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Die nächste Katastrophe lässt sogar den ESM als Bagatelle erscheinen

Manches Mal muss einem wirklich die Zornesader platzen. Und man braucht alle Zurückhaltung, um nicht in Kraftausdrücke zu verfallen oder zum Amokläufer zu werden. Denn der extrem riskante ESM ist nicht einmal noch in Kraft getreten, schon wird von starken Kräften die Forderung nach einem europäischen Schuldentilgungsfonds erhoben. Mit dem trostreichen Zusatz: Dieser solle ohnedies nur für die 60 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung übersteigenden Staatsschulden gelten. Was nicht verbergen kann, dass damit die endgültige Katastrophe eingeläutet wird. Und wer findet sich unter den Fordernden? Natürlich ein gewisser Werner Faymann.

Das muss man sich absolut auf der Zunge zergehen lassen: Ein amtierender österreichischer Bundeskanzler spricht sich dafür aus, dass die Republik eine kollektive Haftung für 2,6 Billionen Euro übernimmt, genau: für völlig unvorstellbare 2659 Milliarden! Ach ja, im Gegenzug würde auch Österreich Schulden in diesen Fonds einbringen: nämlich genau 37 Milliarden. Ein wirklich tolles Geschäft, das der Bundeskanzler dieser Republik vorschlägt.

Und er wird nicht entmündigt oder zumindest abgesetzt.

Im Vergleich zu diesem Wahnsinnsprojekt geht es beim vielumstrittenen ESM nämlich noch um fast – fast! – überschaubare Beträge. Außerdem ist beim ESM die Haftung zumindest prinzipiell noch auf die einzelnen Länder aufgeteilt. Beim nun geforderten Schuldentilgungsfonds haftet hingegen jeder für alles!

Nun, man muss Faymann zugute halten, dass er mit seiner Haltung nicht alleine steht. Fast alle Sozialisten und Grünen Europas sind dafür, und erstaunlicherweise auch etliche Liberale. Da die ÖVP schweigt und Blau/Orange noch gar nicht begriffen haben, dass hinter dem ESM ein noch viel ärgeres Projekt in den europäischen Pipelines steckt, sind wieder einmal Angela Merkel und Europas Mutige Zwei (also die Niederlande und Finnland) die einzigen, die noch Hoffnung geben, dass der Wahnsinn nicht Wirklichkeit wird.

Angesichts der wachsenden Erpressungsmacht von Rot-Grün im deutschen Bundesrat, der Länderkammer, und angesichts von Merkels Angst, nur ja nicht als antieuropäisch dazustehen, ist zu befürchten, dass sie in ein paar Monaten auch gegenüber diesem Projekt nachgibt. Wie immer: um des lieben Friedens willen.

Fast amüsant ist ja derzeit, wie die Haupttäter aus den romanischen Ländern, die Merkel beim letzten Gipfel nächtens so brutal weitere Konzessionen entlockt haben, der deutschen Kanzlerin nun wieder mit Papagallo-Charme schöntun. Eigentlich hätte man nie geglaubt, dass das bei der so nüchtern wirkenden Frau wirkt.

Die europäischen Sozialisten tun nun so, als ob dieser Schuldentilgungsfonds ohnedies nur ein Kompromiss gegenüber der zuletzt so laut diskutierten Eurobonds-Idee sei. Dass man ihnen also geradezu dankbar sein müsse, dass sie die Eurobonds-Ideen durch diese Fonds-Idee ersetzt hätten.

In Wahrheit aber wären Eurobonds noch geradezu harmlos gegen diese Schuldentilgungsfonds. Bei Eurobonds würde es nämlich nur um die Haftung für neuaufzulegende Anleihen gehen. Beim Fonds würden hingegen sofort alle alten, die 60 Prozent BIP übersteigenden Schulden vergemeinschaftet werden! Italien könnte dann 949 Milliarden in diesen von uns allen zu tragenden 2659-Milliarden Rucksack füllen und wäre so der größte Profiteur.

Die relativ größten Draufzahler wären gar nicht die Deutschen. Die haben ja selber schon ganz ordentlich viele Schulden auf dem Buckel und wären als größtes EU-Land sogar zweitgrößter Einbringer von Schulden in diesen Rucksack. Das wirkliche Opfer wären kleine Länder wie Finnland, Slowenien, die Slowakei oder Estland. Deren Staatsschulden liegen nämlich unter der 60 Prozent-Grenze. Diese Länder würden damit gar keine Schulden in den gemeinsamen Topf einbringen und nur draufzahlen. In den Augen der Sozialisten sind das aber offenbar superreiche Ostländer. Und von denen kann man doch verlangen, dass sie jetzt in eine solche Solidarhaftung eintreten.

Womit sich ja zugleich auch die Perversion der ganzen Schuldentilgungsfonds-Logik zeigt: Es wird von den Sparsamen und Armen zu den Ländern des Dolce far niente umverteilt. Sozialismus auf europäisch halt. Beschämend ist aber auch, dass sich dieser Tage auch die europäische Bischofskonferenz für solche „Solidarität“ ausgesprochen hat. Wenn sie wenigstens schweigen würden, wenn sie schon nichts davon verstehen . . .

Das Allerschlimmste an ihrer Idee begreifen die Faymanns und Van Rompuys Europas wohl nicht einmal: Das sind nämlich die automatischen Vorwirkung dieser Idee, seit sie so konkret geäußert worden ist. Denn damit entsteht nun für jede der Schuldner-Regierungen Europas ein klarer Nutzen, schnell noch mehr Schulden zu machen. Diese werden ja dann eh im gemeinsamen Topf der „gemeinsamen Schuldenbewirtschaftung“ verrührt werden! Von dieser Idee profitiert man umso mehr, je mehr man gesündigt hat. Die Lehre: Sparen lohnt nicht, sondern schadet. Also auf Teufel komm raus noch einmal Geld ausgeben. Denn am Schluss wird man ja als Folge der Schuldengeilheit der Linken und der Schwäche der deutschen Regierung ohnedies wieder gerettet.

Jahrtzehntelang haben die nach dem Krieg Geborenen ihre Eltern vorwurfsvoll gefragt, warum sie das Hitlersche Unheil nicht gesehen haben, obwohl es sich doch so deutlich angekündigt hatte. Heute glauben wir, dass sich solches Unheil nicht mehr wiederholen kann, haben wir doch das Hakenkreuz verboten. Dabei steuern wir in ein ähnlich großes, wenn auch hakenkreuzfreies Unheil. Und fügen uns wehrlos darein. Und sind offenbar genauso hilfslos wie unsere Väter und Großväter. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie erspart der Menschheit offenbar nie Katastrophen.

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