ÖBB: Nur in der Fernsehwerbung passt alles

Den gelernten Österreicher wundern solche Vorgänge wie im Kommentar von Günter Frühwirt kürzlich geschildert (http://www.andreas-unterberger.at/2012/06/die-obb-und-ihre-senioren-ij-ein-persoenlicher-erfahrungsbericht/) leider nicht. Man ist es gewohnt, dass der Betrieb in staatseigenen Firmen etwas anders verläuft.

Die ÖBB haben auch mir vergangenes Jahr gezeigt, wie sie Kunden behandeln. Auf Grund eines totalen Computerausfalls im Salzburger Hauptbahnhof musste unser Railjet Wien-Salzburg-München beim Einfahrtsignal stehen bleiben und konnte nicht einfahren. Aber den Grund für den Halt erfuhren wir erst eine dreiviertel Stunde danach. Nach einer weiteren halben Stunde fuhr der Zug plötzlich wieder Richtung Wien. Auch hier wurde uns erst beim Halt in der kleinen Station Hallwang mitgeteilt, dass für alle Passagiere, die nach Salzburg wollten, irgendwann ein Bus kommen würde.

Obwohl dort (es war inzwischen fast 23h geworden) etwa zehn Bundesbahner herumstanden, zählte niemand, wie viele Personen betroffen waren, und so kam nur ein Bus auf den unbeleuchteten Vorplatz; der Weg dorthin war auch kaum erhellt. Der Bus war dann gequetscht voll. Wir sind letztendlich mit über 2 Stunden Verspätung vor dem Bahnhof ausgestiegen. Da die ÖBB für solche Fälle eine Entschädigung anbieten, habe ich das per Internet eingereicht. Es dauerte einen Monat bis die Bestätigung kam, dass mein Anspruch gerechtfertigt ist und nochmals über einen Monat, bis die paar Euro auf meinem Konto landeten.

Die armen Passagiere, die nach München wollten, kamen statt gegen 1/2 11h Nachts erst gegen 1h früh an. Wer da noch weiterfahren musste hatte ziemliches Pech. Ob es dafür auch eine extra Wiedergutmachung durch die ÖBB gibt kann ich nicht sagen.

Der Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes bedingte große Änderungen in Bahnsteigen und Zugängen. Die wenigen Fremden, die nach Salzburg mit dem Zug kommen und wieder wegfahren, aber auch immer wieder die Pendler, standen da sicher oft vor gewaltigen Fragen. Plötzlich aber sah man viele ÖBB-Berater am Bahnhof. Was war geschehen?

Des Rätsels Lösung hei?t „WestBahn"! Eine unliebsame Konkurrenz mit freundlichen Zugbegleitern, angenehmen Waggons, fortlaufenden Durchsagen und nur 15 Minuten längerer Fahrzeit (Salzburg - Wien) trotz viel mehr Halten als der rasende Railjet (für dessen Namen wir bekanntlich viel Steuergeld an einen Lobbyisten unter durchaus seltsamen Umständen zahlen mussten).

Die Verantwortlichen der ÖBB, die sich schon redlich bemühten, die vom Design her schrecklichen Kartenautomaten ja nicht übersichtlich und bedienfreundlich zu gestalten, dürften sich seither, leider vergeblich, den Kopf zerbrechen, wieso diese Konkurrenz die Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis ausgeben kann – noch dazu auch ohne Vorteilscard zum ÖBB-Vorteilspreis!

Aber das bedrohlich Arge sind die Milliardenschulden, die die ÖBB anhäufte und noch zu Lasten unserer Enkel anhäufen wird! Wer mehr zu den Schulden und Tunnelbauten erfahren will, sollte das jüngst erschienene Buch von H.Godeysen „Österreichs Bundes Bahnen – schwarze Löcher, rote Zahlen" lesen. Aber Vorsicht: Dazu braucht man als Steuerzahler starke Nerven! Brandaktuell durch die jüngste Gesinnungsänderung des NÖ-Landeshauptmannes in punkto Semmeringbasistunnel (der durch Steigungen und Kurven ein Unikum zu werden droht), den die Tunnelbaulobby ebenso wie den Brennerbasistunnel, unterstützt von der zuständigen Frau Ministerin, mit gro?em Medienaufwand forciert.

Dipl.-Ing. Erich Ganspöck, Jahrgang 1947. Sein Vater war bis zu seiner Pensionierung lange Jahre leitender Beamter in der seinerzeitigen Maschinendirektion; er hat daher eine enge Beziehung zur Bahn. Die letzten 22 Arbeitsjahre unterrichtete er an der HTL in Salzburg Elektronik und Nachrichtentechnik.

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