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Der kleine Unterschied: Wie Schwarz und Blau auf Kärnten reagieren

 Bei allem, was man heute zu Recht an Kritischem, auch Bösem über Jörg Haider sagen kann und muss: Mit der nun versuchten Geschichtsdarstellung darf man H.C.Strache nicht durchkommen lassen.Er und viele andere – insbesondere Kärntner – Freiheitliche haben einst FPÖ-intern ganz sicher nicht deshalb geputscht, weil sie Haidersche Korruptionsakte entdeckt oder sich darüber empört haben. Der Grund war ganz eindeutig ein ganz anderer: Sie haben  den staatstragend-unpopulistischen Kurs der damaligen Regierungsverantwortung nicht mehr ertragen. Vom Kauf von Abfangjägern angefangen bis zur Pensionssanierung zeigte das dritte Lager zumindest damals, dass es eigentlich die bequeme Oppositionsrolle des ständigen Nein-Sagens viel lieber hat als die notwendigen Begleiterscheinungen des Regierens. Dabei hatte sich das Team von Susanne Riess-Passer dieser Aufgabe trotz militanter Anfeindungen anfangs ja mit eindrucksvollem Erfolg gestellt.

Diese innere Verweigerung ist eine große Tragödie für Österreich. Daran trägt natürlich auch das ständige lächerliche Nazi-Geschrei von Medien und politischen Konkurrenten in Hinblick auf die FPÖ eine Mitschuld. Es ist jedenfalls ganz objektiv gesehen extrem destruktiv, wenn eine politische Machtstruktur durch den fremd- wie selbstverursachten Ausschluss eines Lagers nicht dem normalen demokratischen Wechsel ausgesetzt ist.

Tatsache ist, dass auch Haider selbst nicht sehr glücklich über die Auswirkungen der von ihm gewählten Regierungsbeteiligung auf die FPÖ war. Er zeigte sich in jenen Jahren als Inbegriff eines politisch Zerrissenen. Während Riess regieren wollte, Strache und die Kärntner opponieren, war Haider einmal so und einmal so gelaunt.

Aber Tatsache bleibt ebenso auch: Von Erregung über Korruption – oder auch nur von Wissen um einschlägige Vorfälle rund um die Herrn Meischberger bis Scheuch – war nie die Rede. Weder in Knittelfeld noch dann bei der eigentlichen Parteispaltung.

Strache versucht halt jetzt dennoch diesen Eindruck zu erwecken. Wenn die Linke ständig die Geschichtsschreibung manipuliert, so wird’s die Rechte ja auch noch dürfen.

Völlig recht hat der FPÖ-Chef hingegen mit seinen vom ORF kontinuierlich abgedrehten und von den Medien zu Tode ignorierten Hinweisen auf die Straffälle Faymann, Schmied und Ostermayer. Niemand kann mit objektiven Maßstäben erklären, weshalb ständig als Folge von Straferhebungen nach Neuwahlen in Kärnten gerufen wird, während die mindestens ebenso gravierenden Erhebungen  auf Bundesebene als irrelevant behandelt werden.

Doch die Menschen spüren diese Ungleichbehandlung. Daher dürfte auch diese Affäre letztlich den Freiheitlichen nur marginal schaden. Wenn die anderen so überziehen, so unterschiedliches Maß anwenden, werden sich die Blauen bald wieder als Medienopfer gerieren können.

Die Kärntner ÖVP zeigt hingegen, wie fromm sie ist: Ständige kollektive Selbstzerknirschungen, öffentliche Beichten und Schuldbekenntnisse wegen der Nehmerqualitäten des Herrn Martinz sind wohl nur durch eine sehr starke katholische Prägung zu erklären. Besonders der Ruf nach sofortigen Neuwahlen zeigt einen ausgeprägten Hang zur Selbstbestrafung, ohne dass dahinter auch nur das geringste parteitaktische Kalkül zu erkennen wäre. Denn derzeit würde die ÖVP in Kärnten mit Sicherheit schwer verlieren (so wie die dortigen Blauen). Dazu denkt sie sich offenbar: „Geschieht uns recht. Und je schneller und schwerer die Strafe ist, umso besser.“

Der normale politische Reflex in solchen Situationen wäre zweifellos das Gegenteil: Zeit gewinnen, nach einem Mega-Erdbeben tief durchatmen, die Partei wieder sauber aufstellen, eine inhaltliche Perspektive entwickeln, und ein wenig Gras über die Affäre wachseln lassen. Oder glaubt die ÖVP gar, dass ihr exhibitionistischer Masochismus am Ende doch von den Wählern belohnt wird? Nach dem Motto: „Drei Vaterunser“ und dann ist alles wieder gut.

Alles was ich übers politische Handwerk gelernt habe, führt freilich zu dem gegenteiligen Schluss: Die Steher- und Leugner-Qualitäten eines Herrn Faymann oder Dörfler haben im Vergleich zur schwarzen Antwort zumindest im Diesseits viel bessere Gewinnchancen. Oder zumindest Überlebensperspektiven.

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