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Faymann – vom Boulevard freigesprochen

Es ist kein Geheimnis, dass die Wiener Staatsanwaltschaft aufgrund ihrer personellen Zusammensetzung seit Jahren besonders SPÖ-freundlich agiert. Und so war es auch keine große Überraschung, dass die Verfahren gegen Werner Faymann und seinen Staatssekretär Josef Ostermayer wegen dubioser Inseratenvergaben eingestellt wurden.

Die Genesis dieser Causa und die Fakten sind gut dokumentiert: durch Zeugenaussagen, durch Aktenvermerke und andere Dokumente (wie etwa Auftragsbestätigungen für Inserate), sowie nicht zuletzt auch durch Feststellungen des Rechnungshofs. Viele Medien haben über diese Causa ausführlich berichtet, von „Kurier“ bis zu „Profil“, zuletzt besonders detailliert Andreas Unterberger in seinem Blog. Immerhin ging es um Delikte wie Erpressung, Untreue und Missbrauch der Amtsgewalt.

In einem Land, das nicht die Banane im Wappen führt, werden derartig gravierende Vorwürfe von einem ordentlichen Gericht geklärt, um entweder zu einem Schuldspruch zu kommen oder durch einen Freispruch das Odium von den Beschuldigten zu nehmen. Der Kanzler hat es vorgezogen, auf Tauchstation zu gehen, dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss fernzubleiben und darauf zu vertrauen, dass es ohnehin zu keinem Verfahren kommen wird.

Korruptionsexperte und Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler, heute bei Transparency International tätig, meinte dazu, dass der Vorwurf des „Missbrauchs der verantwortlichen Verfügungsgewalt“ durchaus von einem unabhängigen Gericht zu untersuchen gewesen wäre. Und Hans Rauscher sieht im „Standard“ „diese Praxis an der Grenze zum Machtmissbrauch“.

Dazu kommt, dass bis dato die Begründung der Einstellung des Strafverfahrens nicht veröffentlicht wurde. Offensichtlich versucht man, noch Begründungen und Formulierungen zu finden, welche die höchst problematische Entscheidung irgendwie bemänteln sollen. Auch diese Praxis wird nicht nur von Fiedler, sondern etwa auch vom Präsidenten der Vereinigung der Österreichischen Staatsanwälte, Gerhard Jarosch, und anderen Strafrechtsexperten scharf kritisiert.

Freispruch durch den Boulevard

Nur die SPÖ und die Krawallzeitungen sind mit der Einstellung zufrieden. „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner kann sich freuen, denn die Steuergeldmillionen für sein Gratis-Blättchen werden somit wacker weiterfließen. Im Überschwang der Gefühle, nachdem „Österreich“ wochenlang zuvor schon immer wieder verkündet hatte, dass das Verfahren gegen Faymann sicherlich demnächst eingestellt werde, vergriff man sich dann am Tag der Einstellung – wie so oft – in der Wortwahl. Das Blatt meldete – mit einem grinsenden Konterfei des Bundeskanzlers – einen „Freispruch“ für Faymann. Das ist kompletter Unsinn, ein Freispruch wäre nur nach einem ordentlichen Verfahren möglich gewesen.

Eine besondere Pointe ist die Tatsache, dass am gleichen Tag der unrühmlichen Einstellung des Verfahrens gegen den Kanzler die Klagenfurter Staatsanwaltschaft vier ehemalige Repräsentanten der Kärntner Landespolitik anklagte. Die Blattmacher waren sich nicht zu dumm, beide Meldungen nebeneinander zu platzieren und damit klarzumachen: Das System Haider wird angeklagt, das System Faymann darf weitermachen. Dabei geht es in dem Kärntner Fall, in dem völlig zu Recht angeklagt wird, „nur“ um 219.000 Euro. Bei Faymann geht es seit vielen Jahren um Millionen an Steuergeldern, die für Eigenwerbung beziehungsweise Zeitungsbestechung ausgegeben wurden.

Und so sieht etwa auch der Innsbrucker Strafrechtsprofessor Klaus Schwaighofer keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle, die wohl einzig darauf zurückzuführen ist, dass eben verschiedene Staatsanwaltschaften zuständig sind.

203 Millionen verschwendet

Diese von Faymann erfundene – und inzwischen auch von anderen Regierungsstellen praktizierte – üble Praxis hat den österreichischen Staatsbürger und Steuerzahler allein in den letzten zwölf Monaten 203(!) Millionen Euro gekostet (dokumentiert von der KommAustria). Das ist alles andere als eine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, mit welchen Budgetnöten Österreich zu kämpfen hat und in welchen Bereichen „leider, leider“ Abstriche gemacht werden müssen. Für die Gefälligkeitswerbung in Massenmedien hat offensichtlich immer Geld da zu sein. Von diesen 203 Millionen Euro ging mit 55,6 Millionen Euro über ein Viertel an die vier Lieblingsmedien der SPÖ: „Krone“, „Heute“, „Österreich“ und „NEWS“.

 Regierungsinserate im Boulevard (Juli 2012 bis Juni 2013), in Millionen Euro

Krone

21,7

Heute

13,4

Österreich

12,4

News

8,1

Womit sich diese üble Praxis für die Lobhudel-Medien durchaus gelohnt hat. Ebenso haben Werner Faymann und seine SPÖ von dem Deal profitiert. Das ist sozusagen eine „Win-win-Situation“ – auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers. Schon 2011 vermutete der „Standard“ in Hinblick auf die großzügigen Inseratengeschenke des Kanzlers, dass damit wohl ein „mittelmäßiger Kommunalpolitiker zum Kanzler gekauft“ wurde.

Und das „System Faymann“ hat auch heuer wieder bestens funktioniert. Wie schon bei den vergangen Wahlen haben die Leser der drei Boulevard-Tageszeitungen, die auffallend einseitig für die SPÖ und ihre Kandidaten kampagnisiert hatten, auch diesmal unverhältnismäßig stark für die SPÖ votiert und die ÖVP überproportional „bestraft“. Bei den Lesern anderer Zeitungen war das hingegen nicht der Fall, wie das Marktforschungsinstitut GfK Austria GmbH erhoben hat.

Parteipräferenzen der österreichischen Zeitungsleser in Prozent

Nationalratswahl 2013 SPÖ ÖVP
Leser Krone

29

17

Leser Heute & Österreich

30

15

Leser anderer Tageszeitungen

19

22

Politische Verantwortung?

Der österreichische Bürger und Steuerzahler darf also ungefragt für die Eigenwerbung von Politikern blechen. Er wird zugleich um die strafrechtliche Klärung der Vorwürfe geprellt. Dann wäre immerhin noch die Frage der politischen Verantwortung anzusprechen.

Es müsste auch dem schlichtesten Gemüt zu denken geben, dass sogar die SPÖ-freundliche Staatsanwaltschaft den Beschuldigten in dieser Causa „Schutzbehauptungen“ vorgeworfen hat. Das heißt, Faymann und Ostermayer haben bei ihren Aussagen vor dem Staatsanwalt nicht die Wahrheit gesagt. Was sie auch nicht müssen, denn kein Beschuldigter ist verpflichtet, sich selber durch eine Aussage zu belasten.

Aber es ist eigentlich erschütternd, dass es in diesem Land keine Bürgergesellschaft mehr gibt, die sich empört, dass wir voraussichtlich – die Koalitionsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen – die nächsten fünf Jahre von einem Kanzler regiert werden sollen, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Dazu kommt ein ebenso belasteter Staatssekretär, der vielleicht sogar zum Minister aufsteigt. Das ist schon grundsätzlich keine sehr erbauliche Vorstellung. Angesichts vieler anderer Ärgernisse, wie etwa der widersprüchlichen Aussagen über die Existenz oder Größe des „Budgetlochs“, stellt sich immer schärfer die Frage, wie viel Unaufrichtigkeit man den Bürgern und Wählern eines Landes auf Dauer zumuten kann.

PS: Auch gegen Verkehrsministerin Doris Bures wurde ein Verfahren wegen dubioser Inseratenvergaben mittlerweile ebenso eingestellt, wie – offensichtlich um die ÖVP bei Laune zu halten – auch ein Verfahren gegen Nikolaus Berlakovich. Darüber hinaus hat die Wiener Staatsanwaltschaft mittlerweile auch das Verfahren gegen Claudia Schmied eingestellt. Sie war als Vorstandsmitglied bei der Kommunalkredit für ein Finanzdebakel von über zwei Milliarden Euro mitverantwortlich, für das nunmehr der Steuerzahler aufkommen darf; gegen andere Beteiligte wird übrigens noch ermittelt.

Offensichtlich muss die Wiener Staatsanwaltschaft Kapazitäten freimachen, um sich einer anderen wichtigen Causa zuzuwenden, denn nur kurz nach der Faymann-Einstellung wurde bekannt, dass man nunmehr mit voller Power nicht nur gegen zwei ÖVP-Politiker (Molterer und Lopatka), sondern gegen die ganze Partei vorgeht.

Auch wenn sich die Anschuldigungen gegen die ÖVP sowohl quantitativ als auch qualitativ dramatisch von den Vorwürfen gegen Faymann und Ostermayer unterscheiden, sind selbstverständlich auch diese zu untersuchen. Die Koinzidenz der beiden Ereignisse ist aber mehr als decouvrierend und unappetitlich. Dazu kommt, dass die Vorwürfe gegen Reinhold Lopatka nicht einer gewissen Skurrilität entbehren, denn dieser war im Wahlkampf 2008 nicht mehr ÖVP-Generalsekretär und somit auch nicht mehr für die ÖVP-Finanzen zuständig. Schon diese Schlamperei sagt einiges aus über die Recherchequalitäten der Wiener Staatsanwaltschaft, die offensichtlich bei der Verfolgung politischer Delikte sehr selektiv vorgeht.

Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.
Dieser Kommentar ist  in ACADEMIA 6/Dezember 2013
erschienen und wurde für diesen Blog etwas adaptiert und aktualisiert.

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