gelaufen sind, die Taktik, das eigene Land ungeniert international anzupatzen und damit innenpolitisches Kleingeld zu machen, hat in der SPÖ Tradition: man denke noch an die Causa Waldheim (1986) oder die unsäglichen Sanktionen im Jahr 2000. Bewusst wird von der SPÖ – wider allen Koalitionsgeist – bereits die Finanzministerin aufs Korn genommen. Und auch der zugegebenermaßen mehr als ungeschickt agierende Agrar- und Umweltminister wird selbstverständlich vom Koalitionspartner nicht geschont. Da wundert es dann schon niemanden mehr, wenn plötzlich auch die erfolgreiche Gattin des Vizekanzlers und ÖVP-Obmannes Michael Spindelegger thematisiert wird. Die SPÖ dementiert, aber seltsam ist es doch, und manche werden vielleicht schon bedauern, dass Norbert Darabos nicht mehr als glückloser Verteidigungsminister Soldat spielen darf.
Alles Dinge, die man nicht tut – aber wen kümmert das in einem Wahljahr? Und Stan Greenberg wird wieder für die SPÖ tätig sein – man sollte sich noch auf einiges gefasst machen.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser für den Blog aktualisierte Kommentar ist der Mai-Ausgabe entnommen.
Kleine Euro-Länder wie Zypern oder Griechenland sind relativ leicht zu retten. Dies kann Europa fast aus der Portokassa. Ebenso beim bankrotten Neo-Krisenstaat Slowenien. Das Problem: Jedes EU- und Euro-Land sollte gleich behandelt werden, sonst verlieren Union und Währungsraum den letzten Rest an Glaubwürdigkeit. Jedoch war das Vorgehen der EU jedes Mal unterschiedlich. Und kein einziges Modell ist anwendbar, wenn nun auch nur ein einziges der großen Länder aufgefangen werden muss. Und das droht bei Italien und Spanien, aber in immer schnelleren Schritten auch bei Frankreich, der zweitgrößten Euro-Ökonomie.
Das französische Szenario ist so dramatisch, dass es Experten nur noch hinter vorgehaltener Hand diskutieren. In diesem Licht sind auch die jüngsten Placebo-Maßnahmen zu sehen: die alle Sparer treffende Senkung der Zinsen durch die EZB und die Ankündigung der (in Wahrheit ohnmächtigen) EU, den Schuldenstaaten Frankreich und Spanien, aber auch den Niederlanden mehr Zeit zu geben, ihr Defizit auf die ohnedies hohe Grenze von drei Prozent zu drücken. Alle Krisenländer haben noch dazu heuer ein Minuswachstum, werden also am Jahresende schlechter dastehen als am Beginn. Obwohl man eigentlich zwei Prozent Wachstum bräuchte, um die Beschäftigung auch nur zu halten.
Besonders besorgt macht Frankreich. Die EU bezeichnet offen die Defizitprognosen der dortigen Regierung als „viel zu optimistisch“ und verlangt dringend nach Konsolidierungsbemühungen des Landes. Jedoch ist in Paris niemand willens dazu. Hat man doch den Wählern im Vorjahr versprochen, dass nach einem Machtwechsel Milch und Honig durch Frankreich fließen würden. In Spanien, Italien und den Niederlanden begreift wenigstens ein Teil der Regierung die Notwendigkeiten.
Frankreichs Haltung löst hingegen europaweit Untergangsstimmung aus. Der Präsident ist der schwächste der Nachkriegsgeschichte. Jeder Minister tut, was er will. Die Regierungspartei formuliert massive Deutschland-Beschimpfungen (und zieht diese nur halb zurück). Fast keine Firma stellt angesichts der Verbote, jemanden zu kündigen, neue Mitarbeiter an. Die Jugendarbeitslosigkeit ist nicht nur in den Banlieues der Zuwanderer furchterregend, sondern auch schon bei Uni-Absolventen. Dabei sind die französischen Studenten die heißblütigsten Europas. Zugleich machte die Regierung zusätzlich unpopuläre Fronten mit dem Thema Schwulenenehe auf.
Und was tut Monsieur Hollande? Franzosen tippen darauf, dass der untätige Präsident demnächst seinen Premier feuern wird. Das wird ihm aber nicht helfen. Irgendwann sollte er sich auch an den letzten sozialistischen Präsidenten erinnern: François Mitterrand hatte nach zwei Jahren einen scharfen Kurswechsel von freigiebigem Schuldenmachen hin zur nötigen Austerität machen müssen. Andere Alternativen hat auch Hollande nicht – soll nicht Frankreich und mit diesem ganz Europa endgültig im Chaos versinken.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Jetzt hagelt’s Schlag auf Schlag für Silvio Berlusconi. Was steckt da wirklich dahinter?
Eine weitere Verurteilung des Langzeitpremiers – diesmal zu vier Jahren – ist so wie eine erste zwar noch nicht rechtskräftig; aber weitere werden wohl folgen. Ist damit ein übler Gauner in Politikergestalt endlich überführt oder wurde Berlusconi von einer Gruppe entschlossener linker Staatsanwälte und Richter zu Tode gehetzt? In Wahrheit dürfte beides stimmen. So unappetitlich Berlusconis Versuche waren, seine parlamentarischen Mehrheiten immer wieder hemmungslos zu seinem persönlichen Justiz-Nutzen einzusetzen, so sehr haben diese Gesetze zugleich die Richter psychologisch aufmunitioniert. Dahinter steht aber eine andere, noch wichtigere Tatsache: Berlusconi war der einzige Nachrkriegspolitiker, der mit einem konservativen und zumindest wirtschaftsliberal klingenden Programm die italienische Mehrheit rechts der Mitte lange mobilisieren und stabilisieren konnte. Das hat kein einziger der Christdemokraten vor ihm geschafft (die jedes Jahr mindestens einmal die eigene Regierung gestürzt haben), das dürfte auch in Zukunft nicht so bald einer schaffen, auch wenn es Italien eigentlich nötig hätte. Das ist zweifellos der politische Hauptgrund, warum Berlusconi weg musste. Die Tatsache hingegen, dass er ein Schlitzohr und Demagoge ist, dass er die Defizite seines Landes nicht abzubauen verstanden hat, hätte alleine niemanden gestört. Denn Schlitzohren, Demagogen, Defiziteure sind sie ja (fast) alle. Und mit zahllosen hübschen Mädchen umgeben würden sie sich zumindest gerne.
Es ist frappierend: Trotz der katastrophalen Erfahrungen in Wien drängen beide Großparteien derzeit gleich in mehreren Bundesländern Richtung Grün. Hingegen wird die Frage, ob nicht etwa auch die Freiheitlichen ein Koalitionspartner sein können, nicht einmal am Rande behandelt. Ebensowenig die nach der Rolle des Stronach-Trüppchens.
Die wichtigste (freilich keineswegs einzige) Ursache dieses Phänomens liegt in der grünen Lufthoheit über den Redaktionen, die wiederum eine direkte Folge der Entwicklung auf den Universitäten während der letzten Jahrzehnte ist. Sind doch mittlerweile fast alle Redaktionen massiv grün beherrscht, was ja irgendwann seine Rendite tragen musste.
Der von diesen Mainstream-Medien herbeigeschriebene Grünlauf prägt heute vor allem die ÖVP. Gewiss: Die Schwarzen können neben den vielen schlechten Erfahrungen mit der Regierungs(un)fähigkeit der Grünen wie etwa auch in Graz zumindest auf ein positives Beispiel verweisen, nämlich Oberösterreich. Dort hat die Koalition mit den Grünen bisher durchaus funktioniert. Dort fungiert freilich ein spezieller regionaler Anti-Tschechismus als Kitt: Die einen speien gegen den nördlichen Nachbarn Gift und Galle wegen des Themas Atomkraft; die anderen wegen der tschechischen Verbrechen bei den Nachkriegs-Vertreibungen, die in Oberösterreich nach wie vor ein Thema sind. Das passt dann im Endergebnis gut zusammen.
Beide Motive gibt es in Tirol nicht. Dennoch demonstriert auch dort die ÖVP eine klare Vorliebe für Grün. Manche führen das auf die Tatsache zurück, dass sich soziologisch neben der ÖVP keine Partei so sehr aus den gleichen bürgerlichen Wählerschichten rekrutiert wie die Grünen. Themen wie Umweltschutz oder Korruptionsbekämpfung sind auch für schwarze wie grüne Wähler wichtig. Und beim Korruptionsthema stehen die noch nie in der Bundesregierung gewesenen Grünen zweifellos mit den saubersten Händen da. Wenngleich es schon auffällt, dass die Grünen in Wien keine einzige der dortigen Bestechungssauereien gestoppt haben. Was dort nicht nur ihre Hände sehr rasch sehr schmutzig gemacht hat.
Aber außerhalb von Wien sind die Grünen in den meisten Bundesländern ein recht gemäßigter Haufen geworden. Fast nirgendwo trifft man so stark auf ihren in Wien so beklemmenden radikalen Feminismus/Schwulismus/Anti-Auto-Fahrradismus. Das führt auch dazu, dass Meinungsforscher in allen Ländern außer Wien einen Aufschwung der Grünen orten. Freilich sollte man nüchtern festhalten, dass bisher die Grünen nur in Salzburg und Kärnten auch echte Wahlerfolge erzielt haben.
Die Bundes-ÖVP wird diese derzeit ganz einseitige Festlegung ihrer Landesparteien auf die Grünen freilich noch bitter bereuen. Denn damit wird vielen Bürgerlichen die Scheu vor den Grünen ausgetrieben. Wenn sogar die Volkspartei heute mit den Grünen kuschelt, dann können diese ja nicht so schlimm sein, empfinden viele. Daher vergessen sie auf die extremistischen, radikalmarxistischen und gewalttätigen Wurzeln der Grünen, auf deren Aversionen gegen Kirche, Familie und Marktwirtschaft, auf ihren exzessiven Hang zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, auf ihre Regulierungswut von der Glühbirne bis zur Zwangseinheitsschule, auf ihre Schuld am katastrophalen Zustand der Universitäten (ohne Gebühren und funktionierende Zugangsregelungen).
Zweifellos hat schon Wolfgang Schüssel 2002 den großen strategischen Fehler begangen, in den Grünen einen möglichen Koalitionspartner zu sehen. Aber während Schüssel in den Grünen wenigstens nur eine von drei gleichberechtigt möglichen Alternativen gesehen hat, gibt es heute eine völlig einseitige Festlegung weiter Teile der ÖVP auf die Grünen.
Das ließe sich nur dann als richtig verteidigen, wenn diese die einzige denkbare Alternative zum lähmenden Bündnis mit der SPÖ wären. Die Grünen sind aber weder die einzige noch überhaupt eine Alternative. Denn sie werden mit Sicherheit bei den Nationalratswahlen – die ja von den großen Bundesländern dominiert werden und nicht von Salzburger und Kärntner Untersuchungsausschüssen – weit hinter der FPÖ landen. Diese Prophezeiung gilt trotz des katastrophalen Zustands, in dem sich die FPÖ derzeit befindet. Schwarz und Grün werden nie und nimmer eine gemeinsame Mehrheit erreichen. Das geht sich höchstwahrscheinlich auch für Rot-Grün nicht aus, die Herzensvariante der beiden Linksparteien.
Eine strategisch denkende ÖVP würde auch bedenken, dass die Bereitschaft der Grünen zu regionalen Bündnissen mit ihr einzig und allein Folge der Wahlarithmetik ist. Sobald es sich nämlich anders ausgeht, ist Grün hundertprozentig im roten Bett zu finden. Das haben ja Rot wie Grün auch schon eindeutig klar gemacht. Das zeigt sich insbesondere in Deutschland (dessen politische Trends in Österreich regelmäßig nachgemacht werden): Dort treten Rot und Grün in so inniger Umarmung zu den Bundestagswahlen an, dass man sie fast schon als Einheitspartei empfindet. Deshalb hält die CDU auch meilenweit Distanz von den Grünen.
Im Gegensatz zur CDU macht sich die ÖVP eigenhändig alternativlos. Das ist politstrategisch das Dümmste, was man machen kann. Sie signalisiert ganz Österreich, dass sie nach der Wahl keine andere Alternative sieht, als wieder ins Koalitionsbett mit der SPÖ zu steigen. Das aber ist für viele Wähler ein absolutes Schreckgespenst. Damit vertreibt die ÖVP erst recht potenzielle Schwarzwähler, nämlich alle jene, die sagen: Alles lieber als noch einmal indirekt fünf Jahre Faymann zu wählen.
Sollten jetzt manche Bundes-Schwarze sagen: „Die Grüntändelei machen ja nicht wir, sondern die autonomen Landesparteien“, dann ist das erstens ein eklatantes Zeichen von Führungsschwäche eines Bundesparteiobmanns; dann zeigt das zweitens ja dennoch, wie die bürgerlichen Funktionäre ticken, die ja dann auch die Entscheidungsgremien der Bundes-ÖVP bilden werden.
Ernster zu nehmen sind hingegen die schwarzen Klagen, dass durch das Auftreten von Stronach und die Krise von H.C. Strache die Mehrheit rechts der Mitte derzeit wohl nur durch eine Dreierkoalition aktiviert werden kann. Das würde das Regieren in schweren Zeiten nicht gerade einfacher machen.
Und zweifellos ist auch zuzugeben: Sowohl Stronach wie Strache vermitteln nicht viel Hoffnung auf Regierungsfähigkeit, etwa auch im Sinn des erfolgreichen Wendejahres 2000.
Stronach sammelt zwar viele der Stimmen, die eine wirtschaftsliberale Wende wollen – aber je länger der Austrokanadier im Scheinwerferlicht steht, umso klarer wird: seine Ideen klingen zwar gut, aber gut ausgearbeitet ist leider keine einzige. Und vor allem agiert Stronach trotz seiner limitierten physischen, (als Steuerausländer) präsenzmäßigen und auch wissensmäßigen Fähigkeiten so diktatorisch, dass er noch keinen einzigen Fachmann ins Boot bekommen hat, der es länger mit ihm aushielte; auch der zeitweise mitgefahrene Westbahn-Gründer Wehinger hat sich schon wieder wohlweislich ausgekuppelt. Wie will dieses Trüpplein mitregieren können, fragen sich da viele, die eigentlich Sympathien für Stronachs Schlagworte haben.
Und bei der FPÖ ist es nicht viel anders: Da hat sich im Schatten des Parteiobmannes kein einziger Bereichssprecher profilieren können (genauer gesagt: der einzige, der es konnte, wird jetzt Ombudsmann). Man braucht sehr viel Phantasie, um sich vorstellen zu können, dass man mit dieser Partei eine vernünftige Wirtschafts-, Währungs- oder Europapolitik macht. Die Strache-FPÖ hat es nie geschafft, ihren emotionalen Ansatz auch nur irgendwie in substanzielle Politik zu verwandeln. Mit ihren – wichtigen, weil von der ÖVP immer wieder vergessenen – konservativen Akzenten alleine kann sie diese Felder nicht abdecken. Offenbar spüren die Blauen selber ihre Defizite und drängen deshalb nicht sonderlich heftig zu Regierungsbeteiligungen. Die FPÖ ist weltweit fast eine Rarität: Sie ist eine Oppositionspartei, die ständig das Opponieren dem Regieren vorzuziehen scheint. Seit ihr Traum, einmal Nummer eins zu werden, geplatzt ist, gibt es dort keine Strategien mehr.
Trotz all dem zuletzt Gesagten bleibt es aber für die Schwarzen dennoch ein absoluter Fehler, nicht viel intensiver auch über die Varianten Strache und Stronach nachzudenken, diese zumindest im Spiel zu halten und vertrauliche Drähte in diese Richtung zu legen. Vor allem, wenn die einzige realistische Alternative in einem Bündnis mit Rot unter einem Werner Faymann besteht. Es zeigt den Verlust jedes eigenständigen (historischen oder semantischen) Denkens der ÖVP jenseits der grünen Medienmafia, wenn auch schwarze Politiker wegen der bloßen Verwendung des Wortes „Umvolkung“ durch einen Freiheitlichen den von den Linken verordneten Schaum vor dem Mund bekommen (demnächst werden ja wohl auch die Worte „Autobahn“ oder „Volkswagen“ als Naziworte mit Todesstrafe belegt, und die ÖVP wird den linken Sprachterroristen auch dabei noch nachtaumeln).
Aber wahrscheinlich sind ja die Schwarzen schon längst in einem Zustand, wo jedes Nachdenken zu viel verlangt ist. Und andere Alternativen für Österreich gibt’s derzeit ja noch immer nicht.
Am gleichen Tag, da in Deutschland der alleine schon wegen des Streits um die Medien-Zulassung und die ersten Befangenheits-Anträge aufseherregende Prozess wegen der neonazistischen NSU-Mordserie begonnen hat, fand auch in Zürich ein Prozess statt. Und der erinnert erschreckend deutlich an die Nazi-„Justiz“, aber auch an die ähnlich grauslichen Schauprozesse der osteuropäischen Kommunisten. Beide Regime haben nicht konforme Journalisten brutal angeklagt.
Nur war es (noch?) kein echter Prozess. Sondern man führte auf einer Bühne das durch, was die linke Schickeria auch in Wirklichkeit wohl gerne täte: Man machte gegen die konservative Schweizer „Weltwoche“ einen Schauprozess. Es war aber wohlgemerkt nicht ein solcher nach einer literarischen Vorlage, sondern einer mit echten Zeugen. Fast 15 Stunden lang wurde dabei unter dem Gejohle der Zuschauer gegen das Blatt gehetzt, unter anderem weil es massiven Sozialmissbrauch in der linken Züricher Stadtverwaltung aufgedeckt hatte. Besonders beschämend: als Ankläger fungierte ein Österreicher, ein bei Standard, Falter, ORF & Co sehr beliebter Herr Misik. Fehler der Inszenierung: Die Geschworenen waren ideologisch nicht mit von der Partie, sondern normale – fast hätte ich gesagt: anständige – Schweizer Bürger. Sie sprachen das Blatt am Schluss zum Missfallen der Zuschauer „frei“. Die Veranstaltung ist ein zutiefst beschämender Tiefpunkt eines fast zur Gänze von (in diesem Fall: Schweizer) Steuergeldern lebenden Theaters und von sogenannten Journalisten wie Künstlern. Beim nächsten Mal zünden sie wohl auch noch Scheiterhaufen an, um ihre Verbrennung unerwünschter Schriften noch realistischer zu machen. Ein widerlicher Haufen.
PS.: Ein Gegenzeichen gegen die Gesinnungsterroristen setzt man ganz einfach: Man kauft das Blatt (mit dem ich nichts zu tun habe, das ich aber schätze und als mutig wie korrekt kennengelernt habe).
Wer als Europäer in diesen Tagen in Israel ist, wird vielleicht über eine scheinbar völlig periphäre Beobachtung am meisten verblüfft sein: Bei den diversen Fußballübertragungen der Champions-League freute sich mindestens die Hälfte der zahllosen jungen Menschen vor den öffentlichen Fernsehern lautstark über die deutschen Tore (andere gab es ja kaum). Das heißt zumindest: Deutschland ist für sie nicht mehr automatisch das böse Feindesland aus lauter Tätern, für das man keine Sympathien haben kann.
Das zeigt aber auch: Die Israelis leben in der Gegenwart und Zukunft. Die Katastrophe des Holocaust ist für die Jungen Vergangenheit, fast gleich weit weg wie die Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die alten Römer (an die im heutigen Israel von Staat und Glauben durchaus auch oft erinnert wird). Gegenwarts- und Zukunftsorientierung aber heißen nicht nur Fußballfreude, sondern auch: Leben mit Terrorismus, mit Fanatismus und Kriegsgefahr rundum – aber auch heftiger Zwist über die eigene Zukunft Israels.
Die Summe dieser Gefahren geht auch Europa unmittelbar an – wenngleich dieses wie immer alles Unangenehme verdrängt. Ganze Bücher lassen sich mit einer Analyse der Lage des heutigen Israel füllen. Dennoch kann keines eine problemlose und für alle Seiten positive Lösung des Nahostproblems anbieten. Da tut eine total subjektive und wenn man so will anekdotische Annäherung an den Konflikt und seine Zerlegung in einige – keineswegs umfassende – Einzelbeobachtungen vielleicht gut.
Fast jede solcher Beobachtungen ist eine der Diskrepanzen. Eine davon ist in diesen Tagen die Gleichzeitigkeit heftiger israelischer Luftangriffe auf Syrien mit dem – anscheinend oder scheinbar – friedlichen Nebeneinander von Moslems und Juden in Israel wie auch auf der Westbank. Trotz der Luftangriffe vermeidet Israel zugleich erstaunlicherweise alles, um im Konflikt irgendwie Partei zu ergreifen, denn man weiß eigentlich selbst nicht, ob der Iran-Alliierte Assad oder die stark fundamentalistisch geprägten Gegner die Gefährlicheren sind.
Zu diesem Nebeneinander kommen noch die Christen, in diesen Tagen besonders zahlreich. Sie reichen von den Scharen amerikanischer Baptisten, die zur Volltaufe im Jordan Schlange stehen, bis zu den insbesondere rund um das soeben stattgefundene orthodoxe Osterfest unüberschaubaren Massen aus Osteuropa. Nirgendwo mischen sich Weltreligionen mit derartiger Intensität und Glaubenskraft und erwecken den Eindruck, den von allen propagierten Frieden zwar ernst zu meinen – aber zugleich die anderen Religionen eigentlich nicht zur Kenntnis zu nehmen (es sei denn, man ist Fremdenführer oder Souvenirverkäufer).
In den Straßen Israels mischen sich jedenfalls die sonstigen Todfeinde offenbar problemlos. Da gehen streng moslemisch gekleidete Frauen und ihre Männer ebenso wie liberale oder orthodoxe Juden, ohne dass man merken würde, dass hier die explosivste Konfliktfront der Welt auf Tuchfühlung geht. Problemlos toleriert Israel auch antiisraelische Plakate der palästinensischen Kommunisten oder großformatige islamische Warnungen an alle Ungläubigen, dass sie in die Hölle kämen. Auch wenn davon viel nur Oberfläche sein mag: In Israel findet man jedenfalls Toleranz wie nur in einer kleinen Minderheit der Staatengemeinschaft (ich würde jedenfalls niemandem empfehlen, in irgendeinem moslemischen Staat Warnungen vor dem Islam zu plakatieren).
Und dennoch spürt man da und dort die darunterliegende Spannung. Die zeigt sich etwa an Sicherheitskontrollen am Eingang zu Kaufhäusern. Die zeigt sich etwa an der hässlichen Betonmauer, die Israel zu seinem Schutz von Nord bis Süd errichtet hat. Zwar kann man sie nach meist eher harmlosen Kontrollen passieren. Aber auf der anderen Seite dominieren plötzlich Auto-Nummernschilder, von denen man in Israel zuvor kein einziges gesehen hat. Im Westen gibt es nur „gelbe“ Tafeln, im Osten fast nur weiße. Araber dürfen aus Sicherheitsgründen nie mit Autos nach Israel kommen. Alleine dies zeigt, dass hier zwei weit voneinander entfernte Welten nebeneinanderliegen.
Unerquicklich? Gewiss. Aber zugleich muss man wissen: Seit die Mauer steht – freilich nicht entlang der früheren israelischen Grenze, sondern zum Teil tief auf dem Gebiet der Westbank –, hat es in Israel fast keinen der früher so häufigen Terroranschläge gegeben. Man fühlt sich beim Flanieren in Straßen Jerusalems oder anderer Städte heute mindestens so sicher wie bei einem Marathon in Boston. Würden da nicht bisweilen einige junge Männer mit einer automatischen Waffe am Nebentisch sitzen – Soldaten beim abendlichen Ausgang – und würde man nicht Zeitung lesen, könnte man fast vergessen, in der explosivsten Region der Welt zu sein.
Die nahöstlichen Realitäten zeigen sich auch an ganz anderen Stellen: etwa an den Geburtenzahlen. Aus dem altgewordenen Europa kommend, stößt man in Israel auf ein blutjunges Land. Zahlreiche Kinder zu kriegen ist für ein Volk, dessen Auslöschung vor 70 Jahren beschlossene Sache gewesen ist, eine natürliche Selbstverständlichkeit, ja eine nationale Pflicht, jedenfalls eine Strategie der Selbsterhaltung. Das zeigen auch die Zahlen: Die Österreicher sind heute im Durchschnitt 43 Jahre alt, die Israelis hingegen 29.
Alles klar? Nicht ganz, denn Jugend allein wird Israel nicht retten. Ist doch die arabische Umgebung ebenso jung wie Israel oder sogar noch viel jünger. Demographisch kann Israel im Konflikt mit seiner bedrohlichen Umgebung also nur mithalten, nicht die Überhand gewinnen.
Und noch ein Einwand: Die kinderreichste und damit am schnellsten wachsende Gruppe in Israel sind die Orthodoxen. Bei ihnen hat – im Schnitt! – jede Familie über sieben Kinder. Aber gerade die Söhne der Orthodoxen absolvieren in der Regel nicht den für israel überlebenswichtigen Militärdienst. Denn Thora-Studenten sind von diesem befreit. Streng orthodox zu sein, heißt nämlich im Grund, sich ganz dem Studium der heiligen Schriften zu widmen. Damit ist fast jeder junge Orthodoxe ein Thora-Student.
Das wird aber langsam für die Mitbürger untragbar; denn schon zehn Prozent der israelischen Jugendlichen entkommen solcherart dem Militär. Was die anderen hörbar erzürnt. Die Politik versucht zwar zunehmend intensiver, das zu ändern, hat es aber bisher nicht geschafft. Dazu ist die Parteienlandschaft zu zerstritten. Dazu sind die Stimmen der Orthodoxen an der Wahlurne schon viel zu gewichtig.
Ähnlich ist es mit dem Stimmgewicht der nationalistischen Siedler. Sie leben auf der palästinensischen Westbank in mit Stacheldraht umgebenen Siedlungen, meist nachdem sie das Land Arabern abgekauft haben. Sie sind wohl das härteste Problem am Weg zu einer friedlichen Lösung. Längst ist es politisch absolut undenkbar geworden, dass Israel einen Abriss der Siedlungen akzeptieren würde. Selbst ein Stopp des weiteren Ausbaus ist von Israel immer nur kurzfristig zugestanden worden.
Auch der oft vorgeschlagene Gebietstausch ist nur auf dem Papier ein tauglicher Kompromiss. Denn abgesehen davon, dass Israel auf Dauer die Jordangrenze zu Jordanien kontrollieren will, bliebe dann für die Palästinenser nur ein Fleckerlteppich, der eher die Karikatur eines Staates wäre.
Im Grund ist es völlig klar: Viele Israelis sind auf die Westbank gekommen, um zu bleiben und am Ende die ganze Westbank unter Kontrolle zu bekommen. Die dortigen Araber sind aber keinesfalls willens zu gehen.
Das ist eine unlösbare Differenz. Damit ist aber der Hypotheken auf der Zukunft des (allzu vielen Religionen) Heiligen Landes noch lange kein Ende.
Aus vielen solchen Aspekten formt sich die in den letzten Jahren stark gewachsene israelische Überzeugung: Mit diesen Arabern ist ohnedies ein verlässlicher Friede undenkbar; Konzessionen bringen nichts; wir können nur mit der eigenen, also vor allem militärischer Stärke überleben.
Aus diesem Grund hat Israel auch die jüngsten arabischen Vorschläge eines Gebietstausches mit den Westbank-Palästinensern abgelehnt. Das schafft insbesondere in Europa Enttäuschung. Freilich haben die Israelis ein starkes Argument für ihre Ablehnung: solange die Gegenseite nicht den Judenstaat als solchen anerkennt, gibt es keinen Grund zu eigenen Konzessionen. Die Gegenseite ist aber emotional noch in den 40er Jahren und sieht eigentlich keinen Grund, dass in lange rein islamisch kontrollierten Gebieten nun ein Judenstaat besteht.
Für die Israelis inzwischen viel wichtiger als die Emotionen der Araber sind ihre erstaunlichen Fortschritte im Energiesektor: Denn gewaltige Gasfunde vor der israelischen Küste sind dabei, das von seiner Nachbarschaft isolierte Land energiemäßig autark zu machen. Und Energie und Wasser sind ja die beiden entscheidenden Rohstoffe für fast jedes Land.
Zugleich ist man immer wieder beeindruckt über die emotionale Stärke des „Nie wieder!“ unter den Israelis. Zwar ist natürlich auch der Holocaust ein Teil des „Nie wieder!“, aber für den Mitteleuropäer ist es schon sehr erstaunlich, dass ebenso auch die gesamte Geschichte der Juden emotional präsent und von diesem "Nie wieder!" getragen ist. So werden israelische Soldaten gerne auf der (eigentlich in der Westbank liegenden) Bergfestung Masada angelobt, wo im ersten Jahrhundert rund Tausend Juden monatelang den anstürmenden römischen Legionen als letzter Rest des alten jüdischen Volkes standhielten, bis sie sich schließlich in den Freitod flüchteten, nachdem ihre militärische Lage unhaltbar geworden war. Nur wer den darauf Bezug nehmenden Ruf „Masada darf nie wieder fallen!“ versteht, versteht die heutige Identität Israels.
Insgeheim fragt man sich, wie viele europäische Politiker verstehen Israel wirklich ganz (soweit irgendein Volk überhaupt „ganz“ zu verstehen ist)? Denn auf Schritt und Tritt wird einem im Nahen Osten klar: Eigentlich zählt Europa im Nahen Osten nichts. Höchstens Deutschland, Großbritannien und Frankreich werden von Israelis und Arabern registriert, die angeblich gemeinsame EU-Außenpolitik und die restlichen EU-Länder sind ebensolche Marginalien wie etwa auch die UNO.
Mitzureden hat nur, wer auch spürbare militärische Relevanz hat. Und die haben am Ende einzig und allein die Amerikaner und der eigene Kampfeswillen. Gute oder schlechte Ezzes aus Europa hingegen haben ungefähr den Wert des Salzes aus dem Toten Meer, also vom tiefsten und daher versalzensten Punkt der Erdoberfläche, der sich bezeichnenderweise zwischen Israel und der arabischen Welt befindet.
Europa hat in dem Konflikt, der für seinen Frieden zweifellos der weitaus gefährlichste ist, praktisch nichts mitzureden. Eine ernüchternde Bilanz.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Es ist eines der ältesten Sprichwörter und voller Weisheit: Wer nicht hören will, muss fühlen. Das gilt in der Erziehung, wie ein anderes Sprichwort zeigt, nämlich jenes vom gebrannten Kind. Das gilt auch in der österreichischen Politik. Wie oft ist sie gewarnt worden, dass Erhöhungen von Abgaben und Steuern schlecht, gefährlich und kontraproduktiv sind. Und wie oft hat sie dennoch erhöht.
Politiker glauben trotz der höchsten Abgabenquote der Menschheitsgeschichte immer noch, dass ihnen irgendwelche neue Einnahmequellen unpopuläre und unbequeme Sparmaßnahmen ersparen könnten. Sie suchen daher ständig weitere Quellen – sind aber dann Monate oder Jahre später jedes Mal ganz erstaunt über die katastrophalen negativen Auswirkungen.
Da gab es in den letzten zwei Jahren exorbitante Gebührenerhöhungen in Wien. Und jetzt wundern sich alle, dass die Mietkosten – aus denen ja die meisten dieser Gebühren letztlich bezahlt werden – exorbitant gestiegen sind.
Da wurde die Flugticketsteuer eingeführt. Da kassiert der Flughafen Schwechat überhöhte Gebühren, um Einnahmen für die Bundesländer Wien und Niederösterreich zu generieren (und Misswirtschaft zu finanzieren). Jetzt wundern sich alle, dass die Passagierzahlen in Wien deutlich zurückgehen. Und dass Billigfluglinien nach Pressburg ausweichen. Dazu kommt, dass die europäische Umwelthysterie und die Gewerkschaften alle europäischen Fluglinien mit exorbitanten Forderungen in den Konkurs oder an dessen Rand getrieben haben, weshalb immer mehr nichteuropäische Gesellschaften die Lüfte und die Flughäfen dominieren.
Da wurden in Europa die Abgaben auf Strombezug empfindlich erhöht, um Windkraft- und Solarlobby bedienen zu können, die sich ja als die ökologisch Guten aufspielen. Jetzt aber wundern sich alle, dass neue Industriearbeitsplätze in den USA, in Asien, in Lateinamerika entstehen, aber fast nirgendwo in Europa. Und man wundert sich überdies, dass zugleich die Versorgungssicherheit immer geringer wird und immer mehr ungesunde Kohle denn je in Strom verwandelt werden muss, weil es weder Wind noch Sonne kontinuierlich gibt. Und weil alle anderen Energiequellen tabuisiert sind.
Da wurde in Österreich eine Kursgewinnsteuer eingeführt. Und jetzt wundern sich alle, dass die Wiener Börse dramatische Umsatzrückgänge erleidet und nun wahrscheinlich an Warschau verkauft werden wird.
Da soll nun in elf Ländern eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden. Und schon jetzt werden ringsum katastrophale Folgen sichtbar. Je mehr man in die Details einer noch gar nicht ausformulierten Regelung kommt, umso schreckensbleicher werden die Gesichter auch im Wiener Finanzministerium. Italien will sogar all seine Staatsanleihen wieder herausnehmen, damit das Land Chancen auf eine Stabilisierung hat. Und anderswo werden schon haufenweise Klagen gegen die Steuer vorbereitet.
Wird die Politik jemals vernünftig, um zu begreifen, dass sie mit ihrer Gier längst jeden Rahmen überzogen hat?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Salzburg ist ja doch ein zutiefst bürgerliches Bundesland. Das Landtagswahlergebnis hat es klar bestätigt: Die SPÖ hatte dort nur mit Gabi Burgstaller eine Chance gehabt, der bürgerlichsten aller sozialdemokratischen Spitzenpolitiker der letzten Jahrzehnte. Als sie jedoch durch das Versagen ihres Finanzreferenten (und Wunschnachfolgers!) demoliert war, blieb von der SPÖ nach dem Verlust von 16 Prozentpunkten (das sind deutlich mehr als 40 Prozent ihrer Wähler!) kaum mehr etwas übrig. In diesem Licht ist auch der Grün-Erfolg ein wenig zu relativieren. Das Ergebnis ist aber ebenso für alle anderen Parteien mehr als signifikant – und für Medien wie Meinungsforscher erst recht.
Sämtliche Meinungsbefragungen und Medien hatten seit Wochen nämlich ein konstantes Kopf an Kopf signalisiert. Rund sechs Prozent Abstand zwischen dem Ersten und Zweiten sind aber wohl das absolute Gegenteil eines Kopf-an-Kopf. Sagen die Menschen bei Umfragen immer weniger die Wahrheit? Haben die Meinungsforscher einen linken Bias? Oder hat gar in den allerletzten Stunden irgendein – mir freilich unbekannt gebliebenes – Ereignis diese Wende ausgelöst? Jeder möge jener Theorie anhängen, die ihm am sympathischsten ist. Beweisbar ist keine. Ganz sicher ist nur, dass da kein handwerklicher Rechenfehler dahintergelegen ist.
Wenn die ÖVP nun jubelt, dann ist das natürlich der Rückeroberung eines Landeshauptmann-Postens zu verdanken. Letztlich hat sich der kühne Sprung ins kalte Wasser vorzeitiger Wahlen, vor dem sie sich zeitweise selber fürchtete, doch gelohnt.
Jedoch: Unter allen sonstigen Umständen ist der Verlust von sieben Prozentpunkten eine ausgewachsene Katastrophe. Aber andererseits sind parteipolitische Wechsel von Landeshauptleuten in Österreich so selten, dass die Schwarzen schon ein wenig Grund zum Feiern haben. Denn Landeshauptleute können kaum echte Fehler machen (hat man bis Salzburg geglaubt), sind sie doch fast nur für die Sonnenseite der Politik zuständig. Alles Unangenehme muss hingegen der Bund – oder die EU – verantworten.
Die ÖVP sollte sich nur im Klaren sein: Sie feiert jetzt nach Niederösterreich, Kärnten und Tirol zum vierten Mal binnen kürzestem ein deutliches Minus bei Landtagswahlen als Supererfolg. Das ist nun doch ein wenig realitätsfremd. Und schon gar nicht ist dieses vierfache Minus imstande, die Volkspartei zu einem sicheren Ergebnis bei den herbstlichen Nationalratswahlen zu tragen.
Jenseits der ÖVP-Perspektive ist aber erfreulich, dass mit Wilfried Haslauer wirklich wieder einmal ein trockener Sachpolitiker gewinnen konnte, der noch dazu große Kompetenz ausstrahlt. Ob Michael Spindelegger in diesem Kielwasser fahren kann? Gegen die Demagogie eines Werner Faymann mag das nutzen – offen ist freilich, ob Spindelegger auch die Kompetenzanmutung eines Haslauer erringen kann.
Die Grünen sind nach Kärnten zum zweiten Mal die großen Sieger. Kein Zweifel: Sie haben diesen Erfolg zwei Faktoren zu verdanken: Sie sind gemäßigte Grüne, also ganz anders als die feministische Radfahrer-Fraktion aus Schickeria-Beisln in Wien; und die Großparteien haben ihnen da wie dort den Ball zur Verwandlung eines Elfmeters geradezu aufgelegt: Denn wie in Kärnten hat man ihnen den Vorsitz in einem wichtigen Untersuchungsausschuss überlassen, mit dem sie ganz offensichtlich gut punkten konnten (Im Nationalrat war ihnen das ja nicht geglückt).
Die Freiheitlichen können ein wenig auftatmen: Sie haben nach etlichen Niederlagen nun doch wieder einmal einen spürbaren, wenn auch angesichts der Chancen keineswegs sensationellen Erfolg erzielt. Sie haben halt kein Monopol auf die Stimmen der total Erzürnten mehr. Und sonstige Anknüpfungspunkte bieten sie seit Jörg Haider wenig. Haben sich die Menschen doch, wenn auch zähneknirschend, an die Immigration der letzten Jahre gewöhnt, die zu den meisten blauen Stimmen geführt hatte.
Für Frank Stronach ist das Ergebnis ernüchternd: Keine acht Prozent bedeutet alles andere als die große Herausforderung an die „Altparteien“. Zwar ist das Ergebnis deutlich besser als im zerstrittenen Tirol. Aber langsam spüren auch die Wähler, dass sich hinter dem Altfabrikanten so gut wie Null qualitätsvolle Menschen ansammeln. Die, die es mit ihm versuchen wollten, sind meist schon nach dem ersten Gespräch wieder entnervt abgesprungen.
Was heißt das nun für den Bund? Erstens werden die Grünen unter einer Eva Glawischnig keinesfalls so gut abschneiden wie in den letzten beiden Bundesländern. Zweitens wird die SPÖ keineswegs aufgeben, sondern jetzt erst recht ihre Kanonen mit jeder Art von Schmutz füllen – zeigt ihr doch auch die SPD vor, dass man mit dem Hochspielen von Skandalen am ehesten punkten kann (wie etwa jenem um die Beschäftigung von Verwandten in Bayern, die – obwohl rechtens – mit Erfolg zum großen Megaverbrechen hochstilisiert werden konnte). Drittens wird die FPÖ wieder mit Selbstbewusstsein antreten können – für neue Inhalte ist es aber viel zu spät. Und viertens wird man bei der Bundes-ÖVP noch warten müssen, ob sie überhaupt entdeckt, dass Wahlkampf ist. Und dass sie so wie in Niederösterreich und Salzburg viel klarere Distanz zu ihrem politischen Gegner suchen müsste, wenn sie überleben will.
Die ÖVP besinnt sich einer Kernkompetenz aus uralten Zeiten: der Familie. Das ist jedenfalls erfreulich, sind doch Investitionen in Zukunft und Kinder überhaupt die allerwichtigsten (auch wenn das Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung offenbar nicht verstehen). Diese Freude wird freilich gleich durch mehrere dicke Fragezeichen gedämpft.
Aber zuvor zum Kern der schwarzen Familienoffensive: Neben einer kleinen Erhöhung der Familienbeihilfe soll es erstmals wieder spürbare Steuerbegünstigungen für Eltern geben. Diese waren ja unter Bruno Kreisky abgeschafft worden – was wohl neben anderen Faktoren auslösend für den steilen Geburtenrückgang nach seinem Amtsantritt gewesen ist. VP-Boss Spindelegger will nun Vätern wie Müttern jeweils 3500 Euro pro Kind jährlich als Abschreibposten zugutekommen lassen, also zusammen 7000 Euro. Besonders positiv ist, dass dieser Freibetrag pro kind gewährt werden soll.
Keineswegs zu kritisieren ist auch der von der Linken sofort gegeißelte Umstand, dass von den schwarzen Plänen primär Besserverdienende profitieren würden. Naturgemäß haben ja von Abschreibmöglichkeiten nur jene etwas, die überhaupt Einkommensteuer zahlen. Aber genau um die muss es in einer funktionierenden Familienstrategie ja gehen.
Denn gerade in diesen Schichten zeigt sich seit längerem eine signifikante Geburtenverweigerung, während die Zuwanderer in den untersten Einkommensschichten viele Kinder haben. Zugleich beweisen alle Studien, dass primär die Kinder der studiert Habenden auch die Leistungsträger der Zukunft sind. Und wenn 40 Prozent der akademisch gebildeten Frauen keine Kinder mehr bekommen, gibt es in der Tat großen und dringenden Handlungsbedarf, wenn Österreich zumindest auf dem gegenwärtigen Niveau überleben will.
Es war zu erwarten, dass Rot und Grün das sofort ablehnen. Die SPÖ sieht ohnedies nur noch in Unterschichten, Gemeindebeamten und Zuwanderern ihre eigene Rettung. Die Grünen werden zwar eigentlich von den Bestverdienenden gewählt, aber die Vermutung ist stark, dass da viele dabei sind, die keine Kinder wollen. Aus den verschiedensten Gründen.
Der schwarze Vorstoß wird übrigens auch voll von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs getragen: Dieser hat mehrfach erklärt, dass es ungerecht und verfassungswidrig wäre, besserverdienende Eltern mit solchen aus der Unterschicht zu vergleichen. Vielmehr habe der Staat die Pflicht, für Eltern einen Ausgleich mit Beziehern des gleichen Bruttoeinkommens herzustellen.
Dem ist voll zuzustimmen. Kein Mensch vergleicht sein Familieneinkommen mit dem der türkischen Hausmeisterfamilie, sondern immer mit den in etwa gleich viel verdienenden Berufskollegen und Freunden. Da ist es einfach skandalös, wenn einige Kinder den Absturz auf das Hausmeisterniveau bedeuten.
Aber warum ist der VP-Plan dennoch mit vielen Fragezeichen zu versehen?
Erstens wird er wohl nie verwirklicht werden, weil sich die ÖVP offensichtlich entschlossen hat, es groteskerweise nochmals mit diesem Koalitionspartner zu versuchen. Und mit der SPÖ sind eben nur Projekte verwirklichbar, die in immer stärkerer Verstaatlichung der Kindererziehung und in Geld für die XYZ-Schicht bestehen.
Zweitens kommt das Projekt allzu knapp vor Wahlen auf den Tisch. Was es automatisch verdächtig macht.
Drittens hat man bei der ÖVP schon oft beobachten können, dass Projekte nach einer Pressekonferenz des Parteiobmanns rasch wieder verräumt werden.
Viertens bekommen Eltern nur dann die zweimal 3500 Euro Abschreibpauschale, wenn auch wirklich beide arbeiten gehen. Damit wird schon wieder familienfeindlicher Druck ausgeübt, der im Widerspruch zur schwarzen Parole „Wir wollen Wahlfreiheit für die Mütter“ steht. Denn für Mütter von drei oder mehr Kinder besteht zehn bis vierzehn Jahre lang keine echte Chance, arbeiten zu gehen, wenn sie sich auch ordentlich um ihre Kinder kümmern wollen. Und genau diese wenigen potenziell kinderwilligen Familien im akademischen Niveau sollten ja dringend zu mehr Kindern ermutigt werden.
Aber um diesen Schritt zu gehen, hat Spindelegger schon wieder einmal zu viel Angst vor den Feministinnen und ihren dummen Parolen (wie: „Die ÖVP schickt die Frauen wieder an den Herd“). Ein Blick nach Deutschland hätte die Volkspartei mutiger gemacht: Dort führen CDU/CSU sogar ein eigenes „Betreuungsgeld“ für daheimbleibende Mütter ein. Natürlich bekommen deswegen die linken Medien Schaum vor dem Mund. Aber der ist zu vergessen. Denn bei den Meinungsumfragen hat das Projekt den deutschen Unionsparteien nicht geschadet. Ganz im Gegenteil.
Das fünfte Fragezeichen ist überhaupt das allergrößte: Die ÖVP teilt uns leider nicht mit, wie sie das Ganze – ein Milliardenprojekt! – finanzieren will. Das aber ist eine mehr als ernste Frage in Zeiten wie diesen. Parteien mit Ideen, wie man noch mehr des nicht vorhandenen Geldes unter die Wähler bringt, gibt es nämlich mehr als genug.
Aber dazu schweigen die Schwarzen. Dabei gäbe es gerade im Familienbereich viel Geld zu holen: nämlich bei der Gratis-Sozialversicherung für all jene Frauen, die nie ein Kind bekommen haben, (also vor allem der Witwenrente). Oder die wegen eines einzigen Kindes jahrzehntelang nicht gearbeitet haben. Dieses Privileg gehört längst abgeschafft, aber niemand traut sich das.
Dabei würde das nicht nur Mut zeigen, sondern den Frauen mit null oder einem Kind signalisieren: Wenn ihr dennoch eine über die Ausgleichszulage hinausgehende Pension wollt, müsst ihr arbeiten gehen oder einzahlen. Dann gäbe es auch für die nach Frauen gierende Wirtschaft neue und gut qualifizierte Arbeitskräfte.
Das schwarze Familienprojekt zeigt damit, dass auch die ÖVP letztlich nur an den Sozialstaat glaubt und dessen unendliche Finanzierung aus dem Schlaraffenland.
Dass Nikolaus Berlakovich einer der dümmsten Minister dieser von der Spitze angefangen unintelligenten Bundesregierung ist, das ist den Österreichern längst bekannt. Aber in Sachen Bienensterben hat er sich nun selbst übertroffen.
Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, welche Pflanzenschutzmittel den Bienen ernsthaft schaden und welche nicht. Und umgekehrt welchen Schaden der Verzicht auf diese Mittel in der normalen Landwirtschaft anrichtet. Und ob man sich regional unterschiedlich arrangieren kann. Die meisten anderen Österreicher wissen das auch nicht. Da macht es ein wenig erstaunt, wie viele Politiker über Nacht zu Bienen-Experten geworden sind.
Wenn diesbezügliche Alarmmeldungen aus dem spendengierigen Eck Greenpeace/Global-2000 kommen, ist jedenfalls höchste Vorsicht am Platz. Ebenso bei Vorstößen der in den letzten Jahren ziemlich grün unterwanderten EU-Kommission. Unbestreitbar ist aber umgekehrt auch, dass die meisten Menschen so wie ich ein mehr als flaues Gefühl bekommen, wenn sie hören: „Die Bienen sterben, es gibt keinen Honig mehr.“ Gibt es doch kaum etwas Besseres und angeblich auch Gesünderes als Honig.
Freilich: Dass das Honig-Ende schon seit vielen Jahren verbreitet wird, es aber dennoch weiterhin Honig gibt, ist ebenso Tatsache, wie der Umstand, dass auch in früheren Jahrhunderten da und dort Bienenstöcke plötzlich eingegangen sind.
Vermutlich stecken auch hinter dieser Auseinandersetzung – die üblichen – Interessenkonflikte: Diesmal stehen auf der einen Seite die von den Feldern lebenden Bauern, und auf der anderen die Bienenzüchter. Beide wollen ihre Interessen möglichst weitgehend durchsetzen. Offensichtlich sind die meisten Bauern gegen das Verbot der Pflanzenschutzmittel. Und ebenso offensichtlich sind Bienen und Honig für öffentliche PR-Kampagnen gut geeignet.
Daher kann man Berlakovich auch noch verstehen, wenn er nach wissenschaftlich objektiven Studien verlangt. Kaum mehr verstehen kann man allerdings, dass es die nicht schon längst in seinem Ministerium geben sollte.
Und am allerwenigsten ist der geradezu kindische Versuch des Ministers und seiner Beamten zu verstehen, sich hinter absurden Ausreden wie Datenschutz und Amtsgeheimnis zu verstecken. Das schürt nicht nur die Vermutung, dass es ohnedies schon längst klare Untersuchungsergebnisse gibt. Das beschädigt auch die Glaubwürdigkeit der ÖVP, die (vor allem durch ihren Jungmann Sebastian Kurz) vehement für weitestgehende Transparenz aller öffentlichen Akten kämpft, während der SPÖ-Unterhändler Ostermayer die – auch von ihm versprochene – Transparenz an so viele Einschränkungen knüpfen will, dass außer der Überschrift nichts mehr übrigbleibt.
Kann aber nach dem Berlakovich-Patzer noch irgendjemand glauben, der auch von Parteiobmann Spindelegger indorsierte Kurz-Plan wäre wirklich todernst gemeint?
Damit beschädigt Berlakovich ein weiteres Mal seine eigene Partei schwer. Das hat er ja schon beim Thema der Inserate aus Steuergeld gemacht. Die skandalöse Inseratenbestechung via ÖBB und Asfinag ist ja zweifellos eine katastrophale Belastung für die Herren Ostermayer und Faymann geworden, die eigentlich in einem entwickelten Rechtsstaat zum Rücktritt der beiden führen hätte müssen. Bis sich dann herausgestellt hat, dass auch Berlakovich Ähnliches zu verantworten hat.
Seither ist der ÖVP in Sachen Inserate offensichtlich der Mund gestopft (außerdem glauben dort ein paar in ihrer Naivität ernsthaft, die weiterhin gut mir roten Steuergeld-Inseraten – insbesondere aus dem Dunstkreis des Wiener Rathauses – gefütterten Boulevardzeitungen würden sich im Wahlkampf nicht erneut als SPÖ-Lakaien verhalten). Und die Staatsanwälte sind sowieso viel zu feige und auch in fast allen Instanzen links kontrolliert, als dass sie diesen Bestechungsskandal jemals vor einen unabhängigen Richter bringen würden.
Der Scherz zum Beginn eines heiteren Wochenendes kommt diesmal von den Richtern.
Konkret stammt er von Werner Zinkl, dem Präsidenten der Richtervereinigung. Er kritisiert, dass es im Richterstand keine Möglichkeit gibt, der Arbeit teilausgelastet nachzugehen. So hell gelacht habe ich in letzter Zeit selten. Bisher konnte ich ja glauben, die Leere der Gerichte an jedem Nachmittag, an jedem Fenstertag hänge mit solchen Teilzeitbeschäftigungen zusammen. Jetzt muss ich zur Kenntnis nehmen, dass die Richter – ganz zufällig zunehmend ein weiblicher Beruf – gerade zu diesen Zeitpunkten, wo wirklich Teilzeitbeschäftigte ein verlängertes Wochenende genießen, ihre Kinder betreuen oder einkaufen, allesamt vollausgelastet daheim bei ihren Akten sitzen. Und dass dennoch die Verfahren immer länger dauern. Mein Beileid.
PS.: Die Justizministerin sollte die von ihr in Auftrag gegebene Studie ernster nehmen, nach der nur 72 Prozent der Österreicher Vertrauen in die Justiz haben. Sie und die Richtervereinigung sollten vor allem endlich handeln, ist doch die überlange Dauer von Verfahren der Hauptgrund des Misstrauens. Und die kann man mit einer Reduktion unzähliger Einspruchsmöglichkeiten und Instanzenzüge, sowie mit einer konsequenten Dienstaufsicht gegenüber behäbigen Richtern stark verkürzen.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Maria Fekter tritt gerne forsch auf. Sie liebt den Alleingang und nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Mehr als einmal hat sie dies in Schwierigkeiten gebracht. So verärgerte Fekter den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti, als sie sagte, das Land solle angesichts seiner steigenden Zinslast unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Die Aussagen sorgten für Unruhe an den Finanzmärkten. Noch gut in Erinnerung ist ihr Verhalten gegenüber dem früheren Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker, den sie blamierte, weil sie als erste in der Öffentlichkeit die Sitzungsergebnisse der Finanzminister ausplauderte. Peinlich, peinlich. Der jüngste Flop der Finanzministerin betrifft das Bankgeheimnis. Sie hat sich wider besseres Wissen in dieser Causa eingebunkert und will mit allen Mitteln den automatischen Informationsaustausch über Kontodaten ausländischer Anleger verhindern. Aus welchen Gründen ist nicht nachvollziehbar, denn das Bankgeheimnis schützt Steuerflüchtlinge vor dem Zugriff ihrer heimischen Finanzbehörden. Beim Vollzug ihrer eigenartigen Politik wählte sie eine mehr als befremdliche Vorgangsweise. So formulierte sie einen Brief mit Bedingungen für das Abrücken vom Bankgeheimnis und lancierte ihn in Medien als "Österreichs Verhandlungsmandat". Davon aber ist überhaupt keine Rede. Denn die Vorgangsweise war weder mit ihrem Parteichef Michael Spindelegger noch mit Bundeskanzler Werner Faymann abgesprochen. Zu Recht zeigte sich der Kanzler empört über den überaus schlechten Stil der Ministerin und der Vizekanzler musste sich zu einer gemeinsamen Erklärung mit dem Bundeskanzler durchringen, um Österreichs Position klar zu stellen. Statt endlich eine Steuerreform auf die Beine zu stellen oder sich um das Budgetdefizit zu kümmern, hat Madam Peinlich wieder zugeschlagen.
Andreas Unterberger
Kein Zweifel: Maria Fekter hat Fehler begangen, vor allem aus falscher Solidarität gegenüber Partei und Heimatbundesland. Dazu zählt etwa ihr Ja zu einer - total überflüssigen - Linzer Medizin-Uni (der Ärzte-Engpass wird nicht durch einen Uni-Mangel, sondern durch Spitäler und Krankenkassen verursacht, deren Honorare viele Jungmediziner ins Ausland vergraulen). Dazu zählt etwa ihr Ja zur Finanztransaktionssteuer (die am Ende Inhaber einer Lebensversicherung zahlen werden).
Maria Fekter hat aber im Vergleich zu sämtlichen(!) anderen Mitgliedern dieser Regierung und insbesondere zur knieweichen Regierungsspitze sowohl Wirtschaftsverstand wie Mut. Sie hat zahllose Male im Interesse der Steuerzahler zu populistischen Forderungen einzelner Minister und Lobbys Nein gesagt. Sie hat wenigstens zeitweise gewagt, Nein zu Europas Schuldenmacherei, Sparunwilligkeit und gierigen Griffen nach immer noch mehr Geld der Bürger zu sagen. Und sie hat auch in Sachen Bankgeheimnis Recht; denn jeder, der das EU-Recht kennt, weiß, dass dieses zwangsläufig und wider alle von der Politik derzeit ausgestreute Lügen auch für Inländer fallen wird, sobald der erste EU-Ausländer gegen diese Diskriminierung beim EuGH klagt.
Das einzige was unverständlich bleibt, ist Fekters sklavische Parteitreue. Sie wäre derzeit wohl die einzige, die glaubwürdig eine "Alternative für Österreich" bilden könnte. So wie jetzt eine ähnliche Alternative in Deutschland Furore macht. So wie einst Josef Klaus durch seinen Rücktritt als Finanzminister einer lähmenden und sparunwilligen Koalition den späteren (vorletzten) bürgerlichen Triumph eingeleitet hatte. Und so wie Wolfgang Schüssel durch seine Konsequenz gegen die reformverweigernde SPÖ den bisher (?) letzten ÖVP-Erfolg eingeleitet hat.
Geld ist so billig wie nie. Die Sparer sind so lächerlich gemacht wie nie. Und die Demokratie ist so kaputt wie nie.
Die Europäische Zentralbank hat die Zinsen noch einmal gesenkt. Gerade noch ein halbes Prozent verlangt sie. Damit hat sie noch einmal einen massiven Kniefall vor der europäischen Linken und den Schuldenländern des Südens gemacht. Die EZB behauptet, damit die Wirtschaft ankurbeln zu wollen. In Gang kommt aber nur die noch schnellere Entwertung aller Formen von Sparguthaben. Wer spart, ist blöd. Solche Maßnahmen sind der verzweifelte Versuch der Staaten, durch Inflation und Billiggeld ihre (bei der Wählerbestechung entstandene) Schuldenlast wegschmelzen zu lassen. Und die Bürger Deutschlands, Österreichs, Finnlands und der Niederlande sind die Blöden. Dabei ist die Demokratie einst im Kampf der Steuerzahler um Mitbestimmung entstanden . . .
Von Italien bis zu den Grünen wird in diesen Tagen mehr denn je nach der Devise gehandelt: Frechheit siegt – und damit die Dummheit gleich mit. Nur noch das an ein paar knappen Stimmprozenten hängende Überleben Angela Merkels steht offensichtlich dem endgültigen Ausbruch des gesamteuropäischen Wahnsinns als letztes Hindernis noch im Wege. Einige Beispiele alleine aus den jüngsten Stunden Europas, die den Triumph von Frechheit und Dummheit zeigen:
Da reist der neue italienische Regierungschef Enrico Letta durch den Kontinent, um stolz zu verkünden: „Wir haben unseren Teil gemacht.“ Mit anderen Worten: Nach unendlich langen Wahl-, Krisen- und Chaos-Monaten hat Italien jetzt zwar eine neue Regierung, noch dazu eine mit einer starken Parlamentsmehrheit. Diese denkt aber dennoch nicht daran, noch irgendwelche Reformen zu beschließen. Wie nun auch dieser Satz des neuen Premiers beweist. Nicht einmal unmittelbar nach Amtsantritt bermüht er sich, irgendeinen Handlungsbedarf zu sehen, der über die paar Monate des Mario Monti hinausgeht.
Da kritisiert die niederösterreichische Arbeiterkammer die novellierte Zukunftsvorsorge: „Im Bereich der Altersvorsorge ist kein Platz für Spekulation.“ Die AK meint damit Aktien, in die ein Teil der Zukunftsvorsorge investiert werden muss. Mit anderen Worten: Für die AK ist jede Investition üble Spekulation. Nur der immer tiefere Genossen-Griff in die Börse der Steuerzahler ist das nicht.
Da tut es den Niederösterreichern die Wiener AK an Intelligenz gleich: Sie verlangt, dass die Grundsteuer – die AK und SPÖ bekanntlich kräftig erhöhen wollen – künftig kein Teil der Betriebskosten mehr ist. Die Grundeigentümer sollen die Steuer gefälligst selber tragen. Wie sind doch die Genossen schlau und weise! Dieser Vorschlag wird nämlich mit Garantie eine Wirkung haben: Es werden noch ein paar Zehntausend Wohnungen weniger auf den Markt kommen. Denn warum sollte sich noch irgendjemand die Mühe antun, eine Wohnung zu vermieten oder gar zu bauen? Begreift das die AK nicht – oder ist es gar das, was sie eigentlich erreichen will? Weil dann alle um eine Gemeindewohnung betteln müssen.
Da zeigt die italienische Komikerpartei von Beppe Grillo, welch faschistischen Geistes sie ist. Da wurde ein Senator ausgeschlossen, weil er – ein Fernsehinterview gegeben hat. Nicht der Inhalt, sondern das Interview an sich war das Delikt. Bei der italienischen Neinsagerpartei darf nämlich nur noch der Chefkomiker mit seinen wirren Sprüchen öffentlich auftreten, alle anderen dürfen dazu nur noch nicken. Und ein erschreckend großer Teil der Italiener mag das so.
Da ist es im Parlament Venezuelas zu Handgreiflichkeiten gekommen. Wer auch immer angefangen hat, der Anlass ist unbestritten: Der Parlamentspräsident hat den Oppositionsabgeordneten einfach das Rederecht entzogen, weil sie die Regierung nicht als rechtmäßig ansehen. Das ist also die Vorstellung der lateinamerikanischen Linken von Demokratie: Wer anders denkt, soll nicht einmal reden dürfen. Und unsere Salondummköpfe, die sich bisweilen auch als Intellektuelle bezeichnen, applaudieren solchen Ländern.
Da ist in Griechenland schon wieder gestreikt worden. Vielleicht wäre es für die Medien einfacher, es nur noch zu melden, wenn dort einmal alle arbeiten sollten. Hauptsache, Resteuropa zahlt dafür.
Da kümmert sich in Österreich die grüne Hauptfrau Glawischnig keine Sekunde um finanzielle Banalitäten. Dazu zählt etwa die Antwort auf die Frage, wer für ihre Vorschläge eigentlich zahlen soll: Denn sie verlangt 1450 Euro Mindestlohn für jeden, sowie eine gleichzeitige Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Auf die goldene Uhr hat sie irgendwie vergessen. Aber das wird schon noch.
Da hat in der Sowjetunion der alte Geheimdienstler Putin nun den nächsten Schritt zurück in den Stalinismus vollzogen. Nach der Stalin-Hymne, dem Sowjetstern, den Plänen für schulischen Wehrunterricht hat er nun auch den Titel „Held der Arbeit“ wieder eingeführt. Als einer der ersten bekam diesen ausgerechnet Dirigent Waleri Gergijew. Was Gergijew sicher im Ausland bei allen Freunden der alten Sowjetunion beliebt machen wird.
Da hat in Tirol eine neue Liste unter der VP-Dissidentin Anna Hosp auf Anhieb über 9,5 Prozent geschafft und sogar die Freiheitlichen überholt. Durchaus ein stolzes Ergebnis. Jedoch sprengt sich die Liste noch vor der ersten Landtagssitzung selber in die Luft. Hosp bekommt nämlich kein Mandat. Sie hat zwar die weitaus meisten Vorzugsstimmen erhalten, aber auf Grund der Wahlarithmetik müsste jetzt irgendeiner ihrer neuen Parteifreunde zugunsten von Hosp verzichten. Jedoch denkt keiner der Nobodys daran zu verzichten. Sie brabbeln vielmehr alle etwas von „Wählerwillen“. Mit dieser Groteske steht „Vorwärts Tirol“ schon wieder ganz hinten.
Da werden die Hinweise auf frühere Untaten des grünen Promis Daniel Cohn-Bendit immer dichter. Die haben offensichtlich in erstaunlich vielen sexuellen Kontakten mit Kindern bestanden. Aber grüne Seilschaften wissen sich immer zu helfen: Wo es nur geht, ist ganz zufällig jetzt alles einschlägige Archivmaterial über Cohn-Bendit mit einer Sperre belegt worden. Das einzig Blöde: Dieses Material müsste herausgegeben werden, wenn Cohn-Bendit jemanden klagt, der ihn Kinderschänder nennt. Daher braucht man keine Sorge zu haben: Der Mann klagt mit absoluter Sicherheit nicht. Und die Grünen erregen sich weiter mit großer Lust und Empörung über zum Teil viel harmlosere Vorfälle in katholischen Heimen.
Da kommt einem auch gleich der französische Präsident Hollande in den Sinn. Der Vorkämpfer der Schwulenehe meidet jetzt öffentliche Auftritte, wo es geht. Denn viele Franzosen wagen es, dem unbeliebtesten Präsidenten aller Zeiten bei seinen Auftritten deutlich ihre Meinung zu sagen. Die keine gute ist. Dabei bereiten seine Regisseure alles so gut vor: In einem Museum haben sie sogar ein Bild verhängen lassen, das möglicherweise hinter Hollande auf den Fernsehbildern zu sehen gewesen wäre. Der Grund: Das Bild zeigt das Martyrium einer christlichen Heiligen. Jeder aufrechte Linke kann da nur sagen: Pfui! Und er versteht aus ganzem Herzen, dass Hollande nun lieber gleich seine Auftritte absagt, bevor er in die Nähe solcher Zumutungen kommt, und kritischer Bürger zusätzlich.
„Keine Geheimnisse vor dem Fiskus“. So hat der Mailänder „Corriere della Sera“ die jüngsten Beschlüsse der italienischen Regierung bezeichnet. Der Staat kann dort nun sogar drei Jahre rückwirkend Banken, Fonds und Versicherungen zwingen, jede einzelne Kontobewegung offenzulegen.
Dieser Beschluss liegt genau auf der Wellenlänge des jüngsten Richtungswechsels der österreichischen Koalition, die nun den anderen EU-Ländern kompletten Datenzugriff auf die Sparbücher einräumen will. Obwohl sie das lange noch unter striktem Verweis auf das sogar verfassungsrechtlich geschützte Bankgeheimnis klar abgelehnt hat. Daran konnte man auch die Halbwertszeit politischer Aussagen ablesen.
Nicht anders ging es in Zypern zu. Da waren über Nacht alle Sparguthaben über 100.000 Euro entgegen allen vorherigen Zusagen radikal entwertet, nachdem populistische zypriotische Politiker die viel harmlosere erste Vereinbarung vom Tisch gewischt haben. Dieser zufolge wären zwar alle Sparbuchbesitzer geschoren worden; aber jeder einzelne hätte maximal das verloren, was er in den letzten zwei oder drei Jahren an – im Vergleich zu Deutschland – überhöhten Zinsen kassiert hat.
Natürlich „garantiert“ uns auch jetzt die europäische Politik wieder, dass Zypern ein absoluter Einzelfall bleiben werde. Ebenso wie sie im Vorjahr die Besitzer europäischer Staatsanleihen entgegen allen Zusagen plötzlich – im Falle Griechenlands – radikalst enteignet hat. Und wie sich in Österreich ein Teil der Regierung noch gegen Vermögens- und Erbschaftssteuern ausspricht.
All diese Raubzüge treffen wohlgemerkt nicht nur Steuerhinterzieher, sondern jeden, der Geld gespart hat, statt es in Luxuskonsum, in Casinos, in Nachtlokalen, auf Kreuzfahrten auszugeben. Die Folgen dieser Politik werden dramatisch sein. Man wird sie etwa an den Bilanzen der Banken ablesen können, wo man erstaunt einen massiven Abfluss der Einlagen konstatieren wird.
Noch viel schlimmer ist der Vertrauensverlust in die politischen Entscheidungsträger, in die Demokratie. Wer soll denn noch einer Politikeraussage glauben oder irgendwelchen gesetzlichen Garantien? Siehe etwa das eiskalt übergangene No-Bailout-Verbot in den europäischen Verträgen.
Mindestens genauso schlimm wird aber auch die ökonomische Reaktion der Bürger sein. Denn immer mehr Menschen werden nun versuchen, ihr Geld (sei es das bei den Raubzügen übriggebliebene oder das künftig erworbene) fernab des Zugriffs der Staaten zu sichern. Das wird halbseidenen „Beratern“ einen Boom verschaffen, das wird Gold- und Immobilienpreise in die Höhe treiben, das wird Menschen mit schweren Koffern in Flugzeuge Richtung Ostasien einsteigen lassen. Es werden sich absolut neue Finanzstrukturen entwickeln. Und sie werden das in bedrohlich großem Ausmaß außerhalb der etablierten und seriösen Strukturen der Banken- und Börsenwelt tun.
Das alles wird extrem gefährlich und niemand kann mehr sagen, was dadurch ausgelöst wird.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Gewiss: Einige Jahre nach Beginn einer großen Krise ist es leichter, gescheiter zu sein als bei deren plötzlichem und scheinbar überraschendem Ausbruch. Dennoch ist es recht erstaunlich, dass Europas Staaten selbst heute viele Fehler noch immer nicht klar sehen oder eingestehen wollen, die sie in den letzten Jahren begangen haben. Und die hellsichtige Ökonomen schon von Anfang an kritisiert haben. Heute zeigen sich die europäischen Fehler insbesondere im Vergleich zu den USA aber noch viel deutlicher (auch wenn deren Währungspolitik bis heute keineswegs vorbildlich ist und noch viel mehr falsch macht als Europa).
Einer der offenkundigen, aber von keiner Regierung zugegebenen Fehler war es, dass in Europa zum Unterschied von den USA Hunderte konkursreife Banken gerettet wurden, statt sie den Bach hinuntergehen zu lassen. Die USA haben hingegen zahlreiche Banken „abgewickelt“, wie man das Zusperren elegant nennt, und dabei lediglich die Mindestsicherung ausbezahlt. Das ist erstaunlich problemlos gegangen.
Das heißt nun gar nicht, dass das restliche Geld der Einleger weg ist. Der Geldrückfluss ist nur abhängig davon, wie viel und wie schnell es aus den Forderungen der Bank zurückfließt. Wenn ein Geldinstitut primär langfristige Darlehen vergeben hat, dann dauert der Rückfluss an die Einleger natürlich Jahre. Aber am Ende bekommen sie dann meist doch ihr Geld.
So steht auch die spektakulärste Pleite, nämlich die von Lehman & Brothers, heute in ganz anderem Licht da. Denn inzwischen ist schon sehr viel Geld an die Gläubiger der Bank zurückgeflossen. Womit sich bestätigt, dass Lehman eigentlich nur eine Liquiditätskrise, aber keineswegs eine Solvenzkrise hatte. Aber das will nun keiner zugeben, der damals moralistisch, nicht ökonomisch geurteilt hat. Dieser Vorwurf trifft übrigens auf Regierungen wie Oppositionsparteien zu.
Noch spektakulärer waren die Bankencrashs in Island. Dort überstiegen die Bilanzsummen der Geldinstitute das BIP des kleinen Landes um ein Vielfaches. Dort wurde zum Unterschied von der EU jedoch keine Bank gerettet. Und heute ist das Land schon wieder in der Aufwärtsspur, während auch ein Teil der scheinbar verlorenen Sparguthaben langsam zurückfließt.
Auf dem europäischen Kontinent wäre das sofortige Zusperren der Problembanken noch aus weiteren Gründen der einzig richtige Weg gewesen. Erstens weil die Rettung durch die anderen Staaten gegen die No-Bailout-Klausel der Verträge verstoßen hat. Und zweitens weil Europa ohnedies viel zu viele Banken hat. Damit gibt es auch zu viele Arbeitsplätze, zu viele Zweigstellen und zu hohe Kosten für die gesamte Infrastruktur.
In jeder Branche passiert es bisweilen, dass ein langanhaltendes Wachstum plötzlich ins Gegenteil umschlägt. Das ist in Wahrheit unvermeidlich, auch wenn das im Einzelfall für die Betroffenen immer überaus schmerzhaft ist. Deshalb kämpft populistische Politik immer gegen solche Strukturveränderungen. Weil die Wähler es so wollen.
Aber eine künstliche Lebensverlängerung ist im Wirtschaftsleben immer unsinnig. Historisch gesehen tritt die Notwendigkeit von Strukturveränderungen einmal in der Landwirtschaft ein (im 19. Jahrhundert hat die Mehrheit der Europäer noch als Bauern gearbeitet!), ein andermal in Form des Greislersterbens oder des Verschwindens von Dienstmännern und ein weiteres Mal beim Tod der europäischen Textilindustrie. Dafür sind viele neue Berufe – etwa rund ums Internet – entstanden, von denen man vor wenigen Jahren noch gar nicht träumen konnte.
Als Folge der zahllosen falschen Bankenrettungen werden hingegen nun weiterhin unnötige Kosten für Personal und Infrastruktur gezahlt. Oder genauer gesagt, die vergewaltigten Steuerzahler müssen diese über eine gewaltige Schuldenakkumulation finanzieren.
Auch bei den österreichischen Problembanken Hypo Alpe-Adria und Kommunalkredit wäre das Abwickeln richtig gewesen. Beide sind nämlich seit ihrer „Rettung“ zu einem schlimmen Fass ohne Boden für den Steuerzahler geworden. Besonders teuer kommt das damals beschlossene Weiterführen der HAA.
Die HAA ist trotz Konkursreife nicht zuletzt auf Verlangen der EU gerettet worden. Dass diese EU jetzt massiven Druck auf Österreich ausübt, die HAA zu verkaufen oder zuzusperren, ist daher besonders absurd. Hätte man sie gleich zugesperrt, dann wäre der Schaden nämlich viel geringer gewesen, weil man sich die seither angefallenen Infrastrukturkosten erspart hätte. Aber die EU fürchtete damals, dass ein Kollaps der HAA vor allem auf dem Balkan gefährliche Folgen haben werde, wo die Bank sehr stark engagiert ist. In Österreich hingegen hat die Bank ja nie als systemrelevant gegolten. Jedenfalls gelang es der EU damals, den damaligen österreichischen Finanzminister Pröll so heftig unter Druck zu setzen, dass er – auch auf Verlangen der übrigen Parteien – den Steuerzahler in die Pflicht nahm.
All diese falschen Reaktionen in der Finanzkrise sind aber nicht nur aus ökonomischer Ahnungslosigkeit, sondern primär aus politischen Gründen gesetzt worden. Denn so teuer die Bankenrettungen auch waren: Sie verblassen gegen die gigantischen Schulden der Staaten, die mehr als das Zehnfache der für die Banken aufgewendeten Mittel ausmachen.
Daher fürchteten die Staaten, dass sie niemand mehr finanzieren würde, wenn sie die Banken pleite gehen lassen. Das und nicht Liebe zu den Banken war das entscheidende Hauptmotiv der Rettungsaktionen.
Bei den Staaten steht aber zum Unterschied von den Banken den Schulden keine Aktivseite gegenüber. Bei ihnen gibt es höchstens die Hoffnung der Politik, noch mehr Steuern aus den Bürgern herauspressen zu können. Daher tut sie ja auch alles, um diese Absicht zu verwirklichen.
Für dieses Ziel ist übrigens die gegenwärtige Schlacht gegen das Bankgeheimnis ein wichtiges Vorspiel. Sobald diese Schlacht gewonnen ist, werden die EU-Staaten nämlich glauben, dass die Steuerzahler ohnedies keine Alternative haben und sie werden daher reihum die Steuern noch mehr erhöhen. Sie werden aber nicht begreifen, dass das ihre Wettbewerbsfähigkeit noch mehr schmälert.
Auch die weiteren politischen Motive der Bankenrettung sind verlogen. Es wurde nämlich am Beginn der Rettungsaktionen immer von vielen Politikern und Zeitungskommentatoren behauptet, es ginge dabei darum, den Euro zu retten. Daher sei die Rettung alternativlos. Das war immer ein völliger Unsinn. Sowohl der äußere wie der innere Wert einer Währung sind nicht von Rettungsaktionen abhängig, sondern von der Wettbewerbsfähigkeit eines Währungsraumes.
Noch dümmer war all das Gerede, das vor allem ab 2010 lautstark „Solidarität!“ geschrien hat, ebenso wie die Rufe, dass man doch nicht gerade bei Griechenland, dem Mutterland Europas, als erstes konsequent werden könne. Als ob nicht Griechenland heute viel eher auf dem Weg der Besserung wäre, hätte man bei ihm – und natürlich dann auch anderswo – von Anfang an klar das Prinzip „Eigenverantwortung“ angewendet (wobei die Frage „Verbleib im Euro oder Ausstieg?“ dann rein eine griechische Entscheidung gewesen wäre, die am Ende wohl zum Ausstieg geführt hätte).
Am allerdümmsten waren und sind die infamen Behauptungen, dass es bei der Eurorettung ja auch um den Frieden in Europa gehe. Was sie so alternativlos mache. Heute müssten die Regierungen, wären sie ehrlich, zugeben: Das Gegenteil ist wahr. Denn die mit schweren Auflagen durch das EU-Ausland verbundenen Rettungsaktionen haben den Hass zwischen den Europäern erst so richtig geschürt! Die einen sehen seither nur noch die bösen Deutschen und kehren uralte Weltkriegsemotionen hervor, die anderen ärgern sich, weil die Auflagen meist nicht eingehalten werden.
Österreich und die anderen europäischen Länder haben sich noch in einer anderen Hinsicht dümmer verhalten als die USA. Diese haben zwar (neben der Lizenz zum Pleitegehen) sehr wohl auch einige große Unternehmen in der Versicherungs-, Immobilienfinanzierungs- und Automobilindustrie vor dem Kollaps gerettet. Aber die US-Regierung ist in diesen Fällen immer direkt ins Eigentum eingestiegen. Sie hat damit am Tiefpunkt der Kurse, als allen Investoren das Vertrauen in die Hose gefallen war, sehr billig große Eigentumswerte erworben. Diese sind bei einem Teil der Unternehmen inzwischen sehr viel wert. Sind doch die Börsenkurse wieder schön gestiegen. Wobei weniger der nunmehrige Anstieg irrational ist als der damalige Absturz. So konnte die US-Regierung viele Aktien wieder mit großem Gewinn verkaufen. Amerika hat also dadurch gut an der Krise verdient. Und sein Defizit stammt aus den nie finanzierten Kriegen und aus den Kosten des von Barack Obama nach Amerika importierten Wohlfahrtsstaates.
Europas Regierungen haben hingegen ihre Rettungsaktionen großteils nicht über den Kauf von Aktien, sondern primär über Kredite und Haftungen fließen lassen. In Österreich wurden dafür vor allem Partizipationsscheine gewählt. Diese sind zwar an sich mit acht Prozent gut verzinst. Sie haben nur einen großen Nachteil: Die schlechten Banken können überhaupt keine Zinsen zahlen, da hilft also der gute Zinssatz nicht. Bei den heute wieder florierenden Instituten verdient die Republik hingegen mit den Partizipationsscheinen viel weniger, als sie mit Aktien verdient hätte. Die haben sich nämlich im Wert vervielfacht, bei der Erste Bank etwa vervierfacht!
In der Summe waren die letzten Jahre im Grund ein exzellenter Lehrgang in Sachen Marktwirtschaft. Sie waren freilich für die EU-Länder ein letztlich unfinanzierbar teurer Lehrgang.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das Wahlergebnis von Tirol ist nicht so überraschend, wie es auf den ersten Blick aussieht. Eigentlich ist es logisch. Und es ist weder das strahlende Verdienst von Günther Platter, noch der große Siegeszug der ÖVP.
Das Resultat ist ein erster Linie die Folge der Kannibalisierung der Parteienlandschaft. Elf Wahlwerber, vier sind nicht in den Landtag gekommen. So konnten die alteingesessenen Parteien trotz Verlusten ihre Mandatsstände halten. Wenn acht Prozent der Wählerstimmen verloren gehen, weil die gewählten Listen nicht in den Landtag einziehen können, sind die Mandate billiger – für die anderen.
Zersplitterter Protest kippt keine Mehrheiten.
Der Handlungsbedarf für alle Parlaments-Parteien ist aber angesichts der September-Bundeswahl groß.
Michael Spindelegger wird Stärke zeigen müssen: Wenn er den Kollateral-Gewinner Platter nicht auf Linie bringen kann – besonders in Sachen seiner Rot-Anbiederung bei der Gesamtschule – dann sind seine Karten im September schlechter, als sein von vornherein überzogener „Jahr der ÖVP“-Optimismus vorgibt.
Die Grünen haben einen weiteren Beweis erhalten, dass sie es nicht zu mehr als zum Umfrage-Sieger bringen. Das können sie sich auch mit ihrem marginalen Zugewinn inmitten lauter Verlierer nicht schön reden.
H.C. Strache ist von dem geplanten „Duell um den Kanzler“ so weit entfernt wie viele seiner Übertreibungen von der Realität. Seine Konkurrenz sitzt offensichtlich nicht am Ballhausplatz, sondern im reichen Angebot anderer Proteststimmen-Fischer.
Ja und die SPÖ: Bei ihr ist Alarmstimmung angesagt. Dass angesichts eines derart schwächelnden Zustands vor dem Urnengang weitere Verluste für die Kanzler-Partei möglich waren, ist überraschend. Werner Faymann sagt, er wird sich für die Nationalratswahl stärker bemühen. Das heißt wohl, dass eine noch heftigere Inseratenflut aus Steuergeld wie warmer Regen über den Boulevard ausgegossen wird. Und dass die Sudel-Kanonen des Norbert Darabos nicht mehr still stehen werden. Wenn Salzburg am nächsten Sonntag der nächste rote Dämpfer wird, dann werden wir mit einer neuen Negativ-Qualität dessen rechnen müssen, was in anderen Ländern eine politische Auseinandersetzung ist.
Bleibt die erste Pleite für Frank Stronach: Was sie wirklich heißt, werden wir erst wissen, wenn der selbst ernannte Heilsbringer Stellung nimmt. Es stimmt zwar, dass seine Listenprobleme in Tirol groß waren. Hat man je irgendwo Kandidaten erlebt, die die Wähler gebeten haben, sie nicht zu wählen? Aber auch jenseits dieser Groteske: Was sagt der Mann, der sich im Besitz der Wahrheit wähnt, zu diesem Ergebnis? Ist es vielleicht auch eine Wahrheit, dass unkritisches Kandidaten-Shopping zu wenig ist? Und hält Frank Stronachs Selbstbild die Zurückweisung durch den Wähler überhaupt aus – auch wenn diese in einer Demokratie dazu gehört?
Eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl. Aber sie hat ihre prekären Auswirkungen.
Immer öfter stößt in Europa das wirklich oder vermeintlich Notwendige mit einem anderen ehernen Grundprinzip zusammen: mit dem demokratischen. Immer öfter stößt man als Folge auf die Forderung, die Demokratie substanziell einzuschränken. Die Machthaber wollen nicht durch die Bürger gestört werden, weil diese nicht so viel Einsicht hätten wie die Politiker. Liberale sehnen die Zeiten zurück, da nur wählen durfte, wer auch Steuern zahlt. Und Linke haben seit 1968 die extrem undemokratische Praxis, Andersdenkende erst gar nicht zu Wort kommen zu lassen oder gar physisch zu verfolgen. So wie es die protonazistische Rechte in den 20er und 30er Jahren getan hatte.
Der deutsche Verteidigungsminister De Maiziere musste dieser Tage deswegen sogar nach einem halbstündigen Versuch einen Vortrag an der Berliner Humboldt-Universität abbrechen, weil Linksradikale den Gast „erfolgreich“ sabotiert haben. Und weil der dortige Rektor wie viele Professoren nicht gerade standfest reagierte.
Dass solche Extremisten nicht die Antwort auf die Krise der Demokratie sind, braucht wohl nicht weiter bewiesen zu werden. Wer Andersdenkende nicht reden lässt, ist Exponent eines neuen Faschismus. Wer sich vor Argumenten so fürchtet, dass er ihre Formulierung verhindern will, hat in Wahrheit selber sehr schlechte Argumente. Oder gar keine.
Damit ist aber die Frage nach der Zukunft der europäischen Demokratie noch keineswegs beantwortet. Denn die Krisensymptome sind ja trotzdem vorhanden. Man schaue nur auf die diversen Wahlergebnisse in Europa. Je verantwortungsloser eine Gruppe agiert, umso eher hatte sie zuletzt in den Krisenstaaten Chancen, gewählt zu werden. Damit wird es aber auch immer schwieriger, das umzusetzen, wozu sich Europa, oder konkreter: Deutschland, seit 2010 entschlossen hat, als mit Griechenland der erste EU-Staat zahlungsunfähig geworden ist: Zahlungsunfähige Staaten werden entgegen der ökonomischen Vernunft gerettet, aber zugleich werden sie mit sehr strengen Sanierungs- und Sparsamkeitsauflagen zugedeckt.
Nur: Was tut man, wenn diese Staaten zwar die Rettungsgelder begierig aufgreifen, aber nach der Reihe die hoch und heilig beschworenen Sanierungsauflagen unterlaufen?
Um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Was tun? Europas Drohungen und Forderungen werden gegenüber solch passiver Resistenz immer unglaubwürdiger. Allzu oft hat man schon gesagt: Wenn ihr dies und jenes nicht umsetzt, gibt es kein Geld von uns mehr. Es hat am Ende aber doch immer Geld gegeben, obwohl nicht umgesetzt worden ist.
Wer immer nur droht, aber seine Drohungen nie verwirklicht, wird halt am Ende nicht mehr ernst genommen. Aus dieser Falle kommt Europa nicht mehr heraus. Die ganze Union weiß jetzt: Die Euro-Länder haben lieber Billionen an Krediten und Haftungen hergegeben, statt einmal Konsequenz zu zeigen. Sie meinen, kein Land dürfe zahlungsunfähig werden.
Die Finanzakrobaten haben dabei aber eines vergessen: Europa besteht aus Demokratien und Rechtsstaaten. In einem solchen System müsste man endlich das entscheidende Schlüsselwort (wieder) entdecken. Und das heißt: Eigenverantwortung.
Wer weiß, dass er selbst ganz alleine die Folgen seines Handelns tragen muss, der handelt ganz anders. Der wirtschaftet sparsamer und verantwortungsbewusster. Nationen, die wissen, im Eventualfall die eigene Zahlungsunfähigkeit auslöffeln zu müssen, akkumulieren nicht solche gigantische Staatsverschuldungen, wie es bei uns seit 1970 passiert. Sie tolerieren kein Pensionssystem, das zum Kollaps führen muss. Sie verteilen das Geld nicht sinnlos an lauter gutmenschliche oder interessenpolitische Lobby-Organisationen. Sie geben keine leichtfertigen Einlagegarantien an alle Sparer.
Ein Staatsbankrott in Europa wäre auch sehr heilsam für die Zukunft der Demokratie. Denn erst wenn (wieder) klar ist, wie katastrophal sich ein Staatsbankrott zwangsläufig auf alle Bürger auswirkt, werden auch diese anders handeln. Sie werden dann kaum mehr ihre Stimme jenen geben, die lauten Populismus verbreiten und ohne Rücksicht auf Finanzierungsmöglichkeit versprechen: Wenn Ihr uns wählt, dann ist die Rente sicher, dann gibt es ständig und jedes Jahr von allem mehr. Und jedenfalls nie weniger.
Die Eigenverantwortung des Wählers ist jedoch völlig in Vergessenheit geraten. Fast alle Parteien haben immer nur versprochen und gefordert, aber nie auf die unvermeidlichen ökonomischen Konsequenzen hingewiesen. Da ist es besonders erschreckend, wenn die (meist noch total unreifen) Erstwähler jetzt überall als Teil ihrer politischen Erziehung in den Schulen zu hören bekommen: „Was hast du davon, wenn du die oder jene Partei wählst?“ Das „Was hast du davon“ bedeutet schlicht den Ratschlag: Wählt den, der euch die meisten Zuckerln verspricht, auch wenn sie auf Schulden angeschafft sind.
Die Eigenverantwortung des Wählers wird aber auch auf vielen anderen Gebieten völlig ignoriert. Wechseln wir etwa ins Fach Vergangenheitsbewältigung.und zu den vielen Gedenktagen rund um die nationalsozialistische Schreckensherrschaft. Da tut die extreme Rechte so, als ob nur Hitler oder höchsten ein paar Dutzend andere an der Katastrophe schuld gewesen seien. Da tut man links so, als ob alle schuld gewesen wären.
Beide Male ist jedoch die Sicht auf diese Geschichtsepoche absolut falsch. Denn beide Male wird die individuelle Verantwortung ignoriert. Da wurden jahrelang von den Geschichtsaufarbeitern absurde Debatten geführt, ob die Menschen denn um die Konzentrationslager gewusst haben. Das haben natürlich alle gewusst, sind die KZ doch auch ständiger Teil der NS-Selbstdarstellung gewesen. Ganz anders müsste die Antwort aber ausfallen, wenn das Wissen um den Bau von Gaskammern in Konzentrationslagern erforscht würde. Diesen Aspekt bemühte sich das NS-System nämlich sehr geheim zu halten.
Die Frage nach der Verantwortung für den Nationalsozialismus würde bei seriöser Vorgangsweise weder zu pauschalen Rechtfertigungen noch zu Verurteilungen führen, sondern zu der Frage, wie sich jemand damals bei demokratischen Wahlen verhalten hat. Diese hat es nämlich in Deutschland und Österreich durchaus bis 1933 gegeben. Und da wäre nun das Entscheidende, dass man heute daraus lernt, wie sehr auch problematische Wahlentscheidungen die Eigenverantwortung belasten. Wer etwa damals nationalsozialistisch oder kommunistisch gewählt hatte, wurde mitschuld daran, dass sich in Mitteleuropa kein demokratischer Rechtsstaat entwickeln hat können.
Wobei auch Zorn über Fehler der demokratischen Parteien der Mitte keine Reduktion der Schuld darstellt. Das müsste auch – um wieder in die Gegenwart zu wechseln – den vielen Italienern endlich klar werden, die sich aus dumpfer Wut einfach für einen Kabarettisten ohne jedes ernsthafte Programm entschieden haben.
Das beste Beispiel, wie positiv sich eine Kultur der bürgerlichen Verantwortung auswirkt, ist hingegen die Schweiz: Dort produziert die direkte Demokratie viel bessere inhaltliche Ergebnisse als die paternalistische Repräsentativdemokratie. Bürger handeln viel verantwortungsbewusster, wenn sie überzeugt sind, dass sie selber die Folgen tragen müssen.
Indirekt, repräsentativ gewählte Gesetzgeber agieren hingegen viel stärker opportunistisch und populistisch, weil sie die Bürger als weitgehend unfähig behandeln. Erwachsene Bürger fühlen sich als Folge auch oft wie Kinder und führen sich so auf; auch beim Wählen haben sie es dann verlernt, an die eigene Mitverantwortung zu denken.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Affäre um den Brief über das Bankgeheimnis ist eine einzige Groteske. Ein Briefentwurf, der gar nicht abgeschickt wurde, wächst sich zur Regierungskrise aus. Der Bundeskanzler schimpft im Rohrspatzen-Falsett auf die Finanzministerin, die sich von den EU-Partnern nicht einschüchtern lassen will. Ja, so kann Österreich gegenüber der EU wirklich zur Lachnummer werden. Wenn vor lauter Wahlkampf die Interessen Österreichs von der Regierung nicht vertreten werden.
Nach einem Tag wurde der Sturm im Wasserglaserl beigelegt – der Brief wird geschrieben, verbindlicher im Ton als Fekters Entwurf. Und aus den von ihr gestellten „Bedingungen“ werden harmlose „Punkte“, die inhaltlich aber gleich bleiben. Nur hat man einen Fekter-Punkt gleich unter den Tisch fallen lassen – also die Verhandlungsmasse verringert. Man gibt’s eben billiger.
Fragt sich eigentlich nur, was den Bundeskanzler-Darsteller getrieben hat, seinen medial viel beklatschten Wutanfall vor laufenden Kameras abzuliefern.
Wahrscheinlich war er wirklich wütend, weil es sich plötzlich in einer so genannten Doppelmühle fand.
Maria Fekter als einzige Schutzmantel-Donna des Bankgeheimnisses: Da ist wenig Platz daneben, den Gerechtigkeitskämpfer für Omas Sparbuch zu mimen. Das ist vor Wahlen nicht gerade angenehm. Besonders, wenn man es ohnehin nicht ernst meint.
Aber sein Foul an der Finanzministerin war in anderer Hinsicht sehr erfolgreich: Faymann hat damit die Diskussion auf völlig müßige innenpolitische Spekulationen gelenkt (Bleibt Fekter Finanzministerin? Wird sie es auch in der nächsten Regierung?). Niemand fragt nach Faymanns Performance in der EU – dem einzig wirklich relevanten Thema in diesem Zusammenhang.
Gerade beim Thema Bankgeheimnis stellen sich da nämlich einige Fragen.
Es beginnt vor mehreren Monaten mit der Information durch die Luxemburger, dass sie das Bankgeheimnis aufgeben. Faymann behielt das bei sich. Dafür gibt es nur zwei Erklärungen, die gleich niederschmetternd sind: Entweder hat er nicht verstanden, was ihm da signalisiert wurde, oder er dachte wahltaktisch voraus und sah darin Konflikt-Spielgeld – das ihm Fekter nun abzunehmen bereit ist. Kein Wunder, dass er sich ärgert.
Dass diese Schweigsamkeit Österreich geschadet hat, sagt niemand gern. Es ist aber so.
Das zweite Problem, das offenbar wird, ist Faymanns Verhalten im Kreis der europäischen Regierungschefs. Bis vor einem knappen Jahr hat er sich in seinen Meinungen an Angela Merkel festgehalten. Seit Francois Hollande im Elysée-Palast eingezogen ist, jappelt er jedoch hinter ihm her.
Und die Franzosen danken es ihm nun, indem sie sein (Leicht-)Gewicht offenlegen - mit verteilten Rollen.
Pierre Moscovici, der Mann, mit dem Alfred Gusenbauer im Jahr 2000 das Champagnerglas hob, um sich für die Sanktionen gegen Österreich zu bedanken, war der „böse Cop“ und richtete Österreich aus, dass es nicht zu blockieren habe.
Premierminister Jean-Marc Ayrault hingegen gab den „guten Cop“. Österreichs Bundeskanzler sei doch ein (Partei-)Freund. Er werde schon machen, was man von ihm verlange, da sei er ganz sicher.
David Cameron, zu Recht Maria Fekters Zielscheibe in der Steueroasen-Frage, muss sich solche Zurufe aus Paris nicht anhören.
Im Europäischen Rat sitzen die Regierungschefs ganz allein. Da müssen sie aus sich heraus Positionen vertreten, Stärke der Ideen und Überzeugungen zeigen. Die muss man freilich erst haben. Dann kann sogar ein kleines Land wie Österreich den Kurs der EU mitbestimmen – Wolfgang Schüssel hat das gezeigt.
Fehlt die politisch-intellektuelle Stärke, dann kann man im Rat nur in Bedeutungslosigkeit schwächeln. Und das bestimmt dann den Stellenwert des Landes im Konzert der Partnerstaaten.
Danke, Werner Faymann: In diesem Konzert spielen wir jetzt das Triangel.
Salzburg und Tirol wählen: Zwei in manchem ähnliche Bundesländer haben heute völlig unterschiedliche politische Voraussetzungen. Da ein Riesenskandal und zwei interessante Politiker; wozu noch eine skandalöse Schieberei bei der sogenannten „Skandalaufarbeitung“ kommt, die außer dem Tagebuch bisher noch niemandem aufgefallen ist. Dort gibt es hingegen „nur“ viele kleine Affären, dafür aber keinerlei politische Figur mit Format.
In Tirol hat der bürgerliche Wähler viele Alternativen, wenn er – verständlicherweise – Landeshauptmanndarsteller Platter zutiefst ablehnt. Man kann zwar aus der Ferne nicht alle Details wirklich bewerten (was hat es etwa wirklich mit dem Megastreit um die Agrargemeinschaften auf sich??). Aber man spürt auch auf die Distanz die unglückliche Gestalt, die Günther Platter immer wieder abgibt. Ihm zerreißt die Partei angesichts seines Führungsstils unter den Händen; auch als Bankeigentümer machten die Tiroler Schwarzen eine sehr glücklose Figur; und schon als Minister in Wien war Platter ständig mehr ein Problem als ein Ressortchef.
Aber über all das könnte man hinwegsehen, wenn Platter nicht auch noch voller Zynismus plötzlich das Gymnasium zugunsten der Gesamtschule aufzugeben verlangt hätte. Er hat zwar von Bildung und Schule keine Ahnung, wie alle seine Äußerungen beweisen, ist auch gar nicht zuständig dafür; er glaubte aber, damit sein untergehendes Schiff noch retten zu können. Er hat damit aber natürlich das Gegenteil erreicht. Viele Bildungsorientierte, Eltern wie Lehrer wandten sich daraufhin von ihm ab. Ausgerechnet in Tirol zu glauben, dass es dort viele Linke gäbe, denen man mit solchen Ideen Wähler abspenstig machen könnte, ist schon mehr als verwegen und realitätsfremd.
Dennoch hat der Mann – wenn er nicht von seinen eigenen Parteifreunden als Beitrag zur Rettung der Volkspartei rechtzeitig entsorgt wird – Chancen, sein eigener Nachfolger zu werden. Denn die anderen Parteien sind zu aufgesplittert, als dass sich eine da wohl klar profilieren wird können. Insbesondere jene rechts der Mitte (sind doch die Linken nicht vorhanden). Ein besonderes Gustostückerl sind die Stronachisten: Sie haben mit ihren Spaltungen und Streitereien im Tiroler Wahlkampf an Unfähigkeiten und Streitereien die Volkspartei sogar noch übertroffen.
In Salzburg hingegen, eine Woche später, schauen die Dinge ganz anders aus. Dort gibt es zwei klare Kandidaten für den Landeshauptmann-Job. Und einen riesigen, alles überschattenden Skandal.
Wenngleich Gabi Burgstaller wohl die sympathischste und unkonventionellste Sozialdemokratin der Republik ist, wäre ihr Verbleib im Amt ein schwerer Schaden für die gesamte Demokratie. Denn wann sonst, wenn nicht nach einem solchen gigantischen Versagen der Landeshauptfrau und ihres Lieblings-Landesrats in Finanzdingen, ist eine Partei reif für eine zwingende Abwahl? Was soll bei einem Überleben Burgstallers politische Verantwortung überhaupt noch bedeuten?
Wenn die völlig Ahnungslosigkeit der Salzburger Landesregierung über ihre eigenen Finanzen ungestraft bleiben sollte, können sich Politiker eigentlich künftig wirklich an Unfähigkeit und Falsch-Reagieren alles leisten, was sie wollen. Dann hätten jedenfalls die Wähler versagt. Auch wenn das unhöflich klingt.
Der Gipfelpunkt des Versagens ist den Salzburgern dabei noch gar nicht mitgeteilt worden: Denn Salzburg hat eine „Ithuba Capital AG“ mit der Aufarbeitung der Spekulations- und Vertuschungsaffäre beauftragt, also mit dem Abbau des Portfolios. Diese Ithuba ist aber in Wahrheit selber der Inbegriff des hässlichen Gesichts der Finanzwelt. Denn mehr als 79 Prozent der Aktien an Ithuba werden von einer „Depetris Investment Ltd.“ gehalten. Das aber ist genau jene undurchschaubare Gesellschaftsform, die derzeit insbesondere vom Wiener Finanzministerium, aber auch der EU ins Visier genommen wird.
Und wo ist diese Ltd. daheim? Ausgerechnet in Zypern, wo man halt am besten Steuer schont! Absolut unglaublich.
Wer noch Näheres über Ithuba erfahren will, der sollte einmal in die Vergangenheit der Zentralsparkasse gehen, als diese noch existent und knallrot war und wie eine Parteisektion geführt wurde. Oder in die Geschichte des „Roten Börsenkrachs“. Überall taucht jener Mann auf, von dem man sich jetzt rund um Salzburgs Veranlagungen beraten lässt.
So also macht Burgstallers Salzburg reinen Tisch. Wer da kein ungutes Gefühl bekommt, dem fehlt wohl jede Sensibilität.
Niemand kann bestreiten, dass Frau Burgstaller und ihr nun schon gefeuerter Finanzlandesrat die politische, aber auch rechtliche Hauptverantwortung für alle Aspekte des Salzburger Megaskandals mit Milliardenrisken tragen. Das heißt freilich nicht, dass die Salzburger ÖVP vor allem in der Vergangenheit ganz unschuldig daran gewesen wäre. Keineswegs. Aber für die Salzburger Schwarzen spricht doch einiges.
Erstens haben sie bei Auffliegen des Skandals sofort und als erste Konsequenzen gezogen und gesagt: So kann es doch nicht weitergehen. Zweitens ist die ÖVP an der Salzach weit und breit die einzige Alternative zu Burgstaller, ist also in einer Art negativer Auslese zu bevorzugen. Und drittens scheint Wilfried Haslauer von seinem Zuschnitt als nüchterner Sachpolitiker und Rechtsanwalt am ehesten befähigt, wieder Ordnung in die Salzburger Dinge zu bringen.
Immerhin war ja Salzburg lange ein österreichisches Vorzeigebundesland. Während es heute dasteht wie das Burgenland.
PS.: Es könnte übrigens durchaus sein, dass sich Burgstaller von der FPÖ wiederwählen lässt. Das wäre köstlich. Denn einerseits würde sie damit die gesamte Ausgrenzungs-Strategie der Wiener SPÖ-Spitze zertrümmern. Das würde andererseits aber auch jeden Versuch der FPÖ lächerlich machen, sich als Sauberkeitspartei zu positionieren. Die Freiheitlichen in ihrem derzeit schwer angeschlagenen Zustand dürften dennoch in Tirol zu Platter tendieren und in Salzburg zu Burgstaller. Das mag vielleicht irgendeine parteitaktische Logik haben. Dem Wähler ließe sich das – wenn es wirklich so kommt – allerdings nicht mehr erklären.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Dass Grasser behauptet, durch die Hausdurchsuchung sei ihm ein wirtschaftlicher Schaden entstanden, klingt irgendwie herzig. Könnte es nicht sein, dass seriöse Leute mit ihm keine Geschäfte machen wollen, weil er in zahlreiche Skandale verwickelt ist? Angefangen von der Hompageaffäre, über die Verwicklungen im Skandal bei der Privatisierung der Bundeswohnungen, den Vorwurf des Amtsmissbrauchs, der unerlaubten Annahme von Zuwendungen, des Verdachts der Geldwäsche sowie der Steuerhinterziehung. Angesichts dieser Vorwürfe die Anklagebehörde wegen einer Aussendung zu verklagen ist ziemlich frech.
Andreas Unterberger
Es ist nur eine Neben-Neben-Nebenfront in der unendlichen Geschichte Karl-Heinz Grasser. Aber dass sich dieser gegen übles Verhalten der Staatsanwälte zu wehren versucht, ist mehr als nachvollziehbar. Haben diese doch zum ersten Mal in der Geschichte das Amtsgeheimnis ganz offiziell durchbrochen und eine Hausdurchsuchung bei dem von der Linken so sehr gehassten Ex-Minister mit elektronischer Presseaussendung angekündigt, worauf seine Wohnung von Journalisten belagert wurde. Es ist schon schlimm genug, dass bereits öfters korrupte Polizisten oder Staatsanwälte oder Innenminister dubiosen Illustrierten geheime Informationen aus den Akten zugesteckt haben, und dass die Justizministerin bis heute keine Untersuchungskommission dazu eingesetzt hat. Aber eine offizielle Aussendung war der absolute Tiefpunkt einer Kampagne.
Die Staatsanwaltschaft ist verzweifelt bemüht, die größte Blamage ihrer Geschichte zu überdecken: Hat sie doch mit Hilfe linker Magazine (und des Dekans der Wiener Jus-Fakultät!) jahrelang alles versucht, Grasser der Korruption zu überführen - aber nichts gefunden. Lediglich eine zweifelhafte Steuerfrage kann sie ihm anhängen. Dabei wäre aber erstens eine eigentlich renommierte Steuerkanzlei Haupttäter; dabei wäre zweitens der Prozessausgang mehr als zweifelhaft; und dabei handelt es sich drittens wohlgemerkt um einen Steuerfall lange nach Grassers Ministerzeit, die Rot, Grün und jene Medien mit Hilfe der Staatsanwälte eigentlich so unglaublich gerne als Korruptionssumpf porträtieren wollten.
Verzweifelt versuchen die Ankläger, ihren diesbezüglichen Bankrott noch hinauszuziehen. Aber in Kürze dürfte ihr Spiel aus sein. Und so könnte die Periode Grasser doch noch als die des einzigen Finanzministers in die Geschichtsbücher eingehen, der die Staatsschuldenquote gesenkt hat, noch dazu steil. Wofür ihm eigentlich inzwischen jeder danken sollte.
Der Staat ist wieder „in“. Mehr Regulierung, mehr Kontrolle, mehr Steuern, mehr Wahlgeschenke…
Doch wir befinden uns in einem Dilemma: Die meisten Leute trauen dem Staat nicht wirklich. Denn in Österreich hat ja die Politik ein sehr schlechtes Image. Politik wird von Parteien gemacht, die Parteien „sind“ im Grunde der Staat. (Und warum eigentlich, sollte der Staat besser sein als seine Bürger – gibt es hier nicht sogar eher eine negative Auslese?)
Unser Staat ist eine Parteienoligarchie, deren Recht nicht vom Volk, sondern von der „Staatsgewalt“ ausgeht. Die Parteien beherrschen fast alles: Nicht zuletzt auch die mächtigsten Medien. Und sie wollen möglichst viel an Steuergeldern einnehmen, um damit möglichst viele Wählerstimmen „erobern“ zu können. Nicht zuletzt mit Hilfe der Medien.
In kaum einem Land haben die Parteien so viel Geld und Einfluss – wird das Preis/Leistungsverhältnis des Staates, seiner Bürokratie und Politik, aber gleichzeitig von der Mehrheit der Bürger so schlecht bewertet, wie in Österreich… Staatsquoten zu vergleichen ist dabei eines. Man muss überdies aber auch noch schauen, was der Staat mit den Geldern aus Steuern und Abgaben wirklich macht.
Natürlich brauchen wir Parteien, Politiker, staatliche Institutionen… Doch wie viele Untaten sind nicht im Laufe der Geschichte schon im Namen aller möglichen Staaten begangen worden?
Der Rechtsstaat lebt im Grunde gerade davon, dass er nicht „moralisiert“: Dass er einerseits auf formellen Gesetzen beruht – die andererseits aber von der Mehrheit auch als legitim empfunden werden. Beginnen nun aber die Parteien, ständig „Rechte“ zu postulieren – und in Gesetze zu gießen, die von der Mehrheit der Bürger gar nicht mitgetragen werden – dann sinkt das Vertrauen in den Staat insgesamt. Recht und Gesetz werden dann gleichsam inflationiert – mit der Wirkung, dass sich die Bürger „gegen den Staat“ solidarisieren, obwohl sie ja laut Verfassung eigentlich der Staat „sein“ sollten. Weil sie nämlich spüren, dass eben das Recht längst nicht mehr „vom Volk ausgeht“, sondern von diversen Ideologien – die zwar dem Zeitgeist entsprechen mögen, keineswegs jedoch dem Willen der Mehrheit.
Während in der Demokratie in der Regel also die Mehrheit gewinnt ist es in politisch korrekten Diskursen oft die Minderheit. (Es kann sich dabei jedoch ruhig auch um eine Mehrheit handeln – solange sie als schwächer angesehen wird.) Wobei man dies mitunter auch dadurch zu rechtfertigen scheint, dass die Erfolgreichen zugleich auch als irgendwie „schuldig“ dargestellt werden – auch wenn dies ja keineswegs der Fall sein muss.
Stichwort Political Correctness: Ein klassisches Beispiel dafür, dass gut gemeint nicht immer gut heißen muss. Es ist natürlich keine Frage, dass es besser ist, etwas „Gutes“ zu wollen, als etwas „Schlechtes“ – aber sehr oft ist es eben einfach am besten, für andere gar nichts zu wollen – und ihnen ihre Freiheit zu lassen; oder doch gleich direkt selbst etwas für sie zu tun, statt dies von Dritten zu verlangen.
Im Zusammenhang mit Political Correctness steht fast immer ein Begriff im Mittelpunkt: Gleichheit. Es wird dabei wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass Gleichheit immer gerecht sein muss und daher – notfalls auch per Staatsgewalt – hergestellt werden darf. Oft, indem man Ungleiches einfach gleich behandelt.
Nicht selten werden dann auch schon geringste Unterscheidungen als „Diskriminierung“ bezeichnet. Dabei wäre ein immer feineres Differenzieren doch eigentlich eher ein Fortschritt: Nur durch Differenzieren kann man ja den meisten Menschen wirklich gerecht werden. Und nicht nur Kultur basiert letztlich auf Differenzierung, sondern auch fast jeder gesellschaftliche oder ökonomische Fortschritt. (Und Differenz ist oft nicht zuletzt auch Basis fruchtbarer Beziehungen.)
Viele Menschen denken fast nur darüber nach, wie die Welt (in ihrer eigenen Vorstellung) eigentlich sein sollte. (Und was vor allem „die anderen“ dazu beizutragen hätten.) Sie vergessen dabei aber oft, wie die Welt wirklich ist. Im Grunde geht es bei der „PC“ leider zusehends darum, dass man immer weniger sagen darf, was ist – sondern fast nur noch, was sein soll. Und das bestimmt dann ein kleine Gruppe von Etablierten, die jegliche Deutungshoheit erfolgreich für sich beanspruchen.
„Politisch korrekt“ wird dabei aber leider immer mehr zu einer Art von verordneter Selbstbezichtigung. (Manchmal führt es jedoch auch zur „Nächsten-Beschuldigung" – siehe etwa die Forderungen nach exzessiver Ausweitung der „Whistleblower“-Bestimmungen.) Vielleicht ist es ein kompensatorischer Missbrauch von Schuldgefühlen? Im weiteren Sinne könnte man es aber auch als kollektive „Auto-Aggression“ sehen: Alles Eigene, Verwandte, Nahe wird abgewehrt – alles irgendwie „Fremde“, Exotische erscheint umso wünschenswerter.
Doch man kann gewachsene Unterschiede nicht so einfach per Gesetz aufheben; Menschen in ihrem Wesen nicht auf Befehl ändern; Solidarität und Nächstenliebe auch nicht einfach staatlich verordnen – schon gar nicht, wenn die Menschen immer weniger an diesen Staat glauben.
Wir leben in ideologischen Zeiten. Und die Radikalisierung nimmt zu. Es wird polarisiert und projiziert – doch das führt nur dazu, dass sich weiter nichts ändert. Das beste Mittel gegen Ideologien aller Art wäre es daher wohl, ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen! Ideologien sind ja immer auch ein wenig wie Verschwörungstheorien: Sie haben einen „wahren Kern“ – der jedoch zumeist unverhältnismäßig aufgeblasen wird.
Vielleicht sollte man an manche der gegenwärtigen Probleme und Kontroversen weniger ideologisch, sondern eher „spieltheoretisch“ herangehen? Ein Beispiel wäre die Euro-Krise: Auch hier gilt ja – was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt können wir also nur noch versuchen, das Beste daraus zu machen.
Die Euro-Krise ist ein Beispiel für ein Gefangenen-Dilemma: Jene, die am meisten zu verlieren haben, müssen vernünftiger Weise auch am meisten zur Lösung der Probleme beitragen. (Auch wenn sie das, teils zu recht, als unfair empfinden mögen.) Denn wer nichts mehr zu verlieren hat, sitzt einfach am längeren Ast.
Ideologie hilft da wenig, schadet oft sogar. Pragmatismus wäre gefragt! Für die Zukunft kann man sich dann natürlich um neue, bessere Spielregeln bemühen – obwohl auch diese dann sicher nicht immer eingehalten werden.
Und schließlich gilt wohl auch für das umstrittene Thema „Political Correctness“: Pragmatismus wäre im Grunde meist viel menschlicher als jede Ideologie. Denn Ideologien opfern sehr oft das Mögliche dem Unmöglichen.
Christoph Bösch, M.A. ist Publizist in Wien und Gründer der Initiative „Mehr Wahlrecht".
Der russische Ministerpräsident hat wieder einmal weise und kluge Menschen aus aller Welt zu einem exklusiven Nachdenkforum eingeladen. Darunter etwa den tschechischen Ex-Präsidenten Vaclav Klaus und den britischen Ex-Premier Tony Blair. Auch Wolfgang Schüssel ist immer wieder gern gesehener Gast bei ihm. Wie erklärt sich das?
Dimitri Medwedew nahm sich alleine für Klaus zwei Stunden Zeit unter vier Augen, um ihn auszuhorchen. Dabei störte es ihn keineswegs, dass Klaus auch öffentlich durchaus kritische Worte für Russland findet, etwa mit der Formulierung, dass dieses keine „vollwertige parlamentarische Demokratie“ sei. Dennoch sind offensichtlich seine Ratschläge wichtiger als der fehlende Propagandawert.
Kann man sich vorstellen, dass sich jemals irgendjemand bei der jetzigen österreichischen Führungsgarantie Rat holen wird, egal ob es um amtierende oder in Kürze abtretende Führungspersonen geht? Also etwa bei einem Werner Faymann, einem Heinz Fischer oder einem Ewald Nowotny? Wobei man übrigens letzterem zugute halten muss, dass er schon lange keinen Unsinn mehr gesagt hat. Aber er ist halt zu feige und vorsichtig, um die von ihm langsam entdeckte ökonomische Wahrheit (also etwa die schlichte Tatsache, dass man nicht mehr ausgeben als einnehmen könne) auch klar und öffentlich auszusprechen. Und hinter den SPÖ-Polstertüren wird er ja bei der leisesten Andeutung der Wahrheit von schuldensüchtigen Großökonomen wie Michael Häupl sofort niedergemacht. Und schweigt daher.
Nun ist gewiss auch Medwedew selber kein besonders Mutiger. Aber er ist wenigstens hochintelligent und hat ein gutes Gespür für interessante und wegweisende Persönlichkeiten.
Auch er wird wohl ahnen, dass Österreich nur deswegen noch halbwegs gut dasteht, weil es eine Zeitlang von den wenigstens auf halbem Weg vorangekommenen Reformen der Schüssel-Zeit zehren kann. Und bei Vaclav Klaus hat er gesehen, dass da bis vor kurzem wenigstens noch ein Politiker in Europa amtiert hat, der auch unpopuläre Wahrheiten auszusprechen wagt. (Wenngleich dessen finale Massenamnestie für tschechische Korruptionstäter überaus merkwürdig ausgesehen hat).
Die Weisheit der heimischen Politiker oder Wirtschaftsforscher von heute wird hingegen zu Recht nirgendwo nachgefragt. Oder jemals nachgefragt werden. Dabei werden die „Österreichische Ökonomen“ der Verganenheit von Hayek bis Mises weltweit geradezu abgöttisch verehrt. Wenn "Austrians" in einem positiven Zusammenhang vorkommen, dann geht es fast immer um sie.
Nicht so in Österreich. Da haben – gleichsam zur Illustration dieses Faktums – dieser Tage drei von ihnen in einem Beitrag für die „Presse“ allen Ernstes gewagt, Europa und Griechenland Ratschläge zu geben. Der Sukkus war: noch mehr Planwirtschaft für Griechenland. Im Konkreten: Die EU solle sich bei Betriebsgründungen einschalten, Griechenland solle auf „Gesundheitstourismus“ umstellen usw. In dem arbeiterkammer- und staatsfinanzierten Wifo gibt es offenbar keinen einzigen, der endlich begriffen hätte, was Griechenland wirklich bräuchte: viel mehr Freiheit für Privatwirtschaft und Unternehmensgründer. Punkt. Und sicher nicht noch mehr bürokratische Intervention und Ideen von oben.
Wenn sie sich nicht ständig unerträglich mit renitenten Gewerkschaften, lähmendem Arbeitnehmerschutz, gesetzlichen Überregulierungen und Verwaltungsbürokratie herumschlagen müssten, würden unternehmerische Menschen ganz von allein draufkommen, wo die Gründung von Unternehmen in Griechenland sinnvoll ist und wo nicht. Sie riskieren ihr Geld, sie kümmern sich daher im Gegensatz zu Politikern oder Schreibtischökonomen wirklich um ihre Investition.
Hingegen sind gesundheitstouristische oder sonstige Unternehmensgründungen ganz sicher nicht von Büros im Wiener Wifo oder in der EU-Bürokratie zu entscheiden. Von lauter Menschen, die viel trockene (neokeynesianische) Theorie verzapft, aber noch nie ein Unternehmen gegründet haben.
Wie konnte er nur?! Was für eine Gemeinheit – welch unvorstellbare Gier! Empörung allerorten. Ausnahmsweise sind es nicht Banker, „Spekulanten“ oder unternehmerische Ausbeuter, die vom Zorn der Neidgenossenschaft getroffen werden, sondern ein erfolgreicher Ex-Fußballer. Von „Hunderten Millionen Euro“, die er – Uli Hoeneß – angeblich „am Fiskus vorbei“ ins feindliche Ausland verbracht hat, weiß die stets zur moralischen Entrüstung bereite Hauptstromjournaille zu berichten.
Dass Kanzlerkandidat Steinbrück, in seiner einstigen Eigenschaft als Finanzminister, die deutsche Kavallerie nicht auf die Schweiz losgelassen hat, um auch diese (Steuer-)Oase zur (Steuer-)Wüste zu machen, kann, im Lichte der rezenten Ereignisse, gar nicht genug beklagt werden. Zumindest nicht von jenen, die auf beiden Augen blind sind oder die der langjährige Aufenthalt im Umverteilungsstaat um jedes Gespür für das rechte Maß gebracht hat.
Mehrere Auffälligkeiten gilt es festzustellen:
Dem Autor dieser Zeilen sind übrigens der Fußball im Allgemeinen und Herr Hoeneß im Besonderen gleichgültig. Erprobtermaßen unfähig, einen Hydranten zu überdribbeln, und an der Beobachtung 90-minütiger Laufrituale mehrheitlich schlichter Gemüter mit proletoidem Hintergrund uninteressiert, scheinen mir nur die begleitenden Umstände der kollektiven Aufregung bemerkenswert.
Das – wie eben von Peer Steinbrück – bei derlei Gelegenheiten stereotyp vorgebrachte „Argument“, dass es unfair sei, wenn Leute wie Hoeneß ihr Geld dem Zugriff des Finanzministers entzögen, während die Masse der Einkommensbezieher dazu doch gar keine Chance hätte, ist an Putzigkeit schwer zu überbieten: Der Fiskus brauchte ja nur die Unternehmen von der Last zu befreien, unbezahlt als verlängerte Werkbank des Finanzamts zu dienen, lasse sie Löhne und Gehälter netto auszahlen, und schon bestünde schlagartig „Waffengleichheit“ zwischen Ausbeutern und Lohnsklaven. Der Finanzminister könnte in diesem Fall seinen Laden allerdings Tags darauf dichtmachen, denn die Steuerwiderstände stiegen schlagartig ins Uferlose, würde den Lohnabhängigen mit einem Male bewusst, dass sie die Hälfte (oder mehr) ihres sauer verdienten Geldes zur Finanzierung staatlicher Korruption und Misswirtschaft abzuliefern haben. Wer indes meint, die Steuerlast steuerehrlicher Bürger könnte sinken, wenn egoistische Steuerflüchtlinge nur brav ihren Tribut ablieferten, glaubt vermutlich auch an die Existenz von Feen und Kobolden. Abgesehen von der vergleichsweise vernachlässigbaren Größenordnung dieser „Fluchtgelder“: Noch nie haben zusätzliche Steuereinnahmen den Anlass zu Tarifsenkungen gebildet.
Dass es nicht der Bosheit Selbständiger, Künstler und Sportskanonen geschuldet ist, wenn immer nur sie, niemals aber kleine Hackler Steuern hinterziehen, hat nichts mit der moralischen Überlegenheit oder gar mit „Fairness“ Letzterer zu tun, sondern allein mit deren mangelnden Möglichkeiten zum Unterschleif. Wer kann, der vermeidet Steuern ohnehin – und sei es beim Nettohaarschnitt, oder der Nachbarschaftshilfe am Bau, die ja besonders dem „kleinen Mann“ nicht ganz unbekannt ist.
Angesichts der drückenden Steuerlasten, die im Wohlfahrtsstaat herrschen, verwundert weniger der Umstand, dass in wachsendem Maße Vermeidungsstrategien zur Anwendung kommen, sondern eher, dass es noch immer nicht zu Steuerrevolten gekommen ist. Wenn mehr als die Hälfte des Verdienten vom Großen Bruder enteignet wird, ist das rechte Maß klar überschritten. Es sei daran erinnert, dass es in der Vergangenheit – als die Bürger noch nicht wohlfahrtsstaatlich gehirngewaschen und verhausschweint waren – bekanntlich schon wegen weit geringerer hoheitlicher Übergriffe als heute üblich zu bewaffneten Aufständen kam…
Die aktuelle Hoeneß-Kampagne ist, wie schon die Hetze gegen angeblich schädliche „Steueroasen“, von der impliziten Vorstellung getragen, jeder vom Bürger verdiente Cent gehöre im Grunde dem Staat. Der allerdings – so die krause Logik – ist in seiner grenzenlosen Huld immerhin geneigt, einen kleinen Teil des vom Bürger Erwirtschafteten diesem als Taschengeld zum Eigengebrauch zu überlassen. Jene seltsamen Spaßvögel, die gelegentlich mit der Behauptung „ich zahle gerne Steuern“ auffallen, finden sich so gut wie ausschließlich in den Reihen der Nettosteuerempfänger. Natürlich geht derartiger Unfug leicht über die Lippen, wenn man in Wahrheit nicht nur keinen Cent an Steuern und Sozialversicherungsabgaben löhnt, sondern lebenslänglich von jenen Steuern lebt, die in der Privatwirtschaft fronende Lastesel gezwungenermaßen abzuliefern haben.
Der amerikanische Ökonom Thomas Sowell bringt den hinter der aktuellen Neiddebatte um Hoeneß steckenden Sachverhalt präzise auf den Punkt, wenn er feststellt:
„Ich habe noch nie verstanden, warum es Gier genannt wird, das eigene, verdiente Geld behalten zu wollen, es aber keine Gier ist, sich das Geld anderer Leute aneignen zu wollen.“
Ein Satz, den man allen Steinbrücks und der Phalanx der hauptberuflichen Desinformanten in den Hauptstrommedien ins Stammbuch schreiben sollte.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die in den letzten Stunden verkündete Einigung zwischen Serbien und Kosovo bedeutet zweierlei: Europas Krisenherd Nummer eins dürfte deutlich entschärft worden sein, wenn nicht eine Seite (etwa unter Druck der Kosovo-Albaner) noch einmal ganz aus dem Konsens aussteigt; und die europäische Außenpolitik hat nach vielen Blamagen und leeren Kilometern endlich einen klaren Erfolg erzielt. Den sie sich aber durch ein Beitrittsversprechen an Serbien teuer erkauft hat.
Den doppelten Erfolg muss man dennoch anerkennen – auch wenn im Detail noch sehr viel Fragezeichen und Hindernisse auf den Balkan und die EU zukommen werden. Aber weder die europäische Außenpolitik noch der Balkan haben in den letzten Jahrzehnten ja in irgendeiner Hinsicht positive Kommentare verdient (Europa hat sich freilich viele solche schreiben lassen).
Zuerst zum Balkan: Jetzt ist erstmals eindeutig klar, dass Belgrads Regierung die Sezession des Kosovo akzeptiert. Nicht aus freien Stücken, sondern aus Realismus und wegen des umgehend erhaltenen Beitrittsversprechens von Seiten der EU. Belgrad hat gespürt, dass es sonst nie aus der Isolation herauskommen wird. Die Wirtschaft Serbiens (wie des restlichen Ex-Jugoslawiens) ist in einem so katastrophalen Zustand, dass konstruktives Handeln dringend notwendig geworden ist. Dieses Argument hat jetzt die starken Emotionen der Serben überwunden, die naturgemäß noch immer sehr am Kosovo hängen, der ja einst ein rein serbisch-christliches Kernland gewesen ist.
Diese konstruktive Konzession hat nun ausgerechnet eine serbisch-nationalistische Regierung gewagt. Ihre liberalen Vorgänger hatten hingegen immer viel zu viel Angst vor der damaligen Opposition gehabt. Diese hätte niemals eine Preisgabe heiligen serbischen Territoriums hingenommen, wenn sie nicht wie jetzt auch selbst den erhofften politischen Nutzen davonträgt.
Die Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien hat Belgrad zwar insgeheim schon längst aufgegeben. Aber zugleich auch die serbischen Menschen im Kosovo, immerhin zehn Prozent, aufzugeben, ist viel schwieriger. Dazu kommt, dass ein Teil von ihnen in einem geschlossenen Siedlungsgebiet im Norden lebt, der andere hingegen über ganz Kosovo zerstreut. Das macht maßgeschneiderte Regelungen noch viel schwieriger.
Jetzt gibt es aber erstmals einen prinzipiellen Konsens, dass auch all diese Gemeinden zum Kosovo gehören, der damit de facto auch von Serbien anerkannt ist, und wohl bald auch de jure. Auf der anderen Seite bekommen diese Gemeinden ein hohes Ausmaß an Selbstverwaltung, einschließlich der Kontrolle über die Polizei.
Der Kompromisskonsens lag zwar schon länger in der Luft. Aber beide Regierungen haben die Zeit gebraucht, um sich als harter Verhandler zu profilieren, um nur ja nicht als Umfaller hingestellt zu werden. Wobei klar ist, die größere Konzession hat Belgrad gemacht. Denn genauso ein tauglicher Kompromiss, bei dem Serbien weniger nachgeben hätte müssen, wäre ja auch eine Sezession des Nordkosovo gewesen mit gleichzeitiger Vollanerkennung des Staates Kosovo durch Belgrad samt spürbarer Personalautonomie für die restlichen verbliebenen Serben. Aber Serbien konnte diese Variante nicht durchsetzen.
Man sollte freilich auch über diesen Kompromiss nicht zu früh jubeln. Denn es ist noch sehr spannend, wie sich der Widerstand der Betroffenen, vor allem der Serben in den vier Nordkosovo-Gemeinden, auswirken wird. Das wird noch lange dauern, um seriös von einem echten Frieden reden zu können.
Aber auch wenn die Kosovo-Lösung komplett gelingt, ist damit in Wahrheit nur ein einziges Hindernis am Weg Ex-Jugoslawiens nach Europa beseitigt. Das viel größere – aber international interessanterweise kaum beachtete – ist die Korruption, die nirgendwo in Europa so schlimm ist wie dort. Diese wird vorerst auch weiterhin viele Investoren abhalten, in diesen Raum zu gehen. Davon sind sowohl Serbien wie auch der Kosovo wie auch die anderen Nachfolgestaaten betroffen.
Als EU-Bürger muss man vor dem offenbar unvermeidlichen Beitritt all dieser Länder bangen. Vor allem Belgrad wird jetzt glauben, dass es schon genug Konzessionen geleistet hat und daher belohnt werden müsse. Diese Haltung ist aus vielen Äußerungen herauslesbar. Belgrad wird daher so wie alle anderen Staaten des Raums (einschließlich des Neomitglieds Kroatien) versuchen, die eigenen mafiösen Strukturen in die EU hineinzuretten. Diese sind sowohl in der Justiz wie auch in der Polizei wie auch in der allgemeinen Verwaltung wie auch bei den Zöllnern tief verwurzelt – mit geheimen Querverbindungen bis in die jeweiligen politischen Spitzen hinein. Diese Korruption ist nach Aussage von Balkankennern in allen Ländern Exjugoslawiens das wahre Hauptproblem.
Eine weitere neue Herausforderung in Ex-Jugoslawien ist noch kaum realisiert worden: Im bosniakischen Teil Bosniens wie auch im serbischen Sandschak haben sich – im Wesentlichen erst nach den Kämpfen – zunehmend islamistische Strömungen breit gemacht. Diese wollen das Gegenteil der früheren Bosniaken-Führer: Sie wollen nun einen eigenen Staat für die jugoslawischen Moslems. Das bringt ein neues Problem auf die Landkarte. Dazu kommen die vielen schon länger bekannten:Eines davon die Stellung der Albaner in Mazedonien (angeblich rund ein Drittel) und in Dörfern; ein anderes der Namensstreit Mazedoniens mit Griechenland.
Lobend sei aber erwähnt, dass es in den letzten Jahren immerhin gelungen scheint, eines der früheren Hauptprobleme zu lösen: Das war der serbisch-kroatische Antagonismus. Dieser ist weitgehend verschwunden. Beide Seiten, übrigens auch die jeweiligen religiösen Autoritäten (deren Rolle vor allem in Serbien sonst eher übel ist), haben da sehr konstruktiv mitgearbeitet. Daher wird es in Jugoslawien wohl keinen großen Krieg mehr geben, selbst wenn die Außenwelt sich nicht mehr um den Raum kümmern sollte.
Bleiben wir aber bei einem weiteren positiven Aspekt der nunmehrigen Kosovo-Lösung (auch wenn man noch nicht alle Details kennt): Die nun sehr wahrscheinliche Lösung der Kontroverse birgt noch eine weitere – bisher kaum wo beachtete – Sensation: nämlich dass sich die EU für territoriale und personelle Autonomie eingesetzt hat. Das Wort Autonomie ist jedoch in etlichen europäischen Ländern tabu. Man denke nur an die Slowakei, die den Ungarn an ihrer Südgrenze trotz ihres geschlossenen Siedlungsgebiets die Autonomie verweigert.
Solche nationalistisch geprägten Staaten fürchten in der Autonomie eine Schmälerung ihres Machtanspruchs. Sie sehen darin auch eine Vorstufe zu einer Sezession. Andere glauben das Gegenteil: Also dass eine möglichst weitgehende Selbstverwaltung einer autochthonen Minderheit deren Ruf nach Sezession, nach Ausübung des Selbstbestimmungsrecht deutlich leiser macht.
Die Entwicklung Südtirols in den letzten 50 Jahren vom bombenlegenden Freiheitskampf zu einer satt machenden Autonomie scheint den zweitgenannten Überzeugungen Recht zu geben. Wobei freilich Südtirol auch umgekehrt zeigt, wie fragil eine Autonomie ohne wirksame internationale Garantien sein kann: Versucht doch Italien seit Ausbruch seiner Schuldenkrise die wirtschaftlichen und finanziellen Selbstverwaltungsrechte der Südtiroler massiv auszuhöhlen.
Bleibt die europäische Bilanz: Zum ersten Mal hat man ein konkretes positives Ergebnis der GASP, der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Außenpolitik, gesehen. Bisher war dieser immer wieder beschworene Apparat mit seinen Tausenden Diplomaten ja ein reiner Papiertiger und eine Geldverschwendungsmaschine gewesen. Nicht einmal in ihrer Nachbarschaft, etwa im Libyen- oder Syrienkrieg, hat die EU eine einheitliche Linie zusammengebracht. Bei ferner liegenden Konflikten, etwa jenem in Korea, kommt niemand auch nur auf die Idee, dass da auch die Möchtegern-Weltmacht Europa eine Stimme haben könnte. Bei Staatsbesuchen nehmen Länder wie China zwar die deutsche Kanzlerin sehr ernst, über die diversen EU-Spitzen spötteln sie jedoch trotz aller Höflichkeit. Auch in der UNO gibt es kein einheitliches europäisches Verhalten, geschweige denn, dass Großbritannien oder Frankreich ihr Vetorecht den EU-Beschlüssen unterwerfen würden.
Das alles bleibt weiter Faktum. Jetzt aber kann man zum ersten Mal sagen, dass das fiktive Gebilde einer EU-Außenpolitik nicht ganz irrelevant ist. Das ist nicht viel, aber deutlich mehr als bisher. Man kann aber mit gutem Grund streiten, ob nicht der Preis eines serbischen Beitritts (und dann zwingend etlicher anderer Länder) zu hoch dafür war. Denn wenn die EU nur mit Beitrittszusagen außenpolitisch etwas bewegt, ist das doch recht ernüchternd.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Diese beiden Volksbegehren werden zu Recht nur eine Fußnote der Geschichte bleiben.
Das Kirchenvolksbegehren und der es an vielen Stellen unterstützende ORF haben sich die schallende Abfuhr verdient. So viele Un- und Halbwahrheiten in ein einziges Begehren zusammenzufügen, da gehört schon viel dazu. Und wenn sein Hauptproponent jetzt bei den Neos auftaucht, dann schadet er auch dieser Miniliste. Beim fast ebenso schlecht abschneidenden Demokratie-Volksbegehren haben vor allem die Initiatoren geschadet: Johannes Voggenhuber, Erhard Busek oder Wolfgang Radlegger haben eine gewaltige abschreckende Wirkung, ebenso wie ihre Unterstützer Heide Schmidt oder Franz Fischler. Zumindest einer von ihnen wirkt wohl auf jeden Österreicher negativ, die meisten fühlen sich sogar von all diesen Altpolitikern abgestoßen. Ob es nun der mit Voggenhuber identifizierte EU-Vertrag ist, oder der mit Busek zusammenhängende Linksschwenk der Volkspartei: Wenn sich Altpolitiker, die vielfach mitschuld am Zustand der Republik sind, als deren Retter aufspielen, wird die Sache grotesk, auch wenn diese Oldies von einem Teil der Medien immer gut gehegt worden sind. Dennoch hat dieses Volksbegehren wenigstens in der Sache viel Positives beinhaltet, insbesondere die verpflichtende Abhaltung von Referenden bei genügend Volksbegehrens-Unterschriften. Aber um das umzusetzen, ist – angesichts des hinhaltenden SPÖ-Widerstands – ein Stimmzettel für eine der Parteien viel wichtiger, die das zumindest versprechen. Was sie hoffentlich auch jetzt noch ernst meinen.
Jahrelang schien es, als ob Demonstrieren ein Privileg der Linken wäre. Eine einseitige Medienlandschaft hat diesen Eindruck noch verstärkt. Sie jubelte ein paar Dutzend Camper einer sogenannten Occupy-Bewegung zu einer relevanten Größe hoch. Sie behandelte die skurrilen Typen von Attac als ernsthafte Ökonomen. Sie berichtete über nichtlinke Kundgebungen hingegen nur dann, wenn man diesen einen extremistischen Anstrich geben konnte. Inzwischen aber haben sich die Dinge massiv geändert. Jetzt hat das konservative Erwachen eine Größenordnung erreicht, welche die Medien nicht mehr totschweigen können.
Bisheriger Höhepunkt des neuen bürgerlichen Erwachens in Europa sind die riesigen Kundgebungen in Frankreich gegen die Gleichstellung der Schwulenehe mit normalen Ehen und Familien durch die Linke. Diese ist ja heute so ausgelaugt, dass sie ausgerechnet durch die schwule Karte ihr geistiges wie sozial- und wirtschaftspolitisches Scheitern zu verdecken versucht. Dabei sind schwule Allianzen in den Vor-68er-Zeiten der Arbeiterbewegung völlig undenkbar gewesen.
Die heutigen Linksparteien begreifen nicht einmal, wie sehr diese Karte einer zweiten widerspricht, die sie noch aus dem Ärmel ziehen, nämlich der islamischen. Da ihnen ja die traditionellen Arbeitnehmer davonlaufen, versuchen die Linksparteien halt, auf die Zuwanderer zu setzen, die sie deshalb auch möglichst rasch stimmberechtigt machen wollen. Da jedoch diese Zuwanderer überwiegend aus dem islamischen Raum kommen, schadet den Linken ihre Schwulisierung mehr, als sie nützt. Denn im Islam werden Schwule überall verfolgt – sehr zum Unterschied von Europa, wo die Diskriminierung längst nur noch eine geschickte Propagandabehauptung der schwulen Wortführer ist. Ebenso wie diese beispielsweise die Aids-Erkrankungen raffiniert benutzt haben bis hin zur Veranstaltung von Bällen (während mir Bälle und Fahnen für – oder gegen – Lungenkrebs und Herzinfarkt nicht bekannt sind).
Frankreichs Bürger reagieren auch noch aus einem anderen Grund besonders sensibel: Frankreich ist nämlich – trotz all seiner seit langem angewachsenen und durch die jetzige Regierung noch dramatisch verschärften Probleme – ein sehr familienfreundliches Land. Es hat eine weit höhere Geburtenquote als etwa Österreich (und das nicht nur bei den Zuwanderern). In Frankreich werden Kinder auch nirgendwo als Störfaktor empfunden. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.
Mehr zum Thema gehört hingegen die Tatsache, dass Präsident Hollande bei Umfragen schon heute so unbeliebt ist wie noch nie ein französisches Staatsoberhaupt.
Offensichtlich wird der Protest des bürgerlichen Frankreichs gegen die Schwulen-Ehe keineswegs rasch verebben, auch wenn es nicht jede Woche über eine Million in die Straßen von Paris treiben wird. Wo immer rote und grüne Minister und Politiker jetzt auftreten, werden sie nun mit Jugendlichen und deren Protesten gegen die Schwulenpolitik der derzeitigen Mehrheit konfrontiert. Das ist für Linke eine ziemlich unangenehme Erfahrung, haben doch etwa die Sozialdemokraten umgekehrt in Deutschland CDU-Politiker jahrzehntelang bei Wahlkampfveranstaltungen zu stören versucht.
Ähnliche Massenkundgebungen aus dem selben Anlass hatte es schon davor in Spanien gegeben. Auch dort haben Kirche und konservative Parteien einen mächtigen Schulterschluss vorgenommen und die größten Massenkundgebungen der Geschichte veranstaltet. Freilich warten viele Spanier heute schon ungeduldig darauf, dass sich nach dem Machtwechsel in Madrid dieser Schulterschluss in konkreten Beschlüssen umsetzt.
Das Selbstbewusstsein der Katholiken hat in letzter Zeit auch durch den neuen Papst Auftrieb erfahren. Dieser verwendet gerade zum Thema Schwulenehe mehr als deutliche Worte (während das Gerede mancher „Experten“ etwa über Frauenpriesterinnen als mediale Blase längst wieder geplatzt ist).
Umso beschämender ist es freilich, dass sich die Kirche in Österreich derzeit nur als Wurmfortsatz der Linken präsentiert. Das zeigt sich bei jedem einzelnen politischen Auftritt des österreichischen und des Wiener Caritas-Chefs. Das zeigt sich an der erzbischöflichen Unterstützung für die Votivkirchenbesetzer. Das zeigt sich am Nichtstun gegen rebellische Linkspriester bei gleichzeitig scharfen Disziplinierungsmaßnahmen gegen ungeschickt formulierende konservative Kirchenmänner. Das zeigt sich am weitgehenden Desinteresse der österreichischen Amtskirche an allen Solidaritätskundgebungen für die verfolgten Christen (immerhin werden derzeit weit mehr Christen verfolgt und umgebracht als in den heroischen Zeiten der Katakomben).
Umso erstaunlicher sind die Signale anderswo. Auf vielen Gebieten, bei denen die Konservativen früher nur deprimiert geschwiegen hatten, sind sie nun mutiger geworden. So ist auch im laizistischen Berlin jetzt die Auszeichnung Daniel Cohn-Bendits mit einem linksliberalen Preis auf heftige Proteste gestoßen. Mit gutem Grund: Hat der grüne Vormann doch in einem Buch selbst von – vorsichtig ausgedrückt – erotischen Begegnungen mit Kindern geschwärmt. Gegen einen Grünen ging aber natürlich – natürlich? – bisher kein Staatsanwalt vor. Grüne werden vielmehr noch immer mit Preisen geziert.
Mit größerer Ambivalenz ist ein anderer Vorgang in Berlin zu bewerten. Da ist es zwar an sich sehr positiv, dass CDU/CSU und FDP im Bundestag den Vorstoß der Linken abgeschmettert haben, eine verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten einzuführen. Die Mühe und die Not und die Begleitumstände, wie das geschehen ist, zeigen aber: In der CDU sind noch immer manche von linken Dummheiten erfasst, obwohl Angela Merkel seit ein paar Monaten angesichts nahender Wahlen verzweifelt wieder nach rechts schwimmt.
Ein CDU-Parteitag hatte die Quote zwar vor kurzem strikt abgelehnt. Dennoch hat ein parteiinternes Grüpplein jetzt durchgesetzt, dass sich die CDU-Fraktion zugleich mit der Ablehnung des linken Antrags ausdrücklich für die Androhung einer Quote ab 2020 ausspricht. Diese Gruppe wird von der Ministerin von der Leyen angeführt. Ihr ist es egal, was ein Parteitag sagt. Und ebenso, dass die Mehrheit der Deutschen strikt gegen die Quote ist.
Das ist bei Männern wie Frauen der Fall. Bei den Frauen sehen die einen die Aufsichtsrats-Debatte als absurdes Elitenthema; die anderen sehen, wie ihre Männer und Söhne jetzt schon allerorten diskriminiert werden, weil ja die Ausschreibungen schon überall im öffentlichen Bereich Frauen bevorzugen; und die Frauen, die längst interessante Karrieren machen, erkennen, dass sie nun als Quotenfrauen diskriminiert sind. Aber Frau von der Leyen ist halt bei linken Medien sehr beliebt; das war ihr oft wichtiger als die eigenen Wähler.
Wie das alles zusammenhängt? Nun jedenfalls insofern, als die schweigende Mehrheit in Europa immer weniger schweigt; als die Linke geistig überall in der Defensive ist; als nur jene Bürgerlichen, die sich so gern dem Zeitgeist anpassen, das noch nicht gemerkt haben; als Europa in Wahrheit mehr mit einem christlich-jüdischen Abendland und dessen traditionellen Werten als mit hektischen Schuldenmachereien zu tun hat; als immer mehr grundsätzlich konservative Menschen auf der Suche nach einer neuen geistigen Heimat sind; als viele in den einst so großen Parteien der rechten Mitte, aber auch manche Amtsträger der Kirche, noch immer nicht erkennen, wo ihre Gefolgschaft steht; und als viele von ihnen daher immer stärker von Orientierungslosigkeit gepackt werden.
Das Faszinierende, aber zugleich Abstoßende in der Politik: Nichts ist so absurd, dass es nicht noch übertroffen werden könnte. Jetzt ist Italiens Präsident Giorgio Napolitano ungeplant sein eigener Nachfolger geworden. Mit 87 Jahren beginnt er also eine weitere siebenjährige Amtszeit. Wie auch immer das biologisch enden wird – Napolitano war offensichtlich die einzige Möglichkeit in einer tiefen Lähmung und in einem Stillstand des Landes.
Jetzt muss man in Österreich wohl den 81-jährigen Frank Stronach fragen, ob er sich wirklich schon alt genug fühlt, um schon zum Politiker zu werden. Solche und andere Pointen über Napolitanos Alter liegen jetzt zwar irgendwie auf der Hand. Aber der Mann hat sich gewiss nicht um eine neuerliche Kandidatur gedrängt.
Er und damit der Status quo sind jedoch offenbar die einzige Lösung zumindest für die Besetzung des römischen Quirinale. Für den Rest der Probleme ist die Lösung freilich nur einige Millimeter nähergekommen. Ob Napolitano noch einmal Erfolg haben wird, eine prinzipiell großkoalitionäre Expertenregierung, aber ohne direkte Parteikandidaten einzusetzen, muss offen bleiben.
Dass besonders das Lager des (mit 76 Jahren übrigens auch nicht mehr ganz taufrischen) Silvio Berlusconi begeistert über die Wahl des einstigen Kommunisten zum Staatsoberhaupt ist, ist auch nur auf den ersten Blick pikant. Denn Napolitano agiert schon lange nicht mehr ideologisch und stur links. Er hat beispielsweise Berlusconi gegen Rüpeleien des deutschen SPD-Chefs Steinbrück massiv verteidigt.
Berlusconi kann sich aber vor allem auch darüber freuen, dass sich neuerlich zeigt: Ohne ihn geht in Italien gar nichts. Ohne ihn nur Chaos. Er ist jetzt doch in der von ihm so ersehnten zumindest partiellen großen Koalition mit der Linken gelandet (mit der das Tagebuch im Gegensatz zu allen anderen Kommentatoren übrigens schon unmittelbar nach der Parlamentswahl gerechnet hat).
Der Jubel Berlusconis über diese Wahl hat noch weitere Elemente. Beppe Grillo mit seiner lustigen Bewegung ist jetzt nachweislich total draußen, obwohl er von der Linken so heftig umworben worden war. Grillo schäumt zwar noch mit wilden Demonstrationen über das Ergebnis der Präsidentenwahl. Aber mit seiner ultimativen Haltung und seinem ständigen Nein hat er sich außerhalb aller politischen Kombinationen gestellt. Er bleibt halt ein Kabarettist.
Noch mehr kann sich Berlusconi über noch einen weiteren Aspekt freuen. Während er die Rechte trotz allen Unkenrufen erfolgreich geeint hat, hat es das linke Lager um seinen Opponenten Bersani total zerrissen. Der zuvor als Kandidat der Linken angetretene Expremier Prodi bekam nicht einmal alle Bersani-Stimmen. Worauf sowohl Prodi wie Bersani erzürnt aufgaben.
Das Bersani-Lager hat nun keinen Chef mehr. Es ist aber eigentlich schon von Anfang an total gespalten und zerrissen gewesen. Auch wenn viele Journalisten Bersani unterstützt haben, ist es als Kitt etwas zu wenig gewesen, einfach nur gegen Berlusconi zu sein.
Denn Christdemokraten, Sozialdemokraten, Exkommunisten und noch sehr kommunistische Kommunisten passen in Wahrheit überhaupt nicht zusammen. Daher sind die Vernünftigen unter ihnen auch längst zur Überzeugung gekommen, dass man sich angesichts des Chaoten Grillo halt doch in einer zumindest operativen Absprache mit Belzebub Berlusconi anfreunden sollte. Denn im derzeitigen Zustand Italiens würde dieser im Falle von Neuwahlen sogar sicher wieder zur Nummer eins werden. Das kann die Linke noch weniger wollen. Sie ist in Italien zwar immer lautstark und intellektuell, aber noch nie regierungsfähig gewesen.
Unsicher ist jedoch, ob diese gemäßigten Abgeordneten der Linken zahlenmäßig ausreichen werden, um mit Berlusconi und dem kleinen Monti-Trüpplein eine Mehrheit zusammenzubringen. Aber eine solche Mehrheit braucht es jedenfalls, um eine weitere technische Regierung zu tragen (etwa gar wieder unter dem derzeit weitgehend von der Bildfläche verschwundenen Monti?). Da ist noch jede Menge Platz für die typisch italienischen Spielchen, Intrigen und Hinterzimmer-Geschäfte.
Der andere Teil der Linken bleibt ja auf dem maximalistischen Standpunkt: Lieber sterben als irgendwie mit Berlusconi. Aber das bringt für Italien ebensowenig eine Lösung wie die ständigen Maximalismen eines Grillo. Beides nimmt sich nur im Fernsehen und in Leitartikel gut aus.
Wir werden jedenfalls noch viel Spaß mit Italien haben. Für Europa, Italiens Wirtschaft und den Euro wird das freilich alles andere als spaßig. Denn das für die EU wichtige viertgrößte Land (das fast gleich groß mit dem zweitgrößten ist) braucht statt Spielchen eigentlich dringend Spar-Reformen.
Auch wenn offenbar formal alles völlig rechtmäßig zugeht; auch wenn die Angelegenheit zeitlich perfekt gezielt für den angelaufenen Wahlkampf lanciert wird, was einen gewissen Hautgout schafft (weshalb die Information daher so wie häufig bei ähnlichen Anlässen über Raiffeisen-Medien verbreitet wird); auch wenn im Thematisieren der Bezüge einer Ehefrau ein ordentliches Stück Sippenhaftung und Frauenfeindlichkeit steckt. Das Staunen bleibt.
Es ist ein doppeltes Staunen. Einerseits weil offensichtlich die Spitze der ÖVP nicht die in den Bezügen von Margit Spindelegger lauernde Zeitbombe gesehen hat: Wie amateurhaft sind die Chefs der großen bürgerlichen Partei denn bitte noch? Andererseits aber auch, weil man solcherart neuerlich ganz konkret auf die absurd hohen Bezüge der Zehntausenden EU-Beamten gestoßen wird.
Frau Spindelegger gehört nämlich interessanterweise dem Europäischen Rechnungshof in Luxemburg an, ist aber seit 2008 an dem – mit diesem überhaupt nicht zusammenhängenden! – österreichischen Rechnungshof tätig. Beides wirft noch viele interessante Fragen auf, welche die ÖVP jetzt wochenlang in die Defensive treiben werden.
Das, was wirklich alle Österreicher ärgert, sind jedoch die Bezüge. Frau Spindelegger bekommt statt des (ja ohnedies durchaus stattlichen) österreichischen Gehalts von 5000 bis 6000 Euro monatlich laut „Profil“ 11.680 Euro brutto. Plus Zulagen. Und ihr Schweigen zu dem Thema kann nur als Bestätigung gedeutet werden. Die Differenz zahlen die EU-Budgets, weil sie eben theoretisch eine europäische Beamtin ist.
Die EU-Budgets haben’s ja offensichtlich. So hoch ist also das Gehaltsniveau für eine mittelhohe Beamtin bei der EU, plus allen sonstigen Benefizien. Und es läuft sogar dann weiter, wenn jemand in die Heimat zurückgekehrt ist (in der Frau Spindelegger immer daheim war). Und dann wundert sich Europa, wie sich die Bürger in Massen von ihm abwenden; und wie immer mehr Hass auf eine Institution entsteht, in der unser Steuergeld solcherart verschwendet wird.
Dabei wissen die meisten Europäer gar nicht, dass dieser EU-Rechnungshof seine eigenen Erkenntnisse abmildert, um „EU-Feinden“ keine Munition zu liefern. Dabei wissen die meisten Europäer noch gar nicht, dass über die EU-Gesetzgebung linksradikale Elemente, insbesondere aus dem Sozialministerium (gegen den offenbar irrelevant bleibenden Widerstand aus Wissenschafts- und Unterrichtsministerium und mit dem Schweigen der Volkspartei), schon wieder mit guten Erfolgsaussichten neue Einschränkungen der privaten Freiheit durchzusetzen versuchen.
Wie will Michael Spindelegger eigentlich künftig auch nur einen Millimeter an Glaubwürdigkeit haben, wenn er einen Satz zugunsten der EU sagt? Oder wenn er zu den EU-Gehältern schweigt? Oder wenn er sich vielen Anzeichen nach jetzt schon neuerlich für eine Koalition mit der total reformverweigernden Linken bereit hält?
Viele waren via Twitter in Echtzeit dabei und haben sich in lauter Sackgassen verirrt.
Das Drama um zwei tschetschenische Terroristen, von denen einer tot und der andere verletzt gefasst worden ist, lehrt viel Ernüchterndes über die so hochgerühmten sozialen Medien. Zwar war Twitter weitaus am schnellsten mit Nachrichten aus Boston. Es war aber gleichzeitig auch das Medium mit den meisten falschen und irreführenden Informationen über irgendwelche mutmaßliche Täter.
Auch als die Brüder schon als Täter entdeckt waren, hielt die Verwirrung an. Denn viele Twitterer verwechselten Tschetschenien mit Tschechien. Was nicht nur den Tschechen zeigt: Schnelligkeit ohne Allgemeinbildung ist mehr schädlich als hilfreich (das beweisen Boulevard-Zeitungen tagtäglich).
Statt des Internets war es ein aufmerksamer Amerikaner, der ganz altmodisch den zweiten Täter in seinem Boot gefunden hat. Und es waren vor allem Überwachungskameras, welche die ersten Hinweise auf die beiden Brüder erbracht haben. Ja, genau die Kameras, die von allen zeitungeistigen Datenschützern und medialen Helfershelfern von Verbrechern ständig so verdammt werden.
Weltpolitisch könnte die tschetschenische Herkunft der Täter große Konsequenzen haben, nämlich eine russisch-amerikanische Annäherung. Bisher stand nämlich Russland als Grenzstaat der christlichen Welt relativ isoliert in der Konfrontation mit dem islamistischen Terrorismus aus dem Kaukasus. Dieser wurde von den USA nie wirklich ernst genommen. Jetzt schauen die Dinge – trotz aller russischer Brutalität in der sezessionswilligen Region – plötzlich ganz anders aus.
Wenn Gewerkschafter den im Titel zitierten Satz aussprechen, ist ihr Ziel zwar auch falsch, weil konsumentenschädlich, aber zumindest subjektiv verständlich. Wenn aber ein Wirtschaftsminister diesen Satz (in der „Kleinen Zeitung“) sagt, ist das ebenso unverständlich wie ungeheuerlich.
Reinhold Mitterlehner kommt aus der Wirtschaftskammer; da muss er offenbar regelmäßig beweisen, dass er eh nichts mit der Freiheit der Unternehmer oder dem Markt im Sinne hat (so wie zuletzt etwa mit seiner völlig sinnlosen Benzinpreis-Bürokratie auf Befehl der Boulevardzeitungen). Und dass der Finanzministerin durch den Ladensperrzwang viel Geld entgeht, weil rings um Österreich die Geschäfte auch an Sonntagen offen sind, stört ihn offenbar nicht; ist er doch insgeheim maßlos eifersüchtig auf die Ministerin-ohne-Blattl-vorm-Mund. Aber irgendwer sollte in der ÖVP vielleicht doch einmal nachzudenken beginnen, wenn der theoretisch für die Wirtschaft zuständige Minister geradezu gezielt die letzte Sachkompetenz zu zerstören versucht, welche die ÖVP noch hatte. Nämlich eben jene für die Wirtschaft.
Jetzt deutet also fast alles darauf hin, dass die Täter von Boston Tschetschenen gewesen sind. Das herausgefunden zu haben ist nicht nur ein Erfolg der amerikanischen Polizeimethoden. Das sollte insbesondere auch Österreich zu denken geben.
Vorweg noch einmal die Warnung: Ganz gewiss wird es rund um die Anschläge beim Boston-Marathon noch etliche spannende Enthüllungen geben, die manches in ein neues Licht rücken könnten. Aber derzeit scheinen jedenfalls alle Indizien dafür zu sprechen, dass ein tschetschenisches Brüderpaar, von denen einer tot ist, hinter der Tat steckt. Damit wäre die im Tagebuch gleich unmittelbar nach den Bomben noch in der Nacht geäußerte Vermutung voll bestätigt, dass es schon wieder ein Fall islamistischen Terrors ist, der nun auch eine ganze Großstadt einen Tag lang in ihren Wohnungen einbunkert.
Wenn Tschetschenen in Moskau bomben, kann man das vielleicht noch als einen irregeleiteten Versuch nationalistischer Befreiungskämpfer ansehen. In Amerika kann diese Umdeutung zweifellos nicht mehr gelingen. Da können Tschetschenen wohl nur von islamistischen Motiven angetrieben worden sein.
Damit sind auch alle jene blamiert, die in den letzten Tagen in ihren Kommentaren geradezu gehofft haben, dass es nicht schon wieder Islamisten wären, die Tod und Schrecken verbreiten, sondern irgendwer anderer. Möglichst ein landeseigener rechtsgerichteter Wahnsinniger. Wahrscheinlich werden diese Kommentator-Typen aber auch in den nächsten Tagen kein Mea culpa sprechen, sondern zur Ablenkung viel lieber die Frage debattieren, ob man den einen der beiden Brüder wirklich gleich mit mehreren Schüssen niederstrecken musste (nachdem offenbar er einen Polizisten getötet hat). Aber es ist, wie es ist: Linke bleiben sowieso unbelehrbar, vor allem wenn sie Journalisten sind.
Eigentlich sollte man aber nun in Österreich kräftig erschrecken: Hat doch Österreich so intensiv wie kein anderes EU-Land die Tore für tschetschenische Flüchtlinge geöffnet. Die österreichische Aufnahmequote stellt Europarekord dar, während die meisten anderen Europäer im eigenen Interesse Nein zu ihnen gesagt haben. Dieses Faktum wird jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Debatte verdrängt werden. Statt dessen wird wohl breit und jubelnd berichtet werden, dass sich soeben die üblichen extremen Linksaußen-Menschen im Vorfeld von SPÖ, Grünen und Caritas zum 99. Bitte-noch-mehr-Einwanderer-nach-Österreich-Verein zusammengeschlossen haben.
Frisch an die Tat: Die USA hätten zweifellos jetzt ein paar Tschetschenen abzugeben.
Seit dem Abgang des stets bedächtigen „Wirtschaftsprofessors“ Van der Bellen konzentriert sich die gesamte wirtschaftspolitische Kompetenz der Grünen in der Person des gelernten Volkswirts Werner Kogler, der den Grünen als Finanz- und Budgetsprecher dient und derzeit das Amt des Vorsitzenden des parlamentarischen Rechnungshofausschusses innehat. Im Club Unabhängiger Liberaler sprach er zum Thema Wirtschaftspolitik aus Grüner Sicht.
Eingangs betonte Kogler, „…dass bei den Grünen praktisch alles auf Wirtschaftspolitik hinausläuft, wie andererseits auch alles unter dem Aspekt der Umweltpolitik gesehen wird“. Die beiden Themenfelder seien schließlich nicht voneinander zu trennen. Die Grünen wären sich durchaus bewusst, dass es eine funktionierende Wirtschaft brauche, um die Gesellschaft zu versorgen. Dass man am Ende nur verteilen könne, was zuerst einmal erarbeitet wurde, wäre ihnen ebenfalls klar.
Unter diesen Voraussetzungen überrascht nicht einmal das Bekenntnis zu einem „ausgeglichenen Staatshaushalt“ – wenngleich dieses Ziel nur „über einen sehr langen Zeitraum“ angestrebt werde. Ganz im Sinne Maynard Keynes´ allerdings äußert Kogler seine Überzeugung, dass „Nachfrageausfälle während einer Krise durch staatlich finanzierte Nachfragesubstitution ausgeglichen“ werden müssten – was faktisch auf das Anwerfen der Geldpresse hinausläuft.
Kogler hat eine beruhigende Botschaft an Investoren und Unternehmer im Gepäck: „Die Grünen sind nicht grundsätzlich wirtschaftsfeindlich.“ Sie träten allerdings entschlossen gegen „Marktverzerrungen“ auf, wie sie insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion und Transitpolitik an der Tagesordnung seien. „Kostenwahrheit“ in allen Sektoren lautet hier das Grüne Credo. Man sei zum Beispiel nicht gegen den Warentransit, aber der müsse einfach alle von ihm verursachten Kosten tragen.
Die Grünen sähen sich auch als „Anwaltschaft der Vernunft“ für vernachlässigte „Gruppen, die über keine einflussreichen Lobbys verfügten, die ihre Interessen durchsetzen.“ Kogler ortet „Marktversagen“ – etwa im Bereich fossiler Energieträger, die „viel zu wertvoll zum Verheizen sind“ und die man eher zur Fertigung langlebiger Produkte, denn als Treibstoff verwenden sollte. Hier käme es durch „falsche Kostenbedingungen“ zu Fehlverwendungen.
Zur Frage der Bankenrettung: Es sei „…falsch gewesen, sich bedingungslos auf die Rettung maroder Banken festzulegen.“ Auch Banken müssten in Konkurs gehen können. Dazu bedürfe es allerdings eines Bankeninsolvenzrechts, das es derzeit weder auf nationaler, noch auf EU-Ebene gebe. Die Privatisierung allfälliger Gewinne von Banken, die im Falle schwerwiegender Misswirtschaft ihre Verluste aber ungestraft sozialisieren könnten, sei das „Gegenteil von Marktwirtschaft“ – womit Kogler den Nagel auf den Kopf trifft. Bisher wären „rund sechs Mrd. Euro“ für die Rettung der Hypo Alpe-Adria verbraten worden. „Dieses Geld sehen wir nie mehr wieder“.
Die Grünen seien keineswegs „Planwirtschafter“. Preise sollten sich durchaus auf dem Markt bilden – allerdings unter klaren (politischen) Vorgaben. Dem Staat obliege die Aufgabe, darüber zu wachen, dass es nicht zur Bildung von Monopolen oder Oligopolen zum Nachteil der Konsumenten kommt.
Kogler wendet sich gegen den Austritt einzelner Länder aus der Eurozone. „Das bringt nur Nachteile.“ Man könne die bereits entstandenen Verflechtungen nicht ohne weiteres und ohne kollektive Schäden wieder auflösen. Man hätte allerdings „…einige „Südländer“ seinerzeit nicht aufnehmen dürfen“. Konkret nennt er Griechenland und Portugal.
Nach seiner Haltung zum Steuersystem befragt, zeigte er sich von der hohen Gesamtbelastung unbeeindruckt. Über die Verteilung der Steuerlasten allerdings sollte man sich Gedanken machen. Dass jemand, der in seinem ganzen Leben fünf Mio. Euro verdient, davon (alle Steuern und Abgaben zusammengerechnet) die Hälfte an den Fiskus abzuführen hat, während jemand, der fünf Mio. Euro erbt, alles behalten könne, „…geht weder in meinen Kopf, noch in mein Herz“. Der Begriff „Substanzsteuer“ (im Falle der Erbschaftssteuer) sei zu diskutieren, denn beim Erbe handle es sich ja um einen Vermögenszulauf – also ein (nach seiner Meinung also zu versteuerndes) Einkommen.
Die Ursachen der gegenwärtigen Krise führe er nicht allein auf „Gier“ und „Spekulation“ zurück. Ursache sei vielmehr eine Mischung aus mehreren Ursachen, zu denen auch „Staatsversagen“ – z.B. eine unverhältnismäßige Aufblähung der Ausgaben und die mangelnde Kontrolle des Finanzsektors – zähle.
Der Europäischen Integration stehe er Großteils positiv gegenüber, weil „vieles nur im Großen zu regeln ist.“ Eher überraschend seine Feststellung „kein Kritiker des Zinssystems“ zu sein. Besonders Linke erblicken den Teufel ja sehr häufig in Gestalt von Zins und Zinsenszins.
Kogler stellte fest, nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen zu sein. Er habe (anders als viele seiner Parteigenossen) nicht einmal etwas gegen von privater Hand geführte Schulen. Allerdings müsse zur Herstellung von Chancengleichheit der Staat denjenigen (kostenlose) Bildungsangebote machen, die es sich sonst nicht leisten könnten. „Meinetwegen können Sie das Paternalismus nennen.“
Genau das ist es wohl! Grüne Politik läuft leider meist auf Paternalismus hinaus. Wirtschaftskompetenz hat dagegen noch nie zu den Dingen gezählt, die man den Grünen zuschreibt. Wie alle überzeugten Etatisten verstehen sie zwar viel vom Geldausgeben, haben aber keinen Schimmer, wie Geld verdient wird.
Das ist deshalb nicht weiter verwunderlich, da (linke) Berufspolitiker private Wirtschaftsbetriebe, in denen Werte geschaffen werden und die nicht durch Subventionen am Leben gehalten werden, üblicherweise nie in ihrem Leben jemals von innen gesehen haben. Exemplarisch der Vorstoß der Chefin der Wiener Grünen, Vassilakou, die im Zuge der Debatte um den Mangel an Mietwohnungen eine Mietzinsobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter gefordert und damit ein bestürzendes Maß an Ahnungslosigkeit im Hinblick auf wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten offenbart hatte. Politische Träume können die harte Realität des Zusammenhanges von Angebot und Nachfrage eben nicht aufheben.
Fazit: Zwar klingen die Ausführungen des grünen Budgetsprechers über weite Strecken gar nicht so übel. In der Realität jedoch – dort, wo Grüne tatsächlich über die Macht zur Umsetzung ihrer Vorstellungen verfügen, wie das etwa in Wien der Fall ist, läuft Grünpolitik, wie Nikolaus Jilch in der Wiener „Presse“ kürzlich ebenso pointiert wie zutreffend feststellte, auf die Trias „Verbieten, Verteuern oder Radweg“ hinaus…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Demokratien sollten sich von Diktaturen, autoritären Staaten und linken „Volksdemokratien“ dadurch unterscheiden, dass das Gefälle zwischen den Mächtigen und dem Volk viel kleiner ist. Das zeigt sich für den Bürger oft in ganz banalen Signalen. Das hat etwa der neue Papst begriffen, der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer nicht.
Die vielen symbolischen Gesten, mit denen der neue Papst auf Überreste feudaler Epochen verzichtet und mit denen er gleich von Anfang an ohne großen Aufwand Sympathien errungen hat, sind in den letzten Wochen breit berichtet worden. Dem steht die jüngste Affäre um Fischer gegenüber, der bei einem Stau auf der Autobahn einfach mit seinem Konvoi (samt einer luxemburgischen Gastdelegation) durch die Rettungsgasse an den stauenden und staunenden Bürgern vorbei brauste.
Dabei wäre die Wartezeit im Stau natürlich durchaus sinnvoll nutzbar gewesen, etwa um die vielen Informationen/Nichtinformationen/Missverständnisse zwischen Österreich und Luxemburg in Sachen Bankgeheimnis endlich zu klären. Aber irgendwo wartete halt schon der nächste Termin. Der wäre sonst versäumt worden.
Was gewiss bedauerlich ist. Nur begreifen Fischer und insbesondere die Hofschranzen um ihn wie auch die eilfertige Exekutive eines nicht: Auch bei den stauenden Bürgern sind viele dabei, die dringende Termine hätten und die dennoch warten müssen. Auch ich bin einmal in den völlig überlasteten Linzer Autobahnen (deren Entlastung ja von den Grünen so wie in Wien um Jahrzehnte verzögert worden ist) im Stau gesteckt, während die – erfreulich vielen – Zuhörer auf meine lichtvollen Ausführungen warten mussten.
Die Bürger stört aber nicht nur die dadurch vermittelte Botschaft, dass ein Bundespräsident und seine Termine unglaublich wichtig wären, während die Normalsterblichen das halt nicht sind. Noch schlimmer ist die Entwertung der Rettungsgasse: Durch solche Aktionen verlieren die Bürger die Überzeugung, dass diese wirklich dazu da ist, um Leben zu „retten“, wie der Name sagt, wenn doch nur präsidentielle Termine „gerettet“ werden. Die dadurch ausgelöste psychologische Reaktion ist klar: Da brauch ich mich dann selber auch nicht so streng kasteien, wenn es eh meistens nur um die Obrigkeit geht. Was dann wirklich Leben gefährdet. Und nur darum sollte es gehen, und nicht darum, was die Obrigkeit selber einst in irgendeinen Paragraphen über die Rettungsgasse geschrieben hat.
Das ist doppelt schlimm, als die Asfinag bis heute nicht imstande war, das Prinzip der Rettungsgasse gut zu vermitteln. Was diese sehr oft nicht funktionieren lässt. Die Asfinag trommelt zwar vielerorts das Wort „Rettungsgasse“ und auch eine dazugehörige Internet-Adresse. Aber ihre Bosse (bekanntlich durchwegs stramm parteipolitische Ernennungen der Verkehrsministerin, daher wahrscheinlich nicht besonders helle Köpfe) haben eines nicht begriffen: ein guter Teil der Autofahrer auf Österreichs Autobahnen versteht halt nicht Deutsch und fängt daher mit einem solchen sperrigen Wort nichts an.
Statt dessen hätte man natürlich mit Symbolen und Bildern, und auch auf Englisch, Serbokroatisch und Türkisch klarmachen müssen, was im Falle eines Staus zu tun wäre. Aber Intelligenz ist ja bei solchen Managern und den von ihnen um unser Geld beauftragten Werbeagenturen meist Mangelware.
PS.: Dass sämtliche Regelungen im Verkehr eigentlich längst in einem Binnenmarkt einheitlich sein müssten, dass man also nicht in jedem Land andere Verkehrsregeln lernen müsste, sei da auch erwähnt. Die EU befasst sich aber lieber mit Rauchverboten und Diplomatenposten, mit Glühbirnenverteuerung und Meinungseinschränkungs-Regeln als mit jenen Dingen, welche sinnvoll zu vereinheitlichen sind.
Die Korruptionsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Claudia Schmied wegen ihrer Rolle beim Crash der Kommunalkredit eingestellt. Dann ist ja zweifellos alles gut.
Schuld sind nur alle anderen. Gegen die wird weiter ermittelt, bis alle Gutachten vorliegen. Was nämlich noch gar nicht der Fall ist. Mit anderen Worten: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft weiß noch fast gar nichts, aber sie weiß eines: nämlich dass die Ministerin schuldlos ist. Dass der Crash der Kommunalkredit nach jenem der Hypo Alpen-Adria (wo ebenfalls die Politiker von der Strafjustiz sehr geschont werden!) für den Steuerzahler sehr teuer kommt und noch teurer kommen wird, hat den Staatsanwalt natürlich schon gar nicht zu kümmern. Wir können uns also weiter beruhigt auf den Rechtsstaat verlassen. Ist das nicht schön?
Die Frage wird ein zentrales Thema des österreichischen Wahlkampfes sein: In welcher Form findet dieser im Fernsehen statt? Dafür praktiziert der ORF nämlich seit Jahren eine Formel, die weder mit Demokratie noch mit Gerechtigkeit noch mit Zuschauerinteresse zu tun hatte. Die Koalition will eine andere Formel, und trifft damit ausnahmsweise auch das Interesse der Zuschauer. Sie hat jedoch nur geringe Erfolgsaussichten. Denn wirklich wagen werden weder Rot noch Schwarz den Kampf gegen den ORF. Dessen mediale Macht ist noch immer viel stärker als die einer knieweichen Koalition.
Die Auseinandersetzung ähnelt im Kern übrigens verblüffend dem deutsch-türkischen Megakrieg um den bevorstehenden Prozess gegen eine mutmaßliche Mittäterin zweier toter rechtsextremistischer Massenmörder. In Bayern musste jetzt der ganze Prozess nur deshalb verschoben werden, weil man die Frage nicht zu klären vermocht hatte, welche Journalisten denn die raren Zuhörerplätze bekommen sollen.
Das Gericht hatte ja eigentlich schon entschieden gehabt, jene Journalisten, die sich zuerst anmelden, dürfen teilnehmen. Die anderen müssen draußen bleiben. Unter den 50 rechtzeitig Angemeldeten befand sich freilich kein einziger Vertreter eines türkischen Mediums. Es sind jedoch fast alle Ermordeten türkischer Abstammung, sodass das Verfahren logischerweise auch in der Türkei gewaltiges Interesse auslöst. Auf allen politischen und sonstigen Kanälen ist seither aus Ankara gegen diesen Ausschluss türkischer Journalisten angekämpft worden.
Jetzt hat nun jedoch Karlsruhe dem eigentlich zuständigen Gericht gesagt: So geht’s nicht. Freilich haben die Höchstrichter (wie so oft) dabei dem Münchner Gericht nicht genau festgelegt, wie es denn sonst gehen solle.
Gibt es künftig eine nationale Quote bei den Zuhörerplätzen? Ab wie vielen Toten gilt die Quote von drei Journalisten aus dem Land der Opfer? Wird künftig gar nach der Auflagengröße entschieden? Wird gewürfelt? Wird im Zweifel jahrelang nicht verhandelt, bis die Besetzung der Zuhörerbänke geklärt ist? Wird ein neues Gerichtsgebäude gebaut? Wird es einen zweiten Saal mit Video-Übertragung geben? Ist das noch gleichwertig? Wird in eine Stadthalle übersiedelt? Oder macht man gleich das, was manche TV-Stationen gerne hätten, nämlich eine Live-Übertragung aller spektakulären Prozesse für alle Bürger?
All das hat der deutsche Bundesgerichtshof offen gelassen. Alles ist möglich. Eines steht freilich fest: Die letztgenannte Variante wäre das endgültige Ende des Rechtsstaats, in dem eigentlich Richter ohne Druck von außen entscheiden sollten.
Die deutsche Politik ist jedenfalls heilfroh, dass sie nicht selber entscheiden muss. Und die deutsche Justiz lernt die deutsche Realverfassung, dass nicht sie oder das Parlament die oberste Rechtsstaats-Instanz ist, sondern offensichtlich die Quotengeilheit der Medien, ob diese nun aus Deutschland kommen oder der Türkei. Über das eigentliche Thema, Schuld oder Unschuld der Angeklagten, kann dann wahrscheinlich gar nicht mehr so viel gestritten werden wie über die Rolle der Medien.
So wie die Deutschen lernen müssen, dass die Medien offensichtlich über allem stehen, so muss das aber auch die österreichische Politik. Hier tobt derzeit ein Streit um die Zahl der Politikerdebatten vor der nächsten Wahl. Für die derzeitigen Oppositionsparteien ist das vom ORF seit etlichen Wahlgängen praktizierte Format extrem hilfreich. Sie bekommen nämlich dadurch weit über ihre Größe hinaus Sendezeit. Der ORF behandelt Klein- und Großparteien haargenau gleich. Auch wenn die einen mehrfach so viel Stimmen und Abgeordnete haben wie die anderen.
Das widerspricht freilich massiv dem demokratischen Mehrheits-Prinzip. Diese Vorgangsweise wurde aber einst vom ORF als Hilfsaktion für die Grünen und das LIF entwickelt, also für zwei Kleinparteien, denen die Mehrheit der „öffentlich-rechtlichen“ ORF-Redaktion viel näher steht als den Großen. Zusätzlich mögen manche ORF-Männer anfangs auch geglaubt haben, eine lange Reihe solcher Zweikämpfe wäre quotenfördernd. Dieser Glaube kann aber heute nicht mehr ernsthaft vorhanden sein.
Das Verhalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist beim LIF – und ebenso jetzt bei Stronach – doppelt undemokratisch gewesen. Erstens wegen der im Vergleich zu den anderen Parteien sehr geringen Zahl von Abgeordneten; und zweitens weil beide Gruppierungen überhaupt nur durch Abspaltung einiger frustrierter Abgeordneter zustandegekommen sind. Dennoch bekamen sie vom Anfang an beim ORF die gleiche Behandlung wie seit Jahrzehnten bei Wahlen weit erfolgreichere Parteien.
Das ist aber nicht nur den viel größeren Wahlwerbern gegenüber undemokratisch und ungerecht. Das ist es auch gegenüber allen anderen neu kandidierenden Parteien: Diese bekommen zu keiner einzigen Zweierdebatte eine Einladung, während die auf Bundesebene noch nie gewählte Stronach-Liste gleich fünf erhält. Auch Umfragen können die Diskrepanz nicht erklären. Denn auch das BZÖ darf fünf Mal diskutieren, obwohl es bei Umfragen praktisch genauso schlecht liegt wie die neu kandidierenden Neos.
Der ORF behandelt eben nicht Gleiches gleich, sondern Ungleiches gleich, und Gleiches ungleich. Die Neos und all die anderen möglicherweise antretenden Listen werden mit ganz wenigen kurzen (und meist überkritischen) Beiträgen in einer spätabendlichen Nachrichtensendung abgespeist. An der Ungerechtigkeit dieses Verhaltens ändert auch das Amüsement nichts, dass der ORF, der einst das LIF aus ideologischen Gründen undemokratisch bevorzugt hat, jetzt die vom LIF unterstützten Neos undemokratisch benachteiligt.
Ausgleichende Ungerechtigkeit stellt noch keine Gerechtigkeit dar. Denn andere Kleinstparteien, die sich nicht mit einer politischen Leiche vermählen, werden ja überhaupt nur diskriminiert.
Wie undemokratisch und auch dumm das ORF-Verhalten ist, zeigt noch ein weiterer Vergleich: Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP müssten sich, wären sie schlau, bloß knapp vor der Wahl jeweils(!) in acht neue Fraktionen aufspalten. Und schon bekämen sowohl SPÖ wie auch ÖVP nach der ORF-Regel acht Mal so viele Auftritte und Diskussionsforen, wie ihnen derzeit zustehen. Hätten sie Mumm, würden sie das machen. So hätten sie ja den ORF endgültig ad absurdum führen können. „Hätte, hätte Fahrradkette“, wie der erste weise Wahlkampfslogan von Peer Steinbrück lautet.
Zurück zum österreichischen Wahlkampf: Demokratisch heißt, dass die Zahl der Wähler beziehungsweise Abgeordneten zählt und nicht die Zahl der Fraktionen, die durch eine von niemandem so gewollte (aber einst von Heinz Fischer zugunsten Heide Schmidts so gedrechselte) Geschäftsordnung entstanden sind.
Dabei wird jetzt alles noch viel schlimmer: Von den nun drohenden Zweierkonfrontationen hat es beim letzten Mal noch um fünf Stück weniger gegeben. Damals hat es ja eine Fraktion weniger im Nationalrat gegeben. Dennoch waren schon zehn Debatten kaum mehr erträglich. Jetzt drohen uns sogar volle 15 Zweierkonfrontationen. Diese werden wohl auch viele der härtesten Politik-Freaks zu Nichtwählern machen.
Dazu kommt noch, dass beim letzten Mal mit Jörg Haider und Alexander Van der Bellen wenigstens zwei interessante und intelligente Ausnahmepolitiker in die Arena gestiegen sind. Solche fehlen heute aber ringsum.
Höchstens die Aggressivität eines Frank Stronach könnte noch einen gewissen Unterhaltungswert erzielen. Jedoch ist bei ihm eher unwahrscheinlich, dass er sich neben all den anderen unvermeidlichen Wahlkampfpflichten und Streitschlichtereien fünf Mal alleine im ORF hinsetzen wird. Das würde ihn nicht nur physisch überbeanspruchen. Das könnte auch mit der Notwendigkeit kollidieren, mehr als die Hälfte des Jahres zum Zweck der Steuerminimierung im Ausland zu leben.
Der Rest ist ein glatter Alptraum: Fünf Mal Bucher, fünf Mal Strache, fünf Mal Lugar können an Fadesse glatt mit fünf Mal Faymann und fünf Mal Spindelegger mithalten, die ja ebenfalls jede Menge Nostalgie nach Schüssel und Gusenbauer wachrufen.
Weder spannende Duelle noch sachliche, über den Showwert hinausgehende Debatten sind dabei zu erwarten. Und nur darauf zu warten, dass einem der Diskutanten wenigstens von seinen Beratern ein witziger Sager der Qualität Schüssel vs. Haider („Jetzt ist Ihnen Ihr Taferl umgefallen“) mitgegeben worden ist, ist ein bisschen mager.
Dennoch wird das Diskussionsformat trotz des Antretens von sechs Fraktionen dasselbe bleiben. Der ORF wird sich nämlich nicht aus seiner Haut heraustrauen. Das bräuchte starke Persönlichkeiten an seiner Spitze und nicht die jetzigen Karikaturen.
Überdies würde jede Änderung mit Sicherheit von mindestens einer Fraktion durch alle Instanzen angefochten werden. Und davor fürchtet sich der ORF nicht ganz zu Unrecht, auch wenn in den ersten Instanzen politische Freunde der ORF-Führung auf den entscheidenden Richterbänken dominieren. Wahrscheinlich würde aber wegen einer Änderung des Diskussionsformats ohnedies nicht nur der ORF belangt, sondern es würde überdies auch gleich versucht werden, die Gültigkeit der ganzen Wahl anzufechten.
Natürlich könnten neben den Sehern, die das sicher tun werden, auch Rot und Schwarz die ewig gleichen Diskussionsformate boykottieren. Aber das wird natürlich nicht passieren. Dazu sind beide Parteien in ihrem heutigen Zustand viel zu feig.
Die ÖVP versucht zwar seit einiger Zeit, die immer schwer linkslastigen Sonntagabend-Diskussionen zu boykottieren. Ohne dass ihr ihre Absenz dabei schaden würde. Aber eine echte ORF-Debatte anzuzünden gelingt ihr damit auch nicht – selbst wenn dann so absurde Formate herauskommen, bei denen nur noch Politmethusalems wie Hannes Androschs und Attac-Leute unter sich sitzen. Denn die Gebührenzahler nehmen ja sogar die Moderatorin zähneknirschend, aber stillschweigend in Kauf, welche von den meisten Themen keine Ahnung hat und welche die wenigen verbliebenen Zuschauer mit ihrer Ahnungslosigkeit und Angst vor ihren linken Chefs nur daran erinnert, wie gut die vielen deutschen Moderatoren sind. Rätselhaft bleibt allerdings, warum bisher keiner der drei Privatsender das schlagseitige Vakuum zu füllen begonnen hat, dass der ORF im Bereich politischer Information geöffnet hat.
Unabhängig davon bleibt das Faktum zu bilanzieren: Die Medien dominieren mehr denn je – sowohl über die Justiz wie auch die Politik. Selbst wenn sie dabei nur unglaubliche Dummheiten produzieren, fürchten sich Justiz und Politik vor ihnen.
PS.: Nochmals zum deutschen Prozess: Man hätte tausendmal mehr Verständnis für die Empörung der Türkei über die Vergabe der Medienplätze, wenn sie ein wenig mehr einem Rechtsstaat gliche. Dieser Glaube ist aber gleichzeitig mit der Karlsruhe-Entscheidung erneut zertrümmert worden. Denn ein türkisches Gericht hat Fazil Say – den weltweit bedeutendsten Pianisten der jüngeren Generation – zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe wegen Beleidigung des Islam verurteilt. Sein Delikt: Say hatte es gewagt, sich in mehreren Tweets kritisch über die Regierung und die islamische Frömmelei zu äußern: „Überall wo es Schwätzer, Gemeine, Sensationsgierige, Diebe, Scharlatane gibt, sind sie alle übertrieben gläubig (wörtlich: Allahisten)“.
Wegen solcher Sätze wird man im EU-Kandidatenland Türkei verurteilt! Kein Wunder, dass der Klavierspieler auswandern will. Denn der Unterschied zu Saudi-Arabien ist nur noch marginal.
Rund um das würdige und berührende Begräbnis für Margaret Thatcher, Europas zweifellos größte Nachkriegspolitikerin, gab es einige widerliche Unwürdigkeiten.
Eine davon waren die Handvoll Demonstranten aus der linksradikalen Szene. Wer sich nicht einmal bei einem Begräbnis benehmen kann, hat sich endgültig als letztklassig entlarvt.
Genauso letztklassig waren aber auch alle Medien, die den Namen Thatchers nicht ohne den miesen Zusatz „umstritten“ abzudrucken oder auszusprechen imstande waren. Umstritten sind für diese Medien offenbar alle erfolgreichen Liberalen und Konservativen, wie Thatcher eine war, nie aber ein linker Politiker.
Zumindest merkwürdig war aber auch, wie einige andere linke Journalisten reagierten, die merkten, dass Thatcher zu populär und erfolgreich war, um noch verdammt zu werden: Sie machten schnurstracks Labour zum Erben der Eisernen Lady.
Gewiss seltsam. Aber das soll mir dennoch recht sein, wenn Europas Sozialdemokraten (aller Parteien) ihre Länder statt durch ständig schlimmer werdendes Schuldenmachen wieder im Sinne Thatchers zu reformieren versuchen: durch Zerstörung von korporatistischen Monopolen, insbesondere jenem der Gewerkschaften (in Österreich müsste man auch Wirtschafts- und Arbeiterkammer hinzufügen), durch Zerstörung von Gemeindemonopolen (man denke nur an die SPÖ-Profite durch die diversen Rathaus-Firmen mit ihren horrenden Tarifen), durch Privatisierungen, durch Zurückdrängen der europäischen Machtallüren, durch Steuersenkungen, durch Verwaltungsabbau, durch Förderung von Klein- und Mittelbetrieben. Wenn sie all das tun, dann kann man den sozialdemokratischen Parteien nur gratulieren.
Einige ihrer Politiker wie Tony Blair haben es ja in der Tat auch versucht. Nur haben sie am Ende spüren müssen, dass die Kraft der um ihre Macht bangenden Gewerkschaften wie auch der ideologisch Bornierten in den Linksparteien immer viel größer ist als die Kraft der Vernunft.
Eines können freilich auch intelligente Sozialdemokraten heute Thatcher nicht mehr nachmachen: einen essenziellen Beitrag zum Kollaps des Kommunismus. Der ist nämlich schon besiegt. Hoffentlich (die Reaktion der Straße und etlicher Medien auf ihren Tod lässt ja ein wenig zweifeln).
Da ich im Auftrag der Tagebuch-Leser immer verzweifelt nach den guten Nachrichten suche, greife ich sofort in die Tasten, wenn ich binnen weniger Stunden gleich mehrere lobenswerte Dinge in der Welt entdecken kann. Ob es sich dabei nun um Oberösterreich oder Europa oder einen Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung handelt. Dahinter sei heute das tägliche Übermaß an Negativem energisch zurückgedrängt.
Das Wichtigste: Das EU-Parlament – eigentlich meist ein Hort der Unvernunft – hat sich gegen eine Verknappung beziehungsweise Verteuerung von CO2-Zertifikaten ausgesprochen. Es hat damit erstaunlicherweise dem Druck der Grün- und Links-Lobby sowie der Kommission standgehalten, die in ihrem kollektiven Hass auf die Wirtschaft die höchsten Energiekosten der Welt solcherart noch mehr erhöhen wollten. Das hätte wiederum noch mehr Arbeitsplätze Richtung Amerika und Asien vertrieben. Bravo.
Ebenso lobenswert, wenn auch naturgemäß auf viel kleinerem Territorium, handelte der oberösterreichische Landtag: In diesem Bundesland kann man künftig nicht mehr den Bau eines Kindergartens oder einer Schule verhindern, nur weil dort – naturgemäß – Kinderlärm zu hören ist. Angst vor diesem hat ja schon so manches Projekt verhindert oder unerschwinglich teurer gemacht.
Der Linzer Beschluss ist umso wichtiger, als gleichzeitig eine Studie der Bertelsmann-Stiftung Österreich in Sachen „Generationengerechtigkeit“ auf den blamablen Platz 20 unter 29 untersuchten Ländern gesetzt hat. Dabei geht es um nichts anderes als die Frage der Kinderfreundlichkeit. Die leidet in Österreich heftig. Wir geben in Relation zum Rest der Industriewelt viel mehr Geld für die Alten aus als für die Jungen und deren Zukunft.
Daher empfiehlt die Studie – wofür auch ihr großer Applaus gebührt! – die Einführung eines Familienwahlrechts. Nach dessen Einführung könnten Eltern pro Kind eine halbe Wahlstimme zusätzlich abgeben.
Freilich droht auch diesem grundvernünftigen Vorschlag das gleiche Schicksal wie der ebenfalls vor kurzem präsentierten Idee, die Zahl der eigenen Kinder bei der Pensionshöhe zu berücksichtigen. Beides wird wohl am Populismus der Parteien scheitern. Diese wollen ja Wahlen gewinnen und nicht Österreich zukunftstauglich gestalten. Wahlen gewinnt man in sterbenden Kulturen jedoch nur noch mit den Alten, nie mehr mit den Jungen oder Familien. Ganz auf dieser Linie hat die Wiener Koalition – auf Befehl des Zukunftsverweigerers ÖGB – beschlossen, das lachhaft niedrige Frauenpensionsalter nicht anzuheben. Und auch für die ÖVP, die dazu vor kurzem noch einen mutigen Vorstoß gewagt hatte, ist das „derzeit kein Thema“ mehr. Aber an der ÖVP verstehe ich ja Vieles nicht mehr. Wenn sie vielleicht meint, darüber solle man erst nach den Wahlen reden, dann hat sie noch immer nicht begriffen, mit welcher Retro-Partie sie eine Koalition hat und diese fortzusetzen gedenkt.
Womit ich aber schon wieder beim Depressiven gelandet bin, über das ich heute eigentlich gar nicht schreiben wollte.
Kärnten hat jetzt eine Kenia-Koalition (SPÖ, ÖVP, Grüne). Schon zuvor hatten diese Parteien den ESM mittels Verfassungsgesetz ermöglicht. Auf EU-Ebene regiert eine derartige Koalition bestehend aus Sozialisten/Sozialdemokraten, Christlich-Sozialen und Grünen faktisch schon seit geraumer Zeit.
Seit 2010 hat uns die Kenia-Koalition immer wieder erklärt, dass das Auffangen sämtlicher heruntergewirtschafteter Staaten und Banken mit Steuergeld alternativlos sei. Das kleine Süd-Zypern hat immerhin dafür gesorgt, dass endlich auch die Kenia-Koalitionäre zwei Erkenntnisse gewonnen haben:
Das war dann aber auch schon das Ende des Erkenntnis-Gewinns. Die Laiki-Bank wird nicht per Konkursrecht abgewickelt, sondern per EU-Willkür-Akt und durch von der EU eingesetztes Personal. Im Gegensatz zu einem ordentlichen Konkurs-Verfahren werden die Gläubiger nicht gleich, sondern extrem unterschiedlich behandelt. Das Zypern-Paket wird circa zu 2/3 vom europäischen Steuerzahler und zu 1/3 durch Enteignung der Unbeliebtesten finanziert.
Diese unbeliebtesten Gläubiger sind Sparer, die bei der Bank of Cyprus oder der Laiki-Bank mehr als € 100.000 anlegt haben, darunter viele Russen. Sie werden nach letztem Stand bis zu 60 Prozent ihres Geldes verlieren, alle anderen Gläubiger der beiden Banken verlieren nichts! Reiche und Russen sind für die Kenia-Sozialisten von heute offenbar das, was die Juden für die National-Sozialisten der 1930er-Jahre waren: Schlechte Menschen, die man ohne schlechtes Gewissen enteignen kann.
Nicht falsch verstehen: Ich unterstelle den Kenia-Sozialisten nicht, auch nur in Ansätzen einen Massenmord zu planen. Aber eines haben nationale und internationale Sozialisten jedenfalls gemeinsam: Den Neid als primäres politisches Prinzip und damit einhergehend die Geringschätzung von Eigentumsrechten. Die politische Abwicklung von Banken bietet diesen Leuten die Gelegenheit, Wohlhabende unmittelbar – ohne den mühsamen Umweg über das Steuerrecht – zu enteignen und das Geld jenen zukommen zu lassen, von denen sie Stimmen, Spenden, gut dotierte Versorgungsposten, freundliche Kommentare und andere nützliche Dinge erwarten.
Seit 2008 wird immer wieder ein Trennbankensystem und ein Bankenkonkursrecht gefordert, aber die Umsetzung wird trotz höchster Not und höchster Aktualität immer wieder verschoben. Ein Trennbankensystem würde zwar die Gewinnmöglichkeiten für Banken reduzieren, aber das Bankensystem so krisenfest machen, wie jenes in den USA zwischen 1933 und 1999. Eine Bankenabwicklung mittels Konkursrecht würde u.a. eine Gleichbehandlung der Gläubiger sicherstellen. Mittels Wandlung von Forderungen in Bankaktien könnte man auch erreichen, dass es eher Bank-Ausgleiche als -Konkurse gäbe. Die Gläubiger würden dann als neue Mehrheitseigentümer die Geschicke der jeweiligen Bank lenken und könnten in weiterer Folge mittels Aktienverkauf wieder zu Ihrem Geld kommen.
All das würde aber die blendenden Beziehungen der Kenia-Sozialisten zu Bank-Lobbyisten beschädigen und es gäbe keinen Raum mehr für politische Willkür-Akte. Es ist die Liebe zur Willkür, die Reformen verhindert, denn dank Willkür kann man Macht leichter erhalten und zum eigenen Vorteil ausüben.
Christian Ebner ist Geschäftsführender Gesellschafter der Elpis Consulting GmbH sowie Obmann der BZÖ Unternehmer.
Die von der Koalition nun endlich verkündete Reform des Bundesheeres ist fast nicht wahrzunehmen.
Die Zahl an Köchen, Kellnern und Chauffeuren wird reduziert – um ganze zehn Prozent. Vielleicht einmal auch um 50. Ich bin beeindruckt. Zwar hat die ÖVP mit ihrem Standpunkt sicher Recht, dass solche Umstellungen nichts kosten dürfen. Daher ist auch bei Köchen und Chauffeuren streng zu unterbinden, dass statt Soldaten nun von der Republik bezahlte Externe die Arbeit übernehmen. Aber zumindest bei den Kellnern, altmodisch: „Ordonanzen“ genannt, fehlt jede Erklärung, warum es da künftig auch nur einen einzigen Soldaten in dieser Tätigkeit geben solle; und warum sich nicht auch Offiziere & Co um das Essen, einen Kaffee oder ein Bier anstellen können – oder halt entsprechende Preise und Trinkgelder für die Bedienung zahlen. Wie jeder andere Spitzenbeamte auch. Wenn die Herren (und neuerdings auch Damen) Offiziere das für unzumutbar ansehen, sollte man ihnen einen Besuch bei der – militärisch vielleicht sogar ein wenig besseren – israelischen Armee empfehlen, wo das alles geht. Auch Chauffeure auf dem Weg ins Büro und nach Hause braucht das Verteidigungsministerium genauso wenig wie jedes andere Ressort. Die Republik zahlt den Offizieren ja auch ein durchaus ordentliches Gehalt. Und Überreste feudaler Privilegien haben im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren.
Wer hat nicht an den 11. September in New York gedacht, als nun in der Stadt Boston die Bomben explodiert sind? Wenngleich man mit Vermutungen ohne handfeste Beweise immer zurückhaltend sein soll, so ist doch eines klar: Auch bei intensivem Nachdenken fällt einem keine andere Wahrscheinlichkeit ein, wer sonst diese koordinierten Terrorschläge ausgelöst haben soll als eben dieselben Netzwerke wie im Jahr 2001.
Also steht der islamistische Terrorismus wieder scharf im Scheinwerferlicht. Wer sonst soll möglichst viel Blutvergießen bei einem solchen Massenereignis gewollt haben, beim ältesten und traditionsreichsten Stadtmarathon der Welt, der einen Bogen vom 19. bis ins 21. Jahrhundert spannt, der damit für die europäisch-amerikanische Kultur einen ganz besonderen Stellenwert hat? Aber lassen wir ein paar Promille an Möglichkeit offen, dass es wer anderer war, von mir aus auch der Zufall. Mehr ist da jedoch nicht drinnen. Ich bin auch sicher, dass Gerichte Menschen schon mit einem viel geringeren Grad an Sicherheit schwerst verurteilt haben.
Gewiss muss man immer wieder festhalten und betonen, dass es auch unter Moslems nur eine winzige Minderheit ist, die Anschläge irgendwie befürwortet. Aber ebenso muss man im Rückblick auf den 11. September sagen, dass eine Reihe islamischer Länder seither nicht sonderlich hilfreich gewesen ist, um die Jagd auf die Täter zu unterstützen. Von den zerfallenen Staaten wie Jemen, Somalia oder auch Pakistan sei da gar nicht geredet, wo überall gewalttätige Radikalislamisten die Hauptschuld an der Gesetzlosigkeit tragen.
Man muss aber auch die Politik und Justiz etwa Europas fragen, ob sie die anhaltende und eskalierende Bedrohung durch Terrorismus ernst genommen haben. So sind ja in Wien zufälligerweise nur Stunden vor den Bostoner Explosionen Angeklagte freigegangen, die Terroristen geholfen haben dürften. So haben viele linke Medien und Politiker viel intensivere Emotionen wegen des amerikanischen, mit mutmaßlichen Terroristen gefüllten Lagers Guantanamo gezeigt als wegen der Anschläge vom 11. September. Zumindest taten sie das, solange in Washington ein republikanischer und noch kein demokratischer Präsident regierte. Auch hat man immer wieder das Gefühl bekommen, dass jeder Versuch Amerikas, strengere Kontrollen gegen den Terrorismus zu organisieren, primär überall als Zumutung interpretiert worden ist.
Wenn es wirklich islamistischer Terror gewesen ist, dann war der Anlass der Explosionen zweifellos wieder spektakulär gewählt. Aber zum Glück ist die Opferzahl doch weit geringer als bei der Zerstörung des World Trade Centers. So tragisch auch immer jeder einzelne Tote ist, und gar ein getötetes Kind.
Dennoch können sich die Amerikaner zugute halten, dass es ihnen mehr als ein Jahrzehnt lang mit zum Teil harschen Maßnahmen gelungen ist, Terrorismus zu verhindern. Obwohl es zweifellos viele gerne versucht hätten. Man denke nur daran, dass Explosionen mit zweistelligen Opferzahlen im Irak, wo es eben keinerlei Sicherheitsmaßnahmen gibt, fast täglich vorkommen und in den Medien als langweilig gar nicht mehr vermeldet werden. Und dass Blut und Terror in den nordafrikanischen Ländern überhaupt alltäglich sind. Von Syrien ganz zu schweigen. Ausgerechnet Israel bildet da eine eindrucksvolle Ausnahme im Nahen Osten – eben weil es sich mit der von der EU so hart kritisierten Mauer abgeschirmt hat.
Aber absolut kann sich nicht einmal Amerika schützen. Mit dieser Tatsache muss sich auch das noch immer mächtigste Land der Welt abfinden. Gegen Terrorismus helfen auch keine Waffenverbote, die in den letzten Monaten von Journalisten zur zentralen Notwendigkeit hochgeschrieben worden sind.
Und noch eine Erkenntnis sollte uns allen bewusst werden: Auch der Sport ist keineswegs von einem anderen Planeten, sodass sich dieser von der politischen Gewalt absentieren könnte. Das hat schon einst der palästinensische Anschlag in München gezeigt und eben jetzt Boston. Den Kopf in den Sand stecken hilft genauso wenig wie der Hochmut, dass Sport etwas Besseres wäre.
Zwei Entscheidungen der Strafjustiz: Der Laie wundert sich, Justizprofis haben es hingegen längst gewusst: Das Justizsystem und die Gerechtigkeit haben nur sehr wenig miteinander zu tun.
Drei Männer sind in Wien in einem Prozess wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung freigesprochen worden. Selbstverständlich geht jeder Freispruch vor einem unabhängigen Gericht prinzipiell in Ordnung. Nur wundert man sich halt sehr, wenn die Richterin selber bei Verkündigung des Freispruchs sagt, in dem Verfahren sei so viel gelogen worden wie selten davor; und: Die Freisprüche seien nur wegen der noch fehlenden Rechtskraft eines deutschen Urteils erfolgt, sowie weil sich wichtige Zeugen entschlagen hätten.
Das ist in Summe schon mehr als seltsam, wenn Freisprüche so einfach zu erreichen sind. Und wenn dann die Richterin zum Abschluss einfach meint, der Verfassungsschutz werde die drei halt künftig weiter beobachten. Wie viele Jahrhunderte an Freiheitsentzug sind dagegen nur deshalb verhängt worden, nur weil sich die Angeklagten zu einem Geständnis überreden haben lassen! Das werden künftig nur die ganz Blöden tun. Die anderen werden kräftiger denn je lügen.
Dieses Urteil steht für den naiven Laien, der noch immer an die Gerechtigkeit im Justizsystem glauben will, auch in auffallenden Beziehungen mit den Beschlüssen in einem anderen spektakulären Justizfall. Eine internationale Kommission ist nämlich zu dem Schluss gekommen, dass es im Fall Kampusch nur einen Täter gegeben habe.
Auch dies muss der Bürger letztlich hinnehmen. Er denkt sich nur seinen Teil. Der unter anderem darin besteht, dass dies für das gesamte Justizsystem die weitaus bequemste Erkenntnis ist; dass der Justizapparat ein gewaltiges Interesse hatte, um ein öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und weisungsfreien Richter mit Zeugen, die erstmals(!) unter Wahrheitspflicht stehen, zu vermeiden; dass von dieser Kommission weder eine Belastungszeugin noch die beiden Höchstrichter vernommen worden sind, die von der Existenz mindestens eines (bekannten) weiteren Täters absolut überzeugt sind; und dass in dieser Kommission wiederum eine Reihe von Exponenten des Justiz- und des Innenministeriums saßen, welche die ebenfalls dabei sitzenden Ausländer in aller Vertraulichkeit und ungestört einseitig mit ihrer Sicht der Dinge und mit den von ihnen angelegten Akten füttern könnten. Von all den Beratern und Medienmenschen rund um die – zweifellos bedauerliche – Frau Kampusch mit ihren zum Teil exzellenten Netzwerken sei da noch gar nicht geredet.
Wenn er sich all dessen bewusst wird, dann wundert sich der Laie am Ende doch nicht mehr. Dann wird ihm klar, dass eigentlich nichts anderes herauskommen konnte. Dann wird ihm auch klar, dass Gerechtigkeit und das Justizsystem halt nur sehr entfernt miteinander verwandt sind.
Das Parlament – es sei zu seiner Ehre gesagt – hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um in diesem Fall der Wahrheitsfindung zu dienen. Das Justizsystem war aber stärker. Und nur religiöse Menschen können glauben, dass es irgendwo einen Ort der wirklichen Gerechtigkeit gibt.
Nichts hat sich in den letzten Jahrzehnten mehr gewandelt als die Verhältnisse im Dreieck Medien-Machthaber-Bürger – wirtschaftlich, technisch, inhaltlich, politisch. Und mit Sicherheit stehen uns weitere Änderungen mit ähnlicher Dynamik bevor.
(das ist ein längerer, grundsätzlicher Text)
Zuerst einige Schlaglichter auf die Vergangenheit:
Als die „Neue Freie Presse“ auf der Wiener Weltausstellung 1873 eine Rotationsdruckmaschine präsentierte, war das eine europäische Sensation. Dasselbe war es 1892 als diese, damals auf dem Kontinent führende Zeitung erstmals ein Interview veröffentlichte (nämlich mit Otto von Bismarck). Ein ebensolcher Entwicklungssprung war es, als viel später – in vielen Fällen erst nach dem Zweiten Weltkrieg – Zeitungen Fotos veröffentlichten, die mancherorts noch bis ins 21. Jahrhundert bloß schwarz-weiß waren. Erst in den 80er Jahren begann die Umstellung von dem seit Gutenbergs Tagen üblichen Bleisatz auf den computergesteuerten Lichtsatz und dann in rascher Folge auf immer neuere Drucktechnologien. Gar erst in den 90er Jahren preschte der „Standard“ damit vor, seine Inhalte auch ins Internet zu stellen. Derzeit versucht man gerade – offensichtlich eher vergebens – durch Angebote wie „Apps“ die Gratis-Leser im Internet wieder zu Käufern zu machen.
Die Welt der Medien ist nicht nur die der Zeitungen. Parallel sind in diesem skizzierten Zeitraum (Kino-)Film und Radio erfunden worden, haben global Furore gemacht. Und beide sind dann durch das Fernsehen in eine schwere Krise geraten, in der für Radio wie Kino der Untergang schon nahe schien.
Inzwischen aber kriselt das Fernsehen; und Kino und Radio erleben – wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau – eine neue Blüte. Dazu war es jedoch notwendig, dass sich beide komplett neu erfinden: der Kino-Film etwa durch 3D, Imax, aufwendige Computeranimationen und neue Toneffekte; das Kino durch komfortable Sitze und perfekt vermarktete Produktionen; das Radio durch die Abkehr vom Universalsender und die Aufspaltung in Formatradios, also eigene Sender für jeden einzelnen Musikstil. Gleichzeitig zeigt das Radio, dass es in der Schnelligkeit der Information dem ob seiner Abhängigkeit von Bildmaterial und Sendeschema oft trägen Fernsehen meist weit überlegen ist.
Wer hätte in den 60er und 70er Jahren gedacht, dass am Beginn des 21. Jahrhunderts Radio und (Kino-)Film wieder Medien der Jugend sind, während das Fernsehen primär ein Pensionistenpublikum hat?
Auch die gedruckten Zeitungen haben ein Jugendproblem. Das ist aber nicht so schlimm wie beim Fernsehen, das pointiert ausgedrückt neben Pensionisten fast nur Halbwüchsige, jedoch kaum noch junge Menschen im Alter der Partnersuche, der ersten Jobs und Kaufkraft vor den Bildschirm bringt. Zeitungen sind nach wie vor zumindest für viele qualifiziert Berufstätige wichtig.
Weit vor Kino und Radio ist aber das wirkliche Medium der Jugend das Internet – in all seinen technischen und inhaltlichen Varianten: von den intensiv nachgefragten Pornografie-Seiten, über eine Unzahl von Spielen und Ecken – auch für das ausgefallenste Interesse – bis hin zu den sogenannten sozialen Medien, in denen angebliche Freundeskreise verbalen und zunehmend auch gefilmten Exhibitionismus betreiben.
Aus der Vergangenheit können wir aber lernen: Jedes neue Medium boomt anfangs, bevor es dann selber an Attraktivität verliert, weil es nicht mehr neu ist, weil es nicht mehr den Eros der Modernität ausstrahlt, weil inzwischen wieder neue Medien auf den Markt gekommen sind. Jedoch ist es noch keinem neuen Medium gelungen, ein altes ganz in den Untergang zu treiben. Wie wird es weitergehen?
Wichtiger als die Frage nach weiteren technischen Innovationen ist jene nach den Funktionen, die alle Medien erfüllen. Das sind: Unterhaltung und Information. Viele Medien versuchen, beides zu bedienen. Die Unterhaltung tarnt sich gerne als Information (siehe etwa die Tarnung von „Playboy“-Magazinen durch Pseudo-Informationsartikel, obwohl die Hefte ganz überwiegend voyeuristische Leser bedienen). Das hat nicht nur Imagevorteile, sondern auch rechtliche (siehe Redaktionsgeheimnis, Umsatzsteuer, Schutz der Medienfreiheit etc.).
Auch deklarierte Unterhaltung ist keineswegs frei von gesellschaftspolitischen Wertungen. Sie prägt Meinungen oft mehr, als dies hochseriöse Informations-Zeitungen schaffen. Sie tut das indirekt, aber effektvoll: indem in Filmen Unternehmer oder Politiker nur als Gauner oder Dummköpfe vorkommen, indem jede Umwelthysterie als Faktum erscheint, indem kaum noch klassische Familienbilder transportiert werden. Ähnlich prägend wirkt etwa die Leistungsfeindlichkeit von Radiomoderatoren, die ab Montag schon davon reden, wann endlich das Wochenende beginnt.
Unterhaltung ist nichts Minderwertiges. Jeder Mensch hat Anspruch auf Entspannung und Vergnügen. Reine Information kann – vor allem bei schlechter Aufbereitung – ermüden und belasten. Nur sollte Unterhaltung auch als solche deklariert werden. Daher ist es ein Etikettenschwindel, wenn etwa die von Unwahrheiten strotzenden Filme eines Michael Moore oder Al Gore vorgeben, seriöser Journalismus zu sein. Zwar ist fast jedes Medium zu unterschiedlichen Anteilen sowohl Informations- als auch Unterhaltungsträger, aber es gibt klare Schwerpunkte: In einem Mickey Mouse Heft wird man kaum Information finden und in der Neuen Zürcher Zeitung nicht viel Unterhaltung.
Solange das alles reine Marktangebote sind, ist die Unterscheidung ziemlich gleichgültig. Heikel wird es aber dann, wenn es staatliche Förderungen und Rechtsprivilegien gibt. Da zeigt sich, dass die Definition dessen, was förderwürdig ist und was nicht, sehr schwierig wird. Dies gilt etwa dann, wenn es um Kultur-Förderungen gehen soll.
Es gibt in Wahrheit keinen Grund, warum etwa in Österreich jede Filmproduktion heftig subventioniert wird. Gewiss: Dabei finden etliche Menschen eine Zeit lang Beschäftigung – aber diese gibt es auch bei anderen Aktivitäten. Gewiss: Manche Filme machen Tourismus-Schleichwerbung für Österreich – aber die meisten tun das in keiner Weise und werden dennoch gefördert. Der einzige Grund der Filmförderung ist in Wahrheit der Druck der Kulturjournalisten, die in Symbiose mit der Filmszene lebende, jedoch (meist) nicht von dieser bezahlte Lobbyisten sind.
Ähnlich rätselhaft bleibt, warum viele Musik- und Theaterproduktionen aus Steuergeldern gefördert werden, andere jedoch nicht. Weshalb wird ein zuschauerfreies Kellertheater gefördert, pädagogisch wertvolles Amateurtheater nicht? Warum wird überhaupt etwas gefördert, das nur von wenigen Promille der Steuerzahler jemals gesehen wird? Ist das nicht eine Umverteilung von unten nach oben – geht doch fast nur die Oberschicht in Theater?
Themenwechsel zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dieser hat im Grunde längst seinen exklusiven Gebührenanspruch verspielt, weil er über große Strecken reinste Kommerzunterhaltung macht. Längst finden auf Privatsendern spannendere und mutigere Diskussionen mit einem breiteren Spektrum statt als im ORF. Längst macht Servus-TV seriöseres Programm als die Hauptprogramme des ORF.
Noch fragwürdiger wird das Gebührenprivileg dadurch, dass der ORF in seinen wenigen Informationsschienen (und auch in der unterschwelligen Stimmungsmache im Unterhaltungsbereich) häufig das Gebot der Objektivität und Ausgewogenheit verletzt. Dort wird dominant ein linkes Weltbild transportiert. Dort werden nichtlinke Parteien stigmatisiert. Dort treten grüne Behauptungen oft als Dogma auf. Dort werden viele den Österreichern wichtige Werte kontinuierlich heruntergemacht: Heimat, Familie, Leistung, Freiheit – von Marktwirtschaft und Christentum gar nicht zu reden. Der ORF trägt überdies Mitschuld daran, dass in Österreich die für die Zukunft entscheidenden naturwissenschaftlichen und mathematischen Disziplinen einen so geringen Stellenwert haben und weniger als ein Prozent der Sendezeit einnehmen.
Dennoch sind Fernseh- und Radio-Gebühren im Prinzip legitim – aber abgesehen von der Qualitätsförderung nur zu einem einzigen Zweck: österreichischen Inhalten einen Sendeplatz verschaffen. Diese würden sonst von den Sendern aus dem zehnmal größeren Deutschland total an die Wand gedrückt. Hingegen sollte die Subventionierung von reiner Unterhaltung längst gestoppt werden. Und der Gebührenkuchen sollte nach gleichen Regeln ebenso privaten Sendern zugutekommen können. Dadurch würden diese motiviert, mehr Qualität, um Objektivität bemühte Information und österreichische Inhalte zu senden. Solche Qualität lässt sich durchaus mit Hilfe einer unabhängigen Bewertungs-Kommission bewerten. Eine unabhängige Qualitätsmessung würde auch im ORF zu besseren Ergebnissen als dem Istzustand führen. An diesem hat sich auch durch den jüngsten Versuch des ORF nichts geändert, seine Öffentlich-Rechtlichkeit dadurch zu rekonstruieren, indem er auf einem „Österreich III“ alte Dokumentationen und Kulturfilme abspielt, die ihn nichts kosten.
Hinter diesem zentralen Komplex – Gebühren-Qualität-Objektivität – rücken alle technischen Debatten, über welche technischen Verbreitungskanäle künftig Fernsehen erfolgen wird, in den Hintergrund. Ähnliches gilt für die Tages- und Wochenzeitungen. Hier wird zwar ständig über das Match Print versus Internet debattiert, dieses ist aber zweitrangig hinter dem Thema Unabhängigkeit-Seriosität-Vielfalt. Fernsehen wie Zeitungen haben eine alle anderen Medien weit überragende nationale Aufgabe. Nur sie können auf absehbare Zeit die Funktion des gesamtösterreichischen Agenda-Setting ausüben. Nur sie entscheiden, was „Talk of the Nation“ ist. Nur sie können als „vierte Gewalt“ ein Gegengewicht zu Machtmissbrauch und Fehlern von Politik und Justiz bilden. Nur sie können demokratische Vielfalt sicherstellen. Nur sie schaffen Öffentlichkeit für Meinungen und Ideen.
In Hinblick auf die Erfüllung ihrer demokratischen Aufgabe sieht es bei den Zeitungen – ob auf Papier oder via Online – aber genauso problematisch aus wie beim ORF. Während es beim ORF auf Grund der gesetzlichen Lage und der Eigentumsrechte zu einem parteipolitischen Durchgriff kommt, sieht der Mechanismus bei den Printmedien etwas anders aus. Dort beschäftigt sich sogar die Staatsanwaltschaft mit den vielen Hinweisen, dass Tages- und Wochenzeitungen mit Steuer- und Gebührengeldern bestochen werden.
Was schon lange in der Stadt Wien in großem Umfang üblich war, findet seit dem Aufstieg Werner Faymanns in die Bundesregierung auch in staatskontrollierten Betrieben wie den ÖBB und in etlichen Ministerien statt: Öffentliche Mittel (aus Gebühren oder Steuergeldern) werden dazu verwendet, um einer Partei oder einem Politiker das Wohlwollen bestimmter Zeitungen zu erkaufen. Steuergeld fließt ohne externe Kontrolle primär dazu an eine Zeitung, damit diese auch außerhalb des Inserats in ihrem redaktionellen Teil einen bestimmten Politiker unterstützt. Das fällt der Politik besonders leicht, weil einige Medien ohne diese illegalen Hilfen aus Steuermitteln die letzten Krisenjahre nicht überlebt hätten. Das führt zu einem in ganz Westeuropa absolut undenkbaren Missbrauch.
Dazu kommen weitere gravierende Fehlentwicklungen: Viele Zeitungen lassen die Leser nicht mehr erkennen, was von einer unabhängigen Redaktion gestaltetet und was kommerziell erkaufter Inhalt ist: „Verlagsbeilagen“, „Kooperationen“, „Sonderseiten“ dienen als für den Normalleser nicht mehr erkennbare Tarnung reiner Werbung. Immer öfter wird sogar auf diese Tarnung „vergessen“. Noch übler ist ein weiterer in der ganzen Branche bekannter Missbrauch, der aber aus Angst vor den Tätern nicht angezeigt wird: Einige Verleger verkaufen Inserate durch Erpressung: „Wenn du nicht inserierst, schreiben wir schlecht über dich.“
Diese Praktiken sind eine fundamentale Bedrohung für Rechtsstaat und Demokratie. Die Hoffnung ist jedoch klein, dass dieses Land noch zu dem notwendigen Selbstreinigungsprozess imstande ist. Alle „Reformen“ wie das Medientransparenzgesetz sind jedenfalls völlig unzureichend, um diese Missstände zu beenden. Dieses Gesetz beispielsweise führt nur dazu, dass künftig auch statistisch festgehalten wird, was seit Jahren fast täglich in bestimmten Medien zu finden war: Inserate, die nicht nach einer objektiven Ausschreibung – wie jede sonstige Geldausgabe der öffentlichen Hand – sondern nach Sympathie vergeben worden sind. Dabei gibt es für Inseratenvergaben durch die Industrie längst etablierte Vergabe-Mechanismen, die zum größtmöglichen Nutzen um den geringsten Preis führen. Diese Mechanismen werden aber von der Politik gescheut, was sie naturgemäß ständig in ein schiefes Licht rückt.
(Dieser Text ist in ähnlicher Form in dem neuen Sammelband "Gesellschaft im Umbruch. Chancen und Herausforderungen zwischen Wandel und Kontinuität" erschienen.)
Nur oberflächlich scheint es rätselhaft, warum die SPÖ für die Einführung eines Rechtsextremismus-Berichts kämpft, obwohl doch alle relevanten Fakten zum Thema Extremismus schon im regelmäßigen Verfassungsbericht stehen. Mit Verwaltungsvereinfachung kann das Verlangen ja eher weniger zu tun haben. Es hat vielmehr sehr intensiv mit dem aufziehenden Wahlkampf zu tun.
Denn so wie die ÖVP im Rennen um Platz eins vor allem um die vielen Stimmen bangen muss, die sie Richtung Stronach verlieren könnte, so fürchtet sich die SPÖ aus dem gleichen Grund vor Abgängen Richtung Grün. Und da wir im Herbst Wahlen haben, werden nun eben von der SPÖ die Themen Antifa und Feminismus verstärkt gespielt. Sie glaubt halt, damit Linksaußenwähler vom Wechsel zu den Grünen abhalten zu können.
Dabei geht es um ein kleines, aber fanatisches und in bestimmten Szenen sehr lautstarkes Wählerpotenzial, das in der Tat den neuerlichen Ausbruch des Nationalsozialismus zu fürchten scheint. Es soll ja auch Menschen geben, die sich vor Überfällen der Hunnen und Awaren fürchten. Alles ist möglich. Fürchten kann man sich vor allem.
Rot wie Grün haben aber auch ein gemeinsames Interesse. Durch die einseitige Heraushebung des Rechtsextremismus hoffen sie, die Tatsache verwischen zu können, dass es genauso einen Linksextremismus gibt. Der ebenso gefährlich und gewalttätig ist, und der aus dem gleichen Stall kommt wie die beiden Parteien selbst. Beide ärgern sich daher, dass das Innenministerium Rechts- und Links-Extremisten immer nach den gleichen objektiven Kriterien in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen hat.
Das macht es Rotgrün schwieriger, alle politischen Gegner, sobald diese politisch gefährlich werden können, als rechtsradikal zu denunzieren. Das geht eben nicht so leicht, solange es nur einen einzigen staatlichen Bericht gibt, in dem genauso ihre linken Gewaltcousins aufgelistet werden.
Rot und Grün verwenden mangels eines Rechtsextremismus-Berichts daher einige Substitute, wie etwa das sogenannte Dokumentationsarchiv des Widerstands und ein Handbuch des Rechtsextremismus, um andere zu denunzieren. Diese haben freilich den Nachteil, dass sie in keinerlei Weise offiziell sind, und dass sich inzwischen herausgestellt hat, dass die meisten dieser Propaganda-Institutionen vielfach von rot-grünen Subventionsgeldern aus den Rathauskassen leben. Was nicht sonderlich ihre Glaubwürdigkeit erhöht.
Immerhin wissen wir jetzt aber auch, dass es Werner Faymanns Lieblingsgenossin namens Laura Rudas noch gibt. Denn der Ruf nach einem solchen Rechtsextremismusbericht stammt von ihr. Sie ist damit erstmals wieder aufgefallen, seit sie wegen Unfähigkeit entmachtet worden ist. Freilich, ob es der SPÖ ausgerechnet mit einer Speerspitze Rudas gelingen wird, die Linksaußenwähler wieder zur SPÖ umzuleiten?
Und wie viele Freunde wird sie sich gleichzeitig in der eigenen Partei mit der Forderung machen, dass in einem solchen Bericht taxfrei und beweisfrei auch die Burschenschaften aufgenommen werden sollen? Ob sie da am Ende auch jene hochrangigen SPÖ-Funktionäre aufgelistet haben will, die einmal Mitglied einer solchen Burschenschaft gewesen sind?
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
In Zeiten der Finanzkrise, der internationalen Finanzhilfe für ins Trudeln geratene Staaten, der Rettungsschirme und dem Bemühen um gerechtere Steuersysteme ist das österreichische Bankgeheimnis anachronistisch. Es schützt jene, die etwas verbergen wollen, und nicht jene, die bereit sind, ehrlich Abgaben zu zahlen.
Zwar stimmt es, dass das Bankgeheimnis zu den wesentlichen Elementen des Schutzes der Privatsphäre zählt; es steht jedoch im Konflikt mit dem Anspruch des Staates und der Steuerzahler auf eine zutreffende und gleichmäßige Besteuerung von Vermögen und Zinseinnahmen. Dies gilt natürlich auch im internationalen und vor allem im europäischen Kontext.
Hätten zum Beispiel deutsche Banken nicht bei Transfers von und nach Zypern und Griechenland mitgespielt, wäre das Finanzsystem in diesen Ländern stabiler und die nötigen Hilfszahlungen wären viel geringer gewesen. Auch die vor Kurzem bekannt gewordene internationale Liste der hochkarätigen Steuersünder zeigt deutlich, wie schädlich Steueroasen sind. Dass Österreich bei der Verschleierung an vorderster Front mitmacht, ist beschämend. Die Alpenrepublik gilt mittlerweile international als Schutzmacht für alle, die Schwarzgeld horten und keine Steuern in ihren Heimatländern zahlen wollen. Das ist nicht nur politisch unklug, sondern auch moralisch verwerflich.
Österreich macht sich so zum Außenseiter bei den immer deutlicher spürbar werdenden internationalen Bestrebungen gegen die Oasen für kriminelles Geld. Denn immer deutlicher wird erkannt, dass diese Steuersümpfe wirtschaftlich, budgetär, politisch und moralisch pures Gift sind. Bei der Abschaffung des Bankgeheimnisses geht es um Fairness und Transparenz. Es kann nicht sein, dass sich internationale Steuersünder weiterhin in Österreich gemütlich niederlassen können und sicher vor dem Zugriff des Fiskus sind. Den Ehrlichen tut es nicht weh, wenn das Bankgeheimnis fällt; die anderen machen nur Scherereien, und darauf kann Österreich verzichten..
Andreas Unterberger
Es gibt für Österreich absolut keinen Grund, das Bankgeheimnis abzuschaffen - außer den Druck von EU-Kommissaren. Und außer der Schwäche von Bundes- und Vizekanzler, die beide nach lautstarken Aussagen binnen weniger Stunden umgefallen sind. Peinlicher geht’s ja nimmer. Lediglich die eigentlich zuständige Finanzministerin und die Notwendigkeit einer Verfassungsmehrheit sind ein letzter Schutzschild gegen diese Abschaffung.
Immerhin geht es dabei um zigmilliarden Euro Einlagen von Ausländern bei österreichischen Banken, die sehr positive Folgen für Kredite an die österreichische Wirtschaft, für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen haben. Immerhin ist die große Mehrheit aller Juristen der Meinung, dass mit dem Bankgeheimnis für Ausländer zwangsläufig auch jenes für Inländer fallen wird.
Der EU-Gerichtshof verbietet es ja ständig und konsequent, Bürger anderer EU-Länder schlechter zu behandeln als Inländer. Anders lautende Argumentationen sind groteskes Wunschdenken und sollen uns nur bis zum Wahltag Sand in die Augen streuen. Manche Regierungspropagandisten meinen, dass sich ein einziger Staat nicht gegen alle anderen stemmen solle, obwohl ihn die EU zu nichts zwingen könne. Komisch. Wieso kann dann (ausgerechnet!) Griechenland seit Jahrzehnten aus puren Prestigegründen die volle Anerkennung Mazedoniens verhindern? Wieso kann dann Großbritannien gegen das Verlangen aller anderen seine Kapitalgesellschaften (mit Tätigkeiten in ganz Europa!) verteidigen, bei denen es oft weder Eigentümer noch Eigenkapital zum Schutz der Gläubiger gibt?
Wieso konnten Wolfgang Schüssel und Ursula Plassnik einst im Alleingang die Beitrittsverhandlungen der Türkei blockieren?
Und wenn (trotz Zahlung der Quellensteuer ans Ausland!) unser Bankgeheimnis so unfair wäre, was ist dann bitte das Gratisstudium Zehntausender Deutscher in Österreich, die zu blöd für den Numerus clausus daheim in Deutschland waren?
Was steckt hinter dem Spruch zweier Schweizer Gerichte, dass die Bank Austria für den Schaden haftet, der nach den Geldschiebereien der dubiosen Geschäftsfrau Rudolfine Steindling zurückgeblieben ist?
Nun, einen Hintergrund haben wir im Grund alle gewusst: Die Zeiten des real existierenden Sozialismus haben auch ökonomisch viele düstere Geheimnisse und Netzwerke gehabt. Die östlichen Kommunisten haben so manche Ausbeutung der ihnen Unterworfenen (einschließlich brutalster Zwangsarbeit) dazu benutzt, um internationale Vermögen zur Verfügung der Bonzen anzuhäufen. Dabei hat das so neutrale Österreich sehr oft eine diskrete und keineswegs saubere Rolle gespielt. Diese Rolle kann man am besten mit „gezieltes Wegschauen“ umschreiben.
Auch die Verbindungen zwischen der DDR und dem Linksextremismus im Westen sind inzwischen da und dort schon offenkundig geworden. Die inzwischen verstorbene Steindling, über die viele DDR-Sauereien gelaufen sind, war eine bekannte Geberin von (eigenem oder fremdem?) Geld für Österreichs Kommunisten. Die Mörder aus der Baader-Meinhof-Bande sind von der DDR finanziell unterstützt worden. Und sie haben im Arbeiter- und Bauernstaat auch immer wieder ein ungefährdetes Rückzugsgebiet gehabt, aus dem sie dann zu neuen Verbrechen in den Westen aufgebrochen sind.
Intensiv aufklärungsbedürftig wären aber auch die engen Verbindungen von Länderbank und Zentralsparkasse mit diesem Filz. Dass da jetzt die Bank Austria für den entstandenen Schaden haftet, zeigt ja nur die Oberfläche der Affäre. Dahinter steckt nach den Erkenntnissen der Schweizer Gerichte insbesondere die Tatsache, dass die damaligen Vorläufer der heutigen Bank Austria einseitig mit Steindling und KPÖ kollaboriert haben. Und sie taten dies offensichtlich bewusst gegen die Interessen der Bundesrepublik, die ja zum Zeitpunkt, da das Geld verschwunden ist, schon eindeutige Rechtsnachfolgerin der DDR gewesen ist.
Welche tieferen Querverbindungen gibt es da? Immerhin waren ja Länderbank und Zentralsparkasse komplett unter Kontrolle der SPÖ gestanden, die sich auch unter der 1991 erfolgenden Fusion zur Bank Austria nahtlos fortsetzte und erst in diesem Jahrtausend langsam auflöste. Zu dieser rein parteipolitischen Geschichte der 90er gehört ja auch, dass von Viktor Klima dann der Bank Austria die Creditanstalt mit all ihren stillen Reserven zugespielt worden ist. Dennoch musste die überpolitisierte Megabank dann zuerst Richtung Deutschland und von dort aus Richtung Italien verkauft werden.
Offenbar haben in diesem roten Sumpf Anfang der 90er Jahre auch in der Bank Austria manche lieber mit der KPÖ (oder Frau Steindling?) kooperiert als mit der Bundesrepublik. Wir werden es wohl nie im Detail erfahren. Denn die wirklichen Sauereien der Nachkriegsrepublik sind so fest unter den Teppich gekehrt, dass sie wohl niemand mehr da herausbringt. Die Zunft der Historiker befasst sich weiterhin lieber mit der – für sie offenbar überraschenden, sonst aber allgemein bekannten – Tatsache, dass die Philharmoniker auch unter den Nazis heftig und wunderschön aufgespielt, ebenso wunderschön spielende Juden verjagt und mit den Nazis innig getechtelt haben.
Der heutigen Bank Austria ist nur ein Vorwurf zu machen: dass sie nicht von sich aus die eigenen roten Flecken der Vergangenheit intensiv untersuchen lässt. Aber dazu sitzen wohl in den mittleren Rängen noch zu viele Altgenossen aus jenen Jahren, als dass diese Vergangenheit bewältigt werden könnte.
PS.: Gäbe es nicht so viele Bank-Austria-Inserate in allen Zeitungen, würden wir übrigens auch viel mehr Recherche-Energie rund um ein anderes Thema lesen und hören: nämlich rund um die – sagen wir freundlich: etwas nachlässige – Kontrolle der Bank in Hinblick auf jene Gelder, die mit ihrer Hilfe zum Megabetrüger Madoff geflossen und dort verschwunden sind. Aber auch in dieser Frage gibt es zum Glück wenigstens noch recht hartnäckige Gerichte.
Der alte Neuparteigründer hatte in Tirol seinen ersten innerparteilichen Konflikt zu lösen. Und er hat ihn gelöst, was er sich zu Recht als positiv anrechnen kann. Er hat dabei freilich genauso alt ausgeschaut wie die von ihm attackierten Altparteien. Und zum Teil noch älter.
Der steuerschonende Deus ex Canada sonnt sich als bisweilen einfliegender Krisenlöser. Er zeigt damit seine innerparteiliche Stärke. Er zeigt damit, dass in der neuen Partei sein Wort das einzige ist, was gilt. Zugleich aber hat die Tiroler Groteske mit gleich drei Möchtegern-Stronach-Listen demonstriert, welch Chaos in einer Partei ständig ausbricht, wenn es bis auf einen Mann keinerlei qualifizierte Führungspersönlichkeit und Entscheidungsstrukturen gibt. Kann man als Wähler diesen Haufen ohne schlechtes Gewissen unterstützen, der ja zwangsläufig früher oder später alleine in der Arena stehen wird? Und hat man die jetzt durch den Raum schwirrenden Ausdrücke wie Ehrenkodex und Werte nicht auch schon bei allen anderen Parteien einmal gehört, die er gerne als Altparteien abtut?
Ausgerechnet die Kontrollore wollten mehr Geld.
Der Steuerzahler hört gar nicht mehr hin bei den täglichen Klagen, Behauptungen, Pressekonferenzen, wer aller noch mehr Geld von uns haben will. Ob nun mit der angeblichen Armut argumentiert wird (hinter der in Wahrheit überwiegend Schwarzarbeit steht) oder mit der angeblichen Notwendigkeit, Elektrofahrräder zu fördern und Tausende andere „Wichtigkeiten“. Aber wenn ausgerechnet auch der Rechnungshof zusätzliches Geld will, dann ist das schon mehr als skurril. Alternativer Vorschlag: Vielleicht könnte er sich künftig auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren und nicht so sehr auf Tausende schikanöse Kleinigkeiten. Diese werden zwar von den Medien begierig als gschmackige Gschichteln aufgegriffen, sie führen aber bei Einhaltung aller Empfehlungen nur zu einer noch unbeweglicheren Verwaltung. Auch sollte sich der Rechnungshof nicht immer wieder als besserer Gesetzgeber verstehen. Denn das ist er nicht. Und besonders ruhig sollte diese – an sich durchaus wichtige! – Institution sein, unmittelbar nachdem sie die Salzburger Finanzen geprüft, aber keine Spur der versteckten Schulden gefunden hat; diese haben jedoch fast gleichzeitig zu einem Megakollaps geführt. So viel Blindheit brächten die Bürger auch selber zusammen. Jetzt hat einmal die Finanzministerin dem Rechnungshof ein eiskaltes Nein gesagt. Was erfreulich ist – wenn dieses Nein auch dauerhaft hält. Und wenn es nicht durch eine besonders strenge Prüfung ihres Ministeriums durch die Rechnungshof-Beamten beantwortet wird.
Wenn man den Kopf unter einen Polster steckt, wenn man nicht darüber redet, dann glauben Kinder, dass ein Problem gelöst wäre. Ganz ähnlich handelt Österreich. Es redet zwar viel über Wohnen, Salzburger Schuldenmacher und nordkoreanische Kriegshetzer; es lässt aber die Schulden- und Euro-Krise – obwohl völlig ungelöst – langsam in Vergessenheit geraten; und es schweigt vor allem die Pensionskatastrophe tot. Dabei ist deren Eintreten viel sicherer als das aller anderen Prophezeiungen (sie ist auch durch Milchmädchenrechnungen, dass Pensionen eh meist wieder konsumieren würden, nicht aus der Welt zu schaffen).
Demographische Vorhersagen sind total präzise, während man etwa beim Klima in Wahrheit nicht einmal genau weiß, ob es Richtung Erwärmung oder Abkühlung gleitet. Jedoch sind all die Pensionisten der nächsten Jahrzehnte schon geboren; die Eltern der dringend benötigten Kinder hingegen seit vier Jahrzehnten nicht mehr in der notwendigen Zahl.
Aber weder Regierung noch Opposition noch Medien lieben das Thema. Daher gibt es dieses einfach nicht . Daher bleibt der Sozialminister sogar nach der ärgsten Skandalmeldung der jüngsten Zeit ungetadelt: In den letzten vier Jahren ist das Pensionsantrittsalter um ganze zehn Wochen gestiegen, wie nun heimlich zugegeben worden ist. Dabei hat er (wie Regierung und Sozialpartner) ständig den Eindruck erweckt: Alle notwendigen Maßnahmen für ein nachhaltiges Pensionssystem wären ergriffen. Wahr ist jedoch das Gegenteil. Denn in diesen vier Jahren ist die Lebenserwartung der Österreicher um ein volles Jahr gestiegen. Die Schere klafft also immer weiter auseinander.
Alle Studien, die darauf warnend hinweisen, werden jedoch ignoriert. Ob sie nun von EU-Kommission, OECD, unabhängigen Experten oder vom Ökonom Erich Streissler kommen. Dieser hatte es sogar als notwendig erkannt, erst mit 75 in Vollpension gehen zu dürfen. Und die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt Österreich und Deutschland nun ein reales Pensionsantrittsalter von 69 Jahren. In Deutschland ist immerhin schon für Männer und Frauen(!) ein Rentenalter von 67 Jahren beschlossen. Nicht so in Österreich. Hier liegt der reale Pensionsantritt ein volles Jahrzehnt darunter.
Einer der klügsten, aber naturgemäß auch brisantesten Ratschläge will die Höhe der Pension nun von der Anzahl aufgezogener Kinder abhängig machen. Die Logik ist eigentlich zwingend: Singles müssen weder Zeit noch Geld für Kinder aufwenden und können daher viel mehr sparen und vorsorgen. Gleichzeitig wäre die Umstellung auf ein solches Pensionssystem ein Anreiz, doch wieder mehr Kinder zur Welt zu bringen. Statt an die hohlen Versprechungen des Sozialstaats zu glauben.
Österreichs Politiker hingegen faseln davon, dass mehr (und teure) Rehabilitation von Invaliden das Pensionssystem retten würde. Die wirklichen Wahrheiten und Notwendigkeiten übergehen sie jedoch. Wohl deshalb, weil kein Wähler sie gerne hört.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Jeder Steuerzahler ärgert sich grün und blau: Wir werden seit Tagen von Berichten über geheime Konten in exotischen Inselstaaten überflutet, mit denen einige Miteuropäer massiv Steuer gespart haben. Der Zorn über Steuerhinterzieher ist absolut verständlich und berechtigt. Zugleich verdienen aber auch etliche andere Akteure legitimen Zorn. Und zumindest in einer Hinsicht sollte man umgekehrt auch den Steueroasen eine nützliche Funktion zubilligen.
Steuerhinterzieher gehören verfolgt und bestraft. Das ist ein eindeutiges Delikt, das großen Schaden auslöst (auch wenn manche glauben, die Allgemeinheit könne nicht geschädigt werden). Das ist ganz besonders widerlich bei jenen, die nach außen laut schreien: „Noch mehr Steuern!“ Das ist aber ebenso wenig bei jenen zu tolerieren, die heimlich, still und leise handeln. Denn leidtragend sind immer wir alle.
Da kommt aber gleich die zweite Gruppe mit ins Spiel, die gerechten Zorn verdient hat: Das sind die nun sich selbst rühmenden „Enthüllungs-Journalisten“. Ihr Delikt: Sie lehnen eine Weitergabe der Daten an das Finanzamt ab. Womit die Verfolgung der Steuerhinterzieher recht schwierig wird.
Es ist aber einfach absurd, wenn sie behaupten, eine solche Weitergabe ginge wegen des (rechtlich Journalisten zweifellos zustehenden) Quellenschutzes nicht, wenn sie aber zugleich beteuern, selber trotz monatelangen Studiums der an sie weitergespielten Unterlagen die Quelle nicht zu kennen. Wenn die Quelle ohnedies aus den Daten nicht hervorgeht, warum werden dann die Daten geheim gehalten? Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch heuchlerisch.
Denn damit stellt sich die Frage: Worum geht es eigentlich bei der Veröffentlichung der Konten in Steueroasen (interessanterweise durchwegs in linksliberalen Blättern)? Geht es darum, dass Recht und Ordnung verteidigt werden? Dann muss man auch mit den Rechtsbehörden kooperieren. Geht es hingegen bloß um Stoff für ein paar gschmackige Artikel, dann ist das zwar eine im Journalismus sehr verbreitete Haltung, aber dann hat die Aktion in keinster Weise das dicke Selbstlob verdient, das sich die journalistische Klasse jetzt selbst zollt. Dann hat man einfach der Auflagensteigerung wegen Informationen veröffentlicht, die einem jemand zugespielt hat. Die Moral hält sich dabei in engen Grenzen.
Über die Motive dieses Jemand kann man nur rätseln. Wollte er sich gezielt an jemandem rächen, dann ist das eher verachtenswert. Wenn er jedoch bloß ein kleiner Programmierer ist, der sich jetzt ein paar Tage wie ein Rumpelstilz heimlich darüber freut, dass er wichtig und unerkannt zugleich ist, dann sollte er primär einen Psychiater aufsuchen. Von der übelsten Möglichkeit, dass dem Informanten von den sich laut rühmenden Aufdeckermedien Geld gezahlt worden ist, wollen wir ja gar nicht reden.
Wer aber sind die Besitzer jener exotischen und durchwegs steuerbegünstigten Konten? Es sind zweifellos nicht nur normale Steuerhinterzieher, sondern in vielen Fällen auch schwer kriminelle Banden, die ihr Einkommen aus Drogenschmuggel, Prostitution, Entführungen, Betrug, Bestechung und anderen Verbrechen zu verstecken versuchen. Daher wäre es sogar doppelt notwendig, wenn Quelle und/oder Journalisten wirklich Finanzämter und Polizei komplett informieren würden. Wer das verhindert oder bremst, der lässt Tätern jede Möglichkeit, sich samt ihrer Beute wieder aus dem Staub zu machen.
Irgendwie ist es absurd: Da will die SPÖ jetzt sogar wie ein Großer Kontrollbruder Überwachungskameras flächendeckend einsetzen, um all jene zu bestrafen, welche das bloße Verwaltungs-(!)Delikt des Nicht-ordentlich-die-Rettungsgasse-Bildens begehen (wobei wir beiseite lassen, dass eigentlich die Asfinag selber durch eine völlig falsche Informationskapagne die Hauptschuld trägt, dass das relativ häufig vorkommt). Aber zugleich könnte nach dem Willen bestimmter Journalisten schwerste Kriminalität unbestraft bleiben! Und die Freunde der Überwachungskamera finden kein Wort der Kritik daran.
Sehr merkwürdig ist es auch, dass die ersten veröffentlichten Profiteure der Steueroasen (neben asiatischen Politikerfamilien aus fernen postkommunistischen Ländern) vor allem – tot sind. Damit lässt man den noch lebenden Tätern aus Europa und Amerika jede Untertauch-Möglichkeit, die sich noch auf der Liste befinden dürften.
So weit so übel. Aber die Steueroasen haben durchaus auch noch eine andere Funktion, die nicht negativ, sondern harmlos bis positiv ist. Die nur meist übersehen wird.
Viele Besitzer solcher exotischer Konten haben nämlich niemals illegal gehandelt. Das sind beispielsweise große internationale Software-Konzerne oder Rückversicherungen, die überall und nirgends auf der Welt daheim sind. Und die daher völlig zu Recht die Entscheidungsfreiheit haben, wo jeweils welches Geschäft domiziliert. Die meisten dieser Konzerne haben dies auch nie verheimlicht. Sie haben vielmehr in ihren Bilanzen und Hochglanzbroschüren immer bekanntgegeben, auf welcher der karibischen Inseln sie agieren.
Letztlich hat sich auch Österreich einen Teil des Kuchens geholt. Etwa dadurch, dass es seit einigen Jahren die sogenannte Gruppenbesteuerung zulässt. Durch diese wird es international agierenden Firmen erlaubt, Verluste in einem Land mit Gewinnen aus einem anderen gegenzurechnen. Nur so war es vielen österreichischen Unternehmen möglich, ihre Wiener Zentralen beizubehalten und dennoch zu internationalen Akteuren zu werden. Nur aus diesem Grund sind trotz der hohen Lohnkosten in Österreich viele Konzerne ins Land gekommen.
Einen anderen Teil des Kuchens holt sich Österreich dadurch, dass es zwar von allen Ausländern Kapitalertragssteuern kassiert und diese dann auch an deren Heimat weiterliefert, dass es sich aber weigert, dem Ausland auch die Namen der Einleger samt der Größe ihres Vermögens zu nennen. Diese Regelung war kausal dafür, dass es Österreich insgesamt in den letzten Jahren sehr gut gegangen ist. Dazu kommen noch die vielen Milliarden aus Osteuropa, die hierzulande in Schmuck, Autos und insbesondere Luxusimmobilen investiert worden sind. Es ist ein bisschen heuchlerisch, wenn jetzt einige Wirtschaftsforscher wie Kommentatoren moralistisch gegen all das hetzen. Sie sollten dabei zumindest offen zugeben, dass uns das weitere Milliarden kosten wird, wenn ihr lauter Ruf nach einem Einschreiten der Kavallerie – oder wohl besser: Flotte – gegen Österreich Erfolg haben sollte.
Letztlich kann man nämlich nur auf eine Weise effektiv gegen alle Steueroasen der Welt vorgehen: Indem man auch mit militärischer Gewalt durchsetzt, dass weltweit die Steuern gleich hoch werden. Alles andere, was man sonst hört, sind schleimige Sonntagsreden ohne irgendeinen Bezug zur Wirklichkeit. Denn Menschen und Unternehmen werden immer jene Standorte bevorzugen, die ihnen Vorteile bringen. Dagegen mag man predigen. Das bleibt aber dennoch Faktum.
Der Hauptgrund für die billionenschwere Flucht des europäischen und amerikanischen Geldes in karibische und andere Inseln ist ja die ständig exorbitanter werdende Steuerlast. Solange hier die Steuern so hoch bleiben oder gar noch mehr steigen, wird es sich für Geldbesitzer immer lohnen, dieses Geld im Ausland zu lassen.
Warum etwa, um nur ein konkretes Beispiel zu nennen, soll ein österreichischer Exporteur, der in einem halben Dutzend Ländern produziert, nicht ganz bewusst gerade dort die höchsten Einnahmen erzielen, wo die Steuern am niedrigsten sind? Und warum soll er nicht seine Servicetechniker für komplizierte Anlagen, die aus vielen verschiedenen Ländern stammen und die in aller Welt tätig sind, formal bei einer karibischen Firma anstellen, wo er sich viele Abgaben erspart? Solcherart kassiert der Unternehmer Gelder, die nie in Österreich waren und die auch gar nie gezwungen werden können, jemals nach Österreich zu fließen.
Das ist nur eines von Hunderten Beispielen, wie man auch total legal Gelder in der Karibik akkumuliert. Je schärfer etwa Österreich gegen solche Unternehmen vorzugehen versucht, umso eher werden diese noch mehr Österreich und die hiesige Steuerpflicht umgehen.
Daher sind die erstaunlichen Enthüllungen über die karibischen Steuerinseln keineswegs ein Argument, irgendetwas in Österreich zu verschlimmern, sondern ganz im Gegenteil. Das durchschauen nur die Arbeiterkammer-finanzierten Wirtschaftsforscher nicht.
Jeder, der nur bis zwei denken kann, muss – trotz des Zorns über jeden einzelnen Steuerhinterzieher! – froh sein, dass es auch Länder mit niedrigerer Steuerbelastung gibt. Denn ohne sie wären der Gier der Politik nach dem Geld der Bürger überhaupt keine Grenzen gesetzt. Dann würde noch hemmungsloser noch mehr Geld für angeblich unbedingt notwendige Beamtenposten, Eisenbahntunnels, Krötenbrücken, Agrarstraßen, Provinzspitäler, Frühpensionisten, Feministinnen- und Migrantenvereine, Denunziationsarchive, Agenturen, Arbeitsunwillige, Berater, Förderungen und Hunderte weiterer Wählerbestechungsaktionen ausgegeben.
Die Absicht der Politik, globalen Zugriff auf immer mehr Geld der Bürger zu bekommen, wird dank der karibischen Inseln noch lange nicht in Erfüllung gehen. Und bei allem Ärger über Steuerhinterzieher kann man nur sagen: Zum Glück. Die Politik würde sonst überhaupt hemmungslos in den Steuertopf greifen können. Und der Bürger darf wenigstens noch – ohne sofort zum Kriminellen zu werden – nachdenken, wie er eher weniger als mehr Steuern zahlt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Es ist eigentlich ungeheuerlich: Die SPD und die EU pfeifen, und der österreichische Bundeskanzler springt. Und einen Tag später springt die ganze Regierung. Sie will plötzlich Verhandlungen über das, was noch vor kurzem für die ganze Regierung als unverhandelbar gegolten hat, nämlich das Bankgeheimnis. Dessen nun plötzlich für verhandelbar erklärter Fall wird juristisch zwangsläufig auch den Fall der letzten Reste des Inländer-Bankgeheimnisses auslösen (obwohl das manche vor den Wahlen noch zu leugnen versuchen). Und dann wird de facto eine Kopie jedes Sparbuchs gleich bei jedem Steuerakt liegen, damit Faymann seine oder genauer: die von den Gewerkschaften angeordnete Vermögenssteuer kassieren kann.
Wenn Österreich wenigstens eine Strategie für diese Verhandlungen hätte! Aber keine Spur. Der SPÖ-Chef will einfach aus Solidarität mit seinen linken Schuldenmachern in anderen EU-Ländern der Republik einen Riesenschaden zufügen. Und die ÖVP wagt nur ein paar Stunden Widerstand zu leisten. Denn selbstverständlich bedeutet der Abzug einer satten zweistelligen Milliardensumme einen Riesenschaden für das Land und seine Steuerzahler. Die Zinsen für Staatsanleihen werden steigen, die Kredite für die Wirtschaft werden knapper, die Steuereinnahmen werden geringer, Bank-Arbeitsplätze werden verloren gehen.
Ein intelligenter und strategisch denkender Bundeskanzler hätte zumindest sofort eine Riesenpackung an Gegenforderungen bereit – wenn er schon der Meinung ist, er wäre nicht imstande, bei einem EU-Gipfel dem Sturm von 25 oder 26 anderen Ländern standzuhalten. Ein solches Umfallen des SPÖ-Chefs ist auch angesichts des eher durch Anpassungsfähigkeit als durch Haltung geprägten Charakters Faymanns durchaus realistisch (ich bin ganz stolz, wie höflich ich das formuliert habe). Man vergleiche ihn nur mit dem Mut, den einst Ursula Plassnik und Wolfgang Schüssel gezeigt haben, als sie in Sachen Türkei-Beitritt alleine gegen den Rest Europas gestanden sind.
Aber selbst wenn Faymann sein eigenes Einknicken zu Lasten Österreichs schon programmiert hat: Warum bringt er nicht umgehend all die Dinge zur Sprache, durch die Österreich in Europa diskriminiert worden ist? Wenn er schon zu feige ist, um den Miteuropäern alles auf den Tisch zu knallen, dann müsste er sich zumindest auf ein Thema konzentrieren. Das wäre zweifellos die derzeit rapide zunehmende Masseninvasion europäischer, vor allem deutscher Studenten an unsere Unis. Motto: „Ihr wollt das Geld deutscher Anleger? Dann wollen wir das Geld für die deutschen Studenten!“
Österreichs Universitäten kollabieren nämlich unter dem Ansturm deutscher Numerus-clausus-Flüchtlinge, also aller jener, die zu blöd dafür sind, in Deutschland studieren zu dürfen. In Österreich können sie das fast ungehindert. Und noch dazu zum Nulltarif (wie der Verfassungsgerichtshof in seiner abgrundtiefen Weisheit und angesichts des vom Gesetzgeber angerichteten Chaos nun festzuhalten geruht). Natürlich ist an diesem riesigen Kostenproblem und an dem mit der Zuwanderung wenig qualifizierter Studenten verbundenem Qualitätsabsturz primär die sozialdemokratische Njet-Politik schuld. Die Partei ist ja gleichzeitig gegen wirksame Zugangsbeschränkungen und gegen eine Kostenbeteiligung für alle jene Studenten, die es sich leisten können (beziehungsweise deren Familien).
Aber die Konsequenzen dieser linken Obstruktionspolitik wären lange nicht so schlimm, wenn nicht gleichzeitig auf Grund eines nicht nachvollziehbaren Urteils des EU-Gerichtshofs praktisch jeder Deutsche (und natürlich auch die Bürger aller anderen EU-Länder) ungebremst in Österreich studieren darf. Deren Zahl steigt alljährlich um einen zweistelligen Prozentsatz.
Einige Beispiele der Konsequenzen:
Das hängt überhaupt nicht mit Ausländerfeindlichkeit zusammen. Jeder ausländische Student wäre herzlich willkommen, wenn er sein Studium bezahlen würde. Oder notfalls, wenn er bei uns die gleichen Bedingungen für sein Studium vorfinden würde wie daheim. Und wenn Österreich gleichzeitig weiterhin von deutschen Einlegern profitieren kann. Jedoch: Noch nie wurde auch nur eine Silbe bekannt, dass Faymann diesbezüglich bei einem europäischen Rat oder rund um diesen zumindest einen kleinen Sturm zu entfachen versucht hätte. Aber dazu hat er wohl viel zu viel Angst um seine Frisur. Jetzt wäre der Zeitpunkt da, hätte dieser Mann irgendwo Mumm in den Knochen.
Aber zweimal sozialistische Blödheit hält auch die reichste Republik nicht aus. Und die ÖVP will offenbar täglich den Freiheitlichen und Stronach weitere Wählermassen zutreiben. Aber nachher werden sich alle wundern.
Mit Margaret Thatcher ist wohl die erfolgreichste und wichtigste europäische Reformerin der Nachkriegszeit gestorben. Dabei war sie bei persönlichen Begegnungen alles andere als eine sympathische Person.
Ihr Kampf für einseitige britische EU-Rabatte hat ihr außerhalb des Vereinigten Königreichs wenige Sympathien eingebracht. Und zumindest Linke ärgern sich bis heute zutiefst, dass Thatcher eigentlich nur als große Siegerin des Falkland-Krieges innenpolitisch so lange bedeutsam sein konnte.
Aber genau dieser Zufall verhalf Thatcher zu der Möglichkeit, ein zutiefst verkommenes Land wieder um Jahrzehnte nach vorne zu bringen. Sie wagte es, sich dem damals auf den Inseln besonders stark bremsenden gewerkschaftlichen Terror entgegenzustellen. Und sie hat diesen Krieg gegen monatelange Bergarbeiter-Streiks gewonnen.
Sie privatisierte große Bereiche der maroden Wirtschaft. Was fast überall ein großer Erfolg wurde. Endlich mussten auf Dieselloks keine Heizer mehr mitfahren wie in der Zeit vor Thatcher. Lediglich die Schieneninfrastruktur musste angesichts der großen, aus den Vor-Thatcher-Jahrzehnten geerbten finanziellen Probleme wieder verstaatlicht werden; der Investitionsbedarf war nach Generationen der Vernachlässigung einfach zu groß. Hingegen hat auch keine der späteren Labour-Regierungen im Schlaf daran gedacht, irgendeine der sonstigen Privatisierungen zurückzunehmen, also auch nicht die des gesamten Personen- und Lastzugverkehrs. Dazu waren diese viel zu erfolgreich und stark nachgefragt.
Der konzessionslos durchgestandene Bergarbeiterstreik war der entscheidende Knackpunkt gewesen, der die britische Wirtschaft endlich reformierte. Das Land war bis zu Thatcher durch eine schrumpfende Arbeitsmoral und eine total veraltete Industrie geprägt, die nicht wie die deutsche die totale Modernisierung in Wiederaufbau und Wirtschaftswunder erlebt hatte.
Thatcher hat dadurch einer ganzen Generation von Briten neuen Wohlstand beschert. Dass sie das unter häufiger Zitierung des in London lebenden Wiener Philosophen und Ökonomen Friedrich August Hayek, ihres Lieblingsdenkers, gemacht hat, sollte zumindest erwähnt werden. An internationalen Persönlichkeiten hat sie hingegen außer Ronald Reagan niemanden wirklich anerkannt.
Gewiss ist Thatcher auch in so manchem gescheitert. Beim Nordirlandkonflikt etwa war es erst John Major, der die entscheidenden Weichenstellungen vornahm. Auch hat sie niemals genau den Platz Großbritanniens zwischen den USA und Europa definieren können. Sie hat es auch nicht geschafft, das total verstaatliche britische Gesundheitswesen zu modernisieren. Ebensowenig konnte sie das bis heute von leistungsschwachen öffentlichen Gesamtschulen geprägte Schulwesen reformieren, wo nur die Privatschulen die notwendige Qualität bringen. Und zweifellos waren ihre letzten Jahre im Zeichen einer schweren Altersdemenz alles andere als erfreulich.
Weniger gegen sie als gegen die Feministinnen spricht die Tatsache, dass diese mit einer so starken Persönlichkeit wie Thatcher überhaupt nichts anfangen können, sondern lieber alte kommunistische Ikonen aus der Mottenkiste verehren. Thatcher hingegen war eine klare Konservative mit liberalem Mut. Sie ist durch sensationell starke Sprüche bekannt geworden wie: „Dem Kampf um Frauenrechte verdanke ich nichts." Aber auch: „Wenn Sie in der Politik etwas gesagt haben wollen, fragen Sie einen Mann; wenn Sie etwas erledigt haben wollen, fragen Sie eine Frau." Ebenso legendär war ihr Lob für die Fähigkeiten einer Hausfrau.
Während Linke und Feministinnen sie hassten, ist sie für eine ganze Generation von Briten zum erklärten Idol geworden. Sie hat erledigt. Sie hat Führungsqualitäten gehabt. Sie hat jungen, auch keineswegs sehr politischen Frauen wie den „Spice Girls“ ein unnachahmliches Vorbild gegeben. Sie war aber auch für die tapfer gegen die Verfolgung kämpfenden osteuropäischen Dissidenten ein über den Eisernen Vorhang hinweg strahlender Leuchtturm der Freiheit gewesen, zum Unterschied von vielen anderen knieweichen europäischen Politikern.
Das Tragische ist heute: Weit und breit ist in Europa keine Persönlichkeit mit ähnlichen Fähigkeiten und Stärken mehr zu sehen. Auch Angela Merkel hat in Sachen „Dauerrettung“ und „Energiewende“ wohl zu viele Fehler begangen, um Thatcher an Bedeutung gleichzukommen.
Fast hätte ich sie aus dem Auge verloren, die deutschen Piraten, gibt’s doch auch anderswo allerhand köstliche Neugründungen. Aber jetzt haben sie es wieder erreicht. Gratulation.
Sie haben dies durch die Veranstaltung einer Konferenz mit folgenden Regeln (unter vielen anderen) geschafft. Im Wortlaut:
„Mit dem Betreten der Räume erkennst du die folgenden Konferenz-Regeln an:
Und so weiter. Übrigens: Der Punkt zwei ist tatsächlich Realität geworden: Die Piraten haben einen unerwünschten Teilnehmer (einen früheren Piraten-Funktionär) durch die Polizei hinauswerfen lassen. Wer glaubt, dass auch Männer Rechte haben, der fliegt. Was halt so aus Parteien wird, die einst als scheinbar erfrischender Akzent gegen die Political correctness angetreten waren.
PS.: Die diversen sprachlichen Holprigkeiten sind O-Ton der Piraten.
PPS.: Dass der Wahlkampf offenbar mit 1. April begonnen hat, ist an manchen Postings im Tagebuch zu merken. Die War rooms haben mit ihrer Agitation begonnen. Willkommen! Da weiß man wenigstens, was aus der Parteiförderung, also unseren Steuergeldern wird. Einzige offene Frage: Läuft dort eigentlich ein Wettbewerb, wer noch dümmer posten kann? Bisher manövrieren sich die Autoren durch ihre Intelligenz jedenfalls selber ins Abseits. So wie das jene getan haben, die diesen Blog bedauerlicherweise mit ihren Beschimpfungsorgien zu „beglücken“ versucht haben.
Bei seinem Erscheinen (2009) hat das Buch von Richard Wilkinson und Kate Pickett große Beachtung gefunden. Es hieß „The Spirit Level: Why more equal societies almost always do better“ (Gleichheit ist Glück. Berlin 2009). Das Medienecho war groß. Allzu gut passte es in das Credo der alten Linken, die sich immer gern als Neue Linke versteht: „Gleichheit“ ist eine alte Losung, die hier als Lösung präsentiert wird (nicht als Gleichheit der Chancen oder der Rechte, sondern der Ergebnisse; der Tocqueville’sche Unterschied wird im Buch wohlweislich nicht gemacht). Man ließ sich durch die Kernaussagen des Buches, die schon im Titel anklingen, bereitwillig zu der Meinung herumkriegen, die man vermutlich immer schon hatte: Ungleichheit ist ein Übel. Sie mache nicht nur die Gesellschaft krank, sondern (das ist neu!) auch den Einzelnen; ja mehr noch: Ungleichheit in der Gesellschaft senke die Lebenserwartung.
Wirklich geprüft haben die begeisterten Kommentatoren die der Behauptung zugrundeliegenden Daten offensichtlich nicht. Die letztere These hatte R. Wilkinson schon 1992 bzw. 1976 vertreten. Aber mit der Krise, die 2007 begonnen hatte, lohnte sich ein weiterer Aufguss – wenn auch mit alten Daten, die bei Erscheinen von „Spirit Level“ schon überholt waren. Nunmehr übernahmen sie viele Gutgläubige (Bereitwillige) – offensichtlich ohne einen professionellen Blick darauf zu werfen; sie bauten auf die Richtigkeit der Analyse. Aber viele Luftschlösser lösen sich in nichts auf, wenn man ihre Datenfundamente untersucht.
Eben dies tut Christopher Snowdon in seinem Buch „The Spirit Level Delusion“. Nüchtern und Schritt für Schritt. Er benützt dieselben Datenquellen wie Wilkinson und Pickett; einziger Unterschied: Sie sind aktueller und er inkludiert Länder, die jene (wohlweislich?) übergangen hatten.
Das Konzept von „Spirit Level“ ist einfach: Länder werden bezüglich des Grades der in ihnen herrschenden Gleichheit/Ungleichheit beschrieben. Als Maß dient der Abstand zwischen den untersten und obersten 20 Prozent einer Bevölkerung ihr Durchschnittseinkommen betreffend (Quelle: UN-Statistik). Snowdon kritisiert nicht den Maßstab – obwohl auch dies möglich wäre. Er übernimmt ihn vielmehr, um Wilkinson und Pickett (und Anhänger) mit den eigenen Analysewaffen zu schlagen.
Nach der Vermessung ganzer Länder bezüglich Gleichheit/Ungleichheit an Hand eines einzigen Merkmals hatte Wilkinson zu zeigen versucht, dass sein Kriterium Zusammenhänge mit einer ganzen Anzahl von Indikatoren aufweist: Dass z.B. höhere Ungleichheit mit einem schlechteren Gesundheitszustand der Bevölkerung, ja mit einer geringeren Lebenserwartung einhergeht. Das ist auch seine langgepflegte Hauptthese. Aber er erweitert sie durch die Behauptung, mehr Gleichheit sei auch förderlich für „Glück“ (Happiness, gemessen im World Value Survey); Vertrauen (in andere Menschen), mehr Arbeitsplätze, niedrigere Selbstmordraten, niedrigere Mordzahlen, mehr Spendenverhalten u.v.a.m.
Dieser – angeblich datengestützten – Behauptungen nimmt sich Christopher Snowdon kritisch an. Er bezweifelt nicht, dass Armut häufig mit einem schlechteren Gesundheitszustand und vielen anderen Übeln verbunden ist; er „zerlegt“ aber eindrucksvoll die These, dass es die „Ungleichheit“ in einer Gesellschaft ist, die als verursachender Faktor gelten kann.
Seine Stoßrichtung ist dabei nicht einmal der Hinweis auf die schlichte Wahrheit, dass aus Korrelationen keine Kausalschlüsse möglich sind. Das lernt man in jeder Einführung zur deskriptiven Statistik. Beispiele für „absurde“ Korrelationen gibt es schließlich zur Genüge (z.B. zwischen der Zahl der Vornamen eines Neugeborenen in alten Kirchenregistern und der Überlebensdauer der Kinder). Er macht auch nicht die größtenteils sehr sehr niedrigen Korrelationen (0.1 und weniger!), die sich aus den verwendeten Daten errechnen lassen, zum Hauptvorwurf. Er zeigt vielmehr, dass Wilkinson und Pickett selektiv vorgegangen sind (obwohl mehr Länderdaten verfügbar sind), dass sie alte Daten verwendeten (obwohl ihnen neuere, die ihrer These allerdings widersprochen hätten, vorlagen), dass sie auf der Hand liegende Erklärungen für die Situation in bestimmten Ländern einfach ignorierten – nur um ihre „große Idee“ von den verheerenden Folgen der Ungleichheit ungestört vertreten zu können.
Eine kritische Analyse dieser Art ist spannender als jeder Plagiatsvorwurf, wie er heute so gerne erhoben wird. Sie bestreitet den wissenschaftlichen Anspruch, den „The Spirit Level“ erhebt. Der Vorwurf lautet: Es werden Fakten ignoriert oder gar verfälscht. Hätte man sie berücksichtigt – und Snowdon zeigt das an Hand vieler Beispiele – wären die angeblichen „Zusammenhänge“ zwischen Ungleichheit und „Übeln“ glatt verschwunden.
Nun wäre ein Werk wie „Spirit Level“ und das darin enthaltene Credo nicht weiter beachtenswert, würde es nicht auch weitreichende Politikempfehlungen enthalten, die von „Gutgläubigen“ gerne aufgegriffen werden. Eine Schlussfolgerung von Wilkinson und Pickett lautet: Wirtschaftliches Wachstum hat keinen Effekt (mehr) auf die Gesundheit und Lebenserwartung der Bevölkerung. Es geht darum, die Ungleichheit zu reduzieren. Am besten durch höhere Steuern. Das nun klingt sehr vertraut. Aber die Behauptung, durch mehr Gleichheit der Einkommen entstünde eine gesündere, langlebigere und von vielen anderen Übeln befreite Gesellschaft, wird nur durch die Überzeugung der Autoren gestützt, nicht durch die von ihnen verwendeten Daten.
Es ist nicht das geringste Verdienst von Snowdon, dies durch detaillierte Analyse gezeigt zu haben. Die Lektüre lohnt sich für alle, die erfahren wollen, wie politisch Engagierte (auch Wissenschaftler) von ihren monokausalen Erklärungsmodellen und Theorien so besessen sind, dass sie sich die Daten zurechtbiegen, bis sie passen.
„…Menschen deuten oft nach ihrer Weise die Dinge – weit entfernt von ihrem Sinn“ (Cicero in W. Shakespeare „Julius Cäsar“ 1.Akt 3. Szene).
The Spirit Level Delusion: Fact-Checking the Left's New Theory of Everything, Christopher Snowdon
Rudold Bretschneider ist seit Jahrzehnten in diversen Cheffunktionen bei GfK (früher Fessel-GfK) tätig und einer der prominentesten Marktforscher und politischen Analysten des Landes.
Man fasst es einfach nicht. Es passiert immer wieder dasselbe. Zuerst hat die ÖVP durchaus vernünftige Vorstellungen. Und dann schließt sie mit der SPÖ schwachsinnige Kompromisse. Nur weil es ihr offenbar irgendjemand als sinnvoll einredet, dass die Koalition halt irgendetwas beschließe, selbst wenn die ÖVP dabei weitgehend die Vorstellungen der SPÖ übernimmt. Das ist aber ein kompletter Holler, für den die ÖVP noch bitter büßen wird. Das gilt neuerdings auch besonders stark für den Wissenschafts- und Bildungsbereich, bei dem die Menschen besonders sensibel sind. Das gilt damit auch bei der nun angeblich geregelten gemeinsamen Lehrerausbildung.
Als nächstes wird wohl auch beim Bereich Wohnen dasselbe passieren: Statt dass man wenigstens ein paar Schritte in die einzig sinnvolle Richtung macht, nämlich mehr Markt im Wohnungsbereich, damit es wieder mehr Wohnungen gibt, wird man am Ende wieder mehr Sozialismus und Regulierung beschließen, worauf es vielleicht drei nette Leitartikel in den Mainstream-Medien, aber noch weniger Wohnungen geben wird. Denn die ÖVP hat sich halt total an einen Retro-Koalitionspartner gekettet.
Sie glaubt offensichtlich noch immer oder schon wieder, bei den Wählern kämen ständiges Umfallen und Beschlüsse um der Beschlüsse willen gut an. Nur weil es ein auf Faymanns Schoß sitzender Kronenzeitungs-Redakteur so schreibt. Offenbar sind der ÖVP ihre sehr relativen „Erfolge“ in Niederösterreich, Kärnten und bei der Heeresabstimmung ins Hirn gestiegen. Offenbar will sie halt jetzt wieder Wähler Richtung Stronach und FPÖ vertreiben. Offenbar hat sie sich dazu deutsche Wahlkampfberater geholt. Good luck.
Heute befassen wir uns konkret mit dem diese Woche groß gefeierten Konsens in Sachen Lehrerausbildung. Und dem dabei gebauten Mist. Von diesem Generalurteil kann man nur einen Bereich des Reformpakets – eventuell – ausnehmen: Das Versprechen, künftige Lehrer aller Art am Beginn des Studiums zu testen, ist im Prinzip gut. Freilich wird’s auch dabei auf das Wie ankommen.
Denn eigentlich gibt es ja jetzt schon eine Aufnahmsprüfung in die Pädagogischen Hochschulen. Und dabei haben diese ganz offensichtlich in voller Länge versagt. Sonst hätten wir ja nicht gerade in den Volksschulen flächendeckend gravierende Probleme inhaltlicher wie pädagogischer Art. Wenn angehende Pädagogen nicht rechtschreiben können, hätten sie niemals an eine PH zugelassen und dann auf die Kinder losgelassen werden dürfen. Um nur ein einziges der vielen krassen Defizite unserer Lehrer zu nennen. An den PH ist man ja weder willens noch imstande, das nachzuholen, was die jungen Menschen in zwölf Schuljahren an Grundkompetenzen nicht gelernt haben. Dort werden nur realitätsfremde pädagogische Theorien verzapft. Das Ergebnis kann man an den Leistungen der Volksschulen ablesen.
Natürlich wäre es gut, wenn künftige Lehrer zuerst wochenlang getestet würden, ob sie die grundlegenden Kulturtechniken beherrschen und ob sie nervlich in ihrem Verhalten einem Haufen Kinder, einem Haufen pubertierender Burschen und Mädchen und den intellektuell durchaus herausfordernden Schülern einer Oberstufe gewachsen sind. (Ich bleibe übrigens bei den allgemein vertrauten Bezeichnungen, auch wenn das Lebenswerk vieler Pädagogik-„Wissenschafter“ primär darin zu bestehen scheint, immer wieder neue Bezeichnungen wie „Sekundarstufe“ zu oktroyieren).
Die realistische Erwartung lautet aber: Statt den Studienbeginnern die Chance zu geben, sich auch selber zu testen, ob sie das schaffen, wird die Testphase wohl vor allem in einer Jobbeschaffung für viele Psychologen bestehen. Was eher kein gutes Ergebnis verspricht.
Aber die Einführung dieser Testphase ist jedenfalls noch immer das Positivste am Koalitionskompromiss. Alles andere ist schlicht absurd.
An der Spitze der Absurditäten steht die formale Aufwertung der Pädagogischen Hochschulen. Diese haben keinerlei wissenschaftliche Qualifikation und ihre pädagogische Bilanz ist erbärmlich. Dazu kommt, dass sie von der Unterrichtsministerin wie eine Parteisektion geführt werden: Rektoren, die in Interviews andere Meinungen als die Ministerin äußern, werden von ihr kurzerhand vor die Tür gesetzt.
Und diesen Institutionen will die ÖVP nun das Recht zur Verleihung von universitären Graden wie Bachelor und Master verleihen. Dabei hatte diese Partei einst das Verdienst ,die Unis wirklich in die Selbstständigkeit zu entlassen. Man fasst es einfach nicht, wo sie heute steht.
Die zweite große Absurdität ist die gewaltige Verlängerung der Lehrerausbildung, vor allem jener für die Pflichtschulen. Mindestens fünf bis fünfeinhalb Jahre soll es dauern, bis man auch nur ein fertiger Volksschullehrer ist! Derzeit hat das drei Jahre gedauert. Und vor einigen Jahren hat man sogar mit einer nur um ein Jahr verlängerten Gymnasialausbildung Pflichtschullehrer werden können.
Schon das Ergebnis der Ausbildungsverlängerung von eins auf drei war nach allen vorliegenden Fakten ein jammervolles. Und jetzt geht’s gar auf fünfeinhalb. Als ob die Ausbildungsdauer mit der Qualität der Lehrer korreliert wäre.
Begründet wird die drastische Verlängerung mit dem strohdummen Satz einiger weltfremder Pädagogen: Es ginge künftig um Kompetenz statt Wissen. Es kann zwar niemand genau definieren, worin Kompetenz eigentlich besteht (außer in dem hanebüchenen Satz „Ich weiß, wo ich nachschaue“); aber alle Studenten wissen, dass sie künftig nichts mehr wissen müssen. Dafür aber müssen sie viel länger studieren.
Was noch schlimmer ist: Die koalitionären Luftschlossbauer wissen ganz offensichtlich nicht, was jeder Praktiker im Schulwesen weiß, nämlich wie dramatisch in den nächsten Jahren der Lehrermangel sein wird. Denn wenn sie es wüssten und dennoch diese Verlängerung beschließen, wäre der Beschluss wohl ein Fall eklatanten Amtsmissbrauchs.
Ursachen des schon ganz ohne „Reform“ bevorstehenden Lehrermangels sind nicht nur das hohe Alter vieler noch aktiver Lehrer und das Fehlen ausreichenden Nachwuchses, sondern auch die völlig verpfuschte Hacklerregelung von Faymanns Gnaden. Diese bringt gerade im heurigen Jahr viele Lehrer dazu, vorzeitig in Pension zu gehen. Man will nur den anrollenden Tsunami vor den Wahlen noch geheim halten.
Mit anderen Worten: Während sich die Minister derzeit noch der verlängerten Ausbildungszeiten brüsten, werden sie in den nächsten Jahren mit Verzweiflung nach irgendwelchen Lehrern suchen müssen. Dabei werden sie Gott oder Karl Marx danken können, wenn sie hie und da wenigstens einen völlig ungeprüften Studenten finden.
Freilich: Herr Töchterle wird vielleicht nicht mehr allzu lange aktiv sein, und Frau Schmied wird sich wohl eher mit den Strafgerichten ob der Kommunalkredit-Pleite herumschlagen müssen als mit dem von ihr angerichteten Schuldesaster.
Die dritte Absurdität besteht darin, dass man jetzt für Lehrer an Hauptschulen, pardon „Neuen Mittelschulen“ (und natürlich auch den in Wien seit langem existierenden alten) die gleiche Ausbildung plant wie für Gymnasiallehrer. Damit hat die SPÖ eine weitere Stufe auf ihrem Weg zur zwangsweisen Einheitsschule gezimmert.
Versteht jemand, warum die ÖVP da zugestimmt hat? Hatte sie doch mit der unter Spindelegger endlich wieder glaubwürdig gewordenen Ablehnung der Gesamtschule wenigstens ein ebenso richtiges wie wählertaugliches Thema gefunden. Diese scheinbar klare Haltung der ÖVP kann aber nun eine rote Unterrichtsministerin spielend umgehen, indem sie Absolventen, die nie etwas anderes gesehen haben als eine PH, plötzlich in Gymnasien unterrichten lässt. Sie hat dabei (wieder einmal) in einem Steirer namens Schnider einen raffinierten Helfershelfer gefunden, der theoretisch zwar noch immer bei der ÖVP ist, aber innerlich als glühender Gesamtschul-Apologet agiert.
Wird jedoch das Masterstudium wirklich ein ernst zunehmendes sein, dann hat das noch eine weitere Schattenseite: Viele Lehrer werden von dessen hochgestochenen wissenschaftlichen Ansprüchen abgeschreckt, obwohl sie von ihrer Persönlichkeit eigentlich durchaus für Hauptschulen geeignet wären. Die Zahl solcher Lehrer ist angesichts der großen Schwierigkeiten eines Umgangs mit der rasch wachsenden Zahl von bildungsfernen Migrantenkindern ohnedies nicht allzu groß. Denn pädagogische Begabung geht selten Hand in Hand mit wissenschaftlichem Interesse.
Um Kindern die Grundrechnungsarten beizubringen, braucht man keine Universitäts-Mathematik. Und gerade an diesen Grundrechnungsarten, am Rechtschreiben und am Grüßen hapert es bei den Endprodukten unseres Pflichtschulsystems. Dennoch sollen aber sogar Volksschullehrer künftig einen Master machen müssen, wenn sie einen unbefristeten Vertrag ergattern wollen.
Das einzige, was die ÖVP offenbar an gesundem Menschenverstand da in das Paket hineingebracht hat, betrifft die Kindergärten. Die Partei hat wenigstens verhindert, dass auch Kindergärtnerinnen (die in der gerade aktuellen P.C.-Version KindergartenpädagogInnen oder so ähnlich heißen) einen Master haben müssen. Wenn dieses rotgrüne Lieblingsprojekt Wirklichkeit geworden wäre, würden auch die Kindergärten gegen die Wand fahren.
Wissenschaftsminister Töchterle ist es mit seiner Zustimmung zu dieser Pseudoreform überdies geglückt, die Rektoren endgültig zu verstimmen. Dabei stand er ursprünglich sowohl in Sachen Uni-Zugang wie auch Studiengebühren wie auch Lehrerausbildung ganz auf deren Seite. Was ihm große Sympathiewerte nicht nur an den Unis, sondern auch in der Öffentlichkeit eingebracht hatte.
Aber das hat man der Manie geopfert, um jeden Preis ein Projekt abhaken zu wollen, nur weil dieses einst unter dem heillosen Josef Pröll auf eine Agenda gesetzt worden war. Dabei hat man aber nicht einmal die Lächerlichkeit beseitigen können, dass gleich zwei verschiedene Ministerien für Hochschulen zuständig sind. Und dass diese Lächerlichkeit nun auch die gesamte Lehrerbildung prägen wird.
Das ist eben das Ergebnis einer solchen geistig sehr kleinen Koalition wider jede Natur und Vernunft.
PS.: Ach ja, noch etwas war den beiden Ministern völlig wurscht: Das was sie jetzt beschlossen haben, kostet rund eine Milliarde zusätzlich, alleine an Lehrergehältern, ohne die Zusatzkosten an Unis und PH gerechnet. Jährlich. Und in Euro, nicht etwa Schilling.
PPS.: Zu schlechter Letzt hat in diesem Thema das ORF-Radio sein einst positives Image weiter verspielt. Es lud natürlich nur Claudia Schmied zu dem Thema als Gast ins Journal. Der wirkliche Skandal waren dabei die völlig unkritischen Fragen an die Ministerin. Der einzige Hauch von Kritik klang nach der extrem linken Denkweise der Grünen, die dann vom ORF als "Experten"-Sicht ausgegeben wurde. Motto: Warum habe sich Schmied nicht auch bei den Kindergärten gegen die ÖVP durchgesetzt? Man höre dazu den Kontrast in welch staatsanwaltlichem Ton dort Schwarze und Blaue verhört und ständig unterbrochen werden.
Im Normalfall gehen Wahlkampfzeiten mit der Ankündigung kostspieliger Wohltaten einher, die sich – nach geschlagener Schlacht – in steigenden Steuerlasten niederzuschlagen pflegen. Schließlich hat der Staat – mangels jeglichen Produktiveinkommens – nichts zu verteilen, was er zuvor nicht enteignet hat.
Im Wahljahr 2013 indes scheinen die Uhren ein wenig anders zu gehen, da sich die politischen Parteien, die – mit Ausnahme jener Frank Stronachs, die derzeit noch nicht so recht einzuschätzen ist – ausnahmslos sozialistisch zu nennen sind, gegenseitig nicht mit dem Ausloben von Geschenken, sondern mit der Ankündigung neuer Belastungen überbieten. Das ist auf den ersten Blick ungewohnt, aber nicht wirklich eine Überraschung. Denn treffen soll es ja nur die „Reichen“, die mittlerweile zu Parias unserer Gesellschaft erklärt worden sind.
Für jemanden, der es – aus eigener Kraft und ohne die Hilfe politischer Seilschaften – zu etwas gebracht, ein Unternehmen gegründet und ein mehr oder weniger großes Vermögen aufgebaut hat, gilt von Vornherein die Schuldvermutung. Wer so etwas – bei den in Kakanien herrschenden, prohibitiv hohen Steuerlasten – geschafft hat (700.000 Euro reichen, um als „reich“ zu gelten), muss es auf kriminelle Weise geschafft haben. Der- (oder die)jenige muss deshalb bestraft werden. Das gebietet die „Gerechtigkeit“ – so die Logik der räuberischen Umverteiler!
Die Erkenntnis, dass es die nun zunehmend ins Visier der Expropriateure geratenden Vermögen der „Reichen“ sind, die – in Gestalt produktiver Unternehmen – die Zahlung von Löhnen und Gehältern an die proletarischen Massen vornehmen, hat sich bis in die Zentralkomitees der Parteien und die Kommandozentralen der Vorfeldorganisationen noch nicht durchgesprochen. Dass das nun zu enteignende Vermögen der „Reichen“ zum Großteil nicht in Jagdschlössern, Privatjets, Luxusjachten und Gemäldesammlungen, sondern in Wirtschaftsbetrieben steckt, wird verschwiegen. Und dass eine Volkswirtschaft nicht von wachsenden Scharen unproduktiver Beamter, „Beauftragter“ und von defizitären Staatsbetrieben leben kann, sondern gut kapitalisierte – private – Betriebe benötigt, um zu prosperieren, ist in die Hirne der Masse politisch tätiger Zivilversager offenbar nicht hineinzubekommen.
Besonders rabiate Forderungen erheben – wenig überraschend – die siamesischen Zwillinge Gewerkschaft und Arbeiterkammer, beide zuverlässig funktionierende Vorfeldorganisationen der SPÖ. Unter dem hochoriginellen Aufhänger „Gerechtigkeit muss sein!“ trommelt die AK seit Monaten für die Wiedereinführung von Vermögenssteuern und suggeriert kontrafaktisch, dass nur noch hart fronende Arbeitnehmer Steuern zahlen, während müßige „Reiche“ sich in der alpenländischen Steueroase ein bequemes Leben machen und die Steuerhinterziehung zu ihrer Hauptbeschäftigung erkoren haben. Dass die rund zwanzig Prozent der Bezieher höherer Einkommen (unter ihnen natürlich viele Selbständige) etwa achtzig Prozent der Lohn- und Einkommensteuern bezahlen, fällt bei dieser dreisten Kampagne unter den Tisch.
Die Aufrechnung verschiedener Steuerarten gegeneinander – um am Schluss zu behaupten, eine bestimmte davon wäre zu niedrig – ist ein besonders durchsichtiger Schmäh, der von der Tatsache ablenken soll, dass jeder dem Bürger vom Staat abgepresste Tribut ein Übel ist – gleich aus wessen Tasche er stammt und unter welchem Vorwand er eingetrieben wird. Denn einerseits bleibt Diebstahl immer ein Verbrechen – auch dann, wenn es an jemandem verübt wird, dem die Neidgenossen von ÖGB, AK & Co. die Pest an den Hals wünschen. Andererseits ist bislang kein Fall bekannt geworden, in welchem der Staat die von ihm eingetriebenen Gelder nicht schlechter eingesetzt hätte, als der unvernünftigste Privatmann es je hätte tun können.
So können auch die Spiegelfechtereien um den Erhalt des Bankgeheimnisses in Österreich nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ziel der gläserne Bürger ist. Geld zu besitzen, über das Big Brother nicht im Bilde ist (und das daher nach Belieben konfisziert werden kann!), wird systematisch kriminalisiert – unter dem begeisterten Beifall der besitzlosen Neidgenossenschaft. Allerdings verkennen diese schlichten Gemüter die verheerenden Konsequenzen einer solchen Politik, an deren Ende alle den Schaden haben werden – am meisten sie selbst.
Der große britische Liberale, Lord Dalberg Acton, hat den Sachverhalt in folgende Worte gefasst:
„Die Arbeiterklasse hat durch eine Schädigung des Kapitals mehr zu verlieren als die Kapitalisten, denn was für letztere den Verlust von Luxus und Überfluss heraufbeschwört, bedeutet für erstere den Verlust des Notwendigen.“
Dazu passend drei weitere Zitate großer Denker:
„Umverteilung ist tatsächlich viel weniger die Umverteilung von freiem Einkommen von den Reicheren zu den Ärmeren, sondern vielmehr eine Umverteilung von Macht vom Individuum zum Staat."
Bertrand de Jouvenel
„Das Sondereigentum schafft eine staatsfreie Sphäre des Individuums, es setzt dem Auswirken des obrigkeitlichen Willens Schranken, es lässt neben und gegen die politische Macht andere Mächte aufkommen. Das Sondereigentum wird damit zur Grundlage aller staats- und gewaltfreien Lebensbetätigung, zum Pflanz- und Nährboden der Freiheit, der Autonomie des Individuums und in weiterer Folge aller fortschreitenden Entwicklung des Geistigen und des Materiellen.“
Ludwig Mises
„Wenn das Eigentum mehr und mehr zum prekären Besitz herabsinkt, der von der Willkür der Verwaltung oder von der Gnade des Stimmzettels abhängig ist, wenn es zu einer Geisel in der Hand der Eigentumslosen oder Minderbesitzenden wird, wenn es aufhört, eines der selbstverständlichen und elementaren Rechte zu sein, das keiner anderen Begründung als der des Rechtes selbst bedarf, dann ist das Ende einer freien Gesellschaft abzusehen.“
Wilhelm Röpke
Eine pragmatische Überlegung zum Schluss: Die Vorstellung, mit den via Vermögens- und Erbschaftssteuern zu erbeutenden Geldern den Staatshaushalt nachhaltig ins Lot bringen zu können, ist geradezu kindisch. Schließlich sind schon bisher steigende Steuerquoten und zunehmende Staatsverschuldung miteinander Hand in Hand gegangen. Selbst wenn der Fiskus 100 Prozent aller Vermögen und Einkommen enteignete, würde das nicht reichen. Seine Gier ist unstillbar.
Am Ende aber bringt jeder bösartige Tumor, der nicht radikal bekämpft wird, den von ihm befallenen Organismus um. Der Wohlfahrtsstaat wird in dieser Hinsicht keine Ausnahme bilden. Wundern muss man sich allenfalls über das Ausmaß der Tüchtigkeit jener 20 Prozent Nettosteuerzahler, die die Chose immer noch am Laufen halten – und über ihre sagenhafte Geduld! Dass sie nicht längst eine „Revolution der gebenden Hand“ vom Zaun gebrochen haben, ist ein Wunder. Zeit, (wieder einmal!) Ayn Rands Opus Magnum Atlas Shrugged zur Hand zu nehmen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Alleine ein paar Stunden des Streifens durch internationale und österreichische Meldungen haben mich absolut sprachlos gemacht: So viel Chuzpe binnen weniger Stunden ist absolut unglaublich. Und man findet die Chuzpe nicht nur allerorten in Österreich, sondern genauso in Griechenland und Portugal, den USA und Deutschland.
Da stellt sich in Griechenland heraus, dass der Verwaltungsminister noch immer den Abbau von Beamten verhindert, dass er der Troika weder genaue Daten vorlegt noch einen Zeitplan. Dabei hätte man vermeint, dass all das längst geschehen sei. Wann wird man in Europa endlich einsehen, dass das ganze Projekt „Hilfe gegen strenge Kontrolle von Reformen“ nach drei Jahren nur noch als jämmerlich gescheitert angesehen werden kann? Wenigstens gibt es in Berlin zarte Signale der Einsicht. Dass hingegen auch in Wien das jemand einsieht, war ja angesichts der wirtschaftlichen Ahnungslosigkeit der Regierungsspitze sowieso immer außer jeder Möglichkeit.
Da macht FPÖ-Chef Strache mit der neuesten Interpretation des Kärntner Wahlergebnisses sprachlos: „Nicht die FPÖ hat in Kärnten eine Wahl verloren;“ es habe sich um die Vorgänger aus dem BZÖ gehandelt, die zu Recht abgewählt worden seien. Wie bitte? Müssen wir uns wirklich als Vollidioten behandeln lassen? Warum hat Strache das denn nicht vor der Wahl so gesagt, sondern das genaue Gegenteil?
Da zeigen die Amerikaner, dass sie in Sachen Blödheit und Political Correctness wirklich nicht zu übertreffen sind. Da lobt Präsident Obama bei einer Veranstaltung die kalifornische Justizministerin wegen ihrer fachlichen Qualitäten und fügt das harmlose Kompliment hinzu: Sie sei „auch die mit Abstand bestaussehende Justizministerin im Lande". Über diesen Satz erregen sich seither zahllose amerikanische Medien und Feministinnen voller Empörung: Der Präsident habe sich sexistisch geäußert, und prompt reagiert Obama auch total schuldbewusst. Die Lehre: Nur kein Kompliment mehr für irgendeine Frau! Auch wenn es nicht so missglückt ist wie einst jenes des Herrn Brüderle . . .
Da sitzt der ehemalige Vorstand der burgenländischen Monopolfirma Begas, Rudolf Simandl, unter dem Verdacht in U-Haft, der Allgemeinheit einen Schaden in der Höhe von 4,5 Millionen Euro zugefügt zu haben. Ist dem werten Leser die seltsame Ruhe in den meisten Medien aufgefallen? Deren Erklärung ist einfach: Der Herr Simandl ist ja von der SPÖ in seine Machtposition bugsiert worden. Da wird man das natürlich nicht groß auswalzen! Das tut man nur bei rechten Missetätern, wirklichen wie mutmaßlichen. In einem Rechtsstaat freilich müsste Simandl nun ein paar Jahrhunderte sitzen. Man setze nur die saftigen Strafen für die in letzter Zeit verurteilten Exponenten bürgerlicher Parteien und den von diesen angerichteten Schaden in Vergleich zu Simandls – mutmaßlichen – Taten.
Da entblödete sich in Deutschland der SPD-Kandidat Steinbrück nicht, plötzlich getrennten Sportunterricht für Buben und Mädchen zu verlangen. Muslimische Eltern wollten das so. Na dann. Dabei war gerade die Linke einst die treibende Kraft hinter der Zusammenlegung jedes Unterrichts gewesen. Aber wenn muslimische Eltern etwas fordern, dann fällt die SPD natürlich sofort um und fordert das Gegenteil. Nur eine Anregung für stramme Sozialisten: In den meisten muslimischen Ländern ist der ganze Unterricht nach Geschlechtern getrennt. Und in besonderen Schulen dürfen (männliche) Lehrkräfte überhaupt nur hinter einem Vorhang sitzen, wenn sie (natürlich voll verschleierte) Mädchen unterrichten. Da gibt es für die Linke noch viel zu tun, bis es auch bei uns soweit ist.
Da hat – ebenfalls in Deutschland – die ARD vor einigen Tagen sogar den ORF in Sachen Verlogenheit übertroffen: Sie berichtete über Japan und den einstigen Tsunami mit folgendem Wortlaut: „In der Folge kam es zu einem Reaktorunfall im Kernkraftwerk Fukushima. Dabei kamen ungefähr 16.000 Menschen ums Leben.“ Solche Unwahrheiten sind das Ergebnis der Tatsache, dass in Deutschland wie Österreich heute die Redaktionen voller linksradikaler Grüner sind. Diese scheuen ganz offensichtlich vor keiner Lüge zurück. Vor allem dann nicht, wenn sie sich ständig moralistisch geben.
Da hat der sogenannte Presserat die – aus anderen Gründen wenig sympathische – Kronenzeitung wegen folgender Passage verurteilt: „Kurz vor dem Ziel zückte der Südländer (einer von hunderten kriminellen Ausländern, die unsere Heimat unsicher machen) ein Messer.“ In diesem Satz sei ein „xenophober Unterton“ erkennbar. Die große Mehrheit der Österreicher würde freilich meinen, dass einzige, was an diesem Satz unrichtig sei, ist die Zahlenangabe „hunderte“. Richtig ist zweifellos ein Vielfaches davon. Keine Verurteilung gibt es jedoch für die Verlogenheit der politisch-korrekten Medien, die nun nicht mehr nur die Herkunft, sondern sogar die einst branchenüblichen Vornamen der Täter verschweigen. Zumindest dann, wenn eine Bande Jugendlicher andere Personen schwer verletzt. Man will ja nicht vom Presserat verurteilt werden. (ich habe übrigens einst als Chefredakteur nach ähnlichen Schwachsinnigkeiten den Auszug aus dem Presserat beschlossen, worauf dieser ein paar Jahre inexistent war. Die Neugründung schließt aber offensichtlich nahtlos am alten Zustand an.)
Und da hat zu schlechter letzt der portugiesische Verfassungsgerichtshof reihenweise Sparbeschlüsse von Regierung und Parlament aufgehoben. Sie wären ungerecht. Gerecht ist also offenbar, dass auch weiterhin Deutschland & Co die Schuldenwirtschaft der Portugiesen finanzieren.
Nach dem aus ihrer Sicht erfolgreichen Probegalopp anlässlich der Volksbefragung zur Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und der gelungenen Verteidigung der absoluten Mehrheit in ihrem Kernland Niederösterreich, wittern die Schwarzen Morgenluft. Auf dass die entstandene Dynamik nicht nachlasse, schicken sie sich eben an, die Sozialisten links zu überholen – was insofern gar keine leichte Übung ist, weil zwischen diese und die linke Leitschiene kaum ein Blatt Papier passt. Alle Regeln der Rosstäuscherei beachtend, die in demokratischen Wohlfahrtsstaaten die Basis einer erfolgreichen Wahlschlacht bilden, haben sie füglich das Thema „leistbares Wohnen“ zum Schwerpunkt ihrer Propaganda erkoren.
Die ÖVP will nicht länger als Lakai von Plutokraten und Zinsgeiern gelten, sondern als Kämpfer für die – wesentlich zahlreicheren – Herbergssucher. Dass, die Zugkraft der Angelegenheit erkennend, alle ihre politischen Wettbewerber umgehend auf denselben Zug aufgesprungen sind, verheißt nichts Gutes – vor allem nicht für den Wohnungsmarkt.
Denn keine der wahlwerbenden Parteien stellt sich der alles entscheidenden Frage, wie es überhaupt zu einem Mangel an Wohnraum – insbesondere einem Minderangebot an Mietwohnungen – kommen konnte. Von einem Mangel an billigen Kleinwagen, preiswerter Bekleidung oder günstigen Lebensmitteln jedenfalls wurde in der Alpenrepublik bislang nichts bekannt. Weshalb also ist gerade „leistbarer“ Wohnraum gesuchte Mangelware? Sind Investoren und Bauunternehmer kollektiv meschugge geworden, dass sie ein so wichtiges Geschäftsfeld einfach brach liegen lassen? Weshalb kommt denn so gut wie kein Investor mehr auf die Idee, Mietshäuser zu errichten?
Nach der Antwort auf diese Frage braucht man nicht lange zu suchen. Schriebe der Gesetzgeber etwa den Herstellern von PKW vor, mit welcher Ausstattung und unter welchen Bedingungen sie ihre Produkte zu fertigen – und dann unter dem Marktpreis zu verkaufen hätten – würde kein Mensch sich darüber wundern, dass sie diese unrentable Produktlinie aufgeben und sich anderen Geschäftsfeldern – also zum Beispiel dem Bau von LKW – zuwenden würden. Denn dass vom Draufzahlen keiner leben kann, leuchtet ein – außer der Politikerzunft und der tiefroten Mietervereinigung. Dass die grüne Steigbügelhalterin des roten Stadtvogts von Wien kürzlich eine gesetzliche Mietzinsobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter gefordert hat (eine Enteignungsphantasie, die keineswegs das Ende der Fahnenstange markieren muss!) sagt alles. Nur Kretins und Masochisten werden unter diesen Umständen noch Mietwohnraum errichten!
Dass im Bereich des Wohnbaus das geschehen ist, was weiter oben als Fiktion für den Bereich der Kraftfahrzeugindustrie beschrieben wurde, fällt offenbar niemandem auf. Anstatt sich mit dem Bau von Wohnhäusern auf ein Terrain zu begeben, auf dem sie nahezu allmächtigen Mietern ausgeliefert sind und ihr Eigentum (das seinen Namen ja nur dann verdient, wenn damit die absolute Verfügungsgewalt seines Herrn verbunden ist) faktisch aufgeben, haben sich Investoren und Bauträger auf die Errichtung von Büro- und Gewerbeflächen verlegt. Daran herrscht folglich auch keinerlei Mangel. Dass die Ursache des Fehlbestands an Mietwohnungen allein im geltenden Mietrecht zu suchen ist, wird dadurch unterstrichen, dass sich zeitgleich der Markt für Eigentumswohnungen völlig intakt präsentiert.
Wäre also einer der Wahlkämpfer tatsächlich daran interessiert, das Angebot an Mietwohnungen zu erhöhen, brauchte der Gesetzgeber nur Bedingungen herzustellen, wie sie auf anderen Märkten (etwa denen für Nahrung und Bekleidung) herrschen und die einseitige Parteinahme für die Mieterseite aufzugeben. Nur steigende Mieten und Rechtssicherheit für die Vermieterseite können den Wohnbau beflügeln, während Mietzinsbegrenzungen und Verkehrsbeschränkungen das genaue Gegenteil bewirken. Dass daran in einem voll entwickelten Wohlfahrtsstaat nicht zu denken ist, liegt indes auf der Hand. Ein Wahlkämpfer, der eine Liberalisierung der Mietgesetzgebung fordern würde, sähe sich von seinen politischen Mitbewerbern umgehend als gewissenloser Handlanger entmenschter Blutsauger denunziert.
Eine kleine Anmerkung zum Begriff „leistbar“. Was, in aller Welt, soll das bedeuten? Was bitte ist mit „leistbar“ gemeint – wo und für wen? Geht es um Dachterrassen-Appartements in Cottagelage oder um Parterrewohnungen im Glasscherbenviertel? Ist die Rede von alleinerziehenden Hilfsarbeiterinnen mit vier Kindern oder geht es um alleinstehende und kinderlose CEOs börsennotierter Unternehmen? Nichts Genaues weiß man nicht! „Leistbares Wohnen“ ist – und zwar mit voller Absicht – ein derart schwammiger Begriff, dass er allenfalls dazu taugt, zusammen mit seinen Gegnern ein Hornberger Schießen darum zu veranstalten.
Dass die Sozialisten, die als neoabsolutistische Herrscher Wiens über rund 200.000 kommunale Mietwohnungen gebieten (und damit der größte Hausherr der Alten Welt sind), eine Ausweitung des Wohnungseigentums fürchten müssen, wie der Teufel das Weihwasser, ist klar. Eine verlässlichere Machtbasis als Hunderttausende von ihrer Gunst abhängende Mieter ist schließlich kaum vorstellbar. Denn wenn die Genossen eines wissen, dann das: Eigentum macht frei. Und freie Bürger sind das Letzte, was die Roten wollen…
Am Ende, das vorauszusehen braucht es am nördlichen Balkan nicht allzu viel Phantasie, wird eine Neuordnung der Wohnbauförderung ebenso stehen, wie eine verstärkte Wohnbautätigkeit durch die öffentliche Hand – Korruption, Parteienwillkür und Freunderlwirtschaft zum Schaden des Steuerzahlers inklusive. Viel Neues unter der Sonne sollte sich der geneigte Bobachter in der bevorstehenden „heißen Phase“ des Wahlkampfes also nicht erwarten – jedenfalls keine Änderung zum Guten.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
In Tirol wird es von drei Listen im Namen des meist abwesenden Frank Stronach nun bloß eine einzige geben. Das Chaos rund um diese Entscheidung zeugt vom Zustand der Stronach-Partei, aber auch von jenem der beiden einstigen Großparteien.
Dass Stronach die Garantie für Chaos ist, wurde in den letzten Monaten ziemlich vielen bewusst. Wenn in seiner Neupartei selbst die kleinste Entscheidung dem großen Steuerflüchtling vorbehalten ist, wenn es zumindest bis zur Stunde bis auf ein paar Schlagworte kein klares Programm gibt, wenn bisher alle interessanten Persönlichkeiten angesichts des diktatorischen Monopol-Anspruchs des Parteigründers abgesagt haben, dann ist ein solches Ergebnis vorprogrammiert. Jetzt werden dort halt einmal die Rechtsanwälte viel verdienen, wenn nicht Stronach noch plötzlich das Gegenteil dessen für wahr erklärt, was derzeit Linie seiner Wiener Parteiführung ist. Stronach hätte sonst statt dreier keine einzige Liste in Tirol, die er zu unterstützen geruht. Die Gültigkeit der Wahl könnte nun lange in Schwebe bleiben.
Aber auch Schwarz und Rot sollten sich nicht allzu laut über das Stronach-Chaos freuen. Denn auch ihr Verhalten rund um die Tiroler Groteske war sehr seltsam.
Die Schwarzen unter dem schwer angeschlagen in den Seilen hängenden Gesamtschulbefürworter, Fußballexperten und Interviewverweigerer Günther Platter stehen massiv in Verdacht, ganz bewusst in der Wahlkommission ausgerechnet jene Liste zugelassen zu haben, die von Stronach am heftigsten abgelehnt wird. Man wird es nicht nachweisen können, weil formalrechtlich haben die Stronach-Leute den Schwarzen ja etliche Vorwände für diese Entscheidung serviert, aber der Verdacht ist stark, dass die Tiroler ÖVP das in ihrer Verzweiflung sehr bewusst gemacht hat.
Und die SPÖ? Sie schwieg lange zu Stronach. Jetzt aber tritt sie plötzlich als sein Sekundant auf. Ihr Justizsprecher Hannes Jarolim stellte sich in dem Tiroler Disput massiv an seine Seite (wenn man den Verdacht auszuschließen versucht, dass er das in Wahrheit als Rechtsanwalt tut). Damit aber gibt es zum ersten Mal einen starken Beweis für das, was bisher Schwarz und vor allem Blau nur behauptet haben: Das Antreten Stronachs sei von der SPÖ inszeniert worden, um eine schwarz-blaue Mehrheit im Parlament zu verhindern. Solcherart wolle die SPÖ erstens die große Koalition und zweitens das Kanzleramt für sich retten.
Bisher hielt ich das für eine der vielen in der Politik üblichen Verschwörungstheorien, obwohl in einem kritischen Menschen eigentlich die Stronach-Festspiele der SPÖ-Medien von ORF bis „Krone“ schon längst Zweifel wachgerufen haben sollten. Jetzt aber scheint mir der Vorwurf endgültig an Gewicht gewonnen zu haben. Die SPÖ kalkuliert offenbar: Zwar werden auch etliche unserer Wähler zu Stronach wechseln, aber die ÖVP und vor allem die FPÖ werden noch viel mehr unter seinem Antreten leiden. Was bei der FPÖ ja auch in den Umfragen nachlesbar ist.
Wie man den Islamisten jede Menge neuer Anhänger zutreibt.
Mindestens zehn Mal pro Jahr wird aus einem Pseudoanlass die falsche Behauptung verbreitet, Frauen bekämen für die gleiche Arbeit weniger Geld (köstlicherweise wird dadurch auch die Kampffeministin als Beamtenministerin zum Mittäter gestempelt). Diese Lügen nimmt aber außer ein paar Politikerinnen von Rot, Grün und Schwarz sowie – ausgerechnet – der Wirtschaftskammer niemand mehr ernst. Schon deshalb nicht, weil dabei ständig total variierende Zahlen der angeblichen Diskriminierung behauptet werden. Daher ließen sich die Feministinnen nun Neues einfallen. Sie demonstrierten europaweit mit „nackten Brüsten gegen den Islamismus“. Mit Nacktheit kommt man ja immer noch am leichtesten in die Medien. Sie entlarven sich damit aber als extrem dumme Selbstdarstellerinnen: Denn mit Sicherheit treibt jeder Bericht über sie den Islamisten weitere Anhänger zu, übrigens auch weibliche. Wer das Seelenleben von Moslems kennt, der weiß, dass sie sich von solchen Aktionen durchwegs abgestoßen fühlen. Sie entwickeln daher Sympathien für die Gegner der Brustentblößerinnen. Mit einer solchen Gesellschaft wollen sie verständlicherweise aber schon gar nichts zu tun haben. Dabei ist in islamistischen Strukturen die Unterdrückung der Frauen wirklich schlimm. Die Entblößerinnen verschaffen aber den Unterdrückern nur noch mehr Oberwasser. Dumm, dümmer, Feministinnen.
Von den Medien bisher ignoriert hat der Verfassungsgerichtshof nun eine Entscheidung zu einer medienpolitischen Episode gefällt, die im Sommer 2011 viel Staub aufgewirbelt hatte. Das Gericht wies rechtskräftig die von linken Antikirchenhetzern ausgelöste Frontalattacke auf den stellvertretenden Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich zurück. Anlass: Dieser hatte in einem Mail empfohlen, angesichts der unklaren Meldungslage den norwegischen Massenmörder B. nicht als „christlich“, sondern als „Rechtsextremisten“ zu bezeichnen. Die deswegen losbrandende Aufregung hatte dann auch bei den Aufsichtsinstanzen die (dort fast übliche) Unterstützung bekommen. Jetzt aber machte des Höchstgericht erstmals klar, worin die medialen Freiheiten eines Mediums und die eines dort beschäftigten Journalisten bestehen.
Die nun juristisch gescheiterten Antikirchenhetzer sind übrigens zum Gutteil dieselben Menschen, die jetzt hinter dem ominösen Antikirchen-Volksbegehren stehen.
Zur Sache selbst: Es war ja schon unverständlich, dass das überaus vorsichtig gehaltene Mail des Niederösterreichers Ziegler (fast des letzten Nichtlinken im ORF) 2011 überhaupt Aufregung ausgelöst hat. Das Ziegler-Mail war von vorsichtigen Vokabeln wie „wohl“ und „eventuell“ gespickt. Und die inkriminierte Passage lautete mehr als zurückhaltend: „Hier sollten wir bei der Formulierung besonders sensibel vorgehen“.
Diese Aufregung hat aber gezeigt, dass im ORF eine gleichgeschaltete Mehrheit den Ton anzugeben und jeden Nichtlinken mundtot zu machen versucht. Allerdings musste sich die ORF-Führung formal auf die Seite Zieglers stellen und hat auch eine sehr ordentliche anwaltliche Unterstützung veranlasst.
Jedenfalls brandete damals der Sturm der linken Entrüstung und der üblichen Redaktionsvertreter über den Niederösterreicher los. Das war offenbar ja auch für die dem Kanzleramt unterstehende KommAustria und den Bundeskommunikationssenat Anlass, ebenfalls das Mail des stellvertretenden NÖ-Chefredakteurs zu verdammen.
Erst der VfGH stellt nun klar, dass dessen Aufforderung keine Rechtsverletzung darstellte. Denn nicht nur der einzelne Redakteur habe eine journalistische Freiheit; vielmehr stehe auch der ORF (für den ein stellvertretender Chefredakteur ja handelt) unter dem Schutz der Rundfunkfreiheit. Was auch die Menschenrechtskonvention so sehe. Überdies wird das Mail ob seines vorsichtigen Tons vom VfGH ausdrücklich als „Empfehlung“ qualifiziert.
Gleichzeitig hält der Verfassungsgerichtshof aber auch fest, wo die Grenzen der Weisungsrechte eines Vorgesetzten liegen. Ein solcher darf im ORF nicht anordnen, Tatsachen zu unterdrücken, bestimmte Quellen nicht auszuwerten oder recherchierte Fakten unberücksichtigt zu lassen.
Nichts davon ist aber durch das Ziegler-Mail erfolgt.
Diese vom VfGH festgehaltenen Punkte haben aber auch große Relevanz für das Verfahren, das über 500 Tagebuch-Leser gemeinsam mit mir gegen den ORF angestrengt haben. Darin war es um die Weisung des Fernseh-Chefredakteurs Dittlbacher gegangen, einen PR-Wunsch der Arbeiterkammer in der „Zeit im Bild“ zu erfüllen. Dieses Verfahren haben wir bisher bei der KommAustria und beim Bundeskommunikationssenat verloren (von denen auch Ziegler jeweils verdammt worden war). Es ist nun beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
Die Dittlbacher-Weisung setzte sich damals jedoch direkt über die Recherche-Ergebnisse einer Redakteurin hinweg; sie war eine direkte Folge einer AK-Intervention (was auch gar nicht geleugnet wird); und sie führte zur durch ihre Einseitigkeit bewusst falschen Meldung zugunsten der Arbeiterkammer (hingegen blieb die in einer früheren negativen Meldung erwähnte Landwirtschaftskammer bei dem von Dittlbacher veranlassten „Korrektur“-Beitrag plötzlich unerwähnt).
Mit anderen Worten: Der Dittlbacher-Eingriff erfüllt alle Voraussetzung für das, was laut VfGH ein Vorgesetzter im ORF nicht darf. Und er war jedenfalls viel konkreter als eine bloße Empfehlung.
Also wird auch das noch spannend.
Der französische Minister Cahuzac ist nach monatelangem Leugnen überführt worden, dass er 600.000 Euro auf einem ausländischen Konto hat, das zwischen der Schweiz und Singapur heimlich verschoben worden ist. Das ist absolut verheerend für die französischen (und sonstigen) Sozialisten. Ja, genau die, die so viel von Armut und Transparenz reden.
In Österreich werden das zwar manche anders sehen; hier kann man ja sogar als Parteichef reüssieren, obwohl man seine Steuer nicht im Lande, sondern irgendwo zwischen Kanada und der Schweiz entrichtet. Aber für die jetzige französische Regierung (ja, genau die, der Werner Faymann alles nachplappert) ist das ein Waterloo. Jagt sie doch mit verbissener Vehemenz alle, die irgendwie als reich gelten. Und dann tritt ein Minister erst zu dem Zeitpunkt zurück, da aus dem Ausland die Bestätigung seines Geheimkontos kommt.
Zusätzlich gibt es massive Hinweise, dass Präsident Hollande und Wirtschaftsminister Moscovici (ja, genau der, der jahrelang gegen einen österreichischen „Faschismus“ gehetzt hatte) schon viel länger um das Konto gewusst haben. Das ist so dramatisch, dass es in Wahrheit nicht mehr nur um Hollande und die Sozialisten geht, sondern schon um das ganze demokratische System. Das sich ja nur halten kann, wenn sich noch irgendwo glaubwürdige Akteure finden.
PS.: Und wie reagiert Hollande? Er tritt extra vor die Nation – und verkündet, dass er künftig korrupte Politiker absetzen werde. Na wui! Das heißt: Bisher hat man in Frankreich trotz Korruption sein Amt behalten können. Wenn das kein sozialistischer Fortschritt ist . . .
Zyniker könnten darauf antworten, dass Österreich schon seit längerer Zeit unregierbar ist, beziehungsweise nicht wirklich regiert wird, denn die Blockade in der Koalition verhindert seit Jahren dringend anstehende Reformen in praktisch allen Bereichen. Aber nicht nur die beiden Koalitionsparteien blockieren einander, auch die Bundesländer legen sich immer wieder quer, und die mangelnde Stärke der Regierungsparteien, auch Verfassungsgesetze beschließen zu können, gibt der Opposition immer wieder die Möglichkeit, wichtige Gesetzesvorhaben zu blockieren. Was könnte also noch schlimmer werden?
Manche fürchten, mit derzeit bereits sechs Parteien im Parlament und neuen Anwärtern (von den Piraten bis zu den Neos), könnten wir wenig erfreuliche italienische Verhältnisse bekommen.
Apropos Italien: Es ist eine interessante Frage, warum drei europäische Länder, die sich 1945 politisch neu aufstellen mussten, so unterschiedliche Entwicklungen genommen haben. In Deutschland haben wir bis heute die traditionellen Parteien CDU/CSU, SPD und FDP immer wieder in Regierungsfunktionen. Das Parteienspektrum wurde nur – wie in vielen Ländern – durch die Grünen bereichert, sowie – ein deutsches Spezifikum – durch eine Linkspartei als Nachfolgerin der ehemaligen DDR-Einheitspartei.
Das Gegenstück zu Deutschland ist Italien, wo vor rund zwei Jahrzehnten das traditionelle Parteiengefüge implodierte und sich die langjährigen Regierungsparteien Democrazia Cristiana und die Sozialistische Partei auflösten. Die DC zerfiel in mehrere kleine Parteien – unter anderem auch die von Silvio Berlusconi geführten – während die PSI praktisch verschwand. Seitdem verunsichert ein bunter Mix von mehr oder weniger ernstzunehmenden Gruppierungen das Land.
Österreich liegt hier – nicht nur geographisch – dazwischen. Auch hierzulande gibt es seit 1986 die Grünen im Parlament, die aber schon seit geraumer Zeit stagnieren. Dank ihres kaum verhohlenen Drängens auf eine Zusammenarbeit mit der SPÖ werden sie von vielen nicht als echte Oppositionspartei wahrgenommen. Die diversen Abspaltungen der FPÖ (LIF, BZÖ, FPK) haben allesamt nicht nachhaltig reüssieren können, es fehlt(e) Jörg Haider, der es immer wieder schaffte, mit seinem Charisma Mandate zu erringen. Diese Zeiten sind vorbei, wie Haiders kümmerliches Abziehbild, HC Strache, nunmehr leidvoll zu spüren bekommt.
Denn auch das Oppositions- und Protestmonopol der marktschreierischen FPÖ ist gebrochen: Durch einen achtzigjährigen Austro-Kanadier, der es ohne xenophobe Töne schafft, im freiheitlichen Protestreservoir zu wildern. Auch er hat – wie die FPÖ – kein wirklich vernünftiges Programm für Österreich, aber eine offensichtlich große Attraktivität für Wutbürger verschiedener Couleurs. Was man von den Piraten hierzulande halten soll, weiß niemand, und die sogenannten Neos haben möglicherweise – bevor sie noch richtig gestartet sind – schon ihren ersten Kapitalfehler begangen: Sie haben die traurigen Links-Genderisten des LIF und ein paar bedeutungslose Grüne mit an Bord genommen; wohl mit dem Hintergedanken, möglichst viele Themen abzudecken und damit eine Partei für alle zu werden. Aber Allerweltsparteien für alle sind bekanntlich Parteien für niemanden – etwas, was auch die ÖVP noch immer nicht begriffen hat.
Die stabilen Verhältnisse in Deutschland gründen sich wohl darauf, dass dort große Koalitionen die Ausnahme sind, während sie in Österreich eine fatale Regel darzustellen scheinen. Nur zwei Mal seit 1945 gab es Deutschland große Koalitionen für insgesamt sieben Jahre, in Österreich blicken wir auf 40 Jahre dieser verhängnisvollen Regierungsform zurück, die wie keine andere zu Packelei einerseits, beziehungsweise zur Blockade andererseits einlädt. Was nach dem Krieg, in der Zeit des Wiederaufbaus, eine segensreiche Einrichtung war, ist zu einem demokratiepolitischen Mühlstein geworden.
In Deutschland ist Innenpolitik durch das wechselnde Spiel der Kräfte spannend geblieben. Sowohl die Unionsparteien als auch die SPD haben mit der FDP koaliert, die SPD hat es einmal mit den Grünen versucht. Deshalb hat wohl auch die Politikverdrossenheit in Deutschland noch nicht das österreichische Niveau erreicht, denn der deutsche Wähler weiß, dass man Regierungen auch abwählen kann. Der österreichische Wähler dagegen hat gelernt: „Egal, was ich wähle, es kommt ja doch immer wieder das mehr oder weniger gleiche heraus.“
Im Wahljahr 2013 scheint es also, als hätte der frustrierte Wutbürger über die FPÖ hinausgehend mehrere Optionen zum Dampfablassen, weshalb sich die Stimmen auf besonders viele Parteien verteilen könnten.
Viele Kaffeesudleser bewegt schon Monate vor der Wahl die Frage, was passiert, wenn es SPÖ und ÖVP diesmal nicht mehr schaffen, gemeinsam die absolute Mehrheit, und damit eine Regierung, darzustellen. Steht uns dann eine Dreierkoalition oder gar eine Minderheitsregierung ins Haus? Und wie könnte eine derartige Dreierkoalition zusammengesetzt sein, unter der Prämisse, dass ja niemand mit der „grauslichen“ FPÖ koalieren möchte?
Interessante, wenn auch derzeit noch etwas hypothetische Fragen, die insbesondere vor dem Hintergrund der Parteienauswahl wenig optimistisch stimmen. Denn nicht nur das Angebot an gründlich ausgelaugten und reformunwilligen Regierungsparteien ist hierzulande deplorabel, auch die Oppositionsparteien machen nicht wirklich viel her. Überzeugende Entwürfe für eine ernsthafte Beschäftigung mit den drängenden Problemen auf europäischer, aber auch auf nationaler Ebene sind nirgendwo zu finden. Das von Politikern überstark strapazierte Wort „alternativlos“, das 2010 in Deutschland zum Unwort des Jahres gekürt wurde, ist zu einem beliebten Totschlag-Argument geworden, Diskussionen über unangenehme Fragen gar nicht erst aufkommen zu lassen.
So ist das weitere Hineinschütten von Milliarden zwecks einer fragwürdigen Euro-Rettung nach wie vor genauso „alternativlos“ wie etwa die dramatische Erhöhung der Parteienfinanzierung hierzulande. „Alternativlos“ ist offensichtlich auch, dass wir uns eine Bundesstaats- oder Bürokratiereform gar nicht vorstellen können oder wollen. Seit Jahren wird uns ein Schuldenabbau versprochen, tatsächlich wachsen jedes Jahr die Schuldenstände weiter – ist wahrscheinlich auch „alternativlos“. Ein angekündigtes „Demokratiepaket“ ist die Überschrift nicht wert, die es trägt; es eignet sich nicht einmal zu einer treuherzigen Augenauswischerei; es ist also auch die Fortschreibung des demokratiepolitischen Stillstands hierzulande „alternativlos“.
Da ist es nur ein geringer Trost, dass wir immerhin eine Regierung haben, zum Unterschied von Italien, wo das Chaos offensichtlich „alternativlos“ ist, etwa mit der Partei eines Komikers, die zwar rund 25 Prozent der Stimmen erhalten hat, sich aber jeder politischen Betätigung verweigert (mit so einem Stimmenanteil ist man immerhin in Österreich schon Junior-Partner in einer großen Koalition).
Ein Hoffnungsstrahl kommt aus Deutschland: Dort hat sich nun aus der bürgerlichen Mitte des Landes kommend eine „Alternative für Deutschland“ formiert, die bei den heurigen Bundestagswahlen antreten will. Diesmal sind es weder rechtsopportunistische Verbalradikalinskis noch alternde Besserwisser, sondern Wirtschaftsprofessoren und Unternehmer, die sich täglich im Beruf bewähren müssen. Die Bewegung setzt sich vor allem für Recht, Gesetz und Vertragstreue ein; sie zeigt zudem konkrete Wege aus der Euro-Krise auf. Sie legt in der Europa-Politik das Schwergewicht auf ein Europa souveräner Staaten mit einem gemeinsamen Binnenmarkt, wobei das Budgetrecht der nationalen Parlamente erhalten bleiben sollte und auch eine Transferunion beziehungsweise ein zentralisierter europäischer Staat abgelehnt wird. Sie unterstützt die vernünftigen Positionen des britischen Premierministers David Cameron, die EU durch mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung wieder zu verschlanken. Die Wirtschaftsprofessoren legen auch Wert auf einen echten Abbau der Staatsverschuldung und auf ein vereinfachtes Deutsches Steuerrecht.
Die Partei ist seit Februar unterwegs, am 14. April soll der Gründungsparteitag stattfinden. Man darf gespannt sein, wie sich diese Initiative der Bürgergesellschaft entwickelt – bei einem Erfolg wäre auch ein Ableger in Österreich wünschenswert.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser Kommentar ist der aktuellen April-Ausgabe – die am 3.4. erscheint – entnommen.
In Salzburg haben sie wirklich bis zum bitteren Ende gepfuscht. Noch viel katastrophaler als all das, was eine Beamtin in den letzten Jahren (möglicherweise) angestellt hat, ist das, was sich dort in den vergangenen Monaten (ganz realerweise) abgespielt hat. Das ist nun durch den Bericht eines beigezogenen Experten aufgedeckt worden.
Man (das ist wohl vor allem der inzwischen zurückgetretene Finanzlandesrat) hat die diversen Veranlagungen des Bundeslands so unbedacht und schnell aufgelöst, dass daraus ein Schaden von über 200 Millionen Euro entstanden ist. Dabei geht es wohlgemerkt um die Zeit nach Öffentlichwerden der – angeblich – geheim gewesenen Veranlagungen.
Der nun gutachtende Universitätsprofessor Lukas attestiert dem Land, im Herbst die einfachsten Grundlagen der Sorgfalt vernachlässigt zu haben: Es gab keine Statusbewertung der Derivate, keine rechtliche Prüfung, keine externe Unterstützung und keine Abbaustrategie.
Es ging offenbar zu wie in den nächsten Tagen beim Räumungsverkauf bei Niedermeyer: Alles muss raus, egal um welchen Preis. Der mit dem Abverkauf beauftragte Beamte hatte, wie Lukas entsetzt festhält, nicht einmal einen Bloomberg-Computer (das Instrument jedes Börsenakteurs mit allen relevanten Informationen in Echtzeit). Dadurch konnte die Gegenseite praktisch die Preise diktieren. Das ist niemand anderer als die Käufer der vom Land plötzlich unerwünschten Papiere.
Noch tollpatschiger geht’s wohl nicht mehr. Aber dieselbe Politik will ständig noch mehr regulieren und ständig noch mehr Steuern kassieren . . .
Also Wahlkampf ums Wohnen. Das ist jedenfalls prinzipiell besser als Werner Faymanns letzter Wahlkampf, der im September 2008 einen Multi-Milliardenschaden ausgelöst hat. Aber auch beim Thema Wohnen wäre es unverzichtbar, die wirkliche Wahrheit auf den Tisch zu legen, und nicht halb verlogen (wie die ÖVP) oder ganz verlogen (wie die SPÖ und der Großteil der Opposition, sofern diese überhaupt das Thema behandelt hat). Denn eines ist klar: Für junge Menschen, für junge Familien ist das Finden einer brauchbaren Wohnung in den letzten Jahren von einem ganz großen zu einem riesigen, unbewältigbaren Problem geworden.
Der Großteil der Wahrheit, warum das so ist, wird aber nirgendwo ausgesprochen. Weil man ihn nicht durchschaut, oder weil man nur noch populistisch zu denken vermag.
Denn der erste Hauptgrund der in letzter Zeit rapide gestiegenen Kosten (der von beiden Parteien total verschwiegen wird) liegt in der europäischen Geld- und Währungspolitik. Wenn die EZB die Banken (vor allem zur Rettung der maroden Staatsfinanzen) mit billigstem Geld flutet, dann führt das zwangsläufig dazu, dass Sparbücher in den noch relativ stabilen Ländern keine Zinsen bringen, sondern heftige reale Verluste. Daher versucht jeder, der flüssige Mittel hat, diese lieber in Immobilien (und Gold) zu stecken, als dem Geld auf der Bank beim Schrumpfen zuzuschauen.
Geld in Wackelländern wie Zypern zu investieren, wäre ja – trotz der dort höheren Zinsen – besonders sinnlos. Man hat gesehen, wie das Geld übers Wochenende zum Großteil weg sein kann.
Solange diese Währungs- und Geldpolitik anhält, wird das Wohnen für die unglücklichen Wohnungssuchenden noch viel teurer werden. Viele der zur Geldanlage gekauften und oft (in hohem Ausmaß von reichen Ausländern) gehorteten Wohnungen stehen nun nicht den Jungen zur Verfügung. Diese müssen sich daher um die wenigen freien Wohnungen balgen.
Die Folgen von Schocks, wie sie in Griechenland oder Zypern ausgelöst worden sind, brauchen ja noch etliche Zeit, bis sie sich auch auf dem Markt voll zeigen. So ist das halt immer in der Wirtschaft: Wenn die Politik in ihrer Ahnungslosigkeit irgendwo hineinreguliert, dann ist sie immer eine Zeitlang später bass erstaunt darüber, dass plötzlich der Schaden an einem anderen Ort auftaucht.
Übrigens wäre ich gar nicht so sicher, ob sich Haus- und Wohnungskäufe am Ende wirklich als das erhoffte gute Geschäft erweisen. Erstens hat die Vergangenheit gezeigt, dass Immobilienblasen (also zu rasch gestiegene Preise) sehr leicht platzen können. Und zweitens sind Immobilien leichtestes Ziel für die Geldgier und damit Steuererfindungsgabe der Politik. Denn zum Unterschied von Barvermögen und Menschen können Immobilien nur relativ schwer vor dem Fiskus über die Grenze flüchten.
Zweiter Hauptgrund der steigenden Wohnkosten: Das sind die vor allem in Wien skandalös in die Höhe geschnalzten Gebühren für Wasser, für Kanäle usw. Die rotgrüne Mehrheit hat sich hier ein bequemes Körberlgeld für ihre teure Politik und insbesondere für Medienbestechungen verschafft.
Letztlich sind freilich die Wiener selber schuld an den gerade bei ihnen besonders steil gestiegenen Wohnkosten: Sie haben ja bei der jüngsten „Volksbefragung“ selbst Wasser&Co vor Privatisierung und Wettbewerb „geschützt“, womit sie sich in Wahrheit selbst die weitere Kostensteigerung einbetoniert haben. Dennoch hat seltsamerweise die Wiener ÖVP nicht laut ein Nein zu diesem behaupteten „Schutz“ linker Monopol-Misswirtschaft ausgerufen (ebensowenig wie alle anderen Parteien). Also ist auch sie mitschuldig an einer Entwicklung, an der eigentlich nur die Linksparteien schuldig wären.
Dritter Hauptgrund, der ebenfalls kaum angesprochen wird: Vor allem in Wien verzögern die korrupten Baubehörden viele eigentlich längst finanzierte Privatprojekte um Jahre. Alle die nicht schmieren, stehen jahrelang auf dem Trockenen. Dieser Punkt wird zumindest indirekt, wenn auch viel zu zaghaft von der ÖVP angesprochen, wenn sie Deregulierung verlangt.
Viertens steckt auch in der ÖVP-Forderung nach „Vereinheitlichung“ die Erkenntnis eines großen Kostentreibers. Denn die noch immer je nach Bundesland unterschiedlichen Bauordnungen und Baurechte machen das Bauen teuer. Fragt sich nur, ob nicht auch die ÖVP-Länder bisher bei den bundesweiten Vereinheitlichung gebremst haben.
Fünfter Hauptgrund der hohen Wohnkosten ist der Mietenschutz. Bei einem spürbaren Anteil der Wiener Wohnungen ist noch immer seit dem ersten(!!) Weltkrieg die Mietenhöhe eingefroren. Dadurch kommt viel vorhandener Wohnraum einfach nicht auf dem Markt, weil für den einzelnen Mieter – die typische Hofratswitwe – die alte mietengeschützte Wohnung viel billiger ist, als es eine kleinere wäre (obwohl in diesen von einer Steinzeit-Ideologie geschützten Wohnungen oft nur noch eine Person lebt).
Dieser Mietenschutz gehört ebenso wie alle Preisregulierungen und Dämpfungen abgeschafft, zumindest bei Tod des Mieters. Denn sobald die geregelten Mieten unter das Marktniveau fallen, ist die Folge klar und zwingend: Wohnungen kommen viel seltener auf den Markt. Sie werden gehortet, für einen eventuell späteren Privatbedarf aufgehoben, oder in Luxuseigentum für russische Oligarchen verwandelt. Normale kostendeckende und gewinnbringende Vermietung wird ja von der populistischen Regulierungswut der Politik verhindert.
Auch die ÖVP hat sich nicht getraut, ein Ende der unzähligen Regulierungen von Neuvermietungen zu verlangen. Sie hat das Problem wenigstens diskutiert, während die SPÖ beim Thema Mietenschutz von totaler ideologischer Blindheit geschlagen ist (Nur um Missverständnissen zuvorzukommen: ein Auslaufen des Mietenschutzes heißt nicht, dass auch der Kündigungsschutz auslaufen müsste. Wobei freilich andere westliche Länder auch ohne Kündigungsschutz einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt haben).
Beim sechsten Krankheitsherd des Wohnungssystems hat einmal die ÖVP wirklich voll ins Rote getroffen: Es ist total absurd, dass vom Steuerzahler teuer geförderte Gemeindewohnungen von Abgeordneten und anderen Spitzenverdienern zu Billigstmieten bewohnt werden.
Doch die SPÖ lehnt es ab, dass man bei diesen Gutverdienern eine Erhöhung der günstigen Mieten vornimmt. Der Grund ist zweifellos, dass gerade ihren Wählern dieses Privileg zunutze kommt. Sind doch jahrelang Gemeindewohnungen primär nach dem Parteibuch vergeben worden. Die verzweifelten Abwehrbemühungen der SPÖ gegen jede Änderung (Schutzbehauptung: Es ginge um Durchmischung der Gemeindebauten) zeigen nur, wie sehr der jahrelange Mittäter des Wiener Wohnbausumpfes namens Werner Faymann in diesem Punkt ein schlechtes Gewissen hat.
Selbstverständlich müsste auch anderswo ähnlich geprüft werden, wo Förderungen für Wohnbauten Menschen zugute kommen, die längst nicht mehr förderwürdig sind. In allen anderen Ländern und nach allen anderen Förderungs-Modellen könnten da ebenfalls versteckte Profiteure auf Kosten der Allgemeinheit leben.
Zum Kapitel Gemeindebauten gehören auch die regelmäßig aufwallenden und vom Rathaus nur mühsam unter den Teppich gekehrten Korruptionsskandale rund um das Wiener Wohnbauwesen. Erst in den letzten Tagen ist wieder so eine Schieberei bekanntgeworden, die der Staatsanwalt verfolgt. Diese Korruption ist fast zwangsläufige Folge, wenn Beamte und Funktionäre über gewaltige fremde Mittel disponieren.
Siebentens ist vor allem in Wien die Widmung großer Flächen als Schrebergärten absurd. Sie verteuert das Wohnen enorm. Statt dass man dort den Menschen eine ausreichende Wohnfläche erlaubt – natürlich unter ganz strenger Beachtung des Grünanteils und von Bauhöhen! –, zwingt man sie, neben dem zu kleinen Schrebergartenhäuschen noch eine zweite Wohnung zu haben (etwa im teuer geförderten Sozialbau). Und mit dem Auto hin und her zu fahren.
Was im 19. Jahrhundert und vielleicht noch in der Zwischenkriegszeit zur Gewinnung von eigenem Obst seinen Sinn hatte, ist heute völlig anachronistisch. All diese Schrebergarten-Vereine gehören aufgelöst und die Grundstücke normal parzelliert und genutzt. Das würde gewaltig viel Wohnraum schaffen. Aber vor diesem Tabu ist die ÖVP zurückgeschreckt, und die SPÖ sowieso, die ja glaubt, über Schrebergärten und Gemeindewohnungen Kontrolle über ihre noch verbliebenen Wähler und ein paar Funktionärsjobs zu behalten.
Achtens läuft auch bei der Wohnbauförderung der Bundesländer Etliches falsch, was auch zur hässlichen Verhüttelung der Landschaft beiträgt: Fast überall wird primär der Neubau gefördert, während viele Tausend Häuschen aus den Fünfziger, Sechziger und Siebziger Jahre ungenutzt leerstehen, weil sie keinen Interessenten finden. Gerade solche Häuser werden naturgemäß derzeit relativ oft nach Tod der Bewohner frei. Die Jungen werden dennoch fast nirgendwo ordentlich gefördert, wenn sie ein solches Haus übernehmen und auf heutigen Standard umbauen. Für sie ist ein Neubau oft deutlich billiger. Absurd.
Vieles andere hingegen, was da jetzt von der Politik diskutiert wird, sind Scheindebatten und Futter für die ahnungslosen Medien. Wenn Vorsorge- und Pensionskassen nun mehr Kredite für den Wohnungsbau vergeben, geht das schon ok. Nur: Auch sie müssen wie jeder andere Kreditgeber dabei auf einen ordentlichen Ertrag schauen. Sonst wären ja die künftigen Pensionisten die Betrogenen. Und auch die Pensionskassen-Manager wollen nicht im Kriminal landen.
Das Thema „Wiedereinführung der Zweckbindung“ von Wohnbaugeldern ist zwar theoretisch relevant, aber in Wahrheit Anlass zu weiteren Lügen. Denn niemand hindert die Länder daran, das zu tun, was ohnedies einige von ihnen jetzt schon ganz freiwillig tun: Sie könnten das ganze derzeit nicht zweckgewidmete Wohnbaugeld, das sie vom Finanzministerium weitergeleitet bekommen, wie einst nur für Wohnbau auszugeben.
Hinter dem Thema versteckt sich abgesehen von Parteienhickhack noch etwas ganz anderes: Die Bundesländer haben mit der Diskussion einer Wiedereinführung der Zweckbindung von Wohnbaugeldern ein wunderbares Argument gefunden, schon wieder einmal mehr Geld zu fordern, jetzt oder halt beim nächsten Finanzausgleich. Auf Kosten der Steuerzahler, auf Kosten der Staatsschulden. Wer das für eine tolle Königsidee hält, hält die Bürger schon für sehr blöd.
Nur noch kabarettreif ist die SPÖ-Idee zu glauben, durch Umschichtung der Maklerkosten mehr Wohnraum schaffen zu können.
Zumindest misstrauisch wird man aber auch, wenn die ÖVP – in offensichtlichem Konsens mit den Linksparteien – eine „Ökologisierung“ des Mietrechts verlangt. Solche Schlagworte riechen nicht nur meilenweit nach neuen Regulierungen (von der Partei, die eigentlich deregulieren will), sondern auch nach Zusatzkosten für die Wohnungsbesitzer. Diese nehmen nämlich ohnedies ganz von selbst bessere Wärmeisolierungen und ähnliches vor, wenn es sich in Hinblick auf die Energiekosten rechnet. Wenn es sich aber nicht rechnet, ist auch eine „Ökologisierung“ ein Unsinn.
Viele Europäer wollen derzeit die Politiker ins Gefängnis werfen; Politiker und ihre medialen Verbündeten wollen dasselbe mit den Bankern tun. Die Szene ist die einer verzweifelten Sündenbocksuche nach einer schweren Niederlage. Gelöst ist mit Gefängnisstrafen freilich noch nichts. Kein Weg, kein Randthema kann nämlich an der Tatsache vorbeiführen, dass wir alle - egal ob mitschuld oder nicht (die meisten sind mitschuld, haben sie doch populistische Parteien gewählt) - für die Schuldenpolitik der Jahrzehnte seit 1970 zahlen müssen: für die verlogenen Euro-Rettungsaktionen; für fehlgeleitete Staatsausgaben (die statt in Investitionen zu Wählerbestechungen in Form von Frühpensionen, Gratisstudium, Förderungen und Gratisgesundheit verwendet worden sind); oder für die Aufnahme von (schon allein auf Grund ihrer Schulden) ungeeigneten Ländern in den Euro-Raum. Wir zahlen und müssen noch viel mehr zahlen, als Steuerzahler, als Sparer, als Schüler.
Im Vordergrund sollte derzeit aber vor allem die Frage stehen, wie wir ohne allzuviel weitere Schäden aus all den Irrungen der Krise herauskommen können. Dazu müssen wir freilich auch die Fehler der Vergangenheit analysieren, wie auch die der Gegenwart. Und wir müssen uns eingestehen, dass uns die Fehler der letzten Jahre jedenfalls teuer kommen.
Wenn selbst linke Apologeten wie der Linksaußenökonom Stephan Schulmeister zugeben, dass vor 1971 alles besser gewesen sei, dann ist das schon ein guter gemeinsamer Ansatz der notwendigen Analyse. Denn 1971 waren europaweit die Schulden noch sensationell tief. Etwa in Österreich betrugen sie 18 Prozent des damaligen Bruttoinlandsprodukts, das damals viel tiefer war als das heutige. Damals haben die Menschen, trotz viel niedriger Lebenserwartung, deutlich länger gearbeitet. Sie gingen später in Pension, sie arbeiteten großteils 45 Stunden, also auch noch an Samstagen, und sie hatten viel weniger Urlaube. Modische Wohlfahrts-Kuscheleien wie die verbreitete Frühpension wegen Burnouts kannte noch niemand. Und auch die Staatsquote (Steuern und Abgaben) war weit niedriger. Nostalgie? Nein, eine Wirtschaft, die noch funktioniert hatte.
Also darauf, dass ein Zurück Richtung 1971 eigentlich ein exzellentes Signal wäre, könnte man sich offenbar auch mit der radikalen Linken gut verständigen. Freilich steht da die seltsame Tatsache im Raum, dass gerade Ökonomen wie Schulmeister in den letzten Jahrzehnten immer für noch mehr Schulden und nie für mehr Arbeiten plädiert haben.
Und die Gewerkschaften sowieso. Diese haben soeben in Österreich eine obligatorische sechste Urlaubswoche für alle gefordert und gleich auch jede Menge Steuererhöhungen. Von ihrer Mitschuld an den Fehlentwicklungen seit 1971 reden sie hingegen nicht. Diese werden ja bei einer Gewerkschaft regelmäßig als große Erfolge gefeiert.
Rund um 1971 wurde Europa von einem kompletten Wertewandel erschüttert. Dessen Hauptursache war, dass die damals an die Macht kommenden Sozialdemokraten nicht mehr die oft asketischen und jedenfalls leistungsorientierten Werte ihrer Bewegung von früher vertreten haben, sondern die Sichtweisen der 68er Generation. In deren Zentrum stand aber der Kampf gegen die Privatwirtschaft und für ständig mehr Staatsleistungen ohne Rücksicht auf die Kosten.
Aber auch die christdemokratischen und liberalen Parteien wurden teilweise von diesem Wertewandel angesteckt. Die einen wurden plötzlich linksliberal (sie nannten es sozialliberal), die anderen glaubten, dass das Wort „sozial“ in „Soziale Marktwirtschaft“ eine Einschränkung der Marktwirtschaft bedeuten würde. In Wahrheit war dieses Adjektiv aber von ihren Schöpfern – von Ludwig Erhard bis zur Freiburger Schule – als nähere Qualifizierung der Marktwirtschaft gemeint, als erklärender Zusatz für das, was eine funktionierende Marktwirtschaft leistet. Und zwar nur sie.
Man kann aber auch in der Gegenwart, etwa rund um die zypriotische Krise viel Unsinniges entdecken:
Wird dann auch nur ein Idiot so blöd sein, bei einer Bank mehr als 100.000 Euro liegen zu haben? Wird dann nicht jeder seinen Vorteil besser wahren, wenn er das über der „Mindestsicherung“ liegende Geld von der Bank nimmt, im eigenen Haus in Bar versteckt oder in Gold anlegt, das man ihm nicht so leicht abnehmen kann? Oder wenn er es ganz aus Europa hinausträgt? Haben nicht eigentlich gerade fast alle Politiker das Gegenteil erklärt, nämlich dass nach Zypern Einleger nicht mehr bluten werden? Hat man nicht soeben gerade das vor zwei Wochen von den Euro-Lenkern vorgelegte Modell als unsozial verworfen, dass alle Einleger für die Bankenverluste mitzahlen müssen, wenn sie mehr an Zinsen kassiert haben, als in stabilen Niedrigzinsländern des gleichen Währungsraums üblich ist? Dabei wäre gerade dieses Modell das relativ am weitaus schmerzärmste und gerechteste gewesen, hätte doch gemäß diesem ersten Zypernbeschluss kein einziger Sparer mehr als den Zinsengewinn der letzten Jahre verloren.
Gegen die jeder Vernunft widersprechende Regel, dass andere Personen als die zuvor profitierenden Gläubiger für eine in Konkurs gehende Bank haften und zahlen müssen, haben Gerechtigkeit und marktwirtschaftliche Vernunft keine Chance mehr. Solange dieses perverse Prinzip nicht aufgegeben wird, gerät Europa immer mehr in einen mörderischen Strudel.
Die Botschaft der wirtschaftlichen Vernunft ist freilich bei dem Menschen Südeuropas nicht angekommen. Sie begreifen nicht, was es heißt, dass ihre Länder derzeit in einer historischen Krise sind. Aus eigenem Verschulden. Sie glauben offenbar noch immer, dass Deutsche, Holländer, Österreicher und Finnen sie auch weiterhin herauspauken werden. Auch wenn diese dafür ständig beschimpft werden.
Anders ließen sich die jüngsten deutschen Zahlen nicht erklären: Aus den 2004 der EU beigetretenen Ländern sind im Vorjahr 100.000 Menschen nach Deutschland gekommen, um dort zu arbeiten. Aus Griechenland, Portugal, Italien und Spanien waren es in Summe hingegen nur 30.000. Deutlicher kann man gar nicht beweisen, dass im Süden immer noch primär aufs Klagen, Jammern und Schimpfen als Antikrisentherapie gesetzt wird und nicht auf die eigene Arbeit, zu der ja auch Mobilität gehört. Die Euro-Länder haben freilich auch alles getan, um den Süden in dieser schönen Illusion zu lassen.
Wie weit man in jenen Ländern von der nüchternen Realität entfernt ist, zeigt der Fall eines portugiesischen Hochstaplers: der Ex-Häftling Artur Baptista da Silva hat sich dort als internationaler Spitzenökonom, UNO- und Weltbankberater ausgegeben und als solcher bis vor wenigen Wochen bei zahllosen Diskussionen, Vorträgen und Talk Shows brilliert. Er predigte nämlich genau das, was die Portugiesen gerne hörten: Man dürfe das Land nicht zu Tode sparen! Die Zinsen seien viel zu hoch! Die portugiesische Regierung müsse von den Deutschen noch viel mehr Geld herausverhandeln! Peinlich nur, dass weder sein Lebenslauf noch seine Vorschläge irgendetwas mit der Realität zu tun hatten. Der Mann ist nach langem endlich doch als Hochstapler entlarvt worden.
Manchen wird dieses Schwadronieren aber durchaus bekannt vorkommen. Verlangen doch auch die Arbeiterkammer-„Experten“ unter Beifall so mancher Journalisten noch viel höhere Schulden zur Krisenbekämpfung. Offenbar sind die Menschen nicht sehr lernfähig, sonst würden sie solchen Einsatz von Benzin zur Brandbekämpfung als ziemlich problematisch erkennen.
Die Wahrheit ist viel unpopulärer: Nur Leistung, Sparsamkeit und Arbeit können Europa da wieder herausbringen. Zwar wird jede Partei abgewählt, die die Wahrheit sagt. Aber auch demokratisch gewählte Illusionen bleiben Illusionen, die am Ende gegen die harten Fakten untergehen werden.
Die Zyprioten haben es sich ziemlich schwer gemacht, sich durch Arbeit selbst aus dem Sumpf zu ziehen: Weil man aus populistischen Gründen den kleinen Sparern nicht einmal einen teilweisen Verlust der Zinsen zumuten wollte, während größere Einleger hingegen zu 37 bis 100 Prozent geschröpft werden, hat Zypern jetzt seine eigene Haupteinnahmequelle vertrieben. Die dort in großer Zahl lebenden beziehungsweise regelmäßig einpendelnden Russen verlassen nun rasch die Insel. Trotz ihres einladenden Wetters und ihres hohen touristischen Wertes.
Mit den Russen sind aber auch die beiden Hauptbranchen der Insel tot: die Tourismusindustrie und das groß dimensionierte Bankwesen. Die Russen sind nämlich zu klug, als dass sie nicht erkannt hätten: Sie sind ganz gezielt zu Opfern einer Schröpfaktion geworden. Und das hat kein Volk sonderlich gerne. Zypern schonte die eigenen Wähler und bestrafte – unter nur scheinbarer Gleichbehandlung – die Russen. Diese sind jedoch zugleich die besten Kunden der Zyprioten (für Mitteleuropäer hingegen sind die Tourismus-Preise auf Zypern schon lange viel zu hoch).
Bei der Russen-Schröpfaktion half mit, dass man diese relativ einfach und ungeprüft zu Mafiosi erklären kann. Da ist es aber gleichzeitig kein Wunder, dass da kein Russe gern auf Zypern bleibt. Und dass deshalb die populistisch geschonten „kleinen“ Zyprioten bald keine Jobs mehr haben werden. Dafür können sie weiterhin ungestraft ihr Geld – bis 100.000 Euro pro Bank – dort anlegen, wo es die höchsten Zinsen gibt. Ohne auf die Stabilität der Bank achten zu müssen. Das gilt freilich nur, sofern sie überhaupt noch Geld haben. Denn das muss man ja in der Regel vorher verdienen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für die unabhängige Internet-Zeitung eu-infothek.com.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss hat einen Großteil des Jahres 2012 dominiert. Viele Politiker haben ihn ebenso wie fast alle Medien positiv kommentiert. Vom Standpunkt des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung war er aber überaus problematisch. Das Instrument Untersuchungsausschuss ist dringend reformbedürftig. Die vielfach behauptete Aufdeckung von konkreten Korruptionsverbrechen war in Wahrheit nicht Verdienst des Ausschusses.
Dieser war von serienweisen Aussage-Verweigerungen und Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes geprägt. Seine primäre Bedeutung lag vielmehr darin, dass Abgeordnete Zugang zu vertraulichen Akten der Strafverfolgung erhielten; diese wurden dann – sofern sie jeweils andere Parteien belasten – an Magazine weitergespielt, die solcherart den „Aufdecker“ spielten.
Die dem Ausschuss zugeschriebenen Reformen sind Ergebnisse des schon davor erfolgten Bekanntwerdens von Korruptionsfällen gewesen – und in der Sache völlig unzureichend. Die wirklich entscheidenden Gesetze fehlen weiterhin.
Die Politik bis hin zum Bundespräsidenten hat den Antikorruptions-Untersuchungsausschuss dennoch intensiv gelobt. Dieses (Eigen-)Lob ist aber weitgehend unberechtigt, auch wenn der durch den Ausschuss entstandene Arbeitsumfang – insbesondere das Aktenstudium – mit Respekt anzuerkennen ist. Ebenso ist die Begeisterung vieler Journalisten über den parlamentarischen U-Ausschuss zwar verständlich, aber recht vordergründig: Er hat ihnen jede Menge an problemlos aufbereitbaren Stoffen geliefert. Das war für die Journalisten hilfreich, da ja die Innenpolitik ansonsten wenig Schlagzeilen lieferte (Die europäische Schuldenkrise und deren Bekämpfung sind vielen Medien zu kompliziert).
Bei einer distanzierten Betrachtung muss man zu einem kritischeren Blick kommen. An konkreten rechtlichen Ergebnissen hat dieser Ausschuss nämlich außer Strafanzeigen wegen falscher Zeugenaussagen nichts zustandegebracht.
Zugleich haben sich grundlegende strukturelle Probleme früherer Ausschüsse wiederholt. Deren Hauptursache sind verfahrensrechtliche Defizite sowie der verdeckte und nie offen ausdiskutierte Dissens, wozu ein solches Instrument denn überhaupt sinnvoll ist. Die zahlreichen Vorverurteilungen durch Mitglieder des Ausschusses erinnern an die üblen Zeiten des Inquisitionsprozesses (wenn auch ohne Folter). Viele Abgeordnete haben dabei das üble Verhalten vieler Medien imitiert, die gesetzliche und menschenrechtliche Unschuldsvermutung bei politischen Gegnern in eine automatische Schuldvermutung zu verwandeln.
Viele Korruptionsfälle sind vom Ausschuss nur teilweise und kurz, einige intensiver angeschnitten worden. Aber auch jene Fälle, die der Öffentlichkeit überhaupt erst durch den Ausschuss bekannt geworden sind, waren schon davor Gegenstand von Untersuchungen der Staatsanwaltschaft und Polizei. Eine endgültige Bewertung und eine umfassende Übersicht über die Korruption in Österreich wird daher trotz Ausschuss erst möglich sein, wenn die diesbezüglichen Strafverfahren – so oder so – abgeschlossen sind. Daher erfolgt hier nur eine demonstrative Übersicht einzelner öffentlich besonders heftig diskutierter Fälle:
1. Der Berater Hochegger war in einem erschreckenden Umfang die Gelddrehscheibe für Bestechungen durch die Telekom Austria. Diese hatte in der Hoffnung auf eine freundliche Gesetzgebung und entsprechende Verordnungen gleich in Richtung von vier Parteien Gelder fließen lassen.
2. Der intensiv von staatlichen Regulierungen und Vergaben abhängige Konzern der Casinos Austria hat weitgehend wertlose Gutachten als offensichtliche Tarnung für ganz anders motivierte Zahlungen teuer finanziert.
3. Wie schon in den letzten drei Jahren stand Exfinanzminister Karlheinz Grasser mehrfach im Zentrum. Dabei ging es vor allem um die Begleitumstände des Verkaufs der Buwog, aber auch um einige andere Vorgänge. Die Aussagen eines früheren Kabinettmitarbeiters belasteten Grasser, aber ohne dass man den schillernden Politiker dadurch als überführt bezeichnen könnte.
In der Causa Buwog sind zwei Aspekte zu prüfen: Der eine ist die Entscheidung darüber gewesen, welche Investment-Bank Ausschreibung und Verkauf begleiten soll; konkret geht es dabei um die Frage: Wieweit hat Grasser die Vergabe dieses Auftrags an eine große amerikanische Investment-Bank beeinflusst (was vielleicht rechtswidrig, aber eigentlich verständlich und im Interesse der Steuerzahler gewesen wäre, ist doch der Minister am Ende ja selbst für die optimale Ausschreibung verantwortlich)? Und zweitens: Hat Grasser dabei mitgewirkt, dass der von einem Konkurrenten gebotene Preis für die Buwog dem siegreichen Bieter bekannt geworden ist? Das wäre freilich ein ganz übler Skandal, weil dadurch die Republik zweifellos einen Schaden erlitten hat. Es ist jedoch weiterhin offen, ob Grasser das getan und in diesem Zusammenhang auch Geld kassiert hat.
Insgesamt billigten ihm jedenfalls auch Gegner zu, dass er seine mehrfachen Auftritte vor dem Ausschuss recht souverän absolviert hat. Jedenfalls muss man weiterhin auf die ausstehenden Entscheidungen der Justiz warten.
4. Die Vergabe des Blaulichtfunks Tetron und damit verbundene Zahlungen an einen Lobbyisten sind zumindest dubios.
5. In der Inseratenaffäre wurde aus den Akten der Staatsanwaltschaft bekannt, dass diese von Lügen („Schutzbehauptungen“) des Bundeskanzlers und seines Staatssekretärs überzeugt ist.
Im ersten Halbjahr 2012 ist es im Kampf gegen die Korruption zu etlichen Gesetzesänderungen gekommen. In der Selbstdarstellung der Politik werden diese als Ergebnis der Tätigkeit des U-Ausschusses dargestellt. Das ist aber sowohl vom zeitlichen Ablauf wie auch von der Kausalität her falsch.
Die Gesetzesänderungen beruhen in keiner Weise auf einem Ausschuss-Bericht mit konkreten Empfehlungen, einen solchen hat es ja nie gegeben. Und diese Gesetzesänderungen sind auch schon lange vor Ende des Ausschusses und überdies in ganz anderen Gremien beraten, verhandelt und beschlossen worden. Neben den Parteienverhandlungen spielte dabei auch das Justizministerium eine Schlüsselrolle.
Viel wichtiger als diese Debatte über die Urheberschaft der Reformen ist aber ohnedies die inhaltliche Frage: Ist Österreich mit diesen Reformen künftig ausreichend gut gegen Korruption gefeit?
Die wichtigsten Reformen in Stichworten:
· Änderung der Strafbestimmungen zu den Bereichen Anfütterung und Bestechlichkeit
· Strengere Korruptionsregeln für Abgeordnete, Bürgermeister und Minister
· Größere Transparenz bei Nebenjobs
· Deutlich strengere Transparenzregeln für Parteispenden, zu denen nun auch Inserate und „Sponsoring“ gezählt werden (mit zwei öffentlich heftig kritisierten negativen Begleiterscheinungen: erstens die gleichzeitig als Ausgleich für den erwarteten Rückgang der Spenden erfolgte Erhöhung der staatlichen Parteifinanzierung und zweitens die Ausnahmebestimmungen für Spenden an Bezirksorganisationen)
· ein Lobbyistengesetz mit einer neuen Registrierungspflicht (und verfassungsrechtlich problematischen Abgrenzungen, wer überhaupt darunter fällt – siehe Sozialpartner, Interessenorganisationen, Rechtsvertreter)
· das Medientransparenzgesetz: Alle öffentlichen Stellen müssen den Umfang ihrer Inseratenschaltungen und sonstigen Kooperationen mit Medien melden; diese Meldungen werden dann veröffentlicht
· ein neuer Wohlverhaltenskodex für ÖVP-Politiker.
Die größten Defizite der Rechtslage rund um das Thema Korruption sind jedoch so gut wie gar nicht diskutiert geschweige denn behoben worden. Insbesondere die folgenden zwölf Punkte wären für ein erfolgreiches Zurückdrängen der Korruption unverzichtbar:
· Die als angebliche Maßnahme gegen die Schuldenkrise erfolgte Erhöhung der Vergabegrenzen: Wenn öffentliche Aufträge erst ab 100.000 Euro und nicht wie früher schon ab 40.000 Euro öffentlich nach den strengen Regeln des Vergabegesetzes ausgeschrieben werden müssen, dann reißt das ein großes Tor für korruptionsartige Vorgänge und überteuerte Beschaffungen auf.
Diese Vergabegrenzen sollten daher dringend wieder reduziert werden.
· Die Tatsache, dass Österreich in der EU gemessen am BIP absoluter Spitzenreiter bei der Vergabe von Förderungen ist (insbesondere auch durch die Länder!): Förderungen sind von ihrem Wesen her ein ideales Instrument, um Steuergelder nach parteipolitischem Interesse an sympathisierende Organisationen zu lenken. Sie grenzen daher eng an Korruption, selbst wenn in konkreten Fällen kein Amtsmissbrauch nachgewiesen werden kann, etwa weil sie durch „demokratische“ Beschlüsse von Landtagen oder Gemeinderäten vergeben werden.
Die Dimensionen der Förderungen gehören dramatisch reduziert; die Vergaben müssen gerichtlich und verfassungsrechtlich nachprüfbar werden.
· Die Tatsache, dass Österreichs Parteien in Wahlkämpfen weit intensiver plakatieren und inserieren, als das in allen anderen Ländern üblich ist, kostet enorm viel Geld. Keine Partei wagt aber aus Angst vor Wahlniederlagen auszuscheren. Das führt zu einem international unüblich hohen Geldbedarf der Parteien.
Plakatierungen und Inserate bzw. Privat-TV-Schaltungen durch Parteien, aber auch durch politisch aktive Organisationen (wie die scheinunabhängigen PAC-Komitees in den USA) gehören streng gesetzlich limitiert, mit besonderen Regelungen für Wahlkampfzeiten. Bei Plakaten wäre auch ein Verbot denkbar. Gleichzeitig sollte aber den Parteien entsprechend ihrer Größe (beziehungsweise für neue Parteien in fairer Dimension) im ORF unentgeltlicher und im Privatfernsehen entgeltlicher Werberaum zur Verfügung stehen.
· Die Suche nach den Geldflüssen dauert oft Jahre.
Es fehlt weiterhin ein zentrales Bankkonten-Register: Dadurch wird die Suche nach illegalen Geldflüssen deutlich erschwert und verlangsamt.
· Amtsgeheimnis und Datenschutz sind die besten Helfer der Korruption.
Die in Skandinavien oder Neuseeland selbstverständliche und auch in Deutschland zunehmende volle Transparenz öffentlicher Akten – mit bestimmten, engen Ausnahmen (etwa im Bereich der Strafverfolgung) – würde automatisch den Spielraum für korrupte Vorgangsweisen stark reduzieren.
· Ein Gutteil der inkriminierten Vorgänge ist rund um staatliche oder staatsnahe Unternehmen passiert (ÖBB, Asfinag, Buwog, Telekom, Casinos Austria).
Eine rasche und vollständige Privatisierung wie auch eine Reduktion der relevanten Gesetze und Verordnungen würde die Möglichkeiten für Korruption stark reduzieren.
· Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat versucht, die Inseratenvergabe zulasten rechtlich an sich völlig unabhängiger Aktiengesellschaften durch Minister als „Geschäftsführung ohne Auftrag“ zu rechtfertigen.
Diese gewagte Konstruktion gehört durch eine Änderung des Strafgesetzes und Aktiengesetzes unterbunden.
· Media- (Schalt-) und Werbeagenturen, die in irgendeiner Form öffentliche Aufträge erhalten, arbeiten als Dank oft gratis oder fast gratis für Parteien.
Künftig sollten sie vier Jahre lang vor und nach einem solchen Auftrag nicht für Parteien arbeiten dürfen. Das muss auch für die in neuen Konstellationen antretenden Gesellschafter gelten.
· Bei ÖBB und Asfinag sind nicht gefügige Vorstände dienstfreigestellt worden.
Unbegründete Dienstfreistellungen von Vorständen einer AG oder GmbH vor Ende der Periode müssen vom Strafrecht als Amtsmissbrauch gewertet werde.
· Die Verletzung der Kennzeichnungspflicht von Anzeigen und Kooperationen durch Medien muss als Offizialdelikt von amtswegen verfolgt werden.
· Die Bestechung von Medien mit Steuergeld geht trotz Medientransparenzgesetz ungehindert weiter.
Inserate und Kooperationen der öffentlichen Hand (und von ausgegliederten Gesellschaften mit einer 25 Prozent übersteigenden öffentlichen Beteiligung) müssen künftig gemäß dem Vergabegesetz ausgeschrieben werden. Dabei ist der Auftragswert eines Kalenderjahres zusammenzuzählen.
· Alle diese Neuregelungen müssen nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Landes- und Gemeindeebene gelten, wo ohnedies die Kontrolle viel schwächer ist.
Der Ausschuss war wie die meisten seiner Vorgänger durch mehrere unterschiedliche Problemschichten geprägt:
1. Vor allem ist nicht klar, was eigentlich die Aufgabe solcher Untersuchungsausschüsse ist. In Frage kommen:
a. Die Ausarbeitung von Vorschlägen für Verwaltungs- oder Gesetzesreformen in kritisch gewordenen Bereichen (wie es etwa britische Kommissionen bei sensiblen Fragen mit oft großem Erfolg tun): Das hat der Ausschuss in keiner Weise geschafft. Man hat beispielsweise nicht einmal versucht, die schwierigen Regulierungen und Vergaben im Bereich Telekom, Lotterien und Casinos aufzuarbeiten.
b. Die konzentrierte Kontrolle der amtierenden Regierung und der Verwaltung in komplizierten Materien: Das haben die Regierungsparteien zu verhindern gewusst. Dadurch wurde der Ausschuss ganz von der Gegenwart ab- und auf die Vergangenheit hingelenkt.
c. Die von der Justizministerin mehrfach als zentrale Aufgabe des Ausschusses genannte Wahrnehmung der „politischen Verantwortung“: Diese würde theoretisch in der Abberufung eines Regierungsmitglieds oder zumindest in einem Tadel gipfeln. Die politische Verantwortung ist aber ganz offensichtlich reine Theorie, solange keine Regierungspartei Konsequenzen verlangt.
d. Parteipolitische Polemik und Attacken: Das ist in überreicher Form passiert.
e. Untersuchung strafrechtlich relevanter Sachverhalte: Das ist ebenfalls in überreicher Form als Wiederholung von Aktionen der Kriminal- und Strafverfolgungs-Behörden passiert, aber zweifellos von der Verfassung her nicht Zweck eines parlamentarischen Ausschusses. Denn dadurch wird die Gewaltenteilung verletzt.
f. Untersuchung der korrekten und effizienten Arbeitsweise der Staatsanwaltschaften: Das wäre angesichts der überlangen Dauer von Strafverfahren und der Serie von Brüchen des Amtsgeheimnisses eine legitime und wichtige Aufgabe – hätte aber logischerweise erst nach Ende der betreffenden Strafverfahren stattfinden können.
2. Die Tätigkeit besonders dieses Ausschusses hat sich ständig mit jener der Justiz überschnitten. Zeitweise ähnelte er einem Schauprozess und Tribunal. Das ist ein schwerer Verstoß gegen die Gewaltenteilung zwischen Legislative und Justiz, aber auch gegen rechtsstaatliche Grundsätze wie etwa die Unschuldsvermutung und die Trennung von Anklage und Gericht. Vor allem die Oppositionsabgeordneten Pilz und Petzner haben sich ständig wie überscharfe Staatsanwälte geriert. Aber auch andere Parlamentarier haben die ihnen berufsbedingt innewohnende Lust an der Zuspitzung demonstriert. Der Zeuge Martin Schlaff verglich daher mit gutem Grund den Ausschuss sogar mit der Gestapo.
3. Ein parlamentarischer Ausschuss hat bei weitem nicht die Instrumente der Strafjustiz. Er kann insbesondere keine Aufträge an die Exekutive erteilen, er kann weder Lauschangriffe starten noch ausländische Akten und Vernehmungen beschaffen. Es ist also auch aus diesem Grund sinnlos, einen Ausschuss in Konkurrenz zur Strafjustiz zu setzen.
4. Die unfruchtbare Konkurrenz zur Justiz zeigte sich schon beim ersten und weitaus am intensivsten behandelten Kapitel; das waren die von der Telekom ausgehenden Bestechungsaktionen. Trotz vieler Zeugenauftritte wurde der weitaus wichtigste Zeuge und Haupttäter nicht geladen: Er ist von der Staatsanwaltschaft zum „Kronzeugen“ gemacht worden (der möglicherweise sogar straffrei ausgeht). Daraufhin hat das Parlament auf den Auftritt im Ausschuss verzichtet. Das hat diesen Ausschuss schon im ersten Kapitel trotz des großen gerade dafür aufgewendeten Zeitaufwandes ad absurdum geführt.
5. Die Staatsanwaltschaft hat dem Ausschuss keineswegs alle Dokumente zur Verfügung gestellt. Einige Vernehmungsprotokolle bekamen die Parlamentarier „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht, so etwa jenes des ehemaligen Asfinag-Vorstandes Franz Lückler rund um den Komplex Inseratenvergaben durch Faymann und Ostermayer. Gerade in diesem Fall kann das nur zweierlei bedeuten: Die Staatsanwaltschaft schützt die verantwortlichen Politiker Faymann und Ostermayer – oder sie hat weiteres belastendes Material gegen die beiden in der Hand. Davon ist aber bis heute nichts zu sehen.
6. Noch sinnloser wurde der Ausschuss durch die zahllosen Antwortverweigerungen: Bis zur letzten Sitzung haben sich viele Auskunftspersonen unter Verweis auf ein gegen sie laufendes Strafverfahren der Aussage entschlagen. Das ist selbstverständliches Grundrecht jedes Zeugen (auch vor Gericht), wäre also ein weiterer Grund gewesen, die Strafverfahren erst abzuwarten.
7. Der Ausschuss deckte zwar kaum etwas Neues auf, wurde dafür aber von den Parteien in anderer Hinsicht genutzt: Sie kamen in breitem Umfang (insgesamt 1,6 Millionen Aktenseiten) an geheimes Material der Strafverfolgung und anderer Behörden heran. Dadurch wurden Strafverfahren bekannt, von denen nicht einmal die Betroffenen etwas gewusst haben (was zwar rechtsstaatlich ebenfalls unakzeptabel ist, aber generell zu lösen ist und nicht auf dem Zufallsweg eines Ausschusses). Dieses Aktenmaterial wurde von allen Parteien penibel durchforstet – und zwar jeweils unter dem Gesichtspunkt, ob man damit politischen Gegnern etwas anhängen kann. Wenn Abgeordnete auf solches Material stießen, wurde es im Ausschuss groß thematisiert – oder vertraulich an befreundete Journalisten weitergegeben, damit diese es dann durch „Exklusivgeschichten“ in die Öffentlichkeit tragen. Es ist alles andere als Zufall, dass der heftigste Konflikt im Ausschuss, der dann auch zur Abberufung der Vorsitzenden Gabriela Moser führte, gerade um die weitere Lieferung von Akten aus Justiz und Verwaltung entbrannt ist. Das zeigt, dass es hier insbesondere (aber nicht nur) bei den Grünen um den Kern des parteipolitischen Interesses gegangen ist. Die Grünen haben sogar noch nach Ausschussende durch einen umfangreichen Bericht geheime Akten der Strafverfolgung an die Öffentlichkeit getragen. Dies alles schädigte massiv die Rechte der Betroffenen und ist zugleich eine potentielle Gefährdung der Strafverfolgung.
8. Die Themenbereiche des Ausschusses wurden sehr unterschiedlich behandelt: bei den Bestechungen durch die Telekom geschah dies ausführlich und in vielen Details, die aber ohne Befragung des Hauttäters kein komplettes Bild ergeben konnten; hingegen wurden die Bestechungen von Tageszeitungen und Wochenmagazinen durch Inserate von Bundes- und Landesinstitutionen fast überhaupt nicht aufgearbeitet. Das hat erstaunliche parteipolitische Dimensionen: Denn rund um die Telekom gerieten vor allem Schwarz, Blau und Orange in ein schiefes Licht; rund um die Inserate wäre das vor allem der SPÖ (und etlichen Medien) passiert. Weshalb der ÖVP dieser schwere taktische Fehler passiert ist, entzieht sich der Kenntnis des Autors, ist aber deren eigene Angelegenheit.
9. Die Weigerung der SPÖ, ihren Parteivorsitzenden in den Ausschuss zu laden, hat Werner Faymann als Hauptdrahtzieher der Inseratenaffäre peinliche Fragen und die Gefahr einer strafbaren Falschaussage erspart. Dadurch entstand aber überhaupt die größte Sinnkrise des Ausschusses. Diese Weigerung ist auch in der Öffentlichkeit heftig kritisiert worden und hat Faymann bei seiner Wiederwahl als Parteichef ein schlechtes Ergebnis eingebracht.
10. Der Ausschuss verzichtete sogar auf die Vernehmung durchaus aussagewilliger Personen, wie die des ehemaligen ÖBB-Personenverkehrsvorstandes Stefan Wehinger. Dieser hätte mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Faymann schwer belastet.
11. Schon das Ausschussprogramm ließ Beobachter den Kopf schütteln: Anstelle der Konzentration auf ein Thema ging es nach dem Kraut-und-Rüben-Prinzip um alles, was in den Monaten davor an Vorwürfen zu hören gewesen ist, etwa durch Indiskretionen der Staatsanwaltschaft.
12. Die mutmaßlichen Amtsmissbräuche in der StA und OStA (durch Indiskretionen aber auch durch Nichtverfolgung strafbarer Handlungen) sind in keiner Weise thematisiert worden, obwohl hier ein unabhängiger und am Rechtsstaat orientierter Ausschuss zweifellos viel Handlungsbedarf gefunden hätte.
13. Der Vorsitz im Ausschuss durch Abgeordnete ist regelmäßig problematisch. Dadurch wurde die Entartung zu einem Tribunal ebensowenig verhindert wie die parteipolitische Instrumentalisierung. Abgeordnete als Vorsitzende haben nicht einmal den Anschein objektiver Unabhängigkeit.
14. Der Ausschuss ist mitten in seiner Arbeit durch die Koalition mit Brutalität und fadenscheinigen Argumenten abgedreht worden. Die letzten Kapitel sind höchstens kursorisch angerissen worden. Dahinter steckte die Sorge der Koalition, ein Weiterlaufen des Ausschusses hätte den Wahlkampf 2013 beherrscht. Ein weiterer Hintergrund des vorzeitigen Ausschuss-Ende: Die SPÖ hätte in einer Vorladung ihres Parteichefs einen Bruch der Koalition gesehen, wovor sich die angeschlagene ÖVP fürchtete.
15. Ein Untersuchungsausschuss, der ohne einen zumindest mit Mehrheit beschlossenen meritorischen Abschlussbericht und Empfehlungen endet, ist jedenfalls ein Fehlschlag.
16. In der Summe hat durch den Ausschuss das Image der gesamten politischen Klasse schwer gelitten. Auch die Grünen, die ja als einzige nie in Regierungsverantwortung gewesen und daher automatisch inhaltlich weitgehend unbehelligt geblieben sind, können nicht wirklich von der Ausschussarbeit profitieren. Die Vielfalt an dort erhobenen Vorwürfen hat nämlich jede individuelle Verantwortung verwischt.
17. Der Ausschuss war auch dadurch eines Rechtsstaates unwürdig, dass all jene Aktenteilen der Justiz ignoriert wurden, die entlastende Aussagen enthalten. Dass dies offenbar in signifikantem Umfang geschehen ist, geht aus einem leider weitgehend unbeachtet geblieben Interview des zuständigen Strafjustiz-Sektionschefs hervor.
18. Offen muss daher die nicht nur an Österreichs Stammtischen diskutierte Frage bleiben, ob das Land wirklich korrupter geworden ist und wie es im internationalen Vergleich dasteht. Gibt es doch in demokratischen Ländern von den USA bis Frankreich noch viel problematischere Vorfälle. Die Intensität der im Ausschuss wenigstens zum Teil behandelten Fälle ist jedenfalls erschreckend:
a. So hat etwa die Inseratenkorruption auf Bundesebene erst mit dem Einrücken von Werner Faymann aus dem Wiener Rathaus demokratiegefährdende Dimensionen erreicht.
b. So ist ein (inzwischen ehemaliger) Finanzminister, der beispielsweise im Plastiksack große Geldsummen über die Grenze schafft, selbst dann unerträglich, wenn man ihm seine diesbezügliche Rechtfertigung glaubt.
c. So ist das Verhalten der Telekom als Bankomat der Parteien auch dann skandalös, wenn man ins Kalkül zieht, dass ein bis dahin von befreundeten Ministern immer behütetes rotes Unternehmen plötzlich ob der schwarz-blauen Koalition von Panik gepackt wird.
Auf der anderen Seite ist es zweifellos Faktum, dass die Sensibilität der Öffentlichkeit, die technologischen Kontrollmöglichkeiten, der schwere Verlust der Reputation der politischen Klasse und die Aggressivität der Medien heute viele Vorgänge an die Öffentlichkeit bringen, die früher nicht zu einem Skandal geworden wären.
Aus den Erfahrungen dieses und früherer U-Ausschüsse sowie aus internationalen Beispielen lassen sich einige Empfehlungen ableiten.
1. Der Vorsitz sollte nur noch durch unabhängige Persönlichkeiten mit Gewicht und Erfahrung ausgeübt werden dürfen. Wenn sich die Parteien nicht mit Zweidrittelmehrheit auf einen (oder zwei) Vorsitzenden einigen können, sollte dieser durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshof nominiert werden.
2. Die Einberufung eines Ausschusses muss einen einzigen klaren, nicht die Gewaltenteilung verletzenden Auftrag haben. Themen eines Ausschusses dürfen nur sein:
a. die Aufarbeitung komplizierter Fragen zum Zweck einer Gesetzesreform (ein aktuelles Beispiel wäre etwa eine sinnvolle Regelung der Fragen rund um die Veranlagung öffentlicher Gelder und der dabei möglichen Risken, also das Thema der sogenannten „Spekulationen“);
b. die Kontrolle der gegenwärtigen Regierung, Verwaltung in Hinblick auf Korrektheit und Effizienz;
c. und die Tätigkeit oder Nichttätigkeit der Strafverfolgungsbehörden NACH dem Abschluss eines Verfahrens (beziehungsweise zwei Jahre nach Erstattung einer Anzeige, womit auch eine Verschleppung durch die Staatsanwaltschaft thematisiert werden kann).
3. Kein Thema für einen U-Ausschuss kann ein von der Justiz verfolgtes Delikt sein. Das würde den vielen sinnlosen Vernehmungen von Personen ein Ende bereiten, die sich als Beschuldigte jeder Aussage entschlagen.
4. Ein U-Ausschuss kann von einem Drittel der Abgeordneten einberufen werden, wobei aber jeder Abgeordnete nur zweimal in einer Legislaturperiode das Recht hat, eine solche Einberufung zu unterstützen.
5. Behauptet ein anderes Drittel der Abgeordneten die Rechtswidrigkeit der Einberufung des Ausschusses, muss der Verfassungsgerichtshof in einem Eilverfahren entscheiden.
6. Ebenso kann ein Drittel der Ausschussmitglieder – im Rahmen des Themas eines Ausschusses und unter Aufsicht des unabhängigen Vorsitzenden – Zeugeneinvernahmen durchsetzen.
7. Jeder U-Ausschuss muss binnen sechs Monaten beendet werden.
8. Wenn es über den Abschlussbericht keinen Mehrheitsbeschluss gibt, kann der Vorsitzende ad personam dem Parlamentsplenum einen Bericht samt Empfehlungen übermitteln.
(Dieser Beitrag ist in weitgehend ähnlichem Wortlaut auch im soeben erschienenen „Jahrbuch für Politik 2012“ veröffentlicht worden. Dieses Jahrbuch mit Dutzenden weiteren wichtigen politischen Analysen ist im Böhlau-Verlag erschienen).
Täglich passiert in der ganzen Welt viel Erfreuliches. Dieses geht nur im Laufe der normalen Hektik oft unter oder gerät in Vergessenheit. Es besteht vor allem in all dem, was an breitflächig prophezeitem Unheil letztlich dauerhaft ausgeblieben ist: beispielsweise ein Bank Run, eine Vogelgrippe mit hunderttausenden Toten, eine globale Erwärmung. Daneben bleiben aber auch viele andere Aussagen und Entwicklungen total unbemerkt - meist deshalb, weil sie dem Mainstream der Medien widersprechen. Das ist schade und sollte zumindest bisweilen, etwa an einem Osterwochenende, vor den Vorhang des Tagebuchs geholt werden: Es ist ja gar nicht so schlecht, wenn das Wetter fast das Schlechteste ist, was einem gleichzeitig mit dem Wunsch „Frohe Ostern!“ einfällt.
Da hat der neue Verteidigungsminister Gerald Klug in einem Interview mit dem „Standard“ verkündet: Er habe beim Eurofighter-Kauf „keine Wahrnehmung dazu, dass Korruption im Spiel gewesen wäre“. Na wui! Dieser Satz bringt das zentrale Fundament der rotgrünen Politik und Propaganda eines ganzen Jahrzehnts zum Einsturz. Es gibt also keinerlei Beweise. Damit wird klar, dass die vereinigte Linke offenbar nach dem Motto gehandelt hat: Versuchen wir es halt; schließlich werde bei Waffenkäufen ja immer geschmiert. Woher auch immer die SPÖ das zu wissen glaubt (Wie war das nur schnell mit den Blecha-Reisen einst beim Draken-Kauf? Und wie war das mit den vier EADS-Millionen für einen Edlinger-Fußballverein am Rande der Pleite?). Oder stammte das "Wissen" nur aus der Kronenzeitung? Es ist jedenfalls unglaublich, wie viel Kommentare voller heuchlerischer Erregung über den Eurofighterkauf, aber offenbar ohne jeden Beweis wir in den letzten zehn Jahren dazu hören mussten. Umso lobenswerter und mutiger agiert jetzt der Herr Klug.
In eine ganz ähnliche Kategorie gehört ein Satz des roten Ex-Ministers und jetzigen Behindertenanwalts Erwin Buchinger: Er hält in Hinblick auf die Lage der Behinderten fest, „dass große Fortschritte seit 2006 nicht erreicht wurden“. Ja, richtig gelesen! Seit 2006. Das war bekanntlich noch zur Gänze ein Jahr der schwarz-blauen Regierung. Dabei sollte diese ja im anrollenden Wahlkampf eigentlich von den rotgrünen Strategen wieder einmal als Abgrund des Bösen und des angeblich eiskalten Liberalismus porträtiert werden.
Da hat ein amerikanisches Gericht knapp vor Ostern maßgebliche Teile der Zinsmanipulations-Vorwürfe gegen mehrere internationale Geldhäuser für unhaltbar erklärt; es wies die Kartellvorwürfe der Ankläger zurück und auch zum Teil den Verdacht der Manipulation. Das ist nun tatsächlich eine weltweite Sensation. Haben doch seit Monaten fast alle Zeitungen dieser Welt wegen der angeblichen kartellartigen Manipulation Schmähartikel gegen die Banken geschrieben. Diese wurden sofort von fast allen geglaubt - auch wenn die meisten Vorwürfe nie wirklich nachvollziehbar oder logisch waren. Wetten, dass die meisten Kommentatoren jetzt schreiben werden: Egal, schuldig sind sie doch, auch wenn sie unschuldig sind.
Da hat Dänemark beschlossen, nach Ostern 67.000 Lehrer aus ihren Schulen auszusperren. Die – linke! – Regierung reagiert solcherart auf das Scheitern der Kollektivvertragsverhandlungen. Ohne mich in deren Details einmischen zu wollen, so ist es doch positiv und erfreulich, wenn irgendwo in Europa anscheinend nicht mehr die Gewerkschaft das letzte Wort hat. So sehr ich inhaltlich bei vielen Positionen der Lehrer auf deren Seite stehe, so muss doch auch den Lehrern klar werden, dass Europa überall sparsamer werden muss.
Da hat Großbritanniens konservativer Premier Cameron angekündigt, das Wohlfahrtssystem für Zuwanderer aus anderen EU-Ländern eine Zeitlang verschlossen zu halten. Ihnen soll das Arbeitslosengeld gekürzt werden, wenn sie keine Aussicht auf einen Arbeitsplatz haben. Anspruch auf Sozialwohnungen gibt es künftig jedenfalls erst, wenn man zwei Jahre im Land ist. Zugleich wird für Nicht-EU-Bürger der Zugang zum Gesundheitssystem beschränkt. Und die Strafen für Arbeitgeber illegaler Einwanderer werden deutlich erhöht. Das alles ist nicht inhuman, wie die üblichen Gutmenschen sofort losheulen, sondern legitime Notwehr, nachdem in vier Jahren 2,2 Millionen Menschen ins britische System zugewandert sind.
Da beklagt sich die eigentlich vom linken Rand der deutschen FDP kommende Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger über die mangelnde Rückendeckung für Deutschland durch die EU-Führung. Immerhin zahlt ja Deutschland weitaus am meisten für die diversen „Rettungsaktionen“, und wird dennoch vielerorts als Reinkarnation der Nazis beschimpft. Der Ministerin reicht es nun: „Da würde ich mir schon wünschen, dass die Persönlichkeiten an der Spitze – also Kommissionspräsident und der Ratspräsident – auch Solidarität mit uns üben und die Deutschen gegen ungerechtfertigte Vorwürfe verteidigen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen außer die Beobachtung, dass sich die deutsche Regierung mit solchen Sätzen bisher total zurückgehalten hat.
Da hat sich vor ein paar Tagen der österreichische Nationalrat einem Vorschlag des Innenministeriums angeschlossen, demzufolge alleine eingereiste Jugendliche (ohnedies nur jene, die älter als 14 sind) künftig verpflichtet sind, bei der Suche nach ihren Eltern mitzuwirken. Man ist zwar erstaunt, dass das nicht längst selbstverständlich war – was es aber offenbar nicht war. Freilich sind viele dieser Jugendlichen eigentlich deutlich älter, geben sich jedoch als jünger aus, um die sehr komfortable Betreuung für Jugendliche in Österreich zu genießen. Weniger verwundert ist man natürlich, dass die Grünen selbst diese eigentlich selbstverständliche Mitwirkungspflicht von Asylwerbern vehement ablehnen.
Da hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft ein Verfahren gegen einen früheren Tiroler Landesrat eingestellt, dem von Opposition und Medien vorgeworfen worden war, eine Wohnung zu billig angemietet zu haben. Ausdrücklich wurde betont, dass der Landesrat dabei „keinen Vorteil erlangt“ hat. Es ist geradezu erstaunlich, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft das noch vor den Tiroler Wahlen bekannt gibt. Überaus bedenklich bleibt freilich, dass sie für diese Erkenntnis ein volles Jahr gebraucht hat, und dass der – mir sonst unbekannte – Mann primär deswegen sein Amt verloren hat. Solche oft medial (zum Zweck der Auflagensteigerung) oder politisch (um einem Gegner zu schaden) losgetretenen Verfahren sind für den Betroffenen genauso schlimm, wie es eine Verurteilung gewesen wäre. Da fallen mir etwa die geradezu serienweisen Anzeigen eines Peter Pilz gegen politische Mitbewerber ein. Wäre es nicht höchste Zeit, auch Strafen für leichtfertige Denunzianten zu überlegen? Zu denen gehört übrigens auch eine deutsche Grünpolitikerin, die in ihrem blinden Fanatismus die fast 20.000 Todesopfer des Tsunami einfach zu Opfern eines Atomkraftwerks gemacht hat. Die es aber nie gegeben hat (nicht einmal einen Bruchteil, wenn man alle AKW-Havarien zusammenzählt).
Aber lassen wir auch in diesem Fall das Positive überwiegen! Und keine Angst: So erstaunlich viele dieser Meldungen sind: Sie haben mit Garantie nichts mit dem morgigen ersten April zu tun, sondern sind durchwegs seriös.
Nicht nur weil Ostern ist: Die katholische Kirche steht so stark im allgemeinen Interesse wie schon lange nicht. Dank des Papst-Rücktritts, der genauso wie die Persönlichkeit des Nachfolgers eindrucksvolle Demut signalisiert. Dank der Tatsache, dass das neue Kirchenoberhaupt erstmals aus der Dritten Welt kommt. Dank der immer stärkeren Desorientierung der Menschen, die aber eigentlich nach einem festen Halt suchen. Aber auch dank der brutalen Attacken von Islamisten auf Christen, und dank eines radikal-antikirchlichen Volksbegehrens aus dem linksradikalen Eck.
Das ist eine gewaltige Chance. Das könnte Aufbruchsstimmung vermitteln – die es in einigen Pfarren in Österreich schon seit längerem tatsächlich gibt. Sie ist meist, aber nicht immer von starken Priesterpersönlichkeiten geprägt, denen nur eines gemeinsam ist: Sie sehen so wie der neue Papst ihre Aufgabe nicht im Schimpfen auf andere Teile der Kirche, auf Linke oder Rechte, sondern im Dienst an der Gemeinschaft. Gewiss: Nicht jeder hat auch Charisma, wie es die Päpste Franziskus und Johannes Paul II. gehabt haben. Aber auch der büchertrockene Benedikt hat als Gelehrter eine wichtige Funktion gehabt. Auch wenn ihm organisatorisch und disziplinär manches außer Kontrolle geraten ist.
Zu Recht werden da manche sagen: Aber die üblen Verbrechen, die – auch – von Funktionsträgern der Kirche begangen worden sind! Und die auch wohl noch heute da und dort begangen werden!
An diesen Untaten gibt es nichts zu deuteln. Sie haben stattgefunden, so wie in allen anderen Bereichen menschlicher Aktivität auch. Aber es gilt Klarheit herzustellen: Nirgendwo in der Bibel wird behauptet, dass jemand automatisch deshalb ein besserer Mensch wäre, weil er Priester oder Ordensfrau ist. Diesen Eindruck hat nur ein falscher Klerikalismus zu erwecken versucht.
Bei Kirche und Christentum geht es letztlich um ganz anderes als um die menschliche Qualität der Priester: Es geht vor allem um den Auftrag an jeden einzelnen zu einer an Werten, an Idealen, an konkreter Nächstenliebe orientierten Lebensführung; und es geht um die Suche nach Wahrheit, Freiheit und Transzendenz.
Dieser Wahrheit ist die katholische Kirche deutlich nähergerückt, seit sie klar sagt, dass nichts Teil des Glaubens sein könne, was der Vernunft widerspricht. Damit ist auch der tiefe Graben überwunden, der sich einst zwischen Kirche und Aufklärung, zwischen Kirche und Liberalismus aufgetan hatte. Wobei man bei der Aufklärung genausowenig an die blutigen Exzesse der Französischen Revolution denken darf, wie beim Liberalismus an die geistige Beschränktheit eines Liberalen Forums in Österreich und bei der Kirche an die Missbräuche in manchen Konvikten.
Bei allen überwiegt heute bei weitem der positive Beitrag für den Zustand der Menschheit. Was man von den großen Totalitarismen des Nationalsozialismus, Kommunismus und Islamismus ganz und gar nicht sagen kann – auch wenn das deren Propagandisten ständig zu verwischen versuchen.
Daher ist auch das Kirchenvolksbegehren aus dem linken Eck ein ganz übler Beitrag für die Zukunft dieses Landes. Wenngleich es von der Freimaurerpartie im ORF heftig unterstützt wird, ist es in vielen Punkten verlogen.
So verdreht das Gerede von angeblichen Privilegien der Kirche alles, was der christliche wie jüdische Glaube für Land und Menschheit tut, ins Gegenteil:
Nur in den von ihnen geprägten Kulturen haben sich Freiheit und Wissenschaft in so hohem Ausmaß entwickeln können (trotz allem, was man in beiden Bereichen oft sorgenvoll beobachten muss). Nur dort gibt es (trotz aller feministischen Attacken) eine Gleichberechtigung von Frauen. Nur dort sind so früh alle Sklavenhaltergesellschaften verschwunden. Nur dort gibt es heute die weltweit größte Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit. Ist das alles Zufall oder ist es nicht viel mehr klare Konsequenz der christlich-jüdischen Werte?
Christlich motivierte Menschen haben die gewaltigsten Kunstschätze der Menschheit geschaffen, von der Musik bis zur Malerei. Es wäre beispielsweise ein riesiger kultureller, und nicht zuletzt touristisch-ökonomischer Schaden für Österreich, würde die Kirche nur noch jene Klöster und Gotteshäuser erhalten und pflegen, die sie für ihre eigenen Zwecke benötigt. Für die Kirche wäre das hingegen kein Schaden, sondern eine gewaltige Ersparnis.
Allein dieser Wert übersteigt bei weitem das, was die Kirchen aus Budgetmitteln bekommen. Wobei das ja nur ein Ersatz für jene ökonomischen Werte ist, die der Kirche von den Nazis weggenommen worden sind. Und die einst in hohem Ausmaß von frommen Spendern gestammt haben, die noch geglaubt haben, über ihr Privateigentum frei verfügen zu können. Es ist daher wohl kein Zufall, dass die Attacken der Linken auf die Kirchen auch in hohem Ausmaß Hand in Hand gehen mit deren Attacken auf das Privateigentum schlechthin. Sie bekämpfen alles, wo nicht der Staat, also möglichst sie selber, die Macht hat. Und da sind Kirche wie Eigentum die größten Hindernisse.
Eine besonders infame Attacke der Linken richtet sich gegen christliche Schulen, Altersheime und Spitäler: Statt täglich den Trägern zu danken für ihren Beitrag zum Allgemeinwohl, wird dagegen gehetzt. Dabei kommt jeder Schüler, jeder Patient, jeder Pflegebedürftige dort die Allgemeinheit viel billiger als in staatlichen Einrichtungen. Wollen die linken Kirchenhetzer diese wirklich alle auf die Straße setzen? Oder soll das Defizit der Republik um einige Milliarden größer werden, nur damit man der Kirche scheinbar eines auswischen kann?
Gewiss kann man nachdenken über die Art des Religionsunterrichts: Wäre es nicht auch für die Kirche viel sinnvoller, dass die jungen Menschen wie in anderen Ländern dazu in Pfarrgebäude kommen müssten, und nicht total orientierungslose Religionslehrer in die Schulen? Es ist wohl auch über die Art des Kirchenbeitrags zu diskutieren: Ist nicht der in immer mehr Ländern übliche Kultus/Kultur-Beitrag sinnvoller, bei dem ohne eigene Einhebungs-Bürokratie automatisch ein Teil der Einkommensteuer einem vom Steuerpflichtigen frei zu nennenden Zweck zufließt? Einer Kirche (wenn man sie zumindest für Heirat, Taufe und Tod in Anspruch nehmen will), einem Denkmalamt, einem Atheistenverein . . .
Kardinal Schönborn hat – offenbar schon vom neuen Papst beeinflusst – ja zu Recht für eine viel stärkere Distanz zwischen Kirche und Staat plädiert. Auch wenn er bisher nicht danach gehandelt hat. Solche Distanz hat der Kirche weltweit immer gut getan, auch wenn sie in Österreich das fast nie wirklich praktiziert hat.
Man denke nur an die vollen Kirchen 1945 in Österreich nach dem Ende der nazistischen Kirchenhasser. Man denke an Polen, die Slowakei oder Slowenien, wo die Kirche als Zuflucht gegen eine Fremdherrschaft besonders stark geworden ist (ja, auch die nationale Identitätssuche war dabei wichtig – aber die ist ja nur für Linke etwas Böses). Man denke an das Aufblühen der katholischen Kirche in den Perioden einer extrem blutigen laizistischen Herrschaft in Mexiko oder Spanien, beziehungsweise die christliche Stärke nach Jahrhunderten der islamischen Herrschaft in Spanien. Man denke an die Kraft der Christen im kommunistischen Vietnam oder im islamistisch bedrohten Afrika. Und man kann fast sicher sein, dass das Christentum in seinen allerersten drei Jahrhunderten vor allem deshalb so stark gewachsen ist, weil es die einzige und daher besonders gefürchtete Antithese zu den damaligen Herrschern war.
Man denke umgekehrt an das Schwächeln der protestantischen Kirchen Nord- und Westeuropas, wo sie als Staatskirchen rapide an Bedeutung verloren haben. Dabei haben gerade die Protestanten nach Luther vielerorts als Antithese zum Kaiser Zulauf gefunden.
Man könnte im Grund die Geschichte der letzten Tausend Jahre vor allem als ein ständig wechselndes Näher- und Auseinanderrücken zwischen Kirche und Staat interpretieren. Die Kirche als Antwort auf die unbeschränkte Willkür der Herrscher: Siehe Canossa, siehe die Zweischwertertheorie.
Die Kirche, der Glaube war die erste relevante und große Antithese zur Allmacht von Staaten. Sie wurde genau dadurch (und durch viele Bibelworte) zur ersten Verkörperung der Idee von Freiheit und persönlicher Verantwortung. Und genau dies hat beispielsweise der neue Papst auch in der Antithese zur linksliberalen Populisten-Herrschaft der Kirchner-Familie gelebt.
Umso erstaunlicher ist es, wie ein niederösterreichischer Abt (der sich bisher immer in der Nähe der Mächtigen gezeigt hat) in dieser Situation in einem Radio-Interview spricht. Statt sich massiv mit dem Kirchenvolksbegehren auseinanderzusetzen, mit der islamisch getriebenen Christenverfolgung, mit dem Fehlverhalten einzelner Menschen, mit den immer an der Spitze der Kirchverfolger stehenden Grünen (und deren gegenwärtigen Generalangriff auf das Konkordat) hat der Mann zu einer Generalattacke auf die „Wirtschaft“ ausgeholt. Populistischer geht’s nimmer.
Er definiert nicht, was „Wirtschaft“ eigentlich ist (denn würde er nachdenken, dann müsste er erkennen, dass es wir alle sind!). Er begreift nicht, dass die Politik den Karren in den Dreck gefahren hat, und will der Politik, die er nur oberflächlich tadelt, noch viel mehr Macht verschaffen. Er begreift nicht, dass die Freiheit des individuellen Agierens die dringend notwendig Antithese zur immer größeren Allmacht der Politik, also der Parteien ist. Er begreift nicht, dass das Vorbild des Papstes in persönlicher Demut, Bescheidenheit und Nächstenliebe sowie im Mut, Menschen an ihre individuelle Verantwortung zu erinnern, besteht und nicht in irgendwelchen politischen Konstruktionen. Er hat nicht gehört, dass die Worte des Papstes vor allem gegen „eine verweltlichte Kirche“ gerichtet sind. Statt dessen will der Propst von Herzogenburg noch näher an die Welt, also die Politik heranrücken.
Aber jedes Mal, wenn ich solche politisierenden Kirchenmänner gefragt habe, welches konkrete Wirtschafts- und Politikmodell denn ihrer Meinung nach verwirklicht werden soll, kneifen sie und flüchten sich in das Argument: Wir sind ja keine Ökonomen. Eh nicht. Aber sie sollten halt auch nicht so tun, als ob sie es wären. Die Kirche hat ja auch irgendwann einmal eingesehen, dass sie nicht die Hüterin der Astronomie oder der Evolution ist. Also sollte sie es auch bei der Wirtschaft nicht.
Sie hat ja ohnedies von der Nächstenliebe bis zur Transzendenz gewaltige Aufgaben, denen sich viele Männer und Frauen jenseits des Scheinwerferlichts mit neuer Kraft stellen.
Die Wirtschaft der USA wird heuer um 1,7 statt wie bisher prophezeit um 2 Prozent wachsen. Wo bleibt da eigentlich die Schreckensbotschaft? Das ist jedenfalls alles andere als ein katastrophaler Wert.
Für Österreich und die Euro-Länder schauen die Prognosen viel schlechter aus. Selbst Deutschland hat nur eine Prognose von einem dürren 0,3 prozentigen Wachstum. Und davon, dass laut dem Internationalen Währungsfonds die USA im kommenden Jahr schon wieder um 3 Prozent wachsen dürften, können wir Europäer überhaupt nur träumen. Wir liegen derzeit ständig meilenweit hinter sämtlichen(!) anderen Weltregionen zurück, während die USA sich durchaus brauchbar schlagen. In Europa liegen alle Länder zurück, und zwar auch hinter Afrika oder Lateinamerika, auf die wir einst herabgeblickt hatten.
Der Grund: Die USA haben zwar auch arge Schulden gemacht, aber keine Absicht, dauern irgendjemanden zu "retten". Und sie nutzen auch ohne die in Europa unter dem Druck der Grünen ausgesprochenen sofortigen Generalverbote ihre neuentdeckten Gas- und Ölfunde.
Aber die wahre Sensation dieser günstigen Wirtschaftsentwicklung liegt gar nicht so sehr in diesen Aspekten, sondern im Kontrast der amerikanischen Realität zu völlig gegenläufigen Prognosen, die vor wenigen Wochen alle linken Schuldenfreaks gestellt haben: Sie prophezeiten nämlich den USA unter lautstarkem Medienecho den totalen Untergang und den Absturz in eine unerträglich schwere Wirtschaftskrise.
Der Anlass war der von den Republikanern und der ach so bösen Tea Party erzwungene Schuldenstopp. Seither darf die amerikanische Regierung keine neuen Schulden aufnehmen und muss quer durch das gesamte Budget kürzen. All das ist trotz der Panik-Warnungen passiert – aber die Welt dreht sich seltsamerweise dennoch.
Frage an den werten Leser: Hat er irgendwo ein reuiges Schuldeingeständnis gelesen, dass sich all die linken Politiker, Publizisten und Schuldenfreaks wieder einmal furchtbar geirrt haben? Keineswegs. Man redet und schreibt halt einfach nicht mehr vom herbeischwadronierten Untergang Amerikas. Und man verdrängt total, wenn auch wahrscheinlich zähneknirschend, dass die USA heute trotz aller Defizite besser dastehen als die gescheiten Europäer, die ihren Euro, ihren Wohlfahrtsstaat und ihre Umwelt ständig gerettet haben. Die sich aber selbst dabei kaputt gemacht haben.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Es ist eine Frage der Gleichberechtigung, der Würde und der Freiheit. Wenn zwei erwachsene Menschen gleichen Geschlechts sich lieben, sollen sie diese Beziehung offen, ohne Scham und in Würde leben können. Und zwar so, dass sie gegenüber heterosexuellen Paaren nicht diskriminiert werden. In der rechtlichen Gleichstellung homosexueller Beziehungen eine Bedrohung für das herkömmliche Familienbild zu erblicken, ist absurd. Was ist falsch daran, wenn zwei Menschen, die sich lieben, diese Beziehung offen dokumentieren und legalisieren wollen? Das heißt, sie sind bereit, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Mit allen dazugehörenden Rechten und Pflichten. Wen stört es, wenn homosexuelle Paare den gleichen Namen tragen, im Erb- und Steuerrecht mit heterosexuellen Ehepartnern gleichgestellt werden oder wenn sie eine Familien gründen wollen; das wohl am häufigsten gebrauchte Argument gegen die Einführung der Ehe unter Homosexuellen. Dass es nicht greift, liegt auf der Hand.
Untersuchungen haben ergeben, dass das Kindeswohl in Regenbogenfamilien genauso gewahrt wird wie in anderen Familienformen; Regenbogeneltern sind ebenso gute (oder schlechte) Eltern wie andere Eltern. Persönlichkeitsentwicklung, schulische und berufliche Entwicklung der Kinder verlaufen positiv. Für das Kindeswohl ist es nicht erforderlich, dass die Erziehung nach dem klassischen Rollen-Modell von verschiedenen Geschlechtern gleichermaßen übernommen wird. Maßgeblicher Einflussfaktor ist eine gute Eltern-Kind-Beziehung unabhängig vom Geschlecht der Eltern. Gegen die Gleichstellung von homosexuellen Partnern mit heterosexuellen Paaren sprechen in erster Linie dumme Vorurteile, die eher ins 19. und nicht in das 21. Jahrhundert gehören. Die Homoehe gehört zur offenen, toleranten und selbst bestimmten Gesellschaft. Diese wird nicht zerstört, und die traditionelle Familie besteht mit Sicherheit weiter.
Andreas Unterberger
Es ist die größte Gruppe mit Altersarmut in unserer Gesellschaft: Frauen, die dankenswerterweise jahrelang Kinder aufgezogen haben und die deswegen nur eine ganz schlechte Pension bekommen. Seit Schwarz-Blau werden Müttern wenigstens vier Jahre nach der letzten Geburt für die Pension angerechnet. Das ist aber bei drei oder mehr Kindern (die es zum Glück noch immer gibt) viel zu wenig. Freilich finden sich derzeit nur Schulden und kein Geld in den Kassen, um da etwas zu verbessern. Was aber fordert die Linke in solchen Zeiten? Nichts für Mütter, aber viel für die Schwulen. Diese sollen künftig als "Ehepartner" Gratis-Witwerpensionen und andere Wohlfahrtsleistungen bekommen. Obwohl schwule Aktivitäten relativ wenig zur Zeugung künftiger Steuerzahler beitragen, obwohl Schwule die bestverdienende Gruppe sind.
Heuchlerisch schreiben da linke Propagandisten, dass man zwei Menschen, die Verantwortung füreinander tragen wollen, das "doch gewähren" solle. Mit Verlaub, wer gewährt das denn nicht? Jeder kann das für jeden. Und jeder kann sich heute auch mit jedem sexuell vergnügen, wie er will. Verantwortung aber tragen oft Geschwister oder (nichtsexuelle) Freunde noch viel mehr füreinander als schwule Paare. Und auch sie hätten gerne eine zweite Pension oder würden gerne zu Lasten des Eigentümers eine Mietwohnung übertragen. Für sie kämpft diese laute Lobby aber nicht. Sie verbreitet statt dessen Rührgeschichten wie einst vor der Einführung der "Verpartnerung" - verschweigt aber schamhaft, dass von dieser Möglichkeit nicht einmal ein Zehntel der prophezeiten Zahl Gebrauch macht. Zum Segen für die betroffenen Kinder werden schwule Paare am Ende in der Realität auch kaum Kinder aufziehen, trotz der angeblich großen Sehnsucht. Die US-Studien, die statistisch große Probleme für solche Kinder nachweist, werden ja von der Linken sowieso ignoriert.
Die Nachricht klingt harmlos: Der Rechnungshof hat 558 Begünstigungen im Einkommensteuergesetz gefunden.
Ein Konzept, „welches konkret formulierte Ziele und messbare Kriterien enthielt“, fanden die Prüfer jedoch nicht. Aber man kann wetten, hinter jeder Begünstigung steht eine Lobby meist aus dem Kreis der Sozialpartner, die sich letztlich parlamentarisch durchgesetzt hat. Allein diese Begünstigungen kosten mehr, als die Republik für all ihre Zinszahlungen ausgeben muss. Mit deren Streichung wäre ein Vielfaches der diskutierten Steueranpassung finanzierbar, die als zu teuer schubladisiert worden ist. Der Rechnungshof zeigt auch den nicht mehr voll bewältigbaren Aufwand, den behaupteten Anspruch auf Begünstigungen überhaupt zu überprüfen. Dieser Bericht passt hervorragend zu einer Berechnung des „Spiegel“, der weit mehr als 200.000 Regeln gefunden hat, mit denen Politik und Bürokratie das Leben der Deutschen lenken und einschränken. Wetten, bei uns sind es mindestens so viele, wenn sie jemand zählen würde? Und was fordert da der Österreichische Gewerkschaftsbund? Jede Menge neuer Steuern. Das macht sprachlos. Es ist ja schon ärgerlich genug, dass die anderen Parteien der sparerfeindlichen Finanztransaktionssteuer zugestimmt haben.
Jetzt werden also in Zypern die kleinen Sparer verschont. Zu Recht? Nein. Haben doch auch die Kleinen exorbitante Zinsen kassiert; und belasten doch auch im Fall Zyperns zwei Drittel der „Rettungskosten“ jedenfalls die anderen Euro-Länder. Der einzige Unterschied: Bei Griechenland & Co fiel die ganze Last auf die unbedankten anderen.
Manche Politiker versuchen noch immer, das als rein theoretische Haftungen zu relativieren. Zu Recht? Nein. Denn ihre ständige Gier nach ständig noch mehr Steuergeld ist keineswegs theoretisch. Sie greifen immer tiefer in unsere Taschen, während die vor zehn Jahren noch versprochene Senkung des Grenzsteuersatzes längst vergessen ist. Eine komplette Aufzählung würde jeden Rahmen sprengen. Nur einige Beispiele:
Die Gier der Retter-Politik wird immer ärger – bis sie uns abgewürgt hat.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
In der Schweiz müsste man leben: Dort hat man jetzt für Menschen aus etlichen Ländern ein neues Blitzverfahren bei Asylanträgen eingeführt.
Und dieses Verfahren endet nach wenigen Tagen fast immer mit einem negativen Asylbescheid, der nicht mehr mit langwierigen Mäandern hinausgezögert werden kann; wie es bei uns offensichtlich trotz aller möglichen "Beschleunigungen" noch immer der Fall ist. Dafür sorgen schon die Anwälte der Asylindustrie. Ein negativer Bescheid führt in der Schweiz fast immer zu einer sofortigen Abschiebung. Zu den Ländern, für deren Bürger nun dieses Schnellverfahren angewandt wird, zählen etwa Georgien und Kosovo, woher auch besonders viele Möchtegern-Immigranten kommen. Dazu zählen auch fast alle Balkan-Länder sowie viele afrikanische Staaten. Die Arbeit – pardon: Die Asyl suchende Menschen aus jenen Ländern bekommen zwar auch bei uns irgendwann einen Bescheid. In der Zwischenzeit können sie aber munter schwarzarbeiten. Oder sie können versuchen, eine Partnerin zu umgarnen, die sie heiratet. Oder sie können versuchen, mit wem auch immer ein Kind in die Welt zu setzen. Oder sie können gar hoffen, als Drogendealer erwischt zu werden. Was sie dann nämlich endgültig vor der Abschiebung schützt, weil ihnen daheim ja angeblich die Todesstrafe droht.
Nach der Reihe werden nun die negativen Asylbescheide für die Votivkirchen-Besetzer rechtskräftig. Sofern diese nicht schon von Anfang an solche hatten. Wer aber geglaubt hat, dass die Herrschaften nun rasch in ein Flugzeug nach Pakistan&Co gesetzt werden, der hat sich getäuscht.
Der kennt die österreichische Asylindustrie von Caritas bis zu den Grünen nicht, der kennt vor allem deren mit Hilfe der Medien gegen eine schwache Politik durchgesetzte Tricks nicht. Denn jetzt wird halt – wie so oft in solchen Fällen – vor allem von der Caritas versucht, den Menschen einen Duldungsbescheid zu verschaffen. Den gibt es etwa dann, wenn die Betroffenen glaubhaft machen, daheim drohe ihnen die Todesstrafe, oder wenn sie ihre Papiere weggeworfen haben. Und dann gibt es ja noch die große Hintertür namens „Humanitäres“ Bleiberecht. Dazu müssen die Besetzer nur lang genug im Land bleiben und sich irgendwo eine Pro-forma-Anstellung verschaffen (sich Freundinnen zu finden, ist dabei auch immer hilfreich). Dann muss nur noch der Landeshauptmann unterschreiben. Der aber heißt Michael Häupl und steckt überdies mit den militanten Asylantenfreunden in einer Koalition. Man kann daher fast wetten, was der Mann in einem Lucidum intervallum tun wird – das freilich alles andere als luzid sein wird.
Es geht natürlich überhaupt nicht ums Geld. Sondern um – Oops, warum eigentlich sonst? Warum sonst sollte der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler nun als Hinterbänkler in den zuvor von ihm (zu Recht) als sinnlos verteufelten Bundesrat wechseln?
Die Groteske um die Kärntner Freiheitlichen ist damit nämlich nur scheinbar gelöst. Der Gesichtsverlust für die Partei ist aber damit gleichzeitig einzementiert. Die Ursachen sind klar: Die eine ist das Interesse der gescheiterten Kärntner Politiker an einer persönlichen Versorgung; die andere ist das finanziell einträgliche Interesse ihrer Nachfolger, wenigstens Klubstatus im Landtag zu behalten.
Dahinter steckt aber ein viel größeres Problem: Österreich hat wie viele europäische Länder kein gutes Modell, was mit ausscheidenden Politikern geschieht. Die vielen Altpolitiker aller Parteifarben, die zuletzt als Berater und Lobbyisten vor allem für dubiose Mittelasiaten tätig geworden sind, sind alles andere als ein gutes Vorbild. Aber selbst wenn sie andererseits nur als bloße Straßenkehrer tätig werden, haben populistische Journalisten ungeprüft das Wort „Versorgungsposten“ auf ihren Festtasten eingespeichert.
Einige liberale Ökonomen sagen zu Recht: Je ungesicherter die Zukunft eines Politikers ist, je tiefer der „nachher“ drohende Absturz, umso eher ist er verleitet zu stehlen. Was aber tun?
Die einen entwickeln daher Sympathien für die einstige Adelsherrschaft (Motiv: Da versucht wenigstens nicht alle vier Jahre eine andere Partie, den Futtertrog für sich und ihre Wähler auszuschöpfen). In der Schweiz arbeitet man wiederum mit Miliz-Abgeordneten, die so wenig verdienen, dass sie jedenfalls auch während der Tätigkeit in Volksvertretungen weiterhin einen Beruf ausüben müssen (was wiederum mit einer Kultur zusammenhängt, wo Männer viele Jahre regelmäßig neben dem Beruf der Armee zur Verfügung stehen müssen). In wieder anderen Ländern, etwa den USA, sind ehemalige Politiker an Universitäten und im diplomatischen Dienst sehr willkommen, haben sie doch jedenfalls mehr als die öde Fußnoten-Zitiererei und Sektglas-Halterei kennengelernt (während sich bei uns die in Universitäten und Diplomatie herrschende Mittelmäßigkeit durch Formalitäten wie „Habilitation“ oder „Préalable“ nach Gewerkschaftsart abzusichern versteht). Bis in die 90er Jahre hat man bei uns wiederum Politikern nach einigen Jahren Tätigkeit so üppige Pensionen gezahlt, dass sie unbesorgt abtreten konnten und nicht zum Problemfall wurden.
Freilich zugegeben: Ausgerechnet ein Herr Dörfler ist nicht gerade der idealste Anlass, um über solche Probleme zu diskutieren.
So konkret wie noch nie wurde in den vergangenen Tagen über den Austritt eines Euro-Landes diskutiert. Zwar glaubt die Politik, noch einmal eine Lösung gezimmert zu haben, die Zypern in Euro und EU halten wird. Aber ganz offensichtlich erscheint erstmals auch der Politik der Gedanke an den Austritt eines Euro-Staats nicht mehr so absurd, wie er drei Jahre lang dargestellt worden ist. Daher wird mit Sicherheit bei der nächsten Krise noch viel intensiver über die rechtlichen und vor allem ökonomischen Konsequenzen eines Euro-Austritts nachgedacht werden. Denn die nächste Krise kommt gewiss. Und längst gibt es Wichtigeres zu retten als den Euro.
Die rechtliche Formalität, dass man eigentlich nicht aus dem Euro, sondern nur aus der EU als Ganzes austreten kann, wird da die geringsten Probleme bereiten. Wo ein Wille, da auch ein Weg. Schließlich haben sich ja die gleichen Länder auch brutal über das Bailout-Verbot hinweggesetzt und ständig andere Staaten auf Kosten der Steuerzahler „gerettet“.
Ganz sicher wären freilich mit einer Reduktion der Euro-Mitglieder nicht alle Probleme gelöst, wie manche jetzt glauben. Um nur eines zu nennen: In welcher Währung müssen dann die bisherigen Euro-Schulden eines austretenden Landes zurückgezahlt werden? Allein an dieser Frage werden sich Legionen von Anwälten krumm und bucklig verdienen.
Es wird auch sonst jeder Euro-Austritt alles andere als leicht und schmerzlos sein. Denn die Schuldner-Länder haben ja in den bisherigen Euro-Jahren die Reallöhne um 20 bis 30 Prozent steiler erhöht als etwa Deutschland. Daher muss diese durch keine Leistung und Produktivität gerechtfertigte Lohnerhöhung in jedem Fall wieder neutralisiert werden. Sonst kann ein Land nicht seine alte Konkurrenzfähigkeit zurückgewinnen.
Das wird jetzt, also bei Beibehaltung des Euro, dadurch versucht, dass man solchen Ländern mit straffer Disziplin Lohnkürzungen diktiert, vor allem, aber nicht nur bei Beamten und Pensionisten. Der gleiche Effekt würde bei Trennung des Währungsraumes dadurch erreicht, dass in den austretenden Ländern alles viel teurer wird; bei einem Austritt erspart man sich aber den harten Kampf mit den uneinsichtigen Gewerkschaften, die gegen Lohnkürzungen immer heftig protestieren. Denn nominal müssen Löhne dann ja nicht gesenkt werden.
Langsam erkennen immer mehr Politiker, dass der zweite Weg politisch leichter umzusetzen ist, auch wenn dabei die technischen Vorteile des Euro wegfallen, wie etwa die niedrigen Transaktionskosten. Daher tritt etwa Italiens Berlusconi heute für einen Austritt seines Landes aus dem Euro ein, für den er einst selber gewesen ist. Das gleiche verlangt der offenbar sehr populäre Kabarettist Grillo.
Auch wenn beide Wege zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit möglich sind, entscheidend ist vor allem etwas anderes: Unter den Bürgern der südeuropäischen Länder muss endlich der Irrglaube aufhören, dass es noch einen dritten schmerzfreien Weg gebe. Dieser dritte Weg bestand im ersten Euro-Jahrzehnt in der Möglichkeit, das fröhliche mediterrane Leben, den üppigen Konsum, die Erfüllung aller wohlfahrtsstaatlichen Gewerkschaftsforderungen durch extrem billige Euro-Kredite zu finanzieren. Diese Möglichkeit gibt es seit Steigen der Anleihezinsen für Griechen&Co nicht mehr.
Seit Mai 2010 hat jedoch ein historischer Fehler der deutschen (und österreichischen und niederländischen) Politiker den Schuldenländern eine andere gefährliche Perspektive auf einen schmerzfreien dritten Weg eröffnet. Man hat dort den Glauben wachgerufen, dass die Bürger und Steuerzahler der Nordländer dauerhaft die Rechnung für dieses fröhliche Leben bezahlen.
Nun aber scheint der Druck der bevorstehenden deutschen Wahlen diesen Irrweg zu beenden. Erstes Anzeichen ist eben Zypern: Die Nordländer zahlen der Insel nur noch zwei Drittel des benötigten Betrags. Und eine Rettung des größten Wackelkandidaten, nämlich Frankreichs unter seiner schwachen Führung, ist auch für die größten Illusionäre nicht mehr vorstellbar.
Daher werden die Schuldenländer nun wieder auf jene Frage zurückgestoßen, mit der man sie eigentlich schon 2010 konfrontieren hätte sollen: Ist nicht der Austritt aus dem Euro letztlich das Klügste?
Tatsache ist jedenfalls, dass die nunmehrige „Rettung“ Zyperns die Börsen nur noch ein paar Stunden in Hochstimmung versetzen konnte. Dann sind diese wieder in jene Depression versunken, die noch auf jede Rettung gefolgt ist. So kurz war die Euphorie noch nie. Dabei sind Börsen mit ihren Sachinvestitionen eigentlich noch ein relativ aussichtsreicher Weg, seine Ersparnisse relativ – relativ! – sicher anzulegen.
Aber vielleicht sind inzwischen auch solche Investitionen chancenlos. Denn in diesen Stunden kommt in Europa offenbar alles ins Gleiten und Stürzen; der Glaube an die Retter ist weitgehend kollabiert. In Wahrheit weiß niemand mehr, wie man da noch eine neue Stabilität herstellen kann (auch wenn es die Politik nicht zugeben will). Die Beispiele aus den allerletzten Tagen und Stunden:
Nur bei einem Zusperren einer Bank wird der Schaden halbwegs minimiert: Die Angestellten verlieren wie bei jeder Pleite-Firma ihre Lohnansprüche, die Aktionäre verlieren sowieso ihre Einlage und die Anleger müssen jeweils in jenem Ausmaß büßen, das die Quote übersteigt. Die Quote ist das, was bei Verwertung aller Immobilien und Forderungen (Kredite) der Bank am Ende des Tages herauskommt. Wobei dieses „Ende des Tages“ jedenfalls viele Jahre entfernt ist. Solange müssen Anleger warten, bis sie irgendetwas herauskriegen.
Damit drohen natürlich Dominoeffekte, also Konkurse weiterer an sich gesunder Banken und Unternehmen, die bei einer abzuwickelnden Bank Einlagen haben.
Einzig zur Vermeidung solcher Dominoeffekte könnte es sogar legitim sein, solche Gläubiger einer kaputten Bank teilweise mit Steuergeldern abzusichern. Das käme aber weit billiger als der Weg der letzten Jahre, wo ständig Staaten und Banken auf Kosten anderer „gerettet“ wurden. Das darf aber jedenfalls nur teilweise geschehen.
Denn sonst wäre der pädagogische Wert dahin. Der besteht vor allem darin, dass sich künftig Einleger viel besser anschauen werden, wem sie ihr Geld anvertrauen, wenn sie mit einem Verlust rechnen müssen. Der pädagogische Wert ist aber im Falle Zypern in den letzten Stunden wieder weitgehend zunichte gemacht worden. Denn die Politik hat in ihrem Populismus durchgesetzt, dass alle Einlagen bis 100.000 Euro voll "gesichert" werden müssen.
Das hat zwei üble Konsequenzen: Erstens werden Investoren mit viel höheren Einlagen (wie etwa Fonds, die das Geld vieler auch sehr kleiner Sparer verwalten) dadurch besonders hart getroffen. Aber gerade deren Geld ist für die Ankurbelung einer Wirtschaft (beispielsweise Zyperns) besonders wichtig. Und zweitens werden die Sparer mit Einlagen bis 100.000 Euro weiterhin unvorsichtig vorgehen: Sie werden weiterhin gierig nach den saftigen Zinsen greifen, die türkische, russische, niederländische Institute etwa in Österreich anbieten; und sie werden die mickrigen Zinssätze der großen österreichischen Banken ignorieren.
Lässt man das alles geistig Revue passieren, dann wundert man sich eigentlich, warum alle Welt nur nach Zypern blickt. Der ganze Euro-Raum ist erschüttert. Daher ist es auch mehr als fraglich, ob der Plan Angela Merkels noch aufgehen kann, bis zum September, also bis zu den Bundestagswahlen, die Finanzkrise noch irgendwie mit beruhigenden Worten unter Kontrolle zu halten. Fast scheint die explosive Lunte am Euro-Fass nicht mehr austretbar zu sein.
Da kann man nur mit dem britischen Premier David Cameron hoffen: Vergesst das völlig fehlgelaufene Projekt des Euro, vergesst (endlich) die Überregulierungs-Manie der EU-Kommission, aber rettet den EU-Binnenmarkt! Denn den brauchen wir dringender denn je – gerade in Krisenzeiten!
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Warum nicht gleich, werden sich nun viele fragen. Die positive Nachricht der verhangenen Nacht lautet jedenfalls: Zypern hat nun zum zweiten Mal zugestimmt, dass die Sparer bei zypriotischen Banken genau den schon beim ersten Mal fixierten Anteil der Pleite zahlen müssen. Das ist gut so. Die Zahlerländer sind diesmal endlich hart geblieben. Die Einigung löst aber auch viele negative Konsequenzen aus. Mehr als die erste Variante.
Zuerst das große Fragezeichen des „Vorerst“: Noch ist nichts fix. Es sind noch jede Menge formaler Beschlüsse zu treffen. Und die sind oft nicht nur eine formale Frage, wie man am ersten Njet des zypriotischen Parlaments sehen konnte, das eine turbulente Woche für Europa ausgelöst hat.
Viel deutet darauf hin, dass die Detailregelungen der ersten Runde viel klüger waren. Damals hätten alle Sparer ihren Beitrag leisten müssen, die kleinen wenig, die großen mehr. Aber keiner hätte so viel abliefern müssen, wie er in den letzten Jahren an überhöhten Zinsen kassiert hat. Die lagen ja jahrelang weit über dem Niveau der nunmehrigen Zahlerländer. Lediglich für jene, die erst im letzten Jahr auf ein zypriotische Konto eingezahlt haben, hätte die Regelung eine Härte bedeutet. Das sind aber nicht sehr viele.
Diese sinnvolle Regelung der Vorwoche ist jedenfalls am Populismus der zypriotischen Abgeordneten gescheitert. Dies passierte wahrscheinlich auch deshalb, weil diese in ihrem Schock und ihrer Realitätsferne irgendwie geglaubt haben, die Realität abwählen zu können.
Nun werden die kleinen Profiteure ganz geschont, die großen aber gewaltig beschnitten. Da spielt natürlich auch wahltaktischer Populismus in den Zahlerländern mit, wo die Politik weiter den – absurden! – Eindruck erwecken will, irgendeine Veranlagung, etwa eine solche bis 100.000 Euro, wäre absolut sicher. Was natürlich ein Unsinn ist. Jede Einlage ist nur so sicher wie jene, die dafür haften.
Wobei aber auch bei der Verteilung der Lasten auf die Besitzer größerer Sparbücher nicht wirklich irgendein Gerechtigkeitsgrundsatz erkennbar ist. Warum sollen diese bei der einen Bank ganz umfallen, bei der zweiten kräftig beschnitten werden, während sie bei anderen gut davonkommen? Bisher ist man jedenfalls jede Erklärung schuldig geblieben, wie man diese Differenzierung begründet. Solange diese Erklärung fehlt, müssen wir davon ausgehen, dass wieder einmal nicht der Markt entschieden hat, sondern dass es die über Nacht am grünen Tisch würfelnde politische Willkür war. Das wäre ja freilich nur eine Fortsetzung der letzten drei Jahre.
Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich ist es gut und richtig, wenn überschuldete Banken „abgewickelt“ werden, also in Konkurs gehen müssen, und die Gläubiger, also Sparer nur einen Teil ihrer Forderungen bekommen. Das ist wie im normalen Wirtschaftsleben die einzig gerechte Form. Der seit 2010 eingeschlagene Weg, statt der Gläubiger irgendwelche Dritte bluten zu lassen, war hingegen immer ein wahnwitziger Irrweg. Ganz unabhängig davon, dass die Pleitiers von Griechenland bis Spanien diese Dritten – also vor allem die Deutschen – nachher noch auf das Mieseste beschimpft haben.
Aber warum darf plötzlich die Bank of Cyprus überleben, während die Laiki-Bank zusperren muss? Das schafft jede Menge Misstrauen. In einem funktionierenden Rechtsstaat sollte man eben einzig die rechtlichen und ökonomischen Kräfte wirken lassen, die ein Unternehmen in den Konkurs führen. Und nicht politisch darüber entscheiden.
Natürlich ist es gut, dass jetzt auch einmal die europäische Politik den Mut zum Zusperren einer Bank hat. Dies hätte nur schon in Hunderten Fällen geschehen sollen. Nur müsste man jetzt exzellent begründen, weshalb es ausgerechnet die Laiki-Bank ist.
Offensichtlich hat man jetzt wenn auch unausgesprochen versucht, ausländische Investoren besonders zu treffen. Das sind vor allem – mehrheitlich durchaus legal handelnde – Russen und Briten, die Veranlagungen in Zypern aus vielen Gründen (Zinsen, Steuern, Wetter, Euro) als besonders attraktiv angesehen haben.
Nun gibt es zwar keinen Grund, mit Russen oder Briten besonderes Mitleid zu haben. Es wird aber brandgefährlich, wenn jetzt versucht wird, andere Nationen zu diskriminieren. Denn dann wird mit Sicherheit wieder in der Gegenrichtung zurückdiskriminiert, erpresst und behindert. Dann haben wir bald wieder den überwunden geglaubten mörderischen Wettlauf, wer seine Grenzen am vehementesten mit Kapitalverkehrskontrollen und dergleichen verriegelt. Solche Zeiten waren aber logischerweise immer besonders schlechte Zeiten. Die sich nur der Ökonomieclown Schulmeister mit seinem Zurück zum Merkantilismus wünscht.
Man sollte die Akteure der letzten zwei Wochen nicht zu heftig prügeln. Denn die Ursache der zypriotischen Krise ist erstens die katastrophale Politik der bis vor kurzem auf der Insel regierenden Kommunisten gewesen. Und zweitens ist Zypern natürlich ein Dominostein des griechischen Dramas, ist doch in Griechenland sehr viel Geld aus Zypern gelegen. Daher hatten die zypriotischen Banken den kräftigen Schnitt bei den privaten Inhabern griechischer Anleihen besonders stark gespürt. Seither war eigentlich klar, dass das zypriotische System kollabieren muss. Nur die bisherige zypriotische Regierung ist einfach untätig geblieben.
Dieser März wird als der kälteste seit Menschengedenken in die Bücher eingehen.
Das haben deutsche Fernsehstationen schon vorige Woche groß errechnet. Das ist vielen „Experten“ hierzulande jedoch noch nicht so wirklich aufgefallen. Diese Tatsache sagt natürlich noch nichts übers Klima, denn für jede Aussage über Klimaänderungen muss man auf einen 30-jährigen Schnitt zurückgreifen. Daher sagt auch die Tatsache (noch) nichts, dass es nach einem Temperaturanstieg am Ende des Jahrtausends seit der Jahrtausendwende wider alle Prophezeiungen nicht mehr wärmer geworden ist. Aber die grausliche Kälte dieser Märztage erinnert an etwas anderes: dass fast jede 24 Stunden übersteigende Wärmeperiode der letzten Jahre sofort von minderqualifizierten Journalisten (also insbesondere jenen im ORF) als endgültiger Beweis der Theorie einer globalen Erwärmung gesehen worden ist. Ja, manche haben sogar die krause Frage gestellt, ob nicht dieser kalte Winter ein weiterer Beweis der globalen Erwärmung wäre. Ob kalt, ob warm: Hauptsache man trommelt weiterhin eine ideologisch nützliche Theorie.
Was mag der neue Papst eigentlich mit seinen auffällig vielen Versuchen genau beabsichtigen, ein Vorbild in Sachen Demut und Bescheidenheit zu sein? Vielleicht kann man diesen Wiener Palmsonntag als Exempel nehmen.
In so mancher Wiener Pfarre sind an diesem Tag viele Gläubige auch bei minus fünf Grad mit und ohne Esel lange in der Kälte gestanden und gegangen. Der Kardinal – oder seine Umgebung – hat die Temperaturen hingegen als zu kalt erachtet; und daher ist man im Dom unter dem schützenden gotischen Dach geblieben.
Gewiss nur eine Kleinigkeit - aber vielleicht ein hervorragendes Exempel dafür, was der neue Papst nicht haben will: Die Basis trotzt den Unbilden. Die Kirchenspitze bleibt hingegen in der sicheren Deckung.
Trotz vielfältiger Behauptungen in manchen Medien gibt es hingegen bisher nicht den geringsten Hinweis dafür, dass der neue Chef in Rom plötzlich die (im Grunde altkommunistischen) Forderungen der österreichischen Caritas-Bosse unterstützen würde. Der neue Papst meint Bescheidenheit und Armut als ganz konkreten Auftrag an jeden einzelnen. Vom Staat, der jedes Problem lösen solle, hat er hingegen bisher noch nie geredet. Das tun nur die österreichischen Caritas-Chefs.
Während sie ständig laut nach neuen Staatsausgaben rufen, sagen sie jedoch kein Wort gegen die Anti-Kirchen-Hetze im ORF. Dabei sitzt einer der Caritas-Bosse sogar als Vertreter der Kirchen (also nicht etwa der Grünen oder der KPÖ) im ORF-Stiftungsrat. Er verteidigt zwar nie die Kirche, kann aber im ORF ständig und unwidersprochen seine seltsame Ideologie verbreiten.
Geradezu köstlich: Jetzt wird von den linken Freunden der Caritas-Chefs sogar mit einem Volksbegehren (voller nachweislich falscher Behauptungen) gegen die Kirche gehetzt. Dabei werden der Kirche ausgerechnet die vielen Steuermillionen, die an die Caritas gehen, als Bereicherung vorgehalten. Und da muss nun ausgerechnet ich die Caritas verteidigen, nachdem sie es schon nicht selber tut.
Denn mit diesem Geld wird nicht irgendein Luxus oder Privileg finanziert; damit werden vielmehr Altersheime, Pflegestationen und Hunderte andere durchaus verdienstvolle Institutionen betrieben, welche die Caritas billiger und besser betreibt, als es Länder oder Gemeinden könnten. Aber die Caritas schweigt zu den infamen Attacken aus dem atheistischen ORF-Umfeld. Und die Bischöfe ziehen sich lieber ins Warme zurück, statt sich kampfesfroh all dem Unsinn zu stellen. Sie haben lediglich ein peinlich amateurhaftes Flugblatt gegen jenes Linksbegehren gedruckt.
Es war die persönliche Abschiedsfeier des scheidenden Generalstabschefs Edmund Entacher. Und es wurde zu einer Demonstration der positiven Rolle, welche die Sozialdemokratie in diesem Land und für dieses Land hatte. Und weiterhin haben könnte. Bevor die Partei vom Alt-68er-Geschwurbel und von der Feminismus-Hysterie feindlich übernommen worden ist.
Bei diesem Lob geht es gar nicht primär darum, dass Entacher es in den letzten zwei Jahren gewagt hatte, seinen sogenannten Parteifreunden im Ministerzimmer, Bundeskanzleramt und Rathaus Widerstand zu leisten.
Dabei geht es viel mehr um Entacher als die Verkörperung dessen, was ein liebenswertes Österreich sein könnte: Ein Mann, der stolz darauf ist, in der alpinen Lederhosen-Dirndl-Kultur aufgewachsen zu sein; der seine Frau verloren hat, als die Kinder neun und elf Jahre alt waren und der diese dann alleine und mit stolzem Ergebnis großgezogen hat; ein Mann, bei dessen Abschiedsfeier ohne jede Relativierung das Bekenntnis zur Verfassung und zum österreichischen Volk als oberste und einzige Richtschnur eines anständigen Beamten ins Zentrum gerückt worden ist; bei dessen Abschiedsfeier von Entacher und einem seiner Partei- und Offiziersfreunde öfter der liebe Gott zitiert worden ist als bei so manchen politisierten Sonntragsmessen (bei der Erwähnung der Festredner schweigen wir freilich gnädig über einen dabei aufgetretenen Möchtegernnachfolger, der in seiner Entacher-Würdigung ständig von sich selbst geredet hat).
Durch so viel berührende Aspekte dieses Entacher-Abschieds wurde man wieder einmal an viele andere positive Taten der Sozialdemokratie erinnert. Etwa daran, welche positive Rolle die SPÖ-Arbeiterzeitung vor 1955 bei der Aufdeckung von Übergriffen und Verbrechen der Roten Armee hatte. Oder daran, wie wertvoll Arbeiterbildungsvereine einst für die arbeitenden Menschen waren (heute dienen ihre Überreste nur noch als Geldverschiebungs-Drehscheiben vom Rathaus in die SPÖ-Kassen). Oder an das lobenswerte Engagement der sozialdemokratischen Abstinenzlerbewegung.
Man kann gar nicht glauben, dass das dieselbe Partei war wie jene, die heute so viel Unheil anrichtet. Aber freuen wir uns einfach über solche Sozialdemokraten wie Entacher. Sie sind noch unter uns. Und in der SPÖ, wenn auch wahrscheinlich bloß noch aus Nostalgie. Bei Entachers Abschied hat man jedenfalls nicht allzu viele Sozialdemokraten antreffen können.
Wieder einmal hat der Privatverein Zara wilde Anschuldigungen über Rassismus in Österreich veröffentlicht. Wieder blieben die wichtigsten Fakten unerwähnt. Und wieder einmal können Meinungsterroristen die EU für ihre Zwecke instrumentalisieren.
In den letzten Tagen fand man in vielen Medien Berichte über einen sogenannten Rassismusreport dieses Vereins. Nirgendwo wurde dabei freilich erwähnt, dass Zara in einem hohen Ausmaß aus den rotgrünen Rathauskassen finanziert wird. Womit natürlich die ganze Aktivität des Vereins – vorsichtig ausgedrückt – in einem total anderen Licht steht, wenn man das weiß. Nur mit diesem Wissen kann man ja die wirkliche Interessenlage dahinter ganz beurteilen. Mit diesem Wissen kann ich aber Zara nicht mehr als angeblich unabhängige Schiedsinstitution sehen, die legitimiert wäre, objektiv „Rassismus“ zu messen.
Genauso ist die Methode bei Zara – wieder vorsichtig ausgedrückt – das Gegenteil von wissenschaftlich. Wenn Zara etwa mit der Zahl abgelehnter Job-Bewerbungen von Kopftuchträgerinnen Rassismus beweisen will, dann hinkt das gleich mehrfach: Erstens wäre das erst dann ein Beweis, wenn man dieser Zahl die der (ebenfalls beängstigend vielen!) abgelehnten Job-Bewerbungen von Nicht-Kopftuchträgerinnen in Krisenzeiten gegenüberstellt.
Zweitens kann gerade das Kopftuch generell keinen „Rassismus“ beweisen. Es kann nämlich maximal eine Diskriminierung von Religions-Angehörigen beweisen. Denn wenn die gleiche Frau ohne Kopftuch plötzlich den Job bekommt, ist das ja sogar der perfekte Beweis, dass sie eben nicht aus rassischen Gründen abgelehnt worden ist.
Und drittens ist der Boykott (beispielsweise) von Kopftuch tragenden Verkäuferinnen durch die Kunden nicht Ablehnung einer Rasse, sondern Ablehnung eines Symbols weiblicher Unterdrückung in bestimmten mittelalterlichen Gesellschaften. Zugleich ist er Ablehnung eines demonstrativen (und bei manchen auch durchaus freiwillig gezeigten) religiösen Bekenntnisses, während man als Kunde eigentlich mit keiner Religion im Supermarkt konfrontiert werden will. Und schon gar nicht mit einer Religion, die – wiederum sehr höflich ausgedrückt – weder für die Förderung der Demokratie und Menschenrechte noch für die Bekämpfung des Terrorismus berühmt geworden ist.
Wir sollten aber achtsam sein: Denn in der EU sind schon mit großem Erfolg ähnlich denkende Meinungsterroristen unterwegs, die nicht nur denunzieren, sondern auch Verurteilungen herbeführen können. Diese kooperieren raffiniert mit etlichen Ländern, in Österreich etwa mit linksradikalen Beamten aus dem Wiener Sozialministerium.
Sie wollen auch Privatmenschen künftig per Gesetz zwingen, primär mit Kopftuchträgerinnen, Arabern oder Afrikanern Geschäfte zu machen, also insbesondere diesen primär Jobs und Wohnungen zu geben. Sie wollen dabei diese Vermieter und Arbeitgeber unter Beweispflicht setzen und nicht etwa den, der „Rassismus!“ behauptet. Künftig soll nämlich jeder Arbeitgeber und Wohnungsvermieter selbst beweisen müssen, dass er aus „objektiven“ Gründen gehandelt hat, wenn er mit einem anderen als einem schwulen, islamischen oder aus der Dritten Welt kommenden Job- oder Wohnungsbewerber einen Vertrag abschließt.
Das ist nicht nur inhaltlich ungeheuerlich, sondern würde nebstbei auch den Wohnungsmarkt weiter austrocknen, weil viele Vermieter ihre Wohnungen dann halt nicht mehr auf den Markt bringen, sondern nur noch gezielt unter der Hand weitervergeben werden. Dabei ist ja gerade dieser ausgetrocknete Markt mit schuld an der Wohnungsknappheit. Ähnliches würde sich auf dem Jobmarkt abspielen.
Zum Glück scheitert das derzeit noch an der CDU (solange diese regiert, was freilich schon heuer zu Ende gehen könnte) und an der tschechischen ODS (solange diese regiert, was aber höchstwahrscheinlich 2014 zu Ende gehen wird). Innerösterreichisch sind ähnliche Vorschläge für Bundesgesetze bisher an der ÖVP gescheitert. Was aber wohl auch nur solange der Fall ist, solange dort noch Michael Spindelegger das Sagen hat, während ja beispielsweise in der Leitl-Kammer bereits die linksliberalen Tugendterroristen an der Macht sind.
Um nur einige Beispiele dafür zu nennen, was die Linke da schon in der Pipeline hat:
Man wundert sich über das Schlafen vieler konservativen Parteien Europas, denen offenbar jede Wertorientierung und jedes Gefühl für die Haltung ihrer Wähler abhanden kommt. Man wundert sich über viele angeblich Liberale, die statt vom Kampf für individuelle Freiheit und Subsidiarität von einer geradezu totalitären Regulierungswut geprägt sind. Und man wundert sich über die EU-Ideologen, die nicht begreifen, dass mit solchen Initiativen die letzte Legitimität der EU verloren geht.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Stümperhafter geht es wohl kaum. Das von den EU-Finanzministern geschnürte "Rettungspaket" für Zypern gleicht eher einer Einladung zur Revolte und zum Sturm auf die Banken, als einer wohlmeinende Geste. Das Vorhaben ist nichts anders als die Enteignung der Kleinsparer zugunsten der Banken. Kein Wunder, dass die Pläne auf erbitterten Widerstand nicht nur auf der Insel sondern zu einer tiefen Verunsicherung im gesamten Euroraum führen.
Was den Zyprioten heute zugemutet wird, könnte auch auf Italiener, Spanier oder Portugiesen bald zukommen. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, lässt eher auf die Hilflosigkeit der europäischen Institutionen schließen als auf eine vernünftige Politik, die positiv gestalten will.
Es ist nicht erst seit kurzem bekannt, dass Zypern eine Steueroase sondergleichen ist. Schätzungen zufolge kommen auf die rund 900.000 Einwohner des Staates rund 250.000 Kapitalgesellschaften. Gewinne von Körperschaften werden lediglich zu zehn Prozent, also weit unter dem EU-Durchschnitt, versteuert. Besonders attraktiv für Unternehmen ist dort das Faktum, dass Eigentumsverhältnisse nicht dokumentiert werden müssen. Nicht zu vergessen: Solcherart in Zypern gegründete Unternehmen werden von der EU anerkannt, sie können daher munter Geschäften in anderen EU-Ländern nachgehen.
Das Land ist also eine riesige Waschmaschine für Schwarzgeld. Kein Wunder, dass auf zypriotischen Banken russische Oligarchen ihre Gelder verstecken. Die Einlagen russischer Unternehmen auf der Insel werden auf 14,68 Mrd., diejenigen russischer Banken auf 9,27 Mrd. Euro geschätzt.
Die EU hat es jahrelang geduldet, dass europäische und russische Steuerflüchtlinge in Zypern ebenso willkommen sind wie grenzüberschreitend tätige Holdinggesellschaften. Die Untätigkeit und die aktuelle Unprofessionalität der EU-Finanzminister sind jedenfalls nicht geeignet, die Probleme Zyperns zu lösen, sondern verstärkten die Krise im gesamten Euroraum.
Andreas Unterberger
Wer sonst als die Besitzer zypriotischer Sparbücher soll bitte den Zusammenbruch des dortigen Banksystems auffangen? Es sind ja genau sie, die in den letzten zehn Jahren um 20 Prozent mehr Zinsen kassiert haben als etwa Deutsche oder Österreicher. Dieser Zinsgewinn ist deutlich mehr, als ihnen auf Verlangen der Euro-Finanzminister abgenommen werden sollte. Auch die "kleinen Sparer" - um die nun hierzulande bittere Wahlkampftränen verdrückt werden - haben in Zypern diesen Profit erzielt. Genauso wie die vielen russischen Steuerflüchtlinge.
Daher ist der - nun durch die Feigheit der zypriotischen Abgeordneten in der Luft hängende - Beschluss der Euro-Finanzminister absolut richtig, dass endlich nicht nur die Steuerzahler der noch halbwegs stabilen Länder geschröpft werden. Denn bisher waren es ausschließlich sie, denen die Last der diversen Rettungsaktionen aufgebürdet worden ist: über EZB, EFSF, ESM, bilateral, über Haftungen, über Kredite oder über das hemmungslose Gelddrucken.
Die dummen Deutschen&Co zahlen - und werden noch viel mehr zahlen müssen: durch höhere Steuern, durch Preisblasen (siehe Immobilien), durch Entwertung ihrer Lebensversicherungen, durch Abbau von Pensions- und Gesundheitsleistungen. Sie ernten aber dennoch keinen Dank von den Ufern des Mittelmeers, sondern nur Hohn und Zorn.
Doppelte Empörung packt einen, wenn sich nun auch Österreichs Bundeskanzler lauthals um die "kleinen Sparer" auf Zypern sorgt - statt endlich Reue zu zeigen für die Mittäter-Rolle bei den "Rettungs-"(=Geldvernichtungs-)Aktionen der letzten Jahre. Wozu jetzt ohnedies noch die für Zypern kommt. Denn auch von dort werden jedenfalls zwei Drittel des Pleiteschadens auf den Schultern der Deutschen, Österreicher & Co landen. Oder wieder einmal alles, wenn die Euro-Staaten am Ende doch dem Trotz der Zyprioten nachgeben sollten.
Es ist ein absolutes Novum: Reihenweise werben Handels- und Industrie-Betriebe – sogar mit Fernsehspots – um neue Lehrlinge. Viele Unternehmer sehen im Mangel an qualifizierten Mitarbeitern den schlimmsten Flaschenhals ihrer Zukunft. Alle Daten deuten daraufhin, dass sich die Lage in den nächsten Jahren sogar weiter verschlechtern wird. Das wird zwangsläufig das ohnedies mäßige Wachstums zusätzlich reduzieren.
The „War for talents“ ist daher voll entbrannt. Die Kriegsursachen liegen zum Teil schon Jahrzehnte zurück. Und die Kriegsschuld teilt sich recht gleichmäßig auf Politik, Gesellschaft – und die nun klagende Wirtschaft selber auf.
Zentrale Ursache ist der 1970 praktisch schlagartig erfolgte Geburtenknick. Seither kommen in Österreich nur noch zwei Drittel der zur Erhaltung der Bevölkerungsgröße notwendigen Kinder auf die Welt, während wir in den späten 60er Jahren noch die höchste Geburtenquote hatten. Dieser Knick reduziert heute – fast zwei Generationen später – die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte dramatisch. Er geht auf drei Faktoren zurück: die Antibaby-Pille, den Wertewandel (insbesondere im Gefolge der 68er Revolte), aber auch auf den nicht zuletzt von der Wirtschaft ausgehenden Wunsch, dass die Frauen voll erwerbstätig werden.
Das hat zwar etliche Zeit für einen Zuwachs exzellenter Arbeitskräfte gesorgt. Die Doppelbelastung, wenn eine berufstätige Frau auch Mutter wird, hat aber viele Paare auf das Kinderkriegen vergessen lassen. Unter den Akademikerinnen bekommen heute 40 Prozent kein Kind mehr. Aber gerade sie sind nachweislich immer die Mütter der später auch für die Arbeitswelt am besten qualifizierten jungen Menschen. Damit hat die Wirtschaft die entscheidende Zukunftsinvestition selbst sabotiert.
Heute stehen wir vor den Folgen. Erstens: Die guten Arbeitskräfte fehlen und das Pensionssystem wird kollabieren.
Zweitens: Das Manko wurde zwar quantitativ durch Zuwanderung gefüllt. Dabei sind aber überwiegend bildungsferne Menschen aus der Dritten Welt gekommen. Die Qualifizierten blieben aus. Ursachen: die falsche Anwerbepolitik, die vielerorts unbekannte deutsche Sprache und vor allem die abschreckend hohen Steuern.
Der dritte Fehler ist im Bildungssystem passiert. Viele Schulen sind zu Kuschelschulen degeneriert, wo jeder gute Noten und liebe Worte bekommt. Aber niemand spürt den Zwang zum Lernen. Ergebnis. Alle (nicht nur Lehrherrn) klagen, dass junge Menschen nach neun Jahren Pflichtschule weder Grüßen noch Rechnen noch Schreiben oder Lesen können. Was eigentlich schon die Volksschule zwingend vermitteln sollte. Die Exponenten der Industrie und Wirtschaft haben jedoch, statt den Kampf für mehr Leistung und Disziplin, für kinderadäquate Vielfalt und eine qualifizierte duale Ausbildung zu unterstützen, ein Volksbegehren für höhere Akademikerquoten (also noch weniger Lehrlinge) und zwangsweise verordnete Gleichschaltung unterstützt.
Die Schuldigen kennen wir, den Schaden tragen wir freilich alle.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Zum ersten Mal haben die europäischen Finanzminister in der Euro-Krise etwas halbwegs Vernünftiges beschlossen – und sofort wird ringsum aufgeheult, ausgerechnet in Österreich und Deutschland am lautesten, die vom Minister-Beschluss eigentlich profitiert hätten. Dementsprechend ist das Vorhaben binnen weniger Tage an den Heulern und am zypriotischen Parlament gescheitert. Die Heuler haben, wie die letzten Stunden zeigen, offenbar Erfolg, obwohl sie fast durchwegs dumm und geradezu selbstbeschädigend argumentieren. Vor allem begreifen sie nicht, was die zwei einzigen möglichen Alternativen sind, wenn die zypriotischen Sparer nun sakrosankt bleiben. Oder sie verschweigen es populistisch.
Wenn Zyperns Sparer (zu einem hohen Anteil russische Steuerflüchtlinge!) nicht geschoren werden, kommt es zum ersten Mal zu einem Totalcrash eines europäischen Staates – oder es kommen neuerlich die – derzeitigen und künftigen – europäischen Steuerzahler unters Messer. Aber offenbar wollen die Heuler das ja. Und sie setzen das auch durch, da das zypriotische Parlament eine Beschneidung der Sparguthaben ablehnt. Wäre nicht in Westeuropa das populistische Aufheulen so laut gewesen, dann hätte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das zypriotische Parlament nicht getraut, Nein zu sagen.
Die Krokodilstränen um die „armen Sparer“ auf Zypern sind insbesondere deshalb absurd, weil diese in den letzten Jahren durch (gegenüber Deutschland und Österreich) weit überhöhte Zinsen ein Vielfaches dessen kassiert haben, was sie jetzt zahlen hätten sollen. Wer in zehn Jahren 20 Prozent mehr kassiert als hierzulande ein Sparer, der sollte eigentlich auch 10 oder 16 Prozent Verlust hinnehmen können.
Es heulen auch jene auf, die schon lange – prinzipiell voll zu Recht – dagegen protestiert haben, dass in den letzten Jahren „die Banken“ gerettet worden sind; sie haben zwar protestiert, nur haben sie offenbar nicht begriffen, was das heißt. Denn werden einmal „die Banken“ nicht gerettet, hat das logischerweise Konsequenzen, nämlich bei den Gläubigern der Banken. Das ist die geradezu zwingende Folge jedes Konkurses (=Nichtrettung eines insolventen Unternehmens).
Die Gläubiger einer Bank sind aber genau die Sparer. Daher hätte es eigentlich von der ersten Stunde an die Sparer treffen müssen, wenn griechische, spanische, zypriotische, französische, italienische Banken in Probleme geraten. Diese Sparer haben in den genannten Ländern ja auch überall deutlich höhere Zinsen kassiert als die österreichischen. Aber Nein, die Sparer im Süden kassierten und bleiben auch weiterhin ungeschoren. Und die Steuerzahler und Sparer in Deutschland und Österreich müssen sie ständig retten. Ungefragt.
Typisch ist etwa der Kommentator einer Zeitung, die behauptet, von Wirtschaft zumindest irgendetwas zu verstehen. Er verlangt nämlich in einem Populismus und in einer Ahnungslosigkeit, die Straches und Faymanns Wirtschaftskompetenz noch weit unterbietet, dass die Aktionäre der Banken bluten sollen. Der Mann begreift offenbar nicht, dass diese Aktionäre längst geblutet haben. Denn ihr – schon lange eingezahltes – Aktienkapital ist fast zur Gänze weg. Was bitte will er denn denen noch wegnehmen können?
Zur Rettung der Banken und der von höheren Zinsen profitierenden Sparer ist in den letzten drei Jahren immer wieder ein Big Spender eingesprungen, nämlich der – empört, aber wirkungslos mit den Zähnen knirschende – deutsche, österreichische, niederländische und finnische Steuerzahler.
Heuer aber muss erstmals der deutsche Steuerzahler gefragt werden. Nämlich bei der Bundestagswahl. Und da zittert die Berliner Regierung zunehmend vor der Antwort. Sie will daher erstmals die Sparer eines Schuldenstaates nicht ungeschoren lassen. So wie man schon einmal die privaten (und auch ganz kleinen) Besitzer griechischer Staatsanleihen geschoren hat, will Berlin mit gutem Grund nun zypriotischen Sparbuchbesitzern ein Teil des Geldes abnehmen. Die (bis vor wenigen Wochen kommunistische!) Regierung Zyperns hat sich ja seit Jahren geweigert, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen, welche die Katastrophe noch abwenden hätte können.
Ist es ungerecht, nun als letzte Möglichkeit auf die Sparer zuzugreifen? Subjektiv empfinden das sicher viele Betroffene so. Aber das ist immer noch zehn Mal besser als die Politik jener Parteien – vor allem, aber nicht nur der Linken –, die jede Woche bei uns und in Deutschland eine neue Steuer einführen wollen, um irgendjemanden zu retten.
Wie man nun die notwendigen Schnitte konkret auf die zypriotischen Sparer aufteilt, ist eine politische Frage, die einzig die Zyprioten angeht. Das zypriotische Parlament hat jedoch nun erklärt, dass überhaupt niemand für das überschuldete Finanzsystem zahlen solle. Da das irgendwie mit der Logik nicht zusammenpasst, seien kurz die wichtigsten Denkansätze zur Aufteilung analysiert.
Da erkennt man bald: Wer vorgibt, da gäbe es einen „gerechten“ Aufteilungsschlüssel, ist ein Lügner. Und selbst, wenn es einen solchen Schlüssel gäbe, hieße das: Tausende Finanzbeamte müssten jetzt jedes einzelne Konto anschauen, um zu entscheiden, ob dessen Besitzer ganz, halb oder gar nicht geschoren werden soll. In dieser Zeit ist längst das ganze Finanzsystem kollabiert.
Eine Unterscheidung „Inländer bekommen alles, Ausländer hingegen sollen bluten“ ist aus Hunderten rechtlichen Gründen nicht zulässig. Sie würde auch sofort zu dramatischen Retorsionen etwa aus Russland führen, wo man ohnedies schon heftig empört ist. Man kann nicht einfach pauschal jeden Russen zu einem Mafioso und Geldwäscher erklären. Das muss wirklich in jedem Fall geprüft werden, wenn man zumindest minimale Reste von Rechtsstaatlichkeit bewahren will. Was jetzt angeblich zwar geschieht, was aber die Zyprioten zweifellos lange unterlassen haben.
Auch jede Unterscheidung zwischen großen und kleinen Spareinlagen klingt nur gerechter, ist es aber keineswegs. Sie belohnt erstens einmal jene Großen, die sich die Mühe gemacht haben, ihr Geld auf viele kleine Sparbücher bei vielen Instituten aufzuteilen. Da profitiert halt der, der statt eines Sparbuchs über drei Millionen 30 Sparbücher über 100.000 Euro bei verschiedenen Instituten aufgemacht hat. Wer aber solchen Tricks nachzugehen versucht, der ist ebenfalls viele Monate unterwegs – solange kann auch Zypern die Banken nicht geschlossen halten.
Jedenfalls haben auch jene, die kleinere Sparbücher haben, von den maßlos überhöhten Zinsen auf Zypern profitiert. Diese hohen Zinsen waren ja eben schon in den letzten Jahren genau das Signal, dass Zypern und seine Banken Wackelkandidaten sind.
Die österreichische Einlagensicherung behauptet wie ähnliche Einrichtungen in allen europäischen Ländern, jeden Sparer bei jedem(!) Institut mit bis zu 100.000 Euro absolut abzusichern. Dass diese „Sicherung“ natürlich nur solange etwas wert ist, als entweder der jeweilige Finanzsektor oder die Republik solvent sind, wird gerne verschwiegen. Auch sie ist daher eine Lüge.
Halbwegs Gerechtigkeit könnte man nur dadurch herstellen, dass man bei jedem Konto durchrechnet, wieviel der Besitzer jeweils von den überhöhten Zinsen profitiert hat. Denn einer, der den Großteil seines Geldes schon vor zehn Jahren eingezahlt hat, hat natürlich viel mehr profitiert als einer, der das überwiegend erst im Vorjahr getan hat. Nur: Auch solche Berechnungen brauchen jedenfalls ein kompliziertes Computermodell, das es frühestens in ein paar Wochen geben könnte. Natürlich wären in dieser Zeit längst alle Konten abgeräumt.
Festzuhalten bleibt, was keinen der Heuler zu stören scheint: Auch bei der am vergangenen Wochenende ausgehandelten Zypern-Vereinbarung würden zwei Drittel der Kosten dieser „Rettung“ wieder von den anderen europäischen Steuerzahlern und Sparern getragen. Aber immerhin: Die Angst vor den deutschen Wählern hat dazu geführt, dass sie diesmal nicht mehr alles allein tragen müssen. Zumindest wenn Wolfgang Schäuble und Maria Fekter endlich einmal hart bleiben. Die Illusionen aus den Zeiten eines Finanzministers Pröll, dass all diese Haftungen und Kredite ja eh ein großes Geschäft wären, sind ohnedies längst verflogen.
Jetzt ist guter Rat absolut teuer. Das Allerschlechteste und der endgültige Untergang nicht nur des Euro, sondern wirklich der ganzen europäischen Integration wäre es, wenn nun Resteuropa nachgibt und doch dem europäischen Steuerzahler die ganze Last aufbürdet.
Positive Folge der Zypern-Krise könnte es hingegen sein, dass sich die Sparer endlich europaweit genauer anschauen, wem sie ihr Geld anvertrauen. Wie stabil die Bank, der Sektor, das Land sind. Einlagensicherung hin oder her. Das bloße Interesse an höheren Zinsen als alleiniger Entscheidungsfaktor wird dann endlich vorbei sein.
PS.: Das Geimpfte geht einem auf, wenn neben den Steinewerfern von Attac nun ausgerechnet der pensionierte Betriebsrat des Wirtschaftsforschungsinstitut am lautesten gegen einen zypriotischen Haarschnitt protestiert, also der wegen seiner linksradikalen Haltung berüchtigte Stephan Sch. Denn gerade er ist seit Jahrzehnten nachweislich dafür bekannt, ständig Forderungen der vielfältigsten Art aufgestellt zu haben, die zu noch viel mehr Schulden und Defiziten geführt hätten,als sie Europa ohnedies jetzt schon umbringen. Österreich wäre schon längst in die griechisch-zypriotische Liga getrieben worden, hätte es den Ratschlägen des Herrn Sch. und denen von Betriebsräten, Arbeiterkämmerern und Gewerkschaftern gefolgt. Es ist einfach widerlich und heuchlerisch, wenn sich Täter über die Folgen ihrer Taten empören.
PPS.: Einen Vorwurf kann man Fekter, Schäuble, dem IWF, der EZB & Co freilich nicht ersparen: Wenn man nach Jahren einer falschen Politik einen so gravierenden Wechsel der Finanzpolitik vorzunehmen versucht, muss man das mit einer ungeheuer breiten Informations-Kampagne begleiten. Die es aber nicht gibt. Bis auf Fekter selbst halten sich derzeit auch in Österreich fast alle bedeckt oder äußern sich populistisch – obwohl sie hinter vorgehaltener Hand zugeben, dass die Ministerin recht hat. Obwohl es um österreichische Überlebensinteressen geht.
PPPS.: Um die gegenwärtig ebenfalls fallenden Börsenkurse würde ich mir am wenigsten Angst machen. Denn die Anleger werden nach einer Schrecksekunde erkennen, dass Aktien noch immer etwas Reelleres darstellen als eine bloße Forderung gegen eine Bank. Und mehr ist ein Sparbuch nicht.
PPPPS.: Es mag viele Zufälle im Leben geben. Aber dass sich ausgerechnet in der Nacht des Zypern-Njets die erschreckten EU-Europäer nun plötzlich auf das seit ewig umstrittene Agrarbudget geeinigt haben, ist mit Garantie kein Zufall.
Die europäischen Sorgen um Ungarn sind weitgehend unberechtigt – dennoch sollte sich Europa um Ungarn und die falsche Politik seines Machthabers Viktor Orban große Sorgen machen. Das klingt paradox. Das ist aber zwingendes Ergebnis einer eingehenden Analyse der ungarischen Fakten. Europa macht sich die völlig falschen Sorgen. In Ungarn wird keine Diktatur ausgerufen, wie uns die einen weismachen wollen. Ungarn donnert aber aus eigener Schuld ökonomisch gegen die Wand. Was die anderen ignorieren.
Zuerst zu den Sorgen um die Zukunft der Demokratie in dem mitteleuropäischen Land. Denen ist vieles entgegenzuhalten. Vor allem: Ungarn hat bisher noch immer am Ende jeder Debatte jedem ausjudizierten Einwand des Europäischen Gerichtshofs Rechnung getragen. Man darf nicht vergessen: Auch alle anderen EU-Länder haben in bestimmten Fragen gegen EU-Recht verstoßen, manche sogar noch viel öfter als Ungarn – ohne dass dort gleich vom Untergang des Abendlandes oder der Demokratie geredet wird.
Wenn man objektiv und sachlich bleiben will (was die Ungarn-Kritiker freilich nicht wollen), ist bei jedem Vorwurf immer primär zu prüfen: Wie sieht es bei den konkreten Punkten eigentlich in anderen Staaten, etwa in Österreich oder Deutschland aus? Denn weder Europa noch ein anderer Staat darf sich einfach ungeprüft und unausgewogen zum Instrument der ungarischen Opposition und der Exilungarn machen. Das wäre so, wie wenn man die Behauptungen von Grünen und FPÖ ungeprüft als Bild der österreichischen Realität übernähme. Eine Opposition versucht naturgemäß immer, alles in den übelsten Farben erscheinen zu lassen. Sie kann daher nie ein objektiver Maßstab sein.
Seit einigen Tagen wird im Ausland vehement eine Bestimmung kritisiert, derzufolge der ungarische Verfassungsgerichtshof bei Auslegung der Verfassung nicht auf seine Judikatur zur alten Konstitution zurückgreifen darf. Mit Verlaub: Das ist auch in allen anderen Ländern so. Das ist seit ein paar Jahrtausenden ehernes Rechtsprinzip. Auch das deutsche Grundgesetz 1949 kann nicht mit irgendeiner Judikatur aus der Zeit davor interpretiert werden. Ebensowenig die österreichische Verfassung aus 1920 und 1929 (und mit Teilen aus 1867).
Ebenso lächerlich sind die Vorwürfe der UN-Menschenrechtskommission. Die sind schon deshalb absurd, weil sie von einem Gremium mit besonders üblen (aber dennoch gewählten!) Mitgliedern stammt: wie beispielsweise Zimbabwe, China, Pakistan, Saudi-Arabien oder der Ukraine. Eigentlich sollte schon diese Mitgliederliste dazu führen, dass man jede Mitteilung dieser Kommission sofort rundentsorgt.
Sie kritisiert, dass die Verfassung ohne angemessene öffentliche Diskussion erfolgt sei. Interessant. Heißt das, dass auch die deutsche und österreichische Verfassung für diese seltsamen Demokratie-Experten bedenklich sind? Denn auch in diesen beiden Ländern hat es einst keine lange öffentliche Diskussion gegeben. Das deutsche Grundgesetz geht sogar auf Anordnungen der Besatzungsmächte zurück. „Ausreichende“ Diskussion ist also in Wahrheit ein völlig willkürliches Kriterium.
Ein anderer Vorwurf ist ebenso skurril: Der ungarische Staatspräsident dürfe Gesetze nur noch wegen Formfehlern zurückweisen. Weiß irgendeiner der kritischen Menschen, dass auch in Deutschland und Österreich – sowie den meisten anderen EU-Ländern – die Kompetenz des Staatsoberhaupts genauso limitiert ist? Niemand hat deren Verfassungen bisher deswegen für bedenklich erklärt. Die europäischen Monarchen dürfen nicht einmal wegen Formfehlern aktiv werden. Nur in Liechtenstein hat der Fürst mehr Macht - die dortige Verfassung ist freilich von einigen Ländern vor einigen Jahren vor allem deshalb heftig kritisiert worden . . .
Genauso absurd: Das Verfassungsgericht dürfe die Verfassung selber nur noch formal (also in Hinblick auf die Prozedur ihres Zustandekommens), aber nicht materiell (also in Hinblick auf einzelne Bestimmungen) prüfen. Genau das ist aber praktisch einhelliges Prinzip aller europäischen Verfassungen. Das ist ja gerade der Kern des Positivismus, der etwa in Österreich seit 1920 herrschende Lehre ist. Seit es in Europa keinen darüber stehenden Rang für Naturrecht oder Religion gibt, ist eben die Verfassung die höchste und inhaltlich nicht mehr hinterfragbare Rechtsgrundlage! Man kann ihr nur mit den gleichen Formalerfordernissen wie bei ihrer Erlassung selbst etwas anhaben; diese bestehen meist in einer Zweidrittelmehrheit.
Ein weiterer Vorwurf: Die Verfassung werde in dieser Periode schon zum vierten Mal geändert. Wui! Hat einer der Kritiker schon nachgezählt, wie oft das anderswo passiert? Als in Österreich zuletzt die verfassungsrechtlichen Sondergesetze gezählt wurden, kam ein Experte auf mehr als 600. Soll sich Österreich deswegen vor europäischen Gerichtshöfen verantworten?
Ein anderer Kritikpunkt ist: Wer in Ungarn gratis studiert, muss nachher einige Zeit im Land arbeiten oder sein Studium rückzahlen. Diese Bestimmung ist für die Betroffenen unerquicklich, sie ist auch eher illiberal. Sie kann aber nur dann als Verstoß getadelt werden, wenn europaweit vorgeschrieben wäre, dass Studieren nichts kosten darf. Das ist aber absolut nicht so. In vielen Ländern muss man halt für ein Studium zahlen. Die ungarische Regelung ist freilich ziemlich dumm, kann sie doch gar nicht ernsthaft durchgesetzt werden. Man kann die Jungen nicht im Land einsperren, ist doch der Eiserne Vorhang der Kommunisten zum Glück seit 1989 weg. Natürlich wäre es viel sauberer, aber weniger sozial, wie anderswo das Studium für alle kostenpflichtig zu machen. Hauptproblem für viele junge Ungarn ist auch gar nicht, dass sie alle auswandern wollen – sie müssen es vielmehr, weil sie daheim keinen Job finden.
Schwer nachvollziehbar ist auch der nächste Vorwurf: Ungarn dehnt den Familienbegriff auf jede Eltern-Kind-Beziehung aus (was in Wahrheit eine wichtige Geste der Liberalisierung des bisher rein ehegebundenen Familienbegriffs ist), aber nicht auf gleichgeschichtliche Partnerschaften. Niemand kann erklären, aus welchem Grund auch Partnerschaften ohne Kinder Anspruch auf eine Förderung haben sollten (außer wegen ihrer Lautstärke).
Ebenso europaüblich sind die ungarischen Regelungen über die Beschränkung der Wahlwerbung im Fernsehen. Solche gibt es in unterschiedlichen Formen fast überall. Die ungarische Version hat jedenfalls den Vorteil, dass es im Wahlkampf wenig hilft, wenn sich ein Politiker a la Berlusconi ganze Sender kauft.
Auch die – zweifellos – regierungsfreundliche Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens findet sich leider in vielen Ländern. Auch wenn die Regierung keine Zweidrittelmehrheit hat.
Anderer Kritikpunkt: In Ungarn machen sich Obdachlose strafbar, die auf der Straße übernachten, statt in ein angebotenes Obdachlosenheim zu ziehen. Na und? Behauptet jemand im Ernst, es wäre neuerdings schon EU-Recht, dass jedermann auf jedem beliebigen öffentlichen Platz übernachten könne, so oft er will? Auch in Frankreich beispielsweise haben sowohl die rechte wie auch die linke Regierung Roma außer Landes gebracht, die öffentliche Flächen okkupiert haben.
Nächster Vorwurf: Die jüngste Verfassungsänderung sei vor allem deshalb erfolgt, weil dem Parlament die Judikatur des Gerichtshofs nicht gepasst hat. Warum wird dann nicht auch der österreichische Gesetzgeber als Diktatur entlarvt, der schon Hunderte Male mit Verfassungsmehrheit die Gerichte ausgehebelt hat? In Österreich sind ja sogar Lächerlichkeiten wie die – konsumentenfeindliche – Taxi-Regelung nur deshalb in der Verfassung geregelt worden, damit sie der Gerichtshof nicht aufheben kann.
Warum wird von den vielen Kritikern Ungarns nicht dazugesagt, dass bei der Novelle die einzige materielle Kritik des ungarischen Verfassungsgerichts am bisherigen Verfassungstext Orbans nicht mit der – möglichen – Zweidrittel-Dampfwalze niedergerollt worden ist? Das Veto des Gerichtshofs gegen die durch ein einfaches Gesetz geplant gewesene Wählerregistrierung ist nämlich voll respektiert worden.
Warum wird nicht dazugesagt, dass die nunmehrige Novelle die Sozialisten im Gegensatz zu dem seit zwei Jahren gültigen Text nicht mehr als Nachfolgepartei der Kommunisten bezeichnet? Das müssten doch die vor allem von der Linken kommenden europäischen Kritiker eigentlich loben und nicht tadeln.
Das tun sie aber nicht. Denn in Wahrheit stört sie ja nur eines: dass die ungarischen Sozialdemokraten von den Wählern in die Bedeutungslosigkeit verdammt worden sind. Daher können sie zum Unterschied von den meisten anderen Ländern Verfassungsänderungen nicht mehr blockieren. Jene vernichtende Wahlniederlage ist auch die eigentliche, wenn auch nie zugegebene Ursache des organisierten Zorns der europäischen Sozialdemokratie.
Dieser Zorn ignoriert – fast muss man sagen: natürlich – auch eine beispiellose humanitäre Geste: Ungarn hat einen eigenen Gedenktag für die vertriebenen Ungarndeutschen eingeführt. Diese kostenlose Geste stünde zweifellos auch Tschechien, der Slowakei, Polen, Slowenien, Kroatien oder Serbien gut an. Sie ist dort aber bisher keineswegs angedacht.
Die Kritiker Ungarns haben weder juristisch noch historisch recht. Sie schießen sich freilich damit politisch ins eigene Bein. Denn sie geben Viktor Orban eine wunderbare Gelegenheit, das Volk mit nationalistischen Tönen hinter sich zu scharen. Motto: Wir gegen den Rest Europas. Das hilft fast immer.
Damit kann der Ministerpräsident aber auch die verheerenden Folgen seiner Wirtschaftspolitik übertünchen. Damit kann er der sonst – zu Recht! – drohenden Wahlniederlage beim nächsten Mal entgehen. Denn das, was Orban wirtschaftlich macht, ist der sicherste Weg in den Untergang: Ungarn marschiert in einen nationalen Sozialismus.
Es droht Ausländern die Enteignung an; obwohl das EU-rechtlich gar nicht möglich ist. Es hat eine Reihe von Steuern und Abgaben so strukturiert, dass diese vor allem Ausländer treffen; was vor dem EuGH wahrscheinlich ebenfalls nicht halten wird. Und er versucht nun gar, ausländische (insbesondere österreichische) Grundeigentümer in der Landwirtschaft hinauszuwerfen; auch damit wird Ungarn rechtlich wohl am Ende des Tages scheitern.
Juristisch ist das alles nicht durchdacht und ohne Erfolgsaussichten. Aber zwei „Erfolge“ hat Orban durch diese Politik dennoch erzielt: Erstens ist die Währung auf Talfahrt. Und zweitens bleiben ausländische Investoren dem Land in breiter Front ferne. Investoren fürchten nämlich nichts mehr als rechtliche Unsicherheiten.
Die ungarische Arbeitslosenquote beträgt jedoch schon mehr als zehn Prozent und wird mangels Arbeitsplätze schaffender Investoren weiter steigen. Dabei ist in Ungarn jetzt schon der Anteil der Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung besonders niedrig. Obwohl sich die Regierung eigentlich um die Integration der Roma durchaus bemüht, hat die Vertreibung der Investoren gerade für diese große, aber nicht für sonderliche Produktivität bekannte Gruppe die Chance auf Arbeitsplätze total zertrümmert.
Die ungarischen Machthaber sind auf ihre Wirtschaftspolitik trotz der verheerenden Auswirkungen sogar noch stolz. Sie rühmen sie als „unorthodox“. Dabei ist sie einfach nur abgrundtief dumm.
Sie ist sogar dümmer als die Wirtschaftspolitik der davor regierenden Sozialisten. Diese haben zwar am Beginn ihrer Amtszeit jeden nur denkbaren populistischen Unsinn begangen (Beamtengehälter schlagartig um 50 Prozent steigern usw.). Sie haben aber in den letzten Jahren ihrer Amtszeit dazugelernt, und begonnen, Ungarn mit einer liberalen Politik zu sanieren sowie mit der Anlockung von Investoren Arbeitsplätze zu schaffen. Sie haben also dazugelernt. Orban, der in seiner ersten Amtszeit (1998-2002) ebenfalls noch einen Kurs der Vernunft versucht hat, hat hingegen diesbezüglich alles verlernt.
Schade.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
„Wer anderen eine Grube gräbt, der ist ein Baggerfahrer“, meinte unlängst mein Sohn in Abwandlung eines alten Sprichworts.
Sprichworte sind aus der Mode gekommen, „uncool“ geworden. Dabei könnte man manch alter Weisheit auch im 21. Jahrhundert noch einiges abgewinnen.
„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, bedarf wohl im zweiten Teil einer Abwandlung auf „nur sehr, sehr schwer“, hat aber sonst nichts an seiner Gültigkeit verloren. Im Sport und beim Erlernen von Musikinstrumenten zweifelt seit Jahrzehnten niemand daran, dass möglichst frühes Lernen und intensives Üben unerlässlich sind, um ein hohes Niveau zu erreichen. Nur beim schulischen Lernen schien den „Experten“ Frühförderung als gefährlich, wenn nicht sogar schädlich. Der Kindergarten wurde zum lernfernen Spielzimmer degradiert, und noch immer ist es bei uns geradezu verpönt, wenn Kinder vor dem Schuleintritt spielerisch lesen und rechnen lernen. In anderen Ländern ist das hingegen selbstverständlich.
Lange Zeit sang die Unterrichtsministerin im Chor der Vorschulgegner. Von „Ghettoklassen“ für Kinder mit Deutschdefiziten war die Rede. Alle sollten gemeinsam in einer Klasse sitzen. Je heterogener das Leistungsniveau, umso besser. Danach würde man dann „Binnendifferenzierung“ betreiben, um jedes Kind optimal zu fördern. Mir fällt dazu das geflügelte Wort von der „Quadratur des Kreises“ ein. Und jeder Mathematiker weiß, dass bereits im 19. Jahrhundert die Unlösbarkeit dieses klassischen Problems der Geometrie bewiesen worden ist. Niemand käme auf die Idee, Marcel Hirscher und mich sekundären Ski-Analphabeten gemeinsam zu trainieren, weil wir beide ja sooo viel voneinander profitieren könnten. Aber wenn es um intellektuelle Leistungen geht, ist das alles ganz anders, nicht?
Wie die „Presse“ berichtet, hat „auch die von Ministerin Schmied eingesetzte Arbeitsgruppe zur Sprachförderung die Arbeit der Vorschulen“ schätzen gelernt. „Besser spät als nie“, tönt es dazu aus dem Sprichwortfundus. Dabei hätte Claudia Schmied nach der diesbezüglichen Initiative von Staatssekretär Sebastian Kurz einfach nur über ihren Schatten springen und die Idee näher reflektieren sollen, anstatt sie reflexartig mit dem „Ghetto“-Argument abzuschmettern. „Ende gut, alles gut!“, könnte man sagen, gäbe es nicht eine Reihe weiterer Baustellen…
Viele meinten ja schon bald nach Amtsantritt Schmieds, die Bankerin hätte sich am Sprichwort „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ orientieren sollen. Zweifel daran sind durchaus angebracht. Wäre es wirklich besser gewesen, Claudia Schmied hätte im Vorstand der – mittlerweile notverstaatlichten – Kommunalkredit weitergewirkt? Der Staatsanwalt ermittelt noch in der Causa. Für Schmied gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
Für ihr ministerielles Wirken am Minoritenplatz wird Claudia Schmied sicherlich nie zur Verantwortung gezogen werden, obwohl der dort angerichtete Schaden deutlich schwerer wiegt als eine Bankenpleite. Büßen müssen ihn Schüler und Lehrer.
Dr. Eckehard Quin ist AHS-Lehrer für Chemie und Geschichte sowie Vorsitzender der AHS-Gewerkschaft.
Nicht nur die Sozialdemokraten Europas haben erkannt, dass der Zeitgeist ein Genosse ist. Auch viele Konservative hecheln dem vermeintlich unumkehrbaren Trend hinterher und rücken immer weiter nach links. Kommt es zu Neugründungen politischer Parteien, handelt es sich – nahezu ausschließlich – um solche, die das Spektrum auf der Linken erweitern: „Piraten“ in Deutschland und Österreich, Beppe Grillos seltsamer Haufen in Italien oder die „Neos“ in Österreich (der eitle Versuch einer Reanimation des entschlafenen „LIF“ – unter Beteiligung von „Julis“ und einiger abtrünniger Grüner) sind aktuelle Beispiele. Die soeben bei Regionalwahlen erfolgreich aufgetretene Partei Frank Stronachs bildet eine, wenn auch derzeit nur schwer einzuschätzende, Ausnahme.
Vollmundig abgegebene Versprechungen, durch die Anwendung politischer Mittel (also staatlicher Gewalt) die Welt verbessern zu wollen, kennzeichnen die Handschrift der Linken. Die Behauptung, mittels eines gesetzlich festgelegten Mindestlohns die materielle Lage der Arbeitnehmer verbessern zu können, ist bei den Sozialisten in allen Parteien folglich besonders populär. Selbst die deutschen „Liberalen“ meinen, auf diesen Zug aufspringen zu müssen (der marktorientierte Rebell Frank Schäffler findet sich mit seiner Kritik an diesem Eingriff in die Privatrechtsautonomie parteiintern völlig im Abseits).
Dass mit der Verheißung vermeintlicher Wohltaten Wahlen gewonnen werden können, ist indes erwiesen. Wer in einer wohl etablierten Prolokratie mit dem Schlachtruf „Freibier für alle“! hausieren geht, schneidet – angesichts einer von der Allmacht des Staates überzeugten Wählerschaft – besser ab, als jemand, der zur Nüchternheit rät. Der mittels Stimmzettels erfolgende Griff in fremder Leute Portemonnaie ist schließlich das wesensbestimmende Merkmal einer Demokratie mit allgemeinem, geheimen Wahlrecht.
Der aus allen Poren Edelmut ausdünstende US-Präsident trifft präzise den Nerv der Mehrheit seiner Landsleute, wenn er behauptet, dass ein Vollzeit arbeitender Amerikaner problemlos von seinem Lohn leben können müsse. Prompt leitet er daraus die Forderung nach einem Mindestlohn von neun Dollar je Arbeitsstunde ab. In Deutschland hat die SPD sich zeitgleich auf eine Mindestlohnforderung von achteinhalb Euro pro Arbeitsstunde festgelegt. Weshalb die für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der proletarischen Massen streitenden Linken nicht gleich 18 Dollar oder 17 Euro Stundengage fordern, liegt indes im Dunkeln – schließlich wäre das doch doppelt so „sozial“!
Die kuriose Vorstellung, Marktbedingungen per Dekret aus der Welt schaffen zu können, ist nicht neu. Allerdings ist auch die Erkenntnis nicht neu, dass keine Regierung über jenes Wissen verfügt, das erforderlich wäre, um zentral getroffene Entscheidungen, die Auswirkungen auf eine ganze Volkswirtschaft haben, in einer Weise treffen zu können, die keine ökonomisch nachteiligen Folgen nach sich zieht. Wie in aller Welt kann ein Politbüro sich daher anmaßen, den Preis einer Arbeitsstunde – ohne Ansehen der besonderen Lage des betroffenen Betriebes und der seiner Mitarbeiter – festlegen zu wollen, ohne dabei schweren Schaden für alle Betroffenen in Kauf zu nehmen?
Die empirische Evidenz spricht jedenfalls eine ebenso eindeutige Sprache wie die ökonomische Theorie: Wer einen Preis über seinem auf dem Markt realisierbaren Wert erzwingen will, bleibt auf seinem Angebot sitzen. Das gilt für Arbeitszeit nicht weniger als für Wein, Unterhosen oder Sportwagen. Eine Ideologisierung dieser Frage im Sinne von „Arbeitskraft ist keine Ware!“ führt zu nichts. Wasser fließt eben auch dann nicht bergauf, wenn man sich das noch so sehr wünscht.
Die Preisbildung ist ein hochkomplexer Prozess, hängt von einer Unzahl sich ständig ändernder Parameter (etwa den jederzeit veränderlichen Konsumentenpräferenzen) ab und ist daher, wie das Beispiel der untergegangenen sozialistischen Planwirtschaften eindrucksvoll belegt, selbst unter Einsatz modernster Computer unmöglich zentral planbar. Wenn einer das Gegenteil behauptet, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder um den Dorftrottel oder um einen Politiker.
Was ein über dem Marktniveau gesetzter Arbeitslohn bedeutet, kann am Vergleich der Jugendarbeitslosigkeit verschiedener Länder Europas studiert werden. Um es kurz zu machen: Je höher der Mindestlohn, desto höher die (Jugend-)Arbeitslosigkeit.
Der US-Ökonom Thomas Sowell („Der wahre Mindestlohn ist null – Arbeitslosigkeit“) hat sich der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Mindestlöhnen und Jugendarbeitslosigkeit gewidmet und kommt zum selben Ergebnis: Gesetzliche Mindestlöhne schaden denjenigen am meisten, zu deren vorgeblichem Nutzen sie eingeführt worden sind (http://www.twincities.com/opinion/ci_19922475 & http://harmful.cat-v.org/economics/minimum-wage/ ).
Dass ökonomische Grundsätze nicht durch politischen Willen außer Kraft gesetzt werden können (zum „Triumph des Willens“ kommt es nur in der Vorstellungswelt totalitärer Spinner), sollte daher auch den Dümmsten – ja sogar Gewerkschaftern – einleuchten. Tut es aber nicht, wie ihre unverdrossen gepflegten Mindestlohnphantasien zeigen, die sich in faktischen Arbeitsverboten für Minderqualifizierte manifestieren.
Da man Mindestlohnbefürwortern wie Obama & Co. aber nicht einfach Ignoranz, Erkenntnisresistenz oder schiere Dummheit unterstellen sollte, muss also nach einem anderen Grund gesucht werden, weshalb sie nicht von dieser Torheit lassen wollen. Dieser besteht wohl in der planmäßigen Schaffung einer Klientel, die dauerhaft von der Wohlstandbürokratie abhängig, und nicht (mehr) imstande ist, sich aus eigener Kraft zu ernähren. Wenn es nämlich illegal wird, seine Arbeitskraft zu einem mit dem Dienstgeber frei vereinbarten Preis zu verkaufen, gibt es für diese Menschen zum Wohlfahrtsscheck keine Alternative mehr.
Die selbst erklärten Wohltäter spekulieren also in einer an Zynismus schwer zu übertreffenden Weise auf jene Vorteile, die sie aus dem von ihnen geschaffenen Elend der zur Dauerarbeitslosigkeit Verurteilten ziehen können. Profiteure dieser frivolen Politik sind eben nicht die werktätigen Massen sondern politische Klasse und Sozialbürokratie. Tausende unproduktive Politbonzen und Bürokraten (vorwiegend Angehörige der Mittelschicht) werden damit zu Parasiten – und glühenden Apologeten – des Wohlfahrtstaates.
Wie die Bilder sich gleichen: Schon Leo Trotzki erkannte, dass in einem Staat, der über alle Produktionsmittel gebietet, der Dissident zum langsamen Hungertod verurteilt ist. In unserer Wohlfahrtsprolokratie verhungert zwar (noch) keiner, seine aus dem Wunsch nach Selbstbestimmung resultierende Selbstachtung und Würde ist der zur Dauerarbeitslosigkeit Genötigte aber immerhin los.
Fazit: Gesetzliche Mindestlöhne führen zu struktureller Arbeitslosigkeit und steigern damit die Kosten des Sozialsystems. Zugleich wird die Zahl der Beitragszahler reduziert, was Steuererhöhungen und damit eine Verringerung der Unternehmensproduktivität nach sich zieht. Dies wieder senkt die Nachfrage nach Arbeit weiter. Eine klassische Interventionsspirale mit ausschließlich negativen Konsequenzen.
Der von nachfrageorientierten Ökonomen immer wieder strapazierte Kalauer, wonach man alles daran setzen müsse, um die Massenkaufkraft zu stärken – wodurch man „die Wirtschaft anzukurbeln“ gedenke, hält einer logischen Analyse nicht einmal auf den ersten Blick stand. Denn um das alles entscheidende Faktum ist nicht herumzukommen: Man kann eben nicht damit beginnen, einen Kuchen aufzuessen, ehe er gebacken ist. So einfach ist das. Aber wenn Sozialisten etwas vom Wirtschaften verstünden, wären sie ja schließlich keine…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Seit Wochen beschäftigt uns der Fall Staudinger. Ein Waldviertler Schuh- und Möbelerzeuger hatte sich bei vielen Menschen Geld geborgt. Er hat also wie eine Bank agiert, sich aber nicht an die für Banken geltenden Vorschriften gehalten. Er versteht es jedoch, von den Grünen über die Medien bis zur WKO Lobbyisten zu aktivieren.
Formal hat er zweifellos Recht verletzt und wird den Strafen nicht entgehen können. Dennoch stehen wir vor einer interessanten Grundsatzdebatte. Vor allem deshalb, weil Staudinger von so vielen Gruppen unterstützt wird, die noch vor kurzem nach noch strengeren Regeln für die Banken gerufen haben. Und die bis heute nicht die Widersprüchlichkeit ihres Verhaltens begreifen.
Die Forderung nach immer strengeren Regeln (selbst wenn sie längst schon so streng sind wie noch nie zuvor) geht auf das Wohlfahrts-Denken zurück, das alle Verantwortung beim Staat abzuladen versucht. Eine Konsequenz ist im Banksektor die Einlagensicherung, wo eine bestimmte Bankgruppe für die Spareinlagen fremder Banken haften muss – und bei deren Ausfall alle Steuerzahler. Diese müssen auch dann haften, wenn Sparer gezielt dort angelegt haben, wo es besonders hohe Zinsen gibt. Hohe Zinsen sind aber immer Indikator von erhöhtem Risiko. Das heißt: Der Gewinn ist privatisiert (also die höheren Zinsen); den eventuellen Verlust (die Zahlungsunfähigkeit einer Bank) muss hingegen die Allgemeinheit tragen. Zweite Konsequenz dieser Einmischung des Staates ist das "Too big to fail": Große Banken werden vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit aufgefangen, auch wenn Einleger und Mitarbeiter vorher überdurchschnittlich profitiert haben. Die Einlagensicherung wie das Auffangen wird mit der Angst vor einem Bank-Run begründet, also einem Sturm aller Einleger auf alle Banken, wenn eine einzige wackelt.
In einer echten Marktwirtschaft sollten trotzdem insolvente Banken in Konkurs gehen müssen. Höchstens eine Teil-Absicherung gegen gefährliche Dominoeffekte könnte legitim sein. Politischer und medialer Populismus glaubt hingegen, dass immer noch strengere Reglementierungen das Risiko limitieren würden. Genau diese Regulierungen haben aber den Effekt, dass Staudinger und andere Unternehmer ohne ausreichende Sicherheiten (die sie nicht haben) keine normalen Bankkredite mehr bekommen. Daher suchen sie nun außerhalb der Bankenwelt Kreditgeber, Gesellschafter oder Genossenschafter.
Die Staudinger-Debatte könnte den Weg zu sinnvollen Überlegungen öffnen. Es spricht absolut nichts dagegen, sich auch auf bankfremden Wegen Geldgeber zu suchen. Der Gesetzgeber müsste nur dafür sorgen, dass diesen in aller Deutlichkeit und deppensicher klargemacht werden muss, dass sie bei solchen attraktiver als Spareinlagen scheinenden Geschäften ihr ganzes Geld verlieren können. Der Steuerzahler sollte hingegen verschont werden. Er ist weder dazu da, bankrotte Banken noch bankrotte Schuster zu retten.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Immer mehr Armuts-Kennzahlen beschreiben ein und dieselbe Situation der etwa vier Prozent an „wirklich Armen“ in Österreich. Weil Journalisten wie Medien von den immer ähnlicher werdenden Kennzahlen überfordert sind, glaubt die Öffentlichkeit, jede einzelne für sich würde eine andere Armut beschreiben und ist schockiert. Die Mittelschicht fühlt sich von Armut und Abstieg bedroht. Das ist auch so gewollt.
Exemplarisch, wie mit Armuts-Kennzahlen Abstiegsangst geschürt wird, ist die der „Armutsgefährdeten“. So bezeichnet die EU seit dem Rat von Laeken (2001) alle, die weniger als 60 Prozent eines (jährlich aktualisierten) „äquivalisierten Haushaltseinkommens“ verdienen. Dieses Haushaltseinkommen besteht aus der Summe aller Erwerbseinkommen und Sozialleistungen eines Haushaltes. Wer bloß 40 Prozent weniger verdient als der Landesdurchschnitt (also 60 Prozent), wird schon als „armutsgefährdet“ angeführt. Auch wenn er in einer Eigentumswohnung lebt oder ein Ferienhaus in Ungarn besitzt.
EU-weit lag die Quote 2009 etwa bei 16% Prozent, am geringsten war sie mit 9 Prozent in Tschechien, am höchsten mit 22 Prozent in Rumänien.
In Österreich sank die Quote über die letzten 15 Jahre leicht aber stetig auf etwa 12 Prozent. Allerdings kommt man auf den Österreichwert von 12 Prozent nur, wenn man auch die kurzfristig Betroffenen mit einbezieht. Länger als ein Jahr sind in Österreich nur 6 Prozent der Bürger armutsgefährdet.
Auf Null wird der Wert wohl niemals sinken. Denn armutsgefährdet ist, wer 60 Prozent des Durchschnittes unterschreitet. Steigt der Durchschnitt aller hier Lebenden in einem Jahr um 2 Prozent real, die Einkommen der „Armutsgefährdeten“ aber nur um 1,5 Prozent, dann sind die Armutsgefährdeten zwar neben der Inflation um weitere 1,5 Prozent reicher geworden, ihr (relativer) Anteil an der Gesellschaft ist aber trotzdem gestiegen.
Die meisten Österreicher setzen „armutsgefährdet“ mit arm gleich. Dabei kommt man auf die 12 Prozent nur, wenn man vierköpfige Familien dazuzählt, die knapp 2.238 Euro verdienen. Und die 2.238 Euro sind auch nur die reinen Geldleistungen, über die die Familie dann verfügt. Nicht gewertet – bzw. dazu kommen jetzt noch kostenlose Arzt- und Krankenhausbesuche, Medikamente, gratis Schule mit gratis Büchern oder eine günstige Gemeindewohnung.
Eine Familie, die heute aber in einer schön (en) (subventionierten) Gemeindewohnung lebt und über 2.200 Euro im Monat ausgeben kann, ist mit Sicherheit nicht arm. Natürlich kann es sein, dass die Familie einmal etwas sparen muss, wenn sie etwa gerade den Türkeiurlaub gebucht hat – aber das musste vor 20 Jahren ein Großteil der Bevölkerung.
„Rund eine Million Menschen in Österreich, das sind 12 Prozent der Bevölkerung, sind bereits arm oder gefährdet“, ließ die Caritas auf ihrer Homepage traurig wissen, als sie im Winter ihre „Inlandshilfekampagne“ startete.
Kein Wort davon, dass man auf 12 Prozent nur kommt, wer auch die kurzfristig Gefährdeten mitzählt (länger als ein Jahr sind es nur 6 Prozent). Der Trend steigt auch nicht (wie impliziert), er sinkt seit vielen Jahren. Und Inländer trifft dieses Schicksal überhaupt nur zu 10 Prozent. Für Afrikaner oder Araber liegt der Wert allerdings bei 57 Prozent, für Türken bei 46%, für Ex-Jugoslawen bei 15 Prozent.
Österreich ist ein Einwanderungsland, ohne Zuzug würde es über kurz oder lang aussterben, die Sozialsysteme würden kippen. Es hat mit dem Zuzug aber etwas Armut importiert. Das ist eigentlich auch nicht schlimm, denn in ihren Heimatländern ginge es den meisten Immigranten schlechter.
Außerdem sinkt die Armutsquote schon wenige Jahre (nach der Einbürgerung) auf 26 Prozent. (Indirekt) zu behaupten, die Armut wäre in Österreich ein Massenphänomen, und sie würde vor allem Inländer treffen, ist scheinheilig. Und die Absicht ist nur allzu durchsichtig: Man will die Angst des Bürgertums vor dem sozialen Abstieg schüren, um an mehr Spendengelder und Subventionen heranzukommen. Denn die aufgebaute Sozial-Industrie aus Tausenden Sozialarbeitern verschlingt immer größere Summen – Steuergeldes. Und die immer höheren Steuern für „Caritas und Co“ kürzen die Realeinkommen vor allem der Inländer.
Das Problem liegt in der Grenzziehung. Setzte man den Grenzwert etwa nicht bei 60 Prozent, sondern bei 50 Prozent an, so wären nicht mehr 12 Prozent der Bevölkerung (kurzfristig) armutsgefährdet, sondern nur mehr 6 Prozent. Ein noch geringerer Prozentsatz länger als ein Jahr (4 Prozent).
Die Menschen sind heillos überfordert: Für sie bedeutet „eine Million Armutsgefährdete“ eine „Million auf dem Niveau der Sahelzone vegetierende Österreicher“. Das lässt die Menschen vor Wut schäumen, wählen sie (und spenden sie) doch schon seit Jahrzehnten (an) jeden, der sich als „gerecht“ und „fair“ vermarktet. Und offensichtlich wird es trotzdem immer schlimmer!
Dabei sind die Österreicher keine Raunzer, wie man gern behauptet. Wer in seinen Staats- und Boulevard-Medien aber täglich hört, dass es in diesem System nur einer kleinen Minderheit an Reichen (Kapitalisten) auf Kosten einer immer stärker verarmenden Mehrheit besser ginge, der wird nun einmal immer zorniger und zorniger.
Die Situation ist heute höchst gefährlich. Das lässt Richard N. Coudenhove-Kalergis Buch „Judenhass von heute“ ahnen. Damals in den 1920ern, so der Onkel einer bekannten Journalistin, hätten die Rechten bald erkannt, dass sie den „Volkszorn in Form von allgemeinem Hass und Neid gegen die Reichen in einen besonderen Hass und Neid gegen die reichen Juden umlenken konnten“.
Und von den 1920er Jahren trennen uns nur noch (oberflächliche) Stabilität und Wohlstand.
Michael Hörl. Der Wirtschaftspädagoge und Betriebswirt ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Sein aktuelles Buch „Die Gemeinwohl-Falle“ beschäftigt sich neben den Thesen Christian Felbers und der „inszenierten Armutsdiskussion“ mit der Wut-Berichterstattung von Arbeiterkammer und Co.
Beim großen Nachbarn gibt es erstmals eine ernsthafte Alternative zum finanziellen Selbstmord, den dort alle im Bundestag sitzenden Parteien offenbar wollen. Offen ist freilich, ob es den Machtstrukturen gelingen wird, die binnen weniger Tage aufgeflammte begeisterte Zustimmung so vieler Menschen für diese Alternative durch eine mit den üblichen Strategien entwickelte mediale Kampagne zu töten (oder zumindest totzuschweigen). Man darf gespannt sein.Immerhin hat mit Zypern ja am Wochenende ein weiterer Euro-Staat eine lebensrettende Geldtransfusion erhalten - wenn auch diesmal unter etwas anderen Umständen.
Die neugegründete „Alternative für Deutschland“, die diese Woche an die Öffentlichkeit getreten ist, ist jedenfalls von eindrucksvoll viel ökonomischem Sachverstand wie auch Nüchternheit getragen. Damit zeigt erstmals eine politische Gruppierung, dass es eine bessere Alternative als die „Alternativlosigkeit“ gibt, welche die deutsche Politik der letzten Jahre geprägt hat. Denn eine alte, lange verdrängte Weisheit sagt: Alternativlos ist im Leben bis auf den Tod gar nichts.
Dabei ist die reale Politik der schwarz-gelben Regierung in Deutschland noch immer viel besser, als es ein Machtwechsel zur einzigen bisher real existierenden Alternative wäre. Rot-Grün(-Rot) würde ja all die Fehler noch vervielfältigen, zu denen sich Angela Merkel – wenn auch zeitweise erkennbar widerwillig – hinreißen hat lassen. Oder gezwungen worden ist.
Gezwungen haben sie unter anderen viele nach deutschem Geld gierende Miteuropäer mit Sarkozy an der Spitze, bisweilen sogar unter Einsatz der Faschismuskeule. Gezwungen haben sie die laut „Rettet Griechenland“ schreienden Mainstream-Medien, die in ihrer gutmenschlichen (in Wahrheit linken) Kurzsichtigkeit keine Rücksicht auf die Folgen genommen haben. Gezwungen hat sie der aus seinem Altenteil grummelnde Helmut Kohl, dem auf Kosten seiner Nachfolgerin keine Geldverbrennung zu teuer ist, um neben seinen unbestreitbar großen Verdiensten für die Wiedervereinigung auch als „Großer Europäer“ in die Geschichtsbücher eingehen zu können. Gezwungen hat sie auch die Dummheit der eigenen Minister, die wie Schäuble oder Westerwelle geglaubt haben, dass man mit dem Pochen auf einen angeblichen Primat der Politik die Grundrechnungsarten außer Kraft setzen kann.
Gerade der jüngste EU-Gipfel hat erneut gezeigt, dass der Druck in Richtung noch mehr Schulden nie aufhört. Dass da wieder einmal der Österreicher Werner Faymann einer der lautesten Rufer nach Geld für das Schwarzgeldparadies Zypern war, erstaunt zwar nicht, bleibt aber trotzdem ein besonders pikanter Irrsinn.
Die neue Partei sagt als erste – offenbar – chancenreiche Bewegung zu den diversen Eurorettungsaktionen genau das, was ein Großteil der deutschen (und österreichischen) Bundesbürger und ein noch größerer Teil der Ökonomen denkt. Der Parteigründer Bernd Lucke drückt das mit größerer Sachkompetenz aus als alle anderen in der politischen Arena. Der Volkswirtschaftsprofessor aus Hamburg analysiert messerscharf die verheerenden Wirkungen der europäischen Währungs- und Finanzpolitik. Und er kann seine Positionen überdies mit Charme und Charisma kommunizieren.
Lucke hat zwei zentrale Themen. Das eine sind die großen Schäden für Südeuropa durch den Euro, weil diese wettbewerbsunfähigen Länder nicht mehr wie früher ihr Geld abwerten und so die verderblichen Folgen des „Primats“ der Politik auf den Geldwert kompensieren können. Wird doch in Südeuropa der Geldwert seit Generationen durch die vereinten Aktionen von Gewerkschaften, Politikerpopulismus, Gutmenschen und lebensfrohem mediterranen Lebensstil regelmäßig erodiert.
Sein zweites Thema sind die katastrophalen Folgen dieser Politik für den Norden Europas, vor allem Deutschland. Der Norden hat sich mit riesigen Haftungen, Krediten und Zuschüssen für die Südländer untragbar überladen, die niemals zurückfließen werden. Das gilt natürlich auch für Österreich – nur wird es da von Regierung und Medien noch mehr totgeschwiegen als in Deutschland.
Lucke kämpft nicht mit Phrasen gegen eine phrasenüberladene Politik, sondern mit nüchterner Logik. Er ist durchaus kein Chaot, sondern weiß, dass Verträge einzuhalten sind. Deshalb verlangt er eine saubere vertragliche Verankerung des Austrittsrechts aus dem Euro. Und er betont auch die zweite notwendige Strategie – die insbesondere für den Fall wichtig ist, dass die anderen Mitgliedsstaaten ein solches Austrittsrecht ablehnen: Es müsse jedenfalls einen absoluten Stopp für das Eingehen weiterer, höherer Haftungen via ESM oder über andere Kanäle geben.
Diese Doppelstrategie würde die Überlebens-Chancen der Geberländer massiv erhöhen. Zugleich wählen Südeuropas Massen ohnedies immer mehr jene Listen, die für einen Austritt aus dem Euro plädieren, siehe etwa Beppe Grillo. Das heißt: Auch dort wird ein Weitermachen wie bisher zunehmend als sinnlos empfunden.
Natürlich kommt Lucke mit seinem Vorstoß im Grund reichlich spät. Schon das, was jetzt schon auf Deutschland (und Österreich sowie den Niederlanden) lastet, ist eigentlich längst untragbar.
Nur: Bei der letzten Bundestagswahl war das Thema „Bail-Out für Schuldenstaaten wider alle wirtschaftliche Vernunft sowie wider die EU-Verträge“ noch überhaupt nicht auf dem Tisch, da war diese neue Alternative daher auch noch nicht notwendig. Damals gab es zwar die Konjunkturkrise, aber noch nicht den seit Mai 2010 laufenden billionenschweren Verstoß gegen das ausdrückliche Verbot, Staaten finanziell zu helfen, das sich in EU-Verträgen und EZB-Statuten findet. Bei der letzten Wahl versprachen sowohl CDU wie FDP noch vertragsgetreue und marktwirtschaftliche Politik. Das schien damals noch ganz selbstverständlich und glaubwürdig.
Nachher setzten sich jedoch die Parteiführungen beinhart darüber hinweg. Der Widerstand jeweils einer Minderheit mutig aufbegehender Abgeordneter wurde überrollt. Und die Opposition verlangte ohnedies immer noch mehr und frühere Hilfe für die Schuldnerstaaten.
Luckes Positionierung erinnert lebhaft an den Kurs des Briten David Cameron: Nein zum Euro, Nein zur Überregulierung durch Brüssel, aber ein großes Ja zur Rettung des wichtigen EU-Binnenmarkts, der genau durch Schuldenkatastrophe und Überregulierung nun mit in den Strudel zu geraten droht. Und genau das ist die einzige Politik, die Europa retten kann.
Nach ersten Umfragen hat Lucke ein bis 26 Prozent gehendes Wählerpotenzial. Dieses wird dadurch vergrößert, dass er in seinen ersten Auftritten mehr Charme und Eloquenz als die Altpolitiker gezeigt hat. Sein Antreten könnte daher noch sehr spannend für den Wahlausgang werden.
Natürlich sind die Dirty-Campaigning-Abteilungen aller Parteien seit dieser Woche im vehementen Einsatz. Sie forschen, ob der Mann nicht vielleicht vor 30 Jahren irgendwo abgeschrieben, seine Frau betrogen oder einen silbernen Löffel eingesteckt hat. Oder ob das zumindest einem seiner Mitstreiter nachgewiesen werden kann (als ob auch nur ein einziger der derzeitigen Abgeordneten ein lebenslanger Heiliger wäre). Aber man kann dennoch fast wetten, dass der Zorn der Wähler ob der Fehler der letzten Jahre viel größer als die Wirkung solcher Versuche ist. Daher werden solche jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit auftauchenden Beweise wenig Wirkung haben.
Angela Merkel hat in den letzten Wochen erkannt, dass die Bedrohung ihrer Partei durch die unzufriedenen Bürgern auf der liberalkonservativen Rechten und nicht durch die drei Linksparteien erfolgt. Die Linke kann Merkel trotz der auch in Deutschland vehementen medialen Unterstützung ignorieren. Sie spürt zunehmend, dass sie der Linken schon bei der „Energiewende“ viel zu weit entgegengekommen ist.
Aus dieser Erkenntnis heraus hat Merkel plötzlich in einer Reihe von Fragen liberalkonservative Alternativen zu ihren bisher alternativlosen Positionen gefunden und eingenommen. Die überraschenden CDU-Alternativen bestehen etwa in der erfreulichen neuen Haltung der CDU in der Quotenfrage; in der Ablehnung der Schwulenehe; in der Bremse für die ökologisch ins Unermesslich steigenden Strompreise; im Nein zu den EU-Plänen, Zigarettenpackungen mit Ekel-Bildern zu versehen; oder eben im längere Zeit hinhaltenden Kampf der Deutschen dagegen, deutsches (und damit automatisch immer auch österreichisches) Geld nun auch für Zypern leichtfertig auszugeben.
Bei der nun - vorerst - gefundenen Hilfsregelung für Zypern geht Euroland jedenfalls auf deutschen Druck (der ganz offensichtlich in Hinblick auf die neue parteipolitische Herausforderung entstanden ist) ganz anders vor als bisher: Wie im sonstigen Wirtschaftsleben müssen nun sofort die Gläubiger bluten, die Forderungen gegen einen Bankrotteur haben. Und diese Gläubiger sind in der Bankenwelt vor allem die Sparer. Also: Bei Zypern passiert zumindest zum Teil das, was absolut logisch ist, was aber in den letzten drei Jahren undenkbar schien: Ersmals verlieren sämtliche Sparer einen spürbaren Teil ihrer Einlagen, weil Banken und staaten crashen. Das wird dazu führen, dass sich Sparer nun in ganz Europa die Banken viel genauer anschauen, bei denen sie ihr Geld hinterlegen. Das ist jetzt schon ein historischer Erfolg der hartnäckigen Kritiker der ständigen Rettungsaktionen - trotz der Tatsache, dass auch in Zypern jetzt zehn Milliarden der anderen Europäer verbrannt werden. Statt alles den Gläubigern des bankrotten Schuldners aufzubürden.
Man fragt sich zwar, warum nicht gleich und warum nicht ganz. Aber Tatsache ist: Merkel geht unter dem Druck der Alternative wieder nach rechts, statt wie in den letzten Jahren ständig nach links.
Aber kann sie damit noch einmal glaubwürdig werden? Der Unmut der sich in den letzten Jahren durch Merkels Linkskurs verraten fühlenden Bürger ist jedenfalls groß. Und es ist zu durchsichtig, dass sie nun die Rechtswende so knapp vor dem Wahlen macht.
Der FDP wird es angesichts der neuen Gruppierung noch schwieriger werden, eine glaubwürdige Position zu finden. Es gibt in den Augen der Wähler fast nichts, wofür einzig, konsequent und glaubwürdig die FDP stünde. Die FDP-Wähler werden massenweise zu Lucke wechseln. Und die linksliberalen Ideen der FDP-Justizministerin haben längst schon bei Rot und Grün eine Heimat gefunden, sind also für die FDP mehr schädlich als nützlich. Und seit der Gründung der „Alternative“ kann die FDP wahrscheinlich auch nicht mehr auf sonderlich viel Leihstimmen der CDU zählen. Die könnten am Wahltag zur Alternative wechseln. Das macht die FDP-Führung erkennbar nervös, wie etwa Bundestagsdebatten in dieser Woche gezeigt haben.
Natürlich hat Lucke noch nicht offengelegt, wo er in den vielen anderen politischen Fragen steht. Wenn er seine Chancen schlau analysiert, wird er das auch nicht tun. Es ist gar nicht mehr schlau, in einem modernen Wahlkampf Stellung zu allem und jedem zu beziehen. Lucke wäre mit folgender Strategie gut beraten: „Wir unterstützen jede Regierung, die in Europa- und Währungsfragen konsequent unsere Positionen umsetzt; aber wir unterstützen sie eben nur dann, wenn sie das ohne Abstriche tut. Schwulenehen, In-vitro-Fertilisation, Quotenzauber, Atomausstieg und all die anderen so heftig politisch diskutierten Themen sind für uns nicht so wichtig wie die Rettung von Wirtschaft sowie Währung und damit Arbeitsplätzen sowie Ersparnissen.“
Nur mit diesem Kurs vermeidet die „Alternative“ den Verlust wichtiger Wählergruppen. Die Zeiten von Volksparteien, die homogene Gruppen mit gleichen Ansichten in allem und jedem dargestellt haben, sind ja ohnedies schon lange vorbei.
Die Alternative für Deutschland ist damit jedenfalls ziemlich genau das Gegenteil von dem, was in Österreich als Alternativen zum Bestehenden vorliegt:
Da gibt es etwa eine Bobo-Partei der Berater-Generation, die sich vom Gendern bis zur Schwulenunterstützung um die alten linksliberalen LIF-Positionen schart; und die überdies – ausgerechnet in Zeiten wie diesen – einen absurden Europafanatismus betreibt. Da ist nicht viel politische Intelligenz daheim.
Da gibt es einen 80-Jährigen, der mit viel Geld zwar viel Wind machen kann, der aber von Währungsfragen nicht den blassesten Schimmer hat, der in seinen langen Wortkaskaden nur hohle Phrasen abzusondern vermag, und der bisher auch keinen einzigen Experten mit ordnungspolitischem Wirtschaftsverständnis für sein „Team“ gefunden hat. Das ist kein Wunder, duldet der alte Patriarch doch nur totale Jasager und Befehlsempfänger in seiner Partei. Zwar glauben erstaunlich viele Menschen, dass jemand doch auch von Währung oder Ordnungspolitik eine Ahnung haben müsse, wenn er erfolgreich Autozuliefer-Fabriken aufgebaut hat. Das ist aber falsch. Bei ihm kann genauso Unsinn herauskommen wie beispielsweise bei einem Industriellenchef, der im Hauptberuf Überwachungs- und Mautanlagen verkauft, womit er total von guten Beziehungen zur öffentlichen Hand (und Stadträtinnen) abhängig ist. Aber nicht von einem ordnungspolitischen Sachverstand. Dieser ist in beiden Fällen katastrophal dünn. Auch wenn das aus Respekt vor der jeweils akkumulierten Geldmacht kaum jemand offen sagen will.
Da gibt es noch die beiden existierenden Oppositionsparteien, die zwar stammtischartig gegen Europa hetzen, die aber in jeder wirtschaftlichen und europapolitischen Sachfrage ebenfalls total unbedarft sind.
Von Schmeißfliegen mit heftigen Anklängen an braune oder rote Totalitarismen wollen wir gar nicht reden, die sich bisweilen aufdrängen.
Dieser Rundblick auf die österreichische Politiklandschaft kann eigentlich nur einen Wunsch auslösen: Ich möchte lieber in Deutschland leben. Da gibt es in der bürgerlichen Welt neben einer starken Frau jetzt wenigstens eine überaus sinnvolle Alternative. Bei uns hingegen . . .
Es ist wohl die wichtigste historische Demaskierung der Nachkriegszeit. Es ist auch die endgültige Demaskierung der Parteilichkeit, der mangelnden Objektivität und der Unwissenschaftlichkeit der an den Universitäten herrschenden Zeitgeschichtler und insbesondere der verlogenen Pseudomoralisten beim "Standard" und der SPÖ-Untergruppe namens die "Grünen". Die Demaskierung erfolgte durch den Historiker Franz Schausberger und findet sich Schwarz auf Weiß im neuen Jahrbuch für Politik 2012.
Dass Schausberger einst ÖVP-Politiker gewesen ist, ändert nichts am Gewicht seiner Aussagen. Denn er arbeitet fein säuberlich mit präzisen Fußnoten, Quellen und Belegen. Und seine Schlussfolgerungen muss man ja nicht teilen. Was auch ich nicht tue.
Er fordert nämlich die Umbenennung des Karl-Renner-Rings. Ich bin jedoch gegen JEDE Umbenennung, aber dafür, keinerlei Ehrungen mehr für Menschen durch Straßenbezeichnungen oder Denkmäler vorzunehmen, egal ob lebendig oder tot. Jedoch die rotgrüne Stadtverwaltung in Wien verschwendet ständig unser Geld für Umbennungen und für neue Denkmäler. Sie tut dies etwa durch die bewusste Provokation in Form eines Deserteurdenkmals, das Helden und Heilige gleichgewichtig zu Verbrechern und Feiglingen ehrt.
Seit Erscheinen des Schausberger-Textes ist über Nacht die Demontierung des zweimaligen Staats/Bundespräsidenten Karl Renner durch präzise Quellenarbeit irreversibel geworden. Schausberger fördert zahllose Dinge zutage, welche das herrschende rotgrüne Zeitgeschichtsunwesen insbesondere an der Wiener Uni bisher unter den Tisch geschwiegen hat.
Dabei ist Schausberger ein weiteres besonders schlimmes Renner-Zitat aus 1945 entgangen. Damals hat sich dieser Mann aus seinem gemütlichen Haus in Gloggnitz, wo er all die Schrecken der Nazi-Jahre wie auch den Krieg gemütlichst überstanden hat, Stalin in widerlichster Art angedienert, indem er ihm die gemeinsame Herrschaft von Kommunismus und Sozialismus über Österreich versprochen hat.
Umso präziser und umfassender ist Schausberger mit einer unglaublichen Fülle von Zitaten über den jahrzehntelang ständig herausbrechenden Antisemitismus des Karl Renner. Schausberger arbeitet dabei zu Recht auch den Unterschied zwischen Renner und Karl Lueger heraus, dessen ebenfalls zahllosen antisemitischen Zitate zu einer Zeit gefallen sind, als es weit und breit noch keinen Adolf Hitler und die Realität seines Verbrecherstaates beziehungsweise seiner Partei gegeben hat. Das wäscht zwar den insbesondere von den Grünen, also von den notorischen SPÖ-Wasserträgern ins Visier genommenen Lueger nicht rein. Das macht aber die Schuld Renners doppelt schwer. Er muss in den Zwanziger und Dreißiger Jahren längst gesehen haben, was Hitler bedeutet.
Es würde zu weit führen, alle von Schausberger gesammelten Zitate wiederzugeben. Sie wiederholen sich im Kern ständig. Aber die Fülle zeigt, dass sie einer objektiven Zeitgeschichtsforschung niemals entgangen sein können.
Ich beschränke mich hier auf wenige. Etwa jenes über den gerade vom knalllinken "Standard" attackierten Leopold Kunschak, den Renner – nach dem Anschluss! – in einem Jubelaufsatz über den Nationalsozialismus "landesverräterischer Umtriebe" bezichtigte. Solche Attacken waren nicht nur verlogen und mies, sondern hatten damals mehr als konkrete Lebensgefahr für den Betroffenen bedeutet.
Renner war also auch ein ganz übler Denunziant. Er bejubelte den Hitlerstaat aus Überzeugung und ohne Druck, wie mehrere seiner Aussagen in Hinblick auf seinen Ja-Aufruf zu Hitlers Anschluss-"Volksabstimmung" beweisen. Er hat diesen Aufruf auch in privaten Gesprächen mit Anti-NS-gesinnten Menschen für richtig erklärt, also keineswegs unter Druck gehandelt. Ja noch mehr, Renner wollte damals sogar mit Plakaten für den Anschluss werben, was dann sogar den Nazis zuviel des Guten (Schlechten) war. Auch das deckt Schausberger auf.
Die erste Republik eines freien Österreichs war für Renner hingegen nur eine "zwanzigjährige Irrfahrt des österreichischen Volkes". Besonders scharf waren seine antisemitischen Attacken auf Wirtschaft und Christlichsoziale.
Bundeskanzler Seipel bezeichnete er als "Judenliberalen in der Soutane"; die Christlichsozialen als "Vorkämpfer des jüdischen internationalen Großkapitals". Die Banken waren bei Renner in vielen öffentlichen Aussagen grundsätzlich immer "jüdisch", ebenso das "Kapital", ebenso der "Manchester-Liberalismus", ebenso die "Schleichhändler". Dass es all diese Phänomene natürlich auf jüdisch wie nichtjüdisch gegeben hat, war Renner völlig egal. Und der damaligen Sozialdemokratie, die sich heute als soviel gutmenschlich ausgibt. Was ihr auch die vielen linken Historiker und Journalisten nachplappern. Widerlich.
(In dem wie immer eine tolle Fundgrube darstellenden Jahrbuch gibt es übrigens einen besonderen Schwerpunkt über das Thema Korruption. Das Jahrbuch ist längst zur wichtigsten politikwissenschaftlichen Publiktation des Jahres geworden. Böhlau-Verlag).
Nicht, dass das Tagebuch jetzt zur Kriminalitätschronik werden wollte. Aber manches ist wirklich zu unglaublich, um es zu ignorieren: In Niedersachsen ist am vergangenen Sonntag ein 25-Jähriger von einer Bande türkischer Jugendlicher so brutal niedergeschlagen worden, dass sein ganzes Gehirn kaputt war, und dass er nun, nach einigen Tagen künstlicher Lebensverlängerung gestorben ist. Was man nur als Gnade bezeichnen kann.
Die Täter wurden gefunden und - unfassbarerweise von der deutschen Justiz vorerst wieder freigelassen. Damit droht derselbe Ablauf wie nach einem ähnlichen Nach-Disco-Mord in Berin, wo der Hauttäter nach seiner Freilassung in die Türkei flüchten konnte. Von der er - natürlich - nicht ausgeliefert wird.
Schlimm genug. Aber noch viel schlimmer ist die Reaktion der österreichischen Medien: In welcher Zeitung, in welcher Fernsehstation hat man auch nur eine diesbezügliche Erwähnung gefunden? Ich wäre ja froh, wenn ich die alle überlesen hätte (was nicht auszuschließen ist). Aber beispielsweise in jenem Blatt, dass dank undurchsichtiger Verträge mit der Gemeinde Wien – also theoretisch mit uns, de facto mit der SPÖ – vielerorts exklusiven Zugang hat und damit zum meistgelesenen Verblödungs-Papier der Stadt geworden ist, liest man zwar durchaus Nachrichten aus Deutschland, etwa als wichtigste, dass ein Frühchen im Jet aus Berlin heimgeflogen ist. Wie rührend und politisch ungefährlich! Aber man liest nichts über den ermordeten Daniel S. und seine Todesumstände. Aber auch in sogenannten Qualitätsmedien finde ich nichts.
Die Berichterstattung über diesen grauenvollen Mord (und Hunderte anderer ähnlicher Taten, die nicht immer so grauenvoll enden) steht jedenfalls in totalem Gegensatz zu den fußballfeldgroßen Berichten, wenn bei einer Untat einmal ein ausländerfeindlicher Hintergrund vermutet wird und wenn sich ein türkischer Botschafter gleich einmal prophylaktisch aufpudelt. Der behauptete Hintergrund stellt sich dann meistens als mediale Fiktion heraus – ist aber natürlich in jedem einzelnen Fall genauso übel und verurteilenswert.
Auch das im letzten Moment verhinderte Salafisten-Attentat auf einen deutschen Oppositionspolitiker wird totgeschwiegen. Ebenso verschwiegen wird der (heute um 17 Uhr bei der Wiener Oper) stattfindende Schweigemarsch gegen Christenverfolgung.
Ist das alles also der wahre Kern der laut propagierten Integration? Ich gebe zu, dass ich deren Prinzip eigentlich vehement verteidigt habe. Deren Inhalt wird aber immer schillernder. Sie ist offenbar nur Anlass für ein paar schöne Phototermine und Inserate, dass man so tut als ob. Sie bedeutet aber bei uns nicht einmal, dass jeder Jugendliche zuerst(!) Deutsch lernen muss, bevor er den Unterricht stören, pardon: besuchen darf. Das verhindert eine linksradikale Unterrichtsministerin.
Unsere Integration ist offenbar das Gegenteil dessen, was beispielsweise die USA (ähnlich wie Kanada oder Australien) gemacht haben: Sie haben insbesondere in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg die konsequente „Amerikanisierung“ aller Zuwanderer zum obersten Staatsziel gemacht und solcherart wirklich binnen einer Generation aus Iren, Italienern, Briten, Deutschen und Dutzenden anderen Nationalitäten Amerikaner gemacht. Mit Herz und Seele, mit Sprache und Disziplin.
Hat diese Strategie bei den Zuwanderern aus islamischen Ländern keine Chance? Oder wird sie bei uns nur achtelherzig verfolgt? Jeder möge sich seine Meinung bilden.
Jedenfalls aber sind mit dem jungen Mann aus Niedersachsen auch die Wahrheit und das Vertrauen in die Medien auf der Strecke geblieben.
PS.: Apropos Medien: Man verfolge etwa auch heute, welch manipulative Überschriften manche Blätter über den ersten Tag des neuen Papstes formulieren. Man vergleiche damit das, was dieser wirklich konkret an tollen Dingen tut und sagt. Kein Mensch kann darin auch nur ein Promille an Absagen zu den konservativen Werten und Positionen der zweitausendjährigen Kirche erkennen. Wieder einmal ist das Gegenteil wahr. Wer anderes zu sehen vermeint, sollte wegen Halluzinationen einen Arzt aufsuchen.
Mehr als maßgeschneidert ist der Neuzugang bei Stronachs Partei. Ein Zufall wie ein Totozwölfer.
Die neue parlamentarische Gruppierung hat eine Frau benötigt, da die einzige Frau im Klub auf Landesebene wechselt. Und die Gruppierung hat unbedingt einen Zugang vom BZÖ benötigt, da sonst der geldbringende parlamentarische Klubstatus wieder gefährdet wäre. Also war es – selbstverständlich ganz zufällig – eine Frau aus dem BZÖ, die zu dem betagten Kanadier wechselt. Ein solcher maßgeschneiderter Zufall ist geradezu traumhaft. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass wiederum ausgerechnet jemand aus der in den letzten Zuckungen liegenden Minipartei und da wiederum ausgerechnet eine von nur zwei dort sitzenden Frauen zu Stronach wechselt, ist mit einem Totozwölfer vergleichbar. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Wenn also die Wechslerin wie behauptet wirklich ganz spontan von sich aus über Nacht von der Sehnsucht nach Stronach und dem Erstaunen über BZÖ-interne Intrigen gepackt worden ist. Warum nur ist in der letzten Stunde das Image der Politik wieder ein paar Stufen abgesunken?
Stadt Wien | 2010 | 2011 | 2012 |
Einnahmen Wasserversorgung |
165,7 |
183,1 |
231,6 |
davon: Wassergebühren |
144,7 |
145,6 |
182,0 |
Ausgaben Wasserversorgung |
121,3 |
125,0 |
146,3 |
davon: Pensionen |
5,5 |
5,5 |
5,8 |
davon: Personal |
27,6 |
28,1 |
29,4 |
Saldo |
44,5 |
58,1 |
85,3 |
Quelle: pro Marktwirtschaft
Die Voest, Österreichs Vorzeigebetrieb, investiert um eine halbe Milliarde Euro und schafft dadurch neue Arbeitsplätze. Super. Wunderbar.
Kleine Einschränkung: Die Voest macht diese riesige Investition in den USA, nicht in Europa oder Österreich. Und zwar vor allem aus einem Grund: Weil dort die Energie viel billiger ist. Nach Angaben des Voest-Chefs Eder kostet das eingesetzte Erdgas dort nur ein Viertel des europäischen Preises.
Vor ein paar Wochen meldete die Energieagentur noch, dass Gas in den USA ein Drittel vom hiesigen Preis koste. Das zeigt, dass die amerikanischen Gaspreise für gute Kunden in fast freiem Fall sind. Aus einem einzigen Grund: Die USA bauen seit zwei Jahren in großem Umfang Schiefergas und Schieferöl ab. Das hat sie plötzlich von einem Energieimport- zu einem Exportland gemacht.
Zwar ist der Schieferabbau vor allem eine Forderung der Republikaner gewesen, aber auch Barack Obama hat letztlich eingesehen, dass er sich letztlich diesem Abbau trotz ein paar der üblichen Bürgerinitiativen nicht entgegenstellen sollte. Von der dank Ölschiefer billigen Energie wird nämlich skurrilerweise vor allem er und nicht die Republikaner politisch profitieren. Denn dieser Energieboom löst einen gewaltigen Konjunkturschub für die USA aus, sodass auch deren verantwortungslose Budget- und Notenbankpolitik der USA solcherart kompensiert werden kann.
Ein Boom nützt vor allem der amtierenden Partei. Man kann zwar Krisen nicht durch das ständige Drucken von Banknoten wegzaubern, wie es Obama, EZB, Fed und viele andere glauben. Mit billiger Energie kann man das sehr wohl! Die ist freilich etwas ganz anderes als volkswirtschaftlich total unrentable Solaranlagen, die jetzt gerade vor allem Deutschland in eine neue Katastrophe treiben, nachdem sie das im „Solarvorzeigeland“ Spanien schon getan haben.
Energie wirkt, da kann Obama noch so viel Blödsinn sagen. Wie etwa den Satz: „Es ist nicht mein Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt nur um seiner selbst willen zu erreichen.“ Solche Sätze sind Ökonomie auf dem Niveau Faymann.
Jedoch sind im Gegensatz zu Österreich in den USA die zwei wichtigsten Hebel zu einem neuen Aufschwung gestellt worden: Die dortigen Republikaner haben durch das Durchsetzen der neuen Energiepolitik und durch das seit einigen Wochen geltende absolute Verbot von weiterem Schuldenmachen zwei sensationelle und dem ganzen Land nutzende Erfolge erzielt (Ja, das Schuldenverbot ist toll, auch wenn fast alle Journalisten in ihrer Schuldensucht dagegen gehetzt haben und wenn nun viele Gutmenschen ihr Geld durch Arbeit und nicht mehr Jammern verdienen müssen).
In Österreich geht’s in die Gegenrichtung. Da verlangen etwa alle Parteien nach neuen Steuern (aktuell gerade nach der alle Sparer noch weiter belastenden Finanztransaktionssteuer, obwohl die Sparer neben den Steuerzahlern schon bisher die wahren Opfer der Krise waren). Und da haben alle Parteien zugestimmt, dass in Österreich Schiefergas nicht abgebaut werden darf. Sie haben so hohe gesetzliche Hürden für dessen Abbau errichtet, dass dieser praktisch unmöglich ist.
Dabei liegt alleine unter dem Weinviertel soviel Gas, dass damit die Republik plötzlich autark werden könnte. Und die Voestalpine im Land gehalten. Aber die Parteien und die von Krone, ORF und Co verblödeten Menschen wollen das offenbar nicht! Denn schon wieder hat jemand mit Erfolg diffuse und unbegründete Angst ums Trinkwasser erzeugt. Je größer der Unsinn, umso wirksamer ist er – zumindest bis die Arbeitslosigkeit für eine Rückkehr der Vernunft sorgt. Aber dann sind wir schon lange zu Griechenland geworden.
Hauptschuld an der österreichischen Selbstbeschädigung (von der bis zu den Wahlen wohl nur in freien Blogs die Rede sein wird) sind vor allem die Grünen und die Arbeiterkammer. Die Grünen und ihre diversen NGO-Vorfeldorganisationen treiben mit ihrer ständigen Angstmacherei und Verbotssucht die anderen Parteien seit Jahren vor sich her. Und sie ruinieren dabei die Wirtschaft. Auch wenn sich dann die grüne Szene in ihrem Zickzack-Kurs von Unsinnsprojekten wie dem Brennertunnel oder den Biomasseprojekten teilweise wieder entfernt. Diese Projekte werden dann jedoch vom Trott der Regierungsparteien trotz ihrer Unsinnigkeit weiter betrieben.
Die Arbeiterkammer wiederum hätte eigentlich die Aufgabe, für all das zu kämpfen, was Arbeitsplätze schafft und erhält. Statt dessen verbrennt sie ihre Milliarden an Zwangsbeiträgen seit Jahren vor allem für Parteipropaganda im Dienst der SPÖ (wie etwa zuletzt durch eine „Studie“, welche im Zuge der Wiener Schwachsinnsbefragung die Dachbodenausbauten in privatisierten Bundeswohnungen verteufelt).
Vielen Dank auch für das alles!
PS.: Geht es den Lesern ebenso? Noch nie in meinem Leben bin jedenfalls ich auf so viel junge – oft auch hervorragend ausgebildete! – junge Leute getroffen, die seit Monaten keinen passenden Job mehr finden. Aber Regierung und inseratengefütterte Medien wollen das Problem bis zum Wahltag verschweigen. Obwohl soeben die Nationalbank die ohnedies trüben Konjunkturprognosen auch für Österreich weiter verschlechtert hat.
PPS.: Ähnlich unintelligent wie die Gasverteuerer ist der Betriebsrat des Telekom-Betreibers A1 aufgefallen. Er sagte wörtlich: "Zum einen ist der Markt in Österreich der am härtesten umkämpfte in Europa. Trotzdem ist das österreichische Preisniveau durchaus moderat." Solange unsere Gewerkschafter nicht begreifen, dass in diesem Satz "Deswegen" statt "Trotzdem" stehen müsste, ist eigentlich Hopfen und Malz verloren. Die Telekom-Branche ist ja wenigstens einer von ganz wenigen Märkten, wo Österreich noch billiger ist - dank der Privatisierung und des Wettbewerbs!
PPPS.: Es sind aber nicht nur AK und Grüne, die Österreich ruinieren. Es ist etwa auch die Landwirtschaftskammer. Sie blockiert ein großes Glashausprojekt, das in der Steiermark 200 Arbeitsplätze schaffen würde. Das Argument: Familienbetriebe würden unter starken Kostendruck gebracht. Mit diesem Argument ist bekanntlich schon gegen die Einführung von Traktoren, Supermärkten und Tankstellen gekämpft worden. Ist doch früher Benzin in Drogerien verkauft worden . . .
Eigentlich hätte die Politik der Europäischen Zentralbank und der Euro-Staaten in den letzten zweieinhalb Jahren den Kurs des Euro hinuntertreiben müssen. Eigentlich gehen Anleger nicht gerne in eine Währung, wo die Zinsen fast extrem gering sind, und wo die Schulden raketenartig steigen. Eigentlich hätte ein solcherart ausgelöster Währungsverfall Griechen, Spaniern, Franzosen und vielen anderen helfen müssen, endlich wieder annähernd so viel zu exportieren, wie sie importieren.
Nur: Wo sollen Pensionsfonds, Anleger, Versicherungsgesellschaften denn sonst ihr Geld anlegen, wenn auch alle anderen großen Währungen unbegrenzt nachgedruckt und damit entwertet werden? In Japan, Großbritannien oder den USA ist das nämlich ebenso der Fall. Niedrige Zinsen allüberall. Da ist Europa, wo wenigstens noch Deutschland als stark gilt, noch ein akzeptabler Ankerplatz. Dadurch ist der Euro stark geblieben. Damit aber hilft auch die Niedrigzinspolitik der EZB den armen Südeuropäern nichts.
Nur eine Zahl, die zeigt, dass andere Währungsregionen mindestens genauso gemieden werden: Alleine im Vorjahr haben 60 große US-Firmen 127 Milliarden Euro im Ausland deponiert, statt sie ins Land fließen zu lassen. Das hängt mit Steuern ebenso wie mit der Währungspolitik zusammen.
Ein Kursverfall des Euro hätte die darbenden Länder des Südens mit Sicherheit wieder wettbewerbsfähiger gemacht. Ohne Kursverfall kommen sie aber noch viel schwerer aus der Krise heraus. Kein Wunder, dass das Münchner ifo-Institut die europäischen Rettungsversuche als "stümperhaft" abstempelt. Und immer wieder muss man festhalten, dass die Südländer die Krise mit einer eigenen Währung nie in diesem Ausmaß erlitten hätten.
Wechseln wir zum nächsten peinlichen Fehler: Schockierend falsch sind auch die europäischen Initiativen gegen die hohen Manager-Bezüge. Zwar ist deren Höhe für Normalsterbliche provozierend und unverständlich. Aber gerade aus jenen Betrieben, wo es diese hohen Bezüge gibt, hört man interessanterweise keine Proteste.
Denn die Aktionäre und Mitarbeiter wissen – oder sind zumindest davon überzeugt –, dass gute Spitzenmänner ganze Unternehmen retten können. Aktionäre und Mitarbeiter haben auch gesehen, dass in manchen globalen Konzernen in schlechten Jahren wie 2009 die Vorstandsmitglieder sogar ein Minuseinkommen hinzunehmen hatten (weil die Aktien, die sie als Boni erhalten hatten, und die in klugen Unternehmen meist erst viele Jahre später verkauft werden dürfen, dramatisch an Wert verloren haben).
Die meisten Europäer wissen das aber nicht. Denn die Medien schreiben ja nur über sehr hohe Manager-Gagen, nie über negative. Daher ist diese Anti-Managerbezüge-Kampagne auch sehr populär.
Die Kampagne und die diesbezüglichen Aktionen populistischer Abgeordneter wie Othmar Karas sind auch deshalb falsch, ja eigentlich skandalös, weil nur gegen die Bezüge der Manager, nicht aber gegen die oft noch höheren von Spitzensportlern und Promikünstlern vorgegangen wird. Denen will interessanterweise niemand an die Gage. Dabei sind ja auch Sportler-Verträge fast immer Bonus-orientiert, also erfolgsabhängig.
Es darf aber eigentlich nicht wahr sein, dass gegen jemanden, der tausende Arbeitsplätze rettet, von Politik und Medien hemmungslos gehetzt wird, dass aber niemand etwas über Fußballer sagt, die Riesenbeträge nur deshalb bekommen, weil sie ein paar Tore mehr schießen.
Hinter dieser Diskrepanz steht auch eine merkwürdige mediale Tatsache: Während Wirtschafts-Journalisten den Objekten ihrer Berichterstattung eher kritisch gegenüberstehen, fühlen sich Sport- und Kultur-Journalisten grundsätzlich als Sympathisanten der jeweiligen Szene. So werden von den Sportjournalisten weder die exorbitanten Gehälter kritisiert, noch werden beispielsweise die bisweiligen Antidoping-Initiativen geschätzt. Statt dessen verlangen sämtliche Sport- und Kulturredaktionen regelmäßig nach mehr Subventionen für ihre Schützlinge. Diese Journalisten glauben offenbar, dass sie durch ihre unkritische Haltung dem Sport beziehungsweise der Kultur helfen (und damit sich selber). Und die Politik tut ja fast immer ohnehin nur das, was die Medien wollen.
Manager sind derzeit jedenfalls Freiwild. Daher nimmt die Politik auch die schädlichen Folgen ihres Versuchs in Kauf, die Gehälter bei privatwirtschaftlichen Unternehmen zu reduzieren. Eine Folge ist mit Sicherheit die derzeit rasch wachsende Schwierigkeit, Spitzenkräfte für die europäische Wirtschaft zu engagieren. Eine weitere Folge sind die Überlegungen großer europäischer Firmen, ihren Firmensitz aus Europa hinaus zu verlegen.
Diese Überlegungen werden noch durch die parallel laufenden Pläne von elf EU-Ländern bestärkt, den Aktienhandel zu besteuern. Denn das wird natürlich Aktien von Unternehmen dieser Länder – weit über die Kosten der Finanztransaktionssteuern hinaus! – massiv entwerten.
Besonders schlimm ist es in Österreich, wo über die europäische Finanztransaktionssteuer und die Gehaltslimitierungsaktionen hinaus der Standort bereits durch nationale Aktionen schwer beschädigt worden ist: Hier wurde schon am Beginn der Regierung Faymann die Kursgewinnsteuer eingeführt; hier wurde gleichzeitig eine Bankensteuer dekretiert. Das heißt im Grund: Die Wiener Regierung arbeitet an einer Vertreibung von Banken aus Österreich. Statt dass alle Alarmglocken läuten, weil etwa die Bank Austria aus den genannten Gründen schon ohne viel Aufsehen wichtige Abteilungen aus Wien abgezogen hat, oder weil die Börsenumsätze in Wien dramatisch zurückgegangen sind, werden diese unangenehmen Konsequenzen der eigenen Handlungen einfach totgeschwiegen. Das ist Politik nach dem Motto „Kopf in den Sand“.
Und wo bleibt das Positive aus Europa? Um nicht ganz in Depressionen zu verfallen, seien erste zaghafte positive Signale aus Griechenland gleich festgehalten (wahrscheinlich über Gebühr): Eines davon ist der Tourismus in dieses sonnige Land. Er meldet für heuer um 20 Prozent bessere Buchungen. Das bedeutet zwar de facto nur, dass 2013 das Absacken der letzten Jahre überwunden werden könnte. Aber immerhin fällt auf, dass vor allem deutsche und österreichische Touristen nach einem dramatischen Ausbleiben wieder stärker bereit sind, nach Griechenland zu fahren (während es etwa bei den Briten gar kein Minus gegeben hatte).
Hauptursache der Besserung dürfte sein, dass seit Monaten keine Bilder von antideutschen Demonstrationen und Leitartikeln in die Wohnzimmer dieser beiden Länder übertragen worden sind. Das hat die Aversion – oder auch Ängste – der Touristen aus deutschsprachigen Ländern gegenüber einem Griechenland-Urlaub deutlich abflauen lassen. Freilich: Streiks der radikalen Gewerkschaften gibt es in dem Land nach wie vor jede Menge. Das könnte auch heuer so manches geplante Urlaubsvergnügen heftig beeinträchtigen. Aber wenigstens muss man nicht Angst um sein Leben haben, wenn man deutsch spricht. Und die Nichtstreikenden sind ja durchaus nette Menschen.
Die zweite positive Entwicklung können besonders intensive Optimisten aus den BIP-Zahlen herauslesen: Das griechische Bruttoinlandsprodukt ist nur um 5,7 Prozent gesunken, und nicht, wie prophezeit um 6 und mehr Prozent.
Der dritte Frühlingsvorbote könnte – könnte! – in der nun doch etwas härteren Regierungspolitik Athens bestehen. Die soeben wiederholten Beteuerungen des griechischen Finanzministers, dass eh alle Schulden zurückgezahlt würden, stoßen zwar auf mehr als natürliche Skepsis. Auch den Meldungen über angeblich härtere Steuerfahndungen durch die griechische Finanz will niemand mehr trauen. Denn ein neuer (interner) Bericht von EU und IWF sieht die Finanzämter des Landes nach wie vor als weder fähig noch willens, wirklich die geschätzten Steuern von rund 55 Milliarden einzutreiben. Es gebe sogar 130 griechische Steuerfahnder, die selbst Geld illegal ins Ausland geschafft haben!
Aber immerhin gibt es zum ersten Mal saftige Strafen für einige Korruptionisten. Sie wurden verhängt, nicht nur angedroht. Und immerhin gibt es in Griechenland in den letzten Monaten zum ersten Mal seit vielen Jahren einen Primärüberschuss. Das bedeutet: Griechenland nimmt derzeit mehr Steuern ein, als der Staat an Geld ausgibt – sofern man alle Ausgaben für Zins- und Rückzahlungen außer Acht lässt. In den letzten Jahren hat es hingegen immer auch ein massives Primärdefizit gegeben.
Bei aller Skepsis soll man daher die Hoffnung nicht ganz fahren lassen, dass sich irgendwann für die Griechen doch die vielen dürren Jahre gelohnt haben werden. Auch wenn die Hoffnung noch immer winzig klein ist.
Und auch in Spanien kann man bei verzweifelter Suche einen positiven Indikator vermelden: Die Lohnkosten pro Arbeitsstunde haben sich in einem Jahr um 3,1 Prozent reduziert. Ebenfalls ein winziger Schritt hin zu wieder mehr Wettbewerbsfähigkeit.
Dennoch bleibt Tatsache, dass Griechen, Spanier & Co sich und uns diese dürren Jahre erspart hätten, wenn sie nie in den Euro-Raum gegangen, beziehungsweise gelassen worden wären. Es wäre übrigens auch noch immer besser gewesen, wenn man die Griechen (und in der Folge andere Länder) schon im Mai 2010 zu finanzieller Eigenverantwortung gezwungen hätte, statt sie damals und seither immer wieder zu „retten“. Die Eigenverantwortung ist ja auch Teil der europäischen Verträge.
Dass in Südeuropa Realität und politische Rhetorik noch immer weit auseinanderklaffen, beweist auch eine neue Untersuchung der deutschen Notenbank. Sie zeigt, dass die privaten Vermögen in manchen Krisenstaaten die von Ländern mit stabilen Finanzen übersteigen! Alleine in diesem Umstand steckt so viel Sprengkraft, dass man sich mehr als schwer tut, die wenigen positiven Entwicklungen sehr ernst zu nehmen. Aber nach den schweren Fehlern der europäischen Politik bleibt uns ohnedies keine Alternative mehr, als uns an diese paar Strohhalme zu klammern.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die sogenannte Volksbefragung hat mit der Ablehnung der Olympiabeteiligung eine ziemliche Ohrfeige für die Stadtbürokraten und die diesbezüglich engagierten Boulevard-Zeitungen gebracht. Das ist erfreulich. Insgesamt ist das Ergebnis aber eine Katastrophe; insgesamt haben sich die Wiener Bürger massiv selbst geschädigt. Das ist in der Demokratie freilich so zur Kenntnis zu nehmen.
Es ist vor allem zur Kenntnis zu nehmen, dass 87 Prozent der Bürger (nach dem vorliegenden Zwischenstand) dafür sind, dass die Gemeinde Wien über 80 Millionen Euro durch erhöhte Wasserpreise für sich kassieren kann. Jährlich. Das Geld kann also weiterhin ausgegeben werden für Bestechungsinserate, für Subventionen an parteinahe Vereine, für Brot und Spiele auf Donauinsel oder Ratshausplatz, für Luxusgehälter der Rathausbeamten, die ja weit über denen der Bundesbeamten liegen. Die Wiener zahlen offenbar gerne. Oder sie sind zu blöd, um den Zusammenhang zu begreifen.
Was noch deprimierender ist: Außer dem Tagebuch und zwei Ökonomen bei einer Pressekonferenz hat niemand in diesen Wochen auch nur versucht, die Stimme gegen diesen Wahnsinn zu erheben. Keine der Oppositionsparteien im Rathaus und auch keine der nicht im Rathaus sitzenden Kleinparteien hat gewagt, eine Stimmempfehlung zu geben. Da ist es jetzt allzu billig, über die Olympiaschlappe zu höhnen. Statt dessen hätten sie mutig der Gehirnwäsche der kleinformatigen Rathausmedien mit der Kronenzeitung an der Spitze entgegentreten müssen. Auch bei schlechten Gewinnchancen.
Müssen wir Wiener es wirklich hinnehmen, dass die Demokratie in dieser Stadt endgültig kaputt ist, dass niemand mehr die Wahrheit zu sagen wagt? Viele kennen sie zwar, aber sie bleiben lieber schmähstad, weil sie faul und feige sind, weil man ja am Schluss eh immer gegen die Krone verlieren wird. Finde ich denn wirklich keine Partei mehr, die ohne Rücksicht darauf, ob sie damit gewinnen kann, einfach für Wahrheit eintritt?
Die zwei tapferen Ökonomen Brezinschek und Uhl, die da mit Fakten gegen den Verstaatlichungs-Unsinn antraten, mussten den paar gekommenen Journalisten im Hinterzimmer eines Kaffeehauses sogar aus eigener Tasche den Kaffee zahlen. Nicht nur die Parteien, sondern auch Kammern, Industriellenvereinigung, Wirtschaftsbund schwiegen total. Offenbar aus lauter Opportunismus.
Dabei zeigen die nüchternen Fakten der Ökonomen glasklar, wie teuer die Wiener ein Verzicht auf Privatisierung von Wasser, Müllabfuhr oder Spitälern kommt: Sind doch seit 2001 international die Preise von öffentlichen Dienstleistungen um zehn Prozent teurer geworden als die Verbraucherpreise.
Auch die Privatspitäler können nachweisen, dass sie um 15 bis 20 Prozent billiger sind als Gemeindespitäler – selbst wenn man das AKH beiseite lässt, in dem angeblich teure Forschung betrieben wird (die ja Ärzte in Privatspitälern auch ein wenig betreiben). Dementsprechend zahlen ja die Krankenversicherungen Privatspitälern für ein und dieselbe Behandlung – von der Blinddarm-Operation auf- und abwärts – deutlich weniger als öffentlichen Spitälern. Obwohl sich die meisten Patienten in Privatspitälern besser betreut fühlen. Mit anderen Worten: Ohne Privatspitäler müssten wir weit höhere Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Gekaufte Medien, viertelintelligente Kommunalschreiber (was man diesen aber angesichts des Niveaus ihrer ständigen Gesprächspartner nicht allzu groß zum Vorwurf machen sollte), furchtsame Oppositionsparteien, das Fehlen einer unabhängigen Bürgergesellschaft, das Fehlen unabhängiger Think tanks: Unter diesen Rahmenbedingungen kann Demokratie nicht mehr funktionieren. Und zunehmend kommt das Gefühl hoch, dass die jüngste Umfrage mit dem schallenden Ruf nach dem starken Mann vielleicht wirklich recht hat. Und wir müssen offenbar wieder einmal die Erfahrung wiederholen, dass ein solcher scheinbar starker Mann (ob Dörfler, ob Häupl, ob Pröll) schon gar nicht funktioniert.
Vom Wifo bis zum IHS gilt nicht mehr die Suche nach Fakten und Wahrheit als oberste und einzige Prämisse von Forschern, sondern das miese Prinzip: Wer zahlt schafft an – und zahlen können eben nur noch politische Machtträger (unter Verwendung unserer Steuergelder und Kammerbeiträge). Die Wirtschaft als in Deutschland oder den USA noch funktionierendes Gegengewicht zur politischen Macht hat sich mit Sozialopportunisten wie Leitl und Kapsch als Exponenten schon längst selbst kastriert. Wenn die Industriellenvereinigung zum Propagandisten der ÖBB geworden ist, braucht man eigentlich nicht mehr lange über diese Vereine nachzusinnen.
PS.: Ach ja, auch nach dem Parkpickerl wurde gefragt. Da aber das eigentlich relevante Thema nicht gefragt wurde, und da die Fragestellung so wirr ist, dass es selbst bei Rotgrün keine einheitliche Interpretation der Bedeutung dieser Frage gegeben hat, ist natürlich auch jede Interpretation des Ergebnisses sinnlos. Wer Nonsens zu interpretieren versucht, kann letztlich nur weiter Nonsens produzieren.
Weil im März 1938 einzig und allein die katholischen Konservativen Österreichs die letzte Bastion gegen Hitler gebildet haben, wird beim 75-jährigen Gedenken von rechts außen und links außen wieder einmal heftig an der Geschichte herummanipuliert. Und Scheinthemen werden ganz zufällig gerade rechtzeitig in den Vordergrund gerückt, um von der eigenen damaligen Rolle abzulenken.
Ja, auch die Linke tut das. Denn bei der Mehrheit der damaligen Sozialdemokraten war der Hass auf den Ständestaat und auf den Klassenfeind leider deutlich größer als die Aversion gegen die Nazis, gegen die nationalen Sozialisten, mit denen man sich seit 1934 bisweilen sogar verbündet gefühlt hat. Aber darüber redet man heute naturgemäß nicht gerne.
Freilich sollte man keinesfalls verallgemeinern. Klügere Sozialdemokraten wollten durchaus gemeinsam mit den verhassten Schwarzen gegen die viel größere Gefahr aus dem „Reich“ kämpfen. Heroisches Musterbeispiel war Franz Olah, der einzige Österreicher, der sowohl vom Ständestaat, von den Nazis und dann den Sozialisten in ein Gefängnis geworfen worden war. Der nach den Nazis aber in seiner Weisheit und Anständigkeit vor allem die Kommunisten als größte Bedrohung erkannt hat und der bereit war, sowohl Schwarze wie ehemalige Braune als Menschen zu akzeptieren.
Links außen wie rechts außen behaupten hingegen in erstaunlicher Einigkeit, dass alle oder jedenfalls eine große Mehrheit der Österreicher Hitler zugejubelt hatten. Wofür es freilich keinerlei Beweise gibt. Ein Gegenbeweis ist etwa die Tatsache, dass der Hauptgrund für den deutschen Einmarsch ja genau die von Schuschnigg geplante Volksabstimmung über die Selbstständigkeit Österreichs gewesen ist. Um ihre schmähliche Rolle damals und seither zu übertünchen, plappern Rechts- und Linksradikale davon, dass die Opferthese widerlegt worden sei. Was wirklich nur ein unhistorisches Geplapper auf beiden Seiten ist, auch wenn viele – viel zu viele – Österreicher schon vorher und erst recht nachher in Hitlers Lager gestanden sind.
Aber Opfer gab es sehr wohl, und zwar jede Menge. Das waren die zahllosen jüdischen und nicht jüdischen Gegner der Nazis, die umgebracht wurden, die ins KZ geschleppt wurden, die fliehen mussten, die wie meine Eltern ihren Job verloren. Oder die sich verzweifelt daheim einschlossen, weil sie spürten, was auf Österreich zukam. Und Opfer waren Regierung und Republik, deren verzweifelte Hilferufe bis zur letzten Stunde von aller Welt ignoriert wurden. Bis auf Mexiko. Was nicht viel half.
Für das Ausland wie die rechten Helfershelfer Hitlers und die aus Hass gegen Schuschnigg tatenlos dabei gestandenen Linken ist es natürlich wunderbar, wenn sie und ihre geistigen Nachfahren nun so tun können, also ob alle Österreicher Täter gewesen wären. Dadurch lösen sich ihre eigenen damaligen Fehler und ihre Mittäterrolle ins Nichts auf.
Bei all den Gedenkreden und -artikeln dieser Tage lässt sich noch an einem anderen Detail die Manipulationsabsicht nachweisen: Es ist zwar voll legitim, kritisch auf den „Heil Hitler“-Pro-Anschluss-Aufruf des Wiener Erzbischofs Innitzer einzugehen. Das wird aber zur skandalösen Manipulation, wenn dabei dreierlei unterdrückt wird: Erstens, dass sich auch ein Karl Renner ganz freiwillig öffentlich (und zum Unterschied von Innitzer ohne das Motiv, die eigenen Gläubigen schützen zu wollen) zum Anschluss bekannt hatte. Zweitens, dass derselbe Innitzer dann noch im gleichen Jahr im Zentrum der größten und einzigen Anti-Hitler-Demonstration Österreichs gestanden war. Und dass drittens am lautesten von allen die evangelische Kirche Österreichs in Hitler den Befreier vom katholischen Joch emphatisch bejubelt hat (ja genau die, die heute so besonders auf links tut).
Aber da der März 1938 eben für viele Linke eigentlich ein unerquickliches Datum ist, wurde nun raffiniert ein anderes Thema hochgespielt. Und zwar haben das vor allem die Grünen getan, die ja im Grunde immer die besseren Sozialisten sein wollen. Sie haben neuerdings die Wiener Philharmoniker voll ins Visier genommen. Und der ORF spielt, wie bei jeder grünen Kampagne, begeistert mit.
Selbstverständlich waren 1938 auch die Philharmoniker total von den Nazis übernommen worden. So wie es eben bei jeder größeren wie kleineren Institution des Landes passiert ist. Es ist geradezu widerlich und lächerlich, jedes Mal groß auf erstaunt zu machen: Was, auch die Philharmonikers sind total eingebräunt worden? Auch dort sind sofort die Juden und Andersdenkende hinausgeworfen worden? Auch dort wurde groß auf Hitler-Jubel gemacht? Nein, das überrascht uns aber wirklich. Das muss jetzt groß aufgearbeitet werden.
Und vor allem: Dazu müssen die heutigen Philharmoniker – die natürlich weder mit den Tätern noch den Opfern jenes Jahres irgendwie ident sind – aber nun wirklich kräftig in die Kasse greifen. Dazu müssen ein paar – natürlich stramm linke – Historiker den nächsten dicken Forschungsauftrag bekommen.
Dieses Businessmodell lässt sich wohl ewig fortsetzen. Man denke nur alleine an die Eisenbahn. Jede Strecke, jeder Bahnhof muss noch ordentlich zahlen, damit von den sonst vielleicht arbeitslosen Historikern noch die ja bisher völlig unbekannte Tatsache aufgearbeitet werden kann, dass über diese Strecke, durch diesen Bahnhof die Züge ins KZ und an die Front gerollt sind. Und wie ist es mit den Postämtern? Mit jedem einzelnen Fußballverein? Jedem einzelnen Dorf? Haben die schon alle an die grünen Historiker gezahlt? Und irgendwann werden auch die paar hitlerschen Autobahn-Meter entdeckt und von empörten Historikern aufgegraben werden. Vermutlich auf Kosten der Asfinag.
Aber zurück zu den Philharmonikern: Da wird jetzt zwar auf grüne Anordnung jede einzelne Biographie, jedes einzelne Notenblatt, jeder einzelne Gastdirigent, jedes Instrument erforscht werden. Aber das einzige wirklich große und bekannte Überbleibsel aus der Nazi-Zeit bleibt überall unerwähnt: Das ist das Neujahrskonzert, das in jener Zeit mit durchaus politischer Intention erfunden worden ist. Das aber wird verschwiegen.
Dieses Neujahrskonzert ist noch von jedem Bundespräsidenten seither stolz als staatsmännischer Schauplatz verwendet worden. Es ist nicht nur für das Orchester, sondern auch für den ORF die große Cash-Cow. Dazu herrscht aber das peinliche Schweigen. Verlogener geht’s nimmer.
Bleiben nur noch zwei Fragen. Erstens: Kann man noch einmal einen Dirigenten, einen Musiker, eine Aufnahme auch aus jener Zeit für gut finden, ohne gleich als Wiederbetätiger entlarvt zu werden? Kann einem ohne schlechtes Gewissen noch Musik gefallen, die auch die Nazis gespielt haben?
Und zweitens: Sind wir wirklich schon so verblödet, wie es scheint? Da wird jedes winzige Detail aus jener Zeit mit großer Inbrunst zum Inbegriff des größten Verbrechens aller Zeiten erklärt. Da scheren wir uns aber überhaupt nicht darum, wo es heute, nicht vor 75 Jahren, neue Ansätze zum Totalitarismus gibt, zur Intoleranz gegen Andersdenkende, zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, zur Treibjagd gegen Missliebige, zur Verlogenheit, zur Kriegshetzerei. Begreifen wir nicht, dass das große Verbrechen beim nächsten Mal wahrscheinlich nicht genau die gleichen Uniformen wie damals anhaben wird, aber genauso gefährlich werden könnte?
Beppe Grillo galt zuletzt für viele Italiener als das ideale Gegenmodell zu einer scheinbar total korrumpierten politischen Klasse. Und jetzt das!
Nach sehr fundiert klingenden Recherchen eines italienischen Magazins geht es um dreizehn im mittelamerikanischen Costa Rica registrierte Gesellschaften. Diese sind Investitionen und Immobiliengeschäften gewidmet und haben folgende Geschäftsführer: Walter Vezzoli, seit zehn Jahren die rechte Hand Beppe Grillos, und Nadereh Tadijk, die Schwägerin von Beppe Grillo. Dritter im Bunde ist Enrico Cungi, ein in Costa Rica lebender Italiener, der 1996 wegen Drogenhandels drei Monate Haft im römischen Gefängnis Rebibbia verbracht hatte. Seit seiner Freilassung lebt Cungi in Costa Rica; wo er italienischen Geschäftsleuten zu Deals im Steuerparadies verholfen haben soll. Wenn das auch nur annähernd stimmt, fragt sich der Miteuropäer: Sind nicht doch die langweiligen Politiker wie ein Mario Monti fast prinzipiell die weit bessere Wahl – auch wenn sie nicht so herrlich schimpfen können wie ein Grillo?
Für viele ist durch den Zusammenschluss von Neos und Liberalem Forum die letzte Hoffnung auf eine wirklich liberale Alternative zu den anderen Parteien gestorben.
Während man eine bloße Listen-Kooperation zwischen den beiden noch als unvermeidliche Wahlstrategie zweier Kleinstgruppen hinnehmen hätte können, so hat Neos-Obmann Matthias Strolz nun selbst die letzten Illusionen zerstört: Die Wahlprogramme von LIF und Neos seien „so gut wie deckungsgleich“, jubelte er. Ein paar Wochen zuvor hatte Strolz auch die Nähe vieler seiner Neos zu den Grünen klargemacht. Na dann, gute Reise. Von links nach links. Was das LIF bedeutet, haben wir ja schon bisher immer wieder sehen können: Desinteresse an wirtschaftlichen Fragen, Genderismus, Political Correctness, Antifa, pro-schwule und anti-christliche Positionen, kurz: linker Sozialdemokratismus ohne Gewerkschaft. Das Ganze wird nun auch noch durch einen fanatischen EU-Europäismus übertroffen. Wirklich Liberales wie das Recht auf Freiheit in allen Bereichen (von der Familie bis zur Meinung), das Recht auf Eigentum, weniger Staat, Deregulierung, Privatisierung und eine Betonung der Rechte kleiner Einheiten hat sich hingegen schon beim LIF nicht einmal in Spurenelementen gefunden.
Hunderttausende, ja Millionen neue Arbeitsplätze, tolle Exportchancen: Das bejubeln Ökonomen und Politiker auf drei Kontinenten. Für diese schöne neue Welt müsse man nur Freihandelszonen zwischen Europa und Japan, zwischen Europa und Amerika schaffen. Wer könnte da etwas dagegen haben?
Dass die Prognosen nie auf die Ziffer genau stimmen, ist egal. Aber dennoch besteht kein Zweifel: Für den Wohlstand, für die Arbeitsplätze, für die Konsumenten, für die Investoren sind Freihandelszonen exzellent. Je größer, desto besser.
Nüchterner Realismus lehrt freilich: Diese Projekte, wie sie etwa der US-Präsident unter großem Jubel angekündigt hat, werden wohl nie Wirklichkeit werden. Sie werden genausowenig zustandekommen, wie die überhaupt größte, nämlich eine globale Freihandelszone zustandegekommen ist. Diese wunderbaren Ideen scheitern immer an der Summe der vielen Einzelinteressen, die in den Globalisierungsgegnern (Attac & Co) ideologisierte Hilfstruppen haben. Und die sich hinter einer chinesischen Mauer an Zöllen, Regulierungen, nichttarifären Hindernissen, Sicherheitsvorschriften und Genehmigungspflichten verschanzen.
So sehr die Allgemeinheit von globalem Freihandel profitieren würde, so sehr würden Einzelinteressen leiden. Der Vorteil von Freihandel liegt eben immer darin, dass die Produktion von Waren oder Dienstleistungen dort erfolgt, wo es billiger, besser, effizienter ist. Das heißt aber auch logisch zwingend, dass es Anbieter gibt, die teurer, schlechter, weniger effizient sind. Die sind daher durch Freihandelszonen bedroht. Sie setzen aber erfahrungsgemäß ihre Interessen bei der Politik am besten durch.
Die Liste der Bremser ist lang. Das sind die regionalen Platzhirschen, die im Wettbewerb chancenlos werden. Das sind auch die Arbeitnehmervertreter, die sich zwar sonntags gerne als Vertreter der Konsumenten geben, die aber montags bis freitags die durch Konkurrenz bedrohten Jobs rabiat verteidigen, auch wenn dies Konsumenten und Steuerzahler teuer kommt. Nichts ist ja leichter, als einem Konkurrenten etwa unfaires „Sozialdumping“ vorzuwerfen, gegen das man (auf Kosten der Allgemeinheit) geschützt werden müsse.
Selbstverständlich werden auch die Landwirte aller Länder jeden Freihandel bis aufs letzte bekämpfen. Denn dort wäre ja ihr undurchdringlicher Filz an Subventionen und Marktabschottungen bedroht, in dem sie jetzt sehr gut leben. Dabei wird auch jede Menge grüner Paniken instrumentalisiert, etwa die vor Hormonen und Genen.
Aber auch viele Industriebranchen werden im Kampf gegen echten Freihandel die einseitigen Belastungen in Europa beklagen. Durch weltweit einmalige ökologische Auflagen; durch die Kosten der weltweit komfortabelsten Wohlfahrts-Hängematten; durch Energiepreise, die dreimal so hoch sind wie in Amerika.
Wären diese Bremser nicht so stark, dann hätten wir ja längst schon einen globalen Freihandel. Und bräuchten nicht bloß von einem nordatlantischen zu träumen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Malta hat seine Regierung abgewählt. Was hatte man sonst erwartet? Und der Inselstaat gleicht nicht nur diesbezüglich Kärnten.
Derzeit wird ja im EU-Raum jede Regierung abgewählt. Ganz besonders sicher ist diese Regel in allen südeuropäischen Schuldenländern. Daher auch in Malta (obwohl dieses so wie Frankreich, Italien und Spanien noch gar nicht um europäische Hilfe angesucht hat). Nichts liegt ja für eine Oppositionspartei näher, als zu versprechen, dass die unpopulären Sparnotwendigkeiten, also die Rechnungen für frühere Vergnügen, mit ihr geringer wären als unter der alten Regierung. Das ist natürlich immer eine Lüge, egal ob es um rechts oder links geht. Aber sie wirkt noch immer. Dies sieht man ja auch in Kärnten: Der neue SPÖ-Landeshauptmann will nun als erste Maßnahme die Rückforderung von Pflegekosten bei den Angehörigen abschaffen, also die Pflicht der Angehörigen, etwas zu den Betreuungskosten der eigenen Eltern beizutragen (obwohl diese in der Regel fünf Jahre davor Haus und Sparbücher an die Kinder übertragen haben). Kärnten hat‘s ja offenbar, und kann daher locker weitere Wohltaten unters Volk zu streuen. Dabei war dieser Regress eines der ganz wenigen Dinge, welche die dortigen Freiheitlichen bei ihren sonstigen Geldverbrennungsaktionen ausgelassen haben. Lehre: Es geht immer noch verschwenderischer . . .
Der Rücktritt des Papstes hat in manchen Zeitungen weniger Echo gefunden als der sogenannte Weltfrauentag, obwohl dieser einst nur in kommunistischen Ländern begangene Tag jedes Jahr stattfindet. So sehr wir auch rund um den Kalender von tausenden Tagen (des Brotes, des Wassers, der Weltraumfahrt usw.) zugemüllt werden, so ist doch dieser Weltfrauentag zum absoluten Spitzenreiter in Sachen Aggression und Unwahrheiten geworden. Um nicht zu sagen: bewusster Lüge. Aber Hunderte weibliche Jungjournalistinnen, meist mit keiner anderen Bildung als den Pseudostudien der Politologie und Publizistik versehen, dürfen sich bei diesem Thema ungehindert austoben. Offensichtlich ohne jede Qualitätskontrolle.
Da wurde man etwa wieder mit den ständig lauter werdenden Klagen der Frauenhäuser über männliche Gewalt konfrontiert. Es gibt aber keinerlei objektive Überprüfung der angeblich so großen Zahl der Anrufe, deretwegen diese Frauenhäuser nach immer mehr Steuergeld rufen.
Da wird auch nie dazu gesagt, wie viele der Gewaltfälle sich eigentlich im Migrantenmilieu abspielen. Es werden immer nur jene Zahlen veröffentlicht, die ins politisch gewünschte Bild passen. Selbst in den Berichten über ein neues Haus zum Schutz von zwangsverheirateten Frauen findet sich kein Wort über Islam oder Migranten. Obwohl sich dieses – grauenvolle und Handlungsbedarf hervorrufende – Phänomen wahrscheinlich zur Gänze nur in diesem Milieu abspielt.
Da wird auch nirgendwo objektiv untersucht, wie viele der sogenannten polizeilichen Wegweisungen auf falschen Behauptungen beruhen, um im Scheidungskrieg bessere Karten zu haben. Während erfreulich viele weibliche Scheidungsrichter (männliche sind da furchtsamer) dieses Spiel durchschauen, legt die Staatsanwaltschaft alle diesbezüglichen Strafanzeigen gegen die Behauptenden und ihre (meist juristischen) Anstifter routinemäßig ab, ohne irgendeine Recherche vorgenommen zu haben. Obwohl die Polizei allein auf Grund der Behauptung einer Gewaltanwendung Wegweisungen aussprechen muss und die Wahrheit der Behauptung gar nicht nachgeprüft hat. Obwohl Verleumdungen strafrechtliche Offizialdelikte sind. Freilich zeigt die StA nicht nur in diesem Zusammenhang einen Hang zur rechtsstaatsgefährdenden Untätigkeit.
Da präsentieren Gewerkschafterinnen sogar ein eigenes Buch (jede Wette: aus Steuermitteln gefördert), in dem die alte Lüge vom ungleichen Lohn für gleiche Arbeit wiederholt wird. Und selbstverständlich wird auch in diesem Buch nicht zugegeben, dass niemand "gleiche Arbeit" zu messen imstande ist. Ebenso wird verschwiegen, dass die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden auch bei sogenannter Vollerwerbstätigkeit zwischen den Geschlechtern signfikant unterschiedlich ist. Und noch eiserner wird verschwiegen, dass die Hauptschuld an der sich statistisch zeigenden ungleichen Bezahlung in Wahrheit beim Kollektivvertragspartner Gewerkschaft liegt. Denn die Kollektivverträge sind die letzte Wurzel aller Ungleichheiten, die noch bleiben, auch wenn die genannten Verzerrungen herausgerechnet würden: Erstens hat die Gewerkschaft bei Stahlarbeitern, in der Energiebranche oder in Druckereien, wo man überall fast nur Männer findet, weit höhere Löhne durchgesetzt als bei Friseuren, Kosmetikern und Fußpflegern, wo man fast nur Frauen findet (die zu ihrem eigenen Schaden meist jene Berufe wählen, wo eine Streikdrohung höchstens Gelächter, aber keine Lohnerhöhungen auslöst; das sind aber Berufe, die Frauen viel mehr Freude machen als Männern, weil sie dort mit Menschen und nicht mit Maschinen zu tun haben). Zweitens wirken sich die in vielen Berufen vorgeschriebenen Gehaltssprünge wie Biennien oder Quniquennien massiv frauenfeindlich aus. Das sind also alle Lohnerhöhungen, die nur auf Grund der bloßen Dienstzeit erfolgen und nicht etwa wegen zusätzlicher Qualifikationen oder höherer Verantwortung. Damit ist automatisch jede Frau benachteiligt, die im Interesse der Zukunft ihrer Kinder in die Babypause geht. Darauf weist zwar Österreichs führender Familienforscher, Wolfgang Mazal, immer wieder hin. Aber die Gewerkschaft denkt nicht daran, diese einzige echte Gerechtigkeitslücke zu schließen. Und die journalistischen Agiteurinnen denken nicht daran, sich mit all diesen Argumenten auch nur auseinanderzusetzen. Und schreiben lieber weiterhin fünfmal im Jahr dieselbe Lüge.
Da wird von den Feministinnen immer offener eine besonders infame Zielsetzung zugegeben: Sie wollen ganz bewusst Frauen zum lebenslänglichen Vollerwerb zwingen, so wie im einstigen Ostblock. Und wenn es (überhaupt noch) Babys gibt, soll deren Geburt die Erwerbszeit nur auf einige Monate unterbrechen. Das trifft sich zwar mit den Intentionen der nach den gut ausgebildeten Frauen gierenden Industriellenvereinigung. Das ist aber auch bei dieser eine Frontalattacke auf die individuelle Freiheit. Das sorgt für signifikant vernachlässigte Kinder. Das ist frauen- wie kinderfeindlich.
Da wird in der Berichterstattung prinzipiell alles ignoriert, was das große Desinteresse der meisten Frauen an Politik, Technik und Wirtschaft zeigt: Wie beispielsweise die Tatsache, dass nur fünf Prozent der österreichischen Bürgermeisterposten von Frauen besetzt werden, obwohl in fast allen Gemeinden verzweifelt nach Kandidaten für diese Aufgabe gesucht wird. Wie etwa die Tatsache, dass nur fünf Prozent der österreichischen Patente am Europäischen Patentamt von Frauen stammen.
Da traf ich diese Woche noch auf einer ganz anderen Ebene auf menschenverachtendes Verhalten der Feministinnen. Sie haben sich bei einer Diskussion, die ich zu moderieren hatte, so störend und aggressiv benommen, wie ich es bei ein paar hundert von mir moderierten Diskussionen bisher noch nie erlebt hatte. Egal um welches oft sehr umstrittene Thema es gegangen ist. Offenbar weil diesmal eine Männergruppe (Väter) Veranstalter war, störten sie durch ständige Zwischenrufe, Gelächter und ähnliche Aktionen. Dabei hatten die Störerinnen in der Diskussion völlig gleichberechtigte Möglichkeit, ihre Argumente vorzutragen, und waren auch am Podium vertreten. Das wird Andersdenkenden bei linken Podien ja fast nie gewährt. Die Taktik ist die gleiche, wie sie einst die verschiedensten totalitären Gruppen verwendet haben, zuletzt etwa die 68er Studenten. So wie diese einst ständig "Diktatur des Proletariats!" gelabert haben, so heißt es nun halt "Nieder mit dem Patriarchat!".
Da bleibt vielen Feministinnen, wenn sie in Diskussionen nirgendwo in Österreich eine echte Diskriminierung nachweisen konnten, nur noch die Argumentation: "Wenn jetzt die Männer benachteiligt werden, ist das nur gerecht angesichts von 2000 Jahren Männerherrschaft." Diese Behauptung ist erstens falsch (wie es etwa auch die Machtforscherin, Coachin und Buchautorin Bauer-Jelinek brillant nachweist). Diese Argumentation ist zweitens auch unglaublich infam: Sie will neue Ungerechtigkeiten durch Verweis auf behauptete einstige Ungerechtigkeiten begründen.
Da hat zu diesem Frauentag ein bisher als recht vernünftig bekannter ÖVP-Abgeordneter die Chance wahrgenommen, sich durch Quotenforderungen in die Zeitungen zu bringen. Das kostet seiner Partei wieder einige M^^andate. Die Quotenforderung ist extrem dumm (wie das Tagebuch ja schon mehrfach begründet hat). Sie widerspricht auch einer klaren Festlegung der Justizministerin Karl, die man hierfür nach herbem Tadel in anderen Fragen auch einmal ordentlich loben muss, und seinem eigenen Partei- und Klubchef. Aber es ist ein alter Trick: Ein normaler Abgeordneter kommt nur dann in die Zeitung, wenn er etwas gegen seine eigene Partei(linie) sagt.
Da bringt sich auch die Salzburger ÖVP um die letzte Chance, wieder den Landeshauptmann zu erobern, indem sie eine Kandidatenliste mit politisch korrektem Reißverschlusssystem eines formalistischen Mann-Frau-Wechsels vorlegt, wie man es bisher nur von den Grünen gekannt hat. Das ist wieder ein neues Signal, dass nicht Qualifikation, sondern primär das Geschlecht, sekundär die bündische Zugehörigkeit und tertiär die regionale Herkunft zählen. Die Parteien erkennen nicht, wie sehr gerade solche Abstrusitäten das eigene Image beschädigen. Dabei geben selbst die linksliberalen und stark feministisch geprägten Neos zu, dass sie gewaltige Probleme haben, neben den vielen Männern auch irgendwelche Frauen zu finden, die Politiker werden wollen. Als positives Gegenbeispiel kann man auf die - weiblich geführte! - CDU verweisen, die jetzt auch in der Person der Ministerin Ursula von der Leyen deutlicher denn je sagt: dass sie die wirtschaftsschädliche Forderung einer EU-Kommissarin nach Zwangsquoten nicht unterstützen wird. In Wahlkampfzeiten entdeckt man halt plötzlich, dass die Menschen ganz anders denken als ein paar Feministinnen. Weil sie jetzt dieses Erkenntnis endlich wieder stärker realisiert, schneidet die CDU derzeit auch bei Umfragen fast von Woche zu Woche besser ab. Und dieSalzburger ÖVP schlechter.
Zum Schluss noch absolut Erfreuliches. Das war der Kommentar einer Journalistin in den Salzburger Nachrichten, die vehement dafür plädierte, sich mit den wirklichen Frauenproblemen zu befassen, die sich nicht in Österreich, sondern in der islamischen Welt oder in den skandalösen Zuständen in indischen Vorortebussen zeigen. Die Vorgänge im Islam werden ja von der sonstigen Journalistinnenschar weitgehend ignoriert: wie beispielsweise das soeben erfolgte Verbot einer Teilnahme von Frauen am Gaza-Marathon der UNO durch die Hamas-Palästinenser.
Mindestens ebenso exzellent war wieder einmal ein Kommentar der deutschen Bloggerin Birgit Kelle: Sie verteidigt nicht nur den deutschen Bundespräsidenten Gauck, der öffentlich und wörtlich den "Tugendfuror" kritisiert hat, welcher ob der Dirndl-Bemerkung des FDP-Politikers Brüderle durch Deutschland gebraust hat. Sie schreibt auch wörtlich: "Wie wäre es mal zur Abwechslung mit einem Weltfrauentag, an dem wir unser Frausein genießen? Ich finde es großartig, eine Frau zu sein."
Das findet wohl auch die Mehrheit der Frauen. Nur jene paar hundert Beamtinnen, Gleichheitsbeauftragtinnen und Politologinnen, die von der Ungleichheitslüge leben, können das natürlich überhaupt nicht so sehen. Sonst wären sie ja ihre aus Steuermitteln hochbezahlten Jobs los.
PS.: Wer sich noch weiter zu diesem Thema informieren will, sollte unbedingt die Bücher der prominenten englischen Sozialwissenschaftlerin und Geschlechterforscherin Catherine Hakim lesen. Sie zerlegt das vor allem von der EU und einigen unwissenschaftlich arbeitenden Politologinnen ausgehende Feminismus-Diktat bis ins letzte Argument. Leider sind ihre Bücher nur auf Englisch zu lesen. Unsere Verlage sind politisch korrekt und nicht an Wahrheit interessiert.
Gelten eigentlich Warnungen und Aufforderungen des Wiener Erzbischofs auch für diesen selber?
Die in Rom versammelten Kardinäle versprechen einander feierlich Schweigen. Und sie geben zugleich munter Interviews. Aber sei’s drum. Die Kirche ist halt auch nicht mehr das, was sie einmal war. Und ab Dienstag tritt dann ja doch endlich die zwangsweise Ruhe des Konklave ein.
Auch der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hat Interviews gegeben – und dabei durchaus Kluges wie Richtiges gesagt. Wie etwa den Gedanken: Das Christentum habe immer dann geblüht, wenn es sich nicht auf die politische Macht verlassen habe; weshalb Schönborn die Kirchen in den europäischen Ländern vor zu großer Staatsnähe warnte.
Nun wäre es eine allzu billige Generalisierung, jetzt kritisch nachzusinnen, ob sich nicht gerade der christlich-europäische Hochadel immer besonders staatsnahe positioniert hat. Aber etwas anderes muss man Schönborn schon sehr ernsthaft in Hinblick auf die Gegenwart fragen: Wie hält er es denn selber heutzutage mit der Staatsnähe?
Denn der Wiener Erzbischof ist seit Jahr und Tag bei jedem gemeinsamen Auftritt auf innigstem Kuschelkurs mit dem nicht gerade kirchennahen Wiener Bürgermeister zu sehen. Und nie hat man ein kritisches Wort Schönborns zu den radikalfeministischen, ständig Abtreibung und Schwulismus propagierenden Positionen von Michael Häupl und seinem Team gehört (allerjüngstes skurriles Beispiel für die letztgenannte Orientierung der Rathaus-SPÖ: Die Rathaus-Touristiker wollen Wien jetzt auch zum Haupt-Tourismuszentrum für Schwulen und Lesben machen). Mit mutigen Aussagen zu all diesen Themen mögen sich andere Kirchenfürsten bei Staat, Politikern und Medien unbeliebt machen, ein Schönborn tut das nicht. Der liebt als alter Diplomat die Staatsmacht und einen stets netten Umgang mit der Politik..
Noch problematischer verhält sich die Wiener Caritas: Sie propagiert ständig einen immer noch umfassenderen Wohlfahrts-STAAT. Individuelle Verantwortung, individuelle Nächstenliebe kommt hingegen in der neomarxistischen Denkwelt von Schönborns engsten Ratgebern nicht mehr vor. Die Caritas-Männer wollen ununterbrochen nur noch mehr Geld vom Staat. Und nie hat man gehört, dass Schönborn ihnen vielleicht einmal klargemacht hätte, was das lateinische Wort Caritas eigentlich auf deutsch heißt.
Oder sind die neuen verbalen Positionierungen Schönborns ohnedies nur Teil eines Wahlkampfs um die höchste Funktion der Kirche? In diesem Wahlkampf kommt halt bei den anderen Kardinälen die real existierende Staatsnähe des Wiener Kardinals nicht so gut an und daher muss man sie abbauen.
Jetzt wollen die Grünen eine Internetabgabe von vier Euro einführen. Pro Monat.
Die Grünen sind absolut eindrucksvoll, wie sie immer wieder sogar die – diesbezüglich durchaus kreative – Gewerkschaft mit neuen Steuerideen zu überflügeln verstehen. Ihre neueste Idee heißt „Breitbandabgabe“. Diese soll praktisch jeden treffen, der einen funktionierenden Internet-Anschluss hat, unabhängig davon, ob er jemals auch nur einen einzigen Film oder ein Musikstück legal oder illegal heruntergeladen hat. Präsentiert wurde die Idee vom sogenannten Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl. Und zugute kommen soll das Geld der in hohem Ausmaß grün-affinen oder sonstwie linken Kreativszene. Dabei wird diese ohnedies schon massiv mit Steuermitteln gefördert – und damit natürlich ganz zufällig in der richtigen Ideologie bestärkt. Man erinnere sich nur an den Bericht im Tagebuch über die Hunderttausenden Steuer-Euro für den linken Propagandisten Robert Menasse (der seit Erscheinen des Berichts schon wieder weiteres öffentliches Geld ganz jenseits des bösen Marktes kassiert hat – und auch jenseits der Wochenendbeilagen, wo er von ähnlich denkenden Redakteuren auch noch Geld für seine Pamphlete kassiert).
Mit fast 53 Prozent haben die Bürger die beabsichtigte Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele abgelehnt, obwohl sich die gesamte politische Elite des Landes für die Spiele eingesetzt hatte.
Leidet der Tagebuch-Autor schon an Halluzinationen? Die Ergebnisse der Wiener Volksbefragung können doch noch gar nicht vorliegen; die gibt es erst am kommenden Dienstag. Richtig. Aber diese Meldung stammt auch gar nicht aus Wien, sondern aus dem Schweizer Graubünden. Dort haben am vergangenen Wochenende 52,7 Prozent der Stimmbürger gegen die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 gestimmt. Es ist absolut unglaublich, dass mit einer sehr verspäteten Ausnahme, dem „Standard“, keine österreichische Zeitung darüber berichtet hat. Offenbar nehmen sie alle Rücksicht auf die Wiener Volksbefragung von Rotgrün. Offenbar haben die Stadtherrscher Angst, eine Information über die Ablehnung der Spiele durch die klugen Schweizer würde die vom Boulevard geschürte Stimmung ruinieren. Daher soll nicht einmal berichtet werden. Und die Medien wollen offenbar an der Hand nicht einmal knabbern, die einen füttert.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Norbert Darabos ist ein besonnener und kluger Politiker mit langjähriger Erfahrung. Der designiert SPÖ-Bundesgeschäftsführer und bis zu seinem Rücktritt in wenigen Tag längstdienender Verteidigungsminister in der EU entspricht nicht dem "glamourösen" Image, das von Politikern im Zeitalter von Facebook, Twitter & Co. abverlangt wird. Darabos ist ein stiller, konsequenter und genauer Arbeiter. Er weiß, woher er kommt und hat Ziele, die er trotz Gegenwind beharrlich umsetzt. Seine Diplomarbeit verfasste der Historiker über die kroatische Minderheit im Burgenland. Er kam darin zu Schlussfolgerungen, die den damals bestimmenden Kräften der SPÖ-Burgenland nicht unbedingt gelegen waren. Als Verteidigungsminister war Darabos ebenfalls Tabubrecher. Er ist der erste Zivildiener in diesem Amt. Allein diese Tatsache machte ihn verhasst bei der "alteingesessenen" Generalität. Gegen kaum einen Minister hat die Beamtenschaft so massiv ihre Mobbing-Strategien eingesetzt. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie der Geschichte, dass die mittlerweile überaus positive Haltung der Bevölkerung zum Zivildienst die Wehrpflicht bei der Volksbefragung Ende Jänner sozusagen "gerettet" hat. Bekanntlich eine herbe Niederlage für Darabos. Auf seiner Habenseite als Minister steht, dass er etliche Reformen im verkrusteten Heeressystem eingeleitet und mit dubiosen Erinnerungen an die NS-Zeit am Heldenplatz aufgeräumt hat. Unbestritten sind seine Erfolge als Parteimanager. So organisierte er erfolgreich für Hans Niessl den Wahlkampf im Burgenland um den Landeshauptmann, dann für Heinz Fischer den Bundespräsidentschaftswahlkampf. Er war hauptverantwortlich dafür, dass die SPÖ unter Alfred Gusenbauer 2008 die bleierne schwarz-blaue Zeit beenden konnte. Das alles wissen seine Mitbewerber im kommenden NR-Wahlkampf nur zu gut. Norbert Darabos ist nicht zu unterschätzen.
Andreas Unterberger
Der berühmte Elefant im Porzellanladen war ein Mäuschen gegen das Verhalten von Norbert Darabos als Chef jener Menschen, die für Österreich ihr Leben riskieren sollen. Das machte er auch körpersprachlich ständig klar. Ihm war seine Sekundärkompetenz, der Sport, viel lieber. Er verschonte bei den Sparpaketen ausgerechnet den Sport. Dabei ist es dem kleinen Steuerzahler in keiner Weise erklärbar, warum das Milliardenbusiness Spitzensport überhaupt gefördert wird. Das geschieht ja auch dort, wo der Spitzensport weder wirtschaftlich noch touristisch einen Nutzen bringt (während der Gesundheitssport ignoriert wird). Österreichs Misserfolge vom Fußball bis zu den Sommerspielen zeigen, dass Darabos unser Geld dabei auch ohne jeden Erfolg verschwendet hat. Im Bundesheer selbst sind die von ihm zu verantwortenden Peinlichkeiten fast unendlich. Sie gipfelten mit der Verweigerung einer Abschiedsfeier für den in Pension gehenden Generalstabschef. Davor gab es dessen gescheiterte Zwangspensionierung, die große SPÖ-Niederlage beim Wehrpflichtreferendum, die lächerliche Umkehr seiner Haltung zur Wehrpflicht auf Befehl des Wiener Parteichefs. Und last not least ist Darabos für sieben Jahre Heeres-Verfall verantwortlich. Und nun soll ausgerechnet dieser Mann den drohenden weiteren Abstieg der Sozialdemokratie bei den nächsten Wahlen noch verhindern. Das ist ziemlich bezeichnend für deren Zustand: Weil unter einem Parteisekretär Darabos einst die Nationalratswahl 2006 (wegen schwerer taktischer Fehler der ÖVP) gewonnen worden ist, hält ihn Faymann für den Magier, der die SPÖ noch retten kann. Mit Lösungsvorschlägen zur Beendigung der Schuldenkrise, zur Abwehr der anrollenden Pensionskatastrophe, für Leistung und Vielfalt in den Schulen, für ein Ende der Korruption und für alle anderen Probleme wird da eher nicht zu rechnen sein. Oder mit einer herzeigbaren Bilanz solcher Minister.
Silvio Berlusconi ist zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Wunderbar! Das verlangt nach noch mehr Rechtsstaat. Und zwar nicht nur dann, wenn einer Berlusconi heißt. Und nicht nur in Italien.
Das (noch nicht rechtskräftige) Urteil hat aus den vielen Vorwürfen gegen Berlusconi jenen aufgegriffen, der offenbar wirklich beweisbar ist: Es ist die Beihilfe zur Veröffentlichung abgehörter Telefonate. Noch interessanter ist, dass Berlusconis jüngerer Bruder, Paolo Berlusconi, gleichzeitig zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist. Der Expremier hat seinem Bruder ein abgehörtes Telefongespräch zur Veröffentlichung in der Zeitung „Il Giornale“ zugeschanzt, deren Herausgeber Paolo ist. Die beiden wollten damit einen anderen Politiker kompromittieren.
Ob da auch in Österreichs Justizministerium endlich, endlich irgendetwas klingelt? Sogar die chaotischen Italiener waren imstande, dieses Delikt der verbotenen Veröffentlichung durch ein Medium und die Rolle eines politisch motivierten Informanten nachzuweisen. Und konsequent zu bestrafen.
In Österreich hingegen findet das ständig statt. Ohne dass auch nur der Versuch unternommen wird, diesen Taten nachzugehen. So wie in der Causa Kampusch gehört da längst eine externe Untersuchungskommission beauftragt. Aber die Justizministerin präsentiert lieber irgendwelche läppischen Broschüren.
Da veranstaltet unfassbarerweise sogar der Dekan der Juridischen Fakultät eine Lesung mit geheimen Abhörprotokollen. Und nichts passiert. Da werden fast wöchentlich Staatsanwalts-Akten in übel beleumundeten Wochenmagazinen veröffentlicht (die laut der offiziellen Auflagenkontrolle im Vorjahr neuerlich ein Zehntel ihrer Käuferzahl verloren haben und wohl daher besonders hemmungslos geworden sind). Und nichts passiert. Da hat der „Standard“ vor kurzem aus einem Grasser-Akt ein strafrechtlich völlig irrelevantes, aber politisch sehr brisantes Schriftstück veröffentlicht. Und nichts passiert.
Hunderte Male sind in der verkommenen Justiz und den hemmungslosen Medien dieses Landes solche verbotenen Veröffentlichungen schon vorgekommen. Und nie ist etwas passiert. Die Antikorruptionsgesetze haben auch in diesem Punkt voll versagt. Denn sie befassen sich ja nur mit dem lächerlichen Problem von Blumensträußen und der Bezahlung von Kaffeerechnungen.
Da bleibt bloß noch die Frage offen, um wie viele Ränge sich Österreich beim nächsten Korruptionsindex wieder verschlechtert haben wird.
Sie hetzen unter Verschwendung vieler Steuermillionen gegen die Privatisierung und privatisieren dennoch zugleich selbst wie wild drauf los. Wo es ihnen passt und nützt. Verlogener geht’s nimmer.
Rot und Grün genieren sich nicht einmal, sogar am Höhepunkt der Propaganda gegen Privatisierungen ein Riesenstück der Stadt zu privatisieren. Offenbar können sie sich sicher sein, dass die von ORF, Krone und „Österreich“ verblödeten Menschen dennoch im Sinne von Rotgrün gegen die Privatisierung stimmen werden.
Im jüngsten Beispiel der linken Doppelzüngigkeit geht es um die Donau-Insel. Ein soeben neu gegründeter Verein (natürlich ganz bestimmt lauter ehrenwerte Leute ohne Nähe zur Partei) wird jetzt alle Konzerte auf der „Festwiese“ der Donauinsel exklusiv koordinieren und die „Rahmenbedingungen“ schaffen. Und er wird auch gleich mit 200.000 Euro Steuergeld gesegnet. Wie es in Wien ja zweifellos jeder Verein bekommt.
Diese Rathaus-Logik muss ein normaler Mensch erst lernen: Wenn Linke einen Verein gründen, ist das gut. Und da darf weiter privatisiert werden. So wie die Gemeinde – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen – mit den parteieigenen beziehungsweise -nahen Verlagen Echo und Bohmann weiterhin die windigsten Geschäfte machen darf. Wenn es hingegen andere Vereine oder Unternehmen sind, bricht plötzlich die Katastrophe eines ominösen Liberalismus aus.
Unverschämter und verlogener geht’s nimmer. Oder doch?
Es geht sehr wohl. Das Rathaus war sogar imstande, zwischen zwei unmittelbar hintereinander stehenden Sätzen einen absoluten Widerspruch zu formulieren.
Man schaue sich nur die Fragen 3 und 4 der sogenannten Volksbefragung an. In der Frage 3 heißt es: „Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?“ In der folgenden Frage 4 heißt es hingegen: „Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürger/innen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der Bürger/innen realisiert werden?“
Alle Juristen und Ökonomen sind sich freilich einig: Wenn sich Bürger an einem Kraftwerk beteiligen, dann ist dieses zur Gänze oder zum Teil privatisiert. Aber genau das (also die Privatisierung) soll laut Frage 3 verboten werden! Dabei will Frage 3 sogar ausdrücklich die Privatisierung eines Energie-Unternehmens verbieten!
Bisher habe ich ja geglaubt, nur der Bürgermeister ist die meiste Zeit berauscht. Aber ganz offensichtlich kennt der rot-grüne Machtrausch in Wien weit über die Person des Herrn Häupl hinaus überhaupt keine Grenzen der Unanständigkeit und Unlogik mehr.
Den Zustand der EU nicht als Satire zu beschreiben, wird immer schwieriger. Denn Europas Entscheidungsträger streiten wie Bauherren eines Gebäudes über Farbnuancen des Anstrichs, während schon die Konstruktion kollabiert.
So stritt man monatelang um die Höhe von Manager-Boni, als ob es überhaupt Aufgabe der EU wäre, private Entlohnungen zu regeln. Damit vertreibt man nur die besten Experten aus Europa. Das beklagt der Bürgermeister Londons – also aus Europas wichtigstem Finanzplatz – durchaus zu Recht. Damit haben die regulierungswütigen EU-Parlamentarier einen weiteren Schritt gesetzt, der die Briten aus der Union jagt.
Zugleich will die EU von Banken und Versicherungen ständig etwas anderes: Höhere Eigenkapital-Quoten, damit diese konkurssicher werden? Oder Kredite für Wirtschaft und Staatsfinanzierung? Oder mehr Geld für die Staaten durch Banken- und Finanztransaktionssteuern? Was sie halt nicht versteht: Jedes einzelne dieser Ziele kommt den anderen beiden total in die Quere.
Bei der Finanztransaktionssteuer ist das Chaos besonders schlimm. Täglich zeigt sich mehr, dass populistische Forderungen in der Praxis nicht funktionieren. Die EU will ja allen Ernstes, dass – beispielsweise – die Voest jedes Mal Abgaben zahlen muss, wenn etwa eine Singapur-Bank in New York Voest-Aktien kauft. Kein Mensch weiß, woher die Voest das überhaupt erfahren sollte. Kein Mensch weiß, welcher Ausländer so dumm sein soll, dann noch in eine Aktie aus diesen elf Transaktionssteuer-Ländern zu investieren. Kein Mensch weiß, wie man Aktiengesellschaften dann davon abhalten will, ihren Hauptsitz in ein anderes, steuerfreies Land zu verlegen. Das geht nämlich durchaus, ist nur mit etlichen Anwaltskosten verbunden (die darauf spezialisierten Kanzleien freuen sich schon).
Während sich die Eurokraten in solche Projekte versteigen, bricht in den Mitgliedsstaaten die noch immer entscheidende Basis weg: nämlich die Regierungsfähigkeit. Das schockierende italienische Wahlergebnis ist da nur die Spitze des Eisbergs. Aber auch Frankreich muss schon bald nach Beginn des Jahres zugeben, dass es seine der EU gegebenen Sparverpflichtungen auch 2013 nicht halten kann; amerikanische Firmenchefs machen sich nur noch lustig über die Arbeitsmoral in Frankreich, wo Arbeiter höchstens drei Stunden pro Tag arbeiten würden; und Gutverdiener verlassen der Reihe nach das Land. Anderen Schuldenstaaten wie Portugal und Irland wird schon ein Aufschub ihrer Rückzahlungspflichten versprochen. In Slowenien tritt der Premier unter Korruptionsvorwürfen und nach heftigen Demonstrationen zurück. In Rumänien blockieren einander Premier und Präsident. In Bulgarien gibt es überhaupt keine Regierung mehr, sondern nur noch abstruse Forderungen der Straße, die auch die Ideen eines Beppe Grillo weit übertreffen. Usw.
Kann diese Konstruktion noch aufrechterhalten werden? Kann sie ein neuer Außenanstrich zusammenhalten? Die Zweifel wachsen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Wunderbar: Ein Girokonto für jeden. Die EU-Kommission, Sozialminister Hundstorfer und die Grünen sind sich offenbar einig. Und die anderen Parteien werden bald folgen. Wer will denn schon als unsozial gelten.
In der Tat ist man heute von etlichen Vorgängen ausgeschlossen, wenn man kein Girokonto hat. Die EU will daher nun jedem Europäer sogar ein Grundrecht darauf einräumen.
Dabei ist schon die populistische Inflation von Grundrechten bedenklich: Damit werden nämlich die echten Grundrechte wie Meinungsfreiheit oder unabhängige Justiz zunehmend verwässert. Noch fragwürdiger ist, wer die EU-Kommission überhaupt beauftragt hat, sich nun auch um die Girokonten zu kümmern: Offenbar suchen die zahllosen linken Beamten, die den Brüsseler Apparat zunehmend unterwandert haben, ständig neue Felder für ihre Gesellschaftsveränderung.
Die größte Provokation ist aber der Wunsch der EU, dass die Konten für die neu Beglückten gratis sein sollten. Sie übersieht dabei ganz, dass keineswegs alle aus Armut kein Konto haben, sondern deshalb, weil etwa der Partner eh eines hat und man sich die Mühen und Gebühren sparen will. Auch brauchen weder Jugendliche noch Besachwalterte ein eigenes Konto.
Damit greift aber die EU durch einen scheinbar humanen Akt wieder einmal in unsere persönliche Taschen. Denn durch 30 Millionen neuer Konten (so viele sollen es laut EU sein) entstehen Hunderte Millionen Euro, wenn nicht Milliarden an Kosten. Und die müssen natürlich von uns allen getragen werden (auch wenn die EU über diesen Aspekt nobel schweigt). Als ob sich nicht jetzt schon jeder über die hohen Kontogebühren regelmäßig ärgert.
Damit wird den Hunderten schon vorhandener Umverteilungsmechanismen ein weiterer hinzugefügt. Von der ORF-Gebühr übers Telephon bis zu den Studiengebühren haben Gutmenschen einen längst undurchdringlichen Dschungel geschaffen, in denen ständig gewaltige Summen – weit über die offiziellen Daten hinaus – von den Leistungsträgern zu den Nichtleistenden umverteilt wird. Und die Gutmenschen werden in ihrer Gier niemals aufhören, immer weiterzumachen. Weil wir lassen uns ja alles gefallen. Und am Ende aus Zorn einen Grillo wählen.
Einer linken Partie wie der in Venezuela herrschenden ist kein Anlass zu peinlich, um eine Verschwörungstheorie in die Welt zu setzen, die bestimmt wieder von irgendwelchen Dummköpfen nachgeplappert wird.
Kaum ist Staatschef Chavez nach einem langen (und mit den üblichen Lügen begleiteten) Leiden gestorben, ist sofort ein Täter gefunden worden: Die Amerikaner hätten ihn absichtlich mit Krebs infiziert! Und das Volk glaubt es den Chavez-Erben offenbar auch – zumindest solange der Benzinpreis hoch ist, mit dessen Hilfe der venezolanische Linksfaschismus sein politisches und ökonomisches Abenteurertum finanzieren und die Menschen abfüttern kann . . .
Es wird wieder einmal ein österreichisches Begräbnis. Die nun plötzlich auch von der SPÖ versprochenen Informationspflichten der Verwaltung und Politik sind schon von ihrer Grundkonzeption her eine Farce. Und sie werden genauso wenig das versprochene Ziel erreichen wie viele Pseudoreformen dieser Regierung: Das Medientransparenzgesetz hat die Inseratenkorruption (insbesondere im Bereich der Gemeinde Wien) nicht beendet; die Schuldenabbau-Versprechungen werden niemals auch nur in die Nähe des angekündigten Nulldefizits führen; die Eurorettungsaktionen können nicht den Euro retten; die verwaschenen Schulschwänz-Gesetze werden das Schulschwänzen nicht reduzieren; die ORF-Reformgruppe des Medienstaatssekretärs bedeutet eine nahtlose Fortsetzung des täglichen ORF-Skandals; das sogenannte Demokratiepaket bringt nicht die dringend notwendige direkte Demokratie.
Das sind nur einige von vielen Beispielen, die zeigen, dass vor allem mit der SPÖ keinerlei sinnvolle Reformen möglich sind, sondern nur noch der gemeinsame Machterhalt von Rot und Schwarz. Die Summe der Regierungspolitik bedeutet eine Fülle von schlechten Kompromissen, wo es meist besser gewesen wäre, gar nichts zu ändern. Aber da haben sich halt alle gefürchtet, dass dann irgendwelche minderbemittelte Journalisten von Stillstand und Blockade reden.
Nur wenn man – im aktuellsten Beispiel – „Informationspflicht“ über ein Gesetz schreibt, bedeutet das noch nicht, dass damit die Bürger die wirklich relevanten Informationen von Verwaltung und Politik bekommen werden.
Dabei zeigen alle Studien und internationalen Vergleiche, dass nur wirklich volle Transparenz imstande wäre, die Korruption wirksam zu bekämpfen. Wir haben es hingegen mit skurrilen Anfütterungsregeln über die Bezahlung von Essensrechnungen versucht. Und sonst fallen uns halt immer nur strengere Strafen als erste und meist einzige Therapie ein, die aber nie etwas bessern.
Es ist jedenfalls absolut kein Zufall, dass jene Länder die weitaus geringste Korruption haben, in denen die weitaus strengsten Informationspflichten gelten. Das sind also jene Länder, in denen jeder – jeder! – staatliche Akt einem anfragenden Bürger gezeigt werden muss (wobei da meist eine Gebühr verlangt wird, um Missbräuche zu vermeiden). Skandinavien und Neuseeland liegen sowohl bei der Transparenz wie bei der Korruptionsvermeidung weltweit an der Spitze.
Aber ist es nicht positiv, dass Werner Faymanns Mann für Denken und Taktik, also der Staatssekretär Josef Ostermayer, nun ein Informationspflichtgesetz vorschlägt? Das wäre es schon, wenn das geplante Gesetz den Namen wert wäre. Denn Herr Ostermayer hat im gleichen Atemzug so viel Ausnahmen von der Informationspflicht verlangt, dass von dieser wirklich nur die Überschrift bleibt.
Anders formuliert: Die Bürger werden von den Regierungen in Bund und Land auch weiterhin nur das erfahren, was deren Propaganda-Apparate immer schon unter die Menschheit bringen wollten. Aber nicht das, was für Politiker oder Beamte unangenehm ist. Die Ausnahmen sind nämlich so weit formuliert, dass selbst juristische Analphabeten in der hintersten Amtsstube jederzeit begründen können, warum sie leider, leider doch nicht informieren können.
An der Spitze der von Ostermayer gewünschten Ausnahmen steht wieder einmal der Datenschutz. Jeder, der einmal bei Behörden zu recherchieren versucht hat, weiß, dass man dabei auch schon bisher fast immer auf den Datenschutz als Begründung für die Verweigerung von Auskünften gestoßen ist. Dabei war die Einführung des Datenschutzes einst nur eine Reaktion auf eine der Tausenden grünen Paniken. Anlass war damals, dass auch im öffentlichen Dienst (mit etlichen Jahren Verspätung) Personenregister nicht mehr händisch, sondern mit dem Computer geführt werden sollten. Die Grünen mit ihren engen Verbindungen zum damaligen Linksterrorismus haben damals natürlich gefürchtet, dass man dann Tätern leichter auf die Spur käme.
Aber auch die Sozialisten und Bürgerlichen waren schnell erregt, wenn sie irgendeinen Werbebrief mit einer computerverarbeiteten Adresse bekamen. Inzwischen erhalten wir alle weiterhin DVR-Briefe, ohne dass es aber noch jemanden stört (notfalls sind da halt slowakische Büros zum Adresshandel zwischengeschaltet).
Seither ist jedenfalls Faktum: Jede Verwaltungsbehörde verweigert mit der Begründung „Datenschutz!“ die Herausgabe irgendwelcher ihr unangenehmer „Daten“. Schließlich ist ja alles irgendwie in einem Computer gespeichert.
Solange der Datenschutz bei uns eine Heilige Kuh bleibt, wird sich daher weder an der Informations-Unfreiheit noch an der Korruption etwas ändern.
Ostermayer begnügt sich aber gar nicht mit der Universal-Keule „Datenschutz“, um jede echte Information zu verhindern. Er lässt gleich noch ein paar weitere wunderbare Ausreden ins Gesetz schreiben: Eine davon sind die „wirtschaftlichen Interessen einer Gebietskörperschaft“. Da jede Gebietskörperschaft nur durch Beamte oder Politiker handeln kann, ist auch da klar, wessen Taten und Schiebereien und Faulheiten geheim gehalten werden sollen. Und als dreifache Absicherung gegen jede Form von Transparenz will Ostermayer auch noch den Schutz von Geschäftsgeheimnissen verankern.
Warum pflanzt uns die Politik eigentlich ständig?
PS.: Ach ja, es soll laut Ostermayer auch noch ein „Informationsregister“ mit zahllosen Daten geben. Klingt gut? Es ist nur völlig unklar, was da anderes drinnen stehen soll, als längst schon auf gv.at zu finden ist. Außerdem hat gerade die jüngste Zeit gezeigt, wie es ein ideologischer Apparatschik an der Spitze der Statistik Austria schafft, dass politisch unkorrekte (oder sonstwie unerwünschte) Daten halt auch von der scheinbar wertneutralen Statistik unterdrückt werden. Andere werden hingegen extrem manipulativ aufbereitet, wie etwa die auch bei der Hundertsten Wiederholung falsche Behauptung, die Statistik Austria könne irgendwie (qualitativ und quantitativ) „gleiche“ Arbeit messen.
Sehr hatte die SPÖ Norbert Darabos zweifellos nicht bearbeiten müssen. Selten hat ein österreichischer Minister sein Amt so gerne aufgegeben wie der amtierende Verteidigungsminister.
Fast jede Stunde merkte man dem Mann an, wie unwohl er sich unter lauter Uniformträgern gefühlt hat. Selbst die Routineangelegenheit der Verabschiedung des Generalstabschefs geriet ihm zur Mega-Peinlichkeit. Dasselbe war die gesamte Wehrpflicht-Volksbefragung samt dem plötzlichen Darabos-Schwenk um 180 Grad auf Pfiff der Kronenzeitung. Und ebenso jämmerlich waren die Eurofighter-Neuverhandlungen des Ministers, an deren Ende Österreich für schlechtere Flugzeuge mehr zu zahlen hatte als davor für die besseren. Darabos war (oder ist derzeit noch) zweifellos neben der Unterrichtsministerin die jammervollste und am schwersten überforderte Figur dieser Regierung. Um den Mann dort loszuwerden, macht die SPÖ nun offenbar jemanden zum Minister, den außerhalb einiger Vororte von Graz in ganz Österreich niemand kennt. Hoffentlich teilt ihm jemand wenigstens die GPS-Koordinaten des Verteidigungsministeriums mit, dass er hinfindet. Aber immerhin hat er wenigstens den Präsenzdienst absolviert.
Dafür soll Darabos nun zum Mastermind des nächsten SPÖ-Wahlkampfes werden. Denn in der Partei hat er ja als diesbezüglicher Experte ziemliches Ansehen. War er doch der Wahlkampfverantwortliche, als Alfred Gusenbauer 2006 zur Überraschung aller plötzlich Bundeskanzler geworden ist.
Freilich sollten auch die Genossen erst abwarten, ob die ÖVP wieder so schwere Fehler machen wird, die ja damals Gusenbauer und Darabos erst den Sieg ermöglicht haben. Der einstige Hauptfehler kann ihr diesmal sicher nicht wieder passieren: dass sie eine noch gar nicht absolvierte Wahl schon als gewonnen ansieht. So realitätsfremd kann derzeit in der ÖVP niemand sein (auch wenn man sich dort derzeit über zwei Wahlen mit deutlichen Stimmenverlusten so freut, wie wenn Weihnachten und Silvester am gleichen Tag zusammengefallen wären – nur weil diese Stimmverluste glimpflich ausgefallen sind).
Eine Wiederholung des zweiten Fehlers von damals ist bei den Schwarzen freilich sehr wahrscheinlich: dass sie auch diesmal auf jeden Hauch eines emotionalen Wahlkampfs verzichten. Denn der nette und seriöse Michael Spindelegger weiß wahrscheinlich gar nicht, was das bedeutet.
Europa kann nur gut überleben, wenn es der Welt hochqualitative und intelligente Produkte oder Dienstleistungen anbietet. Nur dann können wir es uns leisten, weiterhin Autos, Computer, Benzin, Textilien, Lebensmittel und noch Tausend andere Dinge aus aller Welt zu importieren. Deshalb herrscht verbreiteter Konsens, dass Bildung, Forschung und Wissenschaft für die Zukunft der ganzen EU, aber auch jedes einzelnen Staates die entscheidende Herausforderung sind. Ist das aber auch richtig?
Dieser Konsens ist zwar im Prinzip richtig, jedoch absolut falsch, wenn damit auch die Forderung verbunden wird, noch mehr Geld in diesen Bereiche zu lenken. Die gebetsmühlenartig vorgebrachte Forderung nach noch mehr Geld klingt zwar aufs erste Hinhören plausibel, ist aber dennoch unrichtig. Nicht nur, weil Europa kein Geld hat. Darüber hinaus gibt es in den meisten EU-Staaten bei der absoluten oder relativen Höhe der Bildungsausgaben kein Problem. Sie sind längst schon sehr hoch, relativ wie absolut. Das Problem liegt im WIE, nicht im WIEVIEL. Wenn Geld falsch ausgegeben wird, dann hilft es nichts, es noch zu vermehren. Es schadet oft sogar mehr, als es nutzen könnte.
Die Forderungen nach noch mehr Geld kommen ganz zufällig fast immer von Personen, die davon durchaus persönlich profitieren würden, auch wenn sie es als „objektive“ Notwendigkeit formulieren. Von Universitätsprofessoren, von Leitern irgendwelcher „Forschungs“-Institute, von Unternehmen, die Forschungsgelder lukrieren.
Statt über noch mehr Geld, müsste aber sehr intensiv darüber nachgedacht werden, wie man das Geld am besten einsetzt, wo man die Hebel besser umlegt, wo man durch richtige Steuerung falsch verwendete Ausgaben streichen kann. Die Eckpfeiler einer besseren Bildungspolitik:
Erstens und vor allem anderen brauchen wir viel mehr Autonomie und Vielfalt für Schulen und Universitäten. Bei den Schulen sind Autonomie und Vielfalt jedoch statt dessen in den letzten Jahrzehnten immer mehr eingeschränkt worden. Der Höhepunkt war der parteipolitische Trend zur zwangsweisen Einheitsschule (Gesamtschule); während Autonomie und Vielfalt bei den Universitäten immerhin erweitert worden sind. Freilich liegen die Zeiten noch gar nicht lange zurück, da Politiker bestimmt haben, wer Universitätsprofessor wird! Die verheerenden Spuren dieser langen Epoche sieht man noch heute an vielen Fakultäten. Bei den Schulen ist es noch schlimmer. Da ist ungebrochen und sogar mehr denn je die zentrale Planwirtschaft üblich. Jedoch sollte uns spätestens der Kommunismus gelehrt haben, dass Planwirtschaft immer an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen, also der „Märkte“ vorbeiproduziert. Genauso können heute zentrale Lehrpläne und Schulorganisationsgesetze niemals die Vielfalt von regionalen, intellektuellen, ethnischen und vor allem individuellen Bedürfnissen der Schulen gut und einheitlich regeln.
Dem Staat muss prinzipiell jedes Kind gleich viel Geld wert sein, egal ob es in eine staatliche, in eine religiöse oder sonstwie private Schule geht. Durchaus möglich ist aber, dass der Staat unter genau geregelten Bedingungen in bestimmten Fällen mehr zahlt: etwa wenn ein Kind benachteiligt ist (wenn es etwa aus bildungsfernen Familien kommt, wenn es behindert ist) oder wenn sich eine Schule auf eine teure und anspruchsvolle, aber von der Gesellschaft dringend benötigte Ausbildung konzentriert. Die gilt etwa für technische oder naturwissenschaftliche Schulen oder solche für Hochbegabte. Unter Umständen kann es auch mehr Geld für eine hochwertige künstlerische Spezialisierung oder eine wirklich zweisprachige Schule geben.
Auf Grund der gewwachsenen Traditionen der letzten Jahrhunderte wird sich der Staat in den meisten europäischen Ländern nicht so rasch aus dem Schulwesen zurückziehen können. Aber dennoch gibt es jetzt schon keinen Zweifel, dass Privatschulen bessere Antworten auf die Probleme unseres Bildungssystems sind als ein vom Beamtentum geprägtes Schulwesen.
Eine andere Verpflichtung des Staates wird hingegen sogar zunehmen: Das ist die Herstellung von Transparenz und die Organisation externer Leistungsfeststellungen. Denn die globale Erfahrung zeigt, dass private Schulen und Universitäten einerseits die weltbesten sind, dass es bei ihnen aber auch bisweilen betrügerisches Herschenken von Abschlüssen gibt (insbesondere in Osteuropa). Diese Transparenz muss vor allem in der Veröffentlichung von seriösen staatlichen Rankings der verschiedensten Art bestehen. Nur so können sich Schüler und Eltern bei der Schulwahl orientieren. Nur so wird aber auch Druck auf uninteressierte Lehrer hergestellt und auf solche, die Noten und Zeugnisse aus pseudosozialen Motiven herschenken (Typische Antwort: Man wolle den Kindern nicht schaden). Bei dieser Transparenz können und sollen aber sehr wohl – zusätzlich – auch Spezialisierungen oder soziale Benachteiligungen intensiv berücksichtigt und klargemacht werden.
Jede Schulreform kann nur dann bessere Ergebnisse bringen, wenn sie wieder die Erbringung von Leistung forciert – zumindest ohne Hindernisse ermöglicht; wenn sie die Rechte und Pflichten von Eltern, Direktoren und Lehrern erhöht; und wenn sie Politik, Verwaltung und Justiz wieder weitestgehend aus Schulen hinausdrängt.
Schulen müssen auch ohne schlechtes Gewissen die Möglichkeit bekommen, Schüler sitzenbleiben zu lassen. Es gibt immer mehr Indizien, dass eine Klassenwiederholung von den Betroffenen sehr häufig auch als Chance und als Möglichkeit wahrgenommen wird, sich von einer Überforderung zu befreien. Und jedenfalls führt diese Möglichkeit auch dazu, dass Leistung im Klassenzimmer wieder etwas ernster genommen wird.
Die in den letzten Jahren modisch gewesene Inklusion hat sich in weiten Bereichen als Fehlschlag erwiesen. Während die Integration körperlich behinderter Kinder durchaus weiter vorangetrieben werden soll, soweit es technisch und organisatorisch halbwegs machbar ist, darf es keiner Schule, keiner Klasse mehr aufgezwungen werden, auch geistig behinderte oder das Gemeinschaftsleben aggressiv störende Schüler aufzunehmen.
Die in Österreich neuerdings forcierte Idee einer Änderung der Schupflicht hat viel für sich: Ihr zufolge sollen Kinder bis zur Erreichung des Schulziels in die Schule gehen und nicht, bis sie eine bestimmte Anzahl von Jahren abgesessen haben. Das gibt Zuwanderern viel bessere Chancen, ebenso wie das ein Deutschlernjahr (oder vielleicht auch: Englischlernjahr) VOR dem Besuch des normalen Unterrichts tut.
Sinnvoll ist auch der Vorschlag, dass Maturanten binnen eines Jahres einen Lehrabschluss machen können. Denn die Matura selbst hat ja am Arbeitsmarkt kaum mehr einen Wert. Zugleich überfordern viele ernsthafte (also über Politologie, Publizistik oder Geschichte nach Art der Wiener Uni hinausgehende) Studienrichtungen so manche junge Menschen. Trotzdem könnten diese in Gewerbe oder Industrie eine brillante Karriere machen und mehr verdienen als Akademiker.
Dringend wäre es, aus allen OECD- oder EU-Überlegungen das zuletzt politisch so modische Denken in Akademikerquoten zu eliminieren. Die südeuropäischen Arbeitsmärkte zeigen, dass ein akademischer Abschluss trotz seiner hohen Kosten für Familien und Staat den jungen Menschen überhaupt nichts hilft.
Dafür sieht man derzeit europaweit eine sensationell hohe Anerkennung des österreichisch/deutschen/Schweizer Systems der Lehre und der berufsbildenden Schulen. Dabei ist klar, dass dieses System nur auf einer guten und anspruchsvollen Pflichtschule, wie sie in weiten Gegenden Österreichs lange die Hauptschule gewesen ist, aufbauend funktionieren kann. In einem Einheitsschulmodell wählen nämlich viel weniger Jugendliche dieses „duale System“ (also betriebliche Lehre plus Berufsschule). Denn entweder werden dort die künftigen Maturanten noch viel schlechter ausgebildet oder die anderen statt auf eine lebensnahe Ausbildung auf eine solche in Richtung theoretischer und geisteswissenschaftlicher Fächer hin umorientiert. Dann gilt jeder, der dann in die Lehre wechselt, als Versager.
Schulerhalter und Leiter brauchen die Freiheit, sich mit ihrer Schule nach guten und erfolgreichen ausländischen Beispielen zu orientieren, wie es etwa das bayrische System mit seinen leistungsorientierten und oft strengen Schulen ist. Der Vorsprung solcher Schulen zeigt sich vor allem im Vergleich zu jenen Schulsystemen, wo Bildung mit Sozialpolitik verwechselt wird, und wo daher eine allgemeine Nivellierung nach unten stattfindet. Diese nivellierenden Schulen (Gesamtschulen) sind dabei zumindest in der österreichischen Version noch dazu besonders teuer.
Eine Selektion durch jede Schule, jeden Schultyp ist etwas Gutes. Denn, so der führende Pädagogikprofessor an der Wiener Uni, Stefan Hopmann: „Wenn sich ein Lehrer auf den Durchschnitt konzentriert, würden beide zu kurz kommen: die besonders guten wie die schwachen Schüler.“ Auf Grund von finanziellen Anreizen wird es hingegen in einem differenzierten und selektiven System auch viele Schulen geben, die sich ganz – und erfolgreich – auf schwächere Schüler konzentrieren.
Besonderes Augenmerk brauchen Kindergarten und Volksschule. Denn bei der Erziehung werden die allermeisten Fehler in diesen Lebensjahren gemacht. Schon mit dem vierten Lebensjahr sind für Kinder so viele lebenswichtige Weichen gestellt, dass später kaum mehr ein Umlenken möglich ist. Daher kann und soll man durchaus die Kindergartenpflicht für jene nach vorne verschieben, wo das Elternhaus unfähig oder unwillig ist, die intellektuellen oder sprachlichen Fähigkeiten seiner Sprösslinge gut zu entwickeln.
Umgekehrt muss auch die Wirtschaft begreifen, dass möglichst viel freie Eltern-Kinder-Zeit vor allem bei gut gebildeten Müttern die beste Investition für die Zukunft ist. Jedes Drängen auf Mütter, möglich rasch wieder zu arbeiten, ist extrem kurzsichtig. Auch wenn dadurch kurzfristig wertvolle Arbeitskräfte gewonnen würden.
Die finanziellen Rahmenbedingungen der Schulen müssen so sein, dass sie um dieses Geld auch ausreichend nichtpädagogisches Hilfspersonal beschäftigen können. Denn Lehrer sind weder Sekretärinnen noch Portiere noch Reinigungspersonal noch Kriseninterventionszentren.
Die Schulen müssen auch das Recht bekommen, gegen drogenkonsumierende Schüler vorzugehen, etwa auch durch Haartests und Schulverweise.
Zumindest die nichtstaatlichen Schulen müssen sich künftig der lähmenden Einmischung juristischer Instanzen entziehen können. Wenn jedes Zeugnis durch gefinkelte Juristen als Bescheid beeinsprucht werden kann, zertrümmert das die entscheidende Autorität der Lehrer.
Der derzeit politisch modische Streit um Kompetenz versus Wissen ist absurd. Es kann keine Kompetenz ohne breites Faktenwissen geben. Jedes bloße Faktenwissen ist umgekehrt sinnlos, wenn es nicht in Zusammenhänge eingeordnet werden kann, oder wenn man es nicht in einem verständlichen Aufsatz mit Hand, Fuß und rotem Faden darstellen kann. Es braucht also unbedingt beides.
Kaum intelligenter ist der lautstarke Konflikt Bildung versus Ausbildung. Natürlich muss Schule immer auch das wirkliche Leben und die dort benötigten Kenntnisse ganz stark im Auge haben. Schulabsolventen aus dem Wolkenkuckucksheim vollgestopft mit ethischen Sprüchen braucht niemand, sie werden auch selbst immer unglücklich sein. Umgekehrt braucht jede Ausbildung auch einen möglichst breiten Allgemeinbildungs-Zusammenhang, um wirklich flexibel eingesetzt zu werden. Selbst der beste Ausbildner weiß ja nicht, was in zehn oder zwanzig Jahren an bloßer Ausbildung verlangt wird. Und eine breite Allgemeinbildung ist auch für die Schüler selbst das wichtigste Geschenk ihrer Schuljahre. An dieser Tatsache ändert sich auch dadurch nichts, dass es logischerweise immer Debatten über den Kanon, den Inhalt der unverzichtbaren Allgemeinbildung geben wird und muss.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Es war nun wirklich bloß die buchstäbliche einzige Stimme, welche die Mehrheitsverhältnisse in Kärnten jetzt nach links kippen lässt.
Oft meinen Wahlberechtigte, angesichts von Hunderttausenden Wählern käme es doch nicht auf ihre Stimme an. Das ist schlicht falsch. Das zeigt nun das endgültige Kärntner Wahlergebnis besonders krass. Dort hat nach Auszählung der Wahlkarten eine einzige Stimme gereicht, damit ein Mandat vom BZÖ zu den Grünen wandert. Das ist schon an sich sehr dramatisch. Noch viel dramatischer ist, dass damit auch eine komplette Änderung der Mehrheitsverhältnisse hergestellt ist: Jetzt können auf einmal Rot und Grün auch alleine mit absoluter Mehrheit regieren. Gleichgültig ob sie es am Ende des Tages auch tun werden: Das hat enorme politische Bedeutung, etwa für die Führung des ORF, und zwar mehr als der am Montag erfolgte Austausch der Spitzenleute bei den Kärntner Freiheitlichen und den niederösterreichischen Sozialdemokraten. Dieser Tausch war bei der FPK wohl unumgänglich, wenn die Kärntner Blauen einmal wieder ernstgenommen werden wollen. Bei der SPÖ Niederösterreichs ist es hingegen der übliche Fehler: Gerade um sich in einem Bundesland als Alternative zu profilieren, müsste sich ein Spitzenkandidat mindestens über zwei Perioden in Ruhe positionieren können. Aber diese Ruhe gibt es kaum noch irgendwo. Daher wechselt in den Bundesländern auch so selten die Macht – wenn sich nicht gerade eine Partei wie die Kärntner Freiheitlichen selbst in die Luft sprengt.
Die Kärntner Freiheitlichen haben gewusst, was auf sie zukommt: sie haben nicht einmal mehr einen Saal für eine Nachwahlfeier organisiert. Jetzt müssen sie froh sein, dass sie nach einer Halbierung ihrer Wählerzahl wenigstens noch Zweite – knapp vor der überraschenden Volkspartei – geworden sind. Die Wähler haben sie wegen allzu offensichtlichen Machtmissbrauchs, wegen Geldverschwendung und wegen des Fehlens jeder Bereitschaft, sich von Übeltätern total zu trennen, von der Macht gefegt. Damit ist aber nicht nur die lange blau-orange Periode in Kärnten beendet. Damit ist aller Voraussicht noch etwas viel Dramatischeres passiert: Zum ersten Mal in der Geschichte Österreichs werden jetzt die Roten als Sieger der Wahl die absolute Mehrheit der Landeshauptmann-Posten besetzen.
Das war noch nie da. Man wird genau schauen müssen, wie sich der voraussichtliche neue Kärntner Landeshauptmann in der roten Riege positioniert: Absolutistisch wie seine Kollegen in Wien und Burgenland? Oder sachlich und konsensorientiert wie die SPÖ-Landeshauptleute in der Steiermark und in Salzburg (was man auch für Salzburg trotz der peinlichen Unfähigkeiten der dortigen SPÖ sagen muss, die Finanzen des Landes im Visier zu behalten)?
Die Kärntner SPÖ hat jedenfalls – nach Verbrauch einer großen Zahl von Spitzenmännern und -frauen – die Kärntner Durststrecke gut hinter sich gebracht und ist nun erstmals wieder Nummer eins. Freilich ist ihr das mehr wegen der Untaten der Freiheitlichen als wegen eigener Verdienste gelungen. Ihre eigenen Zugewinne waren ja nicht so groß.
Man wird daher auch erst sehen müssen, wen sie sich als Partner nimmt, ob es eine Partei sein wird oder zwei. Jedenfalls haben ja alle anderen Parteien von der Vernichtung der Freiheitlichen profitiert. Auch das BZÖ, das ja bald nur noch im Kärntner Landtag seine letzten Mandate haben dürfte. Es hat aber schon in den letzten Wochen wohlweislich darauf verzichtet, den Anspruch auf den Landeshauptmann zu wiederholen, mit dem man noch vor etlichen Wochen den Mund voll genommen hatte. Davon ist man als nunmehrige Nummer sechs ja allzu weit entfernt.
Für Frank Stronach war Kärnten dank der FPK ein extrem guter Start in den politischen Wettkampf. Aus dem Stand über die zehn Prozent zu kommen, ist fast sensationell – vor allem weil er um ein Haar die Grünen überholt hätte.
Einen demokratischen Lichtblick bedeutet jedenfalls auch das überraschend gute Abschneiden der ÖVP. Diese hat radikale personelle Konsequenzen aus dem Kärntner Sumpf gezogen. Das haben die Wähler offensichtlich anerkannt. Es ist also doch nicht egal, wie man auf Korruption reagiert. Damit kann auch Michael Spindelegger, der ja in Kärnten durchgegriffen hat, erfreut durchatmen.
Die erfolgsgewohnten Freiheitlichen werden intensiv nachdenken müssen, was ihr gegenwärtiges Tief bedeutet. Denn auch auf Bundesebene sind sie durch Frank Stronach aus dem Tritt gekommen. Sie haben einfach noch keinen Weg gefunden, wie man von der Protestpartei, von der populistischen Geldverschwendungspartei zu einem regierungsfähigen Mitspieler und Verantwortungsträger wird. Zwar haben sie immer wieder von der schwachsinnigen Antifa-Propaganda der Linken profitiert. Dass seriöse Politik etwas Ernsteres und Schwierigeres ist, macht ihnen aber nach wie vor Probleme.
Deutlich anders ist das niederösterreichische Ergebnis ausgefallen: Trotz einiger Verluste für Erwin Pröll wird er auch weiterhin der Landeshauptmann bleiben. Bei allem, was man ihm vorwerfen kann, ist da weit und breit nichts Kriminelles im Spiel. Mit dem Rest werden wir uns am Montag in aller Ruhe beschäftigen.
Die sogenannten Asylanten sind also von der Votivkirche ins Servitenkloster übersiedelt. Damit kann das Pfarrleben in der Votivkirche wieder aufgenommen werden. Damit hat dort auch hoffentlich wieder der monatelang zum Schweigen gezwungene Pfarrer das Hausrecht, das ihm in den letzten Wochen ein vor allem durch Präpotenz auffallender Sprecher der Caritas abgenommen hatte. Ist dadurch aber sonst noch etwas besser geworden?
Vor allem wird man beobachten müssen, ob auch im Servitenkloster die Exekutive ein Recht beachtet, das es rechtlich eigentlich gar nicht gibt: nämlich das sogenannte Kirchenasyl. Zwar hat die Kirche, die ja in Wien demonstrativ mehr an der Seite muslimischer Zuwanderungswilliger als ihrer Gläubigen steht, gegen die Besetzer ebensowenig Besitzstörung geltend gemacht wie zuvor die rotgrüne Gemeinde Wien in Hinblick auf den ebenfalls eine Zeitlang besetzt gewesenen Votivpark. Dennoch hätte die Exekutive auch in der Votivkirche die Pflicht gehabt, Rechtsverletzungen zu ahnden. Das hat sie aber seltsamerweise nur vor den Toren der Kirche gemacht.
Genauso spannend wird sein, wie sich die diversen Medien jetzt positionieren. Haben doch etwa auch die sogenannten bürgerlichen Zeitungen mehrfach die Partei der Besetzer ergriffen.
Nicht weniger im Scheinwerferlicht der kritischen Beobachtung wird die Innenministerin stehen: Wird es in irgendeiner Weise eine Sonderbehandlung der Kirchenbesetzer geben? Oder wird sie gar deren Druck nachgeben, eine rechtliche oder faktische Änderung des – ohnedies extrem freizügigen – österreichischen Asylrechts zu versuchen?
Und irgendwann müsste nun auch die Kirche den Mut haben, den Schaden durch die linksradikale Ausrichtung der Wiener Caritas zu bilanzieren, die wochenlang Linksextremisten eine Propaganda-Plattform ermöglicht hat. Der Flurschaden kann auch durch noch so wolkige Worte des Erzbischofs nicht aus der Welt diskutiert werden. Christoph Schönborn muss sich dieses Schadens bewusst gewesen sein, so gut kann einen intelligenten Mann seine Umgebung gar nicht von der Wirklichkeit abschirmen. Wie sehr die Caritas-Führung radikal unterwandert ist, hatte man auch ohne Insider-Wissen spätestens am Wechsel von Spitzenfunktionären zu den stets antikirchlich besonders aggressiven Grünen erkennen müssen.
Als der Münchner Ökonom Hans-Werner Sinn im Vorjahr ausrechnete, dass Deutschland durch die Folgen der Schuldenkrise (Kredite, Haftungen usw.) mit der unvorstellbaren Summe von einer Billion Euro, also tausend Milliarden belastet wäre, heulten in Deutschland wie Österreich etliche Staatsexponenten auf. Das würde so nicht stimmen, sei weit übertrieben. Jetzt aber ist es sogar ein deutscher Minister, der von einer Billion Euro Schaden spricht – aber er redet gar nicht mehr von den Folgen der derzeit politisch und medial ja verdrängten Schuldenkrise, sondern von einem weiteren, einem zusätzlichen Schaden.
Es ist der Schaden, den die deutsche Energiewende anrichtet. Und wieder sind die Ursachen fast genau dieselben: Die Politik hat unter dem kurzsichtigen Druck der Öffentlichkeit und Medien populistisch Dinge beschlossen, die wirtschaftlich einfach nicht funktionieren können, die sich nicht rechnen werden, bei denen kurzfristige tagespolitische Erleichterung mit einer langfristigen Katastrophe bezahlt wird.
Denn die Konsequenzen sind in beiden Fällen klar: Sowohl die Billion (plus oder minus) aus der Schuldenkrise wie auch die Billion (plus oder minus) aus der Energiekrise wäre jeweils schon einzeln imstande, die scheinbar noch stabil als letzter Stützpfeiler Europas dastehende Bundesrepublik wie einen Zahnstocher umzuknicken. Womit sowohl die EU wie auch insbesondere die ganze Euro-Zone mit in den Abgrund gezogen werden. Wo die meisten Euro-Länder ohne die Kredithilfe aus Deutschland eigentlich ohnedies schon längst wären.
Gewiss: Bis Herbst, also zu den deutschen Wahlen, wird weder die eine noch die andere Katastrophe losgehen. Dafür hat die regierende schwarz-gelbe Koalition schon gesorgt. Aber das ist nur ein kurzfristiger Trost. Denn nachher wird es umso schlimmer sein. Sämtliche Alternativen zur jetzigen deutschen Koalition wären noch verantwortungsloser – sowohl in der Schulden- wie auch in der Energiefrage. Rot wie Grün wie Rotrot wollen in beiden Bereichen ja noch mehr Geld verbrennen.
Wie alarmierend jetzt schon die Situation ist, zeigt die Tatsache, dass es sogar schon der Berliner Energieminister Peter Altmaier ist, der offen von dieser Billion spricht und der nun massiv gegensteuern will. Bisher war es ja „nur“ der von manchen belächelte Wirtschaftsminister Philipp Rösler gewesen, der vor den Folgen der Energiewende gewarnt hatte, während Altmaier zu den Beschwichtigern gezählt hatte.
Altmaier will jetzt vor allem bei den Strompreisen die Bremse ziehen. Über genau diese Preise wird aber jene Wende fast ausschließlich finanziert. Die deutsche Regierung wollte nach dem japanischen Tsunami zeigen, dass sie kraftvoll auf die dadurch ausgelöste Atomkraftpanik reagiert. Sie hatte aber kein Geld dafür in den Budgets. So beschloss man, die Konsumenten auszunehmen. Was deren Stromkosten inzwischen aber untragbar steil in die Höhe treibt. Getroffen sind vor allem die privaten Konsumenten, da sich die Industrie etliche Schonung erkämpft hat, die ihr unter Rücksicht auf die Arbeitsplätze und die jetzt schon weit geringeren Stromkosten in Konkurrenzländern gewährt worden sind.
Die herannahenden Bundestagswahlen haben Altmaier (oder Angela Merkel oder den CDU-Wahlstrategen?) klar gemacht: Die Belastung der Konsumenten durch ständig steigende Strompreise droht untragbare Ausmaße zu erreichen. Diese könnten auch das Wahlergebnis beeinflussen.
Der Auslöser der Energiewende ist bekannt. Es war die japanische Tsunami-Katastrophe und die dabei erfolgte Zerstörung eines Atomkraftwerkes. Genauer gesagt: Es war die Berichterstattung darüber, die sich wochenlang mit dem AKW und angeblichen weltweiten radioaktiven Wolken befasste. Die Panik war vor allem im deutschsprachigen Raum gewaltig und brachte auch den Grünen kurzfristig einen dramatischen Zuwachs bei Meinungsumfragen.
Die Tatsache, dass sich neuerlich ein großer Atomunfall im Rückblick als weit harmloser herausgestellt hat, als die Medien ursprünglich angenommen hatten, ist da kaum berichtet worden. Die großen menschlichen und materiellen Schäden in Japan waren eindeutig durch die Wassermassen und nicht durch das demolierte AKW angerichtet worden.
Dennoch hat Deutschland in seiner durch Medien und Meinungsumfragen ausgelösten Panik die Abkehr von der Nuklearenergie beschlossen. Das Land hat die durch diese Energiewende ausgelösten Folgen aber nicht einmal annähernd vorausgesehen oder gar im Griff.
Zum einen fehlen die riesigen Strom-Fernverbindungen, welche die Energie von der windreichen Nordsee zu den Industrie- und Bevölkerungszentren viel weiter südlich transportieren könnten. Das heißt: Selbst in der Übergangszeit, während der noch etliche Atomkraftwerke Strom produzieren dürfen, ist nun jeder deutsche Winter zu einer einzigen Zitterpartie geworden, ob nicht die Lichter bei Stromspitzen ausgehen. Der Bau der benötigten Strom-Verbindungen wird von den betroffenen Gemeinden und vielen Bürgerinitiativen aber vehement bekämpft. Was die Fertigstellung noch Jahrzehnte verzögern wird.
Zum zweiten können die deutschen Netze den in manchen Stunden zu viel produzierten Alternativ-Strom gar nicht aufnehmen. Daher fließt dieser in die Netze der Nachbarstaaten, vor allem nach Polen und Tschechien. Das führt zu schweren Überlastungen in deren Stromsystem. Denn Strom, der einmal im Netz ist, muss irgendwohin fließen. Man könnte zwar theoretisch die Windkraftwerke vom Netz nehmen. Aber deren Besitzer haben eine Abnahmegarantie. Das heißt: Ihr Strom fließt immer in die Netze, auch wenn niemand ihn braucht.
Zum dritten ist in jenen Tagen oder Stunden, da die Alternativen viel zu wenig Strom liefern, die Stromproduktion ausgerechnet von Kohlekraftwerken enorm in die Höhe gegangen. Das sind aber jene Kraftwerke, die nicht nur enorm viel – angeblich schädliches – CO2 produzieren, sondern die auch direkt und nachweislich die Umwelt am meisten belasten. Kohlekraftwerke sind jedoch jene Kraftwerke, die derzeit weitaus am billigsten Strom produzieren, wenn die alternativen Erzeuger auf ihren Vorrangstraßen ausfallen. Die viel saubereren Gaskraftwerke und die total sauberen Pumpspeicherkraftwerke (wie Kaprun) haben dagegen preislich keine Chance. Daher werden auch keine gebaut.
Das Allerschlimmste aber ist: Deutschland hat – ähnlich wie etliche andere Länder von Spanien bis Österreich – den Erzeugern von Alternativstrom auch langfristig unglaubliche Bevorzugungen eingeräumt. Diese haben auf volle 20 Jahre hinaus weit über dem Marktpreis liegende Abnahmegarantien. Dadurch sind die eigentlich unwirtschaftlichen Solarpaneele und Windmühlen für die Betreiber zu einem gewaltigen Geschäft geworden. Wer durch Deutschland fährt, wird daher erstaunt sehen, wie sehr sich flächendeckend auch in kleinen Dörfern binnen kurzem die Solarpaneele ausgedehnt haben.
Deren Besitzer profitieren jetzt risikolos von der zwanzigjährigen Abnahme-Garantien zu hohen Preisen. Das tun sie natürlich auch dann, wenn auf Grund der Wetterbedingungen ihr teuer bezahlter Strom absolut unnötig ist.
Daher ist trotz Altmaiers Bremsversuch jetzt guter Rat extrem teuer. Denn etwa in Bayern gibt es vehementen Widerstand der – vor zwei Wahlgängen stehenden! – CSU gegen jede Einschränkung des plötzlichen Geldsegens. Sind doch alleine in Bayern bereits 375.000 Solaranlagen installiert, sowie weitere Tausende Biogasanlagen. Und die finden sich vor allem bei bäuerlichen Wählern.
Die Industrie wiederum will keinesfalls ihre privilegierten Strompreise hergeben. Sie droht mit einem Abzug oder Investitionsstopp. Nicht ganz ohne Grund: Sind doch in Amerika durch neue Gas- und Ölfunde die Energiepreise sogar stark im Fallen. Das lässt dort die Industrie zum erstenmal seit Jahrzehnten wieder aufblühen.
Dazu kommt die besondere Skurrilität, dass derzeit unglaublich viel Geld ausgegeben wird, um vielleicht doch die Autos an Steckdosen zu bringen. Es kann nur niemand sagen, wo denn eigentlich der dafür benötigte Strom herkommen soll, wenn kein Wind bläst und keine Sonne scheint. Überdies sagen alle Techniker, dass die Batterien niemals eine brauchbare Reichweite von E-Autos ergeben werden – selbst wenn sie noch viel schwerer werden als derzeit schon üblich.
Besonders skurril (wenn auch betragsmäßig einige Schuhnummern kleiner als die deutschen Fehlinvestitionen) war dieser Tage, dass das österreichische Infrastrukturministerium drei Millionen für ein E-Mobilitäts-Projekt locker gemacht hat. Als ob irgendeine Chance bestünde, in diesem – technisch ohnedies sinnlosen – Bereich eine spezifisch österreichische Lösung durchzusetzen. Aber Österreich kann sich wenigstens zugute halten, dass es Solar- und Windstrom nur halb so hoch fördert, wie es Deutschland – zumindest – für die nächsten zwanzig Jahre tut.Da fallen E-Mobil-Spielereien weniger ins Gewicht.
Natürlich verdienen manche an dieser Geldverschwendung exzellent. Je sinnloser etwas ist, desto größer ist der Profit auf Kosten der Allgemeinheit. Der Profit geht an die Bauern mit Windmühlen auf den Feldern, an Hausbesitzer mit Paneelen auf den Dächern und an die Industrie, die beides baut. Was pikantererweise zunehmend die chinesische ist.
Es zeigt sich: Wenn man einmal populistisch eine falsche Politik eingeschlagen hat, was in diesem Fall die Wiedereinführung der Planwirtschaft war, dann ist es extrem schwer, wieder herauszukommen. Der Fehler war ein doppelter: Zum einen wird von fast allen Energie-Experten (sofern sie nicht zur NGO-Lobby gehören) die Abkehr von der Atomenergie für einen Unsinn gehalten. Zum anderen hätte selbst diese Abkehr noch ohne die nun ausgelösten gewaltigen Schäden funktionieren können, wenn nicht der regulierungswütige Staat – vor allem durch die jahrzehntelangen Abnahmegarantien – gegen die Vernunft der Preise und des Marktes eingegriffen hätte.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Manches Mal bin ich froh, nicht überall die Qual der Wahl zu haben. An diesem Wochenende bin ich sogar sehr froh, weder Niederösterreicher noch Kärntner zu sein. Denn in beiden Bundesländern muss man sich über unglaublich Vieles ärgern, mehr als in allen anderen Bundesländern (bis auf Wien). Deswegen würde ich aber doch auch in diesen Ländern bei der Devise bleiben, jede der wenigen demokratischen Mitentscheidungs-Möglichkeiten auch wirklich zu nutzen, die einfache Bürger haben. Selbst wenn es sehr schwer fällt.
Besonders verärgert wäre ich zweifellos als Kärntner. Dort haben die bisherigen Machthaber in aller Heimlichtuerei zehnmal so viel Haftungen für die Hypo Alpen-Adria unterschrieben, wie das gesamte Landesbudget ausmacht. An der Empörung darüber können die Streitereien überhaupt nichts ändern, ob dann später die Kärntner die Bayern oder die Bayern die Republik Österreich über den Tisch gezogen haben. Tatsache ist nur, dass bei dieser vorerst der Schaden gelandet ist. Was sie damit begründet hat, dass sie doch Kärnten nicht in Konkurs gehen lassen wollte.
Die einstige grob fahrlässige Haftungsübernahme ist jedenfalls unabhängig von der späteren Schadenstragung ein Faktum und ein politisches Verbrechen. Ebenso ist das der Zynismus, mit dem sich der einstige Landeshauptmann Haider ständig bei der Landesbank für parteipolitische Zwecke bedient hat (dass mir da gerade wieder die Wiener Volksbefragung einfällt, bei der provozierenderweise ein Privatisierungsschutz für Landesbetriebe verlangt wird, ist alles andere als ein Zufall).
Diese hemmungslose Verantwortungslosigkeit in Sachen Hypo stellt alles in den Schatten, was aus anderen Bundesländern an riskanten Geschäften bekannt ist. Sie übertrifft auch bei weitem alles, was an sonstigen Kärntner Geschichten in letzter Zeit durch Medien oder Staatsanwaltschaft hochgespielt worden ist: ob es die Verwendung des Wortes „Kröte“ für einen Richter oder die Art der Verleihung einer Staatsbürgerschaft ist.
Das sind Peanuts im Vergleich zum hemmungslosen Umgang mit den Landesfinanzen. Vor allem wegen jener Haftungen für die Hypo hat sich die blaue FPK-Partie eine kräftige Strafe verdient. Das gilt ebenso für die Kärntner Orangen, die noch heute als ihren offensichtlichen Hauptberuf täglich demutsvoll die Kranzschleifen des Jörg Haider streicheln.
Aber auch die Schwarzen haben schwer gefehlt. Sie haben das kriminelle System ermöglicht und zumindest zu guten Teilen mitgetragen. Sie haben zwar seither zum Unterschied von Blau und Orange wenigstens die alte Mannschaft hinausgeworfen. Nur ist völlig rätselhaft, wofür das neue Team eigentlich steht. Außer für Harmlosigkeit und als Steigbügelhalter für einen roten Landeshauptmann.
Also werden die Roten wieder an die Macht kommen. Nur: Soll man das mit seiner Stimme (ob rot, ob schwarz, ob grün) auch selbst mitunterstützen? Immerhin war Kärnten vor den Haider-Zernatto-Dörfler-Jahren bis zum letzten Landeslehrer hinunter fast totalitär rot beherrscht. Immerhin bedeutet ein roter Landeshauptmann eine noch tiefere Einzementierung der roten Macht im ORF. Immerhin hat in jenen Jahren die SPÖ genauso hemmungslos auf Deutschnationalismus gemacht, wie sie es später den Freiheitlichen vorgeworfen hat. Und vor allem hat die SPÖ – wenn auch mehr die in Wien als in Klagenfurt – jahrelang die Lösung der Ortstafelfrage blockiert, obwohl diese zwischen Heimatdienst, den meisten Slowenenverbänden, Schüssel und Haider ausverhandelt war. Die damals ausverhandelte Lösung war praktisch identisch mit jener, die dann später unter einem neuen Bundeskanzler beschlossen werden durfte. Das war damals reinster Macht-Zynismus, der etwas Sinnvolles nur deshalb blockiert hat, um Schwarz-Blau den Erfolg zu nehmen.
Aber auch Grün ist keine gute Entscheidung, trotz einiger Verdienste um Korruptionsbekämpfung. Einerseits weil man damit automatisch rot wählt. Und andererseits haben sich die Grünen in den letzten Jahren im Wiener Rathaus als so willenlose Erfüllungsgehilfen erwiesen, dass man sie nicht mehr als eigenständige Kraft wahrnehmen kann. Wo sie in Wien überhaupt eigenständig aufgefallen sind, haben sie durch Postenbeschaffung für Parteifreunde und durch Parkpickerl- sowie Straßenlahmlegungs-Chaos ihre Regierungsunfähigkeit bewiesen.
Also Stronach? Der Mann ist von der Vergangenheit nicht belastet. Er sagt mitten in seinem sinnfreien Kauderwelsch auch drei oder vier durchaus richtige Sätze. Aber sonst herrscht in dieser Partei ein absolutes geistiges Vakuum. Stronach erinnert stark an den italienischen Anarchisten Beppe Grillo, der vor allem deshalb Zulauf gefunden hat, weil er gegen alles und alle ist; und dessen jeweilige Meinung von allen anderen Figuren in seiner Partei als Evangelium akzeptiert werden muss, auch wenn sie oft eher plakativ als irgendwie durchdacht ist. Stronach ist ebenso wie Grillo nie und nimmer selbst zu regieren imstande. Das aber ist ja noch immer die eigentliche Aufgabe der Demokratie.
Ich würde aber trotz all dem hingehen und eine der Parteien korrekt ankreuzen. So schwer es mir auch fällt.
Das gilt auch für Niederösterreich, wo ich mit der Entscheidung ein ähnliches Dilemma hätte. Wenn auch aus ganz anderen Gründen.
Dort geht alles um eine einzige Person. Dort heißt es nur: Wollt ihr wieder den Grölaz haben oder nicht? Den größten Landeshauptmann aller Zeiten. Viele Menschen sehnen sich in der Tat geradezu nach einem starken Mann. Es spricht in der Tat an sich auch nichts gegen eine starke Persönlichkeit oder gegen Politiker, die schon Jahrzehnte regieren, oder gegen solche, die ganz auf einen simplen Landespatriotismus setzen. Für Pröll spricht auch, dass Niederösterreich etwa im Schulwesen ein wesentliches und positives Gegengewicht gegen die verheerende rote Dominanz in Wien und Bund ist.
Schon viel problematischer ist die Tatsache, dass Prölls Knappen seit Jahren binnen knappster Frist automatisch jedem mit dem Bihänder eine überziehen, der auch nur die leiseste Kritik am Herrscher wagt. Daher haben in Niederösterreich jene Medien heftige Probleme, die nicht bei der Hofberichterstattung für Pröll servil mitmachen. Der diesbezügliche Machtmissbrauch grenzt fast schon an Wiener Dimensionen.
Zentrales Thema des Wahlkampfs war die Veranlagung von niederösterreichischen Geldern. Dabei gingen jedoch die Attacken der Opposition völlig daneben. Denn im Nachhinein zu stänkern, dass diese oder jene andere Veranlagung mehr Zinsen gebracht hätte, ist läppisch. Auch wenn man noch so oft „Pfui, Spekulation!“ ruft.
Viel schlimmer ist hingegen die zugrundeliegende Tatsache, dass Niederösterreich die Einnahmen aus den vergebenen Wohnbaukrediten überhaupt vorzeitig verpfändet und versilbert hat. Damit ist das sichere Landeseinkommen kommender Jahrzehnte vorzeitig zur kurzfristigen Erhöhung des Pröllschen Glanzes verschwendet worden. So als ob nicht auch Niederösterreich ein demographisches Problem hätte, weshalb man in kommenden Jahrzehnten viel mehr Geld brauchen wird als heute.
Dabei ist die Tatsache, dass mit diesen Geldern „spekuliert“ worden ist, nicht das Problem. Da hat man wenigstens versucht, Geld im Interesse des Landes gut anzulegen. Es geht einem aber wirklich das Geimpfte auf, wenn ein ÖVP-Nationalratsabgeordneter aus dem Waldviertel, der noch dazu ein Wirtschaftsspezialist sein will, sogar öffentlich rühmt, dass man einen Teil des Geldes für soziale Zwecke ausgegeben habe. Das aber ist in Wahrheit ein Verbrechen: Künftige Einnahmen schon jetzt zu konsumieren. Und Sozialausgaben sind eben nichts anderes als Konsum.
Schamhaft verschwiegen wird das Thema Semmeringtunnel. Mit seinem zum Teil paralegalen Kampf gegen diesen Tunnel hatte Pröll hingegen noch frühere Wahlkämpfe bestritten. Jetzt aber darf der Tunnel auf einmal doch gebaut werden – allerdings in einer viel teureren und längeren Variante. Der blutende Steuerzahler kann sich bei Pröll bedanken. Doch die Opposition wagt diese milliardenschwere Geldverschwendung nicht einmal zu thematisieren. Offenbar fürchtet auch sie einen der berüchtigten Zornesausbrüche Prölls.
Besonders widerlich an dessen Politik ist, wie viel niederösterreichisches Geld er dubiosen oder echten Künstlern und Seitenblickestars hineinsteckt. Einziger Zweck: Diese mussten vor der Wahl für Pröll Propaganda machen. Was sie nicht hindert, anderswo für die SPÖ zu marschieren. Anderswo sitzt freilich die rote Unterrichtsministerin am Geldhahn. Künstler sind ganz offensichtlich fast alle in hohem Ausmaß käuflich. Sie haben politisch und ökonomisch meist weniger Ahnung als die Durchschnittsbürger. Sie wollen nur Aufträge, also Geld.
Angesichts der hohen Schulden des Landes sind solche Aktionen in Niederösterreich jedenfalls genauso verwerflich wie bei der roten Unterrichtsministerin.
Daher würde sich die Wahl einer anderen niederösterreichischen Partei als logisch aufzwingen. Jedoch: Diese sind durch die Bank inhaltlich wie personell so brustschwach, dass ich bei ihnen weit und breit niemandem sehe, dem ich mein eigenes Bundesland gerne anvertrauen würde.
Vor allem lässt ein ganz anderer Aspekt zögern, irgendeine dieser Parteien zu wählen: Falls Pröll die absolute Mehrheit verlieren sollte, wird er doch nur knapp unter dieser bleiben. Ein nicht-schwarzer Landeshauptmann in Niederösterreich bleibt daher absolut unmöglich. Die Hinzunahme einer Kleinpartei (Rot, Blau, Grün, Stronach) in eine Koalition mit der mächtigen ÖVP würde aber nur dasselbe bewirken, was wir aus Wien oder Oberösterreich oder auch Kärnten kennen: Die Sache würde noch teurer, weil auch der kleine Koalitionspartner seine Leute versorgen und ein paar Duftmarken hinterlassen will. Ansonsten wird aber die alte Mehrheitspartei fast ungehindert, nur mit etwas mehr noch teurerem Sand in ihrem professionellen Getriebe weiterregieren.
Also auch hier: eine extrem schwere Entscheidung. Vor der ich mich aber auch als Niederösterreicher nicht drücken würde. Ein Wahllokal ist ja kein Schlaraffenland.
Köstlicher als die SPÖ Salzburg kann man sich wohl nicht lächerlich machen.
Die Partei hat jetzt ihren Kandidaten für den künftigen Finanzlandesrat präsentiert (falls ihn doch wieder die SPÖ nominieren darf): Es ist die Geschäftsführerin der Geschützten Werkstätten Salzburgs. Das sind bekanntlich jene Institutionen, wo Menschen wegen irgendwelcher schwerer Behinderungen unterkommen, die deswegen auf dem Arbeitsmarkt nicht unterkommen. Bei aller Sympathie für diese armen Menschen hätte Restintelligenz – sofern noch vorhanden – die SPÖ doch von einer solchen Entscheidung abhalten müssen, welche die Parallelen zu Partei und Politik allzu augenfällig in den Vordergrund rückt. Aber vielleicht könnte jetzt umgekehrt der frühere Finanzlandesrat in einer Geschützten Werkstätte unterkommen. Ein Mann, der zwei Monate braucht um herauszufinden, wie denn eigentlich ungefähr der Kassastand ist, für den er hauptberuflich zuständig wäre, ist ja auf dem normalen Arbeitsmarkt keinesfalls mehr vermittelbar.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Wenn am Sonntag die Landtage in Niederösterreich und Kärnten zu wählen sind, zeigt sich gerade am Beispiel dieser Bundesländer, wie sinnentleert die derzeitige Form des Föderalismus ist. Die Landtage, eigentlich zur parlamentarischen Kontrolle der Landesregierungen bestimmt, versagen in diesen Ländern permanent. Statt die Regierenden zu kontrollieren, hat die Mehrheit der Mandatare zugedeckt, geschwiegen, teilweise mitgemacht. Die Mehrzahl der Damen und Herren verstanden/verstehen sich offenkundig als Abnickmarionetten, denen kein zustimmendes Zeichen zu blöd war/ ist, wenn es gilt, Korruption, Misswirtschaft oder antidemokratisches Gehabe abzusegnen. Kärnten wird schon lange als Land der Rechtsverdreher und Rechtsverweigerer (© Falter-Chefredakteur Armin Thurnher) national und international gesehen. Da geht es nicht nur um die Geldvernichtungsmaschine Hypo Alpe Adria, die Korruption beim Bau des Fußballstadions, den Stimmenkauf durch "Bar aufs Handerl"-Gesten der Regierenden. Das sind Zustände, die mit Demokratie nur mehr begrenzt etwas zu tun haben. Ebenso wie in Niederösterreich, wo ein Landehauptmann regiert, der das Land als sein persönliches Eigentum betrachtet. Jene, die sich im größten Bundesland wirklich auskennen, sagen offen: "Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte." Jegliche Aufklärung von Milliardenverlusten wird verhindert. Die Kritik am LH wird als Majestätsbeleidigung gebrandmarkt. So schlimm der Salzburger Finanzskandal ist: Während im Westen immerhin ein U-Ausschuss tätig ist, feiert in Ost und Süd die Korruption fröhliche Urständ. Besser ist die Forderung nach Auflösung der Landtage nicht zu untermauern.
Andreas Unterberger
Keine Frage: In der heutigen Form sind Landtage extrem sinnarm. Das merkt man in Wien, wo Landtag und Gemeinderat identisch sind: Dort ist die Arbeit als Gemeinderat etwa zehn Mal so umfangreich wie jene des Landtags. Der simple Schluss ist daher: Abschaffen! Alle Macht nach oben! Solche Rufe übersehen jedoch etwas in einer Demokratie Entscheidendes: Alle Studien zeigen, dass sich die Österreicher emotional weit enger mit Gemeinde und Bundesland verbunden fühlen als mit Bund oder gar Europa.
Trotzdem ist es keineswegs sinnvoll, dass hierzulande alle paar Kilometer eine andere Bauordnung gilt; dass auch die Zusammensetzung des Nationalrats großteils von den Landesparteiobmännern bestimmt wird statt von jenen, die im Bund Verantwortung tragen; dass die Bundesländer im Gegensatz zu Gemeinden und Bund noch nie ernsthaft sparen mussten; dass manche Länder nicht einmal eine Ahnung vom Stand ihrer Finanzen haben.
Die richtige Lösung kann nur kluge Subsidiarität sein. Also: So viel Macht nach unten wie sinnvoll. Dabei müssten die Landtage, um existenzberechtigt zu bleiben, selbst die Einhebung aller Gelder verantworten, deren Ausgabe sie beschließen. Nur so, durch Abschaffung des absurden Gefeilsches eines Finanzausgleichs, kann Wettbewerb entstehen. Dann kann sich das eine Land seiner niedrigen Abgaben brüsten, das andere, die meisten Kreisverkehre, Sommerfestivals, Agitatoren in Dokumentationsarchiven und Museen für drittrangige Künstler zu haben. Da können die Bürger dann selbst entscheiden, was ihnen wichtig ist. Da wären dann die Zeiten vorbei, wo Landeshauptleute wie Feudalherren (Steuer-)Geld an Günstlinge verstreuen. Da könnten dann viele Österreicher noch viel stolzer auf ihr Bundesland sein.
Österreich braucht gut qualifizierte Menschen aus dem Ausland. Keine Frage. Da wir – vor allem: die bildungsnahen Eltern – zu wenige eigene Kinder produzieren, ist Import ein legitimer Versuch, da gegenzusteuern, um ein paar mehr Facharbeiter, Techniker, Forscher, potenzielle Nobelpreisgewinner anzuziehen.
Sehr erfolgreich sind diese Importversuche, also konkret die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Card, freilich nicht. Die Hauptgründe für das Desinteresse aller qualifizierten Ausländer an Österreich trotz Oper, Musikverein und Skipisten sind bekannt: Zum einen sind bei uns die Einkommensteuern für jeden gut verdienenden Leistungsträger abschreckend hoch. Zum anderen ist unsere Sprache in den Auswanderungsländern nicht gerade verbreitet; statt dessen zieht es sie primär in die englischsprachige Welt.
Jetzt ist guter Rat teuer. Es kommt jedoch nur absolut falscher Rat. Denn das, was wir am wenigsten brauchen, sind Kolumbianerinnen, die Politikwissenschaft studiert haben, und daher zu wenig verdienen, um die Rot-Weiß-Rot-Card bekommen zu können. Absolventen eines solchen Leichteststudiums, in dem man – insbesondere in Wien – außer ein paar feministischen Phrasen nichts gelernt hat, sind absolut nicht das, was Österreich irgendwie braucht. Aber genau wegen eines solchen Exempels will Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz nun die Zuwanderungsbedingungen drastisch erleichtern.
In Wahrheit hat er oder seine Partei nur deshalb die Hosen ein bisschen voll, weil die linke Seilschaft ein paar Hundert aggressive e-Mails und Tweets zugunsten der Dame verbreitet hat. Gute Nacht, Herr Staatssekretär, wenn Sie sich vor denen – samt der üblichen Gefolgschaft in ORF, Standard und Falter – gleich so fürchten. Sie sind damit endgültig in der Falle der Gutmenschen gelandet. Wenn man sich nicht traut, denen sofort klar und deutlich Nein zu sagen, treiben sie einen nämlich immer weiter vor sich her. Ohne jemals einen Dank außer gelegentlichem Schulterklopfen zu bekommen.
Bisher ist Kurz ja dieser Falle entgangen, indem er immer gesagt hat, Zuwanderung sei nicht seine Baustelle, sondern er sei nur für jene Menschen zuständig, die legal schon da sind. Diesen taktischen Schutzschirm hat nun ein einziger „Shitstorm“ umgeblasen. Jetzt wird sich Kurz der Forderungen nicht mehr erwehren können. Jetzt werden auch bald die Kirchenbesetzer von ihm mit ähnlich windigen Begründungen den Verbleib in Österreich fordern.
Für die Südtiroler Volkspartei (SVP), die den von Italien 1918 annektierten Teil des alten Habsburgerkronlands seit 1945 ununterbrochen mit absoluten Mehrheiten regiert, waren Elogen auf den „Duce“ – wie sie Michaela Biancofiore, die Bozener Statthalterin Silvio Berlusconis, und auch er selbst vor den italienischen Parlamentswahlen anstimmten – stets von Vorteil. Das stärkte ebenso wie kalte Winde aus dem römischen Süden den Zusammenhalt zwischen Brenner und Salurner Klause. So auch diesmal, die überraschenden und jedwede demoskopischen Vorwahlfühlungnahmen Lügen strafenden Ergebnisse der italienischen Wahlen in Südtirol waren vor allem für die Politiker der italienischen Rechten ernüchternd.
Die Minniti-, Urzí-, Seppi- und Holzmann-Klüngel-Klientel von „Fratelli d’Italia“, „Alto Adige nel cuore“, „Unitalia“ und anderen aus dem „Movimento Sociale Italiano“ (MSI) sowie der „Alleanza Nazionale“ (AN) hervorgegangenen Splittergruppen der „Kampfzone Alto Adige“ – wo der „schwarze“ Bodensatz des (Neo-)Faschismus nicht auf Wahlkampfzeiten beschränkt bleibt, sondern auch im politischen Alltag stets ausgeprägt in Erscheinung tritt – hatten ebenso das Nachsehen wie die „interethnischen“ Grünen. An ihrer Statt erzielte, wie in ganz Italien, wo ihr jeder vierte Wähler erlag, auch unter den ethnischen Italienern Südtirols die Klamauk-Bewegung der „Grillini“ des Komikers Beppe Grillo (mit gut acht Prozent der Stimmen) auf Anhieb einen achtbaren Erfolg.
Umfragen besagten, dass die SVP bei den Parlamentswahlen bis auf 32 Prozent abstürzen und damit keinen Abgeordneten mehr in die Kammer entsenden könnte, denn dafür waren mindestens 40 Prozent notwendig. Nun hat sie, was einem „Wunder an Eisack und Etsch“ gleichkommt, diese mit 44,2 Stimmenprozenten nicht nur überwunden, sondern auch ihre drei Kammerkandidaten Albrecht Plangger, Daniel Alfreider – er gehört der ladinischen Minderheit an – und Renate Gebhard (allesamt Neulinge) durchgebracht. Und sie kann mit Hans Berger, Karl Zeller und dem gemeinsam mit dem linken Partito Democratico (PD) im Wahlkreis Bozen-Unterland aufgestellten Parteilosen Francesco Palermo, einem ethnischen Italiener, sogar drei Senatoren nach Rom entsenden.
Dieses Ergebnis verdankt die „Sammelpartei“ – die längst nicht mehr die Anhänger der Landeseinheit hinter sich versammelt, sich mit dem Südtirol aufgezwungenen Italianitá-Korsett abgefunden und mit den römischen Umtrieben arrangiert zu haben scheint – ihrem angstmacherisch-flehentlichen Wahlslogan: „Achtung! Autonomie in Gefahr – Autonomie schützen wählen!“ Mit diesem Slogan vermochte sie ihre Anhänger noch einmal zu mobilisieren.
Die SVP ist also diesmal mit dem sprichwörtlichen „blauen Auge“ davongekommen. Denn die Freiheitlichen, die von Ulli Mair und Pius Leitner – einst ein SVP-Mann – geführte stärkste Oppositionspartei rechts von ihr, erzielte 16 Prozent der Stimmen, hat damit ihr voriges Kammerwahl-Ergebnis nahezu verdoppelt und gegenüber der Landtagswahl 2008 noch einmal um 1,2 Prozentpunkte zugelegt, womit sie sich, als zweitstärkste Partei Südtirols, weiter im Aufwind befindet. Das lässt sie für die im Herbst stattfindende Landtagswahl hoffen, die politische Macht der noch über die absolute Mehrheit (der Sitze) im Bozener Landhaus verfügenden SVP zu brechen: Leitner spricht schon von „großer Abrechnung“.
Indes feiert die SVP ihren (Pyrrhus-?)Sieg auf dünnem Eis. Denn bei Parlamentswahlen zünden Geschlossenheitsparolen – der „Feind“ im Süden, der kalte Wind aus Rom – noch immer. In der Landtagswahl am 27. Oktober zählt dies weniger. Dann dürften die Defizite der SVP, vor allem die personellen, zum Tragen kommen: Sie ist ausgelaugt, führungsschwach, von Flügelkämpfen durchgeschüttelt und durch Skandale angeschlagen.
Derlei hatte es unter Silvius Magnago, dem „Vater der Autonomie“, nie gegeben. Die Betrugsaffäre rund um die Landesenergiegesellschaft SEL belastet Landeshauptmann Luis Durnwalder, den mächtigsten Mann in der Partei, ohne den in der Südtiroler Politik seit 1989 nichts läuft. Durnwalder ist auch wegen ziemlich freihändiger Griffe in üppige Sonderfonds im Visier der Staatsanwaltschaft. Er will mit Ende der Legislaturperiode abtreten. Die Parteibasis soll demnächst auch mit Blick auf die Neuwahl des Landtags im Herbst einen Nachfolger bestimmen.
All das und anderes mehr hat das Vertrauen in die Sammelpartei der Deutsch(süd)tiroler und Ladiner demoskopisch messbar erschüttert. Schließlich weigert sich die SVP, über politische Alternativen zur angeblich „weltbesten Autonomie“ auch nur nachzudenken. Sie fühlt sich nach dem Wahlergebnis vom vergangenen Wochenende darin geradezu bestärkt. Trotz deren von Rom aus betriebener Aushöhlung propagiert sie deren Ausbau zur „Vollautonomie“. Von Silvio Berlusconi über Mario Monti bis zum Ex-Kommunisten Pierluigi Bersani ist stets die Rede davon, den Provinzen und Regionen mit Sonderstatut (Autonomie-)„Privilegien“ zu nehmen.
Und ihr Neu-Senator Palermo, den sich Parteichef Richard Theiner aufgrund seines – in der SVP umstrittenen – Wahlabkommens mit Bersanis PD quasi wie eine Laus in den Pelz setzen ließ, bekundete, die Südtirol-Autonomie sei vom „ethnischen Ballast zu befreien“. Solche Aussagen müssten eigentlich alle Warnlampen aufleuchten lassen. So wie es schon davor Montis unsägliche Einlassung getan haben sollte, wonach es sich hinsichtlich der Südtirol-Autonomie „um eine rein inneritalienische Angelegenheit“ handle. Weit gefehlt.
Stattdessen ignoriert die SVP, dass Rom nicht nur seine vertraglich verbrieften Verpflichtungen gegenüber Südtirol nicht einhält, sie nimmt offenbar auch ungerührt zur Kenntnis, dass Italien – wie die gesamte „Südschiene“ – zu den Fußkranken Europas gehört. Und Südtirol ist mit Italien selbst Teil dieses Pilzbefalls.
Schließlich: Wer 1915 die Seite wechselte, 1943 zu den Alliierten überlief – stets aus „sacro egoismo“ – auf den ist kein Verlass. Wie es in Italien politisch weitergeht, steht noch nicht fest, gleichwohl weiß man’s. Für Südtirol gilt indes für diesmal: „Alea iacta est“. Die Würfel sind gefallen. Doch das „Los von Rom“ wird stärker, folglich werden die Befürworter von Selbstbestimmungsrecht, Freistaats- oder Wiedervereinigungsidee wohl weiter Zulauf erhalten.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Journalist
Der italienische Staatspräsident ist ein Greis und ein Ex-Kommunist, aber trotzdem eindrucksvoll.
Er hat bei seinem Deutschlandbesuch den Termin mit SPD-Chef Steinbrück abgesagt, weil dieser in seiner üblichen tollpatischigen Art Silvio Berlusconi als testosterongesteuerten Clown bezeichnet hat. Dabei ist Giorgio Napolitano alles andere als ein Parteifreund Berlusconis und hat mit diesem schon etliche Sträuße ausgefochten. Dennoch hat er die nobelste Pflicht eines Staatsoberhaupts demonstriert, das eigene Land und all seine Exponenten im Ausland strikt zu verteidigen. Das ist extrem lobenswert und hängt hoffentlich nicht nur damit zusammen, dass die italienische Linke sehr bald vor Berlusconis Tür knien und um seine Senatsstimmen betteln wird müssen. Seit ich das gelesen habe, denke ich intensiv nach, wann Heinz Fischer zuletzt einen österreichischen Politiker, der nicht seiner Partei angehört, gegen Untergriffe verteidigt hat. Aber mein Gedächtnis lässt mich ja bisweilen in Stich.
Oberösterreich will eine eigene Medizinische Universität (oder Fakultät). Da hierzulande ja fast immer das geschieht, was die Bundesländer wollen, kann man fast wetten, dass noch vor den Nationalratswahlen ein diesbezüglicher Beschluss fallen wird. Allen Sparversprechen zum Trotz.
Lediglich Wissenschaftsminister Töchterle stellt sich noch tapfer gegen diese Forderung. Aber da er ja nur ein sympathischer Intellektueller und kein politisches Schwergewicht ist, wird sein Widerstand bald weggeblasen werden.
Inzwischen haben hingegen schon alle aus Oberösterreich stammenden Minister im Interesse ihres politischen Überlebens stramm und öffentlich die Forderung nach einer Linzer Medizin-Uni unterstützt, richtiger: unterstützen müssen. Darunter auch der Gesundheitsminister, der es besser wissen müsste; und – besonders beschämend – die Finanzministerin. Das ist genau jene Frau, die eigentlich unser Geld zusammenhalten sollte. Sie stellt sich so wie ihre ministerialen Landsleute lautstark hinter das Verlangen nach einer neuen Geldausgabe, während der eigentlich zuständige Wissenschaftsminister skeptisch den Kopf wiegt.
Er hebt sich damit positiv von seinem Vorgänger Erhard Busek ab, der einst Krems eine eigene Universität zugestanden hat. Von dieser weiß aber bis heute niemand so richtig, wer sie eigentlich braucht außer den Druckereien, die schöne Hochglanzprospekte drucken. Ja, und natürlich hatte sie auch der niederösterreichische Landeshauptmann gebraucht, der dem - damals - schwarzen Krems etwas zukommen lassen wollte, nachdem das rote St. Pölten die Landeshauptstadt bekommen hatte (die selbst wieder ein eigenes Kapitel an Steuergeldverschwendung ist).
Aber ist nicht in der Tat die oberösterreichische Argumentation zwingend, dass es bald keine Landärzte mehr geben wird, wenn es nicht neue Medizin-Ausbildungsplätze gibt? Dass das besonders in einem so großen Flächenbundesland wie Oberösterreich problematisch werden wird?
Nein, diese Argumentation ist nicht zwingend. Zwar wird es in der Tat zunehmend schwieriger, Ärzte für Ordinationen draußen im Mühlviertel oder in anderen abgelegenen Gegenden zu finden. Zwar ist in der Tat die (aus sachlichen Gründen unumgängliche) Limitierung bei der Zulassung zum Medizinstudium für viele junge Möchtegern-Mediziner eine menschliche Katastrophe, werden sie doch vom ersehnten Arztberuf abgehalten. Worauf sie dann mit dem völlig überlaufenen Biologie-Studium Vorlieb nehmen.
Dennoch liegt das Problem nicht an der Limitierung der Ausbildungsplätze. Das zentrale Problem ist die schlechte Bezahlung vieler Ärzte. Oder umgekehrt: die viel bessere Bezahlung für junge Ärzte in etlichen anderen europäischen Ländern, insbesondere in Deutschland. Dort wird besonders gut bezahlt, denn dort besteht jetzt schon ein wirklicher Ärztemangel. Wenn alleine beim großen Nachbarn schon zweitausend österreichische Ärzte arbeiten – mit jährlichen Zuwachsraten von zehn Prozent! – dann sollte sich niemand wundern, dass es schwer geworden ist, Ärzte für Kassenordinationen im Mühlviertel zu finden. Die wird man aber auch dann nicht finden, wenn man noch ein paar weitere Medizin-Universitäten baut.
Zwischen Österreich und Deutschland besteht ja sogar eine doppelte Schmarotzersituation. Zum einen wandern so viele österreichische Jungmediziner hinaus. Und zum anderen bildet Österreich zugleich um teures Geld zahlreiche junge Deutsche zu Ärzten aus, die dann ebenfalls fast alle in ihr Heimatland zurückgehen. Auf Grund der rätselhaften Judikatur des EU-Gerichtshofs können sie nämlich in Österreich ohne Rücksicht auf den daheim geltenden Numerus clausus studieren. Es ist juristisch nicht einmal sicher, ob wenigstens die österreichische Notbremse letztendlich halten wird, die zumindest 75 Prozent der Studienplätze für einheimische Studenten reserviert. Dabei ist ein Medizinstudium (hinter den pikanterweise vor allem von Ostasiaten konsumierten Kunststudien) eines der teuersten. Aber das kümmert ja den EuGH nicht.
Daher sähe die logische Lösung ganz anders aus, als oberösterreichische Politiker sie sich vorstellen: Österreichs Gesundheitssystem müsste dafür sorgen, dass jeder Medizinabsolvent umgehend einen guten Turnus- oder Ausbildungsplatz in einem Spital bekommt. Österreich müsste um einen Bruchteil des Geldes, das eine Medizin-Uni kostet, die Kassenärzte besser honorieren und die jungen Spitalsärzte besser entlohnen. Solange aber jeder Installateur für einen Hausbesuch um ein Vielfaches besser entlohnt wird als ein Kassenarzt, wird die Malaise die gleiche bleiben. Solange junge Spitalsärzte mit unzähligen Überstunden auch jene unqualifizierten Arbeiten machen müssen, für die sich Krankenschwestern auf Grund der Stärke ihrer Gewerkschaft in öffentlichen Spitälern zu gut sein können, wird selbst bei gleicher Bezahlung der deutsche Spitalsjob oft viel interessanter sein.
Vielleicht müsste ein Teil des nötigen Geldes auch gar nicht von der öffentlichen Hand kommen. Denn wenn einmal die schlechte Bezahlung der jungen und der Kassenärzte gebessert worden ist und alle Posten besetzt sind, dann würden vermutlich die exorbitant guten Verdienste der Herren Professoren und Primarii auf Grund der Marktmechanismen ein wenig abschmelzen. Ohne dass die deswegen gleich am Hungertuch nagen müssten.
Und wenn dann Oberösterreich trotz allem noch eine Medizin-Universität haben will, dann könnte es das machen, was in Salzburg mit Erfolg getan wurde: Es könnte eine Privatuniversität gründen, wo die jungen Menschen durchaus ordentlich für eine Ausbildung zahlen müssten, die ihnen später ein gutes Einkommen und vor allem einen befriedigenden Beruf ermöglicht.
Nur ein paar Zehntelprozent mehr für Silvio Berlusconi im Abgeordnetenhaus, und der geliftete und haartransplantierte Expremier hätte in beiden Kammern des italienischen Parlaments die Mehrheit. Das ist nicht das einzige, was am nunmehr definitiven Wahlergebnis erstaunlich ist. Es ist auch noch in vielerlei anderer Hinsicht extrem lehrreich. Auch für Europa.
Die erste Lehre muss aber der Tagebuchautor ziehen: Er hat sich gestern im Vertrauen auf die Exit Polls zu früh an den Computer gesetzt und ein Ergebnis analysiert, das dann so nicht eintraf. Aber die Sprache der Exit Polls schien diesmal so deutlich, dass am Ergebnis kein Zweifel zu bestehen schien. Werch ein Illtum. Ich habe – als Zeichen der versprochenen Ehrlichkeit – den falsch liegenden Kommentar aber nicht gelöscht, sondern kann ihn nur bedauern.
Zweitens sollten wir alle endlich die richtige Bewertung von Umfragen lernen. Die Italiener haben nicht nur bei den Exit Polls, sondern auch bei sämtlichen Befragungen der letzten Monate in hohem Ausmaß die Unwahrheit gesagt. Sie haben anders gestimmt, als sie es vor und(!) nach der Stimmabgabe neugierigen Meinungsforschern gesagt haben. Dieses Phänomen ist ja auch in Österreich bekannt. Da steht die FPÖ am Wahlabend regelmäßig viel besser da, als die Umfragen davor indiziert hatten. Mit anderen Worten: Je mehr eine Partei medial verteufelt wird, umso weniger geben die Menschen deren Wahl zu, wenn sie danach befragt werden.
Die dritte Lehre: Zweikammersysteme mit gleichen oder ähnlichen verfassungsrechtlichen Kompetenzen sind ein Unding. Es ist schon schwer genug, ein Land zu regieren, wenn man eine klare Mehrheit hat (wie es derzeit noch die österreichische Koalition hat). Das wird aber absolut unmöglich, wenn zwei gleichberechtigte Parlamentskammern politisch konträr zusammengesetzt sind. Daher die Kollateral-Lehre für Österreich: Alle Ideen, den Bundesrat „aufzuwerten“, also ihm mehr Gleichberechtigung zu geben, sind schlecht für die Regierbarkeit des Landes (und nur gut für das Ego von ein paar Funktionären).
Viertens, und damit zum eigentlichen Wahlergebnis: Wenn man es auf einen Satz bringen will, bedeutet es ein kollektives Götzzitat der italienischen Wähler an die politisch-mediale Klasse. Nobler formuliert: Das Land hat donnernd Nein gesagt, ohne zugleich zu irgendetwas Ja zu sagen. Und wenn man versucht, kollektiv zu psychologisieren (was natürlich problematisch ist), dann ist die in Italien entstandene „Grande Confusione“ durchaus gezielte Absicht der Wähler gewesen. Denn damit haben sie jede Form von klaren gesetzgeberischen Entscheidungen blockiert (die ohnedies nur unangenehm wären). Sie können aber zugleich besser denn je lautstark über die Unfähigkeit der politischen Klasse lamentieren.
Fünftens: Auch wenn politisch korrekte Kommentatoren nun den unerwarteten Erfolg Berlusconis bejammern: Das eigentliche Drama liegt wo anders. Das besteht in der dramatisch abgesunkenen Wahlbeteiligung sowie in dem gigantischen Erfolg der Anarchie-Liste des Beppe Grillo. Beides bedeutet eine klare Absage an alles. Wenn jeder vierte Italiener nicht zur Wahl gegangen ist, und wenn von den Wählern jeder vierte für den dauerschimpfenden Komiker gestimmt hat, dann schrumpfen die Ergebnisse für Bersani, Berlusconi, Monti und Dutzende Kleinstparteien in ihrer Bedeutung noch mehr zusammen. Die Italiener wollen keine Verantwortung übernehmen. Das ist ihnen am liebsten.
Damit ist, sechstens, Mario Monti fast zwangsläufig zum großen Verlierer geworden. Wer dieses Land zum Verantwortungsbewusstsein zwingen will, ist offenbar selber schuld. Wer Wähler vor die Alternative stellt: „Notwendige Austerität oder lustige Schuldenmacherei?“ bekommt diese Antwort. Davon lebt ja auch die SPÖ.
Die nächste und siebente Frage lautet natürlich: Wie kann‘s jetzt weitergehen? Da schwebt sofort die Idee von neuerlichen Wahlen in der Luft. Meine persönlichen Erfahrungen mit der italienischen Politik deuten aber stärker in eine andere Richtung: Italien könnte nach ein paar Wochen der Turbulenzen für ein Jahr oder so eine große Koalition bekommen. Aus mehreren Gründen.
Berlusconi ist in Wahrheit heilfroh, seine Wahlversprechungen (Steuerabschaffung und -rückzahlung) nicht verwirklichen zu müssen. Er hat auch schon im Wahlkampf vorausschauend gesagt, er möchte jetzt lieber Wirtschaftsminister als Regierungschef werden. Und vor allem: In einer Koalition mit der Linken hat er die besten Chancen, die gegen ihn ununterbrochen anrollende Prozessflut einzudämmen. Egal ob die Prozesse nun politisch oder sachlich-objektiv motiviert sind. In seinen sachpolitischen Forderungen wird er daher extrem handzahm sein.
Die Linke hat trotz ihres Berlusconi-Hasses umgekehrt fast keine andere Wahl: Sie hat die absolute Mehrheit in der Kammer und kann daher nicht sagen „Ohne uns“. Und eine Vereinbarung mit Grillo ist mit Sicherheit noch zehnmal unverlässlicher als eine mit Berlusconi. Dieser hat ja etwa trotz seiner vielen schillernden Auftritte ein Jahr lang die Reformen Montis mitgetragen (die ja auch zum Teil schon lange auf seinem Programm gestanden waren!). Und der gevifte Taktiker Berlusconi hat erst dann auf Wahlkampfmodus geschaltet, als er den Wechsel der Stimmung im Lande gespürt hat. Zugleich will die Linke – vor allem die hinter ihr stehenden Gewerkschaften – ja gar nicht die unpopulären Reformen, zu denen sie ein Bündnis mit Monti gezwungen hätte.
Achtens sollte man auch eine positive Seite nicht übersehen: Die radikalen Kommunisten (die seltsamerweise mit einer starken Richtergruppe verbündet sind) wurden aus dem Parlament hinausgewählt. Ebenso einige andere bekannte Selbstdarsteller wie etwa der bisherige Parlamentspräsident Fini.
Neuntens hat die italienische Wahl große internationale Dimensionen. Die wichtigste davon ist der enorm stark gewordene antideutsche Reflex. Zum dritten Mal nach Griechenland und Frankreich hat ein solcher Reflex in einem Wahlkampf eines europäischen Landes eine entscheidende Rolle gespielt. Darauf seien die Rhetoriker hingewiesen, die ständig alles loben, was die EU macht, weil sie ein so tolles Friedens- und Versöhnungswerk ist. Die Deutschen zahlen und zahlen und haften und haften, bis sie nicht mehr können. Und sie werden dafür mehr denn je geohrfeigt. Ein Friedenswerk?
Grillo und Berlusconi haben so getan – und offenbar damit Gehör gefunden –, als ob Angela Merkel das Problem des Landes wäre. Und nicht die seit Jahrzehnten angehäuften Schulden, die Überregulierung und gleichzeitige Disziplinlosigkeit, sowie der aus Schuld der katholischen und linken Illusionisten überdimensionierte Sozialstaat. Eine solche Schuld-Übertragung ist zwar psychisch sehr angenehm, aber ein entscheidendes Hindernis für eine wirkliche Reform des Landes.
Die europäische Dimension des Wahltages kann gar nicht ernst genug genommen werden: Jeder vernünftige Mensch müsste spätestens jetzt erkennen, dass Europa im Mai 2010 mit der gegenseitigen Haftungsübernahme auch für extreme Verantwortungslosigkeit einen, wahrscheinlich den, historischen Fehler begangen hat. Die EU-Politiker haben einfach den menschlichen Faktor nicht begriffen. Die Mehrheit der Menschen vor allem in den Mittelmeerländern sieht keinen Grund, freiwillig Unangenehmes zu beschließen, solange jemand Dritter zahlt. Warum sollten sie auch?
Damit ist wohl endgültig das Gerede als Schall und Rauch erwiesen, dass die – völlig unfinanzierbaren! – Haftungen und Kredite und EZB-Versprechungen einen sinnvollen befristeten Schutzschirm aufbauen würden, hinter dem sich Griechenland und all die anderen zielgerichtet reformieren und sanieren würden. Sie tun es aber nicht. Von Griechenland bis Portugal wird nicht einmal annähernd im spürbaren Ausmaß saniert und reformiert. Das ist auch völlig überflüssig, wenn Berlin und die EZB offenbar auf Dauer eh alles zahlen. Die in Südeuropa gezogene Lehre: Wer einmal – entgegen den ausdrücklichen vertraglichen Pflichten! – einer Erpressung nachgibt, der wird wohl immer nachgeben. So glaubt man zumindest derzeit. Weshalb ja auch die deutschen Zinsen signifikant steigen.
Zehntens, letztens und trotz allem: Auch das verantwortungslose Ergebnis der italienischen Wahl kann nicht als Absage an die Demokratie interpretiert werden. Denn zum einen würde auch ein autoritärer Herrscher nicht verantwortungsbewusster regieren. Im Gegenteil. Er würde nur die kritischen Berichte darüber verbieten, bis alles zusammenkracht. Und zum anderen funktioniert Demokratie immer dann und nur dann gut, wenn Entscheidungen und Folgen zusammenfallen. Wenn also die direkt oder indirekt aktiven Wähler auch die Folgen ihrer Abstimmung zu tragen haben. Und wenn sie keine Chance haben, dass (in Österreich) der Bund oder (in der Eurozone) die Deutschen die Zeche für andere politische Ebenen zahlen.
PS.: Köstlich war ein ORF-Auftritt des langjährigen Vranitzky-Mitarbeiters Karl Krammer im ORF. Der Mann, der vielfältige Beziehungen nach Italien und damit große Kenntnis über das Land hat, hat zu Recht die Dramatik des Grillo-Erfolgs beklagt. Der auf der üblichen Medienschiene fahrende ORF-Moderator wollte ihm statt dessen ständig Entsetzen über Berlusconi entlocken. Was der kluge Krammer aber total vermied. Worauf wiederum der Moderator völlig entgeistert war.
Als gäbe es kein Morgen. Vom Pferdefleisch bis zu den Studiengebühren: die Vernunft hat jetzt auch in Deutschland weitgehend ausgedient und wird nun sogar beim einst wegen seiner Selbstdisziplin bewunderten größten Land Europas zunehmend durch nackten Populismus ersetzt. Diesem sind die Zukunftsauswirkungen der eigenen Entscheidungen völlig wurscht. Zumindest in der Politik.
Ein besonders dramatisches Exempel ist Bayern. Da hat die CSU nun entgegen ihrer bisherigen Linie beschlossen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Ein von den sogenannten Freien Wählern initiiertes Volksbegehren mit rund 14 Prozent Wählerunterstützung hat bei der Mehrheitspartei die Überzeugung wachgerufen, dass sie die zwei großen heurigen Wahlen – Landtag und Bundestag – nur dann erfolgreich bestehen könne, wenn sie diesen beiden Uralt-Forderungen von Rot-Grün nachgibt.
Die FDP als kleine Koalitionspartei, die sich als einzige bis zuletzt gegen dieses Studentenprivileg gestellt hatte, ist wieder einmal umgefallen. Sie konnte die an sich völlig logische Forderung nach einer vorherigen Abhaltung einer echten Volksabstimmung gegen die CSU nicht durchsetzen. Und dass Studiengebühren ein Privileg ist, sieht man schon allein am Vergleich zu gleichaltrigen Nichtstudenten. Die müssen jede Fortbildung teuer bezahlen oder jemanden finden, der sie ihnen bezahlt. Obwohl die meisten dieser Fortbildungen weit sinnvoller sind als so manche Studien.
Ebenso erfolgreich ist der Linkspopulismus in Sachen Pferdefleisch. In Deutschland wie in Österreich. Denn alle Lebensmittel, bei denen DNA-Tests Restspuren von Pferdefleisch zeigen, müssen vernichtet werden. Dabei ist keine einzige dieser Fleischproben mit Pferdefleisch-Anteilen gesundheitsschädlich oder sonst irgendwie gefährlich.
Der Vorschlag eines CDU-Abgeordneten, die aus den Regalen entfernten Lebensmittel doch Hilfsorganisationen gratis zur Verfügung zu stellen, ist auf vehementen Protest der Linken gestoßen. Mit den üblichen schwachsinnigen Klassenkampf-Phrasen, von wegen Zweiklassengesellschaft und so. Aber auch die Caritas liegt wie immer in einem Bett mit der Linken und weist den Gedanken hochmütig zurück.
Dabei sind es genau dieselben Linkspopulisten, die ständig noch mehr Geld für die nach ihren Worten angeblich so katastrophal darniederliegende Armutsbekämpfung fordern. Zu diesem linken Schwachsinn kommen dann noch die Juristen, die aus anderen Gründen Bedenken haben, falsch deklariertes Fleisch weiterzuschenken. Es könnte ja eine Gewährleistungsverletzung vorliegen. Man fasst es nicht.
Auf ähnlicher Linie liegt das jüngste Einschwenken von CDU/CSU und FDP auf die Einführung eines Mindestlohns. Die Tatsache, dass gerade die hohen Mindestlöhne in etlichen Ländern die Arbeitslosigkeit in die Höhe getrieben haben, ist offenbar angesichts des Umstands egal geworden, dass im Herbst Wahlen kommen. De Arbeitslosen können jetzt nur noch hoffen, dass die noch ausstehenden Details des Mindestlohn nicht allzu schädlich gestaltet sein werden.
Das alles macht auch den gelernten Österreicher natürlich angst und bange. Denn auch hierzulande stehen Wahlen bevor. Chefpopulist Werner Faymann hat ja schon vor der letzten Wahl tief in den Staatsschatz (=Staatsschulden) gegriffen und Milliarden unters Volk schmeißen lassen, was mutmaßlich – zusammen mit der „Krone“-Hilfe – seine Niederlage etwas geringer als prophezeit ausfallen hat lassen. Und diesmal sind die Umfrage-Prognosen für ihn und die Koalition ja noch viel schlechter.
Daher ist die Wette leicht, dass Faymann wieder Ähnliches versucht, wenn es doch sogar die deutschen Bürgerlichen tun. Ist vielleicht die Attacke der Gewerkschaft auf die 40-Stundenwoche schon ein Vorreiter des nächsten Wahlpopulismus der Genossen?
Italien wird also künftig voraussichtlich von der Linken regiert, obwohl Silvio Berlusconi und Beppe Grillo viel stärker abgeschnitten haben als prophezeit. Der Sieg der Linken ist das, was die meisten europäischen Medien und Politiker (auch jene der Rechten) gewünscht haben. Die Prophezeiung ist freilich nicht schwer, was das für Italien und Europa wirklich bedeuten wird. (Mit nachträglicher Ergänzung: Hat die Linke doch nicht gesiegt?)
Positiv ist zweifellos, dass die Versprechung einer Rückzahlung von Steuern und die Drohung mit einem Austritt aus der EU oder zumindest einem EU-Referendum vom Tisch sind. Diese Austrittsdrohung hatte ja der Oberpopulist Beppe Grillo ausgepackt – fast als konkreteste seiner vielen sonst sehr wirren Ankündigungen. Aber auch Silvio Berlusconi, der selbst lange durchaus ein loyaler Europäer war, hat sich ihr in den Wirren des Wahlkampfs teilweise angeschlossen. Zumindest mit seinen untergriffigen antideutschen Attacken und seiner Forderung nach einem Austritt aus dem Euro hat sich Berlusconi sehr antieuropäisch positioniert.
Ein Verbleib Italiens in der EU, jedoch ein Austritt aus dem Euro wäre gar keine schlechte Medizin für das Land gewesen: Denn bei einer Rückkehr zur Lira hätte Italien den ständigen Hang seiner Gewerkschaften und seines Handels zu überproportionalen Lohnerhöhungen durch regelmäßige Abwertungen regelmäßig wirkungslos machen können.
Italien bleibt also überall drinnen. Offenbar im Glauben, das wäre ein harmloserer Weg. Mit Sicherheit wird sich dieser Irrtum noch im Laufe des heurigen Jahres herausstellen. Denn Italien hat auf diesem Weg bei der Bürokratie, bei der Lohnhöhe oder beim Arbeitsmarkt die allermeisten schmerzhaften und unpopulären Maßnahmen noch vor sich. Der vielgepriesene Mario Monti hat ja die meisten wirklichen Reformen nicht gewagt oder gegen den Widerstand des Parlaments durchgebracht.
Und jetzt soll man ernsthaft glauben, dass Monti zusammen mit der demokratischen Linken das in der neuen Regierungsmehrheit zusammenbringen wird? Mit Ex-Kommunisten, Linkskatholiken und Noch-immer-Kommunisten unter Führung des vielleicht gutmeinenden, aber schwachen Pierluigi Bersani? Das kostet ein leises Lächeln. Denn diese bunte Allianz hat einen einzigen gemeinsamen Nenner: "Hinweg mit Berlusconi!" Dafür hat sie offenbar auch ausreichende Unterstützung gefunden. Die ewigen Probleme Berlusconis mit der Justiz und jungen Mädchen sind ja in der Tat nicht mehr sehr attraktiv, sodass seine neuerliche relative Stärke eigentlich sehr überraschend ist.
Anti-Berlusconi als einziger Konsens der Wahlsieger ist alles andere als eine funktionierende Basis für echte Reformen oder auch nur eine dauerhafte Regierungsstabilität. Das werden wir mit Sicherheit noch allzubald erleben, auch wenn in den nächsten Stunden die begeisterten Kommentare europaweit die Tonlage vorgeben werden.
Eine Linksregierung, die ernsthaft eine Konfrontation mit den in Italien wie fast überall reformresistenten Gewerkschaften eingehen würde oder überhaupt könnte, ist noch nicht erfunden. Das gilt noch viel stärker bei einer Regierungsmehrheit, deren Führer Pierluigi Bersani den Bruch mit den radikalen Noch-immer-Kommunisten nicht einmal versucht hatte. Diese Erfahrung wird Mario Monti bald machen, der ja ganz auf die demokratische Linke gesetzt hatte, obwohl sie seinen Wunsch nach einem Bruch mit der radikalen Linken nicht erfüllt hatte.
Und mit ihm wird das Europa lernen. Mildernd an der italienischen Tristezza wirkt sich nur die Tatsache aus, dass Italiens Norden industriell auf einem sehr hohen Niveau steht. Der Rest des Landes, einschließlich des alimentiersüchtigen Südens steht freilich ganz wo anders. Daher wird es spannend sein zu sehen, wann den jetzigen Italien-Jublern der Jubel vergangen sein wird. Alleine die Tatsache, dass Mario Monti weit abgeschlagen nur auf dem vierten Platz gelandet ist, sollte eigentlich jetzt schon für Ernüchterung sorgen.
Nachträgliche Ergänzung: Diese Analyse wurde unmittelbar nach den ersten Exit Polls verfasst, die noch einen klaren Sieg der Linken versprachen. Mit Fortschreiten der Auszählung wurde jedoch immer wahrscheinlicher, dass überraschenderweise doch Berlusconi im Senat die Nase vorne haben könnte. Daher könnte es auch zu einer gegenseitigen Blockade zwischen Senat und Abgeordnetenhaus kommen. Daher könnte der Auszählungsprozess noch relativ lange sehr spannend bleiben. Das einzige, was sich aber jetzt schon definitiv sagen lässt: Wieder einmal haben sich all jene Verfassungen als absurd erwiesen, die zwei praktisch gleichberechtigte Kammern haben, welche sich gegenseitig blockieren können. Die USA sind ja derzeit auch ein solches Modell, das von einer Blockade in die nächste rutscht..
Heinz Fischer ist ein Schönwetterkapitän. Wenn die See ruhig und kein Windhauch zu spüren ist, dann läuft er zur Höchstform auf. Bei Festspieleröffnungen, Empfängen, Ansprachen im Staatsfunk und anderen wichtigen Anlässen hat der Bundespräsident seine großen Momente. Da gibt Fischer den weisen Staatslenker, den Mahner und unermüdlichen Kämpfer für mehr Demokratie und Gerechtigkeit. Das klingt dann so: „(…) ist die Demokratie unter Garantie jene Regierungsform, die uns die größte Chance auf eine freie Entwicklung des Einzelnen und der ganzen Gesellschaft gibt. (…) Allerdings muss jede Generation ihren Kampf um Demokratie aufs Neue führen.“
Dem kann man nur vollinhaltlich zustimmen. Allerdings müssten den schönen Worten auch Taten folgen. Sonst verkommen solche Appelle zu Sonntagsreden ohne jede Substanz und Glaubwürdigkeit. Sie sind dann nur noch eine beliebige Aneinanderreihung von bedeutungslosen Phrasen und Worthülsen. Es ist ein Leichtes, den entschlossenen Kämpfer für Demokratie zu mimen, wenn ohnehin kein Mut erforderlich ist und jeder Beifall klatscht.
Und da hat es das Schicksal gut mit Heinz Fischer gemeint, ist seine Politkarriere doch bisher in überwiegend ruhigen Bahnen und recht harmlosen Zeiten verlaufen. Und wenn es doch ab und an mal etwas brenzliger wurde, dann… Okay, auch wenn die Versuchung groß ist, sollte man ein gewisses Kreisky-Bonmot nicht überstrapazieren.
Denn man muss gar nicht so weit in die Vergangenheit zurückgehen um festzustellen, dass bei Heinz Fischer das meiste nur Fassade ist. Sobald leichter Gegenwind aufkommt und die See auch nur etwas rauer wird, ist er mit Sicherheit der falsche Mann auf der Brücke, zumindest für seine Passagiere. Dann nämlich kommen zwei für einen Bundespräsidenten denkbar schlechte Eigenschaften zum Vorschein: Parteilichkeit und Rückgratlosigkeit.
Heinz Fischer war immer ein braver roter Parteisoldat. Und zwar einer des linken SPÖ-Flügels. Das hat sich bis heute nicht geändert. Auch eine große Kämpfernatur war er nie. Beides hat ihm nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Trotz oder gerade wegen seiner Charakterzüge haben es SPÖ, die linke Kulturszene und die politisch korrekten Medien hervorragend verstanden, dem Wahlvolk Heinz Fischer als aufrechten und mutigen Staatsmann und Demokraten zu verkaufen.
Eine Täuschung, wie zwei Beispiele zeigen, ein etwas älteres und ein aktuelles. Situationen, bei denen ein Staatsoberhaupt eine klare unmissverständliche Position hätte beziehen müssen. Wo es tatsächlich um demokratische Grund- und Richtungsfragen gegangen ist.
Man erinnere sich an den so genannten Karikaturenstreit. Im Jahr 2006 war die islamische Welt in Aufruhr, dutzende Menschen wurden getötet. Auslöser war eine Serie von Mohammed-Karikaturen, die in einer dänischen Tageszeitung erschienen waren.
Auch Heinz Fischer bezog in damals öffentlich Stellung. Er sprach in einer Festrede in Deutschland von einer „unsensiblen journalistischen Vorgangsweise“ und von einem „verantwortungsvollen Umgang mit Grundrechten, für Respekt gegenüber religiösen Gefühlen, für Toleranz und Dialog (…)“
Der Bundespräsident hat mit dieser Aussage das Fundament unseres westlich-demokratischen Systems, zu denen nun mal Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst gehören, ganz beiläufig mit ein-zwei Sätzen ein Stück weit ausgehöhlt. Nach dem Motto: Meinungsfreiheit schön und gut, aber… Auch der inflationäre Gebrauch von Worten wie Dialog und Toleranz macht die Sache um nichts besser.
In einem Rechtsstaat brauchen Journalisten und Künstler nicht sensibel zu sein, es genügt, wenn sie sich an die bestehenden Gesetze halten. Dafür muss jeder aufrechte Demokrat uneingeschränkt einstehen, ohne Wenn und Aber und ohne jedes Geschwurbel, das manche für umsichtig und diplomatisch halten mögen, das in Wahrheit aber nur feige und/oder verlogen ist. Wenn Wind aufkommt, trennt sich eben die Spreu vom Weizen.
Meinungsfreiheit, Rechtsstaat und Demokratie gibt es nicht gratis. Unsere westlichen Werte muss man immer wieder aufs Neue verteidigen und das nicht nur in Sonntagsreden.
Auch im Konflikt um die Votivkirchenbesetzung hat sich Heinz Fischer nicht gerade mit Ruhm bekleckert. In einem kurzen Brief an die „Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche“ betont Fischer gleich mehrmals, dass er sich als Bundespräsident nicht über bestehende Gesetze hinwegsetzen könne:
„(…) Wir können uns auch in einer tragischen und heiklen Situation nicht über die Gesetzeslage, über Gerichtsentscheidungen oder über die Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche in Österreich hinwegsetzen. (…) Es muss aber in diesem Zusammenhang noch einmal betont werden, dass die verfassungsmäßigen Rechte des österreichischen Bundespräsidenten keine Grundlage dafür schaffen, dass ich mich in einzelne Verfahren einschalte (…) Ich hoffe, Sie spüren und glauben mir, dass ich Ihnen wirklich helfen möchte, aber ich kann meinen verfassungsmäßigen Spielraum nicht überschreiten.“
Ja, wenn er nur könnte. Denn wollen würde er offenbar schon, wären da nicht die (lästige?) Verfassung und die Gesetze. Heinz Fischer bedauert es regelrecht, dass er seinen „verfassungsmäßigen Spielraum nicht überschreiten darf.“ Was will er uns damit sagen? Ob es ihm wohl lieber wäre, diesen Spielraum ab und an und nach eigenem Gutdünken zu dehnen und zu erweitern, selbstverständlich nur für die gute Sache – oder besser – was Heinz Fischer für eine solche hält.
Auch hier wären klare Worte und eine eindeutige Position gefragt und nicht dieses unwürdige sich permanent und unterschwellig für unseren Rechtsstaat entschuldigende Gejammer. Ja, Heinz Fischer darf seinen verfassungsmäßigen Spielraum nicht überschreiten. Und das ist, wie sein Brief zeigt, auch gut so.
Es gehört eben zum Wesen einer Demokratie, dass nicht einzelne Personen, selbst wenn sie an der Spitze des Staates stehen, über Gesetze und deren Einhaltung eigenhändig entscheiden dürfen. Um es nochmals mit den Worten Heinz Fischers zu sagen „muss jede Generation ihren Kampf um Demokratie aufs Neue führen“. Auch dann, wenn es dem Staatsoberhaupt nicht passen sollte.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Vor kurzem ist sein Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen.
„Demokratie … ist institutionalisierte Ungewissheit“: Mit diesen Worten endet Jan-Werner Müllers Buch „Das demokratische Zeitalter. Eine politische Ideengeschichte Europas im 20. Jahrhundert“ (Suhrkamp 2013). Es ist ein Streifzug durch das an politischen Extremen reiche vergangene Jahrhundert. Seine Protagonisten sind Wissenschaftler, Agitatoren, Revolutionäre, Politiker, Philosophen, Schriftsteller – und ihre Ideen. Viele Gedanken sind „schlagend geworden“, manche dann sogar tödlich.
Es wurde für viele Bewohner Europas eine „bittere Erfahrung, dass die gelehrten Worte der Philosophen, so unverständlich und absurd sie dem Durchschnittsmenschen auch erscheinen mochten, auf ganz unmittelbare Weise ihr Schicksal bestimmen konnten“ (Czes?aw Mi?osz). Politische Glaubenslehren aller Art wurden produziert; nachgerade zwanghaft. Sie sollten die jeweilige politische Herrschaft – die existierende oder angestrebte – legitimieren und ihre Taten oder Untaten rechtfertigen. Dabei wurde oft auf der Klaviatur „demokratischer“ Werte gespielt; auch von jenen, die eine liberale parlamentarische Demokratie verachteten: Von den Ideologen der „Volksdemokratien“, die eine kommunistische klassenlose Gesellschaft versprachen ebenso wie von den Faschisten, die einen „Volksstaat“ theoretisierten.
Im ersten Teil seines Buches beschäftigt sich Jan-Werner Müller vornehmlich mit den marxistischen, faschistischen und nationalsozialistischen Ideen (und ihren Trägern), die allesamt – aus unterschiedlichen Gründen – durch eine Abwendung von der „liberalen Demokratie“ gekennzeichnet waren. Sie betonten ursprünglich, manche stärker, andere weniger stark – Gleichheit (nicht nur vor dem Gesetz), eine echte Einbeziehung in die politische Gemeinschaft, eine auf Dauer gestellte Teilhabe an der Politik, einen Kollektivkörper (eine „gesäuberte“ Nation oder ein sozialistisches Volk). Manche glaubten dafür einen „neuen Menschen“ erfinden/schaffen zu müssen – und wenn es denn sein musste, mit Gewalt.
„Alles Radikale, alles Gewaltsame schien bereits unmöglich in einem Zeitalter der Vernunft“. Mit diesem Satz bezog sich Stefan Zweig 1942 auf die Vorkriegsjahre bis 1914. Die Kriegsjahre zeigten die Wirklichkeit des gedanklich „Unmöglichen“; und sie begünstigten die Entwicklung von Ideen, die schon vor dem Großen Krieg existiert hatten: Des Marxismus, der nun neue, höchst verschiedenartige Blüten trieb; die Absage an die Ideen der Aufklärung, die ideologische Verherrlichung der Gewalt (z.B. bei George Sorel. Er wurde von Rechten und Linken gepriesen und „genutzt“; sein Beispiel zeigt, dass man auch als kleiner Provinzbeamter durch Schriften Revolutionäre inspirieren kann).
Auch der Rassismus wurde gedanklich lang vor dem Weltkrieg grundgelegt. Es ist nicht das geringste Verdienst dieses Buches, auf die Möglichkeiten solcher „Spätzündungen“ aufmerksam zu machen, auf die Quellen, die im günstigen Augenblick auszubrechen beginnen.
Vielfach illustriert ist die Rolle der Intellektuellen bei diesen Ideen- und Produktionsprozessen: Oft als notwendige und zu gewinnende „Second-hand-dealer“ (A. v. Hayek), manchmal als „Ingenieure der menschlichen Seele“ (J. Stalin), oft als akademische Schüler, die ihren Lehrer (M. Weber) entsetzten (G. Lukacs und E. Bloch), andere als ambitionierte oder tatsächliche Chefideologen (G. Gentile), wieder andere als Dissidenten, die nicht mit der Macht schwammen, sondern – höchst risikoreich – gegen sie ankämpften (J. Pato?ka, V. Havel, A. Michnik).
Das Zeitalter der „politischen Religionen“ (E. Voegelin) war auch nach dem 2. Weltkrieg nicht vorbei. Die Faszination, die der Kommunismus für viele Eurokommunisten (Italien, Frankreich) hatte, bestand auch dann noch fort, als im östlichen Teil Europas der Glaube an ihn im Verschwinden begriffen war.
Aber die praktische Politik war vielerorts mit anderen Fragen beschäftigt. Mit Fragen des Wiederaufbaus, der Sicherheit, der Vermeidung eines Rückfalls in totalitäre Strategien. Verfassungsgerichte sollten die neue Ordnung als ganze schützen und individuelle Rechte gewährleisten (Österreich war das dritte Land – nach den USA und Kanada – das einen eigenen Gerichtshof damit beauftragte). Für „undemokratisch“ hielt dies Hans Kelsen, anders als viele Gegner, nicht.
Eine „neue Ideologie“ müsse eine europäische sein, verkündete K. Adenauer 1952 und De Gasperi bezeichnete die europäische Föderation „als einen Mythos … im Sinne Sorels … dieser Mythos ist ein Mythos des Friedens“. Also wieder einmal Sorel…
Es entwickelte sich zunehmend und lagerübergreifend ein Glaube an „technokratische“ Lösungen für soziale und ökonomische Probleme. Die Ideale der Arbeiterselbstverwaltung blieben in den meisten Ländern auf der Strecke.
Bemerkenswert ist die Einschätzung des Autors bezüglich der Christdemokratie. Er nennt sie „die wichtigste ideologische Innovation der Nachkriegszeit und eine der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts überhaupt“. Sie trat für Subsidiarität und ein Europa ein, das „in seinem christlich-humanistischen Erbe vereint wäre, wobei über Details nicht allzu viel diskutiert wurde, solange sie unterm Strich auf Antikommunismus hinausliefen“.
Sie erklärte die Menschenrechte für unverzichtbar für eine wirklich katholische Weltanschauung; man scheute sich nicht „in der Mitte zu regieren und mit den Methoden der Rechten die Politik der Linken zu betreiben“ (G. Bidault).
Wirtschaftsliberale und sozialkonservative Katholiken fanden einen Kompromiss: „Wenn erstere die traditionelle Moral akzeptieren, fänden sich letztere mit dem Markt ab – so lautete der Deal“.
Die „Allerweltsparteien“ entstanden; langweilig, aber auch weniger gefährlich. Auch den Ideen der 68-er Bewegung(en) widmet der Autor einige Seiten. Er hat diese Zeit – so wie die davor – nicht erlebt, sondern erlesen. Sanfter Spott ist unverkennbar.
Für konservative und liberale Antitotalitäre hatten damals allerdings die Alarmglocken geschrillt, schließlich schienen „die Studenten das Parlament so sehr zu verachten, wie es die Links- und Rechtsextremen in den 1920er Jahren getan hatten." 68 schien die Webersche These zu bestätigen, dass die Herrschaft unpersönlicher Mächte wie der Technik, stets eine hocherregbare subjektivistische Kultur als vermeintliches Gegengewicht auf den Plan ruft. Er verweist aber auch auf die Verachtung, ja Wut, die die 68er mitunter von kommunistischen Intellektuellen erfuhren (P.P. Pasolini 1968: „Die Journalisten aus aller Welt (mitsamt/denen vom Fernsehen) / lecken euch (wie man glaube ich immer noch sagt in der Sprache der Uni), den Arsch. Ich nicht, Freunde / Ihr habt Gesichter von Vatersöhnchen“).
Auf die existierenden Verfassungen hatte 68 ff keine Auswirkungen. Auf die Sitten, so meint der Autor, schon. Manche diagnostizieren, dass die sozialen Beziehungen von Kindern und Eltern, Lehrern und Schülern, Vorgesetzten und Arbeitern aufgeschlossener geworden sind (U. Eco). Man kann sich auch fragen (J.W. Müller), ob es nicht auch ohne 68 zu einer Liberalisierung gekommen wäre. N. Luhmann formulierte als trockenes Resumeé: „Nach 68 konnte man über den Rasen laufen“.
Man mag über die gelegentlich geäußerte These streiten, dass es in Westeuropa auf die Intellektuellen immer weniger ankam. Für Mittel- und Osteuropa gilt sie mit Sicherheit nicht. Die Strategien der Dissidenz in den „Volksdemokratien“ waren relativ neu. Sie bestanden nicht in neuen Ideologien oder Kampfschriften, sondern u.a. in einer Art Rechtspositivismus mit unausgesprochenen politischen Absichten. Die „sozialistischen“ Regierungen (nicht alle) hatten die Helsinki-Schlussakte von 1975 unterzeichnet und damit auch den „Menschenrechtskorb“ (missachteten oder verhöhnten sie ihn gar im Stillen? Henry Kissinger tat es immerhin öffentlich).
Schon in den 60er Jahren hatte es in der Sowjetunion Versuche gegeben, mit radikalem „zivilen Gehorsam“ zu operieren. Jessenin-Wolpin versuchte eine „Revolutionierung der Art und Weise, wie Revolutionen gemacht werden“. Nach der Festnahme der Schriftsteller A. Sinjawski und J. Daniel organisierte er am „Tag der sowjetischen Verfassung“ eine Demonstration. Auf Flugblättern wurde „zur strikten Einhaltung der Gesetze“ aufgerufen, auf Spruchbändern zu: „Respektiert die sowjetische Verfassung!“ – Nach herrschender Sitte wurde er verhaftet und in die Psychiatrie eingewiesen.
Ein Jahrzehnt später trat die Charta 77 mit dem Anspruch auf, dem tschechoslowakischen Staat dabei zu „helfen“, die Helsinki-Schlussakte umzusetzen. Es war eine Konzentration auf Rechte, die der Strategie zugrunde lag. Man nahm die Regierung beim Wort. Den traditionellen politischen Kampf hielt man für aussichtslos; den Aufbau einer „Parallelgesellschaft“ nicht; nach 1989 übernahmen viele Länder, sehr zur Enttäuschung westlicher Linker, das Modell westlicher Demokratien und – oft in stärkerer Ausprägung als in Westeuropa – marktliberale Methoden.
Ein Buch wie dieses zeigt in der möglichen Kürze (ohne Anhang ca. 400 Seiten) das Aufkommen und Erodieren politischer Ideen (ihre Träger und ihre Opfer). Es vermittelt – ähnlich wie Tony Judt’s „Postwar“ – den Glauben (nein, nicht die Gewissheit!), dass wir in diesem Europa in einer besseren Zeit leben (das glaubten, siehe Stefan Zweig, auch viele Menschen vor 1914). Der Autor bemerkt nach diesem Streifzug, dass „wir mehr als einmal sahen, wie die Europäer das Vertrauen in liberaldemokratische Politik verloren haben … Es könnte sie die Dauerhaftigkeit und Flexibilität ihrer Art und Weise, seit 1945 Politik zu machen, mit einem gewissen (zweifellos gedämpftem) Gefühl des Vertrauens in vergangene Errungenschaften und zukünftige Möglichkeiten erfüllen“.
In der Nachbetrachtung ist es eine faszinierende Geschichte, voll von Aufbruchsstimmung und Scheitern, von wahnsinnigen Konstrukten und bemühten Visionen, von Visionären und Schurken.
Der Autor ist Professor für politische Theorie und Ideengeschichte in Princeton. Der professorale Ton fehlt ihm – und das macht das Buch so gut lesbar, ja geradezu spannend; aus seiner Abneigung gegenüber manchen Ideenproduzenten macht er kein Hehl, viele behandelt er mit Ironie, aber stets versucht er ihre Botschaft und deren Motivation klar zu beschreiben. Es ist ein Buch, das politisch interessierte Menschen lesen sollten. Es hält einige Überraschungen und Erinnerungen für sie bereit.
Rudold Bretschneider ist seit Jahrzehnten in diversen Cheffunktionen bei GfK (früher Fessel-GfK) tätig und einer der prominentesten Marktforscher und politischen Analysten des Landes.
Es ist nicht zu fassen: Österreich ist eines der höchstbesteuerten Länder der Welt. Und trotzdem jubeln fast alle Politiker und Medien über die Einführung einer weiteren Steuer.
Die Gier der Politik nach ständig neuem Geld, das sie dann als Wohltaten – „Panem et Circenses“ – unters Volk streuen kann, scheut vor keiner Unwahrheit zurück. Jetzt wird behauptet, dass die Finanztransaktionssteuer jene bestrafen soll, die schuld an der Krise seien. Die Politik verschweigt dabei, dass sie das selbst ist: durch die höchste Verschuldung der Geschichte; durch falsche Regulierungen; durch die teure Rettung bankrotter Banken und Unternehmen – statt diese ganz normal in Insolvenz gehen zu lassen. Das ist ja die einzig sinnvolle, wenn auch unpopuläre Methode, mit zahlungsunfähigen Schuldnern umzugehen.
Zugleich sind Banken und ihre Kunden unter dem Vorwand der Krise schon mehrfach abkassiert worden: durch die Bankensteuer, durch die neue Kursgewinnsteuer, durch die exorbitanten Zinsen auf die den Banken – auch aufgezwungenen! – Partizipationsscheine und durch die diversen, noch dazu ständig wechselnden Vorgaben für ein höheres Mindesteigenkapital. Besonders widerlich ist, dass dabei Staatsanleihen von EU, EZB und Notenbanken als scheinbar absolut sicher behandelt werden, obwohl etwa die griechischen über Nacht nur noch einen Bruchteil wert waren. Und in Österreich dienen die zusätzlichen Einnahmen keineswegs einer Krisenvorsorge, sondern nur den durch die Wohlfahrtsstaats-Exzesse ausgelösten Defiziten.
Vor allem aber wird die Steuer sehr schädliche Folgen haben. Diese treffen nicht nur die Börsen in den elf betroffenen Ländern, die jede Menge Geschäft an London, New York und Singapur verlieren. Zugleich wird die Finanzierung von Unternehmen deutlich erschwert. Denn wenn es weltweit(!) auf den Kauf und Verkauf österreichischer Aktien eine zusätzliche Steuer gibt, wird natürlich die Nachfrage nach diesen weltweit zurückgehen. Wo sind die Zeiten hin, als Finanzminister, als Nationalbank, als Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer diesen Zusammenhang noch begriffen haben! Als diese noch alles getan haben, um die Finanzierung heimischer Unternehmen durch Aktienkäufer zu beleben und die Firmen damit zukunftssicher zu machen!
Und wer wird diese Steuer zahlen? Das werden praktisch zur Gänze die Sparer sein. Nicht nur jene offenbar bösen, die Aktien, Anleihen, Fonds oder inländische Zertifikate kaufen und verkaufen. Sondern auch die besonders vorsichtigen, die nur in Lebensversicherungen investiert haben. Denn auch damit haben sie natürlich weitestgehend in Anleihen und Aktien investiert. Sie werden damit auf zusätzliche Weise geschröpft, nachdem ihnen schon die niedrigen Anleihezinsen schweren Schaden zugefügt haben. An denen ebenfalls Politik und EZB schuld sind.
Es können wirklich nur Ahnungslose und Masochisten sein, die sich über die neue Steuer freuen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
In Südtirol hat die seit 1945 regierende SVP zwei Wahlen vor Augen und blickt in den Abgrund. Auch der blühende italienische (Neo-)Faschismus ist für die Südtiroler kein Wahlhelfer mehr.
Mit lobenden Worten für den „Duce“ sorgte Michaela Biancofiore für die nötige Wahlkampfstimmung. Benito Mussolini habe in Südtirol Kinderleben gerettet, behauptete Silvio Berlusconis PdL-Parteigängerin in Bozen, denn erst unter dem Faschismus seien Kanalisation und ordentliche Toiletten heimisch geworden. Vorher hätten sich Kinder eine Lungenentzündung geholt, wenn sie im eisigen Winter auf Plumpsklos zu gehen gezwungen gewesen seien.
Überhaupt: Mussolini, den man nicht „Diktator" heißen dürfe, habe „viele gute Sachen gemacht“, wie etwa den Bau von Autobahnen. Die „Statthalterin“ des Cavaliere, die sich an Eisack und Etsch wiederum um einen Abgeordnetensitz in der römischen Kammer bemüht, tat damit nichts anderes als ihr Mentor: Auch Berlusconi hatte Mussolinis Politik gerühmt.
Solche und ähnliche Einlassungen kamen früher vornehmlich von Politikern der extremen italienischen Rechten. Zwischen Salurner Klause und Brenner – wo der „schwarze“ Bodensatz des (Neo-)Faschismus nicht auf Wahlkampfzeiten beschränkt bleibt, sondern auch im politischen Alltag ausgeprägt in Erscheinung tritt – waren derartige Äußerungen für die Südtiroler Volkspartei (SVP), die seit 1945 ununterbrochen mit absoluten Mehrheiten – der Stimmen (bis 2008) und der Mandate – regierte, stets Garantie für sichere Wahlsiege gewesen. Das ist heute anders. Die Wahl von Kammer und Senat in Rom am 24. sowie 25. Februar und, mehr noch, die Landtagswahl am 27. Oktober vor Augen, schaut die SVP in den Abgrund.
Jüngste Umfragen besagen, dass sie bei den Parlamentswahlen auf nur noch 32 Prozent der Stimmen kommen dürfte. Damit könnte sie keinen Abgeordneten mehr in die Kammer entsenden, denn dafür müsste sie mindestens 40 Prozent erreichen. Kommt es so, wäre es der Tiefschlag für die erfolgsgewohnte Partei schlechthin, die über viele Legislaturperioden hin stets zwei, oft drei Kammerabgeordnete stellte. Den im Aufwind befindlichen Freiheitlichen, der stärksten – rechts der SVP angesiedelten – Oppositionspartei, verheißen die Demoskopen hingegen 24 Prozent.
Ähnlich düster sieht es für die SVP im vornehmlich von ethnischen Italienern bewohnten Wahlkreis Bozen-Unterland hinsichtlich des Erringens eines Mandats für den römischen Senat aus. Dort warf sie sich dem vom einstigen Kommunisten Pier Luigi Bersani geführten linken Partito Democratico (PD) an die Brust, dessen parteifreier Kandidat Francesco Palermo den Senatssitz nur mithilfe der SVP-Stimmen erringen kann.
Pferdefuß: SVP-Chef Richard Theiner schloss den Wahlpakt mit der Begründung, „um der Aushöhlung der Autonomie durch Mario Monti“ zu entgehen. Dies halten selbst eingefleischte Parteigänger Theiners für einen fundamentalen Fehler und sehen in Palermo ein „Trojanisches Pferd“. Der Verfassungsrechtler leitet das Institut für Föderalismus- und Regionalismusforschung an der maßgeblich vom Land Südtirol finanzierten Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen und schreibt Kolumnen für den nationalistischen „Alto Adige“.
Hinzu kommt, dass PD-Chef Bersani in Rom nur als Koalitionspartner Montis in der Lage sein dürfte, eine Regierung zustande zu bringen. Und mit Monti hat die SVP hinsichtlich Missachtung des Autonomiestatuts schlechtere Erfahrungen gemacht als zuvor mit Berlusconi. Bersani spricht wie Monti davon, die „Privilegien“ der Regionen und Provinzen mit Sonderstatut seien abzubauen.
In geglätteter Form brachte dies ein Sprecher der Monti-Liste „Scelta Civica – Con Monti per l’Italia” zum Ausdruck: Man wolle „in der kommenden Legislaturperiode gemeinsam mit dem Experten Palermo die Überarbeitung des Autonomiestatuts in Angriff nehmen“. Palermo selbst bekundete, die Südtirol-Autonomie sei vom „ethnischen Ballast zu befreien“.
Solche Aussagen müssten eigentlich, wie bei Montis unsäglicher Einlassung zuvor, wonach es sich hinsichtlich Südtirols „um eine rein inneritalienische Angelegenheit“ handele, alle Warnlampen in der SVP aufleuchten lassen. Weit gefehlt. Nur die langjährige SVP-Senatorin Helga Thaler-Außerhofer betätigte sich als einsame Warnerin. Sie fühlt sich der seit Jahrzehnten geltenden „Blockfreiheits“-Maxime ihrer Partei verpflichtet. Diese bedeutet, gegenüber den politischen Lagern Italiens Äquidistanz zu wahren. Thaler-Außerhofer nennt die von der Parteiführung gebilligte Vereinbarung mit dem PD einen „Wahnsinnspakt“. Ulli Mair von den Freiheitlichen sieht darin eine „gefährliche Drohung“, und Eva Klotz von der Partei Süd-Tiroler Freiheit brandmarkt die Vereinbarung als „weiteren Schritt der SVP nicht nur zur politischen, sondern auch geistig-kulturellen Einverleibung in Italien".
Nicht allein dieser Vorgang legt offen: Die SVP ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie ist von Flügelkämpfen geschüttelt und durch Skandale angeschlagen.
Als für den bisherigen Landesrat Hans Berger, der für den Senat kandidiert, der Landtagsabgeordnete Arnold Schuler zum Nachfolger bestellt werden sollte, fielen ihm neun Ränkeschmiede aus seiner SVP-Fraktion in den Rücken. Die Betrugsaffäre rund um die Landesenergiegesellschaft SEL, die den zuständigen Landesrat Michl Laimer zum Rücktritt zwang, belastet auch Landeshauptmann Luis Durnwalder. Dieser war seit 1989 der mächtigste Mann in der Partei, ohne den in der Südtiroler Politik nichts lief.
Durnwalder tritt mit der Neuwahl des Landtags im Herbst ab. Seinen Nachfolger soll die Parteibasis küren. Er ist zudem wegen des Sonderfonds seiner Landesräte ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Zu allem Überfluss bewegt eine obskure Affäre um (Abhör-)Wanzen in Regierungsbüros die Gemüter. All das und anderes mehr hat das Vertrauen in die Sammelpartei der Deutschsüdtiroler und Ladiner demoskopisch messbar erschüttert.
Die SVP weigert sich, über politische Alternativen auch nur nachzudenken. Sie versteift sich auf den Ausbau der angeblich „weltbesten Autonomie“ Südtirols zur „Vollautonomie“. Damit und mit ihrem flehentlichen Wahlslogan „Achtung! Autonomie in Gefahr – Autonomie schützen wählen!“ macht sie sich angesichts der von Rom betriebenen Aushöhlung der Autonomie lächerlich.
Sie treibt so der Opposition scharenweise Wähler zu. Davon dürften vornehmlich die Freiheitlichen profitieren: Bei den Parlamentswahlen am Sonntag und Montag sowie erst recht bei der Landtagswahl Ende Oktober.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Journalist.
Darf man Israel kritisieren? Ganz sicher. Genau so wie jeden anderen Staat. Aber diese Kritik kippt eindeutig in raffiniert versteckten Antisemitismus, wenn ungleiche Maßstäbe angewendet werden. Wenn also Israel Dinge vorgeworfen werden, über die man anderswo skrupellos hinwegsieht.
Und genau das tut die außenpolitische Sprecherin der SPÖ, Christine Muttonen. Die aus welchem Grund immer mit dieser wichtigen Funktion beauftragte Frau verlangt, dass Waren aus der Westbank, also aus den von Israel besetzten und teilweise von israelischen Siedlern kultivierten Gebieten, künftig extra gekennzeichnet werden müssen.
Es ist aber extrem geschmacklos und historisch zumindest ahnungslos, wenn hierzulande jemand nach Sonderkennzeichnung für die Produkte von Juden ruft. Das klingt schon sehr heftig nach einem „Kauft nicht bei Juden!“ Und immerhin ist die SPÖ noch immer die größte Partei des Landes.
Aber die Besetzung der Westbank ist doch völkerrechtswidrig, werden da die Genossen einwenden. Doch selbst wenn man das so sieht (wofür es gute plausible Gründe gibt, jedoch ebenso etliche Gegenargumente), müsste man als seriöser Staat völkerrechtlich konsequent sein und wissen: Auch die Besetzung Nordzyperns durch die Türkei ist völkerrechtswidrig. Auch die Besetzung großer Teile Georgiens und Moldawiens durch die russische Armee ist völkerrechtswidrig. Auch die Unterdrückung der Tibetaner und Uiguren durch China ist zumindest grob menschenrechtswidrig. Um nur einige Beispiele zu nennen.
Aber nirgends ruft die SPÖ nach einer Sonderkennzeichnung von Waren, die dort her kommen. Was das „Kauft nicht bei Juden“ doppelt zum Skandal macht. Freilich: Die von der SPÖ, pardon dem Rathaus mit Steuergeldern finanzierten Propaganda-Institute wie das sogenannte Dokumentationsarchiv werden sich wohl hüten, das Verhalten der SPÖ als das zu bezeichnen, was es ist: purer Antisemitismus. Man ist ja nicht der Feind seiner eigenen Subventionen. Obwohl diese Institute sonst hinter jedem Baum einen Nazi wittern, sofern er kein eigener Parteigenosse ist.
Die Währinger haben also erneut, wenn auch mit deutlich knapperer Mehrheit als beim ersten Mal, gegen das Pickerl gestimmt. Schade.
Das bedaure ich, weil die Parkplatznot in manchen Teilen Wiens auf Grund der vielen dort parkenden Nichtwiener unerträglich geworden ist. Das ist aber demokratisch zu respektieren. Das Ergebnis wäre vermutlich anders ausgefallen, wenn nur die wirklich Betroffenen abgestimmt hätten, also die Autobesitzer ohne Garagenplatz, die in den Gegenden rund um Straßenbahnlinien wohnen. Das Ergebnis wäre auch sicher anders ausgefallen, wenn die Stadtverwaltung seit Einzug der Grünen nicht wie eine Horde griechischer Elefanten über die Wiener Autofahrer drübergetrampelt wäre (für korrekturwütige Zoologen: auch für mich sind griechische Elefanten eine neue Entdeckung). Der Gipfel der Frechheit ist aber erreicht, wenn Rot und Grün jetzt öffentlich über eine "tendenziöse" Befragung klagen. Immerhin sind in Währing die Bürger mit einer klaren Frage zu einem wichtigen Thema konfrontiert worden. Über die mindestens so gravierende Sperre der Mariahilferstraße will die rot-grüne Diktatur hingegen niemanden befragen. Und was wirklich tendenziöse Fragestellungen sind, weiß in diesen Tagen jeder Wiener, der den skandalösen Fragebogen aus dem Rathaus bekommen hat. Bei dem eigentlich nur noch fehlt, dass der eine Kreis groß und der andere klein ist – wie bei einer anderen Volksabstimmung vor 75 Jahren.
Offenbar sind wir schon so von den Beruhigungsmitteln verblödet, die in Deutschland und Österreich bis zu den Herbstwahlen dargeboten werden, dass wir die wahre Lage verdrängen.
Dagegen sollte man sich einfach die Fakten aus wenigen Stunden bewusst machen: Die einst so stolze Bank Austria muss ein Drittel ihrer Filialen sperren, also mehr als 100, und verkauft nun auch das letzte von drei Hauptquartieren dreier einst verschiedener Großbanken in der Innenstadt. Die Uniqa gibt die Vermögensverwaltung auf. Der Baukonzern Alpine steht knapp vor einem Mega-Konkurs. Die Eurozone wird heuer nach den jetzigen Schätzungen (die sich nachher meist als zu optimistisch erweisen) 0,3 Prozent BIP-Minus ausweisen statt des so dringend vor allem von den jungen Arbeitslosen erhofften Wachstums. Die Jugendarbeitslosigkeit erreicht jetzt in einigen Südländern schon 60 Prozent. Und die weltweit ausgegebenen Beruhigungsmittel bestehen vor allem in Banknoten, die in Japan, den USA und Großbritannien in noch wilderem Tempo gedruckt werden als von der EZB, was nichts anderes ist als ein gigantischer Wettlauf beim Raubzug auf die Sparer bedeutet. Aber unsere Medien sorgen sich seit Wochen primär darüber, ob wir eventuell ein paar Bissen (völlig unschädlichen) Pferdefleischs verschluckt haben. Und die Politik denkt über neue Sozialausgaben nach.
Auf ein bitteres Erwachen im Herbst.
Barbara Prammer zeigt, dass sie bereits die nötige opportunistische Feigheit hat, um Bundespräsident zu werden.
Die Parlamentspräsidentin verbot der Klasnic-Opferschutzkommission die Abhaltung eines schon fix angesetzt gewesenen Symposions im Parlament. Die Begründung ist läppisch: Ein (durch nichts legitimierter) Verein hatte dagegen protestiert, dass er dabei nicht eingebunden sei. Ein interessantes Modell: Mit solchen Protesten könnte man künftig jedes Symposion im Parlament abdrehen. Es findet sich immer irgendwer, der sich nicht eingebunden fühlt. Hinter dem Prammer-Verbot steckt aber natürlich jede Menge schlechtes Gewissen: Denn weder Bundesregierung noch Unterrichts- noch Sozialministerium haben eine ähnliche Opferschutzkommission für in staatlichen Internaten und Heimen misshandelte Kinder gestartet. Dort gab es ja eindeutig ebenfalls jede Menge Missbräuche. Und von den alles andere übertreffenden Verbrechen im Gemeinde-Wien-Heim am Wilhelminenberg ist da noch gar nicht geredet. Aber Prammers Reaktion passt hervorragend zu den Rathaus-Versuchen, all diese Verbrechen ohne viel Aufsehen unter den Teppich zu kehren. Und ohne dass man – so wie die Kirche – den Opfern Entschädigungen zahlt.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Verstockten Konservativen ist es zuwider, dass erwachsene Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben wollen, dies legal tun dürfen. Sie halten noch immer künstlich das Leitbild der "heilen Familie" bestehend aus Kind & Mutter & Vater hoch, die bis ans Ende ihrer Tage in Harmonie zusammenleben. Das ist realitätsfremder Unsinn. Daher wurde nach hinhaltendem Widerstand seitens der ÖVP und FPÖ erst vor drei Jahren für gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft geschaffen. Das EPG (Eingetragene Partnerschafts-Gesetz) sieht u. a. die Gleichstellung im Steuerrecht und bei Pensionsansprüchen mit heterosexuellen Paaren vor. Es besteht die Möglichkeit, einen gemeinsamen Namen zu tragen. Dieser unterscheidet sich jedoch vom gemeinsamen Namen in der Ehe. Abgesehen von diesen formalen und ganz besonders unsinnigen Hürden gibt es viele offenen Fragen im Fall der Trennung. So hängen gleichgeschlechtliche Paare bei der Unterhaltszahlung in der Luft, wenn sie sich trennen. Oder wer muss bei Streit ausziehen? Denn bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist die Welt auch nicht immer heil. Im Grunde geht es also darum, das verzopfte Ehe-, Familien-, Partnerschaft- und Namensrecht zu reformieren. Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser hat recht, wenn er eine Gesamtreform einmahnt. Es ist absurd, dass im Eherecht noch immer auf das Verschuldens- und nicht auf das Zerrüttungsprinzip abgestellt wird. Nötig ist eine völlig Neuordnung des "Beziehungsrechts". Erst dann kann von einer wirklichen Antidiskriminierung im Zusammenleben erwachsener Menschen auf Augenhöhe ausgegangen werden. Ob Hetero oder Homo ist egal.
Andreas Unterberger
Das jüngste Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs zeigt es wieder: Jeder Kompromiss in eine falsche Richtung bringt ungewollte Folgen. In der ganz großen Mehrheit der europäischen Staaten hat das Urteil hingegen null Konsequenzen, dort darf auch weiterhin nur von (heterosexuellen!) Ehepaaren adoptiert werden. Lediglich in wenigen Ländern wie Österreich, wo seit Kurzem eine kurzsichtige Rechtsänderung bloßen Lebensgemeinschaften die Adoption erlaubt, ist nun auch für homosexuelle Paare die Stiefkindadoption möglich. Die einschlägige Lobby fordert nun auch die Möglichkeit, dass Schwule fremde Kinder adoptieren dürfen. Das ist im Interesse der Kinder strikt abzulehnen. Zeigen doch seriöse internationale Studien, dass die Kinder gleichgeschlechtlicher "Eltern" später meist viel schlechtere Lebensläufe haben, dass bei ihnen bestimmte Probleme signifikant häufiger auftreten.
Jenseits des Themas Adoption wäre es längst notwendig, die Regeln der Verpartnerung zu ändern. Erstens ist unverständlich, warum es eine gesetzliche Partnerschaft nur für eine gleichgeschlechtliche Beziehung gibt, warum nicht beispielsweise auch verwitwete Geschwister oder normal veranlagte Freunde als gesetzliche Partner mit allen rechtlichen Vorteilen zusammenleben dürfen. Zweitens gibt es keinen Grund mehr, dass ein moderner Staat noch standesamtliche Zeremonien veranstaltet - bei Geburt, Volljährigkeit, Scheidung oder Tod muss ja auch die Familie selbst eine (beispielsweise kirchliche) Feier organisieren, wenn sie dies will. Und drittens ist in Zeiten von Schulden und Familienarmut überhaupt nicht einzusehen, weshalb die Allgemeinheit kinderlose Paare - welcher Konstellation immer - von der Kranken- bis zur Pensionsversicherung mit vielen Millionen subventionieren muss.
In Wien werden bereits die Stimmzettel zur unverschämtesten Volksbefragung der Nachkriegsgeschichte versendet. Daher muss man jetzt entscheiden, was man damit tut. Die Fragen sind allesamt eine einzige Chuzpe. Dennoch wäre es absolut falsch, die Stimmzettel wegzuschmeißen oder ignorieren. Auch wenn es gegen die Dampfwalze der bestochenen Zeitungen im Ergebnis aussichtslos sein wird, sollte man doch unbedingt die Fragen beantworten und jeweils genau das ankreuzen, was man für richtig hält. Das hätte noch einen zweiten Nutzen: Das Richtige ist jeweils genau das, was die Rathausmanipulatoren nicht wollen. Daher wäre jeder in diesem Sinne eingeschickte Stimmzettel zumindest ein kleiner Beitrag für mehr Anstand, Sauberkeit und Demokratie.
Dass nur ein solches Verhalten richtig sein kann, war eigentlich ab dem Zeitpunkt klar, als die SPÖ mit ihren Plakaten frech das noch gar nicht vorhandene Ergebnis als Faktum und eigenes Werk behandelt hat. Dass die Menschen anders stimmen könnten, kommt da als Möglichkeit gar nicht mehr vor. Demokratie auf Genossenart.
Für Nichtwiener: Die Stadt ist übersät von roten Plakaten, auf denen steht „Die SPÖ schützt . . .“ und dann folgt zum Beispiel „. . . das Wiener Wasser vor den Folgen einer Privatisierung“. Sie, die SPÖ, – also nicht erst die noch gar nicht abgestimmt habenden Wähler! – schützt auf weiteren dieser Plakate Gemeindebauten, schützt „Öffis“, schützt „kommunale Betriebe vor Privatisierung“.
In Wahrheit schützt ein Ergebnis der Volksbefragung im Sinne der SPÖ natürlich weder Wasser noch Straßenbahn, sondern ausschließlich die SPÖ selbst und ihre schmutzigen Interessen! Wasser würde auch bei einer Privatisierung genauso viel und sauber fließen. Nur billiger. Die Straßenbahn würde genauso verkehren wie die kundenfreundlichen und pünktlichen Züge etwa der privaten Westbahn-Gesellschaft.
Die SPÖ – beziehungsweise die in ihrem Sinne abstimmenden Menschen – schützt in Wahrheit etwas ganz anderes: Das sind die von ihr in diesen Betrieben zu exorbitanten Bezügen als „Manager“ eingesetzten roten Protektionskinder. Sie schützt die hohen Gebühren dieser Betriebe gegen jede Konkurrenz, obwohl die Gebühren rund 20 bis 30 Prozent über den eigentlich notwendigen Kosten liegen. Und sie schützt damit die Geldquellen, mit denen sie sich die eigene Propaganda-Walze finanziert.
Zwar werden die Gehirnwäsche des Rathauses, die bestochenen Medien und die erstaunliche Feigheit der Oppositionsparteien, aber auch die Ahnungslosigkeit vieler Menschen dazu führen, dass die Wiener wirklich für all das stimmen, was die SPÖ will. Oder dass viele aus dumpfem Protestgehabe unreflektiert nicht mitstimmen. Weil sie nicht begreifen, dass das zu ihrem eigenen Schaden führt.
Besonders unverständlich ist, dass sich auch beide Oppositionsparteien um klare Antworten drücken. Die ÖVP stottert herum. Und die FPÖ empfiehlt: Zusammenknüllen und Wegwerfen. Das wäre aber absolut falsch. Denn dann hätten die rot-grünen Genossen noch freiere Bahn. Und sonstige Parteien sind ohnedies nicht wahrnehmbar.
Dabei hatte die FPÖ noch vor kurzem den durchaus klugen Gedanken, mit dem Verkauf von Wiener Wasser die schwere Verschuldung der Stadt zumindest zu reduzieren. Und auch die ÖVP konnte bis vor kurzem sehr viele sehr gute Gründe und Beispiele aufzählen, weshalb eine echte Privatisierung vorteilhaft sowohl für Steuerzahler wie für Konsumenten wäre.
Einzige Voraussetzung eines Privatisierungserfolgs: Die Gemeinde müsste die Privatisierung ordentlich begleiten und regulieren. Eine solche Regulierung ist etwa dem Bund durch diverse Regulatoren für privatisierte Sektoren gelungen. Man schaue nur auf die e-control oder die Telekom-Aufsicht. Bei Strom wie Telefon sind – trotz exorbitant erhöhter Steuern und Abgaben – die Kosten für die Konsumenten gesunken.
Es würde hingegen das Tagebuch sprengen, all die Pleiten, Peinlichkeiten und Milliardenschäden aufzuzählen, die Wiens Gemeindebetriebe angerichtet haben. Eben weil sie nicht privatisiert waren. Vom Stadthallenbad bis zum Flughafenumbau, vom Bauring-Skandal bis zu den diversen AKH-Betrugsfällen. Und selbst dort, wo bisher kein Korruptionsskandal aufgedeckt worden ist, trifft ein skandalöser Umstand auf absolut sämtliche Wiener Gemeindebetriebe zu: Millionen und Abermillionen werden als „Marketing“ oder „Werbung“ für in Wahrheit rein parteipolitische Zwecke ausgegeben. Von den Bestechungsinseraten der diversen Kommunalbetriebe bis zu der Finanzierung von Fußballvereinen, bei denen Genossen im Präsidium sitzen.
Dazu kommt der Treppenwitz, dass die SPÖ, die jetzt vor Privatisierung „schützt“, in Wahrheit längst vieles privatisiert hat. Man schaue nur, wie viele öffentliche Buslinien Wiens schon von privaten Betreibern (und damit für den Steuerzahler viel billiger, aber genauso verlässlich) betrieben werden. Man denke nur an die „Sale and lease back“-Geschäfte des Rathauses mit Straßenbahnen. Aber vielleicht wissen die Genossen nicht, dass „sale“ verkaufen heißt; auch Werner Faymann hat ja erst im Bundeskanzleramt Englisch gelernt. Und ohne die großartigen Wiener Privatspitäler wäre die Gesundheitsversorgung längst zusammengebrochen.
Vor allem muss man an die einstige „Zentralsparkasse der Gemeinde Wien“ denken. Dieser einst von Karl Lueger (ja, genau dem) gegründete und Jahrzehnte florierende Bankbetrieb wurde von den Genossen donnernd gegen die Wand gefahren, ebenso wie etwa die verstaatlichte Länderbank. Gewaltige Werte wurden dabei vernichtet. Nicht nur die Aktionäre wurden geschädigt, sondern auch die gewaltigen stillen Reserven der Creditanstalt, die diesem roten Finanzimperium zur kurzfristigen Rettung zugeschoben worden sind. Schließlich mussten die Überreste der Bank an krachende ausländische Institute verkauft werden. Und der Name „Austria“ wird seither schrittweise aus dem einst großen ausländischen Netz hinausgedrängt.
Man fasst es wirklich nicht. Jetzt wollen ausgerechnet die daran schuldigen Täter die Restbestände „schützen“, wie es sogar im offiziellen Wortlaut heißt! Und niemand wagt, lautstark dagegen zu protestieren!
Aber selbst über die Folgen eines Abstimmungsergebnisses besteht Unklarheit: Der grüne Klubobmann Ellensohn hat wenigstens eingeräumt, sollten die Wähler wirklich anders als gewünscht abstimmen, dann müsse halt privatisiert werden. Der rote Klubobmann Schicker entgegnete hingegen eiskalt: Auch dann würde nicht privatisiert werden. Schon diese Frechheit eines angekündigten Ignorierens des Befragungsergebnisses zwingt jeden, der noch Reste einer Demokratie haben und sich in den Spiegel schauen will, dazu, für die Privatisierung zu stimmen.
Fast genauso widerlich ist die Frage nach Olympia. Es gibt absolut keinen Grund, dafür Milliarden hinauszuschmeißen. Bei diesem Thema sollten übrigens auch die Nicht-Wiener höllisch aufpassen: Denn zahlen sollen den Spaß dann ja vornehmlich alle Österreicher. Daher wären auch Nicht-Wiener gut beraten, wenn sie ihre Wiener Freunde gut beraten würden, wirklich gegen diesen Schwachsinn zu stimmen.
Auch Wien selbst hätte absolut keine nachhaltigen Vorteile, Austragungsort Olympischer Spiele zu werden. Nur zwei Bereiche würden von solchen Spielen profitieren: Der eine ist die Eitelkeit der Promis, die sich bei Olympia auf Ehrentribünen tummeln wollen. Und der andere sind die schamlosen Profitinteressen roter Geschäftemacher, wie sie etwa der SPÖ-eigene Echo-Verlag bei der Fußball-Euro gezeigt hat (mit der großen Schiebung bei der Burgtheater-Vermietung).
Die Menschen dieser Stadt leben aber nicht vom Sport, sondern noch viel eher vom Kultur- und Städtetourismus. Dieser aber sucht die Attraktionen des vorsozialistischen Wiens und nicht die von Sportstätten. Dieser Tourismus wird während der Spiele selbst durch Sportfans mehr verschreckt als angezogen. Selbst wenn die nicht so bösartig und gefährlich sind wie die vom Steuerzahler subventionierten Fußballrowdies.
In anderer Hinsicht extrem ärgerlich ist eine weitere Frage. Nämlich die nach den Kurzparkzonen, die ganz Wien derzeit heftig erzürnen. Da wird frech etwas gefragt, was bei den erregten Debatten überhaupt nicht Thema gewesen ist. Ganz offensichtlich will man damit von diesen Kontroversen ablenken.
Dabei wird nochj dazu so so verschwurbelt gefragt, dass man nicht einmal versteht, welche Konsequenzen das eine oder andere Ergebnis überhaupt hätte. Aber offensichtlich ist das auch in der rot-grünen Koalition nie geklärt worden, denn auch Rathausbonzen geben keine eindeutige Antwort. Und vor allem wird nicht das gefragt, was die Wiener wirklich in Sachen Parken beschäftigt.
Es wird nicht nach der Ausdehnung der Kurzparkzonen auf weitere Bezirke gefragt. Es wird nicht danach gefragt, ob für die sogenannten Pickerln weit über die eigentlichen Verwaltungskosten hinausgehende Tarife verlangt werden sollen. Die Wiener werden nicht gefragt, ob sie Bezirkspickerln oder solche für die ganze Stadt wollen.
Diese Frage ist also ein reiner Pflanz. Ich werde aber dennoch auch auf sie antworten. Und zwar mit der Antwort B. Aus dem einzigen Grund, dass sich die Gemeinde dann nicht mehr feige um die Entscheidungen und damit Verantwortung für die Kurzparkzonen drücken kann, die ihr ja eigentlich die Bundes- wie Landesverfassung immer schon zugeschrieben haben. Aber natürlich könnte man hier aber auch auf eine Antwort verzichten.
Ähnliches trifft schließlich auf die Frage nach den Solarkraftwerken zu. Die könnten zwar im Prinzip durchaus eine sinnvolle Geldanlage sein. Bei diesem Thema müsste es aber in Wahrheit um den Unsinn der geltenden (Bundes-)Gesetzeslage überhaupt gehen, die aber wiederum nicht abgefragt wird.
Denn diese Gesetzeslage trifft vor allem die Stromkonsumenten hart. Diese sind es, die mit überhöhten Gebühren zwangsweise die eigentlich völlig unwirtschaftlichen Solarkraftwerke sponsern müssen. Besonders unwirtschaftlich sind die Kraftwerke vor allem dann, wenn sie in Wien gebaut werden. Die letzten Monate haben ja auch Laien sehr anschaulich gezeigt, was Experten ohnedies seit langem sagen, nämlich dass es in dieser Stadt oft sehr lange fast keinen Sonnenschein gibt – während aber gerade im Winter der Strombedarf am höchsten ist.
Wie sehr auch diese Frage ohnedies nur als Schein-Demokratie gemeint ist, hat die „Wien Energie“ (ja genau, einer der vor Privatisierung zu „schützenden“ Gemeindebetriebe) vor einigen Tagen schockierend deutlich gemacht: Sie hat angekündigt, auf jeden Fall Solarkraftwerke zu bauen. Ganz egal wie die Abstimmung ausgeht. Alleine das zwingt – jenseits aller individuellen Interessen – zu einem klaren Nein. Und zwar unabhängig davon, dass die Wien Energie diese Ankündigung dann später auf Weisung des Rathauses wieder schubladisieren musste.
Würden die Wiener wirklich den Mumm zum Neinsagen haben, dann wären die rotgrünen Rathausbonzen nach dem Referendum auch in dieser Frage ganz schön in der Bredouille.
Das Tüpferl auf dem i: Der ganze Spaß kostet sieben Millionen Euro. Geld, mit dem man ganz schön viel Sinnvolles machen könnte, etwa Wiens explodierendes Defizit zu reduzieren.
Noch aus einem weiteren Grund empfiehlt es sich nicht, den zugeschickten Stimmzettel einfach zum Altpapier zu werfen: Es wird zumindest von der FPÖ behauptet, dass bei der letzten Abstimmung rote Funktionäre tagelang die Altpapier-Container nach weggeworfenen Stimmzetteln durchsucht hätten, die sie dann im Parteisinn ausgefüllt und eingeschickt hätten. Das ist zwar möglicherweise nur eine Behauptung, aber schon die zweifellos gegebene Möglichkeit eines solchen Missbrauchs ist ärgerlich. Und sie macht die zwei verantwortlichen Parteien lächerlich, weil Rot und Grün seit Jahren vehement gegen die Gefahr eines Missbrauchs von Internet-Abstimmungen wettern. Obwohl diese tausend Mal sicherer gegen Missbrauch sind.
Ich weiß nicht, ob ich auch nur irgendjemand überzeugen konnte. Ich weiß aber, wie ich meine eigene Stimmkarte ausfüllen werde:
Wohnbundesland | absolut | Veränderung in Prozent | Männer absolut |
Männer Prozent |
Frauen absolut | Frauen Prozent |
Burgenland |
7 |
0,0 |
6 |
+100,0 |
1 |
-75,0 |
Kärnten |
12 |
-40,0 |
7 |
-41,7 |
5 |
-37,5 |
Niederösterreich |
52 |
+6,1 |
25 |
0,0 |
27 |
+12,5 |
Oberösterreich |
41 |
-4,7 |
25 |
+19,0 |
16 |
-27,3 |
Salzburg |
19 |
+11,8 |
13 |
+116,7 |
6 |
-45,5 |
Steiermark |
46 |
0,0 |
25 |
-3,8 |
21 |
+5,0 |
Tirol |
23 |
0,0 |
9 |
-10,0 |
14 |
+7,7 |
Vorarlberg |
7 |
+133,3 |
5 |
+400,0 |
2 |
0,0 |
Wien |
179 |
-20,4 |
116 |
-25,2 |
63 |
-10,0 |
Österreich |
386 |
-10,9 |
231 |
-10,8 |
155 |
-10,9 |
Quelle: Statistik Austria
Die Schwulen-Lobby, also natürlich wie immer auch der ORF an führender Stelle, feiert wieder einmal einen großen Sieg. Sie erweckt damit in der Öffentlichkeit den Eindruck, seit dem jüngsten Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs wäre die Adoption durch Schwule fast ungebremst möglich. Das stimmt aber zu 98 Prozent nicht. Es ist in Wahrheit nur ein recht kleiner Sieg. Und auch der ist nur Folge der Tatsache, dass die Gesellschaft den Schwulen den kleinen Finger gereicht hat. Was aber seither Andersdenkende um die ganze Hand zittern lässt. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Wäre Österreich bei einer klar ehe- und familienorientierten Rechtsordnung geblieben, und hätte es wie lange üblich nur verheirateten und heterosexuellen Paaren das Adoptionsrecht eingeräumt, dann wäre auch laut Menschenrechtsgerichtshof die Folge klar gewesen: Denn hätte dieser den konkreten Antrag eines lesbischen Paares nicht angenommen, sondern abgewiesen, eine Stiefkind(!)-Adoption durch die Partnerin der Mutter des Kindes zumindest prinzipiell für möglich(!) zu erklären.
Die zwei Rufzeichen des letzten Satzes stehen hinter den sehr gravierenden Einschränkungen der nun behaupteten Freigabe der Schwulen-Adoption.
Auf das zentrale Problem ist der Straßburger Gerichtshof nicht eingegangen – weil es auch von den Rechtsvertretern der Republik Österreich gar nicht angeschnitten worden ist. Weil es dazu in der Koalition keinen Konsens gibt. Nämlich auf die Tatsache, dass substanzielle Studien zeigen (das Tagebuch hat über sie ausführlich berichtet): Bei homosexuellen „Elternschaften“ ist für dort aufgezogene Kinder das Entstehen fundamentaler Probleme im weiteren Lebensverlauf viel wahrscheinlicher als bei heterosexuellen.
Auch bei diesen Studien steht außer Streit, dass es in Einzelfällen sehr engagierte homosexuelle „Eltern“ und sehr desinteressierte heterosexuelle geben kann. Bei einer Abwägung über die Auswirkung einer Adoptions-Entscheidung auf das künftige Kindeswohl kann es aber naturgemäß immer nur um erwartbare Wahrscheinlichkeiten und Durchschnittswerte gehen. Diese würden jedoch bei einer primären Orientierung am Kindeswohl eigentlich zu klaren Konsequenzen führen. Und die sind eben fast nie im Sinne der Schwulen-Lobby.
Eventuell käme noch ein zweiter Grund in Frage, der Schwulenadoptionen als sinnvoll erscheinen ließe: Wenn es zu wenig normale Eltern gäbe, die zur Adoption bereit sind, würde das Kindeswohl allemal eine homosexuelle Adoption als richtig erscheinen lassen. Besser eine Risiko-Adoption als ein Kind, das übrigbleibt. Jedoch gibt es ja weit mehr adoptionswillige Eltern als dafür in Frage kommende Kinder. Also kommt auch eine Knappheit an Adoptiveltern nicht als Grund in Frage.
Die Schuld an dem Urteil liegt bei Österreich. Denn die Republik hat sich formalrechtlich einfach auf den Standpunkt gestellt, dass homosexuelle Adoptionen hierzulande per Gesetz verboten sind. Sie hat aber nicht das Kindeswohl geprüft – wie es bei jedem Adoptionsantrag notwendig wäre.
Dabei würde zumindest im konkreten Fall das Kindeswohl noch aus einem ganz anderen Grund die Adoption durch die Partnerin der leiblichen Mutter verhindern: Denn es gibt einen leiblichen Vater. Und das Kind, ein Bub, unterhält auch Beziehungen zu diesem.
Bei anderen lesbischen Paaren in Europa ist die Situation bisweilen anders: Bei ihnen geht es um eine durch eine „anonyme“ Samenbank ermöglichte Schwangerschaft, wo also nie ein Vater ins Leben des Kindes getreten ist. Daher sind ja auch – eben im Interesse des Kindes! – in vielen Ländern Samenspenden nur an Ehepaare mit Fruchtbarkeitsproblemen erlaubt.
Der EGMR hat jedenfalls formal entschieden (und das bloß mit Mehrheit): Wenn ein Land heterosexuellen Lebensgemeinschaften die Adoption erlaubt, muss es das prinzipiell auch homosexuellen erlauben. Alles andere wäre eine Diskriminierung auf Grund der sogenannten sexuellen Orientierung. Dabei hat der Gerichtshof wohlweislich nur die Pflicht zur Gleichbehandlung etabliert.
Zweifellos hat sich die Schwulen-Lobby mit dieser Entscheidung wieder ein wenig vorgekämpft. Aber das, was manche Journalisten seither draus machen, bedeutet das Urteil eben keineswegs.
Würde Österreich wie viele andere Länder Europas prinzipiell die Adoption nur für verheiratete Paare erlauben, dann wäre es auch nicht zu diesem Erkenntnis gekommen. Denn der EGMR hat nun sogar ausdrücklich gesagt: Der (heterosexuellen) Ehe darf jedenfalls auch bei der Adoption ein Ausschließlichkeitsrecht gegeben werden. Aber eben nur der Ehe gegenüber Partnerschaften welcher Art immer; und nicht heterosexuellen gegenüber homosexuellen Partnern.
Wie mehrfach in diesem Themenbereich steht die ÖVP nun als hineingelegt da. Sie wollte wieder einmal einem vermeintlich progressiven Zeitgeist einen Schritt entgegenkommen. Und musste dann durch die juristische Automatik weitere Schritte hinnehmen, die sie eigentlich niemals gehen wollte.
Weshalb sich auf der anderen Seite etliche weibliche SPÖ-Politiker so sehr als Lobby für schwule Paare engagieren, müssen sie sich parteiintern ausmachen. Denn die 386 Paare, die sich (mit gegenüber den Vorjahren deutlich abnehmender Tendenz) im ganzen Jahr 2012 schwul verpartnert haben, werden die abnehmenden Wählerzahlen der Partei nicht wirklich auffetten.
Ergänzung: Österreich ist einer von nur sechs Europarats-Staaten, der überhaupt Adoptionen auch außerhalb der Ehe erlaubt. Alle anderen 41 Staaten unter der Straßburger Judikatur sind also völlig unberührt.
Wie gut hat sich Österreich beim EU-Budget geschlagen?
Die Antwort ist auch ohne komplizierte Arithmetik klar, ohne dass man beim Europäischen Rat dabei gewesen wäre: Das Ergebnis hätte ganz sicher besser sein können. Denn keiner der anderen Regierungschefs hat nachher von einem besonderen Engagement Werner Faymanns berichtet. Den größten Fehler hat dieser schon vorher begangen: Er hat keine Sekunde lang den Eindruck erweckt, mit Zähnen und Klauen um jeden Euro für Österreich zu kämpfen. Im Gegenteil: Er und seine Genossen haben primär die ÖVP kritisiert, weil die von einem Veto geredet hat. Und dieses Verhalten ist natürlich anderswo genau registriert worden. Und Österreich war damit abgehakt. Ein echter Gewerkschafter weiß hingegen: Bei Kollektivvertragsverhandlungen muss er fast immer einmal mit Streiks drohen, um das Maximale herauszuholen. So wird nun halt einmal verhandelt – auch wenn österreichische Gewerkschaften zum Glück selten streiken und auch wenn von vornherein klar war, dass das EU-Budget am Ende nicht an einer Vetodrohung aus Wien scheitern würde. Aber Faymann will halt dauernd seinen Parteifreunden aus Frankreich und den anderen Schuldnerländern eine Freude machen. Deswegen ist er bei den Schuldenübernahmen immer großzügig gewesen. Deswegen steht der SPÖ-Chef auch sonst nie in der Verteidigungsformation der Nettozahler (obwohl man dort durchaus sozialistische Minister aus den Niederlanden und Finnland findet.) Deswegen will er Eurobonds einführen. Dass auch Österreichs Staatsschulden bedenklich hoch sind, hat der Mann halt noch nicht begriffen. Stand ja auch noch nicht in „Krone“ und „Österreich“.
Es macht Freude, wenn man einmal einem „Presse“-Kommentar aus vollem Herzen und bis zur letzten Zeile zustimmen kann.
Der Autor Norbert Rief vergleicht mit gutem Recht die gegenwärtige politische und mediale Hatz auf Manager-Boni mit den – zum Teil deutlich größeren – Summen, die Spitzenfußballer erhalten. Und wo sich niemand aufregt. Und wo kein EU-Parlament die Regulierungswut bekommt. Im Gegenteil: Die ja nie durch ihre kritische Haltung zum Spitzensport auffallenden Sportjournalisten jubeln sogar fast alle über die hohen Gagen, während die meist von Neidkomplexen zerfressenen Politik-Journalisten vor Zorn über die Manager zerspringen.
Manche Künstler und „Künstler“ verdienen oft noch viel mehr als Industrie- und Bank-Vorstände, sind aber meist besser imstande, ihre Einkommen vor den Medien – und oft auch der Steuer – zu verstecken. Auch wenn ein wenig Neid in jedem von uns steckt, so wäre es eine Katastrophe, wenn Politiker begännen, Gehälter anderer zu limitieren. Oder wenn sie gar die im Interesse der Sparer wie Steuerzahler notwendige und sinnvolle Erhöhung der Bank-Eigenkapitalvorschriften nur dann zu beschließen bereit sind, wenn auch die Boni limitiert werden. Denn dann werden die besten Sportler, Künstler, Manager halt nur noch in Amerika oder Asien zu finden sein. Denn dann wird in allen Bereichen nach Wegen gesucht werden, wie man ihnen unter dem Tisch Gelder zuschieben kann. Womit dann auch die Steuereinnahmen zurückgehen.
Dennoch sind in drei Punkten klare Schranken notwendig – die nur keinesfalls von den Oberpopulisten im EU-Parlament gezogen werden sollten.
Erstens: Sobald irgendwo öffentliches Geld involviert ist, und sobald Dritte zu Schaden kommen, muss es scharfe Limits und Konsequenzen geben; einschließlich der Möglichkeit, auf Boni für vergangene Jahre zuzugreifen (das darf aber nicht nur Banken und Industrie treffen, sondern auch Fußballvereine und Kulturinstitutionen, wenn in ihnen öffentliches Geld steckt!).
Zweitens sollte auch das rasch umgesetzt werden, was jetzt die – wie fast immer viel klügeren – Schweizer wollen: Gehälter für die Big Boys im Vorstand dürfen nicht mehr von den meist befreundeten und aus dem gleichen Freundeskreis kommenden Big Boys des Aufsichtsrats im Hinterzimmer fixiert werden, sondern sie müssen direkt von den Aktionären geregelt werden. Die sind ja letztlich die Opfer falscher Gehaltsentscheidungen: wenn überflüssig viel gezahlt wird – oder wenn man umgekehrt aus Knausrigkeit nur schlechte Manager findet.
Und drittens sollten Boni nur für langfristig nachhaltig messbare Leistungen gezahlt werden. Also niemals für so schwachsinnige Stichtagsregelungen, wie sie bei der Telekom Austria zu einem Mega-Betrug geführt haben.
Neben den für Herbst angesetzten deutschen Wahlen sind die jetzigen in Italien die weitaus wichtigste Entscheidung dieses Jahres. Selten waren sich Europas Medien so einig wie in Italien, wer die Guten und wer die Bösen sind. Sie haben dabei nur ein Problem: Sie müssen die Fakten kräftig verdrehen, um zu ihrem hundertfach verbreiteten Schluss zu kommen: Berlusconi furchtbar, alle anderen gut, Monti besonders gut.
Vor allem die Story „Mario Monti hat Italien vor dem Untergang gerettet“ hat mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun. Wohl haben sich die Zinsen, die Italien für seine Staatsanleihen zahlen muss, deutlich verringert. Das hängt aber weniger mit Monti, sondern mit ganz anderen Entwicklungen zusammen. Denn die Zinsen sind in diesem Winter in allen europäischen Krisenstaaten gesunken.
Dieses Sinken hat zwei klare Ursachen: Erstens die Überschwemmung der Geldmärkte durch billige Euros der Europäischen Zentralbank, sodass das Geld dringend nach jedem freien Ankerplatz sucht. Zweitens vertrauen die Anleger nun deutlich mehr darauf als vor einem Jahr, dass Deutschland auch weiterhin die Südländer durchfüttern wird. Das hat zwar naturgemäß die deutschen Zinsen nach oben getrieben, aber eben den Abstand, den Spread zu den Zinssätzen der anderen reduziert.
Die eigentlichen und bleibenden Reformen durch Mario Monti blieben hingegen relativ marginal. Er hat die Staatsausgaben von 800 Milliarden Euro gerade einmal um vier Milliarden gekürzt (heuer sollen die Kürzungen allerdings mehr ausmachen). Ein Ansteigen der Produktivität und der Konkurrenzfähigkeit blieb de facto aus; die Lohnstückkosten sind hoch geblieben. Herzstück der Sanierungs-Maßnahmen Montis sind Steuererhöhungen, von der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 22 Prozent bis zu der von Berlusconi so heftig bekämpften Eigenheimabgabe.
Die lähmende Bürokratie ist von Montis Regierung nicht gezähmt worden. In der Weltbank-Liste, wie geschäftsfreundlich einzelne Länder sind, liegt Italien auf Rang 73. Die Wahlrechtsreform kam nicht zustande (weshalb das nun erneut zur Anwendung kommende Wahlrecht weiterhin fast alle verwirrt, statt zur Demokratiefreundlichkeit beizutragen). Das Arbeitsrecht mit seinem viel zu starken Kündigungsschutz blieb im wesentlichen gleich. Prozesse dauern immer noch unerträglich lang. Das Dickicht der Provinzen und Regionen konnte nicht beschnitten werden, wie es notwendig wäre. Die Beamtengewerkschaften verhinderten die meisten der eigentlich seit langem notwendigen Reformen des Staatsapparats. Taxifahrer, Notare und Apotheker bekämpften mit weitgehendem Erfolg eine Öffnung ihres geschützten Marktes. Viele Investoren meiden auch weiterhin Italien trotz dessen an sich gut gebildeter und kreativer Bevölkerung; denn sie fürchten die Rigidität des Arbeitsmarkts (auf deutsch: dass man Angestellte nicht mehr los wird), die Belastungen durch Korruption und die ganz nach Gusto von Beamten und Staatsanwälten anwendbaren hochziselierten Umweltgesetze.
Das heißt nun nicht, das unter Monti nichts passiert wäre. Vor allem zu loben ist er für die Erhöhung des allgemeinen Renteneintrittsalters auf 66 Jahre und die Beschneidung der vielfältigen Möglichkeiten einer Frühpension. Das war seit Jahrzehnten überfällig. Und das könnte auch für Italiens nördlichen Nachbarn Österreich ein exzellentes Vorbild sein. Wenn freilich deutsche Experten schon vorrechnen, dass selbst die Erhöhung des deutschen Pensionsalters angesichts der ständig steigenen Lebenserwartung auf 67 weiter hinauf getrieben werden müsste, relativiert sich auch diese echte Errungenschaft Montis ein wenig.
Zumindest darauf hinweisen muss man der Ehrlichkeit halber, dass auch Berlusconi schon lange Pensionsreformen versucht hat. Er ist aber gescheitert, an den Gewerkschaften, an den Linkskatholiken (mit denen sich Monti jetzt verbündet hat), und an der Demokratischen Linken (mit denen Monti nach der Wahl koalieren will).
Damit sind wir beim zentralen Problem Montis: Seine Bilanz ist zwar trotz der vielen angeführten Minuspunkte tendenziell positiv. Aber sein im Spätherbst erfolgter Bruch mit Berlusconi und seine Ankündigung, nach der Wahl der Linken zur Mehrheit verhelfen zu wollen, lassen viele Italiener zweifeln.
Denn die Linke ist total heterogen und in Sachfragen völlig uneins. Sie wird lediglich durch die gemeinsame Ablehnung Berlusconis zusammengehalten. Die Reformunwilligkeit der radikalen Linken hat ja bereits die Regierung Romano Prodi (2006-2008) scheitern lassen, die letztlich noch viel weniger vorangebracht hat als Berlusconi. Dabei wird von vielen Medien so getan, als hätte Berlusconi ewig über Italien regiert.
Auch ihr jetziger, gegen die drei anderen Spitzenkandidaten Berlusconi, Grillo und sogar Monti farb- und perspektivlos erscheinender Spitzenmann Bersani hat keinen Bruch mit der radikalen Linken gewagt.
Das heißt mit anderen Worten: Obwohl Monti trotz aller notwendigen Relativierungen der relativ beste Ministerpräsident für Italien wäre, wissen viele Italiener: Eine Stimme für Montis Liste bedeutet in Wahrheit eine Stimme für Bersani und damit auch für die Einbindung genau jener radikalen Linken, an denen Prodi gescheitert ist. Und die von der Mehrheit der Italiener abgelehnt wird. Das wäre dann eine ganz andere Formel als die letzte Regierungszeit Montis, in der sich dieser ja trotz der gegenwärtigen Stänkereien zwischen Berlusconi und Monti primär auf die Stimmen der Berlusconi-Abgeordneten stützen hat können (nicht allerdings auf die Lega Nord).
Die Mehrheit der Italiener steht tendenziell eher rechts der Mitte. Freilich hatte die einstige Dauerregierungspartei der Democristiani den italienischen Staatshaushalt aus katholischem Sozialutopismus mit vielen teuren Wohltaten fürs Volk dauerhaft belastet. Daher wird es sehr spannend, wie sehr die Italiener einen im Gegensatz zu Prodi wirklich linken Premier wollen.
Montis eigene Liste wird jedoch nach allen Umfragen weit hinter Bersani und Berlusconi liegen. Möglicherweise wird er sogar nur Vierter hinter dem programmlosen Radikalpopulisten Grillo. Dieser dürfte tatsächlich Dritter werden. Die wenigen erkennbaren Höhepunkte der Grillo-Politik sind die absoluten Tiefstpunkte der italienischen Realität: die Forderung nach einem Rückzahlungsstopp für sämtlichen italienische Staatsschulden; nationalistische Attacken auf Angela Merkel; und die Einführung des Leck-mich-Tages. Gegen Grillo ist das politische Personal sämtlicher europäischer Länder hochseriös.
Auffallend ist, dass Gianfranco Fini fast völlig weg vom Fenster ist. Der längjährige Verbündete Berlusconis und einstige Mussolini-Erbe hatte ja erst durch seinen Abfall vor eineinhalb Jahren den Sturz des Berlusconi-Kabinetts ausgelöst.
Und wie ist nun Silvio Berlusconi, das vermeintliche Zentralgestirn der italienischen Politik, selbst zu bewerten? Die zuvor gemachten Hinweise können zwar den verbreiteten, jedoch total naiven Glauben an Monti beeinträchtigen. Aber zweifellos wäre eine neuerliche Berlusconi-Regierung alles andere als gut für Italien.
Für Berlusconi spricht, dass er sozialpolitisch nicht ganz so utopistisch und populistisch war wie die meisten anderen Regierungen des Nachkriegsitaliens. In Sachen Pension etwa hat er sogar richtige Ansätze gezeigt. Es hat sich auch in seiner Zeit die von seinen Vorgängern angehäufte Staatsschuld des Landes (in BIP-Prozenten berechnet) kaum mehr weiter verschlechtert. Der Mann liegt trotz seiner privaten Bunga-Bunga-Eskapaden mit seinem zumindest verbal vermittelten Wertebild durchaus im Schnittpunkt der italienischen Mehrheit. Trotzdem hat sich auf seinem Konto vermutlich zu viel Belastendes angesammelt, als dass die Italiener das alles vergessen könnten.
Am wahrscheinlichsten ist also, dass Italien nach der Wahl von einem Exkommunisten regiert wird, der wohl einen ähnlich illusionären Kurs wie der Franzose Hollande versuchen wird; der jedenfalls eng mit den Gewerkschaften und den anarchistischen Linkssozialisten verbündet ist. Diese beiden wiederum sind die härtesten Gegner jeder weiteren Reform und wollen sogar die meisten Reformen von Montis kurzer Periode wieder zurückdrehen. Der als eher führungsschwach geltende Pier Luigi Bersani hat dabei ohnedies fast nur dort für sinnvolle Reformen gekämpft, wo es gegen Unternehmer wie die Apotheker gegangen ist. Möglich ist aber auch, dass Bersani auch nach einem Wahlsieg Monti den Vortritt lassen will, aber diesem nur noch so viel Spielraum einzuräumen bereit ist, wie Gewerkschaften&Co erlauben. Also keinen.
Für Europa heißt das aber auch mit Sicherheit: Italien, ein Land das praktisch genau so viele Einwohner hat wie Frankreich oder Großbritannien, bleibt auf der Intensivstation. Und auch wenn derzeit keine Lebensgefahr besteht, ist weiterhin höchste Alarmstimmung ohne Aussicht auf Besserung angesagt. Europa kann sich vielleicht ein Durchfüttern Griechenlands leisten. Aber sowohl bei Frankreich wie Italien wären die Kräfte der Union absolut überfordert. Und zumindest das Ende der Währungsunion da.
Mit guter Stimmung kann daher weder Europa noch Italien diesem Wahltag entgegensehen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Täglich stößt man auf noch mehr Beweise: Der ORF ist zu einer Außenstelle der rot-grünen Gehirnwäschemaschine degeneriert.
Ein groß aufgemachter Artikel auf der ORF-Internet-Seite zeigt es deutlicher denn je: Dieser präsentiert Politiker mit „Lücken im Lebenslauf“. Aber jener österreichische Politiker, der nicht nur der prominenteste ist, sondern auch die ärgsten Lücken im Lebenslauf aufweist, wird mit keiner Silbe erwähnt: Werner Faymann. Wie das Tagebuch als erstes aufgezeigt hat, schweigt er einfach über sieben Jahre. Die Zielrichtung des ORF-Pamphlets ist statt dessen gegen die jetzt vor Landtagswahlen stehenden bürgerlichen Kandidaten von Pröll über Rosenkranz bis Haslauer gerichtet, wenngleich pro forma auch zwei unbedeutende Linke erwähnt werden. Aber in den ORF-Zwischentiteln geht es ausschließlich gegen Schwarz, Blau oder Stronach. Während über Faymann geschwiegen wird, sind praktisch alle vom ORF genannten Dinge läppisch. Was soll etwa der Vorwurf, dass jemand seit langem nebenbei auch studiert? Oder dass jemand die Geschäftsführung einer GmbHs übernimmt, ohne schon vorher Geschäftsführer gewesen zu sein? Ach ja, dahinter steckt der Verein „Respekt.net“, der ein Netzwerk der angeblichen „Zivilgesellschaft“ aufbaut, hinter der sich wieder zahllose Vereinchen überwiegend aus dem grün-roten Sumpf verbergen, die dort blauäugige Financiers suchen. Bei den Projekten von Respekt.net (schon der Name sagt alles: „Verein zur Förderung von Respekt, Toleranz, Offenheit und solidarischem Fortschritt in der Gesellschaft“) wimmelt es geradezu von einschlägigen Schlagworten wie „Nachhaltigkeit“, „Revolution der Arbeitnehmer“, „Anhebung der Mindestlöhne“, „Vielfalt in der Gesellschaft“, „Migrationshintergrund“, „Verhinderung von Ausbeutung“ usw. usf. Und jetzt passt halt alles im Wahlkampf herrlich zusammen . . .
Das Lueger-Denkmal wird nun von einem SPÖ-Historiker mit einer Zusatztafel versehen. Und die ÖVP tut und textet eifrig mit. Nachdenken tut sie freilich nicht. Denn die Idee ist eine absolute Schnapsidee, die nur taktischen Interessen der Rathaus-Genossen dient. Denn niemand kann beantworten, warum es eigentlich nur bei Lueger eine Zusatztafel geben soll. Wenn man schon damit anfängt.
Was ist etwa mit dem roten Stadtrat Julius Tandler, der sich für die Tötung von „lebensunwertem Leben“ ausgesprochen hatte, und der 1930(!!), also absolut freiwillig, ins kommunistische Russland emigriert war? Was ist mit Karl Renner und seinem – nicht erpressten! – Aufruf, für den Anschluss an Hitler-Deutschland zu stimmen? Was ist mit Karl Marx, dessen Ideologie zur Rechtfertigung von millionenfachem Mord gedient hat? Was ist mit den vielen gefeierten Komponisten und Künstlern, die sich in der großen Mehrheit in ihren politischen Äußerungen gegen Rechtsstaat oder Demokratie gewendet haben? Was ist mit dem Wiener Rathaus, in dem auch blutbesudelte Machthaber amtiert haben? Was ist mit dem Denkmal für die sowjetische Armee, die neben dem Verdienst der Befreiung des Landes vom Nationalsozialismus auch viele schreckliche Verbrechen gegen völlig unschuldige Österreicher auf ihrem Konto hat?
Diese Liste ließe sich fast unendlich fortsetzen. Sie würde das Tagebuch fast in ein Jahrbuch verwandeln. Für all diese Menschen und Organisationen gibt es Denkmäler, Sonderbriefmarken, Gemeindebau- und Straßenbezeichnungen sonder Zahl. Aber keine Zusatztafeln, die auch auf deren dunkle Seiten verweisen würden.
Was hat es nun mit Lueger selbst auf sich? Er hat unbestreitbar hemmungslos den Antisemitismus breiter Wiener Schichten auf seine Mühlen gelenkt. Dieser Antisemitismus war damals im Kleingewerbe und im Klerus weit verbreitet. Er war vor allem ökonomisch fundiert, hatte aber auch einen christlichen Anstrich. Den hatten ja viele christliche Kirchen bedauerlicherweise bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Diese Schichten fühlten sich durch die aufblühende – und eben stark mit jüdischen Eigentümern identifizierte – Industrie und Finanzwelt, sowie die damit eng verbundene Technik und Naturwissenschaft existenziell bedroht. Dass erst all diese Neuentwicklungen den Wohlstand der Zukunft ermöglicht haben, ist zwar Tatsache. Das war aber dem damaligen, noch stark dem mittelalterlichen Zunftdenken verhafteten und tatsächlich vor einem starken Schrumpfungs- und Veränderungsprozess stehenden Kleingewerbe völlig wurscht. Und damit auch Lueger, der die Stimmen dieser Gewerbetreibenden brauchte.
Dieses Verhalten war absolut hässlich. Dem stehen freilich für eine seriöse Betrachtung aus dem Blickwinkel des 21. Jahrhunderts vier große Aber gegenüber: Erstens gibt es keinen einzigen Hinweis, dass sich Lueger in irgendeiner Weise für irgendeine Form der Gewalt ausgesprochen hätte; daher ist es mehr als unfair, dass ihn die Linke immer wieder mit dem Holocaust zu identifizieren versucht.
Zweitens war Lueger unbestreitbar der größte Bürgermeister der Geschichte Wiens; er hat aus der Stadt eine moderne, blühende – und alle Segnungen der Technik und Wissenschaft begeistert aufgreifende! – Weltmetropole gemacht: Das war eine unvergleichliche Leistung, wenn man an die Dumpfheit denkt, die seither das Wiener Rathaus geprägt hat. Lueger hat die Liberalen zwar vor dem Wahltag bekämpft, aber nachher großteils ihre Politik fortgesetzt.
Drittens wiederholen sich heute gerade auf der Linken die dunklen Seiten Luegers. Dazu gehört nicht nur ihr aggressiver Antizionismus, der nur in der linken Selbstdarstellung nichts mit Antisemitismus zu tun haben will. Dazu gehört vor allem der seit der Achtundsechziger Bewegung enorm große Kampf der Linken gegen Industrie, Technik und weite Bereiche der Naturwissenschaft. Dieser Kampf ist längst nicht nur bei den Grünen zu finden, sondern auch bei den Roten. Und er hat mit unterschiedlicher Intensität auch die Blau-Orangen und die Schwarzen infiziert.
Und viertens führt von Luegers scharfem verbalem Antisemitismus eine direkte geistige Linie zu Bruno Kreisky. Dieser hat, obwohl selbst jüdischer Abstammung, noch NACH dem Holocaust in einem so widerlichen Ton über die Juden generell gesprochen, dass einem nur übel werden konnte. Also müsste auch vor dem Kreisky-Forum und -Archiv in der Armbrustergasse eine Zusatztafel angebracht werden. Blöderweise ist aber in diesen Institutionen ausgerechnet jener Oliver Rathkolb seit Jahrzehnten intensiv und führend aktiv, der nun die Lueger-Tafel texten soll.
Begreift die bürgerlich dominierte Bezirksvertretung der Inneren Stadt all diese Zusammenhänge nicht? Ist sie wirklich so schwachsinnig, dass sie, wie behauptet wird, dieses Projekt unterstützt? Durchschaut sie nicht den Hauptantriebsmotor der Rathausgenossen, nämlich dass die wirklichen Leistungen für Wien fast ausschließlich von Habsburgern, liberalen Bürgermeistern wie Cajetan Felder und christlich-sozialen wie Lueger geschaffen worden sind? Nur deren Hinterlassenschaft lockt jährlich Millionen Touristen und große Kongresse in die Stadt. Die Touristenmassen vor dem – in roten Broschüren ständig bejubelten – Karl-Marx-Hof oder dem „Neuen Wien“ haben sich hingegen in so engen Grenzen gehalten, dass man sie in ein einziges Taxi stecken könnte.
Die Linke praktiziert klassische Aggression zur Übertünchung eines schweren Minderwertigkeitskomplexes. Rot-Grün setzen daher seit Jahrzehnten primär ganz stark auf Habsburg-Kannibalismus, Neoliberalen-Hatz und Lueger-Hass. Sie tut dies noch aus einem zweiten Grund: Rot-Grün braucht diese Geschichtsklitterung – bei der die total links gewendeten Wiener Historiker-Institute servil zu Diensten stehen – auch deshalb, um sich wenigstens irgendwo moralisch überlegen vorzukommen. Bricht doch ihre zweite Identitäts-Säule, der exzessive Wohlfahrtsstaat, gerade dramatisch unter der von ihm ausgelösten Schuldenlast zusammen.
PS.: Genau wegen dieses Lueger-Hasses haben die Rathausgenossen übrigens in den letzten Jahrzehnten auch alles getan, um nicht durch die Nennung einer U-Bahn-Station an jenen Bürgermeister zu erinnern. Das gilt für die Station „Schottentor“ unter dem (jetzt freilich aus dem gleichen Motiv umgetauften) Lueger-Ring; diese Namensgebung war alles andere als praktisch, wird „Schottentor" doch von vielen Nicht-Wienern oft mit „Schottenring“ verwechselt. Das gilt noch viel mehr für die Benennung der unter dem Lueger-Platz gelegenen Station „Stubentor“; hat doch vor der U-Bahn fast niemand mehr gewusst, was das Stubentor gewesen sein soll.
PPS.: Steckt hinter der Zusatztafel-Idee vielleicht auch die Hoffnung auf neuen Geldsegen für die Historiker, nachdem sie schon bei der Aufarbeitung des Schicksals fast jedes Vereins, jeder Firma in der Zeit des Nationalsozialismus Aufträge erhalten haben?
Ich konnte in den letzten Wochen wieder an einer ganzen Reihe exzellenter, hintergründiger Vorträge und Diskussionen zu wirtschaftlich und außenpolitisch interessanten Themen teilnehmen. Viele Interessierte kamen, hörten zu und lernten dabei viel.
Nur eine Gruppe kam nicht: die Frauen. Obwohl fast alle Veranstaltungen, bei denen ich zuhörte (oder auch mitdiskutierte) frei und gratis zugänglich waren, war ihr Anteil durchwegs kleiner als 20 Prozent, meist sogar unter 10 Prozent. Gleichgültig, ob es um die Energiezukunft, um die Lage der europäischen Industrie, um die neuen Korruptionsgesetze, um die Zukunft der EU, um Ideen für die Schaffung von mehr Unternehmergeist, um die sogenannten Targetsalden der EZB (die von manchen Experten ja als brandgefährlich eingestuft werden), um den Nahen Osten oder den Balkan gegangen ist.
Warum die Frauen nicht gekommen sind, kann man zwar nicht objektiv belegen. Aber umso eindeutiger kann man festhalten, dass man ohne ununterbrochen aktualisiertes Wissen um diese ständig neuen Entwicklungen auch nicht imstande sein kann, eine Führungsposition in Politik oder Wirtschaft auszuüben. Ob das nun ein Aufsichtsratsjob, eine Vorstandsmitgliedschaft, ein Botschafterposten oder eine Abgeordneten- und Ministerfunktion ist. Daher ist das modische Gerede, dass Frauen in diesen Bereichen unterrepräsentiert wären, völlig absurd. Ihr Anteil ist überall größer als offensichtlich ihr Interesse.
Natürlich werden jetzt einige sagen: Aber viele Frauen müssen sich ja um die Kinder kümmern. Das ist für diese Frauen in der Tat ein ernstes und voll zu respektierendes Hindernis. Wobei freilich offen bleibt, wie man ohne ausreichend Zeit zum Sammeln von Hintergrundinformationen dann plötzlich ein guter Aufsichtsrat sein will.
Außerdem gibt es doch eine wachsende Anzahl von Müttern, welche die Kinder bei Bedarf immer ihren Partnern oder einer bezahlten Hilfe überantworten können. Außerdem hat fast die Hälfte der akademisch gebildeten Frauen heute gar keine Kinder mehr. Außerdem dauert die Bindung und Belastung durch Kinder höchstens zehn bis zwanzig Jahre. Dennoch ist auch bei all diesen nicht durch Kinder belasteten Frauen das Interesse an den genannten Materien erstaunlich gering.
Das sei auch niemandem vorgeworfen. Sind doch die Materien zwar wichtig, aber zäh. Frauen interessieren sich mehrheitlich für schönere, für zwischenmenschlich wichtigere Dinge. Aber es nervt total, wenn ein paar Berufsfeministen in Politik und Medien sich dennoch ständig über die geringen Anteile von Frauen in Wirtschaft und Politik beklagen. Und wenn sie diesen geringen Anteil nicht auf Desinteresse, sondern irgendwelche bösen Verschwörungen der Männer zurückführen.
Gewiss, in erregten Debatten muss man sich bisweilen so ärgern, dass man die Contenance verliert. Da sagt man bisweilen manches, was man später bereut. Aber, was da in der letzten Zeit zu hören ist, etwa in Österreich, etwa in Italien, übersteigt bei weitem alle Grenzen des Anstands. Und es erinnert immer mehr an die Tonalität der Zwischenkriegszeit, als Nationalsozialisten und Kommunisten Europa in seine größte Katastrophe getrieben haben. Als gewählte Parlamente von den Anhängern einer Diktatur nur noch „Quatschbude“ genannt wurden.
Die Töne des Hasses fallen nicht mehr bloß in einer momentanen Erregung, sondern aus wohlfeiler Überlegung. So erregen sich etwa die Grünen nicht mehr wie einst über die derben Aschermittwoch-Töne eines Franz Josef Strauß oder eines Jörg Haider, sondern es gelingt ihnen, diese Töne sogar noch zu übertreffen.
Wer etwa gehört oder gelesen hat, was ein Peter Pilz heuer zu diesem Anlass gesagt hat, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Für ihn sind einige Landeshauptleute „Esel“, die Freiheitlichen „Kleptomanen“ und die Kandidaten Stronachs „Lumpen“. Ja, das ist genau derselbe Peter Pilz, der ständig gegen Gott und die Welt Strafanzeigen einbringt.
Man erinnere sich nur, wie fast alle Großleitartikler empört in die Tasten gegriffen haben, als ein freiheitlicher Abgeordneter einmal das Wort „Lump“ verwendet hatte. Und wie sofort die Staatsanwaltschaft gegen den Mann ausgerückt ist. Das gleiche tat sie, als eine Historikerin einen Mann Kinderschänder genannt hat, der mit einer Neunjährigen Geschlechtsverkehr hatte. Bei Pilz hingegen schweigen sie allesamt, die Medien ebenso wie die Staatsanwaltschaft. (Um nicht missverstanden zu werden Das Schweigen der Staatsanwaltschaft finde ich im Gegensatz zu jenem der Medien natürlich richtig; nur sollte sie auch dann schweigen, wenn sich andere falsch ausdrücken.)
Offenbar sind solche Töne bei den Wählern zinsbringend. Das sieht man etwa in Italien. Denn während sich dort alle Welt geradezu im Chorgesang über Silvio Berlusconi erregt, droht dem Land noch etwas viel Schlimmeres. Den Umfragen zufolge dürfte ein Mann am dritten Platz hinter Berlusconi und der Linken landen, der überhaupt das Allertiefste ist, was mir in den letzten Jahrzehnten in einer Demokratie untergekommen ist: der sogenannte Komiker Beppe Grillo.
Ihm werden unfassbare 13 bis 16 Prozent prophezeit, obwohl er nicht einmal den Hauch einer politischen Idee hat. Das ist also deutlich mehr, als wahrscheinlich Mario Monti bekommen wird, den zumindest das Ausland so hoch preist. Grillo ist nicht links und nicht rechts, sondern er hat ein einziges Programm: Schimpfen, schimpfen, schimpfen.
Zitate aus seinen Reden sind imstande, einem den Glauben an die Demokratie und Vernunft der Menschen auszutreiben: „Wir sind im Krieg!“, „Schicken wir sie alle nach Hause“, „Basta, Basta!“, „Pathetischer Zwerg“, „Arschgesichter“. Und bei jeder neuen Beschimpfung jubeln die Menschen. Dagegen hebt sich Berlusconi mit seinem Hang zu jungen Frauen, die seine Enkelinnen sein könnten, mit seinen gefährlichen Steuerversprechungen und mit seinen dubiosen Geschäftspraktiken geradezu positiv ab. Ebenso wie die Linke, obwohl diese nicht bereit ist, ihre Allianz mit den doktrinär gebliebenen Kommunisten zu lösen. Immerhin haben beide noch politische Vorstellungen, über die man diskutieren kann.
Offenbar aber haben derzeit Jauche-Verteiler wie Pilz und Grillo Saison. Oder sind das gar die Exponenten der oft zitierten, aber nie konkretisierten „europäischen Werte“?
Die EU-Kommission hat es klar gesagt. Sozialminister Hundstorfer hat es zumindest angedeutet. Dann hat es auch Finanzministerin Fekter betont, sie bekommt aber dafür Prügel vom eigenen Koalitionspartner. Womit sich zeigt: Der Wahlkampf ist voll eröffnet. Logik, Vernunft und Grundrechnungsarten bleiben dabei endgültig auf der Strecke.
Die EU-Kommission hatte die Lage der österreichischen Staatsfinanzen in nüchternen, aber auch ernüchternden Worten deutlich gemacht: Weder die hohe Verschuldung noch das gegenwärtige Pensionssystem können aufrechterhalten werden; da müsse dringend etwas geschehen.
Diese – für Tagebuchleser nicht gerade neue – Erkenntnis ist erfreulicherweise auch irgendwie schon beim Sozialminister angekommen, obwohl der als alter Gewerkschafter normalerweise nicht gerade an der Spitze der Reformfreunde zu finden ist. Immerhin hat Rudolf Hundstorfer angedeutet, dass (wenigstens) nach der Wahl über eine raschere Erhöhung des derzeit noch auf 20 weitere Jahre einbetonierten Frauenpensionsalters geredet werden könnte. Das ist zwar in der Sache eigentlich alternativlos, aber für einen Sozialdemokraten fast sensationell revolutionär.
Ein paar Tage später hat dann Maria Fekter die Warnungen der EU-Kommission zitiert. Aber jetzt fährt ihr sofort der (eigentlich ressorteigene!) SPÖ-Staatssekretär Schieder vehement über den Mund. Nix da. Bei den Pensionen wird nichts verändert. Da Herr Schieder aber sehr ehrgeizig ist und unbedingt noch mehr werden will, während Hundstorfer zumindest bisweilen schon den Altersmut zur Wahrheit zeigt, ist klar: Schieders Linie ist jene der SPÖ. Damit zerstäubt nun die letzte Hoffnung, dass eine neue rot-schwarze Koalition (also das, was vor Jahrzehnten noch eine „große“ war) irgendetwas anderes werden könnte als eine wirklich gefährliche Drohung.
Da es hier nicht um eine Randfrage, sondern um die wohl wichtigste Herausforderung für Österreich geht, wird man jetzt umso genauer die anderen Parteien beobachten müssen. Das sollte man zumindest dann tun, wenn man irgendwie noch Zukunftshoffnungen hegen will.
Wird die FPÖ trotz ihres Hangs zum Populismus und trotz ihrer derzeit rückläufigen Umfrageergebnisse in Sachen Pension mehr Verantwortungsbewusstsein zeigen als die SPÖ? Wird Frank Stronach es in seinen Wortschwurbeleien vermeiden, irgendwelche Pensionsgarantien abzugeben? Wenn beide Hoffnungen erfüllt werden, dann gibt es eine solche auch für Österreich. Es sei denn, die ÖVP lässt sich wieder von der Wirtschaftskammer in eine neue rot-schwarze Eiszeit zwingen oder gar in den totalen rot-schwarz-grünen Winter.
Damit keine Irrtümer entstehen: Bei den Pensionen geht es keineswegs nur um das Frauen-Antrittsalter. Es geht auch um eine Anpassung aller anderen Pensionsbeginn-Termine an die (erfreulicherweise) weiter steigende Lebenserwartung und Gesundheit. Es geht um die sofortige Abschaffung von Witwen/Witwer-Pensionen für Kinderlose. Es geht um die versicherungsmathematische Anpassung der Pensionshöhe an die Höhe der Einzahlungen.
Und es geht auch um die Reparatur des bisher weitgehend geheimgehaltenen Skandals bei der jüngsten Mini-Pensionsreform: Dabei war zwar fixiert worden, dass junge Menschen nicht gleich lebenslang in eine Invalidenpension gehen können. Aber insgeheim wurden die Zahlungen an solche potenziellen Invaliden auf ein Vielfaches erhöht. Sodass das Ergebnis der letzten Reform statt eines Weniger ein Mehr an Kosten sein dürfte. Dass dieses Mehr halt aus anderen öffentlichen Kassen gezahlt wird, ist in Wahrheit total egal.
Überhaupt zur Katastrophe könnten aber zwei Rechtsstreitigkeiten werden, die beim Europäischen Gerichtshof anhängig sind. Diese sind zwar in der Öffentlichkeit noch überhaupt nicht bekannt. Denn die Koalition und ihre Medien versuchen die Gefahren noch totzuschweigen; und sämtliche Oppositionsparteien sind pensionsrechtlich sowieso ahnungslos. Aber beide Verfahren haben gewaltige Explosivkraft.
Beide Male geht es um die von den (drei bis vier) Regierungsparteien des letzten Jahrzehnts populistisch weit über die Zuwächse der sonstigen Pensionserhöhungen hinaus gesteigerten Ausgleichszulagen.
Einmal geht es um die im Tagebuch schon öfters aufgegriffenen Zahlungen an zuziehende Rentner etwa aus Rumänien. Dort kommen ja viele Menschen im Alter kaum über Hundert Euro im Monat. In Österreich stehen jedem Pensionisten hingegen mindestens 837 Euro zu (Ehepaaren sogar 1255). Nun haben die Behörden versucht, sich gegen einen solchen Pensionistenzuzug dadurch zu wehren, indem sie streng prüfen, ob die Menschen auch ohne diese Ausgleichszulage selbsterhaltungsfähig sind.
Mit anderen Worten: Diese Menschen aus den neuen EU-Ländern müssten derzeit eine fünfstellige Summe Geldes vorweisen können. Das haben die meisten nicht, es sei denn, sie arbeiten mit irgendwelchen Umgehungs-Tricks (die freilich für Schlepperbanden nicht so schwer sein dürften). Daher gibt es noch nicht viele, die von diesem Ausgleichszulagen-Anspruch profitieren.
Aber ist diese Prüfung der Selbsterhaltungsfähigkeit überhaupt EU-rechtens? Der juristische Boden für diesen österreichischen Versuch, Zehntausende Sozial-Immigranten aus armen EU-Ländern abzuhalten, ist zumindest brüchig. Denn vor Judikaten des oft sehr realitätsfremden EuGH muss die Republik jedenfalls zittern. Nicht nur aus der schockierenden Erfahrung des einstigen Medizinstudenten-Spruchs, sondern auch deshalb, weil die Koalition Maria Berger vom linken SPÖ-Rand als Richterin dorthin entsandt hat.
Beim zweiten Rechtsstreit vor dem EuGH muss Österreich noch viel mehr zittern. Auch hier geht es um die Ausgleichszulagen. Diesmal stehen überwiegend Frauen aus dem Balkan oder der Türkei im Mittelpunkt, die auch einige wenige Jahre Pensionsanspruch in Österreich erworben haben. Zusammen mit in ihrer Heimat (wirklich oder angeblich) erworbenen Zeiten erreichen viele von ihnen gerade die für eine Zahlung aus österreichischen Pensionskassen nötigen 15 Beitragsjahre. Diese Jahre ergeben aber auch in Österreich nur eine kleine Pension; eine solche wird nach österreichischem Recht auf die Ausgleichszulage erhöht.
Was aber ist, wenn die Frau (im Pensionsversicherungsdeutsch: die Anspruchsberechtigte) im Ausland lebt, etwa wieder in der alten Heimat? Dann streicht Österreich derzeit – noch – die Ausgleichszulage wieder weg, für die ja nie etwas eingezahlt worden ist. Denn die Republik sieht diese Zulage als Sozial- und nicht als Pensionsleistung an. Für Sozialleistungen ist das Aufenthaltsland zuständig (beispielsweise Polen oder die Türkei), und nicht jenes Land, wo irgendwann einmal Pensionsversicherungsbeiträge eingezahlt worden sind (beispielsweise Österreich).
Ist Österreichs Argumentation logisch? Nun ja. Rechtsexperten halten die Karten der Republik für ziemlich schlecht. Für eine Verurteilung der Republik genügt dem EuGH etwa ein Blick auf die vom Bundeskanzleramt gestaltete Seite help.gv.at. Dort kann jeder EU-Richter nämlich lesen: „Jeder Pensionsantrag wird auch als Antrag auf Ausgleichszulage gewertet.“ Es wird den Republiksjuristen daher ziemlich schwer fallen, etwas als Sozialleistung darzustellen, für das nicht einmal ein eigener Antrag neben jenem auf Pension ausgefüllt werden muss.
Eine Niederlage in dieser Auseinandersetzung wird Österreich sehr viel Geld kosten. Und es ist durchaus fraglich, ob dann ein schon von manchen ins Auge gefasster kompletter Umbau des Sozialsystems gelingen wird, also die Verwandlung der Ausgleichszulage in eine Sozialleistung. Und noch fraglicher ist, ob dieser Umbau dann irgendwann doch vom EuGH anerkannt werden wird. Abgesehen von den juristischen Risken ist die Ausgleichszulage vor allem für die Sozialdemokraten eine Heilige Kuh, die freilich bisher auch für den ÖAAB unantastbar gewesen ist.
Geht dieses, gehen gar beide Verfahren verloren, dann ist Feuer an Bord. Die Koalitionspolitiker können derzeit im Interesse ihrer Wahlchancen nur hoffen und bangen, dass keiner der beiden Rechtsstreite vor dem Wahltag entschieden wird, und dass die Öffentlichkeit die Gefahr bis dahin nicht mitkriegt. Und wir müssen in jedem Fall hoffen, dass auch in der SPÖ doch einmal alle Entscheidungsträger erkennen, wie sehr unser Pensionssystem ohne tiefgreifende Änderungen gegen die Wand donnert.
Ein bisher unbekanntes Institut unter Leitung des Rathausgenossen Schicker veröffentlicht eine „Studie“, die uns einreden will, wie schlecht es wäre, wenn Strom- oder Wasser-Versorger privatisiert sind.
Neben einer Reihe nachweislich falscher Argumente – etwa die Behauptung, die britischen Bahnen seien wieder verstaatlicht worden (das sind nämlich nur die Schienen), – wird da von der Autorin auch etwas Wahres gesagt: Anbieter im öffentlichen, also politischen Eigentum würden mehr Arbeitsplätze schaffen und „faire Löhne“ zahlen. In der Tat, das tun sie. Das aber ist auch genau der Grund, warum das Institut für Finanzwissenschaft der Uni Wien (so wie viele andere) zu dem Schluss kommt, eine Privatisierung würde 30 Prozent der Kosten einsparen. Die SPÖ muss uns jetzt freilich nur noch eines erklären: Warum sollen wir um so viel mehr an Gebühren für Wasser, Müll oder Strom zahlen, nur damit dort Politiker (meist für ihre Parteigänger) eigentlich nicht notwendige Jobs „schaffen“ können? Und warum sollen diese Menschen von meinen Gebühren auch noch höhere Löhne als der Rest der Menschheit bekommen? „Faire Löhne“ heißt ja nichts anderes höhere Löhne für einige Auserwählte.
Vielen Dank, SPÖ, das so offen zugegeben zu haben.
„Sie würden kein Auto stehlen.
Sie würden keine Handtasche stehlen.
Sie würden nicht Geld fälschen, Kinder entführen oder Killerdrohnen schicken.
Warum aber lassen wir dann all diese Dinge die Regierung tun?
Regierung ist kein „opferloses Verbrechen"!
Diese Botschaft richtete Jeffrey Tucker, vormals Vizepräsident des Ludwig von Mises Instituts in Auburn/Alabama und nunmehriger Chef des Internetbuchhandelshauses „Laissez Faire Books“, an die stetig wachsende Glaubensgemeinschaft der Staatsanbeter.
Starker Tobak, nicht wahr? Allerdings werden selbst mustergültige Untertanen, die mit anarchistischem Gedankengut gar nichts anfangen können, nicht umhinkommen einzuräumen, dass an Tuckers Zitat etwas dran ist. Denn Tatsache ist, dass eine überwältigende Mehrheit der Menschen tatsächlich nicht zur Kriminalität neigt – schon gar nicht zur initiierten Anwendung von Gewalt gegen ihre Mitmenschen. Wäre es anders, die Menschheit wäre längst ausgestorben.
Dennoch ist jede Untat, die sich dem Normalsterblichen ganz selbstverständlich verbietet – und zwar auch ohne hoheitliche Vorschriften – Staatsagenten nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten! Der Staat stellt, leider nicht nur in James-Bond-Filmen, vielen seiner Mitarbeiter eine Lizenz zum Töten aus. Ein Notwehrrecht gegen in seinem Auftrag tätig werdende Beamte gibt es nicht. Wer etwa sein rechtmäßig erworbenes Eigentum gegen einen amtshandelnden Polizisten zu verteidigen sucht, muss mit seiner Exekution rechnen – ganz ohne Gerichtsverfahren! Sollte der Witwe eines von den Schergen Leviathans liquidierten Bürgers anschließend Lust verspüren, sich auch noch verhöhnen zu lassen, darf sie sich zu diesem Zweck an das zuständige, staatliche Gericht wenden…
Der 1989 verstorbene amerikanische Naturforscher und Philosoph Edward Abbey fasste den Sachverhalt so zusammen:
„Wenn Sie sich weigern, ungerechte Steuern zu zahlen, wird Ihr Eigentum konfisziert.
Wenn Sie Ihr Eigentum verteidigen, werden Sie verhaftet.
Wenn Sie sich der Verhaftung widersetzen, werden Sie niedergeknüppelt.
Wenn Sie sich dagegen wehren, werden Sie erschossen.
Dieses Verfahren ist bekannt als Rechtsstaatlichkeit.“
Der Staat tritt, im von Abbey geschilderten Fall, nicht als Verteidiger von Leib, Leben und Sicherheit des Bürgers auf (also in dem Sinne, für den er da sein sollte), sondern ganz im Gegenteil! Er geht mit Gewalt gegen Menschen vor, die niemandem Unrecht zugefügt haben und deren einziges „Verbrechen“ darin besteht, ihr Eigentum behalten zu wollen. Denn „gerechte Steuern“ sind natürlich ein Oxymoron. Es gibt sie ebenso wenig, wie es „ehrliche Beute“ eines Raubüberfalls oder eine „politisch korrekte Vergewaltigung“ gibt. Steuern waren stets, sind und bleiben Diebstahl.
Ist die Existenz eines Monopols zur Rechtssetzung und Gewaltausübung schon dann problematisch und widersprüchlich, wenn anständige Menschen an dessen Schalthebeln agieren, so vervielfachen sich die Gefahren, wenn dem nicht so ist. In der Welt des real existierenden Gewaltmonopols dürfte das in ungefähr 100 von 100 Fällen der Fall sein.
Das nationalsozialistische Deutschland war, wie wir von Kindesbeinen an gelernt haben, ein Unrechtsstaat. Keinem aufrechten Demokraten würde es heute in den Sinn kommen, den Unrechtscharakter staatlicher Maßnahmen zur Zeit des Hitlerregimes zu bestreiten. Wen kümmert es da schon, dass dessen Regierung auf demokratische, rechtmäßige und verfassungskonforme Weise ans Ruder kam? Wer macht sich schon Gedanken darüber, dass der „Führer“ auf dem Höhepunkt seiner militärischen Erfolge – also etwa nach dem vollständigen Triumph über Frankreich – bei einer demokratischen Wahl vermutlich eine ¾-Mehrheit erreicht hätte (und damit ein Maß an Legitimation, dessen sich keine unserer Tage amtierende Regierung erfreut)?
Wie man es auch dreht und wendet: Ein zwischen damals und heute bestehender, struktureller Unterschied von Organisationen und Verwaltung des Staates, ist mit freiem Auge kaum zu erkennen. Kreuzbrave deutsche Beamte – keine geborenen Unmenschen und Mörder – mutierten nach dem 30. Januar 1933 über Nacht zu willigen Vollstreckern eines brutalen, antibürgerlichen, antiliberalen Totalitarismus´ (in Österreich war es am 13. März 1938 so weit). Wer ist naiv genug zu glauben, dass exakt dasselbe nicht jederzeit wieder geschehen könnte? Wer oder was sollte einen zu allem entschlossenen Polit-Desperado denn stoppen? Was sollte etwa eine linke Volksfrontregierung davon abhalten, ihr Gewaltmonopol – so wie damals unter dem Applaus der veröffentlichten Meinung – zur Unterdrückung und Verfolgung unliebsamer Minderheiten einzusetzen? Und – falls sie dazu willens wäre – würde der Polizeiapparat einer solchen Regierung tatsächlich die Gefolgschaft verweigern? Wohl kaum!
Minderheiten waren und sind der Gewalt eines (demokratisch „legitimierten“) Machtmonopolisten ebenso rechtlos wie wehrlos ausgeliefert. Biedere Polizeibeamte sehen weg, wenn bestimmten Minderheiten angehörende Mitbürger vom Mob drangsaliert und gedemütigt werden – oder sie fungieren am Ende selbst als aktive Werkzeuge derartiger Aktivitäten. Und um dem Fass die Krone aufzusetzen, werden für die durch organisierte Unrechtshandlungen entstandenen Kosten auch noch deren Opfer verantwortlich gemacht.
Wien, am 1. 2. 2013. Einige Hundert Mitglieder freiheitlicher Burschenschaften und deren Begleiterinnen schicken sich an, den Akademikerball in der Wiener Hofburg zu besuchen. Auf dem Weg ins Balllokal werden sie von einer dreifachen Zahl gewaltbereiten Pöbels mit Schmähungen überhäuft, bespuckt und mit Farbbeuteln beworfen. Das Motto scheint zu lauten: „Besser ein Geschwür am After, als ein Deutscher Burschenschafter.“ Selbstverständlich war diese „Demonstration“, von der bereits im Vorfeld klar war, dass es zu Ausschreitungen kommen würde, behördlich genehmigt. Auf die beamteten Genossen ist Verlass.
Zur Klarstellung: es geht hier nicht um die Verharmlosung oder Relativierung weit schlimmerer Unrechtshandlungen in der Vergangenheit. Es geht auch nicht um unangemessene Vergleiche von Äpfeln mit Birnen. Es geht allein darum, die durch die Existenz eines Gewaltmonopolisten entstehende Problematik der Entrechtung von Randgruppen, die den Machthabern und deren Propagandisten unliebsam sind, aufzuzeigen.
Die Wiener Polizei war – im Februar 2013 – nicht in der Lage (oder nicht willens?), einen kleinen, politisch unliebsamen Teil der Gesellschaft, der sich keines Unrechts schuldig gemacht hat (die rechten „Burschis“), wirkungsvoll vor den Attacken gewalttätigen Abschaums zu beschützen. Der Polizeichef der Stadt Wien befand es anschließend sogar für geraten – nicht ohne das unverhüllte Wohlwollen der (mittels Subventionen und Inseraten) gleichgeschalteten Hauptstrommedien – die Opfer der von linken Radaubrüdern inszenierten Exzesse zu verspotten, indem er sie faktisch zu Tätern erklärte. Man hätte, so der wackere Beamte, schließlich einen anderen Zugang zum Balllokal wählen können (was faktisch unmöglich war, da auf allen zur Verfügung stehenden Zugangswegen der linke Mob lauerte). Am liebsten, so ließ der Polizeikapo sich vernehmen, wäre es ihm, wenn dieser Ball – angesichts der damit notorisch verbundenen Ausschreitungen – gar nicht erst stattfinden würde. Klar, schuld ist der mit Dreck Beworfene, nicht der Werfer. Daher ist natürlich ersterer zu bestrafen. Etatistische Logik vom Feinsten. Ob der Genosse Kommissar – pardon – Landespolizeipräsident, sich ähnlich äußern würde, wenn es sich um ein von Burschenschaftern belagertes Gschnas der sozialistischen Gewerkschaftsjugend handelte, darf bezweifelt werden.
Nochmals: Es geht hier nicht um das Kleinreden oder Relativieren weit schwerwiegenderer Übergriffe auf eine andere Minderheit in einer anderen Zeit. Es geht auch nicht um Sympathiekundgebungen für deutschnationale Vereine (welche dem Autor dieses Beitrags schwer zu unterstellen sein wird) Es geht – ganz grundsätzlich – um das Verhalten des Gewaltmonopols gegenüber jeder unliebsamen Minderheit. Damals wie heute ist das völlige Desinteresse der beamteten Amtsträger schwer zu übersehen, die Rechte der Bürger – und zwar ohne Ansehen ihrer Person – zu beschützen.
Die historische Parallele ist einfach unübersehbar!
Fazit: Wer meint, in einer Demokratie wären politisch unerwünschte Minderheiten vor gewalttätigen Übergriffen sicher, freut sich vermutlich auch jedes Jahr auf den Osterhasen und das Christkind. Wer meint, der Staat würde für den Schutz von Sicherheit und Eigentum seiner Insassen sorgen, ist vollends auf dem Holzweg. Der territoriale Machtmonopolist kennt nur ein einziges Ziel, das er rücksichtslos verfolgt: sein unaufhörliches Wachstum. Das war immer so und das wird sich wohl auch niemals ändern.
Eine systembedingt auf Unrecht gegründete Rechtsagentur – welche Segnungen hätte der Bürger von einer derart dubiosen Organisation zu erwarten…?
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Wir, die European Students For Liberty, sind mittlerweile zu einer der größten klassisch-liberalen Studentenbewegungen angewachsen. Es freut uns, Sie zu unserer zweiten europäischen Konferenz einladen zu dürfen. Vom 8.-10. März erwarten wir über 300 klassisch-liberale Studenten und Gäste aus ganz Europa in Leuven (15 Minuten von Brüssel entfernt).
Neben Vorträgen und Diskussionen werden die Teilnehmer auch Workshops besuchen können, die darauf abzielen, die notwendigen soft skills zu erlernen, um effektivere Meinungsbildner und Aktivisten für die Freiheit zu werden. Darüber gibt es die Möglichkeit, im Verlauf des Wochenendes bei den European Students For Liberty-Partys Freundschaften zu knüpfen und Netzwerke zu bilden. Zudem werden wir erstmals eine Studentendebatte mit Anhängern verschiedener liberaler Theorien abhalten.
Als Redner haben haben uns unter anderem James Turk (GoldMoney Foundation), Tom Palmer (Atlas Network), Daniel Model (ModelGroup), Michael D. Tanner (Cato Institute) sowie David und Emily Skarbek (Ökonomen King´s College London) zugesagt.
Die behandelten Themen reichen von Unternehmertum, Neuer Politischer Ökonomie (Public Choice), Problemen des Wohlfahrtsstaates, den Chancen bzw. Gefahren durch die aktuelle Krise für die liberale Bewegung bis hin zu privater Sezession. Darüber hinaus wird es viele Workshops zu ausgewählten Themen geben, wie beispielsweise einen Vortrag über ökonomisches Verhalten von Gefängnisbanden.
Wir freuen uns, Sie und Ihre Freunde in Leuven begrüßen zu dürfen und hoffen, mithilfe dieser Konferenz einen Beitrag zu einer freieren Gesellschaft leisten zu können. Als kleinen Vorgeschmack empfehlen wir Ihnen das Video unserer letzten europäischen Konferenz: http://www.youtube.com/watch?v=uVx3hxsDxVI
Die Anmeldegebühr beträgt für Studenten 40€ und für Nicht-Studenten 55€. Darin enthalten sind alle Speisen während des Wochenendes, viele kostenlose Materialien, Netzwerkmöglichkeiten mit Think Tanks, und natürlich drei Tage voller interessanter Redner und Diskussionen.
Auf Ihr Kommen freut sich das Team der European Students for Liberty.
Michael Landl ist im Vorstand der European Students For Liberty tätig. Er arbeitete für das Austrian Economics Center in Wien und studiert International Affairs and Governance an der Universität St. Gallen. Zudem ist er Mitbegründer des Austrian Libertarian Movements in Wien. Sie können ihn unter der E-Mail-Adresse mlandl@studentsforliberty.org erreichen.
Der Eurokurs steigt seit Wochen deutlich. Das ist ein – trügerisches – Zeichen der Erholung, löst aber schon wieder Panikrufe aus. Diesmal von der Industrie.
Die Ursachen des Kursanstiegs sind klar: Die beiden anderen großen Währungen haben Vertrauen verloren, während der Euro seit Herbst trotz des langen EU-Budgetstreits weniger Schlagzeilen gemacht hat. In Japan hingegen wollen Notenbank und die neue Parlamentsmehrheit den Yen-Kurs nach unten treiben, um Exporte anzukurbeln und die Schuldenlast zu erleichtern. Ähnlich wird auch in den USA fast unbegrenzt Geld gedruckt. Die Wiederwahl von Barack Obama, die lockere Hand der Fed und das Nachgeben der Republikaner im Kongress-Streit um die Verschuldung haben das Vertrauen in den Dollar schwer unterminiert. Da hilft nicht einmal der Industrie-Boom infolge des billigen Schiefergas-Abbaus.
Daher gehen wieder viele Anleger in den Euro zurück, weil ja die Währungen der boomenden Schwellenländer großteils nicht frei konvertibel sind. Es werden sogar wieder Anleihen aus Griechenland oder Portugal gekauft, was deren Preis drückt. Die Furcht ist gesunken, diese Länder würden bald crashen. Das treibt aber gleichzeitig die deutschen Zinsen empor. Denn niemand anderer als Deutschland ist ja das Sicherheitsnetz, das diese Schuldenländer am Leben hält. Daher bremsen viele Anleger ihren Run auf deutsche Papiere und wollen die noch immer im Vergleich hohen Zinsen der von Deutschland gesicherten Länder kassieren.
So weit so klar. Jetzt aber jammert zunehmend die europäische Industrie: Das Exportieren wird bei steigenden Kursen schwieriger. Das stehen zwar die deutschen Markenartikler noch ganz gut durch. Frankreichs Industrie hingegen leidet schwer, auch die italienische. Ein überzogenes Lohnniveau, ein schwaches Image und der steigende Euro-Kurs sind eine dreifache Gefahr.
Frankreichs Präsident ruft aber so wie Italien nach einer völlig falschen Therapie. Er verlangt eine „aktive Wechselkurspolitik“. Das heißt aber nichts anderes, als künstlich den Eurokurs zu senken und deswegen angebotene Dollar- und Yen-Beträge aufzukaufen. François Hollande zeigt mit dieser Forderung, dass er aus der Geschichte überhaupt nichts gelernt hat. Denn erstens profitieren von einem künstlichen Wechselkurs immer jene, die dagegen spekulieren, weil Zentralbanken am Ende doch immer unter Auslösung von Schockwellen nachgeben müssen. Und zweitens erinnert das endgültig an die Zwischenkriegszeit: Da herrschte weltweit ein künstlicher Kurs-Wettlauf nach unten, um der eigenen Industrie zu helfen. Die dadurch ausgelöste Katastrophe sollte auch in Frankreich noch in Erinnerung sein.
Was aber tun? Es gibt keine Alternative zu dem, was jeder Regierung, ganz besonders einer sozialistischen schwer fällt: Sie müssen die in den letzten 15 Jahren im Verhältnis viel zu hoch gestiegenen Löhne wettbewerbsfähig machen. Nur das hilft – damit verliert man freilich die nächste Wahl mit Sicherheit.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Karl Schwarzenberg ist eine besondere Politikerpersönlichkeit in Europa, denn er sagt auch dann die Wahrheit, wenn sie ihm politisch schadet. Und so hat er seine Chancen auf das Präsidentenamt ruiniert, indem er ein tschechisches Tabuthema angesprochen hat: Die Unrechtmäßigkeit der Beneš-Dekrete und der wilden Vertreibung 1945.
Ist ein österreichischer Politiker in Sicht, der es wagt, die Wahrheit auszusprechen? Etwa, dass wir bis 70 arbeiten sollten oder dass wir uns mit unserer Schuldenpolitik in den Sack lügen? Und wie ist es mit der Neutralitäts-Lüge, der Lüge von der niedrigen Arbeitslosigkeit, der Pensionslüge oder der Lüge von den Sparpaketen, die allesamt Belastungspakete waren? Aktuell bedienen heimische Politiker den Brüsseler Wasserschmäh, sowie auch das Märchen von der Finanzautonomie der Bundesländer, die allerdings mit ihrem Rechnungswesen noch nicht einmal im 20., geschweige denn im 21. Jahrhundert angekommen sind. Überdies befinden wir uns in einem Wahljahr und erleben bereits verstärkt die populistischen Ansagen: Vom Po-Grapschen bis zur Pendlerpauschale.
Ein Musterbeispiel von „Wählerverarschung“ (pardon pour l’expression) wurde von entscheidungsunfähigen Politikern mit der Volksbefragung zum Bundesheer versucht; interessanterweise haben die Wähler diesmal das üble Spiel durchschaut. (Garantie dafür gibt es für künftige Fälle allerdings leider keine; bei der letzten Nationalratswahl gelang es der SPÖ mit ähnlichen Tricks – und vor allem der Geldverschleuderungssitzung wenige Tage vor dem Urnengang – die Wahl für sich zu entscheiden).
Apropos Wehrpflicht: Dazu sei an ein bemerkenswertes Politikerstatement erinnert: „Die meisten Jungen sind gegen die Wehrpflicht, sie müssen nur zur Abstimmung gehen. Wir müssen vermeiden, dass wieder andere für uns entscheiden“. Meint der Autor mit „wieder“, dass bei den letzten Wahlgängen „andere“ (also die „Falschen“?) die „Richtigen“ überstimmt haben? Ist der Autor ein radikaler Faschist, der eine Bevölkerungsgruppe gegen eine andere ausspielen möchte und der das Prinzip vom gleichen Wahlrecht aushebeln will?
Das Zitat stammt von Werner Faymann aus der „Kronen Zeitung“ vom Abstimmungssonntag (aber was tut man als verantwortungsloser Opportunist nicht alles, um die letzten Reserven zu mobilisieren?). Nein, Werner Faymann ist alles andere als ein Karl Schwarzenberg und er ist wohl auch kein Politologe, der auf interessante Konstruktionsfehler der modernen Parteiendemokratie hinweisen wollte; der Mann ist nicht dafür bekannt, sich über Grundsatzfragen den Kopf zu zerbrechen.
Dennoch hat das Thema einige Brisanz und würde sich einen seriösen Diskurs verdienen. Diesen versucht Christian Ortner in seinem neuen Buch „Prolokratie – demokratisch in die Pleite“, wenn er darauf verweist, dass „sechs Millionen Nettoempfängern des Sozial- und Umverteilungsstaates nur noch zwei Millionen Nettozahler gegenüberstehen“.
Auf rund 90 Seiten nimmt sich Christian Ortner des immer stärker herandräuenden Problems der Kompatibilität von „Demokratie und gesunden Staatsfinanzen“ an; eine empfehlenswerte und anregende, wenn auch nicht immer erfreuliche Lektüre. Leider hat Ortner ebenfalls keine Antwort, wie man diese „Fehlfunktionen des demokratischen Betriebssystems“ beheben könnte, und er zitiert resignierend den luxemburgischen Regierungschef Jean Claude Juncker, der sich auch schon gelegentlich zur Lüge bekannt hat: „Wir Politiker wissen ja, was getan werden müsste. Wir wissen nur nicht, wie wir danach wiedergewählt werden können“. Womit wir wieder bei der politischen Lüge und den fehlenden Schwarzenbergs sind.
Wenn wir davon ausgehen, dass sich laut einer aktuellen IMAS-Studie nur 26 Prozent der Österreicher für Politik interessieren, aber 79 Prozent zur letzten Nationalratswahl gegangen sind, muss man sich fragen, woher beziehen die über 50 Prozent, die sich nicht für Politik interessieren, ihre Informationen? Eine rasche Antwort gibt ein Blick in die von der Politik gekauften Billigzeitungen. Die Prolokratie hat eben die Medien, die sie verdient. Komplizierte Informationen sind zu lästig, der Funfaktor steht im Vordergrund und es wird kampagnisiert. Im Jänner wurde uns wieder gezeigt, mit welcher krassen Einseitigkeit ORF, „Krone“, „Heute“ und „Österreich“ für das SPÖ-Modell des Berufsheeres geworben haben, und wie stark die Argumente für die Wehrpflicht vernachlässigt, ja lächerlich gemacht wurden. Man weiß schon, wo die Geldtöpfe sind, mit denen man es sich nicht verscherzen sollte.
Dass die Abstimmung doch anders ausgegangen ist, wurde von vielen mit Erleichterung als Beweis aufgenommen, dass diese Trottoirzeitungen (der Ausdruck Boulevard ist eigentlich viel zu nobel), doch nicht alles vermögen. Hier ist Vorsicht angebracht: Denn erstens ging die Abstimmung für die SPÖ verloren, weil sie selber nicht geschlossen war, zweitens war es bei diesem Thema sehr schwierig, gegen die großen Sympathien, die vor allem der Zivildienst in der Bevölkerung hat, anzuschreiben (die „Krone“ konnte sich diesmal nicht „im Einklang mit der Volksseele fühlen“, wie Hans Rauscher treffend meinte), und drittens haben diese Krawallzeitungen ihren Schwerpunkt in Ost-Österreich, wo es ihnen ja in Wien sogar gelang, eine Mehrheit für das Berufsheer herbeizuschreiben.
Ein besonderes Kapitel im österreichischen Medienwesen ist der Umgang mit „unangenehmen“ Büchern. Die Nazis haben Bücher noch verbrannt, die zeitgenössischen Hohepriester der Deutungshoheit ignorieren Bücher oder verreißen sie in hämischen Rezensionen. Zwei aktuelle Fälle gibt es, und auch hier sieht es die ACADEMIA als ihre Aufgabe an, über Dinge zu berichten, die zwar passieren, von „gleichgeschalteten“ Medien aber ausgeblendet werden
Das eine ist die schon erwähnte Broschüre von Christian Ortner, das andere ist das Buch von Ernst Hofbauer: Faymann – der Kanzler im Zwielicht, der schon mit zwei Klestil-Büchern für Aufregung sorgte. Der Autor legt damit nicht nur ein penibel recherchiertes Portrait unseres Bundeskanzlers vor, sondern auch ein Sittenbild der Wiener SPÖ und ihrer Netzwerke; auch keine „angenehme“ Lektüre, aber sehr erhellend.
Selbstverständlich nimmt in Ernst Hofbauers Faymann-Buch der lockere Umgang mit Steuergeld zur Medienbestechung einen besonderen Platz ein, und er zitiert dazu gewichtige Zeitzeugen, wie etwa den Wiener Kunst- und Medientheoretiker Peter Weibel, „Faymanns Devise, inserieren statt regieren, ersetzt Politik schon immer durch Medienmanipulation“, oder den an sich SPÖ-freundlichen Korrespondenten der NZZ, Charles Ritterband: „Angeblich gibt keine demokratische Regierung der Welt so viel Steuergeld für gezielt eingesetzte Selbstbeweihräucherung in den Medien aus“.
Angeregt durch die Auslassungen und Behübschungen im Lebenslauf des Kanzlers hatte sich der neugierige Ernst Hofbauer ans Werk gemacht. Was er zu Tage fördert, ist mehr als bemerkenswert, ja streckenweise erschreckend. Hofbauer schildert nicht nur die praktisch ungebrochene Karriere des späteren Teflon-Kanzlers, der es schon als Jugendfunktionär der SPÖ bestens verstand, ohne anzuecken vorwärtszukommen. Seine kaum dokumentierte AHS-Zeit sowie sein Nicht-Studium bilden nur den Aufhänger für ein Buch, das einerseits ein Sittenbild der Wiener SPÖ beziehungsweise des Rathausfilzes ist, sowie andererseits die Systemschwächen der modernen Gefälligkeitsdemokratie aufzeigt. Dazu passt exakt eine Headline zu einem „Standard“-Bericht: „Mittelmäßiger Wohnbaustadtrat zum Kanzler gekauft“. Wahrscheinlich haben wir Österreicher keinen Schwarzenberg verdient.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser Kommentar ist der aktuellen Dezember-Ausgabe entnommen.
Herbert Rosendorfer, einer der wohl gescheitesten Schriftsteller der Nachkriegszeit, hat immer wieder Fehlentwicklungen unserer Gesellschaft auf’s Korn genommen und sich auch insbesondere zum Terror der Political Correctness geäußert, die die Demokratie gefährdet: „Wenn keiner mehr sagen darf, was er meint, ruft das eine Verlogenheit hervor, die schädlich für die Demokratie ist. [...] Wenn einer sagt, ich bin ein Nazi und der Hitler war ein großer Mann, dann weiß man, dass das ein Trottel ist.“
Wenn man aber befürchten muss, mit seiner Meinung Gesetze oder Konventionen zu verletzen oder sich dadurch der Ächtung der Zeitgenossen auszusetzen, dann wird man eben lügen, was die unangenehme Folge hat, dass man nicht mehr jeden Trottel sofort erkennt. Keiner sagt mehr wirklich was er denkt, sondern es wird so formuliert und verpackt, wie der Sprecher annimmt, dass es von ihm erwartet wird. Kein Wunder, dass zahlreiche Diskussionen hierzulande nicht nur langweilig, sondern vor allem auch verlogen ablaufen, was nicht so sein müsste, wenn man sich etwa Debatten im angloamerikanischen Raum ansieht.
Es ist eines der Projekte, das die Regierung noch mit Brachialgewalt vor den Wahlen über die Bühne bringen will; es ist aber deswegen alles andere als zwingend und logisch: das geplante neue Lehrerdienstrecht. Während die Politik ständig vom Dienstrecht reden will, herrscht an anderen Fronten im Bildungssystem längst ein Flächenbrand. Vor allem an unseren Volksschulen.
Das einzige, was an den Regierungsvorhaben im Prinzip richtig ist, ist der Plan, die Lebensverdienstkurve der Lehrer abzuflachen. Lehrer zu sein ist zwar längst kein Hungerleider-Job mehr wie einst, aber in den ersten Jahren ist das Einkommen alles andere als üppig. Hingegen sind die Einkommen in den letzten zehn bis zwanzig Jahren überaus reichlich.
Die subjektiven Bedürfnisse verhalten sich genau umgekehrt. In jüngeren Jahren ist eine Wohnung zu kaufen und einzurichten, man gründet (hoffentlich) eine Familie, die Kinder liegen einem (hoffentlich) auf der Tasche. Am Ende der Karriere ist es umgekehrt. Die Bedürfnisse gehen da subjektiv wie objektiv zurück.
Auch der Markt führt zur gleichen Erkenntnis: Ein 55-jähriger Lehrer wird nur in den seltensten Fällen von der Privatwirtschaft abgeworben. Mit 25 oder 30 hingegen sind gerade die Tüchtigen unter den Lehrern auch für viele andere Arbeitgeber interessant. Auch alle jene, die verachtungsvoll die Augen verdrehen, wenn das Wort „Markt“ fällt – unter den Lehrern sind das leider besonders viele! –, sollten irgendwann begreifen: Die Marktmechanismen sind immer wirksam, ob man sie nun mag oder nicht.
Die niedrigen Einstiegsgehälter sind zweifellos auch ein Grund, warum der Lehrerberuf so massiv verweiblicht. Männer verhalten sich (auch in anderen Bereichen) viel stärker gehaltsorientiert als Frauen. Es wird heute jedoch von allen Seiten der Wunsch nach einem höheren Männeranteil in unseren Schulen als dringend angesehen. Natürlich hat der hohe Frauenanteil auch mit anderen Dingen wie insbesondere der Arbeitszeit zu tun. Freilich ist es politisch nicht korrekt, das zu erwähnen.
Lediglich ein Argument spricht für niedrigere Einstiegsgehälter: In den ersten zwei oder drei Jahren ist ein junger Lehrer noch ein wenig Lehrling, der manche pädagogischen Tricks und administrativen Vorgänge lernen muss. Aber etwa nach dem dritten Jahr ist er meist schon gleichwertig mit einem Lehrer in seiner letzten Berufsdekade. Daher gibt es ab diesem Zeitpunkt eigentlich keine Gründe mehr für eine unterschiedliche Bezahlung, es sei denn, jemand übernimmt zusätzliche Verantwortungen oder Aufgaben. Die jungen Lehrer ersetzen in der Regel das durch Dynamik und Engagement, was die älteren an – ebenfalls wertvoller – Erfahrung einbringen.
So weit so klar. Das erste Problem taucht aber für den Übergang auf. Und der würde ein paar Jahrzehnte dauern: Es wäre ja wohl ungerecht, den älteren Lehrern – die einst in ihren Anfangsjahren in der Erwartung des späteren Geldsegens wenig verdient haben – das Einkommen zu kürzen, nur weil jetzt die jüngeren Kollegen mehr bekommen. Mehr Geld aber wird es gerade in Sparzeiten nicht geben können. Und Sparzeiten gibt es eigentlich immer. Daher wäre eigentlich nur eine Strategie realistisch: Bei jeder Gehaltsrunde unten ein wenig aufzurunden, und oben ein wenig zu kappen. Das ist gewiss ein langer Prozess, aber nur so ist eine Änderung politisch möglich. Bei uns jedoch wird seit Jahren von der großen Reform geredet, sodass nicht einmal die mögliche kleine begonnen worden ist.
Nun versucht jedoch die Regierung gerade wegen dieser Notlage, die Lebenseinkommen der Lehrer signifikant zu reduzieren. Das aber kann sich wiederum keine Gewerkschaft gefallen lassen. Vor allem wenn ihre Gruppe als einzige betroffen ist. Einen Lehrerstreik will sich die Regierung jedoch ganz gewiss nicht leisten, in Wahljahren schon gar nicht.
Gleichzeitig wird versucht, die Lehrerdienstzeiten deutlich zu verlängern. Die Jungen sollen also deutlich länger arbeiten als die Älteren – obwohl diese weiterhin mehr verdienen. Eine solche provozierende Zweiklassengesellschaft würde aber mit Sicherheit zu einer Sprengbombe mit Zeitzünder für jedes Konferenzzimmer in unseren Schulen. Kann man das ernsthaft wollen, wenn es eigentlich um bessere Schulen gehen sollte?
Aber arbeiten die Lehrer nicht tatsächlich recht wenig? Dem werden in der Tat die meisten Österreicher zustimmen. Die Studien über eine lange Jahresstundenleistung von Lehrern genießen wohl zu Recht wenig Glaubwürdigkeit, beruhen sie doch mangels objektiver Messmöglichkeiten vor allem auf Eigenangaben der Lehrer selbst. An die glaubt aber eher nur die Gewerkschaft.
Dennoch kann man es sich nicht so einfach machen, wie viele Zeitungskommentatoren, deren liebste Beschäftigung des Lehrer-Prügeln ist, und einfach nach weniger Lehrer-Entlohnung zu rufen. Dem steht nicht nur das erstaunlich hohe Ansehen der Lehrer in der Bevölkerung entgegen, sondern auch die Tatsache, dass eine Unterrichtsstunde vor einem Haufen (vor/post)pubertärer Jugendlicher einen unglaublichen Stress bedeutet, der mit kaum einem anderen Job vergleichbar ist. Im Gegensatz zu sonstigen Berufen darf man ja als Löwenbändiger keine Sekunde die Konzentration verlieren. Diese Aufgabe ist zweifellos noch viel schwieriger geworden, seit die Immigrationspolitik die Klassen mit Massen Jugendlicher aus bildungsdesinteressierten Kulturen vom Balkan und aus der Dritten Welt gefüllt hat.
Dazu kommt ein gewichtiges psychologisches Argument: Selbst in der Krise hat in Österreich keine größere Gruppe ein echtes dauerhaftes Minus (weniger Einkommen verbunden mit mehr Leistung) hinnehmen müssen. Das jetzt einzig und alleine von Lehrern erreichen zu wollen, ist eine absolute Mission impossible. Das ginge höchstens in echten Notzeiten, in einem gemeinsamen nationalen Kraftaufschwung, wenn also auch die Richter 40 Stunden im Gericht sein müssen, wenn der Handel am Sonntag öffnen wird, wenn auch ÖBBler erst mit 65 in Pension gehen könnten usw. Oder eben wenn – wie in Griechenland – alle deutlich weniger verdienen. Eine Gruppe allein gezielt herauszupicken, kann aber niemals funktionieren.
Natürlich könnte man die Lehrer auch außerhalb des Unterrichts zur Anwesenheit in der Schule zwingen. Dann können sie dort Arbeiten verrichten wie Vorbereitungen, Weiterbildung, Korrigieren, Eltern- und Schülergespräche. Nur: Wenn ein Dienstgeber das will, dann muss er seinen Mitarbeitern auch genauso viel Raum zur Verfügung stellen wie jeder andere Arbeitgeber: also mindestens acht Quadratmeter, einen funktionalen Schreibtisch und einen PC mit Internet und Drucker als Mindestausstattung.
Statt jahrelang sinnlose Verhandlungen über ein Dienstrecht zu führen, wäre es viel klüger gewesen, ein paar Schulen mit ordentlichen Lehrer-Arbeitsplätzen auszustatten. Dann hätte man dort ohne vorheriges Warten auf die Weltrevolution an konkreten Einzelbeispielen beobachten können, wie sich das auswirkt: auf die pädagogischen Erfolge wie auch auf die Motivation der Lehrer. Aber vieles deutet ja darauf hin, dass diese Unterrichtsministerin das gar nicht will. Sie will keine positiven Veränderungen, sie will nur stänkern, ideologisieren und Journalisten PR-Geschichten über die bösen Lehrer ins Blatt drucken.
Eine wirksame Dienstrechtsreform würde auch viel stärker als bisher die Weiterbildungspflicht der Lehrer beachten. Sie würde auch das sachliche Wissen und Können der Lehrer neben ihren pädagogischen Fähigkeiten zur Voraussetzung einer Anstellung machen.
Mit anderen Worten: Die Direktoren müssten sich leicht von Lehrern trennen können, die einer Klasse nicht gewachsen sind; von allen jenen, die etwa nach zwanzig Jahren nicht mehr auf dem Laufenden ihres Faches sind (beispielsweise nicht einmal die gelehrte Fremdsprache perfekt beherrschen); sowie von all jenen, die schon von Anfang an Opfer des dramatischen Qualitätsverlustes unserer Universitäten sind, wo leider weder meritorisch noch pädagogisch die Unfähigen ausgesiebt werden.
Ein perfektes Dienstrecht würde aber auch vorsehen, dass jeder neue Lehrer zumindest zwei Jahre im wirklichen Leben gearbeitet haben soll, also irgendwo außerhalb von Klassenzimmern und Hörsälen. Nur solche Lehrer können den Kindern einen Eindruck von der realen Welt vermitteln, die sich halt total von den Lesebuch- und Gutmensch-Vorstellungen der Grünen unterscheidet.
Der allerschlimmste Wahnsinn ist aber, dass diese Dienstrechtsreform wie ein Prokrustesbett für alle Lehrer gelten soll. Also von der Volksschule bis zur AHS und BHS. Während die Praxis schon längst zeigt, dass vor allem bei bestimmten technischen Fächern an einer Berufsbildenden Höheren Schule nur durch (marktgerechte) höhere Gehälter gute Lehrer gefunden werden können, sollen sie nun mit Volksschullehrern gleichgestellt werden. Das ist entweder völlig unfinanzierbar oder es heißt: Gute Nacht für unsere – noch – exzellente Techniker-Ausbildung.
Dieses Prokrustesbett würde auch für die AHS zur Katastrophe: Denn jeder weiß – bis auf die Unterrichtsministerin –, dass wir dort in den nächsten Jahren eine gewaltige Pensionierungswelle haben, gegen die dringend vorgebaut werden müsste. Aber vielleicht teilt irgendwer einmal der unglückseligen Claudia Schmied mit, dass in den nächsten sieben Jahren jeder dritte Lehrer in Pension gehen wird. Vielleicht leistet sich die ÖVP auch wieder einmal einen Schulexperten, nachdem man den ungeliebten und unbeliebten Neugebauer auf die Strafbank gesetzt hat.
Hinter dieser geplanten Einheitsbezahlung steckt natürlich die gleichmacherische Ideologie, dass alle dieselbe Ausbildung genießen sollen. Was völlig absurd ist.
Volksschullehrer, die selbst schwere Rechtschreibdefizite haben, werden nicht besser, wenn man nur noch Master auf unsere Kleinsten loslässt. Denn das Rechtschreiben lernen sie ebensowenig auf der Universität wie das Einmaleins oder die Namen der Wiener Bezirke, also jene Dinge, an denen Zehnjährige bei allen internationalen Vergleichstests so blamabel scheitern. Die wahren Probleme liegen nämlich schon bei der Auswahl der Möchtegern-Lehrer an den Pädagogischen Hochschulen, wo man viel zu wenig konsequent ist. Und vorher bei der Matura, wo es immer weniger selbstverständlich ist, dass ein Maturant die Rechtschreibung beherrscht.
Das von der ÖVP offenbar nicht durchschaute Motiv der SPÖ: Diese will den Weg zur Gesamtschule durch die Hintertür noch breiter zu machen. Die linken Ideologen glauben in ihrer Dummheit nämlich, dass der Hauptwiderstand gegen die Gesamtschule von AHS-Lehrern kommt, die nicht auf eine gleiche Stufe mit Volksschullehrern geraten wollen.
Das mag es zwar schon geben. Aber der entscheidende Hauptwiderstand kommt natürlich von all jenen Eltern, die für ihre Kinder die bestmögliche Ausbildung wollen. Und die diese in einer zwangsweisen Einheitsschule mit Sicherheit nicht bekommen werden – schon gar nicht in Wien, wo bereits mehr als die Hälfte der Kinder einen Migrationshintergrund hat.
Eine ernsthafte Bildungspolitik würde neben einer ganz anderen – realistischen, daher kleinen – Dienstrechtsreform die ganze Energie unseren Volksschulen widmen. Dort nämlich, also in der Gesamtschule für die 6- bis 10-Jährigen, spielt sich nach allen vorhandenen Untersuchungen die wahre Bildungskatastrophe ab.
Was zu deren Behebung notwendig wäre, wäre eine strengere Lehrerauslese, eine ernsthafte und auch individuell anrechenbare externe Leistungsevaluation, die Rückkehr zu Disziplin im Klassenzimmer, Mut zu mehr Frontalunterricht und zu einem altersangepassten Leistungsdruck, mehr erlaubte Vielfalt an Volksschul-Modellen, Aufnahmsprüfungen am Wechsel von der Volksschule zur AHS und vieles andere mehr. Es ist kein Zufall, dass es sich in einem ganzen Bezirk herumspricht, wo es noch eine strenge Volksschullehrerin gibt. Zu der wollen dann fast alle Eltern ihre Kindern schicken. Und nicht zu den Kuschellehrern im Ungeist der Siebziger Jahre.
Um nur ein paar Daten über die Dimension der Volksschulkatastrophe zu nennen (von der Frage, ob diese auch mit dem hohen Frauenanteil gerade in den Grundschulen zu tun haben könnte, will ich dabei gar nicht reden – auch wenn dieser zumindest auffällt):
Es ist lichterlohes Feuer am Dach. Aber wir reden nur über Dienstrecht und Gesamtschule, also leistungsverschlechternde Dinge. Und niemand redet über die echten Notwendigkeiten.
Ob das vielleicht gar Absicht ist?
Salzburgs scheidender Landesrat David Brenner (SPÖ) verdiente mit 196.000 Euro um 40 Prozent mehr als der scheidende US-Finanzminister Timothy Geithner; Bundeskanzler Faymann bekommt mehr als Angela Merkel. Seit Jahrzehnten kommen Österreichs Politiker mit der Endlos-Schleife von „mehr Gerechtigkeit“ an die Macht – und finden es dann mehr als angebracht, sich die eigenen Taschen mit Geld vollzustopfen.
Ist das Land Salzburg um 40 Prozent mächtiger als die Vereinigten Staaten von Amerika? Ist Brenner um 40 Prozent besser (ausgebildet) als Geithner? Eher nicht. Geithner hat einen Master in Business, spricht mehrere asiatische Sprachen, lebte und arbeitete als Unternehmensberater und für den IWF auf drei Kontinenten. Er hatte als Troubleshooter in der US-Finanzkrise aus der Bankenkrise ein Geschäft für Amerika gemacht.
Brenner kennt nur Staat. Nach dem Gymnasium: Partei. Danach ein „Flower-Power“-Studium aus Publizistik und einem Fächerbündel (u.a.) aus Politikwissenschaft. Danach: Partei. Privatwirtschaft, Banken, gar Finanzen? – Njet. Er ist Österreicher – da zählen halt noch andere Werte.
Mit der Forderung nach Solidarabgabe und Reichensteuern, mit dem Kampf gegen (eine freilich selbst herbeigedichtete) Armut war es Brenners Chefin, Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, gelungen, an die heiß ersehnte Macht zu gelangen. Weil man die Macht der Reichen nun gebrochen hätte, hielt man es offenbar für moralisch angemessen, sich als Belohnung selbst die höchsten Gehälter des Landes auszuzahlen. Höher als sie in 99,99 Prozent aller Salzburger Betriebe liegen. Und höher als 99,99 Prozent aller vergleichbaren US-amerikanischen oder deutschen Politiker.
Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) wird nicht müde, mehr Gerechtigkeit im Lande einzumahnen. Dass er mit 328.000 Euro selber um 11 Prozent mehr verdient als US-Präsident Barack Obama (Demokrat) – oder schlicht das Doppelte von Englands Premierminister David Cameron (Conservative) – scheint ihn nicht zu irritieren. Das Aufdecken von Ungerechtigkeiten (bei Anderen) will immerhin gut honoriert sein.
Parteikollege Ewald Nowotny (SPÖ) von der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) streift mit 334.000 Euro jährlich das Doppelte vom Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, ein. Und als guter Sozialist weiß Nowotny, was sich gehört: Mit seiner Regentschaft driftete die Nationalbank über Nacht extrem weit nach links. Plötzlich entdecken die mit Pensions- und Gehaltsprivilegien fürstlich überschütteten Noten-Banker, wie ungerecht die Welt in Österreich doch geworden wäre - und wie ungleich die Vermögen doch verteilt wären.
Martin Schürz (ÖNB) will die Erbschaftssteuer sogar auf 100 Prozent erhöhen, will Erbschaften also am liebsten gleich verstaatlichen. Im sozialistischen Österreich ist Scheinheiligkeit eine hoch geschätzte Tugend. Und so sieht man hier natürlich keinen Zusammenhang mit den eigenen überhohen Gehältern und Vermögen.
Dabei hat Nowotny – im Gegensatz zu Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) – wenigstens eine abgeschlossene Ausbildung. Österreichs Bundeskanzler hatte es zustande gebracht, als Bummelstudent in all den Jahren nur eine einzige Prüfung abzulegen. Faymann stimmt heute in Brüssel über komplexe Finanzmaterien wie Bankenrettung oder Euro-Rettungsschirm ab. Man fragt sich: Versteht Faymann die Analysen hochkarätiger Ökonomen in Brüssel überhaupt? Bei einem Bank-Thema hingegen ist er sich sicher sicher: Sein Girokonto steigt jährlich um ein Brutto-Gehalt von 286.000 Euro.
Mit 286.000 Euro verdient Werner Faymann um 32 Prozent mehr als Kollegin Merkel (CDU) aus dem Norden. Die Christdemokratin muss sich mit 217.000 Euro begnügen. Österreichs Vize-Kanzler Michael Spindelegger (ÖVP) kommt auf 252.000 Euro, US-Vize-Präsident Joe Biden (Demokrat) macht es um ein Drittel billiger: 164.000.
Den Vogel schießt aber Alexander Wrabetz (SPÖ) ab: Satte 350.000 Euro soll sich der ORF-Direktor aus dem üppig angefüllten Zwangsbeiträge-Topf genehmigen. Um ein Viertel mehr als ARD-Chef Peter Boudgoust (SPD).
228.000 Euro kassiert Wiens Bürgermeister Michael Häupl, aber „nur“ 167.000 Euro (oder „minus 27 Prozent“) Boris Johnson (Conservative). Der ist aber auch nur Bürgermeister von London. Für einen symbolischen Dollar arbeitet Michael Bloomberg (Demokrat) aus New York. Als erfolgreicher Unternehmer hat er ein Vermögen gemacht – nun sieht er es als Ehre, New York als Bürgermeister zu dienen.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter will das (vermeintliche) Auseinanderdriften der Gesellschaft mit höheren Steuern für Reiche bekämpfen – wobei die Reichen-Grenze für ihn bei 300.000 Euro beginnt. Bis auf Wrabetz ist das zufälligerweise auch jene Grenze, die gerade keinen einzigen schwerverdienenden SPÖ-Politiker mehr betrifft.
Dass der Gini-Koeffizient, Maßzahl für die Ungleichverteilung von Einkommen, in den letzten zehn Jahren eine schrumpfende Kluft gemessen hat, dass die Armutsgefährdung von Österreichern schon seit Jahren sinkt – dies alles hören Österreichs Bürger von Österreichs offiziellen Stellen nicht. Denn der ORF wird – wie die Statistik Austria, die Österreichische Nationalbank oder das Bundeskanzleramt – von SPÖ-Politikern geleitet und gelenkt. Dort hört man vor allem, dass die Ungerechtigkeit hierzulande und in der weiten Welt gestiegen ist – was aber natürlich rein gar nichts mit den eigenen Gehältern zu tun hat.
Michael Hörl. Der Wirtschaftspädagoge und Betriebswirt ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Sein aktuelles Buch „Die Gemeinwohl-Falle“ beschäftigt sich neben den Thesen Felbers oder Jean Zieglers auch kritisch mit der Armutsdiskussion.
Nachdem Frank Stronach sich nach der verlängerten Weihnachtspause wieder mit medialer Präsenz in Österreich zurückgemeldet hat, ist es an der Zeit, über die Einführungsphase seines Produktes „Team Stronach“ Resümee zu ziehen.
Der umtriebige Austro-Kanadier ist im letzten Sommer mit dem Anspruch an die Öffentlichkeit getreten, eine Partei gründen zu wollen, die Österreich erneuern und durchlüften, die aktuellen wirtschaftlichen Probleme beseitigen, die Korruption beenden, den Staat leistungsfähiger machen und zentrale Werte zur Verwirklichung all dessen beibringen würde. Seine Bewegung würde ohne faule Kompromisse in kürzester Zeit die Übernahme von Regierungsverantwortung und die Durchsetzung neuer Ideen und Impulse in Österreich bewerkstelligen können.
Tatsächlich ist es Stronach innerhalb weniger Wochen gelungen, die Medienszene aufzumischen, seinen Bekanntheitsgrad weiter zu steigern, mit einem eigenen Klub im Parlament zu reüssieren, in Umfragen großartige Zustimmung zu erzielen und die etablierten Parteien gehörig das Fürchten zu lehren. Und all das, ohne dafür einen nennenswerten Betrag aus den sagenhaften Zuwendungen für seine neue Partei in die Hand nehmen zu müssen. Die einzige Ressource, auf die er dafür zunächst zugreifen musste, war die verbreitete Abneigung gegenüber dem politischen Establishment und die beträchtliche Erwartung, die man in die Wunderkräfte des neuen Merlin setzte.
Doch von der Hoffnung auf einen Beitrag zur politischen Erneuerung ist nach einem halben Jahr nicht viel übrig geblieben. Indem er den zentralen Irrtum kultivierte, den er selbst anzugreifen vorgibt – nämlich, dass politische Kompetenz nur innerhalb der bestehenden Parteiapparate vorzufinden sei – sammelte er alle gescheiterten und im Streit verbitterten Funktionären und Mandatare zusammen, die nach ihrem Ausscheiden aus ÖVP, FPÖ, SPÖ und BZÖ nunmehr als Versorgungsfälle am Markt verfügbar waren. Er übertrug damit die Geschlechtskrankheit der Altparteien in seinen vorpubertären Parteienkörper, ohne gleichzeitig hochrangige politische Kompetenz zu importieren.
Gleichzeitig schottete ihn sein unmittelbares persönliches Umfeld – durchwegs politisch gänzlich unbedarfte Jung-Karrieristen – von jedem inhaltlichen Dialog mit seinen potentiellen Wählern und von jedem Kontakt mit interessanten Köpfen systematisch ab. Als Resultat findet sich derzeit kein einziger ministrabler Fachmann, kein einziger kreativer Querdenker und kein einziger charismatischer Vote-getter in seinem Team. Das Sammelsurium an Trittbrettfahrern und Zufallserwerbungen, das Stronach umgibt, ist für seine One-Man-Show viel eher Belastung als Unterstützung. Und so muss Onkel Frank, nach eigener Aussage, sogar das Parteiprogramm im Alleingang verfassen, um seine „Werte“ sicherzustellen.
Apropos „Werte“. Es ist noch nicht ausreichend bemerkt worden, dass die Attribute „Ehrlichkeit, Transparenz und Fairness“ bestenfalls politische Sekundärtugenden bezeichnen, aber nichts mit Werten im Sinn eines weltanschaulichen Bezuges oder eines substantiellen Werturteils mit Exklusivanspruch zu tun haben. Niemand im politischen Spektrum – von ganz links bis ganz rechts – würde gegen diese Verkaufsetiketten auftreten. Sie stehen daher auch für nichts. Dementsprechend agiert Stronach auch im vollständig ideologiefreien Raum.
Es ist nicht erkennbar, für welche Art von Gesellschaft, für welche Grundsatzentscheidungen, für welche Entwicklungsrichtung diese Partei steht. Pragmatische Erfolgsorientierung, der Wunsch, dass es allen irgendwie gut gehen soll und der zum Selbstzweck hochstilisierte Kampf gegen alles Etablierte sind keine Grundlage für eine identifizierbare politische Programmatik. Dazu kommt, dass Stronach selbst an zentralen Politikfeldern kein Interesse zu haben scheint. Sicherheitspolitik, Bildungs- und Wissenschaftspolitik, Lebensschutz, Familienpolitik, Migrationspolitik, Gefahr Islam, Justizpolitik, Kulturpolitik, Grund- und Freiheitsrechte, ja selbst Wirtschaftsordnungspolitik gehen vollständig am Wahrnehmungshorizont des Parteigründers vorbei. Und auch im Hinblick auf EU- und Euro-Kritik ist außer einer pauschalen Ablehnung bislang nichts zu bemerken.
Dies wird der neuen Partei auch in Zeiten des (vermeintlichen) Relativismus keine Wähler zuführen. Denn ein dauerhafter Gestaltungsanspruch ist ohne eine konsistente weltanschauliche Grundlage nicht möglich. Damit fällt das Team Stronach aber auch als treibende Kraft der Erneuerung dieses Landes aus. Dies ist aber zugegebenermaßen auch nicht die Hauptleistung, die das Publikum vom Team Stronach erwartet. In Zeiten sinkender Wirtschaftsleistung und Wertschöpfung, zunehmenden EU- und Parteienfrusts, wachsenden Gesinnungs- und Meinungsdrucks, zunehmender Angst vor Überfremdung und Kulturlosigkeit fällt Stronach die Funktion des Hofnarren, des Sprachrohrs aller Unzufriedenen, des Aggressionsventils und des (verbalen) Rächers der Enterbten zu – eine sichere Bank für die Mobilisierung von Verzweiflungs- und Protestwählern. Und angesichts der vielen Probleme, mit deren Bewältigung sich die Bürger von der Politik im Stich gelassen fühlen, angesichts der vielen gesellschaftlichen Baustellen und dampfenden Misthaufen der politischen Nomenklatura wird es Stronach schwer fallen, nicht den einen oder anderen Treffer zu landen, wenn er um sich schlägt.
Stronach und sein Team werden im Zuge dessen das System der Pateiendemokratur mit EU-superstaatlichem Überbau nicht überwinden, zu seiner Refraktionierung aber Wesentliches beitragen. Der Selfmade-Millionär übernimmt hier ungewollter Weise die Rolle des Eisbrechers. Es wird darauf ankommen, welche Kräfte in seinem Kielwasser dieses „window of opportunity“ für echte Veränderungen nutzen, bevor das Wasser hinter ihm wieder zufriert.
Für den Verlauf dieses Jahres sei eine Prognose riskiert. Stronach wird zunächst in den Landtags-Wahlen weit hinter den Erwartungen zurückbleiben, denn in den Bundesländern kommt es auf die regionale Verwurzelung und die quantitative Präsenz von Funktionären an. Er wird aber, sollte er bis zum Herbst in keinen Po-Grapsch- oder Finanzskandal verwickelt werden, bei der Nationalratswahl an die zehn Prozent herankommen und damit ein politisches Erdbeben auslösen. Und während die etablierten Parteien an ihren Wunden lecken, Satrapen-Kämpfe ausfechten und sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen ergehen, werden sich erstmals Neuclusterungen des politischen Spektrums um die alten Gravitationszentren ausbilden, die sich – je nach gesamteuropäischer Wirtschaftslage – materialisieren oder noch in Warteposition bleiben werden.
Onkel Frank aber wird die Lust an seinem neuen Spielzeug verlieren und nach einem neuen Projekt Ausschau halten. Er wird dabei von seinen karrierefreudigen Jung-Mitarbeitern nach einer entsprechenden Gehaltserhöhung tatkräftig unterstützt und von den Kreisen, denen er möglicherweise noch etwas schuldig ist, bestärkt werden. Denn „wer das Gold hat, macht die Regel“.
Mag. Christian Zeitz ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie
Wenn alle paar Jahre in der EU der Megakrieg ums Budget tobt, dann geht es in Wahrheit vor allem um sie, um die Bauern. Die Zahlungen für die Landwirtschaft sind zweifellos im EU-Budget einer der fragwürdigsten Brocken. Nirgendwo sonst wird so energisch gekämpft, verteidigt und angegriffen. Nirgendwo sonst wird es so emotional. Nirgendwo sonst geht es aber auch um so viel Geld: Macht doch das Agrarbudget auch nach dem am jüngsten Gipfel erzielten Konsens noch immer deutlich mehr als ein Drittel des gesamten EU-Haushalts aus.
Und auch wenn es in diesem Bereich künftig den heftigsten Einschnitt geben wird, wird sich die Landwirtschaft mehr denn je nicht nur wegen des „Wie viel?“, sondern auch wegen des „Warum überhaupt?“ rechtfertigen müssen. Da geht es um grundsätzliche Fragen, welche die EU im Grund seit ihrer Gründung als EWG oder EG ungelöst vor sich herschiebt. Diese Grundsatzfragen sind wegen der Lautstärke der einschlägigen Lobbys und der regelmäßigen Bauerndemonstrationen nie in Ruhe ausdiskutiert worden. Sie werden aber in Zeiten der Krise immer drängender.
Für das EU-Budget sind im Vergleich dazu die in letzter Zeit ebenfalls viel diskutierten fetten Beamtenbezüge nur Peanuts. Auch wenn außer Zweifel steht: Tausende EU-Beamte mit fünfstelligen Netto-Bezügen pro Monat und vielen sonstigen Privilegien sind extrem ärgerlich. Dies gilt umso mehr, seit sie ihre Existenz mit völlig überflüssigen Regelungen unseres Lebens zu rechtfertigen versuchen. Über die PR-Reportagen von Brüssel-Korrespondenten zugunsten dieser Beamten kann man hingegen nur lachen, versuchen sie damit doch nur recht vordergründig ihren Informanten und Party-Kollegen zu helfen.
Im Vergleich zum Agrarbudget sind auch die EU-Ausgaben für Forschung nur Peanuts. Dennoch sollte man festhalten: Jene Projekte, für die EU-Forschungsgelder fließen, werden oft immer fragwürdiger. So gibt es etwa eine Milliarde(!) Euro für ein Projekt, das vorgibt, das menschliche Gehirn via Computer simulieren zu können. Sowohl die elektronische wie auch die biologische wie auch die medizinische Forschergemeinschaft halten das jedoch für Scharlatanerie. Natürlich kann ich das selbst nicht wirklich beurteilen, aber es wäre zweifellos viel gesünder, wenn bei solchen hochriskanten Projekten privates und nicht Steuergeld verbrannt werden würde.
Wo es aber in Zeiten des europaweiten Sparens wirklich ums Eingemachte geht, ist eben die Landwirtschaft. Lange hatte sie diese Diskussion vermeiden können, weil vor der Krise genug Geld da war und weil die Steuerzahler sich nicht wirklich auskennen, wie die Agrarbürokratie das Geld verwendet.
Zweifellos profitierte die Landwirtschaft auch von einem emotionalen Faktum: Bauern mag man eben. Schließlich weiß noch der Großteil der Europäer, dass ihre Eltern, Groß- oder Urgroßeltern fast alle Bauern gewesen sind. Das schafft viel Empathie. Und ebenso unbestreitbar ist der hohe emotionale Stellenwert, den das Bild vom sauberen Bauernhof mit glücklichen Hühnern, Schweinen und Kühen in den Gemütern von Städtern genießt. Das muss uns doch etwas wert sein, denken viele – auch wenn die Landwirtschaft in Wahrheit heute meist ganz anders aussieht und die Grenze zur Industrie sehr fließend geworden ist.
Angesichts von all der Nostalgie und Sympathie für die Bauern wird oft versucht, die Fakten vergessen zu machen. Eine dieser Fakten ist, dass sich die Weltmarktpreise für fast alle Agrarprodukte in den letzten Jahren signifikant erhöht haben. Bauern können also heute mit ihren Produkten viel mehr verdienen. Der Appetit einer wachsenden Weltbevölkerung und insbesondere der immer besser verdienenden Chinesen, Inder und Vietnamesen hat die Preise und Produktionsmengen in die Höhe getrieben. Zugleich sorgt der wachsende globale Wohlstand dafür, dass der Anteil der Menschen immer größer wird, die sich diese höheren Preise auch leisten können.
Ein weiteres Faktum ist, dass der Großteil der Ökonomen der Dritten Welt in der europäischen (und amerikanischen) Agrarpolitik die wahre Katastrophe für die Entwicklungsländer sieht. Die relativ geringen Entwicklungshilfezahlungen wären überhaupt kein Problem, wenn Europa und Nordamerika ihre gesamte Landwirtschaftshilfe einstellen würden. Dann hätte nämlich die Dritte Welt erstmals eine faire Chance im Wettbewerb, die sie mit den hochsubventionierten Lebensmitteln aus dem Norden bisher nie hatte.
Ebenso Faktum ist, dass die europäischen Bauern in den letzten Jahren noch aus ganz anderen Budgettöpfen profitiert haben: nämlich aus jenen der Energiepolitik. Jeder Bauer, der auf seinen Feldern eine der derzeit wie Schwammerl sprießenden Windmühlen aufstellen lässt, hat für die nächsten Jahre ein absolut sicheres und arbeitsfreies Einkommen. Ähnliches gilt für den neuen Erwerbszweig der Bioenergie-Saaten.
Aber, so werden manche jetzt einwerfen, die Bauern sind doch so enorm wichtig für die Umwelt. Ach ja wirklich? Sind riesige Monokulturen, Versteppungen, Vergiftung des Grundwassers und vieles andere mehr wirklich in irgendeiner Hinsicht gut für die Umwelt? Man darf zweifeln, auch wenn diese kritischen Hinweise keineswegs auf alle Bauern zutreffen.
Dennoch könne man doch nicht wirklich wollen, dass Bergbauern aufgeben und immer mehr Bauernhöfe dem Verfall preisgegeben werden, lautet der nächste Einwand. Das ist nun in der Tat eine wenig erfreuliche Perspektive. Tatsache ist aber, dass dieser Prozess auch trotz der gewaltigen Agrarbudgets der letzten Jahre weitergegangen ist.
Aus all dem gibt es eine klare Konklusion: Unsere Gesellschaft soll die Bauern durchaus entlohnen – aber eben nur für das, woraus die Gesellschaft oder die Umwelt irgendeinen Nutzen zieht. Selbst wenn das nur ein optischer Nutzen einer gepflegten Landschaft ist, von dem etwa der Tourismus sowie die vielen neuen Magazine und Fernsehserien profitieren, welche mit großem Erfolg eine heile bäuerliche Welt in Schönbildern vermarkten.
Förderungen sind also durchaus berechtigt für die Bebauung von Feldern anstelle von Aufforstung oder Versteppung, für Landwirtschaft ohne Monokultur, für die Erhaltung von Bergbauernhöfen (die nicht zu bloßen Ferienwohnungen umgewandelt werden), für Düngungsmethoden ohne Schädigung des Grundwassers, für Verzicht auf unerwünschte Methoden der Tierhaltung, für Verzicht auf sonstige Belastungen von Gesundheit und Umwelt (womit aber nicht die von ein paar Grünen und der Kronenzeitung geschürte Panik gegenüber genveränderten, aber völlig harmlosen Pflanzen gemeint ist).
Alle anderen Förderungen – derzeit der Großteil! – sollten hingegen abgeschafft werden. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Direktzahlungen und für Abnahme-Garantien der landwirtschaftlichen Produkte. Das wäre nichts anderes als eine Angleichung an das normale Leben: Auch die Erzeuger von Schwedenbomben, edlen Vorhängen oder billigen Autos gehen in Konkurs, wenn ihre Produkte nicht genug nachgefragt werden. Auch für sie gibt es bekanntlich keinerlei Abnahmegarantien oder dauerhafte Direktzahlungen.
Von den gegenwärtigen Methoden zur Ausschüttung des EU-Agrarbudgets profitieren die industriellen Großbetriebe am meisten. Auch diese sollten zwar vollen Anspruch auf gesellschaftlichen Schutz gegen die Attacken der wirren Tierschützer oder militanten grünen Gen-Kämpfer haben. Es gibt aber absolut keinen legitimierbaren Anspruch auf Direktzahlungen oder Abnahmegarantien.
Nur eine Einstellung dieser spezifischen Förderschienen wird die Bauern zu Umstellungen zwingen. Diese würden entweder darin bestehen, ihre Betriebe ganz nach den echten Anforderungen von Sauberkeit, Gesundheit und Umwelt zu orientieren, oder aber Dinge zu produzieren, die von den Konsumenten wirklich zu guten Preisen nachgefragt werden.
Gleich folgt der nächste Einwand: Davon werden aber nicht alle leben können; dann gibt es ein Bauernsterben. Ja das kann man nicht ausschließen. Aber das Bauernsterben, also die Abwanderung in andere Berufe, findet trotz vielfältiger Förderungen schon seit rund 200 Jahren statt. Sonst würde heute noch der Großteil der Europäer mit der Beschaffung des täglichen Brotes befasst sein. Aber zum Glück können dank der ständigen naturwissenschaftlichen und technischen Fortschritte immer weniger Bauern immer mehr (und meist bessere!) Lebensmittel erzeugen.
Auch die Gewerkschaften mussten einsehen, dass es nicht geht, die Beschäftigung von Heizern in E-Loks durchzusetzen. Oder von Bleisetzern in Zeiten des Computerdrucks.
Es gibt also absolut keinen Grund, dass sich die europäischen Staaten zur „Rettung“ von nicht gesunden bäuerlichen Betrieben immer weiter verschulden. Vor allem kann die immer wieder vorgeschobene bäuerliche Armut kein Grund dafür sein. Diese gibt es zwar sicher in einzelnen Bereichen. Aber Armutsbekämpfung ist in allen Branchen und Bereichen eine Aufgabe der Sozialbudgets oder der Familienpolitik. Es gibt ja auch für Schuster oder Greißler oder konkursgefährdete Rechtsanwälte keine Direktzahlungen oder Garantien, dass man ihnen ihre Schuhe oder Lebensmittel abkauft oder ihnen Klientenmandate gibt.
Warum aber gibt es dann immer einen solchen Wirbel gerade um das Agrarbudget? Nun, das hängt zweifellos neben der angesprochenen emotionalen Dimension mit der sehr erfolgreichen Politik der Bauernvertreter zusammen. Auch sozialistische Regierungen wie etwa die jetzige in Frankreich wagen es nicht, die Bauern wie jede andere Berufsgruppe zu behandeln. Und das tun erst recht nicht jene Regierungen, die von bäuerlichen Mandataren mitgetragen werden. Diese gibt es in fast jedem Parlament deutlich überproportional. Auch in Österreichs Nationalrat und den Landtagen sind die Bauern – so wie Beamte und Kammerangestellte – weit stärker vertreten, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung oder der Gesamtproduktion entsprechen würde.
PS.: Genauso fragwürdig und fast ähnlich groß wie die Ausgaben für die Agrarpolitik sind übrigens jene für die sogenannte Kohäsionspolitik. Das sind die Unterstützungen für die ärmeren Regionen, die im Wettbewerb mit den erfolgreichen Teilen Europas unterzugehen befürchten. Die Eurokrise zeigt aber, dass diese Kohäsionspolitik absolut nichts bewirkt hat. Denn trotz der Kohäsions-Billionen im Laufe der Jahrzehnte sind gerade die davon profitierenden Länder heute jene, die am schwersten verschuldet sind und die sich am wenigsten wettbewerbsfähig gemacht haben. Sie haben es sich mit den Kohäsionsgeldern gut gehen lassen und müssen nun in ihrer Schuldennot mit neuerlichen Billionen aufgefangen werden. Aber dennoch wird eine kritische Diskussion über die Kohäsionspolitik nicht einmal versucht. Was natürlich den Bauern gegenüber ein wenig ungerecht ist, die immer kritischer beäugt werden.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das ist nun wirklich eine weltgeschichtliche Sensation: Der Papst tritt zurück. Was sind die wahren Motive von Benedikt XVI.? Eines ist sicher sein Gesundheitszustand. Ein anderes ist aber der Zustand seiner Kirche.
Der deutsche Papst tut etwas, was vor ihm überhaupt erst ein einziges Kirchenoberhaupt getan hat. Er übt praktizierte Demut. Ihm war keine Sekunde lang der Glanz und Pomp rund um das älteste Amt der Menschheit wichtig, sondern nur die Zukunft seiner Kirche.
Benedikt setzt damit einen zweifellos für die nächsten Jahrhunderte wichtigen Präzedenzfall: Während sein Vorgänger die öffentliche Darstellung seiner Leiden geradezu als mystischen Akt einer Wiederholung der Leiden Christi gesehen hat, will Ratzinger nicht seine zunehmende Schwäche in den Mittelpunkt des weltweiten Interesses einer immer schamloser werdenden Medienwelt gerückt sehen.
Das ist zweifellos Ausfluss seiner persönlichen Bescheidenheit und Nüchternheit. Damit stehen aber auch alle Nachfolger eines Tages vor der bisher nicht vorhandenen Frage: Rücktritt oder Ausharren? Folgen sie dem Exempel von Johannes Paul II. oder eben dem von Benedikt?
Dieser spürt mehr denn sein Vorgänger, dass die Kirche nicht nur Charisma braucht – von dem er zweifellos weniger hatte –, sondern auch eine kraftvolle Führung. Die hatte es in den letzten Krankheitsjahren des polnischen Papstes nicht mehr gegeben.
Aber auch der feinsinnige Theologe Ratzinger fühlte sich dazu immer weniger imstande. Kriminalfälle in seiner unmittelbaren Umgebung, vatikanische Intrigen und die wachsende Disziplinlosigkeit auch vieler Priester und Bischöfe haben ihn ebenso an den Rand der Verzweiflung getrieben wie der gewaltige Schock der vielen in seiner Amtszeit an die Oberfläche gekommenen Fälle von Kindesmissbrauch. Dabei ist es ihm verständlicherweise kein Trost gewesen, dass sich inzwischen gezeigt hat, welche grässlichen Dinge sich auch in vielen anderen staatlichen wie privaten Heimen und Schulen abgespielt haben.
Dass kraftvolle Führung in der Kirche zunehmend vermisst wird, werden wohl auch besonders viele Gläubige in der Erzdiözese Wien unterschreiben. Dass der Wiener Kardinal trotz mehrerer Mahnungen aus Rom auf die von Wien ausgehende Ungehorsams-Aktion etlicher Priester bis auf einige zaghafte Versuche letztlich völlig tatenlos reagiert hat, gehört da ebenso dazu wie seine Führungsschwäche in Sachen Votivkirche oder seine Unfähigkeit, sich mit guten Beratern zu umgeben.
In der Kirche zerren zwei Flügel in sehr unterschiedliche Richtungen. Das wurde in den letzten Monaten auch dadurch anschaulich, dass es für mehrere zu besetzende Bischofsämter keine überzeugenden Nachfolger gibt. Weder der progressive noch der konservative Flügel können überzeugende Kirchenmänner nennen. Und noch weniger Persönlichkeiten gibt es, die kraftvoll über diesen beiden oft sehr kurzsichtigen Gruppen stehen.
Nur in wenigen Ländern der Weltkirche wie in Österreich und im Heimatland des Papstes könnte man unter dem Eindruck der Medien glauben, dass der sogenannte progressive Flügel der stärkere wäre oder gar, dass er die Zukunft vertreten würde. Im weltweiten Katholizismus ist das hingegen keineswegs der Fall. Da ist im Gegenteil gerade aus der immer wichtiger werdenden Dritten Welt eine ganz starke Rückbesinnung auf die Tradition der Kirche zu beobachten. Aber auch im deutschsprachigen Klerus zeigt sich, dass jüngere Priester mit dem Ungehorsam der kirchlichen Altachtundsechziger immer weniger zu tun haben wollen.
Auch die von Benedikt XVI. zuletzt in auffallend großer Zahl vorgenommenen Kardinals-Ernennungen bestätigen das. Der nächste Papst wird daher nicht zu jenen gehören, die unter diffuser Berufung auf das ein halbes Jahrhundert zurückliegende Konzil (freilich ohne konkrete Belege durch Dokumente) eine ständige weitere Demontage der katholischen Tradition vorantreiben wollen.
Freilich: Schon oft haben sich Menschen nach ihrer Wahl ganz anders entwickelt als erwartet. Denn in den westlichen Industrieländern wird man durch bloße Tradition wohl nicht mehr die nötige Wiederbelebung des Glaubens schaffen. Ein kraftvoller Papst könnte daher sowohl in Richtung Zölibat wie auch in Hinblick auf die Geschiedenen dann Zeichen setzen, wenn er zugleich die Kirche mit Stärke wieder auf den missionarischen Weg des Glaubens statt des Zeitgeistes setzt.
Die große Zahl der neuen Kardinäle mit einem klar außereuropäischen Schwerpunkt zeigt aber noch zweierlei: Benedikt hat sich erstens in aller Zielstrebigkeit schon einige Zeit auf seinen Abgang vorbereitet. Und zweitens ist die Wahrscheinlichkeit so groß wie noch nie, dass der nächste Papst nicht mehr aus Europa kommt. Wer etwa das Blühen der Kirche in Vietnam gesehen hat, der spürt, wo es neue Wurzeln geben könnte.
PS.: Aus einem langen – privaten – Gespräch, das ich vor rund einem Jahrzehnt mit Josef Ratzinger führen durfte, weiß ich aber auch, was Österreich mit ihm verliert: einen Mann, der sich nicht nur auf Grund seines grenznahen Geburtsortes extrem gut in Österreich auskannte. Ratzinger zeigte sich damals voll innerer Empörung über die Heuchelei etlicher europäischer Staaten, mit denen gegen Österreich vorgegangen worden war.
Wer geglaubt hat, nur Rot und Grün stünden für die Planwirtschaft, der täuscht sich gründlich. Auch schwarz-blau-orange Politiker werden immer wildere Kämpfer für den realen Sozialismus, der mit seiner Plan- und Regulierungswut, mit seinen totalitären Verboten so viel Not und Elend geschaffen hat, während die Länder der Marktwirtschaft immer wohlhabender wurden.
Die jüngsten Exempel für die Regulierungswut der angeblich rechten Parteien:
Ein Satz aus der jüngsten Rede des schwarzen EU-Abgeordneten Othmar Karas: "Dann benötigen wir die Fiskalunion, nach der Fiskalunion benötigen wir die politische Union mit wirtschafts-, steuer-, sozial- und budgetpolitischer Koordinierung". Kommentar überflüssig.
Die jüngste Forderung des freiheitlichen Niederösterreichers Gottfried Waldhäusl: Er verlangt ein generelles Spekulationsverbot für Land, Gemeinden und Verbände, das in der Landesverfassung verankert werden soll. Das sei "eh sehr harmlos", wenn man bedenke, dass Leuten, die das Geld anderer verspielen, früher "die Hände abgehackt" worden wären. Kommentar überflüssig.
Der BZÖ-Parteichef Josef Bucher bekommt neuerdings überhaupt Schaum vor dem Mund, wenn er an die Möglichkeit denkt, dass sich in seinem Glas Wasser befindet, das ihm dort ein Privater und nicht der Staat eingeschenkt haben könnte. Kommentar überflüssig.
Es muss schon bitter sein, wenn man als Politiker in einem hohen Amt plötzlich über Unachtsamkeiten, Schlampereien und Faulheit aus seiner Studentenzeit stolpert. Jüngst geschehen ist das der diese Woche zurückgetretenen deutschen Bildungs- und Forschungsministerin Annette Schavan.
Ihr Rücktritt war die direkte Reaktion auf den Entzug ihrer Doktorwürde durch die Universität Düsseldorf. Dieser Schritt war im Speziellen sehr wichtig für deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Schließlich stehen in Deutschland 2013 Bundestagswahlen an. Eine derartige Affäre ist für ihre Wiederwahl natürlich alles andere als hilfreich und so musste die „treueste Verbündete” Merkels kurzerhand die Konsequenzen ziehen.
Derartige Affären sind in der jüngsten Vergangenheit nicht unbekannt. Viele erinnern sich noch an die Plagiatsaffäre des ehemaligen deutschen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, dem im Jahre 2011 von der Universität Bayreuth die Doktorwürde aberkannt wurde. Und auch in Österreich versuchte man dem schwarzen EU-Kommissar Johannes Hahn einen Strick zu drehen, indem man ihm schwerwiegende Patzer in seiner Dissertation vorwarf – was aber als unbegründet abgewehrt werden konnte.
Interessant ist, dass alle oben Genannten aus dem konservativen Lager kamen. Dabei stellt sich die Frage, ob es sich um eine konservative Eigenart handelt, dass ihre akademischen Vertreter zu Plagiaten neigen – oder stellen sich die Linken einfach nur klüger an (bzw. sind die Konservativen zu unfähig, solche Skandale genauso geschickt zu vertuschen wie ihre linken Kollegen)? Denn Verdachtsmomente gab es ja auch hier: Diverse Grünpolitiker, deren Doktorarbeiten möglicherweise nicht ganz astrein seien (es gilt natürlich die Unschuldsvermutung). Aber derartige Dinge werden in der Regel von am linken Auge blinden Medien und „Qualitätszeitungen” recht schnell fallen gelassen bzw. stur ignoriert.
Interessant ist auch, dass eine derartige Aberkennung der akademischen Würde immer just dann passiert, wenn es dem politischen Gegner wahltaktisch einen Vorteil bringen möge. Ein Schelm, der hier Böses denkt. Aber es wirft die Frage auf, ob sich Universitäten für derlei politische Spielchen missbrauchen lassen. Und darüber hinaus stellt sich die Frage, ob es sich für einen Akademiker in Zukunft überhaupt noch auszahlt, in die Politik zu gehen, wenn er Gefahr läuft, dass ihm der Titel aberkannt wird.
Jeder, der schon akademisch gearbeitet hat, eine Diplomarbeit, eine Dissertation, wissenschaftliche Papers und derlei ausgearbeitet hat, der weiß freilich, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem sich der Verfasser einer solchen Schrift bewegt. Schmal deswegen, weil wissenschaftliche Arbeit in der Regel auf der Arbeit anderer aufbaut, die man dann in seiner Arbeit zitiert und entsprechend referenziert. Inwiefern eine solche Referenz allerdings ausreichend ist, dies zu entscheiden obliegt jenen Personen, welche die Arbeit bewerten. Für die Verleihung der akademischen Würde, oder aber um diese – oft Jahrzehnte später – wieder abzuerkennen. Ob ein nachträgliches Aberkennen letztendlich gerechtfertigt ist oder nicht, ist daher sehr schwer zu beurteilen.
So gesehen können sich Politiker wie Bundeskanzler Werner Faymann also mehr als in Sicherheit wiegen. Denn wer keinen akademischen Titel hat, dem kann dieser auch nicht aberkannt werden. Natürlich besteht noch die Gefahr, dass dann das Maturazeugnis näher begutachtet wird, aber das kann man ja auch verschwinden lassen. Und schließlich und endlich reicht auch ein schlechter Haupt- (Verzeihung: „Neue Mittelschul-”) oder Sonderschulabschluss, um in Österreich Politiker zu werden. Denn um im EU-Ministerrat Entscheidungen abzunicken, die man nicht versteht, externe Berater von parteinahen Firmen anzustellen oder im Boulevard zu inserieren braucht´s wirklich keinen Universitätsabschluss.
Natascha Chrobok ist Wienerin, Bloggerin (http://www.nattl.at/) und Twitter-Politik-#stammtisch-Organisatorin.
Das war ja zu erwarten gewesen: Nun fordern auch Gruppen, die erst in den letzten 30 Jahren nach Österreich zugewandert sind, den Schutz als nationale Minderheit. Zumindest hat das der neue polnische Botschafter in Österreich öffentlich verlangt. Das kann letztlich nur den gleichen Minderheitenschutz bedeuten, wie er für jene Minderheiten besteht, die schon seit Generationen auf dem Territorium der Republik leben, beispielsweise die Kärntner Slowenen
Die Republik hat noch gar nicht richtig begriffen, welch heikle Fragen da auf sie anrollen. Denn Österreich hat ja den autochthonen Minderheiten, also den hier seit langem lebenden Volksgruppen einen sehr großzügigen Schutz gewährt, der Sprache, kulturelle Rechte genauso umfasst wie Schulunterricht.
Zu den geschützten Minderheiten gehören neben den Slowenen die Burgenland-Kroaten, Tschechen, Slowaken, Roma und Burgenland-Ungarn. Was die meisten Österreicher gar nicht wissen: Diese Liste umfasst keineswegs nur die im Staatsvertrag genannten Minderheiten, sondern sie wurde im Volksgruppengesetz großzügig ausgedehnt.
Die in den letzten Jahrzehnten zugewanderten Gruppen haben hingegen – noch – keinerlei kollektive Rechte. Dabei sind die meisten viel zahlreicher als die alten autochthonen Minderheiten. Man darf daher gespannt sein, wie die Republik auf diese erstmals von einem anderen Staat so konkret erhobene Forderung reagiert. Auch Äußerungen türkischer Machthaber klangen schon ähnlich, nur waren sie noch etwas diffuser.
Es geht dabei letztlich darum, ob Österreich bald auch serbische, mazedonische, türkische, tschetschenische, arabische, pakistanische, rumänische, ukrainische und eben polnische Ortstafeln, Schulen sowie Kulturinstitute akzeptieren und fördern wird. Unsere lieben Gutmenschen werden uns mit Gewissheit das als nächstes Forderungspaket bescheren. Die entscheidende Frage wird dann sein, ob sich die Republik trauen wird zu antworten: Es gibt nur einen Weg, den der vollen Integration und langfristigen Assimilation.
Um nicht missverstanden zu werden: Bei den Polen, die nun den konkreten Vorstoß starten, bestehen ja viele bei anderen Gruppen derzeit aktuelle Gefahren sicher nicht: dass sie eine Kirche besetzen, den Erzbischof peinlich vorführen und auch die Republik zu erpressen versuchen. Dazu sind sie nicht nur zu katholisch, sondern auch zu zivilisiert. Außerdem sind sie längst voll berechtigte EU-Bürger. Und sie erleben außerdem daheim einen Boom und wandern daher immer seltener nach Österreich.
Die letzten Jahrzehnte haben überhaupt längst gezeigt (auch wenn es politisch wahrscheinlich nicht korrekt ist, das zu sagen): Die Zuwanderer aus Mittelosteuropa sind eine absolute Bereicherung unserer Gesellschaft. Das kann man aber bei einem großen Teil der Immigranten aus dem islamischen und arabischen Raum leider nicht so sagen.
Apropos: In Deutschland hat der renommierte Historiker Hans-Ulrich Wehler die zentrale Problematik in einem Interview mit dem „Spiegel“ klar auf den Punkt gebracht. Die türkischen Zuwanderer bleiben als Parallelgesellschaft unter sich, so seine Diagnose. Sie seien erstaunlich resistent gegen jede Form von Aufstiegsdenken sowie Weiterbildungsangeboten. Der Staat hätte bei der Zuwanderung viel wählerischer sein müssen. „Ich sag‘s mal krass: 95 Prozent der ungesteuert eingewanderten Türken waren anatolische Analphabeten, für die hier auch nur Jobs bei der Müllanfuhr blieben.“
Ziemlich mutig, der Mann. Man vergleiche ihn nur mit der dumpfen Masse politisch korrekter Gagenbezieher an unseren Universitäten, die zu diesem Thema bloß herumreden.
Das heißt übrigens nicht, dass in Deutschland alle mit Zuwanderung Befassten klüger wären als bei uns: So haben die dortigen Asylbehörden jetzt beschlossen, all jenen Asyl zu gewähren, die sich wegen ihrer Homosexualität in der Heimat diskriminiert fühlen. Wie man freilich diese Veranlagung – über die bloße Behauptung, schwul zu sein, hinaus – nachweist oder ob ein Nachweis überhaupt vorgelegt werden muss, hat das deutsche Migrations-Amt nicht mitgeteilt. Ist aber eh schon wurscht: Es gibt halt noch einen weiteren Weg zuzuwandern, ohne dass jemand schaut, ob diese Menschen auch gebraucht werden. Und ob sie zur Ermöglichung dieser Einwanderung halt irgendwelche geschickten Gschichterln erzählen.
PS.: Übrigens, der „Hungerstreik“ der abgewiesenen Asylwerber in der Votivkirche geht munter weiter. Mit drei Mal am Tag eine kräftige Suppe lässt sich das ja noch lange aushalten, auch wenn man ihn dann wieder unterbricht, um den Speiseplan abwechslungsreicher zu gestalten. Aber halt: Diese Suppen wollte die Caritas als Hilfsorgan der Besetzer eigentlich geheimhalten. Daher schreibe ich es auch nur geheim. Bitte nicht weitersagen.
Es ist auch Tage nach dem sogenannten Akademikerball unglaublich, wie die Linke versucht, aus Opfern Täter zu machen.
Da liest man im einst bürgerlichen „Kurier“ die fette Überschrift: „Wirbel um Akademikerball“ und: „Trotz Festnahmen und Anzeigen gibt es 2014 eine Fortsetzung“. Das muss man zwei Mal lesen. Ahnungslosen wird solcherart ja von der zu 80 Prozent linken Redaktion suggeriert: Ballbesucher seien festgenommen und angezeigt worden, und trotzdem werde die Veranstaltung frecherweise nächstes Jahr wiederholt. Was natürlich nicht stimmt. Vielmehr sind etliche Ballbesucher von einem linken Mob attackiert worden. Und nicht umgekehrt. Noch ärger ist das, was das gleiche Blatt vom Wiener Polizeipräsidenten Pürstl berichtet: Er wünsche sich „angesichts der hohen Einsatzkosten, der Ball würde gar nicht mehr stattfinden“. Eine unglaubliche Einstellung des Genossen Polizeipräsidenten! Hat er angesichts der ebenfalls enorm hohen Kosten etwa jemals öffentlich den Verzicht auf den Opernball gewünscht? Oder auf einen der (meist ebenso wie ein Ball irrelevanten) Staatsbesuche? Oder auf die von der Polizei zumindest schlecht und recht gesicherten Fronleichnamsumzüge? Oder auf ein Spiel des Fußballklubs Rapid (und anderer), die angesichts des hohen und dort sogar durchaus mit dem Veranstalterverein verbundenen Gewaltpotenzials wöchentlich massive Polizeieinsätze notwendig machen? Hat er die Schließung bestimmter Botschaften verlangt, die rund um die Uhr bewacht werden müssen? Natürlich hat Pürstl das alles nicht. Aber wenn es gegen einen politischen Feind der SPÖ geht, dann wird’s ihm zu teuer. Dann macht er das Opfer zum Täter. Das hat es unter Pürstls roten Vorgängern nie gegeben. Ein Mann mit einer solchen Einstellung wird aber heute Polizeichef in Wien.
PS.: Bürgermeister und Innenministerin, die einst für die Bestellung dieses Mannes verantwortlich waren, schweigen noch immer.
Zweifelhafte und teure Beraterleistungen für Ministerien sind das neueste Korruptionsthema. Dabei sind freilich gleich zwei Vorwürfe zu prüfen. Wobei der eine zutrifft, der andere aber nicht. Denn bei Beratungsleistungen geht es um etwas ganz anderes als beim Ankauf von Kanzleipapier oder bei der Schaltung von Inseraten.
Zum ersten Vorwurf, der sich gegen die Bevorzugung politisch nahestender Berater an Stelle einer objektiven Ausschreibung richtet:
In Wahrheit kann kein Mensch sagen, wer in einem bestimmten Fachgebiet der beste Arzt oder Rechtsanwalt ist. Jeder weiß zwar: Das wird nur selten der billigste sein. Wer aber ist der beste? Man hört herum, man prüft vergangene Erfahrungen, man beobachtet die persönliche Chemie und die Ausstrahlung. Wirklich objektive Maßstäbe kann es aber keine geben. Am Ende wendet man sich halt an den, zu dem man das meiste Vertrauen hat.
Nicht anders verhält es sich bei politischen Beratern oder kreativen Werbeagenturen. Auch da ist das Vertrauen entscheidend. Wobei es natürlich auch denkbar, ja logisch ist, dass ein ehemaliger Ministerialmitarbeiter nun als strategischer Berater des Ministers agiert. Das ist nur in den Augen der Grünen automatisch etwas Böses. Aber auch bei ihnen interessanterweise nur, wenn sie einer schwarzen Innenministerin etwas anhängen können, viel weniger bei der genauso agierenden roten Unterrichtsministerin (dass den "öffentlich-rechtlichen" ORF die Vorwürfe gegen Schwarz tagelang interessiert haben, die gegen Rot fast gar nicht, ist die leider schon übliche ORF-Sauerei am Rande).
Die Annahme, aber auch die rechtliche Fiktion ist absurd, dass der bestgeeignete Berater oder Werber mit einer formalistischen Ausschreibung zu finden wäre. Das geht nur bei Waren und solchen Dienstleistungen, deren Wert vertrauensunabhängig eindeutig ist. Dort soll und muss eine Ausschreibung auch stattfinden.
Zu diesen unbedingt auszuschreibenden Dienstleistungen würden übrigens in einem sauberen Rechtsstaat, also leider nicht in Österreich, auch jene von Schaltagenturen gehören. Das sind jene Dienstleister, die mit ihren vielen Daten am besten berechnen, wie man möglichst billig durch kluge Schaltung der Inserate oder Werbespots möglichst viele Österreicher/Frauen/Junge/Kärntner/Zahnprothesenträger usw. erreicht, je nach Zielrichtung einer Informationskampagne.
In einem sauberen Rechtsstaat dürften daher nur solche Schaltagenturen und nicht Politiker festlegen, in welchen Medien wie viel um öffentliche Gelder inseriert wird. Die genaue Leserstruktur jedes Mediums ist ja diesen Schaltagenturen dank der Media-Analyse wie bei einem Röntgenbild bis ins kleinste Detail bekannt; ebenso kennen sie alle Möglichkeiten, weniger als den offiziellen Inseratentarif zu zahlen.
Zurück zu den Beratern und Kreativen. Da bei ihnen eine objektive Ausschreibung nie gut funktionieren kann, ist es durchaus sinnvoll, wenn hier ein Politiker selbst entscheidet, wen er nimmt. Und das tun schwarze wie rote Politiker verständlicherweise auch dort, wo vielleicht eine Ausschreibung vorgeschrieben wäre.
Der Vorwurf, als Berater werden nur Sympathisanten herangezogen, ist also im Grunde unberechtigt. In einer ganz anderen Hinsicht sind die Attacken gegen diese Beraterverträge jedoch durchaus legitim und berechtigt. Da gäbe es daher auch dringenden Handlungsbedarf, das rechtlich total zu unterbinden, auch mit strafrechtlichen Sanktionen: Es muss absolut unzulässig werden, dass ein Berater oder eine Kreativagentur gleichzeitig mit einem Auftrag aus Steuergeldern – oder vorher oder nachher – auch für die Partei jenes Politikers tätig ist, der ihn mit öffentlichen Aufträgen bedenkt.
Denn wenn ein Berater mit Partei und Ministerium gleichzeitig Geschäfte macht, wird der Verdacht übergroß, dass er aus Steuermitteln das zu viel erhält, was er dann der Partei zu wenig verrechnet. Selbstverständlich müssen auch Umgehungsgeschäfte (Strohmänner, Tochterfirmen und dergleichen) verboten werden. Das gilt genauso für die gleichzeitige Tätigkeit für andere Auftraggeber, die Staatsaufträge wie etwa für einen Behördenfunk bekommen.
Solche Konstruktionen verbergen oft Korruption in Reinkultur. Daher sollte auch schon der bloße Anschein vermieden werden, dass der Steuerzahler für etwas zahlt, was am Ende einer Partei zugute kommt. Daran, dass solche Minister-Berater dann mit ihren Honoraren etwa auch direkte Parteien- oder Politikerfinanzierung betrieben haben, wie wir es ja rund um die Telekom beobachten mussten, wollen wir ja gar nicht denken, solange es keine direkten Beweise gibt.
Es zeigt sich erneut: Die Antikorruptionsgesetze des Vorjahres und die Wohlverhaltens-Codices sind lückenhaft. Darauf hat das Tagebuch auch damals schon immer wieder hingewiesen. Aber die Politik will ja offenbar lieber immer erst den Schmerz fühlen, statt gleich Lern- und Lesefähigkeit zu zeigen. Und natürlich schmerzen die Attacken der Grünen (auch wenn sie in einem Aspekt übers Ziel schießen) in Monaten vor Wahlen.
Schavan geht also – um zu bleiben.
Angela Merkel verabschiedet sich also jetzt doch von ihrer Freundin Schavan. Damit zeigt sie einerseits Führungsstärke, weil Schavan erst nach der Audienz bei ihr zurücktreten darf/muss und nicht schon in den Tagen davor. Damit reagiert Merkel auch auf die Meinungsumfragen, die Schavan derzeit noch negativer sehen als ursprünglich erwartet. Beide Damen legen beim Rücktritt aber besonderen Akzent auf die Tatsache, dass Schavans Dissertationsprobleme für eine Bildungsministerin besonders problematisch sind. Sonst aber erhält die Ministerin viel Weihrauch. Damit bleibt die Tür für eine weitere politische Karriere geöffnet. Diese spielt sich – zum Unterschied von dem ganz abgetauchten Minister Guttenberg – nun zumindest im Bundestag ab. Schavan wird auch im nächsten deutschen Parlament sitzen. Und von dort aus ist fast wieder alles möglich. Nur halt nicht gerade der Job einer Bildungsministerin.
Es war seit Jahren klar, nur den Burgenländern nicht: Das Burgenland ist künftig kein besonders zu förderndes Zielgebiet der EU mehr.
Die Burgenländer haben jahrelang viel europäisches Geld kassiert, das auch für etliche Dummheiten vom Tourismus bis zur Güssinger Energie-Autarkie ausgegeben worden ist. Die Förderung der Burgenländer war immer schon schwer verständlich, vor allem wenn man Gegenden in Europa mit wirklicher Armut kennt. Überdies sind abgesehen von Infrastrukturprojekten solche Hilfen immer fragwürdig. Aber das bremst die Chuzpe der Burgenländer keineswegs: Sie verlangen nun postwendend nach Fixierung des neuen EU-Budgets „ein eigenes Burgenlandprogramm“. Zahlen sollen das halt jetzt die Österreicher. Das ist die typische Denkweise des Herrn Niessl: Frechheit siegt. So wie er ja jahrlang die Fortsetzung des absurden Assistenzeinsatzes der Wehrpflichtigen an der Grenze durchgesetzt hatte, obwohl diese längst keine EU-Außengrenze mehr war, sondern offen und ohne Kontrolle passierbar. Das alles ist ein einziger Burgenländerwitz. Mein Vorschlag: Den Burgenländern statt Geld ihre Regierungsmitglieder zurück zu schicken. Sind die Herren Darabos, Berlakovich und Ostermayer doch ohnedies mehr als verzichtbar. Und ist doch das kleine Land in der Regierung mehr als übervertreten.
Man soll die EU nicht ständig tadeln: Dass um das Budget in den letzten Wochen so heftig gerungen worden ist, ist eigentlich ganz normal. Wird doch auch in Österreich monatelang um den Staatshaushalt gekämpft – dabei gilt der nur für ein Jahr, oder bisweilen für zwei. Europa hat sich aber jetzt für sieben Jahre festgelegt. Und der Gipfel hat etwas erreicht, was sonst kaum wo erreichbar ist: Der gesamte Ausgabenrahmen ist trotz Inflation niedriger als in den letzten sieben Jahren. Das ist überaus anerkennenswert.
Umso selbstverständlicher ist es, dass das noch immer fast ein Billion ausmachende Budget eine Zeitlang heftig umstritten war und im Parlament noch wochenlang für Streit sorgen wird. Muss es doch nicht nur wie bei uns daheim von einer Regierungsmehrheit, sondern einhellig von allen Mitgliedsstaaten und dann eben noch von einer Parlamentsmehrheit angenommen werden. Zur Inszenierung dieses Ringens gehören auch Nachtsitzungen, Verspätungen und vertagte Gipfeltreffen. Wäre es anders, würde sofort jemand schreien, dass man da Geld leichtfertig hergegeben hätte.
Insofern ist der nunmehrige Kompromiss jedenfalls ein Erfolg.
Am wichtigsten und an diesen Budgetkampfwochen positivsten ist aber zweifellos die gewaltige Reduktion des Ausgabenrahmens, für die vor allem der Brite David Cameron gekämpft hat. Er hatte auch Angela Merkel, die Niederlande und Schweden an seiner Seite, wie Cameron berichtete. Damit konnten die Big spender in die Schranken gewiesen werden. Leider hat in dieser erfolgreichen Phalanx der Nettozahler ein Land gefehlt: nämlich Österreich. Was noch für etliche Diskussionen sorgen müsste.
Jetzt wird nun wohl jedes Land versuchen, irgendwo einen Erfolg des Gipfelringens darzustellen. Auch Österreich kann das trotz Kürzung etlicher Budgetposten und das Rabatts. Auf den der Bundeskanzler ursprünglich schon ganz verzichten wollte.
Fast jeder Ausgaben-Bereich hat durch die Kürzungen einen Grund zum Jammern bekommen. Gleichmäßig verteiltes Jammern gilt aber in der Politik und in den meisten Medien ohnedies als ein Zeichen der gerechten Verteilung notwendiger Schmerzen. Ob das Wie dieser Verteilung wirklich gerecht und klug ist, scheint freilich zweifelhaft. Das wird sich in den nächsten Wochen und Monaten noch zeigen.
Vor allem sollte man sich über den Kompromiss nicht allzu voreilig freuen. Denn diesmal hat auch noch das EU-Parlament ein massives Mitsprache- und Vetorecht. Nachdem sie jahrzehntelang so heftig darum gerungen haben, werden viele Abgeordnete jetzt wohl nicht einfach alles absegnen wollen, was da beim Gipfel ausgehandelt worden ist.
Dabei haben die Abgeordneten in zwei Punkten absolut recht mit ihrem kritischen Blick auf das Budget, in einem jedoch absolut unrecht.
Recht haben sie mit der Sorge, ob das EU-Budget nicht erstmals eine Verschuldung bedeutet. Eine Verschuldung ist aber der EU nicht nur vertraglich komplett verboten. Sie wäre auch ökonomisch eine ganz üble Öffnung für einen neuen Defizitmechanismus. Der Anlass der Sorge vieler Parlamentarier: Der Kompromiss konnte ja nur deshalb gefunden werden, weil man die Differenz zwischen den finanziellen Verpflichtungen der Union und ihren wirklichen Zahlungen so weit gedehnt hat wie noch nie.
Diesen Unterschied kennt beispielsweise das österreichische Budgetrecht gar nicht, ebenso wie das der meisten anderen Länder. Er beruht auf der Erfahrung, dass viele Länder auf Grund unzureichender eigener Anstrengungen oder wegen inkorrekter Anträge bei der EU gar nicht alles Geld effektiv abholen können, das ihnen eigentlich zugedacht gewesen ist. Dabei taten sich in den letzten Jahren vor allem die Reformstaaten mit ihrer noch eher amateurhaften Verwaltung und ihrer Korruption oft schwer. Aber eigentlich müsste man annehmen, dass sich diese Defizite im Lauf der Jahre bessern werden, dass also auch Osteuropa bald mehr Geld abholt. Wenn das wirklich passiert, kann das dann eben nur mehr über Kredite finanziert werden, welche die EU aufnimmt.
Noch in einem zweiten Bereich hat die Kritik aus dem Parlament am Gipfel-Kompromiss Berechtigung: Die Abgeordneten vermissen die nötige Flexibilität. Ein Budget, das auf sieben Jahre gilt und kaum Spielraum für unvorhergesehene Entwicklungen hat, ist eigentlich absurd.
In diesen beiden Punkten kann man dem Parlament also durchaus zustimmen. Umso mehr muss man es in einem dritten Punkt tadeln. Da geht es um die Gesamtdimension der Ausgaben. Die Abgeordneten sind nämlich neuerlich weit ausgabenfreudiger als die Kommission und noch mehr als die im Rat versammelten Regierungschefs. Sie forderten daher stets einen höheren Ausgabenrahmen und rufen auch jetzt noch danach.
Das darf aber eigentlich nicht wahr sein. Die Volksvertreter wollen mehr Geld ausgeben als die Bürokratie! Eine unglaubliche Sauerei der Herren Karas, Swoboda und Co. Denn das Volk, das sie zu vertreten behaupten, will das Gegenteil: mehr Sparsamkeit und weniger Ausgaben. Aber die EU-Parlamentarier vertreten eben nicht mehr ihre Wähler, sondern die EU selber, und bestenfalls noch einige Lobbys, die beispielsweise irgendwo Tunnels bauen wollen.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Vorstellbar ist ziemlich viel im politischen Leben. Dies gilt bei Regierungsverhandlungen auf Bundesebene ebenso wie in anderen wichtigen Fragen, die häufig von den Medien als "fade" abgetan werden. Da können sich durchaus ungewohnte "Koalitionen" im nationalen Kontext ergeben.
Zwei Beispiele: Staatssekretär Josef Ostermayer - ein gestandener Sozialdemokrat - hat mit dem Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (früher FPÖ; seit geraumer Zeit FPK) die seit Jahrzehnten schwelende Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten gelöst. Unauffällig, pragmatisch und von Erfolg gekrönt, der international registriert wurde. Ein anderes positives Beispiel liefert der Präsident des Österreichischen Gemeindebunds, Helmut Mödlhammer, bekanntlich seit vielen Jahren auch ÖVP-Bürgermeister in Hallwang. Er arbeitet gut mit "roten", "blauen", "schwarzen", "grünen", "orangen" und parteifreien Bürgermeistern zusammen. Selbstverständlich auch mit dem Vorsitzenden des österreichischen Städtebunds, dem Wiener Bürgermeister, Landeshauptmann Michael Häupl (SPÖ).
Vorstellbar ist eine Regierungsbeteilung des "Teams Stronach" (TS) im Bund allemal. Ob sie allerdings sehr viel Sinn macht, hängt von mehreren Entwicklungen - nicht zuletzt im "Team" selbst - ab. So hat das TS soeben einen Bauchfleck hingelegt. Anfang der Woche haben der Tiroler Teamkoordinator Alois Wechselberger sowie vier seiner Mitstreiter alle Funktionen zurückgelegt. Klar, dass TS-Bundeskoordinator und Klubobmann Robert Lugar nicht von einem Rauswurf sprechen will.
Fakt ist, dass Wechselberger vorgeworfen wird, hinter einer rechten Hetzhomepage zu stehen. Dieser bestreitet das, will aber laut Lugar mit seinem Rücktritt Schaden vom TS abwenden. Mehr kann oder will Lugar nicht sagen. Falls noch mehr "Schmuddelkinder" in andern Bundesländern im TS Schwierigkeiten haben, sich klar gegen Extremismus abzugrenzen, werden sich vermutlich im Bund nur schwer seriöse Bündnispartner finden.
Andreas Unterberger
Ein über 80-Jähriger, der keine politische Erfahrung hat und nur Überschriften absondert? Ein Team von ahnungslosen Nobodys? Das ist kaum vorstellbar als Regierungspartei oder auch nur als verantwortliche Volksvertreter. Aber: Genauso schwer erträglich ist eine Fortsetzung des Istzustandes. Zu diesem abschreckenden Istzustand gehören beispielsweise:
? Rot-Grün, die trotz der weltweit fast höchsten Steuerbelastung von weiteren Steuererhöhungen reden;
? Rot-Schwarz-Blau, die mit Ausnahme eines einzigen (Schüssel-) Jahres seit einem halben Jahrhundert nur Defizite produziert haben;
? ein Bundeskanzler, der Eurobonds verlangt, also die Haftung der Österreicher für Länder wie Griechenland, Italien oder Frankreich;
? ein Bundeskanzler, in dessen Lebenslauf riesige Lücken und Rätsel um ein angebliches Maturazeugnis klaffen;
? ein Finanzlandesrat, der erst nach Monaten die Schulden seines Landes sagen kann (was in der Wirtschaft jeder Finanzchef auf Knopfdruck weiß);
? die rot-grüne Gemeinde Wien, welche die Bürger mit den manipulativsten Fragestellungen der Demokratiegeschichte konfrontiert, durch die sie etwa ihre Protektions- und Korruptionsbetriebe - unmittelbar nach 30- bis 70-prozentigen Tariferhöhungen - vor einer Privatisierung "schützen" (!!!) will;
? ein Pensionssystem, das gegen die Wand fährt;
? die unglaublich hohen Subventionen - zum Gutteil für Parteivorfeld-Vereine -, die höher sind als in jedem anderen Land;
? Politiker vor allem in Wien, die weiterhin ohne jede Ausschreibung Medien mit Steuergeldern bestechen;
? und ein blau-oranges Kärnten, das einer Bank zehn Mal so viele Haftungen gegeben hat, wie sein ganzes Budget ausmacht.
Diese Liste macht es gar nicht mehr so unvorstellbar, dass einmal jemand anderer regiert.
Wahltermine sind das liebste Spielzeug von Parteisekretären und Journalisten. Heuer aber werden sie wegen der deutsch-österreichischen Interaktion und jener zwischen Bundes- und Länder-Wahlen besonders spannend.
Denn nunmehr stehen die deutschen Termine fest: Bayern wird am 15. September wählen; und der Bundestag ist am 22. September zu bestellen.
Das Motiv dieser Terminwahl ist klar: Angela Merkel erhofft sich von einem guten Ergebnis ihres inzwischen ebenso handzahm wie halbwegs populär gewordenen bayrischen Kollegen Seehofer einen starken Schub. Und in Bayern spricht ja derzeit viel für die CSU. Dies tut insbesondere der Umstand, dass das einst von Hamburger Illustrierten und Möchtegern-Intellektuellen als katholisch und rückständig denunzierte Lederhosenland heute von der Bildung über den Arbeitsmarkt bis zum Wirtschaftswachstum das weitaus erfolgreichste deutsche Bundesland ist, das seit Jahren die protestantisch-linken Länder im Norden durchfüttern muss.
Was aber bedeutet das für Österreich? Da werden die Parteisekretäre demnächst draufkommen, dass diese beiden Sonntage auch die beiden letztmöglichen Termine sind, an denen bei uns der Nationalrat gewählt werden kann. Dieser deutsch-österreichische Zusammenhang wird dann bald in langen Parteisitzungen analysiert werden.
Die ÖVP wird zweifellos so wie Merkel auf eine Vorbildwirkung Bayerns hoffen und für den 22. September eintreten. Sie muss auch interessiert sein, ihre vermutlich schwachen Ergebnisse in Kärnten und wohl auch in Salzburg wie Tirol bis zu den Nationalratswahlen möglichst weit zurückzulassen (das für die Schwarzen besser aussehende Niederösterreich wird ja als erstes vor diesen drei Ländern wählen). Und letztlich wird man in der ÖVP zweifellos auf ein Verpuffen des Stronach-Effekts setzen, wenngleich der vor allem den Blauen und auch ein wenig den Roten schaden wird.
Die SPÖ wird hingegen jedes Interesse haben, um von den deutschen Terminen möglichst weit wegzukommen. Sie muss nicht nur den bayrischen Sog fürchten. Sie kann auch zumindest in einem heimischen Bundesland auf einen Erfolg bei den Landtagswahlen hoffen. Sie glaubt überdies noch an einen Netto-Nutzen des Antretens der Stronach-Liste. Vor allem aber muss sie davor bangen, dass der deutsche Lagerwahlkampf auch in Österreich zum Thema wird. Die SPÖ will jedoch mit Sicherheit nicht allzu intensiv daran erinnern, dass auch sie – so wie ihre deutsche Schwesterpartei – am liebsten gemeinsam mit den Grünen kuscheln würde. Wenn es sich nur endlich ausginge.
Man könnte daher fast wetten, dass die SPÖ in den nächsten Wochen irgendeinen Trick auspacken wird, um schon vor dem Sommer wählen zu lassen. Trotz des Widerstands der Schwarzen und trotz der geringen Popularität einer Vorverlegung von Wahlen.
Der bekannteste Trick lautet: Man wolle ja gerne arbeiten, aber wichtiger sei nun, den schlimmen Wahlkampf zu verkürzen, den leider, leider die anderen begonnen haben. Und als Beweis dafür, den natürlich die korrumpierten Boulevardblätter brav apportieren werden, wird dann irgend x-beliebiges Spindelegger- oder Strache-Interview dienen, in dem diese sich erlauben, eine andere Meinung als Faymann oder Fellner zu haben (die Dichands haben ja seit drei Jahren keine Meinung mehr).
Wenn zu viel produziert wird oder wenn zu wenig nachgefragt wird, sinken die Preise. Wird umgekehrt zu wenig produziert – als Folge von Fehldispositionen, Missernten oder einer zunehmenden Nachfrage – dann steigen hingegen die Preise. Nicht so in der EU. Da steigen die Preise auch oft aus anderen Gründen. Wie etwa das Beispiel des Zuckers eklatant zeigt.
Dessen Preis ist auf dem Weltmarkt binnen vier Jahren auf fast das Doppelte gestiegen. Otto Normalverbraucher kann sich zwar seinen süßen Löffel in den Kaffee noch immer leisten. Die einschlägige Lebensmittelindustrie ist jedoch enorm ins Schleudern geraten. Sie steckt in der Zwickmühle: zwischen rapide teurer werdenden Rohstoffen einerseits und dem mächtigen Handel andererseits, der Preiserhöhungen seiner Lieferanten oft nicht akzeptiert. Die Schwedenbomben sind nicht die letzten, die deshalb explodieren.
Der Zuckerpreis steigt, weil sich europäische Bürokraten und Politiker in den Markt eingemischt haben. Das führt langfristig immer zu katastrophalen Ergebnissen. Wenn staatliche Planer etwas regulieren, geht es schief. Das hat sich an den Fünfjahresplänen der Kommunisten genauso gezeigt wie eben in der EU-Agrarpolitik. Selbst kluge und voller guter Absichten steckende Planer wissen nur einen Promilleteil dessen, was Millionen Konsumenten und Produzenten in Summe wissen. Diese können noch dazu ihre Erfahrungen täglich erweitern, vermehren und dabei auch ändern. Das sind eben die unschlagbaren Vorteile des Marktes. Aber das verstehen Planungsfetischisten einfach nicht. Sei es, weil sie sich für klüger halten; sei es, weil sie einfach nicht das Scheitern aller sozialistischer Ideen zugeben wollen.
Der Zuckerpreis in Europa steigt, obwohl die Produktion in Europa um zehn bis zwanzig Prozent über dem Bedarf liegt. Da müsste normalerweise zu einem Sinken der Preise führen. Jedoch: In der EU darf nur zu 85 Prozent europäischer Zucker verwendet werden. Der Rest muss aus den Entwicklungsländern kommen. Dort aber wird nicht genug produziert. Ursachen ist die Nachfrage aus China ebenso wie die Lukrativität der Herstellung von Biosprit. Das katapultiert auf dem Weltmarkt die Zuckerpreise in die Höhe. Dennoch wird am Schluss die Arbeiterkammer die Gier der Lebensmittelindustrie attackieren.
Das alles ist ein typischer Fall von gut gemeint und ganz schlecht geglückt. Entwicklungshilfe durch Agrarquoten ist einfach dumm. In Wahrheit wäre für die Dritte Welt das Gegenteil hilfreich: der gänzliche Verzicht auf EU-Quoten, Handelsbeschränkungen und Landwirtschafts-Subventionen. Dann könnte die Landwirtschaft der Dritten Welt das produzieren und exportieren, was Europas Verbraucher jeweils wirklich wollen. Und diese müssten weniger für Lebensmittel und für Entwicklungshilfe zahlen.
Der Zuckerflop hält die EU dennoch nicht ab, sich weiterhin mit Regulierungen und Quoten in die normale – aber eben nie ganz vorhersehbare – Entwicklung von Angebot und Nachfrage einzumischen. Die Agrar-Quoten bleiben. Und am Arbeitsmarkt ist man sogar gerade dabei, sie einzuführen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Schnittstelle zwischen Medien und Politik ist zu einer ganz besonderen Krisenzone unserer europäischer Staaten geworden. Zumindest sofern diese noch irgendwie als Demokratie und Rechtsstaat gelten wollen. Aber täglich bekommt man stärker die Gewissheit, dass die Zeiten wirklich unabhängiger Medien und von Staaten, welche die Freiheit der Medien voll respektieren, vorbei sind.
Die EU-Kommission hat beschlossen, sich um die Medien zu kümmern. Eine Beratergruppe der Kommission spricht von Qualität und Vielfalt, die es zu fördern gelte. Das klingt ja aufs erste harmlos. Das sind Ziele, denen auch die durchaus richtigen und keinerlei Einfluss nehmenden Presseförderungsgesetze von Kreisky und Schüssel gedient haben (freilich sind deren Folgen heute kaum mehr wahrnehmbar; die durch sie ausgeschüttete Förderung macht nur noch einen Minibruchteil der Parteienförderung aus, die ursprünglich gleich hoch gewesen ist; im Vergleich zu den parteipolitisch motivierten Regierungs- und Gemeinde-Inseraten ist sie überhaupt nicht mehr wahrnehmbar).
Jedenfalls scheint an sich ein EU-Medienprogramm insbesondere in einer Epoche legitim, da weltweit Hunderte Zeitungen zusperren müssen, da bei uns keine einzige(!!) Boulevardzeitung mehr ohne staatliche und vor allem Gemeinde-Inserate lebensfähig wäre, da bei uns einstige Qualitätszeitungen auf einen fast karikaturhaften Umfang zusammengeschrumpft sind.
Jedoch: Schaut man die EU-Vorschläge genauer an, dann zeichnet sich eine absolute Katastrophe ab, dann wird man an die übelsten Diktaturen erinnert. Dann kann man nur sagen: Lieber sollen noch mehr Medien sterben, als in einem solchen Geist gerettet zu werden. Denn die vor allem aus der Politik kommenden EU-„Experten“ verlangen allen Ernstes, dass man bösen Medien die Zulassung entziehen solle! So wie es etwa der Herr Chavez in Venezuela gerne tut. Oder das türkische Regime.
In einem Bericht der FAZ aus Brüssel liest man wörtlich: „Die EU-Kommission solle überwachen, dass diese Medienräte sich an europäische Werte hielten.“ Um Himmels willen: eine Überwachung durch „Räte“! Das ist ja ein Revival der Oktoberrevolution. Hinter den „europäischen Werten“ verbirgt sich erfahrungsgemäß nichts anderes als die Diktatur der Political correctness.
Bisher habe ich immer vehement zurückgewiesen, wenn jemand der EU vorgeworfen hat, auf dem Weg zu einer Rätediktatur zu sein. Aber man lernt dazu . . .
Dabei missbrauchen die Machthaber die Medien dort, wo sie jetzt schon zugreifen können, ohnedies auf das Schamloseste. Etwa im ORF findet man täglich solche Beispiele. Manche davon wären als Einzelfall zwar harmlos. Beim ORF aber sind sie ganz offensichtlich alltägliche Strategie.
Man nehme etwa den Beitrag in der „Zeit im Bild“ über „Deutlich mehr Geld“ für die Parteien. Das Thema lässt natürlich in fast jedem Bürger den Zorn steigen. Wie aber wird ein solches Thema optisch unterlegt? Mit Filmsequenzen der Herrn Strache, Faymann und Erwin Pröll.
Das löst nun gleich mehrfachen Zorn aus: Denn erstens sind Strache und Pröll ganz groß zu sehen; Faymann hingegen nur so klein, dass ihn kaum jemand erkennt. Zweitens kommt es nur bei so negativen Beiträgen vor, dass die FPÖ als erste Partei gezeigt wird. Drittens können die Sekundenzähler im ORF mit solchen Darstellungsweisen auch noch behaupten, sie würden Schwarz-Blau doppelt so viel Zeit widmen wie Rot-Grün. Und viertens wurden in dieser Darstellung ganz zufällig die Grünen weggelassen, obwohl natürlich auch sie kassieren. Aber die große Mehrheit der ORF-Redakteure denkt ja tiefgrün; daher kommen die Grünen bei einem Negativthema prinzipiell nicht vor.
Ein anderer ORF-Trick ist fast täglich mehrmals zu hören. Es ist der „Experten“-Schmäh. Ständig tauchen irgendwelche – meist völlig unbekannten – „Experten“ auf, die ganz zufällig immer einen linken Standpunkt vertreten. Ein Bürgerlicher, Liberaler, Konservativer oder sonst wie rechts der Mitte stehender Mensch ist für den ORF niemals ein „Experte“.
Ganz im Gegenteil: Ein Konservativer ist dort fast automatisch ein „Erzkonservativer“, ein Liberaler ein „Neoliberaler“ und so weiter. Ein roter oder grüner Mensch wird hingegen niemals mit irgendwelchen negativ klingenden Vorsilben versehen.
Mit einer Unzahl solcher unterschwelliger Methoden machen sie im ORF ständig Stimmung. Nur wer das Funktionieren von Medien nicht versteht, wird das für Kleinigkeiten halten. Das wären sie höchstens dann, wenn sie nicht ständig an der Tagesordnung sind.
Hingegen hat die Neuentwicklung im Amtsmissbrauchsskandal um Claudia Schmied keinerlei Niederschlag im eigentlich zur Objektivität verpflichteten ORF gefunden: Denn entgegen dem Gesetz wird weiterhin in jeder dritten Klasse einer AHS-Unterstufe die Schülerhöchstgrenze von 25 überschritten. In manchen Klassen sitzen sogar mehr als 30 Schüler. Und nur in jeder zwölften AHS wird in allen Klassen die Grenze 25 eingehalten. Das ist die von den Personalvertretern erhobene Bilanz fünf Jahre nach der medial (insbesondere auch im ORF) groß gefeierten Begrenzung der Klassengrößen.
Die Realität interessiert aber offenbar den ORF (und die meisten anderen Medien) in keiner Weise. Sie berichten nur die Propaganda der roten und grünen Spin-Doctoren. Dabei hat Schmied damals viel zusätzliches Steuergeld für diese Klassenreduktion bekommen. Die aber pumpt sie gesetzwidrig praktisch nur in die Gesamtschulen. Gesetze? In Österreich? Die sind doch nur für die anderen da.
Eines der grauslichsten Kapitel in unseren Medien ist auch die Berichterstattung über linke Gewalt. Jeder Leser möge selbst nachprüfen, ob er in seinem Medium sachliche Berichte ohne rechtfertigende Passagen über die linken Hassorgien gegen die Besucher des FPÖ-Balles gelesen hat. Oder im ORF gesehen hat. Hat irgendwer die unfassbare Häme des Wiener Polizeipräsidenten kritisiert, der sich öffentlich lustig darüber macht, dass angesichts der Gewaltdrohungen und des schlechten Polizeischutzes nur 3000 Menschen auf den Ball gekommen sind? Man stelle sich nur die Berichte vor, solcherart würden Demonstranten gegen eine linke Veranstaltung vorgehen oder ein Polizeikommandant sie kommentieren.
Die Leser sind auch gebeten nachzuprüfen, ob sie irgendeine Zeile gefunden haben, dass einige Wochen davor zwei CVer (bandtragende katholische Akademiker) auf der Wiener Lerchenfelderstraße von einer sich grün-alternativ artikulierenden Gruppe niedergeschlagen und verletzt worden sind. Er wird in keiner Zeitung etwas finden. Denn keine hat berichtet.
Es hat aber seltsamerweise zumindest nach Angaben der Opfer auch die Polizei seither nichts unternommen, obwohl sie sofort informiert worden war. Da fällt mir ein: War das nicht gerade die Innenministerin, die in irgendwelchen Seitenblicken in Schladming Wortspenden von sich gegeben hat? Zugegeben, das ist ja auch viel wichtiger als der Schutz gegen politische Gewalt oder die Zurechtweisung eines exzedierenden Polizeioffiziers.
Wer vor mehr als zehn Jahren einen Raubüberfall begangen hat und nicht rechtzeitig erwischt worden ist, kommt heute straffrei davon, auch wenn er den Raub offen gesteht. Wer vor mehr als drei Jahrzehnten an der Universität abgeschrieben hat, wird hingegen mit der Höchststrafe belegt. Nämlich mit der sozialen Ächtung, dem nationalen Gespött und der möglichen Vernichtung einer Existenz. Der deutsche Rechtsstaat muss sich in seiner gegenwärtigen Fassung den gewaltigen Vorwurf machen lassen, völlig verzerrt zu agieren.
Nach dem einstigen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg trifft das nun die amtierende Bildungsministerin Annette Schavan. Ihr ist von ihrer einstigen Uni der Doktortitel wegen Plagiats-Passagen in ihrer Doktorarbeit aberkannt worden. Schavans Fall bringt die unnötige Häme in Erinnerung, die sie einst zum Fall Guttenberg gezeigt hat. Deshalb kann man auch durchaus schmunzeln. Fast eine Form einer höheren Gerechtigkeit.
Angesichts der damals angewendeten Maßstäbe müsste jetzt auch Schavan zurücktreten. Dies wäre in Hinblick auf die Tatsache doppelt logisch, dass sie ja ausgerechnet für Bildung zuständig ist. Und daher irgendwie auch all das für gut und toll finden muss, was sich an den Universitäten abspielt. auch wenn diese zum Unterschied von Österreich dort Landessache sind (was ein ORF-Korrespondent offenbar nicht wissen muss).
Viele werden dennoch Verständnis haben, dass sie nicht zurücktritt, sondern den Rechtsweg einschlägt. Da dieser langwierig ist, wird er die CDU wohl über den Wahltag bringen. Vor Gericht wird es ja nicht nur darum gehen, die fehlenden Fußnoten zu zählen, sondern auch darum, ob deswegen gleich ein komplettes Studium als wertlos erklärt werden kann. Und nicht zuletzt wird die Rolle der Universität selbst zu prüfen sein, die ja mit der Annahme der Dissertation offenbar einst selbst geschlampt hat. Ist es in Ordnung, dass sie den eigenen Fehler 33 Jahre nachher mit der Vernichtung der Existenz des zweiten Schuldigen durch Aberkennung von dessen Doktortitel bestrafen kann? Kann man doch in diesem Zeitraum nicht nur einen Raub dreimal verjähren lassen, sondern sogar nicht vorhandene Eigentumsrechte ersitzen.
Seit Guttenberg hat sich die Weltgeschichte jedenfalls in mehrfacher Hinsicht ein deutliches Stück weitergedreht (der Minister, nicht der Buchdrucker ist gemeint).
Seither sind wir etwa mit einem sozialistischen Ministerpräsidenten in Rumänien konfrontiert, der sich mit noch viel ärgeren Methoden seinen akademischen Grad erschlichen hatte. Der Mann denkt aber gar nicht an Rücktritt. Und seine sozialdemokratischen Fraktionsfreunde in Deutschland und Österreich stellen sich massiv hinter ihn, während sie gleichzeitig reihenweise Schavans Rücktritt fordern. Was die Glaubwürdigkeit ein wenig reduziert.
Seither ist man sich auch viel stärker bewusst geworden, dass die meisten Universitäten heute zu Wärmestuben der – im normalen Leben unbrauchbaren – Altachtundsechziger geworden sind. Diese haben nicht nur das Niveau der deutschen und österreichischen Unis stark hinuntergedrückt; viele von ihnen haben offensichtlich auch den ganzen Tag Zeit, in alten Dissertationen nach abgeschriebenen Passagen ohne vollständige Fußnotenausweise zu fahnden.
Das gilt besonders für den Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften. Interessante Bücher und Analysen von Historikern oder Ökonomen etwa gibt es fast nur noch im angelsächsischen Raum zu finden. Bei uns sind die meisten Exponenten dieser Disziplinen maximal zu Fußnotenakrobaten geworden.
Kluge Arbeitgeber wissen daher längst, was sie von vielen Fakultäten zu halten haben.
Politisch spannend wird aber die Reaktion von Angela Merkel, die Schavan vorerst im Amt belässt. Ist auch ihr bewusst, dass sich die Sichtweise auf das Thema gewandelt hat? Wagt sie es deswegen, eine Woche lang böse Medienkommentare zu schlucken, bis die Meinungsumfragen mit Sicherheit zeigen werden, dass die Deutschen das mehrheitlich ganz anders sehen als die Leitartikler?
Auf der anderen Seite ist aber auch klar: Wenn Schavan wirklich auf Dauer bleibt, dann wird Guttenbergs Abgang in einem völlig neuen Licht stehen. Er wird dann an oberster Stelle in der Liste jener Männer stehen, die Merkel als politische Konkurrenten gezielt gemordet hat. Schavan hingegen ist für sie keine Konkurrentin, sondern eine harmlose Verbündete, die weiterleben darf. Auch keine angenehme Perspektive für die Bundeskanzlerin.
PS.: Jeder ehrliche Journalist wird zugeben müssen, dass er ständig von den vielen Gedanken profitiert, die er irgendwo aufschnappt. In einem Mail, in einer Zeitung, in einem Gespräch, in einem Buch, im Internet. Und jeder gibt solche Gedanken dann irgendwann einmal wie selbstverständlich als eigene aus. Schon deshalb, weil er meist vergessen hat, wo er diesen oder jenen Gedanken eigentlich her hat. Ob ihm etwas selbst eingefallen ist, oder ob er es irgendwo gelesen hat. Das halte ich keine Sekunde für etwas Böses. Man sollte nur bereit sein, zu den geäußerten Gedanken auch zu stehen. Und man sollte überdies imstande sein, Fakten immer belegen zu können. Freilich: Buchstaben für Buchstaben abzutippen ist ein sehr mühsamer Prozess. Das aber hatte Schavan tun müssen, wenn sie in den damaligen Vor-Computer-Zeiten ein Zitat aus ihrem Zettelkasten in die Dissertation eingebaut hat.
PPS.: Jeder ehrliche Politiker wird zugeben müssen, dass von ihm gehaltene Reden nicht immer von ihm geschrieben worden sind. Die einzige mir bekannte Ausnahme ist übrigens Wolfgang Schüssel: Er hat bis auf die Regierungserklärung nie Reden abgelesen. Er war nämlich nicht einmal imstande dazu.
PPPS.: Auch jeder Besitzer (beispielsweise) eines Maturazeugnisses wird zugeben müssen, dass er dieses Ziel keineswegs ohne Abschreiben erreicht hat. Sei es bei Schularbeiten, sei es bei Referaten: In Schulen herrscht seit jeher die Devise: abschreiben und abschreiben lassen. Und wenn einer einmal erwischt wird, droht als Höchststrafe eine Wiederholung der Arbeit. Aber dazu muss man ihn gleich erwischen und nicht 33 Jahre später.
Der EU wird zu Recht der Vorwurf gemacht, sich viel zu viel in Dinge einzumischen, die lokal – also durchaus unterschiedlich – geregelt werden könnten. Oder die überhaupt von keiner Obrigkeit geregelt werden sollten. Dafür hat sie wichtige Bereiche, die für das Funktionieren eines wirklich gemeinsamen Binnenmarktes notwendig sind, noch immer nicht harmonisiert. Umso erfreulicher ist, wenn sie da nun einen wichtigen wie schwierigen Bereich angreift. Daher sollte das Protestgeheul der bisherigen Profiteure und ihrer Lobbyisten bedenkenlos überhört werden. Selbst wenn zu diesen einst angesehene Ökonomen zählen.
Die Liste der für einen Binnenmarkt noch immer fehlenden Notwendigkeiten ist groß: Sie betrifft vor allem jene Bereiche, wo es grenzüberschreitende Verbindungen und Netzwerke gibt. Das sind etwa:
Die Eisenbahn ist in Sachen Binnenmarkt noch immer ein absoluter Horror. Ich habe das etwa vor einigen Jahren erlebt, als ich für meine Familie Bahntickets auf einer Reise durch vier europäische Länder zu lösen beschloss. Dieses Vorhaben beschäftigte mich tagelang intensivst, so kompliziert war es, wenn man die Preise halbwegs optimieren wollte. Denn in jedem Land gelten andere Gruppen-, Familien- und Rückfahrkartenregelungen. Das kreuzt sich dann auch noch mit einem undurchschaubaren Aktionismus an befristeten Sonderaktionen.
Am Schluss musste ich mit einer dicken Aktentasche die Reise antreten. Darinnen waren für jedes Land eigene Ticket-Pakete. Ich schwor mir, jenseits von Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt niemals mehr mit der Eisenbahn zu fahren. Wobei ja schon die Südbahn heftigen inneren Widerwillen auslöst. Denn nur auf der Weststrecke ist das Bahnreisen halbwegs komfortabel geworden. Vor allem dank der dort fahrenden privaten Konkurrenz.
Absurd ist aber auch, dass jemand billiger nach Innsbruck fährt, wenn er ein Ticket nach Zürich löst und vorzeitig aussteigt, als wenn er „nur“ bis Innsbruck zahlen würde. Er muss das nur wissen. Denn die ÖBB selber sagen einem das ja nicht.
Und wer nur bisweilen in einem Verkehrsverbund unterwegs ist, also ein Nichtexperte, wird durch die diesbezüglichen Informationen und Regelungen so verwirrt, dass er ohne Hilfe kein Ticket kaufen kann. Worauf er bald wieder a priori zurück zum Auto wechselt.
Nun versucht die EU-Kommission mit einem neuen Regelungspaket, bei den Eisenbahnen ein wenig mehr Vereinheitlichung herzustellen und ein wenig transparentere Regeln durchzusetzen. Dabei muss man ihr viel Glück wünschen, auch wenn sie das ohnedies nur schaumgebremst versucht.
Denn schon erheben sich lautstark die Manager und Lobbyisten vor allem der deutschen und österreichischen Bundesbahn mit ihren engen Vernetzungen in ein großes politisches Lager. Klarerweise zittern dort viele um ihre geschützten Werkstätten, in denen die Kundschaft oft nur als leider nicht ganz verbietbare lästige Begleiterscheinung behandelt wird. Das macht aber ein Gelingen des EU-Vorhabens ebenso schwierig wie wichtig.
Der rote Faden der EU-Kommission: Sie will mehr Wettbewerb auf der Bahn. Wie in allen Bereichen nützt der Wettbewerb Kunden und (bei der Bahn ganz besonders!) Steuerzahlern. Wettbewerb steckt ja auch hinter den günstigen Zürich-Fahrkarten: Denn auf dieser Strecke gibt es diesen Wettbewerb – wenn auch mit dem Flugzeug. Nach Innsbruck nicht.
Der einzige Vorwurf, den man der EU machen kann: Sie geht zu langsam und nicht hundertprozentig konsequent vor. Worüber aber klagt der (politisch eingesetzte) Chef der ÖBB? Über das Gegenteil; die Vorschläge seien „aggressiv und viel zu schnell“.
Um zu verstehen, was man bei der ÖBB als „zu schnell“ versteht: Das sind fast volle sieben Jahre! Bis Dezember 2019 will die EU nämlich den Ländern ohnedies Zeit lassen, den Personenverkehr für neue Marktteilnehmer und Dienste zu öffnen . . .
Laut jammern die ÖBB und die mit ihr verbundene Partei auch über die von der EU verlangte Trennung zwischen Infrastruktur und Absatz. Das würde die ÖBB „hart treffen“, meint ÖBB-Chef Christian Kern. Gewiss: Herr Kern wäre dann halt nur noch Chef eines der beiden Bereiche. Das ist gewiss ein hartes Schicksal.
Nach außen weiß er aber nur ein einziges Argument zu nennen: Der „Ausgleich“ zwischen Mitarbeitern beim Bau und der Erhaltung der Schienen auf der einen Seite und den Eisenbahnern, die sich um die Züge selber kümmern, wäre nicht mehr möglich.
Es ist offenbar ein bisher unbekanntes Naturgesetz, demzufolge man es bei der Bahn auch in sieben Jahren nicht schafft, die Mitarbeiter-Dimensionen einem angekündigten neuen Umfeld anzupassen. Dass in der selben Zeit Tausende Unternehmen in Konkurs gehen werden, und Hunderttausende sich einen neuen Arbeitgeber suchen und umlernen müssen, sind für Eisenbahner offenbar Vorgänge auf einem anderen Planeten. Statt nachzudenken, ob man dazu eventuell die Änderung innerösterreichischer Gesetze verlangen sollte, jammert Kern: Geht nicht.
Ja noch mehr: Im gleichen Atemzug, da er jammert, kündigt Kern an, dass sehr wohl die Größenordnung von 40.000 (aktiven) Eisenbahnern gleich bleiben werde. Um bis Ende 2019 die Mitarbeiterzahlen drastisch zu senken, würde es aber in Wahrheit genügen, den natürlichen Abgang wirken zu lassen. Damit müssen sich locker 20 Prozent reduzieren lassen, wahrscheinlich sogar 25. Wenn man nur will und nicht in Wahrheit parteipolitische und gewerkschaftliche Interessen verfolgt.
Wenn Kerns Argumente richtig wären, dann hätte man ja einst auch die Post nicht in Telekom und Briefpost aufspalten und weitgehend privatisieren dürfen. Diese Aufspaltung und Öffnung für einen harten Wettbewerb hat den Österreichern jedoch erstens eine sensationelle Verbilligung ihrer Telefonierkosten gebracht. Und zweitens hat sie sogar die damals von schlechten Zukunftsaussichten begleitete gelbe Post in ein heute auch für Anleger attraktives Unternehmen verwandelt, das neue Märkte erobert, statt sich zu fürchten.
Dabei war die Brief- und Paketpost bei der früheren Einheitspost immer ein großer Defizitbringer. Dabei hat die neue Post noch immer einen lähmenden Rucksack von Beamten auf der Besoldungsliste mitzuschleppen, von denen sich leider ein Großteil als unbrauchbar erwiesen hat. Das merkt man noch immer in so manchen Postämtern. Diese sind noch wirkliche Ämter geblieben, wo es offensichtlich dauert, bis sich auch dort der neue Geist auswirken wird.
Zurück zur Bahn: Europaweit gibt es vorerst nur zwei Länder, welche die Eisenbahn komplett für den Wettbewerb geöffnet und gleichzeitig Infrastruktur von Betrieb getrennt haben: Schweden und Großbritannien. Und beide haben ganz exzellente Erfahrungen damit gemacht.
Auch in Großbritannien haben selbst die Linksregierungen niemals versucht, Privatisierung und Wettbewerb wieder rückgängig zu machen. Die Passagierzahlen sowie die mit Umfragen getestete Fahrgastzufriedenheit haben dramatisch zugenommen; und die Unfallzahlen haben sich reduziert.
Woher kommen dann die bei uns immer wieder verbreiteten kritischen Berichte über die englische Bahn?
Denn entgegen den damaligen Erwartungen lässt sich die Infrastruktur naturgemäß schlechter privatisieren als Personen- und Frachtzüge. Bei der Infrastruktur kann es naturgemäß kaum Wettbewerb geben. Und Investitionen haben dort eine viele Jahrzehnte dauernde Amortisationsfrist. Es wird ja auch nirgendwo das Straßennetz privatisiert, wenngleich einzelne mautpflichtige Autobahnen und Brücken ein interessantes Beispiel sind, wie man auch dort sonst nicht mehr finanzierbare Infrastrukturbauten privat bauen kann.
Die österreichische Asfinag ist jedenfalls kein gutes Beispiel für eine staatliche Infrastrukturgesellschaft: Denn sie hat sich auf Jahrzehnte hinaus schwer verschuldet. Die Asfinag müsste eigentlich wegen ihrer Finanzsituation in ein paar Jahren alle Investitionen einstellen. Sie hat in den letzten Jahren viel zu viel gebaut. Sie stand auch unter Druck der parteipolitisch hervorragend vernetzten Baulöwen (man denke nur an die Herrn Pöchhacker oder Haselsteiner), die ohne Rücksicht auf die Zukunft bauen, bauen, bauen und damit Geld verdienen wollten; sie stand unter Druck von Bürgermeistern und Landeshauptleuten, die Österreich mit so viel Lärmschutzwänden auf Kosten der Asfinag zumauern ließen, wie es sie in ganz Europa nicht gibt. Und von den Korruptionsinseraten der Asfinag wollen wir ja gar nicht reden.
Das wäre alles bei einem privatwirtschaftlich verpflichteten Infrastrukturbetreiber jedenfalls nicht passiert.
Alles spricht also dafür: Die EU hat recht, wenn sie entgegen den Berichten in linken Medien auch Großbritannien als absolute Erfolgsstory einer Trennung der Bahngesellschaften, einer Privatisierung und eines starken Wettbewerbs nennt. Denn selbst eine staatlich verbleibende oder notfalls wiederverstaatlichte Infrastrukturgesellschaft steht unter Druck der privaten Betreiber, für funktionierende und sichere Schienen zu sorgen. Und diese Betreiber stehen wieder unter Druck der Kunden, die ja auch Auto, Lkw oder Flugzeug benutzen können.
Wir sind daher schon froh, wenn die EU mit ihrem Hauptziel Erfolg hat: Dass in ein paar Jahren quer durch Europa Züge in offenem und transparentem Wettbewerb nach einheitlichen Regeln fahren können. Wer auch immer für die benutzten Schienen sorgt. Dieses Ziel ist nur dann erreicht, wenn nicht wie anfangs zwischen der neuen „Westbahn“ und den ÖBB unzählige Prozesse wegen der diskriminierenden Behandlung der „Westbahn“ anhängig gemacht werden müssen, weil die ÖBB die Konkurrenz so schlecht behandelt hat.
Auf Grund dieser Erfahrungen muss man freilich über einen halben Rückzieher der EU traurig sein: Sie akzeptiert, dass auch nach der Neuordnung Betriebs- und Infrastrukturgesellschaft derselben Holding gehören. Sie verlangt nur gute Feuermauern dazwischen. Aber solche haben noch nie perfekt funktioniert, wenn der Eigentümer gleich ist. Womit wohl der zweite Webfehler in ein sonst sehr gutes Konzept eingebaut ist.
In diesem finden sich jedoch auch noch viele andere sehr gute Details und Vorhaben. Davon sei hier nur eines genannt: Das ist die Schaffung einer einzigen europäischen Anlaufstelle für die Genehmigung aller Fahrzeuge und in dem Bereich aktiven Unternehmen. Alleine mit der einheitlichen Genehmigung sind mindestens 20 Prozent Kostenersparnisse möglich (nicht nur weil dann halt im Verkehrsministerium ein paar Beamte überflüssig werden). Man denke nur daran, wie sehr nationale Bahnen, etwa die italienische, ausländische Züge immer wieder wegen skurriler Sicherheitsregeln behindert haben.
Zwei weitere Bereiche sind hingegen auch mit dieser Reform noch nicht ganz geglückt: Einerseits fehlt ein wirklich starker Regulator, der die Gleichberechtigung aller Betreiber durch die Infrastrukturverwalter sowie Tariftransparenz und Konsumentensicherheit europaweit sicherstellen könnte; diese Aufgabe erfordert nämlich einen täglichen Kampf gegen ständig neue Tricks der Firmen und kann nicht von vornherein mit einer einzigen Richtlinie geregelt werden.
Andererseits werden die technischen Anlagen noch immer nicht vereinheitlicht. Daher wird es auch in Zukunft noch immer nicht jeder Lokomotive möglich sein, quer durch Europa zu fahren. Wie es ein Lkw seit langem kann. Die Lkw aber sind bekanntlich die weitaus größte Konkurrenz der Bahn.
Also Ja zur Gleichberechtigung der Bahn mit der Straße. Auch wenn die Bahnen lustigerweise heftig dagegen sind.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Es ist ein weiterer Beweis: In der Wiener Staatsanwaltschaft ist der Wurm drinnen.
Das Straflandesgericht sagt nun rechtskräftig: Jene Presseaussendung der Staatsanwaltschaft war rechtswidrig, in der die Medien 2011 vorneweg über eine Hausdurchsuchung bei Karl-Heinz Grasser informiert wurden. Diese Ansicht ist auch vom Tagebuch immer wieder vertreten worden. Damit ändert sich aber noch nichts am dahinterliegenden Skandal: Das sind die ohne Presseaussendung, auf geheimem Weg aus der Staatsanwaltschaft dringenden Informationen an befreundete Medien. Diese sind eindeutig rechtswidrig. Aber weder Oberstaatsanwaltschaft noch Justizministerium gehen dagegen vor, indem sie eine Untersuchungskommission einsetzen. Ein besonders krasses Beispiel stand erst vor kurzem im „Standard“. Dort wurde ausführlich ein bei Grasser von den Staatsanwälten gefundenes Papier zitiert, obwohl dieses absolut nichts mit einem der gegen Grasser erhobenen Vorwürfe zu tun hat. Es war vielmehr eine Analyse zum Wechsel Grassers 2002 vom Blauen in die Rolle eines ÖVP-nahen Unabhängigen. Die Wiener Staatsanwälte spielen also selbst so etwas rein Politisches hinaus, wenn es nur den Richtigen schadet.
PS.: Die Einschätzung zum Verfahren selbst bleibt unverändert: Es sind nur Vermutungen, aber keine Beweise über ein korruptes Verhalten Grassers als Minister bekannt. Hingegen wäre die Anklage wegen einer nach seiner Amtszeit stattgefundenen Steuerfrage fertig. Deren Einbringen wäre aber für die Staatsanwälte peinlich: Denn sie wollten ja ganz offensichtlich Rot-Grün einen Beweis für die Korruption von Schwarz-Blau liefern. Das aber ist ein Steuerverfahren gegen den späteren Privatmann Grasser sicher nicht. Mit Erheben nur dieser Anklage würden sie ja zugeben, dass die viel älteren politischen Vorwürfe gegen Grasser nicht halten.
In jedem Land gibt es eine Region, deren Einwohner unter den restlichen Mitbürgern als leicht bis schwer zurückgeblieben gelten, und denen dann reihenweise bösartige Witze gewidmet werden. Das sind etwa in Deutschland die Ostfriesen und in Österreich meist die Burgenländer. Nun hat auch Europa eine solche Region. Es sind die Österreicher. Ihre Panik, dass ihnen das Wasser geraubt werde, wird europaweit nur mit einem Satz kommentiert: Dümmer geht's nimmer. Die Sache ist aber nicht nur dumm, sondern auch ziemlich mies. Weil den Bürgern etwas eingeredet wird, was ihnen selbst massiv schadet und der Politik, etwa in Wien den Rathausbonzen, massiv nützt.
Es war eine der vielen Kampagnen des greisen Hans Dichand, mit denen er seine meist nicht sehr hellen Leser zu emotionalisieren versucht hatte. Er redete ihnen ein, irgendjemand würde ihnen das Wasser rauben; oder zumindest nur noch eine braune Brühe durch die Leitungen schicken. Diese finsteren Bösewichte existierten zwar immer nur in der Phantasie. Aber die Kampagne fruchtete. Viele Österreicher fürchteten sich wieder einmal. Diesmal davor zu verdursten. Und fast alle Parteien begannen sofort, die Österreicher in dieser Furcht zu bestärken. Sie haben ja noch nie ihre Aufgabe darin gesehen, Fakten und Wahrheiten unters Volk zu bringen.
Auch bei anderen Fragen machen ja meist alle Parteien im Gleischritt bei der Panikmache mit. Dies zeigen neben der Wasserpanik auch die regelmäßigen Ängste vor Atomkraftwerken, Genen, Hormonen und allen anderen Dinge, die weder ein Mitglied der Familien Dichand und Fellner noch ein Politiker so recht versteht. Damit haben sie natürlich auch bei vielen Österreichern Erfolg. Denn wenn sich schon fast alle Medien und Politiker fürchten, glauben sie natürlich, sich erst recht fürchten zu müssen. Wer soll denn gegen diesen Tsunami gleichgeschalteter Panik noch auf Wissenschafter oder andere Vernunftaposteln hören, die sich noch dazu immer so kompliziert ausdrücken? Für "Wasserraub!" genügen hingegen zehn Buchstaben.
Viele Landsleute merken gar nicht, dass hinter der Panikmache einzig das verzweifelte Ziel von Auflagen- und Wählererfolgen stand. Und sie bekamen solcherart auch nicht mit, dass Österreich mit seinen skurrilen, von grünen NGOs geschürten Ängsten zunehmend alleine war. Bei der Angst ums Wasser steht das Land nun überhaupt total isoliert da. Nicht einmal die sonst ebenfalls panikaffinen Deutschen machen da mit. Kein Wunder, dass ganz Europa über Österreich lacht.
Das letzte Hochkochen des Wassers ist durch eine EU-Richtlinie ausgelöst worden. Zwar steht dort keine Zeile von der Pflicht einer Privatisierung des Wassers, aber wer wird denn irgendeinen Text ordentlich durchlesen, wenn man sich doch ohne Lesen so schön furchten kann. Tatsache ist: Der Verkauf von Wasserquellen, Wasserleitungen und Wasseranschlüssen wird durch diese Richtlinie weder verlangt noch erleichtert.
Daher hat auch das Bundeskanzleramt dieser Richtlinie ursprünglich – richtigerweise – voll zugestimmt. Das hindert einen Menschen mit dem Charakter eines Werner Faymann natürlich nicht, nun sogar mit Verfassungsbestimmungen gegen diese EU-Richtlinie anzureiten. Wenn die Krone pfeift, springt der Faymann noch allemal. Notfalls auch aus dem Fenster.
Die Richtlinie jedenfalls ist keineswegs ein Vorkämpfer einer Privatisierung. Leider. Im Gegenteil: Sie schreibt nur etwas anderes ebenfalls Richtiges vor: Bei einer Beauftragung eines Unternehmens mit der Wasserversorgung muss eine ordentliche Ausschreibung stattfinden. Damit nicht wie bisher der diesbezügliche Auftrag unter der Hand an irgendwelche politischen oder sonstigen Freunde vergeben werden kann. Damit wird also eine eventuelle Privatisierung nicht erleichtert, sondern ganz eindeutig erschwert. Alle Aspekte einer Ausschreibung von öffentlichen Dienstleistungen sollen transparent gemacht und gegen Korruption abgesichert werden. Das sollte eigentlich nach den Ereignissen des letzten Jahres insbesondere in Österreich hoch geschätzt werden. Wird es aber offenbar nicht.
Eben schon deshalb nicht, weil die meisten Journalisten die Richtlinie gar nicht gelesen haben. Was sie nun aber nicht etwa mit Schuldgefühlen erfüllt. Im Gegenteil: Eine Kommentatorin einer Halbboulevardzeitung wirft nun der EU vor, dass die Journalistin nicht ordentlich informiert worden sei, die zuvor gegen die Richtlinie gewettert hat. Medien auf österreichisch: Schuld sind immer die anderen. Der Schiedsrichter, der Schnee.
Selbstverständlich war auch bisher schon Wasser-Privatisierung in Österreich nicht nur möglich, sondern hat auch immer wieder stattgefunden. An die Hundert Gemeinden haben allein in Österreich solcherart die Wasserversorgung privatisiert, meist in halb privaten, halb öffentlichen Mischgesellschaften. Die Wasserversorgung wurde dadurch jedenfalls nicht schlechter, sondern besser. Zumindest zum Teil privatisiert worden sind ja auch Stromversorgung, Gasanschlüsse, Müllabfuhr oder öffentlicher Transport. Keine Gemeinde war gezwungen dazu. Aber sie taten es.
Warum aber tun sie das – in anderen Ländern noch viel mehr als in Österreich? Die Antwort ist klar: Weil Gemeinden oder Länder es sich selber nicht mehr leisten können, weil solche Versorgungsnetzwerke oft gewaltige Investitionssummen brauchen, weil vielerorts ohne Privatisierung die Wasserversorgung nie funktioniert hätte, weil dabei oft unfähige und korrupte Beamte sich nur um die eigenen Taschen, aber nie um eine gute Wasserversorgung der Bürger gekümmert haben, weil private Unternehmen nach allen Erfahrungen deutlich billiger sind - und wenn sie unter Konkurrenzbedingungen arbeiten, noch viel mehr. Die viel öfter herstellbar sind, als man glaubt.
Vom täglichen Brot über die Milch bis zur Stromversorgung zeigt sich ganz klar: Überall funktioniert auch bei rein privaten Strukturen die Versorgung der Bevölkerung mit allen grundlegenden Produkten des täglichen Lebens exzellent und lückenlos. Und die Qualität von Brot oder Milch ist hervorragend. Ohne dass die Dichands und Fellners Brot- oder Milchalarm ausgerufen hätten. Und selbst wenn einmal - etwa wegen einer großflächigen Rinderinfektion - die Milchversorgung bedroht wäre, würde eine Verstaatlichung dagegen absolut nicht helfen.
Wenn das wirklich so vorteilhaft ist, drängt sich umgekehrt die Frage auf: Warum privatisieren denn nicht alle ihre Verssorgungseinrichtungen? Die Antwort liegt auf der Hand: Für die regierenden Parteien sind diese Versorgungsunternehmen wunderbare Instrumente: Sie können dort ihre verdienten und unverdienten Funktionäre mit höchstbezahlten Protektionsposten bedienen. Sie holen sich aus den Marketing-Budgets (siehe die Wiener Stadtwerke, siehe den Flughafen, siehe die Telekom) viele Millionen für parteipolitische Aktionen und Subventionen. Sie holen sich auch auf direktem Weg viel Geld. Man denke nur an die exorbitanten Erhöhungen von Wasser- und anderen Preisen in Wien während des vergangenen Jahres.
Alleine die Wiener Wasserwerke haben trotz der Verwaltung durch Partei, Funktionäre und Beamte dem rotgrünen Rathaus im Vorjahr einen Profit von nicht weniger als 85 Millionen Euro gebracht.Da war es den Genossen völlig wurscht, dass auch die von ihnen verbal so hofierten Armen eine überflüssige Wasserpreiserhöhung zahlen mussten.
Aber ist das nicht doch ein Beweis, dass die ordentlich wirtschaften, wenn das so erfolgreich ist? Nun, die wirklich großen Investitionen in die Wiener Wasserleitung, also die beiden Hochquellenwasserleitungen, deren Ausmaß einst sogar Europarekord bedeutet hatte, haben die Genossen gratis von bösen Vorgängern geerbt: Die eine vom bösen Bürgermeister Lueger (dessen Andenken Rot-Grün gerade auszuradieren versucht), die andere von den bösen bürgerlich-liberalen Stadtverwaltungen in Wien (deren Weisheit bei den Linken immer nur als neoliberal bezeichnet und verachtet wird).
Auf diesen historischen Errungenschaften sitzend, kann man leicht angeben, abcashen und gegen Privatisierung stänkern. Wie es Wien vehement – und nun sogar mittels einer (von niemandem verlangten!) Volksbefragung tut. Infamerweise besticht man sogar Medien durch Steuer-Millionen an Inseraten, damit diese auch diese Aktion im eigenen Macht- und Geldinteresse der Wiener SPÖ unterstützen.
Während bei uns Panik ums Wasser gemacht wird, haben in Frankreich und Italien, also in Ländern mit deutlich schlechterem und weniger Wasser, private Unternehmer Milliardenumsätze (auch für die nationale Steuerkasse) gemacht, indem sie Wasser in Flaschen abgefüllt und weltweit als gesuchte Markenartikel verkauft haben. Bei uns würden hingegen die leider am Weltmarkt viel weniger erfolreichen Firmen wie Vöslauer&Co zusperren müssen, wenn die private Wassernutzung wirklich verboten würde.
In vielen anderen Gemeinden Europas wäre ein Verbot von privaten Wasserversorgungen eine absolute Katastrophe. Bei uns aber unterstützen auch die meisten anderen Parteien das SPÖ-Rathausimperium in seinem Kampf gegen das Verlangen der EU-Richtlinie, dass künftig die Vergabe öffentlicher Dienstleistungen korrekt ausgeschrieben werden muss. Während auf Bundesebene wenigstens bei der ÖVP einige noch gegen die Wasserpanik argumentieren, geht Im Wiener Rathaus auch die ÖVP gemeinsam mit Rot, Grün und Blau auf die Barrikaden. Die wenigen Stadtschwarzen trauen sich offenbar nicht mehr, alleine für etwas einzustehen.
Besonders grotesk ist, dass im Kampf gegen die imaginären Wasserräuber der Parteiobmann des BZÖ am lautesten den Mund aufreißt – also ausgerechnet jener Mann, der gern behauptet, ein Liberaler zu sein. Grotesker gehts nimmer.
Wie ist es wirklich um den privaten Investor bestellt, der laut Boulevard und SPÖ den Österreichern das Wasser abdrehen wird? Der würde sich erstens finanziell tief ins eigene Fleisch schneiden. Und zweitens kann und soll die öffentliche Hand natürlich auch nach einer eventuellen Privatisierung ihre Kontrollpflichten ausüben. So wie bei jedem anderen Lebensmittel kann und soll das Marktamt ständig eine genaue Qualitätskontrolle vornehmen. Und die Politik kann jeden eventuellen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung mit vielen vorhandenen Instrumenten wie auch einer Menge zusätzlich denkbarer bekämpfen.
In jedem Markt jedoch, wo sich die Politik zu viel einmischt, wird die Sache vor allem eines; Teuer für die Bürger. Man denke nur an den Strompreis: Dieser ist heute nur deshalb um 70 bis 150 Euro zu hoch – alljährlich und für jeden Haushalt –, weil die Politik unter Druck von Grünen und Krone beziehungsweise Bild-Zeitung die völlig unwirtschaftlichen Sonnenpaneele und Windmühlen mit dem Geld der Konsumenten fördert. Ohne diese jemals gefragt zu haben.
All diese Zusammenhänge sind eigentlich absolut klar dokumentiert und sollten daher Selbstverständlichkeiten für alle Österreicher sein. Aber offenbar sind sie das nicht. Weil diese Österreicher von Zeitungen und Parteien ständig verblödet werden. Weil den Menschen nicht einmal in der Schule die allereinfachsten wirtschaftlichen Zusammenhänge vermittelt worden sind.
Was am meisten irritiert: Gerade haben die Österreicher beim Bundesheer Phantasien der Dichand- und Fellner-Medien eine schallende Absage erteilt. Und dennoch setzen sich die Parteien auch nachher und sogar geschlossener dennn je hinter die nächste absurde Hysterie der Kleinformate. Die Lernfähigkeit der Politik ist offenbar Null.
Das Tagebuch kommt kaum mehr nach mit dem Aufarbeiten der konzentrierten Blödheit in Politik und Medien. Dennoch braucht es auch bisweilen Tage zum Durchatmen, also der Konzentration auf positive Dinge. Bei der nötigen Suchanstrengung findet man diese Dinge immer noch. Nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Ob es nun um das Erwachen des indischen Mittelstandes geht, um neuerdings sogar Recht sprechende chinesische Gerichte, um die Suche der amerikanischen Armee nach Gerechtigkeit, um die Entlarvung des modischen Akademikerfimmels, um die wachsende Anerkennung für das differenzierte Schulsystem, um neuen Mut der Wiener Wirtschaftskammer, um tricksende Fluglinien, oder um lesbische Möchtegern-Pflegeeltern.
Da ist es zum Beispiel wirklich eindrucksvoll und bewundernswert, wie in Indien so viele Bürger aufstehen und protestieren, damit nicht weiterhin Vergewaltigungen, selbst die allerbrutalsten, von Polizei, Politik und Justiz unter den Teppich gekehrt werden können. In Indien hat sich in den letzten Jahren (durch das Aufblühen der nun erlaubten Marktwirtschaft!) ein breiter Mittelstand entwickelt, der solche atavistischen Bräuche nicht mehr hinzunehmen bereit ist. Das soll man ohne Hochmut anerkennen. Auch unsere Kultur hat ja vom mythologischen Raub der Sabinerinnen bis zum Ius primae noctis eine üble einschlägige Vergangenheit. Die Entwicklung in Indien ist umso wichtiger, als es bald das größte und jedenfalls heute schon das weitaus jüngste Land unter den Großen dieser Welt ist (dass die Dinge im ethnisch gleichen Pakistan so ganz anders sind, liegt an der dortigen Retro-Religion, deren Abgesandte gerade in Wien vom hiesigen Bischof begeistert betreut werden. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte, die heute nicht dazupasst).
Ebenfalls bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Aufruf des Vizegouverneurs von New Delhi, dass Besitzer legaler Waffen auf den Straßen patrouillieren sollten, um vor allem nächtens bedrohten Frauen beizustehen. Dieser Aufruf erfolgt genau zu dem Zeitpunkt, da in Amerika (und bei unseren papierenen und elektronischen Boulevardmedien) jeder Waffenbesitz medial zum Schwerverbrechen hochgeschrieben wird. Zumindest in Indien, aber auch bei der Mehrheit der Amerikaner sieht man hingegen eine eindeutige Schutzfunktion legaler Waffen.
Auch aus dem – noch – einwohnerreichsten Land dieses Globus gibt es Lobenswertes zu berichten. Nämlich einen Prozess. Vor einem chinesischen Gericht hat sich die deutsche Firma Kärcher gegen einen chinesischen(!) Konkurrenten voll durchgesetzt. Der Prozessverlierer hatte das gemacht, was in China bisher weitgehend straflose Folklore gewesen ist: Er hat interessante westliche Produkte hemmungslos plagiiert. Nun aber hat zumindest dieser Richter einen wichtigen Schritt in Richtung einer rechtsstaatlichen Zukunft Chinas gesetzt. Ein ebenso bedeutender Schritt war fast gleichzeitig, dass China Nordkorea vor der UNO seinen (Veto-)Schutz entzogen hat. Diesen Schritten müssen freilich noch viele weitere folgen: von der Herstellung der Meinungsfreiheit über eine effiziente Bekämpfung der Korruption, über eine Autonomie der Tibetaner und Uiguren, bis zu einer Verbesserung der Umwelt, wobei es insbesondere um einen raschen Ersatz der luftverpestenden Kohlekraftwerke durch die einzige funktionierende Alternative gehen müsste: noch deutlich mehr Kernkraftwerke.
Ebenso bemerkenswert ist eine Entscheidung des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Es hat John Allen, den Oberbefehlshaber in Afghanistan, von allen Vorwürfen eines unangemessenen E-Mail-Verkehrs mit einer Frau eines anderen reingewaschen. Das ist besonders lobenswert nach der grauslichen Medienkampagne, die monatelang gegen Allen und diese Frau gelaufen ist (die ganz der in Mitteleuropa laufenden Kampagne gegen den Spitzenkandidaten der deutschen Freidemokraten gleicht). Die USA haben bewiesen: Man kann dem Druck der Medien auch widerstehen. Die widerliche Verletzung der Privatsphäre der Betroffenen kann freilich nicht mehr rückgängig gemacht werden. Und sollte eigentlich spürbare Konsequenzen haben.
Ebenso interessant ist noch eine weitere Entwicklung in den amerikanischen Streitkräften. Dort dürfen Frauen erstmals auch an vorderster Front kämpfen. Das eröffnet ihnen in halbwegs friedlichen Zeiten – und die haben wir, trotz der in Afghanistan und Irak getöteten 130 US-Soldatinnen, – gute Karrierechancen ohne den Quotenschmäh. Das ist die logische Folge des Geburtenrückganges und der sehr negativ gewordenen sozialen Auslese in der US-Armee. Diese neuen Rechte für die Frauen bedeuten aber natürlich auch, dass für sie künftig die genau gleichen körperlichen Hürden vor einer Aufnahme in solche Kampfeinheiten gelten müssen; denn im Kampf ist jede Einheit so schwach wie ihr schwächstes Glied. Da kann es keine Rücksichten auf ein (einst so bezeichnetes) schwaches Geschlecht geben. Das „Frauen an die Front“ wird nach einiger Zeit interessante Erfahrungswerte ergeben. Dabei ist es freilich durchaus möglich, dass dann gerade auf Grund dieser Erfahrungen die volle Gleichberechtigung auch in solchen Extremsituationen kritisch hinterfragt werden könnte. Oder eben auch nicht.
Zurück nach Europa. Da hat eine Studie der EU-Institution Eurofound Spannendes herausgefunden: In vielen europäischen Ländern sind zahllose junge Universitätsabsolventen auch noch lange nach der Ausbildung ohne jede Chance auf einen Job. Das ist zwar betrüblich, aber für die völlig verquere österreichische Bildungsdebatte eine wertvolle Erkenntnis: Denn linke OECD-Experten, österreichische „Qualitäts“-Zeitungen, Gendarmen als Landeshauptmann-Darsteller und Rot-Grün versuchen uns ja einzureden, wie gut es wäre, wenn wir noch ein paar Tausend Politologen, Publizisten, Literatur-Absolventen und Ähnliches hätten. Die Fakten zeigen jedoch: Der in diesen Kreisen modische Akademikerfimmel führt in eine absolute Sackgasse. Hingegen ist die Lage der Jungen am Arbeitsmarkt in jenen Regionen, die ein differenziertes Schulsystem, also keine Gesamtschule haben, viel besser. In Italien beispielsweise ist die Arbeitslosenrate unter Akademikern doppelt so hoch wie in Österreich die Arbeitslosenrate unter Absolventen einer Lehre. Diese sind im Gegensatz zu den Italienern, Griechen oder Spaniern bisher ohne den Fluch einer Gesamtschule aufgewachsen. Und gehen daher zweifellos in ein glücklicheres Leben.
Besonders erfreulich (auch wenn von Frau Schmied und Herrn Androsch krampfhaft verschwiegen) ist im gleichen Zusammenhang: Österreich wird derzeit von ausländischen Delegationen gestürmt, die das hiesige System der auf der Hauptschule aufbauenden Facharbeiterausbildung studieren und übernehmen wollen. Das Problem: Diese Fact-Finding-Emissäre werden in jenem Ministerium wie auch bei den ideologisch deformierten Bildungs-„Experten“ von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung nicht wirklich die volle Wahrheit hören. Dazu müssten sie beispielsweise in Österreichs Vorzeigebundesland Oberösterreich fahren, wo noch keine weltfremden Ideologen sitzen.
In anderen Zusammenhängen verdient auch die Wirtschaftskammer Lob. Zum einen gilt das deren Sozialpolitik-Experten: Diese produzieren regelmäßig ganz ausgezeichnete Studien mit harten Fakten, die nur einen Nachteil haben: Sie werden von den Medien ignoriert, weil sie nicht in die gängigen Vorurteile passen.
Zum anderen gilt dieses Lob der Wiener Kammer-Präsidentin Jank. Sie hatte einst von ihrem Vorgänger einen Verein übernommen, der zum Schoßhund des Rathaus-Machtwerks degeneriert war. Jetzt stellt Jank den bis ins letzte Frage-Detail manipulativen Skandal-Befragungen durch das Wiener Rathaus mutig eine eigene unter den Unternehmern gegenüber. Jank will die Handelsbetriebe in Wiens größter Einkaufsgegend fragen, ob sie die von Grün-Rot (also einer weltfremden Griechin und einem groggy und desinteressiert in den Seilen hängenden Bürgermeister) geplante Lahmlegung der Mariahilferstraße für sinnvoll finden, die ja in eine Fußgängerzone verwandelt werden soll. Das dürfte für die dortigen Unternehmen zur Katastrophe werden, über die sich nur die niederösterreichischen Einkaufszentren freuen können. Dennoch fährt das Rathaus über den größten Handelsmagneten Wiens drüber. Es befragt die wirklich Betroffenen trotz der gerade modischen Umfrageflut kein einziges Mal. Eigentlich müsste angesichts des explodierenden Stadt-Defizits und der alle anderen Bundesländer weit überragenden Arbeitslosigkeit als erste die Wiener Finanzstadträtin gegen die Mariahilferstraßen-Katastrophe protestieren. Die aber isst und küsst sich nach dem Motto „Hallöchen“ sehr lustig, aber an Sachfragen völlig desinteressiert durch die Landschaft (offenbar ist das die beste Strategie, um vielleicht doch noch Bürgermeister-Darstellerin werden zu können). Umso lauter ist die tapfere Initiative von Jank zu loben. Sie befragt übrigens die Unternehmer nicht nur zur Mariahilferstraße, sondern auch zu den Parkpickerln. Denn längst haben immer mehr Gewerbetreibende gespürt, dass in den Bezirken 13, 18 und 19 zwar ihre burgenländischen Friseurinnen weiter einen ganztägigen Gratisparkplatz haben, dass aber immer mehr Kunden ausbleiben, wenn sie angesichts völlig überparkter Straßenzüge nicht mehr zufahren können.
Zu loben sind diesmal auch zwei Urteile von Höchstgerichten. Der OGH hat einen miesen Trick der AUA verboten: Diese hatte Passagiere bisher mit einer zusätzlichen Gebühr bestraft, wenn sie trotz Buchung von Hin- und Rückflug nur einen Flug beansprucht haben. Das darf künftig nicht mehr sein. Dieses Urteil ist übrigens von der Tiroler Arbeiterkammer erfochten worden, womit diese zum ersten Mal seit langem ihre Lebensberechtigung bestätigt hat.
Ebenso anerkennenswert ist ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs, der zuletzt ja einige eher merkwürdige Sprüche beschlossen hatte. Der VfGH hat die Beschwerde eines lesbischen Paares aus Niederösterreich abgelehnt, das kein Pflegekind bekommen hat. Grundlage der Entscheidung ist das Wohl des Kindes. Das muss immer wieder festgehalten werden. Dieses Kind wächst in der nicht gerade landesüblichen Atmosphäre eines lesbischen Paares alles andere als problemfrei auf. In Wien freilich bekommen solche Paare durchaus Pflegekinder. Warum geht das dort? Weil das Opfer, also das Kind, ja kein Klagerecht hat.
Womit noch einmal gezeigt ist: Viele dieser hier aufgelisteten Dinge sind nur deshalb lobenswert, weil sie im Kontrast zu anderen, recht üblen Erscheinungen stehen.
Erfreulich fällt die Bilanz des FPÖ-Balls und der Aktionen der Wiener Polizei nicht aus.
Das Studium aller inzwischen auffindbaren Berichte und Filmdokumente zeigt ein zwiespältiges Bild: Die Übergriffe der rot-grünen Horden gegen die Gäste des blauen Balls waren im Endergebnis nicht so gewalttätig wie im Vorjahr. Aber andererseits hat die Wiener Polizei unter dem braven Parteisoldaten Pürstl ihre Pflicht bei weitem nicht erfüllt. Sie hat viel zu viele Attacken zugelassen. Die Pürstl-Ausrede, dass das gar nicht anders möglich wäre, ist mies und verlogen. Immerhin sind etliche Ballgäste mit Farbe bespritzt oder verletzt worden. Dieselbe Polizei war hingegen in früheren Jahren beim jahrelang ebenso attackierten Opernball sehr wohl imstande, Ballgäste von jeder Verletzung oder Beeinträchtigung durch denselben Mob zu schützen. Sie versteht es auch immer, jeden Staatsgast absolut zu schützen. Kein Mensch kann mir daher einreden, dass das bei einem blauen Ball – und angekündigten Randalen – nicht möglich wäre. Aber Herr Pürstl wird halt irgendwo im Unterbewusstsein seine klammheimliche Freude gehabt haben, dass politische Gegner bedroht werden. Und er wird wohl auch wissen, wem er seinen Job zu verdanken hat. Daher kann auch der – politisch ganz anders gepolte – Mob der Rapid-Anhänger regelmäßig weitgehend ungehindert die Stadt terrorisieren. Samt antisemitischen Exzessen. Ob das nicht eine widersprüchliche Kritik ist? Keineswegs. Man schaue nur, welchen politischen Stallgeruch der Präsident dieses Fußballklubs ausdünstet . . .
Neben der falschen Reaktion auf die Schuldenkrise ist die ebenfalls falsche Energiepolitik die größte Bedrohung der wirtschaftlichen Zukunft Europas. Sie ist zweifellos eine ganz entscheidende Standort-Dimension – auch wenn sie in der politischen und medialen Debatte weitgehend ignoriert wird.
Wenn es einmal zu teuer ist, in Europa zu produzieren, wenn wie jetzt nachweislich hier immer mehr Unternehmen auf Investitionen verzichten, dann droht eine ganze Domino-Kette an katastrophalen Entwicklungen, deren Dynamik kaum mehr umgedreht werden kann. Längst ist klar: Die von der Politik und einschlägigen Profiteuren verkündete Forderung, lediglich in die Forschung Geld zu stecken, geht ins Leere, wenn es rundherum keine „schmutzige“ Industrie mehr gibt. Ganz abgesehen davon, dass China jetzt auch schon bei der Anmeldung von Patenten auf der Überholspur ist.
Europa aber fördert um das Geld der Wirtschaft und Konsumenten nicht nur die in unserem Klima sinnlose Stromerzeugung aus Sonnenschein (beispielsweise in den letzten zwei Monaten eine absolute Rarität!) und Wind (bei Nebellagen wochenlang absent!). Es fördert auch sinnlose Investitionen, die höchstens dem dabei aktiven Gewerbe Freude machen: Dabei geht es etwa um die teuren Gebäudesanierungen, für die es viel Subventionen aus Steuergeld gibt. Viele Isolierungen, sowie Fenster- und Türentausch amortisieren sich aber nur unendlich langsam. Einzig die Isolierung von Kellerdecken und Dachböden ist meistens sinnvoll, weil billig. Bisweilen wird durch geförderte Maßnahmen die Wärmebilanz sogar negativ beeinflusst: Wenn Sonnseiten isoliert werden, kann die Sonne nicht mehr das Gebäudeinnere wärmen.
Jetzt hat nun sogar der EU-Rechnungshof erkannt: Viele von der EU unter dem Druck der Grün-Lobby geförderte Energie-Effizienz-Investitionen sind ein reines Verlustgeschäft. Denn sie würden sich oft erst nach 50 bis 150 Jahren amortisieren. Das heißt aber, viele Gebäude sind bis dahin längst wieder abgerissen.
Nun meinen manche: Hauptsache, es werde die Wirtschaft angekurbelt. Das ist aber Unsinn. Investitionen durch Staat wie Unternehmen haben immer nur dann einen Sinn, wenn sie sich auch rentieren. Dies gilt dann noch viel mehr, wenn sie wie bei der öffentlichen Hand primär durch Schulden finanziert werden.
Der größte Schaden aber sind überhöhte Energiepreise für die Industrie. Wenn diese in Nordamerika und Asien nur noch einen Bruchteil der europäischen Energiepreise zahlt, dann wird eben nur noch dort investiert werden – vor allem angesichts der in Europa ohnedies besonders hohen Lohn- und Sozialkosten. Dabei säßen wir auf vielen neuentdeckten Gasvorräten, die auch Europa und Österreich wieder ins Zukunftsspiel bringen würden. Aber die erforschen wir nicht einmal ordentlich, weil ein paar Angstmacher die über den Erdgasfeldern wohnenden Menschen verschreckt haben. Und weil die Politik daraufhin sofort eingeknickt ist.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Bildungsabschluss | Anteil |
Pflichtschule |
46,3 |
Lehre |
33,8 |
Höhere Schulen |
5,6 |
Mittlere Schulen |
5,4 |
Uni/FH/Akademie |
5,0 |
AHS |
3,1 |
Bundesland | Arbeitslosenquote | Anstieg |
Burgenland |
7,8 |
6,3 |
Kärnten |
9,1 |
3,6 |
Niederösterreich |
7,1 |
6,6 |
Oberösterreich |
4,5 |
7,5 |
Salzburg |
4,7 |
5,8 |
Steiermark |
6,8 |
8,3 |
Tirol |
5,9 |
3,3 |
Vorarlberg |
5,6 |
1,6 |
Wien |
9,5 |
4,9 |
Österreich gesamt |
7,0 |
5,7 |
Quelle: AMS
Rund um die linksradikalen Umtriebe gegen einen FPÖ-Ball brennen mindestens vier Fragen: Die Antworten darauf werden zeigen, ob Österreich noch ein Rechtsstaat ist.
Die erste Frage: Wird die Polizei diesmal besser imstande sein, die Besucher eines völlig legalen Balles einer völlig legalen Organisation gegen angekündigte extremistische Umtriebe österreichischer und deutscher Gewalttäter zu schützen, die lebhaft an die 20er und 30er Jahre erinnern? Die zweite: Wird dieser Staat neuerlich alle Verfahren gegen Gewalttäter heimlich, still und leise entsorgen (und sich dann wundern, wenn es im Jahr darauf noch mehr Aggression gibt)? Die dritte: Wird die SPÖ als immerhin noch größte Partei dieses Landes ihren linksradikalen Wiener Stadtrat Mailath-Pokorny maßregeln, der den Hass vor diesem Ball geschürt hat? Die vierte: Wird ein Staatsanwalt die ÖH Salzburg anklagen? Wobei das Tatbild des Missbrauchs öffentlicher Gelder sowohl ins Delikt der Untreue wie auch jenes des Amtsmissbrauch reicht; hat doch die dortige ÖH öffentlich in einem Mail an alle Studenten angekündigt: „Die ÖH Salzburg übernimmt die Fahrtkosten zur Demo!“
PS.: Ich bin weder Mitglied noch sonst was in der FPÖ oder einer Verbindung, werde daher den Ball so wie seine Vorgänger sicher nicht besuchen. Das tue ich ja auch nicht bei den Zuckerbäckern; da ich kein solcher bin und ihren Produkten aus dem Weg zu gehen versuche, deren Recht einen Ball zu haben ich dennoch vehement verteidige.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Das Strafrecht ist die schärfste Waffe im Rechtssystem. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) ist recht zu geben, wenn sie dies im Zusammenhang mit der Diskussion im Fall "Rainer Brüderle" zu bedenken gibt. Bekanntlich wird dem FDP-Spitzenkandidaten von einer Reporterin des "Stern" sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der Skandal ist international unter dem Schlagwort "Dirndl-Affäre" bekannt, weil Brüderle gegenüber der Journalistin anzüglich meinte, sie könne ein "Dirndl ausfüllen". Gemeint war offenkundig der obere Teil des Kleidungsstücks, das in den Alpenländern eine Renaissance erlebt.
Kommentare zur "Dirndl-Affäre" gibt es unzählige. Neben dem Vorwurf des Sexismus, der gegenüber Brüderle erhoben wird, und der allgemein nachvollziehbar ist, meinte zum Beispiel die Berlin-Korrespondentin der spanischen Zeitung "La Voz de Galicia": "Die liberale Welt schien endlich wieder in Ordnung zu sein, bis eine Journalistin den politischen Veteranen als ,Lustgreis‘ brandmarkte. Ein Sexskandal? Nicht wirklich, aber die Anschuldigungen haben in jedem Fall eine Debatte ausgelöst, die den Wahlkampf belebt." Karin Zauner bringt in den SN die Debatte mit der Schlagzeile "Es geht um Macht, nicht um Sex" auf den Punkt.
Problematisch ist es, wenn, wie in der Tourismusbranche üblich, den Kellnerinnen vom Chef oder der Chefin das Tragen eines außerordentlich freizügigen Dirndlkleids sozusagen als "Arbeitsuniform" vorgeschrieben wird. Frei nach dem Motto "Sex sells". Eine strikte Verweigerung bis hin zur Klage vor dem Arbeitsgericht ist in solchen Fällen angemessen. Dass "Grapschen" hierzulande ebenfalls mit einer saftigen Geldstrafe verbunden ist, dürfte hoffentlich allgemein auch bei jungen Männern bekannt sein. Den deutschen "Lustgreisskandal" in Österreich zum Anlass zu nehmen, gleich das Strafrecht zu ändern, ist jedoch zu weit gegriffen.
Andreas Unterberger
Ein deutscher Minister hat an einer Bar alkoholisiert eine Journalistin geschmacklos angebraten. Das hat die in ihrer weiblichen Ehre gekränkte Dame zu großflächigen empörten Attacken motiviert - aber seltsamerweise erst ein Jahr danach. Sie ließ ganz "zufällig" genau zu dem Zeitpunkt ihre mediale Macht spielen, da der Mann Spitzenkandidat seiner Partei wurde und da sich die Chefredaktion der Illustrierten öffentlich erregte, dass diese Partei wohl auch im nächsten Bundestag sitzt. So viel zur Frage, ob das eine echte oder künstliche Aufregung ist.
Geschmacklosigkeiten durch blöde (oder gar "unkorrekte") Aussagen oder Witzchen hat jeder schon Hunderte Male in privaten Runden gehört (auch ich habe sie sicher schon gemacht, obwohl man bei sich selbst Dinge oft anders empfindet). Wie reagiert da ein normaler Mensch? Er verlässt die Runde; oder er sagt dem Sprecher die eigene Meinung; oder er erwidert Gleiches mit Gleichem; oder er ignoriert das Gesagte; oder er findet es nicht schlimm.
Politische Agitatoren hingegen nutzen das für eine Riesenkampagne gegen jene Partei, die einer linken Machtübernahme in Berlin noch im Weg steht; und unsere Frauenministerin will wieder einmal Männer vor den Strafrichter zerren.
Die langfristigen Folgen dieser Hysterie: Die Diktatur der politischen Korrektheit treibt die Menschen noch mehr in Verkrampfungen. Nur unter engsten Freunden plaudert man noch, ohne jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Strafprozesse werden häufiger und noch langwieriger. Kluge Politiker stehen oder sitzen nie mehr mit weiblichen Journalisten an einer Bar herum. Kluge Männer vermeiden es überhaupt, jemals mit einer Frau allein im Zimmer zu sein. Das Wort Flirt gerät in Vergessenheit, damit auch die vielen peinlich scheiternden Flirts à la Brüderle. Und Kinder entstehen ohnedies nur noch durch In-vitro-Fertilisationen.
Das überraschend eindeutige Ergebnis der Abstimmung zur Frage Wehrpflicht oder Berufsheer? hat eine ganze Reihe von Kommentatoren auf den Plan gerufen. Die wohl provokantesten Thesen dazu formulierte Peter Menasse, Kommunikationsberater und Chefredakteur des Magazins „Nu“ (http://www.nunu.at/) in einem Gastkommentar für die Wiener Tageszeitung „Die Presse“. Unter der Überschrift „Pensionisten, ihr wollt das Zwangsheer? Dann zahlt auch die Zeche!" ließ er seinem Furor über den Ausgang der Abstimmung und gegen die Generation 60+ freien Lauf. Kurz zusammengefasst: Menasse wirft den Alten vor, dass diese sich ein schönes (schuldenfinanziertes) Leben machen, für das die Jungen aufzukommen haben.
Und nun soll die jüngere Generation – dank des erdrückenden Stimmgewichts der Alten – zu allem Überfluss auch noch für ein „Zwangsheer“ bluten, das sie selbst mehrheitlich ablehnt. Menasses Philippika gipfelt in der Forderung: „Jeder Euro, den das Heer zukünftig mehr kosten wird, sollte durch eine Kürzung der Pensionen hereingeholt werden. Ihr wollt das Zwangsheer, ihr wollt die Reform eines unsinnigen Gebildes – dann zahlt sie auch!“ Damit hat der Autor offenbar einen Nerv getroffen, wie die zahlreichen, zum Teil sehr emotionalen Leserkommentare zu diesem Beitrag zeigten.
Es ist bemerkenswert, dass viele glühende Befürworter der Demokratie immer dann büschelweise Haare in der Suppe finden, wenn ein Abstimmungsergebnis einmal nicht nach ihrem Gusto ausfällt. Menasse bildet da keine Ausnahme. Dass nämlich in der Demokratie in jeder Frage Mehrheiten zu Lasten von Minderheiten entscheiden, stört sie nicht, so lange das Abstimmungsergebnis ihre Zustimmung findet.
Hier dringen wir indes zum Wesenskern der Sphäre politischer Entscheidungen vor. Diese werden – in grellem Kontrast zu wirtschaftlichen Entscheidungen – im günstigsten aller denkbaren Fälle so gefällt, dass sie ein „Nullsummenspiel“ ergeben. Während wirtschaftlich freies Handeln alle daran Beteiligten besserstellt, gibt es in der Sphäre der Politik stets und notwendigerweise Verlierer, deren Zahl (stark) von der Regierungsform und (weniger stark) von der Qualität des Führungspersonals abhängt.
In einer Monarchie lebt eine kleine Zahl Privilegierter auf Kosten vieler. In einer Demokratie mit allgemeinem Wahlrecht lebt die große Masse auf Kosten weniger (diese Wahrheit ungeniert ausgesprochen zu haben, hat Mitt Romney möglicherweise die Mehrheit bei der zurückliegenden US-Präsidentschaftswahl gekostet).
Peter Menasse vorzuwerfen, dass er das Ergebnis einer bestimmten demokratischen Abstimmung kritisiert, wäre verfehlt. Vielmehr ist ihm vorzuhalten, dass er seine Kritik nicht auch bei jeder anderen demokratischen Abstimmung – untermauert mit denselben Argumenten – formuliert.
Wenn er nämlich meint, dass die Minderheit der Jungen von einer Mehrheit der Alten nicht ungestraft zum Wehrdienst gezwungen werden darf: Wie kommt dann aber die (etwa 20 Prozent der Wahlberechtigten stellende) Minderheit der Nettosteuerzahler dazu, von der Mehrheit der Profiteure des Wohlfahrtsstaates (bzw. deren Repräsentanten) mit ständig weiter steigenden Abgabenlasten beladen zu werden? Wie kommt die Minderheit der Arbeitgeber dazu, immer höhere Kosten schultern zu müssen, die aus der laufend zunehmenden arbeitsrechtlichen Besserstellung von Dienstnehmern resultieren? Weshalb darf die Mehrheit der Mieter ihre Rechte – seit dem Ersten Weltkrieg ungebremst – ohne weiteres auf Kosten der Minderheit der Vermieter ausweiten?
Menasse will – wie alle Apologeten der Demokratie – das Prinzip des demokratischen Staates entweder nicht sehen, oder er hat es nicht begriffen. Das Wesen der Demokratie besteht in einer völlig amoralischen Diktatur der Mehrheit. Keine noch so ausgeklügelte Verfassung vermag daran etwas zu ändern.
Die meisten Menschen verfügen von Natur aus über ein angeborenes Gespür für gut und böse. Sie unterlassen kriminelle Handlungen nicht aus Angst vor Strafe, sondern weil sie sie als falsch erachten. Nur wenige finden es daher angemessen, ihre materiell besser gestellten Nachbarn auszurauben. Kaum aber stattet man diese kreuzbraven Menschen mit dem Wahlrecht aus und schickt sie zur Wahl, wählen sie postwendend jene Räuberbande, die ihnen am glaubhaftesten verspricht, ihre Nachbarn auszuplündern und ihnen hernach den größtmöglichen Teil der Beute zuzuschanzen. Das demokratische Prinzip kehrt buchstäblich das Unterste zuoberst und korrumpiert selbst die anständigsten Zeitgenossen. Nicht umsonst riet der letzte der großen Philosophen des antiken Griechenlands, Epikur, dringend dazu, sich von der Politik fernzuhalten…
Einem der Gründerväter der USA, Benjamin Franklin, verdanken wir die hellsichtige Erkenntnis, wobei es sich bei der Demokratie darum handelt, dass „zwei Wölfe und ein Lamm darüber abstimmen, was es zum Mittagessen gibt“. Wie viel Naivität bedarf es, um sich über das Ergebnis einer derartigen Abstimmung Illusionen zu machen? Oder, wenn es etwas weniger wohlmeinend formuliert sein darf: Wie viel böser Absicht bedarf es, um ein derartiges System Krethi und Plethi als der Weisheit letzten Schluss verkaufen zu wollen? Es dürfte kein Wunder sein, dass die größten Philosophen seit den Tagen der Antike so unerbittliche Kritiker der Demokratie waren…
Zurück zur in der „Presse“ abgedruckten Suada: Wenn schon Kritik an der Demokratie, dann aber nicht anhand einer einzelnen Abstimmung, deren Ergebnis einem nicht schmeckt, sondern tiefgreifend – an die Wurzel gehend. Demokratie funktioniert – bei allgemeinem, gleichem und geheimen Wahlrecht – exakt so, wie sie Menasse anhand der Wehrpflichtabstimmung (völlig zu Recht!) kritisiert. Eine anonyme und daher nicht zur Verantwortung zu ziehende Mehrheit verschafft sich (materielle) Vorteile auf Kosten einer Minderheit, die ihren Schaden allenfalls durch eine Flucht ins Ausland begrenzen kann (was in Frankreich soeben beispielhaft und in großem Stil geschieht!).
Die zur Exekution des Mehrheitswillens aufgerufenen Politiker berufen sich auf das Wahlergebnis und sind für ihre (verbrecherischen) Handlungen nicht haftbar zu machen. Wir haben es somit mit einem System der doppelten Unverantwortlichkeit zu tun, in dem, wie Frédéric Bastiat konstatiert, jedermann versucht, auf Kosten der anderen zu leben. Ende der Durchsage.
Wer daran etwas ändern möchte, sollte über nachhaltig funktionierende und – anders als die dekadenten Wohlfahrtsstaaten europiden Zuschnitts auf Substanzverzehr gegründete – nichtstaatliche, eigentumsbasierte anstatt mehrheitsorientierte – Organisationsformen nachdenken. Mit hysterischem Geschrei wegen des Scheiterns einer sozialistischen Medienkampagne ist jedenfalls niemandem gedient…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die Parteien führen am Nasenring des Boulevards immer absurdere und peinlichere Kämpfe um Wasserverkaufs- oder Spekulationsverbote auf, während sich ihre Schäfchen in geschützten Nischen weiterhin wohlig und meist unentdeckt suhlen können.
Eine jährliche Pension von über 30.000 Euro für Bürotätigkeit ohne Risiko und besondere Anforderungen: Davon wagt die große Mehrheit der Österreicher nicht einmal zu träumen. Wobei es bei diesen 30.000 wohlgemerkt nur um einen Zuschuss geht; sie werden zusätzlich zur normalen ASVG-Pension ausbezahlt! Wie man an solchen Luxus herankommt? Wichtig ist, dass man der Partei beigetreten ist und nie goldene Löffel gestohlen hat. Und dass man einen Job bei der „Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau“ hat. Deren gigantische Pensionsprivilegien hat nun der Rechnungshof aufgedeckt. Während – neue – Politikerpensionen seit Jahrzehnten abgeschafft sind, gibt es für die 345 pensionierten Bediensteten dieser völlig überflüssigen Anstalt den genannten Durchschnittsbetrag. Damit verdienen sie noch deutlich mehr als die ÖBB-Pensionisten selbst – obwohl einem schon deren Privilegien die Zornesader schwellen lassen. Ach ja, fast hätte ich‘s vergessen: Selbstverständlich ist man bei dieser Privilegienanstalt auch unkündbar. Anders würde ja am Ende kapitalistischer Leistungsdruck entstehen . . .
Wäre es nicht das britische Linksorgan „Guardian“, so würden die Feministinnen jedes Geschlechts den Artikel wohl a priori als rechtes Machwerk denunzieren. Motto: Ignoriere so weit wie möglich alles, was dir unangenehme Wahrheiten sagt. Mit dem „Guardian“ aber und mit dessen Bericht über die verpflichtende Frauenquote in norwegischen Aktiengesellschaften tun sie sich ziemlich schwer.
Im Zentrum des Berichts steht die meistbeschäftigte norwegische Aufsichtsrätin, deren Meinung zur Frauenquote sowie über die Auswirkungen der Quote. Der Text kommt zu Ergebnissen, die nicht gerade in die rot-grüne Feminismus-Litanei passen.
In der EU wollen Teile der Kommission und in Österreich wollen Rot wie Grün bekanntlich so wie Norwegen eine zwingende Frauenquote in Aufsichtsräten börsenotierter Aktiengesellschaften dekretieren. Ganz abgesehen davon, dass ich noch nie eine Frau aus dem wirklichen Leben ausgerechnet über die fehlenden Aufsichtsratquoten klagen gehört habe, ist die norwegische Erfahrung verheerend. Norwegen ist jedoch das erste Land, das diese Quote verwirklicht hat.
Die Tatsache, dass Mai-Lill Ibsen derzeit in zehn Aufsichtsräten sitzt, ist nicht sonderlich sensationell. Dass es vor kurzem noch 185 gewesen sind, klingt da schon anders. Sie hat ihre Jobs deshalb reduzieren müssen, weil sie jetzt in einem ganz besonders wichtigen Aufsichtsrat sitzt, nämlich dem des norwegischen Pensionsfonds, der mindestens fünf Prozent an allen börsenotierten Aktiengesellschaften hält, und der die sonstigen Aufsichtsrats-Jobs seiner eigenen Führung limitiert.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Qualifikation von Frau Ibsen ist zum Unterschied von etlichen Feminismus-Profiteurinnen durchaus ausreichend für die Arbeit eines Aufsichtsrats. Ob das bei wem immer – Mann oder Frau – auch bei 10 oder 185 gleichzeitigen Aufsichtsfunktionen noch der Fall sein kann, ist hingegen sehr fraglich. Wegen ihrer guten Qualifikation werden Ibsen jetzt jedenfalls schon europaweit Aufsichtsratsjobs angeboten. Inzwischen ist ja überall der Gender-Druck ausgebrochen. Und es gibt eben überall nur sehr wenige halbwegs qualifizierte Kandidatinnen. Das hält freilich die Frauen Reding und Heinisch-Hosek mit ihrer absoluten Ahnungslosigkeit von Wirtschaft nicht auf, weiter für eine 40-prozentige Pflichtquote zu kämpfen.
Mai-Ill Ibsen hält jedoch gar nichts davon: „Ich habe niemals eine gläserne Decke gesehen. Ich bin gegen Quoten. Sie sind in bestimmter Hinsicht diskriminierend. Ich glaube, wir Frauen sind so stark, dass wir das nicht brauchen.“ Wumm. Ob die Frau jetzt strafweise aus ihrem Geschlecht ausgeschlossen wird?
Noch viel explosiver ist aber Ibsens Bericht darüber, was sich bei Einführung der Quote in Norwegen abgespielt hat: Nicht weniger als 40 Prozent der Aktiengesellschaften haben nach Erlass dieses Gesetzes die Börse verlassen. Das ist zufällig der genauso hohe Anteil, wie seither jener von Frauen in den börsenotierten Aufsichtsräten zu sein hat. Die große Mehrheit dieser damals die Börse quittierenden Firmen gibt sogar offen zu, dass die Quote der Anlass war, dies zu tun.
Ibsen saß auch damals schon in Aufsichtsräten. Darunter waren zwei Aktiengesellschaften, die selbst einen solchen Rückzug beschlossen. Die eine tat dies wegen des Überhangs an Männern, die andere wegen eines solchen an Frauen (auch der ist nun verboten, wenngleich viel seltener der Fall). Beide Gesellschaften wollten sich nicht von den Politikern in die Auswahl ihres Personals dreinpfuschen lassen.
Menschen mit Wirtschaftswissen auf dem Niveau der Frau Heinisch werden nun meinen: Es ist ja egal, ob diese Unternehmen an der Börse sind oder nicht. Das stimmt aber nicht. Börsen stellen erstens eine breitere Finanzierung der Unternehmen sicher. Sie zeigen zweitens ständig den Wert eines Unternehmens in den Augen potentieller Eigentümer, über den man sich sonst oft Illusionen hingibt. Und drittens zwingen Börsen die Firmen zu weit größerer Transparenz in allen Gestionen. Daher ist jeder Mechanismus, der Firmen von der Börse vertreibt, schlecht und schädlich. Für diese Unternehmen wie auch die ganze Volkswirtschaft.
Besonders schlecht und schädlich ist es aber auch noch aus einem anderen Grund, wenn sich Bürokraten und Demagogen in die Führung eines Unternehmens einmischen. Es ist in Wahrheit ohnedies schon extrem schwierig, qualifizierte und engagierte Aufsichtsräte oder Vorstände zu finden. Da braucht kein Unternehmen die Einmischung von Parteien auf der Jagd nach vermeintlichen Wählerstimmen und deren weltfremde Regeln.
Es ist die Summe der Nachrichten, die erschrecken müsste. Die aber kaum noch erschreckt, weil wir uns in den letzten Jahren schon an die Fülle solcher Fakten gewöhnt haben, weil uns die Politik bis zu den deutschen Wahlen vorspiegeln wird, es wäre ohnedies alles bestens.
Da sind die Konjunkturprognosen für den Euroraum weit schlechter als für sämtliche andere Regionen der Welt. Da wird Österreich auf viele Jahre das für eine Reduktion der Arbeitslosigkeit notwendige Wachstum von zwei Prozent nie überschreiten und meist weit verfehlen. Da plant die Politik ständig neue Steuern (alle wollen die standortschädliche Finanztransaktionssteuer, die Linksparteien überdies noch jene auf Vermögen und Erbe) statt Einsparungen und Beschneidungen des üppig metastasierenden Wohlfahrtsstaats. Da berichtet jetzt auch China von einem explosiv wachsenden Zulauf an Euro und Dollar, also ganz offensichtlich an Fluchtgeld. Da müssen Europas Lebensversicherungen weitere fünf Milliarden zurücklegen, um wenigstens ihre Mindestgarantien erfüllen zu können. Da wechselt nun auch das heillos verschuldete Japan zum unbeschränkten Druck von Banknoten und opfert die einst heilig beschworene Unabhängigkeit der Notenbank von der Politik. Da vertrauen Österreicher, Deutsche, Spanier und Italiener ihrer Währung nur noch zu 30 bis 40 Prozent – während das in der Schweiz, Schweden und Kanada jeweils über 87 Prozent tun.
Das alles sind Nachrichten aus nur wenigen Tagen. Dennoch wird die Lage politisch und medial verdrängt. Gewiss, es ist Fasching. Da will man zu Recht ausgelassen sein und sich des Augenblicks erfreuen. Aber nur Dummköpfe vergessen, dass auf jeden Fasching auch ein Aschermittwoch folgt.
Es hilft doch nichts zu jammern, werden viele entgegnen; die meisten Dinge nehmen ihren Lauf, egal, wie man sich subjektiv verhält. Gewiss. Aber dennoch bleibt für jeden einzelnen ein Spielraum, auf den kollektiven Wahnsinn zu reagieren, für schlechte Zeiten vorzusorgen. Das machen etliche Unternehmen durch Kosten- und Personaleinsparung, durch Entwicklung – hoffentlich – zukunftssicherer Produkte, durch Diversifikation, durch Produktionsauslagerungen. Gewiss: Keine Strategie bietet absolute Garantien. Aber man kann durch kluges Verhalten jedenfalls die Wahrscheinlichkeiten beeinflussen.
Auch jeder Einzelne kann das. Immerhin besitzt jeder zweite Österreicher heute über eine Million Schilling Vermögen (Die alte Währung macht das Gewäsch von der allgemeinen Verarmung besonders lächerlich). Auch ihnen hilft Diversifikation und die Entscheidung für Anlagen in zukunftsorientierten Unternehmen, Branchen oder Regionen, für Gold und andere Rohstoffe.
Durch solche Überlegungen kann man zweifellos seine eigenen Chancen verbessern. Man sollte nur wissen: Für nichts gibt es Garantien; und schon gar nicht sollte man sich auf politische Versprechungen verlassen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Selbst die – vor allem mit ihrer österreichischen Tochter – sehr linksgestrickte Gruppe „Reporter ohne Grenzen“ konnte in ihrem neuen Ranking nicht umhin, die Pressefreiheit in Österreich vom 5. auf den 12. Platz abstürzen zu lassen.
Als Begründung werden „gezielte Postenbesetzung im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ORF“ genannt. Diese haben in der Tat seit Machtantritt von Werner Faymann dramatisch zugenommen. Damit gibt die Gruppe aber auch indirekt und wahrscheinlich ungewollt zu, dass die Postenbesetzungen in der ach so bösen schwarz-blauen Zeit offenbar viel weniger parteipolitisch gewesen sind. Die weiteren Begründungen für die schlechte Bewertung verschleiern die Wahrheit jedoch mehr, als sie enthüllen: Da findet sich die: „zunehmend schwierige ökonomische Lage von Qualitätsmedien sowie der wirtschaftliche Druck, dem Redaktionen und Journalisten ausgesetzt sind“; hinzu kämen eine „Presseförderung und Anzeigenpolitik, die vornehmlich marktorientiert ist“. So formulieren es die „Reporter ohne Grenzen“. Beides zeigt von großer Ahnungslosigkeit oder geringer Wahrheitsliebe: Es gibt nämlich absolut keinen Grund, nur bei Qualitätsmedien – sofern es die in Österreich überhaupt gibt – von einer schwierigen ökonomischen Lage zu sprechen. Und die seit Faymanns Antritt unglaubliche Fülle von Bestechungs-Inseraten durch Gemeinde Wien und Faymann-, Bures-, Schmied- wie auch Berlakovich-nahe Bundesbudgets als „marktorientiert“ zu bezeichnen, ist geradezu absurd. Dort findet ja ganz offensichtlich das Gegenteil von Markt statt.
Die SPÖ arbeitet an einem politischen PISA-Test. Es geht um sinnerfassendes Lesen von Richtlinien, die von Brüssel kommen. Diese sehen vor, dass allfällige Privatisierungen der Wasserversorgung künftighin europaweit ausgeschrieben werden müssen. Das ist alles. Es gibt keine Empfehlung, kommunale Leistungen dieser Art durch Firmen zu besorgen.
Aber manche, so auch Stefan Schulmeister in der „Presse“ vom 30.1. wittern schon einen neoliberalen Anschlag auf die Wasserversorgung. Die Reaktionen auf den Richtlinienentwurf sind, gelinde gesagt, erstaunlich. Aber nur auf den ersten Blick. Der intellektuelle Zweig der SPÖ, Staatssekretär Ostermayer, wurde „ausrückend gemacht“, um eine Privatisierung des Wassers (durch Gemeinden) zu unterbinden. Das soll in der Verfassung verankert werden.
Die künstliche Erregung ist groß und medienwirksam; der Finanzstaatssekretär (Schieder), der Bundeskanzler (zur Sicherheit: Faymann) sind dazu wild entschlossen. Wenn einem das Wasser bis zum Hals reicht, denkt man an die Krone, die „unser Wasser“ schon immer schützen wollte; und vermutlich auch an einen Wiener Bürgermeister, der es zwar nicht predigt und schon gar nicht trinkt, aber demnächst über die Privatisierung von kommunalen Dienstleistungen befragen lassen will.
Die Grünen, offensichtlich auch nicht begnadet mit der Gabe des sinnerfassenden Lesens, springen begeistert auf etwas auf, was sie für den Zug der Zeit halten. H.C. Strache, der bis vor kurzem geglaubt hat, dass ihm keiner das Wasser reichen kann, berauscht sich am imaginären Wasserprivatisierungsverbot. BZÖ und Stronach-BZÖ glucksen mit. In der ÖVP schütteln die Lesefähigen den Kopf oder ringen um eine harmlose, das heißt nichtssagende Formulierung, die dann in der Verfassung verankert werden könnte. (Dort wird es dann neben einem „Spekulationsverbot“ und der „Sozialpartnerschaft“ u.v.a.m. ruhen).
Was für ein Land! Einerseits zum Auswandern, angesichts der versuchten Volksverdummung. Andererseits zum Einwandern, angesichts der Sorgen, die man sich hierzulande macht. Es setzt durch viele seiner Politiker und seiner willfährig berichtenden Medien alles daran, zur Karikatur eines ernstzunehmenden Landes zu werden. Politik sei die Kunst, die Menschen von dem abzulenken, was sie betrifft, hat Paul Valery sarkastisch angemerkt. Diese Kunst scheint in Österreich hoch entwickelt.
Menschen, die Vorschläge (der EU z.B.) schlecht lesen können, sollten keine Diskussionen einleiten oder medial vertreten. Schließlich besteht die Gefahr, dass Stupidität ansteckend ist und die Engstirnigkeit immer breiter wird.
PS: Es gibt übrigens in Österreich fast 100 Gemeinden, die ihre Wasserversorgung durch private Firmen besorgen lassen. Bisher wurden noch keine Fälle von „Wasserraub“ oder „Verdursten“ bekannt.
PPS: Ach ja, was die Schulmeisters und Krone-Redakteure noch gerne überlesen: So exorbitante Preiserhöhungen um hohe zweistellige Prozentsätze, wie sie die (meines Wissens nicht privatisierte) Gemeinde Wien zuletzt für fast alle(!) öffentlichen Versorgungs- und Dienstleistungen dekretiert hat, sind mir von keinem der bösen Privaten bekannt.
Rudold Bretschneider ist seit Jahrzehnten in diversen Cheffunktionen bei GfK (früher Fessel-GfK) tätig und einer der prominentesten Marktforscher und politischen Analysten des Landes.
Die Kirche in Wien hat wirklich eine starke Führung: täglich geht’s mit Volldampf in eine andere Richtung.
Einen Tag lang hat Christoph Schönborn immerhin das gesagt, was sich der Großteil der Wiener Katholiken denkt; er zeigte echten Zorn über die Kirchenbesetzer in der Votivkirche. Am nächsten war er dann schon wieder an der kurzen Leine der Linksaußen von der Caritas und seines Pressesprechers in die Gegenrichtung unterwegs. Diese glauben offenbar, die Kirche handle richtig, wenn sie sich von einigen Mainstream-Medien täglich lächerlich machen lässt. Schönborn stellte sich jedenfalls wieder voll auf die Seite der Erpresser, welche die Republik erpressen und zu einer Änderung der Gesetze zwingen wollen. Aber was die böse Republik – zumindest vorerst – nicht zu tun willens ist.
Irgendwie kann man ja froh sein, dass die Kirchenbesetzer in der Situation nicht das tun, was in ihrer afghanischen und pakistanischen Heimat ja seit langem ein beliebter Volksbrauch ist: sich einen Sprengstoffgürtel um den Bauch zu schnallen und dann zu zünden, wenn man seinen Willen nicht durchsetzen kann. Dann warten ja immerhin 99 Jungfrauen auf den Gürtelträger.
Schönborn ist daher zweifellos zu Recht voller devoter Dankbarkeit: Die lieben Besetzer haben nicht einmal den Gottesdienst gestört. Da sind wir aber wirklich froh.
Und der Kardinal kann am nächsten Tag wieder unbesorgt in seinen Dom gehen. Dort schützt ihn ja ein Trupp Wachleute vor solchen Besuchern, über die sich die Votivpfarre zu freuen hat. Ansonsten weiß er offensichtlich nur eines: Geräumt wird die Kirche nicht. Obwohl es dazu nur eines kurzen Anrufs bei der Polizei bedürfte. Aber er ist ja überzeugt: Die Sache wird schon irgendwie durch gutes Zureden zu Ende gehen.
Bis dahin wird die auch von Kirchenbeiträgen gut finanzierte Caritas die lieben Gäste weiterhin gut versorgen. Und die Kirche wird ihnen nicht einmal den Strom abdrehen, der – erraten – auch aus Kirchenbeitragsmitteln gedeckt wird. Dadurch können die lieben Besetzer ungestört ihre Laptops und Kopfhörer bedienen, die ihnen freundlicherweise schon zur Verfügung gestellt worden sind. Bitte lieber Herr Kardinal, eines haben Sie vergessen: Heizdecken und Wärmestrahler würden noch fehlen. Das wäre doch wirklich arg, wenn Sie das nicht anliefern.
Die Votivkirchen-Inszenierung erinnerte an die TV-Diskussion tags davor, als der ORF drei engagierten Parteigängern der Besetzer einen ganzen Gegner (und einen Ex-Caritas-Mann, der sich neutral gab) gegenübergesetzt hat. Ist das nicht ein bisschen riskant gewesen? Aber zum Glück hat man dann gleich aus dem Publikum noch einen ganz armen Mann aus Sierra Leone geholt: Der lebt schon 14 Jahre da und weiß angeblich nicht einmal, dass hier im Tourismus verzweifelt Helfer gesucht werden. Einen Job, den auch er zumindest als Saisonnier annehmen dürfte, wenn schon sein Verfahren so lange dauert – wobei er ja ganz sicher nie dazu beigetragen hat, dieses zu verlängern.
Der ganze Besetzungsskandal erinnert auch an die Uni-Besetzungen der letzten Jahre: Beim ersten Mal hat ein Rektor die Hosen voll gehabt und dem Unfug wochenlang zugeschaut, ja selbst den Besetzern gespendet, die der verarmten Uni einen Schaden von vier Millionen zugefügt hatten. Beim nächsten Mal hat sein Nachfolger kurzen Prozess gemacht, die Uni zuerst gesperrt und dann geräumt, und die Sache war problemlos vorbei. Nicht einmal die diversen linken Wochenhefte hatten viel Zeit zum dramatischen Inszenieren bekommen. Vielleicht erzählt das jemand auch dem Kardinal. Dabei könnte er diesem endlich auch beibringen, dass der allergrößte Teil der Besetzer schon abgewiesene Asylwerber sind oder wissen, dass sie unmittelbar vor dem diesbezüglichen rechtskräftigen Bescheid stehen. Dann könnte Schönborn wenigstens in diesem Punkt ein wenig wahrheitsgetreuer reden.
Difficile est satiram non scribere.
Den Kommunen geht das Geld aus. Nicht nur kleine Gemeinden, sondern auch große Städte sind in bösen Finanznöten. Ja, und verspekuliert haben sich auch ein paar…
Damit Geld hereinkommt, wird alles privatisiert, was nur irgendwie geht. In letzter Zeit sind viele Gemeinden dabei, vor allem die Wasserversorgung in private Gesellschaften „auszulagern“. Dem EU Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Michel Barnier, ist das jetzt zu bunt geworden. Er will diesem Privatisierungszirkus einen Riegel vorschieben. Strenge Regeln sollen verhindern, dass die Bürger die Zeche bezahlen müssen. Einigen Bürgermeistern gefällt das gar nicht, eh klar. Sie wollen die neuen Regeln verhindern.
Unsere „Qualtiätszeitungen“ wie Krone, Heute und Österreich verkünden inzwischen: „Wir müssen unser Wasser retten“, das die böse EU „verkaufen“ will. Michael Häupl und Werner Faymann rufen mit im Chor, der unser „nasses Gold“ gefährdet sieht. In Wien soll jetzt auch noch das Volk dazu befragt werden, ob eh alle dagegen sind, dass unser Wasser „ausverkauft“ wird. Kein Witz.
Wolfgang Hoffmann, Jahrgang 1959, ist Musiker, Unternehmer und Autor.
Siehe: http://www.woho.at
Die niederländische Königin Beatrix tritt ab.
Sie ist 75, hat 33 Jahre regiert, wird von ihrem Volk als Symbol der Nation heiß geliebt und ist durch das Koma ihres zweiten Sohnes nach einem Skiunfall in Österreich schwer belastet. Gleich eine Reihe von Gründen, die ihren Rücktritt verständlich machen. Das rückt nun aber auch für die Briten eine parallele Frage nach ihrer eigenen Monarchin ins Zentrum: Immerhin übertrifft die englische Königin sowohl an Lebens- wie auch an Dienstjahren die Niederländerin bei weitem. Ihr Sohn und Thronfolger ist inzwischen selbst schon ob seines Pensionsalters (oder wegen seiner Perspektivlosigkeit?) ein wenig seltsam geworden. Noch ein paar Jahre und er würde die britische Monarchie ins Kuriositätenkabinett stürzen. Elizabeth regiert seit 61 Jahren und hat mit 86 Jahren zufällig genau das Alter, in dem einst der österreichische Kaiser Franz Joseph verstorben ist. Wären Hunde und Pferderennen für die englische Königin nicht eine beschauliche weitere Lebens-Perspektive? Das gilt vor allem, seit sie endlich den Popularitätsabsturz wegen ihrer Lieblosigkeit gegenüber der glamourösen Ex-Schwiegertochter überwunden hat.
Fast alles in Politik und Wirtschaft ist eine Sache des Vertrauens. Dieses kann nur mühsam durch Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit aufgebaut werden. Umso schwieriger ist es, verlorenes Vertrauen wiederzuerringen. Was sowohl Euro wie EU, wie auch nationalen Regierungen passiert ist. Das Schlimmste ist: Die Verantwortlichen haben offenbar diesen Vertrauensverlust großteils noch gar nicht richtig zur Kenntnis genommen. Sonst würden sie zumindest den jüngsten Verzweiflungs-Vorstoß des britischen Premier Cameron ernster und positiver nehmen.
Der Vertrauensverlust der EU lässt sich immer wieder mit neuen Fakten beweisen. Etwa mit der Ankündigung des russischen Premiers Dmitri Medwedew, dass sein Land keine europäischen Staatsanleihen kaufen wolle. Dabei hat Russland nach China und Japan die drittgrößten Devisenreserven der Welt, könnte also dem Euro durch größere Ankäufe durchaus substanziell helfen.
Medwedew wird sehr deutlich: Er bezeichnet den Euro als ein in der Weltgeschichte noch nie dagewesenes Modell, in dem starke und schwache Volkswirtschaften zusammengespannt werden. Die Südeuropäer müssten, so Medwedew unumwunden, „entweder stärker werden, oder sie müssten auf den Euro verzichten“. Bis dahin gibt es halt kein russisches Geld für den Euro mehr.
Indirekt bestätigt auch der linke Ökonom Joseph Stiglitz, der lange beredsam die Schuldenwirtschaft verteidigt hat, den gleichen Sachverhalt: Er gratuliert der Schweiz, sich nicht am Euro beteiligt zu haben. Der in Großbritannien arbeitende, aber aus Österreich stammende Investmentbanker Michael Treichl nennt den Euro gar einen Fehler historischen Ausmaßes.
Aber auch die EU selbst hat bei der europäischen Bevölkerung enorm viel Vertrauen verloren. Das zeigen die regelmäßigen Untersuchungen des Eurobarometers, einer europaweiten Meinungsumfrage durch die EU-Kommission. Auf einen Satz gebracht: Die Mehrheit der Europäer sieht die Union – nicht nur den Euro – in die falsche Richtung gehen. Dabei fragt Eurobarometer seit mehr als zwei Jahren ohnedies nicht mehr, ob man die EU-Mitgliedschaft des eigenen Landes für eine gute oder schlechte Sache hält.
Aber auch die milder klingende Frage nach der Entwicklungsrichtung der Union bringt verheerende Ergebnisse: Nur 22 Prozent sehen diese als richtig an; 52 Prozent der Europäer sehen die EU hingegen in eine falsche Richtung unterwegs. Dass ausgerechnet das korruptionsgeplagte Bulgarien der EU-Entwicklung noch die relativ besten Noten gibt, spricht zusätzliche Bände. Für Bulgaren und Rumänen ist gegenüber der eigenen Regierung die EU zweifellos noch ein Hoffnungslicht.
Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich, wenn nach dem Vertrauen in die EU-Institutionen selbst gefragt wird: Nur 33 Prozent der Europäer vertrauen ihnen, 57 Prozent vertrauen ihnen nicht. In Osteuropa genießt die EU – erwartungsgemäß – mehr Vertrauen als die eigene Regierung.
Ein polnischer Politologe, der jetzt an westeuropäischen Universitäten lehrt, hat diesen Sachverhalt insbesondere auf das direkt gewählte EU-Parlament hin herausgearbeitet. Er hat dieser Tage beim Wiener Com.Sult-Kongress aufgezeigt, dass in den letzten Jahrzehnten jede Vertragsänderung dem EU-Parlament noch mehr Rechte und Kompetenzen gebracht hat: Die Legitimität des Parlaments ist jedoch dadurch keineswegs größer geworden, obwohl das die EU-Abgeordneten immer behauptet hatten, um noch mehr Macht zu erringen.
Besonders interessant ist das österreichische Ergebnis der zitierten Eurobarometer-Umfrage: Nur 33 Prozent vertrauen den heimischen Parteien, 37 Prozent (also sogar ein wenig mehr als der EU-Schnitt) den europäischen Institutionen, und immerhin 49 Prozent der eigenen Bundesregierung. Das sensationellste Ergebnis ist aber das Vertrauen, das die Österreicher bei dieser Frage ihren lokalen und regionalen Behörden entgegenbringen: Das beträgt 69 Prozent.
Diese Werte sollten allen jenen endlich bewusst werden – Journalisten wie Politikern – die ständig noch mehr Macht nach oben verschieben wollen. Die also die Zahl der Bürgermeister drastisch reduzieren wollen, die Landesregierungen zugunsten der Bundesregierung entmachten, und Kompetenzen von den einzelnen Nationalstaaten auf die europäischer Ebene transferieren wollen. Dafür kann nur jemand eintreten, dem das Vertrauen der Menschen in die Institutionen egal ist. Was aber fatal enden kann.
Das heißt in Wahrheit: Österreich wie die EU sollten dringend darüber nachdenken, wieder den kleinen Einheiten gemäß dem Subsidiaritätsprinzip mehr Rechte zu geben. Alles, was die kleinere Einheit oder auch der einzelne Bürger besser (oder genauso gut) erledigen können als die größere Einheit, soll nicht von der größeren übernommen werden. Die dabei entstehende Vielfalt ist ein Vorteil und eine Stärke, kein Nachteil. Das schließt natürlich auch immer Pflichten ein. Diese Bereitschaft hat dieser Tage etwa Tirol signalisiert. Es wäre bereit, durchaus auch selbst die Verantwortung für Einnahmen und Steuern zu tragen, die man jetzt bequemerweise vom Bund festsetzen lässt.
In Europa heißt Subsidiarität genau das, was David Cameron in seiner großen Europarede vorgeschlagen hat. Er sieht den besonders in Großbritannien großen und wachsenden EU-Frust der Menschen, will aber eigentlich keineswegs aus der Union austreten. Er will durch die britische Austrittsdrohung die EU wieder auf das konzentrieren, was sie exzellent kann und gemacht hat: auf den Binnenmarkt, also auf die Herstellung eines völlig freien und offenen Marktes innerhalb der EU. Dieser Binnenmarkt funktioniert ausgezeichnet, er muss nur noch in ein paar Details perfektioniert werden, etwa beim Bereich der Dienstleistungen.
Es ist ja auch eine wunderbare Sache, wenn jeder Erzeuger einer Ware die Garantie hat, dass er diese ungehindert für 500 Millionen Menschen produzieren und anbieten kann. Selbst starke Unternehmen, wie etwa jene aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Skandinavien, brauchen das als Heimatbasis, um dann die Weltmärkte angreifen zu können. Ohne die dabei verdienten Devisen wäre Europa schon viel länger bankrott.
Um präzise zu sein: Natürlich gibt es auch in Südeuropa erfolgreiche Betriebe. Diese sind aber auffällig in Norditalien, Katalonien und im Baskenland konzentriert – wo es überall signifikante sezessionistische Bewegungen zur Loslösung von den Zentralstaaten gibt. Aber das ist ein anderes Thema.
Leider hat unter den Großen Europas lediglich Angela Merkel die Notwendigkeit und Richtigkeit des Cameron-Vorstoßes begriffen. Hingegen haben fast alle anderen EU-Politiker Cameron kritisiert (die zentralisierungswütigen EU-Journalisten taten das natürlich ebenso).
Sie haben nicht begriffen, dass Cameron in hohem Ausmaß auch die Stimmung ihrer eigenen Bürger und Leser reflektiert. Sie haben nicht begriffen, dass nur in der Konzentration auf den Binnenmarkt die Rettung der EU liegt. Hingegen waren all die Regulierungen der letzten Jahre völlig überflüssig und schädlich für das Projekt samt seiner ständig angesprochenen friedenspolitischen Bedeutung.
An diesem Effekt ändert es nichts, ob diese Regulierungen nun ökologistisch, feministisch, politisch korrekt oder einfach von einem fanatischen Gleichmachungsfimmel getrieben waren. Oder ob sie einfach Folge der Tatsache sind, dass den EU-Beamten nach weitgehender Fertigstellung des Binnenmarktes fad war und sie sich einfach neue Betätigungsfelder gesucht haben. Die Menschen würden der EU sogar gelegentlich einen Kurzschluss wie beispielsweise jenem in Sachen Glühbirnen verzeihen – aber Hunderte solcher Kurzschlüsse sind einfach zuviel.
Merkel war die einzige, die weise auf Cameron reagiert hat. Sie will zwar nicht über einen Austritt abstimmen lassen. Sie war aber in der Substanz sofort mit dem Briten über die zentrale Aufgabe der EU einig: Diese müsse wieder ihre globale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Nur so könne der Wohlstand gesichert werden.
Aber gerade bei der Wettbewerbsfähigkeit fällt Europa immer weiter zurück. Die Innovationskraft hat durch Tierschutz/Genderismus/Anti-Gen/Anti-Hormon- und noch viele andere Ideologien stark an Dynamik verloren; immer mehr Forschungen werden daher außerhalb des alten Kontinents gestartet. Die Anti-CO2-Auflagen und Hunderte andere ökologische Regulierungen vertreiben immer mehr Industrien. Die Bildungssysteme sind immer weniger auf Wissenserwerb und Leistung, sondern auf die qualitätslose Produktion von möglichst vielen Absolventen ausgerichtet. Die Asyl- und Zuwanderungspolitik holt bildungsferne Massen nach Europa statt der benötigten Spezialisten. Der exorbitante Sozialstaat macht es im internationalen Vergleich extrem teuer, Mitarbeiter anzustellen. Die europäischen Lohnhöhen machen das noch viel schwieriger. Das Pensions- und Gesundheitssystem ist alles andere als nachhaltig aufgestellt. Die größte Schuldenlast der Geschichte macht jeden Zukunftsausblick dunkeltrüb. Und vor allem: Die Steuern und Abgaben sind unerträglich umfangreich geworden.
Konklusion: Die Erkenntnis ist zwar absolut richtig, dass für Europa eine Verbesserung der Wettbewerbspolitik das absolut wichtigste Ziel sein muss. Aus all diesen Gründen muss man aber überaus skeptisch sein, ob dieses Ziel auch nur annäherungsweise noch erreichbar ist. Dies gilt vor allem, wenn rundum Cameron und Merkel, also Europas klügste Politiker, nur beschimpft werden.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die offensichtlich politisch motivierte Staatsanwaltschaft – besonders jene in Wien mit ihrem besonderen Hass auf alles, was rechts der Mitte steht, – hat eine neue Niederlage erlitten.
Ein Gericht fand nun keinerlei Beweis dafür, dass der ehemalige Kärntner Landeshauptmann sich für seine Mithilfe bei der Erteilung einer Staatsbürgerschaft bestechen hat lassen. Statt des toten Haider saßen sein Protokollchef und zwei jetzt österreichische Russen auf der Anklagebank. Gewiss, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aber die Karten der Staatsanwälte stehen schlecht. Langsam sollten sie daher doch begreifen: Lange nicht alles, was in Wochenmagazinen eine abenteuerliche Geschichte zu ergeben erscheint, ist auch wirklich ein strafrechtliches Delikt. Und schon gar nicht alles, was man in politisch finanzierten Magazinen liest. Das heißt natürlich nicht, dass jetzt alle verdächtigten Politiker unschuldig wären, ganz gewiss nicht. Das heißt aber, dass die Staatsanwaltschaft als bisher „größten Erfolg“ einen peinlichen Beitrag verzeichnen kann, den Glauben der Österreicher an die Korruption in die Höhe und jenen an die Demokratie nach unten getrieben haben. War das Zweck der Übung? Sie täte sich und der Demokratie einen großen Dienst, künftig nur noch dann anzuklagen, wenn die Dinge wirklich hieb- und stichfest sind. Was etwa bei jenem Ex-Staatsanwalt zutreffen dürfte, der einem Verdächtigten Hilfe im Gegenzug für belastendes Material gegen Karl-Heinz Grasser versprochen haben soll. Aber den Balken im eigenen Auge sieht man ja nicht, wenn man ideologisch blind ist.
Was ist nur mit den Sozialdemokraten los? In letzter Zeit versteigen sie sich in Österreich wie in Europa - eine weitgehende Ausnahme ist die SPD - fast täglich in immer radikalere Absurditäten. Die Sozialisten, die in den Nachkriegsjahren hierzulande noch eine lobenswerte Speerspitze gegen sowjetische Übergriffe gebildet hatten (vielleicht zum Ausgleich, weil ihr Verhalten 1938 viel weniger ruhmreich war), schwimmen ganz nach links hinaus.
Das hat sich in den letzten Tagen in Österreich ganz besonders deutlich und konzentriert gezeigt. Offen sind nur die Motive.
Ist das eine panikartige Reaktion auf die Ohrfeige bei der Volksbefragung? Ist das eine bewusste Strategie, ein „Spin“, mit einem Linksruck und dem Hochspielen anderer künstlicher Aufregungen von dieser Demütigung abzulenken? Hängt das damit zusammen, dass die einstige Arbeiterpartei weitestgehend von den Altachtundsechzigern übernommen worden ist? Ist das eine Folge des Sinnvakuums, das durch das dramatische Scheitern ihres neokeynesianischen Schuldenkurses ausgelöst wurde? Oder hängt das primär mit der Führungsschwäche der österreichischen Sozialdemokraten zusammen?
Die Partei hat nichts von ihrer alten Substanz mehr. Sie wird – zum Abscheu ihrer alten Wähler – von ein paar radikale Feministinnen, fanatischen Zuwanderer-Förderern und einer immer engere Anlehnung an linksextreme Positionen geprägt. Und vor allem von Spin-Doctoren, die aber ohne geistige Führung eines Parteichefs oder einer funktionierenden Ideologie nur Peinlichkeit erzeugen. Besonders schmerzhaft ist in Zeiten wie diesen, dass die SPÖ keinen einzigen Finanz- oder Wirtschaftsexperten hat, etwa eine kleine, österreichische Ausgabe des Peer Steinbrück.
In der Folge einige Beispiele, wie die Sozialdemokraten dieses Vakuum zu füllen versuchen. Man stößt fast durchwegs auf Signale, die noch mehr Wähler abschrecken, als es die Partei ohnedies schon getan hat. Jedenfalls kann die ÖVP für all das herzlich danken, liegt sie doch neuerdings zum ersten Mal seit Jahren bei den Umfragen gleichauf mit der SPÖ.
Da entpuppt sich der Parteiobmann täglich mehr als ein europäisches Wunder an Dummheit: Als einziger Regierungschef eines der noch solventen Nettozahlerländer verlangt er Eurobonds, also die endgültige Haftung von Österreich (und Deutschland, Niederlanden und Finnland) für die Schulden Griechenlands, Spaniens, Frankreichs, Italiens, Zyperns und Portugals. Damit erntet er zwar bei den südeuropäischen Sozialisten Schulterklopfen; in Deutschland wie bei den österreichischen Wählern aber nur noch ein absolut verständnisloses Kopfschütteln.
Da hetzt der Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny gegen den „Akademikerball“ der FPÖ. Dieser sei „anmaßend und rufschädigend“. Diese grundlose Kampagne zeigt eine absolut totalitäre Einstellung dieses Politikers. Denn es gibt absolut keinen Grund, weshalb eine demokratische Partei wie die FPÖ in einem Rechtsstaat keinen Ball – oder irgendeine sonstige Veranstaltung – abhalten darf. Dasselbe gilt für jede Studentenverbindung. Eigentlich müsste Mailath-Pokorny zumindest für die Kosten des Polizeieinsatzes haftbar gemacht werden, der damit provoziert wird.
Da dementiert der aus Wien kommenden europäische Sozialistenchef Hannes Swoboda ausdrücklich Berichte, wonach er den italienischen Sozialisten (Demokratische Partei) eine Koalition mit Mario Monti empfohlen habe. Herr Swoboda legt sogar Wert auf die ausdrückliche Betonung, dass er seinen dortigen Parteifreunden jemand anderen ans Herz legt: niemand anderen als den Nach-wie-vor-Kommunisten Nichi Vendola. Dieser wird von Swoboda ausdrücklich als „unentbehrlicher Partner“ empfohlen.
Nun: Vendola ist vor allem dadurch bekannt, dass er die Sanierungsmaßnahmen Montis vehement bekämpft hat, während ihnen Silvio Berlusconi so wie die Demokraten immerhin durchwegs zugestimmt hatte. Dass im übrigen auch bei der Demokratische Partei trotz ihres weitgehend demokratisch-rechtsstaatlichen Eindrucks selber etliches stinkt, darf am Rande schon vermerkt werden: Immerhin besteht sie großteils aus der ehemaligen Kommunistischen Partei (nachdem die eigentlichen Sozialisten im Korruptionssumpf untergegangen sind). Immerhin sind die Demokraten bis zum Ellbogen in den neuen und von der Dimension her überhaupt größten Finanzskandal des Landes um eine Bank aus Siena verwickelt (dieser Skandal interessiert aber unsere Medien kaum, da man ihn nicht Berlusconi anhängen kann).
Da agitieren die Volksbefragungs-Verlierer nun plötzlich gegen einen angeblich von der EU geplanten Wasser-Raubzug. Ohne jede Berechtigung. In Wahrheit will ein neuer Vorschlag der Kommission nämlich nur regeln, dass eine Gemeinde die Wasserversorgung nicht wild, sondern nur in einer großen Ausschreibung vergeben dürfe. Bisher hingegen hat jedes Land, jede Gemeinde ihre Wasserleitungen an jeden verkaufen dürfen, den sie wollte.
Aber selbstverständlich war ein Wasserversorgungs-Auftrag an ein privates Unternehmen immer schon möglich gewesen. Ebenso wie das seit langem bei Strom, Kanälen, Straßenreinigung, Schulen und Tausend anderen Versorgungsunternehmen zum großen Vorteil der Konsumenten und Steuerzahler praktiziert wird. Privatisierung geschehen immer dort, wo die Versorgung unzureichend ist, und wo die Gemeinden absolut kein Geld haben. Sollen nun nach dem Willen der Sozialisten (samt ihren Verbündeten bei Kronenzeitung und BZÖ) solche Gemeinden verdursten müssen, weil sie jetzt eine solche Lösung verbieten wollen? Die Geschichte vom angeblich geplanten Wasserraub gehört jedenfalls zu den absurdesten und miesesten Propagandalügen der politischen Geschichte.
Da weigerte sich die Unterrichtsministerin Claudia Schmied neuerlich, eine sogenannte Aufklärungsschrift zurückzuziehen, in der massiv die klassische Familie und normaler heterosexueller Sex heruntergemacht werden. Zu ihrem Pech sind gleichzeitig erstmals Unterlagen ihres alten, aber noch immer laufendenStrafverfahrens herausgesickert (was ich wie in allen anderen solchen Fällen nicht für gut finde). Darin wird die Frau schwer belastet, indem ihr nachgewiesen wird, dass schon in ihrer Vorstandszeit bei der Kommunalkredit die riskanten Wertpapiergeschäfte – wie „Credit Default Swaps“ – begonnen worden sind. Diese aber belasten die Steuerzahler heute mit Milliarden.
Da wollte man in Wien den sogenannten Schulschwänzbeauftragte zum Fachinspektor für Englisch bestellen. Der Mann ist aber blöderweise nicht einmal Akademiker, wie sich nach der Ausschreibung herausgestellt hat. Das kann aber eine SPÖ nicht ernsthaft stören: Sie ließ den Posten halt ein zweites Mal ausschreiben, wo dann dieses offenbar lächerliche Erfordernis aus den Bedingungen eliminiert worden ist. So konnte das gewünschte Protektionskind doch noch nominiert werden.
Da gibt es bei der allerübelsten Geschichte dieser Tage zwar keinen direkten Nachweis der Parteiverantwortung. Sie hat sich zum Unterschied auch schon vor längerem ereignet. Aber sie „stinkt“ ganz erbärmlich, um in der Sprache der Strafjuristen zu bleiben. Und sie zeigt das unglaubliche zynische Verhalten linker Netzwerke in der Justiz. Der Vorfall ist im Immofinanz-Prozess ans Tageslicht gekommen – aber seltsamerweise haben sich weder Richterin noch Staatsanwalt dafür interessiert. Der jetzt angeklagte Karl Petrikovics berichtete jedenfalls von einem Verhör durch einen Staatsanwalt im Jahr 2008. Dieser hat ihn aufgefordert: „Liefern Sie mir den Magister Grasser, es soll ihr Schaden nicht sein.“
Wenn das kein Amtsmissbrauch war, dann weiß ich nicht mehr, was überhaupt noch ein Amtsmissbrauch sein soll. An der Dimension dieses Skandals ändert es auch kein Jota, dass der betreffende Ankläger nicht mehr bei der Staatsanwaltschaft ist. Ganz im Gegenteil. Er ist nämlich jetzt in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig – ausgerechnet in jener von Gabriel Lansky. Also eines gestandenen Sozialisten, der auch unbedingt SPÖ-Justizminister werden wollte. Wie sich die Kreise schließen.
Da wird von rot-grünen Medien – ORF, „Wiener Zeitung“ und Falter an der Spitze – ganz zufällig in den Tagen nach der Volksbefragung eine noch nicht veröffentliche angebliche Kritik des Rechnungshofs an Ministerin Fekter groß thematisiert. Dabei ist diese Kritik schon im vergangenen Sommer durch die Medien kursiert. Das ist freilich eine bekannte Strategie der roten Spin-Doctoren und ihrer Medien: Die meisten Vorwürfe gegen Karl-Heinz Grasser sind von ihnen mindestens schon drei Mal als exklusive Neuigkeit verkauft worden.
Fekter soll jedenfalls einst als Innenministerin Beratungsaufträge zu teuer und ohne Ausschreibung vergeben haben. Es gibt zwar bis heute keinen Rechnungshofbericht, in dem man nachschauen könnte, was wirklich vorgeworfen wird. Dennoch berichtete der ORF nun täglich prominent über diese Causa, also weit intensiver als etwa über die Inseratenvergaben durch Werner Faymann, obwohl gegen diesen seit längerem ein Strafverfahren läuft, wofür bei Fekter zumindest bisher keinerlei Anzeichen vorliegen (auch wenn Peter Pilz sicher bald eine seiner berühmten Anzeigen verfassen wird).
Das heißt nun nicht, dass das Tagebuch eventuell inkorrekte Vergaben eines Ministers gutheißen würde. Ganz im Gegenteil. Sehr wohl aber bin ich dafür, dass man Strafrechtliches von Verwaltungsrechtlichem auseinanderhalten muss; dass Beratungen etwas viel persönlicheres sind als bloße Anzeigenschaltungen, was Ausschreibungen hier besonders schwierig macht; und dass zumindest staatseigene Medien genauso über Rechtsverletzungen durch SPÖ-Politiker berichten müssten, wie sie das ständig auch ohne harte Grundlagen über ÖVP-Politiker tun.
Um den Reigen der Gründe abzuschließen, deretwegen man über die SPÖ den Kopf schütteln muss, sei noch auf die Behauptung eines angeblichen Generationenkonflikts rund ums Bundesheer verwiesen. Über den aber schon vorgestern hier alles gesagt worden ist.
Diese Summe macht absolut fassungslos. Was ist die SPÖ nur für ein Haufen geworden! Lauter Spin und gar nix drin.
Aber um nicht ungerecht zu sein: Ich bin rund um die SPÖ auch auf einen erstaunlichen Vorgang gestoßen, wo ihr allem Anschein nach Unrecht getan worden ist. Nämlich durch ein Gericht, so selten das auch vorkommt. Die SPÖ hat gegen ÖVP-Inserate des Jahre 2010 geklagt, weil diese nicht ordentlich gekennzeichnet gewesen seien, weil man gar nicht erkannt habe, dass es sich um Inserate gehandelt habe.
Der OGH hat nun die SPÖ mit einer mehr als seltsamen Begründung verlieren lassen: Für Parteien würden bei Inseraten nicht so strenge Maßstäbe gelten wie für Privatfirmen. Parteien bräuchten ihre Inserate nicht genau kennzeichnen. Dieses Urteil ist absolut unakzeptabel. Denn in einer Demokratie müsste sogar das Gegenteil judiziert werden: Bei jedem politischen Inserat sollte und müsste ganz genau und sofort der Auftraggeber erkennbar sein.
Die Kritik an diesem Urteil relativiert aber keinen i-Punkt an der verheerenden Bilanz über die SPÖ.
Der markige Tiroler Fritz Dinkhauser verlässt also die Politik. Sein Alter und vor allem die schlechten Aussichten für die Landtagswahl sind die Gründe dafür. Vermutlich wird damit die derzeit zweitstärkste Tiroler Partei auch gleich wieder ganz aus dem Landtag verschwinden. Ein guter Anlass, eine Gesamtbilanz über die diversen politischen Sternschnuppen zu ziehen.
Von Dinkhauser über seinen Mittiroler Fritz Gurgiser, über Frank Stronach, Hans-Peter Martin bis zum BZÖ Jörg Haiders zieht sich ein roter Faden. Diesen kann man auch im Ausland etwa bis zu den Piraten und dem italienischen Komiker Beppe Grillo fortsetzen, und in der Vergangenheit bis zu Franz Olah. Sie alle sind politische Phänomene, die von den Medien hochgeschrieben werden, die aber rasch wieder untergehen, sobald die Medien das Interesse an ihnen wieder verloren haben. Auch kehlig-apokalyptische Dinkhauser-Sprüche oder das amerikanische Deutsch von Stronach oder das alemannische Eiferertum von Martin oder die täglich neue Richtungsänderung von Haider verlieren nach einer gewissen Zeit ihren Reiz für Fernseh-Zuschauer und Zeitungs-Leser.
Bei vielen der Genannten liegt freilich dazwischen der Gipfel ihrer Erfolgskurve sehr hoch: Dinkhauser beispielsweise war als Führer der zweitstärksten Partei mit mehr als 18 Prozent sogar quasi Chef der Opposition im Tiroler Landtag. Aber eben nur eine Legislaturperiode lang.
Das hat der ÖVP in dieser Zeit das Regieren sehr erleichtert. Denn Dinkhauser ist über seine gutmenschlichen Sprüche hinaus an der Sachpolitik weitgehend gescheitert, bis auf ein oder zwei Spezialthemen wie die Agrargemeinschaften war er nicht ernstzunehmen. Er hat sich, ein typischer Tiroler, auch sehr rasch in parteiinternen Streitereien verloren. Aus dieser Krise hat er nicht einmal dann mehr einen Wiederaufstieg geschafft, als sich auch die Tiroler ÖVP in inneren Streitereien verirrt hat, und als Günther Platter durch unsinnige Attacken auf das Gymnasium sowie die Annahme von Jagdeinladungen seine Partei beschädigt hat.
Bis auf die Piraten haben sie alle noch etwas gemeinsam: Es ging und geht überall um One-Man-Shows. Ein Dinkhauser, ein Stronach, ein Martin, ein Grillo, in hohem Ausmaß auch ein Silvio Berlusconi oder der bei uns weniger bekannte Laibacher Bürgermeister Zoran Jankovic sind eloquent und lebendig. Sie verschaffen den Medien im Gegensatz zu traditionellen Politikern, die auch in langen Interviews viel reden, aber möglichst nichts sagen wollen, eine Zeitlang Unterhaltungswert, Schlagzeilen und bessere Einschaltquoten. Sie strahlen unabhängig von ihrem Alter das Image aus, etwas ganz Anderes als die mausgrauen Altpolitiker, etwas ganz Neues zu sein. Ihre Reden versprechen Lösungen jahrelang ungelöster Probleme.
Jedoch: Dieser Effekt nützt sich rasch ab. Sie sind alle nicht konzept-, nicht pakt-, nicht problemlösungs-, nicht kompromissfähig – mit der zeitweisen Ausnahme Berlusconis (Dafür ist dieser umso tiefer in Strafverfahren verwickelt, ebenso wie Martin und Jankovic). Und kein einziger der Genannten hat seinem Land, seiner Region oder gar Europa in irgendeiner Weise den Stempel aufdrücken können.
Fast alle großen Persönlichkeiten der westeuropäischen Nachkriegszeit, die wirklich Geschichte gemacht und Dinge verändert haben, sind aus den großen Traditionsparteien herausgegangen. Ob das nun in Österreich ein Schüssel, ein Kreisky oder ein Raab gewesen ist. In Deutschland ein Schröder oder ein Adenauer, in Großbritannien ein Blair oder eine Thatcher, in Italien ein De Gasperi oder ein Moro. Lediglich Charles de Gaulle war eine Ausnahme: Der französische Kriegsheld hat im Alleingang die Gründung einer eigenen Partei geschafft, die auch ohne ihn am Leben geblieben ist.
Die einzige Neugründung, die nachhaltig das politische Spektrum in etlichen Ländern Westeuropa belebt hat, waren die Grünen. Sie konnten auf das breite Netzwerk der 68er Bewegung, auf die vielen Bürgerinitiativen gegen alles und jedes, auf die alternative Szene, auf die jedem modischen Trend verfallende Kulturschickeria, auf die heimatlos gewordenen Kader der diversen kommunistischen Totalitarismen und zeitweise auch auf Teile des umweltbesorgten konservativen Bürgertums setzen.
Was anfangs sehr heterogen war, hat jetzt nach Eliminierung der Bürgerlichen seinen sicheren Platz links von den Sozialdemokraten gefunden, wo dafür fast alle linkssozialistisch-kommunistischen Gruppierungen verschwunden sind. Die Grünen wollen den Sozialdemokraten nun auch als Mehrheitsbeschaffer dienen, nachdem sie diese gleichzeitig schon inhaltlich stark verändert haben (freilich nachweislich zum Nachteil der orientierungslos gewordenen Ex-Arbeiterpartei). Das ist aber bisher nur in Deutschland einige Jahre gelungen.
In Osteuropa ist der politische Trend allerdings ähnlich wie in Frankreich. Da sind die heutigen Parteien nach den Jahrzehnten der gesellschaftlichen Destruktion durch den Kommunismus weniger tief in der Gesellschaft verankert, als es die westlichen lange waren. Um nur ein Beispiel zu nennen: In Tschechien waren sowohl ein Vaclav Havel wie ein Vaclav Klaus schon auf der Bühne und wichtig, bevor sich Parteien bilden konnten.
Osteuropas Parteienlandschaft ist heute wie im Westen am Beginn des letzten Jahrhunderts in einem Zustand, den man am besten als Liquid Democracy beschreiben könnte (Ja ich weiß, dass dieser Ausdruck bei den Piraten und in der EDV-Welt eigentlich etwas ganz anderes heißt). Fast jede erfolgreiche Partei wird in den Reformländern bei der nächsten Wahl auch wieder zertrümmert.
Zurück zu den politischen Sternschnuppen in Westeuropa. Heißt ihr regelmäßig kurzes Leben, dass dort das politische Gesetz gilt: Extra factiones veteres nulla salus? Gibt es außerhalb der alten Parteien kein Heil? Können sich Rot und Schwarz und Grün und die da und dort existierenden dritten Lager (mit liberalen, nationalen oder separatistischen Wurzeln) auf Dauer der Macht gewiss sein?
Nichts wäre falscher, als wenn sie diese Hoffnung hegen sollten. Auch wenn sich bisher das Neue überall als nicht nachhaltig erwiesen hat, geht die Erosion des Alten munter voran. Man denke nur, dass in Österreich Rot und Schwarz, die Jahrzehnte deutlich über 90 Prozent gelegen sind, heute darum zittern müssen, wenigstens gemeinsam 50 Prozent zu erreichen.
Was heißt das? Politik wird diffuser, von momentanen Stimmungen geprägt, von Einzelthemen, von unvoraussehbaren Zufälligkeiten, von der kurzfristigen medialen Ausstrahlung einzelner Personen, vom Verschwinden alter Lager ohne das Entstehen dauerhafter neuer. Das kann gefährlich werden.
Das könnte aber auch durch eine ernsthafte Öffnung für die Direkte Demokratie in einem neuen konstruktiven Aufbruch münden. Und nur so, sicher nicht durch irgendeine neue Heilsgestalt. Die Erkenntnis vieler Menschen, sich in einer immer komplizierter und differenzierter werdenden Welt nicht auf Dauer mit einer Person, einem Lager identifizieren zu können, droht ohne die Entwicklung direktdemokratischer Mechanismen in totaler politischer Frustration zu enden. Die Menschen sind durchaus bereit, sich ernsthaft auch mit solchen komplizierten Sachfragen zu befassen, an denen die Politik scheitert. Wie der vergangene Sonntag gezeigt hat.
Direkte Demokratie von der Parteien Gnade kann aber kein Dauerzustand sein. Die Bürger und nicht die Parteien sind der Souverän. Sie wollen daher selbst bestimmen, worüber sie selbst abstimmen und was sie ihren politischen Angestellten überlassen: Ein Minister ist auf deutsch ebenso ein Diener wie ein Mandatar ein Beauftragter ist.
Die Tschechen haben einen klaren Nationalisten zum Staatspräsidenten gewählt.
Zwar hat der – vorsichtig ausgedrückt – etwas zerstreute und erfrischend naive Karel Schwarzenberg bei der Präsidentenwahl mit 45 Prozent einen erstaunlichen Achtungserfolg erzielt; den hätte ihm noch vor wenigen Wochen niemand zugetraut. Die Wahl von Milos Zeman ist aber jedenfalls für niemanden erfreulich. Zumindest nicht in Wien. Wirtschaftsliberale Menschen werden bald die einsame Stimme der europäischen Vernunft aus dem Mund von Vaclav Klaus vermissen. Und selbst die Linken, die sich über die Wahl eines linken Kandidaten freuen mögen, sollten vorsichtig sein: Zeman hat sich als scharfer Nationalist erwiesen, der beispielsweise die Vertreibung des Sudetendeutschen als „noch milde“ Behandlung versteht. Von den miesen Untergriffen seiner Kampagne gegen Schwarzenberg im Laufe der Wahlkampagne ganz zu schweigen.
PS.: Interessant ist das Alter der beiden Kandidaten: Der eine ist 68, der andere 75. Alle jüngeren sind im ersten Durchgang von den Wählern weggewählt worden. Ist das bloßer Zufall?
Beim zehnten, unter Beteiligung internationaler Fachleute abgehaltenen Wirtschaftskongress „Com.Sult“, der – wie in den Jahren zuvor – im prachtvollen Haus der Industriellenvereinigung in Wien stattfand, wurden zum Teil recht konträre Standpunkte hinsichtlich der Ursachen und denkbaren Strategien zur Überwindung der herrschenden Wirtschafts- und Finanzkrise vertreten.
Der glühende Befürworter einer politischen Vereinigung Europas, der österreichische Literat Robert Menasse, durfte seine Gedanken – die er in seinem im Vorjahr veröffentlichten Buch „Der Europäische Landbote“ formuliert hatte – als erster präsentieren. Menasse träumt von einem von Brüsseler Bürokraten zentral geführten, multikulturellen Einheitsstaat auf europäischem Boden. Der abfälligen Kritik an Bürokratien könne er überhaupt nichts abgewinnen. Bürokratie stelle vielmehr eine glanzvolle Zivilisationsleistung dar. Die Bürokraten der EU zeichneten sich zudem dadurch aus, dass sie nicht länger nationalstaatlichen Interessen verpflichtet wären. Nationalstaaten hätten in der Vergangenheit nichts als Unglück über die Menschen gebracht, hätten die schlimmsten aller Menschheitsverbrechen zu verantworten und wären überholt.
Eine unglaublich schlanke Brüsseler Bürokratie („die weniger Beamte beschäftigt als die Gemeinde Wien“), die mit ihrer Arbeit keinerlei Eigeninteressen verfolge, bestehend aus hochkarätigen Fachleuten („von 30.000 Bewerbern werden gerade einmal 100 genommen“), solle ein bisher nie gekanntes, friedliches Sozialparadies lenken. Die Kommission verkörpere diesen europäischen Gedanken in vorbildlicher Weise, während der Rat immer noch nationalen Interessen verpflichtet sei und stets als Bremser einer weiteren Integration auftrete.
Die Mitglieder des Rates würden schließlich auf nationaler Ebene gewählt und verkörperten allein dadurch den Widerspruch zur supranationalen Politik der Gemeinschaft. Keine Nation könne jedoch die anstehenden Probleme im Alleingang lösen [Applaus(!)]. Daher gelte es, die Macht des Rates zu beschneiden. Wir hätten es derzeit weder mit einer Wirtschafts- noch mit einer Finanzkrise zu tun, sondern vielmehr mit einer Krise der politischen Institutionen. Hier gelte es daher, mit Reformen anzusetzen. Das Modell der USA sei indes kein Vorbild für ein modernes Europa, da es altmodisch und auf „gewaltsamer Landnahme“ aufgebaut sei. Das von Menasse angestrebte Euroland dagegen wäre gewaltfrei, musterdemokratisch und auf der Basis völliger Freiwilligkeit aller Partizipanten errichtet.
„Subsidiarität“ hat im Denken Robert Menasses offensichtlich keinen Platz. Die dieser Tage zunehmend sichtbar werdende Realität der Brüsseler Funktionärarroganz könnte gar nicht weiter von der „schönen Alten Welt“ entfernt liegen, die sich der Schriftsteller erträumt. Brüssel maßt sich ja derzeit an, jeden noch so privaten Lebensbereich, von der Vorzimmerbeleuchtung bis zum Konsum von Genussmitteln – ja sogar die Gestaltung von Speisekarten in Wirtshäusern – seinem Diktat zu unterwerfen. Menasse hängt jedoch dem Traum nach, dem noch jeder seinen Elfenbeinturm niemals verlassende, konstruktivistische Weltverbesserer erlegen ist.
Nach dieser geballten Ladung haarsträubend naiven Wunschdenkens tat es gut, zwei gestandene Praktiker zu hören. Zunächst brach Philipp Blond, konservativer Berater des britischen Premierministers David Cameron, etwas überraschend eine Lanze für den Verbleib des Vereinigten Königrechs in der EU. Der Umstand, dass Europa sowohl im Osten als auch im Süden mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert sei, erfordere die Mitarbeit Großbritanniens – nicht nur in sicherheitspolitischer Hinsicht. In Großbritannien gebe es keinesfalls eine politische Mehrheit für einen Austritt aus der EU. Die Einführung des Euro sei ein schwerer Fehler gewesen, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft schwäche. Dauerhafte Subventionen an die Südländer seien dadurch programmiert und hinderten diese daran, aus eigener Kraft aufzuholen. Man müsse überdenken, was die Idee Europas bedeute. Dessen Stärke liege in seiner Vielfalt.
Danach erläuterte Václav Klaus – seit 2003 Präsident der Tschechischen Republik, gestandener Realist, liberaler Ökonom und Querdenker, der den konsequent umgesetzten Wunsch zur Zwangbeglückung durch eine abgehobene Funktionärselite Jahrzehntelang am eigenen Leibe erlebt hatte – seine Gedanken zum Eurozentralismus. Dabei stand die Kritik an der unseligen Einheitswährung der Gemeinschaft im Zentrum. Der spanische Wirtschaftsminister habe, angesichts der in seinem Lande besonders drastisch spürbaren Konsequenzen der Euroeinführung geäußert, dass „…man uns vor deren Folgen zu wenig gewarnt habe“.
Das entlarvt Klaus als einen schlechten Witz. Nahezu alle seriösen Wirtschaftswissenschaftler hätten nämlich schon lange vor der Einführung des Euro kein gutes Haar daran gelassen. Dieses Elitenprojekt sei als politisches Vehikel erdacht und eingesetzt worden, um die politische Integration Europas voranzutreiben. Von der sei man heute – ironischerweise gerade wegen der Währungsunion – allerdings weiter entfernt als jemals zuvor. Der Euro habe zu Zerwürfnissen zwischen den Nationen geführt, die es ohne ihn niemals gegeben hätte. Der Verlust der Währungshoheit habe die schwachen (südlichen) Ökonomien der EU ihrer Möglichkeit beraubt, währungspolitische Instrumente zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den leistungsstarken „Nordstaaten“ einzusetzen. Jetzt gehe es darum, Illusionen zu zerschlagen, die sich um den Erhalt Eurolands als zentralistisch geführten Wohlfahrtsstaat ranken. Damit sei ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum nämlich unmöglich. Die politische Integration sei ein schwerwiegender Fehler. Der wirtschaftlichen Inhomogenität Europas mit einer Währungsunion begegnen zu wollen, sei es ebenso.
In der anschließenden Podiumsdiskussion konnte Franz Fischler, als ehemaliger Landwirtschaftskommissar die inkarnierte Zentralbürokratie schlechthin, der Kritik an den Tendenzen der EU zur Machtakkumulation naturgemäß wenig abgewinnen. Er räumte zwar ein, dass der Euro für gewisse Schwierigkeiten einiger Länder der Eurozone verantwortlich sein könnte. Er meinte aber, dass das Ziel, „mehr wirtschaftliches Wachstum“ zu generieren, nur gemeinschaftlich zu erreichen wäre und dazu der Einsatz „innovativer Konzepte“ notwendig sei. Darauf konterte Václav Klaus, dass er dieselben Forderungen einst bereits aus dem Munde Leonid Breschnews gehört habe, als dieser erkannte, dass es mit dem zuvor von Chruschtschow angekündigten, wirtschaftlichen Aufholprozess gegenüber den USA nicht klappen würde. Liberale Ökonomen waren damals schon die vom System zu Feinden erklärten Personen. Sie seien es heute wieder [an dieser Stelle brandete spontan Applaus auf].
Trostloses Fazit: Für die EU gilt seit „Lissabon“ dasselbe wie weiland in der UdSSR, als in sagenhafter Verkennung der Tatsachen und in maßloser Selbstüberschätzung der Möglichkeiten der politischen Eliten, das Ziel formuliert wurde, die EU zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die Linke und ihre pseudobürgerlichen Wasserträger sind phänomenal: Kaum haben sie eine vernichtende Niederlage erlitten, lenken sie mit raffinierten Tricks davon ab und starten eine moralistisch klingende Gegenoffensive. Plötzlich reden sie flächendeckend von einem Generationenkonflikt, attackieren die bösen Alten – ausgerechnet dort, wo das sicher nicht der Fall gewesen ist, nämlich bei der Wehrpflicht-Abstimmung.
Dieser Spin hat natürlich den Zweck, die Linke doch noch irgendwie als die Sieger, als die Guten darzustellen. Anknüpfungspunkt: Eines (ein einziges) von drei Meinungsforschungsinstituten will herausgefunden haben, dass die Jungen als einzige Gruppe (abgesehen von den Wiener Wählern, samt den vielen hier lebenden Studenten) mehrheitlich für die Abschaffung der Wehrpflicht wären. Nun soll hier gar nicht die Methodenfrage aufgeworfen werden, welche der drei Studien seriöser ist, welche die geringere Schwankungsbreite hat. Es sei auch nur am Rande vermerkt, dass es ganz zufällig ein SPÖ-nahes Institut ist, das ja gerade deshalb ganz zufällig vom ORF regelmäßig beschäftigt wird.
Nehmen wir die Studie aber ruhig so hin, wie sie dasteht. Auch ich hätte ja vielleicht einst knapp vor dem Bundesheer und insbesondere nachher gegen die Wehrpflicht gestimmt, hätte mich jemand gefragt. Aus Zorn über primitive Ausbildner mit ihren ausgelebten Minderwertigkeitskomplexen gegenüber Maturanten und Akademikern; aus Zorn über saufende und nichtstuende Unteroffiziere; aus Zorn über Offiziere, die sich möglich weit von den Wehrdienern entfernt bewegten. Das dürfte heute kaum anders sein.
Aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass man ausgerechnet in dieser Frage der mittleren und älteren Generationen keinerlei Vorwurf machen kann. Denn sie verlangen von den Jungen nicht mehr, als sie selber im gleichen Alter zu leisten hatten. Ja im Gegenteil: Die meisten Ex-Wehrdiener hatten der Republik acht oder neun Monate zu dienen gehabt, während es jetzt de facto bei fast allen nur sechs sind.
Daher ist die Beibehaltung der Wehrpflicht keinerlei Ungerechtigkeit gegenüber den davon betroffenen Jahrgängen. Daher braucht sich keiner, der für die Wehrpflicht gestimmt hat, jene moralische Vorwürfe machen zu lassen, wie sie jetzt auch in einst bürgerlichen Medien in riesiger Dimension erhoben werden. Der Vorwurf geht ins Leere, auch wenn er noch mit einem weiteren Argument verbunden wird: Jetzt würden wir in friedlichen Zeiten leben, in denen es keine Armeen mehr brauche. Das ist aber erstens falsch und total unhistorisch argumentiert. Und zweitens wird dabei übersehen, dass heute zunehmend der Zivildienst als Reaktion auf die demografische Katastrophe an gesellschaftspolitischer Notwendigkeit gewonnen hat, der in früheren Jahrzehnten nur eine ideologische Institution gewesen ist.
Das Motiv hinter dieser plötzlichen Generationen-Kampagne: Die hasserfüllte Linke will einfach nicht zugeben, dass ihr ein rein populistisch motivierter Schachzug missglückt ist. Häupl und seine Kronenzeitung haben einfach geglaubt, der Kreisky-Wahlsieg lasse sich wiederholen, den dieser einst mit der versprochenen Verkürzung des Wehrdienstes eingefahren hat. Nur dürfte Häupl inzwischen ein paar Jahrzehnte beim Weinglas eingeschlafen sein, sodass er nicht mitgekriegt hat, dass die damals den Ton angebenden Babyboomer heute an der Schwelle zum Pensionsalter sind und daher über vieles eben ganz anders denken. Daher können Kreisky-Tricks halt heute nicht mehr funktionieren.
Das ist aber sein persönliches Problem, und das kollektive von Rot-Grün, etwa auch des Franz Vranitzky, der sich noch vor ein paar Wochen für die Wehrpflicht ausgesprochen hat, der aber zum Schluss dann als alter Parteisoldat wieder brav auf die Parteilinie eingeschwenkt ist. Charakter ist halt Glückssache (Einem Heinz Fischer muss man hingegen zubilligen, sich relativ anständig verhalten zu haben, auch wenn er am Schluss nicht mehr Stellung beziehen wollte).
Für die Bürger aber ist das Ärgerliche: Jene, die sich beim Thema Wehrpflicht plötzlich so über ein angebliches Diktat der Alten über die Jungen aufregen, haben bisher absolut den Mund gehalten. Dabei haben sich die im Babyboom bis 1970 Geborenen durchaus seit langem den Jungen gegenüber wirklich unfair verhalten. Sie haben den Generationenvertrag wirklich brutal verletzt:
Sie haben konsumiert, konsumiert, konsumiert. Sie haben (ihr eigenes!) Pensionsantrittsalter trotz stark zugenommener Lebenserwartung drastisch gesenkt, sodass das Pensionssystem kollabieren muss. Sie haben die Kinderproduktion in unverantwortlicher Weise reduziert. Sie haben ständig Sozialleistungen aller Art erhöht (in Hunderten „sozialen“ Reformen, die von der Zunahme des Urlaubs über die Reduktion des Schulunterrichts bis zu der komfortablen Grundsicherung reichen, welche die Gemeinde Wien im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern auch an abgewiesene Asylwerber weiterzahlt!). Und sie haben das mit Schulden, Schulden, Schulden finanziert: 1970 hingegen war Österreich trotz der Wiederaufbaujahre praktisch nicht verschuldet! Heute hat es unerträglich hohe Schulden, die nur deshalb noch nicht zur Katastrophe geführt haben, weil die Europäische Zentralbank wie verrückt Geld druckt (und damit entwertet).
Das Dreieck Schulden-Geburtendefizit-Konsumrausch ist das zentrale Verbrechen der letzten Jahrzehnte. Dafür trägt vor allem Rot die Hauptverantwortung, zunehmend auch die Grünen, die ja seit ihrer Gründung die Sozialdemokraten an Soziallizitation noch zu übertreffen versucht haben. Aber auch Schwarz und Blau haben vielfach ihr einstiges Verantwortungsbewusstsein abgestreift, als sie gemerkt haben, wie erfolgreich die Schuldenmach-Politik von Kreisky und Androsch bei den Wählern angekommen ist. Viele ihrer Politiker haben dann – unter Missbrauch der christlichen beziehungsweise heimatverbundenen Wurzeln ihrer Wähler – begonnen, munter mitzulizitieren.
All diese Zusammenhänge sind aber jahrzehntelang auch von den immer mehr nach links rückenden Medien ignoriert worden.
Wobei übrigens im Journalismus ein noch viel übleres Diktat der Alten herrscht, das aber immer verschwiegen wird: Die Kollektivverträge schanzen den älteren – auch den mittelmäßigen – Journalisten unglaublich hohe und oft außer jeder Relation stehende Bezüge, Kündigungsfristen und so weiter zu. Den Jungen hingegen gelingt es immer seltener, überhaupt eine Anstellung zu erringen. Sie können immer öfter nur als schandbar entlohnte „Freie Mitarbeiter“ journalistisch arbeiten. Aber die sozialistisch-grün geführte Journalistengewerkschaft (samt den kommunistischen Elementen aus dem ORF) verteidigt diese Privilegien bis heute mit Zähnen und Klauen. Privilegien, die ganz, ganz zufällig ausschließlich die Privilegien der Funktionärs-Generation, der Alt-68er-Generation sind.
Und genau diese Medien schreiben ausgerechnet bei der Wehrpflicht einen Generationenkonflikt herbei – ganz, ganz zufällig im Interesse der rot-grünen Ablenkungsstrategie. Es könnte einem wirklich übel werden.
PS.: Interessant ist, dass diese medialen Spin-Doctoren nicht darüber diskutieren, dass auch die dienstpflichtfreien Frauen über die Wehrpflicht abgestimmt haben, was mit zumindest der gleichen Logik wie diese Generationendebatte erfolgen könnte. Noch interessanter ist, dass eine Volksbefragung, die ganz eindeutig für die Beibehaltung des Istzustandes ausgegangen ist, nun im Nachhinein als Befehl zu massiven Veränderungen interpretiert wird, von denen bei der Umfrage aber nie die Rede war.
Staat | EU | Regierung |
Bulgarien |
60 |
25 |
Litauen |
49 |
21 |
Dänemark |
48 |
42 |
Polen |
48 |
23 |
Finnland |
47 |
62 |
Belgien |
46 |
38 |
Estland |
46 |
35 |
Malta |
46 |
34 |
Rumänien |
45 |
20 |
Slowakei |
44 |
32 |
Ungarn |
43 |
27 |
Luxemburg |
42 |
57 |
Niederlande |
39 |
47 |
Slowenien |
38 |
15 |
Lettland |
37 |
17 |
Österreich |
34 |
49 |
Tschechien |
34 |
11 |
Portugal |
34 |
22 |
Frankreich |
33 |
30 |
Schweden |
33 |
59 |
EU-Durchschnitt |
33 |
27 |
Zypern |
31 |
16 |
Italien |
31 |
17 |
Deutschland |
30 |
41 |
Irland |
29 |
18 |
Ver. Königreich |
20 |
25 |
Spanien |
20 |
11 |
Griechenland |
18 |
7 |
Quelle: Eurobarometer
Alle | SPÖ | ÖVP | |
Soll fortgesetzt werden | 27 | 55 | 54 |
Lieber andere Koalition | 31 | 17 | 20 |
Unentschieden/egal | 42 | 28 | 26 |
Quelle: IMAS
Partei | Zustimmung |
SPÖ | 35 |
ÖVP | 20 |
Team Stronach | 15 |
FPÖ | 15 |
Grüne | 14 |
BZÖ | 3 |
Piraten | 3 |
KPÖ | 3 |
LIF | 2 |
Keine davon | 8 |
keine Angabe | 28 |
Quelle: IMAS
SPÖ | ÖVP | |
SPÖ | – | 20 |
ÖVP | 19 | – |
FPÖ | 7 | 11 |
BZÖ | 1 | 5 |
Grüne | 22 | 9 |
Team Stronach | 8 | 12 |
LIF | 2 | 3 |
Piraten | 3 | 1 |
KPÖ | 4 | 1 |
Keine davon |
16 | 16 |
keine Angabe | 35 | 38 |
Quelle: IMAS
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Die österreichische Justiz hat bei der Bekämpfung der Korruption nicht versagt. Vielmehr ist für die breite Bevölkerung spätestens bei der Urteilsverkündung im "Birnbacher-Prozess" im Oktober des Vorjahres oder beim noch nicht rechtskräftigen Urteil gegen Ernst Strasser, Ex-Innenminister und Ex-Fraktionsführer der ÖVP im EU-Parlament, der dieser Tage zu vier Jahren Haft verdonnert wurde, sichtbar geworden, dass sich die Justiz in einem hohen Ausmaß um Aufklärung sowie Angemessenheit bemüht.
Da mag einem die jeweilige Urteilsbegründung der Richterinnen und Richter gefallen oder nicht, wenn sie "saloppe" Sprüche von sich geben. So wie es vor vielen Jahren geheißen hat, die Suppe sei zu dünn, wird halt jetzt davon gesprochen, dass die Sache zum Himmel stinke.
Sehr viel wichtiger ist, dass für alle oder zumindest die meisten in der Republik klar wurde: "Promiurteile" werden vom Rechtsstaat in einer modernen Demokratie nicht geduldet. Eine solche ist Österreich. Möglich wurde dies u. a. durch die ursprünglich so umstrittene Einführung der Kronzeugenregelung. Fest steht jedenfalls, dass die Antikorruptionsbestimmungen in der viel gescholtenen EU offenkundig weitaus strenger und effizienter eingefordert werden, als dies bis dato in Österreich der Fall war. Bekanntlich gab es hierzulande einen jahrelangen und sehr zähen Kampf (und er ist vermutlich nie ausgestanden) um die Verschärfung der nationalen Antikorruptionsbestimmungen. Hier sei lediglich der Streit um das Anfütterungsverbot für Amtsträger genannt.
Die EU wiederum sollte sich an der Nase nehmen und überlegen, ob es in Zeiten wie diesen wirklich sinnvoll ist, die Schlupflöcher für Steuerflüchtlinge groß zu halten und bilaterale Abkommen mit z. B. Offshore-Ländern wie der Schweiz ausreichen, um Steuersünder im großen Stil zu pardonieren.
Andreas Unterberger
Endlich gibt es die ersten Prozesse rund um einige Korruptionsvorwürfe. Damit sind aber die schweren Fehler der Justiz keineswegs saniert. Dazu zählt vor allem die unerträglich lange Zeit zwischen Anzeigen und Anklage-Entscheidungen. Wenn die Staatsanwaltschaft erst nach fünf Jahren(!) Erhebungen ein Verfahren einstellt, wie dieser Tage, wenn es bis zu rechtskräftigen Urteilen oft ein ganzes Jahrzehnt dauert, dann gleicht das italienischen Verhältnissen. Dann ist diese Zeitdauer jedenfalls eine Menschenrechtsverletzung. An der gewiss nicht Liechtenstein hauptschuld ist.
In die Justizskandal-Liste gehört auch das ständige Durchsickern geheimer Strafakten an Magazine. Während anderswo auch die Medien für solche unerlaubten Veröffentlichungen bestraft werden, untersucht unser Justizministerium nicht einmal, wer in der Justiz für diesen groben Amtsmissbrauch verantwortlich ist. Zumindest einen üblen Beigeschmack hinterlassen aber auch die politischen Leitartikel von Richtern anstelle des nüchternen Ausspruchs von Schuld oder Unschuld.
Die größten Defizite im Kampf gegen Korruption haben aber weiterhin Gesetz- und Verordnungsgeber zu verantworten: Sie sind schuld, dass alle öffentlichen Akten noch immer Amtsgeheimnis sind und nicht öffentlich zugänglich wie in Skandinavien oder nun auch Deutschland (bis auf Akten der Strafverfolgung). Sie sind schuld, dass öffentliche Aufträge bis 100.000 Euro (statt früher 40.000!) ohne Ausschreibung vergeben werden können. Sie sind schuld, dass Inserate und "Medienkooperationen" weiterhin überhaupt nie ausgeschrieben, ja nicht einmal ordentlich gekennzeichnet werden. Sie sind schuld, dass Österreich absoluter europäischer Spitzenreiter bei der Vergabe von Förderungen ist.
All das lässt nach wie vor Steuergeld in einen stinkenden Kanal fließen, der zu Freunden von Politikern oder Beamten führt.
Der gesellschaftspolitisch nicht gerade als wertkonservativ bekannte Verfassungsgerichtshof hat nun praktisch alle Differenzierungen zwischen der Eheschließung und der homosexuellen Verpartnerung verboten. Das war freilich erwartbar gewesen. Das erinnert wohl ein letztes Mal an den unglückseligen Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll. Er hatte in seiner Amtszeit diese Konstruktion zu verantworten, die einen Kompromiss zwischen den wertkonservativen Österreichern und den lautstarken schwulen und linken Pressure groups darstellen sollte.
Auch bei der Verpartnerung darf es künftig ein Ja-Wort, Trauzeugen und feierliches Brimborium geben. So sagt nun der VfGH. Genau mit diesen subtilen äußeren Differenzierungen hatte Josef Pröll aber den Österreichern und seinen skeptischen Wählern damals einreden wollen, dass er einen signifikanten Unterschied zwischen der normalen Ehe und der schwulen Verpartnerung durchgesetzt habe. Dieser Unterschied war in Wahrheit aber von Anfang an nach der ersten Öffnung der Tür zur Verpartnerung nicht mehr haltbar, wie übrigens damals schon das Tagebuch prophezeit hatte.
Hätte Pröll wirklich liberal zu handeln versucht, wie er sich damals gerühmt hatte – obwohl er in Wahrheit nur unter dem Einfluss schlechter Berater gestanden war –, dann hätte er zwei andere, viel wesentlichere Themen aufgeworfen.
Erstens: Mit welchem Grund veranstaltet der Staat überhaupt bei der Schließung eines Vertrags eine große Zeremonie? Für den nichtreligiösen Staat ist ja eine Eheschließung nichts anderes als ein Vertrag. Dass sie für religiöse Menschen etwas anderes ist, ist ihm seit gut 90 Jahren völlig egal, und zwar zu Recht. Der Staat kümmert sich auch weder bei der Geburt noch beim Tod um irgendwelche Zeremonien – obwohl beides zweifellos existenziellere Momente im Leben jedes Menschen sind als eine Heirat. Man kann ja beliebig oft eine Ehe eingehen (nach Ende der vorherigen). Sterben und geboren werden ist jedoch ein absolut unwiederholbarer Vorgang. Dennoch beschränkt sich der Staat beide Male auf die Rolle als bloßer Beurkunder des Anfangs und Endes eines Menschenlebens (es sei denn, es gibt dubiose Todesumstände zu untersuchen). Er macht aber keine Geburts- oder Totenfeierlichkeit, außer als Dienstgeber seiner wichtigsten Funktionäre.
Auf genau dieselbe Rolle sollte er sich bei der Eheschließung zurückziehen. Dann hätte sich der Staat jetzt auch die lächerlichen Verfassungs-Verfahren erspart.
Wer eine große Ehe/Verpartnerungs-Zeremonie haben will, soll sie sich selber außerhalb von Amtsräumen organisieren und bezahlen. So wie es bei Begräbnissen üblich ist, so wie es bei einer Firmung stattfindet, so wie es von der Beschneidung islamischer Buben berichtet wird. Und wie es bei zahllosen anderen privaten Anlässen geschieht.
Nur in einer einzigen, ganz anderen Hinsicht hätte der Staat bei einer Eheschließung, abgesehen von der Ausstellung einer Urkunde, eine wirkliche Aufgabe: Statt Zeremonien sollte er den Brautleuten eine juristische Ehe-Belehrung und -Prüfung angedeihen lassen. So ähnlich wie er es auch bei der Ausstellung von Führerscheinen tut.
Tatsache ist nämlich: Menschen gehen im emotionalen Sturm der ersten Verliebtheit oft sehr unbedacht eine Ehe ein. Und sie begreifen nicht, dass sie damit den für die meisten Menschen folgenschwersten Vertrag ihres Lebens abschließen. Mit oft gewaltigen lebenslänglichen Pflichten und wirtschaftlichen Folgen. Tausendmal wichtiger als die mit Hilfe eines Zitatenlexikon gedrechselten schmalzig-salbungsvolle Worte eines Standesbeamten wäre für die Brautleute eine fundierte Anleitung zum Abschluss eines Ehepaktes, der sie später vor dem Schlimmsten bewahren würde.
Pröll hätte damals noch etwas zweites zu tun gehabt, statt gierig auf Streicheleinheiten der Mainstream-Medien zu warten: Er hätte gerade auch als Finanzminister längst für die Streichung sämtlicher staatlicher Finanzförderungen für kinderlose Ehepaare – und seither eben auch für schwule Partner – kämpfen müssen. Dieses Geld sollte vielmehr konzentriert jenen zugute kommen, die noch Kinder in die Welt setzen und aufziehen. Kinder sind das Einzige, was der Staat in einer Familie (und in Quasi-Familien) zu fördern hat. Hier ist eine echte Lastenteilung notwendig. Das Kinderkriegen ist im staatlichen Interesse erwünscht und daher zu fördern. Dinkies hingegen – Double income, no kids, also kinderlose Doppelverdiener, – produzieren keine künftigen Steuer- und Pensionszahler. Sie sind jedoch die wirtschaftlich am besten situierten Teile unserer Gesellschaft. Es ist absolut nicht einsichtig, dass kinderlose Paare etwa bei Witwen- und Witwerpensionen und bei der Gratismitversicherung in der Krankenkasse von allen anderen subventioniert werden müssen.
Aber Pröll hat damals jede tiefergehende Diskussion vom Tisch gewischt und lediglich nach den kurzfristigen Schlagzeilen gegiert. Das ist mindestens so ärgerlich wie die von ihm verschuldete voreilige Übernahme großer Haftungen in der Finanzkrise (Hypo Alpe-Adria) und die absolut nicht wahrheitsgetreue Darstellung der Gründe seines Rücktritts.
PS.: Übrigens hat Pröll einst auch keine Sekunde der Beförderung zweier linker Politruks zu VfGH-Richtern widersprochen, obwohl knapp davor die SPÖ die verabredete Bestellung seines Kandidaten zum EU-Kommissar verhindert hatte. Womit sich ja der Kreis in Hinblick auf die Rolle des VfGH schließt.
Man sollte sich nie zu früh freuen: Die lange erwartete Anklage gegen die griechischen Chefstatistiker ist kein Hoffnungsschimmer, sondern absolut deprimierend – wenn man sie genauer anschaut.
Der Mann namens Andreas Georgiou als Chef und zwei weitere Mitarbeiter der staatlichen Statistikbehörde werden nicht etwa angeklagt, weil Griechenlands Statistiker jahre- und jahrzehntelang die Miteuropäer belogen und die Lage des Landes brutal geschönt haben; weil sie in Kollaboration mit diversen Politikern Griechenland in den Euro hineingeschwindelt haben; weil sie letztendlich entscheidend dafür waren, dass Griechenland den Miteuropäern Hunderte Milliarden gekostet hat.
Aber nein, wegen all dem wird nicht angeklagt. Der Vorwurf bedeutet vielmehr das Gegenteil! Die Angeklagten sollen das Defizit 2009 zu groß dargestellt haben. Sie sollen Teil einer von Deutschland angeführten Verschwörung gewesen sein, um strenge Sparmaßnahmen durchzusetzen.
Man fasst es nicht, welcher Geist noch immer in Griechenland dominiert. Man fasst es nicht, dass überhaupt jemand auf die Idee kommen kann, solch abstruse Gedanken zu einer Anklage zu formen.
Die paranoiden Fanatiker hinter diesem Strafverfahren begreifen gar nicht, welche Argumentation sie damit ermöglichen: Wenn nämlich die Finanzlage Griechenlands ohnedies nicht so schlimm ist, sondern nur von „Verschwörern“ dramatisiert worden ist, dann hat das klare Konsequenzen. Dann soll das Land uns Miteuropäern einfach unser Geld und unsere Haftungen zurückgeben! Wenn Griechenland das tut, dann hat es auch die volle Berechtigung, die Statistiker anzuklagen. Wenn aber nicht, dann ist es für die wohl absurdeste Verschwörungstheorie der europäischen Nachkriegsgeschichte verantwortlich.
Der Tod von Maria Schaumayer ist nicht nur ein Abschied von der zweifellos bedeutendsten Österreicherin der letzten Jahrzehnte. Er zeigt auch, wie klein alles ist, was ihr nachgefolgt ist, in der Nationalbank, aber auch sonst im wirtschaftlichen und politischen Führungspersonal dieses Landes.
Der Respekt für Schaumayer bezieht sich auf ihre persönliche Integrität, auf ihre Bescheidenheit, auf ihre vielen wohltätigen Initiativen, auf ihre historische Aufrichtigkeit, auf ihr umfassendes ökonomisches Wissen und ihr finanzpolitisches Verständnis, aber zugleich auch auf ihre Standfestigkeit, die untrennbar mit diesem Land verbunden war, mit seinen Interessen, aber auch mit der Kirche, der sie sich stets eng verbunden gefühlt hatte.
Von all den vielen schönen Gesprächen, die ich mit ihr führen durfte, ist mir am stärksten ihr Rückblick auf die 50er Jahre in Erinnerung: Wie ihre Generation damals nach den langen Jahren des Nationalsozialismus, der Besatzung und der Not verzweifelt war, vielfach ans Auswandern dachte – und wie dann fast schlagartig die durch den Staatsvertrag wiedergewonnene Freiheit plötzlich Optimismus, Selbstsicherheit und Zukunftsfreude ausbrechen ließ.
Das ist vielleicht das, was Österreich am dringendsten bräuchte: neues Bewusstsein vom Wert und der Notwendigkeit der Freiheit – und eine Generation mit Menschen wie Maria Schaumayer, die sich mit Tatkraft, aber auch der lehrreichen Erinnerung an die Notzeiten der Zukunft stellt. Diese Generation tritt jetzt endgültig ab. Was folgt ihr nach?
Seit Jahrzehnten werden die Österreicher im Wochentakt durch Berichte aufgeschreckt, die das größer werden von sozialer Kluft, Armut, Ungerechtigkeit, Welt-Unheil und Fußpilz beweisen sollen. Im Dezember künden gleich zwei Berichte von einer sozialen Schieflage – diesmal bei den Vermögen. Und wieder lohnt ein Blick hinter die Zahlen, um Entwarnung zu geben. Oder über das politische Motiv der Herausgeber nachzudenken.
Für den Sozial- und Reichtumsbericht der Stadt Wien scheint die Bundeshauptstadt ein Hort an himmelschreiender Ungerechtigkeit zu sein. Im Vergleich zum Rest-Österreich wären die Vermögen hier besonders ungleich verteilt: 30 Prozent der Wiener besitzen 92 Prozent des Vermögens. Doch das liegt an Österreichs bzw. Wiens Tradition als Mietergesellschaft begründet – und vor allem an der sozialistischen Politik der Stadt Wien. Denn das Vermögen der „Reichen“ besteht ja nicht in Autos, Geld und Uhren (wer könnte so etwas auch messen) – nein, das untersuchte Vermögen besteht zu zwei Dritteln aus dem fiktiven Wert von Immobilien (und zu einem Drittel aus dem der Firmenwerte).
Die Gemeinde Wien besitzt 220.000 Wohnungen, zusätzlich gibt es 80.000 Genossenschaftswohnungen. Mit Steuergeld verbilligt die Gemeinde ihre Mieten künstlich und hält Mieter so davon ab, sich für Wohnungseigentum zu interessieren. Damit besitzen 750.000 (!) Wiener am Papier zwar kein Eigentum, verfügen aber immerhin über eine höhere Realkaufkraft als Wohnungs-Eigentümer.
Die 30 Prozent der „Wiener Reichen“ entsprechen ziemlich genau den 30 Prozent der Wiener, die Wohnungs- oder Hauseigentümer sind. Die exzessive Ausweitung staatlichen Notenbank-Geldes in Europa (und den USA) hat bekanntlich die Immobilienwerte aufgeblasen. Von der Geldschwemme konnten folglich nur Eigentümer und nicht Mieter profitieren. Nur weil eine Eigentumswohnung statt 100.000 Euro jetzt aber 200.000 wert ist, ist sie gleichzeitig nicht auch größer geworden. Der Vermögenszuwachs entstand rein auf dem Papier. Warum soll der nun fiktiv „reiche Besitzer“ jetzt aber real Vermögenssteuer bezahlen, wie Arbeiterkammer und Gemeinde Wien nun unisono fordern?
Der Sozialbericht der Gemeinde Wien wurde von der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) unter der Leitung von Ewald Novotny (SPÖ) erarbeitet. Ein eigener ÖNB-Bericht für das ganze Bundesgebiet stößt ins gleiche Horn, was den ORF sofort folgern lässt: „Die Vermögen in Österreich weisen eine Schieflage auf“.
Dabei müsste einem der Bericht eigentlich Mut machen: Über 20 Prozent der gesamt-österreichischen Bevölkerung besitzen Vermögen von über 300.000 Euro. Weitere 25 Prozent eines von 100.000 bis 300.000 Euro. Nur 39,5 Prozent haben weniger als 50.000 Euro. Und auch österreichweit entsprechen die 45 Prozent der Vermögenden haargenau dem Anteil jener Österreicher, die in den eigenen vier Wänden wohnen.
Markus Marterbauer von der Arbeiterkammer fordert nun die Erhöhung von Reichen-, Erbschafts- und Schenkungssteuer, um die vermeintliche Ungleichheit bei den Vermögen auszugleichen und sozial Schwache zu unterstützen.
Abgesehen davon, dass der europäische Armutsbericht EU Silc für Österreich ein langfristiges Absinken der Armutsgefährdeten (1993: 14 Prozent, 2011: 12 Prozent) und der „Working Poor“ (2004: 7,8 Prozent, 2010: 4,9 Prozent) bemerkt, warnt der von Marterbauer vorgebrachte ÖNB-Vermögensbericht auf Seite zehn: „Im Jahresverlauf 2012 hat sich die Inflationsrate wegen staatlicher Steuer- und Abgabenerhöhungen erhöht.“ Auf Deutsch: Es waren immer die neuen Steuern, die die Realeinkommen Europas kürzten. Und ist es nicht der Machtapparat um die Arbeiterkammer, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer neue und höhere Steuern fordert?
„Mieten“ verhindert jeden Vermögensaufbau. Es führt zu Altersarmut und macht politisch abhängig. Zwar ist die Miete niedriger als die vergleichbare Kreditrate – aber selbst wenn die Differenz auf ein Sparkonto wandert, so verliert das angesparte Kapital über die Zeit durch die wahre Inflation massiv an Wert. Zum Schluss hat der Mieter weder (Wohnungs-)eigentum noch Geld.
Schon im Kindesalter werden die Wiener in Gemeindekindergärten, Staatsschulen und Wiens omnipräsenter (SPÖ-freundlicher) Boulevard-Presse zu braven Miet-Deppen sozialisiert. Als Mieter ist man aber ein ganzes Leben lang auf die Mieter-Partei SPÖ angewiesen – und den Kampf ihres Mieterbundes für maßvolle Mieterhöhungen.
In der Pension steigt der relative Anteil der Miete (am geringeren) Pensionsentgelt. Nun ist man auf die „Pensionisten-Partei“ SPÖ angewiesen – und dass der SPÖ-Pensionisten-Verband für eine kräftige Anhebung der Mindestpensionen kämpft. So rennt man sein Leben lang verzweifelt seinem Traum vom materiellen Glück hinterher und hat zum Schluss doch nichts – außer ein Leben lang nur „rot“ gewählt.
Will man die Wiener vom Preisanstieg bei Immobilien profitieren lassen, muss man sie zu Immobilien-Eigentümern machen. Der schnellste Weg besteht darin, Gemeindewohnungen an Mieter zu verkaufen. Nach zwanzig Jahren Miete sollen die Wiener ihre Wohnung gegen eine Abstandszahlung erwerben können. Alternativ könnten Gemeindewohnungen auch bei kürzeren Mietzeiten zum Marktpreis erworben werden bzw. mit künftigen Mieten gut gerechnet werden können. In beiden Fällen müsste ein 20-jähriges Veräußerungsverbot vereinbart werden.
Wer Vermögens-Ungleichheiten ehrlich bekämpfen will, darf die Bevölkerungsmehrheit nicht mehr trickreich vom Immobilieneigentum fernhalten. Und wenn er es tut, dann muss er so anständig sein, dies im Vermögensbericht entsprechend zu erläutern.
Der Wirtschaftspädagoge und Betriebswirt Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Sein aktuelles Buch „Die Gemeinwohl-Falle“ beschäftigt sich kritisch mit der Armutsdiskussion, aber auch den Thesen Christian Felbers oder Jean Zieglers.
Der Expertenbericht zur Finanzlage des Bundeslandes Salzburg, der am 16. Jänner 2013 präsentiert wurde, lässt unterschiedliche Schlussfolgerungen zu. Der Normalbürger wird möglicherweise daran verzweifeln, weil er eine „endgültige Klärung" erwartet, diese jedoch nicht bekommen hat. Dies liegt nicht an einer möglichen Verdrehung der Fakten. Fakten kann man nicht wirklich verdrehen, deren Präsentation allerdings schon.
Bei der Präsentation der Fakten haben sich die Experten (mit oder ohne Einflussnahme der Landesregierung) für folgende Argumentationslinie entschieden:
Obige Argumentationslinie klingt zweifellos überzeugend. Sie ist jedoch gleichzeitig ein Offenbarungseid.
Man kann ein Schattenportfolio haben und man kann Schattenschulden haben. Man kann aber nicht wirklich ein offizielles Depot mit Schattenschulden finanzieren, weil ja jeder Adam Riese (zumindest der Rechnungshof) fragen würde, womit man denn die Wertpapiere bezahlt hat. Umgekehrt wäre es schon möglich, ein Schattendepot mit offiziellen Schulden zu finanzieren. Die Schulden wären dann bekannt, die Vermögenswerte nicht – und die Schulden würden zu Verlusten mutieren.
Die offizielle Argumentationslinie sagt jedoch ganz eindeutig, dass es Schattenschulden gab mit dem einzigen Zweck, ein Schattenportfolio zu finanzieren. Damit wird es ganz einfach: Man ziehe vom Wert des Portfolios die Schulden ab. Bleibt etwas übrig, hat man gut gewirtschaftet. Hat man ein Minus, dann hat man wirklich ein Minus.
Wenn man vom Schattenportfolio in Höhe von 1.354 Mio. EUR die Schattenschulden in Höhe von 1,828 Mio. EUR abzieht, dann verbleibt ein Minus (Schuldenüberhang) in Höhe von 474 Mio. EUR. Anders ausgedrückt: Man hat 1.828 Mio. EUR Schulden aufgenommen und das Geld in Wertpapiere investiert. Diese Investition ist derzeit nur mehr 1.354 Mio. EUR wert. Ein Normalbürger würde dies als Verlust betrachten.
Interessanterweise liegen diese 474 Mio. EUR nicht allzu weit weg von jener ‚Verlustwarnung‘, die Frau „R“ angeblich errechnet hatte. Frau „R“ sagte, dass diese Verluste entstehen würden, wenn man das Schattenportfolio zu aktuellen Marktkursen liquidieren würde. Die Experten haben nun das Schattenportfolio zu aktuellen Marktkursen bewertet und kamen auf einen Verlust, der sogar über der ‚Verlustwarnung‘ von Frau „R“ liegt.
Wie konnten die Experten die oben ausgeführte Argumentationslinie glaubhaft darstellen?
Das Land Salzburg hatte zusätzlich zum Schattenportfolio noch offizielle Finanzwerte in Höhe von 548 Mio. EUR (451 Mio. EUR Derivatportfolio; 97 Mio. EUR Barguthaben). Diese offiziellen Finanzwerte wurden mit offiziellen Schulden finanziert.
Im Expertenbericht wurden die offiziellen Finanzwerte den Schattenschulden zugeordnet. Daraus ergab sich ein Vermögensüberhang von 74 Mio. EUR aus den so genannten „Finanzgeschäften“, allerdings auch ein Schuldenüberhang von 800 Mio. EUR in der finanziellen Gesamtsituation. Hätte man sich nicht verspekuliert, wäre dieser Schuldenüberhang in der finanziellen Gesamtsituation um 474 Mio. EUR niedriger gewesen.
Klaus R. Kastner
Vier Jahrzehnte Bankmanagement in sechs Ländern (Österreich, Deutschland, England, USA, Chile, Argentinien), davon 1980-87 in Chile/Argentinien als Country Manager vor Ort einer der größten amerikanischen Gläubigerbanken; Studien an Harvard und INSEAD; derzeit in Griechenland tätig.
Vermögenswerte | Verbindlichkeiten | ||
Finanzmanagement | |||
Schattendepot | 1.354 | Schattenschulden | 1.828 |
Derivateportfolio | 451 | ||
Barguthaben | 97 | ||
Finanzvermögen | 1.902 | Schulden | 1.828 |
Abzüglich Schattenschulden |
1.828 | ||
Vermögensüberhang | 74 | ||
Sonstige Aktiva | Passiva | ||
Wohnbaukredite | 605 | ÖBFA Schulden | 605 |
Offizielle Verschuldung | 874 | ||
Summe Aktiva | 605 | Summa Passiva | 1.479 |
Abzüglich Aktiva | 605 | ||
Schuldenüberhang | 874 | ||
Gesamte Finanzsituation | |||
Summe Aktiva | 2.507 | Summe Passiva | 3.307 |
Abzüglich Aktiva | 2.507 | ||
Schuldenüberhang | 800 |
Erläuterung: ÖBFA = Österreichische Bundes-Finanzierungsagentur
Der britische Premierminister David Cameron hat mit seiner großen EU-Rede eine lobenswerte Debatte begonnen. Und er hat dabei Wichtiges gesagt, dem viele Millionen Europäer zustimmen werden. Auch wenn der Machtapparat im restlichen EU-Europa jetzt über ihn herfallen wird. Aber wenn man nicht auf die Briten hört und eingeht, werden ihnen bald weitere Völker folgen.
Dass Cameron ein Referendum für einen EU-Austritt angekündigt hatte, war ja erwartet worden. Er hat dafür aber ein auffallend fernes Datum gesetzt. Er tut dies natürlich zum Teil deshalb, weil er in seiner Partei auch scharfe EU-Gegner hat. Er tut dies aber auch – und das beweist insbesondere die lange Frist –, weil er in dieser Zeit auf qualitative Reformen in der EU hofft. Die zusammengefasst in unseren Terminologie vor allem eine Rückkehr zur Subsidiarität bedeuten würden.
Es ist relativ dümmlich, wenn Frankreich binnen Minuten nach der Cameron-Rede sagt, man werde den Briten beim Weg aus der EU den Roten Teppich ausrollen. Denn in Wahrheit, so könnte man mit Fug und Recht sagen, wäre der Rote Teppich für einen Ausstieg Frankreichs noch viel wichtiger: Frankreich ist das Haupthindernis für eine Reform der EU-Agrarpolitik; Frankreich gefährdet mit der absurden Erhöhung seiner Sozialausgaben wie etwa der Senkung des Pensionsantrittsalters und der Erhöhung der Beamtenzahlen die Stabilität des gesamten Euro-Raums; Frankreich hält mit seinem Protektionismus für wichtige Industriefelder (von der Energie bis zur Eisenbahn) die Binnenmarkt-Regeln viel weniger ein als die Briten.
Viel wichtiger als die bloße Referendums-Ankündigung ist aber der zentrale Satz Camerons: Hauptgrund für die britische Mitgliedschaft in der EU sei der Binnenmarkt. Und den will er nicht verlassen.
Genau darum geht es: Sehr viele Länder und Bürger haben sich deshalb für die EU entschieden, weil der gemeinsame Binnenmarkt mit seinen vollen und noch immer nicht ganz hergestellten Freiheiten für Güter, Kapital, Bürgern und Dienstleistungen in einer modernen Industriewelt überlebenswichtig ist. Er ist unverzichtbar für die Hoffnung auf Jobs, auf Wachstum, auf zumindest Wohlstandswahrung.
Vieles andere, wohin sich die EU in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten entwickelt hat, ist hingegen überflüssig. Vieles hat sich auch geradezu als schädlich und menschenfeindlich entwickelt. Dabei geht es um viele sich als Verschwendung erweisende Förderprojekte. Dabei geht es vor allem um sozialtechnologische und politisch korrekte Eingriffe in unser aller Leben.
In so manchen Bereichen hat die EU statt der erwarteten vierfachen Freiheit des Binnenmarktes immer mehr Unfreiheit und Regulierung bedeutet. Das hängt wohl auch zunehmend damit zusammen, dass rund um die Jahrtausendwende die Linke und vor allem viele Grüngesinnte begonnen haben, die einst von ihnen bekämpfte EU zu instrumentalisieren. Sie haben in der EU plötzlich das perfekte Instrument entdeckt, freiheitsbeschränkende Projekte voranzutreiben, mit denen sie national nie durchgekommen wären.
Warum etwa müssen Österreich und im Konkreten vor allem Niederösterreich auf EU-Anordnung Gebiete unter Naturschutz stellen, die sie gar nicht wollen? Warum etwa muss Österreich wie auch jedes andere EU-Land neuerdings eigene(!) Bürger an die Justiz anderer EU-Länder ausliefern? Warum muss Europa als einzige Industrieregion der Welt die These von der menschenverursachten Erderwärmung mit selbstbeschädigender Schärfe umsetzen? Um nur drei von Hunderten Fehlentwicklungen anzusprechen.
Daher ist der britische Grundgedanke absolut richtig: Es muss zumindest die Wahlfreiheit hergestellt werden, nur beim Binnenmarkt mitzumachen – dort aber voll und wirklich! – und sich vom Rest zu dispensieren. Zu dem natürlich auch die immer übler werdenden direkten und indirekten Folgen des Euro gehören (Schuldenmechanismus, Bankenunion, Finanztransaktionssteuer usw.). Zu dem die zunehmenden „intellektuellen“ Attacken gegen das Recht auf nationale Identität gehören.
Cameron: "Es gibt eine wachsende Frustration, dass die EU den Menschen angetan wird, anstatt in ihrem Interesse zu handeln."
Wie wahr. Auch wenn in den nächsten Tagen Hunderte von Leitartiklern, Politikern und Diplomaten so tun werden, als wäre Cameron das Problem – und nicht die Fehlentwicklungen Europas.
Bei einer unerwartet hohen Wahlbeteiligung von über 50 Prozent steht fest: Rund 60 Prozent der Wähler wünschen eine Beibehaltung der von Sozialisten und Grünen bekämpften Wehrpflicht. Nach einer auf niedrigstem Niveau geführten Wahlauseinandersetzung wurde eine primär militärisch relevante Frage großteils durch nicht-militärische Erwägungen entschieden. Hauptmotive der siegreichen Wehrdienstbefürworter waren nämlich die Beibehaltung des (für verschiedene Blaulichtorganisationen wichtigen) Zivildienstes, ein weiterhin gesicherter Katastrophenschutz und die Überzeugung, der Militärdienst übe auf junge Männer eine, auf welche Weise auch immer, disziplinierende Wirkung aus.
Einige interessante Details: In den Bundesländern gab es – teilweise sehr deutliche – Mehrheiten für die Wehrpflicht. Einzig in der rot-grün regierten Bundeshauptstadt fand sich eine Mehrheit zugunsten des Wechsels zu einem Berufsheer. Ob die Lorbeeren für diesen Erfolg nun eher den roten Wiener Parteisoldaten oder den Unterschichtmedien zustehen, die bis zuletzt – natürlich absolut selbstlos und nur der Sache verpflichtet – vehement die Geschäfte der Genossen besorgt hatten, ist schwer abzuschätzen.
Die Jungen stimmten mit deutlicher Mehrheit pro Berufsheer, mussten sich aber der erdrückenden Macht der Alten (die mit ebenso großer Mehrheit für die Beibehaltung der Wehrpflicht stimmten) beugen. Gegen die Interessen der Silberlocken ist in der rapide vergreisenden Alpenrepublik heute eben keine Wahl mehr zu gewinnen.
Besondere Bedeutung erhält diese Entscheidung angesichts der Tatsache, dass im Frühjahr in mehreren Bundesländern (in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und Tirol) Wahlen anstehen und im Herbst des Jahres auch zum Nationalrat gewählt wird. Hätten sich die Sozialisten bei der Wehrpflichtabstimmung durchgesetzt, hätten sie – und deren grüne Wunschpartner für eine Koalitionsregierung – damit kräftigen Rückenwind für diese wesentlich wichtigeren Abstimmungen erhalten. Der Umstand, dass die geballte Medienmacht der „Kronen Zeitung“, einiger Gratisgazetten und des ORF den Roten keinen strahlenden Sieg bescheren konnte, lässt für den Herbst hoffen. Eine (radikal) linke Mehrheit scheint heute so unwahrscheinlich zu sein, wie schon lange nicht mehr.
Dass die Frage der Wehrpflicht am 20. 1. 2013 nicht ein für allemal entschieden wurde, liegt auf der Hand. Nicht deshalb, weil es wohl auch weiterhin Raum für berechtigte Kritik am bestehenden System geben wird, sondern weil jene (in- und ausländischen) Kräfte, die österreichische Truppen unbedingt als dauerhaften Bestandteil eines – jederzeit auch zu aggressiven Missionen „out of area“ bereiten – Militärbündnisses sehen wollen, wegen einer schief gegangenen Volksbefragung natürlich nicht aufgeben werden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Nach langem Zureden durch Kardinal Schönborn und seinen Caritas-Direktor Landau haben also die fast zur Gänze islamischen und fast zur Gänze abgewiesenen Asylwerber bekanntgegeben, dass sie ihren Hungerstreik abbrechen. Das lässt eine interessante Bilanz ziehen.
Die österreichische Politik hat sich zumindest bisher als lobenswert standfest und nicht erpressbar erwiesen. Was sie hoffentlich auch dann nicht sein wird, wenn der groß inszenierte Hungerstreik eventuell doch einmal die letalen Folgen haben wird, die ja seltsamerweise schon zu Weihnachten von Sympathisanten prophezeit worden sind. Aber trotz der in diesem Fall von den einschlägig aktiven Medien mit Gewissheit entfachten Erregung gilt juridisch wie moralisch: An einem Selbstmord ist immer noch der Selbstmörder samt seinen Helfern und Sympathisanten schuld, jedoch nicht jener, der damit erpresst werden sollte. Sich aber nicht ließ.
Im Gegenteil: Wer sich einmal erpressen lässt, wird regelmäßig zum Opfer werden!
Freilich beginnt nun der Erste einzuknicken. Nämlich der SPÖ-Klubchef. Josef Cap meint, man solle Asylwerbern doch eine Arbeitsgenehmigung erteilen. Das klingt harmlos und logisch. Wenn sich Cap aber gegen seine Gewohnheit einmal wirklich genauer mit einer Frage befassen würde, dann würde er freilich wissen: In Wahrheit können Asylwerber längst schon arbeiten – tun dies aber nur zu einem verschwindend kleinen Prozentsatz. Sie können auch schon nach der jetzigen Rechtslage arbeitend Geld verdienen: als Saisonniers oder als Zeitungszusteller. Wenn ich angeblich so verzweifelt arbeiten will, wäre das doch schon was, auch wenn es halt noch nicht der Job eines Universitätsprofessors für Politikwissenschaft ist.
Übrigens sind in früheren Zeiten bei einem Wetter wie diesem auch Schneeschaufler gesucht und bezahlt worden, ohne dass man nach Arbeitserlaubnis oder Versicherung gefragt hätte. Die werden aber interessanterweise nicht mehr gesucht, offenbar weil sich auch für diese Arbeit weder ein Asylwerber noch sonst jemand findet. Aber wenn Cap schon nach Arbeitsmöglichkeiten für die Asylwerber sucht, bräuchte er ja nur seinen Freund Häupl anzurufen, doch ein paar Schneeschaufler aufzunehmen. Der ist ja ohnedies ein Spezialist für gute Ratschläge.
Der Grund für die erstaunliche – und im Widerspruch zu den plakativen Forderungen stehende – Arbeitsunlust ist einem Funktionär unserer Asylindustrie in einem Interview mit der „Presse“ entschlüpft. Viele Asylwerber hätten nämlich „Angst, aus der Grundversorgung zu fallen.“ Na dann. Wer wird schon so blöd sein, auf das leistungsfreie österreichische Geld zu verzichten, das ein Vielfaches des Durchschnittseinkommens in der eigenen Heimat beträgt!
Apropos Asylindustrie: Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt (natürlich nicht die in Wien) hat ein hochinteressantes Verfahren gegen einen jener Vereine aufgenommen, die sich scheinbar so heldenhaft und uneigennützig um die Asylwerber kümmern. Dem evangelischen Diakonie-Flüchtlingsdienst wird gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Der geht so: Die Diakonie erhält für jede Rechtsberatung eines Asylwerbers einen Pauschalbetrag von 191 Euro. Die wackeren Helfer lassen sich aber von ihren Klienten dennoch rechtswidrig eine Vollmacht ausstellen, eventuelle Entschädigungen für eine zu Unrecht verhängte Schubhaft zu kassieren. Mit diesen Ermächtigungen geht die Diakonie dann zur Finanzprokuratur der Republik, um die dann fälligen 660 Euro Verfahrensaufwand zu kassieren.
Die Staatsanwaltschaft sieht darin mit gutem Grund einen Betrug. Man sollte auch bei der Diakonie wissen, dass man nicht für etwas noch einmal kassieren darf, wofür man schon einmal pauschal bezahlt worden ist.
Die Rechtfertigung der Diakonie für dieses Vorgehen grenzt schon an die Ausreden eines Karl-Heinz Grasser: Diese Ermächtigungen seien, so heißt es, freiwillig ausgestellt worden. „Aber wir bitten den Flüchtling, das zu spenden.“ So der Diakonie-Gutmensch Michael Chaloupka im O-Ton. Na dann. Was heutzutage alles schon „freiwillig“ und eine „Spende“ ist.
Noch ein Apropos: Diesmal zum obersten katholischen Helfer der abgewiesenen Asylanten. Vielleicht findet der eifrige Votivkirchen-Besucher Schönborn wenigstens jetzt in der Essenspause der Besetzer die Zeit, sich auch einmal um wirklich verfolgte Menschen zu kümmern. Oder ihnen wenigstens einen kurzen Gedanken der Solidarität zu widmen. Das sind nämlich die Christen in vielen islamischen Ländern und nicht die moslemischen Migrationswilligen ohne Asylgrund in Österreich. Dass er vielleicht auch einmal so viel Zeit fände, um an Solidaritäts-Veranstaltungen für die ob ihres Glaubens ermordeten oder inhaftierten Christen teilzunehmen, wage ich freilich nicht einmal zu träumen.
PS.: In Kirchenkreisen wird gemunkelt, dass Schönborn mit seinem Verhalten – nur er ist ja dafür verantwortlich, dass die Kirche nicht geräumt wird, – sein schubladisiertes Pfarrprojekt wieder beleben will. Nämlich deren drastische Reduktion. In Umsetzung dieses Konzepts wird jetzt halt als erstes die Votiv-Pfarre überflüssig gemacht, nachdem die Caritas deren Pfarrer ohnedies schon für „überfordert“ erklärt hat. Und wenn dann dieses Projekt erledigt ist, könnte man den kommunistischen Drahtziehern der Besetzung einfach die Adressen weiterer für überflüssig gehaltener Pfarren in die Hand drücken. Am Eingang seiner eigenen Bischofskirche hat Schönborn freilich sicherheitshalber Aufpasser postiert, die schön darauf schauen, dass der Dom keineswegs besetzt wird. Bleibt nur die Frage, ob das nicht eigentlich furchtbar inhuman ist, wenn man diesen armen Menschen das Dom-Dach über dem Kopf verwehrt. Aber wie gesagt, dass ist alles nur kircheninternes Gemunkel . . .
Das schlechte Abschneiden von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bei den israelischen Wahlen erinnert ganz an Österreich.
Denn Netanyahu wurde genauso schon wochenlang davor als sicherer Sieger gehandelt wie 2006 Wolfgang Schüssel. Und in Österreich ist damals genauso wie während der letzten Wochen in Israel nur noch debattiert worden, mit wem denn der sichere Wahlsieger nachher koalieren werde. Das stellte sich dann als doppelt katastrophal für den jeweiligen Favoriten heraus. Erstens wählten viele Menschen nicht mehr den erwünschten Regierungschef, sondern den, mit dem dieser koalieren sollte; denn scheint die wichtigste Frage beantwortet, so wendet man sich halt der zweitwichtigsten zu. Zweitens wurde Netanyahu wie Schüssel für den Versuch bestraft, mit einem themenlosen Wohlfühl- und Schlafwagen-Wahlkampf den prophezeiten Sieg heimzufahren. Aber gerade bürgerliche Wähler müssen immer erst emotional aktiviert und in Bewegung gesetzt werden; das heißt, sie müssen sich ärgern oder vor etwas fürchten. Sie sind aber wenig willens, für themenlose Selbstzufriedenheit Belohnungen auszustellen. Der einzige Unterschied: Netanyahu verlor zwar sogar ein Viertel seiner Mandate, blieb aber dennoch Nummer eins. Das Ergebnis ist trotzdem vergleichbar: Es wird auch in Israel fast unmöglich, eine neue Regierung zu bilden, die eine kohärente Politik macht.
Die heimischen Illusionsträger - die nicht nur aus Christoph Schönborn und Michael Landau bestehen - sollten wenigstens hie und da zuhören, was nach Europa zugewanderte Muslims denken und fordern. Und was auch bei den sich gemäßigt gebenden Muslims immer unwidersprochen bleibt. Warum sollten sie auch den islamischen Herrschaftsanspruch über Europa ablehnen?
Es wäre gewiss spannend, was die wenigen Intelligenten Menschen in der radikalen Linken über die von ihnen so heftig unterstützten Muslime wirklich denken, etwa über deren Attacken auf Homosexuelle. Und es wäre noch interessanter, wenn der ORF auch einmal solches Bild- und Tonmaterial senden würde, wie es in dem Link zu sehen und hören ist. Aber in der dumpfen Gutmenschlichkeit verdrängt man ja alles, was nicht ins schlichte eigene Weltbild passt. Und all die in dem Video zu hörenden Gewaltandrohungen können in Europa unter den Schutz der Meinungsfreiheit völlig konsequenzenlos ausgestoßen werden (während die österreichischen Richter und Staatsanwälte schon die korrekte Beschreibung der Sexualgewohnheiten Mohammeds streng verfolgen).
Vielleicht könnten aber auch jene Teile der Kirche, die sich so begeistert mit den abgewiesenen Asylwerbern in der Votivkirche solidarisieren, wie etwa die Ordensgemeinschaften, auch einmal wenigstens einen Halbsatz der Solidarität mit jener ägyptischen Familie sagen, die nun wegen des Übertritts zum Christentum mit 15 Jahren Haft bedroht wird. Wäre da nicht christliches Empfinden viel mehr am Platz? Warum nur sind so viele Menschen begeistert, wenn ihr Europa untergeht, wenn ihre Kirche verfolgt wird?
Viele europäische Regierungen haben Algerien kritisiert – aber keine hat eine echte Alternative zu dessen Vorgehen nach der großen Geiselnahme anzubieten. Im Grunde sind alle froh, nicht selber vor Entscheidungen gestanden zu sein. Das in Algerien entstandene Blutbad zeigt nämlich, wie sehr die ganze zivilisierte Welt vor kaum lösbaren Aufgaben steht. Der Umgang mit Terrorismus und Geiselnahmen wird immer mehr zur zentralen Sicherheits-Herausforderung. Der Jubel über die rasch befreiten Geiseln hält sich mit der Trauer über die von den Entführern getöteten die Waage.
Natürlich kann man sich wie Österreich auf den bequemen Standpunkt stellen: Von „uns“ war nur ein einziger dabei und der hat sich irgendwie herausschlagen können; jetzt sind den Österreichern die Vorgänge an der nordafrikanischen Erdgasanlage wieder völlig egal. Die Medien kämpfen nur um das erste – mutmaßlich teure – Exklusivinterview mit dem Mann. Der Rest war irgendwas irgendwo in der Wüste.
Doch begeht man dabei einen gefährlichen Irrtum, wenn man die Sache schon wieder abhakt: Denn gerade österreichische Techniker, Facharbeiter und sonstige Experten sind in einer wachsenden Vielzahl bei solchen und anderen Projekten in der Dritten Welt beschäftigt. Daher geht auch die Österreicher der Terrorüberfall viel an und insbesondere die Frage des „Was tun?“.
Wenig sinnvoll wäre jedenfalls die Stammtisch-Antwort: Na, dann sollen die Leute halt besser daheim bleiben und sich dort redlich nähren. Die Umsetzung solcher Gedanken würde zu einem dreifachen Schaden führen.
Erstens bringen diese Projekte den Entwicklungsländern einen wesentlichen Beitrag zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung. Und nur die Wirtschaft ist für die Stabilisierung und den Fortschritt dieser Länder relevant, während die gesamte, von Gutmenschen ständig verlangte Entwicklungshilfe auch bei einer Verdreifachung nur einen Tropfen auf heiße Steine bedeuten kann.
Zweitens sind Öl- und Erdgasimporte für die europäische Energieversorgung absolut unverzichtbar. Dies gilt umso mehr, als Länder wie Österreich auf die Nutzung neuentdeckter Gasvorräte im eigenen Land komplett verzichten, weil Umweltschützer der Politik Panik eingejagt haben (dabei könnte Österreich solcherart autark werden). Wer freilich im eigenen Land nicht das geringste Risiko eingehen will, muss erst recht in fremde Länder gehen, wo es viel größere Risken und Probleme zu bewältigen gibt.
Drittens wäre es auch ohne die Energieproblematik absolut selbstbeschädigend (und zugleich menschenrechtswidrig), arbeitswilligen jungen Männern und Frauen den Weg in die weite Welt zu verbauen. Denn selbstverständlich trägt es einen Gutteil zum europäischen Wohlstand bei, wenn diese Menschen dort ihr Wissen anwenden und auch gut verdienen können. Man sollte im eigenen Interesse nur alles tun, damit sie die Bindung an die Heimat behalten. Man schaue nur auf die Schweiz: Das Land, das den Beitritt zur EU immer verweigert hat, ist international wirtschaftlich enorm vernetzt. Sie ist nur durch ihre Handelsströme und die vielen Auslandsschweizer zu ihrem Reichtum gekommen. Und nicht durch Käse- und Schokolade-Erzeugung.
Das heißt: Die Vorgänge in Mali oder Algerien gehen die Europäer genauso an wie jene in Libyen oder Somalia. Man denke nur, welch gewaltigen menschlichen und wirtschaftlichen Schaden Europa durch die Piraterie vor den Küsten Somalias erlitten hat. Diese ist erst durch massiven Einsatz westlicher – auch chinesischer – Marine-Kräfte weitgehend beendet worden. Obwohl Pazifisten, Juristen, Grüne und Fundamentalchristen vehement dagegen agitiert hatten.
Durch die notwendige wirtschaftliche (und durch die nicht notwendige, aber interessante touristische) Präsenz ist man aber auch allen lokalen Risken ausgesetzt: Diese bestehen neuerdings insbesondere auch im Risiko von Geiselnahmen und finanziellen (wie in Somalia) oder politischen (wie jetzt in Algerien) Erpressungen. Die europäischen Gesellschaften sind aber in ihrer sicheren und wohlgeordneten Umwelt nicht mehr vorbereitet auf solche Herausforderungen. Wie sollen sie richtigerweise reagieren?
Aus etlichen Stellungnahmen von Regierungen geht indirekt die Haltung hervor, die in den letzten Jahrzehnten insgeheim schon oft praktiziert worden ist: Verhandeln, nachgeben, keinesfalls das Risiko von Menschenleben riskieren und insgeheim über dunkle Kanäle Lösegeld zahlen. Aber natürlich ohne dass es die Öffentlichkeit erfährt.
Natürlich können sich Politiker ein wenig in der Publicity sonnen, wenn jahrelang gefangen gehaltene Risikotouristen plötzlich wieder lebendig aus der Sahara zurückkommen. Und wenn niemand genau fragt, wie das plötzlich möglich war. Oder wenn höchstens vage auf die Vermittlung befreundeter arabischer Politiker verwiesen wird. Es wird jedoch nie dazugesagt, dass auch diese charmanten Vermittler die Regeln ihrer Region genau kennen: Jede Ware hat ihren Preis – und auch Geiseln sind eine Ware.
Das war und ist aber mit Sicherheit der falsche Weg. Denn durch jedes Nachgeben hat man die Entführer, aber auch Nachahmetäter zu immer neuen Geiselnahmen und zu immer neuen Piratenüberfällen ermutigt. Mit dem gezahlten Geld konnten die Banden auch ihre Ausrüstung, Logistik und Schlagkraft ständig weiter verbessern. Ob sie nun zur See, im Großstadtdschungel oder in der Wüste operieren.
Im Dienste der internationalen Rechtsordnung und Sicherheit wäre also ein konsequentes Vorgehen gegen jeden, der Lösegeld zahlt, (auch Versicherungen tun das oft) notwendig. Es wäre jedenfalls wichtiger als der seit ein paar Jahren eskalierende Aktionismus gegen Schmiergeldzahler. Aber die Rechtsverfolgungsbehörden schauen bei Lösegeld gerne weg und bei Schmiergeld umso schärfer hin. Dabei war in früheren Jahren – im Ausland! – bezahltes Schmiergeld nicht nur toleriert, sondern sogar steuerlich absetzbar gewesen.
Man muss jedenfalls bei eingehender Analyse der vielen Entführungen der letzten Jahre und Jahrzehnte zu dem für sensible europäische Ohren unangenehmen Schluss kommen: Die Aktion der algerischen Armee und Polizei gegen den großangelegten Terrorüberfall auf die Besatzung eines Erdgasfelds war notwendig und richtig. Trotz der schmerzhaften Anzahl von Todesopfern. Aber jedes andere Vorgehen hätte Prozesse ausgelöst, an deren Ende noch viel mehr Todesopfer und Leid gestanden wären.
Die Algerier haben auch insofern richtig gehandelt, als sie ohne lange internationale Koordinationsgespräche und sehr rasch zugeschlagen haben. Dadurch haben sie verhindert, dass die Geiselnehmer psychologischen Druck aufbauen konnten. Man stelle sich nur vor, wenn jetzt monate- oder auch jahrelang emotional belastende Videos und Fotos in Medien auftauchen würden, in denen die Entführten um Lösegeldzahlung und Verzicht auf jede Intervention flehen. Gleichzeitig hätten die Geiseln in ihren Botschaften die Tortur eines jahrelangen Daseins in ständig fliehenden Wüstenkarawanen vermittelt.
Nach Erhalt solcher Botschaften hätten die emotionsgierigen Medien unweigerlich ihre Regierungen massiv unter Druck gesetzt. Darauf hätten wiederum diese keinen anderen Ausweg gesehen, als ihrerseits Algerien politisch, diplomatisch und wirtschaftlich massiv unter Druck zu setzen. Bis Algerien schließlich nachgegeben hätte. Was zu der skizzierten Spirale an immer schlimmeren Geiselnahmen geführt, aber den Regierungen ein paar Wochen Erleichterung gebracht hätte. Was ja oft als entscheidend gilt, agieren doch Europas Regierungen ohnedies fast nie mehr in längerfristigen Perspektiven.
Gewiss wird noch lange über die Details der Befreiung diskutiert werden. Haben die algerischen Soldaten nicht taktische Fehler begangen? Hätten sie nicht dieses oder jenes anders machen können? Nachher sind bekanntlich immer alle klüger. Es ist dennoch jedenfalls gut, aus jeder solchen Aktion Lehren für das nächste Mal zu ziehen. Dabei können nun westliche Sicherheits- und Militärexperten zusammen mit Algerien durchaus konstruktiv die Vorgänge analysieren. Auf die Befreiungsaktion ganz zu verzichten oder sie unendlich zu verschieben, wäre aber sicher nicht die richtige Alternative gewesen.
Wenn der Westen und seine Medien ehrlich wären, müssten sie auch viel ehrlicher ihre eigenen Fehler analysieren. Es erweist sich immer mehr als ein solcher Fehler, beim Sturz der Herrscher über Tunesien, Libyen und Algerien mit- und nachgeholfen zu haben. Denn es gibt massive Hinweise, dass die algerischen Geiselnehmer von den in Libyen plötzlich herrenlos gewordenen Waffen profitiert haben, dass also Gadhafis Sturz geradezu kausal für die große Aktion gewesen ist.
Zugleich muss man sich eingestehen, dass in keinem der Länder des arabischen Frühlings Demokratie und Rechtsstaat ausgebrochen sind. Die Wirtschaft ist sogar vielfach kollabiert. Es wird weiter gefoltert. Es gibt weiter Korruption. Die Christen werden sogar viel mehr verfolgt als früher. Die Lage der Frauen hat sich ebenfalls verschlechtert. Und die neuen Machthaber haben zum Teil eine große Nähe zu islamistischen Terror-Gruppierungen.
Um es noch direkter zu sagen: Die jetzige ägyptische Regierung wird mit Sicherheit bei Ausbruch eines neuen Nahostkrieges nicht so friedlich bleiben wie der gestürzte Mubarak, sondern mit den von Amerika gelieferten Waffen gegen Israel kämpfen. Die politische Intervention zu Mubaraks Sturz wird in einer objektiven Geschichtsschreibung zweifellos als einer der ganz großen Fehler des Barack Obama eingehen. Und die militärische Intervention in Libyen bleibt auf dem Schuldkonto der Herrn Cameron und Sarkozy. Von der Verantwortung der Medien gar nicht zu reden, die ihre jeweiligen Regierungen überhaupt erst zum Fallenlassen einstiger Verbündeter getrieben haben.
Wie berechtigt ist in diesem Licht die Intervention des nunmehrigen französischen Präsidenten Hollande in Mali? Diese ist wohl positiver zu beurteilen als einst bei Sarkozy, obwohl auch sie mit starkem Blick auf das innenpolitische Image des amtierenden Präsidenten erfolgt ist. Positiv ist jedenfalls, dass Hollandes Intervention nicht primär populistisch unter dem Druck der Medien erfolgt ist. Das macht aber noch gar nicht den großen Unterschied zu den Interventionen in Libyen oder Ägypten aus.
Bei der Beurteilung einer Intervention kann es in Wahrheit nämlich nur um ein einziges Kriterium gehen: Stellt die Regierung, gegen die interveniert wird, auch eine Bedrohung nach außen dar? Das ist bei den im Nord-Mali derzeit herrschenden Total-Fundamentalisten zumindest nach den vorliegenden Informationen stark anzunehmen. Die engen Verbindungen zu Al-Kaida deuten darauf hin, dass in Mali nun ein neues Aktionsgebiet für diese Terrorgruppe nach derem mühevollen Zurückdrängen in Afghanistan und Somalia entstehen würde. Und das sollte um fast jeden Preis vermieden werden, hat Al-Kaida doch schon viele Tausend Todesopfer gefordert – im Westen wie in der islamischen Welt.
So sehr der Steinzeit-Islam mit abgehackten Händen und entrechteten Frauen auch abzulehnen ist: Gegen diese Exzesse müssen die betroffenen Menschen eines Landes selbst zum Kampf antreten – auch wenn dies, wie etwa Iran und Saudi-Arabien zeigen, extrem mühsam ist. Aber von außen aufgestülpte Modernisierung und Liberalität funktionieren in aller Regel nicht. Das müssen die Völker selber durchsetzen und lernen.
Daher ist auch der von Politikern und Diplomaten gepriesene Slogan von den „Humanitären Interventionen“ ein Irrlicht. Auch schon aus Gründen der Größenordnung: Weder Europa noch die USA sind imstande und willens, all die Regime zu stürzen, die Menschenrechte in grober Weise verletzen. Denn dazu müsste eigentlich weit man mehr als der halben Welt den Krieg erklären: von China bis zum Großteil der islamischen Länder. Diese Vorstellung ist völlig absurd. Interventionen können nur dann legitim sein, wenn die üblen Regime dieser Welt nicht nur ihre eigenen Bürger, sondern auch andere Länder bedrohen. Demokratisierung von außen klingt zwar edel, aber diese Vision des George W. Bush war ein vollkommener Fehler.
Daher sollte man auch das Gerede von der „Humanitären Intervention“ rasch wieder beerdigen. Die Legitimität eines solchen militärischen Angriffs führt nur dazu, dass Regierungen medial regelmäßig dann unter Druck kommen einzugreifen, wenn Zeitungen und Fernsehen intensiver über einen Konflikt berichten. Sonst aber nicht. Damit werden die Medien zu den künftigen Machern der Welt- und Kriegspolitik ernannt. Und sie können einen Krieg herbeischreiben, wenn es sonst zuwenig zu berichten gibt. Die Medien nehmen sich dann irgendeines der üblen Regime dieser Welt vor und setzen es auf die Abschussliste. Das geschieht zufälligerweise vor allem dann, wenn eine PR-Agentur von irgendjemandem mit einigen Millionen beauftragt worden ist, ein Land zu kritisieren . . .
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Faktum ist, dass die Österreicher kaum dafür gewonnen werden können, den Gasanbieter zu wechseln. Die Wechselrate lag bisher bei einem Prozent. Nun könnte aber etwas Wind in die Branche getragen werden: Bereits zwei deutsche Billiggasanbieter versuchen den heimischen Markt aufzumischen, erste Erfolge sind zu verzeichnen.
Das passt den beiden großen – und teuren – Gasanbietern EVN und Wien Energie gar nicht in den Kram. Also versucht man die Gaskunden zu verunsichern, indem man an die Wand malt, dass Billiganbieter unter Umständen nicht liefern können und man daraufhin in einer kalten Wohnung sitzt.
Marc Hall, Obmann des Fachverbandes Gas-Wärme und Vorstand der Wiener Stadtwerke AG fragt: „Was haben die Haushalts- und Unternehmenskunden davon, wenn ihr Lieferant zwar billiges Erdgas anbietet, er es aber dann, wenn es kalt ist, nicht liefern kann?
Stimmt das? Nein, das ist ein Märchen. Für einzelne Haushalte kann es kein Problem geben. Wenn ein Anbieter Lieferschwierigkeiten hat, wird die Lücke aus dem Ausgleichsenergiemarkt gedeckt. Auf dieses Instrument haben in der Vergangenheit schon einige Lieferanten zurückgegriffen. Auch bei den großen Gaskrisen 2009 und 2012 hat jeder Haushalt sein Gas bekommen. Auch das Argument, Verbraucher sollten ihren Lieferanten fragen, ob er Erdgasspeicher gebucht habe, ist Unsinn.
Im Rahmen des neuen Gaswirtschaftsgesetzes 2011 überprüft die E-Control derzeit die Versorgungsstandards der Lieferanten. In Zukunft müssen die Gaslieferanten für den Ausfall der Hauptversorgungsquelle durch zwei Ersatzlieferanten vertraglich gesichert sein.
Das ändert aber nichts daran, dass auch derzeit niemand befürchten muss, dass Gas für seine Heizung fehlt.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Bundesland | Wehrpflicht | Berufsheer | Wahlbeteiligung |
Burgenland |
50,6 |
49,4 |
57,4 |
Kärnten |
63,2 |
36,8 |
50,3 |
Niederösterreich |
60,9 |
39,1 |
62,2 |
Oberösterreich |
62,5 |
37,5 |
56,0 |
Salzburg |
60,8 |
39,2 |
52,7 |
Steiermark |
65,8 |
34,2 |
49,2 |
Tirol |
62,5 |
37,5 |
47,4 |
Vorarlberg |
66,2 |
33,8 |
48,1 |
Wien |
46,1 |
53,9 |
44,1 |
Österreich gesamt |
59,7 |
40,3 |
52,4 |
Quelle: BMI
Zivildienst erhalten |
74 |
Heer/Zivildienst Beitrag der Jugend |
70 |
Katastrophenschutz |
63 |
Neutralität |
58 |
kein Konzept für Berufsheer |
54 |
Heer soll nicht aus Berufssoldaten bestehen |
54 |
besser für Sicherheit |
50 |
kostengünstiger |
43 |
zeitgemäß |
23 |
ÖVP dafür |
4 |
FPÖ dafür |
4 |
Quelle: ISA/SORA Wahltagsbefragung des ORF
Bevölkerungsgruppe | Wehrpflicht | Berufsheer |
Frauen |
55 |
45 |
Männer |
64 |
36 |
unter 29-jährige |
37 |
63 |
30-59-jährige |
61 |
39 |
60 und älter |
71 |
29 |
war bei Heer/Zivildienst |
68 |
32 |
nie bei Heer/Zivildienst |
50 |
50 |
Quelle: ISA/SORA Wahltagsbefragung des ORF
Berufsheer |
45 |
Wehrpflicht |
55 |
Wahlbeteiligung |
45 |
Hinweis: kumulierte Umfragedaten vor der Abstimmung, gewichtet auf das Endergebnis;
Quelle: GFK Austria
Es ist ja verständlich, dass sich die ORF-Redaktion mit dem Ergebnis der Volksbefragung sehr schwer getan hat. Ihre Leichenbittermiene mochte man daher durchaus in Kauf nehmen. Aber an diesem Sonntagabend haben sie sich in Sachen Manipulation und gleichzeitiger Unfähigkeit selbst übertroffen.
Da gab es etwa eine totale Schwarz-rot-Inszenierung der aktuellen Berichterstattung. Diese beiden Parteien vertreten aber nach fast allen aktuellen Umfragen nicht einmal mehr die Hälfte der Bevölkerung. Dennoch tut der ORF so, als ob es die restlichen Parteien – und damit die Hälfte seiner Kunden – so gut wie gar nicht gäbe. Sie bekamen jedenfalls nur ein Zehntel der großkoalitionären Präsenz. Dabei ging es bei der Befragung ja um ein wichtiges Sachthema und gar nicht um Parteien.
Da setzt sich der hauseigene Chefredakteur vor die Kamera und palavert über die jüngeren Wähler, die mehrheitlich für das Berufsheer gestimmt haben. Dabei verliert er sich in für niemanden mehr logisch nachvollziehbare Theorien des Inhalts, dass diese Jungen (die in Wahrheit oft zum ersten Mal wählen!) Wechselwähler seien. Der Zweck seiner Mäander wurde aber am Schluss klar: Er konnte so aus der SPÖ doch noch den Sieger der Befragung machen. Der Herr Dittlbacher war wohl in seinen AZ-Zeiten Sieger im parteiinternen Bewerb in Sachen Kronprinzenfrage. Dabei geht es bekanntlich um jenen „Prüfer“, der auch die allerblödesten Antworten eines debilen Kronprinzen als richtig darzustellen versteht.
Da wurde am Abstimmungsabend mehrfach klar gemacht (etwa auch vom Innenpolitik-Ressortleiter), dass ja das Ergebnis nichts wert wäre, weil laut einer Studie drei Viertel der Wehrpflichtfreunde nur des Zivildienstes wegen für diese Pflicht gestimmt hätten. Das ist ein wunderschönes Beispiel, was passiert, wenn man aus einem „auch“ ein „nur“ macht. Denn laut der gleichen Studie haben auch 54 Prozent der Wehpflicht-Befürworter gesagt, das Heer solle nicht nur aus Berufssoldaten bestehen. Sehr viele haben sich also durchaus Gedanken über das Heer und nicht nur über den Zivildienst gemacht. Ferner haben 50 Prozent explizit geantwortet, sie wären für die Wehrpflicht, weil diese besser für die Sicherheit ist. Aber das alles erfuhren die ORF-Kunden im Gegensatz zur mehrfach wiederholten Zivildienst-These nie. So kann man in der Darstellung und Berichterstattung aus einer – mutmaßlich – korrekten Studie das Gegenteil herauslesen. Offen mag nur bleiben, ob die sogenannten Redakteure das aus voller Manipulationsabsicht tun oder nur, weil sie einfach zu blöd sind?
Da wird zwar Norbert Darabos gefragt, ob er zurücktreten wolle. Aber in den zahllosen Analysen des ORF samt seinen milieuüblichen Politologen kam das Thema Rücktritt dann überhaupt nicht vor. Dabei wäre das in jedem anderen Land der zentrale Streitpunkt gewesen: ob ein Politiker, der eine so schwere Demütigung erlitten hat, glaubwürdig im Amt bleiben kann; ob ein nach Selbstauskunft „enttäuschter“ Minister jetzt noch sinnvoll amtieren kann; ob solcherart nicht das ganze Heer durch unerträgliche Schizophrenie gelähmt wird.
Da wird – offensichtlich um den Erfolg für die Wehrpflicht zu schmälern – mehrfach eine Graphik gezeigt, in der auch die Nichtwähler gleichberechtigt vorkommen. Die scheinen in dieser Darstellungsform dann plötzlich – trotz der sensationell hohen Wahlbeteiligung und des unerwartet deutlichen Ausganges der Wahl – als stärkste Einzelgruppierung auf. Nun: Diese Darstellungsweise ist an sich durchaus legitim. Nur müsste man sie dann auch dort anwenden, wo man damit Wahlerfolge der SPÖ (Bundespräsident, Wien, Nationalrat) dramatisch relativieren würde. Bei solchen Wahlen aber hat es diese Graphik noch nie gegeben.
Diese Darstellungsweise wäre aber auch beim sonntägigen Befragungsergebnis lustig geworden, nämlich beim Wiener Ergebnis – wo sie der ORF jedoch nicht eingesetzt hat. Natürlich. Natürlich? Obwohl Wien als einziges Bundesland eine klare Mehrheit für das Berufsheer erbracht hat, würde sich dieser linke Sieg total relativieren, wenn man die Wiener Nichtwähler so wie im Bund in die Darstellung einbezogen hätte.
In Wien war nämlich der Anteil der Nichtwähler viel größer als in allen anderen Bundesländern! Beim Spitzenreiter Niederösterreich lag die Wahlbeteiligung um mehr als 14 Prozentpunkte über der in Wien. Hätte man das etwa in einer Ergebnis-Graphik auch gezeigt, oder es zumindest mündlich klargemacht, dann wäre der Eindruck eines Berufsheer-Erfolgs in Wien dramatisch relativiert worden. Denn im Blick auf die Zahl aller Wahlberechtigten ist in Wien der Anteil der Berufsheer-Freunde nur um weniger als 2,2 Prozentpunkte höher denn im Bundesschnitt.
Die geringe Teilnahme reduziert natürlich auch das gesamtösterreichische Gewicht Wiens signifikant. Es haben sowohl in Niederösterreich wie in Oberösterreich jeweils um 100.000 bis 200.000 Menschen mehr abgestimmt als in Wien. Auch das haben ORF-Seher nie erfahren.
Zu diesen schweren Manipulationen in einer Stunde Wahl-Berichterstattung (die ORF-Diskussion habe ich dann schon gemieden, weil mein Masochismus eben doch Grenzen hat) kommen noch jede Menge handwerkliche Unzulänglichkeiten. Technischer Natur waren etwa mehrere Blackouts und krachende Mikrophone; redaktioneller Natur war vor allem die schwere Überforderung des Herrn Leitner (Leitner sehen, heißt Nostalgie nach Broukal oder HF Mayer haben). Er hat statt Ruhe nur Nervosität ausgestrahlt – und natürlich auch Ärger über das Ergebnis –, wobei die unkorrigiert gebliebene Verwechslung von Lebensjahren mit Prozenten noch am leichtesten hinzunehmen war. Wenigstens brachte seine weibliche Partnerin professionelle Ruhe in den Ablauf.
All diese Dinge werden im ORF von Woche zu Woche und von Monat zu Monat schlimmer. Weil dort von Dittlbacher bis Weinzettl nur noch überforderte Polit-Protegés in Funktionen kommen. Weil dort ein Generaldirektor amtiert, der Null Ahnung vom Programmmachen und von einem Informationsmedium hat. Weil Herrn Wrabetz die seriös sein sollenden Inhalte seines Senders nicht einmal interessieren.
Die Festnahme von sechs Besetzern bzw. Asyl-Protestierern der Votivkirche hat bedauerlicherweise zu keiner Veränderung der grundsätzlichen Situation im Gotteshaus geführt. Ganz im Gegenteil hat u.a. die Caritas das Vorgehen des Verfassungsschutzes kritisiert und damit die Einzementierung des Schutzes rechtswidriger Aktivitäten vorangetrieben.
Animiert durch Erlebnisse anlässlich eines Lokalaugenscheins in der Votivkirche am 21.12.2012 hatte ich einen Artikel zum Thema des sogennanten Asylcamps in der Votivkirche verfasst – und um einige Grundsatzforderungen zur Asylpolitik ergänzt – der auch auf diesem Blog erschienen ist.
Ich habe daraufhin unzählige, auch persönliche Reaktionen erhalten, die mir bestätigen, dass diese, den kirchlichen und staatlichen Autoritäten längst entglittene, Aktion im Begriff ist, für die Kirche in Österreich schweren Schaden anzurichten. Ich habe daher am 8. Jänner ein Schreiben an Bischofsvikar Schutzki gerichtet, in dem ich um die sofortige Beendigung dieses unhaltbaren Zustandes ersuchte. Da ich darauf keine Antwort erhielt, habe ich mir erlaubt, ein Schreiben gleichlautenden Inhalts auch an den hochwürdigsten Herrn Kardinal, Eminenz Schönborn, zu richten. Ich möchte die darin enthaltenen Überlegungen der Lesergemeinde dieses Blogs nicht vorenthalten.
Die Menschen, die mir in dieser Angelegenheit nicht nur aus Österreich, sondern auch aus Deutschland und der Schweiz schreiben und von denen sich viele als aktive Katholiken deklarieren, sind entsetzt und empört über die Verhaltensweise kirchlicher Entscheidungsträger, die illegal in Österreich lebende Menschen ermutigen, die durch eine gesetzeswidrige Aktion gewonnene Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für radikale und unerfüllbare politische Forderungen zu missbrauchen und damit gleichzeitig einen Kirchenraum zu entweihen.
Es ist nicht einfach nur „blauäugig", nach mehreren Wochen der möglichen Reflexion, von der verzweifelten Herbergsuche hilfsbedürftiger „Menschen in Bedrängnis" zu sprechen. Diese Menschen suchen nichts weniger als eine „Herberge" und ihre Forderungen haben nichts mit einer humanitären Zwangslage oder der Urgenz unmittelbarer Grundbedürfnisse zu tun.
Es ist schwer zu begreifen, dass auch noch so fromme Kirchenmänner sich weigern, zur Kenntnis zu nehmen, dass die wohlbekannten, jetzt seit Wochen kolportierten und immer wieder erneuerten Forderungen, wie „Anerkennung wirtschaftlicher Asylgründe", „Bleiberecht für alle", „Löschung von Fingerprints", „Berechtigung zur Teilnahme am Arbeitsmarkt" usw. gesellschaftspolitische (und nicht humanitäre) Konzepte von äußerster Tragweite darstellen bzw. beinhalten, deren Betreibung nicht Gegenstand einer aktionistischen Provokation sein kann.
Es wäre absurd, auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, ob einige Dutzend Personen – wer immer diese auch sein mögen – berechtigt sein könnten, der Gemeinschaft eines acht-Millionen-Staates auch nur die Diskussion über Forderungen aufzunötigen, deren Effekte unmittelbar die legitimen Interessen aller Staatsbürger der Republik Österreich betreffen bzw. schädigen. Menschen, die meinen, politische Entscheidungsfindungen von beträchtlicher Reichweite auf diese Weise erpressen zu können, geben damit zu verstehen, dass sie mit der politischen und sonstigen Kultur unseres Landes nichts gemein haben.
Diejenigen kirchlichen Entscheidungsträger, die es verabsäumt haben, den Asylwerbern klar und deutlich zu sagen, dass die dafür vorgesehenen Orte für folgenschwere politische Entscheidungen das Parlament, die politischen Parteien, die Ministerialbürokratien, die einschlägigen internationalen Einrichtungen usw. sind, haben aktiv falsche Erwartungen geweckt und sind für die desaströsen menschlichen und politischen Folgen verantwortlich. Die Kirche hat hier vor den Augen der Öffentlichkeit vorgeführt, dass das entsetzliche Amalgam aus fachlicher Inkompetenz und menschlicher Fehleinschätzung dieselben bitteren Konsequenzen hat wie bewusste Böswilligkeit. Unfähigkeit und Sünde sind auf der politischen Ebene substitutive Güter!
Sollten für die hungerstreikenden Asylsuchenden gesundheitliche Schäden oder noch schlimmere Folgen eintreten, haben die Wiener Oberhirten zumindest die moralische, möglicherweise sogar die strafrechtliche Verantwortung, denn sie haben Schutzbefohlene systematisch falsch beraten.
Noch ist es nicht zu spät! Der Kardinal und der Caritas-Chef sind aufzufordern, die „Kirchenbesetzer" – auch gegen deren Willen – in warme Quartiere zu überstellen und die evidenten Fehler der Kirchenführung in der Öffentlichkeit zu korrigieren. Auch eine offizielle Entschuldigung gegenüber dem Kirchenvolk, das diese Entgleisung jetzt wochenlang mit Langmut – aber wachsendem Unverständnis und Ingrimm – ertragen hat, wäre angebracht. Schließlich haben romtreue Katholiken, zu denen ich mich zähle, die große Sorge, dass die österreichische Kirche diese Fehlleistung nicht ohne Aderlass übersteht.
Für den Fall, dass der Herr Kardinal für die erforderlichen juristischen, organisatorischen und logistischen Maßnahmen in seinem unmittelbaren Umfeld keine Hilfestellung erhalten sollte, ist diese mit Sicherheit aus dem großen Reservoir treuer Katholiken zu rekrutieren. Worauf wartet die Kirchenführung?
Mag. Christian Zeitz ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie und versteht sich als evangelikaler Katholik
Die Wahlen in Niedersachsen haben an Spannung die österreichische Volksbefragung, bei der ja von der ersten Sekunde an alles klar gewesen ist, weit übertroffen. Mit Nasenspitzenlänge scheinen schlussendlich Rot und Grün ein Mandat mehr als Schwarz und Gelb zu haben. Damit dürfte sich in der Nacht ein davor noch stundenlang feststehendes Ergebnis mit umgekehrten Vorzeichen umgedreht worden sein. Dennoch wird es nun wohl jede Menge Debatten und Anfechtungen geben.
Aber wenn dabei nichts Gravierendes auftaucht, ist klar: In der Demokratie ist eine Stimme mehr eine Mehrheit. Punkt.
Die Ungewissheit, die auch lang ein Patt als möglich erscheinen hat lassen, ist Folge des extrem komplizierten deutschen Erst- und Zweitstimmensystems, das auch ständig wegen seiner Widersprüche die deutschen Höchstgerichte beschäftigt. Dieses Ergebnis könnte daher sehr leicht noch zu Nachzählungen, Unklarheiten und Rechtsstreitigkeiten führen.
Jedenfalls ist ein Regierungswechsel in Niedersachsen für die Regierung von Angela Merkel eine Katastrophe. Die Linksparteien erhalten im Bundesrat eine Blockademehrheit und werden zumindest bis zum Wahltag der Berliner Koalition keinen Gesetzeserfolg mehr gönnen. Selbst wenn das Ergebnis noch so sehr im deutschen Interesse wäre wie etwa das von den Linken abgelehnte Abkommen mit der Schweiz, das den Deutschen viel Geld brächte.
Eine weitere Auffälligkeit: Es hat noch nie so viele Leihstimmen gegeben wie diesmal in Niedersachsen. Die vom Ausscheiden aus dem Landtag bedroht gewesene FDP ist durch CDU-Leihstimmen plötzlich nicht nur drinnen gewesen, sondern gleich auf zehn Prozent gesprungen. Sie hat also ihr Umfrageniveau verdreifacht.
Die Wähler werden aus eigenem immer raffinierter. Es ist zumindest nach außen kein Aufruf der CDU-Führung bekannt geworden, FDP zu wählen, es wurde auch keine diesbezügliche Mundpropaganda öffentlich. Aber wenn alle Medien rätseln, ob die FDP aus dem Landtag fliegt; und wenn sie dann auch noch gleich die für die CDU verderblichen Konsequenzen eines solchen Ausscheidens darstellen, dann gibt es genug intelligente Wähler, die selber wissen, wie sie ihrer CDU am besten helfen.
Denn die CDU profitiert von ihren Stimmverlusten Richtung FDP. Durch die schwarzen Leihstimmen sind plötzlich auch die 3-4 Prozent FDP-Wähler wahlwirksam geworden, die es laut übereinstimmenden Meinungsumfragen gewesen wären. Diese FDP-Stimmen wären sonst wirkungslos in den Papierkorb gewandert. Ohne Wiederbelebung der FDP-Stimmen wäre die rot-grüne Mehrheit in Hannover haushoch geworden. Ohne den Verlust dieser Leihstimmen, also ohne FDP-Mandatare, hätte zwar die CDU nach allen Umfragen einen großen Sieg errungen, hätte aber keinerlei Chance auf ein verlängertes Regierungsmandat gehabt.
Natürlich wäre in Hannover nun auch eine große Koalition möglich. Sie ist aber angesichts der sozialdemokratischen Stimmungslage unwahrscheinlich. Warum soll die SPD einen schwarzen Ministerpräsidenten wählen, wenn sie selbst die Regierungsführung übernehmen könnte?
Von der ebenfalls theoretisch möglichen Variante Schwarz-Grün redet in Deutschland fast niemand. Zu Recht, obwohl das in Österreich ganz anders ist. Aber in Wahrheit passen Schwarz und Grün noch viel schlechter zusammen als Schwarz und Rot. Nur positionslose Chamäleons können das anders sehen. Die gibt es freilich unter Medienkommentatoren häufig genug.
Das Spannendste wird aber wohl sein, ob sich FDP-Parteichef Rösler durch diesen (geliehenen) Erfolg retten kann. Längst stand schon die gesamte FDP-Spitze mit dem Dolch im Gewande hinter ihm, um den gebürtigen Vietnamesen als Parteichef zu killen. Ein Ausscheiden aus dem niedersächsischen Landtag wäre dafür der perfekte Vorwand und Anlass gewesen. Jetzt wird in der FDP wohl heftig gestritten, wie viele Leihstimmen da wirklich dabei waren, ob nicht Rösler vielleicht doch die Wende zu einem Wiederaufstieg der FDP geschafft hat, und vor allem: Mit wem wird die nächste Bundestagswahl am besten zu schlagen sein – mit Rösler oder mit Brüderle?
Die SPD hingegen verweigert sich der Frage nach einem Wechsel des Spitzenkandidaten. Sie bleibt an Peer Steinbrück in dieser Funktion kleben. Dabei steht außer Streit, dass Steinbrücks Patzer in letzter Zeit Hauptursache dafür waren, dass die SPD bei den Umfragen der letzten Wochen in Niedersachsen – und deutschlandweit –zurückgefallen ist. Bis dann der sichere rot-grüne Sieg fast verspielt gewesen wäre.
Auf den ersten Blick erscheint Steinbrücks Klebefähigkeit mit der von Norbert Darabos vergleichbar. Dennoch tut man Steinbrück mit diesem Vergleich nicht nur intellektuell Unrecht. Er hat erstens noch keinen eigenen Wahlkampf verloren. Zweitens würde sich derzeit jeder Herausforderer gegen die Übermutter Merkel schwer tun. Und drittens würde bei einem Rückzug Steinbrücks erst recht die Häme über die SPD losbrechen.
So sehr derzeit der Machtwechsel in Niedersachsen, seine Folgen für die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und die Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die FDP sowie Nicht-Auswirkungen auf die SPD im Vordergrund stehen: Das Allerwichtigste ist in Wahrheit das Nichteinrücken zweier Parteien. Sowohl die Linke wie auch die Piraten sind draußen. Beide aber waren medial einst zu großer Bedeutung hinaufgeschrieben worden.
Die Linke hat im Westen Deutschlands keine Chance mehr. Die linke Schickeria ist bei den Grünen viel zu tief verankert und sie will schon gar nichts mit der ostdeutschen Altfunktionärstruppe der Linken zu tun haben. Daran kann auch die Kommunistin Sahra Wagenknecht trotz ihrer attraktiven Erscheinung als neuer Star der Linken nichts mehr ändern.
Ebenso wichtig wie erfreulich ist das Draußenbleiben der Piraten. In Zeiten wie diesen will (fast) niemand die Geschicke eines Landes in die Hände von Chaoten legen, die in keiner Frage wissen, wo sie hinwollen, aber überall davon reden, WIE sie hinwollen. Nämlich durch ein kompliziertes Internet-System namens Liquid democracy. Das nur leider nie wirklich funktioniert.
Was bleibt, sind zwei Blöcke aus jeweils zwei Parteien, die gegeneinander mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen im Ring stehen, die aber untereinander jeweils fast untrennbar verbunden sind. Nur als Notlösung gibt es bisweilen große Koalitionen, die von allem anderen als großer Liebe getragen werden. Die beiden Kleinparteien sind hingegen gut beraten, sich nicht einmal andeutungsweise mit der gegnerischen Großpartei zu arrangieren. Denn dann würden sie untergehen. Vor allem die FDP hätte keine einzige Leihstimme bekommen, wenn offen gewesen wäre, ob sie mit Schwarz oder Rot koaliert.
Die letzte Erkenntnis klingt banal und alt; sie ist aber in Niedersachsen wieder einmal mit großer Schärfe deutlich geworden: Es kommt immer wieder auf jede einzelne Stimme an. Auch wenn es sich bei der Mehrzahl der Wahlen im Nachhinein als völlig egal erweist, wie man selbst abgestimmt hat.
Das Ergebnis der Volksbefragung ist überwältigend – und macht unglaublich viel Lust auf mehr. Wir wollen mehr Mitsprache – notfalls selbst in den unbeholfenen und unzureichenden Formen, wie sie uns unsere Parteien derzeit erlauben.
Ich muss heute ein Urteil revidieren, das ich am Beginn der Volksbefragungs-Geschichte abgegeben habe: Selbst in dieser unzulänglichen und parteipolitisch instrumentalisierten Weise hat sich die direkte Demokratie als erfolgreich erwiesen. Das konnte ich ursprünglich gar nicht glauben. Es war einfach sensationell, in den letzten Tagen zu erleben, wie sich so viele Österreicher eingehend mit einer Frage auseinandergesetzt haben, die die Bundesregierung überfordert hat. Selbst einfache Menschen, die keinen Blick in die politischen Teile der Zeitungen werfen, haben sich ein von Tag zu Tag differenzierter werdendes Bild gemacht. Und den Blick für das Wesentliche gewonnen. Ja, ihnen ist auch die Landesverteidigung ein Anliegen, weil sie zum Unterschied von Krone&Co Österreich lieben.
Dementsprechend ist von Tag zu Tag die Unterstützung für die Herren Darabos, Häupl und Faymann zurückgegangen. Dementsprechend hat umgekehrt die Wahlbeteiligung auch alle anfänglichen Erwartungen und Befürchtungen übertroffen. Das hat niemand erwartet.
Natürlich hat das Alles auch – aber eben nur in zweiter Linie – parteipolitische Dimensionen. Die ÖVP hat ihre Stammwähler voll mobilisieren können. Die städtischen Linkswähler sind hingegen großteils daheim geblieben. Die Darabos-Kampagne konnte sie keine Sekunde lange mobilisieren. Und auch die alte SPÖ-Strategie, die Jungwähler zu begeistern, wenn man den Burschen eine Reduktion ihrer Pflichten verspricht, funktioniert nicht mehr. Das hat bei Kreisky noch Wahlen beeinflusst, als er die 68er Generation durch weniger Wehrdienst begeistern konnte. Heute hingegen zeigen auch viele der Jungen durchaus Bereitschaft zu einem Dienst an der Gemeinschaft.
Muss Darabos nun gehen? Es wäre schön. Das war zweifellos für viele Wähler auch ein besonderer Grund, zur Wahl zu gehen. Ob er wirklich geht, hängt aber in Wahrheit stark davon ab, ob die SPÖ überhaupt noch einen Ersatz für den undankbaren Posten findet. Dort muss man ja jetzt das exekutieren, wogegen man gekämpft hat. Was niemand will.
Noch erfreulicher als die Niederlage für Darabos ist die endgültige Götterdämmerung für die zugeschriebene Macht der Boulevardzeitungen und so mancher Möchtegern-Qualitätszeitung. Sie bedrucken zwar viel Papier, sie bewegen aber immer weniger Menschen in ihren politischen Haltungen. Denn die Österreicher sind viel reifer, als es ihnen die politische Klasse zuschreibt.
Aus all diesen Gründen ist es nun geradezu wünschenswert, dass man beispielsweise auch die Gesamtschul-Idee einer Volksbefragung unterzieht. Dann wäre nämlich auch dieser linke Schwachsinn ein für allemal vom Tisch und man würde nicht immer wieder mit einem schon 90 Jahre alten Rohrkrepierer konfrontiert, mit einer Idee, die noch in keinem Land funktioniert hat.
Die Drohung des Wiener Bürgermeisters – der ja höchstpersönlich auch am Wehrpflicht-Schwenk der SPÖ schuld ist –, eine Befragung über die Schulen durchführen, ist in meinen Augen daher in Wahrheit ein wunderbares Versprechen. Das einzige, worauf dabei ÖVP und FPÖ aufpassen muss, ist die Formulierung der Fragestellung: Diese dürfte keinesfalls so manipulativ sein wie bei den bevorstehenden Wiener Befragungen, wo Rot und Grün vereint ihre undemokratische Einstellung durch die Fragentexte zeigen. Das worum es bei diesem Thema gehen muss, ist eine Frage nach dem Zwang zur Gesamtschule, also zu Schulen, in die oft mehr als 80 Prozent Ausländer gehen.
Und nach der Gesamtschule bitte noch ein paar Abstimmungen zu all den übrigen Unsinnigkeiten, mit denen uns die Linksparteien und die mit ihr mehrheitlich geistig eng verbündeten Journalisten seit Jahr und Tag quälen. Hier gleich die Formulierungsvorschläge:
Vor allem aber wünschen wir uns das, was die Linken so gar nicht wollen: „Sind Sie für zwingende und verbindliche Volksabstimmungen, wenn 400.000 Österreicher das fordern?“
Wenn man mit diesen Fragen durch ist, dann steht Österreich deutlich besser da. Und dann kann man ruhig die nächsten Dummheiten der politisch-medialen Klasse abfragen. Vom Asylrecht bis zu Konsequenzen für arrangierte Zwangsehen und für Kopftuchzwang.
Bei der Bundesheer-Abstimmung geht es um Österreich, um seine Sicherheit, um seine Mitbürger in Nöten. Dennoch sind die Volksbefragung und ihre Begleitumstände keineswegs dazu angetan, mich mit fliegenden Fahnen zur Abstimmung schreiten zu lassen. Aber alles in allem stoße ich jedoch deutlich auf mehr Gründe, die mich zu einem eindeutigen Abstimmungs-Ja zur Wehrpflicht veranlassen.
Unstrittig ist es für mich, jedenfalls hinzugehen. Denn wer sich in der Art des Heinz Fischer lebenslang um Entscheidungen drückt, gibt jenen recht, die dem Volk die Fähigkeit zur Mitentscheidung absprechen. Und das darf keinesfalls passieren, auch wenn diese Befragung in vielerlei Hinsicht ganz anders aussieht, als eine direkte Demokratie etwa nach Schweizer Muster organisiert sein sollte.
Diese Gründe bringen mich in der Summe zu einem klaren Ja zur Wehrpflicht. Dennoch haben mich einige andere Faktoren bei diesem Ja ziemlich gestört.
Ganz unabhängig vom Ausgang der Befragung müsste eine ganze Reihe von Aufgaben auf der Tagesordnung stehen. Die aber so oder so wohl wieder nicht angegangen werden.
Unter allen politischen Prozessen, die derzeit geführt werden, war jener gegen einen Kärntner Freiheitlichen, weil er einen Richter als „Kröte“ beschimpft hatte, der lächerlichste.
Selbstverständlich ist es richtig, dass das Verfahren mit einer einvernehmlichen Diversion – also ohne Verurteilung – geendet hat. Schon die Tatsache, dass es überhaupt zu einem hochnotpeinlichen Verfahren gekommen ist und Staatsanwälte dafür viel Zeit aufgewendet haben, war peinlich genug. Peinlich für jene Teile der Justiz, die sich offenbar nur dann gut vorkommen, wenn sie unter Beifall der Mainstream-Medien täglich einen Politiker verspeisen. Noch peinlicher ist, dass sich gleich die Justiz eines ganzen Bundeslandes in so einer Lappalie für befangen erklärt hatte. Bei keinem anderen Beleidigten als einem freiheitlichen Politiker wäre es überhaupt so weit gekommen (auch wenn man sich oft zu Recht über sie ärgert). Staatsanwälte wie Richter täten also jetzt gut daran, sich ohne Schaum vor dem Mund auf die – rasche!! – Abwicklung der Verfahren gegen Politiker zu konzentrieren, statt sich in Lächerlichkeiten zu verlieren. Und trotz des Drucks der Medien ist ganz offensichtlich in einem Gutteil der Verfahren auch eine Einstellung am Platz, bevor es noch zu einem Prozess kommt. (Hoffentlich fällt im übrigen niemand auf, dass Ernst Strasser die Staatsanwälte als „Schweine“ bezeichnet hat, sonst hätten wir gleich das nächste Monsterverfahren).
PS.: Ich selbst habe vor vielen Monaten zum ersten Mal in meinem Leben eine, mit vielen Dokumenten versehene, Strafanzeige erstattet. Es geht um einen offensichtlich groß angelegten Internet-Betrug unter desinteressierter Mithilfe von Banken. Bisher habe ich freilich nicht einmal einen diesbezüglichen Anruf bekommen. Wie sollte das auch sein, wenn die Justiz mit so wichtigen Dingen befasst ist.
Paragraph 5 Absatz der 3 der österreichischen Strafprozessordnung ist im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen bemerkenswert klar: Beschuldigte oder andere Personen zur Unternehmung, Fortsetzung oder Vollendung einer Straftat zu verleiten oder durch heimlich bestellte Personen zu einem Geständnis zu verlocken, ist unzulässig. Lockvögel einzusetzen, die die eigenen Bürger zu Straftaten provozieren, damit diese eingesperrt werden können, ist ein Markenzeichen nichtdemokratischer Staaten.
Der Agent Provocateur ist im österreichischen Recht also verboten. Die genannte Bestimmung bezieht sich freilich lediglich auf die Polizei. Das erstaunt. Normalerweise darf ja die Polizei in der Aufklärungsarbeit mehr als die übrigen Bürger.
Wenn es nun in Mode kommen sollte, dass Journalisten Politiker zu Straftaten verführen, muss man sich dennoch erstens die Frage stellen, ob diese Journalisten schon nach der jetzigen Rechtslage nicht selbst als Anstifter von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden müssten. Zweitens muss man legitimerweise fragen, ob derartige Methoden, die der Polizei ausdrücklich verboten sind, der Ethik des modernen Journalismus entsprechen. Dann bietet sich ja ein weites Betätigungsfeld: von der Provokation von Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen (beispielsweise Steinewerfen auf Polizisten) über Vermögensdelikte bis zum Mord gäbe es tolle Geschäftsmodelle.
Und drittens: Wenn Journalisten das straffrei dürfen, müsste auf Grund des Gleichheitssatzes die erfolgreiche Provokation eines strafbaren Verhaltens eines anderen für jeden Bürger straflos sein. Dann allerdings sind wir nicht mehr weit vom Überwachungsstaat entfernt, in dem sich die Bürger gegenseitig bespitzeln.
Wenn man sich all diese Konsequenzen durchdenkt, kann der Rechtsstaat eigentlich nur zu einer Konklusion kommen: Anstiften zu Straftaten sollte für alle verboten sein, nicht nur Polizisten. Auch die Macht der Medien darf nicht zu Narrenfreiheit führen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da empörte sich Österreich gar nicht zu Unrecht über den Einsatz eines weiblichen Lockvogels in der Tierschützerszene, der ganz schön weit gegangen sein soll. Jenseits aller Verschwörungstheorien, die den meisten Beobachtern den Blick auf das Wesentliche verstellen können, sollten wir die aktuelle Gelegenheit nützen, den Agent provocateur zu ächten, um keine Vernaderungsmentalität aufkommen zu lassen. Denn diese trägt einen noch viel gefährlicheren Keim der Zerstörung in sich als die Charakterschwäche eines mittelintelligenten Durchschnittspolitikers.
Der aktuelle Anlass wirft aber auch noch eine zweite Frage auf: Wenn wir es für richtig halten, dass ein Politiker, der sich zu einer folgenlosen Bereitschaft einer Geldannahme provozieren ließ, mit vier Jahren Haft bestraft wird: Welche Strafen sehen wir dann für Politiker vor, die tatsächlich Geld genommen haben?
Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.
Manche Österreicher lassen sich durch den wachsenden linken Gesinnungsterror doch nicht einschüchtern.
Wie etwa durch den Handstreich, mit dem der Karl-Lueger-Ring abgeschafft worden ist: Plötzlich waren die Straßentafeln überklebt. Unerlaubt? Ja, aber doch absolut harmlos gegen die immer ärgere Einschränkung der Bürgermitbestimmung und gegen die wachsende Gewalttätigkeit linker Gruppen in der Stadt.
Der gigantische Schneefall im Osten Österreichs hat dort fast alles verändert. Nur unsere liebe Gewerkschaft nicht.
Denn während ringsum alle fieberhaft werken, um das Leben trotz der weißen Massen in Rekorddimensionen (vermutlich eine Folge der globalen Erwärmung) einigermaßen in Gang zu halten, hat sich auch die Gewerkschaft zu Wort gemeldet. Mit einer einzigen Botschaft: Selbst bei einer Schneekatastrophe dürfe keinesfalls die Höchstarbeitszeit überschritten werden. Und wenn doch, dann solle das sofort angezeigt werden. Jetzt frage ich mich nur noch: Soll man diesen Schwachsinn (der freilich weitgehend der ebenso „lebensnahen“ Judikatur vieler Arbeitsgerichte entspricht) unter „Gewerkschaftliches Fingerspitzengefühl“ oder eher unter „Gewerkschaftliche Solidarität“ ablegen?
Die Exponenten der seit vielen Jahren in diversen Bereichen höchst engagierten Waldviertel Akademie luden für den Tag neun vor der ersten österreichweiten Volksbefragung zu einer Podiumsdiskussion über das am 20. Jänner zur Abstimmung stehende Thema „Wehrpflicht oder Berufsheer“ nach Hirschbach ein. Hirschbach, wo genau ist das, fragte selbst ich Waldviertler mich?
Und dorthin kommen ein ehemaliger Verteidigungsminister, der amtierende Generaltruppeninspektor, der Caritas-Präsident (er ließ sich von seinem Generalsekretär vertreten), der Präsident des Roten Kreuzes in Niederösterreich und als Moderator ein renommierter Journalist? Also auf nach Hirschbach! Es liegt ziemlich in der Mitte des Waldviertels (circa 15 km östlich von Gmünd) und der Vereinssaal war mit geschätzten 250 Personen bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Thema ist also offensichtlich ein großes Anliegen für die Bevölkerung, auch wenn der geringe Anteil Jugendlicher nicht nur für den ebenfalls am Podium vertretenen Jugendvertreter ein Thema war.
„Unser“ Bundesheer und seine Zukunft, untrennbar mit unserem über die Neutralität definierten und entstanden Österreichbewusstsein verbunden, steht zur Debatte! Welches andere Thema würde es wert sein, Gegenstand der ersten österreichweiten Volksbefragung zu werden? Im Bemühen, Bürgerrechte und Elemente der direkten Demokratie zu stärken, wie es immer wieder hierzulande und auch auf EU-Ebene betont und gefordert wird, wäre diese Gelegenheit demnach höchst zeitgerecht und gelegen gekommen.
Applaus, Applaus, wenn nicht die Geschichte ganz anders begonnen hätte und die Art und Weise, wie gerade zu diesem Thema das Volk aufgefordert wurde, sich zu äußern, einem engagierten Bürger schlichtweg den Magen umdreht! Die Debatte wurde durch einen regionalen Wahlkampf vom Zaun gebrochen, ein beflissener Minister fühlte sich verpflichtet, strammstehend zu reagieren, der hohen Politik wurde das Thema schnell zu heiß und so reichte sie es dem Wählervolk zur Entscheidung weiter („was immer rauskommt, werden wir befolgen“). Konkrete und fundierte Information wird es auch bis zur Stunde null vor der Abstimmung nicht geben. Schlimmer konnte es der jungen Pflanze Bürgerbeteiligung und gerade diesem enorm bürgernahen Thema kaum ergehen!
Meine vielleicht naive Vorstellung von Bürgerbeteiligung – sicher jedenfalls für diesen Fall – ist, dass die von uns für die Zukunftsgestaltung gewählten Politiker das Thema aufbereiten, klare Eckpunkte setzen, Rahmenbedingungen festlegen, Alternativen ausarbeiten, fundierte Zahlen und Fakten für diese auf den Tisch legen und auch verifizieren lassen (jeder Hersteller von Hautcreme muss heutzutage nachweisen, dass diese wirklich Falten beseitigt, wenn er sie als solche anpreist!), und die Bevölkerung dann erst um ihre Entscheidung oder Präferenzen fragen. All das ist in diesem Fall nicht geschehen!
Das Konzept einer neuen Sicherheitsstratgie liegt dem Vernehmen nach seit einiger Zeit in den Schubladen des österreichischen Parlaments. Es wäre doch wohl nicht unlogisch gewesen, dieses Papier vor einer Volksbefragung über die Zukunft des Bundesheeres ebendort ausführlich zu diskutieren? Weite Bereiche unserer Sozialdienste hängen unmittelbar vom derzeitigen System des Zivildienstes ab. Die Berechnungen, wie viel neue Lösungen kosten, gehen meilenweit und nicht nachvollziehbar auseinander. Wie soll auf dieser Nicht-Basis das Volk entscheiden?? Brauchen wir ein verpflichtendes „Österreichjahr“ (wie es eine Diskussionsteilnehmerin treffend nannte) für alle Jugendlichen – also auch die weiblichen – und dürfen wir das überhaupt (Menschenrechte)? Auch das und vieles andere wäre vor einer Abstimmung zu klären gewesen! Kein Wunder also, dass sich auch die Teilnehmer an dieser Veranstaltung, wie die Diskussionsbeiträge zeigten, weitgehend rat- und orientierungslos vor der Abstimmung alleingelassen fühlen.
Ein randvoller Vereinssaal in einem kleinen Ort im Waldviertel zeigt sehr deutlich, dass es engagierte Institutionen der Zivilgesellschaft gibt, die sich der wichtigen Themen annehmen, dass es hochkarätige Podiumsteilnehmer gibt, die bereit sind sogar in so entlegene Gegenden zu kommen und eine Bevölkerung, die interessiert und willig ist, zu hochpolitischen Fragen Stellung zu beziehen. Diesem Engagement haben die Akteure der repräsentativen Demokratie durch das mutwillige Ansetzen einer Volksbefragung ohne entsprechende Vorarbeit und Information zu diesem wichtigen Thema einen riesigen Bärendienst erwiesen, sich ihrer Verantwortung in unverzeihlicher Weise entzogen und für die Zukunft einen unermesslichen Schaden angerichtet.
Das Volk ist reif für Instrumente der direkten Demokratie, unsere Politiker offensichtlich noch nicht!
DI Karl G. Doutlik, geb 1945, zuletzt tätig in der Europäischen Kommission u.a. als Leiter der Vertretung in Österreich.
Vor Gericht und auf Hoher See ist alles möglich. Das zeigt nun auch der weitgehende Freispruch für den seltsamen Grafen Alfons Mensdorff-Pouilly – vor allem im Kontrast zu dem Urteil gegen Ernst Strasser.
Der Spruch des Mensdorff-Richters hat viel für sich: "Die Sache stinkt, aber sie stinkt nicht genug." So ganz klar sind die Millionen-Transfers des Grafen zwar nie geworden. Aber eine wirkliche Strafbarkeit erfordert halt schon den Nachweis einer konkreten Rechtsverletzung und nicht nur einen Geruch. Umso erstaunlicher sind die fünf Wochen Untersuchungshaft für Mensdorff, auf der der Staatsanwalt bestanden hatte. Möglicherweise wird der Richter des selbstbewussten, aber eher einer Karikatur ähnelnden Grafen nun von jenen Medien attackiert werden, die diesen schon lange vorverurteilt hatten. Während sie jenen Richter bejubeln, der in Telefonaten und Mails eines Abgeordneten an andere Abgeordnete ein „Amtsgeschäft“ zu erkennen glaubt. Erstaunlich bleibt am Mensdorff-Prozess aber schon ein Aspekt, nämlich dass die offensichtlich falschen Aussagen des Mannes vor dem U-Ausschuss in einem Freispruch geendet haben. Die Strafe von zwei Monaten bedingt wegen Beweismittelfälschung geht hingegen in Ordnung. Zwar wird auch hier sicher noch eine Instanz amtieren müssen: Aber im Gegensatz zu Strasser geht es im aktuellen Urteil um eine Beweiswürdigungs- und nicht eine Rechtsfrage. Was aber in der Instanz kein Thema mehr ist.
Adolf („Adi“) Pinter, einst ein recht erfolgreicher Fußballtrainer, verdanken wir den wenig schmeichelhaften Befund, wonach es „zwei Prozent Genies und 98 Prozent Naturdeppen“ gibt. Ob er damit die Menschheit im Allgemeinen oder nur die in Kakanien beheimateten Stämme gemeint hatte, ist unbekannt. Es scheint, dass die These zumindest für Österreich stimmt, sofern die inhaltliche Qualität der hierzulande geführten politischen Auseinandersetzungen zur deren Beurteilung herangezogen wird.
Die Debatte im Vorfeld der am kommenden Sonntag anstehenden Abstimmung zur Frage Wehrpflicht oder Berufsheer?, führt deutlich vor Augen, wie die politische Klasse des Landes die Wähler einschätzt: Offensichtlich als Naturdeppen. So nimmt man in den beiden staatstragenden Parteien, SPÖ und ÖVP (angesichts des gewaltigen Lochs, das diese beiden Organisationen dem Steuerzahler in die Brieftasche reißen, sollte eher von „vom Staat getragenen Parteien“ gesprochen werden!) etwa an, dass die Bürger bereits vergessen haben, wie sie ihre jeweils über Jahrzehnte gepflegten Standpunkte vertauscht und ihre Strategie um 180° gewendet haben.
Die Wehrpflicht, bis zur zurückliegenden Wiener Gemeinderatswahl für die Sozialisten „in Stein gemeißelt“ (34er-Jahr – ehschowissen!), ist nun – von einem Tag auf den anderen – „unzeitgemäß“. Der Zivildienst, von den Schwarzen stets als Vehikel zur Drückebergerei gebrandmarkt, dient nun mit einem Male als eines der Hauptargumente gegen die Einführung einer Berufsarmee. Derartiges ist im Grunde nur den „Kevins und Jessicas“ in einer Prolokratie (© Christian Ortner) zuzumuten…
Die Debatte zu dieser – zumindest außerhalb Österreichs, wo noch Einsicht in die Notwendigkeit zu einen gewissen Minimum an Wehrfähigkeit herrscht – keineswegs belanglosen Frage, stellt den absoluten Tiefpunkt der politischen Kultur der Zweiten Republik dar. Die Liste an im Zuge der „Diskussion“ aufgebotenen Unwahrheiten, unbeweisbaren Behauptungen, Kuriositäten und glatten Lügen, ließe sich seitenlang fortsetzen. So unsachlich, so blöd, so verlogen und so derart durch die Kampagne der Unterschichtmedien korrumpiert, war kein Wahlkampf zuvor – und das will etwas heißen!
Wer heute daran geht, das voraussichtliche Ergebnis der Abstimmung abzuschätzen, sollte sich weniger auf die (vermutlich ohnehin getürkten) Umfrageergebnisse, sondern eher auf seinen gesunden Hausverstand verlassen. Es sind schließlich nur wenige entscheidende Überlegungen, von denen der Ausgang der Wahl abhängt:
Fazit: Alles wird wohl so bleiben wie es ist. Ernsthafte Landesverteidigung wird´s weiterhin nicht spielen. Indessen werden junge Männer auch künftig damit leben müssen – anders als die holde Weiblichkeit, denn Frauen sind ja bekanntlich an allen möglichen Fronten so sagenhaft benachteiligt – ein paar Monate ihres Lebens dem „Gemeinwohl“ zu opfern gezwungen zu sein…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Denn sie wissen nicht, wovon sie reden. Noch immer nicht. Worte wie „Spekulation“ oder „Derivate“ oder „Fremdwährungskredite“ kommen derzeit Politikern mit mehr Verachtung über die Lippen, als wenn sie über Kindesmissbrauch oder Kriegsverbrechen reden.
Faktum ist freilich: „Jegliches auf die Zukunft gerichtete Handeln ist Spekulation“, wie der Ökonom Peter Brandner glasklar festhält. Jede Körperschaft „spekuliert“, fast alle haben mit Derivaten und Fremdwährungskrediten gearbeitet. Auch der Bund, der jetzt so tut, als müsste er den Bundesländern die Anständigkeit und das Einmaleins der Finanzwelt beibringen. Auch im verlustgebeutelten Salzburg darf in Wahrheit niemand überraschte Augen machen. Stehen doch dort seit Jahr und Tag sogar Schwarz auf Weiß Millioneneinnahmen im Budget unter der Zeile: „Schuldenmanagement (Derivate)“. Wohlgemerkt unter „Schulden-“, nicht etwa unter „Veranlagungsmanagement“. Das kann nur heißen, man hat mit Schulden Derivate aufgenommen, also „spekuliert“. Daran hat man ja auch etliche Zeit exzellent verdient – was aber eben nur mit erhöhtem Risiko möglich war. Und dieses Risiko ist im Zuge der Finanzkrise bei sehr vielen Anlegern schlagend geworden. Auch in Salzburg. Jedoch ist dort der – ungewisse – Schaden weit kleiner als die gewissen Schulden des Landes.
Dennoch redet sogar der Präsident der Wirtschaftskammer davon, dass Spekulation die „größte Bedrohung“ der Weltwirtschaft wäre, weil der Wert der Derivate beim Hundertfachen jenes der Realwirtschaft liege. Nun, diese seit Jahren kursierende Behauptung klingt natürlich dramatisch – wenn man nicht weiß, welcher Rechentrick dahintersteckt: Nehmen wir an, jemand kauft eine künftige Weizenernte zu einem jetzt fixierten Preis. Das ist ein Derivat, an dem vor allem viele Bauern interessiert sind, weil es sie von Marktentwicklungen unabhängig macht. Das Risiko des Käufers ist also die Differenz zum künftigen Marktpreis. Bei der Berechnung des Derivatwerts wird aber so getan, als ob der Weizenpreis auf Null abstürzen würde. Was natürlich in der Summe aller Derivate einen gigantischen Wert ergibt. Dazu kommt dann noch einmal die gesamte Versicherungssumme, falls sich der Käufer bei diesem Geschäft vorsichtshalber versichert hat. Und dann die Rückversicherung usw. Das wahre Risiko ist aber ein Bruchteil, ob es nun um Weizen oder Aktien oder Indizes geht.
Herr Leitl sollte sich also weniger um die Derivate sorgen, sondern um die Schulden von Republik und Bundesländern. Die sind jedenfalls schon da. Und noch mehr sollte er sich vor den gigantischen Haftungen der Länder fürchten, deren Wert bis heute niemand kennt. Und noch mehr vor den künftigen Verpflichtungen der Pensionsversicherung. Denn die hat lange kräftig kassiert, aber nichts für die Jahrzehnte rückgestellt, da die große Zahl der so wie Leitl alt werdenden Babyboomer frecherweise die versprochenen Pensionen auch kassieren will.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es gab in Österreich seit dem verdienstvollen Wiederaufbau des Bundesheeres nach 1945 eine einzige wirkliche Heeresreform; eine, die den Namen auch tatsächlich verdient hat. Jene des Generals Spannocchi, die ab den 1970er Jahren umgesetzt wurde (Emil Graf Spannocchi, 1916?-?1992). Sein Konzept der „Raumverteidigung“ war gescheit, für das klein gewordene Österreich maßgeschneidert und sowohl mit den finanziellen Möglichkeiten des Landes vereinbar, als auch den militärischen Erfordernissen entsprechend.
Ein System, das auf die Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht gestellt war, ausgestattet mit einem zentralen Kader aus Berufsoffizieren, mit Miliztruppen und mit einer dem Zivilstand entnehmbaren Truppenreserve mit Reserveoffizieren. Mehrere Monate Miliz-Grundwehrdienst wurden mit diversen Truppenübungen ergänzt, welche in die zwanzig Folgejahre der „Bereitschaft“ fielen. So wären im Fall einer Krise dann rund 240.000?Mann eingeübt, das heißt, theoretisch auch kampfbereit gewesen.
Nach Spannocchi wurde dann heruntergewirtschaftet, Schritt für Schritt – nicht in Verantwortung der Militärs gelegen, sondern in jener der immer weiter nach links driftenden politischen Kaste. Nach 1989 wurde das Heer auf einen Krisenstand von 150.000?Mann und nach 1998 auf 110.000?Mann vermindert. In der nach Kreisky übelsten Zeit republikanischer Destruktionspolitik fanden sich dann durch Kanzler Schüssels famose „Bundesheer-Reformkommission“ die ohnehin zunehmend verringerten Truppenübungen noch weiter reduziert.
Da ohne Übungen eigentlich auch keine „Bereitschaft“ mehr besteht, also die praktikable Einsatzmöglichkeit einer Reserve dahinschwindet, ist das Heer nunmehr auf eine potentielle Größe von 55.000?Mann abgebaut (was sich aus 13.000 Berufssoldaten, 3500 für eine bestimmte Zeit verpflichteten Soldaten, 11.000 jeweils frischen Rekruten und den noch einberufbaren Abgerüsteten ergibt). Schon unter Schüssel also, dem nachgesagt wird, sehr den Wünschen der USA zugewandt gewesen zu sein, wurde die Richtung auf ein minimiertes „Berufsheer“ (=Söldnertruppe) eingeschlagen. Seither wird auch umfassend de facto unersetzliches militärisches Gerät verramscht und werden die entsprechenden Liegenschaften verkauft. So hat man bereits rund 750?Panzer abgestoßen beziehungsweise verschrottet; darunter, besonders erwähnenswert, 60?Leopard-Kampfpanzer, zentrale Ressource einer effizienten Landesverteidigung. Vom neuen Kampfflugzeug „Eurofighter“ haben wir jetzt – Konsequenz früherer und derzeitiger Trottelwirtschaft im Verteidigungsressort – nahezu um den gleichen Stückpreis 15 statt 18?Exemplare, dafür aber ohne Nachtsichtsystem.
Und als nächstes zum Verkauf ausgeschriebenes Kasernengelände ist jenes in Wien-Breitensee vorgesehen, mit etlichen denkmalgeschützten Objekten darauf, die dann wahrscheinlich der inzwischen zum allgemeinen Polit-Standard gehörenden Grundstücksspekulation zum Opfer fallen werden. Die jetzige Heeres-Debatte ist Folgeprodukt vorangegangener und andauernder Fehlentscheidungen; warum dramatisch falsch, militärisch schwachsinnig und den Interessen des Landes völlig zuwiderlaufend gehandelt wird, soll hier ausgeführt sein.
Die Wehrpflicht abschaffen, den „Jungen“ die „Sinnlosigkeit“ eines „öden“ Militäralltags ersparen, ihnen nicht wertvolle Monate ihres Lebens „stehlen“, eine „Berufsarmee“ einführen – das ist zur Zeit die Argumentationslinie der Sozialisten. All dies ist im Grunde auch der alte Klassenkampf, in diversen Wahlkampfauftritten jüngster Zeit reaktiviert – die Abneigung der Linken allem Militärischen gegenüber, das nicht völlig von ihr kontrolliert wird. Natürlich entspräche ein bestausgerüstetes und bestfinanziertes Berufsheer höchster Qualität einer Stärkung der Landesverteidigung; in etwa so, wie der Umzug vom Gemeindebau ins Palais Schwarzenberg eine Verbesserung der Wohnqualität bedeuten würde. Allerdings ist es eine Frage des Geldes.
Das Heeresbudget wird ständig gekürzt. Der momentane Verteidigungsminister (Sozialist und Zivildiener) vertritt die Idee das Heer, mir nichts dir nichts, in eine reine Berufsarmee von etwa 15.000?Mann umzuwandeln. Dieses Projekt kann mit den Begriffen zu wenig (in Bezug auf die Sicherheitsbedürfnisse des Landes) und zu teuer (in Bezug auf das zur Verfügung stehende Geld) charakterisiert werden. Bis jetzt rekrutiert sich das Heer kostengünstig aus den wehrpflichtigen Bürgern aller Schichten Österreichs; die Wehrpflicht spart Geld und ermöglicht dennoch eine partiell hinreichende militärische Ausbildung der Einberufenen. Die Qualität der militärischen Ausbildung, zumindest, was den Offizier anbelangt, ist in Österreich übrigens immer noch exquisit und hält jedem internationalen Vergleich stand.
Das projektierte „Berufsheer“ aber würde sich bei Wegfall der Wehrpflicht in Anbetracht des zu erwartenden Soldes (1200,-?€ pro Soldat und Monat, wenn es hoch kommt) wohl nahezu ausschließlich aus sozial Deklassierten rekrutieren; wenn man überhaupt die Leute dafür zusammenbekäme. Da stellt sich dann tatsächlich die Frage nach der Qualität. Und für diese gibt es anscheinend schon europäische Vorgaben – die Engländer sollen mittlerweile zahlreiche Rekruten für ihr Berufsheer aus den Gefängnissen holen; die Belgier haben einen Veteranenverein mit arbeitslosen Frühpensionisten kreiert; und die Spanier werben Analphabeten aus Lateinamerika.
Überdies käme bei uns dazu, dass der zum Heeresdienst als Alternative bestehende und mittlerweile bei Rettung und Pflege auch bewährte Zivildienst mit diesem Modell liquidiert würde. Dass ein „freiwilliger bezahlter Sozialdienst“, den sich einige unbedarfte Linke vorstellen, ebenso wenig funktionieren würde, wie ihr Bundesheer „light“, ist völlig absehbar; auch hier wären zur Einrichtung eines zum jetzigen auch nur vergleichbar effizienten Dienstes auf Angestelltenbasis enorme Gelder notwendig, die man kaum auftreiben wird können.
Warum brauchen wir das Bundesheer überhaupt? Selbst wenn wir davon ausgehen, dass klassische Bedrohungen von außen, wie sie in Zeiten der Existenz der kommunistischen Hegemonie über das östliche Mitteleuropa noch gegeben waren, auf längere Sicht nicht zu erwarten sind, so bleiben zentrale Sicherungsaufgaben des Staates bestehen, für die im Notstandsfall das Heer einzusetzen ist. Wie etwa: Der Schutz der Energieinfrastruktur, also Leitungen, Umspannwerke, Pipelines; der Schutz des Trinkwassersystems; der Schutz der Verkehrseinrichtungen, also Flughäfen, Bahnhöfe, Schienen, Straßen, Brücken; der Schutz der Behörden; der Schutz der Kulturgüter; der Katastropheneinsatz; ein allfälliger Grenzschutz.
Dass die verfügbaren Polizei- und Feuerwehreinheiten zahlenmäßig dafür nicht ausreichen, wird deutlich, wenn man pro Bundesland rund tausend Objekte als solcherart schützenswert annimmt, was wahrscheinlich recht gering veranschlagt ist. Eine in der Schweiz durchgeführte Sicherungsübung, den Flughafen von Zürich-Kloten betreffend, benötigte alleine schon 7000 Mann. Wie sehr solche Sicherungsaufgaben aktuell bleiben, belegen etwa die häufiger werdenden und kaum behinderten Buntmetalldiebstähle am heimischen Bahnnetz. Und nachdenklich stimmen sollte es, wenn man liest, dass die auf ihre Landesverteidigung hohen Wert legende Schweiz unlängst Manöverannahmen mit dem Titel „Instabiles Europa“ wählte.
Dass die von den Vertretern des „Fortschritts“ nun angestrebte miniaturisierte „Berufsarmee“ wesentlichen Aspekten einer Landesverteidigung kaum gerecht werden könnte, ist völlig offenkundig. Es geht also bei der Reduzierung des Heeres auf eine reine Berufsarmee ganz gewiss nicht um Interessen des Landes. Beim näheren Hinsehen ergeben sich aber andere Interessensgefüge.
Was mag der Sinn solch einer neu eingeführten Berufsarmee sein? Für die Wahrnehmung jener Aufgaben, für welche an sich das Bundesheer zuständig wäre, wird sie zu klein sein. Wofür sie völlig ausreichen würde, wäre aber der Einsatz „Out of area“, der „Auslandseinsatz“ also. Es sind derzeit die USA, die bei ihren zahlreichen militärischen „Sicherungsoperationen“ zur „Verteidigung von Frieden und Demokratie“ in allen Erdteilen eine gesteigerte personale und budgetäre Entlastung durch die „Partnerstaaten“ erheischen. Dieser in Washington vertretene Ansatz wird uns solcherart kommuniziert, dass „Sicherheit im Verbund mit anderen“ anzustreben sei.
In dieses politische Wollen ist etwa die „NATO-Partnerschaft für den Frieden“ einzuordnen, oder auch die „breite Beteiligung“ von rund 50?Staaten, darunter Österreich, an der Besetzung Afghanistans. Man könnte die Sachlage auch undiplomatischer formulieren und zur Auffassung gelangen, dass die USA – beziehungsweise die sie eigentlich beherrschenden Oligarchen – zur Führung ihrer diversen Rohstoffkriege vermehrt auf die Mittel ihrer Vasallenstaaten in Europa zurückzugreifen wünschen. Zum Beispiel auf leicht einsetzbare Kontingente für ausgelagerte unangenehme Besatzungsaufgaben.
In dieses Bild passt auch der Besuch des sozialistischen Verteidigungsministers im Oktober 2012 im Pentagon. Antreten zur Befehlsausgabe? Die hierzulande gepflogene Außenpolitik ist lange schon von den Höhen zur Zeit Figls und Raabs in morastige Abgründe geraten. Unter Kreisky war sie so sowjetorientiert, dass Österreich auf den strategischen Karten des schon erwähnten Pentagons angeblich dem Ostblock zugerechnet wurde. Damals hätte man den völlig legitimen Kampf Amerikas gegen die weltweite kommunistische Expansion unterstützen müssen. Heutzutage sind es die USA, die weit über die ihnen zustehende Sphäre hinaus eine globale Bevormundungs- und Ausbeutungswirtschaft betreiben. Heute wäre gegen diese Politik zu optieren, statt, wie es in unserer Republik der Fall ist, sich bedingungslos den Zumutungen aus Washington zu fügen.
Wehrpflicht gab es bis zur Heeresreform des Marius schon im alten Rom; auch bei den Germanen galt eine Gefolgschaftsverpflichtung der Freien. Im Mittelalter setzte sich dies in gewisser Weise in wehrpflichtartigen Diensten des Bauern gegenüber dem Grundherrn fort und der feudale Lehensmann hatte dem Lehensherrn ohnehin Heerfolge zu leisten. Erst das späte Mittelalter im Übergang zur Neuzeit brachte die allmähliche Ablösung solcher Wehrdienste durch die vermehrte Anwerbung von Söldnern, die (wie bei den Legionen des antiken Imperiums) als gut geübte Kriegshandwerker gegen Bezahlung eingesetzt wurden.
Wallenstein schuf auf dieser Basis das stehende Kaiserliche Heer, welches das bestausgerüstete und disziplinierteste seiner Zeit war, dessen enorme Kosten allerdings von ihm vorgestreckt und dann vom geschlagenen Gegner bezahlt wurden. Ausnahmen in dieser Entwicklung bestanden auch – so etwa in der Schweiz und in Tirol, wo ein Großteil der Bevölkerung den Brauch, Waffen zu führen, beibehielt. Söldnerheere erleichtern den Krieg, wenn man ihre Bezahlung durch andere erzwingen kann. Sie erschweren (zumal teuer, wenn gut) den Krieg, wenn man selbst für die Kosten aufkommen muss.
Die „allgemeine Wehrpflicht“ kam dann mit den Terror- und Expansionskriegen, welche die französische Revolution über Europa brachte; die „Levée en masse“, die jeden Franzosen und jede Französin auf den Kampf für die revolutionäre Republik dienstverpflichtete, entsprach dem totalitären Ungeist der Ideologie der „Aufklärung“. Im völlig gerechtfertigten Widerstand gegen die Revolution griff dann – das Scharnhorst-Konzept – auch Preußen nach seiner verheerenden Niederlage auf die Wehrpflicht der Männer aller Stände zwischen 20 und 40?Jahren zurück, was ihm schließlich die siegreiche Führung des Freiheitskampfes von 1813-1814 ermöglichte. Auch Spanien und Tirol erwiesen während der französischen Unterdrückung in der Revolutionszeit die hohe Wirksamkeit des Widerstandes einer Bevölkerung unter Waffen.
Nach den Kriegen zu Anfang der zweiten Hälfte des 19.?Jahrhunderts wurde die Wehrverpflichtung (für den Mann und in gewissen Altersgrenzen) in den meisten Staaten Europas etabliert, was auch eine erhebliche Steigerung des Ansehens des Soldatenstandes mit sich brachte. Das Abnehmen dieses Ansehens im heutigen Europa zeigt sich etwa in den weitgehend unbestraften niederträchtigen Äußerungen und Maßnahmen von politischen Funktionären gegen militärische Tradition und das zugehörige Totengedenken. Und dies korrespondiert selbstverständlich mit den gegenwärtigen Tendenzen diverser Regierungen, sich der Wehrpflicht möglichst zu entledigen.
Und dies hat auch mit den öffentlich nicht ausgesprochenen, aber klar erkennbaren Absichten des etablierten Systems zu tun, die Bevölkerungen weitgehend zu entwaffnen und vom Militärischen fernzuhalten. Angesichts der mittels „Finanzkrise“ vorgenommenen Ausplünderung eben dieser Bevölkerungen und dem drohenden Herannahen europaweiter Unruhen, werden zusätzlich zu den von „außen“ einwirkenden politischen Vorgaben so auch die mit diesen zusammenklingenden „innenpolitischen“ Aspekte deutlich. Statt allgemein rekrutierter Milizarmeen soll also die jederzeit auch im „Inneren“ einsetzbare Soldtruppe aufgestellt werden.
Es wird der „plötzliche“ dringliche Wunsch gewisser (und gewiss nicht dem allgemeinen Wohl verpflichteter) Kreise nach Abschaffung der Wehrpflicht nur zu verständlich. Und neben den zahlreichen anderen guten Gründen empfehlen wir gerade auch deshalb und in Zeiten wie diesen ein „Ja“ zur Beibehaltung der Wehrpflicht und des Zivildienstes bei der „Volksbefragung“ am 20.?Jänner?2013. Das Tirol von 1809 soll uns hier ein ermutigendes Beispiel sein.
Nur ein wehrhaftes Volk vermag, dem Unrecht mit Widerstand entgegenzutreten.
Albert Pethö
Noch interessanter als das Urteil gegen Ernst Strasser waren die – intensiven und heftigen – Reaktionen darauf. Worüber gesprochen wurde und worüber nicht.
In keinem einzigen Kommentar, den ich gefunden habe, ist auf die gravierende politische Mitverantwortung eines Josef Pröll eingegangen worden. Dieser hat jedoch einst Strasser nicht nur zum Spitzenkandidaten gemacht (aus dem an sich nachvollziehbaren Gefühl heraus, dass Othmar Karas ein Unguided missile ist). Er hat ihm auch ausdrücklich zugestanden, weiterhin als Lobbyist tätig sein zu dürfen. Was, nicht nur im Wissen von heute, absolut irrsinnig ist.
Ganz egal, wie die Rechtslage ist: Ein Abgeordneter, noch dazu ein Spitzenkandidat, sollte niemals als politischer Interessenvertreter mietbar sein. Es ist ja schon schlimm genug, wenn lohnabhängige Gewerkschafter, Kämmerer und Sparkassen-Funktionäre gleichzeitig unabhängige Volksvertreter sein wollen. Aber bei denen weiß wenigstens von vornherein jedermann, für wen sie stehen, reden und agieren. Dennoch ist auch ihr Agieren ziemlich unerquicklich: Auch für diese Volks(?)vertreter ist mit den vertretenen Gruppeninteressen ein großes persönliches finanzielles Interesse verbunden. So wie für den Lobbyisten Strasser.
Man stelle sich nur einen Gewerkschafter vor, der zugibt, dass das gesetzliche Pensionsantrittsalter erhöht werden müsse: Der Mann hat seinen Gewerkschaftsjob samt Gage und meist auch das Parlamentsmandat die längste Zeit gehabt. Dabei empfiehlt jeder Pensionsexperte, der die Grundrechnungsarten beherrscht, dringend eine solche Erhöhung.
Was auch immer Pröll damals dazu bewogen hat, die weitere Lobbyisten-Tätigkeit Strassers zu akzeptieren: Es war ein schwerer politischer Fehler. Strasser war ja nach seiner im Krach mit Wolfgang Schüssel beendeten Innenminister-Zeit und vor seinem EU-Mandat ohne politische Funktion und hatte begonnen, seinen Lebensunterhalt als Lobbyist zu verdienen.
Freilich wäre auch bei ehemaligen Ministern eine mindestens zweijährige Abkühlphase erfreulich, in der sie nicht als bezahlte Lobbyisten ihre politisch erworbenen Netzwerke nutzen dürfen. Man denke nur an die seltsamen Klienten, die Alfred Gusenbauer vertritt. Im Interesse der Sauberkeit wäre es daher sogar besser, Ex-Ministern in dieser Zeit notfalls auch ein Gehalt zu zahlen (auch wenn ich weiß, ob dieses Vorschlags werden viele erzürnt aufheulen, aber sauberes Steuergeld ist immer besser als schmutziges Geld, das Politik beeinflusst).
Jedenfalls wird Josef Pröll für seine Strasser-Entscheidungen kaum gescholten. Interessanterweise wird auch sein Onkel kaum kritisiert, der ja einst Strasser überhaupt erst als Spitzenpolitiker erfunden und in die Bundesregierung gepresst hatte. Obwohl Erwin Pröll gerade wahlkämpft.
Die Terminisierung des Urteils knapp vor der niederösterreichischen Wahl wirft dennoch ein etwas fragwürdiges Licht auf den Richter. Sollte man Urteile nicht besser von politischen Terminen fernhalten?
Der Richter ist jedoch statt dessen in fast allen Medien für seinen „politischen Kommentar“(!) in der Urteilsbegründung und für die saftige Strafe heftig belobigt geworden. Zwar sind so gut wie alle Strafrechtler der Meinung, dass politische Kommentare in Urteilen eigentlich nichts verloren haben. Und dass das Ausmaß der Strafe angesichts der Unbescholtenheit des Angeklagten und angesichts der Tatsache, dass kein Geld geflossen ist und dass Strassers Lobbying-Bemühungen eher stümperhaft waren, viel zu hoch ist. Und: Wenn die nie realisierte Bereitschaft, 100.000 Euro anzunehmen, vier Jahre Haft bringt, in welcher Relation wird dann die vollzogene Annahme von Millionen zu bestrafen sein (um die es ja im Fall Buwog möglicherweise bald gehen könnte)? Werden wir dann Gelddelikte strenger bestrafen als einen Mord?
Es scheint derzeit bei vielen Richtern – siehe auch die Sprüche der ersten Instanzen in den Fällen Scheuch oder Martinz – die Tendenz vorzuherrschen, nicht nach allgemeinen Rechtsprinzipien, sondern primär für die Galerie (=Medien+Stammtische) zu judizieren.
Dort wird halt umso lauter gejubelt, je häufiger und strenger die Strafen für Politiker sind. Während Politiker in früheren Epochen einen – unberechtigten – Schutz gegen Verfolgung genossen haben, ist dies jetzt ins Gegenteil gekippt. Im Gegenzug zum Verfall ihres Images ist die Lust am Politiker-Bashing gestiegen.
Das ist keine gute Entwicklung. Politiker dürfen nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein als Durchschnittsbürger. Nur so können Rechtsstaat und vor allem Demokratie funktionieren. Es wird ja ohnedies immer schwieriger, geeignete Kandidaten für politische Aufgaben zu finden. Und die brauchen wir, wenn wir nicht wieder einmal in die Falle eines „Starken Mannes“ gehen wollen, der mit der Politik aufzuräumen verspricht. Der aber in Wahrheit tausendmal krimineller ist als die gesamte derzeitige politische Klasse.
Wie schwierig politische Kandidatensuchen schon längst sind, sieht man derzeit in Salzburg, wo sich offenbar keine neuer Landesfinanzreferent findet. Daher könnte dort David Brenner möglicherweise noch einige Zeit im Amt bleiben. Das wäre freilich selbst dann schwer verständlich, wenn sich jetzt groteskerweise herausstellen sollte, dass es in Salzburg gar keinen Veranlagungsschaden gegeben hat. Dass man nur die Warnungen einer sich bedroht fühlenden Beamtin missverständlich aufgefasst hat.
Denn auch in diesem Fall wird die Blamage nicht kleiner: Die Salzburger Landesregierung ist jedenfalls wochenlang ahnungslos durch die eigenen Finanzzahlen getorkelt. Sie ist wochenlang nicht imstande gewesen festzustellen, wie es mit den eigenen Finanzen überhaupt aussieht. Das aber ist das Mindeste, was eine ordentliche Verwaltung können sollte.
Aber zurück zu Strasser. Der Vergleich der vier Jahre, zu denen er verdonnert worden ist, mit einem fast gleichzeitig ergangenen anderen Urteil macht das Ausmaß der Strafe besonders unverständlich: Ein Mann, der seine siebenjährige Stieftochter schwer sexuell missbraucht hat und gegenüber seiner Frau gewalttätig gewesen ist, hat nur dreieinhalb Jahre bekommen. Die Wertungsrelationen einer solchen Rechtsordnung sind für keinen Bürger mehr nachvollziehbar.
Auch das Wort von der „Generalprävention“, mit welcher der Richter sein Urteil zu begründen versucht hat, ist absurd. Generalprävention bedeutet ja die Abschreckung aller anderen, nicht das Gleiche zu tun. Die wird aber nicht durch einen vom Richter praktizierten Politikermalus hergestellt, sondern dadurch, dass allen solchen Fällen immer konsequent nachgegangen wird. Egal ob es amtierende oder frühere Regierungsmitglieder, EU-Abgeordnete oder auch „nur“ Bürgermeister sind.
Apropos amtierende Regierungsmitglieder: Die Faymann-Inserate in der Krone und anderen Blättern, für die später zur eigenen Verwunderung ÖBB und Asfinag zu zahlen hatten, sind schon lange vor den heimlich mitgefilmten Gesprächen des Ernst Strasser bekannt gewesen. Dort aber drückt sich die Justiz immer noch um eine Anklage herum. Gibt es etwa gar nur für die einen den Politikermalus?
Und mit Verlaub: Gegen Vergewaltigung braucht es etwa für die österreichische Justiz keine Generalprävention? Passiert die nicht viel häufiger? Ist die nicht für die Opfer viel dramatischer? Muss es bei uns erst so weit kommen wie derzeit in Indien, bis die Justiz aufwacht?
Noch ein letztes Mal zurück zum Strasser-Urteil: Die schwierige und spannende juristische Frage, ob seine Telefonate überhaupt den Charakter eines „Amtsgeschäfts“ hatten, wurde von den meisten Kommentatoren links liegen gelassen. Auch Juristen sind sich da absolut nicht einig, weil es um ziemliches Neuland geht.
So sehr man ja aus seinem natürlichen Rechtsgefühl heraus dagegen sein muss, dass Strassers Interventionen straffrei bleiben, so muss es doch klar sein: In einem ordentlichen Rechtsstaat dürfen insbesondere strafrechtliche Paragraphen nicht extensiv interpretiert werden. Das heißt, wenn es keine ganz konkrete Norm gegeben hat, gegen die Strasser verstoßen hat, kann er auch nicht verurteilt werden. So ärgerlich das auch wäre. Das muss auch bei jedem anderen Bürger so sein. Zumindest nach allgemeinem Sprachverständnis war aber all das, was Strasser – bekannterweise – getan hat, keineswegs ein „Amtsgeschäft“.
Nur weil es einen unsympathischen Politiker trifft, und weil Volkes Stimme ganz gegen Strasser und jeden anderen Politiker ist, sollte es kein Abgehen von ordentlichen Rechtsgrundsätzen geben. Freilich: Wenn der Oberste Gerichtshof das auch so sieht, und er Strasser letztlich freispricht (wozu aber angesichts des Mediendrucks schon etlicher Mut gehören würde), erwüchse daraus jedenfalls ein klarer Auftrag an den Gesetzgeber, an das Justizministerium und auch die professoralen Strafrechtler. Diese müssten dann sofort und genau überprüfen, ob durch die jüngsten Änderungen des Strafrechts schon jede diesbezügliche Lücke geschlossen worden ist. Damit jeder künftige Strasser auch wirklich verurteilt wird.
PS.: Mit Strassers schwachsinniger Verteidigungslinie (Geheimdienste und so) braucht man sich hingegen keine Sekunde zu befassen. Mit dieser Linie hat er sich selbst am meisten geschadet und von der entscheidenden Amtsgeschäft-Frage abgelenkt.
Keine Woche mehr bis zur Volksbefragung - allerhöchste Zeit, zusammenzufassen, was bisher an Argumenten vorgetragen wurde, und was dazu zu sagen ist. Wir – die Bürgerinitiative Österreich – danken für die Gelegenheit, das hier tun zu dürfen. Zuvor ist es aber wesentlich wichtiger, die »Metaebene« festzuhalten: und zwar, dass das, was wir hier präsentiert bekommen, rein gar nichts mit Österreichs Verteidigungskapazität zu tun hat, sondern schlicht und einfach Parteiengeplänkel ist.
Das ist schon daran zu erkennen, dass die Parteien ihre Standpunkte vertauscht haben: Unter Schüssel trat die ÖVP noch (völlig richtig) für die Aufgabe der Neutralität und ein Berufsheer ein. Selbst unter Darabos war die Wehrpflicht noch »in Stein gemeißelt«. Das exakte Umdrehen der Standpunkte ist durch keine äußeren Umstände erklärbar: es handelt sich um taktische Stimmenmaximierung (die für eine Seite allerdings nicht funktionieren wird).
Was dann folgte, ist an Chuzpe kaum zu überbieten: nach exakt keiner fachlichen Aufbereitung jenseits von Propagandaspots beider Seiten wird die Frage dem – in aller Regel sachlich völlig unkundigen – Bürger vorgelegt, um damit »Direktdemokratie« zu heucheln. Dabei handelt es sich nur um die unterschiedliche Einschätzung der Stimmung in der Bevölkerung und den Versuch, den Koalitionspartner alt aussehen zu lassen und über den Tisch zu ziehen.
Was könnte unseren Gewählten dafür geeigneter erscheinen, als ein Thema von der »Bedeutungslosigkeit« der Österreichischen Wehrkapazität und somit nicht weniger als unserer staatlichen Souveränität? Verbindlichen »Dank« also an die Protagonisten dieses Unsinns; praktisch überall werden die Themen »nationale Sicherheit« und »militärische Behauptung der Souveränität« im parlamentarischen Konsens abgehandelt – nur wir schaffen das wieder einmal nicht.
Aber wie auch immer, wir Bürger sind gefragt, eine Stimme für die Ausgestaltung der militärischen Landesverteidigung in Form einer Wehrpflicht oder eines Berufsheers abzugeben. Die Möglichkeiten, die es grundsätzlich gibt, diese Abstimmung wahrzunehmen:
Für die ersten beiden Punkte gibt es lange Listen von Argumenten, (wobei festzuhalten ist, dass unter den Argumenten »pro Wehrpflicht« kaum bis keine militärischen sind – siehe unten)
In der Sache würden wir an sich ein ordentlich gemachtes Berufsheer im internationalen Verbund präferieren (wobei einschränkend zu sagen ist, dass es viel zu früh ist, so eine Festlegung überhaupt vorzunehmen).
Dennoch lautet unsere Empfehlung anders. Denn wir sind zum Einen davon überzeugt, dass weder die organisatorischen noch die parlamentarischen Belange heuer noch abgehandelt werden könnten, sollte die Befragung tatsächlich »pro Berufsheer« ausgehen. Zum anderen erfolgt heuer noch eine NR-Wahl, sodass die dann neue Regierung sich mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht an ein ungewünschtes Ergebnis gebunden fühlen wird.
Wir ersuchen Sie daher und rufen auf, folgende Option in Betracht ziehen:
Denn wenn ein hoher Prozentsatz der Wahlberechtigten das tut, zeigen wir, dass wir gegen Manipulationsversuche resistent sind und die Arbeitsverweigerung der Regierung nicht akzeptieren.
Im Folgenden die Zusammenfassung der Argumente, die uns so unter kamen, mit jeweils ein paar Anmerkungen aus unserer Sicht dazu:
Katastrophenschutz & Aufrechterhaltung ziviler Dienste |
Beides sei nur mit einer Wehrpflicht aufrecht zu erhalten. Zum einen waren in den letzten Jahrzehnten nie mehr als wenige 1000 Mann gleichzeitig in einem Katastropheneinsatz, zum anderen zeigte sich beim Jahrhunderthochwasser 2002, dass der zivile Zusammenhalt in der Bevölkerung großartig funktioniert: es waren so viele freiwillige Helfer vor Ort, dass man beginnen musste, sie abzuweisen. Die Hilfsleistungen, die dabei von Grundwehrdienern erbracht werden können, sind Hilfsarbeiten wie Aufräumarbeiten oder Sandsäcke stapeln, was von zivilen Helfern ebenso gut gemacht wird. Spezialgerät wie Transporthubschrauber aber werden aber nicht von Grundwehrdienern bedient. Andere verpflichtende Dienste als Wehr- und dessen Ersatzdienst sind laut der Genfer Menschenrechtskonvention als »Sklaverei« verboten. Einzig zur militärischen Behauptung der Souveränität darf ein Staat seine Bürger zwangsverpflichten. Weder Katastropheneinsatz noch Krankentransporte können aber ernsthaft diesem Zweck zugeordnet werden. Die Wehrpflicht aufrecht zu erhalten mit der Intention, lediglich deren Ersatzdienste zu bedienen, käme im Wirtschaftsleben einer klassischen Umgehungskonstruktion gleich, die vor keinem Gericht bestand hätte. Außerdem ist festzuhalten, dass das Argument mit der zentralen Aufgabe eines Heeres, dem Kampfeinsatz, nichts zu tun hat. |
Einsatzfall Gebäudeschutz |
Das Bedrohungsbild habe sich geändert; um die kritische Infrastruktur in Österreich im Ernstfall zu schützen, wären 8000 Mann notwendig. Das wäre nur durch Wehrpflicht erbringbar. Allerdings ist Gebäudeschutz eine absolut nervtötend langweilige Hilfsarbeit, die man in wenigen Tagen erlernen kann. Ein voll ausgebildeter Soldat ist dafür einfach zu schade. Im Anlassfall, dass tatsächlich die gesamte relevante Infrastruktur und Wirtschaft gleichzeitig geschützt werden muss, sollten 8000 Mann vorübergehend aus Polizei und ergänzend Berufsarmee zu stellen und in kurzer Zeit aus einem Arbeitslosenheer von mehreren 100000 rekrutierbar sein. Gebäudeschutz, nebenbei bemerkt, ist eine klassische Polizeiaufgabe, keine militärische. (Ebenso wie Grenzschutz, wo jüngst ein »Assistenz«(!)-Einsatz geleistet wurde) Es kann nicht richtig sein, eine ganze Organisation zu erhalten, weil die beauftragte ihren Auftrag nicht erfüllen kann. Was kein Vorwurf ist, lediglich eine Feststellung. |
Kosten: Berufsheer viel teurer als Wehrpflicht |
Dieses Argument vergleicht eine gedörrte mit einer frischen Zwetschke. Ein Berufsheer, das militärische Landesverteidigung umfassend darstellen könnte, wäre zweifelsohne teurer als unsere derzeitige Lösung, die uns zwei Milliarden Euro im Jahr wert ist. Aber das wäre eine gut gemachte Wehrpflicht auch. Und ziemlich sicher wäre sie teurer als ein Berufsheer, das auf ausgewählte Aufgaben spezialisiert ist, die es im internationalen Verbund erfüllt. Eine Erhöhung um 50 oder 100 Prozent auf 3 oder 4 Milliarden Budget, wie es für eine umfassende militärische Landesverteidigung so oder so nötig wäre, scheint allerdings politisch nicht durchsetzbar. |
Pädagogischer Wert |
Es würde jungen Männern ganz guttun, ein halbes Jahr im Dienst der Allgemeinheit zu stehen. Das mag sein, allerdings muss man zum einen klar sagen, dass es sich um eine Dienstzeit handelt, nicht um einen Dienst. Nach der Grundausbildung jedenfalls, denn nach wenigen Wochen erfolgt keine weitere militärische Ausbildung oder Übung mehr, es wird lediglich abgewartet, dass die Grundwehrdienstzeit vorbei geht. Ähnliches scheint leider auch für weite Teile des Zivildienstes zu gelten: erst unlängst wurde uns ein Beispiel bekannt, wo ein Zivildiener in einer Bezirksparteiorganisation(!) Dienst schiebt, und Veranstaltungen auf- und abbaut – wenn er denn etwas zu tun bekommt. Wenn man tatsächlich die Pädagogikkarte spielen will, muss man im übrigen wohl erklären, wieso wir diese Charakterbildung nur unseren Burschen angedeihen lassen wollen, nicht aber den Mädchen. |
Neutralität nach Schweizer Vorbild nur durch Wehrpflicht darstellbar |
Das mag sogar stimmen, aber unsere Neutralität gehört dringend überdacht, zumal sie de facto ohnehin bereits – und zurecht – Geschichte ist. Warum zurecht? Einerseits ist eine wehrhafte Neutralität, die jeden potenziellen Aggressor zumindest vor schwerwiegende Probleme stellt, in hohem Maße respektabel. Aber nicht eine, die – umgeben von Freunden – sich auf die Argumentation stützt: »Wir sind ja neutral und dürfen gar nicht angegeriffen werden. Und wenn doch, dann sind wir ja von Freunden umgeben, die uns beistehen würden.« (Es ist erschreckend, wie oft man diese Sätze hört.) Jemand, der sich für »neutral« erklärt, ist schon per eigener Defintion nicht von »Freunden« umgeben, und für den Zeitpunkt eines Angriffs kann diese Aussage wenigstens für die Richtung, aus der jener erfolgt, gar keine Gültigkeit haben. Das »Schweizer Vobild« haben wir seit der Gründung des Bundesheeres 1955 keinen einzigen Tag gelebt, hauptsächlich aus finanziellen Gründen. Hätten wir es ernst genommen, so hätten wir 2/3 mehr ausgeben müssen! »Die Welt in Zahlen« beziffert die Ausgaben: Schweiz: 4.0Milliarden USD (d.s. 500 USD pro Kopf und Jahr); Österreich: 2.5 Milliarden USD (294 USD pro Kopf und Jahr). Wie weit ein reiner pro-Kopf-Vergleich bei doppelter Fläche zulässig ist, bleibe dahingestellt. Welcher Unterschied sich bei +2/3 über einen Zeitraum von 60 Jahren ergibt, bleibe ebenfalls dahingestellt. |
Umgestellte Staaten haben Nachwuchsprobleme |
Ein Berufsheer würde so ein Sammelbecken für Vertreter schlechter gestellter Schichten, Arbeitslose und Leute mit Migrationshintergrund. Der erste Satzteil scheint zu stimmen (obwohl er kaum auf objektiver Zahlenbasis nachprüfbar ist). Aber das ist nicht mehr als ein Marketingproblem, das mit zunehmender Erfahrung auch in den Griff bekommen werden wird. Wir bezweifeln nämlich, dass ein Migrant, der seiner alten Heimat noch verbundener ist als seiner neuen, in der neuen Heimat zum Heer gehen würde. Ebenso, dass Unterprivilegierte oder Arbeitslose es tun würden, sofern sie sich vor körperlicher Anstrengung und Entbehrungen und/oder langen Dienstzeiten drücken wollten (und falls doch wären sie sehr leicht eliminierbar). Auch möchten wir die Aussage eines Panzerkommandanten zitieren, dem zu folge er »am Steuer sicher keinen Akademiker brauchen« könne. |
Europäisches Berufsheer wäre nur für Rohstoffkriege konzipiert |
Das ist ein etwas skurriles Argument. Es geht davon aus, dass dass die letzten Kriege Rohstoffkriege waren, was völlige Verständnislosigkeit in strategischen Fragen nachweist. Aber lassen wir uns einen Moment darauf ein: Selbst, wenn es stimmen sollte, so stellt sich doch die Frage, wie Österreich verfahren könnte. Sich moralisch mit erhobenem Zeigefinger über die anderen erheben und ihnen erklären: »Du, Du, Du, so etwas tut man nicht!«, aber insgeheim darauf hoffen, dass wir von den »erbeuteten« Rohstoffen direkt oder indirekt doch profitieren? |
Wehrfähigkeit in Volkes Hand |
Nur ein »Söldnerheer« würde auf die eigene Bevölkerung schießen. Die Frage, ob ein Soldat auf einen Zivilisten schießt ist keine Frage, die der Soldat beantworten kann, sondern einzig sein Kommandant. Warum hier einem Berufsoffizier eher zugetraut wird, einen Schießbefehl zu erteilen oder ausführen zu lassen als einem Milizoffizier, ist völlig offen. Unser Versuch, einen Zusammenhang (jenseits von Einzelbeispielen) zu recherchieren, ist jedenfalls mangels Anzahl gescheitert. Dass Berufssoldaten bei Aufständen auf die Zivilbevölkerung das Feuer eröffnet haben, steht außer Zweifel. Ebenso allerdings, dass das bereits von den Volksarmeen im ehemaligen Osten getan wurde, die sich aus Wehrpflichtigen rekrutierten. |
Das Heer müsse in der Bevölkerung »verankert« sein |
Das klingt nach einem guten Argument - aber wofür? Was, genau, bedeutet es? Was haben wir von einem »in der Bevölkerung verankerten« Heer, wenn unser Wehrwille nicht dazu reicht, ihm einen ordentlichen Übungsbetrieb zu ermöglichen und zu finanzieren? |
Die Bevölkerung dürfe nicht entwaffnet werden |
Die Bevölkerung ist entwaffnet. Wir bewahren – anders als die Schweizer Miliz – unsere Waffen nicht zu Hause auf. Eine weitere Abweichung vom »Schweizer Vorbild«. |
Wehrdienst wäre unzeitgemäß |
21 von 27 Staaten haben keine Wehrpflicht mehr. Das mag sein, aber was beweist es? Sicher nicht, dass man eine ordentliche Landesverteidigung nicht auch über eine Wehrpflicht herstellen könnte. |
Modernes Gefechtsfeld würde Grundwehrdiener überfordern |
Eindrücke, wie der moderne Infantrist aussehen wird, findet man in der 10 minütigen Diashow "Die Soldaten der Zukunft". Als Gegenargument wird ins Treffen geführt, dass eine gute Ausbildung unter-, der Wert von moderner Gefechtsfeldtechnik überschätzt wird. Wir teilen diese Meinung eigentlich nicht, denn erstens haben wir keine gute Ausbildung, und zweitens besteht ja auch für den, der Gefechtsfeldtechnik einsetzt die Möglichkeit, seine Leute gut auszubilden. Es handelt sich bei der modernen Technik ja um eine Erweiterung, nicht um einen Ersatz militärischer Fähigkeiten der Truppe. Die zitierte »gute Ausbildung« ist übrigens ganz sicher nicht in 6 Monaten herzustellen. |
Österreichs Image als Staat in der Gemeinschaft würde aufgewertet |
Das sehen wir allerdings auch so: wir glauben, dass unsere Neutralität im Ausland vorsichtig ausgedrückt anders wahrgenommen wird als im Inland: während wir der Meinung sind, allein aufgrund unserer Neutralität überall Respekt zu genießen, werden wir im Ausland eher als Trittbrettfahrer wahrgenommen. Es wäre hoch an der Zeit, dieses unwürdige Image endlich zu reparieren. |
Matthias Wolf ist selbständig, Liberaler und Obmann der parteiunabhängigen Bürgerinitiative Österreich
Werner Faymann spricht im EU-Parlament und (fast) keiner hört zu. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Man fasst es nicht: Da kommt ein so großer und weiser europäischer Staatsmann zu den europäischen Abgeordneten. Und diese interessieren sich nicht für ihn. Dabei hat der SPÖ-Bundeskanzler ja neuerdings sogar einen substanziellen europäischen Inhalt in seinen salbungsvollen Wortmeldungen, freilich einen überaus üblen: Er kämpft vehement für Eurobonds. Mit anderen Worten: Faymann will, dass alle Österreicher, Deutschen usw. für die Schulden von Griechen, Spaniern und allen anderen munteren Geldausgebern haften – und zwar weit über das ohnedies schon dramatische Ausmaß der Schuldenübernahmen seit 2010 hinaus. Das ist dank Angela Merkel bisher noch abgewendet worden. Das wäre aber schon eine ernsthafte Debatte wert gewesen – zumindest dann, wenn irgendjemand Faymann ernst nimmt.
Nachträgliche Ergänzung: Sensationell - wenn auch im Grunde fast schon erwartbar - war, wie der ORF den Fernsehern in einem ausführlichen Bericht über Faymanns Auftritt die Leere des Sitzungssaals vorenthalten hat. Das war wieder einmal Manipulation der feinsten Sorte.
Wir, die Unterzeichneten, fühlen uns verpflichtet und herausgefordert, vor der Volksbefragung unsere Stimme zu erheben. Wir wissen, dass unsere Ansicht auch von der überwiegenden Mehrheit der Offiziere und Unteroffiziere getragen wird.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten in den verschiedenen Führungsebenen des Bundesheeres Verantwortung getragen und entsprechend dem Primat der Politik für die Einsatzbereitschaft der Armee oft unter schwierigsten Bedingungen gesorgt. Und dieses Bundesheer hat sich bei allen Einsätzen im In- und im Ausland mit viel Wertschätzung und Lob bewährt.
Wir kennen durch unsere Tätigkeiten die komplexen Verhältnisse im Bundesheer im Rahmen der staatlichen Verwaltung genau, wissen von den Bedingungen anderer Armeen in Europa und bewerten unser auf Österreich zugeschnittenes Wehrsystem der allgemeinen Wehrpflicht als das geeignetste für unser Land. Nach Auswertung mehrerer seiner Aussagen gehen wir davon aus, dass auch der Herr Bundespräsident als Oberbefehlshaber diese Ansicht teilt.
Gleichgültig wie man dazu steht, die Volksbefragung ist nun beschlossen und wir rufen daher zur Stimmabgabe auf, damit nicht eine Minderheit über eine wesentliche Frage unserer Sicherheit entscheidet.
Unser Mahnruf ist kein Votum für eine Partei! Wir fühlen uns nach wie vor an unser Gelöbnis gebunden, der Sicherheit und dem Schutz unserer Bürger zu dienen.
Wir stellen dazu nachdrücklich fest, dass die bisherigen Leistungen unserer wehrpflichtigen, einsatzfreudig ihre Aufgaben erfüllenden Soldaten, volle Anerkennung erfahren haben und jegliche herabsetzende Feststellung als ungerechtfertigt und entwürdigend zurückzuweisen ist.
Wir sind der Überzeugung, dass die in Zukunft erforderlichen Leistungen z.B. zum Schutz der kritischen Infrastruktur oder zur Hilfe bei Katastrophen größeren Umfanges (wie etwa bei einem längeren „Blackout“) nur im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht erbracht werden können und nur so zu einem effizienten Instrument der staatlichen Sicherheit führen. Dabei ist eine Reform und bessere Sinngebung des Wehrdienstes unerlässlich. Ähnlich handelt auch die Mehrheit der acht vergleichbaren Länder in Europa.
Wir sind in Sorge, dass durch einen Übergang zu einem Berufsheer eine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung des Bundesheeres herbeigeführt würde. Die Erfahrungen aus der Geschichte seit den Anfängen der Republik Österreich und die Erkenntnisse über die Entwicklungen von Berufsarmeen in Europa weisen darauf hin, dass diese Art eines Wehrsystems nicht für jedes Land nachahmenswert ist und unter normalen Umständen kaum – und dann oft nur zu spät – rückgängig gemacht werden kann.
Wir rufen daher unsere Bürgerinnen und Bürger auf, die Volksbefragung als Grundsatzentscheidung für das Wohl unseres Landes zu sehen, daran teilzunehmen und für die Beibehaltung der Wehrpflicht zu stimmen.
Folgende Generalsoffiziere iR sind die Unterzeichner dieses Aufrufs. (In Klammer die letzte Verwendung und Tätigkeit):
Richard BONDI (Leiter der österreichischen Militärmission Brüssel)
Mag. Dr. Peter CORRIERI (Leiter Sektion IV / Verteidigungsministerium)
Prof. Mag. Johann CULIK (Militärkommandant Niederösterreich)
Dipl. Ing. Mag. Günther GREINDL (Leiter der Militärvertretung und erster österreichischer Militärrepräsentant in der EU.)
Mag. Dr. Friedrich HÖTZL (Leiter der Sektion I / Verteidigungsministerium)
Mag. Günter HOCHAUER (Leiter der Generalstabsgruppe B / Verteidigungsministerium)
Prof. Mag. Ernest KÖNIG (Kommandant der Landesverteidigungsakademie, Militärpublizist)
Mag. Engelbert LAGLER (Kommandant des Korps II)
Karl MAJCEN (Generaltruppeninspektor)
Prof. Mag. Dr. Horst MÄDER (Leiter der Abteilung Truppendienst / Verteidigungsministerium, Militärpublizist)
Johann MITTENDORFER (Kommandant des Korps II)
Othmar PABISCH (Kommandant der Fliegerdivision)
Prof. Mag. Horst PLEINER (Generaltruppeninspektor, Militärpublizist)
Johann PHILIPP (Armeekommandant und Leiter der Sektion III / Verteidigungsministerium)
Mag. Alfred PLIENEGGER (Kommandant des Korps I)
Gerald PROPST (Leiter der Sektion III / Verteidigungsministerium)
Mag. Adolf RADAUER (Adjutant des Bundespräsidenten)
Mag. Karl REDL (Militärkommandant Vorarlberg)
Mag. Raimund SCHITTENHELM (Kommandant der Landesverteidigungsakademie)
Prof. Mag. Rolf URRISK-OBERTYNSKI (Leiter der Ausbildungsabteilung B / Verteidigungsministerium, Militärpublizist)
Jetzt braucht auch Zypern 17 Milliarden Hilfe von den restlichen Europäern. Das ist den meisten Medien nur noch Kurzmeldungen wert. Man hat sich ja schon daran gewöhnt. Statt dessen sind wir zum Jahreswechsel wieder einmal mit optimistischen Erklärungen eingedeckt worden. Das Schlimmste wäre nun vorbei. Besonders optimistisch war man in den Zahlerländern Deutschland und Österreich – ganz zufällig jenen Ländern, in denen im Herbst Wahlen stattfinden.
Nur zwei Dinge sind daran wahr: Erstens kann sich Irland als einziges Krisenland dank seiner Sanierungserfolge wieder zum Teil über die Märkte finanzieren (was noch lange keine Rückzahlung bedeutet). Und zweitens haben der Rettungsfonds ESM und die EZB so disponiert, dass bis zu den im Herbst fälligen Wahlen wahrscheinlich keine weitere große Krisenaufregung ausbrechen sollte. Das heißt aber natürlich nicht, dass diese Haftungen und Schulden in Billionen-Dimensionen irgendwie sicherer geworden wären. Oder dass gar eine Rückzahlung begonnen hätte.
Besonders köstlich ist die Begründung des Optimismus durch die österreichische Finanzministerin: Die Schulden steigen zwar weiter, aber der Großteil der Staaten mache jetzt kein drei Prozent übersteigendes Defizit mehr, jubelte sie. Daher sei die Schuldenkrise „weitgehend bewältigt“. Europa sei „in Hinblick auf die Schuldensituation der einzelnen Staaten über den Berg“.
Ist ja toll. Die Schuldenkrise ist bewältigt, weil es mehr Schulden gibt. Überdies sagt Frau Fekter nicht, wie diese – in Maastricht ja willkürlich und nach Ansicht vieler Ökonomen viel zu hoch angesetzte – Dreiprozentgrenze eigentlich zu finanzieren wäre. Auch drei Prozent des BIP sind ordentlich viel Schulden. Von der Rückzahlung der schon aufgenommenen Haftungen und Schulden ist erst recht keine Rede. Aber selbst der von den Schuldenmachern gerne zitierte Ökonom Keynes hat gesagt, dass Defizite immer auch durch Überschüsse in anderen Jahren finanziert werden müssen. Nur haben die Keynes-Jünger diese „anderen Jahre“ stets nur in der fernen Zukunft gesehen.
Diese Überschüsse gibt es in Wahrheit nirgends und nie, auch nicht in Deutschland und Österreich. Und was alle Finanzminister verschweigen: Der Großteil der Krisen-Finanzierungen durch Zentralbank und Rettungsfonds ist noch gar nicht in den Budgets und bei den Steuerzahlern angekommen. Eine Haftung ist ja noch keine Ausgabe, daher nicht zu budgetieren, meint die Politik; und man hat ja seine Forderungen gegen ESM, Griechenland&Co als "Sicherheiten".
EZB-Boss Mario Draghi, einer der Haupttäter der Megaverschuldung – pardon: Megarettung – ist jedenfalls viel vorsichtiger als Fekter: „Es ist zu früh, einen Erfolg auszurufen.“ Die Krise sorge weiterhin für große Gefahren. Auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker, der sich einst sogar offen zum Belügen der Menschen bekannt hatte, ist nun halbwegs ehrlich: „Ich denke, die Zeiten werden schwierig. Wir sollten der Öffentlichkeit und den nationalen Parlamenten nicht den Eindruck vermitteln, dass alle Schwierigkeiten hinter uns liegen.“ Ähnlich der EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn: "Unser Patient mag von der Intensivstation herunter sein, aber es wird noch einige Zeit dauern, bis er wieder gesund geschrieben werden kann."
Noch pessimistischer wird man, wenn man in diesem Winter durch einige südeuropäische Städte kommt. Die Geschäfte sind deprimierend leer, obwohl die Preise auf die Hälfte reduziert worden sind; Restaurants selbst in guten Lagen sind geschlossen; die Bettler sind keine importierten Roma aus dem Osten, sondern einheimische Jugendliche; auf zahllosen Häusern und Wohnungen kleben große Schilder, dass diese zu verkaufen oder vermieten wären.
Der aktuelle Fall Zypern ist noch aus einem weiteren Grund besonders interessant: Der Inselstaat lebte seit Jahren davon, dass er ein offenes, wenn auch vertraulich agierendes Einfallstor für Geldwäscher war. Sowohl in Russland, wie auch in dem (dort besonders) Nahen Osten hat man gewusst, dass viele Überweisungen am leichtesten über Zypern zu tarnen sind. Auch bei österreichischen Korruptionsaffären ist erstaunlich oft der Name Zypern als Zwischenstation bei dubiosen Geldflüssen gefallen. Mit anderen Worten: Ohne all diese Sauereien stünde Zypern heute noch viel schlimmer da.
Von der deutschen Regierung kommen aber in demselben Winter ebenso wie von der österreichischen sehr optimistische Töne. Trotz des beginnenden Wahlkampfs und der in solchen Zeiten erwartbaren geringen Wahrheitsliebe ist man verblüfft. Hat doch Deutschland im soeben beendeten vierten Quartal 2012 eindeutig ein „Minuswachstum“, also eine Schrumpfen seines BIP erzielt. Aber jetzt ginge es wieder aufwärts, sagen uns die Konjunkturexperten und die Politiker.
Wie steil es mit der Konjunktur in Europa wirklich bergauf gehen dürfte, zeigt ein Blick auf die Prognose der EU-Kommission: Sie erwartet für 2013 in der EU nur ein Mini-Wachstum von 0,4 Prozent und in den Euro-Ländern eine De-facto-Stagnation von plus 0,1 Prozent (Apropos "Erfolgsstory Euro" . . .). Aber auch die 0,4 Prozent sind viel zu wenig: Alles, was unter zwei Prozent liegt, erhöht die Arbeitslosigkeit weiter.
Dabei zeichnet sich auch in Deutschland jetzt schon eine überaus bittere Nachwahlzeit ab. Wenn ein im „Spiegel“ veröffentliches internes Dokument des Berliner Finanzministeriums nicht reinste Erfindung ist, dann wird dort schon ein sehr dickes Ende der jetzigen Euphorie vorbereitet. Gewiss, Wolfgang Schäuble dementiert heftig. Und das wird er auch gewiss bis zum Wahltag tun.
Aber jedenfalls liest man in diesem Papier jetzt schon von der Notwendigkeit einer drastischen Erhöhung der Steuern und einer ebenso heftigen Senkung der Sozialleistungen als Folge der Schuldenkrise.
Die konkret vorgeschlagenen Möglichkeiten: Abschaffung der ermäßigten Mehrwertsteuer (das heißt 19 statt 7 Prozent auf Bücher oder Lebensmittel); ein Aufschlag zur Einkommensteuer für das teurer werdende Gesundheitswesen; das in Deutschland schon vor etlichen Jahren auf 67 hinaufgesetzte künftige Rentenantrittsalter solle „an die Lebenserwartung gekoppelt“ werden, also noch weiter steigen; wer früher in Pension geht, soll pro Jahr einen Abschlag von 6,7 Prozent hinnehmen müssen; die Witwen/Witwer-Pensionen sollen prozentuell gesenkt werden.
Das alles ist ein wahrscheinlich durchaus notwendiges Paket, wenn die verfassungsmäßig festgesetzte Schuldenbremse Wirklichkeit werden soll. Die Konjunkturdelle seit 2008 sowie die europäischen und nationalen Haftungen werden keinen anderen Weg lassen. Aber bis zum Wahltag wird von den Regierungen zweifellos der gegenteilige Eindruck erweckt werden. Sie reden so wie die jeweiligen Oppositionsparteien derzeit viel lieber von neuen Sozialleistungen. Und die Berliner Regierung träumt gar von einem in Kürze ausgeglichenen Haushalt.
Bleibt nur noch eine Frage offen: Wie lange kann man eigentlich in einem Zustand reiner Schizophrenie leben?
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Vier Jahre Haft für Ernst Strasser – aber jetzt wird’s erst richtig spannend.
Die Rechtfertigung des ehemaligen Innenministers für sein Verhalten war geradezu peinlich fadenscheinig und hanebüchen. Außer ihm glaubt wohl niemand, dass er die beiden britischen "Lobbyisten" (in Wahrheit Journalisten), wirklich als Geheimdienstler enttarnen wollte, nachdem sie ihm fette Summen für Interventionen gegen einen geplanten Beschluss des EU-Parlaments angeboten haben. Er war vielmehr am angebotenen Geld interessiert. Insofern ist das Urteil klar und verständlich. Die viel spannendere Frage wird aber zweifellos erst die Instanz ernsthaft prüfen, das nimmt verständlicherweise kein erstinstanzliches Gericht ernsthaft in seine Hände: Waren die von Strasser vorgenommenen Aktionen – Gespräche mit anderen Abgeordneten mit dem Ziel einer Abänderung des Textes – ein „Amtsgeschäft“ im Sinne des Gesetzes? Nur wenn das von den Berufungsrichtern verneint wird, hat Strasser eine Chance, dem Gefängnis zu entgehen. Eine diesbezügliche – historische – Entscheidung wäre zwar für die meisten unbefriedigend, aber ein Gericht muss immer streng nach dem Gesetzestext entscheiden.
Noch vor kurzem hat die sozialistische Regierung Frankreichs beteuert, sich nicht mehr in afrikanische Kriege einmischen zu wollen. Jetzt steckt sie in Mali voll in einem solchen Konflikt. Zu Land und in der Luft.
Gut oder schlecht? Nun, es ist jedenfalls unakzeptabel, wenn die Halbwertszeit eines Politikerwortes und seiner Glaubwürdigkeit immer kürzer wird. Es ist aber auch nicht einzusehen, warum man verkommene und korrupte afrikanische Diktatoren vor dem Sturz retten soll.
Dennoch muss man inständig hoffen, dass den Franzosen die Intervention gelingt. Denn in Wahrheit geht es nicht um irgendwelche unsympathische Potentaten, sondern um die Eindämmung des Vorstoßes des radikalen Islamismus quer über den ganzen Kontinent. Nicht weniger als vier Staaten – Sudan, Somalia, Tschad und Nigeria – sind in der einen oder anderen Form in jüngster Zeit schon zu blutigen Fronten dieses Krieges geworden.
Nur naive Europäer können glauben, dass sie das alles nicht angeht. Das scheint man nun in Frankreich trotz einer ja immer zu Wunschdenken neigenden sozialistischen Regierung erkannt zu haben. Großflächige Piraterie wie vor Somalia, unzählige Entführungen westlicher Reisender sowie die Verwandlung bisher unbedeutender Wüstenstaaten in sichere Rückzugsgebiete für Terroristen, die überall in der Welt zuschlagen können: Das sind die größten der Gefahren durch diesen panafrikanischen Krieg, die jedenfalls auch Europa ernst nehmen sollte. Diese Auseinandersetzung ist zweifellos der längst entbrannte Krieg der Kulturen, den „progressive“ Geister nie wahrhaben wollten. Der aber offenbar immer heftiger wird.
Was dabei freilich verdrängt wird: Die Unterstützung des Westens für die Revolutionen von Ägypten bis Tunesien war zweifellos eine starke Ermutigung für die Fanatiker, denen dadurch etwa in Kairo nun die Macht in den Schoß gefallen ist. Überdies sind die Hinweise stark, dass die Islamisten erst durch die vielen Waffen aus Libyen erfolgreich kämpfen können.
Dennoch bleibt die große Frage: Ist der Westen überhaupt noch imstande und ernsthaft willens, an so vielen Fronten Krieg zu führen, seine eigene Sicherheit zu gewährleisten? Mit Luftangriffen alleine ohne ausreichende Bodentruppen gewinnt man jedenfalls keinen Krieg (was langsam ja auch Syriens Assad lernen muss).
In diesen Tagen häufen sich die Fälle: Korruption und schleimige Geldflüsse sind keineswegs nur österreichische Phänomene, ja sie scheinen in manchen Staaten sogar viel weiter verbreitet als hierzulande.
Das wirft freilich mehrere Fragen auf: Ist die Welt wirklich – unerfreulicherweise – so viel schlechter geworden? Oder kommt jetzt – erfreulicherweise – viel mehr ans Tageslicht, was früher ganz selbstverständlich unter der Decke geblieben ist? Sind die Menschen vielleicht sensibler geworden für üble Mischungen aus Macht und Geld, egal was das Gesetz formell dazu sagt? Geht man heutzutage viel leichtfertiger mit Korruptionsvorwürfen an die Öffentlichkeit? Trauen sich die Meiden heute nicht viel kritischer mit den Machthabern umzugehen? Sind nicht auch die Gesetze und Maßstäbe viel strenger geworden? Helfen nicht moderne – vor allem elektronische – Technologien mit, manches früher verborgen Gebliebene aufzudecken?
Beispielsweise einen Ernst Strasser mit verborgener Kamera bei seinen skandalösen Gesprächen zu filmen, wäre früher zweifellos nicht so leicht gewesen. Das ist freilich noch kein Beweis für die Sauberkeit einer imaginären guten alten Zeit.
Ohne vorschnell urteilen zu wollen: Aber zumindest zum Teil hänge ich der optimistischeren Interpretation an, dass es zumindest nicht feststeht, dass die Welt wirklich schlechter geworden ist. Bleiben wir für heute nur im Ausland.
Jedenfalls vor aller Augen und augenscheinlich ohne direkte Rechtswidrigkeiten spielt sich bei der bevorstehenden Neuvereidigung von Barack Obama Grausliches ab: Unternehmen wie Microsoft oder AT&T – die mit der amerikanischen Regierung gute Geschäfte im Wert von jährlich Hunderten Millionen Dollar machen! – werden von den Organisatoren um jeweils bis zu eine Million Dollar an Spenden für diese Feiern angeschnorrt. Und sie zahlen natürlich. Man ist ja nicht ein Feind der eigenen Umsätze. Bei uns hingegen erheben die Staatsanwälte schon bei 10.000 Euro Druckkostenbeiträgen an Parteizeitungen ein Jahr lang.
Der neue französische Haushaltsminister Jerome Cahuzac dementiert wenigstens die gegen ihn kursierenden Vorwürfe: Der Mann, der Steuerbetrüger jagen soll, soll selber jahrelang heimlich ein Konto in der Schweiz gehabt haben. Was sich ja nicht so toll ausnimmt.
In Slowenien wiederum hat die offizielle Antikorruptionsbehörde aufgedeckt, dass der rechte Regierungschef Jansa 210.000 Euro nicht erklärbaren Vermögens auf seinem Konto habe, und der linke Oppositionschef Jankovic gar 2,4 Millionen. Beide dementieren – und die Menschen werden wohl lange nicht erfahren, was wirklich wahr ist.
Im restlichen Exjugoslawien ist überhaupt fast jeder Politiker und jeder Privatisierungsvorgang von heftigen Korruptionsgerüchten begleitet.
Zumindest ein sehr gutes Geschäft war für den ehemaligen amerikanischen Vizepräsidenten und Global-Warming-Panikmacher Al Gore die 2005 erfolgte Gründung eines total erfolglosen linken Fernsehsenders. Denn dieser wurde jetzt um rund 500 Millionen Dollar an den islamistenfreundlichen Katar-Sender Al-Jazeera verkauft. Al-Jazeera hat sich damit vor allem Zugang zu zahlreichen amerikanischen Kabelnetzen gekauft. Alles ist offenbar sauber verlaufen – und den US-Demokraten kann‘s egal sein. Verherrlichen sie doch längst schon neue Gutmenschen. Und erst recht wird Herrn Gore bei so viel Kohle sein neuerlich angekratzter Ruf gleichgültig sein.
Nochmals Frankreich. Trotz ihrer Erfolge bei der Einzementierung eines unfinanzierbar gewordenen Wohlfahrtssystems zählen die französischen Gewerkschaften zu den mitgliederschwächsten: Nur rund acht Prozent der Arbeitnehmer gehören ihnen laut einer Studie der FAZ an. Lediglich im öffentlichen Dienst und bei lauten Demonstrationen sind die Gewerkschaften öffentlich wahrnehmbar. Das braucht die Gewerkschafter aber nicht zu stören: Stammen doch 90 Prozent ihrer Einnahmen ohnedies von den Arbeitgebern und davon wieder 40 Prozent vom Staat!
Was ist an all dem Korruption, was gerade noch legal? Das ist eigentlich ziemlich egal. Denn moralisch unkorrekt ist jeder einzelne Fall. Und auf jeden Fall sind solche Exempel ein wichtiger Beitrag zur wachsenden Entfremdung zwischen Demokratie und Bürgern.
Immer wieder darf der Österreicher staunen, über Seltsamkeiten und Indizien, dass Anständigkeit und/oder Menschenverstand hierzulande keineswegs „gerecht“ verteilt sind. Diesbezügliche Hinweise fanden sich dieser Tage etwa bei der WKO, bei den ÖBB, bei den Medien, bei der Universität Wien, beim Burgtheater und bei der rotgrünen Herrschaft über Wien.
Da gibt es etwa die WKO, einen Verein mit Zwangsmitgliedschaft, der gerne beteuert, wie wichtig seriöse Forschung und Wissenschaft wären, und wie sehr er mit Mitgliedsbeiträgen sparsam umginge. Diese WKO gibt nun nicht nur spezifisch Geld für Studien zugunsten schwuler und lesbischer Unternehmer aus (denen Gegenstücke zugunsten normal veranlagter, pardon heterosexueller Unternehmer fehlen), als ob die sexuelle Veranlagung gesetzlicher Auftrag der WKO wäre. Diese WKO unterstützt aber auch einen Energetik-Kongress, bei dem es um „Schamanisches Heilen“, „Quantenheilung“, „Numerolog.-pentalog. Geburtsdatenanalyse“, „Planeten-Yoga“ und vielerlei ähnlichen Unsinn geht, für welchen den Menschen von Geschäftemachern Geld aus der Tasche gezogen wird.
Da gibt es nach vielen Jahren des Streits eine Einigung über die Westbahn-Hochleistungsstrecke in Salzburg. Klingt erfreulich? Ja schon, aber nur, wenn man ignoriert, dass dabei traumsicher die teuerste unter zwölf Varianten ausgewählt worden ist; dass dafür Tunnels von 16 Kilometer Länge gebaut werden, als ob die Strecke nicht durch den Flachgau, sondern den Großglockner ginge; und dass halt bei dieser Bauweise Salzburg erst in 20 Jahren von der Hochgeschwindigkeits-Bahn erreicht werden wird.
Da gab es die große Aufregung vieler Medien um die Übernahme eines angeblich antisemitischen Cartoons (der in Wahrheit „nur“ dumm und inhaltlich falsch war) auf der Facebook-Seite des FPÖ-Chefs. Für viele war die FPÖ damit schon wieder endgültig als Nachfolgepartei des NSDAP entlarvt. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Angelegenheit eingestellt – aber keines der davor so erregten Medien, keiner der zuvor lautstarken Gutmenschen nahm davon sonderlich Notiz.
Da gibt es an der Universität Wien – einer in allen internationalen Rankings immer weiter nach unten absinkenden, aber ständig mehr Steuergeld abkassierenden Institution – einen neuen Professor für Urgeschichte. Sein besonderes Markenzeichen: Er tritt einmal als Timothy Taylor auf, ein andermal als Krysztina Tautendorfer, also einmal in Männer- und einmal in Frauenkleidung. Er will damit für irgendwelche krausen Gender-Theorien und gegen einen „grundsätzlichen Essenzialismus“ demonstrieren. Was auch immer diese Wortedreschei bedeuten soll.
Da haben sich drei ORF-Kabarettisten im Sankt Pöltner Dom (ohne irgendeine Genehmigung) filmen lassen, wie sie nach Pussy-Riot-Art das Christentum verspotten und eine Anti-ÖVP-Propaganda zur Niederösterreich-Wahl aufziehen. Nun bekommen sie offensichtlich als Dank einen Auftritt in dem (von einer gewissen Claudia Schmied) dick subventionierten Burgtheater, und zwar noch ehe die Staatsanwaltschaft das deswegen anlaufende Verfahren eingestellt hat (was diese ja wohl immer tut, solange es nur gegen die katholische Kirche und nicht gegen die Sexualgewohnheiten des Propheten Mohammed geht).
Da will die grüne Autohasserin Vassilakou die Mariahilfer Straße in eine Fußgängerzone verwandeln. Dazu soll nun eine Bürgerbefragung stattfinden. Was nach einer Rückkehr der Verrnunft klingt. Wird doch dadurch der Verkehr im gesamten Westen Wiens zwischen Ring und Gürtel endgültig kollabieren. Jedoch: Die Fragen werden sich – mit Zustimmung der SPÖ! – nicht etwa auf ein Ja oder Nein zur Fußgängerzone richten, sondern nur darauf, ob die Fußgängerzone zweimal von Autobussen gequert werden kann. Und befragt werden sollen nur die unmittelbaren Anrainer, und nicht etwa alle Betroffenen im Westen Wiens.
Braucht eigentlich irgendeine dieser österreichischen Beobachtungen noch einen Kommentar? Oder ist ohnedies schon jedem Leser sechsmal speiübel geworden?
Das Fiasko um den neuen Berliner Flughafen stellt alles in den Schatten, was es in Österreich in letzter Zeit so an Pleiten gegeben hat. Ob das nun die Erweiterung des Flughafens Schwechat, die Salzburger Buchhaltung oder das Wiener Stadthallenbad geht: Diesmal müssen wir neidvoll zugestehen, dass Berlin einfach besser ist als wir.
Im Vorjahr konnte man noch Deutschland als Vorbild zitieren, weil dort ein Bundespräsident sofort zurücktritt, wenn der Staatsanwalt gegen ihn ein Verfahren einleitet, während die Wiener Koalition nicht einmal mit der Wimper zuckt, wenn die Staatsanwälte gegen die halbe Regierung Strafverfahren beginnen (von denen bis heute kein einziges eingestellt worden ist). Ob das nun die Herren Faymann, Ostermayer und Berlakovich oder ob es die Damen Schmied und Bures betroffen hat. In diesem Vergleich musste man sich als Österreicher noch genieren.
Heute tritt der Österreicher hingegen stolz vor jeden Deutschen hin und sagt: Haltet doch mal die Schnauze, ihr mit eurem Wowereit! Er ist doofer, als die Polente erlaubt, und das ist gar nicht gut so.
Der Berliner Bürgermeister und Aufsichtsratschef über den Flughafen produziert als Hauptverantwortlicher für eine Milliardenpleite dennoch nur die ödesten Politikerreaktionen: Er wolle nicht weglaufen, er wolle sich der Verantwortung stellen. Bla, Bla, Bla.
Zusammen mit der verheerenden Berichterstattung über die forschen Sager des Herrn Steinbrück – die in meinen Ohren freilich lange nicht so schlimm sind, wie die deutschen Medien tun, – haben die deutschen Sozialdemokraten nunmehr wohl jede Chance verspielt, als Sieger aus den nächsten Bundestagswahlen hervorzugehen. Diesen Absturz zeigen auch schon die Meinungsumfragen.
Zu Berlin kommen in anderen deutschen Städten ähnlich unendliche Grotesken: Sei es die Hamburger Elbphilharmonie, sei es der Stuttgarter Bahnhof.
Die köstlichste Pointe des immer teurer und niemals fertig werdenden Berliner Flughafens ist aber die nunmehrige Ankündigung, wie man das Chaos in den Griff bekommen will: Jetzt werde man Experten in den Aufsichtsrat holen. Na so etwas! Auf solche Ideen muss man erst kommen! Experten!
Bisher haben also reine Amateure das Megabauprojekt beaufsichtigt. Alleine der Gedanke, dass jahrelang nur Politiker, die einmal im Monat ein paar Stunden Zeit haben, die Hauptaufsicht über das geplante neue deutsche Luftkreuz hatten, ist abenteuerlich. Sie haben nicht einmal einen Generalunternehmer bestellt, sondern geglaubt, alles selbstgestrickt schnell und billig machen zu können. Dahinter stand wohl die Sorge vor den Grünen und allen möglichen Bürgerinitiativen, die ein solches Projekt ja immer mit schweren Attacken begleiten. Denen wollte man offenbar mit einer möglichst harmlosen Projektankündigung den Wind aus den Segeln nehmen. Vergebens. Denn, wenn am Ende dann immer alles viel teurer und langwieriger wird, ist der Sturm der Erregung noch viel größer.
Ach ja, und jetzt kommt auch noch das, was ja heute schon fast immer kommen muss: Jetzt will auch noch die EU-Kommission ein Verfahren gegen den Flughafen eröffnen. Und zwar, weil dessen Anflugroute einige Vögel gefährden könnte . . .
Das alles könnte am Beginn eines kalten Wochenendes den Österreicher einmal ziemlich amüsieren, wenn da nicht die grundsätzliche Frage wäre: Können in Europa überhaupt noch irgendwelche großen Projekte realisiert werden? Haben wir uns mit Vogelschutz und Brandschutz und tausend anderen Vorschriften und einer enorm komplizierten Technik nicht schon so sehr in einem undurchdringlichen Netz verfangen, dass am Ende gar nichts mehr möglich ist?
Ein Schuldspruch mit 5:3 Stimmen ist doch eher ungewöhnlich. Dennoch bekam der Rechtsextremist Gottfried Küssel überraschende neun Jahre Haft. Auch seine Mittäter wurden heftig eingetunkt.
Das ist freilich von der gesetzlich beschlossenen Rechtsordnung voll gedeckt. Jeden liberalen Menschen müssen – ganz abgesehen von der Beweisfrage – jedoch Strafen, noch dazu eines solchen Ausmaßes für Meinungsdelikte schockieren. Und seien die geäußerten Meinungen noch so grauslich. Die Vermutung ist stark, dass man mit so drakonischen Strafen erst recht Märtyrer in der ja von pubertären Dummköpfen dominierten rechtsextremen Szene schafft. Gleichzeitig muss man zugeben: Man kann auch nicht überzeugend beweisen, dass Ignorieren oder rationale Auseinandersetzung mit dem neonazistischen Geschmeiß, mit seinen widerlichen – offenen wie versteckten – Antisemitismen, mit seiner Kriegsverherrlichung, mit seiner Apologetik eines der grässlichsten Terrorregime der Geschichte und dessen Völkermorden eher zu einem Erfolg führen würde. Man denke nur an die Renaissance der Kommunisten in Graz und in Ö1, obwohl ihnen gegenüber genau diese Reaktionen praktiziert werden. Man denke aber auch an die rechtsextremistischen Umtriebe unter vielen glatzköpfigen Fußballanhängern, die von Fernsehreportern und insbesondere sozialistischen Klubfunktionären immer wieder hofiert werden. Dabei geht es bei deren Taten keineswegs nur um Meinungsdelikte.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Die Zwangsverpflichtung junger Männer zum Bundesheer ist sinnlos und eine Verschwendung von Ressourcen. Sie entspricht nicht mehr den Anforderungen an eine moderne Landesverteidigung. Das derzeitige System ist sehr teuer. Laut einer Studie der Wirtschaftswissenschafterin Gudrun Biffl kostet die Wehrpflicht jeden Grundwehrdiener rund 77.500 Euro durch den Verlust an Lebenseinkommen und beruflicher Perspektiven.
Bereits 21 von 27 EU-Länder haben eine Berufsarmee. Eine konventionelle militärische Bedrohung durch Panzer gibt es nicht mehr. Die Bedrohungen sind komplexer geworden, sie treten kurzfristig ein. Terrorismus, das Scheitern von Staaten, Angriffe auf IT-Systeme, die Bedrohung strategischer Infrastruktur oder der Klimawandel, das sind die modernen Gefahren.
Im Kampf dagegen sind gut ausgebildete Soldaten nötig. Das derzeitige System ist veraltet. Es ist auf die nicht mehr existente Bedrohung des Kalten Krieges aufgerichtet mit einem Massenheer, in dem 60 Prozent der etwa 24.000 Grundwehrdiener als Systemerhalter und somit als Fahrer, Köche, Kellner oder Schreiber eingesetzt werden. Ein gewaltiger Apparat ist damit beschäftigt, die restlichen 40 Prozent der Rekruten in kürzester Zeit zur Abwehr eines Feindes auszubilden, den es in dieser Form nicht mehr gibt. Das ist absurd!
Durch ein Berufsheer ist der Katastrophenschutz besser gewährleistet. Bei den Pionierbataillonen, den Spezialisten im Katastrophenfall, werden im Profiheer die Grundwehrdiener eins zu eins durch Berufssoldaten ersetzt. Das heißt gleiche Mannstärke bei besserer Ausbildung.
Ein Berufsheer bedeutet keineswegs Abschaffung der Neutralität. Einen Zusammenhang zwischen Profiheeren und NATO-Mitgliedschaften gibt es nicht. Neutrale und allianzfreie Staaten wie Irland und Schweden haben ein Profiheer. Es ist hoch an der Zeit, den Zwang zum Heer abzuschaffen und auf Profis zu setzten.
Andreas Unterberger
Am Bundesheer ist vieles dringend zu verbessern: Von der oft lustlosen Ausbildung über die (laut linken Politikern) Asylanten nicht zumutbaren Kasernen, die veraltete Ausrüstung, den Überhang an Schreibtischbeamten, die Abschaffung der Miliz bis zum Missbrauch von Wehrpflichtigen als Gratis-Kellner für Offiziere & Co (die es ja für Staatsbeamte sonst auch nicht gibt). Die Abschaffung der Wehrpflicht wäre aber die völlig falsche Antwort.
Sie würde das Heer nicht verbessern, sondern überdies in eine gefährliche Ansammlung aus arbeitslosen Unterschicht-Angehörigen und Zuwanderern verwandeln. Sie würde in Zeiten sinkender Geburtenraten große Lücken bei Aufgaben wie Katastrophenhilfe oder Zivildienst reißen. Sie würde noch dazu mit Sicherheit mehr kosten - die Versuche von Herr Darabos, seine Ideen mit ständig neuen Zahlen schönzurechnen, sind nur noch grotesk.
Eine Wehrpflicht - und Dienstpflicht für echte(!) soziale Aufgaben - bedeutet ein zentrales Zeichen, dass Staatsbürgerschaft, dass Gemeinschaft nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten heißt (übrigens auch für Frauen). Zumindest solange uns diese Republik noch irgend etwas bedeutet.
Wehrpflicht ist pädagogisch für viele junge Menschen in einer schwierigen Orientierungsphase sinnvoll. Sie geht auch von der historischen Erfahrung aus, dass sich die - derzeit gute - Sicherheitslage viel rascher ändern kann, als ein Heer wieder aufgebaut wäre. Nur bei einer Wehrpflicht gibt es ausreichend Bewaffnete, welche die sensible Infrastruktur (Wasserleitungen, Kraftwerke . . .) gegen terroristische Bedrohungen sichern können.
Über ihr Ende nachzudenken, wäre höchstens dann sinnvoll, wenn Österreich in ein Bündnis mit Arbeitsteilung einträte, in dem die einen die Luftraumsicherung besorgen, die anderen etwa friedensschaffende Polizeieinsätze. Aber darüber will ja heute niemand auch nur diskutieren.
Staat | NATO | Wehrpflicht | Soldaten | Ausgaben |
Deutschland |
+ |
– |
240.000* |
1,3 |
Frankreich |
+ |
– |
233.600 |
2,0 |
Ver. Königreich |
+ |
– |
192.300 |
2,6 |
Italien |
+ |
– |
191.200 |
1,4 |
Spanien |
+ |
– |
130.000 |
1,0 |
Griechenland |
+ |
+ |
124.300 |
2,1 |
Polen |
+ |
– |
97.200 |
1,8 |
Rumänien |
+ |
– |
68.300 |
1,3 |
Niederlande |
+ |
– |
47.700 |
1,4 |
Portugal |
+ |
– |
38.900 |
1,6 |
Finnland |
– |
+ |
36.500 |
1,5 |
Belgien |
+ |
– |
34.200 |
1,1 |
Österreich |
– |
+ |
30.000 |
0,6 |
Bulgarien |
+ |
– |
29.800 |
1,7 |
Tschechien |
+ |
– |
23.200 |
1,4 |
Dänemark |
+ |
+ |
21.600 |
k.A. |
Ungarn |
+ |
– |
21.200 |
1,0 |
Schweden |
– |
– |
14.400 |
1,2 |
Slowakei |
+ |
– |
14.200 |
1,3 |
Zypern |
– |
+ |
12.200 |
2,1 |
Irland |
– |
– |
9.500 |
0,6 |
Litauen |
+ |
– |
7.900 |
0,9 |
Slowenien |
+ |
– |
7.000 |
1,6 |
Lettland |
+ |
– |
4.800 |
1,1 |
Estland |
+ |
+ |
3.200 |
1,7 |
Malta |
– |
– |
2.200 |
0,7 |
Luxemburg |
+ |
– |
900 |
0,5 |
* In Deutschland ist nach Abschaffung der Wehrpflicht eine Reduktion auf 180.000 Mann geplant.
Quelle: European Defence Agency
Kategorie | Anzahl |
Mobilmachungsstärke |
55.000 |
Offiziere |
3.000 |
Unteroffiziere |
9.800 |
Chargen |
3.000 |
Grundwehrdiener |
ca. 12.000 |
Milizsoldaten |
26.000 |
Zivlbedienstete |
8.600 |
Panzer |
400 |
Eurofighter |
15 |
Saab 105 |
28 |
Helikopter |
67 |
Quelle: Verteidigungsministerium
Kommt, all ihr Freunde aus der Slowakei und Rumänien! Es gibt in Österreich noch ein paar freie Straßenecken und Geschäftseingänge: Der Verfassungsgerichtshof hat soeben jedes Bettelverbot aufgehoben.
Dieses würde angeblich der Menschrenrechtskonvention widersprechen. Dort findet sich zwar nichts von einem Bettelrecht aller Europäer an jedem gewünschten Platz in jedem gewünschten Land. Aber schon der alte Goethe hat das Denken so mancher Juristen gekannt: Legt ihr's nicht aus, so legt was unter. Das einst auf die Verfassung und die Interessen Österreichs vereidigte Oberstgericht hat sich in den letzten Jahren in eine Ansammlung naiver Gutmenschen verwandelt. Verkörpert wurde diese Entwicklung etwa durch die direkte Entsendung von Richtern aus dem Kabinett des amtierenden Bundeskanzlers. Der VfGH erinnert durch seine Judikatur jedenfalls wieder daran: Er ist ein reines parteipolitisches Proporzprodukt, das sogar undemokratischer zusammengesetzt ist als der vielgeschmähte ungarische Medienrat. Und man könnte fast wetten: Mit irgendeinem Trick werden bald auch die Besetzer der Votivkirche – also abgewiesene Asylwerber, die eigentlich schon längst das Land verlassen hätten sollen und aus rätselhaften Gründen nicht in Schubhaft sind, – den Gerichtshof für sich instrumentieren können.
Das Datum der Volksbefragung zur Frage „Beibehaltung der Wehrpflicht oder Umstieg auf ein Berufsheer?“ rückt näher. Die Sozialisten haben es geschafft, eine beispiellose Medienkampagne pro Berufsheer zu initiieren. Im staatlichen Rotfunk und auf dem Boulevard ist es so gut wie unmöglich, einen objektiven Beitrag zum Thema zu finden, der beide Positionen würdigt. Befürworter der (bis vor ganz kurzer Zeit auch von den Genossen noch als „in Stein gemeißelt“ bezeichneten) Wehrpflicht, werden entweder dämonisiert, niedergemacht oder, wie man es im Land der Hämmer auszudrücken pflegt, „nicht einmal ignoriert“.
Umso erfreulicher, dass sich der höchstrangige Offizier des Bundesheeres, General Edmund Entacher – ein erklärter Befürworter der Beibehaltung der Wehrpflicht (der deshalb vom Verteidigungsminister, einem mit seiner Aufgabe sichtlich überforderten Wehrdienstverweigerer, zeitweise seines Amtes enthoben wurde) – kurz vor der Abstimmung zu dieser Frage einer Diskussion stellte.
Entacher bedauert, dass in der aktuellen Debatte kaum mit sachlichen Argumenten, sondern vielmehr mit oft aus völlig der Luft gegriffenen Behauptungen und Mutmaßungen operiert würde. So wies er u.a. darauf hin, dass vom ORF soeben ein „verpflichtender Wehrdienst für Frauen“ ins Spiel gebracht wurde – eine Idee, die zu keinem Zeitpunkt je zur Debatte stand – wohl um auch die Frauen möglichst vollzählig gegen die Wehrpflicht zu mobilisieren.
Nachdem der General die dem Bundesheer gestellten Hauptaufgaben erläutert hatte, kam er auf die Mannschaftsstärken zu sprechen. Derzeit seien rund 1.400 Mann zur Friedenssicherung im Auslandseinsatz. Dazu meinte er, dass das zwar „am Stammtisch vielfach nicht goutiert werde, Österreich international aber viel Reputation bringe“. 57 Prozent der dafür abgestellten Soldaten stammten aus den Reihen von Reserve und Miliz. Zur „Sicherung der kritischen Infrastruktur“ (Kraftwerke, Wasserversorgungseinrichtungen, etc.) bedürfe es 12.500 Mann, ebenso für Assistenzeinsätze im Katastrophenfall. All diese Aufgaben wären unter den Bedingungen einer Wehrpflichtigenarmee seit vielen Jahrzehnten problemlos erfüllt worden. Im Auslandseinsatz befindliche Soldaten des Bundesheeres erfreuten sich höchster internationaler Anerkennung. An der vom Minister im Zusammenhang mit der Umstellung auf ein Berufsheer immer wieder beschworenen „Professionalität“ herrsche also bereits derzeit kein Mangel.
Europaweit würden derzeit die Wehrkapazitäten massiv abgebaut, während überall sonst auf der Welt eine Aufrüstungswelle zu beobachten sei: In den USA, Brasilien, China, Indien, Pakistan und im Nahen Osten. Daraus würden langfristig Gefahren erwachsen, weil militärische Schwäche stets zunehmende Bedrohungen mit sich brächte – im Falle Europas aus dem Osten und dem Süden. Eine Beibehaltung der Wehrpflicht bedeute für Österreich daher die Erhaltung seiner Verteidigungskapazität.
Die „beachtliche Medienkampagne zugunsten des Berufsheeres“ würde letztlich im Dienst einer Leistungsverschlechterung stehen. Es sei schlicht unglaubwürdig zu behaupten, die dem Heer gestellten Aufgaben – bei gleichen Kosten und mit weniger Personal – lösen zu können. Der derzeitige Mannschaftsstand belaufe sich auf 14.000 Berufssoldaten und 11.000 Wehrpflichtige. Geplant seien (nach dem von den Sozialisten beworbenem Modell) 8.000 Berufssoldaten, 7.300 Zeitsoldaten sowie eine Reduktion der Zivilbediensteten um 3.000.
Damit wären gleich mehrere Probleme verbunden: der Abbau des damit entstehenden „Überstandes“ (es handelt sich schließlich um unkündbare Beamte) würde einen Zeitraum von 25 Jahren in Anspruch nehmen. Zeitgleich käme es zu einem Fehlbestand (an Zeitsoldaten), den aufzufüllen 10 bis 15 Jahre in Anspruch nehmen würde. Die Pionier- und die ABC-Abwehrkapazität werde im Augenblick der Umstellung auf ein Berufsheer um 2/3 abnehmen. Mit dem bisher möglichen Umfang von Assistenzeinsätzen im Katastrophenfall wäre es damit auf Jahre hinaus also vorbei.
Das Beispiel Schwedens, wo man sich vor einiger Zeit ebenfalls für ein Berufsheer entschieden hat, sei niederschmetternd. Dort kämpfe man gegen einen Fehlbestand von 37 Prozent der geplanten Mannschaftsstärke. Man dürfe nicht in den Fehler verfallen, bei Umfragen ermittelte Zahlen möglicher Interessenten mit tatsächlich rekrutierbarem Personal zu verwechseln. So wurden etwa mit einer großen, österreichweiten Werbekampagne 2.000 „Interessenten“ für die Tätigkeit in Pioniereinheiten gefunden. Von diesen blieben am Ende noch 180 übrig, die dem Anforderungsprofil entsprachen. Die Nonchalance, mit der die Apologeten eines Berufsheeres davon ausgehen, dass die Rekrutierung von Zeitsoldaten keinerlei Problem darstellen werde, sei durch die im In- und Ausland gemachten Erfahrungen jedenfalls nicht gerechtfertigt.
Am Ende seines Vortrags meinte Entacher zusammenfassend, dass sich das bestehende System, bei allem Verbesserungsbedarf, über Jahrzehnte bewährt habe. Mit dem geplanten Berufsheer dagegen betrete man nicht nur unsicheres Terrain, sondern könne sogar mit Sicherheit davon ausgehen, dass es der gestellten Aufgabe schlechter und nur zu letztlich höheren Kosten gerecht werden würde.
In der anschließenden Diskussion hatte Entacher Gelegenheit, einige seiner im Vortrag bereits gebrachten Argumente zu vertiefen, räumte allerdings verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten (Vermeidung von Stehzeiten, attraktivere Ausbildung, und allgemeine Effizienzsteigerung in den Abläufen) beim bestehenden Modell ein. Zugleich beklagte er die mit der Einführung einer Berufarmee einhergehende „Entsolidarisierung“ der Gesellschaft, was auch von einigen der Anwesenden bekräftigt wurde. Man solle das bewährte System nicht leichtfertig über Bord werfen, zumal es „realpolitisch keinen Weg zurück“ (zur Wehrpflicht) gäbe. Sollte sich die Entscheidung zur Umstellung als falsch erweisen, könne man diese kaum mehr rückgängig machen.
Einer der Debattenredner betonte, dass der Wehrpflicht ein „Wehrrecht“ gegenüberstehe. Ein anderer wunderte sich über die im Saale herrschende „Pro-Wehrpflicht-Stimmung“, die mit einem liberalen Weltbild schwer vereinbar sei. Der Staat habe nämlich nicht das Recht, mündige Staatsbürger – gegen deren Willen – in Uniformen zu stecken. Darauf erwiderte der General, dass er sich nicht nur zur Wehrpflicht, sondern auch zur Schulpflicht und zur Steuerpflicht bekenne. Er betrachte es als angemessen, wenn Menschen, die viel vom Staat bekommen, diesem auch etwas geben…
Fazit: Sollte die im Club Unabhängiger Liberaler eindeutig für eine Beibehaltung der Wehrpflicht vorherrschende Stimmung repräsentativ für die am 20. Jänner zur Abstimmung schreitenden Bürger sein, dann kann sich der rote Minister samt seiner Partei, dem ORF und der Kronenzeitung auf eine herbe Enttäuschung einstellen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die großen Banken der Eurozone werden also unter eine neue Aufsicht gestellt. Dabei gibt es für sie auch bisher schon Tausende Seiten an Vorschriften und zahllose Aufseher. In Österreich etwa beobachten, kontrollieren und üben Druck aus: Nationalbank, Finanzmarktaufsicht, Finanzministerium, die eigenen Aufsichtsräte und Eigentümer, Wirtschaftsprüfer, sektorinterne Revisionsverbände, die weiterbestehende(!) Europäische Bankenaufsicht, die Basler BIZ (Bank für internationalen Zahlungsausgleich), die EU, die OECD, die Analysten, die Börseaufseher. Dazu kommen noch Politik und Medien sowie die Aufseher in allen anderen Ländern, wo ein heimisches Institut tätig ist.
Man musste sich ja schon bisher wundern, ob in den Banken neben lauter Berichte-Schreiben und Kontrolleure-Informieren noch irgendjemand dazu kommt, auch noch Geld zu verdienen, um die (sehr bescheidenen) Zinsen und die (überaus unbescheiden gewordenen) Bankensteuern zu zahlen.
Dennoch hat insbesondere Deutschland darauf bestanden, dass es noch eine neue Bankenaufsicht gibt. Das war eine Voraussetzung für die Öffnung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM zur Hilfe an vom Untergang bedrohte, aber für systemrelevant gehaltene Banken.
Lassen wir einmal die – wichtige! – Debatte beiseite, ob man solche Banken wirklich retten soll, und nicht nur deren schuldlose Gläubiger (zumindest zu einem Prozentsatz). Extrem problematisch ist aber auch die Entscheidung, die neue Aufsicht bei der EZB anzusiedeln, ohne dass in dieser eine rechtlich feuerfeste Trennmauer Geldpolitik und Bankenaufsicht trennen würde.
Die Europäische Zentralbank hat laut Statut nur eine einzige Aufgabe: Für Geldstabilität zu sorgen. Das gelingt nur, wenn man bei Inflationsgefahr das Geld knapp hält. Wer sich hingegen für die Banken verantwortlich fühlt, ist primär dafür zuständig, dass keine Bank crasht. Das geht dann am besten, wenn Geld nicht knapp gehalten wird, sondern so viel davon gedruckt wird, wie die Banken wollen.
Nun werden manche einwenden: Die Zentralbank hat ohnedies viel zu viel und hemmungslos Geld gedruckt. Zugleich hat die EZB das Inflationsziel schon still und leise von zwei auf drei Prozent erhöht. Beides stimmt. Aber immerhin hat sie dabei immer behauptet, dass sie bei Inflationsgefahr jederzeit das Geld wieder aus dem Markt nehmen werde. Das war zwar auch schon bisher nicht sehr glaubwürdig. Denn bei jedem solchen Versuch würden sofort viele EU-Staaten aufheulen, weil er ihre Schuldenlast noch drückender macht.
Mit der direkten Verantwortung der EZB für die Banken kommt aber jedenfalls noch ein weiteres Motiv hinzu, den Markt dauerhaft mit Geld zu überschwemmen. Mit dieser Konstruktion wird auch noch klarer, als es ohnedies schon war: Die Staaten tun alles, um ihren Schuldenberg auf inflationärem Weg zu entsorgen – mit Hilfe der EZB. Genau deswegen haben sie ja die EZB mit der Bankenaufsicht betraut.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Das Pendlerpauschale ist das Paradebeispiel, wie in der Politik die Vernunft ausgeschaltet wird, speziell vor Wahlterminen.
Als eine Art Weihnachtsgeschenk wird an Autofahrer großzügig Geld verteilt – statt bisher 400 Millionen in Zukunft um 50 Prozent mehr, also plus 200 Millionen. Einkommensgrenzen gibt es nicht, also auch der Generaldirektor wird dafür belohnt, dass er möglichst weit von seinem Arbeitsplatz entfernt wohnt und sich jeden Tag in die Stadt stauen muss.
Statt zu versuchen, den Verkehr einzudämmen, wird auf Teufel komm raus gefördert. Seit dem Jahr 2009 wird mit schöner Regelmäßigkeit das Pendlerpauschale angehoben, seit dem Jahr 2008 um teilweise weit über 100 Prozent. Und jetzt wird noch einmal kräftig draufgelegt.
Warum? Wegen der Treibstoffpreise kann es nicht sein. Anfang 2009 kostet Benzin 0,93 und Diesel 0,96 Euro. Heute liegen die Preise bei etwa 1,40 für beide Sorten. Also ein Plus von 50 Prozent, wobei der Verbrauch der Autos in diesem Zeitraum kräftig zurückgeschraubt werden konnte.
Aber Logik war noch nie ein Kriterium in der Politik.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Schmied gegen Brandsteidl: Das hätte weiland Travnicek wohl Brutalität genannt. Wir erleben in diesen Tagen an mehreren Fronten den Kampf der Gigantinnen. Anschaulicher wurde noch selten gezeigt: An verstärkter, mit EU-Richtlinien und sonstigen Quoten erzwungener weiblicher Präsenz in den Führungsetagen wird weder Politik, noch Land noch sonst irgendetwas genesen.
Die Verzweiflung über die selbst verschuldete Wiener Bildungsmisere hat also die Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl in die Arme von Integrationsstaatsekretär Sebastian Kurz getrieben: Kinder, die vor Schuleintritt nicht genug Deutsch gelernt haben, kommen nun doch zuerst in Vorschulklassen. Das wird sowohl den Kindern als auch dem Unterricht gut tun, auch wenn der grüne Rathaus-Partner schäumt und Parteikollegin Schmied hadert.
Denn für die Unterrichtsministerin ist die Reparatur dieser folgenschweren Schwachstelle des Bildungssystems nur billiges Schlagzeilen-Machen. In ihr Schulkonzept passt die Not-Maßnahme natürlich nicht – schließlich werden da von Kindern Kenntnisse verlangt. Wenn das einreißt, kommt womöglich noch jemand auf die Idee, dass sie die Schule auch erst wieder verlassen dürfen, wenn sie lesen und schreiben können. Und das passt nicht ins Gesamtschul-Paradies.
Auch angezählte Bildungspolitikerinnen finden keinen Weg mehr heraus aus dem von ihnen selbst angerichteten Chaos. Da hilft kein Androsch-Volksbegehren mehr. Die Realität ist der Ideologie längst entlaufen.
Gigantisch ist auch die Logik unserer Frauenministerin, wenn sie in der Heeresdebatte die weibliche Karte spielt. Heinisch-Hosek warnt vor dem Beibehalten der Wehrpflicht, weil diese auch auf die Frauen angewandt werden müsste (das ist zumindest der Schluss, zu dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer im Sinne seiner Auftraggeber kommt). Da sind die Frauen in ihrer Berufslaufbahn dann noch ärger benachteiligt, meint sie. Als Zeitsoldatin in einem Berufsheer und beim freiwilligen Sozialjahr hingegen fänden Frauen großartige Karrieremöglichkeiten. Also wie jetzt, Frau Minister? Das Killerargument „Frauenpolitik“ killt sich selbst.
Wie oft haben wir uns schon sagen lassen müssen, dass es mit mehr Frauen in den Chefetagen von Politik und Wirtschaft nie zu so grauenhaften Wirtschaftskrisen, Gier-Ausbrüchen und anderen Auswüchsen gekommen wäre. Aber wer steht an der Spitze Salzburgs? Wer war dort mit risikofreudigen Anlagen betraut?
Und trotzdem sind diese Dinge passiert, so wie überall anders auch, wo nur Männer regieren.
Auch der Stil ist nicht anders: Die Schuld an dem Finanzchaos wird auch in Salzburg ausschließlich Beamten und nicht den zuständigen Landesräten (und schon gar nicht sich selbst) zugeschoben.
Ja, und der berühmte realitätsbezogene Sachverstand: Hätte Maria Fekter den walten lassen, hätte sie sich nicht um Spekulationsverbote in der Verfassung gekümmert, sondern hätte das Finanzsystem der öffentlichen Hände von Kameralistik auf die schlichte und bewährte doppelte Buchführung umgestellt.
Dann könnte es wenigstens nicht mehr vorkommen, dass ein Finanzlandesrat auch nach sechs Wochen angestrengten Suchens immer noch nicht weiß, wie viele Hunderte Millionen seines Budgets wo sind, ja wie viele Milliarden er überhaupt haben sollte. Wo man doch immer geglaubt hätte, dass politische Verantwortung darin besteht, dass man zumindest weiß, wofür man verantwortlich ist.
Wenn man schon dringend Verbote in die Verfassung schreiben will, dann vielleicht eher: „Unfähigen Politikern wird verboten, ein Regierungsamt anzunehmen.“ Und diesen Satz sollte man dann unbedingt gendern.
Millionen Menschen sind in der Nachkriegszeit nach Europa gezogen, und noch mehr wollen das tun. Ist es da nicht Unsinn, von einer Flucht aus Europa oder aus einzelnen europäischen Ländern zu reden? Nun, es stimmt dennoch. Die einen kommen, die anderen gehen: Aber auch wenn die Abgehenden numerisch in der deutlichen Minderzahl sind, so kann das von ihnen in ihrer bisherigen Heimat hinterlassene Loch in keiner Weise durch die Zuwanderer gefüllt werden.
Natürlich ist jeder Mensch gleich viel wert, egal, welche Hautfarbe, Religion oder Muttersprache er hat. Wir wollen an dieser Stelle auch nicht darüber befinden, ob eine eingeborene Bevölkerung das Recht hat, in alle Zukunft das von ihr bewohnte Gebiet kulturell zu prägen, es also voll und ganz als ihre Heimat empfinden zu können, selbst wenn sie nichts dafür tut. Hier geht es um etwas anderes: um den wirtschaftlichen, kulturellen, zivilisatorischen, wissenschaftlichen Netto-Verlust, den viele EU-Länder derzeit durch die Abwanderung von Eliten an Können, an Ausbildung und damit an Dynamik erleiden.
Fast alle europäischen Länder müssen seit einiger Zeit einen solchen Verlust bilanzieren. Das gilt vor allem für jene, die ihren Bürgern hohe Steuersätze abnehmen. Sie gestehen den Verlust zwar nur ungern ein, aber der Brain drain ist unübersehbar. Die Abwanderung der klugen Köpfe geht aus der EU hinaus Richtung Schweiz, Richtung Nord- und Südamerika, Richtung Australien, auch in manche asiatische Länder.
Die Abwanderung steuer- und leistungswichtiger Bürger findet aber auch innerhalb Europas durch einen Abzug aus den Höchststeuerländern statt. Ein Beispiel war vor wenigen Wochen die Auswanderung des Schauspielers Depardieu aus Frankreich. Der in jeder Hinsicht gewichtige Mann weicht dadurch der konfiskatorischen Einkommensteuer von 75 Prozent aus, welche die neue französische Regierung über höhere Einkommen verhängt. Depardieu lebt künftig in Belgien, er hat aber auch schon ein Offert für einen russischen Pass bekommen.
Auch der reichste Mann Europas, Bernard Arnault vom Luxuskonzern LVMH, hat Frankreich, seine bisherige Heimat, Richtung Belgien verlassen.
Die beiden sind nur die Spitze eines Eisbergs. Hunderte Franzosen haben in den letzten Wochen das Land für immer verlassen. Ist ja eh nur eine winzige Minderheit? Gewiss. Es bleibt auch dann eine solche, wenn ihre Zahl demnächst schon einige Tausende ausmachen wird. Jedoch geht es dabei durchwegs um jene Menschen, die bisher schon die höchsten Steuern gezahlt haben und die für die kulturelle Identität der stolzen Nation zentral gewesen sind. Sie zahlen nun gar keine Steuern mehr in Frankreich. Und sie werden niemanden mehr in dem Land beschäftigen. Das macht Frankreich, das sich von der Steuererhöhung einen Sanierungsbeitrag erhofft hatte, deutlich ärmer, als es nur die Zahl der Emigranten signalisieren würde. Ökonomisch und kulturell.
Die Mehrheit der französischen Medien und die Regierung reagieren heftig auf diese Abwanderung. Das heißt aber nicht, dass sie nachdenken würden, ob die Steuererhöhungen ein Fehler sind. Sie beschimpfen vielmehr die Abwanderer. Das führt freilich nur dazu, dass viele es vorziehen, ohne öffentliches Aufsehen heimlich, still und leise wegzugehen, und nicht so laut wie Depardieu zu protestieren. Am Verlust für Frankreich ändert das aber nichts. Außer, dass man noch gar nicht genau weiß, wie viele Franzosen am Ende fehlen werden.
Nun ruft Frankreich verstärkt nach einer europäischen Steuerharmonisierung; damit soll der Anreiz fallen, von einem EU-Land ins andere zu siedeln. Die Franzosen begreifen aber nicht, dass das die völlig falsche Reaktion wäre. Man stelle sich nur vor, was passiert, wenn die ganze EU zwingend eine 75prozentige Einkommensteuer auf all ihre Depardieus einheben würde: Dann würden diese in noch größerer Zahl als jetzt gleich die ganze EU verlassen. Dann würden fast wie in Kriegszeiten lange Schlangen vor Schweizer, kanadischen, chilenischen oder amerikanischen Konsulaten stehen. Und wieder wären es die Besten, die ihre Heimat verlassen. Heute schon berichten Schweizer Medien über eine ebenso intensive wie diskrete Zuwanderung aus Frankreich, aber auch aus Deutschland.
Irgendwann wird dann vielleicht sogar jemand nach einem Verbot rufen, aus der EU ausreisen zu dürfen. Und ein solches Verbot wäre, so wird man wohl eine weitere Etappe später erkennen, ja nur dann effektiv, wenn es auch von einem Eisernen Vorhang implementiert wird, der die Menschen an der Flucht hindert.
Die jüngste französische Aufregung betrifft nur die unmittelbar aktuelle Reaktion auf die jüngsten Steuererhöhungen. Hunderttausende Leistungsträger sind schon in den letzten Jahren aus Europa – auch aus Deutschland und Österreich – abgewandert. Weil anderswo die Steuern niedriger sind. Weil andere Länder bessere Karrieren versprechen, in denen nur das Leistungsprinzip entscheidet. Weil amerikanische Universitäten oder die ETH Zürich durch ihre enge Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft viel bessere wissenschaftliche Möglichkeiten bieten. Weil in Europa viele zukunftsträchtige und spannende Forschungsdisziplinen unter dem Druck ängstlicher und politisch korrekter Gruppen abgewürgt werden, wie etwa alle jene, die irgendwie mit Hormonen, Genen, Tierversuchen oder Nukleartechnologie zusammenhängen (wenn sich die Forschung nicht als rein medizinisch zu tarnen versteht).
Aus diesen Gründen wandern zunehmend auch ganze Firmen ab. Oder verlegen Teile der Produktion ins Ausland. Oder werden von chinesischen Investoren übernommen. Diese bedienen sich meist noch ein paar Jahre am europäischen Knowhow, bevor sie dann den alten Kontinent ganz verlassen und höchstens noch eine traditionsreiche Marke weiter auf dem Weltmarkt verwenden.
Motiv der Abwanderung von Unternehmen aus Europa sind neben den hohen Steuern auch die vielen Regulierungen und Verbote. Diese sind in den EU-Ländern höher als in jedem anderen entwickelten Erdteil. Hatte die EU anfangs für viele Unternehmen tendenziell noch eine Reduktion dieser Regulierungen bedeutet, ist sie in den letzten Jahren selbst zu einem bürokratieerzeugenden Faktor geworden. Sowohl die nationalen wie auch die europäischen Regulierungen wie auch zahllose ökologische Auflagen wie auch die Lohn- und Sozialkosten vertreiben Unternehmen aus Europa.
Dabei geht es um große wie kleine Firmen. Zu den Großen zählt etwa die Voest, die angekündigt hat, angesichts der hohen Energiekosten künftig nur noch im Ausland zu investieren. Schlimm trifft die Abwanderung erstaunlicherweise auch Deutschland: „Der Prozess, dass energieintensive Industrien Deutschland verlassen, hat längst begonnen.“ Es ist der (deutsche) EU-Kommissar Oettinger, der das offen ausspricht. Er empfiehlt dem Land dringend eine deutliche Senkung der hohen Abgaben, die auf dem deutschen Strompreis lasten. Diese sind aber erst in den letzten Jahren als Folge der Energiewende – also vor allem des Ausstiegs aus der Atomkraft – so stark gestiegen.
Es geht genauso um kleine Qualitätsfirmen, wie beispielsweise das italienische Tennis-Label Tacchini. Dessen Schicksal ist typisch für viele andere: Zuerst wurde Tacchini angesichts wirtschaftlicher Probleme an einen chinesischen Konzern verkauft. Und jetzt sperrt dieser die Produktion in Italien. Die zugkräftige Marke soll aber weiterleben, auch wenn sie mit Europa nichts mehr zu tun hat.
Ringsum wird abgezogen und gespart. Vor allem die alten nationalen Platzhirschen siechen dahin. Etwa im Luftverkehr: Da ist Ryan Air heute Italiens größte Fluglinie, während die Alitalia vor dem nächsten Crash steht. Da muss sich die einst aufstrebende Luftlinie Niki immer mehr auf den Status eines bloßen Urlaubsfliegers zurückziehen: Sofia, Belgrad und Bukarest werden ab Sommer 2013 nicht mehr von Wien aus angeflogen (womit auch ein weiteres Stück der einstigen Osteuropakompetenz Österreichs verloren geht). Da steckt die skandinavische SAS seit zehn Jahren in den roten Zahlen und kann jetzt nur noch mit Hilfe eines spontanen Gehaltsverzichts der Mitarbeiter weiterfliegen.
Das heißt nun alles nicht unbedingt, dass Europa nur noch tatenlos darauf warten kann, bis der letzte Leistungsträger geht und hoffentlich das Licht abdreht. Wenn die europäischen Länder die Gefahr erkennen, könnten sie die Dynamik durchaus noch umdrehen. Es gibt ja auch heute schon einige erfreuliche Gegeninitiativen.
Eine ist etwa Irland. Es hat – obwohl eines der ersten Krisenopfer – der Versuchung (und dem Verlangen aus der Rest-EU!) widerstanden, die Sanierung auf Kosten der Unternehmen durchzuführen. Daher sind die Steuern niedrig und die Investoren im Land geblieben. Daher ist das Land der erste Schuldenstaat, der 2013 wieder aus der Schuldknechtschaft entlassen werden dürfte.
Auch das Krisenland Spanien entwickelt nun erstaunlich kreative Ideen: Es schenkt ab sofort jedem Ausländer, der sich mit mindestens 160.000 Euro in eine spanische Immobilie einkauft, eine Aufenthaltsgenehmigung (davon können natürlich nur Nicht-EU-Bürger profitieren, denn die anderen dürfen sowieso schon frei nach Spanien ziehen). Da heute schon eine Million Häuser und Wohnungen in Spanien als Endprodukt des Platzens der Immobilienblase leerstehen, scheint das jedenfalls keine ganz dumme Idee – auch wenn es natürlich vor allem reiche Russen und Ukrainer, Kasachen und Chinesen sein werden, die davon Gebrauch machen und ihr Geld aus ihrer rauen (post-)kommunistischen Heimat in Sicherheit bringen wollen. Aber immerhin bringen diese Geld in die EU.
Ähnlich macht es seit Jahrzehnten ja schon Kanada, das von allen Seiten als Vorbild gelobt wird: Dorthin kann man immer dann leicht einwandern, wenn man viel Geld oder eine gute – und gesuchte(!) – Ausbildung mit sich bringt. Das heißt, ein technischer Facharbeiter hat exzellente Chancen, ein Philologe oder Politologe hingegen nicht. Und ein ungelernter Afrikaner oder Araber schon gar nicht. Die wandern aber ohnedies lieber in die EU und an deren reiche Sozialtöpfe.
Ist das kanadische Modell nicht inhuman und egoistisch, werden gute Menschen einwenden? Mag schon sein. Aber die Staaten Europas müssen rasch begreifen, dass auch sie egoistischer werden sollten, wenn sie nicht steil abstürzen wollen.
Niemand gibt den Europäern nämlich etwas dafür, dass sie ökologische Vorzugsschüler, die besten Empfangsländer für Asylanten, die größten Förderer von Kultur und der Inbegriff eines Wohlfahrtsstaates sind. Denn von diesen Qualitäten leben kann Europa nicht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Was wir vor Weihnachten durch mehrere Tests für die Volksschulen nun Schwarz auf Weiß bestätigt bekommen haben, spielt sich auch in breiter Front an den Universitäten ab: Noten werden immer mehr hergeschenkt und spiegeln in keiner Weise mehr das wahre Können wider. Dahinter stecken keine Intelligenz-Explosionen, sondern sehr egoistische Motive auf Seite der Professoren und anderen Prüfer. Das zeigt zumindest eine neue Studie für Deutschland. In Österreich macht man lieber gleich gar keine solche Studie. Sie könnte ja unangenehme Diskussionen auslösen.
Die problematische Entwicklung der Universitäten ist schon etliche Jahre zu beobachten. Sie bestätigt das, worüber Personal- und Rekrutierungsbeauftragte immer öfter klagen: Neben einer eindrucksvollen Spitze der Spezialisierung wird in der Breite das Bildungsniveau auch der Akademiker immer schlechter. Die Defizite reichen von einer katastrophalen Allgemeinbildung bis zur Unfähigkeit, auch nur einen normalen Text in ordentlichem Deutsch zu schreiben.
Der deutsche Wissenschaftsrat hat das nun für die Bundesrepublik untersucht. Die Ergebnis dürften mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch in Österreich ähnlich sein. In Deutschland jedenfalls schließt die große Mehrheit der Studenten – außer bei Medizin und Jus – mit „gut“ oder „sehr gut“ ab. Beim Bachelorexamen sind das insgesamt 80 Prozent, in den Sozialwissenschaften sogar 89 Prozent, in den Kunstwissenschaften noch mehr.
Nun mag es gewiss sein, dass manche schwachen Studenten in manchen Studienrichtungen schon vorher hinausgeprüft worden sind. Diese sensationellen Zahlen können aber nicht nur so begründet werden. Vielmehr scheint auch für die Studienautoren klar: Hochschulen wollen ihren Studenten solcherart Vorteile verschaffen. Ein wichtiger Vorteil für die Studenten liegt in der Bedeutung der Bachelornoten für die Zulassung zum Masterstudium.
Die FAZ kommt noch zu einem weiteren, durchaus zynisch formulierten Schluss (der auch für Österreich eine zwingende Logik hätte): „Die von uns vorbehaltlos bejahte Bologna-Reform hatte unter anderem das Ziel eines statistischen Qualitätsausweises der Lehre, und den haben wir jetzt.“ Das Blatt berichtet von einem weltweiten Trend zu immer besseren Noten – obwohl zugleich auch weltweit der Anteil der Hochschulabsolventen massiv zunimmt. Das hätte ja eigentlich eher zu einer Niveausenkung führen müssen.
Auch an nordamerikanischen Uni werden, wie eine dortige Studie (Richard Arum und Josipa Roksa) zeigt, immer mehr gute Abschlüsse mit immer weniger Aufwand erzielt. Die FAZ nennt das eine „Minderleistungsübereinkunft, die Studenten, die nur die Note interessiert, mit Professoren schließen, die nur die Forschung interessiert. Inhalt: Macht ihr uns keine Schwierigkeiten, dann sehen wir darüber hinweg, dass ihr euch für uns nicht interessiert und lieber publiziert oder Anträge schreibt.“
An den österreichischen Hochschulen kommt jedenfalls noch die in vielen Fächern absolut unzureichende quantitative Studenten-Lehrer-Relation hinzu. Da bisher eine weitgehende Aufnahmepflicht für die Unis bestanden hat, hat sich in Österreich schon dadurch die Qualität des Studiums mit Sicherheit parallel zu dieser Relation verschlechtert. Dazu kommt, dass strenge Professoren mit Studenten und ÖH Probleme bekommen. Diese zu vermeiden war vor allem in den Jahren der exzessiven studentischen Mitbestimmung (die einst die Regierung Kreisky den Unis aufgezwungen hatte) überlebenswichtig.
Geht dieser Trend an unseren Schulen und Hochschulen so weiter? Werden die dortigen Akteure ständig noch mehr Geld für das so hehr klingende Ziel „Bildung“ fordern, während sie immer schlechtere Lehr-Qualität produzieren? Die völlig idiotische Gesamtschul-Diskussion hat unseren Blick auf die dramatische Qualitätsdimension des ganzen Bildungssystems in den letzten Jahren völlig geraubt. Aber nun ist es höchste Zeit, sich wieder auf die wichtigen Themen zu konzentrieren.
Notlösungen zum Ersatz für die absackende universitäre Qualität bestanden in immer ausgefeilteren unternehmenseigenen Aufnahmetests, in berufsbegleitender Weiterbildung, in postuniversitären MBA-Kursen und ähnlichem. Das aber ist alles extrem teuer und macht außerdem die vielen Jahre im staatlich finanzierten Bildungssystem tendenziell zur Zeitvergeudung und Geldverschwendung. Auch Privatunis haben sich nur sehr zum Teil als Lösung erwiesen. Insbesondere in Osteuropa werden nämlich an Privatuniversitäten die Diplome gerne verschenkt, gegen eine ausreichende Summe Geldes natürlich.
Die entscheidende Aufgabe der Bildungs- und Wissenschaftspolitik wird es nun sein, wieder die richtigen Anreize zu setzen. Letztlich kann sich die Qualität von Bildung und Lehre nur dadurch verbessern, dass ihre Ergebnisse extern bewertet werden. Diese externe Bewertung auf allen Stufen macht die Professoren und Lehrer von Gegnern zu Verbündeten, von Prüfern zu Trainern der Studenten, die mit diesen gemeinsam ringen, um ein von außen gegebenes Ziel zu meistern. Durch externe Bewertungen werden auch die Unterschiede zwischen einzelnen Universitäten und Schulen sichtbar. Sie würden auch die privaten Unis zu ernsthaften Anstalten machen, die wie etwa in den USA die staatlichen überholen.
Bei den diversen internationalen Schul-Rankings für 10- und 14-Jährige gibt es durchaus schon erste sinnvolle Ansätze, die mittelfristig auch zu einem Umdenken von Lehrern und Schülern führen werden. Dies gilt zumindest dort, wo diese Tests und Leistungs-Standard-Feststellungen auch in die Noten einfließen.
Bei den Universitäten ist der Weg noch ein viel weiterer. Da wird in den zahllosen internationalen Rankings vielfach fast nur die Forschungsleistung bewertet, etwa an Hand der Zahl der Veröffentlichungen und Zitierungen in renommierten Zeitschriften. Dadurch wird nicht nur die Herausforderung durch die Lehre vernachlässigt; es werden auch die englischsprachigen Forscher massiv bevorzugt.
Künftig müsste sich die Aufmerksamkeit viel mehr auf das objektiv erhobene Können der Studenten und Absolventen richten. Das ist zugegeben schwieriger zu erheben. Aber immerhin veröffentlicht die Wirtschaftskammer eine Statistik, die zeigt, wie lange man mit welchen Studienrichtungen im Schnitt auf einen Job wartet.
Im Ausland wird aber auch durchaus schon längst statistisch festgestellt, was Absolventen welchen Studiums an welcher Universität nach zwei oder fünf Jahren verdienen. Ich weiß schon: Das bestimmt ja der böse Markt, wenn auch an Hand der Fähigkeiten eines Akademikers und der Wahl des richtigen Studiums. Aber solange man Akademiker nicht zu einer Überprüfungs-Prüfung schicken und zwingen kann, ist der Markt allemal die bestmögliche Antwort auf die universitäre Qualitätsfrage. Die Professoren selbst sind hingegen die schlechteste. Denn die benoten damit ja indirekt auch sich selbst.
Vielleicht hat aber jemand noch bessere Ideen. Diese sollten alle erprobt werden. Wichtig ist jedenfalls, dass es sich Professoren künftig nicht mehr leicht machen können, indem sie die Noten verschenken. Und dass bei den Neubesetzungen von Lehrstellen weniger auf Seilschaften und die jeweiligen Lehr- Meinungen geachtet wird, sondern auf die Lehr-Fähigkeiten.
Wenn die Unis und der Bildungsapparat dazu nicht bereit sind, dann sollten sie aber zumindest nicht ständig mehr Geld für eine von niemandem gemessene Leistung verlangen. Autonomie kann niemals die Freiheit zur Minderleistung bedeuten.
Die Sorgen der Menschen um die eigene Altersversorgung, um die Bewahrung ihres Lebensstandards wachsen ständig. Viele schließen daher Privatversicherungen ab. Die Arbeiterkammer kämpft jedoch aus schwer ersichtlichen Gründen mit untergriffigen Slogans dagegen (und gefährdet damit auch gleich die Jobs ihrer Zwangsmitglieder in den Versicherungen): „Versicherungen ziehen Dir das Geld aus der Tasche und können zur Bereicherung anderer führen. Pass auf!“ Wahr ist aber eigentlich ein anderer Satz: „Die Arbeiterkammer zieht dir das Geld aus der Tasche und bereichert sich damit. Pass auf!“
Die erstgenannte Aussage findet sich in einem „Bilderbuch“ der oberösterreichischen Arbeiterkammer. Dabei ist die AK selbst die raffinierteste Selbstbereicherungs-Organisation der Republik. Während jede Änderung bei Steuern, Abgaben, bei Benzin- oder Zigarettenpreis sofort für große Aufregung sorgt, kassiert die Arbeiterkammer in aller Ruhe von allen Arbeitnehmern 0,5 Prozent des Lohns. Sie schneidet damit auch bei jeder Lohnerhöhung automatisch mit. Sie hat sich auf diese Weise eine stolze Kriegskasse für die bevorstehenden Wahlkämpfe gesichert, in denen sie jedes Mal die SPÖ kräftig unterstützt.
Was noch ärger ist: Die Arbeiterkämmerer haben durchgesetzt, dass der ganze Coup geheim bleibt. Bleiben muss. Kein Arbeitgeber darf diesen Abzug auf den Gehaltszetteln ausweisen. Das Arbeiterkammergeld ist laut Gesetz vielmehr im Sozialversicherungsbeitrag zu verstecken. Das ist eine der übelsten Betrügereien in dieser ohnedies nicht gerade für Transparenz berühmten Republik.
Noch übler ist aber, was die Arbeiterkammer mit diesem Geld macht. Jüngstes Beispiel ist ein „Bilderbuch Pensionspanorama – wie junge Menschen das Thema Altersvorsorge sehen“. Darin finden sich neben halblustigen Zeichnungen „Infos und Tipps“ der Arbeiterkammer. In den Zeichnungen wird jeder, der privat für eine Zusatzpension vorsorgt, als so naiv verhöhnt wie ein kleines Mädchen, das sich von einem Missbrauchstäter ins Auto locken lässt.
Um diese infame Botschaft zu verbreiten hat man den Altkarikaturisten Haderer beauftragt, junge Kunststudenten zeichnen zu lassen. Zwar muss Haderer in seinen Anmerkungen im Bilderbuch selber zugeben, dass sich die Zeichner „davor nur wenig mit Pensionen und Altersvorsorge beschäftigt“ haben. Aber „in mehreren Sitzungen“ sind sie dann von den Arbeiterkämmerern belehrt worden. Danach haben ihre Zeichnungen jedenfalls eine hundertprozentig Arbeiterkammer-konforme Sichtweise angenommen.
Diese rasche Bereitschaft zum Meinungswandel bei politisch in aller Regel ahnungslosen Möchtegern-Künstlern hängt wohl damit zusammen, dass sie von der AK „wirklich anständig honoriert“ worden sind, wie es Haderer selbst formuliert.
Wo das Geld, dort die Meinung. Oder bekäme irgendjemand von der Arbeiterkammer auch dann ein Honorar, wenn er betont, dass alle Arbeitnehmer Österreichs ihr ganzes lohnabhängiges Leben lang die hochbezahlten Arbeiterkämmerer samt deren großzügigen Pensionsregeln zwangsfinanzieren müssen? Und dass die Arbeitnehmer das ungefragt und ohne Wahlmöglichkeit tun müssen – also ganz im Gegensatz zu jedem, der eine Privatversicherung abschließt.
Gewiss: In Jahren, da die Schuldenpolitik reihum zu Bankrotten führt, verlieren auch viele private Versicherungen an Wert. Gewiss: Es gibt Versicherungsverkäufer, die nicht immer vollständig über alle Risken aufklären. Da ist jedem Einzelfall nachzugehen. Da sind schon einige Versicherungsverkäufer verurteilt worden, wenn sie Unwahrheiten gesagt haben. Da sind Informationspflichten zu verschärfen, falls es da irgendwelche Lücken geben sollte (worauf aber nichts Konkretes hindeutet).
Aber all das ist geradezu harmlos im Vergleich zur betrügerischen Behauptung der AK-Broschüre, dass sich kein junger Mensch Sorgen um die staatliche Altersversorgung machen brauche. Trotz der demographischen Katastrophe, die immer weniger Einzahler immer mehr Pensionsbeziehern gegenüberstellt. Trotz der Rekordschulden aller öffentlichen Pensionskassen. Trotz des schon seit Jahren stattfindenden realen Schrumpfens vieler staatlicher Pensionen. Gerade jene, die als Leistungsträger gearbeitet und verdient haben, werden von den gleichmacherischen Pensionsreformen der letzten Jahre hart getroffen. Während die Ausgleichszulagen (also Pensionen, für die nichts oder zu wenig eingezahlt worden ist) überdurchschnittlich steigen, verlieren die Pensionen, für die viel eingezahlt worden ist, alljährlich real deutlich an Wert.
Die Arbeiterkammer verteidigt jedoch nicht die Interessen dieser Pensionisten. Sondern sie stellt – mittels der bestellten Zeichnungen – Versicherungen und deren Mitarbeiter, die auf diese Bedrohungen hinweisen, als üble Rattenfänger dar. Und als Monster. Als Hütchenspieler. Als Räuber. Als gefräßiger Wolf. Und jeder, der sich selbst versichert, wird als einfältiges Baby skizziert.
Wohlgemerkt: Diese Kampf-Karikaturen entstanden nicht als spontane persönliche Meinungsäußerung, sondern als Folge von Indoktrination und Missbrauch öffentlicher Zwangsabgaben.
Die Kammer versucht in diesem Heft auch Argumente zu finden, warum die staatliche Pension sicher sei. Diese Argumente sind dann besonders abenteuerlich: Man brauche sich keine Sorgen zu machen, weil die Geburtenrate steigen werde (wofür es keinerlei Anzeichen gibt) und weil die Produktivität hoch sei (obwohl deren Wachstum in Wahrheit von Jahrzehnt zu Jahrzehnt abnimmt).
Versprechungen, die auf reinem Wunschdenken beruhen, sind für Strafrechtler ein reines Pyramidenspiel. Mit und ohne Karikaturen einfältiger Jungzeichner.
Viele Jahre war der Berliner Stadtteil Pankow ein Synonym für die dort ansässige DDR-Regierung. Heute zeigt der Bezirk eine Rückkehr des Totalitarismus in breiter Front – und die real existierende grüne Wohnungspolitik. Da kann selbst die Wiener Bürgerhasserin und Mietzins-Reguliererin Vassilakou noch vieles lernen (aber diesbezüglich ist sie ja wohl lernfähig).
In Pankow wird von der Linken so richtig Ernst im Kampf gegen die Reichen gemacht. Dort ist sogar schon die Installierung von Hänge-WC genehmigungspflichtig, weil diese als zu luxuriös gelten. Dem grünen „Stadtentwicklungs-Stadtrat“ ist das als Kampfansage gegen die ihm verhasste „Luxussanierung“ aber noch viel zu wenig.
Seit dem Jahreswechsel ist es in etlichen Gebieten Pankows nun auch verboten, zwei Kleinwohnungen zu einer größeren zusammenzulegen. Weiters ist neuerdings verpönt, eine Fußbodenheizung zu installieren. Ebenfalls vom Verbot betroffen ist der Einbau von Kaminen, der Einbau eines zweiten Bades oder eines zweiten Balkons. Wärmedämmungen von Fassaden – einige Jahre lang die wichtigste Fahnenfrage für aufrechte Grüne! – wird jetzt auf einmal nur noch genehmigt, wenn nicht mit neuen Fenstern und Heizungen ohnedies die Vorgaben der „Energiesparverordnung“ erreicht werden.
In anderen grün regierten Gegenden Berlins ist es untersagt, Bäder bis zur Decke zu fliesen. In den nächsten Jahren soll überhaupt die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verboten werden, ebenso die gewerbliche Nutzung von Wohnungen (in einer Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit!).
Ursache des grünen Klassenkampfs – der natürlich auch von den dortigen Roten unterstützt wird – ist der Zuzug besser verdienender Familien. Andere Städte locken solche Mieter an, aber in Pankow will man sie nicht. Die Linksparteien fürchten ganz offensichtlich dadurch den Verlust von Wählern und lokalen Mehrheiten. Das geben sie natürlich nicht offen zu, sondern sprechen von der Notwendigkeit einer „Durchmischung“. Das heißt aber nichts anders, als dass letztlich die Politik vorgibt, wer wo wohnt.
Ähnliche Motive hatte ja auch jahrzehntelang in Wien die SPÖ. Sie hat deswegen in die teuersten Wohngegenden am Westrand der Stadt Gemeindebauten und parteinahe Studentenheime hineingebaut, um die politischen Mehrheiten in den dortigen Bezirken umzudrehen. So weit, dass sie den Menschen auch noch die Verbesserung ihrer eigenen Wohnungen verboten hätten, sind aber nicht einmal die Wiener Genossen gegangen. Dazu brauchte es wohl erst die Grünen.
Was wird dann wohl als nächstes kommen? Mit hoher Wahrscheinlichkeit und Logik droht dann die Zwangseinweisung von Mietern und die Festlegung von Quadratmeter-Höchstgrenzen pro Kopf. In Pankow ist es ja auch noch gar nicht so lange her, dass die dort lebenden Menschen das alles erdulden mussten (nur natürlich nicht in den Wohnungen und Häusern der herrschenden Nomenklatura).
Anders als mit einer ständigen Eskalation solcher regulatorischen Zwangsmaßnahmen können die Linken den steigenden Wohnbedarf nämlich gar nicht mehr in den Griff bekommen. Gerade in Berlin sind die Stadtkassen radikal leer, die Stadt kann also kaum bauen. Und kein privater Investor wird dort Geld anlegen, wo er mit solchen radikalen Enteignungsmethoden rechnen muss.
Zwar ist es richtig, dass durch Zusammenlegungen Wohnungen verloren gehen. Aber das in einem funktionierenden Wohnungsmarkt angelockte Investitionskapital würde selbst bei starker Nachfrage (solange es genügend Stadtentwicklungsraum gibt) immer mehr Wohnraum schaffen, als solcherart verloren geht.
Kompliziertere ökonomische Zusammenhänge waren den Linken jedoch immer schon fremd. Und die Freiheit der Menschen, die frecherweise heute etwas komfortabler wohnen wollen als vor 100 oder 200 Jahren, ist für Grüne und Rote sowieso ein Verbrechen.
Nach fünfwöchiger Angststarre haben sich also die Sicherheitsbehörden entschlossen, das „Protest-Camp“ der „unterstandslosen Asylanten“ auf der Rasenfläche des Sigmund Freud-Parks vor der Wiener Votivkirche in den frühen Morgenstunden des 28. Dezember 2012 zu räumen und die Fahrzeuge, Zelte, Bänke und Habseligkeiten der Protestierer abzutransportieren. Mehrere Dutzend Asylanten und Aktivisten haben sich in die Votivkirche zurückgezogen, wo sie von Caritas und Diakonie verstärkt versorgt und von deren Spitzen – dem katholischen Michael Landau und dem protestantischen Michael Chalupka – persönlich solidarisch betreut werden.
Empörung über das „unmenschliche Vorgehen der Polizei“ macht sich in kirchlichen, grünen und generell all jenen Kreisen breit, die schon immer einer Beseitigung möglichst aller fremdenrechtlicher Restriktionen das Wort gesprochen haben. Diese Empörung mündete unmittelbar in eine Reihe von Demonstrationen mit eher bescheidener Teilnehmerzahl. Soweit der Sachverhalt, wie er sich für die Konsumenten der Mainstream-Medien rekonstruieren lässt.
Ein komisches Bauchgefühl hat mich schon vor der Räumung gemeinsam mit einem Freund veranlasst, abseits akkordierter PR-Termine einen Lokalaugenschein in der Votivkirche vorzunehmen.
Ankunft um 23.00 Uhr. Unmittelbar vor dem Kircheneingang: Ein kleines Zelt, Tische, Poster, Banner, einige Demonstrationsutensilien. Beim Eintritt in die Kirche: Penetranter Uringestank in der hinteren Ecke rechts, helle Erleuchtung des hinteren Trakts, auf der linken Seite des hinteren Kirchendrittels eine rund hundertfünfzig Quadratmeter große Lagerstätte, die eher einer Mülldeponie gleicht; durcheinandergewürfelte Matratzen, Decken, Schlafsäcke, Heizlüfter, leere Plastikbecher, kleine Lautsprecher mit Kabeln, Sesseln, dazwischen halbzerknitterte, schlampig beschriebene Papierfetzen mit „Wir sind Maria und Josef“, „David war Asylwerber oder Flüchtling“, „Auch Jesus war Asylsuchender“, davor eine Gruppe verächtlich lieblos hingestellter, kleiner Krippenfiguren mit ausgebrannten Kerzen drum herum, und ganz hinten die demagogische, linke Motivations-Parole „By the People, for the People, Deportation?“. Also ein Saustall, der an den zurückgelassenen Mist des samstägigen Flohmarkts hinter dem Naschmarkt erinnert. Arg respektlos gegenüber gläubigen Katholiken.
Dann die große Überraschung: Die gesamte Lagerstätte ist vollkommen leer. Kein einziger „Asylant“ in den künstlich ausgestopften Schlafsäcken oder Behelfszelten, überhaupt kein Mensch in der Kirche, die in gespenstischer Stille sich völlig selbst überlassen ist. Geschockt gehen wir zum Auto zurück, holen eine Kamera, um die Abwesenheit der angeblich frierenden Hilfsbedürftigen zu dokumentieren. Wieder zurück im Gotteshaus werden wir von vier mittlerweile aus dem gegenüberliegenden Camp im Votivpark herbeigeeilten Personen – zwei Mädchen und zwei jüngeren Männern – empfangen, die von uns eine Rechtfertigung für unseren nächtlichen Besuch einfordern.
Alle vier stellen sich als Mitarbeiter der Caritas vor, sind in betretener Abwehrhaltung, sehen es gar nicht gern, dass hier unangemeldeter Besuch kommt. Die Frage, wo denn die verzweifelten Flüchtlinge sind, können oder wollen sie nicht beantworten. Sie würden gerade beraten, ob sie das Angebot der Caritas und anderer Einrichtungen zum sofortigen Bezug beheizter Quartiere anzunehmen bereit sind oder nicht. Diese Beratung würde bereits seit Mittag andauern.
Es entspinnt sich eine mehr als halbstündige Diskussion über den Sinn dieser Aktion und ihre angebliche Notwendigkeit im Dienste der Ärmsten in unserer Gesellschaft. Ob wir noch nichts vom alten Recht auf „Kirchenasyl“, der Verpflichtung gegenüber den Herbergsuchenden – besonders zu Weihnachten – und den vielen Ungerechtigkeiten, denen Asylsuchende in Österreich täglich ausgesetzt seien, gehört hätten?
Als Wortführer erweist sich ein gewisser Alexander Bodmann, der sich mittels Geschäftskarte als Generalsekretär der Caritas Wien erkennbar macht. Er würde sich gegen die Vereinnahmung durch linksradikale und rechtsradikale Aktivisten verwahren. Die Frage, wo es denn hier „rechtsradikale Aktivisten“ geben würde, wusste er nicht zu beantworten.
Unser Lokalaugenschein verlegt sich zum Protest-Camp in den gegenüber liegenden Park. Mehr als ein halbes Dutzend Zelte unterschiedlicher Größen, ein Traktor, ein Bus mit deutschem Kennzeichen, ein Küchenwaggon, ein Punsch-Stand, mehrere Feuerstellen. In der Mitte ein beheiztes Mannschaftszelt, in dem ausgelassene Stimmung herrscht, es wird gegessen und getrunken. Ein Banner „lesbians welcome“. In den kleinen (2-Mann-)Zelten ebenfalls kein Mensch. Auch hier scheint niemand zu schlafen. Auf den Trampelpfaden treffen wir die eine oder andere dunkle Gestalt – möglicherweise „Menschen mit Migrationshintergrund“.
Wie soll man diese Wahrnehmungen einordnen? Ein Freund hilft mir am nächsten Morgen mit dem Hinweis auf die Seite http://no-racism.net weiter. Ich lege jedem Interessenten an der Wahrheit dringend ans Herz, sich dort selbst kundig zu machen. Auf dieser Seite wird die Park- und Kirchenbesetzung in allen Sequenzen penibel dokumentiert, propagandistisch betreut, aktionistisch akkordiert und ideologisch begründet und aufgeladen.
Besonders eindrucksvoll ist aber erkennbar, dass alle Schritte dieser gezielten Provokation minutiös geplant wurden und Teil einer präzisen Choreographie waren und sind, im Zuge derer nichts dem Zufall überlassen wurde. Bereits der „Flüchtlingsmarsch“ von Traiskirchen nach Wien vom 24. November wurde Tage vorher angekündigt, und zwar detailgenau mit sämtlichen Stationen und Uhrzeiten der Kundgebungen und dem Ziel, ein „spontanes Protest-Camp“ vor der Votivkirche einzurichten. Die Erstürmung der Kirche, der Beginn des Hungerstreiks, die „laute, fette Weihnachtsparty“ – alles generalstabsmäßig vorbereitet und in Szene gesetzt.
Es wird wohl nicht nachweisbar sein, dass die Caritas und die vermeintlichen Asylanten aktiv in die Planungsarbeiten dieser politischen Inszenierung eingebunden waren. Sie haben sie jedoch schamlos für die Betreibung ihrer eigenen Sonderinteressen genutzt. Dass sich dabei sowohl die Hilfsorganisationen als auch die unmittelbar Betroffenen für ein Projekt der proaktiven Gesellschaftszerstörung in Dienst nehmen lassen und somit in gewisser Weise Opfer anarchistischer Aktivisten sind, macht sie keineswegs sympathischer.
Die Asylanten haben durchgehend bewiesen, dass sie meilenweit davon entfernt sind, hilfsbedürftig oder gar in akuten Notsituationen befindlich zu sein. Im Übrigen sei auch einmal darauf hingewiesen, dass der Mythos von den überbelegten Quartieren und den „menschenunwürdigen Verhältnissen“ in Traiskirchen eine glatte Propagandalüge ist. Jede Recherche zeigt, dass die meisten männlichen Österreicher ihren Grundwehrdienst unter weitaus weniger gemütlichen Bedingungen zugebracht haben als die Flüchtlinge ihren Aufenthalt in Traiskirchen.
Den Protestierern geht es aber gar nicht um bessere Quartiere, denn sie haben alle diesbezüglichen Angebote ausgeschlagen. Sie kritisieren vielmehr den Mangel an Internetzugang und Fernsehgeräten und fordern u.a. eine Erhöhung des Taschengeldes, kostenlose Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, Bildungs- und Ausbildungsangebote während des Asylverfahrens, schmackhaftere und gesündere Kost, zeitgemäße Hygieneartikel usw. Darüber hinaus wird in politischer Hinsicht u.a. gefordert:
Diese Forderungen werden auf der oben genannten Internetseite seit geraumer Zeit – auch lange vor dem Beginn der Votivkirchen-Aktion – getrommelt. Ihre vermeintliche Urgenz wird durch wohlbekannte Floskeln untermauert, mit denen die Gesellschaften gekennzeichnet werden, deren Mitgliedschaft unter Asylanten so heiß begehrt ist: Alltagsrassismus, Festung Europa, rassistische Hetze – rassistische Gesetze. Und übrigens: „Kein Mensch ist illegal.“
Die angeführten politischen Forderungen werden von Caritas und Diakonie mitgetragen. Landau und Chalupka haben dies teils ausdrücklich bekräftigt, teils wohlwollend durch solidarische Affinität zum Ausdruck gebracht. Diese sogenannten Hilfsorganisationen haben sich damit selbst zum Quellpunkt der Misere und zu einem echten gesellschaftspolitischen Übel gemacht. Dass linksextreme Aktivisten Fremdenpolitik im Allgemeinen und Asylpolitik im Speziellen als Instrument der gesellschaftlichen Desintegration betrachten, ist nicht spektakulär und überrascht niemanden. Dass aber Einrichtungen, deren selbstgewählte Aufgabe in der Mobilisierung freiwilliger Unterstützung für die am Rande der Gesellschaft Stehenden, für die Ärmsten der Armen, besteht, einen linken Kulturkampf betreiben, ist ein Ärgernis für alle, mit deren Spendengeld sie operieren.
Caritas und Diakonie haben kein Mandat für die Propagierung folgenschwerer politischer Projekte, deren Verwirklichung eine substantielle Schädigung der Interessen der Mehrheitsbevölkerung bedeuten würde. Sie sind nicht legitimiert, ihr Ansehen als Institutionen der tätigen Nächstenliebe in den Dienst eines beinharten, ideologisch motivierten Kulturkampfes zu stellen. Es ist demokratiepolitisch höchst bedenklich, wenn ihre Repräsentanten ihr öffentliches Podest nutzen, um eine Politik zu betreiben, für deren Folgen sie keine Verantwortung zu übernehmen brauchen.
Bedauerlicherweise ist ihnen das grüne und „gutmenschliche“ Biotop, in dem sie sich bereits in den letzten Jahren mit ihren sozialromantischen Phantasien herumgetummelt haben, offenbar zu eng geworden. Mit der Aktion des Protest-Camps und der Besetzung der Votivkirche haben sie daher bedenkenlos die gesamten, hinter ihnen stehenden Kirchenapparate vereinnahmt. Damit ist das Konzept einer unrepräsentativen und nicht legitimierten, aber mit großer faktischer Potenz ausgestatteten Fremdenpolitik auf die nächsthöhere Ebene hinauf moduliert worden. Der Kardinal und die gesamte Wiener Kirchenführung mussten sich der Suggestivkraft des Totschlagarguments der vermeintlichen weihnachtlichen Herbergssuche unterwerfen und damit dem rechtswidrigen Treiben der subversiven Daueragitation ihren amtskirchlichen Segen erteilen.
Kardinal Schönborn schließt damit das Jahr einer Reihe politischer Fehlentscheidungen ab, mit denen er sich 2012 gegen die Interessen der Mehrheitsbevölkerung gestellt hat: In der sommerlichen Beschneidungsdebatte, in der Protegierung eines homosexuellen Pfarrgemeinderates, im Bekenntnis zu einer – mittlerweile längst gescheiterten – superstaatlich ausgerichteten EU-Vertiefungspolitik, in der dauerhaften Distanz zu engagierten Lebensschützern und Kämpfern gegen islamische Christenverfolgung.
Die Kirche wird sich rasch entscheiden müssen, welche „Handelsmarke“ sie im kommenden Jahr zu etablieren wünscht: Die einer Lobbyagentur für multikulturalistisch inspirierte, lilarote Randgruppenpolitik oder die einer am Evangelium orientierten Großgemeinschaft mit selbstbewußtem Prägeanspruch gegenüber Alltagsethik, Politik und Kultur. In der gegenständlichen Causa wurde nicht einmal die sozialromantische Attitüde selbstbewusst katholisch vorgetragen. Denn dann wäre das Mindeste die enthusiastische Einladung – besonders der muslimischen Kirchenbesetzer – zu einem gemeinsamen, selbstverständlich katholischen Gebet, was nicht nur dem Ort der Handlung, sondern auch dem verpflichtenden Missionsauftrag der Christen entsprochen hätte.
Apropos mangelnder Mut: Die gesamte Szene aller politisch verantwortlichen Entscheidungsträger hat in dieser Angelegenheit ein Bild des Jammers und der Kläglichkeit abgegeben. Aufgabe einer pflichtbewußten Innenministerin wäre es natürlich gewesen, den Protestierern persönlich und erhobenen Hauptes mitzuteilen, dass ihren unhaltbaren Forderungen nicht entsprochen werden wird und anschließend daran die Räumungsaktion des Besetzer-Lagers selbst zu leiten. Die Aufgabe eines mandatsgetreuen Bürgermeisters hätte dementsprechend darin bestehen müssen, seine Bürger durch Beseitigung der anarchistischen Übergriffe zu beschützen und die Räumung zum ehebaldigsten Zeitpunkt aktiv zu bestellen.
Doch das tatsächliche Verhalten nach der Räumung ist ein Paradebeispiel für die generelle Handlungsunfähigkeit der etablierten politischen Kaste in allen Fällen drängender öffentlicher Probleme: Zuerst der Versuch, das Problem einfach auszusitzen; dann das Aneinanderketten der am Machterhalt orientierten Kräfte inklusive der panischen Vermeidung von Aussagen und Handlungen, die in den Medien als nicht „politisch korrekt“ wiedergegeben werden könnten; und schließlich die Zuweisung einer Lösung des second best an die bürokratische bzw. technokratische Ebene.
Zwar durchschaut in diesem Fall jeder den feigen Akt der Kindesweglegung, denn niemand glaubt ernsthaft, dass der Wiener Polizeichef einen derartig sensiblen Einsatz ohne schriftliche Absicherung durch das Innenministerium vornimmt, und dass es der Magistratsdirektor wagt, seine „48er“ (MA 48: Müllabfuhr der Gemeinde Wien) zur Beseitigung des Gerümpels der Besetzer abzustellen, ohne vorher die ausdrückliche Zustimmung des roten Cholerikers im Rathaus eingeholt zu haben. Aber das Scheuen des Lichts der Öffentlichkeit seitens der sonst so PR-gnaschtigen Schönwetterpolitiker lässt die Verantwortlichkeiten optisch verschwimmen und scheint die Entscheidungsträger aus der Schusslinie zu nehmen.
Das gilt übrigens besonders für die linkspopulistischen Grünen. Nachdem sich grüne Fundis wie Peter Pilz und Alev Korun mit den Forderungen der Besetzer solidarisch erklärt hatten, und danach die grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassiliakou, nichtsdestotrotz in koalitionärer Rathaus-Eintracht der Räumung des aktionistischen Erlebnisparks zustimmte, distanzierte sich Bundessprecherin Eva Glawischnig wortakrobatisch von der „menschenverachtenden Räumungsaktion“, um wieder Terrain in ihrer Zielgruppe gutzumachen.
Das flächendeckende Versagen der gesamten „politischen Elite“ sollte zum Anlass genommen werden, um die insgesamt völlig aus dem Ruder gelaufene Asylpolitik einer längst fälligen Grundsatzdiskussion und energischen Runderneuerung zu unterziehen. Das gesamte politische Establishment hat sich in den letzten Jahrzehnten um die Beantwortung oder auch nur Benennung der zentralen Fragen des Asylwesens herumgedrückt. Alle Asylgesetznovellen waren nichts mehr als hilfloses Flickwerk. Von einer Miteinbeziehung der Bevölkerung in einen Diskurs zu diesem Thema, das von vitalster Bedeutung für die Gesellschaft ist, konnte zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise die Rede sein.
Um einen derartigen Prozeß anzuregen, seien neben der faktischen Kritik im Folgenden einige Vorschläge unterbreitet.
Das Problem der außer Kontrolle geratenen Verfahrenslängen – in Einzelfällen sind Asylwerber schon acht(!) Jahre in Österreich gewesen, ohne, dass es zu endgültigen Entscheidungen gekommen ist – ist mit einem großzügigen Moratorium zugunsten der Antragsteller zu lösen: Unter der Voraussetzung, dass die Vorschläge aus dem Punkten 1 bis 8 umgesetzt sind, soll allen Asylwerbern, die bereits mehr als zwei Jahre legal im Land zubringen, ohne weitere Diskussionen ein unbegrenztes Bleiberecht, mit der Option einer späteren Staatsbürgerschaft eingeräumt werden. Dies wäre – aufgrund des bisherigen Staatsversagens im Bereich dieser Problematik – nur recht und billig.
Die Vorschläge werden selbstverständlich insbesondere bei einigen NGOs, die sich selbsternannterweise als monopolistische Interessenvertreter der Asylsuchenden gerieren, auf entsprechenden Widerstand stoßen. Dennoch glaube ich, dass sie den Interessen der Asylwerber weit eher entsprechen als die bisherigen Regelungen, die es erlauben, beim häufig vorliegenden Asylmißbrauch und -betrug, unter dem Deckmantel vermeintlicher Christlichkeit, verantwortungslos wegzuschauen und so zur Verunsicherung und Zerstörung der Gesellschaft beizutragen.
Und es sollte außer Frage stehen, dass die Erpressungsversuche linkslinker, zum Teil ausländischer Protestaktivisten zum Anlass zu nehmen sind, um auch endlich die Interessen jener Personengruppe zu berücksichtigen, die ein Recht auf Erhalt ihres Traditionskapitals haben: Nämlich die der Mehrheitsbevölkerung der Republik Österreich.
Christian Zeitz ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie und begreift sich als evangelikaler Katholik.
Sie war jahrelang einer der häufigsten Kritikpunkte, der gegen die Europäische Union vorgebracht worden ist: die Gurkenkrümmung. Jeder Provinzpolitiker erregte sich darüber, dass die EU auch solche, ja wirklich überflüssige Dinge regle. Diese Gurken-Aufregung hat sich jahrelang wohl am festesten von allen EU-Themen in den Köpfen an den Stammtischen eingegraben. Dennoch war sie unberechtigt. Hingegen haben die EU-Bürger über viele andere echte Fehler der europäischen Bürokratie desinteressiert hinweggesehen.
Die Regelung der Gurkenkrümmung war keine unziemliche Einmischung der EU in unser Essen, sondern eine Hilfe für den Lebensmittelhandel. Die dieser auch unbedingt wollte.
Die Regelung hat in Wahrheit niemanden gestört. Denn: Es hat praktisch kein EU-Durchschnittsbürger mitbekommen, dass die Regelung – wie viele andere europäische Vermarktungsnormen im Agrarsektor – schon seit 2009 außer Kraft ist. An der Praxis im Handel hat sich aber seither absolut nichts geändert.
Die Gurkenkrümmungsnormen und viele ähnliche Regeln waren nämlich in Wahrheit äußerst sinnvoll: Sie haben den europaweiten Lebensmittelhandel vereinfacht. Die Käufer wussten, was jede einzelne Handelsklasse bedeutet, die sie irgendwo in Europas kaufen.
Solche Normen gehen letztlich auf Wünsche der Konsumenten zurück, oder genauer auf ihr Handeln. Diese mokieren sich zwar bei Umfragen gerne über die Gurkenkrümmung, greifen aber im Gemüsegeschäft und Supermarkt immer nur nach den schön geraden Gurken. Daher haben Bauern, die krumme Gurken liefern wollen, auch nach Abschaffung der EU-Normen genauso geringe Chancen auf Abnehmer wie vorher.
Der Handel hat das Aus für die EU-Regelung jedenfalls blitzschnell durch andere Markt-Usancen ersetzt. Insbesondere war dabei die ECE, die UNO-Wirtschaftskommission für Europa, hilfreich. Deren Richtlinien sind zwar unverbindlich, aber in der Kette Bauern-Großhändler-Gemüseregale-Konsumenten eben überaus hilfreich.
Daher gibt es weiterhin Zucchini der Klasse 1; diese dürfen nur einen Stiel von maximal drei Zentimetern Länge haben. Daher wird Spargel auch künftig nur rechtwinkelig abgeschnitten. Daher haben unförmige Karotten keine Chance gegen das orange Gardemaß.
Daraus kann man zweierlei lernen: Erstens hat die EU erfahren, dass sich schlechte Nachrichten (eben die von den angeblich schikanösen Gurken-Richtlinien) immer viel stärker verbreiten als gute Nachrichten. Der Union hat daher die erhoffte Imageverbesserung durch die Abschaffung der meisten Lebensmittel-Regelungen überhaupt nicht geholfen. Sie hat das freilich auch nicht mit einer Kommunikations-Strategie zu nutzen versucht.
Die zweite Lehre handelt vom Stichwort „Bio“: Gemüsehändler können auf die Kiste mit den schrumpeligen Äpfeln noch so groß „Bio“ draufschreiben. Genommen werden jedoch nur die schönen, fehlerfreien Exemplare. Daran ändert auch der Umstand nicht, dass an sich die Konsumenten bei Umfragen immer große Begeisterung über angeblich oder wirklich biologisch erzeugte Lebensmittel äußern (was „biologisch“ auch immer konkret bedeuten mag).
Als Käufer greifen sie jedoch höchstens dann zu Bio-Lebensmitteln, wenn diese optisch genauso schön wirken wie normale Produkte. Das geht natürlich am leichtesten, wenn sich das Produkt dem Konsumenten schön verpackt präsentiert, wie beispielsweise Yoghurt oder Milch. Dieses Verhalten wird wiederum vom psychologisch einfallsreichen Handel ganz gezielt genützt, um dem Konsumenten solche verpackten Bio-Produkte nun viel teurer zu verkaufen. Hingegen sind bei unmittelbar sichtbaren Angeboten wie Obst und Gemüse die meisten Bio-Bemühungen wieder weitgehend eingestellt worden. Hier verkauft sich nur strahlende Schönheit.
Das führt nun zu problematischen Folgen am Beginn der Lebensmittelproduktion, aber auch im Handel: Alles, was nicht so schön aussieht, wird erbarmungslos weggeschmissen, auch wenn es problemlos genießbar wäre. Dadurch wandert weit mehr als ein Drittel der einschlägigen Gewächse direkt auf den Komposthaufen.
Das kann man nun in Sonntagspredigten kritisieren und tadeln. Aber man sollte weder den Bauern noch dem Handel die Schuld daran geben, und auch nicht der EU. Entscheidend sind wie immer in einer freien Wirtschaft die Konsumenten. Also wir.
Mitschuld an der geringen Popularität von biologischem Obst und Gemüse trägt aber auch die einstige EHEC-Infektion. Diese war direkte Folge einer biologischen Erzeugungsweise. An EHEC sind vor allem in Deutschland immerhin Hunderte Menschen schwer erkrankt. Was nur deshalb wenig ins Bewusstsein eingedrungen ist, weil die Medien die Berichterstattung drastisch hinuntergefahren haben, als der „Bio“-Zusammenhang klar wurde.
Unbestreitbar hat EHEC jedenfalls viel mehr Menschen unmittelbar geschädigt als die Zerstörung eines japanischen Atomkraftwerks durch einen Tsunami. Über diesen AKW-Unfall ist aber Tausendmal mehr berichtet worden als über EHEC. Und die Folgen sowie Kosten der dadurch ausgelösten deutschen Energiewende sind in ihren Dimensionen für ganz Europa noch gar nicht absehbar.
Noch einmal zurück zur Gurkenkrümmung: Die etwa rund um den österreichischen EU-Beitritt, aber auch in den Jahren nachher überdimensionale Beachtung des Themas zeigt, wie wenig die Intensität der öffentlichen Debatte mit der wirklichen Bedeutung korreliert.
Die einstige Gurken-Aufregung steht etwa in totalem Missverhältnis zum heutigen europäischen Desinteresse an den EU-Finanzen. Dabei müsste beispielsweise in diesen Tagen ein lauter Aufschrei über eine kräftige Erhöhung der europäischen Beamtenbezüge durch den Kontinent gehen. Diese Bezüge springen nämlich kräftig nach oben, weil sich die Mitgliedsländer nicht über die Verlängerung einer Solidaritätsabgabe für die Beamten einigen konnten. Das ist in Zeiten einer europaweiten Schuldenkrise und angesichts der auch nach Abzug der Solidaritätsabgabe enorm privilegierten Beamtengehälter eine unglaubliche Provokation.
Diese ist zumindest bisher völlig untergegangen.
Viel interessanter wäre derzeit auch die Frage, ob es nicht viel schlauer wäre, den – unbestreitbar – schwer ungesunden Zigarettenkonsum durch Preiserhöhungen an Stelle der geplanten medizinischen Schockbilder zu bekämpfen. Das würde vor allem Jugendliche viel mehr abschrecken, die ja die entscheidende Zielgruppe bei Gesundheits-Initiativen sein müssten. Noch dazu, wenn man weiß, dass vor allem geldknappe Unterschichts-Jugendliche überdurchschnittlich anfällig fürs Rauchen sind. Postpubertäre Jugendliche kommen sich hingegen toll vor, wenn sie ihren „Mut“ zeigen können, indem sie trotz der von Brüssel künftig verordneten grauslichen Bilder rauchen.
Ebensowenig für Debatten sorgt der Widerstand von – auch österreichischen – Abgeordneten gegen mehr Wettbewerb bei der Bodenabfertigung von Flugzeugen. Die Kommission wollte durchsetzen, dass mindestens drei Bewerber im Rennen sein müssen, und hätte dafür unsere laute Unterstützung verdient. Den Abgeordneten genügen jedoch zwei. Das ist keineswegs eine bloß akademisch-bürokratische Frage. Denn den Unterschied zahlen die Konsumenten, also die Flugpassagiere. Und dass zwischen nur zwei Marktteilnehmern der Wettbewerb nicht gerade stark ist, sollte man auch im EU-Parlament bedenken.
Wir aber können über die merkwürdigen Mechanismen nachdenken, wann in Europa ein Thema zum Thema wird, und wann nicht. Die Gurkenkrümmung war jedenfalls das falsche Thema.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das Asylanten-Camp vor der Votivkirche ist geräumt (auf Anordnung der rot-grünen Stadtregierung), in der Kirche wird unter Aufsicht von Caritas und Diakonie weiter aktivistisch hungergestreikt. Was dazu zu sagen ist, hat das Tagebuch gesagt. Aber an der Schwelle eines Superwahljahrs sollten wir uns zusätzlich noch an eines erinnern. Die Probleme mit der kritisierten „unmenschlichen“ Unterbringung von Asylwerbern sind auch eine Folge der burgenländischen Landtagswahl 2009.
Damals wurde aus wahltaktischen Überlegungen das geplante dritte Erstaufnahmezentrum Eberau zu Fall gebracht. Die ÖVP mit ihrer damaligen Innenministerin Maria Fekter taktierte ebenso wie die Sozialisten.Der für seinen Weitblick in Österreich weltberühmte Ministerdarsteller Darabos meinte, das würde ohnehin keiner brauchen, weil immer weniger Flüchtlinge kämen. Als ob die Welt nicht auch schon damals gebrannt hätte.
Viel hätten wir uns (und sicher auch manchen Flüchtlingen) erspart, wäre diese vorsorgliche Maßnahme getroffen worden. Aber aus Feigheit vor dem Urnengang und aus der Unfähigkeit, sich den Wählern zu erklären, wurde sie unterlassen. Jetzt haben wir Streit um Bundesländerquoten, Runde Tische, Kirchenbesetzungen.
Nicht gesetzte Handlungen verursachen eben einen katastrophalen Mangel an Folgen. Nicht gesetzte Handlungen gibt es aber besonders häufig vor Wahlen. Was werden wir da alles in zwei, drei Jahren ausbaden müssen, weil 2013 ein Superwahljahr ist?
Die sich nun schon einige Wochen hinziehende Affäre um die vom Unterrichtsministerium für 6-12-jährige in Auftrag gegebene Schrift „Ganz schön intim“ zeigt geradezu paradigmatisch, wie die linken Parteien und die mediale Klasse manipulieren. Sie zeigt aber auch ein beklemmendes Auseinanderklaffen zwischen dem Weltbild der Bürger und diesen selbsternannten Eliten, die sich ständig mehr als manipulative Sozialtechnokraten zur Veränderung der Menschen versuchen.
Beginnen wir mit einigen medialen Reaktionen auf diese Schrift:
Beispielsweise vermeldete das ORF-Radio, dass dieser Text von den Elternvertretern begrüßt worden sei. Es sagt aber wohlweislich nicht, welche Elternvertreter das gewesen sein sollen. Denn in Wahrheit hat keiner der großen Elternverbände diese Schrift bisher verteidigt. Die meisten haben sie kritisiert.
Beispielsweise wurde da in vielen Medien (natürlich wieder gleichlautend mit dem Schmiedschen Propagandaapparat) behauptet – wieder einmal ungenannt bleibende – „Experten“ würden die Schrift für richtig halten. Als jedoch über Hundert Pädagogen und Wissenschaftler mit dem vollen eigenen Namen die Schrift kritisierten, wurde das einfach totgeschwiegen.
Beispielsweise nahmen sofort mehrere Medien die SPÖ-Formulierung auf, dass sich ohnedies nur einige „rechtskatholische“ Eltern dagegen ausgesprochen hätten. Als ob man katholisch sein muss, um diese verächtliche Relativierung der Familie durch lesbische Gruppierungen abzulehnen. Und mit der Zufügung von „rechts“ werden die Kritiker im linken Jargon gleich unterschwellig in die Nähe von SS und NSDAP gerückt. Tatsache ist jedenfalls, dass „Ganz schön intim“ auch bei Menschen auf Empörung stößt, die mit Kirche überhaupt nichts zu tun haben, und genauso wenig mit „rechts“.
In den in allen gesellschaftspolitischen Fragen gleichgeschaltet auftretenden Medien wagte jedenfalls mit einer Ausnahme kein Journalist, die Ablehnung solcher Schriften durch die Mehrheit der Österreicher zu unterstützen. Die eine erfreuliche Ausnahme war der neue Chefredakteur der „Presse“ mit einem klugen Text (wobei man sich bei aller Freude darüber freilich angesichts der sonstigen Berichterstattung der Zeitung zu dem Thema die Frage stellt, ob dort außer dem Chef keiner mehr den Mut zu Wertorientierung hat – oder ob alle anderen ohnedies längst im Zeitgeist der Siebziger Jahre die Werte der Claudia Schmied teilen, wie es etwa der sogenannte Bildungsteil der Zeitung mit seltsamer Verbissenheit tut).
Ebenso erfreulich ist, dass Schwarz und Blau mit kritischen Anfragen auf Distanz zu der Schmied-Broschüre gegangen sind. Was natürlich die mediale Entschlossenheit, diese Broschüre für gut zu halten, noch mehr gesteigert hat.
Möglicherweise glauben die medialen Parteigänger der rotgrünen Schwulenpropaganda, dass sie sich damit ja ethisch verhalten würden. Wahr ist aber das Gegenteil. Schulkinder in grundlegenden Fragen zu verwirren ist das Gegenteil von ethischem Verhalten. Gerade an der Schwelle zur Pubertät ist das Wichtigste, was Kinder brauchen, wonach sie ständig suchen, Orientierung und Klarheit. Das ist kein Widerspruch zu Toleranz. Aber Kinder, Jugendliche müssen sich erst in der Welt auskennen, müssen erst Boden unter ihren Füßen gewinnen, auf dem aufbauend dann sinnvollerweise Toleranz von ihnen verlangt werden kann.
Wer hingegen glaubt, jede gesellschaftliche Orientierung primär auf kleine und kleinste Außenseitergruppen hin ausrichten zu müssen, gibt Kindern eine völlig falsche Orientierung.
Aber, so meinen dann manche, wie legitim ist denn die Vorherrschaft des Vater-Mutter-Kind-Modells überhaupt? Nun, das kann man mit der Weisheit der gesamten Menschheitsgeschichte begründen. Das kann man mit einem in erstaunlich weiten Bereichen kongruenten Bild der verschiedensten Kulturen und Religionen begründen. Das kann man mit der Erhaltung einer Gesellschaft auch über mehrere Generationen beweisen, die nur auf diesem Weg funktionieren kann. Das kann man mit soziologischen Erforschungen des Willens von Kindern wie auch von Erwachsenen untermauern. Und das kann man auch empirisch belegen:
Denn noch immer wachsen die allermeisten Kinder in ehelichen oder eheähnlichen Situationen auf. Denn auch die kleinere Gruppe der Kinder von Lebensgemeinschaften wächst in einer Umgebung auf, die sich in allen für die Kinder wesentlichen Aspekten bemüht, einer Ehe zu ähneln. Dasselbe gilt für die Patchwork-Situationen, in der (meist) der Vater durch einen anderen Mann ersetzt worden ist. Und selbst bei vielen Kindern, die (auch in Hinblick auf finanzielle Förderungen) laut Statistik bei alleinerziehenden Elternteilen aufwachsen, gibt es im wirklichen Leben durchaus oft einen Quasi-Ersatz für den anderen Teil.
Das sind Tatsachen, die jedoch die Broschüre als bedauerlich darstellt. Die Mutter-Vater-Kind-Familie ist für die Autoren ein sich – wörtlich – „hartnäckig“ haltendes Bild.
Aber auch jenen Kindern, die wirklich nur bei ihrer Mutter (oder ihrem Vater) aufwachsen, tut man nichts Gutes, wenn man ihnen eine falsche gesellschaftliche Realität vorspiegelt. Kinder werden mit solchen Situationen viel besser fertig, wenn man ihnen nicht ein potemkinsches Bild über das Leben, wie sie ihm tagtäglich begegnen, zu zeigen versucht.
Ein wirkliches Verbrechen an den Kindern ist aber, wenn man ihnen die in linken Kreisen (wohl irgendwie als Ersatz für die einstigen Helden Marx, Lenin, Trotzki, Mao und Stalin, die man sich doch nicht mehr so recht herzuzeigen wagt) gerade modischen Gender-Thesen einzubläuen versucht. Diesen zufolge wäre es eine willkürliche Wahl, ob man Mann oder Frau werde. Diesen zufolge wären die zahllosen Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern bloßes Produkt einer falschen Erziehung.
Im O-Ton der Schmied-Broschüre, den man sich wirklich dreimal durchlesen muss: Ob „ein Baby als Mädchen oder Bub ausgewiesen wird, ist von Menschen festgelegt und unterliegt Wandlungen und sich verändernden Wertvorstellungen“.
Ähnlich stehen bei den Schmiedschen Vorstellungen auch Transgender-Personen gleichwertig daneben. Dabei erreicht die Zahl jener Kinder, die schon jemals mit einer solchen Person konfrontiert gewesen sind, nicht einmal die Promillegrenze. Dazu kommt, dass dieses bedauernswerte Minigrüppchen selbst wieder keineswegs einheitlich ist. Man muss geradezu sadistisch sein, wenn man dennoch alle Kinder mit einer extrem seltenen und auch für alle Erwachsenen mehr als verwirrenden Erscheinung konfrontiert (wie verwirrend sie ist, sieht man schon daran, dass die gegenwärtige ÖH-Führung offenbar seit Jahr und Tag gar kein anderes Thema hat).
Etwas größer ist die Zahl schwuler Erwachsener. Und gewiss hat niemand das Recht, sie oder eine andere Minderheit in irgendeiner Weise zu verfolgen, wie es leider lange passiert ist. Daraus folgt aber noch lange nicht das Recht, kleinen Kindern gegenüber (ohne Rücksicht auf die Eltern!) homosexuelle Verhaltensweisen als wahlweise Option oder gar gleichwertig mit einer klassischen Mutter-Vater-Kind-Beziehung darzustellen.
Dagegen spricht die Tatsache, dass die Gesellschaft mit gutem Grund keinem homosexuellen Paar eine formelle Adoption erlaubt. Dagegen spricht, dass Kinder, die bei einem gleichgeschlechtlichen Paar aufwachsen, in vielerlei Hinsicht traumatisiert sind, wie neue amerikanische Studien zeigen. Dagegen spricht, dass bis heute kein Beweis für eine genetische Determinierung homosexuellen Verhaltens gefunden worden ist, und dass daher eine diesbezügliche Prägung durch die Umwelt wahrscheinlich ist. Dagegen spricht auch das empirische Argument, dass selbst die vor einigen Jahren durchgesetzte homosexuelle Verpartnerung erstaunlich wenig Zuspruch gefunden hat, obwohl die Schwulenpropaganda davor behauptet hat, zehn Prozent der Bevölkerung würden sich danach sehnen.
Die Broschüre versucht aber, schon durch ihre Illustrationen den Eindruck zu erwecken, dass die Hälfte der Bevölkerung schwul wäre. Und dass das jedenfalls alles völlig gleich und gleichwertig wäre.
Wenn all diese Minderheiten schon für kleine Kinder ein so wichtiges Thema sein sollten: Warum konfrontiert man Volksschüler nicht auch mit der großen Zahl von manisch-depressiven, von schizophrenen, von paranoiden, von sonstwie psychisch beeinträchtigten Personen und ihren Problemen? Da gibt es ja weit mehr Kinder, die solchen Menschen begegnen, und die dadurch oft schwer belastet oder verwirrt werden! Warum gibt man ihnen für solche Begegnungen keine Hilfe?
Nein, den Freundinnen der Claudia Schmied geht es keine Sekunde lang um die Kinder. Es geht ihnen um eine Kampfansage an die Familie und um Propaganda für ihre eigenen Lebensformen. Es geht ihnen zumindest unterschwellig wohl auch um Nachwuchs, um Frischfleisch für solche Lebensformen.
Da sich Schmied & Co aber all diesen Debatten nicht stellen wollen, sondern ihr kaputtes Familienbild weiter den Kindern aufzwingen wollen, werden halt alle, die Kritik wagen, als verklemmt und ewiggestrig dargestellt. Das Argumentum ad personam ist halt immer praktisch, wenn man in der Sache keines hat.
Daher soll laut der Ministerin weiterhin eine Schrift auf unsere Kinder losgelassen werden, in der Elternschaft beispielsweise so dargestellt wird: Das seien „Menschen, die gut befreundet sind und sich dazu verabreden, ein Kind zu zeugen“. Das nächste Mal verabreden sie sich halt, lieber auf ein Bier zu gehen . . .
Ganz in dieser Gesinnung nennen die Autoren der Broschüre beim Thema Herkunft der Kinder die Adoption überhaupt an erster Stelle. Sie wird also noch vor der Zeugung erwähnt. Und von lebenslanger Verantwortung und Eltern-Kind-Bindung findet sich überhaupt kein Wort.
Der Gesamteindruck ist klar: Sex ist vielmehr etwas zwischen jedem und jedem, jeder und jeder, bisweilen halt auch zwischen jedem und jeder. Liebe kennt man im Dunstkreis der Ministerin offenbar nicht.
Freilich werden Kinder dennoch am Weg zum Erwachsenwerden mit dem Phänomen Liebe konfrontiert. Und nichts wäre notwendiger, als suchenden jungen Menschen den Unterschied zwischen Liebe und Sexualität zu vermitteln. Aber das bekommen sie bei Schmied nicht.
Noch unglaublicher ist, mit welcher abenteuerlichen Argumentation in der – mit Steuergeld finanzierten – Broschüre das Thema Prostitution behandelt wird. Im Wortlaut: „Eigentlich können Kinder gar keine Huren oder Stricher oder Sexarbeiter_innen sein, weil sie noch keinen Beruf haben.“ Na super: Und dann, wenn wir einen Beruf haben, entscheiden wir uns halt. Wollen wir Feuerwehrmann oder Stricher werden? Wo verdient man denn mehr?
Dennoch wagt es diese Ministerin, die Broschüre als Beitrag im Kampf gegen den Missbrauch darzustellen! Dabei wird auf fast jeder Seite der Eindruck erweckt: Wenn sich‘s gut anfühlt, ist eh alles ok. Aber Missbrauch ist es auch dann, wenn sich für Kinder etwas scheinbar oder angeblich gut anfühlt!
Ethik, Werte, Moral sind in diesem Text absolute Fremdworte. Selbst gesetzlich verbotene Dinge wie Leihmutterschaft oder Samenkauf werden da völlig gleichwertig mit der (leider?) noch möglichen Zeugung durch die Eltern dargestellt. Gäbe es noch eine wertorientierte Staatsanwaltschaft, wäre da wohl auch eine diesbezügliche Bestimmungstäterschaft der Autoren und der Ministerin zu verfolgen. Dass zumindest eine der Autorinnen nicht nur eine hochrangige SPÖ-Funktionärin, sondern auch militante Abtreibungsbefürworterin ist, rundet das Bild ab.
Umso mehr muss man vor diesem Hintergrund skeptisch sein, wenn unter einer solchen Unterrichtsministerin mit solchen Spießgesellinnen ein „Ethik“-Unterricht eingeführt werden soll.
Angesichts solch offenkundiger Intentionen, die Gesellschaft zu deformieren und neu zu formieren, wird natürlich eine Frage entscheidend: Haben Eltern überhaupt noch ein Recht, sich zu wehren, selber zu bestimmen, ob ihre Kinder mit solchem Mist konfrontiert werden? Ja, sie haben dieses Recht. Sie könnten sich beispielsweise für verantwortungsbewusste(!) Privatschulen entscheiden. Sie könnten sich etwa schon beim Einschreiben in eine öffentliche Schule eine Garantie geben lassen, dass diese Anleitung zum Strichertum an der betreffenden Schule nicht verwendet wird. Denn jedenfalls wird in der Menschenrechtskonvention das Recht der Eltern garantiert, die Erziehung der Kinder gemäß ihren eigenen weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
Gewiss können sich auch Eltern für das Wertmodell der Frau Schmied und ihrer Freundinnen entscheiden. Dazu haben sie in einer pluralistischen Gesellschaft jedes Recht. Nur werden das in voller Kenntnis der Umstände nur sehr wenige Eltern tun. Was die Täterinnen auch genau wissen. Daher versuchen sie es ja durch die Hintertür.
Die rotgrüne Politik zielt daher darauf ab, die Eltern und Familien trotz der Menschenrechtsgarantien ständig weiter zu entwerten, zu entrechten und entmündigen. Immer frühere Kindergarten-Besuche; immer längerer Verbleib in der Schule; immer häufigere Zwangsabnahmen von Kindern (um sie in Heimen der Gemeinde zu Gratis-Sexobjekten zu machen, weil sie ja noch „keinen Beruf“ haben können?); Gemeindekindergärten, die Buben in Mädchenkleidung zwingen; immer häufigere Hinauswürfe der Väter aus der Ehewohnung unter in mindestens einem Drittel der Fälle erfundenen Vorwürfen: Das fügt sich alles zu einer beängstigenden Gesamttendenz.
Das ist eine Tendenz, die im übrigen zu totalitärer Realität werden wird, sobald Rot und Grün endlich einmal die von ihnen und so vielen Journalisten ersehnte Mehrheit haben. Auf nichts anderes steuern die beiden zu. Da sollte man sich keine Illusionen machen. In der ganzen SPÖ hat kein einziger Politiker versucht, sich von der Frau Schmied zu distanzieren. Ganz im Gegenteil: Eine Abgeordnete namens Gisela Wurm hat sofort den Kritikern ein „rückschrittliches Gesellschaftsbild“ attestiert.
Jetzt ist es ja doch bewiesen: Gesundheitsschäden für Fukushimas Kinder.
Bei einer großen Erhebung des japanischen Erziehungsministeriums ist es herausgekommen. Die Kinder aus der Präfektur Fukushima sind heute weniger gesund als vor dem Tsunami und damit auch vor der durch diesen bewirkten Zerstörung des Atomkraftwerks. Zumindest in einer Hinsicht: Diese Kinder sind heute viel dicker, ihr Gewicht liegt japanweit in den meisten Altersgruppen an der Spitze, was vor dem Umfall nicht der Fall war. Wie das? Nun die Erklärung passt vielleicht nicht ganz ins Bild, das sich die Welt gemacht hat: In Fukushima sind nach dem Atomunfall alle sportlichen Aktivitäten im Freien massiv eingeschränkt worden. Ob sich diese möglicherweise übervorsichtige Reaktion auf den Unfall am Ende als schädlicher erweisen wird als die von Medien und Politik dramatisch dargestellte Verstrahlungsgefahr?
Bisher ist es dem Unterrichtsministerium und seinem bifie-Institut noch gelungen, die Weiterentwicklung der Affäre geheimzuhalten. Aber der Skandal um die bundeseinheitliche Mathematik-Matura ist inzwischen gleich um zwei weitere Kapitel umfangreicher geworden. Und er hat dabei auch erstmals einen ethischen Hautgout bekommen.
Dieser macht im übrigen das Vorhaben der Obrigkeit, Kindern eine staatliche Ethik zu vermitteln, noch peinlicher, als es das immer schon war. Aber das ist heute nicht das Thema.
Was bisher im Matura-Skandal passiert ist: Im vergangenen Frühsommer hatte kombinierter Protest von Schülern, Eltern und Lehrern mit Hilfe der Öffentlichkeit nach langer Weigerung der Unterrichtsministerin eine Verschiebung der Mathematik-Zentralmatura um ein Jahr erreicht. Der Grund: Die Unterlagen und Prüfungs-Modelle fehlten. Der ursprüngliche Termin war ja für das Frühjahr 2014 angesetzt gewesen. Dabei hatten Ministerium und bifie ursprünglich das Vorliegen sämtlicher Unterlagen schon für den Eintritt der betroffenen Klassen in die Oberstufe zugesagt.
Nach der Verschiebung auf 2015 ist die Aufregung verebbt. Die bis heute gewonnene Zeit wurde aber unglaublicherweise wieder nicht genutzt: Denn auch heute, mehr als ein halbes Jahr nach der Verschiebung, liegen nicht die versprochenen kompletten Unterlagen für die einheitliche Mathematik-Matura vor. Dabei ist deren Termin nach der Verschiebung schon wieder weniger als zweieinhalb Jahre entfernt, statt der versprochenen vier Jahre. Aber Schülern kann man ja offenbar eh alles versprechen. Jene Schule, die sich freiwillig zur Durchführung der ersten Zentralmatura bereit erklärt hat, hat jetzt gar nur noch eineinhalb Jahre Zeit.
Etliche Matura-Vorbereitungs-Seminare sind daher kurzfristig abgesagt worden; bei den abgehaltenen Veranstaltungen tauchen mehr Unklarheiten und Widersprüche als Klärungen auf. Und der im bifie dafür zuständige Mathematik-Professor Hans-Stefan Siller hat inzwischen eine Berufung nach Koblenz erhalten, bleibt aber weiter zuständig. Er ist im Rahmen des bifie der Hauptverantwortliche dafür, dass die (für den Beginn dieses Schul-Jahres versprochen gewesenen) 100 „Typ-2-Aufgaben“ weitgehend noch immer nicht veröffentlicht sind.
Damit stecken unsere Schulen wieder in demselben Stadium fest, das im Vorjahr den großen Skandal ausgelöst hat, der am Schluss auch die sich lange taub stellende Unterrichtsministerin zum Verschieben der Zentralmatura gezwungen hat.
Das zweite Element des neuen Skandals: Der Österreichische Bundesverlag bewirbt schon ein Buch des gleichen Herrn Siller (mit einer Co-Autorin) und Verkaufsveranstaltungen. Die Inhalte sind genau die Dinge, die eigentlich schon längst gratis veröffentlicht sein sollten. Auf der Homepage dieses privatisierten Verlags liest man: „Mathematik Maturatraining AHS wurde gezielt für die Anforderungen der neuen schriftlichen Reifeprüfung entwickelt. In Form von vier Probematuren“ (sic! Deutsch können sie dort auch nicht . . .) finde sich darin „hilfreiches Übungsmaterial“.
Mit anderen Worten: Die versprochenen Termine werden – aus unbekannten Gründen – nicht eingehalten. Die Gratis-Informationen durch die Obrigkeit sind noch immer nicht komplett. Aber dafür setzt schon die Geschäftemacherei mit "hilfreichen" Büchern ein. Dass ausgerechnet der für die Mathematik-Zentralmatura Verantwortliche dabei an der Spitze der Geschäftemacherei steht, ist nun wirklich mehr als anrüchig (auch wenn es für seine guten Rechenfähigkeiten spricht). Dafür, dass das Geschäft wirklich gut wird, sorgen jedenfalls schon die Zahlen: Alljährlich müssen rund 20.000 Schüler zur Mathematik-Maturaklausur antreten.
Da der Mann mit Sicherheit für seine Mitarbeit im bifie sehr gut entlohnt wird, sollte er in einem anständigen Staat überhaupt keine solchen Geschäfte machen dürfen, sondern all sein Wissen in breitester Form Schülern und Lehrern zur Verfügung stellen.
In einem anständigen Staat eben. Dort sollten ja auch Abgeordnete nicht als Lobbyisten arbeiten. Und Regierungsmitglieder nicht Zeitungen bestechen.
Seit dem schrecklichen Verbrechen eines offenbar psychisch kranken Mannes, dem in der US-Kleinstadt Newtown siebenundzwanzig Menschen zum Opfer gefallen sind, sind einige Wochen vergangen. Damit sind die Chancen gestiegen, sich den tragischen Geschehnissen mit einem etwas klareren Blick zu nähern, als das unmittelbar nach dieser empörenden Untat der Fall war. Es gilt, auf spontane Aktionen zu verzichten, die, unter dem Eindruck von Wut und Trauer über das Geschehene gesetzt, eher schaden als nutzen.
Zuallererst ist eine Begriffsbestimmung angebracht: Das Verbrechen in Newtown war so wenig ein „Amoklauf“ wie die zuvor von den Medien ebenfalls zu solchen erklärten Bluttaten in Utoya, Winnenden oder Dunblane. Bei keinem dieser Ereignisse handelten die Täter in blinder, kopfloser Wut. Jede dieser oder vergleichbare andere Taten wurden vielmehr geplant durchgeführt. Gelegentlich trugen die Täter sogar schusssichere Westen. Der Täter in Newtown wählte seine Waffen sorgfältig aus und befüllte zahlreiche Magazine mit kühlem Kopf und ruhiger Hand.
Das macht die Tat keineswegs weniger schlimm, ist aber dennoch von großer Bedeutung. Als Begriffsbestimmung für diese schrecklichen Taten taugt die Bezeichnung „Amoklauf“ nämlich nicht. Es waren vielmehr Massenmorde – eiskalt geplant und ausgeführt. Das macht insofern einen Unterschied, als Amoktäter jene Mittel einsetzen, die ihnen gerade in Hand fallen – Äxte, Messer oder Fahrzeuge, nur selten aber Schusswaffen. Kühl kalkulierende Täter dagegen legen Wert auf möglichst hohe Effizienz – und sie lassen sich beim Erwerb ihrer Tatmittel von administrativen Hürden kaum abschrecken. Dieser Punkt ist bei der Diskussion um eine wirksame Tatprävention keinesfalls zu vernachlässigen! Es sei daran erinnert, dass ein Verbrecher namens Timothy McVeigh im Jahre 1995 in Oklahoma City 168 Menschen umbrachte, ohne einen einzigen Schuss abzugeben. Er bediente sich einer Bombe. Auch bei vergleichsweise geringen Hürden beim Erwerb von Feuerwaffen gibt es offensichtlich Täter, die sich für andere Tatmittel entscheiden.
Die nun, wie immer unter dem Eindruck eines derartigen Verbrechens, versuchte Massensuggestion „verbietet den Waffenbesitz und es gibt keine Bluttaten mehr – und wer dagegen ist, ist ein Mordkomplize“, lässt derlei Überlegungen außer Acht. Außerdem werden Äpfel mit Birnen verglichen und die Fakten schamlos verbogen.
Wer eine seriöse Debatte zum Thema führen will, sollte sich etwa der Frage zuwenden, weshalb es in Ländern mit liberalem Waffenrecht und hoher Privatwaffendichte, wie Israel und der Schweiz, niemals „Amokläufe“ wie jenen in Newtown gibt. Es wäre auch interessant, von denen, die jetzt, wie einige „liberale“ US-Senatoren, „halbautomatische Gewehre“ verbieten wollen, zu erfahren, weshalb es in der Schweiz, wo bekanntlich Zehntausende vollautomatische Sturmgewehre als Bereitschaftswaffen militärischer Reservisten in privaten Schränken stehen, niemals zu Massakern kommt. Außerdem wäre zu klären, weshalb in Großbritannien die Schusswaffenkriminalität seit dem Totalwaffenverbot, das nach dem Massaker in Dunblane vom Blair-Regime verhängt wurde, nicht ab- sondern zugenommen hat.
Offensichtlich korreliert die legale Verfügbarkeit von Schusswaffen eben nicht positiv mit der Gewaltkriminalität. Hürden zu errichten, um den legalen Zugang zu einem von vielen möglichen Tatmitteln zu erschweren oder völlig zu unterbinden, führt augenscheinlich nicht zum versprochenen Erfolg. Auch ist darüber nachzudenken, weshalb derlei Untaten so gut wie immer in „waffenfreien Zonen“ passieren, die ja angeblich mehr Sicherheit bringen sollen, aber niemals auf Schießständen, wo jeder bewaffnet ist…
Es sei darauf hingewiesen, dass es vor 100 Jahren in Deutschland und Österreich weder restriktive Waffen- noch Drogengesetze gab. Und damals gab es – was nach Ansicht der alles-verbieten-Fraktion völlig unmöglich sein sollte – weder Schulmassaker noch Drogenexzesse. Was also wurde durch zunehmend verschärfte Waffen- und Drogengesetze an Positivem bewirkt? Weniger als nichts!
Vielmehr ist es so, dass gesetzliche Regeln, die von einem Großteil der Bürger und von sämtlichen davon direkt Betroffenen als überflüssig, ungerecht oder gar schädlich empfunden werden, zur langfristigen Erosion der Gesetzestreue und zum Zerfall einer Gesellschaft führen. Welche positive Wirkung sollen Gesetze entfalten, als deren Konsequenz gewaltbereite Verbrecher sich sicher sein können, auf keinerlei robuste Gegenwehr ihrer Opfer zu stoßen? Was ist vom US-Präsidenten zu halten, der – umgeben von Dutzendschaften zu seinem Schutz beorderter, schwer bewaffneter Büttel – die Entwaffnung normalsterblicher Bürger fordert, die für ihre eigene Sicherheit sorgen wollen?
Ein Blick auf die Situation in Österreich: Viele gesetzestreue Bürger und Waffenbesitzer sind allein in den letzten Jahrzehnten jedem Bocksprung des Gesetzgebers treulich gefolgt, haben registriert, bestehenden Besitz nachträglich gemeldet, polizeiliche Kontrollen über sich ergehen lassen, die Verwahrung ihrer Waffen, oft unter erheblichen Kosten, sichergestellt. Sie weisen regelmäßig ihre Befähigung zum Umgang mit ihren Waffen nach – und zum Dank dafür wird ihnen dann – nach Anlässen à la Newtown – mit der Enteignung gedroht.
Unter diesen Umständen kann nicht erwartet werden, dass die (Waffen-)Gesetze von allen bisher widerspruchslos kooperierenden Bürgern auch künftig noch geachtet werden.
Allein in den letzten 35 Jahren wurden in Österreich folgende waffengesetzliche Verschärfungen implementiert (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):
Ist die Welt am Rande des Balkans dadurch sicherer geworden? Selbstverständlich nicht, denn die brav Angepassten, die sich an das einschlägige Gesetz halten, waren und sind ja nicht das Problem. Einheimisches Gesindel oder zugewanderter Abschaum dagegen kümmert sich keinen Deut ums Waffengesetz. Solche Menschen kaufen auf dem florierenden Schwarzmarkt, was ihr dubioses Gewerbe erfordert – und werden, um dem Unrecht noch den Hohn hinzuzufügen, vom Staat dadurch belohnt, dass die Polizei nicht regelmäßig Hausdurchsuchungen bei ihnen vornimmt wie bei amtsbekannten „Waffennarren“…
In den USA gibt es derzeit übrigens – wie nach jedem „Amoklauf“ mit nachfolgenden Drohungen durch linke Weltverbesserer – einen Verkaufsboom für Handfeuerwaffen. Besonders mit der Lieferung von „Assault rifles“ kommt der Handel gar nicht nach. Wer bisher noch kein AK-47, AUG oder M16 sein Eigen nannte, der beschafft es sich jetzt. Das hat schon seine Richtigkeit! Denn da der Politik in den USA beinahe schon so wenig zu trauen ist wie in Europa, und die Unfähigkeit des Staates, rechtschaffene Bürger vor Gewalttätern zu beschützen, täglich augenfälliger wird, wollen diese die Sicherheitsproduktion eben in die eigenen Hände nehmen. Als Konsequenz aus dem Drama von Newtown wäre eine sofortige Abkehr von der närrischen Idee „waffenfreier Zonen“ zu fordern, die einer Einladung an jeden Gewalttäter gleichkommt. Außerdem wäre eine Erlaubnis für alle Schulbediensteten, Waffen zu tragen, das Gebot der Stunde. Absolut sinnlos dagegen ist es, durch gesetzliche Restriktionen verhindern zu wollen, was durch eben diese niemals zu verhindern ist.
Leider wird die Debatte um das Recht auf privaten Waffenbesitz von jenen Kollektivisten beherrscht, denen es um nichts anderes geht als um die weitere Gängelung, Entmündigung und Entrechtung der Bürger. Bei kaum einem anderen Thema – außer dem der „sozialen Gerechtigkeit“ – tritt die Deutungshoheit der linken Dressurelite klarer zutage als beim Privatwaffenbesitz. Meinungsmacher wie der US-Filmemacher Michael Moore („Bowling for Columbine“) arbeiten mit heuchlerischen Politikern wie dem jetzigen Präsidenten kongenial zusammen. Wo Waffenbesitz zum Verbrechen wird, haben nur noch Verbrecher Waffen! Das scheint es zu sein, was die Barack Obamas und die Claudia Roths, Hand in Hand mit den gleichgeschalteten Hauptstrommedien dieser Welt, anstreben…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die gleichgeschlechtlichen Verpartnerungen sind erstaunlich selten geblieben.
In Wien haben sich im ablaufenden Jahr 183 gleichgeschlechtliche Paare offiziell „verpartnert“. Das sind nicht einmal drei Prozent der richtigen Eheschließungen. Eine erstaunlich niedriger Prozentsatz. Hat man uns doch einst den dringenden Bedarf an solchen Verpartnerungen damit eingeredet, dass mindestens zehn Prozent der Menschen schwul wären. Dabei ist in Wien der Anteil der Verpartnerungen noch deutlich höher als in den anderen Bundesländern, weil viele einschlägig Engagierte in die Hauptstadt ziehen. Dabei ist auch noch gar nicht berücksichtigt, dass es 2012 möglicherweise noch etliche Nachholeffekte aus der furchtbaren Zeit ohne Verpartnerung gegeben hat. Wir lernen: Der Lärm, den eine Gruppe in der heutigen Mediengesellschaft zu schlagen versteht, entspricht nicht unbedingt ihrer wahren Bedeutung und Größe.
PS.: Was viel relevanter ist: Die Zahl der gesamten Eheschließungen ist neuerlich zurückgegangen. Und zwar um eine Zahl, die mehr als doppelt so hoch ist wie diese Verpartnerungen.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Eigenleistung statt Willkür
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Vorurteile sind der beste Beweis für Realitätsverweigerung. Dies gilt besonders für das "ideologische Kampfgebiet" Schule, wo seit Jahrzehnten die ewig gleichen Argumente ausgetauscht werden, um das kostbare Gut Bildung für möglichst wenig Menschen zugänglich zu machen, indem Zugangshürden geschaffen werden. Dies in der falschen Hoffnung, dass sich der bildungspolitische Weizen von der Spreu trennt. Wobei sich hinter dem vermeintlichen Weizen oft nichts anderes verbirgt als die Behauptung, man sei gescheiter als die anderen. Woher sich diese ableitet, ist so gut wie nie nachvollziehbar, außer man glaubt daran, dass Intelligenz in erste Linie vom Vermögen der Eltern abhängt. Meist ist das Gegenteil der Fall.
Daher ist es gut, dass der Zugang zu den AHS ohne Aufnahmeprüfung möglich ist. Sie war schon vor ihrer Abschaffung vor über 40 Jahren ungerecht und hat dazu geführt, dass teure Paukerinstitute entstanden sind, mit deren Hilfe die Kinder auf die Aufnahmeprüfung vorbereitet wurden. Die Befürworter einer Extra-Prüfung, die naturgemäß auch das vernünftigere Modell der Gesamtschule ablehnen, ignorieren beharrlich, dass für den Besuch der AHS bestimmte Voraussetzungen nötig sind. Die hängen aber weniger von der Geldbörse der Eltern als von Eigenleistungen ab. Die 4. Klasse der Volksschule muss erfolgreich abgeschlossen und in Deutsch, Lesen und Mathematik müssen gute oder sehr gute Leistungen erzielt werden oder es liegt eine Empfehlung der Schulkonferenz vor. Der Wechsel von der Hauptschule in eine AHS setzt voraus, dass im Jahreszeugnisvermerk in Deutsch, Lebende Fremdsprache und Mathematik die beste Leistungsgruppe besucht oder die betreffende Klasse mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen wurde. Statt der Prüfung an einem Tag zählt somit der Nachweis der kontinuierlichen Leistung.
Wieder Lernen statt Noten Schenken
Andreas Unterberger
Man hätte es dem Wiener Stadtschulrat gar nicht zugetraut. Er reagiert mit einer erstaunlich klugen Maßnahme auf die verheerenden Testergebnisse seiner Volksschulen: Mehr als 80 Prozent der Wiener Zehnjährigen sind ganz oder teilweise am bundeseinheitlichen Mathematik-Test gescheitert. Künftig sollen dessen Ergebnisse daher in Wien in die Note jedes einzelnen Schülers einfließen.
Das verschiebt im Unterricht ja erstmals wieder den Akzent von der Note ein wenig auf das Können. Linke Schulrealität hat ja bisher meist im Verschenken von Noten bestanden, auch wenn ein Schüler nichts kann (in manchen Migrantenbezirken bekamen 80 Prozent der Volksschüler lauter Einser!). Die eigene Schule solle nicht schlecht dastehen, und man wolle den Kindern nicht schaden, argumentierten die dortigen Schulbürokraten. Sie begriffen nicht, dass sie solcherart den Kindern viel mehr schadeten. Diese lernten nie die Notwendigkeit des Lernens.
Die schlechten Testergebnisse der Volksschulen machen die stereotype Idee von Rot-grün lächerlich, wenn man die zwangsweise Gesamtschule für alle 10-bis 14-Jährigen einführe, würde irgendetwas besser. Denn die Volksschule ist ja die einzige Gesamtschule. Und gerade sie hat sich als das Zentralproblem entpuppt.
Die Wiener Maßnahme ist eine erste Annäherung an die einstigen Aufnahmsprüfungen, die einst dummer Populismus abgeschafft hat. Bei diesen hatte nicht der eigene Lehrer über den Weg ins Gymnasium entschieden, sondern fremde Professoren. Solche Prüfungen waren - und wären es noch immer - die objektivste Schwelle auf dem Weg ins Gymnasium. Sie würden Druck der Vorgesetzten und Eltern auf die Volksschullehrer sinnlos machen, Noten zu schenken. Sie würden jede - angebliche - Bevorzugung von Besserverdienern verhindern. Sie würden wieder das Lernen an Stelle des Kuschelns ins Zentrum der Grundschule rücken.
Vor dem endgültigen Ende kommt es bei vielen Krankheitsbildern zu einer kurzen Phase einer bescheidenen Euphorie. Diese scheint Europa jetzt erfasst zu haben, weil ein paar Monate lang kein neuer Krisengipfel droht, weil die neuesten Konjunkturprognosen nicht ganz so schlimm sind wie zuletzt, weil sich die Ratings Griechenlands verbessert haben, weil das Weihnachtsgeschäft halbwegs erträglich abgelaufen ist. Alle fundamentalen Daten für den Kontinent bleiben aber dauerhaft depressiv. Daran können kurzfristige Zacken nichts ändern.
Dass kurz vor Weihnachten mit Zypern ein weiteres EU-Land an der Intensivstation der von Schulden erdrückten Länder anläuten musste, kann man ja angesichts der Größe Zyperns vielleicht noch ignorieren. Bei vielen anderen Daten geht das nicht. Etwa bei den Konjunkturdaten, die beim näheren Hinsehen für sämtliche Weltregionen weit besser aussehen als für Europa. Damit relativieren sich die erhofften kleinen Zuwächse der Europäer total. Auch die griechischen Ratings sind zwar besser, aber noch keineswegs gut.
Am anschaulichsten aber zeigen drei Ziffern, die auch Angela Merkel neuerdings gerne kommuniziert, den Zustand des Kontinents: 7 Prozent der Weltbevölkerung schaffen 25 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung – was an sich wunderbar ist. Aber sie konsumieren zugleich 50 Prozent der weltweiten Wohlfahrtsleistung – was sich nicht nachhaltig fortsetzen lässt und mit Sicherheit einen steilen Rückgang der europäischen Wirtschaftsleistung auslösen wird.
Dennoch gibt es keine relevante Kraft in Europa, die sich für einen signifikanten Rückbau des unhaltbar gewordenen Wohlfahrtssystems einsetzt. Und jene, die das tun, empfehlen nur Griechenland & Co einen solchen Rückbau, nicht aber ihren eigenen Ländern. Auch Merkel schlägt keine Einschnitte ins deutsche Wohlfahrtssystem, sondern sogar dessen Ausbau vor (etwa bei Kinder- und Pensionsleistungen). In Süd- und Mitteleuropa fürchtet jede Partei, mit einer ehrlichen Anti-Wohlfahrtsansage die nächsten Wahlen schwer zu verlieren.
Möglicherweise haben sie damit auch recht, wenngleich sich in konkreten Einzelfragen die Durchschnittsbürger oft deutlich weniger verschwendungsfreudig zeigen als die Politiker. Das zeigen viele Schweizer Referenden. Das zeigt in Österreich der Umstand, dass die allerjüngste Geldverschwendung durch die Erhöhung des Pendlerpauschales ein reines Produkt der politischen Klasse und keineswegs einer starken Basisbewegung von unten ist. Das zeigt in Deutschland die Diskussion aller Parteien über einen Ausbau der Pensionsleistungen. Das zeigen viele Umfrage-Ergebnisse in Deutschland und Österreich.
Tatsache ist jedenfalls, dass in den letzten Jahren die Sozialquote und die mit dem Gini-Faktor gemessene Umverteilung weiter gestiegen sind. Europas Staaten verstärken immer mehr den Anreiz für die Menschen, auf Kosten der Allgemeinheit zu leben, und geben immer weniger Anstöße Richtung Leistung und Eigenverantwortung.
Dementsprechend ist in vielen Ländern in den letzten Jahrzehnten das Pensionsantrittsalter gesunken. Dabei hätte es angesichts der steigenden Lebenserwartung und der besseren Gesundheit der Menschen stark steigen müssen, wenn das Pensionssystem nachhaltig sicher bleiben sollte.
Noch katastrophaler ist der europaweite Geburtenrückgang. Dieser ist nicht nur ein Produkt des Pillenknicks, sondern auch eines gesellschaftlichen Klimawandels: Kinder werden fast nur noch als Last und Doppelbelastung dargestellt; für Betreuung, Pflege und Sicherheit im eigenen Alter sieht man ihre Notwendigkeit jedoch nicht mehr. Denn der Staat und die Parteien haben fahrlässigerweise versprochen, dass sie das alles ohnedies für die Menschen erledigen werden. Was natürlich völlig denkunmöglich ist.
Hand in Hand mit Geburtenrückgang und Wohlfahrt muss auch die massenweise Zuwanderung große Sorge machen. In Wiens Volksschulen etwa – wie auch in etlichen deutschen Städten – hat schon weit mehr als die Hälfte der Kinder eine andere Muttersprache als Deutsch. Der Anteil solcher Kinder ist dreimal so hoch wie im Rest des Landes; längst haben sich in der Stadt ganze türkische Ghettos gebildet. Zugleich aber ist Wien das österreichische Bundesland mit der höchsten Arbeitslosigkeit – und den weitaus großzügigsten Wohlfahrtsleistungen. Das heißt: Viele der Zuwanderer sind gezielt in den Wohlfahrtsstaat, in die Wohlfahrtsstadt gekommen, und nicht in den Arbeitsmarkt.
Genauso belastend wie die soziale Musterschüler-Rolle der Europäer ist auch ihre ökologische. Die EU war praktisch die einzige Region, welche die sogenannten Kyoto-Ziele ernst genommen hat. Dabei ist das europäische Handeln für die angeblich durch CO2 ausgelöste Klimaerwärmung völlig irrelevant, solange der Rest der Welt nicht mittut. Dabei hat sich rund um den Emissionshandel das wohl größte Betrugssystem der Geschichte etabliert, wie sich jetzt zeigt.
Bezeichnend – und keineswegs ein Einzelfall – ist das Verhalten des größten österreichischen Industriekonzerns, der Voest: Sie verlegt sämtliche neuen Investitionen ins Ausland. Sie kann sich die teuren sozialen und ökologischen Auflagen in Europa einfach nicht mehr leisten. Sie muss ja ihre Produkte auf den Weltmärkten verkaufen.
Weil der Energiepreis der USA nur noch ein Drittel des europäischen ausmacht, ist jetzt sogar Amerika ein lohnendes Ziel für einen energieintensiven Betrieb wie die Voest geworden. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass in Europa die Energiekonsumenten mit immer höheren Summen die gigantischen Kosten der sogenannten Alternativenergien subventionieren müssen; das sind also (chinesische) Solarpaneele auch im sonnenarmen Norden, Windmühlen in windarmen Gegenden und Tausende Kilometer neuer Mega-Stromleitungen quer durch den Kontinent.
Die niedrigeren US-Energiepreise sind insbesondere aber auch Folge der neuentwickelten Technologien zur Gewinnung von Erdgas aus bisher nicht nutzbaren Lagerstätten. Das hat in den USA die Preise steil purzeln lassen. Das löst auch den gegenwärtigen amerikanischen Wiederaufschwung trotz der Überschuldung aus.
In Europa hingegen haben auch in dieser Frage wieder einmal die Angstmacher gewonnen. Das sind die geistig Grünen in allen Parteien, die sich sofort vor allem und jedem fürchten, was sie irgendwann einmal in einem Medium lesen. Sie behindern in Österreich sogar die Erforschung von anscheinend riesigen Gas-Lagern, weil vielleicht einmal bei den neuen Methoden zum Abbau des Schiefergases etwas passieren kann. Sie erzwingen in Deutschland die Schließung sämtlicher Atomkraftwerke, weil in Japan eines bei einem Tsunami zerstört worden ist. Was zwar eine böse und unheimlich aussehende Sache war, was aber im Gegensatz zu den 17.000 Todesopfern durch die Flutwelle selber bisher kein einziges Menschenleben gefordert hat. Der Atomunfall ist also trotz der Totalzerstörung und panischer Stunden kontrollierbar geblieben.
Aber wir fürchten uns halt alle so gerne. Daher ignorieren wir auch völlig, dass die neue japanische Regierung schon wieder vom Anti-Atomkurs ihrer Vorgänger abkehrt.
Die österreichische Regierung ignoriert auch noch etwas anderes: nämlich die Abwanderungs-Ankündigungen der Voest. Eine Regierung mit Weitblick müsste hingegen sofort eine Sonderklausur einberufen, um diese Entscheidung zu analysieren und alle Maßnahmen zu setzen, die den großen Arbeitgeber im Land halten, die also den Energiepreis und die Lohnkosten nach unten drücken. Aber offenbar bemerkt die Regierung nicht einmal den neuen Kurs der Voest, weil sie in ihren kleinlichen Streitereien verfangen ist.
Aber auch die griechischen Meldungen sollten uns weiterhin alarmiert halten. Die Besserung der Ratings für Griechenland ist ja nur eine Folge der neuerlichen Schuldenübernahme durch die Miteuropäer.
Viel gravierender ist die Tatsache, dass die griechischen Steuerprüfer neuerlich nur einen Bruchteil jener Zahl an Steuerpflichtigen überprüft haben, die sie eigentlich gemäß ihren internationalen Verpflichtungen prüfen hätten müssen. Viel gravierender ist, dass die Daten-CD mit mutmaßlichen Steuerhinterziehern rasch wieder aus der Diskussion verschwunden ist, obwohl (oder weil?) dort die Familie des ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Papandreou mit einer halben Milliarde Euro vermerkt ist. Viel gravierender ist, dass die griechischen Beamten weiterhin regelmäßig streiken, statt endlich ernsthaft zu arbeiten.
Nicht gravierend, aber überaus signifikant ist auch eine der jüngsten Aussagen des amtierenden griechischen Ministerpräsidenten Samaras: Der hat sich öffentlich dafür berühmt, dass er für seine Minister neuerdings sogar am Wochenende erreichbar ist.
Jetzt sind wir aber beeindruckt! Zumindest vom griechischen Verständnis für Lebensqualität.
Noch viele andere Details aus Europa zeigen: Kein Mensch würde heute noch die Sichtweise des Jeremy Rifkin teilen, der im vorigen Jahrzehnt Furore gemacht hat, indem er den Nordamerikanern das europäische Modell und den Wohlfahrtsstaat als Vorbild hinzustellen gewagt hat.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Bewohner des politisch korrekten Sumpflandes haben ein Problem. Ein existentielles Problem: Sie pflanzen sich nicht oder nur sporadisch fort. Egal ob Feministin, linke Geisteswissenschafterin, grüne Ökultistin, stramme Antikapitalistin, stylische Bobo-Frau oder gesellschaftskritische Künstlerin: In ihrem Milieu haben eigene Kinder keinen Platz. Sie sind lediglich Störfaktoren und hinderlich beim Streben nach der allein selig machenden Selbstverwirklichung in Beruf und Karriere. Das sagen zumindest die Mainstreammedien, die politischen Vorfeldorganisationen, die NGOs und die linken Politiker aller Parteien.
Diese kinderfeindliche Geisteshaltung ist das Produkt von erfolgreicher jahrzehntelanger Propaganda und Umerziehung. Jedenfalls ist die Geburtenrate bei den politisch korrekten Überzeugungstäter besonders niedrig. So besagt etwa eine aktuelle Studie: „Sozialwissenschaftlerinnen, Künstlerinnen, Theologinnen oder Journalistinnen sind besonders oft kinderlos (…).“ All diese Berufsgruppen stehen politisch deutlich weiter links (inkl. der Theologinnen) als die Gesamtbevölkerung. Wäre man zynisch, könnte man das als Beweis für die Lehren Darwins werten.
Wie auch immer, diese selbst gewählte Kinderlosigkeit stellt das Gutmenschentum vor ein großes Dilemma: Der heimische Nachwuchs wird entweder vom Klassenfeind oder von Migranten (vorwiegend aus dem Orient) er- und aufgezogen. Und das macht den kinderlosen linken Weltverbesserern und Gesellschaftsingenieuren Angst. Und das zu Recht.
Im FPÖ-affinen Arbeiterhaushalt stoßen die Verhaltensvorschriften, Normen, Rollenbilder und Lehren rezenter linker Ideologie wie Gendermainstreaming, Multikulti, Autorassismus oder Ökultismus auf Unverständnis und Ablehnung. Und auch in der türkischen Großfamilie kann man mit den Dogmen und Werten der politisch korrekten Ideologie relativ wenig anfangen.
Familien gelten deshalb für Gutmenschen als schädlich und gefährlich. Das ist auch der Grund, warum die Heinisch-Hoseks in diesem Land die traditionelle Familie als Keimzelle der Gesellschaft so innig hassen und bekämpfen. Das linke Frauen- und Familienbild ist potentiell totalitär, es duldet keine alternativen Anschichten und Lebensentwürfe. Um die Kinder möglichst rasch vom schädlichen Einfluss der Eltern zu isolieren, trommeln linke Politiker und Medien seit Jahren, dass der Nachwuchs nur dann optimal betreut, unterrichtet und erzogen werden kann, wenn er schnellstmöglich und ganztags in einer staatlichen Anstalt abgegeben wird.
All das ist altbekannt; so kann man etwa im DDR-Lexikon des Mitteldeutschen Rundfunks nachlesen: „Nach Auffassung der marxistisch-leninistischen Pädagogik war die Herausbildung eines sozialistischen Bewusstseins bei allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die entscheidende Voraussetzung für den erfolgreichen Aufbau des Sozialismus/Kommunismus.“ Daran halten sich unsere heimischen Linksparteien auch heute noch. Die Grünen fordern deshalb lautstark ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, die SPÖ will die Babies praktisch von der Geburtsstation direkt in eine staatlich kontrollierte Einrichtung verfrachten.
Und dank der ständigen Umfaller der ÖVP und der ideologischen Schützenhilfe der Mainstreammedien sowie der Sozial- und Geistes-„Wissenschaften“ gelingt ihr das auch Schritt für Schritt. Die Wahlfreiheit der Eltern wird sukzessive eingeschränkt.
Man vertraut den linken Pädagogen und misstraut den Eltern. Deshalb ist auch die Ganztagsschule ein zentraler Bestandteil sozialistischer Bildungspolitik, deshalb haben die linken Parteien und Medien über Jahre so vehement auf die flächendeckende Umsetzung der Gesamtschule gedrängt. Zu diesem Zweck hat man sogar Politzombie Hannes Androsch für das Bildungsvolksbegehren reanimiert. Das Volk hat den roten Visionen trotz des medialen Propagandafeldzugs des ORF und der anderen Mainstreammedien eine Abfuhr erteilt.
Egal, wen interessiert schon die Meinung des Volkes, wenn es um den eigenen Machterhalt geht. Aber, so macht man uns weis, all das geschieht selbstverständlich nur zum Wohl „unserer“ Kinder, all das hat selbstverständlich nur pädagogische Gründe. Man kennt die Worthülsen, die linke Medien und Politiker tagtäglich absondern, nur allzu gut: „Ganztagsschulen fördern Chancengleichheit und die Freude am Lernen“, tönt etwa die Bildungssprecherin der Wiener Grünen Martina Wurzer.
Worum es der Linken wirklich geht, hat die Filmemacherin Ruth Beckermann in einem Club 2 im Jahr 2009 ohne die üblichen Scheinargumente ganz offen ausgesprochen. In der Diskussionsrunde meinte sie, dass Kinder möglichst rasch und möglichst geschlossen von staatlichen Erziehungseinrichtungen übernommen werden sollten, weil sie in den Familien ohnehin nur von alkoholisierten Eltern mit rechtem und nationalistischem Gedankengut verseucht würden.
Ja, so ticken sie wirklich, die politisch korrekten Schreibtisch-, Gesinnungs- und Überzeugungstäter. Das sind die Zukunftsängste der kinderarmen Linken. Denn irgendwie scheinen sie es bereits zu ahnen, dass sie von den von ihnen verratenen heimischen Kindern nichts mehr zu erwarten haben (wie auch die jüngsten Wahlergebnisse bei den Erstwählern deutlich gezeigt haben). Deshalb muss schnell gehandelt werden.
Ruth Beckermanns Genossin – die selbstverständlich kinderlose Unterrichtsministerin Claudia Schmied – hat jedenfalls Anfang Dezember nach einem neuerlichen Umfaller der ÖVP einen weiteren Etappensieg errungen. Die Gesamtschulplätze werden mittelfristig verdoppelt. Das Bildungsniveau und die Leistungen der heimischen Schüler werden dadurch zwar nicht steigen, ganz im Gegenteil. Aber darum geht es SPÖ und Grünen ja auch nicht.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Vor kurzem ist sein Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen.
In den Weihnachtstagen war die Chance besonders groß, dass man von einem Priester oder Politiker oder Journalisten wieder etwas von der wachsenden Armut in Österreich vorgeschwätzt bekam. In diesem Fall sollte man ihn einfach mit seinem Geschwätz stehen lassen, eine andere Kirche besuchen, eine andere Partei wählen oder das Medium wechseln.
Denn in Wahrheit sinkt die Armut in Ländern wie Deutschland oder Österreich seit vielen Jahren ganz signifikant. Es wird nur deshalb ständig vom Wachsen der Armut geredet, weil dies bestimmten Interessen hilft. Die einen wollen zur Auflagen/Seher-Vermehrung auf Tränendrüsen zu drücken (was meist wenig hilft); andere wollen die Spendenbereitschaft erhöhen (was zu Weihnachten deutlich hilft); auf der politischen Ebene ist die Armutsrhetorik die Universalwaffe, um immer noch mehr Steuern und Umverteilung zu fordern (die ja in der Tat ständig intensiviert wird); und wieder andere müssen im eigenen Interesse den Geldfluss Richtung der großen Armutsindustrie aufrechterhalten und vermehren (was offensichtlich sehr erfolgreich ist).
Zu dieser Industrie gehören etwa die Caritas, die Diakonie, sogenannte Armutskonferenzen und zahllose andere private wie staatliche Organisationen, Vereine, Ämter. Diese wollen alle jedenfalls einmal sich selber verwalten und am Leben erhalten. Sie alle können daher nie im Leben zugeben, dass sich die Armuts-Situation signifikant verbessert hat.
Armut nimmt in Österreich jedoch nur in einer einzigen Gruppe zu: Bei den Zuwanderern aus afrikanischen und islamischen Ländern – sofern wir von den offiziellen Einkommensdaten ausgehen. In diesen ist freilich naturgemäß keinerlei Schwarzarbeit verzeichnet.
Die Absurdität der Armutsstatistiken zeigt sich im internationalen Vergleich besonders krass. In Deutschland wird für den Zeitraum 2005 bis 2011 eine Zunahme der Armutszahlen von 18,4 auf 19,9 Prozent ausgewiesen. Dabei hat sich dort im gleichen Zeitraum die Zahl der damals fünf Millionen Arbeitslosen halbiert. Das ist wohl der beste Beweis eines Erfolgs im Kampf gegen Armut. Die Ursache dieses Erfolgs war Hartz IV, eine parteiübergreifende Reform (Agenda 2010), die unter der rotgrünen Regierung Schröder begonnen worden war. Sie hat den Bezug des Arbeitslosengeldes zeitlich beschränkt, und den daran anschließenden Erhalt von Not-Unterstützung an strenge Kriterien und vor allem Arbeitswilligkeit gebunden. Und siehe da: Die Arbeitslosigkeit schmolz so schnell dahin, wie es vor zehn Jahren absolut niemand für möglich gehalten hatte.
Aber dennoch hat laut Statistik die Armutsgefährdung in Deutschland zugenommen.
In Wahrheit zeigen solche Armutsmessungen nämlich immer nur das Ausmaß von Ungleichheit. Und die kann eben auch dann zunehmen, selbst wenn es allen zu hundert Prozent besser geht. Und damit nimmt eben auch die angebliche Armutsgefährdung zu. Diese gibt es statistisch immer dann, wenn man weniger als 60 Prozent des Median-Einkommens verdient (das ist das mittlere Einkommen).
Wie grotesk diese Behauptung ist, zeigt sich vor allem im Vergleich zu Griechenland und Portugal: Denn während in Deutschland die Armut in dieser Zeit gestiegen sein soll, ist sie laut der gleichen Messmethode in diesen beiden Ländern gesunken. Sie haben richtig gelesen: Laut Armutsstatistik gibt es in Griechenland und Portugal heute deutlich weniger Arme als in der dortigen (schuldenfinanzierten) Boomzeit von 2005. Dabei sind die beiden Länder seither in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt.
Man kann diesen statistischen Armuts-Schwachsinn auch konkret zeigen: In Österreich ist eine durchschnittliche vierköpfige Familie armutsgefährdet, wenn sie "nur" 2160 Euro im Monat ausgeben kann. Gar nicht zu reden von den rund 15 Prozent des Volkseinkommens, die nach seriösen Schätzungen noch zusätzlich (wenn auch gewiss nicht von jeder Familie) schwarz, also an allen Statistiken vorbei verdient werden.
Zu dem bar verfügbaren Betrag kommen in sehr vielen „armen“ Fällen noch durch Steuermittel geförderte Eigentumswohnungen, von anderen subventionierte Kranken- und Pensionsversicherungen, ORF- und Telefongebührenbefreiung, Gratis-Schule, Gratis-Kindergarten, aus sozialen Gründen subventionierte Verkehrsmittel und vieles andere mehr. All das sind Dinge, die es in vielen deutlich ärmeren Ländern nicht gibt. Und fast alle hierzulande vorgeblich Armen haben Waschmaschine, Farbfernseher und auch ein Auto zur Verfügung.
Trotz dieser extensiven Armutsberechnung ist in Österreich die Zahl der Armutsgefährdeten sowohl absolut wie relativ zurückgegangen. Aber bevor einer aus der Armutsindustrie diesen Rückgang zugeben würde, beißt er sich lieber die Zunge ab. Statt dass man endlich einmal sagt: „Danke, liebe Steuerzahler und Spender, dank Eurer Hilfe war der Kampf gegen die Armut in den letzten Jahren und Jahrzehnten mehr als erfolgreich“, erfindet man halt neue Armutsdefinitionen.
Die österreichische Armutsindustrie hat seit einigen Jahren einen manipulationssicheren Verbündeten im neuen Leiter der Statistik Austria. Dieser Herr Pesendorfer kam direkt aus dem SPÖ-Machtzentrum, für deren Selbstverständnis ja der Glaube an die ständig steigende Armut noch wichtiger ist als für die Tabakindustrie der Glaube an die Ungefährlichkeit des Rauchens. Mit Pesendorfers Hilfe wurde 2008 nun eine manifeste Armut erfunden. Seither ist man „manifest“ arm, wenn man mehr als 25 Prozent seines Einkommens für die Miete ausgibt. Diese ebenso seltsame wie willkürliche Definition machte über Nacht beispielsweise Zehntausende Studenten zu Armen.
Und Rot wie Grün haben dadurch wieder ein Argument mehr, um noch mehr Steuern zu verlangen. Und die Journalisten können weiterhin alljährlich den gleichen Betroffenheitsartikel zu Weihnachten schreiben (viele tun es auch das Jahr über regelmäßig, weil ihnen nichts anderes einfällt). Und die Kirchen können gegen die wachsende Armut predigen – obwohl sie über mehr Arme eigentlich froh sein müsste, weil ja kaum ein Reicher ins Himmelreich kommt . . .
PS.: Um nicht missverstanden zu werden: Weniger materielle Armut heißt keineswegs, dass ein Land wie Österreich automatisch glücklicher geworden wäre. Immer mehr zerbrochene Familien und deren Kinder, immer mehr einsame Alte (deren Zahl noch dramatisch zunehmen wird, da jetzt die vielfach kinderlosen Babyboomer ins Rentenalter rutschen), misshandelte Muslim-Frauen, bildungsfern aufwachsende Kinder in Zuwandererfamilien: Das alles bietet mehr als genug Anlass für persönliches, zwischenmenschliches Engagement. Das alles sind Alarmsignale einer wachsenden seelischen Armut. Das alles bietet jedoch kein Argument für immer noch mehr Umverteilung. Das alles ist zum Teil sogar direktes Produkt des Wohlfahrtsstaatsdenkens. Daher wird es eben aus bestimmten Interessen heraus ignoriert.
PPS.: Dieses expansive Wohlfahrtsdenken ist natürlich auch die Hauptursache der schweren Schuldenkrise, die Österreich, Deutschland und noch viel mehr den Rest Europas erfasst hat. Die ja an diesem Ort an anderen Tagen immer wieder analysiert wird.
Es war eines der ergreifendsten Bekenntnisse zum Christentum, das ich seit Jahrzehnten gehört habe. Es kam ausgerechnet von einer geborenen Pakistanin. Die Frau hat einzig durch das Lesen der Bibel den Weg vom Islam zur katholischen Kirche gefunden. Sie hat in ihrem alten Glauben wegen der Ablehnung einer Zwangsehe Misshandlungen, Freiheitsberaubung, familiären Terror und Todesdrohungen durchlitten – und ist heute eine fröhliche, junge und noch dazu attraktive junge Christin. Trotz der Notwendigkeit des Polizeischutzes gegen islamische Bedrohungen.
Papst und Bischöfe sollten, statt allzu angestrengt über eine Neuevangelisierung Europas nachzudenken, einfach nur eines tun: Sabatina James einladen und ihr zuhören. In dieser Frau findet sich all die Glaubenskraft, die die katholische Kirche so verzweifelt sucht. Und die die evangelische Kirche noch viel notwendiger hätte. Sabatina hat so viel Glaubenskraft, dass da auch noch für viele andere etwas bleibt.
Der Schilderung ihres Lebenslaufs zuzuhören, ist von den Fakten her eigentlich schmerzhaft. Aber die Frau macht das so strahlend und voll Humor, dass man trotz allem über die Exzesse einer atavistischen Religion lachen muss. Sie tut das noch dazu in fehlerfreiem Deutsch, in dem sie nach Belieben zwischen Hochsprache und oberösterreichischer Mundart wechseln kann.
Denn sie hat als Tochter eines pakistanischen Gastarbeiters und Kranführers im Anschluss an ihre pakistanische Kindheit die meisten Schuljahre bis zur Matura in Oberösterreich verbracht. In Linz begann die Enkelin eines Mullahs immer mehr unter ihrer alten Kultur und Religion zu leiden. Sie sah, wie gut alles in Österreich funktionierte. Sie sah, dass entgegen dem Koran auch eine Ehebrecherin noch durchaus gesund und lebendig war. Sie sah, wie entgegen dem Koran die „Ungläubigen“ das Leben viel erfolgreicher meisterten als die Muslime. Sie erlebte die Selbstverständlichkeit der Gleichberechtigung.
Ihre Zweifel und ihre Leiden an der ererbten Religion steigerten sich, als ihre Eltern sie im „Urlaub“ in Pakistan mit einem dort lebenden Cousin verheiraten wollten. Ohne sie jemals gefragt zu haben. Die Eltern bekämpften ihr Widerstreben mit Gewalt, sowie mit Verbannung in den Ganzkörperschleier und in ein pakistanisches Koraninternat (wo der männliche Lehrer der Mädchen nur hinter einem Vorhang sitzen durfte!).
Sabatina wurde dadurch aber nicht gebrochen. Statt dessen wurde ihr Kampfesmut erst recht geweckt. Es war ein Kampf um Freiheit – dem sich dann später ein zweiter um den Wechsel zum Christentum hinzufügte. Den entscheidenden Anstoß für diese Konversion gab nach ihrer mit List erschlichenen Rückkehr nach Oberösterreich ein Schulfreund. Er schenkte ihr eine Bibel, die sie versteckte und dann heimlich unter der Bettdecke studierte.
Solcherart kannte sie besser als die meisten anderen Erdenbürger beide heiligen Bücher der beiden größten Weltreligionen. Und dieser Vergleich hat sie von Tag zu Tag, von Lektüre zu Lektüre sicherer gemacht.
Es würde hier zu weit führen, alle Misshandlungen, Tricks und Lügen aufzuzählen, mit denen ihre Familie sie wieder auf den „richtigen“ Weg, wieder unter Kontrolle bringen wollte. Es würde auch zu weit führen, all ihre Schritte, alle Etappen ihrer Flucht anzuführen, die sie letztlich in die Freiheit führten.
Das wirklich Deprimierende ist, was sie dabei alles insbesondere in Österreich erlebte, nämlich bei all jenen, von denen sie sich eigentlich Schutz und Hilfe erhofft hatte: Sozialarbeiter, die sie wieder zu ihrer Familie zurückführten, weil sie Sabatina für eine pubertär Verirrte hielten und die Familie von psychologischen Problemen und Lügen sprach. Lehrer, die sie in ihren Nöten zum islamischen(!) Religionslehrer schickten. Polizisten, die meinten, sie solle halt wieder Muslim werden, dann müsste sie sich vor keinen Drohungen mehr fürchten. Die österreichische Botschaft in Pakistan, der gefälschte Unterschriften unter einem angeblichen Ehedokument trotz ihrer Hinweise egal waren. Die Ministerinnen Rauch und Ferrero, die sie später vor einem gemeinsamen Diskussionsauftritt bitten ließen, nicht über den Islam zu sprechen. Eine Schmuddelkampagne der Illustrierten „News“ gegen ihre Person. Ein Priester, der meinte, Mohammed wäre ja vielleicht auch ein Prophet, den man daher respektieren sollte.
Aber sie konnte und wollte ihn nicht mehr respektieren. Sie hatte verglichen: Jesus verzieh Sünderinnen und Ehebrecherinnen. Mohammed ließ solche hingegen steinigen; denn im Islam ist immer die Frau die Schuldige. Die Bibel darf man verstehen und intepretieren. Den Koran muss man ohne Verständnis und Denken auswendig lernen. Sabatina James: „Für mich war das Lesen der Bibel wie ein Flash Mob.“
All das gipfelte in vier Ereignissen: in der Konversion, der Flucht aus Familie und allen pakistanischen Freundschaften, der Annahme eines neuen Familiennamens und der Auswanderung von Österreich nach Deutschland. Dort lebt sie seit ihrem Outing unter Polizeischutz im Untergrund.
Sie wollte in Hamburg eigentlich Musik studieren. Bis sie ihre wahre Berufung erkannte: Sie gründete eine Hilfsorganisation, die muslimischen Frauen bei der Flucht vor Zwangsehen hilft.
Sabatina e.V. ist inzwischen zu einer bewegenden hilfs- und Menschenrechtsorganisation geworden, die ganz gezielt und konkret muslimischen Frauen hilft: gegen Zwangsehen, vor Gericht, nach Vergewaltigungen, bei der Gefahr von „Ehren“-Morden durch männliche Familienangehörige, gegen häusliche Gewalt, und bei der Flucht in die Freiheit. Sie tut das alles ganz ohne Bekehrungsdruck – so sehr Sabatina James auch von ihrem neuen Glauben begeistert ist.
In Deutschland und Österreich sind es viele Tausende Muslim-Frauen, die alljährlich von jeder einzelnen dieser Bedrohungen getroffen werden. Unsere Gesellschaft, unsere Schulen, Behörden und Gutmenschen schauen jedoch krampfhaft weg (Am intensivsten tun dies übrigens unsere Feministinnen. Was aber längst niemanden wundert – außer die verzweifelt hilfesuchenden Moslem-Frauen).
Der Link zu Sabatina e.V. führt auch zu einer empfehlenswerten Adresse für alle jene, die spenden wollen, ohne sich nachher Tausende Male zu ärgern. Und Ihre Bücher (Das jüngste: „Nur die Wahrheit macht uns frei“) schildern all das hier Skizzierte noch viel genauer. Und packender.
PS.: Der Bibel-schenkende Schulfreund war eigentlich evangelikal. Aber für Sabatina James war klar, dass sie in die katholische Kirche eintritt. Denn nur diese ist für sie die Verkörperung des wahren Christentums.
PPS.: Sabatina hat durch ihren Aufenthalt in Österreich und ihren Matura-Abschluss aber auch viel Glück gehabt. In Pakistan bekommen noch immer drei von vier Mädchen nicht einmal eine Grundschul-Ausbildung. In Pakistan gibt es auch noch Sklavinnen - es sind zu 90 Prozent Christinnen.
PPPS.:Eine zweite ähnlich eindrucksvolle Aktivistin – und Buchautorin – ist übrigens die aus der Türkei stammende Necla Kelek, die (ohne Konversion zum Christentum) ganz ähnlich mutige Hilfsaktionen im deutschen Sprachraum setzt. Beide wären übrigens auch für einen Integrationsstaatssekretär bessere Kooperationspartner als Demographen, für die Menschen nichts als substituierbare Zahlen sind. Aber immerhin ist Sebastian Kurz einer, der auch Bücher liest. Was Hoffnung lässt.
Was zum Teufel ist los mit den Grünen? Während sich die deutschen Grünen schön langsam zu einer wählbaren Alternative zu den Großparteien mausern und sich eindeutig ein bürgerliches Image verpasst haben, gehen die österreichischen Grünen in exakt die andere Richtung.
Links heißt die Devise. Und dabei werden sogar die Kommunisten links überholt. Ob Mietobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter oder wienweites Zwangsparkpickerl, Genderdiktat – nichts ist vor den Grünen sicher. Wer nicht ihrer Meinung ist, der wird öffentlich angeprangert, lächerlich gemacht oder, wenn gar nichts mehr hilft, in die rechte Ecke gestellt. Die Nazikeule als Ultimo Ratio hilft im Zweifelsfall immer.
Doch der Weg, den die Grünen in jüngster Zeit beschreiten, bereitet mir Unbehagen. Extremstes Unbehagen, fühle ich mich doch bei manchen ihrer Aktionen an die ehemalige sozialistische SED-Regierung in der DDR erinnert. Da werden schon mal von Landtagsabgeordneten die Gräuel des internationalen Kommunismus mit fast 93 Millionen Toten heruntergespielt und relativiert.
Jüngstes Beispiel grüner politischer Willkür ist das vom grünen Kultursprecher Klaus Werner-Lobo initiierte Auftrittsverbot der Band „Die Hinichen” im Gasometer. Für jene Leser, denen diese Band kein Begriff ist: Die Hinichen sind eine Band, die schon seit den frühen 90er Jahren mit extrem ordinären und niveaulosen Liedern praktisch darum bettelt, nicht gespielt zu werden. Jedes zweite Wort ist ein Schimpfwort oder anderer Gewaltausdruck. Jedenfalls eine Band, die nicht zu kennen keinesfalls ein Fehler ist.
Man mag nun zu den Liedern und Texten der Musiker stehen wie man mag, aber ein Auftrittsverbot haben die Künstler nicht verdient. Wir leben (noch) in einem freien Land, und wer für derlei Songs, die erst nach dem fünften Bier halbwegs anhörbar werden, Geld ausgeben mag, der soll das tun.
Nicht so denken jedoch die Grünen. Klaus Werner-Lobo hatte gegen den Auftritt der Hinichen interveniert, da sie aus seiner Sicht sexistische und menschenverachtende Texte vortragen würden. Und da der Gasometer eine von der Gemeinde Wien geförderte Kunst- und Kultureinrichtung ist, schien es dem grünen Kultursprecher angebracht, kurzerhand zu intervenieren und der Band den Auftritt zu untersagen.
So weit, so gut! Man stelle sich nun aber vor, was gewesen wäre, wäre dieses Verbot nicht von Klaus Werner-Lobo, sondern von einem schwarzen oder einem freiheitlichen Politiker ausgegangen. Die grünen Bildungsbürger wären auf die Barrikaden gestiegen, hätten einen spontanen Protestflashmob organisiert, den Verkehr zum erliegen gebracht. Der ORF hätte sonntags das Programm geändert und „im Zentrum“ hätten allerlei Leute, die glauben, zum Thema etwas sagen zu können, diskutiert. Vermutlich hätte es auch einen Club 2 zum Thema Zensur gegeben. Und der verantwortliche Politiker hätte früher oder später klein beigegeben und öffentlich relativiert, dass alles falsch verstanden und aus dem Zusammenhang gerissen wurde.
So etwas passiert aber nicht bei den Grünen. Im Gegenteil. Kritiker werden angefeindet, selbst ins rechte Eck gestellt und befreundete linke Ideologen veröffentlichen Lobeshymnen über die Entscheidung Werner-Lobos auf ihren Blogs.
[…] „Auch Klaus würde sagen: Die Kunst ist frei. Und er würde hinzufügen: Aber was die machen, ist eben nicht Kunst. Nur leider sind wir in einer Welt, in der es nicht die letztgültige Instanz gibt, die bestimmt, was Kunst ist. “[…]
Dieses Zitat stammt nicht von einer rechten Webseite, sondern aus einem Blogpost von Robert Misik, einem der führenden linken Blogger Österreichs, einigen bekannt durch seinen allwöchentlichen Videoblog auf derstandard.at. Misik ist kein Grüner, treibt sich aber im Umfeld von Werner-Lobo um.
Leider sind wir in einer Welt, in der es nicht die letztgültige Instanz gibt, die bestimmt, was Kunst ist.
Worte wie diese muss man sich echt auf der Zunge zergehen lassen. Das letzte Mal, das solche Meldungen in Östereich öffentlich gesagt wurden, war in den 1960er Jahren. Da mussten Künstler zeitweilig auch ins Gefängnis. Und ein paar Jahrzehnte früher wurde sowieso entschieden, welche Kunst in Ordnung und welche „entartet” ist.
Zugegeben: Misik führt in seinem Blogpost aus, dass es besser gewesen wäre, die Hinichen auftreten zu lassen. Aber Verzeihung, Herr Misik, so kann man das nicht schreiben. Sie wären der Erste, der das bei anderen kritisiert.
Offenbar wollen die österreichischen Grünen wieder solch ein absolutistisches System aufbauen, denn anders kann man sich deren aktuelle Parteilinie nicht erklären.
Ich glaube aber, dass sie sich damit keinen Gefallen tun. Denn nicht alle Grünwähler sind von der aktuellen Entwicklung angetan. Die Denkweise von Leuten wie Vassilakou, Werner-Lobo, Reimon und anderen sagt nämlich nicht allen Grünwählern zu. Ich selbst habe in den letzten Wochen mit einigen Grünwählern gesprochen, die sich durch derartige Aktionen mehr und mehr politisch heimatlos wähnen. Und mit den Fundis alleine werden die Grünen auf kurz oder lang nichts reißen. Nicht umsonst haben sie erst vor wenigen Wochen bei der Wahl in Graz einen ordentlichen Dämpfer bekommen.
Meine Befürchtung ist ja, dass die Grünen ganz fix damit rechnen, in der nächsten Regierung dabei zu sein. Schwarz-Rot wird sich nämlich nicht mehr ausgehen, also braucht man ein Beiwagerl, das die fehlenden Prozentpunkte zur Mehrheit beisteuert. Da das weder die blauen noch Stronach sein werden und das BZÖ nächstes Mal vermutlich nicht im Nationalrat ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eben die Grünen dieses Beiwagerl sein werden.
Nur – unter den jetzigen Bedingungen sind die Grünen vermutlich das Schlimmste, was Österreich passieren kann. Vor ein paar Jahren hätte ich mir auch nie gedacht, dass ich jemals sagen werde, dass ich glaube, die Grünen seien die größte Gefahr für die Demokratie und den Meinungspluralismus in diesem Lande. Allerdings deuten alle Zeichen auf eben dies hin.
Ich möchte mit einem Zitat des italienischen Schriftstellers Ignazio Silone enden:
„Der neue Faschismus wird nicht sagen: ich bin der Faschismus. Er wird sagen: ich bin der Antifaschismus.”
Natascha Chrobok ist Wienerin, Bloggerin (http://www.nattl.at/) und Twitter-Politik-#stammtisch-Organisatorin.
Die drei schwarzen Vorsteher in den Wiener Bezirken 13, 18 und 19 reden sich um Kopf und Kragen. Irgendwie scheint dem Rathaus damit doch das erfolgreiche Aufstellen einer Falle gelungen zu sein, in der sich die Opposition verfängt. So sehr auch die von der SPÖ mitgetragene Vassilakou-Politik die Bürger empört hat, und das ständige Hakenschlagen immer noch mehr empört.
Die an sich relativ kluge Rückzugs-Idee der Schwarzen, halt jetzt für den ganzen Westen Wiens ein gemeinsames Parkpickerl zu verlangen, wurde vom Rathaus mit dem üblichen Schmäh abgeschmettert: Das gehe leider juristisch nicht. Die rathauseigene Jurisprudenz fußt bekanntlich auf dem Rechtsgrundsatz: Erlaubt ist immer nur, was die Partei der Macht will. Und die gehorsamen Bürgerlichen glauben das auch noch und fallen solcherart jedes Mal auf einen uralten Juristen-Schmäh hinein.
Nun wollen zwei der von Pickerl-Flüchtlingen überfluteten ÖVP-Bezirke doch noch über eine nachträgliche Einführung abstimmen. Der Urzeit-Vorsteher in Döbling, Adolf Tiller, hält das hingegen nicht für notwendig. Er weiß – woher immer –, dass ohnedies 80 Prozent gegen das Pickerl seien.
Aber wirklich am Sachverstand der Herren lassen neben dieser seltsamen Einschätzung ihre Aussagen über die Verhältnisse in ihrem Bezirk zweifeln. Da behauptet der Döblinger Vorsteher wörtlich: „Wir haben im Moment außer bei den U-Bahn-Stationen keine Parkplatzprobleme.“ Und – unausgesprochen – dort steht ja eh nur der rot-blaue Karl-Marx-Hof.
Aber der Satz ist nicht nur zynisch, sondern vor allem falsch: Die Situation ist auch entlang aller drei Straßenbahnlinien im 19. Bezirk sowie auch der Schnellbahn und beider U-Bahn-Linien katastrophal. Aber das ist dem in Gutsherrenart amtierenden Mann offenbar egal. Oder vielleicht lebt er noch im Zeitalter der Pferdekutschen?
Ebenso ahnungslos scheint der Herr über den 13. Bezirk: „Mit der Ausweitung des Pickerls haben wir erstmals Probleme bekommen.“ Auch der ist offenbar in seinem Bezirk nie unterwegs, oder so wie der Döblinger nur in exklusiven Villenlagen. Denn auch in Hietzing stammt ein gutes Drittel der dort tagelang abgestellten Fahrzeuge nicht aus dem Bezirk. Und in großen Bezirksteilen finden die Anrainer keinen Parkplatz. Hietzing liegt direkt an der Einfahrt der Westautobahn, Döbling direkt an der Einfahrt der Nordautobahn.
Irgendwie interessant, wie da gleich zwei Vorsteher ihre Wähler verprellen. Sie stellen nämlich in ihrem politischen Kalkül die von der Parkplatznot schwer Getroffenen (und damit zu massiven Reaktionen an der Wahlurne Bereiten) jenen Desinteressierten gegenüber, die gar kein Auto haben oder die eine Garage benutzen. Diesen ist die Debatte weitgehend wurscht. Offenbar wollen die beiden Vorsteher in künftige Lehrbücher der Politik als Beispiele eingehen, wie man es nicht machen soll.
Freilich werden sie in diesen Büchern hinter der Wiener Obergrünen landen. Denn deren Chaospolitik ist geradezu abenteuerlich. Eine ganze Woche lang war ganz Wien einig, dass die Fragestellung bei der lustigen Wiener Volksbefragung entscheiden soll, ob jeder Bezirk selber über das Pickerl entscheidet oder ob für ganz Wien eine einheitliche Regelung gefunden werden soll. Nichts da, erklärt Vassilakou plötzlich in einem Interview. Das sei gar nicht gemeint. Jetzt weiß man überhaupt nicht mehr, worüber eigentlich abgestimmt wird.
Ich habe mich bisher immer dagegen gewehrt, der Frau ihre Abstammung vorzuwerfen. Jetzt aber kann ich den Verdacht nicht mehr loswerden, dass mit ihr die Bundeshauptstadt wirklich und direkt in griechische Chaos-Verhältnisse steuert. Das Land erinnert ja trotz EU-Mitgliedschaft in vielem zunehmend an die Dritte Welt. Andererseits brauchen sich die Wiener ja nicht zu wundern: Steuern sie doch sowieso Richtung Dritte Welt. Immerhin hat schon die große Mehrheit der Volksschulkinder in der Stadt eine nicht-deutsche Muttersprache. Und Hochrechnungen zeigen, dass Wien in diesem Jahrhundert auch noch eine moslemische Mehrheit haben wird. Warum soll dann noch die Wiener Stadtpolitik besser sein als jene in Bagdad?
Backhausen ist einer der letzten alten Qualitätsbetriebe dieses Landes. Und er ist über Nacht aus dem Familienbesitz geschwunden. Was im Falle einer Insolvenz zwar jenseits aller Nostalgie durchaus üblich ist. Aber es gibt ein paar auffällige Merkwürdigkeiten.
Eine davon ist, dass nun eine Gruppe um einen gewissen Alfred Gusenbauer zu den neuen Eigentümern zählt. Das freut einmal. Ich freue mich ja über jeden Sozialdemokraten, der in der Wirklichkeit des Lebens lernt, wie sehr sich dieses von den Sprüchen einer Arbeiterkammer oder seiner ehemaligen Partei unterscheidet.
Gleichzeitig taucht freilich die unbescheidene Frage auf, woher der vor vier Jahren aus der Politik ausgeschiedene Politiker in der Zwischenzeit eigentlich so viel Geld angesammelt hat, um sich die Unternehmensübernahme leisten zu können. Immerhin hat Gusenbauer ja immer seine arme Herkunft betont. In der hat es nicht wie bei einem Hannes Androsch den angeblich reichen Onkel gegeben.
Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich hat auch ein Gusenbauer das Recht, gut und schnell zu verdienen. So wie es auch der SPD-Mann Steinbrück mit üppigen Vortragshonoraren getan hat. Man wird nur sehr hellhörig, weil man in den letzten Jahren von Gusenbauer keine Vorträge, sondern seinen Namen fast nur in Zusammenhang mit folgenden zwei Netzwerken gehört hat: Das eine war eine diskrete Fortsetzung seiner alten sozialdemokratischen Beziehungen. Das andere waren auffällig viele Kontakte zu mittelasiatischen Diktatoren.
Irgendwie seltsam, dass sich niemand für Gusenbauers Tätigkeit in diesen Jahren interessiert. Und dass er selber so wenig darüber erzählt. Wenn man das mit dem intensiven und anhaltenden Interesse vor allem der diversen Wochenmagazine für die Aktivitäten des Karl-Heinz Grasser vergleicht, denkt man sich seinen Teil.
Interessant ist aber auch die Rolle der Gläubiger-Bank des Backhausenschen Unternehmens. Wenn die Vorwürfe des bisherigen Eigentümers stimmen sollten, dass die Bank einen von ihm präsentierten Sanierungsvorschlag ignoriert hat, dann ist das zumindest merkwürdig. Und dass binnen 24 Stunden nach dem Ablehnung des Vorschlags von Backhausen die Gusenbauer-Gruppe und die Bank selber bereitstanden und das Eigentum übernahmen, ist zumindest ungewöhnlich schnell.
Dazu kommt die Pikanterie, dass die niederösterreichische Hypo am engen Faden der ÖVP hängt. Und nun hat sie sich ausgerechnet die Gusenbauer-Gruppe ausgesucht.
Nicht weniger interessant ist aber auch der Crash der Backhausens selber. Warum hat sich ein Haus, das für qualitätsvolle und dementsprechend teure Wohntextilien bekannt war, zuletzt ständig und lautstark – ausgerechnet – als ökologisch engagiert verkauft? War man da nicht am völlig falschen Dampfer unterwegs?
Und zu guter letzt die über individuelle Merkwürdigkeiten hinaus gewichtigste Frage: Erleben wir ein weiteres Kapitel im offenbar unaufhaltsamen Abschied der Textilindustrie aus Mitteleuropa? Kann nicht einmal mehr im Hochqualitätsbereich eine Produktionsstätte im Waldviertel mit den Nichteuropäern mithalten? Zumindest diesen Aspekt sollten wir alle sehr ernst nehmen, auch wenn in unseren Wohnungen vielleicht nur billige Ikea-Vorhänge hängen, oder gar keine. Immerhin hat auch Backhausen einen indischen Käufer präsentiert.
Um die Kindergesundheit ist es in Österreich nicht zum Besten bestellt. Neben Übergewicht und Diabetes sind da vor allem die mangelhaften Leistungen der Krankenkassen für Kinder ein zentrales Problem. Wer Kinder hat, der weiß, wovon ich rede.
Brillen, Zahnspangen, Legasthenikertherapien (in Deutschland von der Krankenkasse bezahlt), Psychologe hier, Therapie da. Es gibt die Eltern, die sich diesen Luxus leisten können und alles auch privat zahlen – und eben die anderen, die das nicht können. Die rennen von Pontius zu Pilatus und hören Antworten wie: „Die nächste freie Ergotherapie auf Kassenkosten gibt’s in circa 18 Monaten.“ Das tröstet eine Mutter sicher, deren Zweijähriger jetzt motorische Probleme hat.
In dieser Hitliste führt das jüngste Bundesland übrigens: Das Burgenland hat sieben Kinderfachärzte mit Kassenvertrag für das ganze Bundesland und zwei Spitalsabteilungen für Kinder. Da empfehle ich jedem Gesundheitspolitiker, einmal ein paar Stunden in der Ambulanz zu verbringen. Das eröffnet neue Welten. Keine Sorge, der Herr Landesrat für Gesundheit hat erst kürzlich eine Umfrage gemacht: Die Burgenländer sind zufrieden mit ihrem Gesundheitswesen. Da fragt sich nur: Wen hat er gefragt? Ich kenne keinen von den zufrieden Strahlenden. Denn im Burgenland gibt es nicht einen einzigen Logopäden mit Kassenvertrag, keine Physiotherapeuten mit Vertrag. Keinen Facharzt für Kinder-Neuropsychiatrie. Die gibt’s sowieso nur privat. Also offenbar paradiesische Zustände.
Zurück zu den Kindern: Die Pharmig, ein Interessenverband der Pharmaindustrie, schüttet nun viel Geld aus, damit etwas für die Kindergesundheit geschieht. Klingt gut. Aber wie tut sie das? Und wer bekommt das meiste Geld? Das meiste Geld haben sich ausgerechnet die Krankenkassen von der Pharmig geholt. Wäre die medizinische Grundversorgung nicht eigentlich etwas, das die Krankenkassen leisten müssten?
Und ganz zufällig saßen die Krankenkassen auch in jenem Gremium, das über die Geldverteilung zu beschließen hatte. Von insgesamt 112 eingereichten Projekten bekommen 18 eine Unterstützung durch die Pharmig. Fast alle jener Initiativen, die sich eigenständig um die Verbesserung der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen bemühten, gingen leer aus.
Stattdessen möchte die Wiener Gebietskrankenkasse plötzlich psychische Gesundheit groß schreiben und mit dem Pharmig-Geld Workshops für Jugendliche finanzieren. Wie wärs, wenn sie endlich einmal die Therapie psychischer Krankheiten zahlt? Mediziner kritisieren, dass die Verschreibungen von Methylphenidat steigen (Ritalin, Concerta), aber das ist die einzige Therapie, welche die Kasse bei der Krankheit ADHS zahlt – von Psychotherapie, Ergotherapie oder ähnlichem werden hingegen nur rund 20 Prozent gedeckt. Nun wird uns vorgegaukelt, dass Workshops in 35 Schulen der Sekundarstufe 1 eine gezielte Förderung der psychischen Gesundheit und langfristige Einsparungen erreichen werden.
Zu den Nutznießern des Pharmig-Geldes zählen auch die Steiermärkische Gebietskrankenkasse und die SVA (der gewerblichen Wirtschaft), die ganz zufällig durch ihren Vize-Präsidenten McDonald ebenfalls im Gremium vertreten war. Dort will man Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche fördern. Wie viele Menschen nehmen Vorsorgeuntersuchungen wahr? Wie viele davon sind bei der SVA? Im Übrigen gehört die SVA zu den wenigen sehr positiv bilanzierenden Kassen. Warum muss sie gesponsert werden? Ein Schelm, wer hier irgendwelche Zusammenhänge erahnt.
Gleich fünf Gebietskrankenkassen kassieren gemeinsam mit der Liga für Kinder und Jugendgesundheit zum (an sich zweifelsfrei wichtigen) Thema frühe Hilfen.
Aber es kommt noch besser: Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Health Promotion Research wird auch gesponsert. Dieses Institut wird regelmäßig mit Studienaufträgen des Unterrichts- und Gesundheitsministeriums gefüttert und veranstaltet dann datenrechtlich bedenkliche Studien wie die HBSC-Studie (Health Behavoiur in School-aged Children). Medial wird dann groß diskutiert, wie viele dieser schrecklichen Jugendlichen rauchen und Alkohol trinken. Dann kommt die Studie in eine Lade und fertig. Ändern tut sich nichts – bis zur nächsten Studie. Vielleicht hat sich dann das Problem von alleine gelöst?
Dieses Institut wird jetzt in einer epidemiologischen Studie die psychische Gesundheit erheben. In bewährter Art wird das in Schulklassen erfolgen, wie bei HBSC sind 11-, 13-, 15- und 17-Jährige die Objekte, deren Eltern wahrscheinlich wieder nicht um ihre Zustimmung gefragt werden. Was braucht‘s dringender: Konkrete Therapien oder die Aufbereitung der epidemiologischen Situation?
Aber es haben auch zwei wirklich sehr interessant klingende und sicher dringend bedürftige Projekte den Zuschlag bekommen. Beide kümmern sich um Autisten (Angeblich war der Attentäter beim kürzlichen Amoklauf in Newtown/Connecticut Autist). Dabei bleibt aber eine große Unbekannte, nämlich: Welches Projekt hat wie viel Geld bekommen?
Ich vermute, die Projekte der Krankenkassen liegen im sechsstelligen Bereich, die für Autisten und andere Randgruppen bleiben vierstellig. Und jetzt möge jeder für sich beurteilen, ob das ein schönes Geschenk für Kinder unter dem Christbaum ist.
Der Hintergrund der Pharmig-Aktion: Anstatt die Spannen der Großhändler und Erzeuger zu kürzen, haben diese einen Solidarbeitrag beschlossen. Also: Die Pharmabranche ist solidarisch mit dem Defizit der Kassen. Und zahlt. Sie zahlt insgesamt 82 Millionen Euro Solidarbeitrag.
Davon werden über mehrere Jahre 6,75 Millionen Euro, das sind also rund acht Prozent des ganzen Kuchens, in das hehre Ziel der Kindergesundheit investiert. Aber ganz zufällig haben sich eben bei der Verteilung dieses Betrags wieder primär die Kassen selber bedient. Da schaltet man halt nach gut österreichischer Art eine angeblich völlig unabhängige Kommission dazwischen, welche die Projekte auswählt und lauter liebe Menschen, die Kindern etwas Gutes tun wollen. Tun sie aber nicht, auch wenn sie die angebliche Kinderfreundlichkeit knapp vor Weihnachten verkünden.
Der Autor ist ein Wiener Arzt
Alle Zeitungen haben breit über die Statistik berichtet, und der ORF natürlich auch: Im Vergleich zu 1998 fallen alle Einkommen in ihrem realen Wert, nur bei den Beamten und Pensionisten steigen sie. So wurde es ohne jedes Nachdenken vermeldet. Immerhin stammen die Zahlen ja vom Rechnungshof. Diese Informationen müsste eigentlich vorrevolutionären Zorn aufkommen lassen. Wenn sie richtig wären.
Aber kein Journalist hat sich die Mühe gemacht nachzudenken, obwohl doch bei fast jedem Lohnabschluss die Gewerkschaft weit über der Inflationsrate liegende Abschlüsse erkämpft. Da können doch eigentlich die Realeinkommen nicht sinken? Das taten sie auch keineswegs. In dem untersuchten Zeitraum 1998 bis 2011 sind alle Realeinkommen in Wahrheit deutlich gestiegen, auch deren „Median“-Wert.
Da aber die große Mehrzahl der Journalisten links ist, hat ihnen die Meldung von den schrumpfenden Realeinkommen sehr gefallen. Passt doch die Behauptung wunderbar in die linke Gehirnwäsche, dass die Armen und der Mittelstand immer ärmer würden.
In der Statistiken des Rechnungshofs scheint das auch tatsächlich so zu sein (zumindest wenn man seinen Bericht schlampig liest). Das Phänomen ist jedoch eine statistische Täuschung. Zu dem falschen Eindruck hat die Tatsache geführt, dass zugleich der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an den Arbeitnehmern massiv zugenommen hat. Ein Gutteil des Zuwachses der Erwerbstätigen besteht aus Menschen, die nicht voll arbeiten, die daher auch deutlich weniger verdienen als ein voll Erwerbstätiger.
Wenn man nun einfach einen Median aller Lohnbezieher berechnet (also das genau in der Mitte liegende Einkommen), dann ist dieser dadurch viel langsamer gestiegen als der Medianwert nur der voll Erwerbstätigen. Dabei ist auch für einen nur zu 50 Prozent beschäftigten Arbeitnehmer, der vorher in der Mehrzahl der Fälle gar nicht beschäftigt war, die Steigerung von Null auf ein halbes Einkommen eine gewaltige Verbesserung.
Die gleiche Ursache hat auch das steigende Auseinanderklaffen von Männer- und Fraueneinkommen. Denn die meisten der nur in Teilzeit Werktätigen sind Frauen. Diese wollen zum Großteil gar nicht länger arbeiten. Dennoch drückt der Wechsel von der Nur-Hausfrau (die in der Statistik mangels Einkommen gar nicht vorkommt) zur Teilzeitkraft statistisch das Median-Einkommen aller Frauen.
Wieder einmal ist damit die ganze Nation einer unsauber aufbereiteten Statistik hineingefallen.
Unrichtig ist nämlich auch das angeblich stark überproportionale Steigen der Beamtengehälter, das berichtet worden ist. Dieses hängt einzig und allein mit der massiven Überalterung der Beamten und dem teilweisen Aufnahmestopp zusammen. In höheren Lebensjahren verdienen aber Beamte halt deutlich mehr als in jüngeren (ob man das nun für gut oder falsch halten mag).
Auch bei den scheinbar reicher gewordenen Pensionisten trügt die Statistik. Diesmal täuscht sie aber in die andere Richtung. Real mehr Geld gibt es nur für die Bezieher der kleinen (Zusatz!-)Pensionen und vor allem der Ausgleichszulagen. Die Bezieher besserer Pensionen sind hingegen die einzige Gruppe, die echt einen realen Verlust erlitten hat, obwohl sie für ihre Pensionen prozentuell am meisten eingezahlt haben. Dieser Verlust für die höheren Pensionen ist auch dann der Fall, wenn man die Beamten (mit ihrem – noch – sehr eigenen Pensionssystem) herausnimmt.
Zeitungen und ORF haben also ziemlich genau das Gegenteil der Wirklichkeit berichtet. Der Dank für die Aufklärungshilfe hat diesmal primär den Sozialexperten der WKO zu gelten, die den Rechnungshof-Kuddelmuddel nachgerechnet haben.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Es ist wie die Quadratur des Kreises. Zumindest wenn es um den Versuch geht, Logik in die politische Generaldebatte der Alpen-Donaurepublik zu bekommen. Kaum taucht auf einer der administrativen Ebenen der Republik ein Problem auf, werden bei bestimmten Fragen selbst glühende Anhänger des Föderalismus zu überbordenden Kämpfern des Zentralismus. Zwar lehnen sie sinnvolle Maßnahmen wie z. B. ein in der Verfassung verankertes Verbot von Spekulationsgeschäften der öffentliche Hand ab, wie es nach den Finanzskandalen in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, Tirol und etlichen Kommunen geboten wäre, und das helfen würde künftig derartige Malversationen zu verhindern. Dafür aber hätten sie nichts dagegen, alle Wahlgänge der Republik an einem Tag abzuwickeln. Nun ja - was soll das in der derzeitigen Situation bringen?
Die Idee des Superwahlsonntags klingt verdächtig nach einem plumpen Ablenkungsmanöver. Offenkundig soll der Vorstoß von den Skandalen oder von deren Aufarbeitung ablenken. Oder er dient dazu, die derzeitigen Verantwortungsebenen zu vermengen, um so politisches Kleingeld zu münzen. Ein durchsichtiges Manöver der jeweiligen Parteistrategen.
Die Probleme, die der Föderalismus verursacht, müssten dank Supersonntag nicht diskutiert werden. Das wäre etwa Fragen wie: Warum gibt es in einigen Bundesländern noch immer zwangsweise Proporzregierungen? Warum leisten wir uns Landtage, in denen hoch bezahlte Frauen und Männer mit ebensolchen Pensionsansprüchen sitzen, die aber offenkundig von der politischen Materie wenig bis keine Ahnung haben? Warum gibt es einen teuren Bundesrat, der kein politisches Gewicht hat? Warum werden die Wohnbaufonds von den Landeshautleuten aller Couleurs seit Jahrzehnten als Portokassa betrachtet? Warum blockieren die Länder seit Jahrzehnte eine angemessene Verfassungsreform? Die Fragen können beliebig fortgesetzt werden. Gelöst werden sie nicht durch eine Wahlsonntag im XXXL-Format.
Andreas Unterberger
Das Jahr 2013 wird ein schlimmes. Rund ums Jahr wird abgestimmt werden. Vom Heeres-Referendum über die Landtagswahlen in mindestens vier Bundesländern bis zu den Nationalratswahlen, um nur die wichtigsten und schon feststehenden Urnengänge zu nennen. Dazu kommen etwa auch noch diverse Volksbegehren und die Wiener Scherz-Abstimmung.
Schlimm ist nun gewiss nicht, dass der Bürger des öfteren aktiv werden muss/darf. Schlimm ist, dass es durch die Aufeinanderfolge von Kampagnen ein Jahr lang fast keine Chance auf ehrliche Sacharbeit gibt. Vielmehr sind die Parteien zu Schlammschlachten in Serie motiviert. Noch schlimmer ist ihr Hang zum Wahlkampfpopulismus: Denn der geht immer auf Kosten der Geldtaschen der Steuerzahler. Diese zahlen am Ende ja auch all das, was die Politik vorerst "eh" auf Schulden finanziert. Abschreckendes Beispiel ist schon vor Beginn des Annus horribilis die Erhöhung des Kilometergeldes, das ja sowohl ökologisch wie raumplanerisch wie fiskalisch ein absoluter Unsinn ist, und nur dem Wählerfang dienen soll.
Daneben droht jede Menge weiterer Geldverbrennungsaktionen, von der absolut verantwortungslosen und immer teurer werdenden "Hilfe" für Europas Schuldenstaaten gar nicht zu reden. Dennoch hat kein einziger Politiker Mut und Kraft, überall konsequent Nein zu sagen. Auch die Finanzministerin tut das keineswegs immer.
Da brächte die Zusammenfassung aller Wahlen auf einen einzigen fixen Termin und damit eine Reduktion der Wahlkampfzeit eine gewisse Verbesserung. Die USA etwa kommen trotz ihres ausgeprägten Föderalismus und ihrer vielen Referenden fast zur Gänze mit einem fixen Wahltag alle zwei Jahre für alles und jedes aus. Das dämmt den Schaden durch ständige Wahlkämpfe wenigstens ein. Ein Allheilmittel gegen den verantwortungslosen Populismus der repräsentativen Demokratie ist das natürlich auch nicht. Das gibt es wohl gar nicht.
Seitens der strategischen Zentrale der SPÖ wurde das Berufsheerthema unter wahltaktischen Gesichtspunkten aufgegriffen; gesellschafts- und sicherheitspolitische Zielsetzungen waren bestenfalls sekundär. Die Grünen haben sich dabei ins Pilz-Schlepptau nehmen lassen, eine Übereinstimmung mit der Grundphilosophie der Partei ist schwer auszunehmen.
Viele dem „Wahlvolk“ Zuzuzählenden sind verärgert; eine derart komplexe Frage wäre durch die politisch Verantwortlichen zu beantworten. Und – was steckt nun wirklich hinter diesem Manöver?
Etwa einen Monat vor der Befragung wurde die heiße Phase eingeläutet. Das Timing der „anderen“ ist perfekt: Vor Weihnachten mit halbwahren und scheinplausiblen Hits an die Öffentlichkeit treten, diese dann über Weihnachten einsinken lassen und wahrscheinlich nach der Ferienperiode wieder aufrühren. Es gehe ja darum das „Trägheitsmoment gegenüber Veränderungen“ zu überwinden und die aufmüpfigen Teile der wirklich sozialdemokratischen Basis über den Tisch zu ziehen. Eine Stärke für die Berufsheerapologeten ist dabei die zentrale Führung, ihre Schwäche das Vordergründige der Argumente:
Grundsätzliche Zielsetzung sollte es daher sein, die wahren Absichten zu enttarnen. Es geht nicht primär um gesellschafts- oder sicherheitspolitische Verbesserungen, sondern um die Ausgangsposition für die nächsten Wahlen. So sind auch die jetzigen Hüftschüsse zwei Jahre nach angeblich intensiver, 2010 abgeschlossener Vorbereitung auf eine etwaige Umstellung auf ein Berufsheer erklärbar.
Im manchem konkreten Fall wird wohl das versachlichende Eingehen auf Suggestivhits nicht unangebracht sein:
Die Volksbefragung am 20. Jänner wurde überflüssiger Weise zu einem Menetekel Berufsheer gegen Wehrpflicht hochstilisiert. Jetzt kommt es darauf an, dieser Falle zu entkommen. Halbwahrheiten – einige wurden angesprochen – sind unredlich. Sie gehören sofort unüberhörbar entlarvt.
Jeder von uns wird mitentscheiden, gleich ob er teilnimmt oder nicht: Entweder wird via Berufsheer die Liquidation des Bundesheeres eingeleitet. Selbst die Erkenntnis, dass der falsche Weg eingeschlagen wurde, kann den Prozess dann nicht mehr stoppen.
Das Gegenstück dazu ist ein flexibles zeitgemäßes Mischsystem aus Pflicht und Freiwilligkeit, das die Betroffenen nicht mehr belastet als notwendig und den Weg Richtung ehrenamtliche Tätigkeit und Freiwilligkeit ebnet.
Die Chance bleibt gewahrt, sie muss allerdings gelebt werden. Ich sehe keine Alternative dazu.
Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.
Position | Gehalt |
Hilfsarbeiter | 11.444 |
Angestellte – Hilfstätigkeiten | 6.703 |
Vertragsbedienstete – Hilfstätigkeiten | 24.121 |
Beamte – Hilfstätigkeiten | 35.321 |
Vorarbeiter/Meister | 36.871 |
Angestellte – führend | 60.349 |
Vertragsbedienstete – führend | 42.570 |
Beamte – führend | 62.148 |
Anmerkungen:
Der öffentliche Bereich unterscheidet sich im Vergleich zum privatwirtschaftlichen in zwei Hinsichten:
dies wird mit der besseren Bezahlung in unteren Einkommenspositionen und den geringeren Unterschieden in den oberen Einkommenspositionen begründet.
Weiters ist mit ausschlaggebend
Quelle: Rechnungshof
Dieses „Demokratiepaket“ als „umfangreich“ zu bezeichnen, ist reichlich kühn. Aber der Konsens zwischen den beiden Regierungsparteien reicht halt offensichtlich nicht für mehr. In Wahrheit hat dieses Paket nichts mit direkter Demokratie zu tun. Es ist Kosmetik, die nichts an den Machtmechanismen ändert. Erstaunlich ist nur, dass die Volkspartei so kampflos auf eine Umsetzung ihres ambitionierten Vorstoßes verzichtet, den Parteiobmann und Jugend-Chef noch vor ein paar Monaten präsentiert haben.
Über allen Paragraphen dieses Mini-Pakets ist Ruh. Nur kein Zipfelchen der Macht abgeben, lautet seine eindeutige Devise.
Weniger eindeutig ist das Verhalten der ÖVP: War ihren Funktionären der eigene Ruf nach einer echten direkten Demokratie selbst unheimlich geworden? Oder haben ihr die in der Umgebung von Politikern besonders häufigen dümmlichen Ratgeber (also vor allem die geschniegelten und halbgebildeten Kabinettsmitarbeiter mit einem Pseudo-Studium à la Politologie oder Publizistik) und Kronenzeitungs-Gläubigen wieder einmal einen Unsinn eingeredet? Nämlich dass es der ÖVP irgendetwas nutzen würde, wenn sie Wonne und Eintracht mit der SPÖ simuliert (während deren Chef den Schwarzen soeben „Unanständigkeit“ vorgeworfen hat)? Begreifen die Schwarzen denn nicht, dass sie nur dann noch eine Überlebens-Chance haben, wenn sie endlich ein eigenes Profil demonstrieren, das in etwas mehr bestehen müsste als in neuen Jungunternehmerförderungen?
Warum beharrt die ÖVP nicht auf einem echten Paket zur Einführung der direkter Demokratie? Dieses könnte aber auch rund um den Wahltermin gemeinsam mit zwei Oppositionsparteien beschlossen werden. Am besten zusammen mit einer Privatisierung des ORF, mit echten Studienzulassungs-Regeln und einer Abschaffung des staatlich verordneten Genderismus. Das wäre ja durchaus legitim, hat doch beim letzten Mal die SPÖ diesen Zeitraum im politischen Niemandsland nach Platzen einer Koalition ihrerseits für einen milliardenschweren Raubzug aufs Budget ausgenutzt. Da könnte man ja diesmal den Spieß umdrehen und mit dem gleichen Recht auch einmal etwas Sinnvolles machen. Wenn man noch irgendeinen Mumm in den Knochen hätte.
Aber, so werden manche einwenden, bringt das Paket nicht doch etliches?
Nun ja, es ist ganz nett, wenn ein Nationalratskandidat mit sieben Prozent der Stimmen von einem hinteren Listenplatz aus nach vorne rutschen kann. Nun ja, es ist ganz nett, Volksbegehren künftig auch elektronisch unterstützen zu können. Nun ja, es ist ganz nett, dass es jetzt zu jedem Volksbegehren mit mehr als 100.000 Unterschriften eine Sondersitzung in Nationalrat geben wird. Nun ja, es ist ganz nett, dass künftig 10.000 Bürger eine Anfrage an einen Minister stellen können.
Aber auch in der Summe ist das alles unbedeutend und ändert nichts an der Qualität unserer von schwerem Vertrauensmangel erschütterten Demokratie.
Man nehme nur den letztgenannten Punkt und vergleiche: In Skandinavien braucht man keine 10.000 Unterschriften; dort kann jeder einzelne Bürger eine Anfrage stellen; er bekommt dann sogar volle Akteneinsicht und nicht nur die hierzulande üblichen Schmecks-Antworten von Ministern, mit denen schon seit vielen Jahren die jeweiligen Oppositionsabgeordneten abgespeist werden.
Vor allem aber fehlt das entscheidende Vorhaben aus dem einstigen ÖVP-Papier: Dass nämlich so wie in der Schweiz die Bürger eine bindende Volksabstimmung erzwingen können; dass nach einem ausreichend unterstützten Volksbegehren das Parlament diesem entweder zustimmen oder ein Entscheidungsreferendum ausschreiben muss.
Nur solche Maßnahmen wären eine echte Rückgabe eines Teils der Macht von der Politikerklasse an den Souverän gewesen. Aber dem trauen die Parteien halt auch weiterhin nur Unsinn zu – während sie sich insgeheim vor allem vor der eigenen Entmachtung fürchten.
Dabei stoßen wir ständig auf Beweise für die Dummheit, Schmierigkeit und Ahnungslosigkeit der politischen Klasse. Nur ein paar Exempel aus den letzten Stunden:
Und die für all das verantwortliche Politik wagt es – samt ihren medialen Wasserträgern –, die Bürger weiterhin als unfähig darzustellen, über ihre eigenen Angelegenheiten zu entscheiden. Ob sie solche Behauptungen wenigstens noch selber ernst nehmen kann?
Ein paar Dutzend zuwanderungswilliger, aber chancenloser Ausländer besetzen seit ein paar Wochen unter Anführung eines linksradikalen Deutschen und mit Unterstützung der Grünen den Votivpark und jetzt die Votivkirche. Das Interesse und die Begeisterung der Bevölkerung für ihre Aktionen hielten sich in engen Grenzen – selbst aus der nahen Universität beschränkten sich die Sympathiesignale auf ein paar Aussendungen der grünroten ÖH. Jetzt aber hat ein Caritas-Sprecher einen innerkirchlichen Eklat gesetzt.
Lediglich der Kabarettist Josef Hader hat in den letzten Wochen den Besetzern einen demonstrativen Besuch abgestattet. Sonst hielt sich sogar die linke „Kultur“-Szene erstaunlich fern. Ihre Angehörigen scheinen langsam doch zu spüren, dass Solche Aktionen nicht sehr gut fürs Geschäft sind (also das einzige, was die Künstler interessiert).
Natürlich war die Besetzung nicht spontan. Sie ist vorprogrammiert, um in den nächste Woche schlagartig nachrichtenarm werdenden Weihnachtstagen doch noch Stimmung zu erzielen. Was wohl auch funktionieren wird: Man kann ja fast wetten, dass die allerlinkesten Medien, also insbesondere „Österreich“, „News“, „Falter“ und ORF am Ende doch noch die erwünschte Propaganda machen werden.
Die Forderungen der Besetzer laufen freilich darauf hinaus, dass künftig jeder Zuwanderungswillige aus der Dritten Welt in Österreich Aufnahme und Beschäftigung finden soll. Was uns alljährlich ein paar Hunderttausende Menschen vor allem aus islamischen und afrikanischen Ländern bescheren würde.
Besonders skurril ist die Forderung der Typen für den Fall, dass Österreich ihnen endgültig die Bleibe verwehrt: Dann löscht halt unsere Fingerabdrücke. Diese Forderung hat natürlich nur den Zweck, dass die abgewiesenen Asylwerber dann ein EU-Land weiter ihre Schmähs erzählen können, ohne dass dort entdeckt werden könnte, dass die Betreffenden schon in Österreich einen Antrag gestellt hatten. Erstaunlicherweise haben sie in diesem Zusammenhang bisher noch nicht das Wort „Datenschutz“ fallen gelassen, dass ja bei den hiesigen Medien und Politikern immer ein besonders beliebter Türöffner ist, um für Rechtsbrecher Sympathien zu erobern. Aber auch das wird noch werden.
Immerhin ist lobend festzuhalten, dass die Innenministerin – bisher – standhaft geblieben ist, obwohl ihr ja viele jederzeit ein opportunes Umfallen zutrauen. Dieses Misstrauen ist nicht ganz grundlos: Johanna Mikl-Leitner hat im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin jedenfalls bisher meist einen weiten Bogen um das Thema Asyl gemacht. Härte zeigte sie lieber gegenüber Menschen, bei denen sie „Zaster“ vermutet.
Jetzt ist es kalt und unfreundlich geworden – worauf nun nach dem Desinteresse der Öffentlichkeit die Kirche das Problem am Hals hat. Denn die Herrschaften haben entdeckt, dass es sich in der Votivkirche viel gemütlicher campieren lässt als in der Wiese der Gemeinde Wien. Was nun den dortigen Pfarrer verständlicherweise empört.
Er sprach von Besetzung, wollte die Campierer dort nicht übernachten lassen und wandte sich hilfesuchend an den Kardinal. Christoph Schönborn ging freilich sofort auf Tauchstation, wie immer, wenn es heikel wird. In seiner Vertretung versetzte ein offizieller, aber bisher unbekannter Caritas-Sprecher dem Hausherrn der Votivkirche gleich eine schallende öffentliche Ohrfeige: Der Pfarrer zeige mit seiner Forderung „Zeichen von Überforderung“. Jetzt wissen wir wenigstens, wer in der Kirche das Sagen hat. Denn der Bischof stellte sich keineswegs vor seinen Pfarrer. Und die Caritas begann im Gegenzug sofort die Kirchenbesetzer mit Lebensmitteln zu versorgen.
Wohlgemerkt: Alle Besetzer würden diese Lebensmittel auch im Traiskirchner Lager bekommen. Es geht also keineswegs um Hungerhilfe oder ähnliches. Es ist vielmehr eine demonstrative Solidarisierung einer kirchlichen Organisation mit einem Rechtsbruch.
Diese bei manchen Katholiken und Protestanten üblichen Soldarisierungen haben freilich nichts mit dem Evangelium zu tun. Nirgendwo findet sich dort eine Unterstützung für die von den Besetzern nur kaum getarnt erhobene Forderung, dass sich Menschen in jedem Land dauerhaft niederlassen können, das sie sich aussuchen. Selbst wenn sie daheim nicht politisch verfolgt werden, sondern nur mit den Lebensumständen unzufrieden sind.
Die dabei vielzitierte weihnachtliche Herbergssuche hat jedenfalls nichts mit dieser Forderung zu tun: Bei der biblischen Herbergssuche ging es um das Quartier für einige Tage, das einst einer hochschwangeren Frau für einen vorübergehenden Aufenthalt zum Zwecke einer Volkszählung verweigert worden ist. Die heilige Familie hat jedoch nie den Anspruch auf dauerhaftes Zuwanderungsrecht in eine andere Stadt erhoben. Dieses biblische Exempel stellt einen Appell dar, Reisenden Gastfreundschaft zu gewähren, aber nicht dafür, jeden auf Dauer aufnehmen zu müssen, der das will.
Mit anderen Worten: Niemand ist deshalb ein schlechter Christ, wenn er den Betroffenen anstelle einer Caritas-Versorgung einen Abschiebebescheid wünscht. Samt Rückfahrticket – notfalls erster Klasse . . .
Neunzig Prozent der Österreicher finden generell, dass es ungerecht im Lande zugeht, die Armenzahlen würden steigen. Mit dem eigenen Leben (sehr) zufrieden sind hingegen achtzig Prozent der Menschen, fast siebzig Prozent auch in materieller Hinsicht (Kurier, 1.11.). Und laut EU wird die Armut hierzulande immer kleiner. Damit dieser eklatante Widerspruch so bleibt, impft die Arbeiterkammer (AK) die heimischen Redaktionen wöchentlich mit einer Dosis „Gift“: Danach werde es seit Jahren ungerechter, teurer und ungleicher.
In den 1920ern war die Taktik, das System so zu ändern, entsetzlich gescheitert.
In ihrer Gerechtigkeitskampagne schwört die AK die Österreicher auf die Ungerechtigkeit des Systems ein. „Alles“ würde teurer werden, das Leben immer schwerer und ungerechter. In Wahrheit können sich die Menschen heute aber in vielen Bereichen doppelt so viel leisten wie noch vor 30 Jahren (Gewinn 4a/12). Nie zuvor waren persönliche Freiheiten, Berufschancen oder Lebenserwartung höher.
Für den Arbeiterkämmerer Pichler sind an der Finanzkrise nur Banken („irgendwelche G`fraster“) oder Spekulanten schuld, die Kleinen müssten für die Krise zahlen. Kein Wort, dass 97 Prozent von Österreichs Schulden schon vor der Krise bestanden hatten. Und dass diese auf ein marodes Pensionssystem zurückzuführen sind, deren Reform die AK schon seit Jahrzehnten zu verhindern weiß. 18 Milliarden schießt die Republik Jahr für Jahr aus Steuermitteln zu. Ohne sie hätte Österreich kein Defizit von 13 Milliarden – sondern einen Überschuss von 5 Milliarden. Und es würde sich weitere 8 Milliarden für die Zinsen sparen – denn das Land wäre komplett schuldenfrei.
Systematisch schürt die SPÖ-geführte Arbeiterkammer die Wut unserer Mitmenschen mit der immer gleichen Meta-Botschaft: „Dieses System ist ungerecht – und es muss weg!“ Weil sich eine reiche Clique auf Kosten aller Anderen bereichern würde. Österreichs Bürger sind heute aufgehetzt und hasserfüllt wie seit den 1920ern nicht mehr.
„Ich war auf dem 42. Parteitag der SPÖ und ihre Rhetorik ähnelt jener der Kommunistischen Partei in der Ukraine“, so Ukraines Botschafter Andrii Bereznyi in der „Presse“. Von einem neuen, gerechteren (und sozialistischeren) Wirtschaftssystem war auch Europas Linke in den 1920ern elektrisiert. Unendlich wütend waren die kommunistischen Hasstiraden gegen Reiche, Millionäre, Banker oder Kapitalisten gewesen.
Die Situation ist heute höchst gefährlich. Das lässt Richard Nicolaus Coudenhove-Kalergis Buch „Judenhass von heute“ ahnen. Damals in den 1920ern, so der Onkel der gleichnamigen Journalistin, hätten die Rechten bald erkannt, dass sie den „Volkszorn in Form von allgemeinem Hass und Neid gegen die Reichen in einen besonderen Hass und Neid gegen die reichen Juden umlenken konnten“.
Obwohl es wie heute letztendlich die Sozialpolitiker waren, die mit der staatlichen Notenpresse Wahlen gewinnen bzw. Schuldenprobleme (nach dem Weltkrieg) lösen wollten, schob die Linke Weltwirtschaftskrise und Hyperinflation Banken oder Spekulanten in die Schuhe. Die Nazis brauchten den Sündenböcken dieser Zeit dann nur mehr das nationale Element zu verleihen – und plötzlich waren es „jüdische" Banken und „jüdische" Spekulanten.
Die Linke hatte Europa aufgestachelt, um ein neues, anderes – und vor allem antikapitalistisches – System zu erzwingen. „Abkassiert“ hatten aber die Rechten, die ihre Botschaften nur mit dem Adjektiv „sozialistisch“ zu schmücken brauchten, um quasi über Nacht als Heilsbringer verstanden zu werden.
Viele Phrasen, mit denen Hitler das Wutbürgertum seiner Zeit zu ködern wusste, werden auch heute wieder gerne verwendet. So forderte man schon 1920:
Die Österreicher sollen Nörgler sein? Wenn man ihnen täglich sagt, dass ihre Welt ungerechter, ungleicher und kälter würde – und dass dies nur an einer kleinen Clique läge, die sich auf Kosten „von ihnen, den 99 Prozent“ bereichern würde-, dann kann man von Glück sprechen, wenn nur genörgelt wird. Wie sich eine Gesellschaft radikalisiert, merkt man zuallererst immer an der Sprache.
Wer sich bei Wahlen durch das Schüren von Abstiegsängsten als „gerechter“ Retter zu positionieren sucht, verhält sich nicht besser als jemand, der dies mit Ausländer-Ängsten macht.
Wenn unsere Gesellschaft nicht umkehrt und den Weg von Ausgleich, Pluralität und Demokratie verfolgt, dann wird unser gesellschaftliches Gefüge immer noch labiler. Dann werden immer weitere und immer radikalere Kräfte an die Oberfläche kommen. Käme es zur Verschlimmerung der Finanzkrise – und sei es auch nur für ein, zwei Jahre – könnte das dann wieder in die Katastrophe führen.
Oder auf den Punkt gebracht: Wer in unserer aufgeheizten Stimmung Meldungen, die nur Ängste schüren sollen, unkritisch und ungeprüft publiziert, der macht sich (mit)schuldig.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. In seinem aktuellen Buch „Die Gemeinwohl-Falle“ beschäftigt er sich mit den Thesen Christian Felbers, Jean Zieglers, der Arbeiterkammer und der Caritas. Zentrales Thema ist bei Hörl „die geschürte Abstiegsangst“.
Helmut Elsner zeigt sich „schockiert“: Im zweiten Bawag-Prozess hat es – fast – nur Freisprüche gegeben. Damit hängen sämtliche Vorgänge bei der damaligen Gewerkschaftsbank einzig Elsner und seinem Nachfolger Johann Zwettler als Verbrechen am Hals. Wir jedoch bleiben mit mehr Zweifeln und üblen Gefühlen als Gewissheiten zurück. Gewiss scheint nur, dass Elsner selbst die Hauptschuld an seinem „Schock“ trägt.
Denn der einstige Bawag-Chef hat sich von Anfang bis Ende mit nicht ganz überzeugenden Argumenten dem Prozess entzogen. Dabei wäre gerade dieser seine große und letzte Chance gewesen, seinen immer wieder geäußerten Verdacht gegen Wolfgang Flöttl, aber auch seine wiederholten Andeutungen in Richtung einer heimlichen Finanzierung für die SPÖ mit konkreten Be- und Hinweisen zu unterfüttern. Auch viele von uns staunenden Steuerzahlern hätten wahnsinnig gerne gewusst, ob das verlorene Geld nicht vielleicht zum Teil doch einem sehr konkreten Nutzen zugeführt worden ist. Einem Nutzen, der nun wohl für ewig ins Kapitel der ungelösten Welträtsel eingehen wird. Oder wird irgendwann doch einer plaudern?
Es kann jedenfalls nur ein übles Gefühl auslösen, wenn jemand einfach sagen kann und damit bei Gericht durchkommt, alle entscheidenden Unterlagen über karibische Geschäfte im Ausmaß von Hunderten Millionen wären bei einem Computer-Crash verloren gegangen. Leider, leider.
Ist nicht allein diese angeblich unterlassene Absicherung von Daten und das Fehlen jedes Papierausdrucks eine grobe Pflichtverletzung? Warum wurde nicht diese (mit)angeklagt? Oder ist Flöttl etwa gar nur aus Rache der Justiz an Elsner für dessen Fernbleiben freigegangen?
Besonders übel ist das Gefühl auch angesichts der Tatsache, dass der offizielle Prozess-Gutachter von der Staatsanwaltschaft nicht einmal den Auftrag bekommen hatte, eine Spur des verlorenen Geldes zu suchen. Er hatte nur über die Erlaubtheit der Geldflüsse an Flöttl zu befinden, aber nicht darüber, was dann dort geschah. Da stinkt doch etwas in der Staatsanwaltschaft, wenn sie nur ein so selektives Interesse hat.
Übel ist auch, dass sich die Anklagebehörde offenbar nie ernstlich dafür interessiert hat, welche Rolle Fritz Verzetnitsch bei den Deals des Herrn Elsner gespielt hatte. Immerhin war Verzetnitsch damals der oberste Eigentümervertreter (nicht Eigentümer! Das waren ja die einfachen Gewerkschaftsmitglieder). Viele Menschen würden jedenfalls viel Geld darauf verwetten, dass Verzetnitsch viel mehr gewusst hat. Aber alle Verfahren, die er am Hals hat, sind nur Zivilverfahren durch die (neue) Bawag-Führung.
Ein übles Gefühl hinterlässt auch die Tatsache, wer da auf der Anklagebank gelandet ist und wer nicht. Nehmen wir einmal an, es gibt jetzt keine weitere Berufung oder Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwälte: Dann sind wir bei den jahrelang angeklagt Gewesenen mit Menschen konfrontiert, denen sechs Jahre ihres Lebens geraubt worden sind. In dieser Zeit konnten sie nichts verdienen, mussten aber Beträge für ihre Verteidiger ausgeben, die in die Hunderttausende gehen. Ohne eine Chance auf Refundierung. Und sie werden auch jetzt nicht mehr an die berufliche Vergangenheit anknüpfen können.
Das kann doch kein Rechtsstaat sein, der mit unschuldigen Menschen so umspringt! Auch Menschen, die einmal weit oben waren, dürfen nicht so behandelt werden (selbst wenn die Stimmen aus der Gosse automatisch jeden, der einmal irgendwo „oben“ war, für einen Verbrecher erklären). Wo bleibt die Debatte über eine ordentliche Entschädigung für zu Unrecht Beschuldigte oder Angeklagte? Warum sträubt sich die Justizministerin so sehr dagegen, dass man gezielte Gesetzesänderungen versucht, um wenigstens künftige Verfahren zu beschleunigen?
Kein Widerspruch zu diesem Blick auf die Freigesprochenen ist es, wenn man sich zugleich aber schon auch fragen muss, ob wirklich alle Freisprüche berechtigt waren. Kann für alle Vorgänge tatsächlich nur ein einziges Vorstandsmitglied die Verantwortung getragen haben? Gewiss war Elsner ein sehr autoritärer Mann. Aber ist es nicht für die Generalprävention mehr als bedenklich, wenn die kollektive Verantwortung aller Vorstandsmitglieder einfach beiseitegeschoben wird?
Diese Frage heißt nun wiederum keineswegs, dass in Wahrheit ja doch alle schuldig wären. Aber es hat sehr wohl Unterschiede gegeben zwischen jenen, die sich total gefügt haben, und jenen, die Elsner zumindest zarten Widerstand geleistet haben.
PS.: Nur eine kleine Anmerkung aus einem anderen, aber ähnlichen Zusammenhang zum Thema Verantwortungslosigkeit der Staatsanwaltschaft und seltsamer Konsequenzen: Bei der gecrashten Kommunalkredit sind auch Mitarbeiter der zweiten Ebene seit Jahren Beschuldigte. Sie können daher in der auf Sauberkeit penibel bedachten Finanzwelt keinerlei Job mehr finden (höchstens als Autowäscher). Ein jahrelanges Vorstandsmitglied der gleichen Bank aber – also jedenfalls jemand mit weit höherer Verantwortung! – wird zwar ebenfalls seit Jahren von der Staatsanwaltschaft verdächtigt, ist aber dennoch weiterhin ungehindert im Amt: nämlich im nicht ganz unbedeutenden Job einer Unterrichtsministerin. Aber wahrscheinlich erklärt der SPÖ-Vorsitzende auch diesen Hinweis in seiner gereizten Art für „unanständig“. Noch übler und skandalöser ist freilich, welchen Megaschaden diese Claudia Schmied seither im österreichischen Bildungssystem anrichten konnte.
Konklusion: Unsere Justiz hat zweifellos mit vielem zu tun, aber sicher nicht Gerechtigkeit, sondern mit selektiver Verfolgung unliebsamer Menschen und mit Zweiklassenjustiz.
Eines der vielen Konstruktionsprobleme der Europäischen Union zeigt sich derzeit dramatisch an Hand eines österreichischen Beispiels: Die Mitgliedsstaaten sind zunehmend durch Sanktionen bedroht, wenn sie ihre gesamtstaatlichen Defizite nicht in den Griff bekommen, also einschließlich jener der Regionen, Provinzen und Gemeinden. In föderalistisch strukturierten EU-Staaten haben die Zentralregierungen aber meist gar keine Möglichkeit, die Defizite dieser anderen Körperschaften verbindlich zu limitieren, obwohl sie gegenüber der EU für diese haften. Das zeigt sich derzeit ganz stark an Hand des österreichischen Bundeslandes Salzburg. Die Republik Österreich hat bei ihren Bundesländern nicht nur keinen Durchgriff. Sie haben aber auch keinen Durchblick; noch weniger haben das die Steuerzahler. Das ist der zweite Skandal. Die Tatsache von „Spekulationen“ an sich ist es hingegen nicht. Die sind in Wahrheit in hohem Ausmaß unvermeidlich. Mit einer nachträglichen Ergänzung.
Die Ahnungs- und Hilflosigkeit von Bund und Bürgern gegenüber dem Treiben der Bundesländer hat sich vor drei Jahren auch schon in Kärnten dramatisch gezeigt. Damals war die Republik über Nacht mit der Tatsache konfrontiert, dass die dortige Landesverwaltung heimlich gewaltige Milliardenhaftungen für eine Bank eingegangen war. Deren Umfang wurde erst nach der Pleite der Bank und dann erst etappenweise bekannt.
Zuerst glaubte der damalige Finanzminister der Republik noch, es ginge „nur" um sechs Milliarden. Und er war schon über diese Dimension schockiert, hat doch Kärnten alljährlich ein Gesamtbudget von nur zwei Milliarden. Erst einige Wochen später wurde klar, dass die Haftungen über 18 Milliarden ausmachen. Was die Republik zwang, selbst die Bank zu übernehmen. Zumindest glaubte sie das.
Andernfalls hätte sie – erstmals in der Geschichte – den Konkurs eines Bundeslandes und der Bank hinnehmen müssen. Mit allen Konsequenzen: Der Bankencrash hätte vor allem auf dem Balkan für eine Erdbeben gesorgt. Und in Kärnten hätten weder Lehrer noch Krankenschwester noch Straßendienst-Arbeiter ihr Gehalt bekommen; die Gläubiger hätten das sämtliche aufgreifbare Landesvermögen pfänden können. Dennoch wäre es vermutlich schlauer und für viele andere jedenfalls abschreckend gewesen, wenn der Bund die Bank und das Land nicht gerettet hätte, sondern direkt die Zahlungen für Krankenschwestern & Co übernommen hätte.
Noch viel schlimmer aber ist, dass daraus bis heute keine Lehren gezogen worden sind – höchstens unzureichende: Politik und Medien machten nämlich nur die Rettung oder Nicht-Rettung von Finanzinstituten zum Thema. Aber nicht die politische Verantwortung der Bundesländer.
Zwar hat schon vor dem Kärntner Crash die EU lobenswerterweise eine Notbremse gezogen: Politische Körperschaften dürfen seit einigen Jahren keine Haftungen mehr für Banken eingehen. Das Motiv der EU war freilich weniger die Stabilität dieser Körperschaften, sondern die Wettbewerbsverzerrung zwischen den Banken durch solche Haftungen.
Die restliche Misswirtschaft der Bundesländer ging jedenfalls ungehindert weiter. Das hat sich jetzt in Salzburg gezeigt: Da hat es Hunderte Derivatgeschäfte mit einer vorerst unbekannten Risiko-Dimension gegeben. Da sind über Nacht 340 Millionen Euro Verluste eingestanden worden. Da weiß niemand genau, wo 1,8 Milliarden geblieben sind, die man sich über den Bund ausgeborgt hat.
Und es fehlt auch jetzt noch die notwendige Bereitschaft, ja Fähigkeit, den dringenden Handlungsbedarf zu erkennen. Lieber denkt man weiter parteipolitisch. Das zeigte sich etwa, als der österreichische Bundeskanzler der Finanzministerin der von ihm geführten Regierung „unanständiges Verhalten“ vorwarf, weil sie eine Troika nach Salzburg zur Untersuchung der dortigen Missstände entsendet. Offenbar sind in der österreichischen Realverfassung die Bundesländer sakrosankt – oder zumindest jeweils die von eigenen Parteifreunden geführten. Diese giftige Reaktion des Bundeskanzlers zeigt jedenfalls, wie schwer die Erschütterung der bisher zu den europäischen Vorzeigeländern zählenden Alpenrepublik durch die ständigen Bundesländer-Skandale ist.
Zugleich macht sich Österreich auch noch mit der Forderung nach einem „Spekulationsverbot“ lächerlich. Diese Forderung wurde aber nicht nur von Werner Faymann, sondern auch von vielen anderen Politikern und praktisch allen Zeitungskommentatoren erhoben. Ja, es gibt sogar Wirtschaftsprofessoren, die ein solches Spekulationsverbot verlangen.
Nur ist es dennoch populistischer Unsinn. Denn keine Regierung – ob Bund oder Land, ob EU oder Gemeinde – kommt bei ihrem Agieren mit Geld ohne Spekulationen aus. Notwendigerweise. Das trifft auch ganz konkret die Geschäfte der Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA.
Diese ÖBFA muss etwa ständig entscheiden, zu welchem Zeitpunkt welche Anleihe auf den Markt gebracht wird. Nimmt man das Geld nur kurzfristig – beispielsweise über drei Monate – auf oder langfristig, beispielsweise über 30 Jahre? Geht man jetzt auf den Markt? Wäre ein anderer Zeitpunkt günstiger? Werden sich bis dahin die Marktbedingungen verbessern oder verschlechtern?
All diese Entscheidungen sind in hohem Ausmaß spekulativ, zumindest solange Politiker und ihre Beamten nicht die Gabe des Hellsehens haben. Und dennoch ist es unvermeidlich, ständig solche Entscheidungen zu treffen. Sie sind nichts anderes als eine ebenso gewaltige wie notwendige Spekulation, was am Ende für den Steuerzahler teurer respektive billiger kommt.
Noch teurer kann die Spekulation der öffentlichen Hand kommen, in welcher Währung sie denn den Kredit aufnimmt. Während die Normalbürger heftig kritisiert werden, wenn sie Frankenkredite aufnehmen, macht das die öffentliche Hand regelmäßig. So hat sie zuletzt sogar eine Anleihe in chinesischem Geld aufgenommen – und war auch noch mächtig stolz darauf. Vorteile wie Nachteile sind vielen Kreditnehmern bekannt: Ein Frankenkredit ist niedriger verzinst, man geht aber das Risiko ein, dass die Schweiz ihr Geld aufwerten muss (weil zu viele aus dem Euro in ihr Land flüchten) und dass man dann einen viel höheren Betrag in Euro zahlen muss.
Genauso muss der Staat spekulieren, wo er das Geld der Steuerzahler am besten zwischenverwahrt, bis etwa eine größere Zahlung (beispielsweise für die Rückzahlung einer alten Anleihe oder auch nur für das Weihnachtsgeld der Beamten) fällig ist. Denn eines ist derzeit gewiss: Wenn der Staat das Geld auf ein Sparbuch legt, ist es angesichts der gegenwärtigen Nullzinssätze jedenfalls am Schluss deutlich weniger wert. Womit die Politik selbst für die gegenwärtige politisch auf europäischer Ebene erwünschte Niedrigzinspolitik einen Teil der Strafe zahlt.
Dabei geht es angesichts der Beträge, die durch die Politikerhände laufen, immer um viele Millionen, die es zu gewinnen oder verlieren gibt. Selbst die Entscheidung, ob das Geld auf ein variables oder auf ein über einen Zeitraum fix verzinstes Sparbuch gelegt wird, ist spekulativ. Denn die Marktzinsen können sich ändern. Oder auch nicht.
Geradezu naiv ist der häufig gehörte Einwand, die öffentliche Hand brauche Gelder überhaupt nicht anzulegen, zu „horten“, da sie ohnedies verschuldet sei. Kein Mensch kann jedoch die Entwicklung der Steuerzahlungen vorhersehen. Diese differieren binnen weniger Monate je nach Konjunkturentwicklung oft um Milliarden gegenüber den Schätzungen. Und wenn der Staat immer erst am Monatsende schauen sollte, ob er genug Geld zur Bezahlung von Beamten und Pensionisten hat, dann muss er oft kurzfristige und besonders teure Zwischenfinanzierungen vornehmen.
Heißt das nun etwa, in Salzburg wäre alles ohnedies ordentlich gelaufen und die Verluste einfach nur Pech, die sich im großen Zeitrahmen meist mit Gewinnen ausgleichen würden?
Ganz und gar nicht. Der wahre Skandal in Salzburg ist aber nicht die Spekulation an sich, sondern die völlig fehlende Transparenz.
Das alles ist unerträgliche Unfähigkeit und Intransparenz zur Potenz.
Dahinter steckt aber noch etwas Schlimmeres.
Vorerst eine Zwischenbemerkung zur Erläuterung: Natürlich gibt es Spekulationen mit sehr unterschiedlichem Risiko. Bei einem Sparbuch ist dieses nach oben und unten halbwegs begrenzt (außer die betreffende Bank macht Pleite!). Viel riskanter können hingegen so mache Derivate sein. Nur habe ich bisher keine wirklich brauchbare Definition gelesen, wann ein solches Derivatgeschäft „gut“ und wann es eindeutig „böse“ ist.
Jedenfalls wäre ein absolutes Verbot absolut unsinnig. Oder will man einer Fluglinie verbieten, sich gegen das Steigen der Treibstoffpreise etwa in der Urlaubssaison durch Derivate abzusichern, obwohl sie schon Monate vorher viele Tickets verkauft hat, wobei die Kalkulation von einem bestimmten Preis ausgegangen ist? Wenn jedoch, wie jüngst, die Treibstoffpreise sinken, dann erweist sich dieses Absicherungsgeschäft im Nachhinein als verlorener Aufwand.
Zugleich gibt es aber auch Derivatverträge ohne jeden Absicherungscharakter. Solche Verträge bringen oft sehr gute Erträge, können aber auch furchtbar schief gehen. Beispiel: Wenn man darauf wettet, dass eine Schiffsladung gut und heil ankommt, dann kann man damit gut verdienen (nämlich an den von der Gegenseite, dem Reeder, gezahlten Absicherungsprämien). Man kann aber am Ende auch furchtbar draufzahlen, wenn etwa das Schiff in die Hände somalischer Piraten gerät.
Das Schlimme ist nun: Die öffentliche Hand hat in ihrer Geldnot – zum Teil auch von Rechnungshof & Co dazu angeleitet! – in den letzten Jahren immer stärker zu solchen riskanten Geschäften gegriffen. Diese sind zugleich in der finanziellen Konstruktion immer komplizierter und schwerer durchschaubar geworden (die Schiffsversicherung via Derivat war nur ein relativ simples Beispiel).
Diese Konstruktionen haben meist den Vorteil, dass vorerst Erträge fließen, während das Risiko erst am Ende schlagend wird oder auch nicht. Das ist nun für Politiker ebenso verlockend, wie es für den Steuerzahler riskant ist. Ein Politiker kann solcherart kurzfristig seine Performance optisch verbessern. Und er kann bis zum letzten Tag hoffen, dass alles gut geht. Oder er kann zumindest das Risiko verdrängen.
Der Entscheidungshorizont eines Politikers ist aber meist viel kurzfristiger. Der reicht meist nur bis zum nächsten Budget oder den nächsten Wahlen. In dieser Perspektive kann er die Bürger mit neuen attraktiven Wohltaten versorgen wie etwa mit billigen Wohnbaukrediten oder sozialen Diensten, für die er am Wahltag eine Bonus erhofft. Solche Risikogeschäfte erhöhen zum Unterschied von normalen Kreditaufnahmen nicht einmal die offiziell ausgewiesene Staatsverschuldung.
Vorerst. Denn die Sintflut droht erst später. Sie kann aber auch ausbleiben, und die Wähler haben gar nichts von der drohenden Gefahr gewusst.
Genau aus diesem Grund wäre ja Transparenz bei allen Finanztransaktionen so wichtig. Und genau aus diesem Grund tun Politiker alles, um jede Transparenz zu vermeiden – wobei sie so weit gehen, dass sie sogar ihre Herstellung als „unanständig“ bezeichnen.
Nachträgliche Ergänzung: Drastischer hätte man die Ahnungslosigkeit der Politik über das Risiko einer Spekulation gar nicht beweisen können, als Sozialminister Hundstorfer in einem nach dem Tagebucheintrag erschienenen Interview: "Ob ich einen Kredit in Dollar, in Euro oder in Franken nehme, ist nicht Spekulation." Und das Wochen nach der Salzburger Katastrophe! Dieser Mann soll in der Regierung die Veranlagungsrichtlinien ausarbeiten! Oder werden jetzt alle, die bei Fremdwährungskrediten viel Geld verloren haben, vom Sozialminister finanziell entschädigt? Aber vielleicht ist es ja schon "unanständig", einen Minister auf seine totale Ahnungslosigkeit hinzuweisen…
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Am Prozess gegen Ernst Strasser sind bisher vier Aspekte auffällig geworden: Seine mehr als skurrile Verteidigungslinie; die gleichzeitige Unwahrscheinlichkeit einer rechtskräftigen Verurteilung; die politische Verantwortung für seine Bestellung; und die von niemandem aufgegriffene internationale Blamage, welche die heimische Strafprozessordnung verursacht hat.
Der Reihe nach: Der Ex-Innenminister ist wohl der einzige, der noch an seine abenteuerliche Konstruktion glaubt, er habe nicht als Lobbyist bei einem vermeintlich fetten Auftrag verdienen, sondern ausländische Geheimdienstagenten auf frischer Tat überführen wollen. Gewiss: Die Beweiswürdigung obliegt dem Gericht, aber eine Meinung darf der Bürger trotzdem haben. Wahrscheinlich fällt dem schlauen Mann halt nichts anderes ein.
Das Absurde ist (womit wir zum zweiten Punkt kommen): Dennoch hat Strasser gute Chancen, am Ende ungestraft davonzukommen. Aber eben nicht weil ihm jemand seine Gschichteln glaubt, sondern weil es mehr als zweifelhaft ist, dass seine Interventionen bei Kollegen und deren Assistentinnen rechtlich als „Amtsgeschäft“ gewertet werden können. Ein solches hätte es aber sein müssen, um juristisch strafbar zu sein.
Zwar rechnen die meisten befragten Strafrechtsexperten damit, dass Strasser dennoch in erster Instanz verurteilt werden wird. Bei der Berufung hat er danach hingegen sehr gute Chancen. Denn die dortigen Senate erfahrener Richter lassen sich nicht so leicht von der allgemeinen Anti-Strasser-Stimmung in der Öffentlichkeit beeindrucken. Sie urteilen vielmehr normalerweise kühl nach dem Buchstaben und Sinn des Gesetzes, ganz ohne Schielen auf die Medien. Hier geht es um eine reine Rechtsfrage, die von der Instanz auch noch komplett neu aufgerollt werden kann. Das ändert natürlich nichts daran, dass Strassers Verhalten ziemlich widerlich war.
Der dritte und der vierte Aspekt sind in der öffentlichen Debatte völlig untergegangen. Der eine ist die Verantwortung für die Nominierung von Strasser: Diese liegt einzig und allein bei Josef Pröll, der damals Strasser gegen massiven internen Widerstand und vor allem jenen der ÖVP-Wähler durchgezogen hat.
Absurderweise ist aber heute noch viel stärker als damals erkennbar, dass die Alternative zu Strasser, nämlich Othmar Karas, ebenfalls sehr problematisch geworden ist. Denn er hat tagaus, tagein nicht die Interessen der bürgerlichen Wähler, sondern vor allem jene des europäischen Machtapparats im Auge. Er verlangt praktisch immer nach deutlich mehr Macht und Geld in Händen der EU, und nie nach weniger. Aber Karas scheint wenigstens persönlich sauber zu agieren.
Dennoch ist absolut unverständlich, dass Pröll damals Strasser eine Fortsetzung seiner offenbar umsatzträchtigen Lobbyistentätigkeit erlaubt hat. Dieser Beruf war von Anfang an mit der Aufgabe eines Abgeordneten, noch dazu eines Gruppenführers unvereinbar. Was man auch von außen sehen hätte müssen.
Der vierte Aspekt ist bisher noch weniger debattiert worden. Dabei ist er der einzige, bei dem es dringenden Handlungsbedarf für den Gesetzgeber gibt. Die Hauptzeugen gegen Strasser, zwei britische Journalisten, wollten nicht kommen, weil sie die in Österreich übliche mediale Zurschaustellung fürchteten.
Hier ist zwar offenbar inzwischen irgendein Arrangement gefunden worden. Aber dennoch müssten die Gesetzgeber – auch ohne Antrag einer überforderten Justizministerin – endlich das zugrundeliegende Problem erkennen und die Strafprozessordnung ändern. Denn dieses Problem hat schon vorher bestanden; es ist nur durch zwei Zeugen aus einem offenbar rechtsstaatlich viel besser entwickelten Land aktualisiert worden.
Die Handlungsnotwendigkeit lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Kameras welcher Art immer haben weder in einem Gerichtssaal noch in den Gängen davor etwas verloren; wer dennoch – etwa heimlich gemachte – Fotos von Zeugen oder Angeklagten veröffentlicht, macht sich strafrechtlich schuldig.
Denn das, was sich ohne eine solche Regelung derzeit in vielen österreichischen Strafgerichtssälen abspielt, ist absolut entwürdigend. Was ist das für ein Rechtsstaat, wo Menschen vor Gericht ihr Gesicht verzweifelt durch einen Aktenordner, einen Hut oder sonst etwas zu schützen versuchen! Hier sollte uns spätestens die Reaktion dieser britischen Zeugen klargemacht haben: (Auch) in diesem Punkt ist die heimische Strafprozessordnung im internationalen Vergleich ein Skandal. Ein Gerichtssaal ist kein Pranger!
Gewiss: Auch die jeweiligen Richter hätten die Möglichkeit gehabt, stärker gegen Kameraleute und Fotografen durchzugreifen. Sie unterließen dies aber in vielen Fällen aus Gründen der persönlichen Eitelkeit. Es ist doch toll, wenn man vor aller Welt in würdiger Robe und mit allen Insignien großer Macht ausgestattet abgebildet wird. Oder wenn man täglich neue Brillen vorführen kann. Auch das Ministerium tat nichts dagegen, weil dort erstens ebenfalls Eitelkeit hineinspielt (in diesem Fall die von Staatsanwälten); und zweitens weil sich jeder Minister vor ein paar bösen Kommentaren der fotogeilen Boulevard-Zeitungen fürchtet.
Dass alles ist ein absurder Kontrast zu einem Sicherheitsapparat, der immer öfter sogar die Vornamen von Verdächtigen geheimhält. Dabei ist deren Veröffentlichung lange nicht so demütigend wie das Fotografieren.
Seit eineinhalb Jahren gibt es sie. Und nicht einmal 1500 Menschen haben insgesamt von ihr bisher Gebrauch gemacht: Von der Rot-Weiß-Rot-Card, welche die Zuwanderung für Leistungsträger deutlich erleichtern sollte.
Mit diesen Megaflop eines Projekts, für das sich die Regierung einst laut berühmt hat, ist zweierlei bewiesen: Einerseits ist nun klar, dass die vor allem blauen Prophezeiungen einer neuen Masseninvasion nach Österreich falsch gewesen sind. Andererseits sind aber auch alle jene widerlegt worden, die jahrelang behauptet hatten, qualifizierte Arbeitskräfte kämen nur deswegen nicht her, weil der Behördenweg so schikanös sei. Nun gibt es rote Teppiche für qualifizierte Zuwanderer. Und trotzdem kommt kein Techniker, Facharbeiter oder ein sonstiger Spezialist, obwohl unsere Wirtschaft sie so dringend brauchen würde. Statt dessen strömen weiterhin Ungebildete in Massen ins Land, die nichts können, die niemand braucht. Was die dringend benötigten Menschen abhält, ist klar (auch wenn es die Politik nicht so gerne hört): Erstens kann niemand in Süd- oder Ostasien die hiesige Sprache; zweitens hat Europa ein schlechtes Image als überregulierter Kontinent, mit dem es unweigerlich bergab geht, in dem nur Sozialhilfeempfänger Vorteile haben; und drittens sind besonders in Österreich die vielen Abgaben und hohen Einkommensteuern für zuwandernde Leistungsträger massiv abschreckend.
Man hat den Beschluss schon fast vergessen. Aber am Jahresende tritt er in Kraft – und wird mit Sicherheit den Wirtschaftsstandort Österreich weiter schädigen: Arbeitgeber müssen künftig eine Kündigungsabgabe zahlen, wenn sie sich von einem Mitarbeiter trennen.
Damit werden vor allem jene bestraft, die so blöd gewesen sind, Mitarbeiter überhaupt anzustellen. Dabei wird der Anteil von Arbeitgebern an den Unternehmern ohnedies immer geringer, wie die steil gestiegenen Zahlen der Einpersonen-Unternehmer zeigen. Für etliche von ihnen ist es schon bisher viel zu mühsam und bürokratisch, auch nur einen Mitarbeiter anzustellen – selbst wenn das wirtschaftlich sinnvoll wäre.
Diese neue Kündigungsabgabe von 110 Euro wird auch bei einvernehmlichen Auflösungen fällig. Sie kommt wohlgemerkt zu allen anderen Kosten in solchen Situationen hinzu, wie etwa Kündigungsfristen (während der Mitarbeiter ja kaum noch eine echte Hilfe sind), Urlaubsauszahlungen, Abfertigungen (bei alten Dienstverträgen), Sozialplänen und eventuellen gerichtlichen Konflikten.
Die neue Abgabe fließt nicht den Arbeitnehmern, sondern der öffentlichen Hand zu, ist also de facto nichts als eine neue Steuer. Aber scheinheilig wurde von der Politik nur davon geredet, dass das eine Maßnahme gegen die Arbeitslosigkeit wäre. Was freilich absoluter Nonsens ist. Denn jede Maßnahme, welche die Kündigung erschwert oder teurer macht, wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus, nämlich als Bremse schon bei der Neuaufnahme von Mitarbeitern. Überdies könnte man fast wetten, dass jetzt noch rasch Mitarbeiter gekündigt werden, bevor die Kündigungsabgabe wirksam wird. Die Konjunkturaussichten sind ja dementsprechend durchwachsen. Überdies werden Arbeitgeber künftig öfter versuchen, statt der teuren Kündigung die billigere, aber konfliktreiche Entlassung auszusprechen.
Im Gegensatz zu dem, was Österreich jetzt tut, haben von der EU bis zur OECD alle internationalen Institutionen dem Land mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt empfohlen. Im Gegensatz zu dem, was Österreich jetzt tut, fordern Arbeitgebervertretungen ständig eine Senkung der Lohnnebenkosten. Jetzt aber werden diese erhöht. Mit Zustimmung von Arbeitgebervertretern.
Würde es wirklich um den Arbeitsmarkt gehen, wären ja ganz andere Maßnahmen sinnvoll: Die Nichtannahme (irgend)eines der offenen Jobs hat nach spätestens sechs Monaten viel stärkere Konsequenzen als heute; der weitgehende Kündigungsschutz für Über-50-Jährige wird aufgehoben, was die Kündigungen von Endvierzigern reduziert und die Jobchancen für Über-50-Jährige erhöht; wer häufiger arbeitslos wird, bekommt weniger AMS-Geld; Leiharbeit wird erleichtert statt erschwert; Lohnabgaben werden reduziert, Konsumabgaben dafür erhöht.
All das würde mit Garantie den Arbeitsmarkt stabilisieren. Eine Kündigungsabgabe tut das aber mit Sicherheit nicht.
Der Salzburger Landesfinanzreferent tritt ab. Kärnten wählt früher, Salzburg wählt früher. Ringsum Turbulenzen, die dieser Republik keine erfreuliche Visitenkarte ausstellen.
Der Rücktritt von David Brenner war längst unvermeidlich gewesen. Das Gerede, er müsse jetzt noch selbst für Aufklärung sorgen, war absurd. Zwar ist weiterhin vieles unklar, was sich da in Salzburg eigentlich abgespielt hat. Aber eines ist jetzt schon eindeutig: Der Landesfinanzreferent hat persönlich versagt. Entweder hat er mehr gewusst, als er zugibt (worauf ja zumindest die Aussagen der suspendierten Beamtin hindeuten), dann trägt er für die offenbaren Verluste auch strafrechtlich und haftungsmäßig die Verantwortung. Oder er hat wirklich nichts gewusst und geahnt: Dann ist ihm seine Ahnungslosigkeit, das Versagen bei seiner Kontrollaufgabe vorzuwerfen. Offen mag bleiben, wieweit sich die Landeshauptfrau selbst noch einmal herauswinden kann.
Mit Sicherheit wird uns die Affäre noch auf viele Jahre beschäftigen. Und es werden wohl noch etliche bisher unbekannte Details herauskommen. Die gegenseitigen Schuldzuschiebungen zwischen den einzelnen Politikern, Beamten und Bankern werden noch recht lustig – für die Steuerzahler sind sie freilich weniger lustig.
Jetzt folgen unweigerlich Neuwahlen, obwohl sich keine Partei offenbar wirklich darum reißt. Auch die sonst so wahlfreudigen Blauen sind wenig begeistert. Aber die politische Eigendynamik ist längst nicht mehr zu stoppen.
Die Wahlen werden natürlich keine Sachaufklärung bringen. Womit die SPÖ recht hat. Es ist aber umgekehrt auch mindestens genauso lächerlich, dass sie argumentiert, man solle nicht wählen, weil das die Aufklärung behindere. Kein Mensch glaubt doch, dass ausgerechnet ein Untersuchungsausschuss des Salzburger Landtags die nötige Klarheit zutage fördern könnte. Das kann er weder binnen weniger Wochen noch binnen weniger Monate. Es haben ja auch die Nationalrats-U-Auschüsse nie wirklich etwas geklärt.
Hoffnung auf Klarheit gibt es nur durch Gerichte, Korruptionsstaatsanwaltschaft (wobei deren neue Leiterin freilich die diesbezüglichen Perspektiven nicht gerade verbessert), Rechnungshof und insbesondere durch externe Experten – Buchsachverständige und Wirtschaftsprüfer.
Und das wird dauern.
Eines ist freilich heute schon offenkundig: Diese Salzburger Spekulationsgeschäfte sind ebenso wie jene aus anderen Körperschaften nicht primär Produkt von Sehnsucht nach adrenalinfördernden Risiko-Eskalationen. Dahinter stecken vielmehr die durchwegs überschuldeten öffentlichen Finanzen. Da ist man als Politiker dann immer der Verlockung von solchen Konstruktionen verfallen: Diese haben nämlich fast immer kurzfristig eine deutliche Ergebnisverbesserung gebracht, billigere Finanzierungen, bessere Veranlagungen. Der Preis dieser Vorteile lag hingegen in fernerer Zukunft. Er bestand in erhöhtem Risiko, von dem man ja hoffen konnte, es würde nicht schlagend werden. Und wenn, dann halt erst nach den nächsten Wahlen. Das ist im typischen Politikerkalkül weitaus vorteilhafter als unpopuläre Sparmaßnahmen.
In Kärnten kann sich nach den diversen blau-orange-schwarzen Skandalen wenigstens die SPÖ richtig auf die Wahlen freuen. Was das heitere Ergebnis brächte: Sie könnte dort den Landeshauptmann erobern, den sie in Salzburg wohl verlieren dürfte.
Zwei rote Apparatschiks haben einen dritten im Radio in eine wichtige Führungsfunktion für einen Bereich gehievt, in dem er Null Vorerfahrung hat, außer dass er immer ein braver Exekutor der Rathaus-SPÖ gewesen ist. Was aber – siehe auch den Radio-Intendanten selber – beim ORF offenbar eine entscheidende Qualitätsdimension ist. Überraschen solche Vorgänge beim ORF eigentlich noch irgendjemanden?
Tatsache ist, dass mit der Neubestellung der Leitung der Radio-Innenpolitik durch einen nicht qualifizierten Mann nun auch das ORF-Radio in einem Schlüsselbereich zugleich nach unten und nach links rutscht. In ähnlicher Weise ist ja seit Amtsantritt des Herrn Dittlbacher schon das ORF-Fernsehen zu einer bloßen Außenstelle der SPÖ degeneriert. Damit ist der ORF in beiden Medien nicht mehr als objektives Medium relevant. Dabei waren im ORF-Radio die Journale (bis auf die dümmlichen Moderatoren) noch ein halbwegs objektives Gegengewicht gegen die kommunistisch-grünen Kolleg/Dimensionen-Schienen.
Ähnliches hat sich – von der Öffentlichkeit weit weniger bemerkt, aber ebenfalls sehr wirkungsvoll – in den letzten Jahren schon in der APA-Innenpolitik ereignet, wo die Berichterstattung ebenfalls die einstige (und in den anderen APA-Ressorts weiterhin übliche) strenge Objektivität verlassen hat. Statt dessen wird dort ständig mit untergriffigen Formulierungen Stimmung gegen die Parteien rechts der Mitte gemacht. Die letztgenannte Entwicklung ist vor allem deshalb bedeutend, weil immer mehr Medien insbesondere auch in ihren Online-Auftritten die APA-Meldungen ungeprüft im Wortlaut übernehmen.
Zu diesem massiven Linksblock kommen natürlich noch die bestochenen Tages- und Wochenzeitungen. Gegen all das bietet die wachsende Distanz einiger Redakteure in Qualitäts- und Halbqualitätszeitungen gegenüber der Faymann-Häupl-SPÖ nur ein machtpolitisch ziemlich irrelevantes Gegengewicht.
Absolut unverständlich ist, dass die Privatfernseh-Redaktionen – mit Ausnahme von Servus-TV – noch immer nicht erkannt haben, welch gewaltige Marktchance ihnen die Einseitigkeit von ORF und Boulevard bieten würde. Aber Puls 4 und ATV krebsen lieber weiter bei ihren schlechten Quoten herum, bevor sie den linken Mainstream durch Unabhängigkeit, Objektivität und Offenheit auch für nichtlinke Themen ersetzen würden.
Die Verantwortung für die Zustände im ORF ist jedenfalls klar: Das BZÖ hat einst Alexander Wrabetz zur Macht verholfen; auch Schwarz und Blau haben bisweilen mit ihm gepackelt (etwa bei der Gewährung von 160 Millionen aus dem Budgettopf), allerdings hat der ÖVP-Parlamentsklub in letzter Zeit erstaunlich mutige Distanz zum ORF gewagt; mehrere Landeshauptleute haben brutal ihre eigenen Interessen gegen jene der Konsumenten durchgesetzt; und Rot und Grün sind sowieso die Profiteure.
Der ORF-Frust unter den Bürgern ist jedenfalls eines der Hauptmotive für den Erfolg von Frank Stronach, der jeden seiner ORF-Auftritte als ungebremsten Frontalzusammenstoß mit dem Staatssender inszeniert. Dabei haben ihm ja die roten Drahtzieher dort überproportional viele Auftritte gewährt. Sie haben nämlich in ihrer Ahnungslosigkeit geglaubt, Stronach würde sich nur bei Orange, Blau und Schwarz Wähler holen. In Wahrheit fahren insbesondere die einst roten Facharbeiter reihenweise auf ihn ab.
Die Wiener dürfen also jetzt von rotgrünen Gnaden über einige politisch gesteuerte Fragen abstimmen, nachdem die Stadtverwaltung zuvor eine mit eigentlich ausreichend Unterschriften beantragte Abstimmung verhindert hat. Dem Rathaus ist es egal, dass das höchstwahrscheinlich rechtswidrig war. Neben einigen skurrilen Fragen ist dabei vor allem das interessant, worüber nicht abgestimmt wird, wo aber ein Votum viel wichtiger wäre
Es wird nicht über das Verbot von Fremdwährungsgeschäften und anderen kurzfristig das Budget schonenden, aber langfristig risikobelasteten Konstruktionen abgestimmt. Diese Frage wäre ja gerade besonders aktuell.
Es wird nicht abgestimmt über die hohen Beträge, mit denen das Rathaus alljährlich gefügige Medien besticht, pardon: mit „Medienaufträgen“ finanziert.
Es wird nicht abgestimmt über eine effektive Schuldenbremse gegen die in den letzten zwei Jahren explodierte Verschuldung der Stadt.
Es wird nicht abgestimmt über die absurden und menschenverachtenden Verkehrsprojekte der Grünen von der Sperre der Mariahilferstraße bis zur Blockade der Langegasse, die den innerstädtischen Verkehr zwischen Gürtel und Zweierlinie total zum Erliegen bringen werden.
Es wird nicht gefragt, ob für die sogenannten Parkpickerl weiterhin Gebühren eingehoben werden, die weit über die eigentlichen Ausstellungskosten hinausgehen.
Es wird nicht gefragt, ob weiterhin Radfahrer Fußgänger gefährden dürfen, insbesondere durch Radwege auf Gehsteigen.
Dafür dürfen wir abstimmen, ob Wien ein paar Milliarden als Austragungsort von Olympia 2028 hinauswerfen soll. Das müssten freilich erst die Nachnachfolger der jetzigen Rathausmänner irgendwie finanzieren, was sie aber mit Sicherheit nur mit einer neuen Olympia-Abgabe und weiteren Schulden schaffen werden. Vorerst darf jedoch der von Steuergeldern lebende Boulevard mit diesem Thema von allen wirklichen Problemen der Stadt ablenken.
Dafür wird mit polemischen Formulierungen gefragt, ob der letzte europäische Realsozialismus, nämlich die teuren und spekulationsfreudigen Wiener Parteibetriebe, offiziell: „kommunalen Betriebe“ so aufrechterhalten werden wie bisher. Diese Frage bedeutet im Klartext, ob all die dortigen Protektionsbonzen weiterhin vor Leistung und Wettbewerb „geschützt“ bleiben, wie es im Wortlaut der Frage heißt. Das ist im übrigen auch eine Frage, die mit großer Wahrscheinlichkeit gegen das EU-Recht verstößt.
Dafür wird nach einem völlig unklaren Modell einer Wiener Parkraumregulierung gefragt werden und gar nach einem subventionsverschlingenden Solarkraftwerk.
Das ist rot-grüne Realität. Das ist Wien. Hier wird nicht wie in der Schweiz über all das abgestimmt, was die Bürger für wichtig halten, sondern nur über solche Themen und Themchen, mit denen das Rathaus die Bürger ablenken will.
Die Sexualaufklärungsbroschüre für 6-12 Jährige wurde in diesem Blog schon besprochen. Offen ist aber die Frage, was die angemessene Reaktion besorgter Eltern auf diese Broschüre sein soll.
Selten noch habe ich so viel Intoleranz verspürt wie während der Sendung Pro und Contra auf Puls 4, an der ich als Studiogast teilnahm. Anstatt über eine Sexualerziehungsbroschüre für 6-12 Jährige zu diskutieren, änderte die Moderatorin im Verlauf der Sendung das Thema auf Adoption durch Homosexuelle. Einen näheren Einblick gibt es auf dem Blog eines der anwesenden Gäste am Podium.
Wogegen richtet sich diese Intoleranz?
Erst am Tag nach der Sendung habe ich es verstanden. Diese Intoleranz bezieht sich auf einen Kampf gegen Ehe und Familie. Zumindest solange Ehe noch als verschiedengeschlechtliche Gemeinschaft und Familie als natürliche Familie verstanden wird. Von beidem sind lesbische und homosexuelle Paare auf natürlichem Wege ausgeschlossen.
Dekonstruktion von Ehe und Familie
Das natürliche Geschlecht wird durch das soziologische Geschlecht ersetzt. Dann kann ich bis zu sechs oder mehr Geschlechter unterscheiden: homo, lesbisch, bi, trans, inter, hetero, etc. Die Broschüre enthält folgendes Zitat „Viele Initiativen setzten sich dafür ein, Intergeschlechtlichkeit/Intersexualität nicht weiterhin als zu behandelnde Krankheit zu pathologisieren, sondern die Vielfalt von Geschlechteridentitäten (ebenso beispielsweise Transgender, Transsexualität, queere Identitäten) anzuerkennen. Dieses Bestreben stellt den eng gesteckten, künstlich geschaffenen Rahmen der angenommen Zweigeschlechtlichkeit in Frage.“ (Zitat „Ganz schön intim“, p.69)
Gleichzeitig wird das traditionelle Familienbild angegriffen. Zitat aus der Broschüre: „Trotz vieler Bearbeitungen von Schulbüchern und sonstigen Medien, die auf die Diversitäten der Lebensformen von jungen Menschen reagieren, hält sich das Bild der klassischen Mutter-Vater-Kind-Familie als anzustrebendes Ideal hartnäckig, ungeachtet der Tatsache, dass knapp die Hälfte aller Kinder in Österreich in anderen Verhältnissen leben.“ (Zitat „Ganz schön intim“, p.43)
Ersetzen von Ehe und Familie durch neue Realitäten
Nur durch Leihmutterschaft und Samenspende auch für lesbische Paare ist es homosexuellen oder lesbischen Paaren möglich Kinder zu „bekommen“. Die „unkritische“ – obwohl in Österreich verbotene – Darstellung von Leihmutterschaft und Samenspende für lesbische Paare in der Broschüre ist daher kein Zufall, sondern Programm. „Samenbank: … Oder lesbische Leute, die gerne mit einem Kind leben möchten.“ (Zitat „Ganz schön intim“, p.125)
Demokratie ist es, über diese Anliegen einen breiten Diskurs zu führen und sich an bestehende Gesetze zu halten. Indoktrination ist es, Unterrichtsbehelfe für 6-12 Jährige Schüler abzuändern.
Welche Rechte haben wir als Eltern in Österreich?
Artikel 2 des 1. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention (in Österreich im Verfassungsrang):
Der Staat hat bei der Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht der Kinder entsprechend ihrer religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
Das sagt der Grundsatzerlass Sexualerziehung des BMUKK p.3:
„Sexualerziehung ist die primäre Aufgabe der Eltern/Erziehungsberechtigten. Im Unterricht an den Schulen wird daher in steter Zusammenarbeit mit dem Elternhaus diese Bildungs- und Erziehungsarbeit durch Vermittlung entsprechender Wissensinhalte und Verhaltensweisen umfassend zu ergänzen, zu vertiefen und gegebenenfalls zu korrigieren sein.
In einer Elternversammlung in den ersten Monaten des Schuljahres ist vor allem in der Grundschule die Sexualerziehung in Elternhaus und Schule aufeinander abzustimmen. Die Aussprache mit den Eltern hat im Rahmen einer Klassenelternberatung stattzufinden, wobei altersspezifische Fragen und Unterrichtsinhalte der Sexualerziehung eingehend zu besprechen sind. Die Orientierung im Unterricht soll erst nach einer angemessenen Zeit beginnen, damit die Eltern ausreichend Gelegenheit zum Gespräch mit ihren Kindern haben.“
Intoleranz ist es, Mehrheitsverhältnisse herabzuwürdigen um Minderheitenpositionen zu fördern. Elternrecht ist es, die eigenen Kinder gemäß den eigenen weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen zu erziehen – auch und gerade im Bereich der Sexualerziehung.
Wo stehen wir heute und was tut Unterrichtsministerin Claudia Schmied?
Peinlicherweise musste Ministerin Schmied eingestehen, dass die Broschüre doch der Österreichischen Rechtslage angepasst werden soll. Allerdings nur ein kleiner Etappensieg, da sie ansonsten die Situation aussitzen möchte und wartet, bis der Sturm vorüberzieht.
Was können besorgte Eltern für Ihre Kinder tun?
Nur wenige Experten haben sich für die Broschüre stark gemacht und diese sind dem gleichen politischen Lager zuzuordnen. Viele Menschen, die beruflich als Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Pädagogen mit Kindern arbeiten, teilen unsere Bedenken.
Sprechen Sie mit Lehrern und Direktoren und erklären Sie, dass Sie Ihre Verantwortung für die Erziehung sehr ernst nehmen. Stellen Sie sicher, dass diese Broschüre keine Verwendung findet.
Was noch zu tun bleibt
Voraussichtlich am 18. Jänner 2013 wird Unterrichtsministerin Dr. Schmied die parlamentarischen Anfragen dreier Parteien zu diesem Thema beantworten müssen.
Bis dahin bitten wir Sie folgendes zu tun:
Max Lobmeyr, Vater von 4 Kindern
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der Salzburger Finanzskandal steht vorläufig am Ende einer Reihe von Spekulationsskandalen in den Bundesländern und Kommunen Österreichs. Zuerst war es Kärnten, das Milliarden an öffentlichen Geldern verspekulierte, und wo in der Folge die Hypo Alpe Adria notverstaatlicht werden musste. Dann kam Niederösterreich, das Wohnbaugelder auf dubiose Weise veranlagt hat und wo sich laut Rechnungshof eine Lücke von einer Milliarde Euro auftut. In Tirol hat die Hypo Millionen mit Veranlagungen in Island und bei Lehman Brothers verloren. Linz hat sich in Währungsspekulationen auf den Schweizer Franken begeben. Auch kleinere Gemeinden wie Hartberg in der Steiermark begaben sich auf das dünne Eis der Spekulation. Die Liste lässt sich erweitern.
Selbst die österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), welche die Schulden der Republik verwaltet, hatte riskante Wertpapiere gekauft: Im Jahr 2008 betrug das Risiko für einen Ausfall 380 Millionen, wie der RH später aufgedeckt hatte. Die Finanzagentur verwies indes darauf, dass für die Republik langfristig über sechs Milliarden Euro an Vorteilen erwirtschaftet worden seien. Die Debatte ließ die Regierung im Hochsommer 2009 sogar zu einem "Spekulationsgipfel" zusammentreten. Erst 2010 beschloss das Parlament ein stärkeres Risiko-Controlling für die ÖBFA.
Um dem empörenden Spekulationstreiben in den Bundesländern ein Ende zu setzten, will die Regierung sie nun stärker an die Kandare nehmen. Es muss endlich ein Kassasturz stattfinden. Alle Veranlagungen und Schulden aller Bundesländer sollten durch den Bund erhoben werden. Nur eine Troika nach Salzburg zu schicken, wie dies die Finanzministerin vorhat, um den hiesigen Skandal aufzuklären, wird nicht reichen. Dass sich die Länder mit Händen und Füßen gegen weitergehende Pläne wehren, liegt auf der Hand. Sie waren schon immer Meister darin, Geld zu verbraten, das sie nicht einheben.
Andreas Unterberger
In Salzburg hat ein noch recht unklarer Filz aus Unfähigkeit, Wunschdenken, Lüge, Fehler-nicht-eingestehen-Wollen schweren Schaden angerichtet. Der simple Reflex ist: Entmachtet die Länder, alle Macht dem Bund! Aber er ist falsch.
Mit der gleichen Logik könnte man auch sagen: Alle Macht des Landes an die Gemeinden! Immerhin haben diese ja recht sparsam gewirtschaftet.
Und was ist, wenn der Schaden im Bund eintritt? Ist der Schaden dann nicht sehr leicht neun Mal größer? Wird als Reaktion dem Bund die Budgethoheit entzogen und gerufen: „Alle Macht der EU“? Und sollen angesichts der vielen dortigen Verschwendungen schließlich die UNO oder der liebe Gott die Budgethoheit erhalten?
Niemand möge bitte so tun, als ob auf Bundesebene nicht in zahllosen Fällen sinnlos Geld in den Sand gesetzt worden wäre. Darüber hinaus ist im Bund seit 2006 etwas noch viel Schlimmeres als in Salzburg passiert: Dort wurden öffentliche Mittel in großem Umfang zum persönlichen Nutzen einzelner Politiker eingesetzt. Offenbar wollen viele diese Dimension des – aus dem Wiener Rathaus übernommene – Systems Faymann-Ostermayer verdrängen, das dann übrigens auch von einem Nikolaus Berlakovich voll imitiert worden ist.
Meist sind Systeme der Bürgernähe, der Vielfalt und des Wettbewerbs – etwa zwischen den Bundesländer – effizienter als solche der Monopolisierung und Zentralisierung. Entscheidend sind dabei immer drei Punkte: Erstens die Eigenverantwortung jeder Körperschaft; dazu gehört, dass sie auch selber die Einhebung aller Gelder verantworten muss, die sie ausgibt. Zweitens geht es um die persönliche Verantwortung von Politikern und Beamten. Und drittens brauchen wir endlich echte Transparenz nach skandinavischem Muster: Dort kann jeder Bürger gegen geringen Kostenersatz Einblick in jeden öffentlichen Akt nehmen. Das ist die weitaus beste Medizin gegen Korruption und Misswirtschaft.
Die Gemeinde Wien und ihre Betriebe haben in einem einzigen Jahr nicht weniger als 55 Millionen Euro für „Aufträge“ an Medien vergeben. Das ist ein Vielfaches der gesamten offiziellen Presseförderung der Republik Österreich! Das aber ist dennoch die harmloseste Seite des jüngsten Berichts des Wiener Kontrollamtes.
Interessanter – und nicht beantwortet – wäre etwa die Frage, worin denn diese „Medienaufträge“ inhaltlich bestanden haben. Irgendwie ist die Wortwahl „Aufträge“ nämlich sehr verräterisch. Bisher habe ich ja nicht geglaubt, dass Politik Medien Aufträge geben soll.
Noch ärgerlicher sind die prozentuell zweistelligen Zuwachsraten des Wertes dieser Aufträge gegenüber dem Jahr davor. Bei der „Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit“ durch den „Arbeitnehmerförderungsfonds WAFF“ waren die Zuwachsrate sogar dreistellig. Man fragt sich nur, wieso dann die Jugendarbeitslosigkeit in Wien im Österreich-Vergleich am höchsten ist, wenn gerade hier so viel inseriert wird. Wie man auch immer Arbeitslosigkeit mit Inseraten zu bekämpfen glaubt. Oder sollten von diesem Geldsegen gar nicht die joblosen Jugendlichen, sondern SPÖ-nahe Verleger profitiert haben?
Am widerlichsten ist aber die Ausrede des rathauseigenen Kontrollamtes, weshalb man leider, leider die bedachten Medien nicht nennen könne: Das würde dem Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen widersprechen. Seltsam: Wenn in Kürze der erste Medientransparenzbericht des Bundes vorgelegt wird, dann wird es diese Betriebsgeheimnisse nicht geben. Da stellt sich natürlich die Frage: Bricht dann der Bund das Recht oder lügt das Rathaus mit seiner gewundenen Ausrede? Diese Ausrede liegt freilich ganz auf der sozialistischen Linie, dass der Steuerzahler doch nicht zu wissen brauche, was die Politik mit seinem Geld macht. Was wir mit unserem Geld machen, gehe niemanden etwas an, hat ja etwa ein Michael Häupl verkündet.
Ein kleines Informationsbrösel ließ das Kontrollamt aber immerhin für uns fallen: Auflagenstarke Tageszeitungen und Magazine mit hoher Reichweite seien die häufigsten Werbeträger gewesen.
Das überrascht mich aber jetzt wirklich. Strotzen doch die Dichand- und Fellner-Blätter wirklich von der ersten bis zur letzten Seite von mutiger und offener Kritik an der Rathaus-Truppe. Finden sich doch dort so gut wie nie Schönbilder des physisch schwer übergewichtigen Bürgermeisters (sofern er halt einmal beim Amtieren angetroffen werden kann) und seiner politisch schwer untergewichtigen Frauschaft. Und ganz unklar ist, wieso man bei einer Orientierung nach der Leserzahl ausgerechnet in Wochenblättern wie „News“ und „Falter“ so viele Gemeinde-Inserate finden kann. Drucken die angesichts kleiner beziehungsweise stark fallender Leserzahlen diese am Ende gratis ab?
Die Meinungen über eine öffentlich zugängliche Spritpreis-Datenbank sind geteilt. In Österreich hat sich ein entsprechendes Modell nun einmal eingebürgert, es gibt im Schnitt etwa 20.000 Aufrufe der einschlägigen Datenbank bei der E-Control. Selten gibt es Beschwerden; wer sich nicht an die vorgegebenen Regeln hält, könnte bestraft werden (dafür zuständig sind die Bezirkhauptmannschaften). Von Verurteilungen ist aber nichts bekannt. Ein Wiener Tankstellenbetreiber lässt den Spritpreisrechner allerdings vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) überprüfen. Er erachtet sich in den Grundrechten auf Eigentum und Erwerbsfreiheit verletzt und beklagt, dass die Regelungen unklar und gleichheitswidrig seien. Die Verfassungsrichter nehmen die Beratungen dazu in der Dezember-Session (bis 14. Dezember) auf.
Im benachbarten Ausland hat es ähnliche Überlegungen gegeben, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. In Deutschland ist ein ähnliches Modell in Vorbereitung. Südtirol hat sich ebenfalls dafür interessiert und wollte für die Installierung die heimische E-Control gewinnen. Diese wollte aber nicht.
In der Schweiz hat es auch Überlegungen gegeben, die allerdings auf breite Ablehnung gestoßen sind – es wird von einer völligen Überregulierung gesprochen. Sowohl der Automobilclub der Schweiz (ACS) als auch der Touringclub der Schweiz (TCS) finden eine Meldestelle für Treibstoffpreise unnötig. Das sei unnötige Bürokratie. Einer staatlichen Meldestelle würde man nur zustimmen, wenn diese mit keinem zusätzlichen Aufwand für die Tankstellenbetreiber verbunden wäre oder der Aufwand für das Übermitteln der Daten abgegolten würde. Auch die Schweizer politischen Parteien können sich für diesen Gedanken nicht erwärmen. Das entspreche einfach nicht der freien Marktwirtschaft. Wenn der Staat eine Meldepflicht einführe, müsse er auch die Einhaltung kontrollieren, was unnötig teuer werde.
Auf taube Ohren stößt man auch bei der Schweizer Erdölvereinigung. Sie wehrt sich mit Händen und Füßen gegen eine solche überflüssige Regulierung. Die mehr negative als positive Auswirkungen hätte. Der befürchtete Benzintourismus würde unökologische und unwirtschaftliche Fahrten fördern. Die Erfahrungen aus Österreich würden zeigen, dass die Treibstoffpreise seit der Einführung der Kontrollstelle nicht dauerhaft signifikant gesunken sind.
Das können sie auch nicht, denn das heimische Preisniveau ist, im Vergleich zur Schweiz, ungleich niedriger. Durch den anhaltenden Wettbewerb pendeln sich die Nettopreise (also ohne Steuern) in Österreich auf einem rekordverdächtig tiefen Niveau ein. In der EU gibt es kein Land, wo so wenig verdient wird wie in Österreich. Lagen die Nettopreise Anfang Oktober in Deutschland bei Benzin noch um zwei Cent und bei Diesel um drei Cent höher als in Österreich, so beträgt der Abstand derzeit bereits acht bzw. fünf Cent. Das heißt, in Österreich ist weit weniger zu verdienen als beim deutschen Nachbarn.
Meldungen von Boulevardzeitungen, wonach vor Weihnachten wieder ein „Abzocke“ bei den Treibstoffpreisen erfolgen werde, sind bar jeder Realität.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Hätte in den letzten zwei Jahren kein einziger Grieche einen Handgriff getan, ein Produkt verkauft, eine Dienstleistung verrichtet, einen Akt umgeblättert: Um wie viel wäre es uns teurer gekommen, wenn wir sie dennoch alle entlohnt hätten? Um keinen Cent. Denn der aufsummierte Wert der diversen Hilfen für Griechenland seit Mai 2010 beträgt zweimal das griechische BIP. Also die Summe aller Einkommen, aller Löhne, Honorare und Rechnungen derselben zwei Jahre – zumindest soweit diese nicht schwarz, also an Steuer, Sozialversicherung und Statistik vorbei gezahlt worden sind.
Mit anderen Worten: Europa und der Währungsfonds haben sämtliche griechischen Einkommen bezahlt, ohne dass sich in diesem Land etwas geändert hätte.
Dennoch hat der hohe EU-Politiker recht, mit dem ich dieser Tage ein Hintergrundgespräch hatte: Europa kann es sich auch dauerhaft leisten, das kleine Land durchzufüttern. Auf meine zweite Frage aber musste er zugeben, was sich Europa sicher nicht mehr leisten kann: nämlich auch noch Frankreich, Spanien oder Italien in gleicher Weise zu finanzieren. Europa ist nicht einmal bei einem einzigen der genannten großen Länder imstande, dieses auch nur annähernd so wie die Griechen zu unterstützen.
Dennoch begann Europa nun ohne viel Debatten in die „Rettung“ Spaniens einzusteigen: Dessen Banken bekommen mehr als 39 Milliarden Euro. Dieser Betrag wird – erstmals – über den Schuldenmechanismus ESM abgewickelt. Besonders bestürzend ist dabei: Ebenfalls erstmals fließt Rettungsgeld, ohne dass sich das betreffende Land strikten Auflagen eines Programms der Troika unterwerfen muss (also von IWF, EZB und EU-Kommission). Die spanische Regierung lehnt das ab.
Warum? Erstens würde der Status eines „Programmlandes“ ihren nicht gerade unterentwickelten Stolz kränken; zweitens müsste sich dann die Regierung strikten und kontrollierten politischen Auflagen unterwerfen; und drittens würden dann die 39 Milliarden die spanische Staatsverschuldung verschlechtern. So wird nun so getan, als ob die 39 Milliarden nur mit den Banken zu tun hätten und nichts mit Spanien.
Nicht weniger deprimierend stehen Italien – insbesondere nach dem halben Rücktritt von Premier Monti – und Frankreich mit seinem Antisanierungsprogramm da. Zum Glück gibt es einen Lichtblick: Irland. Das kleine Land hat nach einer harten Sanierungsphase gute Chancen, schon 2013 den Rettungsschirm wieder verlassen und sich wieder normal finanzieren zu können.
Ein kleiner Trost in schlechten Zeiten. Es zeigt sich: Einem Land zu helfen, dessen Menschen um die eigene Verantwortung wissen, hat sich als durchaus sinnvoll erwiesen. In Irland hat es weder Streiks noch Unruhen noch antideutsche Demonstrationen gegeben, sondern ein kollektives Zähne-Zusammenbeißen. In solche Länder werden auch private Geldgeber – die derzeit ihr Geld mit Vorliebe in die Aktienmärkte tragen – bald wieder Vertrauen fassen. Aber eben nur in solche.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der liberale Journalist Christian Ortner, Betreiber der Blogs „Das Zentralorgan des Neoliberalismus“, bricht mit dieser Streitschrift mehr als nur ein Tabu. Er führt darin die heilige Kuh des modernen Wohlfahrtsstaates – das Prekariat – auf politisch höchst inkorrekte Weise vor. Er hält dessen Anwälten – den Sozialisten in allen Parteien – einen Spiegel vor, in dem absolut nichts Erfreuliches zu sehen ist. Außerdem äußert er – und dafür gebührt ihm größter Respekt – als einer der wenigen heimischen Publizisten, die populär genug sind, um nicht einfach totgeschwiegen zu werden, grundsätzliche Kritik am demokratischen System, was gewöhnlich sofort mit gesellschaftlicher Exkommunikation durch die Dressurelite geahndet wird. Das ist in seinem Fall – erstaunlich genug – nicht geschehen.
Der Grund dafür ist, dass es die herrschenden Eliten, dank des von ihnen täglich aufs Neue zu Schau gestellten Gemischs aus Inkompetenz und Niedertracht, so weit gebracht haben, dass selbst radikal gegen den Strich gebürstete Meinungsäußerungen von vielen politisch heimatlos gewordenen Bürgern nicht nur akzeptiert, sondern sogar dankbar angenommen werden. Daran ändert nichts, dass die über die Deutungshoheit verfügenden (linken) Tugendwächter mit Ablehnung reagieren. Ein erfreuliches Zeichen.
Ortners Kernthese: Stetig wachsende Anteile der Bevölkerung verblöden in immer stärkerem Ausmaß. Daraus folgt ein Niedergang der Qualität der von den „Kevins und Jessicas“ getroffenen politischen Entscheidungen. Das ist durchaus plausibel, denn wer Dreck nicht von Schuhcreme unterscheiden kann, wird bei der Beantwortung komplexer politischer Fragen kaum besondere Kompetenz an den Tag legen. Selbstverständlich sind schlichte Naturen eher am Ende der Einkommensskala zu finden und damit die zuverlässigsten Klienten des Wohlfahrtsstaates. Die immer größer werdende Zahl der Nachfrager staatlicher Umverteilungsmaßnahmen wiederum führt zu einem stetig wachsenden Stimmgewicht dieser Gesellschaftsschichten, womit sich der Kreis schließt.
Anfang der Sechzigerjahre präsentierten die genialen Kabarettisten Bronner, Qualtinger & Co. eine Nummer namens „Die Unterentwickelten“, die heute angesichts ihrer offenkundigen „Minderheitenfeindlichkeit“ völlig unvorstellbar wäre. In dieser heißt es „…wenn wir was lernen, werden wir zwar gescheiter, aber heut´ kommen wir mit der Blödheit viel weiter…“ was in einer Zeit, als Kinder (im Gegensatz zu heute) nach Abschluss der Grundschule immerhin fähig waren, zu lesen und zu schreiben, als weit vorweggenommene Bestätigung der Befunde, wie sie nach Thilo Sarrazin nun Christian Ortner vorlegt, verstanden werden kann.
Einen Ausweg scheint nur der (unvermeidliche) Systemkollaps mit anschließendem Neustart zu bieten. Auf dem Boden des gegenwärtigen Systems (Andreas Khol würde sagen „innerhalb des Verfassungsbogens“) ist deshalb nichts zu retten, weil die vom System der Prolokratie Begünstigten natürlich nicht freiwillig von ihren „wohl erworbenen Rechten“ lassen werden…
Besonders schmerzen wird es die unkritischen Apologeten der Massendemokratie, dass Ortner nicht nur die Mär von der grundsätzlichen Überlegenheit von Mehrheitsentscheidungen, sondern auch das Mantra vom demokratischen System als dem einzig erfolgreichen Freiheits- und Wohlstandsgenerator in Frage stellt, indem er mehr oder weniger autokratische (jedenfalls undemokratische!) Erfolgsmodelle wie China, Singapur oder Oman dagegenhält. Er stellt die berechtigte Frage, wie weit es denn mit der Freiheitsliebe in einem System her sein kann, das seine Leistungsträger mittlerweile um rund zwei Drittel ihres Einkommens bringt und das die gesamte Bevölkerung mit täglich neuen Regeln und Verboten drangsaliert.
Ortners Forderung, das Wahlrecht – analog zur Fahrerlaubnis – an gewisse geistige Fähigkeiten zu binden, erscheint nicht abwegig. In der Tat: Weshalb sollten Idioten kluge Entscheidungen treffen? Aus der Praxis des Alltags allerdings ergibt sich insofern ein gewichtiger Einwand (der einzige, den der Rezensent vorzubringen hat!), nämlich, dass man aus dem Mund einfacher Menschen (sofern sie ihr eigenes Geld verdienen und noch nicht durch die Segnungen des Wohlfahrtsstaates völlig korrumpiert und demoralisiert wurden), oft erheblich Gescheiteres zu hören bekommt, als aus dem von Akademikern. Insbesondere dann, wenn es sich z. B. um Soziologen oder Politikwissenschaftler handelt, die, kaum der Uni entronnen, auch schon – vorzugsweise in linken Parteien – auf politischen Mandaten hocken und von Steuergeldern leben. Formale Bildung schützt eben weder vor Blödheit noch vor Verkommenheit! Ein Blick ins Parlament, wo es von (scheinbar) gut gebildeten Menschen wimmelt, verschafft in dieser Frage absolute Gewissheit.
Wenn Ortner also fordert, „Kevin und Jessica müssen daran gehindert werden, die Konten heute noch Ungeborener zu plündern.“ Ist dem grundsätzlich zuzustimmen. Wie das (gewaltfrei) gehen soll, wird indessen nicht so ganz klar. Die Auswahl von Mandataren durch Los, anstatt durch Wählerentscheid, mag eine brauchbare Methode sein. Auch das Zitat aus Hayeks „Verfassung der Freiheit“, in dem ein Ausschluss aller Empfänger von Transferzahlungen (also auch der Beamten!) vom Wahlrecht gefordert wird, ist gut gewählt. Doch wer sollte das durchsetzen – gegen den Willen einer täglich größer werdenden Wählermehrheit?
Fazit: Angesichts des den Meinungshauptstrom beherrschenden, politisch korrekten Einheitsbreis, ein Büchlein voller erfrischender, kluger Gedanken.
Prolokratie
Christian Ortner
Edition a, Wien 2012
91 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-99001-047-1
€ 14,90,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Der rotgrüne Meinungsterror wird immer schlimmer. Nachdem die Grünen in Wien einer wegen unfeiner Texte unerwünschten Pop-Gruppe mit unverblümten Drohungen den Hahn abgedreht und ein Konzert gestoppt haben, haben sie auch an den Universitäten ihren Kampf gegen die Meinungsfreiheit intensiviert. Der Fachschaft Juristen wurde einfach ein Beitrag einer studentischen Autorin in deren Publikationsorgan verboten, weil darin gewagt werden sollte, mit ohnedies nur sanften Worten den Genderismus zu hinterfragen.
Diese Aktion setzt dieselbe rotgrüne ÖH, die sich in ihrem eigenen Organ die Vertreibung von katholischen und nationalen Couleurstudenten aus den Hörsälen gewünscht hat. Wo ist da eigentlich die in anderen Fällen so rührige Staatsanwaltschaft geblieben? Ach ja, die ist ja unter Beitragstäterschaft der provinziell-naiven Justizministerin jetzt ganz der Linken überantwortet worden, also zu vergessen.
Zum konkreten Fall der Juristen: Da beruft sich die totalitäre Linke bei ihrer Zensur auf ein angebliches Recht zu „inhaltlicher Kontrolle“. Aus diesem Grund verhindert die ÖH-Leitung der Uni-Wien schon vier Wochen lang das Erscheinen des Fachschaft-Blattes „Juristl“. Die Fachschaftsvorsitzende erhielt als Begründung folgendes wirre Mail von einem (einer? Oder gar ungeschlechtlichen? Bei der ÖH weiß man ja nie) Jule Fischer:
„gerade haben wir mit Entsetzen deinen "Artikel" im Juristl gelesen.
Abgesehen davon, dass er schlecht geschrieben ist, ist er auch schlecht recherchiert. Bevor du inhaltlichen Blödsinn wie "ursprünglich männliche Subjekte" schreibst, wäre es vermutlich sinnvoll sich mit Subjekten bereits befasst zu haben....was genau meinst du mit "ursprünglich männlich"? Offensichtlich ist allerdings, dass du nicht ganz verstanden hast, worum es beim "Gender" geht, welche Beziehungen Sprache - Hierarchien - Macht miteinander eingehen - Foucault lesen, oder Derrida, am besten jedoch Butler wäre sicher hilfreich....BEVOR du einen Artikel von solch haaresträubender Dummheit verfasst. Es ist jedoch ein Aspekt deines Textes, der in mir und den anderen Menschen im Referat Übelkeit hervorruft: "Das stellt schon irgendwo eine Vergewaltigung der deutschen Sprache - oder vielleicht passender: eine 'Geschlechtsumwandlung' der Sprache." Wie kommst du dazu Vergewaltigung und Geschlechtsumwandlung als gleiche Negativbestimmung für den Umgang mit Sprache zu verwenden? Wenn dir die "deutsche Sprache" wirklich so wichtig ist, dann überleg dir doch bitte, ob es besser ist 3.000 Zeichen für einen solchen Artikel zu verwenden, oder lieber zu gendern - soviel zum Thema Platz und Inhalt.
Dies ist meine persönliche Meinung, nicht die des Referats.“
Eine offizielle Stellungnahme des „Referats“ (die Bezeichnung erinnert stark an einstige „Politkommissariate“ und an diverse Institutionen bei Kafka) gibt es offenbar nicht. Man hat ja das Erscheinen des Blattes ohnedies schon vier Wochen verhindert.
Hier der Artikel, der gemäß den rotgrünen Zensoren nicht erscheinen darf:
Es ist ein Phänomen unserer Generation – jahrzehntelang dachten wir uns kaum etwas, wenn wir von „Mannschaften“ sprachen oder von „Krankenschwestern“. Mittlerweile wissen wir, dass jede Bezeichnung, jeder Titel, jedes Wort im Deutschen die Suggestion eines männlichen oder weiblichen, veralteten Klischeebildes enthält. Seit wir darauf gekommen sind, ist es an der Zeit, diesem ungewollten, aber unglücklicherweise historisch gewachsenen Umstand entgegen zu wirken. Wie? Durch Gendering.
Gendering (abgeleitet von engl. „Gender“ – soziales Geschlecht) bezeichnet laut Wikipedia eine Bestrebung, die Gleichstellung aller Geschlechter in Sprache und Gesellschaft zu etablieren und dem Sexismus in der Sprache entgegenzuwirken. Dazu werden beispielsweise Texte „gegendert“.
Selbst User und Userinnen unserer Lieblings-Selbstdarstellungsplattform – Facebook – echauffieren sich öffentlich über die ihrer Meinung nach wahnwitzigen Dimensionen, die diese, ursprünglich von lobenswertem Streben geschlechtsneutraler Sprache mit dem Ziel geringerer gesellschaftlicher geschlechterbezogener Diskriminierung, Regelungen erreicht haben:
„Gott sei Dank mache ich meine Diss nicht an der Rewi Graz.
Da müsste ich anstelle von ‚Mannschaft‘ das englische ‚Team‘ verwenden und der Otto Normalverbraucher wäre auch tabu. Soll man dann Otto/Anna Normalverbraucher/-in schreiben, oder was? Und selbst eine Frau darf ‚ihren Mann nicht stehen‘... irgendwie wird das immer verkrampfter und ist die weibliche Form von Doktor nicht Doctrix und nicht Doktorin?? Man leset und staunet...“
Magistra ist die lateinische weibliche Form von Magister. Mag.a zu schreiben also aus meiner Perspektive vollkommen in Ordnung und angemessen. Der weibliche Titel - das passt schon. Doch die doppelte und dreifache Verweiblichung ursprünglich männlicher Subjekte ist schlichtweg seltsam. Schließlich werden Femina auch nicht versächlicht.
Besonders seltsam erscheint die Genderei, wenn am Schluss nur noch die weibliche Form bleibt (siehe beispielsweise die Satzung der ÖH Uni Wien, was zwecks Gleichberechtigungsbestrebungen wiederum nicht als diskriminierend gesehen wird). An diesem Punkt sehe ich das Ziel irgendwo verfehlt.
Das Lästige aus meiner Perspektive? Die unglaubliche Omnipräsenz des Genderns in den Druckwerken der ÖH, die dieses Thema einnimmt – und diese ist nicht einmal positiv besetzt. Dies geht aus den Feedbacks zum „Juristl“ hervor. Denkt die Gesellschaft positiver über Frauen in Führungspositionen, weil sie sich nun beim Neuaufsetzen des Computers das „Firefox-Tool“ herunterladen, welches die Gendergap aus allen aufgerufenen Texten „schon voll automatisch“ löscht?
Unsere Juristl-Redaktion findet mehrheitlich das Gendern sachgerecht. Eine ausdrückliche Befürwortung vonseiten der FV Jus ist jedenfalls gegeben. Dennoch – ganz freiwillig geschieht dies im Juristl nicht. Wenn eine Rechtsanwaltskammer zur RechtsanwältInnenkammer wird, oder Rechtsanwaltsanwärter zu RechtsanwältInnenanwärterInnen werden, dann widerspricht dies im ersten Fall dem eingetragenen und rechtlich geschützten Namen; im zweiten Fall hingegen nimmt das Gendern so viel Raum ein, dass es sehr zulasten des Inhalts geht. Denn wo viel Platz für den Genderformalismus eingeräumt werden muss, da gibt es weniger Platz für Inhalte.
Das Schlimme ist, dass dadurch jeder Text unlesbar und flüssiges, grammatikalisch korrektes Schreiben und Sprechen unmöglich gemacht wird. Das stellt schon irgendwo eine Vergewaltigung der deutschen Sprache dar – oder vielleicht passender: eine "Geschlechtsumwandlung".
Um an dieser Stelle zuletzt mit meiner persönlichen Meinung eine Aussage in den Raum zu stellen (exemplarisch, einfach weil auch ich eine Frau bin):
Ob Binnen-I oder IN oder A - es beleidigt mich weder, noch verhöhnt es oder greift es mich an wenn es dasteht - ebenso wenig aber auch, wenn es nicht da steht. Ich fühle mich öfters nicht ernst genommen, belächelt und gern über den Kamm „liebes Mädchen“ geschert – weil ich klein bin, weil ich jung bin, weil ich eine Frau bin. Aber ich fühle mich nicht besser gestellt oder gerechter behandelt, wenn Deutsch als Sprache nur mehr holprig zu sprechen und flüssig lesbare Texte nicht mehr präsent sind.
Warum ich trotzdem gendere? Ich bin Teil der ÖH Uni Wien – welche sich in ihrer Satzung folgenden Grundsätzen verschrieben hat: „Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte in allen Publikationen, bei Veranstaltungen, etc. (d. h. insbesondere die Verwendung von geschlechtergerechten Formulierungen […])“ (§ 1 Abs 2 Satzung der ÖH Uni Wien).“
Soweit der von den Linken verbotene Text. Harmloser und gefügiger geht’s eigentlich nimmer. Aber selbst so etwas ist schon gemäß dem rotgrünen Diktat verboten.
Rotgrün hat übrigens nur dank angeblich neutraler „Fachschaftslisten“ überall eine Mehrheit. Daran zeigt sich wiederum die Naivität vieler Studenten, die diesen ganzen Schwachsinn eigentlich gar nicht wollen, aber dennoch regelmäßig ein paar Verrückt_Innen seine Realisierung ermöglichen.Weil sie sich "neutral" verhalten.
Dabei ist es erst fast 70 Jahre her, dass an unseren Universitäten die wissenschaftliche Freiheit durch das Ausmerzen unerwünschter Meinungen ersetzt worden ist. Wehret den Anfängen! (auch wenn sie schon ziemlich weit gediehen sind)
Tagtäglich könnte sich einem bei Lektüre von „Heute“ oder „Österreich“ der Magen umdrehen. Aber das ist halt Teil der Demokratie und Meinungsfreiheit, dass auch Mist gedruckt wird. Beklemmend ist aber, in welchen Fällen plötzlich die Meinungsfreiheit abgedreht wird – und die Politik Beifall dazu klatscht. (Mit einer nachträglichen Ergänzung bzw. Korrektur)
Diese Tagebuch-Anmerkungen erscheinen erst mit einigen Tagen Verspätung, weil ich die Unappetitlichkeiten des Boulevards eben fast nie konsumiere. Was den Gratisverteilern sicher ziemlich wurscht sein kann. Weniger wurscht ist ihnen allerdings, wenn man dann – zufällig – bei Meinungsumfragen befragt, angibt, dass man diese Blätter nicht liest. Das geht (auf dem Umweg über die Anzeigentarife) dann rasch ins Geld.
Die Vorgeschichte: In "Heute" hat ein Journalist mit den milieuüblichen drastischen Formulierungen einen in der Tat besonders widerlichen Mord beschrieben. Ein 43-Jähriger hatte seine Frau vor einem Kindergarten erstochen. Der Autor gab seinem verständlichen Zorn mit Formulierungen Ausdruck, die nicht gerade die meinen wären: Der mutmaßliche Täter gehöre zur Sorte Mann, "die zum Glück eher hinterm Mond lebt. In Ländern, wo das Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf. Partnerinnen betrachten sie als Besitz. Macht sich der selbstständig, sind sie im Stolz verletzt und drehen durch."
Tags darauf wurden wegen dieses Textes gleich zwei Mitarbeiter gefeuert („beurlaubt“). Die Begründung des Blattes: „Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie hatten in „Heute“ nie Platz und werden dies auch in Zukunft nie haben.“ Der zur Ausstellung eines Persilscheines herbeigeholte Staatssekretär Sebastian Kurz sprach wiederum von einem anderen Delikt, von der „Herabwürdigung von Religionen“, die in einer Zeitung keinen Platz haben dürfe. „Daher begrüße ich die raschen internen Konsequenzen ausdrücklich.“
Damit hat sich der bisher recht geschickt agierende Staatssekretär voll ins Fettnäpfchen gesetzt. Denn ich kenne keine einzige Äußerung von ihm, wo er etwa bei der reihenweise stattfindenden Herabwürdigung christlicher Religionen den Mund aufgemacht hätte – oder gar den Hinauswurf von Journalisten verlangt hätte. Kein Wort von Kurz oder einem sonstigen Regierungsmitglied, dass gerade wieder zwei ORF-Kabarettisten eine Kirche zu ihren herabwürdigenden Späßchen missbraucht haben. Kein Wort zu dem für gläubige Menschen tief verletzenden Film „Paradies: Glaube“.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin auch in diesem Fall nicht für Zensur, sondern für die Meinungsfreiheit. Aber Meinungsfreiheit darf nie selektiv werden, sonst schlägt sie sofort in Gesinnungsterror um. Schlimm, wenn auch das einzige Regierungsmitglied, das sich mit solchen Fragen befasst hat, das nicht begreift.
Weniger überraschend ist, dass die „Heute“-Führung sofort politisch korrekt reagiert hat. Ihr bleibt gar nichts anderes übrig, wenn man in so hohem Ausmaß vom Geld und den sonstigen Wohltaten der Rathaussozialisten abhängig ist. Die ja selbst wiederum gerade den Wählertausch von den Arbeitern hin zu den Migranten vollzogen haben.
Alle Beteiligten sollten sich jedenfalls weniger über die – blattüblich geschmacklosen – Formulierungen jenes Textes erregen. Eigentlich sollten sie alle in voller Breite das dramatische Problem aufgreifen, das hinter dem Fall steckt: die sogenannten „Ehrenmorde“. Hier geht es nicht um einen tragischen Einzelfall, sondern um ein verbreitetes Produkt einer importierten Kultur, deren „Wert“-Hierarchie hierzulande von (staatlich bezahlten!) Religionslehrern und Privatgerichten rapide verbreitet wird. Wenn sich ein von diesen Typen indoktrinierter Mann in seiner Ehre verletzt fühlt, dann hat er nach verbreiteter islamischer Rechtsauffassung das Recht, diese sogenannte Ehre durch Taten gegen Frau oder Tochter wiederherzustellen.
In Deutschland hat man das gleiche Problem, schaut aber nicht so rasch weg, wie man es in Österreich tut. Dort hat etwa die Regierung für ein einziges Jahr von über tausend Fällen solcher Ehrenmorde gesprochen. Wobei es zweifellos darüber hinaus noch eine Dunkelzahl von als Unfall getarnten Morden gibt. Bricht man – mit guter Legitimation – diese Zahl auf Österreich herunter, würden wir bei rund Hundert ermordeten Frauen halten.
Ein Problem? In Österreich offenbar nicht. Da sind nur zwei allzu flapsige Sätze über den Islam ein Problem. Die toten Frauen und das dahinter steckende Problem – das natürlich mit dem Islam und seiner Diskriminierung der Frauen zusammenhängt – interessiert hingegen nicht. Unter den Teppich damit!
Und die Journalistengewerkschaft, kümmert sich die nicht um Meinungsfreiheit? Dass ich nicht lache. Die ist eine reine SPÖ-Vorfeldorganisation geworden.
Und die Feministinnen, kümmern sich die nicht um ermordete Frauen? Keineswegs, denen geht es nur um möglichst viele Aufsichtsratsposten.
Nachträgliche Korrektur: Der Tagebuch-Eintrag scheint in einem wichtigen Aspekt leider unkorrekt zu sein, was ich sehr bedaure: Der Mörder war nach allem, was ich inzwischen weiß, kein Moslem, er stammt aus Österreich und hat keinerlei Migrationshintergrund. Damit ist natürlich der ganze Anlass dieser Eintragung hinfällig. Ich lasse ihn dennoch stehen - als Signal, dass sich auch das Tagebuch und sein Autor keineswegs für unfehlbar halten und auch Fehlleistungen nicht unter den Tisch zu kehren versuchen..
Das zentrale Thema der Eintragung bleibt dennoch wichtig: Das sind die vielen von Männern aus islamischen Ländern begangenen Ehrenmorde und die Untätigkeit gegen diese Taten als gesellschaftliches Phänomen.
Zumindest diskutabel ist auch weiterhin, ob selbst in diesem Fall der Jubel eines Politikers zum Hinauswurf von Journalisten schlau ist. Noch problematischer ist ein weiterer Hintergrund: In allen polizeilichen Informationen zu dem Mord fehlt jeder Hinweis auf den Täter, nicht einmal der Vorname wurde mitgeschickt. Dieses polizeiliche Verhalten ist dadurch motiviert, dass man politisch korrekt jeden Hinweis auf den ethnisch-religiösen Hintergrund von Tatverdächtigen vermeiden will. Das hat aber erst recht das Misstrauen vergrößert. Und die Gefahr von Fehlinterpretationen.
Die österreichischen Volksschulen haben voll versagt. Das ist eindeutiges Ergebnis zweier großer internationaler Vergleichsstudien, die nun präsentiert worden sind. Die Ergebnisse zeigen eine absolute Dringlichkeit einer Reform der Volksschule. Da diese aber die einzige echte Gesamtschule des Landes ist, versuchen Claudia Schmied und die ihr hörigen Medien mit allen Mitteln eine Debatte darüber zu verhindern. Durch einen simplen Trick: Sie veröffentlichen zur gleichen Stunde, da dieses Debakel bekannt wird, die sogenannten Bildungsstandards. Da diese nur innerösterreichische Vergleiche bieten und vom SPÖ-nahen bifie-Institut erstellt worden sind, sind sie wenig aussagekräftig. Und zugleich werden auch diese bifie-Ergebnisse extrem manipulativ veröffentlicht, etwa indem die Ergebnisse der diversen Formen der Gesamtschule für die 10- bis 14-Jährigen im Vergleich zu den Hauptschulen geheimgehalten werden. (Mit nachträglicher Ergänzung)
In Wahrheit müsste all dies viel mehr eine Rücktrittsdebatte in Hinblick auf die Unterrichtsministerin auslösen als bei den beiden jetzt im Visier von Medien und Bundes-SPÖ liegenden Salzburgern Burgstaller und Brenner.
Kurz die wichtigsten Daten: Bei PIRLS geht es um die Lesefähigkeit der Zehnjährigen. Und die hat sich in den letzten fünf Jahren weiter verschlechtert. Österreich liegt nur noch auf Platz 16 von 23 bei dem Test mitmachenden Ländern, beziehungsweise auf Platz 25 von weltweit 45. Am besten schnitten Hongkong, Finnland, Russland und Singapur ab.
TIMSS wiederum vergleicht die mathematischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten. Da erreicht Österreich Platz 14 unter 21 teilnehmenden EU-Ländern, beziehungsweise 23 unter 50 weltweit teilnehmenden Ländern. Die Besten: Singapur, Südkorea, Hongkong, Taiwan, Japan. Die TIMSS-Studie attestiert überhaupt nur drei Ländern einen Abstieg im Vergleich zu 1995, während sehr viele sich signifikant verbessert haben. Die Absteiger: Österreich, Tschechien und die Niederlande.
Angesichts dieser Ergebnisse ist es eine nationale Tragödie, dass die linke Schulreformdebatte über alles mögliche reden will, nur nicht über die Gesamtschule namens Volksschule. Müssen wir nicht – lieber heute als morgen – einen Test der Deutsch-Fähigkeiten zur zwingenden Voraussetzung VOR Aufnahme in eine Volksschule machen? Müssen wir nicht auch in der Volksschule viel stärker differenzierte Formen ermöglichen? Müssen wir nicht den Eltern objektive Qualitäts-Maßstäbe und Informationen über die Leistungen einzelner Schulen und Lehrer anbieten? Müssen wir nicht gerade in den Volksschulen Abschied nehmen von der Kuschelschule, mit der manche „progressive“ Schulreformer unsere Kinder heimgesucht haben? Ja und auch: Wie bringen wir wieder mehr Männer in den inzwischen total verweiblichten Beruf des Volksschullehrers? Müssen wir nicht die Pädagogischen Hochschulen umgehend reformieren – und diese, so wie es vor einem Jahrzehnt bei den Unis geschehen ist, dem direkten Zugriff der Politik entziehen?
Ähnlich müssen sich aber auch Medien und Gesellschaft fragen: Wird nicht allerorten Lernen und Leistung als blöd hingestellt? Können wir es uns noch länger leisten, auf die sehr ernsthaften und in breiter Front erfolgreichen Schulsysteme ostasiatischer Länder herabzublicken, die zweifellos einen massiven und bei uns unbekannten Leistungsdruck auf die Kinder ausüben?
Um von diesem Volksschul-Desaster abzulenken, werden die Nation und ihre Medien zur gleichen Stunde mit Ergebnissen der österreichischen Bildungsstandards-Messungen in Sachen Mathermatik überhäuft. Dabei sind zwar viele Daten produziert worden, aber alles Wichtige, Wesentliche und vor allem für die Eltern als Orientierung Hilfreiche wird geheimgehalten. Das alles unter der Verantwortung einer Partei, die einst behauptet hat, das Land mit Transparenz und Demokratie zu fluten.
Es hilft ja niemandem viel weiter, wenn wir jetzt wissen, dass Oberösterreich am besten und Wien am schlechtesten abgeschnitten hat. Niemand hat angesichts der Migrantenzahlen und der Performance der Frau Brandsteidl im Wiener Stadtschulrat etwas anderes erwarten können, die offensichtlich kaum mehr kann, als breit lachend ihre wohlgeformten Zähne in allen möglichen Gratisblättern zu präsentieren.
Wenig überraschend ist auch, dass die besten Ergebnisse eine AHS erzielt hat, die schlechtesten eine Haupt- oder Gesamtschule. Dass aber manche dieser Haupt- (oder vielleicht auch Gesamt-)Schulen sehr gute Ergebnisse haben. Vermutlich jene am Land, aber das ist schon wieder geheim.
Ebenso klar war, dass die Migranten weit schlechter abschneiden als die Schüler mit eingeborenem Hintergrund. Aber es ist immerhin positiv, dass das veröffentlicht wird, hat man doch bei früheren Studien das Migrationsproblem gerne verschwiegen.
Interessant ist auch, dass bei den Bildungsstandards die Buben besser als die Mädchen abschneiden – obwohl es bei den Schulnoten regelmäßig umgekehrt ist.
Nur noch lächerlich ist hingegen, dass bei diesen Tests von der großen Mehrheit eine vom Biefie selbst gesetzte „Baseline“ deutlich übertroffen worden ist. Das Bifie weiß natürlich genau, dass man nur durch niederes Setzen des Maßstabes der Geldgeberin im Ministerium zu Gefallen sein kann, indem man einen Erfolg fingiert. Da setzt man lieber selber niedrige Standards statt internationale Vergleiche ernst zu nehmen.
Ein Skandal ist es aber jedenfalls, dass die Gesamtschulen unter fadenscheinigen Ausreden nicht extra ausgewiesen worden sind. Bifie tut dabei nämlich so, als ob zu den Gesamtschulen nur die sogenannte „Neue Mittelschule“ gehören würde. Und da wären nur 67 von 1400 Schulen dabei gewesen. Aber erstens wären auch dafür die Gesamtergebnisse relevant, und zweitens gibt es seit langem ebenfalls von linken Ideologen gepushte andere Formen der Gesamtschulen, deren Evaluierung jetzt endgültig unter den Tisch gekehrt wird.
Das allergrößte Ärgernis ist, dass man keine Schulergebnisse erfährt. Was ist denn das für eine undemokratische und totalitäre Haltung? Die Eltern, die für ihre Kinder Schulentscheidungen treffen sollen, müssen blöd sterben. Weil es die Politik nicht will, weil es die Gewerkschaft nicht will.
Man kann nur hoffen, dass sich die Wissensträger in den Schulen, etwa die Elternvertreter (die ja ihr eigenes Ergebnis kennen), nicht an den Maulkorb halten und solcherart Schule für Schule die Ergebnisse bekanntwerden. Dann kann man ja schließen: Jene Schulen, die das besonders streng geheim halten, können nicht zu den guten gehören.
PS.: Eine merkwürdige Formulierung findet sich in der Reaktion des ÖVP-Bildungssprechers Amon: Die Resultate würden einmal mehr verdeutlichen, dass "Alleingänge der Länder, die Leistungsgruppen abzuschaffen und auf jegliche Form der Differenzierung zu verzichten, als gescheitert bezeichnet werden können". Mit Verlaub: Auch die ÖVP hat der künftigen - österreichweiten! - Abschaffung genau solcher Leistungsgruppen zugestimmt. Diese gibt es ja in den alten Hauptschulen, sie sind aber in den Gesamtschulen nicht mehr erlaubt. Weiß Amon nicht mehr, wie er sich da selber (auf Geheiß von Josef Pröll) über den Tisch ziehen hat lassen? Diese Scharte in der sonst halbwegs vernünftigen Bildungspolitik der Schwarzen kann er mit solchen Sprüchen nicht ausmerzen.
Nachträgliche Ergänzung: Selbstverständlich gibt es auch die sogenannten Bildungsstandards als Dokument. Dort ohnt es sich insbesondere Seite 23 anzuschauen. Die zwei Balken muss man mit eigenen Augen gesehen haben: Bei den AHS haben 86 Prozent die Bildungsstandard "erreicht" oder "übertroffen", Bei Gesamt- und Hauptschulen sind es hingegen nur 43 Prozent. Schlimmer gehts nimmer. Und statt einen präziseren Blick auf die Unterschiede von Gesamtschule und Hauptschule zu erlauben, um diese Problemzone besser analysieren zu können, werden die Unterschiede verheimlicht.
Erst in wirklichen Krisen können sich Staaten und Institutionen bewähren. Bei Schönwetter haben hingegen auch brüchige und windschiefe Konstruktionen Bestand. Was ist da nun die Europäische Union: ein windschiefer Schönwetter-Bau oder eine Struktur, die zu Recht den Nobelpreis bekommt? Immer mehr Menschen fragen sich: Wie wird die EU die gegenwärtige Krise überleben? Kann sie, wird sie überleben? Was sich noch nicht alle eingestehen: Es ist absolut notwendig, Europa komplett neu zu denken. Denn es hat sich auf einen Irrweg begeben. Es gilt zu bewahren und auszubauen, was sich bewährt, aber auch rasch wieder abzustoßen, was sich nicht bewährt hat.
Dazu tut es einmal gut, in die Außensicht zu wechseln. Tatsache ist, dass in den entwickelten Ländern Europas, die nicht EU-Mitglieder sind, die Diskussion über einen Beitritt fast völlig verstummt ist. Von der Schweiz bis Norwegen hat man weitgehend das Interesse an einer Mitgliedschaft verloren. Die Schweizer feiern gerade im großen Konsens als Erfolg, dass sie vor 20 Jahren beschlossen haben, sogar dem Vorhof der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum, fernzubleiben. Damals war die Nein-Mehrheit noch relativ knapp. Heute wäre sie haushoch.
Aber auch in jenen Ländern, die viele EU-Bürger ohnedies nicht gerne in ihrem Verein gesehen hätten, ist das Interesse geschwunden: Von Russland bis zur Türkei orientiert man sich viel weniger an der EU als vor einem Jahrzehnt. Man geht lieber eigene – nationale, nationalistische – Wege. Russland lebt (noch?) sehr gut von den hohen Energiepreisen, und die Türkei weist ein eindrucksvolles Wirtschaftswachstum auf.
Lediglich die kleineren und notleidenden Staaten in der Zone dazwischen zeigen anhaltendes Interesse an einer Mitgliedschaft: von Albanien bis zur Ukraine, von Moldawien bis Bosnien. Diese und alle anderen Nicht-EU-Länder in diesem Raum bekommen ökonomisch die Füße nicht auf den Boden. Sie strampeln irgendwo im Niemandsland zwischen den alten KP-Diktaturen, neuen nationalistischen Autokratien und dem Status von Möchtegern-Demokratien herum. Sie erwarten sich von der EU-Mitgliedschaft Wunderdinge und die Heilung aller Probleme von Korruption bis Unterentwicklung, vom Versagen der Justiz bis zu ungelösten ethnischen Konflikten.
Für die diplomatischen Eliten Europas wird es freilich immer schwerer, den bisherigen Mitgliedern solche Länder als Bereicherung der Union zu verkaufen. Hängen doch schon etliche der jüngst beigetretenen Mitgliedsstaaten wie ein Bleigewicht an den Beinen der Union. Insbesondere gilt das für Rumänien, wo soeben eine schwer korrupte und anti-rechtsstaatliche Gruppierung einen triumphalen Wahlsieg errungen hat.
Diese Länder wollen das Geld des Westens, aber nicht dessen Spielregeln. Dennoch zeigt sich die EU-Diplomatie auch an deren Mitgliedschaft interessiert: Sie glaubt nämlich, dadurch eine Stabilisierung der Region und der diversen brodelnden Konflikte zu erreichen. Dass die Bürger der alten EU-Staaten das anders sehen, ist den europäischen Eliten ziemlich egal. Ebenso, dass die erhoffte Stabilisierung durch die Mitgliedschaft auch schon bei den zuletzt aufgenommenen Mitgliedern nicht funktioniert.
Aber jedenfalls sind die Beitritts-Ambitionen solcher Staaten noch keineswegs ein Erfolgssignal für die EU. Viel signifikanter ist, dass alle Nicht-Euro-Mitgliedsstaaten sämtliche Initiativen abgeblasen haben, die gemeinsame Währung zu übernehmen.
Am ernstesten sollte Europa aber das beobachten, was sich in Großbritannien abspielt. Im Inselreich ist ein Referendum über die eigene europäische Zukunft fast nicht mehr abzuwenden. Den Briten geht es dabei keineswegs nur um den Streit über die künftigen EU-Budgets und ihren eigenen Rabatt. Immer mehr Menschen, aber auch Abgeordnete fragen sich dort, ob man noch eine gute Zukunft in dieser Union hat. Würde Großbritannien aber die Union ganz verlassen, wäre das nicht nur für die Wirtschaft des Landes ein schwerer Schlag, sondern vor allem auch für die Union selber.
Wäre die Union gut beraten – also auch die anderen Mitgliedsstaaten und deren Abgeordnete – dann müssten sie sich viel ernsthafter mit den britischen Zukunftsvorstellungen befassen. Diese bestehen keineswegs nur in einem Entweder-oder. Vielen Briten schwebt ein Status vor, der sich ganz auf den europäischen Binnenmarkt konzentriert, auf den Rest aber verzichtet. Immerhin muss man London ja konzedieren, dass es den Binnenmarkt, also die Freiheit für Güter, Dienstleistungen, Kapital und Menschen sehr korrekt umsetzt, während etwa Frankreich vielfach hinterherhinkt, obwohl es gerne so tut, als ob es der Erfinder Europas wäre.
Dieser Binnenmarkt ist eine historische Errungenschaft, die es in der Tat unbedingt zu retten gilt. Dabei ist auch ständig gegen vielfältige Versuche anzukämpfen, wieder kleine nationale Trennzäune zu errichten. Diese tarnen sich abwechselnd als ökologisch oder sozial, als kulturell oder sonst wie. Dahinter steckt aber fast immer der alte Protektionismus zu Lasten der Konsumenten und im Interesse einer kleinen Clique. Nur sehr rückständige Dummköpfe können ignorieren, wie sehr dieser Binnenmarkt den Wohlstand aller Europäer in den letzten Jahrzehnten gehoben hat, wie viele Millionen Arbeitsplätze verloren wären, wenn man die Unternehmen wieder in nationale Fesseln legen wollte.
Daher sollte man den Binnenmarkt auch in jenen Bereichen endlich abrunden, wo er noch immer nicht funktioniert: Etwa bei der Luftraumsicherung, im gesamten Eisenbahnbereich oder auch in den Regelungen des Straßenverkehrs. Das sind für einen Binnenmarkt wirklich essenzielle Bereiche.
Daher sollte man auch viel ernster das Projekt der Bush-Ära wiederzubeleben, den Binnenmarkt auch auf Nordamerika auszudehnen.
Ein verbesserter Binnenmarkt wäre noch viel problemloser, hätten nicht fundamentalistische europäische Behörden und Richter die Personen-Freizügigkeit extrem weit in Bereiche hinein ausgedehnt, wo sie keineswegs notwendig und sinnvoll ist. Viele diesbezügliche Regeln sind nicht nachhaltig anwendbar: Etwa der Anspruch von EU-Rentnern, in jedes EU-Land ihrer Wahl ziehen zu können, und dort automatisch die jeweiligen Mindestsicherungen zu bekommen (allein die österreichische Ausgleichszulage bringt vielen EU-Rentnern eine Versiebenfachung ihrer Rente); oder die extensive Praxis der Familienzusammenführung. Aber von dieser Problemzone abgesehen ist der Binnenmarkt wirklich eine sensationelle Errungenschaft, um die Europa zu Recht beneidet wird.
Als umso fragwürdiger erweist sich vieles andere, was in den letzten 20 Jahren dazugekommen ist. Als erstes Beispiel kommt einem dabei natürlich die Währungsunion eines Teils der EU-Staaten in den Sinn. Heute erkennt man, was kluge Menschen schon in den 90er Jahren gesehen haben: Ohne durchgreifende politische Union ist eine Währungsunion absurd. Solange jedes Land selber seine Budgetdefizite entscheidet, seine Steuersätze, sein Rentenalter, seine Mindestsicherung usw. kann eine Währungsunion nicht funktionieren. Die Ergebnisse dieses Realexperiments sollte langsam in alle Köpfe eingedrungen sein. Und zugleich sollten auch die naivsten deutschen und österreichischen Politiker erkennen, dass eine solche politische Union auf friedlichem Weg nicht durchsetzbar ist.
Aber nicht nur bei der Währungsunion drängt sich ein „Zurück an den Start, um Schlimmeres zu verhindern“ auf. Genauso fragwürdig ist die Zusammenarbeit im Bereich des Strafrechts. So wichtig eine Angleichung des Zivilrechts in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum ist, so absurd ist es, wenn man beispielsweise Mitgliedsstaaten verpflichtet, eigene Staatsbürger ans Ausland auszuliefern.
Genauso widersinnig ist es, von einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu reden, wenn man neutrale Länder als Mitglieder hat, oder wenn man es stillschweigend hinnimmt, dass ein Nicht-EU-Staat einen bedeutenden Teil der Union völkerrechtswidrig besetzt hält. Die Situation in Nordzypern ist für eine Möchtegern-Weltmacht mit 500 Millionen Menschen nur noch peinlich. Entweder man hätte Zypern nie aufnehmen dürfen, oder man kann die volle Souveränität der EU durchsetzen.
Und was soll man von der Glaubwürdigkeit der EU halten, wenn sie sich als demokratisch ausgibt, aber ein völlig undemokratisch zusammengesetztes Parlament hat? Jeder deutsche Abgeordnete muss ja zwölf Mal so viele Wähler vertreten wie etwa einer aus Malta.
Am schlimmsten ist der manische Hang der Union, in ihrem Machtrausch ständig immer noch mehr Dinge zu regeln, für die sie niemals geschaffen worden ist. Die Beispiele reichen von der ständigen Verschärfung des angeblichen „Verhetzungs“-Tatbestands übers Nichtrauchen über Studienberechtigungen bis zum gerade wieder aktualisierten Versuch, allen Europäern wassersparende Armaturen vorzuschreiben. Diese sind nicht nur teurer, sondern nördlich der Alpen auch schädlich, wo es genug Wasser gibt, aber viele Rohrsysteme wegen zu geringen Wasserdurchlaufs verschlicken.
Vielleicht sollte man die Europäer an Joseph II. erinnern, der auch alles mögliche von oben neu reglementieren wollte und solcherart zum unbeliebtesten Herrscher geworden ist.
Die Konklusion: Für Europa wäre heute ein Weniger ein klares Mehr, das vielleicht sogar das Überleben der Union retten könnte. Manche klugen Europäer erkennen das auch langsam: So empfahl dieser Tage der österreichische Nationalbank-Chef Ewald Nowotny Europa mehr Pragmatismus. Er warnte davor, die Idee einer politischen Union zur Schicksalsfrage zu machen. Das klingt zumindest in Ansätzen sehr vernünftig.
Die Mehrheit der europäischen Politiker will aber weiterhin in eine falsche Richtung gehen. Sie versprechen zwar immer dann mehr Subsidiarität, wenn die Bürger zu sehr aufbegehren, praktizieren aber jahraus, jahrein das Gegenteil. Es wird Zeit, dass sich besonnene Europäer für das zu engagieren beginnen, was in Europa rettenswert ist.
PS.: Ach ja, und der Friedensnobelpreis? Der ist wohl nichts anderes eine gewaltige Verführung, den wirklichen Zustand Europas zu verdrängen. Er ist ungefähr so ernst zu nehmen, wie die Verleihung des selben Preises an Barack Obama in dessen erstem(!) Amtsjahr, bevor er weitere vier Jahre Krieg führte. Wenn die EU so weitermacht, wird sie selbst zur großen Friedensbedrohung.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Seit November 2010 sitzen die Grünen im Wiener Rathaus. Seit gut zwei Jahren muss die mächtige Wiener SPÖ etwas von ihrer Macht an die 12,6 Prozent-Partei abgeben. Und das nutzt die ehemalige Ökotruppe – soweit es die Sozialdemokraten eben zulassen – aus, um ihre „hehren“ Ziele durchzusetzen und die Wiener ihrer Ideologie entsprechend politisch umzuerziehen. Im Eifer des Gefechts kann es dabei schon mal passieren, dass für einen kurzen Augenblick die demokratische und liberale Maske fällt. Zum Vorschein kommt dann die grüne Fratze des Totalitarismus.
Die Jakobiner unserer Tage sind von ihrer Mission und ihrem alleinigen Wahrheitsanspruch dermaßen überzeugt, dass sie alle, die noch nicht erleuchtet sind, zu ihrem Glück zwingen wollen. Zu den Unerleuchteten bzw. Ungebildeten zählen beispielsweise die unverbesserlichen Autofahrer. Im Kampf gegen den motorisierten Individualverkehr dulden die Grünen keinerlei Widerspruch. Da helfen auch die zigtausend vom politischen Feind gesammelten Unterschriften nichts. Mit fadenscheinigen Argumenten haben die Grünen (und die SPÖ) eine Volksabstimmung zur Ausweitung der Parkpickerlzone einfach vom Tisch gewischt. Die Partei, die seinerzeit aus Bürgerinitiativen und -bewegungen entstanden ist, pfeift wenn´s drauf ankommt auf die Bürgerbeteiligung: Es könnte ja das Falsche rauskommen.
Weil diese Unverfrorenheit bei den Wienern nicht besonders gut angekommen ist, hat man schnell eine Alibibefragung aus dem Hut gezaubert. Auch das lässt tief blicken. Die Fragen stehen zwar noch nicht fest, eines ist aber schon jetzt fix: Gefragt werden wird nur, wenn das Abstimmungsergebnis von vornherein klar ist (also typische No-na-ned-Fragen) oder die Frage irgendein belangloses Randthema betrifft (wie etwa seinerzeit: „Sind sie für einen Führerschein für Kampfhundebesitzer?“) Volksbefragungen als potemkinsche Kulisse für die politisch korrekte Scheindemokratie. Hier haben die Wiener Grünen – zum ersten Mal, seit sie ins Rathaus eingezogen sind – ihr fragwürdiges Demokratieverständnis offen gezeigt.
Noch einen Schritt weiter ist die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou gegangen, als sie eine Mietpreisobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter angedacht hat. Dieser Vorschlag aus der kommunistischen Mottenkiste würde einen massiven Eingriff in die Freiheits- und Eigentumsrechte der Bürger bedeuten und allen Grundregeln einer freien Gesellschaft widersprechen. Dass bereits jetzt 95 Prozent aller Wiener Mietwohnungen preislich reguliert sind, stört die Grünen nicht. Ihre Devise: Kein Fußbreit der Privatwirtschaft, auch die letzten kleinen marktwirtschaftlichen Oasen müssen trocken gelegt werden. Erich Honecker (und die Plattenbauten) lassen grüßen.
Was die Grünen von der Freiheit der Meinung und der Kunst halten, hat zuletzt der Kultursprecher der Wiener Grünen, Klaus Werner Lobo, unzweideutig demonstriert. Er hat die Veranstalter eines Konzerts der Gruppe „Die Hinichen“ telefonisch darauf aufmerksam gemacht, dass deren Texte nicht den „Subventionsbedingungen der Stadt“ entsprächen. Daraufhin musste das Konzert im Wiener Gasometer, für das bereits hunderte Karten verkauft worden waren, abgesagt werden. Was dem grünen Mini-Metternich an den Hinichen so missfällt, sind deren derbe Texte. Zum Repertoire der Gruppen gehören Lieder wie „Fut Orsch Beidl", „Der Neger am Mittelmeer" oder „Gruppensex im Altersheim“.
„Man könne durchaus provozieren, die Texte der Hinichen seien jedoch menschenverachtend und diskriminierend“, so der moralinsaure politisch korrekte Tugendwächter Klaus Werner Lobo. Ja ja, man kann schon provozieren, allerdings nur, solange es gegen rechte, konservative und („neo“)liberale Kräfte geht (was 99,5 Prozent der heimischen Künstler ohnehin stets beherzigen), andernfalls werden eben Subventionen gestrichen und Veranstalter unter Druck gesetzt.
Mit Steuergeldern linientreue Künstler zu belohnen bzw. mit dem Entzug ebendieser Gelder missliebige unter Druck zu setzen, das ist grüne Politik in Reinkultur. So wie die katholische Kirche einst überall Sünde und Sünder vermutet hat, so wittern nun die politisch korrekten grünen Inquisitoren hinter jeder Ecke Diskriminierung. Alle Ketzer und Ungläubigen werden sofort an den moralischen Pranger gestellt. In ihren Köpfen brennen sie schon, die Scheiterhaufen.
So unverblümt wie Herr Lobo hat noch kein Wiener Grüner das politische Selbstverständnis dieser Truppe öffentlich dargelegt. Nach nordkoreanischem Vorbild gilt offenbar auch für die Grünen das politische Credo: Alle dürfen unserer Meinung sein.
Diese politische Einstellung ist für jeden echten Liberalen und Demokraten zutiefst erschreckend und sie lässt erahnen, was passieren würde, wenn diese Gruppierung jemals die Macht in diesem Land erringen würde. Mindestens genauso erschreckend ist aber, dass die vierte Macht im Staat, die Medien und die Journalisten, auf die kommunistischen und antidemokratischen Rülpser der Grünen gar nicht oder nicht entsprechend reagiert. Ganz im Gegenteil, trotz dieser totalitären Anwandlungen bekommen sie weiterhin publizistische Schützenhilfe. Man ist schließlich unter sich.
Gut nur, dass die heimische Bevölkerung etwas klüger ist, als diejenigen, die für die veröffentlichte Meinung verantwortlich sind, denn mit mehr als 13 Prozent dürfen die Grünen wohl auch bei den nächsten Landtags- oder Nationalratswahlen nicht rechnen. Das dürfte auch einer der Gründe sein, warum die Grünen mit der Demokratie, der Meinungsfreiheit und dem Willen der Bürger so ihre Probleme haben.
Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Vor kurzem ist sein Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute" im Deutschen Wissenschaftsverlag erschienen.
Fast schlagartig haben die Österreicher Anno 1970 beschlossen auszusterben. Die statistische Kurve der Kinder pro Frau fiel wie ein Stein von weit über 2 auf 1,4 und hält seither mit nur kleinen Schwankungen bei diesem Wert. Das klingt harmloser, als es ist. Denn am Ende des 21. Jahrhunderts werden die Nachfahren jener Österreicher des Jahres 1970 nur noch zwischen zehn und zwanzig Prozent des einstigen Wertes zählen. Und das ist mehr als beklemmend - zumindest für jene, die noch eine innerliche Bindung an dieses Land haben.
Auf dem Gebiet, das heute Österreich heißt, dürften aber auch dann noch viele Menschen leben. Sogar mehr als heute. Zumindest prophezeien die Demographen eine Bewohnerzahl von rund neun Millionen statt der einstigen sieben. Die Differenz bilden Zuwanderer und deren Nachfahren. Das bedeutet die größte Bevölkerungsverschiebung auf dem Boden der heutigen Republik seit den Wirren der Völkerwanderung.
Freilich sollte man sich der künftigen Zuwanderung nicht so sicher sein: Während die Schrumpfung der Nachfahren der Alteingeborenen bereits irreversibel ist – fehlen doch jetzt schon in zweiter Generation die nötigen Eltern –, so ist die Zuwanderung eine Funktion der Wirtschaftslage. Die Folgen der eskalierenden Schuldenkrise und der unvermeidliche Zusammenbruch des exzessiven Wohlfahrtsstaates werden wohl die Attraktivität Österreichs als Migrationsziel reduzieren, wenn auch nie ganz zunichte machen. Bei einer zu raschen und wahllosen Zuwanderung drohen jedenfalls der Republik in den nächsten Jahrzehnten Zustände wie in manchen Herkunftsländern der Migranten.
Damit steht Österreich vor einer Herkules-Aufgabe: Wie sorgt man dafür, dass solche Menschen zuwandern, die dem wirtschaftlichen Wohlstand helfen, die das zivilisatorische und kulturelle Niveau bewahren oder steigern (auch wenn sie jedenfalls die Identität des Landes unvermeidlich verändern werden)? Das ist fast unmöglich. Denn bisher hat Österreich primär eine gigantische Zuwanderung in sein Sozialsystem erlebt und leider nicht – wie oft behauptet – in den Arbeitsmarkt.
Das beweisen die Zahlen der „Erwerbstätigenquoten“ der 15- 64-Jährigen, wie sie die Statistik Austria ausweist (Diese ist zwar in den letzten Jahren zunehmend bedacht, primär fast nur noch mit linksgefärbten Gender-Themen aufzutreten, aber in der Tiefe der Statistik findet man bisweilen noch die relevanten Daten): Bei den Menschen mit österreichischer Staatsangehörigkeit sind über 73 Prozent erwerbstätig, bei denen mit einem Pass aus einem Nachfolgestaat Jugoslawiens sind es weniger als 65 und bei jenen mit türkischer Staatsbürgerschaft gar nur unter 53 Prozent. Das ist ein dramatischer Unterschied.
Natürlich geht das zu einem Teil auf die Frauen zurück: Von den Türkinnen arbeiten nur knapp über 32 Prozent. Aber auch bei den Männern bleibt der Unterschied signifikant: Bei den männlichen Österreichern sind über 78 Prozent erwerbstätig, bei den Türken und Ex-Jugoslawen jeweils rund 72. Der Rest lebt vom hochentwickelten Sozialstaat – egal ob er daneben auch schwarz arbeitet.
Die Leser seien mit noch einer letzten Zahl gequält: 1970, also am Ausgangspunkt unserer Betrachtungen, lebten in Österreich weniger als 23.000 Muslime. Heute sind es rund 600.000. Vor allem im letzten Jahrzehnt ist deren Zahl ganz steil nach oben gestiegen.
Diese Zahlen könnten nun mit ebenso beklemmenden über das Schulwesen ergänzt werden, über die wachsende Gruppe der Nicht-Lesen-Könnenden, über die Drop-Outs aus jeder Ausbildung nach den Pflichtschuljahren, über die Insassen in österreichischen Gefängnissen, über die Sorgen des Verfassungsschutzes wegen wachsender Sympathien für Radikalismus und Terrorismus, und über die Verschlechterung der Deutschkenntnisse in der zweiten und dritten Migranten-Generation.
Was aber tun?
Zweifellos setzt der junge Staatssekretär Sebastian Kurz eine ganze Reihe von guten Initiativen. Seine Linie „Integration durch Leistung“ ist absolut richtig; ebenso wie die Publizierung positiver Integrationsvorbilder; ebenso wie die Kampfansagen an das Schulschwänzen; ebenso wie der verpflichtende Kindergarten; und insbesondere sein – bisher an der ideologieverhafteten Unterrichtsministerin scheiterndes – Verlangen, Kindern, die nicht ausreichend Deutsch können, zuerst gezielt und konzentriert die Sprache beizubringen, bevor man sie in normale Klassen setzt. Das alles ist gut und richtig. Das ist aber keineswegs ausreichend.
So wagt es bis heute niemand, genauer hinzuschauen, was im – von Österreich finanzierten – Islam-Unterricht stattfindet. Lehrer, die gegen die Trennung zwischen Staat und Religion eintreten, die gegen die Religionsfreiheit wettern (deren wichtigstes Element das Recht auf freien Wechsel der Religion ist!), die Mord- und Selbstmordanschläge als positiv darstellen, die ein eheliches Züchtigungsrecht bejahen oder die gegen die volle Gleichberechtigung von Mann und Frau sind, dürften keinen Tag länger in einer österreichischen Schule tätig sein. Das Bundesheer hat aus solchen Gründen schon eine Reihe Heeres-Imame abgelehnt. Warum schaut das Schulsystem weg?
Ebenso wichtig wäre es, die Schulpflicht zu verändern: Nicht mehr die Zahl der Schuljahre sollte für deren Absolvierung entscheidend sein, sondern die Erlangung eines Pflichtschul-Abschlusszeugnisses - zumindest. Notfalls müssten die Jugendlichen daran auch bis zum 18. Lebensjahr arbeiten. Wobei freilich ebenso wichtig ist, dass dieses Zeugnis wieder ernsthafte Leistungen und Fähigkeiten bescheinigt, wie es in den guten Hauptschulen der Fall war, die leider jetzt abgeschafft werden. Dann könnten und sollten die Jugendlichen auch die Fähigkeit haben, eine Lehre zu absolvieren. Erst dann haben sie wirklich die Integration geschafft. Erst dann leisten die Zuwanderer auch einen Beitrag zum allgemeinen Wohl.
Eine noch schwierigere, aber ebenso notwendige Aufgabe: Österreich muss die Familienzusammenführungen strenger regeln. Denn das, was so harmlos und human klingt, ist längst die größte und unkontrollierteste Einlasspforte ins Land. Dabei gibt es zwei besondere Problemzonen.
Erstens: Viele Kinder von in Österreich lebenden Eltern werden erst im Laufe der Schulpflichtjahre ins Land geholt, während sie vorher billig bei Großeltern oder Onkeln in der alten Heimat leben. Dadurch bleiben sie in Sachen Bildung und Sprache automatisch unaufholbar zurück. Die Abhilfe wäre klar: Familienbeihilfe sollte es bei Eltern fremder Muttersprache ab dem dritten oder notfalls vierten Lebensjahr nur noch geben, wenn ein deutschsprachiger Kindergarten und dann eine Schule besucht wird.
Die zweite Problemzone sind die arrangierten Ehen in sehr jungen Jahren. Hier werden oft Bräute importiert, die nicht nur unreif sind, sondern auch eine unbrauchbare Schulbildung und unzureichende Deutschkenntnisse haben. Hier bräuchte es neben viel strengeren Sprachtests auch – wie in anderen Ländern – ein rotes Licht für Familienzusammenführungen vor dem 23. Geburtstag.
Die Liste des Notwendigen ist noch viel länger. Sie müsste insbesondere auch das Asylwesen umfassen. Da ist es nur schwer erklärlich, warum Österreich unter allen EU-Ländern beispielsweise weitaus am großzügigsten bei der Asylgewährung etwa an Tschetschenen ist. Da müsste man sich auch kritischer mit den unbegleiteten Jugendlichen befassen. Sie stellen inzwischen schon jeden zehnten Asylwerber. Sie werden meist gezielt hergeschickt, weil Jugendliche (oder solche, die behaupten es zu sein) in Österreich besonders liebevoll und aufwendig aufgenommen werden. Und weil das eine gute Chance schafft, dass diese Jugendlichen später ihre ganze Familie nachholen können.
Das Schlimme ist: Jede einzelne dieser Problemzonen mit Handlungsbedarf weckt sofort emotionale, verlogene und heuchlerische Diskussionen, an denen sich Hand in Hand sowohl aggressiv-totalitäre Feinde der Gesellschaft wie auch naive Christen beteiligen.
Von grüner Seite, aber auch von manchen kirchlichen Exponenten wird jede Maßnahme, auch wenn sie bloß eine Angleichung an das Fremdenrecht anderer Staaten darstellt, sofort wie ein neuer Ausbruch des Nationalsozialismus gegeißelt. Von blauer und oranger Seite hingegen hört man nur prinzipielle Fremdenfeindlichkeit. Obwohl Österreich nichts dringender bräuchte als Zuwanderer – wenn sie arbeitswillig sind; wenn sie sich in die Gesellschaft einordnen; wenn sie neben ausreichenden Sprachkenntnissen auch eine brauchbare Ausbildung haben. Ganz zu schweigen von der sehr erfolgreichen kanadischen Methode, wo man sich mit 100.000 Dollar das Einwanderungsrecht kaufen kann.
Dieser Beitrag erscheint in weitaus deckungsgleicher Form in der neuen Ausgabe der Zeitschrift "Academia".
Kann man sich noch, ohne sofort tief und schamvoll zu erröten, als Journalist bezeichnen? Nicht erst die letzten Stunden machen einem klar, dass man zu einer Berufsgattung zählt, die zwar an einem Ende immer noch tolle Leistungen zustande bringt, die am anderen aber so verkommen ist, dass es tiefer nicht mehr geht. Nicht nur in Großbritannien und Australien, sondern etwa auch in Österreich. (Mit einer nachträglichen Ergänzung).
Der Selbstmord einer britischen Krankenschwester ist das jüngste und dramatischste Mahnmal am Wege eines widerlich gewordenen Journalismus. Die Frau wusste offensichtlich nicht mehr ein und aus, nachdem zwei australische Radioreporter sie hineingelegt haben. Die zwei hatten sich als die britische Königin und ihr Mann ausgegeben, die sich nach dem Befinden der wegen Schwangerschaftsproblemen eingelieferten Frau ihres Enkels erkundigen.
Schon allein dieses Vordringen in das Privatleben anderer – ja, auch Royals haben ein Menschenrecht darauf! – sollte eigentlich Skandal genug sein. Zusätzlich haben die Reporter aber dann auch noch diese Krankenschwester, ihre Hilfsbereitschaft und ihren Respekt vor einer scheinbar anrufenden Königin dem Hohn preisgegeben. Die Frau wurde in ihrer Menschlichkeit an den Pranger einer geilen Weltöffentlichkeit gestellt. Das ist Menschenhatz auf das Widerlichste. Und nicht nur ich werde es als sehr bedauerlich finden, dass es da wohl keine strafrechtlichen Konsequenzen geben wird.
Das alles passiert - wenn auch durch australische Täter - ausgerechnet in Großbritannien. Dieses Land hat soeben geglaubt, die medialen Skandale und Missbräuche der letzten Jahre endlich aufgearbeitet zu haben. Journalisten mehrerer Medien hatten Promis und deren Umgebung abgehört und bis ins Privateste hinein verfolgt. BBC-Moderatoren haben Hunderte Kinder sexuell missbraucht. Andere haben einen Politiker fälschlicherweise als Missbrauchstäter geoutet. Das alles hat Medien und Politik von einem „Nie wieder“ reden lassen. Und jetzt das!
Bei uns in Österreich, da ist ja alles zum Glück viel besser, oder? Nein, das ist es keineswegs. Bis auf das Fehlen von bekannten Todesopfern ist der Journalismus hier in manchen Bereichen noch viel übler. Zum einen, weil es am positiven Ende nichts mit britischen Qualitätsprodukten Vergleichbares gibt, also insbesondere mit dem „Economist“ und – trotz allem – mit BBC-World und BBC-World-Service.
Zum anderen empören die Käuflichkeit, die Bestechlichkeit und die Erpressungsmethoden (Motto: „Wenn Sie nicht inserieren, machen wir Sie medial fertig“) bestimmter Medien und Verleger. Das, was da bei etlichen Boulevardmedien und Wochenprodukten zu beobachten ist, ist übler als alles, was man im westlichen Ausland kennt. Und nicht nur die Faymanns und Stronachs und Berlakovichs, die dafür mit Steuergeld zahlen, sind widerlich, sondern die Erpresser erst recht.
Es gibt in Österreich auch solche „witzigen“ Radioreporter, die sich als etwas Falsches ausgeben, und die dann die hineingefallenen Opfer vor aller Öffentlichkeit lächerlich machen. Auch da ist wieder einmal der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Ö3 seit Jahren an führender Stelle dabei. Ohne dass sich eines der unzähligen Aufsichtsgremien aufgeregt hätte.
In eine ähnliche Kategorie fallen die vielen Fernsehformate mit versteckter Kamera, die es auf fast allen Sendern immer wieder gibt. Auch in diesen Programmen wird die Hilfsbereitschaft von Menschen ausgenutzt und lächerlich gemacht. Das hat gesellschaftlich diese Hilfsbereitschaft dramatisch reduziert. Denn die meisten Menschen überlegen inzwischen schon bei jeder ungewöhnlichen Situation auf der Straße, ob sie da nicht wieder einmal von „lustigen“ Journalisten hineingelegt werden.
Am widerlichsten ist aber, was da der österreichische Presserat genau in diesen Tagen beschlossen hat: Er hat es ausdrücklich als legitim bezeichnet, wenn Journalisten mit verdeckter Identität recherchieren. Zwar spricht das Gremium von bestimmten Voraussetzungen dieser Legitimität. Nur: Über die entscheiden halt wiederum die Journalisten selber. Die Presserats-Funktionärstypen begreifen nicht: Wer einmal solche Dämme eingerissen hat, wie etwa die journalistische Pflicht zu offenem Visier, der wird die Sturzflut an Jauche nie wieder aufhalten können.
Immer mehr weise Menschen befürchten, dass der demokratische Rechtsstaat in einer tödlichen und vielleicht finalen Krise steckt. Ich hoffe trotz allem noch immer, sie haben nicht recht. Aber unbestreitbar hat der Journalismus und seine Verkommenheit einen großen Anteil an dieser bedrückenden Entwicklung. Wie auch immer sie enden mag.
Nachträgliche Ergänzung: Absolut fassungslos hat auch der sogenannte Qualitätssender Ö1 gemacht: Dieser hatte in einem Journal-Beitrag (vor dem Selbstmord) den australischen Journalisten zu dem nach Ansicht des ORF gelungenen Fake-Interviews gratuliert. Öffentlich-rechlich halt.
Wer hätte das gedacht: Selbst die Reisen unseres hochgeschätzten Herrn Bundespräsidenten ins ferne Chile können interessant werden. Vor allem, wenn Heinz Fischer den Chilenen Chile erklärt.
Bei seinem Aufenthalt in Santiago de Chile lobte Fischer nämlich die „imponierende wirtschaftliche Entwicklung“ des Landes seit dem Ende der Pinochet-Diktatur 1989. Vielleicht glaubt der Mann ja selber an diese Analyse. Alle Ökonomen wissen aber, dass nicht nach, sondern schon in der Pinochet-Ära alle entscheidenden und bis heute wirrksamen Grundlagen für die große wirtschaftliche Stabilität Chiles gelegt worden sind. Vor Pinochet war Chile hingegen vom Allende-System völlig zerrüttet worden.
Aber unsere Sozialdemokraten zimmern halt immer gerne ihre Geschichtslegenden. In Hinblick auf ferne Regionen wie Lateinamerika geht das natürlich besonders leicht. Kennt sich doch dort hierzulande kaum jemand aus. Daher hat die Linke ja jahrelang auch von dort viel mehr als aus eigenen Verdiensten ihr Gutmenschtum zu schöpfen und beweisen versucht.
Diese Anmerkungen sind nun in keiner Weise eine Verteidigung oder gar Leugnung der Menschenrechtsverbrechen unter Pinochet. Auch wenn es Tatsache ist, dass diese von Fischers Lieblingsland Kuba noch weit übertroffen werden. Dort halten sie noch dazu bis heute an.
Aber es ist unleugbare Tatdsache, dass Pinochet Chile auf den – langfristig – immer optimalen Kurs einer liberalen Marktwirtschaft gebracht hat. Diese triumphiert dort seither, sehr zum ökonomischen Nutzen der Bürger. So wie sie es auch im ebenfalls menschenrechtsverletzenden China tut. Denn Pinochets Nachfolger waren klug genug, diese wirtschaftspolitischen Errungenschaften nicht über Bord zu werfen.
Dementsprechend feinsinnig war auch die Replik des jetzigen chilenischen Präsidenten Sebastian Pinera auf die eigenwillige Chile-Erklärung Fischers. Er lobte das große kulturelle Erbe Österreichs – und hob dabei ausgerechnet den aus Wien stammenden Ökonomen und Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek besonders hervor. Ich spüre trotz der Distanz geradezu, wie sich bei diesen Worten die Magennerven Fischers verkrampft haben. Denn Hayek ist (zusammen mit Milton Friedman) der größte liberale Denker der letzten Hundert Jahre und für Linke der Inbegriff des bösen Neoliberalismus (was auch immer dieses „Neo-“ für eine Spezifikation von „liberal“ bedeuten mag. Das hat ja noch nie jemand erklärt). Deswegen wird Hayek zugunsten des Schuldenapostels Keynes auch völlig totgeschwiegen.
Und gerade dieser Hayek ist unter Pinochet in Chile hoch verehrt und mit seinen ökonomischen Empfehlungen auch umgesetzt worden (Wobei freilich Hayeks flammendes Engagement für die Freiheit auf politischer Ebene ignoriert worden ist).
Ich habe sie gelesen, die geheim verhandelten Vereinbarungen nach Artikel 15a der Bundesverfassung. (Sie sind per e-Mail unter ernest_pichlbauer@hpi-sag.com zu bestellen). Und ich habe den Eindruck, die Ärztekammer muss etwas anderes gelesen haben. Denn diese Reformpapiere schlagen Regeln und Steuerungsinstrumente vor, die aus unserem Gesundheits(un)wesen ein Gesundheitssystem machen könnten.
Auch wenn die Variante vom 27.9.2012 gegenüber der vom 21.11.2012 (dazwischen liegen zwei Monate politische Verhandlungen, an deren Ende Texte statt klarer und gesetzesfähiger immer unschärfer und unverbindlicher klingen) im Sinne der Versorgungsforschung deutlich besser war: Das was herausgekommen ist, kann Grundlage einer echten Reform darstellen.
Wesentliche Aussage der noch immer geheimen Papiere ist, dass unsere Versorgung zielorientiert gestaltet werden soll, wobei Ziele patientenorientiert aufzustellen sind. Die Institutionen-Orientierung (also im Wesentlichen die Fixierung auf Spitalsstandorte und Kassenordinationen) soll einer integrierten Versorgung weichen. Patienten sollen dort behandelt werden, wo es richtig ist, und nicht dort, wo gerade eine Gesundheitseinrichtung steht und offen hat.
Messgrößen und Zielwerte sind zu entwickeln und zu implementieren, welche die Patientenorientierung sowohl in Ergebnissen, Strukturen und Prozessen messen. Es soll also transparent werden, ob der Patient zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle die richtige Leistung erhält.
Rahmenziele werden zwar zentral aufgestellt, aber sie sind dezentral unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten zu konkretisieren. Es sind definitiv keine „zentralistischen“ Diktate. Dezentral bedeutet übrigens auf Ebene der Versorgungsregionen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit (ÖSG), und davon gibt es 32. Es ist also jedes Bundesland weiter unterteilt – das sollte dezentral genug sein.
Dass es die meisten Messgrößen und Zielwerte in und für Österreich noch nicht gibt, stört wenig. Die wissenschaftliche Literatur dazu ist ausführlich und vielfältig. Aus der Literatur ebenfalls bekannt ist, dass überall, wo man begonnen hat, mit Indikatoren zu arbeiten, am Anfang die „Datenunsicherheit“ beklagt wird und darauf aufbauend der Vorwurf erhoben wird: „Alle Daten sind falsch.“ Das wird auch bei uns passieren. Die Frage, die sich stellt: Werden unsere Entscheidungsträger jenen Mut und jene Tatkraft aufbringen, diese Eingangsphase durchzuhalten? Ist das so, dann verschwinden sowohl Datenunsicherheit als auch Vorwürfe. Wesentlich dabei wird wohl sein, dass die Messgrößen und Zielwerte von Anfang an international vergleichbar sind – und das verspricht das Reformpapier.
Das Monitoring, also das Beobachten, ob es zu echten, patientenorientierten Veränderungen kommt, und ob Messgrößen und Zielwerte nicht populistisch gesetzt, verändert oder „retrograd kalibriert“ werden, ist ebenfalls gut und plausibel erklärt. Damit alles nicht nur Schönreden und Schönfärben wird, wird die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) mit der wissenschaftlichen Begleitung und Berichterstattung befasst. Es ist zu hoffen, dass die GÖG unabhängig genug ist, um auch ungeliebte Ergebnisse publizieren zu dürfen. Leider zeigen sich aber hier bereits erste Risse. Denn der Kampf um die GÖG ist zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen entbrannt. Das ist kein gutes Zeichen dafür, dass sich die Systempartner gegenseitig vertrauen.
Aber wenn der Streit beigelegt werden kann und der Schulterschuss zwischen Ländern und Sozialversicherungen klappt, könnten sogar die vorgeschlagenen Sanktionen erstmals scharf sein. Denn bei Versäumen der Ziele werden Berichte erstellt, die analog zu Rechnungshofberichten veröffentlicht werden müssen. Transparenz eignet sich hervorragend, um Veränderungen positiv zu gestalten.
Klar festgehalten wird weiters, dass die Leistungsangebote in allen Sektoren (womit vor allem Spitäler samt Ambulanzen und Kassenordinationen gemeint sind) aufeinander abgestimmt werden müssen. Patienten sollen, entsprechend der Idee der integrierten Versorgung, an der richtigen Stelle behandelt werden, am „Point of best service“. Wo das ist, das wird aber nicht von Wien dekretiert, sondern das ist in jeder der 32 Versorgungsregionen festzulegen. Konsequenz dieses Denkens ist es, dass künftig eben nicht mehr in Kassenordinationen und Spitalsstandorten, sondern in den Kategorien „ambulante Versorgung“, „stationäre Versorgung“ und Patientenbedarf geplant werden soll.
Parallelstrukturen oder Überkapazitäten sind zu verhindern bzw. abzubauen. Ja, da steht wirklich „abbauen“ drinnen! Ob damit endlich die kleinen Spitäler verschwinden? Tenor jedenfalls ist, dass die ambulante Versorgung der stationären vorzuziehen ist.
Im ambulanten Bereich bereits festgehalten ist, dass (Rand)Öffnungszeiten ein wesentliches Quailitätskriterium sind. Damit könnte es endlich zu Gruppenpraxen kommen, die nicht an der Finanzierungslogik, sondern am Patienten-Bedarf ausgerichtet sind. Die jetzigen Rahmenbedingungen haben zu gerade einmal einer Hand voll Gruppenpraxen geführt, die noch dazu so aufgestellt sind (sowohl örtlich, als auch organisatorisch), dass sie kaum geeignet sind, die Patientenströme vom Spital wegzuhalten. Grund für den Optimismus ist, dass ein funktionierendes „Geld folgt Leistung“-System fixiert wird, das dafür sorgt, dass reales Geld aus der stationären in die ambulante Versorgung fließt. Auch wenn es für Außenstehende schwer vorstellbar ist: Spitalsambulanzen werden aktuell über die Bettenstationen quersubventioniert (die eigenen Einnahmen decken im Schnitt nur 25 Prozent der Kosten). Und noch nie hat ein Cent den Weg aus dem Spital nach „draußen“ gefunden, selbst wenn durch Kassen Maßnahmen gesetzt wurden, die lächerlich hohe Zahl der Spitalsaufnahmen zu reduzieren.
Abb.: Entlassungen pro 100 Einwohner im internationalen Vergleich
Beim Finanzrahmen muss es endlich dazu kommen, dass der Finanzdeckel nicht nur für Kassen, sondern auch für Spitäler gilt. Ein nicht unwesentlicher Grund für unsere extreme Spitalslastigkeit liegt darin, dass Spitalsausgaben ungedeckelt sind. Werden diese nun ebenfalls wie die Kassenausgaben gedeckelt, dann ist eine Leistungsverschiebung von stationär zu ambulant die logische Folge – bei zunehmend frei werdenden Mitteln, weil eben die Effizienz der ambulanten Versorgung die der stationären weit übersteigt – das zeigen zumindest alle Studien aus dem Ausland. Bei uns werden solche Studien nicht gemacht.
Es besteht die politische Absicht, wenigstens sieben Prozent der aktuellen Spitalsaufenthalte durch ambulante Versorgungskonzepte zu reduzieren. Sieben Prozent Reduktion bedeutet, dass etwa 150.000 Spitalsaufenthalte (oder etwa 800.000 Spitalstage) vermieden werden. Mit einer solchen Reduktion würde die Zahl der Aufnahmen von derzeit etwa 26,5 auf knapp unter 25 pro 100 Einwohner sinken, und noch immer weit über dem EU-Schnitt liegen.
Man sieht also bereits anhand dieses Ziels, dass die Politik nicht sehr ambitioniert vorgeht. Dass drückt sich dann auch in den prognostizierten Ausgaben aus.
Abb.: Entwicklung öffentlicher Gesundheitsausgaben mit/ohne Reform
Die angenommene Kostenentwicklung OHNE Reform (rote Linie) setzt einen kaum erklärbaren Anstieg ab 2012 voraus (man beachte die „Orientierungslinien Steigerungen“ in der Grafik). Dieser Anstieg wurde politisch festgelegt. Je höher die Wachstumsraten sind, desto leichter lässt es sich dann nämlich realiter „Einsparen“. Die Entwicklung MIT Reform (grüne Linie) zeigt immer noch einen deutlich höheren Anstieg, als er in den letzten Jahren (graue Orientierungslinie) zu beobachten war. Also wurde auch hier sehr vorsichtig vorgegangen, um nur ja nicht den politischen Erfolg zu gefährden.
Die Fläche zwischen roter und grüner Linie ergibt dann die mehrfach kolportierten elf Milliarden Euro, die bis 2020 „einzusparen“ sind. Stellt man diese Einsparungen den mindestens 230 Milliarden Gesamtausgaben zwischen 2012 und 2020 gegenüber, sieht man rasch, wie wenig Ambition und Risiko in diesem Zahlenwerk liegt. Aber politisch betrachtet ist so ein vorsichtiges Vorgehen nicht dumm, nimmt es doch, oder sollte es wenigstens, den Kritikern den Wind aus den Segeln, die das Kaputtsparen proklamieren.
Fazit: Noch nie hat ein ausgereifterer Vorschlag die politischen Verhandlungen überlebt, daher war eine echte Reform nie realistischer als jetzt. Großer Wermutstropfen, wie bei jeder Gesundheitsreform bisher: Alle neuen und alten Gremien, die für die Umsetzung der Reform nötig und verantwortlich sind, entziehen sich der parlamentarischen oder oppositionellen Kontrolle! Dass die Ärztekammer nicht dabei ist, ist daher selbstverständlich. Und so, wie sie sich benimmt auch alles andere als ein Wermutstropfen.
Warum wehrt sich die Ärztekammer dagegen, statt aktiv an Umsetzung und (noch wichtiger) Umsetzungskontrolle mitzuarbeiten?
Nun, mit der Reform wird die Verhandlungsmacht der Ärztekammern, was die Vergabe von Kassen-Stellen betrifft, erheblich eingeschränkt. Da aber die Ärztekammer seit Jahrzehnten ihre Macht ausschließlich auf dieser Basis aufbaut, fürchtet sie nun um ihren Einfluss auf die Gesundheitspolitik. Dieses Denken der Kammer mutet seit Jahren eigenartig an. Schließlich sollte sie alle 41.000 Ärzte vertreten, und nicht nur jene etwa 8.000, die einen Kassenvertrag haben. Mehr noch, betrachtet man die Situation und Rolle der etwa 4.000 Hausärzte im Österreichischen Gesundheitssystem, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, die Kammer vertritt eigentlich nur Fachärzte mit Kassenvertrag. Diesen geht es nämlich im internationalen Vergleich sehr, sehr gut.
Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass selbst innerhalb der Ärzteschaft die Kämmerer immer weniger ernst genommen werden. Brisante Themen rund um den ärztlichen Beruf werden seit Jahren links liegen gelassen. Weder die mangelhafte Ausbildungsqualität im Turnus (es gibt übrigens fast so viele Turnus- wie Kassenärzte!), noch die Tatsache, dass das Ärztearbeitszeitgesetz (es gibt drei Mal so viele Spitals- wie Kassenärzte) seit jeher systematisch von den Spitalsträgern gebrochen wird, war bislang eine angemessene Reaktion wert. Interessant ist: Neben der englischen, war es nur die Österreichische Ärztekammer, die bei der EU Einspruch gegen die Begrenzung der Arbeitszeit auf 48 Stunden pro Woche eingelegt hat.
Alternativ zu diesem Machtdenken ist es allerdings auch möglich, dass maßgebliche Köpfe der Ärztekammer wirklich glauben, dass unser jetziges System bleiben muss, wie es ist – obwohl unsere gesunde Lebenserwartung verglichen mit z.B. Großbritannien fünf Jahre geringer, die Diabetiker-Sterblichkeit dreimal höher und die Zahl kaputter Zähne bei Zwölfjährigen doppelt so hoch ist. Und das bei deutlich höheren Kosten.
Dr. Ernest Pichlbauer ist Arzt und Österreichs führender Gesundheitsökonom, der zum Thema Gesundheit auch regelmäßig publiziert.
Die letzten Parlamentstage brachten wieder einmal viel mehr Schatten als Licht. Daher muss man im Grunde dankbar sein, dass es jetzt lange keine Parlaments-Sitzungen gibt. Ein Überblick über das Relevante.
Fangen wir mit dem Positiven an (und lassen unbedeutende Routine-Entscheidungen beiseite): Erstmals wird ein zentrales Personenstandsregister eingeführt. Natürlich gegen die Stimmen der Grünen. Das war extrem notwendig, denn es ist ja völlig absurd: Jeder Name kam und kommt in Dutzenden Verzeichnissen und Registern irgendwo vor, aber es gibt bisher keine einheitliche österreichweite Datenbank. Bis auf die Grünen kann sich jeder vorstellen, was das an Kosten, an Leerläufen, an Zeitverzögerungen, an Behördenwegen, an Irrtümern auslöst. Künftig können endlich alle Dokumente überall ausgestellt werden, und man muss nicht mehr die jeweils zuständige Behörde suchen. Es ist zwar eine Schande, dass diese Reform erst jetzt kommt (beginnt!). Aber es ist dennoch positiv und wichtig, dass man die wirren Bedenken von sogenannten Datenschützern endlich beiseitewischt.
Weniger Freude lösen die nur marginal eingeführten Uni-Gebühren aus. Der Erfolg der einstigen Periode mit echten Gebühren – ein Verschwinden von Karteileichen und eine Beschleunigung der Studienzeiten – kann sich damit nicht wiederholen. Erfreulich ist aber das völlige Desinteresse der Studenten an den Demonstrationen, welche die ÖH dagegen österreichweit angesetzt hat. Wenn da in Summe nur ein paar Hundert teilnehmen, dann ist das ein gewaltiger Flop. Und das sollte den Sozialdemokraten endlich den Mut geben, eine echte Unireform mit allgemeinen Gebühren und Zugangsbeschränkungen zu wagen. Auch sie wissen ja längst, dass beides notwendig ist. Sie haben es aber aus Angst vor den Studenten nie getan. Jetzt sollte auch die SPÖ wissen: Die ÖH vertritt nur sich und keine Studenten. Und jene Handvoll, die da für die ÖH auf die Straße geht, wählt ohnedies längst grün oder kommunistisch.
Auch über das Handyverbot für Radfahrer kommt nur teilweise Freude auf. Denn mit Freisprecheinrichtungen dürfen sie weiterhin telephonieren. Das bedeutet aber bei Pedalrittern in aller Regel kein echtes Freisprechen, sondern Stöpsel in beiden Ohren (zum Telephonieren oder für Musikbeschallung). Dadurch bekommt aber ein Radler vom Verkehrsgeschehen akustisch absolut nichts mehr mit. Und viele verhalten sich dann dementsprechend unberechenbar. Dagegen wird nichts unternommen, ebensowenig wie gegen die weit höhere Alkoholgrenze für Radfahrer, und ebensowenig wie gegen die Autos, die als rollende Diskotheken mit ein paar Tausend Watt jede Konzentration des Fahrers niederdröhnen.
Eher traurig fällt auch das Urteil über die neue Obsorgeregelung aus. Denn künftig kann selbst bei gemeinsamer Obsorge nach der Trennung jene Seite, bei der das Kind überwiegend wohnt, den Wohnsitz hinverlegen, wohin sie will. Auch ins Ausland. Das macht die „gemeinsame“ Obsorge zur absoluten Farce. Ebensowenig gibt es auch künftig effiziente Konsequenzen, wenn eine Seite das Besuchsrecht des anderen regelmäßig hintertreibt.
Und zu guter letzt die beiden allerschlimmsten Beschlüsse dieser Woche: Trotz Rezession, trotz Neuverschuldung hat man flugs schon wieder neue soziale Wohltaten beschlossen, die den ohnedies längst unfinanzierbaren Wohlfahrtsstaat weiter verteuern. Zum einen wird die Pflegefreistellung weiter ausgebaut; noch mehr Menschen haben Anspruch, in Pflegeurlaub zu gehen. Besonders zynisch daran ist, dass das eh „nur“ die Arbeitgeber trifft, die derweil das Gehalt weiterzahlen müssen. Die haben‘s ja offenbar. Und die Wirtschaftskammer stimmte damit schon wieder einer Belastung der Wirtschaft zu. Zugleich ist man sich zwischen den Koalitionsparteien aber auch über eine weitere Belastung des Budgets einig geworden: Das Pendlerpauschale wird signifikant erhöht. Und das ist nun wirklich eine der allerdümmsten Maßnahmen und Geldverschwendungen. Wir sollten uns anschnallen, wenn wir uns vorstellen, wie viel an weiteren Unsinnigkeiten in einem Wahljahr noch auf uns zukommen dürften.
PS.: Besonders relevant ist aber auch, was nicht beschlossen wurde: Etwa ein allgemeines Burkaverbot, wie es in Belgien soeben vom Verfassungsgerichtshof bestätigt worden ist. Wirklich heiße Eisen werden bei uns lieber nicht angefasst. Da fürchten wir uns lieber noch 20 Jahre vor den Stänkereien der Grünen.
In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der Meeresspiegel steigt jährlich um 3,2 Millimeter. Laut IEA (Internationale Energieagentur) ist mit einem Anstieg der durchschnittlichen Temperatur um 3,6 Grad Celsius zu rechnen. Das Eis an den Polkappen schmilzt und führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels. "Land unter" heißt es dann für viele Regionen der Welt. Österreich wird den Klimawandel auch spüren. Die Wahrscheinlichkeit von Tagen mit mehr als 30 Grad Celsius steigt rapide, was zu einem erhöhten Energiebedarf für Klimaanlagen führen wird. Ein Temperaturanstieg hätte zur Folge, dass sich eingeschleppte Pflanzen rasant verbreiten, unsere Gletscher in 40 bis 60 Jahren verschwunden sind und etwa die Fichte schlechtere Wachstumsbedingungen vorfindet, so die anerkannte österreichische Meteorologin und Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb. Die Niederschläge in den Sommermonaten werden seltener, aber heftiger. Im Winter nehmen die Niederschläge zu, aber wegen der Erwärmung wird es öfter regnen als schneien. In anderen Gegenden wiederum, z. B. in Großbritannien mit seinem warmen Klima durch den Golfstrom, könnte es kalt werden.
Wer den Klimawandel leugnet, schließt die Augen vor der Realität oder steht vermutlich im Sold der Energieindustrie. Es geht nicht darum, Horrorszenarien zu zeichnen, sondern aus wissenschaftlichen Erkenntnissen die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Gesichert ist, dass der Klimawandel eine Folge der hemmungslosen Ausbeutung der Ressourcen der Erde ist. Die wohl wichtigste Konsequenz wäre ein Wertewandel. Kromp-Kolb wird nicht müde zu predigen: "Wenn sich unsere Werte dahingehend ändern, dass Umweltbewusstsein, soziale Kontakte und Naturerlebnisse einen höheren Stellenwert haben als Gewinnmaximierung oder grenzenlose Mobilität, haben wir die Chance nicht trotz, sondern gerade wegen diesem Paradigmenwechsel Lebensqualität zu gewinnen." Dem ist wenig hinzuzufügen.
Andreas Unterberger
Kein Zweifel: Die Temperaturen sind seit 150 Jahren um etwas mehr als ein Grad angestiegen. Jedoch hat es in der Erdgeschichte auch schon viel wärmere Perioden gegeben - ohne dass damals die noch gar nicht vorhandene Menschheit eine Rolle hätte spielen können. Oder ihre Autos. Und ebenso gab es viel kältere, die Eiszeiten. Heute befinden wir uns im Ausklingen einer Eiszeit, die ja dadurch definiert ist, dass beide Polkappen eisbedeckt sind.
Daher ist die These überaus zweifelhaft, dass CO2-Emissionen Hauptursache dieser Erwärmung wären. Diese These ist durch keinerlei Experiment bewiesen, sondern nur durch umstrittene Theorien und Computermodelle, die - ausgerechnet - von der UNO in Auftrag gegeben worden sind. Kein Zweifel kann hingegen an allen übrigen Fakten bestehen: Die in den letzten Jahren gefundenen Gasvorräte reichen heute nicht mehr nur für 40, sondern mindestens für 200 Jahre. Dennoch wurde für die CO2-Thesen und Europas "Energiewenden" Hunderte Milliarden an Steuer- und Stromzahlergeld lockergemacht. Für ineffiziente Solaranlagen, nur zeitweise aktive Windmühlen, Geothermie, früher total vernachlässigte Klimaalarmforscher, spendengierige NGOs, emissionshandelnde Banken und viele andere "gute" Geschäfte.
Für Jobs in einem ohnedies kranken Europa wird es katastrophal, dass hier Energie schon drei Mal so teuer ist wie etwa in den USA. Vom aufstrebenden Asien ganz zu schweigen. Daher liegen alle großen energieverbrauchenden Konzerne schon außerhalb Europas. Mehr als genug Zweifel gibt es hingegen an der angeblichen Schädlichkeit einer wie immer verursachten Erwärmung. Waren doch Warmzeiten immer Perioden kultureller wie wirtschaftlicher Blüte und größter Artenvielfalt. Könnten doch in Warmzeiten so wie im Mittelalter von Grönland über Kanada bis Sibirien große Landmassen landwirtschaftlich zur Ernährung der Erdbevölkerung genutzt werden. Aber wir fürchten uns lieber.
Im neuesten Rechnungshof-Bericht zu blättern ist nicht gut für die Nerven. Die Kontrollbehörde hat eine so geballte Ladung an konkreten – kleinen wie großen – Missständen zusammengetragen, dass sich niemand mehr wundern darf, wenn dieses Land offenbar nie imstande ist, mit den Einnahmen auszukommen. Obwohl von der Politik mit dem „Gerechtigkeits“-Schmäh ständig die Steuern und Abgaben erhöht werden. (Mit einer nachträglichen Ergänzung).
Einige Beispiele:
Nichts von den getadelten Punkten ist wohl kriminell. Aber in der Summe erfolgt durch die Bürokratie die weitaus größte Verschwendung von Steuermitteln. Immer wieder sind die gespaltenen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern die Hauptursache; genauso übel sind aber auch die Nischen und geschützten Werkstätten wie einzelne Spitäler oder der ORF, in denen viel Unkraut wuchert.
Als Gegenmittel hilft weder Schimpfen noch Frust. Dieses Land braucht eine klare Verfassungsreform mit messerscharf getrennten Aufgaben und Kompetenzen. Und es braucht eine viel unmittelbarere persönliche Haftung von Amtsträgern. Diese müssen endlich in vollem Wortsinn zu Verantwortungsträgern werden.
Nachträgliche Ergänzung: Wenige Stunden nach Erscheinen des Rechnungshof-Berichts ist bekannt geworden, dass eine Salzburger Beamtin unentdeckt in den letzten Jahren einen 340-Millionen-Schaden angerichtet hat. Das ist für das Aufsichtsgremium mehr als peinlich. Denn der Rechnungshof hat deren Geschäfte geprüft, aber nicht durchschaut. Peinlich ist das Ganze aber auch für den zuständigen Landesrat, die Landeshauptfrau und all die vielen anderen, die diese Frau kontrollieren hätten sollen, aber versagt haben. Dieser offenbar schwere Kriminalfall ändert aber nichts am hier skizzierten dringenden Handlungsbedarf, den die Überprüfungen des Rechnungshofs geoffenbart haben. Der Handlungsbedarf ist durch Salzburg in Wahrheit nur noch viel größer geworden.
PS.: Noch peinlicher ist die Salzburger Affäre für alle jene (nicht nur weiblichen) Journalisten und Politiker, die nach der privilegierten Frauenquote in Spitzenfunktionen gerufen haben. Ihre Lieblings-Begründung: Frauen wären viel vorsichtiger und hätten die Finanzkrise vermieden, hätten sie nur im Finanzsektor die Macht gehabt. Nun: Frauen waren gewiss viel seltener an den ökonomischen Schalthebeln - aber dort wo sie es waren, waren sie ganz offensichtlich im Schnitt mindestens gehnauso risikofreudig wie die Männer. Man denke etwa auch an die österreichische Schlüsselspielerin im Fall Madoff: Sonja Kohn hat offenbar noch weit größere Schäden verursacht hat als die Salzburger Beamtin.
PPS.: Deren Name wird übrigens erstaunlich keusch geschützt. So wie es seit einiger Zeit bei ausländischen Tätern in Gewaltdelikten der Fall ist. Wir werden Namen und Identität also nur noch dann erfahren, wenn inländische Männer die Täter sind . . .
Schwarz und Blau haben mit ihrer Unterschriftensammlung gegen die Wiener Pickerl-Ausweitung einen politischen Achtungserfolg erzielt – aber wohl auch einen Pyrrhussieg.
Denn zumindest die ÖVP hat dabei eine Kleinigkeit übersehen: Sie riskiert damit die schwarze Mehrheit in den Bezirken 13, 18 und 19. Die dortigen Autofahrer kochen nämlich vor Zorn.
Sie zürnen erstens über eine Stadtverwaltung, die unter Druck der Grünen völlig unkoordinierte Verkehrschaos-Konzepte verwirklicht, ohne etwa ausreichend Parkgaragen gebaut zu haben. Sie ärgern sich aber zweitens auch über die eigenen schwarzen Bezirksvorsteher in den genannten Bezirken. Denn die haben sehenden Auges hingenommen, dass ihre Bezirke in großflächige Gratisparkplätze für Niederösterreicher, Polen, Oberösterreicher, Slowaken, Salzburger, Deutsche usw. verwandelt worden sind, die irgendwo in Wien arbeiten oder studieren. Diese stellen ihre Vehikel den ganzen Tag oder auch die ganze Woche und noch länger in Nicht-Pickerl-Bezirken ab.
Dort können sie das gratis tun, während in der restlichen Stadt alle zahlen müssen, für Garagen oder Straßenparkplätze, ob Anrainer oder nicht. In den drei (durch U-Bahn und Straßenbahn gut erschlossenen) Bezirken kostet ein Parkplatz zwar nichts – nur haben die Anrainer fast keine Chance, einen solchen zu finden. Diese Chance haben auch die Kunden von Gewerbe- und Handelsbetrieben nicht, die den Unternehmern vielleicht doch wichtiger sein sollten als unentgeltliche Langzeit-Parkplätze der eigenen Mitarbeiter.
Schwarz und Blau haben bei ihrer Unterschriftensammlung nämlich übersehen: Viele Signaturen würden jetzt, nach der Pickerleinführung, nicht mehr gegeben werden. Andere stammen wiederum von älteren Mitbürgern ohne Fahrzeug, die daher am Thema in Wahrheit völlig desinteressiert sind, die aber ihrer Friseurin/Kosmetikerin/Masseurin/Verkäferin/Apothekerin zuliebe unterschrieben haben.
Diese Gewerbebetriebe haben ein sehr starkes Motiv für die Anti-Pickerl-Unterschriftensammlung gehabt: Ihre Mitarbeiter wollen einfach weiterhin den ganzen Tag ihr Fahrzeug gratis beim Arbeitsplatz auf öffentlichem Grund abstellen können, um dann ohne Benutzung von Öffis wieder heim ins Burgenland (oder sonst wo hin) fahren zu können. Von all diesen Unterschreibern werden Schwarz und Blau daher politisch nicht profitieren. Das haben sie aber offenbar noch nicht wirklich begriffen. Und das Rathaus lässt sie jetzt im eigenen Sud kochen. Wobei aber auch Rot und Grün in der ganzen Frage ganz sicher an Sympathien verloren haben. Eine Lose-Lose-Situation.
Jetzt kommt schon bald der Jahreswechsel. Dennoch ist weit und breit trotz vieler Versprechungen kein Konsens, keine Lösung in Sicht. Im Gegenteil: Die Pickerlzonen in anderen Bezirken werden zu diesem Datum noch weiter ausgedehnt. Das macht die Parkplatz-Lage in großen Teilen der genannten drei Bezirke (aber zunehmend etwa auch im Zehnten) noch schlimmer – falls das überhaupt noch möglich wäre.
Das hinter all dem liegende Grundproblem ist aber: Eine Stadt wie Wien ist insbesondere verkehrsmäßig eine Einheit. Daher hat sich die in den letzten Jahren eingeführte Bezirksautonomie auch in vielen Fragen als problematisch erwiesen. Das hat man etwa auch gesehen, als die Bezirke 7 und 9 sogar die Durchfahrt durch ihren Bezirk weitestgehend unmöglich zu machen versuchten.
Freilich: Wenn die Planungsstadträtin eine intellektuell überforderte Autohasserin ist, dann hilft auch eine Zentralisierung der Verkehrsplanung nichts.
Was ist gerechter? Eine progressive Steuer, bei der mit steigendem Einkommen ein immer höherer Prozentsatz fällig wird, oder eine Flat tax, bei der immer der gleiche Prozentsatz kassiert wird? Eine ethische Debatte über Gerechtigkeit lässt sich nächtelang führen. Beide Steuermodelle haben manches für sich. Aber zweifellos hat bei uns die progressive Steuer derzeit die höheren moralischen Ebenen für sich. Daher haben wir eben bei der Einkommensteuer eine Progression, daher wird bei vielen anderen scheinbar „flachen“ Steuern durch Freibeträge, durch niedrigere Sätze beispielsweise für Lebensmittel versucht, auch hier die Ärmeren zu bevorzugen und die Reicheren abzukassieren.
Ein kluger Staat würde freilich diese ethische Diskussion nicht führen. Der würde eher rational nachdenken: Was ist einfacher in der Einhebung? Wo gibt es weniger Steuerflucht und Steuerwiderstände? Was ist gut für das nationale BIP? Wo habe ich am Ende genug Einnahmen, um auch sozialen Schutz für alle Familien, Kranken und Alten zu finanzieren? Und da spricht alles für eine einfache und klare Flat tax ohne viele Ausnahmen und Schlupflöcher.
Dieses Prinzip hat sich in osteuropäischen Ländern mit etlichem Erfolg durchgesetzt. Trotz Senkung und Angleichung der Spitzensteuersätze war am Ende mehr in der Staatskasse. Weil die Leistungsträger besser motiviert waren. Weil die Steuerzahler ehrlicher wurden. Und weil es Steuerpflichtige gegeben hat, die ihre Einkommen plötzlich in Flat-tax-Ländern deklariert haben und nicht in „progressiven“ Ländern.
Eine Ausnahme dieser Erfolgsstory ist Ungarn – aber aus ganz anderen Gründen. Dort hat man durch andere neue Steuern und Schikanen begonnen, ganz gezielt Investoren – also vor allem Ausländer – zu schröpfen, um die einheimischen Wähler zu schonen. Diese eigenwillige Erfindung eines nationalen Sozialismus durch eine sonst konservative Regierung musste natürlich Schiffbruch erleiden.
Neben flachen und progressiven Steuern gibt es aber auch noch ein drittes Modell: die Pauschalbesteuerung in etlichen Schweizer Kantonen. Dort zahlt man ab einer gewissen Einkommenhöhe keinen Rappen zusätzlicher Abgaben mehr. Dieses Modell ist eine Hauptursache des Schweizer Reichtums, hat es doch zu einem Zuzug aus der ganzen Welt in diese Teile der Schweiz geführt. Für jeden, der viel zu versteuern hat, ist die Übersiedlung in die Schweiz hochinteressant – und im Gegensatz zum Verstecken von Geldern auf Schweizer Konten völlig legal. Man braucht nur die Zustimmung der betreffenden Gemeinde.
Für viele ist das trotz aller Erfolge ein absolut unmoralisches Modell. Daher ist in Österreich auch ein Finanzexperte gescheitert, der es vorgeschlagen hat – obwohl er eigentlich aus rotem Uradel und der Bank Austria gekommen ist. Gegen den nicht definierbaren Begriff Gerechtigkeit muss bei uns offenbar der Begriff Erfolg immer scheitern.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
„Alles laden die Politiker dort ab, wo es am einfachsten ist: In der Zukunft. Die Zukunft dient als Müllhalde aller Probleme“ (Matteo Renzi, Bürgermeister der Stadt Florenz, 37).
Die österreichischen Gewohnheitspolitiker haben das größte Problem offensichtlich noch immer nicht erkannt: Sie ruinieren durch den sich auftürmenden Schuldenberg die Zukunft des Landes. Es ist an der Zeit, ihnen dies noch deutlicher unter die Nase zu halten.
Heuer sind die Staatsschulden wieder jeden Monat um rund eine Milliarde gestiegen. Obwohl wir eine der höchsten Steuerbelastungen der Welt haben! Wir stehen mit über 250 Milliarden Euro in der Kreide – und jetzt gibt es noch etwas drauf: Denn es ist wieder Zeit für Wahlzuckerl! Die Spar-Rhetorik ist ein „Schmäh“, selbst den sinnlosen Bundesrat gibt es immer noch…
Wer wird unserer Jugend einmal den Rettungsschirm spannen? Oder glauben wir, dass es keine Krisen mehr geben wird? Warum sind wir so egoistisch? Warum lassen wir die Polit-Funktionäre so gewissenlos Geld verschwenden? Warum zwingen wir sie nicht dazu, das zu tun, was sonst alle tun müssen: Wirtschaftlich denken und handeln?
Muss wirklich erst alles ganz schlecht werden? Am Ende werden das Sozialwesen, das Staatswesen und schließlich die Demokratie kippen. Wenn wir den Karren so weiterlaufen lassen, sind wir heute und hier verantwortlich, falls es soweit kommt.
Die Lösung liegt auf der Hand: Nach fünfzig Jahren reiner Klientel- und Kammerpolitik – ohne ernstzunehmende Staats- und Verwaltungsreform und ohne Privilegienabbau – stecken erhebliche Reserven in einer kraftvollen Modernisierung der Organisation des Staates und der staatsnahen Einrichtungen:
Fünf Milliarden nachhaltige Jahresersparnis, realisierbar innerhalb von drei Jahren, zuzüglich weiterer fünf bis zehn Milliarden nachhaltiger Jahresersparnis, realisierbar innerhalb von sechs Jahren – das wäre allein durch eine Reform der Verwaltung und eine Eindämmung der Bürokratie möglich. Es gäbe kein laufendes Defizit mehr, sondern Überschüsse zum Schuldenabbau, ohne dass die Bevölkerung durch noch mehr überhöhte Steuern und sonstige massive Einschränkungen belastet wird. Außerdem weckt ein entbürokratisierter Staat bisher ungeahnte Kräfte zum Wachstum.
Die Politiker werden all das nicht freiwillig machen.
Zwingen wir sie zu ihrem und unserem Glück … durch kritische Masse: Unterzeichnen Sie auf www.verwaltungsreform-jetzt.at: 18.000 machen schon mit!
Mag. Wolfgang Bauer ist Verantwortlicher für die Initiative www.verwaltungsreform-jetzt.at
Täglich stößt man auf neuen Missbrauch der Monopolmacht durch den ORF. Er missbraucht seine Macht längst nicht nur durch einseitige ideologische Propaganda. Wobei ja der einzige Pluralismus darin besteht, dass die SPÖ die Zeit-im-Bild-Sendungen und TV-Diskussionen beherrscht, die Grünen in Tateinheit mit der KPÖ hingegen die diversen Ö1-Radio-Magazine. Das ist aber längst nicht mehr alles: Die Redakteure benutzen den Sender auch brutal im eigenen ökonomischen Interesse. Und niemand greift ein. Kein Ethikrat, kein Stiftungsrat, und natürlich schon gar kein ORF-Management.
Den Machtmissbrauch kann man etwa an der scheinbar so harmlosen Berichterstattung über Bücher ablesen.
Da werden schwache Bücher von ORF-Redakteuren beziehungsweise deren Partnern hemmungslos gepusht (natürlich ohne Anrechnung als Werbezeiten), während wichtige andere Bücher gezielt totgeschwiegen werden, weil sie ideologisch nicht passen.
Da wird etwa das aufsehenerregende Buch von Ernst Hofbauer über Werner Faymann in allen ORF-Büchersendungen total totgeschwiegen. Ein solches Verschweigen eines Buches mit staatspolitisch gravierenden Vorwürfen in Hinblick auf den Lebenslauf des Regierungschefs wäre in keinem anderen Land Europas möglich – selbst wenn man zum Schluss kommen mag, das Buch sei schwach. Aber mindestens ebenso schwach war ja einst das Buch eines ORF-Moderators (und ehemaligen AZ-Redakteurs) über Wolfgang Schüssel, das aber dennoch ORF-auf, ORF-ab beworben worden ist.
Da berichtet ein Autor eines faktenreichen Textes über die Dominanz der SPÖ im ORF, dass er keinen Verlag dafür gefunden hat. Alle haben abgelehnt, ohne das Manuskript auch nur angeschaut zu haben: Sie fürchten sich, dass sie dann auch mit ihren sonstigen Büchern keine Chance mehr auf Erwähnung in ORF-Sendungen haben. Sind das lauter Paranoiker? Oder verletzt der ORF tatsächlich auch in der Welt der Bücher seinen gesetzlichen Objektivitätsauftrag so massiv?
Noch viel skandalöser ist es, wie der ORF seine Machtposition missbraucht, um Bücher eigener Mitarbeiter zu pushen. Das ist jedenfalls ein wettbewerbswidriger Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
Alleine in einer einzigen Radioschiene haben da in den letzten Tagen hintereinander drei ORF-Menschen fast eine Stunde lang ihre neuen Bücher bewerben dürfen:
Genauso widerlich und skandalös wie der Missbrauch des Staatssenders im Interesse von Redakteurs-Büchern ist auch die sonstige Geschäftemacherei der ORF-Menschen. Diese läuft auf mindestens drei Plattformen: In der Werbung, bei externen Moderationen und durch Interview-Trainings.
Es ist immer wieder abenteuerlich, wenn ORF-Moderatoren gleichzeitig im ORF-Werbefensehen auftreten, um dort für Produkte oder Handelsketten Werbung zu machen. So etwas ist in den meisten anderen Ländern bei seriösen Sendern absolut unmöglich.
Eine gravierender Verstoß gegen die guten Sitten sind aber auch die Nebenbeschäftigungen von ORF-"Stars" bei Moderationen: Nachrichtenredakteure treten ständig gegen teures Geld bei Firmen-, Vereins- und Parteiveranstaltungen auf. Dabei sollten sie am nächsten Tag objektiv über ihre Auftraggeber informieren, oder über deren Konkurrenten. Dennoch hat sich noch kein ORF-Generaldirektor, kein Stiftungsrat, kein Gesetzgeber gefunden, der es gewagt hätte, das abzudrehen. Auch das ist in den meisten anderen Kulturländern undenkbar.
Undenkbar ist dort aber auch, dass aktive ORF-Redakteure mit bildschirmscheuen Persönlichkeiten aus Wirtschaft oder Politik private Videotrainings machen, was wiederum eine sauteure Angelegenheit ist. Dabei sind das dann die gleichen Interviewpartner, über die der ORF theoretisch kritisch, objektiv und distanziert berichten soll.
Und all das für unsere Gebühren. Ein Leser kommentierte diesen Privilegienmissbrauch mit dem verzweifelten Satz: „Manchmal verlässt einen da schon der Mut, wenn man in der privaten Wirtschaft bestehen muss und mit fairen Mitteln gegen diese Bande ankämpft.“
Dieser Missbrauch ist in Wahrheit noch viel übler als die derzeit gerichtsanhängige Tatsache, dass der ORF gegen das eindeutige und klare Verbot des Gesetzes Facebook als Eigenwerbungsplattform zu benutzen versucht. Der Gesetzgeber hatte mit diesem Verbot wenigstens stellenweise die Monopolexzesse des ORF einzudämmen versucht. In jedem anderen Staatsbetrieb wäre wohl ein Generaldirektor rücktrittsfällig, der ein Gesetz so frech und offen bricht. Der ORF glaubt aber offenbar, er stünde über dem Gesetzgeber. Bei uns wagen es aber nicht einmal mehr die Zeitungen, das offen zu kommentieren. Denn deren Journalisten sympathisieren entweder innerlich ohnedies mit dem linken Macht-Oktroi. Oder sie fürchten sich, als Strafe nicht mehr in ORF-Sendungen geladen zu werden. Was ja ein weiterer branchenbekannter Missbrauch der ORF-Macht ist.
Die sich neuerlich verschlechternden Arbeitsmarktzahlen haben mehrere Gewerkschafter zu Wortmeldungen veranlasst, die ihre absolute Lernunfähigkeit zeigen.
So tadelte der vida-Vorsitzende Rudolf Kaske wörtlich den „unsinnigen Jugendkult“ am Arbeitsplatz. So erklärte Arbeiterkämmerer Herbert Tumpel, dass Betriebe künftig Strafe zahlen sollen, die zu wenig Ältere beschäftigen. Dabei weiß jeder Kenner der wirklichen Arbeitswelt, dass der Hauptschuldige an Arbeitsmarktproblemen Älterer die Gewerkschaft selber ist. Die Gewerkschaft ist dafür verantwortlich, dass Ältere relativ wirksam kündigungsgeschützt sind; weshalb viele Arbeitgeber naturgemäß bei der Beschäftigung Älterer bremsen. Und die Gewerkschaft ist ebenso dafür verantwortlich, dass ältere Arbeitnehmer nach den meisten Kollektivverträgen viel teurer als junge kommen – und zwar ganz unabhängig von der Leistung, nur auf Grund ihrer Jahresringe. Würden diese gewerkschaftlichen „Errungenschaften“ fallen, würden viele Arbeitgeber mit absoluter Sicherheit in viel breiterem Umfang und viel längerer Dauer auf die Erfahrung und Verlässlichkeit der Älteren zurückgreifen. Aber für die durchschnittliche Intelligenz eines Gewerkschaftsbosses ist es halt allemal einfacher, statt selber umzudenken, von sich abzulenken und lautstark „Haltet den Dieb“ zu rufen.
Nun hat das in der Krisen-, Schulden- und Finanzpolitik ohnedies schon schwer zerrissene Europa auch ein gravierendes außenpolitisches Problem. Die Unfähigkeit, sich auf ein gemeinsames Abstimmungsverhalten zur Frage des palästinensischen Status bei den UN einigen zu können, zeigt ein für die Zukunft verheerendes Signal: Europa ist trotz der vielbejubelten und mit Tausenden neuangestellten Diplomaten auch teuer unterfütterten „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ nicht einmal bei einer UNO-Abstimmung zu Gemeinsamkeit imstande.
Dabei hatte man einige Zeit glauben können, die dramatischen Turbulenzen aus der Zeit des Irak-Krieges wären Vergangenheit, wo sich die einzelnen EU-Länder oft völlig konträr verhalten haben. Rundum wurde nachher beteuert, so etwas würde der europäischen Politik und Diplomatie nicht wieder passieren. Dann aber kam die Libyen-Intervention, in der vor allem Frankreich und Großbritannien wieder im gemeinsamen Alleingang Großmacht- und Kanonenpolitik zu spielen versuchten, während Deutschland und etliche andere demonstrativ die Arme verschränkten.
Und jetzt das Palästina-Chaos. Dabei ging es wohlgemerkt nicht nur um eine formale UNO-Abstimmung über eine bloße Protokollfrage. Vielmehr ging es um den ganzen Nahostkonflikt. Europa hat durch seine Unfähigkeit, hier als Einheit eine gemeinsame Haltung zu finden, wieder auf viele Jahre jede außenpolitische Relevanz, jede Glaubwürdigkeit verspielt. Dies gilt insbesondere in der Nahostpolitik, aber keineswegs nur in dieser.
Das besonders Bedrückende ist, dass es hier nicht um jene Dissens-Felder gegangen ist, wo man die Widersprüche geradezu schon gewohnt ist. Weder spielte die zuletzt so dominierende Finanzkrise eine Rolle noch war eine militärische Intervention das Thema, sondern nur das scheinbar einfachere Feld der politischen Diplomatie.
Dass in der Finanz- und Wirtschaftspolitik beispielsweise die neue Weltmacht China am liebsten mit Deutschland verhandelt, während sie die Emissäre der EU sehr geringschätzig behandelt, konnte zuletzt angesichts der fundamentalen Differenzen in der EU und ihrer Schwäche niemanden mehr überraschen. Ebenso bekannt und Teil der gesamten europäischen Nachkriegsgeschichte ist, dass die einstigen Groß-, Kolonial- und Siegermächte Frankreich und Großbritannien den Finger noch immer viel schneller am militärischen Drücker haben als die nach wie vor vom Weltkriegs-Trauma belasteten Deutschen.
Aber dass die 27 nicht einmal über den Nutzen oder Schaden einer Palästina-Abstimmung einen Konsens finden, ist jedenfalls eine neue und sehr negative Qualität des europäischen Dissenses.
Dabei sollten alle nahöstlichen Themen für die Europäer eigentlich einen viel höheren Stellenwert haben als für die weltpolitischen Platzhirschen USA oder Russland. Dabei liegt Europa geographisch am nächsten zum Konfliktherd. Dabei hat Europa eine historisch viel größere Kausalbeziehung zur Entstehung des Staates Israel und damit Verantwortung als jede andere Macht. Dabei ist Europa vom Öl und Gas dieser Region abhängig, Russland und die USA hingegen nicht; Russland hat ja seit jeher ausreichend Energie-Rohstoffe, und die USA befinden sich durch innovative Abbaumethoden gerade in einem historischen Rollenwechsel vom Öl- und Gas-Importeur zum Exporteur.
Alleine diese Aspekte hätten zwingend dazu führen müssen, dass die EU gemeinsam agiert. Sowohl ein gemeinsames Ja wie ein gemeinsames Nein wie eine gemeinsame Enthaltung wären besser gewesen als die chaotische Widersprüchlichkeit. Europa ist damit außenpolitisch auf lange Zeit weg vom Fenster.
Aber im Grunde ist es kein Wunder. Die Gemeinsamkeiten in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik waren strukturell immer schon endenwollend. Das hatte sich während der letzten Jahre und Jahrzehnte in vielen Aspekten gezeigt. Die wichtigsten davon:
Da man das aber unterlassen hat, konnte die EU in Wahrheit nur noch als Binnenmarkt für Handel, Finanzen und Dienstleistungen reüssieren (was ja ohnedies ein tolles Projekt ist). Es ist einfach absurd, währungspolitische Solidarität selbst für Schwindlerstaaten in der EU zu erzwingen, wenn man zugleich in der fundamentalen Hauptaufgabe jedes Staatswesens, eben bei der Sicherheit nach außen, völlig widersprüchliche Ideen hat.
Hinter dieser Divergenz verblasst in Wahrheit die Frage, welches Abstimmungsverhalten eigentlich das richtige gewesen wäre.
Am meisten hätte wohl dafür gesprochen, sich an die Seite der USA und Israels zu stellen, solange die Palästinenser nicht das volle Existenzrecht Israels anerkennen.
Die etwa von Österreich ausgestreute Argumentation, die Palästinenser hätten sich im Gegenzug für die Anerkennung als Staat mündlich zu bedingungslosen Verhandlungen bereit erklärt, findet in der wirklichen Welt keine Bestätigung. Die palästinensische Verhandlungsbereitschaft war schon in der Vergangenheit immer nur eine dubiose. Bereits zu Arafats Zeiten sind die Palästinenser letztlich stets davor zurückgeschreckt, fertig ausgehandelte Abkommen auch zu unterzeichnen, die ihnen die Anerkennung gebracht hätten.
Jetzt haben die Palästinenser vor der UNO zwar einen Propagandaerfolg erzielt. Vor Ort haben sie sich damit aber viele Verschlechterungen eingehandelt: vom finanziellen Boykott durch Israel bis zum Bau Tausender neuer israelischer Wohnungen auf palästinensischem Gebiet. Diese schaden ihnen dauerhaft weit mehr, als eine UNO-Resolution nützen kann.
Freilich sind auch in Israel die Kompromisswilligen in den letzten Jahren immer unbedeutender geworden. Israel setzt auf die eigene (und die amerikanische) Stärke. Die regelmäßigen Anschläge und Raketenangriffe durch Palästinenser haben die Israelis nicht kompromisswillig, sondern noch viel härter gemacht.
Erfolgreichen Druck auf Israel, sich im Gegenzug für einen echten Frieden wirklich auf die Grenzen von 1967 zurückzuziehen und für die Stadt Jerusalem eine internationale Lösung zu finden, können daher nur die USA ausüben. Die EU in ihrem heutigen Zustand bekommt hingegen nicht einmal mehr echte Gesprächstermine. Aber zweifellos hat jeder einzelne Siedlungsbau auch für die USA die Kompromisssuche erschwert.
Genauso notwendig wäre auch massiver Druck auf die Palästinenser. Mit dem UNO-Votum hat die Welt jedoch ohne Gegenleistung ein wichtiges Instrument aus der Hand gegeben, diesen Druck auszuüben.
Denn jetzt glauben die Palästinenser, dass ihnen der damit möglicherweise geöffnete Weg zu internationalen Straf- und Völkerrechts-Gerichtshöfen etwas bringen wird. Es wird Jahre dauern, in denen die Palästinenser noch weniger friedenswillig sind als bisher, bis zumindest die klügeren Araber erkennen, dass das ein Fehler war. Denn die Israelis werden ein eventuelles Urteil von IGH oder IStGH in Den Haag nur mit einem Schulterzucken beantworten. Es gibt keine Exekutive, die solche Urteile durchsetzen könnte.
Gewiss spricht auf der anderen Seite auch zumindest ein starkes Argument für die nun erfolgte Aufwertung des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas als Chef eines staatsähnlichen Gebildes: Nach dem blutigen Scharmützel rund um den Gaza-Streifen haben in den vergangenen Wochen seine radikalen Widersacher von der Hamas, die in jenem Teil Palästinas herrschen, deutlich Auftrieb verspürt. Daher glaubte man in manchen EU-Ländern wie auch in Österreich hinter vorgehaltener Hand, dass eine Unterstützung für Abbas diesen wieder ins Spiel bringen könnte. Das ist aber wohl eine Fehlglaube.
Aber was immer man glaubt: Wenn eine „Union“ nur aus lauter Widersprüchen besteht, bastelt sie selbst am eigenen Untergang. Und sie hat jedenfalls im Nahen Osten keinen Stellenwert mehr.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Ein Budget, so heißt es, sei „der in Zahlen gegossene politische Wille der Regierung“. Zwischen den in Sonntags- und Wahlkampfreden getätigten Willensbekundungen der Herrschenden und deren tatsächlichen Handlungen, die sich in der hoheitlichen Einnahmen- und Ausgabenrechnung manifestieren, liegen bisweilen allerdings Welten.
Ehe hier auf die kürzlich im Nationalrat beschlossenen Budgetdaten für das Jahr 2013 eingegangen wird, ein kurzer Blick auf die aktuelle Finanzsituation der Republik: Der Gesamtschuldenstand des Bundes beläuft sich gegenwärtig auf 192,1 Mrd. Euro (ohne die ausgelagerten Schulden, wie z. B. der ASFINAG und der ÖBB, sowie ohne Berücksichtigung kapitalisierter Anwartschaften aus der Sozialversicherung, also „implizite“ Staatsschulden).
Gemessen am Jahr 1970, als die Sozialisten unter Kanzler Bruno Kreisky erstmals die Regierungsgeschäfte übernahmen, bedeutet das eine nominelle Erhöhung der Schuldenlast um das 55-fache. Gemessen am BIP ergibt sich seit 1970 eine Steigerung von 12,5 Prozent auf 62,3 Prozent. Trotz des gegenwärtig historisch niedrigen Zinsniveaus beläuft sich der jährliche Zinsendienst immerhin auf gewaltige 7,7 Milliarden Euro (Quelle: Finanzministerium). Steigt das Zinsniveau wieder auf in der Vergangenheit bereits erlebte Höhen an, was im Moment allerdings nicht abzusehen ist, wird die Zinslast entsprechend ansteigen und die Staatsfinanzierung erheblich erschweren.
Die für den Schuldzins aufzuwendenden Mittel engen den Budgetspielraum naturgemäß erheblich ein. Die insgesamt prekäre Lage des Finanzsektors legt es aber ohnehin nahe, zu einer konservativen Budgetpolitik überzugehen. Und in der Tat: Sparen, so hören wir allerorten, sei angesichts der angespannten Lage der Staatsfinanzen unerlässlich. Selbst die stets spendierfreudigen Genossen lassen eine gewisse Einsicht in die Tatsache erkennen, dass nicht jede von ihnen gewünschte, in aller Regel kostspielige, Wohltat auch tatsächlich finanziert werden kann.
Führt man sich nun die Zahlen des eben beschlossenen Budgets zu Gemüte, wird indes schon auf den ersten Blick klar, dass der Begriff „Sparen“ offensichtlich mehr als nur eine Interpretation zulässt. Der schlichte Mann oder die sprichwörtliche „schwäbische Hausfrau“ stellen sich darunter nämlich vor, dass weniger ausgegeben als eingenommen wird.
Damit befinden sich aber beide offenbar im Irrtum, denn die Finanzministerin – die es ja dank der ihr eigenen, überlegenen Urteilskraft und nicht zuletzt auf Grund der Expertise hochkarätiger Experten unter ihrer Beamtenschaft, besser wissen muss – legt für das kommende Jahr ein „Sparbudget“ vor, das einen Ausgabenüberschuss von rund 6,33 Mrd. Euro vorsieht. Für die Bedienung der Schulden sind beachtliche 2,4 Prozent des BIP an bloßen Zinszahlungen eingeplant. Diese Annahme ist allerdings deshalb als hochgradig optimistisch einzuschätzen, weil darin z. B. bereits Einnahmen aus dem Titel einer Art „Reichsfluchtsteuer 2.0“ – Stichwort „Schwarzgeld in der Schweiz“ – eingeplant wurden, über deren wahre Höhe auch die beste Kristallkugel der Welt keine seriösen Angaben zu machen imstande ist.
Bleibt anzumerken, dass als „Schwarzgeld“ neuerdings keineswegs ausschließlich jene Gelder tituliert werden, die als Ergebnis einer Steuerhinterziehung anfallen, sondern auch voll versteuerte und daher legal ins Ausland verbrachte Mittel! Offenbar ist man im Finanzministerium (und bei den nicht nur in dieser Frage offensichtlich gleichgeschalteten Hauptstrommedien) der Ansicht, dass jeder von Privaten verdiente Euro zunächst und ganz grundsätzlich einmal dem Fiskus gehört, der dann allerdings gelegentlich huldvoll die Genehmigung erteilen kann, diesen zu behalten und – etwa zum Ankauf einer Stange Zigaretten – sogar ins Ausland zu verbringen.
Der für das kommende Jahr zu erwartende Zinsendienst übersteigt mit rund 7,6 Mrd. Euro die Höhe des Abgangs deutlich. Immerhin – und das ist wohl das einzig Positive, das sich über den Entwurf des ÖVP-geführten geführten Ministeriums sagen lässt – bedeutet das einen „Primärüberschuss“.
Die Dynamik der Staatsausgaben bleibt indessen ungebrochen. Wie die Analyse der Entwicklung von Einnahmen- und Ausgabenseite der letzten Jahre deutlich zeigt, bringt es die Regierung fertig, trotz massiver Einnahmensteigerungen (das Steuervolumen liegt gegenwärtig auf einem historischen Höchststand und wird auch im kommenden Jahr wieder kräftig wachsen), kein ausgeglichenes Budget zustande zu bringen – womit übrigens das vorgebliche Ziel zu sparen ja noch längst nicht erreicht wäre!
Dass „Sparen“ in der Praxis des österreichischen Fiskalstaates faktisch stets Einnahmensteigerung durch die Erfindung neuer oder die Erhöhung bestehender Steuern bedeutet, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Dass jede Einnahmenerhöhung postwendend in neuen Staatsausgaben mündet, ist von vielen Zeitgenossen allerdings noch nicht so recht erfasst worden. Der Ökonom Josef Schumpeter illustrierte dieses Phänomen einst so: „Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als eine demokratische Regierung eine Budgetreserve.“ Das sozialistische Faymann-Regime bildet in dieser Hinsicht selbstverständlich keine Ausnahme.
So steigt etwa der Personalaufwand – allen Einsparungsankündigungen zum Trotz – weiterhin an. Und ein besonders bemerkenswertes Detail stellt die veranschlagte Höhe der Transferzahlungen dar, die mit 50,6 Mrd. Euro rund zwei Drittel der Auszahlungen ausmachen, in denen u. a. Pensionen, Arbeitslosenentgelte und Subventionen enthalten sind. Angesichts dieser mit Abstand größten Aufwandsposition mutet es einigermaßen kurios an, dass die Rufe nach noch mehr Umverteilung nicht nur nicht verstummen wollen, sondern – ganz im Gegenteil – beständig lauter werden…
Die vom Nobelpreisträger James M. Buchanan einst getroffene Feststellung, wonach „die Steuerlast endlich ist“, hat sich bis in die Wiener Himmelpfortgasse noch nicht durchgesprochen. Dass eine leichte Abflachung der Verschuldungsdynamik mit Sparen nicht identisch ist, ebenso wenig.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Österreichs Politiker und Medien tun gerne so, als wäre das Land genauso wie Deutschland ein europäischer Vorzugsschüler in Sachen Stabilität. Die Fakten sprechen aber eine andere Sprache, die Österreich viel schlechter bewertet.
Zwar liegt Österreich bei der offiziellen Staatsverschuldung gemäß den Maastricht-Kriterien besser als Deutschland. Zwar glänzt Österreich regelmäßig bei der Arbeitslosenstatistik. Mit diesen zwei Aspekten wird die Koalition wohl auch den Wahlkampf bestreiten.
Wer aber einen schärferen Blick wagt, bekommt ein ganz anderes Bild, das auch diese beiden Aspekte stark relativiert.
Denn erstens ist die statistische Arbeitslosigkeit in Österreich vor allem deshalb so niedrig, weil das Land Arbeitslosigkeit in (teuren) Langzeitstudien und (noch teureren) Frühpensionen versteckt. Beim Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung liegt es daher keineswegs so toll.
Zweitens sind gerade einige Gesetzesbeschlüsse in der Pipeline, die künftig noch mehr Österreicher von einer Erwerbstätigkeit abhalten werden. So sollen insbesondere die Ausbildungszeiten für Pflichtschullehrer deutlich verlängert werden. Das reduziert naturgemäß die Erwerbstätigenquote weiter. Dabei wäre es viel sinnvoller, nur solche Kandidaten an Pädagogische Hochschulen zu lassen, die einen strengen Rechtschreibtest bestehen. Das würde die Qualität der auf die Kinder losgelassenen Lehrer viel mehr verbessern als eine Verlängerung des Studiums, in der die künftigen Lehrer mit noch mehr realitätsfremden pädagogischen Theorien vollgestopft werden.
Drittens ruht sich die Republik auf vergangenen Lorbeeren aus, was in einer dynamischen Welt sehr gefährlich ist. Denn Österreich liegt bei aktuellen internationalen Vergleichen der Reformfreudigkeit seit Ausbruch der Krise ganz schlecht. Das heißt: Sobald sich in absehbarer Zeit in anderen Ländern die – kurzfristig natürlich meist unangenehmen – Reformen der Krisenjahre positiv auswirken, werden etliche von diesen Ländern auf der Überholspur an Österreich vorbeiziehen. So wie das in der Mitte des vorigen Jahrzehnt weit hinter Österreich zurückliegende Deutschland inzwischen durch die einschneidenden Reformen der Agenda 2010 getan hat. Ein signifikantes aktuelles Beispiel: Die deutsche Bundeskanzlerin lehnt gerade trotz vehementer Kritik der linkskorrekten Medien eine steuerliche Gleichstellung für homosexuelle Partnerschaften ab – in Österreich gibt es für diese hingegen sogar eine Gratis-Witwer-Pension ohne einen Cent Einzahlung. Für Angela Merkels Position spricht neben der notwendigen Sparsamkeit auch die Tatsache, dass steuerliche und pensionsrechtliche Privilegien ja nur in Hinblick auf die Aufzucht von Kindern legitim sein können. In allen anderen Fällen sind sie eine üble Diskriminierung von Singles und zusammenlebenden Geschwistern oder anderen Verwandten, die keine Familie bilden.
Viertens ist Österreich absolute Spitze beim Verstecken von Schulden. Ausgegliederte Gesellschaften und verheimlichte Haftungen durch Bundesländer und Gemeinden werden in breiter Front zum Manipulieren von Schulden-Statistiken verwendet. Besonders viele versteckte Belastungen der Zukunft finden sich im extrem großzügigen Pensionssystem Österreichs. Schätzungen, die all diese Lasten zu erfassen versuchen, stellen sogar Italien eine weit bessere Prognose als Österreich.
Fünftens erzielt Deutschland, wie nun bekannt geworden ist, im Jahr 2012 voraussichtlich sogar einen Überschuss der Staatsfinanzen. Österreich, das sich so gern mit Deutschland vergleicht, ist von diesem Idealzustand weit entfernt.
Und sechstens wird Österreich auch von den internationalen Geldgebern (ebenso wie von den Ratingagenturen) deutlich schlechter eingestuft als Deutschland. Zwar stimmt die ständig verbreitete Jubelbotschaft der Regierung, dass am sogenannten Sekundärmarkt die Zinsen der Alpenrepublik niedriger sind als vor einigen Monaten. Das ist aber derzeit ein allgemeiner Trend, der durch die Überflutung der Märkte mit Billigstgeld der Zentralbank ausgelöst worden ist. Der also nichts über Österreich sagt. Viel aussagekräftiger ist jedoch, dass die Höhe der Zinsen für österreichische Papiere deutlich näher bei Frankreich liegt als bei Deutschland. Auch Länder wie Finnland oder die Niederlande sind deutlich besser bewertet, haben also ebenfalls niedrigere Zinsen als Österreich.
Das ist keineswegs ungerecht. Denn diese bösen Märkte versuchen eben immer die zukünftige Entwicklung einzuschätzen und weniger die Verdienste der Vergangenheit.
Gewiss ist Österreich nicht Griechenland oder Portugal. Aber entscheidend ist immer die Richtung einer Entwicklung und ihre Dynamik. Daher sollte man jedenfalls sehr misstrauisch werden, sobald ein politischer oder medialer Regierungspropagandist Österreich und Deutschland in einem Atemzug als gleichwertig nennt.
In Wien werden die Taxis gerade wieder saftig teurer. Was etliches Kopfschütteln auslöst.
Erstens deshalb, weil Wiens Taxis ja derzeit ohnedies enorm von den grünen Bemühungen profitieren, das Verkehrschaos zu vermehren; das müsste ihnen eigentlich automatisch ständig mehr Geschäft verschaffen – freilich durchs Fahren, nicht durch Preiserhöhen. Zweitens ist es ziemlich absurd, dass hierzulande Preise noch immer wie einst im Ostblock vom Bürgermeister fixiert werden. Und drittens ist es unverständlich, dass in der Taxi-Branche noch immer keine Konkurrenz erlaubt ist. Ein Stefan Wehinger hat das hingegen sogar auf der Westbahnstrecke der ÖBB geschafft. In Wien zahlst Du jedoch immer gleich viel für ein Taxi. Ob es sauber ist oder schmutzig. Ob groß oder klein. Ob der Chauffeur vertrauen- oder (vor allem für einzelreisende Frauen) angsteinflössend ist. Ob er zumindest auf 20-Euro-Scheine herausgeben kann oder nicht. Ob er einen Rechnungsblock an Bord hat oder nicht. Ob er bei telefonischen Bestellungen auch wirklich kommt oder nicht. Ob er sich in Wien auskennt oder nach dem Motto pilotiert: „Du sagen, ich fahren.“ Die größte Absurdität ist da noch gar nicht erwähnt: Dass man nach wie vor bei Fahrten zwischen Stadt und Flughafen sogar weit mehr als den üppigen Betrag zahlen muss, den ein Taxameter errechnet; denn die Fahrzeuge dürfen im feindlichen Bundesland noch immer keine Passagiere aufnehmen. Dennoch rennen noch immer irgendwelche Idioten herum und schwätzen etwas von einer neoliberalen Deregulierung in Österreich . . .
Gäbe es noch so etwas Altertümliches wie wissenschaftliche Ehre, dann müsste jetzt eine Reihe von Ökonomen zurücktreten.
Das gilt für alle jene – etwa aus dem Kreis des famosen Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo – die vor wenigen Monaten noch laut nach Schaffung des ESM als tolle Superwaffe gegen die Schuldenkrise gerufen haben. Jetzt aber ist das passiert, was passieren musste: Dieser europäische Schuldenmechanismus wurde durch Ratingagenturen abgewertet, was ihm die Schuldenaufnahme deutlich verteuern wird. Trotz aller Skandal- und Verwunderungsrufe der europäischen Machtträger war diese Herunterstufung logisch und richtig: Alleine die Tatsache, dass ein Land wie Frankreich für mehr als ein Fünftel der ESM-Kredite haftet, muss jeden Geldverleiher stutzig machen – zumindest seit in Paris sozialistische Schuldenpolitik in Reinkultur praktiziert wird (Heruntersetzung des Rentenantrittsalters, Verstaatlichung von Stahlwerken, Erhöhung der Beamtenzahlen). Wer glaubt ernsthaft, von einem solchen Land sein Geld zurückbekommen zu können?
Frage: Welche der folgenden Selbstbeschreibungen trifft auf Sie zu?
Gesamt | SPÖ | ÖVP | FPÖ/BZÖ | Grüne | Andere | |
Ich bin ein Familienmensch und lege Wert auf Geborgenheit. |
60 |
59 |
67 |
56 |
56 |
60 |
Mir ist wichtig, dass Freizeit und Unterhaltung nicht zu kurz kommen. |
57 |
47 |
54 |
68 |
60 |
59 |
Ich bin ein recht glücklicher und zufriedener Mensch. |
55 |
53 |
61 |
59 |
59 |
63 |
Ich bin mehr für Stabilität als für Veränderungen. |
48 |
57 |
50 |
52 |
38 |
42 |
Ich habe viele Pläne, die ich verwirklichen möchte. |
45 |
34 |
47 |
52 |
72 |
46 |
Ich hänge sehr an der österreichischen Lebensweise. |
45 |
55 |
61 |
46 |
25 |
37 |
Mich stört viel an unserem politischen System, ich möchte Vieles verändern. |
39 |
31 |
37 |
52 |
32 |
41 |
Ich verfolge Politik nur recht beiläufig und interessiere mich nicht für Details. |
38 |
36 |
33 |
44 |
40 |
39 |
Alles, was modern ist, interessiert mich sehr. |
38 |
32 |
27 |
48 |
51 |
40 |
Ich mache mir viele Gedanken über mein Leben im Alter. |
36 |
38 |
50 |
33 |
24 |
32 |
Ich engagiere mich gern für gemeinschaftliche Ziele. |
30 |
24 |
30 |
27 |
50 |
32 |
Es macht mir Spaß, andere von meiner Meinung zu überzeugen. |
29 |
26 |
26 |
32 |
37 |
29 |
Ich suche insgeheim immer nach Abwechslung und neuen Erlebnissen. |
26 |
19 |
16 |
33 |
36 |
30 |
Die Zukunft erscheint mir oft grau und düster. |
23 |
27 |
32 |
23 |
6 |
20 |
Ich fühle mich mehr und mehr als Europäer. |
19 |
16 |
30 |
17 |
49 |
16 |
In meinem Leben sind die Ängste und Sorgern größer als die Freuden. |
16 |
26 |
11 |
15 |
7 |
14 |
Quelle: IMAS-Umfrage Februar 2011
Wenn man den Brotpreis unter dem Niveau des Marktpreises deckelt, löst das dreierlei aus: Brotmangel, Verschwendung bei den Konsumenten und die Entwicklung von Schwarzmärkten. Das haben in den letzten Jahrzehnten sämtliche Planwirtschaften in bitteren Lektionen lernen müssen. Die meisten lassen daher – nicht nur beim Brot – den Markt wieder funktionieren. Lediglich einige verbliebene Retro-Staaten wie Nordkorea oder Kuba produzieren weiter durch Preisregelungen gezielt bittere Not.
Daher ist es mehr als erstaunlich, wenn plötzlich das rotgrüne Wiener Rathaus in den verschiedensten Varianten über eine Mietpreisdeckelung diskutiert. Eigentlich hätte man geglaubt, dass hierzulande niemand mehr ernsthaft an solche Abenteuer glaubt.
Aber sind nicht tatsächlich die Preise für neue Mietwohnungen oft ärgerlich hoch? Das sind sie in der Tat. Nur ist das eine Folge, nicht die Ursache von Knappheit. Und eine neue Mietendeckelung würde die Knappheit noch dramatisch verstärken. Kein vernünftiger Mensch würde künftig seine Ersparnisse in ein Wohnhaus oder eine Vorsorgewohnung investieren.
Dass solche Vorschläge ausgerechnet im Wiener Rathaus entstehen, ist besonders skurril. Steht doch hier die ganz große Mehrheit der Wohnungen im Eigentum der Gemeinde oder politisch kontrollierter Genossenschaften. Daher prägt deren Angebot quantitativ wie qualitativ die Preisbildung im kleinen freien Sektor. Zugleich ist gerade in Wien die Belastung der Mieter durch von der Stadtverwaltung gewaltig in die Höhe gepeitschte Infrastrukturkosten (Wasser usw.) überproportional steil gestiegen.
Ein weitere Ursache hoher Mieten ist die ohnedies schon für viele Wohnbauten geltende Mietpreisbindung. Wenn ältere Einzelpersonen nur deshalb in großen Altwohnungen mit oft fünf und noch mehr Zimmern wohnen, weil ein Wechsel in eine kleinere (und für ihre Bedürfnisse besser passende!) Wohnung für sie viel teurer wäre, zeigt das die ganze Absurdität der Wohnungssituation. Die, die haben, profitieren. Die, die suchen oder wechseln, zahlen drauf. Um ein Vielfaches.
Angesichts der stark steigenden Zuwanderung nach Wien und der wachsenden Immobilienblase – eine Folge der Schuldenpolitik von EZB und Staaten – wäre es aber illusorisch, vorerst sinkende Mieten zu erwarten. Eine vernünftige Politik sollte jedoch zumindest alles tun, was deren Explosion bremst: durch einen modernen Mieterschutz, der die absurden Privilegien einiger Altmieter Schritt für Schritt auslaufen lässt und so mehr Familienwohnungen auf den Markt bringt; durch ein neues Genossenschaftsrecht, das Wettbewerb zulässt, Parteisubventionierungen verhindert und nur solange Annuitätenzahlungen erlaubt, bis die Wohnungen abbezahlt sind; durch korruptionsfreie Möglichkeiten für private Bauträger, ausreichend Grundstücke zu erwerben; und durch eine Verkehrspolitik, die auch die großen Siedlungsräume rund um die Stadtgrenze rasch einbezieht.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Natürlich ist es legitim, die KPÖ zu wählen. Es handelt sich dabei weder um eine nach dem NS-Gesetz verbotene Partei, noch steht sie, wie es einst Andreas Khol (ÖVP) über die FPÖ gemeint hat, "außerhalb des Verfassungsbogens". Das hat bekanntlich weder Khol noch die ÖVP dran gehindert, im Jahr 2000 eine Koalition mit der FPÖ einzugehen. Wohlgemerkt als drittstärkste Partei.Die Folgen sind bekannt: Wolfgang Schüssel wurde Kanzler und die schwarz-blaue Ära ist in erster Linie ein Fall für die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Wobei Khol zugute zu halten ist, dass er Schüssels "Superidee", Karl Heinz Grasser zum ÖVP-Chef zu machen, letztlich verhindert hat.
Dass die KPÖ im steiermärkischen Landtag 2010 zwei Sitze und nun in Graz Platz zwei erobert hat, zeigt, wie sehr das Wahlvolk vom oben geschilderten Spiel angewidert ist. Die "Kummerln" haben in der "grünen Mark" gezeigt, dass Politik anders ausschauen kann. Statt Privatisierungen auf Teufel komm raus, Selbstbereicherung einiger weniger oder dubiosen Beschaffungsvorgängen - Konzentration auf die alltäglichen Probleme der Menschen wie z.B. Wohnungsnot oder Ängste vor dem sozialen Abstieg.
Auf KPÖ-Drängen wurde der Regress bei der Sozialhilfe in der Steiermark abgeschafft; die Fristen für die Entscheidung über Anträge auf Sozialhilfe auf drei Monate verkürzt. Menschen in akuter Not müssen nicht mehr ein halbes Jahr auf die Gewährung von Hilfeleistungen warten. In Graz profilierte sich die KPÖ in erster Linie über den Mieterschutz und die Sanierung von Substandardwohnungen. Ämter und hoch dotierte Positionen scheinen Ernest Kaltenegger & Elke Kahr nicht so wichtig. Die Grazer KPÖ-Chefin meint: "1800 Euro monatlich reichen mir völlig."
Dass sie der ÖVP als stimmenstärkster Partei den Anspruch auf den Bürgermeistersessel nicht streitig macht, weist die KPÖ-Spitzenfrau zudem als sattelfestere Demokratin als Schüssel, Grasser & Co. aus.
Andreas Unterberger
Der Kommunismus war zusammen mit dem Nationalsozialismus das weitaus übelste Verbrechenssystem der letzten 200 Jahre. Im Schatten eines zwar rhetorisch human klingenden, aber ökonomisch absurden Ideologiegebäudes hat eine Ideologen- und Funktionärs-Clique jahrzehntelang den halben Globus mit ihrem menschenverachtenden Machtsystem überzogen.
Dieses beruhte auf organisiertem Terror und Massenvernichtung ganzer Völker. Ihm sind in Europa und Asien unvorstellbare 80 bis 100 Millionen unschuldiger Menschen zum Opfer gefallen.
In Osteuropa ist das ganze morsche Gebäude vor 23 Jahren in einer tapferen Erhebung der Menschen zusammengebrochen. Aber bis heute werden im Zeichen des Kommunismus in Nordkorea oder Kuba Menschen aus politischen Gründen verfolgt, inhaftiert, ermordet.
Und bis heute muss dort die Bevölkerung darben. China hat wenigstens die skurrilen Wirtschafts-Ideen des Kommunismus entsorgt, was einen steilen Aufstieg ermöglicht. Der Machtterror geht aber auch in China weiter.
Wie kann es da anständige Menschen in Österreich unberührt lassen, wenn in der zweitgrößten Stadt jeder Fünfte eine kommunistische Partei wählt? Diese war ja nicht einmal bereit, sich wenigstens durch eine Namensänderung oberflächlich von den kommunistischen Verbrechen zu distanzieren.
Was für katastrophale Versäumnisse passieren da an Schulen und Universitäten, wenn so vielen Menschen jedes Wissen über den Kommunismus fehlt? Werden dort die enormen Ähnlichkeiten zwischen real existierendem Sozialismus (wie ihn die Kommunisten gerne nannten) und National-Sozialismus verwischt? Welchen ökonomischen Unsinn verbreiten Medien, wenn so viele Menschen ausgerechnet die Wohnungspolitik als Motiv nennen, warum sie KPÖ gewählt haben? Dabei hatte gerade Osteuropas Wohnungsnot das Scheitern des Kommunismus besonders deutlich demonstriert.
Österreichs Korruptionsstaatsanwaltschaft bekommt also eine neue Leitung. Diese Personalentscheidung ist bestürzend.
Denn das Rennen hat – auch wenn noch die letzten Unterschriften fehlen – die stellvertretende Leiterin der Wiener Oberstaatsanwaltschaft gemacht. Was mehr als bedenklich ist. Nicht nur deswegen, weil es halt eine der jetzt in der staatlichen Verwaltung so häufigen Entscheidungen ist, die für alle Experten den Anschein erwecken, es geht um Quote statt Qualität. Hätte es doch eine ganze Reihe anderer topqualifizierter Kandidaten gegeben, die nach Angaben seriöser Justizkreise sowohl harte Arbeiter wie auch Profis in Sachen Korruptionsbekämpfung sind.
Besonders bedenklich ist auch, dass der Vorsitzende der Auswahlkommission (und der die Entscheidung Dominierende) niemand anderer als der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien gewesen ist. Dieser hat keineswegs den Vorsitz zurückgelegt, als sich seine eigene Stellvertreterin beworben hat, sondern die Causa beinhart durchgezogen. Wie es unter Genossen offenbar so üblich ist.
Die – zumindest moralische – Pflicht, sich in solchen Situationen als befangen zurückzuziehen, gilt ja in Wahrheit immer, wenn sich der engste eigene Mitarbeiter bewirbt: Sagt man Nein, hat man eine Todfeindschaft im eigenen Büro; sagt man Ja, stinkt das Ganze nach Seilschafts-Strategie.
In Wahrheit hätte der OStA-Leiter schon von Anfang an überhaupt nicht mit dieser Auswahl betraut werden dürfen. Nicht nur weil diese Oberstaatsanwaltschaft in mehreren Korruptionsverfahren eine problematische Rolle gespielt hat, etwa in der Causa Faymann/Ostermayer. Nicht nur weil diese Oberstaatsanwaltschaft allem Anschein nach seit Jahren völlig untätig gegen das ständige gezielte Hinaussickern von Aktenteilen aus ihrem großen Verantwortungsbereich geblieben ist. Nicht nur, weil sie die unerträgliche Langsamkeit in diesem Bereich zu verantworten hat. Sondern auch weil sie bei der Nichtverfolgung potenzieller Mittäter im Fall Kampusch eine zentrale Rolle gespielt hat. Diese Rolle hat nun ja sogar zur – teuren – Beiziehung internationaler Experten geführt. Deren Bericht noch keineswegs vorliegt.
Aber das tut alles nichts. Die Justizministerin lässt den OStA-Leiter nicht nur diese Kommission leiten, sondern folgt nach verlässlichen Informationen auch seinem Vorschlag, die eigene Stellvertreterin in diese Schlüsselposition zu hieven. Will Frau Karl so ernsthaft die Justiz und insbesondere die Staatsanwaltschaft aus einer schweren Imagekrise herausführen? Unter vielen Genossen macht sich schon ein Seufzer der Erleichterung breit.
Eine gute, eine bessere Korruptionsstaatsanwaltschaft müsste sich durch Fünferlei auszeichnen: Erstens durch viel größere Schnelligkeit; zweitens durch eine effiziente Wahrung des Amtsgeheimnisses; drittens durch die Fähigkeit, Lappalien von Gravierendem unterscheiden zu können; viertens durch Mut auch gegenüber hohen Amtsträgern; und fünftens durch noch mehr Mut, den man braucht, um immer nur sachlich und nie gemäß den Vorgaben der blutrünstigen Magazine zu entscheiden. Man wird ja noch träumen dürfen . . .
PS.: Dieses Debakel der Ministerin reiht sich im übrigen nahtlos an ihren jüngsten Fehler beim neuen Familienrecht an. Da hat sie offenbar übersehen, dass nach der knapp vor dem Beschluss stehenden Novelle jener Elternteil, bei dem die Kinder wohnen (also meist die Mutter), mit diesen Kindern trotz theoretisch gemeinsamer Obsorge ungestraft bis ans Ende der Welt ziehen kann. Ohne dass der andere Elternteil dagegen etwas unternehmen kann. Damit ist natürlich der zarte Ansatz dieser Reform, dass bisweilen auch gegen den Willen eines Elternteils die gemeinsame Obsorge beschlossen werden kann, total zunichte gemacht. Was die feministischen Sozialdemokraten (also deren große Mehrheit) natürlich diebisch freut. Bis diese Regelung dann in frühstens fünf Jahren halt wiederum von internationalen Gerichten als menschenrechtswidrig erkannt werden wird.
Es war nur eine von vielen Drohungen aus China gegen Japan im Streit um einige menschenleere, aber potenziell ölreiche Felseninseln. Aber sie sollte auch den europäischen Politikern wie Bankern eine ernste Lehre sein.
Sie stammt von Jin Baisong von der chinesischen Akademie für internationalen Handel, einer Institution des mächtigen Handelsministeriums. Er drohte, „gegen Japan Sanktionen in der allerwirksamsten Art zu verhängen“. Diese „allerwirksamste Art“ sieht er nicht mehr im Einsatz der stark aufgerüsteten Streitkräfte, sondern von Finanzen und Handel. Das ist nur scheinbar Anlass zur Erleichterung.
Denn der finanzielle Aspekt ist ein Qualitätssprung in der globalen Schuldenkrise. Jin sprach ganz konkret von den japanischen Anleihen in den chinesischen Tresoren. Er will sie einsetzen, um das schwer überschuldete Japan in die Knie zu zwingen. China sei mit 230 Milliarden Dollar an japanischen Staatspapieren der größte Gläubiger des Inselstaates. Dieser hatte sich bisher sicher gewähnt, weil vor allem Japaner selbst die Anleihen gekauft hatten. China tut gegenüber Japan das, wovor Finanzexperten seit Jahren eigentlich in Hinblick auf die USA gewarnt haben: nämlich seine Bond-Schätze als politisches Erpressungsmittel einzusetzen.
Dieser neue Aspekt ist bisher seltsamerweise international viel weniger beachtet worden als die Auswirkungen des Konflikts auf den Handel. Freilich sind auch die beträchtlich. Denn wenn Nissan, Honda, Sharp oder Panasonic dauerhaft so wie in den letzten Wochen einen Gutteil ihrer Exporte nach China abschreiben müssten, wäre das eine absolute Katastrophe. Ist doch China zum größten Automobilmarkt der Erde geworden. Auch auf der Exportseite haben die Chinesen eine starke Waffe, die sie zuletzt durch Ausfuhrrestriktionen noch geschärft haben: ihre Dominanz bei „seltenen Erden“, die beispielsweise für Smartphones derzeit unverzichtbar sind.
Europa und die USA sollten sich keine Illusionen mehr machen: China ist vom Handel bis zu den Finanzen bereit, seine rasch wachsende globale Hebelkraft auch politisch im nationalen Interesse einzusetzen. Zwar sind gegenüber Japan die Ressentiments besonders stark, aber auch gegenüber dem Westen haben die Chinesen keinen Grund zu sonderlicher Solidarität. Da sind in ihrem kollektiven Gedächtnis Stichworte wie Kanonenbootpolitik, ungleiche Verträge und Opiumkrieg zu tief verankert.
Ihre eiskalte Orientierung an nationalen Interessen zeigte sich zuletzt auch deutlich, als alle EU-Bittprozessionen erfolglos blieben, China möge doch europäische Anleihen kaufen, um so die Schuldenkrise zu beruhigen. China tat das nur sehr beschränkt. Es begann statt dessen, sich wie in einem Luxus-Supermarkt bei den Gustostückerln der europäischen Industrie und Technologie zu bedienen.
Auch wenn da so mancher gut verdient hat, sollte Europa die Gefahren der chinesischen Strategien auch außerhalb Asien viel genauer analysieren. Übrigens auch beim beginnenden Wettlauf in Afrika.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Gegengeschäftsvorwürfe gegen Stronach sind absurd – seine jüngsten personellen Neuerwerbungen aber auch.
Lautstark wird gegen Frank Stronach polemisiert, weil sein Konzern einst Aufträge von der mit EADS verwandten Firma Mercedes erhalten und diese dem Auftraggeber zuliebe als Gegengeschäfte für EADS bezeichnet hat. Das geschah in den letzten Jahren auch mit zahllosen anderen Aufträgen anderer Firmen.
Es konnte ja niemand ernsthaft glauben, dass für den Kauf von Flugzeugen zusätzlich und völlig aus heiterem Himmel Aufträge im doppelten Volumen des gesamten Flugzeugwerts hereinschneien, die sich sonst nie und nimmer nach Österreich verirrt hätten. Gegengeschäfte sind seit Jahrzehnten nur ein Schmäh der Politik gewesen, um dem Mann von der Straße und seinen kleinformatigen Medien notwendige, aber teure Anschaffungen wie etwa die von Militärflugzeugen schmackhaft zu machen.
Auch die Tatsache, dass sich Stronach dieser „Gegengeschäfte“ offenbar jetzt nicht bewusst war, ist ihm nicht wirklich anzukreiden und braucht gar nicht auf sein schon zur Vergesslichkeit neigendes Alter zurückgeführt zu werden. Denn er war in Wahrheit damals schon längst weit weg von jedem operativen Geschäft (auch wenn er als einziger aus dem Konzern ständig die Bühne der Öffentlichkeit gesucht hat und die eigentlichen Geschäftsführer lieber im Hintergrund gewerkt haben). Daher hatte er mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Ahnung von diesen Gegengeschäftsbestätigungen, die ja ohnedies nie jemand ernst genommen hat.
Da ist ihm nichts ernsthaft anzukreiden. Sehr wohl aber gilt das für seine jämmerliche Personalauswahl für seine neue Partei. Es spricht massiv gegen den Austrokanadier, dass noch kein einziger Mensch von Format oder Intelligenz zu seinen Gefolgsleuten gestoßen ist. Aber welche interessante Persönlichkeit will sich schon zum Hampelmann der schlichten beziehungsweise kryptischen Stronach-Sprüche machen?
Besonders köstlich sind seine jüngsten Neuerwerbungen: Jetzt hat er neben einem ob scheiternder Karriere-Ambitionen enttäuschten SPÖ-Polizisten auch den „Agrarrebell“ Leo Steinbichler aufgenommen. Und der ist nun wirklich das Gegenteil von dem sich überaus wirtschaftsliberal gebenden Stronach (sofern man Stronachs etwas wirre Aussagen überhaupt entziffern kann).
Denn Steinbichler war jahrelang ein lautstarker Kämpfer für höhere Lebensmittelpreise und für noch mehr Agrarförderungen: Wird er das auch bei Stronach sein? Überdies war Steinbichler zuletzt ausgerechnet im Team des Tiroler Soziallizitators Dinkhauser, der ja einst aus der ÖVP ausgeschieden ist, weil er die SPÖ weit links außen überholen wollte: Wird Steinbichler auch bei Stronach zum Lizitator oder vergisst er alles, was er bisher war? Gar nicht zu reden davon, dass Stronach bereits mindestens die dritte Partei-Liaison Steinbichlers ist, und dass auch schon ein Konkursverfahren dessen Lebensweg ziert. Was mich aber am allerwenigsten stört: Ein Konkurs kann jedem passieren, auch wenn er nicht gerade von sonderlicher Wirtschaftskompetenz zeugt.
Gleich doppelt war die Linke in den letzten Stunden wieder sehr aktiv unterwegs, um nur ja jede potenzielle Sympathie für Asylwerber ins Gegenteil zu verwandeln.
Die eine Aktion war die stundenlange Blockade von Ringstraße, Innenstadt und Zweierlinie durch einige wenige Hundert Pro-Asyl-Demonstranten. Ihnen war offensichtlich das Zeltlager vor der Votivkirche fad geworden, nachdem dort schon der ORF, alle anderen linken Medien und Szene-„Künstler“ wie ein Herr Hader pflichtschuldig ihre Devotion erbracht hatten.
Daraufhin beschloss der dort campierende Haufen der von Österreich so furchtbar schlecht behandelten Asylwerber unter Führung eines linksextremistischen Deutschen (mit vielfachen Polizei-„Erfahrungen“) und seiner Gesinnungsfreunde, halt den gesamten nachmittägigen und abendlichen Wiener Stadtverkehr lahmzulegen. Was auch immer sie uns damit sagen wollten: Die Reaktion der Wiener war nicht ganz die erhoffte. Womit sich diese natürlich wieder als hoffnungslose Nazis erwiesen haben.
Skurril ist auch die Reaktion der SPÖ-Vorfeldorganisation „Volkshilfe“ auf die Ankündigung der Innenministerin, Asylwerber in Kasernen und Container unterzubringen, weil die meisten Bundesländer die vertraglich zugesicherte Abnahme nicht eingehalten haben. Die „Volkshilfe“ ist über diese Unterbringungsorte empört.
Daraus lernen wir: Für junge wehrpflichtige Österreicher sind Kasernen kein Problem, für Asylanten sind sie hingegen „menschenunwürdig“. Für Schulkinder sind Container kein Problem, für Asylanten sind sie hingegen „menschenunwürdig“. Wer wird da noch davon reden, dass es die Wiener Genossen hochderoselbst waren, welche die Containerklassen erfunden hatten . . .
Niemand kann mehr überrascht sein, denn längst haben alle mit dem Mitzählen aufgehört, wie oft solches oder ähnliches schon passiert ist: Wieder mehr Geld für Griechenland; wieder mehr Zeit für Griechenland; wieder bessere Konditionen für Griechenland (diesmal etwa einen Zinsenverzicht) wieder wird plötzlich den Griechen ein positives Zeugnis ausgestellt, obwohl sie rund die Hälfte der Hausaufgaben nicht erfüllt haben; wieder gibt es eine Prognose für Griechenland, die so wenig halten wird wie all die Prognosen bei früheren Rettungspaketen, nach denen das Land heute schon total super dastehen müsste; und auch der Europäische Gerichtshof wagt es nicht, Einwände gegen den Europäischen Schuldenmechanismus – pardon: Stabilitätsmechanismus zu erheben. Déjà-vu? Nur scheinbar. Denn in Wahrheit geht es bei der gegenwärtigen Einigung – die in Dutzenden kleinen Etappen zustandekommt und jedes Mal triumphal verkündet wird – um etwas ganz anderes.
Es geht nur noch und einzig und allein darum, das Thema Griechenland bis zu den deutschen Bundestagswahlen vom Tisch zu bekommen (was zufälligerweise auch die österreichische Wahl gleich mit absichert). Ein Jahr lang soll es keine Griechenland-Hektik geben, um den Wahlkampf nicht zu stören.
Mag sein, dass wenigstens diese Prognose hält. Aber was dann?
Dann wird die große Entscheidung fallen: Entweder wird den Griechen doch – einige Hundert Milliarden zu spät – klar gemacht: Es gibt kein neues Geld. Oder es wird nun auch den Schuldenschnitt für Forderungen von Staaten und EZB gegen Griechenland geben. Den haben ja bisher nur die privaten Geldverleiher erlitten.
Beides aber läuft darauf hinaus, dass all das Geld, das seit Mai 2010 schon in das südosteuropäische Fass ohne Boden geflossen ist, verloren ist. Bisher ist der Großteil dieses Geldes ja als Forderung oder Haftung buchhalterisch noch nicht in einen Verlust umgewandelt worden. Womit Merkel und Schäuble noch mit einer relativ guten, wenn auch falschen Optik zur Wahl antreten können. Und alle Parteien können in Deutschland und Österreich noch einmal Wählerbestechungsaktionen starten. Niemand muss eingestehen, dass in diesen letzten Jahren eine völlig falsche Politik betrieben worden ist.
Alle hoffen vielleicht, dass bis dahin in Griechenland doch noch das Wunder passiert. Dass sich nicht wieder alles schlechter entwickelt als prognostiziert, sondern vielleicht sogar besser. Gewiss: Es hat schon Menschen und Firmen gegeben, die durch den Gang ins Casino noch gerettet worden sind. Auch Totozwölfer sind möglich. Nur ist es halt nicht sehr seriös und wahrscheinlich, darauf zu setzen.
Denn das Signifikanteste ist, was nicht passiert, wovon auch überhaupt nicht geredet wird: Weder treten Hunderttausende angeblich so verzweifelte und gut qualifizierte Griechen zum Kampf um die vielen noch immer freien Jobs in Deutschland und Österreich an. Noch hört man irgendetwas von großen Werbeaktionen, mit denen ausländischen Investoren der rote Teppich Richtung Griechenland ausgerollt wird. Vielmehr werden solche – sich hie und da zu den Hellenenen verirrende – Investoren nach wie vor durch die Bürokratie und sozialstaatliche Regulierungen schikaniert. Sie werden als böse Invasoren angesehen und stoßen auf unlustige Mitarbeiter.
So lange es nicht an diesen entscheidenden Fronten ein echtes Umdenken gibt, sollte niemand auf den Zwölfer hoffen.
Realisten sollten sich eher damit abfinden, dass sich von Zypern bis Spanien (und Italien? Und Frankreich? Und Slowenien?) schon die nächsten Länder um fremdes Geld anstellen. Und dass man ihnen schlecht Nein sagen kann, wenn man zu Griechenland Ja gesagt hat.
Es wird zur vielleicht wichtigsten Überlebensfrage der demokratischen Systeme: Wie kann die Diktatur der nur noch profitierenden, aber immer zahlreicher werdenden Transferempfänger über die leistungsorientierten und werktätigen Teile der Bevölkerung noch revidiert werden? Wie werden diese zunehmend entmachteten, aber für die Erhaltung des Wohlstands essenziellen Leistungsträger in ihrer Frustration reagieren? Werden immer mehr von ihnen in die innere oder äußere Emigration gehen, also entweder selbst die Leistungsbereitschaft einstellen oder in solche Länder auswandern, wo sie noch auf Anerkennung stoßen? Pessimisten meinen freilich, für eine Entschärfung dieser Zeitbombe sei es in vielen europäischen Ländern ohnedies schon viel zu spät.
Die Zunahme des Anteils der profitierenden und nicht (mehr) durch Abgabenzahlungen zum Gemeinwohl beitragenden Wähler ist jedenfalls in vielen Ländern längst Faktum.
Die Ursachen dieser Verschiebung sind: die kontinuierlich steigende Lebenserwartung, die gleichzeitige Senkung des Pensionsantrittsalters und damit die steile prozentuelle Zunahme der Rentner unter der Wählerschaft; die absurde Vermehrung der Invaliditätspensionen junger Menschen; die Zuwanderung von Menschen vor allem aus dem Balkan und dem arabischen Raum, die signifikant weniger erwerbstätig sind als die restliche Bevölkerung; die Auswirkungen des seit 1970 stattfindenden Geburtenrückgangs, die selbst bei einer Nichtzunahme der Lebenserwartung zu einer Verschiebung des Gewichts von den Erwerbstätigen zu den Nichterwerbstätigen führen würden; die Einkommensteuerbefreiung eines Gutteils der Erwerbstätigen; und last not least die mangelnde politische Teilnahme der Jungen.
Dieser Prozess hat längst schon massive politische Auswirkungen. Das zeigt etwa Österreich: Während in den 70er Jahren Bruno Kreisky mit einer Verkürzung des Präsenzdienstes und Heiratsprämien, also Zuwendungen an junge Wähler, Wahlen gewinnen konnte, denken alle Parteistrategen in den letzten Jahren primär an eine Verbesserung der Pensionen.
So hat beispielsweise der französische Wahlsieger François Hollande nicht zuletzt deshalb gewonnen, weil er eine Senkung des Pensionsantrittsalter von 67 auf 65 Jahre versprochen hat. So hat Werner Faymann die von den Meinungsforschern schon als fix bezeichnete Wahlniederlage 2008 noch dadurch abwenden können, dass er die Hacklerregelung – also einen für viele Österreicher, vor allem Beamte früheren Pensionsantritt – verlängern ließ.
So ist auch das soeben beschlossene Pensionskonzept der deutschen Sozialdemokraten zu sehen. Obwohl viele auf Peer Steinbrück als Vertreter der ökonomischen Vernunft an der SPD-Spitze und damit auch als eventuellen nächsten Bundeskanzler gehofft haben, bedeutet dieser Pensionsplan eine Totalunterwerfung unter die Interessen der nichtwerktätigen Klassen. Die Kosten seines Pensionsplans liegen deutlich im zweistelligen Milliardenbereich.
Den Ostdeutschen wird durch diesen Plan eine Angleichung ihrer Renten auf Westniveau versprochen, obwohl ihre Wertschöpfung noch immer deutlich unter jener der alten Bundesländer liegt. Das einst unter führender Mitwirkung der Sozialdemokraten fixierte Rentenalter von 67 soll nun doch erst dann in Kraft treten, wenn mindestens die Hälfte der älteren Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist – also wohl nie. Denn gleichzeitig soll auch eine deutsche Form der Hacklerregelung eingeführt werden, bei der man mit 45 Beitragsjahren auch schon vor dem 65. Geburtstag abschlagfrei in Pension gehen kann. Ferner sollen die Erwerbsminderungsrenten deutlich günstiger berechnet werden.
Das sind nur die wichtigsten unter zahlreichen Versprechungen, die ganz, ganz zufällig Monate vor dem deutschen Wahltag gemacht werden. Finanziert sollen sie über Steuererhöhungen werden – und skurrilerweise laut SPD auch über eine Erhöhung des Mindestlohns. Dabei bleibt freilich völlig unklar, wie die dadurch zwangsläufig erhöhte Arbeitslosigkeit zu höheren Einnahmen der Rentenkassen führen soll. Aber ökonomische Logik ist ja ohnedies in der Partei, die einst tolle und mutige Reformer wie die Herrn Clement und Müntefering hatte, außer Mode.
Ja, und dann gibt es auch eine Einsparungsforderung: Gleichzeitig will Steinbrücks Partei nämlich die Sozialleistungen für kleine Kinder reduzieren, welche die ebenfalls nicht gerade sparsamen Unionsparteien jetzt beschlossen haben. Das sogenannte Betreuungsgeld für Mütter, die ihre Kinder in den ersten Lebensjahren selbst und nicht auf Kosten des Staates betreuen, soll wieder abgeschafft werden. Was auch immer man von der Debatte Kindergarten vs. Mütter hält: Es ist jedenfalls ein verheerendes Signal für die Prioritäten und die Zukunft einer Gesellschaft, wenn man gleichzeitig bei den – ohnedies weniger werdenden – Kindern noch etwas wegnimmt, bei den Alten hingegen kräftig zubuttert. Zukunft brauchen wir offenbar nicht mehr, es geht nur noch um die Vergangenheit und einen allerletzten kräftigen Schluck an der Konsumflasche in der Gegenwart.
Beweise für diesen Trend kann man auch in Österreich finden: Dort sind die Familienbeihilfen seit langem eingefroren, während es für Pensionen regelmäßig eine Inflationsanpassung gibt. Diese Pensionserhöhungen haben vor allem den Ausgleichszulagenbeziehern mehrere echte Realzuwächse gebracht. Also ausgerechnet jenen, die – etwa nach einem Leben der Schwarzarbeit – nur einen besonders kleinen Teil ihrer Rente versicherungsmathematisch wirklich eingezahlt haben.
In Zahlen heißt das für die letzten zehn Jahre: Der Ausgleichszulagen-Richtsatz ist um mehr als 29 Prozent höher geworden. Hingegen sind die ASVG-Höchstpensionen nur um 14,5 Prozent gestiegen, also weniger als die Hälfte. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise sind in der gleichen Zeit um 22 Prozent gestiegen. Das heißt, jenen Leistungswilligen, die lebenslang ordentlich ins System eingezahlt haben, werden die Renten real spürbar gekürzt; jene, die fast nichts gezahlt haben, bekommen hingegen mehr (Bei diesen Daten geht es wohlgemerkt nur um ASVG-Pensionen, hingegen nicht um jene der Beamten mit einer wiederum ganz anderen Problematik).
Noch aus vielen anderen Ländern lassen sich Beispiele finden: Alle laufen sie aber auf dasselbe Muster hinaus: Die Demokratie hat sich in den letzten Jahren zu einer De-facto-Diktatur jener Mehrheit verwandelt, die von der Gesellschaft nur noch profitiert und nichts für sie leistet.
Das ist ein signifikanter Systemwandel weg von der einstigen sozialen Marktwirtschaft. In dieser war noch die Leistung im Vordergrund gestanden. Damals hatte man noch sehr bewusst gewusst, dass Leistung nötig ist und belohnt werden muss, um die Absicherung für die wirklich Bedürftigen nachhaltig finanzieren zu können. Jetzt hingegen haben sich die politischen Mehrheitsverhältnisse und damit auch Mechanismen gedreht. Die Parteien sind heute überzeugt, dass sie nur noch dann reüssieren können, wenn sie der konsumierenden Masse ständig mehr Brot und Spiele servieren. Und da man aus den Leistungsträgern nichts mehr herauspressen kann, geht das halt auf Schulden.
Die Parteien haben damit in ihrer Perspektive vielleicht auch recht: Bei fast allen Wahlen der letzten Jahre bis auf Polen, Schweden und Großbritannien sind jene Parteien schwer geschlagen worden, die ihren Nationen Sparsamkeit und Reformen verschrieben haben. Selbst im schwer bankrotten Griechenland haben ausgerechnet die Parteien Zulauf, die am lautesten Nein zu jedem Sparversuch sagen.
Auch der geschlagene US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hatte – bei all seinen sonstigen Fehlern und persönlichen Defiziten – mit Berechtigung darüber klagen können, dass er mit seinen Sparsamkeits-Vorstellungen bei jenen 47 Prozent von vornherein keine Chance hat, die vom Staat nur profitieren, aber nichts hineinzahlen.
Ein anderes, aber besonders kurzsichtiges Rezept wird in diesem Dilemma von der Rechtsregierung in Ungarn verfolgt. Dort ist die Regierung Orban zwar unschuldig an der katastrophalen Lage der Staatsfinanzen, die sie nach ihren verantwortungslosen Vorgängern vorgefunden hat. Der konservative Regierungschef versucht aber nun in einer seltsamen Akrobatik die Finanzen zu sanieren, ohne seine Wähler zu treffen.
Dazu hat Orban nicht nur auf scheinbar verstecke Schätze wie etwa Privatpensionskassen zugegriffen. Er hat darüber hinaus auch gezielt alle Ausländer, die in Ungarn in den letzten 20 Jahren investiert hatten, durch maßgeschneiderte Sondersteuern auszunehmen versucht. Das hat zwar kurzfristig Geld hereingebracht. Das führt aber natürlich dazu, dass keine ausländische Firma mehr in Ungarn investieren mag. Was für die Zukunft des Landes eine Katastrophe bedeutet. Ein solcher nationaler Sozialismus wird daher erst recht die Arbeitslosigkeit vermehren.
Insgesamt scheint der Trend der Demokratien jedenfalls fast unaufhaltsam: Alle Macht den Profiteuren des Wohlfahrtssystems, keine Macht den Leistenden. Dieser Trend führt die Demokratien zwar in den finanziellen und wirtschaftlichen Kollaps – aber nicht einmal nach diesem ist ein Umdenken sicher. Zwar gab es in Skandinavien ein solches nach dem Zusammenbruch der Wohlfahrtssysteme. Zwar ist in fast ganz Süd- und Ostasien nach den leistungsfeindlichen Jahrzehnten der Armut und Not fundamental umgedacht worden. Aber von Griechenland bis Frankreich finden sich Null Anzeichen für einen echten inneren Neuanfang. In vielen anderen EU-Ländern gibt es nicht einmal mehr eine einzige Partei, welche das versuchen würde.
Könnte vielleicht eine da und dort diskutierte prinzipielle Änderung des Wahlrechts zu einer Rückkehr des gesunden Menschenverstandes führen?
Wenig aussichtsreich sind jedenfalls alle jene – vereinzelten – Denker, die meinen, die Entwicklung müsste wieder ein deutliches Stück in Richtung eines Mehrklassenwahlrechts gehen. Dieses im 19. Jahrhundert dominierende System hatte das Wahlrecht ganz nach der Steuerleistung geregelt: Wer mehr zahlte, hatte auch bei den Ausgaben mehr mitzureden. Das hatte auch für großen Bürgerstolz gesorgt.
Ebenso isoliert dürften auch alle jene bleiben, die das Wahlrecht an Bildungsabschlüsse binden wollen. Das scheitert freilich auch daran, dass Bildungsabschlüsse viel zu unterschiedlich und willkürlich vergeben werden. Außerdem ist zu befürchten, dass sich ohnedies bald die populistischen Ideen der Leistungsgegner durchgesetzt haben werden: Matura für alle.
Relativ mehr Unterstützer haben die Modelle eines Kinderwahlrechts: In diesem können die Eltern für ein noch nicht wahlberechtigtes Kind eine zusätzliche Stimme abgeben (oder eine halbe). Dieses Modell klingt für moderne Ohren jedenfalls gerechter als Überlegungen eines Klassenwahlrechts. Es würde ja weiterhin das demokratische Grundprinzip gelten: One man, one vote.
Aber auch dieses Modell hat kaum Durchsetzungs-Chancen: Sind doch die Schichten der Pensionisten und sonstigen leistungslosen Transferempfänger längst schon viel zu übermächtig geworden. Sie werden jedenfalls auch eine nur teilweise Entmachtung zugunsten eines stärker zukunfts- und leistungsorientierten Wahlsystems vehement verhindern. Statt dessen debattiert man völlig nebensächliche Fragen wie etwa die Wahlkreisgröße.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Was tun Parteien, deren Geschäftsmodell auf dem Schüren von Armutssangst zu basieren scheint, wenn die Armut immer weiter schrumpft? Richtig – man erfindet neue Kennzahlen und berechnet die „alte“ Armut auf die „neue“ Weise. Der Sozialbericht von Minister Rudolf Hundstorfer erweckte kürzlich den Eindruck, die manifeste Armut wäre gestiegen – dabei hatte man sie nur neu berechnet.
Nach EU-weit verwendeten Kriterien sind in Österreich schon seit Jahrzehnten zwischen drei und vier Prozent „manifest arm“ (2011: 3,9 Prozent). Dabei sind „manifest Arme“ heute weniger arm als noch vor etwa 20 Jahren, denn sie verfügen heute fast ausnahmslos über Fernseher, Waschmaschine oder Telefon.
96 Prozent der in Österreich Lebenden betrifft „manifeste Armut“ also nicht.
Damit kann man Österreichs Mittelschicht aber nicht mehr suggerieren, sie stünde vor dem sozialen Abstieg und solle deshalb vermeintlich „soziale und gerechte“ Parteien wählen.
2008 erfand die Statistik Austria eine neue Armuts-Kennzahl (siehe S. 74 „EU-Definition“ im Armutsbericht). Nach EU-Definition galt als „manifest arm“, wer „vier von neun Kriterien“ erfüllte (Grafik-Übersicht unten), nach österreichischer Definition gilt nun als manifest arm, wer auch nur „ein (oder zwei) von sieben Kriterien“ erfüllt. Und die Kriterien selber verschärfte man auch noch. So strich man den „Besitz von TV, Telefon und Waschmaschine“ aus der Kriterien-Liste (Weil das fast niemanden mehr betraf) und ersetzte sie durch neue Kriterien wie „Können Sie unerwartete Ausgaben von 950 Euro spontan tätigen?“
So waren Österreicher, die nach EU-Definition nicht arm waren, nach „österreichischer“ Definition ab 2008 plötzlich schon arm, wenn sie nicht mindestens einmal im Monat Freunde zum Essen einladen konnten oder nicht jeden zweiten Tag Fleisch/Fisch/vegetarisch aßen („Machen Germknödel arm?“).
Wie willkürlich die Verschärfung erfolgte, demonstriert die Tatsache, dass nicht nur 323.000 Armutsgefährdete es sich nicht leisten konnten, Freunde regelmäßig zum Essen einzuladen, sondern auch 591.000 Nicht-Armutsgefährdete.
Ebenfalls 2008 erschuf die Statistik Austria (mit Armutskonferenz, …) einen Katalog von 17 nationalen Eingliederungsindikatoren, um die Armuts- bzw. Ausgrenzungsquote zu ermitteln. Demnach sind 18 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer gefährdet (siehe S. 110 ff im Armutsbericht), weil sie…
Die Experten von Armutskonferenz und Co hatten ganze Arbeit geleistet. Mit der neuen Kennzahl ist es fast schon eine Kunst, nicht arm bzw. durch Armut ausgegrenzt zu sein. Zusätzlich hatten die „neu designten“ Kennzahlen viele Studenten nicht nur in die manifeste, sondern sogar in die dauerhaft manifeste Armut/Ausgrenzung geschickt. Dies wird marketingmäßig nun intensiv verwendet.
Wer mit übertriebenen Armutszahlen Ängste schürt, stellt sich auf die gleiche Ebene wie jene, die dies mit übertriebenen Fremdenzahlen tun. Es ergibt sich dringender Handlungsbedarf:
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. In seinem aktuellen Buch „Die Gemeinwohl-Falle“ beschäftigt er sich mit Zahlen und Thesen Christian Felbers, Jean Zieglers, der Arbeiterkammer und der Caritas. Zentrales Thema ist bei Hörl „die geschürte Abstiegsangst“.
Zum Glück ist die hohe Welt der Politik keineswegs immer so todernst, dass man nicht bisweilen über sie lachen könnte. Oder zumindest amüsiert den Kopf schütteln.
Da berühmt sich Außenminister Spindelegger in einer Aussendung des österreichischen Beitrags zu den – Abrüstungsbemühungen. Anlass war das zehnjährige Jubiläum der Vereinbarung gegen die Verbreitung ballistischer Raketen. Wenn da der heimische Beitrag nicht zu loben ist! Man stelle sich nur vor, in Österreich hätten sich damals nicht die Freunde der Abrüstung gegen die bösen Seilschaften der Aufrüster durchgesetzt: Dann wäre das Land ja inzwischen zweifellos von Bunkern voller ballistischer Raketen übersät. Alle österreichischen Pazifisten können daher nur jubeln: Noch einmal Glück gehabt! Spindeleggers Pressesekretäre wiederum bejubeln etwas anderes: Sie haben ihrem Chef wieder eine schwachsinnige Aussendung unterjubeln können…
Da meldet die (seit langem eigentlich überflüssige) OSZE einen tollen Erfolg: Sie hat ein 57. Mitglied. Und wieder wird dieser tolle Fortschritt von Spindelegger in einer eigenen Aussendung bejubelt. Das neue Mitglied ist – die Mongolei. Vielleicht könnte sich der anachronistische Diplomatenverein einmal darüber aufklären lassen, dass das E in OSZE für „Europa“ steht…
Da wird in der Gemeinde Wien von den dort herrschenden grünroten Zeloten ernsthaft darüber debattiert, nun auch Conrad von Hötzendorf, dem Chef der k. und k. Armee im ersten Weltkrieg, das Ehrengrab abzuerkennen. Conrad habe einen Angriffskrieg geführt. Na super. Dann sollte man aber jetzt endlich wirklich gründlich sein und jede Ehrung für jeden irgendwie Belasteten aus Friedhöfen, Denkmälern oder den Namen von Straßen und Wohnbauten Wiens eliminieren. Dazu bieten sich neben Hunderten anderen Geehrten zum Beispiel an: Theodor Körner, der hochdekorierte General eben dieses Angriffskriegs; Franz Joseph, der Mörder ungarischer Offiziere; Johann Strauß Vater, der einem in Oberitalien wütenden Feldherrn provozierenderweise einen Marsch gewidmet hat; Karl Marx, der Anstifter zu millionenfachem Mord; Maria Theresia, die siebenjährige Rückeroberungskriege führen ließ; oder Rudolf von Habsburg, der den legitimen Herrscher Ottokar in einer blutigen Schlacht aus (Ost-)Österreich vertrieb. Weg mit all ihren Namen aus jeder Form des besonderen Gedenkens! Hoch der historische Anstand, der jetzt erstmals in der Geschichte im Wiener Rathaus eingekehrt ist! Und der Massenmördern wie Che Guevara Denkmäler setzt. Aber vielleicht könnten statt dessen auch rotgrüne Genossen einmal etwas differenzierter Geschichte lernen…
Da wird uns verkündet, dass Ikea eine „WWF Climate Group“ zur Reduktion der CO2-Emissionen gegründet hat (zusammen mit einigen anderen besonders gutmenschlichen Firmen, von der Erste Group über die Telekom bis zu dm). Aber bevor wir vor lauter Begeisterungsrufen ob so viel Gutheit ganz heiser werden, sollten wir uns auch ein wenig an andere Ikea-Meldungen der letzten Tage erinnern: An die italienischen Arbeitnehmer-Proteste, weil Ikea die Arbeitsschutz-Vorschriften nicht einhält und weil die Firma vorwiegend Migranten beschäftigt; oder an die erschütternden Enthüllungen, wie zynisch und gezielt die Möbelfirma von der Zwangsarbeit politischer Häftlinge in der einstigen DDR profitiert hat. Vielleicht könnten sich die Ikea-Bosse, die uns immer so schleimig duzen, einmal mehr um grundlegende Menschenrechte als um imaginäre Klima-Themen kümmern…
Da reden Politik und Medien dauernd davon, wie wichtig gute Universitäten sind. Zugleich aber ist immer öfter unklar, ob amtierende Rektoren überhaupt rechtsgültig ihre Universitäten leiten. Ursachen der Verunsicherung sind erstens die überbordenden Gender-Bestimmungen und zweitens die durch ein überkompliziertes Universitätsgesetz ausgelösten Machtkämpfe zwischen Senat und Uni-Rat. Deren Verhältnis ist so, als ob es in einer Aktiengesellschaft zwei unterschiedliche Aufsichtsräte gäbe, die eifersüchtig aufeinander wären. Deswegen hat es in Innsbruck lange und katastrophale Wirren gegeben. Und deswegen ist die Führung der Grazer Kunst-Uni fast schon das ganze Jahr in Schwebe: Der Verwaltungsgerichtshof hat nun die im Februar erfolgte Wahl des dortigen Rektors für rechtswidrig erklärt. Auslöser war wieder ein Konflikt zwischen Rat und Senat gewesen. Trotz der VwGH-Entscheidung ist aber der Status des Rektors weiterhin unklar. Darüber muss jetzt erst das Ministerium befinden. Vielleicht könnten die für Überregulierung und Chaos verantwortlichen Gesetzgeber einmal darüber nachdenken, wie wichtig klare und eindeutige Führungsstrukturen als Voraussetzung für den Erfolg jeder Organisation sind. Und dass daher jedenfalls eines der beiden Gremien raschest für überflüssig zu erklären wäre…
Da schiebt Australiens sozialistische Regierungschefin Asylsuchende neuerdings in ein Flüchtlingslager auf Papua-Neuguinea ab. Zur Abschreckung. Dabei hat ihre Partei bei Machtantritt solche Lager noch als böse und unmenschliche Institution der bürgerlichen Vorgänger geschlossen. Das hat dann mit dazu beigetragen, dass das Land der bösen weißen Rassisten weitaus beliebtestes Ziel für Möchtegern-Zuwanderer vulgo Asylanten aus ganz Asien geworden ist. Vielleicht sollte man Österreichs linken, christlichen und medialen Gutmenschen einmal eine Exkursion nach Australien zahlen, die es ja schon als skandalös unmenschlich bezeichnen, wenn ein Flüchtlingsheim auf einer Alm eingerichtet wird. Es wäre das Geld wert…
Wenn in der zweitgrößten Stadt Österreichs 20 Prozent die Kommunisten wählen, müssten österreichweit eigentlich die Alarmglocken läuten. Aber der ORF beruhigt statt dessen: Die Wähler der Kommunisten haben eh nicht kommunistisch gewählt. Aha.
Die Grazer Wahl ist trotz dieser linken Beschwichtigungs-Strategien ein katastrophales Signal. Und sie zeigt: Die Menschen sind nur in erstaunlich geringem Maße imstande, aus der Geschichte zu lernen. Die jüngere Zeitgeschichte wird den Österreichern nur sehr selektiv vermittelt.
Denn Tatsache ist, dass der kommunistische Terror im vergangenen Jahrhundert an die 80 bis 90 Millionen Todesopfer gefordert hat. Tatsache ist, dass unter allen Totalitarismen der kommunistische zeitlich am wenigsten lang zurückliegt. Tatsache ist, dass sich die Kommunistische Partei Österreichs weit weniger als alle anderen politischen Lager von den eigenen blutigen Vorfahren distanziert hat – bis hin zur Beibehaltung des blutig belasteten Namens.
Gerade jene, die immer so viel von Vergangenheitsbewältigung und Geschichtsaufarbeitung reden, verstummen beim Thema Kommunismus total. Das zeigt, dass sie es nie ehrlich gemeint haben. Dazu kommt, dass der ORF massiv kommunistisch unterwandert ist. Das gilt insbesondere für die Magazin-Sendungen auf Ö1, aber auch in Hinblick auf die politischen Redaktionen, die sich viele Jahre sogar von einem Kommunisten vertreten haben lassen.
Besonders grotesk ist, dass laut Wähleranalysen vor allem das Thema Wohnen und Mieten ausschlaggebend für die Wahl der KPÖ gewesen ist. Aber eigentlich kein Wunder: Nirgendwo in österreichischen Schul- oder Geschichtsbüchern wird die katastrophale Wohnsituation vermittelt, die 1989 in sämtlichen kommunistisch regierten Ländern geherrscht hat, sodass nur jene davon wissen, die sie etwa bei Reisen damals selbst noch kennenlernen konnten.
Der Großteil der Häuser war seit dem Weltkrieg nicht mehr in irgendeiner Weise renoviert worden. Betrat man sie, bekam man den Eindruck einer seit Jahrzehnten verlassenen Baustelle, die dem Verfall preisgegeben wird. Putz stürzte herunter. Beleuchtungskörper funktionierten nicht mehr. Junge Familien mussten oft ein Jahrzehnt nach der Eheschließung warten, bis ihnen wenigstens eine winzige Wohnung zugewiesen wurde. Und die einzigen Neubauten jener Zeit waren grässliche Plattenbauten, die heute reihenweise abgerissen werden müssen, weil niemand in ihnen wohnen will.
Das alles ist die zwangsläufige Folge von kommunistischer Wohn- und Mietpolitik, die glaubt, auf die angeblich halsabschneiderischen Eigentümer verzichten zu können. Die vorspiegelt, Wohnen dürfe nichts kosten.
Das ist also das, was jeder fünfte Grazer ganz offenbar will oder wofür er zumindest seine Stimme abgegeben hat. Es waren übrigens peinlicherweise primär Männer, die kommunistisch gewählt haben, obwohl Männer sonst immer gern so tun, als ob sie historisch gut Bescheid wüssten. Aber sie wissen es nicht besser.
Niemand möge übrigens sagen, dass es ja nicht jeder fünfte, sondern nur jeder zehnte Grazer gewesen wäre, der da bei KPÖ sein Kreuz gemacht hat. Hat doch nur die Hälfte wirklich gewählt. Dieses Argument zählt aber nicht. Denn Nichtwähler übertragen all ihre Rechte wissentlich an jene, die auch wirklich wählen gehen; sie werden von diesen mit unbeschränkter Vollmacht vertreten.
Schmerzhaft ist das Ergebnis für Schwarz, Rot und Grün. Alle verloren kräftig. Die SPÖ ist mit nur noch 15 Prozent in keiner Großstadt so schwach wie in dem einst von ihr regierten Graz. Sie setzt damit ihre Niederlagenserie konsequent fort. Die Grünen wiederum sind ja schon seit langem immer nur bei Umfragen gut, nicht bei Wahlergebnissen.
Auch die ÖVP muss bittere Wunden lecken. Zwar liegt sie trotz des Verlustes von 5 Prozent mit mehr als einem Drittel der Stimmen für schwarze Verhältnisse noch immer sensationell gut. Sie wird auch mit Sicherheit wieder den Bürgermeister stellen. Aber sie hat sich mit der absoluten Mehrheit ein nun blamabel weit verfehltes Wahlziel gesetzt. Und vor allem war Graz die fast einzige Chance der Spindelegger-Truppe, im hiermit begonnenen Wahljahr wenigstens irgendwo ein echtes Plus zu schreiben. In Kärnten, Tirol und wohl auch bei der Nationalratswahl scheint das derzeit hingegen aussichtslos. Und selbst Niederösterreich werden die Schwarzen wohl nur mit einem blauen Auge halten können.
Klar auf der Zugewinnerseite sind hingegen die Blauen und Piraten (auch wenn beide in den letzten Monaten schon von einem höheren Plus geträumt haben dürften).
Es ist eine der klarsten Lehren aus der schon ins fünfte Jahr gehenden großen Krise: Ohne Industrie geht gar nichts. Das Gerede von der postindustriellen Gesellschaft, die nur über Dienstleistungen Werte schaffen könne, hat sich als Unsinn erwiesen. Denn je stärker ein Land industriell aufgestellt ist, umso besser hat es die Krise überstanden.
Bei den immer mehr Menschen beschäftigenden Dienstleistungen gibt es ein doppeltes Problem: Es geht zum einen um soziale Dienste (Pflege, Gesundheit usw.), wo nicht nur schlecht bezahlt wird, sondern wo die Finanzierung in hohem Ausmaß von öffentlichen Abgaben abhängig ist. Das ist bei allem Verständnis für die Nöte einer alternden Gesellschaft keine eigenständige Wertschöpfung.
Zum anderen sind viele der gut bezahlten Dienstleistungen rund um Industrie-Unternehmen angesiedelt. Dazu gehören technische Konsulenten ebenso wie Rechtsanwälte, PR, Werbung, EDV, Versicherungen, Banken, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Viele Dienstleister sind im Grunde nur outgesourcte Teile der Industrie. Ihre ökonomische Basis wird jedenfalls massiv unterminiert, wenn es weniger Industrieunternehmen gibt.
Deutschland und Österreich stehen in Sachen Industrie sehr gut da. Diese hat hier einen höheren Anteil an der Wertschöpfung als in den meisten anderen Staaten. Daher wurde hier auch die Krise relativ besser überstanden. Zumindest bisher.
Freilich trifft dieses Lob nicht für alle Regionen zu. Insbesondere die beiden Hauptstädte haben ein veritables Problem. Sie stehen beide viel schlechter da als der Rest des Landes. Das Problem in Berlin geht nicht zuletzt auf die Geschichte (Jahrzehnte der Teilung, die Insellage im Westen sowie das traurige Erbe der DDR im Osten) zurück; daneben spielt der hohe Migrantenanteil und die Größe radikaler Bevölkerungsgruppen eine negative Rolle.
Aber auch Wien hat eine katastrophale Bilanz: Hier gibt es nicht nur die weitaus höchste Arbeitslosigkeit Österreichs, sondern in den letzten Jahren auch den steilsten Anstieg der Verschuldung.
Zentrale Ursache der Malaise ist die industriefeindliche Politik der Bundeshauptstadt. Diese zu beklagen hat nun sogar die sonst dem Wiener Rathaus gegenüber sehr harmoniebedürftige Wiener Wirtschaftskammer-Präsidentin in einem ebenso mutigen wie empörten Vorstoß gewagt.
Wenn schon 13 Prozent der Unternehmen Betriebsstätten aus der Stadt abgezogen haben; wenn die Industriezonen um 16 Prozent geschrumpft sind; wenn Wien anderswo unbekannte Abgaben wie die U-Bahn-Steuer einhebt; wenn AUA und Flughafen international an Stellenwert verlieren; wenn 55 Prozent der Betriebe über die Bürokratie klagen (im Gegensatz etwa zum Industrie-Musterland Oberösterreich); wenn trotz der hohen Arbeitslosigkeit Lohnkosten und Grundstückspreise deutlich höher sind als anderswo: Dann wäre eine Schocktherapie dringend notwendig. Aber es sind nicht einmal Spuren eines homöopathischen Therapie zu finden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Zwar hat sich die Industriellenvereinigung in den letzten Jahren in die PUV-Ecke manövriert, aber der Grundgedanke ihres neuen Steuerkonzepts ist absolut vernünftig. Daher ist es schade, dass solche Konzepte nur von einem inzwischen Politisch Unbedeutenden Verein kommen, während sonst Schweigen im österreichischen Walde herrscht.
Denn der Grundgedanke „Einkommensteuer hinunter, dafür Mehrwertsteuer hinauf“ ist richtig und notwendig. Die Einkommensteuer behindert Arbeit und Jobs, die Mehrwertsteuer behindert hingegen Konsum. Keine Frage, was in stürmischen Zeiten wie diesen mehr und was weniger behindert werden sollte. Dazu kommt das Faktum, dass bei den konsumierten Waren längst die Mehrheit der Wertschöpfung aus dem Ausland kommt, während die Einkommensteuer fast zur Gänze Arbeit im Inland belastet.
Daher ist es absolut schade, dass sich alle Parteien sofort gegen das IV-Konzept ausgesprochen haben. Die linken ganz besonders laut. Diese wollen ja in ihrer besonders begnadeten Dummheit Vermögen mehr besteuern – also bis auf Grund und Boden sowie Betriebsvermögen lauter Dinge, die binnen weniger Stunden ins Ausland transferiert werden können. Logischerweise hätten sowohl die drohende Vermögensflucht (die nach Angaben aus Bankenkreisen da und dort schon auf Grund der bloßen Vermögenssteuerdiskussion begonnen hat) wie auch die weitere Belastung von Betrieben einen negativen Effekt für die Republik.
Dass die von der Industrie vorgeschlagene Hinauf-Hinunter-Maßnahme durchaus sinnvoll wäre, zeigt sich auch beim Blick nach Europa. Solche Erhöhungen der Mehrwertsteuer und gleichzeitige Senkungen von Einkommen-, Lohn- und Körperschaftssteuer sind Eckstein praktisch aller Sanierungs-Strategien in den europäischen Krisenstaaten. Da die wirtschaftlichen Eckdaten Österreichs gar nicht so weit weg von vielen dieser Krisenstaaten sind, wäre es absolut weise, auch hierzulande einige Antikrisen-Maßnahmen zu beschließen. Statt Wahlzuckerln wie höhere Pendlerpauschale anzukündigen.
Überdies ist eine kleine Erhöhung der Mehrwertsteuer lange nicht so brutal und unsozial, wie es die direkte Kürzung von Pensionen und Beamtengehältern ist, welche die meisten Krisenstaaten gleichzeitig beschließen müssen. Die Vorarlberger Hausfrau würde sagen: Spare in der Zeit, so ersparst du dir die Not.
Auch die Abschaffung der ungleichen Besteuerungshöhe für den 13. und 14. Gehalt wäre an sich logisch, stellt dies doch eine kaum begründbare Bevorzugung von Dienstnehmern gegenüber Selbständigen dar. Allerdings ist dieser Vorteil inzwischen schon durch einige andere Maßnahmen gemildert.
Man darf aber fast annehmen, dass diese Forderung von den industriellen Konzepteschreibern als Sollbruchstelle gedacht ist. Denn keine politische Partei wird es jemals wagen, dieses Arbeitnehmer-Privileg anzutasten. Sie würde von Kronenzeitung und Wählern mit dem nassen Fetzen gejagt werden, selbst wenn die Republik schon bankrott sein sollte.
Kritisierenswert ist das an den Vorschlägen der Industriellenvereinigung aber nicht. Dafür jedoch drei andere Aspekte:
Sie haben ihre Reservewäsche nicht gebraucht. Die europäischen Regierungschefs fahren schon nach einer Nacht wieder heim; der EU-Gipfel zum künftigen Unionsbudget ist ergebnislos gescheitert.
Das hat sich freilich in Wahrheit schon vor dem Gipfel gezeigt. Das beweist aber auch, dass die Regierungschefs normalerweise ohnedies nur das unter lautem Trommelwirbel absegnen, was insgeheim auf Beamtenebene schon lange vorbereitet war. Nun werden zweifellos viele den europamüde gewordenen Briten die ganze Schuld zuschieben. Aber der nichtüberbrückbare Streit um die nächsten Budgetjahre hängt nicht nur mit deren Härte zusammen. In Wahrheit zeigen sich in Stunden der unbewältigten Schuldenkrise kumuliert die vielen Konstruktionsfehler der EU. Die angesammelte Fülle an europäischen Privilegien, Ungerechtigkeiten, Verschwendungen und Überflüssigkeiten lässt sich in dieser Situation nicht mehr unter einen Hut bringen. Auch die Deutschen können nicht mehr wie in früheren Jahrzehnten das ganze europäische Schmarotzertum finanzieren, von der Agrarpolitik über die verfehlten Hilfszahlungen an Südeuropa, die teure Regulierungswut und absurde Political-Correctness-Richtlinien bis zur provozierenden Sinnlosigkeit des Wanderparlaments. Jetzt will man halt irgendwie weiterwursteln. Aber niemand hat mehr die Kraft zu einem kräftigen Neuansatz. Dieser müsste in einer Konzentration auf das wirklich für einen Binnenmarkt Notwendige bestehen, das aber dann auch wieder funktioniert. Auch in den Entscheidungsmechanismen.
Am Samstag, 24. November 2012, findet sie also statt, die Demonstration unzufriedener Asylwerber, vor allem aus Pakistan, Afghanistan und Somalia. Von Traiskirchen aus wollen tausende Flüchtlinge – so die Ankündigung des Veranstalters – sich auf den 35 Kilometer langen Fussmarsch nach Wien zum Asylgerichtshof machen und anschließend vor der Votivkirche ein Zeltlager aufschlagen.
Damit wollen sie auf die für sie unzumutbaren Zustände im Erstaufnahmelager Traiskirchen aufmerksam machen und das schlechte Gewissen der gastgebenden Österreicher wachrütteln.
Hätte nicht eigentlich die ortsansässige Traiskirchener Bevölkerung schon längst viel mehr Berechtigung zu einer Demonstration? Aber die Österreicher sind ja bekanntlich ein sehr duldsames Volk, das halt zu den über zwei Kontinente zu uns kommenden Asylsuchenden sehr unfreundlich ist.
Da müssen Flüchtlinge sich erst bürokratisch registrieren lassen und sogar ihren Fingerabdruck abgeben, bevor sie ihre kostenlos bereit gestellte Unterkunft beziehen, und gratis essen dürfen. Das ihnen gewährte Taschengeld ist natürlich auch zu gering und das Zentrum Traiskirchen entspricht in keinster Weise modernen Ansprüchen für Freizeit- und Sportgestaltung. Also durchaus verständlich, dass sich die Flüchtlinge mit einem Protestmarsch für diese gewährte „Gastfreundschaft“ bedanken . . .
Da ist aber etwas, das diese spontane Erhebung zu einer importierten Demonstration macht. Organisiert wird diese Veranstaltung von einem Herrn Hanns-Georg Eberl. Wer ist nun dieser Hans-Georg EBERL? Es ist anzunehmen, dass er kein Pakistani oder Somalier ist.
Herr Eberl ist ein Demo-erfahrener Deutscher mit ultralinkem, anarchistischem und antifaschistischem Hintergrund. Er stand zum Beispiel im November 1997 wegen Körperveretzung und Landfriedensbruch in Bayern vor Gericht.
2010 war er vor dem Münchener Amtsgericht wegen Körperverletzung, Beamtenbeleidigung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz angeklagt.
In Österreich bekämpft er den „diskriminierenden Umgang“ mit Flüchtlingen aus Somalia, die von Österreich in rechtmäßiger Anwendung des Dubliner Abkommens in andere europäische Länder abgeschoben werden, weil sie bereits dort einen Asylantrag gestellt hatten, bevor sie nach Österreich kamen. Eberl ist empört, dass damit vielen Asylsuchenden der Zugang zum österreichischen Asylsystem verweigert wird. Andererseits lässt er die im österreichischen Asylsystem vorerst aufgenommenen Somalier gegen genau dieses System demonstrieren!
Bleibt nur die Schlussfrage, welche Behörde hat eine von diesem amtsbekannten Deutschen organisierte Demonstration in Österreich genehmigt, bzw. nicht untersagt?
Dr. Günter Frühwirth ist Jurist und verfolgt die gesellschaftspolitische Entwicklung Österreichs mit aktivem Interesse.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Wer wartet schon gerne? Als Pendlerin auf zugigen Gleisen im Winter auf Kopfbahnhöfen, wie es z.B. der Wiener Westbahnhof Richtung Salzburg ist. Da kann es kalt werden. Denn der Zug, der fahrplanmäßig gegen Mitternacht eintreffen sollte, kommt mit großer Verspätung aus Ungarn, weil die Grenzübergabe halt wieder einmal nicht geklappt hat. Oder anders herum gefragt: Wer steht gerne im Morgengrauen auf, um z. B. aus dem Mühl- oder Waldviertel in den Zentralraum zur Arbeit zu pendeln? Mit den "Öffis" geht es nicht, weil diese im Lauf der Jahre eingestellt wurden. Wie sehr verfluchen dann die Leute Gott und die Welt. Im Zweifel ist die nicht funktionierende Straßenräumung schuld, wenn man nicht pünktlich zur Arbeit erscheint.
Wer steht gerne in der Sommerhitze im Stau auf den Ring-Autobahnen?
Nicht weil es ab in den Urlaub geht, sondern die Kinder quengeln. Sie wollen schwimmen gehen, aber in letzter Minute scheitert das familiäre Vorhaben, weil die beruflichen Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt wurden. Die hohe Mobilität verursacht hohe Kosten. Sie fair zu verteilen, ist daher nur logisch. Und es ist nicht einzusehen, dass diese Kosten nicht über einen Steuerfreibetrag (von dem man mehr profitiert, je mehr man verdient) in einen Absetzbetrag umwandelt wird. Nicht jeder verfügt über einen Dienstwagen mit Chauffeur oder hat einen U-Bahn-Anschluss direkt vor der Haustür.
Die Ausdehnung der Pendlerpauschale auf Teilzeitarbeitskräfte, denen ohnedies wenig im Geldbörsel am Monatsende übrig bleibt, ist eine kluge Idee und alles andere als ein "Wahlzuckerl". Wenn sie noch mit einem ökologischen Ansatz umgesetzt wird, haben Spindelegger & Schieder & Co. ihre Arbeit gut gemacht. Wenn auch noch ökologische Aspekte in die volkswirtschaftliche Rechnung einbezogen werden, ist das nur zu begrüßen.
Andreas Unterberger
Es ist mehr als offensichtlich und peinlich, warum plötzlich eine Diskussion über eine weitere Ausdehnung der Pendler-Förderung ausbricht: Niederösterreich wählt in Kürze. Und Niederösterreich hat den weitaus höchsten Pendleranteil unter allen österreichischen Bundesländern.
Das macht klar, worum es geht: Das Pendlerpauschale ist nichts anderes als gezielte Wählerbestechung. Diese baut Österreich sogar noch am Höhepunkt des Schuldenberges weiter aus. Was sich das Land aber längst nicht mehr leisten kann.
Dabei ist jede Pendlerförderung auch ökologisch unsinnig. Denn damit fördert man das, was man durch andere teure Budgetposten gleichzeitig bekämpft: nämlich Benzinverbrauch und Autofahrten, noch dazu in stauanfälligen Tageszeiten. Und zugleich zahlt Österreich Strafen, weil es das leichtfertig zugesagte CO2-Reduktionsziel nicht erreicht.
Jedes Pendlerpauschale ist überdies zutiefst ungerecht. Denn damit werden in der Regel jene belohnt, die einen relativ billigen Wohnsitz in schöner Grünlage haben. Während jene die Dummen sind, die in der Nähe des Arbeitsplatzes wohnen, oder die gar extra dorthin ziehen. Dort sind die Wohnungen aber meist weniger attraktiv und dennoch immer teurer. Aber sollte man nicht für alles sein, was die Steuer senkt? Ganz gewiss sollte man das. Nur sollte die Steuer für alle sinken und nicht nur ausgerechnet für jene, die den Verkehr vermehren und die sich für billigere und schönere Wohnlagen entschieden haben. Und wenn man trotz all dieser Argumente unbedingt doch etwas für die niederösterreichischen Pendler tun will, dann sollte man ihnen bei jeder U- und Schnellbahn-Endstation gratis Parkplätze anbieten. Dann sollte man die Wiener U-Bahnen ins niederösterreichische Umland hinaus verlängern. Dann sollte man ähnliche Lösungen auch für alle anderen städtischen Agglomerationen entwickeln.
Anmerkung: Primärsaldo = Saldo des allgemeinen Haushalts, bereinigt um Rücklagen & Zinsen. Dieser war in Österreich von 1997 bis 2008 immer positiv.
Quelle: Rechnungshof – Bundesrechnungsabschluss 2011
Wenn da ein italienischer Ganove nicht ganz das Blaue vom Himmel heruntergelogen hat, scheint jetzt doch eine rauchende Pistole rund um den Eurofighter-Kauf gefunden worden zu sein. Das macht die Abfangjäger politisch noch einmal wirklich spannend. Die üblichen Detektiv-Spiele eines Peter Pilz sind zwar noch keineswegs ein schlüssiger Beweis für ein begangenes Verbrechen. Aber jedenfalls sind die bekannten Indizien sehr ernst zu nehmen. Jedoch: Selbst, wenn jener Italiener wirklich die große Geldverteilungs-Drehscheibe gewesen ist, sind etliche Aspekte mehr als frappierend, bevor der Fall als geklärt angesehen werden könnte.
Frappierend ist etwa der Umstand, dass sämtliche im letzten Jahrzehnt bekanntgewordenen Indizien nur zu blau-orangen Empfängern hinführen (sowie zum rot geführten Fußballklub Rapid). Aber damals gab es auch eine zweite Regierungspartei, die ÖVP, die auch den Bundeskanzler stellte. Ist es in der schmutzigen Welt des Waffenhandels wirklich denkbar, dass nur ein Teil der Entscheidungsträger bedacht worden ist? Zeigt sich da vielleicht nur der ganz spezifische Verfolgungseifer der Staatsanwälte in Richtung des blauen Lagers? Oder war die FPÖ Jörg Haiders wirklich ein so übler Haufen voller krimineller Energie, dass sie in diesem nun sich abzeichnenden Ausmaß zuzugreifen gewagt hat, während ihr Koalitionspartner sauber geblieben ist?
Immerhin gibt es drei Aspekte der Amtszeit Wolfgang Schüssels, die ein Sauberbleiben der ÖVP als keineswegs undenkbar erscheinen lassen.
Wenn die ÖVP wirklich nichts bekommen haben sollte: Warum aber hat sich Schüssel dann für den Eurofighter ausgesprochen? Er hat seine Entscheidung damals damit begründet: „Wir wollen jetzt einmal das Beste, nicht nur das Billigste fürs Heer.“ Der Eurofighter war in der Tat die beste, aber eben auch das weitaus teuerste Variante. Vor allem die von den USA angebotene Variante gebrauchter und generalüberholter F-16-Flugzeuge wäre weit billiger gewesen (sie hätten allerdings naturgemäß auch kürzer gehalten).
Psychologisch leicht nachvollziehbar ist hingegen, dass Schüssel eine Aversion gegen das dritte, das schwedische Angebot hatte. Waren doch bei der vorletzten Flugzeugbeschaffung (Draken) die Indizien für Geldflüsse Richtung SPÖ fast ebenso stark gewesen wie dann bei den Eurofightern Richtung FPÖ. Hatte doch die schwedische Linksregierung eine führende Rolle bei den Sanktionen gegen Österreich gespielt.
Nachvollziehbar ist umgekehrt auch, dass Schüssel zweifellos große Sympathien für Bayern hatte, also eines der wichtigsten Herkunftsländer des Eurofighters. So war der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber der erste, der den damals durch die Sanktionen isolierten Wiener Regierungschef mit einem hochoffiziellen Besuch beehrte. So etwas merkt sich ein Schüssel lange.
Diese Indizien könnten das Verhalten des damaligen schwarzen Parteichefs erklären. Sie machen aber umgekehrt auch klar, warum die Linksparteien seit Anfang an so besonders heftig gegen den Eurofighter agitieren.
Die schwarze Schuldlosigkeit muss jetzt freilich noch einen sehr harten Test bestehen: Was wird beim bevorstehenden Prozess gegen den seltsamen Grafen Mensdorff herauskommen? Ist es vorstellbar, dass irgendjemand einen Ehemann einer Ministerin benutzt hat, um Gelder an die Partei der Ministerin zu schleusen? Das wäre geradezu grenzdebil unvorsichtig. Aber in der Politik ist nichts auszuschließen. Eher scheint freilich die Version glaubwürdig, dass Mensdorff den Anschein seiner einflussreichen Position für gute und nicht immer legale Geschäfte im eigenen Interesse benutzt hat. Und vielleicht ist er ja auch ganz unschuldig. Die Beweislage klingt ja vorerst nicht absolut überzeugend.
Diese vielen Fragezeichen rund um die parteipolitischen Dimensionen des Eurofighter-Kaufs bleiben vorerst jedenfalls bestehen und haben sich eher vermehrt, statt endlich kleiner zu werden.
Noch viel größer sind die Fragezeichen in Hinblick auf einen weiteren Aspekt: Nach dem, was man über die neuen Indizien weiß, soll es bei den Bestechungsmillionen nicht um die eigentliche Beschaffungsentscheidung, sondern um die Abwicklung der als Folge des Kaufs vereinbarten Gegengeschäfte gegangen sein. Das hieße, dass Käufer dafür entlohnt worden wären, zu teure österreichische Waren gekauft zu haben. Wodurch diese dann einfach für die Käufer wieder billiger und wettbewerbsfähig geworden sind.
Sollte das so stimmen, dann entstehen sofort die nächste Fragen: Ist in diesem Fall überhaupt die ursprüngliche Entscheidung des Eurofighter-Kaufs direkt betroffen und damit auch, wie Pilz sofort behauptet hat, revidierbar? Sind solche Kaufanreize überhaupt strafbar? Ist das nicht nur dann Untreue, wenn anstelle der Gegengeschäfts-Firmen deren Manager das Geld eingesteckt haben? Ist nicht der kolportierte Einstieg der EADS bei einer Kärntner Stiftung total mit der gegenleistungsfreien, aber nie verfolgten Millionenspende an den SC Rapid vergleichbar? Wie will man dann die Stiftung verfolgen, wenn man bei Rapid alle Verfahren eingestellt hat? Und last, not least: Hat es jemals glaubwürdig sein können, dass Dreieinhalb-Milliarden-Geschäfte nur(!) deshalb abgeschlossen werden, weil ein anderes Zwei-Milliarden-Geschäft zustandegekommen ist? Widerspricht das nicht von Anfang an jeder ökonomischen Vernunft und Logik?
Auf Staatsanwälte und Richter wartet jedenfalls noch jede Menge heikler rechtlicher Fragen. Diese können aber alle erst dann diskutiert werden, wenn zuerst endlich Fakten und Geldflüsse geklärt sind. Das alles verschafft uns mit Garantie noch viele spannende Jahre. Die vielleicht so lange dauern, bis die Eurofighter schon wieder verschrottet werden müssen. Dann könnten wir sie ja den Deutschfranzosen zurückgeben…
Man muss auch loben, wo es etwas zu loben gibt. Die ÖVP hat es trotz des derzeit in anderen Fragen herrschenden (und von der Obsorge bis zur Lehrerausbildung zu schlechten Ergebnissen führenden) Konsens-Drucks gewagt: Sie sagt glatt Nein zur von der SPÖ geplanten Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes, das politisch Radikalen und schwulen Aktivisten provozierende Privilegien verschafft hätte. Das ist erfreulich und durchwegs positiv. Das ist auch deshalb zu vermerken , weil sich hier das Tagebuch als erstes an vorderster Front engagiert hat. Jetzt muss man freilich weiterhin Obacht geben, ob dieses Nein auch nachhaltig ist – und endlich auch auf EU-Ebene praktiziert wird.
Besonders übel ist, dass die Frauenministerin Heinisch-Hosek ihr Engagement für dieses Privilegiengesetz mit wilden Attacken auf die Kirche verbindet, obwohl es um diese nur am Rande geht. Diese Attacken sind freilich nicht ganz überraschend: Stimmen doch die europäischen Sozialisten im EU-Parlament derzeit gerade mehrheitlich gegen einen maltesischen EU-Kommissar, nur weil sich dieser als gläubiger Katholik bekennt.
Die Sozialdemokratie braucht offenbar einen neuen Kulturkampf, nachdem ihr bisheriges Wohlfahrtsstaats-Dogma in der Schuldenkrise gerade krachend eingestürzt ist. Da versucht man sich halt zur Anti-Kirchen-, Pro-Radikalen- und Pro-Schwulen-Organisation zu wandeln.
Was dieser Gesetzesvorschlag des sich nach außen gerne als umgänglich und zivilisiert präsentierenden Sozialministers bedeutet hätte, ist in einem Tagebuch-Eintrag ausführlich dargelegt worden, ebenso in diesem und in diesem Gastkommentar. Die Novelle hätte eine üble Einschränkung der persönlichen und unternehmerischen Freiheit gebracht. Vermieter, Dienstleister, Rechtsanwälte und Arbeitgeber hätten durch eine absurde Umkehr der Beweislast belegen müssen, dass sie einen Stellensuchenden oder Mietwerber oder Möchtegern-Klienten oder Kunden nicht wegen seiner Homosexualität oder seiner radikalen Weltanschauung unberücksichtigt gelassen haben.
Festzuhalten bleibt, dass die Wirtschaftskammer des unsäglichen Christoph Leitl schon wieder vor einem unternehmerfeindlichen Gesetzesentwurf in die Knie gegangen war. Nur der schwarze (sowie der derzeit weniger relevante blaue) Parlamentsklub hat sich im letzten Augenblick zum notwendigen Stoppsignal aufgerafft. Die Anerkennung gilt insbesondere der schwarzen Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm.
Doch ist damit alles gut? Gewiss nicht. Denn die Linke ist mit ihren Versuchen zäh, die Freiheit einzuschränken. So versucht sie beispielsweise schon seit 90 Jahren die zwangsweise Gesamtschule durchzudrücken. Und irgendwann könnten Rot und Grün zusammen wenigstens einmal doch die so ersehnte Mehrheit schaffen.
Auch muss man auf den peinlich herumeiernden Wirtschaftsminister aufpassen, der lange nicht so mutig und klar wie Schittenhelm Nein zur Hundstorfer-Novelle sagt.
Vor allem aber ist es jetzt dringend notwendig, dass die ÖVP auch auf europäischer Ebene ein Nein Österreichs durchsetzt. Denn dort agiert bisher der Sozialminister ungehindert im Alleingang. Selbst der Widerstand des Wissenschaftsministeriums und des – erstaunlich, erstaunlich! – Unterrichtsministeriums gegen die Einbeziehung des Bildungsbereichs wird vom Tisch gewischt. In den europäischen Arbeitssitzungen zu dem Versuch, eine inhaltlich deckungsgleiche Richtlinie durchzusetzen, ist einzig und allein vom Deutschland der Angela Merkel ein Veto vermerkt. Aus Österreich (=Sozialministerium) ist dort hingegen eine Zustimmung festgehalten. Deutschland ist natürlich wichtiger. Aber auch Merkel und vor allem die FDP an ihrer Seite sind nicht unsterblich.
Die Vorgangsweise in Österreich zu Beschlüssen eines EU-Ministerrats ist jedenfalls dringend überholungsbedürftig. Denn während sich bei österreichischen Gesetzen jeder Minister in Regierung und Koalition erst einen allgemeinen Konsens suchen muss, kann der gleiche Minister den gleichen Inhalt auf europäischer Ebene im innerösterreichischen Alleingang durchdrücken. Einzige Bedingung: Auch die Spezialminister aus den anderen EU-Ländern müssen der gleichen Ansicht sein. Man hat sich nämlich in der Koalition ausgemacht, dass man einander beim Abstimmungsverhalten in den EU-Räten gegenseitig nicht dreinredet. Dabei sieht die Bundesverfassung etwas ganz anderes vor.
Das ist eine völlig absurde Konstruktion. Denn während jedes österreichische Gesetz von einer späteren anderen Mehrheit wieder aufgehoben werden kann, sind europäische Richtlinien de facto irreversibel. Und sie sind jedenfalls einem österreichischen Zugriff entzogen. Wir dürfen nach Inkrafttreten einer EU-Richtlinie nur noch das befolgen, was ein einzelner Minister einmal in der EU abgesegnet hat. Denn auf das EU-Parlament als Verhinderer sollte man ja angesichts der dort vorherrschenden prinzipiellen Regulierungswut nicht einmal eine Sekunde lang hoffen.
Eine neue, vom Unterrichtsministerium in Auftrag gegebene Broschüre stellt strafrechtlich Verbotenes wie Samenbanken und Leihmutterschaft als ganz normal dar. Mann-Frau-Familien sind dagegen für das Machwerk nur Optionen unter vielen anderen. Finanziert wird das durch unsere Steuern: Ideologie auf dem Rücken unserer Kinder.
Es war kurz vor Schulschluss im Schuljahr 2011/12, als ein neunjähriges Mädchen einer befreundeten Familie völlig verstört nach Hause kam. Anlass war eine Unterrichtsstunde in der 4. Klasse Volksschule zum Thema Sexualkaufklärung an Hand der Broschüre des Vereins „Selbstlaut“.
Zur Klarstellung: Eine Konfrontation mit „anderen“ Lebensweisen und sexuellen Orientierungen kann für Jugendliche zur Stärkung des Charakters und Bildung der eigenen Meinung beitragen. Kinder im Volksschulalter werden dadurch jedoch verstört und belastet.
Von besorgten Eltern, die diese Broschüre inzwischen studiert haben, werden folgende Schwierigkeiten hervorgehoben:
Zerstörung des traditionellen Familienbildes
„Trotz vieler Bearbeitungen von Schulbüchern und sonstigen Medien, die auf die Diversitäten der Lebensformen von jungen Menschen reagieren, hält sich das Bild der klassischen Mutter-Vater-Kind-Familie als anzustrebendes Ideal hartnäckig, ungeachtet der Tatsache, dass knapp die Hälfte aller Kinder in Österreich in anderen Verhältnissen leben.“ (Zitat „Ganz schön intim“, S.43)
Nicht jede Ehe geht gut und nicht jede Familie schafft es, die hohen Ideale auch zu leben. Aber sollen wir deshalb unsere Ideale aufgeben? Entspricht dieses Denken wirklich dem Kindeswohl?
Das Kalkül von Selbstlaut: Die Familie bestehend als Vater-Mutter-Kind soll diskreditiert werden.
Aufhebung beziehungsweise Relativieren von Mann und Frau
„Die Geschichte skizziert Gedanken und Gefühle eines intergeschlechtlichen Kindes. Die Häufigkeit von intergeschlechtlich zur Welt kommenden liegt bei ca. 1/2000. Viele Initiativen setzten sich dafür ein, Intergeschlechtlichkeit/Intersexualität nicht weiterhin als zu behandelnde Krankheit zu pathologisieren, sondern die Vielfalt von Geschlechteridentitäten (ebenso beispielsweise Transgender, Transsexualität, queere Identitäten) anzuerkennen. Dieses Bestreben stellt den eng gesteckten, künstlich geschaffenen Rahmen der angenommen Zweigeschlechtlichkeit in Frage.“ (Zitat „Ganz schön intim“, S.69)
Ein altes Thema, nämlich die Frage des natürlichen versus des sozialen Geschlechts, wird hier in einer neuen Spielart wiederbelebt. Dem natürlichen Geschlecht von Mann und Frau wird Intersexualität als 3. Geschlecht gegenübergestellt.
Das Kalkül von Selbstlaut: Wenn wir das natürliche Geschlechts von Mann und Frau in Frage stellen, dann erscheint Homosexualität und jede andere Form der sexuellen Vorliebe gleichsam als der Normalfall!
Schaffen einer neuen Realität für in Österreich verbotene Praktiken
„Leihmutterschaft: Eine Frau trägt für eine andere Frau deren Baby aus.
Samenbank: Die Samenbank ist ein „Geschäft“, in dem Menschen Sperma (Samenzellen) kaufen. Das machen zum Beispiel Paare, die keine Kinder kriegen können oder Frauen, die ohne einen Mann leben, aber trotzdem schwanger werden und ein Kind bekommen möchten. Oder lesbische Leute, die gerne mit einem Kind leben möchten.“ (Zitat „Ganz schön intim“, p.125)
Das sagt das Österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz:
§ 2. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig.
§ 3. (1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden.
Das bedeutet im Ergebnis, dass Samenbanken und auch Leihmutterschaft in Österreich gesetzlich verboten sind.
Das Kalkül von Selbstlaut: Wenn wir diese Praktiken als normal darstellen, indem wir „vergessen“ darauf hinzuweisen, dass diese in Österreich verboten sind, soll gezielt eine Bewusstseinsänderung herbeigeführt werden. Nach dem Motto: Wenn wir nur oft genug darüber reden, werden es schließlich so viele Menschen als „normal“ empfinden, dass auch einer Gesetzesänderung nichts mehr im Wege steht.
Sexualität, Beziehung, Liebe und Verantwortung
„Aber wenn eine Pädagogin, um Beispiele zu nennen, in Arbeitsblättern zu kindlicher Sexualität vielleicht zum ersten Mal liest, dass Babys mitunter schon Orgasmen haben oder Information zu Intersexualität findet oder in einer anderen Übung Kinder gefragt werden, wie sich für sie ein sexy Gefühl anfühlt oder wie sich beschreiben lässt, was Liebe ist, dann stellt sich die Pädagogin_ der Pädagoge vermutlich selber auch diese Fragen und genau dann haben die Materialien bereits einen Prozess in Gang gesetzt, der für eine sexualitätsfreundliche Haltung wichtig ist.“ (Zitat „Ganz schön intim“, S. 6)
Sollen unsere Kinder nicht zu liebes- und beziehungsfähigen Menschen erzogen werden? Wird durch eine Sexualisierung der Gesellschaft nicht der Triebbefriedigung und dem Egoismus Vorschub geleistet?
Das Kalkül von Selbstlaut: Die Sexualisierung der Gesellschaft in all Ihren „Facetten“ soll vorangetrieben werden.
Wir möchten von Österreichs Regierung wissen:
Dr. Gudrun Kugler ist Juristin, Mutter von drei Kindern und betreibt unter anderem das katholische Online-Dating-Portal kathTreff.org.
Mag. Maximilian Lobmeyr ist Vater von 4 Kindern und Banker.
Der Tagebuchbetreiber teilt Friedrich Romigs wirtschaftstheoretische Vorstellungen über weite Strecken nicht. Denn sie beruhen auf einem völligen Missverständnis von Marktwirtschaft, einem Ignorieren der durch sie erzielten Wohlstandsvermehrung und dem Fehlen jeder Wertschätzung für die Freiheit als zentralem Wert (auch des Christentums). Die liberalen Ökonomen waren auch die einzigen, die von Anfang konsequent die Schulden-Ansammlung in der EU sowie die diversen Rettungspakete kritisiert haben. Romigs Vorstellungen einer durch Stände und Kammern regulierten Ökonomie sind nicht nur im einstigen Ständestaat total gescheitert.
Die begeisterte Zitierung von Linksaußen-Ökonomen wie Kurt Rothschild zeigt trotz Romigs eigentlich konservativ-katholischen Hintergrunds die große Nähe seines Theorieansatzes zu sozialistischem Denken. Dieses war in der Geschichte immer die sichere Garantie für allgemeine Verarmung. Dennoch präsentiert das Tagebuch in der Folge Romigs Text ohne jede weitere Anmerkung, weil er eine konsistente Zusammenfassung einer sonst kaum noch so artikulierten Weltsicht darstellt, weil er jedenfalls als interessante Herausforderung gelten kann, und weil Mainstream-Medien solchen Sichtweisen keinerlei Artikulations-Chancen bieten. (a.u.)
„Marktwirtschaft" ist ein Kind des Liberalismus, Liberalismus ein Kind der Aufklärung.[i] Das Projekt der Aufklärung ist die Lostrennung („Emanzipation") des Menschen von Gott und schließlich von jeglicher Autorität unter Rekurs auf die als „mündig" angenommene einzelmenschliche Vernunft[ii].
Die auf sich selbst gestellte („autonome") menschliche Vernunft, die sich nicht mehr als Manifestation des göttlichen Logos versteht, muss ihr Prinzip in sich selbst finden, um auf die Frage, was vernünftig sei, antworten zu können. Wir bezeichnen das als „Rationalismus"[iii].
Vernünftig, „rational" ist für den Rationalismus zuletzt nur das, was Lust verschafft (die Nationalökonomen nennen es „Nutzen", „Bedürfnisbefriedigung", „Ertrag", „Wohlfahrt") und Unlust (Missnutzen oder „Disutility", „Mühe", „Arbeit", „Aufwand", „Kosten") meidet[iv]. Das handlungsbestimmende Prinzip der Vernunft ist nach rationalistischer Auffassung das ökonomische Kalkül von „pleasure and pain“, „utility and disutility", „Nutzen und Aufwand", „Ertrag und Kosten"[v].
Insoweit der Mensch rational handelt – und nur dann handelt er als „aufgeklärter" Mensch, als animal rationale – ist er homo oeconomicus. Sein ganzes Dichten und Trachten, alles was er tut, zielt auf Lustgewinn („Profit") sowie auf den Erwerb von äußerem Reichtum und Macht ab, die beiden Mittel, um sich jeden Wunsch zu erfüllen („Macht ist Münze"). Genau das sind denn auch die Antriebsmotive der „Marktwirtschaft": „Die Gier nach Profit und das Verlangen nach Macht"[vi].
Das Streben des Einzelnen nach Profit (Lustgewinn, Reichtum) und Macht, stößt auf das gleichartige Streben der Mitmenschen, d. h. auf Konkurrenz. Sie ist das regulative Prinzip, welches das Verhältnis der Menschen zueinander bestimmt, und der Markt der „Ort", auf dem der Wettbewerb ausgetragen wird. „Marktwirtschaft" wird daher häufig mit „Wettbewerbswirtschaft" gleichgesetzt.
Wettbewerb (z.B. im Sport) bezweckt Auslese der Besten nach Regeln oder Normen. Solche (Spiel-)Regeln oder Normen „organisieren" den Wettbewerb („die Wettbewerbsveranstaltung") und bestimmen, wer beim Wettbewerb auf Grund seiner alle anderen Konkurrenten überragenden Leistung („Performance") als Sieger gelten und als der Tüchtigste („Beste", „Stärkste", „Schnellste") den Siegespreis erhalten soll. Auf dieser Idee des Wettbewerbs beruht die der „Marktwirtschaft" zugeschriebene Leistung oder „Funktion", das Hauptproblem der Nationalökonomie, die „Allokation knapper Ressourcen", optimal zu lösen.
Die Ressourcen wandern zum „besten Wirt", zu den tüchtigsten Unternehmen, zu den kaufkräftigsten Käufern, zu den „Orten" des höchsten Ertrages (z. B. Kapital in die Länder mit dem höchsten Realzinsniveau) – allerdings nur unter einer Voraussetzung: Die Auslese der Besten und die Wanderung der Ressourcen dürfen nicht gestört, der Wettbewerb nicht „verzerrt", in den Markt nicht „eingegriffen" werden. Jedenfalls nicht anders als mit „marktkonformen" oder „wettbewerbsneutralen" Mitteln. Der Markt soll „frei" sein. Nur wenn Markt und Wettbewerb sich selbst überlassen bleiben, können sie ihre „Selbstregulierungsfunktion" erfüllen. „Marktwirtschaft" ist daher politisch immer mit der Forderung nach „Laissez faire", und durch sie mit dem Liberalismus verbunden. „Der Markt braucht keinen Meister", hier wirkt der Automatismus der „Selbstorganisation", die „spontane Ordnung" (F. A. v. Hayek), die „invisible hand" (A. Smith). Einzig die Spielregeln und Normen, unter denen der Wettbewerb stattfinden und seine Auslesefunktion erfüllen soll, sind festzulegen.
Wie im sportlichen Wettbewerb, so gibt es auch in der wirtschaftlichen Konkurrenz Sieger und Besiegte, in der Wirtschaft jedoch u. U. mit fatalen Konsequenzen für den Unterlegenen. In der Marktwirtschaft – und das ist der Sinn des Wettbewerbs als Ausleseveranstaltung – soll der Unterlegene auf dem Markt nicht zum Zuge kommen, er soll vom Markt verdrängt und ferngehalten werden. Marktwirtschaftlicher Wettbewerb ist daher immer Verdrängungswettbewerb, Kampf um Marktanteile und Marktkontrolle (insbesondere auch der Marktzugangskontrolle).
Als Verdrängungswettbewerb tendiert Wettbewerb dazu, sich selbst aufzuheben, d.h.: Er tendiert zum Monopol. Wettbewerb ist Kampf ums Monopol, um Vorzugsstellungen, um Kontroll- und Machtpositionen, ähnlich wie in der Parteiendemokratie. Sie ist das politische Korrelat zur „Marktwirtschaft".[vii] Die moderne Industriegesellschaft stellt sich dem Betrachter denn auch in der Tat als eine „Welt von Monopolen"[viii] dar, die, wenn nicht gerade Waffenstillstand (z. B. auf Grund von Kartellvereinbarungen) zwischen einigen von ihnen herrscht, sich alle gegenseitig bekriegen und unter ihre Kontrolle bringen wollen.
Kriege, so wissen wir aus Erfahrung, werden durch (Unternehmens-) Strategien, Ausrüstungen (Waffen, Munition, logistische Einrichtungen), (Mitarbeiter-) Truppen und Kampfgeist („Motivation", Begeisterung, „Identity") entschieden. Militärische Termini haben seit langem Einzug in die Hörsäle, Lehrbücher und Führungskader der Wirtschaft gehalten. Kein Wunder, dass da einer der klügsten Nationalökonomen seinen Studenten empfohlen hat, Clausewitz' „Vom Kriege" zu studieren[ix]. Was sie dort lernen würden: Strategie, Aufmarschplanung, Angriff, Überraschung, Umgehung, Tarnung, Täuschung, Umzingelung, Einkesselung, Grabenkampf, Belagerung, Zermürbung, Ausfall, Rückzug etc., das alles sei viel realitätsnäher als alle ökonomischen Modelle und Theoreme.
Die theoretische Form, in der sich die „soziale Marktwirtschaft" heute darstellt, ist die „Neoklassik". Das Überraschende nun ist – und deshalb ist K. W. Rothschild rückhaltlos zuzustimmen – dass es kein einziges mikro- oder makroökonomisches neoklassisches Grundtheorem gibt, das modernen wissenschaftstheoretischen Ansprüchen sowohl in logischer wie empirischer Hinsicht genügen würde und die erforderlichen Tests bestanden hätte. Kein einziges! Mit anderen Worten: Es gibt kein einziges „ökonomisches Gesetz", dessen kausal-mechanische Eindeutigkeit empirisch bewiesen wäre. Was wir heute in der neoklassisch ausgerichteten Nationalökonomie betreiben, ist im Wesentlichen „angewandte Mathematik" oder, wie H. Albert den Nationalökonomen spöttisch vorhielt, „Modellplatonismus"[x], Modellschreinerei ohne Realitätsbezug[xi].
Das viel berufene „Gesetz von Angebot und Nachfrage" zur Bestimmung der Preise erwies sich als Tautologie.[xii] In der Praxis gibt es keine Angebots- und Nachfragekurven (in deren Schnittpunkt der Preis zu finden ist). Die Unternehmer (Anbieter) können nicht einmal die Frage beantworten, was denn eigentlich ihr Produkt tatsächlich „kostet".[xiii] Die Kostenrechnungen und Kalkulationssysteme, die man ihnen einredete, brachten Resultate hervor, die eine „Mischung aus viel Dichtung und wenig Wahrheit"[xiv] darstellen, geeignet, „jenen Preis zu rechtfertigen, der erzielbar ist".[xv]
Die „Gesetze über die Zu- oder Abnahme der Grenzrate der Substitution", mit denen die Theorie erklärt, wie Verbraucher sich verhalten und Haushalte ihre Budgets verwalten, lösten bei den Betroffenen (Hausfrauen, Konsumenten), je nach dem Grade des Verständnisses, erstauntes Kopfschütteln oder Lachkrämpfe aus. Am Ende mussten selbst die Neoklassiker die Idee einer geschlossenen Preistheorie aufgeben und zugestehen, dass die von ihnen aufgestellten „Marktgesetze" nicht ausreichen, um das Zustandekommen von Preisen zu erklären.[xvi]
Und dann verloren sie auch gleich noch den Marktbegriff, sie konnten ihn nicht mehr definieren! Sie hatten den einen „Markt" solange in Teil- und Elementenmärkte zerlegt, bis er sich verflüchtigte und nur noch „Verhaltensweisen" und „individuelle Kundenbeziehungen" übrig blieben. Schon vor rund fünfzig Jahren kam von einem mit neoklassischen Methoden arbeitenden Nationalökonomen daher die Empfehlung, „den Marktbegriff nicht mehr zu verwenden".[xvii] Er ist nichts als ein flatus vocis.
„Marktwirtschaft" ohne „Markt"? Wo sollten da die Marktgesetze herkommen, auf die man sich immer berief, wenn Betriebe geschlossen und Arbeiter auf die Straße geworfen wurden? Denn das Problem, das sie zu lösen versprach, das Problem der Arbeitslosigkeit, diese Geißel des Kapitalismus, bekam die neoklassische Theorie und „Synthese" nie in den Griff. Der Keynes'schen Revolution ging der Atem aus.
Die Theorie zur Bestimmung des Volkseinkommens und der Beschäftigung durch Sparen und Investieren erwies sich als eine „metaphysische Konzeption".[xviii] Die Annahmen über die „Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals", den „Hang zum Verbrauch" und die „Liquiditätsvorliebe" waren nichts als „Catchwords", welche die unverantwortliche Ausweitung der Budgetdefizite begründen halfen. Sie fachten die Inflation an, versteinerten die Strukturen und schwächten die Wettbewerbsfähigkeit. Als man damit auch die Arbeitslosigkeit nicht mehr in den Griff bekam, ließ man die Keynes'sche Theorie fallen.
Politiker kamen ans Ruder, welche die „Sanierung" der Budgets versprachen, und versatile Ökonomen aus dem klassischen Lager, die „Monetaristen", sprangen ihnen bei, die ihnen ein altes Museumsstück, die „Quantitätstheorie des Geldes", frisch abgestaubt und hochglanzpoliert, als Neuheit verkauften. Jetzt waren „schlanker Staat", Privatisierung und Deregulierung angesagt. Das Problem der Arbeitslosigkeit ließ sich damit zwar auch nicht lösen, aber die Schuld daran konnte man wenigstens auf die Vorgänger im politischen Amte abschieben, die keinen budgetären „Spiel"raum für Ankurbelungsmaßnahmen übrig gelassen hatten. Wirtschaftspolitik pendelte zwischen „Gas geben" und „Bremsen".
Der Leser, der bis hierher durchgehalten hat und Bilanz zieht, wird sich fragen, was denn das Ganze soll? Eine Theorie ohne Praxisrelevanz? „Gesetze" ohne Beweis? Begriffe ohne Substanz? Was wird denn dann mit dieser Worthülse „Marktwirtschaft" bezweckt?
Die Antwort klingt, als würde sie aus der linken Suppenküche kommen:
„Marktwirtschaft" ist Ideologie! Ihr Zweck ist die Verschleierung und Verdeckung von Machtpositionen, Machterwerb, Machtkämpfen, Machtsicherung, Machtkontrolle. Sie soll das Nachdenken darüber ausschließen oder ablenken, wie die moderne Industriegesellschaft tatsächlich funktioniert, wie, durch wen und zu wessen Gunsten sie motiviert und kontrolliert wird. Kommt Kritik dennoch auf, so wird sie unter Hinweis auf „Selbstregulierung" und „Laissez faire", auf „Sachzwänge" und „Globalisierung", auf „Gemeinsamen Markt" und „internationale Vereinbarungen" abgetan. Statt angesichts der schrecklichen Verwüstungen unserer Umwelt politisch zu handeln, wird das „Laissez faire" zur Maxime der Politik. Die Berufung auf die sich selbst regulierenden „Marktgesetze" ist Ausdruck der Resignation der classe politique vor einer Entwicklung in Gesellschaft und Wirtschaft, die sie selbst in Szene gesetzt hat.
Kennzeichnend für diese Entwicklung zur modernen Industriegesellschaft ist die totale Verschmelzung von Großindustrie, Geschäft, Rüstung, Forschung, Technik, Massenproduktion, -konsum, -unterhaltung, -kommunikation, -manipulation, Staatsbürokratie und Politik.[xix] Das gesamte Ausbildungs- und Erziehungssystem des „Produktionsfaktors" Mensch ist auf die Bedürfnisse der Großindustrie abgestellt. Die Großforschung, inzwischen selbst zu einer Industrie geworden, wird vom Staat unterhalten: Elektronik, Weltraumfähren, Satellitenkommunikation, Atomforschung, Genforschung, sie alle sind „social costs of private enterprise". Die Industriegesellschaft dient nicht den Bedürfnissen des Menschen, sondern ihren eigenen Bedürfnissen. Ihre Rationalität manifestiert sich in ihren höchsten Formen in der Destruktion („Atomgesellschaft"), in der Verschwendung („Gesellschaft im Überfluss") und in der Verdinglichung des Menschen („Entfremdung").[xx]
Die moderne Dreifaltigkeit von Naturwissenschaft, Technik und Industrie – Erwin Chargaff macht hierauf wiederholt aufmerksam – arbeitet mit immer größerer Beschleunigung („Wachstumsraten") an der Zerstörung der Welt. Die liberalkapitalistische „Marktwirtschaft" und die mit ihr verbundene neoklassische Theorie sind nichts anderes als der ideologische Überbau für die „Struktur der Sünde", wie Johannes Paul II. sie klarsichtig benennt. Die Verbrämung der „Marktwirtschaft" mit „sozialen" oder „ökologischen" Attributen ändert nichts an diesem harten Verdikt. Es ist so gültig wie jenes, das Pius XI. vor 80 Jahren mit einer Prägnanz ausgesprochen hat, die erschauern lässt:
„Das ist ja der Grundirrtum der individualistischen (= neoklassischen, F. R.) Wirtschaftswissenschaft, aus dem alle Einzelirrtümer sich ableiten: in Vergessenheit oder Verkennung der sittlichen Natur der Wirtschaft glaubte sie, die öffentliche Gewalt habe gegenüber der Wirtschaft nichts anderes zu tun, als sie frei und ungehindert sich selbst zu überlassen (= Laissez faire. F. R.); im Markte, das heißt im freien Wettbewerb besitze diese ja ihr regulatives Prinzip… Die Wettbewerbsfreiheit – obwohl innerhalb der gehörigen Grenzen berechtigt und von zweifellosem Nutzen – kann aber unmöglich regulatives Prinzip der Wirtschaft sein.
Die Erfahrung hat dies, nachdem die verderblichen individualistischen Theorien in die Praxis umgesetzt wurden, bis zum Übermaß bestätigt … Am auffallendsten ist heute die geradezu ungeheure Zusammenballung nicht nur an Kapital, sondern an Macht und wirtschaftlicher Herrschgewalt … Zur Ungeheuerlichkeit wächst diese Vermachtung der Wirtschaft sich aus bei denjenigen, die als Beherrscher und Lenker des Finanzkapitals unbeschränkte Verfügung haben über den Kredit und seine Verteilung nach ihrem Willen bestimmen. Mit dem Kredit beherrschen sie den Blutkreislauf des ganzen Wirtschaftskörpers; das Lebenselement der Wirtschaft ist derart unter ihrer Faust, dass niemand gegen ihr Geheiß auch nur zu atmen wagen kann.
Diese Zusammenballung von Macht, das natürliche Ergebnis einer grundsätzlichen zügellosen Konkurrenzfreiheit, die nicht anders als mit dem Überleben des Stärkeren – das ist allzu oft des Gewalttätigeren und Gewissenloseren – enden kann, ist das Eigentümliche der jüngsten Entwicklungen.
Solch gehäufte Macht führt ihrerseits wieder zum Kampf um die Macht, zu einem dreifachen Kampf: Zum Kampf um die Macht innerhalb der Wirtschaft selbst; zum Kampf sodann um die Macht über den Staat, der selbst als Machtfaktor in dem Interessenkampf eingesetzt werden soll; zum Machtkampf endlich der Staaten untereinander … (= Imperialismus, F. R.) … Der freie Wettbewerb hat zu seiner Selbstaufhebung geführt; an die Stelle der freien Marktwirtschaft trat die Vermachtung der Wirtschaft; das Gewinnstreben steigerte sich zum zügellosen Machtstreben. Dadurch kam in das ganze Wirtschaftsleben eine Grausen erregende Härte".[xxi]
Kein Kommunist, so meinte Maurice Thorez in seiner historischen Ansprache vom 26. Oktober 1937, habe den „Wirtschaftsliberalismus" je so heftig kritisiert wie Pius XI.[xxii]
Für die konservative Auffassung ist Wirtschaft „Leistungsgemeinschaft" im Dienste der Gesellschaft, genauer noch „ein Gebäude rangordnungsmäßig gegliederter Leistungen von Mitteln für Ziele".[xxiii] Diesem Begriff zufolge unterscheidet konservative Wirtschaftstheorie:
Nach ihren grundsätzlichen Absichten („Schlüsselbegriffen"), ist konservative Wirtschaftspolitik: Wirtschaftsausbaupolitik (z.B. Entwicklungspolitik, „Vollbeschäftigungspolitik"), Dezentralisationspolitik (z.B. Großstadtauflockerungspolitik); Struktur(krisen)politik, Stabilisierungspolitik (z.B. Konjunkturpolitik); Kreativitäts(anregungs)politik (z.B. Innovationspolitik).
Konservative Ordnungspolitik erschöpft sich nicht in Wettbewerbspolitik oder Marktordnung: Im Vordergrund steht nicht die „Konkurrenz", sondern die Förderung der Zusammenarbeit oder „Kooperation" der einzelnen Wirtschaftsgebilde nach den Prinzipien Selbsthilfe (solidarische Hilfe), Selbstverwaltung (Subsidiarität) und Gemeinwohlwahrung (Gesamtwohlfahrt, bonum commune, sittliche Bindung). Ihr regulatives Prinzip ist nicht die Konkurrenz, sondern die Gerechtigkeit (Angemessenheit, Entsprechung, iustitia commutativa et distributiva).[xxiv]
Durch die Politik der Zusammenarbeit wird die Wirtschaft „formiert" oder „durchorganisiert", d.h. verbandlich gegliedert. Je kräftiger die Verbände entfaltet und hierarchisch gegliedert sind, desto besser funktioniert die Selbstverwaltung, der Interessenausgleich zwischen den Verbänden und die Zusammenarbeit mit dem Staat.
Der Staat kann sich auf seine eigentlichen Hoheitsaufgaben zurückziehen und die wirtschafts- und sozialpolitischen Angelegenheiten der (sozial-)partnerschaftlichen Regelung der Wirtschaftsverbände weitestgehend überlassen, die, im Gegensatz zur Staats- und EU-Bürokratie, den zu solchen Regelungen gemeinsamer Angelegenheiten notwendigen Sachverstand besitzen. Hoheitliche Eingriffe sind dann nur erforderlich, wenn der Interessenausgleich versagt oder das Gemeinwohl verletzt wird.
Je nach geschichtlicher Situation wurden von praktisch allen westlichen Industriestaaten ordnungspolitische Maßnahmen gesetzt und Einrichtungen geschaffen, durch welche die gemeinwohlorientierte Verbandsbildung angetrieben und die Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft verbessert und geregelt wurde.
Erinnert sei hier nur an den „Reichswirtschaftsrat" der Weimarer Republik (wegen seiner Zusammensetzung ein Fehlschlag), an die heutige relativ geordnete „Repräsentation organisierter Interessen" in der BRD, an das schweizerische „Vernehmlassungsverfahren" und die „Friedensabkommen", an die österreichische „Sozialpartnerschaft", an den „Sozialökonomischen Rat" in den Niederlanden, an die „Planification a la franVaise", an die „Camera Corporativo" in Portugal (unter Salazar eingerichtet), an das wenig nachahmenswerte System des „Lobbying" in den USA, das jedoch ergänzt wird durch die „Hearings".
Immerhin zeigen diese wie auch andere, zum Teil äußerst erfolgreichen Ansätze, dass kein Staat allein auf den „Marktmechanismus" vertraut. Allzu viele Wahlmöglichkeiten hat der Staat ja heute nicht mehr: Entweder überlässt er die Kontrolle des „Marktes" den Großunternehmungen mit allen Nachteilen für das Gemeinwohl, die im ersten Abschnitt beschrieben wurden; oder er kommt seiner Gemeinwohlaufgabe nach und fördert die gemeinwohlorientierte Verbandsbildung nach den oben beschriebenen Prinzipien. Die dritte Möglichkeit: Sozialisierung und zentrale Planung, wird nach dem Scheitern der realsozialistischen Experimente heute ja kaum noch jemand in Betracht ziehen.
Die neoklassische Theorie hat zu den Verbänden und ihren Funktionen praktisch keinen Zugang. Für sie sind Verbände Träger von privater Macht, welche die Märkte kontrollieren und die Konkurrenz fernhalten wollen (also Kartelle oder Monopole). Um ihr Ideal von der möglichst vollständigen Konkurrenz- und Marktfreiheit durchsetzen zu können, würden die Vertreter der Neoklassik daher am liebsten alle Verbände auflösen, womöglich auch die Gewerkschaften. Alles, was sie damit erreichen, ist die Kontrolle der Märkte durch jene Mammutunternehmungen, die übrig bleiben, wenn die Konkurrenz ihre Auslesefunktion erfüllt hat.
Jede Gesellschaft ist umso lebendiger und reicher, je mehr die kleinen Gemeinschaften und Verbände entwickelt und differenziert sind. Daher Dezentralisationspolitik, Auflockerung, Betonung der Unterschiedlichkeit, „Spezifizität" statt Gleichheit und Uniformierung. Daraus ergibt sich als anzustrebendes Bild konservativer Wirtschaft:
Die Tradition der konservativen Wirtschaftsauffassung[xxv] reicht bis in die Antike zurück. Sie hat ihre Vertreter und Schulen in jeder geistesgeschichtlichen Epoche und findet in der Gegenwart immer mehr Freunde. Die Beiträge von tausenden Verfassern müssten genannt werden, doch mögen hier einige Andeutungen genügen:
Grundlegend ist Platons „Staat" mit seiner Lehre von der Einheit oder Ganzheit der Seinsordnung, Staatsordnung (= Ständeordnung) und Tugendordnung.
Die Summen des Hl. Thomas v. Aquin mit ihrer Lehre vom „gerechten Preis" und der Güterlehre. Auf Thomas fußt weitgehend die Katholische Soziallehre mit den Enzykliken der Päpste.
Fichtes „Geschlossener Handelsstaat", der in seiner Stringenz den Gegensatz der konservativen Auffassung zur „offenen" oder „freien" Markt- oder Konkurrenzwirtschaft ganz deutlich macht.
Adam Müllers „Elemente der Staatskunst" mit ihrer Lehre vom „idealischen" oder geistigen Kapital der Nation.
Friedrich Lists „Nationales System der politischen Ökonomie" mit der für alle Wirtschaftspolitik bis heute unverlierbaren „Lehre von den produktiven Kräften".
Die ältere und jüngere historische Schule (Roscher, Knies, Hildebrand, Schmoller) mit ihrer Abkehr von jedem Modelldenken und der Betonung des „geschichtlichen Wachstums der Ordnungen" in Abwehr konstruktivistischer und funktionalistischer Ordnungsversuche der Wirtschaft.
Die soziologische Richtung der Nationalökonomie mit Werner Sombart und Max Weber, an der Spitze Othmar Spanns und Walter Heinrichs „universalistische" oder „ganzheitliche" Schule, die das am gründlichsten durch gearbeitete System der konservativen Wirtschaftstheorie bisher geliefert hat.
Die „institutionelle" Richtung, die vor allem in den USA vertreten ist (Th. Veblen, J. K. Galbraith).
Die auf J. M. Keynes zurückgehende, jedoch weiterentwickelte „strukturanalytische" Schule mit ihrer Input-Output-Rechnung (W. Leontief).
Die kulturmorphologische Schule (E. Egner, B. Laum, F. Perroux), die grundlegende Einsichten in nichtmonetäre Transaktionen (Stichwort: „Schenkende Wirtschaft") gebracht hat.
Die ökologische Richtung mit der Lehre von den „sozialen Kosten" (W. K. Kapp). Die „gemeinwirtschaftliche Schule" mit der Untersuchung von Kommunalbetrieben (G. Weisser, H. Ritschl).
Die "Raumwirtschaftslehre" mit ihrer Betonung von Standortfaktoren und „zentralen Orten" (A. Lösch).
Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Autoren, die sich intensiv mit Spezialfragen und wirtschaftspolitischen Problemen befassen (z. B. Internationale Organisationen, Währungs- und Kreditpolitik, Agrarpolitik, Marketing, Unternehmungsführung, Haushaltswirtschaft usw.), allein schon vom Sachgehalt ihrer Arbeiten her, sich vielfach konservativen Auffassungen nähern. So verfügt etwa die Betriebswirtschaftslehre über ihre eigene konservative Tradition, die sie heute ganz bewusst und mit äußerster Schärfe der auf der neoklassischen Mikroökonomie fußenden Privatwirtschaftslehre (E. Gutenberg) gegenüberstellt (H. Nicklisch, K. Oberparleiter, E. Schäfer, F. Schönpflug, J. Kolbinger, R. Fürst, R.-B. Schmidt, H. Ulrich, H. A. Simon). Ähnliches ließe sich wohl aus jedem Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft berichten.
Durch ihre ganz bewusste Unterordnung unter die geistig-kulturell-sittlichen Dimensionen der Gesellschaft stellt sich die konservative Wirtschaftsauffassung der wichtigsten Aufgabe unserer Zeit: Der „Versittlichung" von Wirtschaft und Gesellschaft oder, um es mit den Worten von Johannes Paul II. auszudrücken, der „Überwindung der Strukturen der Sünde", zu denen der Liberalismus und die liberalkapitalistische Marktwirtschaft samt der sie begleitenden neoklassischen Theorie zweifellos gehören[xxvi].
Im Westen ist sie weithin herrschend geworden, ihre geistigen Wurzeln hat diese Struktur in der Aufklärungsphilosophie. Auf den Denkeinstellungen der „Aufklärung" (Verneinung der Transzendenz, Nichtunterscheidung von Sein und Seiendem, Ablehnung jeder Metaphysik), ihren Denkmustern (Individualismus, Hedonismus, Utilitarismus, Rationalismus) und ihren Denkmethoden (naturwissenschaftlich-technisch-mathematisches Verfahren –Positivismus, kritischer Rationalismus) beruht die „Krise der Neuzeit"[xxvii] mit ihren geradezu lebensbedrohenden Zerstörungen und reduzierten Zukunftserwartungen.[xxviii]
In der Entwicklung der Wirtschaftswissenschaft sind es vier Momente, die auf eine Ablösung der liberalkapitalistischen Marktwirtschaftstheorie hoffen lassen:
Im gleichen Ausmaß, in dem diese konservativ-ganzheitlichen Denkweisen und Methoden sich durchsetzen, verdrängen sie „Marktwirtschaft" und Neoklassik. Der Paradigmenwechsel, von der „Aufklärung" zum „Konservativismus", scheint sich langsam zu vollziehen. Wie lange der Prozess der Ablösung dauern und von welchen Rückschlägen er betroffen werden wird, kann heute niemand sagen. Eines aber wissen wir heute ganz sicher: „Aufklärung" und Liberalismus, konsequent zu Ende gedacht, führen zu Chaos und Anarchie[xxxi], zur Zerstörung der Natur,[xxxii] zur Auflösung der Ordnungen und letzten Endes zur „Abschaffung des Menschen".[xxxiii] [xxxiv]
Der Autor lehrte Politische Ökonomie in Wien, Graz und Aachen. Er veröffentlichte zuletzt „Die Rechte der Nation“ (Stocker, Graz 2002), „Der Sinn der Geschichte“ (Regin-Verlag, Kiel 2011) und „ESM-Verfassungsputsch in Europa“ (Schnellroda 2012).
[i]Die gründlichste Klärung dieses Zusammenhangs von sozialer Marktwirtschaft, (Neo-)Liberalismus und Aufklärung findet sich bei E. E. Nawroth: Die Sozial- und Wirtschaftsphilosophie des Neoliberalismus, Heidelberg 1961. N. kommt zu dem Schluß, daß es sich beim Neoliberalismus nicht um eine Neuschöpfung, sondern um die Renaissance altliberaler Konzepte handelt, die in keiner einzigen Grundfrage über das geistige Niveau der Aufklärungsphilosophie hinausgekommen ist (S 425). N. setzt sich mit den deutschen Vätern des Neoliberalismus auseinander (F. A. v. Hayek, A. Müller-Armack, W. Eucken, W. Röpke, F. Böhm). Im angelsächsischen Bereich firmiert der Neoliberalismus unter "Neoklassik". Die Schlußfolgerungen N's. gelten in gleicher Weise wie für den Neoliberalismus und die "soziale Marktwirtschaft" (social market economy) auch für die "neoklassische Nationalökonomie". Vgl. dazu: F. Romig: Die ideologischen Elemente in der neoklassischen Theorie - Eine kritische Auseinandersetzung mit Paul A. Samuelson, Berlin 1971, insbes. S 10; unabhängig kommt zu gleichartigen Aussagen jetzt H. Arndt: Irrwege der Politischen Ökonomie, München 1979. A. behandelt das Schrifttum in seiner ganzen Breite.
[ii]Vgl. Stichwort: "Aufklärung", in: H. Schmidt: Philosophisches Wörterbuch, 20. Aufl. (neu bearb. v. G. Schischkoff), Stuttgart 1978, S. 45f. Dort bes. zu beachten die Hinweise auf "Rationalismus" und "Liberalismus", die mit der "Aufklärung" untrennbar zusammenhängen. Einen guten und ausführlicheren Überblick bietet F.Schalk: Die europäische Aufklärung, in: Propyläen Weltgeschichte, Bd. 7, Frankfurt 1986 (Neudruck), S. 469-512.
[iii] Vgl. Stichwort: "Rationalismus", in: Phil. W. B., a. a. O. (FN 2), S 551: "Der Rationalismus ist die Denkweise der Aufklärung … "
[iv] Lustmaximierung (Hedonismus) als letztes Ziel des Rationalismus folgt aus seiner sensualistischen (materialistischen) Geisteslehre: Nihil est in intellectu quod non fuerit in sensu (J. Locke) Dieser Grundsatz zieht sich von Hobbes über Marx bis zu den Evolutionisten durch die gesamte Aufklärung. Vgl. O. Spann: Philosophenspiegel-Die Hauptlehren der Philosophie begrifflich und geschichtlich dargestellt, 3. Aufl. (mit einem Nachwort von G. Schischkoff), Bd. 13 der Othmar Spann-Gesamtausgabe, Graz 1970, S 35.
[v] Die Reduktion des "rationalen" Denkens auf das "ökonomische Kalkül" von "pleasure and pain" (Jevons) läßt sich über A. Smith bis zum neo-epikuräischen Eudämonismus des Th. Hobbes zurückzuverfolgen. Vgl. K. Muth: Geschichte des abendländischen Geistes, Berlin 1950, Bd. 2, S. 221, S. 400, S. 421. Die gesamt neo-klassische "Mikroökonornie" ist in ihrem Kerne nichts anderes als "Nutzenkalkül" von Tausch- oder "Substitutions-Möglichlkeiten ("Optionen", Wahlhandlungen). Politisch begründet das Offenhalten der Substitutionsmöglichkeiten die Forderung nach Erwerbsfreiheit, Eigentumsfreiheit, Gewerbefreiheit, "offene" Märkte, "freie" Marktwirtschaft sowie die Abwesenheit von "Macht" und "Zwang". Auf die Tautologie, die dadurch entsteht, ein machtfreies Marktmodell zu konstruieren und dann, um des Funktionierens willen, politisch die Elimination der Macht zu fordern, hat nachdrücklich hingewiesen K. W. Kapp: The Social Costs of Private Enterprise, Cambridge, Mass. 1950, S. 240
[vi] Johannes Paul II: Enzyklika über die soziale Sorge der Kirche "Sollictudo rei socialis", Rom 1987 (abgek. SRS) n. 37: Zwei Verhaltensweisen kennzeichnen die heutigen "Strukturen der Sünde": "die ausschließliche Gier nach Profit und das Verlangen nach Macht" die beide "unauflöslich verbunden sind" und "die wahre Natur des Bösen" ausmachen.
[vii] Der Zusammenhang von "Marktwirtschaft" und Demokratie" wird gerade von Neoliberalen oder "Ordo"-Liberalen ("freiheitliche" Wirtschaftsordnung - "freiheitliche" Gesellschaftsordnung) immer wieder betont. Doch auch hier wirkt so etwas wie die "Dialektik der Aufklärung": In der neoliberalen Konzeption wird aus "Wettbewerbsfreiheit" "Wettbewerbszwang", daher das Verbot von Kartellen, Zusammenschlüssen und anderen Verbänden als Formen "privater Macht". F. Ottel: Wirtschaftspolitik am Rande des Abgrundes, Frankfurt 1957, ist diesem Sachverhalt nachgegangen.
[viii] J. Robinson: The Economics of Imperfect Competition, London 1933 (repr. 1948).
[ix] Vgl. K. W. Rothschild: Preistheorie und Oligopol, in: A. E. Ott (Hrsg.), Preistheorie, Köln 1965, S. 360.
[x] H. Albert: Modell-Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in kritischer Beleuchtung, in: Sozialwissenschaft und Gesellschaftsgestaltung. Festschr. f. G. Weisser, Berlin 1963, S 45.
[xi] Wie ein roter Faden zieht sich die Sorge um den Realitätsbezug durch die "Presidential Addresses", die von den bekanntesten Wirtschaftswissenschaftern aus dem angloamerikanischen Bereich jeweils zu Jahresende an die American Economic Association gerichtet und anschließend in The American Economic Review veröffentlicht werden. Gegen die zunehmende Spezialisierung und Trivialisierung werden "Economics of economics" gefordert, also die Anwendung des ökonomischen Kalküls von Nutzen und Aufwand auch auf die Theorienproduktion der Nationalökonomen. Das erinnert an die J. Schumpeter zugeschriebene Bemerkung, von der Arbeit der Nationalökonomen entfielen 10 Prozent auf die Aufstellung neuer Theorien, 90 Prozent auf ihre Widerlegung, das Ergebnis nähere sich Null. Heute stimmt das sicher nicht mehr: mindestens 50 Prozent ist für das gedankenlose Wiederkäuen von unbewiesenen Grundtheoremen in Lehrveranstaltungen und Textbüchern anzusetzen. "Papageiengeschwätz" nennt das eine der berühmtesten Nationalökonominnen, J. Robinson. Um diesen Tendenzen - Realitätsferne, Trivialisierung, Verschwendung von Ressourcen - gegenzusteuern, wäre es marktwirtschatlich konsequent - wenn auch eine kleine Revolution auslösend - nicht nur "Economics of economics" zu fordern, sondern Wissenschaft und Forschung samt Lehrbetrieb und Universitäten zu privatisieren und die staatliche Subventionierung einzustellen. In diese Richtung gehen die Vorschläge zweier so bedeutender Kritiker am heutigen "Wissenschaftsbetrieb" wie E. Chargaff und P. Feyerabend (vgl. E. Chargaff: Kritik der Zukunft. Stuttgart 1983, S 35ff; P. Feyerabend: Irrwege der Vernunft (engl. Farewell to Reason), Frankfurt 1989, bes. S 381 ff. Wie immer, so ist es auch hier mit marktwirtschaftlichen Prinzipien" zu Ende, wenn "vested interests" betroffen sind.
[xii] Zu diesen, aus der Tatsache des Wirtschaftskreislaufes und der Interdependenzen abgeleiteten und auf den ersten Blick nicht gleich plausiblen Sätzen sowie zu den folgenden Beispielen: F. Romig, a.a. O. und H. Arndt, a. a. O. ( beide FN 1).
[xiii] J. Robinson: Doktrinen der Wirtschaftswissenschaft - Eine Auseinandersetzung mit ihren Grundgedanken und Ideologien (engl. Economic Philosophy), München 1965,S 118.
[xiv] So der führende deutsche Kostentheoretiker und -praktiker P. Riebel: Das Rechnen mit Einzelkosten und Deckungsbeiträgen, in: Zeitschrift. f. handelswissenschaftliche Forschung, Köln schon 1959, S. 237: "Es gibt in jeder Wissenschaft Fragen. die aus der Natur der Sache heraus nicht beantwortet werden können. Dazu gehört die naheliegende, aber laienhafte Frage: Was kostet die Leistungseinheit?"
[xv] J. Robinson a.a.O. (FN 13), S. 169. Der Sarkasmus ist nicht zu übersehen.
[xvi] Vgl. H. v. Stackelberg: Grundlagen der theoretischen Volkswirtschaftslehre, 2. Aufl., Tübingen 1951, S. 220f.
[xvii] H. Sanmann: Marktform, Verhalten, Preisbildung bei heterogener Konkurrenz, in: Jb. f. Sw., Bd. 14, Göttingen 1963, S 59. Ganz folgerichtig verwendet die konservative Wirtschaftstheorie den Begriff "Leistungswechsel" für "Markt" und nimmt die Funktionen in den Blick, die mit diesem verbunden werden.
[xviii] J. Robinson, a. a. O., (FN 13), S 118
[xix]Überaus anschaulich dargestellt durch J. K. Galbraith: Die moderne lndustriegesellschaft (engl. The New lndustrial State), München 1968.
[xx] Hierzu noch immer grundlegend H. Marcuse: Der eindimensionale Mensch. Studien zur fortgeschrittenen Industriegesellschaft (engl. One-Dimensional Man), Berlin 1968, 3. Aufl. Ihn zitiert Paul Vl. in seiner "Ansprache an die Internationale Arbeiterorganisation (ILO)" in Genf, am 10. Juni 1969, n. 20, in: Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (Hrsg.): Texte zur katholischen Soziallehre, 8. Aufl., Bornheim 1992, S 451
[xxi]Pius XI.: Enzyklika über die gesellschaftliche Ordnung, ihre Wiederherstellung und Vollendung nach dem Heilsplan der Frohbotschaft "Quadragesimo anno". Rom 1931, n. 88 und 105-109.
[xxii] Hirtenbrief der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten von Amerika über den marxistischen Kommunismus vom Nov. 1980 (dtsch.), Bonn 1980, Anm. 3. Verdienstvollerweise hat A. Mohler wieder in Erinnerung gerufen, wo der eigentliche Feind des Konservativen zu finden ist: im Lager der Liberalen. Hier gilt es sich zu absoluter Klarheit durchzuringen und jeden Kompromiß zu vermeiden (vgl. A. Mohler: Liberalenbeschimpfung. Sex und Politik, Der faschistische Stil, Gegen die Liberalen - Drei Politische Traktate, Essen 1989, S. 132).
[xxiii] Wir folgen hier der universalistisch-konservativen Theorie 0. Spanns und seiner Schule, von der Armin Mohler meint, sie habe der Konservativen Revolution "das durchgearbeitetste Denksystem geliefert" (A. Mohler: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932, Darmstadt 1972 (2. Aufl.), S 203. Als Standardwerk konservativer Wirtschaftspolitik darf gelten: W. Heinrich: Wirtschaftspolitik, 2 Bde., Berlin 1964-1967 (2. Aufl.); eine kurze Gesamtübersicht bietet F. Romig: Wirtschaft der Mitte. Eine Einführung in die "Wirtschaftspolitik" von Walter Heinrich, Stifterbibliothek, Bd. 72, Salzburg 1955. Eine populäre Einführung in das Spannsche System wurde vorgelegt von W. Becher: Der Blick aufs Ganze - Das Weltbild Othmar Spanns, München 1985; in den "Monographien zur österreichischen Kultur und Geistesgeschichte" liegt als Bd. 4 jetzt vor: J. H. Pichler (Hrsg.): Othmar Spann oder Die Welt als Ganzes, Wien 1988. Dort auch eine Bibliographie der wichtigsten Arbeiten aus der Spann-Schule (S 279-285). Eine Othmar Spann-Gesamtausgabe in 21 Bänden ist erschienen In der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt in Graz, 1963-1979.
[xxiv] Vgl. F. Romig: Theorie der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Berlin 1966. Dort auch eine Tabelle als Überblick über das ganzheitliche System von Gesellschaft und Wirtschaft (S 92).
[xxv] In der Iehrgeschichtlichen Darstellung schließen wir uns weitgehend an: 0. Spann: Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre auf lehrgeschichtlicher Grundlage. In einem Nachwort weitergeführt v. W. Heinrich. (Bd. 2 der Othmar Spann-Gesamtausgabe), 28. Aufl.,Graz 1969 .
[xxvi] Johannes Paul II. benennt als "Strukturen der Sünde" für den Westen den liberalistischen
Kapitalismus und für den Osten das "System, das sich am marxistischen Kollektivismus orientiert". Vgl. Enzyklika SRS (FN 6), n. 20.
[xxvii] Für die Aufhellung der geistigen Hintergründe dieser Krise noch immer lesenswert: René Guénon: Die Krise der Neuzeit (franz. La Crise du Monde Moderne), Köln 1950
[xxviii] Aus dem bereits uferlosen Schrifttum seien zwei Hauptwerke hervorgehoben: Bericht an den Präsidenten: "GLOBAL 2000", Frankfurt 1981 (12. Aufl.); World Comission on Environment and Development: Our Common Future (abgek. Brundtland-Bericht), Genf 1989 (12. Aufl.). In beiden Berichten umfangreiche Literaturangaben. Der letztgenannte Bericht klingt wie ein Verzweiflungsschrei (bes. S. X f). Die Zerrüttung der Umwelt schreitet seit Jahren fort und beschleunigt sich ständig. Effektive Maßnahmen, die geeignet wären, die Entwicklung einzubremsen oder gar zu stoppen, scheitern zumeist an den unterschiedlichen Interessenlagen der einzelnen Länder.
[xxix] Die Nichteinbeziehung des Verzehrs an natürlichen Ressourcen (z. B. Erdöl) oder der Beeinträchtigung der Lebensqualität, ferner die Nichtberücksichtigung von marktvermeidenden Leistungen (z. B. Haushaltsarbeit) in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen führen zu falschen Aussagen (etwa über die "Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts"), Fehlschlüssen und Fehlmaßnahmen. Zum Teil werden solche Rechnungen angestellt, um Projekte plausibel zu machen, die auf Widerstand stoßen. Die Rede ist dann von "Umwegrentabilität" (z.B. von "Weltausstellungen"), "Spin-off-Effekten (bei der Raumfahrt und Rüstung). Intangible Kosten bleiben dabei meist unberücksichtigt, im Gegensatz zu den intangiblen Erträgen.
[xxx] Vgl. K. Lehmann: Gesellschaftlicher Wandel und Weitergabe des Glaubens, Bonn 1989, S 8
[xxxi] Sobald nicht Gott, sondern der "Mensch das Maß aller Dinge" ist, führt der Weg, einem Diktum F. Grillparzers zufolge, "von der Humanität über die Nationalität zur Bestialität". Der Emanzipation von Gott entspricht die Emanzipation des Menschen von (den "Zwängen") der Gemeinschaft, die Auflösung der Familie, das Absterben des Staates, die klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft, die Anarchie.Geistesgeschichtlich konsequent folgte auf Rousseau, Feuerbach, Marx, Bakunin und Kropotkin. Radikal gedacht, endet aller Liberalismus in Anarchismus. Dazu: K. Muth: Die Geschichte des abendländischen Geistes, Berlin 1950, insbes. Bd. 2, Kap. VII: "Die Doktrin der Anarchie", S 283 ff. Das Ziel der Anarchie: die "herrschaftslose Gesellschaft", findet sich heute in allen "emanzipatorischen" Bewegungen der Gegenwart. so bei den "Grün-Alternativen" den "Basisdemokraten", den "Feministinnen", den "Revolutionären Marxisten", Kommunisten und Sozialisten. Ebenso bei den Liberalen (A. Rüstow), Linksliberalen und Sozialdemokraten. Die Umsetzung folgt der "Strategie des Kulturkampfes", von der vor allem Schulen, Universitäten, Kirchen, Massenmedien, Kunst und Unterhaltungsindustrie betroffen sind. Ausführlich behandelt in: F. Romig: Der neue Kulturkampf - zur Strategie der Linken: Die "Revolution ohne Revolution", in: Neue Ordnung, H. 4-6, Graz 1988.
[xxxii] Vgl. F. Romig: Erwin Chargaff: Ein Monument des Widerstandes gegen die Dehumanisierung der Welt, - eine Hommage, in: Neue Ordnung , H. 4, Graz 1989, S. 9 f: Naturwissenschaft erforscht nicht die Natur, sie sprengt sie; sie löst keine Probleme, sie schafft sie. Dem Wissenschaftsbetrieb geht es nicht ums Wissen, sondern ums Geld. Hauptfunktion der Wissenschaft ist die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen für Wissenschaftler, die von den Universitäten ohne Rücksicht auf den Bedarf produziert werden. Die Wissenschaft wurde zu einer Ersatzreligion hochstilisiert, Forscher zu Quasi-Priestern geweiht, die Frage nach dem Sinn ihrer Tätigkeit, "und bestünde diese auch nur darin, eine Gesteinsprobe vom Mars zu holen", gilt als Tabubruch und Sakrileg. Eine kräftige Lobby sorgt dafür, daß dem Staat immer größere Geldmittel entrissen werden, die der Selbsterhaltung der Forschungsindustrie und ihrem krebsartigen Wachstum dienen. Zusammen mit der von ihr getriebenen Industrie ist sie dabei, die Erde unbewohnbar zu machen und alles Leben auszulöschen . Sie ist zur größten Bedrohung der Menschheit geworden. Sie entstammt dem Ungeist der "Aufklärung", der dafür gesorgt hat, daß "seit fast zweihundert Jahren ein Frösteln durch die Weit geht" (Warnungstafeln, Stuttgart 1982, S. 184). Ganz in diesem Sinn auch P. Feyerabend: a.a.O. (FN 11): dort reiche Literaturangaben.
[xxxiii]J. Kardinal Ratzinger : Wider die Abschaffung des Menschen - Antwort zur Krise der Werte und der Moral, in: DIE PRESSE, Beilage SPECTRUM, Wien 5./6. Dez. 1987, S 1: "Der Prozeß, der... den Menschen zerstören wird, spielt sich unter Kommunisten und Demokraten ebenso auffällig ab wie unter Faschisten… Die entgegengesetztesten modernen Weltanschauungen haben den Ausgangspunkt der Leugnung des natürlichen Sittengesetzes und der Reduktion der Welt auf "bloße" Tatsachen gemein. … Es herrscht das Kalkül und es herrscht die Macht. Die Moral ist abgetreten, und der Mensch ist abgetreten".Ähnlich F. H. Tenbruck: Die unbewältigten Sozialwissenschaften oder die Abschaffung des Menschen, Reihe "Zukunft und Herkunft", Bd. 2, Graz 1984, Abschnitt "Über die Abschaffung des Menschen", S 230ff.
[xxxiv] Die vorgetragene konservative Wirtschaftsauffassung steht in engster Verbindung mit der konservativen Bild vom Menschen. Vgl. F. Romig: Das Wesen des Konservativismus, CRITICON, H. 119, München 1990, 135ff
Es gibt viele Fragen, bei denen man sich mit gutem Grund vor den wahren Antworten fürchtet. Daher fragen wir heute nur. Dem werten Leser bleibt die Wahl zwischen erträglicher Verdrängung und schmerzhafter Antwort frei. Etwa auf Fragen nach politischen Rachefeldzügen via Strafrichter, nach einem sein Maturazeugnis versteckenden Kanzler, nach der Familienfeindlichkeit der Industriellenvereinigung, nach sparunwilligen Abgeordneten, nach linker Medienpolemik, nach der Feigheit der Stadt Brüssel.
Warum etwa kann in diesem Land ein Buch mit schwerwiegenden Indizien gegen den Regierungschef erscheinen (Ernst Hofbauer: „Faymann, der Kanzler im Zwielicht“), ohne dass über die Vorwürfe eine intensive öffentliche Debatte ausbricht? Sind die Medien schon so sehr mit immunisierenden Inseraten zugepflastert, dass sie fast alle nur noch den wortgleichen Text zu dem Buch veröffentlichen, der klingt, als ob er direkt aus der SPÖ-Zentrale käme? Warum stellt der SPÖ-Chef, dem vorgehalten wird, gar keine Matura zu haben, nicht einfach eine Kopie seines Maturazeugnisses ins Internet (die konkreten Noten könnte er ja schwärzen, falls er sich dafür genieren sollte)? Warum fällt Werner Faymann nur noch betretenes Schweigen zu den Indizien des Autors ein, die übrigens zum Gutteil schon in diesem Tagebuch erschienen sind? Warum veröffentlicht, um ein positives Gegenbeispiel zu nennen, der amerikanische Präsident sofort alle Dokumente, wenn Vorwürfe gegen ihn (etwa bezüglich seines Geburtsortes) auftauchen? Warum tut das nicht auch der österreichische Bundeskanzler?
Warum bekommt man bei den sich häufenden Verurteilungen von Politikern zu saftigen Strafen – beginnend mit dem Kroaten Sanader über die Ukrainerin Timoschenko bis zu einigen sich politisch unkorrekt ausdrückenden FPÖ-Politikern – ein ganz übles Gefühl im Magen? Hängt das üble Gefühl vielleicht damit zusammen, dass es die Verurteilungen immer dann regnet und nur dann, wenn andere Parteien an die Macht kommen? Riechen diese Verurteilungen nicht allzu sehr nach politischer Rache? Besteht das Wesen der Demokratie neuerdings nicht mehr in geordnetem Machtwechsel, sondern in Vernichtungs-Feldzügen gegen den Gegner? Könnte nicht bei solchen – im Kampf gegen Korruption prinzipiell notwendigen! – Prozessen die obligatorische Beiziehung internationaler Richter für Objektivität sorgen?
Warum ruft die österreichische Industriellenvereinigung im Gegensatz zu ihrer sonstigen Sparsamkeits-Rhetorik ständig nach immer noch mehr Ausgaben für ein ohnedies extrem teures Bildungs-System? Warum verlangen die Spezialisten für Investitionen ausgerechnet bei der allerwichtigsten Zukunfts-Investition, also bei den Kindern, ständig Kürzungen? Warum sind den Industriellen insbesondere Familien mit mehreren Kindern so sehr ein Dorn im Auge? Warum wollen sie mit aller Gewalt die Mütter möglichst rasch von den Kindern weglocken/wegtreiben, obwohl alle bekannten Studien zeigen, dass der Verbleib von bildungsbewussten Müttern bei den Kindern in deren ersten Lebensjahren die weitaus beste Chance für die Entwicklung der künftigen Leistungsträger darstellt? Ist die Industrie so kurzsichtig geworden, dass sie nur noch nach den tüchtigen jungen Frauen als sofort verfügbare Arbeitskräfte giert und dass sie zugleich in Hinblick auf die Zukunft den drohenden Mangel an gut erzogenen und gebildeten Mitarbeitern völlig ignoriert? Denkt man in der Industrie wirklich nur noch in Quartalsergebnissen, hinter denen die Sintflut kommen mag?
Warum ist es nicht einmal Bundes- und Vizekanzler vereint möglich, den Nationalrat samt der dortigen Opposition zu einer Verkleinerung der Abgeordnetenzahl zu bewegen? Sind die beiden schon so schwach? Glauben die 183 Parlamentarier wirklich, dass jeder einzelne von ihnen unersetzlich ist? Kann dort wirklich jeder Hinterbänkler, der um sein Mandat zittert, eine zumindest symbolisch wichtige Reform verhindern? Verstehen die alle nicht, dass sie mit ihrem Njet die Demokratiemüdigkeit der Bürger weiter vergrößern? Würde es nicht auch fürs Budget mehr bringen, bei der Zahl der Mandatare zu sparen, als wegen der jährlichen Inflationsanpassung ihrer Bezüge kleinlich herumzuknausern?
Warum arbeiten so viele Medien immer mehr mit miesen und falschen Klischees aus der linken Propaganda-Werkstatt? Warum wird dem neuen Parteichef der französischen Konservativen Jean-François Cope sofort in übler Polemik vieler österreichischer Medien „knallhartes“, ja sogar „rechtsextremistisches“ Denken nachgesagt, weil er von „Rassismus gegen Weiße“ in etlichen französischen Stadtregionen spricht und davon, dass Schulkinder attackiert werden, nur weil sie während des Ramadan Schokolade essen? Können sich all diese dumpfen linken Journalisten nicht vorstellen, dass Cope vielleicht einfach nur Wahrheiten und Fakten ausgesprochen hat? Oder sind für sie immer und prinzipiell nur Europäer „Rassisten“, während das beispielsweise moslemische Zuwanderer nie sein können?
Warum verbannt in Brüssel die Stadtverwaltung Christbaum und Krippe und ersetzt sie durch einen elektronischen „Winterbaum“ ohne Krippe? Ist es nicht eine skandalöse Schande, dass sich die Hauptstadt Belgiens erklärtermaßen davor fürchtet, dass die Gefühle von Moslems durch einen Bezug auf Weihnachten verletzt werden könnten? Warum soll auch nur ein einziger Tourist noch Geld in eine solche widerliche Metropole tragen? Begreifen die Brüsseler nicht, welchen emotionalen Schaden sie damit der ganzen Idee Europas versetzen, das ja dort seinen Hauptsitz hat?
Es war eine mehr als verräterische Aussage: Die Euro-Länder würden Griechenland zumindest bis 2014 das finanzielle Überleben sichern wollen: „Darum geht es im Augenblick“. So lässt es uns nun der mächtigste Finanzminister Europas, Wolfgang Schäuble, wissen. Verräterisch daran ist erstens, dass anstelle der einstigen „Rettung“ neuerdings plötzlich nur noch von einem befristeten Überleben der Griechen die Rede ist. Verräterisch ist zweitens der genannte Zeitpunkt, bis zu dem Schäuble den Griechen das Überleben sichern will.
Denn während ringsum eigentlich schon seit Monaten eine weitere Verlängerung des griechischen Aufenthalts in der Intensivstation mindestens bis zum Ende des Jahrzehnts als unvermeidlich dargestellt wird, gibt der Schäuble-Ausspruch plötzlich indirekt eine Änderung der Strategie zu: Es geht nicht mehr um eine Rettung Griechenlands (und anderer Länder), sondern nur noch darum, die gesamte Schulden-Überbrückungs-Konstruktion samt ihren ständig wachsenden Kosten noch etwas mehr als ein Jahr in Funktion zu halten.
Diese Zeitspanne schließt aber ganz, ganz zufällig auch die nächsten deutschen Wahlen ein. Diese werden nämlich (spätestens) im September 2013 stattfinden. Der von Schäuble angesprochene Zeitpunkt bedeutet also in Wahrheit das Eingeständnis eines recht zynischen Politik: Bis zu den Bundestagswahlen darf nichts passieren, danach aber kann die immer höher aufgestaute Sintflut losbrechen.
Ähnlich ist es ja auch im vergangenen Winter darum gegangen, Nicolas Sarkozy über den französischen Wahltag zu helfen. Das war freilich eine vergebliche Liebesmüh, wie wir heute wissen. Wird im Falle der deutschen Koalition die selbe Taktik am Ende auch vergeblich gewesen sein? Wird es auch für Schwarz-Gelb heißen: Außer Spesen nichts gewesen? Durchaus möglich, auch wenn Spekulationen viel zu früh sind, und auch wenn Rot-Grün natürlich noch viel mehr Spesen bedeuten würde.
Unabhängig von dieser Frage ist jedenfalls klar: Auch Schäuble glaubt insgeheim nicht mehr, dass Griechenland noch zu retten ist. Gleichgültig, welche der Hunderten derzeit durch die Luft schwirrenden „Hilfs“- und „Rettungs“-Varianten auch immer realisiert werden sollte. Eine Bankrottvermeidung wird schon bei den anderen schwer verschuldeten Ländern und Banken schwierig genug.
Was wird nun passieren, wenn Resteuropa im nächsten Winter das Hunderte Male angedrohte Nein zu weiteren Zahlungen für Griechenland endlich auch realisieren sollte? Legitim wäre das ja jedenfalls, nachdem dieses Land in den letzten drei Jahren noch nach jeder Vereinbarung die Durchführung eines Gutteils der hoch und heilig versprochenen Reformen unterlassen hat.
Ein solches Nein bedeutet nicht automatisch einen Hinauswurf aus dem Euro-Raum. Ein solcher Hinauswurf ist ja rein vertragsrechtlich gar nicht möglich. Diesen kann nur das betroffene Land selbst beschließen. Ein Ausscheiden aus der gemeinsamen Währung wäre jedoch ab dem Stopp weiterer Euro-Hilfen wohl die beste Entscheidung der Griechen selber. Voraussetzung ist freilich, dass bis dahin zwischen Athen, Berlin, Frankfurt und Brüssel alle technischen Details einer notwendigerweise schlagartigen Währungsumstellung gut vorbereitet sind – was freilich noch immer nicht sicher ist.
Bei einer Rückkehr zu einer eigenen Währung könnten die Griechen durch deren Abwertung jedenfalls die eigenen Exporte wieder wettbewerbsfähig machen und die Importe fast unerschwinglich teuer machen.
Aber selbst ohne Rückkehr zur Drachme tritt bei einem Stopp der Hilfen automatisch und in noch viel schärferem Ausmaß das ein, was die griechischen Regierungen immer als unmöglich dargestellt haben: Das Land könnte dann nur noch das ausgeben, was es einnimmt. Das Land müsste dann Beamten- und Pensionsbezüge weiter senken – notfalls sogar auf jenes Niveau, wie es in etlichen anderen EU-Ländern (etwa auf dem benachbarten Balkan) ohne lautes Murren hingenommen wird. Es müsste endlich die Beamtenzahlen reduzieren, Investoren mit Freude statt mit Bürokratie begrüßen, Pseudo-Behinderte und Bezieher der Renten Verstorbener bestrafen, Steuerhinterziehungen unterbinden, Staatsunternehmen (und eventuell auch Inseln) privatisieren und jedenfalls kräftig deregulieren.
Jedenfalls kann Griechenland nach einer Einstellung der ständigen Hilfen kein Primärdefizit mehr bauen. Was Athen in den letzten Jahren nie gelungen ist. Lediglich im letzten Monat soll jetzt dieses Ziel plötzlich erreicht worden sein – was aber wahrscheinlich wieder nur ein statistischer Trick ist, stehen doch die Verhandlungen mit der Troika gerade wieder auf des Messers Schneide. Dabei bedeutet ein ausgeglichener Primärhaushalt nur: Ein Land gibt nicht mehr aus, als es einnimmt, selbst wenn es keinen einzigen Euro mehr für Kreditrückzahlungen und Zinsendienst zahlen würde.
Die Nicht-mehr-Bedienung aller Kredite dürfte im Fall eines Versiegens der europäischen Hilfsgelder jedenfalls sofort passieren. Kein Cent flösse dann mehr an die Gläubiger Griechenlands. Bankrott ist ja nur ein anderes Wort dafür, dass man Schulden nicht mehr bedient. Das hätte zwar für Athen die Konsequenz, auf Jahre keinen Kredit mehr zu bekommen. Selbst Treibstoff-, Medikamenten- oder Lebensmittelimporte wären nur noch mit Vorauskasse möglich. Das wäre aber zweifellos auch die einzig wirksame Therapie für jenes Land.
Zu dieser Schocktherapie wird es aber erst kommen, wenn Griechenland endgültig den Glauben aufgeben muss, dass das ewig gleiche Gejammere „Mehr Sparen geht nun wirklich nicht mehr“ noch irgendeine Wirkung erzielt. Solange hingegen diese Behauptung auch von vielen westlichen Korrespondenten voller Empathie verbreitet wird, und solange immer wieder über weitere Hilfsprogramme verhandelt wird, werden die Griechen weiterhin glauben, dass sie mit der Mitleidsmasche um eine echte Sanierung herumkämen.
Dabei würde eine echte Sanierung mit Sicherheit nach etwa zwei – freilich sehr harten – Jahren einen steilen Aufschwung einleiten, wie wir es schon in vielen anderen Ländern nach dem Bankrott gesehen haben.
Eine Bankrotterklärung Griechenlands wäre natürlich auch für das Ausland ein schwerer Schlag. Dort müsste man ja alle Forderungen gegen Griechenland sofort abschreiben. Die Vermeidung dieses Schlages wird von den anderen Euro-Regierungen daher immer als Grund angegeben, weshalb man Griechenland ständig weiter helfen müsse.
Nüchterne Menschen sollten sich aber davor längst nicht mehr fürchten. Da steckt viel Angstpropaganda drinnen. Denn:
Erstens hat die angebliche Griechenland-Rettung in den letzten drei Jahren viele andere undisziplinierte Staaten von einem wirksamen Sparkurs abgehalten. Das hat die europäische Schuldenkatastrophe natürlich weiter verschlimmert. Schlechte Beispiele verderben die Sitten. Wenn man Betrug nicht mehr bestraft, wird es viel mehr Betrugs-Versuche geben. Wenn das EU-rechtliche Verbot der Rettung eines verschuldeten Landes durch die Zentralbank und andere Staaten zugunsten der Griechen aufgehoben worden ist, dann muss es ja wohl auch bei uns (Spaniern, Portugiesen usw.) aufgehoben werden.
Zweitens hat die Griechenland-Hilfe jetzt schon weit mehr gekostet, als es gekostet hätte, wenn die anderen EU-Länder 2010, vor den ersten Hilfsmaßnahmen und an deren Stelle, ihren eigenen Banken sämtliche Forderungen gegen Griechenland abgegolten hätten. Nach seriösen Schätzungen hielten Auslandsbanken damals höchstens 160 Milliarden Euro an griechischen Papieren.
So viel Geld in die Hand zu nehmen wäre im übrigen gar nicht nötig gewesen. Denn die meisten Banken – bis auf etliche französische – hätten einen Ausfall Griechenlands vermutlich schon damals tragen können. Und auch die wirklich gefährdeten Banken hätte man nur soweit absichern müssen, dass Einleger und Sparer nicht zu Schaden kommen. Das heißt: Bilanzen herunter bis aufs regulatorische Mindestkapital; zuerst werden die Aktionäre geschoren; dann sind auch Kündigungen beim Bankpersonal sinnvoll; erst dann darf der Steuerzahler drankommen.
Drittens ist inzwischen ohnedies schon der Großteil der Forderungen gegen Griechenland in Händen der Europäischen Zentralbank beziehungsweise einzelner Staaten. Die Kommerzbanken und andere privaten Gläubiger Griechenlands hingegen sind ja schon beim „Hair-Cut“ um einen Großteil ihrer Forderungen umgefallen; etliche griechische Anleihen sind inzwischen überdies schon abgereift; und viele weitere sind an die EZB weitergegeben worden.
Die unter „Zweitens“ und „Drittens“ genannten Punkte widerlegen auch ein in den letzten beiden Jahren von vielen verbreitetes Märchen: Die Hilfsaktionen würden ja nur den Interessen der Banken dienen. Wenn das wahr wäre, wäre uns die Schuldenkrise viel billiger gekommen.
Die Wahrheit sieht anders aus:
Die Hilfsgelder für Griechenland und andere Schuldenländer flossen zwar zum Teil zweifellos sofort an Gläubiger-Banken weiter. Das war aber voll beabsichtigt, denn ein Krachen von Banken löst immer einen gefährlichen Dominoeffekt aus. Dadurch würde unweigerlich ein Banken-Run ausgelöst, also der kollektive und gleichzeitige Versuch, alle Einlagen bei Geldinstituten abzuheben. Das würde das gesamte Wirtschaftsleben zum Einsturz bringen. Dadurch würden nicht nur Serienkonkurse von Finanzinstituten, sondern auch von all jenen Unternehmen der Realwirtschaft mit all ihren Arbeitsplätzen ausgelöst, die nicht schnell genug auf die Bank gelaufen sind.
Es geht nie primär darum, Banken zu retten. Und es ist wohl auch primär nie darum gegangen. Jedoch hätte etwa Österreich die Hypo Alpen-Adria unter Schonung der Einleger viel schneller abwickeln sollen, statt sie vorerst formal voll weiterzuführen, um die Bank-Arbeitsplätze zu retten. Dennoch ist auch in diesem Fall klar: Hauptzweck von Bankenrettungen ist immer nur die Vermeidung eines Dominoeffekts. Eine Überschuldung wird nicht kleiner, wenn man einen maroden Laden weiterführt.
Die Rettung der Bankkunden würde jedenfalls viel billiger kommen als Rettung ganzer Länder. Das war schon 2010 der Fall und gilt für heute erst recht, da fast alle Banken – unter Druck, aber auch aus eigenem Antrieb – ihren Sicherheitspolster deutlich vergrößert haben.
Die Rettungsaktionen hatten jedoch einen ganz anderen Hauptzweck, auch wenn Politiker und deren Ideologen gerne davon ablenken. Der wahre Zweck lautete: Die Regierungen wollten um jeden Preis den Eindruck vermeiden, dass auch ein Staat des Euro-Raumes bankrott gehen könnte. Dabei hat dieses Schicksal davor schon Hunderte Male Staaten ereilt, ist also an sich so logisch wie gewöhnlich.
Eine solche Bankrotterklärung Griechenlands wäre jedoch erstens das Ende des großen Selbstbetrugs gewesen, dass der Euro eine Zauberwährung wäre, bei der vieles Logische wie durch ein Wunder nicht mehr passieren kann. Zweitens haben viele EU-Länder gefürchtet, dass nach einem griechischen Bankrott die Geldverleiher auch die Kreditwürdigkeit der anderen Schuldenländer genau überprüfen würden.
Solche Prüfungen von Euro-Staaten hatten die Geldverleiher ja im Jahrzehnt davor grob fahrlässig unterlassen. Auch sie haben an den Euro-Zauber geglaubt und es dadurch den Regierungen ermöglicht, sich durch eine ständige Schuldenpolitik wohlfahrtsstaatlicher Wählerbestechung die Macht zu erkaufen.
Umso genauer prüfen Geldverleiher aber seit 2010 die Kreditwürdigkeit. Trotz der Rettungsaktionen stoßen jetzt viele Euro-Staaten und Euro-Banken bei Geldgebern auf verbreitetes Misstrauen. Damit aber ist klar: Der Hauptzweck der Griechenland-Rettung ist völlig verfehlt worden.
Viele Staaten können sich heute nur noch deshalb finanzieren, weil die Europäische Zentralbank Geld praktisch unlimitiert druckt und zu Billigstkonditionen verleiht. Dieses Geld hält die Krisenstaaten weiter am Überleben.
Wer aber glaubt, dass das Gelddrucken jetzt ohnedies eine brauchbare Lösungsstrategie wäre, der irrt neuerlich kräftig. Denn die Zeche zahlen neben den Steuerzahlern alle Sparer, alle Inhaber einer Lebensversicherung. Noch nie lagen als Folge der EZB-Politik die für Einlagen jeder Art gezahlten Zinsen so weit unter der Inflationsrate (wobei wir gar nicht die Debatte beginnen wollen, ob die nicht in Wahrheit noch viel höher ist, als offiziell angegeben wird). Damit werden Sparer und Steuerzahler kräftig enteignet. Eine solche Politik kann so wie in der Zwischenkriegszeit sowohl zu sozialen wie politischen Explosionen führen.
So weit so schlecht. Das absolut Faszinierende aber ist: Die Regierungen verstehen es noch immer, diese ganze Fehlkonstruktion als alternativlos, als ein Werk im Interesse ihrer Bürger darzustellen. Und viele Medien plappern das nach. Das bestätigt wieder einmal: Mundus decipi vult, ergo decipiatur. Die Menschen wollen offenbar hineingelegt werden, daher werden sie auch hineingelegt.
Zumindest bis 2014 dürfte das nun so weitergehen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Dass der „Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund“ meist allein als Beamtenlobby wahrgenommen wird, ist kein Zufall. Schließlich rekrutiert diese Teilorganisation der einst bürgerlichen ÖVP ihr Führungspersonal bevorzugt in Kreisen, die einen auf Gewinn gerichteten Wirtschaftsbetrieb nachweislich niemals von innen gesehen haben. Insbesondere auf Lehrer scheinen Führungsaufgaben im ÖAAB eine besonders unwiderstehliche Anziehungskraft auszuüben.
Gelegentlich fühlen sich die als Beamtenlobbyisten und Privilegienkonservatoren tätigen Zeitgenossen aber doch bemüßigt, auch normalsterblichen Unselbständigen – also produktiv Tätigen – etwas Gutes zu tun. Dass dabei nichts als Mumpitz herauskommt liegt in der Natur der Sache jeder Arbeitnehmervertretung, die – in Umkehrung eines Vorbilds aus der klassischen Literatur – stets das Gute will und stets das Böse schafft.
Aktuell ist es das zu Herzen gehende Los der Pendler, das, nach Ansicht der Chefin des ÖAAB – der Kryptokommunistin „Her mit der Marie!“-Mikl-Leitner – einer dringenden Verbesserung bedarf. Zu diesem Zweck soll nach dem Ratschluss der gelernten Lehrerin die derzeit gültige, angeblich „starre Regelung“, reformiert werden! Der folgende Satz aus einer E-Mail-Aussendung des ÖAAB besticht nicht nur durch seine sprachliche Brillanz:
„Der ÖAAB hat deshalb ein vereinfachtes, transparentes und gerechteres Pendlermodell entwickelt, welches die Mängel des derzeitigen Systems beseitigt und bringt den Pendlerinnen und Pendlern mehr Geld zum Tanken.“
Großartig, nicht? Zumindest Pendler, Erdölkonzerne und Tankstellenpächter werden sich freuen! Das Ziel der „Pendlerförderung“ soll durch Anhebung der „Fördersätze“ um durchschnittlich 14 Prozent erreicht werden. Außerdem wird „Der Pendlerzuschlag für Kleinverdiener von 141 auf 290 Euro mehr als verdoppelt.“ Selbst eiskalten Liberalen wird es angesichts derart selbstlos gewährter Wohltaten ganz warm ums Herz.
Wer wird schon – schließlich gilt es doch, Mitmenschen Gutes zu tun, die durch das Arbeitsleid besonders schwer niedergedrückt werden – kleinlich nach den Kosten dieser Labsal fragen? Wer wird schon die noch etwas grundsätzlichere Frage aufwerfen, welch seltsamen Überlegungen die Idee geschuldet ist, möglichst weite An- und Abreisen von und zum Arbeitsplatz zu prämieren?
Eingedenk der nicht ganz neuen Erkenntnis, wonach allenfalls der Tod gratis ist, muss am Ende jede „Förderung“ schließlich auch bezahlt werden. Die der Pendler beispielsweise durch jene, die nicht in ihren Genuss kommen – die Nichtpendler. Wer sich einen Arbeitsplatz in der Stadt sucht, den er zu Fuß – und ohne nennenswerten CO2-Ausstoß – erreichen kann, ist selber schuld und daher nicht förderungswürdig. Wer aber – anstatt dorthin zu ziehen, wo es Arbeit gibt – den Segnungen des gesunden Landlebens partout nicht entsagen will und daher eine intensive Reistätigkeit entfaltet, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen, hat Anspruch auf „Förderung“. Arbeitnehmervertreterlogik vom Feinsten…
Dass derartige Lustbarkeiten in einem Wirtschaftssystem zelebriert werden, das auch die Genossen des ÖAAB immer wieder gerne als „kapitalistisch“ apostrophieren, komplettiert das Bild. Würden die Damen und Herren Arbeitnehmervertreter auch nur über rudimentären Sachverstand verfügen, wäre ihnen klar, dass in einem zu Recht marktwirtschaftlich oder kapitalistisch zu nennenden Wirtschaftssystem derart grober Unfug absolut undenkbar wäre, wie ihn die Subventionierung eines gesellschaftlich offensichtlich unvorteilhaften Verhaltens darstellt…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Der Gender-Wahnsinn im Europa-Parlament reißt nicht ab. Nach den Aufsichtsratsquoten kommen jetzt die Kinderbücher dran. Weg mit ihnen, weil sie die falschen Rollenklischees transportieren. Und wieder opfern wir einen Teil unserer Tradition, einen Teil unserer Kultur dem PC-Wahn.
Verbietet Schneewittchen, weil die böse Königin morden lässt, um die Schönste im Land zu sein – und nicht die Mächtigste, da wäre der Auftragsmord sicher politisch korrekt. Und damit ist der Schönheitswahn junger Mädchen weg? Wir schaffen Grimm ab, aber im Fernsehen laufen Top-Model-Küren und Schönheits-OP-Soaps? Sehr konsequent und lebensnah.
Übrigens: Zeit für die Herren Europa-Abgeordneten, sich gendermäßig zu ermannen. Es ist dem sich formenden Rollenverständnis von Buben auch nicht zuzumuten, dass Männer als Zwerge („vertically challenged“) dargestellt werden, die im Bergwerk schuften und sich in ihrer Freizeit um eine schöne Riesin balgen, die ihnen noch dazu ihr Essen stiehlt! Und dass sie sich als hölzerne Puppen begreifen lernen, denen dauernd die Nase wächst, weil sie so viel lügen! Oder als Frösche, die sich von zarter Frauenhand an die Wand werfen lassen müssen, um den aufrechten Gang zu erlernen.
Aber das darf erst der Anfang sein. Wenn wir die Kinderbücher endlich abgeschafft haben, dann wenden wir uns am besten gleich Shakespeare, Moliere, Goethe und Schnitzler zu. Und erst die Maler und Bildhauer! Und wenn die große europäische Kultur dann mühsam gender-gereinigt ist, dann ist sie endlich weg.
PS.: Noch über etwas anderes ist man absolut fassungslos: Warum will sich die EU um Himmels willen schon wieder in etwas einmischen, das sie überhaupt nichts angeht? Werden ins EU-Parlament, wo man in Zeiten wie diesen solche lächerlichen Sorgen hat, immer nur die allerdümmsten Menschen entsendet? Warum machen dort sogar – angeblich – Liberale bei solchem totalitären Unsinn mit? Oder sind im EU-Parlament gar U-Boote aktiv, die insgeheim die EU durch solche Aktionen möglichst unbeliebt machen wollen?
Wieder einmal hat an diesem Sonntagabend die linke ORF-Mafia ihre Umtriebe eskalieren können: von der Zeit im Bild bis zur Ankündigung der Teilnehmer an der langweiligsten Diskussionsrunde des deutschen Sprachraums.
Die ZiB-Schlagzeile lautet: „Luftangriffe gehen weiter“. Also: die bösen Israelis. Erst viel später wird eingestanden, dass auch die Raketenangriffe der Islamisten ununterbrochen weitergegangen sind. Und ganz unter den Tisch fällt, dass Israel seine Angriffe unterbrochen hat, als ausländische Politiker in Gaza waren, während die palästinensischen Raketen dennoch weitergeflogen sind. Ebenso manipulativ und linkslastig war die Ankündigung der Zusammensetzung der abendlichen Diskussion unter Leitung eines ehemaligen AZ-Redakteurs. Sie lautete: „Maria Vassilakou (Vizebürgermeisterin Wien, Die Grünen); Michael Pisecky (Obmann Immobilien-Treuhänder, Wirtschaftskammer Wien); Georg Niedermühlbichler (Mietervereinigung); Detlev Neudeck (Hausbesitzer); Markus Reiter (Sozialökonom).“ Kein Ton davon, dass der Herr Reiter ein grüner Funktionär ist, dass also die Grünen zu zweit dasitzen, während kein einziger echter Wirtschaftsexperte eingeladen worden ist. Der hätte ja die katastrophalen Auswirkungen des von den Grünen und manchen Roten neuerdings angestrebten Miet-Kommunismus und die katastrophale Wohnungsnot darlegen können, in der die grünen Pläne unweigerlich münden würden. Und auf ORF-Online ließ man Zehntausende Franzosen gegen die Pläne zur Einführung einer Homoehe demonstrieren. Bei Spiegel-Online waren es jedoch Hunderttausende. Gäbe es beim ORF eine Rücktrittskultur wie bei der BBC, wären da schon wieder ein paar Schreibtische frei.
„Missbrauch in noch nie da gewesenem Ausmaß“: So hört man es nun auf der BBC. Weit über 400 britische Kinder waren sexuelle Opfer eines zeitgeistig-dümmlichen BBC-Moderators geworden. Alle haben weggeschaut, wie dieser seine berufliche Stellung und Popularität unter Kindern über Jahrzehnte so arg missbraucht hat. Erst nach seinem Tod darf jetzt die große Aufregung ausbrechen. Jede Wette: Davon müssen viele andere aus der sich immer ach so gutmenschlich gebenden Kunst-, Sozial- und Medien-Szene gewusst haben, wenn sie nicht gar Mittäter gewesen sind. Es kann schon rein logistisch nicht anders gewesen sein.
Aber wahrscheinlich wird auch deren Schuld erst nach ihrem Tod aufgearbeitet werden. Dann kann man sich auch über sie leicht erregen. Solange sie leben, braucht man sie ja als Quotenbringer (wie offenbar auch der ORF einen zutätowierten bundesdeutschen Gewalttäter).
In den Jahrzehnten vor Ausbruch der Aids-Epidemie hat die 68er Generation überall um freie Bahn für Sex, Sex und noch mehr Sex gekämpft. Europäische Grüne haben sich sogar ganz offen zu einschlägigen pädophilen „Erlebnissen“ bekannt (ungestraft sitzt bis heute einer von den erklärtermaßen kinder„lieb“habenden Grünen an führender Stelle im EU-Parlament und moralisiert dort noch immer lautstark).
In Deutschland wollten die Grünen einst sogar ganz parlamentsoffiziell Sex mit Kindern straffrei stellen. So kämpfen sie jetzt überall um das Recht schwuler Paare auf Kindesadoption – trotz amerikanischer Studien, die zeigen, dass gleichgeschlechtliche „Eltern“ für die Kinder eindeutig suboptimal sind. Um es gelinde auszudrücken.
In den letzten Jahren hat sich zwar jeder drittklassige Leitartikel-Schreiber über die Frage ausbreiten dürfen, ob unter katholischen Priestern auf Grund ihrer Zölibatspflicht ein überdurchschnittlicher Anteil an Pädophilen zu finden ist. Die gleiche Frage in Hinblick auf homo- oder bisexuelle veranlagte Menschen aufzuwerfen, wagen sie aber alle nicht. Oder nicht mehr.
Statt dessen hat die BBC-Redaktion wenige Tage nach Auffliegen des Lebenswerks ihres toten Moderators einen konservativen Politiker des gleichen Delikts geziehen. Ohne jeden Beweis und zur offensichtlichen Ablenkung von der eigenen Schande. Zwar mussten dort nachher einige für diesen Falschbericht – formal – Verantwortliche wegen ihrer Ahnungslosigkeit zurücktreten. Die wirklich Verantwortlichen für die Denunziation des einen wie auch die Nichtverfolgung des anderen sind aber offensichtlich immer noch ungehindert aktiv.
Auch unter den österreichischen Medien hat kein einziger Journalist bisher Gewissensbisse oder gar Rücktrittsabsichten gezeigt, nachdem fast alle die Kirche zwei Jahre lang als Missbrauchs-Anstalt geprügelt hatten. Sie taten das so lange, bis sich herausstellte, dass die üblen Dinge in etlichen kirchlichen Heimen weit von dem übertroffen wurden, was sich in staatlichen Anstalten, vor allem jenen der Bundesländer abgespielt hatte.
Und dann ist das Interesse an einer Skandalisierung des Themas oder an einer Suche nach den Vergewaltigern.ganz versiegt: Das passierte genau zu dem Zeitpunkt, da offenkundig wurde, welche Schuld Exponenten der Gemeinde Wien auf sich geladen hatten: Sie hatten den Wilhelminenberg in ein Kinderbordell mit (zu ihrem angeblichen Schutz!) zwangseingezogenen Opfern verwandelt. Zugunsten von bis heute unbekannten Tätern.
Insbesondere der ORF hat über die Untaten von Kirchenmännern ungefähr zehn Mal so intensiv berichtet wie über jene aus dem öffentlichen Bereich. Was Herrn Küberl, den angeblichen Kirchenvertreter im ORF-Stiftungsrat, nicht daran hindern wird, auch künftig den dafür letztverantwortlichen ORF-Bossen mit seiner Stimme zur Mehrheit zu verhelfen.
Nicht einmal der unglaubliche neue Skandal, dass die Gemeinde sogar noch heute Akten über die damals Verantwortlichen zurückhält, findet irgendwo sonderliche Beachtung. Dabei deutet gerade dieses Indiz an, dass unter den – vorerst völlig namenlosen – Kinder-Vergewaltigern sehr prominente Namen gewesen sein müssen. Aber die Millionen an Inseratenumsätzen, die praktisch alle Medien aus dem Rathaus beziehen, sprechen halt eine viel stärkere Sprache als der angebliche Wille zur Objektivität und zum investigativen Journalismus.
Endlich einmal volle Einigkeit im Nationalrat: Alle Fraktionen und Abgeordneten sind für die tägliche Turnstunde. Ich hätte dagegen gestimmt.
Warum das? Ist doch mehr Bewegung angesichts der massiv zunehmenden Zahl übergewichtiger Kinder unbestreitbar positiv und notwendig. Dennoch ist vieles an der Parlaments-Entschließung mehr als ärgerlich.
Für den ersten Ärger sorgt schon wieder die ideologietrunkene und zwangslüsterne Unterrichtsministerin, die wegen zweier zusätzlicher Turnstunden gleich den von ihr seit langem ersehnten allgemeinen Zwang zur Ganztagsschule für jedes Kind verwirklichen möchte.
Zweitens ist es mehr als ärgerlich, dass man bei der zusätzlichen Bewegung die in Wahrheit viel wichtigeren – weil nachhaltigeren und einer freien Gesellschaft viel mehr entsprechenden – Bewegungsangebote durch Turn- oder Fußball- (usw.)vereine oder durch Ballettstunden nicht fördert, sondern die Zeit dafür naturgemäß noch weiter einschränkt. Warum macht man das zusätzliche Schulturnen beispielsweise nicht nur für jene obligatorisch, die nicht eine Teilnahme-Bestätigung eines solchen Vereins bringen? Warum sorgt man – wenn es offenbar schon wieder überflüssiges Geld gibt – nicht primär dafür, dass jede Schule einen integrierten Turnsaal und Sportplatz erhält, sodass der oft mehr als 15-minütige Anmarsch und der ebenso lange Abmarsch wegfallen? Warum werden nicht jene Fußballvereine gefördert, die mit zeitbelasteten Kindern nur ein- oder zweimal pro Woche trainieren, statt Millionen jenen Vereinen hineinzustopfen, die durch viermaliges Training nur Superprofis heranzüchten wollen?
Und drittens: Am allerärgerlichsten sind Motiv und Anlass der Parlaments-Resolution. Denn sie ist nicht aus Sorge um die Gesundheit unserer Kinder zustandegekommen; die Abgeordneten haben vielmehr alle unter Druck der Sportfunktionäre gehandelt, die depressiv sind, weil sie keine Olympiamedaillen ihrer Sportler bejubeln können. Medaillen-Eitelkeit sollte aber eigentlich nur in totalitären Ländern ein nationales Anliegen sein, das zu Zwangsmaßnahmen und Mehrausgaben führt. Denn nur solche Länder brauchen einen medaillenförmigen Beweis für die angebliche Überlegenheit von Kommunismus oder Nationalsozialismus. Vor allem aber hat sich der wirkliche medaillenträchtige Spitzensport heute als sehr oft gesundheitsschädlich entpuppt: Die massenweisen Schäden reichen von ruinierten Gelenken und Bändern bis zu jenen durch Anabolika und Doping.
Trotz all dieser Fakten hat keine der Parteien von der großen SPÖ bis zu den kleinen Stronachisten auch nur eine Sekunde zögert, diese populistische Turnstunden-Resolution mitzutragen. Für die es in Wahrheit auch keinerlei budgetäre Bedeckung gibt.
Heimito von Doderer verdanken wir folgende Erkenntnis: „Noch keiner, der des Irrsinns Höhe erreichte, hat sie als solche erkannt und auch die Gipfel der Frechheit bleiben für ihre Erstersteiger meist in Nebel gehüllt." Nichts könnte den Wahrheitsgehalt dieses Zitats besser illustrieren, als die im Zuge des in Österreich eben anhebenden Wahlkampfs von den Koalitionspolitikern geäußerten Ideen. Ob im Hinblick auf die im kommenden Jahr dräuenden Nationalratswahlen eher unverschämte Chuzpe oder pure Narretei im Vordergrund steht, sei dahingestellt … immerhin ist ja gerade Fasching.
Wie vor Wahlen üblich werden von den politischen Mandatsträgern alle möglichen und unmöglichen Versprechungen gemacht, Absichtserklärungen präsentiert und Reformen beworben. Eines der von den Sozialisten in allen Parteien immer wieder gerne strapazierten Themen ist die allgemeine Wehrpflicht. Ältere Semester erinnern sich: 1970 gewann der listenreiche rote Rosstäuscher Bruno Kreisky mit dem Schlachtruf „Sechs Monate Bundesheer sind genug!“ eine Mehrheit auf Bundesebene (in die Tat umgesetzt wurde das Versprechen – erst Jahrzehnte später – vom dynamischen Duo Schüssel/Platter, zwei Schwarzen. Die Geschichte hat eben Sinn für Ironie…).
Seit damals jedenfalls werden Fragen der militärischen Landesverteidigung (wie übrigens auch jedes andere Problem von einiger Relevanz) von der hohen Politik ausschließlich unter dem Aspekt der Verwertbarkeit zum Stimmenfang behandelt. Eine seriöse Auseinandersetzung mit Fragen der Wehrpolitik hat hierzulande nach 1970 nicht mehr stattgefunden.
Um die Landesverteidigung geht es auch jetzt nicht, oder bestenfalls am Rande. Die Sorge um eine wohlwollende Berichterstattung in den Hauptstrommedien geht eindeutig vor. Wie also lauten die Positionen der regierenden SPÖVP? Die einst staatstragende ÖVP bewegen – so gut wie ausschließlich – Fragen des mit der Wehrpflicht im Zusammenhang stehenden Zivildienstes und solche, die mit nichtmilitärischen Aktivitäten des Heeres zu tun haben. Ihre Präferenz für ein Wehrpflichtigenheer nicht etwa mit militärischen Notwendigkeiten, sondern u. a. mit Problemen zu begründen, die aufträten, wenn bei Skiweltcupläufen nicht mehr genügend kostenlose Hiwis zum Pistentreten zur Verfügung stünden, ist schon eine respektable Leistung.
Noch origineller sind die Vorstellungen der Sozialisten, die einst – lang, lang ist´s her – die Volksbewaffnung forderten (damals noch nicht in ihrer Eigenschaft als allmächtige Regierungspartei) und nun unter Federführung eines in jeder Hinsicht leichtgewichtigen Wehrdienstverweigerers plötzlich zu glühenden Apologeten des Berufsheeres geworden sind. Vergessen ist mit einem Mal auch die traumatische Erfahrung des Jahrzehntelang beschworenen Jahres 1934, als bitterböse Berufssoldaten im Auftrag finsterer „Austrofaschisten“ auf beinahe friedliche Proletarier schossen.
Welche Schmähs von gehorsamen Parteisoldaten auch immer pro und contra Wehrpflicht aufgeboten werden (von Argumenten zu sprechen, wäre eine grobe Begriffsverfehlung), eine Berücksichtigung der davon unmittelbar Betroffenen, der jungen, männlichen Wehrpflichtigen nämlich, unterbleibt in 100 von 100 Fällen. Was zählt, sind allein die Interessen von Staat und Parteien, sowie die eines ominösen „Gemeinwohls“ (welch seltsames Ding das auch immer sein mag).
Dagegen wird der Wunsch junger Männer, im Fall der Fälle lieber unversehrt am Leben zu bleiben, als im Feuer überlegener Waffen des Feindes zu fallen, von den Befürwortern der Zwangsverpflichtung nicht einmal ignoriert. Dass es tatsächlich nur um Männer geht, nicht zuletzt, weil die ansonsten so lautstarke Phalanx aus Gender- und Quotenwächtern in dieser Angelegenheit vornehme Zurückhaltung zeigt, sei nur am Rande vermerkt. Weshalb also ausschließlich junge Männer ihre Gesundheit und ihr Leben für einen Staat aufs Spiel setzen sollen, der ihnen im zivilen Leben nichts als Unannehmlichkeiten, Kosten und Unheil bringt, liegt im Dunkeln.
Das ihnen – willkürlich – abverlangte Opfer nutzt am Ende nur dem Leviathan und dessen Günstlingen. Ihnen selbst, ihren Familien und Freunden dagegen, wäre alles andere als ein lebensgefährlicher Frondienst für einen Staat zuträglicher, der sie in einen Kampf gegen einen in jedem denkbaren Szenario mit überlegener Technik ausgerüsteten Feind schickt. Der Krieg nützt nur dem Staat. Denn dieser verteidigt schließlich sein territoriales Enteignungsmonopol gegen ausländische Konkurrenz. Welchen Nutzen aber zieht ein zwangsverpflichteter, männlicher Staatsbürger aus dem Krieg?
Keiner der für die Beibehaltung der Wehrpflicht eintretenden Politiker unterzieht sich der Mühe, eine ethisch-moralische Begründung dafür zu liefern, weshalb sich an (Staats-)Politik mehrheitlich desinteressierte junge Männer auf Geheiß einer im sicheren Bunker hockenden Regierung zum Krüppel schießen lassen sollten – und das womöglich gar noch bei einem der derzeit so modischen Auslandseinsätze. Dass ein schwerwiegender Unterschied vorliegt, ob der gewaltsame Tod eines (gut bezahlten) Freiwilligen oder der eines ohne Wahlmöglichkeit Zwangsverpflichteten herbeigeführt wird, ist ihnen keinen Gedanken wert.
Dass es sich um einen Rechtsstaat handelt, der bereit ist, eine willkürlich erkorene Gruppe von Menschen – und zwar auch gegen deren erklärten Willen und (religiöse) Überzeugungen – Todesgefahren auszusetzen, darf bezweifelt werden. Nichts und niemand ist berechtigt, derart massiv und gewaltsam in das Leben (eines Teils) der Bürger einzugreifen.
Allerdings ist es in einem Land, in dem ein Kanzler einst unwidersprochen feststellen konnte „ohne Partei sind wir nichts“, nur ein kleiner Schritt zur Forderung nach totaler Hingabe an den Staat. Ohne ihn sind wir nichts – haben vermeintlich keine Rechte, keine Sicherheit, keine Zukunft und keine Hoffnung. Ohne ihn ist das Leben – wie betete es der Hohepriester der neuzeitlichen Staatsmystifizierung, Thomas Hobbes, einst vor – „scheußlich, brutal und kurz“. Wenn das nicht dazu angetan ist, wehrfreudige Erregung hervorzurufen!?
Welche Ironie, dass ausgerechnet die „Konservativen“ unserer Tage einen Narren an der Wehrpflicht gefressen haben, die eine Folge der Französischen Revolution und damit ein Kind der von ihnen oft mit scheelen Augen betrachteten Aufklärung ist. Zuvor war Krieg (ohne dessen zu allen Zeiten bestehenden Schrecken verharmlosen zu wollen) eine vergleichsweise harmlose Marotte gekrönter Häupter. In der Mehrzahl der Konflikte trafen damals relativ kleine, aus Berufskriegern bestehende Heerhaufen aufeinander, während Zivilsten oft nur als unbeteiligte Zuseher fungierten.
Die Waffengänge pflegten in aller Regel – schon allein der Kosten wegen – kurz zu sein (der 30-jährige Krieg bildete – auch im Hinblick auf das Schicksal der Zivilbevölkerung – eine Ausnahme). Die totale Politisierung der Gesellschaft, die weitgehende Zurückdrängung des Privaten und der Selbstbestimmung, stehen mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in engem Zusammenhang. Erst sie machte den Weg frei zum „totalen Krieg“. Seit dem amerikanischen Sezessionskrieg, spätestens aber seit dem letzten großen Waffengang in Europa, kommt der Krieg nun auch zu den Nichtkombattanten ins Haus. Welch großartiger Fortschritt!
Andererseits ist es ein böser Witz, dass ausgerechnet die Roten – mittlerweile voller Übermut, da sie inzwischen an sämtlichen Schalthebeln des Staates sitzen – eine Söldnerarmee befürworten und den (ihnen stets verdächtigen) Privatmann möglichst hilf- und waffenlos sehen wollen.
„Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben“, hat Horaz einst behauptet. Ist schon dieser Spruch mehr als fragwürdig, so mutiert er zum blanken Zynismus, wenn der Ehrentod für die unmoralische Anstalt namens Staat verklärt wird.
Ohne technische und organisatorische Fragen zu berücksichtigen, die zu beantworten es selbst in Österreich genügend geeignete Fachleute geben sollte: Die Landesverteidigung anders als mit einer Freiwilligenmiliz zu organisieren wird – wenn die Bürgerrechte erst genommen werden, der Rechtsstaat keine reine Fiktion sein soll und die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind – kaum in Frage kommen.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Fast immer, wenn die Politik scheinbar Gutes tun will, kommt etwas Falsches und Teures heraus. Das zeigt sich etwa bei den Themen Energieeinsparung und Behindertengerechtigkeit. Beides ist ja sehr populär. Aber in beiden Fällen hat die Politik Wirkungen ausgelöst, die an ganz anderer Stelle Schäden verursachen: nämlich beim Wohnbau. Dieser wird dadurch massiv verteuert.
Das führt zu einer österreichweiten Reduktion der Wohnbauleistung. Das erhöht wiederum den Druck auf die ohnedies durch Inflationsflüchtlinge nach oben getriebenen Preise von Eigentumswohnungen. Und die katastrophalen Spätfolgen einer Immobilienblase hat man ja in Amerika und Spanien genau beobachten können.
Wie kommt es zu diesen schädlichen Nebenwirkungen? Mehrere Bundesländer – Bauen ist ja Landessache – haben es zur unabdingbaren Pflicht gemacht, dass jede Wohnung in jedem neuen Bau behindertengerecht sein muss. Das hat von den Türen über die Aufzüge bis zu den Gangbreiten eine Reihe kostentreibender Folgen. Das ist auch in der Sache wenig sinnvoll. Wenn man Rollstuhlfahrer im siebenten Stock unterbringt und wenn dort ein Brand ausbricht, sind sie absolut hilflos. Dürfen doch dann keinesfalls die Lifte benutzt werden. Es wäre klüger und sparsamer, für den zum Glück sehr kleinen Prozentsatz an Rollstuhlfahrern Wohnungen mit sicheren Ausgängen anzubieten, statt 99 Prozent aller Wohnungswerber mit höheren Kosten zu belasten (Ein ähnliches Thema sind übrigens die gewaltigen Kosten für die Behindertengerechtheit öffentlicher Bauten, wo es oft viel billiger gewesen wäre, für die nächsten Hundert Jahre eine Hilfskraft anzustellen, die jeden Behinderten durchs ganze Gebäude bringt).
Den gleichen kostentreibenden Effekt hat der Zwang zur Gebäudedämmung. Denn mittlerweile stellt sich heraus, dass die versprochene Verbesserung der Energiebilanz niemals eintritt. Das wagen nun sowohl rote Wohnbau-Genossenschafter in Wien wie auch blaue Landesräte in Oberösterreich kritisch zu beklagen. Thermische Sanierungen bringen zwar dem Baugewerbe hohe Umsätze, dem Nutzer aber nicht die gewünschten und kalkulierten Verbesserungen. Viele – teure – Einsparungs-Versprechungen erweisen sich als falsch. Etwa weil übersehen wurde, dass die Mauerdämmung die Aufnahme der auch im Winter des öfteren scheinenden Sonne verhindert (die in der kalten Jahreszeit auch in viel flacherem Winkel und daher wirksamer einstrahlt).
Sind diese Energieeinsparungs-Ankündigungen deshalb falsch gewesen, weil sich die Techniker geirrt haben? Oder sind solche Studien von der interessierten Bau- und Dämmstoffindustrie forciert worden? Das wird sich wohl nur schwer klären lassen.
Tatsache ist, dass die Politik – von der EU bis zu den Bundesländern – durch gut gemeinte Regelungen Schaden anrichtet und zugleich die angestrebten Ziele verfehlt. Das Schlimme: Gesetzgeber sind unglaublich träge, wenn sie Fehler eingestehen und Vorschriften wieder abschaffen müssten.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der Freispruch für die zwei kroatischen Generäle Gotovina und Markac durch den Internationalen Strafgerichtshof ist ein erstaunlich bahnbrechendes Urteil.
Denn damit ist weit über das persönliche Schicksal der beiden hinaus auch in einer Epoche der naiven und sich unter Juristen immer mehr verbreitenden politischen Korrektheit klargestellt: Ein Staat hat immer noch das volle Recht, sich gegen Angreifer, Revolutionäre und Insurgenten zu verteidigen. Damit ist zugleich auch klargestellt, dass keineswegs Serben und Kroaten (sowie Slowenen und Bosnier) in gleicher Weise schuld am jugoslawischen Bürgerkrieg wären, wie das linke Historiker und Pazifisten nun darzustellen versuchen.
Der außenpolitische Sprecher der SPÖ hat damals in einem Hintergrundgespräch mit dem amerikanischen Balkan-Sonderbeauftragten Richard Holbrooke, bei dem ich anwesend war, sogar wider alle Fakten die Kroaten als Hauptschuldige bezeichnet. Was empörend war – und besonders infam, weil es unter dem Schutz der Vertraulichkeit erfolgte.
Erste Konklusion: Keineswegs immer, aber manchesmal eben doch hat der Blick der Geschichte auch etwas mit der Wahrheit und den wirklichen Fakten zu tun.
Zweite Konklusion: Zweifellos hat aber auch das viel kooperativere internationale Verhalten der Kroaten seit dem Krieg die Serben in ein schlechtes Licht gerückt. Das serbische „Alleine gegen die ganze Welt“ ist halt nicht unbedingt eine weise Politik.
PS.: Peter Schieder hat übrigens noch viele weitere Verdienste: Er hat heldenhaft den Kampf des Europarates gegen undemokratische Umtriebe in Liechtenstein angeführt. Und er ist zum großen Helden der schwul-lesbischen Lobby geworden.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Wenn jemand - noch dazu ein Land mit einem ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex - die Vetokeule schwingt, kommt das gut bei den Massen an. Da setzt die Ratio aus und der Applaus ist denen sicher, die kräftig ausholen wollen. Wenn das Ganze dann noch mit den üblichen Ressentiments gegen "die da oben" in Brüssel argumentiert wird, ist der populistische Reflex gründlich bedient. Was kommt schon besser an und lenkt perfekter vom Schlamassel an der Heimatfront ab, als der Verweis auf die anderen?
Daher ist es nicht sonderlich verwunderlich, dass auch hierzulande die Drohung überaus beliebt ist, Österreich werde gegen das EU-Budget sein Veto einlegen. Allen voran kommt sie von Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger. Als Vorbild wird da offenbar der Schlachtruf der britischen Lady Margaret Thatcher genommen, die vor vielen Jahren lautstark "Geld zurück" rief. So haben die Briten 1984 von der EU einen Rabatt bekommen, weil sie damals noch verhältnismäßig wenig von den Agrarsubventionen profitierten. In der Folge wurde Österreich, Deutschland, den Niederlanden und Schweden ebenfalls ein Nachlass gewährt. Sie müssen seit 1999 nur noch ein Viertel der Ausgleichszahlungen leisten. Dieser droht nun wegzufallen. Das ist der wahre Hintergrund für den derzeitigen Aufschrei.
Natürlich wissen alle, die jetzt so laut schreien, dass die Übersubvention der Landwirtschaft ein Unfug ist, und in Brüssel haben sie das bei den Vorverhandlungen zum neuen Finanzrahmen eingesehen. In Wien aber schaut die Welt jedoch anders als in Brüssel aus und Politiker aller Richtungen üben sich gern in der Kunst der Rede mit gespaltener Zunge. Sie kritisieren oft unmittelbar nach der Rückkehr in ihre Hauptstädte jene Dinge, denen sie auf EU-Ebene zugestimmt haben. Diese schizophrene Politik kann auf Dauer nicht funktionieren - weder in Brüssel noch in Wien.
Andreas Unterberger
In Europa ist der Kampf jeder gegen jeden ausgebrochen. Wenn alle fünf Jahre die großen Budgetweichen gestellt werden, geht es um viel Geld. Daher drohen auch etliche EU-Länder mit dem Veto. Wer von vornherein knieweich in die Arena geht, hat schon verloren. So ist es nicht nur verständlich, sondern auch richtig und notwendig, dass auch Österreich mit dem Veto droht. Freilich tut es das ohnedies nach der deutlich erkennbaren Methode: "Wollen tät ich ja gern, aber trauen tu ich mich nicht wirklich." Daher wird im Gegensatz zur britischen Vetodrohung die österreichische nicht sehr ernst genommen.
Noch dazu ist sie mit einem inneren Widerspruch versehen: Einerseits will die Wiener Regierung möglichst wenig - zusätzlich - zahlen, andererseits kämpft man um ein weiterhin saftiges Agrarbudget und um EU-Gelder für die großen Verkehrsprojekte. Insbesondere das überaus zweifelhafte Megaprojekt des Brenner-Basistunnels ist gegenüber den Steuerzahlern immer mit dem Argument verharmlost worden, das würde ohnedies zum Gutteil die EU zahlen.
Unabhängig von der österreichischen Schizophrenie sollte jedenfalls klar sein: In der EU müsste endlich viel mehr auf Sparsamkeit geschaut werden, auch wenn das weder die ausgabenwütigen EU-Abgeordneten noch die hochbezahlte Brüsseler Bürokratie gern hören.
Schließlich stöhnen fast alle Mitgliedsländer selbst unter schweren Sparlasten. Schließlich häufen sich die Beweise für betrügerischen und verschwenderischen Umgang mit EU-Geldern. Schließlich produziert Brüssel in seiner Regulierungswut immer mehr Richtlinien, die für das gute Funktionieren eines Binnenmarktes völlig überflüssig, ja sogar schädlich sind.
Schließlich wird im EU-System sinnlos Geld für Prestigeprojekte einzelner Länder hinausgeworfen, wie etwa den obligatorischen Wanderzirkus des Parlaments.
2012 | 2013 | |
Oberste Organe | 249 | 216 |
Bundeskanzleramt | 344 | 343 |
Inneres gesamt | 2.470 | 2.505 |
Äußeres | 423 | 403 |
Justiz | 1.186 | 1.289 |
Verteidigung, Sport | 2.232 | 2.149 |
Finanzverwaltung | 1.219 | 1.194 |
Arbeit | 6.191 | 6.406 |
Soziales, Konsumenten | 3.005 | 2.901 |
Sozialversicherung | 10.024 | 9.966 |
Pensionen | 9.017 | 8.694 |
Gesundheit | 928 | 926 |
Familie & Jugend | 6.406 | 6.566 |
Unterricht & Kultur | 8.317 | 8.503 |
Wissenschaft | 3.848 | 4.022 |
Verkehr/Innovation (Forschung) | 482 | 406 |
Wirtschaft | 446 | 421 |
Verkehr, Innovation, Technologie | 2.971 | 2.914 |
Landwirtschaft | 2.145 | 2.094 |
Umwelt | 1.008 | 658 |
Zinsen | 7.947 | 6.508 |
Gesamt | 76.480 | 75.013 |
Quelle: BMF
Hurra. Europa kann aufatmen. Die EU-Kommission hat es geschafft. Die Quotenrichtlinie kommt. Und wenn das nicht reichen sollte, um alle Europäer in Jubelstimmung zu versetzen, dann sollten diese hören, was ihnen ausgerechnet der kolumbianische Staatspräsident zu sagen hat.
Juan Manuel Santos hat nämlich feierlich versprochen, Europa bei der Überwindung seiner Wirtschaftsprobleme zu helfen. Kein Scherz. Das einstige Krisenland Kolumbien ist dazu sogar – in Maßen – imstande: Es steht nämlich heute durch einen betont marktwirtschaftlichen Kurs viel besser da als noch vor einem Jahrzehnt.
Während Kolumbien weitgehend auf die Knebelung der Wirtschaft durch sozial- und wohlfahrtsstaatliche Abenteuer verzichtet, stürzt die EU-Kommission Europa in ein weiteres Abenteuer dieser Art: Künftig soll es bei börsennotierten Aktiengesellschaft sowohl bei Aufsichtsräten wie auch bei nicht geschäftsführenden Direktoren einen gesetzlichen Zwang zu einer 40prozentigen Frauenquote geben.
Da kann man ja noch froh sein, dass der Quotenzwang nicht auch auf die geschäftsführenden Direktoren ausgedehnt wird. Freilich zeigt diese erstaunliche Einschränkung besonders deutlich, worum es der Viviane Reding geht. Die ehemalige Journalistin hat sich gezielt jene Jobs für die Frauen ausgesucht, wo nur die Bezahlung, aber nicht die Verantwortung wirklich groß ist. Offenbar hält sie – ebenso wie die Mehrheit der anderen Kommissare – die Frauen für andere Spitzenjobs noch nicht so geeignet. (Reding hat übrigens früher für jene Luxemburger Zeitung gearbeitet, für die ich Anfang der 90er Jahre aus Österreich berichtete. Aber das nur am Rande.)
Jedenfalls wird diese Richtlinie – sofern sie angenommen wird – Investitionen von den europäischen Börsen abziehen. So ist es ja auch in Norwegen passiert, wo es die Frauenquote für bestimmte Aktiengesellschaften schon länger gibt. Und wo es den betroffenen Firmen nach einer amerikanischen Studie signifikant schlechter geht als den nicht betroffenen. Das gilt sowohl in Hinblick auf die Bilanzen wie auch die Börsenkurse.
Zum Glück stehen die Chancen für eine Annahme der Reding-Visionen nicht allzu gut. Vor allem Angela Merkel hat sofort kritisch reagiert. Schließlich will sie demnächst Wahlen gewinnen. Ob das auch die ÖVP will, muss man noch abwarten. Denn dort hat es in den ersten Stunden wieder einmal sowohl positive (=negative) wie auch negative (=positive) Reaktionen gegeben. Und einen schweigenden Parteiobmann.
PS.: Auch die europäische Statistik von Frauen als Vorstandsvorsitzende spricht die gleiche Sprache (wenngleich es bei der Reding-Richtlinie nicht um diese Funktionen geht). Da gibt es in Österreich und Deutschland, also in zwei nicht ganz erfolglosen EU-Ländern, derzeit keine einzige weibliche Vorsitzende. Zu den Ländern mit dem höchsten Anteil von weiblichen Vorstandschefs gehören Rumänien, die Slowakei, Litauen und Bulgarien. Wenn das kein zwingender Beweis ist . . .
SVB: Sozialversicherung der Bauern
SVA: Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft
Quelle: Hauptverband der Sozialversicherungsträger 2012
Es war noch nie leicht, ein Mann zu sein. Männer sind das „extreme Geschlecht": Sie überwiegen an der Spitze der Gesellschaft ebenso wie am unteren Ende. Ihre geringere Lebenserwartung zeugt von härteren Lebensumständen, ebenso wie z.B. die Selbstmordzahlen.
Die Statistik Austria hat für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt von 78,1 Jahren (Buben) und 83,4 Jahren (Mädchen) errechnet. Ab heuer werden Männer nicht nur in der staatlichen Altersvorsorge, sondern auch in der privaten Versicherung durch die „Unisex"-Tarife objektiv nachrechenbar benachteiligt.
Da aber der unselige Spruch „Ein Indianer kennt keinen Schmerz" noch immer in den Köpfen verankert scheint, werden Männer nicht entlastet, sondern im Gegenteil als permanente Mängelwesen hingestellt, die immer mehr Aufgaben übernehmen sollen. Männerforscher Walter Hollstein befindet, dass eine Vielzahl widersprüchlicher Erwartungen der Gesellschaft die bereits im Schulwesen oft benachteiligten Buben höchst verwirrt, was zu steigenden Zukunftsängsten führt.
Die EU-Kommission hat anscheinend nur Frauen im Blickfeld, zum Beispiel mit der auf drei Jahre angelegten EU-Kampagne „Wissenschaft ist Mädchensache". Infrastrukturministerin Doris Bures beeilte sich, die Unterstützung der Bundesregierung zu erklären und verwies auf diverse „Genderkriterien", z.B. für Projektförderungen.
Während Politikerinnen Frauenpolitik machen – ein Musterbeispiel ist EU-Kommissarin Viviane Reding, die gerade dabei ist, eine 40-prozentige Frauenquote in den Aufsichtsräten europäischer börsennotierter Unternehmen verpflichtend bis 2020 durchzudrücken – ist die Solidarität etablierter Politiker mit benachteiligten Männern selten anzutreffen. Österreichische Männer sind beispielsweise in den Bereichen ungleiches Pensionsantrittsalter, Wehrpflicht und Obsorge stärker benachteiligt als in Deutschland.
Viktor Pölzl ist Obmann des Vereins Freimann, der sich für Gleichberechtigung auch für Männer einsetzt.
www.freimann.at
Kritik an der Demokratie zu üben ist unserer Tage ein gefährliches Unterfangen. Wer nicht für die Demokratie ist, der befürwortet die Diktatur, so die platte Sicht der über die Deutungshoheit gebietenden Systemapologeten. Etwas uneingeschränkt Gutes, zu dem es weit und breit keine Alternative zu geben scheint, zu hinterfragen, verwirklicht den Tatbestand der Blasphemie und disqualifiziert jeden Kritiker auf der Stelle. Eine Buchempfehlung.
Die beiden Autoren, der Journalist Carel Beckmann und der Vorsitzende der holländischen „Stiftung für mehr Freiheit“, Frank Karsten, fassen den Inhalt ihres Buches im Untertitel kurz und bündig zusammen: „Warum uns das demokratische Prinzip in die Sackgasse führt“. Anliegen der Autoren ist es, das Wesen der Demokratie als das einer „säkularen Religion“ zu entlarven und zu diesem Zwecke mit systemrelevanten „13 Mythen“ aufzuräumen.
Wie viele „Radikalliberale“ auch, betrachten die Autoren die Demokratie als „kollektivistisches System“, als „Sozialismus durch die Hintertür“. Und in der Tat: Dass Demokratie, deren zentrales Mantra „Mitbestimmung“ lautet, mit Freiheit und Selbstbestimmung wenig zu tun hat, liegt auf der Hand, sobald klar wird, was die „Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie“ in der Praxis bedeutet: Die totale Unterwerfung jedes, auch des intimsten, Lebensbereiches unter den Willen des ebenso allwissenden wie allmächtigen Kollektivs und/oder dessen Agenten.
In unterhaltsamer Form zerpflücken Karsten und Beckmann die Glaubenssätze des demokratischen Systems. Der „jede Stimme zählt“-Mythos etwa, wird als Manifestation des „Stockholm-Syndroms“ erkannt. Der in Wahrheit ohnmächtige Wähler wird von der herrschenden Nomenklatura in der Illusion gewiegt, er könne mit seiner Teilnahme am Wahlritual tatsächlich etwas bewegen. So kollaboriert er mit seinen natürlichen Widersachern und Ausbeutern und lernt diese am Ende sogar noch zu lieben…
Der „in einer Demokratie herrscht das Volk“-Mythos wäre durch nichts nachhaltiger zu entzaubern gewesen als durch den seit Jahren aufgeführten Eiertanz um Griechenland und Eurorettung. Obwohl klare Wählermehrheiten in Deutschland und Österreich die einschlägige Politik der EU ablehnen, wird diese von den Regierungen beider Länder nach Kräften unterstützt. „Volksherrschaft“ sieht anders aus.
Das Mehrheitsprinzip (das den „Willen von 51 Prozent“ automatisch in Recht transformiert) wird so erläutert: „In der Demokratie werden moralische Erwägungen durch den Willen der Mehrheit übertrumpft (…) Die Anzahl der Menschen, die etwas wollen, setzt Erwägungen der Moral und der Rationalität außer Kraft.“ Die Erwartung, auf Kosten anderer einen Vorteil aus der Wahl einer bestimmten politischen Partei zu ziehen, ist das stärkste Motiv der meisten Wähler.
Der Mythos, wonach Demokratie zu Wohlstand führt, wurde durch Beispiele wie China und Singapur massiv beschädigt. Nirgendwo auf der Welt war – in Abwesenheit demokratischer Rechte – jemals eine dramatischere Steigerung des Lebensstandards zu verzeichnen als ebendort. Die These der Autoren, wonach sich die Bürger westlicher Länder trotz – und nicht wegen – der Demokratie großen Wohlstands erfreuen, hat daher einiges für sich.
Die Behauptung, wonach es zur Demokratie keine (bessere) Alternative gebe, wird als „Mythos 13“ abgehandelt. Auf den Punkt gebracht: „Die Alternative zum demokratischen Kauf eines Autos ist nicht ein Diktator, der das Auto für sie kauft, sondern Sie, der sie das Auto für sich kaufen.“ Oder, grundsätzlicher formuliert: Selbstbestimmung ist die Alternative zur (Illusion von) demokratischer Mitbestimmung.
Dass demokratische Systeme eine inhärente Neigung zur Zentralisierung aufweisen, ist evident. Die einst föderativ und dezentral organisierten USA sind zu einem von Washington aus dirigiertem Moloch geworden. Auf demselben Weg befindet sich die EU. Insbesondere linke Politiker machen keinerlei Hehl aus ihrem Wunsch zur Errichtung von zentral geführten „Vereinigten Staaten von Europa“. Dass dieser Prozess mit einer uferlosen Machtakkumulation in der Brüsseler Zentrale und mit einer weiteren Entrechtung der Bürger einhergehen muss, ist offensichtlich. Folgerichtig nehmen die Vorstellungen von Carsten und Beckmann eher am Bespiel der dezentral verfassten Schweiz Maß.
Nach der herben Kritik am Status quo wird am Ende des Buches die freie Privatrechtsgesellschaft als Alternative vorgestellt, die sich am organisatorischen Vorbild des Internets orientiert. Das „Credo“ dieser Gesellschaft lautet, sie sollte „auf Verträge gegründet sein, in denen Rechte respektiert werden und alle Parteien wissen, woran sie sind.“
Der Weg dahin soll auf pragmatische Weise beschritten werden. Kein gewaltsamer Umsturz, sondern der systematische Rückbau des Staates ist das Ziel. Die meisten der von ihm angeeigneten Aufgaben können – mit Gewinn für alle (außer die Monopolrentner) – mit kurzen Übergangsfristen in Privathände übergeben werden. Der Umstand, dass der Staat etwa Bildung, Gesundheitswesen, Landwirtschaft, usw. seiner totalen Kontrolle unterworfen hat, liefert ja in jedem diese Fälle die Ursache für Misswirtschaft, Fehlfunktionen, Korruption und Geldverschwendung.
Die im Realsozialismus unserer Tage verpönte „Diskriminierung“ wäre in einer Privatrechtsgesellschaft das selbstverständliche Recht jedes einzelnen. Das Prinzip der Freiheit bedeutet nämlich, dass jedermann seine Vertragpartner frei wählen kann und folglich kein Vertrag ohne Willensübereinkunft zustande kommt. Kontrahierungszwang ist der Privatrechtsgesellschaft unbekannt…
Leser, die mit der Theorie der „Österreichischen Schule“ vertraut sind, werden in dem Buch wenig Neues finden. Allen anderen dagegen werden darin erfrischende, bisweilen auch verstörende, Denkanstöße geboten.
Wenn die Demokratie zusammenbricht
Frank Carsten, Karel Beckmann
Finanzbuchverlag 2012
189 Seiten, broschiert
ISBN978-3-89879-712-2
€ 14,99,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die durch das hier behandelte Thema ausgelöste Diskussion war beeindruckend; sowohl in der Breite als auch in der Tiefe. Im Weiteren soll jedoch wieder zum „Auslöser“ zurückgefunden werden: Am 20. Jänner wird eine einschlägige Volksbefragung durchgeführt werden. Diese wurde in einen nunmehr nicht nur parteitaktisch hohen Stellenwert hineinmanövriert und könnte in einer wesentlichen Weichenstellung enden.
Wird Österreich danach noch ein Heer haben, das den Namen verdient – oder zumindest das Potential bewahren, ein derartiges nach den politischen Eingriffen der letzten Jahre wieder aufzubauen – oder wird es zu einem Erinnerungsposten beispielsweise im Innenministerium? Weiters – wie sind die funktionalen Auswirkungen auf den Regelkreis Pflicht/Freiwilligkeit; sägen wir vielleicht den Ast ab, auf dem wir sitzen – oder nicht?
Damit zu den angesprochenen grundsätzlichen Themen: Ob es sich um Zwangs- respektive Sklavendienst oder Dienst an der Gesellschaft handelt, unterliegt wohl der weltanschaulichen Sicht des Einzelnen.
Zur Dienstpflicht auch für Frauen: Was auch immer dafür oder dagegen sprechen möge – es entspricht nicht der derzeitigen Linie in der Europäischen Union und steht in 10 Wochen nicht zur Diskussion.
Anzumerken wäre, dass die allgemeine Wehrpflicht für Männer in Österreich in einem Verfassungsgesetz verankert ist, ebenso ein Wehrersatzdienst aus Gewissengründen. Warum er Zivildienst genannt wird, bedarf wohl kaum einer Erläuterung, wohl aber sei erwähnt, dass die Regelung selbst der Menschenrechtskonvention und damit der EU-Verfassung entspricht und rechtlich nicht als Zwangsarbeit angesehen wird.
Dazu ein kurzer Exkurs: Verfassungsgesetze haben in einer gelebten Demokratie die Funktion eines Stabilisators, um nicht Zeitströmungen zu sehr ausgesetzt zu sein; ein lockerer Umgang mit der Verfassung wäre ein Alarmsignal, das sich verstärkt, wenn Derartiges nicht als beunruhigend empfunden wird.
Es gibt objektivierbare Kriterien, die eher für die Einführung eines Berufsheeres sprechen: Dazu zählen die Größe des Landes, niedriges Einkommen, hohe Arbeitslosigkeit, besonders bei der Jugend, sowie Bündniszugehörigkeit – pro Wehrpflicht wären die Umkehrkriterien anzuführen. Entscheidend sind noch die gesetzten Anreize wie deutliche Erhöhung des Wehretats, hohe Bezahlung und eine Jobgarantie „danach“. Mit diesen Kriterien kann sich jeder selbst ein zweckmäßiges Ergebnis ausrechnen.
Zur Umstellung liegen ausländische Erfahrungswerte vor: Frankreich und Italien haben Anreizsysteme eingesetzt und sind relativ erfolgreich. Viele der „Umgestellten“, meist in unserer Größenordnung, würden jedoch das Rad gerne zurückdrehen, was nicht möglich ist, oder fordern zumindest signifikant mehr Budgetmittel, was meist versagt bleibt. Ersteres gilt für die Betroffenen, Zweiteres auch für die Verantwortlichen an der Spitze, ausgenommen Österreich. Eine Anmerkung zu „klein aber fein“ sei gestattet: Der unterbezahlte, hochmotivierte Vollprofi hat sich in keinem der Erfolgsmodelle gefunden. Dazu eine Frage an den gelernten Österreicher: Werden wir gegebenenfalls Soldaten haben, die mehr verdienen als Polizisten?
Für Österreich gibt es zwei signifikante Beispiele, zunächst das negative: Ein in der Größe mit Österreich vergleichbares EU/NATO-Land (Belgien) hat 1995 eine Umstellung mit drei Auflagen eingeleitet: Erstens keine Budgetaufstockung, zweitens keine Entlassungen und drittens Aussetzung der Wehrpflicht. Das entspricht in etwa einer realistischen Ausgangslage in Österreich. Mitlerweile ist der militärische Kompetenzverlust in diesem Land als enorm zu bezeichnen, eine Rekonstruktionsfähigkeit muss angezweifelt werden.
Das positive Beispiel ist Dänemark, das die Wehrpflicht beibehält, intelligent anwendet und damit neben den Kampfaufgaben Katastrophen- und Objektschutzaufgaben optimal erfüllen kann. Das vom österreichischen Generalstabschef genannte Mischsystem kommt diesem nahe. Im Übrigen kann man ihm wohl kaum mangelnde Zivilcourage nachsagen.
Hier sei auf die wohl bekannte, aber trotzdem wenig beachtete Weisheit verwiesen: Wer nicht aus den Fehlern (auch der anderen) lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen.
Die in Beiträgen aufgelisteten Pro- und Kontraargumente mit einem Schwergewicht Ökonomie sind ein Ansatz zu einem objektivierenden Benchmarking; dazu zählen zum Beispiel auch die Themen Kommunikation und damit Integration; nicht nur von Migranten, sondern auch zwischen den Gesellschaftschichten.
Zusammenfassend sei angemerkt, dass Diskussionen, geführt im eigentlichen Sinne des Wortes, für alle gewinnbringend sein können; je weniger Polemik und je mehr Sachlichkeit, desto erfolgversprechender. Es sollte daher in den Beiträgen nicht um ein „Bekehren“, sondern um Denkanstöße – in beide Richtungen – gehen.
Ernüchternd ist festzuhalten, dass mit einem allfälligen Ende der Dienstpflicht voraussichtlich auch das Ende eines Heeres, das den Namen verdient, eingeläutet würde. Der Prozess dürfte auch bei Erfolglosigkeit irreversibel sein; ein Zurück von einem allfälligen ausschließlich auf Arbeitnehmern basierenden „Sicherheitsmodell“ unter Verzicht auf eine Dienstpflicht ist faktisch nicht möglich. Kollateralschäden im Sozialgefüge sind zu erwarten; in manchen Ihrer Beiträge wurde darauf eingegangen.
Ein Beibehalten von Wehr- und damit Dienstpflicht eröffnet zumindest die Chance, effizienzminimierende Eingriffe der letzten Jahre, wie beispielsweise die Aussetzung der Truppenübung anstelle ihrer Optimierung, zu korrigieren; die Wehrpflicht als Ganzes – siehe Dänemark – wäre neu zu konzipieren.
Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.
Deutschland und Österreich sonnen sich. Sie haben derzeit relativ hohe Steuereinnahmen, relativ niedrige Arbeitslosenzahlen und eine Staatsverschuldung, die deutlich unter der griechischen oder italienischen liegt. Freilich: Die über 70 Prozent Staatsschulden im Falle Österreichs und die über 80 Prozent im Falle Deutschlands liegen immer noch weit über der in den 90er Jahren beschworenen Maastricht-Grenze von 60 Prozent. Doch das ist der geringste Teil ihrer Probleme.
Denn auch diesen beiden Staaten steht das nächste tiefe Konjunkturtal bevor. Denn und vor allem: Die offiziellen Schuldenquoten stimmen überhaupt nicht. Deren Wert ist in Wahrheit viel höher. Dazu tragen vor allem zwei Phänomene bei.
Das erste ist die gewaltige Bedrohung auch scheinbar stabiler Staaten durch die falschen Reaktionen in der europäische Schuldenkrise. Deren Auswirkungen sind nämlich derzeit nur zum kleinsten Teil schon in den offiziellen Staatsschuldenquote berücksichtigt. Dort wo man zur vermeintlichen Rettung von Griechenland&Co vorerst „nur“ Haftungen eingegangen ist, sind diese noch keineswegs darin enthalten.
Insbesondere fehlen die Haftungen jedes Euro-Staates für die Geschäfte der EZB. Von dieser fließen nämlich über die sogenannte Target-2-Schiene fast unkontrolliert Gelder in die Schuldenstaaten. Diese Schiene war zwar eigentlich nur zum technischen Ausgleich von täglichen Schwankungen der wechselseitigen Forderungen und Zahlungsströme zwischen den Nationalbanken in so großzügiger Weise gelegt worden.
Sie wird aber längst zur ständigen Finanzierung des krachenden griechischen Bankensystems verwendet. Zumindest ein wichtiger Teil der unabhängigen Finanzwissenschaftler sieht das als sehr bedrohlich an, auch wenn offizielle Stellen beschwichtigen. Alleine bei Target 2 geht es jedenfalls um Größenordnungen, die jene der vieldiskutierten Hilfsplattformen EFSF und ESM in den Schatten stellen.
Noch dramatischer ist der Zustand des Pensionssystems der einzelnen Staaten. Diese haben darin zum Teil sehr großzügige Zusagen für die Zukunft gemacht. Sie haben aber kein Geld dafür bereitgestellt. Sie haben jahrzehntelang zwar die Beiträge für die künftigen Leistungen kassiert, stehen aber ausgerechnet jetzt, da die Babyboomer-Generation ins Pensionssystem wechselt und da die Arbeitskräfte knapp werden – zumindest die qualifizierten –, mit leeren Kassen und den höchsten Schulden der Nachkriegszeit da. Zu den explodierenden Pensionslasten der Zukunft kommt auch noch die zusätzliche und ebenfalls durch nichts gedeckte Belastung des Gesundheits- und Pflegesystems, wenn die Bevölkerung rasch altert.
Dass diese Pensions-Zusagen nichts anderes als Staatsschulden sind, sieht man im Vergleich zu jenen Staaten, die die Pensionsverpflichtungen ausgelagert haben. Die ausgelagerten Pensionskassen müssen naturgemäß zur Absicherung ihrer Versprechungen für spätere Pensionskassen Geld ansammeln, sie tun dies meistens in Form von Anleihen oder auch Aktien. Wenn eine Pensions-Zusage durch ein normales Unternehmen erfolgt, dann muss dieses Unternehmen dafür Rückstellungen bilden, die das Eigenkapital belasten. Das schmälert den Gewinn oder erhöht unmittelbar den Verlust. Daher kann man aus den Bilanzen sofort erkennen, wenn allzu leichtfertige Zusagen gemacht werden. Weil dann eben immer mehr Geld als Rücklage zurückgelegt werden muss.
Die deutsche „Stiftung Marktwirtschaft“ hat mit Hilfe von Zahlen der EU-Kommission diese Verpflichtungen, die man auch „implizite Staatsschuld“ nennt, für zwölf Euro-Länder zu berechnen versucht. Sie ist dabei für Österreich auf den kaum noch vorstellbaren Wert von 226 Prozent des BIP, also der gesamten Wertschöpfung eines Jahres gekommen. Dieser Wert kommt wohlgemerkt noch zur offiziell berechneten und eingestandenen Staatsschuld hinzu, woraus sich dann eine Gesamtlücke von rund 300 Prozent ergibt.
Diese kann naturgemäß nur noch mit einer Fülle von drastischen Maßnahmen geschlossen werden, wenn der Staatsbankrott verhindert werden soll (denn Hilfszahlungen aus Griechenland oder Spanien scheinen eher unwahrscheinlich): Notwendig sind also massive Erhöhungen des Pensionsantrittsalters, Pensionskürzungen, Beitragserhöhungen, andere Abgabenerhöhungen und Einschränkungen der Staatsausgaben auf ganzer Linie. Nirgendwo aber werden diese Maßnahmen auch nur in voller Dimension diskutiert.
Deutschland steht ein wenig besser da. Hat das Land doch sein Pensionssystem insbesondere durch eine beschlossene Erhöhung des Antrittsalters schon signifikant verschlechtert – in Wahrheit natürlich: verbessert. Dort beträgt das implizite Defizit „nur“ rund 110 Prozent. Die Gesamtlücke ist damit kleiner als 200 Prozent. Was freilich ebenfalls noch immer einen heftigen weiteren Reformbedarf bedeutet.
Unter den untersuchten zwölf Ländern stehen aber dennoch nur zwei besser als Deutschland da. Fast sensationell ist, welches Land zumindest nach dieser Studie an der – positiven – Spitze steht: Es ist Italien, das zwar unter der nach Griechenland höchsten offizielle Staatsschuld laboriert, aber laut dieser Studie die weitaus geringste implizite Staatsschuld hat, nämlich nur 28 Prozent des BIP. Dabei wurde in dieser Studie noch gar nicht der jüngste Anlauf der Regierung Monti zu einer weiteren Pensionsreform berücksichtigt. Das lässt vermuten, dass Italien vielleicht zu Unrecht ins schiefe Licht der Märkte gekommen ist. Seine Nachhaltigkeitslücke wird jedenfalls mit bloßen 146 Prozent angegeben.
Dieser Wert verschwindet im Vergleich zu den Zahlen am anderen Ende der Liste. Am übelsten steht derzeit Irland mit einer Nachhaltigkeitslücke (diese ist die Summe aus expliziter und impliziter Staatsschuld) von fast 1500 Prozent des jährlichen BIP da. An zweitschlechtester Stelle steht ein Überraschungskandidat: nämlich Luxemburg. Das von einer großen Koalition aus linken Christdemokraten und Sozialisten geführte Land weist zwar eine extrem kleine explizite Staatsschuld von 19 Prozent aus. Die gesamte Lücke beträgt jedoch 1115 Prozent.
An dritter Stelle – wieder viel weniger überraschend – findet sich Griechenland mit ebenfalls über 1000 Prozentpunkten. Alle anderen untersuchten Staaten haben Lücken, die kleiner sind als 600 Prozent.
Nun ist klar: Die implizite Staatsschuld lässt sich leichter verändern als die explizite. Kaum werden ein paar Schrauben vor allem im Pensionssystem kräftig gedreht, kann sie sich kräftig verändern. Jedoch wird das politisch immer schwieriger: Denn die Zahl der Pensionisten steigt in allen Ländern kräftig an, so dass Einschnitte in die Pensionen für die jeweils verantwortlichen Parteien katastrophale Rückschläge am Wahltag auslösen würden. Umgekehrt ist eine drastische zusätzliche Belastung der Arbeitseinkommen wirtschaftlich schwer selbstbeschädigend. Denn dadurch vertreibt man besonders die qualifizierten Arbeitskräfte aus dem Land.
Daher bleibt die politisch am leichtesten bedienbare Stellschraube zweifellos jene des Pensionsantrittsalters. Dessen Veränderung kostet keinem Pensionisten etwas. Sie entspricht auch der rasch steigenden Lebenserwartung. Und sie löst auch keinen wirtschaftlichen Schaden aus.
Dennoch verteidigen wichtige politische Gruppen etwa in Österreich das noch auf Jahrzehnte niedrigere Frauenpensionsalter und die sogenannte Hacklerregelung mit Zähnen und Klauen. Dennoch wollen in Deutschland die großen Parteien die Sozialleistungen erhöhen: durch niedrigere Beiträge, durch höhere Mindestpensionen oder durch bessere Familienleistungen. Sie wollen die gegenwärtig noch kräftig sprudelnden Steuereinnahmen gleich wieder verputzen und ignorieren alle Zahlen, die schon für 2015 eine dramatisch schlechtere Situation ankündigen.
Man kann es auch so formulieren: Was halten wir von einem Kaufmann, der der Bank zwei Drittel seiner Schulden verschweigt, sich aber Geld für ein neues Luxusauto ausborgt? Wohl jedem fällt da der Ruf nach dem Strafrichter ein.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Rasche Hilfe hilft doppelt. Besonders wenn es sich um derartig schwere Verwüstungen handelt, wie sie in den letzten Tagen durch die Starkregenfälle über Teile Kärntens hereinbrachen. Dass da versucht wurde, Kadersoldaten für den Bundesheereinsatz zu organisieren, weil man die vorhandenen, bereits gut ausgebildeten Rekruten nicht helfen lassen wollte, ist ein Skandal. Wer den Ausgang des Volksentscheids im Jänner zum Thema Wehrpflicht auf Kosten in Not geratener Bürger beeinflussen will, gehört schleunigst aus dem Amt entfernt.
Die Herrschaften vom Kommando des 7. Jägerbataillons, die mit ihrer erfolglosen Suche nach den ihnen genehmen Helfern scheiterten, haben die Maßnahmen verzögert. Sie gehören ersetzt. Hier braucht es ein Exempel. Denn bis zum 20. Jänner können noch viele Österreicher und auch viele Touristen auf die rasche und effiziente Katastrophenhilfe des Bundesheeres angewiesen sein. Jetzt im November sind es Starkregen, die Überschwemmungen, Schlammlawinen und Murenabgänge auslösen. Bis zur Volksbefragung könnten Lawinen zu tragischen Situationen führen.
Und wenn sich dann jedes Mal ein Militärkommando überlegt, ob es Rekruten einsetzt, was womöglich die Sympathie der Bevölkerung zur Wehrpflicht hebt, oder Kaderpersonal für die entgegengesetzte Wirkung, dann ist von Professionalität und dem beeideten Dienst am Land und seinen Menschen nichts mehr übrig. Dann wird Politkalkül auf Kosten von Menschen betrieben.
Der Verteidigungsminister kann sich da nicht länger auf ein augenzwinkerndes „Ich habe von nichts gewusst“ zurückziehen. Da ist Gefahr im Verzug. Es wäre seine Ministerverantwortung durchzugreifen. Dann wären die Herren, bevor sie ihrer Sterne verlustig gehen, vielleicht auch bereit zuzugeben, ob sie aus Eigenem, aus vorauseilendem oder aus angeordnetem Gehorsam zu Darabos die Verzögerung verursacht haben.
Es hat in Österreich schon einmal die Situation gegeben, dass die Gesundheit der Bevölkerung aus Parteitaktik aufs Spiel gesetzt wurde. Als 1986 das Atomkraftwerk Tschernobyl explodierte, wurden die im Ministerium vorhandenen Katastrophenwarnungen von Gesundheitsminister Franz Kreuzer nicht veröffentlicht: Das hätte nämlich den Aufmarsch zum 1. Mai und die Schlussveranstaltung des damaligen sozialistischen Präsidentschaftskandidaten vermasselt. Hunderttausende wurden damals unwissend der unsichtbaren Gefahr ausgesetzt.
Soll da jetzt wieder mit Sicherheit und Gesundheit der Menschen gespielt werden, damit ein erwünschtes Abstimmungsergebnis erzielt wird? Das Wetter und seine Kapriolen werden sich jedenfalls nicht nach unseren Volksbefragungsterminen richten.
Nach der Einführung des aufwendigen und sinnlosen Genderns jeder einzelnen Budgetausgabe hat die Bürokratieerzeugungs-Maschine der Koalition eine weitere Absurdität erfunden: das Auflisten von „Wirkungszielen“. Beides lässt den Steuerzahler nur noch den Kopf schütteln.
Die "Wirkungsziele" klingen aufs erste sinnvoller als das Gendern, also die jeweilige Berechnung bei jedem Ausgabeposten, welchem Geschlecht wie viel des aufgewendeten Steuergeldes jeweils zukommt. Dieses Budgetgendern war bei seiner Einführung von der feministischen Propagandamaschinerie groß bejubelt worden, weil es an einer neuen Front die Benachteiligung der Frauen zeigen würde. Das Thema wird aber totgeschwiegen, seit sich gezeigt hat, dass Frauen – insbesondere über das Pensionssystem – die großen Profiteure der staatlichen Umverteilung sind. Was selbst dann der Fall ist, wenn man ignoriert, welches Geschlecht denn umgekehrt die Hauptlast für die Steuereinnahmen trägt.
Dennoch haben es politische Schnapsideen so an sich, dass sie ein ewiges Leben bekommen, sobald sie einmal in bürokratische Gefäße gegossen sind. Die Bürokratie werkelt dann unbeirrbar weiter, unabhängig davon, wie teuer und überflüssig viele dieser Ideen in der Realität sind.
Das gilt ebenso für das Festschreiben von „Wirkungszielen“ bei jedem Budgetansatz, das nun schrittweise erfolgt und inzwischen schon bei 180 solcher Ziele angelangt ist. Auch das erweist sich als eine sinnlose Zeitverschwendung und bürokratische Sumpfblüte. Daran ändert die Tatsache nichts, dass das Aufnotieren solcher "Wirkungsziele" – im Gegensatz zum Gendern – eigentlich als Einsparungs-Instrument gedacht war. Zwar ist es in der Privatwirtschaft entscheidend, mit jeder Aktivität Deckungsbeiträge zu erwirtschaften, ständig Kosten und Nutzen zu vergleichen. In der Hoheitsverwaltung, deren Aufgabenerfüllung ja unmittelbar nie in Geld messbar ist, gerät die Sache aber zur Karikatur. Dort lassen sich die Ziele numerisch meist nicht messen. Und wenn man etwas messen kann, sind viele Messungen unsinnig, ja kontraproduktiv.
Ist die Strafjustiz etwa besser, wenn sie mehr Menschen verurteilt- oder was soll sonst ihr Wirkungsziel werden? Kann man etwa ein Bildungsziel als erreicht ansehen, wenn mehr Schüler maturieren, aber zugleich immer weniger von ihnen imstande sind, einen verständlichen Aufsatz zu schreiben? Ist es besser für ein politisch verordnetes Wirkungsziel oder nicht in Wahrheit schlechter, wenn an den Unis beispielsweise mehr Geschichts-Absolventen produziert werden, aber wenn diese nicht einmal die wichtigsten Eckdaten der Geschichte kennen (und so gut wie keine Chancen auf einen adäquaten Arbeitsplatz haben)? Wirkliche Qualitätsmessungen für Unis wären noch viel komplizierter: Wie viel Prozent der Absolventen haben etwa nach sechs Monaten einen adäquaten Job?
Während an vielen dieser Ziele noch gebastelt wird, sind sie im Budget des Außenministeriums bereits konkret aufgelistet, wo man die ganze Sinnlosigkeit ablesen kann. Sie lauten:
Klingt nett – aber was bringt es, das als Ziele festzuschreiben? Hat man das alles bisher nicht gewusst? Was kann man jetzt an Hand der Veröffentlichung solcher gummiartiger Wirkungsziele messen? Wird das Ministerium etwa automatisch weniger Geld bekommen, wenn die österreichischen Interessen im Ausland nicht sichergestellt sind? Was sind überhaupt diese Interessen – Freiheit für Südtirol, Selbstbestimmung der Tibetaner, Rückkehr der Ukraine zur Demokratie, mehr Politikerreisen, viele Gäste bei einem Cocktail-Empfang, mehr Zeitungsartikel (unabhängig davon, ob sie Österreich als Naziland darstellen)? Warum eigentlich soll gerade ein „innovativ-kreatives Österreichbild“ vermittelt werden? Warum sind die wahren Markenbestandteile des Landes wie Mozart, Strauß, Beethoven, Alpen, Salzburg, Bälle, Schatzkammer oder Hofmusikkapelle für das Ministerium offenbar pfui und igitt, obwohl deretwegen sowohl die internationalen Konferenzen wie auch immer mehr Touristen ins Land kommen?
Und die spannendste Frage: Wie viele interne Besprechungen und Arbeitszeit sind im Ministerium aufgewendet worden, um diese „Wirkungsziele“ überhaupt zu formulieren? Und wer berechnet die dafür angelaufenen Kosten?
Wie so vieles in Politik und Bürokratie: Das alles ist vielleicht gut gemeint, aber sinnlos, teuer und überflüssig. Letztlich sind freilich wir Bürger und insbesondere die von uns konsumierten Medien selber schuld: Wir halten immer nur dann einen Politiker für gut, wenn er Aktivitäten zeigt oder simuliert, wenn er etwas Neues einführt. In Wahrheit aber wäre Politik viel nützlicher, wenn sie keine neuen Regeln dekretiert und insbesondere wenn sie viele scheinbare Errungenschaften einfach ersatzlos wieder abschafft. Wie etwa die „Wirkungsziele“.
PS.: Ein besonders übles, wenn auch etwas anders geartetes Beispiel für den medialen Aktivitätsfimmel war das Gratisblatt „Österreich“, das einen schwerstbehinderten Abgeordneten als einen der „faulsten“ Abgeordneten anprangerte, weil der keine Rede im Plenum gehalten hat. Obwohl der Mann nur schreiben, nicht reden kann.
Das größte Talent des Landes ist laut ORF ein Hund.
Der mächtigste Politiker des Landes ist ein seit Jahr und Tag des Verbrechens der Beiträgerschaft zur Untreue verdächtiger Mann. Die größte Sorge vieler Zeitungskommentatoren nach der Regierungsklausur ist, warum nicht schon wieder mehr Geld in das (auch der Gesamtschule wegen) ohnedies verschwenderisch teure Schulsystem geschüttet wird. Die höchste Geheimhaltungsstufe des Parlaments besteht darin, dass die Grünen den Inhalt vertraulicher Akten auf Hunderten Seiten konsequenzlos ins Internet stellen. Der Fußballverein mit der größten Anhängerschar freut sich schon, wenn er in einem internationalen Spiel einmal statt 4:0 nur 3:0 verliert. Die lautesten Rufer nach einer strengeren Regulierung des Finanzmarktes sind am meisten empört, wenn diese Regulierungen auch für einen Waldviertler Schuherzeuger und seine Finanzierungsmethoden gelten.
Ab 21. Dezember ist es soweit: Versicherungen dürfen europaweit nur noch geschlechtsunabhängige Preise und Tarife anbieten. Das klingt harmlos und konsumentenfreundlich. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Diese Unisex-Tarife werden Versicherungen für den Konsumenten teurer machen. Und sie sind ein weiteres drastisches Beispiel für überflüssige Regulierungen durch die EU und ihre schädlichen Einmischungen in das Wirtschaftsleben.
Denn Männer und Frauen stellen in den einzelnen Lebensphasen sehr unterschiedliche Risken dar: Junge Frauen werden – wenn auch immer seltener – schwanger, junge Männer nicht. Junge Männer neigen im Gegensatz zu jungen Frauen zu riskanterem und damit unfallträchtigem Autofahren. Frauen haben eine deutlich höhere Lebenserwartung als Männer.
All das war zu Recht bisher in unterschiedlichen Versicherungstarifen abgebildet. Junge Frauen zahlen mehr für Krankenversicherungen. Junge Männer zahlen mehr für Unfallversicherungen. Ältere Frauen zahlen weniger für Ablebensversicherungen, aber mehr für lebenslange Rentenversicherungen als Männer des gleichen Alters.
Nur ganz naive EU-Bürokraten und zynische Politiker können davon ausgehen, dass Unisex-Tarife nun einen Mischtarif bringen würden, der in der Mitte zwischen den bisher unterschiedlichen Tarifen der einzelnen Geschlechter liegen wird. Die Tarife werden in Wahrheit nahe bei den bisher höheren liegen. Was dem einen Geschlecht massiv schaden, dem anderen nur marginal nutzen wird.
Das sollte man nicht der Bösartigkeit der Versicherungskonzerne in die Schuhe schieben. Sondern ihrer Verpflichtung zur vorsichtigen Kalkulation und zur Logik. Denn wenn Kfz-Versicherungen für junge männliche Autofahrer signifikant billiger werden, wird nach allen Erfahrungen und Marktgesetzen die Nachfrage männlicher junger Autofahrer nach solchen Versicherungen signifikant anwachsen. Während die jungen Frauen, die (noch?) vorsichtiger fahren, durch die Tariferhöhung eher abgeschreckt werden.
Um diese Zusammenhänge zu begreifen, muss man weder Versicherungsmathematik noch Statistik oder Wahrscheinlichkeitsrechnung studiert haben. Sondern man müsste nur logisch denken können.
Was manche prinzipiell nicht tun. Daher werden dank der EU und einiger Gleichheitsfanatiker etliche Versicherungstarife bis zu 40 Prozent teurer – vor allem für Frauen; eine Studie spricht sogar von 55 Prozent. Ablebensversicherungen für Frauen könnten sogar um bis zu 80 Prozent teurer werden. Die bisher größten bekannten Verbilligungen machen 22 Prozent aus. Offizielle Zahlen kommen freilich erst im Dezember heraus. Gut kommt nur davon, wer sich noch schnell vor dem 21. Dezember zu den alten Konditionen versichert.
Nachher wird bei den Versicherungen die große Ebbe eintreten. Was nicht nur deren Aktionäre treffen wird, sondern auch die Staaten. Den denen können dann die Versicherungen weniger Anleihen abkaufen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
„Der Staat braucht höhere Steuereinnahmen, damit er Arbeitsplätze und Wachstum sichern und schaffen kann.“ Fast würde man glauben, diese Behauptung könnte stimmen, so oft hört man sie derzeit. Dennoch bleibt sie absoluter Unsinn. Das Gegenteil ist wahr: Höhere Steuern zerstören Arbeitsplätze und Wachstum; und der Staat hat sich als unfähig erwiesen, Arbeitsplätze zu schaffen, die auch einen positiven Beitrag zum Wachstum leisten. Er produziert nur in einem einzigen Bereich dauerhafte Jobs: in der Bürokratie. Aber die kostet Wachstum. Sie behindert produktive Tätigkeiten.
Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand entstehen immer nur in privaten Unternehmen. Dort wo jemand eine kreative, eine geniale, eine witzige Idee hat, die auf dem Markt nachgefragt werden könnte. Dort wo jemand eine tolle Erfindung macht, mit der Produkte billiger erzeugt werden können. Dort, wo sich Fleiß, und Verlässlichkeit einen Kundenstock schaffen. Dort wo jemand im Glauben an eine Innovation ein Risiko eingeht.
Nichts davon kann der Staat. Er handelt ja nur durch Beamte oder Politiker. Beamte sind niemals kreativ, witzig, genial, sondern immer nur vorsichtig auf Einhaltung jeder Vorschrift und Vermeidung jedes Risikos bedacht, um ihre eigene Karriere nicht zu gefährden. Und Politiker gehen erst recht kein Risiko ein, das ihre Wiederwahl bedrohen könnte. Sie geben das den Steuerzahlern abgenommene Geld immer nur in Perspektive auf die nächste Wahl aus. Und die ist fast immer gleich ums Eck. Politisch ausgegebenes Geld fördert Parteizwecke oder gar Parteifreunde, oder es fließt an medial gepushte Modezwecke.
Weder Politiker noch Medien noch Beamte hingegen hätten vorher auf jene Produkte gesetzt, mit denen österreichische Firmen heute besonders erfolgreich sind. Ob das nun ein Koffein-Getränk mit Himbeergeschmack, geschliffene Glasscherben, Feuerwehrautos, Gleisstopfmaschinen, Feuerfest-Artikel, Kraftwerksturbinen oder Beschläge sind.
Kurzer Wechsel in einen anderen Bereich, zur modernen Kunst. Ich schätze sie und gehe gerne in Museen und Galerien. Vor einiger Zeit geriet ich daher in eine Ausstellung der Nachkriegs-Ankäufe der Republik: Es war die langweiligste Ansammlung von unverkäuflichem, ideenarmem Epigonentum, die ich je gesehen habe. Jedes einzelne erworbene „Kunst“-Werk roch nach einem Gefälligkeits- oder Wohltätigkeits-Werk.
Oder blicken wir auf die Verstaatlichte Industrie: Jahrzehntelang brauchte man politische Protektion oder Schmiergeld für einen Post-Beamten, um wenigsten nach ein paar Monaten einen Telephonanschluss zu bekommen. Sonst dauerte es Jahre. Heute geht das sofort.
Auch bei den oft als angebliches Gegenbeispiel zitierten britischen Eisenbahnen hat sich die Privatisierung als Erfolg erwiesen. Mit ihnen fahren heute viel mehr Briten mit viel weniger Unfällen als vor der Privatisierung. Und auch während der langen Labour-Jahre wurde diese wohlweislich nicht zurückgenommen. Lediglich in einem einzigen Teilbereich gab es Probleme: bei den Geleisen. Hier funktionierte das Konkurrenzprinzip als Kern der Marktwirtschaft nicht. Hier hatte der Staat vorher jahrzehntelang alle Investitionen unterlassen, sodass die Käufer scheiterten und die Schienen wieder an den Staat zurückgeben mussten.
Beispiele für die Überlegenheit von privatem Unternehmertum ließen sich lange fortsetzen. Dabei müsste etwa unbedingt auch auf die Voest im Vergleich Einst-Jetzt eingegangen werden. Oder auf das Schicksal der einstigen Staatsbanken und jenes der privat geführten. Der Vergleich macht objektive Beobachter sicher.
Die in jeder Hinsicht überlegene Privatwirtschaft hat nur zwei Probleme: Wie bringt man der Politik endlich bei, dass sie nicht durch Förderungen und Regeln, sondern nur durch einen Abbau von Steuern und Gesetzen das Wachstum fördert? Und zweitens: Wie finden die tollen Ideen mit dem notwendigen Kapital zusammen? Wer finanziert den Aufstieg eines familiären Klein- oder Mittelbetriebs zu einem großen Industrie-, Handels- oder Finanzunternehmen? Wo kommt das Geld für Kauf und Erneuerung eines privatisierten Staatsunternehmens her? Wie fließt das auf Sparbüchern schlummernde Geld in die produktive Realwirtschaft?
Der Begegnungsort ist der Kapitalmarkt. Und in seiner idealen Form die Börse. Dort kann auch der kleine Mann sein Geld genauso sinnvoll investieren wie die großen Fonds. Dort sind Heerscharen von Analysten und Anlagespezialisten unterwegs, um die spannendsten, zukunftsträchtigsten Investitionsobjekte mit jenen Menschen zusammenzubringen, die einen sinnvollen und möglichst gewinnbringenden Arbeitsplatz für Familienvermögen, für ihre Altersvorsorge, für ererbtes Geld suchen.
Börse-Veranlagungen sind gerade in Zeiten sinnvoll, da man bei Anleihen real viel Geld verliert – wenn man nicht zum nervenzerfetzenden Hochseil-Akt eines Kaufs griechischer Papiere bereit ist. Umgekehrt braucht auch der große Markt der Ideen und kapitalbedürftigen Unternehmen gerade heute die Börse nötiger denn je, da die staatlichen Regulatoren Bankkredite massiv verknappen.
Es ist absolut unverständlich, dass ausgerechnet jetzt das Verständnis von Politik und Medien für den Wert der Börse drastisch abnimmt. Nachdem man ihr in Österreich am Beginn des letzten Jahrzehnts noch einen gewaltigen Boom versetzt hat, sehen populistische Politiker in Börsen und Anlegern heute nur noch eine Melkkuh und beschimpfen sie als Spekulanten. Ständig erfinden sie neue Steuern, welche die Transmission-Funktion der Börsen behindern.
Das Ergebnis: Zwar sind die Börsenkurse dennoch gestiegen, aber in Österreich hat das Volumen des über die Börse in die Wirtschaft fließenden Geldes dramatisch abgenommen. Wem auch immer das nützen soll: den Arbeitsplätzen, dem Wachstum, dem künftigen Wohlstand gewiss nicht.
Aber manche Politiker glauben ja ohnedies, dass das Geld aus der Druckmaschine oder dem Kopierer kommt.
Dieser Beitrag deckt sich weitgehend mit einem Text für die große Jubiläumsnummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier", die 90 Jahre alt wird.
Der Startschuss zur nachhaltigen Diskussion und Volksbefragung um die Wehrpflicht, in Wahrheit um die Allgemeine Dienstpflicht (ADP), war unüberhörbar. Worum geht es?
„Gestern“ war es noch ganz anders; in Österreich gab es eine Wehrpflicht für männliche Staatsbürger, wer sich „drückte“, war ein Wehrdienstverweigerer. Über den Wehrdienst ohne Waffe ging der Weg zur Allgemeinen Dienstpflicht mit Wehr- und Zivildienst. Zunächst in Frage gestellt, findet sie heute allgemein Akzeptanz.
Der Zivildienst dient dem Sozialen im Inland und der Entwicklungshilfe im Ausland; der Wehrdienst wiederum den militärischen Aufgaben, dem Katastrophen- und Objektschutz im Lande sowie der Friedenssicherung im Ausland; zwei Drittel der Entsandten haben den Wehrdienst absolviert. Beide dienen also dem Gemeinwohl. Wir erlebten einen beispielhaften Prozess demokratiepolitischer Reife: Die ADP hat staats- und gesellschaftspolitische Bedeutung erlangt. Wehr- und Zivildienst sind in ihr untrennbar verbunden, ein Ganzes, um das es schade wäre, wenn es – aus welchen Überlegungen immer – ruiniert würde.
Drei Millionen Österreicher sind nämlich ehrenamtlich und freiwillig tätig; eine Leistung von elf Milliarden Euro. Dienen nur 30 Prozent davon direkt dem Gemeinwohl der Sicherheit, ergibt sich über die unmittelbare Aufgabe und den Sozialisierungs- bzw Bildungseffekt hinaus auch eine budgetrelevante Größenordnung. Zudem kommen viele erst nach Ableisten der ADP auf den Gedanken, sich für die Gesellschaft freiwillig zu engagieren; ohne ADP würde die breite Werbebasis wegfallen.
Würden all diese Leistungen von heute auf morgen eingestellt werden, kollabierte das System von den Sanitätstransporten bis zu den friedenserhaltenden UNO-Auslandseinsätzen.
Für den Fall einer Volksbefragung, wenn also die politischen Verantwortlichen nicht entscheiden, wird zumindest Redlichkeit vorrangig; das heißt vollständige und sachliche Information der zu Befragenden; die Medien hätten im staatspolitischen Interesse sachlich zu berichten.
Naturkatastrophen außergewöhnlichen Umfanges oder von Menschen verursachte Desaster nehmen zu; reine Berufs/Freiwilligensysteme stoßen rasch an ihre Grenzen; bei gleichbleibenden Kosten würde die Leistungsmenge geringer; auch wären qualifizierte Profis im Niedriglohnbereich schwer zu finden.
Dazu kommt, dass unabhängig von der Sicht des Einberufenen Wehr- und Zivildienst eine Werteorientierung – und damit soziale, also christliche Wurzeln – haben, nämlich das Gemeinwohl, wie übrigens auch die Menschenrechte. Beim Berufsheer sind Geldverdienen, Abenteuer und Selbstverwirklichung vorherrschende Motive, die auf ein wertneutrales, neoliberales Weltbild hinweisen.
Objektive Daten lassen erkennen, dass es bei der Wahl eines Landes zwischen Dienstpflicht und Berufsfreiwilligkeit kein Richtig oder Falsch, sondern nur ein Besser oder Schlechter gibt. Für Österreich wäre das Beibehalten einer neu zu gestaltenden Pflicht die bessere Lösung; aus ihr können – wie bedingt schon jetzt – Freiwilligkeit und Berufskomponente wachsen.
Conclusio: Wenn eine Volksbefragung schon sein muss, ist zumindest manipulierte Information hintanzuhalten. In Konsequenz ist das „Volk“ nach dem Ganzen zu fragen, nach dem Abschaffen oder dem Beibehalten der Allgemeinen Dienstpflicht für Männer, also der Wehrpflicht und des Zivildienstes in ihrer Bedeutung für unsere Gesellschaft; um letzteres bemühen sich unter anderem Salzburgs Landeshauptmann und Bürgermeister. Die Beantwortung sollte im vollen Bewusstsein der Konsequenzen erfolgen können. Allfällige Umsetzungsmaßnahmen haben sich im Rahmen der Verfassung zu bewegen.
Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.
Manche Dinge auf diesem Planeten sind so erstaunlich, dass man sich nur noch wundern kann. Freilich zählen sie eher nicht zu den Wundern, an die gläubige Menschen glauben. Wieder einmal ein bunter Blumenstrauß an Absurditäten aus aller Welt und nicht zuletzt Österreich.
In diesem Tagebuch ist schon mehrfach die vor allem im EU-Europa stattfindende Geldvernichtung durch Subventionen für „alternative“ Energien wie Windmühlen oder Solar-Anlagen angeprangert worden. Diese Subventionen werden aber erstaunlicherweise global durch die Förderungen für den Verbrauch fossiler Energien (Öl und Gas) noch weit übertroffen: Diese sind nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur sieben Mal so hoch wie die Stützungen für die Erneuerbaren! Das ist ein absoluter Unsinn, selbst wenn man nicht an die Prophezeiungen einer durch Öl- und Gas-Verbrennung ausgelöste Erwärmungs-Katastrophen glaubt. Das ist ein Unsinn, selbst wenn jährlich weit mehr Öl- und Gasvorräte entdeckt werden, als verbraucht werdem. Das ist ein Unsinn, selbst wenn inzwischen durch neue Techniken jedes Erdölfeld statt zu 20 nun zu 40 Prozent ausbeutbar ist. Im Grund ist jede Subventionierung schwachsinnig, ganz besonders die des Verbrauchs endlicher Güter. Dennoch subventionieren manche Regierungen heftig den Treibstoffpreis, wie etwa die indische, aber auch die von Erdölstaaten. Sie tun dies aus populistischen Gründen. Sie wollen den erwartbaren Zorn der Bürger bei Benzinverteuerungen vermeiden. Sie tun aber so, als ob dies eine soziale Maßnahme wäre – obwohl die wirklich Armen in Indien nie in ihrem Leben Auto fahren.
Eine andere erstaunliche Information aus dem gleichen Themenfeld: In Deutschland wurden nun Studien bekannt, die zeigen, dass gedämmte Wohnhäuser und Niedrigenergiehäuser einen viel höheren Energieverbrauch haben, als oft von Politikern und der einschlägigen Industrie behauptet wird. Hingegen sind alte Massivbauten viel besser als behauptet. Denn diese nehmen selbst an Wintertagen Sonnenenergie auf, die von Dämmstoffplatten immer ferngehalten wird. Die Studien sind in der deutschen Zeitung „Die Welt“ veröffentlicht worden und reichen zum Teil bis 1985 zurück, sind aber bisher nie an die Öffentlichkeit gedrungen. Die europäischen Gesetzgeber wollen aber weiterhin Häuserbauer zu völlig unsinnigen Maßnahmen zwingen, und in Wien sind sogar die reich gegliederten Gründerzeithäuser davon bedroht, zum Zweck der Anbringung von Dämmplatten glatt geputzt zu werden. Ein neuer Wahnsinn, den wir den Grünen und der Global-Warming-Hysterie sowie cleveren Geschäftemachern verdanken.
Die nächsten Beispiel von Absurditäten führen uns direkt nach Österreich: Etwa zu den regelmäßigen Stänkereien insbesondere von Arbeiterkammer & Co gegen die Vermögen der Haushalte. Sie verschweigen dabei aber, dass auch die beträchtlichen Vermögen von Kammern (insbesondere der Arbeiterkammer), Gewerkschaften und Parteien in diese Statistiken einfließen. Auf altwienerisch nennt man das ein Chuzpe.
Ein ständiges Thema linker Agitatoren ist die Klage über die angeblich zu geringe Akademikerquote in Österreich. Was tut da die Unterrichtsministerin? Sie erlässt, eine „Upgrading-Verordnung“, mit der sie für Pflichtschullehrer, die einen Abschluss einer Pädagogischen Akademie haben, die Aufwertung zum „Bachelor“ auf kürzestem Weg ermöglicht. Das wird dann endlich die Akademikerquote rasch erhöhen. Und die Politik wird sich selbst berühmen, um wie viel gescheiter und gebildeter die Österreicher nun sind. Das ist fast schon süß. Aber warum nicht gleich jedem Staatsbürger sein Doktor-Diplom?
Ein paar Wochen davor handelte die oberste Zerstörerin des österreichischen Bildungswesens hingegen ganz anders. Und sie zeigte, wie unwichtig ihr in Wahrheit akademische Qualifikationen sind. Denn seit Beginn des Schuljahres unterrichten in etlichen Schulen auf Grund des wachsenden Lehrermangels Studenten. Das stört die Ministerin plötzlich überhaupt nicht. Denn diese Studenten erklärt sie plötzlich zu „hoch qualifizierten“ Lehrern. Und wir hätten keinen Lehrermangel, sondern nur „in einzelnen Bereichen Engpässe“. So kann man sich halt ein schweres Versäumnis noch schönreden. Dabei wird der Lehrermangel in den nächsten Jahren noch viel schlimmer werden. Um das zu erkennen, muss man nur die Geburtsjahrgänge der aktiven Lehrer anschauen. Es gibt aber keine Werbung für den Lehrerberuf. Es gibt keine funktionierende Kooperation der Pädagogischen Hochschulen (für die Pflichtschullehrer) mit den Universitäten (wo die AHS-Lehrer ausgebildet werden), woran Claudia Schmied ebenfalls zumindest eine Teilschuld trägt. Dafür gibt es die Personalverschwendung durch Schmieds Gesamtschulen, wo überflüssigerweise jeweils zwei sich gegenseitig behindernde Lehrer in einer Klasse stehen müssen. Aber künftig wird man wohl Siebentklassler für „hoch qualifiziert“ erklären, wenn man niemanden mehr hat, der in einer Volksschule oder Unterstufe unterrichtet. Oberstes Schmied-Prinzip: Nur nie ehrlich sein. Nur nie ein Versäumnis oder einen Fehler zugeben, auch wenn er noch so offenkundig ist.
Überaus ärgerlich ist das, was sich seit einigen Jahren in Wiener Gemeindekindergärten abspielt. Dort wird nämlich nicht mehr der Muttertag, sondern nur noch ein „Familientag“ begangen. Die krause Argumentation der linken Gesellschaftstechnokraten: Würde man den Muttertag begehen, müsste man der Gleichheit wegen auch den Vatertag feiern. Es gebe aber Kinder, die ohne Väter aufwachsen. Um diese nicht zu kränken, feiere man eben nur noch einen Familientag.
Solch krause Konstruktionen kommen eben heraus, wenn zunehmend nur noch Minderheiten und nicht mehr der Normalfall als Maß aller Dinge gelten. Mit dieser Logik wird man dann wohl bald auch Weihnachten übergehen. Sind doch nicht alle Kinder christlich.
Kleine Minderheiten als Maß aller Dinge gelten auch in der „Münze Österreich“. Dort hat man jetzt eine Kärnten-Münze produziert. Diese wurde offenbar aus politischer Korrektheit mit der Aufschrift „Kärnten – Koroska“ versehen. Das wird zweifellos den Absatz dieser Münze im südlichen Bundesland gewaltig heben. Das ist genauso stillos wie die überheblichen Attacken eines freiheitlichen Kärntner Landesrats auf die slowenischen Minderheit. Da provozierten wieder einmal zwei Seiten völlig grundlos in einem sich in den letzten Jahrzehnten eigentlich beruhigenden Konflikt.
Auf eine im Vergleich dazu relativ harmlose, aber dennoch signifikante Dummheit stieß ich unlängst im „Standard“. Dort wurde in einer längeren Abhandlung über den SPÖ-Klubobmann Josef Cap dessen oft skurrile Argumentationen damit erklärt, dass er bei den „Piaristen (Schulbrüdern)“ in die Schule gegangen sei. Grundvorwurf: Er zeigt halt typisch katholische Verlogenheit, selbst wenn er jetzt bei den Roten ist. Peinlich nur: Cap ist zwar tatsächlich ins Wiener Piaristengymnasium gegangen (was ich relativ gut bezeugen kann, da auch ich jene Schule besucht habe). Aber das ist seit Jahrhunderten ein ganz normales staatliches Gymnasium, das nur in den barocken Räumlichkeiten des Piaristenordens eingemietet ist. Überdies sind Piaristen und Schulbrüder zwei ganz verschiedene Vereine. Aber wenn man der Kirche gegen das Schienbein treten und ihr an allem möglichen, selbst den Faymann-Sauereien die Schuld zuschieben will, sind Fakten vielerorts völlig irrelevant.
Die Dummheit ist auch sonst unter linken Journalisten ziemlich verbreitet. Da erregte sich ein solcher namens Gerald Lehner fürchterlich darüber, dass Heinrich Harrer in den 50er Jahren als Vertrauter des Dalai Lama mit der CIA zusammengearbeitet hat. Ja, um Himmels willen, wo sonst hätte denn damals ein friedliches kleines Land, das von einer kommunistischen Übermacht überfallen wird, Hilfe suchen sollen, wenn nicht bei den Amerikanern? Oder sind die Linken in ihrer Einäugigkeit so fanatisch, dass sie es ernstlich für besser gehalten hätten, dass sich die Tibeter völlig willen- und widerstandslos unterdrücken lassen? Um es auch in Hinblick auf Österreich klar zu sagen: Es waren zweifellos die anständigsten Österreicher, die in jenen Jahren im Kampf für die Freiheit des Landes die intensive Kooperation mit den USA (und deren Geheimdienst) gesucht haben. Auch wenn das eine neue Generation linker Historiker diskreditieren will.
In die Kategorie der geschmacklosen Dummheiten zählt auch ein Tiroler „Kulturobjekt“, das in Leuchtschrift bei Kufstein die Aufschrift „Grüß Göttin“ montiert hat. Gewiss hat es schon ärgere antichristliche Provokationen gegeben. Aber man stelle sich nur vor, was los wäre, wenn solche Künstler eine Aufschrift mit Scherzen wie „Frau Allahin“ oder ähnliches platziert hätten. Anzeigen durch das Kampfblatt „News“ und eine Sonderaktion linker Staatsanwälte wären das mindeste.
Aber auch Politiker, die aus dem rechten Lager kommen, sind alles andere als dummheitsfrei: So hat Lech Walesa allen Ernstes vorgeschlagen, jedem Politiker, aber auch jedem Wirtschaftstreibenden einen Überwachungs-Chip einzusetzen: „Wir werden jedes Wort von ihnen kennen. Wir werden wissen, mit wem sie schlafen, wie viel Geld sie besitzen. Sie werden uns nicht betrügen.“ Eigentlich hatte ich geglaubt, dass nur ein neuer Stalin oder Hitler auf solche Ideen kommen kann. Aber offenbar gelingt das auch einem einstigen Helden eines Freiheitskampfes.
Wie viele andere habe ich als Nicht-Naturwissenschaftler eine Zeitlang die Thesen von einer durch den Menschen verursachten Klimakatastrophe geglaubt. Bis dann immer mehr Ungereimtheiten aufgetaucht sind. Worauf ich mich sehr intensiv mit dieser Frage zu befassen begonnen habe. Ich tat das wohl in einer vielleicht altmodischen Auffassung von Journalismus, der Dingen auf den Grund zu gehen versucht, ich bin aber auch geprägt durch meine Ausbildung als Ökonom und Jurist.
Als Ergebnis sehe ich heute die Dinge total anders. Ich bin, wenn das nicht ein semantischer Widerspruch wäre, zum überzeugten Skeptiker geworden, der staunend vor einer gigantischen Blase steht, die von der Politik, etlichen NGOs und auch willfährigen Wissenschaftlern aufgeblasen worden ist
Vor zwei Jahren habe ich im Tagebuch 28 kritische Fragen zur offiziell dekretierten These von der Klimakatastrophe formuliert. Ein Leser reichte diese an Ministerien und Abgeordnete weiter. Das Verblüffende: Er bekam zwar eine Reihe Antworten – aber kein einziges Schreiben wagte es, inhaltlich auf die Fragen zu antworten, sondern alle verwiesen auf irgendwelche Experten weiter. Aber auch alle befragten österreichischen Experten beteuerten, dass sie sich nur mit einem sehr spezifischen Randgebiet befasst haben und dass sie zur Grundfrage, der menschlichen Schuld an der globalen Erwärmung, nichts Wissenschaftliches sagen konnten. Am Schluss wurde man dann meist auf einen UNO-Bericht verwiesen (abgesehen von den in meinen Augen sehr skurrilen Auftritte einer Frau Kromp-Kolb).
Zum erstenmal in der Geschichte fungiert damit ausgerechnet die UNO als oberste wissenschaftliche Instanz, obwohl diese immer nur interessengesteuert agiert hat. Die UNO hat aber dennoch gleich dekretiert, dass ihre Klima-Beschlüsse nicht mehr hinterfragt werden könnten. Was natürlich das Gegenteil von Wissenschaftlichkeit ist.
Mit anderen Worten: Regierung und Parlament beschließen gravierende politische Maßnahmen und wirken an solchen Beschlüssen auf EU-Ebene mit, ohne dass sich ein einziger der österreichischen Entscheidungsträger so viel Fachwissen angeeignet hätte, dass er sich selbst diesen Fragen zu stellen wagte.
Manche meinten: Wir sind zwar nicht sicher, aber im Zweifel machen wir lieber etwas, bevor wir nichts machen. Nutzt es nicht, so schadet es nicht. Das klingt plausibel. Ist es aber nicht.
Denn wenn auf Grund falscher Annahmen gewaltige Kosten entstehen, dann ist das kriminell. Um nur einige Beispiele für die dadurch ausgelösten Schäden zu nennen:
I. In der europäischen Schuldenkrise mit ihren unabwendbaren, wenn auch in Österreich noch gar nicht spürbaren katastrophalen Auswirkungen stecken viele Milliarden, die nur wegen der angeblich drohenden Klimakatastrophe ausgegeben worden sind.
II. Wenn weltweit die Agrarindustrie wegen dieser angeblich drohenden Klimakatastrophe in signifikantem Umfang statt Lebensmittel Treibstoff produziert, dann führt das zu Knappheiten und irgendwo in der Welt mit ihrer rasch wachsenden Bevölkerung zu Hunger. Die steigenden Preise, über die alle reden, sind ja nur eine Folge dieser wachsenden Knappheit, nicht deren Ursache.
III. Sparsamer Umgang mit knappen Ressourcen ist immer sinnvoll. Sparsamkeit wird aber schon automatisch durch den Preis ausgelöst. Wenn eine Ware knapper wird, steigt der Preis, was die Verbraucher zur Sparsamkeit zwingt. Und was die Entwicklung von alternativen Waren interessant macht, und zwar umso interessanter, je mehr der Preis steigt. Das ist eine ganz natürliche Entwicklung, für die es gar keine Einmischung von Regierungen bräuchte.
Freilich amüsiert es, dass uns Weltuntergangspropheten seit 50 Jahren prophezeien, das Erdöl werde in 40 Jahren zu Ende sein. Die bekannten und förderbaren Ölreserven sind heute jedoch so groß wie nie, obwohl dem heute auch viel mehr Ölkonsumenten als früher gegenüberstehen, man denke nur an China oder Indien. Und die förderbaren Gasvorräte reichen dank neuer, zum Teil freilich teurer Techniken derzeit schon für viele Jahrhunderte.
Dennoch bleibt es sinnvoll und logisch, wenn steigende Preise global zur Sparsamkeit anleiten. Wenn hingegen Geld einzig dafür ausgegeben wird, um CO2 in Erdlöcher zu pumpen, dann wird dadurch kein Liter Öl eingespart. Es werden vielmehr teure Ressourcen vergeudet.
IV. Unsinnig ist freilich auch die Subventionierung des Treibstoffpreises in etlichen Drittweltländern. Das setzt falsche Anreize Richtung Verschwendung und lenkt bedeutende staatliche Mittel völlig fehl. Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur wird für die Subventionierung des Treibstoffpreises aus politisch-populistischen Gründen sieben Mal so viel Geld ausgegeben wie in Europa für die Subventionierung alternativer Energien. In Wahrheit ist beides absoluter Unsinn. So wie die Regierung Indiens fürchten sich viele Drittwelt-Machthaber aber vor Unruhen, wenn sie den Ölpreis nicht mehr stützen würden.
V. Europa hat die weitaus strengsten Klima-Auflagen. Das belastet nicht nur die Konsumenten über die Energiepreise und über teure Schikanen wie das Glühbirnen-Verbot. Das belastet vor allem die Industrie. Voest-Vorstandschef Eder hat so wie viele andere Manager schon deutlich gesagt, dass es künftig wegen der diversen Folgen der Klimapolitik keine Großinvestitionen mehr im EU-Raum geben wird.
VI. Jedoch: Selbst wenn Europa im Zuge seiner eigenen Selbstbeschädigung die eigenen Energiepreise in die Höhe treibt, ändert das gar nichts am globalen Ölverbrauch: Denn dadurch wird in anderen Regionen Öl automatisch relativ billiger. Was dort wiederum den Verbrauch in die Höhe treibt und die Verlagerung von energieintensiven Industrien aus Europa profitabel macht.
VII. Was man auch immer von Alternativenergien hält: Solarmodelle in der nördlichen Hälfte Europas oder in nebelreichen Regionen, wie sie jetzt überall mit massiven Förderungen entstehen, sind auch in der systemimmanenten Logik der globalen Erwärmungs-Lehre absurd.
VIII. Besonders heftig ist der Schaden für Österreich, das sich zu besonders ehrgeizigen Kyoto-Zielen verpflichtet hat. Es muss nun teuer CO2-Zertifikate nachkaufen, also sich für Kyoto noch mehr verschulden. Dabei machen die Kyoto-hörigen Länder nur 15 Prozent der globalen Treibhaus-Gas-Emittenten aus.
IX. Auch die sogenannten grünen Jobs sind trotz der lauten Propaganda eine Fiktion. Eine Studie aus Spanien – wo am heftigsten Alternativenergien subventioniert worden sind – zeigt, dass für jeden dieser grünen Jobs in der Alternativ-Industrie zweieinhalb Mal so viele Arbeitsplätze in anderen Industrien verloren gehen, weil überhöhte Energiepreise Unternehmen zum Zusperren oder Abwandern zwingen.
Soweit ein paar zusammengefasste Hinweise auf die Schäden der Klimapolitik.
Ebenso spannend und noch wichtiger ist ein Streifzug durch die vielen Gründe, die der offiziellen These einer vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und insbesondere auch deren Schädlichkeit entgegenstehen.
1. Vorweg ein Zitat aus einer amerikanischen Petition, die von 31.000 Naturwissenschaftern, darunter 9000 mit einem Ph.D. (einem unserer Habilitation ähnelnden Grad) unterzeichnet worden ist:
„Die vorgeschlagenen Begrenzungen sogenannter Treibhaus-Gase werden die Umwelt beschädigen, den Fortschritt der Wissenschaft behindern, und die Gesundheit und Wohlfahrt der Menschheit beschädigen. Es gibt keinen überzeugenden wissenschaftlichen Beweis, dass von Menschen verantwortete Freisetzung dieser Gase eine katastrophale Erwärmung der Atmosphäre und Klimakatastrophen auslöst oder auslösen wird. Darüber hinaus gibt es gravierende wissenschaftliche Beweise, dass eine Vermehrung des atmosphärischen CO2 viele vorteilhafte Effekte auf die Pflanzenwelt und die tierische Umwelt hat.“
2. Es ist Tatsache, dass es auch lange vor der menschlichen Nutzung von CO2-emittierenden Treibstoffen gewaltige Änderungen des Weltklimas gegeben hat. Es gab Eiszeiten und Wärmezeiten. Deren Ursachen hängen mit relativ großer Wahrscheinlichkeit mit Sonnenaktivitäten, kleinen Variationen von Umlaufbahnen und Änderungen von Meeresströmungen zusammen.
3. Zufällig wird gerade in jüngster Zeit von Astronomen vom Planeten Pluto eine Erwärmung berichtet – obwohl dort bekanntlich keine Menschen ihr Unwesen treiben.
4. Sicher ist laut den Astronomen aber auch, dass in einigen hundert Millionen Jahren die Sonne die Erdtemperaturen auf über hundert Grad erhitzt haben wird. Aber nachdem es noch einige Eiszeiten gegeben haben wird.
5. Es war jedenfalls schon viel wärmer auf diesem Planeten. Grönland wurde so getauft, weil es einst grün war, und weil damals auf der riesigen, heute eisbedeckten Insel Getreide angebaut wurde. Nach einer herrschenden Definition von Eiszeit sind während einer solchen beide Polkappen mit Eis bedeckt. Wie etwa heute.
6. Wärmezeiten waren immer gut für die Menschen. Sie konnten sich ausreichend ernähren und sonst unwirtliche Gebiete bewohnen. Daher ist die nach davorliegender Abkühlung seit ca. 1850 zu beobachtende Erwärmung um 1 bis 2 Grad alles in allem durchaus positiv. Egal wodurch sie ausgelöst worden ist. Die gegenwärtige Wärmephase hat jedenfalls lange begonnen, bevor die CO2-Emissionen durch den Menschen im nennenswerten Umfang eingesetzt haben.
7. Wärmeperioden sind auch viel besser für die Artenvielfalt als Kälteperioden.
8. Ein globale Erwärmung wäre auch deshalb gut, weil die Erde im derzeit unbewohnbaren Permafrost-Norden die größten Landmassen hat, während rund um den Äquator viel weniger Land ist.
9. Vermehrtes CO2 in der Atmosphäre ist kein Gift, wie manche Politiker und Journalisten kühnerweise behaupten. Sondern CO2 erhöht zusammen mit ausreichender Sonneneinstrahlung signifikant die Fruchtbarkeit praktisch aller Pflanzen und verbessert damit die Ernährung.
10. Der vor wenigen Tagen verstorbene bekannteste österreichische Meteorologe, Reinhard Böhm (ein Autor des Science-Blogs des Tagebuchs), hat intensiv bewiesen, dass die journalistischen Berichte von einer Zunahme der Wetterextreme nicht stimmen. „Die Temperaturschwankungen sind sogar geringer geworden.“
11. Der nobelpreisgekrönte Al-Gore-Film enthält so viele nachgewiesene Unwahrheiten, dass in Großbritannien sein Einsatz in Schulen sogar gerichtlich verboten worden ist.
12. Während der letzten 500 Millionen Jahre war die Lufthülle mehrmals bis zu zehnmal reicher an CO2 als heute. Und das hat nie zu einer dramatischen Aufheizung geführt, wie sie jetzt prophezeit wird.
Das wirft nun die entscheidende Frage auf: Wie konnte es trotz der Fülle dieser Fakten zur Dominanz der Global-Warming-Theorie kommen? Wer profitiert davon? Wer hatte Interesse an dieser These?
a) Eine besondere Rolle spielen viele Medien: Apokalyptische Weltuntergangsszenarien lassen sich insbesondere am Boulevard, aber auch durch unseriöse Filmemacher hervorragend zur Auflagensteigerung verwenden. Seriöse, abwägende Berichte tun das hingegen nicht.
b) Es gibt starke Hinweise, dass die Global-Warming-Szenarien besonders von der Atomindustrie betont werden, die dadurch ja auch wieder in etlichen Ländern ins Geschäft gekommen ist.
c) Mit dem Bau von Alternativenergie-Anlagen lässt sich derzeit sehr viel Geld verdienen.
d) Großes Interesse an der Global-Warming-These herrscht auch in der Bauindustrie, wo man viel mit Wärmedämmungen und Niedrigenergiehäusern viel Geld verdient. Was an sich legal ist. Jedoch zeigen Studien, die dieser Tage von der Zeitung „Die Welt“ publiziert wurden, die aber sonst unterdrückt werden, dass die Energieeinsparungswirkung keineswegs im versprochenen Ausmaß eintritt. Und dass ältere Gebäude energiemäßig viel besser sind als angenommen.
e) In vielen Ländern sind in den letzten Jahren nur deshalb emissionsfreudige Fabriken errichtet worden, um sich dann deren Schließung oder Sanierung teuer durch Kompensationszahlungen aus Europa abkaufen zu lassen.
f) Selbstverständlich verbessert auch jede Dramatisierung das Spendenaufkommen für Umweltorganisationen. Dafür eignen sich putzige Eisbären-Bilder perfekt. Da brauch man ja nicht dazusagen, dass sich die Eisbärenpopulationen in den letzten Jahren weltweit signifikant vermehrt haben, also keineswegs besonders bedroht sind.
g) All jene Klimaforscher und viele andere Disziplinen, die sich gezielt hinter die Global-Warming-These stellen, werden mit massiven Forschungsmitteln unterstützt. Das verzerrt in vielen Ländern die Unabhängigkeit und Objektivität der Forschung. Das führt in der auch nicht nur aus Heiligen bestehenden wissenschaftlichen Gemeinde zu Manipulationen und zur Einschüchterung kritischer Geister, bis hin zum Mundtotmachen.
h) Die Wissenschaftsgeschichte ist auch voller Beispielen von Modewellen, wo eine große oder zumindest laute Mehrheit an eindeutig falsche Thesen geglaubt hat. Die Beispiele eines scheinbaren Konsenses der gesamten Wissenschaft reichen von der Überzeugung, dass die Erde der Mittelpunkt des Weltalls wäre, bis zu einem in der Zwischenkriegszeit erschienen Buch „Hundert Wissenschaftler gegen Einstein“. Noch übler: Ganze Universitäten sind einst fast geschlossen dem Nationalsozialismus beziehungsweise dem Kommunismus verfallen. Freiwillig.
i) Viele Entwicklungsländer – zumindest all jene in Küstennähe – erkannten in der Warming-Theorie ein perfektes Argument, um die Entwicklungshilfe-Geldströme wieder zu vermehren. Denn der Kolonialismus hat langsam als Argument zur Erzeugung von schlechtem Gewissen ausgedient. Die Behauptung, dass der Welthandel der Dritten Welt schadet und nicht nützt, wird nur in extrem linken Zirkeln geglaubt. Die Dritte Welt konnte nach 1989 auch nicht mehr durch eine Schaukelpolitik zwischen Ost und West Unterstützungen generieren. Da kam die Global-Warming-Panikmache zum perfekt richtigen Zeitpunkt. Wenn man jemandem einreden kann „Weil ihr so viel Auto fahrt, werden wir vom Meer überschwemmt“, wagt niemand Nein zu sagen – vor allem dann nicht, wenn er die Zusammenhänge nicht durchschaut.
j) Noch nie hat sich in der Nachkriegszeit die Politik so sehr in rein wissenschaftliche Fragen eingemischt. Die von Ohnmachtsgefühlen geplagte Politik glaubt so, wieder Macht zurückgewinnen zu können. Erstmals wieder konnte man so Steuer- und Abgabenerhöhungen als etwas ethisch Wertvolles verkaufen. Typisch ist etwa die Forderung eines Mannes, der im ORF etliche Jahre als die Stimme des Mannes von der Straße seine täglichen Auftritte zu allem und jedem hatte: Niki Lauda verlangte – unabhängig davon, dass seine Formel 1 und auch Flugzeuge selbst die heftigsten Treibstoffsünder sind – plötzlich, dass angesichts der Klimakastrophe die Demokratie sistiert werden und die Freiheit der Menschen eingeschränkt werden müsse.
Es ist unglaublich verführerisch für die Politik, wenn sie vom Volk aufgefordert wird, zu diktatorischen Mitteln zu greifen. Warum sollte sie da Nein sagen?
Ist Umweltschutz überflüssig? Ganz und gar nicht. Aber statt einer imaginären globalen Erwärmungs-Katastrophe sollten wir uns mehr um die echten Umweltprobleme wie die Versauung der Grundwässer durch Dünger und die rapide voranschreitende Zubetonierung der Bodenflächen durch oft überflüssige Gebäude und Verkehrsbauten kümmern.
(Dieser Text ähnelt in Teilen einem Vortrag, den ich vor dem Liberalen Klub in Linz gehalten habe.)
Ein Tagebuch-Leser hat sich nach dem kritischen Bericht über den Vorschlag des Sozialministers, das Gleichbehandlungsgesetz noch einmal zu verschärfen, an den ÖVP-Klub gewandt.
Dort hat er eine zumindest ermutigend klingende Stellungnahme erhalten, nachdem ja die Wirtschaftskammer dieser von der Diktatur der Political Correctness erwünschten Beschränkung der persönlichen und unternehmerischen Freiheit schon zugestimmt hatte. Im Wortlaut der Brief aus dem ÖVP-Klub: „Die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz war zwar in Begutachtung, doch ist bis jetzt kein neuer Vorschlag am Tisch. Ihre Argumente sind uns bekannt und auch wir sind sehr in Sorge. Schon 2011 wollte die SPÖ das „leveling-up“ in der Novelle verankern. Aber wir konnten das erfolgreich verhindern. Dieses Mal wird uns dies sicherlich auch gelingen.“ Klingt positiv, aber ein wenig vage. Daher sollte man da höllisch aufmerksam bleiben – und jedenfalls alles Wirksame tun, um eine rot-grüne Mehrheit zu verhindern, bei der solche Correctness-Gesetze mit Garantie in Serie kämen.
Gegen den Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder ermittelt die Bozener Staatsanwaltschaft wegen des angeblichen Delikts der Amtsunterschlagung. Die Strafverfolgung gründet auf dem so genannten Anfangsverdacht, welchen der Rechnungshof im Zusammenhang mit Durnwalders Sonderfonds und daraus getätigten Ausgaben erhebt. Die in Durnwalders Amtssitz beschlagnahmten Akten – derlei kam erstmals am Sitz eines Südtiroler Landeshauptmanns vor – wurden an den Leitenden Staatsanwalt übermittelt. Beanstandet werden Ausgaben in Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Euro zwischen 1994 und 2012.
Neben einem Reptilienfonds (Repräsentationsgeldern) verfügen die Mitglieder der Südtiroler Landesregierung jeweils über einen Sonderfonds, dessen Ausgaben nicht belegt, sondern nur aufgelistet werden. Durnwalder steht eine jährliche Summe von 72.000 Euro zur Verfügung. Dieses Geld, so der Rechnungshof, sei vielfach für unzulässige Zwecke wie Geschenke, Eintrittskarten oder Arzneimittel ausgegeben worden – ein Vorwurf, den Durnwalder bestreitet: Er habe aus seiner eigenen Brieftasche Ausgaben vorgestreckt; am Monatsende seien sie mit dem Sonderfonds verrechnet worden.
Die Staatsanwaltschaft, die dem Vernehmen nach unter anderem Kosten für Durnwalders opulente Feier aus Anlass seines 70. Geburtstags auf Schloß Tyrol bei Meran unter die Lupe nimmt, scheint jedoch anderer Ansicht zu sein und stellt das bisherige System in Frage. Sie beruft sich auf einen sizilianischen Präzedenzfall des Jahres 2009, zu dem das Kassationsgericht entschieden hatte, dass alle Sonderfondsausgaben dokumentiert und begründet werden müssen. Laut italienischem Strafgesetzbuch begeht eine Amtsperson selbst dann Unterschlagung im Amt, wenn sie sich Geld oder eine andere bewegliche Sache nur für kurze Zeit leiht bzw. aneignet und die Verrechnung später erfolgt.
Leitender italienischer Staatsanwalt in Bozen ist Guido Rispoli. Dessen Vorgehen mit publizistischem Getöse gegen Durnwalder, den mächtigsten Mann Südtirols, scheint indes zwei Ziele zu verfolgen: Seht her, wir ermitteln gegen jeden, gleich welchen Ranges, Amtes oder Standes, lautet die Botschaft. Und er verfolgt damit zugleich eine klare Entlastungsstrategie für sich selbst in einem anderen Fall, der im Rechtsgeflecht zwischen Italien, Österreich, Deutschland und Liechtenstein einigen Staub aufgewirbelt und bei dem sich Rispoli mittlerweile zwei kräftige Abfuhren eingehandelt hat.
Seit zwei 2010 Jahren lässt Rispoli gegen die Laurin-Stiftung ermitteln, eine in Liechtenstein ansässige Privatstiftung, in welche die in Australien lebende Philantropin Helga Christian, Tochter eines Wiener Industriellen, große Teile ihres ererbten Vermögens einbrachte. Die Stiftung unterstützt vornehmlich in Not geratene Bergbauern. Stiftungsgelder fließen zudem in die Kulturarbeit Südtirols. Der Eifer Rispolis richtet sich hauptsächlich gegen zwei Mitglieder des Stiftungskuratoriums: Erhard Hartung und Peter Kienesberger, zwei in Deutschland lebende Österreicher, die zu den Südtiroler Freiheitskämpfern zählen.
Im Vorjahr ließ Rispoli das Bozener Stiftungsbüro durchsuchen. Im Frühjahr rückte er in Nürnberg an und ließ bei Kienesberger Rechner, Speichermedien sowie Unterlagen beschlagnahmen. Das Amtsgericht Nürnberg hatte Rispolis Rechtshilfeersuchen zunächst entsprochen, wogegen Kienesberger Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einlegte. Dieses stellte hingegen die Unrechtmäßigkeit des Vorgehens fest.
Werner Neubauer (FPÖ), Mitglied im Südtirol-Unterausschuss des österreichischen Parlaments, frohlockt und spricht von einer „Zurechtweisung und rechtsstaatlichen Belehrung der italienischen Staatsanwaltschaft in Bozen“. Und fährt fort: „Wie aus Innsbruck zu vernehmen ist, hat sich Rispoli mit seinem Ansinnen, maßgebliche Vertreter aus Politik und Gesellschaft in Tirol und Südtirol, aber auch Vertreter der Laurin-Stiftung, politisch motiviert zu verfolgen, eine Abfuhr bei der österreichischen Justiz eingeholt".
In einem Rechtshilfeersuchen hatte der Leiter der italienischen Staatsanwaltschaft Bozen begehrt, dass die österreichischen Justizbehörden im Zuge von Hausdurchsuchungen „Unterlagen sicherstellen sollten, die sich auf die Laurin-Stiftung, auf politische Parteien Südtirols (Die Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit, Union für Südtirol), auf deren Vertreter (Pius Leitner, Ulli Mair, Eva Klotz, Sven Knoll, Andreas Pöder), auf Bürgermeister Südtirols, auf den Schützenbund“ beziehen. Als „Begründung" war unterstellt worden, dass die in Liechtenstein registrierte Stiftung „eine illegale Geheimgesellschaft“ sei.
Ebenso wie zuvor die liechtensteinische und deutsche Justiz wies nun auch das Innsbrucker Landesgericht das Rechtshilfeersuchen Rispolis zurück. Es verweigerte Hausdurchsuchungen sowie die Auslieferung sämtlicher Stiftungsunterlagen und der damit verbundenen Kontenöffnungen. Damit ist auch der lächerliche Vorwurf der Steuerhinterziehung, welcher ohnedies jeder Grundlage entbehrte, vom Tisch.
Neubauer freut es, „dass nach der deutschen nun auch die österreichische Justiz gegen diese ungerechtfertigte Vorgehensweise der italienischen Staatsanwaltschaft entschieden“ habe. Ebenso Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Partei Süd-Tiroler Freiheit: Damit hätten die österreichischen Justizbehörden den „politisch motivierten Untersuchungen“ Rispolis eine klare Absage erteilt. Man darf nun gespannt sein, welchen Ausgang die „Causa Durnwalder“ nimmt.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
"Remember, remember the Fifth of November
Gunpowder, treason and plot;
I know of no reason why gunpowder treason
Should ever be forgot.“
Am fünften November des Jahres 1605 wurde ein Anschlag verhindert, der, wäre er geglückt, vermutlich ein politisches Erdbeben ausgelöst hätte – vergleichbar mit jenem, das die Attacken auf die Zwillingstürme des World Trade Centers im Jahr 2001 nach sich gezogen haben. Es geht um den „Gunpowder Plot“ auf das englische Parlamentsgebäude, dessen auf der Insel heute noch vielerorts gedacht wird.
Die Absicht des britischen Offiziers Guy Fawkes war es, einen Sprengstoffanschlag zu verüben, dem die gesamte politische und geistliche Elite Englands zum Opfer fallen sollte. Zu diesem Zweck wollte er am Tag der Parlamentseröffnung, wenn, neben großen Teilen des Hochadels und des hohen Klerus, auch König Jakob I. nebst Familie anwesend war, eine gewaltige Menge von zuvor im Keller des Gebäudes deponierten Schwarzpulvers zur Explosion bringen.
Der Plan scheiterte in letzter Sekunde durch den Verrat eines Mitverschwörers und hatte die Hinrichtung aller daran Beteiligen zur Folge.
Die Motive Guy Fawkes´ – nach Meinung von Witzbolden mit Sinn für britischen Humor – „der einzige Mann, der je ein Parlament in ehrlicher Absicht betreten hat“, bleiben an dieser Stelle unbeachtet. Es geht stattdessen um die Beschäftigung mit den Konsequenzen der Tat – wäre sie geglückt.
Wäre der Anschlag tatsächlich ausgeführt worden, hätte er England ins Chaos gestürzt. Der kollektive Ausfall der gesamten politischen Elite wäre schwer, wenn nicht unmöglich, zu verkraften gewesen. Da die Staatsgeschäfte damals – wie in jeder Monarchie mit starker Position des Königs – in den Händen eines kleinen Personenkreises ruhte, gab es auch keine jederzeit bereit stehende „Reservearmee“ potentiellen Ersatzpersonals. Ein intelligent, entschlossen und rücksichtslos ausgeführter Coup hätte es daher ermöglicht, schlagartig eine entscheidende Weichenstellung – in welcher Richtung auch immer – vorzunehmen.
Heute ist das anders: Die in modernen Demokratien alle Lebensbereiche durchdringende Politisierung der Gesellschaft bringt es mit sich, dass ein vergleichbarer Terroranschlag so gut wie keine nennenswerten Konsequenzen hätte. Würde Guy Fawkes heute in Österreich zuschlagen und 183 Abgeordnete, zwei Dutzend Minister und Staatssekretäre und den Bundespräsidenten zusammen ins Jenseits befördern – was hätte er gewonnen? Ein paar Tage danach wäre alles beim Alten: Anstatt der ersten wäre eben die zweite Garnitur am Ruder. Schließlich gibt es Abertausende von Möchtegernabgeordneten, -ministern und -präsidenten, die jederzeit dazu bereit stehen, an dem Punkt weiterzumachen, an dem man die Aktivitäten ihrer Vorgänger unterbrochen hat.
Angesichts der Jahrzehntelang erwiesenen Reformresistenz des rezenten Politsystems im Land der Hämmer, in dem selbst eine klitzekleine Verwaltungsvereinfachung – ganz zu schwiegen von einer veritablen Verfassungsreform – am Beharrungsvermögen von Tausendschaften wohlbestallter Privilegienritter scheitert, dürfte die Antwort auf die Frage, ob dessen vergleichsweise hohe „Regenerationsfähigkeit“ gut oder schlecht ist, nicht allzu schwer fallen…
Ludwig Mises stellt in „Die Bürokratie“ fest: „Wer seinen Mitmenschen nicht zu dienen in der Lage ist, will sie beherrschen." Ob das im Jahr 1605 auch auf Jakob I. zutraf, sei dahingestellt. Betrachtete der sich doch schließlich als von „Gottes Gnaden“ in sein Amt berufen. Zumindest theoretisch und durch glückliche Umstände bedingt konnte zu seiner Zeit tatsächlich ein charakterlich, geistig und körperlich dafür geeigneter Mensch an die Macht gelangen und diese behutsam und zum Vorteil seiner Untertanen einsetzen.
In der Massendemokratie dagegen gelangen – dank völlig verkehrter Anreize und Selektionsmechanismen – stets die skrupellosesten und gefährlichsten Individuen an die Macht. Ein aufrichtiger und ehrlicher Akteur hat im Wahlkampf einer modernen Demokratie, in der die Stimmen gezählt und nicht (mehr) gewogen werden, keinen Funken einer Chance, gewählt zu werden. Folglich wimmelt es in den politischen Führungszirkeln einer Massendemokratie von zu ehrlicher Arbeit ebenso unwilligen wie unfähigen, verschlagenen und bösartigen Individuen, die außerhalb dieses Habitats niemals in Führungspositionen gelangen würden.
Die meisten anständigen Menschen dagegen pflegen sich von der Politik möglichst weit fernzuhalten…
Fazit: Guy Fawkes würde sich unserer Tage wohl eher der Rosenzucht widmen. Dass nach dem Vorbild seines Konterfeis angefertigte Masken heute von linken Adoranten überbordender Staatsmacht getragen werden, wenn sie sich auf den Weg machen, die Wallstreet zu okkupieren, darf als Treppenwitz der Geschichte verbucht werden und wirft ein grelles Licht auf die Geschichtsvergessenheit unserer Tage…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Es lebe der kleine Unterschied: Wenn man fußballverdrossen ist, geht man nicht mehr auf den Sportplatz und kann auch ohne diesen Sport unbekümmert weiterleben. Wenn man politikverdrossen ist und nicht mehr zu Wahlen geht, dann bekommt man dennoch alle Konsequenzen politischer Entscheidungen zu spüren, ohne dass man den winzigen Mitspielraum genutzt hätte, den jeder in einer Demokratie (noch) hat. Man straft also nicht die Politik oder Politiker, sondern sich selber und macht die anderen mächtiger.
Jedenfalls sinkt die Wahlbeteiligung als sichtbarste Form der Politikverdrossenheit kontinuierlich. Zugleich bleibt in allen Parteien weitgehend der qualifizierte Nachwuchs aus. Das Image der Politiker hat einen Tiefpunkt erreicht. All diese Aspekte sind Folgen eines historischen Erdbebens im geistigen Fundament unserer Gesellschaften: Sowohl das demokratische wie auch das rechtsstaatliche Prinzip wie auch das Bekenntnis zu Marktwirtschaft und Leistungsprinzip sind als Ganzes unterminiert und beschädigt. Denn viele Menschen haben das Bewusstsein um den Wert dieser Grundlagen verloren. Die Ursache ist erstaunlich: Gerade der Erfolg der marktwirtschaftlich-rechtsstaatlichen Demokratie hat diese Grundlagen scheinbar unwichtig gemacht.
Noch nie haben zwei Generationen ohne jede Unterbrechung in einer Periode des inneren und äußeren Friedens, des ständig wachsenden Wohlstands und Aufstiegs leben können. Den Menschen wurden aber nicht Rechtsstaat, Marktwirtschaft und Demokratie als Grundlage dieses Segens vermittelt. Statt dessen wurde ihnen eingetrichtert: Wenn man nur die richtige Partei wählt, kommt der restliche Segen ganz von selbst. Das ewige Glück schien machbar. Jetzt aber platzen die verantwortungslosen Versprechungen der Parteien. Sie sind rat- und orientierungslos, die Wähler ebenso: Und gemeinsam versuchen sie, die bedrohlichen Fakten so lange es geht zu verdrängen.
Die große Frage lautet: Kann die Wahrheit, kann das Wissen um diese Basis noch einmal in unser kollektives Bewusstsein zurückgeholt werden? Zu dieser Basis gehören: Die fundamentalen Bedeutung des Rechtsstaats, in dem unabhängige und charakterlich saubere Richter nach klaren und bekannten Gesetzen judizieren; die Überlegenheit der Marktwirtschaft als einzig funktionierende Quelle von Wohlstand und Gerechtigkeit; die freiwillige Befolgung der Regeln des Zusammenlebens durch die Bürger, auch wenn kein Polizist dahintersteht; die Prinzipien der Demokratie; die Selbstverständlichkeit von Fleiß und Leistung; die Einhaltung diverser Generationenverträge; und nicht zuletzt die Kompromissfähigkeit.
Fast alles von dem ist in Erosion, ist innerlich ausgehöhlt. Die Bürger spüren, dass es jetzt eigentlich nur noch bergab gehen kann. Sie sind in ihrer Frustration sogar bereit, in phrasendreschenden Selbstdarstellern die erträumten Wunderheiler zu erblicken. Denn sie glauben – nachvollziehbar, aber falsch – nach wie vor an die billigen und einfachen Problemlösungen. Als ob man Jahrzehnte von Fehlern mit einem Mal wieder gut machen kann. Und ebenso falsch wie nachvollziehbar ist, dass sie die Fehler nur bei der Politik suchen, aber nie bei sich selber.
In Wahrheit ist ein guter Teil der Fehler dieser letzten Jahrzehnte nicht mehr reversibel. Und vieles andere wäre nur noch mit größter Mühe wieder ins Lot zu bringen. Was sind nun die konkreten Fehler, die sich in dieser Systemkrise und der Politikverdrossenheit niederschlagen? In Stichworten – und das Wichtigste zuerst:
Angesichts dieser hier kurz angerissenen katastrophalen Entwicklungen ist psychologisch die frustrierte Abwendung vieler, insbesondere auch junger Menschen nachvollziehbar. Dabei bräuchten Demokratie und Rechtsstaat deren Engagement stärker denn je. Freilich nicht zu einer Perpetuierung all dieser Fehlentwicklungen, sondern zu einem mutigen Neubeginn.
Dieser Beitrag erschien in einer ähnlichen Form auch in einer Studentenzeitschrift (der Ostaricia).
Die allgemeine politische Unzufriedenheit in Österreich lässt sich unter anderem an der steigenden Zahl der Neugründungen politischer Parteien der letzten Jahre bemessen. Wer hier aber sein eigenes Süppchen kochen will, scheitert bald an der Realität der hiesigen Machtverhältnisse, an ausgekochten strukturellen und gesetztlichen Behinderungen und nicht zuletzt an der Resignation der Bevölkerung.
Die letzte Partei, die es aus eigener Kraft in den Nationalrat geschafft hat, waren die Grünen. Sie waren zu fast 100 Prozent bekannt und sie haben gerade einmal die Hürde von vier Prozent geschafft … Und das ist lange her.
Angesichts des starren Machtblocks eines süffisant agierenden politischen Establishments steigt daher aber auch die Bereitschaft zu politischen Kooperationen in den Reihen der Klein- und Kleinstparteien in Österreich. Und zu den neuen Parteien gesellen sich bald auch immer mehr politische Netzwerke, Arbeitsgemeinschaften und Kooperationsplattformen, die versuchen, bei zahllosen Projekten und Aktionen zerstreute Kräfte zu bündeln.
Man will etwas verändern und weiß, man schafft es nicht alleine, sondern nur wenn viele an einem Strang ziehen.
Diese Erfahrung haben auch jene Gruppen für sich gemacht, die sich als Mutbürger im Sommer 2012 zu einer Kooperationsinitiative gefunden haben. Und sie haben neue Hoffnung geschöpft im gemeinsam ausgearbeiteten Konzept:
Das Ziel der Mutbürger ist die bestmögliche Repräsentanz der Wähler in der Politik durch Bürgerbeteiligung. Das Arbeitskonzept ist die Schaffung von Know How im Bürgerbetiligungsprozess durch fortgesetzte Schulung (vornehmlich auf Gemeindeebene) darüber, wie und mit welchen „Werkzeugen“ Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse zu repräsentativen Ergebnissen führen. Also ein sehr langfristiges Bildungs-Konzept.
Sie sind darin sicher Idealisten, weil sie sich unmittelbar nicht viel und ab sofort sehr langfristig einen Haufen Arbeit erwarten können. Und sie sind sicher eine ideologisch breit gestreute Plattform politisch engagierter Gruppen. Gerade die individuelle Historie jeder einzelnen Gruppe und ihrer über die Jahre erarbeiteten Kompetenzen, sowie die Originalität neuerer Gruppen macht aber die Stärke ihrer Vielfalt aus. Der Konsens liegt in den gemeinsamen Werten, die sie nicht „entschieden“, sondern im mühsamen Prozess „gefunden“ haben.
Dabei sind ihnen alle willkommen, die die Demokratie verbessern wollen und die gemeinsamen Werte unterstützen und das glaubhaft machen können.
Genau der konsensierte Verzicht darauf, die eigenen ideologischen und inhaltlichen Ziele voranzustellen – zugunsten eines offenen Meinungsbildungsprozesses mit den Bürgern – macht den Paradigmenwechsel aus, auf den es ankommt, um überhaupt miteinander kooperieren zu können. Manche sind für eine Partnerschaft schon reif, andere beobachten erst einmal oder überlegen noch, oder müssen überhaupt erst eigene Erfahrungen (bei Wahlantritten) sammeln.
Die gemeinsame Klammer dieses Verbands kann daher aber auch kein ausgefeiltes Oktroy eines inhaltlichen Programms sein, sondern muss im Fokus auf strukturelle Änderungen liegen, die sich bisher in zwei Hauptforderungen kondensiert haben:
Damit haben die Mutbürger wesentliche Strukturen der direkten Demokratie ermittelt, als deren Experten sie sich sehen. Auch hier zeigt sich eine nur durch harte Arbeit näherbare Vision, weil genau diese Forderungen eine Machtverteilung von der Parteienoligarchie auf die breite Basis der Bevölkerung bedeutet, die schwer und ohne Druck durch gemeinsame Wahlantritte keinen Millimeter weit zu erreichen ist…
Nur eine oberflächliche Sichtweise stößt sich dabei am bisherigen Fehlen konkreter inhaltlicher Programmziele. Die gibt es nämlich nicht von der Mutbürgerpartei, sondern sie entstehen konsequent subsidiär durch die Stimmbürger, möglichst durch Konsensbildung, wo nicht möglich durch andere Werkzeuge des Entscheidungsprozesses (z.B. von simplen Mehrheitsabstimmungen bei weniger polarisierenden Themen bis z.B. systemischem Konsensieren bei schwierigen Themen), aber strikt nur nach einem erfolgreichen Meinungsbildungsprozess.
Von den Mutbürgern gibt es also nur die Schulung, aber nicht das vorgefertigte bis ins Detail ausgearbeitete Programm. Das Programm entsteht im Volk und wird von den Mutbürgern lediglich ermittelt und berichtet.
Auch die Kandidaten kommen aus dem Volk. Sie müssen sich von den Bürgern, die sie vertreten wollen, auf fachliche und vor allem auf soziale Kompetenz prüfen und wählen lassen. Auch diesen Wahlprozess begleiten die Mutbürger bei Bedarf mit fachlicher Unterstützung.
So steckt hinter der unaufgeregten Formel „Neue politische Kultur schaffen“ keine leere Phrase, sondern das Kondensat eines Paradigmenwechsels, der in erster Linie viel, viel, viel Arbeit durch sie selbst bedeutet. Inhaltliche Ziele müssen hingegen sehr allgemein bleiben. Die Mutbürger können dazu lediglich Vorschläge anbieten.
Der Wechsel vom Elitenklüngel zur konsequenten Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, der Bürgerbeteiligung und anderer Werkzeuge der direkten Demokratie bedeutet eine andere Sichtweise, als alle Verantwortung auf die „Politiker“ zu schieben. Er bedeutet Mut und Reife zur Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Selbsthilfe. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess, den die Mutbürger einleiten und begleiten wollen. Dazu ist vor allem die Auseinandersetzung mit den Details sachpolitischer Themen, die Rücksicht auf das Gemeinwohl, das Ordnen der eigenen Gedanken und das verständliche Artikulieren im Meinungsbildungsprozess von den Stimmbürgern oftmals erst zu lernen.
Die Motivation dazu sollte von einem gesetzlich gut geregelten Recht auf Selbstbestimmung kommen, das aber überhaupt noch nicht vorhanden ist. Denn wir leben in einer politischen „Passiv-Gesellschaft“, in der man uns das „Selbst-Denken“ und erst recht das „Selbst-Handeln“ abgewöhnen will.
Ein Henne/Ei-Problem also, das nur schrittweise und im persönlichen Gespräch zu lösen ist, um Druck von der Bevölkerung auf gesetzlich geregelte Selbstbestimmung zu generieren. Die Schweiz bietet einen Einblick, in welche Richtung dieser politische Kulturwandel gehen könnte.
Am 18. Oktober 2012 haben die Mutbürger Ihre Antritts-Pressekonferenz abgehalten. Die Grundzüge sind auf der Homepage zu finden.
Gerald Grüner (Obmann-Stellvertreter NFÖ/Mutbürger)
www.mutbuergerpartei.at
www.nfoe.at
Ganz Europa hat bis zuletzt atemlos das Rennen Obama-Romney verfolgt. Warum eigentlich? Primär weil das weltweite Mediensystem in jeder Frage stark amerikalastig ist. Das sieht man etwa an den riesigen Berichten über die Hurrikan-Schäden in den USA, während das schwerer getroffene Haiti nur einspaltig behandelt worden ist. Dazu kommt, dass amerikanische Präsidentenwahlen dramaturgisch sehr spannend aufgebaut sind; sie eskalieren von den ersten Wahlkämpfen für Primaries bis zur Analyse jedes einzelnen „Swing“-Staates über ein Jahr. Dennoch ist die in Europa erfolgende Überbetonung dieses Wahlgangs eine Verzerrung der wirklich Wichtigkeiten.
Denn erstens ist ein amerikanischer Präsident gegenüber dem US-Kongress erstaunlich schwach, also gar nicht so mächtig, wie wir glauben. Zweitens sind die sachlichen Entscheidungen, vor denen die USA stehen, viel wichtiger und spannender als jede Personalfrage. Und drittens sind wir im 21. Jahrhundert angekommen: Amerika war zwar „die“ Supermacht des 20. Jahrhunderts; Jetzt steht ihm jedoch – so wie Europa – mit hoher Gewissheit eine Epoche des ständigen Abstiegs bevor, während Asien zum Zentrum des Globus wird.
Gewiss: Dieser amerikanische Abstieg findet auf einem vorerst noch immer sehr hohen Niveau statt. Aber sowohl wirtschaftlich wie demographisch wie außenpolitisch stehen die USA und damit auch ihr nächster Präsident vor in Wahrheit nicht bewältigbaren Problemen – egal wie der Präsident nun heißt. Daher ist es auch viel wichtiger, sich mit diesen Problemen zu befassen als mit irgendwelchen Versprechern oder auch Versprechungen der Kandidaten während des Wahlkampfs. Oder mit deren Religion, oder ihrem privaten Reichtum.
Welcher der beiden auch immer es wird: Er ist mit einem Parlament konfrontiert, in dem zumindest derzeit in jeder Kammer eine andere Partei die Mehrheit hat. Und selbst wenn die Partei des Präsidenten überall die Mehrheit hätte, kann die Opposition ihr und dem Präsidenten vor allem durch Filibustern – also durch ein die Abstimmung verhinderndes Dauerreden – das Leben weit schwerer machen, als es je eine österreichische Oppositionspartei gegen die Regierungsmehrheit könnte. Lediglich beim Kriegführen ist ein Präsident erstaunlich frei.
Amerika und sein Präsident stehen in den nächsten Jahren vor einer Fülle außenpolitischer Herausforderungen, die kaum zu bewältigen sind. Die da im Wesentlichen sind:
Das sind die zentralsten Probleme und Herausforderungen des bisherigen Weltpolizisten im Bereich der Außenpolitik. Es ist kein Zufall , dass die beiden für die USA lange dominierenden Regionen in dieser Liste gar nicht vorkommen: Europa und Lateinamerika. Diese sind für Washington einfach nicht mehr so wichtig, wie sie früher stets waren.
Das muss man langsam auch in Europa begreifen. Wenn an den Rändern Europas Konflikte auflodern, verlangen die USA zunehmend, dass sich Europa selbst darum kümmert, siehe Balkan, siehe Tunesien. Seit sich die Amerikaner kaum noch vor den Russen fürchten, wollen sie sich in regionalen Fragen selber nicht mehr wirklich engagieren. Diese Aufmerksamkeits-Verschiebung zeigt den Europäern aber auch ihre eigene wirtschaftliche und militärische Schwäche sowie das Fehlen eines politischen Gewichts.
Eine kluge europäische Sichtweise sollte jedenfalls etwa dem bevorstehenden Machtwechsel in Peking ähnlich viel Aufmerksamkeit widmen wie den US-Wahlen – auch wenn dort die Vorgänge viel intransparenter sind. Aber dort werden jedenfalls entscheidende Weichen gestellt.
Wenn wir zu den die innenpolitischen Sorgen und Herausforderungen wechseln, zeigt sich, dass es da für den nächsten US-Präsidenten noch weniger Aussichten auf leichte Lösungen gibt als in der Außenpolitik.
Ob es der Sieger schaffen wird oder überhaupt kann, in all diesen Herausforderungen zu bestehen? Es ist jedenfalls schade, dass sie im amerikanischen Wahlkampf weitgehend untergegangen sind. Diese Themen wurden in der europäischen Berichterstattung noch viel mehr vernachlässigt, die sich wie bei einem Sportereignis auf den Wettkampf an sich konzentriert. Die sich lieber für einzelne verbale Hoppalas der Kandidaten oder für die Frage interessiert, welcher First-Lady-Typ einem sympathischer wäre: die emanzipierte und politisch ambitionierte Frau Obamas oder die sich ganz auf ihre Aufgabe in der Familie konzentrierende Frau Romneys . . .
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
In einer wie meist höchstens grenzlustigen ORF-Sendung wurde ein Stronach-Imitator gezeigt, wie er einen Imitator des Fußballers Alaba rassistisch beleidigt.
Darauf ist der große Sturm ausgebrochen. Anzeigen und Klagen werden angedroht. Der ORF wie die Möchtegern-Kabarettisten werfen sich zerknirscht in den Staub und entschuldigen sich bei Alaba. Warum eigentlich? Angeblich darf ja Kunst und Kultur alles. Und der ORF ist doch sicher reine Kunst. Aber wenn man nach all den Beleidigungen für Kirchen und nichtlinke Politiker nun plötzlich gutes Benehmen entdeckt, so stellt sich die Frage, warum man sich nur bei Alaba entschuldigt. Denn primär hat man ja Stronach beleidigt, dem man tiefen Wirtshaus-Rassismus unterstellt hat. Bei allem, was man an dem Parteigründer kritisieren mag, es sind keine rassistische Äußerungen des Austrokanadiers bekannt. Offensichtlich ist am Küniglberg aber der Wahlkampf schon voll im Gange. Und da werden im linken Kampfsender nun eben nicht mehr nur Schwarz und Blau heruntergemacht, sondern interessanterweise auch schon Stronach (den man bisher als Bedrohung für Blau und Schwarz eher gefördert hat). Der ORF beweist: Es geht immer noch ein Stück mieser. Oder soll das alles – samt der Groteske um einen Herrn Sido – nur als Ablenkungsstrategie überdecken, dass die SPÖ gerade wieder einen Politruk in eine journalistische Schlüsselposition hievt?
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Ja. Barack Obama sollte wieder Präsident der Vereinigten Staaten werden. Damit tun sich die US-Bürgerinnen und Bürger sowie der internationalen Staatengemeinschaft einen großen Gefallen. Der 44. Präsident der Vereinigten Staaten hat während seiner ersten Amtszeit trotz widriger Umstände viel erreicht. Er musste mit der schlimmsten Rezession seit den 1930er-Jahren zurande kommen und hat darüber hinaus von seinem Vorgänger zwei Kriege geerbt. Einen davon, den Irakkrieg, hat er wie versprochen rasch beendet. Bereits nach vier Wochen im Amt kündigte er den Abzug der US-Truppen aus dem Irak an und hielt Wort: Im Sommer 2010 haben die letzten Kampftruppen das Land verlassen. Obama hat auch den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan bis 2014 eingeleitet. Dem Ziel der atomaren Abrüstung ist er nähergekommen. 2009 verkündete er in Prag, dass er die weltweite Abschaffung aller Atomwaffen anstrebe. Ein Jahr später unterzeichnen die USA und Russland den START-Abrüstungsvertrag. Beide Seiten verpflichten sich, ihre Atomwaffenarsenale zu verkleinern.
Mit einem 800 Milliarden Dollar schweren Konjunkturprogramm konnte er den wirtschaftlichen Niedergang des Landes stoppen, rettete die US-Autoindustrie und schnürte eine historische Reform für das Finanzwesen. Das Gesetzespaket sieht schärfere Regeln für die Finanzinstitute, mehr Macht für staatliche Kontrolleure und einen besseren Verbraucherschutz vor. Die wohl wichtigste Errungenschaft der ersten Präsidentschaft Obamas aber ist die Gesundheitsreform. Er wagte sich an ein Thema, an dem sich viele US-Präsidenten vor ihm die Zähne ausgebissen haben, und bekam noch dazu vom höchsten US-Gericht grünes Licht für sein Jahrhundertprojekt. Künftig sind auch weniger Begüterte in den USA gegen Krankheiten versichert. Das betrifft immerhin rund 32 Millionen Menschen, die bis dato keine Versicherung hatten. Insgesamt kann sich die Bilanz von Obama sehen lassen. Er hat die Wahl zum US-Präsidenten durchaus verdient.
Andreas Unterberger
Nach "Sandy" und Wahl werden die USA wieder die gleichen Probleme wie Europa haben: Da wie dort lebt man seit Jahren über die Verhältnisse. Da wie dort können die enormen Schulden nur noch mithilfe der jeweiligen Notenbanken finanziert werden. Das wird da wie dort zwangsläufig zu Geldentwertung und zu gefährlichen Blasen führen.
Und beide Seiten des Nordatlantiks verlieren von Jahr zu Jahr an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der auch biologisch jungen Konkurrenz aus den voll auf ungehemmte Marktwirtschaft setzenden Staaten Süd- und Ostasiens, aber auch Südamerikas. Ein viel zu teurer Wohlfahrtsstaat, Überalterung und eine selbstbeschädigende "Klima"-Politik (vor allem in Europa), sowie teure Kriege und Rüstungsausgaben (vor allem in den USA) sorgen für ein immer weiteres Zurückfallen.
Im Grunde macht keiner der beiden amerikanischen Präsidentschaftskandidaten einen überzeugenden Eindruck, das Land wieder kraftvoll und mutig aus der Krise führen zu können.
Barack Obama wirkt zwar persönlich sympathischer, aber er ist jener Kandidat, der für noch mehr Sozialstaat und noch mehr Schulden steht. Weshalb seine - wahrscheinliche - Wiederwahl weder für die USA noch die Europäer ein hoffnungsgebendes Signal sein kann.
Mitt Romney ist zwar persönlich unangenehm hölzern, aber er hätte die - relativ - besseren Rezepte, wie man die amerikanische Wirtschaft wieder ankurbeln und damit auch Arbeitsplätze schaffen kann. Zwar sind auch seine vollmundigen Ankündigungen sicher nicht zum Nennwert realisierbar.
Zwar sind die amerikanischen Republikaner durch die Politik von George W. Bush belastet. Aber der bei Romney zu erwartende Versuch, mit geringeren Defiziten das Land wieder zu beleben und der Wirtschaft mehr Atemraum zu geben, ist zweifellos eine bessere Chance für die Amerikaner als Obama, der stark an den alten Staatsinterventionismus glaubt.
Es ist schon wieder einer jener Rechnungshofberichte, die laut nach dem Staatsanwalt schreien. Im „Kurier“ detailliert nachzulesen.
Das Ausmaß, wie sich Peter Noever, der gefeuerte Direktor des Museums Angewandter Kunst, selbst bedient hat, wie er bei den Besucherzahlen geschwindelt hat (wohl um eine Vertragsverlängerung zu erreichen), wie bei ihm mit falschen Belegen gearbeitet worden ist, wie er zehn Jahre lang Geburtstagsfeiern für seine Mutter auf Museumskosten veranstaltet hat und wie Tausende MAK-Objekte einfach verloren gegangen sind, lässt einem den Mund offen stehen. Das alles bei einem Mann, der so viel verdient wie ein Landeshauptmann oder Nationalratspräsident. Was die meisten längst vergessen haben: Noever ist einst von einem Minister Heinz Fischer in sein Amt berufen worden. Und zuletzt wurde sein Vertrag von einer Claudia Schmied verlängert, der er – natürlich ohne jeden Zusammenhang – kurz davor das Büro neu eingerichtet hat. Noever war einst – ebenso natürlich – auch ein lautstarker Vorkämpfer gegen die schwarz-blaue Regierung, mit ekligem linken Kulturkampfgeschwätz: „Bedrückend und dumpf ist die gegenwärtige Atmosphäre, die sich gleichsam im Verlust des Geistes und der Verrohung der Sprache niederschlägt." Solche „Geister“ hätte Österreich schon viel früher verlieren können . . .
Seit Monaten greift der italienische Ministerpräsident Mario Monti in die Selbstverwaltungsrechte der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol ein. Mit Regierungsdekreten und Erlässen zwingt er die dortige Landesregierung zur finanziellen Alimentierung dessen, was er zur Bewältigung der Überschuldung Italiens und der Sanierung des Staatsbudgets für notwendig erachtet.
Seit Jahren und Jahrzehnten schieben Italiens Regierungen und Finanzminister – egal, welche Partei sie jeweils stellt – einen Schuldenberg vor sich her, der sich an 125 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bemisst. Das bedeutet, dass eine gesamte volkswirtschaftliche Jahresleistung an erzeugten Gütern und erbrachten Dienstleistungen nicht ausreichen würde, um Italiens Verschuldung zu beseitigen. Monti gibt daher allen 20 Regionen und 103 Provinzen auf, nicht nur selbst zu sparen, sondern er kürzt ihnen zudem die dringend benötigten Zuweisungen aus Rom, ohne die sie ihren Aufgaben nicht nachkommen können.
Bozen-Südtirol und die Nachbarprovinz Trient (Trentino) trifft es dabei überproportional hart. Sie sind nämlich aufgrund der politisch-historischen Nachkriegsentwicklung unter dem Dach der Autonomen Region Trentino - Alto Adige „vereint“ und sollen daher quasi doppelt bluten. Allein auf Bozen-Südtirol bezogen hießen Montis Maßnahmen, dass die Landesregierung für die kommenden beiden Jahre auf ungefähr 850 Millionen Euro verzichten müsste – bei einem Haushaltsvolumen von rund fünf Milliarden Euro.
Käme dies tatsächlich so, will sagen: Setzte sich Monti durch – wonach es aufgrund bisheriger Zustimmung in den beiden römischen Parlamentskammern zu allen getroffenen Maßnahmen aussieht – so bedeutete dies nicht nur den glatten Bruch des „Mailänder Abkommens“, sondern darüber hinaus statuarischer Bestimmungen der Südtirol-Autonomie. Das 2010 in Kraft getretene Abkommen ist von Landeshauptmann Luis Durnwalder, der es unterzeichnete, und der Südtiroler Volkspartei (SVP) als „Garant der Finanzsicherheit“ gerühmt worden. Es hat zum Inhalt, dass 90 Prozent aller Steuereinnahmen direkt in Bozen verbleiben und nicht nach Rom gehen, worauf dann – wie stets zuvor – in jährlich wiederkehrenden Verhandlungen zwischen Landes- und Zentralregierung darüber befunden wird, wie viel nach Südtirol zurückfließt.
Zugleich hat Südtirol Kompetenzen übernommen und somit finanziert, womit der Staat entlastet wird. Und mit einer Kostenübernahme im Ausmaß von jährlich 100 Millionen Euro entlastet Bozen Rom zusätzlich von weiteren staatlichen Aufgaben und Maßnahmen für Gebietskörperschaften, welche direkt an Südtirol angrenzen. Wobei sich alsbald herausstellen sollte, dass der Gesamtstaat den Vertrag allein schon dadurch verletzte, das diese Gelder von Rom zum Teil einbehalten, zum Teil in Gebiete transferiert wurden, die eben nicht an die Provinz Bozen-Südtirol angrenzen. Weshalb Bozen den Rekursweg beschritt.
Was Monti der Provinz Bozen-Südtirol nun weiters aufzubürden gedenkt, bricht nicht nur dieses Abkommen, sondern verletzt das Südtiroler Autonomiestatut eklatant. Dieses resultiert aus dem 1946 in Paris geschlossenen Gruber - De Gasperi-Abkommen. Das ist nicht allein Bestandteil der italienischen Verfassung. Es führte über die Implementierung 1948 als Erstes Statut, zwei UN-Resolutionen 1960/61, die Arbeit der Neunzehner-Kommission und 137 Maßnahmen zum Schutz der Südtiroler sowie den so genannten Operationskalender zum Zweiten Autonomiestatut von 1972. Dieses stellt über die Paket-Erfüllung und die österreichische Streitbeilegungserklärung 1992 vor den Vereinten Nationen eine völkerrechtlich bindende Verpflichtung Roms dar. Womit zugleich der Jahrzehnte währende Südtirol-Konflikt beseitigt wurde und Italien Österreich als Schutzmacht der Südtiroler anerkannte.
Just diese internationale Verpflichtung, verbunden mit dem Eingriffsrecht Wiens – nach vorausgehender Anrufung durch Bozen – stellt Monti gleich doppelt infrage. Zum einen verstößt sein einseitiges Vorgehen – nämlich finanz-, sozial- und steuerrechtliche Bürden, welche Südtirol treffen, ohne das Einvernehmen mit der dortigen Landesregierung gesucht zu haben, – klar gegen das Autonomiestatut. Zum anderen stellt er mit Aussagen, wonach es bezüglich der Südtirol-Autonomie um „inneritalienische Probleme" gehe, die Respektierung einer internationalen vertraglichen Verpflichtung Italiens infrage. Und fällt damit in jene konfliktreiche Düsternis zurück, welche vor der italienisch-österreichischen Streitbeilegung geherrscht hat, als Rom die Südtirol-Problematik stets als „inneritalienische Angelegenheit“ hingestellt hatte, bis Giulio Andreotti dies mit seiner Note vom April 1992 beendete.
Da mögen Landeshauptmann Durnwalder und SVP-Chef Richard Theiner noch so sehr betonen, Monti solle „die internationale Absicherung der Autonomie und damit die besondere Rolle Österreichs für Südtirol respektieren"; da mögen sie wie in einer tibetanischen Gebetsmühle den Standardsatz „Österreich ist und bleibt unsere Schutzmacht" wiederholen: Viele Südtiroler werden sie damit ebenso wenig besänftigen können wie ihre eigene Sorge darüber, dass Montis Verhalten und damit das Verhalten Roms insgesamt den Deutsch-Südtiroler Oppositionsparteien Aufwind verschafft, die „Los-von-Rom-Stimmung“ begünstigt und sozusagen automatisch die Selbstbestimmungsfrage aufwirft.
Gerade an dieser Aussage Montis zeige sich, wie wichtig es sei, bei der Selbstbestimmungsforderung und -diskussion das Modell Rückkehr zu Österreich nicht aus den Augen zu verlieren, sagt die Landtagsabgeordnete Eva Klotz von der Partei „Süd-Tiroler Freiheit" und wirft der SVP „Verzichtspolitik" vor. Die Abgeordnete Ulli Mair, Chefin der Freiheitlichen, nannte Montis Aussage „den Wahnsinn" schlechthin. Derartiges kenne man „im Normalfall nur aus dem nationalistischen italienischen Lager“. Bedrohlich sei für Südtirol auch die angekündigte Verfassungsreform, welche ausdrücklich vorsehe, dass der Staat künftig nicht mehr gezwungen sein solle, in haushalts- und finanzpolitischen Fragen das Einvernehmen zu suchen, weshalb Regionen und Provinzen mit autonomen Befugnissen römische Vorgaben zu akzeptieren hätten und der Gang vors Verfassungsgericht von vornherein ausgeschlossen wäre. Frau Mair plädierte neuerlich für die Freistaatslösung; Südtirol habe seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.
So hat unterm Brenner längst eine Diskussion darüber an Breite gewonnen, ob der Ende des Ersten Weltkriegs von Italien annektierte und diesem im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye 1919 zugeschlagene südliche Landesteil Tirols im Stiefelstaat verbleiben oder seine Zukunft anderswo suchen sollte.
Schon einmal, im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands 1989/90, war eine Debatte darüber in Gang gekommen: Ob die Südtiroler – bei Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts – darüber befinden können sollten, für ihr Land, das als Autonome Provinz Bozen-Südtirol auch nach dem Zweiten Weltkrieg bei Italien verblieb, (vorerst) nach einer Freistaatslösung zu streben (und später) oder sogleich nach Österreich rückgegliedert und also mit Nordtirol zu vereinigen sei. Mit den Andreas-Hofer-Feiern 2009, im Gedenken an die Tiroler Volkserhebung 1809, hatte sie abermals Auftrieb erhalten.
Die damaligen Antworten, gegeben von den politischen Kräften, die in Bozen, Innsbruck, und Wien das Sagen haben – der römische Standpunkt war, ohne ihn sonders zu erfragen, ohnedies klar – lautete: Mit der Erweiterung der EU durch die Mitgliedschaft Österreichs (1995) und dem mittels des Schengen-Regimes vollzogenen Entfernen der Schlagbäume verliere der Brenner seinen Charakter als „Unrechtsgrenze“. Mit dem Entfall von Grenzkontrollen sowie der grenzüberschreitenden Kooperation, mit gemeinsamen Landtags- sowie Regierungssitzungen und dergleichen mehr wachse wieder zusammen, was einst getrennt worden war. Die Landeseinheit erwachse daher gleichsam aus dem Prozess ihrer Europäisierung. Und die seit 1945 in Bozen regierende Sammelpartei SVP sah statt in der Ausrufung des – nachgerade in ihrem Parteistatut verankerten – Selbstbestimmungsrechts sowie den Freistaats- und/oder Rückgliederungsgelüsten, wie sie vornehmlich die Opposition propagiert, (auch in Innsbruck und Wien) die Zukunft des Landes(teils) in der „Dynamisierung seiner Autonomie“.
Die SVP hat merklich an Strahlkraft eingebüßt, ihre Position ist seit der Landtagswahl 2008 geschwächt, wo sie nur noch über 18 von 35 Sitzen verfügt. Mitunter lässt sie sich auf Händel mit italienischen Parteien ein, die ihr früher nicht in den Sinn gekommen wären. Und die geeignet sind, den Oppositionsparteien und deren Begehr weiteren Zulauf zu garantieren. Der wird von einem Skandal im Landesenergieversorger SEL AG befördert, dessen personelle Verflechtungen mit ihr der SVP schaden.
In der Zukunftsfrage plädieren die „deutschtiroler“ Oppositionsparteien – Freiheitliche (fünf Sitze), Süd-Tiroler Freiheit (zwei Sitze) und Union für Südtirol (ein Sitz) – für einen „Freistaat Südtirol“ oder für „Rückkehr zum Vaterland Österreich“; jedenfalls verbindet sie trotz Nuancen in der politischen Betrachtung und gelegentlicher Reibereien zwischen Personen das „Los von Rom“.
Hinter derartige Forderungen stellt sich ein großer Teil der – parteipolitisch zwar neutralen, aber mit politischen Aussagen immer öfter präsenten – Schützen. Das sind jene traditionsreichen Verbände, die in beiden Landesteilen verankert sind und ihre Heimattreue seit dem Maximilianischen Landlibell von 1511, in welchem die Freiheiten (der Stände) Tirols kodifiziert wurden, stets unter Beweis stellten.
Darauf berufen sich eigentlich auch alle Landtagsparteien Südtirols – außer den italienischen und den „interethnischen“ Grünen. Auch unter der Südtiroler Jugend finden separatistische Anwandlungen Gehör, und sogar in Verbänden Wirtschaftstreibender wird die Option eines selbstbewussten, eigenständigen „Südtirol außerhalb Italiens“ nicht (mehr) verworfen. Ganz offen sprechen Handelstreibende, Touristiker, Industrielle und Handwerker darüber, dass sie, je mehr sich die „Krise Italiens auswächst“, ihre unternehmerische Zukunft „anders ausrichten“. Nicht wenige investieren vermehrt in Österreich und Deutschland.
Im Nationalrat zu Wien lässt die FPÖ verlauten, Österreich müsse „Südtirol die Möglichkeit geben, sich dem italienischen Abwärtsstrudel zu entziehen". Eine erste Möglichkeit sei die Gewährung der Staatsbürgerschaft für Südtiroler. In Wien wie in Bozen wird auf das Beispiel Ungarns verwiesen: Budapest verleiht allen Magyaren außerhalb des Landes, die sie beantragen und ihr Ungarntum nachweisen, die Staatsbürgerschaft.
Das ist in der EU umstritten, und in Wien hat das Innenministerium Bedenken. Doch in einem Gutachten des Innsbrucker Rechtswissenschaftlers Günther Obwexer und in Stellungnahmen des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts wird die Möglichkeit der entsprechenden Gesetzesanpassung – und also Erteilung der Staatsbürgerschaft – für rechtskonform gehalten. Dafür hat eine Bürgerinitiative 22 000 Unterschriften gesammelt; und dafür signalisiert auch die SVP-Führung Sympathie. Insofern ist „die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler nur noch eine Frage des politischen Willens", den aber SVP und österreichische Regierung „doch nicht aufzubringen gewillt“ seien, lassen die Oppositionsparteien verlauten.
Im Vorjahr hat die Süd-Tiroler Freiheit zudem in der Gemeinde Ahrntal – sie besteht aus mehreren Ortschaften und hat knapp sechstausend Einwohner – ein „Selbstbestimmungs-Referendum“ organisiert. Dabei sprachen sich 95 Prozent derer, die daran teilnahmen, für die Einforderung und Anwendung des Selbstbestimmungsrechts aus. Bei einer Beteiligung von nur 31 Prozent der Wahlberechtigten kann zwar von Repräsentativität nicht gesprochen werden, zumal sich der Wahlerfolg der Partei Süd-Tiroler Freiheit bei der Kommunalwahl in der Gemeinde (2010) prozentual mit diesem Ergebnis nahezu deckt; woraus hervorgeht, dass offenkundig lediglich ihre Anhänger am Referendum teilnahmen.
Doch so anfechtbar das Ergebnis auch sein mag, es gänzlich zu negieren wäre fahrlässig. Denn den Charakter eines Stimmungsbarometers trägt es. Würden auch die beiden anderen Oppositionsparteien bei einem landesweiten Referendum mitmachen, so es in Italien nicht zu einer wirtschafts- und finanzpolitischen Erholung käme, so geriete auch die SVP unweigerlich in den Sog des Begehrens „Los von Rom“.
Sie könnte sich dem Selbstbestimmungsverlangen wohl nicht länger mit der Begründung entziehen, Voraussetzung dafür sei erstens, dass Rom völkerrechtliche Verträge missachte; und zweitens sei zu seiner Durchsetzung – nach positivem Ausgang – der Wille und die Kraft Österreichs vonnöten, des Vertragspartners Italiens. Beides ist nicht gar so irreal, wie es noch scheinen mag. Montis ungenierte Zugriffe auf Südtiroler Geld und mühsam errungene Autonomie setzen die SVP zusehends ins Unrecht.
Wenn die SVP in diesem Gärungsprozess nicht mehr zu bieten hat als die Proklamation der „Vollautonomie“ – womit sie eingesteht, dass es sich im stets gepriesenen „Modell Südtirol“ allenfalls um eine Halb- oder Teilautonomie handelt – so erlebt sie womöglich ein „blaues Wunder“.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
Ja, es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Nur gehen sie in der medialen Jagd nach immer neuen Katastrophenmeldungen meist unter. Sie haben es insbesondere dann schwer, wenn sich auch kein Politiker ihrer rühmen kann.
Dennoch sind zwei Entwicklungen für die Zukunft der Welt wohl wichtiger als alles, was da tagtäglich gemeldet wird. Die eine ist der steile Fall der globalen Gaspreise. Die andere ist der ebenso dramatische Zuwachs des Mittelstandes in der dritten Welt. Beide Entwicklungen widersprechen nicht nur den ewigen Untergangs-Propheten. Sie sind auch absolut erfreulich für Investoren, die längerfristig denken.
Die Mittelstands-Vergrößerung bedeutet nach einer HSBC-Studie, dass 2050 fast drei Milliarden Menschen ein mittleres Einkommen haben werden. Das zeigt ebenso wie schon viele aktuelle Daten, dass die Entwicklung der einstigen Dritten Welt signifikant vorankommt und keineswegs nur ein paar Superreichen nutzt. Diese Mittelstands-Milliarden werden die entscheidenden Konsumenten der Zukunft sein: Sie werden in großem Umfang auch europäische Hochqualitäts-Produkte und Tourismus-Angebote kaufen. Diese Milliarden werden viel jünger und dynamischer sein als die Europäer, womit sie auch konsumfreudiger sein werden – aber natürlich ebenso beinharte Konkurrenten für die europäischen Arbeitsplätze.
Auch der Fall des Gaspreises ist erfreulich. Er hängt nur ganz am Rande mit der Konjunkturflaute zusammen. Diese zeigt sich eher am – deutlich langsameren – Sinken der Ölpreise. Der Gaspreis fällt hingegen vor allem wegen vieler neuer Funde und Abbautechniken. Die USA sind Selbstversorger geworden, dennoch kostet Gas dort nur noch ein Viertel dessen, was Gazprom von seinen Kunden in Europa verlangt.
Dies ist freilich der schlechte Teil der Nachricht. Der niedrige Gaspreis kommt noch nicht bei uns an. Einerseits weil in Europa (bis auf das sehr dynamische Polen) der Widerstand gegen die neuen Techniken zum Abbau der auch hier entdeckten großen Gasvorräte zu groß ist, während diese Methoden in den USA und anderswo breitflächig eingesetzt werden. Andererseits ist Europa durch langfristige Verträge an Russland und der Gaspreis an den Ölpreis gekettet. Die Russen zeigen wenig Lust, diese Bindungen aufzugeben. Leben sie doch in hohem Ausmaß von den Energieexporten; ist doch Gazprom zuletzt das gewinnträchtigste Unternehmen der Welt gewesen.
Aber auch hier wird sich in absehbarer Zeit der Markt durchsetzen. Gazprom täte im eigenen Interesse gut daran, die Gaspreise zu senken, bevor seine Verträge auslaufen – denn sonst fliegt es ganz aus dem Geschäft. Und auch wenn die Europäer ihr eigenes Gas ungenutzt lassen sollten, wird doch viel von dem ursprünglich für die USA bestimmten Flüssiggas nach Europa drängen und die Preise drücken.
Hoffentlich rechtzeitig und tief genug, bevor allzuviele Industriebetriebe wegen der hohen Energiekosten abwandern.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Wäre nicht die Wien-Berichterstattung fast aller Medien im Raum Wien um teures Steuergeld gekauft, dann wäre jetzt zweifellos politischer Brand am Rathausdach. So viele Skandale gehen nämlich in Wien rundum hoch. Aber statt dessen ist die Wiener Rathaus-Mafia ungefährdet; und sie kann ihre mediale Macht demnächst sogar noch weiter in eine wichtige Schlüsselstellung hinein ausdehnen.
Den aktuellsten Skandal hat – immerhin – das Kontrollamt aufgedeckt: Rund um das sanierungsbedürftige Stadthallenbad herrscht totales Chaos und ein Fiasko, das den Steuerzahler noch teuer kommen wird. Oder in der behutsamen Sprache des ja nicht ganz parteifernen Kontrollamts: Die Sanierung habe „keinen wünschenswerten Verlauf“ genommen. Schuld daran sind, so wird prompt verbreitet, natürlich nur längst abgegangene Funktionsträger. Die sind also offenbar auch daran schuld, dass bis heute an der Baustelle das totale Nichts herrscht, dass niemand weiß, wie und wann es beim einzigen Hallenbad für Schwimmsportler in Wien weitergeht, und ob es vielleicht in diesem Jahrtausend noch eine Wiedereröffnung erleben wird.
Einen anderen Skandal hat „Die Presse“ aufgedeckt: Sie hat nachgeschaut, wie sich die behaupteten Kosten des Wiener Hauptbahnhofes im Laufe der letzten Jahre entwickelt hätten. Dabei zeigte sich, dass sich diese mehr als verdoppelt haben. Für den Steuerzahler ist es zwar letztlich egal, welcher Anteil der Unfähigkeit dem Rathaus und welcher den ÖBB zukommt. Eine Kostenverdopplung sollte aber jedenfalls auch bei politischen Auftraggebern ein Fall für den Staatsanwalt sein. Alleine das von der Zeitung berichtete „Vergessen“ der Umsatzsteuer wäre wohl mehr als bloße Fahrlässigkeit.
Dieser Skandal gleicht fast aufs Haar jenem um den ständig teurer gewordenen Skylink des Wiener Flughafens, der ja in den letzten Jahren mehrheitlich ebenfalls von Vertrauensleuten des Wiener Rathauses geleitet worden ist (Übrigens: Der Flughafen schaltet auch unter neuer Führung heftig Inserate. Dies nur für alle jene, die geglaubt haben, jetzt werde endlich alles gut.).
Zugleich dekretiert das Rathaus nun eine weitere Ausdehnung der Pickerl-Zonen. Dies erfolgt neuerlich ohne eine Volksbefragung, die von einer mehr als ausreichenden Anzahl von Stadtbürgern beantragt worden ist. Dies erfolgt auch neuerlich, ohne die von der Verfassung her eigentlich eindeutig klare Gesamtverantwortung für ganz Wien wahrzunehmen. Während der Bürgermeister offenbar meist nur noch beim Wein sitzt, zerfällt die Stadt immer mehr in 23 Atome, die nichts mehr miteinander zu tun haben wollen (dementsprechend glauben jetzt auch die zwei schwarzen Bezirksvorsteherinnen des 1. und 8. Bezirks, gleich die Hälfte aller Parkplätze für ihre Wähler reservieren zu können, obwohl dadurch der Handel in jenen Bezirken ganz von motorisierten Einkaufsbesuchern abgeschnitten wäre, nachdem ja da wie dort nicht ausreichend für Garagen gesorgt worden ist).
Und das alles nur Monate nach der größten Gebühren-Erhöhungswelle der Nachkriegszeit.
All das wäre zweifellos genug Anlass, dass die roten Rathausmänner in ärgste politische Bedrängnis geraten. Aber weit gefehlt: Statt dessen sind sie medial weiter in der Offensive. Sie bringen jetzt auch noch die allerletzte Nische, in der im ORF noch halbwegs unabhängige Berichterstattung stattgefunden hat, unter ihre Kontrolle: die Innenpolitik im Radio. Deren Leitung wird nun einem braven Erfüllungsgehilfen aus dem Radio Wien überantwortet, in dem es ja noch nie einen rathauskritischen Akzent gegeben hat. Nach dieser Postenbesetzung braucht dann endgültig niemand mehr so wie Bayern im Sender anzurufen und im Sinne der Machtträger zu intervenieren. Da geschieht dann alles ganz von selbst.
In dieser Stadt sollte sich jedenfalls niemand mehr über ukrainische, rumänische oder ungarische Verhältnisse aufregen. Denn dort sind die Medien lange nicht so gleichgeschaltet wie jene in Wien. Dort werden Skandale nicht reihenweise totgeschwiegen.
PS.: Die Objektivität der diversen Medien kann man derzeit übrigens auch daran messen, ob und wie sie vom nächsten Rechtssieg einiger FPÖ-Politiker über jenen Linksaußen-Rechtsanwalt berichten, der schon in Sachen der Stiftung einer alten Dame mit seinen Vorwürfen gegen Martin Graf völlig eingegangen ist. Der Anwalt hatte vor zweieinhalb Jahren eine Verhetzungs-Anzeige gegen die Freiheitlichen eingebracht, die nun eingestellt worden ist. Über diese Anzeige ist ja damals flächendeckend groß berichtet worden. Berichten die Medien nun freiwillig ausreichend darüber? Oder erst unter rechtlichem Zwang in Form einer „nachträglichen Mitteilung“? Eine ganz andere Frage ist allerdings, warum solche Dinge bei der Staatsanwaltschaft immer so lange dauern. Es ist ja vermutlich auch für Politiker nicht lustig, jahrelang wegen dubioser Anzeigen im Zwielicht zu stehen.
Frankreich war und ist kein Hort des Liberalismus. Die Zahl der liberalen französischen Denker und Autoren – insbesondere solcher des 20. Jahrhunderts – ist klein. Einer von ihnen ist der 1903 in Paris geborene Ökonom und Philosoph Bertrand de Jouvenel. Er ist im deutschen Sprachraum nahezu unbekannt, dennoch hochinteressant.
Mehr als 20 Jahre nach der englischsprachigen Ersterscheinung liegt seine Auseinandersetzung mit der Frage einer „distributiven Gerechtigkeit“ nun auch in deutscher Sprache vor. Hardy Buillon trifft in seinem Vorwort den Nagel auf den Kopf: Er stellt fest, dass es in dem aus zwei Vorlesungen resultierenden Buch nicht so sehr um die Ethik, sondern eher um die Ökonomie der Umverteilung geht.
De Jouvenel wählt das Beispiel Großbritanniens, um Absichten, Kosten und Konsequenzen redistributiver Maßnahmen zu untersuchen. Vater des Gedankens ist der Wunsch, Gerechtigkeit durch Ergebnisgleichheit herzustellen. De Jouvenel: „Die sozialistische Lösung besteht nun in der Zerstörung des Privateigentums an sich.“ Denn ohne einen „neuen Menschen“ hervorzubringen, der nicht von Eigennutz getrieben wird, sondern „der sein Entzücken in der Wohlfahrt seiner Brüder findet“, ist die Erreichung dieses Ziel unwahrscheinlich.
Der Autor deckt den Widerspruch auf, der sich zwischen dem Wunsch ergibt, eine Verbesserung der materiellen Lebensumstände für die breite Masse herbeizuführen, und der zu diesem Zweck vorgenommenen Belastung der Bezieher höherer Einkommen. Die Schaffung negativer Anreize für die Letztgenannten führt nämlich zu einer Verringerung des Gesamtausstoßes der Volkswirtschaft. Das steht dem angestrebten Ziel offenkundig entgegen. „Gerechtigkeit“ durch Gleichmacherei herstellen zu wollen, bedeutet demnach, „anstatt mit unterschiedlich großen Löffeln aus einer großen Schüssel, mit gleich großen Löffeln aus einer kleinen Schüssel zu essen.“
De Jouvenel hält die moderne Gewohnheit für problematisch, „all das als „gerecht“ zu bezeichnen, was emotional für wünschenswert gehalten wird.“ Eine egalitäre Einkommensverteilung zu erzwingen bildet da keine Ausnahme. Wünschenswert erscheint es den Sozialreformern, sowohl Unter- als auch Obergrenzen für ein „gerechtes“ Einkommen zu definieren und politisch durchzusetzen.
In seiner Analyse dieser Forderung und der daraus resultierenden Maßnahmen kommt der Autor zum ernüchternden Schluss, dass es mit einer simplen Umverteilung von Einkommensspitzen zu den „Ärmsten“ nicht getan ist. Die auf diese Weise disponiblen Beträge reichen nämlich bei weitem nicht aus, um dieses Ziel zu verwirklichen. Es bedarf daher massiver zusätzlicher Griffe in die Brieftaschen der Angehörigen der Mittelschicht, was vom Ziel einer vertikalen Umverteilung wegführt.
Den Reichen durch ein am Ziel der Redistribution orientiertes Steuersystem ihre Möglichkeiten zu „exzessivem Konsum“ zu entziehen, bedeutet zudem Hemmnisse im Hinblick auf die Entwicklung und Herstellung von gesellschaftlich wünschenswerten Gütern und Dienstleistungen. So wären zum Beispiel Kulturschaffende davon massiv betroffen. Der Staat müsste vom Ziel distributiver Gerechtigkeit wieder abweichen, um direkte Zuwendungen an bestimmte Gruppen verteilen zu können.
Der Umstand, dass der Luxuskonsum der Reichen die Voraussetzungen für eine später folgende Massenproduktion bestimmter Güter schafft, die dann auch den unteren Einkommensklassen zugänglich werden (man denke etwa an Telefone, Autos, Fernsehgeräte oder Computer), darf keinesfalls übersehen werden.
Das gerne vorgebrachte Argument, „ein wenig mehr“ für die Armen wäre ungleich bedeutsamer und wichtiger als „etwas weniger“ für die Reichen, ist nicht zu halten. Nutzen und „Disnutzen" können nämlich unmöglich objektiv bewertet, addiert und saldiert werden.
Ein ganz besonders schwerwiegender Effekt der Belastung der Reichen besteht darin, dass deren durch progressive Steuern reduzierten Möglichkeiten, Investitionen vorzunehmen, nunmehr vom Staat ausgeglichen werden müssen. De Jouvenel erkennt folglich, dass „… Umverteilung in Wahrheit weniger eine Umverteilung von freiem Einkommen von den Reicheren zu den Ärmeren bedeutet (…) sondern eine Umverteilung von Macht, weg von den Individuen und hin zum Staat.“ Eine hoheitlich erzwungene Einkommensumverteilung verbindet sich notwenig und zwingend mit kaum zu kontrollierendem Staatswachstum und ist daher aus liberaler Sicht grundsätzlich abzulehnen.
De Jouvenel ist ein Anwalt des klassisch-liberalen Minimalstaates. Um es mit den Worten des Herausgebers Gerd Habermann zu sagen, der eine zusammenfassende Würdigung des Gesamtwerks vornimmt: „Sein Ideal fordert den Verzicht auf den Ehrgeiz, eine Gesellschaft nach dem Modell „sozialer Gerechtigkeit“ oder einer anderen Sozialutopie formen zu wollen.“
Das Buch bietet in Zeiten des ungebremsten Gleichheitswahns eine zugleich wohltuende und hochinformative Lektüre.
Bertrand de Jouvenel
Die Ethik der Umverteilung
Verlag Olzog, 2012
143 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-7892-8100-6
€ 24,90,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Das ist die positivste Nachricht seit langem: Der Iran hat seine Atomwaffen-Projekte vorerst auf Eis gelegt. Damit ist die größte grenzübergreifende Kriegsgefahr der Gegenwart einmal unter Kontrolle. Wem ist das zu verdanken?
Teheran hat schon oft ein Einlenken angekündigt und es hat nie gestimmt. Aber diesmal kommt die Friedensnachricht nicht von dort, sondern ausgerechnet aus Israel – und zwar von Verteidigungsminister Barak. Der Ex-Chef der Arbeiterpartei war zusammen mit Premier Netanyahu ja immer einer jener, die sehr ernsthafte Interventions-Drohungen gegen Iran ausgestoßen haben.
Daher erscheint die gute Nachricht sehr glaubwürdig. Barak spricht allerdings nur davon, dass man vorerst durch eine Zurückstecken Irans acht bis zehn Monate Zeit gewonnen hat. Aber damit wäre die unmittelbare Kriegsgefahr jedenfalls vorerst gebannt. Es sei denn, Barak wollte nur durch eine Finte die Mullahs in Sicherheit wiegen, um dann umso ungehinderter zuschlagen zu können. Oder er will sich im israelischen Wahlkampf vorzeitig als Sieger über Iran präsentieren. Aber beide Vermutungen erscheinen doch allzu abwegig und vor allem gefährlich für Barak, als dass man sie für wahrscheinlich halten könnte.
Mit einem Nachgeben Irans wäre es jedenfalls der Außenwelt zum dritten Mal gelungen, einen irrationalen Staat durch Druck vom schon begonnenen Bau von Massenvernichtungswaffen abzubringen. Verblüffenderweise hat bei den bisherigen beiden Fällen keinem der Möchtegern-und-dann-doch-nicht-Atomstaaten das Nachgeben etwas genutzt: Sowohl Libyens Gadhafi wie auch Iraks Saddam Hussein sind später dann dennoch mit Gewalt gestürzt worden (im Fall Irak freilich unter der – bewusst? – irrigen Begründung, dass der Waffenbau noch weiter in Gang wäre). Dass in beiden Fällen die Einmischung von außen die Lage der Bevölkerung im übrigen eher nicht verbessert hat, ist ebenfalls auffällig, aber schon wieder ein anderes Thema.
Im Falle Irans hat – immer vorausgesetzt, Barak sagt die Wahrheit, – ganz offensichtlich eine Mehrfachstrategie gewirkt. Wobei sich unterschiedliche Seiten jeweils ein anderes Element dieser Strategie an den Hut stecken werden.
Ganz sicher ein entscheidendes Element waren die glaubwürdigen israelischen Drohungen mit einem gezielten Schlag gegen die iranischen Atomanlagen. Dazu gehörten auch geschickt lancierte Medienmeldungen, wie Israel den Iran durch einen Cyberkrieg kommunikationsmäßig total lahmlegen würde.
Die israelischen Drohungen haben im amerikanischen Wahlkampf noch an Glaubwürdigkeit gewonnen. Auch Barak Obama musste sich auf der Jagd nach jüdischen Stimmen zunehmend an die Seite Israels stellen. Und Mitt Romney ist immer schon dort gestanden.
Ganz sicher haben aber auch die im heurigen Jahr massiv verschärften Wirtschaftssanktionen dazu beigetragen, den Iran schwer zu erschüttern. Die Versorgungsprobleme und rasch steigenden Preise sind imstande, dem Mullah-Regime endgültig die Unterstützung der Massen zu entziehen. Das drohte ein zu hoher Preis zu werden. Dazu kommt die wachsende Isolation Irans in der islamischen Welt: Das Wanken des syrischen Diktators Assad, des wichtigsten Verbündeten Irans, hat Teheran wohl klargemacht, dass jetzt eine zumindest zeitweilige Frontbegradigung dringend notwendig ist.
Wer kann sich das anscheinende Nachgeben Irans an den Hut stecken? Wohl alle, die glaubwürdigen Druck ausgeübt haben.
Beschämt stehen hingegen alle jene da, die Israel wegen seiner Drohungen beschimpft haben, sowie jene, die sich jahrelang gegen glaubwürdige Sanktionen quergelegt haben. Deren Reigen reicht von vielen europäischen Linkspolitikern bis zum deutschen Außenminister Westerwelle. Ohne ihr kontraproduktives Wirken hätte es schon deutlich früher Entspannungssignale geben können.
Beschämt steht aber auch Russland da. Dieses hat auf die Karte Iran-Syrien gesetzt, ohne aber auf Grund seiner eigenen Schwäche den beiden dortigen Regimen wirklich helfen zu können. Moskau hat seine Unterstützung auch ohne ersichtlichen eigenen Nutzen für Russland gewährt. Offenbar handelt das System Putin wieder aus dem alten sowjetischen Reflex heraus, der sich aus uneigennütziger Bosheit bloß deswegen freut, weil Moskau dem Westen Probleme bereiten kann.
Und die Tatsache, dass damit die Mullahs wohl auch ihr eigenes Schicksal gerettet haben? Die muss man nicht nur hinnehmen, sondern die ist auch positiv: Denn jeder Sturz der anachronistischen Herrschaft der Bartträger von außen hätte nur Dolchstoßlegenden entstehen lassen. Das müssen die Iraner schon selbst erledigen, wenn es dauerhaft sein soll.
Keinem Europäer ist es zu verübeln, wenn er in der Vielfalt von Gerüchten, Fakten und Meldungen rund um Griechenland und die Finanzkrise den Überblick verliert. Denn erstens haben diesen Überblick mittlerweile auch sämtliche Akteure verloren. Und zweitens wird von vielen Seiten sogar bewusst auf Widersprüchlichkeit und Verwirrung gesetzt: So glaubt man, den Widerstand der Menschen gegen Chaos und Schuldenmacherei schwächen zu können.
Einen Tag verkünden die griechische Regierung ebenso wie die Süddeutsche Zeitung definitiv, dass Griechenland eine zweijährige Fristverlängerung bekommen hat. Am nächsten Tag will wieder niemand etwas davon wissen.
Dann wird wieder verbreitet, dass nach den privaten Gläubigern Griechenlands nun auch die staatlichen zum freiwillig-unfreiwilligen Haarschnitt antreten werden. Am nächsten Tag wollen viele Länder auch davon nichts wissen.
Dann erklärt wieder die Europäische Zentralbank: Wenn schon Haarschnitt, dann aber bitte ohne die EZB. Denn diese dürfe aus rechtlichen Gründen da leider nicht mitmachen. Nur liegen halt die meisten griechischen Papiere schon bei der EZB.
Dann wird wieder das Projekt eines Sperrkontos als Lösung verkündet, auf dem die Griechenland-Hilfe landen und nur Schritt für Schritt losgeeist werden soll (dabei hatten wir geglaubt, dieses Modell wäre schon seit zweieinhalb Jahren in Kraft).
Dann heißt es wieder: Nix ist fix, man müsse ja erst auf den Bericht der Troika warten. Dabei weiß alle Welt, dass die Troika-Experten letztlich nur auf die Weisungen der politischen Instanzen Europas warten, was sie denn am Schluss „berichten“ und empfehlen sollen. An die Unabhängigkeit der in Athen abgestiegenen Experten von IWF, EZB und EU glaubt niemand mehr. Aber auch sonst will niemand mehr Verantwortung für Entscheidungen tragen.
Nichts von dem, was in den letzten Wochen als definitiv gemeldet worden ist, ist also sicher. Genauso möglich ist aber, dass alles realisiert wird. Denn niemand glaubt so recht, dass Deutschland diesmal – endlich – Nein zu weiteren Belastungen sagen wird.
Allerdings hat der Widerstand vor allem Wolfgang Schäubles gegen weitere Konzessionen an Athen erstaunlich stark zugenommen. Dabei war Schäuble einst der erste deutsche Spitzenpolitiker, der sich 2010 für Hilfen an Griechenland ausgesprochen hat.
Den deutschen Finanzminister treiben bei seinen derzeit harten Worten gegen Griechenland wohl drei Motive: Erstens scheint inzwischen auch er wirklich empört und enttäuscht, weil keine der griechischen Zusagen voll umgesetzt worden ist. Zweitens hat das deutsche Parlament in Zusammenwirken mit dem Bundesgerichtshof den Spielraum der Regierung für die Vergabe weiterer Kredite und Haftungen deutlich verengt. Und drittens muss Deutschland spätestens im September wählen: Da hat die CDU/CSU nur eine einzige Chance: sich als Hort der Stabilität und Verteidigerin der Sparguthaben gegen die deutlich stärker schuldenwilligen Rot-Grünen zu profilieren.
Aber dennoch wird Deutschland wohl am Ende gegen die Interessen seiner Bürger handeln und mit irgendwelchen neuen Hilfen noch einmal einen griechischen Crash verhindern. Denn es steht in Europa sehr isoliert da, was gerade Deutschland vor dem Hintergrund seiner Vergangenheit gar nicht gern hat. Inzwischen ist ja sogar Österreichs größere Regierungspartei mit wehenden Fahnen ins Noch-mehr-Schulden-für-Griechenland-Lager gewechselt, obwohl die Alpenrepublik eigentlich die gleichen Interessenlage wie Deutschland hätte.
Etwas anderes wird die deutsche Entscheidung noch stärker beeinflussen: Ein griechischer Zusammenbruch und die daraus folgenden unvermeidlichen Schockwellen würden natürlich auch Deutschland unmittelbar beben lassen. Und das will man in einem Wahljahr unbedingt vermeiden.Vor allem würde es wieder die kritische Frage aufwerfen: Warum haben Schäuble und Angela Merkel nicht schon im Mai 2010 Nein zu den auch damals schon wirkungslosen, ökonomisch unsinnigen und EU-vertragswidrigen Krediten und Haftungen gesagt? Damals wären die Auswirkungen noch viel leichter zu bewältigen gewesen, bevor Billionen bei sinnlosen Hilfsaktionen verbrannt worden sind.
Man versteht die Situation in Griechenland wohl am deutlichsten, wenn man sich den jüngsten Vorfall bewusst macht: Ein Journalist wurde festgenommen, weil er die Namen von mehr als zweitausend Griechen veröffentlicht hat, die offensichtlich unversteuerte Gelder in die Schweiz überwiesen haben. Wohlgemerkt: Ihm wird nicht in der Schweiz der Prozess gemacht, wie jenen Datendieben, die das dortige Bankgeheimnis verletzt haben, sondern in Griechenland, also in jenem Land, das durch die Steuerhinterziehungen schweren Schaden erlitten hat, und nicht durch deren Veröffentlichung. In Deutschland hingegen erhalten solche Datendiebe eine saftige Belohnung, wenn sie deutsche Steuerflüchtlinge verraten. Der griechische Journalist hingegen hat keineswegs von irgendwem Geld verlangt oder selbst Daten aus einem Computer entwendet, sondern er hat die ihm zugespielten Namen angesichts der Untätigkeit der Behörden einfach veröffentlicht.
Was den griechischen Fall noch schlimmer macht: Diese Namensliste ist der griechischen Regierung schon vor zwei Jahren von der damaligen französischen Finanzministerin übergeben worden. Jedoch hat jede der in Athen rasch wechselnden Regierungen diese Liste wie heiße Erdäpfel an die nächste weitergereicht, ohne einzugreifen. Ebenso haben Justiz und Finanzbehörden bis heute geschlafen. Schnell waren die Behörden nur bei der – vorübergehenden – Festnahme und bei der nun folgenden Anklage gegen den Journalisten. Vorwand: Er habe den Datenschutz verletzt.
Das bestätigt nicht nur neuerlich, dass der Datenschutz weltweit primär zur Tarnung von Gaunereien dient. Das zeigt vor allem, dass Griechenland auch in den letzten Jahren und Monaten nie ehrlich gespielt hat. Nicht die Täter, sondern ein Aufdecker werden verfolgt. Offenbar stehen auf dieser Liste Persönlichkeiten und Freunde aus allen politischen Lagern. Anders lässt sich dieses skandalöse Verhalten nicht erklären.
Tatsache ist auch, dass Griechenland viele der sonstigen Reformzusagen nie erfüllt hat, die es der Troika und den europäischen Partnern gegeben hat. Experten aus dem Kreis der Troika sprechen davon, dass lediglich 60 Prozent der längst zugesagten Gesetze auch beschlossen worden seien. Von der trägen Umsetzung durch widerwillige Beamte und Richter gar nicht zu reden. Die gesamte Konstruktion „Wir helfen im Gegenzug für Reformen“ ist kollabiert. Die griechischen Reformen haben in Wahrheit gutteils aus levantinischen Schmähs und leeren Fassaden bestanden.
Es wurden nicht wie versprochen zum versprochenen Zeitpunkt (Ende 2011) 30.000 Beamte abgebaut. Es werden bis heute 90.000 Pensionen für mutmaßlich tote Griechen bezahlt. Die Gesetzgeber leisten weiter hinhaltenden Widerstand gegen die geforderte Aufweichung des Mindestlohns, gegen die Erleichterung von Kündigungen, gegen die Aufhebung von ständischem Berufsschutz. Es ist bisher nicht einmal gelungen, die Verpflichtung der Arbeitgeber zu einer zehnprozentigen Lohnerhöhung bei Heirat abzuschaffen. Auch dürfen Arbeitgeber weiterhin die Tariflöhne nicht einmal auf Grund einer Vereinbarung mit ihren Angestellten unterschreiten. Überdies besteht Athen darauf, dass die – schon mehrfach zugesagten – Privatisierungen dennoch vom Parlament gebilligt werden müssen.
Das ist alles andere als eine Reformpolitik,die die griechische Wettbewerbsfähigkeit und Glaubwürdigkeit wiederherstellen könnte. Da wird auch weiterhin niemand investieren.
Gewiss könnte es sich Europa leisten, trotz allem die Griechen auf Dauer durchzufüttern. Auf diese Konsequenz laufen beispielsweise die Forderungen des mit Hunderttausenden Steuer-Euros und Geldern aus dem Spielcasino-Milieu gefütterten Salon-Schriftstellers Robert Menasse hinaus (Dass der von jeder ökonomischen Ahnung freie Autor jetzt auch noch von den ÖVP-Landtagsabgeordneten zu einem Vortrag zu diesem Thema eingeladen worden ist, macht einigermaßen fassungslos).
Griechenland alleine ist in der Tat freilich die ganze Aufregung nicht wert: Aber jede Entscheidung zu diesem Land hat automatisch Auswirkungen auch auf Spanien, Portugal, Italien und wohl auch Frankreich sowie etliche andere Länder. Diese Auswirkungen sind freilich sehr widersprüchlich: Denn einerseits würde ein Fallenlassen Griechenlands auch dazu führen, dass alle Geldgeber sehr kritisch schauen, ob man nicht bei den anderen Schuldenstaaten noch viel vorsichtiger werden müsste. Das würde deren Zinsniveau wohl signifikant erhöhen.
Aber andererseits wären neuerliche Konzessionen an Griechenland auch ein fatales Signal an die Schuldnerländer selber: Keine der dortigen Regierung würde dann noch die versprochenen Reformen im eigenen Land durchbringen. Die Welle der Generalstreiks spricht ja schon eine deutliche Sprache des großen Widerstandes. Auch die jeweiligen Parlamentsabgeordneten – die ja wiedergewählt werden wollen – werden sich mit Händen und Füßen gegen weitere unpopuläre Beschlüsse wehren, wenn ihnen nicht das Messer des drohenden Staatsbankrotts am Hals sitzt. Und offenbar ist die Mehrheit der Wähler ja überall der Meinung, dass man ruhig weiter über seine Verhältnisse leben könne. Hat sich doch noch immer jemand gefunden, der die Zeche zahlt.
Wenn nach Griechenland auch in all diesen romanischen Ländern nichts reformiert wird, dann ist Euroland mit absoluter Sicherheit an seinem katastrophalen Ende angelangt. Denn was bei Griechenland noch irgendwie zu stemmen wäre, ist in der Summe dieser Länder absolut unmöglich.
So erklären sich die verzweifelten Versuche vor allem der Deutschen, die Griechen doch noch zu wirksamen Reformen zu zwingen. Die Deutschen spüren erstmals nun auch für sich die Gefahr eines schlimmen Endes und werden immer zögerlicher. Die Griechen auf der anderen Seite hingegen fühlen sich sicher, dass sie letztlich „gerettet“ werden. Darauf bauen sie – ohne Rücksicht darauf, was das für das ganze Euroland bedeutet.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
In seiner Verzweiflung angesichts der gegen Null abstürzenden Umfragewerte und der Massenflucht seiner Abgeordneten wird das BZÖ immer verhaltensauffälliger.
Jetzt hat doch Parteichef Sepp Bucher verlangt, dass "die Kirche" als "zweitgrößter Immobilienbesitzer des Landes mit 250.000 Hektar Grund" dafür endlich auch Grundsteuer zahlen muss. Was in der Tat plausibel klingt. Der arme Sepp hat nur eines übersehen: Die Kirche zahlt durchaus mit Ausnahme der eigentlichen Gotteshäuser, deren Nebengebäuden und von kirchlichen Schulen die normale Grundsteuer, also insbesondere für den „zweitgrößten Immobilienbesitz“. Und diese genannten Ausnahmen gelten nicht nur für „die“ Kirche (vermutlich hat Bucher damit die katholische gemeint), sondern für sämtliche Religionsgemeinschaften. Haben die Orangen nicht einmal mehr einen einzigen Experten, der die Vorstöße des eigenen Parteichefs wenigstens irgendwie auf Richtigkeit prüft, bevor sich dieser öffentlich blamiert? Oder werden dort einfach aus Prinzip alle an Wirtshaustischen kursierenden wilden Gerüchte aufgegriffen?
Es ist die liebste Freizeitbeschäftigung an Österreichs Stammtischen geworden: über neue Parteien zu diskutieren. Der Frust mit dem Istzustand ist groß, obwohl Umfragen (noch) eine erstaunliche Zufriedenheit der Bürger mit ihren eigenen Lebensumständen zeigen. Aber SPÖ und ÖVP strahlen deutliche Ermüdungserscheinungen aus. Auch die drei Oppositionsparteien haben Attraktivität und Schwung verloren. Da wenden sich naturgemäß viele Blicke der großen Zahl neu entstehender Parteien zu. Diese Neugründungen sollten freilich froh sein, wenn die potenziellen Wähler nicht allzu genau hinschauen. Denn auch bei ihnen stößt man auf viel Ernüchterndes. Und ihre primäre Stärke scheint nur darin zu bestehen, dass sie halt selber noch nie zur Wahl gestanden sind.
Bei Frank Stronach, dem Mann mit dem großen Inseratenbudget, scheint es ja sogar durchaus bewusste Strategie zu sein, nicht sonderlich präzise zu klären und erklären, wofür er eigentlich genau steht. Denn kaum wird der Ex-Industrielle genauer, muss er seine Slogans gleich mehrmals grundlegend ändern. Siehe seine Euro-Vorschläge.
Für rund zehn Prozent der Österreicher scheint es aber ohnedies zurm Verfall in Begeisterung zu genügen, dass Stronach für eine Flat tax und ein ausgeglichenes Budget eintritt (was bei genauerem Hinhören auf seine Wortkaskaden freilich auch wieder nicht so wörtlich gilt), und vor allem, dass er halt sein eigenes Geld ausgibt. Was im Vergleich zum Faymannschen Inseraten-Skandal ja schon eine ziemliche Leistung ist.
Die Korruptionsvorwürfe gegen Stronach rund um ein Schloss am Wörthersee (die auch die Kärntner Freiheitlichen treffen) sind zwar anrüchig – aber wirkungslos. Sind sie doch allzu auffällig unmittelbar nach Bekanntgabe seiner Kandidatur hinausgespielt worden. Was naturgemäß den Vorwürfen die Glaubwürdigkeit nimmt, selbst wenn sie stimmen sollten.
Ansonsten präsentiert der Austrokanadier einige sympathisch klingende Überschriften. Aber bei vielen der Wortkaskaden Stronachs weiß man auch beim zwanzigsten Mal nicht, was Phrasen wie „sozialökonomische Gerechtigkeit“ eigentlich heißen sollen. Und nie wird klar, wie und wo er denn die bei einem ausgeglichenen Budget nötigen Einsparungen konkret vornehmen will, oder was Stronach unter einem „zivilisierten“ Verwaltungsabbau eigentlich versteht.
Aber warten wir halt voller Skepsis bis aufs Frühjahr. Denn dann soll es von ihm endlich Konkreteres geben. Dann müsste Stronach endlich auch halbwegs interessante Persönlichkeiten gefunden haben, die hinter ihm die Nummer 2 und 3 spielen. Bei einem 80-Jährigen wäre es ja schon eine Zumutung, wenn die Partei nur aus einem einzigen Mann besteht, und wenn für seine Partei im Parlament nur willenlose Befehlsempfänger ohne Profil sitzen sollten, die bisher als Hinterbänkler und Befehlsempfänger anderer noch keinem Wähler aufgefallen sind.
Keine Chance, der Bedeutungslosigkeit zu entkommen, hat hingegen der Versuch einer weiteren Gruppierung, durch eine gemeinsame Kandidatur einen Bogen von den Piraten über die Christen und noch viele andere bis zu den sogenannten Mutbürgern zu ziehen. Piraten wie Christen werden, so viel man hört, nun wohl doch getrennt in die Schlacht ziehen. Und solcherart natürlich auch chancenlos bleiben.
Die verbleibenden „Mutbürger“ müssen zunehmend erkennen, dass die verbreitete, aber dumpfe Wut noch keine tragfähige und gemeinsame Basis für Politik ist. Denn unter dieser Überschrift haben sich sowohl sehr weit rechts wie sehr weit links stehende Gruppierungen zusammengefunden. Phrasen wie „Neue politische Kultur schaffen“ oder „Sicherung von Arbeit und Wohnen“ sind genauso langweilig wie die Altparteien.
Diesen Altos versucht sich nun auch eine neue Gruppe von „Neos“ gegenüberzustellen. Auch diese hat vor ihrem Start wohl mehr Sympathie gefunden als nachher. Denn der Blick auf das Programm der Neos rund um den Vorarlberger Matthias Strolz reißt nicht gerade vom Sessel.
Ganz abgesehen davon, dass die Gruppe ohne Geld dasteht; dass auch bei ihr zumindest vorerst kein bekannter Name zu finden ist („Details zum Team folgen“, liest man auf der Homepage – jedoch nicht, wann denn das sein wird); und dass die Parteigründung an einem toten Samstag eines langen Wochenendes keine sonderliche Kommunikations-Professionalität signalisiert.
Auch ist die Selbstdefinition der Neos ziemlich wirr: Sie sprechen davon, dass sie zu einem Drittel aus bisherigen Grünwählern bestehen, einem weiteren Drittel aus „vor allem ÖVP“ und dem Rest aus LIF, heimatlosen Liberalen, SPÖ und Wechselwählern. Also alles, nur nicht Blau oder Orange. Diese wilde Mischung zeigt zwar den gemeinsamen politischen Frust einer Sandwich-Generation, aber keinen klaren politischen Standort.
Stronach hat hingegen instinktiv (oder gar nach Studium der demoskopischen Daten?) richtig erkannt, dass der größte freigewordene Platz im Wählerspektrum jener rechts der ÖVP ist. Hat diese doch in der großen Koalition ihre Identität verloren. Er fordert daher strengere Regeln für Asyl und Zuwanderung (wie immer freilich ohne jede Präzisierung) und er zeigt sich sehr EU-skeptisch (wie immer freilich ohne jede Präzisierung).
Dieser politische Grundinstinkt fehlt den Neos hingegen. Sie sind überall und nirgends. Am ehesten trifft noch das Vokabel linksliberal auf sie zu. Das ist jene kleine Nische, in der schon Heide Schmidt untergegangen ist.
Dafür haben die Neos unter den Neugründungen wenigstens das erste ausführlichere Programm, mit dem es sich auseinanderzusetzen lohnt. Da gibt es, auf einen Nenner gebracht, etliche tolle und sympathische Ideen, aber auch etliches Abschreckendes und Ernüchterndes.
Zuerst seien einige der besonders auffälligen Negativa aufgezählt:
In der Summe: Neos bietet das typische Kunterbunt-Produkt von Brainstormings, ebenso wie auch das jüngste von Michael Spindelegger beauftragte Expertenpapier. Darin findet sich immer Vielerlei Gutes wie Blödes aufaddiert. Aber das Endergebnis ist nicht aus einem Guss, es entbehrt der in der Politik immer entscheidenden Emotion, und es zeigt keinen klaren, konsistenten und widerspruchsfreien politischen Gestaltungsanspruch. Das Neos-Papier klingt eher nach einem Zusammentreffen offenbar von ein paar Lehrern, Steuerberatern, Managern und EU-nahen Jungdiplomaten in einem Berater-Seminar. Interessante Menschen, aber halt nicht wirklich eine Basis für einen politischen Start.
Der Arbeiterkammer ist in ihrem ideologischen Fanatismus nichts zu blöd: Jetzt erregt sich der üppig von Zwangsgebühren lebende Verein sogar schon über eine Zweiklassengesellschaft im Internet. Da hätte ich viele gute Tipps, wo sich diese Kammer sonst überall noch über eine Klassengesellschaft erregen könnte.
Der Anlass der Erregung: Internet-Provider wollen im Internet teurere Tarife anbieten, wofür im Gegenzug die Daten dieser Kunden schneller übertragen werden als bei den heute marktbeherrschenden Billigst-Angeboten. In diese Frage hat sich schon völlig überflüssigerweise die regulierungswütige EU-Kommission eingeschaltet; jetzt beklagt nun auch die Arbeiterkammer einen „Trend zu einem Zweiklasseninternet“. So als ob es irgendjemandem verboten werden sollte, den besseren und schnelleren Zugang zum Netz zu mieten. Er muss halt nur, wenn er das will, sein Geld dafür ausgeben und nicht für etwas anderes.
Was daran eigentlich böse sein soll, erkenne ich nicht. Mehr Leistung, mehr Kosten: Das ist das logischste und gerechteste Prinzip der Welt. Denn warum soll umgekehrt eine Telekom-Firma schnellere Zugangsmöglichkeiten entwickeln und anbieten, wenn sie eh nicht mehr Geld dafür verlangen darf?
Aber wenn Arbeiterkammer und EU-Kommission solche Unterschiede ernsthaft für böse erklären und verbieten wollen, dann mögen sie doch bitte auch die Klassengesellschaft auf allen anderen Gebieten beenden:
Der Phantasie für dümmliche Arbeiterkammer-Stellungnahmen sind keine Grenzen gesetzt. Dann weiß man endlich, wozu jener Verein gut ist, der jedem Arbeitnehmer monatlich in aller Heimlichkeit ein halbes Prozent seines Gehalts stiehlt, ohne dass das auch nur auf dem Lohnzettel vermerkt wird.
Und dass die EU-Kommission, die sich ebenfalls um die Regulierung solcher Fragen annimmt, immer mehr zur Fünfjahresplan-Behörde nach Muster der einstigen Ostblockstaaten verkommt, ist leider auch nichts ganz Neues mehr.
Vielleicht sollten sich beide wirklich über den einstigen Ostblock informieren und darüber, was dort die klassenlose Gesellschaft anrichtete: Es gab im Kommunismus in der Tat oft keine Preisunterschiede – aber die erhältlichen Waren und Dienstleistungen waren dafür halt alle nur aus der untersten Qualitätsklasse. Wenn überhaupt noch welche erhältlich waren. Warum hätte sich auch irgendjemand noch anstrengen sollen, etwas Besseres zu produzieren, wenn man fürs Geld eh nichts mehr bekommt? Und die wenigen noch vorhandenen Spitals-Einbettzimmer und Großwohnungen gab es im Osten halt nicht für Geld, sondern für die Funktionäre.
Aber vielleicht ist es ohnedies das, was die Funktionäre in Arbeiterkammer und EU-Kommission wollen. Oder sind sie einfach gar schon wieder dem alten linken Denkfehler verfallen, dass es besser wäre, alle hätten gleich wenig, als wenn ein Teil mehr hätte? Hunderte Millionen Menschen mussten schon wegen dieses Denkfehlers darben. Dennoch taucht er jetzt wieder unter der verlogenen neuen Tarnbezeichnung „Gerechtigkeit!“ auf.
Der italienische Ministerpräsident Mario Monti hat Österreich in einem „Kurier“-Interview das Recht abgesprochen, als Schutzmacht für Südtirol zu agieren.
Und was tut die Republik Österreich? Sie schweigt. Gewiss kann man der Spitzenpolitik zugute halten, dass sie den ganzen Nationalfeiertag über Hände zu schütteln hatte. Gewiss ist nicht einmal dem „Kurier“-Journalisten aufgefallen, welche Ungeheuerlichkeit Monti da gesagt hat. Aber inzwischen könnte es doch langsam dämmern: So eine Aussage darf man keinesfalls unwidersprochen stehen lassen – will man nicht tatenlos bleiben, wenn ein Eckpfeiler der österreichischen Außenpolitik seit 1945 zertrümmert wird. Nur zur Erinnerung: Es gibt sehr wohl einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen beiden Ländern (in Paris zwischen den Außenministern Gruber und De Gasperi abgeschlossen), der die Autonomie Südtirols festhält. Überdies gibt es einstimmige und nie widerrufene Nationalratsresolutionen, in denen auf das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol gepocht worden ist. Überdies hat Österreich wegen Südtirols sogar mehrfach die UNO angerufen. Aber wo sind heute die klaren Worte des Bundespräsidenten oder die des unmittelbar zuständigen Außenministers? Gar nicht zu reden vom Bundeskanzler, der gerade einen anscheinend inhaltsleeren Phototermin bei Monti hatte – oder sollte er gerade dabei insgeheim das Desinteresse an der Tiroler Minderheit in Italien signalisiert haben?
Das ist heuer wohl der groteskeste Nationalfeiertag der österreichischen Geschichte. Denn ringsum – von Frank Stronach bis Norbert Darabos – ist endgültig jedes Bewusstsein verloren gegangen, an was der Tag eigentlich noch erinnern sollte. Und nirgendwo zeigen sich neue Inhalte, die einem National-Feiertag noch echtes Leben einhauchen könnten. Mit einer nachträglichen Ergänzung.
Gewiss: Der 26. Oktober hatte es immer schon schwer. In vielen Schulen wird seit Jahren rund um ihn primär über die Optimierung schulfreier Tage zur Gewinnung satter Herbstferien getüftelt – hat doch die Schulzeit zu diesem Zeitpunkt schon fast unerträglich lange zwei Monate gedauert. Genauso skurril waren die Zeiten eines Bundespräsidenten Franz Jonas: Dieser reduzierte den 26. Oktober – vielleicht wegen des da meist noch erträglichen Wetters? – auf einen National-Wandertag.
Auch sonst wissen die meisten Österreicher über den Nationalfeiertag nur genauso viel wie über Fronleichnam oder die Marienfeiertage: Es ist halt schul- und arbeitsfrei. Und das hat jeder gern – bis auf die paar, die sich um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs Sorgen machen. Das Warum ist an jedem dieser Tage total egal.
Der Beschluss des Jahres 1955 über ein Neutralitätsgesetz war freilich von Anfang an ein recht dünner Feier-Anlass. War jenes Gesetz doch bloß der im Nachhinein entrichtete – erzwungene und insbesondere bei den damals noch prowestlichen Sozialdemokraten ungeliebte – Kaufpreis an die Sowjets für den Staatsvertrag und das Ende der Besatzungszeit. Und dieser Anlass ist heute überhaupt ins kaum noch erkennbare Dunkel der Geschichte versunken.
Dennoch erstaunt es, wenn ein Privatsender den Nationalfeiertag ausgerechnet zum James-Bond-Tag erklärt. Offenbar haben die Herrschaften dort auch jenseits des Neutralitätsgesetzes absolut Null Bezug zum Thema Österreich.
Dennoch wäre es schön, wenn sich die Inseratenbastler von Frank Stronach wenigstens ein bisschen über den Tag informiert hätten. Feiern sie doch in großflächigen Einschaltungen seltsamerweise, dass wir an diesem Tag „unsere langersehnte Unabhängigkeit bekamen“. Nur zur Aufklärung für die Stronachisten (auch wenn der Ex-Industrielle sicher im nächsten Jahr kein Geld mehr zur inseratenmäßigen Motivation der Zeitungen ausgeben wird, werden doch dann die Wahlen jedenfalls schon vorbei sein): Österreichs Unabhängigkeitserklärung stammt aus dem April 1945; Hitlers endgültige Niederlage aus dem Mai des gleichen Jahres; der Staatsvertrag ebenfalls aus einem Mai; und der genaue Zeitpunkt des Abzugs des letzten Besatzungssoldaten – also der allerletzte Anknüpfungspunkt einer Feier der Unabhängigkeit – ist zwar umstritten, aber jedenfalls auch schon vor dem 26. Oktober 1955 gewesen.
Aber zugegeben, in Kanada muss man solche Details nicht wirklich mitbekommen. Und die von Stronach inzwischen als Statisten angeworbenen Hinterbänkler waren bisher maximal als Event-Organisatoren aufgefallen und nicht als Experten in Sachen Österreich.
Trotz dieser kollektiven Ahnungslosigkeit um den 26. Oktober ist es aber immer noch verblüffend, wie der Verteidigungsminister diesen Tag des Neutralitätsgesetzes nutzt. Mit diesem Gesetz hat das Parlament ja 1955 geschworen: Österreich werde seine Neutralität und Unabhängigkeit „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen“.
Norbert Darabos eskaliert hingegen ausgerechnet rund um die traditionelle Schau des Bundesheeres seine Propaganda für die Demontage des Heeres. Dieses sollte seiner Meinung nach (und jener der Kronenzeitung) nicht mehr mit allen zu Gebote stehenden Mitteln – also insbesondere mit allen wehrfähigen jungen Männern – das Land verteidigen, sondern mit Hilfe von „Profis“. Von denen weiß man freilich nur, dass es viel weniger Mann sein werden als heute. Und dass es vermutlich eine negative Auswahl jener jungen Menschen sein wird, die sonst keinen Job finden. Das wird das Heer vermutlich zu einem Söldnerhaufen von bildungsfernen Zuwanderern machen.
Darabos kämpft Jedenfalls groteskerweise für dieses Demontage des Heeres, ohne das Neutralitätsgesetz auch nur irgendwie in Frage zu stellen. Das wäre wenigstens ehrlich und konsequent.
Unabhängig von diesen Widersprüchlichkeiten ist festzuhalten: Dieses Gesetz stellt heute einen totalen Anachronismus dar. Es ist schon durch EU-Beitritt, durch die Teilnahme an der Nato-Partnerschaft für den Frieden, durch die Teilnahme an EU-Kampftruppen mit friedensschaffendem Auftrag weitestgehend ausgehöhlt worden. Es passt nicht mehr in Zeiten, wo Österreich statt an der Front zwischen Ost und West inmitten eines Rings von Nato- und EU-Ländern liegt. Daraus sollte man eigentlich Konsequenzen ziehen. Wir halten ja auch nicht mehr den Westfälischen Frieden oder die Konstantinischen Schenkungen für relevant.
Jetzt soll also auch noch die Wehrpflicht als letzte sichtbare Folge der Neutralitätsverpflichtung abgeschafft werden; und dennoch soll das – einst aller Welt notifizierte! – Neutralitätsgesetz weiter unverändert Teil der Verfassung und des Völkerrechts bleiben. Aber nicht einmal mehr ÖVP oder FPÖ wagen auch nur andeutungsweise daran zu erinnern, dass sie einst eine mutige Diskussion über diesen Anachronismus Neutralität begonnen hatten.
Aber was soll‘s: Das Land ist ja auch nicht imstande, sonst irgendwie die Grundlagen seiner Sicherheitspolitik zu behandeln. Bis auf Phrasen gibt’s da von keiner Seite etwas zu hören. So diskutiert auch niemand über die eventuellen Vorteile einer internationalen Arbeitsteilung bei Sicherheitsaufgaben.
Oder wird das obsolete Neutralitätsgesetz etwa gar nur deswegen nicht entsorgt, weil man sonst nicht wüsste, wann denn das Land sonst seinen Nationalfeiertag haben sollte? Und den braucht man ja offenbar unbedingt. Zumindest damit die österreichischen Botschafter im Ausland einen Tag haben, an dem sie zum großen Sektempfang laden können. Sonstige Zwecke des Nationalfeiertages in seiner heutigen Gestalt fallen mir ja in der Schnelligkeit nicht wirklich ein.
Der Beschäftigung mit der eigenen Geschichte geht man in Österreich völlig aus dem Weg. Das Gerücht etwa, dass es schon vor 1918 ein Österreich – gar auch ein Haus Österreich – gegeben haben soll, wird von der heutigen Politikergeneration ja für völlig unglaubwürdig gehalten.
Die ÖVP hat die Befassung mit der Geschichte des Landes aufgegeben, ohne es auch nur zu bemerken.
Die Geschichtsinstitute der Universitäten sind in einem Hostile takeover von lauter Linken besetzt worden und produzieren nur noch Absolventen ohne Wissen, lediglich mit antifaschistischen „Kompetenzen“.
Die SPÖ hat nur noch eine einzige, jedoch für einen Nationalfeiertag wenig passende Geschichts-Sicht: Bis Franz Vranitzky habe das Land aus lauter Nazis bestanden. Diese geistern angeblich selbst im Heldentor noch herum – das in Wahrheit ein Spiegelbild der österreichischen Geschichte der letzten 200 Jahre ist, und das mit seinem wunderbaren Kaiser-Spruch von der Gerechtigkeit als Grundlage der Herrschaft heute noch Anlass zur Besinnung geben könnte. Aber der geistergläubige Darabos möchte das Tor am liebsten einreißen.
Umgekehrt tragen die noch länger als die Sozialdemokraten deutschnational gewesenen Freiheitlichen heute wohl sogar schon Tag und Nacht rot-weiß-rote Unterhosen, um nur ja bei dem von den anderen Parteien leichtfertig vernachlässigten Heimat+Vaterlands-Thema Glaubwürdigkeit erobern zu können. Ein historisch gewachsenes und fundiertes Identitätsbewusstsein wird man aber auch bei ihnen nicht finden.
Aber was dieses Österreich eigentlich ist, wo es herkommt, wo es hingeht – das interessiert niemanden. Was bleibt von ihm angesichts der Massenimmigration? Wozu ist das Land da, außer dass es seinen Einwohnern noch ein paar Jahre gut geht, bevor Schuldenkrise, Überalterung, Kinderverweigerung und Reformunwilligkeit in den Abgrund führen? Weder die Politik und noch weniger die sogenannte intellektuelle oder literarische Szene diskutiert solche Fragen. Dort finden sich nur Typen, die sich als bezahlte EU-Propagandisten oder Österreich-Beschimpfer eine einträgliche Nische gefunden haben.
Österreich, das ist der Rest, dekretierten nach dem ersten Weltkrieg zynisch die französischen Sieger. Aber was nur ist heute dieser Rest?
PS.: In das Bild eines geschichtslos gewordenen Österreichs passte auch der Umstand, dass der ORF am Feiertag ausgerechnet einen Nazi-Film aus dem Jahr 1939 spielte. Offenbar glauben die dummen ORF-Menschen, dass bei jedem Film, wo Hans Moser, draufsteht, auch Österreich drinnen ist. Dabei war es ein raffiniert und geschickt gemachter NS-Propagandafilm, der den Ostmärkern vermitteln sollte, dass sie sich von ihrer degenerierten und französisch sprechenden Vergangenheit abwenden und den neuen bodenständigen un erdigen Nachbarn zuwenden sollen.
Sondersitzung im bayrischen Landtag: Ministerpräsident Seehofer muss deshalb sogar die Teilnahme an einem Treffen aller deutschen Ministerpräsidenten absagen. (Mit einer nachträglichen Ergänzung)
Der einzige Anlass der Sondersitzung: Ein Pressereferent der CSU hatte beim ZDF interveniert. Er wollte einen Bericht über eine SPD-Veranstaltung verhindern. Vergeblich. Der Bericht wurde gesendet. Der Österreicher fragt sich, was wäre, wenn das hierzulande Schule machen würde. Dann hätten wir wohl täglich Sondersitzungen im Nationalrat. Beim ORF genügt ja bekanntlich ein Anruf aus der Arbeiterkammer und schon wird das Programm der Zeit im Bild geändert. Was freilich bei uns nicht einmal die sogenannten Aufsichtsbehörden wie die KommAustria stört. Geschweige dann, dass es Parlaments-Sitzungen gäbe. Und wenn sich Berichte über nichtlinke Veranstaltungen einmal schon gar nicht verhindern lassen, wie über die jüngsten Spindelegger- und Strache-Reden, dann werden sie halt von einem Herrn Tarek Leitner mit stänkernden Worten eingeleitet. Der aber braucht vielleicht gar keinen Anruf aus der Parteizentrale mehr. Denn die gesamte Fernseh-Information tickt ja schon von sich aus genauso wie die SPÖ (aus der ja auch alle wichtigen ORF-ler kommen).
PS.: Drehte sich die Aufregung in Bayern hingegen darum, dass die Intervention erfolglos geblieben ist, dann gäbe es freilich in Österreich tatsächlich keinen Anlass zu einer Sondersitzung. Denn erfolglose Interventionen aus dem SPÖ-Dunstkreis sind hierzulande absolut unbekannt.
Nachträgliche Ergänzung: Wenige Stunde danach ist der Parteipressesprecher überhaupt gänzlich zurückgetreten! Welch wunderbares Vorbild!
Die Spar- und Reformbereitschaft der Politik ist am Nullpunkt angekommen. Dafür erreicht ihre Gier nach ständig noch mehr Abgabeneinnahmen einen neuen Höhepunkt. Die Österreicher werden derzeit mit einer solchen Fülle von Steuererhöhungsideen zugeschüttet, dass sie am Ende wohl froh sein sollen, wenn nur ein Teil verwirklicht wird. Motto: Gut, wenn der Schmerz kleiner wird. Auch wenn er vom Phantom- zum echten Schmerz wird.
Siehe etwa die Grundbuchs-Eintragungsgebühr bei Schenkungen und Erbschaften: Hier plant die Koalition eine Erhöhung der Gebühr auf etliche Tausende Euro pro Eintragung. Zwar hat die Justizministerin ihren ersten Plan ein wenig abgemildert. Die Menschen sollen offenbar froh sein, wenn die Eintragung für Familienangehörige erschwinglich bleibt, und nur die anderen abgecasht werden.
Das ist aber dennoch weder sozial noch gerecht noch familienfreundlich. Denn warum soll die eine junge Familie, die eine Wohnung erbt, wenig zahlen? Und warum soll die andere, die leider keine Erbschaft macht und daher die Wohnung auf dem Markt kauft, für die Eintragung ein Vielfaches zahlen?
Es ist verlogen zu behaupten, dass da keine versteckte Steuer abkassiert wird, sondern nur eine Eintragungsgebühr: Warum soll die in bestimmten Fällen zehnmal höher sein, selbst wenn der Wert des Grundstücks gleich bleibt?
Genauso erweist sich bei näherem Hinschauen auch jede andere Steueridee als ungerecht und schädlich. Ob das nun der rot-grüne Plan einer Vermögens- und Erbschaftssteuer ist. Oder die schon realisierte Kursgewinnsteuer und Bankensteuer. Oder das großkoalitionäre Projekt einer Finanztransaktionssteuer. Oder die Idee einer Zwangsanleihe; diese empfehlen unsere Politiker zwar vorerst nur den Griechen – sie wollen damit aber zweifellos den Boden bereiten, wenn sich auch unsere Schuldenlage leider, leider wieder einmal schlechter entwickelt als behauptet.
Besonders übel ist auch die Idee einer ORF-Haushaltsabgabe. Da immer mehr Menschen – vor allem junge – keinerlei Bedarf mehr an Fernsehen haben und daher auch keine Gebühren zahlen, soll künftig automatisch jeder Haushalt oder Computer zu einer ORF-Gebühr gezwungen werden. Samt den dabei jetzt schon mitkassierten zwei Bundesabgaben und – bis auf die lobenswerten Ausnahmen Oberösterreich und Vorarlberg – fetten Landesabgaben.
Aber auch im restlichen Europa kursiert jede Menge weiterer Steuerideen. So will das linke Frankreich jede Suche auf Internet-Suchmaschinen besteuern. So bricht das rechte Ungarn eiskalt sein Versprechen, die Bankenabgabe nur bis heuer zu befristen.
Das Ergebnis sieht man in Griechenland: Reihenweise fliehen jetzt große internationale Firmen angesichts der explodierenden Steuersätze (was naturgemäß die Steuereinnahmen weiter reduziert, statt sie zu erhöhen). Aber das Land beschäftigt weiter überflüssige Beamte, unterhält eine hochgerüstete Armee und zahlt Renten an Zehntausende längst verstorbene Pensionisten.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Griechen bekommen nun definitiv einen weiteren zweijährigen Aufschub für die Erreichung der ersten(!) Sanierungsziele. War alles für die Katz?
Griechenland darf sich nun noch zwei Jahre mit der Erreichung jenes Ziels Zeit lassen, auf das es eigentlich schon seit dem Maastricht-Vertrag 1992, also seit zwanzig Jahren verpflichtet ist: nämlich das staatliche Defizit unter drei Prozent zu drücken (was ohnedies eine sehr großzügige Vorgabe ist). Seit zweieinhalb Jahren nimmt Griechenland zur Erreichung dieses Ziels überdies satte europäische Hilfen in der Höhe seines gesamten Budgets in Anspruch. Als einzige Begründung wird den europäischen Steuerzahlern erklärt, dass die Griechen halt durch Wahlkämpfe Zeit verloren hätten. Zwei Jahre Wahlkampf? Nicht zeigt klarer als diese Zeitvergleiche, dass die Griechenland-Hilfe absolut für die Katz gewesen ist. Und dass sich viele Länder zugunsten Griechenlands schwerst verschuldet haben – ohne dass dieses Land auch nur mit der Sanierung begonnen hätte: Griechenland gibt nämlich noch immer mehr Geld aus, als es einnimmt, selbst wenn man die Zahlungen für Zinsen und Kapitalrückzahlungen beiseite lässt. Es konnte nun sogar das Verlangen der Troika abschmettern, durch Reformen der wohlfahrtsstaatlichen Arbeitsmarkt-Gesetze, die nichts gekostet hätten, die eigene Wettbewerbsfähigkeit wieder ein wenig zu erhöhen. Statt dessen müssen halt neuerlich sogar solche Länder für Griechenland zahlen, die einen weit weniger freizügigen Sozialstaat haben . . .
Nachträgliches PS.: Die Meldung über den zweijährigen Aufschub kommt aus mehreren deutschen wie griechischen Quellen. Offiziell wird freilich beteuert, dass die Entscheidung noch nicht definitiv sei. Man wird es ja anfang November sehen.
Viele starke, richtige Worte hat Michael Spindelegger da gefunden. Wenn man ihm so zuhörte, dann hat in Sachen Wirtschaftskompetenz niemand auch nur die geringste Chance gegen die Volkspartei. Wenn da nicht auch sechs große Aber wären.
Der Grundakzent des ÖVP-Obmannes, den er in seiner großen Herbstrede vor dem Nationalfeiertag in vielen Punkten dargelegt hat, ist absolut richtig und erfreulich: Weniger Staatsquote, niedrigere Steuern, also auch weniger Staat; ein familienfreundliches Steuersystem; Ermöglichung eines Gründerbooms; Privatisierungen bis hin zu Teilen der ÖBB (was sich auf Grund der internationalen Erfahrungen vor allem auf die Züge aller Art, weniger die Schienen-Infrastruktur bezieht); demonstrative Rückenstärkung für Maria Fekter und deren Temperament; und so weiter.
Super, begeisternd. Gegen kaum einen Satz gab es etwas zu sagen.
Wäre da nicht die Realität, die halt eine Partei mit Regierungsverantwortung und vor allem mit vielen anderen Spitzenpolitikern nicht beiseite schieben kann. Denn dadurch entsteht ein etwas anderes Bild. Denn diese Realität zwingt dazu, einige große Aber zu formulieren, die Spindeleggers Glaubwürdigkeit reduzieren:
Sie geben nicht auf. Obwohl es keinerlei Anlass, keine Notwendigkeit gibt, obwohl ein ähnlich lautender Richtlinienentwurf der EU vor Jahren am Veto Deutschlands und einiger anderer rechtsstaatlich orientierter Länder (nicht Österreichs!) hängengeblieben ist, versucht es das Sozialministerium erneut: Es hat einen Gesetzesentwurf in die Regierung gebracht, der die letzten Reste der persönlichen und unternehmerischen Freiheit durch eine bürokratisch abgestützte Diktatur der Political Correctness zu ersetzen droht. Das Widerlichste daran: Der angebliche Wirtschaftsvertreter Christoph Leitl stimmte diesem extrem linken Gesetzesentwurf bereits zu; und der Rest der ÖVP schläft bis auf den lobenswert mutigen Manfred Juraczka (vorerst?) tief und fest.
Dass Rudolf Hundstorfer nach außen den anständigen und soliden Bürgerlichen mimt, ist ja nichts Neues. Ebensowenig wie die Tatsache, dass der Sozialminister in seinem politischen Verhalten gleichzeitig die Tür nach links außen weit offen lässt. Der Mann will ja ganz offensichtlich noch mehr werden. Was angesichts der Alkohol- und Kriminalitäts-Probleme in diversen roten Spitzenjobs durchaus nicht chancenlos ist.
Offenbar aus diesem Grund startete Hundstorfer jetzt einen neuen Versuch, das – in Wahrheit ohnedies problematische – Gleichbehandlungsgesetz weiter zu verschärfen. Dieses Gesetz würde nach der geplanten Verschärfung in der Praxis insbesondere Schwule und Moslems zulasten aller anderen privilegieren; und es würde vor allem gläubige Christen kriminalisieren. Das zeigt das Beispiel Großbritannien, wo als einziges Land seit einigen Jahren ein ähnliches Gesetz in Kraft ist. Das ist dort eine Erbschaft der finalen Agonie Labours, die bisher auch von der liberal-konservativen Regierung nicht angetastet worden ist, weil die mitregierenden Liberalen gesellschaftspolitisch sehr links stehen.
Schwerer verständlich ist, dass der angebliche Unternehmervertreter Leitl dem Vorhaben zugestimmt hat und damit neuerlich einem linken gesellschaftspolitischen Projekt die Mauer macht. Sein Verhalten durchschaut man erst mit Hilfe des Hinweises, dass Leitl im Grunde seines Denkens und Handelns ein klassischer Alt-68er ist. So wie es leider auch der neue Industriellen-Präsident ist.
Beide begreifen nicht, dass die Wirtschaft bei Aufgabe der historischen Allianz mit dem wertkonservativen Lager in eine hoffnungslose Minorität gerät. Denn für die Linken werden die Unternehmer immer der Klassenfeind bleiben, den man zwar bisweilen als Hilfe für irgendwelche Projekte auf einem angeblich gemeinsamen Weg benutzt, den man aber am Ende gnadenlos bekämpft. Da wird es der Wirtschaft absolut nichts helfen, dass Leitl in seiner Anbiederung begeistert die geplante Finanztransaktionssteuer begrüßt (sie sei „richtig und wichtig“), dass Kammer und Industriellenvereinigung viele Schwulen-Förderungs- und Schulen-Zerstörungs-Projekte finanzieren, dass sie bei vielen genderistischen Aktionen mitmachen.
Am Schluss werden die Unternehmervereine aber alleine bleiben. Das wird ihnen, aber logischerweise auch dem Land strategisch schaden. Daran tragen alle jene Unternehmer mitschuld, welche die Leitls und Kapschs gewählt haben. Oder die als Desinteressierte deren Wahl nicht verhindert haben.
Noch schwerer verständlich ist, dass die ÖVP heikle gesellschaftspolitische Materien wie Political-Correctness-Gesetze einfach der Wirtschaftskammer überlässt. Dabei müsste die einstige Mehrheitspartei des österreichischen Bürgertums doch längst begriffen haben, dass Leitls Politik weitere Wählermassen Richtung FPÖ und Stronach vertreiben wird. Aber die Volkspartei scheint geistig schon so ausgedünnt, dass da kaum jemand den Eindruck erweckt, auch nur zu begreifen, was die Linke mit Hilfe der Sozialpartnerschaft alles durchsetzen will. Der Parteiobmann ist meist auf Tauchstation – oder äußert sich skurrilerweise ausgerechnet dann kritisch über einen Parteifreund, wenn seine Finanzministerin etwas absolut Richtiges über die Notwendigkeit einer Steuerreform sagt.
Was genau beinhaltet die von Hundstorfer im Konsens mit Leitl vorgelegte Gleichbehandlungsnovelle? Mit einem Satz: Alle Rechte, jeder Schutz, der bisher schon gegen vermeintliche Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Herkunft zugestanden ist, wird nun auch auf die Bereiche Weltanschauung, Alter, Religion und sexuelle Orientierung ausgedehnt. Das bedeutet das endgültige Ende von Privatautonomie und Freiheit.
Bei jedem Rechtsgeschäft von der Wohnungsvermietung bis zur Vergabe eines Jobs können Angehörige einer privilegierten Gruppe nach Inkrafttreten dieses Entwurfs Diskriminierung geltend machen, wenn ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Sie können immer behaupten, sie seien nur wegen dieser Eigenschaften nicht zum Zug gekommen. Ein christlicher, heterosexueller Mann ohne extremistische Anschauungen sollte hingegen künftig am besten gar nicht versuchen, sich um einen interessanten Job oder eine günstige Wohnungsmiete zu bewerben. Er kann und wird eh nicht genommen werden.
Noch schlimmer: Nicht der angeblich aus den genannten Gründen Diskriminierte muss vor Gericht die Diskriminierung beweisen, er braucht diese nur zu behaupten. Vielmehr muss die Gegenseite beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat. Was naturgemäß alles andere als einfach ist.
Das neue Gesetz wird einen bürokratischen Mega-Gau auslösen, nicht nur bei Privatpersonen, sondern auch bei den anschwellenden Überwachungsbehörden. Vor allem trifft dieser Gau Arbeitgeber, Wohnungsvermieter und viele andere. Sie alle sollten dank Leitl künftig von vornherein bei jedem Rechtsgeschäft (vom ersten Telephonat bis zur letzten Besprechung) jeden Schritt zur Gänze so dokumentieren, damit sie sich gegebenenfalls nachher freibeweisen können.
Das werden sie nämlich häufiger müssen, als viele glauben. Denn mit diesem Gesetz bekommen die sogenannten Gleichstellungsbeauftragten noch viel mehr Rechte. Sie werden sich auch als Nichtbeteiligte in fast jedes Rechtsgeschäft und Verfahren einmischen können.
Fast nicht extra erwähnt werden muss, dass über die neue Flut von Gleichbehandlungsregeln natürlich auch eine Reihe von Kommissionen zu wachen hat, natürlich mit „mindestens 50% Frauen“ (warum eigentlich nicht auch eine Schwulen-, Kommunisten-, Alten- und Migrantenquote?). Und in diesen Kommissionen sitzen natürlich dick und fett die Sozialpartner (WKO, ÖGB, AK, Industriellenvereinigung) sowie zwei SPÖ-Ministerien, nämlich Sozialministerium und Bundeskanzleramt (=Frauenministerium).
Diese Zusammensetzung der Kommissionen ist wohl die taktische Sollbruchstelle, damit die ÖVP noch ein unbedeutendes Detail ändern kann: Da wird dann halt ein rotes durch ein schwarzes Ministerium ersetzt und die ÖVP kann behaupten, das Schlimmste verhindert zu haben.
Die frechste Lüge in dem Hundstorfer-Entwurf findet sich aber in den Erläuterungen. Dort wird nämlich glatt behauptet, dass durch dieses Gesetz keine zusätzlichen Kosten entstehen. Dabei haben diese Gleichstellungsbeauftragtinnen schon in den letzten Jahren jede Menge Sand in alle möglichen Institutionen streuen können. Insbesondere bei den Universitäten gelang ihnen dies, deren Niveauverlust durchaus auch (auch! Natürlich nicht alleine) „Verdienst“ dieser Politkommissarinnen ist.
Wenn schon nicht Lüge, so zumindest eine naive Selbsttäuschung sind ferner die folgenden Behauptungen des Sozialministers in den Erläuterungen: Es werde „nicht mit einem erheblichen Anwachsen“ der Verfahren gerechnet; es werde zu einer „Erhöhung der Kaufkraft der einzelnen Haushalte“ kommen. Natürlich wird dafür kein einziger Beweis angeführt; das wäre mangels der Existenz eines solchen auch ziemlich schwer. Denn in Wahrheit wird dieses Gesetz den Wirtschaftsstandort Österreich schädigen. Für so manche Unternehmer wird es der letzte Anlass sein, die Tätigkeit in Österreich aufzugeben.
Apropos Lüge: Was bekam eine Unternehmerin in der WKO zur Antwort, als sie ihre Sorgen ob des neuen Gesetzentwurfs deponierte? Sie möge einfach die Unwahrheit sagen. Also dass sie leider ausgebucht sei, und daher den Interessenten nicht nehmen könne, obwohl sie so gerne mehr Schwule/Moslems/Kommunisten unter ihren Kunden hätte . . .
Der Zynismus dieses Ratschlags übertrifft wohl den Hundstorfers noch bei weitem. Lügt nur ordentlich, dann tut euch das neue Gesetz eh nicht weh.
Zusätzlich sind viele Vokabel des Gesetzes auch völlig undefinierbar. Und damit völlig unbrauchbar:
Was etwa ist sexuelle Orientierung genau? Gehört da nicht auch Prostitution in all ihren Formen dazu? Päderasten? Freunde der Sodomie, des Exhibitionismus, des lautstarken Sexualverkehrs, des Sadomasochismus? Wie werden Richter den Gummi-Begriff eines „angemessenen und erforderlichen“ Kriteriums interpretieren, bei dessen Zutreffen man doch noch dem neuen Kontrahierungszwang entgehen könnte (was aber natürlich erst lange nachher festgestellt werden kann)? Wie definiert sich der Begriff „Weltanschauung“? Wo ist deren Grenze zu einer Geistesverwirrung? Ist der Glaube an die Hundert jenseitigen Jungfrauen als Lohn für einen Mord als Weltanschauung/Religion geschützt? Wie ist es mit dem Lob für Sexualverkehr mit Neunjährigen? Wie ist es mit dem Glauben an die netten Marsmännchen, die Kreise in Felder pflügen?
Es wird in Wahrheit nach Realisierung des Gesetzes keinerlei Schutz dagegen geben, dass man künftig jeden Fundamentalisten, jeden Wahnsinnigen, jeden Extremisten als Mieter oder Mitarbeiter aufnehmen muss, solange dieser nicht strafrechtlich verurteilt oder besachwaltert ist. Alle andere Haltungen und Einstellungen sind ja problemlos als erlaubte Religion oder Weltanschauung darstellbar.
Bestimmte Gruppen sollten sich daher schon jetzt um einen guten Strafverteidiger umschauen – oder die Auswanderung in einen Rechtsstaat vorbereiten. Denn bekanntlich provozieren die Lobbyisten der verschiedensten – angeblich verfolgten – Gruppen wie der Homosexuellen gerne Anlässe, um ihre Gesinnung auch durch einen öffentlichen Gerichtsprozess propagieren zu können.
In keinem einzigen dieser Beispiele geht es darum, dass der abgewiesene Vertragspartner etwa Probleme hätte, anderswo Anwalt/PR-Agentur/Bäcker/Graphiker/Hotels zu finden. Daher gerät niemand durch eine Abweisung in einen Notstand. Das wäre nur dort der Fall, wo eine Monopol- oder Quasi-Monopol-Situation besteht, etwa bei ÖBB oder anderen Verkehrslinien, etwa wenn es spätabends kein anderes erreichbares Hotel gibt.
Es geht also keineswegs um den Schutz von irgendwelchen armen Minderheiten in Not. Es geht eindeutig darum, dass aggressive Minderheiten eine gesetzliche Waffe haben, um Provokationen zu organisieren. Es geht um die Abwehr eines gigantischen Umerziehungsprojekts (gegen das sich die unerträgliche Sprachzerstörung der letzten Jahre durch Binnen-I und Schrägstriche noch harmlos ausnehmen wird). Es geht letztlich um das, wofür die Österreicher 1848 oder 1955 gerungen haben: um die Freiheit. Oder zumindest um deren letzten Reste.
Wer das alles für übertriebene Ängste hält, der möge sich anschauen, welche Exzesse seit kurzem in Großbritannien toben, wo Labour ein ähnliches Gesetz in Kraft gesetzt hat:
Das sind nur einige britische Beispiele. Das neue Gesetz führt nicht immer zu Verurteilungen, es gibt aber linken Behörden jede Menge von Möglichkeiten in die Hand, um Andersdenkende zu verfolgen.
Aber die einst christliche ÖVP schweigt bei uns trotz des abschreckenden britischen Beispiels gegen die Öffnung der Tore für neue Christenverfolgungen. Aber die einst liberale ÖVP schweigt gegen die roten Absichten einer massiven Freiheitsbeschränkung. Aber die einst mutige ÖVP hat ja offensichtlich auch dem Sozialminister schon erlaubt, dass er dem (inzwischen zum Glück hängengebliebenen) EU-Richtlinienentwurf zum gleichen Thema zugestimmt hat. Hängt dieses Schweigen vielleicht gar damit zusammen, dass auch dort schon bis hin in Ministerbüros die Schwulen-Lobby Schlüsselpositionen erobert hat, die ja zur Propagierung ihrer „Orientierung“ auch vor dem Einsatz der Gerichte nicht zurückschreckt?
Ob Michael Spindelegger noch einen Kurswechsel, also ein klares und lautes Nein schafft? Viel Führungskraft scheint er ja nicht mehr zu haben. Und im konkreten Falls müsste er ja sogar einen Leitl desavouieren . . .
Asterix-Leser kennen den „Running gag“: Einmal pro Band werden die Seeräuber von den unbeugsamen Galliern versenkt; außer in einer Episode, in der die Freibeuter, als sie der Gallier ansichtig werden, rasch ihr Schiff selber Leck schlagen und versenken, um den Galliern den Triumph nicht zu gönnen. Was das mit der österreichischen Innenpolitik zu tun hat?
Sehr viel, denn die Seeräuber erinnern stark an die ÖVP. Eine Partei, die gar nicht darauf wartet, dass sie der politische Gegner angreift; sie schafft die Selbst-Kannibalisierung mühelos, wie wir alle in den letzten Wochen miterleben dürfen.
Eigentlich hat die SPÖ ein Problem, denn die Staatsanwaltschaft attestiert ihrem Parteiobmann und Bundeskanzler im Zuge der Verwendung von öffentlichen Geldern ausgegliederter Unternehmen für Eigenwerbung eindeutige „Schutzbehauptungen“; das ist die juristisch noble Formulierung für das Lügen eines Beschuldigten. Faymann ist dabei in guter – besser gesagt: schlechter – Gesellschaft: Schon Fred Sinowatz wurde bekanntlich wegen falscher Zeugenaussage rechtskräftig verurteilt.
Und es ist auch nicht das erste Mal, dass Faymann die Unwahrheit sagt. Es sei an den legendären Brief an die „Kronen Zeitung“ erinnert, in dem Faymann in Richtung EU versprochen hatte, dass „zukünftige Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen“. Schon damals war klar, dass gravierende Vertragsänderungen anstehen, aber Faymann war das egal. Er wollte die Wahl gewinnen, und dazu war die Unterstützung der „Kronen Zeitung“ essentiell. Sogar Armin Wolf fühlte sich von der SPÖ „am Schmäh gehalten“, weil es angeblich keinen Termin gab, das Faymann-Gespräch vorab aufzuzeichnen. Das war ebenso die Unwahrheit wie das „Studium“ im Faymann‘schen Lebenslauf.
In jedem Land, das nicht die Banane im Wappen führt, wäre so ein Politiker schon längst zurückgetreten, nicht so hierzulande: Der Kanzler, seine Regierungskollegen sowie auch andere Politiker werfen täglich mit vollen Händen unser Steuergeld in den Rachen der Boulevardzeitungen.
Schon 2010 stellte der anerkannte Politologe Fritz Plasser in seriösen Untersuchungen fest, dass im Wahlkampf 2008 der Kanzlerkandidat Faymann „von der ‚Kronen Zeitung‘ nachhaltig durch explizite und implizite Wahlempfehlungen gefördert wurde“, und dass damit die „Kronen Zeitung“ zu einem „Gravitationszentrum der Innenpolitik“ geworden war. Die wahlausschlaggebende Unterstützung diverser Medien ist mittlerweile demoskopisch erwiesen. Eine aktuelle Studie des Politologen bestätigt zudem den Zusammenhang zwischen Inseratenschaltungen und wohlwollender Berichterstattung.
Dennoch haut ein Michael Spindelegger nicht auf den Tisch und sagt: „Machen wir ein Gesetz, das derartige Regierungsinserate – die es, nota bene, in diesem Ausmaß in keinem zivilisierten Land der Welt gibt – unmöglich macht. Ersparnis für den Bürger und Steuerzahler: über 100 Millionen Euro im Jahr.“ Der Grund dürfte einfach sein: Selbst ÖVP-Politiker beteiligen sich – wenn auch in geringerem Ausmaß – an dieser üblen Praxis, in der dümmlichen Hoffnung, sich durch Einschaltungen in den Krawallzeitungen ebenfalls Sympathien zu kaufen. Die Fellners, die Hintermänner der Gratiszeitschrift „Heute“ – verdächtig stark im SPÖ-Dunstkreis angesiedelt – sowie die anderen nahestehenden Medien lachen sich ins Fäustchen, nehmen dankend das Steuerzahlergeld und fühlen sich nach wie vor dem „lieben Werner“ verpflichtet.
Es wäre für die ÖVP nicht nur anständig, sondern auch intelligent, diese korrupten Praktiken zu unterbinden, aber es ist ja kein Geheimnis, dass die ÖVP seit Jahrzehnten keine Medienpolitik hat – von den Printmedien bis zum ORF. Und da ist es von der Naivität bis zur Dummheit nur ein kleiner Schritt. Anscheinend begreift niemand in dieser Partei, dass das konsequente Anfüttern der Massenmedien (mit Steuergeld) auch den nächsten Wahlgang entscheiden wird. Die ÖVP hat dieser geballten Medienmacht nichts entgegenzusetzen, und die Ungleichgewichte werden täglich größer.
Die nächste Wahl werden nicht die Berichte in „Presse“ oder „Kurier“ entscheiden, denn allein die „Kronen Zeitung“ hat mit über 2,7 Millionen Lesern täglich knapp so viele Leser wie acht andere österreichische Tageszeitungen miteinander („Presse“, „Standard“, „OÖ Nachrichten“, „Salzburger Nachrichten“, „Tiroler Tageszeitung“, „Vorarlberger Nachrichten“, „Kurier“ und „Kleine Zeitung“)! Und dabei wurden die Jubelblätter „Heute“ (935.000 Leser), „Österreich“ (734.000) und „News“ (666.000 Leser) noch gar nicht berücksichtigt. Kein Wunder, dass der Wiener Bürgermeister zynisch-realistisch meinte: „Der Standard und die Presse sind für die demokratische Hygiene wichtig. Als Bürgermeister brauche ich sie nicht. Ich brauche Krone und News.“
Ähnliches hatte vor ihm schon der deutsche SPD-Kanzler Gerhard Schröder festgestellt: „Zum Regieren brauche ich nur Bild, Bams [Bild am Sonntag] und Glotze“. Es ist tröstlich, dass auch er abgewählt wurde, aber in Deutschland gibt es keine Bestechungsinserate für Zeitungen und der öffentliche Rundfunk hat dort nicht so eine Schlagseite wie hierzulande.
Darum hat nicht die SPÖ ein Obmann-Problem, sondern die ÖVP, die zusätzlich zum medialen Gegenwind auch serienweise hausgemachte Selbstfaller produziert. Darin war die ÖVP schon immer gut, man denke an den Einsturz der Reichsbrücke anno 1976; damals ist nicht etwa der Wiener SPÖ-Bürgermeister Leopold Gratz zurückgetreten. Weit gefehlt! Franz Bauer, der damalige Obmann der Wiener ÖVP, musste den Hut nehmen. Und auch andere Führungsdiskussionen in der ÖVP sind noch gut in Erinnerung.
Dazu kommt, dass bei wichtigen Fragen in den letzten Jahren die ÖVP – nach anfänglichem großen Getöse – immer wieder umgefallen ist, von der „Homo-Ehe“ über die neue Mittelschule bis zu „keine neuen Steuern/Steuererhöhungen“ im Zuge von so genannten Sparpaketen, die sich dann letztlich immer noch als Belastungspakete dargestellt haben. Und auch der dümmliche „Her mit dem Zaster“-Sager ist wohl noch vielen Wählern in Erinnerung.
Frei nach Thilo Sarrazin könnte man sagen: „Die ÖVP schafft sich ab“. Man könnte darüber achselzuckend zur Tagesordnung übergehen, wäre das restliche Parteienangebot nicht so erschreckend inferior. Schon fragen sich im „Standard“ besorgte Kommentatoren „Ist das moderne Bürgertum abgemeldet?“ und sie verweisen zu Recht auf die Tatsache, dass nach einem Zerreißen der bürgerlichen Partei der Mitte ein demokratiepolitisch gefährliches Vakuum entstehen würde, das von keiner der derzeit bestehenden Parteien gefüllt werden könnte.
Es kann also niemandem in Österreich, egal ob Mitglied, Sympathisant oder Gegner, gleichgültig sein, wie es mit der ÖVP weitergeht. Aber wenn ein Parteichef ein Jahr vor der Wahl sein Team umbauen möchte, das aber nicht kann, weil etwa ein Klubobmann, der erwiesenermaßen überfordert ist, „im Wirtschaftsbund gut vernetzt ist“ – oder weil ein Gewerkschafts-Dinosaurier nicht zum Rücktritt bewegt werden kann, da er im ÖAAB offenbar unabkömmlich ist – dann macht sich eine Partei lächerlich. Zu den bekannten bündischen, Bundesländer-spezifischen und persönlichen Problemen kommen aber auch noch gravierende „handwerkliche“ Defizite: Vom mangelnden Agenda-Setting bis zu einem dilettantischen Parteimanagement, garniert mit einer Kakophonie von Meinungen, von der Schulpolitik über Bundesheerfragen bis zur Strategie im Untersuchungs-Ausschuss.
Die ÖVP, die immer Österreichs Europapartei war, müsste doch schon längst erkannt haben, dass in der EU so manches aus dem Ruder läuft und entsprechende Vorschläge zum Gegensteuern unterbreiten. Aber es gibt von der ÖVP keinen Aufschrei gegen die Vergesellschaftung der Schulden in Europa, es gibt keinen Widerstand gegen das Gelddruck-Programm der EZB oder die geplante Beistandspflicht der europäischen Banken.
Und auch in der Innenpolitik sind die Phantasielosigkeit und die Unfähigkeit, glaubhafte, solide und realistische Entwürfe für eine Entwicklung der nächsten Jahre und Jahrzehnte vorzulegen, erschreckend.
Die ÖVP ist zur Drucklegung dieses Beitrags damit beschäftigt, Herrn Faymann die Mauer zu machen. Diese Entscheidung, die von der ÖVP damit begründet wird, dass man sich laut Koalitionspakt nicht gegenseitig überstimmen darf, wäre dann noch wenigstens verständlich, wenn etwa die ÖVP ihre „schwarzen Schafe“ ebenfalls vom Erscheinen „befreit“ hätte. Das hätte natürlich den Untersuchungsausschuss gleich zu Beginn zur Farce gemacht.
Die ÖVP hat das nicht getan, und das war auch in Ordnung so. Sie hat es sogar zugelassen, dass ein Leichtgewicht wie Werner Amon tage-, ja wochenlang wegen eines läppischen Druckkostenbeitrags als Geldwäscher (!!) durch die Medien geprügelt wurde. Nun aber, da es nicht um 10.000 Euro geht, sondern um fortgesetzte und missbräuchliche Verwendung von der Allgemeinheit gehörenden Geldern in Millionenhöhe für die persönliche Propaganda eines Politikers, der dieses System als Wiener Wohnbaustadtrat begonnen, als Verkehrsminister perfektioniert und als Bundeskanzler ungeniert fortgesetzt hat, erinnert sich die ÖVP an den Koalitionspakt.
Apropos Erinnern: auch vor der letzten Nationalratswahl 2008 gab es einen Koalitionspakt, sich nicht gegenseitig zu überstimmen. Den hat Werner Faymann brutal entsorgt, als er in der legendären Sitzung vor der Wahl mit den anderen Parteien die ÖVP etwa bei den Studiengebühren überstimmte.
Herr Faymann wird auch den derzeitigen Koalitionspakt, wenn es in sein Kalkül passt, brechen, denn er will die nächsten Wahlen gewinnen. Die ÖVP macht es ihm schon sehr leicht.
Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, deren aktueller Oktober-Ausgabe dieser Kommentar entnommen ist.
Alle Jahre wieder: ein Asylgipfel, weil wider alle Gesundbeterei die Zahl der Asylwerber zunimmt.
Bizarr ist dabei nicht nur, dass die Politik wirklich geglaubt hat, die Zahl der Möchtegern-Asylanten würde angesichts der komfortablen Rahmenbedingungen in Österreich nachhaltig zurückgehen; deshalb hat sie ja auch auf den Bau des einst von Maria Fekter geplanten Erstaufnahmezentrums im Burgenland verzichtet. Noch viel bizarrer ist, was auch bei diesem Gipfel herausgekommen ist: Rundum belobigt man sich, weil alle Länder versprochen haben, künftig mindestens 88 Prozent jener Asylantenzahl aufzunehmen, deren Aufnahme sie beim letzten Gipfel versprochen haben. Wie viele Prozent werden es beim nächsten Gipfel sein, wenn wieder nichts eingehalten worden ist und wenn das Lager Traiskirchen wieder aus allen Nähten platzt? Vielleicht sollte man den 88-Prozent-Schmäh auch bei der nächsten Steuervorschreibung versuchen . . .
Ein halbes Dutzend Volksvertreter, von deren Existenz das Volk bisher nie etwas gewusst hat, wird über Nacht wichtig und teuer.
Sie gründen im Namen des Altunternehmers Frank Stronach einen Parlamentsklub. Gewählt worden waren sie freilich einst als Fussvolk des Jörg Haider. Der ist nun tot. Da sucht man sich halt einen neuen Sponsor, erweisen sich doch Haiders Erben als recht leichtgewichtig. Das ist in einem freien Land an sich in Ordnung und problemlos. Ärgerlich ist nur eines: Das kostet uns ein paar Millionen zusätzlich. Für Klubförderung, für Mitarbeiter, für Klubräumlichkeiten, für Sondersitzungen und dringliche Anfragen. Das alles für Menschen, die nicht einmal ein halbes Mandat errungen hätten, wenn sie jemals im eigenen Namen angetreten wären. Das alles im Namen eines Neupolitikers, der gegen Defizite und Politikerprivilegien wettert und von irgendwelchen selbstdefinierten Werten schwafelt. Das ist genauso widerlich wie das Verhalten der anderen Parteien, die sich in Zeiten von Sparbudgets die Parteienförderung erhöhen. Dear Frank: This bill is for you, not us.
Wenn in einem Gürtel-Lokal Fäuste und Fäkalsprache den Ton angeben, hält das nicht einmal das kleinste Bezirksblatt für berichtenswert.
Warum sollte das dann eigentlich noch irgendjemanden interessieren, wenn der Schauplatz der ORF ist? Geht doch der Staatssender auf der Suche nach den fliehenden Sehern längst schon auf den Strich. Wo man eben zwangsläufig nur noch solche Typen findet. Bezeichnend für den Abstieg des einstigen Nationalsenders war auch die Aussage einer Bekannten, die einzig Armin Assingers wegen noch hie und da den Fernseher aufdreht. Doch als der jetzt eine „Promi“-Sendung machte, drehte sie empört ab: „Von denen kenne ich keinen einzigen! Und das sollen Promis sein?“ Festzuhalten ist aber: Der Unterschied zu einem Gürtel-Lokal bleibt die Tatsache, dass dieses für seine Gossen-Aktivitäten keine Zwangsbeiträge und Steuergelder kassiert. Dass es also zumindest insofern ehrenhaft ist.
Im europäischen Schulden- und Finanzdschungel nimmt sich die deutsche Regierung als einsame Lichtung der Vernunft aus. Dieser Eindruck entpuppt sich aber zunehmend als Fata Morgana. Auch die Politik der Angela Merkel bietet nämlich in Wahrheit längst keinen Ausweg mehr als dem Krisendickicht. Und das macht bange. War doch Deutschland die letzte Hoffnung im Euroraum.
Die deutsche Strategie scheint auf den ersten Blick klar und logisch. Komprimiert lautet sie: Da ein Auseinanderbrechen des Euro-Raumes schlimme Folgen hätte, und ein Bankrott von Euro-Staaten noch viel mehr, wird Ländern wie Griechenland oder Portugal weiterhin mit viel Geld geholfen, wofür diese im Gegenzug zu einem straffen Sanierungs- und Reformprogramm gezwungen werden.
An dieser Strategie klingt vieles richtig. Sie kann aber dennoch nicht funktionieren, weil sie absolut weltfremd ist. Natürlich stimmt es, dass ein Zerbrechen des Euro-Raums oder Staatsbankrotte sehr unangenehm und schmerzhaft wären. Nur kann es nicht funktionieren, Länder auf diesem Weg zu einer Reform- und Sanierungspolitik zu zwingen. Und nach einem Scheitern der diversen Rettungsversuche wird der Schaden noch viel größer sein und dann ganz Europa erschüttern.
Der deutsche Versuch ähnelt den einstigen Bemühungen der französischen Kolonialpolitik, aus den Untertanen in Übersee Franzosen wie alle anderen zu machen, die sich höchstens durch die Hautfarbe unterscheiden. Das ist zwar in vereinzelten Fällen geglückt, an der großen Masse der kolonialen Bevölkerung jedoch ohne Hinterlassung von Spuren vorbeigerauscht. Dabei hat sich Frankreich durchaus bemüht (mehr als andere Kolonialmächte). Es wurden Schulen, Universitäten und Verwaltungsbehörden eingerichtet. Viele Franzosen übernahmen Verantwortung in den Kolonien. Aber eine kulturelle Verhaltensänderung in der breiten Masse konnte dennoch nie erzielt werden.
Ähnliches spielt sich derzeit – von der Außenwelt kaum noch beachtet – in Bosnien ab. In einer komplizierten Verfassungskonstruktion versuchen nun schon seit fast zwei Jahrzehnten internationale Truppen, viele Hilfsorganisationen und ein vom Ausland eingesetzter Diktator (der österreichische Diplomat Valentin Inzko), aus drei Landesteilen, die am Beginn der 90er Jahre gegeneinander Krieg geführt haben, eine Einheit zu schmieden. Und dennoch weiß heute jeder, der es wissen will: Der Versuch ist missglückt. Kaum sind eines Tages die ausländischen Truppen abgezogen, wird es den fiktiven bosnischen Staat wieder zerreißen.
Vor allem die bosnischen Serben werden sich wieder aus der verordneten Einheit lösen und sich direkt oder indirekt an Serbien anschließen. Auch bei den bosnischen Kroaten wird vermutlich ein ähnlicher Anschluss Richtung Zagreb stattfinden. Und die moslemischen Bosnier werden das hinnehmen – oder wieder Krieg führen müssen. Der würde aber ebenso blutig wie vergeblich sein, wie einst der Krieg der jugoslawischen Volksarmee zur „Rettung“ der jugoslawischen Einheit.
Ebensowenig wird und kann der Versuch gelingen, aus Griechen nette Mittelmeer-Germanen zu machen, die so effizient, fleißig, korrekt und technisch begabt sind wie Bayern oder Oberösterreicher, wie Schweizer oder Schwaben. Solche Zivilisations-Mutationen gelingen bestenfalls nach Jahrhunderten, nicht aber binnen der knappen Zeit, die noch zur Verfügung steht, damit der deutsche Rettungsweg zum Ziel führt.
Dies sieht man schon daran, dass von Griechenland bis Portugal die Sanierungsetappen regelmäßig verfehlt werden, dass immer wieder eine Lockerung der Vorgaben hingenommen werden muss, weil diese nicht erreicht worden sind. Zwar erwecken die regelmäßigen Kontrollen der sogenannten Troika einen strengen Eindruck, zwar sind die Folgen der Schuldenpolitik für die betroffenen Bürger überaus hart – aber dennoch kann dieser Weg nicht zum Ziel führen.
Denn zum ersten werden die Sanierungsbemühungen von der betroffenen Bevölkerung als ausländisches Diktat und nicht als zwangsläufige Folge der eigenen Schuldenpolitik und des Zurückgehens der eigenen Wettbewerbsfähigkeit verstanden. Das zeigt sich am deutlichsten an den regelmäßigen Generalstreiks und aggressiven Demonstrationen. Dadurch wird nämlich in Wahrheit nur das eigene Bruttoinlandsprodukt weiter reduziert, dessen Schrumpfen freilich gleichzeitig als Schuld der anderen lauthals beklagt wird. Das, was man den Deutschen oder der Troika in die Schuhe schiebt, verursacht man dadurch neuerlich höchstselbst.
Zweitens haben Griechen&Co längst die Überzeugung gewonnen: Die Deutschen, die EZB und der Währungsfonds drohen zwar, aber sie werden ihre Drohungen letztlich nie wahrmachen. Auch wenn sich die Schuldnernationen mit dieser Überzeugung langfristig täuschen könnten, so haben sie kurz- und mittelfristig zweifellos recht: die Deutschen bluffen. Zumindest bis zu den Bundestagswahlen werden sie die Griechen und deren Schuldengenossen nicht fallenlassen.
Denn damit würden ja Angela Merkel und Wolfgang Schäuble eingestehen, dass ihre Politik der letzten drei Jahre abgrundtief falsch war, die inzwischen den Deutschen an Krediten und Haftungen in der Summe eine runde Billion Euro gekostet hat, also tausend Milliarden. Da schieben sie diesem verlorenen Geld lieber noch weitere Summen nach, bevor sie ihren Fehler eingestehen.
Und die Linksparteien könnten in diesem Fall triumphieren – obwohl sie in diesen drei Jahren eigentlich noch viel mehr Geld noch viel schneller verbrennen wollten als die schwarz-gelbe Koalition.
Zum dritten kann das Merkel-Schäuble-Rezept auch deshalb nicht funktionieren, weil Griechenland ein souveräner Staat ist und bleiben wird. Solange er nicht von fremden Truppen besetzt ist, würde ein EU-Staat niemals zustimmen, dass die EU bei ihm so durchgreifen könnte wie etwa in Bosnien. Dort kann der Hohe EU-Repräsentant Inzko Gesetze suspendieren und Minister feuern – und selbst das hat nicht funktioniert. Denn nach Hinauswurf eines Ministers übernehmen halt andere den Job – und verhalten sich genauso wie ihre Vorgänger (nachdem sie ein paar Monate lang einen anderen Eindruck zu erwecken versucht haben).
Denn zum vierten – und am wichtigsten: Das Merkel-Rezept verkennt die zentrale Bedeutung des Begriffs Eigenverantwortung. Damit zeigt auch die CDU, dass sie in Wahrheit an sozialistische Rezepte der kollektivierten Verantwortungslosigkeit glaubt.
Dazu sei noch ein historischer Vergleich gestattet: nämlich mit Österreich nach 1945. Das Land war damals das ärmste Europas. Es hat aber gewusst, dass es auf sich selbst gestellt ist. Die Stabilisierung hat viele Jahre gedauert, ziemlich genau ein Jahrzehnt. In dieser Zeit haben sich alle Österreicher angestrengt, ohne eine Sekunde an Streiks zu denken oder Dritten die Schuld an der eigenen Not in die Schuhe zu schieben. Als kommunistische Gruppen (zum Zwecke eines politischen Putsches) zu streiken begannen, bereiteten dem die anderen Gewerkschafter selbst handgreiflich ein rasches Ende.
Zwar hat Österreich mit dem Marshall-Plan damals auch etliches an Hilfe von außen bekommen. Aber diese war in Relation verschwindend klein gegen die Summe der Hilfsprogramme, die jetzt schon im Süden der EU wirkungslos versickert sind. Das österreichische wie deutsche Wirtschaftswunder der 50er Jahre ist ganz eindeutig primär durch eigene Disziplin, durch Fleiß und Anstrengung erzielt worden; es ist den Arbeitern und Unternehmern genauso zu danken wie der liberalen Politik der Minister Kamitz und Erhard.
Die Griechen sind von diesem Geist meilenweit entfernt. Es ist müßig nachzudenken, ob Klima, Gene, Kultur oder Geschichte die Schuld daran tragen. Es ist jedenfalls Tatsache, dass sich ein solcher Geist nicht erzwingen oder verordnen lässt.
Daher werden auch alle deutschen Lösungsmodelle scheitern, etwa die Idee, dass ein Brüsseler Kommissar ein Eingriffsrecht in nationale Budgets bekommen sollte. Das wird mit Sicherheit keinen Konsens finden. Keine Regierung, keine Nation stimmt der Selbstkastration freiwillig zu. Und selbst wenn es diesen Kommissar eines fernen Tages doch gäbe, könnte er die griechischen, portugiesischen, süditalienischen, spanischen oder gar französischen Realitäten niemals ändern. Ein solcher Kommissar würde zwar wie ein knapp vor der Niederlage stehender Kriegsherr Befehle ausschicken – mit dem Verhalten an den fernen Fronten werden diese Befehle aber keinen Bezug mehr haben.
Der Gedanke, die Europäer auf diese Weise ändern zu können, ist so abstrus, dass man ihn besser gleich bleiben lassen sollte, um nicht noch mehr Schaden anzurichten.
Er ist ebenso realitätsfremd wie ein anderer aktueller Schwerpunkt der europäischen Politik, der ebenfalls von Berlin forciert wird: Es ist der Versuch, eine zentrale Bankenaufsicht über – mindestens – 6000 Geldinstitute zu schaffen. Das, woran nationale Notenbanken und Aufseher scheinbar gescheitert sind, soll nun eine ferne Zentrale erreichen, welche die näheren Verhältnisse nicht kennt: ein seltsamer Gedanke. Man glaubt aber ernstlich, auf diese Weise den Crash von Banken verhindern zu können. Das wird aber nur als müder Scherz in die Bücher der Wirtschaftsgeschichte eingehen.
Denn erstens wird es immer Crashs geben. Das ist in der Welt der Banken so natürlich wie in jener der Baufirmen oder Computerhändler. Solange es kein Mittel gibt (und es gibt keines), beispielsweise den Verfall von Immobilienpreisen auf ein Viertel des einstigen Wertes oder noch weniger zu verhindern, werden Banken gegen die Wand donnern.
Denn zweitens gibt es nach wie vor keinen Konsens, wer im Fall eines Bankencrashs zumindest zum Teil gerettet werden soll. Konsens herrscht nur, dass die Eigentümer der Bank nicht gerettet werden. Aber das ist nur der kleinste Teil der Antwort.
Gegen einen sofortigen Jobverlust für alle Angestellten empören sich hingegen die Gewerkschaften und Parteien; daher sind auch in Österreich alle Dienstverträge bei der Hypo Alpen-Adria oder der Volksbank weitergelaufen. Genauso fragwürdig ist aber auch die sogenannte Einlagensicherung. Warum soll jemand, der Zinsen für sein Geld kassiert, im Gegenzug nicht auch ein Risiko tragen? Und warum soll er auf Kosten der anderen Sparer und Steuerzahler voll gesichert werden?
Der Hauptgrund, warum Banken „gerettet“ werden, sind aber die Großeinleger. Das sind nämlich meistens Unternehmen, die bei einem Platzen ihrer Einlagen selber konkursreif wären. Was wiederum Tausende Arbeitsplätze kosten würde. Und das wollen wiederum die Parteien ganz und gar nicht.
Seit 2008 liegen diese Fragen auf dem Tisch. Und bis heute gibt es keine Antwort. Statt dessen werden ständig neue und widersprüchliche Regulierungs-, also vor allem Eigenkapitalanforderungen an die Banken formuliert. Einmal von der EZB, einmal von der Basler BIZ, einmal von den nationalen Aufsehern, einmal von Zentralbanken, einmal von Gesetzgebern.
Damit erreicht man nur eines: Verwirrung und eine enorme Bürokratie zur Administration all dieser Regulierungen. Denn in Wahrheit sind erhöhte Eigenkapitalanforderungen sehr zweischneidig: Sie erhöhen zwar die Sicherheit einer Bank (ohne jemals einen Crash ganz verhindern zu können). Sie schaden aber andererseits der Wirtschaft.
Denn logischerweise müssen die Banken bei strengeren Eigenkapitalregeln auf die Finanzierung von so manchen spannenden Investitionen verzichten. Denn jede Investition hat ein Risiko, ist also spekulativ. Jede Investition aber, die ausbleibt, reduziert die Zahl der Jobs. Daher will die Politik einen weiteren Rückgang der Investitionen in Zeiten wie diesen um jeden Preis vermeiden. Regulierung kostet Arbeitsplätze. Mit anderen Worten: Wer ist stärker? Ich oder ich?
Außerdem müsste eine Risikoreduktion bei den Banken noch ein weiteres Element beinhalten: eine Reduktion der Gelder, die an Staaten verliehen werden. Das Schicksal der griechischen Anleihen hat ja bewiesen, dass auch Staatsanleihen alles andere als sicher sind. Diesen logischen Aspekt einer Regulierung will aber europaweit überhaupt niemand ernstlich angreifen.
Konklusion: Wir sollten endlich begreifen, dass absolute Sicherheit gegen Krisen und Banken-Zusammenbrüche nicht möglich ist. Je mehr man diese Sicherheit erhöhen will, umso teurer wird es für uns alle. Daher führt das ganze Gerede um die Herstellung von Sicherheit durch Regulierung und Aufsicht entweder zu neuen Schäden, oder es ist ohnedies nur leeres Gerede für die Galerie.
Auf dieser Galerie sitzen wir Bürger Europas. Freilich nur solange bis sie einstürzt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Im Baskenland haben separatistische Parteien klar die Regionalwahl gewonnen. Darauf ist in Spanien – das ohnedies viele andere Sorgen hat – Katastrophenstimmung ausgebrochen. In Wahrheit grundlos.
Basken wie Katalanen wollen nicht mehr mit Spanien verbunden sein. Für die in Madrid regierende Rechtspartei droht damit die Welt unterzugehen. Sie will die Sezession mit allen Mitteln verhindern. Wobei völlig unklar bleibt, ob darunter am Ende sogar auch militärische Mittel zu verstehen sind. Der spanische Nationalismus ist jedenfalls so groß, dass selbst ein neuer Bürgerkrieg nicht auszuschließen ist, um Sezessionen zu verhindern.
Gewiss spielen beim Sezessionswunsch und bei dessen Gegnern auch ökonomische Argumente eine Rolle. Die beiden trennungswilligen Regionen zahlen mehr in die gesamtspanischen Kassen ein, als sie herauszubekommen glauben. Aber primär geht es um spanischen wie regionalen Stolz, um Emotionen, um Ehre, um Geschichte. Dabei hätte die derzeit regierende Rechtspartei durch eine Sezession sogar Vorteile: Sie würde viel sicherer bei Wahlen reüssieren, wenn die primär mit den Sozialisten koalitionswilligen Sezessionisten aus dem spanischen Parlament ausscheiden sollten.
Aber in Wahrheit sind all diese Argumente läppisch. Es gibt überhaupt keinen zwingenden Grund, weshalb ganze geschlossene Regionen nicht das Recht auf einen eigenen Staat haben sollten. Noch dazu, wenn sie sich sprachlich mehr (Basken) oder weniger (Katalanen) vom restlichen Staat unterscheiden.
Nach einer solchen Trennung stehen die einzelnen Teile nämlich oft viel stabiler da. Die angestrebte Größe eines Staates ist in Wahrheit meist nur eine Last. Das haben die Österreicher am Beginn des letzten Jahrhunderts mit vielen Schmerzen gelernt. Das haben die Tschechen und Slowaken am Ende desselben Jahrhunderts überraschend schnell und leicht gelernt. Etwas mühsamer, aber letztlich ebenso unvermeidlich, positiv und notwendig war die Neugestaltung des ehemaligen Jugoslawiens und der ehemaligen Sowjetunion.
Wenn Völker auf keinen Fall mehr miteinander leben wollen, dann soll man sie nicht dazu zwingen. Und es ist absolut unverständlich, dass weder EU noch Menschenrechtskonvention noch UNO das Recht auf Unabhängigkeit einzelner Völker vorsehen. Geschweige denn, dass sie einen geordneten rechtlichen Weg zur Ausübung der Selbstbestimmung eröffnen würden. Sie sehen jede noch so zufällig oder gewaltsam gezogene Grenze als heilig an.
Klar sollte aber auch sein: Für eine Sezession muss es gewiss mehr als eine momentane Stimmung brauchen. Nötig ist neben detaillierten Trennungsverhandlungen und -verträgen vor allem eine Volksabstimmung. Wobei durchaus qualifizierte Anforderungen sinnvoll wären – etwa ein doppeltes Referendum, wobei es mindestens ein oder zwei Jahre Abstand zwischen zwei Wahlgängen geben muss, - oder ein Mindestquorum.
Aber es ist jedenfalls Tatsache, dass niemand ernsthaft von einer Herrschaft des Rechts in Europa reden kann, solange nationalistische Zentralregierungen ganze Regionen wie ein Kolonialvolk unterjochen können und niemand etwas dagegen unternehmen kann. Außer er riskiert als Revolutionär und Verfassungsbrecher Kopf und Freiheit.
Interessant ist, dass ausgerechnet die größte ehemalige Kolonialmacht, nämlich Großbritannien, da geistig schon weiter ist. Sie ermöglicht ihren einzelnen Teilen ganz offiziell die Sezession, ob das nun Nordirland oder Schottland ist. Interessant ist aber, dass insbesondere die schottischen Nationalisten an Zuspruch verlieren, seit der Weg zur Unabhängigkeit offen erscheint. Es ist also auch durchaus möglich, dass es etwa die Katalanen letztlich dann doch nicht so ernst meinen. Denn natürlich kostet Sezession etwas: Vom Aufbau eigener Regierungs- und Gesetzesstrukturen bis hin zur Entlohnung eigener Diplomaten.
Das größte Problem stellt eine Sezession aber für die EU dar: Denn dort weiß niemand, wie man eigentlich damit umgehen soll. Insbesondere auch deshalb, weil die EU-Verfassung eine massive Bevorzugung der kleinen Staaten vorsieht. Vor allem das EU-Parlament ist absolut undemokratisch zusammengesetzt. Dort muss beispielsweise jeder deutsche Parlamentarier mehr als zwölf Mal so viele Wähler vertreten wie einer aus Malta.
In dieser Frage herrscht längst aus vielen Gründen dringender Handlungsbedarf – aber eben auch deswegen, damit klar wird, dass ein etwa in drei Teile zerfallenes Spanien nicht plötzlich weit mehr Abgeordnete ins EU-Parlament entsenden kann als heute. Bekämen die künftigen Teile aber keine zusätzlichen Vertreter, wären sie wiederum gegen andere gleichgroße Mitgliedsstaaten benachteiligt. Aber daran darf der Freiheitsdrang von Basken&Co nicht wirklich scheitern – sondern nur daran, dass er möglicherweise nicht ernsthaft genug ist, auch alle Nachteile der Unabhängigkeit zu tragen.
Er ist ein Hundert Mal besserer Musiker als die „Pussy Riots“. Er hat in keiner Kirche/Moschee/Tempel die Religionsruhe gestört. Er hat nur auf Twitter seine Meinung gesagt.
Und dennoch wird der begnadete türkische Pianist Fazil Say von einem türkischen Gericht wegen einer bloßen Meinungsäußerung mit mehrjährigen Strafen bedroht. Es ist zum Speiben. Aber der Zorn darüber ist noch harmlos gegen die Verachtung für all die linken zeitgeistigen Wichtigmenschen im Westen, die zwar gegen die Verurteilung von Pussy Riot ein globales Protestfeuerwerk entzünden, die aber bei Fazil Say schweigen. Weil er ein Mann ist? Weil er nicht Christen, sondern Moslems geärgert hat?
Tatsache ist jedenfalls, dass Russland mit seinem grotesken Pussy-Riot-Prozess wie auch die Türkei mit ihrem grotesken Fazil-Say-Prozess weiterhin Mitglieder der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Europarats sind. Und dass dort kein Abgeordneter, kein Außenministerium sagt: Hinaus mit ihnen, die haben in der Gemeinschaft der Menschenrechts-Beachter nichts verloren.
Freilich wird auch der Menschenrechtsgerichtshof dieses Europarats immer skurriler: Dort lässt man sich von absurden Verfahren mengenweise lahmlegen, während man die Meinungsfreiheit links liegen lässt. Zu den besonders absurden Verfahren zählt ja jetzt das Verlangen eines lesbischen Pärchens auf Adoption eines Kindes einer der beiden Frauen durch die andere anstelle des leiblichen Vaters. Und gegen dessen Willen.
Womit sich wieder zeigt, selbst die humanste Einrichtung kann in der Inhumanität (ver)enden.
Was hat Fazil Say übrigens genau getwittert? Zwei Sachen haben ein paar Moslems empört: „Der Muezzin hat das Abendgebet in 22 Sekunden ausgerufen. Mensch! Prestissimo con fuoco!!! Was hast du es so eilig? Eine Geliebte? Ein Raki-Tisch?“ Und in Hinblick auf Selbstmordattentäter: „Gott, ist er etwas, für den du leben wirst, etwas für den du sterben wirst, oder etwas, für den du zum Tier wirst und töten wirst? Denk auch darüber nach.“
Was ist das nur für ein Land, in dem solche Sprüche auch nur eine Sekunde lang Staatsanwälte und Richter beschäftigen! Im 21. Jahrhundert.
Die Wiener Stadtpolitik von Rot-Grün zeigt vier klare Schwerpunkte: gnadenlose Jagd auf Autofahrer; kriminelle Verschleuderung von Steuergeld an alle nahestehenden Medien; rapide Verhässlichung der Stadt; und ein teurer Wettbewerb um die Gunst von Radikalfeministinnen und Schwulen. Es reicht. Es reicht. Es reicht. Es reicht.
Die jüngste Großattacke richtet sich nun gegen die Mariahilferstraße und andere aus dem Stadtzentrum zum Gürtel hinausführende Straßen. Sie sollen lahmgelegt werden. Die Strategie ist klar und trägt eine grüne Handschrift: Niemand aus den Bezirken außerhalb des Gürtels soll es auch nur wagen, sich dem Stadtzentrum zu nähern.
Besonders die politisch grünaffinen Bezirke (also die mit den teuren Wohnungen, die sich primär die laut allen bekannten Studien besonders gut verdienenden Grünen leisten können) sollen vor dem Gesindel der äußeren Bezirke geschützt werden. Und die SPÖ sieht neuerlich so wie beim Pickerl-Chaos tatenlos zu. Die Antwort auf das Warum findet sich einige Absätze tiefer.
Freilich wird auch dieses Projekt wie jede grüne Politik nach hinten losgehen: Denn das Verkehrschaos vor allem im 6. und 7. Bezirk dürfte dadurch noch viel größer werden. Die Autofahrer werden eben in allen Nebengassen kreisen, wenn sie von der Mariahilferstraße vertrieben werden und wenn auf den anderen Durchzugsstraßen dadurch und durch schikanöse Tempobegrenzungen der Verkehr zusammenbricht. Oder aber es passiert für Wien und seine Arbeitsplätze noch Schlimmeres: Die Kunden lassen sich doch vertreiben und weichen in die Einkaufszentren außerhalb Wiens aus, worauf die Marihilferstraße wie so viele andere einstige Einkaufsstraßen veröden könnte. Denn gerade beim Einkaufen ist es halt sehr praktisch, ein Auto zu benutzen. Und in Niederösterreich können das die Grünen eben noch nicht verbieten.
Ist da nicht die nächste Unterschriftensammlung für eine Volksbefragung fällig?
In einer völlig ungeplanten Hinsicht nach hinten losgegangen ist auch die grüne Pickerl-Politik, die derzeit ganz Wien erregt: Denn dadurch werden in den betroffenen Bezirken besonders die Frauen schikaniert, die angeblich ja eine Zielgruppe der Grünen sind. Frauen profitieren aber in der Realität von der grünen Politik nur dann, wenn sie entweder Lesben oder Kulturfrauen oder potenzielle Aufsichtsrätin einer AG sind. Alle anderen Frauen haben unter den Grünen zu leiden, ob sie nur Steuerzahlerinnen, Familienmanagerinnen, Studentinnen oder Schülerinnen sind.
Aber beschränken wir uns heute auf die frauenfeindlichen Folgen der grünen Pickerl-Politik. An dieser leidet jede Frau aus den Pickerl-Bezirken – zumindest wenn sie sich den unerhörten Luxus eines eigenen Autos erlaubt. Denn aus Kostengründen waren die zum gleichen Haushalt gehörenden Autos bisher üblicherweise immer auf die gleiche Person angemeldet (egal ob Mann oder Frau): Ist doch die Versicherung in diesem Fall deutlich geringer. Jetzt müssen beide Autos getrennt und teurer gemeldet werden – oder man verzichtet eben auf den unerhörten Luxus, den Wagen auch im eigenen Bezirk abstellen zu dürfen.
Der Grund, warum die Roten die Grünen in ihrem Anti-Auto-Wahn so toben lassen, liegt auf der Hand. Dafür dürfen die Roten, ohne dass auch nur ein Grüner mit der Wimper zuckt, zur Finanzierung der gesamten SPÖ-Propaganda weiter ungehemmt in die Kassa greifen, ohne Ausschreibung überzahlte Aufträge an SPÖ-Verlage (Echo und Bohmann) vergeben und in linken Zeitungen mengenweise Inserate schalten.
Zwar wird man das Volumen solcher Inserate künftig zwei Mal im Jahr veröffentlichen müssen. Aber das stört die Rathausgenossen nicht wirklich. Sie müssen ja die Regierungs-Genossen ersetzen, die sich auf Grund des verdienstvollen Erwachens der Staatsanwaltschaft nun nicht mehr wirklich so trauen wie in den letzten Jahren. Und weder ORF noch die Boulevard-Zeitungen werden groß über die roten Korruptions-Summen berichten. Daher ist die Veröffentlichung nicht weiter schmerzhaft.
Außerdem sieht schon seit Jahren jeder, der „heute“ oder den „Falter“ durchblättert – um nur zwei sehr unterschiedliche Exempel zu nennen –, wo das Inseratengeld und damit auch der Wind herweht. Das hat aber außer dem Tagebuch bisher kaum jemand geschrieben. Denn ein paar Schweigegeld-Inserate haben ja fast alle Medien bekommen (nur die jeweils von mir geleiteten Zeitungen wurden damals erklärtermaßen boykottiert; das wurde damals jedoch durch die hohen Leserzahlen immer mehr als kompensiert).
Aber jetzt hat eine Gruppe junger Journalisten zumindest einmal in Hinblick auf „heute“ genaue Daten und Statistiken zusammengestellt. Diese sind extrem lesenswert. Man darf hoffen, dass diese Gruppe ihre verdienstvolle und zeitintensive Arbeit auch noch bei allen anderen von Gemeinde-Inseraten strotzenden Medien fortsetzt; sonst müsste man wieder misstrauisch werden. Und man darf ebenso hoffen, dass diese Daten auch vielen Wiener Wählern die Augen öffnen werden.
Dazu kommen die skandalösen Exklusivverträge, die es ausschließlich "heute" erlauben, seine Kisten im U-Bahn-Bereich aufzustellen. Dazu kommt, dass „heute“ zwei Stiftungen mit großem personellen Naheverhältnis zur SPÖ gehört. Ohne dass jemals klargelegt worden wäre, wie das Blättchen überhaupt finanziert worden ist.
Eigentlich dürfte die Staatsanwaltschaft keine Sekunde mehr zögern, auch bei den Rathaus-Inseraten einzuschreiten. Oder wartet sie wie bei der Causa Faymann noch auf eine Anzeige? Oder glaubt sie gar den „heute“-Verantwortlichen, die von den Inseraten bis zur SPÖ-Nähe prinzipiell alles dementieren, ohne jedoch die wahren Zahlen herauszurücken?
Ich wette übrigens jede Summe, dass „heute“ trotz aller wilden Drohungen weder dossier.at noch das Tagebuch klagen wird. Denn dann müssten die Herausgeber ja erstmals unter Wahrheitspflicht aussagen!
Es stellt sogar den Sumpf ÖBB-Asfinag-Infrastrukturministerium absolut in den Schatten, wenn man sieht, wie ab der Gründung von „heute“ die Werbeausgaben des Rathauses auf das Sechs- bis Siebenfache in die Höhe geschnallt sind. Und wie ab dem Einzug von Werner Faymann ins Bundeskanzleramt dessen Schaltungen in „heute“ auf mehr als das Vierfache explodiert sind.
Es ist übrigens hochinteressant und ausdrücklich zu würdigen, dass sich Alfred Gusenbauer als Bundeskanzler diesbezüglich noch absolut sauber verhalten hat. Deswegen ist er aber offensichtlich auch medial brutal heruntergemacht und am Ende auf Initiative der Wiener Partei gestürzt worden. Es passt alles perfekt zusammen.
Wahrscheinlich hat Gusenbauer ja damals nicht gelesen, was in jedem Dienstvertrag eines „heute“-Mitarbeiters in wenn auch holprigem Deutsch steht (in jüngster Zeit hat man bei neuen Verträgen angeblich auf diesen Passus verzichtet): „Dem Arbeitnehmer ist bei Verrichtung seiner Tätigkeit bewusst, dass der Arbeitgeber Herausgeber einer Gratiszeitung ist. Darauf ist bei der redaktionellen Gestaltung tunlichst Rücksicht zu nehmen. Daher ist eine wohlwollende PR-Berichterstattung der jeweiligen Inserenten für den wirtschaftlichen Erfolg unerlässlich.“
Ekelhaft. Zumindest zwischen Rathaus und Löwelstraße sollte niemand mehr das Wort „Balkan“ auch nur in den Mund zu nehmen wagen.
Niederlage auf allen Linien – und wie fair werden das die Medien berichten?
Der dritte Nationalratspräsident Martin Graf hat offenbar recht gehabt (ebenso wie das Tagebuch): Trotz breitflächig aggressiver Berichterstattung fast aller Medien haben sich Graf und seine Mitvorstände im Falle der Stiftung einer Wiener Hausbesitzerin korrekt verhalten. Das zeigt nunmehr das Urteil des Wiener Handelsgerichts. Nun sind lediglich zwei Fragen spannend: Werden sich die Medien (oder gar die politischen Gegner Grafs) in irgendeiner Weise entschuldigen? Und: Muss die Witwe die Prozesskosten zahlen – oder sollten diese nicht eigentlich solche Anwälte treffen, die sie da aus offensichtlich ideologischer Motivation hineingehetzt haben? Denn auch nicht spezialisierte Anwälte sollten wissen, dass ein Stifter einer Stiftung eben nicht mehr frei über sein Eigentum verfügen kann.
PS.: Ich bleibe übrigens weiterhin ein Gegner Grafs. Und zwar wegen seiner sozialistischen Ansätze in der Bildungspolitik. Aber das ist kein Grund, um jemanden zu einem Betrüger zu stempeln.
Mit einem Vortrag des kritischen und unbequemen Philosophen Rudolf Burger feierte der Club Unabhängiger Liberaler seinen 25. Geburtstag. Das löste tiefgehende Reflexionen und Diskussionen über das Wesen des Liberalismus aus.
Mit der Frage, ob 1989, als der Realsozialismus in der Sowjetunion zusammenbrach, eine „welthistorische Fundamentalentscheidung“ zugunsten des liberalen Gesellschaftsmodells getroffen worden sei, begann Burger seine Ausführungen. Er antwortete darauf zunächst mit einem Zitat von Alexandre Kojève, der 1946 gemeint hatte, dass nach Friedrich Hegels Tod im Jahre 1831 lediglich Interpretationen seiner Welterklärung, linke wie rechte, erfolgt wären, weiter aber gar nichts. Der berühmte Aufsatz Francis Fukuyamas vom „Ende der Geschichte“, wäre demnach nur eine Fortsetzung dieser Überlegung gewesen.
Realpolitisch sei die These Fukuyamas „grotesk“. So etwas wie einen „Endpunkt der politischen Entwicklung“ könne und werde es nie geben. Geistesgeschichtlich allerdings sehe die Sache anders aus. In der Tat sei weit und breit keine neue Idee in Sicht, die über ausreichende Kraft verfüge, um einer neuen „Massenbewegung“ eine gedankliche Basis zu bieten. Burger meinte, dass „alles schon einmal da gewesen“ sei und in der einen oder anderen Form wiederkehren werde. Insbesondere sei denkbar, verschiedene Faschismen erneut zu erleben, da „der Faschismus sein Potential noch nicht völlig ausgeschöpft“ habe.
Heute lasse sich, unter Berücksichtigung der historisch bedingten Veränderungen, die den Begriffsinhalt des Liberalismus ausmachten, durchaus von dessen „Triumph“ über seinen sozialistischen Herausforderer sprechen.
„Nun zum Waterloo: Wir befinden uns in der Krise. War das also tatsächlich ein liberales Vierteljahrhundert, welches hinter uns liegt?“ Er, Burger, meine nein. Zwar bestehe ein offensichtlicher Unterschied zwischen der „liberalen Massendemokratie“ und totalitären Systemen. Allerdings habe dieses „westliche“ System mit dem klassischen Liberalismus kaum mehr etwas gemeinsam. Dieser habe zwar zu einer unerhörten Steigerung des allgemeinen Wohlstands geführt, wäre aber eben auch „rassistisch“ (ein Produkt des Kolonialismus) und „machistisch“ gewesen, habe großen Teilen der Bürgerschaft (z. B. den Frauen) kein politisches Wahlrecht eingeräumt und habe auch mit den Menschrechten nicht viel am Hut gehabt.
Politische Großbegriffe würden sich immer (auch) über ihre Gegner definieren. In reiner Form wären Konservativismus, Liberalismus und Sozialismus zuletzt im Revolutionsjahr 1848 zu sehen gewesen. Damals hätten alle drei klar voneinander unterscheidbare Handlungskonzeptionen geboten, die seither stark verwaschen worden seien – insbesondere durch das Aufkommen des Bürgertums.
Liberale würden heute oft als „Rechte“ oder „Konservative“ punziert. Nichts könne weiter von der Realität entfernt sein, da der (klassische) Liberalismus alles andere als eine bewahrende Ideologie gewesen sei. Während das konservative Weltbild von mittelalterlich-feudalistischen Vorstellungen geprägt sei, in der jeder seinen fixen und unverrückbaren Platz in der Gesellschaft einnehme, würde der Liberalismus die Gesellschaft dauerhaft „dynamisieren“. Nicht der durch Geburt erlangte Status wäre für ihn relevant, sondern die individuelle Position durch freie Übereinkunft. Liberale und Konservative stünden demnach weit voneinander entfernt.
Die allgemeine Umwertung der Begriffsinhalte sei u. a. daran zu erkennen, dass man im Jahre 1989 Helmut Kohl als „konservativ“, Michail Gorbatschow aber als „progressiv“ eingestuft habe. Für die politische Verortung verschiedener Akteure seien althergebrachte Begriffe offensichtlich nicht mehr zu gebrauchen. „Konservative“ gäbe es seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (dem Triumph des Bürgertums), spätestens aber seit der Reichsgründung 1871 schlicht nicht mehr.
Auch mit dem Liberalismus sei es mit der „Entdeckung der Armen als Konsumenten“ bergab gegangen. So seien etwa „Frauenwahlrecht und Homoehe“ definitiv keine Anliegen des klassischen Liberalismus gewesen. Weltbild und Selbstverständnis hätten sich durch die „Verschmelzung von Bürgertum und Proletariat“ dramatisch verändert. Die Klassenkategorien von Karl Marx würden demnach längst nicht mehr greifen.
Burgers These: Der Liberalismus habe anno 1989 zwar gewonnen – allerdings in einer derart veränderten Form, dass er mit seinen Wurzeln nichts mehr gemein habe. Eine massendemokratische Gesellschaft habe mit einer liberalen Gesellschaft eben kaum etwas zu tun. Wir lebten, so Burger, heute in einem System des „privatisierten Keynesianismus“: Nicht allein die Staaten würden sich hemmungslos verschulden, sondern auch Private (siehe die Immobilienblasen in den USA und in Spanien). Der „Überhang an Liquidität“ führe zu einer Verstärkung des Kurzfristdenkens, da langfristige Planungssicherheit verloren gehe.
Seiner Meinung nach werde es, mangels attraktiver Alternativen, „in kapitalistischer Form weitergehen.“ Künftige Auseinandersetzungen würden sich auf Fragen von „wie viel Staat?“ und das „Ausmaß staatlicher Interventionen“ konzentrieren. Im Übrigen sei schließlich auch der klassische Liberalismus niemals „staatsfeindlich“ gewesen, sondern habe – ganz im Gegenteil – geradezu als der Schöpfer des modernen Staates gewirkt.
In der anschließenden Diskussion ging es u. a. um Alternativen zur Massendemokratie – etwa in Form der von den „Anarchokapitalisten“ favorisierten Idee einer staatsfreien Privatrechtsgesellschaft. Burger hält diese deshalb für utopisch, weil sie auf einem „positiven, Locke´schen Weltbild“ basieren würde. Der Mensch aber sei nicht immer „gut“, sondern oft „gefährlich“. Deshalb bedürfe es eines Frieden sichernden Gewaltmonopols. Es komme allerdings darauf an, mittels ausbalancierter Gewaltenteilung dafür zu sorgen, dass es zu keiner extremen Machtsakkumulation in den Händen Weniger kommen könne.
Der Klimabewegung messe er keine Bedeutung von einer Qualität zu, die es ihr erlauben würde, Sozialismus oder Liberalismus zu „ersetzen“. Ihr „totalitärer Charakter“, die Verabsolutierung der Notwendigkeit zur Verhinderung des Klimawandels, sei allerdings unübersehbar.
Die immer weiter reichende Regulierung aller (privaten) Lebensbereiche durch nationale und supranationale Bürokratien würde ihn mit Sorge erfüllen. Wir erlebten dadurch das, was er „Mikronormierung des Alltags“ nenne. Damit sei leider auch eine drastische Vermehrung des Typs des „Sykophanten“ verbunden.
„Transzendentale Obdachlosigkeit“ sei ein Massenphänomen unserer Zeit. Der Mensch bedürfe indes einer Richtschnur. Sei ihm die Religion verloren gegangen, so bedürfe er zur Identifikation eben einer Ideologie.
„Gerechtigkeit“ bedeute „jedem das Seine“, nicht aber „jedem das Gleiche“.
In einer im Zusammenhang mit dem laufenden parlamentarischen Untersuchungssausschuss abgeführten Debatte mit Peter Pilz von den Grünen habe er diesem mitgeteilt: „Ich verabscheue Korruption, aber Moralisten machen mich schaudern.“
Im Zuge des Vortrags und der Debatte wurden einige Buchempfehlungen ausgesprochen, die an dieser Stelle angeführt seien:
Margret Boveri „Der Verrat im 20. Jahrhundert"
http://books.google.at/books/about/Der_Verrat_im_20_Jahrhundert.html?id=IekSAQAAMAAJ&redir_esc=y
C.S.Lewis „Der innere Ring"
http://www.gomeck.de/lewis-innerering.html oder (engl. download: http://johnrepici.com/Misc/TheInnerRing.pdf)
Josef H. Reichholf „Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends" und „Warum die Menschen sesshaft wurden: Das größte Rätsel unserer Geschichte"
http://www.amazon.de/Josef-H.-Reichholf/e/B001JOZJMU
Terry L. Anderson & Peter J. Hill “The Not So Wild, Wild West: Property Rights on the Frontier”
http://www.amazon.com/The-Not-Wild-West-Economics/dp/0804748543
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Es gab einmal eine Zeit, da glaubten viele euphorisch an die Allmacht der Märkte und an den ebenso simplen wie falschen Satz, dass der Staat kein Unternehmer sei. "Mehr Privat, weniger Staat" hieß der Schlachtruf der rechts-rechten Regierung unter Wolfgang Schüssel und Karl-Heinz Grasser. In der Folge wurde das österreichische Familiensilber verscherbelt, sprich es kam zum Abverkauf von öffentlichem Eigentum. Unter Begleitumständen, die damals viele geahnt haben. Heute sind sie mehr oder minder Gewissheit. Einige haben durch die Privatisierungen kräftig ihre privaten Taschen gefüllt.
Im Gegenzug hat der Staat, also wir alle, hochprofitable Unternehmen verloren. Durch die letzten Teilprivatisierungen von OMV, Post und Telekom sind der öffentlichen Hand unterm Strich bis Anfang dieses Jahres 1,25 bis 1,78 Milliarden Euro entgangen. Privatisierungen bedeuten nichts anderes, als dass die Gewinne künftig nicht mehr ins Budget, sondern an private Investoren fließen. Der öffentliche Haushalt wird durch den Verkauf der Staatsanteile nicht entlastet, sondern mittelfristig belastet. Das Resultat: Der Konsolidierungsbedarf ist noch größer.
Na super, kann man da nur sagen und diese Fehler sollen wir wiederholen? Sollen wir nun auch Wasser, Gesundheitswesen, die mühsame errichtete Infrastruktur des Landes, Energie usw. endgültig Privaten überlassen? Wohl wissend, dass bei Privatisierung die Preise längerfristig steigen, die Qualität sinkt und es vielfach zur Einstellung der flächendeckenden Versorgung kommen kann. Denn naturgemäß bietet ein Privater seine Leistungen bei geringer Nachfrage nicht mehr an beziehungsweise er pickt sich von vornherein die Rosinen aus dem so genannten Privatisierungskuchen. An unrentablen Geschäftsfeldern hat kaum jemand ein Interesse. Mangelnde Gewinnerwartungen führen dazu, dass gewisse Gebiete oder Bevölkerungsschichten nicht mit den entsprechenden Dienstleistungen versorgt werden. Also: Hände weg von unser aller Eigentum!
Andreas Unterberger
Angesichts des hohen Defizits - verursacht durch die Reformunwilligkeit im Sozialsystem, den Crash staatsnaher Banken und die Verschwendung bei sinnlosen Projekten wie den Gesamtschulen - wären die Erträge von Privatisierungen sehr hilfreich. Das schlägt sogar das linkslastige Wirtschaftsforschungsinstitut vor, das Verkaufserlöse im zweistelligen Milliardenbereich erwartet.
Aber naturgemäß würde dieser Effekt nach einigen Jahren verpuffen, weil die Politik das Geld rasch wieder verbrannt hätte. Privatisierungen wären jedoch aus anderen Gründen noch viel wichtiger: Erstens zeigen fast alle vergangene Privatisierungen - von der Voest bis Berndorf -, dass die betroffenen Unternehmen und damit Arbeitsplätze nachher viel besser dastehen.
Und zweitens zeigen die jüngsten Affären, dass nur ein kompletter Hinauswurf von Politikern aus Management und Eigentum im Kampf gegen Korruption und Misswirtschaft helfen kann.
Nur so kann wenigstens künftig verhindert werden, dass sich die Parteien bei Telekom, ÖBB oder Asfinag auf Kosten der Steuerzahler schamlos im eigenen Interesse bedienen.
Nur so kann das jahrelange Versagen eines Managements wie beim Flughafen Wien verhindert werden.
Nur so werden die Energieversorgungsunternehmen der Länder zu Sparsamkeit gezwungen; jetzt werden sie hingegen auf Kosten der Konsumenten von den jeweiligen lokalen Machthabern für die Versorgung von Günstlingen und zum üppigen Sponsoring von Fußballvereinen benutzt (um diese unter parteipolitischer Kontrolle zu halten).
Noch dringender wäre ein Ende der staatlichen Privilegien des ORF, der Stein gewordenen Verkörperung einer rot-grünen Koalition. Und auch bei Schulen und Universitäten zeigen unzählige Beispiele, dass privat weit bessere Qualität produziert als der Staat.
Politiker sind dazu da, um Gesetze zu machen, aber nicht um Unternehmen oder Rundfunkanstalten zu besitzen.
Wenn Linke an der Macht beteiligt sind, dann muss man mit viel Unsinn rechnen. Und wenn sie die totale Macht haben, dann wird der Unsinn oft total. Wie derzeit in Frankreich.
Nach der Generalattacke auf die Wirtschaft haben sich die in Frankreich regierenden Sozialisten nun das Lieblingsobjekt linker Gesellschaftszertrümmerungs-Ideen vorgenommen: die Schule. In allen französischen Schulen müssen jetzt Hausübungen generell abgeschafft werden. Kein Scherz. Begründung: Dadurch soll die Benachteiligung von Schülern verhindert werden, deren Eltern ihnen nicht bei der Hausübung helfen können. Womit der Wahn wohl endgültig zum Irrsinn geworden ist. Diese Logik muss ja nun wohl zu einem zwingenden nächsten Schritt führen: zur Abschaffung gleich der ganzen Schule. Begründung: In jedem Schulsystem der Welt sind die Kinder jener Eltern erfolgreicher, die den Kindern helfen, die diesen die Welt der Bildung und Bücher vertraut machen, die ihnen die Hochsprache und das Grüßen vermittelt haben. Diese skandalöse Ungleichheit muss nun endlich radikal bekämpft werden. Und das gelingt eben nur durch Abschaffung der Schule.
Kaum glaubte die österreichische Finanzministerin, endlich wieder einmal jubeln zu können, ist ihr bunter Luftballon schon wieder geplatzt. Einige Tage lang hatten sich Rot und Schwarz ja über ein Vorankommen ihres Plans gefreut, mit Hilfe der Finanztransaktionssteuer Budgetlöcher stopfen zu können.
Doch die deutsche Bundeskanzlerin hat nun eine Verwendung des dabei erhofften Geldes für ganz andere Zwecke angekündigt: Sie will damit einen Wachstumsfonds für Projekte in den Euro-Krisenländern finanzieren. Blöd gelaufen. Also wird es wieder nichts mit dem österreichischen Löcherstopfen.
Dabei haben sich die österreichischen Löcherzwerge gerade noch so gefreut, dass sich endlich eine ausreichende Anzahl von Ländern hinter das Projekt der FTS gestellt hat. Wobei diese Anzahl wohlgemerkt nur (europa-)rechtlich ausreichend ist, keineswegs in wirtschaftlicher Hinsicht. Ökonomisch wäre das Projekt nämlich nur dann seriös vertretbar, wenn auch Länder wie die USA, Großbritannien und die Schweiz mittäten. Was sie nicht tun.
Es dauerte aber nur Stunden nach dem Merkel-Vorstoß, da übertraf sie im Rahmen einer europäischen Sozialistenkonferenz der österreichische Oberzwerg Faymann gleich eilfertig im Verschenken von Steuergeld: Die – im heimischem Budgetpfad von der Koalition längst als Einnahme für das österreichische Budget eingeplanten! – FTS-Gelder sollten „nicht nur in der Eurozone“ ausgegeben werden. Eh alles schon wurscht. Sozialisten sind immer noch imstande, bürgerliche Politiker beim möglichst weiten Hinauswerfen von Geld zu übertreffen.
Zu diesen Absurditäten kommt noch die unbedeutende Kleinigkeit, dass es noch gar keinen Konsens gibt, was denn überhaupt unter der Überschrift „Finanztransaktionssteuer“ genau stehen soll, also was eigentlich besteuert werden soll: Jede Banküberweisung? Auch die Geschäfte von Inländern im Ausland? Aktienkäufe? Anleihenkäufe? Börsegeschäfte? Nichtbörsegeschäfte? Handel mit Optionen? Pensionsverträge?
Klar sollte eines sein: Je umfassender die FTS greift, umso größer wird die Empörung der Konsumenten sein, wenn sie aus dem von den Medien verursachten Schlummer erwachen, in dem sie naiverweise noch meinen, diese Steuer würde nicht sie, sondern nur irgendwelche unbekannten „Spekulanten“ treffen (die wir ja am Ende immer alle sind). Wenn die FTS hingegen nur einzelne Geschäfte trifft, wird Tür und Tor für Umgehungskonstruktionen geöffnet. Vom jedenfalls notwendigen Überwachungsapparat und dessen Kosten ganz zu schweigen.
Mit anderen Worten: Die wirklich haarigen Details werden wohl wieder einmal erst in einem nächtlichen Husch-Pfusch geregelt werden. Dafür streitet man jetzt schon, was mit den Erträgen passieren soll.
In jeder Variante wird diese FTS aber durch Vertreibung von Investoren mehr Schaden als Nutzen anrichten. Bei der Merkel- wie der Faymann-Variante wäre das dann besonders skurril: Den Schaden erleiden die nationalen Budgets durch einen Rückgang des Wachstums; der Nutzen jedoch wird irgendwo in – wohl meist fiktiven – griechischen Projekten versickern.
PS.: Aber dennoch haben wir auch bei der FTS wenigstens etwas zu lachen: Die SPÖ-Spin-Doktoren versuchen nun allen Ernstes, Werner Faymann von in- und ausländischen Jubelgenossen als Erfinder der FTS-Idee preisen zu lassen. Hoffentlich googelt jetzt niemand und findet heraus, dass der Schwachsinn schon vor ein paar Jahrzehnten von dem Ökonomen Tobin und dann von den steinewerfenden Attac-Menschen verlangt worden war.
Also schon zu Zeiten, wo Herr Faymann als bekannt fleißiger Student offenbar noch eine Uni-Prüfung nach der anderen absolviert hat. Was seine Partei wohl dazu veranlasst, ihn bald auch noch als Kandidaten für den Wirtschaftsnobelpreis zu präsentieren.
Die (teilweise) Wiedereinhebung von Studiengebühren durch die Universitäten scheint vor dem Verfassungsgerichtshof nicht zu halten.
Das ist soweit nicht sehr überraschend. Man schaue nur, mit wie vielen strammen Parteisoldaten anstelle ausgewiesenen Verfassungsexperten die SPÖ den Gerichtshof bestückt hat. Überdies haben sich der Wissenschaftsminister und die beteiligten Universitäten bei diesem Projekt juristisch ausgerechnet auf ein Gutachten eines Heinz Mayer gestützt. Und das ist nun nicht gerade eine sehr hilfreiche Stütze, wenn man vor den Gerichtshof gehen will. Mayer heranzuziehen ist nur dann empfehlenswert, wenn man einen feschen Auftritt in der Öffentlichkeit organisieren will.
Die Verfassungsdebatte deckt aber die viel wichtigere Frage zu, warum nicht der Gesetzgeber selbst längst schon den Universitäten ausdrücklich das Recht zur Gebühreneinhebung eingeräumt hat, wie es ja in vielen anderen Ländern der Fall ist. Sich davor zu drücken und die Unis auf eine wacklige juristische Brücke zu schicken, war von Anfang an falsch. Freilich muss man dem Wissenschaftsminister zugute halten, dass er heftig darum gekämpft hat, aber an der SPÖ gescheitert ist.
Aber nun sitzt er im Zwielicht und die hauptschuldige SPÖ kann sich abputzen. Denn niemand glaubt mehr, dass sich nach dem Parteitag und der seither herrschenden Katerstimmung in der Partei die Pro-Gebühren-Linie der Salzburgerin Gabi Burgstaller noch durchsetzen kann. Also wird es weiter ein Gratis-Studium ohne Wert geben (oder höchstens eines mit rasch abnehmendem Grenznutzen).
Die Unis werden immer mehr zur genderistischen Wärmestube verkommen. Die Medizin-Uni Innsbruck ist dort schon angekommen: Dort kandidieren für das Rektorat jetzt nur noch drei Frauen. Zu keiner findet man im Internet eindrucksvolle wissenschaftliche Leistungen. Und zu zwei der drei jede Menge feministisches Gendergetue. Da kann man den Tirolern nur noch beste Gesundheit wünschen.
Die Finanzministerin hat zu Recht in Hinblick auf das Schulsystem in ihrer Budgetrede angekündigt, dass man sich sehr kritisch anschauen muss, wie sinnvoll und Nutzen stiftend dort das viele zusätzliche Geld der letzten Jahre auch eingesetzt worden ist. Aber genauso wichtig wäre es, sich die Entwicklung der Unis sehr kritisch anzuschauen. Dass sich die dortigen Professoren öffentlich besser artikulieren können als jene an den Schulen, macht nämlich noch keine bessere Universitäts-Qualität. Wenn es so weitergeht, wird es auf sämtlichen Ebenen in Zukunft Qualität nur noch im privaten Bereich geben.
Vor ein paar Jahren hat Österreich ihnen noch den roten Teppich ausgebreitet. Denn man wusste, dass Aktienkäufer den Wirtschafts-Standort stärken, dass sie Unternehmen finanzieren. Sie riskieren in der Hoffnung auf Gewinn den Verlust ihres Geldes. Was mutig wie notwendig ist. Wie rasch sich freilich die Dinge gewandelt haben: Heute werden solche Menschen in den Nachrichtensendungen des ORF ohne Umschweife als Spekulanten bezeichnet. Und fast alle Parteien und Politiker des Landes jubeln (einschließlich der Wirtschaftskammer!), wenn Aktienkäufer nun mit einer Transaktionssteuer bestraft werden.
Diese richtet aber in Summe viel mehr Schaden an, als an vermehrtem Steueraufkommen hereinkommen kann.
Gewiss, mit Aktienbesitzern lässt sich in Österreich keine Wahl gewinnen. Aber es ist erschütternd, dass niemand mehr begreift, wie notwendig eine funktionierende Wirtschaft sie braucht. Und wie schädlich es sein wird, wenn man sie demotiviert, ihr Geld über die Wiener Börse zu investieren. Dabei hat man ja schon sehen können, wie schwer bereits die Einführung der Kapitalertragssteuer auf Kursgewinne langfristig gehaltener Aktien diese Börse geschädigt hat.
Aktienbesitzer werden als Ursache der seit 2007 tobenden Finanzkrise dargestellt. Das ist aber eine absolute Lüge. Schuldig an der Finanzkrise waren und sind vielmehr: die exzessiven Schulden vieler Staaten; die verfehlten und immens teuren Rettungsaktionen zugunsten bankrotter Staaten und Unternehmen; die Notenbankpolitik des viel zu billigen Geldes (einst in den USA, heute auch in Europa), wodurch Immobilienpreise in absurde Höhen getrieben werden; die von Regulatoren erzwungene Bilanzierungs-Lüge, dass staatliche Anleihen zu hundert Prozent sicher wären; sowie der populistische Zwang, der auf die US-Banken ausgeübt wurde, auch mittellosen Menschen Hypotheken zu verkaufen.
Natürlich gab es auch üble Betrüger wie Bernard Madoff, für welche die Politik keine Schuld trägt – aber auch die normalen Aktienbesitzer nicht. Natürlich gab und gibt es immer Menschen und Institutionen, die ein zu hohes Risiko eingehen: Aber die sollen doch bitte dieses Risiko selber tragen, wenn es schlagend wird. Eine Finanztransaktionssteuer kassiert aber primär jene ab, die eigenes Geld investieren. Die Risiko-Spekulanten lassen sich hingegen mit Sicherheit nicht durch eine Transaktionssteuer einbremsen.
Was da vom Kampf gegen Spekulationen geredet wird, ist nur vordergründiges Gewäsch. Der Politik geht es um etwas ganz anderes: Sie will einfach abcashen, weil sie zu echten Sparmaßnahmen und Reformen unfähig und unwillig ist. Dabei könnte man in Zeiten wie diesen selbst das Abcashen verstehen – würden dadurch nicht viele internationale Investoren aus jenen elf Ländern vertrieben, die nun die Steuer einführen wollen. Dabei sind sich die Elf noch gar nicht einig, was und wen die Steuer wie treffen soll. Und wer das (erhoffte) Geld kriegt.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Da haben die schwarz-roten Spin-Doktoren wieder ganze Arbeit geleistet. Sie verbreiteten in den letzten Stunden überall das gleiche Gschichterl: „Die Banken“ seien schuld, dass das nun vorgestellte Budget der Finanzministerin trotz zuletzt sprudelnder Einnahmen plötzlich höhere Defizitzahlen als lange versprochen aufweist. Das enthält zwar ein Körnchen Wahrheit, ist aber sonst in vielfacher Hinsicht eine Chuzpe.
Erstens ist dies deshalb eine Chuzpe, weil die Bankenhilfe nicht erst mit dem Zeitpunkt der Budgetrede erhöht worden ist. Der zusätzliche Geldbedarf zweier Institute war schon lange vorher bekannt.
Zweitens geht es bei den negativen Auswirkungen keineswegs um „die Banken“, sondern um zweieinhalb Spezialfälle: um die Hypo Alpe-Adria und die Kommunalkredit sowie die mit deren Krise verbundene Volksbank. Mit den von der Politik gedrechselten und von fast allen Medien brav apportierten Formulierungen werden nun aber alle Banken zu Sündenböcken gestempelt.
Die kleinen Banken sowie die Bank Austria haben jedoch überhaupt kein Geld von der Republik Österreich bekommen. Und die Erste Bank sowie Raiffeisen haben zwar vor drei Jahren Partizipationskapital bekommen. Dafür büßen die beiden aber seither alljährlich durch die Zahlung unglaublich hoher Zinsen (acht Prozent, während sonst überall das Zinsniveau gegen Null tendiert!). Was dem Steuerzahler kräftig hilft. Beide Banken ärgern sich hingegen heute heftig, dass sie in der hektischen Nervosität der damaligen Krisenwochen das staatliche Geld überhaupt genommen haben. Denn sie sind heute das beste Geschäft der Finanzministerin.
Drittens sind bei den zweieinhalb crashenden Banken in hohem Ausmaß Politiker schuldhaft involviert gewesen, was Vorwürfe durch die Politik ziemlich skurril macht. Das gilt insbesondere für die Hypo Alpe-Adria, für die das Land Kärnten während der Haider-Regentschaft (vor dem von Herrn Birnbacher begleiteten Verkauf an die Bayern) Mega-Haftungen eingegangen ist. Diese Haftungen haben fast das Zehnfache des gesamten Kärntner Jahresbudgets ausgemacht. Und dennoch ist bis heute dafür kein Politiker zur Rechenschaft gezogen worden. Aber auch die Kommunalkredit war keineswegs frei von der Mittäterschaft unfähiger Politiker (siehe etwa die Rolle des Kommunalkredit-Vorstandsmitglieds Claudia Schmied).
Und im EU-Ausland ist die Rolle des Staates in der Bankenwelt fast noch schlimmer: In Deutschland etwa sind fast nur Staats(=Landes)Banken in Pleitegefahr geraten. Und in Spanien sind über 3000 Politiker in den diversen Aufsichtsräten der Geldinstitute tätig. Wo sie oft genug Druck ausgeübt haben, dass bestimmte Finanzierungen zustandekommen.
Viertens ist es eine glatte Lüge, wenn heute ausgestreut wird, die Bankenrettungen wären im Interesse der kleinen Sparer erfolgt. Diese waren und sind in Wahrheit immer durch die Einlagensicherung gesichert. Zumindest bis zum Betrag von 100.000 Euro pro Kopf und Bank gibt es eine doppelte Sicherung, einmal durch den jeweiligen „Sektor“ (also etwa zwischen allen Raiffeisen-Instituten) und überdies durch den Staat.
Und fünftens und vor allem: Die Bankenrettungen bei HAA und Kommunalkredit waren schwere Fehler der Politik – wohl die schwersten der letzten Jahre. Das hat nun – gleichzeitig mit der Budgetrede – auch der Rechnungshof zumindest in Hinblick auf die Kommunalkredit klar festgehalten. Das trifft aber auch mit Sicherheit auf die HAA sowie auf die Constantia-Bank zu, zu deren (überflüssiger) Rettung die Kommerzbanken vom damaligen Finanzminister Molterer gezwungen worden sind.
Gewiss kann man der Politik zugute halten: Die Entscheidungen zu den jeweiligen Rettungsaktionen erfolgten unter größtem Zeitdruck. Und sie erfolgten in Zeiten höchster Nervosität, wo von vielen Seiten lautstark „Hilfe!“ gebrüllt wurde.
Allerdings haben sich schon damals manche – auch das Tagebuch – gegen die Bankenrettungsaktionen ausgesprochen. Und heute sollte es überhaupt Allgemeingut sein: Banken zu retten ist teurer, als sie abzuwickeln. Abwickeln heißt: keine neuen Einlagen entgegennehmen, Filialen sperren, Personal kündigen, die Aktien auf Null abschreiben, alle Forderungen bei Fälligkeit sofort eintreiben und die auch nach Eintreiben aller Außenstände verbleibenden Verluste auf die Gläubiger aufzuteilen.
Dabei hätte man auch bestimmte Gläubiger – etwa Unternehmen, die ihr ganzes Firmengeld in einem solchen Institut haben, – ähnlich wie die kleinen Sparer gegen einen Verlust ihres Geldes absichern können. Sonst würde ein Bankencrash manche gesunden Firmen in den Konkurs treiben, wenn plötzlich all ihre Bankeinlagen vernichtet wären. Das wäre immer noch weit billiger gekommen als die Rettungsaktionen. Freilich darf eine solche Hilfe an große Gläubiger einer crashenden Bank immer nur zu einem Teil des fehlenden Betrags erfolgen, sonst würde man ja Sorglosigkeit belohnen. Sonst würde es ja nie gelingen, den Menschen und Unternehmen klarzumachen, dass sie selbst dafür verantwortlich sind, welches Geldinstitut sie auswählen. Und dass es dabei immer primär um Sicherheit gehen sollte.
Die Budgetrede zeigt jedoch: Die Banken sind zum Watschenmann der Nation geworden. Denn ihnen wird alle Schuld zugeschoben, während kein Mensch die eigentlich viel spannendere und wichtigere Frage diskutiert, warum die Republik auch im konjunkturellen Zwischenhoch der letzten beiden Jahre weiter Defizite produziert hat. Das ist ökonomisch viel schädlicher ist als die schwachsinnigste HAA-Rettung.
Noch eine Anmerkung zur Einlagensicherung: Eigentlich ist es eine arge Zumutung, wenn die Allgemeinheit – also die Sparer bei anderen Geldinstituten respektive der Steuerzahler – auch für Sparer bei risikofreudigen Hochzins-Banken haften. Es ist absolut ungerecht, wenn die Allgemeinheit auch jene bei einer Bankenpleite absichert, die jahrelang von ihrer Bank weit über dem allgemeinen Marktniveau liegende Zinsen kassiert haben. Höhere Zinsen sind ja immer und automatisch ein Ergebnis eines riskanteren Verhaltens. Mit anderen Worten: Wer sein Geld bei einem solchen riskanten Hochzins-Institut anlegt, profitiert immer. Wenn es gut geht, werden die hohen Zinsen kassiert. Wenn es schief geht, wird von der Einlagensicherung auf Kosten aller anderen profitiert.
Aber was will man in einem Land, wo von rechts- bis linksaußen und bis weit in die vernunftorientierte Mitte hinein die Menschen wirklich glauben, die Banken seien die Hauptschuldigen an den staatlichen Schulden. Wo selbst primitivste Grundkenntnisse über marktwirtschaftliche Zusammenhänge fehlen …
Wie dem Tagebuch aus Justizkreisen bestätigt wird, läuft nun auch gegen Infrastrukturministerin Doris Bures ein Verfahren wegen Amtsmissbrauch. Das gleiche hat Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich am Hals. Auffällig ist: So wie am Beginn des Strafverfahrens gegen Werner Faymann interessieren sich die in anderen Fällen so aggressiven „Aufdecker“-Medien nicht für das von der Staatsanwaltschaft Wien eingeleitete Verfahren gegen Doris Bures (während über die Causa Berlakovich schon breit berichtet worden ist).
Bei beiden Ministern sind die hohen Ministerialausgaben für Zeitungsinserate der Anlass. Diese sind vor allem in der Amtszeit von Bures dramatisch gestiegen. Während ihr Vorgänger Faymann noch die Budgets der ausgegliederten Aktiengesellschaften ÖBB und Asfinag für seine persönliche PR benutzt hat – was im Vorjahr ein noch immer laufendes Untreue-Verfahren gegen die dortigen Vorstände und gegen Faymann und seine Adlatus Ostermayer als Mittäter ausgelöst hat –, geht es bei Bures erstmals um das eigene Budget des Ministeriums.
Dass sich die lange wegen Untätigkeit gescholtene Staatsanwaltschaft nun auch dafür zu interessieren begonnen hat, ist eine signifikante Verhaltensänderung, die unter eingeweihten Juristen viel Anerkennung findet. Die beiden Minister wurden bereits – binnen einer knappen Frist – zu penibler Darlegung und Rechtfertigung ihrer gesamten Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit aufgefordert.
Berlakovich behauptet freilich, unter seiner Amtszeit wären die Inseratenausgaben zurückgegangen. Das würde wiederum seinen Vorgänger Josef Pröll ins Zwielicht rücken, der ebenfalls sehr inseratenfreudig war. Gegen Pröll läuft aber noch kein Verfahren. Dafür ist Berlakovich aber bei der Staatsanwaltschaft auch unter den Verdacht der Untreue gekommen. Anlass sind die deutlich überhöht erscheinenden Ausgaben für die Homepage des Ministeriums.
Interessant ist jedenfalls, dass bisher keines der linken „Aufdecker“-Medien, die schon Hunderte Male die immer gleichen Vorwürfen gegen Karl-Heinz Grasser wiederholt haben, das Strafverfahren gegen Bures gemeldet hat. Das gleicht dem Verhalten dieser Blätter in der Causa Faymann, wo sie ebenfalls die staatsanwaltschaftlichen Erhebungen lange ignoriert haben. Sie rechtfertigten sich damals damit, dass dieses Verfahren ja „nur“ wegen einer Anzeige der FPÖ ins Rollen gekommen wäre.
Das Verfahren gegen Bures hat noch einen zusätzlichen pikanten Hintergrund, wie ebenfalls in Justizkreisen bestätigt wird. Es wurde von der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Anraten der Oberstaatsanwaltschaft eingeleitet. Die StA ist nun offensichtlich willens, sich durch konsequentes Vorgehen gegen Korruption eine Wiederholung der Vorwürfe zu ersparen, die sie sich in Sachen Faymann und Ostermayer eingehandelt hat.
Politische Beobachter sehen in der Entwicklung gewaltigen Sprengstoff. Angesichts der strafrechtlichen Verwicklung so vieler Minister könnten die Affären der österreichischen Innenpolitik einen ähnlichen Schock versetzen, wie sie einst Italien durch das Auffliegen von Korruptionsaffären erlitten hat.
PS.: Interessant, wenn auch sicher nur zufällig ist, dass das Bekanntwerden des Bures-Verfahren zeitlich mit dem Rücktritt des EU-Kommissars John Dalli wegen Betrugs-Vorwürfen zusammenfällt. Dalli ist wegen seiner Anti-Raucher-Kampagnen, aber auch wegen des Themas genveränderter Mais bekannt geworden.
Peer Steinbrück ist als neuer Spitzenkandidat sofort wegen seiner Tätigkeiten in den letzten Jahren unter schweres Kreuzfeuer gekommen. Was deutlich übertrieben ist. Dafür gehören er und seine Partei wegen einer ganz anderen Frage viel stärker kritisiert.
Es ist ziemlich lächerlich, dem nunmehrigen Spitzenkandidaten der deutschen Sozialdemokraten vorzuwerfen, dass er seit seinem einstigen Ausscheiden aus der Regierung rund 80 bezahlte Vorträge gehalten hat. Als Nicht-Regierungsmitglied sind Abgeordnete frei in der Berufsausübung. Und ein Vortrag schafft kein Abhängigkeitsverhältnis, das jemanden belasten könnte. Denn in aller Regel laden Institutionen und Firmen den selben Redner sowieso immer nur einmal ein.
Der Sturm gegen Steinbrück ist einer im Wasserglas der Neidgenossenschaft (die offensichtlich besonders unter Genossen groß ist). Da sind dauerhafte Abhängigkeiten jener Politiker viel größer, die zugleich Funktionäre von irgendwelchen Interessenvertretungen sind.
Viel skandalöser ist das Verhalten der deutschen Sozialdemokraten in Sachen Endlager für atomare Abfälle. Denn sie verweigern sich – so wie die Grünen – neuerdings sogar gegen jedes bloße Gespräch, gegen jede Konsenssuche zum Thema Endlager. Offenbar wollen sie auch weiterhin mit diesem Thema lieber zynischen Wählerfang betreiben, statt es endlich zu lösen.
Denn sie wissen: Selbstverständlich werden regional bei absolut jeder Variante sofort Sankt-Florian-Proteste laut werden, die man dann ausbeuten kann. Motto: „Überall, doch nicht bei uns.“ Dagegen haben rationale Erörterungen über die Ungefährlichkeit eines Endlagers keinerlei Chance.
Glauben doch die meisten Menschen tatsächlich: Je länger die Halbwertszeit von radioaktivem Material, umso größer dessen Gefährlichkeit. In Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall. Und die oft zitierte Gefahr fürs Grundwasser ist absolut harmlos gegen dessen ständige Verschmutzung durch Überdüngung. Die jedoch von allen Parteien weitgehend ignoriert wird, weil der Kampf dagegen keine Stimmen bringt.
Der parteipolitische Vorteil liegt auf der Hand: Wenn man den Bau jedes Endlagers prinzipiell verhindert, kann man als Atomgegner der Regierung ständig vorwerfen, sie habe die Endlagerfrage nicht gelöst.
Das ist freilich ein etwas billiger Vorwurf. So beweist man nicht die eigene Regierungsfähigkeit. Vor allem, wenn man selbst genau weiß, wie doppelbödig die eigene Argumentation ist.
Ihre jüngsten Beschlüsse werden bald ebenso in die Liste peinlicher Fehlleistungen der EU eingehen wie etwa das Glühbirnenverbot. Denn eine nun fixierte EU-Richtlinie verpflichtet die Energieversorger, dafür zu sorgen, dass ihre Kunden künftig jedes(!) Jahr 1,5 Prozent weniger Strom verbrauchen.
Skurriler geht’s nimmer. Das ist ungefähr so, wie wenn man Bier- oder Schnaps- oder Zigaretten-Produzenten alljährlich zu einem Rückgang ihres Absatzes verpflichten würde. Sind doch deren Produkte zweifellos schädlicher als Strom.
Nun kann man ja zynisch sein und davon ausgehen, dass die Schuldenpolitik von EU, EZB und Mitgliedsländern ohnedies auf viele Jahre ein nennenswertes Wachstum verhindern wird. Da aber der Stromverbrauch wie durch ein Naturgesetz eng mit dem BIP-Wachstum verbunden ist, wird er daher auch auf ganz natürlichem Weg stagnieren.
Aber seien wir nicht zynisch, sondern halten nüchtern fest: Es ist schlicht widersinnig, irgendein Unternehmen zum kontinuierlichen Rückgang des Absatzes zu verpflichten. Das was man durch Propaganda, Glühbirnenverordnung, Emissions-Handel und vieles andere bei den privaten und industriellen Konsumenten nicht geschafft hat, soll nun durch Vergewaltigung der Stromversorger geschehen.
Diese neue Richtlinie ist in den Medien bisher kaum beachtet worden. Sie muss ja auch noch durch nationale Gesetze umgesetzt werden. Dieser Umsetzungsakt wird dann sicher wieder für lauten Aufschrei sorgen. Das wird aber zu spät sein, haben doch die nationalen Parlamente kaum noch Spielraum. In Österreich kümmert man sich dennoch nur um Schlammschlachten in Untersuchungsausschüssen und nicht um neue EU-Richtlinien, die die gesamte Marktwirtschaft auf den Kopf stellen.
Die Richtlinie bringt uns zurück in die Nachkriegsjahre. Auch damals war nicht der Konsument König, sondern jeder, der Ware zu verkaufen hatte. So herrschte beispielsweise lange Papiermangel. Daher konnte die Regierung jahrelang das Erscheinen unliebsamer Zeitungen verhindern oder behindern.
Wie wird das beim Strom enden? Wird man so wie einst bei Telefonanschlüssen wieder Beziehungen brauchen, um Kunde eines Stromanbieters werden zu dürfen? Oder wird den Konsumenten einfach der Strom abgedreht, wenn sie beispielsweise am 23. Dezember ihr Plansoll – eigentlich: Planminus – erreicht haben? Oder kommen die E-Werke künftig regelmäßig in den Haushalt und plombieren alle Geräte mit einer Sperre, die als überflüssig eingestuft werden?
Die Politik scheitert derzeit daran, erstens die nötigen Stromleitungen zu bauen, zweitens genügend Speicherkapazität für den am falschen Ort zur falschen Zeit produzierten Wind- und Sonnenstrom zu schaffen, sowie drittens den (vorhandenen, aber stillstehenden) Gaskraftwerken den Kauf des reichlich vorhandenen Erdgases zu Weltmarktpreisen zu ermöglichen. Aber dafür will sie nun Wirtschaft und Konsumenten solcherart vergewaltigen. Vom Aktienkäufer, der das alles in hohem Ausmaß finanziert hat, gar nicht zu reden.
PS.: Und falls es wirklich einmal zu wenig Strom geben sollte, gibt es ein altes Geheimmittel, die Nachfrage zu bremsen, das noch dazu automatisch wirksam wird: der Preis.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Claudia Schmied ist wohl der verlogenste Tiefpunkt der heimischen Politik.
Jetzt erklärt sie brutal und offen, dass sie den SPÖ-Vorsitzenden die Schulen besuchen lässt, der ÖVP-Integrationsstaatsekretär darf das jedoch nicht. Weil das wäre parteipolitisch. So freche und zynische Machtpolitik nach dem Motto „Die Schulen sind mein Privateigentum“ betreiben die Roten sonst nur im Rathausimperium, im ORF und bei der ÖBB. Mit so einer totalitären Bande, die von weniger als jedem Fünften Wahlberechtigten unterstützt wird, eine Koalition einzugehen ist in jedem Fall übler und widerwärtiger als mit Blau, Schwarz, Orange, Stronach, Grün oder Piraten. Und was da sonst noch daherkommen mag.
Ein deutscher Universitätsprofessor, der nach Österreich übersiedelt ist, wundert sich: Hier sei ja der Gender-Terror noch viel schlimmer als in seiner Heimat. Man kann ihm nicht widersprechen. Denn fast täglich landen neue schockierende Beispiele auf meinem Tisch.
Dabei sind auch bei uns die Gender-Forderungen in keiner Weise ein Anliegen der Wähler oder der großen Mehrheit der Österreicherinnen. Diese sind viel zu vernünftig. Vielmehr geht fast der gesamte Unsinn von ein paar Hundert weiblichen Politikern und Funktionären aus, die als Quotenfrauen oder Gleichbehandlungsbeauftragtinnen jetzt solcherart ihre Existenz rechtfertigen wollen. Und die anderen Politiker, besonders die männlichen, fürchten sich mehrheitlich vor ihnen. Entweder weil sie dumme Gutmenschen sind oder weil sie als üble Machos selber ein schlechtes Gewissen haben.
Wie dumm die etablierten Parteien mit ihrem Mittun bei der Genderei sind, zeigt ein Blick auf die politische Landschaft: Sämtliche Parteien, die in den letzten zehn Jahren bei Wahlen oder Umfragen erfolgreich waren und sind, sind das Gegenteil von feministisch. Das trifft auf die Freiheitlichen ebenso zu wie auf die Piraten wie auch die Stronach-Partei. Wer also Wahlen gewinnen will, sollte Abschied nehmen vom Genderismus. Dieser hilft höchstens, um in bestimmten Medien mit konstantem Leserverlust vorzukommen.
Jüngstes Beispiel für die einschlägige Dummheit der einschlägig aktiven Frauen ist die feministisch begründete Forderung nach einem Mindesteinkommen von 1500 Euro. Jeder Arbeitsmarkt-Experte weiß, dass dadurch viele Tausende Frauen ihren Job im ohnedies von elektronischen Plattformen bedrohten Handel verlieren würden oder in den Schwarzmarkt als Friseurin oder Kosmetikerin flüchten müssten.
Dass das von den SPÖ-Frauen gefordert wird, überrascht ja nicht weiter. Dass aber auch eine BZÖ-Abgeordnete die gleiche Forderung erhebt, ist auf den ersten Blick doch verblüffend. Auf den zweiten macht das aber klar, warum sich dieser bunt zusammengewürfelte Haufen – der ja einst nur als Plattform für Jörg Haiders Politik zusammengekommen war – derzeit bei lebendigem Leib in seine Bestandteile auflöst.
Dummheit ist auch die oberste Devise eines „Zentrums für Gender Studies und Frauenforschung“ an der Salzburger Uni. Dieser seltsame Verein bietet nun ein wissenschaftliches(?) Proseminar unter dem nicht einmal halblustigen Titel „His- oder Herstory?: Frauen- und Geschlechtergeschichte“ an. Obwohl damit bis zu 6 ECTS-Punkte zu sammeln sind, haben sich nur 16 Studenten für diese Veranstaltung angemeldet.
Was sehr für die Klugheit der anderen Studenten (beiderlei Geschlechts) spricht. Denn selbst das staubtrockene Thema „Römische Autoren des 4. Jahrhundert“ zieht in Salzburg 58 Studenten an, andere Veranstaltungen noch viel mehr. Viel weniger Klugheit ist aber jenen Rektoren zu bescheinigen, die für solchen Schwachsinn die – angeblich ja viel zu knappen – Uni-Mittel hinauswerfen.
Eine besondere Idiotie spielte sich in den letzten drei Jahren an der Medizin-Uni Innsbruck ab. Eine Frau Hochreiter fühlte sich auf Grund ihres Geschlechts diskriminiert, weil sie nicht als Rektor gewählt worden ist. Sie beschäftigte seither alle möglichen Kommissionen und Gerichte mit dieser Behauptung. Bis jetzt auch das Oberlandesgericht Innsbruck ihre Klage rechtskräftig abwies - sofern nicht feministische Lobbies neue Klagswege eröffnen.
Die Politik, die letztlich all diese Klagsmöglichkeit eröffnet hat, begreift gar nicht, welchen Schaden drei Jahre der Ungewissheit über die Führung einer Universität anrichten können. Aber keine Sorge: Der Krieg geht weiter. Denn schon stehen die nächsten Rektorswahlen an. Und die Frau Hochreiter kandidiert wieder. Also geht der Wahnsinn wohl weiter.
Zornig macht aber auch, wenn man sieht, dass selbst unter dem Vorwand der Forschung Steuergelder für feministischen Unsinn verbrannt werden. Eine ganze Reihe von hoch subventionierten Institutionen gibt für folgende Veranstaltung Geld aus, deren Einladung ich einfach unkommentiert wiedergebe:
„ ,Genderaspekte in Forschungs- und Innovationsprozessen‘ eröffnen durchaus neue Erfolgschancen. Das Ziel der Integration von Genderaspekten in Forschungsinhalte und -methoden ist dabei die Entwicklung einer gendersensiblen Forschung, die Impulse für Innovationen liefert. Was ist unter der Integration von Genderaspekten in Forschungs- und Innovationsprozessen zu verstehen? Wie sind Geschlechterverhältnisse und -konstruktionen in das naturwissenschaftlich-technische Wissen, in Innovations- und Entwicklungsprozesse eingeschrieben? Wie kann die Kategorie Geschlecht bei der Entwicklung von Wissen und dessen Anwendung systematisch berücksichtigt werden? Welche Potenziale eröffnen sich dadurch und mit welchen Herausforderungen sind Forschungs- und Innovationsprozesse konfrontiert? Diese Fragen stellt die genderAG, eine organisationsübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet von Austrian Cooperative Research ACR, der Christian Doppler Gesellschaft CDG, der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, dem Wissenschaftsfonds FWF und Joanneum Research JR, und lädt Sie herzlich zur Veranstaltung ,Neue Erfolgschancen durch Genderaspekte in Forschungs- und Innovationsprozessen‘“.
Unsere hochsubventionierten naturwissenschaftlichen Forschungsvereine suggerieren also mit solchen Veranstaltungen, dass es männliche und weibliche Quanten, Tsunamis und Moleküle gibt. Und anderntags wollen sie uns dann einreden, wie dringend sie noch mehr Geld bräuchten. Denn ihre Forschungen würden ermöglichen, dass unsere Wirtschaft wieder wächst . . .
Viel Klugheit ist hingegen einem Buch der Autorin Christine Bauer-Jelinek zu attestieren. Sie räumt unter dem Titel „Der falsche Feind. Schuld sind nicht die Männer“ mit den vielen völlig unbelegten Dogmen des Genderismus auf.
Da Bauer-Jelinek aus dem Wirtschaftsleben kommt, tut sie das mit viel Sachkenntnis. Was weniger kluge Journalisten nicht davon abhält, ihr Buch gleich einmal als „Provokation“ zu bezeichnen. Schließlich wollen sie auch weiter zehnmal im Jahr die Behauptung aufstellen, dass es Arbeitgeber gäbe, die jemandem, nur deswegen weil er ein Mann ist, gleich über zwanzig Prozent mehr Gehalt für die gleiche Arbeit zahlt.
Ein besonders übles und uns allen schadendes Produkt des genderistischen Gleichheitswahns hat wieder einmal die EU zu verantworten: Sie hat für jede Art von Versicherungen sogenannte Unisex-Polizzen verordnet. Diese klingen aber nur für sehr oberflächliche EU-Bürokraten und Genderisten sinnvoll. In Wahrheit werden dadurch nun fast alle Versicherungen teurer – auch wenn die kolportierten Spitzenwerte von 80 Prozent nicht unbedingt stimmen müssen.
Denn bisher haben Versicherungen immer das unterschiedliche Verhalten der einzelnen Geschlechter berücksichtigen und ihre Tarife maßschneidern können. So leben Frauen länger, was Ablebensversicherungen billiger und Rentenversicherungen für sie teurer macht. So gehen junge Frauen (wegen Entbindungen) deutlich öfter ins Spital als junge Männer, während sie umgekehrt im Verkehr ein geringeres Risiko darstellen.
Wenn die Versicherungen nun ihre Tarife nicht mehr an die Größe der Risken anpassen können, müssen sie die Tarife erhöhen. Für alle. Denn jede Krankenversicherung wäre bald bankrott, wenn sie junge Frauen so billig versichert wie junge Männer. Jede Ablebensversicherung erlitte dasselbe Schicksal, wenn sie Männer so günstig behandeln sollte wie Frauen. Die schlechteren Risken würden nämlich logischerweise künftiger signifikant häufiger Verträge abschließen, wenn die für sie plötzlich billiger würden.
In der für diesen Unsinn verantwortlichen EU-Kommission mag man sich zwar über einen Nobelpreis freuen. Über überdurchschnittlich viel Hirn kann man sich aber nicht freuen.
Mindestens ebenso skandalös verhält sich das EU-Parlament. Dieses blockiert aus genderistischem Fanatismus seit Monaten die Nachbesetzung eines Postens im sechsköpfigen Direktorium der Europäischen Zentralbank. Diese Funktion ist seit fast einem halben Jahr vakant. Das Parlament weigert sich aber dennoch weiterhin, das laut Vertrag vorgesehene Hearing mit dem vorgesehenen Nachfolgekandidaten durchzuführen. Einziger Grund des Boykotts: Der vorgeschlagene Kandidat ist ein Mann.
Da muss einem wirklich das Geimpfte aufgehen. Der Euro und die EZB stecken in der schwersten Krise seit ihrer Existenz. Nur das EU-Parlament hat das nicht mitbekommen, sondern spielt lächerliche genderistische Machtspiele, statt die EZB arbeitsfähig zu machen. Dabei ist es absurderweise eine britische Abgeordnete, die das als Chefin des zuständigen Ausschusses blockiert. Also die Vertreterin eines Landes, das gar kein Euro- und EZB-Mitglied ist!
Eine üble, wenn auch im Vergleich dazu relativ folgenlose Genderismus-Geschmacklosigkeit ist schließlich ein neues Inserat der Generali-Versicherung. Das Inserat ist überschrieben mit „Ich will keine Kinder“ und heroisiert alle jene, die keine Kinder wollen. Einfach weil: „es geht mir gut damit“. Gut zu wissen, dass die Generali eine Versicherung des hemmungslosen Ego-Tripps ist. Man muss ihr ja nicht sein Geld hintragen.
Da staunt man aber: Werner Faymann hat mit 83 Prozent das schlechteste Ergebnis eines zur Wiederwahl antretenden Parteivorsitzenden erzielt.
Was ist da los in der SPÖ? Ein so schlechtes Ergebnis, obwohl weit und breit niemand an Faymanns Posten interessiert ist, lässt ein wenig aufhorchen. Haben die Absetzbewegungen von einem knapp vor einer Strafanklage stehenden Parteiobmann ein schon so signifikantes Ausmaß erreicht? Hat schon jeder sechste Delegierte erkannt, welch Dünnbrettbohrer da an der Spitze der Partei steht? War es der Ärger über sein Fernbleiben vom U-Ausschuss? War es seine mehr als inkonsistente EU-Linie? Haben sich die Funktionäre gar geärgert, dass sie künftig Parteispenden offenlegen müssen, wie Faymanns Spin-Doctoren sofort als angeblichen Grund der Streich-Welle ausgestreut haben? All das mag schon mitspielen, soll aber auch nicht überbewertet werden. Nicht nur weil ja immer noch fünf von sechs Genossen für Faymann sind, sondern vor allem weil der Großteil der Unzufriedenheit mit ihm aus dem ganz linksradikalen Eck kommt, also von jenen, denen sogar die einzig positive Eigenschaft Faymanns, nämlich sein relativer Pragmatismus, zuwider ist. Das ist dann auch kein erfreuliches Signal. Denn keine der Nein-Stimmen hat sich wohl gegen die Steuererhöhungspläne Faymanns, gegen seine Schuldenfreudigkeit oder gegen die von ihm vertretene Gesamtschulideologie gerichtet.
Eine noch gar nicht rechtskräftige Entscheidung der KommAustria wirbelt viel Staub auf. Der Staub wie vor allem auch die Entscheidung selber sind aber offenbar bewusste Vernebelungsaktionen, die von den wahren Skandalen ablenken sollen.
Die Aufsichtsbehörde befasste sich erstmals mit der Frage der „Ausgewogenheit“ der ORF-Programme. Was dringend notwendig war. Ihr unterlief dabei aber eine totale Fehlinterpretation des Gesetzes. Denn mit „Ausgewogenheit“ hat der Gesetzgeber natürlich nicht die Frage gemeint, wie viel Prozent Sport, wie viel Prozent Kultur usw. in jedem einzelnen ORF-Sender zu sehen sind. Das war in keiner Weise Absicht des Gesetzgebers. Sondern es ging darum, dass sich alle größeren gesellschaftlichen und politischen Gruppen zumindest in Teilen des Programmes wiederfinden können. Wörtlich: „Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren.“
Die Frage, ob beispielsweise der Sport in beiden Fernseh-Programmen oder nur im ersten stattfindet, sollte da hingegen völlig egal sein. Das hat den Gesetzgeber nicht interessiert. Das kann ich jedenfalls auch als Zeitzeuge der Gesetzeswerdung bestätigen.
Die Fehlinterpretation des Begriffs Ausgewogenheit ist so grotesk, dass sie wohl nur auf dolose Absicht zurückgehen kann. Jetzt debattiert halb Österreich die angeblich notwendige zehnprozentige Mindestpräsenz von Kultur, Sport, Information und Unterhaltung in jedem einzelnen ORF-Programm. Nicht mehr jedoch wird seither die für die Seher und Hörer viel wichtigere Tatsache diskutiert, dass große Gruppen der Gesellschaft in allen ideologisch relevanten Bereichen vom ORF ignoriert oder gar verhöhnt werden. Das ORF-Programm läuft ja in seiner Gesamtheit wie auch in jedem einzelnen Sender immer mehr auf eine Art Gehirnwäsche durch eine rot-grüne Koalition hinaus. Wobei bekanntlich die Roten die Machtpositionen haben, die Grünen hingegen die Macherpositionen. Gesamtgesellschaftlich ist das aber eine klare Minderheit.
Diese Gehirnwäsche lässt sich in allen Fernsehnachrichten, in der Zusammensetzung von Diskussionsrunden wie auch im Radio nachweisen, von den Ö3-Nachrichten bis zu sämtlichen Ö1-Wortsendungen (auszunehmen sind dort nur die Naturwissenschaften und die Hörfunk-Journalbeiträge). Genauso schlimm sind die Bundesländer-Programme, die reinste Propagandasender der jeweiligen Machthaber sind.
Völlig ausgeschlossen von einer Präsenz im ORF sind hingegen alle Wirtschaftsliberalen, Wertkonservativen, gläubigen Christen, Gender-, Global-Warming- und P.C.-Kritiker, alle Euro-Skeptiker und viele andere Gruppen. Obwohl diese Gruppen vielfach eine Bevölkerungsmehrheit bilden. Einzig diese Tatsache ist es, die das Programm völlig unausgewogen macht – und nicht der Umstand, dass etwa ein Sender weitgehend sportfrei ist.
Mir kann niemand einreden, dass diese Fehlinterpretation des Gesetzes unabsichtlich ist. Sie führt nun jedenfalls dazu, dass sowohl in der juristischen wie auch der öffentlichen Debatte völlig falsche Themen diskutiert werden. Und das liegt natürlich total im Interesse von Rot-Grün.
Das Ergebnis der Entscheidung dient beiden Seiten, die da scheinbar so kontrovers agieren: Die KommAustria kann endlich vortäuschen, auch einmal den ORF kritisiert zu haben; und dieser kann wiederum in den für die linken Machthaber einzig entscheidenden Fragen so weitertun wie bisher. Maximal wird als Ergebnis des Rechtsstreits halt künftig bisweilen ein Länderspiel im zweiten und ein Polittalk des üblichen Musters im ersten Programm stattfinden.
PS.: Eine andere Rechtsentscheidung in Sachen ORF ist hingegen höchst erfreulich: Er muss nun definitiv wie jedes andere vom Bund kontrollierte Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen das Ausschreibungsgesetz einhalten. Das ist gut, weil solche öffentlichen Ausschreibungen am ehesten noch Freunderlwirtschaft verhindern. Damit ist aber auch klargestellt – was noch viel wichtiger ist –, dass der ORF nicht eine Privatangelegenheit der dortigen Machtträger ist. Diese haben ja in den letzten Jahren gern den Eindruck erweckt, dass der ORF sich selber gehört und damit ihnen.
Zwei Linksradikale haben sich geeinigt: Auf dem Wiener Ballhausplatz wird ein Deserteursdenkmal errichtet. (mit nachträglicher Ergänzung)
Sie treiben ihre Provokationen immer weiter. Jetzt auch noch durch Auswahl jenes Platzes für ein Deserteursdenkmal, auf dem das Bundesheer regelmäßig aufzumarschieren hat. Damit wird Desertion als oberste Soldatenpflicht symbolisch auch für die Gegenwart gepriesen, zumindest wenn es nach dem Willen der Herrn Mailath und Ellensohn geht. Ob da eigentlich die Bundesregierung noch ein Wörtchen mitzureden hat, wenn der Platz vor dem Amtssitz der obersten Organe von drittklassigen Lokalpolitikern für ihre eigentümliche Geschichtsauffassung annektiert wird? Und: Wie objektiv und konsistent ist wirklich heute die Sicht auf die Deserteure? Selbst im zweiten Weltkrieg finden sich darunter ja positive und negative Extreme. Die Deserteurs-Bandbreite reicht von helden- und heiligenhaften Gegnern des Krieges wie einem Franz Jägerstätter bis zu jenen Männern, die vor der Verfolgung wegen eines Diebstahls oder eines Mordes davongelaufen sind. Und bis zu jenen, die sich etwa im Süden aus voller Überzeugung kommunistischen Partisanen angeschlossen und dann in deren statt Hitlers Diensten getötet haben. Die Jägerstätter waren – leider – in der Minderheit.
Was die Sache besonders ärgerlich macht: Seit Jahren haben sich Bundeskanzler und Bundespräsident erfolglos bemüht, den republiks-wichtigen Platz vom löchrigen Asphalt bis zur Beleuchtung sanieren zu lassen. Das aber ist bei der zuständigen Gemeinde Wien immer auf tote Ohren gestoßen. Jetzt weiß man endlich, wofür in Wien immer Geld da ist.
Da sage noch einer, es gäbe in Zeiten wie diesen nichts zu lachen: Die Europäische Union bekommt – 2012! – den Friedensnobelpreis.
Diese Ehrung reiht sich würdig an so manche der bisherigen schweren Fehlentscheidungen des (parteipolitisch zusammengesetzten) Komitees.
Und jetzt bekommt ihn die EU. Diese Ehrung wäre zwar in früheren Jahrzehnten absolut gerechtfertigt gewesen, heute aber ist sie nur noch absurd. Denn heute ist die EU eine Organisation, die massiv die eigenen Verträge bricht; die das größte Schuldendebakel der Geschichte ausgelöst hat; deren verfehlte Finanz- und Energiepolitik zur größten Arbeitslosigkeit des letzten halben Jahrhunderts geführt hat, was bekanntlich alles andere als friedensfördernd ist; deren Fehler dazu geführt haben, dass unter den europäischen Völkern wie nie mehr seit den 50er Jahren Hass entsteht und geschürt werden kann: Man denke nur an die antideutsche Hetze in Griechenland und anderen Südländern, man denke an die explodierenden Aversionen nördlich der Alpen gegen den Süden.
Was hat diese heutige EU noch mit einem Friedensprojekt zu tun? Nur eines: Sie lobt sich ständig selbst verzweifelt als Friedensprojekt, umso lauter, ja mehr ihre konkrete Politik das Gegenteil bewirkt.
Ja, in den 50er Jahren war die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich eine große historische Leistung, ebenso die Rückführung Deutschlands in die Gemeinschaften gleichberechtigter Demokratien. Marktwirtschaft und der durch die Europäischen Gemeinschaften geschaffene Binnenmarkt ermöglichten Wohlstand als wichtigste Basis des Friedens. Die Nato verschaffte diesem Europa Schutz – also Frieden – gegen einen lange bedrohlichen Gegner.
Das alles hätte den Friedensnobelpreis mehr als alle anderen Preisträger der Nachkriegszeit verdient. Aber in den Nobelpreis-Listen findet sich kein Adenauer, kein de Gaulle, kein Schuman, kein Delors. Das große europäische Friedenswerk kommt erst ins Visier der Nobel-Preiser, als es durch leichtfertige und populistische Politik zu einem Werk des Unfriedens wird.
Die Absicht ist freilich klar: Die EU-Euphorie, die dadurch noch einmal ausgelöst werden soll, soll die Deutschen und einige andere dazu bringen, noch weitere Mega-Haftungen und Schulden einzugehen.
Diese Entscheidung kommt freilich am gleichen Tag, da sämtliche Wirtschaftsprognosen auch für Deutschland einen Zusammenbruch des Wachstums melden, da also auch Deutschland klar werden muss, dass es sich in den letzten drei Jahren maßlos übernommen und keine Kraft mehr hat.
In der Nobelpreis-Euphorie geht wohl auch die aktuellste Meldung aus der griechischen Realität unter: Mehr als 90.000 Pensionisten sind für die Behörden nicht auffindbar und melden sich trotz eines Aufrufes nicht. Sie bekommen aber weiter Pensionen auf ihr Konto – ganz offensichtlich zugunsten der Nachkommen. Denn die meisten dieser Pensionsbezieher sind längst nur noch auf dem Friedhof zu finden. Aber wir alle zahlen tagtäglich dafür.
Über Tausende solcher konfliktschürenden Betrügereien, Rechtsbrüche, Verantwortungslosigkeiten soll nun schnell noch ein Friedenspreis als Tünche drüberkommen. Aber auch diese Tünche wird die politisch verschuldete Implosion nicht mehr verhindern können.
Uns bleibt nur noch ein zynisches Lachen der Verzweiflung.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der Plan ist nicht nur sinnvoll, sondern ausgewogen und fair. Wenn Erbschaften und Vermögen ab einer Million Euro (netto) besteuert werden, könnte es in einem der reichsten Länder gerechter zugehen. Das ist bei uns derzeit nicht der Fall, denn Vermögen und Steuerlast sind extrem ungleich verteilt. Die Schieflage bei der Vermögenskonzentration zeigt eine vor Kurzem von der Österreichischen Nationalbank (OeNB) veröffentlichte Studie. Sie ist Teil einer europaweiten Untersuchung über Vermögensverteilung im Auftrag der Europäischen Zentralbank (EZB). Wobei sowohl OeNB als auch EZB alles andere als "linke Organisationen" sind. Zudem geht es nicht um Reichen-Bashing, wie stets unterstellt wird, wenn der Ruf nach mehr Steuergerechtigkeit kommt. Jedem und jeder seien Millionen und Milliarden vergönnt, wenn sie ehrlich erarbeitet wurden und fair besteuert werden. Beim Ruf nach Steuergerechtigkeit geht es darum, die aus dem Lot geratene soziale Balance wieder herzustellen. Denn keine Gesellschaft kann auf Dauer funktionieren, wenn immer weniger immer mehr besitzen. Das aber ist in Österreich der Fall.
Die Vermögenskonzentration ist enorm: Nur ein Prozent hat ein Vermögen über einer Million Euro. Auf ein Prozent der Haushalte entfällt fast ein Drittel des Vermögens und 90 Prozent der Unternehmensbeteiligungen. Die obersten zehn Prozent besitzen mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens, das in Österreich insgesamt rund 1.300 Milliarden Euro ausmacht. Bei Sachvermögen besitzt die Hälfte der Haushalte nicht mehr als 50.000 Euro, darunter meist der eigene PKW. Nur zehn Prozent besitzen Sachvermögen von mehr als 500.000 Euro. Von einer Vermögenssteuer ab einer Million Euro wäre also der viel zitierte Mittelstand bei weitem nicht betroffen. Die Einnahmen von geschätzten 2,5 Milliarden Euro könnten überaus sinnvoll verwendet werden, um die Lohnsteuer in Österreich zu senken. Denn Arbeit ist im Gegensatz zum Vermögen hierzulande leider extrem hoch besteuert.
Andreas Unterberger
Gewiss wäre es in mancher Hinsicht amüsant, wenn das Vermögen des Gewerkschaftsbundes offengelegt und durch eine alljährliche Steuer weggeschmolzen würde. Besteht doch das Vermögen des ÖGB im Gegensatz zu jenem der restlichen Bürger nicht aus schon längst versteuertem Geld.
Dennoch: sechs Mal Nein zu den roten Steuerplänen.
Erstens eben, weil beim Normalbürger in der Regel ehrlich erworbenes Geld doppelt besteuert würde. Zweitens weil dadurch viele Investoren vertrieben würden; es nützt Österreich wenig, wenn die Mateschitzs oder Swarovskis als Folge ins Ausland übersiedeln sollten. Drittens weil die meisten Vermögen aus Betrieben bestehen. Viertens weil die Vorstellung widerlich und abstoßend ist, dass Finanzbeamte in Privatwohnungen nach Banknoten, Schmuck, Kunstwerken oder Pelzmänteln fahnden. Fünftens weil die durch die Schuldenpolitik ausgelöste Inflation bald auch jene Menschen vermögenssteuerpflichtig machen wird, die sich heute noch keineswegs als vermögend ansehen.
Man denke nur 20 Jahren zurück: Damals galten Schilling-Millionäre als ebenso reich wie heute Euro-Millionäre. Aber inzwischen gehört schon die Mehrheit der Österreicher zu den Schilling-Millionären! Und sechstens ist die Gesamtsteuerbelastung in Österreich längst schon in der absoluten Weltspitze, insbesondere durch einen 50-prozentigen Grenzsteuersatz. Daher ist der unanständigen Geldgier der Politik nur ein entschiedenes Nein entgegenzusetzen. Es ist eine unverschämte Zumutung, dass jener Partei nichts anderes als ständig neue Steuern einfallen, die hauptverantwortlich dafür ist, dass in Österreich seit Ausbruch der Krise weniger gespart worden ist als in jedem anderen Land Europas, und dass der längst unfinanzierbare Wohlfahrtsstaat nicht einmal ansatzweise reformiert wird.
Irgendwie amüsant, wenn sich diese Partei darüber aufregt, dass man sie für ihre Geldgier als Diebe bezeichnet.
Die Medien werden ihn vermissen. Sonst ist die Ausbeute mager. Nichts sagende und nicht erschienene Zeugen prägten den Untersuchungsausschuss.
Außer dass viele geheime Akten der Staatsanwaltschaft auf diesem Weg an die Öffentlichkeit gedrungen sind, hat der parlamentarische U-Ausschuss nicht viel gebracht. Das oft gelobte Medientransparenzgesetz als vielgerühmtes Ergebnis des Ausschusses ist ein Pfusch. Denn Bestechungs-Inserate können weiter stattfinden. Und die ebenfalls als „Erfolg“ des Ausschusses gefeierte Erhöhung der Parteienförderung ist in Zeiten wie diesen eine Provokation. Die SPÖ bastelt überdies bereits eifrig an Schein-Ausgliederungen aus der Partei, damit die Spenden weiter im dunkeln fließen können. Ansonsten hat sich erneut gezeigt: Erstens, U-Ausschüsse parallel zu Strafverfahren sind ein Unfug. Zweitens, die SPÖ hat die ÖVP wieder einmal raffiniert über den Tisch gezogen: Jene Dinge, die eher der ÖVP angehängt werden können (Strasser, Telekom), sind breitest ausgewalzt worden. Aber sobald Werner Faymanns Inseratenkorruption zum Thema zu werden drohte, setzte die SPÖ ein brutales Abdrehen des Ausschusses durch.
Christen glauben an die Auferstehung. Aber nicht einmal mehr die Wähler der beiden Koalitionsparteien haben noch an ein Post-mortem-Lebenszeichen dieser Koalition geglaubt. Umso mehr muss dieses fast wie ein Wunder vermerkt werden – vor allem weil es sich nicht nur um ein, sondern gleich zwei Lebenszeichen handelt, die beide diese Woche zu beobachten sind. Irgendwie ist man verwirrt: nicht einmal auf den Tod ist mehr Verlass.
SPÖ und ÖVP sind also doch noch imstande, über ihre üble Rolle als Abwürger des U-Ausschusses hinaus auch noch positive Sacharbeit zustandezubringen. Sie haben sich gleich in zwei wichtigen Fragen geeinigt: Bei der Neuregelung der Kinder-Obsorge nach Scheidungen und Trennungen wie auch bei der elektronischen Gesundheitsakte Elga.
Beide Einigungen scheinen fix zu sein, auch wenn bis zum Abdruck eines Gesetzestextes im Bundesgesetzblatt noch viele Schritte zu erledigen sind. Dabei waren beides Fragen, um die schon jahrelang gerungen worden ist. Dabei haben sich beide Male kleine, aber parteiintern einflussreiche Wählergruppen quergelegt: in einer Frage die radikalen Feministinnen auf Seiten der SPÖ und in der anderen die Ärztekammer auf Seiten der ÖVP.
Beide Male hat man den Bedenkenträgern lange zugehört. Am Schluss aber sind die Feministinnen ganz auf der Strecke geblieben. Und die querschießenden Ärztevertreter großteils.
Was aber am Wichtigsten ist: Beide Male sind letzten Endes sogar sehr brauchbare Lösungen mit nur kleinen Schönheitsfehlern herausgekommen. Was ja alles andere als koalitionstypisch ist.
Gewiss: Eigentlich sollte man mit einem Urteil noch warten, bis beide Regelungen wirklich in Tücher gewickelt sind. Denn in der Politik ist bis zuletzt jedes Unheil möglich. Aber dennoch sei schon jetzt zumindest eine erfreute Zwischenbilanz gezogen. Offenbar steckt den Regierungsparteien im letzten Jahr vor der Wahl nun doch ein großes – und heilsames – Maß an Angst vor einem Debakel in den Gliedern.
Die positive Energie von Rot und Schwarz darf man aber auch nicht überschätzen. Denn zugleich wird ja von einer saftigen Erhöhung der Grundbuchgebühren bis zur geplanten Transaktionssteuer wieder heftig an neuen Dummheiten gebastelt. Die uns in der nächsten Zeit noch genug befassen werden.
Zumindest bei der Einigung über das Obsorgethema muss man auch klarmachen, dass diese wohl nicht zustandegekommen wäre, wenn nicht der Europäische Menschenrechtsgerichtshof die einseitig Frauen privilegierende Justizpraxis in Österreich verurteilt hätte (und dann in der Folge auch der sonst ja weniger mutige Verfassungsgerichtshof). Die heftigen Querschüsse der männerhassenden Grünen zeigen jedenfalls, dass da ein wichtiger und positiver Schritt gesetzt worden ist.
Hinter allen koalitionären Wortkaskaden, mit denen getarnt werden soll, dass da eine Seite nachgeben musste, ist doch eines Faktum: In Österreich gibt es künftig so etwas wie die gemeinsame Obsorge als Normalfall, die von der SPÖ lange bekämpft worden war.
Es gibt künftig keine automatische Bevorzugung der Mütter ehelicher wie auch unehelicher Kinder mehr. Ganz eindeutig haben die Familienrichter künftig den Auftrag, das Kindeswohl im Zentrum zu sehen. Sie können daher im Gegensatz zur Gegenwart auch ledigen Vätern die Obsorge zusprechen. Sie können im Gegensatz zur Gegenwart auch dann eine gemeinsame Obsorge dekretieren, wenn sich eine Seite dagegen ausspricht. Das haben ja in so manchen Fällen vor allem Mütter gemacht, sei es um damit sonstigen finanziellen Forderungen Nachdruck zu verleihen, sei es um Rache für empfundenen Schmerz zu nehmen. Was natürlich nichts daran ändert, dass wohl auch künftig zu Recht ein wenig öfter Mütter als Väter die Obsorge erhalten dürften, wenn die Gemeinsamkeit absolut nicht funktioniert.
Die nun beschlossene Phase der „vorläufigen elterlichen Verantwortung“ für (mindestens) die ersten sechs Monate nach einer strittigen Trennung bedeutet de facto eine Fortsetzung des Zustandes vor der Trennung (also meist: gemeinsame Obsorge) und keinen plötzlichen Bruch. Beide Seiten haben in dieser Zeit das Recht auf Kontakte zu den Kindern. Und beide Seiten können und sollen in dieser Zeit zeigen, ob sie ihrer Verantwortung für die Kinder ordentlich nachkommen.
Wenn das, was politisch jetzt vereinbart worden ist, von den Gerichten auch ordentlich (und nicht bequem) umgesetzt wird, dann haben Kinder künftig auch eine viel bessere Chance, dass keine Seite mehr die Kontakte zum anderen Elternteil unterbinden kann. Gleichgültig ob das nun rechtlich oder „nur“ durch praktische Schikanen versucht wird. Wobei ja Besuchsrechte wohlgemerkt auch jenen Elternteilen zustehen, die aus welchen Gründen immer keine Obsorge haben. Dazu soll es nun sogar Besuchsmittler geben, die bei Konflikten angerufen werden und auch überprüfen können, ob das Besuchsrecht eingehalten wird.
Lediglich zwei Details an der Neuregelung sind unbefriedigend: Erstens können nun Kinder auch die Doppelnamen bekommen, die ihre Eltern (oder Mütter) tragen. Diese Doppelnamen sind zweifellos in vielen Fällen nicht nur grotesk und umständlich, sondern oft auch eine Last, die den Kindern als Folge der Entscheidungsunfähigkeit der Eltern auferlegt wird. Wer die Einigung auf ein Ja-Wort schafft, sollte auch die auf den Familiennamen der Kinder schaffen.
Zweitens werden die Familienrichter jetzt zwar angeblich durch Psychologen entlastet. Was auch immer deren Hilfe außer einer Job-Beschaffung wirklich wert sein mag, bleibe offen. Aber nicht offen kann bleiben, dass die Familienrichter keine Aufwertung erfahren. Dadurch bleiben sie meist ungeliebte Anfangs-Posten in einer Richter-Karriere, von denen sich fast jeder möglichst rasch wieder wegbewirbt.
Familienrichter zu sein, erfordert aber viel mehr Lebenserfahrung als etwa die Beurteilung eines Verkehrsunfalls. Und Rosenkriege sind zweifellos auch für den Richter emotional belastender als jene Justizbereiche, wo es etwa „nur“ um Geld geht. Überdies sind ja auch die rein wirtschaftlichen Kosten eines Scheidungs- und Unterhalts-Urteils im Lauf der Jahrzehnte oft viel höher als in klassischen Zivilprozessen. Daher wäre ein Aufwertung der Familienrichter in finanzieller und karrieremäßiger Hinsicht zweifellos ein noch wichtigerer Beitrag zur Hilfe für auseinanderbrechende Familien.
Aber zumindest in diesem Punkt ist Nachbesserung ja noch jederzeit möglich. Und wahrscheinlich ist bei einer besseren Auswahl der Familienrichter auch das Geld besser investiert als bei dem nun geplanten Einsatz von Psychologen auf Staatskosten.
Ebenso im Wesentlichen tauglich erscheint die Lösung rund um die elektronische Gesundheitsakte. Dass alle teuren Befunde wie Röntgen oder Labor-Ergebnisse künftig zentral gespeichert werden müssen (und weitere ärztliche Diagnosen je nach Entscheidung des Arztes gespeichert werden können), kann zweifellos einige Einsparungen bringen. Aus Erfahrung wissen wir freilich, dass Einsparungen selten so groß sind, wie von der Politik anfangs erhofft beziehungsweise versprochen werden.
Zweifellos werden nur sehr wenige Österreicher das ihnen nun zugebilligte Opting-out wahrnehmen. Warum sollten sie auch? Alle Umfragen sprechen für eine Popularität dieser zentralen Speicherung. Damit ist auch ein Opting-out unbürokratischer und billiger als das von den Ärzten vorgeschlagene Opting-in. Schon bei der Organspende-Regelung hat sich diese Lösung als überlegen gezeigt (wie etwa heute auch fast alle deutschen Experten und Ärzte zugeben, die in diesem Bereich mit einem Opting-in leben müssen).
Lediglich in einem Punkt ist den Bedenken der Ärzte voll zuzustimmen. Das ist die unzureichende Nutzerfreundlichkeit der vorgeschriebenen Software: Die Daten eines Patienten können nicht gezielt nach relevanten Informationen durchsucht werden. Sie müssen daher bei jedem Patientengespräch im Grunde von A bis Z durchgeschaut werden, soll der Arzt nicht haftbar werden. Das ist unzumutbar und würde die Ordinationszeiten unendlich ausdehnen. Da hat die Politik noch einen gewaltigen Verbesserungs- oder zumindest Erklärungsbedarf.
Weitgehend unsinnig sind hingegen die lange vorgeschobenen Datenschutz-Bedenken mancher Ärzte. Erstens teilen die Bürger diese mehrheitlich nicht. Zweitens sind die wichtigsten Gesundheitsdaten ohnedies längst über die Krankenkassen gespeichert, ohne dass der Datenschutz dabei irgendwie zu einem Thema gemacht worden wäre; von den Computern der Spitäler und Arzt-Ordinationen gar nicht zu reden, die mit Sicherheit noch viel leichter für neugierige Hacker zu knacken sind. Und drittens kann man sich immer für die Rolle eines Privatpatienten entscheiden, der ja keine Leistungen auf Kosten der Allgemeinheit in Anspruch nimmt und sich daher röntgenisieren lassen kann, so oft er will – und sooft es sein Körper aushält.
Vor einem sollte sich die Politik aber hüten: zu glauben, dass damit die Explosion der Gesundheitskosten wirklich eingedämmt wäre. Ohne eine Ersetzung des negativen Kostenzuschiebungs-Wettbewerbs zwischen Ordinations- und Spitals-Medizin durch einen positiven Effizienz-, Qualitäts- und Sparsamkeits-Wettbewerb zwischen alternativ wählbaren Krankenversicherungen wird das nie und nimmer gelingen. Denn sonst werden Patienten weiterhin bloß deshalb in Spitäler abgeschoben, weil das dort die Länder und nicht mehr die Krankenkassen belastet. Österreich kann es sich nicht mehr lange leisten, die Weltrekordzahl in Sachen Spitalsaufenthalte zu halten.
Europa steht in einem gewaltigen Wettbewerb. Von Indien bis China haben Milliarden Menschen in großen und kleineren Ländern die jahrzehntelange Selbstbeschädigung durch sozialistische Experimente aufgegeben und machen Europa nun durch beinharten Kapitalismus Konkurrenz. Die europäische Schuldenkrise ist nur ein Symptom, wie sehr der alte Kontinent in diesem Wettkampf zurückfällt und nun schon sehr alt aussieht.
Die Nationen auf der Überholspur machen das Gegenteil von dem, was in Europa die Debatte dominiert: Sie schimpfen nicht auf die Globalisierung wie viele europäische „Intellektuelle“, sondern sie nutzen diese. Sie zentralisieren politische Entscheidungen nicht, wie es auch von der deutschen Bundeskanzlerin verlangt wird, sondern geben diese Schritt für Schritt frei. Sie vergemeinschaften nicht Haftungen, Schulden, Kontrollen, wie es die EU tut, sondern lassen regionalen Entscheidungen viel Platz. Sie führen keine Kampagnen gegen die Reichen. Sie halten den Wohlfahrtsstaat nicht mehr wie in ihren sozialistischen Jahren für ein erstrebenswertes Ziel, sondern für ein Entwicklungs-Hindernis, das möglichst klein gehalten werden muss.
Sie ermöglichen solcherart seit rund zwanzig Jahren einem ständig wachsenden Anteil ihrer Bürger Wohlstand und Lebensqualität.
Muss man da die Zukunft Europas angesichts des Zurückfallens hinter diese Konkurrenz nicht schon als rettungslos verloren ansehen? Überalterung, Überschuldung, Islamisierung, die höchsten Steuern, die dichtesten Regulierungen, die schwersten Soziallasten, die teuersten Löhne: All das lässt rasch einen großen Defätismus unter den Bürgern Europas wachsen.
Auch wenn man sich diesem Defätismus (noch) nicht anschließen will, so muss man doch alle relevanten Signale beachten und richtig deuten. Einer der bedrückendsten Aspekte ist der Brain drain. Während nach Europa und zu seinen üppigen Sozialleistungen weiterhin in großen Zahlen Menschen ohne Bildung zuwandern – etwa unter dem Vorwand einer Familienzusammenführung –, ziehen immer mehr Universitätsabsolventen und unternehmerische Menschen aus den EU-Ländern weg. Das ist besonders bitter, weil die jungen Menschen in den meisten Staaten Europas fast gratis studiert haben, in manchen überhaupt gratis. Das bedeutet: Talentierte Menschen werden hier teuer ausgebildet und stellen durch ihre Auswanderung eine lebende Entwicklungshilfe etwa an die USA oder Kanada, an die Schweiz oder Australien dar.
Besonders pervers: Ein Hauptgrund für die Emigration ist das hohe Niveau der Steuern und Abgaben in den EU-Ländern. Diese sind aber gerade deshalb so hoch, damit Schule und Studien gratis sein können. Das ist ein Regelkreis, der unweigerlich zum Kurzschluss führen muss.
Die wissenschaftlichen und technischen Eliten – zu denen zunehmend auch bestimmte Facharbeiter zählen – sowie unternehmerisch und kreativ denkende Menschen sind aber die entscheidenden Faktoren für die Erhaltung des europäischen Lebensstandards. Mit den immer zahlreicher werdenden Sozialhilfeempfängern, mit schöngeistigen Räsonierern über die Überflüssigkeit von Wachstum und Technik und mit einer Jagd auf jeden Erfolgreichen (=Reichen) wird das hingegen nicht gelingen. Ganz im Gegenteil.
Der Brain drain hängt noch mit einem weiteren, ebenfalls kaum öffentlich beachteten Faktor zusammen: dem katastrophalen Zustand des europäischen Patentwesens. Denn ein funktionierender Schutz solcher Urheberrechte wäre die Voraussetzung für eine blühende Forschungslandschaft. Ohne ständige Innovationen hätte Europa aber überhaupt keine Chance gegenüber der asiatischen Herausforderung.
Bei der Krise des Patentwesens geht es nicht nur um Dinge wie die erstaunliche Folgenlosigkeit von verheerenden Rechnungshofberichten über das österreichische Patentamt, das zu einer Versorgungsstation für Protektionskinder zu verkommen droht. Noch viel schlimmer ist, dass es nach wie vor kein gemeinsames EU-Patent gibt. Wer daher in allen EU-Ländern einzeln eine Erfindung patentieren will, zahlt nach Angaben des EU-Kommissars Barnier ungefähr tausend Mal so viel dafür wie für ein US-Patent. Das ist natürlich sehr oft absolut unerschwinglich und unrentabel. Und das treibt neben den hohen Steuern weitere kreative Köpfe aus Europa hinaus.
Das gemeinsame EU-Patent scheitert wieder einmal an den EU-typischen Konflikten: Wo soll es angesiedelt sein? Und in welchen Sprachen sollen/müssen Patente abgefasst sein? Da treten die üblichen Eifersüchteleien und Nationalismen zutage. Zwar hat man langsam eingesehen, dass die Übersetzung in 20 oder mehr Sprachen bei komplizierten technischen Texten viel zu teuer wäre. Aber wenn neben Englisch als meist verstandener und in der Technik total dominierender Sprache und eventuell Deutsch als verbreitetster Muttersprache auch für Französisch, Spanisch und Italienisch Gleichberechtigung gefordert wird, bleibt das Projekt zwangsläufig sofort wieder stecken.
Das ist umso skurriler, als die EU in den letzten Jahrzehnten in zahllosen anderen Fragen strenge Uniformität durchgesetzt hat. Sie tat das aber fast immer nur dort, wo eine Vereinheitlichung absolut überflüssig war, von den Raucher-Regeln bis zu den Sozialleistungen für Zuwanderer, bis zur Aufnahme von Frauen oder Schwulen in einen Job oder eine Wohnung. Neueste „Sorge“ der EU: Die Zahl der Notausgänge in Österreichs Schulen.
Beim Patentwesen und in weiten Bereichen des für einen funktionierenden Binnenmarkt ebenfalls entscheidenden Straßen- und Eisenbahnverkehrs scheitert sie hingegen mit einer sinnvollen Vereinheitlichung.
Der schrittweise intellektuelle Abstieg Europas zeigt sich auch bei den diversen Universitäts-Rankings. Diese sind von einem ständigen Rückfall der europäischen Universitäten geprägt. Nur die britischen können noch mit den amerikanischen Elite-Unis mithalten. In Hinblick auf Kontinentaleuropa ist es mehr als bezeichnend, dass ausgerechnet eine Hohe Schule aus einem Nicht-EU-Land regelmäßig die besten Platzierungen erreicht: die ETH Zürich.
Schaut man sich diese Universität ein wenig näher an, dann meint der EU-Europäer, dass die Schweiz auf einem anderen Kontinent leben muss. So klar ist die Elitenorientierung der ETH. Dort hat der neue Rektor Lino Guzzella auch keine Probleme, eine Verdoppelung der Studiengebühren von 1300 auf 2600 Franken anzukündigen. Er wagt es sogar, mit deutlichen Worten Anforderungen an die Schulen des Landes zu formulieren, die ganz anders klingen. Die österreichischen Rektoren haben hingegen nur zwei Anliegen: ständig mehr Geld und ständig weiterer Ausbau teurer Gender-Projekte.
In Österreich gibt es sogar Rektoren, die sich für die allgemeine Niveausenkung durch die Gesamtschule aussprechen. Guzzella hingegen verlangt: Gymnasien und Volksschulen müssen mehr fordern und leistungsorientierter werden. Man komme derzeit zu leicht zur Matura. Diese müsse härter werden. Guzzella hält daher überhaupt nichts von höheren Maturantenquoten, denn dadurch werde das Niveau der Matura nur gesenkt. In Österreich sind hingegen die höheren Maturantenquoten eine Stehsatz-Forderung fast aller Politiker.
Der ETH-Chef spricht auch in Hinblick auf die Volksschulen Klartext: Wenn diese immer mehr mit Erziehungsaufgaben belastet werden, würden die talentierten Schüler zu wenig gefördert. Noch klarer sein Auftrag an die Gymnasien: „Die Gymnasien müssen sich als Elite-Schulen verstehen.“
Und all diese goldenen Worte kann der Mann ohne Widerspruch auch in dem nach Schweizer Verhältnissen als links geltenden „Tagesanzeiger“ sagen.
Konklusion: Europa hat zweifellos schlechte Zukunftsaussichten. Es kann dennoch bestehen – aber nur dann! –, wenn es ganz auf seine Eliten setzt. Das heißt insbesondere: wenn es jeden einzelnen von Anfang an, also vom Schulbeginn an, intensiv fordert.
Klar muss dabei natürlich auch sein: Niemand gehört automatisch zu einer Elite. Ganz im Gegenteil. Das muss immer wieder neu überprüft werden. Aber es darf auch niemals als Problem bezeichnet werden, dass Kinder von bildungsorientierten Eltern mit viel höherer Wahrscheinlichkeit zum Kreis der Talentierten gehören als andere Kinder. Unabhängig davon, ob hinter diesen Unterschieden nur kulturelle und Erziehungsfaktoren stehen oder auch – sehr wahrscheinlich – genetische (spricht ja viel dafür, dass es oft schon die Gene waren, die für die überdurchschnittliche Bildungsorientierung der Eltern gesorgt haben).
Wenn die Eliten-Karte stechen soll, braucht es aber auch modernste Schulen und Universitäten mit strengen Zugangsregeln und nicht die Lustlosigkeit von überlaufenen und schlecht ausgestatteten Gratis-Wärmestuben. Und es braucht danach die Möglichkeit, ohne große Bürokratien eigene Unternehmen zu gründen, und die motivierende Aussicht, einmal ohne konfiskatorische Steuern gut verdienen zu können.
Nichts davon hat das heutige EU-Europa. Aber das ist allemal leichter erreichbar als eine Umdrehung der demographischen Katastrophe. Die Elitenkarte ist wahrscheinlich die letzte, die Europa noch hat.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Quelle: Rechnungshof: Bundesrechnungsabschluss 2011
Quelle: Rechnungshof: Bundesrechnungsabschluss 2011
ÖVP und SPÖ wenden sich endlich wieder Grundsatzfragen zu. Das klingt prinzipiell gut und erfreulich. Es hapert aber sehr beim Wie.
Das trifft besonders auf die SPÖ zu: Diese lässt allen Ernstes einen Karl Blecha das Grundsatzprogramm schreiben. Das macht absolut fassungslos. Nicht wegen Blechas Alter; schon viel mehr wegen der schwarzen Punkte in Blechas Lebenslauf, in dem er auch unrühmliche Bekanntschaft mit Strafgerichten machen musste; vor allem aber wegen des politischen Stils und praktisch sämtlicher Inhalte, für die Blecha in den letzten Jahren gestanden ist.
Kaum einer verkörpert so brutal den Stil des Auf-den-Tisch-Hauens, der machtbewussten Unnachgiebigkeit und des Beharrens auf unfinanzierbaren inhaltlichen Forderungen. So ist die Person Blecha das entscheidende Hindernis gegen die zweifellos wichtigste Reform, vor der Österreich steht: Das wäre ein Hinaufsetzen sowohl des realen wie auch des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Wenn sich jetzt die Faymann-SPÖ ausgerechnet auf diesen Blecha als Programmschreiber festlegt, dann zeigt sie den Rückzug auf die letzte verbliebene Wagenburg: Pensionisten und Arbeitsunwillige.
Dagegen klang das Projekt der ÖVP mutig und progressiv: Parteichef Spindelegger hat rund 300 Experten vor allem aus der Wirtschaft werken lassen. Diese haben nun ihr Produkt vorgelegt.
Aber auch das enttäuscht enorm. Zwar scheint es in den letzten Wochen gelungen, besondere Dummheiten abzubiegen, die etliche linke Manager ins Programm zu schmuggeln versucht hatten, wie etwa die Gesamtschule. Aber zugleich ist der Beweis erbracht, dass 300 mehr oder weniger selbst ernannte Experten noch keineswegs eine Garantie für einen großen Wurf sind, geschweige denn einen konsistenten oder konkret umsetzbaren.
Stehsätze aus den Power-Point-Präsentationen von Unternehmensberatern und die Aufsummierung von undurchdachten Schlagworten, die Arbeitskreisteilnehmer auf eine Flip-Chart schreiben, rechtfertigen vielleicht das Honorar eines Seminarveranstalters (Standardangebot für ein Wochenende: „Wie stellen wir uns unsere Firma im Jahr 2025 vor“ samt Luxushotel mit Wellnessbereich und Barbetrieb bis 3 Uhr früh). Sie bringen aber niemanden weiter. Das Ergebnis ist ein atemberaubender Offenbarungseid der Berater- und Manager-Klasse: verschwurbelte Zukunfts-Phantasien statt konkrete Lösungen.
Irgendwie kann man bei Durchlesen der Texte verstehen, dass selbst Initiator Spindelegger das Papier nur mit zwei sehr spitzen Fingern angreift: „Vieles gefällt, manches gar nicht.“ Eigentlich sei es ihm ja ohnedies nur um die Anregung der politischen Diskussion gegangen.
Irgendwie schade. Denn gerade Spindelegger hätte externe Dynamik sehr gut brauchen können, nachdem er sie ja in seiner desorientierten Partei derzeit kaum vorfindet.
Freilich: Ausgerechnet jener Punkt, von dem sich Spindelegger sofort expressiv verbis distanzierte, wäre absolut sinnvoll, nämlich eine Aufweichung des Kündigungsschutzes für über 50-Jährige. Offenbar begreift der ÖVP-Chef so wie viele andere nicht: Dieser Kündigungsschutz ist die zweitwichtigste Ursache (nach den absurden Kollektivverträgen und Gehaltsschemata, die ältere Arbeitnehmer viel zu teuer machen), weshalb man oft schon nach dem 45. Geburtstag nur noch viel schwerer denn in jüngeren Jahren einen neuen Arbeitsplatz findet, und weshalb Endvierziger überdurchschnittlich oft gekündigt werden.
Viel ärgerlicher sind die Vorschläge der Expertengruppe in zwei anderen Bereichen: Der erste betrifft die Anhebung der Lehrerarbeitszeit auf 40 Wochenstunden. Zwar kann und soll man die Lehrer-Urlaube deutlich reduzieren. Zwar kann man auch bei der Wochenarbeitszeit ein bisschen drehen. Aber wer einmal Erfahrung darin gesammelt hat, ein paar Stunden lang pubertierende Knaben und Mädchen zu unterrichten, der weiß, dass das eine viel erschöpfendere Tätigkeit als fast jede andere ist. Lehrer-Bashing ist noch kein Bildungskonzept.
Ansonsten wimmelt es gerade in diesem Kapitel von Schlagworten praxisfremder Theoretiker, wie es etwa der Ruf nach einer Umstellung des Unterrichts von Fächern auf einen Fächerkanon ist. Gerade bei Wirtschaftsleuten wäre man auch für Antworten dankbar, wie denn etwa die Reduktion der Schulklasse auf 15 Schüler und die als Voraussetzung für jede erhöhte zeitliche Präsenz notwendige Verbesserung und räumliche Vergrößerung der Lehrerarbeitsplätze finanziert werden soll. Das deutet darauf hin, dass die noble Träumergruppe die Lehrer wirklich 40 Stunden in Klassen stellen und nicht „nur“ im Schulgebäude anwesend haben will.
Der zweite absolut dumme Vorschlag betrifft das bei großen Managern schicke Verlangen nach einer erleichterten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Ausländer. Offenbar ist an den noblen Damen und Herrn in ihren Nobelvillen vorbeigegangen, was in Österreich wirklich los ist: Das Land hat heute schon – nicht erst 2025 – einen der höchsten Anteil von Ausländern in ganz Westeuropa!
Die den "Experten" offenbar unbekannten Zahlen: 1,6 Millionen der hier lebenden Menschen sind Migranten. Bei den 1- bis 2-Jährigen sind es gar schon über 40 Prozent. Noch schlimmer ist der Umstand, dass die Migranten in keinem Land in so hohem Ausmaß eine andere Familiensprache sprechen: Laut Pisa sind das über 77 Prozent. Oder wenn wir konkret von türkischen Zuwandererfamilien reden: Da wird bei uns in 89 Prozent der Familien nicht deutsch gesprochen, in Deutschland beträgt der Vergleichswert für Familien mit türkischer Abstammung hingegen 66 Prozent, in Dänemark 34. Und unter den in Österreich lebenden Menschen im arbeitsfähigen Alter liegen unter Zuwanderern aus der Türkei bei Männern und Frauen die Werte der auch wirklich Berufstätigen weit unter dem Prozentsatz der im Land Geborenen.
Es ist eine absolute Zumutung, wenn da nach noch mehr Zuzug gerufen wird. Und wenn sich eine Gruppe, die das dennoch tut, als „Experten“ zu bezeichnen wagt. Es kann nur ein Haufen wirklichkeitsfremder Sozialutopisten sein, die offenbar noch mehr Zuwanderung schlecht gebildeter und kulturell nicht integrationsbereiter Sozialmigranten in das aufgeblähte Wohlfahrtssystem Österreichs wünschen. Denn genau das hat nachweislich die Zuwanderung der letzten drei Jahrzehnte gebracht.
Aber neben dem Beweis der Ahnungslosigkeit von Managern zu Migrations- und Bildungsthemen sollte man gewiss auch die positiven Punkte des Papiers „Unternehmen Österreich 2025“ nicht vergessen:
Aber auch in all diesen lobenswerten Punkten darf man anmerken: Neu ist da nicht viel. Leser des Tagebuchs kennen praktisch all diese Ideen schon lange.
Wirklich ernst zu nehmen wäre das alles erst, wenn man von der blumigen Unverbindlichkeit der Utopie auch zumindest ein wenig in die haarigen Details gegangen wäre, also wenn man beispielsweise konkret gesagt hätte, welche der fünf Verwaltungsebenen denn auf welche Art und Weise abgeschafft werden soll. Wer nicht mehr Konkretheit zu bieten hat als ein Frank Stronach, der langweilt nur noch.
Die Weltverbesserungspläne aus noblen Herrenklubs werden im Licht der wirklichen Welt in Zeiten wie diesen recht fadenscheinig. Vor allem wenn die Fülle an Phrasen und nett klingenden Allgemeinplätzen locker die schon sonst sehr schmerzhafte Lyrik von Parteiprogrammen übertrifft. Ich kann sie gar nicht alle aufzählen, die hundert Mal gehörten Schlagworte: „Paradigmenwechsel“, „Bereitschaft zur Änderung“, „Fokus und Effizienz“, „ein neues Selbstverständnis unserer Innivationskultur“, „eine Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen innovativer Bereiche“, „eine positive Einstellung der Gesellschaft“, „ein schlanker Staat“, und so weiter, und so fort. Gewäsch, Gewäsch, Gewäsch.
Ist der neuerliche Wahlsieg von Hugo Chavez ein Armutszeugnis für die Demokratie?
Nicht einmal die unterlegene Opposition behauptet, die venezolanischen Wahlen wären gefälscht worden. Und doch hat der Wahlsieger Chavez ein Land mit gigantischen Ölreichtümern an den Rand des Abgrunds manövriert. Die Wirtschaft ist in einem katastrophalen Zustand, die Verstaatlichung der Ölindustrie sorgt auch in dieser für trübe Aussichten, der Caudillo hat viele Milliarden Ölgelder an kommunistische Regierungen und Guerilla-Gruppen verschenkt, statt sie in die Entwicklung des Landes zu investieren. Und doch fällt neuerlich eine klare Mehrheit der Venezolaner auf diesen Chavez hinein. Ist das Folge der Einschränkung der Pressefreiheit (die aber auch nicht schlimmer ist als in Österreich)? Kann man mit genügend Einnahmen aus Rohstoffen jede noch so schlechte Politik abschirmen (siehe etwa Putins Russland)? Imponieren den Lateinamerikanern einfach prinzipiell solche Führer-Typen mit Macho-Gehabe mehr als jeder sachorientierte Politiker? An all dem ist sicher etwas dran. Man sollte aber dennoch sicher sein: Irgendwann rutscht ein Land mit solchen Politikern endgültig über den Abgrund und dann kommt es zu einem bitteren Erwachen. Dann sind die Menschen zwar auf längere Zeit von solchen Irrwegen gefeit – aber sie haben unglaublich teures Lehrgeld dafür bezahlt.
Die seit einer Woche katastrophale Parkplatzsituation in großen Teilen Wiens ist eine Schande für alle vier Rathausparteien. Sie haben parteipolitisch und ideologisch agiert und reagiert, sie sind aber nie auf die Bedürfnisse der Bevölkerung eingegangen, zu denen sich frecherweise auch die Autofahrer zählen.
Besonders in den Bezirken 13, 18 und 19 ist die Situation absolut untragbar geworden. Die Straßen dieser Bezirke sind in großen Teilen zu Gratisparkplätzen für Zehntausende Mitteleuropäer aus Polen und Niederösterreich, aus der Slowakei und dem Burgenland, aus Ungarn und der Steiermark geworden. Um nur ein paar der wichtigsten Herkunftsländer zu nennen. Dazu kommen Tausende Wiener aus anderen Bezirken, die ihre Autos so selten brauchen, dass sie diese angesichts der hohen Pickerl-Gebühren lieber anderswo in der Stadt, dafür gratis abstellen. Oder die aus irgendeinem Grund einen Zweitwagen haben, für den es sowieso kein Pickerl gibt.
Nun kann man diesen Autofahrern keinen persönlichen Vorwurf machen. Sie reagieren nur auf die Regeln und Marktbedingungen, die die Obrigkeit setzt. So wie es Menschen immer tun.
Hauptschuld am Chaos sind zweifellos die Grünen mit ihrem pathologischen Hass auf die Autofahrer. Sie verfolgen diese beim Fahren genauso wie beim Parken, sie bekämpfen aber auch den Bau von Garagen, sodass es nicht einmal für Zahlungswillige in den meisten Gebieten Wiens Fluchtmöglichkeiten vor dem Chaos gibt.
Die SPÖ versucht zwar jetzt so zu tun, als ob sie mit all dem nichts zu tun hätte, und schiebt die Schuld auf die Grünen ab. Was angesichts ihrer Dominanz in der Stadtregierung ziemlich absurd ist. Die SPÖ hat ja nicht einmal zaghafte Versuche gemacht, die Parkzonenregelung sinnvoll zu gestalten. Sie ist nur an einem interessiert: am eiskalten Abkassieren.
Während in Wien die Besitzer von Hunden ohne Leine und Beißkorb praktisch nie bestraft werden, wird jede noch so unbedeutende Nebenstraße täglich mehrfach abgegrast, wenn Umsätze durch Parksünder locken. Und von den Pickerl-Käufern kassiert die Gemeinde weit mehr ab, als die Verwaltungskosten für deren Ausstellung ausmachen. Irgendwie müssen ja die Hunderten Millionen für Bestechungsinserate, für die nahestehenden Verlage und den offiziellen Propagandaapparat finanziert werden.
Die SPÖ ist auch hauptverantwortlich für eine Situation, in der in Wien kein Mensch mehr weiß, wo welche Kurzparkzonenregel gilt, wo eine Zone beginnt, wann sie beginnt, wann sie aufhört, wie lange man wo stehen darf. Touristen – von denen die Stadt in hohem Ausmaß lebt – werden geradezu blind in die Parkstraf-Fallen geschickt. Und am provozierendsten ist, mit welch billigen juristischen Schmähs die linke Rathausmehrheit dann das legitime Anliegen einer Abstimmung über die Kurzpark-Causa abgeschmettert hat.
Insofern hat die ÖVP (samt der in Wien zuletzt auffallend unauffälligen FPÖ als Sekundant) mit ihrer Anti-Pickerl-Kampagne absolut recht gehabt. Im Prinzip. Nur hat sie dabei die Bewohner in den drei genannten Bezirken völlig im Regen stehen gelassen. Das sind aber fast die einzigen noch verbliebenen bürgerlichen Refugien in Wien. Dort sind die Bürger nun keineswegs nur auf Rot-Grün sauer, sondern auch auf die schwarz-blauen Pickerl-Gegner und die schwarzen Bezirksvorsteher: Diese haben zugelassen, dass sämtliche Wohngebiete in Hietzing, Währing und Döbling, die näher als einen Kilometer zur Strecke eines Schienenfahrzeugs liegen, seit einer Woche bis auf den letzten Quadratmeter zugeparkt sind.
So legitim der Kampf gegen das Wie der Kurzparkregelung ist, so unverständlich ist es, wenn man dabei sehenden Auges die eigenen Wähler zu Geiseln eines Mega-Schlammassels werden lässt. Denn dass eine immer knapper werdende Ware wie ein Parkplatz auf öffentlichem Grund einen Preis haben muss, sollten gerade Freunde der Marktwirtschaft begreifen. Nur sollten halt Preise immer transparent und logisch sein. Das sollten gerade die Anhänger der Zentralverwaltungswirtschaft im Rathaus begreifen.
Die USA haben die Wahlkampfkosten so wie in Österreich zu limitieren und transparent zu machen versucht. Diese Gesetze wurden aber fast umgehend umgangen: Angeblich private Aktionsgruppen betreiben nun selbst „parteiunabhängig“ kostenintensive Werbekampagnen, in denen zufällig ganz genau die Parolen einer Partei verbreitet werden. Oder in denen frontal gegen den Gegenkandidaten gehetzt wird. Ähnliches macht sich nun in Österreich breit. Hier hat das SPÖ-Milieu sofort Kanäle gefunden, um das zu umgehen. Mit der Arbeiterkammer und der Kronenzeitung an der Spitze. Diese werben für die Politik der Partei, und doch sind weder Partei noch ein Ministerium dafür verantwortlich.
Parteien dürfen im ORF nicht mehr werben. Was tut die SPÖ? Jetzt schaltet halt die Arbeiterkammer im Vorlauf des SPÖ-Parteitags Fernsehspots, in denen genauso wie in der SPÖ-Propaganda gegen „Spekulanten“ gehetzt wird, dass es nur so kracht. Nebstbei bemerkt: Würde anstelle der „Spekulanten“ das Wort Moslems stehen, würden sofort einige linke Staatsanwälte unter großem Geheul aufmarschieren.
Jedenfalls ist festzuhalten: Für die in den Zwangsgebühren aller Arbeitnehmer schwimmende SPÖ-Vorfeldorganisation namens AK gilt das Werbeverbot des ORF-Gesetzes anscheinend nicht. Oder vielleicht verlässt man sich da wieder einmal auf eine parteifreundliche Sichtweise der Gerichte.
Gegen „Spekulanten“ kann man aber offenbar ungehindert hetzen. Und ganz zufällig ist dieses Hassobjekt der AK-Bosse identisch mit dem gegenwärtigen zentralen Feind der SPÖ-Propaganda (der sich freilich auch die fünfte SPÖ-Kolonne namens Christoph Leitl angeschlossen hat).
Nur hat mir noch niemand verraten, wer denn eigentlich diese „Spekulanten“ sind. Sind es nur ein paar böse Menschen im fernen Amerika, die man bloß aus Schauerreportagen halbseriöser Magazine kennt, und denen unterschwellig auch gleich ein bestimmtes religiöses Bekenntnis angehängt wird?
Oder sind es – wenn man den Begriff wörtlich nimmt – wir alle? Jeder, der überlegt, wie er sein Geld gut anlegt; jeder, der aus spekulativer Angst vor einem Euro-Crash auch nur einen Golddukaten kauft; jeder, der schnell noch Grundstücke weiterschenkt, bevor die spekulativ erwartete Erbschaftssteuer zuschlägt; jeder, der eine Wohnung kauft im spekulativen Glauben, dass Immobilien nicht von der erwarteten Inflation entwertet werden; jeder der als Unternehmer nur noch in jenen Ländern investiert, wo er mit einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung spekuliert; jeder, der als Pensionist spekulativ schaut, ob er eh nicht mehr Geld auf seinem Sparbuch hat, als die Höhe der Einlagensicherung ausmacht; die roten Gemeinden, die ihr Geld zu riskant angelegt haben oder die ihre Straßenbahnen an amerikanische Fonds verkauft und zurückgemietet haben; all jene Spanier, die aus spekulativer Sorge um ihre Ersparnisse in den letzten Wochen schon 220 Milliarden Euro von den Banken abgezogen haben; jeder, der – das ist freilich die allerdümmste Spekulation – den Schwüren der Politiker geglaubt hat, dass man Käufer staatlicher Anleihen nicht fallenlassen werde (beispielsweise der griechischen)?
Praktisch jede unserer Aktionen, die mit Geld zu tun hat, ist in Wahrheit eine Spekulation auf zukünftige Ereignisse. Nur ganz dumme Menschen versuchen nicht, sich aus das vorzubereiten, was in der Zukunft auf sie zukommen könnte. Auch wenn man weiß, dass viele solche Vorbereitungsmaßnahmen schiefgehen könnten.
Die Attacken auf „Spekulanten“ haben aber in Wahrheit natürlich zwei ganz andere Ziele: Sie präsentieren erstens einen diffusen Sündenbock, hinter dessen Zerrbild verborgen werden soll, dass die Hauptschuld an der Schuldenkrise bei Politikern liegt. Und sie sollen zweitens den Widerstand gegen neue räuberische (fiskalische, inflationäre) Attacken auf das Ersparte der Menschen lähmen: Wer sich dagegen wehrt, muss fürchten, sofort als einer der „Spekulanten“ oder zumindest deren Verbündeter niedergemacht zu werden. Die Spekulantenkeule ersetzt derzeit – zumindest zeitweilig – die Faschistenkeule.
Diese Anti-Spekulantenkampagne ist zutiefst verlogen. Sie ist im Falle der Arbeiterkammer auch ein massiver Missbrauch von Zwangsbeiträgen. Und sie ist im Hinblick auf den ORF überdies eine skandalöse Umgehung der Parteien-Werbeverbots.
Auch rund um die Kronenzeitung tut sich Fragwürdiges: Warum schaltet das einstige Massenblatt Sujets mit Parolen wie: „Ich kann mir mein Studium nicht leisten“ oder: „Meine Kinder verdienen die beste Bildung“? All diese Kronenzeitungs-Texte klingen erstaunlich ähnlich zu Phrasen aus der SPÖ-Werbeküche.
Die erstgenannte Parole wird ja von der SPÖ im Kampf gegen Studiengebühren eingesetzt, die angeblich viele vom Studium abhalten würden. Die andere passt wiederum bestens in ihre Gesamtschul-Kampagne. Damit soll den Menschen eingeredet werden, die Bildung unserer Kinder würde durch die zwangsweise Gesamtschule besser. Zwar wissen alle Eltern und Lehrer, dass das Gegenteil der Fall ist. Aber SPÖ und Krone hoffen offenbar, dass die – im Grund schon seit 90 Jahren versuchte – Gesamtschul-Gehirnwäsche irgendwann doch zu einem Erfolg führt. So wie es ja beim Tiroler Intelligenzpolitiker Platter der Fall war.
Das ist alles ebenfalls zutiefst verlogen. Aber bald wird man ja nachlesen können, wie teuer dem Unterrichtsministerium diesmal die diversen Kooperationen mit dem Boulevard gekommen sind.
Der austro-kanadische Selfmademan Frank Stronach präsentierte am 4. 10. einem interessierten Publikum im Club Unabhängiger Liberaler seine ungefähren Vorstellungen davon, welche Art von Politik er im Falle eines Erfolges seiner neu gegründeten Partei zu machen gedenkt.
Seine wirtschaftlichen Leistungen sind beeindruckend: Er hat es – aus eigener Kraft – vom mittellosen steirischen Arbeiterkind zum Milliardär gebracht. Gegenwärtig beschäftigt der von ihm in Kanada gegründete, auf die Zulieferung von Fahrzeugkomponenten spezialisierte, Magna-Konzern weltweit rund 108.000 Mitarbeiter, 13.000 davon in Österreich. Der Jahresumsatz der Firmengruppe beläuft sich auf über 30 Mrd. €. Auf eine vergleichbare Erfolgsbilanz können nicht allzu viele Zeitgenossen verweisen.
Was treibt einen solchen Mann, der es mit international bekannten Persönlichkeiten, mit Staatspräsidenten, gekrönten Häuptern („die Englische Königin ist eine wirklich nette Frau, sie versteht viel von Pferden“) und anderen Wirtschaftskapitänen zu tun hat, im Herbst seines Lebens in die dumpfen Niederungen der kakanischen Politik?
Diese Frage stellt er selbst seinem Vortrag voran, um sie so zu beantworten: Er sehe, dass „…in der Regierung vieles schief läuft … und diese seit Jahrzehnten „Verluste“ macht.“ Er kritisiert den Umstand, dass die Regierenden zwar viel vom Geldausgeben, aber nichts vom Geldverdienen verstehen, was er darauf zurückführt, dass kaum einer von ihnen je in der Wirtschaft gearbeitet hat. Er sehe schlimme Zeiten auf uns zukommen und, da er selbst Kinder und Enkel habe, meine er, seine Fähigkeiten und Erfahrungen in die Politik einbringen zu müssen, „um zu helfen“. Das Leben sei gut zu ihm gewesen und er wolle sich auf diese Weise revanchieren.
In Österreich hätten wir es mit einer „Scheindemokratie“ zu tun. Keiner der politischen Verantwortungsträger (Kanzler, Minister) wäre vom Volk gewählt, sondern von Parteigremien und Kammern ins Amt gehievt worden. Wenn dann noch Häupl und Pröll zustimmten, wäre die Sache gelaufen – und das dürfe so nicht sein. In der Wirtschaft garantiere Konkurrenz – die es in der Politik in vergleichbarer Weise nicht gäbe – für Fortschritt und Effizienz.
Bis März 2013 wolle er sein Programm vorlegen. Im Zentrum dieses Programms werde ein solides Budget stehen. Er wolle damit beginnen, die in der Vergangenheit aufgenommen Schulden abzutragen. Durch eine „zivilisierte Verwaltungsreform“ und die „Stimulierung der Wirtschaft“ sollte es möglich sein, die Steuerlasten binnen fünf Jahren um „20 bis 25 Prozent“ zu senken. Das Steuersystem müsse vereinfacht und für jedermann „transparent“ werden, „Grauzonen“ seien zu beseitigen.
Nach diesen vage gehaltenen Positionen wird es beim Thema Unternehmenssteuern konkreter: Nicht entnommene Gewinne sollen steuerfrei bleiben, da diese „Innovation und Arbeitsplätze schaffen“ würden. Zu versteuern seien nur Auszahlungen – sei es in Form von Löhnen oder Gewinnausschüttungen.
Seine vehemente Kritik an der geringen Steuerleistung von Großbetrieben (die er im Zusammenhang mit dem Engagement österreichischer Banken in den vormaligen Ostblockstaaten äußert) läuft – falls diese Aussage nicht missverständlich angekommen ist – faktisch auf ein Ende der derzeit gültigen Gruppenbesteuerung hinaus. Das wäre – angesichts der mutmaßlichen Auswirkungen auf die Magna-Gruppe – doch recht erstaunlich.
Die Wirtschaft müsse funktionieren, da sonst gar nichts gehe. Eine prosperierende Wirtschaft bedürfe dreierlei: „Tüchtiger Manager, fleißiger Arbeiter und Investoren.“ Die Arbeiter hätten ein „moralisches Recht“ auf einen Anteil am Unternehmensprofit. Allerdings dürfe sich die Regierung in die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen nicht einmischen, da damit lediglich „Bürokratie und Kosten“ verbunden sind. In einer konzernweiten „Firmenverfassung“ habe er Magna dazu verpflichtet, seinen Mitarbeitern Anspruch auf zehn Prozent des erwirtschafteten Gewinns einzuräumen. Bildung wäre ein zweites Anliegen, das ihm wichtig sei.
Als „zentrale Werte“ seiner Partei sehe er „Wahrheit, Transparenz und Fairness“. Wichtig sei es ihm, den untadeligen Ruf, den er sich als Geschäftsmann erworben habe („Ich bin nie jemandem etwas schuldig geblieben und habe immer mein Wort gehalten!“), auch als Politiker zu bewahren. Er sehe viel zu viele Leute, die nur ans Verteilen denken und zu wenige, die erkennen würden, dass zunächst etwas produziert werden müsse. Das gelte es zu verändern.
Die Euro-Einführung sei ein Fehler gewesen, weil dadurch die Gegensätze zwischen Nord- und Südeuropa verschärft worden seien. Der bevorstehenden Etablierung des ESM stehe er kritisch gegenüber, da damit „Billionenverpflichtungen“ verbunden seien, an denen noch die Enkelkinder zu tragen hätten. Keine Regierung dürfe das Recht haben, Verbindlichkeiten einzugehen, die einen Zeitrahmen von fünf Jahren überschreiten.
Angela Merkel habe dem Ruf der Deutschen in der Welt massiv geschadet, indem sie anderen vorgeschrieben habe, wie diese zu leben hätten. „So etwas tut man nicht“. An dieser Stelle kommt es zu einem kleinen Widerspruch, als Stronach einerseits meint, man solle „…die einzelnen Völker allein ihre Probleme bewältigen lassen“, andererseits aber von „Hilfen für die Griechen“ spricht. Die Politik Merkels jedenfalls habe „Hass auf die Deutschen“ geschürt – entweder weil sie dumm sei, oder weil sie im Auftrag der Banken agiere.
Etwas unausgegoren scheinen Stronachs Vorstellungen von der künftigen Währungspolitik der EU zu sein, als er einmal von „Nord- und Südeuro“ spricht, dann aber die Variante „nationaler Eurowährungen“ aufs Tapet bringt. Flexible Wechselkurse zwischen den Ländern seien erforderlich, da die Währungskurse einen Spiegel der Wirtschaftsleistung der Länder darstellten, was nicht von einer Zentrale unterbunden werden solle. Geldpolitik, soviel scheint sicher, zählt nicht zu den größten Stärken des Tycoons.
Mit einem Bekenntnis zur „sozioökonomischen“ Ausrichtung des „politischen Managements“ schließt er seinen Vortrag.
In der anschließenden Diskussion fällt auf, dass Stronach nicht gerne konkret auf eine der ihm gestellten Fragen antwortet, sondern dazu neigt, sich in wolkigen Allerweltsformulierungen und etwas eingelernt wirkenden Floskeln zu ergehen. So bleibt die Frage, wie er denn die angepeilte Steuerreduktion von 20-25 Prozent zu bewerkstelligen gedenke, offen. Allein mit einer „zivilisierten Verwaltungsreform“, die wohl darauf hinausläuft, keinem Beamten weh zu tun, und mit der „Zusammenlegung der 22 (sic!) Sozialversicherungsanstalten“ würde es damit wohl nichts werden.
Auf die Frage, welche eingängige Botschaft er für den Wahlkampf wählen wird, antwortete er, dass er mit „Herz, Hirn und Hand“ zur Sache gehen wolle.
Als einer der Anwesenden feststellt, leider keinen essentiellen Unterschied Stronachs zu seinen politischen Mitbewerbern feststellen zu können, da am Ende ja alle für Fairness, mehr Bildung und weniger Armut seien und auch er diese Trommel rühre – noch dazu ohne konkret sagen zu wollen, wo und wie der den Hebel (etwa zur Verwaltungsreform) ansetzen wolle, reagiert er gekränkt. Dass jemand seine ehrlichen Absichten und die Tatsache, dass er „viel Geld da hineingebe“ nicht angemessen würdigt, quittiert er mit spürbarer Entrüstung.
Als der Fragesteller dann nachsetzt und meint, Stronach habe schließlich nur mit dem (Personal-)Aufbau im Zuge der Expansion seiner Betriebe Erfahrung, jetzt aber werde es darum gehen, massiv Personal (Staatsdiener) abzubauen – und da sei es interessant zu wissen, wie er das angehen wolle, greift – und das ist der vielleicht bemerkenswerteste Aspekt des Abends – das Publikum ein und nimmt Partei gegen den Fragesteller. Es bleibt Stronach daher erspart, die Nachfrage zu beantworten. Auch keine der übrigen Fragen wird von ihm klar beantwortet. In einem Punkt allerdings ist er erfreulich direkt: Auf die Frage, was denn im Falle seiner Regierungsbeteilung nun liberaler werde, antwortet er kurz und bündig: „Alles!“
Frank Stronach ist ein interessanter Mann, dem eines nicht unterstellt werden kann: mangelndes Selbstbewusstsein. Die mehrfach wiederkehrende Betonung seiner – unstrittig vorliegenden – wirtschaftlichen Erfolge lässt sogar die Einschätzung zu, es mit einer recht selbstverliebten Persönlichkeit zu tun zu haben.
Bezeichnend allerdings ist die bereits geschilderte Reaktion des Publikums, die nur eine Interpretation zulässt: Die von den „Altparteien“ derzeit gelegten Offerten werden als derart miserabel empfunden, dass offenbar jedes neue Angebot, wohl nach der Überlegung: „schlechter als die anderen kann er es gar nicht machen“, dankbar angenommen wird. Der messianisch anmutende Charakter von Stronachs Präsentation, der weitgehende Mangel an Preisgabe konkreter Programmpunkte – vor allem aber das Schweigen über die voraussichtlich an seiner Seite handelnden Personen (die bloße One-man-show eines älteren Herrn sollte es ja doch nicht sein!) – scheinen kaum jemanden zu stören.
Man kann daher mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, Frank Stronachs Partei im kommenden Jahr im Parlament zu sehen. Dies u. a. auch deshalb, weil mit einer wohlwollenden Berichterstattung durch den linken Medienhauptstrom zu rechnen ist, der darauf setzen wird, dass den größten Schaden durch ihn die „rechten Parteien“, ÖVP, FPÖ und BZÖ, erleiden würden. Die „Piraten“ werden auf eine derartige Wahlhilfe aus exakt umgekehrten Gründen wohl verzichten müssen. Für das BZÖ könnte ein Erfolg Stronachs durchaus zum letzten Nagel im Sarg werden.
Sollte der Fall eintreten, dass der Austro-Kanadier für seine Equipe wirklich gute Leute findet (was gegenwärtig einigermaßen zweifelhaft erscheint), wäre das hocherfreulich. Schließlich belebt Konkurrenz das Geschäft und rechts der politischen Mitte ist der Wähler in Österreich ja wahrhaft nicht mit einem Überangebot attraktiver Angebote konfrontiert.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Es begann im Jahr 1950: Die damalige italienische Regierung gründete eine sogenannte Cassa del Mezzogiorno. Das Schicksal dieses Süditalien-Fonds ist eine gute, freilich ernüchternde Lehre für die jetzigen Versuche, die südeuropäische Schuldenkrise zu beenden. Denn diese erinnern intensiv an das, was im Süden des italienischen Stiefels schon seit 62 Jahren ohne Erfolg läuft.
Die Propagandisten der nun auch schon drei Jahre laufenden europäischen Rettungsaktionen verteidigen diese mit ganz ähnlichen Argumenten: Der Süden Europas brauche eine kurzfristige Hilfe, um wieder wettbewerbsfähig zu werden, um an den Norden anschließen zu können, um das nötige Wachstum zu erzielen, um mit dessen Hilfe dann die Schulden rückzahlen zu können – oder zumindest um die noch immer anhaltende Schuldenvermehrung einzubremsen. Und außerdem sei man das den Südländern auch aus paneuropäischer Solidarität schuldig.
Diese Argumente werden seit dem Vorfeld des Mai 2010 regelmäßig wiederholt, als die deutsche Regierung erstmals unter französischem Druck nachgegeben und der ersten „Rettungsaktion“ für Griechenland zugestimmt hat. Dieses Land pocht auch in diesen Wochen so wie damals wieder heftig mit dem Bettelhut in der Hand an die Türen Europas. Es will so wie schon oft in diesen drei Jahren weiteres Geld holen. Man brauche eben noch ein wenig mehr Zeit, bis die Sanierung geschafft sei.
Inzwischen haben auch viele andere Staaten direkt oder indirekt die europäische Solidarität eingefordert und genutzt. Mehrere Schuldenfonds von der EFSF bis zum ESM wurden gegründet; Griechenland wurde bilateral, von der EU und vom Währungsfonds geholfen; und vor allem die EZB hat zugunsten der Schuldenländer die Gelddruckmaschinen angekurbelt: der Geldmarkt wurde mit Krediten zu Billigstkonditionen weit unter der Inflationsrate geflutet; die EZB kaufte mehrmals schon Anleihen von nicht mehr kreditwürdigen Ländern auf; und sie will das nun sogar unlimitiert tun.
Die große Frage ist: Gibt es wenigstens irgendein Anzeichen, dass diese Gelder eines Tages das Versprochene bewirken? Oder werden sie nur in einem Fass ohne Boden versenkt, während Europas Politik mit wenigen Ausnahmen diese längst in die Billionendimension angewachsenen Hilfsaktionen noch immer als alternativlos verteidigt?
Die Cassa del Mezzogiorno ist ein dramatischer Beweis dafür, dass solche Aktionen schiefgehen müssen. Weil sie psychologisch wie ökonomisch einfach nicht durchdacht, sondern nur politisch motiviert sind.
Tatsache ist: Italiens Süden hat auch 62 Jahre nach der Gründung dieser Kassa nicht den Anschluss geschafft. Ganz im Gegenteil: Die inneritalienische Kluft zwischen Nord und Süd ist sogar noch größer geworden. Obwohl inzwischen nicht mehr Rom, sondern die EU einen Gutteil der Milliardentransfers Richtung Süditalien finanziert, insbesondere über Struktur- und Kohäsionsfonds; obwohl inneritalienisch die Cassa inzwischen durch eine Reihe neuer Hilfsmaßnahmen ersetzt worden ist.
Im italienischen Süden sind mit diesem Geld viele Infrastruktur-Projekte finanziert worden. Es wurden Straßen, große Bewässerungsanlagen und Kraftwerke gebaut. Es gibt Steuerermäßigungen für Investoren und Kredithilfen. Industriekonzerne – etwa die Autofirmen Fiat und Alfa – wurden zum Bau von Fabriken motiviert und dabei kräftig unterstützt. Mit anderen Worten: Das ganze Lexikon möglicher Entwicklungsprojekte und -strategien wurde durchgespielt.
Aber nichts hat geholfen. Viele subventionierten Projekte wurden niemals fertig. Viel Geld verschwand in mafiösen Strukturen. Viele Investoren haben nur die Subvention kassiert, ohne im Süden dauerhafte Perspektiven zu finden. Zugleich sind seither weitere Millionen Menschen aus Süditalien abgewandert. Amerika von den USA bis Argentinien war ein besonders beliebtes Ziel. Auch Südtirol wurde in den Jahren vor Einführung der Autonomie durch den gezielten Import von Süditalienern überschwemmt.
Wie konnte das alles passieren? Und welche Lektionen kann man daraus für unglaublich ähnliche Problemfälle wie etwa Griechenland lernen?
Ein Hauptgrund ist das Grundübel jeder Förderung (auch der in bestimmten Bereichen durchaus exzessiven in Österreich): Öffentliche wie private Projekte werden oft nicht mehr deshalb ausgeführt, weil sie nach Fertigstellung einen betriebs- oder volkswirtschaftlichen Gewinn und Nutzen versprechen, sondern nur, um die üppigen Förderungen abzuholen und nicht verfallen zu lassen.
Eine weitere wichtige Ursache liegt im Bereich der kollektiven Psychologie. Den geförderten Regionen wurde durch die – von Politik und Medien immer sehr lautstark bejubelten – Hilfsprojekte die klare Botschaft vermittelt: „Nicht wir, sondern jemand anderer (in Rom, in Brüssel, in Berlin) ist verantwortlich dafür, dass es aufwärts geht. Nicht wir, sondern die sind schuld daran, dass es uns schlecht geht.“
Das ist nicht nur falsch, sondern auch in katastrophaler Weise lähmend für die eigentlich notwendig Aktivierung eigener Energien und Verantwortlichkeit. Diese Eigenschaften werden in Süditalien durch den Umstand verstärkt, dass sich die Süditaliener seit eineinhalb Jahrtausenden fast ununterbrochen von ungeliebten fremden Herrschern regiert sehen. Ein grässlicher Höhepunkt war etwa rund um die erste Jahrtausendwende die schutzlose Preisgabe Süditaliens an arabische Sklavenhändler, die sich unter den dortigen Menschen nach Willkür ihre Opfer suchen konnten.
Das fehlende Gefühl von politischer Identität und Eigenverantwortung hängt wiederum eng mit einem dritten Ursachenbereich zusammen: Das ist die schlechte Qualität von Verwaltung und Justiz. Auch hier sitzen viele Menschen nur deshalb in ihren Ämtern, weil sie von irgendjemandem – aus Familie, Dorf oder Partei – mit diesem Job versorgt worden sind. Bis auf wenige Ausnahmen sind diese Amtsträger vor allem bedacht, selber wieder weitere Neffen zu versorgen, oder gar selbst abzukassieren. Und nur bei wenigen Beamten findet sich die in nördlicheren Regionen (in Relation noch immer) viel stärker verbreitete Selbstverständlichkeit von Pflichterfüllung, von Korrektheit, von Effizienz, von Unbestechlichkeit.
Lassen wir die ideologisch belastete Frage beiseite, ob diese Tugenden mehr kulturell oder mehr genetisch fundiert sind. Konstatieren wir einfach offen die diesbezüglichen Defizite.
Diese sind jedenfalls auch die Ursache des vierten Stichwortes. Das ist die nur zeitweise gebremste Machtfülle krimineller Organisationen wie der Mafia bis weit hinein in den Behördenapparat und die Politik. An der Macht dieser Banden ist letztlich jeder Versuch einer Besserung gescheitert.
Alle vier Punkte zusammen scheinen jedenfalls Garantie dafür, dass sich der italienische Süden noch auf Generationen hinaus nicht erholen wird. Und dass alle Hilfsmilliarden mehr schaden als nutzen.
Aber ist nicht im letzten Jahr durch die Reformen der Regierung Monti alles besser geworden? Darauf deutet wenig hin, so laut die Ankündigung dieser Reformen auch bejubelt worden ist.
Typisches Beispiel, wie viel da nach hinten losgeht: Soeben hat Monti ein Dekret erlassen, mit dem illegale Ausländer legalisiert werden können. Von dieser Maßnahme dürften rund 150.000 Menschen profitieren. Diese gutmenschlich gemeinte Maßnahme stößt vor allem im Süden mit seiner großen Arbeitslosigkeit auf die Empörung der Italiener. Denn angesichts der laxen Behörden haben viele Arbeitgeber mit Begeisterung die Illegalen zu Billiglöhnen beschäftigt. Das hat naturgemäß die Arbeitslosigkeit in diesem Teil Italiens noch weiter erhöht.
Das ist nur eine der vielen Maßnahmen, die dafür verantwortlich sind, dass das Image Montis in Italien viel schlechter ist als im Ausland, wo er noch als Reformer gefeiert wird. Monti zieht es wohlweislich vor, bei den bevorstehenden Parlamentswahlen – wieder – nicht anzutreten. Er beobachtet die Dinge lieber als lebenslanges Senatsmitglied erste Reihe fußfrei. Und er wartet darauf, dass sich die verfeindeten Lager wieder einmal nicht einigen können und deshalb er als Neutraler dann noch einmal an die Macht kommt. Dieses Ziel gibt er bisweilen offen zu, bisweilen versucht er es aber auch im Dunklen zu lassen.
Die Wahlen dürften noch vor oder nach der Jahreswende stattfinden. Sie stehen unter einem klaren Stern: Alles bewegt sich, alles dreht sich in der Parteienlandschaft. Und nichts ist klar.
Für die bisherige Mehrheitspartei rund um den Langzeitpremier Silvio Berlusconi ist derzeit vor allem interessant, ob sie das Inkrafttreten einer Wahlrechtsreform verhindern kann. Denn das bisherige Wahlrecht bevorzugt die Liste des Mailänder Frauenfreundes und Gerichtsfeindes.
Sicher scheint aber jedenfalls, dass Berlusconi verlieren wird. Ihm wird ein Gutteil der Schuld an der italienischen Krise zugeschoben – obwohl deren Hauptursachen viel früher liegen. Ihm schaden überdies, ebenso wie seinen früheren Verbündeten von der sezessionistischen Lega Nord nicht nur Berlusconis eigene Affären, sondern auch Korruptionsskandale, die erst jetzt unter Monti recht gezielt aufgedeckt worden sind. Mit der Krise der Lega Nord sind auch die Versuche des Nordens – von der Lombardei bis Venetien –, sich vom maroden Süden loszureißen, wohl auf lange zu vergessen. Dennoch ist im Norden dieses Ziel angesichts der süditalienischen Krise nicht aufgegeben.
Aber auch der Gegenseite geht’s nicht wirklich gut. Die Demokratische Partei wird trotz etlicher Umbenennungen seit vielen Jahren nicht fertig damit, dass sie ein wildes Sammelsurium von Kommunisten, Sozialisten, Antiklerikalen, Linkskatholiken, alten Selbstdarstellern und einigen neuen liberalen Elementen ist. Deren gemeinsamer Nenner war lediglich die Gegnerschaft zu Berlusconi, nicht ein gemeinsames Programm. Berlusconi aber ist jetzt weg. Damit verspricht auch diese Partei selbst im unwahrscheinlichen Falle eines Wahltriumphs nicht gerade eine kraftvolle Führung Italiens, geschweige denn die dringend notwendigen, aber unpopulären Reformen.
Neben diesen zuletzt dominierenden Blöcken sind die einstigen Traditionsparteien verschwunden. Dafür treten ständig neue Bewegungen auf. Dazu gehört etwa die Fünf-Sterne-Partei eines Kabarettisten. Dieser lässt sich politisch gar nicht wirklich einordnen, weil er hinter ein paar gut über die Bühne gebrachten populistischen Sagern und vielen Worten ganz bewusst nie konkret wird (das muss neuerdings ja auch manchem Österreicher vertraut vorkommen). Das hat diesem Beppe Grillo aber im letzten Jahr einige regionale Erfolge gebracht.
Und da gibt es schließlich auch noch eine neue bürgerliche Gruppierung rund um gemäßigte Überreste der Christdemokraten und den einstigen Berlusconi-Partner Fini, dessen Abgang der Beginn von Berlusconis Abstieg gewesen ist. Sie kann sich ebenso wie Grillo etliche Hoffnungen machen. Eine klare regierungsfähige Mehrheit zeichnet sich aber nirgends ab.
Damit scheinen Chaos und Durcheinander auch für die Zukunft programmiert. Zwischen hoher Staatsverschuldung und der im Norden noch immer ganz gut funktionierenden Wirtschaft findet das Land keinen trockenen Boden in schlammiger Landschaft. Montis Reformen erweisen sich immer mehr als halbe Mittel zu halben Zielen. Und jeder kurzfristige Lichtblick – etwa zeitweise sinkende Zinssätze – führt sofort zu einem verbreiteten Aufatmen und Nachlassen der Reformanstrengungen.
Dabei ist Italien alles andere als über den Berg. Die von einstigen katholisch-sozialistischen Koalitionen verschuldeten Exzesse des Sozialstaats (üppiges Pensionssystem, hoher Staatsanteil in der Wirtschaft, Unkündbarkeit von Mitarbeitern, erdrückende Bürokratie, breite Sozialleistungen) sind nicht substanziell beseitigt worden. Daher bleibt die Stimmung im Land depressiv. Und erst recht tut sie das bei allen potentiellen Geldgebern.
Drei anschauliche Indizien sollen das düstere Bild des herbstlichen Italiens abrunden: Erstmals wurden jetzt im Autoland Italien mehr Fahrräder als Autos verkauft. Die Arbeitslosigkeit ist – trotz oder „dank“ Monti? – von 8,4 auf 10,7 Prozent gestiegen. Und drittens haben die Italiener einen neuen Sündenbock gefunden. Der ist zufällig der gleiche wie für die Griechen: nämlich Deutschland.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Eine gute Fee hat mir ihre Hilfe angeboten: Ich solle sagen, von welchen optischen oder akustischen Umweltbelästigungen ich künftig auf jeden Fall verschont werden will: umgehend werde mein Wunsch erfüllt. Also begann ich sofort eine Wunschliste zu schreiben.
An deren Spitze: die Fernsehfamilie Lutz. Was gäbe ich dafür, würde mich die Fee künftig von ihr verschonen! Dahinter folgen die grenzidiotischen Werbesprüche der Wiener MA 48, die ihre holprigen und schwachsinnigen Reime auf jeden Mistkübel und Müllauto klebt. Sie bewerben eine Magistratsabteilung so aufdringlich, als wäre diese ein Waschmittel oder eine Partei – oder eine Dienstleistung, die man nicht ohnedies automatisch nachfragen müsste (auch wenn die Müllgebühren noch so kräftig steigen). An dritter Stelle folgt der Vulgärslang des niederösterreichischen Volksvertreters Otto Pendl. Er löst jedes Mal die spannende Debatte aus: Warum konnten Arbeitervertreter mehr als hundert Jahre lang hochdeutsch sprechen, bevor sie auf den Pendl gekommen sind? Und an die vierte Stelle des Nie-mehr-zu-hören-Gewünschten gehören die immer gleichen Märchen aus dem achtzigjährigen Leben des Frank Stronach.
Und da bin ich aufgewacht und frage mich seither: Warum begegnet man guten Feen nur im Traum?
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Mutige Staatsanwälte und ein Richter haben das Vertrauen in die Justiz und die Aufklärungskraft des demokratischen Rechtsstaats zurück erobert. Der ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hart erkämpft und eines der kostbarsten Güter einer zivilisierten Gesellschaft. Fünfeinhalb Jahre Haft für Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz, drei bzw. zwei Jahre unbedingt für die Vorstände der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, sowie drei Jahre teil bedingt für den Steuerberater Dietrich Birnbacher, der durch sein Geständnis die Ausmaße des Korruptionssumpfs in Kärnten unter LH Jörg Haider erkennbar machte. Die nicht rechtskräftigen Klagenfurter Urteile - alle haben berufen - bewirkten dies. Richter Manfred Herrnhofer hob in der Urteilsbegründung die politische Einflussnahme auf die Landesholding hervor. Bei der Übernahme des Sechs-Millionen-Honorars für Birnbacher durch die Holding hätten Jörg Haider und Martinz direkten Einfluss genommen. Der Richter kritisierte auch den Einfluss willfähriger Gutachter, die die Angemessenheit des Millionenhonorars bescheinigen sollten. Durch den Spruch wird ein Paradigmenwechsel eingleitet. Bisher hat gegolten, dass es sich Politiker letztlich immer richten können. Meinungsforscher Walter Bachmayr (OGM): "Darunter ist ein Schlusspunkt gesetzt.In einigen Jahren wird man möglicherweise sagen: 2012 wurde das Ende der politischen Korruption eingeläutet ." Die feine, schnuckelige Welt der Grassers, Strassers, Meindls & Mennsdörffers könnte ebenfalls bald ein Ende haben. Möglich all dies durch die beharrlich Arbeit z.B. des Grünen Rolf Holub, der in Kärnten jahrelang verspottet wurde und durch den Korruptions-Untersuchungsausschuss. Durch dessen Arbeit wurde das auf Druck der ÖVP entschärfte Antikorruptionsgesetz wieder halbwegs repariert und es gibt neue Regeln für die Vergabe von Inseraten (Medientransparenzgesetz). Das ist der Unterschied zu Kärnten und könnte helfen 2012 zum Wendejahr zu machen.
Andreas Unterberger
Das wesentliche Delikt ist in beiden Kriminalfällen offensichtlich identisch: Politiker haben als "Bestimmungstäter" jeweils Vorstände von öffentlichen Firmen zu Handlungen veranlasst, die diese sonst nicht gesetzt hätten. Die in beiden Fällen primär zum Vorteil des Politikers dienten. Die in beiden Fällen wohl eine Untreue-Handlung darstellen. Und in beiden Fällen haben die laut Gesetz weisungsfreien und nur dem Wohl des Unternehmens verpflichteten Vorstände gehorcht, weil sie um ihre schönen Posten gebangt haben. Ach ja, und in beiden Strafverfahren gilt bis zur Rechtskraft die Unschuldsvermutung.
Dass es in einem Fall um überflüssige (weder im Budget noch im Werbeplan des Unternehmens vorgesehene) Inseratenkampagnen und im anderen um viel zu teuer bezahlte Gutachten geht, ist rechtlich kein beachtenswerter Unterschied. Auch die Tatsache, dass in einem Fall Bares an einen Bestimmungstäter zurückgeflossen ist und im anderen nicht, ist irrelevant. Denn im Falle der Anzeigen wurde halt aus öffentlichen Mitteln gleich direkt das bezahlt, wofür ansonsten die Partei Geld in die Hand nehmen müsste: nämlich Inserate, welche erstens einen Politiker in ein gutes Licht rückten; und welche zweitens bestimmte Zeitungen auch noch über den Inhalt der Inserate hinaus zu einer überaus wohlwollenden Kommentierung des betreffenden Politikers veranlassten: Faymann als "Obama Österreichs" und so weiter.
Der einzige Unterschied liegt im Verhalten der Staatsanwälte: Diese sind gegen die Kärntner Provinz, die ja von Restösterreich seit langem als Paria vom Dienst behandelt wird, offenbar ein wenig mutiger als gegen den Vorsitzenden der noch immer größten Partei Österreichs. Eine ziemlich ernüchternde Unterscheidung, die vielen Österreichern den Glauben an den Rechtsstaat nimmt. Aber vielleicht werden sie ja noch eines Besseren belehrt.
Der ÖVP geht’s nicht gut. Sie wurde durch Missetaten einiger ihrer Exponenten schwer belastet. Sie hat zwar in etlichen dieser Affären richtig reagiert: Amtsenthebungen, Rücktritte, Parteiausschlüsse. Die Causa Berlakovich wäre aber nun der entscheidende Anlass zu zeigen, dass man es wirklich ernst meint, dass man sich wirklich von Rot und Blau unterscheiden will. Woran der Umstand nichts ändern kann, dass die Burgenländer demnächst neue Bürgermeister wählen werden.
Denn die Volkspartei tut sich mit der Rolle als Sauberpartei ohnedies schwer: Sie hat schon im Fall Martinz nur halbherzig reagiert. Der Mann wurde zwar umgehend als Landesrat abgezogen – aber konnte noch bis zum spektakulären Teilgeständnis im Gerichtssaal Landesparteiobmann bleiben. Womit die erhoffte Rückgewinnung von Glaubwürdigkeit natürlich nicht wirklich funktionieren konnte.
Im Fall Berlakovich ist nun die letzte Möglichkeit gekommen zu zeigen, dass man doch anders ist als die anderen. Dass man im Gegensatz zur SPÖ und zu den Kärntner Freiheitlichen keine belasteten Sesselkleber in höchsten Ämtern belässt. Dass man selbst rechtzeitig für Sauberkeit sorgt, wenn sich ein Verdacht konkretisiert und lange bevor der Strafrichter zum Thema werden könnte. Nur bei einer solchen Reaktion nimmt man Michael Spindelegger die versuchte Profilierung als der Anständige und Wertorientierte im sonstigen Sumpf der Politik ab.
Aber ist der Fall Berlakovich mit den anderen politischen Kriminalfällen wirklich vergleichbar? Dabei geht es nicht um die vielen Photos des Landwirtschaftsministers in den diversen Anzeigen. Denn die waren jedenfalls bis vor kurzem legal und sind lediglich eine Frage des schlechten Stils. Eigene Bilder haben ja leider viele Politiker auf Kosten ihres Ressortbudgets abdrucken lassen („ihres“? Eigentlich ist das ja nur zur bestmöglichen Verwendung anvertrautes Steuergeld!)
Viel ärger sind die sich konkretisierenden Hinweise, dass sich Berlakovich ähnlich wie die Herren Faymann und Ostermayer einer ausgegliederten Gesellschaft zur Finanzierung seiner üppigen Inserate bedient hat. Nun ist gewiss ein mit einem Spezialgesetz geschaffener Fonds etwas anderes als eine Aktiengesellschaft wie ÖBB und Asfinag. Nur bei Letzteren gibt es eine absolute gesetzliche Feuermauer zwischen Eigentümer und Vorstand. Nur dort sind Eingriffe und Weisungen absolut verboten.
Aber eine starke Parteiführung dürfte sich nicht wirklich auf diese feinen – strafrechtlich freilich relevanten – Unterschiede zurückziehen. Sie dürfte das vor allem dann nicht, wenn sie nur noch eine letzte Karte in der Hand hat, nämlich jene, auf der steht: „Wir sind die Partei der Werte. Wir sind die Sauberen.“ Diese Karte sticht aber nur noch dann, wenn jeder, der sich nicht korrekt verhalten hat, gleich gehen muss. Ohne dass dabei die Grenzen des strafrechtlich gerade noch Möglichen total ausgereizt werden. Ohne dass dabei immer bis zu einer Anklageerhebung gewartet wird.
PS.: Der Klimafonds verdient es übrigens, in jeder Hinsicht genauer durchleuchtet zu werden. Denn da sitzt neben dem Landwirtschaftsministerium in offensichtlich gleichberechtigter Führung ausgerechnet das Infrastrukturministerium der Doris Bures drinnen, einer ebenfalls sehr inseratenfreudigen Dame. Überdies haben dort die übelsten Klimafanatiker wie etwa die Frau Kromp-Kolb eine Plattform gefunden. Wahrscheinlich müsste der Fonds in „Klimahysterie- und Parteienselbstbedienungsfonds“ umgetauft werden.
Die Europäische Union glaubt, nun endlich die Ursache der Finanzkrise erkannt zu haben: Nach dem heldenhaften Kampf gegen die sogenannten Leerverkäufe verbietet nun eine Richtlinie den schnellen Online-Handel mit Finanzprodukten. Diese müssen künftig wenigstens 500 Millisekunden lang gehalten werden.
Die Politik klopft sich gegenseitig auf die Schultern. Und ignoriert die Anmerkungen von Ökonomen. Markus Fichtinger, einer der brillantesten jungen Österreicher aus dieser Branche, hat die EU-Aktion im Internet treffend wie zynisch so kommentiert: „Das Hauptproblem der Finanzlage Griechenlands, Portugals, Spaniens oder Irlands war sicher bisher, dass deren Anleihen in 499 Millisekunden weiterverkauft wurden. Die Idiotie in der Bürokratie kennt offenbar wirklich keine Grenzen (frei nach Einstein).“
Wie Don Quijote reiten diese Politbürokraten aber gleich gegen weitere imaginäre Windmühlen an: Besonders populäres Angriffsziel ist das Universalbanken-Modell. Die Regulierwütigen träumen davon, dass man das Bankgeschäft in gute, risikolose Aktionen und in böses, spekulatives Investmentgeschäft trennen kann. Schön wäre es, wenn man solcherart Krisen verhindern könnte. Aber der Vorschlag zeigt nur totale Ahnungslosigkeit.
Denn erstens ist die Krise zu 90 Prozent politisch verursacht (zu hohe Staatsdefizite, zu viel Geldproduktion, zu starke Eingriffe ins Wirtschaftsleben wie etwa durch die Anordnung der amerikanischen Regierung, auch Nichtkreditwürdigen satte Hypothekenkredite zu geben). Denn zweitens sind etwa in Deutschland und Österreich überwiegend staatlich oder politisch geleitete Banken ins Schleudern gekommen (insbesondere die von Provinzkaisern kontrollierten Landesbanken), kaum die bösen Kommerzbanken. Denn drittens ist die Krise fast jedesmal aus dem ganz simplen Retailbank- und nicht dem Investment-Geschäft entstanden.
Dabei scheint es für Laien keine solidere Sache als die Entgegennahme von Spareinlagen zu geben und im Gegenzug die Verleihung von Geld, mit dem sich jemand ein Haus kaufen oder bauen kann.
Jedoch sind genau bei diesen simplen Retail-Geschäften die Katastrophen passiert: Wenn die Immobilienpreise plötzlich nicht mehr ständig hinauf, sondern steil hinuntergehen, dann passiert es eben. Dann platzen reihenweise die Kredite, dann werden die immobilen Pfänder in den Händen der Bank plötzlich wertlos. Das war bei der amerikanischen Subprime-Krise so, wo niemand mehr eine Hütte in Unterschicht-Bezirken kaufen wollte. Und das ist derzeit in Spanien so, wo zu Zehntausenden Appartments an den spanischen Küsten ohne jede Chance auf Abnehmer dastehen. Ähnliches passiert in einer Rezession mit allen Gewerbe- und Industrie-Krediten gleichzeitig.
Nichts davon kann durch irgendeine politbürokratische Regulierung künftig verhindert werden. Es sei denn: Es bekommt nur noch der einen Bankkredit, der ihn gar nicht braucht, weil er eh genug Geld hat.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Vermögen (Schulden) | Bevölkerungsanteil |
> 500.000 |
11,3 |
400.000 – 500.000 |
3,5 |
300.000 – 400.000 |
6,0 |
200.000 – 300.000 |
10,3 |
100.000 – 200.000 |
15,0 |
50.000 – 100.000 |
9,0 |
0 – + 50.000 |
39,5 |
0 – -50.000 |
4,6 |
-50.000 – -100.000 |
0,3 |
< -100.000 |
0,4 |
Quelle: OeNB
Die Staatsanwaltschaft Wien erhebt nun gegen drei ehemalige Telekom-Chefs und zwei weitere Mittäter Anklage wegen der einstigen Kursmanipulation.
Das dürfte voll in Ordnung sein, sind doch dadurch der Telekom, also den Aktionären und Steuerzahlern im Jahre 2004 neun Millionen Euro Schaden entstanden. Nicht in Ordnung ist aber, dass sich dabei der Haupttäter als angeblicher Kronzeuge aus der Affäre ziehen kann. Dass ein Geständnis nicht nur Strafmilderung, sondern völligen Verzicht auf Verfolgung nach sich zieht, reduziert den Glauben in den Rechtsstaat enorm – auch wenn dadurch die Arbeit der Staatsanwälte viel leichter wurde. Diese haben freilich trotzdem eineinhalb Jahre für die Anklage gebraucht und mit der nunmehrigen Teilanklage die Klärung der anderen Telekom-Affären auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Pikantes Detail am Rande: Zwei der drei Vorstände sind einst auf einem SPÖ-Ticket in die Telekom gesegelt; und der dritte auf jenem des italienischen Miteigentümers. Interessanterweise erwähnt das – zumindest bisher – keine der Zeitungen, die auf ihren Homepages über die Anklage berichten.
Die Nationalbank ist zum voll schuldigen Mittäter an der ständigen Eskalation der Schuldenkatastrophe geworden. Was tut sie in dieser Situation, statt endlich zu bremsen zu beginnen? Sie gibt eine aufwendige Studie über die privaten Vermögen der Österreicher in Auftrag. Die damit verbundene Absicht ist leicht zu erkennen, wird diese doch ohnedies bei jeder zweiten Wortmeldung eines linken Politikers offengelegt. Und auch die überall mitgelieferte, jedoch falsche und einseitige Interpretation dieser Studie macht die Absicht noch deutlicher.
Österreich sei ja gar nicht wirklich ernsthaft verschuldet, wird da immer öfter von linken Politikern und Ökonomen beteuert. Die offengelegten wie auch die versteckten Verbindlichkeiten und Haftungen von Bund, Ländern, Sozialversicherungen, ÖBB, Asfinag seien gar nicht so beängstigend, wie es auf den ersten Blick scheint: Stehen ihnen doch die ansehnlichen Privatvermögen der Österreich gegenüber.
Alles klar? Die Täter rechnen also schon mit dem nächsten Raubzug auf das, was trotz konfiskatorischer Einkommensteuern und Abgaben den Österreichern noch an privatem „Reichtum“ verblieben ist. Dieser Raubzug wird generalstabsmäßig vorbereitet: Ganz „zufällig“ nur elf Tage vor dem SPÖ-Parteitag wird diese Nationalbank-Studie – in Wahrheit eine bloße Meinungsumfrage – hinausgespielt, die sofort von allen linken Medien mit dem erwünschten aggressiven Unterton verbreitet wird: „Die Vermögen sind ungleich verteilt“. Offenbar wünscht man sich eine gleiche Verteilung wie einst im Kommunismus - wo dann nur noch die Funktionäre ein wenig gleicher waren.
Wie schön passt diese Inszenierung in einen Parteitag, der von den Regisseuren unter das Motto „Mehr Gerechtigkeit!“ gestellt worden ist. Natürlich beteiligen sich wie fast immer auch Linkskatholiken und -protestanten an der Gehirnwäsche. Den Österreichern soll eingehämmert werden: Gerechtigkeit gibt es erst, wenn alle gleich viel haben und verdienen. Wenn der Parteitag ruft, kann man doch nicht bis März warten, also bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die EZB diese Studie eigentlich erst haben will.
Damit tritt die Nationalbank würdig an die Seite von ÖBB, Arbeiterkammer und Asfinag, die ebenfalls gesetzwidrig die Propaganda der SPÖ erledigen. Man kann der Notenbank einzig zugute halten, dass es keinen Beweis für die direkte Bestimmung ihres Handelns durch die Partei gibt. Sie tut das möglicherweise durchaus freiwillig.
Denn würde sie wirklich die Interessen Österreichs und seiner wirtschaftlichen Stabilität vertreten, dann hätte sie – wenn sie schon eine solche Vermögensverteilungs-Studie macht – an Stelle des allgemeinen Jammerns gejubelt:
Gott sei Dank haben wir etliche Reiche in diesem Land! Was wäre es für eine Katastrophe, gäbe es nicht die Mateschitzs oder Swarovskis, die Wlascheks oder Benkos! Ihre Existenz beweist, dass man in Österreich durch Leistung und Geschick reich werden kann (ja, auch mit dem nötigen Glück, wie immer im Leben)! Wir werden alles tun, um sie hier zu halten! Denn sie tätigen die spannendsten Investitionen und schaffen die meisten Arbeitsplätze! Wir ignorieren daher auch das läppische Arbeiterkammer-Argument, dass die Reichen einen viel kleineren Teil ihres Geld für Lebensmittel- und Kleidungseinkäufe ausgeben als die Wenigverdiener!
Aber nein. Nichts davon ist zu hören. Die Nationalbank fügt sich schmiegsam in die Parteitags-Regie ein. Offenbar ist das auch jene der EZB, die ihre wahnwitzige Gelddruck-Politik nun auf Kosten der Bürger kompensieren will. Die daher sehr an deren Vermögen interessiert ist.
Warum steht eigentlich auch sonst niemand auf und verteidigt unser Menschenrecht auf Privatsphäre und den Datenschutz dort, wo er wirklich zu verteidigen ist (also nicht beim Geburtsdatum eines 90-Jährigen!)? Es geht die SPÖ wie auch die EZB wie auch die OeNB einen feuchten Dreck an, wie viel seines versteuerten Einkommens jeder gespart hat. Oder ob er es im Nachtlokal, im Wettlokal oder durch Spenden ans Rote Kreuz und die Kirche ausgegeben hat.
Dazu kommt, dass die Studie bei genauer Betrachtung ohnedies das Gegenteil von dem zeigt, was ringsum die redaktionellen Spin-Doctoren schreiben. Eigentlich müssten selbst jene Menschen, die Neid als oberste politische Maxime haben, über diese Umfrage erstaunt sein, würden sie diese offenen Auges lesen.
Denn der Studie zufolge sind nur ganz wenige Haushalte in Österreich überschuldet. Denn ihr zufolge haben 48 Prozent ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung. Denn ihr zufolge ist mehr als die Hälfte in alter Schilling-Währung gerechnet sogar ein Millionärs-Haushalt: Liegt doch der Median, also jene Grenze, wo die Hälfte aller Haushalte ein noch größeres Vermögen hat, bei einem Vermögen von 76.500 Euro. Erinnert sich noch jemand an die Aufregung, als ein Hannes Androsch erklärt hat, kein (Schilling-)Millionär zu sein? Seine damalige Antwort: „Leider nein.“
Dabei kann man sicher sein: Die Österreicher sind noch deutlich reicher, als irgendeine Umfrage zeigen kann. Bei solchen Umfragen vergisst man nicht nur auf viele Besitztümer wie Schmuck oder ähnliches; vor allem verschätzt man sich heftig beim Wert des eigenen Hauses. Denn viele haben noch gar nicht mitgekriegt, wie steil in den letzten drei Jahren der Marktwert vieler Immobilien in die Höhe gestiegen ist.
Daher ist es mehr als legitim, die von den Linksparteien geplanten Vermögens- und Erbschaftssteuern als flächendeckenden Angriff auf die Österreicher zu empfinden. Viel mehr Familien, als diese selbst glauben, sind durchaus schon in der Nähe der Million Euro an akkumulierten Besitztümern.
Und wenn man jetzt immer öfter hört, dass eigentlich schon ab einer halben Million an Vermögen zugeschlagen werden soll, dann hat zu Recht der ganze Mittelstand Angst. Denn selbst, wer auch nach dem Stöbern von Finanzbeamten in den Schmuckschatullen, Wochenendhäusern und Kindersparbüchsen noch nicht ganz vermögenssteuerpflichtig wäre, wird das mit Sicherheit nach der unvermeidbaren Inflations-Explosion sein, nach der ja alles viel mehr "wert" ist. Deren Lunte brennt ja schon. Und ausgerechnet die auf das Vermögen der Österreicher so neugierigen Nationalbanker halten noch ein heißes Zündholz in der Hand.
Statt über eine angeblich ungerechte Verteilung zu jammern, könnte und sollte man sich eigentlich über den Reichtum so vieler Österreicher freuen. Anstelle der nun vielerorts ausgerufenen Hetze „Jagt die Reichen“ (fehlt nur noch, dass man den zu jagenden Reichen auch noch ein religiöses Bekenntnis als Adjektiv anhängt) könnte man eigentlich innehalten und sagen: Ja, super. Die Menschen haben es in diesem Österreich in ihrer großen Mehrheit zu etwas gebracht. Darauf können wir stolz sein. Man vergleiche den heutigen Zustand doch mit 1945, als Österreich das ärmste Land Europas war.
Dann müsste man auch noch etwas zweites dazusagen: Da wir uns dem österreichischen Souverän, also diesen zu einem so hohen Anteil wohlhabenden Bürgern verpflichtet fühlen, werden wir jetzt alles tun, um deren Wohlstand nicht zu gefährden. Immerhin haben sie ja ohnedies schon einen Gutteil des Geldes bei dessen Erwerb gleich an den Staat abgeliefert. Wir werden den Österreichern daher kein zusätzliches Geld mehr abnehmen, um weniger fleißige Völker zu finanzieren. Wir werden bis zuletzt für die Stabilität der Währung kämpfen.
Wir werden ebenso das Erbrecht verteidigen, strengen sich doch viele erfolgreiche Österreicher primär in Hinblick auf ihre Nachkommen, also die Erben so an. Was dem Bruttosozialprodukt sehr nützt. Was die künftigen Erblasser nicht in diesem Ausmaß täten, wenn sie wüssten, dass sie noch mehr für die Steuer arbeiten müssten und noch weniger für ihre Kinder. Wir wissen ja, dass 1945 praktisch alle mit Null angefangen haben, dass nur ganz wenige der heutigen Vermögen aus früheren Zeiten stammt. Keine der genannten vier reichen Österreicher etwa hatte 1945 irgendeinen Reichtum in der Familie. Daher stimmt auch die Behauptung nicht, die Reichen würden immer reicher. Reicher werden vor allem die Fleißigeren.
Das heißt nun nicht, dass jener Teil der Österreicher unwichtig wäre, der im Verhältnis dazu relativ arm ist. Aber mit Sicherheit würde es diesen Menschen noch viel schlechter gehen, wenn wir die Reichen verjagen und den Mittelstand demotivieren.
Ja, das müsste man alles sagen. Es tut nur niemand.
SPÖ und Grüne sind sowieso zur Partei der diebischen Neidgenossen geworden. Die ÖVP traut sich zwar einmal im Jahr, ihren Koalitionspartner Dieb zu nennen, ist aber ansonsten durch Affären, Amok laufende Bundesländer-Kaiser, eine ständig querschießende Wirtschaftskammer, strategische, taktische und Führungs-Schwächen wie gelähmt. Auch bei Blau und Orange sind viele Lähmungserscheinungen zu konstatieren, wenn auch aus meist anderen Gründen. Und wer nach den jüngsten demaskierenden Auftritten des total substanzlosen Phrasendreschers Frank Stronach noch immer auf den steirisch-kanadischen Exindustriellen setzt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
PS.: Es ist wohl auch kein Zufall, dass diese Studie an alle möglichen Medien gespielt worden ist, von denen man sich die „richtige“ Interpretation erwartet und jedenfalls durchwegs erreicht hat. Auf der Homepage der Nationalbank ist die Studie jedoch interessanterweise bis zur Stunde nicht veröffentlicht worden. Daher bleibt jede Menge methodischer Fragen offen. Was vielleicht auch beabsichtigt sein könnte. Es wäre ja auch peinlich, wenn unabhängige Wissenschaftler (die paar, die es außerhalb von Wifo und anderen Subventionsvereinen noch gibt) die Seriosität der Erhebung nachprüfen könnten . . .
Haben vielleicht auch Sie – so wie einst mein Onkel – einen braven Neffen, den Sie ordentlich fördern, auf dass er es einmal besser habe im Leben? Nein? Ist gar nicht so einfach heutzutage, denn es gibt kaum noch Kinder, und die paar, die es gibt, haben ohnehin schon alles. Der Mensch ist eben nicht mehr auf Gefälligkeiten angewiesen, sondern er hat Rechte – auf alles und obendrein sofort.
Aber wir verhinderte Förderer sollten uns trösten, denn was früher an Weihnachts- und Geburtstagsgeschenken oder als Zeugnis- und Schikursgeld anfiel, brachte dem Beglückten auch Verpflichtungen: Artig Danke sagen, Ansichtskarten schreiben, Ziergegenstände basteln und irgendwann einen Kranz kaufen. Hand aufs Herz: Wollen wir als aufgeklärte Erwachsene einem jungen Menschen antun, was traumatische Spätfolgen haben und die Selbstverwirklichung behindern könnte? Fürs Fördern ist ohnehin der Staat da, denn der hat das Geld – und er hat die Experten, die genau wissen, was zu fördern ist.
Doch was heißt eigentlich „fördern"? Die heute grassierenden Missverständnisse um Rechte und Pflichten resultieren keineswegs nur aus der Verpönung des Wortes „Pflicht", sondern auch aus einer Begriffsverwirrung um alles, was irgendwie „sozial" ist. Das reicht von Förderung, Subvention und „Motivation" – einschließlich Parteispende und Bestechung – über Mäzenatentum und Wohltätigkeit bis hin zu Zivilcourage und Nächstenliebe. Es scheint daher angebracht, diese Begriffe etwas näher zu betrachten.
Nützliche Hinweise bietet oft die Wortgeschichte, denn sie beleuchtet psychosoziale Hintergründe von Begriffen und Fehldeutungen. „Fördern" kommt von derselben Wurzel wie „vor", bedeutet also „vorwärts bringen". Fördern heißt demnach, erwünschtes Handeln zu erleichtern, zu beschleunigen oder überhaupt erst auszulösen. Im Umkehrschluss dürften Maßnahmen, die Erwünschtes erschweren, verteuern oder unterbinden, kurzum den Leistungsansporn nehmen, nie als Förderung bezeichnet werden. Dürften – denn es geschieht trotzdem.
„Subvention" bedeutet „Hilfeleistung", setzt also eine Notlage voraus, die gemildert oder beseitigt werden soll. Und hier wird ein wesentlicher Unterschied deutlich: Ein Geförderter muss sich keineswegs in Not befinden! Begünstigungen, die etwa Betriebsansiedlungen ermöglichen sollen, sind demnach Förderungen, aber solche, die Betriebsschließungen verhindern sollen, sind Subventionen. Eigenvorsorge, Mobilität oder Forschung kann man fördern. Aber den Betrieb von unwirtschaftlichen Krankenhäusern, Kraftwerken, Eisenbahnen oder Fluglinien kann man bestenfalls subventionieren.
Damit sind noch nicht alle Unterschiede erfasst: Förderung bringt Wertschöpfung, und nur wenn die Voraussetzungen falsch eingeschätzt waren, läuft sie auf Wertvernichtung hinaus. Subvention hingegen ist grundsätzlich Wertvernichtung und lässt sich nur rechtfertigen, wenn sie eine andere, noch größere Wertvernichtung verhindern hilft, insbesondere die Schädigung unschuldiger Dritter. Subventionen sollten daher immer nur vorübergehende Maßnahmen sein, um unvorhersehbare Härten auszugleichen. Förderungen dienen dem Marktgeschehen, Subventionen verzerren es, und zumindest längerfristig muss sich immer die Wirtschaftlichkeit durchsetzen. Ja sie setzt sich auch durch – spätestens wenn zu arge Verzerrungen ein Land in den Ruin geführt haben.
Die korrekte Unterscheidung zwischen Förderungen und Subventionen ist zuweilen deswegen so schwierig, weil beide etwas gemeinsam haben: Sie werden leicht zur Rente, denn die Begünstigten pflegen aus wiederkehrenden Zahlungen ein Gewohnheitsrecht abzuleiten. Und früher oder später geraten die Geber in Geiselhaft der Nehmer – schon im nationalen Rahmen und erst recht in einer „Transfer-Union“. Es werden Verhaltensweisen „gefördert" – hier im negativen Sinn – die gar nicht förderungswürdig sind.
Dieses Phänomen ist für zwei Situationen typisch: Entweder der Geber hat viel zu viel Geld und will sich nicht mit Überlegungen oder gar Diskussionen über Gerechtigkeit und Sinnhaftigkeit belasten. Er handelt also nach dem Gießkannenprinzip, um sich bei möglichst vielen eine gute Nachrede zu kaufen. Oder aber Geber und Zahler sind nicht identisch. Dies ist immer der Fall, wenn Politiker Steuermittel verschenken, also institutionalisierte Veruntreuung betreiben, oder – und nicht minder infam – wenn sie Quersubventionen erzwingen, wie das etwa im Energiebereich eingerissen ist und den Betreibern unwirtschaftlicher Energieerzeugung eine unverdiente Rente verschafft.
Man muss sich vor Augen halten, was eine solcher Griff in fremde Taschen bedeutet: Nur wenn es ausreichend viel an „schmutziger“ Wirtschaft gibt, kann mit deren Wertschöpfung die „saubere“ Wirtschaft mit erhalten werden. Auf jeden Fall aber verteuert sich die Produktion – zum Vorteil der ausländischen Konkurrenz und zum Nachteil der eigenen Volkswirtschaft.
In wirtschaftsschwachen Gegenden allerdings verdienen manche Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäuser, Verkehrswege, Leitungsnetze, Wasserversorgung etc. besondere Erwägungen: Sollen hier betriebswirtschaftlich unrentable, aber volkswirtschaftlich und bevölkerungspolitisch nützliche Betriebe durch Subventionen am Leben gehalten werden, oder ist es vertretbar, dass mit deren Schließung oder Verwahrlosung auch die Lebensqualität sinkt, dass lokale Zulieferbetriebe in den Ruin getrieben werden, dass Menschen – vor allem die jungen – abwandern, dass sich Immobilien entwerten etc. Eine politische Entscheidung ist in solchen Fällen unvermeidlich. Und bei aller Wertschätzung der Rentabilität: Das Ganze ist eben mehr als die Summe seiner Teile.
Mäzenas, nach dem die Sache benannt ist, gab sein eigenes Geld aus – zumindest ist nichts Gegenteiliges überliefert. Auch Fürsten und Feldherren, die oft einen Teil ihrer Beute für gute Zwecke spendeten, gaben nach damaligem Verständnis ihr eigenes Geld aus. Und daraus erklärt sich, warum Künstler früher so beachtliche Werke vollbrachten, denn für Scharlatanerien wäre kein Geld geflossen.
Kultur-Funktionäre hingegen sind keine Mäzene, obwohl sie sich gerne als solche geben – und dies umso lieber tun, je mehr ihr Tun an Amtsmissbrauch und Verhetzung grenzt. Auch Direktoren sind keine Mäzene, wenn sie das Geld ihrer Aktionäre ausgeben oder wenn sie „Kunst“-Ausgaben steuerlich verwerten, um solcherart das Steueraufkommen zu verkürzen und indirekt die anderen Steuerzahler zum Mitzahlen zu zwingen. Es sind genau diese beiden Gruppen von Pseudo-Mäzenen, die heute den Marktmechanismus stören und dem Schmarotzertum Vorschub leisten. Mit ihrer angeblichen Fördertätigkeit, mit ihrer „Ankaufspolitik“, kaufen sie sich Propagandisten und bedienen sich am Jahrmarkt der Eitelkeiten.
„Wohltätigkeit" ist eine Handlungsweise, die einem Dritten „wohl" tut, oder von welcher der Täter zumindest glaubt, dass sie das tut – was nicht immer dasselbe ist. Oft glaubt man ja, dass bereits ein „guter Ratschlag" eine Wohltat sei.
„Nächstenliebe" wiederum ist eine Geisteshaltung, eine Grundeinstellung, die sich unter anderem als Wohltätigkeit manifestieren kann, eventuell auch als Förderung – aber gewiss nicht als Subvention aus Steuergeldern! Nächstenliebe heißt nicht, anderer Leute Geld zu verschenken, und auch nicht, moralischen Druck auszuüben, also andere gewissermaßen zur Wohltätigkeit zu erpressen, und ebenso wenig, sie unter Ausnützung von Eitelkeit und Geltungssucht etwa bei Wohltätigkeitsveranstaltungen zum demonstrativen Spenden zu animieren! Womit nicht unbedingt etwas gegen solche Veranstaltungen gesagt sein soll, sondern nur gegen den Missbrauch eines religiösen Begriffes, sei er nun Deutsch oder Lateinisch.
Der barmherzige Samariter gilt als das Urbild christlicher Nächstenliebe. Es ist jedoch reizvoll, die Geschichte weiterzuspinnen: Wenn der gute Mann jeden Tag auf Überfallene gestoßen wäre, hätte er sie alle genauso hingebungsvoll betreut wie den ersten? Oder wäre er eher zum Statthalter gegangen und hätte ihn um Maßnahmen gegen Straßenräuber gebeten? Oder hätte er gar angeregt, den Hintergründen des Straßenräubertums nachzugehen und das Übel an der Wurzel zu packen? Und ist nicht das Eintreten für das öffentliche Wohl ebenfalls ein Ausdruck von Nächstenliebe? Vorbeugender Samariterdienst, sozusagen.
Noch kniffliger wird es, wenn wir annehmen, der Samariter wäre früher aufgestanden und zufällig gerade zur Stelle gewesen, als sich der Räuber auf sein Opfer stürzte. Hätte der Samariter zugesehen – oder hätte er sein Schwert gezogen und eingegriffen? Ist nicht die Zivilcourage, die ritterliche Tugend, Bedrängten beizustehen, auch eine Form von Nächstenliebe? Das Wegschauen, das Nur-keine-Probleme-kriegen mag heute vielleicht klug sein, wenn man Zeuge mancher Vorgänge etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln wird. Doch Nächstenliebe ist das nicht. Und der sektiererische Kampf gegen eingebildete Diskriminierungen ist dies schon gar nicht, denn genau wie Subventionen fördert er Fehlverhalten, spaltet die Gesellschaft und macht insgesamt ärmer.
Es gibt keinen Rechtsanspruch, ja nicht einmal einen moralischen Anspruch auf Förderung, Subvention, Wohltätigkeit oder Nächstenliebe. Wohl aber gibt es gesellschaftliche Pflichten, Nützliches zu tun, und es gibt religiöse Pflichten, Gutes zu tun. Selbst wenn die „Umwegrentabilität" der guten Tat nicht in jedem Einzelfall gegeben ist, erweist sich die Einhaltung wohlverstandener religiöser Gebote in ihrer Wirkung auf Dritte als jenen Maßnahmen zumindest ebenbürtig, die aus gesellschaftlichen Zweckmäßigkeitsüberlegungen getroffen werden. Jedenfalls solange es die Gesellschaft gibt und nicht bloß eine amorphe Masse ohne identitätsstiftende Fixpunkte.
Dr. Richard G. Kerschhofer lebt als freier Publizist in Wien.
Marc Zimmermann, einst Kofferträger der Blauen, dann Geldnehmer bei einem SPÖ-Verlag, vor dem Untersuchungsausschuss.
Primitiver geht’s nimmer – aber es zeigt, wie sehr sie die Hosen voll haben: Marc Zimmermann, einst Pressesprecher des blauen Ministers Böhmdorfer, dann unter den Blauen mit einem Job in der Asfinag-Öffentlichkeitsarbeit tätig, hat damals schwer belastende Aktenvermerke über die rechtswidrige Einmischung der Herrn Faymann und Ostermayer in die Geschäfte der Asfinag geschrieben. Bei seinen mündlichen Aussagen der jüngsten Zeit klang das dann aber ganz anders, sehr beschwichtigend: Der Minister habe die Inserate lediglich initiiert. Wie erklärt sich dieser Widerspruch? Ganz einfach: Zimmermann war plötzlich für den SPÖ-Verlag Echo tätig. Auf dessen Homepage habe ich sein Porträt erst vor einigen Wochen mit eigenen Augen gesehen. Heute musste Zimmermann vor dem U-Ausschuss antreten – und plötzlich war auf der Echo-Webseite jede Spur des Mannes verschwunden. Herr Zimmermann vor dem Ausschuss: Er sei nie bei Echo „angestellt“ gewesen. Ein besonders feiner Typ. Motto: Schweigen ist Gold.
Ziemlich heftig, diese Urteile im Klagenfurter Prozess gegen vier lebendige und einen toten Täter. Aber sie sind wohl eine berechtigte Generalprävention, und in viele Richtungen sogar eine exzellente Lektion.
Strafen von zwei bis fünfeinhalb Jahren (für Ex-VP-Obmann Josef Martinz): Die Mega-Schiebereien rund um ein Pseudo-Gutachten beim Verkauf der Hypo-Alpen haben im sogenannten Birnbacher-Prozess zu schweren Strafen geführt. Trotz Unbescholtenheit und teilweisen Geständnissen der Angeklagten.
Natürlich wird es jetzt noch vielerlei an sich lange hinziehenden Berufungen geben. Diese könnten auch noch durchaus das eine oder andere ändern und mildern. Aber die Lektion ist dramatisch und wichtig. Und sie hat gleich mehrere Kapitel.
Die erste Lektion ist eindeutig eine Warnung an alle Politiker. Ihr geht mit fremdem Geld um, das den Menschen noch dazu oft mit dem Exekutor abgepresst worden ist. Das müsst ihr tausendmal sorgfältiger als mit eigenem Geld tun. Und nicht umgekehrt. Das gilt insbesondere auch für die Politik in den Bundesländern. Denn auf Bundesebene sind die Dinge ohnedies immer viel heikler gewesen (nur hat man in der SPÖ vergessen, das Werner Faymann und seinem Mann fürs Schmutzige bei der Job description rechtzeitig zu sagen). Die Frechheit, mit der sich die regierenden Landesparteien oft bei den scheinbar rein wirtschaftlichen Tätigkeiten ihres Bundeslandes bedienen, hat dringend ein solches Schock-Urteil gebraucht.
Die Frage an die Zukunft und damit die zweite Lektion ist aber noch offen und unbeantwortet: Wird die Staatsanwaltschaft den Mut haben, auch anderswo ebenso energisch durchzugreifen? Also nicht nur in Kärnten, sondern etwa auch in den viel mächtigeren Bundesländern Ostösterreichs oder gar bei amtierenden Regierungsmitgliedern – und nicht nur bei ehemaligen. Das Durchgreifen ist beispielsweise dort besonders notwendig, wo mit überteuren Aufträgen an parteieigene oder parteinahe Verlage sowie mit gezielten Inseratenvergaben brutalster Amtsmissbrauch betrieben wird. Erst dann wird die generalpräventive Wirkung dieses Urteils wirklich relevant werden, wenn nicht nur in Kärnten durchgegriffen wird. Denn dieses Bundesland ist ja immer schon ein wenig als Sonderfall verachtet worden.
Dritte Lektion: Auch wenn ursprünglich die zuständigen Kärntner Staatsanwälte für die Einstellung des Verfahrens eingetreten sind, war dann die Umkehrung dieser Entscheidung durch Wien (in diesem Fall die Korruptionsstaatsanwaltschaft) richtig und notwendig. Das sollte jenen SPÖ-Agitatoren, auch denen im ORF, bei ihrer jüngsten Agitation den Mund stopfen. Sie regen sich ja genau über einen parallelen Vorgang auf, also darüber, dass das Justizministerium den Plan der Wiener Staatsanwaltschaft gestoppt hat, das Verfahren gegen Bundeskanzler und Staatssekretär unter den Teppich zu kehren. Wobei es im übrigen bis heute nicht nachvollziehbar ist, warum auch nach diesem ministeriellen Eingriff nur noch der Untreue-Tatbestand (freilich auch kein Lercherl) und nicht mehr der Erpressungs-Tatbestand (Sieben Millionen für den Werner oder du bist deinen Job los!) verfolgt wird. Zumindest vorerst. Ebensowenig ist nachvollziehbar, warum die Staatsanwälte nicht auch in der Freistellung von Vorstandsmitgliedern und Chefredakteuren bei vollen Bezügen die Untreue zu erkennen verstehen, wenn den Betroffenen kein einziger konkreter Vorwurf gemacht werden kann.
Die vierte Lektion darf ebenfalls nicht untergehen: Das sind die ebenfalls geschmalzenen Strafen für die Chefs der Kärntner Landesholding. Auch wenn jeder in Österreich weiß, dass man seinen Job verliert, wenn man sich als Vorstand oder Geschäftsführer einem Politiker als Eigentums-Vertreter an der eigenen Firma widersetzt (ob das nun eine Landesholding, eine Hypo, die ÖBB, die Asfinag oder die Wiener Zeitung betrifft), darf man dennoch inkorrekten Ansinnen der Politik keinen Millimeter nachgeben. Weil es das Gesetz verbietet – und der Charakter, sofern vorhanden. Das alles sollte künftig für viele Vorstände und Geschäftsführer von staatseigenen Betrieben eine ganz zentrale Lehre sein: Sie können sich nicht mehr hinter dem Politiker verstecken.
Auch die fünfte Lektion ist nicht mehr wegzuwischen, auch wenn es immer wieder versucht wird: Der oberste Hauptangeklagte saß gar nicht im Gerichtssaal; er hat sich rechtzeitig selbst ins Jenseits befördert. Jörg Haider ist dennoch nun endgültig entzaubert. Die Freiheitlichen – ob blau, ob orange, ob gestreift – gewinnen daher nicht gerade an Glaubwürdigkeit, wenn sie weiterhin den Eindruck zu erwecken versuchen, dass ihr Lager mit dem Kriminalfall Hypo nichts zu tun hätte. Haider hat ganz eindeutig die von ihm attackierten Schweinereien der anderen Parteien noch zu übertreffen verstanden, als er selbst am Futtertrog angekommen war.
Die sechste Lektion beantwortet die Frage, wie man die Wahrscheinlichkeit solcher Vorfälle über die generalpräventive Wirkung strenger Urteile hinaus reduzieren kann. Da gibt es nur eine Antwort: Nehmt der Politik nicht nur möglichst viel Steuergeld weg, sondern noch dringender jeden Einfluss in Unternehmungen. Ob das nun Elektrizitätsfirmen, Müllentsorger, Flughäfen oder Banken sind. Nirgendwo braucht‘s die Politik. Nur die Politik braucht diese Unternehmen, um sich bedienen zu können. Um an Geld heranzukommen. Um sich Macht zu verschaffen. Daher ist das allerwichtigste Gebot der Stunde: Privatisierung, fast um jeden Preis.
Die siebente und letzte Lektion gebührt den Gutachtern. Die Leichtfertigkeit, mit der da bisweilen für gigantische Beträge oberflächliche Texte abgeliefert werden, hätte schon lange kritisch beleuchtet gehört. Dazu gehören freilich nicht nur bestellte Privatgutachten von Prozessparteien, Tätern und Politikern, die ihre Entscheidungen damit gegen öffentliche Kritik abschirmen wollen. Sondern auch die von der Staatsanwaltschaft beauftragten. Es ist nämlich ziemlich ungeheuerlich, dass die Gutachten des Staatsanwalts fast immer automatisch zu jenen des Gerichts werden, während die Gutachten eines Angeklagten meist ignoriert werden. Die völlig einseitige Strafprozessordnung gehört da dringend novelliert: Gerichtliche Gutachter gehören in jedem Fall ausschließlich durch einen (Untersuchungs-)Richter bestellt, geführt und gebrieft. Sonst kann der menschenrechtliche Anspruch auf Waffengleichheit vor Gericht nicht gewahrt werden. Sonst sind wir noch immer bei der Inquisition, bei der eben Anklage und Urteil vom gleichen Menschen kamen. Denn jeder weiß: Die Pflicht der Staatsanwälte, objektiv zu sein, steht nur auf dem Papier. In Wahrheit will auch ein Staatsanwalt keinesfalls verlieren – was menschlich verständlich ist, aber eben dringenden Handlungsbedarf in Sachen Strafprozessordnung hervorruft.
Es ist eigentlich unglaublich: Die Regierung führt die Zensur wieder ein. Und niemand protestiert.
Johanna Mikl-Leitner ist offenbar bemüht, nicht nur durch den Skandal-Spruch „Zaster her“ in die Geschichtsbücher einzugehen. Sie kündigte nun an, dass sie die Aufführung des Mohammed-Films verhindern werde. Was ein ebensolcher Skandal ist. Der ihr unterstehende Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit will den Film zusammen mit der Staatsanwaltschaft beschlagnahmen und über das Veranstaltungsgesetz dessen Aufführung verhindern.
Es ist also wieder soweit: Nicht ein unabhängiges Gericht, sondern politisch kontrollierte Organe verhindern die Aufführung eines Films. Wie gut oder schlecht der immer sein mag: Jedem, der noch irgendwie an Rechtsstaat, Verfassung und Meinungsfreiheit glaubt, muss da die Zornesader platzen. Nur scheint es in diesem Land kaum mehr jemanden zu geben, der das tut.
Gewiss, auch im Ausland versucht die Politik ähnliches. Auch dort haben viele Politiker die Hosen voll vor Angst, dass die moslemischen Massen, die man in den letzten Jahrzehnten leichtfertig ins Land geholt hat, aggressiv demonstrieren könnten. Auch in etlichen anderen Ländern knicken die eigentlich zum Schutz der Menschenrechte berufenen Organe feigest vor – derzeit ohnedies nur hypothetischen – Gesetzesverletzungen ein. Zur Ehre der hiesigen Moslems und zur Schande der Innenministerin sei ja gesagt, dass es hier gar keine Anzeichen drohender Gewalttaten zu geben scheint (Demonstrationen sind ja keine Gewalttat, sondern im Prinzip normales und legales Mittel des Ausdrucks der eigenen Meinung).
Aber dennoch wird nun mancherorts nach der Zensur für jenen Film gerufen. Im Ausland gibt es zum Unterschied von Österreich wenigstens noch klarsichtige, mutige und Opportunismus-freie Intellektuelle, die sich heftig gegen die Rückkehr in Metternichsche Zeiten wehren, in der Ruhe oberste Bürgerpflicht war, während man ansonsten nur den Mund zu halten hatte. Daher seien hier einige Passagen eines brillanten „Spiegel“-Kommentars des Schriftstellers Michael Kleeberg zitiert (während sich unsere staatsfinanzierten Großschreiber wie Robert Menasse teuer dafür bezahlen lassen, dass sie Propaganda für die Umwandlung der EU in eine Schuldenunion machen).
Kleeberg stellt dem Vorgehen gegen den Mohammed-Film die Reaktion der gleichen Behörden gegen die Verspottung der katholischen Kirche gegenüber:
„Die Beschimpfung einer Religion, deren Vertreter drohen, den öffentlichen Frieden zu stören, ist genau deswegen bei uns untersagt. Die Beschimpfung einer Religion, deren Vertreter ihren Abscheu mit zivilen Mitteln kundtun, ist erlaubt. Siehe die „Titanic“-Häme gegen den Papst.“
Dem deutschen „Titanic“ mit seinen pubertären Papst-Karikaturen aus der Unterleibs-Region steht in Österreich die Verhöhnung des Glaubens durch einen Filmemacher namens Seidl ebenbürtig zur Seite.
Kleeberg weiter: „Einige deutsche Muslims wollen gegen die Verunglimpfung ihres religiösen Empfindens anders geschützt werden oder glauben, militanter dagegen vorgehen zu können, als das Katholiken in vergleichbaren Fällen tun.“
Warum, so fragt Kleeberg weiter, „wird hierzulande nur eine Sekunde darüber diskutiert, ob die Allgemeingültigkeit unserer Regeln für die Anhänger einer bestimmten Religionsgemeinschaft nicht gilt, ob hier Sonderregelungen, besondere Rücksichtnahme bis hin zur Duldung von Rechtsbrüchen, notwendig, angebracht oder hinnehmbar wären?“
„Wer immer glaubt, aufgrund seiner ideologischen oder religiösen Überzeugungen oder aufgrund seiner physischen oder sozialen Machtposition von der Einhaltung dieser Regeln entbunden zu sein, muss die Konsequenzen zu spüren bekommen. Andernfalls ist dieser Staat wie jeder Staat, der sein Gewaltmonopol aufweicht oder aufgibt, in Gefahr, vom Zentrum her wegzufaulen.“
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Man glaubt oft, es ginge nicht mehr noch blöder in diesem Land. Doch man wird fast täglich eines noch Schlechteren belehrt. Die Gehirnwäsche durch die Political correctness wird immer unerträglicher. Zorneserfüllt einige aktuelle Beispiele aus dem Bildungssystem, aus Justiz und Kultur.
Seminararbeit in einer Fachhochschule: Die Studentin schreibt 23 Seiten (25 Seiten sind die maximal erlaubte Länge – offenbar sind die Lehrer in unseren „wissenschaftlichen“ Institutionen schon zu faul, um längere Arbeiten zu lesen). Sie gibt die Arbeit ab – und bekommt diese nach wenigen Tagen zurückgeschmissen. Begründung: Sie hat den Text nicht gegendert!
Nicht einmal die sonst als Nothilfe gegen feministische Stänkereien übliche Generalklausel ist dort erlaubt, dass der Verständlichkeit wegen alle personenbezogenen Bezeichnungen sowohl für Männer wie Frauen gelten (was laut Duden eigentlich ohnedies automatisch der Fall ist, und was nur für Dummköpfe nötig ist, die das grammatikalische mit dem biologischen Geschlecht verwechseln).
Wutentbrannt scheibt die junge Dame halt die Arbeit um. Jetzt steht immer dort, wo „Franchisenehmer“ gestanden ist – diese waren das Thema ihrer Arbeit –, nun „Franchisenehmer und Franchisenehmerin“ (bisweilen muss sie freilich auch beide Formen im Singular und Plural verwenden, aber diese Vierfach-Folter will ich den Tagebuchlesern ersparen). Nun aber ist der Text nicht mehr 23 – sondern gleich 27 Seiten lang. Ohne dass ein einziger wissenschaftlicher oder kreativer Gedanke dazugekommen wäre. Daher muss sie aber jetzt die Arbeit noch einmal überarbeiten, um zwei Seiten wegzukürzen.
Es ist nur noch widerlich, wie es an unseren Hochschulen zugeht. Es wäre daher wenig überraschend, wenn solche Schikanen der Political correctness wieder eine junge Generation so provozieren, bis wie nach 1968 irgendeiner eine Bombe auf diese Karikaturen von wissenschaftlichen Anstalten wirft. Der Rest der Nation aber sollte den Hochschulen jedenfalls jedes weitere Geld sperren, bis diese nachweisen, dass es dort wieder nur um Inhalt und Wissenschaft geht. Und nicht um schikanöse Formalkriterien und politische Korrektheiten.
Wie für einschlägige Blödheiten nicht nur Menschen schikaniert werden, sondern auch Steuergeld hinausgeschmissen wird, zeigt ein Schreiben des Oberlandesgerichts Graz. Unter der Überschrift „Richterliche Fortbildung“ veranstaltet dieses OLG gemeinsam mit dem Justizministerium in einem noblen Schlosshotel ein Seminar zu den Uralt-Thesen der Sartre-Gespielin Simone de Beauvoir. Die Thesen dieser Literatin waren zwar nie wissenschaftlich unterlegt und sind inzwischen längst wissenschaftlich widerlegt. Dennoch wird da auf Staatskosten Schwachsinn verzapft wie „gesellschaftliche Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit“ oder „Mythen der Geschlechterdifferenz“.
Die Einladung zu dieser Veranstaltung ist mit dem netten Zusatz versehen: „Die Teilnahme gilt als Dienst“, und es komme die Reisegebührenverordnung zur Anwendung. Das macht die Ideologieveranstaltung besonders provozierend: Dieses Ministerium hat hinten und vorne kein Geld, lässt angesichts überfüllter Gefängnisse verurteilte Sexualstraftäter mit Fußfessel herumlaufen, und schaut weitgehend tatenlos zu, wenn sich die Staatsanwaltschaften als heillos überfordert erweisen. Und dann wird für solchen Unsinn Geld hinausgeschmissen.
Da die Sache vom Justizministerium ausgeht, kann sich die ÖVP in diesem Fall auch nicht auf die blöden Linken ausreden, sondern trägt selbst dafür die volle Verantwortung. Woran es auch nichts ändern würde, wenn die Ministerin von diesen Genderismus-Exzessen nichts gewusst haben sollte.
Aber auch bei den Medien geht die Verblödung progressiv voran. Der in seiner eigenen Zeitung gerade wegen Erfolglosigkeit hinausgeschmissene, aber noch amtierende Präsident des Zeitungsverbandes VÖZ kündigte soeben an, dass in den Ehrenkodex für Journalisten ein Passus zur „geschlechtersensiblen Berichterstattung“ aufgenommen werden soll. Das Ergebnis dieser Ehr-Veränderung ist klar. Dann darf in keinem Printmedium mehr über solche Sauereien berichtet werden, will man nicht als zu wenig „geschlechtersensibel“ vom Wichtigmacher-Gremium Presserat getadelt werden.
Zum Glück muss ich mich freilich um einen solchen Verband und seinen Ehrbegriff, der sich immer mehr vom Wahrheitsbegriff entfernt, nicht scheren. Im Internet kann man noch weitestgehend ungehindert die Dinge beim Namen nennen.
Grüne Kulturwochen: Noch übler – sofern das möglich ist – geht es im roten Wien zu. Hier dürfen nun die Grünen mit Steuergeld unter der Tarnung als Kulturförderung das finanzieren, was ihnen an politisch-ideologischen Themen am Herzen liegt. Die Bandbreite reicht von Veranstaltungen, in denen zur illegalen Weitergabe von „Krankenscheinen“ (gemeint ist wohl die e-card) an illegale Migranten aufgefordert wird, bis zu sadomasochistischen Performances mit Fesselung eines schwerkranken Schwulen.
Verantwortlich für diese Sauereien ist die gleiche Bande, die eine Verdoppelung des Wiener Schuldenbergs binnen zwei Jahren verursacht hat. Und die ständig nach noch mehr Steuern ruft. Damit sie all das finanzieren kann.
Für alle jene, die diese Beispiele noch bei guter Gesundheit überstanden haben, folgt nun ein Exempel aus Entscheidungen unserer Höchstgerichte. Denen ist zu entnehmen, dass das Unterrichtsministerium seit 1999 in Kärnten einen sudanesischen Islam-Religionslehrer lehren lässt, der so fundamentalistisch ist, dass er sich laut OGH-Urteil sogar weigert, einer Frau die Hand zu geben.
Was aber judizierte der Verwaltungsgerichtshof, nachdem die Kärntner Landesregierung dem Mann die Staatsbürgerschaft verweigert hatte? Für diese Verweigerung gebe es keine Gründe, daher habe der Mann Anspruch auf die Staatsbürgerschaft.
Als Beweis beruft sich der Verwaltungsgerichtshof ausgerechnet auf eine „Erklärung der Lehrerkonferenz der islamischen Glaubensgemeinschaft“. Geht’s noch naiver? Das ist ungefähr so glaubhaft wie es Erklärungen des Anhängerklubs des SC Rapid wäre, dass dort weder mit Raketen geschossen noch jemals mit antisemitischen Sprüchen gearbeitet worden wäre. Dieser Fall ist ein weiteres schockierendes Indiz, wie weit die Rechtsordnung dieses Landes schon degeneriert ist. Aber noch schockierender ist, dass der Mann weiter in Schulen auf Steuerkosten sein Unwesen treiben darf. Denn das hat einzig die Unterrichtsministerin zu verantworten. Das kann nicht einmal der Verwaltungsgerichtshof erzwingen.
Wenn wir schon bei den Schulen sind, muss man auch den Wiener Lesetest zitieren. Der fand heraus, dass mehr als ein Fünftel der Schüler aus den vierten Volksschulklassen Wiens massive Leseschwächen haben. Diese Erkenntnis ist nun gewiss nicht neu. Neu aber ist, dass irgendein Mutiger im Wiener Stadtschulrat die Schulnoten analysiert hat, die diese Kinder in Deutsch bekommen haben (hoffentlich passiert ihm nichts!).
Dabei stellte sich nämlich heraus, dass die Nichtlesenkönner von ihren Lehrern im Zeugnis zu weit mehr als 60 Prozent einen Einser, Zweier oder Dreier bekommen haben. Und nur ganze 1,3 Prozent einen Fünfer. Was zeigt: Diese Zeugnisse sind nicht einmal das Papier wert, auf dem sie stehen. Was zeigt: Keine Schulreform wäre dringender als die Einführung von Aufnahmsprüfungen in jede weiterführende Schule, damit solche Kinder noch einmal in die Volksschule zurückgeschickt werden können, wenn ihnen dort nicht einmal das Lesen beigebracht worden ist.
Aber man darf nicht nur die Lehrer für diesen Skandal verantwortlich machen. Denn hinter den Kulissen üben Direktoren, Stadtschulrat, Ministerium und fast alle linken Politiker massiven Druck auf sie aus, keinesfalls zu viel schlechte Noten zu geben. Das würde ja ein schlechtes Bild machen. Das würde ja den Kindern Chancen rauben.
Wobei sie in ihrer Blödheit nicht begreifen, dass das Gegenteil der Fall ist: Gerade diese „progressiven“ Notenverschenk-Aktionen rauben benachteiligten Schülern alle Chancen. Denn ihnen wird dadurch vermittelt, dass sie sich in der Schule eh nicht anstrengen müssen. Etwa um Lesen zu lernen.
Trotz allem: einen schönen Sonntag.
Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es große Aufregung, nachdem die Staatsanwaltschaft Klagenfurt das Verfahren in der Causa Birnbacher eingestellt hatte. Die Strafverfolger hatten sechs Millionen Euro für das Mini-Gutachten als durchaus in Ordnung befunden. Auch das Oberlandesgericht Graz war dieser Ansicht. Erst nach einer Anzeige der Grünen wurde das Verfahren neuerlich aufgerollt, es kam zur Anklage mit den bekannten Ergebnissen.
Ganz ähnlich ist der Fall der Wiener Staatsanwaltschaft, die das Verfahren gegen Herrn Werner Faymann einstellen wollte; interessanterweise sogar, ohne überhaupt auch nur einen einzigen Zeugen aus der betroffenen Asfinag vernommen zu haben (!).
Offensichtlich hat die Justiz mittlerweile gelernt und nicht auf eine Anzeige gewartet, sondern selber die Weiterführung der Untersuchungen veranlasst. Dafür sollte man sie in diesem Fall nicht tadeln, sondern loben.
Auffallend ist, dass interessensgeleitete Politiker und ihre journalistischen Flakhelfer, die die Birnbacher / Martinz Einstellung scharf kritisiert haben, die Einstellung in der Causa Faymann als durchaus okay befunden hätten.
Eine Weisung zur Fortführung der Erhebungen wäre im Fall Birnbacher / Martinz also eine „gute“ Weisung gewesen, im Fall Faymann hingegen eine „böse“ Weisung. Es kommt wohl immer darauf an, gegen welche Politiker gerade ermittelt wird.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des Österreichischen Cartellverbandes.
Da schau her: Franz Vranitzky sagt etwas sehr Kluges wie Mutiges.
Der Altbundeskanzler hat beim Thema der internationalen Österreich-Denunziation viel Übles auf dem Kernholz. Aber jetzt ist er mit sehr Vernünftigem zu vernehmen und verdient dafür volle Anerkennung. Er spricht sich im Samstag-„Kurier“ für die einstweilige Beibehaltung der Wehrpflicht aus. Und noch mutiger ist sein zweiter Gedanke: Österreich solle „Allianzen suchen und für eine Verteidigungspolitik auf europäischer Basis eintreten“. „Bevor es ein solches Konzept gibt, rate ich von der vorschnellen Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ab“. Ein halbes Jahrhundert hat es keine so absolut richtige Empfehlung eines Sozialdemokraten zu den Kernfragen der österreichischen Sicherheitspolitik gegeben. Nur schade, dass das erst zu einem Zeitpunkt kommt, da sich ÖVP und FPÖ wieder komplett von genau dieser Haltung verabschiedet haben. Dabei haben sie sich etliche Jahre vehement für genau dieselbe Politik eingesetzt. Die ÖVP hatte diese damals sogar zum wichtigsten Punkt der großkoalitionären Debatten erhoben (Stichwort: „Mozartkugel“ Neutralität entsorgen). Gewiss: Vranitzky hat heute Null Pouvoir, für die SPÖ zu sprechen. Aber wer hat das schon im totalen geistigen Vakuum der Faymann-Zeit? Hätte die ÖVP jetzt zumindest einen Außen- oder Sicherheitspolitiker, der sich um mehr als den Sudan zu kümmern versteht, dann könnte nun vielleicht sogar ein fruchtbarer Dialog zu dem Thema beginnen. An dem könnte sich auch die FPÖ beteiligen, wenn dort Außenpolitik mehr wäre als Anbiederung an mittelasiatische Diktatoren. Und das BZÖ mit immerhin einem ehemaligen Verteidigungsminister, solange es noch existiert.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es jede Woche in den Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Die Frage, ob ein Land neue Parteien braucht, ist müßig. Sie beantwortet sich von selbst im demokratischen Diskurs, wenn der Wahltermin näher rückt und die Unzufriedenheit mit den herkömmlichen Parteien groß ist. Das ist in Österreich der Fall und daher schießen derzeit Parteineugründungen wie Pilze aus dem Boden. Zu nennen sind u.a. die Piraten, MeinOE, die Basisbewegung für mehr direkte Demokratie, die mit einer Kandidatur bei der Nationalratswahl spekuliert und natürlich die Partei des austrokanadischen Unternehmers Frank Stronach, der die Satzungen für seine Partei soeben beim Innenministerium hinterlegt hat. Womit sich die Frage zwangsläufig darauf zuspitzt, ob es gerade diese neue Partei braucht. Hier aber sind doch einige, nun sagen wir einmal, tiefer gehende Überlegungen angebracht, die geeignet sind, die Freude über dieses "Team Stronach für Österreich" ins Gegenteil wenden.
Die Antworten auf diese Fragen sind sozusagen selbsterklärend.
Andreas Unterberger
An sich sollten fünf Parteien und einige wilde Abgeordnete reichen. Dennoch könnten es noch mehr werden, von Stro(nach) über die Piraten bis wieder Stro(lz). Denn der Frust im Lande wächst rapide: steigende Staatsverschuldung, blindes Mitmachen bei den Geschenken an südliche Verschwenderländer, ein sich vor einer Aussage unter Wahrheitspflicht drückender und unter schwerem Korruptionsverdacht stehender Bundeskanzler, ein in seiner SPÖ-Hörigkeit immer übler werdender ORF, Korruptionsaffären in Staatsbetrieben von ÖBB bis Telekom, erkennbar überforderte Minister, ständig neue Steuern samt weiteren Erhöhungsplänen, und so fort.
Daher deutet alles auf noch mehr Parteien im nächsten Parlament hin. Und darauf, dass es für die Bildung der nächsten Regierung vielleicht schon drei Parteien brauchen wird.
Offen bleibt, ob dadurch etwas besser wird, oder ob sich der Stillstand lediglich fortsetzen wird. Daher wäre etwas anderes noch viel wichtiger: Dass sich die Bürger endlich direkt demokratisch artikulieren könnten. Nicht ein Mehr oder Weniger an Parteien ist entscheidend, sondern ein Weniger an Macht für die Parteien, wie viele es auch immer sein mögen. Dieser Machtabbau findet aber nur dann statt, wenn die Bürger nicht nur bei einer unausgegorenen Volksbefragung mitbestimmen dürfen, wenn es halt zwei populistische Landeshauptleute wollen; also wenn immer dann ein Referendum stattfinden muss, sobald das genügend Bürger verlangen.
Wie kommen wir aber dorthin? Da die SPÖ jeden Ansatz zu einer echten direkten Demokratie blockiert und es derzeit keine realistische Koalition ohne SPÖ gibt, könnten neue Parteien diesbezüglich auch neue Hoffnung erzeugen. Es wäre freilich eine schmerzhafte Therapie für das Land: Erst wenn in der gegenseitigen Blockade vieler Parteien gar nichts mehr geht, könnte wieder etwas gehen.
Wie die Bozener Staatsanwaltschaft die Privatstiftung einer Österreicherin verfolgt und die Südtiroler Opposition zu diskreditieren trachtet.
Es war eine Premiere: Unlängst trafen die Staatsoberhäupter Österreichs und Italiens erstmals in Südtirol aufeinander. Im Kursaal von Meran, einer Stätte autonomiegeschichtlicher Symbolik für den von Italien 1918 annektierten Südteil Tirols, zeichnete Landeshauptmann Luis Durnwalder Heinz Fischer und Giorgio Napolitano – die, nebenbei bemerkt, ihre Herkunft aus tiefstem kommunistisch-linkssozialistischem Politmilieu eint – mit dem Großen Verdienstorden der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol aus. Die Feier war angesichts des faktischen Abbaus der Südtirol-Autonomie durch drastische Maßnahmen, welche der Römer Mario Monti ergreift, um das total überschuldete Italien vor dem Bankrott zu retten, der pure Anachronismus.
Sie fand am Jahrestag des 1946 zwischen dem damaligen österreichischen Außenminister Karl Gruber und dem seinerzeitigen italienischen Ministerpräsidenten (und Außenminister) Alcide De Gasperi unterzeichneten „Pariser Vertrages" (über Südtirol) statt. Sie stand zudem im Zeichen des „Zweiten Autonomiestatuts", das vor 40 Jahren in Kraft trat, sowie der „Streitbeilegungserklärung", welche Österreich und Italien vor 20 Jahren formell gegenüber den Vereinten Nationen (UN) abgaben, vor die Wien den Südtirol-Konflikt 1960/61 wegen Nichterfüllung des Pariser Vertrags durch Rom getragen hatte.
Man vermag sich leicht vorzustellen, in welch atmosphärischer Beweihräucherung den 500 geladenen Gästen der „Durni-Show“ – wie sowohl Vertreter der naturgemäß ferngebliebenen deutsch-südtiroler Oppositionsparteien als auch des Südtiroler Heimatbunds (SHB) sowie des Südtiroler Schützenbunds (SSB) die Veranstaltung nannten – die Autonomie der italienischen Provinz Alto Adige-Sudtirolo als „Erfolgsgeschichte" vorgestellt wurde: Als „Meilenstein der Geschichte Italiens und Österreichs“ (Durnwalder); „als Region, die sich hervorragend entwickelt“ habe (Fischer). Napolitano unterstrich zwar die Bedeutung der Südtirolautonomie; seine Bemerkung, wonach „die Umsetzung des Pariser Vertrages als Basis der Autonomiebestimmungen nicht immer einfach gewesen“ sei, kann man indes nur als untertreibende Beschönigung des römischen Verhaltens seit Ende des Zweiten Weltkriegs im Umgang mit Bozen charakterisieren.
Doch den Gipfel der Heuchelei erklomm der italienische Präsident, indem er versicherte, es werde „nie zu einer Aushöhlung der Südtirolautonomie kommen“; denn just er hat – als Staatsnotar der Repubblica Italiana – alle gesetzlichen Bestimmungen, welche das römische Parlament auf Betreiben der Regierung Monti verabschiedete und alle Ministerratsverfügungen eben derselben unterzeichnet. Er hat damit die verbriefte Selbstverwaltung für Provinz und Region – mit der Provinz Trient ist die Provinz Bozen-Südtirol in der Regione Autonoma Trentino-Alto Adige gemäß Erstem Autonomiestatut von 1948 zwangsvereint – entscheidend unterminiert. Und wer wollte angesichts eines Falles offenkundiger Politjustiz, der sich auf Betreiben der italienischen Justizbehörden in Bozen zuträgt, schon Napolitano glauben, der in Meran selbstgefällig sagte, „Missverständnisse zwischen den Institutionen", wie sie derzeit bestünden, könnten „auf dem Verhandlungswege“ beiseite geräumt werden?
Diese Causa, welche – auch und besonders unter rechtsgeschichtlichen Aspekten – eine von mehreren darstellt, bei denen am rechtsstaatlichen Vorgehen der italienischen Strafverfolgungsbehörden Zweifel angebracht sind, berührt die Justizbehörden Österreichs, Liechtensteins und Deutschlands unmittelbar und spricht allen salbungsvollen Festreden hohn, wie sie in Meran gehalten worden sind.
Worum es dabei geht? Guido Rispoli, Leitender Oberstaatsanwalt im Bozener Justizpalast, lässt seit zwei Jahren gegen Kuratoren der in Liechtenstein ansässigen Laurin-Privatstiftung ermitteln. Die Stiftung, in welche Helga Christian, die in Australien lebende Tochter eines Wiener Industriellen, 1966 große Teile ihres beachtlichen ererbten Vermögens einbrachte, unterstützt vornehmlich in Not geratene Bergbauern, die in Steillagen an der Baumgrenze wirtschaften und meist einen Stall voller Kinder zu ernähren haben. Gelder fließen aber auch in die Kulturarbeit Südtirols: So erhalten Trachtenvereine, Schützenkompanien, Heimat- und Gesangvereine, Kindergärten, Kulturheime und Kirchen Unterstützung aus den in Liechtenstein angelegten, verwalteten und vom Stiftungskuratorium freigegebenen Mitteln.
Was in erster Linie Begünstigten der deutsch(-österreichisch)en Volksgruppe frommt, ist anderen ein Dorn im Auge. Weshalb der (Über-)Eifer des Guido Rispoli hauptsächlich klingenden Namen einiger Kuratoriumsmitglieder geschuldet ist: Erhard Hartung gehört dem Stiftungsgremium an, ebenso Peter Kienesberger; die beiden in Deutschland lebenden Österreicher zählen zu den in ihrer Heimat einst für tapfer gehaltenen Südtiroler Freiheitskämpfern, von denen sich das Gutmenschentum heute politisch korrekt distanziert. Auch der Kärntner Arzt Otto Scrinzi, gebürtiger Tiroler und ehedem FPÖ-Nationalratsabgeordneter, stand bis zum Ableben Anfang dieses Jahres auf Rispolis Ermittlungsdekreten – neben einigen anderen und, selbstredend, der Stifterin.
Bei soviel – mit Unterfütterung aus der Antifa-Truppe, vornehmlich aus dem stark linkslastigen „Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstands“ (DÖW) – behaupteter „Rechtslastigkeit“ kann man sich unschwer ausmalen, mit welchem verschwörungstheoretischen Ballast sich der ehrenwerte Herr Rispoli und seine eilfertigen Stichwortgeber herumschlagen, die neuerdings selbst in Kreisen des „deutschtirolischen“ Bozener Bürgertums und der seit 1945 regierenden SVP (Südtiroler Volkspartei) mitsamt deren publizistischem Gefolge zu finden sind.
Rispolis Interesse am Tun der Stiftung wurde im Zuge einer Presse-Kampagne geweckt, als die in Bozen erscheinende italienische Zeitung „Alto Adige“ zu behaupten begann, die Laurin-Stiftung habe die oppositionellen Südtiroler Freiheitlichen finanziert. Was diese genauso vehement bestreiten wie die ursprünglich laut Rispoli angeblich ebenso bedachten Parteien Süd-Tiroler Freiheit und Bürger-Union für Südtirol, vormals Union für Südtirol (UfS). Andere Blätter zogen nach und droschen mit der Faschismuskeule auf Stiftung und Kuratoriumsmitglieder ein. Dass Funktionäre der SVP eng mit der Laurin-Stiftung zusammenarbeit(et)en, ist dabei ebenso tunlichst verschwiegen worden wie der Umstand, dass die Sammelpartei wie die von ihr gestellten Mitglieder der Südtiroler Landesregierung jahrzehntelang den Geldfluss aus Liechtenstein via Österreich wohlwollend beäugten.
Früher waren in ärmlicheren Verhältnissen lebende Südtiroler darauf ebenso angewiesen wie auf die Unterstützung der „Stillen Hilfe“ aus Österreich und Bayern, die der Münchner Unternehmer Gerhard Bletschacher organisierte. Heute, da Südtirol zu den finanziell üppiger ausgestatteten Landstrichen Europas gehört, rümpft man darüber eher die Nase und applaudiert dem Tun Rispolis, der Verkörperung der von nicht wenigen ungeliebten italienischen Staatsmacht. Ganz zufällig war sein Bruder Andrea Rispoli bis Ende August dieses Jahres als Carabinieri-Oberst Kommandant aller in Südtirol stationierten Angehörigen der kasernierten Polizei, die Teil der italienischen Streitkräfte sind.
Rispoli sieht in der Stiftung offenbar eine staatsfeindliche Geheimorganisation. In Bozen ließ er 2011 ein Büro der Laurin-Stiftung durchsuchen. Und im Frühjahr rückte er mit Mitarbeitern einer Steuersondereinheit der italienischen Finanzwache in Nürnberg an und führte im Verein mit der dortigen Strafverfolgungsbehörde bei Stiftungskurator Peter Kienesberger und dessen Ehefrau Elke eine Hausdurchsuchung sowie die Beschlagnahme eines Computers, einiger Speichermedien sowie schriftlicher Unterlagen durch. Dem ging ein Rechtshilfeersuchen Rispolis voraus, dem das Amtsgericht Nürnberg entsprochen hatte und wogegen das Ehepaar Kienesberger Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht (OLG) einlegte.
Dieses stellte die Unrechtmäßigkeit des Vorgangs fest und entschied (Aktenzeichen 1 OLG Ausl 166/11), dass „die Leistung von Rechtshilfe aufgrund des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Bozen vom 31.03.2011/26.04.2011 (Nr. 6610/10 R.G.N.R.) unzulässig ist (...) Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat deshalb die sichergestellten Unterlagen an die jeweils Berechtigten zurückzugeben." Dies stellt (nicht nur) nach Auffassung des FPÖ-Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer, Mitglied im Südtirol-Ausschuss des österreichischen Parlaments, „eine einzige Zurechtweisung und rechtsstaatliche Belehrung der italienischen Staatsanwaltschaft in Bozen dar".
Das OLG Nürnberg kam in seinem Urteil zu dem Befund, wonach die italienischen Behörden „nicht einen abgeschlossenen strafrechtlich relevanten Sachverhalt" überprüf(t)en, sondern „das Wirken einer Stiftung, deren Aktivitäten andauern und deshalb auch in Zukunft immer wieder Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen und entsprechender Rechtshilfeersuchen sein können. Aktuell wird dies dadurch belegt, dass die Staatsanwaltschaft Bozen erneut ein Rechtshilfeersuchen an Österreich gestellt hat, obwohl ein vorangegangenes bereits abgelehnt worden war“.
Der „auch darin geltend gemachte Verstoß gegen die italienische Abgabenordnung“ lässt sich gemäß Nürnberger OLG-Urteil „dem geschilderten Sachverhalt nicht entnehmen.“ Auch in Liechtenstein, dem Sitz der Laurin-Stiftung in Vaduz, und in Österreich hatte Rispoli solche Durchsuchungen durchführen (lassen) wollen, doch die Justizbehörden beider Länder lehnten seine Rechtshilfeersuchen ab. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck beschied ihm, sein Tatvorwurf stelle ein politisches Delikt dar, für das keine Rechtshilfe geleistet werden könne.
Was Rispoli bestreitet. Doch die Fakten „sprechen dafür, dass er lügt“, wie Neubauer feststellt. Er nennt „die unverhüllt politisch motivierte versuchte Kriminalisierung von Südtiroler Politikern durch die italienische Staatsanwaltschaft Bozen im Zusammenhang mit einer karitativen Stiftung“ einen „Justizskandal erster Ordnung“ und hat Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) – Jus-Professorin an der Karl-Franzens-Universität Graz – ersucht, „die Ihnen untergeordneten Stellen anzuweisen, keine unüberlegten Entscheidungen zu treffen, ehe nicht die Rechtslage in Bezug auf den politischen Charakter dieses Falles genau geprüft und abgeklärt ist.“
Neubauer stützt sich unter anderem darauf, dass Rispoli laut „Ausgabe der italienischen Tageszeitung ,Alto Adige' vom 12. September 2012 wörtlich behauptet“ habe: „Gegen keinen Landtagsabgeordneten und gegen keinen Südtiroler Bürgermeister ist bei der Untersuchung gegen die Laurin-Stiftung ermittelt worden". Dagegen heißt es in den von Rispoli jeweils begehrten Rechtshilfeersuchen (Aktenzeichen 6610/2010 R.G.N.R.), es sollten „Unterlagen sichergestellt werden können, die sich auf die Laurin-Stiftung, auf politische Parteien Südtirols (Die Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit, Union für Südtirol), auf deren Vertreter (Pius Leitner, Ulli Mair, Eva Klotz, Sven Knoll, Andreas Pöder), auf Bürgermeister Südtirols, auf den Schützenbund u.Ä. beziehen".
Für Sven Knoll, einen der genannten oppositionellen Landtagsabgeordneten, liegt der Verdacht nahe, „dass es sich um politische motivierte Ermittlungen handelt“, da die Staatsanwaltschaft Bozen „nur jene Abgeordneten namentlich angeführt“ habe, „die eine politische Zukunft Südtirols ohne Italien anstreben“.
Wenngleich Guido Rispoli – wohl aufgrund der Schlappe, die ihm das OLG Nürnberg bereitete – die Sache vom Politischen wegzulenken und demzufolge den steuerrechtlichen Aspekt seines Vorgehens in den Vordergrund zu rücken sucht – die Stiftung habe in Wirklichkeit ihren Sitz in Bozen, von dort aus steuerpflichtige Gelder verteilt oder als Kredite vergeben, damit angeblich Steuern hinterzogen – und seine Behörde nunmehr eine Steuernachzahlung von 5,8 Millionen Euro verlangt, ist die gesamte Causa äußerst fragwürdig. Für Peter Kienesberger, der sich zusammen mit Erhard Hartung überdies an die europäische Koordinierungsstelle „Eurojust" wandte, welche auch Rispoli eingeschaltet hat, bleibt „nicht nur der Versuch, die Südtiroler Oppositionsparteien und den Schützenbund zu kriminalisieren, sondern über die Bürgermeister auch die SVP.“
Das Verhalten der Sammelpartei ist indes äußerst merkwürdig. So wusste der verstorbene Stiftungskurator Scrinzi zu Lebzeiten zu berichten, dass es „in den 20 Jahren meiner Tätigkeit über 200 bäuerliche Betriebe waren, die wir umgeschuldet haben", dass dabei „sicher 30 bis 40 Betriebe vor der Zwangsversteigerung gerettet wurden“. Die Stiftung habe dabei „von allem Anfang an mit dem Bäuerlichen Notstandsfonds, mit den Südtiroler Agrarbezirksbehörden, mit den Südtiroler bäuerlichen Organisationen und mit Landesrat Hans Berger zusammengearbeitet“ – was dieser bestätigte; „sogar der Landeshauptmann“ habe „einige Bergbauern zur Laurin-Stiftung geschickt“, hatte Scrinzi einst bekundet.
Doch mit Rispolis Vorgehen gegen die Stiftung hatten die SVP-Granden so getan, als fielen sie aus allen Wolken. Fand doch Richard Theiner, ihr Obmann, „die Nähe zu gewissen Personen eines Demokraten unwürdig". Und Landeshauptmann Durnwalder ließ sich vernehmen, es sei „absolut nicht richtig, wenn es zweifelhafte Finanzierungen von rechtsorientierten Gruppierungen für Parteien in unserem Land gibt, noch dazu wenn dies mit dem Ziel geschieht, dass hier rechtspopulistische Propaganda damit gemacht wird." Da muss man sich nicht wundern, wenn Vertreter der Südtiroler Oppositionsparteien, auf die diese Einlassungen gemünzt waren, derlei Äußerungen für Heuchelei halten und die SVP-Führung des „Umfallertums“ bezichtigen.
Derweil schweigt der neue Ordensträger Heinz Fischer – wie Justizministerin Karl ausgewiesener, einst in Innsbruck habilitierter Rechtswissenschaftler – zu alldem. Noch vor wenigen Tagen hatte er als österreichischer Bundespräsident weihevoll verlauten lassen, dass ihm „Südtirol eine Herzensangelegenheit“ sei. Für den Abgeordneten Neubauer ist „das Schweigen unseres Staatsoberhaupts in der Stiftungs-Frage“, mit der er den außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats zu befassen gedenkt, schlicht „beschämend“. Dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen – außer der historisch-politischen Überlieferung, wonach SPÖ-Abgott Bruno Kreisky von Fischer einst gesagt haben soll, wenn Entscheidungen von Brisanz angestanden seien, habe es Fischer stets vorgezogen, sich „auf’s Häusl“ zu begeben.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Journalist und Historiker, der für mehrere Zeitungen schreibt.
Alles deutet nun darauf hin, dass der deutsche Ex-Finanzminister Peer Steinbrück der Kanzlerkandidat der SPD wird. Und das ist absolut
eine gute Nachricht. Steinbrück scheint Garant dafür, dass die SPD nicht auf Linksabenteuer eingeht. Zumindest inhaltlich nicht, denn kaum einer steht so sehr wie er (und Fraktionschef Steinmeier) für den Kurs der wirtschaftlichen Vernunft und Sparsamkeit, den die SPD nach ihrer einstigen Agenda-Wende unter Schröder eingeschlagen hat, der aber in den letzten Jahren von sozialdemokratischen Linksrhetorikern und Parteichef Gabriel zurückgedrängt worden ist. Auch koalitionsmäßig kann man sich nur schwer vorstellen, dass ein Steinbrück eine Partnerschaft mit den Altkommunisten der Linken oder den Chaoten der Piraten eingeht. Im Gegenteil, die Berliner Koalition wird doppelt aufpassen müssen: Erstens, weil der forsche Steinbrück Stimmen in der Mitte holt; und zweitens weil die SPD nun europapolitisch die Union sogar rechts überholen könnte. Denn bei einem Steinbrück scheint es Null Unterstützung für den Schuldenkurs des Franzosen Hollande zu geben. Womit wieder einmal der österreichische Tollpatsch Faymann und sein Lakai Ewald Nowotny blamiert dastehen. Vor allem Faymann ist seit Hollandes Machtantritt total auf dessen Kurs Richtung Schuldenpolitik eingeschwenkt. Er ist damit als erster Wiener Regierungschef seit Jahrzehnten auf Konfrontation zur deutschen Europa- und Währungspolitik gegangen.
Frank Stronach hat nun unter lautem Trommelwirbel seinen welthistorischen Tag gehabt. Der Inhalt dieses Tages: Er hat die bekannten und zwei, drei weitere Überschriften seiner neuen Bewegung verkündet. Das versprochene Programm blieb hingegen weiterhin aus, ebensowie die Nennung von gewichtigen Mitstreitern. Erst recht sind die Antworten auf einige zentrale Fragen ausgeblieben. Das stört massiv den positiven Eindruck, den einige der Überschriften an sich durchaus erwecken könnten.
Ganz offensichtlich versucht Stronach eine alte politische Erkenntnis zu nutzen: Je weniger konkret du bist, umso sympathischer bist du den Menschen. Dann kann jeder etwas ganz anderes in dich hineinprojizieren. Jeder konkrete Satz mit wirklichem Gestaltungsanspruch würde hingegen zwangsläufig bei einem Teil der Wähler auf Ablehnung stoßen. Daher der Ratschlag jedes Spin Doctors: Schau, dass du viel in die Medien kommst, aber bleib möglichst unkonkret und mach dir in keiner Wählergruppe Feinde.
Die Befolgung dieses Ratschlags ist Hauptergebnis der Stronach-Auftritte nach seiner langen Absenz aus Österreich. In dieser Zeit hätte er sich – neben seinen Pferden und sonstigen Vorlieben – eigentlich dem Nachdenken über zentrale politische Fragen widmen können. Da er das nicht getan hat, bleibt die Substanz des Hypes rund um den Austrokanadier sehr dünn.
Im wesentlichen finden wir weiterhin nur die recht holzschnittartigen und meist absolut nichtssagenden Phrasen des Austrokanadiers, die dann in schriftlicher Form von Werbeagenturen auf Hochglanz geglättet werden. Ist beispielsweise jemand imstande, in Stronachs Lieblingsphrase „Sozialökonomische Gerechtigkeit“ irgendeine konkrete Aussage zu erkennen? Was heißt „sozialökonomisch“? Was bedeutet Gerechtigkeit für Stronach?
Am meisten fällt inmitten dieser heißen Luft auf, dass zwei zentrale Fragen weiterhin offen und unbeantwortet sind:
Erstens ist unklar: Wer folgt Stronach, wer hat das Sagen, wenn dieser nicht mehr dazu imstande ist? Das ist eine mehr als legitime Frage, wenn ein über 80-Jähriger ohne irgendeine geordnete Struktur hinter sich plötzlich beschließt, Politiker zu werden. Stronach-Stimmen drohen daher für die nächsten fünf Jahre in einer undurchschaubaren Black box zu verschwinden. Wenn der Chef ausfällt, kommen dann plötzlich drittklassige Jasager mit einem Hang zum opportunistischen Parteiwechsel an die Macht.
An diesem großen Risiko können auch die Bemühungen der Werbeagenturen nicht vorbeischwindeln. Dass diesen das Defizit bewusst ist, zeigt jedenfalls die Homepage der Neobewegung: Dort wird Stronachs Leben zwar breit präsentiert, aber sein Geburtsdatum einfach verschwiegen. Das erinnert lebhaft an die Lücken in den Lebensläufen von Werner Faymann und Kurt Waldheim. Aus diesem Grund ist auch Stronachs runder Geburtstag völlig übergangen worden.
Das heißt nun nicht, dass sich ein 80-Jähriger nicht in der Politik betätigen darf oder soll. Ganz im Gegenteil. Aber wer eine so auf einen einzelnen Menschen zentrierte One-Man-Show aufzieht, muss sich schon die Frage gefallen lassen: Und was ist nach ihm? Ist da wer? Ein paar Kärntner Sonnenstudio-Besucher sind alles andere als eine ausreichende Antwort.
Auf diese Frage gibt es vor allem deshalb keine Antwort, weil praktisch jeder relevante Kopf, der bisher in die Nähe Stronachs gekommen ist, von der Schlichtheit und Beratungsresistenz des Ex-Industriellen in seiner hermetisch abgeschlossenen Phrasenwelt abgestoßen worden ist.
Zweitens: Wenn jemand sowohl ein ausgeglichenes Budget wie auch einen einheitlichen Steuersatz wie auch ein Freiwilligenheer ankündigt, ist er absolut unglaubwürdig, solange er keinerlei konkrete Einsparungsmaßnahme ankündigt, mit der das alles finanziert werden könnte. Denn die Ankündigung, bei der Verwaltung sparen zu wollen, haben wir nun bei Gott schon von allen Parteien gehört. Solange da nichts Konkreteres kommt, ist das bloß das Blaue vom Himmel. Da ist ja noch die SPÖ glaubwürdiger, die wenigstens offen ihre Steuererhöhungspläne zugibt.
Es wird spannend, ob es noch klare Antworten auf diese beiden Fragen geben wird. Was ich derzeit für eher unwahrscheinlich halte. Denn es ist ja bezeichnend, dass die Vorstellung des für September angekündigt gewesenen Programms nun gleich auf April verschoben worden ist. Sobald die Dinge über Schlagzeilen hinaus konkret werden müssten, tut sich Stronach offenbar enorm schwer.
Es ist daher spannend zu beobachten, wie lange der Hype um den Mann noch anhält. Normalerweise flaut so etwas in der schnelllebigen Medienwelt ja nach einigen Wochen total ab. Selbst Kriege wie jener immer blutigere in Syrien rutschen recht rasch aus dem Visier der Medien.
Manches deutet aber darauf hin, dass der SPÖ-gesteuerte ORF und der SPÖ-finanzierte Boulevard aus zwei Gründen den Hype noch länger fortsetzen werden. Erstens deuten Umfragen an, dass der Mann den rechten Parteien mehr schadet als den linken; während die Faymann-Medien umgekehrt die Piraten weitestgehend totschweigen, weil diese vor allem bei den Grünen, den eigentlichen Wunschpartnern ernten könnten. Zweitens hebt sich der Mann deutlich von der Fadesse des sonstigen politischen Personals ab. Damit ist er so gut für die Lese- und Einschaltquoten, wie es seit Jörg Haider keiner war.
Trotz all dieser kritischen Anmerkungen ist klar festzuhalten: Viele der Stronach-Überschriften klingen positiv und sympathisch. Freilich hat man die meisten schon in dem einen oder anderen Parteiprogramm und erst recht bei vielen Bürgerinitiativen gelesen. Pensionskonto, strengere Asylregeln, Absetzbarkeit von Sponsoring, Studiengebühren bei sinnlosen Studien, Flat tax, Gewinnbeteiligung. Diese Überschriften sind an sich ja durchaus erfreulich.
Sie heißen aber nicht viel, solange das Kleingedruckte fehlt. Solange Stronach die Frage beiseiteschiebt, wie dann bei einer staatlichen verordneten Gewinnbeteiligung etwa eine Verlustbeteiligung aussieht - oder ob das nur eine weitere Belastung der Wirtschaft ist. Sie heißen nicht viel, wenn Stronach keine konkrete Berechnung einer Flat tax vorlegt. Sie heißen nicht viel, solange er nicht laut zu sagen wagt, dass das von ihm verlangte „Pensionskonto“ ein deutliches Minus an Pension für jene bedeutet, die nicht viel und lange eingezahlt haben. Sie heißen nicht viel, solange er nicht klar sagt, ob er in der Asylfrage auch bereit ist, in Konfrontation mit europäischen und österreichischen Höchstgerichten samt deren asylantenfreundlicher Judikatur zu gehen.
Nichts anzufangen ist auch mit Stronachs Absage an die Wehrpflicht. Diese – im Parteienspektrum nicht ganz neue – Position würde nur dann Respekt verdienen, wenn Stronach auch mutig dazusagen würde, dass das nur mit einem gleichzeitigen Eintritt in ein Sicherheitsbündnis funktionieren kann. Und geradezu lebensgefährlich für die österreichische Wirtschaft ist sein Gerede von einem Austro-Euro. Angesichts des heutigen Misstrauens in den Finanzmärkten würde nämlich eine Katastrophe auf Österreich zukommen, sobald es nicht mehr dieselbe Währung wie vor allem Deutschland hätte. Daher ist es ziemlich bedrückend, dass Stronach in diesem Punkt nicht lernfähig ist. Oder aber, dass er sich nach der Stimmung an einigen provinziellen Wirtshaustischen richtet. Einfach statt Schilling Austro-Euro zu sagen ist ein ziemlich peinlicher Schmäh.
Trotzdem ist in der Summe Stronachs Antreten erfreulich. Denn endlich wird die außerparlamentarische Arena nicht nur von ein paar medial bejubelten Linkschaoten a la Occupy oder Attac beherrscht, sondern von einem, der – von allen kritischen Einschränkungen einmal abgesehen – prinzipiell den Mut hat, das Thema „Wirtschaft“ zum zentralen zu erklären.
PS.: Einen konkreten Verdacht muss man jedenfalls haben, seit man Stronachs jüngste Auftritte beobachten konnte: Ist das Hauptmotiv seines Auftreten etwa gar die Rache am Niederösterreicher Pröll, weil dieser einst die Genehmigung von Stronachs Mega-Kugel mitten im niederösterreichischen Flachland verhindert hatte? Pröll gegen Stronach: Das wird zur Brutalität.
Es wird ständig skandalöser: Die Berichterstattung des ORF erinnert in ihrer Einseitigkeit und parteiischen Manipulation immer stärker an totalitäre Medien der Klasse „Prawda“ und an die Berlusconi-Medien. Es ist absolut rätselhaft, weshalb die Majorität des österreichischen Parlaments das tatenlos hinnimmt.
Der erste Skandal betrifft die Berichterstattung über die ÖBB-Inserate: Um 15,29 Uhr ging die Meldung über die APA, dass die ÖBB im Jahr 2005 in einer SPÖ-Festschrift ein Inserat geschaltet haben. Das wurde von der Zeit im Bild vier Stunden später total verschwiegen. Aber nicht etwa, weil das Inserat zweifellos durchaus legal gewesen ist, sondern weil dessen Erwähnung dem knallroten Kampagnenmedium die parteipolitische Strategie durchkreuzt hätte: Denn die ZiB brachte sehr wohl einen ausführlichen Beitrag – aber einzig und allein darüber, dass dasselbe Inserat im selben Jahr ebenso legal in einer ÖVP-Broschüre erschienen ist. 1 Minute und 23 Sekunden lang – was im Fernsehen sehr viel ist – war das Schüssel-Inserat ein Thema, ohne dass das darin das SPÖ-Inserat auch nur andeutungsweise erwähnt worden wäre.
Und auch in der ZiB2 wird viel mehr und länger über das Schüssel- als über das Gusenbauer-Inserat berichtet. Dafür wird in völlig verwirrender Weise der vom SPÖ-Verlag Echo völlig legal gesponserte Häupl-Geburtstag dazugestellt. Und ein „News“-Schreiber, der kompletten Unsinn erzählt. Aber der große Skandal bleibt die ZiB1, die noch immer – relativ – meistgesehene ORF-Nachrichtensendung, in der daher die brutalste Propaganda stattfindet.
Brutaler, skandalöser, einseitiger geht’s nicht mehr. Aber die Genossen in der KommAustria werden sicher auch das total in Ordnung finden. Objektivitätsgebot hin und her. Das Gebot aus der Löwelstraße ist wichtiger.
Der zweite Skandal: Ein ganzer Fernseh-Abend wurde der Hetze gegen Ungarn gewidmet. Paul Lendvai durfte einen Film gestalten, in dem zu 80 Prozent nur Regierungsgegner zu Wort kamen, die sich extrem lange in diffusen Beschimpfungen der ungarischen Regierung ergehen konnten, ohne dass sich diese auch nur zu einem einzigen Vorwurf konkret rechtfertigen konnte. Selbstverständlich lässt sich in jedem Land der Welt ein so einseitiger Film machen. Wenn man es darauf anlegt. Und wenn man keine gesetzlichen Objektivitätspflichten hat. Die der ORF eigentlich hätte. Zusätzlich ist das Machwerk aus etlichen links kontrollierten Steuergeldtöpfen subventioniert worden – eine weitere Garantie für Unobjektivität.
Besonders auffällig ist: Obwohl der ORF in Budapest einen ausgezeichneten Korrespondenten hat, hat bei dieser Produktion Lendvai (und eine deutsche Kollegin) das Kommando gehabt. Das ist umso skandalöser, als Lendvai bekanntermaßen eine offene Rechnung mit der bürgerlichen Regierung Ungarns hat. Diese hatte in den Geheimdienstarchiven Unterlagen über ihn gefunden und veröffentlicht. Damit scheint bewiesen, dass Lendvai einst mit dem kommunistischen Geheimdienst kooperiert hat, dass er diesen über Treffen von Regimegegnern wie auch über ORF-Interna informiert hat.
In jedem anständigen Medium wäre daraufhin die Mitarbeit eines solchen Journalisten wohl umgehend beendet worden – insbesondere wenn dieser ohnedies schon die bei allen Nichtgenossen vom ORF brutal exekutierte Altersgrenze weit überschritten hat (Lendvai ist über 83 Jahre alt). Im ORF darf ein Lendvai hingegen weitermachen – und sogar Kampffilme gegen die jetzige Regierung seiner ehemaligen Heimat gestalten, statt sich wenigstens zum Thema Ungarn schamhaft zu verschweigen.
Drittes Beispiel: Der ORF gibt einem Schmieren-Buch eines Franzosen breiten Raum, der unter Ausnutzung des Amstettner Inzestverbrechens in der Familie F. Kassa machen will. Die wirre Grundthese des Mannes, der so gut wie keine Originalrecherchen betrieben hat, der nicht einmal deutsch kann: Das alles hänge mit dem Nationalsozialismus zusammen, Österreich wolle nicht nach der Wahrheit suchen.
Gewiss sollen auch solche Bücher im Rahmen der Meinungsfreiheit erscheinen können. Zumindest solange, bis die erzürnten Inzest-Opfer durch eine Klage sein Verbot erreichen (womit sie sich freilich sofort wieder aus ihrer neuen Identität herausbewegen müssten, was sie sofort wieder zum Objekt neuer Gossenschreiber machen würde, was sie daher nicht tun werden).
Aber niemand kann erklären, warum ein Mohammed-kritischer Film, den noch niemand ganz gesehen hat, von fast allen als Mist bezeichnet wird, der eigentlich nie produziert hätte werden dürfen; insbesondere auch von den sogenannten Kulturjournalisten, die sich jetzt an dem Inzest-Buch begeilen. Dieser Denunziations-Mist gegen wirklich unschuldige Opfer bekommt hingegen im linken Kampfsender ORF und in den von SPÖ-nahen Boulevard-Zeitungen breiteste Unterstützung und Gratiswerbung.
Drei Riesensauereien. Aber man kann nicht nur der SPÖ und ihren grünen Helfershelfern die alleinige Schuld daran geben. Immerhin haben im Parlament drei Parteien die Mehrheit, die ständig vom ORF in den Dreck gezerrt werden.
Hätten die noch irgendetwas in ihren zittrigen Knochen, dann würden sie schon längst einen Gesetzestext erstellen, der dem ORF endlich das Zwangsgebührenmonopol entzieht, der endlich Gleichberechtigung zwischen allen Fernsehsendern herstellt, der das Objektivitätsgebot endlich von Papier zur Realität verwandelt. Dieser Gesetzestext könnte dann ja in den letzten Tagen vor der Wahl ohne Rücksicht auf Koalitionsbindungen im Parlament beschlossen werden. So wie es ja auch Werner Faymann vor der letzten Wahl gemacht hat, was uns seither viele Milliarden gekostet hat. Eine solche ORF-Reform im koalitionsfreien Fenster würde dem Land hingegen viel ersparen.
Österreich hat einen der höchsten Spitzensätze der Einkommensteuer. Aber nicht einmal mehr die Industriellen-Vereinigung unter ihrer neuen „sozialliberalen“ Retro-Führung wagt es, in ihrem Steuermodell eine Reduktion zu fordern. Dabei war das noch in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts ein zentrales Thema.
Ziemlich seltsam. Gibt es doch außerhalb Europas lediglich in einer kleinen Karibikinsel einen höheren Spitzensteuersatz. Und auch in Europa ist dieser fast überall niedriger als hierzulande, insbesondere in sämtlichen Nachbarländern.
Das ist keineswegs nur ein Thema für ein paar Superreiche. Gilt doch in Österreich der höchste Steuersatz schon bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro, während in Deutschland der niedrigere Spitzensatz erst bei 250.000 Euro einsetzt. Gewiss verdienen viele auch nicht die 60.000 Euro. Aber das wird sich wohl angesichts der Gelddruckaktionen der Zentralbanken und fünfprozentiger Lohnforderungen bald ändern. Davon sind zumindest alle politik- und staatsunabhängigen Ökonomen überzeugt.
Nun wenden manche ein, in Zeiten einer Schuldenkrise sollen die Reichen doch ordentlich herangezogen werden. Dem kann man in der Theorie viel abgewinnen. Es ist aber doch eher fragwürdig, ob deswegen auch deutlich höhere Steuersätze als in anderen Ländern „gerecht“ sind, die ein verschwenderisches Verwaltungs- und Sozialsystem abkassiert.
Ein noch viel gewichtigeres Argument hat KPMG herausgearbeitet. Deren Studie zeigt, dass der Spitzensteuersatz vor allem im Standortwettbewerb schädlich ist. Denn mit Sicherheit haben leitende Angestellte internationaler Konzerne – ohne viel davon zu reden – sehr genau auf ihren persönlichen Steuersatz geschaut, wenn sie reihenweise Mittel- oder Osteuropa-Zentralen in anderen Ländern ansiedeln. Auch gut verdienende Künstler und Sportler wählen aus diesem Grund nur selten Österreich als ihren Steuerwohnsitz.
Der etwas niedrigere effektive Steuersatz durch die sanfte Behandlung des 13. und 14. Gehalts von Lohnsteuerzahlern ist hingegen wenig sichtbar, wie KPMG analysiert. Dieses Lohnsystem versteht im Ausland nämlich niemand. Dort wird höchstens gehöhnt: „Habt ihr in Österreich etwa 14 Monate?“ Bei den wirklichen Spitzenverdienern ist durch den Solidarbeitrag der Vorteil ohnedies schon fast verschwunden. Wobei auch hier die Einkommensgrenze, ab der man ein „wirklicher“ Spitzenverdiener ist, niedriger liegt als in Deutschland jene für ganz normale Spitzenverdiener. Um an die Befristung dieses Solidarbeitrags bis 2016 zu glauben, muss man sehr naiv sein. Fordert doch die SPÖ schon jetzt offen die Abschaffung der Befristung.
Beim Spitzensteuersatz gilt dasselbe wie für die Vermögenssteuer: Während man lange streiten mag, was da gerecht ist, kann man nicht mehr über ihren Sinn streiten, wenn höhere Steuersätze der Volkswirtschaft und dem Gesamtsteueraufkommen schaden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Und schon wieder verschafft uns die SPÖ einen neuen Anlass zu lautem Lachen. Diesmal agieren in den Hauptrollen der ÖBB-Betriebsrat und der Herr Kräuter. Langsam wird freilich die Frage dringend: Braucht diese Partei nicht eine Kabarett-Lizenz?
Die wegen des Inseratenskandals schwer in den Seilen hängende SPÖ glaubte, endlich einen Anlass zum Gegenangriff gefunden zu haben: Die ÖBB hatten einst in einer ÖVP-Festschrift für den damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (so wie viele andere Firmen) ein Inserat um 17.000 Euro geschaltet. Was nun im Zuge der Entlastungsoffensive in der schwer von SPÖ-Inseraten profitierenden Illustrierten „News“ groß als Skandal hinausposaunt wurde. Worauf umgehend der Herr Kräuter nach dem Staatsanwalt rief und worauf vor allem der bisher sehr schweigsame ÖBB-Betriebsrat sofort Zornes-Schaum vor dem Mund bekam: Die Vorwürfe würden „eins zu eins in das Korruptionsdickicht der ÖVP“ passen. Und die Belegschaftsvertreter erstatteten sofort Anzeige.
Blöd für die auf Simultanknopfdruck Empörten war nur: Die Schwarzen waren diesmal gar nicht schläfrig. Binnen Stunden gruben sie ein identisches ÖBB-Inserat in einer SPÖ-Festschrift aus der gleichen Zeit aus. Das machte Betriebsrat und Kräuter wie auch die Vorfeld-Gazette „News“ plötzlich stumm. Es war, wie wenn man einen Luftballon mit einer Nadel angestochen hätte.
Die Staatsanwälte können daher die Anzeigen beruhigt zur Seite legen.
Was sie freilich auch sonst mit Sicherheit tun hätten müssen: Weder die Anzeige in schwarzen noch jene in roten Heften aus Schüssel-Gusenbauer-Zeiten ist in irgendeiner Weise mit den Faymann-Ostermayer-Inseraten zu vergleichen.
Und das keineswegs nur wegen des um Potenzen geringeren Betrags, um den es geht.
Denn erstens gibt es hier nicht einmal theoretisch die Möglichkeit des Verbrechens der Untreue. Zweitens waren die Inseraten-Sujets ganz normale der ÖBB und nicht von Betriebsfremden arrangierte. Drittens ist daher in den Inseraten zum Unterschied von den Faymann-Sujets keine Beschimpfung der ÖBB enthalten. Viertens ist in den Inseraten keinerlei Schleichwerbung für einen Politiker enthalten. Fünftens sind die Inserate von der ÖBB selber vereinbart worden und nicht von einem dafür unzuständigen Politiker. Sechstens liegt auch keine Verletzung des Aktiengesetzes vor. Siebentens lässt der geringe Preis der Anzeigen keinerlei Verdacht aufkommen, dass dadurch das schon fix beschlossene ÖBB-Werbebudget nachträglich einem Politiker zuliebe überzogen und über das Ausmaß der Vorjahre hinaus gesteigert worden ist. Und achtens gibt es bei den Inseraten für die Schüssel-ÖVP und die Gusenbauer-SPÖ auch keinen Hinweis auf den Tatbestand der direkten Erpressung von Vorständen durch die Drohung, dass sie andernfalls den Posten verlieren würden.
Dass die SPÖ, wenn auch mit mehr peinlichen als tauglichen Mitteln, die Verteidigung ihres Parteichefs versucht, ist ja noch irgendwie nachvollziehbar. Das Widerlichste an dieser Episode ist aber, wie sich der ÖBB-Betriebsrat da rein parteipolitisch einspannen lässt. Damit ist letztlich jeder einzelne Eisenbahner mitschuldig, wenn er einen solchen Betriebsrat wählt, der die Faymann-Affäre völlig tatenlos hingenommen hat, der auch nie erkennbare Sorgen gezeigt hat, dass gegen den eigenen Aufsichtsratspräsident ein mit starken Indizien unterlegtes Strafverfahren läuft, und der dann Aussendungen im übelsten Kräuter-Rudas-Jargon formuliert. Dazu kommt eine ÖBB-Führung, die in ihren Archiven nach Inseraten für die Schwarzen gräbt, die aber jene für die Roten im Archiv lässt.
Schon für die eigene Seelenhygiene sollten wir es uns bisweilen in Erinnerung rufen: Es gibt in der Politik nicht nur Skandale wie den aussagescheuen Bundeskanzler oder die leichtfertige Zustimmung von Regierung und Nationalbank zu den europäischen Turbo-Schuldenvermehrern EZB und ESM. Es gibt auch durchaus kluge, interessante und innovative Vorschläge. Diese sind es wert, nicht nur berichtet, sondern auch realisiert zu werden.
Und jedenfalls ist es nicht richtig, fast ständig das Negative in den Vordergrund zu rücken (In diesem Satz ist auch etliches an Selbstkritik enthalten). Heute ist daher wieder einmal Besserung angesagt.
Lobenswert ist jedenfalls die neue Idee, Maturanten eine einjährige Lehre anzubieten. Dadurch könnte erstens der Facharbeitermangel reduziert werden. Dadurch könnten zweitens diese wichtigen Berufe auch eine qualitative Aufwertung erfahren. Dadurch würde drittens der Druck abgemildert, um jeden Preis Fachkräfte aus dem Ausland zu importieren. Viertens ist es auch einem Maturanten zumutbar, wenn er sich bisweilen schmutzig machen muss. Und dadurch würden fünftens viele aus der Sackgasse Matura herausgeholt. Denn es ist allemal besser, eine gute Lehre (plus Matura) in einer Branche mit Nachwuchsmängeln zu haben, als jahrelang halt als letzten Ausweg ein brotloses Studium zu belegen. Was ja für viele die einzige Alternative ist, wenn sie weder an Fachhochschulen noch bei Medizin und Wirtschaft die Aufnahmshürden überstehen.
Der Vorschlag ist zu loben, auch wenn ihn ausgerechnet der sonst selten lobenswerte Christoph Leitl öffentlich geäußert hat. Ob am Ende bei manchen Berufen vielleicht statt 12 doch 15 oder 18 Monate nötig sein sollen, ist eine Detail-Frage, die die Praxis beantworten wird. Bei Maturanten kann man ja wohl doch davon ausgehen, dass ihnen weder Berufsschule noch Lehrherr noch all das beibringen müssen, was bei den normalen und viel jüngeren Lehrlingen notwendig ist, um die ärgsten Lücken zu füllen.
Amüsiert kann man freilich eines zur Kenntnis nehmen: Die von einigen Ahnungslosen ausgestreute Forderung, Österreich müsse seine Akademikerquote deutlich heben, ist mit dieser Diskussion nun wohl ad acta gelegt. Denn ein Maturant kann ja normalerweise nicht zweimal recycled werden.
Diese Fixierung auf die angeblich zu erhöhende Akademikerquote war sowieso schon immer ein Unsinn. Eine von Arbeitgebern kaum nachgefragte Ausbildung ist deshalb keinesfalls sinnvoller oder gesellschaftlich wertvoller, wenn man halt dabei den eigenen Namen auch um ein paar Buchstaben wie MA oder Bacc erweitern kann. Eher peinlich war übrigens die Reaktion eines RfW-Vertreters. Der Freiheitliche verlangte umgehend, anstelle dieses neuen Ausbildungsweges sollte man doch den bisherigen Lehrbetrieben eine kräftige Subvention spendieren. Als ob dadurch die Lehrlinge mehr würden.
Weniger überraschend ist, dass Sebastian Kurz regelmäßig gute Vorschläge produziert. Er hat nun den Kampf dafür aufgenommen, dass sprachunkundige Migrantenkinder vor der Aufnahme in eine normale Klasse noch in eine konzentrierte Spezialklasse zum Deutsch-Lernen gehen müssen.
Damit verlieren sie zwar meist ein Jahr, können aber dann dem Unterricht mit Verständnis folgen. Und riskieren nicht, dass sie eines Tages Richtung Sonderschule abgeschoben werden. Also auf einen finalen Entsorgungsplatz.
Eine Intensivierung des Kampfes um bessere Deutschkenntnisse der Migranten ist dringend notwendig. So sprechen sogar von den in Österreich geborenen 15-Jährigen noch über 77 Prozent zuhause eine andere Sprache. Dieser Prozentsatz ist weit höher als in jedem vergleichbaren anderen Land. Das macht jeden Kampf gegen eine solche Verbesserung des Deutschunterrichts fast schon zum Verbrechen. Aber Njet gesagt ist halt allemal leichter als Sinnvolles produziert.
Daher sollte man das eifersüchtige Gezänk der Unterrichtsministerin, die den Kurz-Vorschlag als einen zur Schaffung angeblicher „Ghettoschulen“ gleich abgelehnt hat, nicht einmal ignorieren. Sie wird wohl ohnedies nicht mehr allzu lange Ministerin bleiben.
Richtig ist auch der Vorschlag der FPÖ, der dann von der SPÖ unterstützt worden ist, Staatsverträge künftig vorweg vom VfGH prüfen zu lassen. Das wird wiederum aus schwer verständlichen Gründen von der ÖVP abgelehnt. Denn die gegenwärtige Lage ist ja absurd, wo der VfGH erst im nachhinein schon beschlossene Staatsverträge prüfen kann. Was dann aber sinn- und wirkungslos ist. Denn Österreich kann einen einmal ratifizierten und dem Ausland notifizierten Staatsvertrag nicht mehr rückgängig machen oder ändern. Das wäre ein glatter Bruch des Völkerrechts. So ist der Rechtsstaat hilflos gegen verfassungswidrige Staatsverträge. Das kann es ja nicht sein.
Würde der VfGH solcherart aufgewertet, könnte man seinen Richtern im Gegenzug die unselige „Idee einer Gesetzesbeschwerde“ abdrehen, die sie gerade zu erkämpfen versuchen. Die VfGH-Richter wollen sich dadurch nämlich hinterrücks zum Obersten Oberstgericht machen – sich also auch über den Obersten Gerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof stellen.
Was soll an dieser Gesetzesbeschwerde schlecht sein?
Sie bringt die gut funktionierende Architektur des Rechtsstaats durcheinander. Und sie wird vor allem eines bewirken: Sie wird zu einer deutlichen Verlängerung der Verfahrensdauer führen. Denn wer vor dem Obersten Gerichtshof verloren hat und sich etwa vor einer größeren Zahlungsverpflichtung fürchtet, der wird alles tun, um die Sache weiter zu verzögern. Dafür bekäme ein solcher Zeitschinder mit dem Gang vor den VfGH künftig stärkere Waffen. Und die wird er daher auch kräftig ausnutzen.
Wer aber vorgibt, durch den VfGH würden in einem Promille der Fälle noch bessere beziehungsweise „gerechtere“ Urteile ergehen, der lügt sich etwas vor: Denn wenn die Verfahren deutlich länger dauern, bis sie endlich rechtskräftig abgeschlossen sind, dann reduziert das die Gerechtigkeit und Effizienz des Justizsystems viel mehr, statt sie zu vermehren. Schon die in den letzten Jahren immer häufiger notwendig gewordene Schleife über den Europäischen Gerichtshof hat ja viele Verfahren schmerzhaft verlängert.
Außerdem sollte man nicht unterschätzen: Das recht flotte Tempo der österreichischen Gerichte ist ein wichtiger Standortvorteil. Es ist gut für die Wirtschaft, wenn Streitigkeiten rasch entschieden sind. Selbstredend bezieht sich das Lob nicht auf die Staatsanwaltschaft, die als Folge der neuen Strafprozess-Reform nun deutlich länger braucht, bis sie einen Prozess zur Anklage oder Einstellung bringt. Und die in den meisten Fällen gar nichts tut.
Eigentlich sieht in ganz Österreich – mit Ausnahme der VfGH-Richter selbst – niemand einen Handlungsbedarf. Weder gegen den Verwaltungs- noch den Obersten Gerichtshof gibt es irgendeine seriöse Kritik, dass diese Häuser juristisch schlecht urteilen, sodass ihnen eine Oberinstanz draufgestülpt werden müsste. Beide vor der Entmündigung stehenden Gerichtshöfe unterbrechen ja ohnedies sofort jedes Verfahren, wenn sie den leisesten Verdacht haben, dass hier österreichisches Recht im Widerspruch mit jenem der EU oder mit der Verfassung stünde. Überdies geht es beim OGH fast nur um private Rechtsfragen, wo ein politischer – und politisch besetzter – Gerichtshof wie der VfGH sich eigentlich nicht einmischen sollte.
Man verzeihe, dass es jetzt doch wieder kritischer geworden ist. Daher noch einmal zurück zu den drei gelobten Vorschlägen: Es spricht nichts dagegen, dass alle drei noch vor den Wahlen ausdiskutiert und beschlossen werden. Das wäre immerhin ein Signal, dass die Regierung nicht schon ganz vom Korruptionskeim angefault ist. Was man übrigens auch wörtlich nehmen könnte.
Es ist erschreckend. Immer öfter hört man aus den verschiedensten Ecken den Ruf nach einer eigentlich längst für tot gehaltenen Figur: Der Ruf gilt dem „wohlmeinenden Diktator“. Besonders in der Klimadebatte, aber auch rund um die europäische Schuldenkrise wird laut nach ihm verlangt. Die Demokratie versage, ein Diktator sei die bessere Lösung. Wobei jeder Rufer freilich davon ausgeht, dass dieser Diktator die Meinung des Rufers teilt und durchsetzt. Jeder andere Diktator wäre zweifellos sofort ein böser und kein „wohlmeinender“ mehr.
Besonders deprimierend ist, dass sich kaum noch jemand diesen Frontalattacken auf die Demokratie entgegenstellt. Die Befürchtung wächst, dass das nicht deshalb geschieht, weil Demokratie ohnedies tief verankert und selbstverständlich ist, dass solche Vorschläge an ihr abperlen müssen. Vielmehr ist eine wachsende Demokratie-Müdigkeit zu konstatieren.
Ganz unverblümt hat dieser Tage etwa der norwegische Professor Jorgen Randers den Ruf nach einem Diktator ausgestoßen. Er ist einer der Chefberater des Club of Rome, eines überaus einflussreichen grünen Thinktanks. Seine Forderung: Es brauche eine Diktatur auf Zeit, um den Anstieg von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre zu beenden; die Parlamente könnten solche Probleme nicht lösen.
Erstaunlich ähnlich sind viele zum Teil schon realisierte Therapieanssätze in der Schuldenkrise. Der italienische Ministerpräsident Mario Monti etwa ist ja nichts anderes als ein solcher wohlmeinender Diktator; er regiert, obwohl er von niemandem gewählt worden ist. Auch in Griechenland herrschte nach Ausbruch der Krise eine Zeitlang eine nie gewählte Regierung. Ebenso wird die regelmäßig in die diversen Krisenstaaten anreisende Troika aus EZB, Währungsfonds und EU-Kommission von vielen als Diktatur verstanden. Umgekehrt fühlt sich auch die große Mehrheit der Deutschen und Österreicher angesichts der von ihnen abgelehnten Politik einer de facto unbegrenzten Übernahme fremder Schulden zunehmend von einer Diktatur regiert.
Gewiss sind all diese Fälle in vielen Details unterschiedlich. Aber überall sind es nicht die Bürger, sondern nur eine Elite, nur einige Profiteure, die diese Formen einer Diktatur als wohlmeinend empfinden.
Sind aber nicht viele dieser Fragen in der Tat zu kompliziert, um sie demokratisch, also durch die Bürger selbst entscheiden zu lassen? Dass die richtige Antwort auf die Schulden-Krise oder auf Klima-Fragen schwierig ist, sei unbestritten. Tatsache ist aber auch, dass in beiden Bereichen auch alle Abgeordneten und Minister ahnungslos sind. Sie antworten nur mit leeren Phrasen, wenn sie von Bürgern kritisch angesprochen werden. Dabei sind ja sie es, die die Entscheidungen treffen, weil die Fragen zu komplex für die Bürger wären. Der Kern dieser Phrasen ist dann immer die Berufung auf meist ungenannt bleibende Experten.
Nun ist aber Tatsache, dass es auch unter den jeweiligen Experten die unterschiedlichsten Einschätzungen gibt.
Zehntausende Naturwissenschaftler haben sich etwa öffentlich gegen die offizielle These der globalen Erwärmung gestellt. Ein Teil von ihnen weist die Behauptung zurück, dass die tatsächlich stattfindende Erderwärmung (die es in der Erdgeschichte schon oft und auch in stärkerem Ausmaß gegeben hat) Schuld der Menschen sei. Der andere Teil wiederum arbeitet unabhängig von der Schuldfrage heraus, dass Erwärmungsphasen der Erdgeschichte alles in allem exzellente Perioden für die Menschheit, deren Ernährung und die Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt gewesen sind.
Beim Finanzthema wiederum gibt es Hunderte Spitzenökonomen, welche die europäische Politik einer sich ständig steigernden Übernahme fremder Schulden vehement kritisieren. Unter den deutschsprachigen Wirtschaftsexperten, die nicht von Regierungen, Parteien oder Lobbies (etwa durch „Forschungsaufträge“) abhängig sind, bilden diese Kritiker zweifellos die Mehrheit.
Das ist nun in beiden Fällen sicher noch kein Beweis, dass diese Experten und nicht die von der Regierung bestellten Recht haben. Das ist aber sehr wohl ein Beweis übler Manipulation, wenn die Regierungen so tun, als ob die Meinungen der Experten kongruent wären.
In beiden Themen gilt aber: Weder die eine Seite noch die andere kann ihren Standpunkt mit der in exakten Wissenschaften notwendigen Schärfe und Klarheit beweisen. Aber am Schluss sind es immer die Menschen, welche die Konsequenzen zu tragen haben.
Daher kann es überhaupt keinen Grund geben, die Gefahren, Chancen und Wahrscheinlichkeiten unterschiedlicher Strategien nicht in aller Offenheit mit den Bürgern zu diskutieren. Dazu braucht es ganz gewiss eine intensive Debatte, in der alle Experten – nicht nur die gekauften und abhängigen – vor den Bürgern ihre Meinung deponieren können. Wozu gibt es schließlich öffentlich-rechtliche Medien, die viel an Zwangsgebühren kassieren? Um solche Diskussionen – etwa vor einem Referendum – zu ermöglichen, wären aber auch die vielen Steuergelder besser eingesetzt, die weiterhin auf diversen dunklen Inseraten- und Kooperations-Kanälen in bestimmte Printmedien fließen.
Aber statt dass solche offene Diskussionen ermöglicht werden, wird mit der angeblichen Überlegenheit von Experten-Wissen von oben über die Menschen drübergefahren. Aus gutem Grund. Denn gerade in diesen Fragen dominieren die Herrschaftsinteressen der politischen Klasse und die Experten sind nur deren Wasserträger.
Politiker wollen beim nächsten Wahltag wiedergewählt werden. Da ist es ihnen völlig gleich, ob sie irgendwann einmal – wenn sie vielleicht schon tot sind – in der Sache recht bekommen. Daher entscheiden sie sich immer für die kurzfristig nützliche Variante und nie für das, was langfristig am besten wäre. Daher lassen sie immer nur jene Experten zu Wort kommen, die ihren kurzfristigen Interessen dienen.
Daher schieben sie wie ein zusammenkrachender Unternehmer jeden Gedanken an den Bankrott immer wieder beiseite. Obwohl der zumindest in Hinblick auf Griechenland längst hätte eingestanden werden müssen. Die Politik kann mit dieser Konkursverschleppung (bei einem Unternehmer oder Bürger ein kriminelles Delikt!) die unvermeidlichen Folgen des Bankrotts hinausschieben, die vom Dominoeffekt des Ausfalls griechischer Kreditrückzahlungen bis hin zur großen Blamage für die Staatenlenker reichen. Sie kaufen freilich Zeit nur durch eine gigantische Vermehrung des Risikos. Am Schluss sind dann die Folgen des lange verheimlichten Bankrotts viel dramatischer und gehen weit über Dominoeffekte und Blamage hinaus.
Aber vorerst gelingt es ihnen eben noch, das hinauszuschieben. Dazu nehmen sie Schulden über Schulden auf, pressen immer mehr Steuergeld aus den Menschen heraus, und lassen hemmungslos neue Banknoten drucken. Dass damit die Folgen des unvermeidlichen Konkurses noch viel katastrophaler sein werden, dass dieser hinausgeschobene Konkurs dann nicht mehr nur Griechenland, sondern zwangsläufig immer mehr Länder erfassen wird, ist ihnen egal. Hauptsache, sie können noch einmal schnell die nächsten Wahlen gewinnen. Oder zumindest den Mandatsverlust in Grenzen halten.
Ganz ähnlich ist das Selbstverständnis der Spitzenmanager großer Banken und Unternehmen. Sie wissen alle, dass die Schuldenpolitik mit Sicherheit in einen Mega-Crash führen muss. Aber so mancher Spitzenmanager denkt sich ähnlich den Politikern: Dass EZB und Regierungen den Konkursantrag hinausschieben – wenn auch nur durch unverantwortliche neue Schulden, Haftungen und Gelddruckaktionen –, ist gut für den eigenen Bonus. Jetzt kann man noch ein paar Monate länger ohne die schockartigen Auswirkungen eines Staatsbankrotts (oder mehrerer) die eigenen Geschäfte fortsetzen. Jetzt gibt es noch einmal ein brauchbares Bilanz- oder Quartals-Ergebnis.
Regierungen wie so manche Bankchefs (siehe etwa die Aussagen der Bank Austria) handeln daher alles andere als reinen und ehrlichen Herzens. Sie berufen sich aber dennoch auf die angebliche Überlegenheit ihres „Experten“-Wissens.
Die Schuldenkrise ist der beste Beweis, dass echt demokratische Prozesse zu besseren, jedenfalls ehrlicheren Ergebnissen führen würden als die interessengesteuerten „Experten“- und Eliten-Entscheidungen.
Ein hervorragendes Beispiel für das schlechte Funktionieren autoritärer Entscheidungen ist Italien: Auch ich war anfangs von vielen Ankündigungen und Vorhaben Mario Montis begeistert. Aber von Woche zu Woche zeigt sich mehr, dass ein Monti von oben nicht die Realität der italienischen Gesellschaft an der Basis verändern kann. Verwaltung, Gewerkschaften, Wirtschaft und Bürger des Apenninlandes wissen nämlich: Der Mann ist ohnedies bald wieder weg. Daher werden zwar die meisten von Monti verlangten Gesetze beschlossen, aber mangels des entscheidenden bürgergesellschaftlichen Konsenses nicht wirklich angewendet.
Ähnliches hatte man auch in Griechenland beobachten können: ein paar Prozesse, ein paar Razzien, wenn gerade ausländische Journalisten da sind, aber keine wirkliche Änderung des Landes. Solange andere zahlen, wird man sich doch wegen des Geredes von Diktatoren auf Zeit nicht ernsthaft ändern.
Auch in der Klima-Debatte dominieren viele auf den ersten Blick nicht sichtbare Interessen im Hintergrund.
Da gibt es etwa das Interesse von Wissenschaftlern an hohen Forschungs-Förderungen, die man durch möglichst dramatisierende, wenn auch unbewiesene Behauptungen über Erwärmungs-Katastrophen in Fünfzig Jahren lukrieren kann. Da gibt es das Interesse der Alternativenergie-Industrie an Aufträgen. Da gibt es das Interesse der Atomwirtschaft an ihren im Vergleich zum behaupteten CO2-Weltuntergang harmlos erscheinenden Kraftwerken. Da gibt es das Interesse vieler Industriesparten an Absatzförderung durch angeblich klimafreundliche Gesetze, wie etwa denen über ein Verbot der billigen Glühlampen. Und last, not least ist die Klimapanik für Politiker ein ideales, ethisch wertvoll klingendes Argument, um Gebühren und Steuern erhöhen zu können, um weitere Macht zu akkumulieren.
Gewiss ist es auch für den Einzelnen nicht leicht, sich zwischen all diesen Desinformationen zu bewegen und der Wahrheit näherzukommen. Man denke nur an die esoterischen und verschwörungstheoretischen Unsinnigkeiten, die in machen NGOs verbreitet werden. Aber es kann dennoch kein Zweifel sein: Den diversen Lobbies gelingt es in politischen Hinterzimmern leichter als in aller Öffentlichkeit, ihre Interessen durchzubringen. Daher kämpfen sie nicht nur gegen eine Vertiefung der Demokratie etwa durch obligatorische Referenden, sondern sogar für eine Knebelung der gegenwärtigen ohnedies nur repräsentativen Demokratie.
Das treffendste Zitat zur Verteidigung der Demokratie hat dieser Tage der tschechische Präsident Vaclav Klaus formuliert: „Vor allem nach unserer Erfahrung aus dem Kommunismus wissen wir sehr gut und vielleicht besser als die Menschen in Westeuropa, dass der Demokratieprozess wichtiger als das Ergebnis ist.“
Selbst wenn sich die eine oder andere Entscheidung einer echten Demokratie eines Tages als Fehler erweisen sollte, ist dieser Fehler für die Bürger eher erträglich als Fehler von über sie drüberfahrenden Machthabern. In Demokratien sind Fehler vor allem viel leichter behebbar; niemand muss ja dort als allwissender Herrscher auftreten und daher aus Angst vor einem Gesichtsverlust an falschen Entscheidungen festhalten.
Auch die restliche Geschichte jenseits der besonders üblen, aber sich selbst als wohlmeinend ausgebenden Kommunisten lehrt: So mancher Diktator fängt zwar „wohlmeinend“ an, aber fast jeder wird noch sehr übelmeinend, sobald er merkt, dass die Menschen anders denken als er. Und jedenfalls sind für einen Diktator (und insbesondere seine unmittelbare Umgebung) die Verlockungen der Macht viel zu groß, als dass er sich nicht rasch daran gewöhnen und sie auch mit brutalen Mitteln verteidigen könnte. Die Beispiele eines völlig freiwilligen Verzichts auf Macht sind rar.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Wiener Medizin-Uni baut den nächsten Skandal – und jetzt hilft dabei auch der Wissenschaftsminister mit.
Die MUW hat durch die gezielte Diskriminierung männlicher Studenten bei den Aufnahmsprüfungen Riesen-Mist produziert. Praktisch alle unabhängigen Experten sind inzwischen sicher, dass die dadurch benachteiligten jungen Männer beim Verfassungsgericht gewinnen werden und anschließend gewaltige Schadenersatzforderungen stellen können. Daher versucht die MUW, die Fronten zu begradigen – und schafft 60 zusätzliche Studienplätze. Aber statt diese nur den Geschädigten, also Männern, zu geben, wird verkündet, dass die Plätze auch an Frauen gehen werden. Womit allem Anschein nach schon wieder die nächste Gleichheitswidrigkeit stattfindet. Aber was will man von einer Uni, deren Spitze Freimaurer-verseucht ist, und deren Universitätsrat von einem Erhard Busek geleitet wird? Was freilich wirklich wundert, ist, dass die MUW jetzt für ihren Unsinn vom Wissenschaftsminister auch noch extra Geld bekommt. Der Mann ist doch bisher durch Mut und Vernunft aufgefallen. Hält er es für nachvollziehbar, wenn die einen ideologisch motivierten Schwachsinn bauen, und die anderen, in diesem Fall die Allgemeinheit, zahlen müssen?
Ganz Österreich hat auf das Ende der Sommerpause von Armin Assingers Millionenshow gewartet. Jetzt ist es endlich da, mit unerwarteten Gästen.
Und wir dürfen wieder bangen, ob der Telefon-Joker zieht. Oder nicht gleich wieder auflegt.
Endlich gibt uns unsere Regierung wieder Grund zum Schmunzeln.
Doris Bures ist aus dem sommerlichen Dauerschlaf aufgewacht. Nachdem sie noch schnell, schnell vor dem neuen Mediengesetz all ihre Inseraten-Budgets ausgeschüttet hatte, war sie ja offensichtlich weggetreten oder auf Nachdenkposition. Nun hat sie das Ergebnis des Nachdenkens präsentiert: Sie will ein gesetzliches Handyverbot während des Radfahrens. Spricht da etwas dagegen? Keineswegs, ein weniger an Handygesprächen wäre sogar der Verkehrssicherheit durchaus dienlich. Gegen diese Initiative spricht nur, dass schon bei den Autofahrern das Handyverbot in keiner Weise durchgesetzt wird. Denn die Polizisten lieben nur ihr elektronisches Spielzeug: Radarpistolen und die neuen Alkotester. Solange es keinen Handytester gibt, wird weiter mit dem Handy in der Hand nicht nur auto-, sondern auch radgefahren werden. Genauso wie nächtens ohne Licht; wie bei Rot über Kreuzungen; wie mit großen Paketen unter dem Arm; wie mit vollem Tempo auf Gehwegen; oder wie mit lautstarken Kopfhörerstoppeln in beiden Ohren, deren Lärm die Fahrsicherheit total reduziert. Alles längst verboten. Fazit der Bures-Initiative: Es gibt halt wieder ein Gesetz auf dem geduldigen Papier.
Ein Moment zum Innehalten: Rudi Anschober, Doris Hummer und die Politik.
Hie und da sollten wir uns erinnern, dass auch Politiker nur Menschen sind. Der oberösterreichische Grün-Landesrat Anschober fällt wegen eines Burnouts dreieinhalb Monate aus, und seine schwarze Kollegin Hummer wird im Amt Mutter und muss daher gleichzeitig pausieren. Beides sind ausnehmend sympathische Politikerfiguren. Und beide Fälle sollten an die menschliche Dimension des Politikerdaseins erinnern – die Politiker selber wie auch uns. Natürlich ist das eine ein trauriger, das andere ein erfreulicher Moment. Aber beides ist imstande, das Politikerdasein zu relativieren, daran zu erinnern, dass anderes wichtiger ist. Die junge Mutter – und kluge Schulpolitikerin – wird in den nächsten Jahren wie viele Frauen die schwierige Wahl zu treffen haben, sich entweder doppelt aufzureiben oder den geliebten Politikjob aufzugeben. Und Anschober – eine Ausnahmeerscheinung unter den Grünen – lässt uns fragen, ob wir nicht viel zu viel von unseren Politikern verlangen: Jedes kleine Feuerwehrfest braucht einen, jeder betagte Geburtstag (wenn nicht skurrile Datenschützer künftig erzwingen, dass die Behörde plötzlich die Daten der Bürger vergessen muss) soll durch einen Politiker verziert werden, ebenso wie jede Kindergartenrenovierung und jede Bezirksparteisitzung, dazu kommen Interviews auch mit dem kleinsten Bezirksblatt wie Tausend andere Dinge. Dazwischen sollte auch noch irgendwie regiert oder gar nachgedacht werden über den Inhalt des Regierens. Vernachlässigt ein Politiker auch nur eine dieser Aufgaben, sind wir zornig. Wie er dennoch ein normales und gesundes Leben führen soll, ist uns egal. Denn eigentlich brauchen wir sie ja nur, um über sie zu schimpfen.
Politiker | Partei | Jahr | Vergehen | Strafe |
Franz Olah | SPÖ | 1969 | Missbräuchliche Verwendung von Gewerkschaftsgeld |
1 Jahr Haft |
Bruno Kreisky | SPÖ | 1989 | Bezeichnung von Simon Wiesenthal als "Nazi-Kollaborateur" |
bedingte Geldstrafe |
Hannes Androsch | SPÖ | 1989 | Falsche Zeugenaussage (Steuercausa) | Geldstrafe 900.000 ATS |
Friedrich Niederl | ÖVP | 1989 | Beteiligung an Untreue ("Bundesländer") |
zwei Jahre bedingt |
Fred Sinowatz | SPÖ | 1992 | Falsche Zeugenaussage ("Waldheim-Affäre") | Geldstrafe 360.000 ATS |
Leopold Gratz | SPÖ | 1993 | Falsche Zeugenaussage (Lucona) | Geldstrafe 450.000 ATS |
Karl Blecha | SPÖ | 1993 | Beweismittelfälschung, Urkundenunterdrückung (Noricum) |
9 Monate bedingt |
Walter Meischberger | FPÖ | 1998 | Abgabenhinterziehung (FC Tirol) | Geldstrafe 500.000 ATS |
Peter Rosenstingl | FPÖ | 2001 | Schwerer Betrug, Untreue | 7 Jahre Haft |
John Gudenus | FPÖ | 2006 | NS-Wiederbetätigung | ein Jahr bedingt |
Peter Westenthaler | BZÖ | 2008 | Falsche Zeugenaussage ("Prügel-Affäre") |
6 Monate bedingt |
Susanne Winter | FPÖ | 2009 | Verhetzung, Herabwürdigung religiöser Lehren |
Geldstrafe 24.000 € |
Uwe Scheuch | FPK | 2012 | Vorteilsannahme ("Part of the game") | 7 Monate bedingt (nicht rechtskräftig) |
Josef Martinz | ÖVP | 2012 | Untreue, illegale Parteienfinanzierung | kein Urteil, geständig |
Ernst Strasser | ÖVP | 2012 | Bestechlichkeit (Lobbying) | Prozessbeginn November |
Die Situation vieler Diplomaten in islamischen Ländern war in den letzten Tagen bedrohlich, für einige Amerikaner sogar tödlich. Die westliche Welt begann darauf aus lauter Angst zentrale Fundamente ihrer eigenen Rechtsordnungen zu zertrümmern. Dabei machen auch viele Medien in führender Rolle mit, die nicht begreifen, dass sie damit auch ihre eigene Existenzgrundlage vernichten.
Islamische Prediger hatten Millionen Gläubige wegen eines – weitgehend unbekannten! – amerikanischen Amateur-Films und einiger französischer Karikaturen zu hasserfüllten Demonstrationen und blutigen antiwestlichen Gewaltakten aufgestachelt. Tatsache ist auch, dass andere islamische Prediger sehr gelassen und weise reagiert haben – besonders hervorzuheben ist ein österreichischer Religionspädagoge, der im ORF-Radio klügere Sätze formuliert hat als die meisten hiesigen Zeitungskommentatoren und die meisten europäischen Politiker, die sich zu dem Thema geäußert haben. Der schon mehr über Meinungsfreiheit weiß als diese. Der erstmals wirklich die Hoffnung gibt, es könnte das Pflänzchen eines in unsere Rechtsordnung passenden toleranten Euro-Islam doch noch aufblühen.
Bis auf einen exzellenten Kommentar des (eigentlich gar nicht ressortzuständigen) Franz Schellhorn zu diesem Thema in der „Presse“ fanden sich nämlich sowohl in dieser Zeitung wie auch in allen anderen von mir gelesenen Kommentaren nur Texte, die einem die Zornesader schwellen ließen. Fast überall wurde rhetorisch und unterschwellig ein Gleichgewicht des Bösen hergestellt. Hier ein (angeblich) schlechter und provokativer Film, dort Morde und Gewalttaten. Hier die Ursache, dort die bedauerlichen Folgen.
Sind solche Kommentatoren eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Begreifen sie denn alle nicht, dass diese scheinbar objektive Äquidistanz ein unglaublicher Skandal ist? Man kann doch auch nicht den Hitlerschen Überfall auf Polen mit antideutschen Leitartikeln in polnischen Zeitungen vor dem 1. September 1939 austarieren! Um ein Beispiel aus der manchen Autoren ja einzig bekannten Geschichtsepoche zu holen.
Mit all diesen Kommentaren wird nämlich viel mehr als durch irgendwelche Demonstrationen eine fundamentale Grundlage des westlichen Rechtsstaats zertrümmert: Über eventuelle verbale Delikte sind einzig und allein die Gerichte zum Urteil berechtigt. Niemals darf private Rache ein auch nur indirekt akzeptiertes Instrument werden. Niemals darf eine subjektiv empfundene Provokation Mord und Totschlag rechtfertigen oder auch nur relativieren.
Noch schlimmer ist, dass in jenen Kommentaren zugleich ein weiteres Fundament des Rechtsstaats missachtet wird: das fundamentale Menschenrecht auf Meinungsfreiheit. Aber genau das passiert, wenn so getan wird, als ob die angeblich schlechte Qualität und aggressive Tonart eines Filmes oder die angeblich provokative Absicht eines Karikaturisten irgendeine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigen. Das Wesen der Meinungsfreiheit besteht jedoch nicht darin, dass ein Dritter dasselbe sagen darf wie ich. Ihr Kern ist vielmehr, auch unerwünschte, unerquickliche, provokative Aussagen hinnehmen zu müssen (und mit gleicher Münze darauf antworten zu können).
Diese Meinungsfreiheit ist das wahrscheinlich wichtigste Fundament der westlichen Kultur und Demokratie. Da ist ihre angebliche – in Wahrheit gar nicht definierbare – Ausweitung zu einer Freiheit der Kunst gar nicht mehr notwendig. Obwohl ja mancherorts so getan wird, als ob die Meinung eines Künstlers höher stünde als jene eines normalen Menschen.
Aber jedenfalls sind Filme und Zeichnungen auch künstlerische Ausdrucksformen, die Anspruch auf diesen erhöhten Schutz haben, falls es den geben sollte. Oder sollte da gar jemand meinen, nur „gute“, nur mainstreamige Filme oder Karikaturen wären als Kunst zu schützen, jedoch keine „schlechten“? Das wäre absurd. Denn dann bekäme eine Handvoll Kulturjournalisten das Recht in die Hand, in jedem Einzelfall mit ihren total subjektiven und meist völlig widersprüchlichen Urteilen das letzte Wort über den Schutz der Meinungsfreiheit beziehungsweise Kunstfreiheit zu haben.
Natürlich stecken hinter all diesen Kommentaren zwei ganz andere Ursachen: Einerseits die knieschlotternde Angst vor aggressiven Moslems; andererseits die typischen islamophilen Denk-Verzerrungen linker Gutmenschen. Wenn ein Film des von ihnen angebeteten Ulrich Seidl fromme Katholiken verhöhnt, wird das verherrlicht. Wenn das mit Moslems passiert, wird ein Film fast automatisch als schlecht und damit verbrecherisch eingestuft.
Damit glauben zwar viele Journalisten, aufs erste die eigene Macht zu erhöhen. Aber sie begreifen nicht, dass sie damit langfristig die eigene Existenzgrundlage gefährden, also das, wofür unsere Vorväter mehrere Generationen lang gekämpft haben: die allgemeine Meinungs- und damit insbesondere auch Pressefreiheit.
Die europäischen Machthaber lesen jedenfalls all diese Kommentare wider die Meinungsfreiheit schon begierig. Sie haben sofort erkannt, dass man nun den lästigen Journalisten und Bürgern mit deren eigenen Argumenten einen Maulkorb umhängen kann. Haben die doch selber nach einem solchen Maulkorb gerufen!
So blöd sollte eigentlich kein Journalist sein, dass er nicht begreift: Wenn die Obrigkeit wieder einen „schlechten“ Film verbieten darf, dann darf sie das mit der gleichen Argumentation künftig auch bei jedem für nicht objektiv erklärten und daher „schlechten“ Leitartikel. Welche Leitartikel etwa die Herren Faymann oder Ostermayer derzeit für sehr unobjektiv halten, braucht im übrigen wohl nicht lange erläutert zu werden.
Einige Zitate zeigen schon die Lust der internationalen Politik an der Zensur (wobei man übrigens erfreulich wenig einschlägige Aussagen österreichischer Politiker dazu findet. Bisweilen ist auch schon Schweigen ausreichender Anlass zum Lob):
Die unerquickliche Liste ließe sich lange fortsetzen. Der Objektivität halber sei hinzugefügt, dass es auch einige mutige Verteidiger der Freiheit in den Reihen der Politik gibt. Wenige freilich nur.
Nun werden manche die legitime Frage einwenden, ob wir etwa bei der Meinungsfreiheit nicht zu weit gegangen sind und Religionen zu wenig schützen. Das kann man sicher in aller Ruhe prüfen.
Bei einer wirklichen Erweiterung dieses Schutzes und damit einer Einschränkung der Freiheit sollte man aber sehr vorsichtig sein. Denn auch die Religionen sollten sich bewusst sein, dass die von den liberalen Vorvätern erkämpfte Meinungsfreiheit ja auch ihnen zugute kommt. Oder würden es Christen als gut empfinden, wenn Fürsten wie bis ins 18. Jahrhundert wieder die Rechtgläubigkeit von Predigten überprüfen könnten, in dem einen Land halt nach katholischer, im anderen nach evangelischer Art?
Entscheidend ist vor allem, dass es bei dieser Religionsschutz-Diskussion um eine Gleichbehandlung aller Religionen gehen muss und nicht nur um den Islam, weil der halt am aggressivsten ist!
Denn es ist Tatsache, dass diese Diskussion regelmäßig bei Satiren auf den Islam aufbrandet, bei solchen auf das Christentum hingegen nie. Das deutet entweder auf ziemliche ideologische Verblendung oder auf übergroße Angst hin. Wenn es Angst ist, mögen dies bitte die europäischen Staatsführer wenigstens offen zugeben und sagen: „Wir waren nicht nur außerstande, die Währung zu schützen; wir sind auch außerstande, Europas Sicherheit gegen islamische Hass-Taten zu verteidigen.“ Was natürlich keiner je sagen wird.
Wie einseitig die jetzige politische und mediale Aufregung ist, zeigt auch ein Bericht des „Observatory on Intolerance and Discrimination against Christians in Europe“. Es hat nicht weniger als 730 Fälle von Intoleranz gegen Christen in Europa aufgelistet. Ohne dass ich die im einzelnen nachprüfen kann, kenne ich selbst den Fall einer jungen Juristin, die mit lauter Spitzenbewertungen in den Zeugnissen nur wegen des seit einigen Jahren vorgeschriebenen psychologischen Gutachtens als Richter abgelehnt worden ist: Beim Gespräch mit dem „Gutachter“ hatte dieser freilich nur einen einzigen Aspekt thematisiert, nämlich die Frömmigkeit der Frau. Also kann nur das der Grund gewesen sein, warum sie nicht genommen wurde – beweisbar ist das freilich nicht. Für mich steht ohnedies seit langem die Objektivität all dieser Psycho-Gutachten in Zweifel.
Zurück zu der sich verbreitenden Christianophobie: Diese zeigt sich jedenfalls auch daran, dass weder Medien noch Politik den vom Obervatory aufgezählten Fällen irgendwelche Aufmerksamkeit zollen. Hingegen springen die Medien immer begeistert auf, wenn ein durch das rote Rathaus finanzierter Wiener Verein Fälle der Diskriminierung von Zuwanderern auflistet.
Tatsache ist ebenso, dass in Österreich schon zwei Frauen wegen antiislamischer Meinungsdelikte verurteilt worden sind, während die filmische Verhöhnung gläubiger Christen von den Medien bejubelt und von der Politik aus Steuermitteln gefördert wird.
Diese Verzerrungen des Zeitgeists und vor allem die Bedrohung unserer Verfassungsfundamente sollten uns viel mehr besorgt machen als das bedauerliche, aber unvermeidliche Berufsrisiko von Diplomaten in fremden Ländern. Wir sollten natürlich alles tun, um sie zu schützen, bis hin zum Abzug aller Diplomaten aus solchen Ländern. Wir sollten aber deswegen oder wegen der Angst vor islamistischen Demonstranten in unseren eigenen Straßen um keinen Millimeter von unseren Grundrechten abweichen. Wer hier den kleinsten Kompromiss macht, verliert alles.
PS.: Warum zeige ich eigentlich nicht selbst hier demonstrativ solche Karikaturen? Ganz abgesehen von Copyright-Fragen will ich nicht die religiösen Gefühle eines anderen ohne tieferen Grund verletzen. Ich will das aber selbst entscheiden und keinesfalls von der Obrigkeit zu irgendeinem Respekt gezwungen werden. Und ich will auch weiterhin eine Religion scharf, satirisch und sonstwie tadeln, die sich nach den zwei großen Totalitarismen nachweislich als die blutrünstigste, aggressivste, frauenfeindlichste und intoleranteste Ideologie der letzten 1300 Jahre erwiesen hat. Ich will das aber gerade angesichts der Größe der Bedrohung in aller Ernsthaftigkeit tun und gerade bei diesem Thema nicht in die Satire abgleiten.
(Nachträglich: Danke an alle Partner, die mich auf einen peinlichen Vertipper in Sachen Polen aufmerksam gemacht haben!)
Die SPÖ hat nach Rückeroberung des Bundeskanzleramtes sofort die dort installierte Bioethikkommission ausgetauscht. Diese wird seither durch ideologische Freunde dominiert. Das Ergebnis dieser Ideologisierung sieht man jetzt.
Um den jüngsten Beschluss jener Kommission zu verstehen, muss man sich eine Tatsache in Erinnerung rufen: Der Partei und ihren Freunden ist letztlich nur eines wichtig, das sind Wählerstimmen. Und da kann man schon seit etlicher Zeit die Bemühung beobachten, angesichts bröckelnder Stammwähler-Unterstützung in Radikalfeministinnen und lesbischen Paaren eine neue Fan-Gruppe zu finden (obwohl die fast alle fest grün verankert sind).
Die Mehrheit dieser Kommission will solchen Paaren wie auch alleinstehenden Frauen nun das Recht auf Erzeugung eigener Kinder im Labor geben. Ihr ist es schnurzegal, dass die Chancen dieser Kinder auf ein glückliches Leben signifikant reduziert sind. Kinder können ja nicht wählen. Der Kommissions-Mehrheit ist es auch schnurzegal, dass zumindest ein Teil der Ärzte von großen medizinischen Risken und geringen Erfolgschancen dieser Kinderproduktionsmethoden spricht.
Dennoch wird diese Empfehlung spätestens zu jenem Zeitpunkt Gesetz, falls es vielleicht doch einmal eine rot-grüne Mehrheit im Parlament gibt (die ja von den Wählern seit 30 Jahren verhindert worden ist). Oder falls in der ÖVP noch einmal der linke Josef-Pröll-Christoph-Leitl-Flügel die Macht übernehmen und wieder gesellschaftspolitischen Mode-Dummheiten zustimmen sollte.
In ethischen Fragen sollte es eigentlich absolut tabu sein, wenn man solche grundlegenden Regelveränderungen mit bloß 15 von 25 Stimmen annimmt.
Auf Grund des Gleichheitsgrundsatzes wird der Verfassungsgerichtshof wohl eines Tages ein den Kommissions-Wünschen entsprechendes Gesetz vervollständigen: Er wird logischerweise auch männlichen Paaren die Anschaffung von Kindern aus dem Reagenzglas mit nachfolgender Miete einer Leihmutter erlauben. Was man lesbischen Paaren erlaubt, kann man ja männlich-schwulen Paaren dann nur noch schwer verwehren. Und ein Verfassungsgerichtshof, in den zuletzt zwei rote Politruks aus Politikervorzimmern geschickt worden sind, wird das umso weniger tun.
Diese Bioethik-Kommission – sie wagt es tatsächlich, das Wort „Ethik“ zu verwenden! – empfiehlt ja allen Ernstes auch, einem männlichen Paar die Adoption zu erlauben. Auch hier wieder, ohne die ernsthaften Studien zur Kenntnis zu nehmen, die vor den Folgen einer solchen „Elternschaft“ für die Kinder warnen. Und ohne Rücksicht auf die Tatsache, dass es selbst für normale Eltern seit langem viel zu wenig Kinder gibt, die sie adoptieren könnten.
Man kann ja bei einer solchen „Ethik“-Kommission fast schon von Glück reden, dass sie aus Männern und Frauen bestehenden Elternpaaren noch nicht die Adoption verboten hat. Herrscht doch im linken Furor homosexualis eine wachsende Verachtung für jede normale Familiensituation, für die man auch schon ein Schimpfwort gefunden hat: „heteronormativ“.
Aber was will man von einer Partei, deren Vorsitzender nach Ansicht der Mehrheit der Österreicher ins Gefängnis gehört? Und was will man von einer Kommissions-Vorsitzenden, die Vizerektorin der rathaus-abhängigen MUW ist? Hat diese vor vielen Jahren renommierte Universität doch gerade bei den Aufnahmsprüfungen die massivste Diskriminierung von Angehörigen eines Geschlechts beschlossen, die es in der jüngeren österreichischen Geschichte zu verzeichnen gab.
PS.: Könnte es gar sein, dass es an der MUW Ärzte gibt, die sich durch solche neuen Kinderproduktionsfabriken das große Geschäft erhoffen? Aber wie schreiben rechtsunkundige Journalisten ständig: Es gilt die Unschuldsvermutung.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Diese Woche war eine der düstersten für den Parlamentarismus und für die Parteien - mit Ausnahme der Grünen. Der bis dato am besten arbeitende Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Großkorruption im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts hat sich selbst in einer Form anrüchig gemacht, die ihresgleichen sucht. SPÖ und ÖVP gebührt der Oscar für diese völlig konfuse und inakzeptable Darbietung. Sie ist vergleichbar mit der miesen Darstellung, die sie abgeliefert haben, als der U-Ausschuss zur Aufklärung der Vorgänge beim Kauf der Eurofighter abgedreht wurde. Dennoch und gerade deswegen war und ist der Korruptions-Ausschuss für diese Republik in seiner langfristigen Wirkung überaus wertvoll. Er hat mit Sicherheit mehr reinigende und aufklärerische Wirkung als viele Appelle, Gesetze und sonstige Maßnahme, die nötig sind, um die in einem Rechtsstaat geltenden Regeln für alle durchzusetzen. Das Agieren jedes und jeder Einzelnen vor dem Korruptionsausschuss zeigt mehr als viele TV-Beiträge, Analysen, Kommentare oder gar Inserate, was von ihm oder ihr zu halten ist. Dass sich der Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende der Aussage verweigert ist daher nicht nur skandalös, sondern geradezu ruinös für sein Standing. Ihm wird die Öffentlichkeit nun zu Recht ständig die Frage vorlegen, was er zu verbergen habe, wo und in welchem Zusammenhang er die Unwahrheit gesagt habe. Hut ab aber vor der zurückgetreten Vorsitzenden des U-Ausschusses, Gabriela Moser. Die Grüne hat eine neue Rücktrittskultur in diesem Land etabliert. Sie und ihre Parteifreunde beschämen damit alle anderen Angehörigen der politischen Kasten. Neben den Erkenntnissen, die der U-Ausschuss gebracht hat, ist dies das wichtigste Ereignis.
Andreas Unterberger
Dieser U-Ausschuss war eine Katastrophe für Rechtsstaat und Demokratie. Das wird auch beim nächsten Ausschuss der Fall sein, wenn nicht endlich grundlegende Regeln geändert werden. Die Behauptung, dabei wäre irgendetwas aufgedeckt worden, ist eine fromme Lüge. Die Parteien haben lediglich vorhandene Justizakten an die Öffentlichkeit spielen können. Mit dem einzigen Nutzen, dass diesmal nicht nur Personen rechts der Mitte in ein Zwielicht gerieten.
Nie wieder sollte künftig ein Parlamentarier den Vorsitz haben. So wie in England braucht es einen erfahrenen Richter oder Rechtsanwalt. Nur ein neutraler und starker Verhandlungsleiter kann Zeugen schützen und Exzesse à la Petzner oder Pilz verhindern, deren Vorverurteilungen an totalitäre Schauverfahren erinnern.
Nie wieder sollte ein U-Ausschuss parallel zu Strafverfahren stattfinden. Denn zahllose Zeugen sind auch Beschuldigte und entschlagen sich daher der Aussage. Besonders arg war das Kapitel Telekom-Bestechungen. Da mussten zwar die siebenten Zwerge von hinten aussagen, aber niemals der mutmaßliche Haupttäter. Denn dieser wird von der Staatsanwaltschaft in einem fragwürdigen Deal als "Kronzeuge" geschützt.
Nie wieder sollte eine Kanzlerpartei so böse Aktionen setzen können wie die SPÖ. Sie verhinderte brutal, dass ihr Chef Faymann - zum ersten Mal unter Wahrheitspflicht! - aussagen muss. Sie tut so, als ob Ausschüsse zur Verfolgung ihrer Gegner da wären, aber nicht zur Kontrolle der Regierung. Auch hier wäre Abhilfe leicht durchzusetzen: Künftig müsste jede Fraktion das Recht bekommen, zumindest einen Zeugen durchzusetzen.
Nie wieder sollten wir uns dem Glauben hingeben, dass die Rückkehr zu einem anständigen Österreich durch einen Ausschuss erfolgen kann. Das kann nur eine mutige und objektive Justiz. Die sich auch vor Bundeskanzlern nicht fürchtet.
Es ereignete sich vor wenigen Minuten: Mitten während der Englisch-Nachtragsmatura wurde eine Korrektur der zentralen Testaufgabe via Mail nachgesendet.
Jene Schuldirektoren, die während der Unterrichtszeit – noch dazu, wenn gerade ein Matura-Termin läuft! – nicht ständig ihre Mails lesen, haben halt Pech gehabt. Oder ist Mail lesen nun schon die erste Lehrerpflicht? Pech haben freilich auch die Kandidaten gehabt, die gerade zum zweiten Mal um das Reifeprüfungszeugnis kämpfen. Zwar meinte das von der Unterrichtsministerin finanzierte Institut „bifie“, das neben der Gesamtschulpropaganda auch die Zentralmatura zu erledigen hat, in dem Mail an alle Schulen nonchalant, der Fehler wäre „nicht relevant“. Aber jeder, der einmal die Nervosität einer Prüfungssituation kennengelernt hat, weiß natürlich, dass fehlerhafte Angaben total irritieren und zu einem Scheitern führen können. Diesmal waren in der Angabe einfach drei Wörter „abgeschnitten“, wie es das bifie mit einem hölzernen Anglizismus in seinem Korrektur-Mail formuliert. Das hatten zuvor einige aufmerksame Lehrer beim Lesen der Angabe bemerkt. Irgendwie hat Hannes Androsch wenigstens einmal recht: Er ruft die Wähler zu einer Reaktion auf das Chaos an unseren Schulen auf. Das wird in der Tat zur ersten Bürgerpflicht. Denn jeder, der diesmal einen Englisch-Fünfer bekommen sollte, hat beste Chancen, diesen zu beeinspruchen.
Tagebuchleser wissen: Jeden Freitag gibt es in den „Salzburger Nachrichten“ unter meiner Mitwirkung eine Kontroverse zu einem aktuellen Thema. Was viele vielleicht nicht wissen: Zu jeder Kontroverse findet auch immer ein Voting statt. Mit erstaunlichen Ergebnissen.
Man kann auf der Internet-Seite der Zeitung wöchentlich elektronisch abstimmen, ob man zur jeweils aktuellen Frage meinem Standpunkt recht gibt oder jenem meiner Diskussionspartnerin (oder keinem der beiden). Warum ich heute daran erinnere, hat einen einfachen Grund: Diese Abstimmung hat noch nie ein so klares Ergebnis gebracht wie beim letzten Mal. Denn auf die Frage „Ist Faymanns Inseratenaffäre ein Rücktrittsgrund?“ unterstützten nicht weniger als 341 von 358 Lesern meinen Standpunkt. Das sind mehr als 95 Prozent der Abstimmenden. Jetzt muss ich wohl demütig genug sein um zuzugeben: Das liegt zweifellos weniger an meiner lichtvollen Argumentation, sondern vor allem an der überwiegenden Überzeugung der Salzburger Leser in der Sache: Dieser Kanzler muss gehen.
Frankreich erlebt eine ökonomische Lehrstunde erster Güte. Der Irrglaube, durch noch höhere Steuern Löcher in der Staatskasse füllen zu können, erleidet dort soeben dramatischen Schiffbruch.
Francois Hollande erhöht zur Finanzierung seiner Wahlversprechungen die Einkommensteuer für Jahreseinkommen über einer Million Euro von bisher maximal 50 auf stolze 75 Prozent. Da sich von dieser Einkommensgrenze kaum jemand betroffen fühlte, schadete ihm das bei der Wahl nicht. Da davon in der Tat kaum jemand betroffen ist, wird diese neue Steuer aber auch nichts bringen, wie jetzt klar wird. Hollande muss zugeben, dass nur ein „symbolischer“ Beitrag herauskommen wird. Es gehe lediglich um 2000 bis 3000 Personen.
Freilich ist auch diese Zahl mehr als fraglich. Denn fast jeder Betroffene überlegt nun intensiv, ob er ins Ausland übersiedeln soll. Damit verlöre Frankreich nicht nur deren Einkommensteuer zur Gänze, sondern auch deren Investitionen und Ausgaben.
Als Ziel ist die Schweiz mit ihren besonders niedrigen Steuern attraktiv. Und auch Großbritannien erweist sich als beliebte Variante. Premier Cameron hat den Zuziehenden sogar schon einen Roten Teppich versprochen. In der französischen Elite kann heute so gut wie jeder Englisch. Lediglich das britische Klima ist ein wenig abschreckend.
Freilich werden die ersten abreisenden Investoren vom französischen Boulevard öffentlich beschimpft. Folglich übersiedeln viele eher heimlich. Besonders leicht können Künstler und Individual-Sportler das tun, unter denen etliche sehr gut verdienen, wenn auch meist nur wenige Jahre lang. Die Stars reisen ja ohnedies ständig durch die Welt, um an Turnieren teilzunehmen oder in großen Opernhäusern zu singen. Daher ist es für sie persönlich weitgehend egal, wo sie pro forma ihren Hauptwohnsitz haben. So hat ja einst etwa auch ein Thomas Muster lieber im freundlichen Monaco Steuern gezahlt, obwohl er sportlich immer als Österreicher aufgetreten ist.
Die französische Regierung hat in diesem Dilemma schon überlegt, Ausnahmebestimmungen für Künstler und Sportler zu beschließen. Dagegen haben aber wieder sofort jene Medien protestiert, die bei der Reichenjagd begeistert mitgemacht haben und die nun enttäuscht sind, dass die Beute so mager ist.
Die französischen Erfahrungen beweisen, dass es überhaupt nur noch zwei Steuern gibt, die man mit nennenswerten Ertrag erhöhen könnte, weil es keine Fluchtmöglichkeiten gibt: Erstens die Mehrwertsteuer; das aber scheint bei den Wählern unbeliebt, weil dann alles teurer wird. Und zweitens die Grundsteuern, sofern man keine Ausnahmen macht. Deren Erhöhung würde jedoch das Wohnen teurer machen, die Kosten für die ohnedies schwer ächzende Wirtschaft erhöhen und insbesondere die ohnedies nicht allzu reichen und jedenfalls militanten Bauern treffen.
Nüchterne, wenn auch nicht ganz neue Erkenntnis: Es führt letztlich kein Weg ums Sparen und unpopuläre Maßnahmen herum, wenn man griechische Verhältnisse vermeiden will.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Quelle: Rechnungshof: Bundesrechnungsabschluss 2011
Quelle: Rechnungshof: Bundesrechnungsabschluss 2011
Nach der Destruktivität, die ein Peter Pilz seit Jahren in all seinen politischen Aktionen ausstrahlt, ist der mutige Rücktritt seiner Parteifreundin Gabriela Moser ebenso konstruktiv wie lobenswert. Und überraschend. Jetzt sind die Koalitionsparteien unter schwerstem Zugzwang. Sie wissen aber nicht mehr, wie weiter. Die ÖVP ist nach dem kurzen Kraftanfall in Sachen Wehrdienst wieder total knieschwach. Und die SPÖ redet sich mit immer skurrileren Vorschlägen zur Rettung ihres unhaltbar gewordenen Parteichefs in einen ständig größer werdenden Wirbel hinein. Das wahre Finale in diesem Zirkus wird freilich auf ganz anderer Ebene gespielt werden.
Die SPÖ steht blamiert da: Ein Bundeskanzler, der sich nicht traut, vor dem Parlament unter Wahrheitspflicht auszusagen, dem die Staatsanwaltschaft Lügen nachsagt, ist in einer Demokratie absolut untragbar. Ebenso untragbar wäre es auch, wenn sich Faymann zwar der Befragung stellt, sich aber dann unter Verweis auf seinen Beschuldigten-Status bei allen relevanten Fragen der Aussage entschlagen sollte. Auch immer mehr Genossen begreifen: Der Mann hängt nur noch groggy in den Seilen, die lediglich aus drei übel beleumundeten Boulevardblättern und dem ORF bestehen (und auch bei diesem hat sich zumindest Armin Wolf neuerdings der Seilschafts-Dienste entzogen).
An Faymanns katastrophaler Lage ändert auch die nach einem Tag der Schockstarre kreierte neueste Entlastungsidee der SPÖ nichts: Faymann könnte nun zwar eventuell doch aussagen. Er will dies aber nur zwei Stunden lang tun und zusammen mit allen anderen Regierungsmitgliedern, die Inserate geschaltet haben.
Das ist überhaupt nur noch zum Lachen. Erstens kann keine ernsthafte Befragung unter Zeitlimit stattfinden. Diese Frist könnte Faymann locker mit den üblichen Luftblasen eines Berufspolitikers übertauchen. Zweitens und vor allem: Es ist eine unglaubliche Sauerei, das Schalten von Inseraten eines Ministers (oder Bundeskanzlers) mit den Taten zu verwischen, die Faymann in Hinblick auf ÖBB und Asfinag zu verantworten hat.
Denn ein Minister gibt bei Inseraten Gelder des von ihm geleiteten Ministeriums aus. Da kann man viel kritisieren, wie es etwa das Tagebuch insbesondere auch in Hinblick auf den schwarzen Unglücksminister Berlakovich in scharfer Form getan hat. Aber das sind rein politische Bewertungsfragen.
Die Taten Faymanns und seines Helfershelfers Ostermayer haben jedoch ganz andere Qualität: Hier geht es um den kriminellen Griff in die Kassen von ÖBB und Asfinag, über welche die beiden laut Gesetz (zum Unterschied von ihrem eigenen Ressortbudget) eben nicht verfügen hätten dürfen. Hier geht es um das Verbrechen der Untreue und möglicherweise auch jenes der Erpressung.
Denn die laut Gesetz völlig unabhängig gestellten Vorstände jener Aktiengesellschaften sind von dem roten Duo allem Anschein nach glatt erpresst worden: Entweder ihr zahlt für die von uns bei befreundeten Verlegern bestellten Inserate oder ihr fliegt. Sie zahlten. Und flogen dann dennoch (Aber das ist schon wieder die andere Geschichte über dumme wie charakterlose Menschen, die glauben, man könne mit Politikern vom Typus eines Faymann dealen).
Die jeweiligen Vorstände zahlten zähneknirschend und wider besseres Wissen: obwohl diese Inseratenserien von ÖBB und Asfinag nicht geplant und inhaltlich nicht beeinflusst waren. Obwohl die Werbebudgets der beiden Konzerne als Folge der Faymann-Deals plötzlich exorbitant in die Höhe geschnalzt sind. Obwohl viele der von der ÖBB zu bezahlenden Inserate die ÖBB heruntergemacht haben. Obwohl die Beschlüsse, die Inserate zu zahlen, oft mehr als ein halbes Jahr nach Erscheinen der ersten Inserate gefallen sind.
Wer diese Vorgangsweise in einen Topf wirft mit Inseraten eines Ministers auf Kosten seines Ministeriums, der ist blöder, als die Polizei erlaubt. Oder er hält uns für so blöd.
Die ÖVP wiederum ist vor allem feig. Sie fürchtet sich vor Neuwahlen. Sie möchte diese möglichst weit hinausschieben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil in den letzten Wochen dieses Jahres praktisch gleichzeitig die zwei für die Schwarzen peinvollen Prozesse gegen die Herren Strasser und Mensdorff-Pouilly in aller Breite angesetzt sind.
Die Schwarzen ignorieren, dass Juristen im Fall Mensdorff höchstens eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sehen. Die Schwarzen ignorieren weiters die Chance zu sagen: „Schaut, wir haben uns rasch von den üblen Gesellen in unseren Reihen getrennt. Die SPÖ hingegen hält an Faymann und Ostermayer trotz all ihrer nachgewiesenen Lügen fest.“
Offenbar findet sich in der gegenwärtigen ÖVP-Spitze nur dann ein Rückgrat, wenn ihr dieses vom St. Pöltner Landeshauptmann eingezogen wird. Der aber zieht nur selten Rückgrate ein – und das immer nur zum eigenen Nutzen und immer aus den falschen Anlässen: Einmal setzte Erwin Pröll die schwache Monika Lindner als ORF-Chefin durch (obwohl es viel bessere Kandidaten gegeben hätte); ein andermal erzwang er eine Volksbefragung über die Wehrpflicht (deren Gefahren und Problematik hier schon breit analysiert worden sind).
Das offensichtliche Grundproblem der Schwarzen: Sie haben den Glauben an sich selbst verloren. Sie suchen gar nicht mehr nach einer Alternative zur gegenwärtigen Regierungsformel. Sie übersehen, dass die bürgerlichen Wähler vor allem deshalb von der ÖVP enttäuscht sind, weil sich diese – mit der einzigen Ausnahme Schüssel – immer als billige und willige Mehrheitsbeschafferin für die Linke hergegeben hat. Das ist für die ÖVP viel schädlicher als alle Strassers zusammen.
Jetzt aber zum großen Aber rund um die Ausschuss-Aufregungen: Eigentlich ist es ziemlich egal, wie das parteipolitische Kasperltheater endet. Entscheidend ist nur, was sich in der Justiz abspielt. Denn im Parlament wird ohnedies jeder noch so peinliche Faymann-Auftritt von seiner Partei und den vier Trägermedien der SPÖ zu einem Triumph des Parteichefs hochgejubelt werden.
Entscheidend ist nur, ob es zu einer Anklage gegen Faymann und Ostermayer kommt. Dafür liegen aber seit einigen Wochen die Chancen keineswegs so schlecht, wie es nach außen scheint. Hinter den Kulissen der Staatsanwaltschaft steht es derzeit wirklich Spitz auf Knopf. Und lediglich Faymann merkt zum Unterschied von Ostermayer auf Grund seiner Intelligenzdefizite nicht, wie große die Gefahr (für die Bürger: Hoffnung) ist, dass er im kommenden Jahre wirklich vor den Richter treten muss. Womit sich die Partei dann plötzlich einen neuen Spitzenmann suchen müsste.
Michael Häupl, der einzige strategische Kopf in der SPÖ, erkennt diese Gefahr hingegen sehr wohl. Und er ist daher derzeit schon heftigst unterwegs, um auch in nichtigsten Anlässen Grund zur Ausrufung baldiger Neuwahlen zu finden. Die sollten dann noch vor einer Anklage gegen Faymann stattfinden, ist Häupls Spekulation.
Das einzige, was in der Analyse noch offen bleiben muss, ist die Frage: Hat die ÖVP erkannt, wie gefährdet Faymann ist? Sollte sie das erkannt haben, dann muss man ihr wegen der zuvor geäußerten Kritik sogar Abbitte leisten. In diesem Fäll müsste die ÖVP nämlich wirklich alles vermeiden, was in den nächsten Monaten der SPÖ einen Vorwand zum Bruch der Koalition geben könnte. Dann wäre ihre gegenwärtige Feigheit taktisch sogar grenzgenial.
Aber für all das bräuchte man eigentlich einen strategischen Denker irgendwo in der ÖVP. Der müsste jedoch auch dem kleinen Beobachter schon einmal aufgefallen sein . . .
PS.: Bei allem Jubel der Medien über den Ausschuss bleibt das Urteil eindeutig: Solche Ausschüsse sind eine Katastrophe. Sie sind das erstens, wenn sie parallel zu Justizverfahren laufen. Nicht nur weil sich dadurch ständig Befragte der Aussage entschlagen haben, sondern auch weil etwa in der Telekom-Affäre der Hauptschuldige von der Staatsanwaltschaft unter eine schützende Käseglocke gestellt worden ist. Sie sind aber zweitens auch deshalb katastrophal, weil Ausschusssitzungen bisweilen den Charakter eines Schauprozesses angenommen haben, insbesondere der Herrn Petzner und Pilz wegen. Daher sollte es erst dann einen neuen Ausschuss geben dürfen, wenn ein unabhängiger Richter oder alterfahrener Rechtsanwalt den Vorsitz bekommt. Der Ausschuss-Jubel der Medien hängt in Wahrheit nur damit zusammen, dass sie jede Menge Gratis-Unterhaltung durch eine sich selbst in peinlichster Weise entblößende politische Klasse erhalten haben. Und weil sie auf diesem Weg an brisante Akten herangekommen sind. Was alles für die Auflagen gut sein mag.
Wie wünschen wir uns Europa eigentlich? Hinter allen Stürmen der Finanzkrise scheint jede vernünftige Überlegung zum weiteren Zusammenleben auf dem Kontinent verschwunden. Es gibt anscheinend nur noch die radikalen Utopisten auf beiden Seiten, die jedoch keine sinnvollen Perspektiven anzubieten haben.
Auf der einen Seite stehen die Vergangenheits-Nostalgiker, die meinen, vor der EU wäre alles gut und wunderbar gewesen. Sie sind aber genauso realitätsfremd wie die Zukunfts-Nostalgiker, die meinen, zentralistische Vereinigte Staaten von Europa wären eine funktionierende Utopie. Beide Visionen sind realitätsfremd und damit gefährlich.
Die Vergangenheits-Nostalgiker übersehen, dass die gegenwärtigen Probleme Europas nicht mit der Tatsache einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft an sich zusammenhängen. Ganz im Gegenteil: Deren Auseinanderbrechen wäre eine absolute Katastrophe. Denn schon ab den 80er Jahren hat sich gezeigt, dass der Standort Österreich alleine zum Untergang verurteilt wäre.
Ohne den Zugang zum großen gemeinsamen Binnenmarkt Europa würde sich für niemanden mehr eine Betriebsansiedlung in der kleinen Alpenrepublik lohnen. Zusammen mit der für Österreich enorm hilfreichen Ost-Wende hat die EU-Mitgliedschaft dem Land im letzten Vierteljahrhundert dann wider alle Wahrscheinlichkeit doch noch eine sensationelle Fortsetzung des Wirtschaftswunders der Nachkriegsjahre erlaubt. Österreich hat fast als einziges Land Europas die zwei Generationen seit dem Kriegsende ohne eine größere Rezession überstanden. Das wird zwar als selbstverständlich empfunden, ist es aber keineswegs.
Die großen, völlig ungelösten Probleme im gegenwärtigen Europa stammen auch keineswegs von Wirtschaftsunion und Binnenmarkt, wenngleich auch dort viele ärgerliche Überregulierungen zu beobachten sind. Die Ursachen der Krise sind viel mehr die schwere Überschuldung fast aller europäischer Staaten, die von deren Politikern zu verantworten ist, ob es nun direkte staatliche Schulden oder die durch eine verantwortungslose Geldpolitik der EZB ermöglichten privaten Schulden sind.
Die EU hingegen hat kein Land zur Schuldenexplosion gezwungen, sie hat vielmehr oft genug davor gewarnt.
Eine solche Schuldenexplosion hat auch in Deutschland und Österreich stattgefunden. Siehe etwa Österreich: Das Land hat Ende der 60er Jahre eine Staatsschuldenquote von deutlich unter 20 Prozent gehabt, heute aber eine solche von offiziell 73 Prozent. Österreich würde mit dieser Quote ohne den Rückhalt in EU und Euro von schwersten Stürmen heimgesucht; es hätte Riesenprobleme, neue Geldgeber zu finden. Dazu kommt, dass nicht nur diese „explizite“ Staatsverschuldung auf historischer Rekordhöhe steht, die implizite ist noch viel höher. Diese inkludiert auch alle versteckten Haftungen und ungedeckten Pensionsversprechungen. Österreich steht so wie Deutschland, Finnland und die Niederlande nur deshalb scheinbar so gut da, weil fast alle anderen Euro-Staaten noch viel schlechter dastehen. Das erinnert an das alte Sprichwort vom Einäugigen unter den Blinden.
Ein Ausscheiden aus dem gemeinsamen Währungsraum oder gar dem Binnenmarkt wäre also ein geradezu selbstmörderisches Abenteuer.
Genauso weltfremd sind aber auch die Zukunfts-Nostalgiker, die sich selbst an ihren Europa-Phrasen begeilen. Sie sehen nicht die schweren Fehlentwicklungen innerhalb der EU, die jenen innerhalb Österreichs gleichkommen. Sie begreifen nicht, dass ein noch engerer Zusammenschluss zu einer Katastrophe führen muss.
Analysieren wir ganz ohne Blick auf die Euro-Krise die Idee der Umwandlung der Union in einen Staat. Die sprachliche, historische, kulturelle, ökonomische Diversität Europas würde diesen auch ohne die Schuldenkrise zerreißen. Man schaue nur auf die vielen Antagonismen zwischen den EU-Staaten.
Man sollte sich aber auch bewusst machen, dass alle früheren Großimperien der Geschichte wieder zerfallen sind. Dass die heute noch existierenden Großmächte Russland, China und die USA durchwegs nur mit kriegerischer Gewalt und brutaler Unterdrückung eines Teils der Bevölkerung zusammengezwungen werden konnten. Auch die USA sind ja letztlich Produkt eines Bürgerkriegs wie auch der Oktroyierung der englischen Sprache auf die deutsch, französisch, niederländisch, italienisch oder sonstwas sprechende Mehrheit. Und China wie Russland werden bis heute überhaupt nur mit der Macht der Gewehre in den jeweiligen Grenzen zusammengehalten.
Das kann wohl niemand ernsthaft als europäische Perspektive wollen.
Noch weniger kann es gelingen, Europa auf dem Schlachtfeld der Schuldenkrise zu einer echten staatlichen Einheit zu zwingen. Dieser zynische Gedanke ist ja in der europäischen Elite durchaus verbreitet: Zwar geben nun immer mehr zu, dass Europa nach Ausbruch der Schuldenkrise fast alles falsch gemacht hat – aber dennoch sehen sie die Krise trickreich als Chance an, um diesem Europa noch mehr Macht zu geben.
Die Schuldenkrise hat aber die emotionalen Antagonismen zwischen den Völkern in Wahrheit massiv vertieft. Daran kann auch die realitätsfremde Rhetorik der Politik nichts ändern. Die Griechen sehen die Aufforderungen der Troika zu sparen als willkürliches deutsches Spardiktat und graben als Revanche alte Weltkriegsverbrechen aus. Die Deutschen sehen die Griechen als grenzenlos faule Parasiten. Um nur eine konkrete Folge der Schuldenkrise zu nennen.
Gewiss erscheint es fast jedem, der in Brüssel auch nur als kleiner Korrespondent eine Rolle spielt, sehr verführerisch, dieses Europa zentralistisch zu führen. Letztlich ist dort ja jeder ein wenn auch noch so kleiner Teilhaber der Macht – weit mehr als es die anderen 500 Millionen draußen in den Mitgliedsländern sind. Genau dasselbe passiert innerhalb Österreichs mit jedem, der in Wien eine wichtige Rolle spielt. Letztlich geht es immer um Macht, zumindest um das Gefühl, dem Zentrum der Macht nahe zu sein.
Der theoretische Plan, jetzt durch strikte Kontrolle der nationalen Budgets von oben Disziplin zu erzwingen, kann nicht funktionieren. Es gelingt nicht einmal der Republik Österreich, die Bundesländer zu Budgetdisziplin zu zwingen, die sich in den letzten Jahren viel übler verhalten als der Bund. Dieser machiavellistische Plan kann nur funktionieren, wenn man in allen Mitgliedsstaaten, Provinzen und Gemeinden die Demokratie und Eigenständigkeit abschafft. Und wenn man ein zentrales Heer zur Durchsetzung dieser zentralen Disziplin einsetzt.
Die Menschen gehen bei solchen Projekten einfach nicht mit, zumindest nicht im gewünschten Tempo. Mit gutem Grund.
Dazu ein Zitat das früheren Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, des Naturwissenschaftlers Peter Schuster, aus Science-Blog.at: „Die Aussage, dass eine zentrale Kontrolle großer, komplexer Einheiten zum Scheitern verurteilt ist, stellt eine Binsenweisheit dar. Wirtschaft und Gesellschaft untermauern die Gültigkeit dieser Aussage durch zahllose Beispiele in der Vergangenheit und Gegenwart, welche beweisen: Systeme werden ineffizient, sobald sie eine kritische Größe überschreiten.“
Schuster beweist das mit den neuesten Erkenntnissen der Genforschung. Schon länger bekannt sind die Beispiele aus Politik und Gesellschaft, die zum gleichen Schluss führen.
Zwar hat man immer in den Zentralen des jeweiligen Reiches geglaubt, dass ein Zerfall die ultimative Weltkatastrophe bedeuten würde. Aber letztlich waren Strukturen schlussendlich viel lebensfähiger, sobald die Menschen nur jenen Machtgebilden unterworfen sind, zu denen sie auch gehören wollen. Diese Legitimität liegt meist bei den kleineren Einheiten, kann aber in Einzelfällen wie bei der deutschen Einheit bisweilen auch zu größeren führen. Aber das ist dann eben eine demokratisch gewollte Einheit.
Das Ergebnis kann natürlich auf Grund der Migration und unterschiedlicher demographischer Geburtenfreudigkeit bisweilen auch eine Änderung der Identität sein. So ist etwa aus dem serbischen Kosovo durch die Zuwanderung der Albaner ein zu 90 Prozent albanischer Staat geworden, dem sich freilich wiederum verständlicherweise die rund zehn Prozent serbischer Gemeinden nicht unterordnen wollen. Das lässt sich heute nicht mehr ändern, das ist aber eine massive Warnung an jene, die blind der Massenmigration zuschauen.
Auf dem Papier scheint es ja so, dass ideale Regelungen am besten funktionieren, wenn sie auch überall gelten. Nur weiß leider niemand so genau, was denn eigentlich jeweils die ideale Regelung ist. Und selbst wenn man die gefunden zu haben glaubt, ist es halt nicht so, dass gleiche Regelungen für alle gleich sinnvoll sind.
Man denke nur an die Stichworte Wassersparen, Tagesarbeitszeit oder Solarenergie: Eine lange Siesta, die in Spanien oder Italien sinnvoll ist, ist es in Deutschland oder Österreich in keiner Weise. Wassersparrichtlinen der EU sind im regenreichen Norden sinnlos oder gar schädlich, weil Leitungssysteme bei reduziertem Durchsatz verschlicken. Solaranlagen sind im Norden sinnlos, weil dort viel zu wenig Sonne scheint. Genausowenig wäre es sinnvoll, im Süden Lawinenhunde zu halten (das ist zum Glück aber noch niemandem eingefallen).
Noch wichtiger ist eine weitere geschichtlich bewiesene Erkenntnis: Die Vielfalt kleiner Einheiten kann nie durch eine einzige Fehlentscheidung eines einzigen Machthabers aus der Balance gekippt werden. Wenn sich in einer kleinen Einheit ein Fehler ereignet, wird man diesen durch den Vergleich zu den Nachbarn bald entdecken und korrigieren. In solchen System kann jeder von jedem lernen. Sie regulieren sich dadurch selbst.
Wenn Christoph Kolumbus nur eine zentrale europäische Entscheidungsebene vorgefunden hätte, hätte er nicht zwischen Genua, Frankreich, Portugal und Spanien hausieren gehen können, bis ein Machthaber sein Abenteuer finanziert. Wenn Friedrich Schiller bei dem einen Fürsten unterdrückt worden ist, konnte er zu einem anderen weiterziehen und sich dann ungehindert dem Schreiben hinzugeben.
Unter den Historikern herrscht verbreitetet Konsens, dass überhaupt der Erfolg Europas im letzten halben Jahrtausend entscheidend auf seine staatliche, religiöse, kulturelle Vielfalt zurückzuführen ist. Dadurch fand der wissenschaftliche und kulturelle Fortschritt immer Plätze, wo er sich ungehindert entwickeln konnte. Und die größten Katastrophen haben Europa heimgesucht, wenn ein Diktator seine Herrschaft kontinental ausweiten wollte. Ob das nun Napoleon, Hitler oder Stalin war.
Der Vorteil kleiner Einheiten zeigt sich natürlich auch im gerade wegen seiner Kleinheit allergrößten Erfolgsmodell der Geschichte: der Familie. Sie hat sich besser als Tausende andere Modelle bei den Aufgaben bewährt, Kinder heranzuziehen, Alte und Kranke zu betreuen, gesellschaftliche Stabilitätsanker zu entwickeln. Natürlich gibt es auch arg versagende Familien – aber deren Auswirkungen waren relativ wie absolut nie so schlimm wie etwa jene der Heimerziehung mit all ihren Auswüchsen. Von den Anti-Familien-Projekten totalitärer Regime ganz zu schweigen.
Dasselbe kann man an der Schule zeigen. Länder wie Deutschland oder Österreich mit ihren vielfältigen Schulmodellen, mit der dualen Ausbildung direkt in den Betrieben, können den Jugendlichen, der Gesellschaft und dem Arbeitsmarkt viel erfolgreicher helfen als zentralistische Einheitsmodelle, wie wir sie in allen Ländern mit katastrophaler Jugendarbeitslosigkeit finden.
Natürlich heißt das kein Plädoyer für ordnungsfreie Anarchie. Auch jeder funktionierende Markt hat eine Marktordnung. Diese legt fest, wo und wann die Marktfahrer ihre Stände aufstellen können und dürfen. Aber jede einzelne dieser Regeln muss extrem gut überlegt sein. Wenn sie an den Bedürfnissen der Marktteilnehmer zu sehr vorbeigeht, wird sie ignoriert oder der Marktplatz geht kaputt. Und es entsteht ein Schwarzmarkt.
Daher kann auch für die EU nur gelten: Ja zu einer gemeinsamen Markt- und Rahmenordnung für den Binnenmarkt, zur zumindest europaweiten Freiheit für Menschen, Dienstleistungen, Geld und Waren (wofür noch viel zu tun ist). Aber Nein zu jedem Modell, das glaubt, wenn man den Wettbewerb unter den Europäern durch Zentralisierung bremst oder gar verbietet, dass dann dieses Europa gegenüber Asien oder Amerika wettbewerbsfähig bleiben kann.
Dass diese Überlegungen auch die einzige richtige Analyse der Schuldenkrise ermöglichen, braucht wohl keine lange Argumentation mehr. Die scheinbare Stärke der zentralen Währung – verkörpert durch niedrige Zinsen – hat in vielen Ländern des Südens zu Verantwortungslosigkeit geführt. Kein Land sorgte sich ab diesem Zeitpunkt ernsthaft um die Stabilität der eigenen Währung. Das geschah dann noch viel weniger, als die eigentlich gegen solche Verantwortungslosigkeit eingezogenen Schutzwälle mit einem politischen Federstrich beiseitegeschoben worden sind: die Maastricht-Kriterien und das No-Bailout-Verbot vor allem.
Daher mutet es wirklich grotesk an, wenn jemand ernsthaft glaubt, ausgerechnet eine zentralistische Aufsicht für gleich 6000(!) Banken, eine gemeinsame Einlagenhaftung, eine Schuldenunion und so weiter können wieder mehr Verantwortungsbewusstsein schaffen. Und diese Aufsicht soll ausgerechnet durch jene EZB erfolgen, welche ihre einzige vertraglich festgehaltene Aufgabe, die Sicherung der Geldstabilität, durch leichtfertiges Gelddrucken massiv verletzt.
Europa kann nur durch Vielfalt und Offenheit, durch freien inneren Wettbewerb und möglichst nahe bei den Akteuren angesiedelte Verantwortung, durch Subsidiarität und Föderalismus die großen Herausforderungen bestehen. Viele Politiker wollen aber von diesem richtigen Weg Europas auf einen falschen abbiegen. Weil er scheinbar bequemer ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf sorgte mit einer in der „Pressestunde“ des staatlichen Fernsehens getätigten Aussage für gehörige Aufregung. Er werde, so seine Ankündigung, privates Eigentum „vor Dieben genauso wie vor Sozialdemokraten schützen“.
Mehr hat er nicht gebraucht. Kollektive Erregung im Lager der Roten. Schon winkt der Wiener Bürgermeister mit dem Zaunpfahl von Neuwahlen auf Bundesebene. Und das, obwohl Kopf sich in der Frage einer Ladung von Kanzler Faymann vor den parlamentarischen Untersuchungsausschuss (es geht um massive Ungereimtheiten im Zusammenhang mit einige Zeit zurückliegenden Inseratenvergaben) mit Rücksicht auf den Koalitionsfrieden kuschelweich – um nicht zu sagen grundsatzfrei – zeigte.
Sozialdemokraten in die Nähe von Dieben zu rücken, scheint den sensiblen Genossen – und der ihnen verpflichteten Journaille – unerträglich.
Dass man Dinge beim Namen nennen kann, ohne damit kollektive Kurzatmigkeit auszulösen, demonstrierte der libertäre Kandidat um die US-Präsidentschaft bei den republikanischen Vorwahlen, Ron Paul. Im Zuge eines Wahlkampfauftritts bezeichnete er kürzlich Steuern rundweg als Diebstahl. Eine für die Ohren an obrigkeitliche Raubzüge gegen private Vermögen gewöhnte Bürger Eurolands unerhörte Aussage. Insbesondere in Kakanien, wo ein Ex-Staatssekretär im Finanzministerium sich zu der Behauptung versteigen konnte, hohe Steuerlasten würden mit einem hohen Zivilisationsgrad korrelieren, würde Ron Pauls Behauptung weithin mit Kopfschütteln quittiert werden.
Doch blendet man stereotyp vorgebrachte Schutzbehauptungen aus („wenn es keine Steuern gäbe, wer würde denn Straßen bauen, für Bildung und Sicherheit sorgen?“, etc.) und richtet seinen Blick nur auf das Wesen einer Steuer, wird klar, wie recht Ron Paul hat. Wenn Herr A Herrn B – gegen dessen Zustimmung – Teile seines rechtmäßig erworbenen Vermögens abnimmt, ohne sich dafür zu einer konkreten Gegenleistung zu verpflichten – wie nennt man das? Ob diese Tat auf eigene Initiative von A oder in fremdem Auftrag, als ausschließlich seine oder als die Handlung einer Organisation erfolgt, ändert im Kern nichts an deren Unrechtmäßigkeit. Auch ein möglicherweise vorliegender guter Wille, mit den enteigneten Mitteln „gemeinnützige“ Aktivitäten finanzieren zu wollen, ist kein Grund, um den Unrechtscharakter der Expropriation in Abrede zu stellen.
Würde etwa ein Schneider auf die Idee kommen, Steuern zu erheben, um die Bekleidungsqualität seiner Mitmenschen zu steigern, erklärte man ihn für verrückt. Dasselbe würde einem Zahnarzt blühen, der sich anschickte, im Sinne der allgemeinen Zahngesundheit eine „Plombensteuer“ einzutreiben.
Beim territorialen Machtmonopolisten, dem Staat, stellt sich die Sache nur deshalb anders dar, weil dieser sämtliche Regeln bestimmt, jederzeit ändern und nach seinem Willen und zu Lasten seiner Opfer (der Steuerzahler) willkürlich gestalten kann. Das Internetlexikon Wikipedia erklärt folgerichtig: „Diebstahl ist eine gegen fremdes Eigentum gerichtete Straftat. Welches Verhalten sich im konkreten Einzelfall als Diebstahl darstellt, bestimmt sich nach den Tatbestandsmerkmalen der jeweiligen nationalen Strafrechtsnorm…“ Steuern fallen – welche Überraschung – nicht unter die entsprechenden Tatbestandsmerkmale der Strafrechtsnorm. „Quod licet Iovi, non licet bovi” – oder: “Some animals are more equal than others.”
Zurück zu Herrn Kopf: Sozialdemokraten „in die Nähe von Dieben zu rücken“ wäre ein blanker Euphemismus. Allerdings sind die Möglichkeiten Herrn Kopfs, das Eigentum der Mittelschicht (um das es der ÖVP in der vorliegenden Angelegenheit angeblich geht) zu schützen, bescheiden. Noch wichtiger aber ist, dass seine Ambitionen, das auch tatsächlich tun zu wollen, außerordentlich zweifelhaft sind.
Nicht nur deshalb, weil der anmaßende Imperativ seiner proletoiden Parteifreundin Mikl-Leitner („Her mit der Marie!“) heute noch in den Ohren klingt. Sondern vor allem deshalb, weil aus den Reihen der ÖVP noch keinerlei Initiative zur Rückführung der drückenden Steuerlasten gestartet wurde. Was ist mit dem bestehenden – auch von seiner Partei zu verantwortenden – staatlichen Diebstahl an den Bürgern? Weshalb sollten nur neue Belastungen ein Übel, die bestehenden aber in Ordnung sein – und das bei einem rekordverdächtig hohen Enteignungsniveau?
Keiner erwartet von den Schwarzen eine Initiative zur Abschaffung der ebenso kostspieligen, wie freiheits- und bürgerfeindlichen Staatsmonopole. Doch es ist schon bemerkenswert, dass selbst ein vergleichsweise bescheidenes Anliegen, wie eine bloße Diskussion über die offenkundige Willkür und Ungerechtigkeit eines progressiven Einkommensteuertarifs für sie kein Thema ist. Daher ist es nach wie vor Jörg Haider – Gott hab in selig – der als bislang einzig namhafter Politiker des Landes, das Thema Flat Tax (wenn auch nur halbherzig) aufs Tapet brachte. Bürgerliche ÖVP?
Aus freisinniger Sicht ist daher weniger der Umstand zu Tadeln, dass Kopf Sozialisten und Diebe im selben Atemzug nennt, sondern seine Heuchelei, die darin besteht, sich einerseits zum Anwalt der Mittelschicht zu erklären und zugleich nicht für eine Proportionalsteuer („Flat Tax“) einzutreten, die diese massiv entlasten würde.
Mit der aktuellen Programmatik und dem gegenwärtig aufgebotenen Personal, ist der Absturz der einst staatstragenden ÖVP zu einer unbedeutenden Kleinpartei wohl nicht mehr aufzuhalten.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Nikolaus Berlakovich steht wieder einmal blamiert da: Das passiert aber am Ende jedem, der auf grüne Wahnideen aufspringt.
Der in totale Isolation geratene schwarze Unglücksminister hat die Notbremse ziehen müssen und die für Oktober fixierte Einführung des E10-Benzins abgesagt, also des mit Biosprit vermischten Treibstoffs. Jetzt steht Österreich mit einer Biospritfabrik da, die niemand braucht. Wirklich toll. Das Ergebnis war aber vorhersehbar: Die agrarische Herstellung von Treibstoff ist weltweit eine Ursache für die Verteuerung der Lebensmittelpreise – eine logische Folge, wenn Landwirtschaft nicht mehr nur zur Ernährung, sondern auch für andere Zwecke betrieben wird. Das kann niemand mehr verantworten. Damit steht nun wieder einmal ein bürgerlicher Politiker blamiert da, weil er auf kurzfristige grüne Modehysterien aufgesprungen ist. Von diesen Ideen distanzieren sich die Grünen dann regelmäßig, bevor Projekte wie der Biosprit überhaupt umgesetzt worden sind. Das sah man in Deutschland am deutlichsten, dem Österreich ja nur nachgetapst ist: Dort war der Biosprit-Beschluss von den Grünen in den Zeiten ihrer Regierungsbeteiligung durchgedrückt worden, was die Alt-68er-Partei nicht hinderte, sich später wieder eiskalt von der Idee zu verabschieden. Ähnliches passierte in Österreich beim Wahnsinnsprojekt Brenner-Tunnel, der einst auch nur aus Angst vor grünen Wahlerfolgen beschlossen worden ist. Die Grünen wollten dann davon eben bald nichts wissen. Ebenso teuer kommen uns die ebenfalls unter grünem Druck gefassten CO2-Reduktions-Beschlüsse der großen Koalition aus den 90er Jahren, die dann zu leichtfertigen Verpflichtungen in Hinblick auf die Kyoto-Ziele geführt haben. Dies kosten Österreich heuer ebenso gewaltige wie sinnlose Strafzahlungen.
Kaum jemand wagt es noch, eine nüchterne Sicht auf die Rolle von Homosexuellen in der Gesellschaft zu formulieren. Viele Medien und Linkspolitiker erwecken sogar den Eindruck, dass es hier um ein besonders nützliches und fördernswertes Verhalten ginge. Auf dieser Wellenlänge bewegt sich mancherorts auch der Inhalt sozialistisch geprägten Schulunterrichts. Der Kampf gegen die einstige üble Diskriminierung von Homosexuellen ist heute zu einem von kurzsichtigen Politikern und Juristen geförderten Kampf für ungerechtfertigte Privilegien geworden. Umso lesenswerter ist ein authentischer Bericht eines amerikanischen Universitätsprofessors, der von zwei „Müttern“ aufgezogen worden ist.
Der Text bringt eine massive Ernüchterung für alle jene, die meinen, es wäre egal, ob ein junger Mensch in einer normalen – da müsste man jetzt politisch korrekt natürlich sagen: „heterosexuellen“ – Familie aufwächst, oder bei einem schwulen oder lesbischen Paar. Der Autor, Robert Lopez, schildert darin sehr ausführlich, wie ihm diese Erziehung sein ganzes Leben lang geschadet hat. Er sei dadurch „strange“ geworden, also eigenartig, seltsam, merkwürdig. Und der Autor meint damit keineswegs den Umstand, dass er selber bisexuell geworden ist. Vielmehr habe ihm immer gefehlt, dass er nie ein männliches Vorbild erlebt habe. Dafür aber das von zwei lesbischen Frauen.
„Meine Freunde lernten alle die ungeschriebenen Regeln des Anstands und der Körpersprache daheim“, schreibt Lorenz. „Sie verstanden, was in bestimmten Situationen zu sagen passend ist und was nicht; sie lernten sowohl die traditionellen männlichen wie auch die traditionell weiblichen Sozialmechanismen.“ Auch Kinder aus geschiedenen Beziehungen erlebten sowohl männliche wie weibliche Vorbilder.
Natürlich seien solche Vorbilder Stereotypen. Aber diese seien sehr hilfreich, wenn man das Heim seiner lesbischen Mütter verlässt, hat der kalifornische Professor lernen müssen. Dabei habe er aber nie eine Diskriminierung wegen seiner Doppelmütter erlebt. Oft habe seine Umgebung gar nicht gewusst, wie seine familiäre Situation aussieht. Für die meisten war Lopez einfach ein in der Schule durchaus erfolgreiches, ruhiges Kind.
„Aber innerlich war ich verwirrt.“ Seine beiden „Mütter“ glichen weder traditionellen Müttern oder Vätern. Wenn man unter Verhältnissen aufwachse, die sich so sehr von der Umgebung unterschieden, dann sei man zwingend dazu bestimmt, als „sozialer Outcast“ zu existieren. Lopez konstatiert, dass er durch diese Kindheit sowohl einen Mangel an Selbstvertrauen wie auch an Sensibilität erlitten habe.
Er fühlt sich auch gegenüber Homosexuellen benachteiligt, die in einer Vater-Mutter-Familie aufgewachsen seien. Denn diese hätten dort alle notwendigen Codes gelernt. Er habe als Folge seiner defizitären Erziehung immer sehr wenige Freunde gehabt, weder homo- noch bi- noch heterosexuelle.
Bis zum Ausscheiden aus der Schule habe er auch nie eine Freundin gehabt. Lopez führt das auf sein daheim zwangsläufig erlerntes weibliches Benehmen zurück. Als er sich dann an der Universität als bisexuell geoutet habe, sei er sofort unter Druck der dortigen Homosexuellen gekommen. Diese haben ihn mit dem Vorwurf attackiert, dass er mit dieser Bezeichnung nur seine Homosexualität verdränge. So lebte er jahrelang als Schwuler und war schon 28, als er zum erstenmal eine Beziehung mit einer Frau hatte.
Heute nimmt er seine Vaterrolle ernst und bekennt sich als Konservativer. Der Grund für seinen ideologischen Schwenk ist die Erfahrung, dass die linken Sexual-Theorien den betroffenen Menschen in keiner Weise helfen, dass sie die negativen Folgen ungehemmter Sexualität nicht begreifen – insbesondere wenn diese in ein Spannungsfeld mit Liebe gerät.
Dieser lesenswerte Text des US-Professors kann natürlich leicht als Einzelfall abgetan werden. Diese Schnellerledigung ist aber nicht mehr möglich bei der repräsentativen Studie des Soziologen Mark Regnerus von der University of Texas. Eine ähnliche Forschungsstudie hat auch Loren Marks von der University of Louisiana erstellt. Beide widerlegen ältere, oberflächlichere Studien mit viel geringeren Samples, dass es eh wurscht wäre, wo ein Kind aufwächst.
Regnerus hat das Schicksal Hunderter Erwachsener untersucht, die von gleichgeschlechtlichen Paaren aufgezogen worden sind. Er hat sie mit anderen Menschen verglichen, die von Frauen und Männern aufgezogen worden sind (von den biologischen Eltern wie auch von anderen Paaren). Die ausführliche und sorgfältige Studie kommt zu einem ganz klaren Schluss: Es gibt massiv signifikante Unterschiede auf Grund dieser jugendlichen Familiensituation. Die Daten der Studie ergeben alles andere als eine Empfehlung für gleichgeschlechtliche Elternschaft. Heterosexuelle Eltern führen mit großer statistischer Signifikanz zu gesünderen Nachkommen mit höherer Bildung, mit weniger Drogenerfahrungen und mit geringerer krimineller Auffälligkeit.
Vor allem haben diese Nachkommen insgesamt ein subjektiv viel höheres Zufriedenheitsniveau. So berichten „Nachkommen“ lesbischer Paare zu 23 Prozent über Missbrauchserfahrungen, während es bei biologisch intakten Familien nur zwei Prozent sind. 69 Prozent dieser Produkte lesbischer Aufzucht nahmen als Erwachsene staatliche Wohlfahrtshilfen in Anspruch, während es in der Vergleichsgruppe nur 17 Prozent waren.
Natürlich wurde Regnerus sofort von der Schwulen-Lobby massiv attackiert und denunziert. Sie konnte aber außer Beschimpfungen keine Gegenbeweise vorbringen. Die Universität hingegen hat durch eine eigene Kommission die Studie überprüft und hält Regnerus voll die Stange (kein Wunder, dass amerikanische Universitäten weltweit den besten wissenschaftlichen Ruf genießen, während unsere Rektoren vor der Political-Correctness-Diktatur ja immer sofort in die Knie gehen).
Hier geht es nun keineswegs um rein abstrakt wissenschaftliche Studien, bei denen es verständlich wäre, dass die europäischen Medien sie ignorieren. Sie tun das, obwohl diese Studien eine vollständige Bestätigung für Tausende Jahre Erfahrung in allen Kulturen darstellen wie auch für alle naturrechtlichen Denkansätze.
Solche Studien werden sogar ganz gezielt unterdrückt und bekämpft. Denn in Deutschland wie Österreich und in vielen anderen westlichen Ländern steht die medial gut geschützte Schwulen-Lobby vor dem entscheidenden juristischen Durchbruch zu einem privilegierten Status. Mancherorts hat sie diesen schon geschafft.
Es geht dabei überall gleich um zwei große Bereiche: einmal um den Anspruch auf „eigene“ Kinder und zweitens um den Anspruch auf finanzielle Benefizien.
Beim Kinderthema wird einerseits um ein Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare gekämpft (obwohl es in Europa genug normal veranlagte Paare gibt, die vergeblich auf Adoptionskinder hoffen). Andererseits geht es um die künstliche Befruchtung von Frauen, die keinen Vater für ihr Kind haben wollen. Hier steht das behauptete Recht dieser gleichgeschlechtlichen Paare auf „eigene“ Kinder gegen das Recht geborener wie ungeborener Kinder auf ein halbwegs ideales familiäres Setting. Die wissenschaftlichen Ergebnisse sprechen hier jedenfalls ganz eindeutig gegen die Forderungen der Homosexuellen.
Beim zweiten Kampffeld, bei den finanziellen Benefizien, geht es um die Gleichstellung homosexueller Paare mit klassischen Ehen. Dabei geht es um steuerliche und um Sozialversicherungs-Vorteile (also jeweils Ansprüchen zu Lasten der Allgemeinheit), sowie um Eintrittsrechte etwa in Mietverträge. Ein ganz oberflächlicher juristischer Gleichheitsbegriff – insbesondere in Deutschland sind da mehrere Verfahren und Diskussionen im Laufen – neigt dazu, diese Gleichstellung zu bejahen.
Die linken (und die naiven liberalen) Juristen argumentieren nun so: Auch wenn homosexuelle Partnerschaften keine Kinder erzeugen können und auch in Zukunft zweifellos nur in Ausnahmefällen (wie etwa bei künstlicher Befruchtung) haben werden und wollen, so haben sie dennoch auf Kosten Dritter gefördert zu werden: Denn auch eine homosexuelle Partnerschaft bedeute den gegenseitigen Beistand zweier Menschen, und der sei gesellschaftlich erwünscht.
Nun ist gegenseitiger Beistand zwischen Menschen immer gut und lobenswert. Lassen wir auch mangels harter Daten die Frage beiseite, ob homosexuelle Partnerschaften zumindest so stabil sind wie die ohnedies alles andere als stabilen Ehen. Aber das entscheidende Gegenargument ist ein ganz anderes: Wenn man die Hoffnung auf gegenseitigen Beistand zu Lasten Dritter fördern will, warum zum Teufel nur bei – zumindest behaupteten – sexuellen Beziehungen zwischen den Geförderten?
Ich kenne Geschwister, die einander bis ins hohe Alter extrem solidarisch beistehen (gleichgültig, ob sie verheiratet sind oder waren). Müssen die künftig etwa gar eine inzestiöse Beziehung vorgeben, um an die gleichen Förderungen wie Schwule heranzukommen (auch eine Freigabe des Inzests wird ja von etlichen Linken gefordert)?
Ich kenne Freunde, Nachbarn, die sich in vorbildlichster Weise um Kranke und Bedürftige kümmern. Warum werden die nicht gefördert? Müssen die etwa eine sexuelle „Verpartnerung“ behaupten, um nicht gegen Schwule und Lesben diskriminiert zu werden?
Selbst bloße Fahrgemeinschaften hätten auf Grund jener juristischen Pseudo-Argumentation Anspruch auf Förderung.
Diese Argumentation ist also in Wahrheit absoluter Mumpitz, der nur Ungerechtigkeiten schafft.
Natürlich hängt dieser Mumpitz auch mit einem populistisch motivierten Versäumnis des Gesetzgebers zusammen: Sämtliche Förderungen für Ehen sind ja einst aus der Erfahrung entstanden, dass Ehen ohnedies fast immer zu Kindern führen. Damals war es logisch und einfacher, viele Förderungen für die Aufzucht von Kindern direkt an den Trauschein zu knüpfen. Dass die Kosten der Aufzucht als wichtigste Zukunftsinvestition zumindest teilweise auf die Allgemeinheit aufgeteilt werden, ist wohl nicht weiter zu begründen. Auch die Kinderlosen brauchen ja jemanden, der ihre Renten erarbeitet und der sie pflegt.
Längst aber führt nicht mehr jede Ehe zu Kindern. Und es gibt daher absolut keinen Grund mehr, kinderlose Doppelverdiener ohne Kinder nur der Einfachheit halber steuer-, erb- oder pensionsrechtlich zu privilegieren. Man denke nur an die nie arbeitende und kinderlose Luxus-Ehefrau, die auch als Witwe von einer hohen Pension des Mannes profitiert. Ohne dass dafür ein Cent mehr einbezahlt worden wäre als nur für die Rente eines gleich viel verdienenden Mannes alleine.
Aber keine Partei wagte es, sich mit dieser Gruppe ungerechtfertigter Profiteure anzulegen. Sie könnten ja als Wähler negativ reagieren und sich irgendeiner Oppositionspartei anschließen.
Ob die Krisenjahre zusammen mit der demographischen Katastrophe hier zu mehr Mut und Vernunft führen werden? Vielleicht. Was zu tun wäre, ist jedenfalls klar: Alle Förderungen von Ehepaaren (oder schwulen Verpartnerungen) sind zu stoppen und komplett auf Kinderförderung umzustellen. Dann würde nur noch das gefördert, was förderungswürdig ist, was die Gesellschaft braucht. Dann würden auch all die absurden Verfassungsprobleme ob angeblicher Diskriminierung aufhören.
Wo es dann nur noch eine zwar spannende, aber eher sekundäre Frage ist, wie viel davon die Eltern bekommen und wie viel sich der Staat gleich wieder für seine eigenen Einrichtungen wie Kindergärten einbehält.
Um aber eines klarzustellen: Trotz all des berechtigten Zorns über das Entstehen neuer Privilegien, über den De-facto-Missbrauch von Kindern durch Entziehung des Grundrechts auf beide Eltern, oder über die in etlichen Medien überhandnehmende Schwulenpropaganda sind echte Diskriminierungen oder gar Verfolgungen von Schwulen und Lesben streng abzulehnen. Es muss vielmehr gerade auf der Basis eines werteorientierten Liberalismus klar sein, dass es keinen Staat etwas angeht, welcher sexuellen Tätigkeit zwei – wirklich – Erwachsene im freiwilligen Konsens nachgehen.
Daher ist auch jede Aktion nicht nur legitim, sondern auch zu begrüßen, die gegen die Verfolgungen von Homosexuellen insbesondere in Russland oder gar in den islamischen Ländern protestiert. Diese Aktionen verdienen umso mehr Respekt, wenn sie nicht nur im sicheren und beifallspendenden Westen, sondern unter großen Risiken auch im Osten oder im Islam stattfinden.
PS.: In allen Medien wurde in den letzten Wochen auch ein weiteres interessantes Faktum verschwiegen: Die Zahl der abgeschlossenen eingetragenen (=homosexuellen) Partnerschaften in Österreich ist im ersten Halbjahr um mehr als 11 Prozent zurückgegangen, während die der traditionellen Eheschließungen um mehr als 5 Prozent zugenommen hat. Zwar hat es davor ein kleines Strohfeuer an Verpartnerungen gegeben, aber auch das war weit geringer, als vorher in der schwulen Propaganda prophezeit worden war. Dies sei nur als kleines Indiz dafür zugefügt, wieweit sich schon der politisch-mediale-juristische Blickwinkel von den wirklichen Realitäten entfernt hat.
PPS.: In der Stadt Wien gibt es viel Steuergeld für „Queere“ Projekte „im „LesBiSchwulen- und Transgenderbereich“. Obwohl Schwule ein weit höheres Prokopf-Einkommen haben als Nicht-Schwule. Obwohl ähnliche Förderungen für bewusst Nichtschwule unbekannt sind.
Das Ende des Jugendkults – nur in Österreich weiß man noch nichts davon.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wird gerade 70 Jahre alt und niemand spricht von Rücktritt. Peer Steinbrück , der voraussichtliche Kanzlerkandidat der SPD, ist 65. Mitt Romney, der Präsidentschafts-Kandidat der US-Republikaner, ist ebenfalls 65. Ron Paul, einer seiner Rivalen bei der zurückliegenden Vorwahl, ist 77. Aber in Österreich geht man im Schnitt mit 58 in Pension, bei ÖBB und Gemeinde Wien noch viele Jahre davor. Und in der Politik wird bei uns noch immer ständig von Verjüngung geredet, obwohl kaum einer der amtierenden Politiker die wünschenswerte Erfahrung zu haben scheint. Irgendwie haben sie halt noch nicht mitgekriegt, dass der Jugendkult gemeinsam mit der Generation des John F. Kennedy alt geworden ist. Und dass kein Wähler mehr Jugend honoriert, sondern nur Erfahrung.
Die SPÖ hat einen neuen Weg entdeckt, um ihre Propaganda zu finanzieren.
Zwar hat das Aktivwerden der Staatsanwaltschaft in Sachen Faymann allzu arge Unverfrorenheiten eingebremst. Aber dennoch geht die rote Selbstbedienung in öffentlichen Kassen zur Finanzierung der eigenen Propaganda unverändert weiter. Jetzt zapfen sie sogar das staatliche Kulturbudget an: Im Burgtheater findet auf Steuerzahler-Kosten eine rein ideologische Propaganda-Veranstaltung statt, bei der als Mitveranstalter das "Bruno-Kreisky-Forum", der „Standard“ und das eng mit der Partei verbundene Institut für Zeitgeschichte fungieren. Unter dem Titel „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“ sollen „Lehren aus der Geschichte des politischen Terrors in Europa“ gezogen werden. Dabei aber wird schon in der Brug-offiziellen Ankündigung so getan, als ob Terror nur von rechts ausgegangen wäre. Der gesamte linke Terrorismus wird total verschwiegen. Der war jedoch weit umfangreicher und blutiger als der rechte (ohne die Verbrechen des norwegischen Herrn B. auch nur eine Sekunde zu schmälern). Nur einige Beispiele: die Baader-Meinhof-Morde in Deutschland; die der Brigate Rosse in Italien; der islamistische Terror, der von den Linken immer relativiert und verteidigt wird; die grün motivierten Anschläge von den Atomgegnern bis hin zu jenen sogenannter Tierschützer; oder gar der linke Staatsterror, der jahrzehntelang nur 40 Kilometer von Wien entfernt getobt hat. Trotz solcher skandalöser "Diskussions"-Veranstaltungen sind noch immer ein paar Bürgerliche dafür, dass linke Gehirnwäsche als Kultursubvention gefördert wird.
PS: Die sonstigen Geldflüsse: Als Folge des Medientransparenzgesetzes fehlen zwar jetzt – meist – die Politikerbilder in den Inseraten. Aber etliche Medien kauft man sich weiter ungeniert um Steuergeld. Zwar versiegt als Folge der neuen Parteifinanzierungsgesetze der Geldstrom aus der Wirtschaft in die ÖVP. Aber die roten Geldströme funktionieren weiterhin bestens. Notfalls werden die Vorfeldorganisationen wie die Naturfreunde jetzt halt pro forma „unabhängig“, um nichts offenlegen zu müssen. Und völlig ungehindert fließen weiterhin aus dem Wiener Rathaus riesige Beträge an zahllose Medien vom „Falter“ bis zum Gratis-Boulevard sowie in die roten Verlagshäuser Echo und Bohmann.
Sie sind wirklich zu blöd zu allem. Neuestes Beispiel: Die linke Wiener Stadtregierung will die Wirtschaft ankurbeln. Und was tut sie dazu?
Sie will den Bau von Wohnungen und Häusern teurer machen. Auf Verlangen der Grünen soll nämlich jeder Neubau die Verpflichtung zum Bau einer Solaranlage auferlegt bekommen. Was die Baukosten natürlich massiv in die Höhe treiben wird. Die Tatsache, dass in unseren Breiten und angesichts des vor allem in Wien im Winter üblichen wochenlangen Nebels Solar-Spielereien nur noch eine Spende an die chinesische Solarindustrie darstellen, wird hierzulande sowieso total ignoriert. Soll das Ganze am Ende gar aus öffentlichen Mitteln finanziert werden? Das ist Rot-Grün durchaus zuzutrauen. Hat doch die Stadt Wien binnen zwei Jahren ihren Schuldenberg eh schon verdoppelt. Einen solchen leichtfertigen Umgang mit fremdem Geld haben nicht einmal die Griechen geschafft. Und dann stellen sich die Rathausmänner und vor allem -frauen auch noch hin und schieben Gott und der ganzen (nicht-linken) Welt die Schuld daran zu, dass in Wien die Wohnbauleistung stark zurückgeht. Jede Macht verleitet nicht nur zu Missbrauch, sondern sie verblödet auch. Und totale Macht verblödet halt total.
Sparer in Österreich fühlen sich sicher. Ihr Geld ist durch die Einlagensicherung bis zum Betrag von 100.000 Euro pro Institut garantiert. Das heißt: Selbst wenn die eigene Bank krachen sollte, steht ein doppeltes Netz zur Verfügung – erstens jenes des ganzen Sektors (etwa aller Sparkassen oder aller Raiffeisen-Institute) und zweitens jenes der Republik. Jetzt soll ein drittes Netz dazukommen: eine europäische Einlagensicherung. Klingt gut. Ist aber ein katastrophale Idee.
Denn damit müssten alle österreichischen Geldinstitute für die Einlagen auf den griechischen oder spanischen Kartenhäusern garantieren, auf deren Eingängen seltsamerweise noch immer das Wort „Bank“ stehen darf. Angesichts all der in diversen Krisen-Banken lauernden Risken wäre damit auch die österreichische Einlagensicherung automatisch nur noch ein Kartenhaus. Damit sind es ganz direkt die österreichischen Sparer, die durch dieses von der EU-Kommission vorangetriebene Projekt zur Kassa gebeten werden sollen.
Zugleich will Brüssel der Europäischen Zentralbank die Aufsicht über alle 6000 Finanzinstitute der 17 Euro-Länder übergeben, also bis zur letzten Dorfsparkasse. Gleichzeitig bleibt die erst in der Krise neugegründete gesamteuropäische Bankaufsicht EBA aufrecht, die in allen 27 Ländern alle sytemrelevanten Institute beaufsichtigt. Bei dieser Aufgabe hat sich diese Aufsicht sofort heftigst blamiert: Banken brachen nur wenige Wochen später zusammen, nachdem sie den Stresstest der EBA mit Bravour bestanden hatten. Daher kann kein Mensch glauben, dass die geplante 6000-Banken-Aufsicht durch das ferne Europa jetzt bessere Ergebnisse erzielen wird als etwa die bisherige Aufsicht in Österreich durch FMA und OeNB. Sie brächte statt dessen bloß teure und belastende Bürokratie.
Das alles bedeutet im Endergebnis: Der Zugriff der Schuldenkrise auf unser Geld wird immer enger. Damit ist jeder eines Schlechteren belehrt, der geglaubt hat, dass dieser Zugriff „nur“ auf zwei Wegen erfolgt: also erstens durch die nie mehr zurückbezahlbare Belastung der Staatsbudgets (alleine in Deutschland macht die Summe der zusätzlichen europäischen Haftungen und Kredite eine Billion aus) und zweitens durch die Inflationierung des Geldwertes (also durch die unlimitierten Anleihenankäufe=Gelddruckaktionen eben dieser EZB). Jetzt ist vielmehr auch unser Spargeld direkt im Visier.
Das wird aber von den Spin-Doctoren der Politik zum weiteren Schüren des ohnedies leicht erregbaren Hasses auf die Banken genutzt werden. Sie schüren keineswegs nur durch Karikaturen mit mehr oder weniger offenkundigen antisemitischen Untertönen, sondern durch viele Haltet-den-Dieb-Kampagnen fast aller politischen Lager. Denn bei allen Fehlern, die weltweit in Banken passiert sind, lasten doch 90 Prozent der Schuld an der Finanzkrise auf der Politik selber sowie auf den staatlichen Notenbanken. Davon möchten aber beide gerne ablenken und präsentieren Banken, also Sparer und Anleger, als Sündenböcke.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Engelbert Dollfuß wurde 1892 in Niederösterreich als Sohn eines Bauern geboren; im 1. Weltkrieg war er K.u.K. Oberleutnant und erhielt die Silberne Tapferkeitsmedaille. Er war ein bei seinen Leuten überaus beliebter Offizier. 1923 promovierte er an der Universität Wien; 1931 wurde er Minister und von 1932 bis 1934 war er Bundeskanzler.
Er verteidigte mit außerordentlichem strategischem Weitblick und großem Mut das Land sowohl gegen die Bedrohung durch die rote als auch durch die braune Seite. Dank seiner Entschlossenheit war Österreich das erste Land der Welt, das sich bewaffnet und zunächst auch erfolgreich gegen Hitler zur Wehr setzte. In diesem Abwehrkampf fielen die Sozialisten, einmal mehr ihre völlige Unzuverlässigkeit unter Beweis stellend, der Regierung Dollfuß durch ihren Putschversuch vom Februar 1934 in den Rücken.
Schon lange hatte die „Sozialdemokratie“ auf eine gewaltsame Machtübernahme spekuliert und über Jahre hinweg landesweit ausgiebige Vorbereitungen dafür getroffen. Sie scheiterte an der Konsequenz und Unnachgiebigkeit des Bundeskanzlers, der den gefährlichen Aufstand rasch und mit relativ geringem Blutvergießen beenden konnte. Hätte sich die rote Seite durchgesetzt, so wäre aller Wahrscheinlichkeit nach Österreich unter Einsatz revolutionären Terrors in eine Rätediktatur verwandelt worden, um dann wohl schon 1934 in national-sozialistische Hände zu fallen.
Das hätte dreieinhalb Jahre mehr der politischen Verfolgung durch den National-Sozialismus bedeutet. 1943 hätte es dann wohl auch keine „Moskauer Deklaration“ zur Wiederherstellung Österreichs als souveränen Staat gegeben und 1955 keinen Staatsvertrag – und statt des Abzuges der Besatzungstruppen die dauerhafte Teilung des Landes in eine Ost- und eine Westzone. Dollfuß, der ungeachtet aller gegen ihn gerichteten Drohungen die Freiheit Österreichs wirkungsvoll weiter verteidigte, wurde im Sommer 1934 beim braunen Putschversuch ermordet; die schon damals angestrebte national-sozialistische Machtübernahme scheiterte trotzdem.
Die geniale Politik des Engelbert Dollfuß sicherte ungeachtet seines Todes dem Land bis zum März 1938 die Unabhängigkeit; maßgeblich durch das Ungeschick und den Verrat der Westmächte konnte dann das international völlig alleingelassene und dem „Appeasement“ ausgelieferte Österreich „angeschlossen“ werden. Das Opfer seiner selbst, das Engelbert Dollfuß für Österreich gebracht hatte, wirkte aber fort und zeigte seine segensreiche Wirkung für die Menschen des Landes gerade auch nach 1945. Dollfuß ist, seinerzeit zu Recht als Held und Märtyrer bezeichnet, der bedeutendste Bundeskanzler in der bisherigen Geschichte Österreichs.
Dass sein Grab derzeit der öffentlichen Verächtlichmachung durch die Sozialisten und Linksalternativen der Wiener Stadtregierung ausgesetzt ist, dass keine Briefmarken, Denkmäler und Straßenamen an ihn erinnern, zeugt von der Gehässigkeit der Linken gegenüber einem Mann, von dem sie historisch widerlegt wurde und beweist darüber hinaus den grotesken Undank dieser Republik gegenüber einem der wenigen wahrhaft Großen in der politischen Geschichte des Landes seit 1918.
Alber Pethö, Dr. phil., Jahrgang 1956, ist Historiker und Buchautor sowie Herausgeber der Zeitschrift „Die Weiße Rose – Zeitschrift gegen den Zeitgeist“ (http://www.die-weisse-rose.at)
Dass Linke oft über eine ganze Menge Humor und Witz verfügen, ist schwer zu bestreiten. Kaum ein Kabarettist oder Theaterkomödiant, dessen Herz nicht für den Sozialismus schlägt. Kaum einer der amerikanischen Filmkomiker war oder ist im Lager der Republikaner zu finden (von Bob Hope abgesehen). Während die faden Rechten mit der Schaffung materieller Werte ihre Zeit verplempern und produktiv arbeiten, sorgen die witzigen Linken für Kurzweil und treiben allerlei Schabernack. Das war und ist so und wird sich so bald wohl auch nicht ändern.
Doch nicht nur professionelle Unterhaltungskünstler haben Sinn fürs Komische. Ausgesprochen drollig zeigt sich etwa auch die jüngste Ausgabe der im Monatsrhythmus erscheinenden, von der Wiener Arbeiterkammer (dabei handelt es sich um die lokale Zwangsvertretung der unter dem kapitalistischen Joch fronenden proletarischen Massen) herausgegebenen Kampfschrift AK FÜR SIE.
„Müssen alles wir ausputzen?“ lautet die von viel Sinn für Ironie zeugende Schlagzeile, die auf der Titelseite des dürren Heftchens prangt. Damit gemeint ist das zwar unzweifelhaft von linken Gesellschaftsklempnern verschuldete, allerdings trickreich entmenschten „Neoliberalen“ angelastete Staatschuldendebakel. Der Untertitel fordert: „Auch Millionäre sollen zahlen“. Das ist nur recht und – na ja, billig wird es vermutlich eher nicht werden, denn wo gehobelt wird, da fallen halt Späne. Als Millionär, das lernt jeder aufrechte Streiter für die „soziale Gerechtigkeit“ schon im ersten Klassenkampfworkshop bei den Roten Falken, kommt man bekanntlich zur Welt, oder man wird es einfach, ohne auch nur das Geringste dazu getan zu haben. Dass eiskalte Plutokraten beim ruchlosen Erwerb ihres Reichtums nie auch nur einen einzigen Euro an Steuern abgeführt haben, versteht sich von selbst.
Mit dem „wir“ im Aufmacher sind vermutlich die ewig unterdrückten, ausgebeuteten Lohnsklaven gemeint, die nach Lesart von Berufsrevolutionären den Löwenanteil der Steuerlast zu schultern haben. Besonders in den Redaktionsstuben linker Monatsschriften wimmelt es von Scharen dieser bemitleidenswerten Kreaturen. Dass Traum und Wirklichkeit indes selten etwas gemein haben, wird an der dreisten Unwahrheit, die auf Seite zwei vom Chefredakteur persönlich in aller Deutlichkeit vorgeführt wird, klar. Übrigens, dass es in einer realsozialistischen Organisation so etwas wie einen „Chef“ gibt, ist auch recht spaßig, denn, im Gegensatz dazu, kennt der etwa im Kibbuz idealtypisch verwirklichte Sozialismus überhaupt keine Hierarchie. Falls es dort die Funktion eines „Chefs“ dennoch gibt, dann unterliegt die dem Rotationsprinzip.
In aller Harmlosigkeit wird in der Kolumne des Chefredakteurs die – von seinen Genossen aufgenommene – Schwindel erregende Staatsschuld den von privaten Sparern erarbeiteten Vermögen gegenübergestellt. Dem folgt die – aus dem Blickwinkel eines Sozialisten – offenbar logische Forderung nach einem fiskalischen Raubzug gegen dieses private Eigentum. Für professionelle Witzbolde wie ihn sind absolut spaßfreie Fragen, wie etwa nach Rechtsstaatlichkeit und Rechtmäßigkeit fiskalischer Maßnahmen, naturgemäß ebenso unbedeutend, wie der Respekt vor dem Fundament jeder zivilisierten Gesellschaft – einem felsenfest garantierten Privateigentum nämlich. „Her mit der Marie!“ (© Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, ÖVP) – mit diesem Begehren wissen sich die Sozialisten in allen Parteien eines Sinnes.
Dass rund zwei Millionen Arbeitnehmer im Lande (der Großteil davon mutmaßlich Stammwähler der SPÖ), keinen einzigen Cent an direkten Steuern zahlen, ist in diesem Zusammenhang ein ebenfalls lustiges Detail!
Der im kommenden Jahr scheidende, gleichermaßen für beeindruckendes Charisma, sprühenden Geist und geschliffene Rhetorik bekannte Vorsitzende der AK, Herbert Tumpel, legt auf Seite vier, unter der heiteren Überschrift „Millionäre zur Kassa“! noch ein Schäuferl nach: „Dass große Vermögen mehr besteuert werden ist nur gerecht. Nur so können die Krisenkosten fair verteilt werden.“ Diese Behauptung scheint ihm derart evident zu sein, dass er auf jede Begründung dafür verzichtet.
Das ist auch besser so, denn sonst könnte am Ende noch herauskommen, dass es ja der Klassenfeind war und ist, der – etwa als Halter von (griechischen) Staatsanleihen oder Aktionär krisenbedingt gebeutelter Unternehmen – zuletzt kräftig Haare lassen musste (und als Unternehmer, Immobilienbesitzer oder Erbe unter Garantie noch lassen wird!), während der gemeine Pöbel ja gar nichts besitzt, was er verlieren könnte – außer seinem infantilen Glauben an die Segnungen des Sozialismus.
Der gelernte Koch Rudolf Kaske wird voraussichtlich zum neuen AK-Boss gekürt werden. Dieser streitbare Mann hat einst durch einen als veritable Bürgerkriegsdrohung zu verstehenden Sager („…dann brennt die Republik!“) aufhorchen lassen. Ob damit zu rechnen ist, dass während seiner Amtszeit neue Gipfel in Sachen Roten Humors erklommen werden, ist gegenwärtig noch nicht abzusehen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Hoppla. Was passiert denn da? Soll nach dem Begriff der Unschuldsvermutung auch jener der Verhältnismäßigkeit im öffentlichen Diskurs diffamiert werden? Wird plötzlich strukturelle Korruption, hervorgerufen durch das Virus der Privatisierung, das derzeit wieder einmal die ÖBB erfasst hat und dem schon Bundeswohnungen, die Post, die Tabakregie u. v. a. m. ohne Not zum Opfer gefallen sind, salonfähig? Reden wir über Schmiergeldzahlungen an Waffenhändler, Lobbyisten, an Strasser, Grasser & Co.? Oder reden wir über die Kärntner Hype Alpe Adria? Jene Bank, die nach Milliardenmiese notverstaatlicht werden musste und die im ersten Halbjahr wieder in die roten Zahlen gerutscht ist; im Vorjahr hingegen hatte es in den ersten sechs Monaten dank eines Sondereffekts 71,8 Millionen Euro Gewinn gegeben. Oder reden wir von den Rettungsschirmen für die Erste Bank und für Raiffeisen, die der Staat Österreich nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers bereitstellen musste? Oder geht es um die sogenannte Inseratenaffäre, in die Bundeskanzler Werner Faymann und sein Staatssekretär Josef Ostermayer - zuständig für Medienangelegenheiten - verwickelt sind? Geht es darum, dass der Kanzler nicht vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung der oben geschilderten Fälle von Hyperkorruption aussagen soll? Oder geht es darum, dass die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP in Tateinheit mit FPÖ und BZÖ die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses mobil machen, weil sie Gabriele Moser (Grüne), die einen hervorragenden Job macht, loswerden wollen? Dieser Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen und daher sollten Faymann und Ostermayer sich nicht scheuen auszusagen, wobei natürlich die Gefahr besteht, dass sie dann medial mit den Grassers, Strassers und Mensdorffs gleichgesetzt werden. Daher sollte überlegt werden, ob die Inseratenaffäre manchen Kopfgeldjägern höchst willkommen ist, um von ihren Machenschaften abzulenken.
Andreas Unterberger
Der deutsche Bundespräsident trat sofort zurück, als Staatsanwälte - später wieder eingestellte - Erhebungen gegen ihn begannen. Der österreichische Bundeskanzler ist weiter im Amt, obwohl nach Jahr und Tag die Vorwürfe der Staatsanwälte gegen ihn noch an Schärfe gewonnen haben.
Aber auch auf einem offensichtlich relativ tiefen Niveau der politischen Kultur ist er rücktrittsfällig. Denn sogar die Faymann-freundliche Wiener Staatsanwaltschaft spricht von eindeutigen "Schutzbehauptungen" des SPÖ-Chefs. Und das ist die juristische Formulierung für Lügen eines Beschuldigten. Eines Bundeskanzlers.
Wem auch das harmlos erscheint, der sollte die Stellungnahme der vorgesetzten Oberstaatsanwaltschaft lesen. Dort ist sogar offen vom Delikt der Untreue die Rede. Faymann hat als Minister bei der "Kronen Zeitung" eine riesige Serie über die ÖBB bestellt, in der die Bahn schlecht, Faymann als Minister hingegen sehr gut weggekommen ist. Das Pech der Täter: Der ÖBB-Vorstand hat diese Serie und deren Bezahlung durch die ÖBB erst mehr als ein halbes Jahr nach Beginn genehmigt! Erst dann wurde die Serie auch ÖBB-freundlicher. Wenn das kein Untreueakt ist, dann kann künftig jeder Geschäftsführer mit dem Geld der ihm vorübergehend anvertrauten Firma tun und lassen, was er will. Der Vorstand tat das freilich unter der Bedrohung, sonst den Job zu verlieren, also auf "Bestimmung" (wie es das Strafgesetzbuch nennt) Faymanns.
Und selbst wenn Faymann ähnlich wie einige FPÖ-Politiker meinen sollte, erst eine rechtskräftige Verurteilung wäre ein Rücktrittsgrund, ist er als Bundeskanzler untragbar geworden. Denn ihm ist die Republik total egal geworden, nur um sich selbst zu retten: Seine Partei will in wirtschaftlich schwierigsten Zeiten lieber neu wählen, als dass Faymann vor einem U-Ausschuss aussagen muss. Wo er nämlich erstmals (!) unter gesetzlicher Wahrheitspflicht stünde.
Das niederländische Wahlergebnis ist überaus lehrreich. Es zeigt vor allem eine signifikante Differenz zwischen momentanen Meinungen und Haltungen bei Umfragen einerseits und dem wirklichen Verhalten andererseits, wenn dann in der Wahlzelle der Ernst der Tat kommt. Dies gilt insbesondere in kritischen Zeiten wie diesen. Sowohl für Deutschland wie auch Österreich lassen sich daraus einige wichtige Erkenntnisse ableiten.
Aber zuvor kurz die wichtigsten Ergebnisse:
1. In der Schuldenkrise rücken die Menschen eher in die Mitte. Zumindest solange der große Crash vermieden wird (und darum bemühen sich alle Regierungen heftig, wenn auch mit einem wachsenden Risiko für die Zukunft), drängt man sich eher ängstlich in der Mitte zusammen.
2. Auch der – etwa in Österreich – scheinbar unumkehrbare Abstieg der beiden traditionellen Großparteien ist durchaus reversibel. In den Niederlanden sind sie fast die einzigen Wahlsieger. Dort ist es erstmals seit langem wieder möglich, das für eine Regierungsmehrheit bloß zwei Parteien ausreichen. Was wohl auch passieren wird, auch wenn dem Österreicher ein Zurück zu großen Koalitionen ein wenig anachronistisch erscheinen mag. Dennoch ist das auch in Deutschland das mutmaßliche Ergebnis der nächsten Wahl – außer Skurril-Parteien wie die Linke oder die Piraten kommen nicht ins Parlament. Dann gäbe es dort entweder ein Rot-Grün oder wieder ein Schwarz-Gelb.
3. Die These von den beiden wiederkehrenden Großparteien ist etwas ungenau. Denn im Lager rechts der Mitte hat es im Lauf der Jahre einen signifikanten Wechsel von den Christdemokraten als wichtigster Partei zu den Rechtsliberalen gegeben. Das beweist nicht nur eine rasche Abnahme christlicher Prägungen in Europa, sondern auch eine rasch wachsende Skepsis dagegen, wenn manche Politiker mit oft naiven Ableitungen aus der Bibel politische und wirtschaftliche Rezepte gewinnen wollen.
4. Die triumphierenden Rechtsliberalen sind nicht nur wirtschaftsliberal, sondern haben auch von ihrem bisherigen Mehrheitsbeschaffer Wilders eine ordentliche Skepsis gegen Zuwanderer übernommen.
5. Das Schicksal von Wilders zeigt auch die großen Probleme von rechtspopulistischen Parteien. Sie können zwar in der Opposition reüssieren. Aber sobald sie eine Regierung tragen sollen, brechen sie zusammen. Das ist mit Wilders genauso passiert, wie es beim Knittelfeld der Freiheitlichen war. Bei beiden Wendepunkten war die Ursache dieselbe: Die Wähler haben sich nicht deshalb abgewendet, weil sie plötzlich für die massenweise Immigration wären, sondern weil FPÖ wie Wilders nicht zum Sparen bereit waren. Die Menschen mögen zwar (verständlicherweise) das Sparen nicht, sehen es aber in der großen Mehrheit dann letztlich doch als notwendig an.
6. Auch bei den linken Sozialisten haben sich die Rezepte des ständigen Nein-Sagens als nicht ernsthaft glaubwürdig erwiesen, obwohl sie eine Zeitlang bei den Umfragen gut gelegen sind. Wie bei den Rechten hat sich das hetzerische Kampagnisieren gegen angebliche Spekulanten als nicht glaubwürdig erwiesen.
7. Nichts wäre falscher, als daraus nun einen Freibrief für die europäische Schuldenpolitik abzulesen. Bis auf die PvDA haben alle Parteien ein weiteres Hilfspaket für Griechenland ausgeschlossen. Wenn der liberale Rutte wie allgemein erwartet weiter Premier bleibt, dann gibt es zusammen mit Deutschland und Finnland zumindest drei Euro-Länder, die diese Schuldenpolitik wenigstens prinzipiell ablehnen und zu bremsen versuchen (wenn auch oft mit unzureichenden Mitteln). Österreich zählt da seit dem Hollande-Schwenk der SPÖ leider nicht mehr dazu.
8. Und last not least haben sich auch grüne Parteien als eine vorübergehende Modewelle erwiesen. Sie verlieren dramatisch an Stellenwert, wenn es um die wirklichen Probleme geht.
Ja hallo! Was ist mit der Frau Prammer los? Nach Jahrzehnten der Graumäuserei plötzlich eine eigene Meinung – und die auch noch kantig und mutig vertreten? Was steckt da dahinter?
Barbara Prammer hat einfach und direkt den jüngsten – ernsthaft vorgebrachten – Schmäh des SPÖ-Klubobmanns Cap vor laufenden Mikrophonen einen „Unsinn“ genannt. Dabei ging es um die hier schon kurz aufgespießte Behauptung Caps, dass der Auftritt von Parteichef Faymann im Fernsehen (wo man bekanntlich lügen darf, so viel man will) ein Erscheinen vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss (wo jede Lüge vor den Strafrichter führt) ersetzen könne. Prammer hat mit dem Wort „Unsinn“ natürlich recht. Aber warum sagt sie so etwas plötzlich so deutlich?
Dass die Parlamentspräsidentin keine große Freundin von Cap und seinen oft skurrilen Sprüchen sein kann, darf als fix gelten. Wahrscheinlich hatte ihr der alt gewordene SP-Jungstar auch des öfteren zu verstehen gegeben, dass er sie nicht für besonders helle hält, und dass sie gefälligst das zu tun habe, was im Interesse der Partei liegt. Was sie bisher auch mehr oder weniger brav gemacht hat. Bis jetzt.
Hinter der plötzlichen Auferstehung Prammers steht ganz offensichtlich die Ambition, sich aus der Rolle der braven Wasserträgerin zu emanzipieren, um sich als sozialdemokratische Präsidentschaftskandidatin zu positionieren. Und dafür ist der Versuch, sich unabhängig zu zeigen, zweifellos der erste Ratschlag eines guten Strategieberaters. In diese Strategie passt der Unsinn-Sager in der Tat bestens hinein.
Auch wenn Prammer vielleicht wirklich nicht sonderlich helle ist, muss ihr aber doch eines klar gewesen sein: Sie hat sich damit nicht nur mit Cap, sondern auch mit Werner Faymann angelegt. Denn der zwar relativ faule, aber zweifellos hochintelligente Cap sagt so einen Unsinn natürlich nicht zum Vergnügen oder aus Eigennutz, sondern um seinem schwer in den Seilen hängenden Parteichef zu helfen. Denn Faymann kämpft derzeit ganz verzweifelt, um dem panisch gefürchteten Auftritt vor dem U-Ausschuss zu entkommen. Zur Unterstützung seines Obmannes ist auch dem eigentlich sehr mundflinken Cap freilich bisher nichts besseres eingefallen als dieser Sager.
Wenn sich aber die genetisch vorsichtige Parteisoldatin Prammer indirekt so offen mit Faymann anlegt, dann heißt das etwas über ihre Person hinaus: Dann hat offenbar die innerparteiliche Absetzbewegung von Faymann begonnen. Damit ist dieser zwar noch lange nicht gestürzt. Aber in solchen Episoden wird sich dann in einer Partei plötzlich jeder selbst der nächste.
Dass es unter einem so wenig zur geistigen Führung fähigen Parteichef wie Faymann fast zwangsläufig zu verbreiteter Vereinsamung kommen muss, hat man schon vorher gesehen. Schließlich kann Faymanns ausgelagertes Hirn Josef Ostermayer nicht überall sein. Vor allem ist auch der Staatssekretär selber durch die Justiz heftig unter Druck gekommen.
Ein erstes Anzeichen waren die allgemeinen Absetzbewegungen von der wenig erfolgreichen Claudia Schmied. Ähnliches merkte man noch mehr beim Vorpreschen von Gabi Burgstaller in Sachen Studiengebühren. Und am meisten merkt man diese Zentrifugalkraft rund um das Heeresvolksbegehren: Da wird Norbert Darabos seit einigen Wochen von seiner Partei total alleine gelassen.
Nicht einmal die Herren Häupl und Faymann, die ihm das eingebrockt haben, die ihn zum demütigenden Richtungswechsel in Sachen Wehrpflicht gezwungen haben, rühren einen Finger für den hilflosen Burgenländer. Darabos ist ganz offenbar zum Abschuss freigegeben – oder noch brutaler: zum langsamen Verenden bei lebendigem Leib. Niemand will bei einem offensichtlichen Verlierer anstreifen, sodass einem der fast schon leid tun könnte. Fast.
Gewiss, man soll nichts überinterpretieren. Frühe Schneeflocken machen noch nicht unbedingt einen Winter. Aber dennoch wird Faymann gut daran tun, sich wärmer anzuziehen. Das gilt auch dann, wenn der kalte Wind überraschenderweise nicht von den eher mit sich selbst beschäftigten politischen Gegnern kommt, sondern von mehreren eigentlich für Verbündete gehaltenen Kräften: von der Staatsanwaltschaft, vom ORF (oder zumindest Armin Wolf), und nun sogar von Parteifreunden.
Islamistische Täter haben in mehreren Ländern amerikanische Einrichtungen angegriffen und in Libyen vier US-Diplomaten ermordet. Die ersten Reaktionen der Regierung Obama darauf waren aber mehr als eigenartig. Und auch die weiteren Reaktionen auf die Morde werden mehr als dramatisch sein, insbesondere für die amerikanischen Wahlen.
Gewiss haben Präsident und Außenministerin die Morde sofort scharf und mit drohendem Ton verurteilt. Aber sie haben im gleichen Atemzug auch einen – im Mutterland der Meinungsfreiheit völlig unakzeptablen – unmittelbaren Zusammenhang mit dem offenbaren Anlass der Taten hergestellt. Das war nämlich ein Mohammed-kritischer Film eines amerikanischen Filmemachers. So sagte etwa Hillary Clinton im O-Ton: "Die USA missbilligen jeden absichtlichen Angriff auf die religiösen Gefühle von Andersgläubigen." Fast gleichlautend reagierte auch Barack Obama selber.
Damit sind wir aber am Ende der Meinungsfreiheit angekommen. Denn die besteht nicht nur darin, unterschiedlicher Ansicht übers Wetter zu sein, sondern eben auch im Recht, Aussagen zu tätigen, welche die „Gefühle“ anderer verletzen. Auch noch so kritische Aussagen sollten in einem freien Rechtsstaat nur dann die Obrigkeit (und da auch nur die Gerichte und nicht einen Politiker!) befassen, wenn sie nicht nur als kränkend empfunden werden, sondern auch wenn sie zusätzlich unwahr sind.
Nach allem aber, was man bisher über den Film weiß, sind darin keine Unwahrheiten oder Erfindungen enthalten, sondern nur scharfe Zuspitzungen wahrer Fakten. Denn alle Quellen stimmen überein, dass Mohammed etwa mit einer Neunjährigen Geschlechtsverkehr hatte. Oder dass er die Verantwortung für blutigste Angriffs- und Eroberungskriege trug.
Das wird man hoffentlich noch in aller Deutlichkeit sagen dürfen. Und als Christ wird man sich im übrigen endlich auch gegen die in der Political Correctness modische Gleichsetzung von Jesus Christus mit Mohammed wehren dürfen. Denn der Lebensweg des einen ist das absolute Gegenteil des Weges des anderen. Was natürlich nichts an den Untaten ändert, die später dann auch im Zeichen des Christentums begangen worden sind (wie im Namen sehr vieler Religionen, mit der Religion namens Atheismus an der blutigen Spitze).
Aber zurück zur amerikanischen Politik: Wie reagiert nun Präsident Obama? Das ist wenige Tage nach seinem Parteitag und dessen positiven Auswirkungen auf seine Umfrageergebnisse für ihn eine existenzielle Frage geworden. Wenn er jetzt Schwäche zeigt, braucht er im November gar nicht mehr zu den Wahlen antreten. Trotz aller Umfragen.
Aber wie Stärke zeigen? Einfach in Casablanca-Manier die üblichen Verdächtigen in Afghanistan oder Pakistan zu bombardieren, würde wenig nutzen und Obama wenig Glaubwürdigkeit verschaffen. Die wahren Täter aber sind wohl kaum identifizierbar und noch schwerer auffindbar und jedenfalls in dem Menschengewimmel arabischer Städte untergetaucht. Würde Obama jedoch Städte bombardieren, dürfte sich kein Amerikaner (und Europäer?) jemals wieder in einem Land des Nahen Ostens sehen lassen. Auch nur die Sprengung einer Moschee, in der zu solchen Taten aufgerufen worden ist, könnte sich als weltpolitische Katastrophe erweisen.
Amerikas Wähler wollen aber Taten sehen. Sie werden diese Forderung auch bis zum Wahltag in zwei Monaten nicht mehr vergessen. Und das gilt insbesondere bei einem Präsidenten, dem immer wieder vom politischen Gegner klammheimliche Sympathie für den Islam (die Religion eines Teils seiner Vorfahren) nachgesagt werden.
Bei allen Fehlern der Amtszeit Obamas: In diesen Tagen ist er nicht zu beneiden.
PS.: Dass in der Berichterstattung des ORF wieder einmal die islamische Sicht der Dinge dominiert, braucht niemanden weiter zu überraschen.
Die Profiteure in Politik und Finanzfonds jubeln. Ihre Party kann noch ein paar Tage weitergehen. Für die Bürger und Steuerzahler in Deutschland wie Österreich ist es ein Trauertag. Denn für sie wird die Rechnung für diese Party noch viel größer, als sie schon bisher ist, auch wenn – oder genauer: gerade weil die Vorlage dieser Rechnung damit ebenfalls ein paar Tage hinausgeschoben worden ist. Das bedeutet das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu den ESM-Klagen im Kern. Und dessen ein wenig das grüne Licht einschränkende Zusatzklausel wird die Schuldenparty nicht ernsthaft bremsen.
Diese „Ja, aber“-Klausel ist schon deshalb nicht glaubwürdig, weil das Gericht in Karlsruhe schon oft solche „Ja aber“-Beschlüsse gefasst hat. Es hat es aber immer tatenlos hingenommen, wenn die darin jeweils enthaltene rote Linie, also das „Aber“ regelmäßig von der Politik hemmungslos ignoriert worden ist. So ist auch in Deutschland der Rechtsstaat hemmungslos zu Grabe getragen worden.
Im konkreten Fall ist das „Aber“ besonders wirkungslos, weil dieser nach der Unterschrift des Bundespräsidenten unter den ESM-Vertrag Deutschland völkerrechtlich bindet. Ohne Wenn und Aber.
Konkret steht nämlich in den ESM-Verträgen nirgendwo, dass ein Land nur bei Zustimmung seines Parlaments zu einer Erhöhung der Haftungsgrenzen dieses „Rettungsschirms“ gezwungen werden kann. Und diese Haftungsgrenzen sind ja jetzt schon gigantisch: Alleine Deutschland haftet durch den ESM mit 190 Milliarden Euro. Diese Summe würde - wenn sie schlagend wird - den sofortigen Staatsbankrott der Bundesrepunlik bedeuten. Von den rund 1000 Milliarden, die Deutschland schon in den letzten zweieinhalb Jahren ansonsten für europäische Haftungen und Kredite aufgebracht hat, ganz zu schweigen.
Zwar besteht theoretisch ein Vetorecht jedes im ESM sitzenden Finanzministers aus den diversen Euro-Staaten. Aber schon wird bei der Schuldenlobby mit hämischem Grinsen darauf verwiesen, dass es im ESM-Vertrag sehr wohl auch die Möglichkeit eines Eilverfahrens gegen den Willen einzelner Staaten gibt.
Was der deutschen Politik natürlich insgeheim am wichtigsten ist: Angesichts der nun geöffneten großen ESM-Verspielkasse wird ein solches Verfahren zur Erhöhung der Spieleinsätze wohl nicht vor den nächsten deutschen Wahlen notwendig sein. Und wenn es dann einmal soweit ist – dann wird wieder einmal das gleiche Spiel getrieben werden wie schon so oft: Wieder werden die Deutschen protestieren, aber wieder werden sie aus ihren Protesten nicht wirklich ernst machen.
Dies hat sich etwa schon wenige Tage zuvor ganz genauso beim Beschluss des überhaupt unlimitierten(!) Anleihenankaufprogramms der EZB abgespielt: Die Deutschen wurden überstimmt, aber haben dann dieses Gelddruckprogramm der Europäischen Zentralbank tatenlos hingenommen. Und mit Garantie wird dasselbe passieren, wenn der ESM eines Tages seine Haftungsgrenzen ausdehnt. Ganz abgesehen davon, dass es im deutschen Bundestag nach wie vor eine massive Mehrheit für die Schuldenpolitik gibt. Der ist es offenbar wurscht, dass eine ebenso massive Mehrheit der deutschen Bürger dagegen ist.
Da ist es absolut unbegreiflich, dass sich weder die Dissidenten in der FDP noch die CSU noch etwa Gruppierungen um den Einzelkämpfer Thilo Sarrazin trauen, bei der nächsten deutschen Bundestagswahl mit einer Liste anzutreten, die diese Schuldenpolitik bekämpft. Die deutsche Linkspartei ist zwar als einzige Parlamentspartei gegen den ESM – aber sie ist noch viel mehr dagegen, dass jedes Land die Schuldenpolitik eindämmen muss. Sie ist daher nicht ernstzunehmen.
Warum haben sich die deutschen Richter nicht getraut, gemäß der Verfassung zu entscheiden? Die beste Erklärung liegt wohl im simplen Satz: „Wir sind alle nur Menschen.“ Überall lassen sich Richter vom Zeitgeist und von der Macht beeinflussen. Überall werden gerne Oppositionspolitiker verurteilt und fast nie amtierende Regierungsmitglieder. Und wenn ökonomisch ahnungslosen Richtern von der Politik eingehämmert wird, dass ein Anti-ESM-Urteil einen Schock auslösen würde, dann will niemand gern die Verantwortung dafür übernehmen.
Dies ist natürlich auch deshalb so, weil der unmittelbare Schock bei einem anderen Urteil tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Und weil es nie beweisbar wäre, dass das ein sehr heilsamer Schock wäre, der einen viel größeren, viel katastrophaleren, aber eben späteren Schock noch vermieden hätte.
PS.: Die Verlogenheit des ESM begann ja schon bei der Bezeichnung: Denn die sagt wie bei George Orwell das Gegenteil ihres Wortlauts. Was ein europäischer Schuldenmechanismus ist, hatte man frech Europäischer Stabilitätsmechanismus getauft. So wie man halt einst totalitäre Diktaturen zur Tarnung Volksdemokratien genannt hat.
Das Gerücht zu verbreiten, eine Frau hätte im Rotlicht-Milieu gearbeitet, ist ganz besonders mies. Es zeigt im konkreten Fall einen Verfall der politisch-medialen Sitten. Insbesondere dann, wenn es offenbar keine Beweise gibt. Dennoch ist auch an Bettina Wulff selbst, der solcherart geschmähten Frau des deutschen Ex-Präsidenten, so manches mehr als merkwürdig.
Da ist es noch das Harmloseste, dass – so wie ich – die große Mehrheit überhaupt erst durch Bettina Wulffs empörtes Dementi von jenen Gerüchten erfahren hat. Auffälliger ist da schon der Umstand, dass sie genau zu jenem Zeitpunkt mit allen juristischen Möglichkeiten und öffentlichem Protest gegen diese Gerüchte vorgeht, da sie ein Buch über sich auf den Markt bringt. Dabei soll dieser böse Hinweis in Deutschland schon seit Jahren kursieren.
Meine Sympathien endgültig verspielt hat die gute Frau aber durch ein Interview, dass sie jetzt – natürlich ganz zufällig ebenfalls zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung – zu einem anderen Thema gegeben hat: Zum Rücktritt ihres Mannes. Dieser ist ja nach Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen ihn zurückgetreten. Ganz offensichtlich tat er das ziemlich voreilig, sind doch diese Ermittlungen einige Wochen später eingestellt worden.
Wie aber kommentiert das liebe Eheweib jene Tage? Mit einem unglaublichen Egozentrismus: Sie wirft ihrem (Noch-?)Mann vor, sich in den Tagen seines erzwungenen Rücktritts zuwenig um ihre Gefühle gekümmert zu haben. Und überhaupt habe sie an der Seite des amtierenden Bundespräsidenten oft ihre eigenen Bedürfnisse unterdrücken müssen.
Richtig gelesen! Nicht etwa das ihrem Mann angetane Unrecht empört die gute Bettina, sondern die Tatsache, dass sich dieser am demütigenden Tiefstpunkt seines Lebens nicht ausreichend um sie gekümmert habe. Deswegen habe sie sich geärgert und sich bei der Rücktrittsrede ihres Mannes auch demonstrativ weit weg gestellt. Besonders ärgere sie, dass sie mit ihrem Mann oft in einen Topf geworfen werde.
Der Ärger über dieses Topf-Dasein war aber allem Anschein nach noch nicht da, solange sie das privilegierte Dasein einer Präsidentenfrau leben konnte.
Das nennt man wirklich solidarische Partnerschaft in der Stunde der Not. Und man erspart sich jeden weiteren Kommentar über so eine Frau und vor allem den Kauf ihres Buches.
Manche Sätze sind so brillant formuliert und treffen so sehr ins Schwarze, dass man sie nur noch unkommentiert weitergeben kann.
„Unser Land wird von einer pädagogischen Elite regiert, die so leidenschaftlich an die Gesamtschule glaubt, dass sie dafür alles, absolut alles zu tun gewillt ist. Außer die eigenen Kinder in eine solche Gesamtschule zu schicken.“ So konnte man es im Daily Telegraph in Hinblick auf das britische Erziehungssystem lesen. Wie sich manche Absurditäten ähneln.
PS.: Soeben wurde aus der Steiermark ein „Erfolg“ der dortigen Gesamtschulen gemeldet: Deren Absolventen seien zu einem deutlich höheren Prozentsatz AHS-tauglich als früher jene der Hauptschulen. Leider wurde bei dieser Propaganda-Aussendung nicht hinzugefügt, dass diese AHS-Tauglichkeit nur von den Gesamtschul-Lehrern selbst attestiert worden ist, während fast alles AHS-Lehrer zum gegenteiligen Eindruck kommen. Ein weiteres Kapitel aus dem Handbuch sozialistischer Gehirnwäsche.
PPS.: Noch etwas zum Schmunzeln: Hannes Androsch macht nach seinem gescheiterten Gesamtschul-Volksbegehren unverdrossen weiter: Er kämpft jetzt nach einer „Unterredung mit Bundeskanzler Faymann“ mit einem Personenkomitee für die Abschaffung der Wehrpflicht. Offenbar kommt der hoffnungsvolle Androsch-Sprössling nun langsam in die Nähe der Wehrpflicht. Womit der 74-jährige Alt-Genosse jetzt wenigstens die Schulen in Ruhe lassen wird.
Die sommerlichen Politiker-Interviews das Staatssenders sind doch noch eine Nachlese wert.
Zu allererst muss man auch dem ORF einmal Anerkennung zollen: Diese Sommergespräche standen meilenweit über dem, was der Sender sonst an Interview- und Moderations-Qualität bietet. Armin Wolf war exzellent vorbereitet, fragte diesmal auch die linken Politiker recht unangenehm und ließ sich durch Gegenattacken nicht aus dem Gleichgewicht bringen.
Natürlich hätte man sich oft ein noch intensiveres Nachfragen gewünscht. Etwa als der SPÖ-Vorsitzende unwidersprochen behaupten konnte, die „Spekulation“ und nicht die Politik sei an der Krise schuld. Da hätte sich wohl die Frage aufgedrängt: Welcher Spekulant hat denn die Regierungen gezwungen, durch immer heftigere Wählerbestechungen immer mehr Staatsschulden anzuhäufen?
Aber es waren dennoch alles in allem sachkundige und hartnäckige Befragungen. Das merkt man schon daran, wie sich der von Faymann mit unserem Geld bestochene Boulevard darüber ärgert.
Das Schönste war zweifellos der unwirsche Grant des Bundeskanzler-Darstellers, der immer unruhiger auf seinem Sessel herumzurutschen begann. Wie kann es jemand wagen, ihn durch unabgesprochene und unangenehme Fragen nach den Löchern in seiner Biographie oder schmierigen Inseraten-Geschäften so bloßzustellen!
Jetzt wissen wir wenigstens, dass für die SPÖ die Worte „inskribieren“ und „studieren“ deckungsgleich sind. Und ebenso haben wir aus Werner Faymanns Phrasengedresche gelernt, dass eine „wesentliche Entscheidung“ noch lange keine „wesentliche Vertragsänderung“ ist. Höhere sozialistische Philosophie: Die Entwesentlichung des Wesentlichen.
Vor allem aber verschafft uns die SPÖ am Tag nach der Faymann-Befragung wieder einmal einen herzlichen Anlass zum Lachen: Nämlich als Klubobmann Cap meinte, nach seinem Sommergespräch brauche sich Faymann jetzt ohnedies nicht mehr einer Befragung im Parlament zu stellen. Das ist wirklich süß.
In Wahrheit hat Faymann panische Angst vor einer öffentlichen und zeitlich unlimitierten Befragung unter strenger strafrechtlicher Wahrheitspflicht. Wirft ihm doch schon die Staatsanwaltschaft offen Lügen als Beschuldigter vor und droht ihm doch von dort schon ein Verfahren wegen Beihilfe zur Untreue (der damaligen ÖBB-Führung). Da will er sich nicht noch eines wegen Falschaussage als parlamentarische Auskunftsperson einhandeln. Im Fernsehen oder als Beschuldigter zu schwindeln ist ja nicht strafbar.
Neues gibt es immerhin bei der ÖVP: Sie macht Faymann bei seinem Nicht-Aussagen-Wollen zwar weiterhin die Mauer, sagt aber jetzt wenigstens ehrlich, dass sie das nur aus Koalitions-Zwang heraus tut, der verbietet, sich gegenseitig zu überstimmen.
Jetzt könnten die Schwarzen auch noch den nächsten Schritt machen. Nämlich jenen ins Archiv, um nachzuschauen, an welche Koalitionstreue sich denn Faymann im September 2008 gehalten hat, als er den Steuertopf einfach im Handumdrehen gegen den Willen der ÖVP um Milliarden beraubt hat.
Während Europa unter den Folgen jahrzehntelanger Schuldenwirtschaft stöhnt, zieht am Horizont eine noch schlimmere Gefahr auf als der Zusammenbruch von Wirtschaft und Währung: Die Kriegsgefahr im Nahen Osten wächst von Woche zu Woche. Und nur Illusionisten können zweifeln, dass das nicht nur in Hinblick auf die Energieversorgung eine katastrophale Bedrohung für Europa darstellt. Daran ändert es natürlich auch nichts, dass in Europa diese Kriegsgefahr gerne verdrängt wird. Ursache dieser Verdrängung ist einerseits die Konzentration auf die Finanzkrise, andererseits das generelle Fehlen einer konsistenten europäischen Außenpolitik.
Zwar sind mehrere Vertragsänderungen der EU mit der Notwendigkeit einer starken europäischen Außenpolitik begründet worden. Ans Ziel geführt haben diese Änderungen aber offensichtlich nicht. Das merkt man schon daran, dass die Mitgliedsstaaten sämtliche europäische Führungsfunktionen mit schwachen Persönlichkeiten besetzt haben, ob es nun der Kommissions- oder der Rats-Präsident ist oder die Außenbeauftragte.
Wirkliche Großmächte dieser Welt wie insbesondere China machen sich trotz aller asiatischen Höflichkeit gerne lustig über die außenpolitische Profillosigkeit Europas. Und sie reden daher lieber mit der deutschen Bundeskanzlerin als mit einem dieser Exponenten Brüssels, wenn sie ernsthaft verhandeln wollen.
Aber auch die europäischen Großmächte selbst schrauben ihre außenpolitischen Ambitionen herunter. Frankreich und England haben bei ihrer letzten Aktion – den Luftangriffen auf Libyen – gelernt, dass das sehr teuer war, und dass man dennoch in Libyen keineswegs eine echte Verbesserung der Verhältnisse erreichen konnte. Sie sind daher außenpolitisch leise geworden – und wirtschaftlich zunehmend angeschlagen. Deutschland wiederum hat als Universalfeuerwehr Europas genug Sorgen, es ist außenpolitisch auch schon vor der Krise außerhalb Europas traditionell vorsichtig und zurückhaltend gewesen; und es hat jetzt überdies einen Außenminister, der nicht wirklich als Schwergewicht oder besonders weise gilt.
Die nächstgroßen Länder Italien und Spanien hängen überhaupt groggy in den Seilen. Daher ist ihnen die frühere Lust auf eine lautstarke Mittelmeer- oder Lateinamerikapolitik komplett vergangen. Und die kleineren Europäer waren weltpolitisch naturgemäß immer schon irrelevant. Österreich zum Beispiel hat seit dem EU-Beitritt und der Balkanpolitik des Alois Mock nicht einmal eine nennenswerte Europapolitik, sondern bloß eine sich selbst verwaltende Außenpolitik (mit einer einzigen Unterbrechung durch das mutige Nein von Schüssel und Plassnik in Sachen Türkei-Beitritt).
Freilich muss man realistisch sein: Europa kann den drohenden Ausbruch eines Krieges zwischen Israel und Iran wie auch die zunehmende Eskalation zwischen Israel und Ägypten wie auch die Zuspitzung des syrischen Bürgerkriegs wie auch die Turbulenzen in weiteren arabischen Ländern nicht verhindern. Das gelingt auch den militärisch wie außenpolitisch viel mächtigeren Vereinigten Staaten nicht. Druck der Außenwelt auf regionale Hitzköpfe hätte ohnedies nur dann eine Erfolgsgarantie, wenn sowohl Amerika wie China wie Russland wie Europa einmal mit einer Stimme sprechen. Was leider nur ein Wunschtraum ist.
Aber auch bei realistischer Sicht ist die außenpolitische Absenz Europas deprimierend. Man hat den Eindruck, alle anderen drei großen Welt-Akteure haben ein klareres Konzept für den nahöstlichen und arabischen Raum als Europa. Dabei zeigt schon der Blick auf die Landkarte, dass die Möchtegern-Weltmacht Europa den Krisenzentren näher liegt als alle anderen globalen Mächte. Zusätzlich wäre Europa auch dadurch ganz besonders gefordert, dass die USA einen schleichenden Rückzug von ihrer Rolle als universeller Weltpolizist eingeleitet haben.
Aber Europa ist nicht einmal auf dem eigenen Territorium imstande, den Zypernkonflikt, also die Besetzung von EU-Territorium durch eine fremde Macht zu lösen. Es kann auch in der unmittelbaren Nachbarschaft keine funktionierenden Staatsmodelle für den Kosovo und Bosnien durchsetzen. Die EU kann sich weder dazu aufraffen, die De-Facto-Segmentierung dieser beiden Staaten anzuerkennen – sie ist aber natürlich auch völlig außerstande, militärisch eine staatliche Einheit durchzusetzen. Denn der gemeinsame Nenner der europäischen Politik ist die Immobilität.
Was könnte, was müsste Europa in Nahost konkret besser machen? Es müsste sich vor allem einmal auf überschaubare Ziele konzentrieren. Das wäre insbesondere der Schutz der Christen im Irak und Syrien, die derzeit zu Hunderttausenden verfolgt und vertrieben werden. Aber statt dessen hat sich die europäische Politik ohne Rücksicht auf die Konsequenzen in eine fast infantile Begeisterung für die islamistischen Revolten hineintreiben lassen.
Noch schlimmer ist das Versagen Europas in der gefährlichsten Konfliktzone, nämlich jener zwischen Israel und Iran. Mittlerweile sind die Beweise überwältigend, dass Iran knapp vor der Fertigstellung von Atomwaffen steht. Auch die Internationale Atomenergiebehörde – die sich vor dem Irak-Krieg der amerikanischen Propaganda gegen Saddam Hussein entgegengestellt hatte, die daher zweifellos große Glaubwürdigkeit besitzt – hat reihenweise diesbezügliche Alarmmeldungen veröffentlicht.
Eine iranische Atombombe bedeutet aber für Israel eine lebensgefährliche Bedrohung. Denn Atombomben in den Händen eines Regimes, das den Holocaust verherrlicht, sind für das Land unerträglich. Zugleich sind die bevölkerungsreichen islamischen Länder mit ihren wirren Kompensationsversprechungen für das Jenseits leichter als jede andere Kultur imstande, einen Atomkrieg zu riskieren. An dessen Ende wären das kleine Israel und all seine Einwohner mit Sicherheit ausgelöscht, während ein Teil der moslemischen Menschheit überlebt.
Die Gefahr durch eine iranische Bombe wird noch durch die innerislamischen Rivalitäten verschärft: Wer sich von den drei um die Führung ritternden Ländern Iran, Saudi-Arabien und Ägypten am aggressivsten gegen Israel stellt, dem jubeln die durch den Islam verarmten und radikalisierten Massen am lautesten zu.
Daher hätte es für jeden verantwortungsbewussten Politiker der Außenwelt seit Jahren oberste Pflicht sein müssen, den Druck auf den Iran zu erhöhen und diesen vor allem glaubwürdig auszuüben. Das wäre die beste Chance gewesen, den Iran zum Verzicht auf die Atomwaffenentwicklung zu bewegen und solcherart die Kriegsgefahr zu beenden.
Doch sind aus Europa nie wirklich konsistent glaubwürdige und entschlossene Signale nach Teheran gesandt worden. Der Kontinent erweckt den Eindruck, nur auf amerikanischen Druck und nur halbherzig bei den Sanktionen gegen Iran mitzumachen.
Botschaften an Israel werden vor allem in Teheran gehört, das daraus seine Rückschlüsse zieht. Sie werden als Signal aufgenommen, dass man ohnedies mit dem Bombenbasteln fortfahren könne. Daher sind die ständigen öffentlichen Warnungen an Israel, auf einen Präventivschlag gegen Iran zu verzichten, gefährlich und kriegsfördernd. Denn selbst wenn man der Meinung wäre, Israel solle der Fertigstellung der iranischen Bombe tatenlos zusehen, wäre es klug und die einzige friedenstiftende Politik gewesen, das niemals öffentlich zu sagen. Was aber etwa ein Herr Westerwelle ständig tut.
Wer begreift, wie sehr die Erinnerung an den Holocaust verständlicherweise den harten Kern der Identität Israels bildet, dem muss außerdem klar sein, dass solche Warnungen an Israel völlig sinnlos sind. Der jüdische Staat ist durch und durch von einem „Nie wieder“ geprägt: Man will sich nie wieder wehrlos abschlachten lassen.
An der Dummheit und Gefährlichkeit der europäischen Nahostpolitik ändert auch der Umstand nichts, dass auch die amerikanische Politik zunehmend solche gefährlichen Signale der Unsicherheit aussendet. Diese sind aber derzeit wenigstens durch den Wahlkampf erklärlich, in dem man sich keinesfalls durch einen israelischen Präventivschlag mit all seinen ungewissen und gefährlichen Konsequenzen stören lassen will.
Aber es steht außer Zweifel, dass eine iranische Bombe noch viel gefährlicher ist als ein zweifellos ebenfalls hochriskanter israelischer Präventivschlag.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
In Zeiten wie diesen freut man sich doppelt, wenn man wieder einmal positive, lobenswerte, zumindest hoffnungmachende Dinge berichten kann. Noch dazu einen ganzen Haufen. Das ist umso erfreulicher, da heute auch Menschen und Institutionen gelobt werden können, die sonst hier wegen anderer Taten und Äußerungen eher getadelt worden sind.
Das ist hier zu Recht dem neuen Industriellen-Präsidenten Georg Kapsch gleich mehrfach passiert. Jetzt aber hat er eine wirklich gute Idee in die Diskussion eingebracht: Das Pensionsantrittsalter solle komplett abgeschafft werden. Jeder solle in Pension gehen, wann er wolle „und dementsprechend mehr oder weniger bekommen“.
Freilich sagt Kapsch – noch? – nicht das dazu, was mit einer solchen Freigabe des Pensionsantrittsalters logischerweise verbunden sein muss: eine Senkung der Pensionshöhe auf das, was sich versicherungsmathematisch daraus ergibt. Es wäre ja ansonsten völlig absurd, wenn jemand bei voller Gesundheit mit 40 in eine Pension gehen könnte, die dann von der Allgemeinheit aufgebessert werden müsste. Wenn das nicht dazugesagt wird, würde die Kapsch-Ideen natürlich eine weitere Erhöhung des nationalen Schuldenbergs bedeuten.
Die reine Versicherungsmathematik ergibt hingegen bei fast allen Pensionen ein deutliches Minus. Vor allem bei den Frauen (wegen ihrer höheren Lebenserwartung); vor allem bei den Beamten nach dem alten System (in dem die Pension nur auf Basis der letzten Aktivbezüge berechnet worden ist, auch wenn jahrzehntelang viel weniger verdient worden war); und ganz besonders bei den Frühpensionisten.
Das heißt: Die Kapsch-Idee „Je länger ich arbeite, desto höher ist meine Pension“ erzählt nur die halbe Story. Die andere Hälfte besteht in der Klärung, unter welchen Bedingungen die Allgemeinheit zu Pensionen zuzahlen muss. Also mit anderen Worten: Wer bekommt ab welchem Alter unter welchen Voraussetzungen eine Ausgleichszulage? Womit es zumindest für diese Zuschussrentner sehr wohl eine Altersgrenze geben muss.
Aber denken wir einmal positiv: Kapsch hat nur vergessen, diese Konsequenzen seiner richtigen Idee dazuzusagen. Und es war keineswegs Populismus oder Ahnungslosigkeit, dass er sie nicht erwähnt hat.
Auch das Bundeskanzleramt ist heute zu loben. Es hat eine Novelle zum Datenschutzgesetz vorgelegt, die zumindest eine gewisse Liberalisierung des maßlos überzogenen Datenschutzes bedeutet. So soll nicht mehr von vornherein bei jeder privaten Videoüberwachung eine behördliche Kontrolle erfolgen müssen. So sollen diverse Meldepflichten für Unternehmen zumindest reduziert werden.
Das geht alles in die richtige Richtung. Denn es hat sich längst gezeigt, dass Datenschutz nur Kosten, Bürokratie und Beihilfe für zahllose Gaunereien bedeutet. Aber er hilft gar niemandem – außer jenen Menschen, die als Datenschützer einen Job gefunden haben. Denn in Wahrheit kann man sich auf paralegalem Weg problemlos alles an Daten und Informationen beschaffen, was man will.
Umso erstaunlicher ist, dass sowohl das Finanzministerium wie auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag gegen diese Novelle protestieren. Beim ÖGB ist es hingegen weniger erstaunlich.
Noch überraschender ist, dass es heute auch die Piraten auf die Lobesliste schaffen, zumindest gelingt das der Berliner Piratentruppe. Sie hat einen Gesetzesentwurf zu ihrem Kernthema vorgelegt, dem Urheberrecht. Und dabei geht es erstaunlicherweise nicht um die eigentlich erwartete Forderung nach dem Kernmotto: Jeder solle jedes geistige, schriftstellerische, musikalische Werk völlig unkontrolliert stehlen dürfen. Statt dessen findet sich in dem Piratenpapier ein klares Bekenntnis zum Urheberrecht.
Auch jene Dinge, wo die Berliner Piraten am Urheberrecht etwas ändern wollen, klingen nach durchaus vernünftigen Beschneidungen von Auswüchsen: So sollen die oft exzedierenden Anwaltskosten bei Abmahnungen von Internet-Diebstählen limitiert werden; so sollen die Schutzfristen reduziert werden (die ja noch lange nach dem Tod des Schöpfers den Erben Tantiemen bringen); so sollen die kreativen Schöpfer mehr Mitspracherechte gegenüber den Verwertungsverbänden bekommen. Das sind alles sinnvolle, jedenfalls diskussionswürdige Ansätze. Man erkennt erstaunt und erfreut, dass auch die Piraten langsam erwachsen werden.
Weniger überraschend sind kluge Anmerkungen hingegen bei Peter Skalicky, dem langjährigen Rektor der Wiener Technischen Universität. Aber seine Worte waren dennoch in ihrer Deutlichkeit mehr als verblüffend. Skalicky ist jetzt stellvertretender Chef des Forschungsrats – und er kritisierte dennoch die gegenwärtigen Fördersysteme für Forschung und Technologie heftig: „Das wird schön langsam ein Wasserkopf. Von der EU angefangen über die nationalen Agenturen, Projektagenturen etc. sind schon bald mehr Leute mit der Förderung und dem Aufstellen von Programmen beschäftigt, als dann tatsächlich Forschung betreiben.“
Das sind nicht nur richtige, sondern vor allem mutige Worte. Normalerweise hört man ja aus dem gesamten Forschungsapparat ständig nur die Forderung: „Noch mehr Geld!“ Und die Politik startet seit Jahren ständig noch mehr Programme und Forschungsförderungs-Institutionen.
Bisher hat aber noch niemand zu sagen gewagt, dass durch diese staatliche Einmischung viel Geld verschwendet wird. Den Worten Skalickys hinzuzufügen ist der Hinweis: Jedes Unternehmen, also der Markt, weiß tausendmal besser als staatliche Räte, wo Forschungsgelder sinnvoll eingesetzt werden und wo Forschung nur stattfindet, um sich staatliche Gelder zu holen.
Auch die Lehrergewerkschaft präsentierte sich in den Sommertagen erfreulich vernünftig: Sie reagierte auf das Verlangen von SPÖ-Seite, dasss Fortbildungsveranstaltungen in den Ferien stattfinden sollten, überraschend konstruktiv. Sie sagte nicht „Njet“, wie es die SPÖ wohl erwartet hatte, sondern zeigte sich durchaus bereit zur Fortbildung in Ferienzeiten. Die Lehrer konnten aber den Ball geschickt zurückspielen, indem sie nüchtern die Probleme aufzeigten, was passieren würde, wenn die Fortbildung NUR noch in den Ferien stattfinden sollte: Denn dafür gibt es viel zu wenig Fortbildungs-Häuser, um alles nur während dieser Wochen durchzuführen; auch würden die Nächtigungs-Quartiere die öffentliche Hand in den Ferien ein Vielfaches dessen kosten, was während des Schuljahres verlangt wird (etliche Schulungsheime sind im Sommer überhaupt in Touristenquartiere umgewandelt).
Interessanterweise hatte die SPÖ dieser nüchternen Gegenargumentation dann nichts mehr entgegenzustellen und verstummte. Was als Beweis gelten darf, dass die Lehrervertreter recht haben. Ich lerne daraus, dass es nicht die Faulheit der Lehrer ist, die dafür sorgt, dass Fortbildungen so oft während der Schulwochen stattfinden. Es ist vielmehr die (vielleicht notwendige) Sparsamkeit der Schulbehörden. Vielleicht sollte man doch die Lehrer nicht so automatisch als die Buhmänner der Nation sehen und behandeln.
Das meiste Aufsehen erregte zuletzt die Salzburger Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller. Sie wagte es, gegen das SPÖ-Tabu "Studiengebühren" aufzumucken. In der SPÖ herrscht ja – möglicherweise noch immer – der Irrglaube vor, dass Alfred Gusenbauer deshalb Probleme bekommen habe, weil er bei seinem Antritt als Bundeskanzler die Abschaffung der Studiengebühren gegen die ÖVP nicht durchgebracht hatte. In Wahrheit ist er natürlich daran gescheitert, dass zwei von Werner Faymann aus öffentlichen Geldern bestochene Zeitungen Gusenbauer hinuntergeschrieben haben. Die Studiengebühren sind dann erst unter Faymann abgeschafft worden – drei Tage vor der letzten Wahl in einem schuldenschweren Piratenakt, bei dem ihm erstaunlicherweise die FPÖ geholfen hat.
Freilich ist es noch keineswegs sicher, ob sich Burgstaller gegen die SPÖ-internen Studentenaktivisten und den schuldengeilen linken Parteiflügel durchsetzen wird können. Beide sind ja parteiintern sehr stark. Dabei ist das Gratisstudium eindeutig eine Umverteilung von den typischen SPÖ-Wählern in der Arbeiterschaft hin zu den Kindern des Mittelstands und der Oberschicht. Aber gegen linke Ideologie ist bekanntlich kein Kraut der Vernunft gewachsen. Daher ist Burgstaller umso mehr zu loben.
Große Anerkennung verdient auch ein Volk weit draußen im Atlantik: nämlich die Einwohner Islands. Sie befinden sich vier Jahre nach dem Bankrott des Landes und einer bitteren wie tapfer ertragenen Sparzeit wieder auf dem Aufwärtspfad. Island hat – nach einer steilen Abwärtskurve – heute wieder Wachstumszahlen, die deutlich über jenen der EU-Länder liegen.
Dabei war Island das erste Land, das von der Finanzkrise getroffen worden war. Ursache: Frühere Regierungen hatten den überdimensionierten Banken unkontrollierbare internationale Geschäfte erlaubt.
Wie geschah die relativ rasche Erholung? Vor allem wurde die isländische Krone massiv abgewertet. Das traf alle Inhaber von Fremdwährungskrediten heftig, erlaubte aber dem Land eine baldige Erholung. Zugleich wurden viele Budgetausgaben gestrichen und etliche Steuern erhöht. Island bekam unter strengen Auflagen auch IWF-Hilfe und Kredite der nordischen Länder.
Inzwischen hat die Insel einen Teil ihrer Schulden schon vorzeitig zurückgezahlt. Der Leitzins wurde zur Vermeidung einer Überhitzung bereits fünfmal erhöht. Tourismus und Exporte boomen wieder. Und auch den in fremden Währungen schwer verschuldeten Eigenheimbesitzern konnte zumindest ein Teil ihrer Schuld erlassen werden. Offen sind freilich noch etliche ausländische Forderungen vor allem aus Großbritannien gegen die – am Beginn der Krise verstaatlichten – isländischen Banken.
In der Summe ist das eine tolle Erfolgsgeschichte. Vielleicht kann man all jenen ein Ticket nach Island schenken, die meinen, ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion wäre die reinste Katastrophe.
Aus zwei sehr unterschiedlichen Gründen wird derzeit die Einführung eines verpflichtenden „Ethik-Unterrichts“ verlangt. Die einen – vor allem Sozialdemokraten – wollen einen solchen zur Verbreitung bestimmter Werte, aber auch zur Zurückdrängung des Religionsunterrichts für alle Schüler verpflichtend einführen. Kirchenvertreter wiederum fordern einen Ethikunterricht als Alternative zur Religionsstunde. Beide Seiten liegen aber ganz grundsätzlich falsch. Weder ist das eine Modell gut für Gesellschaft und Moral noch das andere für Kirchen und Glauben.
Ach ja: Bevor wir uns mit diesen beiden an sich ehrenhaften Zielen auseinandersetzen, sei noch eine dritte Gruppe erwähnt, die nach dem Ethik-Unterricht ruft: Das sind Philosophen, Genderologen, Politologen, kirchenkritische Theologen und Exponenten anderer brot- und berufsloser theorielastiger Studien, die sich als Ethiklehrer endlich gut bezahlte Jobs erhoffen. Das ist so schnell durchschaut wie als hoffentlich irrelevant abgehakt.
Eine viel spannendere Frage ist, welche die Philosophen schon seit den Zeiten der alten Griechen beschäftigt: Kann durch einen Ethik-Unterricht moralisches Verhalten verbessert werden? Können die Menschen ohne irgendeine religiöse oder ideologische Untermauerung durch Schulunterricht ehrlicher, fleißiger, solidarischer gemacht werden? Eine schöne Hoffnung. Nur gibt es für ihre Umsetzbarkeit und Wirksamkeit keinerlei empirische Beweise.
Statt dessen wird durch den Ethikunterricht mit großer Sicherheit etwas ganz anderes passieren. Dafür sorgt schon das sich anbietende Lehrpersonal. Der Ethikunterricht wird in breiter Front verlogenes grünes und sozialistisches Gutmenschtum propagieren. Dessen Kern lautet in der Regel: „Der Staat soll“ oder „Die Reichen/die Männer/die Christen/die Europäer sind die Bösen“. Projekte des Ethikunterrichts werden so wie schon heute viele Schul-Aktionen ständig neue benachteiligte Gruppen entdecken, für die zu Lasten Dritter oder der Allgemeinheit eine Besserstellung verlangt wird.
Also: Umverteilung zu Nichtleistungsträgern als angeblicher ethischer Imperativ. Das ist meilenweit weg von Kants Kategorischem Imperativ oder der damit verwandten Goldenen Regel, also den gutgemeinten Versuchen, ohne Transzendenz ethisches Verhalten auszulösen. Dahinter steckt meist ein Modell der Gegenseitigkeit, des wechselseitigen Nutzens: Do ut des. Ich gebe (oder unterlasse), damit du gibst (oder unterlässt).
Unter dem Tarnmantel des Ethik-Unterrichts würden statt der Goldenen Regel grün-alternative Weltbilder verbreitet, auch wenn sie in der Realität noch so oft gescheitert sind. Die Schule würde zu einem Vorfeld des Occupy-, Attac-, Greenpeace-Linksradikalismus werden.
Das ist nicht nur eine abstrakte Befürchtung. Das lässt sich schon an Hand der bereits vorhandenen deutschen Ethik-Lehrbücher beweisen. Diese hat nun der Philosoph Jan Schneider in einer Studie untersucht. Ein Austro-Ethikunterricht wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht sehr von diesen Büchern unterscheiden.
In ihnen wird nicht nur direkte Werbung für grüne Vorfeld-Organisationen bis hin zu deren Internet-Adressen gemacht. Es wird auch der Sozialstaat mit all seinen totalitären Tendenzen verherrlicht: Er halte „immer stärkere und kontrollierende Eingriffe des Staates im Dienste der sozialen Gerechtigkeit für notwendig“, formuliert da eines dieser Bücher. George Orwells 1984 als Ethik des 21. Jahrhunderts. Hingegen findet sich kein Wort von der Schuld des Sozialstaats an Schulden und Arbeitslosigkeit. Das ergibt einen klaren Gesamteindruck: „Ethisches“ Lob für den gleichmacherischen Sozialstaat statt für Leistung und Eigenverantwortung.
Insbesondere wird auch der Welthandel pseudo-ethisch denunziert, obwohl er in Wahrheit schon viele Entwicklungsländer aus der Armut herausgeführt hat: Der Nord-Süd-Handel sei „ein Instrument sozialer Ausbeutung“, behauptet eines der Ethik-Lehrbücher. Als ob auch nur ein einziger Mensch im Süden besser dran wäre, wenn es keinen Nord-Süd-Handel mehr gäbe. Natürlich wird das Gegenteil der Fall sein, also eine gewaltige soziale Elendskatastrophe im Süden ausbrechen. Statt des Handels wird in den Büchern „Fair Trade“ bejubelt,. Als ob künstlich erhöhte Preise und schlechtere Qualität eine sinnvolle Strategie für Entwicklung wären.
Noch konsequenter wird in solchen Ethik-Büchern die Technik denunziert. Den jungen Menschen wird ein Weltbild vermittelt, als ob es den Menschen in einer überwiegend agrarischen Kultur vor Hundert Jahren besser gegangen wäre. Ausgeblendet werden die damaligen weltweiten Hungersnöte, das Elend großer Massen und die im Vergleich zu heute nur halb so hohe Lebenserwartung. Geradezu selbstverständlich ist in einem solchen grüntriefenden Kontext die Prophezeiung, dass Energie oder Rohstoffe demnächst ausgehen würden. Was heute noch falscher ist als in den Sechziger Jahren oder am Beginn des 19. Jahrhunderts, als man ebenfalls schon diese düstere Prophezeiung liebte.
Keinerlei Verständnis oder gar Sympathie gibt es in diesen Ethik-Büchern für die Vorteile der Marktwirtschaft und die damit verbundene Verschiebung der Macht vom Staat zum Einzelbürger. Den Ethik-Autoren sind all jene Mechanismen zuwider, die in den letzten Jahrzehnten Wohlstand und Ernährung eines wachsenden Anteils der Menschheit dramatisch verbessert haben. Dafür liegt ihnen umso mehr eine vermenschlicht dargestellte Tierwelt am Herzen. Und natürlich bekommt auch die feministische „Geschlechtergerechtigkeit“ in diesen Büchern breiten Raum. Alles was zur Denunzierung von Fortschritt und Freiheit dient, wird zum Postulat eines postmodernen Ethik-Unterrichts.
Aber legen wir die Ethik-Bücher beiseite. Denn eine Veränderung der individuellen Ethik oder Weltanschauung lässt sich ohnedies nicht durch Unterricht oder Bücher erzielen, selbst wenn diese nicht so verlogen wären.
Auch all die verpflichtenden Marxismus-Lehrveranstaltungen im einstigen Osteuropa haben ja nur eines bewirkt: Dass die Osteuropäer bis auf ein paar Ewiggestrige heute die schärfsten Anti-Marxisten der Welt sind. Ähnliches kann man gerade in Hongkong sehen: Dort wollten die Pekinger Machthaber fürs nächste Schuljahr verpflichtende Lehrstunden in Sachen „Patriotismus“ einführen. Die Ablehnung war so groß, dass die Behörden letztlich das Projekt abbliesen.
Individuelle Moral wird nämlich auf ganz anderen Wegen vermittelt: durch familiäre Prägung; durch überzeugende Vorbilder im persönlichen Umfeld und in der Gesellschaft, also etwa auch durch das Verhalten der Lehrer; durch religiöse Wertorientierung; oder durch Gruppendruck nach dem Muster: „Im Klassenkampf müssen eben Opfer gebracht werden“; „Ein deutscher Junge lügt nicht“; oder deutlich positiver: „Ein österreichischer Facharbeiter arbeitet ordentlich, auch wenn ihn niemand kontrollieren kann“.
Viel positiver als ein Ethik-Unterricht durch verblasene Gutmenschen wäre etwas ganz anderes: ein ordentlicher Unterricht über Recht und Wirtschaft, also Wissen statt schwammigen „Kompetenz“-Gewusels. Die Wissens- und Verständnislücken von Schulabsolventen in Hinblick auf Ökonomie, Gesetze und Staat sind nämlich erschütternd und gefährlich, subjektiv wie kollektiv.
Die generalpräventive Wirkung von Strafandrohungen des Rechtssystems ist weitgehend unbestritten. Daher hätte auch ihre Lehre im Unterricht sehr viel Sinn. Und es ist eigentlich unverständlich, dass das in unseren Schulen so gut wie gar nicht stattfindet.
Gewiss wäre es schön, wenn jeder Mensch auch ohne die Gefahr einer Strafe auf Steuerhinterziehung, sexuellen Kontakt mit Kindern, Gewalttaten, Beschäftigung von Schwarzarbeitern, Betrügereien und viele andere Dinge verzichten würde. Aber letztlich hat sich in allen Gesellschaften die Strafandrohung als beste Strategie erwiesen.
Damit diese Strategie aber wirklich wirkt, braucht es zwei Voraussetzungen: Es muss erstens ein ernsthaftes Risiko bestehen, erwischt zu werden (das hat mit Schule nichts zu tun, sondern mit der Effizienz von Polizei und Behörden). Und zweitens muss man die Verbotsnorm samt Strafe überhaupt kennen. Und genau dafür wäre eben ein ordentlicher Rechtsunterricht sowohl in Pflicht- wie auch in Höheren Schulen essentiell.
Dieser sollte aber auch jenseits des Strafrechts das Wissen jedes Bürgers über das Funktionieren von Staat und Gesellschaft erhöhen: von den Mechanismen der Gesetzgebung bis hin zur Sozialversicherung. Letztlich kann ja eine Demokratie nur mit sie verstehenden Bürgern funktionieren.
Ebenso wichtig ist das Wissen um ökonomische Zusammenhänge. Nur Bürger, denen beispielsweise der Zusammenhang vermittelt worden ist, dass die Akkumulierung von Schulden sowohl eine Familie wie auch einen Staatshaushalt langfristig zum Zusammenbruch bringen muss, werden sich politisch verantwortungsbewusst verhalten. Nur dann werden sie immun gegen Schulden-Scharlatane mit ihrem Stehsatz: „Für . . . muss doch noch Geld dasein.“ Aber eben das Geld der anderen, des Staates, nie das eigene.
Ist es nicht deprimierend, werden da manche einhaken, wenn sich die Menschen primär wegen der ökonomischen oder rechtlichen Konsequenzen eines Verhaltens ethisch verhalten? Mag sein, dass manche das als deprimierend empfinden, aber es ist eine realistische Weltsicht.
Wie aber sieht es mit der zweiten Gruppe aus, die aus ganz anderen Gründen nach einem Ethikunterricht ruft? Das ist in Österreich vor allem die Kirche. Sie sieht, dass für so manche Schüler das Kaffeehaus attraktiver geworden ist als der Religionsunterricht. Die Abmeldungen von Religion wären daher zweifellos weniger häufig, wenn man trotzdem in einer Schulklasse sitzen muss.
Eine Reduktion der Abmeldungen könnte so also zweifellos erreicht werden. Nur bleibt mehr als offen, was die Kirche von solchen demotivierten Schülern überhaupt hätte. Statt über solche Vergatterungsmechanismen nachzudenken sollte sie nämlich den Religionsunterricht selbst gründlich ändern.
Dieser hat sich in den letzten Jahren im Versuch einer billigen Anbiederung vielerorts schon selbst in Richtung einer diffusen und gott-fernen Ethik-Lehre entwickelt. Viele Religionslehrer wagen es nicht mehr, von den Kindern ernsthaft kognitives Lernen zu verlangen. Das hat zu Schulabsolventen geführt hat, die nach zwölf Jahren „Religion“ weder die zehn Gebote noch das Vaterunser kennen, die dafür Dutzende verlegene Besuche in einem Obdachlosenasyl hinter sich haben. Die Religionslehrer wagen nicht mehr, von Gott zu reden und zu zeigen, dass sie selber den eigenen Glauben noch ernst nehmen. Sofern sie ihn überhaupt noch haben.
Der Religionsunterricht in staatlichen Schulen ist für die Kirchen ein Holzweg geworden. Die Kirchen glauben zwar, sich viel Geld zu ersparen, wenn die Religionslehrer vom Staat bezahlt werden. Sie verlieren dafür aber den Kontakt zu den Kindern.
Viel erfolgreichere Exempel sind für die Kirchen jene Länder, wo der Religionsunterricht nicht in der Schule des Staates, sondern in Gebäuden der Kirchen wie etwa Pfarren erfolgt. Wie in den USA oder in der Schweiz. Dort entsteht automatisch eine viel engere Bindung. Dort werden die Jugendlichen viel enger an das kirchliche Leben herangeführt, als das nach dem österreichischen Staats-System erfolgt.
Natürlich müssten die Kirchen dann sich und damit auch die Arbeit mit den Kindern wieder viel ernster nehmen. Sie müssten begreifen, dass weder Tischtennisspielen noch Befindlichkeits-Gesäusle den Kern eines Religionsunterrichts zu bilden haben. Sie müssten auch klarmachen, dass es ohne Teilnahme an diesem Religionsunterricht dann später auch keine Teilnahme an den populären Zeremonien der Kirche geben kann. Also weder Firmung noch Eheschließung noch Begräbnis.
Ein paar Studienreisen österreichischer Bischöfe würden sie auf dem Weg dieser skizzierten Erkenntnis weit voranbringen. Der Rest wären dann nur noch technische Details.
Dazu gehören etwa Möglichkeiten, einen in pubertärer Brauch-i-net-Mentalität versäumten Religionsunterricht später einmal in ernsthafter Form nachzuholen. Gewiss müsste auch über finanzielle Kompensationen für das gesprochen werden, was sich der Staat durch den Abzug der Religionslehrer aus den Schulen erspart (hat er sich doch einst an Kirchenvermögen fett bedient). Gewiss müsste es dann ein oder zwei Nachmittage geben, die landesweit für den außerschulischen Religionsunterricht frei wären: An diesen Nachmittagen dürfte es dann also keinen Unterricht oder Übungen und Trainings staatlich geförderter Vereine (vom Sport bis zur Kultur) geben; da müssten auch Ganztagsschulen ungehindert die Teilnahme ermöglichen.
All das wird aber nirgendwo ernsthaft diskutiert. Statt dessen findet unter der vermeintlich edlen Überschrift „Ethik“allerorten nur völlig vordergründige Geplänkel statt, die weder der Gesellschaft noch der Schule noch den Religionen etwas bringen.
Die Zinsen der Schuldenstaaten sind als Folge der leichtfertigen Anleihenaufkauf-Ankündigung der Europäischen Zentralbank ein wenig gesunken. Ein wenig. Aber schon mehren sich die Anzeichen, dass umgehend auch die Reformbereitschaft der Schuldenstaaten sinkt. Als drastisches Beispiel möge diesmal nicht Griechenland, sondern Italien dienen.
Dabei hat die EZB noch gar nichts aufgekauft. Dabei sind die Marktzinsen für zehnjährige italienische Anleihen bloß von 6,1 (am Höhepunkt vor einigen Wochen) auf 5,1 Prozent gesunken, womit sie also noch immer ein Vielfaches der deutschen Zinssätze von 1,6 Prozent ausmachen. Und sie werden wohl bald wieder steigen. Dabei hat die Unicredit, die größte, selbst ums Überleben kämpfende Bank des Landes, verlauten lassen, dass sie weiterhin keine italienischen Anleihen mehr kauft.
Dabei ist zugleich nun auch Deutschland selber in erste Anzeichen der Bedrängnis geraten: Hat es doch zum ersten Mal seine langfristigen Anleihen nicht mehr im gewünschten Umfang an den Mann gebracht. Das heißt: Auch der deutschen Stabilität wird von den Geldgebern nur noch kurzfristig getraut (denn irgendwelche Anleihen müssen ja zum Beispiel die Lebensversicherungen auf Grund rechtlicher Pflichten kaufen), nicht aber langfristig.
Trotz all dem mehren sich rund um den seit Tagen erwarteten EZB-Beschluss die Anzeichen, dass die anfänglich große Reformbereitschaft in Italien wieder nachlässt. Am schlimmsten ist es, dass italienische Zeitungen sofort von „großer Zufriedenheit“ Mario Montis ob des EZB-Beschlusses berichtet haben. Das ist alleine schon psychologisch ein schlimmes Signal. Zwar war dieses Signal für die Märkte gedacht, also potenzielle Geldgeber, aber hören tun es vor allem die Italiener selber. Die ziehen sofort ihre Schlüsse daraus.
Dieses Signal fügt sich nahtlos in etliche Meldungen der vergangenen Tage aus Italien.
Da protestieren die Gewerkschaften nun wild gegen Sparmaßnahmen des maroden Fiat-Konzerns, obwohl Fiat an der Kippe von tot oder lebendig steht. Da bekämpfen Konsumentenschützer wie Medien wie Rechtsparteien heftig die geplante Pflicht für Kaufleute, Zahlungen über 50 Euro auch mit Bankomat- oder Kreditkarten anzunehmen. Dabei ist in Italien der Bargeldumlauf viel intensiver als in den meisten anderen Ländern. Das ist ein starkes Indiz, dass solcherart viele Geschäfte an der Steuer vorbei geleitet werden.
Besonders ärgerlich ist, dass der italienische Ministerrat selber, also das von Monti geleitete Gremium, nun eine verpflichtende Frauenquote für börsenotierte Unternehmen des Landes beschlossen hat. Das heißt, schon wieder werden sozialromantische Ideen durchgepeitscht, die keinesfalls die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft – also das Zentralproblem des Landes – verbessern. Vielmehr verschlechtern sie diese sogar mit großer Wahrscheinlichkeit. Denn jede Maßnahme, die externen Zielen, wie etwa dem Genderismus dient, steht automatisch im Widerspruch zu Zielen der Unternehmen, ihrer Eigentümer, Mitarbeiter und Kunden.
Aber jetzt kann man es sich ja schon wieder leisten. Italien kann sich wieder ein paar Monate mit Anleihen finanzieren. Und die EZB kauft diese dann auf, wenn sie keine Abnehmer finden. Und Deutschland und Österreich haften dann für die dadurch explosiv wachsenden EZB-Schulden. Was zumindest Angela Merkel äußerst distanziert kommentiert, während „unser“ Werner Faymann skandalöserweise jubelt.
PS.: Italienische Pointe am Rande: Die gleiche Spannung, die sich zwischen den sparsameren Europäern und den Italienern aufbaut, besteht auch zwischen Nord- und Süditalien. Etwa die Region Venetien weigert sich nun offiziell, künftig „auch nur mit einem Euro für die Misswirtschaft des Südens aufzukommen“. Insbesondere Sizilien ist seit Jahrzehnten ein Fass ohne Boden. Die Insel mit ihren fünf Millionen Einwohnern hat allein von der EU in den vergangenen zehn Jahren ganz unabhängig von der Schuldenkrise 20 Milliarden bekommen. Kein Cent davon – oder aus den vielen anderen Hilfen für den Mezzogiorno – hat dort irgendeine strukturelle Verbesserung ausgelöst. Das sizilianische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist von 75 auf 66 Prozent des italienischen Schnitts gesunken. Warum sollten die Sizilianer auch etwas ändern, wenn das Geld eh weiter fließt? In Palermo gibt es Busfahrer, die keinen Führerschein haben. Im öffentlichen Dienst der Insel kann man schon mit einem Lebensalter von 46 Jahren nach 17 meist nicht sehr arbeitssamen Dienstjahren in Pension gehen. Zum Vergleich: Diese 20 EU-Milliarden an EU-Geldern sind fünfmal so viel wie der ganze, viel größere italienische Norden von Brüssel bekommen hat. Dafür verdient der sizilianische Regionspräsident doppelt so viel wie sein Kollege in der industriell reichen Lombardei. Geringer Trost, dass dieser Präsident soeben zurückgetreten ist – weil er von den Gerichten wegen Mafia-Kontakten verfolgt wird. Jetzt soll ihm ein TV-Showmaster folgen. The Show must go on . . .
Jetzt sind die Würfel gefallen: Die Internationale der fröhlichen Schuldenmacher hat gewonnen. Alle Sparer und Steuerzahler haben schwer verloren. Und die Europäische Zentralbank kann ihren De-Facto-Konkurs nur noch durch heimliches Gelddrucken abwenden. Das wird zwingend zu einer weiteren massiven Entwertung des Euro nach außen wie nach innen führen . Was aber völlig unbegreiflich ist, ist die Zustimmung des österreichischen Notenbank-Gouverneurs Ewald Nowotny zu diesem Wahnsinnsbeschluss. Hingegen hat sich die deutsche Bundesbank bis zuletzt tapfer gewehrt.
Freilich sollte man sich nicht allzu sehr über die EZB und ihren mehrheitlichen Beschluss wundern, in unbegrenztem Umfang Anleihen von Krisenländern aufzukaufen. Denn seit dort ein Italiener als Präsident eingezogen ist, musste völlig klar sein, wohin die Reise geht. Daran ändert es nichts, dass die Rhetorik von Herrn Draghi bisweilen die marktwirtschaftlichen Grundprinzipien vorzuspiegeln versucht. Aber um es metaphorisch zu sagen: Das Blut ist bei den meisten Menschen allemal schwerer als das Hirn. Also war im Grund immer klar, dass Draghi im Interesse Italiens entscheidet.
Bei einem Sozialisten an der Spitze der österreichischen Nationalbank sollte einen wiederum etwas anderes nicht wundern: Bei ihm wiegen die Schuldenlust der Partei und deren internationale Verfilzungen schwerer als das nationale Interesse. Dabei war Ewald Nowotny anfangs durchaus ein auf Stabilität bedachter Notenbanker. Er hatte damals den Schulden-Fanatikern in seiner Partei noch den Satz entgegenzuschleudern gewagt: Ein Land, das zu viele Schulden hat, gibt seine Souveränität auf.
Seit aber im Frühjahr in Frankreich ein Linkspräsident an die Macht gekommen ist, haben sich auch die deutschen und österreichischen Sozialdemokraten dem Zug der Schuldenlemminge angeschlossen. Und Ewald Nowotny ist im Kern offensichtlich halt doch nur ein braver Parteisoldat.
Um den Sachverhalt auf den Punkt zu bringen: Wenn sich Staaten nicht mehr nur durch die Steuerleistung finanzieren, sondern durch Geldausgabe der Notenbank, dann muss das zwangsläufig zur Inflation führen. Und wenn eine Notenbank mehr Geld ausgibt, als sie an Gold oder ausländischem Geld hat und als der Zuwachs der nationalen Wertschöpfung ausmacht, dann bedeutet das Gelddrucken, also die Täuschung von Menschen durch ungedeckte Papierscheine.
Jede Wette: Wenn die EZB nicht schon heute konkursreif ist, ist sie es spätestens am Jahresende. Sie hat nur einen Vorteil gegenüber normalen Pleitiers: Sie kann das immer verheimlichen. Sie muss nicht veröffentlichen, wie viele – fast wertlose – Staatsanleihen von Schuldnerländern sie in den Tresoren haben.
Nun werden manche beschwichtigend einwenden: Die EZB werde jetzt zwar unbegrenzt Geld drucken, aber sie tue das nur, wenn die dadurch begünstigten Schuldnerländer strenge Sparprogramme durchlaufen.
Das lässt aber nur müde lächeln: Denn diese Sparprogramme werden erstens von politisch beherrschten Gremien, also von lauter Rücksichtlern und Solidaritäts-Rhetorikern erstellt. Zweitens werden nicht einmal deren Empfehlungen in Ländern wie Griechenland wirklich ernsthaft umgesetzt; das merkt die Außenwelt freilich immer erst lange nachher. Drittens und vor allem anderen kommt in den Ländern am schönen Mittelmeer jetzt primär eine Botschaft an: Es gibt wieder frisches Geld, also ist eh alles nicht so dramatisch. Diese fatale Wirkung der EZB-Beschlüsse kann jeder vorhersagen, der eine Ahnung von politischer Massenpsychologie hat.
Wie wenig ernst etwa die Griechen das Sparen nehmen, hat man in den letzten Tagen erneut genau beobachten können: Da hat das ganze Land ob des Verlangens der internationalen Sparkommissare aufgejault, das gesetzliche Verbot der Sechstagewoche aufzuheben. Mit anderen Worten: Auch im dritten Jahr des angeblichen Sparens haben die Griechen den Ernst der Lage noch immer nicht begriffen.
Aber dennoch finden sie mit ihrem Sparunwillen auf der europäischen Linken sogar wachsende Solidarität. Einer der übelsten sozialistischen Politruks zeigte in der ZiB des ORF – trotz des theoretischen Objektivitätsgebots im Staatsfunk – volle Sympathie mit diesem griechischen Aufschrei: Die Sparkommissare würden „spinnen“, japste er mit vor Empörung kippender Stimme.
Als ob die Ermöglichung einer Aufteilung der gleichen(!) Arbeitsstundenanzahl wie bisher auf sechs Tage die ultimative Unmenschlichkeit wäre. Offenbar ist bei den Hellenen die Freizeitqualität noch immer viel wichtiger als die Bewahrung des Jobs. Es ist noch nicht so lange her, da war auch in Österreich die Sechstagewoche für Schüler wie Arbeitnehmer der Normalfall. Aber niemand hat das damals als totalitäre Folter gesehen.
Weniger ehrlich ist die österreichische Gegenwart: Hier stimmte nicht nur der Notenbankchef vorsätzlich dem unbegrenzten Anleiheverkauf zu; im Gegensatz zu Deutschland gibt es hier nicht einmal eine öffentliche Debatte. Freilich haben wir in Österreich keine Ökonomen von der Qualität,wie sie in Deutschland zu Hunderten an den Universitäten lehren.
Besonders rätselhaft: Warum wagt die ÖVP keine Kritik an Nowotny? Warum stärkt Michael Spindelegger nicht seiner Finanzministerin den Rücken, die als einziger Mann in dieser Waschlappen-Regierung wenigstens hinter den Kulissen vehement gegen den europaweiten Schuldenkurs auftritt? Warum verspielt der angeschlagene ÖVP-Chef seine letzte Chance, durch mutige Aussagen, die er auch beim ersten Gegenwind nicht gleich fallen lässt, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen?
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Die Regeln und das Geld der anderen
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Menschen, die viel Geld haben, faszinieren stets die Massen. Ganz besonders wenn sie hier geboren und ausgebildet wurden, aus der Provinz - in diesem Fall die Steiermark - in die Welt zogen, um "groß zu werden". Sicher: Hut ab vor deren persönlicher Leistung. Einen Konzern wie Magna auf die Beine zu stellen ist beachtlich, und es ist gut, dass er nach Österreich zurückkehrte. Im Fall von Frank Stronach geschah die Rückkehr jedoch mit einem eigenartigen Beigeschmack. Sein Leitsatz lautet, wer das Geld hat, macht die Regeln. Er duldet keine Gewerkschaften. Staat und EU sind ihm suspekt. Dennoch sammelt er Politiker wie andere Briefmarken. Auf seiner Gehaltsliste standen beziehungsweise stehen u. a. Peter Westenthaler, Karl-Heinz Grasser, Andreas Rudas, Günter Stummvoll, Mathias Reichhold. Jetzt zieht Stronach wieder mit der offenen Brieftasche durchs Land und bietet willigen Parlamentariern ein Begrüßungsgeld, um einen Klub zu gründen, um bei der Wahl 2013 Stimmen zu kassieren. Doch wie passt dies mit Stronachs neoliberaler Gesinnung zusammen? Auf der einen Seite Kritik an Staat und EU, auf der andern Seite Politikersammlung und Hand auf bei Subventionen. Fleißig bedient hat sich der Magna-Konzern zudem bei Förderungen aus Brüssel. Im Wirtschaftsförderungsbeirat der Steiermark habe Magna "Steuergeld wie Scheibenwischer" bestellt, kritisieren die Grünen. Allein in der Steiermark knapp 50 Mill. Euro. Im Rahmen des EU-Fonds für regionale Entwicklung wurden vier Mill. genehmigt. Dazu kommt die Kofinanzierung durch Brüssel. Vom Bund holte sich Magna mehr als 100 Millionen Euro an geförderten Krediten sowie 20 Millionen Euro an nicht rückzahlbaren Zuschüssen. Wie war das doch gleich - wer das Geld hat, macht die Regeln. In diesem Fall das Volk. Oder?
Belebung ja, Verantwortung nein
Andreas Unterberger
Frank Stronach und sein Bankkonto üben unwiderstehlichen Reiz auf etliche einst orange und rote Politiker aus. Die Politiker anderer Parteien haben sich hingegen bisher erstaunlich widerstandsfähig gezeigt, obwohl viele Journalisten eigentlich geglaubt hatten, Stronach würde Schwarz und Blau am meisten schaden. Sein schlichtes und direktes, geradezu holzschnittartiges Auftreten kommt gerade bei Arbeitern gut an - ebenso wie sein Aufstieg ganz ohne Hilfe von Parteien oder Beziehungen. Freilich hat auch er schon längst gelernt, was man sich - von eigentlich als Hotels gewidmeten Seeufer-Palästen angefangen - in Österreich alles so kaufen kann und wo man vom Steuerzahler Geld kassieren kann.
Gewiss wäre es eine Katastrophe, wenn Stronach Regierungsverantwortung bekäme. Ein 80-Jähriger, der noch heute aus steuerlichen Gründen nur jeweils kurze Zeit in Österreich ist; ein Mann ohne wirkliche Ahnung von den komplizierten volkswirtschaftlichen, rechtlichen, sozialen Zusammenhängen würde das Land in einen noch ärgeren Schiffbruch treiben, als es dem Bodybuilder/Schauspieler/Gouverneur Schwarzenegger mit Kalifornien geglückt ist. Ebenso katastrophal wäre die von Stronach geforderte Einführung des Schillings.
Dennoch bereichert der Mann die Landschaft. Er würde sich etliche der bisher nur von der SPÖ (mit öffentlichen Mitteln) gekauften Medien aneignen; er ist eine scharfe Antithese zur Schuldenliebe vieler Politiker; er bringt endlich das Thema "Flat Tax" in die Diskussion; er fährt ORF-Ideologen erfrischend über den Mund; er würde als Kontrastmittel auch die dringend nötige Kurskorrektur bei einigen ÖVP-Marodeuren ("Zaster her") auslösen, ebenso wie bei den wirtschaftspolitisch im Kontrast zu früher beklemmend sozialistisch gewordenen Freiheitlichen.
308.957 Euro – das ist verdammt viel Geld. Je nach Präferenz kann man dafür vierundzwanzig fabrikneue Autos (Typ Seat Ibiza) kaufen oder als Hausbesitzer in eine gemütliche Villa einziehen. Man kann natürlich auch dreißigtausend Mal zum Chinesen Mittagessen gehen. Wie gesagt, die Präferenzen sind verschieden.
308.957 Euro – das ist exakt jene Summe, die das österreichische Kunstministerium (BMUKK) in den Jahren 2001 – 2011 zur Unterstützung und zum Vorteil eines gewissen Dr. Menasse zur Verfügung stellte.
Nun tauchen zwei Fragen auf. Erstens: Wer zum Kuckuck ist dieser Dr. Menasse eigentlich? Antwort: Robert Menasse, Dr. phil., ist ein Wiener Schriftsteller, der Romane und zeitkritische Essays schreibt. Laut Aussage des Philosophen Konrad Liessmann bezeichnete Menasse sich selbst als Produzent von „Weltliteratur“ – eine Eigendefinition, deren Berechtigung hier mangels Wissen über Verbreitung und Verkaufszahlen Menassescher Bücher nicht näher diskutiert werden kann.
Die zweite Frage lautet: Was hat es mit den genannten 308.957 Euro auf sich, die das österreichische Kunstministerium zum Vorteil des Herrn Menasse in den Jahren 2001 - 2011 aus seinem Budget abzweigte? Antwort: Diese Summe setzt sich zusammen aus sechsundzwanzig Einzelförderungen und Abgeltungen, die in der nachfolgenden Tabelle detailliert aufgelistet sind. 289.357 Euro waren „direkte“ Geldflüsse auf das Konto Robert Menasses, 19.600 Euro waren „indirekte Förderungen“ (Übernahme von Übersetzungskosten durch das BMUKK).
Tabelle der BMUKK-Einzelförderungen und Abgeltungen:
Jahr |
Art der Förderung |
Betrag |
2001 |
Werkstipendium |
4.380,- (Umrechnung aus ATS) |
2003 |
Erich-Fried-Preis |
14.600,- |
2004 |
Reisestipendium |
2.277,- |
|
indirekte Förderungen (Übersetzungskosten) |
2.200,- |
|
Werkstipendium |
6.000,- |
2005 |
Werkstipendium |
6.000,- |
|
Reisestipendium |
500,- |
2006 |
Werkstipendium |
6.000,- |
2007 |
Werkstipendium |
6.000,- |
|
indirekte Förderungen (Übersetzungskosten) |
3.400,- |
2008 |
Werkstipendium |
6.000,- |
|
Kostenerstattung Computer |
1.200,- |
|
indirekte Förderungen (Übersetzungskosten) |
2.000,- |
2009 |
zwei Abgeltungsraten für Manuskriptankäufe |
Insgesamt 180.000,- |
|
Werkstipendium |
6.000,- |
|
indirekte Förderungen (Übersetzungskosten) |
6.500,- |
2010 |
indirekte Förderungen (Übersetzungskosten) |
5.500,- |
2011 |
Musil-Stipendium |
50.400,- |
Gesamt: 308.957,- Euro
Würde man die genannte Gesamtsumme zehn Jahre lang als Monatsraten überweisen, käme der Begünstigte auf ein durchschnittliches monatliches Salär von 2.574 Euro.
Da der „freie Schriftsteller“ Robert Menasse in der Öffentlichkeit vor allem als olympisch entrückter Kritiker des verfilzten und korrupten österreichischen politischen Systems bekannt ist, liegt die Frage nahe, wie ausgerechnet Menasse es geschafft hat, in den Rang eines staatlichen Dauer-Stipendiaten aufzurücken. Das ist eine erstaunliche Position in einem Land, in dem Literaten und Autoren üblicherweise am Hungertuch nagen.
Zur Klärung dieses Phänomens erlaubte sich der Verfasser dieses Beitrags einen Blick hinter die Kulissen der österreichischen staatlichen Literaturförderung. Am Beispiel der drei am höchsten dotierten Menasse-Zuwendungen (Erich-Fried-Preis, 180.000-Euro-Manuskripte-Deal sowie Musil-Stipendium) wurde untersucht, wie die Vergabevorgänge im Einzelnen über die Bühne gingen.
Das Ergebnis dieser Untersuchung – um es vorwegzunehmen – war das erschütternde Zustandsbild einer staatlichen „Literaturförderung“, die in Wahrheit nichts anderes ist als eine Geldverteilungsmaschine zum Vorteil einiger weniger Monopol-Autoren, die aufgrund ihrer raffiniert angelegten Netzwerke mit staatlichen Geldströmen geradezu überflutet werden. Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind unbekannte Kriterien in diesem pseudobürokratischen System aus Freunderlwirtschaft und Gewohnheitsrechten.
Doch gehen wir chronologisch vor und betrachten den ersten unserer drei Beispielfälle: Im Jahr 2003 erhielt Robert Menasse den mit 14.600 Euro dotierten Erich-Fried-Preis. Als Allein-Juror seitens des BMUKK fungierte dabei der Schriftsteller Robert Schindel. Nun wäre ja alles in Ordnung gewesen, wenn … ja wenn Robert Schindel nicht zufälligerweise erstens als recht guter Freund Menasses bekannt gewesen wäre und zweitens nicht als direkter Nachbar des Ausgezeichneten ein Haus im Waldviertel bewohnt hätte.
Die finanztechnischen Auswirkungen dieser – im wahrsten Sinne des Wortes – „gutnachbarschaftlichen Beziehungen“ erbosten damals einige österreichische Autoren auf das Heftigste. Vor allem Michael Amon, ein Romancier aus Gmunden, sprach (in einem Standard-Artikel vom 29.11. 2003) von einem „Skandal“ und einer „offensichtlichen Freunderlwirtschaft“. Erbost forderte er in seiner Stellungnahme „die Abschaffung des ganzen Preisverleihungsunfugs mitsamt der Vergabeklüngelei bei Stipendien“.
Sein Protest verhallte allerdings wirkungslos, und die unbeeindruckt weiterdampfende Netzwerk-Maschinerie im BMUKK ließ sich von den paar Sandkörnern im Getriebe nicht im Geringsten stören. Bald galt wieder der Grundsatz „Business as usual“.
Ein paar Jahre und etliche einkassierte Werkstipendien später gelang es Robert Menasse dann erneut, einen ganz besonders dicken Steuergeld-Fisch an Land zu ziehen. Das BMUKK kaufte dem selbsternannten Produzenten von „Weltliteratur“ im Jahr 2009 nämlich mehrere Manuskripte zu einem sagenhaft hohen Preis ab: Insgesamt 180.000 Euro überwies das BMUKK dem Schriftsteller Menasse für sein beschriebenes Altpapier. In einem Schreiben der Abt. IV/2 des BMUKK, das dem Verfasser vorliegt, wurde der Ablauf des Manuskripte-Deals detailliert geschildert: „Die Verhandlungen zum Ankauf des Vorlasses Robert Menasse führte noch zur Gänze der mittlerweile verstorbene Leiter des Literaturarchivs, Univ. Prof. Wendelin Schmidt-Dengler.“
Alles in Ordnung? Nun ja, solange man nicht daran Anstoß nimmt, dass Wendelin Schmidt-Dengler niemand anderer war als der ehemalige Doktorvater des angehenden Schriftstellers Menasse am Germanistik-Institut der Universität Wien. (Wie eng die freundschaftliche Beziehung zwischen Menasse und Schmidt-Dengler zeitlebens war, geht aus der Reaktion Menasses auf den überraschenden Tod seines Mentors im Herbst 2008 hervor: „Ich fühle mich buchstäblich verwaist, seitdem ich von seinem Tod erfahren habe“, bekannte Menasse im Ö1-Morgenjournal).
Das unerwartete Ableben Schmidt-Denglers brachte den Manuskripte-Deal etwas ins Stocken, aber schließlich sorgte der vom BMUKK eingesetzte Nachfolger Schmidt-Denglers, Dr. Bernhard Fetz, dafür, dass die Abwicklung des Manuskripte-Deals ordentlich zu Ende geführt werden konnte. Bernhard Fetz war übrigens der wohl bestgeeignete Mann für die Nachfolge des großen „WSD“: Genau wie sein Germanistenkollege Menasse hatte er einst bei Schmidt-Dengler promoviert.
Wenig mehr als ein Jahr nach Abschluss des Vorlass-Geschäfts bewarb sich Menasse dann um das höchstdotierte Literaturstipendium der Republik Österreich, nämlich das 50.400 Euro schwere Musil-Stipendium. Hätte Menasse leibhaftig vor der achtköpfigen Vergabe-Jury erscheinen müssen (was er natürlich nicht musste), hätte er sich wohl ähnlich gefühlt wie jemand, der zu guten Freunden auf eine Party eingeladen wird.
Der erste Juror, den er begrüßt hätte, wäre vermutlich der altbekannte Dr. Fetz gewesen, der – ganz im Stil Schmidt-Denglers – als Multifunktionär auf allen literarischen Hochzeiten tanzte. Flankiert wurde der Juror Fetz von mehreren anderen guten Bekannten des Stipendienwerbers: Zu nennen wäre hier etwa der Germanist Klaus Zeyringer, ein bewährter Freund und glühender Bewunderer Menasses. Zeyringer hatte in der Vergangenheit nicht nur persönlich mehrere Lesungen seines literarischen Idols moderiert (unter anderem im Literaturhaus Krems und beim Literaturfestival Leukerbad), er hatte auch Buchkritiken verfasst, die Menasse geradezu in den Himmel rühmten: Im Standard pries er ihn als „Kreuzung von Flaubert und Kundera“ und als einen Literaten, der ein „Sprachkunstwerk ersten Ranges“ geschaffen habe.
Eine andere gute Bekannte Menasses in der Auswahljury war die Germanistin Angelika Klammer, ehemals Lektorin bei Residenz. Ihre Amtszeit in diesem Verlag hatte sich zufälligerweise genau mit jener Zeit gedeckt, in der Menasse dort unter Vertrag war. (Nachdem Menasses "Schubumkehr" im Residenz-Verlag herausgekommen war, hatte der Schriftsteller im Gegenzug auch einen Beitrag für das von Klammer herausgegeben Buch "Querlandein" geschrieben.)
Die Jurorin Annegret Pelz schließlich hatte gemeinsam mit Menasse zu den Autoren des Bandes "Grundbücher der österreichischen Literatur" gehört. Im Jahr 2006 hatte sie außerdem am Germanistik-Institut der Universität Paderborn gearbeitet – also im selben Jahr, in dem Menasse an jenem Institut Gastdozent war. Alle diese merkwürdigen Zufälligkeiten hatten natürlich – laut dem Leiter der BMUKK-Abt. V/5, Ministerialrat Stocker, – absolut gar nichts damit zu tun, dass Menasse von dieser „objektiven“ und „unabhängigen“ Jury das Musil-Stipendium zugesprochen bekam. Die Entscheidung der Jury fiel im Übrigen „einstimmig“ – und wem bei solchen Hundertprozent-Wahlergebnissen gewisse Gepflogenheiten in der ehemaligen UdSSR einfallen, der sollte dringend einen Kurs für positives Denken besuchen.
Auch neun Jahre nach der von Michael Amon konstatierten „Vergabeklüngelei“ bei BMUKK-Literaturstipendien haben sich die Usancen in der staatlichen Literaturförderung nicht geändert. Autoren, die nicht Teil von Netzwerken und Seilschaften im BMUKK sind, haben so gut wie keine Chancen, an Mittel der staatlichen Literaturförderung heranzukommen. Noch immer wird, statt liebevoll mit der Gießkanne das hoffnungsvolle Beet der Literatur zu begärtnern, „mit einer Art Wasserwerfer auf einige Wenige gezielt“ (Michael Amon).
Robert Menasse wiederum, der Virtuose auf der Klaviatur der Netzwerke, ist das herausragende Beispiel eines staatlichen Dauer-Stipendiaten, der seine Seilschaften gezielt einsetzt, um – völlig unabhängig vom Kriterium literarischer Qualität – ein wohliges finanzielles Fixum aus Steuergeldern einzustreifen. Sein in der Öffentlichkeit zelebriertes Auftreten als unbestechlicher Kritiker des „Verhaberungs“-Staates und der „Abkassierer“-Mentalität verkommt freilich angesichts seiner eigenen Methoden zur Lachnummer.
Eine letzte Anmerkung noch, um dem Vorwurf der Neiddebatte den Wind aus den Segeln zu nehmen: Es geht bei der Diskussion um das BMUKK-Förderungsunwesen gar nicht primär darum, spezielle Personen – insbesondere Robert Menasse – anzugreifen. Diese Diskussion ist kein Kampf gegen Menasse, sondern ein Kampf für all jene begabten, originellen und unendlich naiven Autoren, die sich alljährlich blauäugig und vergeblich um staatliche Stipendien und Förderungen bemühen – Förderungen, die insgeheim längst an die üblichen Monopolisten vergeben sind.
Diese naiven Autoren sollten endlich begreifen, dass ihnen die Rollen von nützlichen Idioten in einem abgekarteten Spiel zugemutet werden. Sie werden missbraucht als bunte und eindrucksvolle Legitimations-Kulisse für ein verfilztes, intransparentes und von Cliquen beherrschtes Förderungssystem, in dem die Geldströme an die immer gleichen Gagenkönige geschickt getarnt werden müssen.
Dietmar Horst, Dr.phil., geb. 1962, arbeitet als Landes-Vertragsbediensteter an der Universitätsklinik Salzburg. Als Nebenberufs-Autor veröffentlichte er mehrere Bücher, zuletzt die Biografie „Der Tänzer auf den Wellen“ im Berenkamp-Verlag (2010). Zu seinen Hauptinteressen gehört die Kritik an der monopolistischen staatlichen Literaturförderung in Österreich.
Die SPÖ verhindert die Vorladung Werner Faymanns vor den Untersuchungsausschuss mit der Behauptung: Dabei würde eh „Nichts Neues“ herauskommen. Eine absolute Ungeheuerlichkeit. Als ob es nichts Neues wäre, dass sich ein Bundeskanzler und sein Adlatus Ostermayer nach der Formulierung der Staatsanwaltschaft mit „Schutzbehauptungen“ verantwortet haben, also mit Lügen. Als ob es nichts Neues wäre, dass selbst die – später von ihren Vorgesetzten ob ihrer Milde korrigierte – Staatsanwaltschaft Wien gegen führende Staatsmanager sowie Faymann und Ostermayer lediglich „im Zweifel“ auf eine Anklage verzichten wollte. Als ob es nichts Neues wäre, dass die Oberstaatsanwaltschaft festhält, Faymann beziehungsweise sein Ministerium hätten unbedingt einen Teil der ÖBB-Inserate in der Krone und in „News“ zahlen müssen. Als ob es nichts Neues ist, dass die Oberstaatsanwaltschaft den amtierenden Regierungschef (und einige andere) mit einem heftigen Untreue-Verdacht versieht. (Mit einer nachträglichen Ergänzung)
Die inzwischen durchsickernden Formulierungen der Staatsanwaltschaft – und noch viel mehr jene der vom Justizministerium aktivierten Oberstaatsanwaltschaft – zertrümmern komplett die von den beiden SPÖ-Politikern regelmäßig gestreuten Aussagen über eine Bestätigung ihrer Unschuld durch die Strafverfolger.
Ein weiteres schon definitives Ergebnis der Ermittlungen: Faymann und Ostermayer sind damit die ersten Bundespolitiker seit Kurt Waldheim, die sich öffentlich als Lügner bezeichnen lassen müssen. Sie haben keine Chancen, sich vor Gericht dagegen mit Erfolg zu wehren. Wikipedia: „Bei einer Schutzbehauptung handelt es sich um eine falsche Aussage, welche getätigt wird, um die eigene Schuld zu verbergen und einer Strafe zu entkommen. Der Begriff wird auch verwendet, um nicht direkt von einer Lüge sprechen zu müssen.“
Auch die schlussendlich Faymann-freundliche Staatsanwaltschaft Wien ist in ihrem Bericht (vom März 2012) zu einem für Faymann zumindest politisch katastrophalen Schluss gekommen. Sie schreibt in etwas holprigem Deutsch, „dass die Artikel in der Kleinen Zeitung sowie News vom BMVIT, mithin den Beschuldigten FAYMANN und OSTERMAYER in Auftrag gegeben, von ihnen die Fakturierung an die ASFINAG AG bzw. ÖBB Holding AG angeordnet, und schlussendlich die Bezahlung für die beiden Artikel tatsächlich von den genannten Unternehmen vorgenommen wurde“. Faymann und Ostermayer haben hingegen öffentlich wie vor der Staatsanwältin immer geleugnet, dass sie da einen „Auftrag gegeben“ oder etwas „angeordnet“ haben.
Die Staatsanwaltschaft hat diese zitierten Erkenntnisse mit der Gewissheit ausdrückenden Formulierung eingeleitet: „Jedenfalls als erwiesen kann angenommen werden . . .“
Und weiter: Auch bei den Einschaltungen im „Gewinn“, im „Heute“ und im „VOR-Magazin“ liege „der dringende Verdacht einer solchen Vorgangsweise nahe“. Dennoch meinte die Staatsanwältin der Unterinstanz verblüffenderweise, dass diese Inserate „ausschließlich“ einen Nutzen für die ÖBB beziehungsweise Asfinag gehabt hätten. Daher wollte sie nicht anklagen.
Bei der Serie bezahlter Artikel in der Krone konnte sie das dann doch nicht so kühn formulieren. Aber auch da sah sie keine Möglichkeit einer Anklage. Dabei steht für sie „außer Zweifel, dass diese (Kampagne) inhaltlich auch den Zweck hatte, eine positive Auswirkung auf die öffentliche Meinung über die Tätigkeit des Beschuldigten Werner Faymann in seiner Eigenschaft als Verkehrsminister zu erzielen, somit auch eine Bewerbung seiner Person darstellte“.
Aber leider, leider kann man das dennoch nicht anklagen: Denn auch ein Werbesachverständiger könne nicht mehr die diversen Effekte der Kampagne betragsmäßig feststellen.
Mit dieser Aussage dürfte die Staatsanwältin an sich wohl auch Recht haben: Denn die inzwischen eingetrudelten Gutachten kommen nun in der Tat zu dem Schluss, dass der Werbe-Effekt beziehungsweise Schaden Jahre nachher nicht mehr feststellbar ist.
Dennoch macht der Bericht der Staatsanwaltschaft absolut fassungslos. Denn der wichtigste Zweck der Inserate und der größte Nutzen für Faymann werden nicht einmal indirekt angesprochen: Dabei geht es nicht mehr um die Frage, wie viel Werbe-Nutzen der konkrete Inhalt der Inserate (beziehungsweise bezahlten Artikel) für wen hatte. Viel wichtiger ist der Nutzen, den Faymann aus dem durch die Schaltungen gewonnenen generellen Wohlwollen der Verleger gewonnen hat. Dieser hat sich in der extrem Faymann-euphorischen generellen Berichterstattung zumindest einiger bedachter Medien niedergeschlagen.
Das weiß jeder Medien- und Werbeexperte in Österreich bis auf jene Handvoll, die direkt im Sold der SPÖ stehen. Das könnte auch jeder dazu befragte Gutachter leicht im Nachhinein feststellen. Das ist aber offenbar von der Staatsanwaltschaft nicht begriffen worden. Oder man wollte es nicht begreifen, weil dann ja auch einige Medienfürsten ins Zwielicht gekommen wären.
Zum zweiten großen Bereich: Auch die Anschuldigung des einstigen ÖBB-Chefs Martin Huber gegen Ostermayer wurden von der Wiener Staatsanwaltschaft aufs erste scheinbar ernst genommen. Sie spricht davon, „dass diese im Hinblick auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse keineswegs als völlig fern jeder Realität betrachtet werden kann“.
Dabei geht es um die Aussagen Hubers und zweier Zeugen, die von Huber informiert worden sind. Ihnen zufolge hat Ostermayer vom ÖBB-Chef eine (weitere) erkleckliche Summe aus dem ÖBB-Budget zur „Disposition“ für Faymann verlangt. Das wurde von Huber aber als rechtswidrig abgelehnt. Er wollte nicht noch einmal in das geraten, wohin ihn schon die Bezahlung der früheren Kronenzeitungs-Inserate gebracht hat. Wenig überraschend war er dann kurz nach diesem Nein seinen Posten los.
Für diesen schweren Vorwurf sprechen jedenfalls drei weitgehend kongruente Zeugenaussagen. Dagegen spricht naturgemäß die Aussage des Beschuldigten Ostermayers, aber auch die des bei dem Gespräch ebenfalls anwesenden ÖBB-Aufsichtsratschefs Pöchhacker, eines weiteren SPÖ-Mannes. Obwohl ihr die Verantwortung Ostermayers wörtlich „befremdend anmutet“, verzichtete die Staatsanwältin deshalb auch in diesem Punkt auf eine Anklage.
Sie verwies als Begründung darauf, dass Huber seinen Vorwurf gegen Ostermayer erst drei Jahre nachher „öffentlich“ erhoben habe. Was sie mit diesem Umstand eigentlich zu begründen versucht, bleibt freilich eher kryptisch. Denn die anderen beiden Belastungszeugen sind ja von Huber schon viel früher informiert worden, halt nur nicht die Öffentlichkeit. Und Huber hatte bei seinem Hinauswurf aus den ÖBB mutmaßlich viele andere Sorgen als diese Episode.
Zusammen mit der Pöchhacker-Aussage kommt die Staatsanwältin aber zu dem Schluss, „dass ein Schuldnachweis gegen Dr. Josef Ostermayer im Sinne der Vorwürfe des Mag. Martin Huber im Zweifel nicht zu erzielen sei“.
Drei Zeugen gegen einen genügen also nicht. Dazu fällt einem die einstige Verurteilung zahlreicher SPÖ-Granden nach der Waldheim-Affäre ein. Damals hat fast die ganze Partei geleugnet, die „braunen Flecken“ auf Waldheim selbst inszeniert zu haben. Lediglich die Mitschrift einer einzigen SPÖ-Dissidentin aus einer Parteisitzung erhielt dann gegen die gesamte Parteiführung die Glaubwürdigkeit zugesprochen. Und so wurde Fred Sinowatz der erste strafrechtlich verurteilte Bundeskanzler der Republik.
Aber offenbar haben sich die Regeln der Beweiswürdigung seither ins Gegenteil verschoben. So wie in archaischen Rechtssystemen, wo das Zeugnis einer Frau nicht so viel wiegt wie das eines Mannes, wiegt bei uns halt die eines roten Zeugen schwerer als jenes dreier Nicht-Roter. So einfach sind offenbar die geheimen Grundregeln der Justiz.
Drei Monate später wird dann – nach Einwirkung des Justizministeriums – die Oberstaatsanwaltschaft aktiv. Aus ihrer Stellungnahme ist eine deutlich schärfere und kritischere Sichtweise erkennbar. Aber auch sie erkennt nicht, dass der wahre, beabsichtigte und viel größere Nutzen für Faymann in der generellen Beeinflussung der Berichterstattung bestimmter Medien gelegen ist.
Genau aus diesem Grund hat sich Faymann ja auch selbst in die Vergabe der Inserate und Kooperationen eingemischt, selbst dann, wenn keine versteckte Werbung für ihn darin zu finden war. Das hat vor ihm noch nie ein Minister gemacht. Die direkte Werbung für Faymann durch den Inhalt der Inserate (beziehungsweise bezahlten Artikel) war hingegen nur ein Nebeneffekt, bei manchen von ihm entrierten Inseraten war gar keine Faymann-Werbung zu finden. Aber alle dienten dem Aufbau von Faymanns Macht- und Beziehungsnetzwerk.
Daher greift der inzwischen erteilte Auftrag an Gutachter viel zu kurz, die den Nutzen beziehungsweise Schaden dieser zur Gänze von ÖBB und Asfinag, also zu Lasten der Allgemeinheit, bezahlten „Inserate“ auf Faymann bzw. die ÖBB aufteilen sollten. Woran sowohl der von Ostermayer wie auch der von der Staatsanwaltschaft bestellte Gutachter in der Tat weitgehend gescheitert sind.
Aber immerhin wurde von der OStA die Einvernahme der diversen Asfinag-Vorstände angeordnet. Deren Einvernahme hatte freilich das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung der (Unter-)Staatsanwaltschaft schon im September 2011 empfohlen. Das hatte diese aber damals ignoriert. Statt dessen hat sie daraufhin viele Vernehmungen nicht mehr wie meist üblich durch die erfahrenen Kriminalbeamten vornehmen lassen, sondern selbst durchgeführt.
Bei den noch unbekannten Aussagen der Ex-Asfinag-Chefs steht nun die Frage im Zentrum, ob diese der Meinung sind, dass jene von der Asfinag nie geplanten oder beauftragten oder budgetierten Inserate trotzdem zum Nutzen der Asfinag gewesen waren. Bereits unbestritten scheint jedenfalls auch für die Oberstaatsanwaltschaft, dass Faymann plus Ostermayer als „Geschäftsführer ohne Auftrag“ aktiv geworden sind. Was beide freilich nicht so sehen.
Die OStA kommt insbesondere in Hinblick auf Inserate in „News“ zu einer Einschätzung, die extrem der vor kurzem veröffentlichten Sichtweise des Rechnungshofs gleicht. Beide sind nämlich der Meinung, dass unbedingt das Verkehrsministerium einen Teil der Inserate zahlen hätte müssen und keinesfalls die ÖBB die ganze Rechnung. Wörtlich schreibt die OStA:
„Ursprünglich war daher offenbar eine Kostenbeteiligung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie zugesagt, welche im Hinblick auf die im doppelseitigen Interview erfolgte Erwähnung von Werner FAYMANN, Mag. Michael HÄUPL und Rudolf SCHICKER auch als sachgerecht zu beurteilen ist. Eine Rechtsgrundlage für die erst nachträglich erfolgte „Kostenübernahme“ durch die ÖBB ist dem Akteninhalt allerdings nicht zu entnehmen.“
Lassen wir dahingestellt, warum eigentlich das Verkehrsministerium und nicht die Wiener SPÖ für Interviews mit den beiden Kommunalpolitikern Häupl und Schicker zahlen hätte sollen. Denn auch für das Verkehrsministerium zählt die Bewerbung dieser beiden wohl nicht zu den verfassungsrechtlichen Aufgaben.
Entscheidend ist aber die Sicht der OStA, dass die ÖBB zumindest zum Teil zu Unrecht belastet worden sind. Was sie nicht schreibt, ist die Folgerung daraus: Selbst wenn das Verfahren trotz allem nicht zu einer Verurteilung Faymanns führen sollte, könnten die ÖBB diesen Geldbetrag vom SPÖ-Chef einfordern. Ja, sie müssten das sogar, um nicht durch eine Unterlassung wieder in Untreue-Verdacht zu geraten.
Ganz besonders widmet sich die Oberstaatsanwaltschaft der von Faymann beauftragten Kampagne in der Kronenzeitung. Sie zeigt ausführlich, dass es keine wirksame Zusage einer Kostenübernahme durch die ÖBB gegeben habe. Ein kurzes Gespräch Faymann-Huber vor Beginn der Kampagne habe nicht den dazu notwendigen Beschluss des ÖBB-Vorstands ersetzen können.
Mit großer Schärfe arbeitet die OStA heraus, dass die Serie der bezahlten redaktionellen Artikel schon im Jänner 2007 begonnen habe. Hingegen habe es erst im September jenes Jahres den eigentlich notwendig gewesenen ÖBB-Vorstandsbeschluss gegeben (dieses zeitliche Auseinanderklaffen ist der Wiener Staatsanwaltschaft nicht aufgefallen).
Die OStA kommt aber auch zu einer klaren Analyse in Hinblick auf den Inhalt der Kronenzeitungs-Artikel. Sie hält fest, „dass diese (Kampagne) jedenfalls im Zeitraum vom Jänner bis Juli 2007 eine Vielzahl von Missständen der ÖBB aufzeigte und der Eindruck vermittelt wurde, dass ausschließlich der damalige BM Werner Faymann und das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie die Geschicke und Verbesserungen der ÖBB in Händen hätten. Erst ab dem Artikel vom 17. August 2007 war eine inhaltliche Änderung der Kampagne erkennbar, weil ab diesem Zeitpunkt auch Verantwortliche der ÖBB in Interviews zu Wort kamen und Produkte der ÖBB (z.B. verbilligte Ticketformen, moderne Lokomotiven, etc.) beworben wurden.“
Daraus geht klar hervor, dass die zwei ÖBB-Vorstände zumindest für diesen Zeitraum keinesfalls die Rechnung der Krone bezahlen hätten dürfen. Denn die OStA führt wörtlich aus:
„Diese nachträgliche Genehmigung erfolgte aus derzeit nicht nachvollziehbaren Gründen und wäre damit als taugliche Missbrauchshandlung im Sinne des $ 153 StGB zu beurteilen“. Das ist der Untreue-Paragraph. Dieser Vorwurf schwebt primär über den zwei damaligen ÖBB-Vorständen, aber damit natürlich zugleich auch über den mutmaßlichen Anstiftern Faymann und Ostermayer.
Und weiter: „Der für die ÖBB geschaffene Nutzen ist nämlich hinsichtlich des Zeitraums von Jänner bis Juli 2007 nicht erkennbar, weil einerseits in der Kampagne ganz überwiegend nur bestehende Missstände der ÖBB erwähnt wurden und andererseits diese – nach dem durch die Kampagne vermittelten Eindruck – nicht durch die Verantwortlichen des Unternehmens selbst, sondern durch den BM Werner FAYMANN oder das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie beseitigt werden würden.“
Und noch konkreter: „Davon abgesehen wäre allerdings eine volle Kostentragung durch die ÖBB keinesfalls als sachgerecht zu beurteilen.“ Denn jedenfalls sei „ein unmittelbarer Werbenutzen“ Faymann selbst zugute gekommen. Deshalb hätte eine dem jeweiligen Nutzer entsprechende Aufteilung der Kosten stattfinden müssen.
Und zu für Ostermayer schlechter letzt wurde auch die Einstellung des Verfahrens gegen ihn wegen Erpressung als zumindest verfrüht dargestellt.
Das alles ist ein mehr als gewaltiger Brocken, der Beschuldigten mit weniger Realitätsverdrängungs-Fähigkeit als Faymann und Ostermayer wohl längst die Luft geraubt hätte.
Aber die SPÖ hält das alles nicht einmal einer Befragung Faymanns unter Wahrheitspflicht im Parlament für wert. Und will uns einreden, das sei ohnedies „nichts Neues“. Für wie blöd halten uns die eigentlich?
Warum reagieren die beiden Rechtsparteien so wenig engagiert darauf? Warum protestieren die Grünen zwar dagegen, aber entfachen zugleich einen für niemanden nachvollziehbaren Rechtsstreit um eine andere Frage, der total vom Thema Faymann ablenkt? Womit wird die ÖVP erpresst, dass sie dem die Mauer macht? Und warum schweigen fast alle Medien?
ERGÄNZUNG: Was meinem Gedächtnis entschwunden war: Auch Bruno Kreisky wurde strafrechtlich verurteilt: wegen (sehr!) übler Nachrede gegen Simon Wiesenthal wurde über ihn die damals sehr saftige Strafe von 270.000 Schilling verhängt. Offenbar bin auch ich ein Opfer der zahllosen sozialdemokratischen Propagandisten und Gaiographen unter den sogenannten Geschichts-Professoren und Journalisten, die solche Episoden verdrängen.
Ein 24-jähriger Frühpensionist wurde auf der Westautobahn bei Seewalchen mit einem Tempo von 221 Stundenkilometern geblitzt.
Die Meldungen der Medien dazu befassen sich nur mit Tempo und Führerschein-Abnahme sowie der schwachen Ausrede des Täters, er habe sein Auto bloß testen wollen. Die viel spannendere Frage ist freilich: Wieso kann ein 24-Jähriger, der offenbar voll autofahr-tauglich ist, schon in Frühpension sein? Der dumme Steuerzahler hat ja bisher irgendwie angenommen, dass einer, der in diesem Alter eine Frühpension bekommt, querschnittgelähmt oder mit einem ähnlich schlimmen Los gestraft sein muss. Und dass der selbstverständlich keinen Führerschein mehr haben kann. So kann man sich täuschen. Wir werden wohl – wie im Fall Griechenland – erst nach dem Konkursantrag der Republik all die Tausenden Gschichterln erfahren, wie uns die für die Verschleuderung der Gelder des Sozial- und Wohlfahrtsstaates zuständigen Gutmenschen hinten und vorne betrogen haben und weiter betrügen. Nur weiter so . . .
Das IHS, das Wiener Institut für Höhere Studien, gilt als beinahe einziger Hort der wirtschaftlichen Vernunft in diesem Land. Andere Häuser sind ja bekannt dafür, dass man sich dort jede gewünschte Meinung kaufen kann. Seit kurzem hat das IHS einen neuen Chef. Dieser Christian Keuschnigg versucht nun, mit Vorschlägen die lahmende Wirtschaftsdebatte zu beleben.
Was lobenswert ist. Lobenswert und richtig ist auch, dass er vor allem nach einer Reduktion der Steuerbelastung auf Arbeit, also der Einkommensteuer ruft. Lobenswert, richtig und gerecht ist auch, dass er dabei besonders die Steuerlast für Familien mit schulpflichtigen Kindern zu reduzieren vorschlägt. Schließlich sind Kinder die weitaus dringendste Zukunftsinvestition. Schließlich werden Eltern nach wie vor massiv gegenüber kinderlosen Paaren gleichen Einkommens diskriminiert. Und auch der Akzent auf schulpflichtige Kinder hat viel für sich (zumindest wenn diese ihre Schulpflicht in Österreich erfüllen): Hat sich doch die politische Diskussion rätselhafterweise seit Jahren immer nur um Kinder in den allerersten Lebensjahren gekümmert.
Völlig unverständlich, ja geradezu skurril ist aber, dass Keuschnigg auch noch eine andere Gruppe steuerlich bevorzugen will: nämlich die über 55-Jährigen. Dafür gibt es keinerlei soziale Gründe. Haben doch Menschen in diesem Alter deutlich abnehmende Sorgepflichten. Haben doch 55-Jährige meist schon das Haus gebaut, in dem sie ihr Alter verbringen wollen.
Der neue IHS-Chef wird entgegnen, dass es ihm nicht um diese Fragen ginge, sondern um den rasch schrumpfenden Anteil älterer Menschen in Beschäftigung. Dieser ist in der Tat angesichts der rapide steigenden Lebenserwartung eine dramatische Herausforderung. Länder wie Deutschland oder Schweden haben bei den Älteren ein Vielfaches der österreichischen Beschäftigungsquoten. Diese Arbeitsabstinenz der Älteren sollte daher viel mehr im Fokus der Politik stehen als etwa die Abschaffung des Wehr- und Zivildienstes.
Aber sie hat ganz andere Ursachen als die Steuerlast! Erstens ist es in Österreich nach wie vor viel zu leicht, in eine frühe Pension zu gehen. Rapide zugenommen haben zu diesen Zweck die plötzlichen psychischen Leiden wie ein Burnout-Syndrom ob des beruflichen Ärgers. Zweitens: Ältere Arbeitskräfte sind für die Arbeitgeber ohne Grund viel zu teuer. Wegen der aberwitzigen Kollektivverträge und Gehaltsschemata verdienen nämlich 60-Jährige des Zwei- bis Dreifache eines 30-Jährigen. Auch wenn sie nicht mehr leisten als die Jungen; auch wenn sie auf keiner höheren Hierarchieebene arbeiten: auch wenn ihre Erfahrung nicht mehr imstande ist, die größere Dynamik und Innovationsbereitschaft der Jungen zu kompensieren. Diese Vorrückungen einzig auf Grund des Lebens- oder Berufsalters werden freilich von der Gewerkschaft vehement verteidigt. Nicht ganz grundlos: Dominiert doch dort genau die davon profitierende Altersgruppe.
Offenbar hat der neue IHS-Boss zu lange im Ausland gelebt, um diese heimischen Skurrilitäten zu begreifen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Staatliche Macht und Herrschaft gründet – was von einer großen Mehrzahl der Bürger selten gewürdigt wird – auf Androhung oder Anwendung physischer Gewalt. Aggressionshandlungen eines Individuums gegen Dritte oder gegen staatliche Institutionen sind als Auslöser hoheitlicher Gewalt gegen den Bürger nicht erforderlich. Es reicht, sich nicht widerspruchslos vom Fiskus enteignen zu lassen – schon bekommt man die eiserne Faust des Leviathans zu spüren.
Im vorliegenden Buch aus der Feder von Peter Gerdsen, seines Zeichens emeritierter Professor der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, und unter anderem Fachmann für Kommunikationssysteme, geht es indessen um eine subtilere Methode der Herrschaft über Menschen. Es geht nicht um jene Macht, „die aus den Gewehrläufen kommt“ (Mao Zedong) sondern um Herrschaft „… durch Beeinflussung und Enteignung des Denkens der Menschen mit der Folge, dass sie das wollen, was dem Willen der Herrschenden entspricht.“
Der Autor beschreibt die zur Erringung dieser „geistigen Herrschaft“ eingesetzte Strategie – als eines der wichtigsten Werkzeuge benennt er die von der Intellektuellenkaste beherrschten Massenmedien. Diese würden unwidersprochen über Gebrauch und Inhalt von Begriffen entscheiden, deren schleichender Bedeutungswandel die Umsetzung bestimmter Politikziele, etwa das der „sozialen Gerechtigkeit“, wesentlich erleichtere. Methode und Konsequenzen der Begriffsumdeutung werden an Beispielen wie „sozial“ oder „diskriminierend“ beleuchtet.
Gerdsens Kritik an den in der Massendemokratie herrschenden Dynamiken fällt zum Teil recht harsch aus: „… ermöglicht das quantitative Prinzip, das der Konstruktion der Demokratie zugrunde liegt, beliebige Entartungen“ – wie etwa die „Diktatur der 51 Prozent“. Die Symbiose von politischen Funktionären und Medienschaffenden bilde die schlechthin entscheidende Grundlage für die Errichtung von geistiger Herrschaft. Die Parteiendemokratie sei eben im Begriff, zur Mediendemokratie zu mutieren, welche die Gefahr einer „Zwangskollektivierung des Bewusstseins“ mit sich bringe.
Heutzutage gelte: „… alle sachlichen Probleme, die mit sachlicher Urteilskraft zu lösen sind, werden in moralische Probleme transformiert.“ Den Grund dafür sieht der Verfasser im „Verlust der Religion“, der Empörung, Aggressivität, insbesondere aber (Werte-) Relativismus mit sich bringe: „Wer nicht an eine absolute Wahrheit glaubt, verliert seinen moralischen Kompass und seine Fähigkeit, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.“ Ob der Glaube an „absolute Wahrheiten“, wie vom Autor behauptet, wirklich nur religiösen Menschen gegeben ist, darf zumindest bezweifelt werden und sei der Beurteilung durch den geneigten Leser überlassen.
Political Correctness und Gender Mainstreaming seien wesentliche Elemente im Kampf für eine totale Einebnung aller individuellen Unterschiede; der unentwegte Kampf gegen die zur Wurzel allen Übels stilisierte „Diskriminierung“ ist ein weiteres Mittel zu diesem Zweck. Allfällige Gegner und Hindernisse würden mittels der jederzeit griffbereiten Moralkeule rücksichtslos niedergemacht, wobei es nicht darauf ankomme, tatsächlich einer „gerechten Sache“ zu dienen, sondern lediglich darauf, dass dies der breiten Öffentlichkeit glaubhaft vermittelt werden kann, sodass der jeweilige Gegner (persönlich) diskreditiert werde.
Zum als „Ausblick“ bezeichneten Ende des Buches nennt der Autor die „Wiedergewinnung der Religion im Sinne echter Transzendenz“ als unerlässliche Voraussetzung, um im Kampf gegen die geistige Herrschaft durch machtbesessene politische Funktionsträger bestehen zu können und nicht zum „Sklaven ohne Ketten“ zu verkommen. Ob es tatsächlich der Religion bedarf, um sich geistiger Fremdherrschaft erfolgreich zu widersetzen, sie dahingestellt. Könnte nicht schon die bloße Einsicht in die Macht und Funktionsweise der modernen Mediokratie einen wesentlichen Schritt in Richtung einer Entmachtung des politisch-publizistischen Komplexes bedeuten…?
Das moralische Kostüm geistiger Herrschaft
Wie unter dem Deckmantel der Moral Macht ausgeübt wird
Peter Gerdsen
Bautz-Verlag 2012
ISBN 978-3-88309-700-8
121 Seiten, broschiert
€ 15,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Hunger ist eine der schlimmsten Plagen der Menschheit. Daher hat jeder, der ruft „Ich kämpfe gegen den Hunger!“ jedes moralistische Match schon gewonnen. Auch wenn er die wahren Probleme des noch immer in der Welt existierenden Hungers nicht versteht. Auch wenn er für Maßnahmen kämpft, die den Hunger nicht verringern, sondern vergrößern. Dieses seltsame Paradoxon kann man in diesen Wochen wieder genau beobachten.
Derzeit kursiert weltweit, und von den vielen sofort ungeprüft nachgeplappert, die Behauptung: „Die Lebensmittelpreise steigen als Folge von Finanzspekulationen rapid; daher nimmt der Hunger in der Welt zu.“ Jene Ökonomen, die beweisen können, dass die Preise aus ganz anderen Faktoren steigen, und dass die sogenannten Spekulationen, mit denen Termingeschäfte gemeint sind, eher preisglättend als preistreibend wirken, werden totgeschwiegen.
Was viele einfach nicht begreifen: Steigende Preise sind nicht die Ursache, sondern die Folge einer Knappheit eines bestimmten Gutes im Verhältnis zur Nachfrage. Fieber ist nicht die Krankheit, sondern eine Folge der Krankheit. Auch staatlich verordnete Billigstpreise können den Hunger nicht einmal geringfügig mildern, sie schaffen ja nicht mehr Brot in die Regale. Im Gegenteil: Sie führen zu einer Verschärfung der Knappheit und leeren die Regale.
Bei verordneten Niedrigpreisen geht automatisch auch die Produktion und damit die Versorgung zurück. Das hat das kommunistische Massenexperiment jahrzehntelang mehr als anschaulich bewiesen. Nicht einmal mit brutaler Gewalt gelang es, Menschen zur Produktion solcher Billigstprodukte in ausreichenden Mengen zu zwingen.
Faktum ist: Die Preise für manche Nahrungsmittel steigen steil. Ebenso Faktum ist, dass weltweit in den letzten Jahrzehnten der Anteil der Hungerleider an einer rasch größer(!) werdenden Menschheit relativ zurückgegangen ist. Die Landwirtschaft hat die Erträge pro Hektar dramatisch steigern können. Moderne Lagerhaltung hat überdies einen gewissen Puffer für schlechte Ernten geschaffen.
Hunger bedeutet heute in der Regel zwar grobe Fehlernährung und auch Hungern im wörtlichen Sinn, aber fast nie mehr massenweises Verhungern, wie es noch vor wenigen Jahrzehnten rund um den Globus regelmäßig passiert ist. Malthus ist längst widerlegt, der am Beginn des 19. Jahrhunderts behauptet hatte, die Welt könne die wachsende Bevölkerung nicht mehr ernähren. Dabei betrug die Weltbevölkerung zu seinen Zeiten knapp mehr als eine Milliarde, während wir heute schon die Sieben-Milliarden-Marke überschritten haben. Dennoch sind an den Stammtischen die Malthus-Thesen auch heute noch sehr populär (auch wenn kaum jemand dabei seinen Namen zitiert).
Aber sind nicht die jetzigen Preissteigerungen doch ein Indiz, dass uns jetzt das Essen auszugehen beginnt? Dass die Nachfrage stärker wächst als das Angebot? In der Tat: Ein das Angebot übersteigende Nachfrage wird durch steigende Preise natürlich bewiesen. Denn wenn jemand nicht das Gewünschte bekommt, bietet er logischerweise einen höheren Preis. Was eine Spirale in Gang setzt. Und jene, die den dabei entstehenden Preis dann nicht mehr bezahlen können, gehen leer aus und müssen auf andere Produkte umsteigen.
Für ein plötzliches Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage gibt es fast immer sehr aktuelle Ursachen: Missernten, Überschwemmungen, Dürren, Kriege. In den letzten Monaten haben sich tatsächlich global etliche Naturkatastrophen ereignet, welche die Preise in die Höhe getrieben haben.
Wir haben jedoch nicht nur unter solchen aktuellen Versorgungskrisen zu leiden. Diese wären ja meist ein Jahr später vergessen. Auf dem globalen Lebensmittelmarkt finden auch einige grundlegende strukturelle Entwicklungen statt, die man sich viel genauer anschauen muss.
Ein wichtiger Faktor der Preissteigerungen ist die Steigerung der Nachfrage. Ein rapider wachsender Teil der Chinesen und Inder, aber auch Milliarden außerhalb dieser beiden Bevölkerungsgiganten (von Südostasien bis Lateinamerika, und sogar in einigen Teilen Afrikas) wollen und können sich heute mehr an Essen leisten als nur einmal am Tag gerade so viel, dass man nicht verhungert. Die Menschen konsumieren nicht nur drei Mahlzeiten pro Tag, sondern in wachsender Menge auch Fleisch. Zu dessen Produktion müssen aber deutlich mehr Kalorien auf den Feldern angebaut werden, als dann im Magen der Konsumenten landet.
Das wird von all diesen Völkern als dramatischer Fortschritt empfunden, als Produkt von Kapitalismus, Neoliberalismus, Globalisierung und was es sonst noch alles an Tabu-Wörtern für unsere Pseudo-Intellektuellen gibt. Hingegen sind die Versuche grüner und religiöser Gutmenschen, den Menschen das Fleischessen zu verbieten, ungefähr so demokratisch, realistisch und ethisch wie die aus den gleichen Ecken lange propagierte klassenlose Gesellschaft.
Die wahren Probleme der Welternährung liegen aber auf der Angebotsseite.
Eine Hauptursache der gegenwärtigen Preiserhöhungen sind vor allem die jahrzehntelang niedrig gewesenen Weltmarkt-Preise. Das klingt frappierend und bedarf daher einer Erläuterung. Durch die Mega-Subventionen der europäischen und der US-Agrarpolitik ist der Weltmarktpreis für viele Produkte lange gedrückt worden. Europäische und amerikanische Überschussprodukte haben die Märkte der Dritten Welt zu (von Steuerzahlern subventionierten) Billigstpreisen überschwemmt.
Mit diesen Preisen konnten die Bauern der Dritten Welt nicht mithalten. Ihnen fehlt Knowhow, modernes Saatgut, effizienter Dünger, Landmaschinen, Energie und nicht zuletzt die Transport- und Handelswege in die Metropolen. Um all das in nennenswertem Umfang zu entwickeln, braucht es viele Jahre und vor allem die Erwartung stabil hoher Weltmarktpreise.
Auch in vielen afrikanischen Hauptstädten waren daher Produkte aus dem Norden oft einfacher und billiger erhältlich als die aus dem eigenen Hinterland. Trotz oft günstiger klimatischer Bedingungen konnte so in vielen Drittwelt-Ländern keine Landwirtschaft wachsen. Die Dritte Welt konnte zwar industriell mithalten – von der Textil-Branche angefangen mittlerweile bis zu Hightech-Produkten; denn dort wird die europäische Konkurrenz nicht subventioniert. Bei der Landwirtschaft hingegen konnte sie das unter dem Druck der europäischen und amerikanischen Agrarpolitik nicht.
Diese ist zwar gut für die zu rund zwei Drittel von Subventionen aus Steuermitteln lebenden Bauern Europas und Amerikas. Sie ist aber schlecht für die eigentlich notwendige und jedenfalls mögliche langfristige Erhöhung der globalen Agrarproduktion. Die Dritte Welt wird in Jahren guter Ernten mit europäischen Überschüssen überschwemmt, während bei schlechten Ernten die Preise in den Himmel schießen. Bemerkung am Rande: Bessere Verdienstmöglichkeiten für die Bauern der Dritten Welt würden übrigens auch den Migrationsdruck Richtung Europa reduzieren.
Auch das Gegenargument geht ins Leere, dass die heruntersubventionierten Preise für Europäer und Amerikaner aus sozialen Gründen notwendig wären. Das ist reinste Propaganda. Denn nach seriösen Schätzungen wird in Europa rund ein Drittel der Lebensmittel nicht konsumiert, sondern weggeworfen. Längst sind Semmel-, Milch- oder Brotpreise kein wichtiges Gesprächsthema für die Europäer mehr – während in den Fünfziger Jahren schon die Erhöhung eines einzigen dieser Preise wochenlange politische Krisen ausgelöst hatte.
Noch auf einer weiteren Ebene wird der Hunger in der Welt durch eine Reduktion des möglichen Angebots entscheidend vergrößert: durch die Beschränkungen des Einsatzes von genetisch modifizierten Pflanzen. Dürften diese überall angebaut werden, wären die Ernten auf jedem Landwirtschaftshektar des Globus deutlich größer. Interessanterweise wird aber dieser Faktor gerade von jenen, die sich ständig als Anti-Hunger-Kämpfer profilieren, überhaupt nicht erwähnt. Sie übertreffen einander vielmehr in düsteren, aber nie bewiesenen Spekulationen, was eventuell eines Tages durch die Gentechnik an Üblem passieren könnte. Obwohl noch nie etwas Übles dadurch passiert ist.
Es sind übrigens auch die gleichen Untergangs-Propheten, die vor den Folgen einer globalen Erwärmung warnen. Aber gerade eine wirkliche globale Erwärmung, also ein weiteres Voranschreiten der gegenwärtigen Zwischeneiszeit würde die Lebensmittelversorgung der Welt positiv beeinflussen. Riesige Territorien von Sibirien bis Kanada wären dann landwirtschaftlich nutzbar. Eine echte Katastrophe wäre nur ein (gegenwärtig eher nicht wahrscheinlicher) Beginn einer neuen Eiszeit. Aber das nur am Rande, da ja das Klima ohnedies nicht in relevantem Umfang von Menschen beeinflusst werden kann.
Sehr wohl menschlich beeinflusst ist aber die aktuellste Ursache der Lebensmittelverteuerung: Das ist die Forcierung des sogenannten Biotreibstoffs. Dieser wird vielfach – vor allem außerhalb Europas – auf Flächen angebaut, auf denen bisher Lebensmittel wuchsen. Oder auf Flächen, auf denen bisher ökologisch wertvolle Urwälder standen.
Diese Mode der Bioenergie-Erzeugung ist natürlich Folge der unbewiesenen Global-Warming-Doppelthese: Erstens wäre der Mensch die Ursache der vielerorts vermutlich (auch das ist nicht unumstritten) leicht ansteigenden Temperaturen. Zweitens wären diese schlecht für die Welt und die Menschheit.
Ohne den Druck dieser derzeit noch dominierenden Lehre könnte die Menschheit noch auf viele Jahrhunderte ihren Energiebedarf mit den schon heute bekannten Öl-, Gas- und Kohlevorräten sowie durch die Nutzung der Nuklearenergie decken. Überdies werden jährlich weitere Energie-Vorräte entdeckt.
Umgekehrt ist auch die einzige der Alternativenergien, die auch ergiebig und verlässlich ist, also die Wasserenergie, zumindest für die Nahrungsversorgung problematisch: Werden doch derzeit gerade in der dritten Welt gewaltige Anbauflächen durch neue Staudämme überflutet.
Aber was hat es nun mit den sogenannten Agrarspekulationen auf sich? Kurze Antwort: Nichts, was den Hunger in der Welt erhöhen würde. Denn wären diese „Spekulationen“ wirklich die Ursache der Preiserhöhungen, dann hätten die höheren Preise ja sogar eine positive Bedeutung: Höhere Preise motivieren Bauern und Investoren, für die nächste Ernte mehr anzubauen.
Kern der angeblichen Spekulationen ist eine De-Facto-Versicherung für die Bauern, also eine von diesen erwünschte Dienstleistung. Durch einen sogenannten Terminkontrakt vereinbaren Bauer und Finanzinvestor, zu welchem fixen Preis die oft erst in etlichen Monaten anstehende Ernte verkauft wird. Damit machen sich die Bauern unabhängig von Weltmarktpreisen, die durch gute wie schlechte Wetterlagen ja noch in jede Richtung ausschlagen können. Die Agrarinvestoren hoffen wiederum auf steigende Preise.
Nichts ist jedenfalls besser für die Bauern, wenn die bei solchen Terminkontrakten erzielten Preise etwa für eine Tonne Getreide steigen. Und keinen Bauern stört es, dass auf der Gegenseite des für sie wichtigen Geschäfts Finanzinvestoren, also die jetzt publizistisch verdammten „Spekulanten“ sitzen.
Am Nutzen der Agrar-Terminmärkte ändert es auch nichts, wenn für die gleiche Ernte – je nach sich ändernden Preis-Erwartungen – im Laufe der Zeit oft mehrere solcher Termingeschäfte abgeschlossen werden. Daran ändert es auch nichts, wenn viele dieser Geschäfte nicht mehr die Preisentwicklung einer Getreidelieferung eines einzelnen Bauern vorwegnehmen, sondern die Entwicklung der gesamten Produktion.
Freilich klingt es für Laien furchtbar, wenn dieses Absicherungs-Geschäft denunziatorisch „Index-Wette“ genannt wird. Und wenn zugleich verbreitet wird, dass diese Wetten angeblich Hunger in der Welt auslösen. In Wahrheit aber geht es dabei neben der Versicherungsfunktion darum, den künftigen Kurs frühzeitig durch gute Analysen vorherzusagen. Genau das macht jeden Markt transparenter und vorhersehbarer, als wenn Bauern, Müller, Agrargenossenschaften, Großhändler bei ihren Kalkulationen einen absoluten Blindflug unternehmen müssten. Ohne Terminkontrakte hätten diese Marktteilnehmer nur einen einzigen Fixpunkt: nämlich die dertzeit überall grassierende Inflationserwartung.
Diese Zusammenhang wird auch durch viele empirische Daten bestätigt: Bei jenen Agrarprodukten, wo man in der Vergangenheit solche "Spekulationen", also Terminkontrakte, verboten hat, haben die Preise viel wildere Auf- und Abwärtsbewegungen gemacht als bei jenen Produkten, wo spekuliert werden durfte.
Es gibt nur einen einzigen Mechanismus, mit dem Agrar-Investoren und genauso Bauern, Lebensmittelindustrie usw. von sich aus die Preise treiben könnten: nämlich wenn sie riesige Lagerbestände anhäufen sollten. Damit würde eine zumindest zeitweise Verknappung des Angebots ausgelöst. Diese müsste freilich notwendigerweise irgendwann kollabieren. Denn irgendwann muss man ja mit der Erhöhung der Lagerbildung aufhören, worauf die Preise abstürzen. Was noch dadurch verstärkt wird, dass die Produzenten, also die Bauern, in der Zwischenzeit ihre Produktion deutlich erhöht haben.
Aber für eine solche signifikante Erhöhung der Lagerhaltung gibt es ohnerdies Null Anzeichen oder Beweise. Es gibt auch unter den Kritikern der Finanzinvestoren niemanden, der das auch nur behauptet. Lager kann man ja nicht insgeheim errichten und in großem Umfang vermehren. Das wäre sofort weltweit bekannt. Außerdem sind solche Lager technisch teuer und riskant. Gelagerte Lebensmittel laufen immer Gefahr zu verderben. Und jedenfalls binden große Lager viel Kapital.
Konklusion: Kein vernünftiger und anständiger Mensch will die Nachfrage reduzieren, also die Menschheit gewaltsam dezimieren oder ihr das Essen von Fleisch und Fisch verbieten. Daher ist eine Steigerung des Angebots die einzig richtige Strategie. Daher sind alle Maßnahmen der Politik, welche das Angebot reduzieren, – in all den genannten Punkten – umzukehren, wenn der Kampf gegen den Hunger ehrlich gemeint sein swollte..
Und ganz sicher sind alle Versuche einer planwirtschaftlichen Preisregulierung im Kampf gegen den Hunger schädlich. Denn damit würde die wichtigste Funktion eines Preises zerstört: nämlich die Information, ob ein Produkt knapper wird, ob sich seine Herstellung in größerer Menge rentiert oder nicht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Während politische Glanzlichter wie Tirols Noch-Landeshauptmann Platter die Gesamtschule einführen wollen, haben Schüler und Eltern bereits über diese Frage abgestimmt.
Das Ergebnis ist überwältigend: Die Massenflucht vor Hauptschulen und Gesamtschulen Richtung Gymnasien erreicht heuer einen absoluten Höhepunkt. Das zeigen die neuesten Zahlen zu dem soeben beginnenden Schuljahr. Diese werden erst vor dem Hintergrund deutlich abnehmender Schülerzahlen in ihrer Dimension deutlich: Während die AHS-Unterstufen – trotz finanzieller und personeller Aushungerung durch die Ministerin – eine konstante, sogar ganz leicht steigende Schülerzahl haben, verlieren die Konkurrenzmodelle zusammen nicht weniger als 4000 Schüler. Dies passiert, obwohl oder wohl gerade weil derzeit Hauptschulen im Expresstempo in Gesamtschulen umgewandelt werden. Warum nur haben die Eltern kein Vertrauen in die versammelte Weisheit jener Menschen, die ihnen das Gymnasium austreiben wollen? Dabei stammt diese Weisheit doch von einer Ministerin, die ein Strafverfahren wegen eines Mega-Bankencrashs am Hals hat; von einem Uralt-Industriellen, der schon einmal vom Strafrichter rechtskräftig als Steuertrickser verurteilt worden ist; von einem alten Verwaltungsjuristen, der vor allem wegen Misshandlung seiner Ex-Ehefrau Bekanntheit erlangt hat; und von einem Ex-Gendarm knapp vor einer krachenden Wahlniederlage, dessen Bildungshorizont sich höflich ausgedrückt in engen Grenzen hält. Zu wem haben die Menschen dann noch Vertrauen, wenn nicht zu einem so erlesenen Quartett?
Werner Faymann hat sich beim Wirtschaftsforschungsinstitut wieder einmal einen Text bestellt. Dieser hat neben Wahlkampfzwecken insgeheim nur eine Aufgabe: seinen Wunsch nach einer weiteren Vervielfachung des europäischen Schuldenbergs zu unterstützen. Nun, beim Wifo kann man sich um das nötige Klein- oder Großgeld (des Steuerzahlers) ja fast alles bestellen. Trotzdem ist dieses Wifo-Papier mehr als erstaunlich. Es ist vor allem dadurch, was es alles nicht sagt, mehr als verlogen.
Natürlich hat Erste-Bank-Chef Treichl recht, der darauf verweist, dass es sicher schon 50.000 Studien zu diesem Thema gibt. Er rät daher überhaupt davon ab, solche Studien zu beauftragen. Denn in Wahrheit könne niemand wissen, wie die Menschen in konkreten Situationen reagieren werden.
Schon daher sind genaue Zahlenangaben darüber nur lächerlich, die voraussagen, wie viele Arbeitslose es mehr geben wird, wenn Griechenland, Italien, Portugal, Spanien, Irland und Zypern gleichzeitig in den nächsten Monaten aus dem Euro austreten. Genau das waren aber die auf Faymanns Wunsch der Studie zugrundegelegten Annahmen. Unrealistischer geht’s wohl nimmer. Der bisweilen verlangte Hinauswurf ist ja schon rein rechtlich gar nicht möglich.
Überdies sind einige dieser Länder schon mit ihren – unpopulären, aber dringend notwendigen – Reformen ermutigend gut unterwegs, wenn auch noch nicht über den Berg. In etlichen Hauptstädten amtieren endlich Regierungen, die das längst Notwendige in Angriff nehmen. Obwohl sie wissen, dass noch ein langer, schmerzhafter und mühevoller Weg vor ihnenl iegt. Obwohl sie wissen, dass sie von den wankelmütigen Wählern dafür bei der nächsten Wahl abgewählt werden.
Aber selbst wenn man diese manipulativen Faymann-Wifo-Annahmen akzeptiert, bleibt der Text verlogen. Denn er stellt sein Horrorszenario der ja durchaus als erträglich empfundenen Gegenwart gegenüber. Er tut damit unausgesprochen so, als ob ohne Austritt dieser Länder weitere Stabilität und hohe Beschäftigung geradezu garantiert wären. Oder zumindest wahrscheinlich. Und das ist eine unglaubliche Lüge.
Denn die Studie ignoriert die gewaltige Schuldenlast, die Österreich schon heute auf sich geladen hat. Sie ignoriert die darüber hinaus in unbekannter Höhe eingegangen Haftungen durch Länder, Gemeinden und deren Unternehmungen. Sie ignoriert die gewaltigen künftigen Belastungen durch die demographische Überalterung. Sie ignoriert, dass Österreich schon in den letzten zweieinhalb Jahren zwischen 80 und 100 Milliarden Euro an zusätzlichen Haftungen beziehungsweise Krediten zugunsten der Euro-Schuldnerländer wie insbesondere Griechenland eingegangen ist. Sie ignoriert, dass deren auch nur teilweises Platzen Österreich in die größte Krise seiner Geschichte stürzen würde. Gegen diese drohende Krise ist das vom Wifo gezeichnete Szenario nach dem fingierten Massen-Exodus aus den Euro ein fast harmloses Vorspiel.
Die Studie ist aber nicht nur verlogen, sondern auch gefährlich, weil sie von Faymann und den schuldengierigen Sozialdemokraten natürlich dazu benutzt wird, ihren Kampf für eine noch weitergehende Mega-Verschuldung und -Haftung zugunsten der Krisenländer als notwendig und richtig darzustellen.
Faymann und das Wifo versuchen damit eine Antwort zu geben auf die Forderungen Hunderter prominenter Ökonomen wie auch einer Bevölkerungsmehrheit, dass Österreich und Deutschland keinen weiteren Cent an zusätzlichen Haftungen für reformunfähige oder -unwillige Länder eingehen. Nicht nur, weil genau das eigentlich schon bei der Einführung des Euro vertraglich ausdrücklich verboten worden ist. Sondern auch deshalb, weil das endgültig die eigene Kreditfähigkeit der angeblich stabilen Nordländer zertrümmern würde. Diese Zertrümmerung wird ja schon vielerorts sehr konkret befürchtet, keineswegs nur von den Ratingagenturen.
Am Rande sei vermerkt: Keines dieser Länder müsste automatisch aus dem Euro austreten, selbst wenn es kein frisches Geld mehr von anderen Ländern oder - derzeit besonders aktuell! - der Zentralbank bekommt. Die Alternative etwa für Griechenland wäre freilich alles andere als attraktiv: Beamte und Pensionisten bekämen bald nur noch das Existenzminimum; die nach wie vor überdimensionierte Armee müsste sofort alle Ankäufe, Flieg- und Schießübungen einstellen: und für den restlichen Geldbedarf müsste das Land zu blutsaugenden Wucherern betteln gehen. Daher ist es durchaus fraglich, was etwa Griechenland dann täte.
Natürlich ist es richtig und wahrscheinlich, dass die Griechen ohne zusätzliche Kredite weniger in Deutschland oder Österreich einkaufen werden - mit und ohne Euro. Und das wäre auch für Österreich schmerzhaft. Aber was will man mit dieser "Erkenntnis" bitte sagen? Soll Österreich seine Kunden dafür bezahlen, dass diese so tun, als ob sie für österreichische Waren bezahlen? Und dieses Modell soll nachhaltig funktionieren? Glaubt irgendjemand noch ernsthaft, dass die Griechen ihre Schulden zurückzahlen können? Wenn das alles eine funktionierende Wirtschaftspolitik wäre, dann wäre Münchhausen bestätigt, der sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen wollte.
Eine intelligente Politik dürfte in Wahrheit niemals auch nur das leiseste Signal nach Griechenland und in die anderen Krisenländer schicken, dass wir uns vor den Konsequenzen eines Austritts fürchten. Diesen Ländern darf nicht einmal die kleinste Hoffnung gelassen werden, dass es noch jemals ohne hundertprozentige Einhaltung aller Sanierungsauflagen frisches Geld geben könnte. Denn dann würden die ohnedies mühsamen und vor allem in Griechenland nur halbherzigen Sanierungsversuche überall(!) sofort gestoppt. Die Länder würden sofort wieder so weitermachen wie einst. Ihre Bürger würden die Überzeugung gewinnen, dass am Schluss eh die Deutschen, Österreicher, Holländer und Finnen die Rechnung zahlen. Und auch unbegrenzt zahlen können. Schädlich für die Sanierung des Euro sind daher nicht CSU-Politiker, die nach einem Hinauswurf der Griechen rufen, sondern gerade solche Studien und solche Politiker, die den Griechen signalisieren, sie würden eh niemals gefeuert werden.
Aber solche Zusammenhänge begreift man weder in der SPÖ noch in ihrem Wifo noch in der Wirtschaftskammer, der ja längst jeder ökonomische Sachverstand abhanden gekommen ist.
Was für ein krankes Land! Die einen werden wegen Lächerlichkeiten verfolgt, die anderen bleiben trotz schwerer Taten unbehelligt.
Ein Staatsanwalt hat aus einem halbgeöffneten Fenster mit einem spitzen Finger zwei Sekunden lang auf eine Gruppe von Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude gezeigt. Diese Geste wurde zufällig auf einem ORF-Video festgehalten und lässt sich auch als Pistolen-Pantomime interpretieren, wie dies auch Kinderhände gerne tun. Monate nachher wird aus dieser völlig unbedeutenden Szene – offenbar unter Druck des sich wichtig machenden ORF – eine Staatsaffäre.
Gegen den Staatsanwalt wird nun wegen dieser Geste von der Wiener Oberstaatsanwalt nicht nur ein disziplinarrechtliches, sondern sogar ein strafrechtliches Verfahren angekündigt! Absolut unfassbar, welche Sorgen die stellvertretende Leiterin dieser OStA hat. Und diese aufgeregte Person, die offensichtlich nicht Kindereien von den schweren, wegen der Untätigkeit der Staatsanwaltschaft oft jahrelang ungeahndet bleibenden Untaten unterscheiden kann, wird nun ernsthaft als künftige Leiterin der Korruptionsstaatsanwaltschaft gehandelt. Da kann man sich ja schon freuen, wie sich diese Institution um die wirklich großen Probleme des Landes annehmen wird.
Gleichzeitig passiert im Parlament ebenso Unfassbares. Da steht zum ersten Mal in der Geschichte der Republik ein Bundeskanzler unter dem konkreten Verdacht schwerer Verbrechen. Und worüber sind sich vier Parteien einig? Dass der Mann vor dem genau zu diesem Zweck geschaffenen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht einmal auszusagen braucht. Einzig die Grünen stellen sich diesem Wahnsinn offenbar noch in den Weg.
Das ist alles völlig unbegreiflich. Versteht denn niemand, dass solcherart den Menschen jeder Glaube an Demokratie und Rechtsstaat ausgetrieben wird? Dass man genau damit vorrevolutionäre Stimmungen schürt, wenn man einerseits die kleinsten Lächerlichkeiten bei normalen Staatsbürgern und Beamten mit maßloser Strenge verfolgt, und wenn man andererseits zugleich die Untaten der Mächtigen im parteiübergreifenden(!) Konsens unter den Teppich kehrt?
Warum ergreift ÖVP-Chef Spindelegger nicht endlich die Möglichkeit, doch wieder das Gesetz des Handels an sich zu reißen? Nur weil Faymann dann droht, die Koalition zu sprengen, wenn er einmal unter Wahrheitspflicht aussagen muss? Warum machen da sowohl FPÖ wie auch BZÖ ohne einen Versuch der Erklärung mit? Stehen sie alle schon insgeheim auf der Lohnliste des Parteigründers aus Kanada und richten bewusst möglichst großen Schaden an?
Sensationell: Gewinnsteigerung der EVN – 226 Millionen Euro (in Schilling waren das 3,11 Milliarden) in nur neun Monaten. Skandalös: Dieser Gewinn wurde auf Kosten der Eigentümer (!) erzielt. Denn die Mehrheit der EVN steht im Eigentum der Niederösterreicher. Diese zahlen – so lange sie von einem Wechsel zu günstigeren Anbietern nicht Gebrauch machen – so hohe Energiepreise, dass diese astronomischen Gewinne möglich sind.
„EVN unter Strom: 226 Millionen Euro Gewinn“, betitelte das Wirtschaftblatt am 30.8.2012 seinen Bericht über den in nur neun Monaten erzielten Gewinn. Famose Nachrichten für Anteilseigner würde man meinen. Doch das ist leider nur die halbe Wahrheit.
Denn dieser Gewinn wurde über höchste Energiepreise erzielt. Als ich mir einmal erlaubte zu fragen, was der Unternehmensauftrag durch die Eigentümer (die Mehrheit liegt beim Land Niederösterreich) sei, hätte ich gehofft zu hören: Die bestmöglichen Preise bei höchster Versorgungssicherheit.
Mitnichten. Meine Anfrage an Landeshauptmann Erwin Pröll wurde an einen Landesrat weitergeleitet, der ausweichend antwortete. Bei einem hohen Gewinn wandert nämlich die Hälfte der Ausschüttung ins Landesbudget. Das bedeutet: Über die überhöhten Energiepreise wird eine versteckte Landessteuer eingehoben.
Was der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes schadet und die Konsumenten über viel zu hohe Energie- und Netzpreise teuer zu stehen kommt. Was völlig grotesk ist, da diese Energieabnehmer in der überwiegenden Mehrheit auch Miteigentümer der EVN sind.
Hohe Gewinne führen zu hohen Ausschüttungen und Prämien an die EVN-Vorstände, deren treue Verbundenheit zur Politik, die für ihre Bestellung zuständig war, zusätzlich zu den ohnedies rekordverdächtigen Gagen noch einmal belohnt wird.
Die Gleichschaltung der Medien, die nicht hinterfragen, wie solche Rekordgewinne erreicht werden, wird durch Werbeeinschaltungen in Millionenhöhe erzielt. So werden mögliche Kritiker ruhig gestellt und die bei der EVN Energie beziehenden Miteigentümer (also alle Niederösterreicher) sind die Dummen.
Mein Vorschlag: Der Unternehmensauftrag an die EVN ist dahingehend zu modifizieren, dass die Niederösterreicher einen Eigentümer-Rabatt beim Energiebezug bekommen. Das würde eine vorsichtig geschätzte Reduktion der Jahresrechnung der Eigentümer um fünf bis zehn Prozent bedeuten.
Alles andere ist ein Affront gegenüber den Mehrheitseigentümern. Eine Situation, die in Österreich natürlich nicht auf Niederösterreich beschränkt ist. Durch den Wildwuchs an Landesgesellschaften und Stadtwerken und darüber noch dem Verbund, der aus unserem Wasser Energie gewinnt, gibt es zwar dort die bestbezahlten Jobs Österreichs, aber die wahren Eigentümerinteressen werden durch die Zwischenschaltung der Politik verraten. Die Politik, die Eigentümer nicht nur in diesem Fall wohl kaum im Sinne von Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit vertritt, sollte längst gegensteuern.
Doch dieses Thema ist so brisant wie aktuell. Aber die durch Werbemillionen ruhig gestellten Medien werden das nicht aufzeigen. Und die mit Brot und Spielen halbwegs befriedigten Wähler realisieren anscheinend nicht wirklich, was da vor sich geht. Noch nicht!
Reinhard Bimashofer ist freier Journalist und im Vorstand des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie.
Man fasst es nicht, welche Menschen Vizepräsidenten der Sozialistischen Internationale werden.
Der Mann hat seine Dissertation fast komplett abgeschrieben. Der Mann ist ohne Wahlen durch „Abgeordnetenwechsel“ nach Balkanart an die Macht gekommen. Der Mann hat Richter massiv und auch körperlich bedrohen lassen. Der Mann hat Gerichtsurteile ignoriert. Der Mann gilt als Schutzherr der ärgsten Korruptionisten seines Landes. Die EU-Kommission schreibt vernichtende Urteile über den von ihm zu verantwortenden Verfall des Rechtssystems. Weltweit wird ihm ein De-facto-Staatsstreich vorgeworfen. Und was tut die Sozialistische Internationale mit diesem Victor Ponta? Sie hat den rumänischen Regierungschef soeben zum Vizepräsidenten der Sozialistischen Internationale gewählt. Allen anständigen Sozialdemokraten müsste da speiübel werden. Oder haben die seit der Machtübernahme durch einen Werner Faymann zumindest in Österreich ohnedies schon längst die Partei verlassen?
PS.: Präsident des famosen Vereins ist übrigens der griechischen Pleiten-(Ex-)Premier Papandreou. Was keines weiteren Kommentars bedarf
Wie hält er das nur aus, der Spindelegger? Vier schwere Niederlagen binnen weniger Tage zeigen den ÖVP-Obmann als politischen Bettelmann, der seiner letzten Kleider beraubt ist. Das wirft zwei fundamentale Fragen auf: nach den Alternativen zu ihm und nach der Zukunft der ÖVP.
Die Niederlage, die Spindelegger öffentlich am meisten geschadet hat, war die durch den niederösterreichischen Alleinherrscher Erwin Pröll, der die Partei völlig undurchdacht in das riskante Abenteuer einer Volksbefragung gejagt hat. Dafür hat die seit Molterers Zeiten schwer verschuldete Partei aber weder das Geld noch eine klare Strategie.
Ähnlich schmerzhaft und wählervertreibend war die Schnapsidee des Tiroler Ex-Gendarmen Platter, das Gymnasium abzuschaffen. Womit auch der selbst vor einer krachenden Wahlniederlage stehende Platter seiner Partei und Söpindelegger schwer geschadet hat.
Die dritte Niederlage war der Abschuss des Spindelegger-Vertrauten Lukas Mandl als ÖAAB-Generalsekretär durch die Pröll-Kreation Johanna Mikl-Leitner. Und die vierte war nun das Scheitern des Spindelegger-Plans, ins Finanzministerium zu wechseln, um das wichtigste Ministerium der ÖVP im Wahljahr zu übernehmen. Das hat Spindelegger nicht derhoben – und sich damit gleichzeitig ohne Not den Klubobmann, die Finanzministerin und den zweiten Nationalratspräsidenten zum Feind gemacht. Und sich selber fast lächerlich.
Eigentlich hat er in dieser Situation nur noch eine Möglichkeit: seinen Parteifreunden voll Zorn den Karren hinschmeißen. Er würde sich dadurch wohl auch ein Jahr ersparen, in dem die Bundesländer – vor allem sein eigenes Niederösterreich – dem Parteichef beim wichtigsten Wahlkampf des Landes desinteressiert und ambitionslos zuschauen. So wie es die Niederösterreicher schon beim Antreten Willi Molterers im Jahr 2008 gemacht haben. Was nichts daran änderte, dass Erwin Pröll kurz darauf auch gleich wieder gegen seinen Neffen intrigierte.
Ist es Masochismus, dass Spindelegger trotzdem bliebt? Ist es aufopferungsvolle Parteiloyalität? Ist es Verdrängung der wahren Lage? Ist es das Festklammern an den kleinen Benefizien der Funktion und den geschleimten Ehrerbietungs-Lügen?
Mit großer Sicherheit sitzen jetzt in vielen Landeshauptstädten die schwarzen Funktionäre beieinander und beratschlagen über einen Abschuss des Michael Spindeleggers. Freilich werden sie dabei die Entdeckung machen: Auch wenn Spindelegger derzeit schwer angeschlagen ist, auch wenn er bisher die nötige Dynamik und Themenführerschaft vermissen hat lassen – so ist er doch Gold gegen fast alles, was sich um seine Nachfolge drängt. Die meisten ÖVP-Sympathisanten werden jedenfalls schon prophylaktisch von Schaudern und Krämpfen geplagt, wenn sie sich vorzustellen suchen, dass einer der Wirtschaftskammer-Subventions-Lobbyisten künftig im schwarzen Chefsessel Platz nehmen sollte.
Die einzige überzeugende Alternative wäre Maria Fekter. Sie hat inhaltliche Kompetenz in den dominierenden wirtschaftlichen Fragen und das richtige Amt dazu. Sie war eine brillante Innenministerin und Justizexpertin. Sie hat klare Vorstellungen und Mumm (um nicht den alten Kalauer zu bedienen: Sie ist der einzige Mann in dieser Regierung). Und in Zeiten wie diesen würden die Wähler wohl auch ihre Stimmlage tolerieren, die oft allzu schrill und im breiten Oberösterreichisch daherkommt.
Sie wäre aber auch zugleich die einzige Partnerin, mit der sich Spindelegger selbst noch retten könnte. Wenn er mit ihr gemeinsam in den Wahlkampf ginge, wäre dort nach erprobtem Vorbild mit einem „Spindelegger-Fekter-Kurs“ noch etliches zu machen. Da könnte sich dann biedere Solidität mit mutiger Force zum Kampf gegen die linken Visionen einer europäischen Schuldenunion verbinden. Und beide könnten sich einen Karlheinz Töchterle als Verkörperung der schon abhanden geglaubten Weisheit zu einer schwarzen Dreifaltigkeit dazuholen.
Dieses Trio könnte es endlich wieder glaubhaft machen, dass sich die ÖVP nicht mehr auf die nie eingehaltenen Versprechungen der SPÖ einlassen wird (bei denen die ÖVP jedes Mal noch betrogen worden ist). Dieses Trio hätte – wenn es wirklich vereint agiert – auch die Kraft, dem in Sankt Pölten und in der WKO sitzenden Hauptübeln der ÖVP erfolgreich Paroli zu bieten. Dieses Trio würde auch durchsetzen, dass die Herrn Ostermayer und Faymann endlich im Parlamentsauschuss wegen ihrer Erpressungen und Untreue-Aktionen unter Wahrheitspflicht aussagen müssten.
Zu all dem wird es aber natürlich nicht kommen. Schon deshalb nicht, weil sich Spindelegger ganz offensichtlich lieber scheibchenweise demontieren lässt, statt sich ehrlichen Herzens für ein solches Offensiv-Konzept zu öffnen. Dazu müsste er nämlich endlich seine schlechteste Eigenschaft überwinden: Misstrauen gegen jeden anderen Parteifreund, der seinen politischen Weg kreuzen könnte.
Schade um ihn. Soviel Personalreserven hat die ÖVP, hat Österreich nach der Verabschiedung zahlreicher schwarzer Parteichefs im Staccato-Rhythmus längst nicht mehr.
PS.: Hätten die potentiellen Schwarz-Wähler irgendetwas mitzureden, dann würde jetzt natürlich noch eine ganze andere Möglichkeit im Zentrum stehen: Lange Bittprozessionen zu Wolfgang Schüssel, es vielleicht doch noch einmal zu machen. Aber die Wähler haben ja nichts mitzureden.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Wer kennt sie nicht, die Drückebergerinnen und Drückeberger dieser Welt? Sie finden sich im kleinen Gewerbebetrieb ebenso wie in der Beamtenschaft, in den Vorstandsetagen sich groß nennender Unternehmen, in Redaktionsstuben ebenso wie im Pflegebereich, in Spitälern, in Bildungseinrichtungen und bei den Reinigungsdiensten aller Art. Natürlich gibt es sie beim Heer. Viele Soldaten und Soldatinnen, die freiwillig eine Ausbildung beim Heer machen können, singen davon ein ermüdendes Lied. Drückeberger gibt es beim Zivildienst und sogar beim freiwilligen Auslandsersatzdienst, zu dem sich jungen Österreicherinnen und Österreicher melden können. Welche der Aufgaben wertvoller sind, muss jeder selbst beurteilen. Wobei die Unterstellung, dass der "Dienst an der Waffe" kostbarer sein soll als der soziale Dienst am Menschen, Unfug ist. Dringend braucht das Heer eine Professionalisierung. Für die Einführung eins Berufsheers gibt es kluge Argumente wie z.B., dass moderne Waffensysteme ohne wissenschaftliche Ausbildung nicht bedient werden können. Es geht um Vernunft und Courage sowohl beim Heer als auch im zivilen Bereich. Das Modell von Verteidigungsminister Norbert Darabos sieht vor, das Bundesheer zu einem Berufsheer mit Freiwilligen-Komponente mit einer Stärke von 9500 Berufs-, 5500 Zeit- und 10.000 Milizsoldaten zu machen. Die Mobilmachung soll dank Reservisten bei 55.000 Mann bleiben. Das freiwillige soziale Jahr wird attraktiver, um den Ausfall des Zivildienstes zu kompensieren. Männer und Frauen sollen das Jahr in den Bereichen "Soziales und Gesundheit" absolvieren und dafür einen Mindestlohn von 1300 Euro brutto monatlich erhalten. 6400 Freiwillige genügen zur Aufrechterhaltung der bisher von Zivildienern geleisteten Dienste. Dem Zivildiener Darabos ist gegen viele Widerstände ein großer Wurf gelungen. Dass über diese Grundsatzfragen erstmals eine bundesweite Volksbefragung durchgeführt wird, darf als Premiere in der Zweiten Republik betrachtet werden.
Andreas Unterberger
Sie wissen nicht wohin, aber dafür sind sie schneller dort. Sie wissen nicht, was sie genau fragen wollen, aber sie fragen. Nach diesem Motto verschaffen uns die zwei übelsten Populisten Österreichs eine Volksbefragung über die Demontage des Bundesheers. Diese Demontage wurde vor zwei Jahren in letzter Wahlkampf-Not - auf Befehl der Kronenzeitung - von Michael Häupl verlangt, ohne dass es bis heute seriöse Antworten auf viele damit verbundene Fragen gäbe. Dennoch wurde diese Totgeburt nun vom Sankt Pöltner Populisten Pröll wiederbelebt. Um ein Wahlkampfthema zu haben und wieder einmal seinen eigenen Parteichef zu demontieren.
So sinnvoll professionelle Arbeitsteilung (etwa bei der Luftraumsicherung!) in der Nato auch ist, so wenig kommt diese für das neutrale Österreich in Frage. Außer es gibt das Neutralitätsgesetz auf: Denn darin hat das Land aller Welt gelobt, dass es sich "mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln" verteidigen werde. Aber einige Freiwillige sind zweifellos nicht "alle zu Gebote stehenden Mittel"! Eine noch dazu unverbindliche Volksbefragung kann niemals Pflichten des Verfassungs- und Völkerrechts aufheben. Völlig ungeklärt sind auch alle anderen Konsequenzen: Wer zahlt die hohen Kosten einer Berufsarmee, die auch der Generalstabschef sieht? Werden sich genug Soldaten finden? Werden die Heereswaffen künftig vor allem in den Händen anderswo nicht mehr vermittelbarer Arbeitsloser liegen? Wie werden Katastrophenhilfe, Altenpflege, Rettungsdienste und viele andere notwendige Aufgaben trotz leerer Kassen erledigt? Auf nichts gibt es seriöse Antworten - außer peinliche Darabos-Stottereien. Der Amoklauf zweier Landesfürsten hat nur zweierlei geschafft: die eigentlich sehr sinnvolle direkte Demokratie lächerlich zu machen. Und wieder einmal der Republik schweren Schaden zuzufügen.
Wenn man von Griechenland und Frankreich absieht, dann zeigt die Beobachtung der europäischen Schuldenstaaten Erstaunliches: Sie sind durch die Krise weise geworden, ziehen eine ganze Reihe sinnvoller Reformen durch, die nur deshalb (noch?) nicht greifen, weil sie viel zu spät gekommen sind. Das sollte auch den scheinbar stabilen Nordländern eine Lehre sein: Rechtzeitige Reformen könnten viel Leid ersparen.
Die Griechen hingegen versprechen in vielen Schlüsselfragen nur die Durchführung von Reformen. Und die Franzosen machen überhaupt das Gegenteil.
Auf den Kern gebracht geht es bei den Sanierungsmaßnahmen immer um folgende Grundideen: Abbau von Beamten; Durchforstung der Sozialleistungen; Privatisierungen; Deregulierungen. Irland, Portugal und – in ersten Ansätzen – auch Spanien haben das erkannt. Italien könnte überhaupt bald zum Musterland werden. Das wäre für Österreich besonders erfreulich, sind die Italiener doch der zweitwichtigste Handelspartner der Alpenrepublik. Ihr Zusammenbruch wäre daher fatal.
Dabei werden die Nachbarn freilich auch zur Konkurrenz: Rom kämpft nun mit allen Mitteln darum, zur Drehscheibe für den Zufluss von Erdgas aus Zentralasien und Nordafrika nach Europa zu werden. Genau dasselbe soll aber auch die Pipeline-Idee Nabucco für Österreich erreichen. Nur wird dieses Projekt leider von der österreichischen Politik nicht ausreichend energisch unterstützt. Die Wiener Regierung muss endlich lernen, dass sich Außenpolitik – von der Regierungsspitze bis zu den zuständigen Ministerien – weltweit heute primär um nationale Wirtschaftsinteressen zu kümmern hat. Österreichs Diplomatie ist dazu offenbar zu nobel oder ahnungslos.
Auch in anderer Energie-Hinsicht kommt ein lauter Weckruf aus Italien: Die Gewinnung von Öl und Gas auf eigenem Territorium wird dort massiv gefördert. Das Verbot von Bohrungen vor der Küste wird stark gelockert. Das lockt einerseits Investitionen an und verbilligt andererseits die künftige Energierechnung. Was hat Österreich gleichzeitig getan? Es hat Gesetze beschlossen, welche die Nutzung der großen Gasfunde unter dem Weinviertel so gut wie unmöglich machen.
Ebenso vorbildlich ist, dass Rom jede Menge an Staatsbeteiligungen verkauft. Das bringt erstens direkt Geld in die Kassa, und zweitens machen Privatisierungen in 90 Prozent der Fälle sieche Unternehmen profitabel.
Das alles geht freilich erst, seit jeder Italien begriffen hat, wie sehr der Hut brennt: In den letzten zwei Jahren sind Eintausend Milliarden Euro aus Italien abgewandert. Bankkonten wurden trotz überhöhter Zinsen abgeräumt; italienische Staatsanleihen verramscht. Italien muss also noch wirklich hart arbeiten und den Gürtel enger schnallen, bis das Vertrauen in seine Papiere wieder hergestellt ist. Das bedeutet viele dürre Jahre. Aber die Italiener haben wenigstens mit den Aufforstungsarbeiten begonnen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Ich habe Susanne Winter immer verteidigt. Aber jetzt wird mir übel.
Die Verurteilung der freiheitlichen Politikerin wegen wahrheitsgemäßer Aussagen über das kinderliebende Sexualleben des islamischen Propheten Mohammed war und ist ein Justizskandal, ein Fall der Politjustiz und eine arge Verletzung der Meinungsfreiheit. Hingegen versetzt mich der Blick auf ihre Abgeordneten-Homepage in einen Schock: Dort liest man nämlich: „Wer ist Ihr Vorbild? Wladimir Putin.“ Mir jedenfalls graust vor Politikern, die sich einen Diktator zum Vorbild nehmen, der reihenweise Oppositionelle verfolgt, der bei der Aufgabe des wirtschaftlichen Aufbaus völlig versagt, unter dem die Korruption geradezu explodiert ist, dessen Herrschaft total auf den brutalen Geheimdiensten aufbaut und der die Jahre der russischen Demokratie durch einen eiskalten Winter der Repression beendet hat. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass Putins Reich an der Südflanke von rebellischen Moslem-Völkern bedroht ist, was ihm einen viel realistischeren Blick auf die Moslems gibt, als sie hiesige Gutmenschen haben.
Etwa zehn Prozent der Österreicher wählen Grün. Aber (geschätzte) vier von zehn tun dies nur, weil sie die Umwelt schützen wollen. Und sie sind nicht glücklich, dass sie mit ihrer Wählerstimme auch ein Weltbild miterwerben, das sehr weit links der Mitte steht. Höchste Eisenbahn, über demokratische Alternativen nachzudenken.
Die Bürger unseres Landes bestellen von ihrer „grünen Politik“ die ökologische Neu-Ausrichtung unseres Lebens – und erhalten von ihrer „grünen Partei“ ideologisch Schwerverdauliches geliefert: „Der Feminismus umfasst die gesamthafte Gesellschaftskritik an patriarchalen Systemen wie Militarismus, Kapitalismus, Neoliberalismus“, weiß das Parteiprogramm von 2001. Nett, dass grüne Wirtschafts-Esoteriker Militarismus mit Kapitalismus gleichsetzen – und die „Schuld“ dafür noch bei den Männern suchen („Sind Frauen dann am Sozialismus schuld?“).
Und weiter geht es mit abgelutschten Floskeln: „Die Politik muss das Primat über die Ökonomie wieder zurück gewinnen“. Und vergisst dabei, dass es allein die Politik war, die in Amerika wie in Europa staatlichen Zentralbanken befahl, die Welt mit schnell gedrucktem Staatsgeld zu überfluten. Und dass in Europa seit 40 Jahren immer der Politiker die Wahl gewinnt, der vor der Wahl das meiste Geld verspricht – um nach der Wahl dann Steuern anzuheben und neue Schulden anzuhäufen (Anti-Teuerungspaket der SPÖ 2008, Sparpaket für alle dann 2009 und 2011).
Wen wundert es da noch, dass Christian Felber mit seiner Sammelleidenschaft für marxistische Utopien aus dem 19. und 20. Jahrhundert bei Grünen viel gesehener bzw. wenig kritisierter Gast geworden ist.
Für wen es heute immer noch nicht klar ist, dass nur die Marktwirtschaft – und nicht Tausendfach gescheiterte Utopien – für Wohlstand und damit Demokratie sorgen, gehört auf keine Regierungsbank. Natürlich muss ein System laufend nachjustiert werden, aber das permanente Infrage-Stellen fundamentaler Erkenntnisse verschwendet Energien, die man für die Umwelt braucht.
Als Herbergsgeber einer neuen Grün-Partei scheiden FPÖ und SPÖ von Vornherein schon aus: Denn wer friedliche Bürger gegen (vermeintlich) Reiche, Spekulanten oder Fremde aufbringt, den treibt kein gutes Weltenbild. Bleibt als Alternative somit nur die ÖVP, die die neue Grün-Partei als ihren siebenten Bund ins Leben rufen darf.
Ideologisch bildet die „öko-soziale Marktwirtschaft“ des Josef Riegler die Basis: Die wettbewerbsorientierte Marktwirtschaft als Triebfeder für ökonomischen Fortschritt ist grundsätzlich akzeptiert. Ob Kleinhandwerk, Genossenschaft oder Konzern – jeder hat in einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft seine Funktion. Über sozial kluge Öko-Steuer(u)n(g) lenkt man Geld in grüne Jobs, die mittelfristig nicht auf Subventionen fußen.
Beispiel Energie: Eine Stromabgabe auf kalorisch erzeugten Strom (von 1 Cent pro Kilowattstunde bei Gas, und 2 Cent bei Öl und Kohle) erhöht den Strompreis nur von den Anbietern, die falsch investierten. Ein liberalisierter Strommarkt ermöglicht Bürgern nun, zum ökologisch – und damit auch ökonomisch – klügeren bzw. günstigeren Provider zu wechseln. Kampagnen helfen schlecht vernetzten Haushalten bei der Neuauswahl ihres Versorgers.
Eine Stromabgabe kann künftig eingeführt werden, ohne vorher wütend gegen Stromkonzerne zu wettern, und ohne die Verschwörung internationaler Großkonzerne – oder gar des Neoliberalismus – anzudeuten. Ein Gesellschafts-Klima spart sich die heiße Luft der Kampfrhetorik. Weder muss man Bürger auf eine steigende Armut einschwören (die ohnedies seit Jahren zurückgeht), noch muss man für eine Flüchtlingspolitik kämpfen, die nur von wenigen Österreichern als Chance gesehen wird.
Seit Jahrzehnten kann die dezentral organisierte ÖVP der SPÖ und ihrer straff gelenkten (Medien-)Macht (Stichwort Inserate) nichts Ebenbürtiges entgegensetzen. Warum nicht aus der Schwäche eine Stärke machen? Es stimmt: Sechs Teilorganisationen erfordern lange Wege, bis es zur Entscheidung kommt – aber ist nicht das (vor)gelebte Demokratie?
Der Grün-Bund wird in der ÖVP die erste strukturelle Innovation seit der Erhebung der ÖVP-Pensionisten zum vollwertigen Bund in den 1970ern sein. Die ökologische Kompetenz künftig im eigenen Haus zu haben, wird den Eindruck, „die Schwarzen diskutieren ja ewig“, sogar noch verstärken. Aber die Chance, mit neuen Themen neue Menschen für den Grundgedanken einer auf sozialen Ausgleich bedachten bürgerlichen Gesellschaft – ohne Schüren von (Abstiegs-)Ängsten – zu begeistern, überwiegt das Risiko bei weitem.
Der Wirtschaftsbund bekommt ein „grünes Gegengewicht“. Seiner schieren Größe setzt man Kreativität und Sachverstand entgegen. Die „Junge ÖVP“ braucht die Neuen nicht als Konkurrenz zu fürchten, richtet sich der „Grün-Bund“ ganz bewusst an alle Altersschichten. Im Gegensatz zum ÖAAB hängt man auch nicht am Konzept „vor der Wahl sehr laut, nachher still für viele Jahre“, sondern profiliert sich durch eine „bunte Kreativität von Unten“. Differenzen mit dem Bauernbund sind programmiert, doch sind sie vom Verständnis für die Landwirtschaft und dem Respekt für deren Wissen um die Umwelt getragen.
So kann die Deckelung von Agrarsubventionen für Großbetriebe (bei etwa 75.000 Euro) leichter durchgesetzt werden, wenn man sie vorher nicht als „agro-kapitalistische Kurzfrist-Profit-Maximierer“ beschimpft.
Ähnlich wie bei den Piraten wird die Gründung dezentral und in den Ländern starten. Binnen Jahresfrist entsteht ein Plan, der (mindestens) ein Energie-, Mobilitäts-, Lebensmittel-, Ressourcen- und Tierkonzept enthält. Man lädt engagierte Bürger aller Schichten ein, für ein Stück des Weges mitzugehen. Und der Bürger-Konvent begründet eine „bürgerliche“ Bürger-Initiativen-Kultur.
Über engagierte Gemeinderäte wird die bürgerliche Alternative dann „von unten“ in den Bund und in die Städte wandern. Vielleicht ist „Grün-Bund“ nicht der letzte Name, und vielleicht wird man auch nicht sofort zum „echten“ Bund. Für die ÖVP wird es in jedem Falle ein richtiger Befreiungsschlag werden: Erstmals seit Jahrzehnten nimmt sie die Zügel wieder in die Hand und bricht nach vorne aus – und in die abgeschriebenen Städte wieder ein. Bürger, deren Herz für Umwelt- oder Tierschutzthemen schlägt, werden in die altehrwürdige Partei neues Feuer bringen und vielleicht ihre neue Heimat finden – ohne ideologisches Getöne und geschürte Wut.
Befreien wir die Grün-Idee vom ideologischen Ballast des 19. Jahrhunderts! Krempeln wir das 21. Jahrhundert mit (Regenerativ-)Energie und guter Laune um!
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist. Vor kurzem erschien sein neuestes Werk „Die Gemeinwohl-Falle“ – eine Antwort auf Christian Felber und Jean Ziegler.
Jahr | Männer | Frauen |
2004 |
20,1 |
37,9 |
2007 |
25,7 |
45,0 |
2010 |
28,0 |
49,0 |
Quelle: Statistik Austria
Sie sind eitel, manipulativ und ahnungslos. Und sie bereiten nach deutschem Muster schon den nächsten Anschlag auf fremde Geldbörsen vor. Die Rede ist von jener Partie, die den ORF unter totale Kontrolle der SPÖ gebracht hat. Und gleichzeitig journalistisch völligen Mist baut.
Diese Eitelkeit ist etwa bei jedem Sommergespräch des Armin Wolf zu beobachten. Er redet fast mehr als seine (viel zu höflichen) Gäste, um sich in den Vordergrund zu spielen. Er unterbricht sie ständig – zumindest, wenn sie nicht endlich das sagen, was sie sollen. Bei H.C.Strache wäre wohl das einzig Erlaubte, bei dem er nicht unterbrochen wird, folgender Satz gewesen: „Ja ich gebe zu, Herr Wolf, Sie haben mich überzeugt, wir sind eine neonazistische Bande, die endlich von den Wählern verjagt werden sollte, und die nie in die Regierung kommen darf.“
Angesichts dieses Interviewstils ist sogar zu verstehen, dass das halbe Land einem Frank Stronach zujubelt. Denn dieser geht, schon bevor der ORF auch nur den ersten Untergriff setzen kann, selber voll aggressiv in den Infight. Was zwar auch grob ungehörig ist, aber von sehr vielen Österreichern als Befreiungsschlag empfunden wird.
Bei Wolf geht es im Gegensatz zu deutschen Interviewern nie darum, einen Gast seine Positionen darlegen zu lassen, sondern darum, diesen vorzuführen und zu blamieren, zumindest wenn der Gast von rechts der Mitte kommt. Dieses Konzept der Selbstdarstellung ist auch einem der ORF-Standard-Politologen entschlüpft, der vor einigen Tagen im Radio über diese Sommergespräche gesagt hat: Kein Politiker könne dort punkten, denn der Star habe alleine Wolf zu sein.
Am Schluss des Strache-Interviews hat Wolf wieder das große strategische Machtziel der Linken vorangetrieben: Ein halbes Dutzend Male wollte er Strache auf den Satz festlegen, dass dieser ein Referendum über den Euro-Austritt zur Vorbedingung einer Koalition mache. Mit einer solchen Festlegung wäre klarerweise eine schwarz-blaue Koalition unmöglich gemacht und die ewige Regierungsbeteiligung der SPÖ garantiert. Schon deswegen kann man als sicher annehmen, dass hinter diesem Insistieren ein Auftrag der SPÖ-Spin-Doctoren gestanden ist.
Strache sagte aber jedes Mal etwas anderes als das Gewünschte: nämlich dass er ein Gesetz zur Vorbedingung mache, welches die Möglichkeit schaffe, ein solches Referendum durch genügend Unterschriften erzwingen zu können. Das ist etwas ganz anderes und völlig deckungsgleich mit der Position der ÖVP.
Das Ungeheuerliche ist aber: Der ORF verbreitet in Presseaussendungen aber dennoch das, was er gerne gehört hätte, was Strache aber so nicht gesagt hat. Das ist übelste Manipulation im Stil totalitärer Regime.
Das ändert aber natürlich nichts daran, dass Strache zeitweise einen eher schwachen Eindruck gemacht hat, vor allem dort, wo es um wirtschaftliche und europäische Themen gegangen ist. Dort ersetzt er Sachkunde regelmäßig durch starke Worte. Dieses Defizit fiel nur deshalb nicht auf, weil auch Wolf von Wirtschaft keine Ahnung hat. So hat der ORF-Mann minutenlang über die angeblich antisemitische Bedeutung von drei Manschettenknöpfen auf einer Karikatur diskutiert, statt über die völlig verquere Sicht auf die Schuldenkrise, die gerade diese von Strache übernommene Zeichnung ausdrückt.
Aber zurück zu den ORF-Manipulationen: Noch ungeheuerlicher ist nämlich, dass dann wenige Minuten nach Ende der Aussendung des Strache-Interviews der ÖVP-Chef Spindelegger mit dieser so nie gefallenen, also fiktiven Strache-Aussage konfrontiert worden ist und erwartungsgemäß negativ reagiert hat. Er hat vermutlich die Strache-Sendung gar nicht gesehen, sondern ist wahrscheinlich gerade im Schminkraum gesessen. Übler als solche falsche Suggestivfragen zu stellen, geht’s nimmer. Und lauter können die SPÖ-Strategen gar nicht jubeln als nach diesem Coup ihrer ORF-Marionetten.
Im Zorn über diese Manipulationen ist es kein großer Trost, dass sich die Information des ORF-Fernsehens schon fast täglich bis auf die Knochen blamiert – ganz ohne parteipolitischen Auftrag. Einmal wird der Mond zu einem Planeten erklärt. Das nächste Mal wird Hallstatt in einem Insert gleich zweimal „Hallstadt“ geschrieben. Und so weiter.
Und das Ganze wird uns wohl bald noch teurer kommen: Denn in Deutschland wird gerade die Haushaltsabgabe eingeführt. Diese wird daher mit großer Wahrscheinlichkeit wohl auch in Österreich bald durchgedrückt werden. Wahrscheinlich wird man der ÖVP wieder (wie bei der 160-Millionen-Schiebung aus der Staatskasse Richtung ORF) irgendwelche windige Versprechungen machen, dass sie künftig wenigstens halb so gut wie die Roten behandelt wird, damit sie wieder mit ja für die nächste Füllung der ORF-Kassen stimmt. Diese Versprechungen werden dann natürlich nie gehalten werden.
Die Einführung der Haushaltsabgabe heißt: Für jede Wohnung ist künftig eine Fernsehgebühr zu zahlen, egal ob sie einen Fernseher oder einen Computer hast oder gar nichts. Was eine unglaubliche Abzockerei ist.
In Deutschland zahlt überdies auch jede Firma je nach Zahl der Angestellten. Es zahlen gemeinnützige Vereine und Stiftungen. Es zahlen Schulen. Es zahlen sogar Polizeistationen. Und alle zahlen unabhängig vom Besitz eines Fernsehers oder Computers.
Die Deutschen bekommen dafür wenigstens zeitweise ein recht gutes Programm. Und wir? Wir bekommen weiter einen solchen ORF.
Nichts ist normaler als das Bankrott-Gehen eines Staates. Lediglich in Europa tun heute manche so, als ob das ein Weltuntergang samt Rückkehr der Weimarer Republik und Adolf Hitlers wäre. Die einen tun so aus Eigeninteresse, weil sie weiter schmerzfrei vom Geld anderer leben wollen. Die anderen verwechseln aus historischer Ahnungslosigkeit die rund um den Euro entfachte Propaganda-Versprechungen ewiger Stabilität mit den Fakten. In Wahrheit hat die Welt nämlich in den letzten zwei Jahrhunderten weit mehr als 300 Staatsbankrotte hinnehmen müssen.
Der letzte Bankrott, der wirklich globale Wellen auslöste, passierte vor genau zehn Jahren in Argentinien. Auch Tausende Österreicher verloren damals viel Geld, das sie in die – theoretisch – hoch verzinsten argentinischen Staatspapiere gesteckt hatten. Für die Argentinier selber war der Beginn des Jahrtausends noch viel dramatischer: Nach dem Zusammenbruch der Staatsfinanzen wurden Supermärkte und Geschäfte geplündert; mehr als die Hälfte der Bevölkerung stürzte in fundamentale Armut; jeder vierte Job ging verloren.
Der Bankrott des Landes war umso erstaunlicher, als Argentinien nach dem letzten Weltkrieg in etlichen Vergleichsstudien als reichstes Land der Welt eingestuft worden war. Andererseits hatte das Land in den noch nicht ganz zwei Jahrhunderten seiner Unabhängigkeit nicht weniger als sieben Mal schon Bankrott anmelden müssen. Und der nationale Hang zu leichtfertigen Versprechungen, also zum Populismus, wurde insbesondere in der Peron-Ära wieder offenkundig.
Was war geschehen? Nun, die Parallelen zu aktuellen Krisen sind keineswegs zufällig. Buenos Aires hatte in den Jahren vor dem letzten Kollaps 2001/02 die nationale Währung, den argentinischen Peso, in einem fixen Verhältnis an den Dollar geknüpft. Das schien Politik und Bürgern eine Zeitlang sehr vorteilhaft, weil das Geld endlich seinen Wert behielt.
Gleichzeitig hatten sich aber alle staatlichen Kassen wie ein Stabsoffizier verschuldet, sodass das Land am Ende mit fast 170 Milliarden Euros belastet war. In den letzten Wochen vor dem Zusammenbruch wechselten einander dann 2001/02 im Staccato gleich vier Staatspräsidenten mit verzweifelten, aber scheiternden Versuchen einer Sanierung im letzten Augenblick ab. Eine besonders üble Rolle spielten dabei Provinzen und Verfassungsgerichte. Beide weigerten sich zu sparen. Bis zuletzt wurden Spardekrete von den Höchstrichtern als Eingriff in wohlerworbene Rechte von Vorteilsnehmern abgeschmettert. Zugleich stürmten die Menschen, solange man für Pesos noch Dollar bekam, die Banken – sowie die Fähren und Busse zum Nachbarn Uruguay, wo sie ihr Geld in Sicherheit zu bringen versuchten. Der nächste Schritt war daraufhin geradezu zwingend: Alle noch verbliebenen Bankguthaben wurden eingefroren; und die Menschen konnten nur noch geringfügige Beträge wöchentlich abheben.
Mindestens ebenso interessant und lehrreich ist aber auch der Weg der überraschend schnellen Erholung: Die Bindung an den Dollar wurde aufgegeben; der Peso wurde dramatisch abgewertet; damit gab es kaum noch Konsum von Importprodukten; und das Land konzentrierte sich wieder auf den Ausbau seiner Wettbewerbsfähigkeit: Die Exporte boomten, vom traditionellen Fleisch bis hin zur neu aufgebauten Autoindustrie. Dadurch konnte Argentinien bis 2005 schon wieder seine gesamten Schulden an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen (die privaten ausländischen Gläubiger blieben hingegen unbefriedigt).
Und heute? Da beginnt sich das Land schon wieder wie in den 80er Jahren übermütig und nationalistisch mit Großbritannien wegen der Falkland-Inseln anzulegen.
Die dramatischen Parallelen der argentinischen Entwicklung bis zum Jahr 2002 mit jener des heutigen Griechenland brauchen wohl nicht mehr in jedem einzelnen Punkt gesondert aufgezeigt zu werden. Das was für die Argentinier die Bindung an den Dollar war, ist für die Griechen die Bindung an die D-Mark, auch Euro genannt. Beides ist für traditionell undisziplinierte Länder nicht zu stemmen gewesen. Übrigens haben auch die Griechen – die so wie die Argentinier am Beginn des 19. Jahrhunderts unabhängig geworden sind – eine sehr innige Langzeit-Liaison mit der Institution Bankrott: Der griechische Staat ist seit 1829 nicht weniger als fünf Mal bankrott gegangen.
Offenbar braucht der Homo sapiens regelmäßige schmerzhafte Lehrstunden, weil er die Lektionen der Wirtschaftsgeschichte allzu rasch vergisst. Denn anders als durch Vergesslichkeit kann man es nicht erklären, dass vernünftige Menschen Argentinien oder Griechenland jemals Geld geborgt haben. Wie es auch bei anderen Staaten schwer verständlich erscheint, dass sie ihre Anleihen meist sehr leicht an die Geldgeber verkaufen können.
Das hat freilich außer der Lernunfähigkeit der Menschen noch einen weiteren Grund: Die Staaten zwingen durch eine Vielzahl von Regulierungen Banken und Versicherungen, einen guten Teil ihrer Gelder bei staatlichen Institutionen anzulegen (Weshalb weise Ökonomen auch heftig vor den Folgen der gegenwärtigen Modewelle warnen, Versicherungen und Banken immer noch mehr zu regulieren).
Blickt man in die Geschichte der Staatsbankrotte, dann gibt es neben dem Ursachen-Komplex „Schuldenmacherei populistischer Regierungen sowie Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit“ noch einen zweiten häufig vorkommenden Typus: verlorene Kriege.
Einige Beispiele besonders markanter Staatsbankrotte:
Das waren nur die historisch spektakulärsten Staatsbankrotte. Diese Liste wird mit großer Sicherheit im zweiten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends durch interessante Exempel verlängert werden. Und auch nach diesen noch ausstehenden Beispielen wird sich wohl die Geschichte wiederholen: Dann werden Politik und Bevölkerung wieder einmal Dinge hinnehmen müssen, die ihnen vorher selbst in abgeschwächter Form völlig unzumutbar erschienen waren.
Denn natürlich bedeuten Staatsbankrotte für viele Menschen, Institutionen und „soziale Errungenschaften“ eine Katastrophe. Deswegen wurde ja immer versucht sie hinauszuschieben. Aber das hat in keinem der Exempel funktioniert – und die Folgen der Katastrophe immer nur noch mehr verschlimmert.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die Österreicher haben mit gutem Grund einige große Sorgen: die Schuldenexplosion, die Stabilität des Geldes und der Wirtschaft, der Kampf gegen Korruption, die Folgen von Migration und Islamisierung; und zumindest einen Teil der Bürger besorgt auch die Demokratiekrise. Die Frage „Berufsheer: Ja oder Nein?“ beschäftigt die Bürger hingegen nicht wirklich vorrangig. Aber genau dazu soll es nun eine Volksabstimmung geben und nicht zu all den viel wichtigeren Fragen. Ein neuer Beweis für die Menschenferne der Politik. (mit nachträglicher Ergänzung)
Die Forcierung des Themas „Berufsarmee statt Wehrpflicht“ hat der SPÖ in den letzten zwei Jahren eine ziemliche Blamage eingebracht (was ja meist passiert, wenn sie auf die Grenzintelligenz der Kronenzeitung hört). Und was tut nun ein ÖVP-Provinzpolitiker nach dem anderen? Sie rufen nach einer Volksabstimmung zu diesem Thema. Das ist aus vielerlei Gründen skurril.
Mit einer von oben angeordneten Volksabstimmung zu einem tertiären Thema wird aber nun genau die Dynamik dieser Idee abgewürgt, dass solche Volksabstimmungen künftig eben von unten erzwungen werden könnten. Die direkte Demokratie ist zu wichtig, um durch parteitaktische Aktionen umgebracht zu werden.
Aber auch parteitaktisch wäre es richtig gewesen, die SPÖ vorzuführen und mit folgender Antwort anrennen zu lassen: Wenn Ihr schon unsinnige Dinge wie Berufsarmee oder Zwangsgesamtschule wollt, dann müsst ihr das schon selber vorantreiben. Dazu braucht es erstens einen genauen Vorschlag; dieser müsste dann an Stelle des Darabos-Stotterns endlich genau sagen, wie denn die Berufsarmee ausschauen soll, wer dafür bezahlt, und wie die humanitären Organisationen ohne Zivildiener weitermachen sollen. Dann müsst ihr zweitens endlich der von euch blockierten Einführung einer wirklichen direkten Demokratie zustimmen, in der man mit genügend Unterschriften ein Referendum erzwingen kann. Dann müsst ihr drittens diese Unterschriften sammeln. Und dann müsst ihr viertens dieses Referendum auch noch gewinnen.
Auf diese Weise könnte man die SPÖ beschäftigt halten und sich selber strategisch freispielen, um sich auf die wirklichen Sorgen der Bürger zu konzentrieren. Aber vielleicht will man das gar nicht, weil es darauf keine einfachen Antworten gibt?
Und wo, bitte, ist eigentlich der Bundesparteiobmann der Volkspartei? Kann es wirklich wahr sein, dass ihm von Platter bis Pröll ständig irgendein Provinzhäuptling mit undurchdachten Sagern in die Bundespolitik hineinpfuscht, ohne dass der Parteichef den Mund dazu aufmacht?
Nachträgliche Ergänzung: Wie ungeschickt die Landeshauptleute-Initiative ist, zeigte sich dann gleich in der abendlichen "Zeit im Bild": Dort berichtete die rote Manipulationsmannschaft triumphierend über die Initiative - und zwar so, als ob sich die Landeshauptleute der Darabos-Linie angeschlossen hätten. Dabei haben sie ja das Gegenteil erreichen und eigentlich damit die roten Berufsheer-Ideen abtöten wollen. Was der ORF aber einfach unter den Tisch fallen ließ. Womit die Idee von Pröll&Co endgültig in die Hose gegangen ist. Wenn man freilich so dumm und widersprüchlich taktiert, dann legt man den Darabos-Helfern im ORF den Ball geradezu auf.
Werner Faymann ist auf der verzweifelten Suche nach Themen, um von seinem Griff in die Kassen von ÖBB und Asfinag zum persönlichen Vorteil abzulenken: Da entdeckt er Griechenland und gibt gute Ratschläge, die aber nur peinliche Ahnungslosigkeit zeigen.
Denn der Mann meint nun (in einer der durch ihn aus Steuergeldern finanzierten Gratiszeitungen, wo ihm naturgemäß keine kritischen Fragen gestellt werden), dass man einfach die Zahlungsziele griechischer Staatspapiere verlängern solle. Mein Gott, Werner! Wenn die Dinge nur so einfach wären! Selbst wenn man es hinnehmen sollte, dass alle Gläubiger der Griechen durch die Finger schauen müssen, hat Faymann eines vergessen: Damit sein Rezept funktionieren könnte, dürften die Griechen keinerlei Primärdefizit haben. Nun weiß Faymann natürlich nicht, was das überhaupt sein soll. Also: Ein Primärdefizit besteht dann, wenn ein Staat auch ohne Berücksichtigung der Schuldenlast weitere Defizite produziert. Also auch dann, wenn er keinerlei Zinsen, geschweige denn Schuldenrückzahlungen leisten müsste. Aber die Griechen bringen ja trotz angeblich furchtbarer Anstrengungen nicht einmal das zusammen. Sie leben auch heute noch auf fremde Rechnung, selbst wenn alle Schulden vergessen wären – an denen ja nach linker Lesart die Gläubiger und nicht die Schuldner schuld sind. Irgendwie werden Faymann, seine Berater aus der Arbeiterkammer und deren gemeinsame Ahnungslosigkeit langsam gemeingefährlich. Der SPÖ-Chef gleicht in seiner Realitätsferne damit dem Griechenpremier Samaras, der auf seiner jüngsten Betteltour durch Europa den phantastischen Neusprech gedrechselt hat: Griechenland brauche nicht mehr Geld, sondern "Zeit zum Atmen" . . .
PS.: Faymann kriegt nicht einmal mit, dass sich sogar sein Parteifreund Hollande neuerdings deutlich weniger schuldenfreudig zugunsten der Griechen zeigt.
In Euroland beheimatete Vermögende und Besserverdiener gehen harten Zeiten entgegen – zumindest dann, wenn sie vorhaben, mitsamt ihrer Habe hierzubleiben.
Kein Tag vergeht, an dem sie nicht das Ziel neuer Enteignungsphantasien bilden. Die Logik dahinter: Der Wohlfahrtsstaat hat sich – dank Jahrzehntelang betriebener Brot-und-Spiele-Politik – in eine finanziell ausweglose Lage manövriert und steht nun vor einem veritablen Problem: Eine weitere Neuverschuldung ist nur um den Preis eines drohenden Staatsbankrotts möglich, was selbst Hardcore-Keynesianer inzwischen zu begreifen beginnen. Neue oder höhere Massensteuern aber, die einzig wirklich ergiebige Art von Staatseinnahmen, verbieten sich aus Opportunitätserwägungen. Ausweg: „Die Reichen sollen zahlen!“
Bemerkenswert dabei ist, wie tief die Latte für den „Reichtum“ heutzutage liegt. Einige Genossen im südlichen Teil Österreichs sehen dafür eine Einkommensgrenze bei einem Jahressalär von 40.000 Euro brutto (!) erreicht, ab der der Fiskus künftig verstärkt zuschlagen soll. Andere Rote wieder nehmen nicht das Einkommen, sondern lieber das Vermögen ins Visier und sehen die Grenze zu unverschämtem Reichtum bei einem Betrag von 250.000 Euro überschritten (alle beweglichen und unbeweglichen Vermögensteile zusammengenommen!). Damit wäre ein guter Teil von Haus- und Wohnungseigentümern „fällig“.
Aus Sicht jener Partei, deren Wähler mehrheitlich über ein Vermögen verfügen, das allenfalls aus einem Mietvertrag für die Gemeindewohnung, einem Gewerkschaftsausweis und einer Jahreseintrittskarte für die kommunale Badeanstalt besteht, eine durchaus naheliegende Überlegung!
Aber nicht nur deklarierte Sozialisten wissen, wo Geld zu holen ist. Auch der „bürgerliche“ Vizekanzler, Michael Spindelegger ahnt, dass „…wer mehr hat, auch mehr geben muss“ – als ob das nicht schon lang der Fall wäre! Besserverdiener – also zuverlässige Stammwähler seiner Partei! – liefern in der Alpenrepublik bereits jetzt rund zwei Drittel ihres Einkommens an den Fiskus ab. Das reicht dem wackeren Mann aber noch immer nicht. Es sei daran erinnert, dass die ÖVP – lang, lang ist´s her – als „Wirtschaftspartei“ und politische Vertretung der „besseren Leute“ galt!
In Frankreich schnalzt der frischgebackene Staatschef den Einkommenssteuertarif auf sagenhafte 75 Prozent und in Deutschland kommt die Kanzlerin zu der dem „Handelsblatt“ anvertrauten Erkenntnis „Ein paar Reiche müssen bleiben“ – was umgehend einige Fragen aufwirft: Der Rest der „Reichen“ darf, soll oder muss also gehen? Und die, die bleiben „müssen“ – wie gedenkt man die zu motivieren, hierzubleiben? Mittels Ausreiseverboten?
Doch ganz grundsätzlich gefragt: Wozu braucht man überhaupt „Reiche“, wo doch Solidarität und sozialer Zusammenhalt in egalitären Gesellschaften um so viel besser ausgebildet sind als in solchen, die von marktwirtschaftlich organisierter Ungleichheit gekennzeichnet sind, wie uns ganze Horden linker Sozialwissenschaftler unentwegt weiszumachen bemüht sind? Enteignet die Reichen – und der Schmerz des Neides der Minderbemittelten wird schlagartig nachlassen – ein willkommener „Kollateralnutzen“ der Budgetsanierung!
Eine Frage bleibt bei all diesen Überlegungen bedauerlicherweise ausgeblendet: Die nach der Rechtmäßigkeit politischen Handelns nämlich. Woher nimmt die politische Klasse das Recht, völlig willkürlich Betragsgrenzen festzulegen, ab der bestimmte Menschen zu Vogelfreien erklärt werden? Wie kommt sie dazu, wirtschaftlichen Erfolg systematisch in die Sphäre des Halbseidenen – ja Kriminellen – zu rücken und damit breite Akzeptanz für gewaltsame Übergriffe zu schaffen? Ist es denn tatsächlich eine Tugend, ein Habenichts zu sein und/oder wenig zu verdienen? Und ist es deshalb völlig in Ordnung, Fleiß, Tüchtigkeit und Erfolg zu bestrafen?
Weshalb etwa sollen ausgerechnet Mittelständler oder leitende Angestellte, die von der frivolen Finanzpolitik des Staates weder profitiert, noch für diese verantwortlich gezeichnet haben, die Zeche dafür bezahlen? Welche Art von Rechtsauffassung ist es, die zur mittlerweile von allen politischen Parteien (es gibt ja faktisch nur noch sozialistische oder sozialdemokratische) kollektiv begrüßten Absicht führt, den „Reichen“ möglichst nachhaltig zu schaden?
Antwort: Keiner schert sich darum. Welcher Politiker denkt heute noch über den Tellerrand hinaus und leistet sich den Luxus einer fundierten Rechtsauffassung? Keiner – zumindest kein Maßgeblicher! Kalter Pragmatismus und zynisches Kalkül mit dem Neid der vermeintlich unterprivilegierten Massen sind es, welche die Politik zu immer schlimmeren Verstößen gegen fundamentale Rechtsprinzipien – z. B. zur systematischen Zerstörung des Privatrechts und im Speziellen des Eigentumsrechts – treibt.
Schon Augustinus von Hippo sprach – vor 1600 Jahren – hellsichtig vom „Staat als Räuberbande“. Mit dem mehrheitlich beklatschten Ankauf von Diebesgut (Stichwort „Steuer-CD“) betätigt sich der Staat neuerdings bereits völlig offen und ungeniert als Verbrecher und verifiziert damit die Einschätzung des Kirchenvaters. Dass der deutsche Finanzminister zudem noch freimütig bekennt, „manchmal bescheißen“ zu müssen, rundet das ekelerregende Bild harmonisch ab.
Fazit: Die für den erschreckenden Zustand der Staatsfinanzen verantwortlichen Politbüros erklären andere für die von ihnen begangenen Verfehlungen für schadenersatzpflichtig – und zwar ausgerechnet den für jedes Gemeinwesen besonders wichtigen Teil der Bürgerschaft. Wer den Mittelstand (das sind in Wahrheit jene „Reichen“, auf die es die vereinigte Neidgenossenschaft abgesehen hat – nicht jene Handvoll, deren Vermögen auch bei Totalenteignung nicht reichen würde, um die Staatskassen zu sanieren!) bekämpft, der legt die Axt an die Wurzeln des Wohlstands der Massen.
Produktive Arbeitsplätze – die Voraussetzung für breiten Wohlstand – werden schließlich weder vom Staat noch von den Gewerkschaften geschaffen. Dafür braucht es allemal privates Kapital und unternehmerische Persönlichkeiten. Wer beides bekämpft oder vertreibt, wird zuletzt mit leeren Händen dastehen – am Ende ironischerweise auch zum Schaden der geheiligten Demokratie!
Doch nicht die an den Konsequenzen orientierten, „funktionalistischen“ Argumente zugunsten von Freiheit und Eigentum wiegen am schwersten. Schlag nach bei F. A. Hayek: Politische Willkür – auch wenn sie von der Wählermehrheit gutgeheißen wird – ist Gift für jede Gesellschaft! Das Recht hat daher allemal Vorrang vor kalten Nützlichkeitserwägungen und grundsatzfreiem Pragmatismus!
Wie auch immer: „Eat-the–rich“-Kampagnen werden die Krise nicht beenden können – im Gegenteil!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die Umfragen für die Tiroler ÖVP sind verheerend. Jeder weitere Auftritt des schwarzen Parteiobmanns macht sicher, dass dementsprechend auch das nächste Wahlergebnis verheerend sein wird. Zu Recht.
Die Dummheit, die Günther Platter absondert, war schon in seinen Wiener Ministerjahren schmerzhaft. Damals ist er aber noch von seinem Bundesparteichef unter Kontrolle gehalten worden. Dieses Korrektiv ist aber mit der Heimkehr des biederen Ehrgeizlings nach Tirol weggefallen, wo er noch immer glaubt, das Zeug zu einer Nummer Eins zu haben.
Platter hat es in Tirol jedenfalls binnen kurzem verstanden, fast den ganzen Bauernbund gegen sich aufzubringen. Dann hat er die Hälfte der bürgerlichen Wähler in Innsbruck provoziert, weil er die dort schon traditionelle Aufspaltung der ÖVP-nahen Listen (Motto: getrennt marschieren, vereint schlagen) wie ein Elefant im Porzellanladen in eine hasserfüllte Konfrontation verwandelt hat. Dazu kommen seine hölzernen öffentlichen Auftritte, die des öfteren peinlich werden: Einmal erklärt er die Annahme zahlreicher – mit dem heftigen Hauch der Korruption versehenen und jedenfalls geldwerten – Jagdeinladungen keck zu seiner Privatsache. Dann sucht er die österreichische Fußball-Nationalmannschaft heim und spricht dort einen Spieler seltsamerweise auf Englisch an (nur weil der eine dunkle Hautfarbe hat).
Und jetzt bläst er zum Halali aufs Gymnasium. Offenbar hat er strategisch erkannt: Wenn man die Bauern und halb Innsbruck von der ÖVP weggetrieben hat, muss man folgerichtig jetzt auch noch den Eltern, Schülern und Lehrern den Kampf ansagen. Schwarze Strategie gewissermaßen, wie wenn Platter in Kärnten zur Schule gegangen wäre.
Apropos Schule: Man muss kein Gymnasium absolviert haben, wenn man Landgendarm und Landeshauptmann werden will. Daher hat Platter auch Null Ahnung von der zumindest in etlichen Fällen noch relativ anspruchs- und verdienstvollen Schul-Langform. Daher begründet er seinen wählervertreibenden Anti-Gymnasiumsausbruch mit den guten Erfolgen der Tiroler Hauptschulen, die auch er besucht hat.
Damit, dass die gut sind, hat Platter ja völlig recht. Nur ist er halt ein wenig zu schlicht, um zu begreifen, dass sich die guten alten Hauptschulen und die von Rot, Grün und Orange (sowie einigen schwarzen Wasserträgern) forcierten Gesamtschulen zueinander verhalten wie die Tiroler Berge zur ungarischen Tiefebene: In den nun abgeschafften Hauptschulen wurden die Schüler ganz nach Leistung streng in drei Klassenzüge getrennt, wo auch noch der zweite Klassenzug sehr oft ganz ordentliche Ergebnisse gebracht hat. Und wo es völlig folgerichtig war, dass viele Hauptschüler später zu Matura- und akademischen Zeugnissen gekommen sind.
Was der Altgendarm aber nicht weiß, ist, dass in den von ihm nun unterstützten Gesamtschulen die Blödesten und Faulsten mit den Eifrigsten und Talentiersten acht Jahre in der gleichen Klasse sitzen müssen. Dass in diesen Gesamtschulklassen im Zeichen des den meisten unverständlichen Mode-Fremdworts „Inklusion“ auch noch die geistig Behinderten mitbetreut werden müssen. (Warum? Weil es die linke Gleichheitsideologie halt so will). Dass alle Studien zeigen, dass wir die größten Probleme mit den einzigen schon lange existierenden Gesamtschulen haben, den Volksschulen. Denn diese hätten eigentlich schon allen Jugendlichen die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln müssen. Daran sind sie aber vor allem in den Städten mit hohen Migrantenanteilen total gescheitert.
Ich kann mich jedenfalls auf den Tiroler Wahlabend wirklich freuen, an dem mit hoher Wahrscheinlichkeit die Rechnung für so viel akkumulierte Dummheit aufgeht.
PS.: Dass es brillante Alternativen zu Platter gibt, etwa den aus dem gleichen Bundesland kommenden Wissenschaftsminister Töchterle, ist wohl nur noch einen rein theoretischen Hinweis wert. Oder glaubt jemand im Ernst, dass die ÖVP noch die Kraft zu einem solchen strategischen Rettungsakt im letzten möglichen Zeitpunkt hätte? Auch in Kärnten war die Bundesparteiführung ja erst imstande, den politischen Konkurs abzuwickeln, als schon der Richter das Ausmaß der Strafe zu erörtern begonnen hatte. Wer zu spät kommt, den bestraft der Wähler.
PPS.: Um als Wiener Wien nicht auszulassen: Natürlich gehört - zeitlich freilich schon etwas früher - auch die Aufstellung einer Christine Marek als Wiener Spitzenkandidatin in die Serie des Schwarzen Freitodes. In Tirol trifft dieser die Volkspartei offenbar besonders gerne. Dort ist ja auch das bizarr-amouröse Ende des letzten Parteiobmannes gekommen.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Kärnten ist gründlich anders. Im Land, in dem die Korruption zur Alltagskultur gehört, wollen die Freiheitlichen weitermachen wie bisher. Bereits zum wiederholten Mal verhindern die Abgeordneten der FPK durch einen Geschäftsordnungstrick rasche Neuwahlen. Das ist skandalös, ebenso wie die fast unüberschaubaren Korruptionsfälle, die das Bundesland erschüttern. Die Blockade eines Neubeginns durch permanente Nichtanwesenheit im Landtag widerspricht allen Standards und ist ein Verstoß gegen demokratische Grundregeln. Die überwiegende Mehrheit der Kärntner hat die Nase voll und ist für rasche Neuwahlen. Alles andere wäre überaus verwunderlich. Das System des einstigen Strahlemanns Jörg Haider und seiner politischen Nachlassverwalter hat gründlich abgewirtschaftet. Selbst früheren Bewunderern Haiders ist dies nicht verborgen geblieben. Dennoch halten Landeshauptmann Gerhard Dörfler und Co. verbissen an ihren Ämtern fest. Selbstverständlich mit dem Segen der Mutterpartei und ihres Chefs H.C. Strache, der, wenn es um andere geht, so wortgewaltig den Saubermann spielt. Im Fall Kärnten aber besitzt er die Frechheit, Neuwahlen an Bedingungen zu knüpfen. Was aber soll noch passieren, damit der Weg von den anrüchigen Sesselklebern frei gemacht wird? Sind illegale Parteienfinanzierung, millionenschwere Bereicherung, Amtsmissbrauch, Bestechung, Misswirtschaft, Verschleuderung von Steuergeldern, Betrug, Täuschung und Günstlingswirtschaft nicht Gründe genug, um wählen zu lassen? Was sollen die Ausreden von Dörfler, der "aufklären und reinigen" will und von Vorverurteilungen daherfaselt. Das ist lächerlich und eine Verhöhnung der Kärntner Bevölkerung. Es liegen Geständnisse und Beweise genug für das Korruptionssystem nach Haider’schem Muster vor, und die Leute sind in der Lage, diese zu beurteilen. Rasche Neuwahlen in Kärnten sind der einzige Weg, um das Schlamassel zu beenden.
Andreas Unterberger
Wenn vorzeitige Neuwahlen jemals ein Problem gelöst haben, außer dem der Ohnmacht nicht regierender Parteien, dann: Her damit. Wenn Neuwahlen die Antwort auf Korruption sind, dann: Her damit. Aber dann bitte, bitte nicht nur für Kärnten.
Denn auch gegen Mitglieder der Bundesregierung laufen strafrechtliche Verfahren wegen Vorwürfen, die mindestens genauso gravierend sind wie die Korruption in Kärnten: gegen die Ministerin Schmied wegen ihrer einstigen Rolle beim Milliardencrash der Kommunalkredit; und vor allem gegen die Herren Faymann und Ostermayer wegen ihres Griffs in die Kassen von ÖBB und Asfinag zur Förderung der eigenen parteipolitischen Karriere: Seit die Vorwürfe gegen die beiden durch konkrete Beweise und nun auch den Rechnungshof messerscharf belegt sind, ist es absolut unfassbar, dass sie noch nicht zurückgetreten sind wie zumindest ein Teil der Kärntner Diebe.
Viel wichtiger als Neuwahlen, die ja nur eine Partei durch eine andere ersetzen (oder durch einen reichen Steuerflüchtling), wären jedenfalls fundamentale Reformen, die viele Fehlentwicklungen eindämmen würden: Dabei muss es vor allem um die direkte Demokratie gehen, bei der endlich die Bürger Entscheidungsmacht über ihre eigenen Angelegenheiten in die Hände bekämen. Dabei muss es um einen radikalen Stopp für die sozialdemokratischen Pläne einer europäischen Schuldenunion gehen. Dabei muss es darum gehen, dass politische Amtsträger automatisch strafbar wären, wenn sie in weisungsfrei gestellte Kapitalgesellschaften im öffentlichen Eigentum eingreifen. Dabei muss es darum gehen, dass Anzeigenvergaben nicht mehr willkürlich (de facto zur Bestechung bestimmter Medien), sondern nur noch nach den strengen Regeln des Vergaberechts erfolgen dürfen.
Es gäbe unendlich viel zu tun. Neuwahlen in Kärnten sind leider kein Beitrag, der davon irgendetwas erledigen würde.
Schon die Stück für Stück aus dem Strafakt Faymann-Ostermayer heraussickernden Details sind verheerend genug. Dem setzt jetzt ein ganz neuer Rechnungshofbericht über die ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit die unrühmliche Krone auf. Der Vorwurf des Rechnungshofs im Kern: Es ist nicht „nachvollziehbar“, weshalb die ÖBB zur Gänze die Kosten einer „Imagekampagne“ des Verkehrsministers Faymann getragen haben. Ins Strafrecht übersetzt bedeutet das den massiven Vorwurf der Untreue durch das damalige ÖBB-Management – und die Anstifter der Untat, also Verkehrsminister Faymann und seinen Adlatus Ostermayer.
Im Detail: Bei der Öffentlichkeitsarbeit der ÖBB geht es alljährlich um gewaltige Beträge. Es sind mehr als 30 Millionen Euro, zu denen noch 7,6 Millionen Personalkosten kommen. Hauptprinzip dabei: totale Intransparenz. Im Rechnungshof-Wortlaut: „Ein Überblick war dadurch erschwert, dass die ÖBB-Unternehmensgruppe die Höhe ihrer Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit i.d.R. nicht hinsichtlich Art der Leistung, Medium und Zugehörigkeit zu einer Kampagne differenzieren konnte.“ Auch die neuen Strategiepapiere der ÖBB würden den hohen Aufwand für Öffentlichkeitsarbeit nicht einem angestrebten quantifizierten und monetarisierten Nutzen gegenüberstellen.
Besonders wichtig ist der Hinweis der Prüfer auf den – der Staatsanwaaltschaft bisher nicht wirklich aufgefallenen – „hohen Anteil an öffentlichen Mitteln in den Erträgen der ÖBB-Unternehmensgruppe“ . Dadurch „war letztlich auch die Öffentlichkeitsarbeit dieser Unternehmen aus öffentlichen Mitteln mitfinanziert. Damit ergaben sich besondere Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Transparenz des Mitteleinsatzes für Öffentlichkeitsarbeit.“ Mit anderen Worten: Bei den ÖBB hat die Mittelverwendung viel strengeren rechtlichen Regeln als bei einer x-beliebigen Kapitalgesellschaft zu unterliegen.
Die regelmäßigen Schwüre der ÖBB, alles sei inzwischen besser geworden, werden durch einen weiteren Hammer des Rechnungshofs in Hinblick auf die unmittelbare Gegenwart widerlegt: „Die zur Zeit der Gebarungsüberprüfung vorgesehene Erhöhung der Mittel für Öffentlichkeitsarbeit für das Jahr 2011 stand im Widerspruch zu den Konsolidierungsnotwendigkeiten der öffentlichen Haushalte“. Auch ein weiterer Umstand hat sich wider alle Ankündigungen nach dem Abgang des Duos infernal Faymann-Ostermayer aus dem Verkehrsministerium nicht gebessert: Ein erheblicher Teil der Schaltungen floss auch 2010 an nur drei Zeitungen. Welche das sind, kann der SPÖ-freundlichen Kommentarlinie der Blätter unschwer entnommen werden.
Aber der Hauptvorwurf konzentriert sich auf die letzten beiden Faymann-Jahre 2007 und 2008: Damals finanzierten die ÖBB „Advertorial-Schaltungen, die explizit die Arbeit des BMVIT und des Bundesministers/der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie in den Mittelpunkt rückten. Die Schaltungen erweckten teilweise den Eindruck einer Imagekampagne des BMVIT und des Bundesministers/der Bundesministerin.“ (Anmerkung: Im Dezember 2008 rückte dann Doris Bures ins Verkehrsministerium ein). Und wörtlich der gravierendste Vorwurf: „Es war nicht nachvollziehbar, warum die ÖBB-Holding AG die Kosten dieser Schaltungen zur Gänze übernommen hatte.“
Ergänzt wird diese Untreue durch die offensichtlich bewusst hergestellte Intransparenz: „Die Zusammenarbeit zwischen BMVIT und ÖBB-Unternehmensgruppe im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit war i.d.R. aktenmäßig nicht dokumentiert und damit im Rahmen der Gebarungsüberprüfung kaum nachvollziehbar.“ Und natürlich hat es auch nicht die bei Werbekampagnen eigentlich übliche Evaluierung dieser Advertorial-Schaltungen gegeben.
All diese Fakten waren zwar im wesentlichen jedem bekannt, der es wissen wollte. Auch dieses Tagebuch hat den größten Skandal, der je einen österreichischen Bundeskanzler belastet hat (neben dem ÖBB-Management, aber dort ist man solches ja gewohnt), immer wieder aufgegriffen. Aber es hat natürlich ganz anderes Gewicht, wenn man solche vernichtenden Sätze wie die zitierten Schwarz auf Weiß vom Rechnungshof vorgelegt bekommt.
Der spätere Nobelpreisträger Friedrich August v. Hayek erlangte mit seinem populären, 1944 erschienenen, Bestseller „Der Weg zur Knechtschaft“ Weltruhm. Seine 1960 publizierte „Verfassung der Freiheit“, weist ein in jeder Hinsicht anderes Format auf. Darin fasst der große Universalgelehrte seine Gedanken zu Fragen des Wesens und des Erhalts der individuellen Freiheit zusammen, deren Bewahrung er als entscheidendes Element einer freiheitlich verfassten Zivilisation betrachtet.
50 Jahre nach Erscheinen des Werkes ist es erstaunlich, wie hochaktuell es anmutet. Einige Passagen, wie etwa das Kapitel „Der Währungspolitische Rahmen“, sollten – nicht nur angesichts der Finanzkrise – eine Pflichtlektüre der politischen Klasse, von Bankern und Führungskräften der Wirtschaft darstellen.
Das besprochene Buch enthält eine Sammlung von Aufsätzen, die sich von unterschiedlichen Positionen aus mit den von Hayek behandelten Gedanken auseinandersetzen. Als Autoren fungieren Journalisten (zwei davon aus Österreich – der Betreiber dieser Plattform, Andreas Unterberger, und der Leiter des Wirtschaftsressorts der Wiener Tageszeitung „Die Presse“, Franz Schellhorn), aber auch Wirtschaftswissenschaftler und Protagonisten der liberalen Idee.
Wer Hayeks über 500 Seiten starkes Opus Magnum nicht gelesen hat, wird hier mit dessen zentralen Inhalten bekanntgemacht – so etwa mit der „negativen“ Definition von Freiheit als „Abwesenheit von Zwang“. Oder seiner vehementen Kritik an der „Anmaßung von Wissen“ durch die Machthaber, die immer wieder dem Größenwahn verfallen, der Gesellschaft jene Idealvorstellungen oktroyieren zu wollen, die sie am Reißbrett konstruiert haben – und damit regelmäßig scheitern. Wissen entsteht und entwickelt sich, nach Hayek, durch den Wettstreit der Ideen in den Köpfen aller Bürger – nicht nur in denen einer kleinen (selbsternannten) Elite.
Der vielfach übersehene Gegensatz von Demokratie und Liberalismus wird von Hayek durch die Benennung der jeweiligen Gegenteile beider Ordnungsprinzipien klargemacht: „Das Gegenteil der Demokratie ist eine autoritäre Regierung; das Gegenteil eines liberalen Systems ist ein totalitäres System.“ (…) Eine Demokratie kann totalitäre Gewalt ausüben, und es ist vorstellbar, daß eine autoritäre Regierung nach liberalen Prinzipien handelt.“ Diese Erkenntnis sollten sich alle jene hinter den Spiegel stecken, die eine Demokratie unkritisch in den Rang eines Heiligtums erheben. Demokratie bleibt stets ein Mittel, wird aber niemals selbst zum Ziel.
Auch dass Freiheit und (materielle) Ungleichheit wie siamesische Zwillinge zusammengehören, mag für manchen eine unangenehme Botschaft sein: „Freiheit erzeugt notwendig Ungleichheit und Gleichheit (materielle Gleichheit) notwendig Unfreiheit.“ Größte Vorsicht ist also gegenüber jenen Gesellschaftsklempnern geboten, die „Gerechtigkeit“ ausschließlich durch materielle Gleichheit verwirklicht sehen wollen – nicht aber durch Gleichheit vor dem Gesetz – die „Rule of Law“.
Wer materielle Gleichheit zu verwirklichen trachtet, dem steht als Mittel am Ende nichts weiter als Freiheitsberaubung zur Verfügung. Hayeks lebenslängliche Opposition zum „Sozialen“ wurzelt in dieser Erkenntnis. Dass er damit zum Feindbild von linken Gleichmachern und den Gewerkschaften wurde, macht seine Theorie für den überzeugten Liberalen nur umso attraktiver…
Hayeks Präferenz für die unter der Bezeichnung „Flat Tax“ besser bekannte Proportionalsteuer erklärt sich ebenfalls aus seinem Eintreten für die „Gleichheit vor dem Gesetz“. Jeder einkommensabhängig progressive Steuertarif ist notwendigerweise ein Produkt politischer Willkür – in der demokratischen Praxis schlichtweg die Konsequenz des Neides vermeintlich unterprivilegierter Mehrheiten.
Hayek, vielfach als „Konservativer“ eingeschätzt, begegnet diesem Missverständnis mit einer fulminanten Kritik am Konservativismus. Da es ihm an eigenen Zielvorstellungen mangle, würde er sich permanent von seinen (sozialistischen) Herausforderern vor sich hertreiben und in faule Kompromisse drängen lassen. Die ausschließliche Bewahrung des Überkommenen könne kein Programm sein. Lediglich Entwicklungen bremsen zu wollen, sei eine zu armselige Strategie, um für wache Geister attraktiv zu erscheinen. Seine langfristige Marginalisierung oder die völlige Verwässerung seiner Ideale sei die logische Konsequenz. Den Liberalismus sieht Hayek nicht auf einem linearen Schema in der Mitte zwischen Konservativismus und Sozialismus, sondern als einen der Eckpunkte eines (ungleichseitigen) Dreiecks.
Der in Philip Plickerts Beitrag thematisierte Unterschied zwischen der französischen und der englischen Version der Aufklärung ist für das Verständnis der Politik der EU im Zuge der aktuellen Krisenbewältigungsmaßnahmen sehr erhellend. Der „spekulative und rationalistische“, französische Ansatz hat offensichtlich vollständig über den englischen, „empirisch-unsystematischen“, triumphiert.
Die unterschiedliche Gartenarchitektur in Frankreich und England des 17. und 18. Jahrhunderts, spiegle die Differenzen in den beiden Denkansätzen wider: Am Reißbrett entworfene Künstlichkeit auf der einen und zurückhaltend geformte, am Ende aber sich selbst überlassene Natürlichkeit auf der anderen Seite. Der aus den Naturwissenschaften auf den Bereich der sozialen Interaktionen und des Wirtschaftens übertragene „französische“ Ansatz wurde von Hayek, der sich selbst in der Tradition der britischen „Old Whigs“ („Betonung auf old!“) sieht, stets heftig als „Anmaßung von Wissen“ kritisiert.
Ein „mechanistisches“, „szientistisches“ Weltbild führt zu konstruktivistischen, zentralistischen – ja größenwahnsinnigen – Utopien, die gegenwärtig auf das Narrenprojekt „Vereinigte Staaten von Europa“ hinauslaufen. Dass dies eine Entwicklung darstellt, die Hayek (wie auch große Ordoliberale wie Röpke oder Erhard) vehement abgelehnt haben würde, liegt auf der Hand.
Die Lektüre der „Verfassung der Freiheit“ kann durch das besprochene Buch nicht ersetzt werden. Immerhin aber bietet es eine hochinteressante, zeitgenössische Auseinandersetzung mit den Ideen eines der führenden Liberalen des 20. Jahrhunderts. Lesenswert!
Das Ringen um die Freiheit
Gerhard Schwarz, Michael Wohlgemuth, Hg.
Verlag Neue Zürcher Zeitung, 2011
222 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-03823-712-9
€ 42,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
„Geld und Besitz ist den Österreichern nicht so wichtig.“ So lautete dieser Tage die Schlagzeile der renommierten Salzburger Nachrichten unter Zitierung einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. Diese Aussage steht freilich im Gegensatz zur realen Welt: zum Gedränge in den Einkaufszentren, zum Gewerkschaftsgefeilsche um Lohnerhöhungen oder zu jener Frage, die mir nach Vorträgen ständig gestellt wird (egal was das Thema war): „Was soll ich mit meinem Geld in Zeiten wie diesen nur tun?“ Alles zeigt die Bedeutung von Geld und Besitz.
Auch sonst spiegeln Umfragen oft ein realitätsfremdes Bild. So sprechen sich große Mehrheiten immer für Bio-Produkte und gegen Kinderarbeit in der Dritten Welt aus. Sobald die Befragten aber einkaufen gehen, handeln sie meist nicht mehr gutmenschlich-modisch, sondern rational-vorteilsorientiert.
Ganz ähnlich verhalten sich Grünpolitiker, die lautstark Tempo 30 für ganz Wien fordern, die aber dann mit Geschwindigkeiten jenseits von Gut und Böse unterwegs sind. In die gleiche Kategorie zählen Finanzminister, die von den Steuerzahlern Ehrlichkeit verlangen, die dann selbst wie ein billiger Balkan-Schmuggler im Plastiksackerl große Geldmengen über die Grenze schleusen. Dazu zählen Priester, die es mit der Enthaltsamkeit nicht so ernst meinen, Ehemänner, die fleißig „Überstunden“ machen, oder Verleger, die sich maßlos erregen, wenn ein Politiker mit einem Billigticket in der ersten Klasse fliegt, selber aber über ihre Auflagezahlen so lügen, dass die Druckerschwärze rot werden müsste.
Irgendwo sind wir wohl alle Heuchler. Besonders gefährlich wird das Heucheln aber, wenn Umfragen auch zu der Forderung führen: Wir wollen kein Wirtschaftswachstum. Da wird das Heucheln brandgefährlich. Denn Verzicht auf Wachstum bedeutet wachsende Arbeitslosigkeit, wachsende Not. Natürlich kann man subjektiv ein Leben des Verzichts führen – wovon Menschen abgesehen von Klöstern freilich meist nur auf einem sehr hohen Wohlstandsniveau reden. Eine Gesellschaft als Ganzes darf daran aber sicher niemals denken. Denn nur Wachstum ermöglicht gesellschaftlichen Frieden ohne brutale Verteilungskämpfe. Diese brechen unweigerlich aus, wenn neue Generationen keinen anderen Weg zum Wohlstand finden, weil die Alten schon alles besitzen. Noch weniger kann Wachstumsverzicht ein Rezept für Europas Schuldenstaaten sein. Denn nur Wachstum schafft zumindest eine kleine Chance, dass die gewaltigen, in den letzten Jahrzehnten aufgebauten Schulden nicht zu einer Katastrophe führen.
„Aber die Umwelt!“, werfen da manche ein. Und liegen total falsch. Denn gerade das Wirtschaftswachstum und die ebenfalls gerne verteufelte Technik haben ermöglicht, dass etwa in Österreich die Seen wieder sauber sind, dass es kaum noch stinkende oder vergiftete Industrieregionen gibt, dass auch in den Städten die Luft viel besser als in den 70er Jahren ist. Nichts davon wäre bei Stagnation erreichbar gewesen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Waldner nach Kärnten, Lopatka ins Außenamt: Was das alles bedeutet.
Wenn der bisherige Außenamts-Staatssekretär Wolfgang Waldner als schwarzer Spitzenmann nach Kärnten übersiedelt, dann ist das ein klares Signal: Parteichef Spindelegger hat erkannt, dass auch die seit einigen Wochen in Klagenfurt werkende Interimsführung keine Chance hat. Er traut überhaupt niemandem, der in Kärnten bisher irgendeine Funktion ausgeübt hat. Er schickt aber mit Waldner zugleich ein klares personelles Signal, dass es zumindest in Kärnten kein weiteres Blau-Schwarz geben wird. Ob ihm das insgesamt strategisch nutzen wird, ist freilich mehr als fraglich. Ebenso ob sich der Mann aus den noblen Welten der Diplomatie und Kultur in der Kärntner Bodenständigkeit bemerkbar machen kann. Reinhold Lopatka als Staatssekretär wiederum ist ein klares Zeichen einer innerparteilichen Frontbegradigung: Parteichef Spindelegger hatte nämlich anfangs den Paladin seiner drei Vorgänger für illoyal gehalten und kaltgestellt – auch als Teil des alten steirisch-niederösterreichischen Antagonismus. Aber längst ist das personelle Reservoir der Schwarzen viel zu klein, als dass man sich solches leisten könnte. Das hat etwa auch vor kurzem das Avancement von Michael Ikrath zum Justizsprecher gezeigt, der ja bei Klubobmann Kopf lange in Ungnade gefallen war.
Dieser Sommer hat europaweit den Fernsehern wunderbare Stunden bereitet. Zuerst war es die Fußball-Euro, dann Olympia. Beides brachte spannende Wettkämpfe, sympathische Sportler, große Leistungen, sensationell schöne Bilder und die Begegnung mit zum Teil noch nie gesehenen Sportarten. Wir bedanken uns. Wir sollten aber keinesfalls die vielen unangenehmen Fragen ignorieren, die jetzt auftauchen. Und die gleich mehrere sehr grundsätzliche Debatten erfordern.
Damit ist aber keineswegs das Bassena-Streit österreichischer Sportfunktionäre und eines Ministers gemeint, der sich nach seinem Scheitern als Heeresminister zum Sportminister zu profilieren versucht hat. Viel wichtiger sind nämlich die Fragen nach Doping, Schulden, Geschäftemacherei und vor allem die grundsätzliche nach der Rolle eines Staates im Sport in Zeiten der Krise.
Am Ende des Sportsommers wurden wir plötzlich mit der Nachricht konfrontiert, dass die spanischen Fußballklubs auf dem gigantischen Schuldenberg von fünf Milliarden Euro sitzen. Dabei haben die Spanier seit Jahren auf vielen Ebenen die erfolgreichsten Fußballer Europas und auch der Welt. Sie haben fast alles gewonnen, was zu gewinnen war, füllen die Stadien und haben Spitzenklubs, die sogar eigene Fernsehsender betreiben.
Wenn sogar dort der Fußball in einem Schuldenmeer versinkt, dann ist klar: Die Frage nach dem Geld wird zur dominierenden im ganzen Sport.
Auch in diesem Kontext müssen wir gleich wieder in die europäische Schuldenkrise eintauchen. Denn eine zentrale Ursache der Schuldenblase des iberischen Fußballs war und ist ganz eindeutig die von Regierungen, Banken und EZB zu verantwortende Politik des billigen Geldes. Während uns keynesianische Ökonomen immer wieder einreden, wie wichtig billiges Geld für Wirtschaftswachstum und Stabilität ist, zeigt die wirkliche Welt ein ganz anders Bild. Billiges Geld fließt selten dorthin, wo es sinnvoll wäre, wo es Zinsen brächte.
Das Fußball-Geld wurde nur für Glitter und Talmi ausgegeben, ohne dass es Hoffnung auf einen Rückfluss geben könnte. Die teuer erkauften Pokale in den spanischen Fußballvitrinen sind Blech, aber keine Investition in eine Zukunft. Ein Großteil des Geldes landete auf den Konten begabter Ballkünstler – und wurde dann meist rasch für Ferraris und ähnliche Männerspielzeuge ausgegeben.
Der europäischen Politik sei Dank, dass auch die Rechnung für die gigantischen Gagen des spanischen Fußballs demnächst auf unserer Steuervorschreibung landen wird. Dies ist umso unvermeidlicher, als sich während des Sommers nach den französischen auch die deutschen und österreichischen Sozialdemokraten entschlossen haben, für eine endgültige europäische Schuldenunion einzutreten. Sie übertreffen einander deshalb derzeit an kreativen Ideen, wie man die Steuern noch konfiskatorischer gestalten kann.
Besonders ärgerlich ist, dass die meisten spanischen Klubs schon jahrelang ihre Steuern nicht bezahlt haben. Dennoch wurde jahrelang nichts zu deren Eintreibung unternommen. Aber wahrscheinlich wäre jeder Politiker von Medien und Wählern hinweggefegt worden, der da mit größerer Härte einzuschreiten versucht hätte. Dem darf man übrigens einmal als positives Modell die österreichische Bundesliga gegenüberstellen. In dieser wird konsequent Klubs die Lizenz entzogen, die wirtschaftlich über ihre Verhältnisse gelebt haben (und die nicht so wie Rapid wenigstens den Wiener Steuer- und Gebührenzahler als unfreiwilligen Big spender aussaugen können).
Ein ebenso ungelöstes Krisenthema rund um den Sport ist das Doping. So lange ein Sportler, der verbotene Substanzen oder Medizin-Technologien einsetzt, nicht erwischt wird, wird er heroisiert. Die Sportjournalisten verdrängen das Thema als möglichen Hintergrund von Triumphen. Dabei sind praktisch alle Experten überzeugt, dass es in vielen Sportarten gar nicht anders als nur mit solchen Tricks möglich ist, Spitzenergebnisse zu erzielen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass viele Doping-Praktiken schon Monate vor den entscheidenden Wettkämpfen angewendet und daher kaum entdeckt werden.
Zugleich ist medizinisch aber auch völlig klar: So manche Sportarten sind noch viel ungesünder als zumindest ein Teil der Doping-Methoden. Menschliche Gelenke beispielsweise sind bestimmten Dauerbelastungen einfach nicht gewachsen, was sich zwar meist erst langfristig, aber dann umso sicherer zeigt. Eine gesunde Entwicklung ist es auch ganz gewiss nicht, wenn bei der einen Sportart nur unappetitliche Fleischberge reüssieren, bei der anderen hingegen alle Konkurrenten mit Haut überzogene Knochengerippe sind. Was davon sollen die ständig angesprochenen „Vorbilder für die Jugend“ sein? Jedenfalls müsste man mit der gleichen gesundheitlichen Logik wie das Doping auch bestimmte Sportarten oder zumindest deren exzessives Training verbieten.
Dennoch steht einzig das Doping im Visier. Dieses hat – unabhängig vom Risiko einer Selbstbeschädigung – natürlich auch Elemente des Betrugs an den Konkurrenten in sich. Oder ist alles ohnedies nur ein Wettbewerb, bei dem halt der siegt, der den besseren Arzt und Chemiker hat? Dann könnte man das Doping einfach auch als zusätzliche olympische Disziplin in Sachen Manipulationschemie sehen.
Eine Entwicklung zu einer Relativierung des Dopings zeichnet sich ja in der Tat ab: Noch nie waren so viele Sportler bei Olympia im Einsatz, die nach Verbüßen einer Doping-Sperre nun wieder problemlos antreten durften. Während sich international also eine gewisse Entspannung abzeichnet, hat der österreichische Sportminister interessanterweise eine dramatische Verschärfung der Doping-Strafen durchgesetzt. Darin sehen übrigens manche Sportexperten auch eine Ursache der schwachen österreichischen Ergebnisse.
Diese olympische Erfolgslosigkeit wird jedenfalls – jenseits aller Doping-Debatten – als nationale Katastrophe angesehen.
Warum eigentlich? Was schadet es Österreich oder seinen Bürgern, dass heuer keine olympische Medaille errungen worden ist? Wird deswegen ein Tourist weniger kommen? Wird sich deswegen sonstwo das Bruttonationalprodukt verschlechtern? Wird auch nur ein Österreicher deswegen Schaden erleiden?
All diese Fragen sind zweifellos negativ zu beantworten. Ungarn mit 17 Medaillen, Kasachstan mit 13 oder die Ukraine mit 20 haben um keine Deut weniger Probleme als davor. Und die sind etwas größer als jene Österreichs. Oder sollen uns gar Nordkoreas vier Goldmedaillen zum Vorbild werden? Auch Spanien hat Null ökonomischen oder sonstigen Nutzen aus seinen Fußball-Triumphen gezogen. Es sei denn, man möchte einige Tage nationalistischen Siegesrausches (und zurückgehender Arbeitsproduktivität) als Nutzen bezeichnen.
Beim Wintersport sieht es übrigens anders aus. Da kann man mit Fug annehmen, dass Ski-Erfolge gut für den Tourismus sind, und dass mehr heimische Ausrüstungsprodukte gekauft werden (soweit es solche überhaupt noch auf dem Markt gibt). Deswegen fördern auch Tourismus und Industrie kräftig den Wintersport.
Aber bei den meisten anderen Sportarten sollten uns eventuelle Erfolge zwar freuen – primär für die Wettkämpfer –, aber nicht mehr. Die Politik hingegen hat absolut nichts im Sport verloren. Warum spielen in so vielen Ländern Politiker dennoch eine Hauptrolle im Sport und seiner Finanzierung?
Aus klaren Motiven: weil sich Politiker gerne in der Sonne strahlender Sieger widerspiegeln wollen; weil Sport die emotionalisierende Funktion eines nationalistischen Ersatzkrieges hat; weil man mit Sporterfolgen nationale Größe vortäuschen kann, auch wenn ein Land noch so viele Probleme hat; weil sich die Politik beim Sport endlich einmal ganz im gleichen Lager wie ihre Wähler finden kann; weil Sport von den Machthabern als perfekte Ablenkung der Massen instrumentalisiert werden kann: Auch das Römische Reich hat ja diese Strategie mit „Panem et circenses“ perfekt beherrscht - aber ohne dass dadurch sein Ablaufdatum hinausgeschoben worden wäre. Wie sehr der Sport zum reinen Selbstzweck-Zirkus vermeintlicher nationaler Größe degeneriert ist, haben insbesondere die gigantomanischen, aber sinnfreien Eröffnungs- und Schluss-Spektakel bei Olympia gezeigt.
Selbst die EU in ihrer Imagekrise versucht übrigens, von dieser Fassaden-Funktion des Sports zu profitieren, obwohl sie gar keine Sportler zu olympischen Spielen entsendet hat. Um dennoch „erfolgreich“ zu sein, werden einfach die Medaillen aller Mitgliedsländer zusammenaddiert.
Das ist ein netter, aber untauglicher Versuch. Solche Additionen sind völlig unbrauchbare Mathematik. Europa ist ja nur deshalb so medaillenreich, weil in den meisten Disziplinen Wettkämpfer aus 27 EU-Nationen an den Start gehen. Da muss dann automatisch das Ergebnis besser sein, als gäbe es nur ein einziges EU-Team. Man stelle sich nur vor, wie der Medaillenspiegel aussähe, wenn jeder amerikanische Bundesstaat oder jede chinesische Provinz plötzlich mit drei Athleten antreten dürfte. Bei Olympia darf ja jedes Land pro Bewerb nur maximal drei Bewerber entsenden, selbst wenn es in dieser Disziplin die Hundert besten Sportler stellen würde.
Ehrliche Analyse macht jedenfalls klar: Nationale Selbstdarstellung als primärer Zweck von Sport hat keinerlei Berechtigung. Sport darf daher schon gar nicht durch zwangsweise eingetriebene Steuermittel oder umgeleitete Erträgnisse von Staatsbetrieben wie etwa den Lotterien finanziert werden. Dies sollte erst recht in Zeiten undenkbar sein, da ein Staat immer mehr Schulden anhäuft.
Mit Sport wird so viel Geld verdient (durch Werbeeinnahmen, durch den Sportartikelhandel, durch Fernseheinnahmen), dass er sich dadurch im übrigen auch leicht selbst finanzieren könnte. Wenn ohne die derzeitige Verschwendung von Steuermitteln weniger Geld in Fußballergagen und ähnliche Verschwendungskanäle flösse, wäre das wohl kein allzu großes Malheur.
Bleibt als letztes und oft bedientes Gegenargument: Aber der Spitzensport schafft Vorbilder für die Jugend, selbst aktiv zu werden. Na und? Ist es relevant und auf einmal förderungswürdig, dass es für den als eigentlich nicht förderungswürdig erkannten Spitzensport genug Nachwuchs gibt?
Wichtig ist in Zusammenhang mit Sport etwas ganz anderes: die Gesundheit und Ausgeglichenheit möglichst aller Kinder und Jugendlichen. Aber dazu braucht es keinen Spitzensport, sondern wirklich breiten Breitensport.
Wir brauchen die tägliche Turnstunde (Österreich hat jedoch vor einigen Jahren katastrophalerweise die Zahl der Turnstunden reduziert). Wir brauchen genug Sportplätze, wo Jugendliche, aber möglichst auch Erwachsene unentgeltlich oder zumindest erschwinglich unter ordentlichen Bedingungen Freizeitsport betreiben können. Wir brauchen für alle Kinder Sommerlager, wo sie täglich wandern oder sonstwie ihren Körper der Verfettung und Versulzung entziehen. Wir brauchen mehr Schwimmhallen, wo Schwimmen und nicht nur Herumspritzen angesagt ist. Wir brauchen endlich eine konsequente Schulbehörde, um auch islamische oder sonstige mittelalterlich erzogene Mädchen zu intensiver körperlicher Betätigung zu zwingen.
Es gäbe so viel zu tun. Tun wir es! Und überhören wir die belanglosen Funktionärs- und Politikerdebatten, ob nun künftig 200 oder 400 Spitzensportler in der Hoffnung auf olympische Medaillen gefördert werden sollen und welcher Verein, welcher Verband, welcher Beamter über solche Steuergeld-Vernichtung entscheiden soll.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Selten sind die Aussagen eines Umweltministers so falsch wie jene von Minister Berlakovich. Noch vor einem Jahr erklärte er, dass Österreich die Kyotoziele vielleicht doch noch erreichen könne, vor wenigen Monaten behauptete er dann urplötzlich, dass weitere 600 Millionen für den Ankauf von CO2-Zertifikaten bezahlt werden müssen. Jetzt liegen die Fakten auf dem Tisch, und die sehen ganz anders aus. Im neuesten Klimaschutzbericht des Umweltbundesamtse kann nachgelesen werden, dass zusätzlich zu den bereits gekauften 45 Millionen CO2-Zertifikaten weitere 30 Millionen in der Bilanz fehlen.
Und was die Strafzahlungen betrifft werden überhaupt keine zusätzlichen Mittel notwendig sein. Die Unkenrufe diverser Experten, wie Schleicher (Wifo) und Schwarzer (Wirtschaftskammer), waren völlig aus der Luft gegriffen. Österreich hat bereits vor Jahren 532 Millionen Euro für den Einkauf von Verschmutzungsrechten bereitgestellt, damals für 45 Millionen Tonnen. Nun kommen allerdings noch weitere 30 Millionen dazu; sechs Millionen wurden jüngst für GIS-Zertifikate („Green Investment Scheme“: Investitionen bspw. in erneuerbare Energien) zusätzlich erworben.
Der Durchschnittspreis pro Tonne liegt derzeit bei etwa acht Euro. Für den Zukauf der weiteren Verschmutzungsrechte wird man noch weniger bezahlen müssen. Der Markt für CDM und JI-Projekte („Clean Development Mechanism“ bzw. „Joint Implementation“: Anlagen in Entwicklungsländern, die Verschmutzungsrechte verkaufen dürfen) ist völlig zusammengebrochen: Neue Rechte kommen nicht mehr auf den Markt, für alte Rechte liegt der Preis bei drei Euro pro Tonne. Österreich wird die Lücke daher vorrangig mit GIS-Projekten auffüllen, die im Bereich von etwa sechs Euro liegen. Es ist daher davon auszugehen, dass für die gesamten einzukaufenden 75 Millionen Tonnen ein Durchschnittspreis von etwa sieben Euro zu bezahlen sein wird. Das heißt, die ursprünglich für 45 Millionen Tonnen budgetierten 532 Millionen Euro reichen nun für 75 Millionen Tonnen.
Die Verteilung des Programmportfolios stellt sich derzeit folgendermaßen dar: Der Anteil der Emissionsreduktionen aus CDM-Projekten beträgt 50 Prozent, jener aus Green Investment Schemes 22 Prozent, aus JI-Projekten 16 Prozent und Fonds bzw. Fazilitäten machen 12 Prozent der Gesamtmenge aus. Bisher wurden insgesamt 30,5 Mio. Tonnen Emissionsreduktionseinheiten auf das österreichische Registerkonto geliefert – das entspricht mehr als zwei Dritteln der geplanten 45 Mio. Emissionsreduktionseinheiten. Die Einheiten aus dem Jahr 2011 stammen aus 35 verschiedenen Projekten.
Die Treibhausgasemissionen sind in Österreich 2010 erstmals seit 2005 wieder gestiegen. Dies geht aus dem Klimaschutzbericht des Umweltbundesamtes hervor, der vor kurzem veröffentlicht worden ist. Für das Jahr 2011 prognostizieren die Experten aber wieder einen Rückgang.
2010 beträgt die österreichische Treibhausgasbilanz 84,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Damit lagen die Emissionen unter Einbeziehung der flexiblen Mechanismen und der Bilanz aus Neube- und Entwaldung mehr als sechs Millionen Tonnen über dem jährlichen Durchschnittswert des Kyotoziels.
Für die Erfüllung der Kyoto-Verpflichtungen ergeben sich aus den ersten drei Jahren der Kyoto-Zielperiode 18,1 Millionen Tonnen, die zusätzlich über flexible Instrumente abgegolten werden müssen. Für 2008 bis 2012 rechneten die Experten mit bis zu 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, die durch zusätzliche Zertifikate aus dem Ausland abgedeckt werden müssen.
Grundsätzlich sind all diese Geschäfte umstritten. Der vor einigen Jahren eingeführte Handel mit CO2-Emissionszertifikaten, der dazu dienen sollte, die Entwicklung CO2-armer Technologie voranzutreiben „hat sich genau pervertiert", meint etwa Verbundchef Anzengruber: „der CO2-Markt ist eigentlich nicht mehr funktionsfähig, der CO2-Markt ist zusammengebrochen". Das führe zu der skurrilen Situation, „dass wir zwar weniger CO2 emittieren wollen, aber gerade die Technologien, die die höchsten CO2-Emissionen haben – wie Braunkohle – heute die wirtschaftlichsten Technologien sind".
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Die soeben veröffentliche Studie der Schweizer Großbank UBS über die Einkommensentwicklung in Europa müsste nun auch den verschlafensten österreichischen Politiker wachrütteln. Was aber nicht gelingt. Das Schlafen und Schweigen ist in diesen Tagen besonders bei Nationalbank-Chef Ewald Nowotny tief und auffällig. Gerade er müsste nämlich derzeit täglich lautstarke Worte des Protestes oder zumindest Widerspruchs gegen die Pläne der EZB deponieren, neuerlich gigantische Summen zugunsten der Schuldenstaaten zu verschieben. Was er nicht tut. Dabei wagen nun auch schon katholische Gelehrte gegen den Schuldenwahnsinn die Stimme zu erheben.
Die Europäische Zentralbank will ihr Programm wieder aufnehmen, mit dem sie schon mehrfach um Hunderte Milliarden wacklige Anleihen der südeuropäischen Schuldenstaaten aufgekauft hat. Etlichen Berichten zufolge will sie den Wahnsinn beim nächsten Anlauf sogar noch intensivieren, obwohl dieser schon heftigst die Stabilität der Zentralbank unterminiert hat: Angeblich sollen jetzt Anleihen jener Länder nicht mehr nur vom „Markt“ gekauft werden, sondern gleich direkt bei den Staaten, die über die Ausgabe solcher Anleihen ihre Defizite finanzieren. Das wäre die endgültige Direktfinanzierung der Südstaaten aus der Notenpresse.
Das widerspricht allen rund um EZB und Euro vereinbarten Regeln. Das nimmt jeden Druck von diesen Ländern, ihre Haushalte ernsthaft zu sanieren. Wie wenig ernsthaft die Südvölker noch immer beim Sanieren sind, zeigte jetzt etwa die aufgeregte Belagerung einer griechischen Polizeistation, weil ein Geschäftsführer eines Restaurants wegen Steuerhinterziehung dort festgenommen worden ist.
Die bevorstehende finale Attacke der EZB auf den Euro wird von inflationsgeilen und offenbar auch kriegsspiellüsternen Ökonomen begeistert „Bazooka“ genannt, also nach einer raketenangetriebenen Panzerabwehr-Handwaffe. Diese Aktienaufkauf-Aktion wäre das endgültige Ende der Euro-Stabilität. Dennoch stellt sich in ganz Europa nur der Chef der deutschen Bundesbank dieser Attacke als letztes Bollwerk entgegen.
Der österreichische Nationalbankchef Ewald Nowotny schläft hingegen total. Hat er pflichtwidrig schon jeden Versuch, sich noch für Geld-Stabilität einzusetzen, aufgegeben? Schläft er gar auf Befehl der Partei? Auffällig ist jedenfalls, dass sich Werner Faymann und die SPÖ seit einigen Wochen ungeniert zu lautstarken Exponenten der Idee einer Schuldenunion gewandelt haben. Das könnte auch zu einer Weisung an Nowotny geführt haben, der ja um seine Wiederwahl bangt.
Aber auch die ÖVP und insbesondere die Finanzministerin sind erstaunlich still, statt den notwendigen Druck auf Nowotny aufzubauen. Denn Räsonieren, wie in fünf Jahren der EU-Vertrag ausschauen könnte, ist nett, aber ein wenig zu wenig, wenn schon in den nächsten Wochen der Euro und die EU mit der großen Bazooka ruiniert werden. Hier und heute muss für unser Geld gekämpft werden. Und für ein sinnvolles wie funktionierendes Europa.
Dass das absolut notwendig ist, zeigt – unbeabsichtigt – eine soeben veröffentlichte Studie der Schweizer Großbank UBS. Die Ergebnisse müssten eigentlich auch die letzten Zweifler überzeugen. Denn die UBS hat ausgerechnet, dass alle Deutschen und Österreicher in den letzten zehn Jahren ein Minus ihres Lebensstandards hinnehmen mussten – von den Ärmsten bis zu den Reichsten. Dass die Ärmsten ganz besonders hart von der Inflation getroffen werden. Dass aber auch die obersten zehn Prozent keineswegs ungeschoren davongekommen sind.
Diese Daten müssten eigentlich auch die linken Armutsrhetoriker zur Vernunft bringen, die glauben, es gäbe in diesem Land irgendwo viele Profiteure der Krise. Und selbst wenn sie das trotz aller Fakten noch immer meinen sollten, zeigen doch auch ihnen die UBS-Daten, wer das Hauptopfer ist, wenn man das Schuldenproblem über noch mehr Inflation wegschmelzen möchte: Das sind die Allerärmsten.
Auf der anderen Seite gibt es (neben dem Sonderfall Finnland) nur drei Länder, wo alle Bürger, wo Reich wie Arm in den Jahren bis 2010 enorm profitiert haben: Das sind ausgerechnet, aber keineswegs zufällig Griechenland, Portugal, Spanien. Wo haben wir nur die Namen dieser Länder zuletzt so oft gehört?
Gewiss: Diese Länder hatten davor deutlich niedrigere Einkommen als die Durchschnittsdeutschen und -österreicher. Daher könnte man diese Einkommensentwicklung in sozialistischem Gleichheitswahn auch als positives Verschwinden allzu großer Differenzen loben, wie es die UBS in der Tat versucht. Das darf man aber ehrlicherweise nur dann tun, wenn dieser steile Einkommenszuwachs durch mehr Arbeit und Produktivität errungen worden ist. Jedoch haben sich insbesondere diese Länder quer durch alle Schichten dank der lange niedrigen Zinsen ein wunderschönes Jahrzehnt gegönnt. Was ihnen auch zu gönnen wäre, würden sie nicht jetzt frech von Deutschland & Co die Bezahlung ihrer (privaten wie staatlichen) Schulden verlangen.
Diese Ideen einer noch weitergehenden Schuldenunion erscheinen angesichts dieser Studie über den Einkommensrückgang im deutschsprachigen Raum nun in einem noch provozierenderen Licht. Da geht einem wirklich das Geimpfte auf. Vor allem, wenn entscheidungsbefugte Österreicher wie der Herr Nowotny dabei auch jetzt noch zum Mittäter und Mitläufer werden.
Diese Studie ist übrigens umso glaubwürdiger, als die UBS selber ob der Ergebnisse schockiert ist. Sie formuliert als Analyse der Daten die große Sorge, dass künftig die „Kräfte des Nationalismus und des nationalen Selbstinteresses“ die Oberhand gewinnen werden. Aber mit Verlaub: Welche Kräfte haben denn während der letzten Jahre in Griechenland & Co dominiert? Dürfen alle Nationen ein „nationales Selbstinteresse“ haben - nur nicht die Deutschen und Österreicher?
Da ist es umso interessanter, wenn nun auch weise Theologen den Deutschen oder Österreichern deutlich das Recht dazu zubilligen, ein solches Selbstinteresse zu haben. Mit weisen Theologen sind natürlich nicht die Landaus und Schüllers gemeint. Man findet sie leider eher im Ausland. Etwa in der Person des Aachener Domvikars, Universitätslehrers und Wirtschaftsethikers Elmar Nass.
Dieser hat den Kirchen in Deutschland eine zu starke Zurückhaltung in der europäischen Schuldendiskussion vorgeworfen. „In dieser existenzbedrohenden Krise geht es um die Zukunft des menschlichen Zusammenlebens", schrieb er in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dieser Artikel ist erfreulicherweise auch von der heimischen Kathpress ausführlich wiedergegeben worden, die sonst primär für die Küberls offen ist.
Nass vermisst in diesem Artikel freilich jede offizielle Stellungnahme der Kirchen. „Innerkatholisch konkurrieren liberale, sozialistische oder konservative Ausrichtungen." Nach Einschätzung von Nass wird in der Öffentlichkeit jedoch ein „neosozialistisches Solidaritätsverständnis als vermeintliche katholische Leitposition wahrgenommen". Dieses angeblich katholische Verständnis verlange eine verpflichtende Hilfe der wirtschaftsstarken Nationen, losgelöst von jeder Eigenverantwortung der verschuldeten Länder.
Dies widerspricht allerdings der katholischen Soziallehre, so der Ethiker. „Solidarität ohne Subsidiarität schmückt zunehmend als emanzipiertes Sozialprinzip die europäische Gerechtigkeitsfahnen." Und: „Solidarität wird einmal mehr ideologisch verkürzt, denn christlich verstanden gibt es sie als Sozialprinzip nur zusammen mit Subsidiarität."
Nass kritisiert, dass durch eine „Aufweichung" der eigenständigen Haftung der europäischen Staaten eine „Verschwendungssucht" entfesselt werde. „Sie tötet das Gespür für Ehrlichkeit, kreative Eigenverantwortung und einen Geist sozialer Verantwortung."
Schöner, klarer und deutlicher kann man es gar nicht sagen. Weder ein Neoliberaler noch ein Katholik. Und beide könnten entdecken, dass es da auch keinen Widerspruch geben muss. Denn Ehrlichkeit, Erfahrung und langfristiges Denken müssen immer zum gleichen Ergebnis führen.
Haben Sie sich nie gefragt, wie Bundeskanzler Faymann sein Land durch die stürmischen Zeiten der Finanzkrise führen will – und vor allem: kann? Mit Hilfe welches Wirtschaftsverständnisses ordnet er komplexe Entwicklungen ein und auf welche Fährte setzt er die Experten an?
Worüber will er mit internationalen Wirtschaftsprofessoren diskutieren? Über seine Zeit als Kinderbetreuer bei der Sozialistischen Jugend? Über ein paar Semester (vermutete) Anwesenheit am Juridikum? Oder über die jahrelangen Lücken in seinem Lebenslauf, die er auch nur verbummelt haben könnte (Stichwort „Mut zur Lücke“)?
Salzburgs ASKÖ (sozialistischer Sportverband)-Präsident Franz Karner musste nach Korruptionsvorwürfen abtreten, ein weiterer Grund war, dass der mit Steuergeld subventionierte „Sportbauernhof“ schlecht vermarktet worden war. Sein Nachfolger ist Gerhard Schmidt. Er kommt aus der Arbeiterkammer, und war nie mit Marketing befasst – schon gar nicht in der Privatwirtschaft.
In den 1990ern brachte Beppo Mauhart das Kunststück zuwege, die Austria Tabak – die als Staatsbetrieb in einem Monopolmarkt (!) quasi die Lizenz zum Gelddrucken hatte – derart an die Wand zu fahren, dass man sie schnell verkaufen musste. Seine Wirtschaftskompetenz hatte sich der Gymnasiast durch ein paar Semester Publizistik und als Sekretär bei Hannes Androsch geholt. So nebenbei war Funktionär Mauhart noch Chef des Österreichischen Fußball-Bundes und ORF-Publikumsrat. Zuletzt stand sein Name auf einer Liechtensteinischen Steuer-CD, die Staatsanwaltschaft ermittelte.
Politiker sind keine Wirtschaftsexperten. Und wenn sie das von sich glauben, vernichten sie stets Staatsvermögen. Alfred Gusenbauer studierte nach dem Gymnasium Philosophie und Politik. Statt Bilanzen oder Management: Karl Marx und Jürgen Habermas. Um bei seiner Klientel zu punkten, verhinderte Gusenbauer (SPÖ) den Verkauf der AUA, als man noch Geld bekommen hätte. „Luftfahrtexperte“ Michael Häupl (SPÖ-Biologe) sah gar „große Chancen für eine österreichische Lösung“. Dafür bekamen beide großes Lob von Fellners „Österreich“ und Dichands Kronenzeitung. Die AUA blieb also österreichisch – und ging dermaßen Pleite, dass die Republik dem Käufer, der deutschen Lufthansa, sogar 500 Millionen Euro bezahlen musste, damit sie die AUA überhaupt noch nahm.
Wieso sollen Fluglinien, Flughäfen oder Staudämme in Staatshand sein? Um alte Politiker mit frischen Jobs zu überraschen? Um die höchsten Managergehälter unseres Landes auszuzahlen? Warum sollten deutsche Pensionsfonds nicht Aktien des landeseigenen Energieversorgers „Salzburg AG“ im Portfolio haben? Oder des Flughafens Wien? Weil dann nicht mehr heimische Parteiritter versorgt werden könnten? Man muss keine Angst vor Fremden haben. Der Strompreis wird nicht steigen, solange der Wettbewerb frei bleibt. Und wegtragen kann man Kraftwerke selbst heute noch nicht.
Tausende Vereine gibt es nur, um unser Land „durch-zu-politisieren“ – und seine Funktionärsschicht „durch-zu-versorgen“. Der künstlich am Leben gehaltenen Schattengesellschaft ist der öffentliche Geldhahn abzudrehen, wenn ihr Zweck die Versorgung abgehalfterter Politiker, Funktionäre und Schmarotzer ist. Wollen Vereine unser Steuergeld, dann sind sie wie private Firmen zu führen. Und deren Spitzen sind jeweils mit einem Fachmann zu besetzen. Funktionen in politischen Vereinigungen sollten bei Bewerbungen für Abzugspunkte sorgen.
Geht es nach der SPÖ, so sollen Akademiker mit höherem Jahresgehalt noch zusätzliche Steuern zahlen. Doch würde diese „Strafsteuer für Bildungsehrgeiz“ vor allem die (durchschnittlich besser verdienenden) Absolventen von technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten diskriminieren. Und damit Österreichs Grundproblem noch weiter verschärfen: Die Inkompetenz seiner (Unter-, Mittel- und insbesondere) Führungsschicht.
Österreich braucht Wirtschaftsbildung. Das ist zumindest so wichtig wie die Klima- und die Korruptionsdebatte. Noch heute verlässt ein Gymnasiast die Schule ohne die geringste Ahnung, wie die Wirtschaft läuft. Die AHS braucht schleunigst Betriebswirtschaftslehre als eigenes Fach – unterrichtet von echten Wirtschaftsakademikern. BWL soll es künftig auch an geisteswissenschaftlichen Fakultäten geben – von Experten vorgetragen (und das sind sicher keine ehemaligen Politiker).
Und es sollen wieder Studiengebühren eingeführt werden (allerdings nicht 363 Euro, sondern nur 200 Euro pro Semester). Aber nur für Fächer, die der Markt (also die Menschen) nicht braucht und deren Absolventen der Allgemeinheit ein Leben lang auf der Tasche liegen werden – denn Minijobs erwirtschaften keine Lohnsteuer. Wenn es schon Bildungs-Strafsteuern geben soll, dann für Akademiker, die weniger als das Durchschnittsgehalt verdienen – denn sie zahlen ihre Bildungskosten dem Staat ansonsten nicht wieder zurück.
Wer seine Jugendzeit nicht zukunftsorientiert, sondern mit Philosophie oder Soziologie verschwenden will (und damit nicht auf die Pension warten konnte), soll dafür bezahlen. Österreich braucht Fachleute, und nicht noch mehr Träumer, Sozialromantiker und „Wirtschafts-Autodidakten“ (Christian Felber über sich selbst). Und es braucht die Einsicht, dass nicht die ideologische Gesinnung für die Führung eines Vereines oder einer Firma qualifiziert, sondern eine wirtschaftliche oder technische Ausbildung – oder die Professionalität der Erfahrung in einem Privatbetrieb.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg und hat gerade sein neues Buch herausgegeben, „Die Gemeinwohl-Falle“. Es ist die Antwort auf Globalisierungskritiker wie Jean Ziegler oder Christian Felber.
Das Disziplinarrecht für Beamte wird verschärft. Alles jubelt. Wirklich nachgedacht hat dabei aber niemand, weder die Jubler noch die Gesetzesmacher. Denn statt Gerechtigkeit werden neue Ungerechtigkeiten geschaffen. Doch das ist bei populistischen Hüftschüssen unter Druck der Medien ja offenbar schon längst egal.
Die neue Regelung sieht bei ein paar willkürlich herausgesuchten Delikten, primär solchen im Sexualbereich, einen unmittelbaren und automatischen Amtsverlust vor – unabhängig von der durch das Strafgericht ausgesprochenen Strafe.
Das ist extrem seltsam und macht aus einer problematischen Regelung eine noch viel ungerechtere. Denn bisher war ein Beamter nur bei einer unbedingten Verurteilung ab sechs Monaten automatisch seinen Job los. Warum bitte werden manche Delikte nun völlig willkürlich viel strenger bestraft als andere? Warum werden selbst dann, wenn ein Richter massivste Milderungsgründe entdeckt (oder insgeheime Zweifel an der Schuld im Strafmaß versteckt) und daher nur eine bloß symbolische Strafe verhängt, plötzlich am Gericht vorbei Existenzen ruiniert?
Noch fragwürdiger ist der Katalog jener Paragraphen, die zum Amtsverlust führen. Weshalb soll ein Sexualdelikt im privaten, also völlig amtsfernen Bereich viel strenger bestraft werden als ein Raub? Muss die Rechtsordnung wirklich solche Verzerrungen erleiden, nur weil die Beamtenministerin gleichzeitig Frauenministerin ist und einen neuen Weg gefunden hat, wieder einseitig Männer zu verfolgen? Denn interessanterweise gibt es nur bei männerspezifischen Delikten jetzt diesen automatischen Jobverlust?
Als Begründung wird dann vage herumgeschwafelt, dass bestimmte Delikte besonders das Vertrauen in den öffentlichen Dienst stören würden. Mit Verlaub, das ist Gewäsch. Prinzipiell stört jedes Delikt. Man hat einfach willkürlich ohne jede strafrechtliche Systematik, ohne jede nachvollziehbare Wertung eine Handvoll Delikte herausgenommen, die zuletzt Schlagzeilen gemacht haben.
Aber skandalöserweise hat man jene Deliktgruppe, die die dicksten Schlagzeilen macht, nicht einmal erwähnt: nämlich den ganzen Bereich der Korruption. Dabei sind Korruptionsdelikte ganz unmittelbar dem öffentlichen Dienst zuzuordnen. Sie schaden also dessen Image ganz besonders. Hingegen verliert kein Österreicher das Vertrauen zu einer Behörde, weil sich auf einem Computer eines dortigen Beamten heruntergeladene Kinderpornografie-Bilder befunden haben. Niemand sieht in Sexualdelikten ein spezifisches Beamtenproblem, sondern es ist eines, das über die ganze (männliche) Gesellschaft verstreut ist.
Die Bürger können nur rätseln, warum die Korruption nicht mindestens so streng bestraft wird wie jedes Sexualdelikt. Etwa weil das auch für viele Politiker bis hin ins Bundeskanzleramt ein sehr unangenehmes Stichwort ist? Etwa weil beispielsweise in den mit Baugenehmigungen befassten Magistratsabteilungen der Gemeinde Wien (für die freilich ein gesondertes Dienstrecht gilt) zahlreiche Beamte gefährdet wären? Etwa weil dann auch weibliche Beamte exponiert wären?
Die gesamte Neuordnung des Disziplinarrechts ist in Wahrheit völlig absurd und willkürlich. Gerecht wäre alles, was Beamte mit Dienstnehmern in der Privatwirtschaft gleichstellt. Da darf es für Beamte keine Privilegien geben: Kein Beamter soll daher nach Taten im Job bleiben dürfen, die bei anderen Arbeitsnehmern von den Arbeitsgerichten als Entlassungsgrund akzeptiert werden.
Es darf aber auch keine Schlechterstellung geben. Und es ist zweifellos eine dramatische Schlechterstellung gegenüber normalen Angestellten, wenn ein Beamter für bestimmte Taten automatisch aus dem Job fliegt, während dieselbe Tat samt Prozess in normalen Dienstverhältnissen folgenlos bleibt. Vielfach bekommen Arbeitgeber nicht einmal mit, dass ein Mitarbeiter an einem Urlaubstag vor dem Richter gestanden ist, wenn der nur eine bedingte Strafe ausfasst.
Besonders schlimm sind die Folgen der neuen Ungleichbehandlung in all jenen Fällen, wo es noch das (langfristig auslaufende) System höherer Beamtenpensionen gibt. Denn der gefeuerte Beamte muss sich nicht nur einen neuen Job suchen. Er verliert auch einen Teil des Entgelts für Jahrzehnte schon einwandfrei geleisteter Arbeit. Die öffentliche Hand bezahlt ja Arbeitsleistungen nicht gleich, sondern zu einem guten Teil erst im Pensionsalter.
Man stelle sich nun vor, dass ein Beamter zwei Monate vor Pensionsantritt gefeuert wird, weil auf seinem PC verbotene pornographische Bilder gefunden werden, wie auch immer die dort hingekommen sind. Oder weil er einen „Schutzwürdigen“ vernachlässigt hat. Während andere Menschen ohne Vorstrafe für solche Taten in der Regel eine bedingte, also letztlich folgenlose Strafe ausfassen, verliert ein Beamter nicht nur den Job, sondern auch sechsstellige Summen an Pension.
Das alles passt nicht in einen um Gerechtigkeit bemühten Rechtsstaat. Das ist vielmehr eine neue Blüte eines Systems, das ständig neue Willkür-Gesetze auf Zuruf halbgebildeter Zeitungskommentatoren oder fanatischer Männerhasserinnen macht.
Von vielen hätte man erwartet, dass sie den kriminellen Ankauf von Steuer-CD durch den nordrhein-westfälischen Finanzminister anzeigen. Nur von einer Gruppe nicht: den Piraten.
Und doch waren es vier deutsche Piratenpolitiker, die das getan haben und damit ein spannendes Verfahren auslösen. Werden die Piraten plötzlich zur Partei des Rechtsstaats? Oder herrscht dort nur prinzipiell Chaos und Widersprüchlichkeit? Bisher jedenfalls waren die Piraten immer für die Straffreiheit jedes elektronischen Diebstahls eingetreten. Da kenne sich noch einer aus. Es ist jedenfalls überhaupt keine Frage, dass der Ankauf solcher illegal kopierter CD aus der Schweiz mit den Daten von deutschen und österreichischen Steuerflüchtlingen schwer kriminell ist, auch wenn ihn Rot und Grün heftig verteidigen. Denn der Staat darf bei der Jagd auf Übeltäter nicht selber zum Übeltäter werden. Es sei denn, er hätte das konkrete Verhalten vorher mit einem eigenen Gesetz ausdrücklich in den erlaubten Rechtsraum transferiert. Immerhin war es gerade Deutschland, wo ein Polizist sogar deshalb verurteilt worden ist, weil er dem Entführer eines Kindes Folter angedroht(!) hat, um das Versteck zu erfahren und so das Leben des Kindes zu retten. Und das Leben eines Kindes ist hoffentlich auch in Deutschland noch immer ein höherwertiges Rechtsgut als die Gier der Politik nach immer noch mehr Geld.
Es ist absolut legitim, dass ein gegen den Willen der jeweiligen Kirchenführung erfolgender Missbrauch religiöser Stätten etwa für politische Demonstrationen bestraft wird. Ob dieser nun in Russland oder im Westen stattfindet. Aber dennoch ist das russische Urteil gegen die Aktionistinnen der „Pussy Riot“-Gruppe ungeheuerlich und keineswegs mit dem Schutz der Gotteshäuser erklärlich.
Denn bei deren Tat ging es um eine wenige Minuten dauernde Ordnungswidrigkeit, bei der weder Menschen noch Sachen zu Schaden kamen, die kaum Augenzeugen hatte. Für so etwas kann es in einem normalen Rechtsstaat nur Geldstrafen oder maximal eine kurze bedingte Freiheitsstrafe geben. Es wird der russischen Orthodoxie schwer schaden, dass sie gegen die Dimension dieses Urteils nicht protestiert. Eine Religion lebt nicht vom Wohlwollen der Mächtigen, sondern vom Vertrauen der Menschen in sie und die Menschlichkeit ihrer Exponenten.
Es kann keinen Zweifel geben: Wäre der Missbrauch der orthodoxen Kirche nicht durch eine Anti-Putin-Aktion erfolgt, sondern zur Unterstützung des russischen Machthabers, wäre die Angelegenheit niemals vor dem Richter gelandet.
Ebensowenig Zweifel kann es geben, dass solche Urteile im heutigen Russland wie im Kommunismus auf politischen Befehl dimensioniert werden, dass russische Richter nur die Funktion einer Marionette haben. Das zeigte sich bei allen russischen Prozessen mit der leisesten politischen Dimension. In Russland wie auch in etlichen anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion konnte sich in den letzten Jahrzehnten nichts entwickeln, was auch nur annähernd einer unabhängigen Richterschaft gleicht. Die Politik wollte das nicht, weil es auch ihr gefährlich werden könnte. In diesen Staaten gibt es auch keinerlei Tradition, auf der eine saubere Justiz aufbauen könnte. Das ist in Österreich anders: Hier reichen die Wurzeln einer unabhängigen Rechtsprechung nachweislich bis ins 18. Jahrhundert zurück.
Diese Verhöhnung jedes rechtsstaatlichen Prinzips in Russland sollte endlich auch den Europarat zu einem Erwachen bringen. Dieser hat sich eigentlich einst die Verteidigung des Rechtsstaates als Hauptzweck seiner Existenz auf die Fahnen geschrieben. Dieser müsste daher schon längst Staaten wie Russland oder die Ukraine mit ihrer Politjustiz ausschließen. Aber das wagt in Strassburg niemand auch nur auszusprechen. Der Europarat hätte auch längst schon Druck ausüben müssen, dass sich in Russland eine unabhängige Justiz entwickelt. Und zugleich hätte er Hilfe bei deren Aufbau anbieten sollen, wie es Österreich in einigen seiner Nachbarstaaten mit einigem Erfolg getan hat.
Immerhin hat in diesem Europarat einst auf Verlangen eines österreichischen Sozialdemokraten eine hochnotpeinliche Diskussion stattgefunden, ob man nicht Liechtenstein ausschließen müsse, weil dort der Fürst noch einige marginale Vetorechte hat. Aber offenbar ist man nur bei den Kleinen mutig, bei den Großen hat man die Hosen voll. Weshalb es umgekehrt Zeit wäre, hierzulande eine Diskussion über einen Austritt aus diesem sinnlos gewordenen Verein zu beginnen.
Die Europarats-Mitgliedschaft von Russland oder der Ukraine führt nämlich peinlicherweise auch dazu, dass diese Länder so wie Österreich oder Deutschland Richter in den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entsenden. Es darf eigentlich nicht wahr sein, dass russische und ukrainische Pseudo-Richter heimischen Gerichten durch ihre Urteile vorschreiben, was Menschenrechte sind. Irgendwann wird die Grenze zum absurden Theater überschritten.
Umgekehrt stünde es auch der westeuropäischen und österreichischen Kulturszene, die sich nun reihum medienwirksam mit „Pussy Riots“ solidarisiert, gut an, diesen berechtigten Protesten auch einen Satz der Kritik am Ort der Pussy-Riot-Aktion hinzuzufügen. Aber dazu schweigen sie alle. Offenbar wollen sie auch weiterhin ungestraft ihren Schabernack mit allen christlichen Symbolen treiben.
Zugleich machen diese Künstler – bis auf einige nordeuropäische Karikaturisten – einen weiten Bogen um jede kritische oder gar satirische Befassung mit dem Islam. Das unterlassen sie wohl auch aus linkspolitischer Korrektheit, aber vor allem, weil ihre Feigheit größer ist als die Lust an der Provokation. Über den Protest eines Bischofs kann man sich ja lustig machen. Wer hingegen einen Mullah oder Imam provoziert, muss um sein Leben bangen. Dass es am Islam und seiner Realität ohnedies nichts zu kritisieren gäbe, kann ja wohl niemand im Ernst behaupten. Nicht einmal der dümmste Künstler (auch wenn viele um den Superlativ dieses Adjektivs wetteifern).
Das ist ein ebenso historischer wie erfreulicher Schwenk von Michael Spindelegger. Er ist freilich noch nicht wirklich durchdacht, um auch glaubwürdig zu werden.
Vielleicht war es die sommerliche Muße zum Überdenken der ganzen Finanzkrise. Vielleicht war es das parallele Umdenken in Teilen der deutschen und der finnischen Regierung. Vielleicht waren es die Meinungsumfragen. Vielleicht war es die Erkenntnis, dass in einem Jahr gewählt werden muss. Vielleicht war es das Auftauchen des Frank Stronach auf der politischen Szene. Wahrscheinlich hat alles zusammengespielt.
Wie auch immer: Die ÖVP wagt den Absprung von der bisher blinden EU-Unterstützung. Das ist in der Tat historisch. Im Detail ist es freilich noch nicht sehr durchdacht. Womit der ÖVP ganz sicher (noch?) nicht der entscheidende Unterschied zur ebenfalls wenig durchdachten und wenig glaubwürdigen Politik der anderen Parteien in Sachen europäischer Schuldenkrise geglückt ist.
Der ÖVP-Chef hat jedenfalls recht damit, dass es ein schwerer Konstruktionsfehler seit der Entstehung des Euro in den 90er Jahren ist, dass man nicht einmal hartnäckige Sünder und Betrüger wie die Griechen aus dem Euro ausschließen kann. Er gibt aber auch selber zu, dass es eine langwierige und Jahre dauernde Aufgabe ist, bis man – vielleicht einmal – eine diesbezügliche Vertragsänderung durchbringt. Nur: Was passiert derweil? Und was ist, wenn man die Änderung nicht durchbringt?
Auf diese viel unmittelbarere Frage gibt Spindelegger keine praktikable Antwort. Natürlich ist die rot-grüne Antwort einer exzessiven Ausweitung der Schuldenunion falsch und katastrophal. Ebenso falsch wäre das die Wirtschaft schwer beschädigende (aber offenbar Kronenzeitungs- und wahlkampftaugliche) Zurück-zum-Schilling eines Frank Stronach.
Und eben auch Spindelegger gibt darauf keine brauchbare Antwort. Dabei liegt diese seit langem in den Regeln der EU festgeschrieben. Sie heißt „No Bailout“. Auf Deutsch: Niemand übernimmt die Schulden eines anderen Landes. Weder Deutschland, noch Österreich, noch die EU, noch die längst schon schwer überschuldete Europäische Zentralbank (auf die und deren aus Italien stammenden Chef muss man übrigens derzeit im Interesse unseres Geldes besonders gut aufpassen, dass kein neues Unheil passiert!).
Dieses Bailout-Verbot hätte man zwar schon im Frühjahr 2010 anwenden sollen. Damals hat man sich aber noch zu sehr vor den Dominoeffekten eines griechischen Zusammenbruchs gefürchtet. Diese wären aber immer noch billiger gewesen als die inzwischen auf uns lastenden Haftungen und Kredite für Griechenland. Aber eine späte Erkenntnis ist noch immer besser als gar keine.
Was wären die Folgen einer Umsetzung von No Bailout? Ohne frisches Geld bricht Griechenland in wenigen Wochen automatisch zusammen. Und dann muss es ganz ohne Vertragsänderung aus dem Euro ausscheiden und wieder mit dem Aufbau einer neuen Währung beginnen. Genau das wäre aber ohnedies der Zweck der ganzen Spindelegger-Übung. Nur das würde auch den Griechen nach einer sehr schmerzhaften Krise wieder den Neuanfang ermöglichen.
Kann da nicht Faymann im Alleingang bei EU-Gipfeln doch noch an der ÖVP vorbei frisches Geld für Griechenland zusagen, werden manche fragen. Nein, das kann er nicht. Denn das kann Faymann laut Artikel 23f der Verfassung nur, wenn ihm eine parlamentarische Mehrheit des Nationalrats den Rücken freihält. Und parteiintern könnte Spindelegger sicher dafür sorgen, dass die Finanzministerin nicht im demnächst möglicherweise doch aktiv werdenden Schulden-System ESM Geldern für Griechenland zustimmt.
Spindelegger hat – zumindest lange vor seinem von den französischen und deutschen Sozialisten in Geiselhaft genommenen Koalitionspartner – nun endlich den Handlungsbedarf erkannt. Aber er hat ein Handlungsrezept gewählt, dass ihm das Handeln noch etliche Zeit erspart, das also noch nicht wirklich glaubwürdig ist. Aber dieser erste Schritt macht zumindest Hoffnung auf einen baldigen zweiten.
Auch der Bundeskommunikationssenat hat nun leider die von mehr als 500 Lesern durch Unterschrift unterstützte Beschwerde gegen die Verletzung des gesetzlichen Objektivitätsgebots des ORF abgewiesen. Dieser Bescheid – über den nun ein Höchstgericht entscheiden muss – ist in seinem Ergebnis nichts anderes als ein neuerlicher Freibrief zu politischen Interventionen beim ORF. Realistischerweise muss man freilich davon ausgehen, dass angesichts der rein sozialdemokratischen Führung des ORF auch künftig wohl nur linke Interventionen zum Erfolg führen werden. Diese aber können nun ohne jedes Risiko stattfinden.
Auch in den Höchstgerichten sind angesichts der gezielten parteipolitischen Besetzung des Verfassungsgerichtshofes durch prononcierte Parteigänger direkt aus den Vorzimmern von SPÖ-Politikern die Erfolgschancen nur durchwachsen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sämtliche bekannten Umfragen dem ORF eine heftige SPÖ-Lastigkeit bescheinigen. Und dass sich auch die ORF-Journalisten selber in überwältigender Mehrheit als links einstufen.
Anbei Wortlaut und Begründung des Bescheids. Im wesentlichen bleibt es trotz des Wortgeschwurbels Tatsache, dass der ORF alles andere als objektiv berichtet hat. Er hat erstens gezielt verschwiegen, dass Parteisubventionen aus den Kammern sehr wohl erfolgen – wenn auch auf dem am Charakter nichts ändernden Umweg über die Parteifraktionen in den Kammern. Und er hat zweitens auf Bestellung eine reine PR-Durchsage der Arbeiterkammer in die „Zeit im Bild“ gestellt, die einseitig zugunsten der AK eine angeblich korrigierenswerte, aber sachlich völlig richtige Meldung korrigierte. Die in der ersten Sendung ebenfalls genannte Landwirtschaftskammer wird hingegen bei der „objektiven“ Richtigstellung nicht genannt. Weil diese Kammer gar nicht auf die Idee gekommen ist zu intervenieren.
Dies alles erfolgte, wie offen zugegeben wird, auf Weisung des aus der ehemaligen SPÖ-Parteizeitung stammenden Fernseh-Chefredakteurs. Besonders absurd ist, dass die gleichen Instanzen die Weisung eines anderen (regionalen) Chefredakteurs als unzulässig verurteilt haben. Diese Weisung hatte darin bestanden, den norwegischen Massenmörder B., der inzwischen von zwei Gutachtern als geistesgestört bezeichnet worden ist, nicht mehr als „christlich“ motiviert zu bezeichnen. Was zweifellos inhaltlich berechtigter war als die Arbeiterkammer-Propaganda.
Das ist halt journalistische Objektivität nach der Art, wie sich die Linken in diesem Lande das vorstellen und wie sie es nun mit dem Sanktus angeblicher Aufsichtsorgane immer öfter ungehindert praktizieren können.
Hinsichtlich der Ursachen für die herrschende Krise – besonders aber bezüglich der Möglichkeiten zu ihrer Überwindung – herrscht Uneinigkeit zwischen den Gelehrten. Während Keynesianer und Monetaristen in einer „aktiven, kreativen Geldpolitik“ (IWF-Chefin Christine Lagarde) das richtige Werkzeug erblicken, sind für Liberale strukturelle Maßnahmen und rigoroses Sparen die geeigneten Mittel. Die hohe Politik setzt – wie könnte es anders sein – vermehrt auf keynesianische und monetaristische Konzepte…
Zur Bewertung der verschiedenen Denkansätze ist es mitunter hilfreich, sich Gedanken älterer Theoretiker zu Gemüte zu führen. Der österreichische Ökonom und Sozialphilosoph Ludwig Mises schreibt im Jahre 1944 in seinem amerikanischen Exil in „Die Bürokratie“:
«Der freie Unternehmer trifft seine Entscheidung nach genauer und vorsichtiger Prüfung aller Vor– und Nachteile und nach Abwägung der Erfolgs- und Mißerfolgsaussichten. Er wiegt möglichen Gewinn gegen möglichen Verlust ab. Verlust oder Gewinn wird in seinem eigenen Vermögen auftreten. Das ist wesentlich. Die Angelegenheit wird aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet, wenn die Abwägung zwischen dem Verlustrisiko für das eigene Geld und der Aussicht auf Gewinn für den Staat oder für andere Leute erfolgt.»
Mit diesen wenigen Zeilen wird indirekt eine der wesentlichen Ursachen für die aktuellen Probleme der Weltwirtschaft angesprochen: Die vollständige Entkoppelung von (Entscheidungs-)Macht und Verantwortung. Der mit eigenem oder geliehenem Geld agierende Privatunternehmer trägt das volle Risiko für seine Aktivitäten. Im Falle seines Scheiterns ist seine Existenz ruiniert. Er wird für lange Zeit – vielleicht lebenslänglich – von seinen Gläubigern verfolgt und er sitzt – im Falle grober Fahrlässigkeit – hinter Gittern. Entsprechend umsichtig entfaltet der ehrbare Kaufmann seine Aktivitäten. Anreiz und Lohn für seine Mühen ist die Aussicht auf einen möglicherweise erheblichen Unternehmergewinn.
Ganz anders bei Politikern und Bürokraten. Sie haben – außer ihrem Mandat – gar nichts zu verlieren. Ihr Privatvermögen steht – was auch immer sie tun oder lassen – niemals im Feuer. Was auch immer sie anfangen – sie tun es mit dem Geld fremder Leute, die sie zuvor beraubt haben. Niemals sind sie einem Konkursrichter Rechenschaft schuldig. Sie können nach Belieben Steuern und Abgaben erfinden, einheben und verschwenden.
Oder sie weichen – sollten kritische Belastungsgrenzen erreicht oder überschritten werden – unbekümmert auf das Mittel der Schuldenmacherei aus, um solcherart rücksichtslos künftige Generationen mit den Konsequenzen ihrer Misswirtschaft zu belasten. Kein Politiker muss jemals fürchten, für seine verantwortungslose Finanzpolitik zur Rechenschaft gezogen zu werden. In Österreich etwa wird, initiiert vom dynamischen Sozialistenduo Kreisky/Androsch, seit mehr als vier Jahrzehnten eine haarsträubende Verschuldungspolitik betrieben, ohne dass einer der dafür Verantwortlichen jemals vor dem Richter gestanden wäre.
Gegenwärtig haben sich die expliziten Verbindlichkeiten der Alpenrepublik zu 226 Mrd. Euro aufgetürmt – das sind mehr als 54.000,- Euro pro Erwerbstätigem! Allein die jährliche Zinslast übersteigt bereits die Acht-Milliarden-Grenze. Die Neuverschuldung des Bundes läuft somit vollständig in den Zinsendienst. Loch auf – Loch zu – ein Pyramidenspiel, das ganz offensichtlich zu Lasten der Jungen geht. Damit nicht genug: In den genannten Zahlen sind noch nicht einmal die „impliziten“ Schulden für unbedeckte Pensionsanwartschaften, Ansprüche aus der Krankenversicherung und Verpflichtungen von Staatsbetrieben (wie z. B. der chronisch defizitären Bundesbahn) enthalten.
Der Vollständigkeit halber darf allerdings nicht ausgeblendet werden, dass sich auch im Privatsektor Veränderungen vollzogen haben, die weniger stabilen (Finanz-)Verhältnissen Vorschub leisten. Die Zurückdrängung des „Unternehmer-Kapitalisten“ und der Siegeszug der von angestellten Managern geführten Kapitalgesellschaften verdeutlichen das von Mises angesprochene Problem: Der Manager setzt eben nicht sein eigenes Vermögen ein. Seine Interessen können daher von denen der Unternehmenseigentümer (Aktionäre), die gewöhnlich keinen direkten Einfluss auf die operative Unternehmensführung haben, ganz erheblich abweichen. Verwalter neigen dazu, meist kurzfristige Ziele zu verfolgen. Sie nehmen weniger Rücksicht auf den Substanzerhalt ihres Unternehmens als Eigentümer-Unternehmer, die langfristig und am Werterhalt orientiert, vielfach „dynastisch“, denken.
Politfunktionäre handeln besonders kurzsichtig und risikobereit, da für sie nur der Erfolg beim nächsten Wahlgang zählt. Ihr „Dienstgeber“ (der Wähler) hat weder bis dahin, noch danach, die Möglichkeit, sie für allfällige Fehlleistungen zivil- oder strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Demokratisch gewählte Akteure genießen daher faktisch unbegrenzte Narrenfreiheit. Wie viele in demokratisch gewählte Regierungschefs/Minister/Staatspräsidenten wurden je wegen Verschwendung oder Schädigung der Staatsfinanzen gerichtlich zur Rechenschaft gezogen? Mir fällt keiner ein.
Die politische Klasse hat – unter den gegebenen Umständen – mit hemmungsloser Schuldenmacherei alles zu gewinnen, aber nichts zu verlieren. So lange sich daran nichts ändert; so lange Politiker nicht, wie das in der Privatwirtschaft selbstverständlich ist, die volle Verantwortung für ihr wirtschaftliches Handeln tragen, wird sich an ihrem Hang zum „Moral hazard“ nichts ändern.
Die Anstiftung und Nötigung der Banken zur Vergabe von Krediten an dubiose Schuldner (bei gleichzeitiger Übernahme von Ausfallhaftungen zu Lasten der Steuerzahler), die Auslösung von Konjunkturzyklen mittels „Ankurbelung“ der Wirtschaft durch künstlich niedrig gehaltene Zinsen, systematische Geldentwertung durch Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, Arbeitsbeschaffung durch „Investitionen“ in unrentable (Prestige-)Projekte – das alles könnte radikal zum Ende kommen, wenn die Politbüros denselben Rechtsgrundsätzen unterlägen wie ordentliche Kaufleute.
Die Einführung einer umfassenden „Politikerhaftung“ (wie auch immer die im Detail gestaltet sein mag) hätte nicht nur den Effekt, staatliche Belastungs- und Schuldenexzesse einzudämmen, sondern würde zudem auch dazu führen, dass vermehrt wirtschaftliche Kriterien Einfluss auf die Personalauswahl hätten.
Die Dominanz von in Fragen der ordentlichen Finanzgebarung unbedarften Politikwissenschaftlern, Soziologen, Lehrern, Kammerfunktionären und Gewerkschaftern, etc. (von denen es gegenwärtig in Parlamenten und auf Regierungsbänken wimmelt), würde sich vermutlich deutlich reduzieren, sobald klar wäre, dass serienweise Fehlinvestitionen und Geldverbrennungsaktionen nicht mehr länger ohne schmerzliche persönliche Konsequenzen bleiben.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Das klingt erfreulich: ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker will die Staatsbahn binnen zwei bis vier Jahren kapitalmarktfähig machen. Das Ziel ist jedenfalls edel und gut. Schon deshalb, weil dann viele Schweinereien nicht mehr möglich sind, wie etwa die Bestechung von Medieneigentümern durch von Politikern bestellte Inserate zu Lasten der ÖBB. Oder die menschenleeren und nur wegen des Drucks von Landeshauptleuten und Bürgermeistern betriebenen Geisterbahnen. Oder die Bezahlung von weit über dem Marktniveau liegenden Gehältern (etwa bei Bus-Chauffeuren: Die Tätigkeit in privaten und ÖBB-Fahrzeugen ist völlig gleichwertig, bei den Gehältern jedoch keineswegs).
Aber: Werden die ÖBB auch für Investoren eine gute Geldanlage sein? Oder müssen diese fürchten, nur abgecasht zu werden? Bei Privatisierungen gibt es ja gute wie schlechte Erfahrungen. Die guten reichen von der Voest bis zur Post (obwohl bei dieser die Republik noch immer beteiligt ist); während sich bei Telekom und etlichen Energieversorgern die Parteipolitik auch nach einer Teilprivatisierung heftig bedient hat.
Problematisch bleibt aber eine hohe regulatorische Abhängigkeit eines Unternehmens von der öffentlichen Hand. Die Republik braucht nur ein paar Gesetze zu ändern und schon sind die ÖBB bankrott. Ob das nun Sicherheitsvorschriften, das Enteignungsrecht (beim Bau neuer Strecken) oder die milliardenschweren Subventionen betrifft. Diese wackeln bei einem Eigentümerwechsel natürlich sofort: Nimmt doch der Steuerzahler der ÖBB sämtliche Pensionskosten ab. Kommen doch die ÖBB nur dank zahlloser Zuschüsse für ihre Verkehrsleistungen überhaupt in die Nähe einer Marktfähigkeit.
Interessant ist die Ankündigung des Sozialdemokraten Pöchhacker aber noch aus einem anderen Grund: Jahrelang wurde von Linken mit Nachdruck die Mär verbreitet, die Privatisierung der britischen Bahnen wäre ein Flop gewesen. Das hat aber nie gestimmt: Die privatisierten Bahnunternehmen haben weit mehr Passagiere, weit weniger Unfälle als je zuvor. Zugleich hat sich freilich eines gezeigt: Während beim rollenden Betrieb (Personen- wie Güterverkehr) die Privatisierung exzellent funktioniert, schaut es mit der Infrastruktur, also den Schienenstrecken anders aus. Nachdem der britische Staat jahrzehntelang nichts in deren Modernisierung investiert hatte, sind angesichts der hohen Kosten die Privaten dabei gescheitert. So wie bei den Straßen ist bei den Schienen eine echte Privatisierung jedenfalls viel schwieriger als sonstwo.
Umso richtiger war – wider alle Polemik – die gesellschaftsrechtliche Aufspaltung der ÖBB auf Infrastruktur, Personenverkehr und Gütertransport. Bei den letzten beiden könnte eine echte und volle Privatisierung sinnvoll werden, sofern sich die Unternehmen rechtlich gegen plötzliche Änderungen der politischen Rahmenbedingungen gut absichern können. Und mit einer alle Privilegien verteidigenden Gewerkschaft müssen ja ohnedies auch andere Arbeitgeber fertig werden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Auch kuriose und gewonnene Fußballspiele sind normalerweise keine Tagebuchnotiz wert. Das Spiel Österreich-Türkei ist es aber schon.
Seit Olympia trauen sich nun auch die ORF-Männer ihre Mikrophone näher dranzuhalten als früher üblich. Und da hört man jetzt nicht nur die banalen Dialoge der Schiedsrichter vor dem Spiel, sondern auch den Hymnen-Gesang des österreichischen Nationalteams. Er war laut und falsch, wie man es bei solchen nicht sonderlich ausgebildeten Sängern erwarten darf. Aber er war vor allem inhaltlich erfrischend: Denn die Spieler sangen alle den richtigen Hymnen-Text mit den „Großen Söhnen“ und nicht den politisch-feministisch dekretierten Holpertext. Nach dieser Ouvertüre haben sich die Spieler dann nachher das Glück mit dem Ball mehr als verdient.
PS.: Wenn sie so weiterspielen, werden künftig zu Länderspielen bald wieder mehr zahlende Zuschauer kommen und nicht nur mit Karten bescherte Kinder sowie Österreichs peinlichster Sporttourist, der Burgenländer Norbert D.
Die Berichte des Wiener Gymnasiums Henriettenplatz sind seltsamerweise nirgendwo auftreibbar. Und zwar ausgerechnet für jene Jahre, da ein gewisser Werner Faymann dort Schüler gewesen sein soll. Ein Suchaufruf.
Höchstwahrscheinlich ist alles nur ein Zufall. Aber die Berichte der Schule samt den üblichen Schülerlisten sind unauffindbar. Immerhin ist das die Schule eines nicht gerade machtlosen Mannes Und daher durchaus interessant. Sie sind umso interessanter, als Faymann nicht bereit ist, über sechs Lebensjahre unmittelbar nach der angeblichen Absolvierung der Matura Auskunft zu geben.
Wenn man sich im Vergleich dazu ansieht, wie in den USA, also einer echten Demokratie, jeder Tag im Vorleben eines Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten offengelegt werden muss und von den Medien kontrolliert wird, ist dieses Interesse mehr als legitim. Vor allem weil in Österreich die sogenannten Aufdeckermagazine praktisch durchgängig von sehr SPÖ-nahen Männern geleitet oder von der Partei bestochen werden. Und sich daher nur für die - echten wie angeblichen - Skandale bei Schwarz, Blau und Orange interessieren.
Lediglich für das Schuljahr 1970/71 war der Bericht vom Henriettenplatz auffindbar. Er verzeichnete in der 1A einen gewissen Faymann Werner. Für die restlichen Siebziger Jahre ist hingegen seltsamerweise an den üblichen Orten kein Bericht mehr vorhanden. Es wäre daher toll, sollten sich solche noch im Besitz von ehemaligen Schülern dieser Schule befinden. Und es wäre auch ein wichtiger Beitrag zur demokratiepolitischen Transparenz, der vielleicht auch erklären könnte, warum Faymann einige Jahre später eine Anti-Latein-Kampagne gestartet hat.
Vielen Dank an alle Mitsucher.
Nein, das ist kein Burgenländer-Witz. Sondern der Beweis, dass sie alle noch immer gar nichts begriffen haben.
Hinten und vorne fehlt das Geld. Wir stecken in der schwersten Finanzkrise der Nachkriegszeit. Und was schlägt da der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl vor? Ein höheres Kilometergeld für Pendler. Das Schlimmste aber ist, dass es nirgendwo Tadel für diese schon verdächtig nach Wahlkampf stinkende Schnapsidee gibt. Nur Zustimmung ist zu hören, etwa vom niederösterreichischen ÖAAB (ja genau, dem Verein der Zaster-Her-Mikl). Dabei gehört in Wahrheit jede Form von Pendlerunterstützung längst abgeschafft. Es verleitet zu vielen umweltschädlichen Autofahrten. Und es ist Folge einer völlig unsinnigen Wohnbauförderung und eines noch unsinnigeren Mietengesetzes. Beides zwingt viele Menschen zum zeitraubenden Pendeln bei gleichzeitiger Immobilität des Wohnsitzes, ja es bindet sie geradezu an die Scholle, so wie die Leibeigenen vor der Bauernbefreiung 1848. Viele Österreicher könnten nämlich nur unter schweren wirtschaftlichen Verlusten ihren geförderten Wohnort verlassen. Denn viele Mieten werden künstlich niedergehalten. Denn viele Landesherrn subventionieren den Wohnbau ihrer Bürger nur dann, wenn diese lebenslänglich dort bleiben. Wann werden endlich diese teuren und steinzeitlichen Marktmanipulationen und Förderungen beendet und damit das gefördert, was schon in unzähligen papierenen Programmen gefordert wird: Mobilität? Von den Fällen, wo betrügerisch überhaupt nur auf dem Papier für das Finanzamt scheingependelt wird, wollen wir gar nicht reden.
Wäre sie nicht eine Grüne, so würde die ganze Medienlandschaft heute rufen, Frau Moser sei untragbar geworden. Aber nicht doch bei der Lieblingspartei der Journalisten.
Der guten Frau wurde von einem Gericht nämlich in erstaunlicher Schärfe attestiert, ohne den geringsten Beweis die wildesten Vorwürfe gegen Karl-Heinz Grasser in die Welt hinaus posaunt zu haben. Er sei ein Schutzpatron der Steuersünder, habe befreundete Firmen von Verfahren verschont und andere mit Steuerprüfungen verfolgt. Nichts davon ist wahr, nichts davon konnte sie auch nur ansatzweise beweisen. Was Gabriela Moser nicht davon abgehalten hatte, all diese Vorwürfe laut hinauszuposaunen. Jetzt ist sie zwar von einem Gericht verurteilt worden. Aber die meisten Medien berichten darüber weit kleiner als über die einstigen Vorwürfe. Daher haben diese einstigen Vorwürfe eine stärkere Langzeitwirkung als die nunmehrige Rehabilitierung Grassers und tragen massiv zum Ansehensverlust von Demokratie und Rechtsstaat bei. Obwohl sie komplett unrichtig waren. Noch skandalöser ist aber, dass kein einziges Medium klipp und klar sagt: Moser ist damit als eigentlich zur Objektivität verpflichtete Vorsitzende des Untersuchungsausschusses völlig unhaltbar geworden. Man vergleiche die Diskrepanz der medialen Reaktion mit den kollektiven und bis heute von niemandem zurückgenommenen Rücktrittsforderungen gegen FPÖ-Parlamentspräsident Graf wegen angeblicher Manipulationen in einer Stiftung – obwohl sich inzwischen die Vorwürfe gegen Graf als komplett haltlos erwiesen haben. Aber ein rechter Politiker ist halt immer schuldig, ein linker immer unschuldig.
Dass die jahrzehntelange Eskalation staatlicher Verschuldung, und insbesondere die seit mehr als zwei Jahren anhaltenden „Rettungsaktionen“ zugunsten südeuropäischer Staaten unausweichlich verheerende Konsequenzen haben müssen, ist hierorts schon mehrfach ausgeführt worden. Erstaunlich ist jedoch: Warum wird dieses Faktum so stark verdrängt? Warum können Politik und Mainstream-Medien noch immer jede weitere Schuldenaufnahme und Haftungsübernahme, jedes weitere Drucken von Euro-Scheinen als Erfolg, als erleichternd und positiv darstellen? So wie es in diesen Augusttagen nach der Erlaubnis der EZB an die griechische Nationalbank geschehen ist, ungedecktes Geld auszugeben.
Diese Rettungsaktionen erhöhen ja jedesmal nur den längst schon unüberwindlichen Berg an Schulden und Haftungen. Sie müssten zwangsläufig in einer Mischung aus konfiskatorischen Steuern und Inflation enden. Die Anzeichen dafür sind inzwischen schon zum Greifen nah. Um nur die zwei neuesten zu nennen: Die von manchen Linken und kirchlichen Kreisen hochgejubelte Attac-Bewegung fordert bereits 20- bis 80-prozentige Vermögensabgaben. Zugleich wird die Flucht in den Schweizer Franken immer schneller: Allein im Juli haben sich die Euro-Bestände in den Kellern der Schweizer Nationalbank um 41 Milliarden Franken erhöht. Das sind mehr als zehn Prozent ihrer bisherigen Euro-Schätze – und das binnen eines Monats. Das ist in Wahrheit der Beweis reinster Panik.
Zugleich steigen die Immobilienpreise in guten Lagen ins Unermessliche. In Kitzbühel haben sie sich vor allem durch den Ansturm Deutscher binnen vier Jahren verdoppelt. Auf der Insel Sylt kostet ein Quadratmeter laut dem Magazin „Focus“ schon bis zu 35.000 Euro. Das alles ist Inflation in Reinkultur, wenn auch in bestimmten Blasen konzentriert, die im klassischen Verbraucherkorb kaum vermerkt werden.
Warum aber dominiert in den Aussagen der meisten Politiker und vieler Medien nach wie vor die Begeisterung über Rettungsaktionen?
Der erste Grund ist zweifellos der allgemeine menschliche Hang zur Verdrängung. Solange man Unangenehmes beiseiteschieben kann, tut man es. Sonst würde wohl niemand mehr zu einer Zigarette greifen, um ein Beispiel aus einem ganz anderen Zusammenhang anzusprechen.
Der zweite Grund: Wer gesteht sich schon ein, in wichtigen Fragen völlig falsch gelegen zu sein? Wenn man jahrelang immer davon geredet hat, dass man den Euro rette, tut man sich schwer zuzugeben, dass man ihn durch die Rettungsaktionen eigentlich erst beschädigt hat, während es ursprünglich in Wahrheit nur um die „Rettung“ einiger Staaten gegangen ist, als diese auf Grund ihrer Verschuldung immer höhere Zinsen zahlen mussten.
Selbst bei diesen Staaten war und ist die Notwendigkeit der Rettungsaktionen durchaus zweifelhaft: Wohl sind die von Geldgebern verlangten höheren Zinsen schmerzhaft. Aber es ist absurd zu sagen, sie wären untragbar: Nach Berechnungen der OECD werden die höheren Zinsen etwa Spanien im Jahr 2013 mit 2,9 Prozent des BIP belasten. Aber im Jahr 1995 betrug die Belastung dieses Landes durch den Zinsendienst sogar 4,7 Prozent des damaligen BIP! Dennoch hat damals niemand davon geredet, dass Spanien untergehen werde, hat niemand nach Rettungsaktionen gerufen. Die Spanier haben sich nur inzwischen an das – im Grund durch einen Irrtum der Märkte im Gefolge der Euro-Einführung – bequeme niedrige Zinsniveau gewöhnt.
Die zuletzt steil gestiegenen Zinsen sind eigentlich das richtige, wenn auch verspätete Signal, dass die Staaten sparen müssen, weil die Geldverleiher das Vertrauen in sie verlieren. Genau das verlangte Sparen aber ist unbequem. Genau das tun weder die Bevölkerung noch die diversen Regierungen gerne. Und daher umgeht man die Sparnotwendigkeit halt so lange, so lange es irgendeinen Umgehungsweg gibt. Und die Hilfsaktionen haben eben diesen Weg geöffnet, den es in Wahrheit nie geben hätte dürfen. Daher dramatisiert man halt heftig weiter, um weiter an diese Hilfsgelder zu gelangen. Dieser Umweg ist bequemer als wirkliches Sparen.
Hinter dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Staaten steht in hohem Maß das Selbstverständnis der Gewerkschaften. Diese halten sich für umso erfolgreicher, ja steilere Lohnzuwächse sie erkämpfen. Das war in jenen Zeiten relativ egal, da die Wirkung der nicht durch Produktivitätszuwächse gedeckten Lohnerhöhungen dann ganz automatisch über höhere Preise wieder egalisiert werden konnte. In einem gemeinsamen Währungsraum, in dem Abwertungen nicht mehr möglich sind, führt das hingegen zum Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und damit von Arbeitsplätzen. Dennoch waren die südeuropäischen Gewerkschaften, aber auch Unternehmer lange nicht bereit, ihr Verhalten zu ändern. Freilich: Wenn es keine zumindest auf dem Papier stehenden Lohnerhöhungen mehr gibt, verlassen viele Menschen die Gewerkschaft.
Politiker denken, planen und agieren immer nur bis zum nächsten Wahltag. Und der ist im Schnitt maximal zwei Jahre weit entfernt. Daher setzen sie keine Maßnahmen, die sich erst danach positiv auf die Wähler auswirken würden. Daraus folgt mit anderen Worten: Nach dem Wahltag die Sintflut. In den Politikern ist dabei tief die Erfahrung verankert, dass man Wahlen nur gewinnen kann, wenn man den Menschen nach dem Maul redet. Sie glauben vielleicht sogar zu Recht, dass die Wähler den bestrafen, der ihnen die Wahrheit mit allen Konsequenzen sagt und nichts verspricht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Wähler gleichzeitig den Politikern immer besonders vorwerfen, dass sie die Wähler anlügen.
All diese Wählerbestechungsaktionen haben sich längst zu einer Ideologie verfestigt: zum Glauben an den Wohlfahrtsstaat. Dieser ist jahrzehntelang als eine immer bessere, immer schönere, immer sicherere Sache verkauft worden. Das geschah solange, bis viele Politiker wie Wähler nun schon selbst daran glauben, dass dieser Wohlfahrtsstaat irreversibel und absolut sicher wäre.
Dass sich dieser Glaube überhaupt halten kann, hängt wiederum mit dem Allmachtsgehabe der Politik zusammen. Während 1945 ein österreichischer Bundeskanzler noch offen zugegeben konnte, dass er den Bürgern nichts zu bieten habe, nicht einmal Glas für deren zerbombte Fensterscheiben, dominiert jetzt weltweit der politische Slogan „Yes, we can“.
Eine Spezialform des Allmachtsgehabes praktizieren viele Notenbanker, einschließlich jener der österreichischen Nationalbank: Sie verkünden, dass das zusätzlich gedruckte Geld problemlos wieder eingesammelt werden könnte, wenn es eine Inflation auslöst.
Was aber nicht stimmt. Denn erstens gibt es längst schon inflationäre Blasen und dennoch wird nicht einmal der Versuch eines Einsammelns gemacht, sondern das Drucken ungedeckten Geldes fortgesetzt. Zweitens ist die Einsammel-Ankündigung auch deshalb „leichtfertiges Gerede“, wie es der aus Protest abgetretene Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, nun formuliert, weil es eine solche Einsammelaktion in der Geschichte noch nie gegeben hat, geschweige denn eine erfolgreiche. Denn dabei droht genau jener katastrophale Crash einzutreten, zu dessen vermeintlicher Vermeidung die ganze Hilfsaktion gestartet worden ist. Daher sagt auch Issing: „Die Geldwertstabilität ist mittelfristig massiv gefährdet.“ Ganz ähnlich argumentiert das frühere EZB-Ratsmitglied Jürgen Stark und der deutsche Spitzenökonom Hans-Werner Sinn.
Nur die Haupttäter in EZB und Wissenschaft tun alles, um nicht ihren katastrophalen Irrtum eingestehen zu müssen und sich weiter als allmächtig aufspielen zu können.
Eng mit dem Allmachtsgehabe ist der Glaube verbunden, dass der Staat alles besser regeln kann als der Markt. Was sich freilich immer noch als völlig falsch herausgestellt hat. Denn der Markt ist ja die Summe der Entscheidungen aller Menschen, in die damit deren millionenfaches Wissen einfließt. In die Entscheidungen der Staaten fließt hingegen nur das Wissen einiger weniger Politiker und Beamter, die noch dazu neben dem vorgeblichen Gemeinwohl immer auch sehr egoistische Interessen verfolgen (also etwa die Sicherung der eigenen Wiederwahl). Daher gehen auch alle Versuche der Politik ständig schief, durch noch mehr Regulierung, also Einengung der Märkte, zu besseren Ergebnissen zu kommen. Das Geheimnis einer erfolgreichen Marktwirtschaft liegt genau darin, dass alle Menschen selber entscheiden und dann aber auch selber die Folgen ihrer Entscheidungen zu tragen haben.
Dieses Allmachtsgehabe wird auch durch die dominierende Wirtschaftstheorie des Neokeynesianismus befördert. Nach der Theorie des John Maynard Keynes sollten die Staaten in den Konjunktur-Jahren eigentlich Überschüsse anhäufen, damit sie in schlechten Jahren durch zusätzliche Ausgaben den Wirtschaftsmotor wieder ankurbeln können. Unabhängig davon, ob diese Theorie wirklich funktionieren würde, wenn sie einmal angewendet würde, ist sie im real angewandten Neokeynesianismus völlig pervertiert worden: Die meisten Regierungen haben nämlich immer nur durch Defizite angekurbelt, aber nie ein Geld zurückgelegt.
Etwa seit 1970 hat sich dieser Prozess mit wenigen Ausnahmen weltweit beschleunigt. Der Neokeynesianismus eskaliert in der unfassbaren Ankündigung eines amerikanischen Notenbankchefs, Dollarscheine notfalls mit dem Hubschrauber abwerfen zu wollen. Viele Studien zeigen, dass der Ankurbelungseffekt längst abgenützt ist und nicht mehr funktioniert. Die Wirtschaft wächst nur noch im Ausmaß des zusätzlich gedruckten Geldes, aber nicht mehr darüber hinaus. Gelddrucken löst keinen Kreislauf mehr aus, der die Ankurbelungs-Investition wieder zurückverdienen würde. Das zusätzlich gedruckte Geld bedeutet aber automatisch Inflation oder massenweise Enteignung. Siehe oben.
Die vielen keynesianischen Wissenschaftler – die Österreichs Universitäten fast zur Gänze beherrschen – geben aber noch immer ungern zu, dass sie auf ganzer Linie falsch gelegen sind. Sie erinnern an die Wissenschafter des 16. Jahrhunderts mit ihrem Glauben an die Erde als Mittelpunkt des Alls. Sie erinnern an die Mediziner des 18. Jahrhunderts, die Blutegel als Haupttherapie eingesetzt haben.
Die Menschen verlieren erstaunlich rasch die Erinnerung an die für ganze Generationen verheerenden Folgen inflationärer Politik (siehe die 20er Jahre) oder eines dominierenden Eingreifen des Staates in die Ökonomie (siehe den Zusammenbruch der kommunistischen Planwirtschaften, aber auch der überregulierten und -besteuerten nordeuropäischen Ökonomien in den 90er Jahren).
Vielfach war auch nationaler Egoismus die Ursache für die Eskalation der Schuldenkrise. Es liegt natürlich in Griechenland & Co im nationalen Interesse, Deutschland & Co ständig für ihre Ausgaben zahlen zu lassen. Um die Deutschen dazu zu bringen, wurde und wird immer wieder in mieser Weise im Süden Europas die Nazi-Keule gegen Deutschland eingesetzt. Und die Deutschen haben nach wie vor Angst vor dieser Keule.
Letztlich schaffen es die hemmungslosen Schuldenmacher auch immer, die geschickteren emotionalen Phrasen zu finden. Man denke nur an das ständige Getrommel „Solidarität mit Griechenland, der Wiege Europas“. Man denke an die Phrase eines Caritas-Direktors: „Geld nicht nur für die Banken, sondern auch für die Armen!“ (Dabei gibt etwa Österreich mit einer Sozialquote von mehr als 28 Prozent des BIP alljährlich weit mehr für soziale Zwecke – also die soziale Umverteilung zugunsten Ärmerer – aus als jemals für die Bankenhilfe. So problematisch die an sich auch ist). Man denke an die Universalphrase jedes Politikers: „Aber dafür (Hier bitte beliebig Worte einsetzen wie Bildung, Europa, Gesundheitssystem, Lawinenschutz, Sporthilfe, Straßenbau, Entwicklungshilfe und so weiter) muss in einem der reichsten Staaten doch noch Geld dasein.“
Alle diese an den emotionalen Unterleib appellierenden Argumente sind meist wirksamer als die Gegenargumente, die immer nur über das Hirn und über Zahlen gehen können.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Der neugewählte ägyptische Präsident aus dem Kreis der Muslimbrüder hat den starken Mann der Armee kaltgestellt und kann nun ohne Hindernisse, ohne Parlament, ohne Verfassung nach Willkür herrschen.
Das wird von der progressiven Clique der arabischen Revolution erstaunlicherweise als Sieg der Demokratie gefeiert. Bei aller Antipathie gegen Ägyptens korrupte Offiziersklasse: Sie war wenigstens ein Gegengewicht gegen das islamistische Mittelalter, das sich nun ungehindert ausbreiten kann. Wie wenig das heutige Ägypten noch mit Demokratie zu tun hat, zeigen zwei andere aktuelle Meldungen sehr konkret: Eine Zeitung wurde beschlagnahmt, weil sie auf undemokratische Pläne der regierenden Muslimbrüdern hingewiesen hat. Und ein Sender, der ebenfalls die Muslimbrüder kritisiert hatte, wurde gleich für einen ganzen Monat zugesperrt. Eine weise Definition sagt: Von einer wirklichen Demokratie kann man erst dann sprechen, wenn auch eine zweite Wahl gelingt, bei der die vom Volk gewählten Machthaber auch vom Volk wieder abgewählt worden sind. Jede Wette, dass dieses Ägypten sich solcherart nicht als Demokratie erweisen wird.
Beppe Stronach tritt nun also zu Wahlen an. Er wird dabei wohl etlichen Erfolg haben. Ob aber auch Österreich mit ihm Erfolg haben wird, ist hingegen eher zweifelhaft. Beide Prophezeiungen, genauer: Wahrscheinlichkeitseinschätzungen hängen eng zusammen.
Denn beide basieren auf der gleichen Verhaltensweise des Politikers Stronach: Er sonderte bisher über ein paar mehrheitsfähige und sympathisch klingende Schlagworte hinaus nur aalglatte Phrasen ab. Er wird das wohl noch bis zum Wahltag so halten. Stronach wird aber auch danach seine konkrete Politik so machen. Weil er gar nicht anders kann.
Denn er hat in Wahrheit keine Ahnung, welch komplexe Zusammenhänge mit einer Verwirklichung seiner Parolen verbunden sind, geschweige denn, wie man diese überhaupt realisieren könnte. Ob das nun der Ruf nach einer Flat tax ist (eine an sich absolut richtige, aber mit ungeheuren Konsequenzen verbundene Forderung), nach einem Austritt aus dem „Rettungsfonds“ ESM (so falsch der Eintritt auch war, so klar ist auch, dass eine ehrliche Reformpolitik endlich die unvermeidlich schmerzhaften Folgen der gesamten Schuldenkrise zugeben müsste, was Stronach in keiner Weise tut oder auch nur begreift) oder gar nach einer Rückkehr zum Schilling (die ein Megafehler wäre. Denn so unvermeidlich auch ein Ausscheiden von Ländern wie Griechenland aus dem Euro scheint, so katastrophal wäre es für Österreichs Arbeitsplätze und Exporte, die Währungsgemeinsamkeit mit Deutschland und etlichen anderen Ländern aufzugeben).
Schon die Tatsache, dass sich kein einziger Wirtschafts- und Finanzexperte bisher dem Altersabenteuer des 80-Jährigen angeschlossen hat, also auch keiner der konsequenten Kritiker der Schuldenpolitik, ist mehr als aufschlussreich.
Noch demaskierender ist, dass Stronach in billiger Manier allen heiklen, aber politisch wichtigen Themen mit seinen Phrasen aus dem Weg geht, wie etwa: Migration, Islamismus, Gesamtschule, Feminismus, Diktat der Political Correctness, Rechtsstaat, Zukunft des Wohlfahrtsstaats. Überall eiert er substanzlos und phrasenreich herum. Er hat weder eine inhaltliche Ahnung von diesen Fragen noch die Bereitschaft, in seinem diktatorischen Führungsstil die Expertise anderer zu respektieren. Und die konkreten Vorschläge, wo er sparen will, erreichen bei weitem nicht einmal das Niveau der (wenigen) konkreten Vorschläge von FPÖ und BZÖ.
Dennoch hat er am Wahltag prinzipiell gute Chancen. Nein: nicht „dennoch“, sondern gerade deswegen. Denn je weniger konkret er ist, umso weniger Positionen gibt es, an denen sich Wähler stoßen können, umso weniger wird irgendeine Gruppe gegen Stronach kämpfen, umso mehr tritt der reine Show-Charakter seines Auftretens in den Vordergrund.
Genau dieses Erfolgsrezept haben auch schon andere angewandt. Etwa jener Mann, dessen Vorname mir schon ganz am Beginn dieses Textes nicht ganz zufällig in die Tasten gerutscht ist, nämlich der italienische Komiker und Kabarettist Beppe Grillo. Dieser hat ohne jedes Programm bei Regionalwahlen triumphiert, er punktet bei Meinungsumfragen für die nächsten Parlamentswahlen in Italien mehr als Stronach in Österreich und er ist so wie dieser imstande, alle Vortragssäle zu füllen. Grillo hat aber über ein paar Sager hinaus nicht einmal ein Promille der konkreten und substanziellen Lösungskapazität eines Mario Monti (was natürlich nicht heißt, dass man diesem die Versuche durchgehen lassen sollte, auch die anderen Europäer zur Tilgung der italienischen Sünden der letzten zwei Generationen bluten zu lassen. Aber das ist ein anderes Thema – und eine Strategie, der ohnedies alle italienischen Politiker folgen).
Stronach erinnert auch ein wenig an Hans-Peter Martin. Dieser konnte zwar nach seiner Trennung von der SPÖ eine Zeitlang durch wilde Attacken auf die Mächtigen und durch die Unterstützung der Kronenzeitung reüssieren, bevor er dann aber angesichts einiger Korruptionsvorwürfe sowie des Fehlens jeder inhaltlichen Substanz und irgendeines kohärenten Teams wieder im Abfluss der Geschichte verschwunden ist.
Stronach hat aber auch etliche Ähnlichkeiten mit Silvio Berlusconi. Dieser ist ebenfalls als Showtalent und erfolgreicher Geschäftsmann mit kreativen erotischen Vorlieben in die Politik eingestiegen. Berlusconi konnte sogar viel länger von der Krise der alten Parteien (ausgelöst durch deren innere Aushöhlung, Korruption, Streitigkeiten und die in Italien ja lange vor Berlusconi passierte Megaverschuldung) profitieren als Grillo oder Martin. Denn Berlusconi hatte hinter seiner leicht mafiösen Kasperlfassade durchaus auch intellektuelle und strategische Fähigkeiten. Berlusconi war als konkreter Macher wenigstens eine Zeitlang durchaus erfolgreich.
Bei allen genannten Namen, aber ebenso bei den FPÖ-Stars Haider und Strache war und ist im Grund immer dasselbe Prinzip wirksam: ein schillernder Führer, möglichst wenige zugkräftige Parolen und keine Details. Und wer hinter den Schlagzeilen um den Parteiführer in der zweiten und dritten Reihe stand, war bei fast allen weitgehend wurscht.
Damit ist der Stronach-Boom eine logische österreichische Ergänzung der überall wachsenden Demokratieverdrossenheit. Viele Menschen träumen – wieder einmal – von einem starken Mann, der mit der medial tagtäglich präsentierten und über die wahren Fakten hinaus noch maßlos aufgeblasenen Korruption und anderen Missständen aufräumt. So hatte etwa auch ein anderer aus einfachsten Verhältnissen nach Amerika emigrierter Steirer, nämlich der Schauspieler und Ex-Bodybuilder Schwarzenegger, den Kaliforniern in einem gewaltigen Medienhype mit einem Besen in der Hand eine Zeitlang einreden können, dass er ihre Probleme lösen könne. Was er aber ganz offensichtlich in keiner Weise konnte, wie später die Fakten zeigen.
Seltsamerweise übersehen viele: Auch Stronach hat in seinem Leben keineswegs nur große Erfolge erzielt. Ganz gewiss ist der Aufbau des weltweiten Autozulieferer-Konzerns Magna durch einen mittellosen Werkzeugmacher aus dem armen Nachkriegsösterreich eine eindrucksvolle Leistung. Das bleibt ein großartiges Verdienst, auch wenn der Gründer bei Magna heute unter dem Druck der Anleger nichts mehr zu sagen hat. Aber dennoch gibt es auch viele peinliche Flops auf seinem Weg: Man denke an Stronachs gescheiterte Versuche, in Österreich mit großem Wortschwall ein Pferdesport- und Wett-Imperium aufzuziehen, oder an seine wenig erfolgreiche, aber medienträchtige Tätigkeit beim Fußballklub Austria. Um nur an einige geplatzte Luftballons zu erinnern.
Es ist also keineswegs alles automatisch Gold, was Stronach angreift. Das könnte sich bei seinem politischen Engagement umso mehr zeigen, als sich der Mann immer wieder recht lange gar nicht in Österreich aufhält. Dazu kommt die doch nicht ganz unwichtige personelle Problematik: Während sich Stronach bei einem Industriekonzern mit Geld gute Manager und Techniker kaufen konnte, ist es eher fraglich, ob er bei der Rekrutierung einer politischen Mannschaft besonders Erfolge haben kann. Über unbedarfte Jasager und halbseidene Wichtigmacher hinaus sind die begabten und ehrlichen Männer und Frauen nämlich rar, die bereit sind, sich nur um eines Mandats willen einem absolutistischen Regime zu unterwerfen.
Trotz all dieser kritischen Anmerkungen darf aber auch das Positive an Stronach nicht untergehen. Sein Antreten wird mit Sicherheit die kritische Debatte über die europäische und österreichische Schuldenpolitik intensivieren. Er wird das Lager jener Gruppierungen verstärken, die dem Druck von SPÖ, Grünen und ORF nach immer noch mehr Steuern Widerstand leisten. Er imponiert vielen als Exempel auch deshalb, weil er in einem Alter antritt, in dem die anderen Parteien in ihrem Jugendwahn Politiker schon zwei Jahrzehnte davor entsorgt haben.
Stronach wird weiters jenen in der ÖVP Auftrieb geben, welche die Bindung an die SPÖ als tödliche Umarmung erkennen, bei der alle bürgerlichen Werte unter die Räder kommen müssen. Das allein ist schon viel wert. Er sollte auch der FPÖ endlich klarmachen, dass man ganz ohne Wirtschaftskompetenz nicht wirklich reüssieren kann, auch wenn diese am Viktor-Adler-Markt nicht sonderlich gefragt ist. Er ist auch ein wichtiges wirtschaftspolitisches Gegengewicht gegen die linke, „sozialliberale“ 68er Generation, die derzeit nicht nur in den Medien, sondern erstaunlicherweise auch in Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung das Sagen hat (wo daher eine ganz andere Politik gemacht wird als in den deutschen oder Schweizer Wirtschaftsverbänden).
Der Austrokanadier wird jedenfalls so wie die amerikanische Tea Party das Gewicht der politischen Diskussion zumindest ein wenig in die richtige Richtung verschieben. Dabei ist aber die Tea Party sicher erfolgreicher und eindrucksvoller. Denn sie ist eine primär von jungen Menschen getragene Massenbewegung mit sehr konkreten Inhalten. Die Tea Party wirkt mit großem Erfolg in eine der beiden Großparteien hinein, kann daher möglicherweise sehr stark die nächste Regierung beeinflussen. Sie ist damit das Gegenteil von einer autoritär strukturierten Ein-Mann-Partei, die nur mit Aussichten auf einen hinteren Platz zur Wahl antritt.
Stronach wird aber dennoch mit Sicherheit mehr Erfolg haben als viele der Gruppierungen, die zuletzt mit mäßigem Erfolg Bürgerinitiativen, Volksbegehren oder Parteigründungen gestartet haben. Denn diese waren meist schon deshalb nicht glaubwürdig, weil sie von gescheiterten Expolitikern getragen wurden, die halt noch einmal glauben, von der jetzigen Unzufriedenheit profitieren zu können.
Letztlich aber wird das Ausmaß seines Erfolgs nur von zwei ganz anderen Faktoren abhängen.
Erstens davon, ob der sparsame Exunternehmer wirklich in sattem Umfang, also mit einem ordentlichen zweistelligen Millionenbetrag Geld in die Hand zu nehmen bereit ist. Denn Parteipolitik braucht wie Kriegsführen Geld, Geld und nochmals Geld.
Zweitens davon, wie die ja ganz überwiegend links stehende Medienlandschaft Österreichs auf ihn reagiert. Diese hat zuletzt voll naiver Revolutionsbegeisterung lauter linke außerparlamentarische Oppositionsgruppen gefördert, die der großen Mehrheit der Journalisten innerlich nahestehen: Attac, Occupy, „Wir sind die 99 Prozent“, Piraten, Stephane Hessel und wie sie alle heißen, die mit linksextremistischen Planwirtschaftsideen das Scheitern der Schuldenpolitik bekämpfen wollen. Langsam erkennen die Mainstream-Journalisten aber, dass sie damit primär nicht den eigentlich ins Visier genommenen blau-schwarzen Hauptfeinden schaden, sondern fast nur den (eigenen) Linksparteien. Was auch ziemlich logisch ist: Denn welcher Wähler von ÖVP oder FPÖ ist bereit, ausgerechnet zu einem linken Chaoten-Haufen zu wechseln?
Auf der Rechten ist folglich die Erfolgschance eines Frank Stronach viel größer. Wenn die Medien vor allem Schwarz und Blau schaden wollen, werden sie daher den Gründer des Magna-Konzerns nun genauso fördern wie jene linken Gruppen oder noch mehr. Wenn sie aber seinen glasklaren Kapitalismus mehr fürchten als Schwarz und Blau, werden sie ihn nach anfänglicher Aufregung eher totschweigen.
Denn auch wenn Stronach zweifellos den Rechtsparteien mehr schaden wird, so wird seine schlichte und Tatkraft simulierende Ausdrucksweise auch die SPÖ einige weitere Wähler aus der Arbeiterschaft kosten, die einer der bisherigen Rechtsparteien (noch) nicht zu folgen bereit waren. Das wird in der Summe der Rechten noch mehr parlamentarisches Gewicht geben, als sie heute – theoretisch – schon hat. Ein Stronach-Erfolg wird auch die derzeit wieder (siehe Kärnten) in der ÖVP dominierende großkoalitionäre Stimmung zertrümmern. Was beides die fast durchwegs stramm linken ORF-Journalisten nicht sonderlich freuen wird.
Gerade der ORF wird trotz aller Seherverluste auch im nächsten Wahlkampf noch eine Schlüsselrolle als wichtigste Plattform spielen. Aber wie wird er das tun? Er hat ja in der Vergangenheit während der entscheidenden Wochen vor einer Wahl immer einen sehr strikten Formalismus eingeschaltet: Alle Parlamentsparteien bekamen breite und völlig gleiche Auftritte. Neue Parteien hingegen wurden durchwegs mit ein oder zwei Beiträgen in einer Mitternachts-ZiB abgespielt. Dabei filmte der ORF den Spitzenkandidaten meist möglichst unvorteilhaft auf einem fast völlig leeren Platz, wo ihm niemand seine Flugzettel abnehmen wollte.
Es wird noch recht spannend zu beobachten sein, wie sich da der ORF zwischen Pest und Cholera entscheiden wird, beziehungsweise welche Weisungen er aus der Löwelstraße erhalten wird. Denn sowohl ein Totschweigen wie auch ein Hochjubeln Stronachs birgt für die SPÖ große Risken. Zugleich gewinnt jenseits der noch unklaren SPÖ-Strategie die Frage an Gewicht: Kann der ORF den Showwert Stronachs ganz den Privatsendern überlassen?
Fad wird uns jedenfalls im kommenden Jahr nicht werden.
Jeffrey Sachs, Hochschulprofessor, Buchautor und umtriebiger Multifunktionär, erhebt in diesem Werk, wie schon zuvor in „The End of Poverty“, nicht nur die Forderung nach einer besseren Welt, sondern liefert zum Glück auch gleich das Rezept mit, wie diese zu schaffen wäre.
Schon auf den ersten Seiten erklärt er dem Leser, worin die drei Hauptaufgaben einer Wirtschaft nach seiner Meinung bestehen, nämlich in „Effizienz, Fairness und Nachhaltigkeit“. Von Produktion und Innovation, der Schumpeter´schen „kreativen Zerstörung“: Kein Wort.
Seine sich durch den gesamten Text ziehende Begeisterung für demokratische Entscheidungsprozesse erinnert an Publikationen linker europäischer Autoren, wie Christian Felber, Sahra Wagenknecht oder Margrit Kennedy, deren Analysen allerdings kaum von ökonomischem Sachverstand getrübt sind. Dass Sachs in den USA eine „Mehrheit für eine stärkere Besteuerung der Reichen“ ortet, ist keine besonders originelle Enthüllung, die zudem weder über Rechtmäßigkeit, noch Zweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme etwas aussagt. „Eat the rich“ scheint übrigens eine der fixen Ideen des engagierten Weltverbesserers zu sein…
Sachs konstatiert einen „Rechtsdrift“ – sowohl bei Demokraten wie Republikanern – der sich in der Realverfassung einer „Corporatocracy“ manifestiere. Darunter versteht der Autor, dass nicht das Volk, sondern die Konzerne die großen Linien der Politik bestimmen. Barack Obama sei – trotz seiner vollmundig angekündigten Sozialinitiativen im Zuge des Präsidentschaftswahlkampfs – ebenso eine Kreatur des „Big Business“ wie sein republikanischer Gegenspieler. Während Republikaner allerdings traditionell auf die Unterstützung seitens der Rüstungs- und Ölindustrie zählen könnten, wären es bei den Demokraten eher Banken und das Wallstreet-Establishment. Da mag was dran sein.
Der Autor lässt deutlich seine Sympathie für „Occupy-Wallstreet“ erkennen und mag die Tea Party nicht. Letztere würde von Angehörigen der „älteren, weißen Mittelschicht“ getragen, denen es an jeder Einsicht in das segensreiche Wirken eines starken Staates mangle. Sachs setzt seine Hoffnungen für eine bessere Zukunft daher auf die jugendliche „Milleniumsgeneration“, die erfreulicherweise für jede Form von Staatsinterventionismus und Planwirtschaft offen sei.
Immer wieder zitiert er das „Erfolgsmodell“ der skandinavischen Staaten, die eine prosperierende Wirtschaft trotz einer hohen Steuerbelastung realisieren könnten. Ohne massive staatliche „Investitionen“ ins „Gemeinwohl“ (namentlich in Bildung, Infrastruktur, Gesundheits- sowie Pensionsvorsorge und in „nachhaltige“ Energieversorgungstechnologien) wäre dem Zerfall der US-Gesellschaft und der dräuenden globalen Klimaapokalypse nicht wirksam zu begegnen.
Erheblichen Raum widmet der Autor der Frage, in welchen Bereichen der Staat sein Engagement drastisch zu verstärken habe – überall dort nämlich, wo auch die bewunderten sozialistischen Vorbilder der Alten Welt ihr Geld versenken – und woher die Mittel dafür zu nehmen seien: Von den „Reichen“ nämlich, denen er erhebliche zusätzliche Lasten aufzuladen gedenkt.
Auch wenn der Satz ironisch gemeint sein mag, charakterisiert er doch präzise die Mentalität des Autors: „Yes, the federal government is incompetent and corrupt – but we need more, not less of it.“ So unfähig kann eine Regierung gar nicht sein, dass sie nicht dennoch – ganz im Gegensatz zu privaten Akteuren – das Glück der Bürger mehren würde. Darauf folgt die rührend naive Forderung: „We need (…) a much more competent and honest government.“ Selbst wenn man einräumt, dass die Politik in den USA besser qualifiziertes Personal zu rekrutieren imstande ist, als das in Europa gelingt (immerhin können in den USA viele Funktionäre auf eine erfolgreiche Tätigkeit in der produktiven, privaten Wirtschaft zurückblicken und nicht ausschließlich auf steuerfinanzierte Beamten- und Parteikarrieren), zieht es wohl immer eine Negativauslese in den Dunstkreis der Macht. Woher in aller Welt das „honest government“ kommen soll, verrät Sachs dem neugierigen Leser leider nicht.
Dass ein für hoheitliche Machtkonzentration eingenommener Autor „langfristige Ziele“ besser beim Staat als in privaten Händen aufgehoben sieht, verwundert nicht. Sein Eintreten für die rigorose Verfolgung einer zwangsbewehrten, „klimagerechten“, Energiepolitik verblüfft ebenso wenig, wie sein Eintreten für hohe Steuern und die Ausweitung der Staatsquote.
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The Price of Civilization
Geffrey Sachs
Verlag “The Bodly Head”, 2011
Englisch, 326 Seiten, broschiert
€ 19,99,-
ISBN 9781847920928
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
„Die Presse“ hat einen neuen Chefredakteur und eine komplett neue Geschäftsführung. Viele Partner haben mich aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Ich tue das wunschgemäß, obwohl ich es ursprünglich angesichts einer naturgemäß fehlenden inneren Distanz zu einer Zeitung, bei ich über 31 Jahre tätig war, nicht wollte.
Sehr überraschend war die Verabschiedung des bisherigen Führungsteams jedenfalls nicht. Das nicht nur deshalb, weil solche Vorgänge nach jeder Änderung an der Spitze des Eigentümerkonzerns, der „Styria Media Group AG“, fast schon Tradition haben. Das auch nicht nur deswegen, weil sich die neueingeführte Sonntagsausgabe betriebswirtschaftlich als verheerend ausgewirkt hat. Das auch nicht nur deswegen, weil jahrelang bei der „Presse“ Sparsamkeit eher kleingeschrieben war, was etwa demonstrative Auftritte beim Opernball symbolisierten. Das nicht nur deshalb, weil man sich noch immer nicht auf den selbstbeschädigenden Gratis-Auftritt im Internet zu verzichten traut. Das auch nicht nur deswegen, weil der „Presse“ das Schicksal des (von der früheren Styria-Führung noch dazu zu einem absurd überhöhten Preis gekauften) Wirtschaftsblatts umgehängt worden ist, das in Wahrheit keinerlei publizistische Überlebensperspektive im Printbereich hat, höchstens als kostenpflichtiges Online-Angebot.
Vor allem war die Verabschiedung nach einem Rückgang des Marktanteils um mehr als 30 Prozent binnen zehn Jahren fast zwingend. (Die Daten der Media-Analyse als einziges objektives Instrument zeigen: 2002 hatte die „Presse“ 5,3 Prozent aller Leser, 2011 nur noch 3,7 Prozent, und beides waren keineswegs Ausreißer-Ergebnisse). Personalmaßnahmen waren daher auch schon in der Pipeline vorbereitet gewesen, bevor es zum Vorstandswechsel beim Eigentümer kam.
Dieser dramatische Leserverlust des Blattes hatte die in ähnlicher Größenordnung liegenden Leser-Zugewinne des Blattes im davorliegenden Jahrzehnt wieder mehr als zunichte gemacht. Diese hatten damals die „Presse“ zum ersten Mal in ihrer Geschichte seit 1918 in die schwarzen Zahlen gebracht.
Bei der Ursachen-Analyse gibt es mehrere Faktoren: Eine total neue Blattstruktur fand zwar das Interesse von Mediengurus, ging aber an den Bedürfnissen der Leser völlig vorbei. Sie scheiterte vor allem auch daran, dass in einem kleinen Land wie Österreich nicht einmal das „Profil“ jede Woche ein interessantes Magazin-Cover-Thema findet. Da ist es mehr als vermessen, sieben Mal in der Woche eine solche Magazin-Titelstrecke produzieren zu wollen.
Irritierend für die Leser war auch das Fortschreiten eines – sich freilich im Medienmarkt schon länger ausbreitenden – Trends zu einer Kommerzialisierung der Inhalte, zu einer Verwischung der Grenzen zwischen Inseraten und rein redaktionell gestalteten Inhalten. Die Eskalation dieses Trends zeigte sich nicht nur in ganzseitigen Anzeigen auf den Titelseiten, sondern beispielsweise auch in Seiten mit bezahlter politischer Tendenz, etwa der Migrationspropaganda.
Der Hauptgrund der Leserverluste war aber die Tatsache, dass es keine erkennbare Blattlinie mehr gab. Das wurde von vielen Lesern aus vielen guten Gründen als klarer Linksruck interpretiert. Dieser Positionierung zeugt angesichts der dichten Besetzung der linken Ecke im Medienmarkt nicht gerade von großer verlegerischer Weisheit. Diese Positionierung ließ viele Österreicher publizistisch heimatlos zurück (wovon ich als Chefredakteur der „Wiener Zeitung dann einige Jahre profitieren konnte, und jetzt durch die großen Leserzahlen dieses Tagebuchs).
Der neue, sehr junge Chefredakteur hat nun wieder das Wort „konservativ“ in den Mund zu nehmen gewagt. Das klingt prinzipiell sehr erfreulich und auch mutig. Das ist zugleich auch in Wahrheit die einzige Marktchance der Zeitung. In Österreichs Medienlandschaft fehlt ja nichts mehr als eine konservative Qualitätstageszeitung.
Eine solche gingt es in jedem entwickelten Land. In den meisten Märkten von Großbritannien über Frankreich bis zu den USA sind die konservativen Qualitätszeitungen sogar viel erfolgreicher als die linken. Daran ändert auch der von den linksgestrickten Auslandskorrespondenten erweckte gegenteilige Eindruck nichts, die ständig nur Le Monde, Guardian oder die New York Times hochjubeln und Daily Telegraph, Figaro oder Wall Street Journal meist mit Verachtung strafen.
Das Fehlen einer konservativen Qualitätszeitung in Österreich ist umso schmerzlicher bewusst geworden, seit der ORF zum reinen Rot-Grün-Sender geworden ist und seit sich auf einer ganz anderen Medien-Ebene, nämlich auf dem Boulevard, die einst konservative Kronen-Zeitung zu einer Faymann-PR-Zeitung entwickelt hat. Diese Entwicklungen haben übrigens auch dem Kleinformat und dem Staatsfunk viele Leser und Seher gekostet. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Zurück zur „Presse“: Zumindest vorerst muss man freilich noch intensiv zweifeln, ob die Wiederentdeckung des Wortes „konservativ“ durch den neuen Chefredakteur auch etwas mit der Realität zu tun haben wird.
Die Zweifel an einer positiven Antwort auf all diese Fragen sind groß, auch wenn man für deren richtige Beantwortung eigentlich nur die Meinungsumfragen und Leserpost gut studieren müsste. Aber bei jedem Versuch einer Änderung wird das linke Geheul in den Postings, in den Konkurrenzmedien, aber auch in der neuen Redaktionsmannschaft überlaut werden.
Die positiven Auswirkungen auf der Leserseite werden hingegen viel länger brauchen. Einmal vertriebene Leser kehren nämlich keineswegs auf den ersten Pfiff zurück. Wenn man nach Monaten und Jahren des täglichen Ärgers entdeckt hat, dass es auch ein Leben ohne „Presse“, ohne ein Zeitungsabo geben kann, wird eine Renaissance gar nicht so einfach.
Aber schauen wir halt einmal. Und gehen wir einmal davon aus, dass das Vokabel „konservativ“ überhaupt ernst gemeint und nicht nur ein leere Ankündigungsgeste gewesen ist. Jedenfalls aber können wir uns freuen, dass es zumindest wieder ohne Verachtung in den Mund genommen wird. Wenn auch offenbar erst unter dem Druck jahrelanger Leserreaktionen.
PS.: Diese kritische Sicht der letzten Jahre wie auch der skeptische Blick auf die Gegenwart ändert natürlich nichts an meinem bei Veranstaltungen oft geäußerten Befund, dass die „Presse“ in einigen Bereichen nach wie vor führend ist (in manchen sogar deutlicher als in früheren Epochen!): Das gilt für Wirtschaft, Recht, Außenpolitik, Wissenschaft und die (allerdings nicht mehr alle Veranstaltungen abdeckenden) Musik- und Theater-Rezensionen. In der Summe ergibt das aber freilich vorerst nur eine halbe Zeitung.
Mitt Romney hat nun seinen Vize-Präsidentschaftskandidaten fixiert. Und der dafür ausgewählte Paul Ryan ist ein Grund zu großer Freude: Denn er ist ein echter „Österreicher“.
„Österreicher“ heißt in den USA: Er ist ein Anhänger der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, wie sie insbesondere durch Friedrich Hayek und Ludwig von Mises, zwei gebürtige Österreicher, verkörpert wird. Die beiden und alle übrigen „Austrians“ finden in Zeiten wie diesen weltweit von Monat zu Monat mehr Anerkennung. In ihrer Heimat werden sie freilich weniger geschätzt, wo ja an vielen Universitäten und Wirtschaftsforschungsinstituten wie auch in SPÖ und Nationalbank die gescheiterte Schuldenphilosophie des Briten Keynes nach wie vor dominiert. Ryan kämpft im US-Kongress auf dieser geistigen Basis seit Jahren für das radikalste Reformprogramm der jüngeren Wirtschaftsgeschichte: Schuldenstopp, Zurückdrängen des Staatseinflusses, niedrigere Steuern, weniger Beamte, weniger Gesetze, Abbau des auch in Amerika immer stärker wuchernden Sozialstaates. Mit anderen Worten: Das ist ein Programm, das Amerika ungeheuer beleben würde, das dem Land wieder eine Blüte wie in den Jahren nach Ronald Reagan bescheren würde, bevor Bush junior und Obama auf die Verführungen des starken Staates hineingefallen sind. Ebenso sicher ist freilich auch, dass die Demokraten und linke Journalisten ab sofort ständig zur Verteidigung der Schuldenpolitik und zur Sicherung der Obama-Wiederwahl einen sozialen Kahlschlag bejammern würden. Als ob nicht gerade durch die staatsorientierte Obama-Politik die Arbeitslosenzahlen explodiert sind.
Es gibt sie also doch noch, die braven Staatsdiener, denen Korrektheit und Gesetzestreue mehr wert ist als das Buckeln vor einer ebenso mächtigen wie hemmungslosen Ministerin. Daher muss einem noch nicht ganz bange um die Republik sein. Auch wenn es ein haarsträubender Skandal ist, dass auf einen schwer belastenden Aktenvermerk einer Beamtin nicht sofort ein Rücktritt der dadurch bloßgestellten Ministerin gefolgt ist, wie es in jedem anständigen Land der Fall wäre. Auch wenn dieser Fall ebenso wie die neuesten Entwicklungen im Fall Faymann unglaubliche Fehlleistungen der Staatsanwälte zeigen.
Die zuständige Beamtin im Infrastrukturministerium der berüchtigten Doris Bures hatte eine sechsseitige „Evaluierung Ist-Situation Medienkooperationen“ verfasst. Das von den „Salzburger Nachrichten“ aufgedeckte Schreiben ist so brisant, dass der ORF mindestens sechs Mal die „Zeit im Bild“ damit aufgemacht hätte, wäre dadurch ein schwarzer oder blauer Politiker oder die katholische Kirche belastet worden (was keine der dortigen Affären relativiert).
Das Schreiben beweist, dass trotz aller angeblichen Antikorruptions-Reformen im Bereich öffentlicher Anzeigen die Sauereien im Bures-Ressort ungehindert weitergehen. Freilich habe ich ohnedies nie an einen Erfolg dieser Reformen geglaubt, hat doch dabei ausgerechnet Ober-Schlitzohr Ostermayer die Feder geführt.
Das Schriftstück zeigt: Bures und ihr unmittelbares Kabinett vereinbaren Inseratenaufträge auf direktem und mündlichem(!) Weg. Ohne jede Ausschreibung. Ohne jeden Versuch, die Inseratenschaltungen für den Steuerzahler billiger zu bekommen, wie es in jedem anständigen Unternehmen der Fall wäre, das Inserate schaltet.
Die Konsequenz: „Es gibt keinerlei thematische und budgetäre Planbarkeit.“ Und weiters wird festgehalten, Sektion und Fachabteilung werden „über das Thema der Einschaltung nicht informiert bzw. nicht in die Themenauswahl eingebunden. Eine Beurteilung der Fachsektion bezüglich Insertion ist mangels Einbindung während der Leistungserbringung nicht möglich.“
Der Schaden ist konkret: „Rabattmöglichkeiten werden nicht genutzt. Aufgrund der Einzelbeauftragungen können viele Rabatte nicht lukriert werden (auch weil das Verkehrsministerium mit verschiedenen Kundennummern bei ein und demselben Medium oftmals registriert ist)“. Diese Vorgangsweise entspreche nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit, betont die Beamtin. Das sind aber genau jene Verhaltensweisen, zu denen ein Minister eigentlich nach dem Gesetzeswortlaut verpflichtet wäre. Ansonsten begeht er Amtsmissbrauch.
Dazu kommt, dass laut dem Schriftstück der Beamtin insbesondere die Mediaprint ihre Angebote nur unvollständig und fehlerhaft übermittelt hat, dass beim Fellner-Verlag die Rechnungssummen nicht einmal unter Heranziehung der offiziellen Tariflisten nachvollzogen werden können. Folglich: „Die Voraussetzungen für ein Testat (sachliche und rechnerische Prüfung) in den Fachabteilungen sind derzeit nicht gegeben.“
Man glaubt, verheerender ginge es nicht. Doch man täuscht sich, wenn man die Stellungnahme des Ministerbüros liest. Das spricht nämlich frech von „einer persönlichen Bemerkung einer kleinen Beamtin“, deren Vorwürfe pauschal zurückgewiesen werden. Und ansonsten putzt sich das Ministerbüro am dazwischensitzenden Sektionschef ab: „Niemand hindert einen Sektionschef, alle Rabattmöglichkeiten zu nutzen. Wenn er das nicht tut, ist er säumig.“
Dieser Sektionschef selbst stottert gegenüber den SN dann nur noch hilflos herum: Die Zahlen würden so nicht stimmen. Was aber nicht stimmen soll, kann er freilich nicht darlegen. Und offenbar lässt er jetzt den Akt unerledigt abliegen. Ihn scheint einzig zu interessieren, wer die sechs Seiten weitergegeben hat. Halt das schlechte Gegenbeispiel eines anderen Beamtentyps.
Jetzt ist nur noch fraglich, warum die Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht schon tätig ist. Was sie ja bei einem Offizialdelikt von sich aus muss. Oder agiert dieses Gremium unter Führung eines grünen Expolitikers nur dann binnen weniger Stunden und unaufgefordert, wenn die Täter Kärntner sind und sich ein Grüner als Aufdecker profiliert?
Besonders aufpassen wird man jetzt aber auch müssen, wie sich der ja nie zimperliche rote Machtapparat an dieser Beamtin rächen wird.
Dieser Skandal wird bekannt, während sich der Vorgänger der gleichen Ministerin, ein gewisser Werner Faymann, verzweifelt aus den gegen ihn gerichteten Erhebungen der Staatsanwaltschaft herauszuwinden versucht. Hier mussten ja die sich sträubenden Staatsanwälte auf Weisung des Justizministeriums letztlich doch aktiv werden. In dieser Causa liegt nun ein erstes Gutachten vor, das Faymann angeblich entlastet. So berichtet es eine der von der SPÖ gesponserten Gazetten.
Am Hand dieses Gutachtens stößt man aber schon auf den nächsten Skandal, der der Öffentlichkeit noch gar nicht bewusst geworden ist. Die Staatsanwälte haben einen deutsch-schweizer Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Er sollte die dubiosen Anzeigenschaltungen Faymanns zu Lasten der ÖBB in der Krone bewerten. Das klingt nur scheinbar ok. Dabei hat man jedoch einen Mann ausgewählt, der ein Sachverständiger für Design, Produktion und Technik ist, also für völlig andere Bereiche der Medien!
Dessen Kompetenzen sind etwas ganz anderes als die inhaltliche und textliche Bewertung von Anzeigen sowie deren Werbewert. In etlichen dieser sogenannten Inserate wurden Leistungen der angeblich freiwillig zahlenden ÖBB gezielt heruntergemacht. Damit konnte der darüberstehende Minister dann als Ordnungsmacher dargestellt werden.
Bei der Bewertung dieser Fragen geht es also weder um Design und Layout noch um Druck und Computer, für die sich der gutachtende Diplomingenieur als Kenner ausgibt. Und wer glaubt, ein Medienexperte sei für alles zuständig und kann sich überall auskennen, was bei Zeitungen auf viele Spezialisten aufgeteilt ist, der wird beim nächsten Mal auch das Medium eines Hypnotiseurs mit einer Tageszeitung verwechseln, nur weil die halt auch ein Medium ist . . .
Jenseits dieser Gutachter-Affäre bleibt an Faymann beziehungsweise seinem Exekutor Ostermayer auch noch die schwere Verletzung des Aktiengesetzes picken. Die hat ja, wie im Grunde auch zugegeben wird, darin bestanden, dass sich Faymann als Vertreter des Eigentümers (denn Eigentümer der ÖBB ist nicht der Minister, sondern die Allgemeinheit!) in die Amtsgeschäfte des Vorstandes einmischt. Und von sich aus Inserate in Auftrag gibt.
Dazu kommt noch eine weitere schwere Rechtsverletzung – auch dieser dritte Skandal ist der Staatsanwaltschaft in seinen rechtlichen Konsequenzen freilich noch gar nicht bewusst geworden: Diese angeblichen Inserate waren nämlich in der Kronenzeitung optisch in keiner Weise als solche oder als PR gekennzeichnet, wie es das Mediengesetz verlangt. Sie sind vielmehr als rein redaktionell gestaltete und ausgewiesene Doppelseiten erschienen.
Damit haben die ÖBB aber für etwas bezahlt, für das sie laut Medienrecht gar nie bezahlen hätten müssenund dürfen. Ein Minister darf das schon gar nicht. Zu bezahlen sind nur Anzeigen beziehungsweise gekennzeichnete PR-Strecken. Das macht es aber zum glatten Amtsmissbrauch beziehungsweise zur Untreue, wenn für rein redaktionelle Seiten dennoch Unternehmensgelder der ÖBB ausbezahlt werden, obwohl es ja um einen angeblichen Anzeigenauftrag geht. Und sollte diese Falscherfüllung des Auftrags einverständlich passiert sein, darf ein Minister erst recht nicht mitspielen. Nur haben das alles die schlichten Staatsanwälte noch gar nicht begriffen.
Das alles soll also nun mit einem solchen läppischen Gutachten eines ausländischen Technikers vom Tisch gewischt werden. Die Staatsanwaltschaft ist freilich schon länger berühmt dafür – siehe die Causen Birnbacher und Meinl –, dass sie es zuerst mit skurrilen, aber in ihrem Sinn willfährigen Gutachtern versucht. In beiden Fällen ist sie erst später zur Heranziehung brauchbarer Gutachter gezwungen worden. In vielen anderen Fällen dürfte sie aber damit wohl schon unbemerkt davongekommen sein. Zum Schaden des Rechtsstaats.
In der Schweiz hat die (sozialistische!) Innenministerin eine erschütternde Studie über Zwangsheiraten präsentiert.
In den vergangenen zwei Jahren wurden dort rund 1400 junge Frauen von ihrer Umgebung zu einer Ehe oder zur Aufgabe einer Liebesbeziehung gezwungen. Zu diesem Schluss kamen Forscherinnen der Universität Neuenburg. So schmerzhaft wie diese Schicksale ist für den Österreicher die Frage, warum das österreichische Innenministerium keine solche Studie in Auftrag gibt und veröffentlicht. Weil man unangenehme Wahrheiten fürchtet, die Handlungsbedarf aufwerfen würden? Weil man wirklich glaubt, mit einer halben Ausländerpolitik (also mit der Beschränkung auf die an sich lobenswerten Themen Spracherwerb und Leistung) alle negativen Seiten der Massenmigration aus Drittwelt-Ländern übertünchen zu können? Weil irgendwelche kaum gelesenen Linksblättchen vom Falter bis zum Profil daraus sofort wieder einen „Rassismus!“- oder „Islamophobie!“-Vorwurf machen würden? Oder weil man in Österreich ohnedies keine Wissenschaftler mehr findet, die halbwegs objektiv an ein politisch unkorrektes Thema herangehen?
PS.: Warum sich die linken Feministinnen mit Ausnahme der Deutschen Alice Schwarzer für die wirklichen Frauenverfolgungs-Themen nicht interessieren, brauchen wir wohl gar nicht zu fragen . . .
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Die EU steckt in einer Krisen und bis dato sind alle Versuche fehlgeschlagen, sie in den Griff zu bekommen. Dies liegt zum Teil daran, dass die Entscheidungsfindung in der EU kompliziert ist. Naturgemäß sind die Interessen von 27 Ländern überaus verschieden. Durch die komplexe Lage ist es daher fast unmöglich rasch und effizient auf Krisen zu reagieren. Nun hat der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der selbst lange Mitglied der EU-Kommission war, vor einem Zerfall der EU gewarnt, falls der Euro scheitert und den Regierungen empfohlen, sie sollten sich die Handlungsfreiheit gegenüber den nationalen Parlamenten bewahren. Ein Aufschrei war die Folge und Monti musste wenige Stunden nach Veröffentlichung seiner Äußerung einen Rückzieher machen. Wobei Monti in seiner Analyse durchaus Recht zu geben ist. Er warnte vor einer schleichenden Entsolidarisierung und vor allem einem Wiederauferstehen des Nationalismus. Der wurde nie wirklich überwunden und ist wieder stark spürbar In Form der Ressentiments, die im Zuge der Finanzkrise zwischen den Nord- und Südländern aufgelebt sind. Eine Entmachtung der nationalen Parlamente als Rezept gegen die Krise, wie sie Monti vorschlägt, ist allerdings bei weitem zu kurz gedacht. In Wahrheit ist es die Geheimpolitik der Staats- und Regierungschefs, die sich wie Kurfürsten aufführen, die das Projekt Europa gefährden. Der EU-Rat müsste durch einen weiteren Ausbau der Rechte des Europäischen Parlaments besser kontrolliert und seine Entscheidungen demokratisch lückenlos legitimiert werden. Die nationalen Parlamente sind dazu nur bedingt in der Lage. Darüber hinaus müsste es zur Direktwahl des Präsidenten der EU-Kommission kommen. Europa steht am Scheideweg. Es hat die Wahl zwischen einer Renationalisierung oder begibt sich auf den Weg zur politischen Union. Diese wird jedoch ohne starke demokratische Instrumente auf europäischer Ebene nicht möglich sein.
Andreas Unterberger
Natürlich machen Parlamente viel Unsinn. Meist tun sie das freilich unter Mitwirkung von Regierungen. Sollten aber Regierungen künftig ohne diese Parlamente Politik machen können, bedeutet das ein Ende von Rechtsstaat und Demokratie. Denn nur über die Parlamente können die Wähler mitsprechen. Denn nur die Parlamente können Gesetze machen.
Sollten Regierungen die Parlamente in der Europapolitik künftig ignorieren dürfen, werden sie es im Handumdrehen überall machen. Alles ist ja schon irgendwie europäisch. Die Entmachtung der Parlamente heißt in Wahrheit: Die Machthaber können wieder, wie einst in Diktaturen und im Feudalismus, ohne Rücksicht auf Bürger und Gerichte agieren. Sie brauchen sich nicht mehr an die Gesetze zu halten, knebeln aber das Volk zugleich immer mehr durch immer mehr Vorschriften. Dieser Vorschlag von Mario Monti und Hannes Swoboda führt nichts anderes als das System Putin ein.
Bemerkenswert, dass solche Ideen vor allem auf der Linken Sympathien finden. Aber im Grunde ist das logisch: Denn jetzt ist das Ende der Schuldenpolitik erreicht, mit der jahrzehntelang das linke Traumgebilde des Wohlfahrtsstaats ermöglicht worden ist, mit der immer neue Ausgaben zur Wählerbestechung finanziert worden sind.
Das Platzen der Blase empört nun die Wähler. Sie erkennen, dass diese Schuldenpolitik, dass das Drucken von Billionen ungedeckter Euros zur Finanzierung der unheilbaren Misswirtschaft Griechenlands oder Süditaliens ihre persönlichen Ersparnisse vernichtet, ob nun durch Inflation oder durch Substanzsteuern. Zugleich wagen (zumindest in Deutschland) die Höchstrichter auf Gesetze und Verträge zu pochen. Da sich die Exponenten der Schuldenpolitik das Scheitern des eigenen politischen Lebenswerks nicht eingestehen wollen, möchten sie lieber die Wähler entmündigen. Und zugleich Richter und Gesetze.
Plötzlich musste man ja glauben, der ORF sei über Nacht zum objektiven Medium geworden, das sich wieder wie vor langer Zeit um journalistische Standards bemüht: Die „Zeit im Bild“ berichtete ganz unerwartet über die Korruptionsvorwürfe gegen Werner Faymann, die sie bisher ja fast total totgeschwiegen hatte.
Doch bald war alles klar: Einen Tag, nachdem andere Medien – natürlich nicht der ORF – über Vernehmungsprotokolle zu peinlichen Inseratengesprächen Faymanns mit dem einstigen Krone-Chef Dichand berichtet hatten, musste der Parteisender ganz offensichtlich jetzt einen Entlastungszeugen präsentieren. Und der ORF fügte gleich eine Attacke auf die Justizministerin hinzu, weil es diese gewagt hatte, eine genauere Recherche der Faymann-Causa in Auftrag zu geben.
Dazu wurden als Illustration aus den damaligen pseudoredaktionellen Faymann-PR-Artikeln der Kronenzeitung solche Seiten gezeigt, auf denen die zur Bezahlung der Zeche gezwungene ÖBB noch gut weggekommen ist. Hingegen gab es keinen Blick auf jene Seiten, auf denen die Bahn - beispielsweise wegen ihrer Verspätungen - lächerlich gemacht worden ist.
In der gleichen Sendung wurde pikanterweise groß über die Debatte berichtet, dass Politiker künftig schon beim Beginn staatsanwaltschaftlicher Erhebungen gegen sie zurücktreten sollen (was ich übrigens für einen rechtsstaatlichen Unnsinn halte, der die Opposition der Willkür von weisungsgebundenen Staatsanwälten preisgibt; aber das sei heute nur am Rande angemerkt). Dazu werden von der ZiB einige Namen genannt, die da zurücktreten müssten. Ganz, ganz zufällig fielen den ORF-Politruks da nur Personen aus der rechten Reichshälfte ein. Und nicht die Namen Faymann, Ostermayer, Schmied und Darabos.
Ganz zufällig wird auch der interessante Hintergrund des nun präsentierten Entlastungszeugen verschwiegen, der einst noch als Belastungszeuge gegen Faymann firmiert hatte. Dieser hatte nämlich nach seinem Hinauswurf massive finanzielle Auseinandersetzungen mit den ÖBB gehabt, von denen man aber seit einiger Zeit schlagartig nichts mehr hört. Sollten seine Forderungen vielleicht inzwischen gar in aller Vertraulichkeit erfüllt worden sein? Und gibt’s da vielleicht die üblichen Nebenabreden des Stillschweigens?
Eine ZiB später zeigte sich gleich noch eine Überraschung, die aber ebenfalls nur eine scheinbare war. Denn in dieser Sendung wurde ein ÖVP-Politiker völlig sachlich, geradezu hofjournalistisch interviewt. Er durfte ausreden und wurde kein einziges Mal unterbrochen. Diese Gunst war schwarzen oder blauen Politikern seit Jahren nicht mehr zuteil worden. Dann aber erinnerte man sich, dass der Interviewte schon mehrfach als Mehrheitsbeschaffer für die rote ORF-Führung bereitgestanden ist. Es war nämlich Erwin Pröll. Solche Pröll-Auftritte möchte wohl jeder Politiker im Fernsehen bekommen.
Hätte ich Geld, würde ich nun etliches darauf verwetten, dass die SPÖ für ihre Pläne, den ORF zu einer Übersiedlung zu zwingen, nun bald auch die Unterstützung aus Niederösterreich bekommen wird. Jedenfalls noch vor der Niederösterreich-Wahl.
Oh, du alte Journalisten-Unabhängigkeit, wohin bist zu entschwunden …
PS.: Immer öfter bekomme ich übrigens den Eindruck, dass bei Servus-TV der gute alte Qualitäts-Journalismus ein erfreuliches Comeback feiert. Ganz unspektakulär, damit in Wahrheit umso spektakulärer. Schauen wir mal. Es muss ja nicht immer alles schlechter in der Welt werden.
PPS.: Relativ unfassbar ist hingegen, dass Michael Spindelegger der Hetzschrift „News“ ein Interview gegeben hat. Hat doch das Heft in der Vorwoche in plakativer Manier das Begräbnis der ÖVP verkündet, wie wenn es schon direkt in der Löwelstraße produziert würde. Aber offenbar muss man der ÖVP nur kräftig genug auf den Kopf machen, damit sie einem dann die Schuhe küsst.
In Krisenzeiten wird oft die Erkenntnis bemüht, dass Gläubiger Geiseln ihrer Schuldner seien. Das stimmt auch in etlichen Fällen, wie etwa jenem Griechenlands.
Dennoch sollte man sich im Klaren sein: Im Normalfall liegt die Macht bei den Gläubigern. Diese haben eine bei Staatsanleihen für Regierungen besonders unangenehme Eigenschaft: Man kennt sie nicht. So weiß die Republik Österreich nur, dass rund 80 Prozent ihrer Anleihen in ausländischen Händen sind. Aber zu welchen Körpern diese Hände gehören, ist weitgehend unklar. Ausländische Zentralbanken? Amerikanische Pensionsfonds? Ölscheichs? Chinesische Staatsfonds? Russische Oligarchen? Kommerzbanken? Private Anleger?
In der gleichen Situation befindet sich der scheinbar mächtigste Staat Europas, die Bundesrepublik. Sie wird zwar von aller Welt derzeit als der bequemste Geldautomat behandelt. Aber zugleich steht Deutschland selbst mit gewaltigen 1,1 Billionen Euro in der Kreide. Das ist mehr Geld, als für den so umstrittenen Rettungsfonds ESM vorgesehen ist. Aber wer hält diese Forderungen?
Das ist keineswegs irrelevant. Denn auch bei festverzinslichen Papieren mit fixen Rückzahlungsdaten können Gläubiger die Zinsen gewaltig in die Höhe treiben, wenn sie die Papiere vorzeitig massenweise auch zu einem schlechten Preis verkaufen. Höhere Zinsen für alte Obligationen erhöhen automatisch auch jene für neue. Zum Glück sind Gläubiger meist nicht daran interessiert, ihre Forderungen mit Verlust zu verkaufen. Sie schaden sich ja selber, wenn sie gezielt einem anderen Staat schaden. Dennoch sollte man auch diese Möglichkeit nicht ganz ausschließen: Sollte etwa China einmal ob allzu scharfer Kritik eines anderen Staates an seiner Menschenrechtspolitik zürnen, dann könnte man das sehr bald an den Anleihen-Kursen ablesen. Viel häufiger kommt mit ähnlicher Wirkung vor, dass ein großer Gläubiger oder viele kleine gleichzeitig Bargeld brauchen. Oder dass sie das Vertrauen in einen Schuldner verlieren und lieber schnell mit Verlust verkaufen, als das eigene Risiko noch weiter zu erhöhen.
Jede Angabe, wer die deutschen oder österreichischen Anleihen hält, ist aber auch deshalb unzuverlässig, weil sie im Schnitt jährlich mehr als fünf Mal den Besitzer wechseln. Einem Schweizer Politiker ist nun dieser Tage die Information entschlüpft, dass die Schweizer Nationalbank rund 100 Milliarden an deutschen Anleihen halte, womit sie vermutlich Deutschlands größter Einzelgläubiger sein dürfte. Das klingt auf erste beruhigend. Sind doch die Schweizer seriöse Partner. Aber selbst da ist die Machtfrage relevant: Kämpfen doch Bern und Berlin ganz heftig wegen des Ankaufs gestohlener Schweizer Bank-Daten durch deutsche Steuerfahnder. Wenn deren Methode Schule machen sollte, bedeutet sie zweifellos Großalarm für die Schweizer Banken. Was natürlich auch der Notenbank nicht egal wäre.
Man sieht: Nicht einmal die Schweiz ist ein perfekter Gläubiger. Perfekt ist es nur, gar keine Gläubiger zu haben . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die SPÖ versucht, sich langsam von ihrer absurden Universitätspolitik (Gratisstudium für jeden ohne irgendwelche Aufnahmehürden) zu verabschieden. Genauer gesagt: Die klügeren – und die weniger opportunistischen – Sozialdemokraten versuchen das. Das ist sehr lobenswert. Aber auch dabei präsentieren sie zum Teil unsinnige Vorschläge, die zeigen, dass die SPÖ auf Steuererhöhungen so versessen ist wie Radrennfahrer auf das Doping.
Denn jede Idee einer Akademikersteuer für besser verdienende Uni-Absolventen ist aus mindestens acht Gründen, auf die man bei ein wenig Nachdenken stößt, eine Dummheit:
Aber den Sozialdemokraten fällt halt offenbar nie etwas anderes ein als immer noch mehr Steuern. Statt dass sie endlich über ihren lähmenden Schatten springen und ohne große politische Pfauenräder, ohne bürokratische Regulierungsversuche, ohne ideologische Denkverbote die Menschen immer genau für das zahlen lassen, was diese konsumieren. Also etwa für eine akademische Ausbildung.
Bei allem, was man heute zu Recht an Kritischem, auch Bösem über Jörg Haider sagen kann und muss: Mit der nun versuchten Geschichtsdarstellung darf man H.C.Strache nicht durchkommen lassen.Er und viele andere – insbesondere Kärntner – Freiheitliche haben einst FPÖ-intern ganz sicher nicht deshalb geputscht, weil sie Haidersche Korruptionsakte entdeckt oder sich darüber empört haben. Der Grund war ganz eindeutig ein ganz anderer: Sie haben den staatstragend-unpopulistischen Kurs der damaligen Regierungsverantwortung nicht mehr ertragen. Vom Kauf von Abfangjägern angefangen bis zur Pensionssanierung zeigte das dritte Lager zumindest damals, dass es eigentlich die bequeme Oppositionsrolle des ständigen Nein-Sagens viel lieber hat als die notwendigen Begleiterscheinungen des Regierens. Dabei hatte sich das Team von Susanne Riess-Passer dieser Aufgabe trotz militanter Anfeindungen anfangs ja mit eindrucksvollem Erfolg gestellt.
Diese innere Verweigerung ist eine große Tragödie für Österreich. Daran trägt natürlich auch das ständige lächerliche Nazi-Geschrei von Medien und politischen Konkurrenten in Hinblick auf die FPÖ eine Mitschuld. Es ist jedenfalls ganz objektiv gesehen extrem destruktiv, wenn eine politische Machtstruktur durch den fremd- wie selbstverursachten Ausschluss eines Lagers nicht dem normalen demokratischen Wechsel ausgesetzt ist.
Tatsache ist, dass auch Haider selbst nicht sehr glücklich über die Auswirkungen der von ihm gewählten Regierungsbeteiligung auf die FPÖ war. Er zeigte sich in jenen Jahren als Inbegriff eines politisch Zerrissenen. Während Riess regieren wollte, Strache und die Kärntner opponieren, war Haider einmal so und einmal so gelaunt.
Aber Tatsache bleibt ebenso auch: Von Erregung über Korruption – oder auch nur von Wissen um einschlägige Vorfälle rund um die Herrn Meischberger bis Scheuch – war nie die Rede. Weder in Knittelfeld noch dann bei der eigentlichen Parteispaltung.
Strache versucht halt jetzt dennoch diesen Eindruck zu erwecken. Wenn die Linke ständig die Geschichtsschreibung manipuliert, so wird’s die Rechte ja auch noch dürfen.
Völlig recht hat der FPÖ-Chef hingegen mit seinen vom ORF kontinuierlich abgedrehten und von den Medien zu Tode ignorierten Hinweisen auf die Straffälle Faymann, Schmied und Ostermayer. Niemand kann mit objektiven Maßstäben erklären, weshalb ständig als Folge von Straferhebungen nach Neuwahlen in Kärnten gerufen wird, während die mindestens ebenso gravierenden Erhebungen auf Bundesebene als irrelevant behandelt werden.
Doch die Menschen spüren diese Ungleichbehandlung. Daher dürfte auch diese Affäre letztlich den Freiheitlichen nur marginal schaden. Wenn die anderen so überziehen, so unterschiedliches Maß anwenden, werden sich die Blauen bald wieder als Medienopfer gerieren können.
Die Kärntner ÖVP zeigt hingegen, wie fromm sie ist: Ständige kollektive Selbstzerknirschungen, öffentliche Beichten und Schuldbekenntnisse wegen der Nehmerqualitäten des Herrn Martinz sind wohl nur durch eine sehr starke katholische Prägung zu erklären. Besonders der Ruf nach sofortigen Neuwahlen zeigt einen ausgeprägten Hang zur Selbstbestrafung, ohne dass dahinter auch nur das geringste parteitaktische Kalkül zu erkennen wäre. Denn derzeit würde die ÖVP in Kärnten mit Sicherheit schwer verlieren (so wie die dortigen Blauen). Dazu denkt sie sich offenbar: „Geschieht uns recht. Und je schneller und schwerer die Strafe ist, umso besser.“
Der normale politische Reflex in solchen Situationen wäre zweifellos das Gegenteil: Zeit gewinnen, nach einem Mega-Erdbeben tief durchatmen, die Partei wieder sauber aufstellen, eine inhaltliche Perspektive entwickeln, und ein wenig Gras über die Affäre wachseln lassen. Oder glaubt die ÖVP gar, dass ihr exhibitionistischer Masochismus am Ende doch von den Wählern belohnt wird? Nach dem Motto: „Drei Vaterunser“ und dann ist alles wieder gut.
Alles was ich übers politische Handwerk gelernt habe, führt freilich zu dem gegenteiligen Schluss: Die Steher- und Leugner-Qualitäten eines Herrn Faymann oder Dörfler haben im Vergleich zur schwarzen Antwort zumindest im Diesseits viel bessere Gewinnchancen. Oder zumindest Überlebensperspektiven.
Europas Bürger erkennen zunehmend, dass in den nächsten Jahren ein gewaltiger Raubzug auf ihr Erspartes stattfinden wird, sei es durch konfiskatorische Steuern, sei es durch Inflation. Tertium non datur, sagen die Lateiner. Eine dritte Möglichkeit ist denkunmöglich. Etwas noch viel Schlimmeres haben die Bürger aber noch nicht erkannt: Es läuft gleichzeitig auch eine Attacke auf Demokratie und Rechtsstaat. Mit dieser Attacke werden noch viel wertvollere Güter zerstört als „nur“ jene Ersparnisse, mit denen die Babyboomer-Generation ihr eigenes Alter finanzieren wollte.
Diese Generalattacke ist zuletzt etwa in unverblümten Forderungen des italienischen Ministerpräsidenten Monti offenkundig geworden. Er verlangt öffentlich, dass sich die Regierungen der EU-Staaten nicht mehr „vollständig durch die Entscheidungen ihrer eigenen Parlamente binden“ lassen. Die Regierungen müssten vielmehr „Handlungsfreiheit“ gewinnen.
Das ist nun ebenso ungeschminkt wie skandalös. Diese Aussagen sind umso bedenklicher, als sie von einem Mann kommen, den man bisher für integer und korrekt gehalten hat. Wenn schon ein Monti so offen autoritär spricht, wie viel intriganter und undemokratischer muss dann der Geist bei den vertraulichen Diskussionen der EU-Regierungschefs sein, wo beispielsweise auch Putschisten wie der rumänische Ministerpräsident mit am Tisch sitzen!
Was Monti verschweigt: Wenn die Regierungen nicht mehr “vollständig“ an die Parlamente gebunden sind, dann sind sie auch nicht mehr an die Wähler gebunden. Und dann sind sie auch nicht mehr an die Gesetze gebunden, welche die Parlamente beschlossen haben. Sie wollen „legibus solutus“ sein – um noch ein letztes Mal zur Sprache der alten Römer zu greifen –, also frei von der Bindung an Gesetze. So wie einst die römischen Cäsaren waren. Oder so wie die Herrn Haider, Martinz und Scheuch glaubten zu sein.
Diese Freiheit für die Regierungen heißt freilich nicht, dass sich parallel auch die Freiheit der Bürger erhöhen würde. Diese wird ganz im Gegenteil von einer immer enger werdenden Diktatur der Politischen Korrektheit eingeschnürt. Die pikanterweise ebenfalls von der EU ausgeht.
So hat eine von allen guten Geistern verlassene Staatsanwaltschaft jetzt einen Salzburger unter anderem deshalb angeklagt, weil er bei Facebook zu islamkritischen Äußerungen ein „gefällt mir“ angeklickt hat. Zum Glück wehren sich so wie in diesem Fall häufig noch unabhängige Richter gegen diese Attacken auf die Meinungsfreiheit und die universelle Anwendung des Strafbestands der „Verhetzung“.
Vor dessen Verschärfung ist ja gerade in diesem Tagebuch intensiv gewarnt worden. Sie ist aber dennoch unter Verweis auf EU-Entscheidungen weitgehend in die Gesetzesbücher aufgenommen worden. Schuld daran war primär die linke Sozialistin Maria Berger, die in der EU der Beschneidung der Meinungsfreiheit zugestimmt (und in Österreich die Sache geheimgehalten) hat. Mitschuld sind aber auch die beiden folgenden schwarzen Ministerinnen, die der Übernahme dieses Knebelungsparagraphen keinen merkbaren Widerstand entgegengesetzt haben.
Zurück zu Montis Forderung: Auch in der Wirtschaftskrise der 30er Jahre sind von faschistischen, kommunistischen, nationalsozialistischen Bewegungen die Parlamente als „Quatschbuden“ hinweggefegt worden. Das hat in der Folge Demokratie und Rechtsstaat vernichtet. Und nichts anderes steht jetzt in diesen Wochen auf dem Spiel – auch wenn uns allen die Ablenkung durch olympische Spiele viel sympathischer erscheint.
Eine Sprengung von Demokratie und Rechtsstaat bedeuten aber auch die in auffälligem Gleichklang dieser Tage von den Chefs der deutschen und österreichischen Sozialdemokraten erhobenen Forderungen nach einer radikalen Vergemeinschaftung der nationalen Schulden. Sigmar Gabriel verlangt diese Schuldenunion auf direktem Weg (und lässt sich dabei vom „Finanzexperten“ Jürgen Habermas unterstützen); Werner Faymann tut dies auf einem substanziell nicht sehr unterschiedlichen Weg, indem er unbegrenzte Kreditmöglichkeiten des „Rettungsfonds“ ESM bei der Europäischen Zentralbank verlangt. Was genauso eine Vergemeinschaftung der Schulden bedeutet.
Gabriel träumt davon, dass man die einzelnen Staaten im Gegenzug zu einer strengen Haushaltsdisziplin zwingen könnte. Nur: Diese Disziplin stand schon in den Maastricht-Kriterien festgeschrieben und wurde fast ständig und fast von allen Mitgliedsstaaten ignoriert. Das wird mit absoluter Sicherheit auch in Zukunft geschehen. Denn keine Regierung Europas lässt sich die politische Gestaltung entwinden. Aber ohne direkten und brutalen Eingriff einer solchen Schuldengemeinschaft bei Schlüsselfragen wie Pensionsalter, Studiengebühren, Sozialleistungen, Förderungen usw. (also praktisch allen Themen, welche die nationale Politik bewegen) kann sich keine Haushaltsdisziplin ergeben.
Die von Gabriel&Co vorgeschlagene paneuropäische Haftung für all diese Geldverschwendung bedeutet eine völlige Ausschaltung der Budget- und Steuer-Hoheit der nationalen Parlamente. Sie bedeutet eine ebenso gravierende wie stillschweigende Gesamtänderung der österreichischen Verfassung. Eine solche wäre eigentlich nur auf dem Weg einer Volksabstimmung möglich. Interessanterweise verschweigen sich dazu die sonst so mediengeilen Mainstream-Juristen komplett, die sogar bei der harmlosen Einführung von verpflichtenden Volksabstimmungen nach Volksbegehren vor einer Gesamtänderung gewarnt haben.
Die Politiker erkennen, dass sie den Schuldenkurs nur noch bei einer weitgehenden Ausschaltung der Demokratie realisieren können. Die Bürger in Europas Nordländern spielen nämlich nach drei Jahren Verwirrungspolitik nicht mehr mit. Das zeigte etwa die jüngste Repräsentativumfrage von Imas: Denn bei dieser nannten die Österreicher unter jenen Punkten, die sie besonders beunruhigen, eine Sorge deutlich am häufigsten: „die Folgen der EU-Krise (Griechenland etc.) für Österreich“. Diese verängstigt sie weit mehr als die Stichworte „Korruption“ oder Dutzende andere Besorgnisse. Dabei widmen die Mainstream-Zeitungen seit Monaten der Korruption viel mehr Platz als der Schuldenkrise.
Die Bürger haben erkannt, warum es geht. Die Politik will aber dennoch auf ihrem Kurs weiterfahren und umgeht dabei zahllose Rechtsvorschriften.
So hat sie die präzisen Maastricht-Regeln mit ihren Defizit- und Schuldengrenzen ständig und brutal verletzt. So haben die EU-Regierungschefs schon das auf allerhöchstem Rechts-Level einbetonierte No-Bailout-Verbot einfach ausgehebelt (es hatte die Übernahme von Schulden einzelner Mitgliedsstaaten durch andere Staaten, EU oder EZB strikt verboten). So hat sich die Zentralbank wider ihrem diesbezüglich eindeutigen Statut um Hunderte Milliarden wackelige Anleihenpapiere aus südeuropäischen Staaten andrehen lassen.
Bei all diesen durch die faktische Macht der Politik ignorierten Rechtsregeln geht es aber genau um den Kern jener Bedingungen, die Länder wie (vor allem) Deutschland zur Vorbedingung eines Beitritts zur Währung gemacht haben. Dass diese glasklar verankerten Bedingungen einfach durch die Hintertür entsorgt wurden, ist der schlimmste politische und rechtliche Betrug der Nachkriegszeit.
Alle Finanzexperten wissen, dass die EZB bei korrekter Bilanzierung und Offenlegung aller Risken eigentlich pleite wäre. Aber korrekt bilanzieren muss ja nur der kleine Kaufmann, nicht die mächtigste Finanzinstitution des Kontinents. Dort wird vieles geheimgehalten.
Das alles ist wirtschaftlich verheerend, auch wenn es Regierungen, Mainstream-Medien und interessierte Kreise immer als Erfolg darstellen, sobald durch neue Schaffung von Papiergeld der akute Ausbruch der schon längst gegebenen Insolvenz wieder ein paar Wochen hinausgeschoben wird. Aber die Tatsache, dass all diese Rechtsbrüche noch nie von einem europäischen oder österreichischen Höchstgericht auch nur behandelt worden sind, ist noch viel übler. Wenn einmal das Vertrauen ins Rechtssystem zertrümmert worden ist, dann ist eine Gesellschaft auf viele Jahrzehnte kaputt.
Die Richter werden vielfach oft vor vollendete Tatsachen gestellt. In Österreich kann der Verfassungsgerichtshof etwa über den verantwortungslosen ESM-Beitritt überhaupt erst dann zu beraten beginnen, wenn dieser schon Realität ist, wenn er aber auf Grund des internationalen Rechts gar nicht mehr gekündigt werden kann. Und der Europäische Gerichtshof kann in den heikelsten Fragen nur dann aktiv werden, wenn ihn eine Regierung einschaltet. Aber keine Regierung wird gegen das klagen, was ihr Regierungschef oder ihre Minister selbst mitbeschlossen haben.
Die Richter sind aber ohnedies froh, nicht entscheiden zu müssen. Wird ihnen doch von Regierungen und Mainstream-Medien ständig Angst eingejagt, dass ein Veto gegen das ständige Nachschütten von Geldern in das bodenfreie Schuldenfass schlimme Folgen hätte. Was ja an sich auch stimmt: Denn bei einem Griechenland-Bankrott müsste die EZB von den Mitgliedsstaaten viele Milliarden einfordern, weil sie dann die Wertlosigkeit der griechischen Anleihen in ihren Tresoren endlich eingestehen müsste. Verschwiegen wird freilich, dass das ständige Nachschütten beziehungsweise Verschweigen noch viel dramatischere Folgen haben wird. Wenn auch erst einige Monate, im besten Fall zwei oder drei Jahre später.
Einzig das deutsche Oberstgericht in Karlsruhe hat nun die Möglichkeit, sich mit einiger Wirksamkeit der fundamentalen Zerstörung von Demokratie und Recht entgegenzustellen. Der parteiunabhängige deutsche Bundespräsident hat – im Gegensatz zum österreichischen – mutigerweise mit der Unterzeichnung des irreversiblen ESM-Vertrags zugewartet, bis die Richter dazu grünes Licht geben. Das hat die Berliner Regierung natürlich erzürnt. Das gibt aber Hoffnungen.
Allerdings hat sich auch Karlsruhe schon mehrfach den von der Politik hergestellten faktischen Zwängen gebeugt. Mehrfach haben die dortigen Richter schon bei Änderungen des EU-Rechts gesagt: Bis hierher und nicht weiter! Weiter dürfe die Einschränkung der nationalen und parlamentarischen Rechte nicht gehen. Und dann ging es beim nächsten Mal halt doch wieder ein großes Stück weiter. Die Richter haben in ihrer Ängstlichkeit nie das große Nein gewagt.
Also überwiegt auch diesmal die Skepsis. Dabei müssten intelligente Richter zweifellos wissen, dass es längst um Demokratie und Rechtsstaat und nicht mehr „nur“ um den Euro geht.
Da kann man dem deutschen Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof nur zustimmen, wenn er jetzt schreibt: „Die EU steckt in der Krise, weil Recht missachtet wurde. Und wir spielen weiter mit dem Feuer: Eine Instabilität des Rechts wiegt schwerer als eine Instabilität der Finanzen.“ Deutlich weist er auch alle jene Sonntagsredner zurück, die die Schuldenpolitik als Friedenswerk verteidigen. Das Gegenteil ist wahr: „Ohne Recht gibt es keinen Frieden.“
PS: Bezeichnendes Detail am Rande: Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben auch anderswo ein gebrochenes Verhältnis zum Recht. Sie nehmen in diesen Tagen sogar den Putsch im Mitgliedsland Rumänien weitestgehend tatenlos hin. Bis auf ein paar lendenlahme Erklärungen zeigt man sich gegenüber den rumänischen Putschisten hilflos. Dort hat die Regierung den Präsidenten einfach suspendiert. Sie setzt Höchstrichter massiv unter Druck und will nun im Nachhinein ein von ihr selbst durchgeführtes und dann verlorenes Referendum über die Präsidentenabsetzung für ungültig erklären. Sie will die von der Regierung selbst erstellten Wählerlisten nachträglich ändern. Solche Methoden und deren Ziele sind seit dem Berliner Reichstagsbrand allzu gut bekannt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Auf Wiens Straßen herrscht längst das Faustrecht. Die Rathaus-Grünen versuchen die angespannte Situation mit immer neuen Schnapsideen weiter eskalieren zu lassen. Das wird offensichtlich sogar schon dem Bürgermeister zu viel. Statt einer echten Lösung fällt ihm freilich gleich wieder nur eine Abcash-Aktion ein.
„Nüchtern“ will Michael Häupl das Radfahrer-Problem betrachtet haben. Und dabei kam er auf das Nummerntaferl für Fahrräder. Auf den ersten Blick könnte man darin ein zartes Aufkeimen von Einsicht zu erkennen glauben. Denn die „Verkehrspolitik“ seiner grünen Machterhalter besteht ja nur daraus, den Autofahrern durch immer neue Radler-Privilegien das Leben so schwer zu machen, dass sie vielleicht doch einmal ihr Vehikel lieber verschrotten, als sich täglich von Pedalrittern in Gefahr bringen zu lassen.
Die Unfallstatistik zeigt, dass der Blutzoll wächst. Fahrradunfälle mit Verletzten haben binnen Jahresfrist um zehn, mit Toten um 31 Prozent zugenommen – während die Zahl der Unfälle in der Verkehrsstatistik insgesamt rückläufig ist. Da muss etwas geschehen.
Denn eines ist mittlerweile allen klar: Zu viele Radfahrer halten sich nicht an die Verkehrsregeln.
Für den grünen Fahrradbeauftragten Martin Blum ist das weiter kein Problem, weil sich seine Schützlinge, wie er unlängst zu Protokoll gab, „ohnehin schon viel mehr an die Regeln halten, seit sie ernst genommen werden“.
Der Bürgermeister hat, wie gesagt, die nüchterne Nummerntaferl-Idee. Da gibt es dann Verwaltungsabgaben und Strafmandate.
Wirklich?
Wofür sollen Radfahrer Strafmandate bekommen? Wir haben mittlerweile die Straßenverkehrsordnung zu ihrem höheren Wohl so oft verändert, dass sie sich kaum mehr unsinnige Rechte nehmen müssen, weil sie ohnehin schon fast alle haben.
Den Vertrauensgrundsatz hat man auf diese Weise längst in einen immer zu beachtenden Misstrauensgrundsatz umgeändert. Denn auf was soll man denn noch vertrauen, wenn man immer darauf gefasst sein muss, dass in jeder Einbahn ein Radler gegen die Fahrtrichtung zischen darf. Oder sich bei jeder roten Ampel ein paar Räder in die Poleposition drängen, um dann so schlingernd los zu geigeln, dass kaum ein Auto noch die Grünphase nützen kann.
Es gibt nur einen einzigen Ausweg aus dieser ebenso unerfreulichen wie gefährlichen Situation: Die Verkehrspolitiker müssen wieder dafür sorgen, dass die gleichen Gesetze für alle Verkehrsteilnehmer gelten. Dann und nur dann wären auch Nummerntaferln für Fahrräder eine sinnvolle Maßnahme.
In anderen Städten ist das längst passiert. Auch in Straßburg beispielsweise hat man geglaubt, Radfahrern alles erlauben zu müssen, damit die umweltfreundliche Art der Fortbewegung populär wird. Doch dann hat man bemerkt, dass daraus ein lebensgefährliches Chaos entstanden ist. Und hat die Verkehrsregeln wieder für alle in gleicher Weise bindend gemacht. Die Folge ist ein gut funktionierendes Miteinander auf der Straße – ohne dass es durch den Verlust der unsinnigen Privilegien weniger Radfahrer gibt.
Gleiches Recht für alle – das wäre doch das kleine verkehrspolitische Einmaleins, das es zu beachten gilt. Aber so funktioniert das grüne Träumen nicht – grünes „Denken“ wäre da ein falsch gewählter Begriff. Wenn die Planungsstadträtin Megastau-Verursacher wie Baustellen-Sommerchaos und regelmäßige Ringstraßen-Sperren als verkehrsberuhigende Maßnahmen freudig begrüßt, wenn sie das ohnehin nicht vorhandene Steuergeld nicht nur in sinnlose Rad-Highways (allein die Hasnerstraße in Ottakring dahingehend umzugestalten, hat 460.000 € gekostet!), sondern jetzt auch noch in irrwitzige Fußgänger-Highways pumpen will, dann hat das mit Verkehrspolitik nichts zu tun.
Das ist organisierter Wahnsinn auf Steuerzahlers Kosten und Nerven.
Und eines müsste eine verantwortungsvolle Politik in einer Großstadt endlich auch wieder beachten: Es gibt Schwache im Straßenverkehr, gefährdete und daher schützenswerte Verkehrsteilnehmer – Kinder und alte Menschen. Auch und besonders um ihretwillen muss die in Wien fahrlässig herbeigeführte Situation des alleinigen Rechts des immer stärkeren Radfahrers ein Ende haben.
Ich gebe es ja zu: Es ist zu verlockend, jetzt ein paar Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen. Etwa jene, dass das Erbe Jörg Haiders den österreichischen Staat weit mehr kostet, als die Beteiligung am Europäischen Rettungsschirm EFSF. Sogar die Haftung Österreichs im EFSF liegt mit 18 Mrd. Euro unter jener, die das Bundesland Kärnten für das inzwischen notverstaatlichte Milliardengrab Hypo Alpe Adria übernommen hat. Der politische Kollateralschaden ist dabei „part of the game“.
Nur hämisch auf Kärnten zu zeigen, ist aber zu einfach. Der Aufstieg und Fall Jörg Haiders und seiner Apostel reicht viel weiter als die alte Volksweisheit, dass Hochmut vor dem Fall kommt. Die wirkliche Lehre daraus ist wieder einmal die Erkenntnis, dass Politik in der Regel viel komplizierter und mühsamer ist, als wir uns alle so sehr wünschen.
Die Geschichte zeigt uns, dass vermeintlich einfache Lösungen fast immer in Katatstrophen münden. Immer wieder treten neue Heilsbringer auf den Plan, die uns erklären, wie alles einfacher und schneller geht. Und immer wieder finden sie genug Begleiter auf ihrem Weg in den Abgrund. Mit etwas Glück machen sich die neuen Wunderwuzzis gleich zu Beginn lächerlich, wie etwa zuletzt Frank Stronach in der ZIB 2.
Wenn aber die Zeit reif ist und die Wirtschaft schlecht genug läuft, dann freuen wir uns alle über den nächsten, der die nötige Überzeugungskraft und das zughörige Charisma mitbringt. Dann werden wir alle gebannt seinen Ideen lauschen und seufzen: Endlich einer, der weiß wie es geht!
Traurig, aber wahr: davor ist keiner gefeit, denn Irren ist menschlich. Schadenfreude übrigens auch.
Wolfgang Hoffmann, Jahrgang 1959, ist Musiker, Unternehmer und Autor.
Siehe: http://www.woho.at
Bundesland | Saldo |
Burgenland |
- 38 |
Kärnten |
- 230 |
Niederösterreich |
- 192 |
Oberösterreich |
- 164 |
Salzburg |
- 254 |
Steiermark |
- 282 |
Tirol |
+ 105 |
Vorarlberg |
- 19 |
Wien |
- 314 |
Länder gesamt |
- 176 |
Quelle: Statistik Austria
Na aber auch wirklich: Da macht sich ein Tourist auf Steuerzahlerkosten nach London auf, um endlich auf ORF-Bildern im Schein von Edelmetall ein bisschen was von Erfolgsglanz abzubekommen – und dann gibt es keine Medaillen! Kein Wunder, dass der Sportminister tobt.
Norbert Darabos schmollt, weil es ihm unsere Olympia-Sportler gleich tun: Kein Erfolg wird eingefahren. Und plötzlich geht ihm sein Seelchen über: Es geht nicht um Dabeisein, sondern ums Gewinnen (auch wenn das dem olympischen Gedanken widerspricht). Lauter Olympia-Touristen (womit er natürlich nicht sich selbst meint). Das muss anders werden.
Und dann die gefährliche Drohung: Er wird die Sportförderung umkrempeln. Weg von der Gießkanne. Nur mehr dort wird Steuerzahlers Goldregen herniederprasseln, wo Siege, Erfolge, Eliten zu erwarten sind (und wo das ist, wird uns der kenntnisreiche Darabos auch bald sagen....).
Einmal abgesehen davon, dass es keine Notwendigkeit gibt, Steuergelder in den Spitzensport zu stecken, gibt es dazu zwei Anmerkungen:
Warum will ausgerechnet der Gesamtschul-Anhänger, der Parteigänger des Bildungs-Mittelmaßes unbedingt im Sport Eliten? Wäre dieses Erfolgsdenken nicht auf dem Bildungssektor für die Zukunft unseres Landes wichtiger?
Daher als Zweites eine Reminiszenz: Es gab einmal einen Bundeskanzler, der hat Steuergeld mit dem Ziel eingesetzt, dass Österreich wieder einmal einen (echten, nämlich wissenschaftlichen) Nobelpreisträger hervorbringen kann. Einen gewissen Wolfgang Schüssel.
Und mag dieser noch so oft von inferioren und gescheiterten Lokal“größen“ wie dem Herrn Wurmitzer unter dem Jubel der Mainstream-Medien angeschüttet werden: Auch die Art der Ziele, die sich eine Regierung setzt, sagt viel über ihre eigene Qualität aus.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Auf den ersten Blick schaut die Sache wie das Versprechen einer neuen und guten Welt aus, in der Krankheiten durch ein finanzielles Anreizsystem verhindert werden können. Und es ist einfach umzusetzen, glaubt man den Managern der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA). Sie belohnen Menschen, die sich zu einem "gesunden" Lebensstil verpflichten mit geringeren Selbstbehalten. Die anderen hingegen werden "bestraft". Sie bekommen keinen Rabatt. Dieses Bonus-Malus-System in der Krankenversicherung hebelt das Solidaritätsprinzip aus. Das bewährte Prinzip besagt, dass sich der Leistungsanspruch nach Bedarf und Bedürftigkeit und nicht nach den persönlichen Risikoumständen richtet. Die Beiträge sind nicht vom Risiko des Einzelnen abhängig, sondern - bis zu einer Obergrenze - vom Einkommen der Versicherten. Die Solidarität der Besserverdienenden und Gesunden sichert die Finanzierung der medizinischen Leistungen für alle und gewährleistet die Gleichbehandlung finanziell schlechter gestellter Menschen. Dieser Grundgedanke wird durch das SVA-System untergraben. Kranksein wird als Zustand gebrandmarkt, der selbstverschuldet ist. Das ist absurd. Krankheiten sind oft vererbt, genetisch bedingt oder werden durch soziale Faktoren ausgelöst. Das Bonus-Malus-System bevorzugt außerdem jene, die aufgrund genetischer und sozialer Bedingungen in der "Lotterie des Lebens" das bessere Los gezogen haben. Die Lebensumstände und die Arbeitsbedingungen werden nicht berücksichtigt. Die Gesundheit wird zum Kaufgut herabgewürdigt und Kranksein als unwürdiger Zustand gesehen. Ein perverses System.
Andreas Unterberger
Jeder Arzt kann über Patienten berichten, denen die eigene Gesundheit egal ist. Sie nehmen verschriebene Medikamente nicht. Sie weigern sich, ihren Lebensstil zu ändern, sind übergewichtig, trinken ständig gezuckerte Markensäfte, essen zu fett, betreiben Sport nur durch Betätigung der Fernbedienung.
Das alles macht krank. Eine Ursache dieser seuchenartigen Fehlentwicklung ist die Alles-muss-gratis-sein-Mentalität im gesamten Gesundheitsbereich. Wenn es solche Phäaken irgendwo zwickt, hat ja ohnedies die Allgemeinheit ein Gratis-Generalservice des Körpers zu finanzieren.Es ist eigentlich eine Zumutung, dass wegen der krankmachenden Lebensweisen etlicher Mitmenschen das gesamte Gesundheitssystem unfinanzierbar wird. Ein intelligenter Selbstbehalt oder ein Bonus-Malus-System würde viele Menschen zu einem sorgfältigeren Umgang mit ihrem Körper veranlassen. So wie durch solche Systeme ja auch viele Autofahrer vorsichtiger geworden sind. Außerdem kann das Gesundheitssystem angesichts der Schuldenkrise nur noch durch eine Beteiligung der Konsumenten an einzelnen Kosten und insbesondere Bagatellausgaben auch künftig die großen Risken ordentlich abdecken. Diese werden angesichts der Überalterung immer zahlreicher. Gesundheit ist entgegen einer ideologischen Greuelpropaganda keine Frage des Geldes. Wenigverdiener sind statistisch besonders heftige Raucher, dafür beim billigen Wandern, Radfahren oder Schwimmen eher abstinent. Und wer davon schwätzt, dass Gesundheit keine Frage des Geldes sein dürfe, sollte dies einmal mit Ärzten, Krankenschwestern, Physiotherapeuten und Laborassistenten diskutieren. Die wollen nämlich alle keineswegs gratis arbeiten.
Das Wählerverscheuchen nimmt kein Ende. Aber es sind nicht nur die südösterreichischen Polit-Possen rund um mehr als ernste Geschehnisse, die bedenklich stimmen. Auch die österreichweiten Reaktionen tragen dazu bei, dass die Wähler sich wohl nur mehr abwenden können von denen, die sie zu vertreten vorgeben.
All die unappetitlichen Stellungsnahmen des Herrn Uwe Scheuch, die „Amtsübergabe“ an den Bruder, die Wahl-Verweigerung, das ausschließliche Fehlersuchen bei den anderen und die sture Nicht-Einsicht in eigene Verfehlungen – kann man das wirklich als ein exotisches „System Kärnten“ abtun? Nein, es ist nur das abstrus ins Riesige verzerrte Abbild dessen, was landauf, bundab in Österreich als Politik bezeichnet wird.
Ja, andernorts macht man manches subtiler. Nicht nur im Umgang mit Kritik, mit Mitbewerbern.
Auch beim Umgang mit dem Wähler.
Da werden nicht Hunderter vom Landeshauptmann persönlich an die Menschen ausgeteilt, die sich bei den Herren Haider, Dörfler und Co. für diese milde Gabe, die sie ohnehin mit ihren eigenen Steuern bezahlt haben, auch noch bedanken. Andernorts baut man unnötige Spitäler, um zu zeigen, welch menschenfreundlicher Landesvater man ist. Oder man veranstaltet millionenteure Donauinsel-Feste zur höheren Ehre der Partei – aus Steuergeldern.
Brot und Spiele gibt’s nicht nur im Schatten der Karawanken. Auch die milliardenteure Wählerbestechung, wie sie in der „parlamentarischen Sternstunde“ des Jahres 2008 von allen Parteien begangen wurde, war nichts anderes.
Doch das alles wird erst aufhören, wenn die Menschen beginnen, auf ihr eigenes Steuergeld zu achten. Sich nicht länger verschaukeln zu lassen.
Genau diese staatsbürgerliche Ernsthaftigkeit wäre in unserem schwer verschuldeten und von Politiker-Eitelkeiten immer weiter an den Rand des Ruins getriebenen Land nötig.
Aber die Parteien und der Korruptionssumpf, in den sie sich allesamt manövriert haben – das Tagebuch hat oft genug aufgelistet, dass das Fehlverhalten alle trifft, auch die Grünen – sobald sie, wie in Wien, erst einmal an der Macht sind –, bringen die Menschen nur dazu, sich immer stärker von der Politik abzuwenden.
Die Wahlbeteiligung bei den nächsten Urnengängen wird sicher niemanden freuen. Denn dieses Gefühl, dass man gar nicht mehr weiß, wen man wählen soll, wird stärker und stärker – eine Alternative, eine neue überzeugende wahlwerbende Gruppierung scheint sich aber auch nicht aufzutun.
Weder die chaotischen Piraten, noch die Kandidatur-Träume der vereinigten altgedienten und erfolglosen Politiker vom Salzburger Radlegger bis zum umfärbungsfreudigen Herrn Frischenschlager und schon gar nicht die Pläne eines reichen alten Herren, sich eine Partei zu kaufen, helfen aus dem Dilemma.
Es ist unsere hausgemachte österreichische Tragödie, dass wir ausgerechnet in einer Krisen-Zeit, die durch EU-Fehlentscheidungen ständig noch verschärft wird, auch in eine veritable Demokratie-Krise schlittern.
Es ist unfair, stets alle Fehlentwicklungen, die Staaten in kritische Situationen stürzen, der Politik anzulasten. Des öfteren sind es auch ganz entscheidend Gerichte, die sich gerne ohne Rücksicht auf die Kosten für die Allgemeinheit als Robin Hood und Wohltäter positionieren. Die gerne jedem Bürger Ansprüche an den Staat bis zum Exzess zusprechen, die dabei das vernünftige Maß völlig ignorieren. In Österreich und anderswo.
Viele Richter begreifen nicht, dass der alte Juristenspruch des „Ultra posse nemo tenetur“ auch zugunsten der Allgemeinheit Grenzen der Zumutbarkeit verlangen würde. Vor allem – aber nicht nur – in Zeiten wie diesen.
Da hat etwa der OGH beschlossen, dass die Bezieher von Kleinpensionen, also von solchen Renten, die niedriger als die Ausgleichszulagengrenze sind, überdurchschnittlich erhöht werden müssen. Das klingt scheinbar gerecht, ist aber in Wahrheit völlig unbegründet und populistisch. Denn solche „Kleinpensionen“ sind nur ein Zubrot zu anderen, in der Regel viel größeren Pensionen oder zu Bezügen im Ausland.
Niemand muss nur von einer Kleinpension leben. Denn müsste er das, würden ja ohnedies die Pensionsbezüge sofort auf die Höhe der Ausgleichszulage erhöht. Und deren überdurchschnittliche Erhöhung ist zumindest begründbar und jedenfalls ohnedies immer beschlossen worden. Besonders pikant: Dieses Kleinpensionisten-Privileg wurde ausgerechnet von der Arbeiterkammer erkämpft, die sich immer mehr als übler Privilegienverein entpuppt, die sich aber als Beschützer der Kleinen ausgibt.
Ähnlich Robin-Hood-artig entscheiden die Gerichte auch in Arbeitskonflikten in 90 Prozent der Fälle immer zugunsten der Arbeitnehmer. Was vielfach sicher gerechtfertigt ist, aber bei eklatanten Minderleistern auf Grund der Beispielswirkung schweren Schaden anrichtet. Dieser ist dann oft weit größer als die erkämpften Bezüge des Betreffenden. Zumindest im Unterbewusstsein glauben offenbar viele Richter, dass man im Zweifel immer ohne Gewissensbisse zu Lasten der Allgemeinheit oder eines Unternehmens judizieren solle, um auf der richtigen Seite zu stehen. Getroffen werden damit aber in Wahrheit immer die Steuerzahler oder die Arbeitsplätze der anderen.
Ein besonders aktuelles Beispiel ist ein Urteil des Obersten Gerichtshofs zugunsten von AMIS-Anlegern. Auch hier wurde der Steuerzahler zur Tragung eines Teils der Ausfälle nach einem betrügerisch herbeigeführten Konkurs verdonnert. Der judizierte Grund: Die Finanzaufsicht habe zu wenig genau hingeschaut. Das kostet die Allgemeinheit wieder einen zweistelligen Millionenbetrag.
Ohne den Akt im Detail zu kennen, ist auch hier der Eindruck nachhaltig: Pragmatisierte Richter begreifen nicht wirklich, dass hohe Ertrags-Aussichten wie bei solchen Anlagesystemen immer auch mit hohem Risiko verbunden sind. Unmoralischen Moral hazard nennt man es hingegen, wenn Anleger zwar Gewinne bei riskanten Geldanlagen kassieren, aber bei Verlusten immer auf die Allgemeinheit zurückgreifen können. Wenn die Judikatur so weitergeht, haftet der Steuerzahler (dieser und der nächsten Generation) bald für jeden Betrüger. Was den Opfern zwar Freude macht, den Staat aber ruiniert.
Zumindest eigenartig und blauäugig ist auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, mit dem er Abschiebungen von Flüchtlingen nach Ungarn gestoppt hat. Dort würden ihnen menschenunwürdige Bedingungen drohen. Es kann nun wenig Zweifel geben, dass in Ungarn Flüchtlinge nicht so gut behandelt werden wie in Österreich. Aber am Ende wird wohl überhaupt nur noch Österreich menschenwürdig genug sein, um die Flüchtlinge aller Länder aufzunehmen.
Die naiven Richter sollten einmal die Landkarte anschauen: Der überhaupt größte Flüchtlingsstrom aus Asien und Afrika Richtung EU kommt über Griechenland – wohin sie Rück-Abschiebungen sowieso schon länger nicht mehr erlauben –, einige total chaotische Balkanländer und Ungarn. Wenn all diese Länder für Flüchtlinge ungeeignet sind, wenn dorthin niemand zurückgeschoben werden kann, dann können nun alle ungehindert nach Österreich kommen.
Vielleicht sitzen in jenem – dem äußeren Anschein nach strikt rot-schwarz besetzten – VfGH lauter heimliche Blaue. Und die wollen solcherart den derzeit strauchelnden Freiheitlichen über die Bande wieder einen Wahltriumph zuschanzen. Was ziemlich raffiniert wäre.
Derart kurzsichtiges Verhalten von Gerichten ist aber keineswegs nur in Österreich zu beobachten, wie an Hand einiger Beispiele gezeigt werden darf:
So haben in Deutschland die Gerichte vor einigen Monaten eine Erhöhung des Urlaubsanspruches auch für unter-40-Jährige im öffentlichen Dienst verordnet. Was dort die Kommunen eine Viertelmilliarde Euro kostet. Alljährlich. Viele deutsche Kommunen sind bankrott. Aber der Urlaub und seine ständige Ausdehnung sind heilig.
So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einem Tunesier 20.000 Euro „Schmerzengeld“ zuerkannt, weil er von Italien (noch unter der diesbezüglich etwas konsequenteren Berlusconi-Regierung) nach Tunesien abgeschoben worden ist. Der Grund: In Tunesien könnte ihm ja die Folter drohen.
In diesem Fall – und vielen ähnlichen – ist der psychologische Untergrund solcher Entscheidungen nicht wie in den anderen Exempeln die persönliche Pragmatisierung der Richter, sondern die Tatsache, dass viele der Richter selbst aus dubiosen Staaten, etwa des Kaukasus, stammen. Und dort haben ganze Nationen jedes Interesse, dass die Immigrationstore ins EU-Europa möglichst weit geöffnet sind. Im Menschenrechts-Gerichtshof urteilen ja auch griechische, rumänische, bulgarische und ungarische Richter ungeniert, dass Österreich alle Asylwerber aufnehmen muss, weil Griechenland, Bulgarien, Rumänien und Ungarn so böse zu den Immigranten sind.
Mehr als seltsam sind auch jene Juristen, die über den internationalen Flotteneinsatz gegen die somalischen Piraten zu urteilen hatten: Sie erlaubten den westlichen Schiffen nur den Einsatz auf hoher See. Angriffe auf alle jene Küsten und Häfen, von denen die Piraten starten und wohin sie sich zurückziehen, sind hingegen für tabu erklärt worden. Solcherart behindert wird die lustige Jagd der Piraten auf Frachter und Kreuzfahrer noch lange erfolglos weitergehen können. Die Piraten sind ja nicht gerade untätig: Zuletzt sind sie jede Woche im Schnitt weit mehr vier Mal „erfolgreich" gewesen. Sie lassen sich ganz offensichtlich von Pseudo-Flotteneinsätzen nicht einschüchtern.
In Portugal wiederum hat das Verfassungsgericht vor kurzem eine wichtige Sparmaßnahme gekippt. Die Streichung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes für Beamte und Rentner sei gleichheitswidrig, weil sie nur für bestimmte Gruppen gelte. Offenbar nicht gleichheitswidrig ist es für das Gericht, das alle anderen Bevölkerungsgruppen in Zeiten der Krise einem noch viel größeren Übel ausgesetzt sind: der großen Gefahr eines Verlusts von Arbeitsplatz und Existenz. Aber dieses Risiko ist ja Richtern unbekannt. Und jedenfalls viel weniger wert als das Weihnachtsgeld.
Besonders gravierend war vor einigen Jahren das Gutmenschentum argentinischer Höchstrichter: Sie haben alle verzweifelten Sparversuche der Regierung unterbunden, irgendwo Gehälter und sonstige Zahlungen zu kürzen. Sie haben überall wohlerworbene Rechte gefunden. Bis das Land dann in den Totalbankrott geschlittert war, wo dann kein einziges Recht mehr valide war. Dasselbe wird man demnächst mit gutem Grund auch vielen europäischen Richtern nachsagen können.
Ein paar italienische Tage im Krisensommer 2012 zeigen ein verändertes Land – mit den selben alten Eigenschaften. Einige kurze Impressionen.
Noch im Vorjahr sind die angeblich oder wirklich kriminellen beziehungsweise erotischen Eskapaden von Silvio Berlusconi scheinbar das einzige Problem des Landes gewesen, wenn man den dortigen Zeitungen glauben durfte. Heute ist alles anders – obwohl die Schuldenquote des Landes nicht höher ist, als sie es schon vor zwei Jahrzehnten war. Aber heute ist im Zug der europäischen Krise das Vertrauen weg. Und dann wird aus dem Normalzustand plötzlich Panik.
Die Medien überbieten sich derzeit täglich mit neuen Schreckensmeldungen. Wie hoch ist heute der „Spread“? Können die Schulen im Herbst noch geöffnet werden? Vorzeitige Neuwahlen? Geht Sizilien als erstes bankrott, für das nicht einmal mehr Ratings erstellt werden? Dann findet sich aber doch wieder eine altvertraute Meldung, die freilich auch viel über die Ursachen der Krise sagt: Die Eisenbahnergewerkschaften streiken.
Wenn man die Stimmung der Menschen zusammenfasst: Depressiv, aber gefasst. Man bekommt in einst überfüllten Lokalen leicht einen Platz. Die extrem hohen Benzinpreise machen klar, warum alle grenznahen Autofahrer in Österreich noch volltanken. Und noch anschaulicher sind die Angebote der Banken: Diese werben groß mit vier Prozent Zinsen, die sie für einjährig gebundenes Geld zu zahlen bereit sind. In Österreich bekommt man nur die Hälfte.
Der Tourismus scheint im Gegensatz zu Griechenland noch halbwegs zu halten, hat es doch in Italien keinerlei ausländerfeindliche Signale gegeben. Bisweilen wird einem sogar mit vielen Dankesworten die Hand gedrückt, weil es als Zeichen der Solidarität aufgefasst wird, dass man auch in Zeiten wie diesen ins Land kommt.
Durch eine in ganz anderem Zusammenhang stehende Maßnahme ist Italien freilich gerade dabei, Touristen zu vertreiben: In vielen Städten wurde nämlich in jüngster Zeit ein Einfahrverbot für „nichtautorisierte“ Fahrzeuge verhängt. Das ist so großflächig angesetzt worden, dass man es keineswegs mit innerstädtischen Fußgängerzonen vergleichen darf. Dadurch werden Besuche vieler schöner Städte des Landes unmöglich oder kräftig erschwert.
Alles ist noch dazu mit totaler Verwirrung und Unklarheit umgeben, ohne dass es irgendeine Hilfe für ortsunkundige Autofahrer gäbe. Sämtliche Stadtpläne, GPS-Hilfen und Wegweiser führen zu Parkplätzen innerhalb dieser verbotenen Zone, wo dann aber ausdrücklich steht, dass man hier nicht parken darf. Erkundigungen, wie man sich da eigentlich als Ausländer richtig verhalten soll, führen zwar zu etlichen langen Gesprächen mit netten Informationsbeamten. Klarheit erhält man aber keine, außer dass man am besten einige Tage vorher anrufen hätte sollen, um registriert zu werden. Zugleich hat sich jede Stadt ein anderes System der Fahrrestriktionen zurechtgelegt. Es gibt nur eine einzige Gemeinsamkeit: totale Unklarheit. Das alles ist mit Sicherheit geeignet, Städtetouristen zu vertreiben – obwohl die eigentlich die bestzahlende Klientel eines Touristenlandes sind.
Die Italiener haben damit wieder einmal ihren Hang zu überbürokratischem und überschießendem Aktionismus demonstriert, der nur zweierlei bewirkt: Chaos und zusätzliche Beschäftigung für viele Beamte, die zu dessen Administration nötig sind.
Freilich ist durchaus möglich, dass auch dieses Fahrverbotssystem nur selektiv ernstgenommen wird, so wie viele andere italienische Regelungen. Denn man bekommt sogar schon komplizierte Tipps, wie man sich an den elektronischen Kontrollen des Fahrverbots vorbeischwindeln kann.
Nicht ernst genommen werden von den italienischen Behörden jedenfalls auch Schengen und alle sonstigen Zuwanderungsrestriktionen Richtung Europa. Noch nie jedenfalls waren – alle besuchten – italienischen Städte so voller Schwarzafrikaner. In großer Zahl trifft man sie in jeder Innenstadt. Sie sind gut gekleidet, aber bis auf einige Schwarzmarkt- und Bettel-Aktivitäten nie in irgendeinen Arbeitsprozess involviert.
Italienische Grandezza mit ihrem Hang, jedes Problem erst dann zur Kenntnis zu nehmen, wenn es zur großen Katastrophe ausgewachsen ist, zusammen mit katholischem Gutmenschentum und linkem Hass auf die Gesellschaft: Mit diesen drei Faktoren hat man wohl am besten die Ursachen der italienischen Probleme angesprochen – gleichgültig, ob es um die Staatsfinanzen oder die illegale Immigration geht.
Und so liebenswert die Italiener auch sind, so ist doch klar: Irgendwann werden ihre Probleme dann immer auch die unseren.
Verdienen Österreichs ATX-Vorstände wirklich das 48fache ihrer Angestellten, wie die Arbeiterkammer suggeriert und alle Medien brav abschreiben? Oder doch nur das 11fache?
Regelmäßig lässt Österreichs oberster Arbeiterkämmerer Werner Muhm einen Bericht herausgeben, der die Einkommen der obersten drei Dutzend ATX-Vorstände herauspickt und ins Verhältnis zu Millionen Normaleinkommen stellt. Er soll die Verkommenheit des Kapitalismus herausstellen. Warum stellt die Wirtschafskammer nicht ein paar Dutzend Schwarzarbeiter ins Verhältnis zu Millionen Steuerzahlern, um die Verkommenheit des Wohlfahrtsstaates anzuprangern? Warum vergleicht niemand die Gagen unserer Fußball-Trainer mit denen von Millionen kickenden Österreichern? – Weil es manipulativ und unfair ist.
AK-Studie 2008: Trotz Börsenkrise erneut Rekordgagen für ATX-Manager? – ATX-Manager verdienen im vergangenen Jahr 1,300.426 Euro pro Kopf (+14 Prozent), während die Personalkosten auf 27.349 Euro brutto pro Beschäftigten (- 5 Prozent) gesenkt wurden. ?(Arbeiterkammer.at, 23.5.2008)
Bei der Errechnung ihrer Zahlen kann die Arbeiterkammer seit Jahren darauf vertrauen, dass sie niemand nachrechnet oder gar unangenehme Fragen stellt. Der Autor tat es dennoch und kam zu erstaunlichen Ergebnissen: Die Zahlen sind (wohlwollend formuliert:) „grob manipulativ (und) konstruiert“. Personalkosten von 27.349 Euro bedeuten einen Monatslohn von nur 1.953 Euro brutto im Monat − in einem Konzern? Wer schon einmal eine Konzernbilanz gelesen hat, der weiß, dass dieser Wert um mindestens 50 Prozent höher liegen müsste.
Zu ähnlichen Zahlen kommt auch die Statistik der „Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung“, kurz ÖGPP[1]. So hätten die Vorstände etwa des „Raiffeisen International“-Konzernes 2007 im Schnitt eine Million Euro brutto verdient. Den eigenen Mitarbeitern habe man gemäß Bilanz jedoch nur 14.795 Euro brutto zugestanden[2]. Damit habe „der“ „Raiffeisen International“-Manager das 68fache eines Angestellten verdient. Unglaublich – Zu Recht.
Denn von den 58.365 International-Giebelkreuzlern arbeiteten 2007 gerade einmal 256 (!) Personen in unserem Land! Und das waren ein paar Spitzenleute in der Wiener Konzernzentrale, die den Megakonzern steuern. Die restlichen 58.100 beziehen ihre Löhne in Osteuropa.[3] Weil sie dort auch leben. Das durchschnittliche Einkommen des „Raiffeisen International“-Mitarbeiters hat man bei der ÖGPP 2008 mit 15.730 Euro brutto jährlich berechnet. Bei 16 Gehältern im Jahr wären das für einen Top-Mitarbeiter in der Konzernzentrale gerade einmal 924,69 Euro brutto im Monat!
Glauben Österreichs Journalisten denn wirklich, der oberste „Risk-Manager“ eines internationalen Bankkonzerns würde sich mit 924,69 Euro brutto im Monat abspeisen lassen? Mit einem Stundenlohn von 5,40 Euro?
Eine andere Studie der AK kommt schon bei einem durchschnittlichen Filialangestellten auf ein Monatsgehalt von etwa 2.200 netto[4]. Macht bei 16 Gehältern also gut und gerne 60.000 Euro jährlich. Und weil wir die Zahlen mit denen einer Konzernzentrale vergleichen wollen, rechnen Sie getrost noch einmal 50 Prozent dazu, macht also 90.000 Euro. DAS ist das realistische Jahresgehalt eines österreichischen (!) Bankers in der Konzernzentrale von „Raiffeisen International“. Als Untergrenze. Der Vorstand kriegt 990.000. Macht also ein Verhältnis von 1:11 – und nicht eines von 1:48 – oder gar 1:68!
Raffgierige Manager steckten sich die Taschen immer voller, während man den eigenen Leuten die Gagen kürze, suggeriert die AK-„Propaganda“. Alleine 2007 „zahlte man den eigenen Mitarbeitern um fünf Prozent weniger“. Wer glaubt denn so einen Unsinn?“ Noch nie seit 1955 wurden in Österreichs Wirtschaft „großflächig“ Löhne gekürzt.
Die Wahrheit: Mit ihrer erfolgreichen Expansion nach Osteuropa konnten Österreichs Firmen den Standort in der Heimat sichern. 2007 beschäftigte man bereits 523.000 Mitarbeiter im Ausland, davon ca. 200.000 in Osteuropa. Weil im Zuge der Finanzkrise 2007 und 2008 die Ostwährungen gegenüber dem harten Euro aber um bis zu 50 Prozent gefallen waren (die ukrainische Hryvna 2008 um -46%!), waren die Löhne osteuropäischer Arbeiter bei der Umrechnung auf dem Papier in Euro nun weniger wert. Je höher der Anteil osteuropäischer Angestellter einer Firma war, desto geringer war folgerichtig die gesamte Lohnsumme in Euro wert. Gleichzeitig stieg damit die Kluft zu den Vorstandsbezügen, die ihr Gehalt in Euro bezogen.
Österreichs Firmen hatten die Löhne nicht gekürzt, auch nicht in Osteuropa. Ganz im Gegenteil: Alleine Raiffeisen International hatte 2007 um elf Prozent mehr Leute in Zentraleuropa aufgenommen und hatte ihnen 27 Prozent in regionaler Währung mehr bezahlt[5]! – Nur in Euro umgerechnet war es halt weniger wert.
Wenn man das Verhältnis der Top-Manager zu ihren Angestellten vergleichen wollte, müsste man die Löhne osteuropäischer Angestellter mit den viel kleineren Bezügen ihrer osteuropäischen Manager vergleichen. Das Ergebnis läge irgendwo bei 1:11. Soll aber die Spreizung österreichischer Löhne verfolgt werden, haben osteuropäische Gehälter dort nichts verloren. Die Gehälter österreichischer Top-Manager dürfen nur ins Verhältnis zu den Gehältern ihrer österreichischen Angestellten gesetzt werden. Dabei kommt man auf Werte von etwa 1:11. Da hilft es auch nichts, wenn die AK im (eher klein gehaltenen) Fließtext auf die Osteuropäer in den untersuchten Firmen hinweist.
Via ORF ließ Werner Muhm die Österreicher (wie erwartet) wissen, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander gehe. Und dass Österreichs Vorstände im Jahr 2008 das 48fache „ihrer österreichischen Mitarbeiter“ verdient hätten. Der ORF hatte die vermeintliche Skandal-Meldung (wie erwartet) ohne Prüfung auf den Wahrheitsgehalt über alle zur Verfügung stehenden Kanäle verbreitet[6].
Wer genau liest, der hat es bemerkt: AK-Direktor Muhm verglich die Manager-Gagen plötzlich nicht mehr mit denen von Konzernangestellten, sondern mit einem nebulosen „österreichischen Durchschnittsgehalt“. Auf Anfrage ließ die Arbeiterkammer 2012 wissen, dass man die Berechnungsbasis geändert habe und die Managergehälter nun mit dem Durchschnittsgehalt von 27.437 Euro vergleiche. Diese stammten also vom (SPÖ-nahen) Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, welches sich wiederum bei der Statistik Austria bedient hatte, die von einem SPÖ-Mann geleitet wird.
Damit kommt die AK auch 2011 wieder auf ein Verhältnis von 1:48 – „Uff!“
Konzern |
Angestellter (brutto)[7] |
Vorstandsbezug[8] |
Verhältnis |
AUA |
€ 48.542 |
€ 465.333 |
1:10 |
BWIN |
€ 53.409 |
€ 550.000 |
1:10 |
Raiffeisen Int. |
€ 90.000 |
€ 990.000 |
1:11 |
Telekom Austria |
€ 64.998 |
€ 860.000 |
1:13 |
Generali |
€ 52.274 |
€ 458.000 |
1:9 |
Verbund |
€ 91.297 |
€ 831.000 |
1:9 |
AK |
€ 27.349 |
€ 1.300.000 |
1:48 |
Lesen ORF-Journalisten keine Bilanzen? Wahrscheinlich gibt es keinen einzigen österreichischen Konzern, dessen österreichische Mitarbeiter nur 27.437 Euro brutto jährlich verdienen. So bekommt man bei Schöller-Bleckmann oder der „Voest Alpine AG“ in Österreich heute etwa 45.000 Euro im Jahr, bei der Telekom Austria 66.000 – immerhin das Zweieinhalbfache des AK-Bezugswertes.
Bei der Generali AG verdienen Österreicher jährlich 55.000 – das Doppelte des AK-Wertes. Bei der AUA sind es heute etwa 48.000 Euro, bei Intercell sind es 56.000, beim Verbund sogar über 90.000 Euro − mehr als das Dreifache des Arbeiterkammer-Wertes. Beim Maschinenbauer Andritz waren es 42.000, bei Zumtobel ebenso – und selbst bei der Post verdiente man noch knapp 33.000 Euro.[9]
Die 27.437 Euro Jahresgehalt sehen eher nach dem Durchschnitt aller 3 Millionen heimischen Gehälter aus. Folglich wären da aber auch Hunderttausende (kleiner) Handwerkerlöhne wie die von Friseurinnen, Schuhmachern und Zimmermädchen eingeschlossen. Eine entsprechende Anfrage an die Arbeiterkammer blieb unbeantwortet.
Wer den Menschen suggeriert, eine abgehobene Manager-Kaste würde sich 48 Mal so viel ausbezahlen wie den eigenen Mitarbeitern, spricht nicht die Wahrheit. Aber er schürt die Wut und den Hass auf „das System“. Die Manager-Vergleiche der Arbeiterkammer machen deutlich, wie dringend Österreich den „Wirtschaftsjournalisten“ braucht – er soll ausschließlich auf wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten angeboten werden und auf dem BWL-Bachelor aufsetzen.
Und es zeigt schonungslos, wie schlecht Österreichs Mainstream durch seine Medien kontrolliert wird. Denn Österreich hat ein veritables Demokratieproblem.
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Soeben ist sein neues Werk erschienen: „Die Gemeinwohl-Falle". Das Buch ist die Antwort auf die globalisierungskritischen Thesen eines Christian Felber („Attac Österreich“), eines Jean Ziegles oder einer Arbeiterkammer.
[1] Wichtige Kennzahlen börsennotierter Unternehmen in Österreich 2006-2010 sowie 2002-2010, Hauenschild/Höferl, ÖGPP, 2011
[2] 2008 waren 20.763 Euro Personalaufwand pro Mitarbeiter angegeben. Bei 32 Prozent Lohnnebenkosten kommt man auf 15.730 Euro Jahresgehalt.
[3] Raiffeisen International, Geschäftsbericht 2008, „Human Ressources“, Entwicklung des Personalstandes
[4] „Wir sind keine Berater, wir sind Verkäufer - Probleme von Beschäftigten im Finanzdienstleistungsbereich Banken“, AK Salzburg, 2008
[5] www.ri.co.at, 6.1.2010
[6] (kaernten.orf.at, 29.2.2012)
[7]„Wichtige Kennzahlen börsennotierter Unternehmen in Österreich 2004-2008“, ÖGPP, Oktober 2009
[8] „Wichtige Kennzahlen börsennotierter Unternehmen in Österreich 2004-2008“, ÖGPP, Oktober 2009
[9] Wichtige Kennzahlen börsennotierter Unternehmen in Österreich 2006-2010 sowie 2002-2010, Hauenschild/Höferl, ÖGPP, 2011
In stürmischen Zeiten wie diesen zeigt sich das wahre Gewicht der Souveränität von Kleinstaaten. Es ist gleich Null. Sämtliche Entscheidungen in der europäischen Schuldenkrise laufen völlig an Österreich vorbei. Nicht einmal in den Diskussionen über ein zweifellos gewaltiges Problem ist das Land durch relevante Beiträge präsent gewesen. Dabei stimmt das verbreitete Vorurteil keineswegs, dass die EU-Institutionen ohnedies über die Mitgliedsstaaten drüberfahren würden. Denn in Wahrheit sind in den letzten zweieinhalb Jahren alle wichtigen Entscheidungen nicht in Brüssel, sondern in einem Mitgliedsland, nämlich Deutschland gefallen.
Lediglich in der Sarkozy-Periode hat noch ein zweites Land den Eindruck einer Mitsprache erwecken können. Der Rest war Deutschland. Dort hat 2010 Finanzminister Wolfgang Schäuble als erster die – problematische, aber wirksame – Parole ausgegeben, dass Griechenland nicht fallengelassen werde. Und nur dort werden im Herbst auch die nächsten Entscheidungen fallen.
Die werden in jedem Fall wieder gravierend sein. Nachdem sich die Hilfspolitik gegenüber Griechenland als reine Geldverbrennung erwiesen hat, werden nun die Stimmen immer lauter, das Land an der Ägäis doch fallenzulassen. Wobei es fast gleichgültig ist, ob das nun als Staatsbankrott im Euro oder als Ausscheiden aus dem Euro dargestellt wird.
Während etwa in Österreich selbst die kleinsten Andeutungen einer solchen Möglichkeit durch die Finanzministerin dieser sofort breiten Tadel in Politik und Medien einbringen, wird in Deutschland das Aus für Griechenland in aller Breite und Offenheit diskutiert. Schon an dieser Debatte – von der Politik bis zur Wirtschaftswissenschaft – sieht man das Selbstbewusstsein eines Landes, auf das es eben ankommt.
Dahinter stehen zweifellos auch Qualitätsunterschiede im politisch-medial-wissenschaftlichen Personal. In Deutschland findet – und hört – man Hunderte Ökonomen, die tiefer analysieren als alle heimischen Experten. In der österreichischen Politik hat außer der Finanzministerin eigentlich niemand auch nur eine Ahnung über alle Aspekte und Zusammenhänge der Finanzkrise. Auch auf Beamtenebene finden in Wien einzig im Finanzministerium (zum Teil halböffentlich) spannende und substanzielle Diskussionen statt. Im Parlament, in Talkshows oder auf Professorenebene gibt es nur billige EU-Apologetik oder ebenso billige Anti-Aggression.
In Deutschland sind es vor allem CSU und FDP, die sich derzeit mutig in Richtung auf ein Aus für Griechenland positionieren. Dabei sind das in der Koalition jene Parteien, die sich bisher häufig duelliert haben, was wiederum Angela Merkel lange ermöglicht hat, den ruhenden und souveränen Pol zu spielen. Aber beide Parteien spüren jetzt offenbar stärker als Merkel oder Schäuble, wie unpopulär die Rettungspolitik ist. Und sie sehen daher angesichts schlechter Umfragen eine Profilierungschance.
Die deutsche Eskalation in Sachen Mut ist aber zweifellos auch durch die – erste – Verschlechterung des deutschen Ratings ausgelöst worden. Die Ratingagentur hat dabei im Grund jedoch nur logisch gehandelt: Wenn all die Haftungen schlagend werden, die Deutschland schon eingegangen ist beziehungsweise noch eingehen wird (sofern das deutsche Verfassungsgericht den „Rettungsschirm“ ESM erlaubt), und wenn der Großteil des verliehenen Geldes nie zurückgezahlt wird, dann ist auch Deutschland de facto pleite. Es gibt wenig Zweifel, dass diese Wenns von Monat zu Monat an Wahrscheinlichkeit zunehmen.
Dagegen verliert der Merkel-Spruch, dass die Hilfspolitik alternativlos wäre, rasch an Überzeugungskraft. Wenn das Ergebnis ihrer alternativlosen Politik ist, dass aus Deutschland Griechenland wird – und nicht wie versprochen umgekehrt –, dann wäre jede andere Alternative besser.
Das gilt natürlich genauso auch für Österreich. Nur wird das hier von keinem großen Medium, von keinem Minister, von keinem staatstragenden Ökonomen so artikuliert und analysiert. Die Österreicher feiern offenbar lieber so wie 1914 den wenn auch verregneten Sommer, während ringsum alles ins Zusammenbrechen kommt. Verdrängung ist ein Wert aus Österreich.
In Deutschland hingegen ist die Debatte so hart, dass auch schon manche von vorzeitigen Neuwahlen reden. Was natürlich der absolut falsche Weg wäre. Denn Neuwahlen lösen die Krise nicht, sondern machen nur jede Entscheidung noch schwieriger, wie Griechenland gezeigt hat.
Eigentlich braucht es längst keine Debatte und kein Nachdenken mehr, ob man weiteres Geld nach Griechenland schicken oder ob man diesmal Nein sagen sollte. Denn: Auch wenn der Bericht der sogenannten Troika (EU, EZB, IWF) über die Hellenen noch aussteht, ist inhaltlich das Ergebnis völlig klar. Griechenland hat wieder nicht die versprochenen Reformen umgesetzt. Um das zu erkennen, muss man nur die Beschlüsse von Regierung und Parlament in Athen beobachten. Wenn die Troika keine Halluzinationen hat, kann auch sie nur zu einem negativen Urteil kommen.
Mit anderen Worten: Wenn Deutschland, wenn Europa wenigstens halbwegs glaubwürdig bleiben wollen, dann müssen sie jetzt einfach ihre Ankündigungen einhalten. Die haben Hunderte Male klar gelautet: Keine Reformen, kein Geld.
Bei dieser Glaubwürdigkeit geht es keineswegs nur um einen abstrakten Wert, um eine wählerwirksame Tugendbolderei. Es geht vor allem um die Beispielswirkung. Denn wenn Griechenland noch einmal mit seinen Schmähs durchkommen sollte, dann hat das verheerende Konsequenzen in vielen anderen Ländern. In Italien und Spanien werden die Gewerkschaften noch viel heftiger gegen die Sparversuche der jeweiligen Regierungen kämpfen. Und auch Portugal wie Irland werden ihre Sparanstrengungen einstellen, wenn aus Berlin und Brüssel das Signal kommt, der – scheinbar – reiche Onkel zahle ohnedies weiterhin alle ungedeckten Schecks. Dabei haben diese beiden Krisenländer zumindest bisher recht ordentlich ihre zugesagte Sanierungspolitik umgesetzt, sind aber noch lange nicht am rettenden Ufer.
Der Kein-Geld-mehr-für-Griechenland-Mut von CSU und FDP wird aber auch in Deutschland keineswegs von allen geteilt. Rot und Grün treten mit Ausnahme von Exminister Steinbrück ständig für weitere Hilfen ein; die beiden Parteien haben sogar große Sympathien für Eurobonds und andere Formen einer fortgesetzten Schuldenübernahme.
Und Angela Merkel ist völlig verunsichert. Sie weiß: Wenn sie diesmal konsequent bleibt, werden von Helmut Kohl bis zu den vielen linken Medien, von der Brüsseler Kommission bis zu einer Vielzahl ausländischer Regierungen alle über sie herfallen und sie als Mörderin Europas geißeln, samt den üblichen Anspielungen auf die deutsche Kriegsschuld. Diese Rolle ist halt so gar nicht nach Merkels Charakter. Sie weiß aber auch, dass die gegenwärtige Stabilität selbst in Deutschland durch heftige ökonomische Turbulenzen bedroht ist, wenn wirklich ein erster EU-Staat fallengelassen wird. Das wird einen unberechenbaren Tsunami auslösen. Einen sanften Krisenausklang kann es nämlich gar nicht mehr geben.
Merkel ist vor allem in Hinblick auf die deutsche Volksseele unsicher: Werden ihre Landsleute begreifen, dass die bei einem Nein zu weiteren Griechenland-Geldern ausbrechenden Turbulenzen harmlos sind gegen das, was droht, wenn man noch einmal nachgegeben hätte? Wähler denken oft nicht über die Alternativen zu einer unangenehmen Entscheidung nach. Sie reagieren einfach empört, wenn ihnen die in jedem Fall unvermeidliche Rechnung präsentiert wird. Auch wenn sie ein paar Wochen davor noch ganz anders gedacht und nach einem Aus für die Griechenland-Hilfe gerufen haben.
Schmerzfreie Alternativen wird aber auch Merkel keine mehr finden. Dazu ist in Europa und in fast jedem einzelnen Land schon viel zu viel schief gelaufen.
Eine schmerzfreie Alternative stellen auch die jüngsten Ideen der linken Sahra Wagenknecht nicht dar, auch wenn diese derzeit in Deutschland weithin als eine liberale Wende der Salonkommunistin gefeiert werden. Wagenknecht verlangt nämlich eine Ende der ständigen Rettung von Staaten und Banken. Das ist sicher richtig und ein klares liberales Prinzip. Alle anderen linken Politiker haben in den letzten Jahren hingegen ständig nach immer noch mehr „Solidarität“, also teuren Rettungsaktionen gerufen.
Wagenknecht schlägt aber zugleich vieles sehr Problematische vor. Sie will, dass den Staaten sofort alle 60 Prozent des BIP übersteigenden Schulden gestrichen werden. Und sie will auch, dass sich die Staaten künftig gleich direkt bei der Europäischen Zentralbank finanzieren können. Das wäre eine endgültige Katastrophe. Dann wäre jede Bremse für die Geldverbrennung durch die Regierungen beendet. Dann könnte niemand mehr darüber entscheiden, welches Land noch kreditwürdig scheint und welches nicht. Dann hätten die Staaten zugleich die Kontrolle über praktisch alle Banken.
Denn die wären alle bankrott, wenn kein Staat mehr Anleihen zurückzahlen würde (Sind doch fast alle Euro-Staaten mit mehr als 60 Prozent verschuldet). Mit einem Bankencrash wären natürlich auch die dort liegenden privaten Vermögen kaputt, die über eine Mindestsicherung hinausgehen. Nach einer Verstaatlichung der Banken würden Politiker bei der privaten Kreditvergabe heftig mitentscheiden. So wie sie es jahrzehntelang in Kärnten und bei fast allen anderen Landesbanken oder bei den einstigen Staatsbanken getan haben. Mit katastrophalen Folgen.
Aber dennoch zeigt die Wagenknecht-Diskussion eines: In Deutschland wird von allen Seiten wenigstens heftig diskutiert und nachgedacht. Worauf Österreich konsequent verzichtet.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Manche hatten gemeint, in Zeiten der Krise und wachsenden Arbeitslosigkeit würden die Dämme gegen die Zuwanderung erhöht werden. Wahr ist das Gegenteil.
Die EU hat nun durchgesetzt, dass Asylwerber (auch ohne Asyl) jedenfalls schon nach neun Monaten arbeiten können. Lediglich Deutschland hat gegen diesen Beschluss Widerstand zu leisten versucht, Österreich nicht. Diese Arbeitsmöglichkeit wird natürlich von später abgewiesenen Asylwerbern und ihren Hilfstruppen als Argument verwendet werden, warum man dann zumindest einen "humanitären" Aufenthaltstitel zuerkennen müsse.
Der neue französische Innenminister kündigt gleichzeitig sogar eine radikale Liberalisierung der Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik seines Landes an, auch zugunsten der sogenannten Illegalen. Was natürlich nicht nur für Frankreich, sondern den ganzen EU- und Schengenraum Auswirkungen haben wird.
Die Öffnung Frankreichs für weitgehend freie Zuwanderung ist aber auch deshalb pikant, weil im Land des Präsidenten Hollande gerade die Arbeitslosigkeit explodiert. Ein Industriebetrieb nach dem anderen kündigt an, Tausende Arbeitsplätze zusperren zu müssen. Was einerseits eine Folge der Krise ist und auch die Nachholung im Wahlkampf zurückgehaltener Abbaumaßnahmen bedeutet.
Die industrielle Sperrstunde ist aber andererseits auch eindeutig eine Konsequenz der investorenfeindlichen Politik der Sozialisten. Wenn jeder Unternehmer zum Feind wird, wenn die Steuern konfiskatorisch sind, wenn die Arbeitskräfte zu teuer werden, wenn die Staatsverschuldung zugunsten neuer Wohlfahrtsmaßnahmen explodiert, drängen sich die Menschen halt nicht, in einem solchen Land ihr Geld zu investieren. Das ist zwar logisch, für Linke aber immer wieder überraschend. Oder glauben sie in ihrer Einfalt gar, Illegale und Asylwerber würden die nötigen Investitionen oder zumindest Qualifikationen ins Land bringen?
Für jene, die sich noch um die kulturelle und ethnische Identität Europas sorgen, ist das alles ziemlich schockierend. Nicht nur, dass die Krise und die rasche Zunahme der Arbeitslosigkeit die Immigrationsindustrie keineswegs einbremsen. die Krise wird auch ganz offensichtlich zur Tarnung verwendet: Wenn die Menschen andere große Sorgen haben, kann man sie viel leichter vor vollendete Tatsachen herstellen.
Zur großflächigen Korruption, welche die Fundamente unserer Gesellschaft bedrohen, gehören nicht nur die Fälle, wo sich Politiker bestechen lassen. Das ganz große Geld rollt vielmehr in jenen Bereichen, wo Politik und Parteien zu sehr eigennützigen Zwecken in die öffentlichen Kassen greifen. Dabei geht es keineswegs nur um die hierorts schon mehrfach aufgespießten Fälle der Inseratenkorruption. Genauso schlimm sind vielmehr auch die Bereiche Sport und Energieversorger. Wie aktuelle Ereignisse zeigen.
In den Strom- und Gas-Versorgern haben die Parteien der Bundesländer ihre Goldgrube gefunden. Alles, was den dortigen Machthabern nützt oder gefällt, was sie aber doch nicht allzu direkt aus Steuergeldern zu finanzieren wagen, das wird dann von ihren Stromfirmen „unterstützt“. Wie etwa regionale Fußballvereine oder Kulturveranstaltungen. Dort hat dann ganz zufällig jeweils die lokale Politik ihre großen Auftritte, also meist die Landeshauptleute.
Einen besonders tiefen Einblick in die Praktiken dieser Versorgungsunternehmen kann man derzeit im Burgenland nehmen. Das kleine Land ist offensichtlich heftig bemüht, Kärnten in Sachen Schweinereien zu überbieten. Es wird nun offen zugegeben (wenn auch von einigen Parteien dementiert), dass vom Landesversorger Begas alle Parteien mit Spenden bedient worden sind. Zugleich haben die Parteispenden-verteilenden Vorstände der Begas selbst Gas zu Billigstkonditionen bezogen, haben alle nur erdenklichen Privatausgaben über Spesen abgerechnet und dabei offenbar auch massiv Steuern hinterzogen. Und das alles gönnten sie sich neben unfassbaren Jahresgagen von 322.000 bis 482.000 Euro. Diese Einkommen liegen weit über jedem Minister- oder Bundeskanzlerbezug.
Dabei hat ein Vorstand eines solchen Landesversorgers weder besondere ökonomische noch intellektuelle noch arbeitsmäßige Herausforderungen zu bewältigen. Er hat vielmehr nur brav das Vertrauen der entsendenden Parteien zu erfüllen. Die Kunden sind ja anstrengungsfrei vorhanden. Die Kunden sehen auch nicht viele Alternativen zu ihren teuren Verträgen mit den Landesmonopolisten (obwohl sie in Wahrheit seit einigen Jahren durchaus zu anderen Anbietern wechseln könnten, was ihnen auch etliche Euro ersparen würde – nur wird für einen solchen Wechsel kaum Werbung gemacht).
Angesichts der großen Bedeutung der Energieversorger für die Bundesländer-Parteien sind alle Versuche gescheitert, die Unternehmen zu privatisieren. Da hat man noch eher der Bundes-SPÖ ihre verstaatlichten Betriebe entringen können als den Landeshauptleuten ihre Energie-Imperien. Auch die diversen Landesbanken (ob Sparkassen oder Hypo-Anstalten) sind ja jeweils nur dann privatisiert worden, wenn schon der Pleitegeier über der Misswirtschaft gekreist hat. Dieses Schicksal müssen die Gas- und Stromversorger angesichts ihres De-facto-Monopols aber derzeit nicht fürchten.
Mindestens genauso schlimm geht es im Bereich das Sports zu. Dort spielen sich die ganz großen Sauereien vor allem international ab, gehen aber trotzdem auf unser aller Kosten. Dort gibt es halb- oder ganz kriminelle Strukturen, die sowohl Olympia und den internationalen Fußball wie auch die Formel 1 regieren. Dort geht es nicht nur um ein paar Millionen. Dort fließen gleich Milliarden nicht immer sauberer Gewinne.
Auto-Boss Ecclestone muss nun bald vor den Richter treten, nachdem ein Mittäter einen Megabetrug gestanden hat. Noch schwerer sind die gut belegten Vorwürfe gegen Fifa-Chef Blatter, die einem den Atem rauben, auch wenn sie noch nicht gerichtsbewiesen sind. Und die Schiebungen im Internationalen Olympischen Komitee sind schon seit Jahrzehnten bekannt. Dort lassen sich vor allem die Delegierten der Drittweltstaaten die Zustimmung zur Vergabe eines Austragungsortes immer teuer abgelten. Und das zu immer sehr privatem Nutzen. Bei all dem predigen die Haupttäter immer lautstark politisch-korrekten „Respect!“, den sie aber in Wahrheit primär für sich selber verlangen.
All das finanzieren nicht nur die Käufer von Eintrittskarten, die Gebührenzahler von sportübertragenden Fernsehanstalten und die werbenden Markenfirmen. Was legitim wäre. Vielmehr sind es auch immer die Steuerzahler, die gleich auf mehreren Kanälen zahlen müssen, um diese internationale Korruption zu ermöglichen. Insbesondere jene Länder, die große Spiele oder Wettkämpfe veranstalten, müssen für Sportstätten, Organisation und Sicherheit tief in die Tasche greifen. Selbst bleiben ihnen am Schluss solcher Spiele immer gewaltige Verluste über. Und wenn die angereisten Journalisten unzufrieden sind, haben die Veranstalter überdies auch noch eine schlechte Nachrede.
Niemand kann mir erklären, warum nicht etwa auch die Steuerzahler an den Megagewinnen von Fifa oder IOC beteiligt werden, wenn sie schon die Risken und Investitionskosten der Großveranstaltungen tragen. Es gibt jedoch weder rechte Parteien, die nach weniger Staat im Sport rufen, noch linke, die gegen diesen Kriminalkapitalismus wettern würden. Allen sind die Auftritte auf Ehrentribünen und die Fotos an der Seite von Siegern viel wichtiger.
Die Förderung aus öffentlichen Geldern für den Spitzensport ist durch nichts gerechtfertigt, außer durch diese Politikereitelkeit. Während es durchaus legitim ist, Breitensport zu fördern und auch jenseits der von Zuwanderern okkupierten Park-Käfige zu ermöglichen, erfüllt der Spitzensport keinen allgemein vertretbaren Zweck. Er ist nationalistische Show, er ist Entertainment, er ist Ablenkung, er ist gesundheitsschädlich (siehe Doping, siehe lebenslängliche Gelenkschäden) und er ist ein Riesengeschäft mit argen kriminellen Dimensionen. Womit eben keineswegs nur der großangelegte Wettbetrug gemeint ist.
Daher sollte der Spitzensport auch in jeder Hinsicht dementsprechend behandelt werden. Jeder eitle oder an Umwegwerbung interessierte Geschäftsmann kann in ihn investieren, so viel er will. Ob er nun Stronach oder Mateschitz heißt. Aber den Steuerzahler möge man endlich vom Zwang verschonen, Sport-Subventionen zu zahlen. In einem anständigen Staat dürften öffentliche Gelder eigentlich nicht einmal für den Bau von Stadien oder Rennstrecken herangezogen werden. Es sei denn, diese wären auch für ganz normale Jugendliche und Gesundheitssportler offen. Ein genauso ungerechtfertigter Schaden für den Steuerzahler ist es auch, wenn ihm beispielsweise die Einnahmen aus Lotteriemonopolen zugunsten der Förderung des bloßen Spitzensports vorenthalten werden.
Freilich weiß ich, dass dieser Gedanke total unrealistisch ist. Kein Politiker würde es wohl angesichts der herrschenden Mentalität überleben, wenn er die Sportförderung total streichen sollte. Wenn er etwa Nein zur für Österreich teuren (und sportlich blamablen), aber für die UEFA sehr einträglichen Euro 2008 gesagt hätte. Denn er wäre von den Sportjournalisten in der Luft zerrissen worden. Die werden aber gerade von jenen Wählern gehört und gelesen, die niemals auch nur einen Blick in die politischen oder wirtschaftlichen Rubriken der Medien machen. Die also nur via Sport für eine Partei zu gewinnen sind.
All das kann wohl erst dann anders werden, wenn die Schuldenwirtschaft mit einem großen Knall geplatzt ist. Und selbst dann könnte die Show weitergehen: Haben doch schon viele Diktatoren mit Brot und Spielen von allem Elend abzulenken versucht.
Und solche Megainszenierungen, wie es Olympia geworden ist, scheinen das Panem-et-Circenses-Rezept auch durchaus zu bestätigen. Auch wenn dann nach den großartigen Festen regelmäßig der Katzenjammer folgt.
PS.: Diese Kritik heißt nicht, dass mich der Spitzensport nicht interessiert. Ganz im Gegenteil, er ist sogar eine großartige Unterhaltung und Ablenkung. Und auch die Olympia-Eröffnung war eine tolle Show. Nur sind Shows keine Legitimation anderen Leuten für deren Kosten aufzubürden.
Wie einst in Delphi Pythia
sind heute Agenturen da,
die Zukunft zu erraten –
und wenn der Pleitegeier ruft,
wird eben flott herabgestuft,
ob Banken oder Staaten.
Italien betraf’s zuletzt,
und manche fragen nun entsetzt:
Wie konnte das passieren,
denn sorgt dort nicht seit letztem Jahr
als Goldmann-Sachsen-Kommissar
der Monti für Manieren?
Doch seht nur, gar nix ist passiert:
Die Kurse hat es nicht tangiert,
und Großkredit gibt’s weiter,
sind Investoren ja perfekt
durch Schirme aller Art gedeckt –
da bleibt man froh und heiter!
Alsbald schon winkt noch mehr an Glück,
denn Berlusconi kehrt zurück,
wie Meldungen besagen:
Gebräunt, verschlankt und durchtrainiert,
so quasi generalsaniert,
will er es nochmals wagen.
Auf dass sie besser sich verkauft,
hat die Partei er umgetauft,
der Adler wird zum Wappen,
und mit genügend Rauch und Schall,
wie altbewährt auf jeden Fall,
könnt’s wirklich wieder klappen.
Wer Sieger wird das nächste Mal,
ist aber ohnehin egal –
wie überall bei Wahlen,
denn nach dem kurzen Gaudium
ist stets das Volk genauso dumm,
und muss die Zeche zahlen…
Pannonicus
Im Grund ist alles Psychologie. Das wissen Börseprofis. Sie versuchen bei jeder kleinen Nachricht zu ahnen, wie die anderen – der „Markt“ – reagieren werden, und handeln dementsprechend.
Auch in der Erziehung ist die eigene psychologische Glaubwürdigkeit zentral. Wenn Eltern Kindern ständig etwas androhen (à la: „Dann darfst du nicht fernsehen“), das aber aus Angst vor einem Konflikt nie realisieren, dann verlieren sie jede Glaubwürdigkeit. Sie ernten im Lauf der Zeit die Verachtung ihrer Kinder und das Risiko viel ärgerer Konflikte. Die Kuschelpädagogik der 68er Generation ist aus diesem Grund gescheitert.
Nur die europäische Politik handelt noch nach deren Regeln, vor allem rund um den Euro. Sie hat damit die eigene Glaubwürdigkeit verspielt. Statt konsequent zu sein, hat sie sich lächerlich gemacht.
Sie hat aus Weichheit Länder in den Euro aufgenommen, welche die eindeutigen Aufnahmekriterien bei weitem verfehlt haben. Es gab nie Konsequenzen gegen jene Staaten, die dann nach Einführung des Euro die Regeln verletzt haben. Es gab keinerlei Strafmaßnahmen wegen betrügerischer Manipulationen volkswirtschaftlicher Daten; Kommissionspräsident Barroso ist noch immer im Amt, der die Griechen 2004 in aller südländischen Grandezza von diesem (vielleicht sogar mit Wissen Brüssels passierten!) Betrug pardoniert hat. Europa hat die hoch und heilig auf höchster EU-Verfassungsebene einbetonierte No-Bailout-Regel gebrochen und entsorgt (also das Verbot, andere EU-Länder aus einer Pleite herauszuboxen). Griechenland hat jedes Mal die detailliertesten Reformzusagen gebrochen und dennoch jedes Mal nach einigem Zetern immer das benötigte Geld bekommen.
Wer soll heute noch diese EU, diese EZB ernst nehmen? Auch die Griechen tun das nicht. Sie haben nur solange ernsthaft gespart, als sie mit einer Pleite rechnen mussten. Sobald die ersten Hilfsgelder da waren, tun sie nur noch so als ob. Was aber noch schlimmer ist: Die mangelnde Konsequenz gegen Griechenland wirkt sich auch in allen anderen Ländern aus. Niemand nimmt Drohungen aus Brüssel weiter ernst. Man beklagt zwar wie ein professioneller Friedhofsredner tränendrüsendrückend ein „Zu Tode sparen“, aber dennoch gibt es auch heute nur ein einziges EU-Land, das weniger ausgibt, als es einnimmt. Das ist Estland . . .
Aber man würde doch das große „Friedensprojekt Europa“ gefährden, so heißt es von den Fans dieser Kuschelökonomie, wäre man wirklich konsequent! Deshalb sei der „Vorrang der Politik“ über alle Ökonomie so wichtig! Wahr ist freilich das Gegenteil. Zwar hat man sich – wie Eltern, die dann halt doch immer das Fernsehen erlauben, – kurzfristig einen Konflikt erspart. Langfristig wird es dafür umso sichererer umso größere Konflikte geben.
Hätte man die Griechen 2000 nicht in den Euro gelassen oder sie seit 2010 nicht durchgefüttert, hätten sie selbstverantwortlich handeln müssen. Jetzt aber sind an jedem Übel in Griechenland die Deutschen schuld und an allen deutschen Problemen die Griechen. Hass ist nie gut für den Frieden.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Das Geständnis des zurückgetreten Kärntner ÖVP-Chefs Josef Martinz ist nur ein kleiner Ausschnitt einer unübersehbaren Korruptionslandschaft. Allein in Kärnten (!) gibt es daneben die Fälle "Part of the game": FPK-Obmann Uwe Scheuch soll einem russischen Investor die Staatsbürgerschaft gegen Parteispenden zugesagt haben. Dann wird wegen dubioser Wahlkampfbroschüren um 500.000 Euro gegen die Kärntner Freiheitlichen und gegen Stefan Petzner (BZÖ) wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung ermittelt. Es gibt die Affäre rund um die FPK-Werbeagentur "Connect", die Scheinrechungen an Firmen ausgestellt haben soll, die von Regierungsaufträgen profitiert haben. Es gibt die undurchsichtigen Vorgänge beim Bau des Klagenfurter Stadions sowie die Affäre Russen-Sponsoring, bei der zwei einbürgerungswillige russische Geschäftsleute auf ein Hypo-Konto gezahlt haben und im Gegenzug über Intervention die Staatsbürgerschaft bekamen. Auf Bundesebene sind die Skandale während der Regierungszeit von Wolfgang Schüssel, Haider & Co. ebenso zahlreich und bezeichnend, wenngleich sehr viel mehr Geld im Spiel war. An erster Stelle zu nennen ist der Kauf der sündteuren Eurofighter, bei dem sich ein ganzes Rudel schwarz-blauer Lobbyisten bereichert haben dürfte. Dann gibt es die millionenschweren Machenschaften bei der Privatisierung der Bundeswohnungen, bei denen Ex-Minister Karl Heinz Grasser als Beschuldigter geführt wird, die Telekom-Affäre mit dubiosen Geldspenden, die Ungereimtheiten beim Kauf des digitalen Behördenfunks. Und sehr, sehr viel mehr. Abzocke, Verbrechen, Betrug. Das ist die Bilanz von sechs Jahren Schwarz-Blau unter Führung von Schüssel, Haider & Co. Die Rechung zahlen alle. Diese Korruptionskonstellation ist wahrlich historisch und wird hoffentlich von den Wählern nicht vergessen.
Andreas Unterberger
Es wird einem ob der Kärntner Korruptionsberichte nur noch übel. Dank der Zähigkeit eines Richters ist da ein Teil einer grauslichen Wahrheit ans Tageslicht gekommen. Mit einem weiteren Teil wird das wohl nie passieren, weil der offensichtliche Hauptakteur, Jörg Haider, nicht mehr am Leben ist. Haider war nämlich wohl auch dort Regisseur, wo seit Jahr und Tag vergeblich versucht wird, Karl-Heinz Grasser in dieser Rolle zu entlarven.
Genauso übel wie die Causa Haider-Martinz-Birnbacher (& Co!) ist jedoch, wie die dort so aktive Staatsanwaltschaft bei allen Skandalen, die die SPÖ betreffen, zu Untätigkeit neigt und viele im ideologischen Gleichschritt marschierende Medien ein Bild malen, in dem die SPÖ zur Verkörperung des politischen Reinheitsgebots wird. So interessierte sich die Justiz nie für die wundersame Über-Nacht-Sanierung der desolaten SPÖ-Parteifinanzen nach Antritt von Alfred Gusenbauer. So wurden absurderweise zwar viele Komparsen, aber niemals Fritz Verzetnitsch wegen des Bawag-Debakels angeklagt. So mussten die Wiener Staats- und Oberstaatsanwälte erst vom Ministerium gezwungen werden, den schweren Indizien gegen die Herrn Faymann und Ostermayer wenigstens durch Befragen der Tatzeugen nachzugehen. So ignoriert die Staatsanwaltschaft beharrlich die vier Mill. Euro, welche die Eurofighter-Firma EADS dem von einem roten Exminister geleiteten Fußballklub Rapid zugeschoben hat: obwohl die Grün-Weißen keinerlei Gegenleistung erbrachten; obwohl sie nicht einmal auf den Unterhosen Werbung für die Flieger machten (was zumindest dem Wert des Gutachten des Herrn Birnbacher entsprechen würde); obwohl jedem juristischen Anfänger aufstoßen müsste, dass der SPÖ-Verteidigungsminister danach einen neuen Eurofighter-Vertrag mit weit schlechteren Konditionen für Österreich abgeschlossen hat.
Die Österreicher laufen im Eilschritt dem einstigen Qualitätssender Ö1 davon - und kein ORF-Orhrwaschel rührt sich.
Der jüngste Radiotest ist vernichtend: Der Marktanteil des früheren Vorzeigesenders Ö1 ist von 11 auf 9 Prozent gesunken, und bei den 14- bis 49-Jährigen hat er sich gar von 6 auf 4 Prozent um ein volles Drittel reduziert. In einem martkwirtschaftlich geführten Unternehmen würden die Alarmglocken läuten, aber nicht doch beim ORF. Dabei liegt die Erklärung auf der Hand: Bis auf die nach wie vor weitgehend in journalistischer Qualität und mit professionell abgemilderter Schlagseite gestalteten Journale hat sich der Sender zu einer Plattform verwandelt, wo linksradikale Absolventen des Politologie- und Publizistikstudiums Gehirnwäsche zugunsten aller Gesinnungsgenossen betreiben dürfen. Und die wenigen Zuhörer, die nicht schon durch das Occupy/Attac/Befreiungsbewegungen/Armutskonferenz-Geschwätz vertrieben worden sind, werden dann durch einen immer eigenwilliger werdenden Musikgeschmack verjagt. Aber was solls: Die ORF-Menschen leben ja dennoch trotz allem Gejammere ganz gut von den Zwangsgebühren und den Steuergeldern, die ihnen ein nicht ganz zurechnungsfähiges Parlament zuschiebt.
PS.: Was ich selbst an Radiosendungen höre? Im Auto (noch) Ö1-Nachrichten und sonst CD; via Satellit oder Internet läuft nur noch BBC-Worldservice für Weltklasse-Informationen und "Swiss Classic" mit einer für mich idealen und fast textfreien Musikauswahl (beides ohne Werbung). Beides sind übrigens auch öffentlich-rechtliche Produkte, aber eben nicht aus Österreich.
Seit Anfang Juli haben wir ein neues Ökostromgesetz. Als dieses ausgearbeitet wurde herrschte rundum Zufriedenheit. Damit scheint es aber schon wieder vorbei zu sein. Die Tarife seien zu nieder, die Deckelung müsse aufgehoben werden, der Anteil der Erneuerbaren sei gesunken (könnte das vielleicht mit der ungünstigen Wasserführung in den vergangen Jahren zusammenhängen?). An den neuen Tarifen, die 2013 gelten sollen, wird bereits gefeilt, im Vorfeld gibt es schon heftiges Lobbying.
In Deutschland wurde rückwirkend mit 1. April die Photovoltaik-Förderung für kleine Dachflächen von 24,7 auf 19,4 Cent gesenkt. Nur zur Erinnerung: Die Stromgestehungskosten (laut einer Studie des Frauenhoferinstituts) betragen bei Kleinanlagen derzeit zwischen 14 und 20 Cent, bei Freiflächen 13 bis 14 Cent. Bei Onshore-Windanlagen muss mit 6 bis 8 Cent gerechnet werden. Das bedeutet, dass in Österreich flott überfördert wird. Es gibt zwar für Kleinanlagen bis fünf MW nur mehr einen Zuschuss von 800 Euro pro MW, trotzdem gibt es für diese Förderung einen riesigen Andrang, die vorgesehenen Mittel von 25 Millionen waren innerhalb von wenigen Minuten ausgebucht.
Über fünf MW wird ein Einspeisetarif von 27,6 Cent gewährt. Bei Wind sind es 9,5 Cent. Also eine ziemlich überhöhte Förderung, die in Österreich nur deshalb nicht so ins Geld geht, weil gedeckelt wird. Daher wird in Österreich ein Haushalt nur mit 35 Euro jährlich zusätzlich belastet, in Deutschland sind es bereits 140 Euro. Für 2013 ist mit einer Absenkung der Einspeisetarife zu rechnen, weshalb sich die diversen Interessensvertreter jetzt in Kampfstimmung bringen.
Durch das neue Ökostromgesetz sollen die Kosten, die die Konsumenten für Strom aus erneuerbaren Energieträgern bezahlen müssen, aber deutlich transparenter erkennbar werden. Bisher wurden von den Stromlieferanten Ökostrommehrkosten an die Kunden verrechnet, die von diesen meist nicht nachvollzogen werden konnten. Die E-Control sprach sogar davon, dass den Kunden um 70 Millionen Euro zu viel verrechnet wurde.
Das soll künftig der Vergangenheit angehören, denn das neue Finanzierungssystem im Ökostromgesetz sieht vor, dass die Kosten für das Ökostromsystem künftig nicht mehr vom Lieferanten über den reinen Strompreis abgerechnet werden dürfen, sondern vielmehr an die Netzkosten angeknüpft sind und vom Bundesminister für Wirtschaft per Verordnung festgelegt werden. Somit werden die Ökostromkosten für die Konsumenten nachvollziehbar und prüfbar, auch wenn diese natürlich weiterhin bezahlt werden müssen.
Wenn die EnergieAllianz vor kurzem verkündete, dass sie die Strompreise senken werde, entsteht beim Verbraucher ein falsches Bild, wenn nicht gleichzeitig mitgeteilt wird, dass die Netzkosten steigen werden. Es sollte eigentlich ein Nullsummenspiel sein. Bei der E-Control will man jedenfalls genau prüfen, ob die Energiepreise auch ausreichend gesenkt werden.
Bisher wurde beim Energiepreis eine Zählpunktpauschale von 15 Euro verrechnet, in Zukunft werden es nur mehr 11 Euro sein, die dann beim Netz zugeschlagen werden. Die Position Ökostrom-Mehraufwand fällt gänzlich weg. Im Netz werden zusätzlich zur Pauschale 0,15 Cent pro kwh für den Herkunftsnachweis in Ansatz gebracht und 15,3 Prozent der Netzkosten zusätzlich als Ökostromzuschlag verrechnet.
Der erste Teil des Ökostromgesetzes wurde mit dem Abbau der früheren Wartelisten, die teils bis zum Jahr 2025 gereicht haben, bereits umgesetzt. Für Wind und Photovoltaik stand dafür ein Sonderkontingent an Tarifförderungen mit einem Volumen von 108 Millionen Euro zur Verfügung. Allein durch den Abbau der alten Wartelisten wurden insgesamt knapp 5.500 neue Anlagen ans Netz gebracht.
Die Zahlen für den Abbau der Windkraft-Warteliste im Detail: Mit dem Wind-Sonderkontingent von 80 Millionen Euro gehen rund 630 MW (ca. 180 Anlagen) in den nächsten ein bis zwei Jahren ans Netz. Damit wird die derzeit installierte Wind-Leistung mit einem Schlag um 60 Prozent erhöht, wobei der Ausbauweg mittels Tarifdegression vom Markt sehr gut angenommen wurde. Durch die Tarifdegression werden rund drei Millionen Euro eingespart, weshalb mit dem gleichen Unterstützungsvolumen rund zwei Prozent mehr Wind-Leistung ans Netz gehen.
Die Zahlen für die Photovoltaik-Warteliste im Detail: Mit dem Photovoltaik-Sonderkontingent von 28 Millionen Euro gehen 122 MW (5.276 Anlagen) demnächst ans Netz. Damit wird die derzeit installierte PV-Leistung mehr als verdoppelt. Von 2011 auf 2012 wird die installierte Leistung von 187 auf über 330 MW Leistung ansteigen. Auch hier wurde der eingeschlagene Weg der Tarifdegression vom Markt sehr gut aufgenommen. Durch die Tarifdegression werden rund neun Millionen Euro eingespart, weshalb mit dem gleichen Unterstützungsvolumen rund 25 Prozent mehr Photovoltaik-Leistung ans Netz gehen.
Mit 1. Juli tritt zudem die Regelung zum Sonderinvestitionsvolumen in Höhe von 20 Millionen Euro für den Abbau von anstehenden Kleinwasserkraftprojekten in Kraft. Damit können ab 2013 rund 25 MW Wasserkraft errichtet werden. Daneben wurde der jährliche Investitionszuschuss für die Wasserkraft von 14 auf 16 Millionen erhöht. Auch die Revitalisierung der mittleren Wasserkraft kann, zusätzlich zur bereits bestehenden Förderung der Neuerrichtung von mittleren Wasserkraftanlagen, künftig durch Investitionszuschüsse gefördert werden.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Selten noch ist die Unverfrorenheit der parteipolitischen Selbstbedienung so offenkundig geworden wie in den letzten Stunden in Kärnten. Die dortigen Enthüllungen und Geständnisse haben den Verdacht der Bürger rapide anwachsen lassen, dass Politiker jedes Mal mitschneiden, sobald sie bei irgendwelchen Vorgängen etwas zu entscheiden haben. Aus diesem Generalverdacht schöpfen überdies auch immer mehr Beamte ein persönliches „Vorbild“. Die Kärntner Untaten der Herrn Martinz, Haider und Birnbacher, in die zweifellos noch etliche andere involviert sind, schaden nicht nur den Tätern, nicht nur ihren Parteien, sondern auch der Demokratie insgesamt.
Viele Menschen haben nur noch Verachtung für die regierende Klasse über. Und diese Verachtung erreicht ausgerechnet in jenem Zeitpunkt den Gipfel, da quer durch Europa die unfassbaren und niemals bezahlbaren Rechnungen für die jahrzehntelange Schuldenvermehrung auf den Tisch donnern, die einzig zum Zweck einer sich ununterbrochen eskalierenden Wählerbestechung durch die Politik entstanden sind.
Wem sollen die Bürger da noch glauben? Es macht sich lähmender Nihilismus breit. Das einzige Glück dabei: Die Menschen dürften auch keinem starken Mann mehr glauben, der in den nächsten Jahren vorgeben sollte, den Saustall ausmisten zu können. Denn sie haben begriffen: Allzu viele Ausmister haben sich im Nachhinein selbst als die ärgsten Schweine entpuppt.
Was uns wieder nach Kärnten zurückführt. Jörg Haider hatte einen Teil seines Erfolgs dem ständigen Anprangern von politischen Schiebereien und Bereicherungen zu verdanken. Und jetzt wird klar, dass er in unglaublicher Kühnheit sich beziehungsweise seine Partei und den Koalitionspartner selbst zu bedienen versucht hat.
Offenbar bestätigt das die alte Erfahrung: Wer am lautesten „Dieb!“ schreit, wird selbst oft zum Langfinger. Wenn jemand wirklich alle für Verbrecher hält, käme er sich ja am Ende selbst dumm vor, wenn er selbst anständig bliebe. Oder er zeigt von Anfang an überhaupt nur zum Zweck der Ablenkung von den eigenen Untaten auf andere Täter.
Gesellschaften, in denen sich jeder selbst bis zum Maximum bedient – legal oder illegal –, sind zum Untergang verurteilt. Ohne eine moralische Wertebasis in der Mehrheit der Bürger kann keine Gemeinschaft mehr funktionieren. Sind wir schon soweit? Das weitgehende Aussterben von Religiosität in den westlichen Gesellschaften hat jedenfalls ein traditionell wirksames Fundament einer solchen Wertebasis verschwinden lassen. Auch die Nation oder irgendeine Ideologie als moralschaffende Motoren haben ausgedient.
Man kann aber als Individuum nur dann ohne größere psychische Defekte überleben, wenn man trotz allem nicht alle anderen und insbesondere nicht jeden Verantwortungsträger für einen Gauner hält.
Was aber tun? Es hilft wenig, ständig noch mehr Kontrollen zu installieren. Eine Kontrollinflation ist sogar meist kontraproduktiv. Sie führt ja nur zu immer noch mehr Bürokratie – und die ist automatisch der beste Dünger für weitere beamtete und politische Korruption. Jeder Kontrollor ist genauso ein potentieller Inkassant von Schmiergeld wie die Kontrollierten und damit eine zusätzliche Korruptionsgefahr.
Der viel effizientere Weg ist der einer Entmachtung von Politik und Verwaltung. Je weniger Politiker in einer Bank (wie im konkreten Fall bei der Hypo Alpen-Adria) oder einem Unternehmen zu reden haben, umso weniger können sie die Hand aufhalten. Je weniger Genehmigungen und Bescheide für normale wirtschaftliche Tätigkeiten notwendig sind, umso weniger kann dabei Schmiergeld verlangt werden. Je weniger Budget in der Verfügung eines Ministers steht, umso weniger kann er sich die Zustimmung von Zeitungen kaufen.
Freilich geht der Trend genau in die gegenteilige Richtung. Siehe etwa die Schuldenkrise: Die Politik schreit „Dieb!“ (vulgo: „Die Bankenspekulationen haben uns ins Unglück gestürzt!“); sie bekommt dafür den Jubel der ahnungslosen Bevölkerung; sie lenkt damit nicht nur vom eigenen Diebstahl (also der Schuldenexplosion der letzten Jahrzehnte) ab, sondern ermöglicht sich damit auch gleich den nächsten, noch viel größeren Diebstahl: Sie „reguliert“ die Banken, wofür wieder auf den Rängen Jubel aufbraust, und zwingt damit in Wahrheit die Banken und Versicherungen, mit weiteren Hunderten Milliarden die nächsten Schuldenaufnahmen der Staaten zu finanzieren.
Ebenso sinnvoll wäre die zumindest teilweise Entmachtung der Politik durch die direkte Demokratie. Wenn wichtige Entscheidungen nicht im Hinterzimmer gefällt werden können, kann auch viel weniger bestochen werden. Und es ist geradezu lächerlich, wenn ausgerechnet diese politische Klasse nun darüber zu urteilen versucht, in welchen Fragen die Bürger reif zur Entscheidung sind und in welchen nicht.
Noch einmal nach Kärnten: Die am Rande der Selbstauflösung stehende Kärntner ÖVP ist sicher noch nicht am Ende des Weges einer Aufarbeitung. Wenn Herr Martinz sagt, er habe 100.000 Euro für die Partei genommen, dann muss das Geld irgendwo hingekommen sein und muss daher auch zurückkommen können. Findet sich hingegen keine Spur des Geldes, dann hat Herr Martinz selbst noch ein viel größeres Problem, nämlich eines der persönlichen Bereicherung.
Und die Kärntner Freiheitlichen – ob Blau, ob Orange, ob Gestreift – haben überhaupt das allergrößte Problem: Sie müssen den Österreichern nun mit Erfolg weismachen, dass sie aus Großzügigkeit oder später Ehrlichkeit oder plötzlicher Vergesslichkeit auf die Abholung von sogar 500.000 Euro verzichtet haben, obwohl sie diese zuerst verlangt haben. So blau kann man gar nicht sein, um solche Geschichten zu glauben. Allerdings sind die Freiheitlichen ja beim Geschichtenerzählen total begabt: Einer ihrer früheren Mandatare ist sogar imstande, Menschen bis hin nach Taiwan mit Erfolg einzureden, für bei Vollmond abgefülltes Wasser dreimal so viel Geld auf den Tisch zu legen…
PS: Oder gibt es doch nichts Neues in der Nacht der Korruption? Die Überschrift dieser Betrachtung hat jedenfalls schon ein gewisser Johann Strauß vertont. Und ich selbst habe sie schon vor ziemlich genau einem Jahr verwendet.
In aller Stille wurde im Trubel des politischen Saisonschlusses ein neuer schwerer Anschlag auf die wirtschaftliche Zukunft Österreichs Realität. Aber niemand hat sich aufgeregt. Denn wieder einmal haben grüne und provinzielle Borniertheit einen Schulterschluss geübt. Und in diesem Fall ist in Österreich jede Dummheit mehrheitsfähig. Besonders dann, wenn einer der Haupttäter hinter den Kulissen Erwin Pröll heißt.
Es geht um die Neuregelung der Umweltverträglichkeitsprüfung UVP. Diese verzögert jede relevante Investitionen um Jahre, meist sogar Jahrzehnte. Dabei gäbe es für diese Projekte oft durchaus das notwendige und sonst oft fehlende Geld, weil sie wirtschaftlich häufig sinnvoll sind. Dabei sind solche Investitionen der beste Anschub für neues Wirtschaftswachstum, das ja derzeit von allen Seiten als dringend notwendig in Zeiten der Krise erkannt wird. Denn nur mit einem nicht durch neue Schulden erkauften Wachstum könnte es vielleicht doch noch möglich sein, den größten Schuldenberg der Menschheitsgeschichte abzubauen.
Dennoch hat man die UVP dramatisch verschärft. Der Gesetzgeber – Hauptverantwortlicher wieder einmal Nikolaus Berlakovich – sorgte dafür, dass künftig in noch viel mehr Fällen eine solche UVP stattfinden wird. Womit noch viel mehr Investitionen als bisher auf unendlich lange Bänke verschoben werden. Womit diese Investitionen noch viel teurer werden. Womit viele von ihnen künftig nicht mehr in Österreich, sondern im Ausland getätigt werden.
Denn künftig werden 25 grüne Privatvereine, die sich großspurig NGO – Nichtregierungsorganisationen – nennen, ein Antragsrecht haben, um eine solche UVP durchzusetzen (Genauer gesagt: sie können jeden Bescheid beeinspruchen, der ein Projekt als nicht UVP-pflichtig eingestuft hat). Damit droht jedes über die Dimension einer Schrebergartenhütte hinausgehendes Projekt via UVP erstickt zu werden. Denn zumindest einer dieser Vereine wird mit Sicherheit einen solchen Antrag stellen. Schon um die eigene Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen.
Gleichzeitig hat der niederösterreichische Populist Erwin Pröll Hand in Hand mit den grünen Wirtschaftsgegnern noch etwas ähnlich Wahnwitziges durchgesetzt: Aus lauter Angst, dass sich die Erdgasschätze unter dem Weinviertel als so groß wie vermutet erweisen könnten, ist nun nicht nur deren eventuelle Nutzung (wie bisher) UVP-pflichtig, sondern auch schon jede Probebohrung. Was natürlich jede Probebohrung verhindert. Angesichts der Tatsache, dass die Energieknappheit neben der Schuldenkrise und dem demographischen Kollaps das größte Zukunftsproblem Europas ist, ist das vorsichtig ausgedrückt extrem kurzsichtig.
Diese prohibitiv wirkende UVP-Pflicht trifft freilich nicht nur Probebohrungen nach Gas oder Öl, sondern auch jene nach warmen Quellen oder anderen Nutzungsformen der Geothermie. Man weiß ja bei einer solchen Bohrung vorher nie, auf was man stößt. Diese Erdwärme ist eine derzeit sehr viel versprechende Quelle der alternativen Energiegewinnung und noch nicht als so unsinnig entlarvt wie Solarenergie-Investitionen nördlich der Alpen. Aber Pröll fürchtet, dass einige Niederösterreicher ihn beim nächsten Mal nicht wählen werden, wenn irgendwo am Horizont ein Bohrturm auftaucht. Also dürfen die nicht auftauchen.
Pröll hat sich übrigens im Zusammenhang mit der UVP-Novelle noch in einem weiteren Punkt durchgesetzt, der aber wenigstens keinen wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Der gleichsam ein Gegengeschäft mit den Grünfreaks darstellt: Die dritte Piste für den Flughafen Schwechat darf gebaut werden. Diese wäre wichtig für Tourismus und den Konferenzstandort Wien, sie würde zur Entlastung der bisherigen zwei Pisten beitragen, und dürfte auch die Lärmbelastung mancher Regionen im Großraum Wien reduzieren. Das wäre also positiv.
Freilich: Ob diese Piste überhaupt jemals benötigt wird, ist nach dem von Politik und Gewerkschaft verschuldeten und von den neuen Eigentümern bisher keineswegs aufgefangenen Sinkflug der AUA noch keineswegs sicher. Einzige Hoffnung ist der Umstand, dass in Frankfurt wie München die Flughafengegner die Oberhand haben, sodass Wien doch noch ein wenig Bedeutung zurückerobern könnte.
Noch einmal zurück zur UVP. Manche werden einwenden, im Gesetz stehe doch eine knappe zeitliche Begrenzung der UVP-Verfahren. Daher sei das alles doch nicht so schlimm. Liebe Träumer, bitte aufwachen: Das ist doch eine rein theoretische und völlig konsequenzenlose Bestimmung. Eine Lex imperfecta, wie das die Juristen nennen. Oft dauert ja schon die Suche nach einem Sachverständigen länger, als die im Gesetz stehenden Fristen betragen . . .
PS.: Dass in früheren Zeiten die Industriellenvereinigung bei solchen Dummheiten laut aufgeschrien hätte, ist ferne Vergangenheit. Denn diese Vereinigung ist nun „sozialliberal“ und nur noch an der Zerstörung des Gymnasiums und der Familie interessiert, und nicht mehr am Industriestandort Österreich.
Das Gesundheitssystem mit seinen explodierenden Kosten zählt neben Pensionen, Schulden und Demographie zu den gefährlichsten Zeitbomben, auf denen die Europäer sitzen. Und in keinem Bereich wird so emotional und gutmenschlich, aber in Wahrheit untergriffig argumentiert. Wie: „Gesundheit darf keine Frage des Geldes sein.“ Oder: „Es ist ein Skandal, dass Armut krank macht“.
Solche Sätze werden ständig wiederholt. Und dennoch sind beide Sätze falsch. Denn: Wenn Gesundheit keine Frage des Geldes sein darf, müssen dann etwa Ärzte, Krankenschwestern, Pharmaforscher, Rettungsfahrer und viele andere umsonst arbeiten? Nein, nein, das sei natürlich nicht gemeint. Also geht es doch um Geld.
Aber woher soll es kommen? Früher oder später wird natürlich der Staat als Lösung des Problems präsentiert. Aber wo nimmt dieser das Geld her? Durch noch mehr Schulden? Durch noch mehr Steuern und Sozialabgaben in einer der schon jetzt höchstbesteuerten Regionen des Globus? Obwohl dies mit großer Wahrscheinlichkeit zu noch mehr Steuerflucht und Steuervermeidung, also in der Summe zu Mindereinnahmen führen würde?
Wer ehrlich ist – was nicht allzu viele Teilnehmer an der Gesundheitsdebatte sind –, der muss letztlich zugeben, dass auch der Staat keine Antwort auf die ständig steigenden Gesundheitskosten bedeutet. Die Staaten sind jedoch in ganz anderer Rolle gefragt: Sie könnten und müssten jene Einsparungen organisieren, die nicht auf die medizinische Qualität gehen. Und da gibt es viele Möglichkeiten, nein Notwendigkeiten.
Der Staat, wenn wir jetzt einmal nur von Österreich reden, müsste endlich Konkurrenz zwischen den Krankenkassen schaffen. Er müsste die absurden geographischen wie medizinischen Überkapazitäten der vielen aus Steuergeldern finanzierten Spitäler beenden. Hat doch Österreich so viele Betten und so viele Spitalsaufenthalte wie kein anderes europäisches Land. Werden doch wegen der Eitelkeiten von Landeshauptleuten und Bürgermeistern viel zu viele Spitäler betrieben, werden doch viel zu viele Patienten in teuren Spitalsbetten behandelt, nur weil das gratis ist, nur weil es keinen Altersheimplatz gibt.
Der Staat müsste die Spitäler zur Spezialisierung zwingen, sind doch in vielen Land-Krankenhäusern bestimmte, nur selten anfallende Operationen ein lebensgefährliches Gesundheitsrisiko. Er müsste durch Vorantreiben der Privatisierung von Spitälern für einen Qualitäts- und Kostenwettbewerb sorgen. Er müsste die leistungsfeindliche Macht der Schwestern-Gewerkschaft in vielen öffentlichen Spitälern einschränken. Er müsste insbesondere dafür sorgen, dass für jeden einzelnen Patienten der Hausarzt als einzige Drehscheibe alle jene Behandlungen koordiniert, für die öffentliche Gelder fließen, was viele Doppelbehandlungen und -diagnosen beenden würde.
Die ToDo-Liste ließe sich noch lange erweitern und sieht für jedes EU-Land im Detail anders aus. Mit solchen Maßnahmen ließe sich zweifellos vieles ohne medizinischen Verlust sinnvoller machen. Diese Maßnahmen sind aber bisher immer an Eitelkeiten, verheimlichten finanziellen Interessen und – zum Teil auch parteipolitisch fundierten – Machtkämpfen zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialpartnern, privatwirtschaftlichen Anbietern, Schwesterngewerkschaften und Ärzten gescheitert.
Dennoch sollte man sich keinen Illusionen hingeben: Langfristig werden die Gesundheitsausgaben dennoch europaweit weiter steigen, selbst wenn – unwahrscheinlicherweise – all diese Sparpotenziale genutzt werden sollten, die in jedem einzelnen Staat anders aussehen.
Das Steigen der Gesundheitskosten ist aus mehreren Gründen gewiss: Wir leben alle viel länger als frühere Generationen; daher fragen wir im Lauf der Jahrzehnte viel mehr medizinische Leistungen nach als frühere Generationen. Die Fortschritte der Medizin machen ständig mehr Leiden therapierbar, die bisher einfach tatenlos und damit in der Regel kostenlos hingenommen werden mussten. Unsere Ansprüche an einen problemlosen körperlichen Zustand werden immer höher.
Und all diese Entwicklungen werden durch die Demografie noch potenziert: Der Anteil der alten und daher krankheitsanfälligeren Menschen an der Gesamtbevölkerung wird immer größer. Und zugleich nimmt der ungesunde Lebensstil vom Übergewicht bis zum Missbrauch problematischer Substanzen ständig zu.
Was also tun? Irgendwann werden wir ein von allen involvierten Parteien bisher wie die Pest gemiedenes Tabuthema ansprechen müssen: Das ist der Patient selber. Immerhin ist letztlich jede Krankheit einzig und allein das existenzielle Risiko des Patienten. Das wird oft verdrängt. Er ist aber in vielen Fällen nicht nur für die Folgen, sondern auch für die Ursachen der Krankheit verantwortlich. Es gibt daher überhaupt keinen Grund, dass der Patient nicht auch in irgendeiner Form finanziell an seiner Krank- oder Gesundheit beteiligt wird.
An diesem Punkt einer Debatte wird einem meist sofort das populistische Argument entgegengeschleudert: „Soll der Kranke jetzt auch noch finanziell für seine Krankheit bestraft werden? Der ist eh schon bestraft genug. Das ist doch unmenschlich.“ Nein, das ist es nicht. Denn dadurch würde im Gegenteil das Interesse der Menschen an der eigenen Gesundheit deutlich erhöht werden.
Es kann doch nicht sein, dass die Bürger teuflisch auf ihr Auto aufpassen, weil sie jede Reparatur selber teuer zahlen müssen. Dass viele (natürlich keineswegs alle) Mitbürger ihren Körper aber skandalös vernachlässigen, schlecht behandeln oder gefährlichen Risken aussetzen: aus Ignoranz und weil die Reparatur ohnedies die Allgemeinheit zahlt.
Interessanterweise beginnen auch Ärzte unabhängig von ihren eigenen Interessen kostenbewusster zu denken, wenn sie wissen, dass der vor ihnen sitzende oder liegende Mensch einen Teil der Kosten selber tragen muss. Das ist eine unterschwellig sehr wirksame Bremse gegen überflüssige Therapievorschläge. Da gibt‘s dann kein „Zahlt eh die Krankenkassa“ mehr.
Heute wissen wir, in welch hohem Ausmaß der eigene Lebensstil und das eigene Risikobewusstsein die eigene Gesundheit beeinflussen. Von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebsformen bis zu Diabetes ist unglaublich viel durch Übergewicht, Rauchen, Bewegungsmangel signifikant (mit)ausgelöst. Dazu kommen die schweren Verletzungen und bisweilen lebenslangen Behinderungen durch Extremsport oder auch durch die riskante Ausübung harmloserer Sportarten.
Gewiss wäre es jetzt falsch und übel, wenn jeder Kranke mit dem Vorwurf „Selber schuld“ leben müsste. Gewiss kann und soll nicht in jedem Einzelfall gemessen werden, ob und zu wie viel Prozent Selbstverschulden vorliegt. Bei genetischen, infektions- oder umweltbedingten Erkrankungen ist das natürlich Null. Aber in jedem Fall wäre eine spürbare, wenn auch niemanden finanziell ruinierende Beteiligung an den Behandlungskosten ein starker Antrieb zu einem sinnvolleren Lebensstil. Das wirkt zehnmal besser, als es alle staatlichen Propagandaaktionen allein könnten.
Wichtig ist aber auch ein viel besseres Wissen um die eigene Gesundheit und ihre Bedrohungen. Da gibt es zweifellos gewaltige Mängel im Schulsystem, in dem Gesundheit nicht gerade einen Schwerpunkt bildet. Das wäre auch eine sinnvolle Realisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des Gebührenfernsehens und -radios. Denn nirgendwo anders werden die Menschen mehr desinformiert als im Bereich Gesundheit: Denn hier sind viele Magazine und Beilagen rein inseratengesteuert. Es werden von den Medien also überwiegend jene Produkte und Therapien vorgestellt, die heftig und teuer beworben werden. Das sind aber in aller Regel weder die sinnvollsten noch die billigsten.
Denn nicht Armut macht krank, wie linke Ideologen behaupten, sondern Dummheit. Oder präziser formuliert: Wissensmängel, Desinteresse und Bildungsdefizite machen sowohl arm wie auch krank.
Das Gratis-Gesundheitssystem fördert aber Wissensmangel und Desinteresse. Denn wer glaubt, ohne Eigenleistung nur bisweilen den Körper bei Arzt oder Spital abgeben zu können und ihn gratis topfit zurückzubekommen, der hat natürlich auch kein Interesse an mehr Wissen oder gesünderem Leben.
Das lässt sich auch durch erschreckende Statistiken beweisen. Männer, die nur eine Pflicht- oder Realschule besucht, aber keine sonstige Berufsausbildung haben, haben ein mehr als dreifach so hohes Herzinfarktrisiko wie jene mit Matura oder höheren Abschlüssen. Sie werden aber sicher nicht einer Armut wegen krank, auch wenn das noch so oft behauptet wird, auch wenn Pflichtschulabsolventen im Schnitt weniger verdienen als Akademiker. Denn Rauchen beispielsweise, um ein Hauptrisiko zu nennen, ist sicher weit teurer als Nichtrauchen. Und auch Wandern oder Laufen ist meines Wissens nach billiger als Bier, Stelze und Junk-Food vor dem Fernseher.
Es geht also um Motivation, um Einstellungsänderungen, um Bewusstseins- und Wissensaufbau. All das wird ebenso wie die Bereitschaft, bei Extremsport eigene Versicherungen abzuschließen, für den einzelnen viel wichtiger, wenn er selber finanzielle Auswirkungen einer Krankheit zu spüren bekommt. Wenn einer aber dennoch an allem desinteressiert ist, dann ist es erst recht legitim, dass er sich nicht auf Kosten der Allgemeinheit durchsetzen kann.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Kaum hat sich der Pulverdampf verzogen, wittern notorische Gesellschaftsklempner schon wieder Morgenluft: Schluss mit den Gefahren, die von in Privathand befindlichen Waffen ausgehen! Keine Waffen – keine Gewalt. So einfach ist das.
Gegenwärtig muss das abscheuliche Verbrechen eines Mannes in Denver/Colorado in den USA, dem mindesten zwölf Menschenleben zum Opfer gefallen sind, als Anlass für den Kampf gegen den Privatwaffenbesitz herhalten. Eine gründliche Analyse der Hintergründe und Motive, die zu dieser Gewalttat geführt haben, ist nicht nötig. „Die Politik“ ist – wieder einmal – gefordert.
Die Person des Täters interessiert die Berufsempörten nicht (zumindest nicht, so lange ihm keine Verbindungen zu „rechtsradikalen Kreisen“ nachzuweisen sind). Die Schuld an der Untat trägt nicht der Täter, sondern ein „laxes Waffengesetz“, das es jedem Irren ermöglicht, sich gefährliche Tatmittel zu besorgen. Wird der legale Zugang zu diesen Tatmitteln versperrt, werden derartige Massaker nicht mehr stattfinden.
So einfach funktioniert die Welt allerdings nur in den Redaktionsstuben der Massenmedien. In denen zählt nur die geheuchelte Empörung über die Untat – schließlich verdient man ja gutes Geld damit, seine moralische Entrüstung zu vermarkten – nicht aber eine nüchterne Befassung mit den Tatsachen. Und die sind nicht dazu angetan, die nach jedem derartigen Vorfall stereotyp ertönenden Forderungen nach einem Waffenverbot für Private zu unterstützen. Einige Punkte, die in der aktuellen Debatte wieder völlig vernachlässigt werden:
Etwas mehr Redlichkeit bei der Diskussion von Fragen des Waffenrechts wäre wünschenswert. Besonders aber die Unterlassung von Schnellschüssen des Gesetzgebers, die in jedem Fall kontraproduktive Wirkung entfalten…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Je schwächer ein Politiker ist, desto verbalradikaler gibt er sich. Dafür ist Claudia Schmied ein anschauliches Beispiel. Sie führt aber jetzt auch noch die Steigerungs-Stufe des Agierens eines in die Enge getriebenen Parteisoldaten vor: Widerspruch wird mit Amtsenthebung des Aufmüpfigen quittiert.
Claudia Schmied hat mit ihren tatsächlichen Minister-Aufgaben wenig am Hut. Es interessiert sie nur der Griff in die ideologische Mottenkiste namens Gesamtschule, durch den sie die Zukunft des Landes und vor allem unserer jungen Menschen mit einer schweren Hypothek belastet. Wichtige Baustellen in ihrem Ressort sind ihr seit Jahren lästig, weil sie dafür viel Sacharbeit aufwenden und verhandlungstaktisches Geschick zeigen müsste.
Beim neuen Lehrerdienstrecht zum Beispiel.
Da geht nichts weiter. Zugegeben, die Lehrergewerkschaft ist ein harter Verhandlungspartner. Aber schließlich geht es um viel. Da muss die Regierungsseite mehr einbringen als Beharren auf den eigenen Vorstellungen. Darum nennt man die Sache ja Verhandlung.
Und wenn man etwas bewegen will, macht man vor allem eines nicht: Man beschimpft sein Gegenüber nicht öffentlich. Doch dieses kleine Einmaleins des guten Tons beherrscht Frau Schmied nicht. Sie verhöhnt die Lehrer als „Tea Party“, jenen manchmal bis in die Skurrilität agierenden überkonservativen Flügel der US-Republikaner. Und sie fordert „mehr Engagement“ der Lehrergewerkschaft ein, als ob diese nicht genügend verhandelte (was nachweislich nicht stimmt).
Seit Amtsantritt redet Schmied von diesem neuen Dienstrecht. Bisher hat sie nichts geschafft – sie war ja auch mit ihrer Neuen Mittelschule viel zu beschäftigt. Nun geht’s dem Ende zu. Nächstes Jahr wird gewählt.
Da werden die Faulen fleißig?
Nein, aber überlaut. Um das eigene Kompetenz-Vakuum zu übertönen.
Dass ihre Ministertage gezählt sind – auch wenn die SPÖ weiterhin das Unterrichtsministerium besetzt hält -, scheint sogar Frau Schmied selbst klar zu sein. Denn so wird bereits mit ihr verfahren – von den eigenen Genossen.
Gerade erst musste sie sich ihre Kandidatin für den Rektorenposten der Pädagogischen Hochschule Wien vom bildungspolitisch bekanntlich besonders versierten Wiener Stadtrat Oxonitsch abschießen lassen.
Doppelt traurig, geht es doch wieder um die Zukunft unserer Kinder. Die vom Ministerium zur Kandidatur aufgeforderte unterlegene Innsbruckerin wäre eine renommierte Bildungswissenschafterin gewesen.
Claudia Schmied fühlt sich zu Recht in die Ecke gedrängt.
Doch ihre Reaktion setzt sie ins Unrecht.
Sie wird despotisch.
Da wagt es der designierte Rektor der Pädagogischen Hochschule Innsbruck, Elmar Märk, doch glatt, in einem Interview darzulegen, dass er es für sinnvoll halte, dass in zehn bis fünfzehn Jahren die Ausbildung aller Lehrer an den Universitäten angesiedelt wird. Und schon kann er seinen Amtsantritt am 1. Oktober vergessen. Denn Frau Schmied verliert sofort das Vertrauen zu ihm und beruft den noch nicht Angetretenen gleich wieder ab.
Aber auch wirklich! Da denkt jemand anders als die Ministerin? Und sagt das auch noch? Weg mit diesem Dissidenten!
Man möchte der Bildungsministerin zur Urlaubslektüre Schiller empfehlen. Vielleicht stößt sie dort auf einen wichtigen Satz, den wir ihr hier politisch korrekt zitieren dürfen: „SireIn! Geben Sie Gedankenfreiheit!“
Zwei bundespolitische Themen des Jahres 2011 werden in die Geschichtsbücher eingehen: der Tod der Hauptschule und der Komplex Schuldenbremse/Stabilitätskrise. Der Rest waren Affären, Personalia und – keine Wahlen. Ein Rückblick auf ein Jahr scheinbar ohne Eigenschaften.
Im Tod der Hauptschule sehen viele Schulpraktiker eine Katastrophe. Er erfolgte ohne Evaluierung der vielen Schulversuche, die Aufschluss über die an ihre Stelle tretende Gesamtschule hätten geben sollen. Eines jedoch weiß man: In den unterschiedlichen Klassenzügen der Hauptschule gab es eine viel bessere Differenzierung zwischen guten und schwachen Schülern. Der erste Zug war völlig gleichwertig mit dem Gymnasium. Was nach Angaben vieler Gymnasiallehrer bei Absolventen der Gesamtschulen nicht mehr der Fall ist. Denn dort gibt es nur eine „innere“ Differenzierung. Gute wie schwache Schüler werden gemeinsam unterrichtet. Die ÖVP stimmte aber dennoch der Abschaffung der Hauptschule zu. Sie wollte im Gegenzug das achtjährige Gymnasium retten.
Zwar schraubte die SPÖ ihre Attacken auf das Gymnasium in der Tat etwas zurück. Dafür startete der Altsozialdemokrat Hannes Androsch ein Volksbegehren, das die Unterstufe der Gymnasien durch eine zwangsweise Gesamtschule ersetzen will. Trotz großen Geldeinsatzes und der Sympathie vieler Medien landete dieses Volksbegehren aber nur an 17. Stelle der Rangliste der diversen Begehren. Auch Umfragen zeigen große Unterstützung für ein differenziertes Schulsystem.
Mindestens ebenso wichtig war 2011 die Entwicklung an der Schuldenfront. Trotz klarer EU-Vorgaben scheiterte der Versuch der Regierung, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. Keine Oppositionspartei verhalf ihr zur nötigen Zweidrittelmehrheit, obwohl alle drei ständig die steigende Staatsverschuldung kritisieren.
Ohne Verfassungsrang hat eine Schuldenbremse jedoch wenig Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig stiegen 2011 die von Österreich zu zahlenden Kreditzinsen steil an und waren zeitweise doppelt so hoch wie jene Deutschlands. Überdies nahm eine große Ratingagentur der Alpenrepublik das begehrte AAA und gab ihr auch für die Zukunft einen negativen Ausblick. Die positive Finanznachricht kam erst im Nachhinein: Österreich hatte dank unerwartet hoher Steuereinnahmen erstmals wieder die Maastrichtgrenze für das Staatsdefizit von drei Prozent des BIP unterschritten. Die Republik hat damit ein geringeres Defizit als die meisten anderen EU-Staaten. In Sachen Arbeitslosigkeit ist sie überhaupt europäischer Vorzugsschüler.
Finanzpolitisch viel folgenträchtiger sind aber die schweren Krisen in Italien, Griechenland oder Spanien. Zu deren Bekämpfung begann die Europäischen Zentralbank in Billionendimension Geld zu drucken. Und die EU beschloss den problematischen Stabilitätsmechanismus ESM. Dieser belastet die Republik sofort mit weiteren fünf Milliarden Euro und langfristig mit überhaupt nicht absehbaren weiteren Risken. Damit wurden die noch relativ stabilen Länder wie Österreich oder Deutschland unauflöslich an die südlichen Krisenstaaten gekettet. Was mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristig zur Inflation führen muss.
Was besonders bestürzend war: Es gab hierzulande zum Unterschied von Deutschland weder in Medien noch unter Ökonomen eine ernsthafte und tiefgehende Debatte über diesen ESM. Zwar versuchten FPÖ und BZÖ, heftig dagegen Stimmung zu machen. Da ihnen aber in Wirtschaftsfragen Kompetenz und Glaubwürdigkeit, aber auch Alternativen fehlen, fanden sie kein Echo.
Hinter diesen beiden Themen reduzierte sich der Rest des Jahres auf Alltag. Dazu zählte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu diversen Korruptionsfällen. Schon in der Vergangenheit hat sich aber die Parallelität von parlamentarischen und staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen zum gleichen Thema als kontraproduktiv erwiesen. Solche Ausschüsse dienen nur zu Grabenkämpfen der Parteien und nicht zu einer echten Verbesserung oder Kontrolle.
Völlig verblasst ist die monatelange Aufregung um das SPÖ-Verlangen, die Wehrpflicht abzuschaffen. Die SPÖ hat damit nicht nur ihre bisherige Politik total desavouiert, sondern auch den eigenen Bundespräsidenten. Dieser stellte sich – zum ersten Mal in seiner Karriere – gegen den Kurs seiner Partei. Noch peinlicher für SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos war der mutige Widerstand des Generalstabschefs Edmund Entacher, eines weiteren Sozialdemokraten. Dieser verteidigte unter Berufung auf die Verfassung den Präsenzdienst. Er wurde deshalb unter fadenscheinigen Vorwänden im Jänner 2011 suspendiert. Im November musste ihn dann aber der blamierte Verteidigungsminister auf Beschluss einer Berufungskommission wieder einsetzen.
Darabos blieb nur deshalb im Amt, weil der Job des Verteidigungsministers so ziemlich der unbeliebteste in seiner Partei ist. Zugleich setzte er munter das Aushungern des Bundesheers fort, das schon den Umfang einer teilweisen Abrüstung annahm. Während das Heer durch die Sparpolitik besonders getroffen wurde, rettete Darabos ausgerechnet seine zweite Kompetenz, den Sport, vor allen Sparmaßnahmen. Was ein eigentümliches Licht auf die Prioritäten der Regierung warf. Um das Berufsheer selber wurde es aber wieder still. Es hat sich trotz heftiger Unterstützung durch die Kronenzeitung nicht als so populär entpuppt wie erhofft.
Wie jedes Jahr kam es auch 2011 zu einer Reihe von Änderungen des politischen Personals. Hierzu zählt etwa der Rücktritt des Vorarlberger ÖVP-Landeshauptmanns Herbert Sausgruber, eines altgedienten Verfechters des Föderalismus gegen alle Einsparungs- und Vereinheitlichungspläne des Bundes. Das wird aber auch wohl sein Nachfolger Markus Wallner sein.
Die wichtigste personelle Veränderung war der Abschied von Josef Pröll als ÖVP-Chef, Vizekanzler und Finanzminister. Ihm folgte sein niederösterreichischer Landsmann Michael Spindelegger. Finanzministerin wurde die Oberösterreicherin Maria Fekter. Prölls Rücktritt wurde durch einen Lungeninfarkt ausgelöst. Alle anderslautenden Gerüchte, die sich um den Rücktritt rankten, konnten nie verifiziert werden. Jedenfalls war Pröll einerseits an Skandalen in den eigenen Reihen, wie auch an der allgemeinen Reformunwilligkeit gescheitert: Er stieß beim eigenen Onkel in Sankt Pölten auf eine Betonmauer und beim Koalitionspartner Werner Faymann auf noch effizienteren Schaumgummi-Widerstand.
Nachfolger Spindelegger konnte den deutlichen Rückgang der Wählersympathie für die ÖVP nicht mehr rückgängig machen. Er hat zwar ein besseres Gespür für die konservativen und wirtschaftsliberalen Stammwähler als Pröll, der nach starkem Beginn viele Wähler Richtung FPÖ verloren hatte. Spindelegger liegt aber rhetorisch wie auch in Sachen Charisma deutlich hinter seinem Vorgänger zurück. Und er hat ebensowenig ein Rezept gegen die Gummitaktik Faymanns.
Auch Spindeleggers Personalrevirements waren bestenfalls ambivalent. Fekter war im Innenministerium sicher besser am Platz als nun im Finanzressort. Im Justizministerium wurde eine schwache Ministerin durch eine ebenso schwache ersetzt. Beide bekamen die von sozialdemokratischen Netzwerken durchsetzte Staatsanwaltschaft nicht in den Griff, die gegen die halbe Republik Erhebungen startete (aber fast keine zu einem Abschluss brachte), und die ständig jene Aktenteile rechtswidrig an Medien weitergab, die Politiker rechts der Mitte zu belasten schienen.
Sehr gut kamen hingegen der von Spindelegger geholte älteste Minister (Wissenschaftsminister Töchterle) und der jüngste Staatssekretär an, obwohl Sebastian Kurz anfangs von den Medien sehr untergriffig attackiert worden ist. Beide begingen keine großen Fehler, kämpften glaubwürdig für ihre Ziele und schafften im Umgang mit der Öffentlichkeit einen natürlichen Ton. Was in der politischen Landschaft schon eine halbe Sensation ist.
Im ÖAAB folgte auf Spindelegger die ebenfalls aus Niederösterreich stammende neue Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, was in der Steiermark für etlichen Ärger sorgte. Außerhalb der ÖVP löste Mikl-Leitner freilich eher mit deplatzierten Klassenkampftönen Kopfschütteln aus: Sie rief den Gutverdienenden zu: „Her mit dem Zaster“. Was bei bürgerlichen Wählern nicht gerade Begeisterung auslöste – sowohl des Tones wie des Inhalts wegen. Hat doch Spindelegger zu diesem Zeitpunkt noch vehement gegen höhere Steuern gekämpft.
Viele Schlagzeilen machte der wohl endgültige Rückzug von Wolfgang Schüssel aus der Politik. Er begründete den Abschied aus dem Nationalrat mit den Untersuchungen der Justiz zu diversen Vorwürfen aus seiner Regierungszeit. Es gibt aber keinerlei Indizien, dass Schüssel selbst in eine der Affären rund um Karl-Heinz Grasser verwickelt wäre. Aber da Grasser sechs Jahre Schüssels Finanzminister war, und da er von Schüssel selbst dann als ÖVP-Vizekanzler vorgeschlagen worden war, beschädigte die Affäre Grasser zweifellos indirekt auch Schüssels Image.
Tatsache ist, dass viele Indizien Grasser in ein sehr schiefes Licht rücken. Ein Finanzminister, der im Plastiksack größere Geldsummen über die Grenze transportiert, ist jedenfalls eine Zumutung. Einen zwingenden Beweis für eine Bereicherung Grassers wurde jedoch auch 2011 trotz intensiver Recherchen der Staatsanwälte und einer zur Grasser-Jagd vereinigten Medienszene nicht gefunden.
Neben Grasser sind auch noch viele andere Prominente ins Fadenkreuz der Strafverfolger geraten. So etwa die blau-orangen Politiker Scheibner und Gorbach. So der ehemalige schwarze Innenminister und spätere EU-Abgeordnete Ernst Strasser. Er wurde mit versteckter Kamera dabei ertappt, als er für Geldzahlungen Interventionen bei einer Gesetzesinitiative im EU-Parlament versprach. Erstaunlich schnell einen Persilschein bekam hingegen Werner Faymann in der Affäre um die Bestechung von Boulevardzeitungen.
Einer der wenigen Fälle, wo es 2011 zu einer Verurteilung kam, war der des Kärntner Freiheitlichen-Chefs Uwe Scheuch. Er hatte zugesagt, gegen Geldspenden einem russischen Investor zu einer Staatsbürgerschaft zu verhelfen. Die 18 Monate Haft – 6 davon unbedingt – wurden freilich von vielen Juristen als überhart kritisiert. Das Urteil wurde dann 2012 auch prompt aufgehoben: Scheuchs Verteidigungsrechte sind ungebührlich eingeschränkt worden.
All die vielen besonders Richtung Blau-Orange zeigenden Korruptionsindizien haben aber eines nicht verhindert: Die Freiheitlichen legten kontinuierlich in der Wählergunst zu. Bei einigen Umfragen rückten sie sogar schon an die erste Stelle. Und die Erfahrung, dass die FPÖ seit zweieinhalb Jahrzehnten am Wahltag immer deutlich besser abschneidet als bei Umfragen, lassen die Koalitionsparteien für die Zukunft das Ärgste befürchten.
(Dieser Beitrag erschien weitgehend wortident im "Steirischen Jahrbuch für Politik 2011", Verlag dr.schnider's eu, Graz)
Die Gebührenlawine, von der die Wiener Anfang des Jahres überrollt wurden, ist noch größer ausgefallen, als bisher bekannt. Jetzt verlangt man also von Gemeindebau-Bewohnern, die sich eine Markise anschaffen – auf eigene Kosten wohlgemerkt –, auch noch einen „Anerkennungszins“ von knapp 150 € im Jahr. Wer Schatten will, muss blechen.
Mancher fragt sich, ob als nächstes die nach Größe gestaffelte Blumentopf-Abgabe im Sozialbau eingeführt wird. Denn beim Abzocken ist die rot-grüne Gemeinde von nicht enden wollender Phantasie.
Es könnte sich allerdings auch um den Schildbürger-Streich eines in der Rechtschreibung nicht sattelfesten Gebührenerfinders handeln. Der beim Klang des gleich klingenden Wortes „Marquisen-Steuer“ von der Einführung der Reichensteuer träumte...
Norbert Darabos, der Minister von der traurigen Gestalt, verkündete mit bebender Stimme den „sensationellen“ Fund der im Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs versteckten Kapsel. Bildhauer Wilhelm Frass hatte darin 1935 ein flammendes nationalsozialistisches Bekenntnis versteckt. Wieder ein Mosaiksteinchen zur Aufarbeitung unserer Geschichte, verkündete Darabos. Das in der selben Kapsel enthaltene pazifistische Bekenntnis des zweiten Bildhauers, Alfons Riedel, versetzte ihn hingegen kaum in Entzücken.
Dabei könnte man den Kapselfund gerade deshalb auch als Mosaiksteinchen zur Aufarbeitung der Gegenwart verstehen.
Ständig erklären uns Künstler unsere österreichische Welt. Besonders intensiv natürlich seit der Regierungsbildung im Jahr 2000. Sie sagen uns mit dem Pathos von Demiurgen, wen wir wählen dürfen und wen nicht, wer regieren darf und wer nicht, wer böse ist und wer gut. Mit dem Aplomb des erleuchteten Sehers fordern sie „Wehret den Anfängen!“
Als wären sie berufen, unfehlbare Hüter der nationalen Moral zu sein.
Und Mainstream-Medien wie Staats-Funk bieten ihnen die schier unermessliche Plattform dafür.
Dass sich Künstler genauso oft irren, dass sie genauso oft mit den Mächtigen laufen (vielleicht sogar ein bisschen öfter, weil die Mächtigen ja auch den wohligen Subventionsregen über sie ausschütten können) wie jeder andere Bürger auch, das ist in der Gegenwart so, wie es in der Vergangenheit war. Wer das vergessen hat, den könnte die Kapsel daran erinnern.
Und dann könnte man uns vor den moraltriefenden Plattitüden politisierender Selbstdarsteller bewahren.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Schicksal selbst bestimmen
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der arabische Frühling ist das faszinierendste politische Ereignis der jüngeren Geschichte. Die Tat eines einfachen Manns, der sich gegen Unterdrückung und Ausbeutung auflehnt hat, brachte Diktaturen zum Einsturz, Despoten wurden verjagt. Ausgelöst hat ihn der junge Gemüsehändler Mohamed Bouazizi am 17. Dezember 2010 in Tunesien. Er protestierte mit seiner Selbstverbrennung gegen Polizeiwillkür und Demütigungen durch die Regierung von Staatsoberhaupt Ben Ali. Binnen Tagen kam es zu Massenunruhen. Ben Ali flüchtete kurz danach und im Oktober 2011 fanden die ersten freien Wahlen zu verfassungsgebenden Versammlung statt. Heute wird Tunesien von einer Koalition aus der islamistischen Ennahda-Partei, dem linksnationalen Kongresses für die Republik (CPR) und der säkularen Ettakatol-Partei regiert. Das Land hat sich auf den schwierigen Weg zur Demokratie gemacht.
Ähnlich die Entwicklung in zahlreichen anderen Ländern des arabischen Frühlings. Egal ob es sich um Ägypten, Libyen oder den Jemen handelt. In anderen Ländern wiederum wurden die Regierenden zu Zugeständnissen gegenüber den Protestierenden sowie Machtbeschränkungen gezwungen. Dass die Transformation kein Spaziergang ist, liegt auf der Hand. So ist Ägypten noch lange nicht auf dem Weg zu geordneten Verhältnissen; die Konterrevolution aber ist misslungen. Der Kampf um die Machtverteilung geht weiter. Stets unter Beobachtung des Tahrir-Platzes. Ganz zu schweigen von der Lage in Syrien, dem weltpolitischen Pulverfass.
Egal wie lang und wie schwer der Weg ist, den die arabischen Länder noch vor sich haben - durch den Aufstand haben die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand genommen. Das ist allemal besser als Despotien und Diktaturen weiter stumm zu ertragen. Insofern hat der arabische Frühling sehr vielen Menschen Hoffnung gebracht und die Welt ein wenig besser gemacht.
Andreas Unterberger
Einige Monate lang haben sich 2011 revolutionsgeile Medien und Ideologen ob der Umstürze in einigen arabischen Ländern begeistert. Heute haben sie längst wieder ihr Interesse verloren und ignorieren diese Länder. Denn sonst müssten sie zugeben, dass die Folgen der Revolutionen sehr bedrückend sind.
Nirgendwo haben die einst von Journalisten begeistert gefeierten studentischen Facebooker und Twitterer die Macht übernommen. In Ägypten tobt im Verfassungsvakuum ein Machtkampf zwischen Armee und Muslimbrüdern. Libyen ist in Dutzende Stammesgebiete zerfallen, die sich gegenseitig bekriegen. In allen Umsturzländern beklagen heute Frauen und Minderheiten (insbesondere die in Ägypten relevanten Christen), dass für sie der Triumph strenggläubiger Islamisten die Lage eindeutig verschlechtert hat. Die Investitionen gehen überall zurück, was die Jobchancen für die Jungen noch weiter verschlechtert. Auch die Touristen sind noch keineswegs zurückgekehrt. Und der brutale Umgang der Ägypter mit Präsident Mubarak - der trotz allem ein relativ milder Herrscher war - ist viel ärgeren Diktatoren wie Herrn Assad eine Lehre, Demokratiebestrebungen keinen Millimeter mehr nachzugeben.
Umstürze haben in der Weltgeschichte - ganz unabhängig von der Qualität der Absichten - fast immer eine Verschlechterung der Verhältnisse gebracht: Das lässt sich von 1789 über 1848 bis 1917 nachweisen. Das ändert nichts an meinem tiefen Respekt für die polnischen Streikenden von 1980, die deutschen Attentäter des Juli 1944, die ungarischen Freiheitskämpfer von 1956 und die tschechischen von 1968. Sie waren alle mutig und edel. Aber die Geschichte ist anders weitergegangen. Demokratie, Rechtsstand und Wohlstand entwickeln sich in der Regel nur in einem mühsamen evolutionären Weg und Lernprozess wirklich dauerhaft in eine gute Richtung. Schritt für Schritt und nicht Auge um Auge.
Die neueste Idee zur Milderung der europäischen Schuldenkrise klingt aufs erste durchaus plausibel. Sie ist auch in vielen Medien wohlgefällig aufgenommen worden: Es ist der Vorschlag einer Zwangsabgabe für reiche Bürger der Schuldenstaaten. Das scheint harmlos. Es trifft ja eh nur die Reichen; es geht eh nur um Griechen & Co; und es ist eh nur ein Kredit, muss also zurückgezahlt werden.
In Wahrheit jedoch sollte dieser von einem deutschen Wirtschaftsforscher ausgebrütete Plan sofort wieder in den Giftschrank absolut tödlicher Ideen versperrt werden.
Kein Wunder, dass das deutsche Finanzministerium den Vorschlag sofort als „interessant“ bezeichnet hat, obwohl die Idee nur von einem einzigen Ökonomen kommt. Während die Regierung die Warnungen von 200 anderen, seriösen Ökonomen ignoriert.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Als gelernter Wiener könnte man es als Fußnote abtun: Rot-Grün verhöhnt die Bürger und ihr Recht auf direkt-demokratische Mitsprache. Zuerst weiten sie das Parkpickerl aus, dann wollen sie eine – vorgeblich einschlägige – Volksbefragung zum Dampfablassen abhalten, die aber nichts an der bereits gesetzten Abzock-Maßnahme ändern wird. Hat jemand etwas anderes erwartet als einen solchen Zynismus der Macht? Und trotzdem: Das ist mehr als eine Fußnote. Es ist ein Sittenbild mit Dame.
Wenn eine mäßig erfolgreiche Partei endlich an die Macht will, kann sie das nur durch Willfährigkeit gegenüber einer großen Partei, die sie sich zu ihrer Machterhaltung halten will. Diese Willfährigkeit als Preis des Mitnaschens heißt: Alle wesentlichen Grundsätze über Bord werfen. Wie der grüne Vordenker Christoph Chorherr beim Hinweis auf das Fehlen der wichtigsten grünen Forderungen im Wiener Koalitionsabkommen so richtig sagte: „Als Opposition redet man halt viel Blödsinn.“ Grundsätze sind für die Grünen also dahergeredeter Blödsinn.
Das erklärt, warum die ach so basisdemokratischen Grünen in Wien die direkte Demokratie mit Füßen treten. Sonst immer lautstark gefordert, ist dieses Bekenntnis zur Willenskundgebung der Bürger eben auch nur so dahergeredeter Blödsinn. Dreizehn Prozent der Wiener Wahlberechtigten haben sich per Unterschrift für ihr Recht mitzuentscheiden eingesetzt, was kratzt das schon die Grünen? Zu den Bürgern hat man nur Vertrauen, wenn sie so denken, wie es einem in den grünen Kram passt.
Fazit: Mit dem Willen der Bürger haben die Grünen nichts am Hut.
In Wien zeigt sich aber auch, wie weit es mit den anderen Lippenbekenntnissen dieser Partei aussieht.
Kontrollpartei? Und da regt sich keine Vizebürgermeisterinnen-Zornesader, dass sich in dieser Stadt (die ohnehin auf dem Weg in die Pleite ist und trotzdem jahrzehntealte Pensionsreformen immer noch nicht umgesetzt hat) eine Rekord-Frühpensionierungswelle (Durchschnittsalter: 53 - !!! – Jahre) unter den Gemeindebediensteten abzeichnet?
Natürlich, Steuergeld mit beiden Händen zum Fenster hinauswerfen, das können sie auch selber. Jetzt, da das „Prestige“-Projekt einer Radfahrer-Schnellverbindung aus dem 16. Bezirk geplatzt ist – die Josefstädter Bezirksvorsteherin hat sich geweigert, den Radfahrern in der Pfeilgasse den dafür notwendigen Vorrang gegenüber allen anderen Verkehrsteilnehmern einzuräumen -, werden die Kosten dafür bekannt. Die Maßnahme in der Hasnerstraße hat der Stadt 350.000 und dem Bezirk 100.000 Euro abverlangt. Grünes Spielzeug darf eben teuer sein.
Auch das Prinzip der Selbstbedienung am Futtertrog der Macht haben sie rasch internalisiert. Da werden Wissenschafts-, Radfahrer-, Fußgänger-Beauftragte installiert. Da wird erstmals eine Politikerin einer regierenden Partei zur Patientenanwältin (mit 12.000-Euro-Gage) gekürt – ein Amt, das bisher nie mit Politikern besetzt wurde, um allen Bürgern eine Vertrauensperson zu geben.
Auch die Parteifinanzierung aus Steuergeldern stört die Grünen gar nicht mehr, wenn sie endlich so richtig partizipieren dürfen. Die Steuermillionen, mit denen uns die Stadt-SPÖ das Donauinsel-Fest und die Stadt-Schwarzen das Stadtfest „schenken“, haben sie nur umgeschichtet. Jetzt kriegt halt die ÖVP weniger, dafür die Grünen viel und die SPÖ immer noch, was sie sich nehmen will. Brot und Spiele nannten die alten Römer das.
Ja und da wäre dann noch die vollmundige Ankündigung, dass die Grünen nur einen (Regierungs-)Partner wollen, wenn sie so ihre Konzepte umsetzen können. Am Wiener Beispiel sieht man, wie es um grüne Konzepte steht – womit wir wieder beim Parkpickerl wären. Für ein städtisches Verkehrskonzept haben sich die Grünen ja sicher international umgeschaut. Da hätten sie vielleicht sehen können, dass ein vergleichbares Parkpickerl in Berlin € 20,40 für zwei Jahre kostet – und nicht wie bei uns in Wien € 240. Das ist der Unterschied zwischen Parkraumbewirtschaftung und Abzocke. Sie hätten vielleicht auch überlegt, dass ein Konzept, das den Namen verdient, alle Verkehrsteilnehmer einschließen muss. Auch die ihnen so suspekten Autofahrer. Da hätten bessere Ampelschaltungen etwas bringen können, auch Park+Ride-Anlagen, die nicht einen knappen Kilometer Gehweg von der nächsten U-Bahn-Station entfernt sind, wie bei uns üblich, oder kreative Lösungen wie das Durchbrechen der Gleichzeitigkeit von Arbeits- und Schulbeginn, die Frühstaus verursacht, und vieles mehr. Das „Konzept“ der grünen Planlosigkeits-Stadträtin bestand aber nur aus Abzocken und Radfahrer-Paradies.
Dass die Grünen eine Radfahrer-Partei sind, hat Michael Häupl gewusst. Alter Polit-Fuchs, der er ist, hat er wohl auch verstanden, was das bedeutet: Buckeln nach oben zum mächtigen Regierungs“partner“ und Treten nach unten Richtung Bürger. Wie jetzt bei der Parkpickerl-Volksbefragung.
Was für eine Partei sind eigentlich die Grünen des Jahres 2012? Sie versuchen ja derzeit alles, um endlich einmal in eine Regierung zu kommen. Ein solches Bestreben ist in einer Demokratie nicht nur durchaus legitim, sondern auch normal. Aber was bedeutet eine grüne Regierungsbeteiligung eigentlich für dieses Land? Und was für eine Partei sind diese Grünen?
Auf Grund ihrer inhaltlichen Nähe zu vielen Journalisten sind die Grünen medial sehr präsent und werden dennoch kaum jemals kritisch durchleuchtet. Sie werden dort höchstens mit der immer gleichen Frage konfrontiert: Warum seid ihr Grünen denn nicht erfolgreicher, damit ihr endlich (unsere gemeinsamen) linken Inhalte durchsetzen könnt?
Auf der Seite der Pluspunkte steht gewiss, dass sie als Partei mit sehr geringer Regierungserfahrung in Sachen Korruption am relativ saubersten dastehen. Das wird aber seit zwei Jahren dadurch massiv konterkariert, dass sie in einem der Brennpunkte der Korruption, dem Wiener Rathaus, als billige Mehrheitsbeschaffer für die dortigen Netzwerke fungieren, ohne da irgendwie als Saubermacher aufzutreten. Obwohl von der Inseratenbestechung über die Postenvergaben in Rathaus, Gemeindebetrieben und Spitälern bis zu den extrem bestechungsanfälligen Baubehörden ein weites Tätigkeitsfeld vorzufinden wäre.
Soziologisch sind die Grünen im letzten Jahrzehnt rasch gealtert. Sie haben weitgehend den frischen Mythos als Jugendpartei verloren. Sie sind zur Gruppierung der altgewordenen, dogmatischen und verbitterten Oberlehrer der Intoleranz geworden, die lediglich für Zuwanderer, Schwule und Feministinnen ein offenes Herz haben. Die im Zeichen einer Diktatur der Political correctness jede Meinungsfreiheit bekämpfen.
Das aber nimmt ihnen automatisch jede Wachstumsperspektive. Für die Jungen sind die Piraten als jugendlich-anarchistische Spassgruppierung viel attraktiver. Die Grünen haben mit der Piraten-Klientel als Interessenpartei der etablierten Künstler eigentlich Interessengegensätze in Sachen Urheberrecht und Online-Diebstahl. Da sie aber andererseits nicht als Law-and-Order-Partei erscheinen wollen, fehlt ihnen überhaupt eine erkennbare Linie.
Selbst bei den von ihnen so geförderten Moslem-Zuwanderern können die Grünen nicht wirklich punkten, sind doch für diese sowohl Feminismus wie auch Schwulenfreundlichkeit absolut rote Tücher. Da hilft selbst der Zufall nichts, dass Grün auch die Farbe des Islams ist. Bei den inländischen Jugendlichen wiederum stellt die Zuwanderungsfreundlichkeit der Grünen eine weitgehende Unberührbarkeit her. Und bei den Schülern verscherzen sie sich wiederum mit ihrem Gesamtschul-Fanatismus fast jede Sympathie.
Gewiss können die Grünen als Interessenvertreter der Radfahrer bei all jenen punkten, bei denen das Radfahren die zentrale politische Kategorie ist. Diese Positionierung schafft aber wiederum bei einer wachsenden Anzahl von Fußgängern und Autofahrern große Aversionen, haben doch die Grünen den Radfahrern de facto das Privileg eines gesetzfreien Raumes erkämpft. Kein Polizist, keine Stadtverwaltung wagt etwas Wirksames gegen nächtens lichtlose oder Ampeln ignorierende Radfahrer zu unternehmen oder gegen die vielen rücksichtlos „Jetzt komm ich“-Radler am Wiener Ring oder auf anderen von Fußgängern genutzten Flächen. Sie alle fürchten die Grünen und ihre Journalisten als die Paten dieser Rad-Rowdys.
Aber der Umweltschutz! So werden nun manche einwerfen. Gewiss ist das bei den Grünen ein ganz wichtiges Thema. Aber auch das nutzt nichts mehr.
Erstens hat das Thema bei allen Umfragen sehr stark an Wertigkeit verloren; zweitens ist der Umweltschutz mehr oder weniger auch von allen anderen Parteien besetzt worden; das führt drittens zu einer hohen und in Zukunft noch stark wachsenden Stromkostenbelastung für jeden Haushalt und Arbeitsplatz, was in Zukunft zweifellos die Anti-Grün-Aversionen steigern wird.
Ebenso tut das die Verschandelung der Landschaft durch die hässlichen und ineffizienten Windräder. Die Grünen, die sich einst fast als Aufsummierung aller Bürgerinitiativen dieses Landes verstanden haben, sind nun zunehmend hilflos. Denn immer mehr Initiativen wenden sich genau gegen grüne Projekte wie diese Windräder oder die Ausdehnung der Wiener Parkpickerl-Pflicht (was unabhängig davon gilt, dass ich selbst Letztere für gut halte).
In Zeiten wie diesen ist aber ein ganz anderes Thema noch viel wichtiger als Gesellschafts- oder Umweltpolitik: Das ist die Sorge um die Stabilität von Wirtschaft und Finanzen. Und das ist der allergrößte Schwachpunkt der Grünen.
Ihr Abstimmungsverhalten in den letzten Jahren hat eine zwar klare, aber katastrophale Linie gezeigt: Sie kämpfen als unliberale Staatsfetischisten für fast alles, was das Defizit vergrößert oder die Steuern erhöht (wobei bekanntlich auch Steuererhöhungen auf Grund des Laffer-Effekts nur noch scheinbar eine Defizitreduktion bewirken, sondern oft zu einer Einnahmenreduktion führen). Nur in einem einzigen Punkt haben sie sich als Vertreter der Sparsamkeit und Vernunft etabliert: Sie sind gegen den Bau dreier gigantischer Bahntunnel. Dafür wollen sie beispielsweise Gratisunis für alle ohne jede Zugangsbeschränkung und glauben ernsthaft, dass dort Qualität produziert werden kann..
Die Grünwähler sind zwar die reichsten aller Parteien, sie malen aber dennoch zusammen mit der Arbeiterkammer und naiven Kirchenfunktionären ständig das linksradikale Grotesk-Bild von der immer größer werdenden Armut an die Wand. Was national wie global einfach nicht stimmt. Aber mit dieser Projektion begründen die Grünen ihre Forderung nach ständig noch mehr Sozialausgaben, bedingungslosem Grundeinkommen und dergleichen.
Am absurdesten aber ist das Verhalten der Grünen in der Währungskrise. Sie haben zwar für den neuen 700-Milliarden-(oder-mehr)-Fonds des ESM gestimmt, nicht aber für den Stabilitätspakt. Dabei sind beide Pakte von der europäischen wie ökonomischen Logik her engst verbunden. Mit diesem Ja-Nein sind die Grünen nur noch skurril.
Denn man kann mit guten Gründen gegen beide Pakte sein, wie es Blau und Orange tun. Man kann, wie die Regierungsparteien, auch mit einem ernsthaften Grund für die beiden Pakte sein (der etwa so lautet: „Es bleibt uns ja nichts anderes über, solange die Deutschen dafür sind.“) Man kann notfalls auch nur für den Stabilitätspakt sein, der die Defizite der einzelnen Staaten stark reduzieren soll, und den ESM ablehnen, der Österreich und Deutschland zu extrem hohen Haftungen für noch stärker verschuldete andere Länder zwingt. Denn Zwang zum Sparen (also der ohnedies viel zu sanfte Stabilitätspakt) ist jedenfalls gut; die EFSF- und EZB- und ESM-Haftungen würden hingegen für die Nordländer den Staatsbankrott bedeuten, sollten sie schlagend werden.
Aber die grüne Linie ist verantwortungsloser Schwachsinn: Sie sind gegen eine Schuldenbremse, jedoch für die österreichische Mega-Haftung zugunsten der Schuldnerländer! Damit haben die Grünen jenseits aller vorgeschobenen juristischen Formalargumente gezeigt, dass der alte linksextremistische Kern in ihnen nach wie vor bestimmend ist: Man ist für alles, was diese Gesellschaft, dieses Land ruiniert und gegen alles, was sie noch stabilisieren könnte.
Ein griechischer Unternehmer – der aber lange in Deutschland gelebt hat – hat es in einem wunderschönen Gleichnis auf den Punkt gebracht, das ich in einer Schweizer Zeitung gefunden habe: Die Griechen seien von der EU zehn Jahre gleichsam in ein Aquarium gesetzt worden; sie hätten dort nur den Mund öffnen müssen und schon sei ihnen ein Fisch hineingeschwommen. Jetzt in der allgemeinen Krise entdecken die Menschen voll Panik: „Wir haben ja nie zu angeln gelernt.“
Mit anderen Worten: Europa hat mit all dem vielen Geld für Griechenland nicht dessen Wettbewerbsfähigkeit erhöht, sondern gesenkt. Was auch in vielen anderen Ländern zutrifft. Wettbewerbsfähig wird man nämlich nicht durch Überflutung mit Geld – das schon lange vor der Schuldenkrise über zahllose Kanäle nach Griechenland geschwappt ist –, sondern nur durch die Konfrontation mit der Realität. Durch das Wissen, auf sich selbst gestellt zu sein.
Freilich muss man der EU selbst zugute halten: Die Forderung nach ständig mehr Geld ist primär von den Empfängerstaaten selbst ausgegangen. So wie in Italien seit Generationen jede Regierung von den Abgeordneten des faulen und entwicklungsresistenten Südens erpresst worden ist, so haben die Südländer jedesmal ihre Stimme – für ganz andere Themen wie etwa die Osterweiterung – erpresserisch gegen noch mehr EU-Geld verkauft. Und die Deutschen als Hauptzahler haben immer zugestimmt, weil sie ja nie die Bösen sein wollten und auch viel Geld hatten. Heute wissen wir, dass das den Südländern langfristig mehr geschadet als genutzt hat, kurzfristig haben aber die dortigen Regierungen immer einen Gewinn gesehen.
Die wettbewerbsfähigsten Staaten der Welt sind heute etwa die Schweiz, Singapur oder Hongkong: Sie sind im Gegensatz zum Großseins-Fimmel der EU klein. Sie haben keine Kohäsions-, Struktur-, EFSF-, ESM-, EZB-Gelder bekommen. Sie haben auch alle keine Rohstoffe. Sie haben aber in einer harten Geschichte über Generationen gelernt, dass sie nur von ihrem eigenen Fleiß, ihrer eigenen Tüchtigkeit abhängig sind.
Das hat auch die österreichische und deutsche Nachkriegsgeneration aus dem Jahr 1945 gelernt. Dementsprechend hat sie sich vom Armenhaus der Welt mit Erfolg emporgearbeitet. Doch jetzt wird die nächste Generation offenbar vom Virus der ständig nur fordernden und nie etwas leistenden Wohlfahrtsstaats-Krankheit infiziert. Der in Südeuropa nie ausgerottet worden ist.
Es kann kein Zufall sein, dass selbst in Osteuropa heute die südlichen Staaten viel schlechter dastehen als die nördlichen. Polen, Tschechien, die Slowakei und die baltischen Staaten sind trotz der historischen Altlast der kommunistischen Destruktion heute sehr erfolgreich unterwegs. Während Rumänien und Bulgarien weder funktionierende Demokratien noch Ökonomien haben.
Wir sollten uns aber auch um ein weiteres Mittelmeerland große Sorgen machen, dass bisher noch kaum ins Blickfeld unserer Aufmerksamkeit gerückt ist, das aber an Österreich angrenzt: Slowenien. Denn dieses Land hat sich seit der Wende jahrzehntelang nur auf seinen Lorbeeren ausgeruht (als einst relativ erfolgreichste Teilrepublik des jugoslawischen Selbstverwaltungs-Chaos).
Wer sich aber 20 Jahre lang nicht weiterentwickelt, der fällt dramatisch zurück. Slowenien hat völlig unzureichend privatisiert. Seine Banken und große Teile der Industrie sind in einem maroden Zustand. Das Land ist daher mit Sicherheit der nächste Anwärter auf europäische Hilfen – auch wenn das in üblicher Art und Weise derzeit noch dementiert wird.
Gewiss, Slowenien ist ein kleines Land. Und bei der Großzügigkeit der europäischen Schuldenmacherei werden daher wohl auch die Fische für dieses Land als kleine bezeichnet werden. So wie jene für Griechenland, wo sich offenbar nur Kleingeister über die Tausenden Pensionen für schon jahrelang Tote oder die Unterstützungen für sehende Blinde ereifern.
Viel größer sind aber jedenfalls die Fische, die nach Spanien zu liefern sind. Und da liest man über die verstaatliche Bank Bankia geradezu Unglaubliches, obwohl diese derzeit in Spanien bei weitem an der Spitze der Hilfsbedürftigkeit steht: Sie erlässt dem Fußballklub Valencia CF mitten in der eigenen Pleitesituation einfach 250 Millionen Euro an Schulden. Und gibt ihm noch 100 Millionen frisches Geld als Darlehen. Und baut das halbfertige Superstadion von Valencia fertig.
Kann man eigentlich noch provozierender mit dem Geld der deutschen, niederländischen und österreichischen Steuerzahler umgehen? Wundert da noch der im Norden täglich anwachsende Zorn?
Der wohl noch größer werden wird: Sollen doch die spanische Fußballklubs der obersten Liga insgesamt mit nicht weniger als 3,5 Milliarden verschuldet sein. Die werden wir wohl auch noch zahlen müssen. Sonst würde ja Spanien vielleicht nicht ein weiteres Mal Europa- und Weltmeister. Sonst müssten am Ende die Stars bei Barcelona oder Real Madrid anderswo ihre Millionen verdienen oder sich gar mit deutlich weniger Cash zufriedengeben.
Was hilft es da, dem die positive österreichische Praxis entgegenzustellen, wo immer wieder Klubs wegen ihrer Schulden die Lizenz entzogen wird? (vom Rapid-Skandal sollten wir freilich auch nicht reden: Hat doch der Klub von der Eurofighter-Firma ganz ohne Gegenleistung vier Millionen Euro entgegengenommen, wohinter sich mit Wahrscheinlichkeit die Bestechung einer Partei verbirgt).
Die österreichische Beschwichtigungs-Industrie will das alles aber nicht wahrhaben. Jetzt hat sie ein neues Argument: Das mache doch alles nichts. Die Zinsen für österreichische (und deutsche und niederländische) Anleihen seien doch so niedrig wie noch nie. Das sei doch ein klares Zeichen von Vertrauen.
Unter normalen Verhältnissen wäre diese Aussage auch durchaus richtig. Nicht aber angesichts der miesen Tricks der Staaten, welche die Öffentlichkeit kaum durchschaut. Denn die Staaten zwingen die Banken mit raffinierten Methoden, ihre Anleihen massenweise zu kaufen und halten nur dadurch ihre Zinsen niedrig.
Das geht so: Zuerst stempelt der Propagandaapparat von Staaten und praktisch allen Parteien mit Hilfe dummer oder ideologischer Journalisten die Banken zu den Hauptschuldigen der Krise. Was sie – trotz aller Fehler und Gaunereien – aber nicht sind. Denn im Vergleich zur Schuld der Regierungen, der staatlich gelenkten Notenbanken und der von Politikern in den Abgrund gefahrenen Staatsbanken steht die kommerziell geführte Bankenwelt relativ harmlos und sauber da.
Denn selbst beim Libor-Skandal der letzten Tage stellt sich nun heraus, dass die kriminelle Hinunter-Manipulation der Libor-Zinssätze nicht nur mit Wissen, sondern auch auf Wunsch von Notenbanken und Staaten passiert ist. Davon haben zwar auch viele normale Kreditnehmer profitiert (ohne natürlich mitschuld zu sein), aber insbesondere war die künstliche Senkung der durch den Libor bestimmten Zinsen im politischen Interesse. Daher ist es aber auch durchaus möglich, dass die Erhebungen in Sachen Libor-Manipulation eines Tages sanft entschlafen werden.
Sobald aber einmal in der öffentlichen Meinung die Banken als die Hauptverbrecher identifiziert waren, konnten dann die diversen Aufseher und Regulatoren den Banken mit Leichtigkeit höhere Eigenkapital- und höhere Liquiditäts-Quoten aufzwingen. Sie wurden dafür sogar als stabilitätsbewusst gelobt.
Auch mir schien das lange durchaus richtig zu sein. Und auch heute noch bin ich von der Richtigkeit und Wichtigkeit des Prinzips überzeugt: „Höheres Eigenkapital und mehr Liquidität erhöhen die Stabilität und Sicherheit, auch wenn sie die Ertragskraft reduzieren.“
Hinter diesem Prinzip versteckt haben die Staaten aber eine ganz andere Agenda betrieben, eine Agenda, die die Stabilität reduziert und nicht erhöht: Denn sowohl bei den Eigenkapital- wie auch bei der Liquiditäts-Vorschriften haben die Staaten und Notenbanken die eigenen Staatsanleihen privilegiert! Diese Staatsanleihen gelten auf Befehl der Staaten als genauso sicher wie Bargeld. Das sind genau solche Papiere, die wie im Fall Griechenland über Nacht nur noch einen Bruchteil wert waren. Das muss man sich erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Betrügerischer geht’s wohl nimmer.
Den Banken bleibt also bei der angeordneten Aufstockung ihrer Reserven nur die Wahl: Entweder tonnenweise Banknoten im Tresor zu stapeln oder wie wild Staatsanleihen zu kaufen. Logischerweise stapeln sie nicht, sondern kaufen (freilich nur noch Papiere der Nordländer und nicht mehr solche der Südländer – zumindest solange sie die Wahl haben und einigermaßen bei Sinnen sind). Denn auch Anleihen-Zinssätze unter der (offiziellen, also die wahre Geldentwertung ohnedies ignorierenden) Inflationsrate sind immer noch deutlich mehr als die Null Prozent Zinsen, die gehortetes Bargeld abwirft. Von Irgendetwas müssen ja auch Banken ihre Angestellten und Steuern zahlen.
Die Banken tun das zähneknirschend, aber schweigend. Denn würden sie laut protestieren, würden die Menschen den Skandal in breiter Front durchschauen und erst recht ihr Vertrauen in - die Banken verlieren.
Eine raffinierte Doppelmühle: die Staaten haben die Banken zum europäischen Sündenbock Nummer eins gemacht und zwingen sie gleichzeitig, die eigene Schuldenpolitik zu finanzieren. Einen der leider öffentlich so schweigsamen wirklichen Finanzexperten dieses Landes erinnert das im Privatgespräch an den März 1938: Damals haben die Nazis die stolzen Goldvorräte des österreichischen Ständestaates geplündert und damit eine Zeitlang ihre Aufrüstungspolitik finanziert, ohne dass das wer durchschaut hat.
Auch wenn dieser Vergleich wohl nicht in jedem Detail stimmt und natürlich auch nicht politisch korrekt ist (was mir freilich ziemlich egal ist), zeigt er doch, wie unglaublich der Vorgang ist. Das wird die Politik aber nicht hindern, die Banken wieder zu Schuldigen zu erklären, wenn dann wieder unter staatlichem Zwang für absolut sicher erklärte europäische Staatsanleihen in die Klasse von Altpapier abrutschen. Und die Staaten werden dann noch "strengere" Bank-Regulierungen beschließen, welche die Banken dann noch mehr zwingen, die Anleihen eigentlich längst nicht mehr kreditwürdiger Staaten zu kaufen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
So schnell kann es gehen. Am 28. Juni wurde vor dem Verfassungsgerichtshof die Streichung des Satzes: „Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist die Mutter allein betraut.“ aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch öffentlich verhandelt und am selben Tag erfolgte die Ausfertigung der Entscheidung.
Der Satz wurde als verfassungswidrig aufgehoben und ist ab 1. Februar 2013 Geschichte. Von diesem Zeitpunkt an dürfen Familiengerichte auch tatsächlich prüfen, ob nicht der Vater der bessere Elternteil ist, auch wenn das manch ungeeigneter Mutter nicht recht ist. Hoffentlich sind dann die Familiengerichte bei ihren Beschlüssen auch so schnell wie der Verfassungsgerichtshof.
Der Entscheidung ist zu entnehmen, dass sich die Antragstellerinnen die richtige Argumentation zurechtgelegt hatten. Abgegangen ist (mir) eigentlich nur, dass man sich deutlich auf Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes berufen hätte. Dort wird auch die Gleichstellung der Geschlechter normiert: „Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen.“ Aber so etwas getraut man sich wohl nur beim richtigen Geschlecht lautstark zu erwähnen. Diese Erwähnung hat jetzt aber der Verfassungsgerichtshof vorgenommen.
Die Antragstellerinnen Dr. Waltraud Berger (l.) und Mag. Sonja Thier (Foto: Boder)
Was jetzt noch fehlt ist, dass die Anerkennung der Vaterschaft auch die gemeinsame Obsorge begründet. Am besten gleich mit der Unterschrift im Geburtsregister am Standesamt. Dort können ledige Mütter und Väter das erste Mal gemeinsam beweisen, dass es ihnen nicht nur um den Unterhalt geht. Immerhin setzt die rechtliche Vaterschaft einen umfangreichen Mechanismus in Gang. Meist finanzieller Natur, bis hin zum Erbrecht. Dazu verhandeln gerade Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Justizministerin Beatrix Karl. Die Frauenministerin ist gegen die schnelle und einfache Lösung.
Am 28. Juni war auch der ORF mit einem Kamerateam vor Ort. Gehört hatte man in der Folge aber nichts von diesem unerhörten Vorfall am Höchstgericht. Immerhin lauern da einige hunderttausend ledige Väter im Dunkeln, um ihren Kindern beizustehen. Bzw., je nach ideologischer Sichtweise, um ihnen Schlimmes anzutun.
Im „Report“ vom 3. Juli war dann, allerdings nur für Aufmerksame angekündigt, etwas zum Thema Obsorge vorgesehen. Die unvergleichliche Gabi Waldner hat dann auch noch versäumt, dieses eine von vier Themen im Vorspann anzukündigen. Sicher eine Panne. Der Beitrag brachte dann auch kein Wort zum Thema der beantragten Streichung der Alleinhoheit der ledigen Mütter über die gemeinsamen Kinder. Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinteritz legte wieder ihre Ablehnung gegen die gemeinsame Obsorge dar, was den obigen Wunsch auf schnelle Verfahren vor den Familiengerichten zu einem frommen Wunsch macht.
Langsam glaube ich selbst, dass da die SPÖ beim ORF ein Wörtchen mitzureden hat.
Robert Boder beschäftigt sich hauptsächlich mit betrieblichen und gesellschaftlichen Gleichstellungsfragen.
Während sich die Regierungsparteien durch Fehler und viele schwache Persönlichkeiten in ihren Imagewerten immer tiefer hinunterhanteln, wird es dringend, auch etwas schärfere Blicke auf die Opposition zu richten. Denn auch da ist vieles erstaunlich und deprimierend. Denn auch da fehlen weit und breit geeignete Persönlichkeiten. Den ersten Blick hat sich heute die FPÖ als größte Oppositionspartei verdient.
Sie ist trotz aller Mordversuche der Konkurrenz und trotz aller Medienkampagnen in der Wählergunst nach wie vor gut unterwegs. Sie profitiert vor allem davon, dass sie als DIE Alternative zur rot-schwarzen Verbindung erscheint. Und Demokratie bedeutet halt einmal vor allem anderen, dass man eine Regierung bisweilen auch abwählt.
Die FPÖ erringt aber auch noch durch weitere Effekte Sympathiepunkte: Das sind die Gewalttaten der Linken gegen FPÖ-nahe Organisationen und Veranstaltungen. Das ist die inszenierte Skandalisierung fast jedes Auftritts im FPÖ-Dunstkreis, etwa eines ganz normalen Faschingsballs, durch die überwiegend linke Medienszene. Jedes natürliche Fairness-Gefühl nimmt die FPÖ da automatisch in Schutz.
Auch wenn man so manche Geschichtsauffassung im FPÖ-Umkreis keineswegs teilt, so zeigen doch die Fakten klar: Übergriffe und Gewalt gehen heute eindeutig von der Linken aus und nicht von Freiheitlichen. Und mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte übrigens auch die gerichtliche Klärung der Stiftungsaffäre rund um den dritten Parlamentspräsidenten Graf diesen rechtlich unbefleckt lassen. Das wird dann in diesem Fall freilich von den Kampagne-Medien im Gegensatz zu den einstigen Spitzenmeldungen und Doppelseiten wohl nur mit kleinen Einspaltern gemeldet werden (so wie man es dieser Tage bei den vielen rechtlichen (Teil-)Erfolgen der Herrn Grasser und Meinl beobachten konnte).
Das darf aber die Frage nach der politischen Substanz nicht überdecken. Und da sieht es bei der FPÖ in allem, was Wirtschafts- und Sozialpolitik anbelangt, katastrophal aus. Die FPÖ versucht sogar allem Anschein nach ganz bewusst, allzu vieler inhaltlicher Programmarbeit aus dem Weg zu gehen. Erstens ist das mühsam, zweitens führt jede Konkretisierung des allgemeinen „Nein zu allem“ sofort zu Debatten und Polarisierung. Was der Partei nur schaden kann, weil eine Positionierung immer manche Gruppen verärgert.
Die FPÖ von 2012 ist jedenfalls eine ganz andere als jene von 1999, wo ein Jörg Haider durchaus zu substanziellem volkswirtschaftlichem Denken imstande war. Den Eindruck einer solchen Fähigkeit erweckt aber kein einziger der heutigen Freiheitlichen. Dabei sind Wirtschafts- und Währungsfragen heute noch viel dominanter als damals. Kaum ein Österreicher würde jedoch heute die Frage „Glauben Sie, dass die FPÖ Österreich gut aus der Wirtschaftskrise steuern könnte?“ mit einem „Ja“ beantworten. Selbst wenn er überlegt, diese Partei zu wählen.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die FPÖ zu den schärfsten Kritikern des ESM gehört. Diese berechtigte Ablehnung ersetzt aber noch keine glaubwürdige finanzwirtschaftliche Perspektive. Denn das demagogische Zetern gegen „Banken und Spekulanten“ mag zwar auf der Tribüne gut ankommen, aber dahinter steht nackte wirtschaftspolitische Ahnungslosigkeit. Die wirklichen Zusammenhänge werden elegant übergangen, etwa dass die Hauptschuld an der Krise wie auch der drohenden Inflation eindeutig bei den Staaten und deren Schulden- und Wohlfahrtspolitik liegt. Das total toxisch gewordene und nicht nachhaltig aufrechterhaltbare Sozial- und Wohlfahrtssystem ist für die FPÖ absolut tabu, weil zu dessen Hauptnutznießern viele freiheitliche Wähler zählen.
Wer den Eindruck erweckt, mit einem Raubzug auf „Banken und Spekulanten“ die Zahlungsfähigkeit des Landes wiederherstellen zu können, der ist entweder ahnungslos oder ein Betrüger. Natürlich wird von der FPÖ auch nie konkretisiert, wer die gehassten Spekulanten eigentlich sind, würde sie doch überall sofort auf konkrete Wählergruppen stoßen: auf Häuslbauer mit einem Frankenkredit; auf Besitzer eines Pensionssparvertrags; auf Käufer von Staatsanleihen.
Oder sind auch für die Freiheitlichen die Bösewicht nach SPÖ-Art einfach die Reichen? Sollen halt die Mateschitzs und Piechs und Swarovskis und Stronachs und Wlascheks geschröpft werden (damit sie möglichst bald alle Investitionen und Gelder aus Österreich abziehen)? Sollen die Banken, die alle nur knapp das Mindest-Eigenkapital aufbringen, von einem blauen Finanzminister ausgeraubt werden? Sollen bei einem Konkurs der Banken auch all die Klein- und Mittelbetriebe in Konkurs gehen, die dort ihre Firmenkonten haben?
Während man hier nur auf lauter unbeantwortete Fragen stößt, ist in der Vergangenheit das direkte Mitverschulden des dritten Lagers an den exorbitanten Defiziten eindeutig nachweisbar: Von der Hacklerregelung bis zur Abschaffung der Studiengebühren war es stets auf der Seite der Verursacher eines noch größeren Staatsdefizits zu finden.
Die FPÖ zeigt auch heute noch fast in jeder Parlamentssitzung, dass sie selbst bei lächerlichen Kleinigkeiten die Notwendigkeit des Sparens nicht begreifen will. So stimmte sie dieser Tage sogar gegen die Zusammenlegung der Bezirksgerichte Purkersdorf und Hietzing, obwohl diese nur zehn Autominuten voneinander entfernt liegen und auch öffentlich exzellent verbunden sind (diese Fusion musste, weil bundesländerübergreifend, im Parlament extra genehmigt werden. Und sie ist – wenn auch erst in zwei Jahren wirksam – ein zweifellos sinnvoller Beschluss).
Die FPÖ ist auch sonst so durch und durch als Neinsager-Partei strukturiert, dass man sich den Wechsel auf die Regierungsbank viel schwerer vorstellen kann als 1999/2000. Obwohl diesmal die internationale Aufregung viel geringer wäre, obwohl Strache&Co in bezug auf Korruption und Nazi-Sager höllisch aufpassen.
Natürlich kann die Partei bei etlichen Bürgerinitiativen punkten, wenn sie etwa gegen den Ausbau des Wiener Flughafens ist. Aber sie zeigt halt gleichzeitig, dass ihr die damit verbundenen Chancen auf Firmenansiedlungen und vor allem zusätzliche Touristenumsätze, also Jobs, egal sind.
Irgendwie ins Stocken gekommen sind die Freiheitlichen auch bei ihrem bisherigen Hauptthema: bei der Kritik an der starken Zuwanderung der letzten Jahrzehnte und deren Folgen. Das hat wohl mehrere Ursachen: Erstens haben manche administrative Bremsversuche wirklich genützt; zweitens hat die positive wirtschaftliche Entwicklung der Türkei die massenweisen "Familienzusammenführungen" reduziert; drittens hat der ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz das Thema geschickt besetzt: Er findet eine Sprache und setzt Maßnahmen, die sowohl bei den Gutmenschen wie auch den Zuwanderungskritikern gut ankommen, nämlich durch die Betonung von Sprache und Leistung, während er die problematischen Seiten relativ unbemerkt ausklammert. Das ist vor allem die Frage: Was tun wir mit jenen Zuwanderern, die sich weder durch Leistung noch Spracherwerb noch Anpassung an den Wertekanon integrieren wollen? Daher geht der FPÖ derzeit eher die Luft aus. Es kann aber auch nur sein, dass sie nur ihr Pulver für die Wahlkampfwochen sammelt und das Thema nicht abnutzen will.
In anderer Hinsicht hat die FPÖ im Vergleich zur Haider-Zeit sicher eine positive Entwicklung genommen. Sie besetzt konsequent einige der von der ÖVP in den zwei Pröll-Jahren leichtfertig geräumten wertkonservativen Positionen, welche Spindelegger jetzt mühsam zurückzuerobern versucht. Die FPÖ spielt damit jedenfalls gesellschaftspolitisch – von der Schule bis zur Familie – eine wertvolle Rolle, indem sie die Repositionierung der ÖVP diesbezüglich zweifellos beeinflusst.
Dieser Rolle wegen erscheint die FPÖ auch in Zukunft wichtig und unverzichtbar. Was nichts daran ändert, dass ein unter Einfluss der heutigen FPÖ erstelltes Budget eine ziemliche Schreckensvorstellung für jeden Steuerzahler und erst recht für die verbal von der FPÖ so verteidigten Familien ist, deren Kinder die Schuldenwirtschaft ausbaden werden müssen.
PS: Vieles von dem hier Gesagten trifft auch fürs BZÖ zu. Da dieses aber zumindest derzeit noch viel unklarer in seiner inneren Identität ist – es verbindet ja sehr rechte mit sehr linken Positionen –, und da es ohne Haider ohnedies kaum Chancen auf einen Wiedereinzug ins Parlament hat, verzichte ich vorerst auf eine ausführliche Analyse des BZÖ. Statt dessen werde ich mich in den nächsten Tagen mit der zweiten Oppositionspartei befassen, die sicher im nächsten Parlament sitzen wird: mit den Grünen.
Fällt in öffentlichen Debatten das Stichwort „Familie“, dann wird es fast immer mit Assoziationen verbunden wie: Funktionärsthema; Hindernis für die feministische Selbstverwirklichung; katholisch; konservativ; nationalistisch; Mutterkreuz; wirtschaftsfeindlich; teuer; unmodern; Hort der Gewalt und des Missbrauchs. Kurz: Der mediale Diskurs mag das Thema nicht. Dort sind schrille Veranstaltungen wie das von Rathaus und Wirtschaftskammer subventionierte Schwulenfestival „Life Ball“ mit seinem voyeuristischen Reiz viel populärer, die den absoluten Gegenpol zum Konzept „Familie“ verkörpern. Es ist aber falsch, das larmoyant und altväterisch zu beklagen. Viel wichtiger wäre es, sich dem Thema „Familie“ zukunftsorientiert und mit harten ökonomischen Fakten zu nähern.
„Familie“ findet jedenfalls im Gegensatz zu den Medien bei allen Umfragen hohe Zustimmung, bei jung noch mehr als bei alt. Zur Definition: Halten wir fest, dass wir erst dann von Familie reden können, wenn es um das Zusammenleben von mindestens zwei Generationen geht, also um die Aufbringung von Nachwuchs. Und dass die Vater-Mutter-Kind-Familie – mit oder ohne Patchwork-Aspekte – die ideale Kernfamilie bedeutet.
Bis in die 60er Jahre hatte jede Frau im Schnitt zwei oder mehr Kinder. Das hatte damals ein stabiles Überleben der Bevölkerung gesichert. Am Beginn der 70er Jahre ist dieser Schnitt auf rund 1,4 gesunken und seither nie wieder angestiegen. Das wird dazu führen, dass am Ende dieses Jahrhunderts die Nachkommen der Österreicher von 1970 weniger als ein Fünftel der damaligen Größe ausmachen werden.
Der eine Zeitlang verbreitete Glaube, dass Zuwanderung die damit verbundenen Probleme lösen werde, hat sich als Irrtum erwiesen: Durch Zuwanderung ist bestenfalls eine quantitative, aber keine qualitative Kompensation erfolgt. Viele Zuwanderer haben hier nur die Vorteile des Wohlfahrtsstaats gesucht, während Österreich qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht hätte, welche die Zukunft eines rasch schwindenden und alternden Volkes sichern. Die Statistik zeigt: Die Zuwanderer, vor allem jene aus der Türkei und anderen Nicht-EU-Regionen, sind zu einem viel geringeren Prozentsatz arbeitstätig als die Eingeborenen.
Das heißt überdies: Ab dem Zeitpunkt (certus an, incertus quando), da auch Österreich angesichts von Schuldenexplosion und Überalterung die Leistungen seines Wohlfahrtssystems zurückschrauben muss, wird aus der Zuwanderung auch quantitativ eine Netto-Abwanderung. Zurückbleiben werden die Alten, die weder Pfleger finden noch ausreichende Pensionen erhalten.
Der Rückgang der Kinderzahlen hat viele Ursachen: die damals entwickelten Anti-Baby-Pille; den Wertewandel im Gefolge der 68er Revolte; ein neues Frauenbild; den Wohlstand jener vielen Babyboomer, die sich als Doppelverdiener ein luxuriöses und kinderloses Leben gönnten; das Schwinden der bäuerlichen Lebensform, in der Kinder ohne Probleme in größerer Zahl aufwachsen konnten, in der sie als Alterssicherung und Arbeitskräfte benötigt waren; sowie Gesetzesänderungen wie die Bauernpension und den Wegfall jeder steuerlichen Berücksichtigung von Kindern, was Kinderkriegen für Besserverdiener zum massiven Verlustgeschäft gemacht hat.
Das Ausbleiben der Kinder bedeutet eine schmerzhafte menschliche Verarmung. Zunehmend empfinden das viele Babyboomer – also die in den 40er, 50er und 60er Jahren Geborenen –, auch wenn sie lange über einschlägige Hinweise von Päpsten und Psychologen gelächelt haben.
Das Ausbleiben der Kinder ist aber vor allem auch ein ökonomisches „Groß-Problem“ geworden, wie der nüchterne liberale Ökonom Bernhard Felderer vor kurzem festgestellt hat. „Die Gefahr besteht, dass ein sinkendes Bevölkerungswachstum zu einem rückläufigen Produktivitätswachstum führt.“ Nur Frankreich und Dänemark haben eine positive Reproduktionsrate von mehr als zwei Kindern pro Frau. „Mit großem Ressourceneinsatz“, wie Felderer betont. Durch die bessere Ausbildung der Frauen und ihre zunehmende Berufstätigkeit seien die „Opportunitätskosten des Kinderhabens dramatisch angestiegen“. Aus der Ökonomensprache übersetzt: Wenn sich eine gebildete und besser verdienende Frau für Kinder entscheidet, muss sie dafür einen steilen wirtschaftlichen Abstieg in Kauf nehmen.
Noch einmal Felderer: „Niemand hat darüber nachgedacht, wie wir das kompensieren können.“ Denn es gehe „nicht um eine natalistische (Anm.: geburtenfördernde) Politik aus nationalistischen Gründen, sondern um ein ökonomisches Problem“.
Das sollte auch Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer einmal klar werden: Diese haben zwar großes Interesse an den gut ausgebildeten Frauen als durchgängig Vollzeit arbeitende Arbeitskräfte. Sie begreifen aber nicht, dass dies auf Kosten der wichtigsten Zukunftsinvestition in die Wirtschaft überhaupt geht, eben der bildungsorientiert aufgezogenen Kinder. Die – auch in anderen Fragen stark auf Linkskurs gegangene – Industriellenvereinigung will sogar die Familienförderungen kürzen, um die Frauen noch mehr an die Arbeitsfront zu holen.
Damit treffen sich die kurzsichtigen Industriellen mit den linken Feministinnen, die prinzipiell alles voll Hass bekämpfen, wo Familie draufsteht. Frauenministerin Heinisch-Hosek kämpft sogar gegen die Möglichkeit von Teilzeitarbeit, die vielen Frauen die erwünschte Verbindung von Familie und Berufstätigkeit überhaupt erst möglich gemacht hat: „Ich will nicht, dass irgendeine Frau in Österreich solange daheim bleibt.“ Mit solchen Ich-will-Forderungen die Freiheit der Frauen einzuschränken, zeigt ein geradezu totalitäres Verständnis von Politik. Das ist menschenverachtend, um ein von den Linken ständig gebrauchtes, aber diesmal wirklich zutreffendes Vokabel zu verwenden. Die Forderung der Ministerin, den Rechtsanspruch auf Elternteilzeit zu verkürzen, ist auch in anderer Hinsicht einzigartig: Zum ersten Mal in der Geschichte will ein sozialdemokratischer Politiker gezielt und ohne Not ein Element des Sozialstaats zertrümmern. Aus purer Ideologie.
Aber auch schon bisher hat die sozialdemokratische Ideologie Mitschuld am Kindermangel. Diese Ideologie hatte Kreisky in das Dogma gegossen: Jedes Kind müsse dem Staat gleich viel wert sein. Das klingt gerecht, ist aber das Gegenteil.
Denn für Zuwandererfrauen mit schlechten finanziellen Chancen bringt die gegenwärtige Kinderförderung eine ausreichende Einnahmenquelle und einen sozialen Aufstieg gegenüber der Kinderlosigkeit; für eine besserverdienende Familie bedeuten Kinder hingegen den von Felderer beschriebenen Abstieg. Dementsprechend fallen gerade in der Oberschicht die Kinder aus. So bekommt nur noch rund jede zweite Akademikerin ein Kind. Aber gerade gebildete Frauen wären die weitaus besten Mütter, welche die künftigen Leistungsträger erziehen könnten, die Österreich so dringend benötigt. Zeigen doch alle Bildungsstatistiken, dass solche Mütter auch die schulisch erfolgreichsten Kinder haben (dieser Erfolg wird von linken Klassenkämpfern zwar als Folge des höheren Einkommens denunziert. Aber er ist in Wahrheit eindeutig eine Folge der guten Bildung der Eltern. Denn diese prädestiniert ja besser sowohl für den Beruf wie auch die Erziehungsarbeit).
Noch ein weiteres – von vielen Bürgerlichen nachgebetetes – linkes Dogma ist in seiner Allgemeinheit falsch und schädlich. Es lautet: Je länger Kinder in einen Kindergarten gehen, umso besser sei das für diese Kinder.
Das stimmt nur bei Kindern aus bildungsfernen Schichten und/oder einer fremden Umgangssprache. Daher wäre für solche Kinder auch das von Sebastian Kurz verlangte verpflichtende zweite Kindergartenjahr eine kluge Idee. (Noch viel wichtiger wäre freilich die Pflicht für hier lebende Migranten, ihre Kinder spätestens ab dem 3. oder 4. Lebensjahr ebenfalls hier aufzuziehen, und diese nicht erst viel später nach Österreich zu holen, wenn alle Bildungschancen versäumt sind.)
Bei gut gebildeten Eltern verhält es sich mit dem Kindergarten hingegen umgekehrt, wie der offizielle deutsche Familienbericht zeigt. Er zitiert Studien, „dass die Berufstätigkeit der Mütter mit negativen Entwicklungsergebnissen des Kindes zusammenhängt, wenn die Familien nicht in ökonomisch belasteten Situationen sind (Mittel- und Oberschichtfamilien)“. Und noch deutlicher: „Dem Kind entgeht also durch die außerfamiliäre Betreuung die Bildung und Erziehung durch seine gut gebildete und erziehungskompetente Mutter . . . Für Kinder aus der Mittel- und Oberschicht bleibt das Bildungsangebot in den Kindertageseinrichtungen hinter der familiären Bildungsanregung zurück.“
Mit großer Wahrscheinlichkeit gelten diese Erkenntnisse auch für Österreich. Nur fehlen hierzulande viele wichtige Studien zu Familienthemen. Diese zeigen etwa in den USA spannende Ergebnisse: Wenn ein Kind bei Alleinerziehern aufwächst, vervielfacht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es später im Gefängnis landet oder drogenabhängig wird. Bei unseren Sozial-„Wissenschaftlern“ gilt hingegen die Devise: Lieber erst gar nichts beforschen, was am Ende ein weiteres Argument für die altmodische Familie bringen könnte. Bei uns werden von Ideologen Bildungsprobleme zwar absurderweise ständig mit dem Fehlen des Gesamtschulzwangs erklärt, aber die zentrale Rolle der Familien dabei wird total ausgespart.
Statt dessen diskutiert man lieber teure Orchideenthemen wie den zwangsweisen Papamonat. Dieser wird aber mit Sicherheit keine einzige zusätzliche Kindergeburt auslösen. Und wäre bei dieser Debatte wirklich wie behauptet eine Förderung der Vater-Kind-Beziehung das Motiv, dann wäre dafür die von der SPÖ bisher verhinderte gemeinsame Obsorge nach Scheidungen viel wichtiger.
Statt auch den gut gebildeten Müttern die Möglichkeit zu bieten, ohne finanzielle und Karriere-Verluste einige für die Erziehung entscheidende Jahre bei den Kindern zu bleiben, setzt man die Mütter – auch durch gesellschaftliche Leitbilder – unter Druck, nur ja weiterzuarbeiten. Was sie einer gewaltigen Doppelbelastung aussetzt. Worauf potenzielle Eltern halt immer öfter mit totalem Kinderverzicht reagieren. Mit katastrophalen Folgen für diese Gesellschaft.
PS.: Politisch inkorrekt, aber realistisch geht dieser Text davon aus, dass auch weiterhin vor allem Frauen Kinderarbeit ausüben. Denn junge Frauen sehnen sich bei allen Studien so wie einst nach dieser Rolle – allen feministischen Indoktrinationen zum Trotz. Und umgekehrt würden auch weiterhin jene jungen Männer bei der Partnersuche überbleiben, die ankündigen, nicht arbeiten, sondern einige Jahre bei den künftigen Kindern bleiben zu wollen . . .
(Dieser Beitrag erscheint im wesentlichen in gleicher Form auch in der jüngsten Nummer der Zeitschrift "Academia")
Die Volkspartei hat zuletzt gleich doppelt Aufmerksamkeit erregt: Erster Anlass war ein scharfer, prinzipiell dringend notwendiger, aber recht unprofessionell gemachter Text gegen die beängstigende Perspektive einer rot-grünen Koalition. Zweiter Anlass war ein Papier, das aus dem Ideenkompott einer auf Einladung von Michael Spindelegger eingesetzten Unternehmergruppe stammt. Beide Papiere zusammen erzielen strategisch eine verheerende Gesamtwirkung: Jedes geht nämlich in seiner jeweiligen Tendenz in eine so fundamental unterschiedliche Richtung, dass man schwindlig wird. Da stecken weder Strategie noch Koordination dahinter. Widersprüchlichkeit aber ist keine sonderlich erfolgversprechende politische Kategorie.
Das eine Papier signalisiert eine klar bürgerliche antilinke Position entsprechend der Mehrheit der ÖVP-Wähler. Das andere eine gesellschaftspolitisch klar linke, antibürgerliche Position entsprechend der aktuellen Mehrheit unter etlichen österreichischen Unternehmern (die interessanterweise anders denken als die Mehrheit der deutschen Unternehmer). Da weiß die eine schwarze Hand nicht, was die andere macht. Und der Parteiobmann selbst schweigt zu beiden Papieren.
Aber auch jede der beiden Initiativen für sich gesehen entbehrt dessen, was man politische Professionalität nennen könnte. Was hat man sich etwa beim Start des „Unternehmens Österreich 2025“ gedacht? Da wurde einer Gruppe von Unternehmern freie Hand gegeben, an Ideen zu produzieren, was sie wollen. Dieser Ideenproduktion wurde aber dennoch schon von Beginn an mit dem Gütesiegel „im Auftrag von Michael Spindelegger“ versehen. Das ist eine automatische Selbstbeschädigungsanlage mit Zeitzünder. Das mach Spindelegger zur Geisel einiger politischer Amateure.
Die schwarze Selbstbeschädigung ist auch schon auf Grund der personellem Zusammensetzung der Gruppe vorhersehbar gewesen. Sie erinnert sehr an die Industriellenvereinigung, die im vergangenen Jahr dem liberalkonservativen und leistungsorientierten Bürgertum dieses Landes den Krieg erklärt hat. Noch leichter prognostizierbar war der Schaden, seit man weiß, dass sich unter den führenden Proponenten des „Unternehmen Österreich 2025“ gleich zwei deklariert SPÖ-nahe Frauen befinden.
Hat sich bitte dabei auch nur irgendjemand irgendetwas gedacht? Glaubt wirklich irgendjemand in der ÖVP, dass ein weiterer Aufguss von Ideengut des Liberalen Forums plötzlich zu einem Erfolgsrezept werden könnte? Begreift man denn nicht, dass man Wirtschaftskompetenz selber haben muss (die man zumindest in der Person von Maria Fekter ansatzweise auch hätte) und dass man diese nicht einfach bei unpolitisch denkenden oder gar linken Unternehmern bestellen kann?
Bei so unprofessionellen Konzeptionen überrascht es auch nicht weiter, wenn jetzt aus diesem Haufen gezielt Papiere an gewisse Medien gespielt werden. Diese sollen offenbar den Linkskurs in einem Überraschungsschlag so richtig fest einzementieren, bevor das noch jemand verhindern kann.
Die Medien stürzen sich natürlich mit Begeisterung darauf und ignorieren weitgehend die Beteuerungen, dass das alles noch „verfrüht und unsachlich“ sei. Schon kursieren zusammen mit reichlich patscherten Formulierungen einige Ideen als Festlegungen des „Unternehmens 2025“. Dazu zählen etwa eine indirekte Unterstützung für die bildungsfeindliche Gesamtschule und die halblustige Idee, dass sich Schüler – und Lehrer – auch während des Schuljahres Urlaub nehmen können sollen. Offen ist nur, ob hinter diesem Urlaubs-Vorschlag die Interessen der Tourismus-Industrie stecken oder eher jene unternehmerischen Müttern und Vätern, die gerne halt auch einmal außerhalb von Schulferien eine Woche nach St. Moritz düsen wollen.
Durch all diese Entwicklungen hat sich das „Unternehmen Österreich 2025“ im Do-it-yourself-Verfahren zu einem „Unternehmen Skurrilitätenreich 2012“ verwandelt.
Ähnlich unprofessionell geht es aber auch rund um ein ÖVP-Papier zu, dass aufzulisten versucht, was eine rot-grüne Regierung eigentlich so alles bedeuten würde. Unprofessionell ist dabei nicht nur der verwirrende Gegensatz zu den Intentionen der 2025-Projekts. Einmal für, einmal gegen Gesamtschule. Vielmehr lässt auch beim Rot-Grün-Papier das Wie staunen.
Da werden nämlich durchaus legitime Befürchtungen durch marktschreierische Übertreibungen unglaubwürdig gemacht. Rot-Grün heißt sicher nicht "grenzenlose Zuwanderung", aber zweifellos eine bedenklich verstärkte Zuwanderung auch von Minderqualifizierten und von fragwürdigen Asylwerbern. Das kann man jedoch nicht mehr drüberbringen, wenn man in FPÖ-Manier übertreibt und sich damit angreifbar macht. Auch die "Abschaffung" der Matura oder der Ehe ist einfach nicht richtig. Richtig wäre nur, dass bei beiden eine deutliche Ent- und Abwertung droht. Ebensowenig kann man explizit eine "Verstaatlichung" der Familie prophezeien, diese Übertreibung überdeckt jedoch die Wahrheit, dass unter Rot-Grün Familiengelder sehr wohl Richtung Kindergärten usw. umgelenkt werden. Und wenn macht sich auch nicht sonderlich glaubwürdig, wenn man ganz unprofessionell elf Jahre alte Belegstellen zitiert und vielfach ganz auf Belege verzichtet.
Noch schlimmer ist, dass man nun keineswegs zum eigenen Werk steht, sondern herumeiert, dass das ja ohnedies nur eine Funktionärsinfo und keine Presseunterlage sei. Wie bitte? Glaubt man wirklich, dass man den Funktionären etwas anderes sagen kann als der Öffentlichkeit?
Glaubt man ernsthaft, dass eine an Hunderte Mitarbeiter verteilte Unterlage nicht den Weg an die Medien findet? Warum fürchtet man sich offenbar davor, auch medienöffentlich die Konsequenzen von Rot-Grün zu thematisieren, polemisieren doch die Linksparteien und die zugehörigen Medien ständig gegen Schwarz-Blau? (Und am Rande: Warum weist man nicht darauf hin, dass Rot-Grün zwar weniger Aussichten auf eine Mehrheit hat denn je, dass aber die Warnung davor aus einem anderen Grund sehr legitim ist. Kann Rot-Grün doch mit Sicherheit auf die Piraten zählen und eventuell auch die Orangen, wenn diese doch den Wiedereinzug ins Parlament schaffen sollten. Die Orangen werden jedenfall von den Linksparteien keineswegs so zurückgewiesen wie die Blauen.)
Mit dem Verkorksen der Rot-Grün-Kampagne zerstört die ÖVP eine ihrer letzten Argumentationsebenen selber. Dabei zeigen die unfreundlichen Reaktionen der linken Medien und von Rot und Grün, dass man damit eigentlich einen wunden Punkt getroffen hätte. Aber man fürchtet sich schon wieder vor der eigenen Courage.
Die ORF-Genossen haben wirklich schon jeden Genierer verloren. Das zeigte ärger denn je die Zeit im Bild am Donnerstag.
Da wird zum zweiten Mal hintereinander die absolut gleiche Story – die Verdachtsmomente gegen den Kärntner ÖVP-Obmann – zur Spitzenmeldung gemacht. Da wird auch gleich eine Petitesse gegen den Tiroler ÖVP-Landeshauptmann zum österreichweiten Thema gemacht. Aber okay, bei sehr weitherziger Interpretation kann man das alles noch irgendwie journalistisch zu argumentieren versuchen (auch wenn Wiener SPÖ-Skandale prinzipiell nie den Weg in die ZiB finden). Und dann wird über die – deutliche – Brüsseler Kopfwäsche für den Verfassungsbruch des neuen rumänischen Ministerpräsidenten berichtet. Na also, ausgleichende Gerechtigkeit der Berichterstattung, werden jetzt manche denken. Jedoch: Der ORF bringt es zusammen, weder in der langen Anmoderation noch im nachfolgenden Beitrag auch nur andeutungsweise zu erwähnen, dass es sich dabei um einen Sozialisten handelt. Dass der Verfassungsbrecher noch vor kurzem vom SPÖ-Mann Swoboda wortgewaltig verteidigt worden ist. Im Vergleich zu diesem ORF hat man sich einst sogar in der „Volksstimme“ noch objektiv informiert gefühlt. Dabei braucht es für all das wahrscheinlich gar keine Weisungen von außen mehr. Die Programmmacher sind schon von sich aus überzeugt: Rechte Untaten werden extrem aufgebauscht, linke total unter den Teppich gekehrt.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Absurd sind die Vorgänge in der durch Korruption gebeutelten Republik. Selbst die Hauptstrippenzieher und Nutznießer des flächendeckenden Missbrauchs in den dunklen Jahren der schwarz-blauen Koalition laufen noch immer ungeschoren herum. Sie, die das Ansehen des Landes und der Politik insgesamt in wenigen Jahren nachhaltiger beschädigt haben, als es Politikergenerationen vor ihnen zustand gebracht haben, sind außerdem so frech, bei gerichtlichen Verurteilungen andere zu beschimpfen und zu beleidigen. Sie selbst kleben jedoch mit einer Hartnäckigkeit, die ihresgleichen sucht, an den eigenen Pfründen und üben weiter ihre fragwürdige Macht aus. Herausragendes Beispiel dieser Mentalität ist der Kärntner Vize-LH Uwe Scheuch, der wegen Geschenkannahme erstinstanzlich zu einer bedingten Haftstrafe zu sieben Monaten und einer Geldstrafe von 150.000 Euro verurteilt wurde. Frech und schamlos wie es in diesen Kreisen eben üblich ist, sah und sieht der Chef der Freiheitliche Partei Kärntens keinen Grund für einen Rücktritt, beschimpft aber andere, die ihn dazu aus Gründen des politischen Anstands und der Moral auffordern. Und Protestierende gegen eine solche Vorgangsweise, mit der alle Regeln des politischen Anstands mit Füßen getreten werden, den bekanntlich Freiheitliche so gerne im Mund führen, wenn es um Mitglieder andere Parteien geht, werden bezeichnenderweise aus dem Kärntner Landtag hinausgeschmissen. Dafür hat dieser erst im Dezember eine eigene Lex Uwe Scheuch geschaffen, weil der freiheitliche Boss in einem ersten aufgehobenen Urteil gar zu 18 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden ist, und die Rücktrittsregeln entschärft. Ein starkes Stück, das mehr als alles andere zeigt, wie dringend nötig eine Verschärfung der Regeln für Amtsverlustregeln von korrupten oder anderweitig straffällig gewordenen Politikern ist. Und zwar bundesweit!
Andreas Unterberger
Die ÖVP steht bei Umfragen als durch Korruption besonders diskreditiert da. Sie kann sich aber wenigstens zugute halten, belastete Politiker rasch aus öffentlichen Ämtern zu entfernen. Nach den schweren Vorwürfen gegen Exminister Strasser, jenen gegen den Kärntner Landesrat Martinz oder den eher läppischen gegen einen Hinterbänkler (wegen Missbrauchs einer Behinderten-Parkkarte) waren die Herren lange vor jedem Prozess ihr öffentliches Amt los, Martinz allerdings üblerweise nicht sein Parteiamt. Die FPÖ hält hingegen beinhart an dem schon von zwei Richtern - wenn auch noch nicht rechtskräftig - verurteilten Uwe Scheuch fest, und die SPÖ an Werner Faymann trotz der Erhebungen gegen ihn wegen Vorwürfen, die weit gravierender sind das, weswegen der deutsche Bundespräsident zurückgetreten ist. Viele Politiker werden aus den Imageproblemen der ÖVP die Lehre ziehen: "Nur nichts zugeben und bis zuletzt blauäugig die Unschuld behaupten!" Das ist bedrückend.
Dennoch sind die aktuellen Versuche strikt abzulehnen, ständig die gesetzlichen Spielregeln für Politikerrücktritte nach partei- und tagespolitischem Bedarf zu ändern. Das versucht derzeit vor allem die Linke, weil sie damit die FPÖ treffen will. In einem ordentlichen Rechtsstaat sollte aber niemals eine Mehrheit im willkürlichen Eigeninteresse Oppositionspolitiker des Amtes entheben oder verfolgen - à la Ukraine, Russland oder Rumänien. Das wäre das Ende jeder Demokratie. Statt dessen bräuchte es bei dubiosen Vorgängen etwas ganz anderes: Ihrer Verantwortung bewusste Wähler. Diesbezüglich fehlt in Österreich viel an politischer Kultur. Bawag-Pleite, Bank-Burgenland-Skandal, Salzburger Festspiel-Affären, Kärntner Schiebereien, Lucona-Morde, Wiener Schuldenexplosion: Wenn nichts eine Reaktion der Wähler auslöst, dann erfüllen diese ihre eigene Aufgabe schlecht - und die Medien, welche die Wähler objektiv informieren sollten.
Wie ein Lauffeuer entflammen Globalisierungskritik und Antikapitalismus heute unsere Gesellschaft – nicht weniger radikal als in den 1920ern. Das braucht niemand zu verwundern: Über 50 Jahre hinweg hatte Europa seinen Bürgern jede Wirtschaftsbildung verweigert. Dieses gefährliche Vakuum füllen heute die Kinder dieser (Nicht-)Politik – mit ihren „neuen“ Ideen aus alten Zeiten.
Wer in Europa heute über Wirtschaft spricht, hat nur ausnahmsweise schon einmal im Wirtschaftsunterricht gesessen. Die meisten Globalisierungskritiker haben (wie schon damals Marx) alle den gleichen Bildungshorizont: Zuerst Gymnasium (keimfrei von wirtschaftlichem Hausverstand gehalten) – und dann geisteswissenschaftlicher (Flower Power-)Fächermix.
Marx war Philosoph, Ziegler Soziologe und Philologe, ATTAC-Chef Felber gar gelernter Tänzer. Wer heute aber nie professionell erklärt bekommen hat, wie Wirtschaft funktioniert, der reimt sie sich durch Verschwörungstheorien zusammen: Durch die (angedeutete) Verschwörung des Kapitals, die der Spekulanten und die der Großkonzerne (die die Weltherrschaft anstreben).
Europas Mainstream bedient sich heute altbewährter Mittel: Er schürt soziale Abstiegsangst. Angeblich würde die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer werden, die Armut würde steigen und nur einige Wenige würden auf Kosten aller profitieren. Liest man aber die (unbehandelten) Primärdaten selber, stellt sich gern das Gegenteil heraus.
So sank etwa die Quote der Armutsgefährdeten nach offiziellem EU-Armutsbericht von 14% (1993) bis auf 12% (2011). Bei Österreichern sind es überhaupt nur 10%. Und selbst auf die 10 % kommt man nur, wenn man vierköpfige Familien mit weniger als 2.165 Euro netto monatlich mitzählt. Und selbst dann sind die 10% noch zu viel: Denn darin sind auch die enthalten, die auch nur einmal einen einzigen Monat unter die 2.165 Euro gerutscht waren. Dauerhaft gefährdet sind nur 6%.
Wirklich arm waren in Österreich in den letzten 30 Jahren immer zwischen 3 und 4% der hier Lebenden – im EU-Deutsch nennt man sie „manifest depriviert“. Doch im Gegensatz zu früher besitzen sie heute Farbfernseher, Waschmaschine und Telefon.
Die Grundaussage aller Globalisierungskritiker ist klar: Globalisierung und Kapitalismus machen (fast) alle ärmer – und die Welt schlechter. Um diese „hohen“ ideologischen Zielvorgaben zu erfüllen, steht man unter permanentem Druck, die Erfolge der beiden letztgenannten Bösewichte mathematisch kleinzurechnen.
So beklagte Christian Felber 2008, das durchschnittliche Weltwirtschaftswachstum der 90er Jahre wäre wegen Kapitalismus und Globalisierung nur bei 1,1% gelegen (die fetten 2000er Jahre hatte er gleich gar nicht angeführt). Je liberalisierter die Weltwirtschaft, desto niedriger sei ihr Wachstum (2007). Die offiziellen Zahlen des IWF kommen allerdings zu einem dreimal so starken Wachstum wie Herr Felber – alleine 1999 lag es bei fast 5%. Und die hohen Reallohnsteigerungen von über 10% gibt es in Indien oder China erst, seit man Märkte und Wirtschaft liberalisiert hat.
Jean Ziegler behauptet, die Länder der Dritten Welt hätten 54 Milliarden Euro an Entwicklungshilfegeldern erhalten, während sie im gleichen Zeitraum 436 Milliarden für Kredite geleistet hätten. Die Zahl von 436 Milliarden Euro gibt es zwar – doch betraf sie die Zahlungen von Ländern wie Polen, China oder Russland. Und die hatten keinen einzigen Cent Entwicklungshilfe bekommen.
Den 18 ärmsten Ländern hingegen sind die Schulden hingegen sogar erlassen worden – 2000 um 47%, fünf Jahre später um den Rest. Die meisten afrikanischen Länder erhalten heute durchschnittlich 40% ihrer jährlichen Budgets vom „Norden“ geschenkt. So finanziert (im Sinne permanenter Geldgeschenke) die BRD in Kenia 96 Ministerien – kommt selber aber schon mit 16 aus.
Kaum eine Woche vergeht, in der nicht eine „auf Untergang und Ungerechtigkeit“ getrimmte Meldung die AK verlässt– und ohne Prüfung oder gar Kritik den Weg in Österreichs Medienlandschaft findet. So behauptete die Arbeiterkammer Wien im Jahr 2008, Österreichs Vorstände würden das 48fache der Österreicher verdienen, während sie die Löhne der eigenen Mitarbeiter um 5% gesenkt hätten. Dabei vergleicht die AK die Konzern-Vorstandseinkommen aber nicht mit Konzern-Löhnen, sondern mit einem nebulos definierten „österreichischen Durchschnittsgehalt“, das vor allem niedrige Handwerkerlöhne beinhalten dürfte. Konzernangestellte verdienen auch schon mal das Doppelte.
Und die 5%ige Lohnsenkung resultiert alleine aus den Wechselkursverlusten der Ostwährungen im Zuge der Finanzkrise 2007/2008. Beim Umrechnen der Gehälter ihrer osteuropäischen Angestellten in Euro waren diese plötzlich insgesamt um 5% weniger wert, die Lohnsummen österreichischer Bilanzen schrumpften damit entsprechend. Die Andeutung, Österreichs Führungskräfte würden die Löhne ihrer Angestellten kürzen, während sie ihre eigenen Rekordgagen weiter erhöhten ist nicht nur falsch und manipulativ, sie stachelt eine ganze Gesellschaft zu Wutbürgern auf.
Das (fair gerechnete) Verhältnis österreichischer Vorstände zu österreichischen Mitarbeitern liegt bei etwa 1 zu 11.
Die Vertreter einer politischen „Gemeinwohl-Ökonomie“ schwärmen von der Neuigkeit ihrer Ansätze. Blickt man aber in die jüngere Geschichte, dann muss man nicht erst auf Lenins „Neue ökonomische Politik“ zurückgreifen, um ein „Deja-vu“ zu haben.
So hatte Indien bis 1991 einen „Dritten Weg“ verfolgt, der dem Felbers mehr als ähnlich war. Dort hatte man Konzerne verstaatlicht, vom neoliberalen Weltmarkt war man abgeschottet, „Profite“ duldete man nur bei Genossenschaften oder kleinen Handwerkern – und auch nur, solange sie sich keine Maschinen leisten konnten. Patente wurden nicht geschützt – wie Felber dachte man, Erfinder würden „aus purer Lust am Forschen und ganz ohne Absicht auf Profit“ das Land technologisch nach vorne bringen. Außerdem würde man durch Patentschutz andere von der Produktion ausschließen.
1991 stand das Land dann vor der Pleite, 40% der Armen weltweit lebten in Indien. Stichwort „Mutter Teresa“.
In Österreich würde der Umbau zu einer „demokratischen Gemeinwohl-Ökonomie“ zur Verstaatlichung der letzten freien Medien und aller größeren Unternehmen führen – die Aktionäre würden enteignet, die Sparvermögen zwangsweise umgeleitet werden. Firmen wie SPAR und BILLA würden zwangsweise verstaatlicht und in Genossenschaften umgewandelt werden.
Karl Marx verbalisierte als erster die Angst vor unkontrolliert wachsenden Konzernen. Doch gibt es von allen Firmen, die zu Zeiten Marx´ am Kurszettel der Londoner Börse gestanden hatten, keine nennenswerte überlebende mehr – geschweige denn, dass diese die Welt kontrollieren würde.
Menschen, die die Ängste anderer Menschen (etwa vor dem unkontrollierten Wachstum der Konzerne) schüren, haben selber Angst. Und dagegen hilft nur Bildung. Wirtschaftsbildung.
Von den 15 weltgrößten Konzernen aus dem Jahre 1970 sind heute nur mehr drei unter den „Top 15“. Viele Firmen gingen Pleite (Stichwort „GM“ oder „LTV“), manche wurden übernommen („Chrysler“), viele waren aber nur langsamer gewachsen als das BIP der restlichen Welt – und so verloren sie an Bedeutung.
Dass das Klima wärmer und der Meeresspiegel höher wird, ist tragisch – aber es ist „beherrschbar“. Geht Europas Jugend aber wieder Populisten auf den Leim, werden „zwei Grad mehr“ noch unser kleinstes Problem sein. Europa braucht Bildung – und vor allem Wirtschaftsbildung! Im Gymnasium muss schleunigst BWL eingeführt und von echten Wirtschaftsakademikern unterrichtet werden. In mindestens vier Jahrgängen mit mindestens zwei Wochenstunden. Religion hat in acht Jahrgängen die gleiche Wochenstundenzahl – hier schult man Österreichs Jugend aber eher im Sinne Felbers oder Zieglers.
Wer wie Marx und Ziegler oder Felber nie in einer Firma war, geschweige denn in leitender Position, der stellt sich das fremde Wesen Wirtschaft so vor, wie er es einst im Gymnasium gehört hat – dort unterrichtet von ehemaligen Gymnasiasten, die vor ihrem Studium nur ausnahmsweise in der Wirtschaft gewesen waren. Deshalb müssen wir unsere Wirtschaft in die Schulen holen! In Form von Vorträgen und als Praktikum im Sommer. Wer schon einmal dort gearbeitet hat, der hat vielleicht bemerkt, dass dort nicht ausschließlich Menschenfresser werken.
Österreich muss schnellstens pluralistische Medienstrukturen aufbauen. Dazu soll die Ausbildung von Betriebswirten zu Wirtschaftsjournalisten dienen. Österreichs staatliche Fernseh- und Radiokanäle sind zu demokratisieren; das kann die Privatisierung bedeuten – aber in jedem Fall die Vorgabe, mindestens ein Viertel der politisch wertenden Berichte aus konservativer oder wirtschaftsliberaler Sicht darzustellen.
Wenn es Europa nicht schleunigst gelingt, seine Jugend bildungspolitisch im 19. Jahrhundert abzuholen, dann braucht es sich nicht zu wundern, wenn uns „neue Wirtschaftsmodelle“ wieder dorthin zurückführen wollen!
Der Betriebswirt und Wirtschaftspädagoge MMag. Michael Hörl hat 2011 Europas erstes „Globalisierungskritik-kritisches“ Buch veröffentlicht: „Die Finanzkrise und die Gier der kleinen Leute“. 2012 folgt jetzt sein Fortsetzungsbuch „Die Gemeinwohl-Falle – Wie man mit Halb- und Unwahrheiten eine Gesellschaft aufwiegelt“.
Es hat 432 Seiten und 120 Bilder und Tabellen und wird in Österreich von Morawa vertrieben.
Die SPÖ will ehelichen Vätern weniger Rechte geben, als sich jetzt sogar schon die unehelichen erkämpft haben. Geht’s noch idiotischer?
In diesem Fall hatte der Verfassungsgerichtshof keine andere Chance: Er musste der Beschwerde eines unehelichen Vaters recht geben, der um die Obsorge für sein Kind kämpft. Denn längst hatte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof mit bindender Wirkung judiziert, dass uneheliche Väter gegen den Willen der Mutter die – gemeinsame oder unter Umständen alleinige – Obsorge über die gemeinsamen Kinder beantragen und auch bekommen können. Denn, so das klare Urteil: Es geht um die Interessen der Kinder und nicht jene der Mütter oder Väter. Dennoch wagt es die linke Kampfministerin Heinisch-Hosek auch weiterhin, den geschiedenen Vätern zumindest das gleiche Recht zu verwehren. So wie sie schon bisher das Menschenrechtsurteil ignoriert hat. Sie bekämpft mit fadenscheinigen Argumenten einen Gesetzesvorschlag des Justizministeriums, dass auch ehelichen Vätern gegen den Willen der Mutter vom Richter die gemeinsame Obsorge zuerkannt werden kann. Ist eigentlich die ganze Republik schon in Geiselhaft von ein paar hundert Feministinnen in Bürokratie und Medien, die niemanden außer sich selbst repräsentieren, vor denen sich aber offenbar fast alle Männer und die vernünftigen Frauen in Politik und Medien zu Tode fürchten? Wird der Gesetzgeber wirklich warten, bis ihm auch in diesem Punkt der Menschenrechts-Gerichtshof zuvorkommt?
Niemand hat sich von dem stark parteipolitisch dominierten Verfassungsgericht etwas anderes erwartet.
Laut VfGH ist es kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot der Verfassung, wenn Geschäfte an Bahnhöfen rund um die Uhr geöffnet sein können, Geschäfte außerhalb des ÖBB-Einflusses jedoch an Sonntagen geschlossen sein müssen. Zumindest wenn der jeweilige Landeshauptmann es so will. Jeder nicht parteipolitisch, gewerkschaftlich oder kammermäßig denkende Mensch würde zwar Gleichheit und Erwerbsfreiheit ganz anders interpretieren. Aber solchen Menschen sind halt im VfGH rar. Eines heißt dessen Erkenntnis freilich dennoch nicht: dass es verfassungsrechtlich verboten wäre, wenn sich die Gesetzgeber oder ein Landeshauptmann einmal für die am Sonntag zum Bahnhofsbesuch gezwungenen Konsumenten und zugleich auch für die durch eine Sonntagsöffnung höheren Steuereinnahmen entscheiden sollte. Aber diesen Entscheidungsmut der Politik wird es wohl erst dann geben, wenn schon (wie in Griechenland) die Konkursverwalter des Internationalen Währungsfonds vor der Tür stehen. Oder hilft uns da vielleicht schon vorher ein internationaler Gerichtshof?
Der Kärntner Hypo-Alpen-Adria-Prozess hat eines der merkwürdigsten Geständnisse der Justizgeschichte erbracht.
Der angeklagte Steuerberater hat mitten im Prozess gestanden, bewusst ein zu hohes Honorar aus öffentlichen Geldern angenommen zu haben. Aber er bestreitet, dass er dafür irgendeine Gegenleistung erbracht habe; oder dass es ein Kickback gegeben habe; oder dass das ihm offenbar aufgedrängte Honorar an irgendeine Bedingung geknüpft worden sei. Möglich wäre zwar schon gewesen, so macht uns der Steuerberater weis, dass ihn irgendwann jemand zu einer Gegenleistung auffordert – eine solche Aufforderung sei aber nie eingetroffen. Merkwürdig, merkwürdig. Ist der Mann nur schlecht beraten? Oder hat er sich unter dem Strafmilderung versprechenden Druck des Richters zu diesem seltsamen „Geständnis“ hinreißen lassen, das nun mehr Fragen aufwirft als zu klären? Das einzige, was jenseits der schwierigen Aufgabe der gerichtlichen Wahrheitsfindung in diesem Dschungel klar ist, das sind die unabdingbaren Lehren daraus für die Zukunft: Die Republik muss dringend für JEDE Auftragsvergabe – vom Kanzleipapier über Inseratenschaltungen bis zu Gutachten über den Verkauf einer Bank – die absolute Verpflichtung zu einer korrekten öffentlichen Ausschreibung einführen. Und zwar auch auf Landesebene, und zwar auch bei jedem Unternehmen und jeder Holding, die einem Land gehören. Die zweite Lehre: Der Steuer- und Gebührenzahler kann dann umso besser schlafen, je weniger Betriebe im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.
Den gelernten Österreicher wundern solche Vorgänge wie im Kommentar von Günter Frühwirt kürzlich geschildert (http://www.andreas-unterberger.at/2012/06/die-obb-und-ihre-senioren-ij-ein-persoenlicher-erfahrungsbericht/) leider nicht. Man ist es gewohnt, dass der Betrieb in staatseigenen Firmen etwas anders verläuft.
Die ÖBB haben auch mir vergangenes Jahr gezeigt, wie sie Kunden behandeln. Auf Grund eines totalen Computerausfalls im Salzburger Hauptbahnhof musste unser Railjet Wien-Salzburg-München beim Einfahrtsignal stehen bleiben und konnte nicht einfahren. Aber den Grund für den Halt erfuhren wir erst eine dreiviertel Stunde danach. Nach einer weiteren halben Stunde fuhr der Zug plötzlich wieder Richtung Wien. Auch hier wurde uns erst beim Halt in der kleinen Station Hallwang mitgeteilt, dass für alle Passagiere, die nach Salzburg wollten, irgendwann ein Bus kommen würde.
Obwohl dort (es war inzwischen fast 23h geworden) etwa zehn Bundesbahner herumstanden, zählte niemand, wie viele Personen betroffen waren, und so kam nur ein Bus auf den unbeleuchteten Vorplatz; der Weg dorthin war auch kaum erhellt. Der Bus war dann gequetscht voll. Wir sind letztendlich mit über 2 Stunden Verspätung vor dem Bahnhof ausgestiegen. Da die ÖBB für solche Fälle eine Entschädigung anbieten, habe ich das per Internet eingereicht. Es dauerte einen Monat bis die Bestätigung kam, dass mein Anspruch gerechtfertigt ist und nochmals über einen Monat, bis die paar Euro auf meinem Konto landeten.
Die armen Passagiere, die nach München wollten, kamen statt gegen 1/2 11h Nachts erst gegen 1h früh an. Wer da noch weiterfahren musste hatte ziemliches Pech. Ob es dafür auch eine extra Wiedergutmachung durch die ÖBB gibt kann ich nicht sagen.
Der Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes bedingte große Änderungen in Bahnsteigen und Zugängen. Die wenigen Fremden, die nach Salzburg mit dem Zug kommen und wieder wegfahren, aber auch immer wieder die Pendler, standen da sicher oft vor gewaltigen Fragen. Plötzlich aber sah man viele ÖBB-Berater am Bahnhof. Was war geschehen?
Des Rätsels Lösung hei?t „WestBahn"! Eine unliebsame Konkurrenz mit freundlichen Zugbegleitern, angenehmen Waggons, fortlaufenden Durchsagen und nur 15 Minuten längerer Fahrzeit (Salzburg - Wien) trotz viel mehr Halten als der rasende Railjet (für dessen Namen wir bekanntlich viel Steuergeld an einen Lobbyisten unter durchaus seltsamen Umständen zahlen mussten).
Die Verantwortlichen der ÖBB, die sich schon redlich bemühten, die vom Design her schrecklichen Kartenautomaten ja nicht übersichtlich und bedienfreundlich zu gestalten, dürften sich seither, leider vergeblich, den Kopf zerbrechen, wieso diese Konkurrenz die Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis ausgeben kann – noch dazu auch ohne Vorteilscard zum ÖBB-Vorteilspreis!
Aber das bedrohlich Arge sind die Milliardenschulden, die die ÖBB anhäufte und noch zu Lasten unserer Enkel anhäufen wird! Wer mehr zu den Schulden und Tunnelbauten erfahren will, sollte das jüngst erschienene Buch von H.Godeysen „Österreichs Bundes Bahnen – schwarze Löcher, rote Zahlen" lesen. Aber Vorsicht: Dazu braucht man als Steuerzahler starke Nerven! Brandaktuell durch die jüngste Gesinnungsänderung des NÖ-Landeshauptmannes in punkto Semmeringbasistunnel (der durch Steigungen und Kurven ein Unikum zu werden droht), den die Tunnelbaulobby ebenso wie den Brennerbasistunnel, unterstützt von der zuständigen Frau Ministerin, mit gro?em Medienaufwand forciert.
Dipl.-Ing. Erich Ganspöck, Jahrgang 1947. Sein Vater war bis zu seiner Pensionierung lange Jahre leitender Beamter in der seinerzeitigen Maschinendirektion; er hat daher eine enge Beziehung zur Bahn. Die letzten 22 Arbeitsjahre unterrichtete er an der HTL in Salzburg Elektronik und Nachrichtentechnik.
Die Partei der Macht hat eine erfolgreiche Gegenoffensive gestartet. Sie nutzt die ruhigen Sommerwochen, um zu verhindern, dass die Bürger eines Tages ein echtes politisches Entscheidungsrecht bekommen. Sie übernimmt damit einen internationalen Trend: Von Russland über die Ukraine bis Rumänien wird die Demokratie derzeit ja in vielen Ländern zurückgedrängt. Es bleibt dort oft nur noch der Name.
Daher sollte man auch in Österreich nicht allzu große Hoffnungen hegen, dass die Vorstöße, hierzulande eine viel wirksamere, nämlich eine direkte Demokratie zu verankern, jemals ans Ziel gelangen werden. Der zentrale Kern dessen, was diesbezüglich von Schwarz und Blau initiiert worden ist, wäre die obligatorische Entscheidung durch eine Volksabstimmung, wenn ein von einer großen Gruppe Bürger getragener Gesetzesentwurf im Parlament abgelehnt wird.
Die Partei der wirklichen Macht in diesem Land kämpft nun mit allen Mitteln gegen eine solche Ausweitung der Bürgerrechte. Ihr gehören quer über die Parteigrenzen die wirklichen Drahtzieher in diesem Land an: Das sind vor allem die Sozialpartner. Diese haben schon sehr oft die gewählten Volksrepräsentanten gezwungen, die Interessen von Gewerkschaft, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer weit über jene der Bürger und der stabilen Staatsfinanzen zu stellen.
Diese Sozialpartner sind daher natürlich sehr daran interessiert, dass es zu keiner Teilentmachtung des Parlaments kommt. Denn: Sie können zwar die Parlamentarier unter Druck setzen (von denen ohnedies ein guter Teil aus Gewerkschaft oder Kammern kommt), aber nicht die Wähler.
Man muss sich nur die Formulierungen des Wirtschaftskammer-Chefs Christoph Leitl auf der Zunge zergehen lassen: Er warnt vor einer „politischen Beschädigung des Parlaments und aller am Gesetzeswerdungsprozess beteiligten Institutionen“. Als ob das Parlament der Schweiz – also des Mutterlands der direkten Demokratie – ein „beschädigtes“ wäre. Mit diesen geheimnisvollen „Institutionen“ meint Leitl natürlich niemand anderen als sich selbst und die Gewerkschaften – oder genauer die jeden Verfassungsrahmen sprengende Macht dieser „Sozialpartnerschaft". Daher sollte man auch Leitls Kampfruf durchaus ernst nehmen: „Hier liegt also noch jede Menge Arbeit vor uns, dies zu korrigieren.“
Während es aber in der ÖVP – zu der Leitl rein theoretisch noch immer gehört – ganz klare Beschlüsse für die direkte Demokratie gibt, ist die Situation in der SPÖ viel übler: Dort scheint ausgerechnet Parteichef Faymann der einzige zu sein, der irgendwie dafür ist. Er spürt offenbar, wie gefährlich es am Wahltag werden kann, sich so direkt gegen die Direkte Demokratie gewendet zu haben. Der Rest seiner Partei hingegen will von dieser nichts wissen; dort steht man ganz unter dem Druck der Gewerkschaften und will höchstens ein paar zusätzliche Salzämter bauen, in denen die Initiativen der Bürger dann planmäßig verdursten sollen.
Der sogenannte Verfassungssprecher der Sozialdemokraten vergreift sich dann endgültig im Ton, wenn er von einer drohenden „Ausschaltung des Parlaments“ spricht. Denn er spielt mit diesem Ausdruck auf das Ende der Demokratie im Jahr 1933 an. Aber damals waren ganz sicher nicht die direkt demokratisch aktiven Bürger, sondern Regierung und Parlament (insbesondere das Nationalratspräsidium) die Täter. Noch nie ist bei einer korrekten Volksabstimmung das Ende der Demokratie beschlossen worden. Hingegen haben sowohl die Nationalsozialisten in Deutschland wie auch die Kommunisten in der Tschechoslowakei auf dem Weg über die jeweiligen Parlamente totalitär die Macht ergriffen.
Auch die Argumentation des Gewerkschaftsbosses Foglar ist mehr als pikant: „Dieses Konstrukt würde bedeuten, dass man, wenn man nur genug Geld für Inserate hat, ein Gesetz kaufen kann.“ Das sagt ausgerechnet ein Exponent jener Sozialdemokratie, die sich mit Inseraten schon ganze Medien und deren Unterstützung am Wahltag gekauft hat! Der große Unterschied: Andere Inserenten, die für ein bestimmtes Anliegen inserieren, geben ihr eigenes Geld aus. Die SPÖ gibt hingegen ungeniert das Geld des Steuer- und Gebührenzahlers für ihre eigenen Machterhaltungszwecke aus. Und hält das auch noch für demokratisch.
Sollte Herr Foglar seine Sorge wirklich ernst meinen, so müsste man ihn an das Androsch-„Bildungsvolksbegehren“ erinnern: Noch nie ist für ein Volksbegehren so viel Geld (etwa der Industriellenvereinigung, aber auch von Arbeiterkammer & Co) ausgegeben worden. Und dennoch wurde das Begehren ein Riesen-Flop.
Auch die Achse Kronenzeitung-ORF kann die Bürger nicht so manipulieren, wie das behauptet wird. Man denke nur, wie sehr beide im Jahr 2000 gegen die Bildung der schwarz-blauen Regierung angekämpft haben, die aber dennoch von einer großen Bevölkerungsmehrheit unterstützt worden ist (worauf dann die schlaue Krone ihren Kurs um 180 Grad änderte, die Volksfront-Redaktion im ORF natürlich nicht).
Apropos ORF: Der ist schon wieder munter gegen die Demokratie unterwegs. Dort sorgte sich etwa Oberpolitruk Armin Wolf dieser Tage in einem Interview mit (dem übrigens wieder eindrucksvoll klug antwortenden) Jungstaatssekretär Kurz davor, dass die Bürger absurde Dinge verlangen könnten. Dass die Abgeordneten hingegen jedes Jahr Dutzende absurde, populistische und für die Stabilität der Staatsfinanzen schädliche Gesetze beschließen, stört den Mann jedoch nicht.
Zur Partei der Macht gehört natürlich auch ein Heinz Fischer, der selbst Zeit seiner Lebens in seinem Herzensgrund ein Betriebsrat des Nationalrats gewesen ist. Der auch immer dadurch geprägt war, dass er am liebsten jede Änderung, jede Reform eines versteinerten Systems ein für allemal verboten hätte.
Wenn man die Exponenten der Partei der Macht so zusammenzählt, dann kommt man zu einem erstaunlichen Schluss: Es sind genau jene Strukturen, die schon im Jahr 2000 eine demokratisch zustandegekommene Regierung verhindern wollten. Diesmal dürften sie freilich, so ist zu befürchten, mehr Erfolg haben. Denn jede echte Direkte Demokratie kann nur mit Zweidrittelmehrheit eingeführt werden.
Eine andere Frage ist freilich damit noch nicht beantwortet: Wie wird die SPÖ vor der nächsten Wahl ihr Nein zu allen direktdemokratischen Positionen erklären? Oder wird sie dann dafür sorgen, dass auch das Parlament nur noch „repräsentativ" gewählt wird (dass also etwa nur eigenhändig ausgesuchte Wähler entscheiden dürfen)? Könnten doch die Bürger etwas ganz Absurdes wählen.
Einmal wirft die Linke den Rechten Populismus vor, dann wieder geht der Vorwurf den umgekehrten Weg. In den vergangenen Tagen haben beide jedenfalls gemeinsam kurzsichtigen Populismus praktiziert. Mit überwältigender Mehrheit haben sie im EU-Parlament das sogenannte Acta-Abkommen gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsdiebstahl verworfen. Damit hat Europa einen weiteren ganz entscheidenden Beitrag zu seinem eigenen wirtschaftlichen Untergang gesetzt. Mit ähnlichen Folgen, wie es die gemeinsame Schuldenhaftung durch den ESM haben wird.
Der Unterschied ist nur ein marginaler: Beim ESM marschieren – um in der österreichischen Farbenterminologie zu reden – Rot, Schwarz und Grün Hand in Hand auf einem üblen Weg. Bei Acta sind es primär Rot, Grün und Blau/Orange.
Im Grund haben sie alle hosenfüllende Angst vor einem Haufen postpubertärer Chaoten, die unter dem an Kinderfaschings-Verkleidungen erinnernden Namen Piraten bei ein paar Landtagswahlen Erfolge erzielt haben. Diese Piraten sind freilich für die Gesellschaft ungefähr genauso nützlich wie jene, die die Weltmeere unsicher machen, die etwa vor Afrikas Ostküste seit Jahren Schiffe kapern und Geiseln jahrelang entführen. (Tödlich können Piratenschiffe aber übrigens auch sein, wenn sie als Kinderspielplatz auf einem flachen Strand der wunderschönen Nordsee-Insel Amrum stehen, wie der tragische Tod eines zehnjährigen Wieners gezeigt hat.)
Warum wäre Acta so wichtig gewesen? Das Abkommen hätte genau jene Berufe und Erwerbsformen geschützt, denen Europa in hohem Ausmaß die Reste seines (wenn auch sehr wackelig gewordenen) Wohlstands verdankt. Bei den meisten industriellen Massenproduktionen kann Europa ja angesichts seiner hohen Gehälter, Sozialabgaben und Steuern längst nicht mehr mit den Billigindustrien Asiens und Lateinamerikas mithalten. Aber bisher hat es zusammen mit Amerika in Sachen Kreativität und Innovation noch immer die Nase weit vorne gehabt.
Das brachte viel Geld nach Europa. Selbst wenn diese Kreativität „nur“ darin bestanden haben sollte, einem französischen Duft, einem italienischen Kleid, einem deutschen Auto, einem österreichischen Koffeingetränk mit Himbeergeschmack oder einem spanischen Rotwein einen großen Imagevorsprung zu erarbeiten. Für diesen Imagevorsprung, diesen Markenwert zahlen Käufer weltweit viel Geld, obwohl sie den Unterschied zu einem Billigprodukt bei einer Blindverkostung (also ohne das Markenlogo sehen zu können) gar nicht feststellen würden.
Umso größer ist der Schaden, wenn diese Markenprodukte durch Piraten aller Art gefälscht, kopiert, nachgemacht werden. Die Konsumenten zahlen dann auch weiterhin für das von den Erzeugern teuer und mühsam aufgebaute Image. Aber bei den Fälschungen tragen eben nicht diese, sondern asiatische Werkstätten den Gewinn davon. Und diese Fälscherwerkstätten haben nun de facto die offizielle Unterstützung des Europaparlaments bekommen. Absurderweise unter lautstarker Führung der Europa-Sozialisten, die sonst so tun, als ob sie für die europäischen Arbeitsplätze kämpfen würden.
Zwar heißt das natürlich noch nicht, Fälschungen wären künftig straffrei. Es wird nur ohne ein globales Abkommen, wie es Acta gewesen wäre, viel schwieriger, sie weltweit zu verfolgen.
Noch wichtiger ist die Kreativität bei Kulturerzeugnissen, bei Filmen, bei Musik, bei Texten, bei Computerprogrammen. Der einzige Unterschied: Hier ist das Fälschen und Kopieren noch viel leichter als bei Parfums, Kleidern oder Getränken. Hier genügen meist nur ein paar Tastendrucke und schon kann das Werk, an dem der Schöpfer oft sehr lange gearbeitet hat, mühelos vertausendfacht werden. Und der Schöpfer bekommt für seine Mühe 999 Mal kein Entgelt. Sondern jemand anderer profitiert, entweder wieder ein Kopist oder in diesen Fällen auch der Konsument.
Wer bitte wird da noch Zeit, Mühe und Geld in die Entstehung eines aufwendigen Werkes stecken?
Nun werden manche Wirklichkeitsferne einwenden: Dann wird halt die Öffentlichkeit einspringen müssen. Offenbar sind Europas Staatskassen so gefüllt, dass das kein Problem wäre. Da hat die linke Geldproduktions-Illusion wieder einmal ihre volle Wirkung erzielt. Wenn einem das Geld fehlt, druckt man sich halt neues. Dazu hat man ja die Gelddruckereien. Eigentlich könnte man aber auch gleich DKT-Geld nehmen . . .
Andere versuchen, ein wenig schlauer zu sein und sagen: Na, dann machen wir halt das Kopieren gleich legal und belegen dafür jeden Computer, jeden Festplattenspeicher, jeden CD-Rohling mit einer saftigen Abgabe. Das sind ja die Speichermedien, auf denen die Kopien landen. Von diesen Abgaben könnten dann die Kreativen bezahlt werden.
Wäre das wirklich schlauer? Nein, keineswegs. Solche Abgaben sind erstens einmal Kollektivstrafen. Man belastet ja auch nicht Kühlschränke mit einer saftigen Abgabe, weil darin auch illegal gebrannter Wodka oder gewildertes Fleisch aufbewahrt werden kann. Diese Kollektivstrafen belasten zweitens auch jene Europäer, die Computer in internationalem Wettbewerb für ganz andere Dinge als illegale Kopien benutzen. Die Strafen gefährden damit weitere Arbeitsplätze.
Und diese Idee würde drittens eine totale Verstaatlichung von Kunst und Kultur bedeuten. Denn dann würde nie mehr ein Konsument, ein Filme-Herunterlader, ein Musik-Hörer mit seinem Entgelt entscheiden, ob Filmemacher, Komponisten, Buchautoren, Sänger, Orchester etwas verdienen oder nicht.
Dann würde entweder jeder dieser Künstler gleich viel (=wenig) verdienen. Oder aber Politiker oder politisch eingesetzte Kommissionen würden entscheiden. Das würde mit Sicherheit zu ideologischer Staatskunst führen, zum Kauf von politischer Unterstützung durch nett-dumme Schauspieler, Maler, Autoren im Gegenzug für staatliche Förderung – und zwar noch viel, viel mehr, als wir es gerade in Österreich schon erleben. Das Ergebnis wird dann nur noch mit dem kommunistischen Osten und seinen Staatskünstlern vergleichbar sein.
Wenn es keine Unterhaltungsfilme, sondern nur noch jene Produkte gibt, die bei Festivals von sogenannten Experten auserkoren werden, dann werden viele Kinos schließen müssen. Kaum jemand wird weltweit noch einen europäischen Film anschauen wollen. Und noch schlimmer wäre es für die geistige Vielfalt, wenn nur die von einem Politiker beziehungsweise seinen Vertrauensleuten für würdig gehaltenen Autoren zum Zuge kämen.
Eine Förderung aller Künstler nach dem Gießkannensystem wiederum würde fast jede Spitzenleistung zertrümmern. Wenn die Wiener Philharmoniker nur noch so viel verdienen wie das Eisenbahnerorchester, dann werden sie bald auch nur noch genauso gut musizieren. Ebenso wird das Schreiben von Büchern oder Zeitungen zum brotlosen Hobby werden. Wenn jeder Autor gleich viel aus der staatlichen Gießkanne bekommt, wird keiner davon leben können.
Jetzt mögen nun mache meinen, dass Konsumenten-, also Markt-Entscheidungen bei der Entschädigung von kreativen kulturellen Leistungen problematisch seien. Selbst wenn das wahr wäre, gibt es aber eben nur die beiden anderen Möglichkeiten: gar keine Entschädigungen für Kreativität oder solche durch den Staat. Beides ist noch viel ungerechter, problematischer und leistungsfeindlicher als die Entscheidung durch die Kulturkonsumenten.
Ob irgendeiner der Anti-Acta-Abgeordneten all diese Folgen bedacht hat? Ob diese wenigstens rot werden, wenn sie morgen wieder – je nach politischer Färbung – vom Wert der Kultur, von der Bedeutung des Rechtsstaats, von leistungsgerechter Entlohnung und dem Wert der Kreativwirtschaft im internationalen Wettbewerb reden?
Mitschuld an der Katastrophe sind freilich auch alle jene Autoren, Filmemacher, Musiker, Journalisten, die nun Opfer dieser Entscheidung werden: Sie haben in den letzten Jahren und Monaten fast alle opportunistisch zu dem Thema geschwiegen und gehofft, dass die Politik für sie die Kastanien aus dem Feuer holt. Und irgendwie haben sie ja perverserweise auch Sympathien für die chaotischen Piraten. Man glaubt irgendwie, eigentlich aus dem gleichen Stall zu kommen.
Ähnlich denken rote und grüne Parteien: Man könnte die Piraten ja eines Tages als Koalitionspartner brauchen. Für diese Option verraten die Sozialdemokraten auch hier die Interessen der einst von ihnen vertretenen Werktätigen, so wie sie diese schon bei ihrem Er-Grünen in den 70er Jahren verraten haben. Hat doch auch die - von anderen Parteien oft geteilte - grüne Politik viele Arbeitsplätze gekostet.
PS: Die Kritik an der von den Piraten ausgelöste Diebstahlsbegeisterung ändert übrigens nichts am Respekt für den zweiten erkennbaren Schwerpunkt dieser neuen Gruppierung. Das ist ihr Engagement für mehr direkte Demokratie und für den Einsatz des Internets bei Bürgerentscheidungen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Man stelle sich vor: Die Regierung Schüssel hätte im Jahr 2000 den ihr kritisch gesinnten Bundespräsidenten abzusetzen versucht; sie hätte die Präsidenten beider Parlamentskammern (etwa Heinz Fischer von der nominell stärksten Partei) abgesetzt; sie hätte die Volksanwälte mitten in der Amtsperiode ausgetauscht; sie hätte sich gegen den Protest von Tausenden Künstlern den gesamten Kulturapparat über Nacht untergeordnet; sie hätte zwei unbotmäßige Verfassungsrichter mit Entlassung bedroht; sie hätte die Befugnisse des Oberstgerichts beschnitten; und sie hätte die Absetzung des Präsidenten erleichtert. Außerdem hätte sich herausgestellt, dass Wolfgang Schüssel bei seiner Dissertation massive Plagiate begangen und in seinem Lebenslauf Hochstapelei betrieben habe, indem er einen schlichten Sommerkurs als Master-Studium ausgegeben hätte.
Kein Zweifel: Die hysterischen Reaktionen der anderen EU-Staaten und der europäischen Sozialisten auf Österreich wären mehr als gerechtfertigt gewesen.
All das passiert nun seit Wochen tatsächlich in einem EU-Land, nur nicht in Österreich und auch nicht in Ungarn, sondern in Rumänien. Dort findet de facto der im ersten Absatz beschriebene Putsch statt. Der einzige Unterschied: Es ist ein sozialistischer Ministerpräsident, der all der aufgezählten Dinge schuldig ist.
Jedoch: Die bisherige Reaktion der Miteuropäer ist fast Null. Besonders bezeichnend ist der sozialistische Fraktionschef im EU-Parlament, der beschämenderweise aus Österreich kommende Hannes Swoboda: Er kritisiert nicht etwa den Täter, den rumänischen Premier Victor Ponta, sondern dessen ausländische Kritiker. Diese würden sich in einen „internen Machtkampf“ einmischen.
Dabei sind die putschartigen Vorgänge in Rumänien zehnmal ärger und konkreter als alles zusammen, was einst der österreichischen Regierung oder im Vorjahr der ungarischen Zweidrittelmehrheit vorgeworfen werden konnte. In Österreich ist nämlich überhaupt nichts Verfassungs- oder Rechtswidriges passiert. Und in Ungarn sind alle – teilweise durchaus diskutablen – Gesetzesänderungen, die kritisiert werden, mit Regelungen identisch, wie es sie in anderen, „alten“ EU-Ländern völlig unangefochten gibt (wie etwa die Einschränkungen des Redaktionsgeheimnisses).
Das, was in den letzten Wochen in Rumänien passiert, ist nur noch mit den im Stalinismus üblichen Säuberungen nach Machtkämpfen in der Kremlspitze vergleichbar. Damals erschienen wenigstens auch in westeuropäischen Linkszeitungen kritische Artikel.
Noch widerlicher als das Verhalten der europäischen Sozialisten sind nämlich die angeblich unabhängigen westeuropäischen Medien und „Intellektuellen“. Was haben sie nicht nur im Falle Österreich und Ungarn alles aufgeführt, sondern auch, als der deutsche Minister Guttenberg des Plagiats schuldig war! Wie haben sie sich darüber erregt, als die Amtsperiode der ungarischen Medienbehörde mit neun Jahren festgelegt worden ist. Und wie schweigen sie jetzt alle peinlich leise zu Rumänien.
Interessant ist aber auch, wie ein Typ wie Ponta überhaupt an die Macht kommen konnte. Denn eigentlich hatte ja die Partei des nun auf der Abschussliste des Premiers stehenden Präsidenten Basescu die Wahlen gewonnen. Diese wurde jedoch von ein paar parlamentarischen Heckenschützen gestürzt, weil sie die Sparvorgaben von EU und Internationalem Währungsfonds umgesetzt hat.
Es war natürlich nicht sehr populär, als die Mehrwertsteuer um fünf Prozentpunkte erhöht werden musste und die Beamtenlöhne um 25 Prozent gekürzt wurden. In solchen Situationen gibt es in Osteuropa immer einige „unabhängige“ Abgeordnete, die ihr Fähnchen nach dem Wind richten und die Fronten wechseln (ob nicht gerade in solchen Situationen der oft gegeißelte Klubzwang seine Sinnhaftigkeit zeigt? Aber das ist schon wieder ein anderes Thema).
Viel erstaunlicher ist, dass man bisher auch vom IWF kein klares Wort gehört hat. Er hätte eigentlich sofort sagen müssen, dass Rumänien halt auf Hilfe verzichten müsse, wenn es die Sparprogramme ablehnt (zum Euro gehört das Balkan-Land ja zum Glück nicht, was wenigstens einmal ein Trost für ein geplagtes Euro-Land ist).
Auch Europarat und OSZE, die sich im Falle Ungarn wegen lächerlichster Details aufgepudelt hatten, sind total schweigsam. Dabei ist allein schon die Tatsache ein unfassbarer Skandal, dass Ponta und seine Spießgesellen nun den Verfassungsrichtern mit Korruptionsverfahren drohen, weil sie die Vorwürfe der sozialliberalen Regierung gegen den Präsidenten als nicht stichhaltig zurückgewiesen haben.
Diese Vorwürfe sind in der Tat absolut lächerlich: So wird Basescu die Aussage vorgeworfen, dass eigentlich er und nicht Ponta das Recht hätte, so wie Frankreichs Präsident zu einem EU-Gipfel zu fahren. Dasselbe hatte einst auch ein Thomas Klestil versucht. Womit auch der damals gescheitert ist – was aber in Österreich kein Mensch mit einer Amtsenthebung zu beantworten versuchte.
Das rumänische Verfassungsgericht hat zweifellos mit seiner Aussage recht: „Eine aktive Rolle im politischen und sozialen Leben des Landes kann nicht als verfassungswidriges Verhalten gewertet werden.“ Es will ja auch niemand Heinz Fischer abwählen, weil er ständig der Schuldenmacherei das Wort redet.
Neben den Sozialisten regiert in Bukarest nun übrigens auch eine linksliberale Partei mit. Was dafür sorgt, dass das Putschregime in Bukarest im EU-Parlament eine parlamentarische Mehrheit hinter sich hat. Die EU-Liberalen haben nämlich mit Liberalität sehr wenig am Hut, sondern entpuppen sich wie einst Heide Schmidt als eine getarnte Vorhut der Linken.
Das ist nicht nur für Rumänien beängstigend. Denn man bekommt zunehmend den Eindruck, dass das alles ein großes Design hat. Siehe etwa ganz ähnliche Vorgänge in Russland. Schlittert Europa als Folge der Schuldenkrise in einen neuen Faschismus, der die Phase der Demokratie beendet? Nur wäre das halt diesmal ein Linksfaschismus.
Ein weiteres Indiz: Auch in der Slowakei und in Kroatien haben die neuen linken Mehrheiten die Rundfunkchefs vorzeitig abgesetzt und die Gesetze zu ihren Gunsten geändert. Aber das ist erlaubt, handelt es sich doch um Linksregierungen.
PS.: Nur zum Kontrast: 2002, zwei Jahre nach Beginn von Schwarz-Blau, war ein Sozialist Chef jener österreichischen Behörde, welche (nach Jahrzehnten, in denen die Sozialisten jede ORF-Konkurrenz blockiert haben) über die Vergabe der ersten österreichischen Rundfunklizenzen entschieden hat. Irgendwie war das noch ein anderes Verständnis von Demokratie. Hat das eigentlich auch nur einer der Hetzer gegen jene Regierung anerkannt?
Manche Medien können aus jeder Katastrophenmeldung einen Jubel produzieren. Da las man doch dieser Tage in mehreren Zeitungen ein Hurra: Österreich war 2010 erstmals Nettodirektinvestor. Dieses kompliziert klingende Wort heißt nichts anderes als: Österreicher haben erstmals viel mehr im Ausland investiert als Ausländer in Österreich.
Schlimm? Ja, das ist schlimm. Denn das heißt nichts anders: Österreich verliert rapid an Attraktivität als Platz, Geld anzulegen, egal ob in der Real- oder der Finanzwelt. Dabei wäre durch das Gelddrucken der EZB durchaus genug Geld da. Die Investitionen von Österreichern im Ausland haben dementsprechend um nicht weniger als um 17 Prozent zugenommen. Doch die ausländischen in Österreich sind gleichzeitig zurückgegangen, nominell und erst recht real.
Die Nationalbank, von der diese Statistik stammt, fügt trocken hinzu: 2011 (für das die Zahlen noch nicht endgültig vorliegen) haben sich all diese Trends noch verstärkt. Es gab also noch mehr Investitionen im Ausland und noch weniger im Inland.
Die Ursachen werden von der ideologiebraven Nationalbank zwar nicht genannt, sind aber eindeutig: Investoren zweifeln an der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs; Österreicher bringen lieber ihr Geld ins Ausland; und immer mehr Menschen mit Geld zweifeln, ob Geld in Österreich sicher angelegt ist. Sie lesen fast täglich irgendeinen rotgrünen und bisweilen auch blau-orangen oder schwarzen Dummkopf, der nach höheren Steuern auf Vermögen oder Einkommen ruft, der die Stiftungen abschaffen will, der nicht begreift, dass nur Kapital Arbeitsplätze schaffen kann.
Geld ist eben wie ein scheues Reh. Es flieht, noch bevor eine Bedrohung ganz konkret geworden ist.
Der einzige Vorteil dieser Malaise: Jetzt können die Linken nicht mehr schreien: „Skandal, das Land werde ausverkauft“, wenn sich ein ausländischer Investor, eine Stiftung oder sonst jemand hier niederlässt. Was diese zwischen 1995 und 2006 in für Österreich sehr nützlichem Ausmaß getan haben.
PS: Aber Rettung Trost ist nahe: Ministerin Bures hat die Geschäftsführung der AWS mit einer Frau besetzt, die vor allem im Wiener Rathaus Erfahrungen gesammelt hat. Na, dann wird ja alles wieder gut. Wir wissen, ja, was für Investoren das Wichtigste ist, nämlich Frauenquoten mit parteipolitischem Hintergrund. Und der AWS wurde genau zu dem Zweck geschaffen, bei Investoren Vertrauen zu schaffen und sie anzulocken. Was ja politisch korrekte Quoten in hohem Ausmaß tun . . .
Im Artikel eins des Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes heißt es: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ „Volk“ – und das ist wichtig! -–meint das hierzulande ansässige – nicht etwa das griechische, spanische, portugiesische oder die Chimäre eines europäischen Einheitsvolkes.
Dieses winzige Detail dürfte von einer beachtlichen Mehrheit der Damen und Herren Parlamentarier übersehen worden sein, als sie – kurze Zeit nach ihren bundesdeutschen Kollegen – dem auf den Namen ESM hörenden Vertragsmonstrum ihre Zustimmung erteilten und damit die Finanzhoheit des vom Volk gewählten Parlaments unwiderruflich aufgaben. Die Auswirkungen des historisch einmaligen ESM-Knebelvertrages (der nicht nur dem bürgerlich-rechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben klar widerspricht), sind in ihrer ganzen Tragweite heute noch nicht abzusehen.
Wie weit und in welcher Form sich die dadurch bedingten Verluste an Freiheit und Rechtssicherheit auswirken werden, ist schwer einzuschätzen. Die Bürger Österreichs werden an vielen Fronten verlieren, soviel steht fest. Wer die Profiteure dieses Coups sind, ebenso: Es sind die üblichen Verdächtigen – das sattsam bekannte, hochgiftige Amalgam aus politischen Eliten und Bankenwelt.
Regierungen und die sie finanzierenden Banken leben schon seit der Zeit Karls V. in einer verhängnisvollen Symbiose miteinander – stets zu Lasten von Bürgern, Steuerzahlern und Sparern, stets auf Kosten von Frieden und Wohlstand. Dass ausgerechtet die rabiatlinken, „basisdemokratischen“ Grünen parlamentarische Kontrollrechte abgeben, um der internationalen (Finanz-)Kriminalität mehr Spielraum einzuräumen, ist so verrückt, dass es unmöglich erscheint, dafür Worte zu finden. Bei den beiden anderen sozialistischen Parteien der dubiosen GASPÖV-Dreierkoalition verwundert indessen schon lange nichts mehr…
Über die haarsträubenden Details des ESM-Regelwerks wurde bereits vielfach andernorts berichtet. Für Feinschmecker: Der Rechtsanwalt Carlos Gebauer in einem Vortrag zu diesem Thema: http://www.youtube.com/watch?v=ypGfFerA6Ls
Ich möchte es dabei bewenden lassen. Dafür habe ich in meinem Archiv gekramt und serienweise Zitate großer Persönlichkeiten ausgegraben, die präzise auf die gegenwärtige Lage gemünzt zu sein scheinen, obwohl sie z. T. über hundertfünfzig Jahre alt sind.
Paul Watzlawick (1921 - 2007) erkannte: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“ Barroso, Van Rompouy, Lagarde & Genossen sehen die Notenpresse als ihr einziges Werkzeug! Daher heißt das von ihnen als Problem erkannte Phänomen „Unterkonsumption“. Für nachhaltige Maßnahmen, für eine Rückbesinnung auf jene Werte, denen die europäischen Gesellschaften einst ihren Aufstieg verdankten, für Fleiß, Sparsamkeit und produktiven Erfindergeist, haben diese Kreaturen dagegen keinen Funken von Verständnis.
Bertrand Russell (1872 - 1970) stellte fest: „Das ist ja der Jammer, die Dummen sind sich so sicher, und die Gescheiten so voller Zweifel.“ Dummheit ist – mit Blick auf die Nomenklatura – ein nicht ganz zutreffender Begriff. Hybris – die „Anmaßung von Wissen“ würde passen. Wäre die Historikerin und Autorin Barbara Tuchmann noch am Leben und würde sie „Die Torheit der Regierenden“ heute schreiben – den Eliten der EU würde sie wohl das letzte Kapitel gewidmet haben.
John Quincy Adams (1767 – 1848), der 6. Präsident der USA, meinte: „Es gibt zwei Wege, ein Land zu erobern und zu unterwerfen: Durch das Schwert oder durch Schulden." Die Eliten (innerhalb und außerhalb Deutschlands) haben den zweiten Weg gewählt. Der bald hundertjährige Krieg gegen die Deutschen ist damit auf einer völlig neuen Ebene angelangt. Deutschland – isoliert und auch von all denen verlassen, die im eigenen Interesse an seiner Seite streiten sollten – wird, bedingt durch die gewaltigen Lasten, die es im Sinne einer seltsamen Form europäischer „Solidarität“ auf sich genommen hat (die anderen verprassen das Geld und Deutschland bezahlt die Rechnungen), auf Generationen hinaus in der Schuldknechtschaft leben.
Thomas Sowell (geb. 1930): „Die erste Lektion der Ökonomie ist die Knappheit: Es gibt niemals genug von irgendetwas, um alle befriedigen zu können, die es haben wollen. Die erste Lektion der Politik ist die Nichtbeachtung der ersten Lektion der Ökonomie.“
Dennoch gilt nach Eugen Böhm Ritter von Bawerk (1851 – 1914): „Politische Macht vermag das ökonomische Gesetz niemals außer Kraft zu setzen."
Schulden schafft man nicht durch noch mehr Schulden aus der Welt. Schulden sind zu tilgen! Dafür, dass Deutschland (im Gegensatz zu allen anderen Nationen) seine (Finanz-) Verpflichtungen auf Punkt und Beistrich erfüllt, wird, wie bereits einmal, nämlich anno 1923, im Ernstfall die Armee Frankreichs sorgen – nur dass diese mittlerweile auch über Atomwaffen verfügt…
Bertrand de Jouvenel (1903 – 1987): „Umverteilung ist tatsächlich viel weniger die Umverteilung von freiem Einkommen von den Reicheren zu den Ärmeren, sondern vielmehr eine Umverteilung von Macht vom Individuum zum Staat." Hier nähern wir uns des Pudels Kern. Die auf den nationalen Wohlfahrtsstaat und dessen Regeln bezogene Feststellung trifft nämlich auch auf das Euro-Imperium zu. Es geht nicht um eine „Rettung“ von Staaten, die durch gnadenlose Finanzhaie bedroht werden! Es geht um eine noch stärkere Machtakkumulation im Zentrum der Union – um die Aufwertung der Institutionen des Imperiums – zu Lasten der Provinzen.
Wie bereits angemerkt: Es ist nicht ganz korrekt, das Wort Dummheit zu gebrauchen, welche die Regierenden umtreibt, doch gilt, wie der Literaturnobelpreisträger Sinclair Lewis (1885 – 1951) meinte „Es ist schwierig jemand dazu zu bringen, etwas zu verstehen wenn sein Gehalt davon abhängig ist, es eben nicht zu verstehen.“ Man darf die Eigeninteressen der handelnden Akteure eben niemals außer Acht lassen.
Friedrich August Hayek (1899 – 1992) verdanken wir folgende wichtige Erkenntnis: „Man kann ökonomische Freiheit ohne politische Freiheit haben, aber man kann nicht politische Freiheit ohne ökonomische Freiheit haben.“ Die volle Verfügungsgewalt über privates Eigentum ist daher eine Grundvoraussetzung für politische Freiheit. Diese Verfügungsgewalt steht aber gegenwärtig (bis auf ein paar allenfalls bei Neumond im Wald vergrabene Golddukaten) nahezu vollständig zur Disposition der Brüsseler Oligarchie. Das Wort von der „Versklavung“ durch den ESM hat daher einiges für sich.
Lord Dalbert Acton (1834 – 1902) Verdanken wir nicht nur die Erkenntnis, wonach absolute Macht absolut korrumpiert, sondern auch folgende Einsicht: „Freiheit ist die Verhinderung der Kontrolle durch andere.“ Die EU nach Einführung des ESM dürfte der Orwell´schen Schreckensvorstellung einer totalen Kontrolle gleichkommen…
Das Establishment wird nicht müde, fortwährend herauszustreichen, zu welch lichten Höhen ihr unermesslicher Ratschluss die Völker Europas führen wird. Dagegen stellte Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) hellsichtig fest: „Immer noch haben die die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen.“
Und um mit Ludwig von Mises (1881 – 1973) fortzusetzen: „Dieser ganzen fanatischen Verteidigung von Planwirtschaft und Sozialismus liegt oft nichts anderes zugrunde als das insgeheime Bewusstsein der eigenen Minderwertigkeit und Ineffizienz. Menschen, die sich ihrer Unfähigkeit im Wettbewerb bewusst sind, verachten ,dieses kranke Konkurrenzsystem´. Wer seinen Mitmenschen nicht zu dienen in der Lage ist, will sie beherrschen." Wie viele der Führungskader des EU-Zirkus haben ihr Geld jemals auf ehrliche Weise verdient? Jedenfalls keine der mir bekannten!
Die Politischen Eliten, die veröffentlichte Meinung und der Bankenapparat sind überzeugt zu wissen, welche Hebel es zu ziehen und an welchen Schrauben es zur „Feinzusteuerung“ unserer Gesellschaften zu drehen gilt. Doch Sören Kierkegaard (1813 – 1855) sagt: „Je mehr Leute es sind, die eine Sache glauben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Ansicht falsch ist. Menschen, die Recht haben, stehen meistens allein.“ Innerhalb der arroganten Machtelite gibt es davon wohl keinen einzigen.
Alexis de Tocqueville (1805 – 1859) erkennt in seiner lesenswerten Abhandlung „Über die Demokratie in Amerika“: „Wir finden im menschlichen Herzen auch einen verderbten Gleichheitstrieb, der bewirkt, dass die Schwachen die Starken zu sich herunterziehen wollen und dass die Menschen die Gleichheit in der Knechtschaft der Ungleichheit in der Freiheit vorziehen" Was ist die EU anderes, als ein monströses Nivellierungsprojekt? In allen Teilen der Welt gibt es Tendenzen zur Verkleinerung politischer Entitäten. Im frankophonen Teil Kanadas leben immer wieder Abspaltungstendenzen auf. In Afrika toben fortgesetzt Unabhängigkeitskriege.
Selbst innerhalb Europas haben Staatenteilungen Tradition (man denke an das ehemalige Jugoslawien oder an die Tschechoslowakei). Schottland möchte los vom Vereinigten Königreich und in Spanien lebten Basken und Katalonen lieber heute als morgen in ihrem eigenen Staat. Einzig der Moloch EU setzt auf eine gegenteilige Entwicklung – will die Völker zwischen Atlantik und Baltikum mit aller Gewalt unter ein und dasselbe Joch zwingen. Aus welchem guten Grund aber sollten sich – um es zuzuspitzen – die „Nordländer“, in denen Ordnung, Fleiß und Produktivität herrschen, von den korrupten und unproduktiven Club-Med-Ländern „herunterziehen“ lassen?
Um zum Schuldendebakel zurückzukehren, das als Vorwand für die gegenwärtigen Zentralisierungstendenzen herhalten muss: Thomas Jefferson (1743-1826) stellte fest: „Ich glaube, dass Bankinstitutionen eine größere Gefahr für unsere Freiheit darstellen als stehende Armeen.“ Und das zu einer Zeit, als es in den USA noch keine Zentralbank gab und die Staatsfinanzierung mittels der Notenpresse noch nicht üblich war. Der dritte Präsident der USA – ein Visionär.
Josef Schumpeter (1883 – 1950): „Eher bringt man einen Pudel dazu, sich eine Wurstsammlung anzulegen, als ein Parlament dazu, bei vollen Staatskassen nicht neue Ausgaben zu beschließen.“ Von „vollen Staatskassen“ kann indes bereits seit Jahrzehnten keine Rede mehr sein. Wir sind vielmehr dabei – trotz Rekordschulden – unentwegt neue Staatsausgaben zu fordern und/oder zu akzeptieren.
Doch das dicke Ende kommt gewiss. Nochmals Mises: „Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur, ob die Krise früher durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion, oder später zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems kommen soll.“ Die hohe Politik hat sich für letzteres entschieden. Leider ist es so gut wie unmöglich, abzuschätzen, wann und wodurch der unvermeidliche Kollaps am Ende ausgelöst werden wird. Krieg? Bürgerkrieg? Eine Naturkatastrophe? Man sollte zwar das Beste hoffen, aber dennoch jederzeit auf das Schlimmste vorbereitet sein…
Ohne staatlich sanktionierte Veruntreuung von Depositen durch die Geschäftsbanken und die Schaffung von Kredit aus dem Nichts – keine Schuldenkrise. J.P. Morgan (1837 – 1913) hatte unzweifelhaft recht, wenn er meinte: „Gold und Silber sind Geld. Alles andere ist Kredit.“ Über die Alternative wusste schon Voltaire (1694 – 1778) Bescheid: „Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück – Null.“
Wir leben wahrhaft in interessanten Zeiten…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Manches Mal muss einem wirklich die Zornesader platzen. Und man braucht alle Zurückhaltung, um nicht in Kraftausdrücke zu verfallen oder zum Amokläufer zu werden. Denn der extrem riskante ESM ist nicht einmal noch in Kraft getreten, schon wird von starken Kräften die Forderung nach einem europäischen Schuldentilgungsfonds erhoben. Mit dem trostreichen Zusatz: Dieser solle ohnedies nur für die 60 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung übersteigenden Staatsschulden gelten. Was nicht verbergen kann, dass damit die endgültige Katastrophe eingeläutet wird. Und wer findet sich unter den Fordernden? Natürlich ein gewisser Werner Faymann.
Das muss man sich absolut auf der Zunge zergehen lassen: Ein amtierender österreichischer Bundeskanzler spricht sich dafür aus, dass die Republik eine kollektive Haftung für 2,6 Billionen Euro übernimmt, genau: für völlig unvorstellbare 2659 Milliarden! Ach ja, im Gegenzug würde auch Österreich Schulden in diesen Fonds einbringen: nämlich genau 37 Milliarden. Ein wirklich tolles Geschäft, das der Bundeskanzler dieser Republik vorschlägt.
Und er wird nicht entmündigt oder zumindest abgesetzt.
Im Vergleich zu diesem Wahnsinnsprojekt geht es beim vielumstrittenen ESM nämlich noch um fast – fast! – überschaubare Beträge. Außerdem ist beim ESM die Haftung zumindest prinzipiell noch auf die einzelnen Länder aufgeteilt. Beim nun geforderten Schuldentilgungsfonds haftet hingegen jeder für alles!
Nun, man muss Faymann zugute halten, dass er mit seiner Haltung nicht alleine steht. Fast alle Sozialisten und Grünen Europas sind dafür, und erstaunlicherweise auch etliche Liberale. Da die ÖVP schweigt und Blau/Orange noch gar nicht begriffen haben, dass hinter dem ESM ein noch viel ärgeres Projekt in den europäischen Pipelines steckt, sind wieder einmal Angela Merkel und Europas Mutige Zwei (also die Niederlande und Finnland) die einzigen, die noch Hoffnung geben, dass der Wahnsinn nicht Wirklichkeit wird.
Angesichts der wachsenden Erpressungsmacht von Rot-Grün im deutschen Bundesrat, der Länderkammer, und angesichts von Merkels Angst, nur ja nicht als antieuropäisch dazustehen, ist zu befürchten, dass sie in ein paar Monaten auch gegenüber diesem Projekt nachgibt. Wie immer: um des lieben Friedens willen.
Fast amüsant ist ja derzeit, wie die Haupttäter aus den romanischen Ländern, die Merkel beim letzten Gipfel nächtens so brutal weitere Konzessionen entlockt haben, der deutschen Kanzlerin nun wieder mit Papagallo-Charme schöntun. Eigentlich hätte man nie geglaubt, dass das bei der so nüchtern wirkenden Frau wirkt.
Die europäischen Sozialisten tun nun so, als ob dieser Schuldentilgungsfonds ohnedies nur ein Kompromiss gegenüber der zuletzt so laut diskutierten Eurobonds-Idee sei. Dass man ihnen also geradezu dankbar sein müsse, dass sie die Eurobonds-Ideen durch diese Fonds-Idee ersetzt hätten.
In Wahrheit aber wären Eurobonds noch geradezu harmlos gegen diese Schuldentilgungsfonds. Bei Eurobonds würde es nämlich nur um die Haftung für neuaufzulegende Anleihen gehen. Beim Fonds würden hingegen sofort alle alten, die 60 Prozent BIP übersteigenden Schulden vergemeinschaftet werden! Italien könnte dann 949 Milliarden in diesen von uns allen zu tragenden 2659-Milliarden Rucksack füllen und wäre so der größte Profiteur.
Die relativ größten Draufzahler wären gar nicht die Deutschen. Die haben ja selber schon ganz ordentlich viele Schulden auf dem Buckel und wären als größtes EU-Land sogar zweitgrößter Einbringer von Schulden in diesen Rucksack. Das wirkliche Opfer wären kleine Länder wie Finnland, Slowenien, die Slowakei oder Estland. Deren Staatsschulden liegen nämlich unter der 60 Prozent-Grenze. Diese Länder würden damit gar keine Schulden in den gemeinsamen Topf einbringen und nur draufzahlen. In den Augen der Sozialisten sind das aber offenbar superreiche Ostländer. Und von denen kann man doch verlangen, dass sie jetzt in eine solche Solidarhaftung eintreten.
Womit sich ja zugleich auch die Perversion der ganzen Schuldentilgungsfonds-Logik zeigt: Es wird von den Sparsamen und Armen zu den Ländern des Dolce far niente umverteilt. Sozialismus auf europäisch halt. Beschämend ist aber auch, dass sich dieser Tage auch die europäische Bischofskonferenz für solche „Solidarität“ ausgesprochen hat. Wenn sie wenigstens schweigen würden, wenn sie schon nichts davon verstehen . . .
Das Allerschlimmste an ihrer Idee begreifen die Faymanns und Van Rompuys Europas wohl nicht einmal: Das sind nämlich die automatischen Vorwirkung dieser Idee, seit sie so konkret geäußert worden ist. Denn damit entsteht nun für jede der Schuldner-Regierungen Europas ein klarer Nutzen, schnell noch mehr Schulden zu machen. Diese werden ja dann eh im gemeinsamen Topf der „gemeinsamen Schuldenbewirtschaftung“ verrührt werden! Von dieser Idee profitiert man umso mehr, je mehr man gesündigt hat. Die Lehre: Sparen lohnt nicht, sondern schadet. Also auf Teufel komm raus noch einmal Geld ausgeben. Denn am Schluss wird man ja als Folge der Schuldengeilheit der Linken und der Schwäche der deutschen Regierung ohnedies wieder gerettet.
Jahrtzehntelang haben die nach dem Krieg Geborenen ihre Eltern vorwurfsvoll gefragt, warum sie das Hitlersche Unheil nicht gesehen haben, obwohl es sich doch so deutlich angekündigt hatte. Heute glauben wir, dass sich solches Unheil nicht mehr wiederholen kann, haben wir doch das Hakenkreuz verboten. Dabei steuern wir in ein ähnlich großes, wenn auch hakenkreuzfreies Unheil. Und fügen uns wehrlos darein. Und sind offenbar genauso hilfslos wie unsere Väter und Großväter. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie erspart der Menschheit offenbar nie Katastrophen.
Worte, Worte, Worte. Das war es, was dem neuen griechischen Ministerpräsidenten eingefallen ist. Und, ach ja, noch eine Kleinigkeit: Das Sparprogramm sei leider „entgleist“.
Das Wort des Jahres. Irgendwie ist man, wenn man dem neuen Premier Samaras so zugehört hat, auch sicher, dass die Deutschen daran schuld sein müssen. Wer sonst? Griechenland selbst, blöde Geschichte, habe zuletzt ja zwei Wahlkämpfe führen müssen (Dass Herr Samaras selbst an diesen Wahlkämpfen schuld ist, weil er unbedingt an die Macht wollte, verschweigt er elegant). Ja, natürlich, jetzt werde man wirklich daran gehen, zu sparen und Ämter zusammenzulegen. Und, gewiss, auch privatisieren wolle man nun. Nur gehe das halt natürlich nicht, solange da in Europa irgendwer davon rede, dass Griechenland aus dem Euro ausscheiden werde. Selbstverständlich sei er, Samaras, auch für den Abbau von Beamten. Aber natürlich doch nicht jetzt, wenn die Arbeitslosigkeit so hoch ist.
Und so weiter und so fort (Nach seiner Leichenbittermienen-Rede hat Samaras hinter den Kulissen wahrscheinlich mit seinen Mitarbeiter angestoßen und mit ihnen hellauf über seine tragische Inszenierung gelacht).
PS.: Wie es jetzt weitergeht? Na, so wie immer. 14 Tage werden die internationalen Kontrollore schimpfen und sagen, jetzt gebe es wirklich kein Geld mehr. Bis sich dann die übliche Solidaritäts-Internationale durchsetzt – „man könne doch nicht . . .“ –, und es erneut Geld für Griechenland gibt. Aber natürlich nur gegen das ausdrückliche Versprechen der Griechen, jetzt aber wirklich alle Verpflichtungen einzuhalten. Und da behaupte noch wer, das Perpetuum mobile sei noch nicht erfunden.
Die finnische Finanzministerin hat nun öffentlich klargemacht, dass „Finnland nicht um jeden Preis am Euro festhalten“ werde.
„Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet, auch auf einen Ausstieg aus dem Euro.“ Finnland wolle die Krise zwar lösen, aber es werde keine gemeinsame Schuldenhaftung akzeptieren und lehne auch eine Bankenunion mit gemeinsamer Haftung ab. Gleichzeitig verlangen die Finnen von Spanien zusätzliche Garantien, wenn es Hilfe für seine Banken wolle. Diese Meldung braucht eigentlich weder Kommentar noch Erläuterung, sondern nur noch die Frage an Maria Fekter: Wenn wir schon so einen Versager als Bundeskanzler haben, der aus linker Begeisterung ständig für noch mehr Haftungen eintritt: Warum sagt dann nicht wenigstens sie einfach dasselbe wie ihre finnische Kollegin? Sind dort die Frauen mutiger? Behält man im kühlen Norden leichter einen klaren Kopf?
PS.: Offenbar hat der Widerstand der Finnen und Niederländer doch etwas erreicht: Wenn die Miteuropäer den spanischen Banken schon Geld zuschieben, dann soll, wie es plötzlich heißt, nun doch auch der spanische Staat haften müssen. Was er bisher nicht wollte. Was aber wohl die mindeste Selbstverständlichkeit ist. Danke Den Haag, danke Helsinki.
Statt 18 Monaten teilbedingter – als zum Teil abzusitzender – Strafe nun 7 Monate bedingt plus Geldstrafe. Das ist nun das (noch nicht rechtskräftige) Urteil in der Wiederholung des Prozesses gegen den Kärntner Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch.
Das löst drei Anmerkungen aus: Erstens könnte Scheuch damit zwar rein rechtlich im Amt bleiben, politisch wäre das aber auch bei diesem Urteil eine arge Zumutung für die Bürger. Zweitens ist die Diskrepanz zwischen den beiden Urteilen für den Normalbürger ziemlich merkwürdig. Wurde doch das erste nur aus Formalgründen gehoben, wie auch von Gerichtssprechern unterstrichen wurde. Das zeigt dem Bürger wieder einmal, wie sehr ein Urteil bei völlig gleichem Sachverhalt ganz vom Zufall, von Lust und Laune oder politischer Haltung des jeweiligen Richters abhängig ist. Wobei zweifellos vor allem das Ergebnis des allerersten Prozess exzessverdächtig ist. Drittens aber ist auch dieses Urteil ein wichtiges Signal an die Politik, amtliche Tätigkeiten und Parteispendensammlungen strikt und total zu trennen. Es darf in diesem Land nicht alles als käuflich erscheinen.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
In einem Rechtsstaat gelten Regeln. Wer gegen sie verstößt, hat mit abgestuften Sanktionen zu rechnen. Das ist gut so, da ohne angemessene Sanktionen von der Verwarnung bis zur saftigen Geldstrafe kein Staat zu machen ist. Österreich ist ein Rechtsstaat und es gilt für alle Kinder, die sich dauernd im Staatsgebiet aufhalten, Unterrichtspflicht. Die Unterrichtspflicht muss von den Erziehungsberechtigten umgesetzt werden. Wird sie verletzt, ist mit Sanktionen rechnen. Im Fall der derzeit so heiß diskutierten Schulschwänzerei galt schon bisher, dass mit einer Strafe von 220 Euro zu rechnen ist - wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen, um Schulschwänzen abzustellen. Mit Strafen wird vorsichtig umgegangen. Sie werden nur in zwei Prozent der Fälle verhängt. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) - offenkundig aufgrund seiner Tätigkeit mit zahlreichen Fällen "schweren Schulschwänzens" konfrontiert - hat vorgeschlagen, die Strafe auf 1500 Euro zu erhöhen. Eine drakonische Maßnahme, die eher auf ein Versagen in seinem Zuständigkeitsbereich schließen lässt, als auf eine angemessene Problemlösung. Die beschlossene Verdoppelung der Geldstrafe auf 440 Euro ist schon eher von Augenmaß geprägt, obwohl die Frage erlaubt ist, ob Geldstrafen der Weisheit letzter Schluss sind. Oft sind es Kinder, die in sozial und finanziell nicht gefestigten Familien leben, die der Schule fern bleiben. Aber eben nicht nur - Stichwort Wohlstandsverwahrlosung. Völlig daneben ist der Vorschlag Gabi Burgstallers, die Familienbeihilfe für eine bestimmte Zeit befristet einzubehalten. Die Familienbeihilfe hat eine völlig andere Funktion. Sie ist dazu da, Kosten, die Eltern auf Grund ihrer Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern entstehen, auszugleichen. Diese den Familien wegen Schulschwänzerei zeitweilig vorzuenthalten, ist völlig überzogen und es ist beschämend, dass die Idee ausgerechnet von der ersten sozialdemokratischen Landeshauptfrau Österreichs kommt.
Andreas Unterberger
Schwänzen kann ganze Lebensperspektiven zerstören. Deswegen sollte es mit Energie, sofort und wirksam bekämpft werden. Was aber die Politik nicht tut. Statt dessen diskutiert sie die Nebenfrage, ob Beihilfen-Entzug, 440 oder 1500 statt bisher 220 Euro Strafe angemessen sind. Musste doch dieser Betrag ohnedies nur in 30 Fällen gezahlt werden, obwohl es eigentlich 1500 Verfahren gab. Von den vielen Fällen nicht gemeldeten, nicht entdeckten oder von Eltern gedeckten Schulschwänzens ganz zu schweigen.
Unabhängig von der Höhe wird es künftig jedenfalls noch seltener Schwänz-Strafen geben. Denn die regulierungswütige Regierung schaltet nun jeder Strafe ein so kompliziertes vielstufiges Verfahren vor, dass es mindestens fünf Monate bis zu deren - eventuellen - Verhängung dauert. Was für einen 14-Jährigen unendlich weit weg ist. Was Null abschreckende Wirkung hat.
An was die Politik - aus Lehrerhass? - überhaupt nicht denkt: Statt über Strafhöhen zu debattieren, sollte sie Lehrer und Direktoren massiv aufwerten. Deren Instrumentarium gegen aufsässige Schüler ist in den letzten Jahrzehnten zertrümmert worden. Sie sollte man wieder zu sofortigen Konsequenzen berechtigten. Sie kennen jeden Schüler am besten. Sie sollen Schwänzer schon beim ersten Mal zum Nachsitzen verdonnern oder ihnen Goodies entziehen können; sie sollen sofort Eltern vorladen, Berater einschalten, Jugendämter alarmieren, Anzeige erstatten können. Immer das, was ihnen im Einzelfall sinnvoll erscheint.
Der Stufenplan der Regierung ist hingegen absurd und bürokratisch: Fünf mal schwänzen, dann erst gibt’s ein Gespräch mit den Eltern; vier Wochen später kommen Psychologen und Sozialarbeiter ins Geschäft; weitere vier Wochen später die Schulaufsicht; nach weiteren zwei Wochen die Jugendwohlfahrt; und nach nochmals vier Wochen die Bezirksbehörde. Komplizierter und dümmer, juristischer und ineffektiver geht’s mit Sicherheit nicht mehr.
Am 28. Juni fand im Verfassungsgerichtshof eine Anhörung zu einem Antrag des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien zur Frage statt, ob der erste Satz des §166 ABGB: „Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist die Mutter allein betraut." verfassungswidrig ist.
Dieser Satz gewährt nämlich ledigen Müttern automatisch die alleinige Obsorge über die Kinder, unabhängig davon, ob das Kindeswohl dabei gesichert ist, oder es die Kinder bei ihren Vätern einfach besser hätten. Den Familiengerichten fehlt so jegliche Legitimation zu prüfen, ob eine gemeinsame Obsorge oder gar ein Wechsel zum Vater für die Kinder besser wäre. Die Antragstellerinnen argumentieren damit, dass ledigen Vätern nur die „thermonukleare“ Möglichkeit bliebe, dass sie eine Gefährdung des Kindeswohls belegen müssten, was meist jede weitere Kommunikation mit den Müttern und den Kontakt zu den eigenen Kindern zunichte macht.
Argumentiert wurde auch mit der Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der im Fall Sporer vs. Österreich beschieden hatte, dass es gegen die Menschenrechtskonvention verstößt, wenn es für ledige Väter keine Möglichkeit gibt, gegen den Willen der Mutter die gemeinsame oder alleinige Obsorge zu beantragen.
Für den Durchschnittsleser eine Hinweis: Die gemeinsame Obsorge nach einer Trennung würde garantieren, dass sich Väter auch selbstständig bei Dritten erkundigen könnten, wie es ihren Kindern geht. Sie könnten sich also, bevor sie an die Mutter herantreten, mit dem gleichen Informationsstand versorgen und dann, unterstützt durch eigene Erfahrungen, mit ihr in Verhandlung treten, um die optimale Lösung für die gemeinsamen Kinder zu finden.
Derzeit ist es so, dass nach einer Trennung der gesamte Informationsstand bei den Müttern erfragt werden muss. Bekommt man die notwendigen Informationen nicht, kann man einen Antrag beim Familiengericht stellen, und geht der durch, manche werden sogar vom OGH bestätigt, kann man bei weiterer Weigerung Antrag auf Beugestrafe stellen. Beugestrafen werden dann oft bzw. sinngemäß mit den lapidaren fünf Worten abgelehnt: „Verletzung der Informationspflicht ist sanktionslos.“ (EFSlg 68.893 u.a.). Es ist übrigens der kürzeste Rechtssatz, der mir je untergekommen ist.
Muss derzeit der Durchschnittsvater erst an die Durchschnittsmutter herantreten, entspricht das einem subjektiven Filter. Auch unterliegen getrennt lebende Durchschnittseltern gelegentlich Problemen in der Kommunikation, was vom Kern der Kontaktaufnahme im Sinne ihrer Durchschnittskinder ablenkt. Zusätzlich ist der Durchschnittsvater gegenüber der Durchschnittsmutter im außerfamiliären Leben höher qualifiziert.
Bei den durchschnittlichen Eltern verfügt der Durchschnittsvater über die höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit was gegenüber der Durchschnittsmutter naturgemäß höhere Wettbewerbsfähigkeit begründet, die an die Durchschnittskinder weitergegeben werden könnte. Kunststück, verlangt Staat und Gesellschaft doch von frühen Kindesbeinen an, dass Durchschnittsbuben sich dem Wettbewerb stellen.
Das den Durchschnittskindern über die Durchschnittsmutter zu vermitteln ist natürlich erheblich schwieriger, wenn man die Information gefiltert vorgesetzt bekommt. Streit ist praktisch vorprogrammiert, es sei denn, der Durchschnittsvater lässt sich auf den Wahrnehmungshorizont der Durchschnittsmutter herab. Ja, Sie haben richtig gelesen, ich trau mich was. Aber genau das verlangen auch die rund um das Familienrecht agierenden Institutionen.
Um den Durchschnitt einer Gruppe zu heben wird es notwendig sein, gesetzlichen Zwang auszuüben. Oder gesetzlichen Zwang abzuschaffen. Womit ich aus der Durchschnittsnummer wieder raus bin.
Es gibt also eine Rechtsgrundlage, die Information zu den eigenen Kindern garantiert. Im Laufe der Jahre hat sich aber in den oberen Instanzen eine Rechtsprechung etabliert, die diese Rechtsgrundlage ignoriert. Die erste Instanz kennt diese Rechtsprechung natürlich und urteilt entsprechend, will sie nicht, dass ihr Beschluss kassiert wird. Auch die Anwälte der Mütter und Väter kennen diese Rechtsprechung. Welche Seite daraus Vorteile zieht braucht nicht erläutert werden.
Das funktioniert nur, weil Familienverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden und jeder Gang an die Medien faktisch mit einem gerichtlichen Abbruch des Kontaktes zu den eigenen Kindern bedroht ist. So kann im Dunkeln gut Recht gesprochen werden. Auch hat sich rund um das Familienrecht eine kleine Industrie herangebildet die diese Dunkelheit nutzt.
Mitarbeiter von Jugendämtern, Sozialberufe, Jugendgerichtshilfe, Gutachter, Frauenvereine, Politiker, Anwälte und natürlich Richter. Gerade bei den Justizbediensteten tut sich auf Grund der Frauenquote einiges. Während Männer vor Eintritt in die Justiz ihren Dienst am Gemeinwohl nachweisen müssen, werden Frauen bevorzugt durchgewunken. Gleiche Qualifikation sieht anders aus.
Sozialberufe sind ohnehin deutlich weiblich besetzt, wobei das produzierte Überangebot durch die Schaffung immer neuer Institutionen– staatlich alimentierte – die berufliche Unterbringung gewährleistet. Fast alle profitieren so von diesem System, das die Kinder zwischen den Eltern aufreibt und als zweite Verlierer die Väter vorsieht. So wird gerade der Elternteil aus dem Leben der Kinder verbannt, der, je älter sie werden, für ihr weiteres Leben maßgebliche Bedeutung hätte.
Zurück zur VfGH-Session. Die Gegenpartei, die Regierung, vertreten durch Dr. Michael Stormann für das Justizministerium und Mag.Dr. Anna Sporrer für das Bundeskanzleramt (Verfassungsdienst), ist dagegen, den Satz als verfassungswidrig aufzuheben. Da sich die Regierungsvertreter etwas unklar ausdrückten, veranlasste das den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Dr. Gerhard Holzinger, zu der sinngemäßen Frage, ob die Regierung etwa daran denke sich nicht an den Spruch des EGMR zu halten. Das saß.
Mag.Dr. Anna Sporrer führte auch aus, dass der Regierung nicht klar wäre, warum ledige Väter nicht bei gutem Wind die gemeinsame Obsorge anstreben würden. Was fast zu Lachern geführt hätte, da diese Möglichkeit ohne gerichtliche Überprüfung jederzeit und einseitig wieder aufgelöst werden kann.
Vielleicht lag die Ursache dieser Aussage einfach nur darin, dass Frau Mag.Dr. Sporrer ehemalige Leiterin der Gleichbehandlungskommission war. Diese Kommission erlaubt in weiten Teilen per Gesetz nur Frauen als Gleichbehandlungsanwältinnen – Wettbewerb sieht anders aus – und hat de facto nur weibliche Mitglieder. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie politisch zu nahe im Bereich von Frauenminister Gabriele Heinisch-Hosek agiert, wie sie unlängst zum Thema Einkommensschere in einem Leserinnenbrief durchblicken ließ.
Das Wissen um die „bereinigte“ Lohnquote seit vielen Jahren als Allgemeingut zu bezeichnen und selbst gutzuheißen, dass gleichzeitig mit falschen Zahlen agiert wird, ist für einen Beamten doch ein starkes Stück. Insbesondere da die Schließung der Einkommensschere gerne für das Verhindern anderer Gleichstellungsmaßnahmen herangezogen wird. Etwa bei der Obsorge.
Vom Familienministerium war übrigens nichts zu bemerken, was bei einem 40 Prozent-Anteil unehelicher Kindern doch gewagt ist.
Genau genommen gibt es für den Verfassungsgerichtshof keinen Grund, diesen gleichstellungswidrigen Satz nicht aufzuheben. Der zweite Satz, „Im übrigen gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, die das eheliche Kind betreffenden Bestimmungen über den Unterhalt und die Obsorge auch für das uneheliche Kind.“, deckt die Lücke zu den ehelichen Kindern ausreichend ab. Die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge, ohne, dass diese einseitig aufgelöst werden kann, wird ohnehin gerade zwischen Justizminister Beatrix Karl und Frauenminister Gabriele Heinisch-Hosek verhandelt. Wobei gleich neue Arbeit für den Verfassungsgerichtshof eingebaut werden soll, wünscht die Frauenvertretung eine Bewährungszeit nur für Väter. Aber das ist eine andere Baustelle.
Sollte der Satz tatsächlich aufgehoben werden bliebe den Gegnern nur die Möglichkeit, den Paragraphen in den Verfassungsrang zu heben. Was ja bei der Wehrpflicht und dem Pensionsantrittsalter auch kein Problem war. Vielleicht war das die Intention zu der Frage des VfGH-Präsidenten an die Regierungsvertreter.
Übrigens begehrte auch Bernhard Haaser, der Vater des 2007 getöteten Luca, Einlass, wurde aber wegen Überfüllung des Saales abgewiesen. Als ledigem Vater wurden ihm damals Informationen zum Gesundheitszustand seines Sohnes verwehrt und später auch die Informationen wann und wo sein Sohn beerdigt wird. Verständlich. Er hatte keine (gemeinsame) Obsorge.
Robert Boder beschäftigt sich hauptsächlich mit betrieblichen und gesellschaftlichen Gleichstellungsfragen.
Der Vortrag von Thilo Sarrazin vor den Abonnenten des Tagebuchs und Mitgliedern des Hayek-Instituts war ein großer Erfolg. 430 Zuhörer folgten dichtgedrängt in einem TU-Hörsaal mehr als zwei Stunden lang diszipliniert dem Vortrag des deutschen Ökonomen und Buchautors und stellten ihm viele Fragen. Das Tagebuch dankt den vielen Spendern und dem Hayek-Institut für die erfolgreiche Kooperation. Und es amüsiert sich über die Hochstapelei einiger Trittbrettfahrer, die sich an diesen Erfolg anzuhängen versucht haben.
Sarrazin analysierte in großer und anschaulicher Breite die Fehler rund um den Euro. Er ging dabei vor allem darauf ein, wie sehr in den letzten drei Jahren die Regeln und Voraussetzungen einer erfolgreichen Umsetzung einer gemeinsamen Währung verletzt worden sind. Und wie diese Verletzung nun durch den „Rettungsschirm“ ESM fortgesetzt wird.
Besonders intensiv wies er die Behauptung zurück, dass Länder wie Deutschland von der gemeinsamen Währung besonders profitiert hätten. In Wahrheit haben das – bis zum Ausbruch der Krise – die Südländer auf Grund der billigen Euro-Kredite getan, wie er auch in seinem Buch „Europa braucht den Euro nicht“ mit vielen Daten nachweist. Die deutschen Exporte in die Südländer hätten sich hingegen seit Euro-Einführung deutlich reduziert. In fast allen Aspekten deckten sich Sarrazins Ausführungen übrigens mit vielen Analysen, die in den letzten Monaten im Tagebuch zu lesen waren.
Sarrazins Besuch in Österreich war komplett auf Einladung und Kosten des parteiunabhängigen Hayek-Instituts und des ebenso parteiunabhängigen Tagebuchs erfolgt. Viele Besucher des Vortrages haben durch ihre Spenden zu diesen Kosten beigetragen. Umso so skurriler ist der Akt von Hochstapelei, der in einer Reihe von Medien zu lesen war: Dort fand sich die Behauptung, dass Sarrazin auf Einladung von BZÖ-Chef Bucher nach Wien gekommen wäre. Das ist eine mehr als üble Trittbrettfahrerei.
Sarrazin hat in Wahrheit sogar ausdrücklich erklärt, dass er Bucher vor seiner Ankunft in Wien gar nicht gekannt hat, sondern ihm erst hier bei einer Fernsehdiskussion begegnet ist.
Während sich auch einige andere Parteien an Sarrazin anhängen wollten, hat dieser kategorisch zurückgewiesen, irgendeine Partei zu unterstützen. Ihm liegt vielmehr daran, so betonte er bei seinem Vortrag, dass sich die von ihm vertretenen Inhalte durchsetzen. Das sei viel wichtiger als die Gründung oder Unterstützung einer neuen oder alten Partei.
Alle wollen sie haben. Und dabei sind sie fast reines Gift – das freilich aufs erste sehr süß schmeckt. Die Rede ist von staatlichen Subventionen.
Die Geschichte ist immer dieselbe: Am Anfang beklagen – meist von PR-Agenturen munitionierte – Medien Missstände und Defizite: die armen Bergbauern, die notleidende Forschung, die benachteiligten Südeuropäer usw. Dann verlangen einschlägige Lobbies Subventionen. Dann werden diese von Politikern beschlossen, wollen diese doch immer als Macher und nicht als Nichtstuer erscheinen (oder aber Zielgruppen bedienen). Dann fließt das Steuergeld. Und am Schluss bleibt der Katzenjammer.
Reden wir aber einmal nicht über den unfinanzierbaren Wohlfahrtsstaat, die teure Agrarpolitik oder die Geldverschwendungen bei Bildung und Forschung. Reden wir ganz aktuell über Spanien und die EU: Das Land kassiert nämlich nicht erst jetzt viel Geld von seinen Miteuropäern, wie uns die EU glauben macht. In Wahrheit haben Europas südliche Regionen in den letzten Jahrzehnten schon Hunderte Milliarden kassiert. Denn die betreffenden Staaten sind die Hauptprofiteure der EU-Struktur- und Kohäsionsfonds. So heißt die europäische Form von Subventionen.
Mit diesem Geld sollte ein Aufholen der armen Regionen erreicht werden. Aber in Wahrheit sind diese immer weiter zurückgefallen. Und zwar wegen und nicht trotz der Subventionen! Diese Gelder haben bequeme Regionen noch bequemer gemacht. So wie ein Mensch, der Monate nur in Bett oder Lehnstuhl verbringt, das Gehen und Laufen verlernt, wurde jenen Regionen jede Eigenverantwortung abgewöhnt.
Der Schaden besteht aber nicht nur in falschen Anreizen. Überdies wurden mit diesen Geldern oft Dinge subventioniert, die nachträglich statt Erträge zu bringen, nur weitere Kosten verursachen.
Ein Musterbeispiel sind die mit viel EU-Geld gebauten spanischen Mautautobahnen. Diese stehen derzeit nach den spanischen Banken nämlich als zweite große Branche vor der Pleite. Viele dieser Autobahnen waren von Anfang an schlicht überflüssig. Selbst in besseren Zeiten floss lange nicht so viel Verkehr wie prognostiziert über die Betonbänder. Und in Zeiten der Krise wird noch viel weniger gefahren – schon um Mautgebühren zu sparen.
Diese nur zum Zweck der Abholung von Subventionen gebauten Autobahnen waren aber nur zum Teil EU-finanziert. Sie mussten zur anderen Hälfte durch konventionelle Kredite finanziert werden. Und nun werden diese Kredite nach der Reihe notleidend. Während die Tausenden spanischen Ferienwohnungen vielleicht irgendwann einmal – nach einem kräftigen Preisverfall – doch alle einen Abnehmer finden könnten, wird das bei einer nicht benutzten Autobahn hingegen nie der Fall sein.
Eine ziemlich paradoxe Situation: Hätte die EU Spanien nicht jahrzehntelang geholfen, wäre Spanien heute viel weniger hilfsbedürftig. Und die Moral der Geschichte: Wo nicht ein Unternehmer eigenes Geld investiert, sondern (europäische, spanische, österreichische . . .) Politiker und Beamte das Geld der Steuerzahler, ist die Fehlinvestition fast schon programmiert.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es ist absolut abenteuerlich, wie sich die Genossen bedienen: Jetzt haben sie sich still und heimlich eine Arbeitszeitverkürzung für die ÖBB-ler ausgeschnapst.
Kein Mensch kann das objektiv erklären. Der Betrieb hängt uns alles in allem alljährlich mit mindestens fünf Milliarden Euro in der Tasche, zeigt hinten und vorne keine Sanierungsbereitschaft und macht der Gewerkschaft jetzt ein solches Geschenk auf unser aller Kosten. Kann man das anders als Untreue gegenüber dem Steuerzahler nennen? Noch dazu ist die ÖBB-Führung dazu gar nicht legitimiert. Denn eine solche Vereinbarung müsste eigentlich vom zuständigen Fachverband der Wirtschaftskammer abgeschlossen werden. Immerhin hat sie ja auch Folgewirkungen für viele andere Verkehrsunternehmen. Es gibt nur eine Erklärung: Der Wahlkampf rückt näher. Und da greifen die Genossen wie beim letzten Mal zum Zweck der Wählerbestechung wild in die öffentlichen Kassen. Und was sagt dazu der einstige Raiffeisenboss Scharinger, der sich in seiner Eitelkeit und seiner Angst vor dem Pensionsschock als sogenannter Bürgerlicher von der SPÖ soeben in den ÖBB-Aufsichtsrat nominieren hat lassen? Am liebsten wohl nichts. Denn mit geradem Rückgrat müsste er sofort wieder zurücktreten.
Nun wird also der berüchtigte Europäische Stabilitätsmechanismus von Rot, Schwarz und Grün im Wiener Parlament durchgeschleust.
Was aus mehreren Gründen ein trauriger Tag ist.
Erstaunlich, erstaunlich. Die im Tagebuch so oft gescholtene Justizministerin wagt es plötzlich, der SPÖ-Außenstelle namens Oberstaatsanwaltschaft Wien zu widersprechen. Dafür ist ihr jedenfalls Respekt zu zollen.
Die Ministerin hat sich dabei nicht nur für die Gerechtigkeit eingesetzt, sondern jedenfalls auch Mut gezeigt. Sitzt sie doch in der Regierung allwöchentlich den Herren Faymann und Ostermayer gegenüber, die nicht gerade erfreut über den Beschluss der Ministerin sein können. Auch wenn sie diesen jetzt mit einem (einzigen) dürren Satz als (angeblich) „in unserem Interesse“ begrüßen. Übrigens dürfte es wohl kein Zufall sein, dass dieser Beschluss genau ein paar Stunden nach der letzten Regierungssitzung vor der ersten Sommerpause bekannt geworden ist. Denn jetzt sieht man sich mindestens 14 Tage nicht.
Beatrix Karl verlangt von der Staatsanwaltschaft eine ernsthaftere Beschäftigung mit den Inseratenaufträgen der beiden. Diese Aufträge waren einst zulasten von ÖBB und Asfinag und zugunsten jener Boulevardzeitungen erfolgt, die den damaligen Infrastrukturminister Faymann auf seinem Weg an Partei- und Regierungsspitze heftig unterstützt haben (bis hin zu untergriffigen Attacken auf Alfred Gusenbauers Tochter).
Gewiss, damit hat der schlimmste und offensichtlichste Rechtsbruch eines amtierenden Regierungsmitglieds seit Jahren noch lange nicht die in einem Rechtsstaat notwendige Konsequenz gefunden. Aber wenigstens müssen nun die faulen (oder parteiischen?) Staatsanwälte jene Asfinag-Manager vernehmen, die schwere Anschuldigungen gegen Faymann und Ostermayer erheben.
Spannend bleibt aber auch der zweite anhängige Punkt in Sachen Faymann. Hier hatte ja sogar die Oberstaatsanwaltschaft die Notwendigkeit anerkennen müssen: Ein Gutachter soll nämlich feststellen, ob die von Faymann veranlassten ÖBB-Inserate der Bahn geschadet haben, in denen auf (aus Steuergeld bezahlten, aber nicht als Inserat gekennzeichneten) Doppelseiten der nicht gerade billigen Kronenzeitung die Bahn wegen ihrer Verspätungen verhöhnt worden ist.
Dazu bräuchte es zwar eigentlich keinen Gutachter, sondern nur einen Staatsanwalt und einen Richter, die intellektuell imstande sind, Kronenzeitungs-Texte zu lesen. Beim Tempo der österreichischen Strafverfolgung wird dieses Gutachten nun kaum vor Jahresende vorliegen. Und es wird wahrscheinlich einer der linken Wiener Publizistik-Professoren sein, der da etwas (wem wohl?) Zweckdienliches von sich geben wird. Es bleibt aber spannend, welche dialektischen Worte diesem einfallen werden, um die ÖBB-Beschimpfung – die Faymann als weißen Ritter erscheinen lassen sollte – zum Interesse der ÖBB zu machen.
Mit diesem Beschluss Karls hat aber jedenfalls die Oberstaatsanwaltschaft Wien einen neuen schweren Dämpfer erlitten. Der erste war das einhellige parlamentarische Verlangen einer Überprüfung des Vorgehens in Sachen Kampusch-Zweittäter durch internationale Experten. Aber auch in dieser Frage sollte man sich nicht zu früh freuen. Denn der Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit ist noch ein langer. Daher sollte auch hier noch genau beobachtet werden, WER denn den Auftrag zur Überprüfung bekommt. Und ob die staatsanwaltschaftlichen Füchse da wirklich alles offenlegen und den Ausländern keine Prügel vor die Füße werfen.
Aber dennoch ist das für das Tagebuch ein guter Tag: Denn es hat Inseraten- ebenso wie Kampusch-Skandal thematisiert, als sonst noch niemand daran interessiert war. Daher bleibt die Devise aufrecht: Niemals aufgeben! Das Verbrechen hat noch nie dauerhaft gesiegt.
Frage: Woran erkennt man, dass ein Politiker lügt? Antwort: Daran, dass er den Mund aufmacht!
Mit diesem alten Kalauer wird all das kurz und bündig zusammengefasst, was uns seit dem Beginn der Aktivitäten zur Schaffung einer europäischen Währungsunion von den politischen Eliten aufgetischt wurde – und zwar unabhängig von deren Parteizugehörigkeit.
Einer der vielen Belege für diese These: Zum Standardrepertoire der Regierenden zählt im Zusammenhang mit dem Management der Staatsschuldenkrise das Mantra von der Notwendigkeit einer „Wiederherstellung des Vertrauens der Finanzmärkte in die Bonität der Debitoren”. Dass dieselben Akteure mit ebensolcher Regelmäßigkeit eben diese Finanzmärkte als den Hort des Bösen schlechthin denunzieren (was eine Verkennung des Wesens dezentral erfolgender Marktentscheidungen einerseits, und einen – trotz aller gegenteiliger Erfahrungen – absurden Glauben an die Überlegenheit zentraler, zwangsbebewehrter politischer Verordnungen andererseits belegt) – passt nicht zusammen. Weshalb sollte man um das Vertrauen von als verderblich erkannten Institutionen buhlen? Unschuldig in Not geratene Staaten sollen (wie weiland der klamme Fürst in Goethes „Faust”) einen Pakt mit dem Teufel eingehen?
Inwiefern soll der fortgesetzte Bruch bestehender Verträge dazu angetan sein, verlorenes Vertrauen zurückzubringen? Wer gestern selbst eine Verschuldungsgrenze von drei Prozent nicht einhalten wollte, dem soll man abnehmen, morgen ausgeglichen bilanzieren zu können? Schlimmer noch: Wer ernsthaft behauptet, eine Kette würde dadurch an Qualität einbüßen, indem man ihr schwächstes Glied eliminiert (und genau das bedeutet das zwanghafte Festhalten am Verbleib Griechenlands in der Währungsunion), erwartet dadurch einen Zuwachs an Glaubwürdigkeit gegenüber potentiellen Kreditoren?
Selbstverständlich handelt es sich bei alledem um pure Spiegelfechterei – um eine durchsichtige haltet-den-Dieb-Taktik. Denn natürlich haben die ominösen Märkte zu keiner Zeit je einen Staat zur exzessiven Schuldenmacherei genötigt. Die politisch Verantwortlichen haben die Staaten – ohne Not und aus freien Stücken – an den Rand des finanziellen Abgrunds geführt. Nun über die angebliche Unerbittlichkeit der Gläubiger zu jammern (die sich unterstehen, Risikoaufschläge von dubiosen Kunden zu fordern!) ist lächerlich. Und dass Gläubiger dazu neigen, die von ihnen verliehenen Mittel auch wiedersehen zu wollen, sollte selbst Politikern einleuchten.
In der Tat blieb seit dem Beginn der Vorbereitungen zur Einführung einer Europäischen Währungsunion kein Register ungezogen, um der Öffentlichkeit in den Hartwährungsländern die Illusion zu vermitteln, dass es sich beim Euro um ein stabiles, hartes Geld nach Art der D-Mark handeln würde. Niemals hätten die durch Hyperinflation und Währungsreform geschädigten Deutschen jemals die D-Mark aufgegeben, hätten sie absehen können, zu welch kostspieligem – am Ende womöglich sogar friedensgefährdendem – Debakel sich das Elitenprojekt Euro entwickeln würde.
Die unbedarfte Masse – und viele naive Intellektuelle – gingen der politischen Elite auf dem Leim. Diese betrachtete das Kunstgeld niemals als etwas anderes, als ein Vehikel zur Verwirklichung einer politischen Union (die heute – vermutlich mehr als je zuvor – von den Bürgern zwischen Lissabon und Tallin entschieden abgelehnt wird).
Dass die seinerzeit von den deutschen Verhandlern fünf vor zwölf in das einschlägige Vertragswerk reklamierten „Maastrichtkriterien” niemals eingehalten oder sanktioniert werden würden, musste klar sein. Wie hätte denn eine allenfalls nötige „Strafexpedition” nach Athen, Paris oder Rom aussehen sollen? Die „Stabilitätskriterien” dienten zu keiner Zeit einem anderen Zweck, als den Deutschen Michel einzulullen.
Die dafür Verantwortlichen (namentlich Kanzler Kohl und Finanzminister Waigel), waren bereits lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass ihre famosen Stabilitätskriterien niemals würden durchgesetzt werden könnten, sollte es zu Verletzungen durch große Mitgliedsländer der Union kommen. Dass es dann – neben dem notorischen Weichwährungspatienten Frankreich – am Ende ausgerechnet die Deutschen selbst waren, die die von ihnen erfundenen Stabilitätskriterien (unter einer rotgrünen Regierung) als erste brachen, ist als Treppenwitz der Geschichte zu verbuchen.
Wie auch immer – die Zeit läuft ab. Kein einigermaßen mit den Fakten Vertrauter kann annehmen, dass die von den im Fokus der bösen „Spekulanten” stehenden Staaten ihre Verbindlichkeiten jemals – ohne Rückgriffe auf private Eigentumsrechte brutal verletzende Methoden der monetären Repression – werden abtragen können.
Ohne eine tiefe Einsicht in die der Schuldenkrise zugrundeliegenden Ursachen (im Besonderen die hemmungslose Geld- und Kreditschöpfung ex nihilo) wird eine nachhaltige Sanierung der verschuldeten Volkswirtschaften allerdings nicht gelingen. Ohne eine entschlossene Abkehr vom herrschenden Geldsystem, das auf dem Bruch von über Jahrtausende hinweg tradierten Rechtsgrundsätzen beruht; ohne eine Rückkehr zu „echtem” Geld, scheint eine Heilung unmöglich – und zwar unabhängig davon, ob das Geld am Ende Drachme, D-Mark oder Euro heißt.
Ein das im letzten Absatz angerissene Problem erschöpfend darstellendes Buch eines in der Tradition der „Österreichischen Schule" stehenden Gelehrten habe ich bereits in einem meiner letzten Beiträge genannt. Dies sei hier nochmals getan: http://www.buchausgabe.de/public_products/geld-bankkredit-und-konjunkturzyklen-jesus-huerta-de-soto-1090
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Jetzt beginnt jenes Giftkraut aus dem Boden zu kommen, dessen Samen im Mai 2010 gesät worden sind: Schon eine Reihe von internationalen Großinvestoren hat in den letzten Tagen signalisiert, kein weiteres Geld in Europa zu verleihen oder anzulegen. Und zwar geht es dabei nicht nur um die nun schon im Monatstakt länger werdende Liste Griechenland, Portugal, Irland, Spanien, Italien, Zypern ff. Vielmehr werden nun langsam auch Deutschland oder Österreich für langfristige Anlagen zunehmend als fragwürdig empfunden. Und die Ergebnisse des jüngsten EU-Gipfels machen klar, dass die Investoren guten Grund für ihre Haltung haben.
Das heißt natürlich noch keineswegs, dass Berlin & Co demnächst auf ihren Anleihen sitzen bleiben werden. Aber ich bin überzeugt, dass auch sie für langfristiges Geld am Ende dieses Jahres schon deutlich höhere Zinsen zahlen müssen als derzeit. Und vor allem wird bei ihrer Refinanzierung ein höherer Anteil als früher aus Geldern kommen, die nur dank der Europäischen Zentralbank überhaupt existieren.
Denn längst kann Europa nur noch dadurch seine Stabilität aufrechterhalten, dass die Notenbank halt wie in einer Bananenrepublik das Geld einfach druckt, wenn es der Staat braucht. Das war nach dem letzten Krieg in den sogenannten Nordländern völlig undenkbar, was deren Stabilität und Wachstum ermöglicht hat. Die Staaten mussten sich vielmehr selbst um ihre Kreditwürdigkeit bei unabhängigen Geldverleihern bemühen.
Dass das neu geschöpfte EZB-Geld pro forma nicht direkt an den Staat geht, sondern dazwischen über Banken geschleust wird, ist nur ein kleines Feigenblatt, um die Blößen der öffentlichen Finanzen in Europa noch ein wenig zu tarnen. Denn alle scheinen vergessen zu haben, dass am Ende alle Euro-Staaten für die EZB haften. Und die wäre ohne die Lizenz zum Gelddrucken längst insolvent.
Manche werden mir nun entgegnen, dass Deutschland zuletzt ja nur extrem niedrige Zinsen zahlen musste. Dafür gibt es eine logische Erklärung: Die europäischen Anleger müssen das Geld ja irgendwo anlegen – gleichzeitig befürchten sie aber mit einem Auseinanderbrechen des Euro. Im Zeitpunkt dieses Auseinanderbrechens würde jeder katastrophale Verluste machen, der sein Geld im Süden angelegt hat. Hingegen geht es dann allen zumindest relativ gut, die ihr Geld in deutschen Staatspapieren investiert haben.
Doch das Auseinanderbrechen des Euro steht nicht auf dem Programm – obwohl vieles dafür spräche. Doch alles, was dafür spricht, sind Zwangsläufigkeiten der ökonomischen Logik. Dagegen sprechen jedoch die Zwangsläufigkeiten der politischen Logik. Und die laufen halt total konträr.
Zwar kann die Politik weder die physikalischen Gesetze noch jene der ökonomischen Grundrechnungsarten außer Kraft setzen. Aber sie kann sich lange weigern, sie zur Kenntnis zu nehmen, wenn sie ihr nicht passen. So wie sie es etwa einst auch in der Frage getan hat, ob die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde kreist.
Damals war der Schaden nur einer für das Tempo des wissenschaftlichen Fortschritts. Im 21. Jahrhundert wird das Ignorieren wirtschaftlicher Gesetzmäßigkeiten schwere Schäden für Wohlstand, soziale und damit auch politische Stabilität bringen. So wie das schon im 20. Jahrhundert einmal der Fall war.
Eine der wichtigsten Grundregeln der Ökonomie lautet: „Es gibt nichts umsonst. Ob es nun die Kosten eines Krieges (anschauliche Beispiele waren der erste Weltkrieg in Europa und die amerikanischen Kriege in Vietnam sowie Irak) oder die Kosten einer weit über die Produktivitätszuwächse hinausgehenden Wohlstandsvermehrung sind (wie der Ausbau des europäischen Wohlfahrtssystems seit den 70er Jahren). Am Schluss zahlt jemand die Rechnung. Durch Steuern, durch Wohlstandsverlust, durch Ausbeutung. Und wenn man glaubt, die Rechnungen einfach durch Gelddrucken bezahlen zu können, dann endet das in einer Megainflation oder im Staatscrash, also dem Ausbleiben von Beamten- oder Pensionszahlungen.“
Der jüngste EU-Gipfel hat dennoch so wie schon eineinhalb Dutzend Vorläufer einen Triumph der politischen Mechanik über die wirtschaftlichen Zwänge gebracht.
Der dumme Satz vom notwendigen "Vorrang der Demokratie über die Märkte" ist eine der besten Waffen der Politik. Denn er suggeriert mehrheitsfähig, dass es um eine Auseinandersetzung zwischen den braven und fleißigen Bürgern und irgendwelchen bösen „Banken und Spekulanten“ ginge. In Wahrheit aber sind gerade die Bürger langfristig das Opfer des Erfolgs der Politik über die Märkte. Der Ruf nach dem Vorrang der Demokratie über die Märkte hat aber ungefähr die gleiche Intelligenz wie die Aussage: „Die Demokratie muss Vorrang über das Gesetz der Schwerkraft haben.“
Eine weitere Waffe der Politik, um die Ökonomie zu knebeln, ist das, was man nur noch als Hetze gegen Deutschland beschreiben kann. Für Spanien, Italien, Frankreich & Co ist es kurzfristig viel angenehmer, sich durch Drohungen weiteres Geld aus Deutschland zu erpressen, statt mit unpopulären Maßnahmen die Staaten zu sanieren. Das ist psychologisch verständlich – auch wenn theoretisch allen klar sein müsste, dass das langfristig nicht funktionieren kann.
Das eigentlich Verblüffende ist, dass Deutschland diesem Druck regelmäßig nachgibt. Vor jedem EU-Gipfel verkündet Angela Merkel noch, hart zu bleiben. Nachher aber hat die vermeintlich starke Bundeskanzlerin doch wieder nachgegeben. Warum eigentlich?
Nun, ein entscheidender Faktor liegt zweifellos darin, dass es sehr schwer ist, ganz alleine in einem Gremium von 27 Regierungschefs gegen den Rest zu stehen. Irgendwann knickt die ostdeutsche Pastorentochter dann eben doch wieder ein. Nie ganz, aber jedes Mal ein Stück mehr.
Wenn einem eine ganze Nacht lang südeuropäische Regierungschefs anschreien, dass man die Totengräberin Europas sei; wenn daheim die linke Opposition in die gleiche Richtung argumentiert; wenn selbst der außerhalb der EU stehende US-Präsident Druck auf Merkel ausübt (weil natürlich auch Amerikaner Forderungen an Spanien & Co haben); wenn als letztes Totschlagsargument gegen Deutschland die Nazi-Keule bereitliegt; wenn ein Scheitern eines EU-Gipfels kurzfristig von den Märkten garantiert als Schock empfunden würde (dessen Heilsamkeit erst später offenkundig würde): Ja, dann lässt sich auch eine Angela Merkel doch wieder auf einen faulen Kompromiss ein. Obwohl man weiß, dass es den nationalen Interessen Deutschlands schadet. Obwohl Merkel bei einem Hartbleiben die deutliche Mehrheit der deutschen Bürger hinter sich hätte.
Zumindest ein Land beugte sich beim jüngsten Gipfel jedoch nicht dem allgemeinen Druck – auch wenn das erst Tage danach klar wurde. Es sind die Finnen, die immer sehr ruhig, aber umso konsequenter agieren. Sie erklärten drei Tage nach dem Gipfel, dass sie ein Veto gegen Staatsanleihenkäufe durch den Rettungsfonds ESM einlegen werden. Dabei hat das Gipfel-Kommunique noch in Hinblick auf die nur noch schwer verkäuflichen Anleihen Italiens und Spaniens angekündigt, dass man künftig bei Anleihenkäufen „flexibler und effizienter“ sein werde.
Auch etliche andere Nationen wie die Briten, Tschechen oder Schweden haben an sich eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Sie sind aber nicht im Euro. Sie haben daher jedes Interesse, nicht in dessen Strudel hineingezogen zu werden und verhalten sich daher bei Gipfeln eher ruhig. Die ebenfalls auf Stabilität bedachten Niederländer haben wiederum eine Wahl vor sich und sind daher ebenfalls zurückhaltend.
Die größte Enttäuschung bei diesem Gipfel war das Verhalten des österreichischen Bundeskanzlers. Er hat zwar seit seinem Amtsantritt nie außenpolitisches Gewicht erlangt. Es ist deshalb unbemerkt geblieben, dass er mit seinen Äußerungen in letzter Zeit zunehmend der französischen und italienischen Schuldenpolitik nahegerückt ist. Dabei sind Österreichs Interessen zweifellos in hohem Ausmaß identisch mit den deutschen. Also müsste sich eigentlich auch Österreich mit Händen und Füßen dagegen wehren, ständig noch mehr für die Schulden fremder Länder zu haften. Das tut aber Faymann nicht. Lediglich die Finanzministerin traut sich, die österreichischen Interessen zu vertreten, während sich ihre Parteifreunde im Außen- und Wirtschaftsministerium peinlich ruhig verhalten.
Nun kann man durchaus meinen, dass auch der jüngste Gipfel an sich nicht die ganz große Katastrophe darstellt. Die wurde vielmehr schon 2010 ausgelöst, als entgegen dem EU-vertraglichen(!) Verbot Griechenland von den EU-Partnern zum ersten Mal gerettet wurde. Damals hat Merkel nach wochenlangem Zögern zum ersten Mal dem französischen Präsidenten Sarkozy nachgegeben. Alle weiteren Folgefehler haben sich dann fast zwangsläufig aus diesem ersten Fehltritt ergeben.
Das Ergebnis: Würden alle Haftungen und Kredite, die via EZB-Geldschöpfung, Target-2-Kredite, EFSF, ESM, Währungsfonds oder bilateral an die Krisenstaaten vergeben wurden, schlagend, dann wäre selbst Deutschland bankrott.
Es ist in hohem Ausmaß wahrscheinlich, dass Deutschland sogar jetzt schon überfordert ist. Das werden auch immer mehr potenzielle Kreditgeber in den nächsten Monaten erkennen. Das hat man nur eine Zeitlang dadurch verbergen können, dass die Haftungen und Kredite für die Schuldenländer in so vielen komplizierten, für den Laien kaum durchschaubaren, aber in Wahrheit immer auf dasselbe hinauslaufenden Instrumenten verborgen sind.
Gewiss darf man auch die wenigen positiven Signale aus Europa nicht ignorieren: Irland hat sich durch braves Sparen weitgehend wieder erholt; Portugal hält tapfer sein Sparprogramm ein; Italien hat zumindest einen Primär-Überschuss (es gibt also als eines der wenigen Krisenländer weniger aus, als es einnimmt, wenn man die Bedienung der Kredite ignoriert).
Aber das deutet noch auf keine echte Wende. Das zeigt noch nicht, dass die Rettungs-Idee funktioniert. Deren Kern lautet ja: Die Anderen schießen Geld zu, um Zeit zu kaufen, in der sich die Schuldenländer sanieren können. Länder wiue Griechenland haben die Zeit in keiner Weise genutzt. Spätestens seit auch ein Schwergewicht wie Frankreich ganz auf Schulden setzt, ist diese Zeitkauf-Idee wohl weitgehend gescheitert.
Zu diesem Scheitern hat noch mehr beigetragen, dass in diesen beiden Jahren allen die Botschaft vermittelt wurde: Die Deutschen als Chefs der kleinen Gruppe, die noch ein bisschen kreditwürdig ist, machen am Ende doch nie wirklich ernst mit ihren Drohungen. Sonst wäre ja etwa Griechenland schon lange das Geld ausgegangen.
Signifikant für das peinliche Herumdoktern der EU-Chefs ist die Ankündigung einer neuen europäischen Bankenaufsicht durch den jüngsten Gipfel. Das klingt gut. Nur hat man schon im Vorjahr haargenau dasselbe getan: nämlich eine Europäischen Bankenaufsicht (EBA) geschaffen. Diese hat damals mit ihren Stresstests für die Banken viel Aufsehen erregt hat. Diese EBA hat freilich den spanischen Banken ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt – und zwar knapp bevor da einige davon in Konkursgefahr geraten sind und vom Staat gerettet werden mussten.
Daher weiß jetzt kein Mensch, wie künftig diese beiden Aufsichten miteinander und mit den zahllosen sonstigen nationalen und internationalen Bankenaufsehern (für Österreich etwa OeNB, FMA, BIZ, IWF, OECD) harmonieren werden. Auch die Regeln und Konsequenzen der neuen Bankenaufsicht sind völlig unklar. Denn eigentlich will ja gar niemand größere Banken in die Insolvenz schicken. Vor allem will aus Eigeninteresse kein Staat, dass die Banken damit aufhören, die Staaten weiter zu finanzieren. Dabei ist die Staatsfinanzierung – neben den Immobilienkrediten – zur größten Risikoquelle des Finanzsystems geworden und müsste eigentlich als erstes eingeschränkt werden. Also ist das ständige Gerede „Noch mehr Aufseher!“ nur ein Mittel zur Wählertäuschung.
Diese Bankenaufsicht Nr. 227 (oder so) dient nur dazu, den eigentlichen Trick des jüngsten Gipfels zu tarnen: Künftig sollen die diversen europäischen Fonds auch Banken direkt „retten“ können (die eben zur Rechtfertigung dieses Schritts künftig auch von der EZB beaufsichtigt werden). Selbst wenn dazu kein neues Geld in die Rettungsfonds gepumpt werden sollte, ist diese scheinbar harmlose Maßnahme gefährlich: Erstens zählen diese Kredite nicht zur nationalen Staatsverschuldung, gefährden also scheinbar nicht die ohnedies labile Kreditwürdigkeit der Südstaaten und deren Maastricht-Kriterien. Und zweitens bekommen die Rettungsfonds solcherart nicht die Möglichkeit eines direkten Drucks auf die Staaten, mehr zu sparen.
Ebenso ärgerlich ist, dass der ESM (in dem also ein Gutteil der deutschen und österreichischen Haftungen stecken wird) gegenüber Spanien den Status als bevorrechteter Gläubiger verliert. Womit die Hoffnungen auf einen Rückfluss der Gelder weiter reduziert worden sind.
Das mag die Wall Street und einige andere Gläubiger Spaniens freuen. Für die mitteleuropäischen Steuerzahler ist das eine schlechte Nachricht.
Statt von Sparen und Sanierung redet daher die Politik neuerdings lieber von einer „Schuldenbewirtschaftung“. Wenn dieses Wort überhaupt irgendetwas heißt, dann eines: Niemand denkt daran, jemals die Schulden wirklich zurückzuzahlen.
Das Konzept „Zeitgewinn zur Sanierung“ scheitert vor allem deshalb, weil die Nationalstaaten nie und nimmer die wirkliche Gesetzgebungs-Autorität an übergeordnete Institutionen abgeben. Aber selber sind die meisten Staaten unter dem Druck der Wähler offenbar zu keiner echten Sanierung imstande. Jedoch nur durch einen nicht vom Populismus der nationalen Parlamente und Regierungen abhängigen Insolvenzverwalter könnten die meisten Staaten saniert werden: Dieser müsste selbst Beamtenkündigungen durchsetzen, das Pensionsantrittsalter erhöhen, die Urlaube verkürzen, unproduktive Subventionen streichen und vieles andere ebenso Notwendige wie Unpopuläre tun können. Das wird ihm keine Regierung erlauben.
Statt die Einsetzung solcher Sparbevollmächtigter zur Bedingung zu machen, hat Europa den Schuldenstaaten immer weitere Schecks geschickt und nur dazu gesagt: „Wenn ihr nicht spart, gibt es aber beim nächsten Mal wirklich kein Geld mehr“. Das aber wird zunehmend zur europäischen Lachnummer.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
In Deutschland tobt eine auch für Österreicher spannende Diskussion über die Einführung eines Betreuungsgelds für daheim aufgezogene Kleinkinder in den ersten drei Lebensjahren. Da kann man manche Argumente dagegen und etliche dafür vorbringen. Aber sicher falsch ist die Haltung der FDP.
Denn die deutschen Liberalen wollen die Entscheidung nicht den Eltern überlassen, ob diese in den ersten Jahren das Kind daheim betreuen (und dafür 100 oder 150 Euro Betreuungsgeld bekommen) oder in einen (geförderten) Kindergarten stecken. Sie wollen vielmehr die Entscheidung den Bundesländern überantworten. Das aber ist alles andere als liberal. Da würde neuerlich in einem weiteren Bereich ganz unliberal der Obrigkeit eine Entscheidung zugeschoben, die gerade ein Liberaler den Familien selbst überlassen sollte.
Viel seriöser ist ein anderer Vorwurf gegen das Betreuungsgeld: nämlich jener, dass das Geld dafür fehlt. Denn auch Deutschlands Kassen sind von schweren Schulden geplagt, obwohl sich die deutsche Wirtschaft relativ – relativ! – gut entwickelt. Ganz abgesehen von den über 300 Milliarden, die das Land schon für Europas Schuldner haftet.
Das Grunddilemma ist der Konflikt zwischen der Freiheit (sich einige Jahre den eigenen Kindern anstelle eines Berufes widmen zu können) und dem staatlichen Zwang (weil der Staat eben immer am besten weiß, was gut für die Menschen ist). Ein liberales wie auch ein christliches Menschenbild kann nur zu einer Ablehnung von noch mehr Macht für den Staat, noch mehr Bevormundung durch den Staat führen. Liberale wie Christen müssen, wenn sie ihre Überzeugungen ernst meinen, für Wahlfreiheit und damit auch die alternative Möglichkeit eines Betreuungsgeldes sein.
Nur wer unternehmerische Interessenpolitik mit der Grundhaltung eines am Individuum und dessen Freiheit orientierten Liberalismus verwechselt, kann gegen das Betreuungsgeld sein. Denn kurzfristig orientierte Unternehmer sehen in Zeiten relativer Vollbeschäftigung natürlich die gut ausgebildeten jungen Frauen lieber am Arbeitsplatz als daheim bei der Betreuung der eigenen Kinder.
Gibt man dem Staat die Entscheidung über die Kindererziehung, dann kommt man sofort zum nächsten Dilemma: Ist ein früher Kindergartenbesuch – also schon lange vor dem dritten oder auch zweiten Geburtstag – eigentlich gut oder schlecht für die Kinder? Diese Frage muss man dann sehr rasch noch weiter präzisieren: Für welche Kinder ist er eher gut und für welche weniger?
Viele Studien zeigen da nämlich ein klares soziales Gefälle. Bei sozialen Unterschichten (was im Klartext sehr häufig heißt: bei Zuwanderern mit islamischem oder afrikanischem Hintergrund und ohne deutsche Muttersprache) ist es für die Kinder hilfreich, möglichst früh aus ihrem oft lähmenden häuslichen Milieu herausgerissen zu werden. Hier könnte das Betreuungsgeld den falschen Anreiz bedeuten, Kinder möglichst lange in diesem Milieu zu lassen.
Bei normalen deutschen Mittelstands- oder Oberschichtfamilien liegt die Wirkung der Familie aber genau umgekehrt: Wenn sich Mütter (ich weiß schon: oder Väter oder Großeltern oder Tanten) in den ersten Lebensjahren hauptberuflich um die Kinder kümmern können, ist es besser für diese, als wenn sie den Großteil des Tages weggegeben würden. Was aber auch beim Mittelstand in der Regel nicht heißt, dass für ein Kind vor dem dritten Geburtstag ein paar Stunden pro Woche in Fremdbetreuung schädlich wären.
Ausnahmsweise könnte eine Lösung dieses schichtenspezifischen Dilemmas in der österreichischen Idee von Sprachstandsfeststellungen liegen. Diese erheben, ob kleine Kinder ausreichend Deutsch können. Ist das nicht der Fall, so schlägt für Österreich Sebastian Kurz sogar eine zweijährige Kindergartenpflicht vor, freilich erst ab dem vierten Geburtstag. Aber jedenfalls sollten bei den in einer anderen Sprache aufwachsenden Kindern die Anreize deutlich verstärkt werden, dass sie früher in den Kindergarten gehen.
Die deutsche Reglementiersucht hat hingegen unabhängig von der Nachfrage per Gesetz die Zahl der Kindergartenplätze angeordnet, welche es im nächsten Jahr geben müsse. Dabei gibt es überhaupt keine Chance, dass es auch genügend Kindergärtnerinnen dafür gibt. Auch die EU, die ja zur Rettung der eigenen Existenzberechtigung von noch üblerer Reglementierwut befallen ist, hat solche Quoten dekretiert – schon für Unterdreijährige! Diese EU-Vorgabe wird in Österreich zum Glück weitgehend ignoriert. Viel wichtiger ist es, dass etwa ab dem dritten Geburtstag alle Kinder mit fremder Muttersprache einen solchen Platz bekommen können.
Wenig beachtet, aber sehr erfreulich ist ein anderes Phänomen, dass sich in diesem Zusammenhang zu zeigen beginnt: Junge Frauen mit Kindern mischen sich zunehmend in ihre eigenen politischen Angelegenheiten ein. Sie erkennen wie etwa die deutsche Familienministerin, dass die in der Politik so lautstarken Radikalfeministinnen ihre ärgsten Feinde sind. Diese kämpfen für Genderaufsichtsbeamtenposten und Aufsichtsratssitze für ihresgleichen, aber keine Sekunde lang für die Interessen junger Mütter und Familien. Diese kämpfen – um ein Beispiel aus dem kommunalen Mikrokosmos hinzuzufügen – für Radwege, selbst wenn dadurch der Auslauf für kleine Kinder oder die Manövrierfläche für einen Kinderwagen noch weiter eingeschränkt werden.
Neben der emotionalen Stärke dieser Frauen ist für mich in dieser Frage noch ein anderer Eindruck sehr bestimmend: Das sind die verbrecherischen Zustände, unter denen Kinder jahrzehntelang in öffentlichen Pflege- und Heimplätzen aufwachsen mussten, nachdem sie ihren Eltern von angeblich wohlmeinenden Fürsorgerinnen abgenommen worden waren. Wegen der Arbeitslosigkeit oder Kriminalität des Vaters, wegen Alkoholkonsums der Eltern, oder weil man es halt einer ledigen Mutter nicht zutraut, ihr Kind aufziehen zu können. Dabei wären auch in diesen Fällen fast immer die leiblichen Eltern für die Kinder weit besser gewesen als die Prügel- und Kinderbordelle der Gemeinde Wien. Für welche übrigens Politiker die Verantwortung getragen haben, nach denen bis heute Straßen und Wohnhäuser genannt sind. Was zeigt, dass auch die dafür verantwortlichen heutigen Politiker vielleicht Gutmenschen, aber sicher keine guten Menschen sind.
Und jetzt sollen wir plötzlich Vertrauen zu dem gleichen Staat haben? Jetzt sollen seine immer mehr ins Leben jedes Einzelnen vordringenden Entscheidungen für Kinder und Familien besser sein als jene der Eltern? Eine ungeheure Zumutung.
Seit vier Jahren wird der Satz von allen Politikern und Journalisten nachgebetet: Die Finanzwelt muss strenger reguliert werden! Aber kaum jemand versteht, worum es dabei geht.
Erstens sollen höhere Eigenkapitalquoten vorgeschrieben werden. Das ist auch in Ordnung. Es ist jedoch reine Schikane, dass zu dieser Quote zwar Partizipationsscheine in staatlichen, aber nicht solche in privaten Händen zählen. Dabei sind rechtlich beide völlig gleich: Wenn es gut geht, fließen Erträge, wenn es schlecht geht, ist die ganze Einlage weg. Nicht anders ist ja auch das Los von Aktionären. Schon diese Bestimmung zeigt eine einseitige Staatslastigkeit der Regulierer.
Noch absurder ist der zweite Bereich, die Liquidität. Natürlich ist es gut, wenn Banken und Versicherungen liquide sind. Am liquidesten sind sie freilich dann, wenn sie das gesamte eingelegte Geld im Safe horten. Kleines Problem: Sie können dann keine Zinsen zahlen, sondern müssen umgekehrt Verwahrungsgebühren für Safe- und Personalkosten verlangen.
Daher will man doch auch andere Werte als Liquidität gelten lassen. Obwohl diese Werte oft keineswegs liquide sind. Absurd aber ist, was den Regulierern bisher als einziges mit Bargeld jedenfalls Gleichwertiges eingefallen ist: Das sind Staatsanleihen! Jawohl, Anleihen dieser bankrotten Gebilde.
Natürlich wissen die Regulatoren – und das nicht erst, seit griechische oder argentinische Papiere nur noch zum Tapezieren gut waren, – dass die Liquidität von Staatsanleihen eine Fiktion ist. In Wahrheit geht es ihnen aber gar nicht um Liquidität, also die Sicherheit der Anleger, sondern um die Angst der Staaten, sonst kaum noch Kredite zu bekommen. Selbst Deutschland hat ja schon – bei zunehmender Überalterung – eine sehr hohe Staatsverschuldung. Daher könnte man selbst beim starken Mann Europas zweifeln, ob seine Papiere wirklich auf Dauer werthaltig bleiben. Aber da ja Banken und Versicherungen einen Teil des eingelegten Geldes „liquide“ halten müssen, kaufen sie halt weiter deutsche Anleihen (und mit schon etwas geringerer Begeisterung auch österreichische oder niederländische). Immerhin bekommt man da im Gegensatz zum Bargeld wenigstens noch ein paar Zerquetschte als Zinsen. Und jedenfalls sind Papiere dieser Länder weit sicherer als jene vom Mittelmeer.
Erst seit den allerletzten Tagen will man nach jahrelangen Verhandlungen nun auch Gold und Aktien als Liquidität einstufen. Zwar gibt es auch hier große Fragezeichen – aber so „liquide“ wie ein griechisches oder spanisches Staatspapier sind die meisten Aktien allemal. Und Gold sowieso. Der Grund dieser Erweiterung des Liquiditätsbegriffs: Sonst hätten die Banken kaum noch Spielraum, Kredite an die Wirtschaft zu vergeben. Was die Arbeitslosigkeit explodieren ließe.
Diese beabsichtigte Milderung der Regeln macht aber wiederum die Finanzminister nervös: Denn dadurch wird das Interesse der Anleger an Aktien steigen und an Staatsanleihen sinken. Das heißt aber: Die Schlacht um die Regulierungsregeln wird wohl weitergehen.
Und erst in vielen Jahren wird man erkennen: Trotz allem Politikergerede kann es die absolut sichere Geldanlage nicht geben.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Endlich kommt die Gipfel-Horde
in das Buch der Weltrekorde,
rausgegeben Jahr für Jahr,
denn ins ferne Klima-Rio
düsten diesmal brav und bio
Fünfzigtausend, heißt es gar:
Lobbyisten, Journalisten,
Moralisten, Exorzisten
samt Statisten, viel wie nie,
und auch Wissenschafts-Verscherbler –
alle quasi Gunstgewerbler
für die Klima-Industrie!
Manche allerdings krakeelten,
weil paar Prominente fehlten –
Ähndschie etwa schickte schlicht
als Ersatzmann hin den Niebel,
aber war dabei sensibel:
Teppichrisken gibt’s dort nicht.
Andre zeigten sich verdrossen,
denn im Voraus schon beschlossen,
war das Abschluss-Konvolut –
sollen halt sie ohne Zieren
alles einfach rezyklieren,
dann war’s doch noch für was gut!
Grünpiss – oder wie die heißen –
fand es überhaupt zum Schmeißen,
drücken heute ja die Brust
echte Schuldenbillionen,
nicht bloß Klima-Fiktionen,
und da schrumpft die Spendelust.
Aber lasst’s euch nicht verdrießen:
Ignoranz wird weiter sprießen,
und gewiss auch nächstes Mal
werden aller Welt zum Zeichen
grüne Seifenblasen reichen
für den Klima-Karneval!
Pannonicus
Alfons Mensdorff-Pouilly war seit vielen Jahren eine der ungutesten Erscheinungen am Rande der heimischen Politik. Er war einer jener Adeligen, die einem anderen in jeder Sekunde signalisieren, dass sie etwas Besseres sind. Und er erweckte bei seinen öffentlichen Auftritten gerne den Eindruck, dass er sich eine Ministerin als Ehefrau hielt. So wie man sich ja auch Personal oder einen Jagdhund hält. Keine Spur von bescheidenem Im-Hintergrund-Bleiben, wie es die sonstigen besseren und schlechteren Hälften der Minister praktizieren.
Dass seine Frau in dieser Ehe fast automatisch zur Feministin werden musste, ist subjektiv verständlich. Das rechtfertigt freilich objektiv noch lange nicht ihren Feldzug gegen die Bundeshymne. Und dessen Erfolg noch weniger.
Aber zurück zur eigentlichen Causa: Natürlich gilt für Mensdorff trotz eines staatsanwaltschaftlichen Strafantrags eine recht starke Unschuldsvermutung. Natürlich ist es auffällig, dass die Staatsanwaltschaft wieder nur die in diesem Zusammenhang merkwürdige Rechtsfigur der Geldwäsche anklagt und nicht die eigentlich vermutete Bestechung von Amts- oder Entscheidungsträgern. Aber trotz aller Suche kann man dem jagdfreudigen Grafen keine konkrete Bestechung nachweisen. Es scheint durchaus fraglich, ob Mensdorff wirklich verurteilt wird. Denn beim Delikt der Geldwäsche geht es eigentlich um die Verfolgung dubioser Geld-Quellen (wie Mafia, Terrorismus und kriminelle Oligarchen) und nicht um dubiose Geld-Ziele.
Aber schauen wir mal. Die Sache wird sicher noch viele interessante juristische Diskussionen auslösen.
Was jedoch jenseits allen Strafrechts schon jetzt zu diskutieren ist, ist die Rolle eines Lobbyisten als Ministerpartner. Denn diese Doppelrolle hat in jedem Fall einen üblen politischen Geruch. Während für Minister jede zusätzliche Tätigkeit verboten ist, gilt dieses Verbot nicht für die Ehepartner. Alle diesbezüglichen Auflagen und Einschränkungen sind ja im Zuge der Emanzipation längst annulliert worden. Wobei das anfangs de facto nur Ehefrauen zugute gekommen ist, die eben auch das Recht auf ungehinderte Berufsausübung haben wollten. Dennoch haben die meisten Ministerfrauen keine sonderlichen beruflichen Ambitionen. Was aber nicht immer für die Männer von Ministerinnen gilt (sofern vorhanden; freilich hat auch eine lesbische Partnerin einer amtierenden Ministerin eine erstaunliche berufliche Karriere gemacht, auch mit Hilfe von Aufträgen aus jenem Ministerium).
Das ist an sich ein großes Dilemma. Und ich habe viel Verständnis für die Betroffenen. Unentschuldbar wird der Umgang mit dem Dilemma aber im konkreten Fall aus mehreren Gründen. Erstens wegen der mit der Rolle eines Ministers besonders unverträglichen Tätigkeit eines Lobbyisten, der sich ja fast immer um Regierungsaufträge bemüht. Und zweitens weil sich der Graf medial immer sehr in den Vordergrund gestellt hat. Er war ständiger Gast in diversen Seitenblicke-Rubriken, weshalb ihn auch manche für einen wenig schlauen Graf Bobby gehalten haben. Diese Seitenblicke-Präsenz ist ihm aber geschäftlich sehr zupass gekommen. Denn dabei wurde fast nie vergessen, darauf hinzuweisen, dass er ja der Partner einer Ministerin sei.
Überdies gab es in den Zeiten der schwarz-blau/orangen Regierung viele gemeinsame halbprivate Auftritte der Regierung samt Ehepartnern. Wolfgang Schüssel wollte damit das hasserfüllte Klima der großen Koalition durch vertrauensvolle Freundschaft ersetzen. Was zwar zeitweise geglückt ist. Was aber den unbeabsichtigten Effekt hatte, dass sich der rampengeile Graf für Außenstehende noch besser als total macht- und entscheidungsnah positionieren konnte. Da ist die Optik alleine entscheidend, nicht die juristische Sachlage.
Seine Frau hat diese moralisch-politische Unvereinbarkeit aber offenbar bis heute nicht wirklich begriffen. Im Gegenteil: Sie ging sogar ins Fernsehen, um empört ihren Mann und sich zu verteidigen. Das Wie dieses Auftritts hat sie aber zusammen mit einer – wohl auf Verlangen der ÖVP-Führung eingebrachten – Klage gegen ein Magazin wohl endgültig diskreditiert.
Denn nun ist auch aus ihrem Mund klar bestätigt, dass sehr wohl ihr Ministerium mit einer vom Ministerinnen-Mann betreuten Firma Geschäfte abgeschlossen hat. Denn eine von ihr unterzeichnete Abnahmegarantie für nicht verkaufte Produkte dieser Firma ist genauso ein Vertrag wie beispielsweise ein Kaufvertrag, auch wenn das die wackere Lehrerin Rauch-Kallat nicht weiß. Denn ein Sektionschef verkörpert immer auch den jeweiligen Minister – noch dazu, wenn dieser Sektionschef eine persönliche Wahl des Ministers war.
Mit anderen Worten: Diese versuchte Selbstrechtfertigung Rauch-Kallats war die endgültige politische Selbstvernichtung. Auch wenn es vielleicht am Ende keine Strafrechtsverurteilung ihre Mannes gibt. Auch wenn sie mehr von dem schlauen Macho in Graf-Bobby-Tarnung missbraucht worden ist, als sie selbst begriffen hat. Auch wenn ihre Schuld zweifellos viel geringer ist als die jener amtierenden(!) Minister, die in die Staatskasse gegriffen haben, um sich das Wohlwollen schmieriger Boulevard-Zeitungen zu kaufen. Auch wenn die von Mensdorff betreute Firma vielleicht die einzige war, welche die in Grippepanik plötzlich benötigten Gesichtsmasken liefern konnte.
Aber dennoch hätte ein intelligenter Minister gleich fünf Firewalls aufstellen müssen, wenn sich ein geschäftlicher Kontakt mit einer Firma auch nur abzeichnet, mit der der eigene Ehepartner viel Geld verdient. Etwa durch Einschaltung der Bundesbeschaffungsgesellschaft.
Damit ist auch die neue Sauberkeits-Doktrin der ÖVP auf dem Prüfstand. In der Causa gibt es nämlich nichts mehr abzuwarten, wie es Michael Spindelegger in seiner gütigen Art offenbar will. Die Partei hat ja auch Ernst Strasser zu Recht lange vor jeder rechtskräftigen Verurteilung vor die Tür gesetzt. Da wie dort sind die schon bewiesenen und eingestandenen Dinge politisch und moralisch so degoutant, dass ein Zuwarten eine Identifikation mit der Tat bedeuten würde.
Alter Wein in neue Schläuche. Oder: Schon wieder ist Angela Merkel eingeknickt. Beide Reaktionen waren in den ersten Stunden nach dem Gipfel zu hören.
Und seltsamerweise sind beide Sichtweisen zum Teil richtig. Rechtskräftig ist vorerst noch gar nichts. Die wirklichen Folgen werden noch von der detaillierten Ausarbeitung der Gipfelbeschlüsse abhängen. Aber dennoch ist jetzt schon klar: Die deutsche Bundeskanzlerin ist in einigen Punkten eingeknickt. So soll es künftig entgegen dem vor dem Gipfel beschworenen deutschen Standpunkt auch direkte Stützungskredite an Banken geben, womit insbesondere die spanische Regierung etliches an Verantwortung Richtung Europa los wäre. So ist offenbar die Kontrolle für Schuldenregierungen gemildert, nicht verschärft worden.
Damit hat sich erneut gezeigt: Die deutsche Regierungschefin hält Druck nicht gut aus, wenn sie von fast allen anderen Kollegen eine Nacht lang belagert wird. Das ist deprimierend. Denn schließlich ist sie der einzige europäische Außenposten der Vernunft. Die Front der südeuropäischen Schuldenländer und der erstarkenden Linksregierungen hat daher einen Punktesieg verzeichnen können. Besonders ärgerlich ist dabei, dass auch Österreich in diese Front eingetreten ist – obwohl Bundeskanzler Faymann ohne Sanktus der ÖVP dort eigentlich keine Position beziehen dürfte.
Auf der anderen Seite hat Merkel in der wichtigsten Frage gehalten: Es gibt keine Eurobonds (auch wenn der schon bei früheren Gipfeln beschlossene und in den nächsten Tagen durch das Berliner und Wiener Parlament gehende Stabilitätsmechanismus ESM diesen Eurobonds verdammt ähnlich schaut).Damit fließt nur alter Wein, also schon früher zugunsten von Staats-Hilfen beschlossenes Geld an die Banken.
Bezeichnend ist die Reaktion der Märkte (die ja alle heftig auf das deutsche Geld gieren): Zuerst stiegen sie steil, aber schon Stunden später fielen sie wieder, als sie das Ergebnis genauer analysiert hatten. Womit die Halbwertszeit des Gipfels ein absolutes Rekordniveau erreicht hat. Hatten doch die „Durchbrüche“ auf den 18 bisherigen Krisengipfeln in der Regel wenigstens ein paar Tage lang die Märkte beruhigen können.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der Kanzler und SPÖ-Vorsitzende hat eindeutig an Statur in EU-Fragen gewonnen. Er vertritt klare Botschaften und zieht sie mit erstaunlicher Konsequenz durch. Der seinerzeit so heftig umstrittene Brief an die Chefredakteure und Herausgeber verschiedener Tageszeitungen, wonach in wichtigen EU-Fragen - das gilt besonders für wesentliche Änderungen der Verträge - künftig eine Volksabstimmung abzuhalten ist, besitzt politischen Kultstatus. Der offenen Brief, der die Unterschrift von Werner Faymann und Alfred Gusenbauer trägt, erweist sich in der Rückschau nach gefühlten Jahrzehnten der Eurokrise als geradezu visionär. Selbst ÖVP-Chef Außenminister Michael Spindelegger ist dieser Tage auf diese Linie eingeschwenkt. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit, wenn man weiß, wie sehr der Brief die beiden Parteien entzweit hat. Faymann punktet auch in Sachen Finanztransaktionssteuer auf dem europäischen Parkett. Die österreichischen Sozialdemokraten waren die Ersten, die sich massiv für die Steuer ins Zeug gelegt haben und frühzeitig konnten die Deutschen mit ins Boot geholt werden - allen voran Wolfgang Schäuble (CDU). Zuletzt hat Finanzministerin Maria Fekter heftig für die Einführung der Lenkungsabgabe zur Zügelung der Finanzmärkte gekämpft. Das trug ihr lobende Worte vom Grünen Vizeparteichef Werner Kogler ein. Durchaus bemerkenswert, da Oppositionelle beim Lob für Regierende naturgemäß zurückhaltend sind. Nun ist es endlich so weit. Die größten Volkswirtschaften des Währungsraums, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien sowie Österreich, Belgien, Portugal, Slowenien, Griechenland und Zypern wollen diesen Schritt setzten. Wenn alle Details geklärt sind und die Steuer kommt, die eine Rückbesinnung auf die Realwirtschaft einleitet, ist dies ein großer Schritt aus der Krise. Der Kanzler und sein Kabinett dürfen sich den internationalen Erfolg zu Recht auf ihre Fahnen heften.
Andreas Unterberger
Diese Frage überfordert mich. Ich bin nicht imstande, einen klaren oder gemeinsamen Europa-Kurs der Regierung zu erkennen (von der wirtschaftspolitisch unbedarften Opposition ganz zu schweigen).
So hat SPÖ-Chef Faymann anfangs die Europa-Politik einfach der Kronen-Zeitung überantwortet. Nach dem Tode Hans Dichands konnte er diese ignorieren und er hängte sich an die Rockschöße Deutschlands. Das war seine relativ beste Phase. Seit aber in Frankreich die Sozialisten an der Macht sind, eiert Faymann haltlos herum. Denn Frankreich giert wie ein Drogensüchtiger auf neue Schulden und die Haftung Deutschlands und Österreichs dafür (etwa durch Eurobonds). Dennoch hat Faymann die "Eurobonds" skurrilerweise sowohl positiv wie negativ kommentiert.
Die ÖVP ist noch stärker an Angela Merkel orientiert. Parteichef Spindelegger hat ansonsten das mitten in einer aktuellen Krise eher esoterische Thema einer neuen EU-Verfassung mit Direktwahl eines Europa-Präsidenten entdeckt. Am positivsten wirkt die Finanzministerin, die sich neuerdings überraschend deutlich gegen weitere Schuldenübernahmen ausspricht. Aber auch bei ihr hat man kaum den Eindruck, dass Österreich jemals auch ohne Schielen nach Berlin mutig eine eigene Position durchziehen würde. Die etwa lauten sollte: "Auch wenn der Euro viele Vorteile gebracht hat, geben wir ihn lieber wieder auf, bevor die hemmungslose Schuldenpolitik südeuropäischer Krisenländer auch Österreich (und andere) mit in den Strudel reißt." Oder: "Es gibt nach den rund 30 sinnlos für Haftungen riskierten Milliarden aus Österreich keinen Cent mehr für Länder wie Griechenland, die alle Reformversprechen gebrochen haben. So lange ich lebe." Freilich: Auch Angela M. ist dieser ermutigende letzte Satz erst mit zweijähriger Verspätung Inhalt eingefallen.
Fast täglich liefert die heimische Politik Ärgerliches und Provozierendes. Dennoch sei heute einmal primär das Positive hervorgehoben: die – einstimmige! – Einigung in einem Parlamentsausschuss, dass die Causa Kampusch neu untersucht werden soll. Das ist ein Anlass zu großer Freude. Die kann sogar den Zorn darüber dämpfen, dass die SPÖ gleichzeitig in ihrer Personalpolitik auf „Stalinismus Volle Kraft Voraus“ geschaltet hat. Offenbar geht die Partei davon aus, schnell unabhängig von jeder Qualifikation noch möglichst viele Genossen versorgen zu müssen, bevor ihr der nächste Wahltag einen Dämpfer versetzt.
Aber zurück zu Kampusch: Natürlich ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass heute, so viele Jahre nachher, noch wirklich restlose Klärung in den Fall gebracht werden kann. Aber es ist jedenfalls in einer verfahrenen Situation die beste Idee, dass sich einmal ausländische Experten alles anschauen können. Und dass da nicht ständig nur ein Staatsanwalt anderen Staatsanwälten Persilscheine ausstellt.
Ebenso erfreulich ist, dass nun offenbar ein Verfahren gegen Staatsanwälte wegen Nötigung in Gang kommen dürfte, die offenbar eine Zeugin unter Druck gesetzt haben, wunschgemäß auszusagen. Der tragische und höchstwahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit der Affäre stehende Selbstmord eines Kriminalbeamten kann ohnedies nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Mann war etlichen Indizien zufolge unter massiven Druck geraten, nachdem er die Dinge ganz anders gesehen hat als die Staatsanwälte,
Was auch immer herauskommt: Rätselhaft bleibt, warum sich gleich drei Ministerinnen da nicht getraut haben, selbst ihrer Aufsichtspflicht über die Staatsanwälte nachzukommen, die sie ständig als so wichtig bezeichnen. Sind die Herren in Rot (was bei vielen in mehrfacher Hinsicht zutrifft) wirklich zu einem unangreifbaren Staat im Staat geworden? Ideal ist es nämlich keinesfalls, dass Abgeordnete nun anfangen, wider die Gewaltentrennung die Justiz zu kontrollieren. Dies ist vor allem angesichts des in den diversen Untersuchungsausschüssen gezeigten Rechtsverständnisses mancher Abgeordneter problematisch, das ja mit serienweisen Vorverurteilungen und Unterstellungen heftig an die Methoden der Französischen Revolution erinnert (um nicht gar spätere Geschichtsepochen bemühen zu müssen).
An dunkle Epochen erinnern auch die Personalmaßnahmen der SPÖ. Da feuerte die Infrastrukturministerin Bures in einer Handstreichaktion den Industriellen Peter Mitterbauer als Aufsichtsratsvorsitzenden der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Und gleichzeitig wurde dort die in Nationalbank ausscheidende Genossin Gertrude Tumpel-Gugerell inthronisiert, die zufällig auch Ehefrau des Arbeiterkammer-Chefs ist.
Tumpel hat gewiss in der Europäischen Zentralbank etliche Erfahrungen in internationalen Finanzfragen gesammelt. Freilich ist sehr negativ aufgefallen, dass sie dort ohne irgendeinen erkennbaren Widerstand allen Geldverbrennungen zugunsten der reformunwilligen Schuldenstaaten zugestimmt hat. Aber ganz sicher hat sie Null Erfahrung mit industriell angewandter Forschung. Und einzig um diese Forschung geht es in der FFG. Bezeichnend und trotz aller Vorbehalte für Tumpel geradezu kränkend ist der Umstand, dass Bures als einziges Argument für den handstreichartigen Wechsel das Geschlecht Tumpels zu nennen wusste. Da hätte doch selbst einem drittklassigen Pressesprecher Besseres einfallen müssen.
Natürlich geht es nicht um das Geschlecht, sondern um Parteiloyalität. Die ist in der Faymann-SPÖ zum einzigen Maßstab geworden. Das kann man auch daran ablesen, dass am gleichen Tag auch Sozialminister Hundstorfer eine massiv parteipolitische Personalentscheidung getroffen hat, deren Opfer eine Frau ohne rotes Parteibuch wurde (zugunsten einer anderen Frau mit heftigem roten Stallgeruch).
Es geht um die Leitung des Wiener Arbeitsmarktservices. Hier war die im letzten Moment abservierte Kandidatin bisher stellvertretende Geschäftsführerin gewesen und von einem Personalberater als bestqualifizierte bezeichnet worden. Was offenbar egal ist, wenn jemand Gewerkschaft und Rathaus ein Dorn im Auge ist. Statt ihr wurde eine gehorsame Frau aus dem Hundstorfer-Ministerium ins AMS platziert, also noch dazu jemand ohne unmittelbare AMS-Erfahrung.
Das reiht sich in die skandalöse Personalauswahl bei den beiden zuletzt neu besetzten „roten“ Posten im Verfassungsgericht. Auch dort sind nicht etwa die Besten (in diesem Fall: Verfassungsjuristen) gesucht und auserkoren wurden, sondern jene Genossen, die unmittelbare Vasallendienste für rote Spitzenpolitiker geleistet haben. Dabei hätte es durchaus auch gute sozialdemokratische Juristen gegeben. Das sind freilich solche, die selber denken und nicht nur die Parteimeinung duplizieren (gar nicht zu reden davon, dass die rot-schwarze Privatisierung des VfGH überhaupt ein Skandal ist und schlimmer als alles, was man den Ungarn zuletzt vorgeworfen hat).
Dazu kommt, dass auch im Burgenland der Landesrechnungshof künftig von einem langjährigen Kofferträger des amtierenden Landeshauptmannes besetzt wird. Was bei den Aufgaben eine Rechnungshofs ungefähr die schlechtestmögliche Qualifikation ist.
Man darf gespannt sein, ob das alles in jenen angeblich unabhängigen Medien auch so laut kommentiert wird wie vor einigen Wochen die Nichtverlängerung des Arbeiterkämmerers Muhm in einem Nationalbankgremium. Da haben diese Medien nämlich alle tagelang aufgeheult – obwohl die Finanzministerin im gleichen Zug auch einen bekannt bürgerlichen Ökonomen abserviert hat.
Diese Personalentscheidungen erinnern lebhaft an die letzten Monate des Jahres 1999: Auch damals hat die SPÖ in breitester Front ihre Parteigänger versorgt. Was natürlich die Frage aufwirft: Wird sich 2013 auch das wiederholen, was als Folge der Wahl 1999 in den ersten Wochen des Jahres 2000 passiert ist?
Nirgendwo klaffen bei dieser Regierung Propaganda und Realität so weit auseinander wie bei Gesundheit und Bildung. Zum Schulschluss hat vor allem das Schulthema große Chance auf unkritischen medialen Widerhall. So wie zu Allerheiligen Friedhofsthemen. Das nutzt die verantwortliche Ministerin prompt dazu, sich derzeit selbst tagtäglich Zeugnisse auszustellen. Diese bestätigen Claudia Schmied aber in Wahrheit nur in einem einzigen Gegenstand ein gutes Abschneiden: nämlich in Sachen Manipulation und Dialektik. Ansonsten schaut es rund um die Schulpolitik derzeit nämlich extrem traurig aus.
Die neuesten Einträge ins Klassenbuch des Versagens und Manipulierens:
Erstens: Der Schmiedsche Propagandaapparat verbreitete diese Woche Statistiken, denen zufolge die „Neuen Mittelschulen“ zu einem weit höheren Prozentsatz den 14-Jährigen AHS-Reife verschaffen, als es die Hauptschulen tun. Das hätten (schon im März!!) die ersten Jahrgänge gezeigt, die in fünf Bundesländern nun gerade die NMS hinter sich bringen. Klingt doch toll – aber leider nur für total Ahnungslose.
a. Die ersten Zweifel an der Schmiedschen Behauptung kommen einem beim Vergleich der Bundesländer-Ergebnisse. Denn im seit Jahrzehnten stramm sozialistisch beherrschten Burgenland soll die AHS-Reife gar bei vier von fünf NMS-Absolventen vorliegen. Hingegen scheint in den weniger von linken Kadergehorsam beherrschten Ländern Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg jeweils nur rund die Hälfte der NMS-Absolventen reif fürs Gymnasium zu sein. Ziemlich seltsam, um wie viel klüger die Burgenländer dieser Propaganda zufolge sein sollen. (Aus Höflichkeit erspare ich mir hier alle Burgenländer-Witze).
b. Was die ministeriellen Spin-Doctoren in ihrem Propaganda-Feldzug verschweigen: Die AHS-Reife wird nicht etwa von AHS-Lehrern festgestellt, welche die Absolventen der NMS übernehmen sollen. Vielmehr erfolgt die Bewertung durch die NMS-Lehrer selbst. Diese bewerten damit den Erfolg der eigenen Anstrengungen. Was vielleicht kein ganz objektiver Maßstab sein dürfte (und schon gar nicht dann,wenn die Lehrer unter Druck eines militant ideologischen Landesschulrats wie im Burgenland stehen). Wäre die Selbstbewertung ein legitimer Maßstab, würde sich dieses Modell wohl auch für künftige Wahlrechtsreformen nach sozialistischer Art eignen: Da werden dann nicht mehr die Wähler, sondern die Parteien selbst sich die Zeugnisse in Form von Wahlergebnissen ausstellen. Die wohl nicht mehr sehr überraschend wären.
c. Verschwiegen wird von den Schmied-Propagandisten auch, dass die Hauptschulen wie auch die AHS-Unterstufen gesetzwidrig mit viel größeren Schülerzahlen in den Klassen fertig werden müssen als die Gesamtschulen.
d. Verschwiegen wird weiters, dass für jede einzelne dieser kleineren NMS-Klassen überdies noch viel mehr Lehrerstunden bezahlt werden als für die größeren Klassen anderen Schulen.
e. Verschwiegen wird auch, dass bisher alle objektiven Vergleiche von Gesamtschulen (etwa in Wien gibt’s die ja schon viel länger als die Schmied-NMS) mit den ersten beiden Klassenzügen der Hauptschulen für die Gesamtschulen vernichtend ausgefallen sind. Und dass sich das Ministerium bis heute krampfhaft bemüht, alle echten Vergleichsstatistiken vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.
f. Und last not least bestätigen alle befragten Lehrer von AHS, dass im Schnitt Schüler, die von Gesamtschulen kommen, schlechter sind als jene von Hauptschulen. Was auch kein Wunder ist: Denn in der Hauptschule wird nach Leistung getrennt unterrichtet, während in den Gesamtschulen vom Gescheitesten bis zum Blödesten alle den gleichen Unterricht erhalten. Wobei es wenig nützt, dass in den NMS statt einem meist zwei Lehrer gleichzeitig in der Klasse stehen. Die Schüler fühlen sich durch diese Vielfalt oft mehr verwirrt als gefördert.
Zweitens: Die AHS werden zugunsten der NMS nicht nur in der Unterstufe ausgehungert. Dasselbe Schicksal erleiden auch reine Oberstufenrealgymnasien – obwohl diese eigentlich (noch?) nicht auf der Abschussliste linker Schulklassenkampf-Pläne stehen. Ein Direktor eines solchen BORG hat mir die Daten seines Investitionsbudgets gezeigt, also jener Geldmittel, die er für Computer, Beamer und ähnliches ausgeben kann: Waren das 2009 noch 22.000 Euro, so sank der Wert dann alljährlich: 17.000, 13.000 und zuletzt 10.000 Euro. Und das nennt sich dann „Bildungsoffensive“ . . .
Drittens: Ein wirklicher Skandal ist auch die institutionalisierte Untätigkeit der Unterrichtsbehörden beim Thema Schulschwänzen. Denn das nach langen Aufregungen nun mit dem Innenministerium vereinbarte Antischwänz-Paket ist geradezu lächerlich. Damit ist weniger die vordergründige Debatte um die Höhe von Geldstrafen gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass überhaupt erst nach dem zehnten(!) Schwänztag die ersten Konsequenzen vorgesehen sind. Und die sind peinlich harmlos: Man redet halt einmal mit den Eltern über das Problem.
Dazu kommt ja, dass ohnedies ein Gutteil der Schulschwänzer nicht erwischt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eltern irgendwie aus Dummheit oder Solidarität mit dem Schwänzen ihrer Kinder mitspielen.
Aber warum bitte gibt’s diese Konsequenz nicht wenigstens gleich beim ersten Tag, an dem ein Schüler beim Schwänzen erwischt wird? Und warum werden die Schwänzer nicht beispielsweise verpflichtet, an Nachmittagen Versäumtes nachzuholen? Statt dessen hört man von der Ministerin nur den hohlen Newspeak der Linken: Es brauche statt Konsequenzen „Prophylaxe“, „Jugendwohlfahrt“ und „Vereinbarungskultur“.
Viertens: Während Schmied und ein Gutteil der Politiker derzeit davon schwätzen, dass die Lehrerausbildung verbessert werden müsse, geht der Zug in die andere Richtung: Zumindest nach den Plänen der Linken sollen die Pädagogischen Hochschulen künftig auch AHS-Lehrer ausbilden.
Was in vielen Fächern ein absoluter Wahnsinn wäre: Denn an diesen PH unterrichten überwiegend avancierte Pflichtschul- und AHS-Lehrer, keineswegs Universitätsprofessoren. Wie diese Menschen Lehrer wissenschaftlich ausbilden sollen, die dann Schüler zur Universitätsreife heranzuführen hätten, bleibt ein absolutes Rätsel. Außer man verwendet jenen Erklärungsschlüssel, der letztlich hinter so viele rot-grünen (Anti-)Bildungs-Aktionen steht: „Matura, Bachelor und Master für jeden! Und zwar ohne altmodischen Leistungsfimmel, weil sonst wären ja bildungsferne Schichten benachteiligt!“
Ein ganz anderes Thema ist freilich, dass sowohl nach einer PH wie bisweilen auch nach einer Uni die Absolventen oft nicht einmal die deutsche Rechtschreibung oder die (theoretisch) studierte Fremdsprache beherrschen. Dennoch wurde ihnen die Unterrichtsfähigkeit attestiert.
Fünftens: Soeben ist eine hochinteressante Statistik veröffentlicht worden („Gewalterfahrungen von Jugendlichen: Prävalenzen und Risikogruppen“, HG Strohmaier u.a.). Sie sagt, dass es an maturaführenden Schulen deutlich weniger Gewalt unter Schülern gibt als an Pflichtschulen. Das ist zweifellos einer der vielen Gründe, warum immer mehr Schüler wie Eltern trotz aller ministeriellen Aushungerungsaktionen in die AHS drängen.
Die Linken hingegen begründen sogar mit dieser Statistik den Vorteil von zwangsweisen Gesamtschulen. Das Warum ist nicht so klar. Vielleicht damit in diesen dann die schon vom Elternhaus durch Gewalt geprägten Kinder in den zur Gewaltlosigkeit erzogenen Mittelschichtschülern Prügelopfer in ausreichender Zahl finden.
Sechstens: Eine andere Studie („Schulqualität und Befinden in der Schule“, Eder, Haider) zeigt, dass der Leistungsdruck in den Schulen nachgelassen hat. Auch fühlen sich die Schüler zunehmend wohl in den Schulen.
Hochinteressant – und ehrlich – ist der Schluss des Autors Ferdinand Eder: „Wir haben oft die Erwartung, dass ein besseres Wohlfühlen in der Schule zu mehr Lernerfolg führe. Und diese Verbindung, die lässt sich nicht nachweisen.“ Und weiter: „Wenn Leistungsdruck deshalb geringer wird, weil die Herausforderungen weniger geworden sind, dann ist das zwar auf den ersten Blick positiv. In Bezug auf die Schule ist das keineswegs positiv, dass nicht nur der Leistungsdruck zurückgegangen ist, sondern auch das, was von den Schülern verlangt wird.“
Vielleicht denken an Hand solcher Studien auch die mit dem Bildungssystem so unzufriedenen Industriellen einmal wirklich über die Ursachen des Bildungsverfalls nach? Das wäre jedenfalls viel sinnvoller, statt sich weiter mit den Propagandisten linker Kuschelpädagogik ins Bett zu legen. Die ist nämlich eine Hauptursache des Verfalls.
Die Chancen, dass unsere Industriellen klüger werden, sind freilich gleich Null, seit in der Industriellenvereinigung ein blauäugiger Sozialliberaler regiert, der all diese linken Sprüche nachplappert. Übrigens sind die deutschen Unternehmerverbände vehement für ein differenziertes Schulsystem. Aber die sind halt neoliberal und nicht sozialliberal.
Siebtens: Die Intelligenzprobleme linker Bildungspolitiker zeigten sich auch bei der Präsentation einer Arbeiterkammerstudie über Nachhilfe. Diese ergibt zwar viel höhere Nachhilfe-Ausgaben als eine ähnliche Studie der Statistik Austria. Aber auch nach der AK-Studie sind die Ausgaben für Nachhilfe binnen eines Jahres von 127 auf 107 Millionen Euro gesunken. Das heißt logischerweise: Entweder sinkt der Leistungsanspruch in den Schulen dramatisch oder die Schulen sind plötzlich viel besser geworden.
Arbeiterkammerchef Tumpel hat freilich eine dritte Erklärung: Die Menschen können sich plötzlich die Nachhilfekosten nicht mehr leisten. Die Tatsache, dass im gleichen Jahr die Konsumausgaben gestiegen sind, deutet freilich nicht wirklich auf eine Verarmung der Österreicher hin. Solche Tatsachen können aber ganz offensichtlich die Klassenkampf-Logik eines Arbeiterkammer-Bonzen nicht beeinträchtigen.
Besonders heiter ist auch, wie die ÖGB-Vizepräsidentin Oberhauser auf die gleiche Statistik reagierte. Obwohl die Höhen der Nachhilfeausgaben zwischen der von den Linken gehassten Hauptschule und der mit gigantischen Budgetmitteln subventionierten Neuen Mittelschule nicht einmal um zehn Prozent auseinanderliegen, leitet sie daraus den endgültigen Beweis für die Gesamtschule ab. Dabei sind die Mehrausgaben für die Gesamtschule immer damit begründet worden, dass dann die Nachhilfeausgaben wegfallen würden. Dabei sind Gesamtschulen viel häufiger Ganztagsschulen als die Hauptschulen.
Verschwiegen wird natürlich auch, dass in den Pisa-Siegerländern in Asien der Anteil der Schüler mit Nachhilfe ein Vielfaches des österreichischen Wertes beträgt; dass dort die besten Nachhilfeinstitute sogar Wartelisten führen; dass es dort einen gewaltigen Wettlauf um Plätze in den besten Schulen gibt, die gute Karrierechancen versprechen. Und all das ist der Fall, obwohl jene Länder theoretisch reine Gesamtschulländer sind. Oder vielleicht gerade deshalb?
Aber Gewerkschaftsbosse und andere Linke wissen ohnedies immer das Ergebnis jeder Studie voraus. Ist das Wetter schlecht, beweist das die Notwendigkeit der Gesamtschule. Ist das Wetter gut, beweist das die Notwendigkeit der Gesamtschule. Ist das Wetter wechselhaft natürlich ebenso.
Achtens: Die hemmungslose Charakterlosigkeit dieser Ministerin hat sich in den letzten Wochen noch an etwas ganz anderem gezeigt: Sie hat seit 1. Mai über 200.000 Euro für Inserate an Wiener Medien verschoben, die wie immer vor allem an die drei übelsten Boulevard-Medien gingen. Der Inhalt:Meist ihr Bild und schwachsinnige Werbesprüche wie "Die Neue Mittelschule - ein Meilenstein für Österreich". Das wirklich Grausliche daran: Sie macht diese schmierige Aktion noch ganz knapp, bevor das Medientransparenzgesetz in Kraft tritt. Nach diesem sind nämlich ab 1. Juli sowohl Inserate mit Ministerphotos wie auch mit solchen Werbesprüchen verboten.
Diese charakterlose Person setzt also noch schnell und bewusst um unser Geld solche Sauereien, bevor diese - endlich - verboten werden, sie nützt noch rasch Gesetzeslücken, um käufliche Blätter zu bestechen. Was ist das nur für ein Land, in dem so jemand die Erziehung unserer Kinder anvertraut ist?
PS.: Ausnahmsweise einmal an dieser Stelle ein Buchtipp für alle, die sich ernsthaft mit Bildungsfragen befassen wollen: Dieter Grillmayers „Schule zwischen Anspruch und Zeitgeist“ analysiert die letzten 50 Jahre ununterbrochener Bildungsreformen. Und der Autor wagt sogar herauszuarbeiten, dass gute Bildung absolut keine Frage von mehr Geld (des Staates oder der Eltern) ist. Zugleich ist – wäre – der Buch auch ein Steinbruch für die Suche nach wirklich sinnvollen Bildungsideen.
Die Parteienförderung wird kräftig erhöht. Darüber könnte man angesichts des gleichzeitig weitgehenden Wegfalls von Parteispenden ja sogar noch reden. Aber über eines kann man nicht mehr reden.
Zuvor das Positive: Letztlich ist es immer noch sauberer, wenn Parteien nach transparenten Regeln aus öffentlichen Kassen finanziert werden, als wenn vieles in dunklen Hinterzimmern passiert. Etliche dieser Hinterzimmer sind nun verriegelt worden. Das ist freilich noch keine Garantie, dass nicht in anderen Hinterzimmern auch noch künftig das eine oder andere dunkle Geschäft stattfindet. Solches passiert jedoch in fast allen Ländern, sind doch viele Entscheidungen der Politik für das Überleben eines Unternehmens entscheidend.
Soweit könnte man also die neue Form der Parteienförderung hinnehmen. Spielen doch Parteien in der Demokratie eine unverzichtbare Rolle. Nur blinde und ahnungslose Populisten wollen ganz ohne Parteien auskommen.
Aber in einem Punkt hat die Koalition das Rad so überdreht, dass man gar nichts mehr hinnehmen will: Die Parteienförderung erfolgt nämlich künftig inflationsgesichert. Und das ist ein echter Skandal und ein totaler Widerspruch zur sonstigen Politik der Regierung. Hat sie doch gerade ausdrücklich verbindlich beschlossen, dass die nächste Pensionserhöhung in Summe deutlich niedriger als die Inflationsrate sein wird.
Noch drastischer ist der Unterschied zu anderen staatlichen Unterstützungen wie etwa den Familienbeihilfen. Dabei besteht auf diese sogar ein Verfassungsanspruch! Diese Unterstützung für Familien mit Kindern sind nämlich keineswegs inflationsgesichert, sondern seit Jahren eingefroren. Weshalb sie alljährlich in ihrem realen Wert signifikant schrumpfen.
Der Verzicht auf automatische Inflationsanpassungen ist immer gut begründet worden. Diese würden dem Staat beim Budget jeden Spielraum nehmen. Sie würden jede flexible Reaktion in Krisenzeiten unmöglich machen. Und sie würden die Geldentwertung automatisch beschleunigen.
All diese Begründungen haben zwar etliches für sich. Aber es ist wirklich unerträglich, dass die Koalition den Kindern seit Jahren eiskalt zumutet, was sie den Parteien selbst in Krisenzeiten keineswegs zumuten will, eben den Verzicht auf automatischen Inflationsausgleich. Aber vielleicht sind ja Kinder generell reich, und Parteien prinzipiell arm . . .
Die Wiener ÖVP hat mit ihrer Unterschriftensammlung gegen das Parkpickerl einen überraschenden Erfolg erzielt. Das ist anzuerkennen, auch wenn man, wie der Tagebuchautor, solche Parkpickerln in allen Gebieten mit zu geringem Parkplatzangebot für sinnvoll hält. Wien ist nämlich von Zehntausenden Autos aus ganz Osteuropa und aus allen Bundesländern überparkt, die den ganzen Tag oder oft eine ganze Woche (und länger) unbewegt abgestellt bleiben. Das ist eine absurde Vergeudung von öffentlichem Grund und belastet die Wohnbevölkerung schwer.
Man darf nun gespannt abwarten, wie die Verhandlungen zwischen Rot, Grün und Schwarz ablaufen. Der Wiener SPÖ-Häuptling Michael Häupl wird dabei zweifellos alles tun, um als Pater urbis neutral und scheinbar unbeteiligt über dem Streit von Grün und Schwarz zu schweben (oder wegen dringender Verpflichtungen beim Heurigen keine Zeit für eine persönliche Teilnahme an den Diskussionen zu haben). Damit stünde er als unschuldig an dem ganzen Projekt da. Damit wäre den grünen Koalitionspartnern ein kräftiger Dämpfer versetzt. Damit könnte der alte Fuchs aus einer Niederlage noch einen taktischen Erfolg herausholen.
Die Schwarzen sind in einer heiklen Situation. Auf der einen Seite spüren sie, dass ein totales Aus für das Pickerl ein Fehler und außerdem nicht durchsetzbar wäre. Auf der anderen Seite lauert die blaue Gefahr: Wenn die Schwarzen zu sehr nachgeben, dann werden sie als Häupls Pudel verhöhnt, der nur danach lechzt, wieder den Futterschüsseln der Macht näherzukommen.
Dennoch scheint dazwischen eine vernünftige Lösung möglich, die etwa aus folgenden Elementen bestehen sollte:
Wenn die Stadtschwarzen ein solches Programm zumindest weitestgehend durchsetzen, haben sie seit Ewigkeiten erstmals wieder einen wirklichen Erfolg erzielt.
Nicht fürchten sollten sie sich jedenfalls vor einem skurrilen Gutachten eines – vorsichtig ausgedrückt: ebenso umstrittenen wie linken – Auftragsjuristen des Rathauses. Der behauptet nämlich, dass ein Parkzonen-Referendum unzulässig wäre, weil es eines über Gebühren ist. Was wirklich absurd ist. Denn hätte dieser Auftragsgutachter recht, dann wären die Gebühren für die Pickerlausstellung der eigentliche Hauptzweck der ganzen Kurzparkzonen-Pflicht und nicht die Notwendigkeit, knappen Parkraum zu bewirtschaften. Wenn diese Auftragslogik richtig wäre, dann wäre überdies auch schon das letzte Referendum über einen nächtlichen U-Bahn-Betrieb unzulässig gewesen. Denn auch für eine U-Bahn-Fahrt werden ja Gebühren in Form eines Fahrscheines eingehoben.
Daher kann dieses Gutachten eigentlich vor keinem ordentlichen Gericht halten.
Dass die rot-grünen Rathausmänner es überhaupt gewagt haben, dieses Gutachten vorzulegen, spricht nicht nur juristisch, sondern vor allem auch politisch gegen ihre Intelligenz: Denn damit bestätigen sie ungewollt die Oppositionsargumentation, dass es bei den Pickerl-Zonen primär ums Abcashen geht. Und nicht um Hilfe für die Anrainer in Parkplatznöten, wie immer vorgegeben wird.
PS.: Jedenfalls aber sollten Schwarz und Blau ihren Kampf gegen die grün-roten Autohasser auf das noch viel schlimmere nächste Projekt ausdehnen, dass zumindest die Grünen gerade aushecken: die flächendeckende Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in der ganzen Stadt. Ob die Grünen auch schon Haftstrafen für Autofahrer vorbereiten, ist hingegen noch unbekannt.
So wie die Grün-Bewegung in Deutschland aus einer bürgerlich-ökologischen und einer links-alternativen Wurzel entstanden ist, so haben sich auch die Grünen in Österreich aus diesen beiden Lagern entwickelt. In beiden Ländern aber haben sehr bald Alt-68er und andere Linke das Kommando übernommen.
„Anfang der 80er war seine Zeit eigentlich schon vorbei. Auslaufmodell! Eine neue Generation von Hausbesetzern und Freaks wollte mit Antiimperialisten und Barrikaden-Kämpfern seines Schlags lieber nichts zu tun haben“. Soweit der deutsche Journalist Jürgen Schreiber in seiner Biographie „Meine Jahre mit Joschka“ über den ehemaligen Links-Radikalen und späteren grünen Außenminister Joschka Fischer, die 2007 erschienen ist.
Die RAF-Terrorwelle 1977 hatte bei Fischer angeblich einen Erkenntnisprozess eingeleitet, den er als „Illusionsverlust“ bezeichnete und der schließlich zu seiner Abkehr von radikalen und gewalttätigen Politikvorstellungen geführt haben soll. Aber politisch wollte man schon mitmischen, und ein Betätigungsfeld war rasch gefunden, wie der Autor weiter ausführt: „Die Reste seiner Gruppe ‚Revolutionärer Kampf‘ legten in der Marx-Buchhandlung die Marschroute fest, um ‚die Grünen zu usurpieren‘. Ein Mitstreiter berichtet, eigentlich sei ihnen die Bewegung ‚zu weinerlich und naturbeseelt‘ vorgekommen, aber in diese Richtung wendeten sich jetzt die Massen. (…) Mehr und mehr Spontis sickerten bei den Alternativen ein.“
1986 vereinigten sich die bürgerlich-konservativen „Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ)“ mit der links-dominierten „Alternativen Liste Österreichs (ALÖ)“. Vor allem in Wien war es den ideologisch, rhetorisch und verhandlungstechnisch exzellent geschulten und erfahrenen Linken sehr rasch gelungen, die oft eher unpolitischen, ökologisch-beseelten Umweltschutzaktivisten an die Wand zu spielen; geringschätzige Bemerkungen der „Alternativen“ über die müslilöffelnde „Birkenstocktruppe“ sind noch in Erinnerung. Das bestätigt auch der „Falter“ – sicherlich ein unverdächtiger Zeuge: „Während sich das grüne Personal in der Provinz in den 80er Jahren auch aus wertkonservativen Naturschützern rekrutierte, stießen in Wien eher Gewerkschaftsfraktionen, Links-Initiativen und andere Splittergruppen, denen die SPÖ zu rechts war, zur jungen Partei. Sie wurden auch von dem Geld angelockt, dass die – staatlich subventionierte – grüne Bildungswerkstätte jährlich an die Basisgruppe ausschüttete.“
Und so haben auch in Österreich sehr rasch Politiker wie etwa Peter Pilz von der trotzkistischen „Gruppe Revolutionärer Marxisten“ ihren Weg zu den Grünen gefunden. Auch der KPÖ-Funktionär Jean Margulies, der es schon mit nur 26 Jahren zum Mitglied des Zentralkomitees der KPÖ gebracht hatte, stieß in den 80er Jahren gemeinsam mit anderen Gesinnungsgenossen zu der Partei, der es 1986 erstmals gelungen war, in den Nationalrat einzuziehen. Der Alt-Kommunist avancierte rasch zum Landtagsabgeordneten in Wien; dieses Mandat hat mittlerweile sein Sohn Martin Margulies „geerbt“, der bezeichnenderweise im Internet mit einem „linksblog“ auftritt.
Andere prominente Grünpolitiker wie etwa Alexander van der Bellen und Karl Öllinger kamen über die SPÖ oder den VSStÖ zu den Grünen. Ulrike Lunacek wiederum kam als Aktivistin für die Lesben-, Schwulen- und Transgenderbewegung dazu. Umgekehrt sind viele bürgerliche Grüne der ersten Stunde – in der Erkenntnis, dass das nicht mehr ihre Partei ist – zurückgetreten oder wurden auf unbedeutende Posten abgeschoben.
Seit über einem Vierteljahrhundert sitzt die Partei, die heute schon etwas alt aussieht – vor allem im Kontrast etwa zu den Piraten, die den Grünen bereits im In- und Ausland junge Wähler kapern – im Nationalrat. Es ist den Mandataren anzumerken, dass ihnen die Oppositionsrolle schon lange auf die Nerven geht. Sie wollen unbedingt mitregieren, am liebsten mit ihrem Traumpartner SPÖ, aber das geht sich rechnerisch seit ebenso vielen Jahren nicht aus. Sogar Gerfried Sperl im Grünen-freundlichen „Standard“ meint, dass das schon „notorische Gieren nach dem Regieren bei den jüngeren Wählerinnen und Wählern nicht so gut ankommen dürfte“.
Umso größer die Freude, als es 2010, nachdem SPÖ und Grüne in Wien Stimmen und Mandate verloren hatten, gelang, endlich, endlich eine rot-grüne Koalition zu realisieren. Endlich durften auch die Grünen an einige Schalthebel der Wiener Kommunalpolitik und damit auch an die reichlich fließenden Gelder. Das bot Michael Häupl die Gelegenheit, die lästige ÖVP von der Regierungsverwaltung auszuschließen und sich mit den Grünen einen billigen Mehrheitsbeschaffer zu holen, der es aus lauter Dankbarkeit nicht wagt, in wesentlichen Fragen aufzumucken. Und so haben etwa die Grünen eine bislang noch nie dagewesene Gebührenerhöhung und Belastungswelle mit zu verantworten.
Was für manche eine Überraschung war, war für Eingeweihte eine logische Folge der langjährigen guten Kontaktpflege zwischen SPÖ und den Grünen. Hinter den Kulissen hat man sich – ideologisch ist man sich ja im Wesentlichen einig – schon lange gefunden. Dies gilt übrigens auch in der Bundespolitik, wo die informellen Kontakte sehr gut sind und es vor allem in letzter Zeit auffällt, wie oft die Grünen mit der SPÖ im Gleichschritt marschieren. Nicht nur Michael Häupl, auch Werner Faymann träumt von einer Koalition mit den Grünen, aber es wird sich nächstes Jahr im Bund wohl wieder nicht ausgehen.
Dort, wo es mit der SPÖ nicht geht, wird eine Regierungsbeteiligung mit der ÖVP gesucht, so etwa in Oberösterreich, wo man seit Jahren in einer durchaus erfolgreichen Koalition tätig ist; oder bis vor kurzem in Graz, wo Siegfried Nagl (Cl) eine Koalition mit den Grünen einer Zusammenarbeit mit der total abgewirtschafteten SPÖ vorgezogen hatte. Ein Experiment, das dieser Tage gescheitert ist, als sich Nagl gezwungen sah, die Koalition aufzukündigen. Auch hier sieht der „Standard“ sehr klar, dass es die Grünen waren, die die Koalition „zerstört haben“, denn sie „ignorierten die Schmerzgrenze der ÖVP, und das Maß, wie weit man den politisch so ganz anderen Koalitionspartner belasten kann.“
Das erinnert stark an das Jahr 2003, als Wolfgang Schüssel wirklich interessiert war, abseits von den zerrütteten Freiheitlichen und den Reformverweigerern in der SPÖ eine interessante Regierungsalternative mit den Grünen zu finden. Und die Verhandlungen hatten sich auch sehr positiv angelassen. Es gab seitens der ÖVP sehr viel Verständnis für die Nöte der noch jungen Partei und man kam sich in zentralen Fragen sehr rasch näher. Verhindert wurde das Projekt schlussendlich von der Linksfraktion der Wiener Grünen unter der Federführung von Martin Margulies, der etwa damals im „Falter“ erklärte, „erstens sind die Wiener Grünen geschlossen gegen eine Regierungsbeteiligung. Und zweitens werden die Grünen die Regierungsverhandlungen beim nächsten erweiterten Bundesvorstand kommenden Samstag ohnehin abbrechen“.
Margulies sollte recht behalten, er hatte nicht nur seine Wiener Landesgruppe geschlossen hinter sich, man hatte sich auch vorsorglich in den Bundesländern genügend Unterstützung besorgt, um das schwarz-grüne Projekt zu Fall zu bringen. Hätte dieses nämlich funktioniert – und das war den Ideologen sonnenklar – dann hätte dies eine folgenschwere Spaltung des linken Lagers bedeutet: in die konstruktiven Kräfte, die in einer Reformpartnerschaft mit der ÖVP neue Wege gehen, und die Gewerkschafts-Betonfraktion der SPÖ, die als Besitzstandswahrer einen eher vergangenheitsgerichteten Fokus hat; von den realitätsfremden Alt-68ern ganz zu schweigen.
Das wurde erfolgreich verhindert. Heute besagt die Legende, dass es der berechnende Kanzler Schüssel gewesen wäre, der mit den Grünen Scheinverhandlungen geführt hätte und zu keinerlei Konzessionen bereit war. Das ist – wie so vieles, was über die Ära Schüssel heute geschrieben wird – eine Lüge. So etwa hat die Verhandlungsteilnehmerin Madeleine Petrovic in einem ORF-Interview nach Platzen der Verhandlungen dies sehr bedauert und die Schuld für das Nichtzustandekommen einer Vereinbarung bei den Grünen gesehen. Dieses Band müsste es auch noch im ORF-Archiv geben. Es wird dort wohl gut gehütet, aber kaum gesendet werden, denn es widerspricht der Version, die sich rot-grüne Zeitgeschichtler zurechtgezimmert haben.
Seitdem bewegen sich die Grünen wieder stärker nach links, und sorgen immer wieder für Irritationen und Provokationen, wie auch die Zitate in diesem Beitrag zeigen. Dabei fährt die Partei eine durchaus interessante Doppelstrategie: während einerseits der linke anti-religiöse Rand bedient wird, bemüht man sich andererseits um ein Einsickern im links-katholischen Bereich. So wie linke Träumer immer schon vom reinen Kommunismus des Urchristentums phantasiert haben, versucht ein Flügel der Grünen hier erfolgreich einen Brückenschlag ins links-katholische Milieu: im publizistischen Bereich, im Bereich der Caritas oder etwa im Bereich der katholischen Sozialakademie. Ein besonderer Erfolg war 2009 der Wechsel des ehemaligen Generalsekretärs der Wiener Caritas, Stefan Wallner, zum Bundesgeschäftsführer der Grünen, wo er immer wieder wenig katholische Positionen zu vertreten hat.
Dennoch gibt es im bürgerlichen Lager immer noch Naivlinge, die in den Grünen eine ökologische Bewegung sehen, nette Leute, die sich ja um die „Erhaltung der Schöpfung“ bemühen. Das ist geradezu ein Witz, wenn man sich die grüne Praxis ansieht, aber nützliche Idioten wird es immer geben.
Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, deren aktueller Juli-Ausgabe dieser Kommentar entnommen ist.
Mit viel Trommelwirbel, aber wenig Wirksamkeit hat die Koalition nun die Details des neuen Medientransparenzgesetzes fixiert.
Besonders stolz ist man dabei auf folgende Regelung: Die Regierungsinserate müssen künftig so gestaltet sein, "dass eine Verwechslung mit dem redaktionellen Teil des Mediums ausgeschlossen ist". Der Auftraggeber muss das Medium sogar "vertraglich dazu verpflichten, eine eindeutige Kennzeichnung vorzunehmen", heißt es in der Regierungspropaganda. Toll! Bis auf die Kleinigkeit, dass diese Kennzeichnungspflicht schon längst im Medienrecht vorgeschrieben ist. Das heißt also: Die Regierung verkündet also im Grunde nur, dass sie künftig sogar Gesetze einhalten will. Das ist der heitere Aspekt des neuen Gesetzes. Der viel ernstere besteht darin, dass auch weiterhin keine Pflicht zur Ausschreibung von Inseraten besteht. Dass also weiterhin die roten Ministerien die Fellner- und Dichand-Zeitungen ungehindert mit Inseraten vollstopfen können.
Immer wieder wird in akademischen Analysen wie in Fernseh-Talkshows diskutiert, warum niemand vor der großen Krise gewarnt hat. Nun, im Nachhinein sind immer alle klüger. Deswegen sei hier einmal im Vorhinein eine intensive und heftige Warnung Richtung Zukunft ausgesprochen: Frankreich wird in eine schwere Arbeitslosigkeit stürzen, was angesichts der Größe und Bedeutung des Landes auch ganz Europa in eine neuerliche Krise stürzen wird. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn es die schon heute von Griechenland bis Portugal reichende europäische Mehrfachkrise nicht gäbe.
Denn Frankreich macht seit Jahren unter Präsidenten beider Couleurs auf dem Arbeitsmarkt unglaublich viel falsch. Und es ist lernunfähig, die neue Regierung will nun noch viel mehr falsch machen. Was vernichtende Folgen für die ganze Wirtschaft haben wird.
Derzeit sind im Lande De Gaulles, Napoleons und Ludwig XIV. rund 2,9 Millionen Menschen arbeitslos, also fast zehn Prozent der Arbeitsbevölkerung. Das sind die weitaus höchsten Zahlen seit Beginn des Euro. Die Rigidität des französischen Arbeitsmarkts hat viele Arbeitsplätze verschwinden lassen, die dann in anderen Ländern anders, billiger und vor allem flexibler neu entstanden sind. In Osteuropa, Asien und Nordafrika. Vor allem private Unternehmer sind seit vielen Jahren nicht mehr motiviert, in Frankreich zu investieren und damit Arbeitsplätze zu schaffen.
Sehr negativ wirkt sich das tief aus dem vorigen Jahrhundert stammende Arbeitsrecht aus. Es ist ein Produkt einer stark von der linken Kulturszene geprägten Gesellschaft. In kaum einem anderen Land setzt diese mit satten staatlichen Förderungen finanzierte Szene ideologische Klassenkampf-Akzente. Unternehmer sind prinzipiell die Bösewichte, welche die Arbeitnehmer schikanieren und ausbeuten.
Wer daran zweifelt, möge nur einen repräsentativen Ausschnitt französischer Filme analysieren. Diese sind wieder interessanterweise nicht nur von linken, sondern auch von rechten Regierungen heftig gefördert worden: Die Rechte ist in Frankreich nämlich nicht primär marktwirtschaftlich, sondern vor allem nationalistisch geprägt. Sie sieht daher Film&Co als wichtige Träger des nationalen Ruhms und der sprachlich-kulturellen Identität. Das da oft Klassenkampf pur transportiert wird, ist der Rechten meist nicht so wichtig gewesen. Haben doch auch die Gaullisten oft einen abgemilderten nationalen Sozialismus geschätzt.
Das größte Hindernis für die Anstellung neuer Arbeitskräfte ist der französische Code du Travail, also das Arbeitsgesetzbuch. Dieser Code ist nicht weniger als 3200 Seiten dick. Er regelt genau, wie man Arbeitskräfte zu klassifizieren hat, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, wenn man Arbeitskräfte kündigen will. Und so weiter. Dazu kommen ständige Änderungen der Sozialversicherungsregeln, die den Arbeitgebern jedes Mal große Umstellungskosten verursachen.
Die abschreckendste Hürde: Solange ein Unternehmen Gewinne macht, ist es fast unmöglich, Arbeitnehmer zu kündigen. Es gibt etliche Fälle, wo Kündigungen von den Gerichten nach mehr als zwei Jahren rückgängig gemacht worden sind. Was nicht nur zur Nachzahlung von Gehältern, sondern auch zur Wiederanstellung von Mitarbeitern geführt hat, die voll Hass auf den Arbeitgeber sind.
Das weitgehende Kündigungsverbot bedeutet in der Praxis: Die Krise einer Firma muss sich erst voll in den Bilanzen niedergeschlagen haben, bevor man reagieren kann. Dann aber kommt die Reaktion oft um viele Jahre zu spät. Aber auch sonst wären Kündigungen trotz Gewinnen oft sehr sinnvoll: Wenn beispielsweise nur ein Bereich nicht effizient ist, sollte er abgebaut werden, damit man das freiwerdende Geld sinnvoller einsetzen kann, etwa durch Entwicklung neuer Produkte.
Eine weitere Folge des französischen Arbeitsrechts: Nicht weniger als zehn Prozent der Beschäftigten sind Betriebsräte. Auch wenn die nicht alle komplett von der Arbeit freigestellt sind, gehen doch all ihre Sitzungen, Wahlkämpfe und Besprechungen komplett auf Kosten der Arbeitszeit.
Die restriktivsten Regeln des französischen Arbeitsrechts gelten zwar „nur“ für Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitern. Aber diese Grenze hat eine katastrophale Folge: Viele Tausende französischer Firmen verzichten prinzipiell darauf, einen 50. Mitarbeiter (und natürlich dann auch 51., 52. Oder 53. usw) anzustellen. Was automatisch viele mögliche Arbeitsplätze verhindert. Dennoch wird in eigenen Konferenzen lange nachgedacht, warum es in Frankreich so wenige mittelgroße Unternehmen gibt (es gibt nur kleine Familienbetriebe und die großen Staatsgiganten).
Wenig produktiv ist es auch, dass manche Unternehmer als Folge dieser Gesetze lieber eine zweite und eine dritte Firma gründen, um die 49er Regel zu umgehen. Denn das kostet dann wiederum unnötig viel Geld für Anwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Buchhalter, um diese Firmenvielfalt korrekt zu administrieren.
Ab der 49er Grenze sind französische Unternehmer auch – über die Gehälter hinaus – zu Gewinnbeteiligungen verpflichtet. Wobei diese an sich zwar ein durchaus gutes Motivationsmittel sind. Aber sobald sie nach staatlichen Regeln erfolgen, sorgen die Betriebsräte dafür, dass auch keineswegs motivierte und produktive Arbeiter aus der Gewinnkasse bedient werden.
Die übelste Konsequenz des französischen Arbeitsrechts: Dieses kommt Arbeitgeber nicht nur oft sehr teuer und verhindert unternehmerische Flexibilität, bei Verletzung gewisser Regeln können Arbeitgeber sogar ins Gefängnis kommen. Auch das erhöht nicht gerade die Bereitschaft, in Frankreich unternehmerische Verantwortung zu übernehmen.
Warum steht Frankreich eigentlich dennoch noch nicht ganz so schlecht da wie Europas Hauptkrisenländer? Dafür dürften primär drei Faktoren relevant sein.
Diese Vorteile Frankreichs haben aber schon in den letzten Jahren immer weniger die Nachteile einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik wettmachen können. Denn zugleich leidet die französische Wirtschaft auch unter den Folgen des Euro: Haben sich doch seit dem Anschluss an den D-Mark-Block die Kosten einer Arbeitsstunde um zweistellige Prozentsätze gegenüber den deutschen Kosten verschlechtert, ohne dass sich Frankreich wie früher durch Franc-Abwertungen helfen konnte.
Und jetzt wird die Situation für französische Unternehmer noch viel entmutigender. Denn jetzt haben die Sozialisten unter ihrem neuen Chef Hollande mit einem ebenso ideologischen wie populistischen Anti-Wirtschafts-Programm die Wahl gewonnen:
Dieses Programm gilt als Killerprojekt für die französische Wirtschaft, selbst wenn nach dem Wahlkampfende einige Punkte daraus in Vergessenheit geraten sollten.
Ist es da eine Überraschung, wenn – beispielsweise – der britische Premierminister Cameron französischen Unternehmern verspricht, für sie bei einer Übersiedlung nach Großbritannien den „roten Teppich auszurollen“? Und wenn Cameron damit viel Echo findet? Das mag zwar in einer Union als unfreundlicher Akt gewertet werden, aber das ist letztlich ganz normale Politik im nationalen Interesse. Man denke nur, wie sehr österreichische Bundesländer untereinander – oft mit Steuergeld – um die Ansiedlung von Betrieben oder Forschungsinstituten fighten!
Selten stand eine Prognose auf so sicheren Beinen wie die vom weiteren steilen Abstieg Frankreichs. Offen bleibt freilich die Frage, ob sich Deutschland (und damit auch sein steuermannloses österreichische Beiboot) noch einmal breitschlagen lässt, auch für Frankreich die Zeche zu zahlen. Das würde den Absturz Frankreichs zwar hinauszögern, aber umso sicherer gleich auch andere Länder mitreißen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Ein zentraler Kern der griechischen Katastrophe waren massiv betrügerische Statistiken. Scheinbar objektive Daten wurden jahrelang im kurzsichtigen politischen Interesse manipuliert. Eigentlich hat man in Österreich geglaubt, von solchen Dingen weit entfernt zu sein, und dass Statistiken hier nüchtern, objektiv und sachlich erstellt werden. Dieser Glaube ist zuletzt massiv zertrümmert worden.
In der dem Bundeskanzleramt unterstehenden, aber früher völlig unabhängig geführten Statistik Austria wurde ein Politruk aus dem unmittelbaren Vorzimmer Werner Faymanns als Chef eingesetzt. Seither sind Daten und Aussagen der Statistik Austria mit extremer Vorsicht anzugehen. Viele gesellschaftspolitisch explosive Daten sind dort überhaupt nicht zu finden, etwa wenn sie mit dem Themen Migration, demographischer Kollaps oder implizites Staatsdefizit zu tun haben.
Extrem erstaunlich ist, dass der neue Statistik-Chef namens Konrad Pesendorfer nun ausgerückt ist, um der zusammenbrechenden Linksfront im Kampf für die Zwangs-Gesamtschule Schützenhilfe zu geben. Dabei konnte er in seiner Agitation kein einziges logisches statistisches Argument anführen: Denn was soll es in Hinblick auf die Zwangsgesamtschule aussagen, dass junge Menschen nach der Lehre viel öfter in einen Arbeitsplatz wechseln – wechseln können – als jene, die eine AHS-Matura absolviert haben? Was schon der Fall war und ist, bevor Claudia Schmieds Zentralmatura greifen kann.
Die AHS bildet ja eben – als Vorbereitung auf die Universität oder Fachhochschule gedacht – allgemein und nicht berufsspezifisch aus. Eigentlich müsste man aus Pesendorfers Argument heraus umso mehr jene Bildungswege wie die gute Hauptschule forcieren, die primär in die erfolgbringende Lehre führen. Und deren Absolventen müsste man dann Jahre oder Jahrzehnte später eventuell neue Ausbildungen ermöglichen, wenn die ursprüngliche durch neue Technologien obsolet geworden sein sollte. Aber sicher gibt es keine Logik, die von Pesendorfers Behauptungen zu einer Gesamtschul-Empfehlung führen würde.
In einem Interview mit der „Presse“ (die das unreflektiert so abdruckte) steigerte sich der Mann dann sogar zu dem nur noch als unsinnig zu beurteilenden Satz: „Vielleicht haben wir bereits so manche Chance auf Literatur-Nobelpreisträger vergeben, weil er oder sie sich zu früh für eine Werkslehre entscheiden musste.“
Sensationell. Da steckt nicht nur die erstaunliche Behauptung drinnen, dass es eigentlich auch im Alter von15 Jahren viel zu früh für eine Differenzierung der Schultypen wäre. Das Argument Pesendorfers – wenn man den Mann für voll nähme – bedeutet letztlich auch, dass man alle mindestens bis zum 40. Lebensjahr in die Gesamtschule stecken müsste. Haben doch viele große Literaten erst sehr spät zu schreiben begonnen Ganz abgesehen davon, davon dass es für einen Sozialdemokraten eigentlich beschämend ist, wenn er einem Arbeiter automatisch die Fähigkeit abspricht, Literatur produzieren zu können.
Pesendorfer warnt auch vor einem Akademikermangel. Und der Objektivität vorspiegelnde Statistiker verschweigt, dass dieser Mangel bloß bei ganz bestimmten Berufen und ansonsten nur auf dem Papier besteht. Bei uns sind halt Pflichtschullehrer, Krankenschwestern, Kindergärtnerinnen, medizinische Assistenten, HTL-Ingenieure keine Akademiker, aber dennoch sehr gut qualifiziert. Während es an Publizisten, Politologen, Psychologen, Historikern, Soziologen, Pädagogen (ohne Lehramt) jetzt schon einen in die Tausende gehenden Überschuss an Absolventen gibt, die keine Chance auf einen fachadäquaten Job haben. Österreich braucht Ingenieure, Naturwissenschaftler und Facharbeiter(!!), aber keine Akademikerstatistik-Spielereien.
Unter diesem Statistik-Austria-Chef wird aber auch an den eigentlichen Statistiken offensichtlich wie wild herumgefuhrwerkt, wie dieser Tage die „Wiener Zeitung“ aufgedeckt hat (interessanterweise erfolgte diese Enttarnung unter Mithilfe der Arbeiterkammer). Dabei ging es um die sogenannten „Green Jobs“. Laut Statistik Austria würden diese Green Jobs nämlich 5 Prozent der Arbeitsplätze ausmachen. Die parteiunabhängigen EU-Statistiker von Eurostat kommen hingegen nur auf 0,9 Prozent "Green Jobs". Und für die Arbeiterkammer sind das überhaupt „Mogelpackungen“ und „Umweltschmähs“. Womit man einmal auch der Arbeiterkammer mehr als recht geben muss.
In Österreich werden beispielsweise Handelsangestellte als Green Jobs gezählt, wenn sie auch Bio-Ware verkaufen. Dutzende andere Tätigkeiten werden ebenfalls als grün ausgegeben, die ebensowenig mit der Energiwende oder ähnlichem zu tun haben. Das könnte theoretisch ja egal sein – wenn nicht mit diesen „Green Jobs“ eine der übelsten Geldverschwendungsaktionen der Republik begründet würde. Hauptübeltäter dabei ist das Umweltministerium, das mit diesem Trick ständig weitere Geldsummen auf Kosten des Steuerzahlers und des Konsumenten zu akquirieren versucht.
Das geht aber auch auf Kosten der Arbeitsplätze: Denn die zur Finanzierung der grünen Schmähs hohen Energiekosten vernichten echte Jobs. Das Umweltministerium könnte aber seine Schmähs nicht verkaufen, hätten wir nicht eine „Statistik Austria“, die da mit solchen Traumzahlen mitspielt. Die hirnvernebelnde Grün-Propaganda ist mittlerweile in allen fünf Parlamentsparteien zum mit Denkverboten aller Art umgegeben Dogma geworden. Diesem zuliebe werden offensichtlich auch die Fakten manipuliert.
Wir aber müssen uns zunehmend fragen: wo überall sonst werden wir von den Machthabern noch mit nur scheinbar objektiven Zahlen angelogen?
So überfordert Werner Faymann in allen sachpolitischen oder gar internationalen Fragen ist, so erfolgreich ist er mit der personalpolitischen Durchdringung aller wichtigen Institutionen. Hat er (Nicht-Statistiker) Pesendorfer aus seinem eigenen Vorzimmer problemlos an die Spitze der Statistik Austria gehievt, so konnte Faymann seinen persönlichen Kabinettschef Johannes Schnizer sogar in den Verfassungsgerichthof bringen. Also in das mächtigste Gremium der Nation. Dort soll Schnizer plötzlich unabhängig die Verfassung (nicht zuletzt vor den Zugriffen der Regierung!) schützen.
Und nun ist es der SPÖ ebenso problemlos gelungen, gleich eine zweite Ideologin dort neu zu verankern. Während noch am Vortag der Bestellung eine extrem gut qualifizierte – und ohnedies SPÖ-nahe – Wissenschaftlerin als neue Verfassungsrichterin kommuniziert worden ist, ist im letzten Augenblick in aller Heimlichkeit mit Ingrid Siess-Scherz eine juristisch unbedeutende Kampffeministin in das Höchstgericht entsandt worden. Die Dame scheute sich nicht einmal, sich auch noch nach der Bestellung als Protektionskind von Parlamentspräsidentin Prammer zu bekennen.
Gute Nacht, Bundesverfassung!
Und guten Morgen, ÖVP, bitte endlich aufwachen! Denn ohne ihre Zustimmung wäre keine dieser VfGH-Bestellungen möglich gewesen. Sie traut sich aber nicht, Gleiches mit gleichem zu vergelten, also etwa das SPÖ-Veto gegen Wilhelm Molterer als EU-Kommissar nun in Hinblick auf die Verfassungsrichter zu wiederholen. Die ÖVP konnte den VfGH-Skandal nicht einmal zu einem Medienthema machen, wie es der SPÖ in den letzten Tagen in Hinblick auf die Entfernung eines Roten aus dem viel unbedeutenderen Nationalbank-Generalrat gelungen ist (obwohl dort im Gegenzug auch ein Bürgerlicher eliminiert worden ist). Gewiss: Die Medien sind fast alle links. Aber hinter der desinteressierten Zustimmung zu den Besetzungen dürfte noch viel Schlimmeres stecken: Die ÖVP begreift gar nicht, wie wichtig der VfGH ist.
Die ÖVP streitet wieder einmal. Diesmal über die Pensionen und die ÖIAG. Steirische Schwarze empfahlen, das gesetzliche Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen – so wie es schon viele andere Länder in den letzten Jahren getan haben. Worauf der Obersenior Andreas Khol den Steirern empört die Bedeutung eines Salzamtes zugeschrieben hat. Was wiederum diese zum Auspacken des jenseits des Semmerings mehr als eindrucksvollen Arsenals an Verbalinjurien veranlasst hat.
Und der Parteiobmann? Der ist wie so oft freundlich beschwichtigend ohne klar erkennbare eigene Meinung. Dabei haben die Steirer – unabhängig von allen Stilfragen – einfach recht. Punkt.
Denn das Gerede, zur Rettung des Pensionssystems genüge es, das faktische Antrittsalter anzuheben, ist längst als hilflos entlarvt. Das Sozialministerium sabotiert vielmehr die diesbezüglichen Bemühungen bei der Detailarbeit immer wieder. Aber selbst wenn Genosse Hundstorfer zielstrebig an diesem Ziel arbeiten würde, reicht es längst nicht mehr aus, nur an den Schrauben der diversen Frühpensionsarten herumzudrehen. Denn die Lebenswartung steigt weiterhin ständig.
Was man ja auch in anderen Ländern – bis auf das neuerdings in den Steinzeitsozialismus zurückgekehrte Frankreich – ganz deutlich erkennt, weshalb reihum das Pensionsalter trotz aller populistischer Widerstände auf 67 erhöht wird.
Was an Andreas Khol besonders erstaunt: Schon in den Zeiten Wolfgang Schüssels und Martin Bartensteins hat die ÖVP trotz aller Querschüsse immer wieder für eine Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters gekämpft. Immer wieder wurde damals sogar eine Automatik zu verankern versucht: Höhere Lebenserwartung sollte ohne weitere Gesetzesbeschlüsse zu höherem gesetzlichen Antrittsalter führen. Das ist freilich bisher immer am Widerstand der anderen Parteien gescheitert.
Tatsache ist aber, dass seit den ersten Vorstößen, das gesetzliche Pensionsalter zu erhöhen, die Lebenserwartung schon wieder um mehr als jene zwei Jahre gestiegen ist, welche die Steirer jetzt vorschlagen. War vielleicht auch Schüssel für Khol nur ein Salzamtsvorstand?
Oder hat der schwarze Obersenior halt bloß durch das neue Amt eines Pensionisten-Vertreters die Perspektive und damit die Interessenlage geändert? Wenn dem so ist, dann verkennt er aber gewaltig die Interessen gerade der Pensionisten: Diese wollen sichere und wenigstens halbwegs wertbeständige Pensionen. Aber genau dieses Ziel ist gefährdet, wenn der Pensionskuchen mit Massen an Neupensionisten geteilt werden muss, die eigentlich noch durchaus ein paar Jahre arbeiten könnten. Khol handelt also genau gegen die Interessen aller Menschen, die eine Pension beziehen.
Unpopulär ist das Anliegen einer wirklichen Pensionsalterserhöhung nur bei einer einzigen Gruppe: der Generation der Fünfzigjährigen mit Gewerkschaftsmentalität (also der typischen Betriebsräte und ÖGB-Funktionäre). Die denken ja in der Tat an nichts anderes als an eine jugendliche Pension zum baldigen Golfen, für Mallorca-Reisen und die geplante Drittehe.
Die Stärke der Schüssel-ÖVP war es hingegen – fast – immer gewesen, gegen den Populismus aller anderen Parteien die Vernunft des Gemeinwohls und der Grundrechnungsarten hochzuhalten zu versuchen. Nicht immer, aber eben häufiger als alle anderen. Das aber ist offenbar nur noch eine vage Erinnerung, die erstaunlicherweise ausgerechnet in der Steiermark lebendig ist. Obwohl man dort in der Vergangenheit von den (vorletzten) Abfangjägern bis zur Zwangsgesamtschule eigentlich selbst primär für möchtegern-populistische Originalität bekannt gewesen war.
Selbst wenn die Kholsche Pensionsalter Politik eine Mehrheit der Österreicher hinter sich hätte, wäre es dennoch die richtige Nischenpositionierung für die ÖVP, als einzige Partei jenen Menschen ein Angebot zu machen, die über den Tagespopulismus hinauszudenken gewillt sind.
Noch absurder ist der zweite VP-interne Streit, jener um die Zukunft der ÖIAG. Dass die Roten deren Zerschlagung wollen, ist wenig überraschend. Träumen sie doch von einer Wiederkehr der Zeiten eines direkten Parteizugriffs auf die Verstaatlichte. Dass aber auch der schwarze Wirtschaftsminister Mitterlehner davon redet, ist unfassbar.
Da schlägt offenbar der alte Wirtschaftskammer-Funktionär in Mitterlehner durch. Fällt doch die WKO den Gewerkschaften gegenüber jedesmal um, noch bevor die nur bei der Tür hereingekommen sind. Und sowohl die Kammer-Seele wie auch sein nicht gerade bescheidener persönlicher Ehrgeiz führen zu einem weiteren Motiv Mitterlehners: Er mag die ÖIAG auch deshalb nicht, weil dort politisch und kammermäßig unabhängige Industrielle die Vorstände bestellen und nicht die Sozialpartner oder die Regierung.
Mitterlehner fürchtet aber wohl auch um seinen persönlichen Machtdurchgriff auf die Verbundgesellschaft. Denn nach den Reformvorschlägen der Finanzministerin und seines eigenen Parteiobmannes soll auch der Verbund dem direkten politischen Zugriff entzogen und der ÖIAG überantwortet, also trotz Staatseigentums unabhängig werden. Was beim Verbund genauso klug wäre wie bei Bahn oder Asfinag. Freilich würde dann der Wirtschaftsminister entmachtet werden.
Wie auch die Verkehrsministerin. Was den für den Steuerzahler erfreulichen Effekt hätte: Dann würden keine ÖBB- oder Asfinag-Inserate mehr auf ihre Kosten an die Faymann-freundlichen Medien fließen. Was aber wiederum die Chancen auf eine Zustimmung der SPÖ zu einer Zusammenfassung aller Staatsbetriebe in der ÖIAG nicht gerade erhöht. Das aber macht die Haltung Mitterlehners umso absurder.
Das Archiv ist der größte Feind der Politiker. So sagen viele Journalisten und haben recht damit. Sie vergessen nur, dass es auch ihr größter Feind ist.
Journalisten glauben deshalb geschützt zu sein, weil sie auch lange selbst exklusiv die Kontrolle über die besten Archive hatten. Im Zeitalter der Elektronik erweist sich diese Selbst-Kontrolle aber oft als eine unfromme Täuschung. Da regen sich etwa die selben Kommentatoren über die Hilfen für Griechenland&Co auf, die noch vor zwei Jahren heftigst danach gerufen und jeden zögernden Politiker als unsolidarisch verdammt haben.
Durch absolut nichts zu übertreffen ist aber wohl, was man vor rund zwei Jahren auf standard.at lesen konnte: Dort wurden von einem der bekanntesten Redakteure der Zeitung Griechenland und Ungarn verglichen. Der ungarische Regierungschef wurde als der „Böse“ charakterisiert und der griechische als der „Gute“.
Man muss aber wirklich wörtlich lesen, was das Blatt im Juli 2010 über den damaligen Athener Machthaber schrieb: „Georgos Papandreou ist das Paradebeispiel für Verantwortlichkeit. Er legt alle Missstände offen, sagt seinen Leuten die volle Wahrheit und bemüht sich, allen Forderungen aus den Ausland – der Märkte und der Institutionen – gerecht zu werden. Er will durch musterhaftes Verhalten den Ruf seines Landes reparieren und so die griechische Wirtschaft sanieren.
Dabei fordert er seinen Bürgern gewaltige Opfer ab, legt sich mit so ziemlich allen Interessengruppen im Land an und geht dadurch ein großes innenpolitisches Risiko ein. Aber er kann es sich leisten, weil er eine starke Mehrheit im Parlament hat und erst in drei Jahren wieder vor die Kamera treten muss.“
Und so weiter und so fort. Das ist bitte alles wirklich so geschrieben worden und keine Erfindung eines bösartigen Kabarettisten. Wer zweifelt, sollte selber nachlesen. Man sollte auch selber nachdenken, wie viel das damit zu tun haben mag, dass Papandreou ein Linker ist, und dass Linke im Standard halt immer nur heroisiert werden.
Großartig ist aber auch, was das renommierte asiatische Wirtschaftsmagazin IFRAsia so an Politikeräußerungen in den letzten beiden Jahren zusammengetragen hat. Daraus könnte man ganze neue Landkarten zimmern. Ohne weitere Kommentare: Bitte lesen, amüsieren und nicht verzweifeln.
Der österreichische Verteidigungsminister hat öffentlich und zum Entsetzen vieler den israelischen Außenminister als „unerträglich“ bezeichnet. Auf Hinweise bezüglich seiner Unzuständigkeit und entsprechende Kritik entgegnete er, er habe ja nur seine persönliche Meinung geäußert, die ihm zustehe. Es sei gestattet, Gleiches für sich zu beanspruchen – persönlich und ohne Ministergehalt – und darüber nachzudenken, ob ein solcher Minister nicht längst das Maß der Unerträglichkeit überschritten hat. Darüber hinwegzusehen könnte am Ende des Tages auch unser aller Problem werden.
Ist es erträglich, wenn ein österreichischer Minister vom Stil eines Herrn Darabos die Stimme erhebt, einen ausländischen Minister als „unerträglich“ bezeichnet und dies im öffentlichen Rundfunk wiederholt. Was legitimiert ihn dazu? Welche Expertise berechtigt ihn?
Manche meinen, er sei Historiker. Nun, er hat Geschichte studiert. Eine berufliche Praxis ist diesbezüglich nicht bekannt. Eher jene, direkt von der Uni weg, nach Verweigerung des Wehrdienstes und Absolvierung eines Wehrersatzdienstes (Anm.: Wo, bleibt gehütetes Amtsgeheimnis) als braver „Parteisoldat“ in die Landesleitung des Parteiinstituts, von da in das Vorzimmer eines Landeshauptmanns und von ebendort weg in die Geschäftsführung der Landespartei.
Bezüge als Landtagsabgeordneter, danach gar die eines Landtag-Klubobmanns und später jene eines Nationalratsabgeordneten mögen bei so manchen politischen Weichenstellungen „bewusstseinserweiternd“ gewirkt haben. Denn mitunter soll ja das Sein das Bewusstsein bestimmen. Getreu nach dem Motto eines Landsmanns und ehemaligen Bundeskanzlers: „Ohne die Partei bin ich nichts“. Ein Mann, der ganz nach den Erkenntnissen eines ehemaligen Salzburger Politikers in dessen politikwissenschaftlicher Dissertation über „Wege an die Macht“ in Entsprechung der „Kükenmentalität“ den Weg bis in ein Regierungsamt genommen hat.
Stets im Dienste der Partei gut besoldet, die Härten des Arbeitsmarktes und die Realitäten des Lebens lediglich aus Schilderungen im Elternhaus oder der Dorfgemeinschaft kennend. Vielleicht auch aus Gesprächen im Dorfwirtshaus. Stets vorgebend zu wissen, „was die Leute da draußen bewegt“. Nicht direkt und persönlich wahrnehmend, sondern aus dem Lesestoff mit Partei- und Steuermitteln bezahlter Meinungsumfragen.
Kann denn ein Mann solchen Formats nicht zwischen seinen Äußerungen als österreichischer Minister und seiner persönlichen Meinung unterscheiden?
Als seine Partei bei den Nationalratswahlen 2006 stimmenstärkste Partei wurde, war er gar Mitglied des Verhandlungsteams zu einer Großen Koalition. Pikanterweise war der Slogan „Keine Eurofighter unter einer SP-Regierung“ unter seiner Verantwortung in der Parteizentrale entstanden und für den Wahlausgang, jedenfalls seiner Meinung nach, mitentscheidend. Ein Slogan, der ihn alsbald einholen sollte, denn im Jänner 2007 sollte er als erster Wehrdienstverweigerer Europas als Verteidigungsminister angelobt werden. Sein damaliger Parteichef hat ihn mit den Worten „vom gezogenen großen Los“ eingeführt, so als wäre ein Mitglied der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehowas bei der Bestellung zum Leiter der Blutspendezentrale des Roten Kreuzes ein glücklicher Gewinner.
Manch einer, dem ein ähnliches Schicksal zuteil wird, erlebt dabei das psychosoziale Phänomen der „Kognitiven Dissonanz“. Der eine Leser oder die andere Leserin mag dies aus eigener Erfahrung kennen. Es ist das unangenehme Störgefühl im Bauch, das man verspürt, wenn man sich ein Produkt aufschwatzen hat lassen, das man eigentlich nicht kaufen wollte. Oder die Unbehaglichkeit, wenn man an seinen Arbeitsplatz fährt, wo man mit Dingen konfrontiert wird, die einem im Grunde zuwider sind.
Erfährt dies einen längeren Zustand, wird es mitunter zur Krankheit, aus der in unserem heimatlichen Kulturkreis die probaten Selbstheilungsmittel bekannt sind: Nach den Ausreden, dass stets die andern schuld wären folgt der Griff zur Flasche oder gar die Einnahme von „heilsamen Tabletten“. Der Gang zum Arzt, noch besser die Änderung des Lebensumfeldes, wäre freilich auch „ohne Visionen“ ratsamer.
Nicht so der gegenwärtige Amtsinhaber Darabos. Er versucht vieles, um das zu tun, was er in seinem Dienstgelöbnis unterschrieben hat und vor dem Staatsoberhaupt bei seiner Angelobung der Öffentlichkeit versprochen hat: Die Gesetze unserer Republik getreulich zu beachten… Der Satz von der „in Stein gemeißelten Wehrpflicht“, den er aus dem Auftrag des Gesetzgebers ableitet, seine zahlreichen Auftritte in Verbindung mit seinem Betonen des hohen Stellenwertes dieser allgemeinen Bürgerpflicht und ihrer allerhöchsten Bedeutung für ihn selbst, der diesen Dienst einst verweigert hat, sollte ihm Vehikel sein, den Gewinn aus einem großen Los nach Hause fahren zu lassen.
Er gab sich als der Hüter dessen, was er selbst in Negierung seiner politischen Arbeit noch vor wenigen Tagen (am 02 06 2012!) im ORF-Mittagsjournal erklärte, als er von der „Ehrlichkeit als politischer Kategorie, die man einhalten sollte“ sprach und im selben Atemzug ebenda ein „Bekenntnis zu den Aufgaben, die der Gesetzgeber einer Regierung stellt“ abgab. Dass der Stein, in den für ihn die Wehrpflicht gemeißelt war, nur aus „Butter“ bestand, musste letztlich auch der Oberbefehlshaber zur Kenntnis nehmen. Und die vom Verfassungsgesetzgeber vorgeschriebenen Aufträge zur allgemeinen Wehrpflicht und zur Miliz, die er als Minister zu vollziehen hätte, scheinen für ihn und seine Helfershelfer bedeutungslose Makulatur zu sein. Von wegen Ehrlichkeit und Bekenntnis…
Wie ehrlich, frage ich, ist ein Politiker dieses Typs? Was macht ihn so erträglich, dass er einen israelischen Minister als unerträglich bezeichnen kann, ohne nicht unverzüglich von seinem Parteivorsitzenden aus dem Amt geholt zu werden. Aus einem Amt obendrein, das ihn für hunderte österreichische Soldaten, die in der Krisenregion des Nahen Ostens Friedensdienst leisten, politisch mitverantwortlich macht, deren Sicherheit er mit der getätigten Aussage nicht gerade fördert.
Die Tatsache, dass er wiederholt den israelischen Außenminister als unerträglich bezeichnet, mag ihn als Absolventen des Studiums der Geschichte an einer österreichischen Universität nicht unbedingt rühmen. Sie wirft zudem ein bedenkliches Licht auf seine Sozialisation aus jahrelanger Tätigkeit als Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag und Nationalrat, wo er – wenn schon nicht Regeln politischen Anstands – zumindest das auch in der internationalen Politik übliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit hätte kennenlernen müssen.
Denn über Minister anderer Staaten, wo Menschen wegen einer demokratischen Gesinnung verfolgt werden und denen mangels Konformität zu den Herrschenden die Köpfe abgehackt werden, schweigt er. Sich bei alldem darauf zu berufen, dass dies ja alles seine private Meinung sei, macht die Sache nicht besser. Hat er etwa nach fünf Jahren Amtsinhaberschaft noch immer nicht internalisiert, dass er Minister einer österreichischen Bundesregierung ist?
Wie erträglich, frage ich weiters, ist er denn da? Er gibt sich als Minister, der in Missachtung der Gesetze seinen ranghöchsten Offizier abzulösen versucht und mit großem Getöse allen Ressortangehörigen, die seinen mit dem Gesetzesauftrag in Widerspruch stehenden Ideen nicht Folge leisten, mit Konsequenzen droht?
Wie erträglich ist ein solcher Minister, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Nötigung ermittelt? Und wie erträglich ist ein Minister, der achselzuckend zur Kenntnis nimmt, dass ihm von den zuständigen gesetzlichen Instanzen rechtswidriges Vorgehen vorgeworfen wird und er mit einem General, den er wegen angeblichen Vertrauensverlustes in die Wüste schicken wollte, nun als Generalstabschef weiter arbeiten muss? Kann ein solcher Minister ein Maß der Erträglichkeit haben, das ihn berechtigt, einen Minister eines anderen Staates unerträglich zu nennen?
Ja wie erträglich ist ein Regierungspolitiker, der entgegen den Bestimmungen der Bundes-Verfassung, entgegen dem Auftrag des Gesetzgebers und den von ihm selbst mitverhandelten Regierungsübereinkommen in Zeiten der Budgetknappheit Steuermittel in zig-Millionenhöhe für Pilotprojekte verwendet, die genau auf das Gegenteil dessen abzielen, zu dem er angehalten wäre. Denn der Verfassungsgesetzgeber schreibt ihm vor, das Heer nach den Grundlagen der allgemeiner Wehrpflicht und der Miliz auszurichten. Von einem Berufsheer oder irgendeiner Mischvariante ist da nicht die Rede.
Besonders merkwürdig wird die Angelegenheit, wenn er, so wie im Rahmen einer Pressekonferenz (am 23.01.2012) bereits im Voraus verkündet, dass „die Pilotprojekte beweisen werden, dass die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres in einem Berufsheer liegt.“ Soll das Ergebnis diverser Evaluierungen von Versuchen, die auf untauglichen Grundlagen beruhen, etwa gar per Weisung befohlen werden? Allein die Konstellation aus der Person des Organwalters, seinem bewiesenen Amtsverständnis und seinem nachvollziehbaren Verhalten machen mir diesbezüglich Angst. Vielleicht wird auch hier wieder einmal so lange gerechnet, bis das gewünschte Resultat präsentiert werden kann. Entsprechende „rechenkünstelnde“ Helfer werden sich finden lassen. Sie müssen ja nicht unbedingt mit der Leitung eines militärischen Mathematikinstituts betraut werden. Es gibt auch andere Bildungseinrichtungen, an denen die Sterne glänzen…
Wie erträglich macht ihn die Tatsache, dass er als Wehrdienstverweigerer, der zwar seine Wertschätzung des Bundesheeres samt Heeresangehörigen (es interessiert ihn nur die Meinung der Offiziere nicht) immer wieder betont, auf den hypothetischen Fall angesprochen, sich als Wehrpflichtiger persönlich nochmals entscheiden zu müssen, sich wie einst wieder gegen den Wehrdienst aussprechen würde? Das Paradoxe dabei: Er ist heute der EU-weit längstgediente Verteidigungsminister – seiner wehrpolitischen Bilanz nach eigentlich „Verweigerungsminister“. Er hofft auf eine Volksbefragung noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode, die für 2013 vorgesehen ist. Dass er dabei hartnäckig eine Forderung entgegen dem Koalitionsvertrag aufrecht hält, den er selbst mit verhandelt und unterzeichnet hat, wirft allerdings ein besonderes Licht auf seine Persönlichkeit.
Natürlich wird man sich im „Hofstaat“ des Ministers eilig bemühen, es als Erfolg darzustellen, mit ihm einen erfolgreichen Sportminister und den längstdienenden Verteidigungsminister Europas zu haben. Einen, der im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger sogar weiß, dass der in bayerischen Diensten stehende Fußballspieler David Alaba Österreicher ist und nicht in verkrampftem Englisch angeredet werden muss.
So, als wäre dies und die Verweildauer im Amt ein Qualitätsmerkmal eines Politikers und nicht auf die Tatsache zurückzuführen, dass diverse sachlich begründete Misstrauensanträge der parlamentarischen Opposition ihn nur deswegen im Amt bleiben ließen, weil offensichtlich dem politischen Partner in der Regierung der Erhalt der Koalition wichtiger war, als die Abwahl eines Mannes, über den man sich seit Antritt seines Amtes außerhalb eines gewissen kleinen Kreises seiner eigenen Partei nur wundert, wenn nicht sogar lustig macht. Und über dessen personifizierte Unerträglichkeit nicht nur ausländische Kollegen den Kopf schütteln.
Wen wundert es da, wenn bei derartigen Repräsentanten in der Spitzenpolitik die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung kein Vertrauen mehr in die Politik hat? Die Zeit ist überreif, dass das Bewusstsein des Vorsitzenden und das der Geschäftsführung der Partei des Verweigerungsministers die Unerträglichkeit erkennen lassen. Die großen Bedrohungen scheinen gesunken, die Gefahren, die aus der Politikerverdrossenheit erwachsen, hingegen dramatisch gestiegen.
Mag.phil. Manfred Gänsdorfer:
Absolvent der Theresianischen Militärakademie und der Landesverteidigungsakademie
Absolvent des Studiums der Politik- und Kommunikationswissenschaften
Jahrzehntelange Tätigkeit als Berufsoffizier (u. a. unter zehn Ministern verschiedenster politischer Couleur)
Mehrjährige Tätigkeit im Ausland als Professor für Sicherheitspolitik am George C. Marshall Center
Zahlreiche Publikationen in Fachzeitschriften und Büchern zum Thema Sicherheits-, Verteidigungs- und Wehrpolitik
Seit 18 Jahren Herausgeber des Periodikums Der Offizier (Organ der Österreichischen Offiziersgesellschaft)
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Österreich ist eine Demokratie. Ihr Recht geht vom Volks aus." So beginnt die Bundesverfassung und mit diesem Zitat beginnt die Initiative "MeinOE", die nun die nötigen Unterschriften für ein Volksbegehren für mehr Demokratie in Österreich gesammelt hat. Das ist gut so, und es ist den Proponenten zu wünschen, dass ihnen nicht das Schicksal des Bildungsvolksbegehrens blüht, das im Nationalrat mit einem Begräbnis 1. Klasse endete. Hilflos und verbittert musste Hannes Androsch zur Kenntnis nehmen, dass kein einziger der Punkte des Volksbegehrens, zu dem sich die Abgeordneten im Sonderausschuss geeinigt hatten, beschlossen wurde. Das liegt daran, weil im Nationalrat sowohl Regierungs- als auch Oppositionsabgeordnete nach dem Prinzip des Verhältniswahlrechts sitzen. Dazu kommen noch die Bundesregierung und das Staatsoberhaupt. Im Sinne der Gewaltenteilung in einer repräsentativen Demokratie, die dem Prinzip folgt, dass jede Ebene die andere kontrolliert. Das Dreieck der Machtbalance hat sich durchaus bewährt. Immer wieder wurden auch die Lücken der direkten Demokratie geschlossen, um den Bürgerinnen und Bürgern mehr Mitsprache in ihren Angelegenheiten zu ermöglichen. Doch auch das hat Grenzen. Es ist wirklich nicht wünschenswert, dass über jedes x-beliebige Thema ein Volksbegehren mit anschließender zwingender Volksabstimmung durchgeführt wird. Die so oft zitierte "Volksseele" ist nämlich leicht erregbar, sie lässt sich fein manipulieren und oft super instrumentalisieren. Man denke an die Todesstrafe, den Abtreibungsparagraphen, Strafen bei Homosexualität usf. All zu leicht ließen sich nach Verbrechen diese Forderungen mit einer gut gelenkten Kampagne durchbringen. Daher hat die Schweiz große Hürden eingebaut, ehe ein Thema zu einem Referendum zugelassen wird. Denn die direkte Demokratie ist nicht per se die bessere Regierungsform. Sie muss ebenso klug angegangen werden, wie jede andere Formen des demokratischen Zusammenlebens.
Andreas Unterberger
Kaiser und Fürsten haben es gar nicht gemocht, wenn das Volk eine eigene Meinung hatte. Oder wenn es diese sogar ausgesprochen hatte. Nicht anders verhalten sich heute die "repräsentativen" Machthaber. Erstaunlicherweise lehnen vor allem Sozialdemokraten die direkte Demokratie ab, während Schwarz, Blau, Orange und (neuerdings wieder mit Vorbehalten) auch Grün dafür sind. Oder zumindest dafür zu sein scheinen.
Natürlich verliert niemand gerne Macht. Aber wer schlecht mit dieser umgegangen ist, sollte froh sein, wenn diese Macht nur reduziert und nicht ganz entzogen wird. Die Liste des "repräsentativen" Versagens reicht von der Schuldenexplosion über die ständig steigende Steuerlast, das ungelöste Pensionssystem und den politisch ausgelösten Leistungsverfall im Bildungssystem bis zur erstickenden Menge an unnötigen Regeln, Gesetzen und Verordnungen.
Die direkte Demokratie wird auch deshalb immer notwendiger, weil es in einer komplizierten Welt unmöglich geworden ist, sich in jeder Sachfrage inhaltlich mit einer einzigen Partei zu identifizieren. In der einen Frage gibt man dieser Partei, in einer anderen jener recht. Parlamentswahlen bedeuten nur noch die Auswahl des geringsten personellen Übels. Die emotionelle Identifikation zwischen Wähler und Gewähltem ist längst vorbei.
Für die direkte Demokratie spricht auch das Modell Schweiz, das am besten regierte Land Europas. Es ist eine üble Zumutung, wenn Politiker oder ihre Lakaien den Österreichern weismachen wollen, unreifer als die Schweizer zu sein.
Und vor allem: Es sind immer die Bürger, die die Folgen von Entscheidungen zu tragen haben und kaum die im Parlament sitzenden Gewerkschafter, Berufsfeministinnen, Lobbyisten und Kämmerer. Diese haben ihre eigenen Interessen und kaum das Gemeinwohl im Fokus. Daher ist die Wahrscheinlichkeit übler Entscheidungen im nur repräsentativen System viel größer als bei direkter Demokratie.
Unglaublicher rassistischer Skandal im neuen französischen Parlament.
Zu Recht protestiert eine Zuwandererorganisation: Nur 1,8 Prozent der neugewählten Abgeordneten in der nun massiv links dominierten Volksvertretung haben eine afrikanische oder asiatische Abstammung. Dabei stellen die Zuwanderer aus diesen beiden Kontinenten schon zehn Prozent der französischen Bevölkerung. Der Protest zeigt genau das, was schon seit langem als logische Folge der Gender-Quote prophezeit worden war: Am Schluss darf es überhaupt keine freie Wahl der Volksvertreter geben, sondern nur noch Quoten-Abgeordnete: Frauenquote, Afrikanerquote, Moslemquote, Alzheimerquote, Radfahrerquote, Hilfsarbeiterquote, Brillenträgerquote, Pensionistenquote und noch ein paar hundert weiterer Quoten. Denn wer einmal quotet, der wird immer quoten müssen. Aber die Quotenfreunde können sich trösten: In der neuen französischen Regierung gibt es bereits die zehnprozentige Zuwandererquote. Und die Frauenquote. Bei der Regierungszusammensetzung hat ja auch der Wähler nichts mitzureden. An den anderen Quoten mangelt‘s aber auch in der Regierung noch. Also: Quotet munter weiter, Genossen!
„Die Franzosen werden keinen Souveränitätstransfer mitmachen.“ Mit diesem – richtigen – Satz eines sehr hohen EU-Beamten ist das ganze Dilemma der europäischen Krise auf den Punkt gebracht.
Die Grundintentionen der europäischen Akteure gehen diametral auseinander. Frankreich und viele andere Länder – von Griechenland bis zu den USA – wollen, dass sich Deutschland und Länder wie Österreich weiter schwer verschulden. Dieses Geld soll Franzosen& Co in doppelter Form zugute kommen: Erstens als direkte Hilfe für notleidende Staatsbudgets und Banken; und zweitens indirekt, indem die anderen Länder durch erhöhte Nachfrage mehr Waren und Dienstleistungen verkaufen können.
Deutschland hingegen hat nun endlich erkannt, dass weitere Hilfen, Kredite und Haftungen höchstens bei einem echten Souveränitätstransfer sinnvoll wären. Also wenn man bei den Hilfsempfängern direkt in die Budgetpolitik eingreifen kann. Bloße Versprechungen hingegen haben in den letzten beiden Jahren jede Glaubwürdigkeit verloren. Die Griechen etwa haben in regelmäßigen Abständen den Geldgebern ganz konkrete Maßnahmen zugesagt (wie Beamtenabbau, Privatisierungen, Verwaltungsreformen) und daraufhin weiteres Geld bekommen – aber immer nur einen kleinen Teil der Zusagen erfüllt.
Die von der Schuldenkrise anfangs deutlich überforderte deutsche Bundeskanzlerin will da nicht mehr mitmachen. Dafür sorgt auch der Druck von Basis, CSU und FDP. Umgekehrt fordern aber andere starke Kräfte, auch in Deutschland, dass Merkel „weiter europäische Verantwortung“ zeige. Im Klartext: Das Land soll sich noch mehr zu Lasten von Griechenland, Frankreich & Co verschulden.
Merkel versucht diesem doppelten Druck mit einer Vorwärtsstrategie zu entkommen: Wir werden nur dann noch mehr tun, wenn es dafür zu einer echten politischen und fiskalischen Union kommt. Diese würde einen echten europäischen Durchgriff gegen Ausgaben der einzelnen Länder bedeuten, um weitere Schuldeneskalationen zu vermeiden.
Die Strategie ist an sich nicht unlogisch. Sie hat dennoch keine Chance, sie kommt zu spät und ist unglaubwürdig. Nicht nur in Frankreich ist ein automatischer Eingriff der EU in die nationale Souveränität undurchsetzbar. Dies schon deshalb, weil das als ein Eingriff der Deutschen verstanden würde.
Außerdem hätte es eine solche Verbindung von gemeinsamer Währung, politischer und fiskalischer Union schon vom ersten Euro-Tag an geben müssen, um sinnvoll zu funktionieren. Und endgültig hat Merkel die Chance auf Durchsetzung einer solchen großen Konstruktion verspielt, als sie sich vor zwei Jahren von Frankreich zwingen ließ, zugunsten Griechenlands in die Kassa zu greifen. Was eine üble Dominowirkung an weiteren nun schon in die Billionen gehenden Hilfen auslöste. Bis hin zum neuen Stabilitätsmechanismus ESM.
Künftige Geschichtsbücher werden daraus eine klare Lehre ziehen: In Sachen Krieg und Frieden sind Kompromisse immer gut. Bei Fragen von Finanzen und Währung sind sie immer von Übel.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Wer aufbricht oder, wie man sagt,
sich auf den Weg macht unverzagt,
erlebt vielleicht auch Pleiten,
der Weg indes macht stets was mit,
weil den man ja mit Füßen tritt
zu allen Jahreszeiten.
Man kann natürlich mit Bedacht,
bevor man auf den Weg sich macht,
auf Führung sich verlassen –
und ist dann umso mehr verstört,
wenn Ähndschie man verkünden hört,
was mühsam bloß zu fassen:
Wir stünden jetzt „am Scheideweg“!
Am Weg? Moment, ich überleg’ –
das heißt, wir sind daneben!
Wie wahr, nur wer hat ungerührt
uns justament da hingeführt,
dass so was wir erleben?
Doch Ähndschie meint, es wär’ „fatal“,
jetzt stehn zu bleiben und zumal
„auf halbem Weg“ – na logisch –
daher „ganz falsch“ wär’s so besehn,
nicht weiter diesen Weg zu gehen –
ergänzt sie pädagogisch:
Denn dass, was Holzweg immer war,
nicht scheiden kann und darf sogar,
soll Trennungsschmerz verhindern –
es kümmert sich nach altem Brauch
der Landwirt ja vorm Schlachten auch
ums Wohl von seinen Rindern.
Beim hohen Dialektik-Spiel
ist offenbar der Weg das Ziel,
und wir, wir sind vonnöten,
dass obendrein uns jedermann
dann noch mit Füßen treten kann
zum Dank für unsre Kröten…
Pannonicus
Erstaunlich: Nikolaus Berlakovich fährt nicht zur 50.000-Teilnehmer-Konferenz nach Rio.
Dafür muss man den Umweltminister einmal loben. Vor allem aber kann man sich freuen, weil damit regierungsoffiziell geklärt ist, dass diese Megakonferenzen absolut sinnlos sind, die höchstens als Propagandaveranstaltung für die Spendenkeiler von Greenpeace funktionieren. Und noch erfreulicher ist, dass damit nun weltöffentlich evident ist: Die Global-Warming-Abkassiermasche, die einst von solchen Großkonferenzen in Gang gesetzt worden ist, beruht auf falschen Annahmen und kann nicht mehr weiter gespielt werden. Werden doch die finanziellen Schäden – beispielsweise – durch auf Jahrzehnte hinaus geförderte Solarpaneele erst in Zukunft die ohnedies bankrottgefährdeten europäischen Haushalte wirklich belasten.
Rot, Schwarz, Grün haben eine Reform der Parteispenden beschlossen.
Schöner als diese Seite aus Werner Faymanns liebstem Propagandablatt "Österreich" kann man gar nicht zeigen, was die Reform eigentlich wert ist.
Freiwillige Spenden an die Parteien werden zwar jetzt nur noch öffentlich und daher zweifellos dünner fließen. Aber durch parteipolitische Macht erzwungene Spenden des nie gefragten Steuer- und Abgabenzahlers an SPÖ-freundliche Boulevard-Zeitungen wird es ungehindert weiter geben. Was mag sich da in der Fellnerschen Gratiszeitung der Verantwortliche gedacht hat, als er zum Photo des roten Drahtziehers Ostermayer ein solches von unseren Autobahnpickerln finanziertes Inserat der Asfinag platziert hat? Hat da eine Freudsche Fehlleistung dafür gesorgt, dass da genau jener Titel daneben steht, den sich die Bürger angesichts solcher Inserate - vergeblich - wünschen: "Geld-Strafen für Parteimanager"?
Als ob die Unterrichtsministerin noch nicht für genug Skandale verantwortlich wäre. Wie etwa: strafrechtliche Erhebungen wegen der Kommunalkredit-Pleite, manipulierte Auswertung der Bildungsstandard-Tests der 14-Jährigen, viel zu späte Vorlage der Unterlagen für die Zentralmatura, verfassungswidrige (eventuell auch amtsmissbräuchliche) Diskriminierung der AHS-Schüler gegenüber den Gesamtschülern in Hinblick auf die Klassengröße. Und nun der nächste, vielleicht folgenträchtigste Skandal rund um die Anforderungen für die neue Zentralmatura in Deutsch.
Diese sind soeben veröffentlicht worden, eher verschämt und ganz ohne die sonst üblichen Propagandaauftritte Schmieds. Sie zeigen freilich ein so lächerlich geringes Anspruchsniveau, dass man zu dem Schluss kommen muss: Frau Schmied und ihre Genossen wollen voll Hass das ganze Schulsystem zertrümmern – oder zumindest lächerlich machen.
Einen deutschen Brief sollte jedenfalls kein Arbeitgeber künftig einen solchen Schmied-Maturanten schreiben lassen. Diese Warnung bezieht sich auch auf Akademiker , denn auf der Uni lernt man das Schreiben eines geraden Textes dann schon gar nicht mehr. Oder er sollte zumindest wissen, Absolventen welcher Schule von jeder Reife meilenweit entfernt sind, mag diese nun am Wiener Henriettenplatz oder in der Rahlgasse liegen.
Die Nivellierungsfanatiker rund um Schmied haben das Leistungsniveau für die Deutschmatura so niedrig gelegt, dass es nur eine mögliche Erklärung gibt: Sie wollen künftig auch jenen Menschen eine Matura-Garantie geben, die der deutschen Sprache nur auf schlichtestem Gastarbeiter-Niveau kundig sind.
Hier sei einfach im Wortlaut zitiert (und in Klammer kommentiert), was künftig für ein Deutsch-Maturazeugnis ausreicht:
Ein wirklich erschütterndes Papier. Nur zur Erinnerung: Es geht hier nicht um einen Sprachtest für die Einschulung eines Migranten. Es geht nicht um die böse Selektion mit zehn Jahren. Auch nicht um jene mit vierzehn Jahren. Sondern es geht um die nach zwölf Schuljahren abzulegende Matura, um die zum Zugang auf die Universität befähigende Reifeprüfung!
Seit die Linke ihr (nach „menschenverachtend“) zweites Lieblingswort, nämlich „Selektion“ entdeckt hat, wird dieser Selektion ganz offensichtlich auf allen Altersstufen der Kampf angesagt (die Wortwahl rückt jeden Andersdenkenden auch gleich taktisch geschickt wie untergriffig in die Nähe eines Holocausttäters). Der wahre Sozialismus ist offenbar erst dann erreicht, wenn jeder völlig leistungs-, also: selektionsfrei seine Matura und seinen Master bekommt.
Die einzige Leistung, auf die man hier trifft, ist dieses zitierte Papier des bifie (Erläuterung: Bei Erfüllung der Anforderungen der ersten Spalte bekommt man eine positive Note). Man hätte es kaum für möglich gehalten, dass man den Satz „garantierte Deutsch-Matura für jeden mit Null Anstrengung“ in so viele geschwollene Worte kleiden kann. Die Schmied-Leute verbreiten sogar, dass sie im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf die Anforderungen sogar verschärft hätten. Das scheint denkunmöglich.
Endlich sollten auch die Naivmenschen aus der Industriellenvereinigung sehen, welche Katastrophe die von ihnen unterstützte linke Schulpolitik auslöst. Wenn all diese Maturanten eines Tages bei der Wirtschaft jobsuchend an die Tür klopfen, ist es freilich zu spät, um noch irgendetwas zu retten. Und die ÖVP sollte endlich erkennen, dass jeder minimale Kompromiss, den man mit einer solchen Leistungshasserin eingeht, von einer Claudia Schmied verheerend missbraucht wird. Und ich selber muss beschämt zugeben, dass diese Frau meine einst überzeugte Unterstützung für die Idee einer Gesamtmatura ad absurdum führen konnte.
PS.: Die Unterstreichungen und Fettungen stammen von mir.
Die SPÖ will die ÖIAG abschaffen. Klingt irgendwie super.
Die komplette Privatisierung der Reste der verstaatlichten Industrie wäre nämlich ebenso sinnvoll wie notwendig. Diese war ja jahrzehntelang eine Zumutung für die Steuerzahler, sie hat Österreich in den 80er Jahren an den Rand des Staatsbankrotts geführt und war bloß ein Machtimperium der Parteisekretariate, die dort Posten vergeben konnten. Doch halt! Die SPÖ will ja jene Restbestände gar nicht verkaufen, sondern diese wieder so wie in der ganz schlechten alten Zeit an die kurze politische Leine nehmen. Die SPÖ stört vor allem maßlos, dass die ÖIAG-Konstruktion jeden parteipolitischen Durchgriff verhindert. Dort wird der Vorstand eben nicht durch ein Regierungsmitglied bestimmt (wie sogenannte Qualitätszeitungen seitenweise schreiben), also de facto durch koalitionäre Kuhhändel, sondern seit Schwarz-Blau durch einen aus unabhängigen Unternehmern bestehenden Aufsichtsrat, der sich bei Ausscheiden eines Mitglieds selbst erneuert. Und der weder auf Parteizuruf reagiert noch sich fürchtet, wenn Parteiintriganten (wie die Herren Schieder und Kräuter) Geschichten in Zeitungen streuen. Das muss natürlich totalitäre Apparatschiks total ärgern. Das hat aber den österreichischen Staatsfinanzen gewaltig geholfen.
Menschen können ihren eigenen Wohlstand auf zwei Weisen vermehren (wenn man einmal von kriminellen Methoden und von Glücksfaktoren wie Erbschaften oder Lottogewinnen absieht): entweder durch erfolgreiche Arbeit und ertragsreiche Investitionen, oder indem sie heftig Schulden machen. Jeder kennt Beispiele für beide Methoden. Die zweite wird etwa durch Menschen verkörpert, deren Villa, deren Luxusautos, deren Drittfreundin eigentlich zur Gänze der Bank gehören, was sie aber nicht hindert, sich an diesen schönen Dingen zu erfreuen.
Diese zweite Methode der Wohlstandsvermehrung hat nur eine unangenehme Eigenschaft: Sie endet mit ziemlicher Sicherheit in einer steilen Abwärtskurve . An deren Ende versteigert dann die Bank Haus und Autos; und die Freundinnen haben plötzlich überhaupt keine Zeit mehr, wenn Schecks und Geschenke ausbleiben. Ein solcher Abstieg ist keine angenehme Erfahrung – weshalb Menschen zu seiner Abwehr beginnen, ins Casino zu gehen oder kriminelle Methoden anwenden. Was aber in aller Regel den Abstieg nur noch arg beschleunigt.
Haargenau dasselbe passiert auch Staaten. Viele, ja fast alle west- und südeuropäischen Staaten haben in den letzten 40 bis 50 Jahren ihr Konsumniveau nicht nur durch Arbeit und Wohlstand, sondern auch durch eine rasch steigende Verschuldung erhöht. Manche Länder haben nur den Weg über Schuldenakkumulation gewählt.
Staaten handeln durch Politiker. Diese haben in Demokratien ein logisches Hauptziel: wiedergewählt zu werden. Und das gelingt offensichtlich dann am besten, wenn man den Menschen beispielsweise Pensionen in einer so großen Höhe und ab einem so frühen Zeitpunkt zahlt, dass das nur noch mit massiven alljährlichen Schuldenaufnahmen finanziert werden kann. Das verschweigt man aber den Menschen. Diese halten ihre Pensionen und zahllose sonstige Sozialleistungen in der Tat oft für selbstverdient oder gar für eine Leistung der Politiker. Diese greifen daher von Jahr zu Jahr heftiger zur Methode der Wählerbestechung durch hohe Sozialausgaben. Nichts anderes sind ja Pensionen, für die nicht ausreichend Beiträge einbezahlt worden sind. Und noch ein paar Hundert weiterer Ausgabenposten.
Manche Philosophen und ökonomischen Denker prophezeien aus diesem Grund sogar ein Ende der Demokratie. Das hält die Mehrheit der Politiker aber nicht ab, nach dieser in ihrer kurzfristigen Sicht erfolgreichen Methode weiterzuarbeiten.
Sie tun das selbst dann, wenn der Exekutor schon vor der Tür steht. In diesem Moment versucht man verzweifelt, den Exekutor dazu zu bewegen, doch noch ein paar Tage Zeit zu lassen. Man versucht zugleich hektisch, noch einen neuen Geldgeber zu finden. Man versucht, noch rasch ein Grundstück zu verkaufen. Und man schimpft jedenfalls heftig auf die Bank, die am eigenen Unheil schuld sei.
Was bankrotte Verschwender tun, tun auf europäischer Ebene die Staaten: Sie erwecken den Eindruck, dass die Banken die Hauptschuldigen an der Krise wären. Sie unterstreichen diesen Eindruck durch ständig neue Versuche, die Banken noch mehr zu regulieren. Was natürlich in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, dass tatsächlich die Banken die Hauptschuldigen wären. Sonst müsste man ja nicht ständig über deren angeblich unzureichende Regulierung reden.
Natürlich haben auch die Banken durch eigene Fehler zum Entstehen dieses Eindrucks beigetragen: durch Veranlagungsfehler oder durch die Präpotenz des Auftretens ihrer Spitzenmänner (siehe etwa Helmut Elsner). Das ändert aber nichts daran, dass nicht die Banken die Staaten zur Verschuldung gezwungen haben. Im Gegenteil: Bei allem Gerede von einer strengeren Regulierung achten derzeit die europäischen Regierungen und Nationalbanken sehr darauf, dass sie den Geldinstituten nicht wirklich das verbieten, was in Wahrheit das größte Risiko darstellt: die weitere Finanzierung von Staaten. Daher ist all das Regulierungsgerede Mumpitz für die Galerie.
Auch beim Stichwort Grundstücks-Verkauf gleicht das Verhalten von Staaten jenem eines privaten Pleitiers. Nur haben die Staaten damit noch weniger Erfolge als diese Pleitiers. Kaum jemand ist etwa derzeit gewillt, Griechenland etwas abzukaufen. Und wenn halb Spanien gleichzeitig seine auf Schulden gebauten Häuser und Urlaubsimmobilien verkaufen will beziehungsweise muss, dann finden sich logischerweise viel zu wenig Käufer dafür, was wiederum die Preise ständig weiter drückt. Wer in Hinblick auf Spanien einwenden sollte, dass an der Immobilienkrise doch eher die Einzelmenschen und nicht der Staat schuld wären, der übersieht, dass der spanische Immobilienboom vom Staat zum Zwecke der Ankurbelung (in Wahrheit: Überhitzung) der Konjunktur heftig gefördert worden ist. Statt angesichts des ungesunden Wachsens der Immobilienblase viel früher zu bremsen, hat sich Madrid über deren Aufblähen gefreut. Weil es die Wähler glücklich gemacht hat.
Auch die verzweifelte Suche der Staaten nach neuen Geldgebern gleicht dem Verhalten individueller Schuldner. Im Vorjahr sind die europäischen Machthaber fast alle nach China gepilgert, wo ja das meiste Geld gebunkert ist – und haben sich dort blutige Nasen geholt. Die Chinesen sind zwar an europäischen Unternehmen interessiert, aber nicht an Staatspapieren. Die haben sie den Regierungen nicht abgekauft.
Erfolgreicher waren die Schuldner eine Zeitlang mit ihren Bettelversuchen in Deutschland und bei der Europäischen Zentralbank. Aber beide scheinen inzwischen klüger geworden zu sein. Beide erkennen zunehmend, dass sie mit weiteren Krediten nur gutes Geld dem schon verlorenen nachwerfen; dass sie dadurch nur die eigene Stabilität aufs Spiel gesetzt haben; und dass ein Teil der Schuldnerländer wie Griechenland keineswegs eine straffe Reform begonnen hat.
Nun greifen die Schuldenfreaks zur Moralkeule. Sie reden von einem „Zu Tode sparen“. Und sie stottern herum: „Sparen ja, aber nicht auf Kosten des Wachstums“. Womit sie gleich ein paar infame Lügen versuchen.
Die erste Lüge: Fast kein Land spart wirklich. Heißt doch sparen allemal weniger ausgeben, als man einnimmt.
Die zweite Lüge: Es wird der Eindruck erweckt, als ob Wachstum nur durch neue Schulden möglich wäre. Dabei sind Schulden mittel- und langfristig im Gegenteil der größte Wachstumskiller, den es gibt. Das gilt vor allem dann, wenn wie in Europa die Staaten das Geld primär für Sozial- und Konsumausgaben verwenden und nicht für langfristig ertragreiche Investitionen. Dabei wäre Wachstum ohne Schulden nicht nur möglich, sondern sogar das einzige richtige Antikrisenrezept: Wenn Staatsbetriebe (zu denen übrigens auch solche der Gemeinden gehören) privatisiert werden, trägt das bei geringeren Kosten fast immer zu mehr Effizienz und größerem Wachstum bei. Wenn Gesetzgeber und Bürokratie ihren Wust an Vorschriften und Regeln halbieren, würde die Wirtschaft ganz ohne Schulden wieder so wachsen wie zuletzt in den 50er Jahren.
Und die dritte infame Lüge: Sparen wird gleich mit dem „Tod“ assoziiert. Als ob in einem der süd- oder westeuropäischen Länder die Menschen reihenweise verhungert oder sonstwie umgekommen wären, als das BIP pro Kopf 30 Prozent niedriger gewesen ist. Ganz im Gegenteil: Oft (also wenn die schuldenfreien Wachstumsrezepte nicht genug greifen) ist ein Schrumpfen sogar die beste Therapie, um eine Krise zu überwinden.
Den Sanierungserfolg einer Schrumpfungsphase haben uns einige nordeuropäische Länder sensationell vorgezeigt: Anfangs der 90er Jahre mussten Finnland oder Schweden zum Teil satte zweistellige Rückgänge des BIPs hinnehmen. Das hat diesen Ländern dann aber umso mehr Dynamik für einen neuen Aufstieg verschafft. Ohne dass sie versucht hätten, dem Ausland, den Deutschen oder sonst wem die Schuld an der eigenen Lage zuzuschieben, wie es jetzt Franzosen und andere machen.
Ähnlich haben sich auch etliche – bei uns leider viel zu wenig beachtete – osteuropäische Länder ohne faule Kompromisse durch die Krise und rasch aus dieser wieder herausgebracht. Lettland etwa hat im Jahr 2009 ein Schrumpfen der Wirtschaft von 18 Prozent erlitten und ist dem Staatsbankrott nahe gewesen. Das Land hat aber nicht gejammert, sondern alle notwendigen schmerzhaften Maßnahmen gesetzt. Prompt erzielt Lettland schon wieder alljährlich vierprozentige Wachstumszahlen.
Die osteuropäischen Staaten haben sich auch sonst fast alle gut durch die Krise gebracht. Weil sie nach den harten kommunistischen Jahren nicht mit einem so verwöhnten Anspruchsniveau, wie es die West- und Südeuropäer heute haben, fertig werden müssen. Weil sie (fast alle) ohne Euro flexibler auf eine Krise reagieren können. Und weil sie begriffen haben: Wachsen wie Schrumpfen sind nicht nur in der Natur ganz normale Entwicklungen. Unerschwinglich teuer wird es nur, wenn man sie zu verhindern versucht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Heute wieder eine Reihe erfreulicher Meldungen aus aller Welt. Und zwar insbesondere über traditionelle Feindbilder vieler Menschen, von der „Jugend von heute“ bis zu Politikern.
Grund zur Freude bietet etwa eine kanadische Studie unter Jugendlichen, was für sie denn eigentlich „cool“ wäre. Dieses Wort war ja einst Symbol einer sich isolierenden und alles Bestehende ablehnenden Gegenkultur, einer arroganten Schein-Souveränität mit der Zigarette im Mundwinkel und dem Whisky-Glas in der Hand. Heutige Jugendliche verstehen unter „cool“ hingegen: freundlich, kompetent und trendy. Das Leitbild „cool“ meint heute also ungefähr das Gegenteil früherer Jahrzehnte. Was mehr als positiv ist.
Grund zur Freude können auch die Deutschen haben. Wobei diesmal weder die Fußballnationalmannschaft noch die Beobachtung gemeint sind, dass Angela Merkel inzwischen besser gelernt hat, Nein zu frechen Forderungen aus dem Ausland nach deutschem und damit übrigens automatisch auch österreichischem Geld zu sagen. Heute soll vielmehr Joachim Gauck vor den Vorhang geholt werden. Der neue Bundespräsident schafft es mit fast jeder Wortmeldung, etwas Mutiges, Wahres und Kluges zu sagen. Er wurde binnen kurzem zum Gewissen der Nation, das auch ungeschminkt Unpopuläres sagt. So wagte er es etwa, kritisch von „unserer glücksüchtigen Gesellschaft“ zu reden (in Zusammenhang mit der Reaktion auf den Tod von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan). Er wagte es, auch zu sagen, dass Gewaltanwendung „notwendig und sinnvoll sein kann, um ihrerseits Gewalt zu überwinden oder zu unterbinden.“ Ich glaube ein Heinz Fischer würde lieber tot umfallen, bevor er solche Dinge über die Lippen brächte.
Apropos deutscher Bundespräsident: Grund zur Freude haben die Deutschen übrigens auch wegen ihrer Staatsanwälte: Diese haben es schon nach wenigen Wochen geschafft, das Strafverfahren gegen den früheren Bundespräsidenten Wulff abzuschließen. So etwas dauert ja in Österreich zumindest Monate, meistens Jahre. Vor allem, wenn es um Personen rechts der Mitte geht. Vielleicht könnte da auch unsere Justizministerin mit ein paar Mitarbeitern einmal hinfahren und sich anschauen, wie die Deutschen das zusammenbringen.
Und gleich sind es nochmals die Deutschen, denen man Grund zur Freude attestieren kann: Die deutsche Bundesregierung hat den radikalislamistischen Salafisten den Kampf angesagt und eine ganze Reihe jener antidemokratischen Vereinigungen verboten. 1000 Polizisten durchsuchten 82 Wohnungen, Vereinsheime und Wohnungen. Der deutsche Staat weiß noch, dass er das Recht hat, sich gegen Verfassungsfeinde zu wehren, die die ganze Rechtsordnung durch einen steinzeitlichen Gottesstaat ersetzen wollen. Im Wiener Innenministerium glaubt man hingegen, Wegschauen ist dagegen die beste Strategie. Und es beschränkt sich auf die lobenswerten, aber gegen die radikalen Islamisten (die auch hierzulande tätig sind) völlig wirkungslosen Aktivitäten des Staatssekretärs Kurz, der Sprachkenntnisse und Leistungsbereitschaft der Zuwanderer verbessern will. Der aber ebenso wie die hauptzuständige Ministerin den wirklich heiklen Themen geflissentlich aus dem Weg geht. Die Deutschen scheinen Politik nach dem Motto zu machen, was gut und wichtig für die Bürger ist. In Österreich dominiert hingegen die Frage, wie man es tunlichst vermeidet, in den linksliberalen Mainstream-Medien böse kommentiert zu werden. Was bürgerlichen Politikern aber am Ende des Tages sowieso nicht gelingen wird.
Zu guter letzt aber auch ein Lob für eine österreichische Institution: die Akademie der Wissenschaften. Diese ist in den letzten Monaten durch einige schwer durchschaubare Attacken ins Kreuzfeuer geraten. Sie leidet auch unter Geldknappheit und unter der eigenen Überalterung. Seit sich aber herausgestellt hat, dass ein Hauptgrund der Attacken auf sie der Umstand war, dass die Akademie die sogenannte Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak als Mitglied abgelehnt hat, muss man wieder enorme Hochachtung gewinnen. Denn erstens sind solche bedeutungsarmen Randwissenschaften nicht der Grund, weshalb die Steuerzahler zusätzliche Forschungsgelder aktivieren würden. Und zweitens hat die Wissenschaft der Frau Wodak häufig darin bestanden, Wörter als faschistisch zu denunzieren, weil sie halt auch in der Nazi-Zeit verwendet worden sind.
Die Bedenkenträger sind wieder einmal kräftig unterwegs. Ihr Motto: „Direkte Demokratie? Ja schon, aber nicht wirklich.“ In der Folge einige Überlegungen, warum die Bedenkenträger Unrecht haben, und wie man die Direkte Demokratie erfolgreich gestalten könnte. Sie wäre jedenfalls für die Zukunft des Landes enorm wichtig und positiv. Die Machthaber sind freilich schon mit großem Erfolg dabei, alle Versuche wieder abzudrehen.
Am wirksamsten für diesen Abdreh-Erfolg ist wohl, wenn auch unbeabsichtigt, die Initiative „Mein OE“. Sie hat sich zwar eigentlich die Forderung nach mehr direkter Demokratie (neben einigen problematischeren Anliegen) auf die Fahnen geschrieben. „Mein OE“ ist aber trotz reichlicher publizistischer Unterstützung von den Bürgern weitgehend ignoriert worden. Sie haben nach den vorliegenden Informationen nicht einmal annähernd die Hälfte jener Zahl an Unterschriften erreicht, die man an Stimmen für einen einzigen Parlamentsabgeordneten benötigt.
Der Grund des Flops: Diese Initiative wird von der inoffiziellen Vereinigung all jener Altpolitiker getragen, welche die geringste Sympathie in der Bevölkerung genießen. Das haben die Herren Voggenhuber, Frischenschlager, Busek & Co offenbar schwarz auf weiß wissen wollen. Jetzt wissen sie es: Sie haben zwar bei etlichen linken Mainstream-Journalisten ihren Stellenwert, sind aber bei den Bürgern kollektiv Minus-Männer.
Die Österreicher fragen etwa kritisch, weshalb die Herren erst nach ihrer Politikerzeit kluge Gedanken entwickelt haben. Auch war es nicht gerade Sympathie-vermehrend, dass sich die Mein-OE-Herren in ihrem politischen Leben zuletzt alle Richtung Linksaußen bewegt haben. Das hat sich auch am sonstigen Unterstützerkreis der Herren gezeigt, der von Heide Schmidt bis zur linkradikalen Aktion Kritischer Schüler reicht. „Mein OE“ ist daher ebenso wie so manche „Mutbürger“-Vereinsmeierei als unbedeutende Marginalie abzuhaken.
Es wäre aber dennoch eine totale Katastrophe, wenn mit diesem Altherrensommer auch gleich die Direkte Demokratie beerdigt würde. Was zwar ganz sicher versucht werden wird, was aber zum Glück nicht automatisch die Folge sein muss. Denn immerhin macht die Annäherung zwischen Schwarz und Blau über deren Ausbau doch wieder Hoffnung auf ein Überleben der Idee. Und die SPÖ tut sich mit ihrem ursprünglichen Njet zunehmend schwer. Die Grünen waren eigentlich ohnedies immer dafür – man muss aber abwarten, ob sie im üblichen Grünreflex nun dagegen sein werden, weil die rechten Parteien dafür sind. Jüngste Inverviews von Alexander van der Bellen zeigen nämlich schon ein weites Abrücken von der Idee.
Gewiss braucht es noch eine ernsthafte, aber dennoch zügige Debatte. Wobei die von Heinz Fischer gestarteten Versuche mit großer Aufmerksamkeit zu beobachten sind, durch Einberufung eines langwierigen Konvents in bekannter Manier die Idee auszubremsen.
Unter den sonstigen Hindernissen ist jedenfalls die Debatte, ab wie vielen Unterschriften unter ein Volksbegehren ein Referendum zwingend folgen müsste, die unwesentlichste Frage. Da wäre jede Zahl irgendwo zwischen den vielen bereits genannten sinnvoll und denkbar.
Viel gefährlicher ist das insgeheime Denken in jeder Partei: Nützt’s uns oder nicht? Welches Anliegen kriegen wir damit durch und welches nicht? Wenn da zu viele Rotlichter aufscheinen, droht jede Partei auch bald ihre Lust auf direkte Demokratie zu verlieren.
Ebenso gefährlich sind die „Ja, aber“-Bedenken und -Hürden. So etwa das Verlangen, dass Referenden erst ab einer bestimmten Teilnehmeranzahl gültig sein sollen. Wobei mit 50 Prozent eine Hürde genannt wird, die höher ist als in vielen Ländern die Beteiligung an Parlamentswahlen beträgt. Dennoch bezeichnet dort niemand die Volksvertretungen als ungültig bestellt. Diese Hürde ist völlig absurd und nur ein böswilliger Verhinderungsmechanismus.
Nichtwähler übertragen ihr Stimmrecht ja immer automatisch auf jene, die hingehen. Diesen ist das zur Abstimmung stehende Thema (oder Gremium) halt wichtiger als denen, die nicht hingehen. Das macht es legitim, dass ihre Stimmen dann auch mehr Gewicht haben als die von daheimbleibenden Couch Potatoes. Und auch im Parlament können Beschlüsse ohne ein Mindestquorum fallen.
Raffinierter ist ein weiteres Argument der Gegner des Anspruchs der Bürger auf mehr Mitsprache: Sie wollen bestimmte Inhalte einem Referendum entziehen. Da gibt es etwa die breite Forderung, dass der Inhalt einer Volksabstimmung nicht gegen Verfassung, gegen Völkerrecht, EU-Recht oder gegen Grundrechte verstoßen darf.
Warum bitte diese Angst? Wäre das wirklich eine Katastrophe? Es gibt doch auch bei den vom Parlament beschlossenen Gesetzen viele, welche die Verfassung verletzen, ohne dass deswegen jemand „Katastrophe!“ schreien würde. Zahllose Gesetze, Urteile, Bescheide oder Verordnungen sind schon von einem österreichischen oder europäischen Höchstgericht aufgehoben worden. Das ist ein normaler Vorgang in einem Rechtsstaat.
Es wäre daher auch keine Staatskrise, wenn der VfGH künftig bisweilen auch ein Gesetz aufheben sollte, welches Ergebnis eines Referendums ist. Nach einer solchen Aufhebung kann man aber auch noch über etwas Zweites nachdenken: nämlich, ob dann nicht vielleicht die Verfassung entsprechend den Wünschen der Bürger abgeändert werden solle. Die Parteien wären jedenfalls gut beraten, daran zu denken. Wollen sie doch wiedergewählt werden. Und die Wünsche einer Mehrheit der Bürger sollten wichtiger sein als jene der Taxi-Innung, die sichon Verfassungsänderungen durchgesetzt hat.
Man kann aber auch über eine stärkere direkte Rolle der Bürger auch bei Änderungen der Verfassung nachdenken. Da gibt es eine Menge kluger Ideen, wie etwa doppelte Referenden über die selbe Frage in einem zeitlichen Mindestabstand, damit nicht Augenblicksstimmungen entscheidend sind. Letztlich steht die Republik in solchen Situationen immer vor der Alternative: Entweder: „Eine Verfassung sucht sich neue Bürger;“ oder: „Die Bürger suchen sich eine neue Verfassung“.
Hinter dieser Tabuisierung der Verfassung steckt neben prinzipieller Veränderungsangst vor allem der Kampf der sich für unverzichtbar und wichtig haltenden Machtträger in Politik, Oberstgerichten und Verwaltung (samt ihren Claqueuren in Universitäten und Medien). sie wollen ihren Einfluss, ihre Wichtigkeit bewahren. Diese Haltung ist aber in Wahrheit eine unerträgliche Hybris. Sie erinnert an die Feudalprivilegien einstiger Epochen, als man es für natur- oder gottgegeben hielt, dass alle Macht bei einer kleinen privilegierten Schicht Adeliger lag.
Ja, unsere Verfassung schreibt das im Gegenteil sogar schon heute vor, dass die Bürger in besonders wichtigen Fragen das allerletzte Wort haben. Immer dann, wenn es um eine sogenannte Gesamtänderung geht, ist eine Volksabstimmung nämlich sogar Pflicht. Und nach herrschender Ansicht besteht eine Gesamtänderung oft schon in der Änderung des einen oder anderen Satzes der Verfassung.
Mit welcher Logik aber sollen Volksabstimmungen dann plötzlich gefährlich sein, wenn es um weniger wichtigere Fragen als die einer Gesamtänderung geht?
Gegen die verlangte Tabuisierung der „Verfassung“ spricht aber auch noch die Tatsache, dass der Geltungsbereich der Verfassung in den letzten Jahrzehnten durch den Gesetzgeber oder auch bloß die Judikatur der Richter enorm ausgedehnt worden ist. Seit sogar Taxikonzessionen, die Existenz von Landesschulräten oder Kammern Verfassungsfragen sind, ist eine solche Tabuisierung absolut grotesk. Dazu kommt, dass von der Linken praktisch jeder zweite Satz eines blauen, orangen oder auch schwarzen Politikers als schwere „menschenverachtende“ Grundrechtsverletzung denunziert wird. Selbst harmlose Ballveranstaltungen werden ja schon – mit Unterstützung vieler Medien! – als Gefährdung der Verfassung dargestellt.
Das Beharren der SPÖ darauf, dass die direkte Demokratie nicht die Verfassung berühren darf, macht den Beitrag ihres Ministers Norbert Darabos zur Debatte besonders amüsant: Er verlangt als „Nagelprobe“ für die direkte Demokratie, die Abschaffung der Wehrpflicht einer Volksabstimmung zu unterziehen. Nun gibt es aber überhaupt keinen Zweifel, dass deren Abschaffung nicht nur die Verfassung verändern, sondern auch das Völkerrecht verletzen würde. Eine Verletzung liegt so lange vor, so lange Österreich nicht formell auf seine „immerwährende Neutralität“ verzichtet, die es mit all ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen versprochen hat. Ohne Wehrpflicht ist aber dieses alle Welt notifizierte Versprechen eindeutig und endgültig gebrochen.
Wenn es passt, sollen dann plötzlich sehr wohl Volksabstimmungen über Verfassung und Völkerrecht entscheiden dürfen? Aber sonst nicht?
Entlarvend war unlängst auch ein Interview des SPÖ-Klubchefs Josef Cap, in dem er als typischer Ja-Aber-Politiker langatmig davon sprach, wo es überall keine direkte Demokratie geben solle. Auf die Frage, ob dann überhaupt noch etwas für Referenden übrig bleibt, fiel ihm ein einziges Thema ein: ein eventueller türkischer EU-Beitritt. Genau das ist aber die einzige Frage, wo es schon seit schwarz-blauen Jahren eine (dann auch von der Gusenbauer-SPÖ übernommene) Zusage der Politik gibt, jedenfalls eine Volksabstimmung abzuhalten. Mit anderen Worten: Auch die vielen Worte des Herrn Cap laufen in der Kurzfassung auf den Satz hinaus: nichts soll sich ändern.
Sensationell kaltschnäuzig war auch die Parlamentspräsidentin Prammer, als sie bei einer ORF-Debatte dialektisch ihren Widerwillen gegen die direkte Demokratie zeigte: Wenn die ÖVP schon so sehr die direkte Demokratie wolle, solle sie doch einfach das Androsch-Volksbegehren unterstützen. Aber genau das wäre natürlich nicht direkte Demokratie, wenn ein – trotz Millionen-Werbung – mager unterstütztes Begehren ohne Referendum zum Gesetz würde.
Prammer verwechselt da bewusst Äpfel mit Pflastersteinen. Ein naturgemäß immer nur von einer Seite unterstütztes Volksbegehren kann nie ein Referendum ersetzen. Denn nur dieses bietet auch die Möglichkeit, Nein zu einer Initiative einer kleinen, aber oft lautstarken Pressure group zu sagen.
Prammers Wortlmeldung wird durch die Tatsache besonders skurril, dass sich die SPÖ ja bisher nie gescheut hat, viel stärker unterstützte Volksbegehren eiskalt abzuschmettern. Etwa jene gegen Abtreibung oder gegen den Bau des Wiener Konferenzzentrums (das dennoch gebaut, aber nie ein Erfolg geworden ist). Aber Logik war ja noch die Stärke sozialistischer Dialektik.
Wenig Logik hat aber auch die Forderung des (sonst oft sehr weisen) langjährigen Verfassungsgerichtshofs-Präsidenten Karl Korinek, die direkte Demokratie dürfe das Parlament nicht schwächen. Was auch ein Heinz Fischer oder Andreas Khol in etwa so sagen. Ganz abgesehen davon, dass es das Parlament selber war, das sich in den letzten Jahrzehnten selbst immer weiter geschwächt hat: Wer, wenn nicht die Mehrheit der Bürger soll über jedem Parlament stehen?
Oft wird auch behauptet, den Bürgern fehle die Einsicht in komplizierte Materien. Das stimmt – genauso wie aber auch beim Großteil der Abgeordneten. Deshalb ist ja schon seit Jahrzehnten weltweit immer mehr die eigentliche Legistik – also die präzise Ausformulierung eines Gesetzestextes – von den Parlamenten in die Ministerien gewandert. Die Parlamente haben dann meist nur noch das eine oder andere Detail (wenn überhaupt etwas) geändert. Oder sie haben gute Gesetzesentwürfe der Ministerien durch parteipolitische Kuhhändel in oft schlechtere Gesetze verwandelt.
Dabei geht die Verfassung eigentlich davon aus, dass die Ministerien nur zur Umsetzung, nicht zur Schaffung der Gesetze da sind. Dennoch schreiben fast alle Journalisten ständig, dass dieser oder jener Minister ein Gesetz beschlossen oder geändert habe. Was juristisch falsch, aber realistisch ist. An der legistischen Detailarbeit in den Ministerien wird sich natürlich auch in direktdemokratischen Zeiten nichts ändern. Die direkte Demokratie wird immer nur ganz wenige, den Menschen wichtige Fragen herausgreifen. Der Rest bleibt den Technokraten. Diese müssten aber künftig immer daran denken, dass da noch wer über ihnen steht. Was eine wohltuende Wirkung hätte.
Ein gewichtigeres Gegenargument ist jenes, dass Österreich viele Rechtsgrundlagen wie Menschrechtskonvention und EU-Verträge gar nicht mehr autonom ändern kann. Das stimmt an sich. Aber auch in diesem Bereich gibt es genug Spielraum für die Direkte Demokratie: So wie in der Schweiz könnten zumindest künftige Staatsverträge oder Beitritte zu Konventionen einem bindenden Referendum unterzogen werden, wenn binnen einer bestimmten Frist genügend Bürger ein solches begehren.
Zweitens könnte auch das Abstimmungsverhalten österreichischer Minister in EU-Räten direktdemokratisch gebunden werden. Genau so, wie das jetzt schon ein Parlamentsausschuss kann (aber auf Grund der jeweiligen Mehrheitsverhältnisse nie tut). Und drittens könnte ein Referendum auch der Regierung den bindenden Auftrag erteilen, sich für eine Änderung internationaler Rechtsgrundlagen einzusetzen. So wie sich nach dem – ganz knappen – Antiatomreferendum sämtliche Politiker, also auch die früheren Atombefürworter plötzlich international als Atomgegner auftreten mussten.
Wie sehr die repräsentative und die direkte Demokratie zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, lässt sich an Hand eines aktuellen Beispiels zeigen: Die EU-Innenminister wollen – aus Sorge wegen der zusammenbrechenden Strukturen Griechenlands – gegebenenfalls wieder auf längere Frist Grenzkontrollen einführen; denn über Griechenland drängt ein gewaltiger Strom illegaler Zuwanderer nach Europa. Das EU-Parlament hat jedoch diesem Vorhaben den Krieg erklärt: Es fühlt sich dadurch in seiner eigenen Wichtigkeit – und in seiner europa-zentralistischen Attitüde – umgangen. Dabei gibt es aber überhaupt keinen Zweifel, dass die Innenminister und nicht die sogenannten Volksvertreter im EU-Parlament in Übereinstimmung mit der Mehrheitsmeinung der EU-Bürger stehen.
Es spricht also eigentlich alles für die direkte Demokratie. Dennoch sollte in zwei Bereichen den Bedenkträgern durch eine sorgfältige Ausgestaltung des Wies entgegengekommen werden:
Erstens braucht ein Referendum – so wie in der Schweiz – eine lange öffentliche Diskussions-Phase. In dieser Phase sollte auch allen Seiten (zumindest jenen, die durch ausreichende Unterschriften oder Mandatare dazu legitimiert sind), ausführlich und pluralistisch die Möglichkeit zur Information und Argumentation gegeben werden. Das gäbe den vorhandenen, wie auch eventuellen neuen öffentlich-rechtlichen Medien eine wichtige Aufgabe. Wenn die Menschen wissen, dass ihre Stimme am Ende wirklich zählt, ist eine Mehrheit durchaus bereit, sich qualifiziert zu informieren.
Und zweitens wäre es wohl auch sinnvoll, einer weiteren oft kolportierten Besorgnis Rechnung zu tragen. Diese Sorge sagt, dass direktdemokratisch entscheidende Bürger hemmungslos Ausgaben erhöhen und Steuern senken würden. Dass sie also den Staat in den Bankrott treiben würden. Daher sollte bei Referenden, deren Umsetzung Kosten verursacht, auch immer gleich obligatorisch ein Bedeckungsvorschlag mit abgestimmt werden. Ob der ausreicht, müsste in Zweifelsfällen schon vor der Abstimmung ein spezielles Gremium (etwa Verfassungsgerichtshof und/oder Ökonomen und/oder Staatsschuldenausschuss) beurteilen.
Dieser Vorschlag dient primär zur Beruhigung der Ja-Aber-Bremser, die meinen, die Österreicher wären halt nicht so verantwortungsbewusst wie die Schweizer. Diese haben ja auf direkt-demokratischem Weg ihr Land zu einem der sparsamsten, effizientesten und geringst verschuldeten Staaten Europas gemacht.
Keine schlechte Visitenkarte für mehr direkte Demokratie.
Seit 1. Juni gilt die Meldepflicht nach dem Medientransparenzgesetz. Sind die Anzeigen dadurch weniger geworden? Keineswegs – vor allem die Gemeinde Wien inseriert wie noch nie!
Auch der Bundeskanzler hat größten Erklärungsbedarf, wird aber von der Wiener Staatsanwaltschaft durchaus schonend behandelt. So hat man es etwa nicht für nötig befunden, den ehemaligen Vorstand der ASFINAG zu befragen, obwohl dieser unter anderem deshalb gefeuert wurde, weil er sich nicht willfährig zeigte und Inserate der ASFINAG als schlichtweg unsinnig qualifizierte.
Der damalige Infrastrukturminister Faymann hat daraufhin einen pflegeleichten Vorstand seiner Wahl installiert, und damit den Steuerzahler doppelt geschröpft: zum einen mussten für den alten Vorstand Abfertigungen in Höhe von über zwei Millionen gezahlt werden, andererseits zeigt sich der neue ASFINAG-Vorstand sehr verständnisvoll gegenüber den ministeriellen Wünschen und inseriert durchaus sensationelle Botschaften, etwa, dass es in Österreich „Autobahnen mit Rastplätzen“ gibt (wer hätte das gedacht?). Damit zeigt die ASFINAG, die ohnehin einen gewaltigen Schuldenrucksack mit sich schleppt, bei Inseraten eine erstaunliche Geberlaune.
Schon im Mai 2011 hatte der „Kurier“ aufgedeckt, dass es seitens des Büros Faymann Inseratenaufträge an die „Kronen Zeitung“ gegeben hatte, mit dem Vermerk, die Rechnung an die ÖBB zu schicken. Immerhin, die ÖBB-Manager wurden zumindest von der Staatsanwaltschaft vernommen.
Faymann hatte dann im September 2011, als die Eingriffe des Ministeriums bei ÖBB und ASFINAG weiter thematisiert wurden, erklärt, dass durch ihn, beziehungsweise durch sein Ministerium, keine Aufträge gegeben wurden, und dass derartige Entscheidungen „dort fallen, wo sie getroffen werden müssen“, wie „Profil“ in seiner Ausgabe vom 26. September 2011 den Kanzler zitierte. In der gleichen Ausgabe zitiert „Profil“ allerdings auch einen Revisionsbericht der ASFINAG, in dem es heißt: „Die Leistung wurde nicht von der ASFINAG schriftlich in Auftrag gegeben. Der Auftrag wurde vom Büro Faymann an die ‚Kleine Zeitung‘ erteilt.“
Irgendjemand sagt hier offensichtlich nicht die Wahrheit – es ist bemerkenswert, dass diese Fakten die Staatsanwaltschaft nicht interessieren. Das erinnert fatal an unselige Zeiten einer SP-dominierten Staatsanwaltschaft des SP-Justizministers Christian Broda „die noch so dichte Verdachtsmomente negierte und durch fast schon staatsanwaltliche Ersatzhandlungen des „profil“ – durch Alfred Worm – zum Eingreifen förmlich gezwungen werden musste“ (wie das der unverdächtige Zeuge Peter Michael Lingens etwa schon 2002 im „profil“ feststellte).
Die ASFINAG-Causa ist also der Wiener Staatsanwaltschaft offensichtlich zu heiß. Um dem Verdacht der Untätigkeit oder Parteilichkeit zu entgegnen wurde ein Sachverständiger beauftragt, den Werbewert der ominösen Faymannschen ÖBB-Inserate zu überprüfen. Damit wird die Einstellung des Verfahrens vorbereitet, und der schwarze Peter dem Sachverständigen zugeschoben, der es sicherlich ohne große Mühe schaffen wird, einen gewissen Werbewert für die ÖBB herauszufiltern, wenn seitenweise ÖBB-Themen samt einschlägiger Fotos gezeigt werden.
Schon im September 2011 hatte der „Kurier“ unter dem Titel „Einfärbung: roter Anstrich für Justitia“ anhand von Dokumenten aufgedeckt, dass offensichtlich seit Jahren eine „planmäßige Besetzung von Schlüsselstellen der Staatsanwaltschaft durch Sozialdemokraten“ erfolgt. (Zeitgenossen, die sich noch an die Zeit eines Christian Broda, Otto F. Müller oder Karl-Heinz Demel erinnern können, haben angesichts dieser Entwicklung starke Déjà-vu Impressionen.)
Schätzungen zufolge haben diese Bestechungsinserate (man könnte auch vom „Anfüttern von Medien“ sprechen) bereits im Jahr 2009 rund 100 Millionen Euro betragen, in der Zwischenzeit wurden diese Aktivitäten stark ausgeweitet, sodass heute von einem Betrag weit jenseits der 100 Millionen Euro ausgegangen werden muss. Angesichts der Sparnöte der Regierung hätte es sich angeboten, mit einem einfachen Gesetz solche Gefälligkeitsinserate zu verbieten. Das wäre die logische, geradlinige Lösung in einem Land, das noch nicht die Banane im Wappen führt.
Die österreichischen Parteien sind den „österreichischen Weg“ gegangen, und haben im Dezember des Vorjahres ein „Medientransparenz-Gesetz“ beschlossen. In diesem werden derartige Inserate nicht verboten, sie werden nur – ab 1. Juni 2012 – meldepflichtig gemacht. Das heißt, über die getätigten Einschaltungen der entsprechenden Rechtsträger beziehungsweise der öffentlichen Unternehmungen hat eine periodische Meldung an die KommAustria zu erfolgen.
Das Gesetz enthält auch inhaltliche Anforderungen, etwa, dass diese Einschaltungen „ausschließlich der Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit zu dienen“ haben, beziehungsweise umgekehrt Veröffentlichungen, „die keinen konkreten Bezug zur Deckung eines Informationsbedürfnisses aufweisen und ausschließlich oder teilweise der Vermarktung der Tätigkeit des Rechtsträgers dienen“ unzulässig sind. Ein juristisches Musterbeispiel für einen Gummiparagraphen, denn natürlich sind die gesammelten Banalitäten, die uns die ASFINAG, die ÖBB, Wiener Wasser, Wien Kanal, die Stadt Wien generell mitteilen, bar jedes Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit, wie Medienexperten bereits feststellen.
Nicht im Gesetz enthalten ist das so genannte „Kopfverbot“, auf das sich die Politiker mittlerweile informell geeinigt haben; das heißt, die Inserate sollen nicht mehr Bilder von Politikern enthalten und dadurch nicht mehr als Schleichwerbung geeignet sein. Damit rückt das Motiv, sich durch Geldflüsse in Millionenhöhe diese Medien geneigt zu stimmen beziehungsweise überhaupt als Propagandainstrument am Leben zu erhalten, noch mehr in den Vordergrund.
Nicht anders ist es zu erklären, dass diese Inserate nicht zurückgehen. Manche Ministerien und die ÖBB, vor allem auch die Gemeinde Wien, haben in letzter Zeit sogar noch einen Zahn zugelegt. Offensichtlich wollte man noch die Zeit der meldefreien Inserate (bis Ende Mai) nutzen, um dem Faymann-Freund Wolfgang Fellner, den SPÖ-Hintermännern der Gratiszeitschrift „Heute“, sowie anderen nahe stehenden Medien möglichst viele Steuereuros zukommen zu lassen.
Und es reißt auch nach dem 1. Juni 2012 das Inseratenunwesen nicht ab, hat doch diese korrupte Praxis durch dieses fatale Gesetz nunmehr eine pseudo-rechtsstaatliche Rechtfertigung erhalten: Politiker können ab sofort in unbeschränkter Höhe Steuergelder verplempern, wenn sie nur die formalen Auflagen des Gesetzes einhalten und brav regelmäßig die Geldflüsse melden.
Es ist bezeichnend, dass der Regierungspartner ÖVP diesem Geldverschwendungsgesetz zugestimmt hat – über das „Warum“ kann man nur rätseln. Weil auch einige ÖVP-Ministerien mit derartigen Praktiken versuchen, sich Medienwohlwollen zu erkaufen? Die Herren Fellner & Co. lachen sich ins Fäustchen, nehmen dankend das Steuerzahlergeld und fühlen sich nach wie vor eher Faymann und Häupl verpflichtet. Es ist ja kein Geheimnis, dass die ÖVP seit Jahrzehnten keine Medienpolitik hat und auf diesem Feld extrem glücklos agiert – von den Printmedien bis zum ORF. Und da ist es von der Naivität bis zur Dummheit nur ein kleiner Schritt.
Apropos Naivität: Selbstverständlich halten sich alle ÖVP-Politiker an das „Kopfverbot“. Diejenigen, die sich nicht daran halten, kommen immer aus der SPÖ: Etwa Unterrichtsministerin Schmied, die aus jedem ihrer zahlreichen Inserate – und sie ist eine der eifrigsten Inserentinnen – schamlos herausgrinst, und damit versucht, mangelnde Sacharbeit durch bunte Werbung zu ersetzen. Auch die Infrastrukturministerin Doris Bures lächelt regelmäßig aus den Inseraten, wie auch die rote Umweltstadträtin Ulli Sima. Und der Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig denkt sich wohl, „wenn ich schon Steuergeld verschwende, dann soll auch mein Foto dabei sein“; eine kostengünstige Methode, seine Bekanntheitswerte für die Nachfolge Michael Häupls zu pflegen.
Überhaupt dürfte der erste Platz bei der Steuergeldverschwendung der Gemeinde Wien gehören, wo neben den Standard-Inserenten Wien Energie, Fernwärme, Wiener Linien, Wien Strom, Wien Gas auch noch zahlreiche weitere Bereiche des Wiener Magistrats (Wien Kanal , Frauennotruf, Wiener Wasser, „Blühendes Zuhause“, Stadtparkfest, Freizeitparadies Donauinsel, Parkpickerlausweitung, Wiener Geriatriekonzept, Wiener Stadtgärten, Wiener Bäder, „Rücksicht nehmen", „Die Stadt fürs Leben“, Schluss mit Schulschwänzen usw.) ungebremst Steuergeld verplempern.
Man kann gespannt sein, wie die Meldungen über die geschalteten Volumina ausfallen, und was die Konsequenzen sein werden. Höchstwahrscheinlich keine: Irgendwann wird nachträglich der Rechnungshof den Finger erheben, aber dann ist es meist zu spät, die Stimmen wurden – wie 2008 nachweisbar – bereits gekauft und das Geld ist verpulvert.
Die ÖVP wird dann wieder die unfaire massive Unterstützung der Boulevardmedien für die SPÖ beklagen. Sie hat in ihrer Naivität diesem schlechten Gesetz zugestimmt. Sie wird keinen Vorteil daraus haben, sondern Nachteile – wie auch der Steuerzahler. Die ÖVP hätte es in der Hand gehabt, ein Gesetz zu initiieren, das derartige Verschwendungsexzesse untersagt und damit einen Zustand herstellt, wie er in Nichtbananenrepubliken üblich ist. Das hätte mit Sicherheit die Zeitschrift „Österreich“ in allerschwerste finanzielle Turbulenzen gebracht und auch den SPÖ-Hintermännern von „Heute“ Probleme bereitet. Gut möglich, dass dann bestimmte Zeitungsmacher ihre Kredite nicht mehr bedienen könnten; vielleicht ist das ein Erklärungsgrund für die seltsame Haltung der ÖVP.
PS: Nachdem sich die Justiz an den Faymannschen Inseratenvergaben nicht die Finger verbrennen will soll die Causa immerhin im Untersuchungsausschuss zur Sprache kommen. Wann eigentlich? Mittlerweile hat das mediale Interesse an diesen Dingen schon merklich abgenommen, denn die Bürger sind ermüdet. In der (medialen) Wahrnehmung steht die ÖVP ohnehin als Korruptionspartei Nr.1 fest.
Die Millionencausa Faymann wird am Ende wohl nur eine Fußnote des dann längst der öffentlichen Aufmerksamkeit entschwundenen Untersuchungsausschusses sein.
Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, der Zeitschrift des Österreichischen Cartellverbandes.
Auch Frankreich zeigt es wieder klar:
Mit faulen Wahlversprechen
ist’s leicht – und demokratisch gar,
die Wähler zu bestechen.
Doch hielt’s der Neue dort nicht glatt
wie Leerverkäufer alle?
Verheißen, was man gar nicht hat –
welch simple Gimpelfalle!
Bei andern wird dann abkassiert
und solcherart vom Schröpfen,
vom Wertvernichten profitiert
anstatt vom Werteschöpfen.
Besonders aber ist frappant,
dass so verschiedne Knaben
wie Erzmarxist und Spekulant
noch mehr gemeinsam haben:
Denn wie man höhern Orts bezweckt,
bewährt sich das Gelichter
im vorbedachten Endeffekt
als Mittelstandsvernichter!
Gewiss, das muss dem Kleinen Mann
als Narretei erscheinen,
weil kaum er je kapieren kann
die Werte, die gemeinen.
Doch just die Kraft des Mittelstands,
des starken, möglichst breiten,
verbürgt das Wohl des Vaterlands –
sogar bei Widrigkeiten.
Und Vaterländer sind verhasst
bei Internationalen –
nur wird das meist nicht voll erfasst
vor scheinbar freien Wahlen…
Pannonicus
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Europa ist längst sehr viel mehr als der lose Zusammenschluss einiger Staaten, die miteinander Handel treiben wollen. Die EU, wie wir sie kennen und der Österreich 1995 nach einem fulminanten Ja (66,6 Prozent) bei der vorangegangenen Volksabstimmung beigetreten ist, hat sich zu einer engen Staatengemeinschaft entwickelt. Im Lauf der Jahrzehnte sind die Verflechtungen so eng geworden, dass in den Ländern, die den Euro als gemeinsame Währung akzeptiert haben, von einer Art Föderation bzw. Bundesstaat gesprochen werden kann. Die Vision des damaligen deutschen Außenministers Joschka Fischer, der sich in seiner berühmten Rede an der Berliner Humboldt-Universität im Mai 2000 über die Finalität der EU Gedanken gemacht hat und in der er ihre Entwicklung vom Staatenverbund zur Föderation skizzierte, ist Realität. Das zeigen Eurokrise und die Spekulationen gegen die Gemeinschaftswährung. Die Krise hat Irland, Griechenland und Spanien voll erfasst. Österreich und seine Banken mit ihren risikoreichen Ostgeschäften sind mit einem blauen Auge davongekommen. Demnächst könnte Italien an der Reihe sein und sich unter den Eurorettungsschirm flüchten müssen. Der "Schirm" ist in Wahrheit ein hoch komplexer Mechanismus zur Rettung der maroden Ökonomien, der nicht nur Finanzspritzen, sondern Hilfestellungen aller Art beinhaltet. Wie etwa in Griechenland: Da hilft die EU bei der Erstellung eines Grundbuchs; bekanntlich eine der wesentlichen Voraussetzungen, damit ein Staat überhaupt Steuern berechnen und einheben kann. Nun kommt der nächste Schritt zur Föderation. EU-Kommissionspräsident Barroso, Eurogruppenchef Juncker und Zentralbank-Chef Draghi planen eine Fiskalunion, in der die Mitgliedsstaaten nicht mehr selbstständig neue Schulden machen dürfen. Frei verfügen dürfen die Staaten nur noch über Finanzmittel, die durch eigene Einnahmen gedeckt sind. Das Modell läuft auf eine Art europäischen Haftungsverbund hinaus. Europa ist auf dem Weg zur Föderation.
Andreas Unterberger
Ein Bundesstaat Europa, also die unwiderrufliche Übertragung der Souveränität an die EU: Diese Utopie war lang faszinierend. Heute erweckt sie nur noch Schreckensgefühle. Europas eigentliche Stärken sind Vielfalt und Wettbewerb. Die Krise hat gezeigt, dass Kultur, Mentalität und Nationalgeschichte der europäischen Völker zu verschieden sind, um zu einer Einheit wie die USA zusammenwachsen zu können. Fakten wie die Sprachenvielfalt oder die chauvinistischen Hymnen vieler Länder machen das unmöglich. Zugleich sind die psychologischen Hauptmotoren der Integration - zum Glück! - weggefallen: Die Angst vor einem weiteren großen Krieg zwischen Deutschen und Franzosen, und die Angst vor dem mörderischen Totalitarismus der Kommunisten. Der Europäischen Union sollte aber auch deshalb keine zusätzliche Macht eingeräumt werden, weil sie in den letzten Jahren viel zu viele katastrophale Fehler verursacht hat.
Rat, Kommission, Gericht beziehungsweise Mitgliedsstaaten haben die eigenen zwingenden Regeln brutal ignoriert: von den Maastricht-Kriterien bis zum Verbot, überschuldeten Eurostaaten Geld zu schenken. Europa schränkt aus politischer Korrektheit die Meinungsfreiheit ein. Es hat in Österreich und Ungarn gegen demokratische Regierungen agitiert.
Es hat sich voller bürokratischer Machtgier ohne Legitimität nationale oder regionale Kompetenzen arrogiert: von den Raucherregeln über den Uni-Zugang bis zur Frage, an wen man seine Wohnung vermieten darf. Es vernichtet durch eine Regelflut wie auch eine vorzugsschülerartige Übererfüllung der Kyoto-Ziele viele Arbeitsplätze. Statt an Utopien zu denken, kann es nur noch darum gehen, das zu retten, was die positive Leistung der EU ist: Das ist der große Binnenmarkt für Güter, Dienstleistungen und Kapital, der eine gewaltige Wohlstandsvermehrung ausgelöst hat. Aber wenn die Europäer so weitermachen, ist auch der bedroht.
Über den rund um den Fußball wieder aufgeloderten Hass zwischen Russen und Polen und seine jahrhundertealte Vorgeschichte ließen sich ganze spannende Bücher schreiben. Daher nur eine kleine Anekdote.
Es war in den 80er Jahren in Krakau. Ein polnischer Student hatte eine russische Gruppe als Dolmetscher und Reiseleiter zu betreuen. Beim ersten Frühstück merkte er, dass die Russen nicht wussten, wie man mit den servierten Tee-Säckchen umgeht. Darauf nahm er sein Säckchen, hielt es in den Mund und goss dann heißes Wasser darüber. Was ihm darauf alle Russen nachmachten. Der junge Mann verlor seinen Job, wurde bestraft – und zum großen Helden unter seinen Mitstudenten. Heute drückt einander eine andere Generation etwas weniger subtil die gegenseitige Verachtung aus.
Man könnte ein ganzes Lexikon mit jenen Ideen und Konstruktionen füllen, die alle auf das selbe hinauslaufen, es aber verschleiern sollen: Die Deutschen (und die Österreicher, Niederländer und Finnen) sollen möglichst tief in die Tasche greifen, um die nun auf dem Tisch liegende Rechnung für den südeuropäischen Karneval zu begleichen.
Bisher hat Berlin zuerst immer Nein zu solchen Ideen gesagt, um dann am Schluss doch weit nachzugeben. Das droht nun auch bei der Idee einer Bankenunion. Gewiss wäre da auch etwas Sinnvolles dabei, nämlich eine europaweite Angleichung der Einlagensicherung. Diese ist ja kein Wettbewerbsinstrument, sondern eine eher sozialpolitische Regulierung, welche die Folgen eines Bankencrashs mildern soll. Die Unternehmen – die meist ständig hohe Summen auf ihren Konten bewegen müssen – profitieren davon aber praktisch nicht. Aber gerade bei ihnen droht nach einem Bankencrash ein gefährlicher Dominoeffekt, also ein Zusammenbruch ganzer Industrien, deren Bankkonten plötzlich wertlos sind. Daher wird auch künftig jede Regierung versuchen, in Zeiten der Not über die Einlagensicherung hinaus „rettend“ einzugreifen. Solange sie noch selber Kredit bekommt.
Die restlichen Ideen lassen nur noch auflachen: Die Steuerzahler sollen künftig vor den milliardenschweren Rettungsaktionen verschont, Krisenbanken sollen mit dem Geld des Finanzsektors saniert werden. Das klingt harmlos, heißt aber: Die deutschen, österreichischen, niederländischen Banken (denen es offenbar toll geht, sind sie doch gerade reihenweise hinunter geratet worden!) und Sparer sollen künftig die Löcher der spanischen und griechischen, bald wohl auch italienischen und französischen Banken stopfen.
Und ansonsten sollen eben die Gläubiger der Banken (=Anleger) die Folgen eines Bankencrashs tragen. Wird das europaweit Recht, wird damit mit Sicherheit eines ausgelöst: ein Bankenrun samt darauffolgendem Stillstand der gesamten Wirtschaft! Wer lässt sein Geld schon gerne dort, wo er es zu verlieren droht. Genau um dies zu verhindern, hat man ja die Bankenrettungen gestartet. Man wusste, dass diese ordnungspolitisch falsch waren, aber man wollte Zeit gewinnen. Diese wurde jedoch nicht genutzt. Bis heute scheut Europa die Maßnahmen, die es wieder wettbewerbsfähig machen und die wahren Ursachen der Krise beseitigen würden. Sie sind durchaus bekannt: drastischer Abbau von Wohlfahrtsstaatsexzessen, Privatisierungen, Deregulierungen, Flexibilisierungen der Märkte.
Für große Banken sowie für die Staaten fehlt auch noch immer ein europaweites Insolvenzrecht: Wie können sie geordnet in Konkurs gehen? Wie verhindert man Dominoeffekte? Kann man zwischen risikofreudigen und vorsichtigen Anlegern differenzieren, zwischen Spekulanten und seriösen Investoren? Aber all das ignoriert die EU, genauer: ein französischer Kommissar.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Da sage noch wer, die heimische Politik wäre humorlos. Lachen als beste Medizin wird insbesondere im Gesundheitssektor sehr handfest ermöglicht.
Dort wurde nämlich wieder einmal unter lauten Trompetenklängen die selbe Grundsatzeinigung verkündet, die man schon in den letzten zwanzig Jahren x-mal gehört hat: Es werde künftig eine gemeinsame Planung des Gesundheitswesens geben, es werden Doppelgleisigkeiten beseitigt und Kosten gespart. Irgendwo haben wir das alles schon ein paar Mal gehört. Ebenso die paar unbedeutenden Details, die auch jetzt offen geblieben sind: Wie die Entscheidungsmechanismen aussehen, und ob jetzt die Länder, die Sozialversicherungen oder gar der bisher entmachtete Bund das entscheidende Wort haben soll. Das hindert den obersten Chef der Sozialversicherer, einen Herrn Schelling, nicht, diese „Grundsatzeinigung“ zum „Tag des Patienten“ auszurufen! Was ja eine besondere Keckheit ist, denn der Patient kommt in dem ganzen Machtspiel nie vor. Keiner der Machtspieler denkt auch nur daran, dem Patienten ein Zipferl Mitsprache einzuräumen, etwa durch eine freie Versicherungswahl. Besonders heiter ist es aber auch, von einer Gesundheitsreform auch nur zu reden, wenn die Spitalsorganisation als ganzes aus der angeblich gemeinsamen Planung draußenbleibt (diese Kleinigkeit bleibt weiter Spielwiese der Landeshauptmänner und deren Parteisekretariate). Irgendwie sind sie schon sehr süß, unsere Gesundheitspolitiker. Und heiter.
Sollen Parteispenden ab 1000, 5000 oder 7000 Euro veröffentlichungspflichtig werden? Seit Wochen verbeißt sich die polit-mediale Debatte in diese Frage. Und übersieht dabei Tausendmal größere politische Geldflüsse.
Nein, heute ist einmal nicht die Rede von der Korruption durch Inseratenvergaben aus Steuergeldern an politisch willfährige Medien, wo es auch schon um Tausendmal größere Dimensionen geht. Heute geht es um einen völlig im Dunkeln liegenden Bereich, wo noch viel mehr Geld im Spiel ist: die Budgets der Kammern mit Zwangsmitgliedschaft.
Diese werden nämlich nach der Methode „Schmecks“ veröffentlicht. Während bei der Wirtschaftskammer wenigstens noch der große Außenhandelsapparat mit seinen wichtigen Beiträgen für österreichische Exporterfolge als wichtiger Ausgabenposten zu nennen ist (und die Gewerbeordnung als unsinniger), steht man etwa bei der Arbeiterkammer Wien vor einem absoluten Rätsel: Alleine diese Landesorganisation hat im Vorjahr von ihren deklarierten Einnahmen von 105 Millionen Euro ganze 22 Millionen in die Rückstellungen transferiert.
Wozu bitte? Wozu braucht diese Organisation so viele zusätzliche Rückstellungen (samt der – nicht veröffentlichten – Summe der Rückstellungen und Rücklagen aus früheren Jahren)? Ist das alles die geheime Kriegskasse für die nächsten SPÖ-Wahlkämpfe?
Nicht veröffentlicht wird auch, wie viel aus dem AK-Budget an die Fraktionen – also vor allem die sozialistische – fließt. Dazu kommt, dass die Arbeiterkammer selbst, also ganz ohne Umwege über die Partei, ständig und in Wahlkampfzeiten noch verstärkt ideologisch-politische Propaganda macht, welche die SPÖ selber nicht besser machen könnte.
Sozialisten (und auch die mit „Spekulanten“-Hetze ihre Wirtschaftskompetenz gerade entsorgenden Freiheitlichen) reden derzeit ständig von der Notwendigkeit einer Verstärkung der Konsumausgaben als Wachstumspolitik. Da wäre es doch eine wirksame Leichtigkeit, die Zwangsbeiträge der Arbeitnehmer an diese AK zu senken. Selbst wenn in allen anderen dubiosen Bereichen der AK nicht gespart würde, brächte ein Verzicht auf diese überflüssigen Rücklagen jedem Arbeitnehmer ein Zehntelprozent mehr Brutto. Was im Netto noch deutlich mehr ist. So wenig sinnvoll es ist, Löhne und Konsumausgaben durch Schulden zu fördern – wie es der Kern der linken Ideenwelt verlangt –, so legitim wäre es, den Arbeitnehmern nicht für schwarze Kassen Geld abzuknöpfen, sondern ihnen dieses zurückzugeben beziehungsweise zu lassen. Man kann sich gar nicht vorstellen, was die SPÖ aufführen würde, wenn der Finanzministerin einfach mehr als ein Fünftel ihrer Einnahmen übrigbliebe und sie das stillschweigend in den Tresor legte.
Aber bis heute fehlen Vorschläge, es bei der Arbeiterkammer der Wirtschaftskammer gleich zu tun, die vor ein paar Jahren ihre Beiträge gesenkt hat. Statt dessen erzittert die Republik ob der läppischen Frage, ob ein Oberapparatschik dieser Arbeiterkammer auch weiterhin in der Nationalbank auf unser Geld "aufpassen" darf. Statt dass die Frage diskutiert wird, warum dieser Mann und sein Verein so viel von unserem Geld bekommen und für dunkle Zwecke horten dürfen.
PS.: Das soeben ausgesprochene Sparsamkeitslob an die Wirtschaftskammer wird freilich immer wieder durch grenzwertige Aussagen ihres Präsidenten zunichte gemacht. Hat sich doch Herr Leitl jetzt wirklich für die Einführung von „Eurobonds“ ausgesprochen. Also dafür, dass in irgendeiner Form Österreich und Deutschland (über die schon verlorenen Hunderten Milliarden hinaus) für die Finanzierung des griechischen, spanischen, portugiesischen usw. Staates mithaften müssen. Das wird mit absoluter Sicherheit das Zinsniveau deutlich erhöhen, welches die österreichischen Steuerzahler dann auch für die eigene Staatsfinanzierung zahlen müssen. Vom Ausfallrisiko eines Staates aus dem Club Méditerranée gar nicht zu reden. Dann aber wird Leitl in seiner schlichten Art wieder lauthals über die Explosion der heimischen Defizite klagen . . .
Frankreichs Linke wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im künftigen Parlament eine sichere Mehrheit haben. Die Franzosen geben traditionell einem neuen Präsidenten am Anfang auch eine parlamentarische Unterstützung. Ebenso groß wie die Wahrscheinlichkeit des Wahlausganges ist aber noch etwas anderes: Dass Frankreich in absehbarer Zeit neben Griechenland, Spanien & Co in der ökonomischen Intensivstation landen wird.
Denn die französische Linke ist zum Unterschied etwa von den deutschen Sozialdemokraten – die seit der Agenda 2010 relativ verantwortungsbewusst agieren – wirklich links. Und das ist in Zeiten wie diesen letal.
Diese Politik erinnert lebhaft an die Zeiten des ersten (und vor François Hollande letzten) sozialistischen Präsidenten Frankreichs, nämlich François Mitterrand. Der hatte in dem bei seinem Amtsantritt blühenden Land binnen weniger Jahre eine finanzielle Katastrophe ausgelöst. Er führte Frankreich nach seinem Amtsantritt 1981 in ein Bündnis mit den Kommunisten und in eine deutliche Abwendung von der Marktwirtschaft.
Das Defizit wurde massiv erhöht; die großen Banken wurden verstaatlicht; dasselbe geschah mit 13 der 20 größten Industriekonzerne; die Arbeitszeit wurde bei vollem Lohnausgleich verkürzt; hohe Einkommen wurden stärker besteuert; und der Staatsdienst wurde um 100.000 Mitarbeiter ausgeweitet.
Die Folgen der ersten Mitterrand-Jahre waren klar und voraussagbar: Das Defizit wuchs immer weiter; das Kapital flüchtete im Expresstempo ins Ausland; die Staatsbetriebe fuhren enorme Verluste ein; die französische Währung stürzte ab; die Arbeitslosenzahlen schnellten in die Höhe; Frankreich musste einen Notkredit in Saudiarabien aufnehmen.
Zwar versuchte dann Finanzminister Jacques Delors die Notbremse zu ziehen. Aber Frankreich kehrte nie wieder zur alten Stabilität zurück.
Der bürgerliche Präsident Nicolas Sarkozy kündigte zwar anfangs an, Frankreich wieder marktwirtschaftlicher zu gestalten. Aber letztlich scheute auch der kleine Mann, der so gerne groß gewesen wäre, den Konflikt mit den aggressiven Gewerkschaften (und auch den in Frankreich besonders linken Medien). Bei seinem Abgang hat das Land ein bedrückendes Defizit von 5,2 Prozent des BIP. Während Frankreich vor zehn Jahren noch ebenso viele Autos erzeugte wie Deutschland, sind es jetzt bei den Franzosen zwei Millionen, bei den Deutschen über fünf - um nur ein Beispiel für den industriellen Niedergang eines Landes voller genialer Ingenieure zu nennen.
Zwar versuchte Sarkozy am Schluss wieder viele richtige Sanierungsansätze, aber es fehlte ihm schon jede Glaubwürdigkeit.
Nun aber droht die wirkliche Katastrophe. Denn die französische Linke hat nichts aus der Geschichte gelernt, sondern versucht wieder die Rezepte, mit denen schon Mitterrand wirtschaftspolitisch so heftig gescheitert ist (und viele andere in anderen Ländern).
Eine französische Katastrophe kann nur heute keine reine französische mehr sein, sondern wird zu einer europäischen: Denn derselbe Mitterrand war außenpolitisch sehr erfolgreich. Er hatte Deutschland gezwungen, im Gegenzug für Frankreichs Plazet zur Wiedervereinigung die D-Mark in eine gemeinsame Währung einzubringen. Damit ist der frühere Ausweg einer Abwertung des Francs künftig versperrt und Deutschland zur Geisel Frankreichs geworden.
Umso ernster ist das Programm der neuen französischen Machthaber zu nehmen: Sie wollen (weitere) 60.000 Beamte aufnehmen. Sie erhöhen den Mindestlohn weit über die Inflationsrate um fünf Prozent. Sie verkürzen das Pensionsalter durch Einführung einer Hacklerregelung: Während in Österreich Männer aber dafür wenigstens 45 Beitragsjahre benötigen (Frauen allerdings 40), sind es in Frankreich künftig nur noch 41,5 Jahre. Und war das schon für Österreich ein schwerer finanzieller Ballast, ist es das in Frankreich mit seiner längeren Lebenserwartung noch viel mehr der Fall.
45.000 Franzosen gelten zur Stunde als unmittelbar kündigungsgefährdet. Und das bei einer Arbeitslosenrate, die bald zehn Prozent erreichen wird, und bei einer Jugendarbeitslosigkeit von fast 25 Prozent. In dieser Situation wird nun auch für den Arbeitsmarkt statt echter Therapien ein ganzes planwirtschaftliches Paket geschnürt, das nur zur kurzfristigen Symptomlinderung imstande ist, aber mittelfristig das Leiden vor allem der Jungen massiv verschlimmert: Kündigungen sollen bewilligungspflichtig und gleichzeitig für Unternehmen so teuer werden, „dass sie sich nicht mehr lohnen“.
Das ist zwar zweifellos möglich, wird aber ebenso zweifellos klare Folgen haben: Fast kein Unternehmen stellt dann noch neue Mitarbeiter an, wenn man diese später nicht mehr los wird, sobald man sie nicht mehr benötigt; und Frankreich wird als Ort von Investitionen seinen letzten Reiz verlieren. Das wird wiederum die Staatseinnahmen weiter reduzieren. Zugleich werden schon jetzt Schweizer Banken von französischen Anlegern gestürmt. Das wird wieder Frankreichs Banken ins Schleudern bringen und vor allem die Zinsen für französische Anleihen in unfinanzierbare Höhen treiben.
Dann wird Frankreich verlangen, so wie Griechenland, Portugal, Irland, Spanien gerettet zu werden. Dann heißt es aber: Gute Nacht Europa. Und zwar in allen Sprachen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Deutlicher als der jüngste Rechnungshof-Bericht kann man gar nicht exemplarisch klarmachen, wo das Geld der Steuerzahler und die aufgenommenen Schulden seit Jahr und Tag versickern.
Einzelbeispiele sind dabei wohl anschaulicher als die Milliarden-Verschwendungsbilanzen: Alleine wenn man nicht sowohl in Baden wie Mödling Standorte des selben Landesklinikums bauen würde, wären 34 Millionen einzusparen. Da sind die alljährlichen Betriebskosten von zwei Häusern statt einem noch gar nicht einberechnet, ebensowenig die Tatsache, dass das Spitalsgebäude in Baden durchaus erhaltenswert gewesen wäre – etwa als Pflegeheim. Die Tatsache, dass zentralisierte Standorte eine viel höhere medizinische Qualität als Einzelspitäler hätten, kann gar nicht berechnet werden. Genauso übel ist auch die vom Rechnungshof aufgezeigte Tatsache, dass jedes Bundesland seine Schulden nach ganz unterschiedlichen Regeln verbucht, sodass kein Mensch eine Ahnung über die echte Verschuldung aller vom Steuerzahler lebenden Institutionen hat. Tirol tut sich da überhaupt am leichtesten: Es berechnet seine langfristigen Verbindlichkeiten überhaupt nicht. Da kann man sich leicht als sparsam präsentieren. Wobei es unbestreitbar bleibt, dass Niederösterreich, Kärnten und Wien die ärgsten Schuldensünder der Republik sind. Wobei wiederum Wien seit Rot-Grün und unter der Finanzstadträtin Brauner seinen Bürgern die steilsten Verschuldungszuwächse aufbürdet.
Es ist eine der größten Unsinnigkeiten der gegenwärtigen Bildungsdebatte, genauso schlimm wie der Gesamtschul-Zwang und deutlich schlimmer als die Pfuscherei rund um die Zentralmatura: Es geht um die rundum propagierte Idee, dass von der Kindergärtnerin bis zum Hochschulassistenten alle einen Master-Abschluss haben müssen. Die Folgen einer Realisierung dieser Idee werden katastrophal sein. Aber dennoch traut sich bis auf Wissenschaftsminister Töchterle (und der nur in bloß persönlichen Anmerkungen) keine Partei und kein Politiker der modischen Forderung zu widersprechen.
Das Modischwerden dieser Idee hat mehrere Ursachen. Zum einen verlangen EU- und andere Bürokraten, dass Österreich seine Akademikerquote deutlich erhöhen müsse. Diese Forderung hängt wiederum mit der ideologischen Verwechslung von Quantität und Qualität eines Bildungssystems zusammen.
Es gibt jedoch keine einzige Studie, die beweisen würde, dass Österreichs Kindergärtnerinnen, medizinisch-technische Assistenten, Krankenschwestern, HTL-Ingenieure und viele anderen Menschen ohne Uni-Diplom weniger gut bei ihrer Arbeit wären als die Akademiker, die anderswo die selben Tätigkeiten ausüben. Eine höhere Akademikerquote ist nur für bürokratische Statistiken etwas Höherwertiges. Aber solche Statistiken werden im EU-Europa immer mehr zur dominierenden Plage.
Ein weiteres Motiv hinter jener Forderung sind die beruflichen Interessen all jener, die hoffen, dann zu Universitätsprofessoren zu werden. Samt allen imagemäßigen und finanziellen Konsequenzen. Sie sind mit ihrer angeblich pädagogischen Expertise derzeit nämlich sehr lautstark unterwegs.
Und nicht zu vergessen sind all die gewerkschaftlichen Interessen: Selbstverständlich erwarten kluge Gewerkschafter – insbesondere im öffentlichen Dienst – nach dem langen Studium auch eine Bezahlung all dieser Tätigkeiten auf sogenanntem A-Niveau. Selbst wenn das anfangs nur für wirkliche Uni-Absolventen durchgesetzt werden sollte, wird diese Forderung natürlich sehr rasch auch für alle anderen Kollegen mit der gleichen Tätigkeit erhoben werden. Ob diese nun die Matura (Kindergarten) oder eine Pädagogische Hochschule als Abschluss hinter sich haben. Die dann von den Gewerkschaften getrommelte Parole ist ja nicht allzu schwer auszudenken: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.
Gewiss werden mir jetzt manche vorwerfen, dass ich diesen Menschen das nicht gönne. Was falsch ist. Ich gönne es ihnen genauso wie ich allen Menschen eine Verdoppelung ihres Gehalts gönne. Es ist nur das eine wie das andere unfinanzierbar.
Unfinanzierbar – oder zumindest eine völlig unsinnige Verschwendung von Mitteln, die man für andere Zwecke viel dringender bräuchte – ist aber auch der dadurch notwendige Ausbau der Universitäten.
Die noch viel größere Katastrophe wird aber darin bestehen, dass man bei der Einführung der Uni-Pflicht jahrelang keine neuen Volksschullehrer für die Schulen, keine neuen Kindergärtner für die diversen Kindergärten und Horte finden wird. Denn die Interessenten werden ja alle mindestens fünf Jahre lang an irgendwelchen Unis feststecken. Was angesichts der demographischen Entwicklung reinster Masochismus ist (in Deutschland hat man der Demographie, also des Ausbleibens von ausreichendem Nachwuchs wegen, soeben das Gymnasium von neun auf acht Jahre verkürzt).
Überdies wird diese langweilige und mühsame Zeit viele pädagogisch begabte junge Menschen überhaupt von einer solchen Berufswahl abhalten. Ich selbst kenne exzellente Kindergärtnerinnen, die sich ein Studium nie angetan hätten.
Dabei haben wir jetzt schon Personalmangel in den Kindergärten. Und in den Schulen wird ein großer Schwall von Lehrern demnächst in Pension gehen, ohne dass in irgendeiner Pipeline ausreichend Ersatz unterwegs wäre.
Heißt das etwa, dass ich keinen Verbesserungsbedarf sehe? Aber ganz sicher. So wäre es als erste Maßnahme dringend notwendig, dass sich Schulen und Kindergärten genauso leicht von überforderten, unbegabten, unwilligen Mitarbeitern trennen können, wie das in der normalen Wirtschaft der Fall ist.
Damit täte man der Bildung und unseren Kindern den weitaus größten Dienst. Daran, dass es überforderte, unbegabte, unwillige Mitarbeiter gibt, wird nämlich auch ein Uni-Studium wenig ändern. Sie können auch mit noch so vielen Aufnahmetests (die überdies von Hochschülerschaft und Sozialisten noch immer abgelehnt werden) nicht ausreichend herausgefiltert werden. Das Vorliegen solcher Eigenschaften zeigt sich immer erst im ernst- und dauerhaften Einsatz.
Statt des Prokrustesbetts „Alle müssen an die Uni“ sollte insbesondere im Bildungssystem nicht weniger, sondern mehr Vielfalt, Freiheit und weniger Formalismus einkehren.
Wird aber umgekehrt aus diesen Gründen das universitäre Ausbildungsniveau für die Einheitspädagogen vom 3. bis zum 18. Lebensjahr noch weiter gesenkt werden, dann wird der Unterricht in Gymnasien endgültig von mehrheitlich unqualifizierten Menschen erteilt werden. Trifft man doch schon jetzt auf AHS-Lehrer, deren Wissen und Können im eigenen Spezialgebiet erschreckend niedrig ist. Von der Geschichte bis zum Sprachen-Lehramt haben ja die Unis selbst schon seit Jahren das Niveau deutlich abgesenkt.
Wir müssen endlich vom zentralen Dogma und damit Grundproblem wegkommen: Wer einmal sein Diplom hat, muss nie mehr seine Eignung, sein Wissen und Können beweisen. Die Bezüge landen auch ohne ausreichende Weiterbildung am Konto. Und die Direktoren, Schulträger und Eltern sind hilflos, selbst wenn sie um die Defizite so mancher Lehrer wissen.
Das was da als Bildungsreform verkauft wird, ist in Wahrheit ein steiler Rückfall ins Zünftewesen. Auch dort war ja ein formaler Abschluss wichtig und nicht das Können und Wissen.
Und dieses Zünftewesen ist keineswegs Vergangenheit, sondern auch heute noch in vielen Bereichen ein Klotz am Bein: Ein Pressefotograf darf nicht gewerblich eine Hochzeit fotografieren, wenn er keinen Gewerbeschein hat (obwohl Pressefotografen die viel besseren Fotografen sind als jene, die meist nur Studio-Fotos gemacht haben). Ein Außenminister darf nach seiner Amtszeit nicht als Botschafter für die Republik tätig sein, wenn er nicht einst die Aufnahmsprüfung, das sogenannte Préalable abgelegt hat (obwohl ich im Laufe meiner zwei Jahrzehnte Erfahrung als außenpolitischer Journalist vielen Botschaftern begegnet bin, die in ihrer ahnungslosen Engstirnigkeit, ihrem eitlen Bürokratismus und ihre unverhüllten Geldgier eine Schande für das Land sind). Ein ehemaliger Politiker oder Spitzenbeamter darf nicht als Universitätsprofessor amtieren (obwohl er die Studenten von der Geschichte bis zur Politikwissenschaft viel besser, sachkundiger und auf höherem Niveau als die gegenwärtige Professorenschaft ausbilden könnte).
Und noch in vielen weiteren Bereichen gilt: Wir sind in Österreich nach wie vor noch mit dem real existierenden Zünfte-Mittelalter konfrontiert.
Die Staatsanwaltschaft hat bereits mehrmals einschlägige Anzeigen ignoriert. Aber nun sind Schriftstücke aufgetaucht, die jedes weitere Nichtstun als Amtsmissbrauch erscheinen lassen. Sie zeigen aber auch, wie lächerlich die Neuregelung des Kapitels Parteispenden ist. Denn vor allem die SPÖ hat schon lange Mechanismen der Korruption entwickelt, ohne dass ein Cent davon über ein Parteikonto läuft. So auch in diesem Fall. Man besticht nicht die Partei, sondern leitet das Geld im Interesse der Partei gleich an einen Dritten weiter, etwa einen bestechlichen Zeitungsverleger. Oder im konkreten Fall an einen Fußballklub, in dem Parteigrößen dank der Organisation klebriger Schiebungsgelder eine große Rolle spielen. Es geht um neue Beweise rund um einen Fünf-Millionen-Fluss von der Eurofighter-Firma EADS an Rapid.
Diese zwischen 2003 und 2007 erfolgten Zahlungen sind an sich schon seit Jahren bekannt. Ebenso die Tatsache, dass es nie auch nur die geringste erkennbare Gegenleistung des Fußballvereins dafür gegeben hat, wie etwa Werbung für EADS oder ein Produkt jenes Konzerns. Dennoch interessiert sich die Staatsanwaltschaft dafür nicht, obwohl sie zugleich mit Akribie und großem Aufwand den Fluss von 10.000 Euro an eine schwarze Wochenzeitung untersucht, weil dafür kein Inserat geschaltet worden sein dürfte. Hier grenzt die Einäugigkeit geradezu an Blindheit.
Nun hat der „Kurier“ Dokumente veröffentlicht, die belegen, dass diese Zahlungen nur einen einzigen Zweck hatten: vier sozialdemokratische Spitzenpolitiker dazu zu bewegen, den Widerstand der Partei gegen die Anschaffung der Eurofighter zu mildern. Ich halte wohlgemerkt die damalige Anschaffung von Abfangjägern nach wie vor für richtig und unverzichtbar. Die Typenentscheidung war mir hingegen von der ersten Stunde an dubios. diese Zweifel haben sich angesichts von Geldflüssen in blau-orange Netzwerke, und nun in die roten, massiv verstärkt. Lediglich Richtung Schwarz und Grün ist (bisher?) nichts bekannt geworden.
Tatsache ist, dass die SPÖ damals zwar weiterhin gegen die Eurofighter wetterte, insbesondere im Wahlkampf 2006. Als sie jedoch die Wahl gewonnen und das Verteidigungsministerium übernommen hatte, kam es zu erstaunlichen Geheimverhandlungen von Norbert Darabos mit EADS. An deren Ende hat sich zwar das Volumen der Flugzeugankäufe reduziert – aber der Stückpreis hat sich signifikant erhöht. Und gleichzeitig hat sich der militärische und technische Wert der dann letztlich gelieferten Flugzeuge deutlich reduziert. Es war also für EADS ein gutes Geschäft, für die heimische Landesverteidigung nicht. Damals hat die gesamte Branche jedenfalls darüber gelacht.
Die vom Kurier veröffentlichten Briefe machen nun etliches klar. Zwar ist festzuhalten, dass die Zeitung den ihr zugespielten Briefwechsel nur bruchstückhaft veröffentlicht hat, aber diese Bruchstücke machen klar: Rapid war in großen finanziellen Nöten; und gleichzeitig hat ein Strategieberater EADS geraten, durch Millionen Schmergeld-Zahlungen an Rapid die vier mächtigsten Männer der SPÖ wohlwollend für die Flugzeugankäufe zu stimmen: Alfred Gusenbauer, Heinz Fischer, Josef Cap und Rudolf Edlinger. Alle vier waren damals als begeisterte Anhänger des Vereins bekannt, Edlinger war (und ist) sogar sein Präsident. Und alle vier haben sich als Promi-Sympathisanten des populären Klubs immer wieder öffentlichkeitswirksam präsentiert. Umgekehrt exponierten sich Rapid-Trainer öffentlich in einem Ausmaß als SPÖ-Unterstützer, wie das bei keinem anderen Verein der Fall ist.
Tatsache ist weiters, dass das Geld floss. Und dass Rapid den Flugzeugbauern die „Nutzung des Rapid-Netzwerkes“ zusagte.
Weiters findet sich in den nun veröffentlichten Unterlagen eines offenbar hinter den Kulissen aktiv gewesenen Beraters folgender aufschlussreicher Satz: „Durch das . . . Sponsoring wird erreicht, dass sich die SPÖ in ihrer Kritik der Abfangjäger auf die Position der Kontrolle im kleinen Untersuchungsausschuss und durch den Rechnungshof sowie eine transparente und begleitende Kontrolle bei den Gegengeschäften zurückzieht. Insbesondere die rote Vier.“ Was sich auf die vier SPÖ-Politiker bezieht.
Festzuhalten ist, dass aus den im Kurier veröffentlichten Papieren kein direkter Beweis für eine aktive Verwicklung der Vier hervorgeht. Der SPÖ-nahe Rapid-Manager Werner Kuhn hat im Parlamentsausschuss sogar nähere Kontakte mit jenem Politstrategen geleugnet (was mit dem Risiko einer Strafe wegen falscher Zeugenaussage verbunden ist).
PS.: Auffällig ist das Schweigen der übrigen Medien zu den brisanten Kurier-Veröffentlichungen. Die gleichen Medien zitieren es hingegen immer regelmäßig breitflächig, wenn eines der Wochenmagazine zum ixten Mal denselben Vorwurf gegen Karl-Heinz Grasser veröffentlicht. Aber das Verhalten der heimischen Medien ist schon wieder ein ganz anderer Sumpf.
PPS.: Kaum weniger übel wird einem über das, was sich da im Burgenland gerade abspielt: Da wird der Leiter des Landes-Rechnungshofs neu besetzt. Und wer wird den Job bekommen? Ein Andreas Mihalits, bis vor kurzem Leiter des Beteiligungsmanagements und früherer Mitarbeiter im Kabinett von Landeshauptmann Niessl. Das ist so gschmackig, dass einem darob der Appetit vergeht. Denn eine solche Biographie ist die absolute Garantie für totale Zahnlosigkeit eines Rechnungshofes. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass der Mann die Beteiligungen in aller Schärfe prüfen wird? Oder dass er seinem Chef und Förderer Niessl in den Rücken fallen wird? Im Bund jedenfalls steht ein Oppositioneller an der Spitze des Rechnungshofs, was diesem Glaubwürdigkeit und Biss verleiht. Dinge, für die man im Burgenland halt wenig Verständnis hat. Und in etlichen anderen Bundesländern. Was schon wieder ein weiterer Sumpf ist.
Wie mehreren Tageszeitungen zu entnehmen war, steht eine Gesetzesnovelle bevor, die Betriebe zur Erfassung stressauslösender Faktoren am Arbeitsplatz verpflichtet: Sie müssen von sich aus ausfindig machen, was Arbeitnehmer psychisch krank machen könnte und sich auf Maßnahmen zur Abhilfe festlegen. Um den Unternehmen bei dieser Aufgabe behilflich zu sein, sollen vermehrt Arbeitspsychologen zum Einsatz kommen, denen der Staat auf diese Weise zu unverhofften Stellen verhilft. Bei Zuwiderhandlung drohen nicht nur Verwaltungsstrafen: Eine besondere Delikatesse der Novelle liegt darin, dass fehlende oder unvollständige Listungen von Stressoren bzw. unzureichende oder nicht umgesetzte Abhilfeprogramme Anlass zu Klagsmöglichkeiten geben können.
Im Klartext heißt das wohl: Wer einen Psychiater findet, der attestiert, dass Stress im Job der Auslöser für eine Depression, eine Panikstörung oder eine psychosomatische Erkrankung gewesen sei (was angesichts der vergleichsweisen Schwammigkeit mancher psychiatrischer Diagnosen nicht allzu schwerfallen dürfte), klagt kurzerhand seine Firma und saniert sich. Ergo müssen Arbeitgeber schon darob Arbeitspsychologen konsultieren (und bezahlen), um einigermaßen „am sicheren Ufer" zu sein.
Wer nun glaubt, hierbei handle es sich bloß um eine weitere Schikane für Betriebe, der irrt. Der Staat meint es nämlich nur gut mit den Unternehmen. Es habe sich erwiesen, dass Firmen, die Stressoren systematisch erforschen und abbauen, besser wirtschaften. Das klingt plausibel. Doch es verhält sich hier wie bei Frauenquoten, die ebenfalls zu einer besseren Wirtschaftsleistung von Betrieben führen sollen: Der Staat will Unternehmen zu ihrem „Glück" zwingen.
Dabei übersieht er jedoch, dass er durch Überbürokratisierung – insbesondere aber durch eine auf sprachlichem und psychosozialem Gebiet systematische Rechtsunsicherheit – zugleich davor abschreckt, überhaupt unternehmerisch tätig zu werden. Das unausgesprochene Credo lautet, dass der beste Unternehmer eigentlich der Staat sei. Nachdem dies mannigfach widerlegt ist, „rettet" man diese Anmaßung, indem man allerlei „Segnungen" nicht bloß dekretiert, sondern mit wissenschaftlicher Untermauerung als genuin „unternehmerisch" ausgibt. Ohne freilich wirtschaftlich verantwortlich sein zu wollen.
Neu an diesem Selbstverständnis ist allerdings nur der Ausgriff auf das private Unternehmertum. (Auch zur Korruption konnte man jüngst lesen, dass diese vorwiegend von Männern begangen wird. Wenn das kein Argument für Frauenquoten ist!) Längst schon wissen Frauenpolitikerinnen besser, was gut für die Frauen ist. Wenn Mütter mit großer Mehrheit die längste Kindergeldvariante wählen (und auch regelmäßig beteuern, die ersten Lebensjahre bewusst mit ihren Kindern verbringen zu wollen), so können sie nur rechtsideologisch verblendet sein. Doch der Staat scheint auch kein guter Erzieher zu sein, wie publik gewordene Praktiken in manchen Kinderheimen zeigen.
Ist der Staat vielleicht ein guter Geschichtslehrer, wenn er definiert, was als „kollektive Erinnerung“ zu gelten hat, wie diese würdig zu vollziehen sei und welche z.B. migrationspolitischen Konsequenzen sich aus der „Geschichte“ ergeben? Der US-amerikanische Soziologe Paul Edward Gottfried spricht in seinem Buch „Multikulturalismus und die Politik der Schuld“ von einem „therapeutischen Staat“, zu welchem sich der moderne Verwaltungsstaat entwickelt habe.
Wer glaubt, der Holocaust fungiere als altbekannte und alleinige Folie für diese Art eines anmaßend-gouvernantenhaften Umgangs der politischen Klasse mit den Bürgern, wird in dem Buch übrigens eines besseren belehrt: Auch der rezente US-amerikanische Umgang mit dem Sklavenhandel oder mit der Ausrottung der Indianer ist von der Politik einer nie zu tilgenden Schuld geleitet. Das politisch-mediale Establishment wird – nicht von ungefähr just am Ort einer Kritik an den christlichen Großkirchen! – zum modernen Priestertum, das ein beständiges Sündenbekenntnis zelebriert, um sich selbst von der Sünde freizusprechen, indem man sich wenigstens unermüdlich darum bemüht, die Welt von der Sünde zu befreien.
Wer den wenigen Erwählten folgen will, hat deren Sündenbekenntnis eifrig nachzusprechen – um darob allerdings zum Wutbürger zu mutieren, wütend darüber, seine Freiheit verkauft zu haben. Verkauft an eine politische Klasse, die sich eine Rolle anmaßt, welche ihr nicht zusteht und der darob ihre eigenen Spielräume abhanden kommen. Ein Wechsel dieses Politikverständnisses steht leider nicht so bald ins Haus, denn mit dem beiderseitigen Verlust der Freiheit rücken Politik und „Gutmenschen“ nur enger zusammen, um sich mitsammen als „Opfer“ zu gerieren – als Opfer böser Mächte, die einmal mehr, bloß ohne ethnisch-religiöse Konnotation, im internationalen Finanzkapital verortet werden.
Dieses Konstrukt eines Staats, der nicht Staat sein will und der insofern nicht Staat sein kann, als er sich nicht denjenigen Aufgaben stellt, die er tatsächlich hat (z.B. eine ausgeglichene Budgetpolitik), nennt sich „Zivilgesellschaft“. Die „Zivilgesellschaft“ ist längst zur dominierenden Staatsmacht geworden und hat den Staat doch immer nur als eine numinos-feindliche (offenbar „unzivilisierte“ bzw. „militärische“) Macht außer sich. Sie will tun, aber nicht Täter sein, denn wer wollte schon Täter gewesen sein? Das aber gibt jene Lethargie, unter der Europa gegenwärtig leidet.
Dr. Wilfried Grießer, Jahrgang 1973, ist Philosoph und Buchautor. Jüngst erschienen: Verurteilte Sprache. Zur Dialektik des politischen Strafrechts in Europa. Peter Lang, Frankfurt/Main 2012.
Keine gute Nachricht: Die vom Tagebuch eingebrachte und von über 500 Lesern dankenswerterweise unterstützte Beschwerde gegen parteipolitische Weisungen im ORF-Fernsehen hat in der ersten Instanz keinen Erfolg gehabt. Die – im Koalitionsproporz, also mit roter Mehrheit besetzte – KommAustria hat die Beschwerde abgewiesen. Selbstverständlich gehen wir in die Berufung. Das bin ich nicht nur den vielen Unterstützern schuldig. Das hängt auch damit zusammen, dass in der Stellungnahme des ORF zu der Beschwerde noch viel Übleres herausgekommen ist, als im Zeitpunkt der Einbringung bekannt war: Die Weisung und der daraufhin entstandene einseitige ZiB-Beitrag waren direkte Folge einer Intervention der Arbeiterkammer, wie im Zuge des Verfahrens vom ORF ungeschminkt zugegeben worden ist. Das hat die KommAustria dennoch nicht gestört. Wenn der Spruch, so wie er vorliegt, rechtskräftig würde, wäre er der perfekte Persilschein für Interventionen beim ORF samt deren gehorsamen Umsetzung, ja geradezu eine Aufforderung dazu.
Freilich würde ich eher nicht annehmen, dass deswegen nichtlinke Interventionen bei der vom Ex-AZ-Redakteur Dittlbacher geleiteten Fernseh-Information künftig einen Erfolg haben könnten. Über die wird man sich wahrscheinlich weiterhin öffentlich empören. Hingegen wären die Interventionen aus linken Ecken und deren prompte Umsetzung damit auf ewig legitimiert. Denn der Spruch macht zum ersten Mal in der Geschichte des durch Gesetz eigentlich zur Unabhängigkeit verpflichteten ORF die Umsetzung von Interventionen zu einem erlaubten Verhalten.
Interessanterweise haben sich die sonst so lautstarken Redaktionsvertreter zu dem ganzen Vorfall nicht gemeldet. Damit entlarvt sich deren Aufregung über den beabsichtigten Transfer des Niko Pelinka ins Vorzimmer des ORF-Generals Wrabetz als eine scheinheilige Intrige ad personam. Dahinter steht aber kein echter Kampf für Unabhängigkeit und gegen Interventionen. Das direkte Hineinintervenieren des roten Machtapparates stört weder die (bekanntlich selbst sehr weit links stehenden) Redaktionsvertreter noch die eigentlich zur Wahrung des Gesetzes berufene KommAustria. Ein Stück des real existierenden Austro-Sozialismus.
Für alle jene, die sich im Detail in die Causa vertiefen wollen, finden sich in den Beilage alle Schriftsätze. Zuerst die von mir und dem Rechtsanwalt Werner Suppan eingebrachte Beschwerde, dann die Stellungnahme des ORF, dann unsere Replik und zuletzt der nunmehrige Bescheid.
Die Beschwerde hatte sich ursprünglich nur gegen die durch das Bekanntwerden interner ORF-Mails aufgedeckte Weisung Dittlbachers gerichtet. Diese Weisung war in mehrerlei Hinsicht problematisch.
Erstens war der von Dittlbacher inkriminierte Beitrag korrekt. Dies gab der ORF in seiner Stellungnahme dann sogar selber zu. Der ORF sprach nur noch von einer Präzisierung, obwohl Dittlbacher im bekanntgewordenen Mail an die ursprünglich damit befasste Redakteurin eindeutig eine Richtigstellung verlangt hatte: „Dass es diese Parteispenden nicht gibt, ersuche ich heute in der Parteifinanzierungsgeschichte richtigzustellen.“
Richtigstellen kann man nur etwas Falsches. Falsch war aber nur Dittlbachers Mail. Denn es gibt sehr wohl Geldflüsse aus der Arbeiterkammer (via Fraktionen) an Parteikonten. Was mittlerweile auch von ORF und KommAustria zugegeben wird.
In der Stellungnahme des ORF wurde daher nur noch vage davon geredet, dass Dittlbacher einen „möglichen falschen Eindruck beim Zuseher“ richtigstellen wollte. Der ORF gab aber gleichzeitig ausdrücklich zu, dass der erste ZiB-Beitrag nicht fehlerhaft war. Dittlbacher habe nur eine „Präzisierung angeregt“.
Das als „Anregung“ darzustellen, ist nun überhaupt absolut köstlich. Denn in jeder Redaktion der Welt ist es natürlich eine wenn auch in höfliche Worte gefasste Weisung, wenn ein Chefredakteur „ersucht“, etwas richtigzustellen. Aber bei Dittlbachers Gesinnungsfreunden in der KommAustria, die mehrheitlich zu seinen Gunsten entschieden haben, ist dieser Schmäh voll hineingegangen.
Was die Entscheidung besonders provozierend macht: Dieselbe KommAustria hatte knapp davor eine ähnliche Weisung eines stellvertretenden Chefredakteurs des Landesstudios Niederösterreich (das letzte schwarze Dorf im roten ORF-Imperium) als rechtswidrig beurteilt. Dessen Weisung hatte sich gegen die Bezeichnung des norwegischen Massenmörders B. als „christlich“ gewehrt. Was ja etliche Berechtigung hat, wie man heute weiß, vor allem seit zwei Psychiater den B. als unzurechnungsfähig bezeichnet haben.
Inhaltlich ging es bei Dittlbachers Einmischung um den zweifellos nur marginalen und formalistischen Unterschied, dass die geheimen Parteispenden (um die es im ZiB-Beitrag gegangen war) nicht direkt von der Kammer, sondern von den Fraktionen der Kammer überwiesen werden. Angesichts der Dominanz der SPÖ in der Arbeiterkammer ist dieser Unterschied jedoch ein bloßes juristisches Scheinmanöver und de facto irrelevant. Irrelevant ist daher auch der „mögliche falsche Eindruck beim Zuseher“ über dieses Detail. Nicht so freilich für Parteisoldaten Dittlbacher, der daraus gleich eine PR-Durchsage für die Arbeiterkammer machen ließ.
Die Stellungnahme des ORF auf die Beschwerde enthüllte dann aber noch viel Skandalöseres als eine Weisung und die Ausstrahlung eines Beitrags, der sachlich viel irreführender war als der ursprüngliche. In dieser Enthüllung auf ORF-Papier wird nämlich offen und offiziell zugegeben:
All das konnten Suppan und ich erst in einer nachträglichen Replik aufgreifen. Die läppische Argumentation der KommAustria auf Seite 19 ihres Bescheids zu diesen Aspekten sollte man sich daher wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Zuerst wird zwar von Objektivität und Ausgewogenheit gefaselt, um dann aber am Ende zu argumentieren, dass man ja nicht „von jeder einzelnen“ der vielen Interessenvertretungen, die es gibt, eine Stellungnahme einholen könne. Das hat ja auch niemand verlangt. Aber von den drei im ursprünglichen Beitrag genannten Interessenvertretungen hätte man das sehr wohl können. Und müssen, würde man die Objektivitäts- und Ausgeglichenheits-Pflicht auch nur eine Sekunde ernst nehmen.
Kann man eine politische Intervention und deren servile Umsetzung eigentlich noch deutlicher zugeben? Eher nicht. Denn wenn es wirklich nur um eine „notwendige Präzisierung“ gegangen wäre, wie der ORF formuliert, wäre diese etwa zweifellos bei der ebenfalls genannten Landwirtschaftskammer objektiverweise genauso notwendig gewesen. Daher ging es eben nicht um eine Präzisierung, sondern um nackten Interventionsgehorsam.
Was durch den Wortlaut der Formulierung der zweiten ZiB-Meldung noch zusätzlich bestätigt wird: „Ein Parteispendenverbot für alle Interessenvertretungen befürwortet auch die Arbeiterkammer, die das selbst schon vor Jahren umgesetzt hat.“ Eine Formulierung, wie sie der AK-Propaganda-Apparat nicht besser hätte drechseln können. Und natürlich kein Wort der „Präzisierung“, dass die Parteifinanzierung an Stelle der Kammer halt über die Fraktionen läuft. Was dann wirklich erst „präzise“ gewesen wäre.
Die restlichen juristischen Details kann man den Beilagen entnehmen. Verblüffend an der ganzen Sache ist jedenfalls, dass die Stellungnahme des ORF selbst weit mehr mit objektiver Wahrheitssuche zu tun hat, als der von der ersten bis zur letzten Seite schwer schlagseitige (und holprig formulierte) Bescheid der KommAustria.
Ich werde die Leser des Tagebuchs informieren, sobald es wieder etwas zu berichten gibt.
PS.: Auf ein weiteres köstliches wie aktuelles Exempel dafür, wie sehr die Fernsehinformation zu einer reinen PR-Außenstelle des ORF verkommt, hat mich ein Leser aufmerksam gemacht. Ich hab das Video noch einmal angeschaut, so unglaublich ist es nämlich: Die Moderatorin Ingrid Thurnher drehte am vorigen Sonntag eine Wortmeldung eines Schweizer Gastes mit folgender Formulierung ab: „Ich schlage jetzt zur Versachlichung vor, dass wir den Experten, den wir hier sitzen haben, der sich in unserer Verfassung vermutlich auskennt, wie sonst nur Frau Nationalratspräsidentin Prammer, nämlich Herrn Professor Mayer, befragen.“ Wie auch immer man Mayer einstuft: Diese speichelleckerische Gleichsetzung eines Verfassungsrechtsprofessors mit Prammer, einer ehemaligen AMS-Soziologin, ist zur ORF-Groteske der letzten Woche geworden. Der Eindruck, dass Prammer etwa wirklich eine Ahnung von der Verfassung hätte, die der eines Juristen oder gar Verfassungsprofessors auch nur irgendwie nahe käme, wäre wohl viel mehr ein Fall für eine „notwendige Präzisierung“ und Richtigstellung durch den ORF.
Sehr geehrte Frau Ministerin Heinisch-Hosek,
unsere Familie war hellauf begeistert, als wir heute von Ihren Plänen zur Umgestaltung der Familienförderung erfahren haben. Macht ja nichts, dass unsere elfköpfige Familie möglicherweise zu den „paar Alleinverdienern mit hohem Einkommen und mehreren Kindern" zählt, die ein bisserl draufzahlen werden. Man muss dem Fortschritt einfach Tribut zollen. Hier einige spontane Entwürfe für Dankschreiben:
Hurra! Bald kann ich „wieder im Job“ sein und „eigenes Geld verdienen“. Endlich Schluss mit dem minderwertigen Dasein als Mutter und Hausfrau – und die Bälger muss ich auch nur mehr ein paar Stunden am Tag ertragen. Nieder mit dem Patriarchat!
Andrea, 46
Sozialdemokratische Arithmetik ist eine tolle Sache. Wenn eine Erhöhung der Familienbeihilfe von 165-210 EUR auf 225-240 EUR eine „Verdopplung“ ist, wie die Medien berichten, dann hätte ich gern eine „Halbierung“ meiner Steuerleistung, die ich trotz meiner neun Kinder immer noch zu erbringen habe, nach demselben Algorithmus: Auf null bitte.
Peter, 45
Jetzt weiß ich, wo’s langgeht. Mir doch egal, wenn keiner mehr Kinder kriegt. Ich nämlich sicher auch nicht, bin doch nicht blöd. Gesellschaftliche Anerkennung gibt’s nun einmal nur im Beruf – wenn du als Frau nicht deinen Mann stehst, bist du einfach zweitklassig.
Und passiert es doch blöderweise einmal und ich bin nicht rechtzeitig zum lieben Doktor F. gegangen, dann kann ich den Zellhaufen wenigstens bald abgeben. Einfach nur danke, liebe SPÖ!
Pia, 20
Endlich wartet zu Hause keine nervige Mutter mehr, wenn ich aus der Schule komme, und fragt mich, wie es mir geht und solchen Blödsinn. Die ist ja bald wieder in der Arbeit. Ich kann mir meine eigenen Fertigmenüs wärmen, ungestört fernsehen und Computer spielen. Superleiwand!
Bernhard, 16
Wird ja auch Zeit, dass ich nicht mehr von diesen Dilettanten erzogen werde, sondern von Profis. Wer braucht schon das ewige Liebhaben und Knuddeln? Ich möchte viel lieber möglichst bald gegendert und gestreamlined werden. Vati und Mami, das war vorgestern. Nur einer weiß wirklich, was wir brauchen: Der Staat. Aber selbstverständlich nur der sozialdemokratisch regierte.
Emil, 6 Monate
Es grüßt Sie herzlich
Mag. Peter Meditz im Namen seiner Familie
Anmerkung: Frauenministerin Heinisch-Hosek hat die Streichung aller sonstigen Familienförderungen und eine Verdoppelung der Familienbeihilfe vorgeschlagen, was kinderreichen Mittel- und Oberschichtfamilien schaden, kinderreichen Unterschichtfamilien – also insbesondere Zuwandererfamilien – nutzen würde. Was laut Rechtsexperten in Hinblick auf Besserverdiener auch verfassungswidrig sein dürfte. a.u.
Andrea Meditz ist Mutter (früher Kindergartenpädagogin), Mag. Peter Meditz kaufmännischer Angestellter einer Bank.
Der politische Aktionismus bei den Benzinpreisen, sowohl in Österreich als auch in Deutschland, gerät langsam zur Lächerlichkeit und bewirkt genau das Gegenteil des Erhofften. Sowohl heimische, als auch deutsche Wirtschaftsforscher bescheinigen der Politik in die Irre zu gehen, man sollte nicht, wie dies die Politiker tun, auf die Stimme des Volkes hören, die jeden Benzinpreis als zu hoch und die Tankstellenbetreiber als Abzocker ansehen.
Schauen wir einmal auf die Faktenlage: Für den jüngsten Aktionismus von Minister Mitterlehner, dass vor den Feiertagen und vor Ferienbeginn die Preise nicht geändert werden dürfen, gibt es noch keine Erfahrungswerte, aber der Minister sagt selbst, dass seine Maßnahme keinesfalls die Preise senken werde. Wozu also das Ganze?
Über die im Vorjahr eingeführte Spritpreisdatenbank weiß man inzwischen, dass sie vor allem von den Tankstellenbetreibern abgefragt wird. In Kombination mit der unseligen Regelung, dass nur einmal am Tag (um 12 h mittags) die Preise erhöht werden dürfen, gibt es nun ein totales Preistohuwabohu. Jeden Tag, zur Mittagszeit, werden die Preise um bis zu 10 Cent erhöht, um dann im Stundentakt (meist computergestützt) bis zum nächsten Vormittag wieder gesenkt zu werden. Das hat mit den Preisen in Rotterdam, beziehungsweise am Ölmarkt, rein gar nichts zu tun, sondern ist Ausfluss dieser unsinnigen Regelung.
Dass die Mineralölindustrie sich in diese unverständliche Lizitationspolitik treiben lässt ist nicht nachvollziehbar und sorgt dafür, dass der Ruf der Branche noch mehr ramponiert wird. Man glaubt Wettbewerb vorgaukeln zu müssen. Das Resultat dieses Aktionismus lautet, dass es europaweit nirgends so viele tägliche Preisänderungen gibt wie in Österreich. Ich war gerade in Frankreich unterwegs, da gibt es tagelang keine Preisveränderungen an den Tankstellen. Trotz dieses heimischen Preisfeuerwerks ist die Verdienstspanne an Österreichs Tankstellen im Europavergleich rekordverdächtig niedrig.
Aber Österreichs Autofahrer sehen die Treibstoffpreise meist als kein wirkliches Problem an. Der ÖAMTC, Freund der Autofahrer und Meister einseitiger Argumentation, gab jüngst bekannt, dass fast 60 Prozent der heimischen Lenkraddreher die Treibstoffpreise nie oder nur selten vergleichen.
Also was wollen Österreichs Anlass-Politiker verändern? Die Preise an den heimischen Tankstellen sind real, also inflationsbereinigt, fast so niedrig wie in den Siebzigerjahren. Der Anteil von Öl und Ölprodukten am Bruttoinlandsprodukt hat sich seit 1980 fast halbiert. Die Autos verbrauchen weit weniger Treibstoff als in früheren Jahren. Die hohen Ölpreise haben nichts mit einer Verknappung (wie bei den Ölkrisen der letzten Jahrzehnte) zu tun, sondern es gibt einfach mehr Nachfrage von China & Co, was auf einen guten Zustand der Weltwirtschaft schließen lässt.
Für ein staatliches Einschreiten zugunsten eines niedrigeren Öl- und Benzinpreises gibt es keinen Anlass, außerdem sind die Möglichkeiten nationaler Politik ohnedies äußerst begrenzt. Eine Erhöhung der Pendlerpausche oder Absenken der Mineralölsteuer wird deshalb von den Wirtschaftsforschen abgelehnt.
Tatsache ist, je mehr Planwirtschaft um sich greift, desto mehr sind die Firmen gezwungen ihre Preispolitik zu optimieren. Das Resultat sind dann Auswüchse wie in Österreich. Das hat nichts mit Kartellabsprachen zu tun. Wifo-Mann Kratena: „Derartige Absprachen gibt es in Österreich nicht“. Mit dieser Erkenntnis könnten sich Minister und Bundeswettbewerbsbehörde viel Arbeit ersparen.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Wer seit fast drei Jahrzehnten im politischen Journalismus tätig ist – und dies seit 18 Jahren in Wien – kennt die Rituale der mainstream-publizistischen Verdammnis. Wolfgang Schüssel, der dies zumindest seit dem Jahreswechsel 1999/2000 als politisch Handelnder und reformerisch Gestaltender selbst leidvoll erfahren hat, kennt sie umso mehr.
Man hätte sich daher geradezu wundern müssen, wenn jetzt, da sich der österreichische „Altkanzler“ zur Halbzeit der Regierung Orbán im Nachbarland Ungarn in erfrischender – und zutreffender – Weise löblich geäußert hat, dieses Ritual, das der Philosoph Rudolf Burger einst mit dem schmückenden Beinamen „antifaschistischer Karneval“ versah, ausgeblieben wäre. Schüssel hat mit seiner Laudatio auf Orbán im ungarischen Fernsehen sowie in der Nachrichtenagentur MTI dankend Solidarität mit dem Nachbarn bekundet, der ihn seinerzeit – mit nur wenigen anderen – gegen die EU-Sanktionen des Jahres 2000 in Schutz genommen hatte. So weit, so gut.
Vor zwei Jahren hat die nationalkonservative Regierung Orbán in Ungarn die Macht übernommen. Sie beendete damit eine sozialistisch-liberale Herrschaft, die – erstmals im Nachwende-Ungarn – zwei parlamentarische Legislaturperioden währte. In diesen acht Jahren, in denen Gordon Bajnai, der parteilose, aber von den Sozialisten gestützte Ministerpräsident des Übergangs, schließlich zwischen 2009 und der Parlamentswahl im Frühjahr 2010 die wirtschafts- und finanzpolitische Reißleine zog, war das Land beinahe zugrunde gerichtet worden. Entsprechend fiel das Erbe aus, welches Orbán übernahm und, vom Wähler mit einer komfortablen Zweidrittelmehrheit im Parlament ausgestattet, seit Sommer 2010 zu beseitigen sucht – mit reichlich unkonventionellen Mitteln. Das schafft ihm Verdruss, außerhalb Ungarns weit mehr als daheim.
Es sind besonders Stimmen aus Deutschland und Österreich, politische wie publizistisch-massenmediale, die in Ungarn so etwas wie die schleichende Abschaffung des Rechtsstaats wähnen. Es schwoll der Chor jener an, die, wie Martin Schulz (SPD), heute Präsident des Europaparlaments, Orbán der „Säuberungspolitik“ bezichtigten und schon während des ungarischen EU-Vorsitzes im ersten Halbjahr 2011 den ominösen Artikel 7 des EU-Vertrags ins Spiel brachten, wonach ein Mitgliedsland mit Sanktionen bis zum Stimmrechtsentzug in den Unionsgremien belegt werden kann, so es „gegen demokratische Grundsätze verstößt“.
Ähnlich die Österreicher Hannes Swoboda (SPÖ) und Ulrike Lunacek, seine Parlamentskollegin von den Grünen. Ungarn nannte der luxemburgische Außenminister Asselborn einen „Schandfleck“. Unter Beifall des Liberalen Guy Verhofstadt sieht Daniel Cohn-Bendit Orbán „auf dem Weg, ein europäischer Chavez zu werden, ein Nationalpopulist, der das Wesen und die Struktur der Demokratie nicht versteht". Vergleiche mit der „gelenkten Demokratie“ des russischen Präsidenten Putin oder gar des Autokraten Lukaschenko in Minsk sind wohlfeil.
„Das ist unverständlich und ungerecht", sagte Schüssel in Budapest zu Recht. Unübersehbar ist, dass es die hauptsächlich im links der Mitte angesiedelten Spektrum politisch korrekten Moral- und Tugendwächter stört, dass in Budapest eine nationalkonservative Regierung im Amt ist. Dass die Magyaren im Frühjahr 2010 Sozialisten (MSZP) und Liberale (SZDSZ), die nach acht Jahren Regierungszeit ihren Nachfolgern ein abgewirtschaftetes und vor dem Abgrund stehendes Land hinterließen, nicht einfach nur abwählten, sondern politisch marginalisierten und Orbáns Bürgerallianz (Fidesz) sowie deren festen Bündnispartner Christdemokratische Volkspartei (KDNP) mit einer satten Zweidrittelmehrheit im Parlament ausstatteten. Die er seitdem unbeeindruckt von Kritik nutzt, um das Land von Grund auf umzubauen. Worin ihm – man darf sich von so genannten Massendemonstrationen nicht den Blick verstellen lassen – die Mehrheit der Bevölkerung (noch immer) folgt, was ihn aber im politisch korrekten Europa verdächtig macht, wo man ihn – im günstigsten Fall – des „Cäsarismus“, „Bonapartismus“ oder „Horthyismus“ zeiht.
Wogegen verstößt Orbán in den Augen seiner in- und ausländischen Kritiker? Er gängle die Medien, kneble sie und wolle sie unter seine Kontrolle bringen, behaupten sie. Dass in Ungarn ein Regulieren und Zurechtstutzen seiner nicht ohne Zutun ausländischer Verlagshäuser und Privatsender wild wuchernden Medienlandschaft nach dem Vorbild westlicher Gebräuche vonnöten ist, können nicht einmal die jetzt opponierenden Sozialisten und die von diesen abgespaltene „Demokratische Koalition“ (DK) des vormaligen Ministerpräsidenten und MSZP-Chefs Ferenc Gyurcsány – ein milliardenschwerer Großunternehmer, der gegenwärtig seine mutmaßlich plagiierte Doktorarbeit nicht finden kann – ernsthaft bestreiten, die es selbst versucht hatten.
Außerhalb Ungarns macht(e) sich kaum jemand die Mühe, über Zustand, Reichweite, den enormen Verschuldungsgrad der ungarischen „Staatssender“, den sie seit Jahren vor sich herschieben, und über deren Reformresistenz Bemerkungen zu verlieren. Oder etwa einen durchaus angebrachten Vergleich beispielsweise mit dem ORF anzustellen, wo – bei einer Bevölkerung von achteinhalb Millionen potentiellen Zuschauern respektive Zuhörern gegen zehn Millionen in Ungarn – unter dem amtierenden „Spar-General“ 500 Beschäftigte ausscheiden mussten. Wogegen sich kaum Stimmen regten. Betretenes Schweigen herrschte unter westlichen Kritikern, die sich in Sachen Ungarn zum Richter aufschwingen, auch über den Murdoch-Medienskandal, darein beide britischen Traditionsparteien verwickelt waren/sind. Dagegen ist die medienpolitische Suppe im Pannonischen Becken recht dünn.
Die Ungarn wollten nach ihren in den Jahren 2002 bis 2010 gesammelten Erfahrungen eine Regierung haben, die eine „grundlegende politische Wende“ versprach. Orbán ist angetreten, sie auch zu vollziehen. Dass die Bevölkerung die – in den Augen europäischer Sozialisten, Sozialdemokraten, Grüner und Liberaler – „falsche Regierung“ wählte, dürfte der eigentliche Grund für die Maßregelung der Regierung Orbán und seiner ursprünglich „liberalen“ Partei sein, die er in den letzten 15 Jahren konsequent in eine Mitte-rechts-Sammlungspartei umformte.
An Bertolt Brechts Diktum anlässlich der niedergeschlagenen Erhebung rund um den 17. Juni 1953 mag man sich erinnert fühlen: „Da sich herausgestellt hat, dass unser Volk eine dumme Hammelherde ist, empfehlen wir der Regierung, sich ein anderes Volk zu wählen“; doch in Ungarn ist das 56 Jahre nach den Erfahrungen von 1956 geradezu umgekehrt. Die Verwandlung des Landes und der gesamten politischen Landschaft im Sinne einer Wende, welche nicht mehr leicht rückgängig zu machen sein könnte, die Orbán mit der höchstwahrscheinlich einmaligen Zweidrittelmehrheit vorantreibt, ist der eigentliche Grund für die Erregung und für Feindseligkeiten seiner Gegner im Land, deren Kritik draußen gern übernommen wird.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die US-amerikanische Botschafterin in Ungarn, Eleni Tsakopoulos Kounalakis, bezüglich des Zustands der ungarischen Demokratie ihren Gesprächspartnern aus der ungarischen Opposition und aus kritisch-intellektuellen Kreisen entgegenhielt: „Solange eine Regierung im Rahmen demokratischer Wahlen abgewählt werden kann, kann nicht von einem Ende der Demokratie gesprochen werden.“ Und Außenministerin Clinton, die während einer Stippvisite aus Anlass der Gründung des Lantos-Instituts im ungarischen Parlament durchaus deutliche Worte an Orbán richtete, ihren Gesprächspartnern aus der ungarischen Opposition aber gleichermaßen ausrichtete: „Die Zweidrittelmehrheit der Regierung ist das Ergebnis von freien Wahlen.“
Was macht Orbán noch verdächtig? Dass seine Regierung als erste massiv gegen die Zigeuner-Hatz eigentlich verbotener paramilitärisch in Erscheinung tretender „Garden“ vorgeht? Gewiss nicht, nur blenden seine Kritiker dies geflissentlich aus. Dass es während des ungarischen EU-Vorsitzes auf Initiative Ungarns zur Festlegung einer verbindlichen Roma-Strategie gekommen ist? Das wird meist ebenso übergangen wie die Zusage, trotz Reduktion redaktionellen Personals 15 entsprechend Ausgebildeten aus der Roma-Minderheit den Weg in die öffentlich-rechtlichen Medien zu ebnen.
Mit der verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit ist das von Orbáns Regierung eingebrachte neue Grundgesetz beschlossen worden. Darin wird nicht nur die „Heilige Krone“ zur Wahrung der historischen Kontinuität der Nation verehrt, sondern auch der „Segen Gottes“ für deren Gedeih erfleht. Ungarn gehört damit vom 1. Januar 2012 an zu jenen wenigen Ländern in Europa, die einen Gottesbezug in der Verfassung haben. Was soll daran schlecht sein, zumal es sich um eine wörtliche Sentenz aus der Nationalhymne handelt, an der in der EU, so weit bekannt, seit Ungarns Aufnahme 2005 niemand Anstoß genommen hat?
Außer, dass die Anrufung Gottes aus dem Blickwinkel religiös Indifferenter und all derer, die sich „freisinnig“ dünken, als geradezu provokative Regelverletzung ausgelegt wird. Im übrigen sind von der EU seinerzeit an der Mediengesetzgebung verlangte Korrekturen längst umgesetzt und soeben auch Passagen, die der ungarische Verfassungsgerichtshof (laut Kritikern angeblich „Orbán-hörig“) für nichtig erklärt hatte, geändert worden.
Sodann das Bekenntnis zur einen Nation, im wohlverstandenen Sinne ihrer historisch, sprachlich und kulturellen Bande über die Grenzen des 1920 um zwei Drittel des damals verlorenen Territoriums Ungarns hinaus. Antieuropäisch ist das ebenso wenig wie eine Gefahr für die Grenzen in Europa, die doch wohl seit den Kriegen nach der Auflösung Jugoslawiens feststehen und als unverrückbar gelten können. Nichts ist verwerflich daran, dass sich das Vaterland Ungarn – fern jedweden territorialen Verlangens – für beträchtliche magyarische Volksgruppen in seiner Nachbarschaft verantwortlich fühlt. Auch nicht, dass es für deren kulturelle Autonomie und regionale Selbstverwaltung eintritt. Und sich, wie all jene, die darin das geeignete Mittel zur Eindämmung und Überwindung historisch bedingter Minderheitenkonflikte sehen, für einen wirksamen, EU-weit rechtlich verbürgten Volksgruppenschutz einsetzen.
Außerhalb Ungarns erregt schließlich auch das Bekenntnis der Regierung Orbán zur Familie Unmut, besonders deswegen, weil die neue Verfassung die Gleichstellung der Gemeinschaft aus Mann und Frau mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ausschließt. Auch damit fordert Orbáns Ungarn den Zeitgeist heraus und setzt ihm ein Stück christlich geprägten Wertekanons entgegen. Womit es sich wie in vielem anderen der politischen Korrektheit entzieht, welcher sich all jene bedienen, die ständig das Wort vom „Verstoß gegen die europäischen Werte“ im Munde führen.
Im Streit über das Budgetdefizit waren die EU-Finanzminister der Kommissionsvorgabe gefolgt, Budapest wegen „unsolider Haushaltspolitik seit Beitritt zur Union 2004“ 29 Prozent der Mittel, die es aus dem EU-Kohäsionsfonds erhielte – das sind 495 Millionen Euro – zu entziehen, sollte Ungarn nicht bis Mitte des Jahres durch geeignete Maßnahmen ersichtlich machen, dass es künftig bei der Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bleibe. Die Entscheidung darüber steht im Juni an.
Das Brüssler Vorgehen hat in Budapest zu großem Unmut geführt. Nicht allein, dass just die konservative Regierung Orbán alles getan hat, um die unter ihren sozialistischen Vorgängern extrem ausgeweitete Staatsverschuldung – von 52 Prozent BIP 2002 auf 83 Prozent BIP 2009 – einzudämmen. Zu Recht sagt Schüssel daher, dass die berechtigte Kritik hinsichtlich des ungarischen Budgets „an die Vorgängerregierung zu richten“ sei, die die massive Verschuldung überdies in einer Phase „prosperierender Weltwirtschaft" angerichtet habe. Damals habe niemand Kritik erhoben.
Viele Magyaren bringt auch der Umstand gegen „das EU-Diktat“ auf, dass die Kommission dem Eindruck nach „mit zweierlei Maß misst“, wie es etwa die österreichische Finanzministerin Maria Fekter im Kreise ihrer Ressortkollegen zum Ausdruck brachte, unter denen die Daumenschrauben gegen Ungarn höchst umstritten waren. Denn parallel zum an Ungarn statuierten Bestrafungsexempel wurde das gebeutelte und gegenwärtig zudem an einer Banken-Krise laborierende Euro-Land Spanien „für begonnene Reformen“ belohnt, weshalb Madrid 2012 sogar mehr neue Schulden machen darf als ihm ursprünglich erlaubt gewesen sind. Und zur selben Zeit schüttete dieselbe EU abermals 140 Milliarden Euro ins bodenlose Fass Griechenland, wo sich jetzt die radikale und gemäßigte Linke anschicken, die EU zu erpressen.
Selbst Martin Schulz, alles andere als ein Freund Orbáns, kritisierte die EU-Kommission für deren Entscheidung, die sich als „kontraproduktiv erweisen“ könnte. Immerhin: Soeben hat Brüssel signalisiert, dass der Freigabe der Mittel für Ungarn aus dem Köhäsionsfonds nichts mehr im Wege stehe, da Budapest die drei-Prozent-Auflage der Maastricht-Kriterien halten respektive sogar unterschreiten werde.
Dass sich die große Mehrheit der Magyaren auch aus anderen Gründen ungerecht behandelt fühlt, geht aus Erhebungen des Instituts „Nézöpont“ hervor, wonach drei Viertel aller Befragten mit Aussagen Orbáns übereinstimmen, insbesondere mit jenen, wonach Ungarn „keine Kolonie“ sei und sich „Druck und Diktat von außen" nicht beugen werde. Ein Diktator ist Orbán beileibe nicht, sondern – vor allem anderen – ein ungarischer Patriot.
Schüssel hat im ungarischen Fernsehen auch unter Bezug darauf von der Wichtigkeit eines „modernen, besonnenen Patriotismus" in den europäischen Ländern gesprochen: Es müsse eine neue Perspektive geboten werden, „in deren Mittelpunkt Freiheit und Unabhängigkeit stehen" und die zugleich „die Dazugehörigkeit zur Heimat betont".
Doch mit Patriotismus, Vaterlandsliebe, eckt man an in der schönen neuen Welt. Schon als junger Mann hat Orbán – damals noch hinter dem Eisernen Vorhang – den Abzug der Sowjettruppen aus Ungarn und die Rehabilitation der Revolutionäre von 1956 verlangt. Die Magyaren sind ein freiheitsliebendes, geschichts- und nationalbewusstes Volk. Das haben sie nicht nur damals bewiesen. Deswegen schätzen sie es auch, wenn sich Orbán „Einmischung von außen“ verbittet. Auch mit der Festlegung des 22. Juli zum (nunmehr vierten) Nationalfeiertag – im Gedenken an den Sieg eines christlichen Heeres über die Türken 1456 – fordert Orbáns Ungarn den Zeitgeist heraus und entzieht sich der politischen Korrektheit, welcher sich alle bedienen, die ständig das Wort vom „Verstoß gegen die europäischen Werte“ führen.
Weshalb bei der Betrachtung des „unbotmäßigen Ungarn“ durchaus die Parallelität zum Nachbarland Österreich auf der Hand liegt. Die Szenerie erinnert an das – letztlich gescheiterte – Vorgehen gegen Wien anno 2000, wobei sich nicht wenige Politiker und Publizisten, die seinerzeit die „besonderen Maßnahmen“ („Sanktionen“) der damals 14 Regierungen gegen die fünfzehnte guthießen, heute dazu versteigen, die angeblich „von Orbán ausgehende Gefahr“ um „ein Vielfaches“ höher zu bewerten als das „Vergehen“ der „Schüssel-Haider-Koalition“. Vor zwölf Jahren wurde gegen die Entscheidung zur Regierungsbildung in Österreich kampagnisiert, heute trifft es der Ungarn „falsche“ Wahl.
Dr. Reinhard Olt ist Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit Zuständigkeit für Österreich und Ungarn, zeitweise auch für Slowenien und die Slowakei, seit 1994 mit Sitz in Wien.
Früher waren die Vorarlberger dafür bekannt, dass sie am besten wirtschaften konnten. Zunehmend scheint aber auch dort diese Fähigkeit verloren gegangen zu sein.
Denn Landeshauptmann Markus Wallner wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, dass in seinem Land auch nur ein Bezirksgericht gesperrt wird (die Verfassung gibt ihm dabei ein Vetorecht). Die Logik ist zynisch, aber klar: Für Gerichte zahlt ja der Bund, und mit dem Bund hat Vorarlberg anscheinend nichts zu tun, den kann man hemmungslos bluten lassen. Für die Kosten der Bezirkshauptmannschaften zahlt hingegen das Land. Ganz zufällig hat das zur Folge: In Vorarlberg gibt es um 50 Prozent mehr Bezirksgerichte als Bezirkshauptmannschaften.
Aber die Vorarlberger haben das Rechnen und Wirtschaften auch dann verlernt, wenn es ihr eigenes Budget betrifft. Also wenn Vorarlberg Aufträge vergibt, oder wenn es etwas einkauft. Auch da kämpft Wallner mit voller Energie gegen die Interessen des Vorarlberger Budgets: Er will nicht, dass wie geplant ab Jahresende alle Aufträge ab 40.000 Euro öffentlich ausgeschrieben werden müssen (wie schon bis 2009). Dass also ab diesem Zeitpunkt endlich wieder der Bestbieter zum Zug kommen muss. Er will das lieber weiterhin freihändig – ehrlicher formuliert: unter der Hand – vergeben.
Wallners Motiv: Dadurch kommen fast nur Vorarlberger an die Aufträge. Was aber die verschwiegene Konsequenz hat, dass dann viel teurer eingekauft wird, als wenn man jeweils den Bestbieter suchte. Dass das zu Lasten des Vorarlberger Budgets geht. Dass das Korruption erleichtert. Ebenso logisch ist, dass ohne österreichweite Ausschreibungspflicht die selbe Freihändigkeit logischerweise auch in anderen Bundesländern praktiziert werden wird. Wo dann halt kein Vorarlberger Unternehmen zum Zug kommen wird. Ähnliches spielt sich auch gegenüber dem EU-Ausland ab.
Am Ende des Tages bringt die Freihändigkeit keinen Gewinn, sie ist nicht einmal ein Nullsummenspiel, sondern ein Minus für alle. Weil keiner beim Billigsten einkauft und weil alle zu viel an Auftragnehmer zahlen. Zum Schaden der Steuerzahler und Konsumenten. Oder muss man jetzt wirklich sogar in Vorarlberg die ökonomischen Grundrechnungsarten erklären? Weiß Wallner nicht, dass Wettbewerb immer zu besseren Ergebnissen führt als freihändige Freunderlwirtschaft? Weiß er nicht, dass uns die nationale und internationale Arbeitsteilung wohlhabend gemacht hat? Oder werden jetzt – um nur ein einziges Beispiel zu nennen – in Vorarlberg nur noch landeseigene Fernseh- und Computer-Erzeuger mit Aufträgen bedient (die man zuvor natürlich erst mühsam durch Förderungen hochpäppeln muss)?
Nun bin ich sicher, dass Vorarlberg auch unter einem Landeshauptmann Wallner ein relativ erfolgreiches Bundesland bleiben wird. Aber es ist einfach traurig, wenn künftig nicht nur in Wien, Niederösterreich und Kärnten die ökonomische Unvernunft regiert, sondern auch im einstigen Vorzeige-Ländle.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es bleibt einem der Mund offen, wie sich die einstigen Möchtegern-Saubermänner von den Grünen in Wien bedienen, seit sie dort der SPÖ zur Mehrheit verhelfen dürfen.
Die grüne Gemeinderätin Sigrid Pilz übernimmt die Funktion eines Patientenanwalts. Was – vor allem den Patienten gegenüber – ungeheuerlich ist. Denn diese hatten bisher einen pensionierten Richter in jener Funktion vor sich. Zu einem solchen hat jeder in Not befindliche Menschen tausend Mal mehr Vertrauen als zu einer Politikerin. Noch dazu zu einer solchen, die direkt zur regierenden Rathausmehrheit gehört. Diese Politikerversorgung wird aber auch der Gemeindekasse indirekt einen großen Schaden zufügen: Denn die eigentliche Funktion des Patientenanwalts ist ja in Wahrheit, die schlecht behandelten Patienten vom Gang zum Gericht abzuhalten (der ihnen ja in aller Regel deutlich mehr Geld einbringen würde). Dieser Schmäh wird nun wohl kaum mehr funktionieren, wenn statt eines in Würde ergrauten Spitzenrichters eine grüne Politruk-Frau als Blitzableiter zu amtieren beginnt. Aber verstehen kann man die grüne Gier schon: Schließlich soll diese Position bisher mit 12.000 Euro bezahlt worden sein. Monatlich.
Rund um den Themenkreis Landesverteidigung, Wehrpflicht und Bundesheer ist ein seltsames Vakuum eingetreten. Dieses Vakuum steht ganz im Gegensatz zum starken Scheinwerferlicht der letzten beiden Jahre. Ausgelöst wurde damals die Debatte durch die plötzliche Abkehr der SPÖ vom Konzept der Wehrpflicht im Wiener Wahlkampf. Die Debatte drang aber über die Ebene von Wahltaktik und Intrigen nie zu den wirklich wichtigen Fragen vor. Dabei hat sich keine der Parteien verantwortungsbewusst verhalten. Dasselbe gilt für die Medien, welche hinter der Intrige vom Tag nie die wirklich entscheidenden Fragen gesehen haben. Was bedroht heute die Sicherheit Österreichs und seiner Menschen? Ignoriert wurden auch viele andere Fragen wie etwa: Wie soll das Verhältnis zwischen Beamten und Politik funktionieren?
(Eine grundsätzliche Analyse zur Landesverteidigung)
Eine umfassende Sicherheitsanalyse muss sich mit einer ganzen Fülle sehr konkreter Gefahren befassen, wobei die eines klassischen Krieges die kleinste geworden ist. Die wirklichen Herausforderungen reichen von der Drogenkriminalität bis zu einer weiteren Zunahme eines aggressiven Islamismus. Sie reichen von den Zerfallserscheinungen in der Europäischen Union bis zur Eskalation im Nahen Osten. Die allergrößte und zugleich wahrscheinlichste Sicherheitsgefahr für Österreich ist aber die einer Implosion der Staatsfinanzen als Folge des explodierenden Sozialsystems, vor allem der künftigen Pensionsverpflichtungen. Daraus drohen wieder Unruhen bis hin zu einem Bürgerkrieg zu entstehen. Gleichzeitig haben die Kosten dieses Systems die Budgetmittel für Investitionen und für polizeiliche sowie militärische Sicherheit drastisch dezimiert. Keines dieser Themen wird aber im politisch-medialen Dialog angesprochen, obwohl es dabei und nicht bei der Umverteilung um die obersten Zwecke der Existenz eines Staates geht.
Die mediale Kurz-Bilanz über den Zustand der österreichischen Sicherheitspolitik könnte man kaum besser ziehen, als es Wolfgang Sablatnig, einer der führenden Journalisten Österreichs, zum Nationalfeiertag 2011 getan hat: „Bundespräsident Heinz Fischer und Verteidigungsminister Norbert Darabos haben ihre gegensätzlichen Positionen gefestigt. Die Probleme des Heeres können sie damit nicht lösen. Was fehlt, ist vielmehr eine gesellschafts- und parteipolitische Übereinkunft, was das Militär können muss – und was es nicht mehr zu können braucht.“[1] Und er schließt nach kurzem Verweis auf einige dieser ungeklärten Grundsatzfragen der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit der Konklusion: „Ob das österreichische Militär nach Klärung all dieser Fragen aus Freiwilligen oder Zwangsrekrutierten besteht, ist zweitrangig.“
Damit kritisiert Sablatnig indirekt freilich auch die eigene Zunft. Denn nicht nur die Politik, sondern auch die Medien haben sich rund um die Sicherheitspolitik vor allem mit einem befasst: mit den personalisierbaren und parteipolitischen Konflikten rund um die Forderung nach einem Ende der Wehrpflicht.
Die SPÖ wechselte im Oktober 2010 über Nacht von einer axiomatischen Verteidigung der allgemeinen Wehrpflicht zu deren vehementer Ablehnung. Die frühere Pro-Wehrpflicht-Linie gründete vor allem auf dem SPÖ-Trauma der Zwischenkriegszeit, als ein Berufsheer an der Seite der Bundesregierung gegen den revoltierenden Republikanischen Schutzbund der Sozialdemokraten gekämpft hatte. Bis zum Oktober war daher für die SPÖ die Wehrpflicht Dogma, weil sich ein Wehrpflichtigen-Heer nicht so leicht wie eine Berufsarmee in einen Bürgerkrieg einmischen würde.
Die scharfe und völlig unerwartete Haltungsänderung hatte einen klaren Anlass: die Wiener Gemeinderatswahlen, also die Verteidigung des für die SPÖ weitaus wichtigsten Zentrums der Macht und Finanzierung zahlloser Organisationen. Umfragen vor der Wahl signalisierten den Verlust der absoluten Mehrheit. Daraufhin verkündete die Wiener SPÖ die plötzliche Abkehr von der Idee der Wehrpflicht. Dies sollte die Jungwähler wenigstens zum Teil zurückgewinnen (die sich vor allem wegen der Ausländerfrage in relativ hohem Ausmaß der FPÖ zugewandt haben) und in den letzten Wahlkampftagen vor allem eine stärkere Unterstützung der Kronenzeitung bringen.
Obwohl die Wahlen dennoch für die SPÖ wenig erfreulich ausgingen, behielt sie auch nachher ihren Kurswechsel bei.
Was bewegte dabei die einzelnen Akteure?
Die Kronenzeitung kämpft seit vielen Jahren gegen die Wehrpflicht. Hier sind drei Metamotive zu erkennen:
Die SPÖ übersah bei ihren parteitaktischen Überlegungen rund um die Kronenzeitung folgendes:
Die ÖVP wurde vom Wechsel der SPÖ völlig unvorbereitet getroffen.
Die FPÖ wiederum tat sich als Oppositionspartei am leichtesten, jeweils das abzulehnen, was der amtierende Minister will. Sie tat das ungeachtet der Tatsache, dass die FPÖ in schwarz-blauen Zeiten mit der ÖVP die Ablehnung von Neutralität und Wehrpflicht geteilt hat.
Fischer und Entacher: Die konsequenteste Linie fuhren zwei Sozialdemokraten, die sich gegen die eigene Partei stellten: Bundespräsident Heinz Fischer und der vom Verteidigungsminister abgesetzte Generalstabschef Edmund Entacher gaben zur allgemeinen Überraschung nach einem Leben der Anpassung an die Parteilinie nun ihrem Gewissen und der Verfassung Vorrang. Das hängt gewiss auch damit zusammen, dass beide den absoluten Gipfel ihrer Karriere schon erreicht hatten, dass Fischer sich auch keiner Wiederwahl mehr stellen kann, und dass die Weisungskette Kronenzeitung-Häupl-Faymann-Darabos die beiden Männer trotz ihrer wichtigen Funktionen total übergangen hat. Bei einer nachträglichen Zustimmung wären daher beide zur lächerlichen Figur worden.
Dennoch ist es für die Bürger und für die geistige Identität dieses Landes sehr wichtig, wenn es noch hie und da Funktionsträger gibt, die zumindest einmal im Leben eine wichtige Sache ohne Eigennutz über die Partei zu stellen wagen.
Das Verteidigungsministerium: Eine umso problematischere Entwicklung dieses Jahres war der Missbrauch von Beamten zur Erstellung sogenannter Gutachten, bei denen das Ergebnis schon vorgegeben war. Verschlimmert wurde dieses Vorgehen dadurch, dass die Berechnungen mehrfach geändert werden mussten, je nachdem, wie das Ergebnis aussehen sollte. Dabei ging es nie um das Funktionieren der Landesverteidigung, sondern immer nur um eines: Ein Berufsheer dürfe nicht mehr kosten, als die jeweilige Bundesbudgetplanung vorsah. Dementsprechend wurden die Geld-Entschädigungen für Heeres-Freiwillige ständig adaptiert, ohne dass es seriöse Untersuchungen gab, ob zu den jeweils geplanten Entschädigungen überhaupt noch genug Freiwillige zu finden sind. Geschweige denn eine Mannschaft, die nicht nur wie in anderen Ländern eine Ansammlung potenzieller Arbeitsloser ist.
Leider überhaupt nicht genutzt wurde die Darabos-Entacher-Krise zu einer grundsätzlichen Debatte über die Rolle von Spitzenbeamten. Dabei würden sich einige, auch durchaus widersprüchliche Fragen stellen, deren Bedeutung weit über das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport hinausreicht:
Wie weit ist es einerseits richtig, dass Beamte – insbesondere jene in exponierten Führungspositionen – ihren verfassungsrechtlichen Anspruch auf Meinungsfreiheit nutzen? Wie weit ist es glaubwürdig, wenn sich Minister auf Gutachten der eigenen Beamten berufen, solange sie deren Ergebnis vorgeben können? Was haben etwa auch Aussagen des Verfassungsdienstes noch für einen Wert, wenn dabei seit Jahren immer nur eine Bestätigung der Meinung des Bundeskanzlers herauskommt? Woher bekommt die oft schwer desorientierte Politik in einer schnelllebigen Zeit rasche faktenorientierte Orientierungshilfe? Was bedeutet es, wenn auch die Aussagen von Universitätsprofessoren in hohem Ausmaß von politischer Sympathie – oder Zahlungen eines Auftraggebers abhängig sind? Welcher Beamte ist mit seinen Aussagen noch als eigenständige Persönlichkeit ernstzunehmen, solange er damit rechnen muss, bei einer politisch „falschen“ Meinung am nächsten Morgen suspendiert zu werden, selbst wenn er noch so sehr im Recht sein sollte? Wird die gesamte Beamtenschaft nicht durch solche Vorgänge entweder zu lächerlichen Figuren degradiert oder in die innere Emigration samt passiver Resistenz getrieben? Wo aber bleibt umgekehrt der politische Spielraum eines Ministers, wenn mächtige Sektionschefs öffentlich signalisieren, dass sie die wahren Herren des Ressorts sind und dass sie schon viele Minister kommen und gehen gesehen hätten? Wie kann ein Minister eine Änderung der Gesetzeslage erreichen, wenn ihm seine Beamten Widerstand leisten? Wie geht die Republik künftig mit den abseits der Hierarchie und Verantwortung stehenden Ministersekretären um, die ohne jede verfassungsrechtliche Verantwortung sehr viel Macht haben, ohne die kein Minister überleben kann? Sind Kommissionen ein Ausweg, die sich aber oft als unfähig erwiesen haben, klare Entscheidungen zu treffen? War es wirklich ganz falsch, dass sich speziell in der schwarz-blauen Zeit manche Minister externe Berater und Rechtsanwälte geholt haben, weil sie mit ihren politischen Vorhaben oft auf eine Mauer entweder unfähiger oder anderen Ideologien anhängender Beamter gestoßen sind?
Bei diesen Fragen geht es um ganz wichtige Themen des Funktionierens der Republik , die weder durch ein Beamten- noch ein Politiker-Beschimpfen gelöst werden können, wie es bei den Medien sehr beliebt ist. Es ist für einen Staat vielmehr überlebenswichtig, ständig um ein besseres Funktionieren seines Räderwerks zu ringen. Zu einer ehrlichen Diskussion dieser Fragen ist aber in Österreich niemand bereit. Und den Medien sind sie zu langweilig.
Diese ergötzen sich zwar mit großer Freude an politischen Kämpfen, vor allem wenn sie sich personalisieren lassen. Und wenn sie sich über keinen Konflikt erregen können, geißeln sie den „Stillstand“. Sie bemühen sich aber nur selten um eine fundierte Analyse dessen, was eigentlich richtig wäre; oder wie das Mächtespiel Politik-Beamte künftig ausschauen soll; oder auf welche Bedrohungen sich Österreich besonders vorbereiten soll. Womit wir bei den nächsten Kapiteln sind.
Ein immer größerer Teil der staatlichen Ausgaben wird für zwei Bereiche aufgewendet: Sozialsystem und Schuldendienst. Der Schuldendienst (eigentlich nur: die ständige Umschuldung und Neuverschuldung) ist in Wahrheit primär eine Bezahlung des Konsums der Vergangenheit. Und das Sozialsystem finanziert den Konsum der Gegenwart.
Durch die sich als sozial tarnenden und ständig wachsenden Konsumausgaben wird der Spielraum für Zukunftsausgaben immer geringer, also für Investitionen und für direkte Sicherheitsausgaben. Alleine die Kosten des Pensionssystems zeigen eine so explosive Dynamik, dass das wahrscheinliche Ende dieses System heute als größte Sicherheitsbedrohung Österreichs bezeichnet werden muss. Angesichts dieser Gefahr treten in Wahrheit sämtliche andere Sicherheitsbedrohungen in den Hintergrund.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich[3] rechnet, dass Österreich im Jahr 2040 vor allem der Pensionsausgaben wegen eine Staatsschuld von rund 300 Prozent des BIP haben wird. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die EU-Kommission. Das heißt auch: Zu diesem gar nicht so fernen Zeitpunkt steht längst kein Euro mehr für Sicherheits- oder Investitionsausgaben zur Verfügung. Die meisten Ökonomen sind überzeugt, dass schon Staatsschulden über 100 Prozent einem Staat jeden Spielraum nehmen, dass solche Schuldenquoten nur noch durch einen Staatscrash, also die Einstellung der Zahlung von Beamtengehältern und Pensionen, oder eine Megainflation beseitigt werden können. Die Beispiele Griechenland und Italien sind ein Beweis für die Richtigkeit dieser Annahmen.
Bei Staatscrash wie Megainflation werden alle finanziellen Sicherheiten zerstört, auf denen die Bürger ihren Wohlstand und insbesondere ihre Vorsorge für Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit aufgebaut haben. Solche Situationen sind durchaus mit den ökonomischen – wenn auch nicht physischen – Folgen eines Krieges vergleichbar. Ganze Lebensläufe enden durch solche Zusammenbrüche in menschlichen Katastrophen.
Diese Perspektive ist aber auch in unmittelbarer Hinsicht sicherheitsrelevant, also auch dann, wenn man Sicherheit nicht auch ökonomisch und sozial, sondern nur in Hinblick auf militärische und polizeiliche Aufgaben versteht. Die Geschichtsbücher sind voller Beispiele, in denen aus ökonomischen Krisen Unruhen und Bürgerkriege entstanden sind[4].
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in solchen Episoden die Jagd auf vermeintliche Sündenböcke beginnt, zuerst medial und in der politischen Rhetorik, die dann jedoch auch sehr konkret werden kann. Eine ganze Reihe von Gruppen kommt als solche Jagdobjekte in Frage: Zuwanderer, Politiker, Beamte, Bankmitarbeiter, die „Reichen“ – also meist die bisherigen Leistungsträger – oder religiös identifizierte Gruppen. Denkbar ist es aber auch, dass sich die Aggression pauschal gegen die Babyboomer-Generation richtet, also gegen die in den 40er, 50er und 60er Jahren Geborenen.
Diese Generation hat in der Tat kollektiv einen sehr großen Schaden angerichtet (während sie selbst lieber kritisch auf die NS-Sünden der Väter verwiesen hat): Sie hat selbst die Kinderproduktion in hohem Ausmaß eingestellt; sie hat auch in Jahren des Wachstums die Staatsschulden ständig vergrößert (die offiziellen und noch mehr die inoffiziellen); sie hat vier Jahre später zu arbeiten begonnen als ihre Vorfahren; sie geht im Schnitt zwei Jahre früher in Pension, obwohl sie weitaus länger lebt; und sie hat im staatlichen Pensionssystems keinerlei Reserven angespart, sondern sich selber ständig wachsende Pensionsansprüche verschafft, ohne dass denen ausreichende Einzahlungen gegenübergestanden wären.
Dieses wahrscheinliche Platzen der Blase des Sozial- und Wohlfahrtsstaates fällt zeitlich zusammen mit einer Phase der wachsenden internationalen Destabilisierung des europäischen Raumes. So dramatisch die Entwicklungen des Irak- und Afghanistan-Krieges auch gewesen sind, für Europa sind andere Entwicklungen heute deutlich riskanter:
Neben all diesen Gefahren einer ökonomischen, sozialen und internationalen Destabilisierung erscheint die klassisch militärische Bedrohung Österreichs weiterhin recht gering. Seit Ende des Kalten Krieges sind Konflikte nur noch sehr schwer vorstellbar, die Österreichs Grenzen als solche in Frage stellen.
Es gibt aber eine Reihe globaler Entwicklungen, die Österreichs Sicherheit auch auf eigenem Boden direkt betreffen, ohne dass sie klassischen militärischen Bedrohungen gleichen. Jedes einzelne dieser Themen wäre eingehender Untersuchungen wert, mit welchen politischen und/oder juristischen Strategien, mit welchen polizeilichen und/oder militärischen Mitteln man eine Eskalation verhindern könnte.
Die Auflistung ist keineswegs umfassend:
Stichwort „Cyber war“: Fremde Geheimdienste und Armeen, aber auch durch politischen Radikalismus oder pure Abenteuerlust motivierte Jugendliche suchen zu Zehntausenden Programmierlücken, um für Wirtschaft, Sicherheitsbehörden und Staatsverwaltung lebenswichtige Computersysteme infiltrieren zu können. Dort, wo das gelingt, kann hemmungslos spioniert werden, dort können sensible Daten nach außen getragen werden, können ganze Industrieanlagen und Versorgungssysteme lahmgelegt werden, können selbst Staaten massivst manipuliert werden.
Stichwort Migrationsströme: Eine zu rasche und zu starke ethnische Verschiebung der Bevölkerungsstruktur führt nach allen historischen Erfahrungen sehr leicht zu inneren Turbulenzen. Eine auf sieben Milliarden gestiegene Weltbevölkerung umfasst auch eine wachsende Anzahl von Menschen, die ihr weiteres Leben in anderen Ländern verbringen wollen. Zwar zeigen alle seriösen Statistiken[6] einen relativen Rückgang von Armut und Hungerkatastrophen[7]. Jedoch hat gleichzeitig die Globalisierung den Migrationswillen stark erhöht. Während früher Milliarden Menschen trotz elender Lebensbedingungen nie ihr Dorf verlassen konnten, bekommen jetzt fast alle Drittwelt-Bewohner über Fernsehen und andere Medien ein Bild luxuriöser Lebensumstände in Europa und den USA ins Haus vermittelt. Und gleichzeitig bieten die modernen Verkehrsmittel Schlepperbanden viele Möglichkeiten, den Migrationswillen dieser Menschen zur Realität zu machen. Die extrem ausgebauten, wenn auch nur durch Schulden finanzierten Sozialstaaten in Europa sind Magneten für Schlepper wie Migranten.
Stichwort Drogenhandel: Das Beispiel Mexiko zeigt, wie sehr ein ganzer großer Staat durch die Drogenkriminalität destabilisiert, korrumpiert und in den Zustand totaler Anomie gestoßen werden kann. Längst ist der Kampf gegen die dortigen Banden nicht mehr bloß eine polizeiliche, sondern auch eine militärische Herausforderung.
Stichwort ABC-Gefahren: Es braucht keinen großen Krieg, sondern nur eine Handvoll aggressiver Wahnsinniger, die mit bakteriologischen, chemischen oder atomaren Waffen unermesslichen Schaden anrichten können.
Stichwort Islamismus: Im Islam gibt es starke Gruppen, die den gesamtheitlichen politisch-juristisch-gesellschaftlichen Anspruch der Religion auch totalitär umsetzen wollen. Große Teile der islamischen Theologie haben kein Konzept entwickelt, das die Trennung von Religion und Staat akzeptiert, wie das der Katholizismus und Protestantismus in der Aufklärung tun mussten[8]. Sie anerkennen wichtige Teile der in Europa geltenden Grundrechte nicht, weder die Meinungsfreiheit – siehe die erbitterte Verfolgung eines dänischen Karikaturisten – noch die Religionsfreiheit: Selbst als liberal geltende muslimische Exponenten sprechen einem Moslem nicht das Recht zu, die Religion zu wechseln. Ein solcher Wechsel wird in den meisten mehrheitlich islamischen Staaten von den Strafbehörden verfolgt. Dieser totalitäre islamistische Machtanspruch wird spätestens ab jenem Zeitpunkt zum Sicherheitsproblem, da Moslems regional oder gesamtstaatlich die Mehrheit bilden. Eine Hochrechnung der Trends der letzten Jahre lässt für Österreich noch in diesem Jahrhundert eine moslemische Mehrheit erwarten, für Wien sogar binnen weniger Jahrzehnte.
Zwar lässt die fast unvermeidliche wirtschaftliche Stagnation des nächsten Jahrzehnts ein massives Abflauen der Arbeitsmigration erwarten. Auf der anderen Seite wird Österreichs sozialstaatliche Attraktivität auch weiterhin für einen Zustrom von Nichtleistungsträgern sorgen.
Als Beweis seien Daten angeführt, die zeigen, in welch geringem Anteil die Zuwanderung aus dem wichtigsten Herkunftsland islamischer Zuwanderer, der Türkei, dem Arbeitsmarkt gegolten hat. Denn während von den 15- bis 64-jährigen Österreichern 75 Prozent erwerbstätig sind, sind es bei den Besitzern eines türkischen Passes in Österreich nur 62 Prozent[9]. Bei den Zuwanderern aus anderen europäischen Staaten ist die Erwerbsquote hingegen durchwegs viel höher – zum Teil sogar über jener der Österreicher. Das heißt, die Türken dürften sich zum Unterschied von anderen Migranten nicht durch eine wirtschaftliche Stagnation von der Migration abhalten lassen.
Eine verantwortungsbewusste Staatsführung müsste ebenso wie Medien, die sich ihrer Verantwortung als vierte Gewalt bewusst sind, ständig die hier skizzierten, aber sich in einem fortwährenden Fluss befindlichen Gefahren beobachten und analysieren. Davon ist aber weder bei Politik noch bei Medien etwas zu bemerken. Umso weniger findet dann der logische nächste Schritt statt: dass sich das Land möglichst effizient auf die möglichst frühzeitige Abwehr dieser Gefahren konzentriert. Dann aber erst wäre es überhaupt sinnvoll zu prüfen, ob eher eine Berufsarmee oder ein Bundesheer mit Wehrpflicht zur Gefahrenabwehr beitragen können. Dann wären auch viele andere Fragen zu prüfen, wie etwa jene nach einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Männer und Frauen.
Dieser Beitrag gleicht weitgehend einem Text für den Sammelband "Strategie und Sicherheit 2012 - Der Gestaltungsspielraum der österreichischen Sicherheitspolitik" (Böhlau-Verlag)
[1] „Tiroler Tageszeitung“, 27. Oktober 2011.
[2] Bei der Media-Analyse 2010/2011 hatte die einst über 44 Prozent der Österreicher erreichende Kronenzeitung eine Reichweite von 37,9 Prozent, das der Familie Dichand ebenfalls nahestehende Gratisblatt „Heute“ 22,3 Prozent, die Kleine Zeitung 11,3 und das Gratisblatt „Österreich“ 10,0.
[3] Die in Zürich sitzende BIZ kann als die Zentralbank aller Nationalbanken angesprochen werden.
[4] Von der Französischen Revolution bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten mit all ihren Folgen.
[5] Während von der iranischen Atomrüstung öffentlich sehr viel die Rede ist, wird die nukleare Aufrüstung der Türkei seltsamerweise nur von internationalen Nachrichtendiensten bestätigt.
[6] Siehe die Statistiken der UNDP.
[7] An der Verbreitung dieser Fakten haben freilich viele von Spendengeldern lebende Organisationen und die von negativen Nachrichten lebenden Medien kein Interesse.
[8] Die Orthodoxie hat das übrigens noch nicht wirklich akzeptiert.
[9] http://www.statistik.at/web_de/statistiken/arbeitsmarkt/erwerbsstatus/erwerbspersonen/index.html
Ein Sprichwort sagt: „Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen.“ Kürzlich war es beim Autor dieser Zeilen wieder einmal so weit. Also: Aufs Auto verzichtet und mit der Wiener U-Bahn gefahren (U6, abends). Schlagartig drang dabei sofort wieder ein höchst beunruhigender Gedanke ins Bewusstsein, der mir schon vor vielen Jahren – anlässlich des Besuchs einer Fußballveranstaltung – spontan durch den Kopf schoss: lauter Wahlberechtigte! Bereits damals wurde mir spontan klar, dass es sich beim allgemeinen, gleichen Wahlrecht um die Kopfgeburt eines Irrsinnigen handeln muss… !
Einer der vielen Beweise für die Fragwürdigkeit des dubiosen Charakters der modernen Massendemokratie ist folgendes Paradoxon: Kein Tag vergeht, an dem in Rundfunk und Printmedien nicht ausführlich über die zunehmende „Politikverdrossenheit“ lamentiert wird. Repräsentative Meinungsumfragen zeigen, dass die politische Klasse hinsichtlich ihrer Wertschätzung auf dem Niveau von Hutschenschleuderern, Hütchenspielern und Zuhältern rangiert. Selbst schlichtere Gemüter spüren, dass die „demokratisch legitimierte“ herrschende Elite sich aus einer konsequenten Negativauslese der Gesellschaft rekrutiert.
Rechtschaffenenen Menschen würde es nicht in den Sinn kommen, an die Politik auch nur anzustreifen: „Wer den Menschen nicht zu dienen in der Lage ist, will sie beherrschen“ (L. Mises, „Die Bürokratie“). Trotzdem erschallt, kaum dass ein Problem – gleich welcher Art und Größe – ins öffentliche Bewusstsein tritt, sofort der kollektive Ruf nach politischer Intervention. Mit der knappen Feststellung „Die Politik ist gefordert!“ erwarten Krethi und Plethi ausgerechnet von jener Personengruppe das Heil, der sie noch nicht einmal einen Gebrauchtwagen abkaufen würden. Ein unmissverständlicher Hinweis auf den Mangel an Urteilsfähigkeit der Wählermehrheit.
Bleiben wir bei populären Spruchweisheiten: „Wenn der Bettler aufs Ross kommt, so kann ihm kein Teufel mehr voreilen.“ Was ist zu erwarten, wenn man Menschen, die ihr eigenes Leben nicht zu meistern imstande sind, mittels eines Stimmzettels in die Lage versetzt, ins Leben anderer Menschen hineinzupfuschen? Der Stimmzettel bedeutet ja nicht etwa Selbstbestimmung! Er verheißt lediglich Mitbestimmung. Und die läuft faktisch auf eine Marginalisierung des einzelnen und die totale Politisierung und Verstaatlichung der Gesellschaft hinaus.
Die kritiklose Begeisterung aller Linken für die Demokratie ist verständlich: Der Stimmzettel bildet in der modernen Massendemokratie eine Legitimation für die Unterdrückung von Minderheiten und die (gewaltsame) Aneignung fremden Eigentums. Die auf diese Weise geschaffenen Anreize sind verheerend und müssen langfristig zur Selbstzerstörung der Gesellschaft führen.
Eine Gemeinschaft, in der sich jeder um sein eigenes Fortkommen bemüht, ist nachhaltig lebensfähig. Eine, in der jeder all sein Sinnen und Trachten auf die Erzielung von Vorteilen auf Kosten Dritter richtet, dagegen nicht. Je größer die politischen Entscheidungseinheiten und je zentralistischer deren Organisation, desto dramatischer die negativen Konsequenzen und desto rapider der Zerfallsprozess. Im Zuge der Verschuldungskrise der EU erleben wir soeben, welch zerstörerische Kraft der für den modernen Wohlfahrtsstaat typischen Entkoppelung von Recht und Verantwortung innewohnt.
Als Staat, so lesen wir im Internetlexikon „Wikipedia“, bezeichnet man im weitesten Sinne „…eine politische Ordnung, in der einer bestimmten Gruppe, Organisation oder Institution eine privilegierte Stellung (…) zukommt.“ Die „privilegierte Stellung“, so bleibt zu ergänzen, kommt jener – stetig wachsenden – Gruppe von Individuen zu, die dem Staat ihr Einkommen zu verdanken haben. Wenn also von einem fundamentalen Interessenskonflikt innerhalb einer Gesellschaft zu reden ist, dann ist es nicht der, von K. Marx & Genossen konstruierte, zwischen Kapital und Arbeit, sondern der zwischen denjenigen, die der Staat ausbeutet und denen, die von Staat leben (ein von Franz Oppenheimer in seinem 1914 erschienen Buch „Der Staat“ anschaulich dargestellter Sachverhalt).
Es liegt auf der Hand, dass die Systemprofiteure daran interessiert sind, die Staatsquote ständig auszuweiten. Anders als bei auf Märkten stattfindenden, freiwilligen Interaktionen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass alle Beteiligten davon profitieren, handelt es sich beim auf einseitigen, auf Gewalt und Zwang beruhenden Verhältnis von Staatsschergen zu Untertanen nämlich um ein Nullsummenspiel. Der Nutzen der ersteren ist der Schaden der letzteren. Dabei handelt es sich um eine Tatsache, die von staatsabhängigen Intellektuellen aus naheliegenden Gründen konsequent vernebelt und von der erschreckend staatsgläubigen Masse der Wahlberechtigten nicht erkannt wird. Selbstverständlich ist dieses Prinzip auch – sogar in verstärktem Maße – auf das in Brüssel beheimatete Politbüro anwendbar, von dem aus das europäische Imperium dirigiert wird.
Die politischen Eliten betreiben – eine bislang erfolgreiche – „Haltet den Dieb“- Kampagne. In der Wiener „Presse“ vom fünften Juni darf ein notorischer Herold des Staatsinterventionismus, der ultralinke Ökonom Stefan Schulmeister, von einer „Entmündigung der Politik zugunsten des Fetisch Markt“ phantasieren. Angesichts fortwährend wachsender Staatsquoten und beinahe zu Tode regulierter Unternehmen eine geradezu bizarre Diagnose. Allerdings bewegt sich der WIFO-„Experte“ damit auf sicherem Terrain: Eine überwältigende (Wähler-)Mehrheit ist – wie er – der Meinung, dass nicht etwa unfähige und korrupte Regierungen mit ihrer verantwortungslosen, kreditfinanzierten Bereitstellung von Brot und Spielen für die Plebs das herrschende Dilemma herbeigeführt haben, sondern vielmehr „unkontrollierte Märkte“ und gewissenlose „Spekulanten“.
Überlassen wir am Ende zur Bedeutung von Mehrheiten dem hellsichtigen Friedrich Schiller das Wort: „Die Mehrheit? Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn; Verstand ist stets bei Wen'gen nur gewesen. Bekümmert sich um's Ganze, wer nichts hat? Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl? Er muss dem Mächtigen, der ihn bezahlt, Um Brot und Stiefel seine Stimm' verkaufen. Man soll die Stimmen wägen, und nicht zählen; Der Staat muss untergehen, früh oder spät, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet."
Dem bleibt – 209 Jahre später – nichts hinzuzufügen!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Ginge es nicht um so Ernstes wie Krieg, dann wäre es fast amüsant: Es scheint so, dass in großen Länder Europas und Nordamerikas – beziehungsweise in jenen, die sich noch immer für groß und wichtig halten, – jeder neue Staatschefs darauf brennt, seinen eigenen Krieg zu beginnen. Vor einem weiteren Konflikt scheut aber dann interessanterweise jeder zurück.
In Amerika hat praktisch jeder Präsident in seiner Amtszeit eine kleinere oder größere Militärintervention zu verzeichnen. Ob der Schauplatz nun Korea, Vietnam, ein lateinamerikanisches Land, Somalia oder (zweimal) Irak gewesen ist. Barack Obama, der amtierende Staatschef, etwa hat den Irak-Krieg von George W. Bush heftig kritisiert; er hat dann aber in Afghanistan den Krieg hocheskaliert. Als es hingegen später in Libyen und Syrien heiß zu werden drohte, war der amtierende Präsident dann jedoch total desinteressiert.
Ähnlich die Briten: Tony Blair wurde für Irak heftig gescholten – David Cameron war hingegen ganz begeistert, als er in Libyen militärisch zuschlagen konnte. Ähnliche Begeisterung bei der Libyen-Intervention prägte Frankreichs Nicolas Sarkozy. Sein Nachfolger Francois Hollande hat Sarkozy wegen seiner Libyen-Politik attackiert, er ist aber nun plötzlich der erste, der in Syrien zuschlagen will.
Hängt dieses Verhaltensmuster vielleicht damit zusammen, dass es in Washington, London und Paris noch immer für ein imageförderliches Zeichen der Stärke gehalten wird, wenn der Staatschef zum Angriff bläst? Das wäre freilich in Wahrheit ein Zeichen ziemlich pubertärer Unreife.
Vor allem, weil sich regelmäßig und zwangsläufig herausstellt, dass Kriegführen ein ziemlich dreckiges Gewerbe ist; dass dazu immer viel mehr des nicht vorhandenen Geldes benötigt wird als ursprünglich geplant; und vor allem, dass auch nach einem Sieg die Dinge in dem Land oft keineswegs besser sind als vor der militärischen Intervention. Das lässt sich ja von Irak über Afghanistan bis Libyen schon deutlich beweisen, wo nachher das Chaos und die menschenrechtliche Situation nicht besser waren. Das dürfte auch der Grund sein, warum keiner der Mächtigen beim Ausbruch der nächsten Krise noch etwas von einer Intervention hören will. Sie sind immerhin lernfähig.
Das heißt noch keineswegs, dass automatisch jedes militärische Eingreifen in der historischen Perspektive sinnlos wird. Man denke nur an den blühenden Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland, der nach dem amerikanischen Eingreifen und der blutigen Bezwingung des Hitlerschen Verbrecherstaates entstanden ist. Ähnlich positiv ist Japans Entwicklung zu bilanzieren, das von einem kriegerischen Erobererstaat in einen friedlichen Wirtschaftswunderstaat verwandelt worden ist (und das heute mehr mit der eigenen Überalterung als mit fremden Heeren zu kämpfen hat). Man denke an Südkorea, dass nur dank der amerikanischen Hilfe seine Freiheit bewahrt hat.
Auch im ehemaligen Jugoslawien war das auswärtige Engagement gegen Milosevic, Mladic & Co sicher gerechtfertigt, auch aus dem Rückblick. Nur durch dieses Eingreifen konnte das hunderttausendfache Morden gestoppt und es den dortigen Völkern ermöglicht werden, sich in Freiheit zu entwickeln.
Freilich: In Bosnien hat man das nicht geschafft. Dort weiß man bis heute nicht, in welche Zukunft das de facto dreigeteilte Land gehen soll, das formal in eine Einheit gezwängt worden ist. Die Herrschaft eines orientierungslosen, aber mächtigen ausländischen EU-Kolonialherrn – derzeit übrigens der österreichische Diplomat Valentin Inzko – kann ja keine Dauerlösung sein.
Wann ist nun ein militärisches Eingreifen sinnvoll und gerechtfertigt und wann nicht? Was sollte vor einer Intervention überlegt werden? Welche Lehren kann man aus diesem Überblick ziehen? Zweifellos nicht nur jene, dass halt jedes Land und jede geschichtliche Situation anders sind. Und auch nicht, dass nur reine Selbstverteidigung legitim ist. Die zu prüfenden Voraussetzungen vor einer Intervention in einem anderen Land, in dem beispielsweise ein Bürgerkrieg tobt:
Nur ein Staatschef, der all diese Fragen klar beantworten kann, sollte an die Möglichkeit einer Intervention auch nur denken. Kann er das nicht, dann sollte er dem häufig aufflammenden medialen Druck widerstehen, die Rolle eines Weltpolizisten zu übernehmen. Auch wenn diese an sich eine durchaus ehrenhafte und von der Weltöffentlichkeit immer wieder heftig ersehnte ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Nach monatelangen Trotzgebärden hat die Unterrichtsministerin die Zentralmatura um ein Jahr verschoben. Die Motive sind klar.
Auch die SPÖ merkt: Die Wahlen rücken langsam näher. Die SPÖ begreift schockartig, dass sie bei AHS- und BHS-Schülern nur noch an vierter Stelle liegt. Und das nur, wenn man die Nichtwähler nicht als eigene Partei wertet. Dagegen hat auch kein Darabos-Häupl-Kronenzeitungs-Populismus geholfen, der die Wehrpflicht abzuschaffen verspricht. Den Megapfusch bei der Mathematik-Matura zu reparieren, wird der SPÖ bei dieser Gruppe aber auch nichts mehr helfen: Dort hat nämlich weder eine Gesamtschul-Partei eine nennenswerte Chance noch eine Partei, die als Beförderer der Zuwanderung gilt. Das müssen auch die Grünen seit einigen Jahren voll Staunen zur Kenntnis nehmen. Links ist bei den Jungen nicht mehr in, sondern vorgestrig. Das habe ich übrigens in letzter Zeit auch bei vielen meiner Vorträge gemerkt: Links klingende Sprüche kamen immer nur von den Älteren, während die Jüngeren schon deutlich klüger sind. Wann wird das endlich auch ein Printmedium mitkriegen?
Je weniger Geld Parteien auf legalem Weg bekommen, umso größer sind die Versuchung und der Druck, sich dieses auf illegalem Weg zu beschaffen. Dieser Satz ist schmerzhaft, aber wahr. Daher macht der billige Populismus mancher Medien wenig Sinn, die flächendeckend gegen die Parteienförderung losbombardieren.
Die Diskussion über dieses Thema ist zwar noch in vollem Fluss. In zwei Punkten gibt es rund um die Parteifinanzierung künftig jedenfalls eine Besserung – sofern nicht die gesamte Reform doch noch im Parteienhader und Medienpopulismus steckenbleibt: Erstens: Jede halbwegs relevante Spende an eine Partei muss offengelegt werden. Und zweitens wird es zu einer positiv einzuschätzenden Verschiebung des Geldflusses kommen: weniger für die Landesparteien und mehr für die Bundesparteien.
Das ist jedenfalls eine sehr sinnvolle Tendenz, die den meisten Österreichern noch gar nicht bewusst ist – auch wenn sie noch viel weiter gehen müsste. Denn eine der zentralen Krankheiten dieser Republik ist die Übermacht der Bundesländer. Diese führt zur Blockade vieler notwendiger Verwaltungsreformen. Die Landesparteien nehmen überdies auch ständig ihre Bundesparteien auf direktem Weg als Geisel.
In der SPÖ wird hinter vorgehaltener Hand offen zugegeben, dass die Kontrolle über das Wiener Rathaus und dessen Milliarden für die Partei und deren Vorfeld-Finanzierung wichtiger ist als die Kontrolle über das Bundeskanzleramt. Und in der ÖVP kommt es immer wieder vor, dass die Landesparteien die Bundespartei finanziell aushungern, wenn diese politisch nicht fügsam ist. So hat sogar Onkel Pröll seinem Neffen Pröll alle parteiinternen Überweisungen gestrichen, als dieser selbständig Politik zu machen versucht hat.
Daher ist jedenfalls jede noch so kleine Verschiebung der Geldflüsse weg von den Landes- und hin zu den Bundesparteien ein kleiner Beitrag zu einer etwas sinnvolleren Machtbalance in diesem Land. Natürlich müsste da noch viel mehr geschehen. Vor allem müssten die Bundesländer endlich selbst für die Bedeckung ihrer üppigen Ausgaben verantwortlich werden. Bisher haben sie ja mit spitzen Fingern die undankbare Aufgabe der Steuerfestsetzung und -eintreibung immer dem Bund überlassen.
Auch die erhöhte Transparenz bei jeder Parteispende wäre zweifellos ein demokratiepolitischer Fortschritt. Dieser sollte nicht daran scheitern, dass das Gesamtvolumen der Parteienförderung größer wird. Denn gleichzeitig verlieren die Parteien mit Sicherheit einige bisher geheime Finanzierungsquellen, insbesondere aus dem Bereich der Sozialpartner. Dort wird nämlich in Gesprächen schon offen angekündigt, dass auf Grund der geplanten Gesetzesreform bisherige Geldflüsse austrocknen werden.
Dazu kommt für die ÖVP ein zusätzliches Problem: Die Industriellenvereinigung, die bisher für sie und die zarten Ansätze einer liberalen Ordnungspolitik in diesem Land eine entscheidende Stütze war, ist auf Linkskurs gegangen. Das hat man schon bei der Unterstützung für das (bildungs-, eliten- und leistungsfeindliche) Androsch-Volksbegehren gesehen. Das setzte sich vor einigen Monaten fort in der Publikation eines Anti-Familienpakets. Und das erreicht nun in wenigen Tagen mit der Installation des Industriellen Kapsch als neuem Industriellen-Präsidenten einen Höhepunkt. Der Mann kommt – auch ideologisch – aus dem links von der SPÖ angesiedelten Heide-Schmidt-Forum. Und seine Firmen sind noch dazu in hohem Ausmaß von staatlichen Aufträgen abhängig.
Diese Scheidung zwischen ÖVP und Industrie wird zweifellos beiden Seiten schaden. Und gleichzeitig entsteht der ÖVP ein weiteres großes Problem dadurch, dass sie sich ihre Finanzierungsquelle aus Spenden der Wirtschaft abdrehen lässt, während die vor allem rote Inseratenkorruption aus Steuergeldern und die ideologische Milliarden-Verteilung durch das Wiener Rathaus fast ungehindert weitergehen können. Wo aber können ohne ÖVP Marktwirtschaft und Wertkonservativismus ihre Heimat finden?
Unabhängig von dieser Fundamentalkrise eines wichtigen Teils der heimatlos werdenden Wählerschaft sollten sich auch Andersdenkende zur Erkenntnis durchringen: Ohne saubere Finanzierung für Parteiarbeit kann keine Demokratie funktionieren. Daran ändert auch die (kleine) Hoffnung nichts, dass uns die Parteien demnächst mehr direkte Demokratie erlauben werden. Was ja gleichzeitig die Bedeutung der Parteien zurückschrauben würde. Aber ganz ohne diese kann es nicht gehen, auch wenn wir sie nicht mögen.
Praktisch alle Medien haben sich mit einer Bilanz des ersten Obmann-Jahres von Michael Spindelegger beschäftigt, so auch der „Standard“, der sich am 21. April 2012 besonders ausführlich mit dem Werdegang des Vizekanzlers auseinandersetzte:
„Nach der Matura schlug der Bürgermeistersohn Spindelegger eine Laufbahn ein wie unzählige Schwarze zuvor: Jusstudium, Landesdienst, Milizoffizierslaufbahn, Abstecher in die Privatwirtschaft (Alcatel, Siemens, Verbund), Beitritt zum konservativen Cartellverband (CV) – konkret zur Verbindung Norica, der auch sein großes Vorbild Alois Mock angehört. Als „Karriere mit Leere" beschrieb Profil einmal süffisant Spindeleggers unauffälligen Weg. Nach einer Lehrzeit im Kabinett des als erzkonservativen Hardliner verschrienen Verteidigungsminister (sic!) Robert Lichal saß er zwölf diskrete Jahre im Nationalrat ab, eines im Europaparlament und zwei weitere als zweiter Nationalratspräsident.“
Dieser Bericht ist ein Musterbeispiel für die Unprofessionalität, die das österreichische Medienwesen heute leider auszeichnet. Spöttisch wird Spindeleggers „fade“ Laufbahn skizziert, werden Wertungen vorgenommen, und schließlich auch noch der süffisante Befund von „profil“ übernommen, der dem ÖVP-Obmann eine „Karriere mit Leere“ bescheinigte.
Dass der Schwarze den Linken in „Standard“ und „profil“ nicht sympathisch ist, sollte nicht dazu führen, dass die in internationalen Qualitätszeitungen übliche strikte Trennung zwischen Bericht und Meinung/Kommentar kaum mehr stattfindet. Das ist kein Ruhmesblatt für unseren Journalismus. Und eine zweite Frage stellt sich an dieser Stelle: Michael Spindeleggers Lebenslauf ist möglicherweise fad, aber immerhin lückenlos dokumentiert.
Bei Werner Faymann – wir haben schon darüber berichtet – besteht tatsächlich eine Leere – und zwar von sieben Jahren! Herr Faymann gibt über seine „Ausbildung“(?) zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr keine Auskunft; diese dürfte im Wesentlichen bei der sozialistischen Jugend stattgefunden haben. Es ist erstaunlich, dass derartiges die investigativen Journalisten von „Standard“ und „profil“ bis heute nicht zu interessieren scheint.
Entlarvend war auch ein Beitrag, der Anfang April in den „Salzburger Nachrichten“ die Beziehungen des mittlerweile sattsam bekannten Lobbyisten Peter Hochegger zu seinem Freimaurer-Bruder Friedrich Rödler – damals Generalsekretär im Verkehrsministerium und zugleich Vorsitzender der Vergabekommission – im Zusammenhang mit einer öffentlichen Auftragsvergabe aufdeckte. Der Letztgenannte ist inzwischen zum Chef des Patentamtes avanciert, obwohl er kein SPÖ-Mann, sondern eher dem FPÖ-/BZÖ-Lager zuzurechnen ist – aber Freimaurerbeziehungen haben in der SPÖ bekanntlich noch nie geschadet. Dass andere Medien diese doch durchaus interessante Geschichte nicht aufgegriffen haben, zeigt, wie selektiv die Wahrnehmung der heimischen Journalisten bereits geworden ist.
Das gilt auch für die unausgewogene Berichterstattung über den Untersuchungsausschuss, wo sich etwa der solariumgebräunte BZÖ-Mann Stefan Petzner als zweiter Überaufdecker nach Peter Pilz geriert, so als ob es die blau-orangen Verdächtigen (von Gorbach über Rumpold, Meischberger bis zu Grasser) nie gegeben hätte. Selbst der Wiener Bürgermeister – alles andere als ein Freund der ÖVP – meinte dazu trocken: „Die Hauptdefraudanten waren die Freiheitlichen“. Dennoch wird von den Medien der Eindruck erweckt, es stehe hauptsächlich die ÖVP am Pranger.
Da passt es auch gut ins Bild, dass man sich Mitte Mai wieder einmal in das Thema „Karl Lueger“ verbeißen konnte, wobei in der Frage nach wie vor höchst unseriös und unhistorisch die Verbannung Luegers etwa damit begründet wird, dass Adolf Hitler den Wiener Bürgermeister als großes Vorbild bezeichnet hatte. Damit wird Lueger von vielen Journalisten taxfrei zum Urheber der KZs, ja des Holocausts hochstilisiert.
Das ist natürlich Unsinn und auch wissenschaftlich unseriös, denn Lueger ist – genauso wie andere historische Personen – aus seiner Zeit, aus seinem historischen Umfeld heraus zu beurteilen. Dieselben Pseudo-Historiker und Journalisten, die bei Karl Lueger allerstrengste Maßstäbe der Nachgeborenen anlegen, sind bei Ikonen der linken Bewegung viel rücksichtsvoller und vergesslicher, was insbesondere für Karl Renner und Julius Tandler gilt. Es müsste auch seriösen Historikern bekannt sein, dass Karl Renner den Weg Österreichs als „20jährigen Irrweg“ bezeichnet hatte und 1938 freudig mit „Ja“ zum Anschluss an Hitler-Deutschland stimmte.
Tandler hatte sich schon 1916 in einem Vortrag für die „Reinzucht auch beim Menschen“ und gegen die „Rassenmischung“ ausgesprochen und wurde dann 1924 noch deutlicher: „Welchen Aufwand übrigens die Staaten für vollkommen lebensunwertes Leben leisten müssen, ist zum Beispiel daraus zu ersehen, dass 30.000 Vollidioten Deutschlands diesen Staat zwei Millionen Friedensmark kosten. Bei der Kenntnis solcher Zahlen gewinnt das Problem der Vernichtung lebensunwerten Lebens im Interesse der Erhaltung lebenswerten Lebens an Aktualität und Bedeutung.“ Tandler hoffte, dass „die Idee, dass man lebensunwertes Leben opfern müsse, um lebenswertes zu erhalten, immer mehr ins Volksbewusstsein dringen wird“. Tandler sollte recht behalten: Die Ideen sind ins Volksbewusstsein eingedrungen, mit schrecklichen Konsequenzen im Dritten Reich.
Karl Lueger und Julius Tandler haben – trotz ihrer zeitgeistigen Verirrungen – beide großartiges für Wien geleistet. In diesem Sinne sollte man ihnen auch ihre Straßen und Plätze lassen, möglicherweise versehen mit Tafeln, die die historischen Hintergründe erklären.
Derartige objektive Betrachtungen dieser Frage wird man in den heimischen Medien vergeblich suchen. Karl Lueger historische Gerechtigkeit widerfahren zu lassen ist kein „cooles“ Thema für einen Journalisten, der in seiner Redaktion weiterkommen möchte. Allzu starke Objektivität könnte die Karriere gefährden, also duckt man sich brav unter die Denk- und Schreibverbote einer immer stärker um sich greifenden „political correctness“.
Oder erinnern wir uns an die Missbrauchsdiskussion. Genüsslich und breitflächig wurde über Missbrauchsfälle im Rahmen der katholischen Kirche berichtet, gezielt wurde das Thema am Kochen gehalten und immer wieder neu aufgewärmt. Damit kein Missverständnis entsteht: Diese Dinge sind unentschuldbar und gehören auch entsprechend an den Pranger gestellt, keineswegs soll hier dem Vertuschen das Wort geredet werden! Aber es ist doch auffallend, wie mit wie viel weniger Nachdruck Missbrauchsfälle außerhalb der katholischen Kirche behandelt werden.
Und da wurde noch gar nicht die Qualität und Intensität der Missbrauchshandlungen releviert. Dass etwa im Bereich der Gemeinde Wien über Jahre hindurch in einem Kinderheim ein Zwangsbordell unterhalten wurde, dessen Umtriebe schon einmal untersucht, aber von eben derselben Gemeinde Wien rasch in einer Schublade entsorgt wurden, war unseren Medien nur eine wesentlich weniger umfangreiche Berichterstattung wert.
Generell sind für die unausgewogene Berichterstattung zwei Gründe denkbar: einerseits die Sympathien eines interessensgeleiteten Journalisten-Mainstreams für links-grüne Themen, oder die Befürchtung, durch eine „unfreundliche Berichterstattung“ vielleicht weniger Inseratenaufträge aus dem reichhaltigen Fundus roter Funktionäre zu erhalten. Für beide Motive gibt es solide Indizien. Unabhängiger Journalismus sieht anders aus.
Dr. Herbert Kaspar ist Herausgeber der ACADEMIA, deren aktueller Mai-Ausgabe dieser Kommentar entnommen ist.
Vielen erscheinen die Feiern und Berichte zum Thronjubiläum der britischen Königin als zu exzessiv. Dennoch ist klar: Das Institut der Monarchie erlebt eine erstaunliche Renaissance.
Das englische Königshaus war rund um die Scheidung und den Tod von Lady Di ziemlich durchgebeutelt. Damals hätte niemand mehr damit gerechnet, dass sich Königin Elizabeth und die ganze von ihr verkörperte Institution ein paar Jahre später wieder so großer Popularität erfreuen werden. Die Gründe sind klar: Die Menschen wollten damals bloß in einem familiären Konflikt in „ihrer“ Königsfamilie einer Seite ihre Sympathien ausdrücken. Heute aber gilt: Je stürmischer die Zeiten werden, umso mehr wollen die Menschen etwas haben, an dem sie sich voll Vertrauen festhalten können. Und dazu ist ein Monarch trotz aller Machtlosigkeit besser imstande als ein gewählter Präsident. Man schaue sich nur die Turbulenzen rund um die letzten deutschen und österreichischen Bundespräsidenten an, die stellen alle Di-Kontroversen weit in den Schatten. Dazu kommt das auch touristisch einträgliche Gepränge einer alten Monarchie für Auge und Herz. Dagegen können Heinz Fischers altersbuschige Augenbrauen bei seinen regelmäßigen Auftritten als SPÖ-Pressesprecher nicht mithalten. Selbst wenn er sich einmal – bei der Abschaffung der Wehrpflicht – den Luxus einer eigenen Meinung erlaubt hat.
PS.: Die Einstellung aller Straferhebungen gegen den zurückgetretenen deutschen Bundespräsidenten Wulff macht diesen bei all seinen – rechtlich irrelevanten – Fehlern im Rückblick nun ganz zum Opfer einer üblen Medienhatz. Die englische Königin hat einst eine solche Hatz überlebt, Wulff hat entnervt aufgegeben.
Der Partei, die unter den Oberbegriffen „christlich“ und „demokratisch“ angetreten ist, geht es nicht sehr gut; Analysen und Artikel sonder Zahl lassen weitere Kommentare als redundant erscheinen. Nur eines sei angemerkt: Wird das Demokratische als Meinungsvielfalt gesehen, ist ein Aszendent auszunehmen; steht das Christliche im Logo für Werte und Tugenden, ist eine Tendenz eher in die andere Richtung erkennbar.
Dr. Michael Spindelegger wurde vor etwa einem Jahr Obmann und Vizekanzler. Rückmeldungen ergeben folgende Einschätzung: Vor allem wird er als integer angesehen, seine innerparteiliche Durchsetzungskraft jedoch oft angezweifelt und eine Landeshauptmann-Abhängigkeit angenommen.
Am 15. Mai hielt er eine beachtenswerte Österreichrede; werteorientiert, mit Ausblick, sympathisch, locker, mit einem Anflug von Humor und auf Neuausrichtung ausgelegt. Welcher der österreichischen Spitzenpolitiker kommt da an ihn heran? Eine Begriffserläuterung sei hier erlaubt: Unter Spitzenpolitiker werden hier Personen an der Spitze der Exekutive und Legislative des Bundes verstanden. War es eine Sternschnuppe oder ist es mehr? Ist nach knapp 800 Jahren wieder einmal versehentlich ein Rudolf Habsburg-Effekt eingetreten?
Die öffentlich vernehmbaren Reaktionen waren, auch bei anderer weltanschaulicher Ausrichtung, anerkennend und positiv. Damit war das Thema aber abgehakt; sich darüber zu wundern, wäre naiv.
Bei den „Eigenen“ war hingegen ein Aufatmen hörbar; etwas wie eine Aufbruchsstimmung zeichnete sich ab, eine Papierwand war durchschritten worden. Danach zufrieden zur Tagesordnung überzugehen wäre wohl der größte Fehler, der begangen werden könnte – eine Sünde wider den Geist.
Wenn Generalsekretär, Obmann und andere beginnen eine vergleichbare Sprache zu sprechen und das in Informationen übersichtlich aufbereitet seinen Niederschlag findet, dürfte das der richtige Weg sein; besonders, wenn es in Zusammenhang mit einem Wertekanon zu bringen ist.
Und hier könnte vom weltanschaulichen Gegenüber gelernt werden. Die Kampagne vor der 2008er Wahl war geradezu ein Lehrbeispiel mit ihrer Konzentration auf wenige Punkte wie soziale Kälte, Zweiklassengesellschaft, keine Studiengebühren; die Holzhammermethode hatte Erfolg.
Wie wäre es, aus der Vielzahl der genannten Werte diejenigen herauszufiltern, auf die es ankommt und die heute besonders unter die Haut gehen? Mehr als ein halbes Dutzend sollten es nicht sein; Anstand und Leistung sollten dazu zählen. Die Methode wäre zwar mit der des Kontrahenten vergleichbar, die Inhalte hätten jedoch eine positive und nicht eine negative Ausrichtung.
Nach Erledigung der Vorarbeit sind diese herausgefilterten Werte auf allen Ebenen durch alle Politiker von der Gemeinde aufwärts und über alle Medien intensiv und wiederholt herauszustellen. Ein Ethikkatalog ist bestimmt ein richtiger Schritt, seine konkrete Anwendung eine zwingende Konsequenz. Vorbildhaft strikt sollte bei den Eigenen gehandelt werden.
Die weitere Vorgangsweise sollte also durch Konsistenz, Nachhaltigkeit und von einer Multiplikatorenwirkung geprägt sein.
Dem Obmann und Vizekanzler obliegt in der gegebenen Situation die Führungsrolle in überdurchschnittlichem Ausmaß. Es wird daher darauf ankommen, seine unbestrittene Integrität unüberhörbar zu unterstreichen. Dann kommt aber schon die Entscheidungskraft. So sind auch die Souveränität gegenüber den Landeshauptleuten und die Unabhängigkeit von ihnen deutlich erkennbar unter Beweis zu stellen.
So könnte aus der Sternschnuppe ein nachhaltiger Aufbruch werden; bei Rudolf Habsburg war der Wirkungsraum größer und die Mittel oft andere; ausschlaggebend für die Wahl des gewagten Vergleiches war jedoch die Notwendigkeit von Willensstärke und Konsequenz als Voraussetzung für den Erfolg.
Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.
In dieser Republik passiert ununterbrochen Skandalöses. Aber niemand regt sich darüber auf. Doch wer sollte auch? Die Bürger erfahren von den meisten Sauereien nicht einmal irgendetwas. Vor allem dann nicht, wenn sie sich wie der Großteil der mir in den letzten Tagen untergekommenen Skandale im SPÖ-Dunstkreis abspielen. Der ORF als wichtigstes Medium ist überhaupt zu einer reinen SPÖ-Sektion geworden, in der höchstens ein paar extreme Altlinke noch Pseudo-Opposition spielen dürfen; die Boulevard-Medien sind gekauft und bestochen; und etliche der sogenannten Qualitätsmedien haben in ihrer innenpolitischen Berichterstattung anscheinend eine freiwillige Linkswende gemacht. Umso mehr hat dann das Tagebuch immer wieder an Ärgernissen abzuarbeiten, so wie heute. Das sich über diese Exklusivität eigentlich gar nicht freut.
Die jüngsten SPÖ-Sauereien im Detail:
Die wohl übelste Entwicklung in der Sozialdemokratie hat Hannes Swoboda zu verantworten: Der Österreicher (und Fraktionschef der EU-Sozialdemokraten) hat in Athen der linksradikalen Syriza-Partei knapp vor den zweiten Parlamentswahlen Wahlhilfe zuteil werden lassen! Einer Partei, die so radikal ist, dass sie vom neuen französischen Präsidenten Hollande nicht einmal empfangen wird; die für die Nichteinhaltung aller griechischen Verpflichtungen gegenüber der EU eintritt; die die Mehrwertsteuer senken und Betriebe verstaatlichen will; die das Mindesteinkommen um 50 Prozent erhöhen will.
Swoboda hat verlangt, dass diese - jede Chance auf eine Erholung Griechenlands und eine Rettung des Euro vernichtende Partei - unbedingt der nächsten griechischen Regierung angehören soll. Und er hat der Partei überdies öffentlich die Unterstützung der europäischen Sozialdemokraten zugesagt. Daran hat ihn auch die Tatsache nicht gehindert, dass die Syriza-Extremisten der eigentlichen sozialdemokratischen Partei Griechenlands (Pasok) noch mehr Stimmen abzujagen drohen.
Was tut da der ORF? Er verheimlicht den Österreichern einfach den hierzulande wohl nicht so gut ankommenden Ausritt Swobodas (und startet dafür eine neue Hetzkampagne gegen Wolfgang Schüssel, weil dieser die im Vergleich zu Syriza ungefähr zweitausendmal seriösere und europäischere ungarische Regierung unterstützt.)
Ein weiterer SPÖ-Skandal ist zwar von einigen Medien einen Tag lang sogar berichtet, dann aber sofort wieder schubladisiert worden: Im skandalgeschüttelten AKH hat sich eine Mitarbeiterin fast vier Jahre lang im Krankenstand befunden, aber daneben gleich zwei psychotherapeutische Praxen betrieben. Ohne dass das im Rathaus oder beim zuständigen Krankenanstaltenverbund irgendwen gestört hätte. Als einen Tag lang darüber berichtet wurde, wurde die Dame halt kommentarlos ohne Bezüge beurlaubt.
Aber es gibt keine Strafanzeige, keine Rückforderung des betrügerisch erlangten Lohns. Nichts. Was selbst schon wieder ein neues Delikt ist, nämlich ein eklatanter Amtsmissbrauch. Damit signalisiert man solchen Menschen: Sie können vier Jahre lang die Steuerkassen schädigen, und wenn sie dann nach vier Jahren doch einmal öffentlich aufgeblattelt werden, hören sie halt auf damit.
Ein besonders pikanter Hintergrund der Affäre ist überhaupt noch nirgendwo berichtet worden: Die Dame ist SPÖ-Funktionärin im Milieu der Schwulen und Transvestiten. In diesem Eck ist man offenbar doppelt vor jeder Strafverfolgung geschützt.
Einer der besonders miesen Schmähs der Claudia Schmied ist die Begründung, warum sie bei allen Tests von Pisa bis zu den Bildungsstandards die wichtigsten Daten geheimhält (insbesondere die Ergebnisse der Gesamtschulen): Angeblich würde der Datenschutz eine solche Veröffentlichung verhindern. Der Datenschutz wird von den Genossen aber sofort vergessen, wenn es ihnen besser passt. Bei den Wiener Lesetests (die regelmäßig zeigen, dass fast ein Viertel der Wiener Kinder nicht sinnerfassend lesen können) gibt es nämlich interessanterweise keinen Datenschutz.
Die verantwortliche Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl kann vielmehr ungeniert sagen: „Der Vorteil der Lesetests ist die völlige Personalisierung.“ Die besteht darin, dass die nicht lesen Könnenden Schüler einem Sondertraining unterzogen werden. Was ja durchaus gut ist – zumindest wenn es zu einem Ergebnis führt. Aber soche Personalisierung samt Extra-Training wäre eben nicht nur beim Lesetest gut, sondern auch bei den Versagern bei den ohnedies „urleichten“ Bildungsstandard-Tests.
In einer anderen Hinsicht ist aber peinlicherweise auch Genossin Bransteidl geheimnistuerisch: Auch sie veröffentlicht keine getrennten Ergebnisse ihrer Lesetests für AHS, Hauptschulen und Gesamtschulen. Womit sie ebenso verlogen agiert wie ihre Parteifreundin im Unterrichtsministerium: Denn Datenschutz ist nur in Hinblick auf die Privatsphäre von Einzelpersonen relevant (wenn überhaupt); es gibt aber keinerlei rechtlichen Grund, die Daten von ganzen Schultypen oder Schulen oder Bundesländern geheimzuhalten.
Die endgültige Bankrott-Erklärung für Schmieds Zentralmatura-Pläne hat nun der mit der Mathematik-Matura beauftragte „Didaktiker“ Werner Peschek abgegeben: Er empfiehlt, dass in Klassen mit besonders vielen „Nicht genügend“ der Beurteilungsmaßstab einfach so weit abgesenkt wird, dass maximal 30 Prozent negativ abschneiden. Der Vorschlag bringt eigentlich sämtliche linken Bildungs-Vorschläge auf den Punkt: Herunter mit dem Niveau, damit möglichst viele ein Zeugnis bekommen. Von der Volksschule über die Matura bis zum akademischen Abschluss. Und in ihrer Blödheit glauben zumindest die weniger zynischen Linken sogar noch, dass sie den Schülern damit etwas Gutes täten.Die Zyniker hingegen wollen das Schulsystem endgültig ruinieren.
Unglaublich frech waren Aussagen des roten Klubobmanns Josef Cap in einem „Presse“-Interview vor einigen Tagen. Aber auch die blieben sowohl in dieser wie auch in anderen Zeitungen völlig unkommentiert. Auf die Frage nach der geplanten deutlichen Erhöhung der Parteiförderungen hatte Cap ungeniert geantwortet: „Ich finde es immer sehr interessant, wenn sich Printmedien kritisch dazu äußern. Gerade sie profitieren mit Einschaltungen von der politischen Informationsarbeit.“
Mit anderen Worten: Haltet den Mund, wir bestechen euch ja eh mehr als genug. Deutlicher geht’s wohl nimmer.
Die Wiener SPÖ wünscht, dass der ORF in ihr neues Medienzentrum St. Marx übersiedelt. Das hat sie nämlich schon im Wahlkampf angekündigt. Und daher rechnen die gehorsamen Genossen des Staatsfunks dieses teure Prestigeprojekt so lange schön, vergleichen immer mehr schrumpelige Äpfel mit immer weniger süßen Birnen, bis die gewünschte Variante endlich die billigste wird (da vergisst man halt etwa auf eigene Fernsehstudios für größere Veranstaltungen . . .). Womit sich wieder einmal die SPÖ durchsetzt und am Schluss der Steuerzahler wieder den Staatssender herauspauken muss (obwohl der ohnedies auch noch die Gebühren kassiert).
Eigentlich wäre es da absolut zwingend und logisch, dass Parteisoldat Wrabetz auch mit all seinem Privatvermögen die Haftung für seine seltsamen Rechenkünste übernehmen müsste. Wenn er es nun endgültig schafft, St. Marx durchzusetzen.
Fast keine Woche vergeht, ohne dass sich die Genossen neue Lasten für Österreichs Unternehmer ausdenken: SPÖ-Sozialminister Hundstorfer will nun allen Firmen die Verpflichtung zu einer „systematischen Erfassung von Stressoren und psychischen Belastungen in der Arbeit“ auferlegen. Das bedeutet jede Menge Aufträge für die (von den Unis in sinnloser Überzahl produzierten) Psychologen. Und für die Unternehmen bedeutet das jede Menge neue Auslagen.
Dahinter steht natürlich die Ideologie vom immer total furchtbaren Arbeitsleid, das eine kapitalistische Ausbeuterklasse den armen Werktätigen aufzwingt. Die Sozialisten genieren sich auch nicht, solche Schikanen gleichzeitig mit der lautstarken Forderung nach mehr Wachstum vorzuschlagen. Obwohl es der beste Beitrag zu mehr Wachstum wäre, wenn die Wirtschaft ein paar Jahre nicht durch solche neuen Ideologielasten beschwert würde.
Das letzte Exempel in dieser heutigen Skandalreihe ist im Vergleich zu den bisher aufgeführten wohl nur eine Kleinigkeit. Es zeigt aber paradigmatisch, wie ungeniert Sozialdemokraten beziehungsweise rote Gewerkschafter überall mit den rein formalen Spielregeln der Macht umgehen, wenn es ihnen nutzt. Es geht um die Wahl einer „Behindertenvertrauensperson“ in der Bank Austria. Auch wenn ich bisher gar nicht gewusst habe, dass es diesen Job gibt, so erscheint die Vorgangsweise als milieutypisch grauslich.
Für diese vor wenigen Tagen durchgeführte Wahl gab’s nur eine einzige Liste, geführt von einer Silvia Pribek. Was ja durchaus vorkommen kann. Was aber keineswegs vorkommen dürfte: Auch die Briefe des Wahlvorstandes erfolgen „z.H. Frau Pribek Silvia“. Und genau an diese Dame hat man auch seine Wahlkarten zuzustellen.
Noch provokanter ist, dass dieser von Frau Pribek vertretene Wahlvorstand als einziger über die Liste der Wahlberechtigten verfügt, die man aber gebraucht hätte, wenn man eine zweite Liste aufstellen will. Und überdies lagen zwischen der ersten Kundmachung dieser Wahl auf einer von den Mitarbeitern selten besuchten Homepage und der Möglichkeit, andere Wahlvorschläge einzubringen oder Wahlkarten zu beantragen, nur ganz wenige Stunden.
Irgendwie nähert sich der real existierende österreichische Sozialdemokratismus rasch dem einstigen real existierenden Sozialismus Osteuropas an. Wo man zwar „Wahlen“, aber keinerlei Chance auf eine Auswahl oder gar geheime Wahlen hatte.
Warum gibt es eigentlich in diesem Land zwar eine Diskussion, ob man mit Blau oder Grün überhaupt eine Koalition auch nur versuchen könne, während die Koalitionsfähigkeit dieser verkommenen Sozialdemokratie nirgendwo diskutiert wird? Wobei zu den hier aufgezählten weitgehend unbekannten Schweinereien ja noch die öffentlich bekannten kommen, wie beispielsweise:
Cap dürfte einfach recht haben: Die Medien sind ausreichend bestochen worden, sodass kaum noch eines das wahre Bild der SPÖ zeichnet.
PS.: Eine weitere miese Affäre, auf die ich in den letzten Tagen gestoßen bin, kann man nicht direkt der SPÖ in die Schuhe schieben, sondern nur vorerst nicht näher definierten Feinden der Rechtsparteien. Diese im Dunklen arbeitenden Scherzbolde haben unter dem Namen von schwarzen und blauen Politikern, aber ohne deren Zustimmung oder Wissen Facebook-Konten angelegt. Das Absurde des Systems Facebook: Die Betroffenen können sich dagegen gar nicht wehren – oder höchstens mit aufwendigen Klagen, die über Irland oder Amerika gehen müssten. Diese Manipulationsmöglichkeiten sind jedenfalls ein weiterer Grund, um der Facebook-Aktie alles Schlechte zu wünschen.
Was hat uns eigentlich der parlamentarische Untersuchungsausschuss bisher gebracht? Den Medien Stoff für viele Berichte, der Öffentlichkeit neue Aversion gegen die Politik, der Wahrheits- und Rechtsfindung aber erstaunlich wenig. Das gaben dieser Tage sowohl die grüne Ausschuss-Vorsitzende Moser wie auch der zuständige Justiz-Sektionschef mit fast identischen Formulierungen zu.
Im wesentlichen wurden etlichen Verdächtigen Inhalte aus schon längst vorliegenden Akten der Strafverfolgungsbehörden vorgehalten. Die Verdächtigen aber haben vom Recht zu schweigen Gebrauch gemacht oder sich erstaunlich gut gerechtfertigt. Was kein Wunder ist: Denn selbst einer der vielen schwachen Staatsanwälte dieser Republik ist noch besser imstande, eine Anklage glaubwürdig über die Bühne zu bringen als die Herrn Pilz oder Petzner. Geifer ist nämlich nie überzeugend. Gerade bei den beiden steht ja erkennbar und ganz im Stil der Schauprozesse der Französischen Revolution oder der totalitären Justiz des 20. Jahrhunderts die Schuld immer schon von vornherein fest.
Noch erstaunlicher war, was Straf-Sektionschef Pilnacek da in einem ORF-Interview gesagt hat (ohne dass das freilich vom ORF oder einem der Print-Medien aufgegriffen worden wäre): Der U-Ausschuss habe die „entlastenden Aussagen“ aus den Materialien der Staatsanwaltschaft nicht aufgegriffen.
Seltsam, seltsam. Aber eben wie bei den erwähnten historischen Vorbildern.
Noch seltsamer war der Telekom-Abschnitt, der den Ausschuss am Beginn wochenlang beschäftigt hat: Denn dabei wurden Hinz und Kunz befragt, nicht jedoch der Haupttäter. Denn der ist „Kronzeuge“ (also einer, der seine Mittäter beschuldigt, um sich freizukaufen). Er durfte daher auf Wunsch der Staatsanwälte nicht befragt werden. Obwohl gerade er kein Recht gehabt hätte, sich der Aussage zu entschlagen!
Absurd? Ja. Aber genau deswegen hätte man mit dem Ausschuss warten müssen, bis die Staatsanwälte fertig sind. Dann aber hätte man auch sehr kritisch dieses Verhalten der Strafverfolger in Sachen „Haupttäter geht als Kronzeuge straflos davon“ hinterfragen müssen. Und auch dessen pikanten juristischen Netzwerke.
Angesichts dieser Absurditäten ist es fast zwingend gewesen, dass die grüne Ausschussvorsitzende Moser vor Fernsehkameras auf die Frage nach den Erkenntnissen des ganzen teuren Ausschusses nur herumstottert: Es sei im Ausschuss ja gar nicht um strafrechtliche Schuld gegangen, sondern nur um „politische Verantwortung“. Was aber, bitte, bedeutet diese Phrase außer nichts? Laut Verfassung kann es dabei nur darum gehen, ob ein Minister wegen politischer Fehler zurücktreten beziehungsweise abberufen wird. Nun: Beides ist bei fast allen Verdächtigen gar nicht mehr möglich. Sie hatten nie ein Amt oder dieses lange verloren.
Lediglich bei den Herrn Ostermayer und Faymann wäre ein Amtsverlust denkbar. Nur werden ausgerechnet deren Taten, also die Bestechung freundlich schreibender Zeitungen mit Steuermillionen, erst zu Sankt Nimmerlein abgehandelt. Beide SPÖ-Politiker dürften sogar davon profitieren, dass ihre Causa erst dann an die Reihe kommen würde, wenn der Ausschuss wegen herannahender Wahlen aufgelöst werden muss.
Heißt das, dass ich alle anderen vor dem Ausschuss schon Aufgetretenen für unschuldig halte? Keineswegs. Trotz aller Langsamkeit der Staatsanwälte kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die Herrn Hochegger, Plech und Meischberger am Ende einer strafgerichtlichen Verurteilung entgehen können.
Diese Herrn haben aber Rot-Grün in Wahrheit überhaupt nicht interessiert. Sie hatten es nur auf den populärsten Politiker des letzten Jahrzehnts, also Karl-Heinz-Grasser abgesehen. Sie wollen damit primär die Diskreditierung jeder neuen Rechtskoalition erreichen.
Nach meinem derzeitigen Eindruck dürfte es für Grasser aber nur in Sachen von eventuellen Steuervergehen brenzlich werden. Diese aber sind erst nach seiner politischen Tätigkeit begangen worden, haben daher nicht viel politische Aussagekraft. Explosiv wäre es nur, wenn über irgendwelche Konten doch noch ein Geldfluss von Provisionsgeldern zu Grasser nachvollzogen werden könnte. Freilich wäre das dann ein Erfolg der Staatsanwälte und wieder nicht des Ausschusses.
Grasser ist aber in etlichen jetzt untersuchten Provisions-Fällen aber gar nicht der zuständige Entscheidungsträger gewesen, wie etwa bei der mehr als anrüchigen Gerichts-Übersiedlung. Aber auch dort war Meischberger genauso aktiv. Daher scheint zunehmend eine andere Erklärung für seine provisionistische Rolle logisch: Er war von Jörg Haider beauftragt worden, für die FPÖ Gelder einzusammeln. Und Porr und Co haben brav bezahlt.
Bei der in Grassers Bereich fallenden Buwog-Vergabe dürfte der entscheidende Fehler schon auf Seiten der Bank Austria passiert sein. Da diese die Höhe ihres zweiten und letzten Angebots nicht wirklich geheimgehalten hat, ist es jedenfalls schwer nachweisbar, dass Grasser der Informant war.
Problematischer könnte man allerdings seine Rolle bei der Entscheidung über die Investment-Bank sehen, die für das Ministerium den Buwog-Verkauf abzuwickeln hatte. Freilich scheint eine eventuelle Schuld gering. Denn selbst wenn er – obwohl er es dementiert – in der Auswahl der Investment-Bank eine Rolle gespielt hat, muss man sich fragen: Ist es nicht geradezu Aufgabe eines Ministers, sich hier einzubringen? Schließlich würde ihm jeder Fehler dieser Investment-Bank politisch direkt auf den Kopf fallen. Die Entscheidung für eine – damals – weltweit renommierte Bank anstelle einer heimischen ist für mich auch heute noch eine logische. Auch wenn diese internationale Bank inzwischen ihr Renommee verloren hat. Anders wäre es auch hier nur, wenn Grasser Geld genommen hätte. Das bleibt also die einzig entscheidende Frage.
Alle jubeln: Die Forste auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig bleiben unter Heeresverwaltung. Nur zwei sollten nicht jubeln: der Steuerzahler und die Landesverteidigung.
Denn die vorgesehen gewesene Übertragung der dortigen Wälder an die Bundesforste hätte dem maroden Bundesheer drei Millionen eingespart. Aber Niederösterreichs Schwarze wie Rote haben selbst gegen diese wirklich harmlose Einsparung protestiert. Und der Sportminister, der im Nebenberuf auch fürs Heer zuständig ist, ist sofort eingeknickt. Das Heer hat‘s ja offenbar. Was steckt dahinter? Ein paar Posten, ein paar Geschäftemachereien, ein paar Möglichkeiten, billig auf die Jagd zu gehen. Die Bundesforste haben hingegen überall mit solchen Schrebergarten-Privilegien aufgeräumt, sind ein professioneller Forstbetrieb und hätten daher auch Allentsteig um drei Millionen billiger betreiben können. Freilich wissen wir: Schon Kreisky hatte seinen – richtigen – Spruch nie in die Tat umgesetzt: „Einen Tausender da, einen Tausender dort einsparen.“ Für einen Norbert Darabos gilt überhaupt die Devise: „Schaffen wir das Bundesheer ab, dann können wir all die Posten und Privilegien bewahren.“
Unter Federführung des angeblich zu öffentlich-rechtlicher Qualität verpflichteten ORF häufen sich peinliche Beweise für die Banalisierung dieses Landes. Die politische Berichterstattung ist endgültig auf ein letztklassiges Seitenblicke-Format abgesunken. Ob es nun um Günther Platter, Claudia Schmied oder Graf Martin geht. Oder um die Fellnerschen Gossenmedien. Glückliches Österreich, wenn die von ORF&Co diskutierten Probleme die wahren Sorgen des Landes wären!
Beginnen wir mit dem Tiroler Landeshauptmann. Er hat ein Trainingslager der Fußballnationalmannschaft besucht und dabei den Fehler begangen, den dunkelhäutigen Spieler Alaba auf Englisch zu begrüßen. Dabei ist Alaba schon in Österreich geboren und als Beinahe-Teilnehmer des Champion-League-Finales zuletzt zu gewisser Berühmtheit unter Sportinteressierten aufgestiegen. Günther Platter hat ihn aber offenbar für einen noch nicht sprachkundigen Zuwanderer gehalten, der ob seiner Dribbelkünste vorschnell die Staatsbürgerschaft erhalten hat. Dieser Fauxpas ist journalistisch sicher einen lustigen Splitter auf Sport- oder Lokalseiten wert. Aber wenn der öffentlich-rechtliche Funk diese „Nachricht“ quer durch Zeit im Bild und alle Rundfunknachrichten schleppt, dann ist das einfach grotesk oder schon vorweggenommener Wahlkampf. Platter ist gewiss ein eher schwacher Landeshauptmann, den man aus vielen Gründen hinterfragen könnte. Aber sicher nicht wegen der – im Grunde fast sympathischen und jedenfalls mutigen Tatsache – dass er sich nicht für Fußball interessiert. Wenn der ORF ausgerechnet diese Lappalie breittritt, dann macht er sich selber läppisch.
Ebenso läppisch ist es, wenn sich der gleiche ORF und etliche andere Medien erregen, dass die zuständige Ministerin Claudia Schmied nicht beim Filmfestival in Cannes gewesen ist, obwohl an dessen Ende der Österreicher Haneke dort einen Erfolg feiern konnte. Dieses Tagebuch ist ja nun wirklich nicht als Mitglied des Anhängerklubs von Frau Schmied bekannt und hält sie aus mehreren gravierenden Gründen für rücktrittsreif: Aber das Tagebuch ist auch überzeugt: Die Minister der österreichischen Regierung sind nicht dazu da, um als Schlachtenbummler alle Filmfestivals abzugrasen. Solcher Spesentourismus ist schon im ORF schlimm genug, wo der Generaldirektor für einen Schlagerwettbewerb bis nach Mittelasien düst (obwohl die österreichischen Teilnehmer an jenem Bewerb schon lange vorher ausgeschieden sind). Die Medien sollten sich mit den wirklichen Schmied-Skandalen befassen, nicht mit dem Verlangen des Herrn Haneke nach einem Aufputz seiner Ehrung.
Genauso lächerlich ist auch das bei der gleichen Gelegenheit medial verfochtene Verlangen der Filmproduzenten nach mehr Steuergeld. Die zweifellos erfreuliche Tatsache des Haneke-Erfolgs ist nämlich noch kein Beweis für eine unzureichende Filmförderung. Wenn überhaupt für etwas, dann eher für das Gegenteil. Und selbst wenn Hanekes Auszeichnung eine seltsame Folge unzureichender Finanzierung gewesen wäre, müsste sich langsam eines herumsprechen: Auch Kulturjournalisten sollten sich langsam damit abfinden, dass sich Österreich in nächster Zeit viel Wichtigeres als die derzeitigen Kulturbudgets nicht mehr leisten wird können.
Überhaupt das Mega-Thema der Medien ist eine Bassena-Geschichte um Martin Graf, den freiheitlichen Nationalratspräsidenten. Eine alte Frau glaubt sich durch ihn in seiner Rolle als Vorstand ihrer Privatstiftung geschädigt. Freilich: Die bisher bekannt gewordenen Indizien sind nicht gerade zwingend, diesen Vorwurf zu untermauern. Sie deuten eher auf mangelndes Wissen des Anwalts der Frau über das Stiftungsrecht. Dieses hat nun halt die Eigentümlichkeit, dass ein Stifter ab Stiftungsbeginn nie mehr über sein Vermögen verfügen kann. Solange ein Mensch auf diese Konsequenz ordentlich hingewiesen worden ist, und solange er nicht besachwaltert ist, muss er schon selber die Verantwortung für eine solche (Fehl-)Entscheidung tragen. Der Stiftungsvorstand wäre nur verantwortlich, wenn er fahrlässig oder gar vorsätzlich Schaden anrichtet, wenn er die Satzung der Stiftung nicht einhält. Aber das muss erst einmal bewiesen werden, was im Fall Graf alles andere als der Fall ist. Daher muss ich erneut – zumindest bis zur gerichtlichen Entscheidung über diese Vorwürfe – einen Politiker vor medialer Lynchjustiz in Schutz nehmen, den ich für jammervoll halte. Insbesondere wegen Grafs linkspopulistischer Haltung zu Universitätsthemen. Aber das erregt die angeblichen Qualitätsmedien dieses Landes lange nicht so wie die späte Reue einer alten Dame über eine eigene Fehlentscheidung.
Bleibt als letztes – etwas anders geartetes – Thema das Haus Fellner. Dieses hat in der dort üblichen Geschmacklosigkeit via einestwitterartigen News-Tickers vom Begräbnis jenes Buben berichtet, der vor ein paar Tagen von seinem Vater erschossen worden war. Ich verstehe alle, die sich darüber erregen. Ich halte es auch für durchaus legitim, jene Inserenten an den Pranger zu stellen, die noch immer die Fellner-Produkte finanzieren. Nur mit Verlaub: Deswegen eine Twitter- und Internet-Sperre für diese Medien zu verlangen, ist ein noch viel größerer Skandal. Meinungs- und Medienfreiheit beruhen halt nun einmal darauf, dass auch das veröffentlicht werden darf, was man zutiefst verachtet. Genau jene, die sich über relativ harmlose Dinge wie eine Vorratsdatenspeicherung erregen (wo ja nur angerufene Telefon- und Mail-Nummern, aber keinerlei Gesprächsinhalte gespeichert werden), werden plötzlich zu totalitären Oberzensoren, wenn ihnen dies aus ideologischen oder Konkurrenz-Gründen so passt.
Als problematischer Zensor hat sich in diesem Mordfall übrigens auch der ORF betätigt: Er hat den Zuschauern selbst die kleinste Andeutung vorenthalten, dass sich die tragische Tat unter Mitgliedern einer türkischen Familie abgespielt hat. Auch diesen Aspekt zu erwähnen wäre zweifellos Teil der Informationspflicht des ORF gewesen. Das ist etwas ganz anderes, als die Privatheit eines Begräbnisses unter besonders tragischen Umständen zu stören. Aber auch darüber ließe sich streiten: Denn selbstverständlich haben schon die Medien all jener Journalisten, die sich jetzt so politisch korrekt erregen, ausführlichst und Privatheit ignorierend über Begräbnisse in Mordfällen berichtet.
In der Twitter-Welt, wo die Begräbnis-Empörung ausgebrochen ist, die prompt von einigen Medien übernommen worden ist, scheint ein Virus kollektiver Hysterie zu grassieren.
Nach Vatileaks geht es auch Wikileaks und einem führenden Murdoch-Mann an den Kragen. Ist das gut so? Ich denke ja. Nur in Österreich dürfen unsere Staatsanwälte weiterhin – illegal, aber konsequenzenlos – Verschlussakte kopieren und an gleichgesinnte Journalisten versenden.
Die nunmehr beschlossene Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange hängt zwar formal mit einem umstrittenen Sexualdelikt zusammen. Zugleich tobte ein langer Rechtsstreit wegen der unterschiedlichen Kompetenzen eines Staatsanwalts in Schweden und Großbritannien. Beides hatte also oberflächlich nichts mit Wikileaks zu tun. Aber dennoch ist klar: Die Blütezeiten für das dunkle Kopier-Gewerbe und die ärgsten medialen Exzesse sind vorerst in den meisten Ländern vorbei. Das wird durch die Erfolge des Vatikans bei der Jagd nach einem Schnüffler im Zentrum des päpstlichen Haushalts bestätigt. Ebenso wie durch die zur gleichen Stunde des Assange-Urteils erfolgte Verhaftung des ehemaligen britischen Regierungssprechers. Er hatte in den üblen Schnüffel- und Abhör-Aktionen des Murdoch-Verlags offenbar eine größere Rolle gespielt als bisher bekannt gewesen ist.
Ist das alles gut? Es bleibt ein schmaler Grat: Denn natürlich sind Veröffentlichungen geheimer Dokumente ein wichtiges Mittel, um Sauereien der Mächtigen zu bekämpfen, egal ob in Justiz, Beamtenschaft oder Politik.
Nur scheint ebenso klar: Weder im Falle Vatileaks (wo vorige Woche der päpstliche Kammerdiener erwischt worden ist) noch bei Wikileaks und schon gar nicht bei den Murdoch-Blättern ist es um die Aufdeckung von Sauereien gegangen (etwa im Sinne des Watergate-Verbrechens im Dunstkreis der amerikanischen Rechten oder der Lucona-Verbrechen im Dunstkreis der österreichischen Sozialdemokraten, die beide nur Hilfe honoriger Medien verfolgt werden konnten). Sondern um die Jagdlust bei der Durchbrechung aller Privatheits- und Vertraulichkeits-Schranken, um Eitelkeiten, um Geschäftemacherei, um Rache, um Intrigen. Und nie wurde Rücksicht auf Kollateral-Opfer geübt.
Daher hält sich mein Mitleid mit Assange ebenso wie mit dem Träger des päpstlichen Regenschirms oder dem einstigen Pressesprecher der Downing Street in engen Grenzen. Und schon gar kein Mitleid habe ich mit Staatsanwälten, die ihre parteipolitischen und/oder geldbringenden Spielchen spielen, obwohl sie jedes Mittel in der Hand haben, um selbst die Sauereien der Mächtigen zu verfolgen. Aber die schützen sich selber.
Unter den vier großen Herausforderungen, vor denen die Europäer heute stehen, ist sie wohl am wenigsten tief ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen: die Bedrohung der Energieversorgung des Kontinents. Dennoch ist sie, wenn sie nicht gelöst wird, genauso folgenreich wie die anderen drei.
Die da sind: die Schuldenkrise fast aller europäischer Staaten; die demographische Katastrophe des seit 40 Jahren anhaltenden Kindererzeugungs-Streiks; und die Zuwanderung von Millionen bildungsferner Menschen mit zum Teil aggressiven Ideologien aus Drittweltkulturen in das europäische Wohlfahrtsnetz.
Wenn die Energiefrage nicht gelöst wird, drohen den Europäern jedoch Schäden, welche die aktuelle Griechenlandkrise als harmlos erscheinen lassen. Fast kein Arbeitsplatz funktioniert ohne Strom, vom Gesundheitsbereich bis zum öffentlichen Verkehr hängt alles an Stromnetzen. Von der Heizung in kontinental kalten Wintern bis zum privaten Verkehr hängt alles an den Gas- und Ölnetzen. Nichts ist so eng mit dem Wohlstandszuwachs oder -rückgang korreliert wie der Energieverbrauch.
Schon in mehreren Wintern sind die Gaslieferungen aus Russland längere Zeit ausgeblieben oder deutlich zurückgegangen. Im letzten Winter haben nicht einmal mehr die russischen Lieferanten selbst jemand anderen für die Versorgungsunterbrechung verantwortlich zu machen versucht (meist die Ukraine). Sie haben vielmehr offen zugegeben, dass Russland in strengen Wintertagen das Gas selber braucht. Nur herrscht dann in der Regel halt auch im restlichen Europa ein strenger Winter. Also gerade dann würden auch die Menschen außerhalb Russlands das wärmende Gas besonders dringend brauchen. Österreich kann sich zwar glücklich schätzen – und man sollte in diesem Punkt auch einmal Politik und Industrie loben –, weil es für viele Wochen Gasvorräte in eigenen Speichern angelegt hat. Aber auch die werden einmal leer sein, wenn die Lieferungen längere Zeit ausbleiben.
Gleichzeitig sind in den allerletzten Tagen die von Österreich vorangetriebenen Bemühungen endgültig gescheitert, mit dem Projekt Nabucco eine Reserve-Gasleitung aus Aserbaidschan an Russland vorbei zu bauen. Zu viele unseriöse und labile Länder liegen auf dem Weg dieses Projekts; zu erfolgreich waren die russischen Intrigen und Querschüsse – will doch Moskau den westeuropäischen Gashahn unter exklusiver Kontrolle behalten.
Freilich scheint das Projekt auch eher amateurhaft vorangetrieben worden zu sein. Und von der heimischen Politik war es völlig unzureichend unterstützt worden. Nur ständig von einer Schwarzmeer-Politik zu reden ist zu wenig, wenn das Land keinen Spitzenpolitiker von Format und internationaler Bekanntheit hat, der die Sache mit Engagement vorantreiben könnte und wollte. Während sich die Russen für ihre Leitung quer durch die Ostsee mit Gerhard Schröder ein Großkaliber als Lobbyisten geholt hatten, hat Österreich Nabucco nie ein prominentes Gesicht gegeben. Wetten dass dort beispielsweise ein Wolfgang Schüssel mit mehr Nutzen als die gegenwärtigen No-Names lobbyieren hätte können?
Das größte Hindernis war aber offensichtlich das EU-Recht: Jetzt baut – vielleicht – die Türkei bis zur EU-Grenze eine Leitung. Aber Österreich wird dabei nicht mehr involviert.
Um beim Gas zu bleiben: Der Widerstand einiger heimischer Provinzpolitiker gegen die Nutzung der großen eigenen Gasvorräte, die in letzter Zeit gefunden worden sind, ist eine weitere Absurdität. Schon wieder werden dramatische ökologische Schauermärchen gegen deren Nutzung erzählt.
An sich gibt es ja heute weltweit durch den Fortschritt der Technik weit mehr Gas, als noch vor wenigen Jahren angenommen worden ist. Aber zugleich steigt auch die Nachfrage: Denn Gaskraftwerke sind zum großen Hit nun auch in der Stromerzeugung geworden.
Womit wir voll beim Thema Strom gelandet sind, der größten Krisenzone der europäischen Energieversorgung. Auf der einen Seite werden neue Stromnutzungen propagiert – insbesondere durch die diversen Ideen von Elektroautos. Diese sind zwar alle noch nicht ausgereift. Aber eines ist sicher: Sie werden den Strombedarf in die Höhe schnellen lassen, wenn sie flächendeckend eingeführt werden.
Dem stehen auf der anderen Seite jetzt schon große Stromengpässe gegenüber. In den Kaltwochen des vergangenen Winters ist Deutschland mehrere Male nur noch haarscharf an einem flächendeckenden Blackout vorbeigegangen. Ein solches Blackout ist aber noch überhaupt nicht in der Vorstellungswelt der Europäer gelandet: Sie glauben nämlich, dass da in einer halben Stunde die Lichter wieder angehen werden; eine solche Kettenreaktion könnte aber in Wahrheit Teile des Kontinents über Tage lahmlegen.
Hauptursache war die von der Politik eingeschlagene Energiewende. Nach dem japanischen Tsunami und den schweren Schäden an einem dortigen Atomkraftwerk ist in Mitteleuropa die große Panik ausgebrochen. Die Regierung Merkel hat unter dem Druck der Medien und Opposition plötzlich Abschied vom Atomstrom genommen. Obwohl die Wahrscheinlichkeit eines Tsunami mitten in Europa gleich Null ist.
Merkel & Co wissen nur nicht wirklich, wie diese Wende funktionieren soll. Die Alternativen für die Stromerzeugung sind nämlich absolut rar. Die Stromerzeugung aus Sonnenenergie ist zumindest nördlich der Alpen absolut unergiebig, unverlässlich und teuer. Die dafür ausgeschütteten Milliardenförderungen kommen heute vor allem den chinesischen Erbauern solcher Anlagen zugute. Und die sich wie eine Beulenpest ausbreitenden Windräder können, selbst wenn sie sich so rasch ausbreiten wie zuletzt, maximal den Zuwachs des Energiebedarfs decken (Es sei denn, es kommt zu einer neuen Konjunkturkrise, dann ginge der Energiebedarf zurück).
Die zwei größten unter den vielen mit den Windmühlen verbundenen Problemen: Gerade in den bevölkerungsreichen Industriezonen Europas geht wenig Wind. Und: So wie die Sonne nicht immer scheint, weht auch nicht immer der Wind. Man denke an die wochenlangen Nebelperioden ohne Sonne und Wind.
Jetzt baut man große Windräder in die windreiche Nordsee, was wenigstens die weitere Naturverschandelung etwas abbremst. Aber nun braucht man wiederum riesige, mehr als 4000 Kilometer lange Stromautobahnen in den Süden, wo die große Nachfrage besteht. Eigentlich bräuchte man sie sogar bis in die Schweizer und österreichischen Alpen: Denn dort ist der einzig sinnvolle Platz, wo man Wind- und Sonnen-Strom in Speicherkraftwerken bis zum Zeitpunkt des Bedarfs speichern kann (dort wird überschüssiger Strom zum Wiederhinaufpumpen des Wassers benutzt).
Das alles ist aber Theorie, denn entlang dieser geplanten Stromautobahnen gibt es jede Menge Widerstand gegen deren Bau. Dieser kann sich juristisch wie politisch in der Epoche der Bürgerinitiativen und der föderalistischen Machtteilung zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Justiz sehr mächtig und wirkungsvoll niederschlagen. Auch in den Alpen selbst herrscht nicht mehr die Begeisterung über neue riesige Staumauern wie einst in den Kapruner Tagen. Dabei ist der Bevölkerung das Risiko solcher Mauern noch gar nicht voll bewusst: Denn ein Mauerbruch in Kaprun würde eine verheerende Flutwelle bis in die Stadt Salzburg auslösen.
Eine andere Alternative ist der Bau vieler neuer Gas- und Kohlekraftwerke, die immer dann hochgefahren werden, wenn Sonne und Wind auslassen. Diese Kraftwerke sind aber wiederum das Gegenteil dessen, was die Politik (wieder einmal unter Druck der Medien) in der in Zeiten vor der Atompanik modischen Klimapanik angestrebt hat: nämlich weniger CO2-Emissionen. die Klima-Panik ist zwar deutlich schwächer geworden. Selbst im ORF können neuerdings Beiträge erscheinen, die sie zur Gänze als verfehlt erscheinen lassen.
Abgesehen von dieser Klima-Frage will noch aus zwei weiteren Gründen ohnedies niemand in Gaskraftwerke investieren: Erstens wegen der skizzierten Versorgungsunsicherheit; zweitens weil ein nur als Lückenbüßer gedachtes Kraftwerk niemals seriös kalkuliert werden kann. Jetzt dürfte also auch hier der Steuerzahler, so wie schon bei Sonne und Wind, kräftig zur Ader gelassen werden.
Angesichts all dieser Kalamitäten wird nun überall das Thema Energiesparen forciert. Auch das bringt dem Kontinent gewaltige Kosten – nämlich immer dann, wenn es über das wirtschaftlich Sinnvolle hinausgeht, das etwa in der Reduktion der Heizkosten liegt. Energiesparzwänge sind zugleich eine gewaltige Bedrohung für Europas schöne Gründerzeitstädte: Von Paris bis Wien lebt deren touristische Attraktivität nicht zuletzt von den prunkvoll gegliederten Fassaden der historischen Straßenzüge (in Wien etwa bis zum Gürtel, aber zum Teil auch darüber hinaus). Sollen die Häuser jetzt alle kahlgeschlagen werden, damit man Dämmstoffplatten anbringen kann?
Nichts deutet also auf eine gute Energiezukunft Europas hin. Während weltweit die Atomenergie aufblüht, wird sie in Europa und Japan zugedreht (auch in Frankreich ist die AKW-Zukunft angesichts einer möglichen Abhängigkeit des neuen Präsidenten Hollande von grünen Stimmen umwölkt).
Da die Europäer alles gleichzeitig tun und haben wollen – von der Atom- über die Klimapolitik bis zur oft jahrzehntelangen Dauer von Umweltverträglichkeitsprüfungen –, werden sie auch den Preis dafür zahlen müssen: Der besteht in einem weiteren Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit. Also in weniger Investitionen, weniger Arbeitsplätzen, weniger Wohlstand. Von Ost- und Südasien bis Lateinamerika können sich die aufstrebenden Schwellenländer freuen, die sich weder um Atom- noch Klima-Paniken scheren.
PS.: Natürlich ist auch die Versorgung mit dem hier kaum behandelten Öl trotz ständig neuer Funde fragil. Aber wenigstens kann sich in dieser FrageEuropa trösten, dass ein etwa im Gefolge eines Irankrieges eintretender Ausfall der Ölversorgung auch die Konkurrenten in Übersee treffen wird. Diese haben derzeit ja einen ständig steigenden Verbrauch von Treibstoff, während der Absatz in Europa stagniert. Ob das freilich ein echter Trost ist?
PPS.: Kein einziger österreichischer Politiker erweckt den Eindruck, sich ernsthaft und strategisch mit dem Thema Energie gesamthaft zu befassen. Weder in Opposition noch Regierung. Solange der Blackout nicht eintritt, solange die Öfen im Winter nicht kalt bleiben, ist Energie keine politische Kategorie. Was auch auf den zuständigen Minister Mitterlehner zutrifft. Der es maximal schafft, sich in von Boulevardzeitungen getriebene Lächerlichkeiten wie einer Benzinpreisregelung über Pfingsten zu verheddern.
Rund um die Unterrichtsministerin Claudia Schmied liegen die Nerven nach dem vom Tagebuch aufgedeckten Skandal rund um die manipulierten Bildungsstandards so total blank, dass sie dort die letzten Hemmungen verlieren. Der Pressesprecher Schmieds beging in der Nervosität und Aufregung aber nun einen folgenschweren Fehler: Er outete sich als Leser einer neonazistischen Internet-Seite. Was wohl einen Rücktritt des Mannes unausweichlich machen muss, wenn in der bei anderen so kritischen SPÖ zumindest ein Rest von Anstand herrscht.
Der Mann heißt Josef Galley. Er hat ein für das Niveau seiner Ministerin mehr als bezeichnendes Vorleben: Er hat bei „News“ und „Österreich“ gearbeitet, bis die Frau Schmied ihn für zu sich passend ausgewählt hat. Was an sich gar keines weiteren Kommentars bedarf. Außer vielleicht noch des Hinweises, dass er der direkte Nachfolger des Herrn Nikolaus Pelinka ist. Dem er es offenbar an Berühmtheit gleichtun will.
Dieser Herr Galley hatte sich im Auftrag der Frau Schmied über meinen „Kontroverse“-Beitrag in den „Salzburger Nachrichten“ zu erregen gehabt. Er schrieb einen Brief gegen mich und richtete ihn an eine SN-Redakteurin. Die Redaktion erachtet das von ihr als „unerträgliches Pamphlet“ eingestufte Schreiben keiner Reaktion wert. Ich meine aber, dass es eine breitere Öffentlichkeit verdient zu wissen, was und wie man im Unterrichts(!)ministerium so schreibt. Daher der Brief einmal im Wortlaut:
„da ich mit Herrn Unterberger nicht direkt kommuniziere, weil ich seine bösen Unterstellungen zur Verheimlichung angeblicher PISA-Ergebnisse von „Gesamtschülern“ zuletzt in dieser Form auf der „Heimseite“ namens „Alpe Donau Info“ gelesen habe, die ja gerichtsnotorisch ist, ersuche ich Sie, Ihre Redaktion über folgende Umstände aufzuklären: Bis heuer konnten – wie Sie im Gegensatz zum Ex-Chefredakteur Unterberger natürlich wissen - bei PISA gar keine „Gesamtschüler“ der NMS getestet werden, weil dieser Test für 14- und 15-Jährige gedacht ist und somit überhaupt erst heuer die ersten NMS-SchülerInnen in dieses Alter gekommen sind. Eine Veröffentlichung der PISA-Tests, an denen pro Bundesland maximal eine NMS teilgenommen hat, käme übrigens dem absolut menschenverachtenden Vorgang der Veröffentlichung aller Schulergebnisse bei den Bildungsstandards gleich – sollen wir wirklich 14-Jährige, ab dem nächsten Jahr sogar Zehnjährige vorführen, im schlimmeren Fall an den Pranger stellen, die in Kleinstschulen mit zwei bis drei Schülern in diesem Alter getestet werden und deren ganz individuelles Testergebnis bei Veröffentlichung des Schulergebnisses für jedermann ablesbar wäre? Gibt sich ein Medium wie die Salzburger Nachrichten, das zumindest bisher nach meinem Eindruck für gegenteilige Werte stand, für eine derartige Vernaderung her? Dass das BMUKK nicht stattgefundene Tests nicht veröffentlicht ist somit wahr. Aber dass das Geschreibsel Unterbergers rechtsrechter Schwachsinn ist, steht ebenso außer Zweifel.“
Da ja manche Leser glauben mögen, jenseits des Tones dieses Mannes würden wenigstens irgendwelche Fakten stimmen, einige Fakten:
Das kann man nicht mehr mit der achselzuckenden Erkenntnis abtun: Wenn die Linke nicht mehr weiter weiß, wenn ihr die letzten Argumente ausgehen, dann denunziert sie halt mit der „rechtsrechten“ Keule. Vor dem Gesetz sollten alle gleich sein.
PS.: Noch ein neues Indiz, dass die Beweiskette in Hinblick auf die Manipulation der Fragen der Bildungstest nun endgültig schließt: Offensichtlich auf Initiative des in Bedrängnis geratenen Ministeriums hat sich ein „Informationsnetz zum Bildungswesen in Europa“ namens „Eurydice“ zu Wort gemeldet. Darin wird das Vorgehen das Ministeriums verteidigt. Als Beispiel wird absurderweise insbesondere Island bemüht, um zu zeigen, dass es auch andere Länder gibt, in denen die Ergebnisdaten „gewichtet“ werden (wie man die Manipulation neudeutsch nennt). In dieser Verteidigungsinitiative wird aber nicht nur die „Gewichtung“ der Ergebnisse offen zugegeben, sondern erstmals eindeutig auch schon die Manipulation der Testfragen. Der Wortlaut der entsprechenden Agenturmeldung: „Gut ein Drittel der Länder setzt auf eine Differenzierung der Tests, die laut der Studie das Abfragen möglichst vieler Kenntnisse und Fertigkeiten ermöglichen soll, um methodisch und statistisch zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.“ Der Verdacht wird zum Faktum: Differenzieren, damit das Ergebnis zufriedenstellend wird.
Endlich findet es wieder Platz im Tagebuch: das Positive! Nicht nur weil Pfingsten und nettes Wetter ist, sondern auch weil‘s wahr ist. Nicht immer darf die Bösartigkeit und Borniertheit die guten Ansätze übertönen. Daher ist das heutige Tagebuch ganz dem Positiven gewidmet. Es findet sich nicht nur von Somalia bis in den Persischen Golf, sondern ebenso in Österreichs Nachbarschaft, aber auch durchaus in der Alpenrepublik selber. Sonntägig gestimmt wollen wir all die für die Positivmeldungen Verantwortlichen vor den Vorhang holen. Und Claudia Schmied & Co heute total hinter diesem verstecken.
Trotz Pfingsten fangen wir mit guten Nachrichten von Kriegsfronten an: Sowohl in Somalia als auch in Afghanistan schaut die Lage für die Kräfte der Mäßigung und Vernunft heute viel positiver aus, als noch vor ein oder zwei Jahren angenommen werden konnte. Politisch korrekte Menschen werden sich empören, dass mich ein Kriegsbericht freut. Ihnen ist es ja offenbar lieber, wenn die Kräfte des globalen Terrorismus, der Piraterie, der Abschaffung aller Meinungs-, Religions- und Frauen-Freiheiten kampflos obsiegen. Über die Ursachen dieser erfreulichen Kriegserfolge kann man im übrigen nur rätseln: Ist es die technische Überlegenheit der vom Westen unterstützten UNO-, AU- und Nato-Kräfte? Haben die Menschen dort erkannt, dass auch für einen gläubigen Moslem nicht unbedingt Al Kaida die Antwort sein muss? Sind die Geldgeber der radikalen Kräfte etwa in Saudi-Arabien zur Vernunft gekommen? Was auch immer der Grund ist: Vorerst ist jedenfalls ein erleichtertes Durchatmen am Platz.
Genauso viel Freude macht ein damit entfernt verwandter Vorfall im Persischen Golf: Ein amerikanischer Frachter hat bei einer Attacke von Piraten ausgerechnet von der iranischen Marine Hilfe erhalten. Oft sind es solche Details, die am Rande der Kriegsgefahr ein Umdenken zeigen. Immerhin sind zugleich auch die im Vorjahr noch sehr lauten iranischen Drohungen viel leiser geworden. Immerhin scheinen die westlichen Sanktionen gegen Iran unerwartet starke Wirkungen zu haben. Das heißt freilich noch nicht, dass ich schon endgültig dem ixten iranischen Versprechen traue, auf Atomwaffen nun wirklich zu verzichten.
Neidvolle Bewunderung löst der israelische Ministerpräsident Netanyahu aus: Sein Land wird gerade von einer Welle illegaler Immigranten aus Schwarzafrika überrollt, was aggressive Gegenreaktionen der Bevölkerung auslöst. Netanyahu reagiert darauf dreifach richtig: Er geht scharf gegen ausländerfeindliche Ausschreitungen vor; er schickt aber zugleich alle Illegalen sofort in ihre Heimat zurück; und er baut binnen weniger Monate nun auch an der Grenze zu Ägypten einen unüberwindlichen Sperrwall. Im Vergleich: Die EU scheitert schon seit vielen Jahren daran, die griechisch-türkische Grenze gegen den Massenzustrom illegaler Einwanderer zu sichern. Und bei uns werden sogar Drogenhändler nicht abgeschoben.
Wechseln wir nach Europa: In der Schweiz wird nun im Familienrecht genau das zur Regel, was in Österreich die Frauenministerin blockiert: das gemeinsame Sorgerecht von Vätern und Müttern nach einer Scheidung. Zum Unterschied von Frau Heinisch-Hosek wissen die Schweizer: Wenn sie es nicht freiwillig tun, würde die Judikatur des europäischen Menschenrechts-Gerichtshofs binnen kurzem genau diese gemeinsame Obsorge erzwingen.
Interessantes tut sich noch in einem anderen Nachbarland. In Tschechien verliert man nämlich künftig den Führerschein, wenn man keine Alimente zahlt. Das schmerzt fast so wie die bisher in solchen Fällen drohende Haft: Das hat aber den Vorteil, dass die Väter (um die es ja meist geht) ihren Job behalten und - zumindest theoretisch - den Unterhalt zahlen können. Was sie vielleicht aus Sehnsucht nach dem begehrten Schein dann auch eher tun werden.
Aber auch in Österreich gibt es lobenswerte Entwicklungen. Auslöser ist eigentlich das drohende Scheitern der deutschen Energiewende. Diese war dort panikartig nach dem japanischen Tsunami beschlossen worden. Nun bahnt sich nach einem Besuch Michael Spindeleggers in München eine ernsthafte Zusammenarbeit zwischen Bayern und Österreich auf dem Energie-Sektor an. Dazu sollen nun auch Ungarn und Baden-Württemberg eingeladen werden. Das ist immerhin ein erster Ansatz einer strategischen und konkreten Außenpolitik.
Erfreulich ist auch, dass sich sowohl Bundes- wie auch Vizekanzler getraut haben, den Dalai Lama zu treffen. Das ist ein erstaunliches Anzeichen von Charakter. Immerhin legen sich die beiden durch die symbolische Unterstützung für den Führer eines seit Jahrzehnten unterdrückten Volkes mit den Hütern der größten Devisenreserven der Welt an. Dieses Lob ändert übrigens nichts daran, dass ich die Lobpreisung des Dalai Lama als großen spirituellen Führer für eine gewaltige Überschätzung halte. In drei längeren persönlichen Begegnungen im Laufe der Jahre bin ich immer auf einen zwar sehr netten, aber zugleich sehr banalen Menschen getroffen. Keine Fehleinschätzung gibt es hingegen zu Heinz Fischer: Niemand war überrascht, dass er sich mit den üblichen gewundenen Erklärungen um die Begegnung mit dem Dalai Lama gedrückt hat.
Selbst beim Sorgenkind Technische Universität kann man – sonntägig positiv gestimmt – Positives finden. Sie ist zwar schwer verschuldet, verzichtet aber dennoch auf die Einhebung von Studiengebühren, was ja alles andere als lobenswert ist. Sie tut das nur, weil sich die Professoren vor den linken Studenten fürchten. Die TU sekkiert überdies die Studenten mit – für eine technische Uni besonders skurrilen – Gender-Veranstaltungen im Stile der einstigen Marxismus-Leninismus-Pflichtvorlesungen in Osteuropa. Aber sie macht auch Lobenswertes: Sie nimmt in den meisten Fächern keine neuen Lehramtsstudenten mehr auf und will diese Studienart weitestgehend auslaufen lassen. In Zeiten knapper Budgets möchte sich die TU auf ernsthafte Ausbildungen konzentrieren. Was in den Augen der Techniker das Lehramts-Studium keineswegs ist. Vielleicht kann sich da auch die Hauptuni etwas abpausen und beispielsweise darauf verzichten, um viel Geld 5000 von niemandem benötigte Publizisten auszubilden. Diese absolvieren ja nicht nur ein Leichtstudium, sondern haben zum Unterschied von Lehramtsstudenten auch keine guten Berufsperspektiven. Vielleicht wird jetzt auch die Möglichkeit reduziert, allein in Wien an drei Unis Architektur zu studieren – darunter auch an der TU selber. Haben wir doch einen größeren Überschuss an Architekten als an Mathematik-Lehrern.
Eine besonders kluge Initiative hat last, not least Wissenschaftsminister Töchterle gestartet: Er kämpft nun dafür, dass der Lehrerberuf nicht mehr eng an Dienstrecht und Ausbildung geknüpft wird. Das wäre eine absolut richtige Politik – wenn auch das Gegenteil der derzeitigen Mode. Töchterle will, dass jede Schule, jeder Kindergartenbetreiber selbst weitestgehend frei entscheiden kann, wer am besten als Lehrer und Erzieher passt. Die sonstige Politik steuert ja hingegen den absoluten Wahnsinn an, nämlich dass Volksschullehrer wie Kindergärtner künftig ein akademisches Vollstudium samt Master haben müssen. Das würde nicht nur zu enormen personellen Knappheiten und unnötigen Kosten führen. Das würde auch viele hervorragend etwa für die Arbeit in einem Kindergarten geeignete Menschen künftig in andere Richtungen lenken, für die sie weniger gut passen. Dieser Schwachsinn wird aber von einer sehr lauten Lobby und natürlich auch dem Androsch-Volksbegehren vertreten. Das Ziel der Lobbyisten ist eindeutig, in großer Zahl selbst Universitätsprofessoren zu werden. Töchterles Plan geht hingegen in eine ganz andere Richtung: Der Gesetzgeber soll nur noch grobe Rahmenanforderungen festlegen, ansonsten soll frei vor Ort entschieden werden. Um in Volksschulen oder Kindergärten pädagogisch zu arbeiten, brauche es keineswegs einen Master-Titel. Wie recht der Mann doch hat! Ich bin auch sicher: Fast jede Mutter, deren Kinder erwachsen geworden sind, wäre nach einem maximal zweisemestrigen Lehrgang eine bessere Kindergärtnerin als Menschen, die fünf oder sechs Jahre lang an einer Uni mit Theorie vollgestopft worden sind, die sie nie im Leben brauchen.
Jetzt muss man freilich hoffen und bangen, dass sich Töchterle und all die anderen guten Ansätze auch dauerhaft durchsetzen. Denn das Böse und das Dumme sind immer und überall. Der heutige Applaus des Tagebuchs soll daher eine kleine Hilfe beim Durchsetzen sein.
Das Vorgehen des Wiener SPÖ-Stadtrats Mailath-Pokorny in Sachen Lueger war, wie sich jetzt herausstellt, so mies, dass einem nur noch strafrechtlich inkriminierbare Worte für ihn einfallen.
Mailath-Pokorny begründete die – am Freitag endgültig durchgezogene – Umtaufung des Lueger-Rings mit einer angeblichen „Wissenschaftsfeindlichkeit“ des einstigen Wiener Bürgermeisters. Lueger habe die Universitäten als „Brutstätten der Religions- und Vaterlandslosigkeit“ bezeichnet.
Klingt arg. Das ist aber, wie sich jetzt herausstellt, ein in ganz widerlicher Manier aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat – und meinte genau das Gegenteil: Es war eine scharfe Attacke Luegers auf die Umtriebe gewalttätiger Burschenschafter, welche die Universitäten in den Tagen vor seiner Rede in eine solche Brutstätte verwandelt haben!
Der Historiker Gerhard Hartmann hat (in der Zeitschrift "Academia") das ganze Zitat ausgegraben: „Die Universitäten dürfen nicht weiter ein Boden für Umsturzideen, ein Boden für Revolution, ein Boden für Vaterlands- und Religionslosigkeit sein. Wenn ich so bedenke, was in letzter Zeit sowohl an der Wiener als auch an der Grazer Universität und auch anderswo vorgegangen ist, so überkommt mich wirklich die Frage, ja sind denn das wirklich Männer der Wissenschaft? Ich lese aus der Zeitung, dass alle mit Knütteln und Ochsenziemern versehen umhergehen, um anderen Köpfen ihre Wissenschaft beizubringen . . .“
Die gewalttätigen Umtriebe jener Burschenschafter in jenen Jahren sind historisch so gut bekannt, dass ein für Schulen und Kultur zuständiger Stadtrat rücktrittsreif wäre, wenn er nicht gewusst haben will, worauf sich dieses Zitat bezieht. Also ist seine Verwendung entweder eine absolute Sauerei – oder ein Solidaritätserklärung mit dem Prügelterror der damaligen Burschenschafter.
Welche der drei Erklärungen auch immer stimmt: Sie sind mies, Herr Mailath. Und wenn Sie sich durch diesen Ausdruck beleidigt fühlen, klagen Sie mich. Oder Sie entschuldigen sich öffentlich bei Lueger.
Erstaunliches tut sich im Vatikan: Ein Amtsträger wird verhaftet, weil er vatikanische Geheimnisse an Medien hinausgespielt hat. Was lernen wir daraus?
Sind Verhaftungen schon ungewöhnlich, so ist es das Drumherum noch viel mehr: Drei pensionierte Kardinäle haben sich als Detektiv versucht, nachdem reihenweise geheime Dokumente in Medien veröffentlicht worden sind. Und die drei sind bei einem 40-jährigen Haushofmeister tatsächlich fündig geworden. Das ist der Stoff, aus dem die wirklichen Kirchen-Krimis sind. Dazu bräuchte es gar nicht die vielen wirren Fiktionen, die immer wieder publiziert werden. Aus dieser Story könnte man aber auch ein paar hundert Kilometer weiter lernen. Denn in Wien hat nun schon die zweite Justizministerin ein ganz ähnliches Problem: Seit Jahr und Tag fließen aus der Staatsanwaltschaft geheime und sogar Verschluss-Dokumente an die immer gleichen Medien. Aus finanziellen oder ideologischen Motiven. Das hat das Vertrauen in die heimische Justiz schwer erschüttert. Dennoch haben die Ministerinnen keinerlei Erfolg bei der Suche nach den Tätern. Ja, es ist nicht einmal erkennbar, dass sie sich um eine ernsthafte Suche bemüht hätten. Daher ein guter Rat: Die Ministerin sollte im Vatikan anfragen, ob sie sich die drei Kardinäle ausborgen darf. Schließlich leben wir in Zeiten des Triumphes der Alten: Man vergleiche nur den Erfolg einiger singenden Greisinnen aus Russland mit den peinlich fehlgeschlagenen Turnübungen zweier österreichischer Jugendlicher bei einem Schlagerwettbewerb.
Das neue Buch von Thilo Sarrazin sorgt derzeit für helle Aufregung im politisch korrekten Teil Deutschlands und Österreichs. In „Europa braucht den Euro nicht“ stellt Sarrazin die zentrale These auf, dass der Euro Europa und vor allem Deutschland bisher vorrangig Nachteile gebracht hat. Politik und Mainstreammedien sind empört. Von der grünen Vorzeigehysterikerin Renate Künast bis zur Süddeutschen Zeitung, alle prügeln auf Sarrazin ein.
Und wie schon bei seinem ersten Buch „Deutschland schafft sich ab“ geht es dabei nicht um die Fakten und Thesen, die Sarrazin in seinem neuen 460-Seiten Werk präsentiert. Diese zu hinterfragen oder gar zu widerlegen würde die meisten seiner Kritiker ohnehin heillos überfordern. Deshalb hängt man sich erneut an einem Nebensatz auf, der Herrn Sarrazin als Chauvinist, Provokateur oder gar Nazi überführen soll.
Was hat der schnoddrige Ex-Bundesbanker und SPD-Finanzsenator von Berlin diesmal so Böses geschrieben, dass die linken Politiker in allen Parteien so aus dem Häuschen sind? Sarrazin stellt unter anderem die These auf, dass SPD, Grüne und Die Linke auch deshalb für Eurobonds sind, weil sie getrieben sind „von jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für Holocaust und Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir alle unsere Belange, auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben.“
Der Grüne Jürgen Trittin bezeichnet Sarrazin ob dieser Behauptung als „unerträglich“ und konstatiert, Sarrazin verbreite rechte Ideologie. Auch Parteikollegin Renate Künast schlägt in die gleiche Kerbe. Es ist eben sehr einfach und bequem, vor allem für jene, für die Ökonomie ein spanisches Dorf ist, die 460 Seiten an Fakten und fundierten Analysen mehr oder weniger zu ignorieren und stattdessen auf ein gut vertrautes Terrain auszuweichen, um doch noch mitreden zu können.
Aber nicht alle Politiker und Journalisten sind derart plump und stellen Sarrazin gleich ins rechte Eck. In einem Punkt sind sich allerdings fast alle einig, er sei eben nur ein billiger und dummer Provokateur.
Finanzminister Wolfgang Schäuble: „Entweder redet und schreibt Sarrazin aus Überzeugung einen himmelschreienden Blödsinn oder er macht es mit einem verachtenswerten Kalkül."
In der Frankfurter Rundschau ist zu lesen: „Das Buch ist widerlich“. Und die Süddeutsche Zeitung kanzelt Sarrazin als „Provokateur vom Dienst“ ab.
Diese Untergriffe und Unterstellungen sagen allerdings mehr über jene aus, die sich durch solche (durchaus diskutierbaren) Thesen provoziert fühlen, als über den „Provokateur“ selbst. Denn ganz von der Hand zu weisen ist Sarrazins Aussage nicht. Schließlich gibt es in Deustchland und in Österreich die Tendenz, alles, was auch nur entfernt an nationales Eigeninteresse erinnert, umgehend mit der argumentativen Nazikeule nieder zu prügeln.
Und waren es nicht einige griechische Politiker und die griechischen Medien, die Deutschland, mit Hinweis auf seine Vergangenheit, ermahnten, gefälligst weitere Milliarden locker zu machen?
Sarrazin hat nichts anderes getan als zu rufen: „Der Kaiser ist nackt!“ Und die durch Schulden-, Finanz- und Griechenlandkrise ohnehin stark verunsicherten linken Europhoriker hyperventilieren ob dieser wenig neuen Erkenntnis. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass sich ausgerechnet die zu Euro-Hardcorefans mutierten 68er, die nach ihrem Marsch durch die Institutionen nun an vielen Schalthebeln der Macht sitzen (inkl. ihrer Epigonen), furchtbar über den „Provokateur“ Sarrazin empören. Wobei seine Provokation lediglich darin besteht, eine andere und noch dazu gut fundierte Meinung zu haben.
Die einstigen Revoluzzer, Freigeister und Tabubrecher sind zu verbohrten, eurokratischen, geistig unbeweglichen Spießern geworden (oder waren sie ohnehin nie etwas anderes?), die versuchen, einen Andersdenkenden mundtot zu machen. Ignorieren können sie Sarrazin nicht, dazu ist der Ex-Bundesbanker zu bekannt und zu populär. Deshalb versucht man ihn auf der persönlichen Ebene anzugreifen, auszugrenzen, ihn als Clown, Hofnarr und als wenig ernst zu nehmenden Provokateur darzustellen. Das allerdings erinnert an einen berühmten Satz von Mahatma Ghandi: „First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you, then you win.”
Werner Reichel , Jahrgang 1966, ist Journalist und Autor
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Dieser Tage wurde der UNO-Entwicklungsbericht veröffentlicht, bei dem die Lebensqualität in 187 Ländern nach dem Human Development Index (HDI) gemessen wird. Dabei werden Faktoren wie Ökonomie, Umwelt, Gesundheit und Bildung berücksichtigt. Österreich ist einige Stellen abgerutscht und rangiert nun an 25. Stelle. Als Hauptgrund wird die Bildungssituation genannt. Wieder einmal zeigt eine internationale Studie, dass hier vieles im Argen liegt.
Schon längst ist nicht mehr nachvollziehbar, warum das überaus teure österreichische Bildungssystem nur bescheidene Erfolge zeitigt. Einer der Gründe dafür ist, dass in der hinterwäldlerischen Republik zu spät auf moderne Lehr- und Lernmodelle umgestellt wurde. Und noch immer halten gegen alle pädagogischen Erkenntnisse stockkonservative Kräfte daran fest, dass stures Hineinpfropfen und Abprüfen von Kurzzeitwissen die beste Lehrmethode ist. Dazu kommt eine Betongewerkschaft, die sich hartnäckig gegen Reformen gesperrt hat.
Sie allen wehren sich naturgemäß auch gegen moderne Evaluierungsmethoden wie PISA oder gegen die Bildungsstandards, die derzeit abgefragt werden. Obwohl die Einführung der Bildungsstandards eine grundvernünftige Maßnahme ist. Durch sie werden mehr Verbindlichkeit eingeführt und grundlegende Kompetenzen bei den Schülern sichergestellt.
Bildungsstandards sind konkret formulierte Lernergebnisse, die sich aus den Lehrplänen ableiten lassen. Durch die Bildungsstandards ist eine genauere und langfristige Planung sowie Durchführung des Unterrichts möglich. Lehrkräfte können kontinuierlich den Ist-Stand der Kompetenzen ihrer Schüler mit dem Soll vergleichen und individuelle Fördermaßnahmen einleiten. Die begleitende Kontrolle für Bildungsqualität auf nationaler und internationaler (PISA) Ebene ist unerlässlich, damit Österreich als Wissensstandort und in der Lebensqualität nicht noch weiter abrutscht.
Andreas Unterberger
Es wäre großartig, durch objektive und ernsthafte Tests zu klären, wo jeder Schüler, jede Klasse, jede Schule, jeder Schultyp steht. Das würde Leistungsanreize setzen und Verbesserungen auslösen. Das wäre eine Hilfe für die Eltern, also die wahren Auftraggeber des Pflichtschulsystems, um eine gute Wahl zu treffen. Ein solches Projekt wäre tausend Mal objektiver als die dubiosen Rankings bunter Hefte. Aber genau das alles passiert nicht! Die Leistungstests sind vielmehr eine gigantische Geldverschwendung (25 Millionen Euro Kosten sind weit mehr als all die zweifelhaften Provisionen der Herren Meischberger & Co. zusammen!) und eine getarnte Propagandaaktion. Denn: 1. Alle bisher bekannten Fragen sind für normal entwickelte 14-Jährige viel zu leicht und signalisieren eine weitere Niveausenkung des Bildungssystems.
2. Die Tests sind ohne Folge für die Noten. Das führt bei Pubertierenden so wie schon bei PISA zu Boykotten oder Desinteresse.
3. Die Testergebnisse werden nicht allgemein veröffentlicht, weder für Schulen noch Schultypen! Nur die Betroffenen selbst erfahren ihr Ergebnis. Damit fällt überhaupt die wichtigste Funktion weg.
4. Das Ministerium darf jedoch veröffentlichen, was es will. Beim PISA-Test wurden durch diesen Trick die schlechten Ergebnisse der diversen Gesamtschulen und der (in Österreich ein Vielfaches etwa von Finnland ausmachenden) Migranten unter den Tisch gekehrt.
5. Mit der Testauswertung ist exklusiv das Gesamtschul-Propaganda-Institut Bifie beauftragt.
6. Das Bifie hat schon angekündigt, auch bei den ohnedies nur den Lehrern zugänglich gemachten Teilinformationen einen "fairen Vergleich" durchzuführen. Dabei werden Schulen mit "ähnlichen Rahmenbedingungen" verglichen. Das heißt: Damit kann dann auch dort jedes schlechte Ergebnis der Gesamtschulen vertuscht werden.
Eine vom Faymann-Staatssekretär Josef Ostermayer einberufene Kommission soll nun eine Reform des ORF zustandebringen. Eine wirklich süße Vorstellung.
Zwar dürfen jede Partei und die Medienbehörde je einen Vertreter in Ostermayers Runde entsenden. Aber dann gibt es noch drei „Experten“, die sich Ostermayer ausgesucht hat: die Herrn Kurt Bergmann, Peter Huemer und Fritz Wendl.
Ganz zufällig sind das alles aktive oder pensionierte ORF-Menschen. Da kann man schon ungefähr ahnen, wie unangenehm die Reform mit all den Missständen im ORF aufräumen wird. Diese Kommission ist eine nahtlose Fortsetzung der Zeit, als der ORF den jeweiligen SPÖ-Ministern gleich direkt den Entwurf für neue Mediengesetze diktiert hat. Sie erinnert aber auch heftig an die letzte, ebenfalls missglückte ORF-Reform unter Schwarz-Blau. Da war es aber wenigstens noch ein Gerd Bacher, den man da in führender Rolle mitarbeiten ließ. Was jedoch offenbar auch keine Garantie für ein Gelingen ist.
Jetzt aber sind unter den Dreien gleich zwei stadtbekannte Linksradikale bzw. Kommunisten. Und der Herr Bergmann. Der hat zwar einst neben dem ORF auch bei der ÖVP Karriere gemacht. Was ihn aber nicht hindert, jetzt einen besonders absurden Vorschlag zu machen, wie man die Politik aus dem ORF hinausbrächte: Er will die Besetzung aller Gremien ausgerechnet dem Bundespräsidenten anvertrauen. Wirklich genial. Da gibt’s dann nicht einmal mehr einen einzigen Pseudo-Bürgerlichen im ORF (oder nur noch Kaliber a la Bergmann). Geschweige denn einen Exponenten einer der beiden Rechtsparteien.
Zugleich hört man wieder Lustiges aus dem ORF: Eine Frau Brigitte Handlos wird zur Chefin eines neuen Fernseh-Mittagsmagazins. Sie hat sich perfekt qualifziert: Hat sie doch im Vorjahr Fanseiten für die Bildung einer rot-grünen Koalition in Wien inszeniert.
Noch selten hat ein Artikel im Tagebuch so hohe Wellen geschlagen wie jener mit Beweisen, dass bei den Bildungsstandards manipuliert wird. Fast alle Medien sind auf das Thema aufgesprungen. In der Folge haben auch ÖVP und FPÖ jetzt totale Transparenz verlangt (Das BZÖ bereitet sich hingegen bildungspolitisch offensichtlich schon ganz auf eine linke Koalition vor und schweigt). Inzwischen konnte das Tagebuch selbst noch deutlich klarer recherchieren, was da vor sich geht.
Um es vorwegzunehmen: Ministerium und das durchführende Institut bifie dementieren alle Manipulationen. Ihre Geheimhaltungspolitik belastet beide aber schwer.
1. Dadurch, dass so viele verschiedene Kataloge von Testfragen bei den am Mittwoch abgehaltenen „Bildungsstandards“ im Einsatz waren, lässt sich eine gezielte Manipulation bei den Fragen nicht schwarz auf weiß nachweisen. Aber auch schon gar nicht widerlegen. Die von Schülern berichteten Fragen waren mehrheitlich jedenfalls geradezu lächerlich leicht. Hie und da stieß man aber auch auf erstaunlich anspruchsvolle Fragen. Dabei lag freilich der Anspruch meist in der ungewohnten Semantik der ministeriellen Fragesteller, die vorsichtig ausgedrückt eigen ist.
2. Die Dementis sind aber absolut unglaubwürdig, solange Ministerium und bifie sowohl die Ergebnisse wie aber auch die Fragen selbst geheimhalten wollen. Bei den Fragen tun sie dies mit einer geradezu lächerlichen Begründung: Man wolle diese bei den nächsten Tests wiederverwenden. Was sich kein Lehrer bei Schularbeiten oder Matura traut, soll nun bei gesamtösterreichischen Tests geschehen! So blöd können nicht einmal Zuarbeiter von Claudia Schmied sein. Daher ist diese Geheimhaltung ein massiver Beweis für die Annahme, dass auch schon bei der Fragestellung manipuliert worden ist.
3. Manche Formulierungen des bifie sind unbeabsichtigt verräterisch und bestätigen ebenfalls den Manipulationsverdacht. Hier im politische korrekten Wortlaut (NMS meint die neueste Form der Gesamtschule):
„Am Ende der Sekundarstufe I, also nachdem sie die NMS vier Jahre lang besucht haben, werden die ersten NMS-Schüler mit den weitgehend identischen Instrumenten wie die Vergleichsgruppen getestet.“
Das von mir herausgehobene Wort „weitgehend“ sagt wohl mehr als Tausend Dementis . . .
4. Zum Unterschied von den Fragen, kann jedenfalls schon als bewiesen gelten, dass man mit den Ergebnissen manipulieren will. Bifie und Ministerium wollen nämlich einen „fairen Vergleich“ der Ergebnisse vornehmen. Was das heißt, sei wieder mit ein paar unkommentierten bifie-Zitaten belegt:
„Die Informationen aus den Kontextfragebögen ergänzen die Testergebnisse aus der Standarderhebung. Sie ermöglichen es, schulische und außerschulische Einflussfaktoren zur Erklärung von Schülerleistungen heranzuziehen und in der Rückmeldung an System, Schulen, Lehrkräfte und Schüler zu berücksichtigen. Durch die Ermittlung dieser Rahmenbedingungen wird auch ein „faires Vergleichen“ der Schülerleistungen möglich. Der faire Vergleich berücksichtigt jene Faktoren, die zwar einen Effekt auf die Schülerleistungen haben können, die aber durch die Lehrkraft nicht beeinflussbar sind (z. B. der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund). Beim fairen Vergleich werden somit Schulen bzw. Klassen miteinander verglichen, in denen das Lehren und Lernen unter ähnlichen Rahmenbedingungen stattfindet.“
und:
„Da Lehren und Lernen unter verschiedenen Rahmenbedingungen stattfindet, auf die Lehrer bzw. Schulleiter keinen Einfluss haben, werden im fairen Vergleich diese Standortfaktoren und die Zusammensetzung der Schülerpopulation berücksichtigt.“
und:
„In der Baseline 4 flossen folgende Merkmale in den fairen Vergleich ein:
Schulstandort (Gemeindegröße)
Urbanisierungsgrad (Bevölkerungsdichte und Nähe zu einem städtischen Ballungsraum)
Schulgröße
Sprengelschule
Anzahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den getesteten Klassen (Schüler mit SPF wurden vom Test jedoch ausgeschlossen)
Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund
Anteil der Schüler, deren Erstsprache Deutsch ist
Anteil von Mädchen und Buben an der Schule
sozioökonomischer Status der Eltern der Schüler.“
Was den Schluss zulässt: Es sollen nicht nur Migrantenschulen „fair“ (=besser) bewertet werden. Offenbar will man das Ergebnis auch gendern. Interessanterweise nicht berücksichtigt werden Faktoren wie Klassengröße, Einsatz ungeprüfter Lehrer, längerer Ausfall von Unterricht usw.
5. Sogar die Maßstäbe, wie diese Faktoren„fair bewertet“ werden - also zu einer Umbewertung führen - sollen, sind geheim.
6. Besonders skandalös und Misstrauen erweckend ist der Umstand, dass die Schüler am Mittwoch sogar nach dem Arbeitsplatz der Eltern gefragt worden sind! Wozu außer zum Schnüffeln braucht man das?
7. Es wurde auch nach den familiären Verhältnissen gefragt, was an sich durchaus sinnvoll ist. Es wird freilich sehr spannend, ob dieses Ergebnis voll veröffentlicht wird. Da es ja mit gewisser Wahrscheinlichkeit bei den mit Vater und Mutter lebenden Kindern besser ausfallen dürfte, wird ein von einer Claudia Schmied mit ihrer Abneigung gegen traditionelle Familien geführtes Ministerium in diesem Punkt am allerwenigsten offen sein.
8. Ein zusätzlicher Skandal ist, dass die geheimen und nur den unmittelbar Betroffenen zugänglichen Ergebnisse erst im Dezember vorliegen, wenn die Getesteten längst schon aus der Schule oder in der nächsten Klasse sind. Um gigantische 25 Millionen Euro alleine für diesen Test (insgesamt sind es sogar 36 Millionen) könnte das bifie wohl deutlich schneller arbeiten.
9. Andere Aussagen, die man auf den bifie-Homepages findet, zeigen ebenfalls Verräterisches: Das Institut empfindet sich selbst als Gesamtschul-Propaganda-Plattform (Unterstreichung durch mich):
„Es geht darum, anhand von klaren Kriterien den Nutzen der Neuen Mittelschule zu analysieren und darüber hinaus möglichst viele Befunde im Hinblick auf die pädagogisch reichhaltige Gestaltung einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen zu sammeln, aufzubereiten und Ergebnisse sowohl für die Bildungspolitik als auch für andere Schulen zugänglich zu machen.“
Für das bifie ist also schon vor einer Untersuchung klar, dass die Gesamtschule nur einen „Nutzen“ darstellen kann. Einen „Schaden“ durch diese Schulen hält man a priori für denkunmöglich.
„Um auf diese und weitere Fragen datenbasiert Antworten geben zu können, wurde das BIFIE beauftragt, eine externe Evaluation der Neuen Mittelschule durchzuführen.“
Wieso bei einem weisungsgebundenen Institut des Gesamtschul-Ministeriums eine „externe Evaluation“ überhaupt nur denkbar sein soll, wissen wohl nur jene Zeitungen, die mit steuerfinanzierten Inseraten dieses Ministeriums vollgestopft worden sind. Externe Evaluation soll offenbar Unabhängigkeit simulieren, die es aber nicht gibt.
10. Im Grunde ist alles, was bifie tut, zu vergessen: Seriöse wissenschaftliche Arbeit und Evaluation kann immer nur in voller Transparenz und bei offener Nachprüfbarkeit sämtlicher Daten und Fakten erfolgen. Und nicht durch partielle Geheimhaltung. Und schon gar nicht durch ein weisungsgebundenes Institut. Das ist ein totaler Widerspruch zu jedem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Das bifie-Budget müsste eigentlich voll der roten und grünen Parteienförderung zugerechnet werden.
PS.: Wer in den offiziellen Unterlagen des bifie surft, entdeckt, dass dieses Institut, das die Sprachbeherrschung unserer Kinder testen soll, selbst ein gebrochenes Verhältnis zur deutschen Sprache und Rechtschreibung pflegt. Da wimmelt es von hässlichen Anglizismen und Schreibfehlern wie: „Sprechperformanzen“, „Entscheiddungsträgern“(sic), „Ergebnissrückmeldung“(sic). (Gewiss finden sich zweifellos auch in diesem Tagebuch bisweilen Fehler. Aber ein Institut mit diesem pädagogischen Anspruch, diesem Geld-Budget und diesem großen Zeit-Budget sollte doch halbwegs fehlerfrei arbeiten.)
Super ist auch der Satz: „Die synoptische Aufarbeitung aller Ergebnisse der Begleitforschung, der summativen Evaluation, aber auch der verdichteten Ergebnisse lokaler Selbstevaluation wird vom BIFIE in einem eigenen Teilprojekt „Metaanalyse“ geleistet.“ Alles klar? Und die wollen sinnerfassendes Lesen und Schreiben testen und bewerten . . .
PPS: Nur damit keine Verwirrung entsteht: Diese Bildungstests sind morgen auch Thema meiner „Kontroverse“ in den Salzburger Nachrichten.
In Europa kommt es zum Finale. So wie in der Champions-League oder bei Dancing Stars ziehen sich die Dinge zuerst lange hin, bis dann schlagartig die Entscheidung fällt. Nun fallen auch für Europa die Würfel: Wohin geht der Kontinent?
Seit Jahrzehnten konkurrieren zwei Konzeptionen. Auf der einen Seite steht die Idee eines Europas der Vaterländer, in dem die Staaten Träger der Macht sind, von der sie nur im Falle konkreten Nutzens einen Teil an die EU delegieren. Auf der anderen Seite steht der Traum Vereinigter Staaten von Europa. Anders gesagt: Eine Konzeption, von der die Mehrheit der Europäer überzeugt ist, steht gegen ein Projekt der Eliten.
Fast jeder, der irgendeine noch so kleine Rolle in einer EU-Institution bekommt, wird über Nacht zum begeisterten Europäer. Siehe etwa die österreichischen Grünen:1994 noch vehement gegen die EU, sind ihre EU-Abgeordneten wenig später deren fanatische Anhänger. Das Motiv des Gesinnungswandels ist immer gleich: Man kann in der EU oft leichter Regelungen für 500 Millionen durchsetzen, als daheim solche für acht Millionen. Das verleiht ein Gefühl der Macht. Und Macht hat eine berauschende Wirkung. Man beobachte etwa die vollmundigen Politiker aus dem winzigen Luxemburg. Sie alle vergessen, dass der Erfolg Europas im letzten halben Jahrtausend ein Erfolg der Vielfalt, des Wettbewerbs und der Freiheit war.
Die Bürger aber sind der zentralistischen Ideen zunehmend überdrüssig. Sie empfinden Brüssel als regulierungswütigen Moloch. Sie sind ob des Bruchs vieler von der EU selbst gesetzter Regeln und Versprechungen frustriert.
Der Konflikt vertieft sich, obwohl beide Seiten in einem weitgehend übereinstimmen: Bei der Schaffung eines großen Binnenmarktes war die EU sehr erfolgreich. Der Binnenmarkt funktioniert und hat die Europäer reicher gemacht.
Mehr aber wollen diese meist gar nicht. Die Bürger Europas empfinden – im Gegensatz zu den polyglotten Eliten, die täglich durch den Kontinent düsen, – die kulturellen, sprachlichen und ökonomischen Unterschiede als zu groß, um sich als Einheit zu empfinden. Um diese Ablehnung wissend haben die Eliten versucht, ihr Projekt an den Bürgern vorbei so weiterzuentwickeln, dass es nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Nun zwingt aber die Schuldenkrise die Entscheidung herbei: Werden sich jene durchsetzen, die durch eine enge politische Union mit gleichen Steuern, gleichen Gesetzen, gleicher Justiz und gemeinsamen Schulden die Rettung versprechen? Oder aber jene, die überzeugt sind, gerade in stürmischen Zeiten ist der Nationalstaat die wahre Zuflucht, weil nur dort Identität und Solidarität zu finden sind?
Es gibt freilich auch noch eine dritte Möglichkeit: In chaotischen Zeiten könnte bei einem solchen Grundsatzstreit auch der Binnenmarkt selbst auseinander brechen, also der unbestritten nützliche Teil der EU. In der Fußballwelt nennt man das einen Spielabbruch.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Das Bundesheer wird zu Tod gespart? Nicht überall!
Das von unzähligen Sparaktionen heimgesuchte Heer hat schon ganze Waffengattungen de facto aufgeben müssen. Aber in anderen Bereichen wird dort ärger denn je skandalöse Misswirtschaft betrieben: Seit 2006 – also dem Beginn der Ära Darabos – hat die Zahl der Offiziere nämlich nicht ab-, sondern zugenommen. Und das gleich um 188 Herren mit Gold am Kragen! Dabei hat noch nie jemand behauptet, dass das Heer zu wenig Offiziere hätte. Denn gleichzeitig beschäftigt die glorreiche Armee laut Rechnungshof nicht weniger als 2460 Personen mit höheren Bezügen, als es der Wertigkeit des jeweiligen Arbeitsplatzes entspricht. Es gibt nach den heereseigenen Aufstellungen dennoch 2059 Bedienstete zu viel, also Menschen, die nur fürs Nichtstun bezahlt werden, die dort beschönigend „Personal über Stand“ genannt werden. Und die Krönung: Unter Darabos wurden um 12 Millionen Euro mehr für Dienstzuteilungsgebühren ausgegeben als in dem gleichen Zeitraum davor. Und 5 Millionen gab es für „Mobilitätszuschüsse“. Kein Mensch kann bei all diesen Posten die Frage nach dem „Wozu?“ beantworten. Ist es nur die totale Unfähigkeit des burgenländischen Ministers oder mussten so viele Parteigänger versorgt werden (die ja in jedem Ministerium bei einem Farbwechsel wie Schwammerln aus dem Boden schießen)? Gegen die Dimension dieser Misswirtschaft sind sogar die überaus dubiosen und genauso skandalösen Provisionen des Herrn Meischbergers geradezu Trinkgeld aus der Kaffeekassa. Aber bei dieser Regierung ist offenbar eh schon alles wurscht.
Können Sie mit dem Kürzel SHTF etwas anfangen? Es stammt aus dem Amerikanischen und steht für „Shit Hits The Fan“. Phantasiebegabte Zeitgenossen mit ausgeprägtem Sinn fürs Bizarre mögen sich ausmalen, wie man sich das vorzustellen hat. Gemeint ist damit eine Situation, die total außer Kontrolle gerät. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Europa, zumindest der Eurozone innerhalb der EU, nach den zurückliegenden Wahlen genau dieses Szenario demnächst ins Haus steht.
Nachdem bereits mehrere Regierungen europäischer Nationalstaaten über die im Gefolge der Schuldenkrise notwendig gewordenen Sanierungsmaßnahmen gestürzt sind, erteilten die Wähler zuletzt auch in Griechenland, Frankreich und im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands einer seriösen Wirtschaftspolitik klare Absagen. Sparprogramme sind zu unverkäuflichen, politischen Ladenhütern verkommen. Jene Parteien dagegen, die Wohlstand ohne Anstrengung, Konsum ohne vorheriges Sparen und ein kommodes Leben in Verantwortungslosigkeit propagieren, befinden sich in einem kräftigen Aufwind. Da aber auf der Hand liegt, dass man ein Schuldenchaos nicht durch noch mehr Schulden beenden kann, ist es um die Stabilität der Alten Welt – ja um deren Zukunft insgesamt – schlecht bestellt.
Wie es möglich ist, dass innerhalb nur zweier Generationen seit dem Kriege die Tugend des Sparens so vollständig zum Fehlverhalten umgewertet und hemmungslose Schuldenmacherei zur goldenen Regel werden konnte; ob die Möglichkeit zur Schöpfung von Geld und Kredit aus dem Nichts das Problem schafft, oder ob die Wurzeln des Übels tiefer liegen; ob am Ende gar die beiden heiligsten Kühe des „freien Westens“, Massendemokratie und Wohlfahrtsstaat, unter irreparablen Systemfehlern leiden, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. Hier geht es lediglich um den Ausblick auf ein wahrscheinlich zu erwartendes Szenario.
Der auf der zumindest ansatzweise so etwas wie eine „konservative“ Wirtschaftspolitik pflegenden deutschen Regierung lastende Druck von innen und außen – ja sogar von jenseits des Atlantiks! – dürfte in den kommenden Wochen ins Unerträgliche steigen. Es ist daher nicht zu erwarten, dass der bislang gehaltene Kurs fortgesetzt werden wird. Zu massiv sind die überaus populären Forderungen, mit der Politik des „Kapputtsparens“ endlich Schluss zu machen.
Dass indes auf Pump – vielfach auf Kosten der dafür nicht verantwortlichen Jungen – finanzierte „soziale Errungenschaften“ ein schlechter Indikator für gesellschaftlichen Wohlstand sind, will kaum jemand wahrhaben. Gesehen wird, um eine Analogie aus dem Privatbereich zu bemühen, nur das neue Auto vor dem (kreditfinanzierten) Nachbarhaus – nicht aber, dass der Kübel zu horrenden Raten geleast ist, dem Nachbarn somit gar nicht gehört und er sich damit längst finanziell übernommen hat. Der scheinbare Wohlstand entpuppt sich, bei näherer Betrachtung, als bloße Chimäre.
Es wird also – unter dem von Monsieur Hollande & Genossen ausgestoßenen Schlachtruf „Wachstum ankurbeln“ – „investiert“ werden. Da das der private Sektor – aus guten Gründen – nicht mehr tut (zu präsent sind die Erinnerungen an veritable Verluste durch den Aufbau von kreditfinanzierten Überkapazitäten), muss nun – getreu der reinen keynesianischen Lehre – der Staat einspringen. Wie er das – trotz bereits horrender Schulden und am Limit liegender Steuerlasten – dennoch bewerkstelligen kann, ist, wie es in einem einschlägigen NZZ-Beitrag vom 19. Mai sehr anschaulich beschrieben wird, in zwei Worte zu fassen: „Finanzielle Repression“.
Darunter ist – vereinfacht ausgedrückt – ein Bündel von Maßnahmen zu verstehen, das der rigorosen staatlichen Kontrolle und Regulierung von Finanztransaktionen dient. Damit sollen jene Bürger, die noch über liquide Mittel verfügen, dazu gezwungen werden, dem Staat ihr Geld zu für sie außerordentlich ungünstigen Bedingungen zu überlassen. Die ohne Not aufgetürmten Schulden des Staates sollen – auf Kosten dafür nicht ursächlich verantwortlicher Privathaushalte – abgebaut werden. Es geht schlicht und ergreifend um die Enteignung der Sparer – um nicht weniger als den, angesichts der Dimension der zu sanierenden Finanzruinen, größten Raubzug der Geschichte.
Ein hoheitliches Diktat niedriger Sparzinsen, eine gesteuerte Inflation, strikte Kapitalverkehrskontrollen (etwa Geldbehebungsbeschränkungen und niedrige Barzahlungslimits), Goldverbote und drastische Steuern auf Immobilien sind zu diesem Zweck einzusetzende Folterinstrumente. Dem Bürger wird damit jede Möglichkeit zu alternativen Investments vergällt oder verboten.
Das Abgleiten in eine Hyperinflation gilt es allerdings zu vermeiden, da das dadurch entstehende Chaos unerwünschte Risiken für die politische Klasse heraufbeschwören könnte. Denn wenn sich über Jahrzehnte ersparte, private Geldvermögen (etwa Lebensversicherungen) binnen kürzester Zeit in Luft auflösten und die hauptsächlich betroffene Mittelschicht infolgedessen schlagartig verarmte, wäre es keineswegs unwahrscheinlich, dass Richter Lynch unvermittelt auf den Plan tritt und viele der Verantwortlichen ebenso unerwartet wie plötzlich als Laternenverzierung enden.
Da alle unter dem Stichwort „Finanzielle Repression“ zusammenzufassenden Grobheiten konzertiert auf supranationaler Ebene zu erwarten sind und eine „Abstimmung mit den Füßen“ dadurch so gut wie unmöglich wird, werden der Mittelschicht, die immer noch etwas zu verlieren hat (aber nicht, wie das wirklich große Geld, über die nötige Mobilität verfügt, sich alldem zu entziehen), höchst „interessante Zeiten“ ins Haus stehen. Das großartige „Friedensprojekt Euro“ steht vor seinem bislang größten Triumph: Der kollektive Niedergang Europas kann beginnen!
Die überseeische Konkurrenz Europas wird den zu 100 Prozent selbst verschuldeten Abstieg der über viele Jahrhunderte den Erdball dominierenden Alten Welt nicht ohne Schadenfreude zur Kenntnis nehmen.
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Alexis Tsipras hat absolut recht. Der Chef der linksradikalen Syriza-Partei Griechenlands – der beim nächsten Wahlgang noch weiter zulegen dürfte – hat nämlich selbstsicher verkündet: Niemand kann Griechenland aus dem Euroland werfen.
Ein Blick in die diversen europäischen Verträge bestätigt: Kein Land kann hinausgeschmissen werden, weder aus dem Euro-Raum noch aus der Europäischen Union. Damit haben sich EU wie Euro als Schönwetterprojekte entlarvt, die nun schon seit zwei Jahren völlig hilf- und schutzlos im Regen stehen. Damit machen sich auch alle jene Politiker in Österreich wie in Europa lächerlich, die den Griechen nun den Hinauswurf androhen. Das geht einfach rechtlich nicht.
Damit hat auch die EU-Kommission wahrscheinlich recht, die ständig beteuert, keine Vorbereitungen in diese Richtung zu treffen. Man kann nicht etwas vorbereiten, was man gar nicht kann und darf. Das andere Kommissare doch wieder von solchen Vorbereitungen reden, ist nur ein Zeichen des Chaos, das in Brüssel herrscht.
Die Trennung der Griechen vom Euro können nur die Griechen selber beschließen. Und die wollen ganz und gar nicht. Würde doch damit tatsächlich jene gewaltige Verarmung des Landes eintreten, über die die Griechen schon derzeit sehr beredt jammern, ohne dass sie noch wirklich eingetroffen wäre. Außerdem können die Griechen nicht nur aus dem Euro allein austreten, sondern müssten auch gleich die EU verlassen. Was sie genauso wenig wollen – auch wenn man dann natürlich im gleichen Atemzug um Neuaufnahme in die EU ansuchen könnte.
Daher klingt die – sofort wieder dementierte – neueste Idee Angela Merkels zwar verzweifelt, aber doch glaubwürdig. Sie soll den Griechen empfohlen haben, jetzt doch die im vorigen Winter noch von ihr selbst und allen anderen verdammte Volksabstimmung über einen Euroverbleib PLUS Zustimmung zu allen Sparmaßnahmen abzuhalten. Aber genau dieses Plus will ja die Mehrheit der Griechen nicht.
Heißt das nun, Europa ist wirklich so hilflos, wie es jetzt dasteht? Heißt das, Europa muss wirklich alternativlos einfach immer neues Geld in die ausgebrannten Kessel Griechenlands & Co schaufeln? So wie es das ja schon seit zwei Jahren in Billionen-Dimension tut – von den ersten bilateralen Griechenland-Hilfen über die diversen Kommissions- und EZB-Aktionen, übers hemmungslose Gelddrucken, über die Finanzierungen auf kollektiven Pump via Währungsfonds und die komplizierte „Fazilität“ EFSF bis zu dem ebenso komplizierten und destabilisierenden „Stabilisierungsmechanismus“ ESM?
Ganz und gar nicht. Europa hat mindestens drei Optionen. Freilich ist es nicht so sicher, dass in irgendwelchen Staatskanzleien diese Optionen auch wirklich schon genau durchkalkuliert worden wären. Denn populär wird man auch damit nicht. Keine dieser Optionen ist schmerzfrei, jedoch ist jede sinnvoller als die gegenwärtige Schmerzbehandlung für die europäische Krankheit, die nur eine reine Symptomkur ist.
Über diese Optionen hätte man eigentlich schon in den 90er Jahren bei der Gründung des Euro entscheiden müssen. Was man aber nicht geschafft oder gewollt hat. Und man ist ihnen erst recht im Mai 2010 aus dem Weg gegangen, als Griechenland erstmals bankrott war.
Die erste Option würde keiner neuen europäischen Verträge bedürfen. Sie bedeutet einfach: Man lässt Griechenland auch wirklich so wie im Vertrag vorgesehen bankrott gehen. Das wäre zwar ein Schock für das Land, aber die logische Konsequenz aus allen jenen Fehlern, die die Griechen selbst zu verantworten haben – in der lügenreichen Vergangenheit ebenso wie erst recht durch das jüngste Wahlergebnis. Dann könnte die griechische Regierung etwa den Beamten und Pensionisten höchstens die Hälfte des monatlichen Schecks zukommen lassen. Und so weiter.
Aber genau dieser Schock würde am ehesten das auslösen, worum sich die Griechen derzeit so klagenreich herumdrücken: Privatisierungen, Deregulierungen, Beamtenabbau, Abbau von Kündigungsschutz, echte Öffnung für ausländische Investoren usw. Ob die Griechen dann auch zur Drachme zurückkehren, ist da schon eine sekundäre Frage.
Freilich soll niemand glauben, dass dieser an sich logische Weg für das Ausland ein einfacher oder gar billiger wäre. Zahlreiche ausländische Banken und Versicherungen müssten dann durch die eigene Regierung vor den Auswirkungen eines Domino-Effekts geschützt werden. Denn sonst würden auch die jeweils eigenen Unternehmen des Landes mitgetroffen werden, wenn ihre Bankkonten plötzlich nichts mehr wert wären. Wobei es freilich nicht sein dürfte, dass bei der Bankenrettung Bankaktionäre und -mitarbeiter ungeschoren davonkämen. Sie müssten einen Teil des griechischen Ausfalls selber tragen. Nur die schuldlosen Kunden sollten geschützt werden.
Eine weitere Konsequenz einer griechischen Insolvenz würde viele europäische Regierungen treffen: Sie alle hätten dann noch viel größere Probleme bei der eigenen Refinanzierung. Denn jeder Geldgeber würde nach einem endgültigen Bankrott Griechenlands noch viel intensiver als schon jetzt nachdenken, bevor er Italien, Spanien, aber auch Frankreich und vielen anderen Staaten weiter gutes Geld zur Verfügung stellen würde. Das würde für diese Länder die Schuldenaufnahme zumindest neuerlich verteuern.
Allerdings: Dieser Effekt ist schon im Vorjahr bei der erzwungenen Umschuldung der privaten Inhaber griechischer Anleihen in hohem Ausmaß eingetroffen. Diese Umschuldung war eine besonders dumme Aktion: Das Ausland hat viele negativen Folgen getragen, ohne dass man die Griechen zu einer echten Reform zwingen hätte können.
Griechenland bankrott gehen zu lassen, kommt ganz Europa teuer. Aber es nicht bankrott gehen zu lassen, sondern weiter zu „helfen“, kommt noch viel teurer. Und es verhindert vor allem weiterhin, dass die Griechen endlich wirklich selber sanieren. Und auch kein anderes Land wird das dann tun. Sondern alle Bürger würden glauben, dass man nur links- oder rechtspopulistisch wählen, ein bisschen demonstrieren sowie „Occupy!“ rufen müsste. Und schon zahlt weiter ein anderer für sie.
Damit kommen wir zur zweiten Option: Die EU beschließt ein echtes Insolvenzrecht. Das erfordert eine Vertragsänderung, und dauert daher wahrscheinlich in einer akuten Notsituation zu lange. Aber jedenfalls gilt hier der Satz: Besser spät als gar nicht. Die Schaffung eines solchen Staateninsolvenz-Gesetzes wäre jedenfalls viel dringender als all die zahllosen Banken-Regulierungsversuche der letzten Jahre. Denn die Staaten sowie deren verlorene Wettbewerbsfähigkeit und nicht so sehr die Banken sind der zentrale Kern des europäischen Dilemmas.
Eines solchen Insolvenzrechts hätte es schon bei Fixierung des Euro zumindest für den Euro-Raum bedurft. So wie es ja auch innerhalb jedes Landes für zahlungsunfähige Firmen genau geregelte Abläufe gibt. Im Zentrum steht dabei immer ein sogenannter Masseverwalter. Der übernimmt in dem insolventen Land beziehungsweise in der insolventen Firma alle finanziell relevanten Geschäfte. Interessanterweise wird neuerdings in der Europäischen Zentralbank genau darüber nachgedacht.
Das bedeutet freilich eine vorübergehende Aushebelung der Verfassung und Demokratie. Das ist daher eine extrem heikle Operation. Das würde die Gefahr eines revolutionären Chaos verstärken. Das wäre aber wohl im Gegensatz zur ersten Option ein viel klarer geordneter Umgang mit der Zahlungsunfähigkeit eines Landes. Daher sollt unabhängig davon, wie es kurzfristig in Griechenland weitergeht, dieses Insolvenzrecht die erste Priorität auf der europäischen Agenda werden.
Womit wir zur dritten Option kommen. Die heißt: Wenn die Griechen nicht aus dem Euro austreten wollen, können es ja die anderen tun. Das ist freilich eine gewaltige Vertragskonstruktion, die da geschrieben werden müsste. Denn so wie die Griechen nicht nur aus dem Euro austreten können, können es auch die anderen Länder nicht. Sie müssten formal auch die EU verlassen und EU wie Euro neu gründen. Dabei werden die Austretenden auch den Zurückbleibenden – also jedenfalls den Griechen – gegenüber schadenersatzpflichtig. Wobei man freilich auch alle von Athen verursachten Schäden gegenrechnen kann.
Eine solche Neugründung könnte natürlich auch genutzt werden, die vielen Fehler der EU-Konstruktion zu beseitigen. Da hat sich ja im Verlauf von mehr als einem halben Jahrhundert Vieles angesammelt oder als schädlich erwiesen: Vetorechte, Nichteinhaltung der eigenen Regeln, undemokratische Bevorzugung von Kleinstaaten gegenüber den Großen, der unheilvolle Drang zur Überregulierung, unklare Verhältnisse zwischen Nato- und neutralen Ländern, usw.
Mit anderen Worten: Es bräuchte wohl Jahre, um all das zu klären. Niemand hat einen besseren EU-Vertrag fertig in der Lade, der auf zumindest mehrheitliche Zustimmung stieße. Zugleich würde eine neue, bessere Union wahrscheinlich etliche Mitglieder verlieren, die auf dem Weg des Willensbildungsprozesses verloren gingen.
Erst recht würden solche Verluste an Mitgliedern auch bei einem neu zu zimmernden Euro-Raum der Fall eintreten. Denn während man die EU ja auch schlanker machen könnte und sollte, könnten an einem Euro-Neu zweifellos nur Länder teilnehmen, die sich einem klaren und zwingenden Regime unterwerfen würden (anstelle der skurrilen Maastricht-Kriterien, die vom ersten Tag an nie eingehalten worden sind).
Ein solcher Verlust wäre aber sicher kein großer Schaden. Hat man doch in dieses Europa immer wieder Länder aufgenommen, die (noch) gar nicht hineinpassen. Die man aber „aus politischen Gründen“ zu früh aufgenommen hat.
Über all diese drei Optionen muss – müsste – zum Beispiel der von Michael Spindelegger in der Vorwoche gegründete Kreis von reformwilligen Ministern intensiv nachdenken. Ob aus dem mehr wird als aus so vielen anderen Nachdenkrunden?
Das Teuflische ist: In Europa brennt der Hut so lichterloh, dass alle Entscheidungen binnen weniger Wochen getroffen werden müssten. Und dabei sollen gleichzeitig in diesen Wochen auch noch ganz schwierige Pakete durch die nationalen Parlamente beschlossen werden: neben der Verpflichtung zur Schuldenbremse auch der neue, viele weitere Hundert Milliarden teure Stabilisierungsmechanismus ESM.
Dieses Paket hängt freilich auch aus einem anderen Grund in der Luft. Denn sowohl die deutschen wie auch die französischen Sozialisten lehnen nun die Pflicht zu einer Schuldenbremse ab. Was zwar ein neuerlicher schwerer Stoß des sich breit machenden Populismus für die Stabilität Europas wäre. Was aber wieder leichte Hoffnung macht, dass damit wenigstens auch der ESM tot sein könnte (den aber wieder die Sozialisten gerne hätten!).
Heute hat Europa die Rechnung für Hunderte faule, den Grundrechnungsarten der Ökonomie widersprechende Kompromisse auf dem Tisch. Es ist dadurch selbst längst von arger Fäulnis befallen. Die proeuropäischen Sprüche mancher Politiker und EU-Journalisten gleichen daher längst nur noch dem Pfeifen im Walde.
Noch fehlt mir ein zweiter Beweis, der sogenannte Gegencheck. Daher behandle ich es vorerst als Gerücht, wenn auch als solches aus einer interessanten Quelle. Aber der Hinweis klingt zumindest sehr konsistent: Im heimischen Bildungswesen zeichnet sich ein Megaskandal ab. Dieser hätte bei seinem endgültigen Losbrechen das Potenzial, nicht nur Parlaments-Sondersitzungen, sondern auch eine schwere Regierungskrise auszulösen. Bis hin zu Neuwahlen.
Noch wollen wir jedoch hoffen, dass sich die Information doch noch als Irrtum entpuppt. Ihr Kern: Bei den diese Woche angesetzten Tests für die Mathematik-Bildungsstandards der 14-Jährigen scheint eine skandalöse Manipulation inszeniert zu werden. Das Unterrichtsministerium schickt, so wird mir zugetragen, für die diversen Formen der Gesamtschulen und die Hauptschulen im Geheimen viel leichtere Tests aus als für die Gymnasien. Vorbereitet sei darüber hinaus auch ein zusätzlicher nachträglicher Aufwertungsfaktor für die Ergebnisse der Nicht-Gymnasien, falls sie trotzdem nicht gut genug sein sollten.
Der Zweck der Übung wäre klar: Damit könnte das Ministerium zu "beweisen" versuchen, dass die Ausbildung in den AHS ohnedies nicht besser ist als in den anderen Schultypen. Womit man den Druck Richtung zwangsweiser Gesamtschule weiter erhöhen könnte.
Abgesehen von einer – noch nicht überprüfbaren – vertraulichen Einzelinformation, gibt es jedenfalls eine Reihe von gravierenden Indizien und Fakten, die diesen Verdacht erhärten, die dieser Information mehr Gewicht als bloßen Gerüchten gibt:
Aber nochmals sei gesagt: Vorerst bleibt die Hoffnung, dass diese – freilich aus einer seriösen Quelle kommende – Information unrichtig sein könnte. Wenn aber nicht? Dann wird man – trotz aller Koalitionsdisziplin – wohl auch die meisten ÖVP-Abgeordneten nicht mehr zwingen können, Claudia Schmied bei einem Misstrauensvotum zu unterstützen. Dies wird nicht einmal dann gelingen, wenn die Ministerin nur durch grüne und orange Leihstimmen gerettet werden könnte (als Vorboten der nächsten Koalition?) und wenn daraufhin vorzeitige Neuwahlen drohen.
Für solche fühlt sich die ÖVP derzeit freilich nicht gut aufgestellt. Nur gilt in der Politik allemal: Besser ein ehrenvoller Konflikt als ein ehrloses Dahinwurschteln. Was könnte für die einst große bürgerliche Partei besser sein, als endlich wieder ein echtes Kampfthema mit großer Popularität zu erhalten?
Manche Dinge sind so unglaublich, dass man sie dreimal nachprüft. Wer hätte sonst geglaubt, dass europäische Agrargelder ausgerechnet zur Wiener Verlagsgruppe News fließen?
Ja, genau: Das ist jene Gruppe, die jahrelang in Hinblick auf ihre Auflagen wie gedruckt gelogen hat. Und jetzt reiht sich zum dubiosen Gebaren dieser einst von den Faymann-Freunden Fellner gegründeten Illustrierten-Kette eine neue Unglaublichkeit: sie hat im Vorjahr unter dem Titel „EU-Agrarzahlungen“ 113.400,00 Euro erhalten. In aller Heimlichkeit.
Das ist eine Riesensauerei und sollte schleunigst zurückgefordert werden. Diese Causa wird sonst wohl genauso in die Geschichtsbücher eingehen wie die zahllosen von der EU geförderten griechischen oder sizilianischen Olivenbäume, die nur ein kleines Problem haben: Es gibt sie gar nicht.
Die agrarische Geldverschiebung zu „News“ ist auch ein Musterbeispiel, wie sinnlos die von der Wiener Regierung angekündigte Transparenzdatenbank sein wird. Gibt es doch bei den Landwirtschafts-Förderungen schon seit einigen Jahren eine solche Transparenzdatenbank. In dieser stehen dann halt nach der Methode „Schmecks“ Geldbeträge ohne jede Transparenz, ohne jedes Wofür, Weshalb oder Warum.
Nach der Logik der EU-Finanzierungs-Usancen ist jedenfalls das Berlakovich-Landwirtschaftsministerium direkt oder indirekt verantwortlich. Auf die Anfrage, wofür das Geld der EU-Agrarförderungen denn verwendet worden ist, erhält man von der Agrarmarkt Austria, die für die „Transparenz“ verantwortlich ist, aber nicht einmal eine Auskunft. Trotzdem gehe ich jede Wette ein, dass bisher kein Mensch in Brüssel auch nur eine Ahnung hat, welche Schmuddel-Illustrierten da aus europäischen Geldern angefüttert werden. Denn die Schiebereien sind zweifellos in Österreich selbst passiert.
In dieser Transparenzdatenbank im Internet werden die Zahlungen an die „Verlagsgruppe News Gesellschaft M.B.H. GmbH“ einfach mit „Investitions- und Regionaloffensive - sonstige Maßnahmen“ erklärt. Schmecks. Mehr erfährt man nicht. Daher bleibt dem Steuerzahler nur die Spekulation, wie das Geld in die drei vorgegebenen Ziele passen mag:
Kreative Geldschieber werden schon eine Antwort finden, wenn einmal der Rechnungshof und Staatsanwalt anklopft. Hat das „Profil“ vielleicht eine Anleitung zum Kühemelken abgedruckt? Oder das „News“ einen Vergleichstest der besten Mähdrescher? Oder geht es vielleicht um eine „Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten“? Was gar nicht so abwegig wäre: Sind die diversen „News“-Hefte doch seit Jahren in von den Leser heftig benachteiligten Gebieten anzutreffen.
Oder hängt der Geldfluss vielleicht gar damit zusammen, dass Raiffeisen sowohl zu den für landwirtschaftliche Förderungen zuständigen Behörden wie auch zu den geförderten Magazinen eine sehr große Nahebeziehung hat? Das will ich schon gar nicht glauben. Und außerdem gilt die Unschuldsvermutung.
Streng zurückweisen muss ich natürlich auch alle Vermutungen, dass da ein brutaler Verleger irgendjemandem mit einer unangenehmen Veröffentlichung gedroht haben könnte, unabhängig davon, dass solche Veröffentlichungen in den bunten Heften ohnedies nur selten vor Richtigkeit strotzen.
Als jedenfalls unrichtig kann ich aber jetzt schon eine weitere Vermutung entlarven: Das Geld floss nicht für die Aktion „Bauer sucht Frau“. Das könnte ja noch irgendwie als Landwirtschaftsförderung verstanden werden (nach der Gleichung: Glückliche Bauern = glückliche Kühe = glückliche Milch). Denn: „Bauer sucht Frau“ ist definitiv nicht bei News, sondern bei ATV gelaufen. Und ATV hat kein Geld bekommen. Womit ich übrigens die Privatfernsehmacher zu nichts angestiftet haben will. Denn sie würden höchstwahrscheinlich ohnehin nicht gefördert werden. Fehlen ihnen doch die richtigen Netzwerke . . .
Wir wissen letztlich nur: „Grundlage für die Zahlungen sind Leistungen, die die Empfänger im Agrarbereich im öffentlichen Interesse erbringen.“ Wer‘s glaubt, wird selig.
Und ansonsten haben wir brav Steuern zu zahlen, die Goschen zu halten und nicht allzu laut mit den Zähnen ob all der Schweinereien in diesem Land zu knirschen.
Wien hat einen neuen, durchaus interessanten Ärztekammerpräsidenten. Er heißt Thomas Szekeres, arbeitet im Korruptionstempel AKH, ist Betriebsrat und der erste Sozialist in dieser Funktion. Auch wenn alle drei Aspekte skeptisch machen müssen, so lässt der Mann doch zweifach aufhorchen.
Erstens ist er gewählt worden, obwohl seine Liste keineswegs die stärkste ist. Was ich für durchaus legitim und demokratisch halte. Aber gab‘s da nicht auch Parteien, die den Untergang der Demokratie verkündet haben, als im Jahr 2000 jemand anderer als der Exponent der stärksten Liste Bundeskanzler geworden ist? Was zur Frage führt: Geht vielleicht die Demokratie (siehe etwa auch Ungarn) immer nur dann unter, wenn ein Sozialist abgewählt wird?
Noch interessanter ist etwas Zweites: Herr Szekeres fordert eine Reduktion der Kammerbeiträge. Was jedenfalls gut klingt. Nun weiß ich freilich viel zu wenig über die Finanzen der Wiener Ärztekammer Bescheid, um die Auswirkungen dieser Beitragssenkung abschätzen zu können, also um zu wissen, ob das auch wirklich eine gute Idee ist. Sehr genau weiß ich aber über die Finanzen einer anderen Kammer Bescheid, nämlich der reichsten Kammer Österreichs, also der Arbeiterkammer.
Dieser von Zwangsbeiträgen aller Arbeitnehmer lebende Verein schwimmt im Geld. Er muss zum Unterschied von der Wirtschaftskammer auch nicht einen teuren Außenhandelsapparat rund um den Globus finanzieren (womit die WKO wenigstens in einem Punkt etwas Sinnvolles tut, so absurd die gesamte von ihr verteidigte Gewerbeordnung auch ist). Zugleich werden der Arbeiterkammer viele Vertretungsaufgaben wie etwa die Kollektivverträge von den parallel abkassierenden Gewerkschaften abgenommen. Das Verdienen fällt der AK umso leichter, als die Zahlungen an die AK auf dem Lohnzettel im Sozialversicherungsbeitrag versteckt sind. Damit sind ihre Einnahmen die einzigen Kammerbeiträge Österreichs, die den Geschröpften gar nicht bewusst werden!
Die Arbeiterkammer gibt den Großteil dieser versteckten Zwangszahlungen als indirekte Parteisubvention im Interesse der SPÖ aus. Erklärt das vielleicht, dass man zwar in der Ärztekammer, aber nie in der Arbeiterkammer einen Sozialisten nach einer Beitragsreduzierung rufen hört?
Das wäre übrigens auch ein toller Beitrag zum Wachstum, nach dem ja alle Linksparteien derzeit so heftig rufen. Noch dazu einer ohne neue Schulden! Aber vielleicht wollen sie gar nicht primär mehr Wachstum, sondern nur ein solches auf Schulden?
Das Pensionssystem ist in Österreich zu rund 90 Prozent umlagefinanziert (staatliche „1. Säule“) und unterliegt de facto dem Leistungsprimat* („defined benefit“; Höhe der Leistungen ist definiert). Mit dem vollständigen Übergang auf das Allgemeine Pensionsgesetz (APG) oberhalb der Mindestpension wird das Prinzip der Versicherungsäquivalenz jedoch zunehmen. Pensionsleistungen aus den kapitalgedeckten Systemen (private „2. und 3. Säule“) von rund 10 Prozent unterliegen prinzipiell dem Beitragsprimat* („defined contribution“; Höhe der Beiträge ist definiert), wenngleich auch Zusagen im kapitalgedeckten System (alle direkten Leistungszusagen und etliche Pensionskassenzusagen) leistungsbezogen sein können (was allerdings Nachschusspflichten impliziert).
Gemäß langfristiger Projektion wird der Pensionsaufwand von 14,1 Prozent des BIP (2010) auf 16,7 Prozent (2030), die Pensionsbeiträge der Beschäftigten im selben Zeitraum hingegen nur von 8,4 Prozent auf 8,5 Prozent des BIP steigen. Dieser Anstieg des Bundesbeitrags (d.h. zusätzliche Budgetbelastung) um weitere 2,5 Prozent des BIP p.a. erhöht den Druck in Richtung weiterer und auch nachhaltiger Pensionsreformen.
Die EU weist in ihrem jüngsten „Weißbuch“ (Feb. 2012) auf die Notwendigkeit hin, dass deutlich mehr zusätzliches individuelles Ansparen notwendig sein wird, um den Erhalt des Lebensstandards in der Pension abzusichern.
Sie fordert eine regelmäßige und übersichtliche Information für jeden Anspruchsberechtigten ein, die Auskunft über die zu erwartende Höhe der Pension aus der 1. und 2. Säule gibt. Damit soll der Bedarf nach zusätzlicher Vorsorge wesentlich transparenter werden. Die Qualität der privaten Pensionsvorsorgeprodukte der 3. Säule soll verbessert werden, insbesondere durch regelmäßige übersichtliche Information für jeden Anspruchsberechtigten hinsichtlich Transparenz, Rentabilität, Kostensynergien und Sicherheit bei Kapitalmarktschwankungen.
Die Finanzkrise hat das Vertrauen auch in die kapitalmarktbasierte Pensionsvorsorge erschüttert: Die Sinnhaftigkeit der Ausdehnung privater Altersvorsorge wurde in dem Ausmaß in Zweifel gezogen, in dem vergessen wurde, dass die Altersvorsorge eine Frage der langen Frist ist. In den meisten OECD-Ländern lag (in lokaler Währung) das in Pensionsfonds gemanagte Vermögen über den Beständen von 2007.
In umfangreichen Simulationen hat die OECD das Ausmaß der Risiken und Unsicherheiten von Anlagerenditen im Kontext der Altersvorsorge, d.h. über die Lebenszeit der Beitragszahler betrachtend, untersucht. Demnach liegen die zu erzielenden realen Renditen selbst bei konservativen Strategien (deutlich) höher als die in Zukunft zu erwartenden Pensionssteigerungen auf Basis der Berechnungen der Pensionskommission.
Neben dem Erhalt der Kaufkraft würde selbst die volle Einbeziehung von Lohnzuwachsraten – langfristig betrachtet – die Kapitalmarktrenditen nicht erreichen.
Verteilung der simulierten jahresdurchschnittlichen Anlagerenditen
Für ein „ausgewogenes“ Portefeuille unter Berücksichtigung von Verwaltungsgebühren, Kosten der Umwandlung des akkumulierten Kapitals in regelmäßige Rentenzahlungen usw. ermittelte die OECD folgendes Ergebnis:
Verteilung der simulierten künftigen Anlagerenditen und Ersatzquoten
Die in den Simulationen erhaltene Medianrendite von 5,0 Prozent liegt unter dem empirisch ermittelten Durchschnittswert der letzten 25 Jahre von 7,3 Prozent.
Die Finanzkrise hat den Fokus in der Pensionsvorsorge auf das (kurzfristige) Veranlagungsrisiko gelegt, das (langfristige) politische Risiko in Form von Pensionsreformen (um die prognostizierten steigenden budgetären Belastungen zu senken) aber weitgehend ausgeblendet.
Bereits in den letzten Jahrzehnten ist aufgrund von Pensionsreformen – z.B. Ausdehnung der Durchrechnungszeiträume von den besten fünf Jahren auf die gesamte Erwerbsphase, Reduzierung der Anrechnungen von Nichterwerbsphasen … – die Leistung des staatlichen Umlageverfahrens deutlich gesunken (ausgedrückt als Verzinsung der PV-Beiträge), trotz diverser „Verlust-Deckelungen“. Die notwendigen Pensionsreformen, die das System versicherungsmathematisch betrachtet „fairer“ gestalten, führen zu einem permanenten Verlust an Pensionsleistungen. Im Gegensatz dazu werden Vermögensverluste in diversifizierten Portefeuilles nach Finanzkrisen u.U. rasch wieder wettgemacht (wie etwa in der aktuellen Finanzkrise). Während ältere Generationen von der politikinduzierten „Blase der staatlichen Pensionsversprechen“ profitieren können, tragen jüngere Generationen die mit dem Platzen dieser Blase verbundenen Kosten in Form von Reformverlusten.
Nicht nur die Renditen auf Finanzmärkten, auch die impliziten Renditen des staatlichen Umlageverfahrens schwanken (je nach Annahme über die Zurechnung des Bundesbeitrags zur Pensionsversicherung und über den Abzug von Risikoanteilen vom Versichertenbeitrag) stark. Anzustreben wäre daher eine zwischen öffentlichen und privaten Systemen besser diversifizierte Altersvorsorge, als sie gegenwärtig in Österreich mit rund 90/10 herrscht, mittelfristig könnte der „optimale“ Anteil der privaten kapitalgedeckten Pensionsvorsorge rund 30 Prozent ausmachen.
Innerhalb der nicht-staatlichen, kapitalgedeckten Pensionsvorsorge sollte jedoch die betriebliche Altersvorsorge reduziert und private Vorsorgeformen forciert werden:
Die Nachteile der 2. Säule (geregelt im Betriebspensions-, Pensionskassen- bzw. im Betriebliche- und Selbstständigenvorsorgegesetz) sind:
Auch die aktuelle Novellierung des Pensionskassen- und des Betriebspensionsgesetzes (in Kraft tretend Anfang 2013) mit der neu geschaffenen Möglichkeit einer „Sicherheitspension“ (Angebot einer Sicherheits-Veranlagungs- und Risikogemeinschaft) und geringfügig flexibleren Anlagestrategien (konservativ, risikoreich) ändert an der grundsätzlichen Problematik nichts, auch wenn einige Nachteile reduziert wurden.
Nur im Rahmen der 3. Säule besteht für einzelne Anwartschaftsberechtigte die Freiheit, das Risiko-Rendite Profil optimal zu wählen (z.B. individuelles „Lifecycle Investing“) bzw. hat er die Freiheit der Wahl unter konkurrierenden Produkten.
Wesentlich ist dabei die Sicherstellung gleicher Besteuerung für alle Produktformen, d.h. durch unterschiedliche steuerliche Belastung soll keine verzerrende Wirkung entstehen. Anzustreben wäre daher ein persönliches Pensionskonto/-depot, das als solches definiert durchgängig der nachgelagerten Besteuerung unterliegt (Einzahlung und Veranlagung ohne steuerliche Belastung, Auszahlung hingegen mit Einkommensteuer belegt).
Das schwedische Pensionsmodell wurde in den 1990er Jahren entwickelt, als Schweden sich einer alternden Gesellschaft, einem vergleichsweise geringeren Wirtschaftswachstum und einem ausufernden Budgetdefizit gegenüber sah. Das alte Pensionssystem nach dem Leistungsprimat wurde ersetzt (mit Übergangsregelungen) durch ein stark auf Kapitaldeckung ausgerichtetes System, wobei in allen drei Säulen teilweise bis ausschließlich Beiträge am Kapitalmarkt veranlagt werden.
Die zugrundeliegende Idee des Systems beruht auf der Tatsache, dass die Höhe der Pension (in Form einer Annuität) vereinfacht ausgedrückt von der Höhe des Kapitals zum Pensionsantritt „dividiert“ durch die durchschnittliche Lebenserwartung zum Pensionsantritt abhängt:
Dem Problem der alternden Bevölkerung kann in dieser Logik vor allem mit einem späteren Pensionsantritt begegnet werden. Das Kapital hängt ab von der Höhe der Beiträge und deren Wertentwicklung über die Laufzeit und zeigt die Bedeutung von langfristigem regelmäßigen Sparen und dem Zinseszinseffekt.
Die erste Säule (laufender Beitrag 18,5 Prozent des Bruttogehalts) besteht aus drei Teilen:
Im Rahmen der zweiten Säule werden je nach Kollektivvertrag 3,5 – 4,5 Prozent des Bruttogehalts vom Arbeitgeber in ein vom Arbeitnehmer (!) auszuwählendes Versicherungsprodukt (va fondsgebundene Lebensversicherung) einbezahlt – auch dieser Teil ist beitragsorientiert und vor allem: individuell gestaltbar.
Für die dritte Säule – Private Pension – sind 3 Möglichkeiten vorgesehen:
Einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit des Pensionssystems leisten „Finanzielle Stabilisatoren“: Die jährliche Anpassung der Pension aus der 1. Säule berücksichtigt auch die Einkommensentwicklung und gewisse Abschlagsfaktoren und kann sich daher sowohl positiv als auch negativ entwickeln (letzteres 2010 und 2011). Für die Bezieher niedriger Pensionen wird dies durch die Garantiepension ausgeglichen.
Kritiker von kapitalgedeckten Pensionssystemen weisen immer auf die Abhängigkeit von der Kapitalmarktentwicklung hin. Das schwedische System berücksichtigt kurzfristige negative Schwankungen insoweit, als jeder Einzelne bestimmen kann, wann sein in der 2. oder 3. Säule angespartes „Kapital“ in eine Verrentung übergeführt wird.
Um die Verwaltungskosten dieses Systems zu minimieren, hat man sich entschlossen, ein zentrales „Clearinghaus“ zu etablieren, das „Pensionskonten“ führt und wo man jederzeit umschichten bzw. sich informieren kann. Ebenso gibt es für die Fonds und Versicherungen Obergrenzen für deren verrechnete Kosten.
Unabhängig von ihrer jeweiligen beruflichen Funktion haben mehrere österreichische Spitzenökonomen (Mathias Bauer, Peter Brandner, Peter Brezinschek, Josef Christl, Christian Helmenstein, Uta Pock, Thomas Url) die Initiative proMarktwirtschaft gegründet, für die dieser Text verfasst wurde.
Es ist schon recht interessant, wie arm Francois Hollande wirklich ist. Und wie sauber sich seine neue Regierung vom ersten Tag an präsentiert. Der französische Wahlsieger hat ja seinen Wahlkampf mit Sauberkeits-Versprechen und dem üblichen sozialistischen Hetzen gegen die Reichen geführt.
Nun aber musste er offiziell sein Eigentum offenlegen. Und das steht in erstaunlichem Gegensatz zu seiner Rhetorik. Der Mann hat ein Appartment in Paris, eine Villa in einem Vorort von Cannes und zwei weitere Appartments in dem Rivierarort.
Zusammen ist das weit mehr als eine Million Euro wert. Sarkozy ist hingegen von den Medien jahrelang alleine deshalb attackiert worden, weil er seinen Wahlsieg in einem Luxusrestaurant gefeiert hat und sich von etlichen Reichen auf Ferientripps einladen ließ. Was zweifellos von schlechtem Stil und Abgehobenheit zeugt. Was man neuerdings auch als Anfütterung verpönt. Und was daher zu Recht kritisiert wurde. Dass Hollandes stolze Eigentums-Liste aber überhaupt nicht thematisiert wird, erstaunt hingegen schon sehr.
Geschah das etwa deshalb nicht, weil diese Liste den Franzosen wenigstens die Gewissheit gibt, dass Monsieur Hollande schon aus Eigeninteresse nichts in Sachen Vermögensteuer unternehmen wird? Bei der Einkommensteuer hingegen erhöht er ja den Spitzensatz auf 75 Prozent. Selbst ist er freilich diesem Steuersatz durch die – natürlich immer populäre – 30-prozentige Senkung der Politiker-Einkommen entgangen .
Noch eigenartiger ist das Schweigen der Medien zu einem zweiten Signal der neuen Inhaber der französischen Macht: Regierungschef Jean-Marc Ayrault ist vorbestraft. Er war zu einer Haft- und Geldstrafe verurteilt worden, weil er 1997 als Bürgermeister die Verwaltung des Stadtblatts ohne öffentlichen Wettbewerb einer den Sozialisten nahestehenden Firma anvertraut hat.
Eigenartig, wie wenig das jene Medien interessiert, die einst Sarkozys Luxusmahl zum nationalen Drama hochgeschrieben haben. Obwohl Hollande geschworen hat, keinen Politiker mit Vorstrafen in Ämter zu bringen.
PS.: Unabhängig von dem genannten Aspekt kommt der Österreicher aber über Ayraults Vorstrafe auch sehr in ein bewunderndes Staunen. Wie viele heimische Politiker müssten nämlich hinter Gitter kommen, wenn die Nichtausschreibung von öffentlichen Aufträgen auch bei uns zum Anlass für so strenge Urteile genommen würde! Man nehme nur alleine den Medienbereich, der Ayrault zum – wenigstens befristeten – Verhängnis geworden ist. Die Herren Häupl und Faymann könnten sich dann wohl nur noch via Klopfzeichen verständigen . . .
PPS.: Erstaunlich ist aber auch der Privatsender RTL. Dieser hat einen Sportjournalisten gefeuert, weil er auf Twitter etwas Kritisches über Hollandes Lebensgefährtin geschrieben hat. Und wieder schweigt die ganze Medienszene, die sich einst (völlig zu Recht) über die Einflussnahme Sarkozys bei befreundeten Verlegern erregt hatte.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Deutschland ist anders. Statt auf die ewige Große Koalition zu setzten, steht mit dem Wahlerfolg in Nordrhein-Westfalen das rot-grüne Regierungsmodell möglicherweise vor einem flächendeckenden Comeback. Eine rot-grüne Koalition regiert bereits in Bremen; in Baden-Württemberg stellen die Grünen sogar den Ministerpräsidenten. Im Bund könnte es nach der Bundestagswahl 2013 zur Neuauflage von Rot-Grün kommen. Hierzulande drehen sich die Mühlen der Politik langsamer. Erfahrung mit Rot-Grün liegen bis dato nur in der Bundeshauptstadt vor. Durchaus mit zufriedenstellendem Ergebnis, sodass der mächtige Wiener Bürgermeister Michael Häupl mit einer solchen Koalition auf Bundesebene liebäugelt. Das hat einiges für sich, denn in vielen Kernaussagen sind sich Sozialdemokraten und Grüne weitaus näher als SPÖ und ÖVP. Ganz zu schweigen von den tiefen Gräben, die SPÖ und Grüne von den Freiheitlichen oder dem BZÖ trennen. Sozialdemokraten und Grüne haben viele Gemeinsamkeiten in ihrer Programmatik. Vor allem in der Sozial- und Wirtschaftspolitik gibt es ähnliche Ziele. Das gilt ebenso für die Bereiche Bildung, Wissenschaft, Kultur und Integration. Parallel sind auch ihre europapolitischen Anliegen. Rote und Grüne kämpfen für eine vernünftige Regulierung der Finanzmärkte, für mehr Demokratie und für eine Vertiefung der EU. Ein rot-grünes Bündnis würde daher in vielen Politikfeldern große Übereinstimmungen erzielen und könnte mehr bewegen als die derzeitige Koalition. Sozialdemokraten und Grüne könnten sich leichter auf mutigere Reformschritte einigen, ohne sich im ideologischen Dauerkampf aufzureiben. Der Stillstand in der heimischen Politik würde beendet. Es spricht viel dafür, die ausgeleierten Gleise zu verlassen und das rot-grüne Projekt zu wagen.
Andreas Unterberger
Die rot-schwarze Regierung hat trotz aller Fehler ein starkes Argument für sich: Es gibt noch viel schlimmere Alternativen - insbesondere eine rot-grüne Koalition. Wohlweislich haben die Österreicher dieser Formel bisher stets die Mehrheit verweigert. Sie ist nur bei den vielen linksgestrickten Journalisten beliebt.
Die größte Katastrophe wäre Rot-Grün zweifellos für die Staatsfinanzen. Das macht nicht nur die seit Kurzem wieder hell aufflammende linke Kampagne gegen den (ohnedies unzureichenden) Sparzwang für Griechenland oder Frankreich klar. Das zeigt auch das rot-grün regierte Wiener Rathaus sehr anschaulich: Die Schulden dieser Stadt haben sich binnen zweier Jahre weit mehr als verdoppelt! Zusätzlich wurden in Wien fast alle Gebühren in Rekordausmaß in die Höhe gejagt, etliche sogar um 60 bis 70 Prozent. Das Geld wird für jede Menge unsinniger Projekte hinausgeschmissen, sogar für Schulschwänz- und Fahrradbeauftragte.
Rot-Grün würde die Gymnasien durch zwangsweise Gesamtschulen ersetzen, was den Mittelstand zwingt, seine Kinder in Privatschulen zu schicken. Daneben drohen noch viele andere linke (Un-)Bildungsideen wie: "Kein Durchfallen mehr!" oder: "Jeder soll gratis und so lang er will studieren, was er will". Feministische Quotenzwänge anstelle des Leistungsprinzips würden auch die derzeit noch gut funktionierende Privatwirtschaft treffen. Viele Linke wünschen sich aber auch schon weitere Quoten, etwa für Zuwanderer. Bei Migration wie Asyl würden gleichzeitig alle Bremsversuche der letzten Innenministerin rückgängig gemacht werden. Während Feministinnen und Migranten profitieren, würden neben den Steuerzahlern, der Wirtschaft sowie den Schulpartnern noch zwei Gruppen besonders ins rot-grüne Fadenkreuz geraten: Familien der altmodischen heterosexuellen Art und Autofahrer. Man darf sich freuen.
Auf Bundeslandebene fehlt jegliche „Krankheitseinsicht“; die ist aber nötig, will man therapieren!
„Es ist nicht eine Frage, ob wir uns das leisten wollen, sondern es ist klar, dass wir uns das leisten müssen. Die Bevölkerung hat den Anspruch auf eine optimale Versorgung. Wir lassen uns da von Theoretikern, Experten oder Rechnungshofbeamten, die von der Praxis keine Ahnung haben, nichts vorschreiben.“
Das war die Antwort von LH Erwin Pröll auf die Frage, ob denn die 27 Spitäler in NÖ weiter bestehen werden. Nun, da fällt mir ein Witz ein: Was ist der Unterschied zwischen dem lieben Gott und einem Landeshauptmann? – Der liebe Gott weiß, dass er kein Landeshauptmann ist!
Jedenfalls ist klar, dass die Definition der optimalen Versorgung Hoheitsakt der landesfürstlichen Verwaltung ist! Es dürfte wenig Einsicht geben in das Problem, dass wir zu viele Spitäler und Betten haben, dass unser System schlicht spitalslastig, (XLS-Tabelle des OECD Originallink) wo vor allem stationär statt tagesklinisch (XLS-Tabelle des OECD Originallink) gearbeitet wird, ist, und die Ressourcen, die unnötigerweise dorthin fließen, dann woanders fehlen. Das gilt natürlich nur dann, wenn man noch genug Realitätssinn hat, nicht von unendlichen Ressourcen auszugehen (Allokationsproblem).
In Kärnten wiederum herrscht Freude darüber, dass das LKH Wolfsberg seine Unfallchirurgie und Geburtshilfe behält. Ein Spital mit 68.000 Einwohnern im Einzugsgebiet dürfte nach den Bundesplanungsvorgaben (festgelegt im Österreichischen Strukturplan Gesundheit ÖSG, seit 2005 gesetzlich verbindlich – aber was sind schon Gesetze hierzulande, wo wir doch Fürsten haben) weder eine Unfallchirurgie noch eine Geburtshilfe haben.
Für eine Gynäkologie, die ja eine Mindestgröße (Mindestbettenzahl) nicht unterschreiten darf, sollte das Einzugsgebiet mindestens 110.000, für eine ‚Unfallchirurgie 90.000 Einwohner betragen. Nur dann ist realistisch anzunehmen, dass die dort aufgestellten Betten (für österreichische Verhältnisse, international wären es noch immer zu viele) sinnvoll genützt werden. Ist das Einzugsgebiet kleiner, werden die Betten sicher auch genützt, aber halt nicht sinnvoll – dann liegt möglichst jeder drinnen, egal ob nötig oder nicht. Und mit welcher Folge? Nun, es muss ja einen Grund geben, warum wir, pro Kopf gerechnet, die meisten Krankenhausaufnahmen der Welt haben.
Der rote nach oben ausschlagende Strich ist Österreich.
Also auch hier wenig Verständnis dafür, dass auf Bundesebene Vorgaben gemacht werden, die auf Landesebene eingehalten werden sollen.
Tagespopulistisch ist nicht zu erwarten, dass die Länder reformfreudig und vernünftig werden – dass sie polemisch bleiben, ist wohl eher zu erwarten.
Aber auch die Zahlen im Stabilitätspakt deuten nicht darauf hin, dass sich etwas ändern soll.
Den Ländern wird erlaubt, weiter Schulden zu machen, geringere als bisher, aber doch. Zudem werden Mehreinnahmen durch die Erhöhung diverser Steuern in Aussicht gestellt: gesamt etwa 2,3 Mrd.€. Das deswegen, weil der Finanzausgleich und damit die Aufteilung der Steuereinnahmen in der jetzigen Form beibehalten wird. Damit das so bleibt, versprechen die Länder etwa 2,9 Mrd.€, drei Viertel davon bei den Spitälern, zu sparen.
Doch wie geht das Sparen vor sich? Wird hier wirklich gespart? Nein, das läuft ganz anders – und zwar ungefähr so (die jetzt dargestellte Milchmädchenrechnung ist ziemlich ungenau, weil ja auch die Angaben der Politik sehr ungenau sind):
Zuerst wird angenommen, die Spitalskosten steigen ohne Reform um 4,5 Prozent jährlich. Dieser Wert soll angeblich der langjährige Schnitt sein. Wirklich transparent dargestellt ist es nicht, wohl eher politisch einfach festgelegt – nachrechenbar ist der Wert jedenfalls nicht. Jetzt versprechen die Länder, dass die Spitalskosten nicht über 3,5 Prozent steigen werden (eine Bindung der Kostensteigerung an das Wirtschaftswachstum erfolgt nicht, sondern wird uns nur erzählt, wie so vieles erzählt wird).
Rechnet man jetzt aus, was die Spitäler bis 2016 in Summe mehr kosten, wenn die Kosten um 4,5 Prozent steigen, dann kommt etwa 11,2 Mrd.€ heraus. Nimmt man aber die 3,5 Prozent, dann beträgt diese Summe „nur“ 8,6 Mrd.€. Es entsteht also eine Differenz von 2,6 Mrd.€. Und die, so versprechen die Länder, werden sie einsparen! Offiziell meinen die Länder, sie wollen nur 2,1 Mrd.€ einsparen, woher die 500 Mio.€ Differenz zu meiner Milchmädchenrechnung kommen? Ich weiß es nicht! Vielleicht sind die als „wir sind super und über Plan“-Meldungen – analog zu jenen der Kassen – eingeplant! Andererseits sollte man 500 Mio.€ auch nicht so genau nehmen, bei einem Volumen von fast 90 Mrd.€, die uns die Spitäler in dem Zeitraum gekostet haben werden.
Ein nettes Versprechen also, vor allem aber ein sehr leichtes! Ein kleiner Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Spitalskostensteigerung seit 2009 in etwa bei 3,5 Prozent liegt. Folglich müssen die Länder nur versprechen, dass das so bleibt. Und weil es ohnehin keine Sanktionen geben wird, wenn die Kosten stärker steigen, ist so ein Versprechen gleich noch leichter gemacht.
Dass man so ein Versprechen überhaupt abgeben muss (manche Länder mögen das wohl sogar als Demütigung, gar als Majestätsbeleidigung empfinden), hat weniger mit der Macht des Bundes zu tun, als mit der EU. Die wird sich nämlich die Zahlen genau anschauen, und für die muss es plausibel klingen, das Versprechen!
Ob es eingehalten wird, das steht dann auf einem anderen Blatt. Und dass sich die Länder nicht wirklich anstrengen wollen, auch wenn sie behaupten, vor ihnen liege harte Arbeit, zeigt ja schon die Tatsache, dass alle Länder fest behaupten, sie hätten schon alle Anstrengungen unternommen, um die Kostensteigerung im Zaum zu halten – heißt übersetzt: alles erledigt, Reform umgesetzt, Stabilitätspakt erfüllt! Jetzt muss der Bund unsere Forderungen erfüllen – und die sind heftig, s. Seite 9 letzter Absatz – der Rest der ländlichen Reformvorschläge sind nur Schaumschläge zum Ablenken!
Vernunftbegabte Menschen sollten Länderversprechen ohnehin nicht ernst nehmen. Obwohl die Länder 2005 erstmals und dann im vorgezogenen Finanzausgleich 2008 noch einmal ganz fest versprachen zu sparen, haben sie es nicht getan. Denn als der Rechnungshof das Versprechen in drei Ländern kontrollieren wollte, sah das so aus: Salzburg lag 2010 bei den Spitälern um 17 Prozent über dem versprochenen Zielwert, die Kosten stiegen von 2005 bis 2010 von 242 auf fast 340 Mio. €. In Wien kletterten die Kosten von 1,1 auf 1,6 Mrd.€, und 30 Prozent darüber. Und die Steiermark hat Ausgaben von 545 Mio.€ einfach nicht gemeldet, um sich der Kontrolle gleich zu entziehen.
Gut, also ich gehe mal davon aus, dass die Länder weiter spitalszentriert denken und eine integrierte Versorgung nicht wie üblich rund um den Hausarzt, sondern rund um ein Spital anlegen. Und ich gehe weiter davon aus, dass sie durch keine Macht und schon gar nicht Vernunft von diesem Weg abzubringen sind.
Auch wenn die Länder es nicht hören wollen, alle Experten, zuletzt sogar die Industriellenvereinigung, deren Mitglieder ja sicher nicht schlecht an diesen Spitälern verdienen, sagen, wir haben zu viele Spitäler und daher zu viele Spitalsaufnahmen, was in weiterer Folge zu einer Unterfinanzierung der niedergelassenen Ärzte führt. Eine Reform muss bei den Spitälern ansetzen! Wir müssen Spitäler redimensionieren, indem wir schauen, dass die Patienten vom Spital weg, zu den niedergelassenen Ärzten gelenkt werden. Aber wie?
Die Kassen werden bis 2016 grosso modo gleich viel Geld haben wie heute! Vielleicht ein bisschen mehr, weil es jetzt die Solidaritätsabgabe für Reiche gibt, vielleicht ein bisschen weniger, weil dafür andere Dinge wegfallen, z.B. die überbezahlte Mehrwertsteuerrückerstattung (s. auch hier). Wie dem auch sei, ein Ausbau des Kassenbereichs durch die Kassen ist wohl nicht möglich! Außer, es käme Geld von den Ländern! Also Umlagerung der Leistung vom Spital zu den niedergelassenen Kassenärzten (die dann zahlenmäßig auch steigen müssten – seit wenigstens 15 Jahren sinkt die Zahl der Stellen sogar leicht), bei gleichzeitiger Umschichtung von Geld von den Ländern zu den Kassen – „Geld folgt Leistung“!
Es ist eigentlich denkunmöglich, dass es jemals dazu kommt, dass Bundesländer auf Geld verzichten – und schon gar nicht, dass sie es den Kassen „schenken“. Und weil die Kassen auch nichts hergeben wollen und beide auf Verfassungsrechte pochen können, braucht es einen, dem Volk präsentierbaren, Kompromiss. Und da kommen sie daher, die „fiktiven Budgets“ der Gesundheitsplattformen. Sie sind der letzte Schritt der österreichschen Diskussion von der „Finanzierung aus einer Hand“ hin zu „es darf sich nichts ändern“!
Mit solchen Budgets gibt es bereits Erfahrungen. Als mit der Gesundheitsreform 2005 Reformpoolprojekte eingeführt wurden, gab es die Verpflichtung, für jedes Projekt solche Budgets zu errechnen. NÖ hat einst 800.000€ für die Entwicklung eines eigenen EDV-Tools (Reformpoolmanager) bezahlt, damit solche Budgets errechnet werden können. In Betrieb ist der Reformpool-Manager nie gegangen, weil keiner der involvierten Partner bereit war, seine Daten einzuspielen und damit der anderen Seite zu offenbaren. Schließlich leben sie doch alle in der Intransparenz! Und weil es eben nicht geschafft wurde, Datentransparenz herzustellen, wurden Reformpoolprojekte per Hand gerechnet.
Eines davon habe ich (allerdings unter Pseudonym) rechnen dürfen – wobei das mit rechnen nur sehr wenig zu tun hatte, sondern eher mit Diplomatie – denn keine Seite (Land und Sozialversicherung) wollte die Wahrheit wissen, und die Rechnungen durften nur das ergeben, was die beiden langwierig ausverhandelt haben. Ich habe die Rechnungen sechs Mal gemacht, weil jedes Mal „neue“ Daten die „alten, falschen“ ersetzen mussten, bis die Kassen ihren Teil der Berechnung überhaupt selbst geschrieben haben. Es dauerte sechs Monate, bis eine Einigung erzielt wurde! Der wissenschaftlich fundierte Bericht wurde nie publiziert – bis jetzt.
Wie dem auch sei, mir ist kein Reformpoolprojekt bekannt, dass es geschafft hätte, Konsens zwischen allen 21 Krankenkassen und den Bundesländern herzustellen um die Rechnungen ernsthaft zu machen und das Prinzip „Geld folgt Leistung“ umzusetzen. Im Gegenteil, je näher das Ende eines Projekts kam, desto klarer war, dass kein Interesse an Änderungen bestand. Deswegen hat es auch kein einziges Reformpoolprojekt geschafft, flächendeckend ausgerollt und in die Regelfinanzierung übernommen zu werden (sieht man von jenen ab, die eine Sonderfinanzierung erhalten haben).
Tja, und so wie es aussieht, soll die Idee der „fiktiven Budgets“ nun die Gesundheitsreform bringen. Es soll also jetzt auf Bundeländerebene eine flächendeckende, allumfassende fiktive Rechnung gemacht werden, damit man erkennen kann, wer von welcher Maßnahme oder Planung wie profitiert, um dann eine Finanzierung aus einer Hand simulieren zu können. Was also für lächerliche Kleinigkeiten schon nicht funktioniert hat, soll jetzt im Großen funktionieren? Nie!
Aber ich bin sicher, die Reform wird, wie eh und je, medial groß kommen und bestens verkauft werden. Realiter aber, wurde so eine Gesundheitsreform erfolgreich ausgesessen – wieder einmal!
Dr. Ernest G. Pichlbauer ist der einzige unabhängige österreichische Gesundheitsökonom.
Griechenland ist von der Größe her für dieses EU-Europa ein winziges Problem. Aber das Land ist ein exzellentes Paradigma für all das, was in so vielen europäischen Ländern falsch gelaufen ist.
Anstelle der üblichen Milliarden-Dimensionen ist es anschaulicher, sich in den ganz kleinen Zahlenregionen zu bewegen. Viele wundern sich etwa, warum in Griechenland ein Kaffee im Schnitt teurer ist als in einer italienischen Bar, obwohl doch die griechischen Kellner wie viele ihrer Landsleute so herzzerreißend klagen, wie schlecht es ihnen geht. Aber das mag eine Folge eines nicht funktionierenden Wettbewerbes oder von (anderswo verbotenen) Preisabsprachen sein.
Daher noch ein Beispiel aus einem sehr geregelten Umfeld: Schauen wir den Preis für das Verabreichen einer bestimmten Impfung an. Für diese bekommt ein österreichischer Arzt 7 Euro von der Sozialversicherung – ein griechischer hingegen 30 Euro. Diese Differenz erklärt eigentlich schon fast die ganze griechische Krankheit. Sehr anschaulich ist übrigens auch die Zahl der Apotheken: Bei annähernd gleicher Bevölkerungsgröße hat Griechenland zehn Mal so viele Apotheken wie Österreich.
Vor Einführung des Euros in Griechenland haben diese und einige Tausend andere griechische Seltsamkeiten die Inflation ständig angeheizt. Worauf dann beispielsweise die 30 Impf-Münzen des griechischen Arztes bald wieder nur noch genauso viel wert waren wie die 7 des Österreichers.
Der Euro und die gigantischen Hilfsaktionen der europäischen Steuerzahler haben aber dazu geführt, dass die Mehrzahl der Griechen glaubt, sie können beides haben: Die Kaufkraft des Euro einerseits und andererseits jemanden, der ihnen ständig genug Euro schickt. Das gleicht dem Glauben, zugleich abnehmen zu können und doch alles ungehemmt fressen zu können, was Mitteleuropas Küche an kalorischen Köstlichkeiten bietet. Nun gibt es in der Tat Scharlatane, die mit großem Erfolg solche Wunderdiät-Illusionen eines anstrengungsfreien Abnehmens wachrufen. Mit ähnlich großem Erfolg hat auch eine Reihe griechischer Parteien die Quadratur des Euro-Schulden-Kreises versprochen. Diese Schulden-Scharlatane haben sogar einen Beweis: die letzten zwei Jahre, als die EU-Partner diese Quadratur tatsächlich finanziert haben.
Ergebnis: Der Chef des österreichischen Staatsschuldenausschusses verkündet trocken, dass wir (im Gegensatz zu den Ankündigungen der Politik) die an Griechenland verborgten Milliarden niemals wiedersehen werden.
Wann wird Europa endlich einsehen, dass man nicht jemanden zum vernünftigen Haushalten (=Sparen+wettbewerbsfördernde Reformen) bringen kann, solange der auch nur einen Rest Hoffnung auf einen Big spender haben kann? Und die Vernunft wird schon gar nicht einkehren, solange etwa die deutschen Sozialdemokraten sagen, man sollte doch den Griechen noch viel mehr Geld borgen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Bumm hat es in Berlin gemacht, und der Herr Röttgen war nicht mehr Minister. Bumm hat es in Paris gemacht, und die Frau Aubry kam nicht in die neue Regierung. Bumm hat es in Wien – nicht gemacht.
Dabei ist ein solches lautes, überraschendes und gezieltes Bumm doch eine hervorragende Chance, um Führungsstärke zu zeigen. Wie es zweifellos Frau Merkel und Herrn Hollande (zufällig) am gleichen Tag geglückt ist. Beide haben klar gemacht: Wer dem Chef an der Spitze das Leben schwer macht, muss gehen. Denn in der Politik kommt es eben ganz und einzig auf den Menschen an der Spitze an. Er entscheidet allein über Sieg und Niederlage.
Aubry hat ganz offensichtlich gegen ihren alten Rivalen Hollande intrigiert. Und Röttgen hat nicht nur in der Umwelt- und Energiepolitik im letzten Jahr eine traurige Figur gemacht; er hat auch die Wahl im größten deutschen Bundesland für die CDU jämmerlich versemmelt und er hat dabei noch dazu im letzten Augenblick aus seiner eigenen Wahlkampfniederlage eine der Angela Merkel zu machen versucht.
Solches Durchgreifen wäre durchaus auch hierzulande zum Nachahmen zu empfehlen. Stünde Herr Faymann doch ohne die unglückselige Schulzerstörerin Claudia Schmied viel besser da! Ebenso hätte er ohne Loser-Typen wie Norbert Darabos oder Alois Stöger bessere Chancen. Und wie gut ginge es Michael Spindelegger ohne die überforderte Justizministerin Beatrix Karl! Ebenso könnte er die neuerdings von ihm forcierte Wirtschaftskompetenz mit einem Austausch der Herrn Mitterlehner und Berlakovich glaubwürdig machen.
Aber es wird wohl weder der eine noch der andere handeln. Denn in ihren Parteien will man ja gar nicht wirklich den Erfolg. Viel wichtiger ist die Rücksicht auf renitente Bundesländer im Süden, auf feministische oder lesbische Gruppeninteressen. Und vielleicht kommt da noch eine Sorge hinzu: Die Personaldecken des politischen Österreich sind längst so dünn, dass man vielleicht fürchten muss nichts, es kommt ohnedies nichts Besseres nach. Na Bumm.
Österreichs OMV versucht noch hinhaltenden Widerstand zu leisten. Sie betont, das Milliardenprojekt der Nabucco-Gaspipeline hätte tausend Leben. Aber alle Vorzeichen deuten auf einen baldigen Tod von Nabucco hin. Nicht nur, dass sich Aserbeidschan, als derzeit einziger Gaslieferant, bereits anders zu entscheiden scheint, so bröckelt auch die Front der Nabucco-Partner.
So wie es derzeit aussieht wird das Aserigas anfangs nach Italien fließen (über die TAP-Pipeline) und zu einem späteren Zeitpunkt wird das BP-Projekt der SEEP-Pipeline langsam Richtung Bulgarien vordringen. Der österreichische Gashub Baumgarten bleibt auf der Strecke. Erst in einem Jahrzehnt, falls der große Gasfund von OMV/Petrom hält was er verspricht, könnte dann eine Pipeline Richtung Österreich wieder spruchreif werden.
Nabucco hat derzeit einfach schlechte Karten. Es ist ein Projekt, das bereits rund um das Jahr 2005 geplant wurde, wo es einfach andere Voraussetzungen gab. Ausnahmegenehmigungen, wie sie Nabucco im Jahr 2009 von der EU zugestanden wurden, sind nicht mehr zeitgemäß. Sie basieren darauf, dass sich Shipper auf langfristige Verträge von 25 Jahren einlassen. Diese Zeiten sind vorbei.
Heute sind nur mehr Verträge mit einer Laufzeit von 10 Jahren unterzubringen, durch das dritte EU-Energie-Liberalisierungspaket wird es ab 2013 eine neue Gaswelt geben (etwa virtuelle Handelspunkte, mit denen der Gashandel erleichtert wird), in die Nabucco nicht mehr hineinpasst. Auch wenn noch versucht wird, das Nabucco-Schiff auf Kurs zu halten, die EU-Ausnahmeregelung läuft 2016 aus, wenn bis zu diesem Zeitpunkt nicht gebaut wird. Dann müsste wieder ganz neu angefangen werden.
Ein Teil der Nabucco-Partner hat dies auch bereits erkannt. Schon vor einigen Monaten hat die RWE (Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG)-Chefetage (RWE ist einer von sechs Partnern) verlauten lassen, dass man nicht unbedingt am Bau der milliardenteuren Gasleitung beteiligt sein müsse. Weit klarer hat dies Nabucco-Partner MOL (Ungarn) vor wenigen Tagen ausgedrückt: "Wir haben signalisiert, dass wir bereit sind, unsere Anteile wenn nötig zu verkaufen", sagte MOL-Aufsichtsratschef Zsolt Hernadi. "Wir mussten jetzt einfach ein sehr starkes Signal setzen, dass wir nicht mehr willig sind, das noch länger zu finanzieren".
Die Ungarn wollen nicht mehr länger Geld für das Gasprojekt verbrennen. Bisher habe man bereits 20 Millionen Euro gezahlt, das reiche, noch dazu wo die Betreiberfirma nicht angemessen geführt werde (federführend ist die OMV).
Selbst Österreichs Wirtschaftminister Mitterlehner scheint den Braten bereits zu riechen: „Ich glaube, dass es auf jeden Fall eine zeitliche Verzögerung geben wird." Und dann stelle sich die Frage, ob angesichts der dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei und des damit verbundenen Energiebedarfs noch genug Gas für die Weiterleitung nach Westen übrig sein werde.
Auch seitens Aserbeidschans steht die Ampel auf Rot. Im Moment gebe es für eine solche Leitung von Aserbaidschan nach Europa nur zehn Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr, hat der Chef der Investitionsabteilung von Socar (staatlicher Ölkonzern Aserbeidschans), Wagif Alijew, vor kurzem betont. Nötig sei aber die dreifache Menge. Nabucco sei für 31 Milliarden Kubikmeter Gas Jahresleistung geplant. Deshalb favorisiere sein Land gegenwärtig kleine Transportmöglichkeiten.
Und diese kleinere Lösung heißt Trans-Adriatic-Pipeline (TAP), die von der Schweizer EGL, Norwegens Statoil und der deutschen E.ON geplant wird. Sie soll über Griechenland und Albanien nach Süditalien führen. Eine ähnliche Pipeline namens ITGI (Betreiber die griechische Depa und Edison aus Italien) wurde von den Aseris bereits ausgeschieden.
Das TAP-Projekt wird vor allem von der Schweiz äußerst heftig vorangetrieben, Schweizer Minister sind ständig auf Lobbyingtour. Die Schweiz muss nach ihrem Atomausstieg schauen, wo sie Gas für ihre künftigen Kraftwerke herbekommt. Und für Aserbeidschan ist der italienische Markt mit seinen hohen Preisen besonders attraktiv. Die Schweizer sind auch auf EU-Ebene heftig unterwegs, um eine entsprechende Genehmigung zu bekommen, die allerdings anders als jene von Nabucco ausschauen würde, nämlich an die neuen Verhältnisse am Gasmarkt angepasst.
Die TAP würde einmal die ersten Gasmengen aus dem neuen Fördergebiet aus Aserbeidschan absorbieren, weitere Mengen könnten dann von der South East Europe Pipeline (SEEP) übernommen werden, die Richtung Bulgarien gehen soll. Diese Pipeline steht unter der Federführung von BP und dieser Konzern ist auch einer der Betreiber des neuen Gasfeldes Shah Deniz 2, das bis 2017 erschlossen sein soll und woher das Gas für Europa kommen soll. Auch TAP-Partner Statoil ist vor Ort tätig.
Somit ist kein Platz mehr für Nabucco. Dabei haben die Nabucco-Betreiber ihre Pläne sowieso schon stark gekürzt. War ursprünglich von einer Länge von fast 4000 km die Rede, so will man sich nun nur mehr mit einer Gasleitung auf europäischem Boden bescheiden. Nicht ganz freiwillig. Aseris und Türken haben nämlich bereits bekannt gegeben, die Gasleitung auf ihrem Hoheitsgebiet selbst bauen zu wollen.
Die weit über 100 Millionen Euro bisheriger Projektkosten für Nabucco könnten vorerst einmal als Stranded investement abgebucht werden. Aber vielleicht kann die OMV doch noch einmal auf die Pläne zurückgreifen, wenn nämlich ihr neu entdecktes Gasvorkommen im Schwarzen Meer erhoffte neun Milliarden Kubikmeter Gas liefern sollte, wofür man dann eine Pipeline zum Abtransport benötigen würde.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Irgendwie wäre es recht kühn, über das neue Antikorruptionspaket zu jubeln. Denn die allergrößten Sauereien rund um Politik und Geld können weitergehen. Das überschattet die zweifellos vorhandenen positiven Punkte des Pakets: Bei den direkten Parteispenden kehrt mehr Transparenz ein. Positiv ist auch das Spendenverbot für Staatsfirmen, wenngleich das nach dem Telekom-Skandal zwingend war.
Die Debatte hingegen, ob die Offenlegungsgrenze jetzt 500 oder 5000 Euro beträgt, ist ziemlich nebensächlich. Die wirkliche Korruption spielt sich nämlich nicht in diesen Bereichen ab. Die wirklichen Problempunkte sind andere:
Es ist wirklich eine absurde Diskrepanz: Dort wo die eigenen Gelder der Parteien im Wahlkampf ausgegeben werden, werden nun fixe Limits eingezogen. Dort wo Staatsgelder ausgegeben werden, denkt man nicht daran, solche Limits einzuziehen. Sondern man hält es schon für einen Fortschritt, dass der Bürger überhaupt erfährt, wofür sein Geld ausgegeben wird. Wenn auch erst Monate nachher.
Die SPÖ kann sich die Hände reiben. Und die Menschen sind des Themas längst müde. Was nicht heißt, dass sie wieder mehr Vertrauen gewonnen hätten.
Ein netter Nachtrag zum netten Spindelegger-Auftritt – gibt es doch ohnedies sonst nicht viel Erfreuliches zu berichten.
Der Nachtrag besteht lediglich in der knappen Ergänzung: Die Anwesenden haben die Bundeshymne mitgesungen. Was ja noch nicht so berichtenswert ist. Aber sie taten dies mehrheitlich in der guten alten Preradovic-Fassung. Dies obwohl die umgedichtete Rauch-Kallat-Fassung sogar an die Leinwand projiziert worden ist. Vielleicht hat die Basis der Partei erkannt, welchem Schwachsinn die Parlamentsfraktion da aufgesessen ist? Oder war es nur die alte Gewohnheit? Oder setzt sich einfach das richtige Versmaß gegen die Holprigkeit politisch-korrekter Amateurdichtkunst durch?
Barbara Prammer ist Präsidentin des österreichischen Nationalrats. Ehe sie in dieses hohe Amt gelangte, absolvierte sie eine für sozialistische Apparatschiki typische Karriere: Sie blickt auf Tätigkeiten im Gemeindeamt, in einem „Bildungs- und Rehabilitationszentrum“, im Arbeitsmarktservice und in einem Landesparlament zurück. Was es bedeutet, unter Marktbedingungen zu arbeiten, hat sie nie erfahren. Sie hat keinen Tag ihres Berufslebens außerhalb geschützter Werkstätten – mit produktiver Arbeit – zugebracht.
Frau Prammer hat der Zeitung „Die Presse“ ein Interview gegeben, das am 15. Mai 2012 veröffentlicht wurde. Großteils geht es um Fragen einer Wahlrechtsreform und ist über weite Strecken nicht der Rede wert. Im Zusammenhang mit einer Frage nach ihrer Beurteilung eines Vorschlags aus den Reihen der ÖVP, der vorsieht, den Bürger über die Verwendung eines Teils seiner Steuerleistungen selbst bestimmen zu lassen (Prammer lehnt das selbstverständlich strikt ab), findet sie allerdings die folgenden, bemerkenswerten Worte: „Die Freiheit einer demokratischen Gesellschaft ist eine gewisse Unfreiheit.“ Und sie fährt fort: „Diese gilt für das Individuum, um die Freiheit im Kollektiv zu ermöglichen.“ Seit Orwells Roman „1984“ wurde Doppeldenk nicht in reinerer Form praktiziert. Wir erinnern uns: Wahrheit ist Lüge, Krieg ist Frieden, etc.
Man darf der wackeren Frau dafür dankbar sein, dass sie so offen ausspricht, was den meisten Mitbürgern, die leider keinen Gedanken an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Wesen der modernen Massendemokratie verschwenden, völlig entgeht: „Alle Lebensbereiche mit Demokratie durchfluten“ (Bruno Kreisky) oder „Mehr Demokratie wagen“ (Willy Brandt) führt am Ende zur totalen Unfreiheit des Einzelnen. Dieser hat, ist erst einmal die totale Demokratie ausgebrochen, gar nichts mehr selbst zu entscheiden. Stattdessen bestimmt das Kollektiv für ihn! Nicht nur, wann, wo, was und wie er arbeitet, sondern auch über Größe, Lage und Beschaffenheit seiner Unterkunft, Menge und Qualität seiner Nahrung und Frequenz des Unterwäschewechsels.
Wie Joseph Schumpeter in seinem 1942 erschienen Hauptwerk „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ überzeugend feststellt, sind die Sozialisten davon überzeugt, „…dass die Demokratie den Sozialismus impliziert und dass es außer im Sozialismus keine wahre Demokratie geben kann.“ Das erklärt auch, weshalb Linke – von Attac über die Gewerkschaftsjugend bis zu „Occupy Wallstreet“ – unentwegt das Hohelied auf die Demokratie (oder besser: das, was sie dafür halten) singen.
Prammers Motto ist – 44 Jahre danach – jenes der 68er: „Alles Private ist politisch.“ Angesichts der Qualität unserer politischen Führung ist das als ernstzunehmende, gefährliche Drohung zu verstehen. Man muss schon eine gründliche Gehirnwäsche hinter sich haben, um von einer „Freiheit im Kollektiv“ träumen zu können. In Wahrheit handelt es sich dabei nämlich um ein Oxymoron. Dass Freiheit nur im Bund mit Verantwortung zu haben ist; dass das von der Massendemokratie vergötterte Kollektiv aber eine doppelte Unverantwortlichkeit – nämlich die der Wähler, wie die der Gewählten – mit sich bringt und daher mit Freiheit unvereinbar ist, macht sich kaum einer bewusst. Wahr ist vielmehr: Freiheit und Demokratie passen schlecht zueinander, ja – sie schließen einander aus!
Dem kürzlich verstorbenen Ökonomen und Buchautor Roland Baader („Geld, Gold und Gottspieler“, „Geldsozialismus“) verdanken wir das folgende Zitat, das man den Sozialisten in allen Parteien ins Stammbuch schreiben sollte: „Das Wort „Demokratie“ ist ein schweres Rauschmittel. Es verhindert das Lernen, vernebelt den Verstand, verwirrt das Denken, erzeugt Wahnbilder – und macht schließlich schläfrig und apathisch. Die heutigen Demokratie-Junkies würden Sokrates wieder ermorden.“ Wer allerdings weiß heute mit dem letzten Satz noch etwas anzufangen…?
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
AUA-Piloten melden sich seit einigen Tagen reihenweise und immer knapp vor Abflug ihrer Maschinen krank. Viele Flüge sind ausgefallen. Zahlreiche sitzengebliebene Passagiere schwören sich „Nie wieder AUA“. Und das Defizit der maroden Linie steigt weiter. In unerträglicher Verbiegung der Wahrheit schwätzt der Piloten-Betriebsrat freilich davon, dass das Alles keine Arbeitsverweigerung sei; die Piloten fühlen sich vielmehr nicht fit zu fliegen, weil sie in den letzten Tagen ob ihrer hohen Bezüge so hart kritisiert worden sind.
Wie mir die Armen leidtun! Um ihr ganzes Elend ermessen zu können, vergleiche man sie einmal mit einem Abgeordneten: Dieser arbeitet stundenmäßig mindestens dreimal so viel wie ein Pilot, verdient aber kaum mehr als die Hälfte. Und kritisiert, attackiert, beschimpft wird jeder Politiker hundert Mal mehr als ein Pilot. Dennoch habe ich noch nie von einem Abgeordneten gehört, der sich nicht fit genug zum Dienstantritt gefühlt hat, weil er sich ob harter Kritik so gekränkt hat.
Irgendwann muss man eben auch Politikern ein wenig Ehre zugute kommen lassen, werden sie doch ohnedies ständig von allen Stammtisch-Experten geprügelt. Die Reverenz für die Politik fällt nicht allzu schwer, wenn man sie mit solchen Sauereien vergleicht.
Jetzt kann man nur hoffen, dass es der AUA-Führung wenigstens gelingt, einige Piloten ob der Arbeitsverweigerung fristlos zu entlassen. Das würde den widerlichen Gewerkschafts-Betriebsrats-Sumpf endlich ein wenig trockenlegen – mit Beispielswirkung in andere Betriebe hinein. Freilich ist die Hoffnung klein: Die Gewerkschaften haben mit Hilfe willfähriger Arbeitsrechts-Richter einen so weitgehenden Rechtsschutz aufgebaut, dass Arbeitgeber eigentlich nur noch ein Recht haben: zu zahlen.
Apropos zahlen: Fast hätte ich noch ein Privileg der Piloten vergessen: Sie haben auch Anspruch auf 39 Monatsgehälter Abfertigung.
Kein Zweifel: Die Herren (und auch einige Damen) in den feschen Uniformen haben zumindest ein Ziel erreicht – die Wahrscheinlichkeit eines AUA-Konkurses ist weiter gestiegen. Und dann darf wieder einmal die Allgemeinheit für die Lohnfortzahlung an die Piloten herhalten . . .
Eine funktionierende Justiz ist wichtiger für das Funktionieren von Staaten und Gesellschaften als viele der derzeit eifrig diskutierten Wahlrechtsdetails. Das hat sich in ganz Osteuropa nach der Wende gezeigt, das sieht man derzeit insbesondere in der Ukraine, wo Richter und Staatsanwälte willige Schergen der Macht sind. Aber auch in zweifellos besser entwickelten Rechtsstaaten wie etwa Österreich muss man viel besorgter auf die Justiz blicken, als es gemeinhin üblich ist. Das hängt keineswegs nur mit den Missständen in der Strafjustiz zusammen, wenngleich sie dort am auffallendsten sind. Aber heute sei der Blick einmal auf ganz andere Rechts-Defekte gerichtet.
Eine funktionierende Justiz braucht nicht nur gute Gesetze. Sie braucht auch charakterlich integre, unabhängige und dennoch fleißige Richter. Sie muss sich in einer modernen und schnellen Gesellschaft vor allem auch als Dienstleister, nicht als Obrigkeit verstehen. Das heißt: Sie soll schnelle und klare Entscheidungen liefern.
Bei all diesen Eigenschaften happert es. Nehmen wir nur die Schnelligkeit. Die hat sich im Lauf der Jahre ständig reduziert. Ein bekanntes Beispiel sind die immer länger dauernden Obsorge- und Besuchsrechtsentscheidungen. Diese dauern oft Jahre, obwohl es dabei nicht nur um Geld, sondern um Schicksale geht. Es ist völlig absurd, wenn etwa im Streit um eine zusätzliche Stunde Besuchsrecht teure und zeitraubende Sachverständige eingeschaltet werden. Das sind Fragen, die Richter mit Lebenserfahrung und Autorität in einem einzigen Tag entscheiden könnten. Aber gerade über solche Fragen urteilen allzu oft völlig unerfahrene Anfänger meist weiblichen Geschlechts. Denn die arrivierten Richter entziehen sich gerne den emotional belastenden Familienrechtsfragen und machen lieber Karriere.
Und als ob es nicht schon genug langwierige gerichtliche Zores rund um die Ehe gäbe, wollen zwei Juristen nun auch noch das Eherecht auf alle Lebensgemeinschaften ausdehnen. Mit allen Folgen einer Ehe, selbst wenn es keine Kinder gibt.
Natürlich kommt der Vorschlag wieder einmal von weltfremden Uni-Theoretikern. Können sich die denn gar nicht vorstellen, dass Menschen durchaus bewusst in Bereichen und Situationen ohne jede Menge Paragraphenfolgen leben wollen? Wenn sie hingegen diese Folgen haben wollen, können sie ja jederzeit heiraten (und wenn nur einer der beiden diese Folgen haben will, ist er wohl an den falschen Partner geraten). Erstmals muss ich da auch einmal die Ministerin Karl loben, legt sie sich doch gegen diese Forderung (noch) quer.
Sehr negativ wirkt sich auch die Internationalisierung des Rechts auf die Dauer des Verfahrens aus. Insbesondere der in Straßburg sitzende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist Hauptursache unerträglicher Verzögerungen. Dieser EGMR ist eine an sich eine lobenswerte Einrichtung des ansonsten überflüssigen Europarates (nicht der EU, wie viele glauben). Er geht aber in Hunderttausenden Akten unter. Wer binnen fünf Straßburger Jahren eine Entscheidung bekommt, liegt voll im Durchschnitt. Manche Verfahren dauern aber samt den vorgelagerten nationalen Instanzen sogar mehr als zehn Jahre.
Das ist eine völlig irre Situation. Das hat nichts mehr mit Recht, sondern nur noch mit Rechtsverweigerung zu tun. Die rasch zunehmende Dauer der EGMR-Causen erinnert an den Untergang des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806. Damals waren beim Reichskammergericht Verfahren mit einer hundertjährigen Vorgeschichte anhängig.
Der EGMR geht vor allem in Bagatellverfahren unter, während ein ukrainischer oder russischer Diktator auf viele Jahre seine politischen Opponenten ungehindert im Gefängnis verfaulen lassen kann. In beiden Ländern hat es zwar so etwas Ähnliches wie Wahlen gegeben, aber solange die Justiz auf Befehl der Machthaber agiert, muss man diese Länder als waschechte Diktaturen einordnen.
Angesichts der totalen Überlastung des Gerichtshofs ist es absolut unverständlich, dass die meisten anderen europäischen Länder den jüngsten britischen Reformvorschlag zurückgewiesen haben. Die Briten wollten den EGMR von vielen Pimperl-Verfahren befreien. Das ist aber von den anderen Ländern empört abgelehnt worden. Aus Feigheit, von irgendwem vordergründig kritisiert zu werden. Oder aus Ahnungslosigkeit in Hinblick auf die Bedürfnisse einer wirklichen Herrschaft des Rechts.
Womit sich wieder der uralte Rechtsspruch bewahrheitet: Summum ius, summa iniuria. Wer das Recht auf die Spitze zu treiben versucht, sorgt für höchstes Unrecht. Die Gerechtigkeit wird nicht dadurch größer, dass man immer weitere Instanzen aneinanderreiht. Wenn diese Instanzenflut zu einer spürbaren Verzögerung führt, wird die Gerechtigkeit sogar kleiner. Denn solange ein Verfahren, ein Rechtsstreit im Ungewissen hängt, solange müssen sich ja beide Seiten als mögliche Verlierer fühlen. Es ist wichtiger, dass man die Chance hat, seinen Rechtssieg auch noch zu erleben, als dass sich davor allzu viele Richter und Anwälte darüber den Kopf zerbrochen haben. Das macht auch für den die Sache teuer und belastend, der schlussendlich gewinnt.
Weniger schlimm hat sich bisher der EU-Gerichtshof in Luxemburg entwickelt. Aber auch er stellt allzuoft de facto eine weitere Instanz mit Verzögerungswirkung dar (rein formal sei festgehalten, dass er häufig gar nicht als echte Instanz agiert; seine Entscheidungen werden vielmehr oft während der Unterbrechung eines nationalen Verfahrens eingeholt und abgewartet).
Problematischer ist, dass sich die Luxemburger Richter gerne auch in Dinge einmischen, die gar nicht EU-Kompetenz sind. Ein Musterbeispiel ist die vom EuGH herbeijudizierte Zulassung von Deutschen zu österreichischen Hochschulen, obwohl die Universitäten ausdrücklich nicht Kompetenz der EU sind. Ähnliches spielt sich jetzt in Sachen Ungarn ab: Beim Gerichtshof laufen jetzt Verfahren wegen der neuen ungarischen Gerichtsorganisation, obwohl auch diese Gerichtsorganisation keine EU-Kompetenz ist. Aber seit dem Vertrag von Lissabon maßen sich die EU und ihr Gerichtshof ja letztlich eine Generalkompetenz über alles und jedes zu. Als argumentatives Vehikel werden die Grundrechte benutzt, die natürlich irgendwie in jedem einzelnen Sachverhalt involviert sind.
Während die meisten akzeptieren, dass ein gemeinsamer europäischer Binnenmarkt ein gemeinsames Gericht braucht, kann man das, was sich jetzt in Österreich anbahnt, überhaupt nicht mehr verstehen. Denn hier droht eine Neuregelung, die jedem Verfahren eine weitere Instanz hinzufügt. Jede Partei soll künftig nach einer (bisher eigentlich Rechtskraft auslösenden) Entscheidung des Obersten Gerichtshofes auch noch den Verfassungsgerichtshof anrufen können. Dieser hat – wiederum mit Hilfe des sehr allgemein gehaltenen Katalogs der Grundrechte – eine Argumentationsebene, die jeder Rechtsanwalt in jeden Rechtsstreit einbringen kann.
Wenn dieser Rechtszug zum VfGH wirklich künftig jedem offen steht, wird es zu einer Explosion der Verfahrensdauer in allen Rechtsstreitigkeiten kommen. Und Österreich wird sowohl als Wirtschaftsstandort wie auch als Rechtsstaat in allen Rankings weiter absinken.
Wer will diesen Wahnsinn? Abgesehen von ein paar lebensfremden und an sich unbedeutenden Universitätsprofessoren sind es erstaunlicherweise die FPÖ und die Grünen, die die Hauptschuld daran tragen. Die Regierung braucht nämlich in einer anderen Materie die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei zu einem Verfassungsgesetz. Und Grün wie Blau wollen diese Zustimmung nur geben, wenn der Instanzenzug zum Verfassungsgerichtshof allgemein geöffnet wird.
Ob sie wissen, was sie damit anrichten?
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Michael Spindelegger hat sich seinen begeisterten Anhängern in einer großen Rede präsentiert. Er hat dabei etliches Richtiges und Wichtiges gesagt. Er hat aber gleichzeitig Lücken und Defizite gezeigt, die er bis zum Wahltag nur noch schwer schließen kann.
Der ÖVP-Obmann ist ein richtig netter Mensch, den jeder gerne zu einem angenehmen Abendessen zu sich nach Hause einladen würde. Dabei wird es mit großer Wahrscheinlichkeit keinerlei Streit geben, sondern nur freundlich-wohlerzogene Konversation. Spindelegger ist auch ein kluger Mensch, der besser als sein Vorgänger zu spüren scheint, wo die ÖVP seit 2006 ständig Wähler verloren hat, also bei den Wertkonservativen und Wirtschaftsliberalen, und nicht bei Grünen oder Linken. Aber: Ist er auch der Mann, dem man persönliches Leadership zutraut? Immerhin tritt er ja im Rennen um den Job des Bundeskanzlers an.
Und in diesem Job wünscht man sich halt jemanden, der bisweilen auch ganz hart Nein sagen kann. Der mit eindrucksvoller Energie ein klares Ziel, eine Vision transportieren und durchziehen kann. Im Grund hatte Österreich freilich nur drei Kanzler, die an diesem Anspruch messbar waren: Julius Raab, Bruno Kreisky und Wolfgang Schüssel. Der Rest war und ist Restware. Spindeleggers Trost: Auch für die Konkurrenz trifft diese Qualifikation voll zu.
Einmal blitzte diese Perspektive einer mutigen Führerschaft in der langen Rede Spindeleggers auf, als er sagte, dass die ÖVP nicht unbedingt in der Regierung sein müsse. Da keimte Hoffnung, dass er jetzt einmal ganz glasklar sagen würde, unter welchen Umständen die ÖVP nicht in die Regierung gehen würde. Aber nichts kam. Schon war das Thema wieder gewechselt. Da hat ihm dann wieder der Mut gefehlt.
Statt dessen hört man viele teure Versprechungen Spindeleggers: Fonds für dieses und jenes; Gelder für Bauern wie für Klein- und Mittelbetriebe; die Forschungsquote will er gar mehr als verdoppeln; und am teuersten wie auch unsinnigsten: Hunderttausend Green Jobs sollen entstehen (bekanntlich jene Form der Geldverbrennung, die wir über immer teurere Stromrechnungen zahlen, während die solcherart geförderten Green Jobs in Wahrheit in chinesischen Solarindustrien entstehen). Angesichts dieses Schlaraffenlandes bleibt es ein wenig unglaubwürdig, gleichzeitig vom Schulden- und Steuerabbau zu reden. Vor allem nach dem jüngsten „Sanierungspaket“, das ja erst vor wenigen Wochen durchaus höhere Steuern gebracht hat.
Und gar nichts zu hören bekamen jene vielen einst schwarz wählenden Österreicher, die sich vor den Auswirkungen der massenweisen Migration fürchten, die in einer fortschreitenden Islamisierung eine dramatische Bedrohung spüren. Nichts zu hören bekamen jene vielen Bürgerlichen, die Europa eine völlig falsche Richtung nehmen sehen (nämlich die zur Inflation). Relativ wenig zu hören gab es schließlich auch in die Richtung jenes Motivs, das seit Jahrzehnten das stärkste für ÖVP-Wähler gewesen ist: Die ÖVP als stärkstes Bollwerk gegen den Sozialismus. Freilich: Das ist nicht ganz einfach zu transportieren, wenn man mit den Sozialdemokraten in einer Regierung steckt. Und wenn man das jüngste „Sanierungspaket“ unbedingt als hundertprozentigen Erfolg darstellen will, obwohl es weit von der ursprünglichen eigenen – und richtigen – Position abweicht.
Auf der Positivseite kann man dem ÖVP-Obmann zugute halten, dass er den Mut hat, sich auf den Slogan „Zukunft aus Tradition“ festzulegen (auch wenn das in der Inszenierung der Spindelegger-Weihestunde mit Fahnenläufern und vier mickrigen Balletttänzern peinlich mickrig drübergekommen ist). Aber natürlich hat er in der Sache recht: Die ÖVP hat nur eine Chance auf Wiederbelebung, wenn sie sich als konservative Partei im besten Wortsinn inszeniert.
Beifall spenden kann und muss man ihm auch für sein die ganze Rede dominierendes Bekenntnis zu Freiheit und Eigentum. Das sind zentrale Eckpfeiler jedes Liberalkonservativen, ja noch mehr: Diese entscheidenden Grundlagen unserer Gesellschaft müssen von einem bürgerlichen Politiker mit aller Kraft verteidigt werden.
Erfreulich ist an sich auch, dass die ÖVP in ihrer Selbstdarstellung nun auf „Werte aus Österreich“ setzt. Viel problematischer ist jedoch der mit Plakaten in den Vordergrund gestellte Katalog dieser Werte: Verantwortung, Tatkraft, Vertrauen, Zusammenhalt, Offenheit und Fleiss. Nichts gegen diese Eigenschaften. Aber den emotionalen Solarplexus der Wähler trifft Spindelegger so überhaupt nicht. Und vor allem bleibt unverständlich, warum in diesen Schwarz-Geboten ausgerechnet jene zwei Werte fehlen, die weit stärkere Bindungskraft in dem von der ÖVP angepeilten Wählerspektrum ausüben: Heimat und Familie.
Bleibt die Frage: Kann Spindelegger all das noch aufholen, woran er derzeit scheitert? Das gelingt ihm absurderweise wohl nur dann, wenn er eine Wandlung durchmacht, die man einem Menschen in der eigenen Umgebung normalerweise nicht wünscht. Spindelegger wird nämlich nur reüssieren, wenn aus dem netten und angenehmen Mann ein konfliktfreudiger wird. Und wenn zweitens die ÖVP auch wieder ein besseres Gespür für Taktik und Strategie entwickelt.
Genauso entscheidend für ihn wird auch noch ein Drittes sein. Nämlich ob er das unmittelbare und mittelbare Team rund um ihn noch deutlich verbessern kann. Handlungsbedarf herrscht da von seinem Kabinett und seinen Redenschreibern über etliche Minister bis zum Parlamentsklub, der ja im letzten Jahr überhaupt nur noch aus Werner Amon als Experten für Alles und Jedes bestanden haben dürfte. Aber um da noch eine positive Erneuerung umzusetzen, müsste Spindelegger gleich in mehrere Richtungen sehr unangenehm werden …
Vor etlichen Jahren hat es zu gewaltigen Erregungen geführt: Die Firma Continental hat die Reifenfabrik Semperit gekauft und dann sukzessive zugesperrt.
Nun, Jahre später, fällt einem eine Meldung über Continental in die Hände: Der deutsche Autozulieferer stellt noch heuer 5000 neue Mitarbeiter ein. Allerdings in China. Braucht es eigentlich noch ein anschaulicheres Beispiel, was in dieser Welt vor sich geht? In immer mehr Branchen wird die Produktion in Europa zu teuer. Die von Gewerkschaften und Betriebsräten – etwa auch im Fall Semperit besonders erfolgreich – hochgetriebenen Löhne sind nicht mehr konkurrenzfähig. Ganz Ähnliches spielte und spielt sich bei der AUA ab. Denn alle Welt kauft immer die kostengünstigsten Produkte. Nicht einmal die Österreicher selbst kaufen zu teure heimische Waren oder Dienstleistungen – ganz abgesehen davon, dass eine rationelle Produktion nur für den kleinen österreichischen Markt technisch völlig unmöglich wäre. Daher hilft auch das von Gewerkschaftern, Sozialisten und Freiheitlichen immer wieder empfohlene Konzept nichts, jede Fabrik notfalls mit Gewalt – also ständigen Defiziten – am Leben zu halten. Das hätte als einziges Ergebnis ein ständiges steiles Anwachsen der Defizite. Worauf jene Unternehmen und Arbeitsplätze, die – noch – konkurrenzfähig sind, immer mehr mit Steuern belastet werden. Bis sie auch konkursreif sind.
In Frankreich setzen die Sozialisten das Pensionsalter auf 60 Jahre herunter. Die konservativ-liberalen Regierungen in Gr0ßbritannien und Polen setzt es gerade auf 67 Jahre hinauf. Alle drei Länder gehören zu einem gemeinsamen Europa. Das löst mehrere Fragen aus.
Erstens: Sind die Briten oder Polen vielleicht so viel langlebiger als die Franzosen, dass dieser Unterschied gerechtfertigt wäre? Keineswegs. Im Gegenteil: Die Franzosen haben eine deutlich höhere Lebenserwartung. Manche Experten führend das übrigens auf die gesundheitlichen Vorteile des Rotweines gegenüber dem Bier zurück, was angesichts der Qualität ihres Rotweines doppelt angenehm für die Franzosen ist. Aber die Ursachen sind in unserem Zusammenhang eigentlich egal.
Zweitens: Steht Frankreich vielleicht wirtschaftlich besser da, dass es sich so lange Pensionszahlungen leisten kann? Auch das ist nicht der Fall, arbeiten die Franzosen doch auch vor der Pensionierung weniger als die anderen Nationen. Von diesen drei Ländern ist zweifellos heute Polen als einziges Land halbwegs gut aufgestellt. Alle ökonomischen Faktoren sprechen für das Ostseeland.
Drittens: Wie wichtig ist das Pensionsantrittsalter überhaupt? Es ist entscheidend. Denn die Pensionskosten werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in allen europäischen Ländern die weitaus größte und rasch anwachsende Belastung für die öffentlichen Haushalte und Wirtschaft darstellen. Dies schon auf Grund der ständig steigenden Lebenserwartung und des immer größeren Anteils alter Menschen an der Gesamtbevölkerung, also selbst ohne Senkung des Pensionsantrittsalters.
Viertens: Um welches dieser Länder muss man sich daher am meisten Sorgen für die Zukunft machen? Ganz gewiss um Frankreich.
Fünftens: Welches dieser Länder hat am meisten Auswirkungen auf Österreich? Frankreich. Denn zum einen ist Österreichs Handel mit Frankreich größer als der mit den anderen beiden Ländern. Zum anderen ist Österreich durch den Euro an das Schicksal Frankreichs gebunden. Was bei den anderen beiden Ländern nicht der Fall ist
Das sind fünf zwingende Gründe, um sich über den Wahlsieg eines französischen Linkspopulisten so richtig zu freuen.
Verwendung | Prozent | Euro |
Länder, Gemeinden | 22,6 | 658 |
Soziales, Gesundheit | 17,0 | 494 |
Pensionsversicherung | 10,2 | 297 |
Erziehung, Unterricht, Kultur | 8,4 | 244 |
Zinsen für Staatsschulden | 8,3 | 241 |
Verwaltung | 5,5 | 160 |
Beamtenpensionen | 4,9 | 142 |
Wissenschaft, Forschung | 4,5 | 131 |
ÖBB | 4,4 | 128 |
Staats- & Rechtssicherheit | 3,2 | 93 |
EU-Beitrag | 2,6 | 76 |
Landesverteidigung | 2,2 | 64 |
Straßen, sonstiger Verkehr | 2,0 | 58 |
Landwirtschaft | 2,0 | 58 |
Tourismusförderung | 1,1 | 32 |
Wirtschaft | 1,1 | 32 |
Quelle: Finanzministerium
Quelle: IMAS
Worüber man in der Industriellenvereinigung neuerdings schon begeistert ist.
Großer Empfang der Wiener Industriellenvereinigung: Gastgeber Georg Kapsch präsentierte sich im Vorgefühl der Macht, er wird ja in wenigen Wochen – offenbar unvermeidlich – gesamtösterreichischer Industriellenpräsident. Was ihn nicht davon abhielt, die Wiener Stadtverwaltung in einer Weise anzustrudeln, die schon werbeabgabepflichtig sein dürfte. Aber man weiß ja, auf welcher Seite das Herz dieses Mannes schlägt. Dennoch sollte ihn jemand abhalten, beim Versuch, sich lächerlich zu machen, alle Rekorde zu brechen: Hat er doch auch die Wiener Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl für die Erkenntnis bejubelt, dass jedes vierte Wiener Schulkind ein Analphabet ist! (Ganz ohne Ironie!) Wenn diese neue Logik einer einst stolzen Vereinigung zur allgemeinen Regel wird, hat künftig zweifellos auch ein Finanzminister Anspruch auf Jubel, wenn er verkündet, dass sich das Defizit verdoppelt hat. Oder ein Polizeipräsident, wenn er berechnet, dass sich die Morde vervierfacht haben.
Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal das EU-Parlament aus vollem Herzen loben muss.
Das Parlament hat nämlich eine Reise von elf Abgeordneten zum UNO-Umweltgipfel nach Rio de Janeiro abgesagt. Der Grund sind die unverschämt hohen Hotelpreise. Daher: Bitte vor den Vorhang! Die Damen und Herren werden dort – außer einer touristisch attraktiven Stadt – mit Sicherheit nichts versäumt haben. Denn das ist gefühlt der neunhundertsiebenundachtzigste UNO-Umweltgipfel. Diese Absage ist zweifellos eine gute Nachricht. Es gibt aber auch eine schlechte: Die EU-Kommission wird dennoch anreisen und zwar gleich mit sechs Kommissaren. Diese schlechte Nachricht ist jedoch noch harmlos gegen die dritte Nachricht. Die ist nämlich sogar skandalös: Jeder einzelne dieser sechs Kommissare nimmt nicht weniger als rund 20 Mitarbeiter mit nach Rio. Wer es fassen kann, der fasse es – zahlen muss er es freilich auch, wenn er es nicht fasst. Die Europäer sollte aber heilfroh sein, wenn das alles ist, was sie nach dieser Rio-Reise zahlen müssen. Denn für all diese Konferenztouristen gilt ja eine solche Veranstaltung immer nur dann als „Erfolg“, wenn sie dort etwas beschließen, was die Bürger Europas sehr, sehr teuer kommt.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Die EU ist am Ende ihres Lateins im Umgang mit der Finanz- und Schuldenkrise. Trotz dramatischer Sparpakete und nicht enden wollender Finanzspritzen kommen die Krisenländer in der Eurozone nicht und nicht auf die Beine. Offenkundig ist, dass die bisherigen Rezepte zur Bekämpfung der Krise wenig nützen. Es ist hoch an der Zeit, die Strategien neu zu überdenken. Vor allem der einseitige Fiskalpakt hat sich als Irrweg herausgestellt. Er sieht strenge Obergrenzen für die Staatsschulden vor, einschließlich automatischer Sanktionen für jene Länder, die die Regeln brechen. Nützen tut er aber nichts. Die Eurokrise wird dadurch nur verschärft. Namhafte Ökonomen warnen daher immer lauter vor einer Fortsetzung des strikten Sparkurses. Ferdinand Fichtner, der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, meint, der Bogen im Umgang mit den Krisenländern dürfe nicht überspannt werden. Der Spardruck auf die Krisen-Euro-Staaten müsse gelockert werden. Sozialer Ausgleich und eine maßvolle Konsolidierung der Staatsfinanzen seien sicherlich die bessere Lösung.
Das stimmt. Denn die derzeitige Austerity-Politik gleicht der Quadratur des Kreises. Um die Staatsschulden zu verringern, wurden Ausgaben gekürzt. Dies bewirkt geringere Nachfrage und geringeren wirtschaftlichen Output. Das wiederum bedeutet einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das ist die teuerste Form des Wirtschaftens. Sie führt zu weniger Steuereinnahmen und höheren Sozialleistungen. Wodurch die Staatsschulden erst Recht nicht abgebaut werden können. Dass die Sparpolitik nicht funktioniert, ist an Griechenland und Irland sehr gut zu sehen. Griechenland benötigt eine Finanzspritze nach der anderen. Den irischen Banken musste bereits fünf Mal aus der Patsche geholfen werden. Die EU muss daher so rasch wie möglich den Fiskalpakt durch ein breites Investitionsprogramm ergänzen. Denn Sparen allein genügt nicht.
Andreas Unterberger
Die Forderung vieler europäischer Sozialisten nach einem Investitionsprogramm heißt auf deutsch: "Jetzt haben wir lange genug vom Sparen geredet - und es nicht getan -, jetzt wollen wir wieder ohne schlechtes Gewissen auf Kosten der Zukunft und auf Kosten der Deutschen Schulden machen, indem wir diese halt Investitionen taufen." Die Prioritäten von François Hollande zeigen ja ganz deutlich, wofür er Geld ausgeben will: niedrigeres Pensionsantrittsalter, niedrigere Mehrwertsteuer, subventionierter Benzinpreis, Schulstartgeld usw. Keine Spur von Investitionen, sondern der alte sozialistische Populismus in Reinkultur.
Man kann nur hoffen, dass die deutsche Regierung nicht wieder umfällt, indem sie den bei Wahlen obsiegenden griechisch-französischen Schlendrian neuerlich finanziert. Bei der Wiener Regierung braucht man ja mangels eigenständiger Politik-Fähigkeit längst nicht mehr zu hoffen.
Das heißt natürlich nicht, dass Europa kein Wachstum braucht. Das haben uns nur die Grünen jahrelang einzureden versucht, die heute merkwürdig still sind oder rote Slogans nachplappern. Europa braucht sogar sehr viel Wachstum. Aber keinesfalls mit noch mehr Schulden. Denn diese würden nur noch größere Krisen in der Zukunft auslösen, von denen eine Megainflation die mindeste ist.
Wachstum geht nur auf einem Weg: mit längerem Arbeiten; mit weniger Bürokratie; mit Erleichterungen für Unternehmensgründungen; mit flexiblen Arbeitsmärkten; mit Privatisierungen (weil jedes Privatunternehmen effizienter arbeitet); mit weniger Einschränkungen für die Forschung; mit dem Abbau von Zwangsmitgliedschaften in Kammern; mit einem vielfältigen und wettbewerbsorientierten Schulsystem; mit Verzicht auf strengere CO2-Regeln als die Konkurrenz. Unpopulär? Vielleicht. Aber wirksam. Und sonst gar nichts.
Der Mensch sei edel, hilfreich, gut –
nur muss ein Gutmensch eben
der Menschheit seinen Edelmut
auch noch zum Besten geben.
Man schafft es drum, selbst mit Boykott
den eignen Ruhm zu mehren,
und keiner sollte so was flott
gar für bigott erklären.
Denn schließlich ist es ein Verzicht
auf Gratis-Urlaubsreisen –
das sagt man aber eher nicht
in jenen hehren Kreisen.
Und gleichfalls nicht, dass aus Prinzip
man’s anders hält mit Großen,
um nicht vielleicht mit leisem Piep
sie vor den Kopf zu stoßen!
Mal blind, mal nicht, halt je nach Wind –
daran ist zu erkennen,
wie biegsam Menschenrechte sind,
die normativ sich nennen.
Sie sind’s, seit Jakobiner sie
pathetisch proklamierten –
gewiss mit stiller Ironie,
die viele nicht kapierten.
Denn solche Rechte schließen ein,
sie andern abzusprechen,
drum können dort Verbrechen sein,
was da nur kleine Schwächen.
Und Kiew oder Peking muss
erst recht man unterscheiden –
die Wertgemeinschaft, draus der Schluss,
darf nicht an Werten leiden!
So kommt es auch, dass allgemein
an Sanktions-Beschlüssen
vor allem oder ganz allein
die Falschen leiden müssen.
Kurzum, der Welt verkauft man dreist
als Praxis, tugendsame,
was sonst doch Sippenhaftung heißt,
Erpressung, Geiselnahme…
Pannonicus
Österreich ist ein reiches Land; auf dieser Grundlage müsse nun eine Verteilungsdiskussion geführt werden. So dröhnte am 1. Mai der Wiener Bürgermeister. Und er forderte mehr Geld für Gesundheit und Bildung, für Forschung und Beschäftigungspolitik. Solche Töne werden nicht nur von Häupl, sondern auch von vielen anderen Politikern schon wieder gerne verbreitet.
Aber wie verhält sich dieser selbsterklärte Reichtum dazu, dass die Regierung gerade das größte Sparpaket aller Zeiten verkünden musste? Wird Österreich nicht selbst nach diesem Sparplan erst 2016 keine neuen Schulden machen (und das nur unter der optimistischen Annahme, dass es keine neue Rezession gibt)? Haben nicht fast alle Experten gesagt, dass das Sparpaket eher noch zu gering dimensioniert ist? Mussten nicht die Bundesländer gerade mit der Regierung einen weiteren Stabilitätspakt abschließen? Stößt nicht sogar Deutschland immer öfter bei der Refinanzierung an Grenzen, obwohl die EZB eine Billion Euro neu gedruckt hat?
Wie müssen sich die Bürger da eigentlich fühlen, wenn sie solche Politikersprüche hören? Verwirrung ist noch die harmloseste Reaktion. Viel dramatischer ist ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust der gesamten politischen Klasse. Man schaue sich nur die dramatischen Zugewinne der radikalen Parteien des totalen Neinsagens in Europa an (wobei es fast egal ist, ob sie als links- oder rechtsradikal eingestuft werden).
Jeder Werbestratege, jeder PR-Experte weiß: Sämtliche Botschaften eines Unternehmens sollten klar wie konsistent sein – und mit den Fakten harmonieren. Verwaschene Widersprüchlichkeit ist die schlechteste Kommunikationsstrategie.
Wenn die Politik aber ständig die Fakten wegignoriert, dann ist es logisch, dass ihr die Bürger nicht mehr glauben. Wie kann man Österreich als reiches Land bezeichnen, wenn seine wahre Staatsverschuldung nach Berechnungen von IHS wie EU in Wahrheit schon bei 300 Prozent des BIP liegt? Die wahre Staatsverschuldung umfasst ja nicht nur die direkten Kredite eines Staates (mit denen die offiziellen Staatsverschuldung von 73 Prozent berechnet wird). Sie berechnet zu Recht auch all die Schulden mit ein, die in ausgegliederten Gesellschaften versteckt sind; ebenso die Haftungen des Staates (Allein das Land Kärnten war für die Hypo Alpen Adria Haftungen in der zehnfachen Höhe seines Jahresbudgets eingegangen!); und sie bezieht vor allem auch die Rechtsansprüche auf künftige Pensions- und Gesundheitsleistungen ein, für die der Staat längst Beiträge kassiert und verbucht hat – jedoch ohne dafür wie ein ordentlicher Kaufmann Rückstellungen zu bilden.
Die Wirtschaftsgeschichte ist voll von scheinbar reichen Männern in Luxusvillen und tollen Autos, die am nächsten Tag Konkurs anmelden mussten. Ob sich die am Tag davor wirklich noch guten Gewissens als „reich“ bezeichnen konnten? Unsere Politik hofft offenbar, dass der Weg zum Konkursrichter ohnedies erst übermorgen stattfindet.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die einen feiern noch, die anderen gehen schon.
Wenn es auch schon der linke Schweizer „Tagesanzeiger“ meldet, dann wird es wohl keine Erfindung böser Neoliberaler sein. Er schreibt nämlich: Der Exodus aus Frankreich hat begonnen. Auffallend viele Franzosen ziehen bereits Richtung Schweiz, seit sich der von einem Teil der Franzosen begeistert gefeierte Erfolg der Sozialisten abgezeichnet hat. Genau jene ziehen weg, die Frankreich am dringendsten bräuchte. Es sind die Jungen, Dynamischen, die sich nun im Ausland mit Leistung eine Zukunft aufbauen wollen. Und es sind die Reichen, die nicht von den sozialistischen Steuern aufgefressen werden wollen. Sie warten gar nicht mehr, bis die Pläne von Monsieur Hollande auch im Gesetzbuch stehen. Sie übersiedeln jetzt schon in die Schweiz oder nach Deutschland, Schweden, Australien oder in die USA. Besonders erfolgreich ist die Schweiz mit der Pauschalbesteuerung. Sie füllt damit ihre Kassen, während die wohlhabenden Neoschweizer nur einen – ausverhandelten – Fixbetrag zahlen, der weit unter dem liegt, was sie bisher zahlen mussten. Und noch viel weiter unter dem, was nun in Frankreich droht. Genauso hat übrigens Österreich einst mit dem Stiftungsrecht viel Geld ins Land geholt. Worüber sich dann genauso wie jetzt in der Schweiz jene Dummköpfe aufgeregt haben, die lieber kein Geld haben, als mit einem Reichen einen Deal einzugehen.
„Wir wollen Wachstum, statt uns zu Tode sparen.“ Dieser Slogan hallt quer durch Europa, er bestimmt zunehmend die Politik und noch mehr die Wahlergebnisse. Der Satz klingt sympathisch, angenehm und richtig. Wer will schon sterben? Und wer sollte etwas gegen Wachstum haben, mit dessen Erträgnissen man die Schulden zurückzahlen kann? Nur die Grünen und Gruppen wie Attac habe lange gegen einen „Wachstumsfetischismus“ polemisiert – aber auch sie sind heute bis auf ein paar Veteranen des Clubs of Rome voll fürs Wachstum (schon deshalb, weil die Grünen ja nur noch eine Vorfeldorganisation der Sozialisten sind). Wachstum ist in der Tat dringend notwendig und richtig. Aber dennoch beinhaltet dieser Slogan einen fundamentalen Denkfehler – wenn nicht gleich mehrere.
Der entscheidende Unterschied zwischen der ökonomischen Rationalität und dem sich hinter der Fahne „Wachstum!“ sammelnden Milchmädchen-Populismus lautet ganz anders als der eingangs erwähnte Slogan. Rund ums Wachstum geht es in Wahrheit einzig um die Frage: Wachstum durch neue Schulden oder Wachstum durch größere Wettbewerbsfähigkeit?
Wenn man es noch brutaler auf den Punkt bringen will: Wachstum wie die letzten eineinhalb Jahrzehnte in Griechenland und Spanien oder Wachstum wie schon zweieinhalb Jahrzehnte lang in China und etlichen anderen asiatischen Ländern? Überall wurde gewachsen. Aber die Griechen und Spanier sind auf Schulden gewachsen (staatliche oder private), während die Asiaten gleichzeitig mit dem Wachstum den größten Devisen-Schatz der Menschheitsgeschichte angesammelt haben.
Der quer durch Europa klingende Ruf „Wieder Wachstum!“ meint aber leider eindeutig eine Prolongation des griechisch-spanischen Modells und seine Ausdehnung auf andere Länder. Was war das griechische Modell? Man hat die Löhne steil erhöht – seit Euro-Einführung um 30 Prozent mehr als in Deutschland; man hat das über rasch steigende Schulden finanziert (die man zum Teil verheimlicht hat); die Bürger haben im nationalen Konsens den Staat ausgeplündert; und Beamte wie Politiker haben im jeweiligen Eigeninteresse letztlich begeistert mitgemacht. Diese Politik des Konsum-Wachstums über Verschuldung war dank des Euro sehr lange auf billigem Wege möglich. Genau diese Niedrigzinsen haben ja auch die Spanier verführt. Sie haben quer durchs Land mit Hilfe günstiger Hypotheken in Immobilien investiert. Sie haben alle schönen Plätze ihre Landes zubetoniert, bis diese nicht mehr schön und nichts mehr wert waren.
Politiker haben die Entwicklung in diesen Ländern als Triumph des neokeynesianischen Deficit spending gelobt und vielerorts nachgemacht. Das ging so lange, bis die Geldgeber schockartig und zu spät draufgekommen sind, dass sie nur noch rasch schwindende Chancen haben, ihr Geld auch zurückzubekommen.
Jetzt stehen diese Länder vor dem doppelten Problem: Sie müssen eine gewaltige Schuldenlast zurückzahlen und zugleich die verlorene Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen. Denn parallel zum Wachstum des auf Schulden erkauften Wohlstands ist die Wettbewerbsfähigkeit jener Länder versulzt. Die Löhne waren zu hoch. Deshalb investierte niemand mehr in neue Arbeitsplätze. Und selbst der Tourismus litt in beiden einst sehr attraktiven Ländern, weil andere Mittelmeer-Destinationen billig blieben.
Es ist nun alles andere als eine triviale Aufgabe, in dieser Situation wieder für Wachstum zu sorgen. Die Milliarden, nein Billionen, mit denen die Hauptkrisenländer Europas von den – sich vergewaltigt fühlenden – Miteuropäern in den letzten zwei Jahren unterstützt worden sind, haben nur gereicht, um den unmittelbaren Kollaps zu verhindern. Sie haben aber zu keinen Investitionen geführt. Das Geld hat nur den Konsum halbwegs in Gang gehalten.
Und nichts anderes als auf Schulden finanzierte weitere Konsumausgaben bedeuten auch die ersten Maßnahmen, welche die neuen französischen Machthaber angekündigt haben. Die Schulstarthilfe wird um 25 Prozent erhöht. Die Franzosen werden wieder mit 60 Jahren in die Regelpension gehen können. Bestimmte Sparmodelle werden besser gefördert. Die von Sarkozy angekündigte Mehrwertsteuererhöhung wird rückgängig gemacht. Der Benzinpreis wird auf drei Monate eingefroren. Und so weiter.
Genau für solche populistische Verteilungsaktionen braucht die neue Hollande-Mannschaft angesichts der ohnedies total leeren Kassen viel Geld. Da Frankreich selber kaum mehr kreditfähig ist, will man sich dieses Geld mit Hilfe der Deutschen holen, indem man vorgibt, das Wachstum ankurbeln zu wollen. Und sollten sich die Deutschen wehren, hat man schon zwei Killer-Argumente bereit: Zum ersten muss sich Angela Merkel – zu Recht – vorhalten lassen, dass sie ja auch gegenüber Nicolas Sarkozy viel zu oft nachgegeben hat. Und zum zweiten glaubt man ringsum in Europa, dass man am Ende nur die Nazikeule herausholen muss, um die Deutschen wieder in die Knie zu zwingen. Denn die hat ja auch in den letzten 67 Jahren immer geholfen.
An dieser simplen Strategie ändert es auch nichts, dass diese Keule inhaltlich lächerlich ist, sind doch die letzten Nazis bestenfalls noch in Altersheimen anzutreffen oder halbdebile Fussballrowdies. Daran ändert es auch nichts, dass mit den Deutschen auch Niederländer, Finnen, Luxemburger oder Österreicher mithaften. Und daran ändert ebenso die Tatsache nichts mehr, dass mittlerweile auch die Kreditwürdigkeit von Deutschland & Co limitiert ist. Die großen chinesischen und arabischen Staatsfonds, die amerikanischen Pensionsfonds und zum Teil auch die russischen Mafia-Oligarchen ziehen ihr Geld immer stärker aus ganz Europa ab. Sie wollen es ja nicht verlieren, was in Europa zunehmend wahrscheinlich wird: sei es durch einen Staatsbankrott, sei es durch eine Euro-Inflation.
Wie aber kann dieser Kontinent doch wieder ins Wachsen kommen? Ist Europa unwiederbringlich zum Abstieg verurteilt, weil seine Politiker – siehe Hollande – Geld immer lieber zur Wählerbestechung verwenden statt zur Erhöhung der Kreditwürdigkeit des Landes?
Nun gibt es durchaus Strategien, auch ohne neue Schulden wieder wettbewerbsfähig zu werden und zu wachsen. Das sind im Grund die asiatischen Erfolgsstrategien. Aber diese Strategien sind noch unpopulärer als der Sparkurs. Denn sie gelten als Bedrohung für viele der sozialen, ökologischen und kulturellen Errungenschaften, an die sich die Europäer so gewöhnt haben und die ihnen von den Politikern als dauerhaft verkauft worden sind. Die Strategien heißen:
Jeder Kenner der europäischen Mentalität wird zweifeln, dass eine solche Wachstumspolitik in Europa jemals mehrheitsfähig werden kann. Sie bekommt daher wohl dann erst dann eine Chance, wenn es Europa einschließlich der Deutschen (und Österreicher) noch viel schlechter geht als heute.
Viel wahrscheinlicher ist daher ein anderes Szenario: Europa wird in nächster Zeit noch viel intensiver Geld drucken als zuletzt. Was zwangsläufig eine heftige Inflation auslösen wird. Und dann kann man wohl nur noch beten, dass diese Megainflation nicht dieselben katastrophalen Folgen haben wird wie die letzte in der Zwischenkriegszeit. Denn dann heißt die Konsequenz: „Statt auf dem mühsamen Weg zu wachsen, haben wir uns zu Tode verschuldet.“
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Die beiden allseits erwarteten Ereignisse sind eingetreten: Francois Hollande, der sozialistische Herausforderer von Nicolas Sarkozy, wird in den Élysée-Palast einziehen. In Griechenland haben jene Kräfte Auftrieb erhalten, die von dem durch die EU diktierten „Sparkurs“ nichts wissen wollen. Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, dass dies nicht ohne Konsequenzen für die europäische Geld- und Fiskalpolitik bleiben kann.
Die zurückliegenden Maifeiern lieferten einen ersten Eindruck davon, in welche Richtung die Reise der EU ab jetzt gehen wird: In ganz Europa wurde bei den traditionellen Mairitualen der proletarischen Massen dieselbe Parole getrommelt: „Schluss mit der Sparpolitik.“ „Kaputtsparen“ hat die allerbesten Aussichten, zum Wort des Jahres zu avancieren.
Dazu muss man wissen, dass Rote, wenn sie vom „Kaputtsparen“ reden, damit in Wahrheit meinen, wie schädlich es sei, die Zunahme der Staatsverschuldung zu bremsen. Denn kaum ein Staat der Eurozone konnte in den zurückliegenden Jahren auch nur annähernd ausgeglichen bilanzieren. In Wahrheit kann daher keine Rede davon sein, dass tatsächlich gespart würde. Sparen bedeutet nämlich, dass die getätigten Einnahmen die Ausgaben übersteigen. Das aber war und ist weit und breit nirgendwo der Fall!
Dass die Staaten sich vor dem nun notwendig gewordenen Sanierungskurs – oft genug unter sozialistischer Führung – „kaputtverschuldet“ haben, kommt den Damen und Herren Umverteilern gar nicht erst in den Sinn. Denn sparen ist böse. Kreditfinanzierter Konsum dagegen schafft den Himmel auf Erden. Die politischen Eliten (genauer: die Sozialisten in allen Parteien) haben die Keynes´sche Bibel tief verinnerlicht: Wer spart, ist ein (Volks-) Schädling. Wer (fremder Leute) Geld zum Fenster hinauswirft und konsumiert als gäbe es kein morgen, ist ein Held. Kapital wird nicht als Folge des Konsumverzichts akkumuliert, sondern durch die Notenpresse erzeugt. Durch simples Bedrucken von Papier löst man jedes Problem – am Ende werden dadurch alle reich. Was für eine wunderbare Welt!
Selbst den Genossen sollte allerdings langsam dämmern, dass Schulden nicht ungestraft in unbegrenzter Höhe aufgetürmt werden können. Griechenland ist ein wunderbares Beispiel dafür: Dort hat man zuletzt den Weg gewählt, die Gläubiger bezahlen zu lassen und diese kurzerhand enteignet. Trotzdem steht das Land noch immer mit 160 Prozent des BIP in der Kreide. Weitere Schuldenschnitte (=Gläubigerenteignungen) sind unvermeidbar. Scheint zunächst, aus der Sicht des räuberischen Fiskus betrachtet, als geniale Politik. Allerdings liegen die Aussichten darauf, dass internationale Geldgeber diesem Staat je wieder Mittel zu tragbaren Zinsen zur Verfügung stellen werden, bei Null. Investitionen, die notwendig wären, um dem abgewirtschafteten Land nachhaltig aus der Misere zu helfen, werden ausbleiben.
Die sich als Folge des Wahlergebnisses abzeichnende Unregierbarkeit der Balkanrepublik dürfte ihr somit kaum zum Vorteil gereichen. Griechenland ist für lange Zeit erledigt. Wer kann, der wird gehen – insbesondere mehrsprachige, gut ausgebildete junge Leute. Der letzte zurückbleibende Rentner darf am Ende das Licht abdrehen…
Ein ähnliches Szenario droht durchaus auch anderen Staaten des europäischen „Club Med“. Selbst in Österreich besteht keinerlei Grund, sich in Sicherheit zu wiegen, wenn die strukturellen Probleme (wie z. B. das viel zu niedrige Pensionsantrittsalter) nicht entschlossen angegangen werden – was indes keine der im Parlament vertretenen Parteien ernsthaft vorhat. Inklusive der nicht ausgewiesenen impliziten Staatsschulden steht Österreich kaum besser da als die PIIGS.
Was nun europaweit passieren wird, lässt sich ausmalen: Die Deutsche Regierung, das im Moment stärkste und letzte Bollwerk gegen eine völlig ungebremste Ausweitung der Geldmenge, wird dem wachsenden Druck von innen und außen nicht standhalten. Die europäische Geldpolitik wird in der Folge auf den Kurs der US-Notenbank FED einschwenken. Die EZB wird schon bald in die unmittelbare Staatsfinanzierung einsteigen.
Damit stehen die Zeichen auf Inflation. Denn die im Aufwind befindlichen Genossen in Deutschland, Österreich und anderswo, wollen, wie sie sagen, sowohl sparen als auch investieren – also gleichzeitig bremsen und Gas geben. „Sparen“, das gilt es zu wissen, heißt nach österreichischer Lesart nicht etwa Staatsausgaben kürzen, sondern Einnahmen erhöhen (d. h. die Staatsquote weiter steigern). „Investieren“ dagegen bedeutet, in maximal unproduktiven Sektoren Geld zu versenken – allenfalls kurzfristig wärmende Strohfeuer abzubrennen.
So bedeutet die populäre Parole „Mehr in die Bildung“ zu investieren, letztlich nichts anderes, als noch mehr Soziologen, Politologen, Publizisten, etc. auszubilden, die für den produktiven Bereich (die Privatwirtschaft) unbrauchbar sind, und die daher am Ende eine gutdotierte Anstellung in der Staatsbürokratie einfordern werden. „In die Infrastruktur zu investieren“ bedeutet, noch mehr Geld in unnötige Bahnprojekte oder in die Landschaftsverschandelung mittels Windrädern zu stecken. Wie man es auch dreht und wendet – staatliche „Investitionen“ laufen in der Mehrzahl aller Fälle auf eine lupenreine Ressourcenvergeudung hinaus.
Mittels derart dubioser Therapien sollen kränkelnde Volkswirtschaften nachhaltig kuriert werden?!
Der frisch gekürte Franzosenhäuptling Hollande hat im Wahlkampf aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. „Höhere Steuern!“ – nämlich 75 Prozent auf die Einkommen „besserverdienender“ Klassenfeinde sollen es sein. Die neue Regierung Griechenlands wiederum wird, unter dem wachsenden Druck des Staßenpöbels, die EU-Bürokratie mit noch frecheren Geldforderungen konfrontieren, die nicht ungehört verhallen werden. Und Europas Linke geben sich kollektiv der fatalen Illusion hin, ernten zu können, wo niemals zuvor gesät wurde.
Kein bekömmlicher Cocktail. Europa wird sein schrumpfendes Finanz- und Humankapital ab sofort noch rascher nach Übersee exportieren, als das jetzt schon der Fall ist. Der Alten Welt stehen also höchst „interessante Zeiten“ bevor. Wohl dem, der rechtzeitig materielle Reserven ins sichere, überseeische Ausland verbracht und einen Notfallkoffer gepackt hat…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Eva Dichand macht auf hart: „Jeden, der jetzt noch behauptet, dass „Heute“ der SPÖ oder einer SPÖ-nahen Organisation gehört oder von dort finanziert wurde“ will sie klagen. Sie muss aber gleichzeitig bisher unbekannte Dinge über die Eigentümerkonstruktion des Gratisblattes bekanntgeben, die einem den Munde offen stehen lassen.
Das Blatt gehört zwei Stiftungen. Und die sind ja der Inbegriff von Transparenz, wie man spätestens seit dem Fall Grasser weiß. Bei Stiftungen sind bekanntlich alle Treuhänder und Treugeber beim Salzamt zu erfragen.
Dass man ausgerechnet jetzt über die offiziellen Funktionsträger der „Heute“-Stiftungen informiert wird, die nach dem in wenigen Wochen in Kraft tretenden Medientransparenzgesetz ohnedies veröffentlicht werden müssen, ist natürlich auch ein reiner Zufall. Eigentlich wollte Dichand ja schon seit 2005 so transparent sein, hat aber aus einem blöden Zufall immer darauf vergessen. So ein Pech.
Man erfährt nun auch von Frau Dichand, dass die Zeitung ausschließlich über einen Millionenkredit der Bank Austria finanziert worden ist. Banken sind ja dafür bekannt, dass sie große Kredite nur für das schöne Gesicht der Kreditnehmer einzuräumen bereit sind.
Die eine Stiftung ist von Eva Dichand und ihrem Bruder gegründet worden. Die andere Stiftung hat einen ehemaligen Bank-Austria-Vorstand als Stifter. Schon wieder diese Bank. Ganz sicher auch nur ein blöder Zufall. Was auch immer die Bank Austria und dieser Herr Heinz Gehl für ein Interesse gehabt haben mögen, zusammen mit Frau Dichand eine Propagandazeitung herauszugeben, in der die Herren Häupl und Faymann immer traumhaft gut aussteigen. Und bei der der Chefredakteur sofort fliegt, wenn dort eine SPÖ-kritische Geschichte erscheint.
Noch interessanter aber ist, wer da im Vorstand dieser bisher so diskret gewesenen Privatstiftung sitzt: Denn da findet sich eine gewisse Eva S., die damals jahrelang als „Lebenspartnerin“ des Wiener Bürgermeisters aufgetreten ist, etwa bei dessen Geburtstagsfest als "Fels an seiner Seite". Bei diesen Auftritten wurde damals übrigens durchaus ihr voller Namen kundgetan. Nur ist das Tagebuch heute diskret und kürzt den Namen ab, da der Herr Bürgermeister ja des öfteren die Damen in seiner Nähe zu wechseln pflegt. Es könnte ja fast sein, dass die gute Eva S. heute nicht mehr in den Vorstand berufen würde, hat der einstige Lebenspartner doch inzwischen wieder einmal geheiratet. Eine andere.
Aber wie gesagt: Auch die Rolle der Eva S. hat absolut nichts mit der SPÖ zu tun. Das alles ist reiner Zufall. Und wir glauben Eva Dichand ebenso wie ihrer Zeitung jedes Wort. Überhaupt nichts mit der SPÖ zu tun hat natürlich auch Wolfgang Jansky, der im gleichen Stiftungs-Vorstand sitzt und der ebenfalls ganz zufällig davor der Pressesprecher eines Werner F. gewesen ist (derzeit angeblich bisweilen am Ballhausplatz und in der Löwelstraße aufhältig, also auch in keinem Zusammenhang mit der SPÖ stehend).
Bleibt nur noch eine winzige Frage offen: Hält die einstige Schwiegertochter die ganze Nation für so dumm wie die Leser ihres Blattes?
Es wird zum gemeinsamen europäischen Muster: Mit der Ausnahme Ungarns haben alle Wahlen der letzten Jahre zwei klare Trends gezeigt,die beide die Zukunft des Systems Demokratie in ein düsteres Licht rücken.
Der eine Trend ist die Zersplitterung der Parlamente auf immer mehr Parteien. Selbst Großbritannien braucht erstmals seit Menschengedenken wieder eine Koalition. In Österreich rechnen Analysen schon damit, dass nach der nächsten Wahl schon drei Parteien nötig sein könnten, um eine regierungsfähige Mehrheit zu haben. Mindestens drei Parteien in der Regierungsmehrheit finden sich in vielen Ländern von Tschechien bis zu den Niederlanden, was auch prompt für ständige Krisen sorgt (lediglich die Schweden fahren mit sogar vier Parteien derzeit recht sicher). In Griechenland ist es nun sehr wahrscheinlich, dass die Wahlen überhaupt bald wiederholt werden müssen, weil sich keine Mehrheit findet. Und auch Frankreich hat nur scheinbar eine klare absolute Mehrheit (wenn auch eine knappere als prophezeit) zustandegebracht. Denn im ersten Wahlgang haben sich die Stimmen mehr denn je zersplittert. Und auch dort darf man gespannt sein, wie das nächste Parlament aussieht.
Dieser Trend wird zur wachsenden Bedrohung für die Demokratie, solange diese nicht beispielsweise durch direktdemokratische Methoden weiterentwickelt wird. Mit diesen Methoden hat ja zumindest die Schweiz eine dort schon seit vielen Jahrzehnten zersplitterte Parteienlandschaft problemlos gemeistert.
Der zweite Trend ist noch viel gefährlicher: Es reüssieren immer mehr Parteien, die gar nicht regieren wollen. Sie wollen nur die Stimmen der immer zahlreicher werdenden Nein-Sager akkumulieren und viele Mandate erobern. Aber regieren wollen sie nicht wirklich. Weil dann müssten sie ja über hohle Parolen hinaus auch zu irgendetwas Ja sagen.
Musterbeispiel sind die Piraten, die jetzt schon ins dritte deutsche Landesparlament einziehen. Sie haben sich noch gar nicht so richtig entschieden, ob sie linke oder rechte Inhalte haben werden. Sie wollen nur keinesfalls regieren und lieber auf Dauer politische Couch Potatoes bleiben.
Aber auch die Links- und Rechtsradikalen Griechenlands wollten zwar in großer Zahl ins Parlament einziehen, aber regieren wollen sie nicht. Daran haben sie keine Sekunde gedacht, weil sie wissen: Dann würden sie beim nächsten Mal auf jeden Fall schwer verlieren. Auch die jüngere belgische Geschichte ist ein ähnliches Drama: Dort hat es über ein Jahr gedauert, bis eine Regierung zustandegekommen ist.
Doch selbst bei den österreichischen Freiheitlichen gibt es eine wachsende Anzahl von Stimmen, die sich in internen Diskussionen auf ein klares Wahlziel geeinigt haben: Sie wollen weiter dazugewinnen, möglichst ein Drittel der Mandate erringen, damit man jede Verfassungsänderung blockieren (oder eine Zustimmung sehr teuer verkaufen) kann. Aber regieren will man eigentlich nicht. Diesmal noch nicht, wie meist hinzugefügt wird.
Das erinnert stark an die freiheitlichen Diskussionen im Winter 99/00, als Jörg Haider eher im Alleingang seine Partei in die Regierung hineingezogen hat. Und auch er hatte sehr spezifische Motive: Er hatte damals schon in Kärnten regiert und gewusst, dass er im Bund mitbestimmen muss, wenn er für sein Bundesland etwas herausholen will, etwa den Koralm-Tunnel.
Dieser paneuropäische Trend macht sehr besorgt. Ja, es stimmt, regierende Parteien erleiden in der großen Mehrzahl der Fälle am nächsten Wahltag ein Minus – auch wenn die Drittelung der griechischen Sozialisten schon einen Rekord darstellt. Aber irgendwie brauchen Staaten halt doch eine Regierung. Und nicht nur eine Ansammlung von untereinander verfeindeten Parteien, die jeweils mit großer Radikalität für ein einziges, jedoch bei jeder Partei ganz anderes Anliegen stehen.
Jetzt fliegt uns Europa wie ein explodierender Druckkochtopf um die Ohren. Die Franzosen wählten einen Präsidenten, der statt zu sparen neue Schulden machen will; die Griechen marschierten im Eilschritt zu Parteien, die mit noch viel radikaleren Tönen dasselbe wollen; und ähnliches ist vor ein paar Tagen in Rumänien passiert: Dort hat auch ohne Neuwahlen ein Regierungswechsel stattgefunden, nach dem nun rundum Gehaltserhöhungen und Steuersenkungen versprochen werden.
Für Sozialisten und ähnlich Denkende ist jetzt wohl das Schlaraffenland ausgebrochen. Alle anderen tun gut daran, ihre Ersparnisse in Sicherheit zu bringen, noch mehr als bisher ins Gold zu flüchten oder in brasilianische Anleihen. Aber auch wer keine Ersparnisse hat und nur die Grundrechnungsarten beherrscht, sollte sich vor dem Triumph des Verkauft-mein-letztes-Hemd-Sozialismus fürchten.
Theoretisch könnten sich die Bürger Deutschlands, der Niederlande, Finnlands, Luxemburgs oder Österreichs die kommenden Dinge gelassen und erste Reihe fußfrei anschauen. Denn unter normalen und logischen Umständen könnte man jetzt geruhsam abwarten, wo denn die Franzosen, Griechen oder Rumänen noch Blöde finden wollen, die ihnen Geld borgen. Da das wenig wahrscheinlich ist, werden ihnen die sozialistischen Tagträume bald vergehen.
Jedoch leben wir in einem Europa, in dem nicht mehr die Grundrechnungsarten gelten. Deren Geltung ist – skurrilerweise vor allem auf Verlangen des nun geschlagenen Franzosen Nicolas Sarkozy – im Jahr 2010 aufgehoben worden. Damals ist Griechenland als erstes Land an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten. Und damals hat Europa grundfalsch reagiert, hat Griechen, Spaniern, Franzosen und vielen anderen eine völlig falsche Botschaft übermittelt.
Die Kausalitätskette der falschen Reaktion: Durch einen Bankrott Griechenlands hatte vielen Gläubigern – nicht zuletzt in Frankreich – ein gewaltiger Zahlungsausfall und damit die eigene Insolvenz gedroht. Was Sarkozy unbedingt verhindern wollte. Er setzt darauf die deutsche Bundeskanzlerin so lange unter Druck, bis diese nachgab und die deutschen Steuerzahler zwang, die griechischen Schulden zu übernehmen.
Dieses Modell hat sich inzwischen immer häufiger wiederholt. Immer mehr Länder sind an den Rand der Insolvenz gerutscht. Immer neue bilaterale und multilaterale Modelle wurden entwickelt und umgesetzt, die alle dasselbe bedeuteten: Die gerade noch kreditwürdigen Staaten Europas zahlten für die überschuldeten und übernahmen Haftungen für diese. Längst finden sich auch für die Anleihen der Bundesrepublik nur noch Käufer, weil die Europäischen Zentralbank wie verrückt neues Geld druckt, das dann zum Kauf der Anleihen benutzt wird.
Aber alles nutzte nichts: Merkels Parteifreund Sarkozy wurde abgewählt, die Griechen wählten in erschreckendem Ausmaß Links- und Rechtsradikale. In beiden Ländern ist das Motto der Sieger gleich: Sie denken nicht daran, zu sparen oder Schulden zurückzuzahlen. Sondern überall wird Deutschland beschimpft, wenn es nicht bis zum eigenen Konkurs ständig weitere Schulden für Frankreich, Griechenland & Co zu machen bereit ist.
Alles, was für Deutschland gilt, gilt auch für Österreich – nur ist hier zum Unterschied von Deutschland nicht einmal eine seriöse Debatte über den Sinn der unfinanzierbaren Rettungsschirme geführt worden. Sondern Österreich hat einfach das nachgeplappert, auf was sich die deutsche Politik geeinigt hat.
Mit dem Sieg des schuldenbegeisterten Hollande in Frankreich und mit der totalen Unregierbarkeit, die jetzt in Griechenland ausgebrochen ist, dürfte es jetzt eigentlich nur eine Alternative geben: Entweder die noch nicht insolventen Länder steigen individuell oder kollektiv aus dem Euro aus. Oder sie stoppen zumindest jede weitere Geldhilfe für die Krisenländer, was sich insbesondere auch auf die unmittelbar drohende Ratifizierung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM beziehen müsste. Was wiederum zu einem Austritt mehrerer Krisenländer aus dem Euro führen müsste.
Das ergäbe zwar zweifellos kurzfristig gewaltige Turbulenzen, wäre aber langfristig der einzige Weg zur Heilung. Denn solange es in Europa Politiker und Parteien wie die griechischen Chaosparteien oder Monsieur Hollande gibt, die den Wählern das Blaue vom Himmel versprechen, solange werden sie gewählt. Und daher ist jeder rationale Weg zu einer Beendigung der Schuldenkrise verbaut.
Freilich: Wer mag jetzt noch glauben, dass sich die Deutschen, die so oft knieweich nachgegeben haben, noch Fünf vor Zwölf aus diesem untergehenden Schiff auszusteigen zu trauen? Dazu bräuchte es mutige Staatsmänner. Und die gibt es weit und breit nicht.
PS.: In Frankreich gibt es noch einen Restfunken Hoffnung, dass Hollande nach Amtsantritt das Gegenteil dessen tut, was er angekündigt hat. So hat ja auch der deutsche Sozialdemokrat Schröder am Ende seiner Amtszeit plötzlich das Richtige getan, nämlich Kurs auf eine liberale Austeritätspolitik zu nehmen. Was ihn zwar den Wahlsieg kostete, aber die Grundlage für die nunmehrige Blüte Deutschlands legte. In Griechenland darf man diese Hoffnung nicht mehr hegen. Obwohl dort die Dinge noch viel skandalöser stehen: Erst in der Vorwoche wurde bekannt, dass 200.000 Pensionen und ähnliches gestrichen wurden, weil sie betrügerisch erschwindelt worden waren – etwa zugunsten von längst Verstorbenen. Offenbar wird man jetzt sogar schon dafür bestraft, wenn man Betrügern das Handwerk legt . . .
Anmerkung: Primärsaldo = Budgetsaldo abzüglich der Zinszahlungen
Quelle: Bundesrechnungsabschluss Rechnungshof 2011
Der katastrophale Zustand des ORF hat die Regierung wieder einmal zu einem Anlauf motiviert, das ORF-Gesetz zu reformieren. Freilich: Nichts von dem, was sie da bisher vorhat, ist irgendwie geeignet, Unabhängigkeit, Pluralismus und Sparsamkeit im ORF zu fördern. Ich habe deswegen mit einer Gruppe von Experten sieben Punkte für eine rechtliche Regelung zusammengestellt, die eine weit bessere Garantie dafür bieten würde als alle politischen Pläne.
Natürlich ist uns klar, dass diese Punkte angesichts der vielen involvierten Interessen keine unmittelbare Realisierungs-Chance haben. Aber sie sollen demonstrieren, was möglich wäre, ohne gleich die Idee öffentlich-rechtlichen Rundfunks ganz zu Grabe zu tragen.
Die Regierung plant ja, den ORF von einer Stiftung in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Wird dadurch irgend etwas besser? Der renommierte Medienrechtsexperte Gottfried Korn zeigte sich dieser Tage amüsiert: „Was soll das bringen? Der ORF hatte doch schon alle möglichen Rechtsformen gehabt und war nie unabhängig – mit Ausnahme der Periode zwischen 1967 und 1973.“
Die Rechtsform allein ist also irrelevant. Auch die Größe des Aufsichtsrates/Stiftungsrates ist nicht sehr wichtig – bis auf einen Aspekt: Bei einer drastischen Verkleinerung wäre es nicht mehr möglich, dass jedes Bundesland einen Vertreter entsenden kann. Das könnte vielleicht ein wenig beitragen, die lähmende Hofberichterstattung über Landeshauptleute (und Wiener Bürgermeister) zu reduzieren.
Zugleich ist aber der Versuch, die Länder zu entmachten, fast eine Garantie, dass die Reformpläne nie Wirklichkeit werden. Bevor man auch nur versucht hätte, die wirklich zentralen Probleme zu diskutieren. Wie aber stellt man Unabhängigkeit, Pluralismus und Sparsamkeit in einem Unternehmen sicher, dass dem Staat gehört?
Viele meinen ja mit gutem Grund, dass das überhaupt nicht möglich sei. Die Entwicklung der ORF-Redaktion zu einem Rätefernsehen bestätigt diese Befürchtung. Redaktionsräte treten zunehmend so auf, als ob ihnen Fernsehen und Radio gehören würden. Die im Eiltempo den ORF fliehenden Seher und Hörer sind in dieser Rätediktatur hingegen völlig gleichgültig. Es ist bezeichnend, dass heute Servus-TV jener Sender ist, der die weitaus größte und beste öffentlich-rechtliche Qualität in diesem Land hat. Auch eine neue market-Umfrage zeigt, dass die Österreicher den privaten Radio- und Fernsehsendern eine unabhängigere Berichterstattung zubilligen als dem ORF.
Bei der gleichen Umfrage haben nicht weniger als 76 Prozent von „parteipolitisch motivierten Personalentscheidungen“ im ORF gesprochen, während nur 7 Prozent solche nicht sehen wollen. Und 64 Prozent sehen eine daraus erfolgende Beeinflussung der unabhängigen Berichterstattung des ORF (und wieder sind es bloß 7 Prozent, die das nicht so sehen). Klarer kann man das bisherige Scheitern der ORF-Politik gar nicht mehr dokumentiert bekommen.
Daher hat das amerikanische Modell viel für sich, in dem es überhaupt kein Fernsehen oder Radio mit Pflichtgebühren gibt. Dennoch sei mit dieser Feststellung nicht die Diskussion beendet. Denn in der österreichischen Realität hat dieser amerikanische Weg noch auf viele Jahre keine Realisierungschancen.
Um noch bei ausländischen Modellen zu bleiben: Das italienische Modell, dem auch das deutsche ähnelt, fördert zwar nicht Sparsamkeit oder Unabhängigkeit, aber wenigstens den Pluralismus: Dort hat man sich die Kanäle nach ideologischen Schwerpunkten aufgeteilt. Damit wäre wenigstens sichergestellt, dass auch christdemokratisch/rechtspopulistisch/neoliberal/konservativ denkende Menschen wieder fernsehen und radiohören könnten, ohne tägliche Tobsuchtsanfälle zu bekommen.
Nur in die Kategorie Faschingsscherze sind jene Modelle einzuordnen, die dem Bundespräsidenten die Schlüsselrolle bei der Bestellung der wichtigsten ORF-Funktionen einräumen wollen. Dass dadurch weder Qualität noch Pluralismus noch Sparsamkeit hergestellt werden, scheint wohl keiner langen Beweisführung zu bedürfen.
Ideal wäre das britische Modell, in dem Pluralismus und Toleranz herrschen, in dem in jede ideologische Richtung kritisch – aber fair – berichtet und gefragt wird. Nur: Kann man Mitteleuropäern diese tief verwurzelte englische Fairness anders als durch Gehirntransplantation einpflanzen?
Bei allem Zweifel, ob dies möglich sei, könnten Rahmenbedingungen zumindest eine Annäherung sicherstellen. Diese sei mit folgendem Modell versucht, das die erwähnte Gruppe aus Juristen und Journalisten erarbeitet hat (an der auch ORF-Angestellte mitgewirkt haben, weshalb die Mitglieder naturgemäß ungenannt bleiben müssen). Natürlich kann und muss da noch in vielen Details gefeilt werden. Es muss auch die EU-rechtliche Kompatibilität abgesichert werden. Aber dieses Modell scheint jedenfalls besser als jedes andere bisher diskutierte unter österreichischen Rahmenbedingungen Qualität, Unabhängigkeit, Ausgewogenheit und Sparsamkeit zu sichern.
1. Die Gebühren fließen nicht mehr dem ORF direkt zu. Sie werden von einer Kommission in monatlichen Bewertungen auf alle in Österreich produzierenden Sender aufgeteilt. Bei dieser Aufteilung stehen folgende Gesichtspunkte der Bewertung im Vordergrund:
In diese Kommission können nur Mitglieder mit mindestens drei Jahrzehnten Berufserfahrung im Journalismus oder einem verwandten Beruf entsandt werden. Sie dürfen in keinerlei rechtlicher oder berufsmäßiger Beziehung zu einem mit Gebührengeldern bedachten Sender stehen. Das trifft auch auf ihren Arbeitgeber zu.
Die Kommission publiziert die regelmäßig weiterzuentwickelnden und zu präzisierenden Maßstäbe ihrer Bewertung.
2. Für Mitglieder in Hauptversammlung, Kommission oder Aufsichtsrat gelten folgende Unvereinbarkeiten:
Erläuterung: Damit wird endlich jede Möglichkeit genommen, dass sich die ORF-Führung die Zustimmung in Gremien kauft, wie dies seit Jahrzehnten üblich war: Sei es durch ständige Auftritte, sei es durch berufliche Karrieren von Stiftungsräten. Ebenso schafft das absolute Wiederbestellungsverbot eine größere Unabhängigkeit als alle bisherigen Regelungen. Denn die Angst, nicht wiederbestellt zu werden, schafft besonders starke Abhängigkeiten.
3. Die Mitglieder der Hauptversammlung amtieren zum Unterschied von jenen in Kommission und Aufsichtsrat ehrenamtlich. Sie haben im Hauptberuf eine richterliche Funktion (beziehungsweise die eines pensionierten Richters). Ihre einzige Aufgabe besteht in der Wahl von Kommission und Aufsichtsrat, für die öffentliche Ausschreibungen stattzufinden haben.
Sie werden auf folgende Weise nominiert:
Erläuterung: Der verpflichtende richterliche Hintergrund bietet unter allen Berufen die weitaus größte Chance auf Unabhängigkeit.
4. Der Aufsichtsrat des ORF besteht aus neun Personen. Für ihn gelten die gleichen Regeln wie für jeden Aufsichtsrat: Honorierung, persönliche Haftung, Wahl des ORF-Vorstandes, Mitwirkung bei wichtigen Entscheidungen, usw.
Erläuterung: Der Aufsichtsrat kann und muss sich in dieser Konstruktion ganz auf die Wirtschaftlichkeit des ORF konzentrieren.
5. Der ORF kann wie ein ganz normales Wirtschaftsunternehmen agieren. Er bekommt aus öffentlichen Mitteln (also Gebühren) nach den gleichen Regeln Geld wie jeder andere Radio- oder Fernsehsender. Damit fallen sämtliche derzeit den ORF einseitig belastenden Auflagen weg, aber eben auch das weiche Bett der Gebühren.
Damit ist erstmals die Sparsamkeit garantiert. Damit steht der Sender aber auch unter Druck, ausgewogen und unabhängig zu agieren. Sonst würde er keine oder deutlich weniger Gebühren bekommen.
6. Jeder Sender, der Gebührengelder erhalten will, muss auch außerhalb der geförderten Sendungen folgende Regeln beachten:
7. Gegen die Förderung bzw. Nicht-Förderung von Programmen können 20 GIS-Zahler schriftlich Beschwerde einlegen. Die Kommission hat auf jede Beschwere in einer öffentlichen Internet-Seite zu antworten. Rechtszug ist keiner möglich (was natürlich Strafanzeigen und Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof nicht ausschließt).
Es wird immer ärgerlicher, wie die Öffentlichkeit durch einseitige Medien und ideologische „Experten“ einseitig mit – oft total falschen und fast immer tendenziösen – Daten gefüttert werden. Noch ärgerlicher ist aber, wie manche gesellschaftspolitisch wichtigen Daten verschwiegen werden.
Hier ein kleiner Auszug:
1. Frühpensionierungen helfen nicht, den Gesundheitszustand zu verbessern, sondern verschlechtern ihn, vor allem bei Männern. Das zeigt eine große internationale Studie im Auftrag der EU. Von der man aber in Österreich nichts hört (wo meist nur die Klassenkampfstudien im Auftrag der Arbeiterkammer publiziert werden). Denn Frühpensionisten leben ungesünder, sie leiden oft unter einer schlagartig ausbrechenden Sinnkrise, sie verlieren ihre sozialen Netzwerke. Das, was vielen so erstrebenswert erscheint, ist also oft ein schwerer Schicksalsschlag.
2. Die Berufstätigkeit einer Mutter aus Mittel- und Oberschichtfamilien ist schlecht für die Entwicklung eines Kindes. Das kann man im neuesten deutschen Familienbericht (Seite 102) lesen (in Österreich wagt man sich gar nicht an solche Fragen heran). Dem Kind entgeht durch die außerfamiliäre Betreuung die Bildung und Erziehung durch seine gut gebildete und erziehungskompetente Mutter. Hinter deren Leistung bleibt das Bildungsangebot in Kindergärten weit zurück. Bei Migranten- und Unterschichtfamilien ist die Wirkung einer solchen Betreuung hingegen eindeutig positiv.
3. Die von der Politik, auch der EU so stark geförderte außerfamiliäre Betreuung von Kindern unter drei Jahren wird in Deutschland von Müttern mit Migrationshintergrund viel seltener benutzt als von anderen. Dabei begründet die Politik die teuren Kleinkinderbetreuungseinrichtungen vor allem damit, dass man Migrantenkinder so besser in den Bildungsprozess einbinden kann. Dafür werden diese Betreuungsstrukturen vor allem von besser gebildeten Müttern genutzt. (gleicher Familienbericht, Seite 99f)
4. Ein Zitat, dass die letztgenannten Punkte unterstreicht: „Kleinkinder dauerhaftem Stress auszusetzen, ist unethisch, verstößt gegen Menschenrecht, macht akut und chronisch krank. Dieses Wissen hindert die Bundesregierung und Wirtschaftsverbände nicht daran, die Erhöhung der Zahl der außerfamiliären Betreuungsplätze zum Ausweis moderner Familienpolitik zu stilisieren.“ So der deutsche Kinder- und Jugendarzt mit Schwerpunkt Sozialpädiatrie Rainer Böhm (Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 4. April, Seite 7). Das sind Sätze, die zweifellos auch für Österreich gelten, wo sich nur die meisten Mediziner mit unzeitgeistigen Erkenntnissen zurückhalten.
5. Die EU will, dass 75 Prozent der Frauen im erwerbstätigen Alter berufstätig sind (so wie die Männer). In Österreich sind es 66 Prozent, was weit über dem EU-Schnitt liegt. Der österreichische Wert beinhaltet aber auch die Frauen mit türkischem Hintergrund: Diese sind zu 41 Prozent berufstätig.
6. Amerikanische Jugendliche in Gefängnissen:
Quelle: C. Harper und S. McLanahan: „Father Absence and Youth Incarceration“. Data from National Longitudinal Survey of Youth.
7. Kokain-Nutzer unter erwachsenen Amerikanern:
Quelle: Add Health Wave II 1966
8. Schlechte Bildung. Untersucht wurden die in Österreich lebenden 25- bis 64-Jährigen:
Quelle: „migration & integration, zahlen.daten.indikatoren 2010“ (Statistik Austria, Seite 46)
Anmerkung: 48 Prozent der im Ausland geborenen Migranten stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien; 17 Prozent aus der Türkei. In Österreich kommt ein Drittel der Migrantenkinder überhaupt erst während ihrer Schulzeit ins Land, was dem Bildungssystem fast jede Chance der Gegensteuerung nimmt.
9. Österreich wird gerne als die Hölle für Ausländer dargestellt, etwa von der Rathaus-finanzierten Organisation Zara. eine EU-Studie zeigt das Gegenteil. Fälle von erlebter Diskriminierung unter 100 Migranten aus der Türkei innerhalb eines Jahres:
Quelle: EU-MIDIS Seite 14.
10. Von den weltweit über 20 Millionen Migranten mit tertiärem Abschluss (Universitäten und ähnliches) haben sich drei Viertel in den USA, Kanada, Australien und Großbritannien niedergelassen. Wen wundert es, dass diese Länder aus der Zuwanderung großen Nutzen ziehen? Länder wie Österreich werden von solchen Leistungsträgern jedoch total gemieden. Der Grund? Die Sprache, aber vor allem die hohen Steuern.
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Seine Bilanz ist miserabel. Nach fünf Jahren an der Macht hinterlässt Präsident Nicolas Sarkozy ein verunsichertes und geschwächtes Land. Schulden und Arbeitslosigkeit sind in Frankreich hoch. Die Wettbewerbsfähigkeit der fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt schwindet. 2007 sagte Sarkozy, er werde versagt haben, sollte die Arbeitslosenquote 2012 nicht auf fünf Prozent gesunken sein. Heute liegt sie bei fast zehn Prozent, so hoch wie seit zwölf Jahren nicht. Es gibt eine Million mehr Erwerbslose als bei Sarkozys Antritt.
Versuche, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren, blieben Stückwerk. Er höhlte die von den Sozialisten eingeführte 35-Stunden-Woche aus, da Überstunden von der Steuer abgesetzt werden können, was aber teuer für die Staatskasse ist. Im Außenhandel verzeichnet Frankreich ein Rekorddefizit. Das Land hat nur ein marginales Wachstum und die höchste Staatsquote in Europa. Ein Drittel der gesamten Staatsverschuldung von 1,7 Billionen Euro geht auf das Konto von Sarkozys Regierung. Verschaukelt fühlen sich viele Franzosen von seinem Versprechen zur Hebung der Kaufkraft. Sarkozy ist ein Meister der Ankündigungspolitik; bei der Verwirklichung seiner Vorhaben geht ihm oft die Luft aus. Gründlich fehlgeschlagen ist die moralische Erneuerung des Landes. Vor fünf Jahren zog Sarkozy mit dem Slogan "rupture" durch die Lande und wollte gegen die reformunwilligen und faulen Machteliten kämpfen.
Die "untadelige Republik" blieb jedoch eine Fata Morgana. Es kam zu vielen Affären. Der Präsident, der sich gern als Mann des Volkes präsentierte, spielte die Spiele der Pariser Machtkaste und versuchte, seinem Sohn einen Chefposten zu verschaffen. Für Befremden sorgen sein Faible für Prominente, Yachten und teure Uhren, dazu sein aggressiver Ton gegenüber Kritikern und eigenen Ministern. Frankreich braucht den Wechsel. Der Konservative hat versagt.
Andreas Unterberger
Alle Umfragen prophezeien einen klaren Sieg von François Hollande. Präsident Sarkozy würde diese Niederlage auch voll verdienen. Wegen seiner privaten Eskapaden, wegen seines Zögerns bei den oft angekündigten Reformen zum Abbau des real existierenden französischen Sozialismus. Dennoch hat der "Economist", Europas führendes Magazin, mehr als recht, wenn er Hollande als "gefährlich" bezeichnet. Denn die von ihm ausgehenden Gefahren bedrohen ganz Europa.
Hollande zeigt null Bereitschaft, auch nur eine der für das Land dringend notwendigen Reformen anzugehen. Er will im Gegenteil die Uhren auf einen in der Welt einmaligen Retro-Sozialismus zurückdrehen. Er will das Pensionsalter wieder senken. Er will trotz schrumpfender Schülerzahlen 60.000 zusätzliche Lehrer als Beamte einstellen. Er will den Spitzensatz der Einkommensteuer auf 75 Prozent erhöhen. Er will die Europäische Zentralbank zwingen, "mehr fürs Wachstum" zu tun, also noch mehr Geld als die zuletzt gedruckte Billion zu drucken. Er will Firmen zwangsenteignen. Er will auch Nicht-EU-Ausländern das kommunale Wahlrecht geben. Er lehnt die Schuldenbremse ab. Er verlangt Eurobonds, auf Deutsch: die Haftung Deutschlands (und Österreichs) für Frankreichs Schulden. Und so weiter. Kein Wunder, dass Hollande uneingeschränkt von den ausgeschiedenen kommunistischen Kandidaten unterstützt wird. Das findet er auch total okay (während Rechts-Außen Marine Le Pen gegen beide Kandidaten des Finales ist).
Auch für die anderen Länder Europas wäre es eine Katastrophe, sollte Hollande nur einen Teil seines Programms realisieren. Denn durch die gemeinsamen Schuldenprogramme seit 2010 und nun endgültig durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM - der ja das Gegenteil seines Namens bedeutet -, sind die Euroländer untrennbar aneinandergekettet. Bis zum gemeinsamen Untergang.
Amerikas Umgang mit chinesischen Bürgerrechtler Chen Guangcheng macht bestürzend klar, wo die einst große humanitäre Supermacht heute steht.
Der mutige Blinde, der immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen anprangert, hatte sich auf geheimnisvollen Wegen in die amerikanische Botschaft in China in Sicherheit bringen können. Nach ein paar Tagen haben ihn die Amerikaner unter einigen falschen Versprechungen wieder zum Gehen gebracht. Jetzt wird er mit seiner Familie – erwartungsgemäß – wieder schwer drangsaliert. Aber die so wie Europa schwer bei den Chinesen verschuldeten Amerikaner konnten und wollten sich den Konflikt mit Peking nicht mehr leisten. Geld (also die Exporte der chinesischen Industrie) hat über Humanität gesiegt. Was für ein Kontrast zu 1956: Damals nahmen die Amerikaner einen anderen Helden, Kardinal József Mindszenty, nach dem Ende der ungarischen Revolution in ihre Budapester Botschaft auf. Und sie behielten ihn dort gezählte 15 Jahre. Herrn Chen haben sie keine 15 Tage ausgehalten.
Bringen wir möglichst viele jungen Menschen zur Matura! Dann geht es ihnen und uns allen besser. Diese Überzeugung steckt tief in uns drinnen. Und kaum jemand widerspricht ihr. Sie hat nur ein Problem: Sie stimmt nicht.
Das zeigt sich etwa an der zum Teil 50-prozentigen Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern. Diese haben alle viel höhere Maturanten- und Akademikerquoten als Österreich (und überdies Gesamtschulen). Damit müsste ja nach herrschender Lehre eine blühende Zukunft garantiert sein.
Jene Länder verstecken aber oft nur die Jugendarbeitslosigkeit, wenn sie die jungen Menschen möglichst lange in Universitäten und Schulen ohne Leistungshürden stecken. Da können diese schon rein definitorisch nicht arbeitslos sein. Aber die Arbeitslosigkeit schlägt dann umso heftiger zu, wenn einmal Schule und Uni doch vorbei sind. Denn dort haben die Akademiker zwar wunderschöne Sachen von der Philologie bis zur Kunst gelernt. Aber die Arbeitgeber interessieren sich halt leider nicht für solche Kenntnisse. Höchstens der staatliche – und der hat jetzt auf viele Jahre absolut kein Geld mehr.
Spaniens Jugendarbeitslosigkeit betrug übrigens auch schon vor der Krise ein Vielfaches der österreichischen. Also ist die Krise nicht ihre Ursache, sondern sie macht nur eine ernste Lage hoffnungslos.
Von der Österreich zum Glück weit entfernt ist. Aber auch hier zeigen manche von der Politik ignorierte Daten Erstaunliches: Österreichische Maturanten haben schon ein deutlich höheres Risiko, arbeitslos zu werden, als Absolventen einer Lehre. Laut Mikrozensus sind 6,8 Prozent der Lehrabsolventen, aber 8, 6 Prozent der Maturanten arbeitslos. Lehrlinge sind auch weniger armutsgefährdet als Nur-Maturanten.
Da macht es absolut fassungslos, wenn sogar die Industriellenvereinigung ein Volksbegehren unterstützt, das höhere Maturantenquoten verlangt. Gleichzeitig klagen Industrie und Gewerbebetriebe aber über einen rasch wachsenden Lehrlingsmangel. Lediglich manche Mädchen haben nach der Lehre ein Problem – das wohl mit den vielen Möchtegern-Friseurinnen zusammenhängt; nach der Matura geht es den jungen Frauen hingegen relativ besser als ihren männlichen Kollegen.
Wir sollten endlich aufhören, Matura als wertvoller denn eine gute Lehre anzusehen. Das lehren auch die vielen ausländischen Delegationen, die sich in Österreich und Deutschland begeistert das duale System anschauen, also die Parallelität von Betriebspraxis und Schule. Sie entdecken dabei zu ihrem Erstaunen etwas, was an etlichen Schulen und Universitäten außer Mode kommt: Bei den Lehrlingen gibt es noch strenge Prüfungen, es fallen viele bei der Abschlussprüfung durch, wie ein Junggewerkschafter dieser Tage bitter beklagte. Was aber nur ein hervorragendes Zeichen für die Qualität der Ausbildung ist.
Vielleicht sollten auch unsere Schulen bei der Lehre ein wenig in die Lehre gehen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Man konnte meinen, die mediale Sauregurkenzeit sei ausgebrochen: Wenn das staatliche österreichische Fernsehen sich, abseits eines die Einschaltquoten hebenden Blutbades, dem Thema Waffen in Privathand widmet, hat das immerhin Seltenheitswert.
Am 29. 4. also schaffte es das keineswegs „heiße“ Thema Registrierung von Privatwaffen (diese soll, sobald die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen gegeben sind, bis Ende des Jahres 2014 abgeschlossen sein) sogar in die Abendnachrichten. Eingangs wurde festgestellt, dass die Behörden gegenwärtig über den Gesamtbestand an Schusswaffen keinen Überblick hätten.
Korrekt wurde bemerkt, dass lediglich die auf Waffenbesitzkarten und Waffenpässen eingetragenen Stücke (dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Pistolen und Revolver) amtsbekannt wären – wenn auch nur den jeweiligen lokalen Behörden, da eine zentrale, bundesweite Erfassung bislang nicht erfolgt sei. Dass es dem Polizeiministerium – immerhin einige Jahrzehnte nach der Erfindung der elektronischen Datenverarbeitung – bis heute nicht gelungen ist, die Daten aller Provinzbehörden zusammenzuführen, erstaunt selbst in Kenntnis der Gegebenheiten der kakanischen Bürokratie. Oder gibt es am Ende Gründe, diese Daten absichtlich nicht bekanntzugeben – etwa weil die Gesamtzahl derart hoch ist, dass Nomenklatura und Intellektuellenkaste darüber in Panik verfallen könnten?
Es geht um die Erfassung der „vom Opa ererbten alten Flinte im Keller“, wie der Redakteur launig anmerkte. Diese Auskunft ist deshalb nicht ganz vollständig, weil zudem auch Hunderttausende von Jagd- und Sportbüchsen, sowie die Bestände von Waffensammlern (mehrheitlich alte Militärkarabiner) betroffen sind, die nunmehr gemeldet werden sollen. Dass der ORF mit diesem Beitrag als Regierungsherold fungierte, war klar, als auf den vollständigen Flop der Meldung von Vorderschaftrepetierflinten („Pump-Guns“) hingewiesen wurde.
Geschätzte zehn Prozent dieser Flinten wurden den Behörden gemeldet, nachdem deren Besitz in einem klassischen Akt von Anlassgesetzgebung anno 1995 verboten wurde. Personen, die zu diesem Zeitpunkt über eine solche Waffe verfügten, konnten diese melden und erhielten für ihren Besitz eine Ausnahmebewilligung. Neunzig Prozent dieser Flinten wurden nicht gemeldet.
Zehntausende dieser Waffen stehen seither also illegal in heimischen Haushalten – sei es, weil die oft ahnungslosen Besitzer von der Gesetzesänderung keine Kenntnis erlangten, sei es, weil ein mehr als berechtigtes Misstrauen gegen den Staat davor zurückschrecken ließ, rechtmäßig erworbenes Eigentum durch eine Meldung zu gefährden. Von einer missbräuchlichen Verwendung dieser nunmehr illegalen Waffen wurde bisher übrigens nichts bekannt.
Regierung und Bürokratie befürchten – wohl zu Recht – dass das Registrierungsvorhaben in einem Debakel enden könnte. Kürzlich wurde in Kanada ein vergleichbares Projekt, nachdem bereits Unsummen an Steuergeldern dafür verbraten waren, mangels Aussicht auf Erfolg sang- und klanglos wieder eingestellt.
Die heimische Innenministerin beziffert die voraussichtlichen Kosten dieser Schildbürgerei auf 700.000 Euro – eine völlig aus der Luft gegriffene Angabe. Da die Zahl der zu erfassenden Stücke im Dunkeln liegt, ist eine Prognose für die Erfassungskosten nämlich völlig unmöglich. Fest steht lediglich, dass Hunderttausende von kostspieligen Arbeitsstunden dafür aufgewendet werden müssen.
Innenministerin Mikl-Leitner, die sich bekanntlich mit Vorliebe der Gaunersprache bedient (unvergessen ist ihr an jene Österreicher, die leichtfertig ein Paar Euro gespart haben, gerichteter Imperativ: „Her mit dem Zaster!“) begründete im Verlauf der Sendung die Wichtigkeit der Waffenregistrierung für die allgemeine Sicherheit mit dem Hinweis, dass ja immer wieder Waffen gestohlen würden. Brillant, nicht wahr? Eine gestohlene Waffe wird in dem Moment völlig harmlos, ab dem die Polizei ihre Nummer kennt. Frau Mikl-Leitner hat mit ihrer Wortmeldung zur besten Sendezeit erneut das Ehrfurcht einflößende Ausmaß ihrer fachlichen Kompetenz zur Schau gestellt.
Wahr ist, dass geladene und entsicherte Pistolen – wie Waldäxte, Küchenmesser und Kettensägen auch – absolut harmlos und ungefährlich sind. Davon kann sich jedermann unschwer überzeugen, indem er einen der genannten Gegenstände auf einen Tisch legt und nicht anrührt. Nichts wird geschehen. Kein Schuss wird sich lösen, kein Finger oder Arm wird abgetrennt werden.
Zur Gefahr werden unbelebte Gegenstände nämlich immer erst dann, wenn sie in die Hände gefährlicher Menschen gelangen – und das zu Verhindern ist schlichtweg unmöglich. Selbst eine totale Überwachung der Bürger – eine orwell´sche Welt – kann keine totale Sicherheit garantieren. Zu erwarten, dass die behördliche Registrierung (selbst ein totales Verbot!) eines möglichen Tatmittels unter vielen die Sicherheit zu erhöhen imstande wäre, ist mit den Regeln der Logik unvereinbar.
Da mehr als 50 Prozent der in der Alpenrepublik verübten Bluttaten mit Messern begangen werden, müsste – der Logik von Innenministerin und EU-Bürokratie folgend – die behördliche Erfassung aller in privaten Haushalten lagernden Messer der Sicherheit entscheidend auf die Sprünge helfen. Auf diese groteske Idee ist indes – zumindest bisher – noch nicht einmal die Grüne Gisela Kallenbach, der wir diese staatliche Schnüffelaktion maßgeblich zu verdanken haben, gekommen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Am 29. April 2012 ging die Entscheidung um das Innsbrucker Bürgermeisteramt in die Stichwahl. Eine Kandidatin und ein Kandidat standen zur Wahl.
Eine Frau, die intelligent ist, sachlich, sympathisch, jung und fotogen. Dass die Dame auch ein einnehmendes Äußeres hat, traut man sich heutzutage kaum anzumerken. Man weiß nicht so recht: Würde ihr dieses Attribut in unserer heutigen Politik- und Medienwelt am Ende nützen oder schaden?
Viel wichtiger aber ist: Die Kandidatin hat bereits bewiesen, dass sie die Tiroler Landeshauptstadt einmalig führen kann. Im Wahlkampf zeigte sie Haltung, war standhaft, geradlinig, immer überlegt, teilweise zurückhaltend, bescheiden, und ehrlich. Sie hatte und hat es nicht nötig, sich auf ihr Geschlecht zu berufen oder etwa darauf, dass – wie heutzutage bei allen Ausschreibungen öffentlicher Ämter – bei „gleicher Qualifikation“ der Bewerber in jedem Fall die weibliche Kandidatin zu bevorzugen sei.
Aber auch in diversen Medien oder gar von Repräsentanten politischer Parteien war dazu im Vorfeld der Stichwahl nicht das Geringste zu vernehmen. Eine erstklassige Kandidatin ohne Fehl und Tadel bewirbt sich um eine Führungsposition und keine Gleichbehandlungsbeauftragte welcher Institution oder Partei auch immer rührt sich im gesamten Bundesland? Eine von vielen entlarvenden Ungereimtheiten, ja Lächerlichkeiten, die diese Thematik inzwischen zu bieten hat.
Herbert Schramek, Dr. med. univ., Jahrgang 1959, ist Arzt und habilitierter Physiologe.
Die Politik weiß hinten und vorne nicht, wo sie genug Geld einsparen könnte, um zumindest ein Jahr lang mit den Einnahmen auszukommen. Oder gar Schulden abzubauen. Oder gar Rücklagen angesichts der auf uns zurollenden demographischen Katastrophe anzulegen. Aber zugleich hat sie sich im parteiübergreifenden Konsens darauf festgelegt, dass in einem einzigen Bereich nicht gespart werden darf, sondern ständig noch mehr ausgegeben werden muss: bei den staatlichen Forschungsausgaben. Denn das wären zukunftsrelevante Investitionen. Was sich aber immer öfter als Nonsens herausstellt. Wie nun einige massive Missbräuche und Fehlentwicklungen zeigen.
Das ist nun kein Widerspruch zu dem Faktum, dass neue Forschungsergebnisse immer wieder neue Produkte ermöglichen, die österreichische Unternehmen dann in alle Welt exportieren können. Womit wieder Geld ins Land kommt, mit dem dann weiterhin all das eingekauft werden kann, was wir so gerne haben: Bananen, Handys, Autos, Benzin und ein paar Tausend andere Dinge. Solche neuen Produkte sind fast immer Ergebnis von Forschung. Dabei spielt es keine Rolle, ob nun direkt nach einer solchen konkreten Anwendung gesucht worden ist, oder ob da jemand ganz zweckfrei wissen wollte, was eigentlich die Welt im Innersten zusammenhält.
Nur: Warum um Himmels willen sollen politisch und bürokratisch eingesetzte Gremien am besten entscheiden können, woran geforscht werden soll? Das wäre das erste Mal in der Geschichte, dass staatliche Lenkung das besser zusammenbrächte als Unternehmen oder Universitäten. Staatliche Gremien schaffen immer nur Eines: Kaum sind sie gegründet, werden sie von Monat zu Monat bürokratischer. Zugleich gehen sie inhaltlich stets auf Nummer sicher. Was nie zu wirklichen Durchbrüchen führen kann.
Auf der einen Seite sind Unternehmen viel effizienter und zielorientierter in ihrer Forschung als solche Staatskommissäre. Sie kennen insbesondere die Bedürfnisse des Marktes und die Kostenstrukturen der Produktion. Mit absoluter Sicherheit ist jeder in einem Unternehmen ohne staatliche Einmischung eingesetzte Euro effizienter als die vielen Forschungsprojekte, die überhaupt nur gestartet werden, um an staatliche Gelder heranzukommen. Viel sinnvoller wäre es daher, wenn es steuerlich für Unternehmen deutlich attraktiver würde, selbst zu forschen.
Ebenso ist manche universitäre Forschung oder jedenfalls jene in Gugging (IST-Institut) oder die in einem Akademie-Institut sinnvoll. Dabei muss es immer darum gehen, dass sich ein Forscher rein vom Erkenntnisdrang leiten lässt und den Rücken frei hat, um sich eine Zeitlang ganz seiner leidenschaftlichen Neugier hinzugeben. Ohne Rechtfertigungsdrang und ohne Notwendigkeit, ständig komplizierte Subventionsanträge schreiben zu müssen.
Besonders widerlich an den staatlichen Forschungsförderern ist der Umstand, dass sie immer mehr Steuergeld für die eigene PR ausgeben. Das geschieht meist in Form von gesponserten PR-Seiten und -Beilagen in den Medien, die sich dem Thema Forschung widmen. die aber in Wahrheit nur den Zweck haben, dass nicht kritisch über die diversen Forschungsfonds geschrieben wird.
Am allerwiderlichsten ist aber, dass nun auch der Genderismus in die staatliche Forschungspolitik Einzug hält. Statt dass man zumindest den Eindruck zu erwecken versucht, dass es dem „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ um die tollsten und interessantesten Forschungsprojekte ginge, wird jetzt auch bei Forschungsprojekten gegendert. Nicht nur sprachlich, sondern auch finanziell.
Künftig kommt es nämlich darauf an, dass man schon in der Antragstellung „auch die Aspekte einer ausgewogenen Zusammensetzung des Forschungsteams und der Gender-Dimension in der Forschung berücksichtigt. Damit folgt der FWF dem internationalen Diskurs und adressiert in diesen Forschungsprogrammen beide Dimensionen der Gleichberechtigung der Geschlechter im Forschungsbereich: Chancengleichheit und Integration der Gender-Dimension in der Forschung.“
30 Prozent der Projektleiter sollen künftig Frauen sein. Wobei ja schon die Willkürlichkeit einer präzisen Zahl zeigt, dass es hier um bloße Willkür geht. Warum 28 oder 31 Prozent? Warum können nicht einmal auch 60 Prozent der Projektleiter Frauen sein, wenn sie gute Projekte haben? Weil dann irgendwelche Gender-Beauftragtinnen arbeitslos wären?
Es geht also nicht einmal mehr theoretisch um den Anspruch auf ein tolles Forschungsprojekt, auf eine spannende Erkenntnis, sondern wichtig ist die politisch korrekte Gender-Dimension. Das Erkenntnis-Interesse, das in den letzten Jahrhunderten weltweit die Forschung dominiert hat, und die Wahrheitssuche sind durch das Gleichberechtigungs-Interesse ersetzt worden.
Dass diese Form der angeblichen Gleichberechtigung natürlich eine Ungleichberechtigung ist, braucht wohl nicht näher erläutert zu werden. Denn damit werden in den meisten Disziplinen automatisch wenig qualifizierte Frauen eine weit bessere Chance haben als ein gut qualifizierter Mann. Was in Wahrheit glatt verfassungswidrig ist – nur tut sich den Weg zum VfGH kaum jemand an.
Wem von alldem noch nicht übel genug ist, der lese sich einfach das sonstige Gender-Gewäsch dieses einst renommiert gewesenen Förderungsfonds durch. Dann wird er wohl auch der Forderung zustimmen: Weg mit jedem Euro für eine solche Art von Forschungsförderung.
PS.: Soeben konnte man nun auch die Forderung der Frau Heinisch-Hosek lesen, dass an jeder(!) Fakultät Genderismus gelehrt werden müsse. Und an den Pädagogischen Hochschulen will die Ministerin gleich damit anfangen (offenbar ist die Frau Schmied als Chefin dieser Hochschulen endgültig im Abgang und die Nachfolgerin rührt schon nach Belieben um).
Bernhard Felderer, der große alte Mann der österreichischen Ökonomie, hat sich an ein Thema herangewagt, das Ökonomen sonst gerne meiden. Sie tun dies wahrscheinlich aus politischer Korrektheit, also Feigheit. Felderer hat hingegen erstmals den dramatischen Kindermangel als fundamentales ökonomisches Problem Europas definiert. Für den Mut, dies einmal ganz offen anzusprechen, gebührt ihm jedenfalls eine dicke Gratulation.
Bisher ist der in den späten 60er Jahren passierte und seither anhaltende steile Absturz der Reproduktionsrate immer nur als kulturelles, religiöses oder nationales Problem angesehen worden. Was er natürlich auch ist. Die Reproduktionsrate, also die Zahl von Kindern pro Frau, sank damals binnen kürzester Frist in den meisten europäischen Ländern von über 2 auf unter 1,4. Auslöser dieser historischen Wende waren sowohl gesellschaftliche Umbrüche wie auch medizinische Entwicklungen (Antibaby-Pille).
Um nur einen dieser kulturellen Aspekte zu nennen, der vielen Menschen Sorgen macht: Am Ende dieses Jahrhunderts werden von den in Österreich lebenden Menschen nur noch weniger als 20 Prozent Nachfahren der Einwohner des Jahres 1970 sein. Der Rest werden Zuwanderer und deren Kinder sein. Welche Folgen das für die kulturelle Identität, für Wirtschaft und Gesellschaft haben wird, ist viel schwerer vorherzusagen.
Tatsache ist jedenfalls, dass in der Geschichte bisher immer solche großen ethnischen Verschiebungen auch gewaltige zivilisatorische Veränderungen auf allen anderen Gebieten nach sich gezogen haben. Für Österreich bedeuten sie schon einmal rein quantitativ die größte Identitätsveränderung seiner Bevölkerung seit der Völkerwanderung am Ende des Römischen Reiches. Die damalige Veränderung hatte auf Jahrhunderte einen Absturz in die Geschichtslosigkeit und Gesetzlosigkeit ausgelöst. Was die nunmehrige bedeuten wird, ist vorerst natürlich viel schwerer zu prognostizieren.
Die Ökonomen haben diesen gesamten Prozess bisher immer ignoriert. Diese Fragen klangen ihnen wohl zu sehr ideologisch, sie erforderten auch einen in der Ökonomie unüblichen langfristigen Denkansatz. Dort war man eher salopp der Meinung: „In the long run we are all dead.“
Statt die quantitativen wie qualitativen Folgen des Geburtenrückganges zu beachten, hatten sich daher in den letzten Jahrzehnten Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften gleichsam in die Gegenrichtung bewegt: Sie betrieben eine Steigerung des Wirtschaftswachstums auf Kosten der Kinderzahl. Dieses Wachstum konnte kurzfristig durch eine gewachsene Frauenerwerbsquote weit über den Zuwachs durch den technischen Fortschritt hinaus gesteigert werden. Industrie und Gewerbe fanden in den Frauen hochqualifizierte, hochmotivierte und unproblematische Arbeitskräfte. Die Frauen wurden insbesondere in allen jenen Branchen wichtig, in denen körperliche Kraft an Bedeutung für die Arbeitsleistung verlor.
Zugleich hat eine geänderte Sinnhierarchie jungen Frauen primär in beruflichen Karrieren den neuen Sinn ihres Lebens vermittelt. Das kam den Interessen der Unternehmen voll entgegen. In früheren Generationen hatten Frauen hingegen immer ein geglücktes Familienleben als dominierendes Ideal.
Nun aber wird zunehmend klar, dass das Ausbleiben von einem Drittel der für den Bevölkerungserhalt notwendigen Kinder zwar kurzfristig ein ökonomischer Vorteil war, langfristig aber zum ökonomischen Debakel wird, wie Felderers Analyse warnt. Er diagnostiziert eine strukturelle (also nicht bloß zufällige oder konjunkturell bedingte) Wachstumsschwäche Westeuropas. Und als Ursache sieht er zwei Grundübel, an denen der Kontinent im Vergleich zu den USA und vor allem Asien leidet. Der erste sind zu starke Staatseingriffe und zu hohe Steuern; dadurch werden Kapital und damit wieder Investitionen zunehmend zum Abwandern aus Europa bewegt.
Das zweite Großproblem ist in Felderers Grundsatzanalyse jedoch der wachsende Kindermangel: „Die Gefahr besteht, dass schon ein sinkendes Bevölkerungswachstum zu einem rückläufigen Produktivitätswachstum führt.“ Lediglich Frankreich und Dänemark hätten eine über 2 Kindern pro Frau liegende Reproduktionsrate. Das fordere diesen Ländern aber „großen Ressourceneinsatz“ ab, so Felderer.
Durch die bessere Ausbildung der Frauen und ihre inzwischen hohe Berufstätigkeit sind die Opportunitätskosten des Kinderhabens dramatisch angestiegen. Damit sind alle finanziellen Verluste für jene Zeit gemeint, in dem sich eine Frau den Kindern statt einem Job widmet. Sie verdient in dieser Zeit nichts, und zugleich werfen die gesellschaftlichen Investitionen in ihre Ausbildung keine Rendite ab – zumindest kurzfristig. Denn langfristig haben gebildete Frauen auch selbst wieder viel besser gebildete Kinder.
Das ist Faktum, unabhängig von der Frage, wieweit Intelligenz mit all ihren Konsequenzen nur eine Erziehungsfolge ist oder genetisch vererbt wird. Letzteres bestätigen zwar alle Forscher aus dem Feld der Genetik (der renommierte deutsche Wissenschafts-Journalist Dieter Zimmer hat in „Ist Intelligenz erblich?“ die vielen Beweise dafür in überzeugender wie verständlicher Form zusammengetragen). Das wird aber in einem Teil der ideologisch denkenden Politikszene noch verdrängt.
Dieser Zusammenhang macht es zur absoluten Zukunftskatastrophe, dass von den Akademikerinnen derzeit fast nur noch jede zweite überhaupt zumindest ein einziges Kind bekommt. Damit wird nämlich das Kinderkriegen zunehmend zur Aufgabe, ja fast zum Reservat armer, wenig gebildeter Schichten. Was eine doppelte Schieflage bedeutet, haben doch in diesen Schichten viele zunehmend einen Migrationshintergrund.
Noch einmal sei Felderer zu dem erwähnten Anstieg der Opportunitätskosten des Kinderhabens zitiert: „Niemand hat darüber nachgedacht, wie wir das kompensieren können.“ Es gehe ihm bei dieser Sorge nicht um eine nationalistisch motivierte Politik des Natalismus (=des Geburtenförderns), sondern um ein ökonomisches Problem. Denn: „Dieses System kann auf längere Sicht nicht weiterfunktionieren.“
Mit dieser fundamentalen und vielerorts lange verdrängten Erkenntnis ist das Problem zwar noch nicht gelöst. Aber jedes Problem kann einer Lösung überhaupt nur näher kommen, wenn man es zuerst zumindest erkannt und definiert hat.
Wie explosiv es angesichts der gesellschaftlichen Debatte ist, zeigt eine andere Studie der Akademie der Wissenschaften: Dieser zufolge hat sich die Gebärfreudigkeit gar nicht so substantiell verändert: Nicht berufstätige Frauen haben weiterhin viele Kinder, und berufstätige Frauen haben auch schon in früheren Generationen wenige gehabt. Nur hat sich etwas anderes verändert: Der Anteil der berufstätigen Frauen hat sich vervielfacht.
Die Herausforderung ist daher eine gigantische: Wollen die Europäer nicht binnen weniger Generationen aussterben, so müsste es gelingen, den berufstätigen und insbesondere den akademisch gebildeten Frauen wieder in großem Umfang Lust am Kinderkriegen zu vermitteln.
Gelingt das mit noch mehr direkt ausgeschüttetem Beihilfengeld? Oder fördert man damit nicht erst recht eine Arbeitsteilung zwischen Oberschichtfamilien (wo gut ausgebildete Frauen immer noch im Beruf mehr verdienen, als jede Förderung ausmachen kann) und Unterschichtfamilien (wo die Kinderproduktion zum guten Geschäft wird, ohne Rücksicht auf das Wie der Kindererziehung)? Sind staatlich geförderte Tagesmütter das richtige Modell (wie zumindest das Beispiel Frankreich indiziert)? Sind es massenweise ausgebaute Kindergärten auch schon für Ein- bis Dreijährige? Und wieweit ist die Doppelbelastung – Beruf und Kinder – nicht eine arge gesellschaftliche Zumutung für die Frauen?
Aber bevor man eine Antwort auf diese Fragen geben könnte, bräuchten wir jede Menge harter Fakten über den Erfolg der verschiedenen Wege zum Erwachsenwerden. Wie werden Kinder überhaupt besser fürs Leben gewappnet, stabiler, weniger kriminell, weniger drogenanfällig, erfolgreicher in ihrem Bildungsweg und nachher in ihrem eigenen Erwachsenenleben? Durch Kindergärten und Ganztagsschulen oder durch viel Zeit eines Elternteils? Gibt es diesbezüglich vielleicht signifikante Unterschiede zwischen Unter- und Mittelschichtkindern? Könnte der Bildungserfolg nicht bei Migrantenkindern ohne Bildungshintergrund von ganz anderen Faktoren abhängig sein? Könnte es nicht sein, dass bei ihnen ein sehr früher Einstieg in den Kindergarten zu besseren langfristigen Erfolgen führt, während bei Mittelschichtkindern sich die Zeit der Mutter positiver auswirkt?
Ich habe hier zwar persönliche Antworten auf Grund meiner vielfältigen Beobachtungen. Aber ich vermisse intensive wissenschaftliche Studien zu all diesen Fragen, obwohl das für Gesellschaft wie Eltern überhaupt die wichtigsten Zukunftsfragen sind. Warum aber gibt es diese Studien nicht in ausreichender Dichte? Werden da vielleicht vom Zeitgeist unerwünschte (also politisch inkorrekte) Fakten zurückgehalten und verschwiegen?
Die beweisfreie Anordnung der EU, dass mindestens jedes dritte Kind unter drei Jahren ganztägig in einen Kindergarten muss, ist jedenfalls als Antwort zuwenig. Nicht nur deshalb, weil sich zunehmend autoritäre Einheitsbeschlüsse der EU als extrem problematisch erweisen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Sie haben es bis zuletzt nicht begriffen. Jetzt aber sind Gewerkschaft und AUA-Betriebsräte aber so etwas von mega-stad, dass das Scheitern ihrer Politik am 1. Mai eigentlich über den ganzen Rathausplatz mit seinen roten Fahnen dröhnen müsste.
Der AUA-Flugbetrieb geht nun nahtlos auf die Tyrolean über. Der in dreimonatigen Verhandlungen ausgehandelte Kompromiss wandert in den Papierkorb, weil Betriebsrat und Gewerkschaft ihn der Belegschaft nicht vermitteln konnten. Die deutschen Eigentümer haben die Schmähs der heimischen Gewerkschaft eiskalt abgewimmelt, nach jedem Verhandlungsabschluss noch einmal nachzuverhandeln. Und dann noch einmal. Besonders grotesk ist, dass die Belegschaft zuletzt für die eigentlich schon ausverhandelte Abschlagszahlung nun auch noch die Garantie des Managements wollte, dass diese Zahlung steuerbegünstigt sein wird (was steuerrechtlich immer von der Einschätzung des Finanzamts abhängig ist). Jetzt sind Betriebsrat&Co diese Sorge los: Es gibt überhaupt keine Abschlagszahlung mehr. Blöd gelaufen.
PS.: Vielleicht nimmt sich nun auch einmal die Wirtschaftskammer ein Beispiel und schmettert die – in Zeiten wie diesen erhobene! – Gewerkschaftsforderung nach einer Arbeitszeitverkürzung ebenso konsequent ab. Statt wieder etwas vom Geist der Sozialpartnerschaft zu faseln und halb nachzugeben. Der längst ein Ungeist geworden ist.
Die Zustände rund um unsere Universitäten beweisen wieder einmal zwei Erfahrungssätze. Erstens: Linke Gutmenschen sind immer mit Begeisterung bei Konflikten von vorvorgestern zwar ethisch, aber total einäugig. Zweitens: Bei den linken Sauereien von heute sind die Bürgerlichen viel zu knieweich und die Linken schauen natürlich sowieso nicht hin.
Man vergleiche einfach die Aufregung um das Thema Lueger mit den aktuellen Vorgängen. Da schreibt eine einst bürgerliche Zeitung in einem langen Feuilleton über die schweren Studentenunruhen in den 30er Jahren – und schiebt sie dann schwuppsdiwupps Karl Lueger in die Schuhe. Obwohl dieser damals schon Jahrzehnte tot war, und obwohl es auch ähnlich schwere Auseinandersetzungen zwischen katholischen (also Luegers Erbe nahe stehenden) und nationalsozialistischen Studenten gegeben hat wie zwischen diesen und jüdisch-sozialistischen. Aber wenn die Linke agitiert, haben Fakten und Logik noch nie eine Rolle gespielt. Und Ethik sowieso nicht.
Denn wäre Ethik ein Thema, dann sollte man sich vielleicht auch ein wenig damit befassen, was diese Woche und nicht vor 80 Jahren an den Unis los war. Aber dazu sind weder die Linken noch einst bürgerliche Medien imstande oder willens.
In den letzten Tagen hat es nicht nur eine weitere der von vielen dieser Medien ja bisher immer begeistert gefeierten Besetzungen der Universität gegeben. Die linksradikalen Studenten haben auch handgreiflich Sitzungen des Uni-Senats zu sprengen versucht.
Der übelste Gipfelpunkt aber ist ein Aufruf zur Menschenjagd via Facebook: Dort finden sich wie auf einem Fahndungsplakat der Polizei die Photos einiger unerwünschter Professoren und Senatsmitglieder mit dem zwar nicht sehr orthografischen, aber unmissverständlichen Aufruf: „folgende person sollten bei Sichtung aufgehalten werden.“
Hier findet also Verhetzung nicht mehr bloß in der Form unerwünschter Meinungsäußerungen statt. Hier wird ganz eindeutig zu rechtswidrigen Aktionen und Gewalt aufgerufen. Was aber tun Polizei, Medien und Staatsanwaltschaft? Sie sind zwar bei politisch unerwünschten Meinungs- und Faktenäußerungen sehr aktiv. Wenn es um linke Gewalt geht, dann sind sie absolut schweigsam und desinteressiert.
Jetzt möge mir jemand erklären, wo der Unterschied zwischen den 30er Jahren und heute ist. Außer dass damals die Gewalt von schlagenden und Nazi-Studenten ausgegangen ist, während sie heute von linken Studenten ausgeht.
PS.: Nachwort zu einem der inhaltlichen Auslöser der linken Aufregungen, dem sogenannten Studium der Internationalen Entwicklung. Was vielen nicht klar ist: Es geht dabei nicht etwa darum, dass irgendjemand dieses vor ein paar Jahren erst geschaffene Studium nicht fortsetzen könnte. Sondern es geht nur darum, dass die Uni im nächsten Jahr keine neuen Anfänger mehr aufnimmt (während jederzeit Absolventen jedes anderen Bachelor-Studiums dort auch in Zukunft Master-Studien betreiben können). Das ist bei einem reinen Ideologie-Studium ohne jede Berufsperspektive nicht nur legitim, sondern auch absolut richtig. Die einzigen, die dadurch einen Nachteil erleiden, sind die dortigen Assistenten oder Professoren (und jene, die es noch werden wollen). Daher liegt die Annahme mehr als nahe, dass es diese waren, welche die Studenten in die Rechtswidrigkeit gehetzt haben. Ach wie freut man sich, dass da ständig mehr des nicht vorhandenen Steuergelds an diese Unis gepumpt werden.
Ein Musterbeispiel selektiver Wahrnehmung – oder konkreter: selektiven Berichterstattung: Nichts anderes war es, wie andere Medien über die vor einigen Tagen im Tagebuch berichtete Schiebung einer Ausschreibung eines Auftrags des damals blaues Verkehrsministerium informierten. Dabei war es um den Agenten Hochegger, das einst blaue Verkehrsministerium und eine heftige Freimaurer-Involvierung gegangen.
Das Tagebuch hatte einen Mail-Wortlaut veröffentlicht, der ziemlich eindeutig diese Schiebung beweisen dürfte – bei allen Unschuldsvermutungen.
Auch die dem freiheitlichen Parlamentspräsidenten Graf nahestehende Internet-Plattform unzensuriert.at berichtete über dieses Mail und die Nennung des damaligen Kurier-Redakteurs und späteren Wiener-Zeitungs-Chefredakteurs Göweil als Mitglied einer Loge. Der einstige blaue Generalsekretär Rödler, der im gleichen Mail direkt als Mittäter der Schiebung und indirekt als Mitglied einer Loge geoutet wird, wird von unzensuriert.at hingegen mit keinem Wort erwähnt. Was einen seltsamen Widerspruch zum Anspruch des Homepage-Namens „unzensuriert“ darstellt.
Umgekehrt hält es das „Format“. Die Zeitschrift nannte zwar Rödler beim Namen, kürzte aber wiederum andere Involvierte ab. So wurde aus Göweil ein „g.“. Was eine besonders infame Konsequenz hatte: Die Zeitschrift setzte das Ganze unter die Überschrift „Logen-Tratsch um Grasser“. So musste jeder ahnungslose Leser glauben, dass der dort genannte g. in ausgeschriebener Form Grasser wäre. Obwohl dieser weder im Mail vorkommt, noch in irgendeiner Form bei dieser Schiebung eine Rolle gespielt hat.
Die „Format“-Redaktion antwortete, vom Tagebuch auf diese unglaubliche Seltsamkeit angesprochen: Göweil sei keine Person öffentlichen Interesses. Deshalb sei sein Name abgekürzt worden. Und: „Die Buchstabenidentität ist schlicht purer Zufall.“ Denn das „Format“ hatte im Anschluss an diese auffällige Abkürzung auch noch von einer überhaupt nicht mit der Schiebung in Zusammenhang stehenden Zeugenaussage eines Beamten geschrieben. (Dieser hatte sich an eine einst von Jörg Haider geäußerte Vermutung erinnert, dass Grasser offensichtlich auch Logen-Mitglied sei.)
Die Zeitschrift dementierte, dass diese seltsame Abkürzung der Namen samt der noch seltsamen Betitelung damit zusammenhänge, dass die Zeitschrift die Identität von Logenmitgliedern schützen wollte. Auch bestritten alle befragten führenden „Format“-Redakteure, selbst Logenmitglieder zu sein.
OK. Jetzt wissen wir also, dass das „Format“ ein Hort der Diskretion ist. Soweit es sich ganz zufällig um Logenbrüder handelt. Gar nicht diskret, sondern vorsätzlich oder fahrlässig sehr kreativ ist man dort hingegen, wenn man Grasser in Zusammenhang mit noch einem weiteren Delikt bringen kann.
Am 26. April referierte der große liberale Philosoph und Ökonom auf Einladung des Wiener Hayek-Instituts zu dem Thema: „Der indische Seiltrick. Die logischen Grundlagen der Sozialen Gerechtigkeit“. Er wählte hierzu den ungewöhnlichen Zugang über die Linguistik.
Zunächst erläuterte er dazu anhand dreier „Mustersätze“ die Funktionsweise jener sprachlichen Tricks, deren sich die Herolde sozialer Gerechtigkeit bedienen:
Es gibt zahlreiche Adjektivpaare, die eine klare Hierarchie ausdrücken, so wie etwa gut und böse oder wahr und falsch. Hier haben wir es tatsächlich mit selbstevidenten Wertungen zu tun. Gut und wahr sind besser als böse und falsch.
Es gibt allerdings auch andere Adjektivpaare, die keine derartige Wertung zulassen – zumindest nicht unabhängig vom Kontext, in dem sie stehen: z. B. groß und klein, schnell und langsam. Es handelt sich hierbei um nicht-selbstevidente Begriffspaare.
Den Apologeten Sozialer Gerechtigkeit geht es darum, den Begriff Gleichheit „selbstevident positiv“ aufzuladen. Ungleichheit sei schlechter. Steht dies erst einmal außer Streit, leitet sich daraus alles andere ab.
Zur Untermauerung der These von der Überlegenheit der Gleichheit werden häufig folgende Standardbehauptungen ins Feld geführt:
Die Verwendung des Begriffs „willkürlich“ im letztgenannten Satz ist klar pejorativ. Das wiederum ergibt nur dann Sinn, wenn Ungleichheit negativ bewertet wird. Ein perfekter Zirkelschluss.
Am Beginn der menschlichen Entwicklung stand eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern. In dieser Phase hatte gleiches Aufteilen der Beute Sinn, da ein Transport oder eine Aufbewahrung des Überschusses nicht möglich gewesen wäre. Es war daher ein Vorteil für das Überleben der Gruppe, Überschüsse gleich oder nach Bedarf „sozial gerecht“ zu verteilen.
Später, mit Beginn der Landwirtschaft, die es möglich machte, haltbare Überschüsse zu produzieren, ging der Überlebensvorteil auf jene Gruppen über, die Reserven (etwa als Saatgut für das kommende Jahr) zurückbehielten und nicht mit anderen teilten. Wer dieses Prinzip heute aufzuheben wünscht, stellt sich damit, indem er die Regeln der nomadischen Horde wieder einführen will, gegen die natürliche Entwicklung der menschlichen Gesellschaft.
Abschließend fasste de Jesay seine Thesen wie folgt zusammen:
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Es ist geradezu lächerlich: Medien und Politiker diskutieren seit Wochen, ob Parteispenden ab Null, aber Fünfhundert oder ab Siebentausend Euro offengelegt werden müssen. Auch alle möglichen wirklichen oder selbsternannten Korruptionsjäger konzentrieren sich auf diese Frage. Begreifen sie nicht, dass die wirkliche und viel schlimmere Korruption neuen Typs längst außerhalb jeder Parteikasse stattfindet? Dass da insbesondere von seiten der SPÖ ein geniales Ablenkungsmanöver stattfindet? Sind die Antikorruptionsjäger wirklich so dumm? Wollen sie sich nicht die Finger verbrennen? Oder decken sie gar bewusst ein übles System?
Bei dieser Korruption neuen Typs ist die Höhe der Deklarierungspflicht für Parteispenden völlig gleichgültig. Es geht auch nicht um die Neben- (Haupt-) Beschäftigungen von Politikern. Es geht auch nicht darum, ob die parallelen Regelungen für die Landespolitik durch ein Bundes- oder Landesgesetz erlassen werden, worüber sich SPÖ und ÖVP weiterhin heftig streiten. Es ist durchaus richtig und positiv, dass all diese Fragen nun genau geregelt werden sollen. Aber hier reden wir von Schnupfentherapien, während Korruption ein wirkliches Krebsübel ist.
Bei der Korruption neuen Typs brauchen die Parteien nämlich gar keine Spende entgegenzunehmen. Weder auf Landes- noch auf Bundesebene. Weder auf dem Weg von Haupt- noch von Nebeneinkünften. Die Parteien machen es heute viel raffinierter: Sie lassen ihre Propagandaarbeit einfach durch andere erledigen.
Schauen wir nach Amerika. Auch dort hat es eine ähnlich wie in Österreich heftig diskutierte Verschärfung der Parteispendengesetze gegeben. Ergebnis: Dort machen jetzt unabhängige Aktionskomitees (political action committee = PAC) einen Großteil der Propagandaarbeit für die Parteien. An solche freien Vereine, die keinen nachweisbaren Zusammenhang mit einer Partei haben, kann man spenden, so viel man will. Ohne dass man sich um die strengen Parteifinanzierungsregeln (Limits wie Offenlegungspflichten) kümmern müsste.
Seither machen halt diese PACs mit viel Geld viel Fernsehwerbung. Sie attackieren den einen Kandidaten untergriffig und loben den anderen in den Himmel. Die PACs können dabei sogar viel brutaler sein als eine Partei oder ein Kandidat. Diese müssen sich ja immer sorgen, dass allzu aggressive Töne auf den Absender zurückschlagen.
Noch übler ist das vor allem von Werner Faymann ausgebaute Korruptionssystem in Österreich: In diesem System lässt man überhaupt gleich die Steuer- und Gebührenzahler das Geschäft der Parteipolitiker erledigen. Sie müssen ungefragt beispielsweise Energieversorger oder dubiose Verleger finanzieren, die dann ohne nachweisbaren Zusammenhang mit einer Partei für diese die Propagandaarbeit machen.
Da fließt kein Groschen durch die Partei. Dabei ist das Geld viel schmutziger, denn es stammt eben nicht von einem freiwilligen Spender, sondern zu einem hohen Anteil von einem nie gefragten Dritten, dem Steuer- oder Gebührenzahler. Dem wird – zum Unterschied von der offiziellen Parteifinanzierung – sogar verschwiegen, dass er auch hier mit seinem Geld eine Partei finanziert. Oder es stammt von Lieferanten der öffentlichen Hand, die unter Druck gesetzt wurden, in bestimmten Medienprodukten zu inserieren, die dann wieder die Propaganda für einen Politiker erledigen.
Um ein Beispiel von vielen zu nennen: Auf den Abrechnungen von Wien-Energie steht nicht, dass die rathaus-(=partei-)eigene Firma im Auftrag der Partei (=Rathaus) in sympathisierenden Medien zu inserieren hat. Dort steht auch nicht, dass Wien-Energie mit viel Geld als Hauptsponsor einem abgehalfteren SPÖ-Finanzminister hilft, Präsident eines bekannten Fußballvereins zu sein und bleiben. Dessen Trainer dann ganz zufällig regelmäßig SPÖ-Sympathieerklärungen abgeben. Statt mit den Preisen wettbewerbsfähig zu werden, holt die Wien-Energie halt von den Kunden das politische Spielgeld für die Partei. Daran ändert sich durch sämtliche neuen Gesetze nichts. Aber auch die Vorschläge der angeblichen Antikorruptions-Initiativen ignorieren diese Hauptform der Korruption völlig.
Ähnlich werden SPÖ-eigenen oder -nahen Verlagen wie Echo oder Bohmann Aufträge aus öffentlichen Mitteln zugeschanzt, die bei einer Ausschreibung auf dem Markt mit Sicherheit für den Steuerzahler viel billiger gekommen wären.
Während der Fußball-EM wiederum wurde das Burgtheater wochenlang gesperrt und von einem SPÖ-nahen Theater-Management an den der SPÖ gehörenden Echo-Verlag vermietet. Dieser wieder vermietet das Haus dann deutlich teurer an die Telekom für Marketingveranstaltungen weiter. Womit der SPÖ-Verlag als Zwischenträger ohne jedes Risiko viel Geld verdiente. Keinen Staatsanwalt hat das bisher offenbar gestört, obwohl es da um weit mehr Geld als um 10.000 Euro gegangen ist. Die SPÖ ist als Echo-Eigentümerin der große finanzielle Profiteur. Parteispenden muss sie aber keine verbuchen. Und sie wird sich auch hüten, vom Echo-Verlag allzu viel Geld abzukassieren. Statt dessen machen solche Verlage dann direkt parteipolitisch nützlich Arbeit.
Weiteres Themenfeld: Die Inserate, die ÖBB und Asfinag unter Druck des Verkehrsministers Faymann in SPÖ-freundlichen Boulevard-Medien schalten mussten, damit diese Faymann und seine Machtaspirationen unterstützen, sind an dieser Stelle schon erläutert worden. Ein ähnliches Spiel lief aber auch schon vorher in Faymanns Wiener Zeit. Damals waren es halt die Wohnbauträger, die kräftig die Ziele des kleinen, aber ehrgeizigen Mannes finanzieren mussten. Eine Spielfläche dafür waren etwa die zahllosen Werbeseiten in Boulevardblättern über die hässlichen Gasometer-Wohnungen – mit vielen Faymann-Photos.
Hunderte solcher Finanzierungsschienen zugunsten parteipolitischer Zwecke laufen in diesem Land, wo das Geld nie über die Parteikasse läuft. Nutznießer ist vor allem (aber keineswegs ausschließlich) die SPÖ, die ja im Gegensatz zu den anderen Parteien auch ideologisch das parteipolitisch nutzbare Firmengeflecht der öffentlichen Hand für unantastbar erklärt, die zum Unterschied von den anderen selbst ein Firmenimperium betreibt.
Dennoch wollen uns auch bürgerliche Korruptionsbekämpfer jetzt einreden, dass das Offenlegen von Parteispenden das zentrale Thema im Kampf gegen die Korruption wäre. Oder die Einladung eines bekannten Beamten zu einem Opernabend.
Ob all die Antikorruptionsjäger, all die leitartikelnden Journalisten zu blöd oder zu bestochen sind, um das wahre Thema zumindest deutlich anzusprechen, kann ich leider nicht definitiv beantworten. Alles ist möglich.
Sicher aber ist, dass kleinlicher Neid, Provinzialismus und Haxlbeißerei jedenfalls eine Rolle spielen: Denn statt die echte Korruption bloßzustellen, wird insbesondere durch Boulevard-Medien ständig auf völlig unbedeutende Rand- und Neid-Themen abgelenkt. Diese dramatisieren halt statt der echten Skandale beispielsweise das Thema Diplomatenpässe. Dabei schadet es niemandem und es kostet weder Republik noch Steuerzahler noch sonst jemanden einen Cent, wenn ein Abgeordneter oder der Ehepartner eines Ministers halt auch einen Diplomatenpass hat (Nur um manchen Postern die Stichelei zu ersparen: Ich selbst habe nie einen Dienst- oder gar Diplomatenpass gehabt).
Ergebnis all dessen: Die wirklichen Gaunereien finden weiterhin ungestört im Hintergrund dieser Nebelgranaten um Diplomatenpässe oder Dienstautos statt. Letztere sind in Wahrheit sogar für Minister so billig wie für niemand anderen, weil Autofirmen darin einen Prestige- und Werbewert sehen.
PS.: Ernsthafte Menschen werden nun einwenden, dass die Faymann-Korruptionsvariante schwierig zu bekämpfen sei. Was nicht richtig ist. Selbstverständlich gibt es dagegen wirksame Strategien. In Schlagworten:
PPS.: Obwohl diese Korruptionsvariante eindeutig öfter von der SPÖ als allen anderen Parteien praktiziert wird, liegt diese angebliche Kleine-Leute-Partei erstaunlicherweise auch bei den in den letzten Jahren (anonymisiert an den Rechnungshof) gemeldeten Großspenden weit an der Spitze.
PPPS.: Absolut unerträglich ist, dass das Landwirtschaftsministerium jenseits der gesetzlichen Parteienfinanzierung zusätzlich den ÖVP-Bauernbund alljährlich mit Millionen subventioniert, und in geringerer Dimension auch die SPÖ-Bauern. Begründung: Halt weil sie die Interessen der Bauern vertreten. Das ist genauso übel wie die Millionen, die die Gemeinde Wien alljährlich linken Vereinen zuschiebt, die propagandistisch die Schmutzarbeit für Rotgrün machen.
Da kann sich Österreich nicht lumpen lassen – wenn in Deutschland Aktionismus bei den Treibstoffpreisen angesagt ist, muss Wirtschaftsminister Mitterlehner sofort folgen. Die Voraussetzungen sind bei uns zwar ganz anders als beim deutschen Nachbarn, aber wen kratzt das schon.
Wir haben bereits eine tägliche Preisdatenbank, wir haben eine Regelung, wodurch nur einmal pro Tag darf der Preis angehoben werden darf, all das fehlt – noch – in Deutschland. Nun soll ein Preiskorridor rund um Reisewellen die Autofahrer beruhigen, so der Plan von Mitterlehner. Wie dies funktionieren soll weiß noch niemand, angeblich soll 14 Tage vor einem Reisewochenende ein Durchschnittspreis ermittelt werden, der dann 5 Tage vor dem Wochenende nicht mehr erhöht werden kann. Eine Schnapsidee, die mit einem freien Markt nicht zu tun hat.
Und warum das Ganze? Weil nach Ministeransicht vor den Osterfeiertagen die Rotterdamer Preisnotierungen zurückgingen, die Preise in Österreich aber gestiegen seien. Woher der Minister seine Weisheit bezog ist unbekannt, von der Bundeswettbewerbsbehörde, die den heimischen Treibstoffmarkt ständig beobachtet, kann er sie nicht haben, denn diese leistet sich kein Abonnement der nicht frei zugänglichen Platts-Notierungen, das sei zu teuer. Das deutsche Fachblatt EID publiziert für die Osterwoche im Vergleich zur Vorwoche gestiegene Notierungen bei Benzin und Diesel.
Wie unsinnig die ministeriellen Behauptungen sind zeigt ein Blick in die EU-Statistik. Wenn es in Österreich überhöhte Treibstoffpreise im Alleingang gäbe, müssten die Nettopreise (die Mineralölsteuer ist immer gleich) gestiegen sein. Der Abstand zu den Nachbarn blieb aber gleich. Österreich ist bei Diesel, was die Nettopreise betrifft, Schlusslicht in der EU – die deutschen Kollegen haben eine um 5 bis 6 Cent höhere Spanne. Was Mitterlehner wöchentlich als Erfolgsmeldung stolz verkündet. Dabei könnte man die Zahlen durchaus hinterfragen. Jeden Montag, knapp vor Mittag, melden Großkonzerne und ein Diskonter ihre Preise, auf dieser Basis wird dann Meldung nach Brüssel gemacht. Würde man die Preise um 14 Uhr hernehmen sähe die Statistik ganz anders aus. Das sind eben die „Vorteile“, wenn man in die Preisbildung eingreift.
Bei dieser Gelegenheit können auch gleich die vom Minister als positiv angeführten Beispiele einer Preisregelung in Luxemburg und Slowenien als das entlarvt werden was sie sind – eine teurere Lösung. Die Nettopreise sind in Luxemburg um 6 Cent bei Benzin und 2 Cent bei Diesel höher. Das würden sich die heimischen Tankstellenbetreiber nur wünschen, eine so schöne Verdienstspanne. Leider wären dann aber auch die Tankstellenpreise dementsprechend höher. Wie sagte Minister Mitterlehner so schön: „Wir brauchen Fairness am Markt!“
Von einem Wirtschaftsminister sollte man mehr wirtschaftliches Verständnis erwarten können (sein Kollege Berlakovich zeigt schon, wie man die Realität negieren kann). Als Verfechter einer freien Marktwirtschaft, was Mitterlehner bisher immer betonte, könnte man sagen, am Markt werden jene Preise verlangt, die dieser hergibt. Und wenn es erhöhte Nachfrage – wie etwa vor den Feiertagen – gibt, dann ist das Produkt eben etwas teurer. In der Hochsaison sind in Österreich auch die Zimmerpreise in Hotels höher. Aber das findet ja derzeit sowieso nicht statt. Die Tankstellenbetreiber verdienen kaum etwas, weshalb immer mehr Konzerne (Esso, MOL) unser Land verlassen. In dem Bereich ist somit nichts zu holen.
Also sind es die Raffinerien, die sich eine goldene Nase an der heimischen Autofahrerschaft verdienen. Weit gefehlt. Europas Raffinerien sind in der Krise, immer mehr müssen zugesperrt werden, weil zu wenig verdient wird. Also ist auch hier wenig zu holen.
Bleiben nur mehr die Ölproduzenten übrig. Ja, die verdienen sich derzeit eine goldene Nase. Wobei 85 Prozent der weltweiten Ölförderung in den Händen der Förderländer sind, nur 15 Prozent fließen in die Taschen der großen Konzerne, wie Shell, BP oder Exxon. Also müsste Minister Mitterlehner hier zuschlagen. Es dürfte allerdings schwierig sein Saudi-Arabien, Russland oder die Konzerne zur Kasse zu bitten, die haben für die Wünsche von Mitterlehner & Co nicht einmal ein müdes Lächeln übrig.
Vielleicht noch ein paar Dinge die aufklärungswürdig sind. Die deutsche Polit-Aussage, dass die österreichische Regelung, wonach nur einmal – um 12 h mittags – die Preise erhöht werden dürfen, zu höheren Preisen geführt habe ist falsch; die Verdienstspanne im Vergleich zu Deutschland ist geringer geworden.
Der nun wieder ins politische Spiel gebrachte Wunsch einer Anhebung der Pendlerpauschale ist eine Drohung, die nicht wahr gemacht werden sollte. Als Mitte 2008 der Rohölpreis bei 150 Dollar lag (derzeit rund 120 Dollar) wurde die Pendlerpauschale befristet bis Ende 2009 erhöht. Diese Erhöhung wurde nicht mehr rückgängig gemacht, sondern es erfolgte eine weitere Erhöhung 2011. In Summe bedeutet das bereits einen Steuerausfall von rund 400 Millionen Euro. Und nun schon wieder?
Der Ölpreis ist weit geringer, nur die Mineralölsteuer wurde erhöht. Auch ordnungspolitisch ist die Pendlerpauschale ein Unsinn, die Besserverdienenden werden damit bevorzugt. Und der Verkehr sollte eingedämmt, nicht gefördert werden. Daher sprechen Experten bereits davon, dass eine Pendlersteuer eingeführt werden sollte. Die deutsche Kanzlerin hat den Erhöhungswunsch bereits abgeschmettert.
In Österreich bin ich mir da nicht so sicher.
Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.
Fast zu schön, um wahr zu sein: Überall in Europa treten junge Leute an die Öffentlichkeit und kämpfen für Bürgerrechte, direkte Demokratie, mehr Transparenz und Informationsfreiheit. Und damit der Spaßfaktor nicht zu kurz kommt, nennen sie sich „Piraten" – genauso verrückt und ungezwungen wie Johnny Depp im „Fluch der Karibik".
Kaum zu glauben: Endlich mischt jemand dieses alte, verkrustete System auf und jagt die fett gewordenen politischen Parteien vor sich her! Und das Schöne daran: Das sind ganz normale Leute! Sie verbreiten keine dumpfen Parolen und tragen keine Uniformen; sie sitzen nicht Pullover-strickend im Parlament und wollen uns auch nicht einreden, dass wir unsere geliebten Autos gegen Fahrräder eintauschen sollen. Okay, ein bisserl verrückt sind sie vielleicht. Von wegen „Freiheit des Datenaustausches". Musik soll gratis sein, und Software sowieso. Und Filme aus Hollywood soll sich ebenfalls jeder gratis auf seinen PC laden können. Also was soll daran schlimm sein?
Bis Johannes Gutenberg um 1450 den Buchdruck erfand, wurde das Wissen der Menschheit in handgeschriebenen Büchern wie ein Schatz gehütet. Und es sollte noch ein halbes Jahrtausend vergehen, bis Bildung zu etwas wurde, was zumindest in unserer westlichen Welt jeder Mensch erwerben kann. Wissen und Bildung haben uns den heutigen Wohlstand gebracht, sind die Grundlage unserer Gesellschaft. Das Internet war ein weiterer Schritt nach vorne: Jetzt können wir die ganze Welt mit ein paar Mausklicks erforschen.
Diese Welt der freien Information hat allerdings ihre Kehrseite: Es wird immer schwieriger, echte Information von Datenmüll zu unterscheiden. Dazu wird uns ständig vorgegaukelt, dass ohnehin alles gratis sei. Wir merken längst nicht mehr, dass die Suchergebnisse in Google vielleicht doch nicht so echt sind, wie sie scheinen. Und mein Alter hat Facebook längst erraten, bevor ich es eintippen konnte. Für Facebook bin ich nur Teil jener Zielgruppe, die mit „Tipps" gegen Arthritis, Potzenzstörungen und Prostataleiden bombardiert wird. Sogar der Datenschrott auf Facebook hat also seinen Preis.
Genau hier liegt das Problem mit den Gratis-Datentauschern unter dem Segel der Piraten: Information kann es nicht gratis geben, denn sie stellt einen Wert dar. Ohne Urheberrecht wird sich dieser Wert sehr schnell verflüchtigen. Die von den Piraten-Parteien geforderte Freigabe aller digital verfügbaren Informationen, inklusive Musik und Filme, hat nichts mit Transparenz zu tun, sondern ist ein klarer Angriff auf die Grundlagen unserer Gesellschaft. Die Piraten drohen das zu entwerten, was zu den Säulen unserer Zivilisation gehört: unser Wissen, unsere Bildung. Damit frisst das Internet wohl seine Kinder.
Wolfgang Hoffmann, Jahrgang 1959, ist Musiker, Unternehmer und Autor.
Siehe: http://www.woho.at
Der neue deutsche Bundespräsident erweckt schon in seinen ersten Amtstagen im Österreicher Neidgefühle. (Mit einer nachträglichen Aktualisierung)
Joachim Gauck hat wegen der skandalösen Behandlung der früheren ukrainischen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und anderer Oppositioneller im Gefängnis einen Besuch der Ukraine abgesagt. Er hätte im Mai in Jalta an einem Treffen zentraleuropäischer Präsidenten teilnehmen sollen (was heutzutage alles schon Mitteleuropa ist …). Timoschenko wird unter fadenscheinigen Vorwürfen vom Regime des jetzigen altkommunistischen Präsidenten Janukowitsch in Haft gehalten, wo sie auch misshandelt wird – trotz eines schweren Bandscheibenleidens. Wie schön wäre es, wenn einmal auch ein Heinz Fischer auf eine solche Idee kommen würde, mit der er Mut und Charakter beweisen könnte. Aber ich wage zu wetten: Fischer wird nach Jalta fahren – es sei denn, das Treffen wird jetzt ganz abgesagt, weil auch andere Staatsoberhäupter einem Janukowitsch nicht die Hand geben wollen. Hat doch Fischer noch nie verstanden, was an einem kommunistischen Potentaten widerlich sein sollte.
Inzwischen hat - man höre und staune - auch Heinz Fischer seine Reise abgesagt. "Aus terminlichen Gründen". Womit man sich jede inhaltliche Stellungnahme erspart.
PS.: Noch etwas zum Kopfschütteln in Zusammenhang mit Heinz Fischer: Der ehemalige aus der ÖVP gekommene ORF-Funktionär Kurt Bergmann hat einen Vorschlag zur Reform des ORF: Statt der Regierung soll künftig der Bundespräsident den ganzen ORF-Stiftungsrat besetzen. Offenbar damit dann endlich auch dort nur noch Linke sitzen…
Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Er halte den Mann für den "gewaltigsten Bürgermeister aller Zeiten". Dies schrieb Adolf Hitler über ihn. Er war ein faszinierender Redner und "Volkstribun" mit starkem Charisma. Seine Befürworter feierten ihn wie einen Popstar. Für Karl Lueger, der auch "Herrgott von Wien" genannt wurde, gab es sogar ein Lueger-Vaterunser: "Vater Lueger, der du wohnst in Wien, gelobet sei dein Name, beschütze unser christliches Volk (...) sondern erlöse uns von dem Juden-Übel." Von ihm stammt der Ausspruch "Wer ein Jud’ ist, das bestimm’ ich". Die Hetze gegen die Juden stand im Zentrum seiner politischer Taktik: Alle Probleme brachte Lueger auf die einfache Formel: "Der Jud' ist schuld". So entstand ein Klima der Verrohung, das die politische Kultur in Wien um 1900 nachhaltig geprägt hatte. Wegen seiner Hatzpolitik verwehrte ihm sogar Kaiser Franz Josef mehrmals die "allerhöchste Sanktion" für das Bürgermeisteramt; das er schließlich doch eroberte. Seine Amtszeit (1897 - 1910) war einerseits durch einen starken Modernisierungsschub gekennzeichnet; andererseits durch ein sehr effektives System der Ämterpatronage. Nach Karl Lueger wurde 1934 von den Austrofaschisten der Teil der Wien Ringstraße zwischen der Stadiongasse und dem Schottenring benannt. Darüber hinaus gibt es rund 30 weitere Lueger-Gedenkstätten. Nach jahrelanger Debatte soll nun endlich der Lueger-Ring in Universitäts-Ring umbenannt werden. Das ist gut so, denn die Stadt Wien demonstriert mit diesem Schritt - spät, aber doch - historisches Bewusstsein. Nicht nachvollziehbar ist aber, warum die ehrende Erinnerung nur stückweise aus dem Stadtbild entfernt wird. Die anderen Denkmäler für Lueger sollen so bleiben wie sie sind. Das ist halbherzig und ein Beweis dafür, wie zwiespältig und unsicher Wien sowie die Republik nach wie vor im Umgang mit der eigenen Vergangenheit sind.
Andreas Unterberger
Kein Zweifel: Karl Lueger hat in seiner Kleine-Leute-Politik gegen Großindustrie und Banken stark auf antisemitische Parolen gesetzt; was man nur strikt verurteilen kann. Ebenso wenig Zweifel gibt es aber auch: Lueger war der weitaus wichtigste Bürgermeister in der Geschichte Wiens; ihm hat die Stadt mehr in Sachen Städtebau, Reformen und Schönheit zu verdanken als allen späteren Bürgermeistern zusammen (deren Sündenlisten mehrere Sonderausgaben der SN füllen würden). Daher sollte es sich eine Wiener Stadtverwaltung sehr gut überlegen, wenn sie nun ausgerechnet den Name Lueger von Straßenschildern entfernt. Das erinnert heftig an die stalinistische Praxis, unliebsame gewordene Funktionäre nachträglich aus Fotos wegzuretuschieren. Jetzt gibt es keinerlei Rechtfertigung mehr, warum andere Namen mit viel weniger Verdiensten von solchen bisher vermiedenen Namens-Eliminierungen unberührt bleiben, die ebenso belastet sind wie Lueger. Auf manchen lastet sogar noch viel schwerere Schuld, kann doch Lueger keinerlei Gewalt oder Aufrufe zu solcher angelastet werden. Was ist etwa mit Karl Marx und seinen antisemitischen Bemerkungen und den Zig-Millionen Toten, die seine Ideologie gefordert hat, sehr oft gezielt unter Juden? Was ist mit Karl Renner, der nicht nur Hitlers Anschluss völlig freiwillig zugejubelt hat, sondern später auch dem zweiten großen Massenmörder des 20. Jahrhunderts, Josef Stalin? Was ist mit dem Wiener SPÖ-Stadtrat Julius Tandler, der in langen Schriften zur Tötung von "lebensunwerten" Menschenleben aufgerufen hat? Was ist mit Che Guevara, der ein paar Tausend Menschen eigenhändig ermordet hat? Ihnen allen sind in Wien Plätze oder Bauten gewidmet, ja sogar Denkmäler gebaut worden. Solange die alle unberührt blieben, ist die Lueger-Stürmerei nichts als miese parteipolitische Demagogie und historische Einäugigkeit.
Plötzlich geht so manches, was jahrelang nicht gegangen ist. Plötzlich ist bei der AUA möglich, was jahrzehntelang nicht möglich war. Plötzlich wird doch der Semmering-Tunnel gebaut, der jahrzehntelang als Verbrechen gegolten hat. Plötzlich scheinen sich sogar rund um die ÖBB die Koalitionsparteien wieder versöhnt zu haben. Und auch rund um den ORF gehen die zwei Parteien plötzlich Hand in Hand. Was aber sollen wir davon halten?
Über den Konsens bei der AUA können wir uns jedenfalls freuen – auch wenn er viel zu spät gekommen ist. Denn die Fluglinie ist längst eine Schrumpflinie geworden, der Traum vom großen mittelosteuropäischen Netzwerk ist nur noch in den Archiven zu finden.
Was bei aller Freude auch sehr ernüchternd ist: Betriebsrat und Gewerkschaft haben bei der Verteidigung der dortigen Luxusgehälter erst nachgegeben, als ihnen endlich ein beinhartes Management gegenübergesessen ist. Ein Management ohne furchtsame Weicheier und ohne opportunistische staatliche Eigentümer im Hintergrund. Das besonders Schmerzhafte daran ist, dass offenbar erst Deutsche das geschafft haben, woran zuvor viele Österreicher (und ein Däne) gescheitert sind. Das gibt der österreichischen Selbstachtung doch einen ziemlichen Stich. Das wird auch im Ausland vielen negativen Vorurteilen über die Ösis neue Nahrung geben.
Die Lehre daraus ist aber jedenfalls klar: Auch die restlichen Staatsbetriebe sollten möglichst rasch privatisiert werden, vom Strom bis zum Flughafen, vom Gas bis zur Müllabfuhr, von der Bahn bis zu den Spitälern. Solange der Staat (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungen) irgendwo drinnen ist, diktiert die Gewerkschaft. Und dann zahlen in allen Fällen die Kunden und/oder Steuerzahler drauf – was sich der Standort Österreich nicht mehr leisten kann. Denn wenn in Österreich alles teurer ist als im Ausland, wie gerade eine aktuelle Studie neuerlich zeigt, dann wird in Österreich niemand mehr investieren.
Die AUA-Einigung selbst dürfte nun kaum mehr an den noch fehlenden Abstimmungen der Belegschaft scheitern. Und diese sollte sich dringend wieder um die schwer vernachlässigten Kunden statt die eigenen Befindlichkeiten kümmern.
Ebenso erfreulich ist, dass jetzt der Semmering-Tunnel endlich gebaut wird. Auch hier ist vor allem ein „Viel zu spät“ zu monieren. Das hat in diesem Fall nicht die Gewerkschaft, sondern einzig der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll zu verantworten. Dieser hatte mehrere Wahlkämpfe mit dem Kampf gegen den Tunnel und mit dem skurrilen Argument bestritten: „Wenn man ein Loch in den Berg bohrt, dann rinnt das Wasser aus diesem Berg heraus.“ (als ob sich der schon vor langem gebohrte Semmering-Straßentunnel zu einer Wasserleitung verwandelt hätte).
Was auch immer den – übrigens schon während der schwarz-orangen Regierung eingeleiteten – Stimmungsumschwung des machtbewussten Niederösterreichers bewirkt hat: Sein langes Njet kommt die Österreicher jedenfalls sehr teuer. Nicht nur auf Grund der Bau-Inflation hat die Verzögerung die Sache teurer gemacht. Das haben auch die diversen Umplanungen bewirkt. Ist doch inzwischen das Projekt viel aufwendiger geworden: mit einem viel längeren Tunnel und zwei Röhren statt einer doppelgleisigen.
Die Verzögerung hat natürlich auch den Krisengebieten im Süden Österreichs geschadet, die bis heute keine schnelle Bahnanbindung Richtung Wien haben. Zugleich haben sich inzwischen neue Verkehrsachsen an Österreichs Grenzen vorbei entwickelt, die nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind. Für all das: Danke, lieber Erwin.
Der dritte Durchbruch nach langer Blockade betrifft die ÖBB selber. Und dieser ist nun besonders dubios. Plötzlich ist die ÖVP wieder bereit, Aufsichtsräte in die Staatsbahn zu entsenden. Plötzlich geht im Parlament in aller Stille ein extrem problematisches 33-Milliarden-Gesetz zugunsten der Bahn durch. Lediglich der Protest des ÖVP-Abgeordneten Ferdinand Maier hat darauf aufmerksam gemacht.
Da aber Maier schon seit Jahren durch eher cholerische Querschüsse und Attacken gegen seinen jeweiligen Klubobmann auffällt, hat sein Protest gleichzeitig wieder vom eigentlichen Skandal abgelenkt. Ebenso fällt auf, dass die Opposition zwar dagegen gestimmt hat, aber mit auffällig wenig Engagement (man vergleiche etwa die geringe oppositionelle Lautstärke bei den ÖBB-Milliarden mit dem aufgeregten Flügelschlagen von Grün und Blau ob irgendwelcher Zeugenladungslisten im U-Ausschuss).
Gewiss hebt sich dieses ÖBB-Finanzierungsgesetz noch relativ positiv vom ursprünglichen Entwurf der Verkehrsministerin ab. Diese hatte im Vorjahr noch ein Vielfaches der nunmehrigen 33 Milliarden verlangt. Nur ist zu befürchten, dass mit diesen 33 Milliarden jetzt dennoch alle jene Projekte begonnen werden, die dann doch so viel kosten, wie Bures schon ursprünglich ins Gesetz schreiben wollte. Was man aber offenbar auch aus Rücksicht auf die kritischen Rating-Agenturen vermieden hatte.
Mit diesem Gesetz werden den Steuerzahlern nicht nur die Kosten für den (sinnvollen) Semmering-Tunnel, sondern auch für die beiden (überflüssigen) Tunnels durch Koralm und Brenner aufs Auge gedrückt. Der Verkehr unter der Koralm zwischen Graz und Klagenfurt ist und bleibt aber lächerlich unbedeutend, während der Italienverkehr durch die Südbahnstrecke (ab dem Semmering) ohnedies schon gut bedient ist. Und der Brenner-Tunnel hat keinerlei Chance auf eine ausreichende Auslastung, solange man keinen Lkw zwingen kann, statt der schnellen Straße die umständliche Bahn zu benutzen. Das EU-Recht verhindert sogar jede Mauterhöhung auf der Passstraße.
Aber hinter diesen Unsinns-Projekten stehen mächtige Landeshauptleute und die ebenso mächtige Bauindustrie (aus der etwa der jetzige Aufsichtsratspräsident der ÖBB kommt!). Von dieser Unheilsallianz werden den Steuerzahlern gewaltige Zukunftsverpflichtungen aufgeladen. Als ob Europa und Österreich nicht in einer schweren Schuldenkrise stecken. Gegen diese 33 Milliarden machen sich die jüngsten Sparbeschlüsse der Regierung geradezu zwergenhaft aus.
Maier ist daher – trotz all seiner sonstigen problematischen Eigenschaften – zu dem mutigen Widerstand samt nachfolgendem Rücktritt zu gratulieren. An der katastrophalen Entwicklung der ÖBB und der Staatsfinanzen ändert sich dadurch aber nichts mehr.
In den nächsten Tagen wird man mit Spannung beobachten können, ob die Länder wenigsten bei ihren eigenen Finanzen disziplinierter sein werden. Derzeit lassen sie ja die Finanzministerin mit ihren Vorstellungen von einem wirksamen Fiskalpakt mit Sparzwang noch eiskalt anrennen. Es bleibt zu befürchten, das auch hier ein für den künftigen Schuldenstand des Landes teurer Kompromiss heraushüpfen wird.
Absolut rätselhaft ist schließlich, was die Koalition mit ihrem neuen Konsens in Sachen ORF überhaupt beabsichtigt. Den Stiftungsrat zu verkleinern ist zwar ein edles Ansinnen, auch der Ausschluss der Bundesländer würde viel Sinn haben, sind diese doch oft eine Hauptbremse für jede Einsparung gewesen. Aber erstens habe ich angesichts der katastrophalen Schwäche der Regierungsspitze heftige Zweifel, dass diese ein Projekt gegen den Willen der Länder durchsetzen kann. Und zweitens bleibt völlig offen, was ein kleinerer Stiftungsrat gegen das Hauptdefizit des ORF helfen soll. Das ist sein schwer schlagseitiger Informationsapparat, der von unten bis oben zu 85 Prozent mit Menschen aus dem grün/kommunistischen/linkssozialdemokratischen Milieu durchsetzt ist.
Was würde da überhaupt noch helfen, ist doch die Personalstruktur des ORF de facto unreformierbar? Nun, hätte die ÖVP noch irgendeine eigene Medienpolitik, würde sie beispielsweise gemeinsam mit Blau und Orange eine grundsätzliche Reform am ORF vorbei vorbereiten. Diese könnte man dann rund um den nächsten Wahltag im koalitionsfreien Raum ebenso durchsetzen, wie Werner Faymann 2008 seine Milliardenattacke auf die Steuerzahler durchgesetzt hat. Dabei könnten dann beispielsweise die Gebührengelder auf alle Sender aufgeteilt werden, die sich um eine halbwegs ausgewogene Qualitätsinformation bemühen (wie es etwa Servus TV zunehmend tut). Was wiederum eine externe Expertenkommission zu beurteilen hätte.
Die Politik der populistischen Schlagzeilenhascherei hat wieder einmal die Energie erwischt. Und gleich zweimal Mist gebaut.
Der eine Unsinn ist Österreichs neuerdings verkündete Atomstromfreiheit. Ganz abgesehen davon, dass ohne Atomstrom in Europa viele Lichter ausgehen würden; ganz abgesehen davon, dass alleine in der EU vier Staaten an neuen Atomkraftwerken arbeiten; ganz abgesehen davon, dass es technisch gar nicht möglich ist, in den internationalen Hochspannungsnetzen Strom in irgendeiner Form zu trennen (nur in Österreich gibt es Schildbürger, die mit dem Geigerzähler an ihren Steckdosen messen); ganz abgesehen davon, dass ein staatlich verordnetes Atomstromverbot (wenn es technisch überhaupt möglich wäre) ein glatter Bruch sämtlicher EU-Verträge ist: Tatsache bleibt, die wirklichen Umweltverschmutzer sind die Kohle- und Ölkraftwerke.
Diese haben schon Zehntausende Krankheiten und Todesfälle ausgelöst, während die Grünen noch immer auf den ersten Strahlungstoten aus Japan warten. Jene Kohle- und Öl-Kraftwerke aber würden durch eine weitere Einschränkung von Nuklearstrom nur neuerlich an Bedeutung gewinnen.
Die Wiener Regierung will nun irgendwelchen weit entfernten Stromerzeugern etwa in Norwegen Geld dafür zahlen, dass diese mit einem Zertifikat bestätigen, zugunsten Österreichs „sauberen“ Strom ins Netz einzuspeisen. Während freilich der heimische Importstrom in Wahrheit weiter wie bisher meist aus Tschechien fließt. Mit diesem Beschluss wird nur eines erreicht: Strom wird durch diese Zertifikate und durch die erhöhten Gebühren für die internationalen Leitungsnetze völlig sinnlos teurer. Dank der EU wird es aber mit Sicherheit auch Anbieter geben, die klugen Kunden billigen Strom ohne solche Zertifikate anbieten. Wobei es natürlich der gleiche Strom wie bei den Schutzgeld-Bezahlern sein wird.
Ähnlich dumm ist die unter Druck von Boulevard-Medien angekündigte Preisregulierung an langen Wochenenden. Es ist zwar noch immer nicht klar, wie die genau aussehen soll. Aber schon die letzte populistische Preisregelung hat statt einer Senkung eine Erhöhung ausgelöst: Tankstellen dürfen seither ja nur noch um 12 Uhr die Preise erhöhen und sonst nur senken. Das führt halt dazu, dass dann um 12 Uhr sicherheitshalber viel mehr erhöht wird als ohne Regelung. Ähnlich wird es wohl künftig auch an den langen Wochenenden zugehen (etwa, indem schon Tage vorher die Preise ansteigen). Sollte jedoch eine Preisregelung die Benzinfirmen wirklich unter ihre Kosten drücken, dann wird etwas anderes passieren: Keine Firma wird rund um diese Wochenenden teure Überstunden machen lassen, um die Tankstellen voll zu versorgen.
Was nur wieder die alte Erfahrung bestätigt: wo einmal der Staat die Preise regelt, wird es für die Konsumenten teuer. Nur Wettbewerb und Transparenz helfen dem Konsumenten.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es ist nur scheinbar bloß einer von vielen unter den derzeit ans Tageslicht kommenden Korruptionsskandalen. Doch hat die Causa eine Besonderheit: Aufgefundene Mails zeigen diesmal ganz genau, wie die Sache eingefädelt worden ist. Und man kann endlich auch einmal schwarz auf weiß lesen, wie Freimaurer-Logen für Schiebungen genutzt werden. Mit ihren Mitgliedern nicht nur in der SPÖ, sondern auch von den Medien bis zu den Freiheitlichen.
Die Geschichte beginnt mit dem blauen Infrastrukturminister Mathias Reichhold, der 2002 für ganze zwölf Monate ins Amt gekommen war (40 Tage davon war er sogar FPÖ-Obmann). Reichhold geriet über seinen ebenfalls blauen BMVIT-Generalsekretär Friedrich Rödler an Peter Hochegger. Und damit ging es schon fast automatisch sofort um einen teuren Beratungsauftrag auf Steuerzahlerkosten.
Hochegger, ganz Profi, schrieb in einem Mail den beiden Blauen mit schwulstigen, aber inhaltsarmen Worten gleich selbst das vor, wonach die beiden suchen sollten, um ihn zu finden. Sein „Vorschlag zur Leistungsbeschreibung" im O-Ton:
„Derzeit gibt es keine Institution, die in der Öffentlichkeit als Themenführer im Bereich Verkehr – Schiene, Straße, Wasser, Luft – als Gestalter und Themenführer wahrgenommen wird. Das BMVIT hat es sich zur Aufgabe gemacht unter dem neuen Minister hier eine aktive Gestaltungsrolle im Dialog mit der Bevölkerung und den involvierten Unternehmen/Organisationen/Verkehrsträgern zu übernehmen, um anstehende Probleme und Aufgaben anzusprechen und zu lösen. Dafür wird eine Agentur gesucht, die das BMVIT bei dieser Aufgabe in der Konzeption und kommunikativen Umsetzung unterstützt.“
Mit anderen Worten: Themenführerschaft in Sachen heiße Luft. Diese aber konnte man dem recht ahnungslosen, von einem Kärntner Bauernhof gekommenen Reichhold offenbar sehr gut einreden. Hochegger setzte in seinem Vorschlag auch gleich das Agenturhonorar fest: Stolze 125.000 Euro.
Aber wenn man einmal in Hocheggers Händen war, dann kam man nicht mehr so billig davon. In einem weiteren Mail berichtet der Agent auch gleich noch von einem „langen Gespräch mit Wolfgang Bachmaier von OGM“. Für diesen ersann er sofort einen weiteren satten Auftrag: 55.000 Euro zur Erstellung der „Basis für ein Concept Leadership Programm des Ministers.“ Was – nach meinem bescheidenen Geschmack – in den Ohren eines Kärntner Bauern noch viel besser geklungen haben muss als bloße „Themenführerschaft“.
Eine Hürde war freilich noch zu überwinden: Eigentlich muss der 125.000-Euro-Auftrag ja ausgeschrieben werden. Aber keine Sorge, ein Hochegger hat alles unter Kontrolle. Denn er organisierte gleich auch die Manipulation der Ausschreibung. Bei der Findung von Scheinkonkurrenten waren ihm seine Logenbrüder behilflich. Hochegger suchte auf diese Weise seine „Konkurrenten“ selber aus und sprach sich mit denen ab. Wie er das Rödler mitteilte, ist wieder wert, im ganzen Wortlaut zitiert zu werden:
„Lieber Fritz,
anbei eine Liste von Firmen für die Ausschreibung. Heinisch arbeitet in der selben Loge wie Göweil, er ist informiert. Löwe ist eine befreundete Agentur, Aufträge die wir nicht annehmen können leiten wir an sie weiter. Sind vier für die Einladung genug?“
Deutlicher kann man es wohl nicht mehr vorgeführt bekommen: Wie sie sich sinnlose Aufträge auf Kosten des Steuerzahlers ausdenken. Wie sie die Vergabe solcher Aufträge schieben. Wie sie ihre Logenbrüder dabei einsetzen.
Braucht es noch eine Erwähnung, dass wenige Tage später Hochegger „als Bestbieter im Sinne der Vergabevorschriften“ den Auftrag bekommt? Mit dem Vermerk: „in Entsprechung der Entscheidung der Vergabekommission, Vorsitz Dr. Rödler“. Womit sich der Kreis schließt.
Wer jetzt fragt, warum Hochegger so unvorsichtig war, in einem Mail eine Reihe von Logenbrüdern zu outen (was ja, soweit man weiß, dort strikt verboten ist), der hat nicht mit der Dummheit des Generalsekretärs Rödler gerechnet. Denn der schickte sich selber das Mail, das er an seine gmx-Adresse bekommen hat, an seine ministeriumsoffizielle bmvit.gv.at-Adresse weiter. Ordnung muss halt sein. Womit der ganze demaskierende Vorgang aktenkundig geworden ist.
Unbekannt ist hingegen, wie das alles nunmehr in der Loge abgehandelt wird. Vielleicht mit einem Appell: „Brüder, seid doch vorsichtiger“?
Selbstverständlich habe ich die im Mail genannten Herren um Stellungnahmen gebeten. Die Herrn Rödler und Hainisch blieben schweigsam. Der damalige „Kurier“-Redakteur und jetzige „Wiener-Zeitung“-Chefredakteur Reinhard Göweil antwortete knapp: „Ich kenne den von Ihnen behaupteten Vorfall nicht, habe daher auch folgerichtig auch nichts damit zu tun. Und irgendwelche „Outings“ kommentiere ich nicht.“
Geschadet hat die Loge den Genannten jedenfalls nicht. Göweil ist avanciert. Und Rödler ist heute Chef des Patentamtes – und wurde in dieser Funktion auch nach dem Farbwechsel im zuständigen BMVIT von Blau/Orange auf Rot verlängert. Was doch ziemlich erstaunt. Wurden doch sonst von SPÖ-Ministern alle Funktionsträger, unter deren Fingernägel noch irgendwelche blauen oder orangen Farbreste zu finden sind, erbarmungslos entsorgt. Logenmitgliedschaften sind für die Sozialdemokratie aber seit langem eine besonders wertvolle Empfehlung. Und können offensichtlich solche Farbreste glatt übertünchen. Dabei hatte einst Rödlers erstmalige Bestellung durch die Blauen bei der damaligen linken Opposition noch heftige Proteste ausgelöst.
Natürlich gilt auch hier, wie in allen anderen in diesem Beitrag genannten Aspekten, die juristische Unschuldsvermutung.
Staat | Euro | Saldo 2010 | Saldo 2011 | Verschuldung 2010 |
Verschuldung 2011 |
Estland | + |
+ 0,2 |
+ 1,0 |
6,7 |
6,0 |
Ungarn | – |
- 4,2 |
+ 4,3 |
81,4 |
80,6 |
Schweden | – |
+ 0,3 |
+ 0,3 |
39,4 |
38,4 |
Finnland | + |
- 2,5 |
- 0,5 |
48,4 |
48,6 |
Luxemburg | + |
- 0,9 |
- 0,6 |
19,1 |
18,2 |
Deutschland | + |
- 4,3 |
- 1,0 |
83,0 |
81,2 |
Dänemark | – |
- 2,5 |
- 1,8 |
42,9 |
46,5 |
Bulgarien | – |
- 3,1 |
- 2,1 |
16,3 |
16,3 |
Österreich | + |
- 4,5 |
- 2,6 |
71,9 |
72,2 |
Malta | + |
- 3,7 |
- 2,7 |
69,4 |
72,0 |
Tschechien | – |
- 4,8 |
- 3,1 |
38,1 |
41,2 |
Lettland | – |
- 8,2 |
- 3,5 |
44,7 |
42,6 |
Belgien | + |
- 3,8 |
- 3.7 |
96,0 |
98,0 |
Italien | + |
- 4,6 |
- 3,9 |
118,6 |
120,1 |
Euro-17 |
- 6,2 |
- 4,1 |
85,3 |
87,2 |
|
Portugal | + |
- 9,8 |
- 4,2 |
93,3 |
107,8 |
EU-27 |
- 6,5 |
- 4,5 |
80,0 |
82,5 |
|
Niederlande | + |
- 5,1 |
- 4,7 |
62,9 |
65,2 |
Slowakei | + |
- 7,7 |
- 4,8 |
41,1 |
43,3 |
Polen | – |
- 7,8 |
- 5,1 |
54,8 |
56,3 |
Rumänien | – |
- 7,8 |
- 5,2 |
30,5 |
33,3 |
Frankreich | + |
- 7,1 |
- 5,2 |
82,3 |
85,8 |
Litauen | – |
- 7,2 |
- 5,5 |
38,0 |
38,5 |
Zypern | + |
- 5,3 |
- 6,3 |
61,5 |
71,6 |
Slowenien | + |
- 6,0 |
- 6,4 |
38,8 |
47,6 |
Spanien | + |
- 9,3 |
- 8,5 |
61,2 |
68,5 |
Ver. Königreich | – |
- 10,2 |
- 8,3 |
79,6 |
85,7 |
Griechenland | + |
- 10,3 |
- 9,1 |
145,0 |
165,3 |
Irland |
+ |
- 31,2 |
- 13,1 |
92,5 |
108,2 |
Anmerkung: Die Maastricht- Stabilitätskriterien liegen -3 % Budgetsaldo sowie 60 % Gesamtverschuldung.
Von den Euro-Staaten erfüllen im Jahr 2011 beide Kriterien: Estland, Finnland und Luxemburg.
Quelle: EU-Kommission
Bei Wahlen bekommen derzeit alle Regierungen Europas ihre Ohrfeigen, egal wer gerade regiert. Noch unpopulärer als die Regierungen ist die EU selber. Des öfteren sind es aber eigentlich die Richter, die den Zorn der Menschen am meisten verdient hätten. Diese stehen jedoch im Schatten und können dort ungehindert ihre Ideologien ausleben. Zum Schaden Europas.
Denn die neueste Judikatur von Verwaltungsgerichtshof und Europäischem Gerichtshof bringt mit einem Federstrich den wichtigsten Eckpfeiler des österreichischen Fremdenrechts zum Einsturz. Und die Republik reagiert hilflos. Die Gerichte berufen sich auf ein Abkommen, das die EU lange vor dem österreichischen Beitritt mit der Türkei geschlossen hat. Demnach sind Türken, die mit Österreichern verheiratet sind, künftig von Maßnahmen wie „Deutsch vor Zuzug“ und der Pflicht zu Integrationsvereinbarungen befreit.
Das aber waren in den letzten Jahren die einzigen relevanten Maßnahmen, um ein noch rascheres Anwachsen der türkischen Gemeinde einbremsen zu können. Das waren Maßnahmen, welche der SPÖ nur sehr mühsam abgerungen werden konnten. Das waren auch Maßnahmen, die genau an der richtigen Stelle angesetzt haben. Denn jene Fälle, die nun dank der Gerichte ungebremst zuwandern können, sind der weitaus problematischste Aspekt der Migration: Das sind die in einer Drittwelt-Umgebung mit einer mittelalterlichen Kultur und Religionspraxis aufgewachsenen Mädchen, die in einer arrangierten Ehe an einen Austrotürken – oft genug einen Verwandten – verheiratet werden. Um nicht zu sagen: verschachert. Ob das eine weiterhin verbotene Zwangsehe ist oder nicht, ist da in Wahrheit eine Frage aus einer anderen Welt. Denn diese Mädchen haben ja die Möglichkeit eines freien Willens überhaupt nie kennengelernt.
Wenn sie dann in Österreich sind, haben diese Frauen als Gebärmaschinen zu fungieren. Sie lernen meist nie deutsch, haben meist nie einen Job, verlassen nur selten das Haus und lassen den ganzen Tag türkische Satellitensender als einzigen Kontakt zur Außenwelt laufen. Sie ziehen dann logischerweise auch ihre Kinder in türkischer Sprache und in einem mittelalterlichen Geist auf. Weshalb wir in der zweiten und dritten Generation oft schlechtere Integrationsleistungen haben als in der ersten.
Jetzt ist auch die letzte Bremse gegen den Zuzug solcher Frauen (und natürlich auch einiger Männer) weggefallen. Das ist wirklich eine tolle Leistung der Gerichte! Braucht es noch extra erwähnt zu werden, dass sowohl der Chef des Verwaltungsgerichtshofs wie auch die von Österreich entsandte EU-Richterin knallrot sind?
Das Innenministerium glaubt nichts anderes tun zu können, als zu salutieren und die Gerichtsbeschlüsse brav umzusetzen. Obwohl diese der neuen Parole „Integration durch Leistung“ einen schwereren Schlag versetzt haben, als all die netten Inserate mit ein paar Dutzend Vorzeige-Zuwanderern an Nutzen stiften können.
Das ist juristisch auch richtig so. Aber rein theoretisch wäre es natürlich auch möglich, dass Österreich als Reaktion nach langem wieder eine aktive EU-Politik entwickelt. Das Land könnte sich ja – rein theoretisch – Verbündete suchen. Rein theoretisch könnte eine neue EU-Richtlinie wieder versuchen, wenigstens eine Spur von Lenkung in die Massenzuwanderung zu bringen. Denn nichts anderes findet ja unter dem so harmlos klingenden Titel „Familienzusammenführung“ seit langem statt.
Es gibt viele Gründe, die für eine endgültige Abwahl von Nicolas Sarkozy sprechen. Es gibt nur einen einzigen Grund, der dennoch die (wahrscheinliche) Wahl seines Gegenkandidaten Francois Hollande zum noch größeren Alptraum macht: Sein Programm. Das ist nämlich noch viel schlimmer als Sarkozys Realität – für Frankreich und damit nach dem Prinzip „Mitgefangen, mitgehangen“ auch für alle Europäer. Wenn Hollande sein Programm auch nur ansatzweise umsetzen sollte, dann ist das ganze Euro-Europa mit Frankreich kaputt.
Daher wird der zweite Durchgang zwischen den beiden extrem spannend und für die Miteuropäer auch viel wichtiger als die amerikanische Wahl. Der Vorsprung Hollandes (28,6 Prozent) auf Sarkozy (27,2) ist extrem knapp. Da scheint zwar noch alles offen. Entscheidend wird aber das Verhalten der Anhänger von Marine Le Pen sein.
Die rechte Kandidatin hat mit 17,9 Prozent nicht nur das beste Ergebnis der Front National erzielt. Sie hat auch die Vorhersagen der Meinungsforscher lächerlich gemacht, die sie durchwegs deutlich niedriger eingeschätzt haben. Es ist aber schon seit Jahren ein politisches Naturgesetz: Rechte Wähler wählen nur in der geheimen Wahlkabine rechts, einem Meinungsforschungsinstitut gegenüber halten sie sich aber bedeckt. Denn sie fürchten sich vor der gesellschaftlichen Stigmatisierung durch ein politisches Outing.
Le Pens Wähler werden keineswegs geschlossen zu Sarkozy wechseln, wie manche oberflächliche Auguren meinen. Sarkozy steht zwar in der Ausländerfrage der Front National deutlich näher (und diese Frage ist für die Menschen im Unterschied zu vielen Medien wichtiger denn je). In Sachen Sparnotwendigkeiten, Sozialpolitik und Europa steht die Rechtspartei jedoch der radikalen Linken viel näher. Und umgekehrt.
Überdies gibt es auch bei Le Pens Wählern etliche, die Sarkozy als Person strikt ablehnen. Die Sprunghaftigkeit und Angeberattitüden des kleingewachsenen Mannes, der sich allzu lange allzu eng mit den Reichen und Schönen umgeben hat, nerven viele Franzosen. Auch das Kapitel Sarkozy und die Frauen war mehr dazu angetan, um bunte Hefte zu füllen als die Schar seiner Anhänger.
Noch schlimmer ist, dass sich Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit unter Sarkozy deutlich verschlechtert hat. Gewiss haben dazu viele kapitale Sünden früherer Linksregierungen beigetragen, wie die Arbeitszeitverkürzung oder der viel zu weitgehende Kündigungsschutz. Aber Sarkozy hat wie ein lateinischer Macho viel geredet (noch dazu mit ständig wechselnden Zielrichtungen); er hat jedoch trotz seiner fast unbegrenzten Macht wenig getan, um die Wettbewerbsfähigkeit der Grande Nation wieder zu verbessern.
Jetzt fällt es vielen Franzosen verständlicherweise ziemlich schwer, ausgerechnet in ihm den geeigneten Mann zu sehen, um Frankreich ein griechisches Schicksal zu ersparen. Die Zukunft erscheint ihnen sowieso düster, da hat für viele eine Generalabrechnung mit der Vergangenheit die erste Priorität.
Auch die Miteuropäer werden die erste (und einzige?) Amtsperiode Sarkozys keineswegs in guter Erinnerung behalten. War es doch er, der immer wieder großen Druck auf Angela Merkel ausgeübt hat, damit die zögerliche und innerlich unsichere Deutsche der wahnsinnigen Verschuldungspolitik des gesamten Euro-Europas zugestimmt hat. Die entscheidende und falsche Weichenstellung geschah ja im Frühjahr 2010, als Merkel der ersten Etappe der Megahilfe für Griechenland zugestimmt hatte.
Damals verlangten die gesamte Linke und damit die meisten Medien lautstark, dass das sozialistisch regierte Griechenland „gerettet“ werde (was natürlich angesichts der griechischen Zustände immer nur auf ein paar Monate gelingen konnte). Und dazu kam dann der gleichgerichtete Druck Sarkozys, der um die Kredite der französischen Banken und seine Wiederwahl bangte. Andere Länder wie Österreich haben ja seit Jahren überhaupt keinen Politiker, der europapolitisch mitsprechen oder auch nur mitdenken könnte.
Diesem Druck gab die harmoniesüchtige deutsche Bundeskanzlerin schließlich nach. Was sich von Tag zu Tag mehr als große Katastrophe herausstellt. Dieser erste große Fehler war dann der Vater aller weiteren: vom Ankauf dubioser Staatspapiere durch die EZB bis zum Neudrucken einer Billion Euro, vom „Stabilitätsmechanismus“ EFSF bis zum „Stabilitätsmechanismus“ ESM. Beide bringen keine Stabilität, sondern nur die ständig ausgeweitete Haftung aller Euro-Länder für die Schulden der anderen.
Die Ironie der Geschichte scheint es zu sein, dass nicht einmal der politische Hauptzweck dieser Aktion, also die Wiederwahl Sarkozys, erreicht werden dürfte. Damit droht Merkel die doppelte Blamage: einerseits die direkte und indirekte Haftung Deutschlands für die gesamte europäische Schuldenkonstruktion und dazu noch ein sozialistischer Präsident mit nostalgischen Politikideen im zweitwichtigsten Land der EU.
Denn so absurd es klingt: Eine Wiederwahl Sarkozys ist bei all seinen Fehlern noch immer die bessere Alternative als ein Amtsantritt Hollandes. Denn dieser hat sich im Wahlkampf so tief in linke Versprechungen einzementiert, dass er es sich politisch nicht leisten kann, alle zu vergessen.
Jedoch können sich weder Frankreich noch Europa eine Realisierung seiner Versprechungen leisten. Ob das nun die Bewahrung der von Sarkozy zuletzt (spät, aber immerhin) in Frage gestellten 35-Stunden-Woche ist oder eine Senkung(!) des Rentenalters oder eine Steigerung der Einkommensteuer auf 75(!) Prozent oder eine noch(!) lockerere Geldpolitik der EZB. Jede einzelne dieser Maßnahme würde Frankreich mit Garantie in die Gruppe der PIGS- oder PIIGS-Staaten reihen. Und lediglich Journalisten werden sich freuen, wenn sie dann über neue Abkürzungen wie FIPIGS oder SPIFIG oder FISPIG nachdenken können.
Die schon in breiter Front begonnene Flucht von Anlegern aus dem Euro-Raum wird sich bei einer Wahl Hollandes mit Sicherheit noch mehr beschleunigen. Und es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis die Anleger auch erkennen, dass selbst Deutschland kein sicherer Anker mehr sein kann. Aus dem Bett, in das sich Merkel mit Sarkozy gelegt hat, kommen Deutschland und mit ihm Europa auch dann nicht mehr heraus, wenn dort plötzlich ein Monsieur Hollande vom alten, längst in Konkurs gegangenen sozialistischen Schlaraffenland träumt.
Diese vielen Fehler der letzten Jahre führen nicht nur in Frankreich, sondern schon reihum zum Zusammenbruch der beteiligten Regierungen. Ist doch fast zeitgleich zum französischen Wahltag auch die Regierung der Niederlande kollabiert. Immerhin sind die Niederlande nach Deutschland der zweitgrößte Stabilitätsanker im Euroraum.
Auch dort hat sich wie bei Le Pen gezeigt, dass die rechtspopulistischen Parteien – in den Niederlanden unter Führung des charismatischen Geert Wilders – nicht für die unpopulären, aber notwendigen Sanierungsmaßnahmen bereitstehen. Selbst wenn man ihnen in Sachen Migrationspolitik in fast allem recht gibt, erweisen sie sich stabilitätspolitisch als ebenso unverantwortlich wie die linken Parteien.
Denn sie alle lehnen jene Sanierungsmaßnahmen ab, die absolut unvermeidlich sind: egal ob man in der EU beziehungsweise im Euro bleibt oder nicht. Wilders wie Le Pen gaukeln den Wählern vor, dass diesen ein neuer Protektionismus, ein Abschließen der Grenzen etwas nutzen würde. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Protektionismus hat jedes Land langfristig verarmen lassen.
Bei einem währungspolitischen Alleingang eines Eurolandes wird ein Programm der Schmerzen für dieses Land sogar mit Sicherheit noch viel zwingender: Denn es verliert damit sofort an jeder Kreditfähigkeit. Es muss daher auf jedes weitere Schuldenmachen verzichten und sämtliche Sozialausgaben drastisch straffen; und seine Bürger werden viel länger arbeiten und auf Vieles von dem verzichten müssen, was Sozialdemokraten und Gewerkschaften ihren Anhängern als dauerhafte Errungenschaften verkauft hatten. Ein Land, das das nicht tut, landet in der Mega-Inflation, die in Europa schon einmal Massenelend und eine kriegerische Mega-Katastrophe ausgelöst hat.
Das gleiche Ergebnis brächte die Politik Hollandes und vieler europäischer Sozialdemokraten. Deren Kern: Statt Sparen Geld drucken.
Hinter der großen europa- und stabilitätspolitischen Bedeutung der französischen Wahl hat der erste Durchgang aber auch ein erfreuliches Waterloo für viele Medien gebracht. Haben sich diese in ihrem linken Fanatismus doch in großer Zahl für den linksradikalen Kandidaten Jean-Luc Melenchon begeistert. Nach dem ersten Wahldurchgang ist der Mann jedoch mit 11,1 Prozent weit abgeschlagen an vierter Stelle gelandet, nur knapp vor dem schillernden Zentristen Bayrou (9,1).
Mit Melenchons Sprüchen von 100-prozentigen Einkommensteuern ab einer bestimmten Grenze kann man zwar bei der wenig intelligenten französischen Intelligenz ein wenig punkten; diese ist ja noch mehr als die anderer europäischer Länder von spätpubertärer Revolutionsgeilheit geprägt. Aber die Mehrheit der Franzosen ist doch ein wenig vernünftiger. Dies hatten ja auch schon die Wahlgänge nach dem Jahr 1968 gezeigt: Damals errang die Rechte große Wahlsiege, nachdem die linken Studenten und Arbeiter monatelang das Land mit ihren wilden revolutionären Aktionen lahmzulegen versucht hatten.
Der Sieg der Vernunft hat aber seine Grenzen. Auch die Franzosen greifen noch immer nach jedem Strohhalm, der ihnen eine Alternative zu den furchtbaren Schmerzen einer Sanierung zu bieten scheint. Und wenn man damit zugleich einem verachteten Macho namens Sarkozy eine Ohrfeige geben kann, dann wird eben ein Papier gewordener Anachronismus namens Hollande zum Favoriten für das französische Präsidentenamt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
In Oslo wird heftig darüber diskutiert, ob der Massenmörder B. Paranoide Schizophrenie hat und deshalb strafrechtlich nicht verurteilt werden kann. Das ist ganz offensichtlich eine ernsthafte und gefährliche Krankheit. Nicht jedoch in Österreich.
In Innsbruck gibt der Spitzenkandidat der dortigen Piratenpartei und nunmehrige Gemeinderat selbst zu, dass er an Paranoider Schizophrenie leidet und deswegen behandelt wird. Er sei deswegen arbeitsunfähig und lebe von der Mindestsicherung. Was angesichts des Falls B. schon ziemlich seltsam erscheint, ohne dem guten Tiroler nähertreten zu wollen. Noch seltsamer ist, wie manche Medien den jahrelang besachwalterten Mann samt seiner Partei hochjubeln. Kann es wirklich sein, dass man gleichzeitig arbeitsunfähig und ein ernsthafter Volksvertreter ist? Müssen die Medien wirklich jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben, nur damit den Zeitungen nicht zu fad wird? Gibt es auch nur einen einzigen objektiven Grund, sich von den Piraten eine Antwort auf die Probleme unserer Zeit zu erwarten – außer dass sie selber zugeben, keine Antworten zu haben? Darf in der Spaßgesellschaft wirklich alles zur reinen Hetz werden?
Der Untersuchungsausschuss des Parlaments hat bereits ein klares Zwischenergebnis: Er ist eine Blamage für das Parlament. Dieses ist mit solchen Projekten total überfordert. Es geht damit völlig am eigenen verfassungsrechtlichen Auftrag vorbei. Bei aller mehr als legitimen Kritik an der Staatsanwaltschaft: Ein Parlament ist noch viel weniger als diese (selbst in ihrem heutigen Zustand) geeignet, Straftaten aufzuklären.
Denn schon die erste Etappe der Ausschuss-Untersuchungen, nämlich das Kapitel der Bestechungen von mindestens vier Parteien durch die Telekom, hat wieder einmal gezeigt: Die Abgeordneten sind ausschließlich, dafür umso heftiger, unterwegs, Angehörige anderer Parteien mit berechtigten wie auch mit hanebüchenen Vorwürfen anzuschwärzen, beziehungsweise die eigenen Parteifreunde reinzuwaschen.
Aber das ist in keiner Weise Zweck eines Parlamentsausschusses.
Der eigentliche Auftrag des Parlaments wird hingegen überhaupt nicht wahrgenommen: Kontrolle der Regierung beziehungsweise die Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung von Gesetzen, Justiz und Verwaltung. Auch die Grünen als einzige Partei, die mangels bisheriger Regierungsverantwortung eher weniger mit Telekomgeldern bedacht worden ist, sind nicht dazu bereit. Auch sie haben eine rein parteipolitische Agenda. Die besteht in ihrem Fall darin, die Rechtsparteien zu diskreditieren („Nie wieder Schwarz-Blau!“) und die Skandale der SPÖ weitestgehend zu ignorieren.
Freilich: Das hat man auch schon vorher gewusst, dass sich der Ausschuss nur in diese Richtung entwickeln kann. Denn auch frühere Ausschüsse haben sich haargenau nach dem gleichen Schema abgespielt. Zu konstruktiver Arbeit waren sie schon seit Menschengedenken nicht imstande.
Dennoch war auch dieser Ausschuss gestartet worden. Denn die Medien wollten ihn unbedingt. Wird ihnen doch allen dort tagtäglich zur Füllung ihrer Seiten/Sendezeiten pikant Klingendes brühheiß serviert. Die Medien hofften auch, durch einen Ausschuss nicht mehr von irgendwelchen einzelnen Dokumenten abhängig zu sein, die seit Jahr und Tag von hochrangigen Staatsanwälten einseitig und rechtswidrig hinauskopiert werden. Wobei man ja an diesen ständigen Verletzungen des Amtsgeheimnisses eindeutig erkennen kann: Die dabei aktiven Staatsanwälte haben eindeutig eine parteipolitische Agenda: Lassen sie doch nur Aktenstücke hinaussickern, die eine der drei rechten Parteien belasten. Aus den Akten, auf deren Deckel der Name von SPÖ-Politikern prangt, ist hingegen noch nie etwas hinausgegangen.
Dennoch hat die Staatsanwaltschaft auch im U-Ausschuss hinter den Kulissen Fäden ziehen können. Auch wenn sie dort nicht mehr alle Sozialdemokraten schützen kann.
Denn in den bisherigen Ausschuss-Wochen hat sich noch etwas anderes erneut gezeigt: Es ist einfach absurd, einen solchen Ausschuss ins Leben zu rufen, solange die Staatsanwaltschaft praktisch den selben Bereich untersucht. Denn während Peter Pilz ob eines Druckkostenbeitrags von 10.000 Euro die Republik ins Wanken bringen wollte, hat der Ausschuss auf Wunsch der Staatsanwaltschaft den eigentlichen Haupttäter nie zu Gesicht bekommen. Ja, er hat auch nie nach diesem verlangt. Und erwartet doch, noch ernst genommen zu werden.
Dabei kann es kaum noch Zweifel geben: Die zentrale kriminelle Energie im Telekom-Skandal ist von Gernot Schieszler, dem früheren Finanzvorstand des halbstaatlichen Konzerns, ausgegangen. Denn beim Großteil der neun Millionen Euro, die zu diversen meist dunklen Zwecken über Herrn Hochegger und andere verteilt worden sind, war Schieszler die entscheidende Drehscheibe.
Und ausgerechnet dieser Mann ist vom Parlament nie vorgeladen worden. Was wohl der entscheidende Beweis ist, dass dort nur eine lächerliche Farce stattfindet. Was will man aufklären und verbessern, wenn man zwar zahllose periphere Figuren vorlädt und herunterzumachen versucht, aber nicht den Mastermind?
Dabei ist dieser ja einer, der sich nicht hinter dem sonst bei vielen Ausschuss-Zeugen üblichen Satz „Sage nichts, weil die Staatsanwaltschaft gegen mich ermittelt“ verbergen kann. Denn Schieszler wird von der Staatsanwaltschaft ja als Kronzeuge behandelt und nicht als Beschuldigter, weil er (angeblich) alle seine Mittäter und -läufer verrät (dass damit die Staatsanwaltschaft die ganze Einrichtung des Kronzeugenschutzes lächerlich macht, ist eine andere Frage, die für heute aber ausgeklammert bleibe).
Ähnlich seltsam ist auch, dass der Parlamentsausschuss die gesamte Affäre um den Erwerb der bulgarischen Telekom durch die Telekom Austria (an dem einige Zwischenwirte extrem gut verdient zu haben scheinen) ebenfalls nicht behandelt hat. Hier hat die Staatsanwaltschaft halt keine Papiere hergegeben. Da untersucht man halt nichts. Dafür verbeißt man sich in irgendwelche Randlappalien.
Die Lehren aus all dem – sofern Parteien überhaupt noch lernfähig sein sollten – sind klar: Es darf vor allem nie wieder einen Untersuchungsausschuss geben, solange die Staatsanwaltschaft in gleicher Causa ermittelt.
Ein Untersuchungsausschuss in dieser Zusammensetzung sollte höchstens dann aktiv werden können, wenn die Staatsanwälte aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Verfolgung einstellen. Wie etwa gegen den früheren Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch trotz seiner Schlüsselrolle im Bawag-Skandal; wie etwa gegen den mutmaßlichen Zweittäter im Fall Kampusch; wie etwa (wahrscheinlich in Bälde) gegen die Herrn Faymann und Ostermayer trotz der offenkundigen Bestechung von Medien; wie etwa gegen die Verantwortlichen in der Eisenstädter Landesregierung trotz eines grob fahrlässig angerichteten Schadens von 55 Millionen in Sachen Bank Burgenland; wie etwa gegen die Staatsanwaltschaft selber wegen ihrer Kooperation mit dem KGB in Sachen Litauen.
Aber auch in diesen Fällen wird in einem parteipolitisch geprägten Gremium vermutlich nie etwas Brauchbares herauskommen. Selbst der Anschein, dass wenigstens im Fall Kampusch ein parallel tagender Geheimausschuss zu einem konstruktiven Ergebnis gekommen wäre, scheint sich in Luft aufzulösen. Hat doch der Vorsitzende jenes U-Ausschusses, Werner Amon, vor einem Monat angekündigt, dass noch im März die Ergebnisse und Empfehlungen präsentiert werden. Jetzt ist bald der April zu Ende. Und niemand hat etwas von irgendwelchen Ergebnissen des Amon-Ausschusses gehört.
Offenbar hat die infame Strategie der Staatsanwaltschaft, Amon zum Beschuldigten in der Causa eines Druckkostenbeitrags zu machen, ihre Wirkung erzielt.
Gerade dieser Vorfall muss eine weitere Lehre sein: Auch dort, wo – beziehungsweise auch dann, wenn Österreich unabhängige Untersuchungskommissionen braucht, können und dürfen diese nicht von Parteipolitikern getragen werden. Vielmehr sollten sie von völlig unabhängigen (am besten schon im Ruhestand befindlichen) Richtern geleitet werden. So wie das in Großbritannien immer wieder mit wegweisenden Ergebnissen der Fall ist. So wie auch die Seltsamkeiten im Fall Kampusch durch den ausnahmsweisen Zufall einer ministeriellen Kommission mit großen Richterpersönlichkeiten an der Spitze aufgedeckt worden sind.
Der Zweck solcher richterlicher Kommissionen sollte erstens die Kontrolle der Strafverfolger sein, die sich ja immer zum Staat im Staat stilisieren; zweitens die Kontrolle aller wichtigen Verwaltungsbereiche; und drittens die Untersuchung schwieriger Fragenkomplexe zur Erstellung konkreter Gesetzesvorschläge.
Solche Kommissionen werden aber wohl nie geschaffen werden. Die parlamentarischen Parteipolitiker werden sicher nicht mehr bereit sein, ihr liebstes Spielzeug, also den Schmutzkübel, herzugeben. Und auch die Medien werden sich sicher nicht den voyeuristischen Spaß an den Schmutzschlachten verderben lassen.
Aber wie gesagt: Das alles weiß man seit langem. Daher hätte man nie einen solchen Ausschluss beschließen dürfen. Wer aber erst jetzt draufkommt und nun plötzlich den Ausschuss abdrehen will, der stempelt sich selbst zum Hauptübeltäter. Wie es derzeit Schwarz und zum Teil auch Rot nun tun. Die damit als politische Strategen supernackt dastehen.
PS.: In diesem Beitrag geht es – auch – um den schweren Verdacht gravierender Verbrechen insbesondere von Sozialdemokraten. Umso ärgerlicher ist es, wenn in den letzten Tagen Medien und Politiker anderer Parteien wieder einmal eine Lächerlichkeit in den Vordergrund rücken, diesmal rund um die Ministerin Bures. Denn nichts anderes als eine Lächerlichkeit und kein Skandal ist es, wenn ein Transport der Bures-Tochter im Dienstauto der Ministerin zum zentralen Thema wird. Dabei wird den Ministern ohnedies ein monatliches Pauschale für die Privatnutzung ihres Dienstfahrzeugs abgezogen wird. Aber so ist Österreich halt allzu oft: kleinlich und kleinkariert.
Wer die ganze Woche lang glauben mochte, das Tagebuch fände nur in Österreich Dummheiten oder auch Lobenswertes, der wird heute wieder mit der Außenwelt konfrontiert. Denn auf Dummheiten stößt man beispielsweise auch in internationalen Organisationen oder in Deutschland. Dort gab es in den letzten Tagen aber auch Mutiges, Kluges und Lobenswertes zu beobachten. Alles verblasst aber hinter der großen Sorge um Europa.
Den Spitzenplatz an Dummheit hat diese Woche die OSZE errungen. Lobte sie doch tatsächlich die russische Ankündigung, einen neuen staatlichen Fernsehsender schaffen zu wollen. Dies wäre eine „Stärkung der Demokratie“. Na dann, noch ein paar solche Sender und Russland ist endgültig demokratisch! Wird doch der Intendant des so gelobten Senders von einem gewissen Wladimir Putin ernannt. Und hat doch dessen Vorgänger Dimitri Medwedew schon versichert, dass der staatlich Einfluss auf den Sender nicht „exzessiv“ sein muss (wohl ungefähr so, wie der des Werner Faymann auf den ORF, der in seiner Großzügigkeit beispielsweise dem Sport völlig freie Hand lässt). Was soll man sich da noch sorgen?
Bald dahinter folgt die deutsche Opposition. Hat sie doch vehement dagegen gekämpft, dass die deutsche Bundeswehr somalische Piraten auch an Land verfolgen darf, und sei es auch nur durch Flugzeuge (die Regierungsmehrheit hat sich zum Glück dennoch getraut, solche Landeinsätze zu beschließen). Fazit bleibt damit: Rotrotgrün will, dass sich diese Verbrecherpartien, die seit längerem auf hoher See eher vergeblich von Nato-Schiffen gesucht werden, weiterhin jederzeit in ein Leo, in einen sicheren Hafen zurückziehen können. Wo sie dann in aller Ruhe die Beute aufteilen können, wo sie dann Lösegeld für die genommenen Geiseln erpressen können. Freuen wir uns, wie human die Linke ist, die sich so herzlich um Piraten sorgt - zumindest um solche, die ihnen nicht die Stimmen wegnehmen, sondern nur Menschen entführen!
Etlichen Mut muss man dem CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder attestieren. Hat der doch den Satz zu formulieren gewagt: „Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland, und gehört somit nicht zu Deutschland.“ Womit Kauder seinem unglückseligen Parteifreund a.D. Christian Wulff frontal widersprochen hat. Kleine Rückkehr nach Österreich: Vielleicht kommt auch die ÖVP wieder drauf, dass es einer Partei gut ansteht, über Tradition und Identität nachzudenken und sich nicht vor dem üblichen, aber an den Lesern völlig vorbeigehenden Gekläff politisch korrekter Journalisten zu fürchten? Das steht vor allem jener Partei gut an, die nur überleben kann, wenn sie den großen konservativen Wählerstock hinter sich hat.
Mutig ist auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gewesen. Hat es doch gewagt, dem ständigen politmedialen Gejammere über die angeblich so große Armut nachzugehen. „Armutsgefährdet“ – was schlampige Journalisten gerne auf „arm“ verkürzen – ist nämlich nach einer recht willkürlichen Definition jeder, der weniger als 60 Prozent des (Median-)Durchschnitts verdient. Was schon an sich absurd ist: Denn selbst wenn alle Menschen über Nacht doppelt so viel verdienen sollten, würde sich die so berechnete Armuts-Zahl nicht um eine Kommastelle ändern. Aber dennoch genügt die Nennung einer hohen Zahl angeblich Armer, um uns kollektiv und ständig schlechtes Gewissen zu machen. Nun aber hat das IW nachgewiesen, dass sich unter den „Armen“ viele wirklich Reiche verbergen. Denn „arm“ sind auch die Besitzer von Immobilien oder Wertpapierschätzen, weil sie ja kein messbares Arbeitseinkommen haben. Jeder sechste Arme besitzt dieser Studie zufolge ein nennenswertes Vermögen. Was einige Fanatiker nicht hindern wird, weiterhin ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle zu fordern.
Klugheit setzt sich langsam auch bei den Aktionären durch, zumindest in Amerika: Jene der Citigroup haben nun bei der Hauptversammlung mehrheitlich die üppigen Bezüge der Vorstände abgelehnt. Diese waren angesichts eines verlustreichen Jahres provozierend hoch angesetzt. Womit sich endlich die richtigen Akteure um die Vorstandbezüge zu kümmern beginnen. Denn niemand anderer als der Aktionär ist das Opfer, wenn das Management zu hohe Bezüge bekommt. Er ist aber auch genauso das Opfer, wenn angesichts zu niedriger Bezüge nur noch die zweite Garnitur eine Unternehmensführung zu übernehmen bereit ist. Daher ist hier jeder staatliche Eingriff ein Unsinn. Sehr wohl aber muss der Staat den kleinen Aktionären zu mehr Stimmgewicht verhelfen, wenn sich ein Oldboys-Netzwerk aus Aufsichtsräten, Vorständen und Großanlegern gegenseitig üppiges Geld zuzuschieben versucht.
Extrem besorgniserregend ist hingegen das, was sich seit einigen Tagen an den internationalen Finanzmärkten abspielt. Dort hat eine Reihe internationaler Staatsfonds (über die etwa China oder die Golfländer das viele durch Exporte erwirtschaftete Geld wieder anlegen) und Hedge Fonds Europa offenbar endgültig den Rücken zugewendet. Sie wollen in diesem Kontinent auf etliche Zeit kaum noch Anleihen kaufen. Sie haben ihre Gelder besonders aus Spanien im Expresstempo abgezogen. Lediglich Deutschland ist ihnen noch voll vertrauenswürdig. Irgendwie seltsam: Was haben die Europäer doch noch vor kurzem moralistisch über die spekulativen Hedge Fonds geschimpft! Welch strenge Vorschriften haben sie doch hochmütig den Staatsfonds der Schwellenländer zu machen versucht, wo diese anlegen dürfen und wo nicht! Jetzt legt man all diesen Fonds den roten Teppich aus, und doch will keiner mehr über diesen gehen.