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Die 30-Euro-Impfung auf griechische Art

Griechenland ist von der Größe her für dieses EU-Europa ein winziges Problem. Aber das Land ist ein exzellentes Paradigma für all das, was in so vielen europäischen Ländern falsch gelaufen ist.

Anstelle der üblichen Milliarden-Dimensionen ist es anschaulicher, sich in den ganz kleinen Zahlenregionen zu bewegen. Viele wundern sich etwa, warum in Griechenland ein Kaffee im Schnitt teurer ist als in einer italienischen Bar, obwohl doch die griechischen Kellner wie viele ihrer Landsleute so herzzerreißend klagen, wie schlecht es ihnen geht. Aber das mag eine Folge eines nicht funktionierenden Wettbewerbes oder von (anderswo verbotenen) Preisabsprachen sein.

Daher noch ein Beispiel aus einem sehr geregelten Umfeld: Schauen wir den Preis für das Verabreichen einer bestimmten Impfung an. Für diese bekommt ein österreichischer Arzt 7 Euro von der Sozialversicherung – ein griechischer hingegen 30 Euro. Diese Differenz erklärt eigentlich schon fast die ganze griechische Krankheit. Sehr anschaulich ist übrigens auch die Zahl der Apotheken: Bei annähernd gleicher Bevölkerungsgröße hat Griechenland zehn Mal so viele Apotheken wie Österreich.

Vor Einführung des Euros in Griechenland haben diese und einige Tausend andere griechische Seltsamkeiten die Inflation ständig angeheizt. Worauf dann beispielsweise die 30 Impf-Münzen des griechischen Arztes bald wieder nur noch genauso viel wert waren wie die 7 des Österreichers.

Der Euro und die gigantischen Hilfsaktionen der europäischen Steuerzahler haben aber dazu geführt, dass die Mehrzahl der Griechen glaubt, sie können beides haben: Die Kaufkraft des Euro einerseits und andererseits jemanden, der ihnen ständig genug Euro schickt. Das gleicht dem Glauben, zugleich abnehmen zu können und doch alles ungehemmt fressen zu können, was Mitteleuropas Küche an kalorischen Köstlichkeiten bietet. Nun gibt es in der Tat Scharlatane, die mit großem Erfolg solche Wunderdiät-Illusionen eines anstrengungsfreien Abnehmens wachrufen. Mit ähnlich großem Erfolg hat auch eine Reihe griechischer Parteien die Quadratur des Euro-Schulden-Kreises versprochen. Diese Schulden-Scharlatane haben sogar einen Beweis: die letzten zwei Jahre, als die EU-Partner diese Quadratur tatsächlich finanziert haben.

Ergebnis: Der Chef des österreichischen Staatsschuldenausschusses verkündet trocken, dass wir (im Gegensatz zu den Ankündigungen der Politik) die an Griechenland verborgten Milliarden niemals wiedersehen werden.

Wann wird Europa endlich einsehen, dass man nicht jemanden zum vernünftigen Haushalten (=Sparen+wettbewerbsfördernde Reformen) bringen kann, solange der auch nur einen Rest Hoffnung auf einen Big spender haben kann? Und die Vernunft wird schon gar nicht einkehren, solange etwa die deutschen Sozialdemokraten sagen, man sollte doch den Griechen noch viel mehr Geld borgen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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