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Spar, das FBI und Rechtsbedrohungs-Behörden

Das Tagebuch ist weder Peter Pilz noch der Falter noch News. Es hält nicht jeden Vorwurf irgendwie automatisch für wahr. Und das ist durchaus ernsthafter gemeint als die häufige süffisante Floskel von der Unschuldsvermutung (die rechtlich übrigens völlig bedeutungslos ist). Aber dennoch kein Zweifel: Der Vorwurf von Spar gegen die Bundeswettbewerbsbehörde und das Bundeskriminalamt ist so gravierend, dass er zum skandalösesten Kriminalfall der österreichischen Behörden werden könnte. Und was die Sache noch bedenklicher macht: Im Grunde wurde ja auch der zugrundeliegende Sachverhalt schon eingestanden.

Die Kriminalbeamten haben bei sogenannten Hausdurchsuchungen laut Spar eine geheime Spionagesoftware des FBI in die Computer der durchsuchten Firma implantiert, die in Österreich nur bei schweren Blutverbrechen und da nur unter genauester Kontrolle von Richtern und Rechtsschutzbeauftragten eingesetzt werden darf. Die schnoddrige Antwort der Behörden, dass das ja nur eine Routinesoftware wäre, macht die Sache noch viel schlimmer: Es ist offenbar schon Routine der Behörden, mit FBI-Technologien in privaten Computern herumzuspionieren. Aber keine der offenbar hundertfach so durchsuchten Firmen hat von solchen seltsamen „Routinen“ gewusst.

Das heißt, die Republik tut das als Routine ab, was man bisher nur bei Geheimdiensten der Großmächte im Kampf gegen Terrorismus eingesetzt geglaubt hat. Zumindest die Computertechniker von Spar, die das entdeckt haben, legen ziemlich schlüssig dar, dass diese Spionageviren auch schweren wirtschaftlichen Schaden im Computersystem anrichten können.

Das alles geschieht wegen der von der Arbeiterkammer seit Jahr und Tag angeheizten Jagd auf vermutete Kartelle, also aauf angebliche Preisabsprachen in Handel und Industrie. Die Arbeiterkammer glaubt ja, dass Preissteigerungen durch Absprachen entstehen. Und nicht primär als Folge von Lohnerhöhungen, Steuern, Rohstoffverknappungen, Energieverteuerungen (derzeit vor allem wegen der hohen Kosten von Alternativenergien), Gelddruckaktionen der Notenbanken und Erhöhungen von Gebühren (nicht nur, aber insbesondere auch im rot-grünen Wien).

Nun, es gab und gibt gewiss da und dort solche Absprachen. Aber die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass jede Absprache, sobald sie wirklich spürbar wurde, in jedem freien Markt am Ende von einzelnen Konkurrenten umgangen wurde, die dann immer anfangen, ihre Produkte billiger anzubieten.

Aber selbst, wenn man an die große Macht von Kartellen und Monopolen glaubt: Gerade die Arbeiterkammer, die das Thema immer so betont und die deswegen die Kartellbehörde vor sich herpeitscht, schweigt völlig, wenn Kartelle und Monopole ihr nahestehen.

Etwa zu den ÖBB. Die ÖBB sind bekanntlich erst dann – da aber gleich dramatisch – billiger geworden, als sie Konkurrenz bekommen haben: durch Billigflieger im Städteverkehr; und durch die private „Westbahn“ auf der Strecke Wien-Salzburg. Aber das kartellartige Monopol ÖBB hat weder die Wettbewerbsbehörde noch die Arbeiterkammer jemals bewegt.

Ebenso ignoriert wird das klassische Kartell namens „Gewerkschaft“. Diese ist ebenfalls ein Zusammenschluss, um Preise (auch Löhne sind ja nichts anderes als Preise) hochzuhalten und höherzutreiben. Zum Schaden all jener, denen dadurch kein Arbeitsplatz mehr angeboten werden kann, weil die Gewerkschaft den Preis zu teuer gemacht hat.

Aber auch wenn man die Frage „Kartell“ in altsozialistischer Weise anders sieht, so sollte doch Einigkeit bestehen: Es darf bei deren Verhinderung niemals zum Einsatz von Waffen kommen, die maximal im Krieg gegen den blutigen Terror legitim sind. Es kann niemals durch Behörden zur Umgehung von Gesetzen und Rechtsschutzbeauftragten kommen. Und es kann niemals zu Fahndungsmethoden kommen, die selbst große Schäden verursachen können.

Es waren aber schon die bisherigen Methoden der Wettbewerbs- und Kriminalbehörden problematisch, Firmen durch die öffentliche Bekanntgabe von Hausdurchsuchungen ohne jede Verurteilung an den Pranger zu stellen. Noch immer sollte in einem Rechtsstaat bis zu einer Verurteilung die Unschuld gelten.

Aber diese Behörden agieren so, dass immer mehr Firmen rasch und schnell freiwillig auf dem Vergleichsweg ein Schutzgeld zahlen, um nicht weiterhin geschäftsschädigend am Pranger stehen zu müssen, wie es Spar nun schon mehrmals passiert ist. Umso erfreulicher und wichtiger ist, dass sich endlich einmal ein Unternehmen gegen angebliche Rechtsschutz-Institutionen wehrt. Die im Grund zu Rechtsbedrohungs-Institutionen zu werden beginnen.

Man kann jetzt nur hoffen, dass objektivere Strafverfolger als die Wiener Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft den Fall zur Bearbeitung bekommen. Auf offene Schuldeingeständnisse und Rücktritte im Bundeskriminalamt oder bei der Wettbewerbsbehörde zu hoffen, wäre ohnedies viel zu naiv.

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