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Wahlkampfschlager des Jahres: Leistbares Wohnen

Nach dem aus ihrer Sicht erfolgreichen Probegalopp anlässlich der Volksbefragung zur Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und der gelungenen Verteidigung der absoluten Mehrheit in ihrem Kernland Niederösterreich, wittern die Schwarzen Morgenluft. Auf dass die entstandene Dynamik nicht nachlasse, schicken sie sich eben an, die Sozialisten links zu überholen – was insofern gar keine leichte Übung ist, weil zwischen diese und die linke Leitschiene kaum ein Blatt Papier passt. Alle Regeln der Rosstäuscherei beachtend, die in demokratischen Wohlfahrtsstaaten die Basis einer erfolgreichen Wahlschlacht bilden, haben sie füglich das Thema „leistbares Wohnen“ zum Schwerpunkt ihrer Propaganda erkoren.

Die ÖVP will nicht länger als Lakai von Plutokraten und Zinsgeiern gelten, sondern als Kämpfer für die – wesentlich zahlreicheren – Herbergssucher. Dass, die Zugkraft der Angelegenheit erkennend, alle ihre politischen Wettbewerber umgehend auf denselben Zug aufgesprungen sind, verheißt nichts Gutes – vor allem nicht für den Wohnungsmarkt.

Denn keine der wahlwerbenden Parteien stellt sich der alles entscheidenden Frage, wie es überhaupt zu einem Mangel an Wohnraum – insbesondere einem Minderangebot an Mietwohnungen – kommen konnte. Von einem Mangel an billigen Kleinwagen, preiswerter Bekleidung oder günstigen Lebensmitteln jedenfalls wurde in der Alpenrepublik bislang nichts bekannt. Weshalb also ist gerade „leistbarer“ Wohnraum gesuchte Mangelware? Sind Investoren und Bauunternehmer kollektiv meschugge geworden, dass sie ein so wichtiges Geschäftsfeld einfach brach liegen lassen? Weshalb kommt denn so gut wie kein Investor mehr auf die Idee, Mietshäuser zu errichten?

Nach der Antwort auf diese Frage braucht man nicht lange zu suchen. Schriebe der Gesetzgeber etwa den Herstellern von PKW vor, mit welcher Ausstattung und unter welchen Bedingungen sie ihre Produkte zu fertigen – und dann unter dem Marktpreis zu verkaufen hätten – würde kein Mensch sich darüber wundern, dass sie diese unrentable Produktlinie aufgeben und sich anderen Geschäftsfeldern – also zum Beispiel dem Bau von LKW – zuwenden würden. Denn dass vom Draufzahlen keiner leben kann, leuchtet ein – außer der Politikerzunft und der tiefroten Mietervereinigung. Dass die grüne Steigbügelhalterin des roten Stadtvogts von Wien kürzlich eine gesetzliche Mietzinsobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter gefordert hat (eine Enteignungsphantasie, die keineswegs das Ende der Fahnenstange markieren muss!) sagt alles. Nur Kretins und Masochisten werden unter diesen Umständen noch Mietwohnraum errichten!

Dass im Bereich des Wohnbaus das geschehen ist, was weiter oben als Fiktion für den Bereich der Kraftfahrzeugindustrie beschrieben wurde, fällt offenbar niemandem auf. Anstatt sich mit dem Bau von Wohnhäusern auf ein Terrain zu begeben, auf dem sie nahezu allmächtigen Mietern ausgeliefert sind und ihr Eigentum (das seinen Namen ja nur dann verdient, wenn damit die absolute Verfügungsgewalt seines Herrn verbunden ist) faktisch aufgeben, haben sich Investoren und Bauträger auf die Errichtung von Büro- und Gewerbeflächen verlegt. Daran herrscht folglich auch keinerlei Mangel. Dass die Ursache des Fehlbestands an Mietwohnungen allein im geltenden Mietrecht zu suchen ist, wird dadurch unterstrichen, dass sich zeitgleich der Markt für Eigentumswohnungen völlig intakt präsentiert.

Wäre also einer der Wahlkämpfer tatsächlich daran interessiert, das Angebot an Mietwohnungen zu erhöhen, brauchte der Gesetzgeber nur Bedingungen herzustellen, wie sie auf anderen Märkten (etwa denen für Nahrung und Bekleidung) herrschen und die einseitige Parteinahme für die Mieterseite aufzugeben. Nur steigende Mieten und Rechtssicherheit für die Vermieterseite können den Wohnbau beflügeln, während Mietzinsbegrenzungen und Verkehrsbeschränkungen das genaue Gegenteil bewirken. Dass daran in einem voll entwickelten Wohlfahrtsstaat nicht zu denken ist, liegt indes auf der Hand. Ein Wahlkämpfer, der eine Liberalisierung der Mietgesetzgebung fordern würde, sähe sich von seinen politischen Mitbewerbern umgehend als gewissenloser Handlanger entmenschter Blutsauger denunziert.

Eine kleine Anmerkung zum Begriff „leistbar“. Was, in aller Welt, soll das bedeuten? Was bitte ist mit „leistbar“ gemeint – wo und für wen? Geht es um Dachterrassen-Appartements in Cottagelage oder um Parterrewohnungen im Glasscherbenviertel? Ist die Rede von alleinerziehenden Hilfsarbeiterinnen mit vier Kindern oder geht es um alleinstehende und kinderlose CEOs börsennotierter Unternehmen? Nichts Genaues weiß man nicht! „Leistbares Wohnen“ ist – und zwar mit voller Absicht – ein derart schwammiger Begriff, dass er allenfalls dazu taugt, zusammen mit seinen Gegnern ein Hornberger Schießen darum zu veranstalten.

Dass die Sozialisten, die als neoabsolutistische Herrscher Wiens über rund 200.000 kommunale Mietwohnungen gebieten (und damit der größte Hausherr der Alten Welt sind), eine Ausweitung des Wohnungseigentums fürchten müssen, wie der Teufel das Weihwasser, ist klar. Eine verlässlichere Machtbasis als Hunderttausende von ihrer Gunst abhängende Mieter ist schließlich kaum vorstellbar. Denn wenn die Genossen eines wissen, dann das: Eigentum macht frei. Und freie Bürger sind das Letzte, was die Roten wollen…

Am Ende, das vorauszusehen braucht es am nördlichen Balkan nicht allzu viel Phantasie, wird eine Neuordnung der Wohnbauförderung ebenso stehen, wie eine verstärkte Wohnbautätigkeit durch die öffentliche Hand – Korruption, Parteienwillkür und Freunderlwirtschaft zum Schaden des Steuerzahlers inklusive. Viel Neues unter der Sonne sollte sich der geneigte Bobachter in der bevorstehenden „heißen Phase“ des Wahlkampfes also nicht erwarten – jedenfalls keine Änderung zum Guten.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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