Lebensmittelpreise ausgewählter EU-Staaten sowie der Schweiz im Vergleich sowie Rang in der EU

Quelle: Eurostat, derstandard.at
weiterlesen leider nur für Partner

Quelle: Eurostat, derstandard.at
weiterlesen leider nur für Partner
80 Prozent mehr Arbeitsstunden als im Jahr davor hat die Erste Bank 2014 für Berichte, Meldungen und Auskunftswünsche der zahllos gewordenen Aufsichtsbehörden aufwenden müssen. Ähnliches hört man aus anderen Unternehmen. Schon in den Jahren davor war der Griff der Aufseher und Regulatoren immer würgender geworden. Was auch immer man von den Banken hält: Keine einzige dieser Arbeitsstunden hat irgendetwas zu Produktivität oder Wirtschaftswachstum beigetragen.
Im grotesken Gegensatz dazu hat eine der beiden Regierungsparteien vor zwei Jahren eine Entfesselung der Wirtschaft versprochen. Da Österreich wie Europa aber weiterhin das genaue Gegenteil tun, darf man sich nicht wundern, dass Banken immer restriktiver bei der Kreditvergabe geworden sind, dass Österreichs Investitionslücke ständig größer wird, dass das Land wirtschaftlich immer weiter zurückfällt.
Hauptschuld trägt die Politik, die seit Krisenausbruch 2008 das für jede funktionierende Wirtschaft fundamentale Prinzip Eigenverantwortung außer Kraft gesetzt hat. Sie glaubt vielmehr: Man könne die Folgen einer populistischen Politik (die etwa in den USA massenweise Immobilienkredite an völlig zahlungsunfähige Schuldner erzwungen hat), oder eines Bankrotts von Banken, von Bundesländern (K), von EU-Staaten (G) folgenlos auffangen. Man könne durch wildes Banknotendrucken und Schuldenmachen alle Konsequenzen dieser Politik schmerzfrei ins Nirwana diffundieren.
Das ist in Wahrheit ein viel schlimmeres Verbrechen als alle falschen Unternehmerentscheidungen. Das ist ein Verbrechen an der nächsten Generation; an allen Sparern; und an dem in der menschlichen Gesellschaft immer fundamental gewesenen Prinzip des Sparens für schlechte Zeiten.
Diese Politik fördert natürlich erst recht wieder das Spekulieren (siehe die Immo-Blase). Sie glaubt jedoch durch strenge Fesselungen nicht nur der Banken künftige Crashs verhindern zu können. Naiv.
Sie hat noch immer nicht begriffen, dass sie selbst der schlimmste Krisenverursacher ist. In Deutschland wie in Österreich waren die schlimmsten Crashs die von staatlichen Banken.
Die Politik sollte den Satz des Wirtschaftsprüfers Erich Kandler beherzigen, der als erster im Hypo-U-Ausschuss eine ehrliche und breite Analyse der Ursachen versucht hat. Diese gipfelte in der Forderung nach einer „Begrenzung der politischen Allmacht“. Und in dem Satz: „Der Staat und seine politischen Repräsentanten sollen sich in Zukunft bitte aus dem allgemeinen Wirtschaftsleben und besonders bei Banken heraushalten.“
Es geschieht aber das Gegenteil. Das reicht von der europäischen und österreichischen Bürokratie-, Regelungs- und Kontrollwut bis zur Gemeinde Wien mit ihrem riesigen aus Hunderten Unternehmen bestehenden Wirtschaftsimperium. Dieses wird nicht abgebaut oder zumindest teilweise privatisiert, sondern immer mehr vergrößert (siehe etwa die Medienbranche).
Bis dann halt eine neue Hypo passiert.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Farce um Griechenlands Staatsschulden nimmt immer groteskere Züge an. Das gerissene Duo Tsipras/Varoufakis erweist sich als den Brüsseler Spitzen in taktischer Hinsicht turmhoch überlegen. Mit immer neuen Finten und einer trickreichen Doppelstrategie guter Bulle, böser Bulle (der Regierungschef mimt dabei den kooperationswilligen Reformer, während der listige Finanzminister bereits „Plan B“, den Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone, vorbereitet), schaffen sie es wieder und wieder, Zeit zu gewinnen und damit die Kosten für ihre „Partner“ immer weiter in die Höhe zu treiben.
Im Lande der Phäaken weiß man: Ein Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone könnte den Anfang vom Ende der europiden Esperantowährung bedeuten. Man weiß auch: Die Sehnsucht der EU-Nomenklatura nach einer Fortführung des längst gescheiterten Euro-Experiments ist groß genug, um dafür unbegrenzte Kosten für die europäischen Steuerzahler in Kauf zu nehmen.
Da ein Ende mit Schrecken also nicht abzusehen ist, wird das grausame Spiel weitergehen – zum Schaden der Bürger Europas, für die der südliche Balkan zum Fass ohne Boden geworden ist. Hier zeigt sich der Fluch der bösen Tat: Selbst aufgestellte Regeln (wie das Bailout-Verbot und der Ausschluss einer Staatsfinanzierung durch die EZB) unbekümmert zu brechen, führt Euroland immer tiefer in die Krise. Seine Wettbewerber in Übersee dürfen sich schadenfroh zurücklehnen und über das Finanz- und Wirtschaftsdesaster in der Alten Welt freuen.
Derweil auf gesamteuropäischer Ebene der kollektive Irrsinn täglich neue Höhe erklimmt, geht auch der politische und wirtschaftliche Niedergang Österreichs stetig weiter. Die rotschwarze Versagerkoalition sieht nicht den geringsten Handlungsbedarf und steuert demzufolge auch nicht entsprechend dagegen. Ganz im Gegenteil! Auf die zunehmende Zahl von Firmeninsolvenzen und den Umstand, dass das Investitionsniveau immer weiter absinkt, reagiert sie nicht etwa mit einer beherzten Entlastungsoffensive für die Unternehmen, sondern mit einem als „Steuerreform“ verkauften Belastungspaket zu deren Lasten. Die traurige Tatsache, dass kaum ein Regierungsmitglied je einen Tag außerhalb geschützter Werkstätten verbracht hat, manifestiert sich in einer zutiefst marktwirtschaftsfeindlichen Politik.
Besonders bitteres Detail: Der mit einer ganzen Menge Vorschusslorbeeren bedachte Finanzminister, der als einer der wenigen Bundespolitiker über betriebliche Erfahrungen verfügt, ist zum fiskalischen Großinquisitor mutiert und wird sich nach Umsetzung der „Steuerreform“ als Totengräber für viele Kleingewerbebetriebe erweisen.
Dass Österreich in allen wirtschaftsrelevanten Rankings seit Jahren ständig an Boden verliert, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die US-Bloomberg-News beurteilen Österreich gegenwärtig schon als „eine der trägsten Ökonomien Europas“. Der Chef des über die Schuldenentwicklung der Republik wachenden Fiskalrates, Bernhard Felderer, sieht Österreich – absolut zurecht – bereits als „Griechenland der Alpen“. Denn trotz gegenwärtig günstiger Begleitumstände, wie niedriger Treibstoffpreise, einem geringen Zinsniveau und – euroschwächebedingt – günstigen Exportkonditionen, kann er keine Aussichten auf einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Alpenrepublik erkennen.
Felderer ortet vielmehr eine „aggressive Haltung gegenüber den Unternehmen“ (die nicht gerade geeignet ist, die Investitionsneigung zu beflügeln) und attestiert dem Land die „Weltmeisterschaft in der Besteuerung der Bevölkerung“. In der Tat zeigt die, nach Kanzler Faymann, „größte Steuerreform der Zweiten Republik“, wohin der Hase läuft: Eine Senkung der Steuerquote ist damit nämlich nicht verbunden. Lediglich die Steuerbürden werden noch ungleicher verteilt – nämlich noch ein Stück mehr von den Minderleistern zu den Leistungsträgern.
Um die gesamte Abgabenlast zu senken, was dringend erforderlich wäre, müssen substantielle Einsparungen auf der Staatsausgabenseite vorgenommen werden. Daran allerdings denkt niemand in der Regierung. Die durch die „Steuerreform“ bedingten Ausfälle bei der Lohnsteuer sollen daher zum Großteil durch eine Mehrbelastung der Unternehmen kompensiert werden. Was für ein fataler Fehler – angesichts der durch steigende Kosten und zunehmenden Wettbewerbsdruck angespannten Lage.
Eine längst überfällige Senkung der Lohnnebenkosten, von der ein kräftiger Konjunktur- und Beschäftigungseffekt ausgehen könnte, kommt im durch und durch proletarisierten Land der Hämmer nicht in Frage. Ganz im Gegenteil werden immer neue Ideen präsentiert, mit denen die Beschäftigungskosten noch weiter in die Höhe getrieben werden.
Ein schwacher Trost, dass – siehe weiter oben im Text – die österreichische Bundesregierung keineswegs das Monopol auf Unverstand und Niedertracht hält…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Das Ja des obersten EU-Gerichtshofs zum Thema Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank war zwar schon lange befürchtet worden. Aber dennoch ist dieses Urteil in seinem blanken Zynismus zutiefst widerlich. Es hat nämlich nichts mit Recht zu tun, sondern nur mit der nationalen Herkunft der Mehrheit der Richter. Sie kommen aus Ländern, in denen man dauerhaft auf Kosten der Deutschen, Niederländer, Finnen (und bis vor kurzem auch Österreicher) sowie durch ungehemmtes Gelddrucken und Schuldenmachen leben will. Dazu kommt, dass in diesem EuGH etwa aus Österreich eine ganz weit links stehende Politikerin (Maria Berger) ohne einen einzigen Tag Erfahrung in der Justiz als „Richterin“ sitzt.
Linke – wie etwa auch jene in Griechenland – glauben ja ernsthaft, dass Geld nicht durch Arbeit, Leistung und Sparen, sondern einfach durch politischen Beschluss aus dem Nichts geschaffen werden kann.
Das EuGH-Urteil widerspricht aber nicht nur den langfristigen – und durch keinen Gerichtshof der Welt aufhebbaren – Gesetzen der Ökonomie, sondern schlicht auch jeder sprachlichen Logik. Dabei sollte diese eigentlich unverrückbare Grundlage jeder Rechtsprechung sein.
Konkretes Thema des Urteils war der Beschluss der Europäischen Zentralbank aus 2012, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Staaten aufzukaufen. Dieser Beschluss öffnet ganz eindeutig der unlimitierten Staatsfinanzierung durch die EZB Tür und Tor. Was die EZB auch noch heute im Falle Griechenlands tagtäglich mit großen Summen tut. Dabei ist der technische Kanal zwar nicht der direkte Kauf griechischer Anleihen, sondern die ständig weiterlaufende Finanzierung des schönen griechischen Lebens durch ELA-Notfallkredite und Target-Verschuldung. Diese sind einst eigentlich nur als rein verrechnungstechnische und bankpolitische Maßnahmen geschaffen worden, wurden aber von Griechenland und EZB raffiniert als weitere Kreditlinie genutzt.
Sie klingen daher auch ein wenig harmloser – in Wahrheit freilich nur deshalb, weil es so komplizierte finanztechnische Konstruktionen sind, dass kein Europäer ihre Bedeutung durchschaut. ELA- und Target-Kredite wirken sich aber im Ergebnis genauso verheerend aus wie ein Ankauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank. Sie machen zusammen nach glaubwürdigen Berechnungen inzwischen schon 179 Milliarden Euro aus!
Griechenland wird diese ebenso wenig zurückzahlen wie die rund 320 Milliarden offizieller Staatsverschuldung bei den anderen Euro-Ländern, beim IWF und bei Banken. Bei den Banken und anderen privaten Geldgebern hat Griechenland übrigens heute nur noch sehr wenig von seinen Schulden, weil diese viel vorsichtiger agieren als EZB und Staaten; und weil diese schon längst durch die EZB einen massiven „Haarschnitt“ erlitten haben.
Diese Schuldenlawine der Griechen trifft zur Gänze die Sparer und Steuerzahler in den anderen europäischen Ländern, die seit etlichen Jahren durch die EZB-Nullzinspolitik Schritt für Schritt enteignet werden.
Aber zurück zum direkten Anleihenkauf durch die EZB, also zur allerfrechsten Form der Staatsfinanzierung. Selbst dazu behauptet der EU-Gerichtshof nun trocken und im Widerspruch zu jeder Logik wörtlich: Das „verstößt nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedstaaten".
Da kann einem nur noch der Mund vor Empörung offen bleiben.
Das hat natürlich auch der deutsche Verfassungsgerichtshof ganz anders gesehen. Aber er hat – der Systematik des EU-internen „Rechts“-Systems folgend – den EuGH um eine Vorabentscheidung zu dieser Frage gebeten. Und die hat er eben nun gekommen. Jetzt werden wohl auch die Richter in Karlsruhe sich dem zähneknirrschend beugen – außer sie haben den Mut zu sagen: Damit ist die EU kein Rechtsgebilde mehr. Solcher Mut ist aber bei Richtern nicht zu erwarten.
Was auch immer Karlsruhe tut, das Faktum ist längst schon eindeutig: Die Mehrheit der Euro-Staaten tut, was sie wollen. Die rechtlichen Regelungen sind nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Es wird beinhart über jede noch so klare Bestimmung drübergefahren, wenn die politischen Interessen der Richtermehrheit nur groß genug sind, dass sich wahrscheinlich (die Abstimmungsergebnisse im Detail sind ja geheim) alle Richter nur noch nach nationalen Opportunitäten verhalten.
Jetzt werden viele Klugredner sagen, der direkte Anleihenkauf durch die EZB („Outright Monetary Transactions“) sei ohnedies nur angekündigt, aber in dieser Form nie verwirklicht worden. Überdies hätte schon diese Ankündigung für Beruhigung gesorgt.
Das sind zwei extrem lächerliche Argumente.
Denn zum einen ist es ökonomisch wie rechtlich völlig gleichgültig, ob die EZB Griechenland via Target und ELA-Kredite sowie über Anleihenkäufe auf dem sogenannten Sekundärmarkt finanziert oder über „Outright Monetary Transactions“, also den „Primärmarkt“. Überdies ist für die rechtliche Beurteilung ja völlig egal, ob es um eine Ankündigung oder um eine konkrete Realisierung geht. Gleichzeitig macht ja gerade dieses Urteil jetzt auch den Weg für diesen Staatsfinanzierungsweg frei.
Zum anderen ist es völlig klar, dass zwar in der Tat durch solche Mätzchen kurzfristige Beruhigung erkauft werden kann – dass diese aber mittel- und langfristig umso verheerendere Folgen haben.
Am meisten bestürzt aber: Noch nie ist den Europäern so klar gezeigt worden, dass Recht und Verträge egal sind, dass auch in internationalen Gerichtshöfen nur nationale Interessenvertretung erfolgt.
Massive Rechtsbeugung hat noch nie in der Geschichte ohne Katastrophen geendet.
PS.: Die erwähnte EuGH-Richterin Berger will nach ihtrer Zeit im EuGH von der SPÖ natürlich noch weiter versorgt werden. Sie giert nach glaubwürdigen Quellen in der Justiz schon auf den Posten des österreichischen Verfassungsgerichtshofpräsidenten, also des Chefs der für die SPÖ heute schon wichtigsten Ideologiedurchsetzungs-Instanz.
Ei, wie putzig. Rudolf Hundstorfer „vermisst Konjunkturimpulse aus Europa“. Jetzt ist also Europa am Zustand der österreichischen Wirtschaft schuld und an der Rekordzahl von über 395.000 Arbeitslosen. Der Sozialminister macht sich‘s da aber ein bisschen gar einfach. Denn in Wahrheit liegt die Hauptschuld an der Lage der Wirtschaft nicht in Europa, sondern in Österreich: Bei Hundstorfer selbst und seiner Reformblockade und bei vielen anderen Entscheidungen der Koalition.
Gewiss gibt es vieles an der EU zu kritisieren. Zahlreiche überregulierende und wirtschaftsfeindliche Beschlüsse der letzten 15 Jahre, mit denen die 751 EU-Abgeordneten (aber auch die Richter des EU-Gerichtshofs) ihre eigene Existenzberechtigung nachweisen wollten, waren schwere Fehler. Sie haben populistisch die EU zu einem Konsumenten-, Political-Correctness- und Ökologie-Amt umzuwandeln versucht. Sie sind ganz vom einstigen grandiosen Ziel eines Binnenmarkts abgekommen. Sie sind damit mitschuldig, dass Europa international für niemanden mehr ein Vorbild ist.
Nur an einem hat die EU mit Sicherheit keine Schuld: Daran, dass Österreich – das noch 2007 in der EU in vielem ein absoluter Spitzenreiter gewesen ist! – in allen EU-internen Vergleichen steil zurückgefallen ist; dass seine Arbeitslosenzahlen heute so hoch wie nie seit 1945 sind. Daran ist einzig und allein Österreichs Politik der letzten Jahre schuld.
Das lässt sich auch nicht mehr mit bloß einer einzigen Maßnahme (oder mit noch mehr Schulden) rückgängig machen. Das geht nur mit der Umsetzung einer langen Liste an Notwendigkeiten. Doch traut kaum noch jemand dieser Koalition die Kraft dafür zu. Freilich auch den Oppositionsparteien nicht.
Die Prognose ist pessimistisch: Erst wenn etwas Gröberes passiert ist, wird etwas passieren. Freilich wird dann die Sanierung noch viel schwieriger und schmerzhafter sein, als wenn man rechtzeitig gehandelt hätte. Das wird etwa mit der Mühsal vergleichbar sein, durch die in den letzten Jahren Irland, Portugal und Spanien gehen mussten. Oder mit dem noch viel härteren Weg, der Griechenland noch bevorsteht.
Möglicherweise aber handeln die Parteien sogar richtig – wenn auch nur in ihrer subjektiven Logik. Denn wahrscheinlich lohnen ihnen die Wähler derzeit eine mutige Sanierungspolitik wirklich nicht. Viele Menschen glauben ja noch immer, dass man mit dem Stimmzettel leistungsfreie Wohlfahrt herbeiwählen kann. Genau diesem Denken entspricht auch das jüngste, noch gar nicht umgesetzte Steuerpaket, das zwar eine Anpassung des Einkommensteuertarifs bringt, die aber zur Gänze durch eine zusätzliche Verschuldung und eine lange Liste wirtschaftsfeindlicher Maßnahmen erkauft wird. Das Land wird dadurch mit Sicherheit als Standort für die so dringend benötigten Investitionen in allen Rankings noch weiter hinunterstürzen und in der Arbeitslosenstatistik hinaufschnellen. Das ist aber offenbar noch immer allzu Vielen egal.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Entgegen aller Versprechungen vor dem EU-Beitritt hat Österreich derzeit die höchste Arbeitslosigkeit in der gesamten Zweiten Republik. In den Südstaaten der EU ist jeder zweite Jugendliche und jeder vierte Erwachsene arbeitslos.
Deshalb bezeichnet auch der bekannte Industrie- und Landwirtschaftspraktiker Prof. Heinrich Wohlmeyer (der auch Mitglied des parteiunabhängigen Personenkomitees für das EU-Austrittsvolksbegehren ist) den ehest möglichen EU-Austritt als ökonomische Notwendigkeit: „In der Handelspolitik, die wir der EU vollkommen überantwortet haben, wird das Auslagern der Produktionen begünstigt und das Bestimmungslandprinzip nicht eingefordert. Ebenso wird nicht verlangt, dass die Wechselkurse der Kaufkraftparität entsprechen“. Deshalb wurden und werden große Produktionsbereiche ins Ausland verlegt und die entsprechenden Arbeitsplätze im Inland gehen verloren.
Die EU wird immer mehr zu einem riesigen Zentralstaat. Es erfolgt eine Wandlung vom Staatenbund zum Bundesstaat – eine Umwandlung, die uns ungefragt, das heißt ohne Volksabstimmung, aufgezwungen wird. In diesem Zentralstaat haben die Völker Europas nichts mehr zu sagen. Über 80 Prozent aller Gesetze werden von „Brüssel“ und den dahinterstehenden Konzernlobbyisten vorgeschrieben. Über das bevorstehende TTIP-Abkommen & Co würden wir überhaupt vollends am Gängelband der USA hängen. Nur der EU-Austritt kann uns davor bewahren.
Nach dem Austritt Österreichs aus der EU sind wir nach wie vor Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO), in der (im Gegensatz zur EU) das Bestimmungslands-Prinzip geltend gemacht werden kann. Wir können der EFTA wieder beitreten, in der auch die Schweiz Mitglied ist, eine echte direkte Demokratie einführen, den Euro verlassen und wieder unsere eigene Währung, das heißt den Schilling, bekommen.
Oft wird versucht Ängste zu schüren, weil der Schilling könne gar nicht unsere eigene Währung sein, weil zu „klein“. Begründet wird dies mit den Worten: Der Schilling war ja an die D-Mark gebunden und nachdem es diese nicht mehr gibt, müssten wir den Schilling ohnehin entweder an den Euro koppeln oder andernfalls würde es mit Österreich wirtschaftlich massiv bergab gehen. Dass solche und ähnliche apokalyptischen Prophezeiungen unbegründet sind, beweist Schweden: Die Schweden haben ihre eigene Währung, die nicht(!) an den Euro gekoppelt ist und dieses Land steht wirtschaftlich überhaupt nicht am Abgrund, ganz im Gegenteil.
Das Schüren von Ängsten ist in der österreichischen Geschichte nichts Neues: Man erinnere sich: Vor der seinerzeitigen Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf gab es in Österreich den weithin bekannten Slogan „Ohne Zwentendorf gehen die Lichter aus“. Bekanntlich hat sich dann bei der Volksabstimmung eine knappe Mehrheit der Österreicher gegen die Inbetriebnahme dieses Atomkraftwerkes ausgesprochen (nebenbei bemerkt: Und damit weitere neun damals geplante Atomkraftwerke in Österreich verhindert). Die Lichter sind nicht ausgegangen! Dass wir mittlerweile Atomstrom importieren ist eine andere Geschichte, nämlich eine Geschichte der EU-Mitgliedschaft.
Insbesondere die Wiedererlangung der „immerwährenden Neutralität" Österreichs als Baugesetz der Republik ist eines der wichtigsten Ziele des Volksbegehrens. Das USA- und EU-hörige Mittragen von Sanktionen gegen Russland, die de facto einen Wirtschaftskrieg darstellen, ist für einen wirklich neutralen Staat völlig undenkbar. Das gleiche gilt für die Beteiligung Österreichs an einer EU-Armee, die laut jüngsten Meldungen sogar ins Parteiprogramm der ÖVP aufgenommen werden soll.
Alle Österreicher und Österreicherinnen sind herzlich eingeladen, dieses innerhalb der EU einzigartige Volksbegehren in der vom Innenministerium angesetzten Eintragungswoche von 24. Juni bis 1. Juli auf dem Gemeindeamt bzw. Stadtmagistrat zu unterschreiben!
Inge Rauscher, Bevollmächtigte des überparteilichen EU-AUSTRITTS-VOLKSBEGEHRENS (ihu@a1.net, www.volksbegehren-eu-austritt.at) ist von Beruf akademisch geprüfte Englisch-Übersetzerin.
Der neualte britische Premier hat etwas getan, was für österreichische Politiker wohl etwas Schlimmeres sein dürfte als ein Doppelmord und die gleichzeitige Verletzung der Parteidisziplin.
David Cameron hat nämlich die Aufkündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihre Ersetzung durch eine britische Konvention zur Diskussion gestellt. Er will, dass über Briten nur britische Richter urteilen können.
Cameron plant gewiss nicht die Wiedereinführung der Folter oder die Abschaffung der Meinungsfreiheit (gerade deren Schutz ist bei den Briten sogar viel länger und tiefer verankert als auf dem Kontinent). Er ist aber sehr unzufrieden mit der Judikatur des Gerichtshofs. Zu Recht.
Denn – was hierzulande kaum wer weiß, und was außer einst einmal Wolfgang Schüssel auch nie jemand nur angesprochen hat (obwohl die Straßburger Judikatur seither noch viel schlimmer geworden ist): Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist hauptschuld an der Eskalation des Asylantenansturms auf Europa.
Zur Illustration ein paar der schlimmsten Judikate:
Nach einer Fülle solcher Urteile sollte sich niemand mehr wundern, dass immer mehr Afrikaner und Asiaten nach Europa drängen. Aber auch sonst liefert der EGMR immer wieder „Schmankerl“:
Ich war sehr lange ein flammender Verfechter des Menschenrechtsgerichtshofs. Ich sehe auch heute noch einen gewissen Schutz durch ihn gegen die Knebelung der Meinungsfreiheit gerade durch die autoritätsgierige Politik in Österreich. Aber durch eine Fülle solcher Urteile hat sich diese positive Einschätzung gewandelt.
Freilich täte ich mir mit der Unterstützung der Cameron-Idee viel leichter, wenn die grundlegenden Menschenrechte auch bei uns so tief im allgemeinen und speziell im richterlichen Bewusstsein verankert wären wie in Großbritannien. Und wenn bei uns der Verfassungsgerichtshof als oberstes Organ nicht im totalen Machtdurchgriff von Rotschwarz stünde.
Damit hat man jedenfalls gleich mehrere Gründe, weshalb man sehr gern in England sein möchte.
Die Wahrscheinlichkeit eines Grexit wächst, eines Ausscheidens Griechenlands aus dem Euroraum. Die Ängste in Brüssel werden immer größer. Umso größer ist das Erstaunen, wenn man ein paar Tage lang selbst durch Griechenland reist.
Denn dort wird diese Perspektive nicht nur von allen ignoriert. Der Lokalaugenschein straft auch die vielen Berichte Lügen, die den Eindruck eines verzweifelten und darbenden Landes vermitteln.
So sieht man an einem Tag in Wien weit mehr Bettler als an drei Tagen etwa in Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt Griechenlands. Im dortigen Restaurant- und Ausgehviertel herrscht hingegen jeden Abend ein dichtes und vergnügtes Treiben. Vor keinem Bankomaten habe ich auch nur einen einzigen Menschen warten gesehen; doch die Geldautomaten waren keineswegs außer Betrieb: Jeder hat problemlos 400 Euro ausgespuckt.
Auch der Straßenverkehr ist sehr dicht, obwohl der Benzinpreis deutlich über dem österreichischen liegt. Und wenn Griechen sagen, sie seien früher viel mehr Auto gefahren, dann wundert man sich ein wenig: Wo soll denn dafür noch Platz gewesen sein?
Gewiss: In kleineren Dörfern sieht man viele verfallene Häuser und geschlossene Geschäfte. Aber das dürfte weniger eine Folge der Krise sein, sondern der Landflucht und der drittniedrigsten Geburtenrate der EU. In allen Mittelmeerländern boten Orte ohne Strand und Industrie schon lange vor der Krise ein sehr ähnliches Bild. Und in Griechenland sinkt die Einwohnerzahl, während sie ja in Österreich durch Zuwanderung massiv steigt.
Besonders auffällig ist der Eindruck eines unverändert respektablen Wohlstands der Griechen, wenn man auch Bulgarien und Mazedonien besucht. Dort ist alles sichtbar ärmer, von der Kleidung bis zu den Autos, Straßen und Häusern.
Spricht man freilich mit Griechen über die Krise, so hört man sofort immer denselben Wortschwall: Von diesem Einkommen könne man doch nicht leben! Man stößt mit Hinweisen auf völlig taube Ohren, dass in vielen osteuropäischen Ländern innerhalb und außerhalb der EU das Durchschnittseinkommen oft nicht einmal halb so hoch ist wie in Griechenland; dass die Mindestpensionen dort im Vergleich noch viel niedriger sind; und dass die griechischen Lohnkosten und das unflexible „soziale“ Arbeitsrecht nach wie vor jeden Investor abschrecken.
Die griechischen Klagen unkritisch wiedergebend haben ausländische Fernsehstationen in den letzten Jahren am Fließband Tränendrüsen-Reportagen über ein ausgepowertes und darnieder liegendes Land produziert. Dabei haben sie volle Restaurants, gut gekleidete Passanten und Bankomaten ohne Menschenschlangen stets ausgeblendet. Daher haben diese Reportagen ja auch bei mir den gewünschten Eindruck der Betroffenheit erzielt. Der angehalten hat – bis ich mir selber ein Bild von „Not und Elend“ der Griechen machen konnte.
Nun bin ich gespannt, ob es die griechische Regierung auch diesmal wieder schafft, diese Kluft zwischen Schein und Wirklichkeit in klingende Kreditmünze zu verwandeln.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Eine scheinbar uninterssante Zahl aus der Welt der Finanz ist der bisher deutlichste Wegweiser in den Untergang Österreichs: Der Kurs von Anleihen der Heta beziehungsweise der früheren Kärntner Hypo ist in den letzten Wochen deutlich gestiegen.
Nur sehr naive Menschen schließen daraus, dass sich die Lage von Heta/Hypo so deutlich verbessert hat, weil Investoren jetzt wieder bereit sind, solche Anleihen mit weit mehr als 60 Prozent zu erwerben. Das wäre ja ein tolles Zeichen. Aber in Wahrheit ist das ein ganz schlechtes Signal – für die österreichischen Steuerzahler.
Der Grund für den Kursanstieg ist ein anderer: Nach dem ersten Pilot-Prozess in Deutschland sind die Chancen der Gläubiger steil gestiegen, sogar ihr gesamtes Geld zu bekommen. Österreich hat damit zu rechnen, nicht nur das Nominale der Anleihen zurückzahlen zu müssen, sondern auch noch Hunderte Millionen für in den nächsten Jahren vergeudete Anwaltskosten – sowie extrem saftige Verzugszinsen (die in Deutschland laut Gesetz mindestens fünf volle Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz liegen).
Die Regierung in Wien weiß das natürlich, versucht es aber krampfhaft zu verschweigen. Oder sie glaubt naiverweise, die Gläubiger werden trotz der Siege vor Gericht doch noch die Nerven wegschmeißen und ihre Anleihen billig abgeben.
Das von der Wiener Bundesregierung verhängte Zahlungs-Moratorium beeindruckt deutsche und eventuell andere internationale Gerichte jedenfalls wenig. Dann unabhängig von allen ausgebrüteten Rechts-Tricks sind diese Anleihen ja mit einer Haftung des Bundeslands Kärnten versehen. Diese wird nur dann unwirksam, wenn Kärnten in Konkurs geht.
Aber sollte das passieren, ohne dass der Bund zahlend eingreift, ist wohl nicht nur Kärnten, sondern ganz Österreich von allen internationalen Finanzmärkten abgeschnitten. Der Bund, die Länder, die Gemeinden und wohl auch die Banken.
Dann wird niemand mehr einem österreichischen Kreditwerber Geld borgen. Was eine solche Lage bedeutet, sieht man seit fünf Jahren in Griechenland. Da gibt’s nur noch von der Troika Geld. Die stellt aber ganz eigene, ganz harte Bedingungen.
Wenn das passiert, gehen wohl nicht nur alle (drei bis vier) Parteien unter, die das Schlammassel verursacht haben (jahrzehntelang in Kärnten und im Dezember 2009 im Bund). Dann ist auch der gesamte Wohlfahrtsstaat zur Disposition, die Ersparnisse, die Pensionen, die Grundsicherung.
Psychologisch durchaus verständlich, dass da die betroffenen Parteien Konkursverschleppung versuchen, solange es nur irgend möglich ist. Dass sie eine Fülle von Ablenkungsmanövern inszenieren, wie etwa diverse U-Ausschüsse und deren Kleinmanöver.
Objektiv ist freilich ebenso klar: Der Gesamtschaden am Ende wird durch die Konkursverschleppung noch viel größer sein.
Völlig unklar ist hingegen, wie die Dritte Republik aussehen wird, die dann kommt. Und mit wie vielen Schmerzen und Leid der Übergang verbunden sein wird. Da wird der Untergang von ein paar Parteien noch das harmloseste Problem sein.
PS.: Wenn in einer solchen Lage die Politik, vor allem die SPÖ, noch immer von neuen Wählerbestechungen wie einem längeren Urlaub redet und weiter ständig Geld für Schwulenfestivals hinauswirft, kann das nur auf zwei Weisen erklärt werden. Dahinter steckt entweder Grenzidiotie oder krimineller Zynismus wie bei den bankrott gegangenen Unternehmern der großen, fast ein Vierteljahrhundert dauernden Depression nach 1873, die am Vorabend des Selbstmords noch ins Bordell und ins Casino gegangen sind.
7000 bis 9000 Euro haben die aufgeflogenen Schlepper am Flughafen Schwechat pro „Flüchtling“ kassiert. Verwunderlich ist nur, warum die Aufregung über ihr Treiben so groß ist.
Hat man wirklich geglaubt, dass nicht auch hierzulande viele an dem Milliarden-Geschäft mit der illegalen Migration mitschneiden? Gibt es trotz dieser hohen Beträge Österreicher, die noch immer den von NGOs verbreiteten Tränendrüsen-Schmäh glauben, dass es da um bettelarme Menschen ginge? Wundert sich irgendjemand, dass die schlecht bezahlten Sicherheitsmenschen am Flughafen so leicht als Mittäter des Menschenschmuggels gewonnen werden konnten? Begreift niemand, dass angesichts von so viel Geld pro Migrant die Vorstellung der EU völlig absurd ist, dass man durch Zerstörung von Schlepperbooten, aber bei sonstiger Beibehaltung des in den letzten Jahren extrem wuchernden Asylsystems die Völkerwanderung wirksam aufhalten könnte? Warum sieht die Politik, warum sehen die eine besonders hinterhältige Rolle spielenden „Menschenrechts“- und Verfassungsrichter nicht endlich, dass nur eine einzige Strategie die immer mehr anschwellende Völkerwanderung illegaler Migranten aufhalten kann?
Diese Strategie ist – sie wäre die australische. Dort wird jeder aufgegriffene Illegale sofort wieder außer Landes gebracht. Alles andere ist nur leeres Gerede, um den Medien Futter zu geben.
Dafür wird ein anderer Aspekt von allen Medien, Politikern und Beamten verschwiegen: Die Schwechater Schlepper machen nämlich haargenau dasselbe, was auch zahllose Italiener machen. Sie alle sorgen entgeltlich oder unentgeltlich dafür, dass Migranten möglichst rasch illegal in ein anderes Land kommen. Der einzige Unterschied: In Schwechat wird jetzt (hoffentlich) streng bestraft. In Italien hingegen wird niemand dafür bestraft, dass zahllose eigene Staatsbürger den Migranten ohne ein Asylverfahren zur Weiterreise Richtung Norden, nach Österreich, Deutschland, Schweden und die Schweiz helfen. Täglich werden etwa in über den Brenner gekommenen Zügen in Österreich oder Deutschland viele Migranten aufgegriffen; in diese Züge können sie nur mit Hilfe vieler italienischer Helfer gekommen sein.
Es ist absolut sicher, dass die italienische Exekutive gezielt wegschaut, wenn nicht sogar mithilft, dass jährlich Hunderttausende Afrikaner und Asiaten zum Asylshoppen nach Norden weiterreisen. Und zwar ohne das eigentlich von Italien verpflichtend durchzuführende Verfahren.
Und in Schwechat? Auch dort müssen Beamte beim Treiben der privaten Securities wohlwollend weggeschaut haben – oder zumindest fahrlässig desinteressiert gewesen sein.
Selbst wenn es „nur“ Schlamperei gewesen sein sollte, hätte längst ein verantwortlicher Exekutivbeamter suspendiert werden müssen. Schon um ein klares Zeichen zu setzen. Im öffentlichen Dienst wird ja bereits wegen viel lächerlicherer Vorwürfe suspendiert.
Wenn die Innenministerin da nicht rasch handelt, wird sie bald selbst mit peinlichen Fragen konfrontiert sein. Ob sie das begreift?
Bis auf den Balkan und Deutschland weht der EU und dem Euro überall ein strenger Wind entgegen. Das zeigen auch die jüngsten Wahlen. Von Polen bis Spanien wenden sich die Wähler gegen das europäische Projekt, das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch so viele Menschen begeistert hat. Die Polen und Spanier strafen dabei auch ihre eigenen Regierungen, obwohl diese innerhalb des europäischen Sammelsuriums zweifellos zu den relativ vernünftigen und erfolgreichen zählen. (Mit nachträglicher Ergänzung).
Das europäische Projekt stößt seit der großen Wirtschaftskrise – in Wahrheit schon seit den zahllosen Regulierungen und Machtanmaßungen durch Brüssel – zunehmend auf die Aversion der Bürger. Der Trend ist ein gemeinsamer, obwohl in Spanien die Wahl einen Links-, in Polen hingegen einen Rechtsruck gebracht hat.
Freilich sollte man vorsichtig sein: Weder die spanischen Regionalwahlen noch die Kür eines neuen polnischen Präsidenten bedeuten schon die Abwahl der jeweiligen Regierung. Sie bedeuten vorerst „nur“ deren massive Gefährdung. Der jüngste Wahltag ist vor allem ein klares Signal durch das fünft- beziehungsweise sechstgrößte Land Europas (die rechnerisch zusammen sogar an erster Stelle der EU liegen würden): Die trotz aller Rhetorik weiterhin auf Immigrationsförderung hinauslaufende Politik der EU-Kommission, also vor allem die geplante Quoten-Aufteilung der Asylwerber wird nicht mehr akzeptiert.
Die Spanier haben aber auch starke andere Motive: Sie sind der offenbar endemischen Korruption überdrüssig. Und des Sparens – obwohl dieses Spanien mit Erfolg durch die Krise gebracht hat (zumindest beinahe).
Nirgendwo in Europa, und eben auch nicht in Spanien, ist eine Mehrheit überzeugt, dass Europa gegenüber der griechischen Politik der letzten Monate wirklich hart bleiben wird. Daher ist es nur logisch, dass viele der der Krise schwer getroffenen Spanier jene Neo-Partei gewählt haben, die den griechischen Weg gehen will. Der da heißt: Weiterhin vom Euro profitieren, aber nur nicht sparen.
Trotz aller Härte-Rhetorik von Deutschland&Co ist eine Mehrheit der Griechen und jetzt eben auch eine stark angewachsene Minderheit der Spanier überzeugt: Eine Trotz-Haltung eines Krisenlandes, also ein Boykott der Sanierung wird am Ende ja doch belohnt werden. Da ist es fast logisch, eine linksradikale Partei zu wählen, die den Spaniern jetzt schon eine folgenlose Abkehr vom Sparkurs verspricht. Wer spart schon gerne, wenn er eh nicht muss?
Bis Herbst regieren jedoch die spanischen Konservativen weiter. Sie werden nicht einmal eine Fingerspitze bewegen, um die Schlaraffenland-Träume der Linken realistisch erscheinen zu lassen. Und genausowenig wollen sie ihre Sanierungspolitik der letzten Jahre als Fehler erscheinen lassen. Das heißt aber auch: Solange die konservative Regierung im Amt ist, wird es Griechenland noch viel schwerer haben, von den anderen Euro-Ländern Konzessionen zu erhalten.
Viele Europäer haben noch nicht begriffen: Konzessionen an Griechenland müssen von allen Euro-Ländern genehmigt werden. Nicht nur von den (letztlich immer mit der Nazikeule disziplinierbaren) Deutschen und von der (realitätsfremden) EU-Kommission. Sondern etwa auch von Spanien. Da ist keine Konzession denkbar.
Polen hat kein Euro-Problem – weder als Gläubiger noch als Schuldner – da es nie dem Euro beigetreten ist. Polen steht auch wirtschaftspolitisch eigentlich als Musterland mit einer starken Entwicklung da.
In Polen haben jedoch der geschicktere Wahlkampf und die sympathischere Persönlichkeit des Wahlsiegers Andrzej Duda die Wahl entschieden und zur Abwahl des amtierenden Präsidenten geführt. Duda ist freilich auch mit populistischen Forderungen aufgefallen, wie etwa jener nach einer Senkung des Pensionsantrittsalters. Offenbar geht es den Polen schon zu gut, dass eine Mehrheit wieder aufs Eis tanzen gehen will.
Wirtschaftspolitisch ist der Kurs der nationalkonservativen Partei von Duda eher links. Außen- und gesellschaftspolitisch ist er das ganz und gar nicht. Polen wird nicht nur bei der illegalen Immigration auf noch größere Härte schalten. Es wird in Sachen Ukraine auch noch russlandkritischer werden. Und es wird bei der Schwulen-Förderung durch die EU wohl auf einen konsequent kritischen Kurs gehen. „Levelling up“ (der geplante Kontrahierungszwang zugunsten Schwulen und Lesben, der die Vertragsfreiheit vernichtet) wird jetzt in der EU keine Chance haben (Was in Österreich Rotgrün nicht hindern wird, es immer wieder zu versuchen, bis man die ÖVP in einem schwachen Moment dazu zwingen kann). Polen wird all das schon unter der jetzigen liberalen Regierung tun, die sich vom Präsidenten nichts vorwerfen lassen will.
Polen und Spanien, Großbritannien und Frankreich, Finnland und Griechenland. So unterschiedlich die jüngsten Wahlergebnisse in mancherlei Hinsicht auch sein mögen, so haben sie doch neben klaren Anti-EU- und Anti-Migrations-Signalen noch eine weitere starke Gemeinsamkeit: die dramatische Dezimierung der klassischen Sozialdemokratie.
Deren Zeitalter geht europaweit zu Ende. Ein Trend, der seit Jahren stattfindet. Nur ist er vielen als gemeinschaftliche Entwicklung nicht aufgefallen, da die Sozialdemokratie bei den Europawahlen selbst ja noch ganz passabel abgeschnitten hat. Weshalb sie in Kommission und EU-Parlament ein ziemlich großes Wort führen kann.
Das haben ihnen die vielen Millionen EU-kritischen Wähler möglich gemacht, die bei der EU-Wahl gar nicht hingegangen sind. Womit die Sozialdemokratie dort zusammen mit den ebenfalls, wenn auch lange nicht so stark schwächelnden Christdemokraten eine Politik dominieren kann, die von der Mehrheit der Europäer abgelehnt wird.
Nachträgliche Ergänzung: In den vielen Berichten über die spanische Wahl fällt auf, dass überall sehr breit und positiv über die die linksradikale Podemos-Partei ("Wir können") berichtet wird, aber fast nirgendwo geht man ausführlich auf die neoliberale Ciudadanos ("Bürger") ein. Dabei ist diese Gruppierung mindestens ebenso überraschend und fast genauso erfolgreich (auch wenn sich das verschachtelte spanische Parteiensystem bei Regionalwahlen nicht gut in Prozenten darstellen lässt). Podemos wurde auf Anhieb drittstärkste Partei und Ciudadanos viertstärkste.
Als Mitte April 700 Flüchtlinge völlig hilflos im Mittelmeer ertrunken sind, waren wir alle furchtbar betroffen. Viele Menschen reagierten sprachlos und wütend und begannen Schuldige zu suchen. Aber nicht in Afrika, sondern hier bei uns.
Es handelte sich um die bisher größte Flüchtlingstragödie, aber ich fürchte, es wird nicht die letzte bleiben, solange wir Europäer nicht mit der Heuchelei aufhören, und bis wir es nicht schaffen, den gewaltigen Flüchtlingsstrom zu stoppen.
Ich sage deshalb Heuchelei, weil doch jeder wissen muss, dass wir unmöglich alle armen Menschen der Welt retten können. Im Gegenteil, je laxer wir unsere Asylgesetze handhaben, umso mehr locken wir verzweifelte Menschen in diese Todesfalle im Mittelmeer. Es gibt nichts grausameres, als durch gutmenschliche Sirenenklänge Verzweifelte anzulocken, die dann ihr Leben riskieren.
Es ist eine naive Illusion zu glauben, dass ein grenzenloses Multikulti, wo alle reibungsfrei zusammenleben und sich Bett und Brot einfach halbe-halbe teilen, funktionieren kann. Ich kenne Multikulti aus Kanada und fand das unglaublich bereichernd, aber die machen das anders. Sie respektieren natürlich die Genfer Flüchtlingskonvention, ansonsten darf nur kommen, wer was kann und das Land weiterbringt.
Anstatt, dass gutmeinende Politiker, linke Medien und Künstler gegenüber der besorgten heimischen Bevölkerung die Rassismuskeule schwingen, sollten wir uns besser gemeinsam Gedanken darüber machen, warum überhaupt so viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen wollen. Die meisten fliehen vor schrecklichen Lebensbedingungen und hoffen, ihr Glück anderswo in der Welt zu finden.
Die amerikanische Verfassung bezeichnet diesen starken menschlichen Antrieb als pursuit of happiness.
Anstatt also unsere Gesellschaft zu überfordern und das Sozialsystem überzustrapazieren, würde ich mir wünschen, dass wir einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern verbessern. Die herrschenden Klassen in vielen afrikanischen Ländern, im nahen und fernen Osten sind oftmals korrupt und unterdrücken ihre Bevölkerung körperlich und seelisch.
Man muss hier kritisch hinterfragen, ob nicht auch der Westen seinen Beitrag dazu geleistet hat und immer noch leistet, welche Menschen in jenen Ländern an die Macht gekommen sind. Seit wann besteht denn dieses unfassbare Leid und Chaos in Libyen, in Syrien, im Irak?
Die westliche Interventionspolitik muss sehr kritisch betrachtet werden. Oft werden Konfliktherde mit Waffen und Geld aus dem Westen am Leben erhalten, zuerst wird die eine Seite unterstützt und dann die andere. Es hat jedenfalls den Anschein, dass diese Interventionspolitik überall mehr Chaos und Leid hinterlassen hat, als dort vorher vorherrschte.
Auch muss man das westliche Subventionsregime kritisch hinterfragen. Helfen wir den Menschen damit, oder berauben wir sie in Wirklichkeit vielmehr der Möglichkeit ihre eigene Wirtschaft zu entwickeln? Sollten wir nicht lieber ein Freihandelsregime anstreben, als sie durch Handelsbarrieren vom Handel völlig auszuschließen? Mit gut gemeinten Geschenken und Spenden haben wir bereits die traditionelle Textilindustrie in Afrika kaputt gemacht. Better trade than aid.
Und mit der laxen Handhabe des hiesigen Asylgesetzes, und das gilt eigentlich für ganz Europa, legen wir noch eins drauf. Das Dubliner Abkommen wird sowieso nicht eingehalten, weil Italien in einem Europa der offenen Grenzen überhaupt keinen Anreiz hat, sich mit illegalen Einwanderern abzumühen, sondern die Menschen einfach weiter in den Norden schickt.
Ganz Europa muss sich endlich darüber klar werden, dass wir wohl zu einem begehrten Einwanderungskontinent geworden sind und daher einen Blick nach Kanada, nach Neuseeland, nach Australien werfen sollten, wie man diese Herausforderung erfolgreich bewältigen kann.
Wir brauchen klare und strenge Kriterien, die offen kommuniziert und vor allem auch eingehalten werden müssen. Es darf keine Willkür vorherrschen, wo diverse Lobbyorganisationen für den einen oder anderen oft medienwirksam ein Bleiberecht durchsetzen, obwohl nach Recht und Gesetz niemals ein Aufenthaltstitel erwirkbar gewesen wäre.
Wir brauchen ein Einwanderungs- und Asylgesetz für Europa, das transparent, gerecht und streng exekutiert werden muss, nur das wird auf Dauer Leben retten.
Die Utopie der Neosozialisten, dass wir nur Tür und Tor weit öffnen müssen, und alles wird gut, würde über kurz oder lang anstelle dessen zu Chaos und Bürgerkrieg in Europa führen. In Wirklichkeit führt die möglicherweise wirklich gut gemeinte Politik der offenen Türen zu Rassismus und Fremdenhass, und das ist das allerletzte, was wir wollen.
Im Gegenteil – wir brauchen Einwanderung – aber gescheit gemacht.
Dr. Kathrin Nachbaur ist Nationalrats-Abgeordnete. Sie war Industrie-Managerin und Fraktionsvorsitzende des Teams Stronach.
Der ORF empört sich im Internet, dass vor 50 Jahren Politiker und ÖH „Teilnehmer eines genehmigten Protestes gegen Borodajkewycz mit Rechtsextremen auf eine Stufe“ gestellt haben, „die diese Demonstration brutal attackierten“. Seltsam: Haargenau das ist es, was der ORF und andere linke Medien heute, also 50 Jahre später, ununterbrochen tun, wenn Linksextreme genehmigte Proteste, angemeldete und sich streng an die Vorgaben haltende Demonstrationen oder Ballveranstaltungen brutal attackieren. Ob die Opfer nun Lebensschützer, Christen, Pegida-Demonstranten oder FPÖ-nahe Ballbesucher sind.
Viele Berichte und rotgrüne Politiker stellen dabei die völlig friedlichen Attackierten mit den oft vermummten Angreifern auf eine Stufe. In Wahrheit aber verhalten sich diese gewalttätigen Linksextremisten heute genauso kriminell wie jene Rechtsextremisten vor 50 Jahren. Die Linksextremisten halten heute fast schon das absolute Gewaltmonopol auf Österreichs Straßen.
Wenn dann einmal – selten genug – ein linker Gewalttäter vor Gericht landet, dann wird er von einer massiven Solidaritätsfront aus ORF, SPÖ, Grünen, ÖH, „Menschenrechts“-Organisationen und vielen Zeitungen lautstark unterstützt, damit er möglichst bald freikommt.
Quod licet Iovi non licet bovi. Es gibt heute zweierlei Klassen. Gleiche und Gleichere. Die einen dürfen prügeln, die anderen sollen nicht einmal angemeldet demonstrieren dürfen. Man denke nur an all die Schikanen, mit denen die Behörden mancherorts nicht-linke Kundgebungen behindern.
Gerechtigkeit? Freiheit? Das sind für viele Linke und Medien heute keine Werte mehr. Das sind nur noch Propagandabegriffe, die man verwendet, wenn es den eigenen Interessen nützt.
Längst wurde dabei auch das Strafrecht instrumentalisiert. Insbesondere durch Schaffung des Verhetzungsparagraphen. Zwar hat man naiven ÖVP-Abgeordneten eingeredet, dass damit besser gegen islamistische Fundamentalisten vorgegangen werden könne. Im wirklichen Justizleben wird dieser Paragraph – auch schon von der vom Justizminister jetzt geplanten Verschärfung – aber vor allem gegen Islamkritiker eingesetzt. In Zukunft will man das noch viel mehr tun.
Besonders pikant sind zwei ganz aktuelle Vorfälle, wo Verhetzungs-Anzeigen erstattet worden sind. Einmal gegen Michael Stürzenberger (früher CSU, jetzt bei der Kleinpartei „Freiheit“), weil er bei einer Pegida-Veranstaltung Moslems pauschal als „Terroristen“ bezeichnet hat. Das andere Mal gegen den Schweizer Sozialisten Jean Ziegler, weil er im ORF gesagt hat: „Spekulanten gehören aufgehängt“.
Jeder unbefangene Zuhörer wird den Ziegler-Sager als viel schlimmer ansehen als den von Stürzenberger. Hat der Schweizer doch zu Gewalttaten aufgerufen, der Deutsche jedoch nicht.
Dennoch prophezeien Kenner der österreichischen Justiz, dass Ziegler nichts passieren werde, Stürzenberger hingegen wahrscheinlich schon. Der Verhetzungs-Paragraph schützt nämlich Moslems (und Schwule), aber nicht „Spekulanten“. Gegen die kann man in Österreich ruhig hetzen; genauso wie gegen Priester oder Unternehmer, gegen Arbeitslose und Dicke.
Unfassbar? Ja. Aber seit einigen Jahren Justiz-Realität. Wieder einmal hat dabei die ÖVP linkem Denken nachgegeben. Und jetzt will sie es sogar noch verschärfen.
Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es unerfreulich, wenn jemand beschimpft oder verächtlich gemacht wird. Aber es ist absolut skandalös und ein Verfall in totalitäre Denkstrukturen, wenn die Justiz ein solches Meinungsdelikt mit öffentlichen Gewaltaufrufen auf eine Stufe stellt. Und noch skandalöser ist es, wenn durch den Verhetzungsparagraphen 283 bestimmte Bevölkerungsgruppen unter Schutz gestellt werden, andere nicht.
Damit handelt Österreich, damit handelt die EU wie eine Diktatur. Daher sollte sich weder die europäische noch die heimische Politik wundern, dass das Vertrauen der Bürger zu ihnen so tief in den Keller gefallen ist wie noch nie.
Aber die Linke gibt sich mit dem keineswegs zufrieden. In Österreich wie in der EU arbeiten Sozialisten, Grüne und Linksliberale bereits heftig an einer weiteren Einschränkung der Freiheit. Sie wollen ein noch strengeres „Gleichbehandlungsgesetz“ durchdrücken. Dieses ist in Österreich bisher zwar zweimal am Widerstand der ÖVP gescheitert. Was sehr zu loben ist. Aber schon versucht die SPÖ es erneut. Und die Sorge ist groß, dass die ÖVP am Ende doch wieder einknicken wird. Weil sie glaubt, den Linken nachzugeben wäre „modern“, oder weil sie sich dafür irgendwelche Subventionen für Bauern einhandelt, oder weil sie glaubt, dann von den linken Medien besser behandelt zu werden.
Dieser Gesetzesentwurf zielt auf einen tiefen Eingriff in die Privatautonomie ab. Davor hat vor kurzem sogar Kardinal Schönborn gewarnt. Pflichten, die den Staat treffen, sollen künftig auch auf jeden einzelnen Menschen ausgedehnt werden. Unternehmer sollen künftig nicht mehr frei sein in der Auswahl ihrer Geschäftspartner, wenn eine Diskriminierung auf Grund von Alter, Religion oder „sexueller Orientierung“ behauptet wird. Noch schlimmer ist die beabsichtigte Umkehr der Beweislast: Unternehmer sollen sich selbst freibeweisen müssen, warum sie einen anderen Geschäftspartner vorgezogen haben.
Das heißt konkret etwa: Ein christlicher Hotelbesitzer darf nicht mehr eine moslemisch-fundamentalistische Gruppe ablehnen, die seine Veranstaltungsräume haben will. Eine jüdische Partnervermittlungsagentur darf ihre Kunden nicht mehr auf Grund der Religion aussuchen. Eine Witwe, die vom Untervermieten eines Teils ihrer Wohnung lebt, darf nicht mehr ein demonstrativ schwules Pärchen ablehnen. Ein Fotograf muss den Auftrag annehmen, bei einer Verpartnerungsfeier zu agieren. Ein Kloster, das Zimmer vermietet, darf keine sexuellen oder religiösen Propagandisten ablehnen.
Es geht also um einen schweren Eingriff in die Freiheit, insbesondere die unternehmerische. Daran ändert es nichts, dass sich dieser hinter dem harmlos klingenden Wort „Gleichbehandlung“ verbirgt (oder – noch besser getarnt – hinter dem englischen Ausdruck „levelling up“).
Ist Wert und Bedeutung der Freiheit heute aus unserem Bewusstsein geschwunden? Ist sie scheinbar so selbstverständlich geworden, dass wir gar nicht mehr richtig merken, wie sie uns Scheibe für Scheibe von einer machtgierigen Obrigkeit geraubt wird? Begreifen wir nicht mehr, dass absolut jedes neue Gesetz, jede Verordnung, jede neue EU-Richtlinie, die Freiheit immer noch mehr einschränkt? Sehen wir nicht, dass der Begriff Gleichheit, der im Sinn von „gleicher Menschenwürde, gleiche Chancen für alle“ essentieller Bestandteil der Freiheit ist, heute dialektisch zum Gegenteil, nämlich zu diktatorischer Gleichmacherei verbogen wird? Dass damit eine Klasse (egal ob Nomenklatura, Parteigenossen, Aristokraten, Ministerialbürokraten, Abgeordnete oder Höchstrichter) die Herrschaft über uns zu erreichen versucht, um ihre Idee von Gleichmacherei durchzusetzen?
Waren all die oft hart erkämpften Erfolge für die Freiheit letztlich umsonst – denken wir an 1848, 1867, 1945 oder 1955? Wann lernen wir wieder, dass man Freiheit ständig neu gegen die Machtgier von Obrigkeiten und gegen die Bevormundung durch ideologische Sozialingenieure erkämpfen muss?
(Dieser Beitrag erscheint mit ähnlichem Text auch in der neuesten Nummer der Zeitschrift "Academia".)
Es ist eine der größten Schmähs rund um Europas Zentralthema, das für die einen „illegale Immigration“ heißt, für die anderen „Flucht aus der Armut“. Seit langem erwecken vor allem Deutschland und Österreich, neuerdings auch Italien den Eindruck: Man müsse die vielen Afrikaner und Asiaten, die da nach Europa kommen, bloß in einer "gerechten" Quote auf alle EU-Länder aufteilen. Dann wäre das Problem gelöst. Ähnlich wie man ja auch in Österreich die Asylwerber auf alle Bundesländer aufzuteilen versucht.
Das wäre gewiss für Deutschland und Österreich eine große Hilfe. Sind sie doch – nach Schweden – die beliebtesten Reiseziele der sogenannten Flüchtlinge. Das ist wiederum Folge der besonders großzügigen finanziellen und strukturellen Hilfen in diesen Ländern. Daran wollen aber die dort überall mitregierenden Sozialdemokraten keineswegs rütteln.
Diese sich ständig steigernde Immigration von Afrikanern und Asiaten führt freilich zu zunehmenden Problemen und zu wachsendem Widerstand der Bevölkerung in den Zielländern. Allein im Vorjahr sind solcherart 626.000 Menschen nach Europa gekommen. Und nach allen vorliegenden Studien werden es 2015 noch deutlich mehr sein.
Auch Italien, das ja das wichtigste Einreiseland vor allem für Afrikaner geworden ist, ruft nun lautstark nach Quoten. Freilich hat sich Italien selbst lange grob rechtswidrig verhalten. Seltsamerweise hat das keines der anderen EU-Länder öffentlich thematisiert. Aber es ist dennoch Faktum: Denn die Statistiken zeigen, dass im Vorjahr einerseits über 160.000 „Flüchtlinge“ übers Mittelmeer nach Italien gekommen sind. Anderserseits hat das Land aber nicht einmal 70.000 Asylverfahren begonnen, obwohl es bei jedem „Flüchtling“ dazu verpflichtet wäre. Behörden, Schlepper, „humanitäre“ Organisationen, Mafia, wer auch immer, haben vielmehr einen Großteil der unregistriert gebliebenen Menschen rechtswidrig Richtung Norden weiterkanalisiert.
Ein Teil davon wird immer wieder in Zügen nach Deutschland über den Brenner aufgegriffen. Freilich: Erst als Deutschland darob unruhig geworden ist, hat Österreich die Kontrollen in den Zügen intensiviert. Und erst als Österreich das getan hat, hat sich Italien zuletzt ein wenig mehr an seine Rechtspflichten erinnert.
Diese quotenfordernden Länder haben es jetzt geschafft, dass sich auch die EU-Kommission hinter das Quotenprojekt gestellt hat. Dann sind sie aber nun sehr rasch in der Realität aufgewacht. Das zeigt sich schon daran, dass der EU-Vorschlag sehr zaghaft ist. Er betrifft nur die Aufteilung von 20.000 Asylwerbern, also etwa von drei Prozent der Gesamtsumme.
Wobei die Frage „Nach welcher Quote werden die jetzt aufgeteilt?“ zwar schwierig, aber noch die leichtere ist. Soll man nach Einwohnerzahl, nach Wirtschaftskraft, nach Quadratkilometern aufteilen? Welche Mischformel ist „gerecht“? Wird dabei auch Arbeitslosigkeit, Klima oder Wachstum berücksichtigt? Alleine diese Fragen führen zu zahllosen Konflikten.
Noch viel heikler wird die Frage sein: Welche Länder sollten durch das Weiterschicken der 20.000 entlastet werden? In welchem Verhältnis?
Aber die noch deutlich härtere Betonmauer für diese Pläne sind die vielen EU-Länder, die absolut keine Migranten aufnehmen wollen. Großbritannien, Irland, Dänemark, Ungarn, Spanien, Finnland, Tschechien, die Slowakei, die Balten haben im Grund alle Nein gesagt. Briten und Iren haben es mit ihrem Nein allerdings leichter als die anderen: Sie können auch bei einem Mehrheitsbeschluss nicht gezwungen werden, bei einer Migranten-Aufnahme mitzumachen. Sie alle haben sich freilich bis zum Vorstoß der EU-Kommission zu diesem Thema öffentlich nicht sonderlich exponiert, um nicht von den internationalen P.C.Medien kritisiert zu werden.
Sie haben nur mit befremdetem Erstaunen dem Migrations-Trail Italien-Österreich-Deutschland-Schweden zugeschaut. Sie haben sich gewundert, warum die Regierungen dieser vier Länder trotz des wachsenden Widerstandes der Bevölkerung – der sich vor allem in Finnland und Österreich auch schon massiv in den Wahlergebnissen niederschlägt – mit der Politik der offenen Tür fortfahren. Viele sehen auch in einer Quotenaufteilung nur eine noch bessere Hilfe für die Immigranten und Schlepper.
Zwar will sich im heutigen Europa niemand offen mit Deutschland anlegen, vor allem dann nicht, wenn Kommission, Italien und Frankreich (dieses vor allem aus ideologischen Gründen) hinter Deutschland stehen. Aber es ist geradezu absurd zu glauben, dass die Briten da auch nur einen Millimeter nachgeben werden. Bereiten sie doch ohnedies immer intensiver ein Referendum über einen EU-Austritt vor. Schon bisher war die massive Zuwanderung ins britische Wirtschaftswunder ein Hauptmotiv für die Austritts-Stimmung.
Dabei geht es aber vorerst nur um die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern. Diese Wanderfreiheit innerhalb der EU ist freilich ein Kern der Personenfreizügigkeit, also einer der vier Grundfreiheiten. Daher wird da ein Entgegenkommen gegenüber den Briten sehr schwer sein. Ein Kompromiss könnte wohl am ehesten nach folgender Formel gefunden werden: Die EU-Freizügigkeit bleibt, aber während der ersten drei oder vier Jahre gibt es keinerlei Anspruch auf Sozialleistungen.
Jedenfalls werden die Briten nach dem konservativen Wahlsieg entschlossen bleiben, keine weitere Tür für weitere Zuwanderung zu öffnen, die nicht schon durch die EU-Verträge geöffnet worden ist. Ganz im Gegenteil: Die neu-alte britische Innenministerin Theresa May hat nun als erste europäische Spitzenpolitikerin offen für das australische Modell plädiert. Sie will künftig generell Flüchtlingsboote zurückschicken. Die EU solle sich darum bemühen, „sichere Landeplätze in Nordafrika zu schaffen, unterstützt durch ein aktives Rückführungsprogramm".
Scheinbar ähnlich ist eine weitere EU-Strategie: Die Union will vom UNO-Sicherheitsrat die Erlaubnis bekommen, potenzielle Flüchtlingsboote in libyschen Häfen schon vor dem Aktivwerden zu zerstören.
Das ist freilich aus zwei Gründen problematisch: Denn einerseits klingt „zerstören“ für eine politisch korrekte Gutmensch-Gesellschaft ganz übel, selbst wenn dabei Menschenleben geschont werden. Auch ist es unmöglich, harmlose Fischerboote, die vor Libyens Küste ganz friedlich arbeiten wollen, von Schlepperbooten zu unterscheiden.
Andererseits wird die EU in der UNO mit Sicherheit auf ein russisches Veto stoßen. Angesichts der großen Spannungen um Russlands Ukraine-Invasion und der europäischen Sanktionen wird sich Russland natürlich an der EU rächen. Es würde mit Sicherheit im Sicherheitsrat nur dann Aktionen der EU erlauben, wenn Europa dafür die russischen Eroberungen in der Ukraine akzeptiert.
Da scheint der britische Vorschlag viel sinnvoller: Europa schafft große Stützpunkte in Nordafrika, wohin man alle Boots-Immigranten zurückbringt. Das ist – zusammen mit Rückführungs-Angeboten in die Herkunftsländer – auch aus einem anderen Grund sinnvoll und notwendig: Denn sobald das konsequent getan würde, würde auch sofort das Business-Modell der Schlepper kollabieren und der Ansturm aufhören.
Zwar kosten solche Stützpunkte – samt der notwendigen militärischen Sicherung – etliches. Aber das Modell wäre mit Sicherheit nicht so teuer wie das jetzige System.
Offen ist nur, wie man die Stützpunkte politisch durchsetzt, da der Weg über die UNO mit Sicherheit zu nichts führt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Ein bayrisches Gericht hat die Hypo-Abbau-Institution Heta zur Zahlung von weit mehr als zwei Milliarden Euro an die BayernLB verurteilt. Damit hat Österreich eine vernichtende Niederlage erlitten. Die zweifellos (auch wenn es die Politik noch leugnet) erneut auch den Steuerzahler treffen wird. Diese Niederlage der Heta war von allen Experten schon lange vorausgesagt worden. Was jetzt auch für die zweite Instanz gilt.
Warum ist das so sicher? Ganz einfach, weil das Verfahren vor bayrischen Gerichten läuft. Und da hat nun einmal die Klage einer bayrischen Institution gegen eine österreichische viel bessere Chancen, als wenn das Gleiche vor österreichischen Gerichten liefe. Hingegen hat die Heta bei allen Verfahren, die in Österreich laufen, einen deutlichen Startvorteil.
Dieses Phänomen gibt es überall in der Justiz, nicht nur in Bayern oder Österreich. Eine wirklich blinde Justiz gibt es nirgendwo. Objektive Gerechtigkeit können religiöse Menschen fürs Jenseits erhoffen. Auf Erden ist die jedenfalls undenkbar. Nicht nur weil kein Richter allwissend ist. Sondern vor allem auch deshalb, weil es immer einen subjektiven, einen emotionalen Faktor gibt. Bewusst oder unbewusst.
Fast bei jedem Richter hat dieser Faktor auch eine nationale Dimension, wenn auf einer Seite ein Landsmann steht. Und diese Dimension wird noch größer, wenn es um sehr viel Geld geht, das den eigenen Staat belasten würde. Schließlich sind auch Richter Steuerzahler.
Das ist keine Richter-Beschimpfung, das sind vielfach erforschte psychologische Zusammenhänge, die auch von vielen Richtern – vertraulich – zugegeben werden.
Genau wegen dieses Faktors ist in Tausenden internationalen Handels- und Investitions-Verträgen ein neutrales Schiedsgericht zur Schlichtung eventuellen Streits vorgesehen. Wären solche Vereinbarungen unmöglich, würden viele Investitionen gar nicht zustandekommen.
Es ist daher unverständlich, dass ausgerechnet der österreichische Regierungschef am heftigsten von allen EU-Politikern gegen solche Schiedsgerichte wettert, wie sie nun im europäisch-amerikanischen Freihandelsvertrag TTIP geschaffen werden sollen. Denn gerade Österreich leidet unter einem dramatischen Rückgang von Investitionen. Denn gerade Österreich zahlt in Sachen Heta/Hypo jetzt milliardenteuer drauf, weil kein Schiedsgericht vereinbart worden ist.
Neutrale Schiedsgerichte sind für einen Investor auch noch in einem weiteren Zusammenhang essentiell: Er kann nur so eine Vereinbarung absichern, dass nicht jenes Land, wo er viel Geld hineinsteckt, nachträglich durch Gesetze die gesamte Grundlage der Investition folgenlos zertrümmern kann. Bekommt er keine solche Garantie, wird er halt nicht investieren. Wer würde in einem Land etwa eine Tabakfabrik bauen, wenn dort nachträglich ein Gesetz droht, das Tabakkonsum generell verbietet, oder das die Zigarettenproduktion mit so hohen Pönalen belegt, dass sie sich nicht mehr rentieren kann?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Alle wissen es: Die „Neue Mittelschule“ ist ein teurer Fehlschlag. Sie bringt bei erhöhten Kosten schlechtere Ergebnisse als die Hauptschule. Dennoch ist nicht zu erwarten, dass dieses teure Prestigeprojekt der SPÖ beendet wird, obwohl sich Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Finanzminister Hans Jörg Schelling sowie Klubobmann Reinhold Lopatka durchaus kritisch gezeigt haben.
Die SPÖ wird nicht zugeben, hier einen Fehler gemacht zu haben, weshalb sogar zu befürchten ist, dass in Hinkunft noch mehr Geld in dieses unheilvolle Experiment geschüttet wird, in der Hoffnung, dadurch möglicherweise den Output zu verbessern.
Primär eingebrockt hat uns dieses fatale Projekt eine gewisse Frau Claudia Schmied, eine inkompetente, ideologiegetriebene Unterrichtsministerin, die mit der Brechstange die Gesamtschule in Österreich einführen und – in einem Aufwaschen – auch das Gymnasium abschaffen wollte. Sie ist damit kläglich gescheitert, auf unsere Kosten; und auch um den Preis, die Schule der Zehn- bis 14jährigen verschlechtert zu haben. Bei der Volksschule – wo die Ursachen für die dramatischen Verschlechterungen liegen – wurden dafür dringendste Reformen verschlampt.
Die Dame hatte überhaupt ein Händchen für teure Fehlentscheidungen, so war sie ja auch bekanntlich vor ihrer Zeit als Ministerin im Management der Kommunalkredit, die am 3. November 2008 notverstaatlicht wurde. Die Pleite dieser Bank segelt irgendwo im Windschatten der großen Hypopleite, aber auch hier geht es nicht gerade um Peanuts: Das Geld, das die Kommunalkredit bis jetzt gekostet hat, wäre schon die halbe Steuerreform!
Und wie mittlerweile jedermann weiß, hat Frau Schmied auch bei den Bundestheatern – und da vor allem beim Burgtheater – eine finanzielle Blutspur hinterlassen.
Eine kaputte Bank, ein beschädigtes Bildungssystem und abgewirtschaftete Bundestheater – eine starke Leistung, die für die Versagerin konsequenzlos bleibt. Den Schaden hat – wie immer bei politischen Fehlentscheidungen – der Steuerzahler.
Dabei war die Notverstaatlichung der Kommunalkredit nicht „alternativlos“. Es hat andere Szenarien gegeben, die den österreichischen Steuerzahler praktisch nicht belastet hätten. Aber auch damals ist man den einfacheren Weg gegangen, die Bürger zahlen zu lassen, indem man das Problem auf mehrere Jahre verteilt, in der Hoffnung, dass der Bürger nicht merkt, dass dadurch letztlich ein vergrößerter Schaden entsteht.
Politiker fürchten nicht nur den Gesichtsverlust in Folge der eingestandenen Fehlentscheidung, es geht auch um das unangenehme Thema des „Paukenschlages“, während man beim Aussitzen und Hinausschieben von Problemen die negative Begleitmusik zeitlich entsprechend portionieren kann.
So wurde es ja auch bei der Hypo gemacht, wo durch Realitätsverweigerung und Nicht-Entscheiden weitere Milliardenverluste angehäuft wurden. Erst der neue Finanzminister wagt mit der „Fastpleite“ den Paukenschlag, aber Schelling ist – Gott-sei-Dank – auch kein typischer Politiker.
Das Aufschieben unangenehmer Entscheidungen ist aber keine österreichische Spezialität, das funktioniert auch auf europäischer Ebene vorzüglich. Etwa wenn man sich ansieht, wie falsch seit fünf Jahren die Griechenlandkrise gemanagt wird. Auch 2010 hatte man Angst vor dem Paukenschlag, Griechenland klarzumachen, dass es den Euro verlassen muss, nachdem es jahrelang Zahlen gefälscht hatte. Man hat damals dem Land weitere Milliarden nachgeschmissen. Die Griechen haben praktisch weitergetan, wie bisher: Es gibt nach wie vor kein funktionierendes Steuerwesen, Privatisierungen wurden verschlampt, wichtige Reformen in der Verwaltung gar nicht angegangen. Und die halbstarken Polit-Amateure der neuen Chaosregierung haben die Situation in wenigen Monaten nur noch schlimmer gemacht.
Als sich vor 15 Jahren Österreich erfrechte, eine Regierung zu bilden, die einigen Herrschaften in Österreich und in der EU nicht passte, kam es zu den „Sanktionen“. Als zehn Jahre später die Griechen ihre Lügen und Bilanzfälschungen zugeben mussten, kam es zum Beschwören der europäischen Solidarität und neuen Krediten.
Auch auf europäischer Ebene ist es offensichtlich undenkbar, zuzugeben, eine Fehlentscheidung getroffen zu haben und diese zu korrigieren; genauso wie sich praktisch keiner der damaligen Sanktionierer bis heute für seine Fehlentscheidung entschuldigt hat.
Prof. Dr. Herbert Kaspar, Chefredakteur ACADEMIA
Kommentar aus der Mai-ACADEMIA 2015.
Mit allen rechtlichen Mitteln kämpfen neuerdings europäische Unternehmen und nun auch die EU-Kommission gegen Google und andere Internet-, Handy-, PC- und sonstige Elektronik-Konzerne. Mit allen rechtlichen Mitteln, aber leider nicht mit wirtschaftlichen, nicht mit der Entwicklung besserer Produkte, als es die amerikanischen sind.
Europa hat in den letzten zwei, drei Jahrzehnten die elektronische Revolution total verschlafen. Amerika und Ostasien triumphieren bei Geräten, und noch mehr dort, wo einzig und allein Gehirnschmalz entscheidet. Bei der Entwicklung von Apps, bei „sozialen“ Netzwerken, bei Suchmaschinen, bei Handys. Überall.
Es ist heute in diesen Bereichen kein einziges relevantes Unternehmen aus Europa auf dem Markt, obwohl sich Europa gehirnmäßig so elitär dünkt. Es dominieren zur Gänze amerikanische, aber auch südkoreanische, taiwanesische, chinesische Unternehmen, die es vor wenigen Jahren noch gar nicht gegeben hat, oder die winzig und unbedeutend waren. Der einzige, eine Zeitlang mitspielende europäische Player, Nokia, ist heute unbedeutend – und von Amerikanern aufgekauft. Und SAP verlagert sich selbst zunehmend in die USA.
Die restlichen europäischen Unternehmen in diesem Bereich spielen bestenfalls in der dritten Liga mit. Europa scheint beim Automobil steckengeblieben zu sein.
Warum nur? Was sind die Ursachen? Vieles.
Nach Jahren des Brütens hat jetzt die EU-Kommission eine Strategie für einen digitalen Binnenmarkt präsentiert. Diese Strategie wird aber mit Sicherheit nichts bewirken. Wirtschaftliche Dynamik kann nie von oben angeordnet, sondern nur ermöglicht werden. Entscheidend für den amerikanischen und asiatischen Elektronik-Erfolg sind auch nicht die oft angeprangerten Strategien der Steuerschonung; solche wenden auch europäische Unternehmen an. Die EU-Strategie konzentriert sich schon wieder viel zu sehr auf hemmende rechtliche Aspekte wie Verbraucherschutz. Europa begreift offensichtlich immer noch nicht, dass wirtschaftliche Dynamik nicht durch ein Mehr an Obrigkeits-Aktivität entsteht, sondern nur durch ein Weniger. Weniger Steuern, weniger Vorschriften.
Eine weitere Dummheit ist der nunmehr eskalierende Kampf europäischer Medien und Verlagshäuser gegen Google. Wenn ein Konkurrent erfolgreicher ist, sollte man selber besser Produkte entwickeln und nicht all seine Energien in aussichtslosen Initiativen aufreiben, die Konkurrenz juristisch zu behindern. So wie wenn die Eisenbahn das Flugzeug verbieten hätte können. Oder das Kino das Fernsehen. Oder das Fernsehen das Internet.
Europas Verlage lehnen es mehrheitlich sogar ab, bei der News-Initiative von Google mitzumachen, obwohl es dort Geld zu holen gibt. Hingegen berichtete mir dieser Tage ein Exponent der „New York Times“, dass seine Zeitung dabei begeistert mitmachen werde.
Die Verlage wagen es aber gleichzeitig nicht, Google die Aufnahme ihrer Internet-Artikel in seine Suchmaschine zu verbieten. Was sie mit einem einzigen Brief problemlos könnten. Sie klagen nur ständig darüber, dass Google mit seiner Suchmaschine viel Geld verdient. Sie wagen es aber nicht, auf diese Suchmaschine zu verzichten, weil dieses suchende User auch auf die Beiträge der einzelnen Medien hinlenkt. Ohne Google würden sie viele Zugriffe verlieren.
Die Verlage ignorieren auch, dass Google ihren Journalisten das Recherchieren deutlich leichter und schneller gemacht hat.
Die Verlage sind aber wohl auch deshalb besonders eifersüchtig, weil durch Internet und Facebook das generationenlang vorherrschende Monopol der großen Verlage gebrochen worden ist. Weil heute auch private Internet-Blogs ungehindert eine breite Öffentlichkeit erreichen können – und mit Google-Inseraten bisweilen auch ein bisschen Geld verdienen, ohne die eigene Meinung an politische und kommerzielle Inserenten verkaufen zu müssen.
Gerade da wäre es doch sehr einfach für die Verleger, Google etwas entgegenzusetzen: Sie müssten nur eine Plattform entwickeln, die den Inseratenverkauf auch so gut organisiert wie Google. Und wenn dann von den Erträgen den Bloggern und Internet-Seiten ein paar Cent mehr bliebe als bei Google, dann würden wohl alle mit Liebe zu einer österreichischen Plattform wechseln. Aber die Verleger jammern lieber nur. Und sie legen sich in immer größerer Zahl mit dem Großen Bruder ORF in ein Sich-gegenseitig-nicht-Wehtun-Bett. Was ihnen aber langfristig in Wahrheit den letzten Rest an Überlebensperspektive nimmt.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Man kann derzeit auf unseren Außenminister richtig stolz sein. Sebastian Kurz hat sich bei seinem Moskau-Besuch selbst von einer demonstrativ dick aufgetragenen Charme-Offensive der Kreml-Herren nicht beeindrucken lassen.
Diese wollten ja ihn und Österreich in Sachen Ukraine-Sanktionen aus der EU-Einheit herausbrechen. Kurz aber machte freundlich wie eisern klar: Zuerst müssen sich die Russen in Sachen Ukraine selbst wieder an Spielregeln und Vereinbarungen halten. Erst dann kann es wieder die – von allen gewünschten – guten Beziehungen geben.
Der junge Mann hat damit Standfestigkeit und Intelligenz bewiesen, was Österreicher in Moskau seit 1955 kaum gewagt haben. Gratulation.
Weniger intelligent war freilich der knapp davor von seinem Ministerium produzierte Plan, eine Erhöhung der Entwicklungshilfe solle von allen Ministerien finanziert werden. Das ist ziemlich absurd, wie auch die SPÖ völlig richtig angemerkt hat. Denn schließlich ressortiert Entwicklungshilfe fast nur zum Außen- (und Finanz-)Ministerium.
Man kann nicht deshalb, weil man wieder einmal unter Kritik der Entwicklungshilfe-Lobby geraten ist, jetzt von allen anderen Ministerien Geld verlangen. Denn sonst müssten beim nächsten Mal, wenn etwa das riesige Geldloch im Bildungsressort entdeckt wird, auch alle Ministerien Bildung finanzieren. Und sobald sich der jammervolle Zustand des Bundesheeres bis zur Bundesregierung herumgesprochen hat, hätte dann jeder Minister aus seinem Budget einen Panzer anzuschaffen. Oder drei Dutzend zusätzlicher Polizisten. Oder ein paar neue Richter.
Es ist schon notwendig, dass es klare Ressortkompetenzen gibt. Denn wenn jeder für alles zuständig ist, ist niemand für irgendetwas zuständig.
Es ist eher naiv als schlitzohrig, wenn das Außenamt als zuständiges Ministerium ernstlich geglaubt hat, in die Kassen aller anderen Ministerien greifen zu können. Nur weil man zu feig war, selbst zu sagen: „Sorry, es gibt leider kein zusätzliches Geld. Die Zeiten sind nicht danach. Man schaue sich nur die katastrophale Wirtschafts-, Arbeitslosigkeits- und Verschuldungs-Entwicklung Österreichs in absolut allen internationalen Vergleichen an.“
Die „Mehr-Entwicklungshilfe“-Forderungen waren wegen der Immigration von Hunderttausenden illegalen Immigranten (im politisch korrekten Newspeak: „Flüchtlingen“) übers Mittelmeer hochgebrandet.
Das ist aber nur ein Nice Try, würden die Engländer sagen. Denn mit Garantie wird selbst bei einer Verdreifachung der österreichischen Entwicklungshilfe kein einziger Afrikaner weniger nach Europa drängen (nach Aussagen einer bayrischen EU-Abgeordneten stehen da jetzt sogar schon 50 Millionen Afrikaner in den Startlöchern).
Was die Immigrations-Lobby überdies verschweigt: Es sind ja nicht die Ärmsten Afrikas, die da kommen, sondern jene, die sich die Tausenden Euro für die Schlepperdienste auch leisten können. Auch die zweite Behauptung stimmt übrigens nicht, die da ständig verbreitet wird: Nämlich, dass es Syrer wären, die da ununterbrochen in Sizilien landen – es sei denn, sie hätten während der Überfahrt ihre Gesichter schwarz geschminkt.
Jedes Jahr verrecken in Afrika und Asien rund Hunderttausend Menschen an der Malaria. Und Millionen leiden an der heimtückischen Krankheit, auch viele Kinder. Das regt offensichtlich niemanden auf. Es gibt darob keine Sondersitzungen der europäischen Regierungschefs, keine Trauerminuten, keine millionenteuren Sofortmaßnahmen, keine langen Sondersendungen im Fernsehen, auch sonst fast keine Berichte. Das Alles gibt es jedoch, wenn rund 1000 illegale Immigranten, die kriminellen Schleppern viel Geld bezahlt haben, im Mittelmeer ertrinken. Da läuft die europäische Betroffenheitsmaschinerie auf Hochtouren an.
Hinter dieser Diskrepanz ist keinerlei Logik erkennbar, geschweige denn Humanität. Denn mit dem Geld, das Europa die illegale Einwanderung aus Afrika und Asien ja weit über die Aufwendungen für die zusätzlich ins Mittelmeer entsandten Schiffe hinaus kostet, könnte sehr effizient die Malaria bekämpft werden. Damit könnten viel mehr Menschenleben gerettet werden als mit der Erleichterung der illegalen Immigration.
Erstaunlich ist weiters, dass es bisher nur der italienische Regierungschef Renzi gewesen ist, der darauf hingewiesen hat, dass unter den als Flüchtlingen ankommenden Immigranten unerkannt islamische Fundamentalisten sein dürften. Dabei zeigen gerade die letzten Monate, dass viele der in Europa als Dschihadisten entdeckten Menschen einst als Flüchtlinge gekommen sind. Unklar – aber letztlich gleichgültig – ist nur, ob sie schon bei der Migration in die EU radikalisiert waren oder erst hier in islamischen Netzwerken radikalisiert worden sind.
Frappierend ist auch, dass bis vor kurzem von den Immigranten-Hilfsorganisationen ständig argumentiert worden ist, man müsse die Zuwanderer wegen des Syrien-Kriegs aufnehmen. Dass aber seit kurzem diese Argumentation total eingestellt worden ist. Denn auf sämtlichen Fernsehbildern sieht man auf den überfüllten Booten nur Schwarzafrikaner, die mit Garantie nicht aus Syrien stammen und auch nicht aus Libyen oder Tunesien, den Startländern der Schlepperboote.
In den letzten Tagen redet die Propaganda der Zuwanderungs-Industrie daher plötzlich nicht mehr von Syrien, sondern behauptet skandalöserweise: „Die EU ist verantwortlich für das Massensterben im Mittelmeer.“ Das ist absolut unwahr, das ist eine glatte Lüge. Weder die EU noch ihre Mitgliedsstaaten noch Italien sind daran schuld. Die Boote sind weder in italienischen noch in sonstigen europäischen Hoheitsgewässern untergegangen oder gar gestartet. Auch hat niemand in der EU irgendetwas zum Los dieser Menschen beigetragen.
Schuld im strafrechtlichen Sinn sind einzig die Schlepper (meist Teilorganisationen islamistischer Terrormilizen), die den Menschen eine sichere Überfahrt in die EU vorgaukeln. Und die für die in Wahrheit lebensgefährliche Fahrt auf maßlos überladenen Booten viel Geld kassieren (mit dem dann meist wieder der Terror finanziert wird).
Schuld im politischen Sinn sind die Herkunftsländer, die vielfach mehr als 50 Jahre nach Ende des Kolonialismus in einem schlechteren wirtschaftlichen Zustand sind als zum Ende der britisch/französisch/belgischen Herrschaft.
Freilich: Auch wenn ohne Schuld, so tragen die EU-Länder doch eine schwere Verantwortung für katastrophale Fehler. Denn es ist ein schwerer Fehler, wenn sich Europa jetzt selbst für die Symptombehandlung – also die Übernahme täglich tausender Menschen von überfüllten Schlepperbooten – zuständig macht, aber die Ursachen weiterhin außer Acht lässt. Das wird das Problem nur vergrößern, nicht lösen.
Die ignorierte Hauptursache der Massenmigration liegt eindeutig darin, dass Afrikaner und Asiaten seit einigen Jahren erkennen können, dass sie zum ersten Mal in der Geschichte auch bei illegaler Migration eine extrem gute Chance haben, nach Europa nicht nur zu kommen, sondern auch dort zu bleiben.
In den meisten EU-Ländern gibt es keine offiziellen Zahlen, wie viele der illegalen Zuwanderer es letztlich schaffen, in Europa zu bleiben. Das ist ein Riesenskandal in einer Union, die sonst jeden Obstbaum penibel zählt. Aber die schleppernahe Gutmenschindustrie will natürlich nicht, dass diese Zahlen bekannt werden, dann würde sich die Bevölkerung noch viel energischer gegen sie stellen. Und die feigen Regierungen halten sich an diese Geheimhaltung.
Aber zumindest für Deutschland – das weitaus größte EU-Land mit den meisten Zuwanderern – kursiert unwidersprochen eine Zahl. Und die ist erschreckend: 90 Prozent der illegalen Immigranten und Asylwerber bleiben dauerhaft. Und in Österreich steht als Beweis einer ähnlichen Entwicklung das neuerrichtete Abschiebe-Zentrum Vordernberg total leer, weil sich wieder einmal das Höchstgericht an die Seite der Zuwanderungsindustrie gestellt und Abschiebungen erschwert hat.
Die meisten Bürger wissen gar nicht: Auch die Ablehnung eines Asylantrags heißt noch lange nicht, dass jemand wieder abreist. Dazu haben Lobbys aus dem linken und katholischen Bereich in den letzten Jahren schon viel zu viele Bleibe-Möglichkeiten durchgesetzt. Wie etwa: humanitärer Verbleib, Gründung einer Familie, Nichtaufnahme durch das Heimatland, Nichtabschiebbarkeit in viele Länder, immer neue juristische Rekurs- und Berufungsmöglichkeiten, Nichtfeststellbarkeit des Heimatlandes (fast alle werfen ja sofort ihre Pässe weg).
Dazu kommt, dass Gerichte – in Österreich zuletzt insbesondere der derzeit links beherrschte Verfassungsgerichtshof – auch die Asylerreichung selbst immer mehr erleichtert haben. Im Vorjahr wurden in Österreich schon 40 Prozent der Asylanträge positiv beschieden. Während es einst nur um die 10 Prozent waren.
Solange die Chance, dauerhaft in die Schlaraffen-EU nicht nur zu gelangen, sondern auch dort zu bleiben, so groß ist, werden weitere Millionen den Weg nach Europa suchen und finden. Sie werden dies umso häufiger tun, als die Aufwendungen für Asylwerber im Vergleich zum Lebensstandard in ihrer bisherigen Heimat sensationell hoch sind.
Da wird etwa in Österreich jedem die großzügige Mindestsicherung bezahlt. Da werden in Italien allein für die Einquartierung und Verpflegung eines Asylwerbers pro Tag 35 Euro bezahlt. Das sind im Monat(!) über 1000 Euro. Das ist deutlich weniger als das durchschnittliche(!) Prokopf-Einkommen in Mali, Äthiopien oder Kongo im ganzen Jahr(!). Trotzdem sind unter dem Druck ihrer Bürger immer weniger italienische Gemeinden und Regionen bereit, selbst um dieses Geld noch weitere Asylwerber aufzunehmen.
Allein diese Beträge sorgen dafür, dass immer mehr Menschen nach Europa wollen. Und sie werden sich auch nicht dadurch abschrecken lassen, dass unterwegs große Strapazen, Risiken und auch Todesgefahren auf sie zukommen.
Zu dieser vor allem in Afrika dominierenden Motivation kommen noch die Folgen der vielen Bürgerkriege und der islamistischen Religionskriege in zwei Kontinenten. Deren Folge ist, dass sich vor allem jene jungen Männer nach Europa absetzen, die sonst Militärdienst gegen „Islamischen Staat“&Co leisten müssten. Es ist nur sehr zweifelhaft, dass diese Fluchtmöglichkeit einer guten Zukunft für die Bürgerkriegsländer hilft.
All diese Tatsachen zu ignorieren, wie es die EU-Mehrheit tut, ist eine totale Kopf-in-den-Sand-Politik. Letztlich hilft nur eines: Jedem, absolut jedem Möchtegern-Zuwanderer klarzumachen, dass er wieder deportiert wird, selbst wenn er es mit Hilfe von Schleppern geschafft haben sollte, nach Europa zu gelangen. Mit einer solchen nicht nur angedrohten, sondern auch realisierten Politik ist es Australien gelungen, binnen eines Jahres die illegale Zuwanderung komplett zu stoppen. Es fahren keinerlei Schlepper- oder Flüchtlingsboote mehr nach Australien. Daher ertrinkt auch niemand mehr vor Australiens Küste. Und über 70 Prozent der Australier unterstützen diese rigorose Politik. Auch das reiche Japan oder Südkorea oder Singapur oder Taiwan lassen Schlepperschiffen keine Chance.
Klar ist freilich, dass man in Europa bei Übernahme dieser Politik viel Gegenwind durch Mainstream-Medien (also fast alle), lautstarke NGOs und linke Politiker erfahren wird. Aber andererseits sollten sich die Regierungen klar werden, dass sie die nächsten Wahlen dramatisch verlieren werden. Und dass sie Europa bei Fortsetzung der Massenzuwanderung als Folge ihrer illusionsvollen Symptompolitik langfristig in bürgerkriegsähnliche Zustände hineinhetzen. Das scheinen aber im Wesentlichen vorerst nur Großbritannien, Finnland, Ungarn, Tschechien und einige kleinere (aber recht schweigsame) Reformstaaten erkannt zu haben.
Der australische Weg hat gewisse Ähnlichkeiten mit der jetzt vom ungarischen Premier Orban geforderten Politik: Orban verlangt mehr Militär und Polizei zum Grenzschutz. Die EU müsse darauf hinwirken, dass potenzielle Flüchtlinge es vorziehen, zu Hause zu bleiben. Er will nun eine Volksbefragung veranstalten, die darüber entscheiden soll, ob alle Flüchtlinge sofort festgenommen und abgeschoben werden sollen – auch wenn dies „dummen“ EU-Regeln widerspreche.
Orban droht damit im Grund sogar eine Auskoppelung Ungarns aus dem europäischen Gerichtssystem an, das ja in den letzten Jahren die Immigration in die EU immer weiter erleichtert hat.
Das wird noch sehr spannend.
Selbst wenn Orban seinen Ansatz nicht durchhält, wird er jedenfalls erreichen, dass (nach Ende der Kosovo-Migration) jetzt kein Zuwanderer nach Ungarn will.
Eine Nebenfront ist hingegen der jetzt in der EU lautstark tobende Streit, ob die Immigranten auf alle EU-Staaten gleichmäßig aufgeteilt werden sollten. Das würde zwar etlichen Druck von Österreich und Deutschland nehmen, die wegen ihrer besonders großzügigen Politik die beliebtesten Zielländer sind, und die das daher auch besonders intensiv fordern. Diese Aufteilungsforderung wird neuerdings auch von Italien unterstützt (das ja davor lang versucht hatte, die in Italien landenden Immigranten ohne Asylverfahren heimlich nach Norden weiterzuschieben).
Das hat aber bei Briten, Ungarn, Finnen & Co keinerlei Chance auf Akzeptanz. Und dort hören die Regierungen mehr auf ihre Bürger, als es die deutschsprachigen Regierungen tun.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Unter meinen Lesern sind einige Unternehmer, die trachten müssen, dass die Auftragslage stimmt, denn es müssen die Gehälter und die Lohnnebenkosten bezahlt werden – nebst der Steuern. Wobei ich es noch immer als raubritterisch erachte, dass uns der Staat zweimal im Jahr die doppelten Lohnnebenkosten abknöpft. Dürfen Mitarbeiter jetzt doppelt intensiv krank werden? Oder bekommt deren Hausarzt das doppelte Honorar? Nein – nur eine weitere inferiore, primitive, ungerechte, ich mache es kurz: verschissene Abzocke.
Genau wie wir unterliegen auch die Bauern einer Konjunktur und sind zusätzlich noch vom Wetter abhängig – ach, wie habe ich doch voriges Jahr mit unseren Weinbauern ehrlich und aufrichtig mitgelitten ob des miserablen Wetters.
Aber jetzt kommen wir zum Kern der Sache: Während es den Schwarzen (der angeblichen Unternehmerpartei) egal ist, sollten mein Kollege und ich weniger Kronen, Inlays und Prothesen machen, es ihnen am Arsch vorbeigeht, wenn mein Freund vielleicht weniger Vorhänge in seiner Firma nähen lassen kann und Markisen sich überhaupt nicht verkaufen, und wenn ein anderer Freund keine Badezimmer an Hotels verkauft, da kein Geld vorhanden, werden die Bauern Jahr für Jahr – ob Sonne oder Regen, ob Schaltjahr oder nicht – mit Geld angefüttert.
Warum nur? Ja, weil die Schwarzen nur ein einziges Klientel bedient sehen wollen – nämlich ihre Bauern (Heiliges Giebelkreuz – bitt für uns). Denen wird jährlich die Hälfte des ganzen EU-Budgets zugestanden – und glaubt mir, das ist verdammt viel – so viele Nullen hinter einer Zahl habt Ihr noch nie gesehen.
Dass das, was sie machen, unkeusch und ungerecht ist, wissen sie selbst, denn anders ist nicht zu erklären, dass sie die Schließung der Transparenzdatenbank durchsetzten. Bis vor wenigen Jahren konnte man nämlich die Bezuschussung sämtlicher Bauern Europas auf einer eigenen Seite anschauen. Ich war einige Male drinnen und habe mir bekannte Unternehmen angeklickt und an Perversion nicht mehr Überbietbares gelesen. Ich in meiner Naivität hatte gedacht, dass die Bergbauern, die unsere Landschaft pflegen und hegen – und das unter enormer körperlicher Anstrengung – subventioniert werden. Vergiss es – die bekommen maximal Peanuts, sprich ein mickriges Trinkgeld.
Wer wirklich abkassiert sind Großgrundbesitzer. Mehr Grund = mehr Kohle.
Ich habe selbst Patienten, die riesige Flächen in Rumänien gekauft haben und jetzt zusätzlich zu ihren österreichischen Flächen auch für die in Rumänien ordentlich abkassieren. Wenn schon Subventionen, warum nimmt man nicht die Vorsteuererklärung des jeweiligen Betriebes her? Wenn zu hoch – keine Subvention. Und glaubt mir, wie viel Geld die EU dann übrig hätte.
Aber wenn ich es mir anders überlege: Doch lieber den Bauern, bevor sich Martin Schulz noch einen zweiten Butler zulegt, wie es sich für einen richtigen Sozi gehört.
An wenigen Beispielen möchte ich Euch die Perversion darstellen:
Und das jährlich!
Und wisst Ihr, dass die reichste Frau der Welt die höchsten Subventionen aus diesem EU-Topf bekommt? Es sind mehrere Millionen, die die Königin von England für ihre Ländereien bezieht. Für Grundbesitz, den ihre Vorfahren der autochthonen Bevölkerung gestohlen haben (in diesem Zusammenhang kann ich nur wiederholen, dass die Russen die beste Lösung für ihre ausbeuterische Aristokratie hatten).
Ich kenne keinen Neid und bin ein Freund von Leistungshonorierung. Wenn jemand hart und gut arbeitet, oder wenn jemand eine geniale Idee hat wie Mateschitz – alles Geld steht ihm zu. Aber, dass – jetzt nur auf die Bauern bezogen – die Ärmsten und unter den entbehrungsreichsten Bedingungen Arbeitenden unter ihnen fast nichts bekommen, ist der eigentliche Skandal.
Deshalb wähle ich auch nicht die Schwarzen, sondern weiß, in der Hoffnung, dass sich einmal eine Partei in der Art, wie die AfD in Deutschland eine ist, auch bei uns etabliert – dann hätte ich eine politische Heimat gefunden.
PS: An meine für mich überlebenswichtigen Weinbauern: Wäre ich an Eurer statt, ich würde wahrscheinlich auch die Gelder der EU nehmen. Denn Ihr wäret Sautrotteln, es nicht zu tun, wenn es der Nachbar auch kassiert. Aber Ihr müsst meinen Standpunkt als Unternehmer auch versuchen zu verstehen – von wegen Ausgeglichenheit und Fairness.
PPS: Ein weiteres Thema wären die steuerlich massivst bevorzugten Heurigen – ebenfalls Unternehmer, so wie Wirte, die voll Steuer zahlen. Aber ich echauffiere mich darüber nicht mehr, andernfalls spielt mein Blutdruck verrückt – und das sind mir die Schwarzen nicht wert.
Werner Stockinger ist ein 60-jähriger selbständiger Zahnarzt, der früher neben seiner Tätigkeit an der Zahnklinik auch als Allgemeinmediziner und als Notarzt in Wien gearbeitet hat.
Europas – und auch Österreichs – Politiker waren eine Woche lang so erregt, dass sie vor lauter Schnappatmung zu ersticken drohten. Vor allem, aber nicht nur Sozialdemokraten haben sich dabei in einen besorgniserregenden Zustand versetzt. Der Anlass: Der ungarische Premier Orban hatte laut über die Todesstrafe nachgedacht. Während die Reaktionen auf eine einzige Äußerung Orbans so heftig waren, als hätte dieser die Einführung von Vernichtungslagern und den Einsatz von Atombomben gleichzeitig angekündigt, machen bei nüchterner Betrachtung ein paar Vergleiche stutzig.
Ein Vergleich bezieht sich etwa auf das unterschiedliche Verhalten der EU-Political-Correctness gegenüber Ungarn und Rumänien. Denn während gegen Ungarn wegen der bloßen Erwägung der Todesstrafe – nach einem schockierenden Mord – die dicke Berta aufgefahren worden ist, hatte das gesamte Aufregungs-Kartell 25 Jahre lang keinen einzigen Ton zum Fall Rumänien gesagt.
Dabei hätte es dort viel mehr Grund dazu gegeben: Denn dieses Land hat bis vor kurzem überhaupt nichts unternommen, um die Vorkommnisse in den kommunistischen Gefängnissen vor 1989 auch nur zu untersuchen: die unerträglichen Haftbedingungen, die zahllosen Folterungen und die vielen Hinrichtungen. Erst jetzt – also seit Rumänien zum ersten Mal einen wirklich durch und durch rechtsstaatlich denkenden Staatspräsidenten hat – werden die Geheimakten zu den Gefängnissen des Ceausescu-Regimes veröffentlicht. Ein Vierteljahrhundert wurde geschwiegen und vertuscht.
Jetzt haben schon die ersten Akten enthüllt, dass allein zwischen 1957 und 1962, also in bloß fünf Jahren in einem einzigen rumänischen Gefängnis 103 politische Gefangene – also durchwegs Unschuldige! – getötet worden sind. Und unzählige weitere Menschen schwer gefoltert und viele Jahre eingekerkert.
Das waren und sind für viele Politiker offensichtlich vernachlässigenswerte Kavaliersdelikte in der Kategorie von Falschparken. Für Parlamentspräsident Schulz (also den Mann, der sich immer von einem Butler den Stuhl unter seinen Allerwertesten schieben lässt) ebenso wie für Othmar Karas. Um nur zwei der besonders eifrigen Ungarn-Hyperventilierer zu nennen. Völkermorde und schwerste Menschenrechtsverletzungen hat es für diese Politikerklasse offenbar nur vor 70 oder 100 Jahren gegeben, aber nie in den 70 Jahren danach. Wir lernen: Gutmenschentum ist etwas sehr Selektives. Vor allem, wenn die Täter noch leben.
Zurück zur Todesstrafen-Diskussion. Schulz&Co können jetzt wieder erleichtert durchatmen, weil Viktor Orban inzwischen das Thema ohnedies wieder von der „Tagesordnung“ genommen hat. Dennoch sollte man sich die wichtigsten Eckpunkte in Erinnerung rufen:
Vertreter nationaler Minderheiten blicken zwei Terminen mit geschärftem Interesse entgegen: der Unterhauswahl im Vereinigten Königreich am 7. Mai sowie der Parlamentswahl in Katalonien am 27. September. Die Minderheiten hoffen, aus den von Schotten und Katalanen bisher schon erreichten und künftig zu bezwingenden Etappen auf dem Weg in die Selbstbestimmung Ansporn und Kraft für eigene Schritte ableiten zu können. In Südtirol, wo jene Kräfte in den letzten Jahren stärkeren Zuspruch in der Bevölkerung erlangten, die für ein „Los von Rom“ eintreten, beobachtet man Schottland besonders intensiv.
Dort ist im Vorjahr ein Unabhängigkeitsreferendum zwar gescheitert, aber Nicola Sturgeon, Nachfolgerin des Initiators Alex Salmond an der Spitze der Scottish National Party (SNP) und ihres Landes, kann laut jüngsten Umfragen im Mai mit einem Wahltriumph rechnen. Weshalb neben patriotischen Verbänden wie Südtiroler Schützenbund (SSB) und Südtiroler Heimatbund (SHB) auch die bei der Landtagswahl 2013 erstarkte Opposition – Freiheitliche Partei Südtirol (FPS), Süd-Tiroler Freiheit (STF) und BürgerUnion (BU) – die britische Nachwahlentwicklung gespannt verfolgen. Sie konzentrieren sich darauf, wie die frühere Anwältin Sturgeon künftig politisch verfahren wird, um dem Ziel verstärkter Unabhängigkeit oder gar des „Los von London“ in Form staatlicher schottischer Eigenständigkeit näherzukommen.
Signale, die Sturgeon während des Wahlkampfs aussandte, schienen auf den ersten Blick anzuzeigen, dass die Unabhängigkeitsfrage auf absehbare Zeit nicht mehr so sehr wie unter Salmond auf der politischen Agenda aufscheinen würde. Sturgeon stellte nämlich eine „fortschrittliche Allianz" mit Labour in London in Aussicht. Für Labour-Chef Ed Miliband, den Herausforderer des konservativen Premiers David Cameron, stellt diese Aussicht eine kaum auszuschlagende Verlockung dar. Er dürfte auf die SNP-Abgeordneten – wenn nicht als Koalitionäre, so doch als Mehrheitsbeschaffer – angewiesen sein.
Umfragen prophezeien der SNP in Schottland um die 45 Prozent der Stimmen, Labour verheißen sie indes nur 28 (in ganz Großbritannien 33) Stimmenprozente. Aufgrund des klassischen Mehrheitswahlrechts – wer im Wahlkreis die höchste Stimmenzahl erreicht, ist als Abgeordneter gewählt – wird die SNP höchstwahrscheinlich 50 der 59 schottischen Unterhaus-Mandate erringen und damit wohl zur drittstärksten Partei in Westminster aufsteigen. Denn keine Umfrage zeigt, dass Nick Cleggs Liberaldemokraten, bisher Koalitionspartner von Camerons Konservativen, ihren Erfolg von der Wahl 2010 wiederholen könnten; sie dürften daher im nächsten Unterhaus unter den 650 Abgeordneten allenfalls eine Randposition einnehmen.
Da die Tories mit Einbußen rechnen müssen, hervorgerufen durch die demoskopisch als erstarkend ausgewiesene United Kingdom Independent Party (Ukip) des Nigel Farage, aber auch durch die walisische Nationalpartei Plaid Cymru und durch Grüne, weist alles auf ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ zwischen Cameron und Miliband hin. Die Stunde der SNP kommt, wenn Miliband von Sturgeons Angebot Gebrauch machen muss, die klipp und klar sagte: „Wenn es nach der Wahl eine Anti-Tory-Mehrheit im Unterhaus gibt, dann sollten wir beide gemeinsam David Cameron aus der Downing Street heraus halten – selbst wenn die Konservativen stärkste Partei sind".
Diese Unterstützung – nur diese, denn ideologisch so gut wie ausgeschlossen ist ein Bündnis mit Cameron und seiner Conservative Party, da die SNP eine linksgerichtete Partei ist – wird ihren Preis haben. Sie wird nur nur durch massive Zugeständnisse hinsichtlich der weiteren Verselbständigung Schottlands erkauft werden können. Parteichefin Sturgeon jedenfalls dürfte das Ziel vor Augen haben, sich die Unterstützung Milibands mittels dessen verbindlicher Zusage für ein neuerliches Unabhängigkeitsreferendum – nach einem allfälligen SNP-Erfolg bei den Wahlen zum schottischen Parlament in Edinburgh, die schon 2016 anstehen – entgelten zu lassen.
Was sich infolge der Wahl künftig auf den britischen Inseln zutragen wird, verfolgen in Italien aber nicht nur Tiroler zwischen Brenner und Salurn sowie die benachbarten Trientiner, mit denen die Südtiroler in einer ungeliebten Region zwangsvereint sind, sondern auch Unabhängigkeitsbewegungen in der Lombardei und im Veneto. Ja, selbst Sarden und Sizilianer, wenngleich mehr als alle anderen Provinzen Italiens abhängig von Infusionen aus Rom (und Brüssel!), finden Geschmack am Rumoren beidseits des Hadrianswalls.
Dasselbe gilt für Korsen, Okzitaner, Elsässer und Bretonen sowie nicht zuletzt für die Basken beidseits der Pyrenäen, wiewohl diese Volksgruppen mehr die Vorgänge auf der iberischen Halbinsel denn die jenseits des Ärmelkanals im Blick haben dürften.
Wegen des Aufbegehrens der selbstbewussten Katalanen – einer eigenständigen Nation nach eigenem Verständnis – gegen Madrid ergibt sich für die Einheit Spaniens ein existentieller Konflikt. Die Mehrheit der Bevölkerung Kataloniens möchte schon seit langem über die politische Zukunft ihres Landes abstimmen. Sie will darüber befinden, ob Katalonien Teil Spaniens bleiben oder ein unabhängiger Staat – und als solcher ein eigenständiges Mitglied der EU – werden soll. Das Streben nach Unabhängigkeit ist keine Erfindung der Katalanen: Seit 2004 sind der EU 13 Staaten beigetreten, von denen sieben ihre Unabhängigkeit erst nach 1990 erlangten.
Die Katalanen haben ihren Wunsch, abstimmen zu wollen, mehrmals auf friedliche Weise zum Ausdruck gebracht. So demonstrierten 1,5 Millionen im September 2012 in Barcelona unter dem Motto „Katalonien, der nächste Staat Europas“. 2013 bildeten zwei Millionen eine 400 Kilometer lange Menschenkette, und 2014 formte eine ähnlich große Zahl von Katalanen ein riesiges V auf den Straßen der Hauptstadt. Für ein Land mit knapp 7,5 Millionen Einwohnern sind dies beeindruckende Zahlen, welche für eine Bewegung stehen, die Mitglieder, Anhänger und Sympathisanten fast aller politischen Parteien Kataloniens in sich vereint. Aus Umfragen geht indes hervor, dass sich unter den 80 Prozent derer, die eine Volksbefragung befürworten, durchaus auch viele Gegner der Unabhängigkeit Kataloniens befinden. Sie treten für das Recht der Bevölkerung auf Abstimmung, also für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ein. Im katalanischen Parlament haben zwei Fünftel der Abgeordneten ihre Absicht bekundet, abstimmen zu wollen, ebenso 97 Prozent aller Bürgermeister sowie die meisten Organisationen des Landes.
Für Madrid jedoch ist eine Volksabstimmung in Katalonien gemäß Staatsverfassung, wonach „Spanien unteilbar ist“, nicht zulässig. Da Regierung und Justiz Spaniens mit allen Mitteln Referenden, wie es sie in Kanada und in Großbritannien aufgrund von in gegenseitigem Respekt getroffenen Übereinkünften gab, blockieren, bleibt den Katalanen nach Ansicht ihres Regierungschefs Artur Mas „nur die Parlamentswahl, um herauszufinden, ob die Absicht, einen eigenständigen Staat zu gründen, über die die notwendige Unterstützung in der Bevölkerung verfügt“.
Alle Parteien, die sie unterstützen, bringen diese Option explizit in ihren Wahlprogrammen zum Ausdruck, so dass der Grad der Unterstützung unmissverständlich und zweifelsfrei ermittelt werden kann. Fällt das Ergebnis eindeutig aus, so hat die daraus hervorgehende Regierung ein demokratisches Mandat zu erfüllen, nämlich den Aufbau staatlicher Strukturen abzuschließen, damit – nach Verhandlungen mit der spanischen Regierung und der Europäischen Union über Zeitplan sowie Bedingungen für die Gründung eines neuen europäischen Staates – ein reibungsloser Vollzug möglich werden kann.
Daher trägt die Wahl zum katalanischen Parlament am 27. September zwangsläufig plebiszitären Charakter und gilt allen gleichgesinnten und vor ähnlich hohen zentralstaatlichen Hürden stehenden Bewegungen als Initiationszeichen mit Vorbildwirkung für eigene Initiativen.
Herrolt vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Der EU-Gipfel hat mehr Unterstützung für die Masseneinwanderung nach Europa beschlossen. Sonst nichts.
Da erfahrungsgemäß von den illegalen Immigranten via Asyl-Gewährung, Nicht-Abschiebung, Zeugung von Kindern 90 Prozent dauerhaft in Europa zu bleiben verstehen, bedeutet die neue Hilfe für die Schlepper lediglich eines: Es werden noch mehr mehrheitlich moslemische Afrikaner und Asiaten nach Europa strömen. Sie werden nun wieder viel sicherer zuwandern können. Sonst lehnte die Mehrheit der Regierungschefs alles ab, was den Migrations-Strom stoppen könnte: Blockade der libyschen Häfen, von wo aus die Schlepperboote kommen; Einrichtung von gesicherten Stützpunkten in Nordafrika, wohin die Migrationswilligen gebracht werden; Befolgung des australischen Beispiels, wo durch Transport aller illegalen Immigranten auf eine Insel das Problem gelöst werden konnte; effizienter Kampf gegen alle Schlepperbanden nach dem Muster der erfolgreichen Ausrottung der Piraterie vor den Küsten Ostafrikas. Ein grandioser Erfolg der Mainstream-Medien, der Sozialdemokraten und einiger knieweicher Politiker wie Angela Merkel. Der Brite David Cameron und einige Osteuropäer blieben hingegen isoliert. Eher zweifelhaft ist freilich, ob auch die Bürger Europas das für richtig halten. Aber die werden ja von den politmedialen Eliten schon lange nicht mehr beachtet.
Das finnische Wahlergebnis bedeutet eine Katastrophe für – Griechenland.
In Finnland ist zum ersten Mal in Europa eine rechtspopulistische Partei bei Parlamentswahlen an die zweite Stelle vorgestoßen. Die „Partei der Finnen“ hat damit alle Umfragen widerlegt, die ein Ende ihres Aufstiegs prophezeit haben.
Noch sensationeller ist
Massiv verloren hat die bisherige Regierung aus Konservativen und Sozialdemokraten (eine Konstellation, die auch Österreichern irgendwie bekannt vorkommt). Sie wurde für die schlechte Wirtschaftslage abgestraft. Und für ihre wenig charismatischen Führungspersönlichkeiten (eine Konstellation, die auch Österreichern irgendwie bekannt vorkommt).
Der Aufstieg der Partei der Finnen in die Regierung bedeutet aber vor allem für Griechenland Schlimmes. Denn die Partei hat eine ganz klare Forderung im Zentrum: keinerlei weitere Gelder für Griechenland. Ohne Konsens aller Euro-Länder aber kann es kein Geld für Griechenland mehr geben. Trotz der Mittelmeersonne sollten sich die Griechen daher ob des kalten Windes aus dem Norden sehr warm anziehen. Ob ihnen da ausgerechnet das marode Russland noch helfen kann, wie die griechische Linksaußenregierung glaubt?
Es wird spannend.
Wieder einmal ist die EU schuld, sind wir schuld, dass Hunderte, Tausende Menschen allein in den letzten Tagen im Mittelmeer ertrunken sind. Das wird ringsum behauptet. Das ist aber einfach nicht wahr. So tragisch diese Todesdramen auch sind: Daran sind nicht die EU-Europäer schuld, sondern viele andere.
Aber dennoch bestünde dringender Handlungsbedarf für Europa. Den es freilich noch immer nicht begreift. Den auch die vielen Leitartikler und Politiker nicht begreifen, die jetzt in Betroffenheit wehklagen und sofortige „humanitäre Hilfe“ verlangen.
Solche Klage- und Hilferufe heißen nämlich in der wirklichen Welt nichts anderes als: Wir wollen noch viele weitere Millionen Afrikaner und Asiaten nach Europa hereinholen. Vor allem Moslems.
Dass auch die EU-Staaten nicht begreifen, vor welch gigantischer Herausforderung sie stehen, zeigt das jetzt einberufene Krisen-Sondertreffen der europäischen Außen- und Innenminister oder der ebenfalls verlangte Gipfel der EU-Regierungschefs. Denn die wichtigsten Minister fehlen: die Verteidigungsminister. Daher sind solche Treffen nur wirkungslose Betroffenheitsrituale.
Die europäischen Regierungen trauen sich nicht zuzugeben: Es ist in nichts anderes als Krieg, wenn viele Millionen Menschen in ein anderes Land (oder eine Union) drängen, um dort dauerhaft zu leben, ohne dass dieses Land, diese Union sie gerufen hätte, sie im Land haben wollte. Ob man diesen schon seit Jahren millionenfach stattfindenden Andrang nun „Krieg“ oder „größte Völkerwanderung der Geschichte“ nennt, ist egal. Tatsache ist, dass sich Europa nur noch mit militärischen Mitteln dagegen wehren kann.
Juristische Spitzfindigkeiten, Aufteilung der Zuwanderer auf andere Länder und Bundesländer, Belegung der letzten noch leerstehenden Hotels und Pfarrhäuser mit Migranten und ähnliche Maßnahmen sind bloß verzweifelte Symptomkuren. Das gilt auch für „Strategien“ wie das Verschweigen der Täter-Nationalität in Polizeiberichten über Verbrechen. Das ist simple Vogel-Strauß-Politik, die aber immer mehr Menschen als verlogene Manipulation erkennen.
Noch manipulativer sind die journalistischen Gutmenschen-Reportagen, die immer nur liebenswerte Immigranten-Familien mit netten Kleinkinder darstellen, die immer nur die Rettung oder Nichtrettung von Immigranten behandeln, die diese prinzipiell „Flüchtlinge“ nennen. Sie thematisieren aber nie, wie viele Millionen Afrikaner und Asiaten in den letzten Jahren schon nach Europa gekommen sind und fast nie abgeschoben werden.
Die Medien und daher die Politik diskutieren statt dessen immer nur kontraproduktive Symptomkuren. Eine solche wäre die von Rom geforderte Ausdehnung der maritimen Rettungsaktionen über große Teile des Mittelmeers. Der italienische Wunsch hätte nur ein Ergebnis: Dann würden die Schlepper noch leichteres Spiel haben, die Migranten auf europäischen Schiffen abzuladen. Diese Schlepper kassieren schon einen über fünfstelligen(!) Eurobetrag für jeden nach Europa transportierten Migranten. Und wenn ihnen jetzt die Boote auszugehen drohen, stehlen sie sich mit Piraten-Methoden in Europa neue Boote. Soll man ihnen da wirklich noch mehr helfen?
Wer aber ist schuld an diesem Millionenstrom? Die Liste ist lang.
Aber was kann Europa machen? Denn es ist heute klar: Die Abschirmung durch noch so hohe Zäune bewirkt wenig, so schön sich das auch viele vorgestellt haben. Kein Zaun, keine Mauer ist undurchdringlich. Und erst recht nicht das Mittelmeer. Auch mit militärischen Mitteln kann das Eindringen weiterer Millionen nicht verhindert werden.
Dennoch gäbe es klare und zielführende Strategien, die letztlich auch eine militärische Dimension haben: Jeder, der illegal nach Europa einwandern will, muss durch die Gewissheit abgeschreckt werden, dass er zwar irgendwie nach Europa hineingelangen kann, dass er aber von dort umgehend wieder abgeschoben wird. Solange Europa dies nicht durch Taten jedem Afrikaner und Asiaten klarmacht, solange wird der Ansturm immer weiter anwachsen.
Genau eine solche Strategie verfolgt seit einigen Jahren Australien. Mit eindeutigem Erfolg. Ganz ähnlich tut dies auch Israel. Australien bringt jeden illegalen Einwanderer auf eine Insel weit vor seiner Küste, von wo dann nur sehr wenigen von ihnen Asyl und damit die Einreise auf den fünften Kontinent gewährt wird. Den anderen bleibt nur die Wahl: Auf der Insel zu bleiben oder einen der Rücktransporte in ein asiatisches Land zu besteigen.
Das ist gewiss keine Lösung im Sinn der Migrations-Industrie. Eine solche Konstruktion ist aber die einzige Hoffnung auf ein Überleben Europas und ein Ende des Sterbens im Mittelmeer.
Immer öfter wird deshalb nun auch in europäischen Ländern vorgeschlagen, in Nordafrika eine ähnliche Zone zu errichten. In dieser Zone können Afrikaner und Asiaten Asyl oder eine Arbeitserlaubnis beantragen, wenn ein europäisches Land Verwendung für sie hat.
Dieser Vorschlag hat freilich vorerst keine Chance, weil die Herrschaft der blinden Gutmenschen in Medien und Politik (und Kirchen) noch zu stark ist.
Aber auch dieser Vorschlag alleine brächte keine wirkliche Lösung, solange man nicht auch bereit ist, den zweiten und dritten Schritt zu gehen. Der zweite Schritt bedeutet, dass ähnlich wie in Australien auch alle jene Migranten in ein solches Asylwarte-Zentrum gebracht werden müssen, die es irgendwie nach Europa geschafft haben. Wenn man das nicht konsequent tut, würde sich an der gegenwärtigen furchtbaren Realität – alljährlich Millionen zusätzliche illegale Einwanderer und Tausende elendiglich Ersaufende – absolut nichts ändern. Warum auch sollten die Migrationswilligen ihre Zeit für die kleine Chance auf Asyl in einem solchen Zentrum vertun, wenn der direkte Weg nach Europa möglich ist!
Auch über den damit verbundenen dritten Schritt sollte man offen reden: Das ist die militärische Dimension. Denn angesichts des totalen Chaos in Libyen wird ein so großes Lager (oder mehrere) nur unter starker militärischer Sicherung möglich sein. Egal welche der vielen libyschen „Autoritäten“ gerade der Errichtung eines Lagers zustimmen mag oder nicht. Egal, ob einige Linke dann sagen, das sei eigentlich Neokolonialismus.
Wer die Stufen zwei und drei ignoriert oder nicht wahrhaben will, der sollte nicht über den Tod im Mittelmeer und die Enteuropäisierung Europas klagen. Denn der ist selbst mitschuld am doppelten Unheil. Auch wenn er sich für einen Gutmenschen halten mag.
Rund einen Monat ist es jetzt her, dass mehrere griechische Minister im Zusammenhang mit der drohenden Pleite ihrer korrupten Bananenrepublik massive Drohungen gegen den Rest Europas ausstießen. Nicht weniger als der „Export islamischer Massenmörder“ wurde in Aussicht gestellt, falls man auf ihre anmaßenden Forderungen nicht einzugehen gedächte. Hunderttausende illegale Immigranten, möglicherweise sogar Angehörige der islamischen Terroristen vom IS, sollten mit Papieren ausgestattet werden, „damit sie nach Berlin gehen können“, kündigte Verteidigungsminister Kammenos an. Ein Kommentar zu diesem unglaublichen Gangsterstück erübrigt sich.
Dass die auf diese Weise adressierten Politiker und Zentralbanker im Rest Europas darauf nicht in schärfster Form reagiert und die Massenmedien diese Ungeheuerlichkeiten großteils mit auffallender Zurückhaltung behandelt haben, ist als ein Symptom für den vollständigen politischen und moralischen Niedergang der Alten Welt zu werten. Denn auf einen groben Klotz gehört allemal ein grober Keil. Appeasement bringt niemals positive Resultate – gleich, ob es sich um eine Konfrontation mit deutschen Nationalsozialisten oder mit griechischen Kommunisten handelt…
Offensichtlich aber haben die aggressiven Rabauken der griechischen Regierung ihre windelweichen europäischen „Partner“ völlig richtig eingeschätzt. Denn die sind – erneut – eingeknickt und haben sich einmal mehr mit nichtssagenden Erklärungen zur Bewältigung der Schuldenkrise abspeisen lassen, anstatt die Reißleine zu ziehen und den maroden Balkanstaat in die wohl verdiente Pleite zu schicken (es wäre nicht die erste seit der Premiere anno 1893). Die gefährlichen Drohungen der Griechen in Richtung Brüssel und Berlin haben offensichtlich gewirkt – möglicherweise auch deshalb, weil sie listig mit Avancen an den Gottseibeiuns des einstmals freien Westens – Zar Putin – verknüpft waren.
Dass die EZB Anfang März mit einem gigantischen Anleihekaufprogramm begonnen hat zeigt, worauf sich inzwischen alles Sinnen und Trachten der europäischen Nomenklatura richtet: Auf den Erhalt der Währungsunion – und das zu jedem Preis. Wer wird schon so spießig sein und kleinlich auf dem statutengemäß einzigen Zweck der EZB – dem Erhalt der Währungsstabilität – herumreiten? Wo es doch um etwas wesentlich größeres, nämlich um das von den europiden Machteliten unverhohlen angepeilte Ziel einer Schaffung der „Vereinigten Staaten von Europa“ geht. Was sind da schon ein paar unbedeutende Aktien- Immobilien- und Staatsanleihenblasen, die durch immer neue monetäre „Rettungsmaßnahmen“ immer weiter aufgebläht werden? Gelegentlich platzen Immobilien- und Finanzblasen eben und die Welt dreht sich dennoch weiter, so scheint das frivole Kalkül des Brüsseler Politbüros und Mario Draghis zu lauten.
Um in Zahlen zu kleiden, was gegenwärtig passiert: Seit die EZB (statutenwidrig) damit begonnen hat, die Finanzmärkte Monat für Monat mit der gigantischen Summe von 60 Mrd. Euro zu fluten, ist der DAX um 19 Prozent (!) gestiegen (Quelle: Bankhaus Rott & Frank Meyer). Ohne dass sich an den gewöhnlich für die Aktienkurse relevanten Fundamentaldaten der Wirtschaft und/oder den Prognosen für die kommende Zeit etwas zum Besseren gewendet hätte. Jenseits des Atlantiks, in den USA, sieht es nicht viel anders aus. Dort hat der Staat, unter tatkräftiger Unterstützung durch die US-Notenbank FED, mittlerweile die unvorstellbare Schuldensumme von 18,2 Billionen USD (2007 waren es „nur“ 8,9 Billionen) aufgetürmt. Auch in den USA hängen Konjunktur und Aktienbörsen an der Nadel der in Rekordtempo Geld schöpfenden Notenbank.
Seit vielen Jahren werden die Vermögenswerte – weltweit – mittels Zinsmanipulation und lockerer Geldpolitik künstlich erhöht. Die Aktienbesitzer werden natürlich kaum Widerstand gegen die Währungsinflation leisten, solange dadurch die Kurse ihrer Anlagen steigen. Steigende (nominelle) Vermögenswerte aber befeuern die nicht enden wollende Debatte um die „aufgehende Schere zwischen Arm und Reich“. Und die mündet obligatorisch in der Forderung nach weiteren politischen Interventionen in die Märkte. Am Ende ist an jeder (vermeintlichen oder tatsächlichen) Fehlentwicklung nämlich immer „der Kapitalismus“ schuld, niemals Inkompetenz und Niedertracht der politischen Eliten. Merke: Der Weg zur zentral gelenkten Planwirtschaft ist mit Interventionen gepflastert.
Zurück nach Griechenland: Mit der pünktlich Anfang April erfolgten Zahlung von 450 Millionen Euro an den IWF hat sich Griechenland erneut einen runden Monat Zeit erkauft. Dann nämlich ist die nächste Umschuldungsaktion fällig. Zeit, in der, wie man den Worten des dynamischen Duos Tsipras/Varoufakis entnehmen kann, an keinerlei Reformanstrengungen gedacht ist.
Wer wird dann wohl einspringen, nachdem man für den zurückliegenden 450-Million-Coup (regelwidrig!) EZB-Notfall-Kredite im Umweg über die griechischen Privatbanken eingesetzt hat?
Von grundsätzlicher Bedeutung aber ist die Frage, ob es sinnvoll sein kann, einen Staat über Wasser zu halten, der aus eigener Kraft nicht annähernd ausgeglichen bilanzieren kann? Einen Staat, der Monat für Monat rund 20 Prozent mehr ausgibt, als er einnimmt? Wie intelligent ist es, ein Land dauerhaft mit Krediten am Leben zu erhalten, in dem man seit Jahrzehnten über seine Verhältnisse lebt?
Gutheißen werden diese Politik nur diejenigen, die darauf aus sind, die „Vereinigten Staaten von Europa“ quasi durch die Hintertür – im Wege einer Transferunion – und zwar gegen den Willen einer überwältigenden Mehrheit der EU-Bürger, zu etablieren.
Was in der Spätzeit des Wohlfahrtsstaates auf nationaler Ebene geschieht, wird mittlerweile eben auch im großen EU-Konzert zelebriert: Belohnt wird, wer sich bequem zurücklehnt und andere für sich schuften lässt. Bestraft wird, wer seine Ärmel aufkrempelt und – im wahrsten Sinn des Wortes - etwas unternimmt. Wer die Früchte seiner Arbeit behalten möchte, wird als „gierig“ und „unsozial“ gebrandmarkt. Wer seine Finger unentwegt in die Brieftaschen fremder Leute steckt, verhält sich dagegen „solidarisch“. Fridrich Nietzsche schrieb einst von der „Umwertung aller Werte“. Genau damit haben wir es, im Rahmen der derzeit von der EU gebotenen Groteske, zu tun.
Je länger die griechische Farce andauert (von einer Tragödie zu sprechen, verbietet die Armseligkeit der involvierten Akteure), desto näher rückt Europa dem erschreckenden Szenario eines zentralistischen, sozialistisch-totalitären, von den Produktiven zu den Unproduktiven umverteilenden Gouvernantenstaates. Besonders die Jungen, die sich nicht zur Auswanderung entschließen können, sind wahrlich nicht zu beneiden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die EU und ihre Mitglieder haben eine katastrophale Entwicklung genommen. Ihnen war die ursprüngliche und großartige Idee offenbar zu langweilig gewesen, durch einen gemeinsamen Binnenmarkt vieler selbständiger Nationen, die sich jahrhundertelang in vielen schlimmen Kriegen bekämpft hatten, einen riesigen Friedensraum zu schaffen. Die EU-Politik und ihre Beamten verhedderten sich durch ihren darüber hinaus zielenden Machtrausch in den letzten zehn, fünfzehn Jahren in zahllose überflüssige und bei den Europäern verhasste Regulierungen, ob es nun die Glühbirnen oder die Allergen-Vorschriften sind. Sie scheiterten dramatisch und mit noch gar nicht absehbaren Folgen bei der Herstellung einer Währungsunion. Aber das Allerschlimmste ist noch gar nicht richtig ins Bewusstsein der meisten Europäer eingedrungen.
Das Allerschlimmste ist die Schritt für Schritt vorangetriebene Strategie, einen neuen europäischen Einheitsmenschen zu schaffen. EU wie Staaten schränken nämlich zunehmend nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die persönliche Freiheit jedes europäischen Bürgers ein, insbesondere die Meinungsfreiheit. Das kaum bemäntelte Ziel: eine Diktatur der Political correctness.
Entscheidende Antriebsfeder dabei ist die offenbar bei Herrschenden im Lauf der Zeit immer ausbrechende Lust, wie ein Gott – oder Orwells Großer Bruder – alles regeln, überwachen, feinsteuern, kontrollieren zu wollen. Sogar das menschliche Verhalten, Sprechen und Denken. Die Politik glaubt allen Ernstes, per Dekret bessere Menschen schaffen zu können.
Gewiss: Die Schaffung eines neuen, eines anderen Menschen gemäß irgendwelcher ideologischer Theorien und die Unterdrückung der Freiheit sind in der politischen Geschichte Europas nichts Neues.
Ähnlich schlimm ist – etwa seit der Jahrtausendwende – auch der Versuch der Schaffung eines neuen Menschen durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten. Das rückt wohl nur deshalb noch nicht so in unser Bewusstsein, weil es scheibchenweise passiert und nicht durch eine dramatische Machtübernahme wie etwa bei Kommunismus, Nationalsozialismus oder „Islamischem Staat“.
Wie im Kindergarten will die europäische politische Gouvernante die Menschen immer mehr reglementieren, damit sie nur ja politisch korrekt und auch sonst dem herrschenden Zeitgeist entsprechend leben. Ähnliche Tendenzen gibt es zwar auch in den USA. Dort hat sich jedoch eine mächtige Gegendynamik herausgebildet. Einerseits durch die Tea Party, andererseits durch libertäre Bewegungen. In Europa ist davon noch viel weniger zu spüren. Hier werden diese Bewegungen von den regulierungssüchtigen Politikern und ihren medialen und universitären Helfershelfern gleich vorweg massiv denunziert.
Noch viel schlimmer als all die genannten Tendenzen ist die in den letzten Jahrzehnten in Politik und vielen Universitäten vorherrschend gewordene Gender-Theorie, die sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts aus neomarxistischen Ansätzen heraus entwickelt hat. In krassem Widerspruch zu allen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Beweisen, in anmaßendem Kontrast zur Überzeugung und Lebenserfahrung fast aller Europäer – also total undemokratisch – wird dabei die These vom „sozialen Geschlecht“ verbreitet und in immer mehr Gesetzen und EU-Richtlinien durchgesetzt.
Diese rein konstruktivistische These behauptet, dass die Geschlechter und alle – in Wahrheit schon ab den ersten Lebenswochen feststellbaren! – Unterschiede im Verhalten ein rein „soziales“, gesellschaftliches Konstrukt wären. Die Genderideologie führt dazu, dass die nationale wie die EU-Politik über das Prinzip der gleichen Rechte und der gleichen Würde hinaus alle Menschen auch im Ergebnis völlig gleichmachen will. Was total den Menschenrechten widerspricht. Sie sieht ihr Ziel erst erreicht, wenn alle Automechaniker zu 50 Prozent Frauen sind und alle Krankenpfleger und Friseure zu 50 Prozent Männer (genauer: Menschen, die als ihr soziales Geschlecht „männlich“ angeben).
Sie setzt dazu immer mehr auf Männerdiskriminierung und Quotenzwänge – trotz des undemokratischen Charakters von Quoten und ihrer schädlichen Auswirkungen. Frauenquoten werden zunehmend nun auch schon durch die Forderung nach Zuwandererquoten erweitert. Das alles ähnelt ganz den Arbeiter- und Bauernquoten im Kommunismus.
Sie macht mit der Gendersprache viele Texte unleserlich. So wie ja auch alle marxistischen Texte weitgehend unleserlich waren.
Noch widerlicher ist die in den letzten Jahren in immer mehr EU-Ländern über schulischen Zwang versuchte Frühsexualisierung von Kindern. Dabei werden fundamentale Erziehungsrechte der Eltern brutal beiseitegeschoben. Dabei wird darüber hinaus die Propaganda bis in die Volksschulen hinein transportiert, dass homosexuelle oder bisexuelle Verhaltensweisen mit heterosexuellen völlig gleichwertige Optionen wären, unter denen die Kindern nicht nur frei wählen können, sondern auch sollen. Die Offensive einschlägiger Verordnungen und (sehr expliziter) Bücher reicht von Baden/Württemberg bis Österreich.
Die diktatorische Gouvernante Politik mischt sich auch jenseits der Genderei immer mehr in die Sprache ein, also in etwas, was in der Geschichte bisher noch nie der Politik gehört hatte. Sie empfiehlt nicht mehr nur ihren Neusprech, sondern sie will auch durch Gesetze, am liebsten Strafgesetze erzwingen, dass man bestimmte Ausdrücke nicht mehr verwenden darf: wie beispielsweise die Worte Behinderter, Neger, Zigeuner, Sozialbetrüger oder illegale Immigranten. Was nicht nur diktatorisch, sondern auch naiv ist. Denn die Probleme von Behinderten usw. werden ja um kein Gramm geringer, wenn man diese Ausdrücke nicht mehr verwendet.
Ein besonders lautstark betontes Ziel der europäischen Gutmensch-Gouvernanten ist der Kampf gegen Kinderarbeit in der Dritten Welt und gegen Produkte, die von dort kommen. Hinter diesem Kampf der Ideologen und naiven Gutmenschen gegen Billiglöhne verbergen sich in Wahrheit oft die europäischen Konkurrenten solcher Produktionen aus Asien, Afrika und Lateinamerika. Sie hätten wieder bequeme Gewinne, wenn es diese Konkurrenz nicht gäbe. Daher will man sie auf Kosten der Konsumenten (die dann ja wieder viel mehr zahlen müssten) mit moralistischen Argumenten vertreiben.
Nur: Mit Moral hat es absolut nichts zu tun, sollte die Dritte Welt wirklich ihre Produkte nicht mehr nach Europa ausführen dürfen. Den Menschen der Dritten Welt wird dadurch nämlich ganz sicher nicht geholfen; und schon gar nicht den Kindern. Ganz im Gegenteil. Denn ohne den Export von Produkten gibt’s auch keine Jobs, und es droht der Rückfall in die einstigen Nöte der Arbeitslosigkeit oder des Verhungerns in der Subsistenzwirtschaft. Statt Billiglöhnen gibt es dann nämlich gar keine Löhne. Und den Kindern droht noch Schlimmeres: Prostitution, Bettelei oder gar die Tötung als überflüssiger Esser.
Andere Bevormundungs-Phänomene in diesem Europa überschreiten die Grenze zur Lächerlichkeit. Das ist etwa die Anstachelung zur Magersucht, die in Frankreich (ein häufiger Vorreiter für Knebelungsgesetze) künftig mit einem Jahr Gefängnis bestraft werden soll. Natürlich ist Magersucht unerfreulich oder dumm. Aber will das „neue“ Europa wirklich jedes unerfreuliche Verhalten mit Gefängnis bestrafen? Ist jede Illustrierte mit überschlanken Modells strafbar? Wird Europa zum Umerziehungslager?
In der EU-Kommission ist wiederum eine Richtlinie in Vorbereitung, die jetzt auch die Veröffentlichung von Firmengeheimnissen mit Haft bestrafen will. Damit werden jedoch nicht nur Patente, sondern vor allem kriminelle Praktiken von Firmen vor der Veröffentlichung geschützt und solche, von denen es zumindest fragwürdig ist, ob sie legal und korrekt sind.
Den absoluten Tiefpunkt hat die europaweite Umerziehungsoffensive aber durch einen Rahmenbeschluss des EU-Rates „zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ erreicht.
Am Parlament vorbei wurde durch diesen Beschluss der Justizminister aller EU-Staaten eine lange Latte an reinen Meinungsdelikten auf den Index gesetzt. Damit werden jene Meinungsverbote, die einst bei den NS-Verbotsgesetzen in Österreich und Deutschland noch als ganz einsame und nachkriegsbedingte Ausnahme vom Prinzip der Meinungsfreiheit angesehen worden sind, auf breiteste Front ausgedehnt. Damit kann die Linke künftig all ihre Gegner strafrechtlich wegen Verhetzung verfolgen.
Dieser „Rahmenbeschluss“ und dessen jetzt auch in Österreich bevorstehende gesetzliche Umsetzung will strafgesetzlich die totalitäre Herrschaft bestimmter Meinungen durchsetzen. So darf bei sonstiger Verurteilung kein „Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen“ mehr geleugnet oder gröblich verharmlost werden, wenn irgendwo und irgendwann ein Gericht solche historischen Vorgänge einmal so bezeichnet hat. Dabei können aber auch bloße Beschimpfungen und Beleidigungen unter Haftstrafe gestellt werden.
Diese Vorgehensweise ist haargenau gleich mit der einst von Nationalsozialismus oder vom Kommunismus per Strafgesetz erfolgten Durchsetzung von Meinungen. Auch wenn ich keine Sympathien für Beschimpfungen oder Beleidigungen oder die Leugnung der türkischen Rolle beim Völkermord an den Armeniern habe: Aber ich lehne es als zutiefst totalitär ab, das mit Haftstrafen zu verfolgen.
Besonders absurd: Das Leugnen von Völkermord oder Kriegsverbrechen soll laut den EU-Justizministern jedoch nur dann unter Strafe gestellt werden, wenn das gegen Menschen geht, die durch „Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft“ definiert werden. Dieser Katalog ist überhaupt der Gipfelpunkt. Denn er ist total selektiv und einseitig.
Einige historische Beispiele von Völkermorden, die von diesem Katalog nicht erfasst werden und daher geleugnet werden dürfen:
Wir lernen: Völkermorde an Rassen dürfen nicht geleugnet werden, solche an Klassen, Priestern, Unternehmern, Bauern schon.
Wem bis jetzt noch nicht übel ist, der stelle sich nun vor, wie umstritten überhaupt bei zahllosen historischen Begebenheiten der Charakter als Völkermord oder Kriegsverbrechen ist. Wir sollten aber bei jeder historischen Äußerung jeweils unbedingt wissen, ob das nun Völkermord war, den zu glauben man verpflichtet ist oder nicht, wollen wir nicht ins Gefängnis kommen. Und jedenfalls werden in den nächsten Jahren zahllose (oft extremistisch motivierte) Initiativen die Gerichte mit Anträgen eindecken, irgendwelche historischen Vorgänge jetzt als Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzuordnen. Damit sie dann Andersdenkende einsperren lassen können.
Komme ich jetzt ins Gefängnis, wenn ich nur ein einziges dieser Großverbrechen leugne, weil ich es vielleicht anders sehe, als das EU-Diktat es vorschreibt?
Dieser Rahmenbeschluss ist das ärgste Verbrechen gegen die Meinungsfreiheit, das seit 1945 in Westeuropa passiert ist. Wie kam es dazu? Primär ist er von damals im Justizministerrat tonangebenden Linkspolitikern geprägt worden. Diese hatten natürlich kein Interesse, auch die im Klassenkampf begangenen Massenmorde und Völkermorde zum verpflichtenden Glaubensgut zu machen. Sie haben aber geglaubt, damit eine Waffe gegen sogenannte rechtspopulistische Konkurrenten in die Hand zu bekommen.
In Österreich amtierte damals bezeichnenderweise die linke Sozialistin Maria Berger als Justizministerin. Pikanterweise wurde der Beschluss nur ganz knapp vor ihrem Ausscheiden aus der Regierung gefasst, wo sie also schon um das bevorstehende Ende ihrer Amtszeit wusste. Die Vermutung liegt nahe, dass da jemand ganz besonders große Eile gehabt hat.
Dass die Linken bei diesem Rahmenbeschluss die Feder geführt haben, ist aber moralisch in keiner Weise schuldbefreiend für die konservativen, die christdemokratischen und liberalen Politiker Europas. Denn keiner von ihnen hat laut gegen diesen totalitären Beschluss protestiert. Und Schweigen ist Mitschuld, wie ja in der Debatte um die Jahre 1933/1938 immer wieder klargemacht worden ist.
PS.: In der ÖVP werden manche nun entschuldigend sagen, damals hätte man andere Sorgen als die Auseinandersetzung mit solchen Ideologiebeschlüssen gehabt, weil damals ja gerade wieder einmal ein ÖVP-Obmann ausgetauscht worden ist. Aber auch hier ist die Vermutung gewaltig, dass dieser EU-Rahmenbeschluss dem damals ans Ruder kommenden Josef Pröll sehr gut in seinen Linkskurs gepasst hat, dass dieser auch bei längerer Einarbeitungszeit kein Wörtchen dagegen gesagt hätte. Und vor allem ist es heute ein ÖVP-Justizminister, der diesen Rahmenbeschluss noch deutlich überschießend und besonders linkskorrekt ins österreichische Strafgesetz hineinbringen will. Womit auch die ÖVP zur Gänze mitschuldig wird. Die Hoffnung, dass es VP-Abgeordnete mit Charakter gibt, die gegen dieses totalitäre Strafgesetz stimmen werden, habe ich freilich längst aufgegeben. Die zittern alle nur noch um ihr Mandat.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Jetzt sind es nur noch wenige Tage, bis klar wird: Gibt Euroland den griechischen Schmähs neuerlich nach und Geld her? Oder muss die links-rechts-extremistische Athener Regierung schon wenige Wochen nach der Wahl eingestehen, dass sie die Wähler im Wahlkampf voll angelogen hat? Umso explosiver wirkt da die Einmischung aller drei Supermächte, die bisher in dem scheinbar allein zwischen Griechen und Deutschen tobenden Match gar nicht involviert gewesen sind. Hinter dieser spektakulären „Verweltpolitisierung“ werden jedoch die vermutlich wichtigsten Akteure völlig übersehen – vor allem auch von den Griechen selber.
Viele glauben in- und außerhalb Griechenlands, dass Deutschland der Hauptgegner Athens ist. Das ist aber ein Riesenirrtum. Denn ginge es nur um die Deutschen, hätten die Griechen wohl längst wieder gewonnen. Waren doch die Deutschen schon ab dem Jahr 2010 entscheidend, dass die Griechen hunderte Milliarden Euro von den Bürgern der Euro-Zone bekommen haben. Die jetzt durch Schulden, neue Steuern und vor allem den Zinsenraub an den Sparern dafür zu zahlen haben.
Inzwischen aber ist die Konstruktion der Eurozone eine völlig andere geworden. Jetzt kann jedes einzelne Land Zahlungen an Athen blockieren. Daher hilft es den Griechen auch nicht mehr, dass sie die Deutschen wieder an die Schuld deren Vorfahren in der NS-Zeit erinnern. Das Nazi-Argument hat zwar europaweit 70 Jahre lang immer gut funktioniert. Jeder französische, italienische, spanische Politiker ist im Schlaf imstande, vorwurfsvoll die Deutschen an ihre „europäische Verantwortung“ zu erinnern, wenn sein Land wieder Geld braucht.
Dieses abgedroschene Ritual funktioniert aber nicht mehr, wenn es um die Balten, Finnen, Niederländer, Slowaken, Slowenen oder eben die romanischen Südländer geht. Stündlich steigen – Gott sei Dank – die Chancen, dass viele dieser Länder jetzt hart bleiben und sich allem sozialistischen Solidaritätsgewäsch verweigern.
Man schaue sich etwa Finnland an: Die Regierung dieses Landes hat unter dem Druck der rechtspopulistischen „Wahre Finnen“ seit längerem auf einen harten Kurs geschaltet. Finnland hat sogar durchgesetzt, dass es ein von den Griechen bestücktes Treuhandkonto als Pfand und Gegenleistung für die Kollektivhilfe an Athen bekommt. Auf diesem Konto liegen nun immerhin schon eine Milliarde Euro. Damit hat Finnland einen Teil seines Geldes (auf Kosten aller anderen) sicher. Und es macht zugleich kompromisslos klar, dass es weiteres Geld für Griechenland nur gibt, wenn dort Reformen nicht nur angekündigt, sondern auch voll und konkret umgesetzt werden. Was sich nicht einmal zeitlich ausgehen kann.
Den finnischen Parteien dürfte es damit gelungen sein, den von ihnen gefürchteten Aufstieg der „Wahren Finnen“ abzuwehren und diesen viel der einstigen Popularität zu entziehen (wenn man den Umfragen glauben darf). Letztlich haben damit beide Seiten in Finnland gesiegt: Die „Wahren Finnen“ haben effiziente Härte gegenüber Griechenland durchgesetzt; und die anderen Parteien haben den Aufstieg der Rechtspopulisten ins Gegenteil verwandelt. Freilich haben auch die diversen Parteien der großen Regenbogenkoalition keine guten Aussichten. Bei den bevorstehenden Wahlen spricht alles für einen Erfolg der liberalen Zentrumspartei, die jetzt noch in Opposition ist.
Es würde zwar schon das finnische Veto genügen, um weitere Auszahlungen an Griechenland zu verhindern. Aber es sind auch noch viele andere Länder zu Ähnlichem entschlossen. Die spanische Rechtsregierung beispielsweise hat absolut Null Anlass, irgendeine Konzession zu machen, die ihren eigenen (schon teilweise erfolgreichen) Sanierungskurs desavouieren und linke Forderungs-Exzesse belohnen würde. Das wäre staats- wie parteipolitischer Masochismus. Ganz ähnlich Portugal. Aber auch die osteuropäischen Eurostaaten sind empört über das griechische Verhalten. Denn die Durchschnittseinkommen der Griechen und erst recht ihre Pensionen liegen trotz aller Austerität um ein Vielfaches über ihren eigenen Ländern.
Dass sich die Griechen trotz alldem nur auf Deutschland und dessen Bearbeitung mit Zuckerbrot und Peitsche konzentrieren, ist daher einer der vielen dummen Fehler der Athener Machthaber.
Noch dümmer war aus griechischer Perspektive, dass Premier Tsipras einen Tag seiner knappen Zeit verschwendet hat, um die Freundschaft Werner Faymanns zu erringen. Hat doch Österreich in der ganzen Frage unter allen Eurostaaten am wenigsten Profil gezeigt. Und hat doch innerhalb Österreichs der Kanzler-Darsteller am allerwenigsten eine klare Linie in der Griechenland-Frage. Er hat zu nichts eine Meinung, solange ihm nicht der ÖGB eine diktiert. Da hätte Tsipras genausogut die Freundschaft des Portiers vom Hotel Sacher suchen können. Die wäre gleich relevant.
Wenn das Land in der Eurogruppe abstimmen muss, sind die Vorgaben von Finanzminister Schelling relevant, nicht die von Werner Faymann. Aber auch dieser schielt eher auf das Verhalten von Wolfgang Schäuble, als dass er in Österreich eine offene Diskussion über Griechenland starten würde.
Kein einziger Regierungspolitiker hat auch nur zur Diskussion gestellt, dem Beispiel Finnlands zu folgen. Obwohl das Österreich ein sicheres Pfand eingebracht hätte; obwohl die Koalition damit der sie immer mehr bedrängenden FPÖ eine ihrer beiden Hauptwaffen entwunden hätte (die zweite heißt: Massenzuwanderung). Bei Rotschwarz und vielen Medien herrscht jedoch im Gegensatz zu Finnland immer noch der Primitivreflex, dass man das Gegenteil zur Haltung der Rechtspopulisten vertreten müsse, statt wenigstens zu versuchen, der FPÖ dort, wo sie recht hat, den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Aber Dummheit wird immer bestraft.
Zurück zu den Griechen. Jetzt hoffen sie in ihrer dramatisch gewordenen Bedrängnis auf die drei außereuropäischen Großmächte.
Da sind einmal die USA: Diese wollen wieder einmal auf Kosten der EU „vermitteln“, weil sie offenbar Angst haben, dass Griechenland zu einem Vorposten Russlands wird. Das aber dürfte Finnland, Spanien & Co nicht beeindrucken. Ihre ziemlich einhellige und logische Haltung: Wenn Amerika die Griechen retten will, soll es halt selbst ein paar Milliarden Dollar mehr drucken.
Da ist China, das ebenfalls von Athen um Hilfe angefleht wird. China hat zwar volle Geldtresore, ist aber in seiner Mentalität alles andere als ein Wohltäter. Geld von China gibt es nur gegen sehr konkrete Gegenleistungen. Der Hafen von Piräus, dessen Verkauf die griechische Linksregierung eigentlich stoppen wollte (ein Wahlversprechen!), wäre für China eine solche. Denn er wäre ein erstes historisches Standbein im Mittelmeer.
Und da sind die Russen. Die sind mit Griechenland nicht zuletzt durch die Orthodoxie verbunden. Die haben ein ähnlich distanziertes Verhältnis gegenüber westlicher marktwirtschaftlicher Demokratie wie die griechischen Extremisten. Und die haben in der Türkei einen strategischen Gegner mit den Griechen gemeinsam (die Türken sind derzeit insbesondere wegen der türkischen Minderheit auf der Krim besorgt). Nur: Die Kassen Moskaus haben sich durch Ölpreisverfall, Sanktionen, Wirtschaftskrise, Prestigeprojekte wie Olympia, Wiederaufrüstung, Kriegs- und Besatzungskosten rapide geleert. Zwar würde es Präsident Putin teuflisch reizen, wenn er als Vergeltung die EU durch eine politische Achse mit Athen reizen könnte. Zwar kann Putin einen Bündnispartner in der EU extrem gut brauchen, der zumindest alle weiteren Sanktionen gegen Russland mit Veto verhindert. Aber: Mit leeren Kassen kann man eben schlecht große Supermacht-Politik machen.
Das Aktivwerden aller drei Supermächte zeigt jedoch eines: Es geht inzwischen auch schon um ganz große Weltpolitik. Aber selbst dieser Umstand kann die Grundgesetze der wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht aushebeln. Und es ist daher völlig unwahrscheinlich anzunehmen, Finnen, Spanier & Co würden sich so sehr vor Russen und Chinesen fürchten, dass sie darob alle eigenen Interessen vergessen.
Die Europäische Zentralbank schleudert zusätzlich über eine Billion Euro hinaus. Eine unvorstellbare Summe. Das sind rund 3400 Euro pro Einwohner, vom Baby bis zum Greis. Das ist mehr, als Millionen Europäer als Pension erhalten. Im Jahr.
Mit dieser künstlichen Geldproduktion verletzt die EZB grob den EU-Vertrag: „Das vorrangige Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten.“ Als automatische Folge werden Aktienkurse und Immobilienpreise weiter in die Höhe schießen. Viele Lebensmittelpreise ebenso. Das ist klassische Inflation, auch wenn zugleich Industrieprodukte aus Ostasien billiger werden. Auch wenn die Ölpreise stark gesunken sind.
Aber diese Vertragswidrigkeit ist nur die Oberfläche der Absurdität. Wer tiefer nachdenkt, muss eigentlich auch das oben zitierte Ziel der EZB selbst in Frage stellen. Denn was soll „Preisstabilität“ eigentlich heißen?
In Wahrheit ist nämlich jeder Versuch, Preise zu stabilisieren, ein massiver Verstoß gegen das einzige ökonomische Gesetz, das – ähnlich wie die Schwerkraft in der Natur – immer wirkt: das von Nachfrage und Angebot. Egal, ob man es als Wirtschaftsliberaler begreift oder als Planwirtschaftler ablehnt.
Dieses Gesetz macht Waren, Arbeit und Geld immer teurer, wenn sie verstärkt nachgefragt oder seltener angeboten werden. Und es macht sie immer billiger (=wertloser), wenn sie verstärkt angeboten werden. Wie jetzt eben das Geld. Oder das Öl. Dieses ist billiger geworden, weil mehr Öl gefördert wird, weil Autos weniger Sprit brauchen, weil Europa alternative Energien extrem subventioniert.
Wenn nun artifiziell Geld in Riesenmengen unter die Menschheit verstreut wird, dann erhöht das zwangsläufig die Nachfrage auch nach Öl. Daher müssten eigentlich die Global-Warming-Panikrufer an der Spitze der Kritiker der EZB-Gelddruckaktionen stehen. Aber Grün&Co waren halt noch nie von logischem Denkvermögen geplagt.
Es ist der Kern der großen Erfolgsgeschichte der Marktwirtschaft, dass sie die Preise frei nach oben und unten ausschlagen lässt. Und nicht zu regulieren oder stabilisieren versucht. Denn nur Preise transportieren die entscheidende Information: Gibt es zu viel oder zu wenig von einem Gut?
Was Geld ist, weiß keine einzige allgemeingültige Definition. Eindeutig klar ist nur, dass es sich wie eine Ware verhält. Wenn es davon viel mehr gibt, wird das Geld all jener wertloser, die etwas davon für Krisen, Lebensalter, Investitionen oder Nachwuchs gespart haben.
Die EZB bräuchte keinen gigantischen Hochhausturm, sondern die Entlassung der meisten Mitarbeiter. Sie sollte sich auf die Kontrolle von Geldfälschern beschränken, statt selbst Geld zu fälschen – ähnlich wie jene Fürsten des Mittelalters, die den Silber- und Goldgehalt der Münzen heimlich reduziert haben, um mehr Münzen erzeugen zu können. Das hat aber immer nur sehr kurzfristig funktioniert. Denn die Menschen („die Märkte“) sind ihnen immer bald auf die Schliche gekommen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der niederländische Anti-Islam-Kämpfer Geert Wilders präsentierte in Wien zwei interessante wie richtige Vorschläge. Erstens, Europa solle Dschihadisten nicht an der Ausreise in den Syrien/Irak-Krieg, sondern nur an der Rückkehr hindern. Und zweitens: Europa solle intensiv Israel unterstützen. Zugleich aber machte der Wilders-Besuch auch den bisher wenig beachteten, aber letztlich fundamentalen Unterschied zwischen ihm und den Freiheitlichen, die ihn eingeladen haben, deutlich.
Denn noch nie hat man von der FPÖ ein mit Wilders vergleichbares Verlangen gehört, Israel zu unterstützen. Der Holländer hat aber aus mehreren Gründen recht: Israel ist für Europa essentiell. Nicht nur weil Europa, besonders Deutschland und Österreich in vielfältiger Hinsicht Auslöser für seine Existenz gewesen sind. Durch den Wiener Journalisten Theodor Herzl, den Vater der zionistischen Idee, in positiver Hinsicht, und durch den Holocaust in negativer.
Israel ist heute aber vor allem auch de facto ein schützender Vorposten für Europa. Ein Schutz vor allem gegen das endgültige Überschwappen der Islamisierung. Schade, dass das viele Zuhörer von Wilders nicht zu begreifen scheinen.
Das zeigt den fundamentalen Unterschied zwischen dem Niederländer und der Strache-Partei: Wilders ist ein eindeutig prowestlicher Islamkritiker; die derzeitige FPÖ hingegen ist eindeutig eine Partei antiwestlicher (und prorussischer) Islamkritiker. Diesen gravierenden Unterschied kann auch noch so lauter FPÖ-Jubel für den charismatischen Wilders nicht übertönen.
Eine zwingende innere Logik hat auch der zweite Vorschlag von Wilders: Europa solle niemanden hindern, in den Dschihad zu ziehen. Es solle im Gegenteil die Rückkehr dieser Fundamentalisten verhindern. In der Tat: Jene jungen Menschen, die jetzt durch intensive Polizei-Aktionen an der Ausreise Richtung Syrien gehindert werden, werden mit großer Wahrscheinlichkeit nach wenigen Monaten wieder frei herumlaufen. Wenn die Justiz überhaupt bereit und imstande ist, sie auf Grund einer bloßen Absicht zu verurteilen. Was aber dann? Es kann doch niemand glauben, dass dann aus ihnen friedfertige und gesetzestreue Staatsbürger geworden sind.
Auch kein einziger der europäischen Innenminister, die unter großem Beifall der Medien diese Jagd auf Dschihadisten gestartet haben, hat eine Antwort auf dieses: Was dann?
Oder ist das, was Außenminister Sebastian Kurz an anderem Ort fast zur gleichen Zeit gesagt hat, schon die Antwort der Machthabenden? Hat also der Islam „Teil von Europa“ zu sein? Damit wäre also all das künftig Teil Europas, was auch das Gemeinsame in heute rund 50 islamischen Staaten ist. Das bedeutet für Europa mit einem Satz: die Rückkehr ins tiefe Mittelalter.
Das ist ja ganz sicher das, was die Wähler des Sebastian Kurz wollen – oder?
Warum arbeiten nicht alle EU-Staaten ihre Vergangenheit auf?
Manche kleinen Nachrichten enthüllen eigentlich Unglaubliches. Der knappe Inhalt der Meldung aus Zagreb: Die neugewählte kroatische Präsidentin hat eine Büste des langjährigen Diktators Tito aus dem Eingangsfoyer zu ihrem Amtssitz entfernen lassen. Daraus lernen wir, dass Tito bis vor wenigen Tagen an einem so prominenten Ort geehrt worden ist. Na bumm. Ein Mann, der für zahllose Tote verantwortlich war; der Konzentrationslager betrieben hat; der die österreichischen Grenzen jahrelang bedroht hat; der sein Land wirtschaftlich bergab geführt hat; der weder für Rechtsstaat noch Demokratie etwas übrig hatte; und der ein erbarmungsloser Diktator gewesen ist. Noch beklemmender ist, wie Ministerpräsident Zoran Milanovic (ein Sozialdemokrat) auf die Maßnahme der Präsidentin reagiert hat. Er kritisierte sie, weil Tito doch zum „Besten“ der kroatischen Geschichte gehört hätte! Freilich: Es hatten in den letzten Jahren weder EU-Exponenten noch österreichische Spitzenpolitiker etwas zu sagen gewagt, wenn sie vor oder nach dem Beitritt Kroatiens zur Visite im Präsidentenpalast waren. Und dabei unweigerlich an der Büste vorbeigehen mussten. Wenn in Russland Lenin&Co vielerorts weiterhin (oder sogar wieder verstärkt) geehrt werden, gilt das zu Recht als Beweis, dass die Russen noch lange nicht in Rechtsstaat und Demokratie angekommen sind. Aber in einem EU-Land? Was hat so ein Mitglied überhaupt in der EU verloren?
PS.: Eigentlich würde es mir schon reichen, dass Jörg Haiders Hypo dort Milliarden versenkt hat . . .
Falsche Entscheidungen der EU-Institutionen, Nichteinhaltung der eigenen Ankündigungen Rechtsbruch der eigenen Gesetze, eine verheerende Euro-Politik, Populismus des EU-Parlaments: An all dem wird zu Recht viel vernichtende Kritik geübt. Doch sollte man die EU gerechterweise auch loben, wenn sie in einer Frage große Verdienste erworben hat. Diese Verdienste sind im konkreten Fall für Österreich wie für Deutschland nämlich milliardenschwer.
Sie bestehen darin, dass die EU einst verboten hat, dass Staaten, Länder, Provinzen, Gemeinden ab 2007 für Banken und deren Anleihen neue Haftungen übernehmen. Auch wenn es dabei bedauerlicherweise noch dreijährige Übergangsfristen gegeben hat, so weiß man doch heute um die geradezu historische Bedeutung dieses Verbots. Denn andernfalls würden österreichische, bayrische und Kärntner Bürger heute in noch viel größeren Problemen stecken als ohnedies schon durch die noch aushaftenden Kredite Kärntens. Diese Probleme sind ja jedenfalls riesig, ganz egal, wie die vielen nun bevorstehenden Prozesse ausgehen werden, die jetzt von Gläubigern der Hypo gegen Kärnten und Österreich wegen ihrer Zahlungsunwilligkeit angestrengt werden.
Denn ohne das damalige EU-Verbot hätte Kärnten mit Sicherheit noch für viele weitere Anleihen der Hypo die Haftung übernommen. Ähnlich hätten das auch andere Bundesländer, besonders in Deutschland, getan. Der Grund war nicht nur das Interesse der Politik an ihren Landesbanken wie der Hypo, sondern auch der Umstand, dass ein Bundesland für solche Haftungserklärungen von diesen Banken viele Millionen an Haftungsprämien bekommen hat. Mit denen konnten dann Wählerbestechungen in Form von Subventionen und Sozialprogrammen finanziert werden. Dank dem Verbot durch die EU (oder wie man in Kärnten damals gesagt hat: aus Verschulden der EU) war das seither nicht mehr möglich.
Freilich: Auch die EU hat beim Verbot solcher Haftungen nicht wirklich die bald danach ausbrechende Hypo-Katastrophe vorausgesehen oder ähnliche Crashs der deutschen Landesbanken. Sie hat das Verbot vielmehr aus einem ganz anderen Grund ausgesprochen: Die privatwirtschaftlichen Banken, Sparkassen und Raiffeisenkassen hatten sich über die Wettbewerbsverzerrungen durch dieses Privileg von Hypo, Landesbanken&Co beschwert, weil es für deren eigene Anleihen ja keinerlei öffentlich-rechtlichen Garantien gab. Deswegen galten ihre Anleihen als nicht so sicher; und deswegen mussten sie höhere Zinsen in Aussicht stellen, damit diese Anleihen gekauft werden.
Das war in der Tat ein krasser Verstoß gegen das Prinzip der Gleichberechtigung aller Marktteilnehmer. Daher war es völlig logisch und richtig, dass die EU die Haftungen verboten hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass wir heute wissen, wie viel verantwortungsbewusster privatwirtschaftlich organisierte Banken mit fremdem Geld umgehen als die nach der Reihe krachenden staatlichen Hypos und Landesbanken. Heute wird zunehmend klar, dass gerade die Flut an billigem Geld diese Staatsbanken zu Leichtfertigkeit veranlasst hat. Überdies gab es wie im Fall der Hypo auch böse politische Interventionen zugunsten von erkennbar schwindligen Kreditnehmern. Aber das hat vor zehn Jahren eben noch niemand so klar vorhergesehen.
Motiv hin, Motiv her: Das Ergebnis ist wichtig und positiv. Heute würden sich Österreicher und speziell die konkursbedrohten Kärntner wünschen, dass die EU das damals ungeliebte Verbot solcher Landeshaftungen für Banken schon viel früher ausgesprochen hätte.
Jedoch muss man auch da ehrlicherweise dazu sagen: Ein solches Verbot hätte auch die Republik Österreich ganz ohne EU aussprechen können! Und zwar auch schon vor dem EU-Beitritt. Sie hat es aber nie getan.
Denn der Bund war praktisch immer in parteipolitischer Geiselhaft der neun Bundesländer. Er hätte daher nie ein solches Gesetz auch nur zu diskutieren gewagt – oder irgendein anderes, das von den Landespolitikern abgelehnt worden wäre. Dabei wäre ein solches Verbot, wie wir heute wissen, schon immer im Interesse der Bürger dieser Bundesländer gewesen.
Über all das reden freilich österreichische Politiker wohlweislich nicht.
Freilich: Die EU hat seit langem keine Fortsetzung ihrer damaligen Verdienste zusammengebracht. Auch die zwei allerjüngsten Beschlüsse der Union sind blamabel:
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das freche Auftreten der griechischen Regierung verärgert so manchen EU-Nettosteuerzahler, dennoch muss man Verständnis für die verarmte griechische Bevölkerung haben. In Gesprächen mit dortigen Taxlern, Kellnern und anderen Berufsgruppen, mit denen man als Tourist in Berührung kommt, überrascht der klare Tenor: „The Euro destroyed us!“ Alles wurde über Nacht viel teurer, manches unleistbar.
Wie die FAZ (Frankfurter Allgemeine) richtig schreibt, besteht der Kern des Problems im freiwilligen Verzicht der Eurostaaten auf einen wichtigen Teil nationaler Souveränität: die Macht über das Geld. Man hat den Euro-Staaten Frieden und Wohlstand versprochen, aber nicht dazu gesagt, dass die EZB und die Kommission Herr im Haus werden. Jetzt fühlen sich die Griechen an die Wand gedrückt, sie sind auf Kosten einiger Großbanken und weniger Privilegierter ärmer geworden.
Das provokante Auftreten des linken Finanzministers, der selbst wie ein Nadelstreifsozialist in einem Palast zu leben scheint, stößt übel auf. Er hat sich als Selbstdarsteller entzaubert.
Griechenland kann seine Wettbewerbsfähigkeit nur wiederherstellen, wenn es aus dem Euro austritt und abwertet, sowohl die Preise als auch die Löhne. Nur so kann das Leistungsbilanzdefizit abgebaut werden. Die Industrieproduktion ist in den letzten Jahren um 30 Prozent eingebrochen und die Löhne sind heute ungefähr doppelt so hoch wie in Polen.
Absurderweise plant die neue Syriza-Koalitionsregierung den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn in mehreren Etappen noch zu erhöhen! Die stufenweise Erhöhung des aktuellen Lohnminimums von 580 auf 751 Euro soll im nächsten Jahr abgeschlossen sein.
Die griechische Regierung gießt mit dieser absurden Maßnahme Öl ins Feuer. Hoffentlich sind die Menschen in Griechenland gescheit genug, diesen billigen Populismus zu durchschauen.
Für den Grexit wird es zu einem offenen oder verdeckten Schuldenschnitt kommen müssen. Das wird einige internationale Großbanken schmerzen, insbesondere französische Banken sind sehr exponiert, aber das soll nicht das Problem der österreichischen Steuerzahler sein.
Durch das dauerhafte Alimentieren eines Staates kann man dort keinen Wohlstand schaffen und mit der friedlichen Völkerverständigung ist es auch vorbei, wenn ein Volk einem anderen ständig Vorschriften macht.
Dr. Kathrin Nachbaur ist Nationalrats-Abgeordnete. Sie war Industrie-Managerin und Fraktionsvorsitzende des Teams Stronach.
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Nach diesem Motto verdrängt man gerne unangenehme Fakten. Und man schaut lieber nicht so genau hin, wenn sich Unangenehmes abzeichnet. Das hat die Politik mit vielen von uns gemein. Das hat nun auch der Rechnungshof in Hinblick auf die Vorgänge bei der Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria im Jahr 2009 festgehalten.
Ein tiefes Kopf-in-den-Sand haben vor der Verstaatlichung gleich drei österreichische Institutionen betrieben: Finanzmarktaufsicht, Nationalbank und Finanzministerium. Sie haben vor der Verstaatlichung – so der Rechnungshof glasklar – nicht alle eigentlich möglichen und üblichen Prüfungen der maroden Kärntner Bank in bayrischem Besitz und unter österreichischer Aufsicht durchgeführt. Das ist ganz eindeutig eine grobe Pflichtverletzung gewesen.
Noch eine weitere alte Weisheit bestätigte sich: Viele Köche verderben den Brei, bezeichnete es der Rechnungshof-Chef. Je mehr Stellen prüfen, umso mehr verlassen sich aufeinander. Keine fühlt sich wirklich voll und letztverantwortlich. Jede Institution hält ihr eigenes Wissen möglichst geheim. Aber die Politik glaubt immer noch, dass die Schaffung neuer Institutionen und Prüfungen ein Weg zur Lösung eines Problems wäre. Statt das einzig funktionierende Prinzip wiederzuentdecken: Klare Verantwortung mit allen Konsequenzen.
Während der damalige ÖVP-Finanzminister und Parteichef (freilich nur wegen privater Kalamitäten) längst bei Raiffeisen entsorgt worden ist, hat der damalige SPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium eine steile Karriere nach oben gemacht. Er ist Klubobmann der größten Parlamentspartei und einer von zwei SPÖ-Kanzlerkandidaten. Warum führt seine damalige Rolle – die ja auch die eines De-facto-Generalbevollmächtigten des Wie-immer-nicht-dabeigewesenen Werner Faymann gewesen ist! – nicht auch zu seinem Abgesang?
Und wann wird da endlich auch der letzte noch im Amt befindliche Chef einer dieser drei Institutionen beschämt abgehen, nämlich der Nationalbank-Gouverneur? Warum diskutiert niemand darüber, dass eigentlich ein Teil des Schadens auch bei den nach wie vor exzessiv teuren „Sozial“-Privilegien des Proporzstadels Nationalbank zu holen ist? Auch anderswo müssen ja alle Mitarbeiter den Schaden tragen, der durch die grobe Fahrlässigkeit einiger weniger Kollegen entstanden ist.
Freilich muss man gleichzeitig ebenso klar sagen: Auch die besten Prüfungen hätten Ende 2009 den eingetretenen Schaden nicht mehr aus der Welt schaffen können. Bessere Prüfungen hätten Österreich aber vielleicht bessere Karten bei der 2009 entscheidenden Frage verschafft: Hätte Bayern – immerhin damals Eigentümer der Hypo – wirklich den Konkurs einer Tochter der eigenen Landesbank riskiert? Die einen sagen dazu bis heute Ja, die anderen Nein.
Dass ein Konkurs der Hypo damals jedenfalls ganz schwere Tsunami-Wellen ausgelöst hätte – höhere sogar als heute ein Konkurs Griechenlands! – ist unbestreitbar. Damals stand die Welt noch voll unter dem noch nicht aufgearbeiteten Schock des Lehman-Crashs und dessen Folgen (die freilich primär auf eine falsche Politik der amerikanischen Notenbank in den Jahren davor zurückgegangen sind). Damals hat ganz Europa gesagt „Nie wieder“. Damals hat die EU massiven Druck auf Österreich ausgeübt – offenbar jedoch nicht auf Bayern! –, die Bank zu „retten“. Damals wäre vor allem der gerade einem Krieg entronnene Balkan in die Steinzeit zurückgeworfen worden.
Die eigentliche Schuld an dem Crash liegt aber anderswo. An bayrischen und Kärntner Managern und Landespolitikern, die in den Jahren davor geglaubt haben, eine Bank mit Ostengagement sei eine ideale Geldbeschaffungsmaschine. Die das Wort „Risiko“ nicht gekannt oder verstanden haben.
Und die Schuld liegt insbesondere bei Kärntner Landespolitikern, die kriminell Haftungen in aberwitzigem Ausmaß eingegangen sind – und die nur deshalb unbestraft bleiben, weil die Beschlüsse von „Volksvertretern“ von keinem Gericht verfolgt werden können.
Was in diesem Fall extrem unerquicklich ist, generell jedoch in einer Demokratie auch weiterhin absolut notwendig ist. Denn das Recht zur Strafe für Entscheidungen einer Volksvertretung soll der Wähler und nicht irgendwelche Richter haben. Aber umso unbegreiflicher ist es, dass nicht alle jemals in Haftungsbeschlüsse involviert gewesenen Kärntner Politiker abgetreten sind.
In Frankfurt wurde die neue Zentrale der Europäischen Zentralbank begleitet von wilden Demonstrationen eröffnet. Und wieder einmal zieht diese „Begleitung“ der Eröffnung durch gewalttätige Demonstranten viel mehr Aufmerksamkeit auf sich als der eigentliche Anlass.
Rund hundert Polizeiautos in Flammen. Dutzende Polizisten verletzt. Mindestens 500 Randalierer, Steinewerfer, Brandstifter angehalten oder festgenommen. Unfassbarerweise werden aber auch die Festgenommenen von einer linksliberalen Justiz in aller Regel nach wenigen Tagen wieder freigelassen. Oder sie befasst sich überhaupt lieber damit, ob die Polizei nicht vielleicht irgendetwas Unerlaubtes bei der Abwehr der Gewalttäter getan haben könnte. Daher kann eine zahlenmäßig kleine, ein paar Tausend Menschen nicht übersteigende Gruppe von immer denselben Linksextremisten ihren schon seit Jahren andauernden Terror und ihre Gewalttaten immer weiter fortsetzen.
Mit besonderer Regelmäßigkeit tut sie das in Berlin und Hamburg. Aber auch gerne bei CDU- oder AfD-Wahlveranstaltungen, bei der Störung von Pegida-Demonstrationen, bei Exkursionen nach Wien zum FPÖ-Ball, nach Zürich oder jetzt eben nach Frankfurt. Eine Form der verbalen Mittäterschaft durch klammheimlich sympathisierenden Medien ist es auch, dass sie diese kommunistischen Straßenkämpfer und Rollkommandos meist beschönigend „Autonome“ nennen.
Da das Justizsystem mit solchen echten Gewalttätern viel zu sanft umgeht, hat eine wachsende Bedrohung von Rechtsstaat und demokratischen Gesellschaften entstehen lassen. Wenn jetzt in Österreich nach Willen des Justizministers auch noch der Landfriedensbruch-Paragraph gemildert wird, dann wird das Wüten dieser reisenden Terror-Truppe auch hierzulande noch häufiger und ärger. Die Polizei ist darob zwar verzweifelt. Aber wieder einmal (wie zuletzt schon fast täglich) hat die ÖVP der Linken nachgegeben. Als Grund dafür ist nur noch ein atavistischer Selbstvernichtungstrieb der ÖVP auszumachen.
Zurück zur EZB. Muss man die dortigen Demos und Aggressionen der Demonstranten diesmal nicht anders sehen? Treffen sie nicht diesmal mit einer berechtigten Kritik des Großteils der Deutschen und Österreicher an der EZB zusammen?
Nein, ganz und gar nicht. Die Kritik der Bürger und der meisten Ökonomen an der EZB meint nämlich haargenau das Gegenteil dessen, was die brüllenden Linksextremisten wollen. Die Bürger kritisieren immer vehementer die großzügige Hilfe der EZB für Griechenland und die anderen Schuldnerstaaten, weil dadurch Verträge gebrochen werden, weil dadurch ihre Staatsfinanzen bedroht werden, weil dadurch ihre eigenen Ersparnisse rapid entwertet werden. Die Demonstranten wollen hingegen – dort, wo außer Radau und Gewalt überhaupt noch ein Wollen erkennbar ist –, dass den Griechen noch mehr Geld gegeben wird.
Aber da viele Medien ja insgeheim ganz massiv auf der Seite der Linken stehen, und da sie halt immer primär an bewegungsvollen Bildern von Steinewerfern und nicht an seriösen Fakten interessiert sind, wird das wahre EZB-Problem fast total verwischt. Oder es wird mit den Demonstranten in einen Topf geworfen. So wie ja auch viele Medien beispielsweise sehr bewusst verwischen, dass die Gewalt rund um die Pegida-Demonstrationen zu über 90 Prozent von linksradikalen Gegendemonstranten ausgeht.
In Wahrheit müsste es sogar sehr viel mehr ernsthafte Kritik an der EZB-Politik geben. Die wird aber jetzt von den Brandstiftern weitgehend unmöglich gemacht. Signore Draghi, der oberste Gelddrucker, wird darüber insgeheim wohl sehr froh sein.
PS.: Ob einem die vom Wiener Büro Coop Himmelblau stammende Architektur des EZB-Gebäudes gefällt, muss jeder selbst beurteilen. Jedem Wiener wird nur auffallen, dass der EZB-Turm in Frankfurt jedenfalls keine Zerstörung eines ganzen Viertels bedeutet. Wie es hingegen in Wien das Hochhaus tun wird, das die Rathaus-Politik jetzt unmittelbar neben dem Konzerthaus in ein Jugendstil- und Biedermeier-Viertel knallen will.

| EU-Ausland gesamt | 223.094 |
| Nicht EU-Ausland gesamt | 41.105 |
| Deutschland | 164.246 |
| Schweiz | 37.931 |
| Ver. Königreich | 17.150 |
| Spanien | 7.475 |
| Italien | 5.982 |
| Frankreich | 5.021 |
| Ungarn | 3.936 |
|
Niederlande |
3.888 |
| Schweden | 3.122 |
| Belgien | 2.589 |
| Tschechien | 2.560 |
| Liechtenstein | 2.057 |
| Griechenland | 1.268 |
| Dänemark | 1.204 |
| Norwegen | 1.036 |
| Luxemburg | 756 |
| Irland | 720 |
| Polen | 601 |
| Slowakei | 533 |
Quelle: Statistik Austria
Die neue griechische Regierung gibt zur Verteidigung ihres wahnwitzigen Wirtschaftskurses so viel politischen Unsinn und Provokationen von sich, dass man geradezu überrascht ist, wenn sie auch einmal ein richtiges Argument verwendet.
Zur Erinnerung eine kleine Auswahl aus den Provokationen und Unsinnigkeiten der griechischen Machthaber:
Der einzige Vorhalt der Griechen, der wenigstens ein Minimum an Logik hat, betrifft den Vergleich zwischen Krim und Nordzypern. Die Griechen flirten ja derzeit intensiv mit Russland. Sie glauben köstlicherweise, künftig von Moskau ausgehalten zu werden. Das ist zwar in Anbetracht von Russlands eigener Krise eher nur dumm. Aber Linke halten halt immer noch Moskau so hoch wie Katholiken Rom. Und Griechenland hat natürlich das Recht, solches zu versuchen.
Auch mit dem Vergleich haben die Griechen Recht, wenn sie der EU zweierlei Maß vorhalten und ihr vorwerfen: Die russische Invasion in der Krim und in der Ostukraine werde mit Sanktionen beantwortet, nicht aber die seit 1974 bestehende türkische Besetzung Nordzyperns. Da hat Europa tatsächlich ein blindes Auge.
Freilich sollte Athen, das ja die Schutzmacht des von Griechen regierten Südzyperns ist, auch dieses richtige Argument nicht allzu sehr strapazieren: Denn ein unter jahrelanger UNO-Vermittlung ausgehandelter Plan der Wiedervereinigung Zyperns ist am Veto der griechischen Südzyprioten gescheitert. Während die Türken Ja gesagt haben. Es scheint also den Griechen der zypriotische Status quo durchaus nicht so unangenehm zu sein, wie sie tun.
Übrigens ist auch das Verhalten Athens gegenüber Mazedonien – einem Zerfallsprodukt des jugoslawischen Auseinanderfallens – glatter Chauvinismus, wenn nicht sogar Imperialismus. Denn die Griechen verbieten in allen internationalen Organisationen seit Jahrzehnten den Mazedoniern das Führen des von diesen selbst gewählten Namens.
Auch das hätte die EU niemals ignorieren dürfen. Ebensowenig wie die türkische Besetzung Nordzyperns . . .
Nach der anfänglichen Euphorie tritt jetzt reihenweise Ernüchterung über die neueste Hypo-Heta-„Lösung“ ein, während ja am Anfang das Tagebuch mit seiner kritischen Einschätzung ziemlich alleine gestanden ist. Umgekehrt gibt es aber auch einen überraschend positiven Aspekt an der ganzen Malaise, den man ebenfalls nicht verschweigen darf.
Mit Verspätung sind jetzt die Bundesländer draufgekommen, dass sie nun jedenfalls ein ordentliches Stück der Kosten der angeblich-noch-nicht-Insolvenz trifft: Für etliche Papiere haben nämlich sie und ihre Hypotheken-Töchter gemeinsam mit der Kärntner Hypo gehaftet. Jetzt wird diese Haftung naturgemäß schlagend. Das tut allen weh. Daher versuchen sie den üblichen Bundesländer-Reflex und verlangen, dass ihnen der Bund die Kosten dieser Haftung ersetzt. Doch – potzblitz – der Finanzminister sagt eiskalt und sofort: „Nein“.
Das imponiert. Das ist zwar an sich logisch, denn bei Übernahme der Hypo-Solidarhaftung haben die Länder ja auch nicht beim Finanzministerium um Genehmigung angesucht. Das ist aber ungewohnt und so gar nicht der Stil dieser Koalition. Das hängt wohl mit der Persönlichkeit von Hans Jörg Schelling zusammen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass Schelling nicht Parteiobmann ist und daher nicht erpressbar.
Die drei letzten ÖVP-Chefs wollten hingegen unbedingt zugleich auch Finanzminister sein (weil das ja der wichtigste Minister zu sein scheint, zu dem halb Österreich betteln kommt). Aber letztlich sind alle drei an dieser Doppelfunktion gescheitert: Molterer, Pröll, Spindelegger. Ob es um den Finanzausgleich gegangen ist, um Steuerreformen, um sinnlose Geldverbrennungs-Aktionen wie die NMS oder das Mindesteinkommen, oder eben um die Hypo. Jedes Mal hat letztlich im jeweiligen Finanzminister die Koalitions- und Parteiräson über die Staatsräson gesiegt. Sie alle haben daher viel zu selten gesagt: „Nein. Punkt.“
Einmal konnte der Bundesländeregoismus siegen, der dem eigenen Parteiobmann (und Neffen!) als Druckmittel sogar die fälligen Parteibeiträge vorenthalten hat; ein andermal das schleimige Gerede, die ÖVP könne doch nicht so hartherzig und unsozial sein; ein drittes Mal der Irrglaube, dass man als ÖVP-Obmann „modern“ sein müsse und dass man das durch ständigen teuren Ausbau des Wohlfahrtsstaats und Ausdehnung der Witwenrente auch auf Schwule werde.
Das alles ist jetzt bei Schelling irrelevant. Das erweist sich zunehmend (hoffentlich auch noch bei den Steuerverhandlungen!) als das Gute an der jetzigen Konstruktion. Schelling ist mit den bisher üblichen Mechanismen nicht erpressbar. Er kann sich jederzeit aus der Politik verabschieden (was ihn bei geschickter Inszenierung dann sogar zum absoluten Helden der Nation machen würde!).
Durchaus kann sich auch Reinhold Mitterlehner die jetzige Personal-Konstruktion als Erfolg an den Hut stecken. Er hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern und in weiser Einsicht auf das wichtigere Ministerium verzichtet, als er Parteichef geworden ist. Daher kann er jetzt immer geschickt auf das Schelling-Njet verweisen. Gegen das man halt leider gar nichts machen könne.
Das heißt freilich keineswegs, dass es irgendetwas mit der Wahrheit zu tun hätte, was Schelling nun ständig überzeugungsstark verkündet: Der Steuerzahler müsse ab jetzt keinen Euro mehr für das Hypo-Heta-Schlammassel zahlen. Das hat ihm zwar nicht nur den Beifall der Medien, sondern auch der Grünen eingebracht. Aber es ist nur leider Unsinn - selbst wenn man letztlich ein rasches Ende mit Schmerzen als besser ansehen wird als Schmerzen ohne Ende.
Der Steuerzahler wird natürlich jedenfalls jenen Betrag (durch Steuern oder Schulden) zahlen müssen, den jetzt die Bundesländer in ihrer Solidarhaftung aufzubringen haben; schließlich finanziert er ja auch die Länder-Budgets. Er wird natürlich auch das zahlen müssen, wo der Bund direkt Haftungen eingegangen ist. Er wird wohl auch dafür zahlen müssen, dass das vom Hypo-Crash schmerzhaft betroffene Raiffeisenimperium nicht untergehen muss, was überhaupt unabsehbare Folgewirkungen hätte. Und der österreichische Steuerzahler wird wohl auch den allergrößten Teil der Forderungen an die Hypo-Heta-Masse zahlen müssen, für den ja formell „nur“ Kärnten haftet.
Denn der jetzt in fast allen Kommentaren und von vielen Politikern verbreitete Glaube ist ein Irrglaube, dass die Anleihegläubiger freiwillig auf all das verzichten werden, was von ihren Forderungen nicht durch die Verwertung der Hypo-Heta-Reste bedeckt werden kann. Die Gläubiger werden einem Schuldenschnitt großteils nicht zustimmen, sondern sagen: Den Rest holen wir uns halt bei Kärnten, das ja für diese Anleihen haftet (und das für diese Haftung übrigens auch immer Haftungsprämie kassiert hat). Schließlich ist ja Österreich doch irgendwie noch ein Rechtsstaat.
Ähnlich hat ja auch Argentinien seine Schulden nach dem Crash 2002 nicht einfach abschütteln können. Sondern es wird bis heute von all jenen Gläubigern verfolgt, die seither einem Schuldenschnitt nicht zugestimmt haben. Auch Griechenland hat bisher nicht das verwirklicht, was die neue Regierung gerne täte: einen einseitigen Schuldenschnitt.
Daher wird – wenngleich durch das jetzige Moratorium zeitverzögert – auch die Republik Österreich vor dem gleichen Problem stehen wie schon 2009: Kann sie Kärnten in Konkurs gehen lassen?
Die Perspektive eines solchen Totalcrashs in Kärnten steht mit Sicherheit auch ein Schelling nicht durch. Auch wenn es ein durchaus heilsamer Schock wäre – nicht nur für Kärnten.
Am Ende wird also die Republik – der Steuerzahler – sehr wohl fast alles zahlen. Offen ist nur, ob die Vorteile der jetzigen Lösung (Zeitgewinn, ein teilweiser Forderungsverzicht bei einigen Gläubigern und eine hoffentlich disziplinierende Wirkung auf die heimische Politik) den Nachteil wettzumachen imstande ist. Der besteht vor allem in einem gewaltigen Imageverlust. Denn es ist einfach das Verhalten einer Bananenrepublik, wenn eine Gebietskörperschaft ihre Schulden und Haftungen nicht mehr bezahlt.
Nur wer die globale Finanzwelt nicht kennt, kann glauben – und auch öffentlich so argumentieren! –, dass da ja ohnedies nur eines von neun Bundesländern insolvent sei und dass der Bund eh alle seine Schulden zahle. So ein Imageverlust trifft vielmehr das ganze Land. Und zwar auf Jahrzehnte. Und zwar ganz konkret wirtschaftlich.
Noch einmal sei klar gemacht und auf den Punkt gebracht, was vom Griss-Bericht bis zu diesem Tagebuch immer wieder aufgezeigt worden ist:
PS.: Man kann zwar lange streiten, ob in den letzten Jahren die diversen Hypo-Heta-Bilanzen zu schön frisiert worden sind. Aber eindeutig stinkt der Zeitpunkt zum Himmel, an dem die Heta und die Regierung plötzlich ein neues riesiges Milliardenloch entdeckt haben wollen: Es war nämlich ganz zufällig der Nachmittag nach den Kärntner Gemeinderatswahlen. Da fällts mir halt furchtbar schwer zu glauben, dass jetzt plötzlich eine rein sachliche und von aller Parteipolitik freie Objektivität eingekehrt ist.
Mehr Transparenz ist gut und notwendig. Davon sind alle überzeugt. Daher hat kaum jemand mitbekommen, dass dieser Begriff in jüngster Zeit von der österreichischen und EU-Politik sowie ihren Spin-Doktoren raffiniert ins Gegenteil uminterpretiert worden ist. Verbales Hijacking gewissermaßen. Heimlich und geschickt, aber dennoch ungeheuerlich.
Der kleine, aber entscheidende Unterschied liegt nämlich in der Frage: Wer oder was soll eigentlich transparenter werden? Die Obrigkeit oder die Untertanen?
Bisher war es völlig klar gewesen: Es geht um die Obrigkeit. Es braucht viel mehr Transparenz bei den Regierungen, bei all ihren Verwaltungsbehörden und Ämtern. Es geht darum, wie mit unserem Steuergeld umgegangen wird, ob Politiker Privilegien haben und missbrauchen, ob Verwaltung oder Politik irgendjemanden bewusst bevorzugen. Es geht mit einem Wort um einen effizienteren Kampf gegen die Korruption.
Denn Machtmissbrauch ist immer eine große Versuchung, sobald jemand Macht in der Hand hat. Selbst wenn Machtträger anfangs edel und uneigennützig motiviert gewesen sein sollten. Das hat man bei vielen Herrschern der Feudalzeit gesehen. Das hat man bei jedem Diktator gesehen. Machtmissbrauch ist bei jeder Partei passiert, gleichgültig ob links oder rechts, auch wenn nicht jeder Politiker selbst korrupt ist. Aber die Versuchung, Macht zu missbrauchen, ist immer gewaltig. Je mehr Macht, umso mehr Missbrauchsgefahr. Das gilt auch für Verwaltungsbeamte, Richter und Polizisten.
Gegen Korruption helfen nur drei Strategien, die gemeinsam und gleichzeitig angewandt werden sollten:
Es ist kein Zufall, dass die weltweit wichtigste Antikorruptions-Bewegung „Transparency International“ heißt. Auch bei jedem ernsthaften Versuch, die Lage der Dritten Welt wirklich zu verbessern, steht das Verlangen nach „mehr Transparenz“ an alleroberster Stelle. Nur mit Transparenz können die zahllosen Bestechungen und Missbräuche abgestellt werden, die viele Drittweltländer immer wieder zurückwerfen.
Die Machthaber erkennen natürlich die Bedrohung ihrer Lage durch mehr Transparenz. Sie haben daher geschickt Gegenwaffen aufgestellt.
Seit Generationen wirksam ist die Waffe Nepotismus, also die Besetzung möglichst vieler Funktionen mit Verwandten und persönlichen Freunden, die jede Korruption vertuschen.
Genauso effizient – und weniger anrüchig als Nepotismus – ist die gesetzliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit. Wenn alle an Politik und Verwaltung Beteiligten alle Vorgänge als Amtsgeheimnis zu behandeln und zu hüten haben, dann ist die Gefahr, dass Korruption auffliegt, relativ gering.
Da aber das Amtsgeheimnis langsam als böser Trick der Macht entlarvt wird, versucht die österreichische Politik jetzt einen raffinierten Dreh: Der Schutz des Amtsgeheimnisses wird zwar abgeschafft und Transparenz versprochen. Aber gleichzeitig wird diese neue Transparenz durch Einzelbestimmungen so eingeschränkt, dass sich praktisch nichts ändert.
Dazu benutzt man vor allem ein Wort, das ähnlich populär klingt wie Transparenz, nämlich „Datenschutz“. Da letztlich sämtliche Informationen und Fakten auch „Daten“ sind, da heute praktisch alle Vorgänge auf irgendwelchen Computern festgehalten sind, ist auf Grund des Datenschutzes letztlich wieder alles geheim zu halten. Und weiterhin wird keine Korruption, kein Missbrauch, keine Schlamperei, keine Bereicherung, keine Schiebung an die Öffentlichkeit dringen.
Das ist taktisch eindrucksvoll geschickt, aber inhaltlich natürlich eine Riesensauerei.
Das ist jedoch noch gar nichts gegen den zweiten Trick, wie vor allem auf EU-Ebene jetzt ebenfalls das Wort „Transparenz“ missbraucht wird. Dort wird sie nämlich statt von den Regierungen von den Bürgern verlangt! Diese sollen mit allem, was sie tun, gegenüber den Behörden, vor allem den Steuerbehörden noch transparenter bloßgestellt werden, als sie es ohnedies schon sind!
Das wurde in Deutschland und anderen Ländern praktiziert, als die Behörden durch den Kauf kriminell gestohlener Festplatten Steuerflüchtlingen auf die Spur gekommen sind. Obwohl sie damit als Hehler agierten, hatten die meisten Politiker und Beamten kein schlechtes Gewissen, war das doch sehr ertragreich; und sind doch Steuerhinterzieher keine erfreuliche Spezies von Mitmenschen.
Ehrlich gesagt hat man freilich angesichts der gigantischen Misswirtschaft und Verschwendung von Steuergeld durch die Politik ein gewisses Verständnis für das Verhalten von Steuerhinterziehern. Zumindest für ihr geringes Unrechtsbewusstsein. Auch wenn sie damit indirekt die anderen Steuerzahler belasten.
Nun will auch die EU-Kommission alle europäischen Steuerpflichtigen noch intensiver der Transparenz aussetzen. Der neue EU-Währungskommissar Moscovici, ein linker Sozialist, der bisher in der französischen Regierung ein Hauptverantwortlicher für die dortigen Defizite war, bläst nun zum Kampf für „Steuertransparenz“. Er verlangt zur besseren Überwachung der Bürger und Steuerzahler „eine neue Offenheit“ zwischen den Steuerverwaltungen und „ein neues Zeitalter der Solidarität“ zwischen den Regierungen.
Lauter nett klingende Worte, denen ganz offen hinzugefügt wird, dass es um automatischen Informationsaustausch geht und darum, dass Unternehmen nicht durch „aggressive Steuerplanung“ ihre Zahlungspflichten optimieren.
Propagandistisch versucht man mit der Behauptung zu beschwichtigen, dass das ohnedies nur gegen ein halbes Dutzend amerikanischer Weltkonzerne gerichtet sei. Bei denen werden ja nach Lektüre vieler Schauergeschichten die meisten Europäer zustimmen, dass die höher besteuert werden sollen. Es geht aber letztlich ganz sicher auch gegen jeden einzelnen Bürger Europas. Denn auch jeder einzelne ist Opfer einer transparenteren Durchleuchtung.
Ein zweites, vorerst ebenfalls noch nicht ausgesprochenes Ziel dieses Moscovici-Plans ist die Harmonisierung von Einkommen- und Körperschaftssteuern. Denn nur bei einer solchen Harmonisierung bekommt die Obrigkeit ja die – an sich legale – „aggressive Steuerplanung“ in den Griff.
Auch in diesem Punkt sollte sich niemand Illusionen machen, nur weil „Harmonisierung“ wieder so ein nett klingendes Wort ist. Aber in Wahrheit versteckt sich hinter diesem Wort die ganz gezielte Absicht, die Steuern insgesamt zu erhöhen. Die Erfahrung lehrt, dass Steuerharmonisierungen nur eine Richtung haben können: Die nach oben!
Immer, wenn Wettbewerb reduziert wird, wird für die Menschen etwas teurer. Es ist auch völlig klar, dass Menschen wie Moscovici von gigantischen europaweiten Steuererhöhungen träumen, um endlich nicht mehr sparen zu müssen. In der Vorstellungswelt von Sozialisten gibt es nämlich immer beliebig viele Millionäre, die man nur auszunehmen braucht, damit es allen gut geht und damit alle Wünsche erfüllbar werden.
Zwar gibt es keinen Zweifel: Viele Menschen liefern nicht alles dem Staat ab, was sie nach den Gesetzen dieses Staates müssten. Wie unmoralisch das ist, bleibe dahingestellt. Es gibt auch keinen Zweifel, dass die Staaten mit grenzübergreifender Kontrolle dagegen kurzfristig sicher erfolgreich vorgehen können.
Aber ebenso klar sind auch zwei andere Zusammenhänge:
Daher würde bei einer Steuerharmonisierung in der EU dasselbe passieren, wie schon einst bei der EU-weit harmonisierten CO2-Politik. Die EU hat seither weit strengere Emissions-Vorschriften und Klimagesetze als der Rest der Welt. Seither ziehen alle energieintensiven Industrien, die für den Weltmarkt arbeiten, zügig von Europa weg. Nach Amerika, nach China, nach Indien und in Dutzend andere Schwellenländer. Siehe Voest, siehe RHI.
Langfristiges Ergebnis: Die geplante Transparenz wird zwar Bürger und Unternehmen bis auf die Unterhose transparent durchleuchten. Aber Europa wird in einer nach unten harmonisierten Armut leben. Nur bei den Machthabern wird immer noch keine Transparenz eingezogen sein, während sie sich über die Transparenz ihrer Untertanen lebhaft freuen können.
Das EU-Parlament hat das Wort Transparenz gleich noch für eine andere Wahnsinnsforderung missbraucht. Es verlangt seit kurzem transparente Angaben auf jedem Wurst- oder Fleischstück darüber, wo das Tier geboren ist, wo es aufgewachsen ist, und wo es geschlachtet worden ist. Angeblich wollen das alle Europäer unbedingt wissen. Es genügt daher nach Meinung der Parlamentarier nicht, dass Fleisch alle noch so strengen gesundheitlichen Vorschriften erfüllt.
Dieser – noch nicht verbindliche – Parlamentsbeschluss droht eine neue europaweite Riesenbürokratie zu schaffen. Seine Realisierung würde auch der Dritten Welt de facto jede Chance auf Fleischexporte in die EU nehmen. Dabei behauptet die EU ja immer, der Dritten Welt helfen zu wollen. Tut alles nichts, auf Kosten der Konsumenten (die ja diesen Unsinn finanzieren müssten) ist Eurokraten nichts zu teuer.
Die Parlamentarier haben sich nicht einmal durch Berechnungen abschrecken lassen, dass auf bestimmten Wurstsorten mit vielen verschiedenen Bestandteilen bei Realisierung ihrer Resolution 400 bis 500 Einzelangaben stehen müssten. Statt dessen wollen sie ein Bürokratiemonster bejubeln und sagen können: Schon wieder haben wir mehr Transparenz geschaffen.
Einen ähnlichen EU-Unsinn haben wir ja gerade in Sachen Allergen-Vorschriften erlebt. Mit denen wird neuerdings jeder Wirt schikaniert, obwohl nach wissenschaftlichen Angaben höchstens ein Prozent der Menschen an echten Allergien leidet. Die die Allergiker aber in der Regel längst im Griff haben. Dank der EU-Regulierungswut gibt es aber jetzt auf jeder Speisekarte volle Transparenz, ob im Gasthaus-Schnitzel nun A, B, C, D, E, F, G, H, I, L, M, N, O, P oder R drinnen ist.
Alle Wirte sind der europäischen Politik wieder unendlich dankbar für eine neue Vorschrift. Das zusätzlich Absurde: In jedem EU-Land werden solche angeblichen Allergene durch ganz andere Symbole gekennzeichnet. Was die endgültige Entartung angeblicher Transparenz zu willkürlicher Schikane einer außer Rand und Band geratenen Obrigkeit ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Ein Wiener Kindergarten wehrt sich auf köstliche Art gegen die Schikanen, die (auch) ihm die Regelungswut von Politik, Bürokratie und EU-Gutmenschen bereitet.
Denn die skurrile Allergenverordnung quält seit einigen Wochen nicht nur alle Gasthäuser, Würstelstände und Zuckerlgeschäfte, sondern sogar die Kindergärten. Umso verständlicher ist dieser Aushang, mit dem die Leitung eines Kindergartens nun die Regelungswut der Obrigkeit voller Hohn umsetzt.

Bei allem Pessimismus, der schon vorweg am Platz war: Das „Reform“-Programm der griechischen Regierung ist noch viel substanzloser, als ohnedies zu erwarten gewesen war. Es ist eine einzige Frozzelei: Vage, unkonkret und voller unverbindlicher Absichtserklärungen, deren Sparerfolg frühestens in ein paar Jahren eintreten kann, wenn überhaupt. Und für so etwas bekommt Griechenland von den europäischen Regierungen schon wieder frisches Steuergeld, das mit Sicherheit von einer solchen Gaunerregierung nie zurückgezahlt werden wird. Es ist schändlich.
Die Schnelligkeit, mit der dieses griechische Programm trotz seiner Hohlheit sofort nach seiner Vorlage von den anderen Euro-Regierungen widerstandslos durchgewinkt worden ist, zeigt zweierlei:
Die katastrophalste Folge der letzten Tage wird aber gar nicht das ständige Weiterfließen der Griechenland-Hilfe sein. Das werden vielmehr die Auswirkungen auf alle anderen Schuldner-Länder Europas sein. Sie alle werden dem griechischen Beispiel folgen. Auch sie werden künftig nur noch so tun, als ob sie sparen. Sie werden auch blumige Briefe schreiben, aber nichts tun.
Prompt hat ja schon am gleichen Tag, da das griechische „Reform“-Papier in Brüssel eingelangt ist, die spanische Regierung ihr Sparprogramm de facto für erfüllt erklärt. Sie hat so, als hätte es nie eine Krise gegeben, das soziale Füllhorn über halb Spanien geschüttet: weniger Abgaben an die Pensions- und Krankenversicherung, Hilfen für Alleinerziehende, Hilfen für die Wirtschaft zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Bevor sie das Feld bei den Wahlen einer auch in Spanien antretenden neuen linksradikalen Partei überlassen, übernehmen die spanischen Konservativen jetzt lieber gleich selber die Rolle des Big spender.
Was hat Griechenland genau versprochen – oder besser gesagt: vage angedeutet?
Wenn es nicht überhaupt Ankündigungen von Defiziterhöhungen statt -reduktionen sind, dann ist es fast nur: Bla, bla, bla. Wir kennen freilich solche Ankündigungen schon zur Genüge. Nicht nur von früheren Programmen linker wie rechter Regierungen Griechenlands, sondern beispielsweise auch von österreichischen Regierungserklärungen. Echte Reformen und Einsparungen hatte nichts davon zur Folge.
Noch vor dem Sommer soll es eine weitere Runde Griechenland vs. EU-Europa geben. Dann wird Europa erneut feststellen dürfen, dass kein einziger der Punkte konkret Geld in die leeren Kassen gebracht hat. Dann wird Griechenland wieder einen ähnlich substanziellen Brief schreiben. Und die Euro-Länder werden wieder ein paar Tage lang die Stirn runzeln und dann halt wieder ein paar Milliarden herausrücken. Während jene wenigen Sanierungsmaßnahmen, die in den letzten Jahren doch ein wenig Fortschritte erzielt haben, wohl weitgehend zurückgenommen werden.
Wären die Euro-Politiker auch nur irgendwie zu Schuldeinsicht fähig, dann würden sie im Sommer auch sicherlich schon die verheerende Beispielswirkung Griechenlands auf die anderen Schuldnerländer zur Kenntnis nehmen können. Denn spätestens jetzt weiß alle Welt: Deutschland&Co drohen immer nur. Sie machen aber mit Garantie nie Ernst. Lieber drehen sie die Daumenschrauben für die eigenen Sparer und Steuerzahler wieder ein paar Umdrehungen fester (wie es gerade die Wiener Koalition vorbereitet), als einen eigenen Fehler einzugestehen.
PS.: Ach ja, zuvor dürfen jetzt noch einige Volksvertretungen über die neuen Griechenland-Milliarden abstimmen. Freilich glauben nur sehr naive Menschen, dass dabei die Meinung des vertretenen Volkes, der Bürger eine Rolle spielen wird . . .

Quelle: EU-Kommission, derstandard.at
Der EU-Kommissionspräsident spielt eine immer skurrilere Rolle.
Zum ersten hat sich der Luxemburger in den letzten Wochen als erstaunlicher Befürworter der griechischen Amok-Politik entpuppt. Zum zweiten hat er jetzt die „Fehler“ der Griechenland-Troika in den letzten Jahren attackiert; die mag es zwar gegeben haben – aber Juncker hat offenbar vergessen, dass er in diesen Jahren als Chef der Euro-Gruppe selbst hauptverantwortlich für diese Troika gewesen ist. Und zum dritten hat jetzt der deutsche Liberale Frank Schäffler herausdestilliert, was für Absurditäten in dem laut betrommelten Juncker-Plan stecken, der angeblich die europäische Wirtschaft retten soll:
Wir können beruhigt sein: Europa ist in guten Händen. Da weiß wirklich einer, welche Investitionen die Wirtschaft wieder in Gang bringen.
Die europäische Politik steht dieser Tage zwei akuten Herausforderungen gegenüber: Im Osten Europas tobt ein unerklärter Krieg. Das „Minsker Abkommen“ ist Makulatur. Bei aller Fragwürdigkeit der intendierten Absicht ist immerhin eines sicher: Die von den USA und der EU-Nomenklatura ins Auge gefassten zusätzlichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden den Staaten der Europäischen Union weiteren schweren ökonomischen Schaden zufügen. Schließlich ist die wirtschaftliche Verflechtung Europas mit Russland etwa sechsmal größer als jene der Russen mit den USA.
Die verhängten Sanktionen wirken ja dummerweise nicht einseitig zum Nachteil Russlands, sondern bedeuten für die daran beteiligten Staaten Europas Akte der Selbstgeißelung. Jeder der begreift, wie internationale Arbeitsteilung funktioniert (nämlich zum beiderseitigen Vorteil), versteht das. Jeder, der begreift, welche friedenssichernde Wirkung von grenzüberschreitenden Handelsaktivitäten ausgeht, wird in einer nachhaltigen Störung derselben erkennen, worauf sie am Ende hinauslaufen kann: auf Krieg.
Falls darüber Unklarheit bestehen sollte: Euroland ist militärisch nahezu impotent! Trotz seiner in Summe beachtlichen Militärausgaben existiert keine schlagkräftige europäische Streitmacht. Wenn es den Russen gefiele (was derzeit hoffentlich nicht der Fall ist), stünden sie vermutlich in wenigen Wochen am Ärmelkanal. Wie gescheit kann es daher sein, jemandem mit einem Kapselrevolver zu drohen, der einem mit einer scharf geladenen AK-47 gegenübersteht – und der dazu noch weiß, wie man damit umgeht und notfalls auch nicht zögern wird, sie einzusetzen?
Wer Weltmacht spielen will, der muss auch über die dazu nötigen militärischen Ressourcen verfügen. Die Europäische Union ist davon indes weiter entfernt als jemals zuvor. Die Panzerarmeen und Luftflotten, die nötig wären, um den russischen Bären in die Schranken zu weisen, existieren nicht einmal auf dem Papier.
Und allein mit Regenbogenparaden und ein paar Regimentern von Genderbeauftragten dürfte es der EU schwerlich gelingen, die Politik Wladimir Putins in ihrem Sinne zu beeinflussen. Auf nichts als heiße Luft gegründete Großmannssucht geht offensichtlich mit Blindheit Hand in Hand.
Viele auf Geschäfte mit russischen Partnern spezialisierte Betriebe, sowie deren Mitarbeiter und Kreditoren, kommen dank der Politik einer dem Cäsarenwahn verfallenen EU-Nomenklatura unverschuldet zum Handkuss. Dass Präsident Putin seine Ukraine-Politik unter dem Druck autodestruktiv wirkender Wirtschaftssanktionen ändern wird, glauben nur jene Träumer, die die Leidensfähigkeit der Russen krass unterschätzen.
Die hier auf die Politik der Europäischen Union konzentrierte Kritik drückt aber keinesfalls Sympathie für die offene russische Aggression in der Ostukraine aus. Gewalt als Mittel der Gefahrenabwehr einzusetzen, ist in jedem Fall gerechtfertigt. Der Einsatz aggressiver Gewalt dagegen ist stets ein Unrecht.
Die in die nächste Runde gehende Konkursverschleppung Griechenlands, hat das Potential, ein politisches Erdbeben auszulösen. Dass die vom alleinigen Ziel des Erhalts der Eurozone verblendeten EU-Granden vor dem professionell und mit höchstem Einsatz pokernden Hasardeur Varoufakis in die Knie gehen würden, war zu erwarten. Letztlich wird damit nicht nur die Zukunft der Gemeinschaftswährung, sondern auch die der gesamten Union aufs Spiel gesetzt. Denn wer eine bereits gestellte, kleine Schar räuberischer Gauner ungestraft mit ihrer Beute abziehen lässt und/oder offenen Vertragsbruch auch noch belohnt, muss mit den daraus folgenden Konsequenzen leben.
Das neuerliche Einknicken vor der griechischen Regierung (deren nebulöse „Zugeständnisse“ sich, wie alle bisher von Athen gemachten Zusagen, spätestens in wenigen Monaten als neuerliche Finte herausstellen werden), stellt einen Akt flagranter Untreue gegenüber den Nettosteuerzahlern der Union dar.
Anstatt auf die Einhaltung bestehender Vereinbarungen zu dringen und notfalls über die Entsendung von Kanonenbooten nachzudenken, um dem einwandfrei rechtmäßigen Begehren auf diese Weise ein wenig Nachdruck zu verleihen, wirft man ohne Not schlechtem Geld noch gutes hinterher. Jeder kleine Kaufmann würde bei einer derartigen Gebarung nach kurzem Prozess für lange Zeit hinter schwedische Gardinen wandern.
Deutschland einerseits zu beschuldigen, mit seiner überlegenen Exportkraft die übrigen Eurostaaten zu „schädigen“, andererseits aber zu erwarten, dass es den geballten Sozialkitsch des ganzen Kontinents – insbesondere den der kollektiv übergeschnappten Phäaken – dauerhaft finanziert, hat schon etwas Groteskes an sich.
In der großartigen Liednummer „Die Unterentwickelten“ aus einem Wiener Kabarett der 60er-Jahre (interpretiert von Helmut Qualtinger und El Fats Edwards), beklagt ein etwas zurückgebliebener Älpler:
„Wenn uns die Banken Gelder leih´n,
Ist´s ein Tropfen auf den heißen Stein,
aber damit ist´s noch nicht genug,
sie wolln´s auch z´ruck!"
Wegen der politischen Unkorrektheit der Nummer, ist der Titel, im Gegensatz zu vielen anderen aus dieser Zeit, auf Youtube „leider nicht verfügbar“.
Der Text klingt dieser Tage jedem leidgeprüften „Nordländer“ der EU vertraut in den Ohren. Denn: Kredite sind weder Geschenke, noch Dauerleihen, die man nicht refundieren müsste. So wie Verträge einzuhalten sind, müssen Schulden beglichen werden. So oder so.
Jahrelang haben die Griechen – auf unsere Kosten – Party gemacht, Legionen überflüssiger Beamter gemästet, Geld ins Ausland verschoben, Steuern hinterzogen, Milliardenbeträge an Renten an bereits Verstorbene ausbezahlt und im Übrigen den Herrgott einen guten Mann sein lassen. Jetzt, wo der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht, beschuldigen sie plötzlich ihre Kreditoren, „unfaire“ Forderungen zu erheben.
Indem sie – nur weil sie sich eine neue Regierung erwählt haben und ohne dass sich an den übrigen Umständen etwas geändert hätte – eine Neuverhandlung vertraglich festgelegter Vereinbarungen fordern, haben sie endgültig den Gipfel der Unverschämtheit erklommen.
Frei nach Roland Baader: Was diese Leute im Konsumrausch vorausgefressen haben, das werden sie jetzt eben nachhungern müssen! So ergeht es am Ende schließlich jedem, der dauerhaft über seine Verhältnisse lebt.
Während man in anderen Balkanländern wirtschaftlich voranschreitet (in Rumänien etwa eine gut gehende Automobilindustrie aufbaut oder in Bulgarien wenigstens international konkurrenzfähigen Rotwein produziert), setzt man in Griechenland so gut wie ausschließlich auf den Tourismus. Der aber zeichnet sich, und das ist keine neue Erkenntnis, durch eine geringe Wertschöpfung aus.
Waren „made in Greece“ sind außerhalb des südlichen Balkans kaum zu finden. Und so konsumiert Griechenland seit Jahrzehnten mehr, als es produziert. An diesem Umstand wird sich weder durch einen Schuldenschnitt noch durch erstreckte Rückzahlungsfristen etwas ändern.
Unter diesen Umständen wäre daher die sofortige Beschlagnahme und Verwertung aller greifbaren griechischen Vermögen das Mittel der Wahl – und nicht die neuerliche Gewährung von Krediten! Immerhin haben alle Griechen über Jahre von der in ihrem Land herrschenden Lotterwirtschaft profitiert. Und all ihre Schulden wurden mittlerweile europaweit sozialisiert und somit den Steuerzahlern umgehängt.
Ohne wettbewerbsfähige Industrieproduktion kann es auf Dauer keinen Wohlstand auf Westniveau geben. Denn der Lebensstandard in einer Volkswirtschaft hängt nun einmal von deren Produktivität ab. So einfach ist das – auch wenn es linken Sozialromantikern nicht gefallen mag, die meinen, Reichtum entstünde in der Notenpresse.
Diese Lektion werden übrigens nicht nur die Griechen, sondern auch alle anderen Europäer noch lernen müssen, die ihre Industrien mit grotesk überzogenen Sozial- und Umweltstandards planmäßig nach Fernost vertreiben.
Im oben bereits zitierten Couplet heißt es weiter:
„Wenn wir was lernen, werden wir zwar gescheiter,
aber heut´ kommen wir mit der Blödheit viel weiter,
wenn wir unterentwickelt, unterentwickelt bleiben.“
Das dynamische Duo Tsipras/Varoufakis hat diese Lehre offenbar zutiefst verinnerlicht. Zum Unglück der Bürger der Union sind deren Führer sowohl für die beiden Radaubrüder vom Balkan als auch für Zar Putin an Dummheit und Harmlosigkeit nicht zu übertreffende Jausengegner. Die im Namen der EU handelnden Figuren vermitteln allesamt den Eindruck, dass sie – bewusst oder aus Inkompetenz – die Arbeit einer Fünften Kolonne zum Nachteil Eurolands effektiver erledigen, als eine solche das jemals tun könnte…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Leider ist es vorerst mit dem Grexit nichts. Dabei haben jetzt schon vier der fünf deutschen Wirtschaftsweisen öffentlich gesagt, dass ein Ausscheiden der Griechen aus dem Währungsraum diesen sogar stärken könnte. Aber nun haben die Griechen doch zugesagt, die Sparbedingungen als Gegenzug für neue Hilfe vollinhaltlich einzuhalten. Sie haben sich freilich drei Tage Zeit erkämpft, in denen sie sagen können, welche der bisher gegoltenen Sparmaßnahmen sie durch welche andere ersetzen wollen. Das gibt vermutlich neuerlich Raum für eine Wiederholung der vielen schon sattsam bekannten levantinischen Tricks und der linkssozialistischen Eigentlich-wollen-wir-doch-nicht-sparen-Rhetorik. Denn andere Sparmaßnahmen, die kurzfristig genausoviel bringen wie die von Athen abgelehnten, sind ja nur schwer vorstellbar.
Es ist eine absurde Komödie: Während die Griechen nun Europa gegenüber seit Freitagabend so tun, als ob sie sich doch an die Sparpflichten halten werden, haben sie gleichzeitig im Parlament schon eine Reihe von Gesetzen beschlossen, die diese Pflichten verletzen und nun wieder fröhliches Geldausgeben bedeuten.
Daher sollten sich die anderen Europäer wohl noch sehr genau anschauen, was da die Griechen am Montag in ihre alternative Sparliste hineinschreiben werden. Werden das wieder nur vage Ankündigungen sein, man werde jetzt verstärkt gegen Steuerhinterzieher vorgehen? Das aber hat in den letzten Jahren noch jede griechische Regierung angekündigt. Aber nur sehr zum Teil umgesetzt. Und selbst wenn es diesmal ernster gemeint sein soll (was viele zu Recht bezweifeln), muss es in einem Rechtsstaat sehr lange dauern, bis da wirklich Geld von Steuerhinterziehern hereinkommt.
Athen gibt aber eben jetzt schon mehr Geld zur Erfüllung seiner Wahlversprechen aus. Eigentlich eine Quadratur des Kreises.
Griechenland hat jetzt aber dennoch taktisch bessere Karten: Die europäische Tonlage ist so, dass die EU-Staaten ziemlich blöd dastünden, würden sie am Montag sagen: Es reicht doch nicht, es gibt doch kein funktionierendes Programm. Außerdem sind die deutschen Sozialdemokraten, die anfänglich wie Wolfgang Schäuble für Konsequenz waren, in den letzten Stunden reihenweise umgefallen, um Griechenland zu unterstützen (die österreichischen allerdings konnten gar nicht umfallen . . .). Nur die niederländischen sind eindrucksvoll hart geblieben.
Andererseits muss eine Abänderung des griechischen Sparprogramms noch in vielen Staaten von Parlamenten abgesegnet werden. Man darf zweifeln, dass sich überall die Abgeordneten leicht über den Tisch ziehen lassen werden.
Es bleibt also noch ein wenig Hoffnung, dass es doch zu keiner Einigung kommt. Und dass dann der Euro-Raum ohne die Griechen viel glaubwürdiger dasteht als in den letzten Jahren.
Der Geschäftsklimaindex egibt sich aus den – nach Größe der Unternehmen – gewichteten Einschätzungen der aktuellen Geschäftslage sowie der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung durch Investoren.
Quelle: Agenda Austria
In Österreich zeigt der Vergleich zu 2007 ein ganz dramatisches Staatsversagen.
Das zeigt die zwischen 2000 und 2007 signifikant zurückgegangene Staatsverschuldungsquote, die seither wieder steil angestiegen ist (von 60 auf 86 BIP-Prozent). Das zeigen jetzt auch neue Daten, die von der „Agenda Austria“ zusammengestellt worden sind.
Von 2007 bis 2014 sind in Österreich die staatlichen Investitionen zwar nominell um 18 Prozent gestiegen, in Deutschland hingegen um 33 Prozent! Das hat eine ganz klare Folge (die sich ja auch an allen Wachstumsdaten oder Triple-A-Verlusten schon ablesen lässt): Österreich fällt durch dieses Staatsversagen dramatisch immer weiter hinter Deutschland zurück. Die privaten Investitionen sind hingegen in beiden Ländern (13 beziehungsweise 12 Prozent) in diesem Zeitraum sehr ähnlich gewachsen.
Dabei hat Deutschland 2014 ganz im Gegensatz zu 2007 erstmals ein ausgeglichenes Budget gehabt. Und es konnte trotzdem einen so hohen Investitionszuwachs erzielen. Was alle Linksökonomen Lügen straft, die glauben, mit Schulden könne man Investitionen und Wachstum erzwingen. Das gelingt in Wahrheit nur mit Umschichtung von Sozialausgaben zu sinnvollen Investitionen.
Österreich hatte umgekehrt 2007 ein viel geringeres Defizit als heute. Österreich macht nicht nur mehr Schulden, sondern gibt auch viel mehr Geld aus. Aber es gibt das Geld immer schlechter aus. Nicht für die (meist) langfristig sinnvollen Investitionen, sondern für den kurzfristigen Konsum!
Konkret wird das Geld vor allem für die rasant steigenden Staatszuschüsse zum Pensionstopf ausgegeben, was die Faymann-SPÖ nicht hindert, jede echte Pensionsreform kontinuierlich zu verweigern. Ebenso für Grundsicherungen und zahllose andere Wohlfahrtsstaats-Verschwendungen. Daneben werden auch viele Budgetmittel für Medienbestechung und Föderalismus vergeudet. Für all das aber heißt der Hauptverantwortliche eindeutig Werner Faymann, der schlechteste Bundeskanzler der zweiten Republik.
Er und seine von Steinzeit-Gewerkschaften diktierte Politik sind auch an etwas noch Schlimmerem schuld: In Zukunft werden mit Sicherheit auch die zuletzt noch halbwegs funktionierenden privaten Investitionen signifikant schrumpfen. Das lässt sich auf Grund des Geschäftsklimaindex unschwer prognostizieren. Der hat sich nämlich in Österreich in den letzten beiden Jahren im Gegensatz zu Deutschland total negativ entwickelt. Ja, sogar weit schlechter als in Spanien, Italien und Portugal, die als Krisenländer gelten.
Dieser von „Eurochambres“ erhobene Index zeigt für Österreich (2013) ein dramatisches Minus von 32,7 Prozent und dann für 2014 noch einmal von weiteren 40,7 Prozent. Das ist absolut katastrophal! Denn nur noch Griechenland wird schlechter bewertet: Dort gab es in beiden Jahren ein Minus von 47 Prozent. (Angesichts dieser Zahlen ist es geradezu lächerlich, wenn Regierungsmedien jetzt im Jänner für Österreich einen zweiprozentigen Zuwachs zu bejubeln versuchen.)
Es ist ganz eindeutig klar und unvermeidlich: Wenn sich das Geschäftsklima verschlechtert, nimmt die Investitionsbereitschaft dramatisch ab. In so einem Land investiert niemand. Und wenn SPÖ und SPÖ-Medien täglich gegen Investoren („Reiche“, „Millionäre“) hetzen, schon gar nicht.
Auch wenn es manche kränkt: Österreich hat die schlechteste Regierung und den schlechtesten Bundeskanzler seit 1945. Denn für alle Faktoren, die den Geschäftsklimaindex beeinflussen, sind allein Gesetzgeber, Justiz und Verwaltung verantwortlich. Und überall sitzt die von Faymann geführte SPÖ in den entscheidenden Positionen.
Wieder ist eine wichtige Stadt von Russland und seinen Verbündeten erobert worden. Eine einwöchige Schlacht hat mit einem klaren Sieg der Russen geendet. Der ist freilich ein beklemmender Kontrast zu den feierlichen Friedensgelübden Wladimir Putins knapp davor in Minsk.
Bis auf ein paar amerikanische Senatoren – und die Ukraine selbst – wollen das alle anderen Weltpolitiker aber dennoch am liebsten ignorieren. Und sie hoffen wie immer nach jeder russischen Eroberung, dass Moskau jetzt vielleicht doch einmal Frieden gibt. Motto: Wenn man den Kopf in den Sand steckt, sieht man ja keine bedrohlichen Fakten.
Gewiss, gegen die Kraft der russischen Armee hat die jämmerliche Streitmacht der Ukraine keine Chance. Selbst wenn sie jetzt westliche Waffen bekäme. Und militärisch helfen will (und kann) ihr niemand.
Es ist daher sicher klüger, Russland auf anderem Weg zu zeigen, dass seine Eroberungskriege von der zivilisierten Welt total abgelehnt werden. Daher wären jetzt viel schärfere Sanktionen dringend am Platz, die insbesondere die russischen Banken treffen und isolieren müssten. Solche wirksamen Sanktionen werden aber nicht kommen, weil auch Raiffeisen und noch ein paar hundert andere westliche Firmen darunter leiden würden.
In vielen exponierten europäischen Staaten hat man die zunehmende Fragilität des Friedens erkannt, und sie erhöhen signifikant ihre militärische Bereitschaft und Zusammenarbeit. Das tut Polen. Das tun die drei kleinen baltischen Staaten. Das tun die Skandinavier, unter denen auch Finnen wie Schweden längst offen erkannt haben, dass ihnen Neutralitäts-Gelabere gegen eine aggressive Großmacht absolut nicht hilft. Das verlangt der neue rumänische Präsident.
Nur bei uns wird das Bundesheer auf das Niveau einer Polizei-Hilfstruppe abgerüstet. Und nur in Ungarn (und zum Teil auch in der Slowakei) beugt man sich gleich vorbeugend lieber dem neuen Machtzentrum. Wobei das im Falle Ungarns psychologisch sogar verständlich ist. Haben doch auf Verlangen von Rotgrün und nach einer widerlichen Medienhetze EU und USA eine Zeitlang absurd und alle Relationen vergessend gegen Ungarn kampagnisiert. Daher liebäugelt Viktor Orban demonstrativ mit einem Seitenwechsel.
Erfreulicherweise sind jetzt zwei ÖVP-Minister endlich mit (wenn auch nicht ganz kongruenten) Zahlen darüber herausgerückt, was alleine Österreich bisher die griechische Schuldenwirtschaft gekostet hat. Freilich wird auch dabei der größte Raubzug auf die Österreicher nicht einmal mit einer Andeutung erwähnt. Denn der richtet sich nicht gegen das Budget; das aber ist ja offenbar das einzige, was Politiker interessiert. Der ärgste Anschlag beraubt die Menschen auf ganz anderem Weg.
An direkten Krediten hat alleine Österreich bisher schon 1,6 Milliarden Euro für Griechenland aufgewendet. Dieses Geld ist also schon aus Österreich abgeflossen. De facto genauso verloren sind auch die noch nicht schlagend gewordenen Haftungen, die laut Reinhold Mitterlehner 4,7 Milliarden ausmachen, laut Hans Jörg Schelling „nur“ 4,3 Milliarden. Wo auch immer der „kleine“ Unterschied herkommt: Man muss den beiden Ministern jedenfalls für diese Informationen dankbar sein. Denn die SPÖ verschweigt diese Lasten prinzipiell immer; sie will ganz im Gegenteil den Griechen mit immer noch mehr Geld entgegenkommen.
Das Ignorieren dieser Kredite und Haftungen gelingt auch deshalb, weil sie ja doch noch gar nicht in die offizielle Staatsschuld einberechnet sind. Man hat ja einen „Wert“, eine „Forderung“ an Griechenland und sieht das Ganze daher als so sicher an wie Gold in der Nationalbank. In Wahrheit wäre natürlich beides bei ehrlicher Bilanzierung längst voll abzuschreiben. So wie schon die Kosten vieler anderer Euro-Rettungsaktionen der letzten Jahre.
Die Freunde Griechenlands verweisen aber lieber auf die 100 Millionen, die Österreich in der Summe dieser fünf Jahre von Griechenland an Zinsen bekommen hat. Das ist angesichts der Schulden zwar ein lächerlich niedriger Betrag, aber dennoch überhaupt das Einzige, was Griechenland seit Jahren zahlt. Die eigentliche Kapitalrückzahlung ans Ausland ist erst für die Jahre 2020 bis 2058 vorgesehen (nur gegenüber den griechischen Banken soll es vorher Rückzahlungen geben). Also de facto zu Sankt Nimmerlein. Überdies haben die Euro-Länder auch schon angeboten, die Rückzahlung noch weiter nach hinten zu verlegen.
Nur um die Dimensionen zu begreifen: Die griechischen Gesamtschulden betragen mit 320 Milliarden ziemlich genau das Vierfache des österreichischen Jahresbudgets! Dabei beträgt die griechische Wirtschaftsleistung nur etwas mehr als die Hälfte der österreichischen.
Damit ist das Versprechen einer Kredit-Rückzahlung zwar längst nur noch kabarettreif. Aber die von den lieben Helfern längst auf ein Minimalniveau gesenkten Zinsen müssen die Griechen zahlen, wollen sie nicht offiziell als zahlungsunfähig gelten. Was unweigerlich ihr Ausscheiden aus dem Euro und aus allen sonstigen internationalen Zahlungsströmen bedeuten würde (Achtung Griechenlandurlauber!!). Was unweigerlich eine Megakrise bedeuten würde.
Daher wollen die Griechen diese Zinsenrückzahlungen unbedingt durchführen. Sie wollen das halt nur mit neuen Krediten finanziert bekommen (aber ohne dass sie die bisher geltenden Sparauflagen tragen müssten!). Auch EZB, IWF, ESM, EFSF und die Einzelstaaten können nur im Fall der Zinszahlungen durch Griechenland die Kredite weiter als Aktiva in ihrer Buchhaltung behandeln. Daher wollen auch sie es nicht haben, dass der griechische De-facto-Bankrott zu einem offiziellen wird. Es lebe die Fiktion.
Griechenland ist freilich bei weitem nicht der einzige Schuldner. Dazu kommen noch die Forderungen an und Haftungen für alle anderen Schuldnerländer, die bei den diversen europäischen Institutionen multilateral angelaufen sind.
Aber auch die Summe dieser Kredite und Haftungen, von denen man zweifellos einen Gutteil nie mehr wiedersehen wird, ist noch keineswegs der einzige Schaden, von dem ein Anteil auf die Österreicher entfällt. Ein noch viel größerer Schaden wird von der politisch-medialen Tagesordnung und von den Statistiken der Ökonomen überhaupt nicht wahrgenommen. Dafür umso mehr von den betroffenen Menschen, die darob immer zorniger und frustrierter werden: Das ist der gewaltige Zinsverlust, den ihre Ersparnisse und Lebensversicherungen jeden Tag mehr erleiden.
Eine ganze Generation hat ja geglaubt, mit den Ersparnissen ihres Arbeitslebens das eigene Leben absichern zu können. Ein folgenschwerer Irrtum. Denn noch ohne Einführung der Faymannschen Vermögenssteuern sind die sparenden Menschen in den letzten Jahren täglich als Folge der Euro-Rettungsversuche ärmer geworden.
Die Frage war bisher nur: Um wie viel sind sie eigentlich ärmer geworden?
Dafür habe ich nur für Deutschland genaue Zahlen gefunden, da ja die heimischen Wirtschaftsforscher zu regierungsfromm sind, um solche zu erheben. Für den großen Nachbarn hat das Ökonomen-Netzwerk ROME nun Daten errechnet, wie groß der kollektive Wohlfahrtsverlust der deutschen Bürger durch die Niedrigzinsen ist. Diese werden ja von der EZB als Hilfe für die Schuldnerstaaten künstlich niedergehalten, obwohl etwa in Österreich die Inflation durchaus spürbar ist.
Nach der ROME-Berechnung ist der Nettoschaden für die Deutschen durch diesen aufsummierten Zinsenverlust seit 2010 schon größer als der gesamte Verlust der nationalen Wirtschaftsleistung durch die Krise 2009!
Von den deutschen Zahlen kann man nach der üblichen Faustformel ein Zehntel für Österreich ansetzen. Wobei wir außer Acht lassen, dass für die Österreicher der Wohlstandsverlust auf Grund der höheren Inflation eigentlich noch höher sein dürfte.
Bleiben wir aber ruhig beim Zehntel: Schon das ergibt für die Österreicher einen Wohlstandsverlust von rund 20 Milliarden Euro seit 2010 (wobei die Vorteile, die im Gegenzug durch die niedrigen Schuldzinsen entstehen, schon in diesen Wert einberechnet sind). Das ist ein gigantischer Betrag, der zu der gleichzeitig rapide gestiegenen Staatsverschuldung, der fast ständig steigenden Abgabenquote und den aushaftenden Krediten und Haftungen noch dazu kommt.
Damit man sich die Größenordnung vorstellen kann: Dieser Betrag ist weit höher als der Gesamtverlust für den Steuerzahler durch die Hypo Alpe-Adria (selbst bei der schlimmsten Entwicklung). Dieser Betrag ist aufs Jahr umgerechnet ungefähr so viel Geld, wie die heiß umstrittene Einkommensteuersenkung netto kostet!
Aber es gibt keine Gewerkschaft, keine Kammer, keine Partei, die sich für die Interessen der Sparer einsetzen würde, wie sie es für die Einkommensteuerzahler tun.
Es gibt keinen einzigen Abgeordneten, der wegen dieses brutalen Raubzugs auf die Sparer einen U-Ausschuss wie bei der Hypo fordern würde.
Und es gibt schon gar keinen ORF, der für die österreichischen Sparer auch nur ein wenig so viel Empathie hätte wie ständig für die griechischen Beamten.
Nein, die Sparer werden einfach ausgenommen. Ständig. Und ohne irgendwelche Verbündete zu haben.
Es ist absolut faszinierend: Die Griechen testen bis zum äußersten Extrem aus, wie viele Provokationen sich die übrigen Europäer noch gefallen lassen. Bevor diese dann doch zahlen und sich dabei absurderweise auch noch als Sieger ausgeben werden. Denn die Euro-Länder begreifen noch immer nicht: Sie können nur gewinnen, wenn sie jetzt „verlieren“, wenn also Griechenland ihren Forderungen nicht nachgibt.
Die bisherigen Erfahrungen scheinen den Griechen mit ihrer Kamikaze-Taktik Recht zu geben: In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat Europa am Ende immer nachgegeben. Erpressungen – auch durch die Griechen – waren stets erfolgreich. Denn meistens haben die Deutschen in die Tasche gegriffen, wenn auch erst nach tage- und nächtelangen Krisensitzungen.
Daher kann man auch diesmal annehmen: Nach noch ein paar Nervenkriegen und ein paar verbalen griechischen Konzessionen, werden die Griechen genau das bekommen, was sie wollen: weitere 7,2 Milliarden Euro. Sie werden wohl ein paar Monate das Sparprogramm verlängern (was nach außen als griechische Konzession gilt), aber dafür für nachher umso höhere Gegenleistungen und eine gleichsam ewige Stundung der Kreditrückzahlung erreichen. Und die EU-Europäer werden sich noch freuen und es als Sieg feiern, dass sie zahlen dürfen. Obwohl sie wissen, dass sie das Geld nie zurückkriegen werden.
Die Regierungen werden das alles tun, weil sie sich vor den andernfalls ausbrechenden turbulenten Tagen fürchten. Und weil insbesondere die deutsche Regierung nicht will, dass die Öffentlichkeit erkennt, wie dumm und falsch die gesamte Finanzpolitik der letzten Jahre gewesen ist.
Daher zahlt man immer weiter, so lange es bis zum endgültigen Crash halt geht.
Derweil kann man die Bürger noch total verwirren. Denn die begreifen gar nicht, dass sie die wahren Gewinner wären, wenn die Griechen wie sie seit Wochen androhen, keiner Verlängerung des ominösen Programms zustimmen sollten. Dann wäre Griechenland sofort zahlungsunfähig und von allen internationalen Geldbewegungen abgeschnitten. Dann wäre es auch aus dem Euro draußen. Und dann würden auch alle anderen jahrzehntelang flott dahinlebenden Schuldnerländer bis hin zu Italien und Frankreich endlich erkennen, dass es so nicht mehr weitergeht, dass sie selber und nicht Deutschland für ihr Geschick verantwlrtlich sind.
Aber es wird eben zur Vergrößerung des Schadens noch eine weitere Zeitlang so weitergehen.
Das – neuerliche – Ukraine-Friedensabkommen von Minsk erinnert lebhaft an den September 1938. Damals haben die Westmächte in München der Aggressionspolitik Adolf Hitlers – neuerlich – nachgegeben und ihm die Tschechoslowakei geopfert, nachdem sie schon im Februar/März des gleichen Jahres den verzweifelten Hilferufen der österreichischen Regierung den kalten Rücken gezeigt hatten.
Damals in München jubelten die Demokratien „Peace in our time!“ Genau ein Jahr später hatten sie dann dennoch den Weltkrieg, als Hitler als nächstes Polen überfiel. Fast alle Analysen sind sich heute einig, dass das Nachgeben, das Appeasement 1938 ein schwerer Fehler gewesen ist, der dann Millionen das Leben gekostet hat: Denn das Deutsche Reich sei 1938 noch keineswegs kriegsfähig gewesen.
Wie auch immer. „Was wäre wenn“ ist immer spekulativ. Genauso wie es alle historischen Vergleiche sind.
Bei diesem Vergleich München-Minsk muss man sogar inständig hoffen, dass er nicht stimmt; dass Russland die Etappen seiner Aggression nicht in Parallele zum Nationalsozialismus fortsetzt; und dass das neuerliche einseitige Nachgeben der EU Russlands Präsident Putin nicht ermutigt, sich alsbald eine neue Salamischeibe von fremdem Territorium einzuverleiben.
Aber man wird trotz dieser verzweifelten Hoffnung bei nüchterner Analyse immer mehr von kalter Angst gepackt, ob sich die Parallele nicht doch fortsetzt. Denn so wie Hitler (ebenso wie viele Deutsche) die Neuordnung Europas 20 Jahre nach dem ersten Weltkrieg revidieren wollte, so lehnt Putin (ebenso wie viele Russen) 25 Jahre später die Neuordnung Mittel- und Osteuropas emotional zutiefst ab.
Gewiss, da hören die Parallelen auch wieder zum Teil auf. Denn die Friedensverträge nach 1918 waren in der Tat ungerecht, waren reines Ergebnis eines Rachefriedens. Vielen Millionen Deutschen und Ungarn wurde – entgegen den Versprechungen des US-Präsidenten Wilson – das Selbstbestimmungsrecht brutal verweigert, obwohl sie seit Jahrhunderten in fast geschlossen deutschen oder ungarischen Gebieten lebten. Der Zerfall der Sowjetunion ab 1989, die Demokratisierung und der marktwirtschaftliche Aufschwung zahlreicher Staaten, sowie der Eintritt in EU und Nato bedeuteten hingegen ganz eindeutig das Gegenteil. Sie waren Ergebnis einer souveränen Selbstbestimmung all dieser Staaten und ihrer Bevölkerungsmehrheit.
Manche Putin-Propagandisten verweisen auf die Tatsache, dass die Krim erst in den 50er Jahren der Ukraine zugeschlagen worden war. Vorher war sie russisch. Nicht nur deswegen würde einer Selbstbestimmung der Krim-Bewohner in der Tat auch viel Sympathie gebühren – solange diese friedlich, korrekt und frei abläuft. Bis vor einem Jahr hat das aber keine einzige wahrnehmbare Initiative gefordert.
Die Krim ist im Vorjahr nicht deshalb russisch geworden, weil ihre Bürger das zuvor machtvoll verlangt hätten, oder weil es dort eine ethnische Massenunterdrückung durch Kiew gegeben hätte, oder gar weil Hunderttausende aus ihrer Heimat vertrieben worden wären (wie es etwa im großen Unterschied dazu einst im Kosovo der Fall gewesen ist). Die Krim ist vielmehr nur deshalb russisch geworden, weil Russland militärisch vollendete Tatsachen geschaffen hat.
Manche links- und rechtsradikale Österreicher sehen diese Invasion aber dennoch unter Berufung auf die Krim-Zugehörigkeit in den 50er Jahren als gerechtfertigt an. Sie müssten freilich daran erinnert werden, dass in den gleichen 50er Jahren die Rote Armee auch noch an der Enns gestanden ist. Warum soll daher eine Rückkehr der russischen Soldaten nach Österreich nicht genauso legitim sein, wenn man einmal solche Argumente verwendet hat?
Tatsache ist jedenfalls, dass sich Russland in den Wochen seit dem ersten „Waffenstillstand“ wieder ein paar Hundert Quadratkilometer ukrainischen Territoriums zusätzlich einverleibt hat. Oh Pardon, Russland hat da gar nichts getan: Das waren ja nur die grünen Männchen mit russischen Pässen, die in ihrem Urlaub in der Ukraine zum Spaß Krieg geführt haben. Und nochmals Pardon: Russland hat nicht „sich“ selbst etwas einverleibt (das hat es nur bei der Krim so offen getan), sondern den War Lords, die mit Hilfe der russischen Panzer jetzt in der Ostukraine an der Macht sind.
So sehr das auch die Zukunft diese Kontinents verdüstert, so demütigend und vernunftwidrig das auch ist: Man kann nur hoffen, dass diese wilde und alkoholfreudige Soldateska jetzt endlich genug hat, dass sie ihr Machtterritorium jetzt ausreichend abgerundet sieht, dass sie jetzt Frieden geben wird. Und dass da nicht ein großer geopolitischer Eroberungsplan Putins dahintersteckt.
In Wahrheit freilich hat Putin selbst diese Hoffnung wenige Stunden nach dem Minsker Abkommen fast zur Gänze zertrümmert: Er forderte eiskalt die 8000 ukrainischen Soldaten zur Aufgabe auf, welche die Stadt Debalzewe trotz massiver russischer Angriffe gehalten haben. Man muss schon ziemlich bar all seiner Sinne sein, wenn man glaubt, dass ein solcher Mann echte Friedensabsichten hat.
Aber die EU-Europäer jubeln dennoch. Sie wollen einfach daran glauben, dass jetzt alles gut ist. Weil man dann halt etliche Probleme weniger hat.
Freilich: An ein ähnliches Abkommen haben im September 1938 die Westmächte auch geglaubt. Sie haben auch damals gemeint, dass man Frieden bekommt, wenn man einem Aggressor nur immer nachgibt.
Realistisch steht die Friedenschance für die Ukraine höchstens bei fünf Prozent. Und auch diese kleine Chance ist nur auf die amerikanische Drohung zurückzuführen, der Ukraine für ihren Verteidigungskrieg künftig echte Waffen und nicht nur „Decken und Medikamente“ zu schicken, wie die Ukraine bitter beklagt.
Selbst wenn sie nicht kriegsentscheidend sind, können amerikanische Waffen für die Ukraine in den Augen Russlands keine angenehme Perspektive sein. Auch wenn das jetzt endlich ein Argument für die bisher nur skurrile und total faktenfreie russische Propaganda schaffen würde, dass sich die Nato und die USA die Ukraine einverleiben wollten ;und dass Amerika, nichr Russland den Krieg ausgelöst hätte.
Wahr ist das Gegenteil: Noch vor eineinhalb Jahren wollte in Amerika niemand auch nur irgendetwas von der Ukraine hören, geschweige denn diese als Mitglied in der Nato aufnehmen. Man hatte (und hat) bei Gott genug andere Zores am Hals, insbesondere mit dem islamischen Terrorismus, der iranischen Atombombe, dem halbdebilen Nordkoreaner, dem Rückfall Venezuelas in die Steinzeit und dem völlig in die Irre gelaufenen arabischen Frühling. Überdies hatte (und hat) Washington einen Präsidenten, der ja selbst das verkörperte Appeasement ist, der absolut keine Intentionen hatte, sich stärker in europäische Probleme zu involvieren.
Die russischen Invasionen in mehreren Nachbarländern haben aber jetzt – vor allem – in den USA, Großbritannien und Frankreich die öffentliche Meinung enorm aufgeweckt, sodass dort die Appeasement-Gesinnung der Regierungen zurückstecken musste. In jenen Ländern, die näher zu Russland liegen, war die Angst vor dem unberechenbaren und geistig offenbar wieder ins 19. Jahrhundert zurückgerutschten Riesen sowieso immer ein ständiger Wegbegleiter.
Tief im 19. Jahrhundert leben geistig aber auch alle jene, die etwas von natürlichen Einflusssphären (etwa Russlands) schwafeln, welche wichtiger wären als Selbstbestimmung und Souveränität (etwa der Ukraine). Obwohl Russland diese in völkerrechtlichen Verträgen feierlich zugesagt und besiegelt hatte.
Bei Konjunkturprognosen ist nur eines sicher: Dass sie nachher nie genau gestimmt haben werden. Der Trend stimmt freilich fast immer. Und der ist für Österreich dramatisch.
Für die EU-Länder insgesamt wurden ja von der Brüsseler Kommission in den vergangenen Tagen die Wachstumszahlen um einige Zehntel nach oben korrigiert. Für Österreich hingegen nach unten. Es darf heuer nur noch mit einem Plus von 0,8 Prozent rechnen - vor kurzem hatte die EU hingegen Österreich noch 1,2 Prozent prophezeit. Das ist eine gefährliche Dynamik. Auch im Vergleich zur restlichen EU: Diese kann nämlich 1,7 Prozent erwarten, steht also besser da als bei der letzten Prognose (1,5); ähnlich und die Eurozone 1,3 (statt 1,1).
Damit ist nach der Stagnation 2014 klar: Österreich fällt auch heuer zurück. Das zeigen ebenso die steil steigenden Arbeitslosenzahlen, die ja nur wegen der extrem frühen Pensionierungen optisch gut ausschauen.
Aber kein Wunder bei einer Regierung: die nur immer mehr Schulden macht; die den früheren Vorsprung auf Deutschland schändlich verjubelt hat; die seit 2007 immer wieder Steuern erhöht hat (und laut dem Regierungschef weitere Steuern neu einführen will); die fast ständig wirtschaftsfeindlich agiert.
Noch bedenklicher ist, dass für die größere Regierungspartei die ideologische Solidarität mit der griechischen Regierung wichtiger ist als Österreichs finanzielle Lage. Denn gleich mehrere Politiker (Faymann, Cap, Swoboda) haben sich als Erste in Westeuropa für eine Laufzeitverlängerung – also weitere Nicht-Rückzahlung! – der griechischen Kredite ausgesprochen. Diese wird die Republik enorm treffen: Denn sie hält nicht weniger als 5,8 Milliarden an griechischen Krediten (und haftet dazu auch noch für Kredite von EZB, EFSF oder IWF).
Auch die zweite Regierungspartei sagt wenig zu den griechischen Forderungen. Zum Glück für Österreich bleiben aber diesmal – zumindest bisher – Deutschland, die EZB und die EU konsequent. Sie akzeptieren es nicht, dass eine neue Regierung Schulden und Vereinbarungen einfach annullieren will.
Die europäischen Konjunktur-Trends zeigen jedoch: Das höchste Wachstum gibt es in jenen Ländern, die konsequent sparen. Nur dort haben private Investoren noch Vertrauen, Geld anzulegen. Und nur private Investitionen, die ja zwischen 80 und 90 Prozent aller Investitionen ausmachen, können die Konjunktur ankurbeln. Und nicht staatliche Programme.
Sparen erweist sich auch für Krisenländer – entgegen sozialistischer Robin-Hood-Romantik – als das beste Rezept. Das zeigt insbesondere Irland, das ja zeitweise von der Krise am meisten geschüttelt worden ist. Heute hat Irland europaweit das höchste Wachstum (noch vor den – ebenfalls immer auf Austeritätskurs gebliebenen – Ländern Polen, Litauen und Lettland).
Aber dennoch dröhnen noch immer viele ahnungslose Medien und sparunwillige Politiker voller Unsinnsphrasen wie: „Es wird zu Tode gespart“. Dabei ist das Gegenteil wahr. Nur Sparen ermöglicht ein Überleben.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Da die EU vor der griechischen Wahlkampfdemagogie – trotz der heftigen Unterstützung für Athen durch den ORF und seinen „Experten“ Schulmeister – noch nicht in die Knie gegangen ist, droht nun die neue griechische Regierung den anderen Euro-Ländern ganz heftig.
Der Grund: Europa will kein frisches Geld für ein vertragsbrüchiges Land herausrücken. Nur die Schuldnerstaaten Italien und Frankreich (sowie die von allen guten Geistern verlassene und offensichtlich in den Linksextremismus abgleitende SPÖ) haben ein offenes Ohr für die neue griechische Regierung. Deutschland (einschließlich der erfrischend vernünftigen SPD!) sieht frecherweise nicht einmal ein, dass es endlich wieder mal Bußgelder für den zweiten Weltkrieg zu zahlen hat. Unglaublich!
Wenn es dabei bleibt, sind die Konsequenzen für Athen klar, wie es uns nun mitteilt. Man will keinesfalls von den gigantischen Wahlkampfversprechungen abrücken, sondern werde sich halt das Geld anderswo holen. Die USA, Russland, China kämen in Frage.
Eine hervorragende Idee! Die sollte doch unbedingt gleich umgesetzt werden. Am besten, wir kaufen den Griechen gleich die Flugtickets nach Washington, Moskau und Peking. Die dortigen Regierungen warten sicher alle nur darauf, viele Milliarden zur Finanzierung des griechischen Schuldnerlebens beisteuern zu dürfen. Denn sie sind ja viel klüger als die EU. Es wird sie überhaupt nicht kümmern, dass die Chance extrem gering ist, jene Milliarden auch in absehbarer Zeit wieder zurückzubekommen, sobald man sie einmal Griechenland übergeben hat. Denen sind ideologische Luftschlösser sicher viel Geld wert.
Sowohl die USA wie Russland haben ja auch schon verlangt, dass man den Griechen entgegenkommen solle. Wunderbar. Allerdings haben beide gemeint, Deutschland und die anderen EU-Staaten sollen das tun, nicht sie selbst. Aber das sind ja für so große progressive Geister wie die neue griechische Linksradikalregierung nur noch unwichtige Details.
PS.: Amerika ist derzeit auch sonst mit guten Ratschlägen für Europa intensiv unterwegs, denen halt nur die ökonomische Logik fehlt: Es lobt einerseits heftig das intensive Euro-Drucken durch die Europäische Zentralbank; es empört sich aber andererseits über die rapide Euro-Abwertung gegenüber dem Dollar, weil das Amerikas Exporte behindert. Skurril. Denn eine Abwertung ist völlig zwangsläufige Folge des exzessiven Druckens einer Währung. Begreifen die Amerikaner nicht den Zusammenhang? Oder sind für sie immer die anderen schuld?
Gleich bei zwei der drei größten österreichischen Banken haben jetzt dramatische Frontbegradigungen stattgefunden. Einmal auf Seite der Bank, einmal auf Seite ihrer Jäger.
Dass der ungarische Ministerpräsident Orban jetzt ein breites Einverständnis mit der Erste Bank gesucht und gefunden hat, ist ein gewaltiger und überraschender – aber durchaus kluger – Rückzug des mächtigen Ungarn. Orban hatte ja eine Zeitlang geglaubt, österreichische Banken und Handelsketten wären Bankomaten, bei denen er sich das Geld nur herauszuholen braucht. Da ist ihm aber die Realität und das EU-Recht dazwischengekommen, die ihn zu einer spürbaren Frontbegradigung zwingen.
Was auch ein guter Anlass ist, wieder einmal festzuhalten, dass die EU – bei allem Schwachsinn rund um Euro und Überregulierungen – auch viele sehr gute Seiten hat. Man ist in einem EU-Land eben nicht mehr ganz der Willkür der jeweiligen Potentaten ausgeliefert.
Wenn sich jetzt Ungarn an der Bank beteiligt, wenn es gleichzeitig ein – in den Details noch nicht genau bekanntes – Übereinkommen über alle künftigen Regelungen, Steuern und Belastungen für Banken abgeschlossen hat, dann hat die Erste Bank jetzt wieder die notwendige Luft zum Atmen und damit zum Verbleiben in Ungarn bekommen. Denn – auch wenn manche Propagandisten Ungarns das anders darstellen – insgesamt haben ja die österreichischen Banken im Lauf der Jahre in Ungarn mehr verloren als verdient. Daher war ein großflächiger Abschied der Banken aus Ungarn zunehmend wahrscheinlich geworden. Der aber Ungarn am allerwenigsten genutzt hätte. Auch wenn viele Menschen und Populisten in Banken das leibhaftige Böse sehen: In Wahrheit braucht ein Staat funktionierende Banken sogar ganz lebenswichtig.
Das hat Orban nun mit EU-Nachhilfe spät, aber doch begriffen. Dabei hat zweifellos auch die Erste Bank durchaus geschickt und flexibel verhandelt (und wohl deutlich besser als einst beim viel zu teuren Einstieg in den rumänischen Markt). Anerkennung, wem Anerkennung gebührt. Denn von der österreichischen Regierung war da leider niemand imstande oder bereit, einem österreichischen Unternehmen im Ausland zu helfen. Lediglich Wolfgang Schüssel hat da noch immer einen guten, wenn auch diskreten Kontakt zu Orban.
Bei Orbans Einlenken dürften aber noch einige weitere Entwicklungen mitspielen: So ist die ungarische Linke nach Jahren der Depression nun doch wieder zu etlichen Demonstrationen imstande. Aber noch relevanter ist, dass Orban plötzlich in einen politischen Atomkrieg mit dem wichtigsten ungarischen Medienzaren verwickelt ist, der ihn mit seinen Zeitungen bisher lebhaft und innig unterstützt hat, aber jetzt plötzlich voll attackiert.
Der Hintergrund ist auch hier wieder eine neue Steuer, in diesem Fall eine Werbesteuer. Wieder wollte Orban diese Abgabe so strukturieren, dass sie nur ausländische Medien-Unternehmen (in diesem Fall RTL) trifft. Aber wieder musste er lernen, dass er damit auf Widerstand stößt, der in diesem Fall noch viel heftiger war. Neben der EU-Kommission hat nämlich vor allem auch Deutschland kritisch agiert, auf das Orban ja viel mehr Wert legt als auf Österreich. Daher hat er auch hier viel rascher eingelenkt als bei den österreichischen Unternehmen. Er hat jetzt die Werbesteuer so strukturiert, dass sie gleichmäßig alle Medien trifft. Es kann kein Zufall sein, dass das wenige Tage passiert, nachdem Angela Merkel in Ungarn gewesen ist.
Mit dieser nun alle Medien treffenden Werbesteuer trifft Orban aber eben plötzlich auch seine bisherigen Alliierten unter den ungarischen Verlegern. Die sind nun hellauf empört über die neue Steuer und schießen aus allen Rohren. Dieser Bruderkrieg wird noch spannend (und erinnert lebhaft daran, wie in der Türkei der dortige Machthaber Erdogan mit ehemaligen Verbündeten aufräumt).
Aber insgesamt geht das Verhalten Ungarns doch in eine positive Richtung. Es erkennt zunehmend, dass man mit dem Ausland nicht willkürlich Schlitten fahren kann. In einem gemeinsamen Europa schon gar nicht. Orban war es wohl zuviel des viel Feind, viel Ehr.
Viel weniger positiv ist die Entwicklung von Raiffeisen, das ähnlich wie Orban eine sensationelle Frontbegradigung vornehmen muss. Wieder: notwendigerweise. Auch wenn sich da viele österreichischen Medien da – der Inserate wegen? – auffallend still verhalten. Nicht nur die halbe Milliarde Euro Jahresverlust der RBI, nicht nur der fast überstürzte Abzug aus Slowenien, Polen und aus Übersee sollten jeden Österreicher um den gelben Riesen fast schon genauso zittern lassen wie um ein europäisches Krisenland.
Vor allem das Raiffeisen-Engagement in Russland und der Ukraine lässt weiter bangen. Genauso sind allzu viele Wirtschaftsengagements in Österreich selbst potenzielle Zeitbomben. Die Uniqa konnte zwar den allerärgsten Tiefpunkt vor zwei Jahren zuletzt wieder überwinden, ist aber deswegen noch lange keine Cashcow. Die Raiffeisen-Tochter Leipnik-Lundenburger unter Führung des ehemaligen Finanzministers (und Hypo-Verstaatlichers) Josef Pröll produziert jährliche Verluste in der Höhe dreistelliger Millionenbeträge. Und die Raiffeisen-Medien haben allesamt ihre Zukunft lange hinter sich (um es höflich zu formulieren).
Fast überall merkt man, dass das Raiffeisen-Imperium allzu lange nach der Gutsherrenart eines Christian Konrad geführt worden ist, in der sich barocke Selbstdarstellung, Packelei mit der SPÖ und brutale Machtausübung in der ÖVP zu einem unheilvollen Amalgam verwoben haben. Die Regeln der Marktwirtschaft sollten durch die einer Beziehungswirtschaft verwoben werden. Was immer nur eine Zeitlang gut gehen kann. Die Börsen haben jedenfalls das Vertrauen weitgehend verloren.
Zur nüchternen Illustration ein paar Zitate aus dem „Börsen-Kurier“ über das Raiffeisen-Spitzeninstitut RBI (das ist dort schon vor der halben Milliarde Verlust geschrieben worden): „Nachrangige Papiere mit langen Restlaufzeiten waren hingegen teilweise unter 50 von 100 abgefallen, wobei die Preise der darauf geschriebenen Ausfallsversicherungen („Credit Default Swaps“) eine Ausfallwahrscheinlichkeit von rund 70% innerhalb der nächsten fünf Jahre signalisierten.“ Eine Ausfallswahrscheinlichkeit von 70 Prozent! Und: „So wird die RBI von der Börse mit gerade noch 3 Mrd€ bewertet, was nur rund einem Drittel ihres zuletzt ausgewiesenen Eigenkapitals von 9,097 Mrd€ entspricht.“
Noch irgendwelche Fragen? Oder wohl besser gleich die Sitzgurte festzurren?
Denn nur Dummköpfe links- und rechtsaußen sowie im Bundeskanzleramt können meinen, dass es eh gut ist, wenn eine Bank ins Schleudern kommt. Dass es nur den dicken Bankern mit ihren Zigarren nützt, wenn es einer Bank gut geht. Nur ein Werner Faymann kann – freilich ganz ähnlich zu Orban – glauben, dass Banken ein Selbstbedienungsladen wären, denn man bedenkenlos mit ständig höheren Steuern ausrauben kann.
PS.: Viele Fernseher sehen erstaunt, dass bei der Ski-WM unglaublich dominante Raiffeisen-Werbung zu sehen ist. Das wirkt seltsam in Zeiten der Krise. Jedoch Logo-Experten wissen: Das ist (bis auf wenige österreichische Helme mit dem gelben Giebelkreuz) das Schweizer Raiffeisen-Logo. Nicht das österreichische. Die Schweizer Raiffeisen-Menschen haben zwar nie unter der österreichischen Großmannssucht gelitten. Sie werden wohl auch weniger Medaillen befeiern können. Sie stehen aber grundsolide da.
Aus Migrationsberichten kann man oft viel mehr herauslesen als aus fein gedrechselten Politikerworten.
Besonders aufschlussreich ist (schon auf Grund der Größe des Landes) etwa der deutsche Bericht. Er erfasst zwar vorerst nur 2013 – aber da war ja die europäische Wirtschaftslage nicht viel anders als in den Jahren davor und danach. Er zeigt: Es gibt Völker, wo viele Menschen Chancen ergreifen wollen und ohne Jammern dorthin ziehen, wo sie Jobs finden. Und es gibt andere Länder, wo vor allem gejammert wird, aber nur sehr wenige Bürger daran denken, trotz der hohen Arbeitslosenzahlen einen Arbeitsplatz im Ausland zu suchen. Obwohl das in der EU problemlos möglich wäre.
Seit ich die deutsche Statistik gelesen habe, hält sich mein Mitleid mit den Jammerländern in engen Grenzen. Daran können auch die zahllosen Politiker-Klagen und Tränendrüsen-Reportagen nichts ändern, die alle zeigen wollen, wie schlecht es doch den Griechen, Iren, Zyprioten, Franzosen, Italienern, Spaniern und Portugiesen ginge. Aus deutschem Verschulden natürlich.
Der deutsche Migrationsbericht zeigt jedoch ein verblüffendes Bild: nämlich, dass aus Polen weit mehr Menschen nach Deutschland gezogen sind (197.000) als aus all den genannten Krisenländern. Wohlgemerkt aus allen zusammen!
Warum hört man nie ein Klagen der Polen? Warum handeln sie einfach? Nun, wohl schon deshalb, weil sie gar nicht auf die Idee kommen, dass Jammern helfen könnte. Weil sie unter den Kommunisten noch viel Schlimmeres erlebt haben als Arbeitslosigkeit. Weil sie froh sind, dass sie frei in der ganzen EU einen Arbeitsplatz annehmen können.
Anderswo ist hingegen das soziale Netz offenbar noch immer so bequem, dass man lieber in diesem bleibt, statt die Mühsal einer Auswanderung auf sich zu nehmen. Neuerdings glaubt man sogar in etlichen Ländern, durch Wahl einer radikalen Protestpartei die eigenen Probleme lösen zu können, die durch ein schuldenfinanziertes Konsum-Jahrzehnt entstanden sind. Siehe die Linksparteien in Griechenland und Spanien. Siehe die rechtsradikalen in Frankreich.
Viele Krisenländer zerfließen vor Selbstmitleid, obwohl sie noch immer ein höheres Prokopfeinkommen haben als Polen. Die Menschen bleiben jedoch in ihrer meist schönen Heimat und warten, dass ihnen andere die Schulden zahlen. Was ja auch in hohem Ausmaß passiert ist und weiter passiert. Denn Deutschland begeht seit 2010 den folgenschweren Fehler, riesige Rettungsaktionen zu finanzieren (die dann notgedrungen auch die anderen mitfinanzieren müssen), statt der Eigenverantwortung und den daraus sich ergebenden – notwendigen! – Lernprozessen freie Bahn zu lassen. Die Deutschen haben immer Angst, dass man sie sonst Nazis heißen würde. Was ihnen freilich nichts half. Sie wurden ja dennoch beschimpft.
Zurück zur Statistik: Das Bild ist kaum anders, wenn man auf die Netto-Zahlen schaut (wenn man also von den nach Deutschland zuwandernden Menschen die in der Gegenrichtung auswandernden – oder heimkehrenden – abzieht). Auch da liegt Polen deutlich an der Spitze. Dahinter Rumänien und, immerhin, Italien.
Interessantes zeigt sich auch, wenn man umgekehrt nach Ländern sucht, wohin netto mehr Menschen aus Deutschland auswandern als von dort zuzuziehen: Das ist bei Österreich der Fall (Netto-„Verlust“ für Deutschland: 1700 Menschen). Das verblüfft auf den ersten Blick. Das hängt aber mit der ständig steigenden Zahl von deutschen Numerus-Clausus-Flüchtlingen an den österreichischen Unis zusammen. In die Alpenrepublik hat es in den Jahren davor viel mehr Deutsche auch der Arbeit wegen gezogen, als der österreichische Arbeitsmarkt noch lebendiger war als der deutsche.
Einen Netto-„Verlust“ bilanziert Deutschland aber überraschenderweise auch bei der Türkei: Über 7000 mehr wandern ab als zu. Das heißt freilich noch nicht, dass der Anteil der Türken an der deutschen Wohnbevölkerung abnehmen würde: Denn durch die Geburtenentwicklung nimmt die Zahl der Türken in Deutschland (mit oder ohne deutschem Pass) proportional weiter zu. Das zeigt aber schon, dass sich die wirtschaftliche Lage in der Türkei deutlich verbessert hat. Dass also keine neuen Massen zuwandern wie in früheren Jahrzehnten.
Am stärksten ist der deutsche Netto-„Verlust“ mit über 9000 aber gegenüber der Schweiz. Das überrascht nicht. Denn auch wenn die deutsche Wirtschaft derzeit gut dasteht, existieren halt immer noch Länder, wo die Lage deutlich besser ist. Es gibt eben nicht nur einen Udo Jürgens, der sich einst ins Schweizer Steuerparadies abgesetzt hat, sondern weiterhin jedes Jahre viele Tausend.
Die Zahlen zeigen im übrigen für Deutschland noch eine problematische Entwicklung: Bereits jedes dritte Kind unter zehn Jahren hat einen Migrationshintergrund. Das ergibt eine klare Dynamik für die Zukunft: Denn bei der Bevölkerung insgesamt hat vorerst nur jeder Fünfte einen solchen Hintergrund. Die Dynamik steigt auch noch aus einem zweiten Grund rapide: 2013 hat die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland um nicht weniger als 70 Prozent gegenüber dem Jahr davor zugenommen.
PS.: Inzwischen hat der Drang vieler Polen nach Deutschland einen Konkurrenten bekommen: Das zeigen die (schon etwas aktuelleren) russischen Daten. Denn 2014 haben mehr als 100.000 Deutsche Russland den Rücken gekehrt. Viel mehr als Bürger jedes anderen Staates. Um genau zu sein: Die russische Statistik zählt die Staatsbürgerschaft der Abwandernden, also etwas anderes als die zuvor erwähnte deutsche Statistik. Keinen Zweifel kann es aber über den Grund der Wanderung geben: Die sich rasch verschlechternde Wirtschaftslage Russlands, der tief gefallene Ölpreis und vor allem der Ukrainekrieg.
Anmerkung: Während Staaten, die in den letzten Jahren strenge Konsolidierungsprogramme vorgenommen haben (etwa Irland und Griechenland), starke Wachstumsraten aufweisen, ist die wirtschaftliche Entwicklung jener EU-Mitglieder, die ihr Ausgabenniveau hoch hielten (z.B. Frankreich und Österreich), signifikant schwächer.
Bisher hat die politische Klasse der EU stets beteuert, dass die finanzielle Unterstützung der Hellenen nicht mit Verlusten für die Steuerzahler in den übrigen Ländern verbunden sein würde. Jeder, der Zweifel an der behaupteten Alternativlosigkeit der bisher ins Werk gesetzten „Rettungsmaßnahmen“ äußerte, wurde als bösartiger Europafeind oder dumpfer Provinztrottel denunziert, dem es am Sinn fürs „große Bild“ mangelt. Das könnte sich nun schlagartig ändern.
Rund 240 Milliarden Euro wurden bisher an den maroden Balkanstaat umverteilt. Als Gegenleistung für diese „solidarisch“ getätigten Zahlungen, wurde der griechischen Regierung ein Spar- und Reformprogramm verordnet, das im Vorjahr erste Früchte zeigte.
Mit dem im Jänner erfolgten Regierungswechsel wurde plötzlich alles anders. Die jetzt am Ruder befindlichen Kommunisten denken nämlich nicht daran, die von ihren Vorgängern eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, wollen aber auf weitere Zahlungen aus Euroland nicht verzichten.
Das bringt die politische Klasse Europas in Zugzwang. Denn jetzt lässt sich die Chimäre von der verlustlosen Alimentierung der Griechen nicht mehr länger aufrechterhalten. Eine Abschreibung der offenen Forderungen ist zur unmittelbar drohenden Gefahr geworden – Bankenpleiten (nicht nur in Griechenland) inklusive.
Die „Neue Zürcher Zeitung“ verwendet zur Beschreibung der Lage das Bild eines „Chickengames“ – einer Denkfigur aus der Spieltheorie: Zwei Autos (GR und EU) rasen frontal aufeinander zu. Wer ausweicht, hat verloren. Weicht keiner aus, haben beide gewonnen, sind aber tot. Der Einsatz subtiler psychologischer Instrumente ist daher angesagt. Beide Seiten versuchen, der jeweils anderen ein Ausweichmanöver als die bessere Wahl erscheinen zu lassen.
Ein fataler Ausgang des Spiels scheint, angesichts der herrschenden Umstände, indes unvermeidlich: Die Linksregierung Griechenlands kann von ihrem Kurs nicht abweichen, ohne ihre Wähler zu verraten. Sie wird daher (keineswegs grundlos) auf die Sorge der EU-Granden spekulieren, die den Zusammenhalt der EU und den Fortbestand der Gemeinschaftswährung „um jeden Preis“ erhalten wollen. Es bedarf einer gehörigen Portion Chuzpe, um von „Erpressung“ zu phantasieren, wenn das (ohnehin mehr als langmütige) Gegenüber lediglich eine Vertragserfüllung einfordert. Das dynamische Duo Tsipras / Varoufakis verfügt darüber.
Die Niederländer, Finnen und Österreicher, vor allem aber die Deutschen als Zahlmeister der Gemeinschaft, wissen aber, dass ein Einknicken vor den Anmaßungen der griechischen Rowdys unabsehbare Konsequenzen haben würde. Die Regierungen in anderen, ebenfalls massiv verschuldeten Staaten (wie Irland, Spanien und Portugal), die derzeit einen strikten Sparkurs fahren, würden in diesem Fall unter enormen Druck geraten, es den Griechen gleichzutun.
Immerhin stehen auf der Iberischen Halbinsel im Herbst Wahlen an. Nach einem Sieg der Linken in Spanien und Portugal könnten auch dort die bisher auf den Weg gebrachten Reformanstrengungen zunichte gemacht werden. Die gegenüber Griechenland gezeigte Haltung der EU ist also von entscheidender Symbolkraft: Lohnt es sich, den Vertragsbruch zum Prinzip zu erheben oder nicht?
Wollen die Regierungen in den Nettozahler-Ländern nicht den EU-kritischen Oppositionsparteien in die Hände arbeiten, werden sie ihre bisherige Politik überdenken müssen. „Alternativlos“ ist nämlich nichts im Leben. Schon gar nicht die Entscheidung von Wählern, die sich von ihren Obertanen belogen und betrogen fühlen und denen politische Angebote abseits einer unkritischen Gemeinschaftsverherrlichung vorliegen.
Es wird für Merkel und Genossen daher sehr schwer sein, weitere kostspielige Zugeständnisse an Griechenland zu argumentieren. Die ersten Stellungnahmen – übrigens auch die seitens der EZB – lassen zumindest hoffen.
Das für alle Beteiligten insgesamt am wenigsten schädliche Szenario wäre die sofortige Einstellung aller weiteren Zahlungen an Griechenland und der daraufhin folgende Staatsbankrott. Diese Variante würde in Summe mit Sicherheit billiger kommen als die Inkaufnahme eines Übergreifens „griechischer Verhältnisse“ auf den (westlich) zivilisierten Teil Europas.
Die Griechen würden dadurch zu einer radikalen Reformpolitik und zum Weg durch ein tiefes Tal der Tränen gezwungen. Auf lange Sicht würde ihnen das aber zur strukturellen Genesung verhelfen.
Die EU andererseits könnte immerhin – wenn auch verdammt spät – zu einer Politik des „pacta sunt servanda“ zurückkehren. Allein dadurch wäre längst verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Mit dem fortgesetzten Bruch der Verträge von Maastricht und Lissabon (Stichworte Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, Vergemeinschaftung von Schulden, etc.) aber sicher nicht.
Ungeachtet der aktuellen Konfrontation mit der griechischen Linksregierung sollte aber selbst dem Dümmsten einleuchten, dass letztlich alles von der Produktion und nicht von der Verteilung abhängt. Griechenland ist nicht das einzige Land, das zu wenig produziert und seit vielen Jahren über seine Verhältnisse lebt. Das kann nicht dauerhaft gutgehen. Langfristig unterscheiden sich Staaten in diesem Punkt nämlich nicht von Privathaushalten. Die Konsequenzen der Überschuldung von Staaten sind allerdings wesentlich dramatischer.
Mit der Aufblähung einer unproduktiven Bürokratie lässt sich zwar die Arbeitslosenstatistik schönen, aber kein Staatswesen finanzieren. Das zu begreifen, fällt Berufspolitkern, die mehrheitlich niemals unter Marktbedingungen gearbeitet haben, naturgemäß schwer. Und das gilt leider nicht nur für den Balkan.
Spätestens mit Ende Februar, wenn Griechenland neuerlich Geld braucht, werden wir wissen, wohin der schon vor Jahren vom Kurs abgekommene EU-Dampfer künftig steuern wird…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Wie für jedermann leicht ersichtlich, läuft im ORF eine Dauerkampagne gegen die derzeitige ungarische Regierung. Das war etwa am 2. Februar in den 8-Uhr-Nachrichten auf Ö1 wieder einmal der Fall. Fällt es den Chefredakteuren nicht selbst auf, dass jetzt schon ziemlich übertrieben wird? Die Regie wirkt forciert. Das unterminiert die eigene Glaubwürdigkeit. Gut, wir müssen uns nicht um den Erfolg des ORF bekümmern.
Aufgrund der tiefen Verankerung der Regierung im Wahlvolk (man erinnere sich: triumphale Siege bei den Parlamentswahlen 2010 und 2014 und bei der Europawahl 2014) richtet sich diese Kampagne aber natürlich auch gegen das ungarische Volk. Offensichtlich wählt Ungarn nicht so, wie der ORF und dessen Steuerungskräfte das gerne hätten.
Damit richtet sich die Kampagne aber auch gegen alle, denen Freiheit und Selbstbestimmung und ein Europa freier Vaterländer am Herzen liegt.
Wenn der ORF Demonstrationsteilnehmer interviewt, wie im gegenständlichen Fall von einer Demonstration in Budapest (im besagten 8 Uhr-Journal auf Ö1), bekommt man natürlich Ed Moschitzens berühmte Skinheads nicht mehr aus dem Kopf.
Es wird ja in den Medien nicht einfach Wirklichkeit dargestellt, sondern hergestellt („Verfertiger fiktiver Realitäten“ nennt Platon die Sophisten seiner Zeit – es hat sich wirklich nichts Substantielles geändert). Das wird ohnehin auch von Medienschaffenden gelegentlich zugegeben.
Unabhängig jedoch, wer genau der Mann war, der dem Interviewer seine Begeisterung für die EU und seine Ablehnung der ungarischen Regierung zu Protokoll gab, unabhängig davon, ob es ein „Mann aus dem Volk“ war oder ein altkommunistischer Funktionär oder ein Mitarbeiter einer der vielen nervigen internationalen „NGOs“: Klar ist, dass er Meinung und Interessen mächtiger Kreise vertritt und insofern natürlich sehr gut ins Konzept passte.
Weder ins Konzept des ORF noch anderer österreichischer Medien passte aber z.B. die Demonstration vom 21.01.2012 (Friedensmarsch zur Unterstützung der Regierung gegen ausländische Einmischung unter dem Motto: „Nem leszünk gyarmat – Wir werden keine Kolonie sein!“) mit ihren etwa 400.000 Teilnehmern. Eine Medienberichterstattung von diesem Ereignis ist nämlich nicht erinnerlich.
Wenn aber ein paar Hundert Demonstranten in Budapest gegen die Regierung demonstrieren, wird im ORF darüber groß berichtet (wobei auffällt, dass die Demonstranten, vorwiegend Pensionisten, meist professionell gemachte Schilder in die Kameras recken – wäre die Herkunft dieser Materialien nicht eine Recherche wert?).
Erwartbarerweise hat sich der Interviewpartner bei der Anti-Regierungsdemonstration in Budapest dahingehend geäußert, dass er Ungarn stärker verbunden mit dem Mainstream der EU wünsche. Was auch immer sich der Betreffende davon erwartet, diese Stellungnahme passt gut in das Konzept von ORF und EU.
Vielleicht weiß er wirklich nicht, dass die EU-Kommission nicht demokratisch legitimiert ist und sich den Völkern auch nicht verpflichtet fühlt: Wir erinnern uns zum Beispiel gut, dass der tschechische Ministerpräsident und Sozialist Vladimir Spidla die Wahlen zum Europarlament 2004 bei niedriger Wahlbeteiligung massiv verlor – und kurz darauf EU-Kommissar wurde. Ein Volk hat diesen Politiker nach allen üblichen demokratischen Regeln abgewählt, auf höherer Ebene taucht er wieder auf.
Macht das Sinn?
Nein, das macht keinen Sinn.
Für wen arbeiten diese Politiker?
Jedenfalls nicht für die legitimen Interessen ihrer Völker.
Ungarn hat mehrfach der Regierung aus Bund junger Demokraten (FIDESZ) und Christdemokratischer Volkspartei (KDNP) das Vertrauen ausgesprochen und die Postkommunisten in die Wüste geschickt. Regierungschef Viktor Orbán wird dabei in westlichen Medien in empörtem Ton (und unfreiwilliger Komik) vorgehalten, ein „Machtmensch“ zu sein. Nun, ein Politiker, der sich in enormem Arbeitseinsatz nach oben arbeitet, wird sicher einen erheblichen Gestaltungswillen und ein gewisses Ausmaß an Brutalität benötigen. Und die Herren und Damen von EU-Kommission, Währungsfonds, Weltbank, Marionettenregierungen u. a. sind keine „Machtmenschen“?
Die Disproportionalität wird zur Lüge. Lüge bringt Unfreiheit hervor. Dagegen muss man aufstehen. Ja, Orbán übt Macht aus. Es gibt die Macht als Dienst am Gemeinwohl. Und es gibt den Machtmissbrauch, der sich um das Gemeinwohl nichts schert, sondern Utopien nachjagt, die nie eintreten werden.
In den Medien selbst steht aber so gut wie niemand gegen Unverhältnismäßigkeit und offene Lüge auf. Auch – das eher sinnlose – Radio Stephansdom stößt bezüglich der derzeitigen ungarischen Regierung in dasselbe Horn wie der ORF. Eine einschlägige Meldung ist mir von vor einigen Wochen in Erinnerung. Das zeigt wieder einmal, wie sehr sich die Katholische Kirche in Österreich den Mächtigen ausgeliefert hat und im Medienbereich diesen auf peinliche Weise hinterherhechelt. Es ist eine Schande, dass nicht der geringste Versuch seitens der nominell katholischen Medienschaffenden unternommen wird, eine sinnvolle Alternative zur Gesinnungsdiktatur zu bieten.
Es ist speziell schäbig, wenn ein Kirchensender die Hetzkampagne gegen den ungarischen Regierungschef – immerhin ein christlicher Politiker mit Courage gegenüber atheistisch-antichristlicher ausländischer Einmischung – durch dieselbe manipulative Berichterstattung mitträgt.
Gerade von einem Kirchensender könnte man sich ein gewisses Niveau erwarten. Dieses kommt aber nicht.
Zur Behandlung aktueller politischer Fragen ist es sinnvoll, sich gelegentlich mit Grundsatzfragen zu beschäftigen. Im gegenständlichen Fall wäre etwa eine Analyse der EU- und Integrationspropaganda unter ideologiekritischer geschichtsphilosophischer Rücksicht notwendig und lohnend.
Aufgrund des beschränkten Platzes dazu nur ganz kurz:
Jeglicher Überredungsversuch, ein Volk müsse aus historischen Notwendigkeiten bzw. wegen der geschichtlichen Entwicklung „heutzutage“ oder „in der Moderne“ oder „im 21. Jahrhundert“ so oder anders handeln, ist lügenhaft und propagandistisch. Im Falle direkter politischer Einflussnahme ist er nötigend. Es gibt keine „historischen Notwendigkeiten“. Die Marxsche Geschichtsauffassung ist eine massive Geistespathologie.
Andererseits geht es ohnehin niemals um „historische Notwendigkeiten“ sondern um geopolitische Interessen einer bestimmten Gruppe von Menschen, die es aber vorziehen, ihre eigentlichen Absichten nicht auf den Tisch zu legen.
„Die Geschichte“ befiehlt nämlich gar nichts. „Historischer Prozess“ ist kein Dogma. Die „Moderne“ ist keine Verpflichtung. Das „Zeitgemäße“ ist keine Handlungsnorm.
Die einzig relevante Handlungsnorm sind die 10 Gebote.
Wenn sich die Politik der „Integration“ Europas nicht bewährt, weil sie immer mehr Chaos, Massenimmigration, Steuerbelastung, Armut und Unfreiheit mit sich bringt, muss sie eben beendet werden. Es kann nicht darum gehen, den Utopien und Hirngespinsten einer kleinen Herrscherkaste Menschenopfer darzubringen. Wenn sich ein Weg als falsch herausstellt, muss man eben „umkehren“. Viktor Orbán hat das für Ungarn erkannt und, soweit das zu erheben ist, einige Konsequenzen daraus gezogen. Im großen und ganzen scheint sich der neue Weg zu bewähren. Paradiesische Zustände wird es niemals geben. Wer sie verspricht, ist ein Scharlatan.
Es ist daher nicht zu begründen, warum Ungarn Souveränität aufgeben müsse.
Es ist nicht zu rechtfertigen, dass überwältigende Wahlergebnisse auf kaltem Wege revidiert werden sollen.
Ausländische Einmischung, um Wahlergebnisse zu neutralisieren und genehme Regimes zu installieren, ist verabscheuungswürdig.
Dasselbe gilt ceteris paribus natürlich auch für Österreich. Es besteht keine wie immer geartete Verpflichtung, unser Land zur Kolonie machen zu lassen. Auch für die Österreicher gilt das Selbstbestimmungsrecht. Insofern hätten wir in Ungarn derzeit einen guten Partner. Es wäre daher sicher angebracht, wenn die österreichische Schwesterpartei von FIDESZ und KDNP der Wahrheit Geltung verschaffen würde. Auch von den kirchlichen Stellen könnte man sich erwarten, die falschen zugunsten der wahren Dogmen zu bekämpfen.
Man erinnere sich nur an die historische Erfahrung aus den verschiedenen Totalitarismen: Mit der Wahrheit stirbt auch die Freiheit.
MMag. Wolfram Schrems, Linz und Wien, katholischer Theologe und Philosoph, Katechist
Noch nie waren die griechischen Schulden so hoch wie heute. Da liegt der von Athen geforderte Schuldenschnitt eigentlich nahe. Denn Griechenland wird in Wahrheit seine 320 Milliarden Euro Schulden nie abzahlen können – es sei denn, diese Summe wird durch eine Megainflation eines Tages nur noch den Gegenwert von ein paar Kilo Brot bedeuten. Einen solchen "Schuldenschnitt" hatten ja unsere Vorfahren im vergangenen Jahrhundert schon einmal bitter durchleben müssen, als ihr Papiergeld und ihre Kriegsanleihen zu kaum mehr als dem Tapezieren von Wänden gut waren.
Dennoch erfüllt die Idee eines Schuldenschnitts viele europäische Regierungen, die EU und die Europäische Zentralbank zu Recht mit nackter Panik. Dabei hatten diese Institutionen noch mit relativ leichter Hand den ersten Schuldenschnitt zugunsten Griechenlands angeordnet, als dieses nach seinem Kollaps 2010 an die Infusionsnadeln Europas gehängt worden ist.
Der große Unterschied: Beim ersten Schuldenschnitt hat man nur private Gläubiger kastriert, also Banken und Investoren. Jetzt aber hat Griechenland praktisch keine privaten Gläubiger mehr (außer griechische Banken, deren Untergang aber die griechischen Staatsfinanzen sofort demolieren würde). Athen schuldet hingegen anderen Euro-Staaten, der EZB und dem Internationalen Währungsfonds rund 260 Milliarden.
Diese vergessen natürlich sofort die frühere Großzügigkeit, wenn sie selbst dadurch existentiell bedroht werden. Und selbst, wenn sie es noch irgendwie verschmerzen könnten, die griechischen Schulden abzuschreiben, wissen sie genau: Wenige Tage später werden dann alle andern Schuldenstaaten anklopfen und einen Schuldenschnitt verlangen. Motto: Gleiches Recht für alle. Deshalb steht man in Frankreich und Italien der neuen griechischen Politik zumindest klammheimlich mit etlicher Sympathie gegenüber, die nicht nur durch die parteipolitische Nähe verursacht ist.
Freilich, ein allgemeiner Schuldenschnitt bedeutet dann aber auch: Gleicher Untergang für alle im Euroraum. Daher ist es ziemlich leicht zu begreifen, dass andere Euro-Staaten und die EZB das auf keinen Fall wollen. Sie wollen dies aber auch deshalb nicht, weil sie damit offen zugeben müssten, dass sie nach 2010 völlig falsch auf Griechenland reagiert haben. Damals nämlich wäre ein allgemeiner Schuldenschnitt noch viel billiger gewesen. Freilich hätte er auch schon damals ein Scheitern der „alternativlosen“ Euro-Politik bedeutet.
Wäre es nicht so traurig, könnte man fast lachen über die Ideen, die man aus Athen derzeit hört. So verlangt der Chefökonom der Syriza allen Ernstes, dass die EZB noch weit über den Ankauf von Staatsschulden hinausgeht, „ohne die Steuerzahler zu belasten“. Er hat nur nicht verraten, wie das gehen soll. Da doch jetzt schon die Steuerzahler voll für die EZB haften. Da doch selbst der österreichische EZB-Keynesianer Ewald Nowotny zugeben muss: „Wir haben unser letztes Pulver verschossen“.
Köstlich ist auch der jüngste griechische "Plan" (eine von vielen Skurrilitäten, die man jetzt aus Athen hört): Wenn schon ein Schuldenschnitt unmöglich ist, sollten die Staatsschulden halt eine ewige Laufzeit fast ohne Zinsen bekommen. Oder, so ein anderer Plan: Die Griechen müssen nur dann etwas zurückzahlen, wenn sie die Wachstums-Zahlen (die ja mittels der bekannt kreativen griechischen Statistik errechnet werden) so gestalten, dass sie sich eine Rückzahlung auch locker leisten können. Das klingt doch viel besser, meinen griechische Schlaumeier jetzt.
Beides ist aber natürlich absolut dasselbe wie ein Schuldenschnitt. Nur für Ökonomen vom Range eines Werner Faymann ist das etwas ganz anderes. Und positives.
PS.: Ganz von der griechischen Logik hat sich auch schon die Wiener Finanzstadträtin Brauner infizieren lassen: Auch für sie sind die rund 300 Millionen Euro, die Wien über Nacht mehr Schulden hat, weil Brauner in Franken spekuliert hatte, kein Problem: Auch Brauner will die Kredite einfach nicht zurückzahlen, dann werde der Verlust ja nie schlagend. Sozialistische Logik halt. Die ungefähr so ist wie bei Kindern, die einfach den Kopf unter die Decke stecken, wenn sie eine Scheibe eingeschlagen haben. Dann ist offenbar alles nicht passiert . . .
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Pegida wird wohl keine dauernde Bedeutung haben. Ebensowenig wie Attac oder Occupy oder viele andere Demonstrations-Organisatoren, die in den letzten Jahren über die Straße und nicht über demokratische Entscheidungs-Mechanismen Politik machen wollten. Dennoch löst der jüngste Wiener Pegida-Aufmarsch einige mehr als besorgte Anmerkungen aus.
Im Einzelnen:
1. Seit jeher sind Demonstrationen meist eine Sache der radikalen Linken. Besonders häufig ist das der Fall, wenn es dabei zu Gewalt und Gesetzesverletzungen kommt. Aber keine Kundgebung sagt etwas über die Repräsentativität der vertretenen Positionen aus. Viele Aufmärsche versuchen sogar bewusst zu übertünchen, dass man in der Bevölkerung eigentlich in der Minderheit ist. Relevant sollten daher in einer Demokratie nur ordentliche Abstimmungen sein – möglichst direktdemokratische. Alles andere ist ein Schritt zurück zum Faustrecht.
2. Eine besonders üble Rolle spielt die Demonstrations-Berichterstattung der Medien. Denn selbst wenn diese nicht massiv linkslastig sind, finden dort Demonstrationen von ein paar Tausend Menschen immer weit mehr Echo und Platz als seriöse Meinungsumfragen, obwohl nur diese die Stimmung der gesamten Bevölkerung objektiv zeigen können. Das hängt natürlich auch mit der medialen Lust an dynamischen Bildern zusammen. Das hat aber in einer Demokratie bedenkliche Folgen. Denn die Medien motivieren damit geradezu zu lautstarkem oder auch gewalttätigem Agitieren statt zu sachlichem Argumentieren und Entscheiden.
3. Bei vielen Medien ist die Berichterstattung aber darüber hinaus auch von der einseitigen Mainstream-Linie der Redaktionen bestimmt. Das merkt man insbesondere dann, wenn Konservative, Bürgerliche, Christen einmal doch demonstrieren: Die (in die Millionen gehenden!) Kundgebungen französischer und spanischer Lebensschützer oder der amerikanischen Tea Party werden nur ganz knapp gemeldet und jedenfalls sofort wieder vergessen. Wenn viel kleinere linke Gruppen demonstrieren, wird hingegen immer versucht, das dabei Verlangte zum allgemeinen Volkeswillen hochzujubeln.
4. Dass die Wiener Polizei jetzt einem angemeldeten Pegida-„Spaziergang“ nicht zu seinem Recht gegen blockierende Gegendemonstranten verholfen hat, ist bedenklich. Aber es ist irgendwie verständlich, dass man Gewaltaktionen möglichst verhindern will. „Ultra posse nemo tenetur“ würden Juristen dazu sagen. Was nicht geht, geht halt nicht – auch wenn es letztlich einen Sieg der Gewalt bedeutet.
5. Noch viel bedenklicher und beschämender für die Polizei ist aber, dass sie die angemeldete Pegida-Kundgebung angesichts der Gegendemonstration dann kurzerhand für aufgelöst erklärt und dass sie daraufhin auch gegen Pegida-Teilnehmer rechtlich vorgeht. Das ist ein Skandal. Das zeigt, dass die „Behörde“ (=Polizeipräsident Pürstl) diesmal alles andere als objektiv agiert hat.
6. Dass die Polizei die (verbotenen) Vermummungen bei den illegalen linken Blockade-Aktionen ignoriert hat, gehört ins gleiche betrübliche Kapitel wie das Ignorieren von neonazistisch agierenden Pegida-Teilnehmern (ob diese nun eingeschleuste Provokateure waren oder nicht). Je öfter das „Ultra posse“ angewendet wird, umso bedenklicher für den Rechtsstaat.
7. Alle verfügbaren Meinungsumfragen zeigen, dass die – freilich recht vage formulierten – Pegida-Positionen von einer Mehrheit der Österreicher und Deutschen geteilt werden. Daran ändert auch die Feigheit von Regierung, Medien und Bischöfen nichts, die ständig bei allen durch Islamisierung und Migration verursachten Problemen und Gefahren wegzuschauen versuchen. Und diese wegreden.
8. Diese feig-opportunistischen Reaktionen öffnen einem undurchschaubaren Dunkelfeld ein breites Aktionsfeld. Über Nacht aus dem Dunkeln tretende Pegida-Organisatoren beginnen plötzlich, die Meinungen und Sorgen der Bürger auf der Straße zu vertreten. Die Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie damit des Volkes Stimmung auch auf dubiose Mühlen leiten können. Freilich: Dass da wirklich Neonazis und radikale Fußball-Hooligans mit am Pegida-Werk sind, ist vorerst nur die Behauptung radikal linker „Rechtsextremismus-Experten“, die jetzt in manchen Medien aktiviert werden. Das ist noch alles andere als seriös bewiesen. Aber jedenfalls ist dem ernsthaft nachzugehen.
9. Eine dramatische Illustration der Berechtigung der Bürgersorgen im Gegensatz zu den linken Demonstranten mit ihrem „Asylanten willkommen“ ist das, was gerade in Salzburg stattgefunden hat: eine Straßenschlacht zwischen Dutzenden Afghanen und Tschetschenen mit Messern und Schwertern. Offenbar haben sich zahlreiche Angehörige dieser beiden Volksgruppen aus ganz Österreich aufgemacht, um in Salzburg mitzukämpfen. Dass es dabei um die Kontrolle im Drogenhandel geht, ist eine unbestätigte Information. Dass die Polizei vor allem nach BMW-Autos sucht, die Richtung Salzburg steuern, ist zumindest interessant. Dass fast all Teilnehmer an der Straßenschlacht Asylanten oder Asylwerber sind, ist hingegen Gewissheit – ist das doch fast der einzige Weg, der nach Österreich führt. Und Tatsache ist auch, dass sowohl Tschetschenen wie Afghanen rein islamische Völker sind, die noch nie eine Demokratie oder einen Rechtsstaat aufzubauen imstande gewesen sind.
10. Bezeichnend zum Stichwort „Islamisierung“ ist auch die jüngste Statistik über Asylwerber: Im Jänner lagen dabei Menschen aus dem Kosovo vor solchen aus Syrien an der Spitze. Beides sind Länder mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung. Aber die SPÖ bremst dennoch die Versuche der Innenministerin, wenigstens für Kosovo- und andere Balkanbürger den Asyl-Weg radikal zu verengen. Wieder einmal triumphieren die Gutmenschen in der (noch) größten Partei Österreichs.
11. Beklemmend war dieser Tage auch eine Reportage im (deutlich links stehenden, aber dennoch immer den Fakten verbundenen) „Spiegel“. Sie zeigte, dass viele der syrischen „Flüchtlinge“, die jetzt übers Meer oder über Land mit Hilfe teuer bezahlter türkischer Schlepper in die EU drängen, eigentlich syrische Kurden sind. Deren Hauptmotiv ist laut „Spiegel“ ein Ausweichen vor dem Militärdienst. In diesem müssten all die jungen Männer insbesondere gegen den „Islamischen Staat“ mit all seiner Brutalität kämpfen. Das scheint auch ein Hauptgrund zu sein, weshalb sich unter den „Flüchtlingen“ vor allem junge Männer befinden. Subjektiv ist das Vermeiden eines Militärdienstes zwar verständlich, wenn auch in Wahrheit kein Asylgrund! Aber objektiv wird dadurch der Erfolg des „Islamischen Staates“ noch leichter . . .

Quelle: Kurier
Wenn man Regierungspropagandisten den katastrophalen Absturz Österreichs bei allen wirtschaftlichen Parametern, Indizes und Rankings während der letzten sieben Jahren vorhält, dann klammern sie sich immer nur an zwei Argumente. Erstens: „Daran ist ja nur die Krise schuld“; und zweitens: „Aber die Arbeitslosenzahlen sind doch hervorragend“. Beide Argumente sind verlogen, enthalten höchstens ein Körnchen Wahrheit.
Zur Krise: Über 90 Prozent der Staatsverschuldung haben überhaupt keinen Zusammenhang mit der Krise. Und außerdem ist die völlig falsche Euro-Politik – die jetzt sogar Ewald Nowotny als „Fehler“ einsieht – ja mit Mitwirkung Österreichs passiert. Wer ständig Sünder rettet, statt die Eigenverantwortung für schwere Fehler wirksam werden zu lassen, sollte sich nicht auf die teuren Folgen dieser Rettung auszureden. Denn Tatsache ist, dass Österreich und Euroland weit schlechter durch die Krise gegangen sind als der Rest der Welt (vielleicht mit Ausnahme Japans). Sie stecken noch immer tief in der Krise.
Die Arbeitslosenzahlen sind ebenfalls eine einzige Fiktion. Denn Österreich versteckt Joblosigkeit hemmungslos. Einerseits durch die sehr langen Studenten-Zeiten und andererseits durch einen extrem niedrigen Pensionsantritt. Besonders ärgerlich sind die ständigen Tricksereien des Sozialministeriums, die diese Wahrheiten verbergen sollen. So hat es jetzt sogar behauptet, dass der Pensionsantritt zuletzt um ein Jahr gestiegen sei. Das scheint aber nur dann so, wenn man das Reha-Geld aus der Statistik herausrechnet.
Seriös sind eigentlich nur Vergleiche der Beschäftigtenzahlen, also der Zahlen, wie viel Menschen einer bestimmten Altersgruppe arbeitstätig sind. Da sieht es in Österreich sehr ernüchternd aus. So liegt die Beschäftigungsquote in der Altersgruppe von 55 bis 64 bei 44,9 Prozent. In Schweden jedoch, das eigentlich für Linke immer ein sozialpolitisches Musterland war, liegt der Wert für die gleiche Gruppe bei eindrucksvollen 73,6 Prozent. Aber der Sozialminister sieht dennoch keinen Handlungsbedarf.
Die größten Probleme gibt es bei den Zuwanderern vom Balkan und aus der Dritten Welt. Diese sind zu mehr als zehn Prozentpunkten weniger beschäftigt als EU-Bürger. Besonders alarmierend – weil sowohl ein Sicherheits- wie auch ein soziales Problem – ist das bei Jugendlichen. Während österreichweit der Anteil der weder in Ausbildung noch Beschäftigung steckenden Jugendlichen weit unter dem EU-Schnitt liegt, ist er bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund viel höher.
Man muss daher vor allem bei Geringqualifizierten etwas tun. Dringend nötig wären: Reduktion der großen Attraktivität arbeitsloser Sozialeinkommen; spezifische Sprachausbildung schon im Vorschulalter; absoluter Stopp der Zuwanderung ungebildeter Menschen.
Aber das sind durchswegs Maßnahmen, gegen die irgendwelche Pressure groups agitieren. Da ist es doch viel einfacher, Statistiken schönzufrisieren.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es war nicht anders zu erwarten. Schließlich ist Griechenland eine moderne westliche Demokratie mit allgemeinem, gleichem Wahlrecht. Kommt es in einem solchen politischen System zu einer „Reinfantilisierung eines großen Teils der Wählerschaft“ (Jan Fleischhauer im „Spiegel“), gewinnt derjenige die Wahl, der dem Stimmvieh die dicksten Kartoffel (oder Oliven) und die goldensten Uhren verspricht.
Dieser Mechanismus gilt – außerhalb der Schweiz – überall. Ob eine spezielle genetische Disposition der Schweizer dafür verantwortlich ist, dass sie sich vernünftiger verhalten, als der Rest der demokratisch verfassten Menschheit, wäre eine gründliche Untersuchung wert.
Die radikale Linke hat also erwartungsgemäß die Wahlen in Griechenland gewonnen. Sie koaliert mit einem nationalistischen, antisemitischen und EU-feindlichen Partner. Denkt man an die kollektive Erregung anno 2000, als in Österreich eine gesellschaftspolitisch vergleichsweise gemäßigt rechte Partei in die Regierung eintrat, wundert man sich über die heute an den Tag gelegte Gelassenheit der europiden Nomenklatura. Sei´s drum. Es ist ja tatsächlich eine innere Angelegenheit des südbalkanischen Volkes.
Leider liegen die Dinge indes aber doch ein bisserl komplizierter. Die Wahlsieger haben aus ihren Absichten vor der Wahl kein Geheimnis gemacht: Mehr Staatsdiener, höhere Renten, mehr Binnenkonsum und kein „Kniefall“ vor den Kreditoren. Klartext: An von der Vorgängerregierung geschlossene Vereinbarungen mit der EU und dem IWF fühlt man sich nicht länger gebunden.
EU-Gelder sollen aber weiterhin ins Land fließen. An eine Rückzahlung der Verbindlichkeiten ist allerdings auch nicht gedacht. Ebenso wenig wie an einen Euroaustritt. Das alles passt hinten und vorne nicht zusammen und lässt – angesichts der in der Vergangenheit gezeigten Prinzipien- und Skrupellosigkeit der EU-Eliten – nichts Gutes ahnen.
Griechenland, daran gibt es nichts zu rütteln, ist pleite. Sich unter falschen Behauptungen in die Union geschummelt zu haben, hat dem Staat am Ende nicht zum Vorteil gereicht (dem Rest Eurolands natürlich schon gar nicht). Was nicht zusammengehört, soll eben nicht künstlich – etwa durch eine gemeinsame Währung – verbunden werden.
Wenn das doch geschieht, passiert folgendes: In der Zeit von 2001 bis 2010 haben sich – dank billiger Kredite – die Staatsausgaben Griechenlands verdoppelt. Ebenso die Ausgaben für die öffentliche Verwaltung. Beamtenmästen ist in Griechenland ein noch beliebterer Volkssport als in Italien, Frankreich und Österreich – und das will etwas heißen.
Dass die jetzt abgewählte Regierung nicht grundsätzlich alles verbockt, sondern einfach nur zu wenig vom Richtigen getan hat, macht ein Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung deutlich: Immerhin konnte der dramatische Niedergang gestoppt und 2014 sogar, erstmals seit 2008, ein – wenn auch kleines – Wachstum erzielt werden. Wenn die Syriza-Regierung nun alle bisherigen Maßnahmen beenden und wieder so weitermachen will, wie die Regimes vor 2008, wird sie das Land endgültig in den Abgrund wirtschaften.
Die Lage erinnert fatal an die Weimarer Republik, als die strikte Austeritätspolitik von Kanzler Brüning 1932 bereits Früchte zu tragen begann, die Wähler zu diesem Zeitpunkt aber meinten, bereits genug gelitten zu haben und demjenigen folgten, der ihnen das Blaue vom Himmel herunter versprach. Der Ausgang des Experiments ist bekannt…
Die Sache ist im Grunde ganz einfach. Ein Kollektiv kann sich ordentlich organisieren, sparsam leben, die Ärmel aufkrempeln und sich produktiv betätigen. Dabei wird der Spaß vielleicht etwas zu kurz kommen, aber hohe Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand werden miteinander Hand in Hand gehen. Ein Kollektiv kann sich allerdings auch dafür entscheiden, viel Spaß zu haben, sich den Luxus einer unproduktiven und korrupten Bürokratie zu leisten, pausenlos Ouzo (oder andere dubiose Alkoholika) zu saufen und gerne einmal fünfe gerade sein zu lassen. Dann allerdings wird es mit dem materiellen Wohlergehen nicht allzu weit her sein. Freie Entscheidung.
Was keinesfalls funktioniert ist, zu wirtschaften wie weiland die Phäaken und sich gleichzeitig eines nordeuropäischen Wohlstands zu erfreuen. Ein klassischer „Trade off“. Nur kleine Kinder meinen, alles zur selben Zeit haben zu können.
Da die reinfantilisierten Griechen das nicht wahrhaben wollen, sind an ihrer Misere die anderen (zuallererst natürlich wie immer die Deutschen) schuld. Die sollen aber nun auch für die Chose aufkommen, wie der neue griechische Finanzminister Giannis Varoufakis mit entwaffnender Offenheit meinte: „Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden sie immer zahlen”. Wenn er sich da nur nicht täuscht!
Die „Nordstaaten“ – allen voran Deutschland – sind den kindischen Griechen im Grunde zu großem Dank verpflichtet. Denn der Wahlerfolg, zu dem sie den Kommunisten verholfen haben, wird auch die radikalen Linken in Portugal und Spanien beflügeln, wo im Herbst Wahlen anstehen. Es bedarf keiner Hellseherei, denen ebenso fulminante Wahlerfolge zu prophezeien.
Folgen diese Parteien dem Beispiel der Griechen und fordern de facto, dass künftig und für alle Zeiten allein die Deutschen ihre irrsinnige „goldene-Uhren-für-alle-Politik“ finanzieren sollen, wird es mit der EU ein ebenso jähes Ende nehmen wie mit deren maroder Esperantowährung. Man kann den Teutonen schon einiges zumuten, aber nicht, dass sie sich auf ewig den Buckel krummschuften, damit man im Süden unbeschwert Fiesta feiern kann. Frau Merkel und Herr Gabriel werden daher schon ein wenig auf ihre eigenen Wähler – und nicht auf die der Kommunisten in Griechenland oder anderswo – Rücksicht nehmen müssen.
Wie heißt es so schön: Besser ein Ende mit Schrecken…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die Gesundheitsversorgung wird signifikant schlechter. Eine Ursache ist die „Einigung“ über die Arbeitszeiten in Wiener Gemeindespitälern, auch wenn die Beteiligten diese als Erfolg zu verkaufen versuchen. Ähnlich negativ wirksam sind diverse Regelungen in anderen Bundesländern. Es ist unbestreitbar: Die Gesamtpräsenzzeit von Ärzten in den Spitälern wird dadurch deutlich geringer. Und damit auch die Betreuung der Patienten. Es gibt aber noch viele andere Gründe, eine Verschlechterung der medizinischen Betreuung in Österreich zu konstatieren.
Zuerst zur Arbeitszeitreduktion für Ärzte. Diese ist – allen Ablenkungsversuchen der Gemeinde Wien zum Trotz – eine eindeutige Leistungsverringerung. Es sei denn, man behauptet, die bisherige Ärzte-Anwesenheit wäre überflüssig gewesen. Wenn das so wäre, hätten sich freilich die dafür verantwortlichen Politiker seit Jahren eines massiven Amtsmissbrauchs schuldig gemacht.
Der Anlass der Leistungsverschlechterung: Als Folge des neuen Ärztearbeitszeitrechts dürfen die Mediziner nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten. Das löst die Politik durch Reduktion der gut bezahlten und daher bei den Ärzten beliebten Nachtdienste. Damit deren Einkommen aber trotzdem gleich bleibt, bekommen die Ärzte ein deutlich höheres Grundgehalt.
Ärztekammer-Vizepräsident Steinhart hat sofort Verschlechterungen im Gesundheitssystem als klare Folge der damit in den Spitälern bevorstehenden Ärzteknappheit angekündigt. Das wird man besonders in den Spitalsambulanzen spüren. Gleichzeitig sind die niedergelassenen Ärzte durch die Sozialversicherungen total ausgedünnt worden. Auch das ist eine eindeutige Verschlechterung der Versorgung, die nur von Politikern geleugnet werden kann.
Für die Ordensspitäler und das AKH gibt es vorerst noch überhaupt keine Einigung. In den Ordensspitälern gilt noch eine provisorische Zwischenlösung, in der also die Ärzte wie bisher zu arbeiten bereit sind. Was aber rechtlich nicht mehr lange erlaubt sein wird.
Im AKH hingegen fallen schon seit Jahresbeginn immer mehr Operationen aus. Das ist die dritte Leistungsverschlechterung, die man festhalten muss.
Im AKH ist die Lage deshalb besonders schwierig, weil die Gemeinde dem Bund die zusätzlichen Kosten für die Arbeitszeiten zuschanzen will. Dabei ist der Bund eigentlich nur für den wissenschaftlichen und universitären Bereich des AKH und dessen Finanzierung zuständig. Und nicht für Patientenbetreuung und Nachtdienste. Das wäre alleinige Kompetenz der Gemeinde Wien. Aber die hofft wieder einmal auf die übliche Nachgiebigkeit des Bundes.
Die Politik, die noch vor kurzem allen Ernstes die gesamte Gesundheitspolitik für saniert erklärt hat, weiß in Wahrheit nicht mehr ein und aus. Denn das Problem ist keineswegs nur eines der künftig viel kürzeren Höchstarbeitszeit von Ärzten.
Dringend nötig wäre es auch, in Wiener Gemeindespitälern Ärzte von Arbeiten zu befreien, die anderswo von Krankenschwestern durchgeführt werden, wie etwa Blutabnehmen. Eine weitere massive Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Mediziner. In den Gemeindespitälern hat nämlich die (in der SPÖ ja sehr mächtige) Krankenschwestern-Gewerkschaft die Befreiung der Schwestern von solchen Arbeiten durchgesetzt.
Dafür aber wird jeder neue Patient absurderweise von einer dieser Schwestern in einem langen Fragebogen haargenau nach all den gleichen Dingen gefragt, die vorher schon ein Arzt erhoben hat. Für solch unsinnige Doppelgleisigkeiten gibt es offenbar immer noch Zeit.
Noch viel bedrohlicher als der „erst“ seit ein paar Wochen andauernde Operations-Engpass und als die Nachtdienst- und Ambulanz-Einschränkung ist die Tatsache, dass in ein paar Jahren generell ein katastrophaler Engpass an Ärzten bevorsteht. Selbst wenn es keine neuen gut gemeinten, aber total wirklichkeitsfremden Arbeitszeitgesetze gäbe.
Eine große Zahl an Medizinern aus der Babyboomer-Generation wird nämlich in Pension gehen. Gleichzeitig fehlt der Nachwuchs. Dieser müsste ja jetzt schon in den diversen Ausbildungs-Wegen stecken. Wo es ihn aber nicht gibt.
Der Ärztemangel eskaliert in einer Epoche, da Menschen immer länger leben und daher immer mehr Gelegenheiten haben, krank zu werden. Gleichzeitig kann die Medizin immer mehr Krankheiten wenn auch meist teuer heilen, die früher unbehandelbar gewesen sind.
Eine Erhöhung der Ärzteeinkommen ist auch in Hinblick auf die Zukunft nötig. Denn derzeit gehen immer mehr Mediziner unmittelbar nach dem Gratisstudium (das freilich für die Steuerzahler sehr teuer ist!) ins Ausland. Dort herrscht schon länger ein Ärztemangel. Daher werden Medizin-Absolventen äußerst attraktive Angebote gemacht.
Die Notwendigkeit, normale Ärzte besser zu bezahlen, ist bei den Kassenärzten noch viel größer. Wenn die Krankenkassen Ärzte mit so lächerlichen – sich vielfach im einstelligen Euro-Bereich bewegenden! – Honoraren entlohnen, dass Installateure oder Elektriker dafür nicht einmal einen Finger rühren würden, dann ist das nicht nur demütigend. Es schreckt auch immer mehr Ärzte überhaupt davon ab, einen Kassenvertrag abzuschließen.
Das ist vorerst zwar „nur“ am flachen Land zu spüren, wo viele Gemeinden keinen Arzt mehr finden, obwohl sie jetzt schon mit Superangeboten – bis hin zu Gratishäusern – locken. Das merkt man aber auch an Kassenordinationen in Wien: Die sind meist nur noch Fließbandbetriebe; die Mehrzahl der Patienten sieht bloß die Rezeptionistinnen; und die Kassenärzte versuchen als Ausweg oft zweifelhafte Zusatzeinkommen an den Kassen vorbei aufzubauen.
Die schlechte Entlohnung von Ärzten bedeutet noch eine andere Perversität: Österreich leistet solcherart massive Entwicklungshilfe an Deutschland. Denn erstens finanziert Österreich vielen deutschen Studenten, die für ein Studium in Deutschland zu schlechte Zeugnisnoten haben, ein Gratisstudium. Zweitens gehen diese, aber auch immer mehr Österreicher nach dem Studium nach Deutschland, wo sie viel besser verdienen. In Österreich bleibt dauerhaft nur jeder Zweite.
Politik und Kassen haben kein Geld mehr, um da gegenhalten zu können. Und die SPÖ legt sich nach wie vor gegen jede Kostenbeteiligung eines Studenten am Studium quer.
Noch an vielen anderen Kostentreibern – und damit Qualitätssenkern – ist die Politik schuld. So etwa daran, dass mit den e-cards durch einige Nicht-Österreicher ein grober Missbrauch betrieben wird. Diese Karten können nämlich leicht an andere Personen weitergegeben werden. Gar nicht wenige reisen nur der Gratisbehandlung wegen extra nach Österreich (am Balkan ist die Medizin ja oft noch in einem katastrophalen Zustand). Derzeit stellt ja keinerlei e-card-Merkmal sicher, dass der auf Kosten der Krankenkassa behandelte Patient auch wirklich identisch mit dem e-card-Besitzer ist. Nicht einmal Fotos erlaubt die politisch korrekte Politik.
Besonders übel im Wiener Gesundheitssystem wirkt sich ferner die Diskriminierung der kirchlichen Spitäler aus. Sie bekommen von den Kassen und der Stadt deutlich weniger Geld als Gemeindespitäler für die gleichen Eingriffe. Damit droht langfristig ein weiterer Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung wegzubrechen. Dabei wird in Wien jeder fünfte Patient in einem kirchlichen Krankenhaus behandelt.
Das Grundübel hinter vielen Missständen ist die Lüge – welche die Bürger freilich sehr gerne hören –, dass Österreich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hätte, und dass dieses auch zum Nulltarif möglich wäre. Wie sehr das eine Lüge ist, zeigt die Realität: Man bekommt oft nur dann eine exzellente und vor allem schnelle medizinische Betreuung, wenn man die Dienste eines Nichtkassenarztes oder eines Privatspitals und -ambulatoriums bezahlt.
Diese Lüge steht auch der einzig echten Reform im Weg: nämlich der Einführung eines generellen – wenn auch sozial limitierten – Selbstbehalts für die Patienten. Dabei ginge es weniger darum, dass dadurch zusätzliches Geld hereinkäme. Viel wichtiger wäre es, dass nur so das Interesse der Bürger wachgerufen werden könnte, überflüssige Behandlungen zu vermeiden und gesundheitsbewusster zu leben. Ohne finanzielles Eigeninteresse gibt es kein Kostenbewusstsein der Patienten, also der einzigen Konsumenten des Gesundheitssystems.
Die beiden österreichischen Sprüche „Zahlt eh die Kasse“ und „Zahlt eh der Staat“ führen zu einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Nur traut sich noch immer kein Politiker, das auch zu sagen. Sie sind damit die besten Werbeträger für die Zweiklassenmedizin, die aber zugleich groteskerweise für nichtexistent erklärt wird.
PS.: Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.


Quelle: Eurostat, Agenda Austria
Die neue griechische Regierung wird immer tolldreister auf ihrem Weg ins Chaos. Dennoch findet sich bisher nirgendwo in Europa eine politische Persönlichkeit, die klar sagen würde: „Liebe Griechen, macht, was ihr wollt; aber von uns gibt es keinen einzigen Euro mehr, da ihr jetzt alle Sparmaßnahmen zunichte macht.“
Nur ein paar Schlaglichter, wie sich der griechische Irrsinn konkretisiert:
Das besonders Schlimme ist aber die knieweiche Reaktion aller anderen Europäer auf die griechische Entwicklung, vor allem der Sozialdemokraten. Sie reden nur noch herum und betonen schon wieder, dass Griechenland unbedingt im Euro bleiben müsse.
Deshalb kann man sicher sein, dass EU und EZB nach ein paar Scheingefechten in ein paar Wochen den Griechen wieder weitgehend nachgeben wird. Ohne zu begreifen, wie lächerlich sie sich damit machen. Ohne die katastrophalen Beispielsfolgen in zahllosen anderen Euro-Krisenländern zu durchschauen. Denn überall in Europa wird bei einem Erfolg Griechenlands bald lustiger Kirtag gefeiert werden. Bevor das dicke Ende kommt.
Wie verlogen und haltungslos die westeuropäische Linke ist, merkt man an aber auch zwei ganz anderen Themen, die gar nichts mit Finanzen, Wirtschaft und Euro zu tun haben. Die aber für die Linke bisher immer die allerobersten Fixpunkte waren, wenn sie bürgerliche Parteien denunzieren wollten:
Die Linken sind verlogen bis in die Knochen. Aber alle Linksmedien haben tagelang gejubelt, dass die neue griechische Regierung nach zwei Tagen schon angelobt worden ist. Als ob das der wichtigste Aspekt wäre.
Und Europas Konservative, Liberale, Christdemokraten, Bürgerliche? Wer von ihnen irgendetwas gehört haben sollte: Bitte melden.
Vor hundert Jahren, 1915, wechselte Italien die Seite. Im Londoner Geheimvertrag von 1912 war Rom für den Kriegseintritt an der Seite der Entente die Ausdehnung seiner Nordgrenze bis zum Brenner zugesichert worden. Im Friedensvertrag von St.-Germain-en-Laye (10. Sept. 1919; in Kraft getreten am 16. Juli 1920) wurde daher der Südteil Tirols entgegen der vom amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson propagierten Anwendung des Selbstbestimmungsrechts der Völker Italien zugeschlagen.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde den Südtirolern das Selbstbestimmungsrecht verweigert. Das Verlangen zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechts sowie den Willen zur Rückgliederung ihres Landesteils an Tirol und Österreich hatten 155.000 Unterschriften manifestiert, die dem österreichischen Bundeskanzler Leopold Figl am 22. April 1946 in Innsbruck übergeben worden waren. Damit sollte sein Außenminister Karl Gruber, ein Tiroler, auf der Friedenskonferenz zu Paris sozusagen ein Unterpfand auf den Volkswillen in die Wagschale werfen können.
Doch wie nach dem Ersten Weltkrieg verweigerten die Siegermächte auch damals den Südtirolern ihr Begehr. Lediglich zu einem am 5. September 1946 zwischen Gruber und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide DeGasperi getroffenen Übereinkunft kam es, in welchem dem Land zwischen Brenner und Salurner Klause „besondere Maßnahmen zur Erhaltung des Volkscharakters und der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung“ zugesichert wurden.
Aus dem „Pariser Abkommen“ erwuchs – nach Jahren der Unterjochung der Südtiroler durch das „demokratische Italien“, womit unsägliche Gewalt einherging – schließlich jenes gegenwärtig geltende „Autonomiestatut“. Die seit 1945 in Südtirol regierende SVP verabsolutiert es ob der damit für sie realiter verbundenen Pfründen.
Die seit etwa zehn Jahren erheblich erstarkte Opposition im Bozner Landhaus verfolgt nach wie vor das „Los von Rom“, während die im österreichischen Bundesland Tirol ebenso wie auf Bundesebene bestimmenden und (mit)regierenden Kräfte agieren, als sei damit die Endstufe des Möglichen erreicht. Sie lassen verlauten, die Südtirol-Frage sei durch Europäisierung beantwortet, weshalb sie nicht (mehr) auf der Agenda stehe. Und geben vor, die Bevölkerung interessiere sich kaum mehr dafür, weshalb die Regierungsparteien nurmehr den Anschein erwecken, als wollten sie in puncto Südtirol möglichst in Ruhe gelassen werden.
Dem stehen soeben bekannt gewordene, höchst aufschlussreiche Ergebnisse einer Umfrage des vom „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) beauftragten Linzer Meinungsforschungsinstitut „Spectra“ (http://www.suedtiroler-freiheit.com/wp/wp-content/uploads/2015/01/SHB_FRAGEN_DEUTSCH.pdf) entgegen.
Sie weisen aus, dass mehr als der Hälfte aller 1000 repräsentativ Befragten zwischen Burgenland und Vorarlberg bekannt ist, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker in Artikel 1 der UN-Menschenrechtspakte verankert und von den meisten Staaten, darunter auch Österreich, anerkannt ist. 82 Prozent aller Befragten wussten, dass Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg von Österreich abgetrennt und gegen den Willen der angestammten Bevölkerung von Italien annektiert wurde. 83 Prozent der Befragten, also mehr als vier Fünftel, wären damit einverstanden, den Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft zu gewähren, um deren Bindung an Österreich zu stärken.
Das hohe Maß an Zustimmung in allen Altersgruppen – indes besonders derer zwischen 15 und 29 Jahren – legt offen, dass diese spezielle Staatsbürgerschaftsthematik von Emotionalität geprägt ist. Das Ergebnis zeigt, dass es sich hierbei nicht um eine ökonomisch motivierte Angelegenheit, sondern vorrangig um eine ideellen Sache handelt, die Ausdruck des Bewusstseins nationaler Zusammengehörigkeit ist. Namentlich die österreichische Bundespolitik, die in der (seit 2006 virulent gewordenen) Staatsbürgerschaftsfrage für Südtiroler (im Juli 2013) die stärkste Bremswirkung erzeugt hat, als SPÖ, ÖVP und Grüne, die in der Ausschussarbeit des Nationalrats zuvor Zustimmung signalisiert hatten, einen entsprechenden Antrag der FPÖ abschmetterten, hinkt dabei dem Empfinden und der Haltung der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung nach. Anders ausgedrückt: sie missachtet eklatant deren Willen.
Überdeutlich wird die Diskrepanz zwischen Volksmeinung und Regierungshaltung bezüglich der Selbstbestimmungsfrage. Die entsprechende Frage des Instituts „Spectra“ lautete: „In Südtirol wird immer wieder der Wunsch nach Ausübung des Selbstbestimmungsrechts geäußert. Würden Sie es begrüßen, wenn die Bevölkerung Südtirols in einem Referendum auf friedliche und demokratische Weise über die staatliche Zugehörigkeit des Landes entscheidet, oder würden Sie das nicht begrüßen?“
Hinsichtlich Gewährung und Ausübung des den Südtirolern 1918/19 und 1945/46 verweigerten Selbstbestimmungsrechts mittels Volksabstimmung ist der Grad der Zustimmung von knapp neun Zehnteln (89 Prozent) aller befragten Österreicher signifikant hoch. Markant dabei ist der Zustimmungsgrad von 93 Prozent in der Altersgruppe zwischen 15 und 29 Jahren. Befragte in Wien (92 Prozent) und in Oberösterreich (93 Prozent) würden die Selbstbestimmung sogar mehr als der Durchschnitt begrüßen. Es würden also neun von zehn Österreicher befürworten, wenn die Südtiroler über ihre staatliche Zugehörigkeit abstimmen dürften.
Der enorm hohe Zustimmungsgrad in allen Alters- und Bildungsgruppen legt offen, dass Gewährung und Ausübung des Selbstbestimmungsrechts wirkliche politische Anliegen der Österreicher sind. Der Befund zeigt in aller Klarheit, dass das historische, somit „alte“ Anliegen nichts an Bedeutung eingebüßt hat, sondern vielmehr ein aktuelles, ein „junges“ ist. Die Politik hingegen bleibt auch in diesem Punkt weit hinter den Wünschen von neun Zehnteln aller Österreicher zurück.
Ebenso deutlich ist die Zustimmung von knapp neun Zehnteln aller Österreicher zur Wiedervereinigung des südlichen Teils Tirols mit Österreich für den Fall, dass sich die Südtiroler in einer Volksabstimmung für diesen Weg aussprächen.
Damit, dass 89 Prozent der Österreicher die Wiedervereinigung begrüßen würden, wird offenkundig, dass sich die politische Wahrnehmung der Österreicher aller Alters- und Bildungsgruppen hinsichtlich Südtirols als verlässlicher Faktor für die Südtiroler erweist. Es erweist sich damit auch, dass sich das Gefühl der Zusammengehörigkeit eher aus nationaler Bindekraft denn aus einem diffusen – von maßgeblicher politischer Seite aber als allein zukunftsträchtig vorgegebenen – „Europäer-Bewusstsein“ speist.
Es erweist sich zudem, dass die politischen Stereotypien von den „gefallenen“ oder „nicht mehr wahrnehmbaren“ Grenzen in der österreichischen Bevölkerung ebenso wenig nennenswert Widerhall finden wie der ähnlich lautende politische Stehsatz, wonach „EUropäisierung“ und „Regionalisierung“ die „Grenzen überwinden“ würden, deren Verschiebung/Veränderung nicht (mehr) nötig respektive gewollt sei.
Die Südtirol-Thematik ist also ausweislich dieser Umfrageergebnisse rechtlich und emotional so stark präsent, dass sich daraus ein politischer Wille der Österreicher ableiten lässt. Diesen zu verwirklichen, wäre Aufgabe der Politik.
Wie ist es damit bestellt? Außenminister Sebastian Kurz hat seine Position in einem am 3. Mai 2014 in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ erschienenen Interview und tags darauf vor den Delegierten des SVP-Parteitags in Meran dargelegt. Wenn das auch die Haltung der Bundesregierung und der sie mittragenden ÖVP, also seiner Partei ist, so hätte man sich von dem, was für Österreichs Regierungen und politische Parteien bis dato mehr oder weniger als opinio communis galt, verabschiedet: nämlich dass „das Recht Südtirols auf Selbstbestimmung unverzichtbar“ sei.
Kurz, der nach eigenem Bekunden von Unabhängigkeitsbestrebungen und Freistaatsforderungen sowie Wiedervereinigungsverlangen nichts hält, nannte diejenigen „Ewiggestrige“, die „wieder vom Aufziehen neuer Grenzen träumen“. Und hinsichtlich Selbstbestimmung bekundete der abgebrochene Jus-Student in seinem Antwortschreiben auf einen von SHB-Obmann Roland Lang, SHB-Ehrenobmann Sepp Mitterhofer und Prof. Dr. Erhard Hartung, Sprecher der „Kameradschaft ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer“ unterzeichneten und an ihn gerichteten Protestbrief recht eigenwillige Vorstellungen.
In den beiden zentralen Stellen des Briefes (BMeiA-XX.2.1 3.33/0027-11.2/2014) vom 17. Juni 2014 lässt Kurz wissen: „Selbstbestimmung kann auf verschiedene Weise verwirklicht werden, die Südtirol-Autonomie mit ihrem hohen Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung ist eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung“. Und: „Die Südtirol-Autonomie ist damit ein konkreter Ausdruck des Gedankens der Selbstbestimmung.“
Mit der daraus abzuleitenden Haltung, nämlich dass die Selbstbestimmung der Südtiroler faktisch verwirklicht sei – ohne dass es je zur Gewährung bzw. Ausübung des Selbstbestimmungsrechts gekommen wäre – stellen sich Sebastian Kurz und die Regierung Faymann/Mitterlehner, in deren Namen er ja spricht, gegen alle einschlägigen Beschlüsse bzw. Resolutionen des Österreichischen Nationalrats ebenso wie gegen solche der Landtage beider Tirol. Er und die Regierung missachten damit zugleich einschlägige Expertisen und Gutachten führender Verfassungs- und Völkerrechtsjuristen von Felix Ermacora († 24. Februar 1995) über Peter Pernthaler bis zu Walther Obwexer.
Ganz zu schweigen von dem kanadischen Völkerrechtler Daniel Turp (Universität Montreal), der unter Hinweis auf das Kosovo-Urteil des IGH, wonach „die einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht als Verstoß gegen das Völkerrecht anzusehen ist“, feststellte: „Obwohl Artikel 5 der italienischen Verfassung besagt, dass die Republik eins und unteilbar ist und damit signalisiert, dass das Südtiroler Volk die territoriale Integrität Italiens nicht in Frage stellen darf, ist das Südtiroler Volk ,Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung’ und darf, in Anwendung dieses Rechts, sogar ein souveräner und unabhängiger Staat werden“.
Was die Tiroler diesseits und jenseits des Brenners wollen, haben demoskopische Ergebnisse längst offengelegt. Laut einer Umfrage der „Tiroler Tageszeitung“ aus Anlass des Andreas Hofer-Gedenkjahres 2009 wünschte jeder zweite Befragte im Bundesland Tirol die Wiedervereinigung von Nord-, Ost- und Südtirol.
In Südtirol ließ der Südtiroler Heimatbund 2011 vom Bozner Institut „apollis“ unter Angehörigen der deutschen und ladinischen Sprachgruppe die Einstellung zur Selbstbestimmung erheben. Dabei sprachen sich 56 Prozent für die Unabhängigkeit und 44 Prozent für Verbleib bei Italien aus.
Ähnlich das Ergebnis einer Umfrage des Wiener Instituts Karmasin von 2013: für die Loslösung von Italien waren 54 Prozent der Befragten, für Verbleib bei Italien 26 Prozent; 20 Prozent machten dazu keine Angabe. Schon 2008 hatte „apollis“ im Auftrag der (überparteilichen) „Arbeitsgruppe Selbstbestimmung“ (AGS) die Einstellung der Italiener Südtirols ergründet. Insgesamt hielten seinerzeit 41 Prozent der Befragten ein Selbstbestimmungsreferendum in der Provinz Bozen für gerechtfertigt, während 59 Prozent dem ablehnend gegenüberstanden, was angesichts der damals starken Anhängerschaft von weit rechts stehenden bis klar neo-faschischtischen italienischen Parteien Südtirols kaum verwundern konnte.
Auch die Haltung der Italiener zu diesem Fragenkreis hatte der SHB im März 2014 durch das in Mestre (bei Venedig) ansässige Institut „Demetra“ ergründen lassen. Dabei antworteten 74,2 Prozent der 1012 italienweit repräsentativ Befragten mit „Ja“ auf die Frage „Ist es Ihrer Meinung nach richtig, dass die Bevölkerung eines Gebietes das Recht auf Selbstbestimmung ausübt, um so zu entscheiden, zu welchem Staat sie gehören will?“ 23,7 Prozent sagten „Nein“.
63,4 Prozent der Befragten war demnach auch bekannt, „dass die Provinz Bozen nach dem Ersten Weltkrieg gegen den Willen der Bevölkerung von ihrem Vaterland Österreich abgetrennt und von Italien annektiert wurde“; 36,5 Prozent wussten davon nichts.
Höchst bemerkenswert war indes das Ergebnis auf die Frage „Sind Sie damit einverstanden, dass die Bevölkerung der Provinz Bozen mit einem Referendum auf friedliche und demokratische Weise über ihre Selbstbestimmung entscheiden kann“. 71,8 Prozent der Befragten bejahten sie nämlich, während sie nur deren 27,1 Prozent verneinten und 1,1 Prozent keine Antwort darauf gaben.
All dies sollte doch politische Verantwortungsträger an Donau, Inn sowie Eisack und Etsch zum Nachdenken und Handeln bewegen. Umso mehr, als auch und gerade das jüngst vorgestellte „Spectra“-Ergebnis klar zutage gefördert hat: Die österreichische Bevölkerung straft hinsichtlich der Selbstbestimmung ihrer Südtiroler Landsleute jene Lügen, die das Thema für „abgehakt“, „überholt“ bzw. „überwunden“ halten. Dabei werden verschiedene Chiffren verwendet: wie „nicht mehr spürbare Grenze seit der EU-Mitgliedschaft Österreichs“ und „dadurch überwundene Schandgrenze“ oder vergleichsweise inhaltsleerer, weil EUroparechtlich virtueller Gebilde wie „EUregio Tirol“ oder „Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino im Europäischer Verbund für Territoriale Zusammenarbeit“.
Diese Umfrageergebnisse konterkarieren Position und Haltung des österreichischen Außenministers und der Bundesregierung. Anders ausgedrückt: Jetzt ist offenkundig, dass Kurz und das Kabinett Faymann-Mitterlehner in der Selbstbestimmungsfrage hinsichtlich Südtirols meilenweit von den Ansichten der übergroßen Mehrheit der Österreicher beiderlei Geschlechts entfernt sind.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Der moralische Verfall vieler europäischer Linksparteien ist nach den griechischen Wahlen offenbar ein totaler geworden.
Es war schon widerlich genug gewesen, wie speziell im ORF, der gegen jede Partei rechts der Mitte blindlings loshetzt, in den letzten Tagen der Wahlsieg der griechischen Syriza – einer eindeutig weit mehr kommunistischen als sozialdemokratischen Partei – bejubelt worden ist. Wie die Syriza dort verharmlosend zu einem „Linksbündnis“ umgemodelt wird. Wie eine Rundfunkmoderatorin des Staatssenders ihr allen Ernstes attestiert hat, die „richtige“ Wirtschaftspolitik zu betreiben.
Und jetzt auch das noch: Syriza hat sich eine schwer antisemitische Partei als Koalitionspartner ausgesucht. Deren Antisemitismus ist weit ärger als bei irgendeiner anderen Partei, die in Europa seit 1945 irgendwo mitregiert hatte. Und was tun ORF&Co? Sie übergehen das einfach mit weitgehendem Schweigen. Dabei hätte es europaweit Sanktionen, Demonstrationen, Boykotte und Fernseh-Sondersendungen rund um die Uhr gegeben, wenn beispielsweise ÖVP oder FPÖ mit einer solchen antisemitischen Gruppierung koaliert hätten.
So hatte der Parteichef dieser ANEL-Partei vor kurzem sogar die unglaubliche Behauptung aufgestellt: Juden zahlen keine Steuern. Dieser Herr Panos Kammenos hat auch behauptet, Terrorismus käme ausschließlich von Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und dem bisherigen Griechen-Premier Samaras.
Und jetzt ist er unter dem Jubel der linken Political-Correctness-Medien Koalitionspartner geworden. Ohne dass irgendwer den Rücktritt vom Kammenos fordern würde. Diese heuchlerische Verlogenheit ist wirklich nur noch zum Kotzen.
Die Griechen haben sich ganz klar für die linkssozialistische Syriza-Partei entschieden. Das ist ihr gutes Recht. Das gute Recht – Nein: die absolute Pflicht des restlichen Europa sollte aber jetzt eine ebenso klare Politik gegenüber Griechenland und der Syriza sein.
Das heißt: Nach der Wahl muss dasselbe gelten wie vorher. Das heißt: Griechenland muss alle Verpflichtungen gegenüber dem restlichen Euro-Raum einhalten und bekommt keinerlei zusätzliche Konzessionen, weil es einen linksradikalen Populisten gewählt hat. Tut jedoch Griechenland das, was Syriza im Wahlkampf ständig angekündigt hat – also nicht mehr sparen, Verträge brechen und viel Geld ausgeben –, dann darf es keinen einzigen ausländischen Euro dafür geben!
Jetzt wäre ein Nachgeben gegenüber griechischen Forderungen eine absolute und finale Katastrophe. Nicht nur für das Euro-Projekt, sondern auch für die gesamte EU. Und das wäre auch für Österreich eine Katastrophe, die zu rapider Zunahme von Arbeitslosigkeit und Entwertung aller Sparguthaben führen würde.
Aber Griechenland kann doch seine Schulden nie und nimmer zurückzahlen, werden nun manche entgegnen. Gewiss, das stimmt. Freilich hat man das auch schon vor fünf Jahren gewusst, als Griechenland zum ersten Mal Geld, Kredite und Haftungen bekommen hat. Dieses Geld wird Deutschland, wird Österreich, werden all die anderen Gläubiger also ohnedies nie wiedersehen. Es wäre aber ein absolutes Verbrechen, würde nun neuerlich diesem schlechten, diesem verlorenen Geld weiteres gutes nachgeworfen werden.
Zwei Gründe machen es aber dennoch wahrscheinlich, dass das geschieht: Erstens könnte damit noch eine Zeitlang der schwere Fehler der letzten fünf Jahre vertuscht werden, in denen mutwillig Hunderte Milliarden Euro für Griechenland und die Bezahlung alter griechischer Schulden verschwendet worden sind (diese Kredite und Haftungen sind übrigens zum Gutteil noch gar nicht in nationalen Budgets abgeschrieben worden!). Zweitens: Würde Deutschland (und es kommt in Wahrheit nur auf Deutschland an) jetzt endlich hart bleiben, wäre das auch ganz schlecht für Frankreich, für Italien und für die EZB. Denn dann käme für sie und ihre finanztechnischen Kartenhäuser viel rascher als ohnedies befürchtet die Stunde der Wahrheit. Da hilft dann auch keine Gelddrucken durch die EZB mehr.
Die von der großen Mehrheit der Deutschen und Österreicher verlangte Härte gegenüber Griechenland würde dazu führen, dass Griechenland aus dem Euro austreten müsste. Das wird turbulent, das ist aber noch nicht der Untergang des Abendlandes. Griechenland müsste dann endlich lernen, sich ohne fremde Hilfe und ohne neue Schulden zu sanieren.
Das wäre auch deshalb überaus heilsam, weil dann viele andere Länder rasch begreifen würden: Das deutsche Helfersyndrom hat doch Grenzen. Und auch sie müssten daher so wie Griechenland selber ihre eigenen Dinge in Ordnung bringen. Auch Österreich sollte das übrigens rasch wieder lernen!
Gewiss: Das wäre in vielerlei Hinsicht ein Ende mit Schrecken. Aber das wäre tausend Mal harmloser als ein Schrecken ohne Ende, wie ihn ein neuerliches deutsches In-die-Knie-Gehen nach sich bringen würde.
Dennoch bin ich fast sicher: Politiker entscheiden sich fast immer für den Schrecken ohne Ende, weil sie vor mutigen Entscheidungen mit unmittelbaren Auswirkungen immer viel mehr Angst haben als davor, den langfristigen Weg in den Untergang zu wählen. Und sollte ein deutscher Politiker jetzt vielleicht doch den Mut zur Härte haben, dann wird er in Europa sehr rasch gefragt werden, wer denn schuld am Weltkrieg und am Holocaust ist. Nach dieser Frage wurde in den letzten 70 Jahren immer noch gezahlt.
PS.: Immer wieder erschreckend ist übrigens, dass Österreich absolut keinen Politiker mehr hat, der in den europäischen Grundsatzfragen auch nur mitreden könnte. Seit Wolfgang Schüssel verstehen die ja nicht einmal, worum es dabei geht (und auch der würde jetzt wahrscheinlich zögern). Noch erschreckender ist, dass diese völlig geistige Leere in der Politik aller Parteien kaum noch jemandem auffällt. Selbst Ökonomen findet man hierzulande keine ernstzunehmenden mehr, wenn nicht bisweilen Hans Werner Sinn, Frank Schäffler, Bernd Lucke oder Thilo Sarrazin vorbeischauen. Oder glaubt irgendjemand auch nur eine Sekunde lang, dass zum Unterschied von der einstigen Hypo-Verstaatlichung, wo die österreichische Regierung trotz monatelanger schlechter Vorzeichen im Gegensatz zu ihren bayrischen Verhandlungspartnern absolut unvorbereitet gewesen ist (siehe Griss-Report!), es jetzt bessere, wenn auch natürlich geheime Vorbereitungen gibt? Auf einen griechischen Euro-Austritt? Auf ein Scheitern der EZB-Bilanz (in der ja viele griechische Kredite stehen)? Auf das Platzen der griechischen Schuldpapiere (von denen besonders viele von einer Raiffeisen sehr nahestehenden Versicherung gekauft worden waren)?
PPS.: Noch schlimmer ist der Jubel mancher SPÖ-Politiker (etwa noch Sonntagabend auch aus der Sozialistischen Jugend!) über den Weg, den die Griechen jetzt gehen wollen. Über den Sieg einer Partei, die ihre eigene Schwesterpartei gedemütigt hat.
Es ist die Woche der Illusionen. Der EZB-Präsident Mario Draghi beseitigt den Zins und meint dadurch Wohlstand erzeugen zu können. Und Sonntag wählen die Griechen wahrscheinlich mehrheitlich die linksextreme Partei Syriza mit deren Vorsitzenden Alexis Tsipras zur stärksten Kraft im Parlament, weil sie glauben, dass es nicht schlimmer kommen kann. Doch schlimmer gehts immer!
Draghi und Tsipras haben vieles gemeinsam. Beide sind dogmatische Sozialisten, die an die kollektive Planbarkeit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse glauben. Beide wollen deshalb Geld ausgeben, viel Geld! Beide glauben, nur dadurch ließe sich die Krise überwinden und die Konjunktur in Südeuropa ankurbeln. Beide scheren sich nicht um das Recht, sondern rufen zum Rechtsbruch auf und kommen vermutlich straffrei davon. Das unterscheidet sie wohl von Uli Hoeneß und dem ehemaligen Chef der deutschen Post Klaus Zumwinkel.
Und beide erpressen die Sparer und Steuerzahler im Euro-Club. Denn sie können es. Draghi weiß, dass er der ungekrönte König eines kommenden europäischen Superstaates ist, dessen Krönungsprojekt die gemeinsame Währung ist. Dieses Geld aus dem Nichts soll so identitätsstiftend sein wie der heilige Gral am Hofe von König Artus.
Und Tsipras ist scheinbar die letzte Hoffnung einer stolzen Nation, die sich verzweifelt gegen die Fremdbestimmung wehrt. Wie einst die Königstochter Europa sich vom zum stiergewandelten Zeus bezirzen ließ, dann der Freiheit beraubt und zu fremden Ufern entführt wurde, so fühlen sich die Griechen heute. Umschmeichelt wegen ihrer antiken Geschichte, aber der Freiheit und Demokratie beraubt, um ein höheres, fernes Ziel zu erreichen.
Wer wie Draghi den Zins vernichtet, schafft die Illusion eines Schlaraffenlandes, wo Milch und Honig fließen. Nahezu jede Investition rechnet sich, selbst für die Gläubiger maroder Banken in Südeuropa. Sie verdienen sich eine goldene Nase und machen den anderen eine lange. Zum Glück ist bald Karneval, damit dies ertragen, oder besser – vorübergehend vergessen – werden kann.
Doch Aschermittwoch kommt auch in dieser Karnevalssession, dann ist alles vorbei. Der Alltag kehrt wieder ein und es wächst die Erkenntnis vieler, dass die Herzkammer der Gesellschaft um ihre Lebensleistung gebracht wird. Es bedarf dazu keiner Anhebung des Spitzensteuersatzes, keiner Verschärfung der Erbschaftssteuer und auch keiner Vermögenssteuer. Die Enteignung der Mitte der Gesellschaft wird hinter verschlossenen Türen im 1,3 Milliarden Euro teuren Neubau der EZB-Zentrale in Frankfurt beschlossen. In dessen Keller läuft seit Donnerstag die Druckerpresse heiß. 1.100 Milliarden Euro müssen produziert, sortiert und in die Peripherie Europas gebracht werden.
Und Tsipras will auch die Illusion aufrechterhalten, dass es nach fünf Jahren Krise nun vorbei ist mit Sparen, Rentenkürzungen und Arbeitslosigkeit. Er will einen erneuten Schuldenschnitt für sein Land, obwohl es bereits derer zwei gab. Der erste im Frühjahr 2012 war für die Gläubiger mit 107 Mrd. Euro einigermaßen teuer, aber der europäische Steuerzahler federte die Verluste der internationalen Investoren von New York über London bis zu den Cayman-Inseln fürsorglich ab.
Und der zweite war im November 2012, als die Euro-Finanzminister die Laufzeit der Kredite von 15 auf 30 Jahre verlängerten und den zu zahlenden Zins auf 0,6 Prozent reduzierten. Um nochmals 40 Prozent wurde Griechenland von seinen Schuldenlasten befreit.
Tsipras wartet nach dem kommenden Wahlsonntag auf die Draghi-Milliarden. Der wehrt sich noch, will die Illusion des Sparens, der Rentenkürzung und der Reformen mindestens bis kommenden Montag weiter bestehen lassen. Doch bald wird auch Griechenland in den Genuss der modernen Drucktechnik kommen – ganz sicher.
Dass Papiergeld früher oder später zu seinem inneren Wert „Null“ zurückkehrt, ist keine neuere Erkenntnis. Sie soll von Voltaire stammen. Euro-Land ist dem „Früher“ in dieser Woche durch Draghis Rechtsbruch wieder ein Stück näher gekommen.
Frank Schäffler ist ehemaliger Abgeordneter der deutschen FDP, der als solcher mehrmals gegen die Parteilinie gestimmt hat.
Die Deutschen haben jetzt den Vierfachsalto in Sachen Bürokratie-Neuerfindung geschafft.
Das ist aber sogar der ansonsten nicht gerade bürokratiefernen EU-Kommission zu absurd. Deshalb startet sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Diese will nämlich die Auszahlung des – auf Verlangen der Sozialdemokraten – neueingeführten gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro nun auch bei ausländischen Lkw-Fahrern anwenden, solange diese in Deutschland unterwegs sind. Und zwar auch dann, wenn sie nur durchfahren, wenn sie nicht einmal einen Fuß auf deutschen Boden setzen. Die Bürokratie jubelt und wiehert und freut sich schon auf den riesigen Aufwand und die vielen neuen Schreibtische, um diesen Schwachsinn zu administrieren und kontrollieren. Hierzulande werden nun wohl viele Lkw von Ostösterreich den Weg über Bischofshofen nach Tirol wählen, und nicht über das (eigentlich viel kürzere und damit umweltfreundlichere) deutsche Eck. Denn nur so ersparen sie sich einen Papierkrieg mit den deutschen Ämtern um ein paar Cent. Das ist also die neue deutsche Vorstellung von einem einheitlichen Markt . . .
Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, Staatsanleihen in der Höhe von mehr als einer Billion(!) Euro zu kaufen, ist schlicht eine Katastrophe. Damit ist nun endgültig das Stadium erreicht, in dem sich Notenbanken (=Staaten) selbst das benötigte Geld drucken. Die erhofften positiven Auswirkungen werden weitestgehend ausbleiben, zugleich wird jedoch eine Fülle negativer Folgen ausgelöst, beziehungsweise verstärkt. Die schlimmste Wirkung – welche die Zentralbanker in ihrer Zahlenfixierung gar nicht begreifen – liegt im Bereich der politischen Psychologie.
Die Auswirkungen im Einzelnen:
Ich zweifle, dass das unsere demokratischen Systeme das alles noch lange überleben können. Diese sind ohnedies schon durch die von der Politik verschuldeten und völlig unbremsbar gewordenen Islamisierung total diskreditiert.
PS.: Erstaunlich und trotz all seiner Fehler in der Vergangenheit lobenswert ist, dass sich auch der österreichische Nationalbank-Chef Nowotny zu einer relativ deutlichen Verurteilung der Maßnahmen aufgerafft hat. Freilich: Ein echter Widerstand sieht anders aus.
Es ist nur noch provozierend und jämmerlich: Nicht weniger als acht österreichische Abgeordnete von SPÖ und Grünen machen direkte Wahlwerbung für die kommunistisch-linkssozialistische Syriza-Partei in Griechenland.
Diese Syriza macht der Pasok, der griechischen Schwesterpartei der SPÖ, und einer Grünpartei (sehr erfolgreich) Konkurrenz. Damit aber entpuppt sich die Unterstützung der acht für Syriza als ganz mieser Opportunismus. Sie lassen die eigenen Parteifreunde noch vor dem Wahltag fallen, wenn eine andere Partei erfolgreicher scheint.
Die Pro-Syriza-Allianz zeigt aber auch, wie identisch Rot und Grün im Grund sind. Es gibt wohl nur deshalb überhaupt noch eine eigene grüne Partei, weil man so auch bürgerliche Umweltfreunde einzufangen hofft. Und weil snobistische Bobos halt doch lieber nicht am gleichen Tisch wie traditionelle Arbeiter sitzen wollen (sofern es solche in der SPÖ noch gibt).
Was aber am schockierendsten an dieser Unterstützung aus dem Wiener Parlament für Syriza ist: Diese hat ein Programm, dessen Realisierung für Österreich (sowie viele andere Länder) katastrophal sein und viele Milliarden kosten wird.
Sein Kern: Griechenland soll keine Schulden mehr zurückzahlen; aber es soll dennoch im Euro bleiben, weiter von der gemeinsamen Währung profitieren können; die griechischen Steuern sollen drastisch gesenkt; Zehntausende Beamte sollen wiedereingestellt werden; und alle Löhne sollen erhöht werden. Wobei zum Vergleich daran erinnert sei, dass etwa die polnischen oder baltischen Löhne noch immer nur halb so hoch wie die griechischen sind. Und trotzdem jammert dort niemand jahrelang, dass man davon nicht leben könne. Etliche andere EU-Länder sind noch viel ärmer.
Das, was Syriza will, kann nur auf Kosten der übrigen Europäer gehen. Das ist linker Populismus zum Exzess. Gut leben und andere – oft viel Ärmere – zahlen lassen. Und das wird von der (noch) größten österreichischen Partei unterstützt, insbesondere durch deren Justizsprecher Jarolim. Da sich die offizielle SPÖ nicht von ihm und seinen Genossen distanziert (zugegeben, dazu müsste sich wenigstens ein SPÖ-Mächtiger in der Außenpolitik oder Europa auskennen), muss man das auch als neue Parteilinie sehen.
Kann Verkommenheit eigentlich noch tiefer sinken?
Ja sie kann, wie man in einem anderen Zusammenhang sieht: Denn Rot und Grün in Österreich wie in Deutschland unterstützen mit immer größer werdender Intensität linke Prügelbanden. Sei es, dass diese Ballbesucher terrorisieren und dabei halb Wien devastieren; sei es, dass sie ein seriöses Kaffeehaus einschüchtern wollen, weil dessen Personal ein schmusendes Pärchen hinauskomplimentiert hat; sei es, dass sie in Deutschland friedliche Demonstranten verprügeln und große Sachschäden anrichten. Dass das von Hetz-Medien wie dem ORF geifernd unterstützt wird, macht die Sauerei um kein Jota besser.
Den allermeisten linken Demonstranten geht es keine Sekunde um irgendein echtes Anliegen, sondern nur noch um den Straßenterror, um Hetze, ums Prügeln. Das beweist auch ein aktueller Vergleich. Amnesty International – zwar auch eine linke, aber dennoch immer auch um Anständigkeit bemühte Organisation – hat in Wien zu einer Kundgebung für einen lobenswerten wie dringenden Zweck aufgerufen: für die Freilassung des zu Tausend Peitschenhieben verurteilten saudischen Bloggers. Peinliches Ergebnis: An dieser Kundgebung nahmen nur ganze 50 Menschen teil.
Das zeigt wohl mit großer Anschaulichkeit: Linke sind an humanitären Anliegen meist völlig desinteressiert. Sondern nur am Prügeln, Zerstören, Terrorisieren, Einschüchtern. Widerlich.
Dieses Verhalten wird noch übler, wenn man an das Engagement der SPÖ-Spitze im Fall des saudischen Bloggers denkt. Da zeigt sie nämlich zum ersten Mal seit langem humanitäres Engagement. Zehntausende abgeschlachtete Christen, Jesiden und Liberale in der gleichen Weltgegend waren der SPÖ hingegen völlig wurscht gewesen (grüne Politikerinnen haben übrigens Solidaritätsaktionen für ermordete Christen sogar aggressiv attackiert). Das lässt sehr stark vermuten, dass der SPÖ auch das Engagement für den saudischen Blogger kein echtes Anliegen ist. Dieses erfolgt nur aus zwei Gründen: erstens, weil es die Kronenzeitung – Werner Faymanns intellektueller Befehlsausgeber – verlangt hat; zweitens weil die SPÖ damit der ÖVP und deren außenpolitischen Jungstar Sebastian Kurz eifersüchtig eines auswischen will.
Nur ein großes Europa könne längerfristig seine wirtschaftliche Bedeutung bewahren: So begründete Wifo-Chef Aiginger dieser Tage ein Plädoyer, warum Griechenland unbedingt beim Euro bleiben solle. Alles andere hält er für „weltpolitisch völligen Unsinn“. Eine seltsame Logik.
Zum ersten ist erstaunlich, dass ein Wirtschaftsforscher zu rein politischen Argumenten greift: offenbar kann er anders sein Festhalten an der ewigen Griechenland-Hilfe gar nicht mehr begründen. Zum zweiten gleicht der schlichte Glaube an Größe den Gesinnungen des 19. Jahrhunderts und der Zeit vor den beiden Weltkriegen. Damals haben viele gemeint, Größe sei entscheidend, nur sie mache wohlhabend. Heute glaubt man das hingegen nur noch in Wifo und EZB.
Heute sollten aber auch Wirtschaftsforscher wissen, dass das ein völlig falsches Denken war. Heute liegen in allen globalen Wohlstands-Statistiken immer kleine Länder an der Spitze: die Schweiz, Singapur, Liechtenstein, Norwegen. In der EU ist das winzige Luxemburg am reichsten und in Ostasien ist es Hongkong und nicht etwa die riesige Volksrepublik. Auf der anderen Seite befindet sich Russland, das territorial größte Land der Welt mit seinen riesigen Rohstoffschätzen, in steilem Abstieg von einem auch davor bescheidenen Prokopf-Niveau. Und Österreich selbst steht – gerade der 100-jährige Rückblick macht das bewusst – absolut wie relativ heute viel besser da als einst die große Monarchie. Lediglich das kulturelle und wissenschaftliche Niveau war im damaligen Wien höher als heute.
Diese Erkenntnis ist freilich alles andere als eine Absage an einen Binnenmarkt. Je größer dieser ist, je weniger Zoll- und andere bürokratische Schranken die Wirtschaft behindern, umso besser für Konsumenten wie Produzenten. Deswegen wären auch die Handelsabkommen mit den USA und Kanada für alle Seiten so wichtig. Deswegen hat in den letzten sechs Jahrzehnten jeder Schritt hin zu einem globalisierten Weltmarkt so positive Wirkungen für die Menschheit gehabt.
Am allermeisten haben immer die Kleinen vom Weltmarkt profitiert. Übrigens auch Österreich. Kleine Länder brauchen offene Grenzen, den freien Zugang zum globalisierten Handel. Sie brauchen aber keine Größe.
Denn Größendenken schafft in vielerlei Hinsicht auch gewaltige Probleme. Selbst das riesige Russland fürchtet sich, wenn es nicht sein „nahes Umfeld“ unter halbkolonialer Kontrolle halten kann. Viele EU-Richtlinien passen überhaupt nicht für die ganze Union; Wasserknappheit ist ein süd-, aber kein mittel- und nordeuropäisches Problem; die Haltung zu Leistung, Arbeit und Lebensfreude wiederum wird zwischen Deutschland und Griechenland immer eine total andere sein – um nur zwei von hunderten Beispielen zu nennen.
Daher sollten auch Wirtschaftsforscher begreifen: Bei Handel, Kommunikation, Kultur- und Reiseaustausch ist jeder Schritt Richtung Globalisierung (nicht nur Europäisierung) gut. Bei vielem anderen bewährt sich die Subsidiarität viel besser, die möglichst kleine Einheit, die regionale Anpassung, die Nähe von Herrschern und Beherrschten.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Etwas mehr als drei Jahre hat die Schweizer Nationalbank (SNB) durchgehalten. Nun hat sie den Kampf um einen festen Wechselkurs zum Euro – völlig überraschend – aufgegeben. Seit der Jahresmitte 2011 konnte die künstliche Wechselkursparität des Schweizer Franken (SFR) zum Euro bei 1,20 gehalten werden. Diese Maßnahme war eine Reaktion auf die seit 2010 erfolgte, massive Abwertung der europiden Esperantowährung zum Franken. Der Druck der Schweizer Exporteure, den Kurs auf einem für sie erträglichen Niveau zu fixieren, war ab dem Moment groß genug, als Mitte 2011 ein 1:1-Wechselkurs drohte. Nun aber scheint der Kursverfall des Euro gegenüber dem Dollar für die aktuelle Entscheidung der SNB ausschlaggebend gewesen zu sein.
Die Kursbindung des Franken an den Euro hat die Schweizer Nationalbank viele Milliarden gekostet. Milliarden Euro, die sie dank ambitionierter Ankaufsprogramme im Keller liegen hat, müssen nun wertberichtigt werden. Experten beziffern das Abwertungsvolumen auf 50 Milliarden Franken oder mehr. Unmittelbar nach der Wechselkursfreigabe brach der Eurokurs gegen den SFR binnen Minuten um bis zu 30 Prozent ein. Zum Tagesende und belief sich der Wertverlust auf rund 16 Prozent.
Die rund 200.000 Österreicher, die sich in SFR verschuldet haben, werden sich den 15. 1. 2015 jedenfalls rot in ihren Kalendern markieren. An diesem Tag hat ihr Schuldenstand schlagartig beträchtlich zugenommen. Schon oft wurde gerätselt, weshalb die Österreicher, die sich bei der Auswahl von Sparformen extrem vorsichtig verhalten, bei der Verschuldung volles Risiko gehen. Die Bereitschaft, sich hemmungslos in Fremdwährungen zu verschulden, wird nun für Zehntausende Bauherren zum Albtraum. Kein guter Start ins neue Jahr.
Die längerfristigen Konsequenzen der Entscheidung der SNB sind aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen. Kurzfristig werden die exportorientierte Schweizer Wirtschaft und die Tourismusindustrie mit Sicherheit Einbußen hinnehmen müssen. Der Rationalisierungsdruck wird – besonders in den produzierenden Betrieben – erheblich stärker werden. Allerdings verstand es die Schweiz auch bisher schon, in einer ringsum auf Inflation setzenden Welt durchaus erfolgreich zu bestehen.
Ob der Kurshöhenflug des Franken zu Zu- oder Abflüssen von Auslandskapital führen wird, hängt maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Staatschuldenproblematik im Euro-Imperium ab. Besonders den in prekärer Lage befindlichen, südlichen Provinzen kommt da eine bedeutende Rolle zu.
Nach den Wahlen in Griechenland wird man möglicherweise schon etwas klarer sehen. Gewinnen die Syriza-Kommunisten, kann durchaus einiges in Bewegung geraten. Denn falls sich die notorischen Euroretter dann noch immer nicht von ihrem koste-es-was-es-wolle-Eurorettungskurs verabschieden und sie die Notenpresse in Gang setzen, um den Balkanstaat weiterhin – vertragswidrig – auf Kosten der Sparer und Steuerzahler in den Nordprovinzen bei der Stange zu halten, wird der Euro weiter dramatisch an Boden verlieren. Und das nicht nur gegenüber dem Franken. Die Schweiz könnte für verunsicherte Anleger dann als Fluchtpunkt erneut höchst attraktiv werden.
Der nie zuvor erlebte Kursrutsch des Euro zum Franken wirkt sich, wenig überraschend, auch auf den Wechselkurs zum Dollar aus. Seit 2003 stand die europäische Gemeinschafswährung im Verhältnis zum Dollar nie schlechter da. Die Insassen der EU dürfen sich bei den Herren Draghi & Genossen herzlich dafür bedanken, dass sie die Nase beim Währungswettlauf nach unten wieder vorn haben.
Für welche Währung wird wohl zuerst wahr werden, was Voltaire jedem (ungedeckten) Papiergeld prophezeit? Dollar, Euro, Pfund oder Yen? Die Rückkehr zu seinem wahren Wert nämlich: Null. Leider kann sich den Folgen dieser gefährlichen Entwicklung niemand entziehen.
Schon vor der Entscheidung der SNB zur Aufhebung der Eurobindung begann sich an einer völlig anderen Front eine interessante Entwicklung abzuzeichnen, die von den Ereignissen des 15. Jänner noch weiter verstärkt wird: Die Renaissance des gelben Edelmetalls nämlich. Charttechniker sprechen von einem „Abschluss der Bodenformation“, die zuletzt stattgefunden habe.
Nach einem steilen Absturz im Jahr 2013 (in diesem Jahr ging sein Kurs um mehr als 30 Prozent zurück), legte der Preis des Edelmetalls 2014 schon wieder um mehr als 10 Prozent zu. Nun ist von einem „Ende der zyklischen Baisse“ die Rede. Der seit Jahresbeginn zu beobachtende Anstieg des Goldkurses wird durch den Verfall des Euro, der durch die überraschende Entscheidung der SNB nun beschleunigt wird, weiter verstärkt.
Dadurch dürfen sich diejenigen bestätigt sehen, die schon seit geraumer Zeit vor dem hemmungslosen Einsatz der Notenpresse und einem damit verbundenen Vertrauensverlust in das Fiat Money warnen. Im Zweifel greifen dann doch erstaunlich viele um ihr Erspartes fürchtende Menschen gerne nach dem „barbarischen Relikt“ (© J. M. Keynes), um ihr Geldvermögen zu erhalten.
Im Moment sieht es so aus, als ob nicht nur die Halter physischen Goldes, sondern besonders die Besitzer von Goldminenaktien mit einem erfreulichen Jahr rechnen könnten. Das sind allerdings nur sehr wenige. Ganze zwei Prozent der Vermögen der westlichen Welt sind in Gold angelegt. Für auf papierene Nominalwerte lautende Vermögen könnte die Lage in der nächsten Zeit aber zunehmend kritisch werden.
Wenn ein Chinese es mit jemandem nicht gut meint, pflegt er ihm „interessante Zeiten“ zu wünschen. 2015 verspricht für die EU – ob mit oder ohne chinesische Verwünschungen – ein sehr interessantes Jahr zu werden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Hans-Peter Martin war gewiss eine der unsympathischsten Figuren der österreichischen Politik-Szene. Sein Auftreten machte den Eindruck eines präpotenten Egomanen; er hatte sich mit sämtlichen Mitstreitern sehr bald zutiefst und lautstark zerkracht. Dennoch ist es eine Riesensauerei, wie die Staatsanwaltschaft mit ihm umgesprungen ist.
Wieder einmal hat die Staatsanwaltschaft Wien durch jahrelange Erhebungen, die offensichtlich kein strafbares Substrat hatten - denn jetzt wurden alle Erhebungen eingestellt -, die aber dennoch ewig dauerten, eine Existenz mit lebenslänglichen Folgen demoliert. Wie es die Staatsanwälte in den letzten Jahren bei allzu vielen Politikern und Managern getan haben. Für sie aber völlig folgenlos.
Auffälligerweise hat die Staatsanwaltschaft dabei aber rote und grüne Politiker geschont. Angesichts der Megakorruption im Wiener Rathaus kann man freilich nicht so ganz glauben, dass das mit einer a priori sichtbaren Unschuld dieser Politiker zu tun hat. Und auch die von der Wiener Staatsanwaltschaft negierten Taten der Herren Faymann und Ostermayer stinken weiterhin kilometerweit zum Himmel.
Und selbst wenn sich die Staatsanwaltschaft im Fall Martin wirklich völlig unparteiisch verhalten haben sollte, kann es doch nicht sein, dass irgendjemand das Strafrecht als eminent wirksame Waffe gegen politische Gegner einsetzen kann. Auch dann stimmt etwas nicht im Rechtsstaat Österreich.
Freilich ist es eine typische Selbsttäuschung Martins zu glauben, dass er ohne das üble Wirken der Staatsanwälte und ihr unglaubliches Brodeln heute noch im EU-Parlament säße. Denn dorthin war er einzig und allein als zeitweiliges Schoßkind des greisen Hans Dichand geraten, der ihn aber dann wieder hinunterplumpsen hat lassen. Bei Dichand hatte Martin genau dieselbe Rolle, die vorher Jörg Haider und nachher Werner Faymann innehatten. Nicht sonderlich ehrenvoll.
Eine Zeitlang Liebkind der Kronenzeitung gewesen zu sein ist vor allem keine ausreichende Basis, um eine nachhaltige politische Alternative zu werden. Ebenso wenig, wie es Martins cholerische Besserwisserei ist.
Der Franken-Höhenflug und der peinliche Absturz des Euro: die Rettungspolitik – die Anzeichen eines europäischen Untergangs – die Deflationslüge – die Fehler Deutschlands – die totalen Reformverweigerer – die politische Psychologie – die Schocktherapie – Irland und Polen als Musterländer – Ausweg Konkurs? – die Motive der Schweizer Notenbank – die Blamage für Wiens Frau Brauner.
Die sensationelle Entscheidung der Schweizer Notenbank, unter dem Ansturm von Milliarden an Fluchtgeldern aus dem Euro-Raum die Franken-Euro-Bindung fallenzulassen, löst ein weltweites Erdbeben aus. Sie ist aber nur eine weitere Fortsetzung von Demütigungen und Ohrfeigen für die katastrophalen Fehler der westeuropäischen Regierungen und der Europäischen Zentralbank.
Diese haben durch gigantische Lasten und Risken, die sie den deutschen, österreichischen, finnischen, niederländischen Steuerzahlern, Sparern und vor allem den künftigen Generationen aufgehalst haben, geglaubt, den Euro und die Schuldnerländer zu „retten“. Sie haben es zumindest behauptet. Sie haben in Wahrheit aber alles ständig schlimmer gemacht – auch wenn sie den Zeitpunkt der Implosion ein wenig nach hinten verschieben konnten (oder eigentlich: gerade deshalb).
Entlarvend war etwa, wie dieser Tage der Wiener Nationalbank-Chef Nowotny in einer Diskussion eiskalt viele „Fehler“ während der letzten Jahre zugab, dennoch den Eindruck zu erwecken versuchte, dass man aber jetzt alles richtig mache. Unglaubwürdiger geht’s nimmer. Denn es sind ja haargenau dieselben Institutionen, die jetzt angeblich richtig handeln.
Diese Unaufrichtigkeit durchschauen immer mehr Menschen und flüchten aus dem Euro. In den Franken, in den Dollar, in Gold, in Immobilien, in Aktien. Sie hoffen halt, ihre Ersparnisse fürs eigene Alter und für die Nachwuchsgeneration wenigstens halbwegs retten zu können. Vergeblich.
Sehr anschaulich hat das der deutsche Ökonom Hans Werner Sinn (der weitaus Beste seines Faches im deutschen Sprachraum) dargestellt: Früher hat man mit den Ersparnissen eines Arbeitslebens im Alter nach folgender Formel leben können: Zwei Drittel der Altersversorgung kamen über die Zinsen und ein Drittel über den Aufbrauch des Kapitals. Wenn aber die EZB die Zinsen auf Null oder darunter setzt, dann fallen zwei Drittel der Altersversorgung weg.
Allein die letzten Wochen haben weitere gute Gründe für die Flucht der Menschen aus dem Euro geliefert:
Wen wundert es, dass das alles eine Massenflucht des Geldes aus Euroland heraus auslöst?
Warum aber haben Länder wie Deutschland und Österreich da eigentlich mitgemacht und diesen Sog überhaupt entstehen lassen? Nun, in Österreich gibt es seit vielen Jahren keinen Finanzpolitiker oder Notenbankchef mehr, der auch nur irgendeinen Zusammenhang der internationalen Finanz- und Geldströme begreifen würde. Das Land ist in der EU spätestens seit 2006 total inexistent.
Und in Deutschland haben Wolfgang Schäuble und Angela Merkel 2010 ganz eindeutig das Falsche gemacht: Sie haben die „Rettung“ Griechenlands begonnen. Eine Einbahn in eine Sackgasse hinein. Das war nicht nur grundfalsch, sondern wird zunehmend zur schweren historischen Schuld der beiden. So vorbildlich und klug Deutschland auch in vielen anderen Politikfeldern ist.
Merkel und Schäuble handelten damals unter dem von vielen Seiten (auch von Helmut Kohl, von Frankreich und der Sozialdemokratie sowieso) kommenden Druck, Europas Einheit müsse gerettet werden („Friedenspolitik“ lautete die abgedroschene Begründung). Deutschland hat ja in der Tat auch in den Jahrzehnten davor immer wieder gezahlt, um europäische Krisen zu lösen. Die beiden Politiker glaubten auch, so wie Kohl bei der Wiedervereinigung (die Deutschland in eine 15 Jahre dauernde schwere Wirtschaftskrise gestürzt hat!) handeln zu müssen; sie übersahen dabei, dass es in der EU um ein Vielfaches der Größenordnung der DDR geht. Was auch Deutschlands Kräfte weit überfordert.
Sie hielten diese Politik daher nicht nur für edel, sondern auch für „alternativlos“.
Sie haben nicht begriffen, dass das nette Vorgehen gegenüber dem kleinen Griechenland (das sich Deutschland vielleicht wirklich noch leisten hätte können, auch wenn es selbst für Österreich eine – noch gar nicht verbuchte! – Belastung von acht Milliarden bedeutet) ein dramatischer Präzedenzfall war. Denn es determinierte das Vorgehen Deutschlands&Co gegenüber allen anderen, meist viel größeren Euro-Staaten. Die Rettung der Reformverweigerer Italien und Frankreich kann sich jedoch niemand mehr leisten. Dort glaubt heute dennoch jeder, den selben Anspruch wie die Griechen zu haben, trotz aller Verschwendungssucht in den letzten 20 Jahren von Deutschland am Ende gerettet zu werden.
Schäuble wie Merkel begriffen das Allerwichtigste nicht: die Gesetze der politischen Psychologie. Keine Regierung unternimmt Reformen und Sanierungen, wenn eh ein Retter bereitsteht. Jede Regierung will ja wiedergewählt werden und vermeidet daher alle Reformen und Sanierungen, die unpopulär sind. Viele Länder und Regierungen haben dadurch auch das wichtigste wirtschaftliche Prinzip verlernt: das der Eigenverantwortung.
Nur wenn ein Land ganz auf sich allein gestellt ist und – und! – eine gute Regierung wie auch kluge Bürger hat, dann unternimmt es in der Stunde der Not die notwendigen Maßnahmen. Das hat etwa Polen bei seinem sensationellen Wachstum nach der Wende und der darauf folgenden Schocktherapie gezeigt (wer erinnert sich übrigens noch, wie Sozialdemokraten a la Franz Vranitzky damals mit Unterstützung vieler Medien gegen den Ratschlag an Osteuropa, eine Schocktherapie zu starten, gewettert haben?).
Die Richtigkeit von Eigenverantwortung plus Schocktherapie hat auch Irland gezeigt. Das Land war schon vor der Lehman-Pleite (2008) in eine schwere Krise geraten. Es hat daher damals noch keine Hilfe von außen bekommen. Irland hat sich ganz aus eigenem – freilich schmerzhaft und unpopulär (zwei Regierungen wurden abgewählt) – reformieren müssen. Heute aber steht es absolut exzeptionell da. Es zahlt kräftig Schulden zurück und hat stolze Wachstumszahlen. Es hat sich vor allem geweigert, bestimmte Steuern auf Investitionen zu erhöhen und es hat damit Investoren im Land gehalten (Vielleicht finanziert einmal jemand Faymann oder seinen Arbeiterkammer-Ratgebern einen lehrreichen Flug nach Irland, die ständig trotz wachsender Arbeitslosigkeit Investoren vertreiben).
Es zeigt sich heute deutlicher denn je: Es wäre besser, Länder in Konkurs gehen zu lassen, als sie ständig von außen zu retten. Denn dadurch könnten auch die vermeintlichen Retter einmal in Konkursgefahr kommen. Hans Werner Sinn leitet aus der Geschichte die Regel ab, dass solche Länder meist schon ein bis zwei Jahre nach dem Konkurs und den dann unumgänglichen Reformen in einen schönen Aufstieg geraten.
Aber viele Nationen und Politiker tun in ihrer Feigheit alles, um einem solchen Schock auszuweichen. Und vervielfachen damit nur das Unheil.
Die Lawine wird aber vielleicht „erst“ 2016 oder 2017 ihr volles Ausmaß erreichen: Denn dann werden die Briten aus der EU austreten, was jetzt schon unvermeidlich erscheint. Dann wird die zentrifugale Massenpanik aus dem einst so positiven und guten EU-Gebäude kein Halten mehr kennen.
PS.: Manche Banker stänkern jetzt über die Schweizer Notenbank, weil diese doch bisher die Mindestrelation zwischen Euro und Franken „garantiert“ habe und nun die „Garantie“ gebrochen habe. Dieser Ärger ist nur Dummheit. Keine Notenbank der Welt kann doch im Vorhinein ankündigen, dass sie ihren Kurs ändern wird! Und rechtlich war das nie eine verbindliche Garantie. Eigentlich hätte jeder Ökonom und Banker wissen müssen: Die Folgen von Marktentwicklungen sind immer stärker und zwingender als alle Politik, als alle Garantien. Wenn jeder sein Geld in den (bis vor wenige Stunden noch) billigen Franken wechselt, sind die Folgen absolut unvermeidbar. Daran ändert es auch nichts, wenn linke Ideologen, rechte Verschwörungstheoretiker und Päpste, die leider alle von der Wirtschaft keine Ahnung haben, ständig gegen die „Märkte“ wettern. Deren Entwicklung ist ja nicht das Werk einzelner böser Drahtzieher, sondern zwingende Folge des Verhaltens von Millionen Menschen. Vielleicht wettern sie aber demnächst auch gegen die oft unangenehmen, aber dennoch unbeeinflussbaren Gesetze der Schwerkraft . . .
PPS.: Am allerköstlichsten ist, dass ausgerechnet die Gemeinde Wien in Österreich den weitaus höchsten Schuldenstand in Frankenkrediten und jetzt an einem einzigen Tag zig Millionen verloren hat. Denn die in Wien regierende SPÖ hatte sich in den letzten Jahren (neben den mitregierenden Grünen) am allerlautesten bei der Hetze gegen „Spekulanten“ gegeben. Sich in Franken zu verschulden ist jedoch ganz eindeutig eine klassische Spekulation. Noch köstlicher ist das nunmehrige Herumgerede der Frau Brauner, dass das eh alles kein Problem sei. Denn man kann ja auslaufende Kredite nachher verlängern. Das ist haargenau die schon aus Griechenland bekannte Denkweise: Kredite werden zwar nicht gestrichen, sondern lediglich nie zurückgezahlt und laufen halt ewig weiter. Sozialistische Ökonomie auf Brauner-Niveau halt.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich deutlicher denn je als hemmungsloser Exekutor von rotgrünen Positionen betätigt. Das zeigen gleich drei seiner Beschlüsse an einem einzigen Tag. Am folgenreichsten ist zweifellos seine Anordnung, künftig Adoptivkinder an in keiner Weise verwandte schwule Paare auszuhändigen. Das ist nicht nur eine extrem grobe Verantwortungslosigkeit diesen Kindern gegenüber. Das lastet den Richtern nicht nur eine dramatische Schuld an den Problemen dieser Adoptivkinder auf ihrem künftigen Lebensweg auf (welche die Richter freilich eiskalt abschütteln, obwohl die Interessen dieser Kinder tausend Mal wichtiger sind als die sexuellen Vorlieben erwachsener Pärchen). Das ist aber auch demokratie- und rechtsstaatspolitisch eine Katastrophe.
Auch wenn es die – zum Teil direkt aus dem Vorzimmer des SPÖ-Vorsitzenden – in dieses mächtigste Gericht des Landes entsandten Menschen vielleicht gar nicht begreifen: Mit absoluter Sicherheit werden sich jetzt Hunderttausende Moslems in ihrem insgeheim abfälligen Urteil über die verkommene und dekadente europäische Untergangskultur bestätigt fühlen. Und genau solche Empfindungen sind ja der perfekte Nährboden für Fundamentalismus, der immer öfter auch direkt in den Terrorismus führt.
Aber vielleicht wissen das alles die Richter sehr wohl, sind aber schon ganz von linkem Eiferertum geprägt.Und Integration ist sowieso nur ein Wort.
Tatsache ist jedenfalls, dass heute schon sehr viele Schuklassen eine moslemische Mehrheit haben. Und dass das in zehn, zwanzig Jahren, wenn von Schwulen adoptierte Kinder in die Schulen kommen, noch viel mehr sein werden. Tatsache ist auch die massive Aversion, die nach allen Studien auch durchaus gewaltferne Moslems Homosexualität entgegenbringen. Und jetzt stelle man sich vor, ein Adoptivkind von Homosexuellen in einer solchen Klasse zu sein.
Ich wünschte fast, jeder Verfassungsrichter muss nur einen Tag lang das Mobbing durchmachen, das durch sein Verschulden künftig solche Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit durchmachen müssen. Ganz abgesehen von den riesigen Identitätsfindungsproblemen solcher Kinder rund um die Pubertät. Aber im Elfenbeinturm eines Höchstgerichts ist das ja alles völlig egal.
Es ist lächerlich zu argumentieren, ein solches Urteil wäre bloß ein rein juristisches. Das ist es natürlich in keiner Weise. Denn schon Generationen lang wurden weder Verfassung noch Europäische Menschenrechtskonvention – also die einzigen Grundlagen, nach denen sich Verfassungsrichter eigentlich zu richten hätten! – in Hinblick auf die Schwulen-Adoption geändert. Zeit(un)geistig geändert haben sich nur die Richter.
An der unheilvollen Entwicklung des VfGH ist übrigens auch die ÖVP mitschuld – wenngleich diese zuletzt das Verdienst hatte, gegen die Einführung der Schwulenadoption auf gesetzlichem Weg gewesen zu sein. Aber sie hat – vor allem in der Ära des nicht nur in Hinblick auf Finanzen und Banken, sondern auch die Bedeutung der Gerichtshöfe absolut ahnungslosen Josef Pröll – diese Richter mitgewählt, obwohl vor ihnen von Anfang an gewarnt worden ist (Pröll hat ja auch mit der Schwulen-Verpartnerung die ganze juristische Lawine überhaupt erst ausgelöst). Die ÖVP hat überdies auch selbst zum Teil schwache, zum Teil nicht auf einem soliden Wertfundament stehende Richter in den VfGH hineingehievt.
Positiv fällt auf, dass sich entgegen seinen ersten, familienfeindlichen Aussagen der jetzige ÖVP-Chef Mitterlehner nun sehr lobenswert für die "Forcierung der Vater-Mutter-Kind-Familie" und die Tolerierung aller anderen Formen des Zusammenlebens ausgesprochen hat. Aber die Kuh ist seit dem Raiffeisen-Vizekanzler aus dem Stall, da kommt das alles zu spät. Denn den Mut, zusammen mit der klaren familienfreundlichen Mehrheit im Parlament durch FPÖ und Team Stronach (und der noch viel größeren in der Bevölkerung) wieder etwas für die Kinder zu tun, hat ein Mitterlehner wohl nie.
Zurück zu der Wirkung, die der VfGH-Beschluss (und auch das frühere Erkenntnis, dass lesbischen Paaren ein Recht auf künstliche Befruchtung gegeben hat) auf die nun einmal hier lebenden Moslems haben muss. Wer nicht begreift, wie problematisch deren Gesinnungslage jetzt schon ist, der sollte in internationalen Medien (die österreichischen verschweigen das in ihrer Mehrheit ja lieber) nachlesen, wie in französischen Schulen während der letzten Tage Moslems – die ja vielerorts die Mehrheit bilden – auf die Anschläge reagiert haben. Sie haben sich geweigert, an angeordneten Gedenkveranstaltungen für die Terror-Opfer teilzunehmen. Sie haben anderswo bei solchen Veranstaltungen sogar provozierend mit den Fingern ein Victory-Zeichen hochgehalten, um ihre Freude über die Strafe an Mohammed-Lästerern zu zeigen. Und Frankreichs liberale Schulen waren hilflos.
Das ist die Realität in Europa. Auch wenn man sie verdrängt und verschweigt.
Und jede Wette: Auch in Österreich gibt es viele, die insgeheim Sympathien für die Pariser Täter haben – hier zeigen sie es nur noch nicht so offen (oder versucht man hier in den Schulen gar nicht mehr, das Terror-Thema anzuschneiden?). Und noch mehr, die sich von einer solchen Gesellschaft zunehmend angewidert abwenden.
Gewiss: Es ist kein relevantes Argument, was sich in Europa lebende Moslems denken. Deren Wünsche dürfen keinesfalls die Judikatur bestimmen. Aber das Wissen um die gesellschaftliche Wirkung von Urteilen und Gerichtserkenntnissen muss – müsste sehr wohl immer im Bewusstsein von Verfassungsrichtern stehen und ihr Verantwortungsbewusstsein erhöhen. Denn es muss – müsste immer auch ein zentrales Anliegen von Verfassungsrichtern sein, die österreichische Realität (wenn sie nun diese schon so stark gestalten) zu einer positiven, respektierten und von der großen Mehrheit aller hier lebenden Menschen geachteten zu machen.
Diese Notwendigkeit begreift die VfGH-Mehrheit aber nicht. Sie wäre aber vor allem auch deshalb legitim, weil ja auch unter der nichtmoslemischen Bevölkerung eine klare Mehrheit Fremdkind-Adoptionen ablehnt, solange mehr als genug ausgezeichnet geeignete heterosexuelle Ehepaare in den Warteschlangen stehen.
Das heißt: Nicht nur die Politik, sondern auch die Richter entfremden diesen Staat immer mehr von den hier lebenden Menschen. Und das hat in der Geschichte noch nie gut geendet.
Freilich: Von Nichtmoslems geht keine terroristische Gefahr aus. Sie werden daher von der politisch-juristisch-medialen Klasse in ihrem ideologischen Gestaltungswillen zunehmend ignoriert. Dabei stört es diese Klasse längst nicht mehr, dass Demokratie eigentlich bedeutet, auf Wollen und Einstellungen der Bürger Rücksicht zu nehmen. Der demokratische Wille der Menschen steht jedoch in Wahrheit vielen Herrschenden und Lobbys nur störend im Weg.
Dieser wirklich schwarze Tag für jeden, dem Kinder wichtiger sind als die sexuellen Vorlieben irgendwelcher Menschen, nützt mit Sicherheit auch Rot und Schwarz nicht. Dabei haben diese zur Gänze diesen Gerichtshof beschickt. Aber mit Garantie löst dieses Urteil einen weiteren Auftrieb für die FPÖ aus. Ganz ohne dass diese irgendetwas tun hätte müssen.
Und die FPÖ wird wohl überhaupt bald in die Nähe der absoluten Mehrheit rücken, wenn sich die etwa in der „Presse“ kursierenden Gerüchte konkretisieren, dass die Mitterlehner-Schelling-ÖVP jetzt auch beim Thema „keine neue Steuern“ umfällt (einem zentralen Wahlkampf-Versprechen!). Was die Partei freilich vorerst noch wider anderslautende Zeitungsberichte dementiert . . .
Solche Richtersprüche schaden aber auch der Demokratie. Haben doch jetzt schon 70 Prozent der Österreicher ihr früher fast 100-prozentiges Vertrauen in die Politik verloren. Diese Zahl wird sich nun noch weiter erhöhen. Damit erodiert aber die Legitimität des ganzen Staatsgefüges in einem explosiven Ausmaß. Was bei Demokraten eigentlich Alarmstufe Rot auslösen sollte.
Das tun auch viele andere Gerichtsbeschlüsse. Wie etwa nur Stunden davor einer des Landesgerichts Salzburg, der die Enthaftung zweier Mädchen angeordnet hat, die in den syrischen Terror-Dschihad ziehen und sich dortigen „Kämpfern“ als Braut andienen wollen.
Ein anderes Gericht hat einen 14-Jährigen freigelassen, der offenbar einen Anschlag auf dem Westbahnhof geplant hatte. Und der daraufhin - Überraschung, Überraschung - untergetaucht ist.
Solche richterlichen Aktionen erhöhen auch weiter den Frust unter der Polizei. Dort wächst bei vielen ja das Gefühl, dass ihnen Gerichte und Politik (siehe etwa auch Vorratsdatenspeicherung, siehe Aufhebung des Vermummungsverbots für linke Demonstranten) immer mehr in den Rücken fallen. Warum, so fragen sich immer mehr Polizisten, sollen dann ausgerechnet sie den Kopf hinhalten, wenn ihr Einsatz für den Rechtsstaat ohnedies von linksliberalen Richtern und Politikern ständig desavouiert wird?
Am gleichen Tag zeigte sich der VfGH auch noch in zwei anderen Erkenntnissen als treuer Erfüllungsgehilfe der SPÖ. Er hat zum einen das De-Facto-Verbot gutgeheißen, Spitzenkräften auch eine Spitzenentlohnung zahlen zu dürfen. Worauf es diese natürlich noch weniger denn schon jetzt nach Österreich ziehen wird (was allerdings abgesehen von der Gleichheitsverletzung zugegeben eher ein ökonomisches, denn ein verfassungsrechtliches Argument ist).
Er hat zum anderen die Bevorzugung weiblicher Ärzte bei Kassenverträgen für legitim erklärt. Was ebenfalls eine glatte Verletzung des früher vom VfGH judizierten Gleichheitssatzes ist; was aber auch ein totales Einknicken vor islamischen Fundamentalisten bedeutet, von denen es etliche nicht gern gesehen haben, wenn Frauen von männlichen Ärzten behandelt werden.
Nichtmoslems bekommen hingegen nicht das Recht, - etwa in der Urologie – auf Wunsch nur von einem Mann behandelt zu werden. Oder wird ihnen das einmal auch vom VfGH zugestanden werden? Dann hat dieser in seiner Naivität und Kurzsichtigkeit dem ganzen Spitalssystem ein riesiges, im Detail noch gar nicht absehbares Problem aufgeladen.
Mit anderen Worten: Österreich hat den weitaus linkesten und naivsten Verfassungsgerichtshof seiner Geschichte – obwohl es seit über 30 Jahren keine linke Mehrheit bei Wahlen gibt. Und dieser Verfassungsgerichtshof stellt unbekümmerter denn je Weichen nach links.
Absolut in das Bild einer europaweiten Machtübernahme durch Gerichte anstelle demokratisch legitimierter Beschlüsse passt der sich beim EU-Gerichtshof (nach einem soeben veröffentlichten Gutachten des Generalanwalts) abzeichnende Beschluss, direkte Staatsanleihenkäufe durch die Zentralbank zu erlauben.
Das ist – wäre – zwar ein direkter Verstoß gegen das sogar im EU-Vertrag festgehaltene Verbot, Staaten zu finanzieren. Aber in diesem Gericht haben ja die Schuldner- und Reformverweigerer-Staaten die Mehrheit. Daher dürfte sich die Richter-Mehrheit nicht um Recht und Verträge kümmern, sondern nur um die nationalen Interessen ihrer sparunwilligen Heimatstaaten. Und diese glauben halt, sich durch die Staatsfinanzierung durch die Notendruckerei alle Reformen und Sanierungen ersparen zu können (was den jeweils regierenden Parteien zumindest bis zu den nächsten Wahlen helfen soll).
Dieses Gutachten fällt auch mit dem im Widerspruch zu sämtlichen Verträgen stehenden Beschluss der EU-Kommission zusammen, weiterhin die exzessiven Defizite und die totale Reformverweigerung in Italien und Frankreich zu erlauben.
In Deutschland wird ein solches EuGH-Urteil ganz eindeutig noch ein paar Prozent mehr für die „Alternative für Deutschland“ bringen, die von Anfang an vor dem Einstieg in die Schuldner-Rettung gewarnt hatte.
PS.: Noch einmal VfGH: Dieser ist in letzter Zeit auch immer stärker dadurch aufgefallen, dass er oft aus den seltsamsten Gründen im Widerspruch zu den Bescheiden des Asylgerichtshofs dann doch Asylstatus gewährt hat. Zuletzt etwa für Prostituierte. Passt alles gut zusammen . . .
Eine deprimierende Nachricht hat auch wenigstens eine erfreuliche Seite.
Mehr als 276.000 „illegale Einwanderer“ sind im vergangenen Jahr in die EU gekommen. Das ist eine schockierende Steigerung um nicht weniger als 138 Prozent (und das ist auch der Grund des Beinahe-Kollapses im österreichischen Asyl-Wesen). Aber die Bekanntgabe dieser Zahl durch EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hat wenigstens einen positiven Aspekt: Sie zeigt einen deutlich ehrlicheren Umgang mit diesem Problem als früher. Denn der Grieche spricht nämlich primär von „illegalen Einwanderern“ und nicht wie die meisten österreichischen Medien in ihrer krampfhaften Political Correctness automatisch von „Flüchtlingen“ (Wobei sie auch nicht die Tatsache stört, dass diese Bezeichnung juristisch beim Grenzübertritt immer falsch ist, und in den meisten Fällen auch dauerhaft). Ehrlichkeit ist immer der erste – wenn auch nicht ausreichende – Schritt, um einer Problemlösung etwas näher zu kommen.
PS.: Der zweite Schritt zur Ehrlichkeit würde sagen, wie viele von diesen illegalen Einwanderern sunnitische Moslems sind, was sie leider viel Fundamentalismus-anfälliger macht als andere islamische Gruppen.
Die entscheidende Frage, die den deutschen Rechtsanwalt Carlos Gebauer bewegt, stellt er auf der ersten Seite seines erhellenden Werkes: „Schadet das Projekt EU den Regierten zuletzt möglicherweise mehr, als dass es ihnen nutzt?“ Der geneigte Leser braucht keine 225 Seiten bis zum Anhang zu lesen, um die einzig denkbare Antwort zu finden: ja!
Für den juristischen Laien enthüllt sich bei der Lektüre von Gesetzestexten nicht unbedingt deren volle Tragweite. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verfasser eines derartigen Textes es darauf anlegen, damit alles und nichts zu regeln und eine bestimmte Absicht – und zugleich deren exaktes Gegenteil – damit zu verfolgen. Wenn „Verwirren statt überzeugen“ beabsichtigt ist, besteht das gewünschte Ergebnis darin, dass Normalsterbliche sich einfach der Hoffnung hingeben werden, das alles habe schon irgendwie seine Richtigkeit. Genau das aber ist, soweit es den „Vertrag von Lissabon“ betrifft, der den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als rechtliche und funktionale Einheit zusammenführt, nicht der Fall!
Punkt für Punkt analysiert der rechtskundige Autor jenes Gesetzeswerk, das die rechtliche Grundlage der Europäischen Union bildet. Das Ergebnis ist erschreckend. Da kaum unterstellt werden kann, dass es naive Narren waren, die in bester Absicht und ohne jeden finsteren Hintergedanken, ein je nach politischer Opportunität beliebig interpretierbares Machwerk geschaffen haben, bleibt nur ein Befund: Hier hat die pure Machtgier jede einzelne der wohldurchdachten Formulierungen bestimmt.
Bei der Lektüre von Gebauers Analyse offenbart sich, dass es sich um ein Dokument zur schrankenlosen und unkontrollierbaren Selbstermächtigung der europäischen Institutionen – zu Lasten der Nationalstaaten – handelt.
Von der in Politikersonntagsreden so häufig beschworenen Subsidiarität bleibt letztlich nichts übrig. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist endgültig Geschichte. Nur und alleine in Brüssel spielt fortan die Musik. In den Provinzen der EU hat man einfach danach zu tanzen.
Neben der Gesetzesanalyse, die den zentralen Teil des Buches bildet, bietet der Autor einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Union und für den juristischen Laien hochinteressante Erläuterungen zum gesetzgeberischen Denken. Am Ende des Hauptteils präsentiert Gebauer seine Vorstellungen davon, wie die Union in eine für die Bürger – anstatt für die politischen Eliten – gedeihlichen Form umgestaltet werden könnte. Zentrale Elemente seiner Überlegungen sind der „Abschied von einer Weltinnenpolitik“ und eine „Rückbesinnung auf das Zivilrecht“.
Die im ersten Teil des Anhangs vorgenommene Übertragung der Ereignisse aus Max Frischs Drama „Biedermann und die Bandstifter“ auf das Verhalten der europäischen Biedermänner (die nationalen Machthaber) und die Brandstifter (die ebenso machtbesessene wie skrupellose EU-Nomenklatura), bildet eine perfekte Abrundung und Ergänzung des Hauptteils.
Fazit: Augen öffnende Pflichtlektüre für jeden politisch interessierten Europäer.
Rettet Europa vor der EU
Carlos A. Gebauer
Finanzbuchverlag, 2015
267 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-89879-846-4
€ 17,99
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Das neue Buch des französischen Bestsellerautors Michel Houellebecq ist nun durch die Pariser Anschläge in aller Munde. Es sieht in acht Jahren einen Moslem als französischen Staatspräsidenten amtieren und die Elimination nicht-„rechtgläubiger“ Menschen von der „Islamischen Universität Sorbonne“. Nun, die Bevölkerungsentwicklung macht das wohl erst ein paar Jahre später zur zwingenden Konsequenz. Aber in der Tat könnte der Triumph des Islams über das einstige Abendland auch schon in acht Jahren passiert sein: Denn die meisten Linksparteien sind ja so eingestellt, dass sie lieber den Kandidaten einer Moslempartei wählen als den einer anti-islamischen Partei.
Das ist logische Folge der Tatsache, dass sie in den letzten Jahren alle Islamkritiker intensiv als neonazistisch zu diskriminieren versucht haben. Das war zwar eine vordergründige Machterhaltungs-Strategie ohne jedes faktische Substrat. Inzwischen ist diese Behauptung aber in den Linksparteien zum nicht mehr hinterfragten Axiom und damit zur selbstgebauten Falle geworden.
Ähnliches spielt sich in Deutschland ab, wo die islamkritischen Kundgebungen ja gerade in den letzten Wochen immer mehr Zulauf haben. Wo aber (bis auf die CSU) alle Bundestags-Parteien ebenfalls den Fehler begehen, die Äußerung der rapide wachsenden Sorgen der Noch-Mehrheits-Bevölkerung als rechtsradikal zu denunzieren. Das ist übrigens auch parteitaktisch dumm. Denn selbstverständlich werden sich in den nächsten Jahren überall in Europa eigene Moslemparteien bilden. Damit wird die gegenwärtige Akkumulation von Moslems im roten und grünen Wählerlager der Vergangenheit angehören.
Eine besonders drastische Reaktion hat etwa der SPD-Fraktionsvorsitzende Oppermann nach den Pariser Anschlägen geliefert. "Das sind Killer, keine Moslems" dekretierte er, ohne irgendwie zu erklären, warum sich diese beiden Bezeichnungen ausschließen sollten. Und er verlangte ausgerechnet als Reaktion auf diesen Anschlag auf die Meinungsfreiheit, dass Pegida jetzt ihre Kundgebungen absagen solle. Ohne zu begreifen, dass damit ja genau den Intentionen der Islamisten entsprochen würde, wenn jetzt weitere Konkretisierungen friedlicher Meinungsäußerung unmöglich gemacht werden.
Manche Europäer glauben, Prognosen über eine islamische Mehrheit seien wie etwa jene der Konjunkturforscher reine Kaffeesudleserei. Das ist aber falsch, denn die Demographie geht – auch in Richtung Zukunft – von harten Fakten aus. Denn die Mütter der nächsten Generation sind da wie dort schon geboren. Oder eben nicht geboren. Und auch die Gebärfreudigkeit ist eine erstaunlich harte Konstante. Je gebildeter, je städtischer, je nicht-mulimischer Frauen sind, umso weniger Kinder haben sie. Seit Jahrzehnten. Und in allen europäischen Ländern. Damit ist es fast unvermeidlich, dass im Laufe dieses Jahrhunderts mehrere EU-Staaten eine moslemische Mehrheit bekommen werden.
Das heißt nun nicht, dass Europas Zukunft nur noch fatalistisch abgewartet werden kann. Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die noch immer beeinflusst werden könnten (etwa durch: betont liberal-demokratische Bildung, Stopp jeder weiteren Immigration, strenges Vorgehen gegen frauen- und verfassungsfeindliche Prediger, usw.). Freilich wird das nur dann geschehen, wenn sich Europas Regierungen, die EU und die Medien endlich der drohenden Entwicklung bewusst werden. Wenn sie nicht weiterhin in breitem Maßstab Verdrängung und Befassung mit Pseudoproblemchen der Realität vorzögen.
Andere wieder beschwichtigen, indem sie sagen: Der Islam ist eine Religion wie viele andere, das stört doch niemanden. Es ist doch im heutigen Europa auch ganz egal, ob man in EU-Ländern mit katholischer oder anglikanischer Mehrheit lebt, unter laizistischen Majoritäten oder solchen nordischer Nationalkirchen. Buddhistisch, islamisch, hinduistisch: alles eins.
Manche ganz konservativen Christen finden die rapide Zunahme des Islam in Europa sogar sehr erfreulich. Glaubt man im Islam doch wenigstens an einen Gott, werden doch dort Abtreibungen ebenso wie Homosexualität, Drogen ebenso wie Alkohol abgelehnt. Das mit der Frauenverschleierung wird als ein notwendiges Gegengewicht gegen allzu großen Exhibitionismus verstanden. Und dass man kein Schweinefleisch mehr bekommt, ist zwar traurig, aber aushaltbar. Tiefer geht ihre Analyse des Islams freilich nicht.
Militante Atheisten auf der anderen Seite sind wiederum so in ihrem Kampf gegen die einstige Vorherrschaft der katholischen Kirche verstrickt, dass sie gar nicht merken, dass sie gegen etwas kämpfen, was es gar nicht mehr gibt (oder was sich kaum mehr als in Gipfelkreuzen noch niederschlägt). Sie merken vor allem nicht, dass sie gleichzeitig Tür und Tor für eine viel größere Bedrohung öffnen.
Und von den (wirklichen) Neonazis gar nicht zu reden: Die sind allein deshalb für den Islam, weil dieser antisemitisch ist. Und für Christentum und Liberalismus haben Neonazis ja auch nichts über.
Historisch war der Islam jedenfalls über weit mehr als ein Jahrtausend die große Bedrohung des christlichen Abendlands:
Dennoch sind heute nicht Christen- und Judentum durch den Islam am meisten bedroht. Das ist vielmehr die gesamte westliche Zivilisation, der Menschheits-Fortschritt, der durch die Aufklärung erzielt worden ist.
Dessen wesentlichster Inhalt besteht nämlich in der Trennung zwischen Religion und Staat. Diese Trennung ist zwar schon im Neuen Testament zu finden (etwa: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“). Sie wurde aber einst von Konstantin beendet. Und sie hat in Zeiten der Aufklärung vielen Christen Probleme bereitet. Sie ist jedoch nun schon seit vielen Generationen fast in der ganzen Welt Selbstverständlichkeit.
Nur in der islamischen nicht. Dort sind von Nigerias Nordprovinzen bis nach Malaysia Staaten zumindest teilweise ein bloßes Machtinstrument einer Religion. Es gibt viel zu viele Äußerungen von islamischen Exponenten, dass sie auch in Europa die Trennung Staat-Religion nur so lange akzeptieren, da der Islam hier in der Minderheit ist.
Diese Perspektive ist umso bedrückender, als für viele Moslems der Islam eine ausschließlich auf dem Text des Korans beruhende Religion ist. Dass dieser also auch 1400 Jahre nachher absolut wörtlich zu nehmen sei. Damit ist jede Interpretation, jede Lehre, jede theologische Weiterentwicklung, jede Beachtung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, jeder Pluralismus strikt untersagt. Da es kein Oberhaupt des Islam gibt, haben dort auch die allerungebildetsten Prediger eine völlig gleichberechtigte Auftrittsmöglichkeit; jeder von ihnen kann sich aus dem Koran das heraussuchen, was ihm und seinen krausen Vorstellungen passt.
Wird sich Europas Politik dieser Herausforderung stellen? Wird es sie zumindest erkennen? Man zweifelt. Die fast größere Hoffnung, dass es nicht so schlimm kommen wird, findet sich noch eher in den Moslems selber.
Denn diese sind untereinander wild zerstritten. Das zeigen nicht nur die vielen Kriege zwischen ihnen im Irak, in Syrien, in Afghanistan, in Pakistan, in Libyen. Das zeigen nicht nur die riesigen Unterschiede zwischen den mittelalterlichen Wahhabiten Saudi-Arabiens und den anscheinend recht toleranten kurdischen Moslems. Das zeigt vor allem die Tatsache, dass von den in Europa lebenden Moslems nur rund die Hälfte wirklich noch Moslems im skizzierten Sinne sind. Das kann man etwa an der Teilnahme am islamischen Religionsunterricht ablesen. Oder an Meinungsumfragen, bei denen immer nur rund die Hälfte der Moslems einen Vorrang der Scharia vor dem staatlichen Recht postulieren. Das zeigen auch die erfreulichen, wenn auch kleinen Initiativen, einen liberalen, einen europäischen, einen aufgeklärten, einen intellektuellen Islam zu entwickeln.
Das macht Hoffnung. Dass freilich rund die Hälfte der in Europa lebenden Moslems durchaus fundamentalistisch denkt, macht trotzdem große Angst. Diese wird auch nicht dadurch gemildert, dass für viele türkische, tschetschenische und arabische Zuwanderer der Islam eine emotionale Bindung an die alte Heimat bedeutet. Den sie oft gerade deswegen wiederbelebt haben.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Im Mai 2010, als Griechenland erstmals akut mit den Konsequenzen seiner exzessiven Staatsverschuldung konfrontiert wurde, gab es nicht wenige Mahner, die mit der sich abzeichnenden „Rettungspolitik“ hart ins Gericht gingen. Das Land konnte sich damals auf den Finanzmärkten nur noch zu horrenden Zinsaufschlägen finanzieren. Die durch eine beispiellose, jahrzehntelang währende Misswirtschaft vollständig zerrütteten griechischen Staatsfinanzen waren nur durch massive – und den Buchstaben des Vertrages von Lissabon klar widersprechende – Interventionen zu „retten“.
Schon damals wurde vielfach der dringende Verdacht geäußert, dass alle diese Aktionen sich am Ende als eine gigantische Geldverbrennungsaktion herausstellen würden. Offensichtlich haben die Pessimisten, wie fast immer, Recht behalten. Merke: Optimismus resultiert in 99 Prozent der Fälle aus einem Mangel an Informationen.
Die damals von den europäischen Eliten ergriffenen und von Sozialisten, „Konservativen“ und „Liberalen“ in den nationalen Parlamenten der Union kollektiv gutgeheißenen „Rettungsmaßnamen“ im Namen der europäischen „Solidarität“ (was für ein Hohn!), waren vergeblich. Denn Griechenland steht heute schlechter da als je zuvor. Die Zinsen für griechische Staatanleihen haben schon wieder ein Niveau von neun Prozent erreicht. Die daraus resultierenden Zinslasten wären auch für weniger stark verschuldete Länder nicht zu stemmen.
Schlimmer noch: Bei den bevorstehenden Wahlen in Griechenland dräut ein Wahlsieg des linksradikalen Syriza-Bündnisses. Deren Chef Tsipras kündigt für den nicht unwahrscheinlichen Fall seines Sieges ein „Ende der Sparpolitik“ an und desavouiert damit alle „solidarischen Retter“ der korrupten Balkanrepublik im übrigen Europa. Einmal mehr wird klar: Wer den Hund ins Bett lässt, wacht mit Flöhen auf. Oder anders: Wer auf Zusagen von Phäaken vertraut, ist selber schuld.
Die „koste es was es wolle“-Politik, die von der EU-Nomenklatura auf den Weg gebracht wurde, ist offensichtlich gescheitert. Die Skeptiker von damals werden sich nicht ohne Groll daran erinnern, dass einige Spitzenfunktionäre der Union offen den Bruch der europäischen Verträge gutgeheißen hatten, um damit das eitle Projekt der gemeinsamen Währung, und zwar „um jeden Preis“, zu retten. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone und ein daraus möglicherweise resultierender „Dominoeffekt“ sollte unbedingt verhindert werden.
Einmal mehr zeigt sich am Beispiel dieses verschleppten Konkurses, wie kostspielig und sinnlos es ist, mit politischen Mitteln ökonomische Gesetzmäßigkeiten aushebeln zu wollen. Besonders bedenklich erscheint zudem die Tatsache, dass die Mehrzahl der damals zu Rate gezogenen Spitzenökonomen absolut nichts gegen die breit angelegten Versuche einzuwenden hatte, mittels monetärer Maßnahmen (einfacher gesagt: mit der Geldpresse) das strukturell marode Griechenland vor der Staatspleite zu bewahren. Die europäischen Steuerzahler (genauer gesagt: die Deutschen, Niederländer, Österreicher und Finnen) hätten sich ein Vermögen ersparen können, hätte man Griechenland schon 2010 in den Konkurs geschickt.
Auf den ersten Blick könnte man sogar meinen, dass selbst die in Sachen Staatspleite überaus routinierten Griechen damit besser bedient gewesen wären. Immerhin hätten sie auf diese Weise ihren Gläubigern eine lange Nase drehen und sich auf einen Schlag entschulden können. Dass sie das nicht wollten, hat damit zu tun, dass sie auch weiterhin nicht darauf verzichten mochten, von den „Nordstaaten“ alimentiert zu werden – und zwar bis in alle Ewigkeit. Es darf angenommen werden, dass sich auch diesmal wieder – selbst dann, wenn bei den bevorstehenden Wahlen in Griechenland die Tsipras-Kommunisten siegen sollten – jede Menge Ökonomen finden werden, die eine erneute „Rettungsaktion“ für dieses Fass ohne Boden gutheißen. Und zwar mit denselben „Argumenten“ wie damals: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa!“ Außerdem dreht sich die Sonne um die Erde und die ist eine Scheibe. Oder so.
Gute Ökonomen unterscheiden sich dadurch von schlechten (dasselbe gilt übrigens für Politiker!), dass sie auch die etwas weiter entfernten Konsequenzen ihres Handelns nicht aus den Augen verlieren. Offenbar gibt es unserer Tage weder gute Ökonomen, noch gute Politiker – zumindest nicht in namhaften Positionen innerhalb der Grenzen der EUdSSR. Anders ist das verlogene Schmierentheater nicht zu erklären, das eben wieder im Begriff ist, loszugehen…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Gleich in beiden entscheidenden Überlebensfragen Europas steht die Politik am Beginn dieses Jahres über Nacht hilflos und blamiert da: sowohl bei der Euro-Rettungspolitik wie auch bei der Alle-Migranten-dieser-Welt-Rettungspolitik. Weil man von Anfang an bei beiden Herausforderungen jede Konsequenz vermissen hat lassen, ist jetzt noch viel mehr Härte und Konsequenz nötig, wenn Europa überleben will. Sonst geht es unter – was freilich die viel wahrscheinlichere Option ist. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Die Euro-Rettungspolitik ist durch die überraschend ausgebrochenen griechischen Neuwahlen letal bedroht. Wenn sich die Griechen dabei wirklich für jene Partei entscheiden sollten, die alle Sparnotwendigkeiten total ablehnt, dann begreift selbst der Dümmste: Die gesamte Euro-Politik der letzten fünf Jahre war ebenso teuer wie vergebens. Wie im Übrigen hier von Anfang an prophezeit worden war.
Gewiss, die griechischen Wahlen können durchaus noch anders ausgehen. Wird der Clash dabei noch einmal vermieden, ist jedoch nichts gerettet. Dann werden die europäischen Steuerzahler und vor allem Sparer halt eine weitere Zeitspanne sinnlos bluten müssen. Bis dann Frankreich und wohl auch Italien endgültig das Kartenhaus zum Einsturz bringen.
In der Migrationspolitik ist die europäische Blamage noch größer. Denn es hat sich dabei nun endgültig gezeigt, dass die gutmenschliche Politik Europas eine masochistische Farce ist. Nachdem im vergangenen Jahr schon Hunderttausende Afrikaner und Asiaten vor Italiens Südspitze aus wackligen Kähnen gefischt worden waren, haben die Migrantenströme und die an ihnen verdienenden Schieber jetzt noch brutalere Mittel entwickelt, um noch mehr Menschen nach Europa zu schleusen.
Sie bestücken nun große Ozeanschiffe mit großen Mengen an Migranten und schicken diese Richtung EU-Europa auf die Reise übers Mittelmeer. In der Nähe Italiens ziehen die Schieber dann plötzlich die ganze Crew aus den Schiffen ab, worauf diese dann ungesteuert durchs Meer treiben und schließlich von italienischen Offizieren übernommen werden müssen.
Gewiss: Man kann nicht einfach Schiffe mit so vielen Menschen an Bord zerschellen lassen – auch wenn die eindeutige Schuld bei skrupellosen Banden aus den islamischen Ländern liegt. Vor allem Syrien und Libyen sind die Ausgangspunkte der Schlepperwege. Dort ist als Folge der von vielen linken Medien so bejubelten Revolutionen heute jede staatliche Ordnung kollabiert. Dort schaltet und waltet seither die Organisierte Kriminalität, wie sie will.
Seit in jenen Ländern – auch unter Mitverantwortung vor allem der USA und Frankreichs – die totale Gesetzlosigkeit die Macht übernommen hat, gab es weder einen Gadhafi noch einen Assad, um diese Migrantenströme noch stoppen. Früher hatten diese Diktatoren – bei allem, was man ihnen zu Recht vorwerfen kann – noch für eine Ordnung gesorgt. Sie hatten keinem Schlepper die Arbeit erlaubt. Dann aber hatte der Westen naiverweise geglaubt, der Demokratie eine Bahn brechen zu müssen. Aber er hat statt dessen islamischen Fundamentalisten und zynischen Verbrechern den Weg freigemacht. Demokratie lässt sich halt nicht von außen in mittelalterliche, von einer absolutistischen Religion geprägte Kulturen oktroyieren.
Nach dem Zusammenbruch der Ordnung im Mittelmeerraum haben sich die Schlepper gezielt Italien als geographisch bestes und zugleich administrativ unfähigstes Ziel aussuchen können. Italien begreift ja bis heute nicht, dass die wichtigste Entscheidung jene ist, was man mit den aus dem Meer gefischten Menschen NACH der Rettung macht.
Denn: Je offenkundiger wird, dass diese Menschen dann in Europa bleiben können, umso mehr neue Migranten zieht man an, die auf irgendeinem Weg immer hierher finden werden. Christliche und sozialistische Gutmenschlichkeit (oder Europahass?) hat das zu verantworten.
Jetzt würde nur noch eines helfen: aller Welt hundertprozentig klar zu machen, dass jeder, der illegal gekommen ist, Europa sofort wieder verlassen muss. Wenn es wirklich nicht weiß, wohin mit diesen Menschen, dann muss auch Europa jene harten Methoden einsetzen, die von Australien bis Israel illegalen Einwanderern gegenüber angewendet werden: Diese werden dort auch längerfristig in Lagern interniert, aber eben nicht ins Land gelassen.
Statt aber zügig an einer solchen Strategie zu arbeiten, beschimpft jedoch der Großteil der Politiker mit der deutschen Bundeskanzlerin an der Spitze die angsterfüllten Bürger, die sich zu immer größeren Verzweiflungs-Kundgebungen gegen die als Folge dieser Migration nun stattfindende Islamisierung zusammengefunden haben.
Immer mehr Bürger Europas sind deprimiert wie empört, dieser Selbstzerstörung Europas und der Hilflosigkeit wie Dummheit seiner politischen Führer hilflos zuschauen zu müssen. Diese Dummheit dominiert auf EU- genauso wie auf nationaler Ebene. Sie wird nur noch vom Zynismus der (europäischen wie nationalen) Richter übertroffen, welche durch ihre immer weiter nach links triftende Judikatur die Tore der Zuwanderung noch weiter aufreißen, als das die Politik ohnedies schon getan hat.
PS.: Es gib keinen Wahnsinn, der nicht noch gesteigert werden könnte: Ein SPÖ-Abgeordneter namens Weidenholzer verlangt jetzt allen Ernstes, dass man überhaupt durch EU-Asylbotschaften in den afrikanischen Ländern die Einwanderung ermöglichen soll. So will er – wörtlich! – „sichere Korridore“ schaffen, um den Zuwanderern den gefährlichen Weg übers Mittelmeer zu ersparen . . .
(Nachträgliche Ergänzung: Die rasche Wieder-Abschiebung der Schiffs-Migranten ist umso notwendiger geworden, seit es nun auch Hinweise gibt, dass sich Kapitän und Mannschaften unter die nun von Italien aufgenommenen "Flüchtlinge" gemischt haben dürften. Wobei aber wohl nur ein Teil entlarvt werden kann.)
Jeder Österreicher weiß, wen der abgetretene EU-Kommissionspräsident Barroso ganz besonders gemeint haben muss, als er jetzt in einem Rückblick erstmals Klartext über den üblichen Verlauf der Treffen der europäischen Regierungschefs gesprochen hat: „Kleine und mittlere Mitgliedsstaaten kommen etwa oft nur mit einem einzigen, konkreten Anliegen in die Ratstagungen, andere oft ohne echtes Interesse.“
Dass Barroso erst nach Amtsende so offen ist, ist zwar auch interessant, aber heute nicht das Thema. Aber dass Österreich in den sechs Jahren seit dem Amtsantritt von Werner Faymann keine Außen- oder Europapolitik hat, ist eine durchaus für die ganze Alpenrepublik betrübliche Angelegenheit. Aus Barrosos Worten kann man schließen, dass Faymann auch hinter den Polstertüren des weitaus mächtigsten EU-Gremiums keine Politik zu formulieren hat, sondern wohl nur die paar Sätze memoriert, die er dann vor den Fernsehkameras aufsagen wird.
Ansonsten dürfte der Bundeskanzler nur noch darüber nachsinnen, wie er denn zugleich dem ÖGB gehorchen und dennoch wieder in der Kronenzeitung gut vorkommen könnte. Da diese kaum etwas mit Außenpolitik am Hut hat, hat auch Faymann nichts mit dieser am Hut. Beim maroden Fellner-Blatt braucht er zu seinem Glück nicht einmal nachzudenken. Denn das schreibt sowieso immer gut über Faymann. Etwas Anderes könnte man sich dort gar nicht leisten.
Ansonsten genügt es für den kleinen Mann mit der hohen Stimme, sich vor jedem Gipfel briefen zu lassen, wohin der europäische Hase laufen wird. Das verkündet uns Faymann dann als seine Meinung. Blöd nur, wenn die EU-Willensbildung anders läuft als erwartet. Dann tut sich Faymann ersichtlich schwer, beispielsweise zu begründen, warum er doch / doch nicht / doch noch nicht für neue Sanktionen gegen Russland ist. In Europa ist halt der Mainstream nicht so klar vorhersagbar wie in den österreichischen Medien.
In eine Zerreißprobe kommt Faymann freilich jetzt beim Freihandelsabkommen TTIP. Da hat die Krone sogar dagegen plakatiert. Die Sozialisten Deutschlands, Frankreichs und Italiens sowie die dortigen Gewerkschaften sind jedoch nun ganz klar dafür. Sigmar Gabriel in Hinblick auf TTIP: „Wenn wir uns abkoppeln von den Weltmärkten, wird das viele hunderttausend Menschen in Deutschland am Ende ihren Job kosten.“
Wie soll sich da nur der arme Werner F. positionieren? Fast könnte er einem leid tun.
Natürlich merkt man auch im Ausland, dass es keine österreichische Außenpolitik gibt, dass Österreich in Europa nicht einmal mehr ein Federgewicht ist. In Wien wird beispielsweise von niemandem die Chance erkannt, die man etwa gerade jetzt durch eine Nachbarschaftspolitik mit dem derzeit recht isolierten Ungarn hätte. Aber so wie gegenüber den anderen Nachbarländern gibt es weder eine gute noch eine schlechte Ungarn-Politik Wiens. Es gibt gar keine.
Ungarn orientiert sich daher im Gegensatz zur Vergangenheit heute nur noch nach Deutschland (und dazwischen hie und da nach Russland). Österreich aber wird ignoriert. Der einst von Wolfgang Schüssel versuchte Dreibund Ungarn-Slowakei-Österreich ist nicht einmal mehr in Restbeständen vorhanden. Und die Schuld daran liegt sicher nicht nur in Budapest.
Es findet sich nirgends mehr ein Restbestand der jahrzehntelang so hochgehaltenen österreichischen Mitteleuropapolitik. So als ob da nie etwas gewesen wäre. Fast alles ist kaputt gegangen, was da jahrelang mühsam aufgebaut worden war.
Gewiss, daran trägt nicht nur das völlige außenpolitische Desinteresse Faymanns und seine Ahnungslosigkeit in Hinblick auf internationale Vorgänge Schuld. Auch im Außenministerium sind alle Relikte der einst von Alois Mock so intensiv aufgebauten und dann von Wolfgang Schüssel fortgeführten Ostpolitik unter den folgenden VP-Außenministern total verschwunden.
Auch Sebastian Kurz hat bisher zumindest da noch nichts wirklich Vorzeigbares entwickelt. Am Anfang hat er sich sogar arg vergaloppiert, als er der Ukraine öffentlich die Neutralität empfohlen hat. Das war das Gegenteil von dem, was man dort hören wollte. Inzwischen hat Kiew sogar formell den (ja schon festgeschrieben gewesenen!) blockfreien Status aufgegeben; und es verlangt im eigenen Interesse den Nato-Beitritt. Damit hat Kurz nicht als sonderlich trittfester Außenpolitiker begonnen. Aber immerhin zeigt er inzwischen deutlich mehr Interesse als sein Vorgänger an der Welt rund um Österreich.
Ach ja – in zwei Punkten hat Österreich auf Geheiß der Kronenzeitung in Europa Profil: im Kampf gegen Atomkraftwerke und genverändertes Saatgut. Da betätigt sich vor allem der Landwirtschaftsminister Rupprechter intensiv. Freilich scheinen Österreich und vor allem Rupprechter gerade in diesen beiden Punkten zunehmend in die Rolle des belächelten Sonderlings, eines Don Quijotes, zu geraten, den niemand mehr ob seiner Obessionen ernst nimmt. Im neuen Milliarden-Investitionspaket des Kommissionspräsidenten Juncker wird es beispielsweise viel Geld für zukunftsweisende Nuklear-Energieprojekte geben. Zum Entsetzen von Krone und Rupprechter – was aber die restlichen Europäer nicht kümmert.
Warum ist Österreich heute außenpolitisch nicht vorhanden? Nun der Hauptgrund liegt im Desinteresse aller Akteure. Gute internationale Beziehungen brauchen nämlich gleich eine doppelte Investition: viel Wissen und viel Zeit. Niemand aber ist bereit dazu. Denn diese Investition bringt kurzfristig oft keine Dividenden. Ein Kleinstaat kann ja nicht so wie etwa Frankreich unter Hollande ein paar Kampfflugzeuge in den Krieg schicken, um die Popularität eines schwachen Politikers wenigstens ein bisschen aufzupolieren.
Dahinter steht das allgemeine Prinzip fast jedes österreichischen Politikers: Nur Innenpolitik ist wichtig. Und in der Innenpolitik glaubt man skurrilerweise wiederum, dass man da ausgerechnet auf die Stimmen der Medien zu hören hat, um bei den Wählern gut anzukommen. Was natürlich ein totaler Irrtum ist, denn die Medien sind fast so unbeliebt wie die Parteien, können diesen also absolut nicht helfen, aus dem Sumpf der Bedeutungslosigkeit herauszukommen.
Seit Bruno Kreisky begreift niemand mehr die Möglichkeit, als ständiger Kommentator der Weltpolitik sich auch im kleinen Österreich mit einem Hauch dieser Welt zu umgeben. Und seit Faymann nimmt man nicht einmal die Chancen einer regionalen Außen- und Nachbarschaftspolitik wahr.
Selbst Wladimir Putin hat mittlerweile erkannt, dass ihm ein PR-Tag in Wien international absolut nichts bringt. Denn auch wenn man eine noch so große Zahl mit Null multipliziert, kommt wieder Null heraus.
Fast sollte man sich über die lange hinausgeschobene Stunde der Wahrheit für die verfehlte Euro-Rettungspolitik freuen. Würde sie nicht für alle so schmerzhaft werden.
Der Anlassfall ist jetzt eingetreten: Griechenland muss (wegen des Scheiterns der Wahl eines neuen Staatspräsidenten) vorzeitig wählen. Dabei haben die griechischen Linksradikalen nach allen Umfragen die weitaus besten Chancen – was wohl den endgültigen Zusammenbruch der Euro-Politik der letzten Jahre bedeuten würde.
Denn die Syriza-Partei lehnt alle Sparprogramme ab, obwohl diese viele andere europäische Länder zugunsten Griechenlands schwer belastet haben. Kann diese Partei wirklich die nächste griechische Regierung bilden, dann stehen diese anderen Länder blamiert da. Sie haben unglaubliche Summen sinn- und perspektivenlos verbrannt. An der Spitze Deutschland, dessen Finanzminister Schäuble 2010 die – von Anfang an falsche – „Rettungspolitik“ gestartet hatte.
Riesige – in die Billionen-Dimension gehende – Summen an Krediten und an Haftungen wurden in den letzten fünf Jahren bilateral und multilateral für Griechenland sowie in der Folge andere Schuldnerländer über die diversen Programme aufgewendet. All diese Länder präsentierten einfach dem Ausland die Rechnung für das lustige Leben in den eineinhalb Jahrzehnten davor – im Gegenzug für vage Besserungs-Versprechen. Und Europa zahlte und zahlte und zahlte. Das führte dann zuletzt auch in Frankreich und Italien dazu, dass man dort trotz eines ökonomischen Kollaps Reformen immer nur versprach, aber nie realisierte.
Das alles bricht zusammen, wenn jetzt die Griechen den Gläubigern eine lange Nase drehen. Dann muss Deutschland wohl doch das machen, was von Anfang an klüger und vor allem billiger gewesen wäre: Länder, die beim gemeinsamen Weg nicht mehr mitkönnen, müssen halt ausscheren und mit eigener Währung ihren Weg (der Stagnation) gehen. Freilich muss dann der Rest Europas über Nacht alle Forderungen abschreiben und alle Haftungen zahlen. Was sich ziemlich verheerend auswirken wird.
Die andere Alternative wäre aber so grotesk, dass man sie sich gar nicht vorstellen kann: Dass Griechenland auch weiterhin gutes Geld aus dem Ausland bekommt, obwohl dieses nur noch nach linksradikaler Manier einfach für Konsum und Wohlfahrt ausgegeben wird. Das kann sich dann aber nicht einmal die CDU mehr politisch leisten.
In dieser Adventzeit war wieder viel von Demonstrationen in Ungarn zu hören. Besorgte Bürger hätten in 20 Städten „gegen Korruption und Freunderlwirtschaft [!]“ (so am 17.12. die Nachrichtensprecherin ausgerechnet des Österreichischen Rundfunks in unfreiwilliger Komik) demonstriert und sogar Straßen blockiert. Denn die dortige Regierung sei korrupt und total undemokratisch.?
So so.
Diese Art Stimmungsmache der Massenmedien („Berichterstattung“ wäre das falsche Wort) geht nun schon länger so dahin. Wenn man sich zudem im Internet zugängliche Videoaufnahmen von Sitzungen des Europäischen Parlaments, bei denen der ungarische Regierungschef anwesend war, ansieht, ist man von der unverhohlenen Feindseligkeit seitens linker und „liberaler“ Politiker äußerst unangenehm berührt. Gewalttätige Anti-Orbán-Demonstrationen in Budapest (wie vor kurzem – und offiziell gegen die Internetsteuer) lassen analog zu Farbenrevolutionen ausländische Subversion befürchten.
Was hat dieser Mann nur angestellt?
Dieses Jahr erschien die deutsche Übersetzung eines äußerst lesenswerten Buches des polnischen Journalisten Igor Janke über den derzeitigen Erzfeind und Buhmann Nummer eins einer medialen Nomenklatura: Viktor Orbán – Ein Stürmer in der Politik.
Janke zeichnet das Leben Orbáns von der Kindheit und Jugend über die Zeit des Militärdienstes (während dessen er wegen der Ausrufung des Kriegsrechtes in Polen 1981 dramatische Tage erlebte) und der Studentenzeit bis zu seinem Eintritt in die Politik nach. Dabei verwendet er aufgrund Orbáns Begeisterung für den Fußball als „Fan“ genauso wie als aktiver Spieler häufig einschlägige Metaphern (woher sich auch der Buchtitel erklärt).
Als junger antikommunistischer Aktivist und aufstrebender Mitgründer des „Bundes junger Demokraten“ (FIDESZ) war Orbán „liberal“. Aufgrund couragierten Auftretens am 16. Juni 1989 gegen die sowjetische Besatzung wurde er schlagartig populär. Er und seine Mitstreiter waren zum Spott gegen traditionelle Strukturen und Werte geneigt. Im Parlament benahmen sich die FIDESZ-Mandatare deswegen anfänglich betont rüpelhaft.
Janke berichtet von der Einflussnahme des US-Milliardärs und „Philanthropen“ George Soros auf die FIDESZ-Bewegung im Jahr 1993: „[Soros] versuchte sie davon zu überzeugen, dass die Welt heutzutage von einer liberalen Elite beherrscht werde. (…) Er sagte, dass Europa alles ablehne, was christlich, traditionell oder national sei.“
Der Milliardär versuchte, FIDESZ zu einer Koalition mit dem „Bund freier Demokraten“ (SzDSz) und den Postkommunisten(!) zu überreden, was Orbán ablehnte: „Das widerspräche dem, was wir vertreten“ (147).
Er wird immer „konservativer“ und bringt die Partei auf einen patriotischen und christlichen Kurs. Der calvinistische Pastor Zoltán Balog wird zum geistlichen Mentor Orbáns.
Janke zeigt an vielen Beispielen, dass Orbán starken Gestaltungswillen und große Durchsetzungskraft besitzt: Auch die Abwahl 2002 nach vier Jahren als Ministerpräsident und die knappe Wahlniederlage 2006 konnten ihn nicht demotivieren. Der Zweidrittel-Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen 2010 war die Frucht geduldiger (und an die Grenze der Selbstausbeutung gehender) Arbeit. Seitdem gestaltet Orbán das Land mit einem starken Mandat des ungarischen Volkes.
Höchst aufschlussreich ist das 21. Kapitel, in dem über die Ereignisse des Herbstes 2006 berichtet wird. Was man damals in den gleichgeschalteten deutschsprachigen Medien praktisch nicht oder nur mit Lügen vermischt erfahren hat, war ein unfassbarer Gewaltexzess der Polizei gegen die Bürger, die von den Lügen und der Schuldenpolitik der sozialistischen Regierung Gyurcsány aufgebracht in Budapest und anderen Städten auf die Straße gegangen waren. Im Österreichischen Rundfunk war etwa typischerweise von „Rechtsextremisten“ die Rede, gegen die die Sicherheitskräfte vorgegangen wären.
Janke dazu:?
„Die westlichen Medien verweisen bis heute nicht gern auf die Aktivitäten der Regierung Gyurcsány, welche die ungarische Wirtschaft in den Abgrund und die Ungarn in tiefe Frustration gestürzt hatten. Sie schreiben nicht über die allumfassende Korruption, den Filz und die Lügen, die sich unter der vorangegangenen Führung als Last auf die Gesellschaft gelegt hatten. Sie erinnern nicht daran, wie brutal die Polizei 2006 gegen die von den Worten des sozialistischen Ministerpräsidenten aufgebrachten Demonstranten vorgegangen war“ (291).
Janke zeichnet Orbáns Überzeugungen nach, die sich von einem totalitär auftretenden europäischen Konformitätsdruck und dessen Lieblings-Gesslerhut, dem sogenannten „Antifaschismus“, der billig, inhaltsleer und völlig blind für die Gräuel des Kommunismus ist, entfernten:
„Orbán verwehrte sich stets von Neuem dagegen, dass Menschen als Faschisten beschimpft werden, die ungarische Patrioten sind, die Traditionen pflegen, die die Erinnerung an die ungarische Vergangenheit am Leben erhalten. Besonders, weil die Anschuldigung des Faschismus von solchen erhoben wird, die [bei der Niederschlagung der Befreiungsbewegung 19]56 viele Ungarn ermordet haben, sagt er heute. Auf diese Ängste und Verdachte baut sich die gegenseitige Antipathie auf, die darin gipfelte, dass die Liberalen, die sich anfangs als harte Antikommunisten gezeigt hatten, 1994 eine Koalition mit den Postkommunisten schlossen, nur um den, ihrer Meinung nach, in der Wiederkehr befindlichen Nazismus aufzuhalten“ (130f).
Sehr erfreulich und im heutigen Hauptstrom-Journalismus völlig unüblich ist die Würdigung für die geistige Entwicklung Orbáns in Richtung des christlichen Glaubens: „Einerseits wurde er immer konservativer, wobei seine Ehefrau Anikó Lévai eine gewisse Rolle spielte, die aus einer traditionellen, katholischen Familie stammte. Orbán wandte sich mit wachsendem Interesse der Kirche als Institution zu und mit der Zeit auch dem Glauben“ (137).
Orbán, selbst nicht Katholik sondern Calvinist, hatte eben erkannt, dass es die Weichenstellungen des Staatsgründers König Stephan des Heiligen waren, nämlich Taufe und Glaube, durch die sich grausame Barbaren zu einem hochstehenden Kulturvolk entwickelten. (In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass genau dieser Zusammenhang in künstlerischer Freiheit in der 1983 in Budapest uraufgeführten und im ungarischen Kulturraum sehr populären Rockoper István a király, „König Stephan“, unbefangen und ohne Berührungsängste thematisiert wird.)
Besonders gegen die christlichen Bezüge der neuen ungarischen Verfassung wird erbittert Sturm gelaufen.
Ist es normal, dass eine Regierung, die nach anerkannten Wahlregeln eine Zweidrittelmehrheit erhält, von der Presse im Ausland – und im Inland (!) – verunglimpft und verleumdet wird?
Orbán und seine Koalition aus FIDESZ und Christlich-demokratischer Volkspartei (KDNP) ist von seinem Volk gewählt worden, um dessen legitime Interessen zu vertreten. Und er leistet Widerstand gegen die sich häufenden illegitimen Angriffe:
Nach Jankes Worten löste Orbáns rhetorischer Gegenangriff gegen die frechen Anwürfe des grünen Europarlamentariers Daniel Cohn-Bendit (ehemaliger „Kinderfreund“, wie wir uns erinnern) in Ungarn einen „Begeisterungssturm“ aus. Das Volk solidarisierte sich und brachte bei einem Friedensmarsch in Budapest etwa 400.000 Menschen zur Unterstützung Orbáns auf die Straße (man beachte: in einem Land mit 10 Millionen Einwohnern).
Soweit erinnerlich, war in den westlichen Medien davon nicht die Rede.
Ist „Demokratie“ also nur das, was eine bestimmte Nomenklatura aus Eigeninteresse dekretiert?
Hat das europäische Establishment eventuell nicht vergessen, dass sich Ministerpräsident Orbán im Jahr 2000 gegen die infamen Angriffe auf die damalige österreichische Regierung – und somit das Wählervolk – mit Österreich solidarisiert hatte?
Und wie es mit der Pressefreiheit unter sozialistischen Vorzeichen wirklich aussieht, ist ohnehin notorisch:
„Als die Sozialisten 2002 wieder an die Macht kamen, gingen sie brutal gegen die rechten Medien und die Journalisten vor, die nicht mit ihnen an einem Strang zogen. Es kam zu regelrechten Massenentlassungen. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurden die Entlassungsschreiben vor der Eingangstür verteilt. Damals protestierte die große, weite Welt jedoch nicht!“ (310)
Überrascht uns das?
„Ich hatte mehr als ein Jahr lang die Gelegenheit, aus nächster Nähe einen der interessantesten Politiker unserer Zeit zu beobachten“ (343). Janke ist aber bei aller Sympathie für seinen Gesprächspartner nicht unkritisch, was einzelne Maßnahmen der Regierung Orbán betrifft. Insofern ist das Buch keine Lobhudelei.
Auch der Rezensent möchte nicht den Eindruck einer Vorab-Heiligsprechung o.ä. erwecken. Das muss man heute leider schon immer dazusagen, weil in einem Umfeld fast flächendeckender Hetze gegen einen patriotischen Politiker jedes Wohlwollen und jede Fairness diesem gegenüber mit Nasenrümpfen und Augenverdrehen kommentiert wird: „Er ist aber auch nicht der Messias.“
Nein, ist er eh nicht.
Ein großes Verdienst Jankes ist die Publikation eines ausführlichen Interviews mit Orbán am Ende des Buches, in dem sich beherzigenswerte Aussagen finden:
„Europa muss sich aus der Falle der Geldmärkte herauswinden. Das bezieht sich in erster Linie auf die Eurozone. In den letzten Jahrzehnten haben die Geldmärkte die Politik beherrscht“ (340).
Und:?
„Die europäische Krisensituation können nur die starken Nationalstaaten lösen. Nationale Führerpersönlichkeiten, die über eine starke politische Position verfügen. So muss man das Wahlergebnis in Ungarn 2010 auffassen. Die Ungarn haben die Situation gut erkannt und mir daher eine so starke Ermächtigung gegeben“ (342).
Ein Resümee des Buches wird sein, dass sich an der ungarischen Geschichte zeigt, was auch sonst historischer Erfahrungswert und innerliches Gesetz gleichzeitig ist, nämlich dass die „Liberalen“ Wegbereiter und Steigbügelhalter der Sozialisten sind und damit dem totalitären Willkürregime zuarbeiten.
Darum hatten Papst Leo XIII., Donoso Cortés und Eric Voegelin schon recht, dass nur eine konservative, selbstbewusste und starke Regierung ein Abrutschen in das revolutionäre Chaos mit unvermeidlich anschließender Diktatur verhindern kann.
Ein kleiner Kritikpunkt ist – das hat der Rezensent dem Verlag schon mitgeteilt – die Oberflächlichkeit des Lektorats, dem viele Interpunktions- und Syntaxfehler entgangen sind. Das lässt das Buch manchmal gewissermaßen als „Exilantenliteratur“ erscheinen und gibt ihm an manchen Stellen ein gewisses Samizdat-Gepräge (was andererseits auch einen gewissen Charme besitzt).
Ein anderer Punkt der Beanstandung ist, dass ein im süddeutschen Raum an der Grenze zu Österreich angesiedelter Verlag ohne weiteres die übliche deutsche Toponomastik für ungarische Städtenamen hätte verwenden können. Dem ungarischstämmigen Verleger wäre kein Stein aus der Krone gefallen, wenn er „Székesfehérvár“ einmal einführt und dann weiterhin „Stuhlweißenburg“ schreibt.
An manchen Stellen erscheinen auch die Fußballmetaphern etwas des Guten zuviel.
Schließlich muss der Leser damit rechnen, dass ein polnischer Autor vermehrt polnische Bezüge herstellt. Dem einschlägig versierten politischen Beobachter werden die entsprechenden Namen und Fakten vertraut sein, den anderen wird man weitere Konsultierungen empfehlen.
Diese Kleinigkeiten können das Gesamtbild des interessanten und gut lesbaren und für unsere Zeit wichtigen Buches nicht trüben.
Es sei besonders allen empfohlen, denen ein Europa freier Nationen am Herzen liegt. Daher gebührt dem Autor Dank wie auch dem Verleger – und natürlich Herrn Orbán selbst.
Igor Janke, Viktor Orbán – Ein Stürmer in der Politik, Schenk Verlag, Passau 2014 (Originalausgabe bei Demart SA, Warschau 2012), Deutsch von Karlheinz Schweitzer, 344 S., 20.50 [A] http://www.schenkbuchverlag.de/
MMag. Wolfram Schrems, Linz und Wien, katholischer Theologe, Philosoph, Katechist, Amateur der ungarischen Sprache
Manche Christen und besonders österreichische Bischöfe tun insbesondere zur Weihnachtszeit so, als ob Europa und Österreich zur unbegrenzten Aufnahme von Zuwanderern, Asylwerbern und Flüchtlingen verpflichtet wäre. Sie begründen dies am häufigsten mit der vergeblichen Herbergssuche von Josef und Maria vor der Geburt von Jesus. Dieses abschreckende Beispiel zwinge uns heute moralisch wie religiös zur Aufnahme aller Zuwanderer des Erdballs oder zumindest all jener, die sich als Flüchtlinge bezeichnen.
Sie übersehen dabei sehr viel. Nicht zuletzt die Tatsache, dass ihr Gleichnis völlig hinkt. Jesus und Maria sind nicht als Immigranten nach Bethlehem gekommen, sondern auf einen kurzen Besuch, zu dem sie eine Volkszählung gezwungen hat. Deren Organisatoren hatten aber offenbar das Problem der Beherbergung der vielen zur Reise gezwungenen Menschen vergessen .
Daher wäre es zweifellos ethische Pflicht aller Herbergs- und Hausbesitzer gewesen, Josef und Maria für die Zeit dieser Volkszählung – und natürlich auch im Falle einer damit zusammenfallenden Entbindung – aufzunehmen. Aber nirgendwo in der Bibel findet sich auch nur ein indirekter Hinweis auf eine moralische Pflicht, Zuwanderer unbegrenzt und auf Dauer aufzunehmen. Dies wollen uns heute aber Teile der Kirche, Teile der Politik und die auf diesem Gebiet tätigen Vereine einreden.
Auch das Gebot der Nächstenliebe – oder die in vielen Philosophien vorzufindende Goldene Regel – sagt nichts von einer solchen Pflicht. Denn auch das Gebot der Nächstenliebe ist durch den Zusatz definiert: „wie dich selbst“. Und das bedeutet ganz eindeutig auch das eigene Recht auf Heimat, auf Identität, zu dessen Verteidigung Menschen durch alle Phasen der Geschichte berechtigt gewesen sind. Und zwar waren sie das immer mit dem Segen der Kirche (oder auch anderer Religionen).
Wenn aber etwa in Wien heute schon mehr als die absolute Mehrheit der Schulpflichtigen andere Umgangssprachen als deutsch hat, dann ist diese Identität dramatisch bedroht. Und wenn es zugleich auf der Welt Hunderte weitere Millionen gibt, die jede sich öffnende Möglichkeit ergreifen würden, um in der Glitzerwelt des Wohlfahrtsystems zu leben, dann ist erst recht diese Bedrohung klar. (Dass diese Glitzerwelt nur auf Schulden gebaut ist und bald zusammenbrechen muss, sieht man ja nicht von außen).
Daher ist es durchaus legitim, Appelle als unchristlich zu empfinden, die auf eine unbegrenzte Zuwanderung hinauslaufen. Und es ist eindeutig die Forderung nach unbegrenzter Zuwanderung, wenn man nie in einem konkreten Falle zu einem „Nein“ bereit ist, sondern in jedem einzelnen Fall diese Zuwanderung fordert. Wenn auch manche dann (jedes Mal) dazusagen: Es gehe ja nur um Soundsoviele. Egal, ob es einmal um den Verbleib pakistanischer Votivkirchenbesitzer geht, oder ein andermal um die Aufnahme afrikanischer und arabischer Migranten und Flüchtlinge, die täglich zu Tausenden übers Mittelmeer kommen.
Die Genfer Flüchtlingskonvention war eine ungemein edle und berechtigte humanitäre Aktion (vor allem) Westeuropas. Aber wie viel Sinnvolles und Gutes in der Geschichte haben sich im Laufe der Jahrzehnte die Missbräuche massiv gehäuft. Immer öfter wurde entdeckt, wie man ein gutes Instrument für ganz andere Zwecke verwenden kann. Heute ist die Konvention ein eindeutiger Fall von "Overstretching". Sie müsste dringend überarbeitet werden. Es traut sich nur noch niemand, das laut zu sagen, weil er dann sofort als Schlechtmensch dasteht. Leise sagen das freilich schon einige europäische Politiker.
Um eines der krassesten Beispiele zu nennen: Der Konvention zufolge führt jede Asylgewährung zu einem ewigen Bleiberecht. Logisch und human argumentierbar wäre jedoch nur ein Schutz während der Zeit echter Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen.
Die Flüchtlingskonvention hingegen führt heute in der Realität zu einem globalen Migrations-Shopping, bei dem Afrikaner und Asiaten – meist mit Hilfe gut verdienender Schlepper – genau jene Länder ansteuern, in denen sie Anzeichen sehen, dass es ihnen dort am besten gehen werde.
Die reale Entwicklung der letzten Jahrzehnte wird daher eine neue internationale Regelung erfordern, dass es nur noch um die unmittelbare Überlebens-Hilfe in der Nachbarschaft der eigenen Heimat gehen kann, von wo aus die Menschen möglichst bald wieder in diese Heimat zurückkehren können und sollen. Und nicht um ein fast unbegrenztes Migrationsrecht.
Gar nicht so selten waren und sind Bedrohungen, deretwegen Schutz moralisch durchaus zusteht, oft rasch wieder vorbei. Es ist daher einfach absurd, dass jemand dauerhaftes Asyl bekommt, wenn seine Partei in der Heimat zwar einst verfolgt war, diese aber – durch Umsturz oder auch Wahlen – inzwischen selbst an die Macht gekommen ist. Ebenso absurd ist, dass in Österreich verurteilte Drogenhändler in vielen Fällen nicht mehr abgeschoben werden können (weil ihnen daheim die Todesstrafe droht). Noch absurder ist es, dass jetzt der Europäische Gerichtshof sogar Homosexualität zu einem Asylgrund gemacht hat, obwohl in der Flüchtlingskonvention nichts davon steht. Um nur drei Beispiele einer immer absurder werdenden Judikatur und hybriden Entwicklung einer einst aus einem ganz anderen Geist abgeschlossenen Konvention zu nennen.
Da die Politiker etlicher nord- und mitteleuropäischen Staaten jahrzehntelang allzu großzügig mit der Aufnahme gewesen sind, stoßen die immer weitergehenden Massenaufnahmen logischerweise auf immer mehr Widerstand bei den Menschen. Das zeigt sich auch in der österreichischen Nachkriegsgeschichte: Für vertriebene Sudetendeutsche, für von Pogromen bedrohte osteuropäische Juden, für ungarische Flüchtlinge des Jahres 1956 oder tschechische des Jahres 1968 oder bosnische während der Balkankriege gab es immer großzügige Hilfe (auch wenn die Großzügigkeit im Lauf der Zeit abnahm). Um nur die größten Flüchtlingswellen zu nennen.
Aber all diese Fluchtwellen kamen aus der Nachbarschaft. Für die war Österreich meist wirklich das erste sichere Land. Für Afrikaner und Asiaten hingegen ist es sicher nicht das „nächste“ sichere Land. Damit auch nicht wirklich vom Gebot der „Nächsten“-Liebe erfasst. Daher reagiert hier die Bevölkerung zu Recht völlig anders.
Noch viel unverständlicher sind andere Gründe der Zuwanderung nach Westeuropa. Der häufigste lautet juristisch Familienzusammenführung.
Für diese gibt es noch viel weniger ethische oder religiöse Begründung. Von den biblischen Zeiten bis ins 20. Jahrhundert war es zwar sehr häufig, dass Menschen auf der Suche nach Arbeit auch in ferne Länder gewandert sind (wenn man sie dort gebraucht und hineingelassen hat). Aber niemand hat dabei auch nur im Entferntesten daran gedacht, dass damit auch ein automatisches Menschenrecht auf Nachzug aller Vor- und Nachfahren sowie Geschwister und alter oder künftiger Ehepartner begründet wird.
Die heutigen selbstzerstörerischen Verhaltensweisen sind interessanterweise nur in einigen Ländern Europas zu finden. Nicht aber im Rest der Welt. Die zig-Millionen pakistanischen Gastarbeiter in der arabischen Welt, die vielen philippinischen Matrosen auf allen Schiffen der Weltmeere wären schon froh, wenn sie selbst halbwegs anständig behandelt würden. An eine „Familienzusammenführung“ oder gar ein Recht darauf denkt aber niemand von ihnen.
Angesichts dieser Entwicklungen hätte auch die Kirche – wie in der ganzen Geschichte! – die Pflicht, sich an die Seite der um ihre Identität und ihr kulturelles (und zum Teil auch religiöses) Überleben bangenden Bevölkerung zu stellen. Zumindest der Gott des Alten Testaments hat das ja etwa auch bei der Flucht aus Ägypten zum Schutz seines Volkes sehr direkt durch – bis heute in der katholischen Liturgie regelmäßig gepriesene – Wunder getan. Weil ihm das Überleben seines Volkes und dessen religiöse und kulturelle Identität wichtig war. Warum ist es das der Kirche heute nicht mehr? Auch der Gott des Neuen Testaments hat ja nirgendwo das Gegenteil gesagt.
Warum haben etwa bei Andreas Hofers Kämpfen zur Verteidigung der Heimat Priester mitgewirkt? Hat damals irgendein Gutmensch verlangt, dass die Tiroler doch die Bayern und Franzosen nicht bekämpfen, sondern offen aufnehmen sollten? Oder bei den zwei Türkenbelagerungen Wiens: Warum haben da alle Priester für die Durchhaltekraft der Stadtmauern gebetet? Und warum bezeichnen es hingegen heute manche Priester als Untat, dass Europa (angeblich) Mauern um sich herum aufbaut? Warum wagt die Kirche nicht mehr zu sagen, dass es auch heute eine islamische Bedrohung gibt, die sich quantitativ mit den historischen Bedrohungen durchaus messen kann? War sie in früheren Jahrhunderten unchristlich, als sie das noch getan hat, als sie beispielsweise mit einer Messe auf dem Kahlenberg (=Leopoldsberg) die Befreiung Wiens von der islamisch-türkischen Belagerung eingeleitet hat? Oder gibt es einen ethischen Unterschied zwischen der Abwehr einer militärischen Islamisierung und der Abwehr einer schleichend erfolgenden? Dann wäre also die blutige Abwehr einer militärischen Islamisierung moralisch und die unblutige eines Einwanderungsstopps unmoralisch . . .
Australier, Kanadier und US-Amerikaner handeln da ganz anders als die Europäer. Wenn man es negativ formulieren will: egoistischer. Wenn man es positiv sagen will: vernünftiger und verantwortungsbewusster.
Australien etwa bringt alle illegalen Einwanderer (=“Flüchtlinge“) auf eine Insel – während Italien sie, noch dazu unter dem Beifall vieler europäischer Politiker frei nach Europa lässt. Israel interniert sie in der Wüste. Die USA und Kanada suchen sich jeden einzelnen sehr genau aus, den sie legal hereinlassen wollen. Die USA haben in den letzten Jahrzehnten (also noch vor der halben Aussöhnung) sogar alle aus der kubanischen Diktatur kommenden Flüchtlinge wieder auf die Insel zurückgeschickt – das Gegenteil dessen, was Europa auf dem Schlepperpfad übers Mittelmeer tut. Und Kanada hat heute bei den Zuwanderern einen der höchsten Akademikeranteile.
Um aber zum Schluss doch noch einen optimistischen Ton einzubringen: Es war recht erfreulich, dass der österreichische Außenminister Sebastian Kurz vor wenigen Tagen deutlich dafür plädiert hat, dass die syrischen Kriegsflüchtlinge in der Region bleiben und nicht nach Europa weitergeschoben werden. Er hat auch davon zu sprechen gewagt, dass das ein österreichisches Eigeninteresse ist. Ja, es gibt moralisch legitime Interessen!
Das verpflichtet moralisch wie logisch freilich auch dazu, viel mehr für die Betreuung der Kriegsvertriebenen in den libanesischen, jordanischen, türkischen Flüchtlingslagern zu tun, zu zahlen. Das ist aber insofern auch deshalb vernünftig, weil es seit Wochen zunehmende Anzeichen gibt, dass – Amerika und den Kurden sei Dank – der Wahnsinn des „Islamischen Staats“ zunehmend zurückgedrängt wird.
Eine mutige Kirche müsste daher übrigens noch etwas sagen: Ja, es ist bedauerlich, aber notwendig, totalitären Schlächterbanden wie dem „Islamischen Staat“ auch militärisch entgegenzutreten. Alles andere wäre verantwortungsloser Pietismus.
Langfristig wird Europa jedenfalls nicht darum herumkommen, die (als Folge des Holocausts entstandene) Flüchtlingskonvention der heutigen Entwicklung anzupassen, da die Konvention von der ganzen Dritten Welt als einfachster Weg ins Wohlfahrtsparadies gesehen werden kann. Und vor allem die nie demokratisch beschlossene einseitige Transformation dieses Rechts durch einige gutmenschliche Richter zu stoppen.
Aber auch die Kirche sollte sich wieder ein wenig mehr bewusst sein, wie sehr sie immer für ein christliches Europa und für die Heimatrechte der hier wohnenden Menschen eingetreten ist.
Schade, dass unter der Flut von Dummheiten und besorgniserregenden Entwicklungen die erfreulichen und lobenswerten Dinge oft untergehen. Derer gibt es aber genug – von der Grazer SPÖ über niederösterreichische Richter, oberösterreichisches Privatwasser bis Sozialminister Hundstorfer. Und aus dem Ausland gibt es erst recht viel Erfreuliches zu berichten – wovon etliches freilich für Österreich nur als Vorbild verstanden werden kann. Jedenfalls sollte man wenigstens in den Weihnachtstagen einige dieser lobenswerten Entwicklungen aufzählen.
Zuerst die einheimischen Freudenanlässe:
Im Ausland gibt es besonders viel Lobenswertes und Erfreuliches. Nicht nur aus den üblichen der Vernunft verdächtigen Ländern. Sondern auch aus völlig unerwarteten Gegenden wie Saudi-Arabien oder Afghanistan.
Es ist eine der besten Nachrichten seit langem: Ganz offensichtlich scheitern die Gespräche, international eine weitere neue Steuer – diesmal eine Finanztransaktionssteuer – einzuführen. Nicht einmal unter den elf EU-Ländern, die in ihrer Geldnot dabei eigentlich mitmachen wollen, gibt es Konsens über das Wie und Was.
Dabei hat Österreich Erträgnisse dieser Steuer längst einbudgetiert. Jetzt ist jedoch klar, dass es sie frühestens 2016 geben wird. Wenn überhaupt.
Denn die Befassung mit den Details hat gezeigt: Finanztransaktionssteuern klingen nur in linken Theorien gut. In Wahrheit aber belasten sie jeden Standort schwer. Und das ist in depressiven Zeiten ungefähr das Dümmste, was man machen kann. Daher ist es Grund zu (leichter) Freude: Das Projekt „Finanztransaktionssteuer“ wird zwar nicht formell getötet, aber so lange gestreichelt – bis es auch tot ist.
Bei der Detaildebatte wurde nämlich klar, dass die liberalen Ökonomen von Anfang an recht hatten: Selbst winzige Steuersätze behindern viele für die Realwirtschaft nötige Finanzgeschäfte.
Bei vielen Transaktionen beträgt die Gewinnspanne sehr kleine Promillesätze. Nur das große Volumen macht sie überhaupt rentabel. Daher müssen sie bei Einführung einer Steuer darauf nach London, Zürich, New York oder Hongkong wandern. Die Vorstellung, dass diese Finanzplätze künftig Steuern nach Europa abliefern werden, ist so naiv, dass man sie nicht einmal bei Politikern erwartet hätte. Dazu kommt, dass auch kleine Steuersätze groß werden, wenn viele Transaktionen und Absicherungsgeschäfte nacheinander erfolgen.
Überraschend ist, dass jetzt vor allem die Krisenländer Frankreich und Italien bremsen. Sie bangen – zu Recht – um ihre Finanzbranchen. Österreich hingegen möchte weiterhin den Ertrag der Steuer hochschrauben. Hier regiert die Einnahmengier der öffentlichen Hand total, während der heimische Finanzsektor hingegen schon so mit dem Rücken zur Wand steht, dass er sich überhaupt nicht mehr in die politische Meinungsbildung einbringen kann.
Das sieht man auch an der gleichzeitigen(!) Einführung einer weiteren neuen Steuer, die Bankensteuer. Allein Österreichs Banken sollen in den nächsten Jahren nicht weniger als 1,6 Milliarden Euro in einen Fonds der Eurozone einzahlen, aus dem dann Bankencrashs finanziert werden sollen. Aber die gesamte Regierung ignoriert die Tatsache, dass ja schon mit genau der gleichen Begründung in Österreich eine Bankensteuer eingeführt worden ist. Die logischerweise jetzt gestoppt werden müsste. Aber nicht wird.
Noch etwas frustriert am Euro-Bankenfonds: die von den österreichischen Bankkunden stammenden Gelder werden mit Sicherheit längst von Banken der Krisenländer abkassiert sein, bevor auch nur ein Euro wieder nach Österreich flösse. Die von der Politik zum Millionengrab verwandelte Hypo hingegen ist ja künftig keine Bank mehr und hat daher keinen Zugriff auf den Fonds. Für die Hypo müssen die Österreicher extra zahlen.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der Unterschied zwischen deutschen und österreichischen Sozialdemokraten wird dramatisch größer. Das merkt man insbesondere beim wichtigsten Thema, mit dem die EU-Länder im nächsten Jahr konfrontiert sein werden: bei den Freihandelsverträgen mit den USA und Kanada. Aber auch bei der Energiewende zeigen die deutschen Sozialdemokraten derzeit viel mehr Vernunft als ihre österreichischen Genossen.
Gewiss: Diese Vernunft ist ihnen interessanterweise erst eingeschossen, seit sie wieder Regierungsverantwortung tragen. Und seit sie mit Parteichef Gabriel auch den Wirtschaftsminister stellen. Aber die SPD hatte einst auch schon am Ende der Periode des von ihr gestellten Bundeskanzlers Schröder weit mehr Wirtschafts-Kompetenz und -Verantwortung gezeigt als alle österreichischen Sozialdemokraten der letzten zwei Jahrzehnte.
Diese haben zum letzten Mal wirtschaftliches Verständnis demonstriert, als sie (mit der ÖVP) das Stiftungsgesetz eingeführt und Steuern abgeschafft haben, sowie sich gleichzeitig für den EU-Beitritt eingesetzt haben. Das hat prompt einige Jahre später zu einer Blüteperiode Österreichs geführt.
Aber seither war die SPÖ praktisch immer nur noch die Partei der Steuererhöhungen und der – angeblich – sozialen Ausgaben-Eskalation.
Gewiss hat auch die SPD in den letzten Monaten mit ihrem Verlangen, das Rentenantrittsalter von 67 Jahren in etlichen Fällen auf 63 zu senken, zukunftsfeindliche Lizitations-Politik betrieben. Gewiss schadet sie mit der 30-prozentigen Frauenquote in AG-Aufsichtsräten der deutschen Wirtschaft schwer. (Aber auch die CDU/CSU muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich in beiden Fragen als peinliche Umfallerpartei erwiesen hat, nur um einen Koalitionspartner zu finden.)
Zugleich jedoch tritt die SPD so wie die CDU lobenswerterweise als vehemente Verteidigerin der – schon für 2015 budgetierten – Neuverschuldungsfreiheit auf. Die österreichischen Sozialdemokraten begreifen hingegen bis heute nicht, wieso ständige Schuldenmacherei einem Land schadet.
Ein weiterer gravierender Unterschied ist das ständige Verlangen der SPÖ nach neuen Steuern – ein bei den deutschen Genossen ebenfalls unverständliches Verhalten.
Die SPD setzt sich in Person ihrer neuen Familienministerin auch für das ganz klar wertkonservative Ziel ein, dass Eltern im Namen ihrer Kinder ein zusätzliches Wahlrecht bekommen.
Aktuell noch viel gravierender ist jetzt der Kampf der SPD Gabriels für das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP). Dieses wird ja von den österreichischen Sozialdemokraten vehement bekämpft. Das geschieht vor allem auf Wunsch der Kronenzeitung. Die SPÖ glaubt, dieses Medienimperium sei insbesondere vor den kommenden Wiener Gemeinderatswahlen unverzichtbar. Und daher will sie zumindest bis dahin ihre Position nicht ändern.
Die Krone und ihr Schwesternblatt „Heute“ stellen für die SPÖ freilich eine arge Zwickmühle dar. Denn Werner Faymann hatte bisher neben dem ÖGB nur die Krone als Befehlsausgeber gekannt. Aber bei der Krone sind die von ihm verlangten Erbschaftssteuern absolut unpopulär (vermutlich steckt dabei auch ein starkes persönliches Eigeninteresse der Eigentümerfamilie Dichand dahinter). Diese Steuer wird aber vom ÖGB vehement verlangt. Jetzt ist Faymann in der Zwickmühle zwischen seinen beiden Paten.
Er suchte daher in den letzten Monaten verzweifelt nach Ideen, um die Krone wieder zu befriedigen (und von seiner sonstigen Schwäche abzulenken). Genau aus diesem Grund hat er jetzt einen in der Koalition völlig unabgesprochenen Vorstoß gegen TTIP lanciert.
Diese Diskrepanz im sozialdemokratischen Lager macht das kommende Jahr jedenfalls zu einem extrem spannenden. Denn auch durch die anderen europäischen Parteien der Linken geht ein ähnlicher Bruch. Im linken Lager stehen wirtschaftliche Vernunft und prowestliche Tradition im Kampf mit klassenkämpferischer Wirtschaftsfeindlichkeit und dem tiefen Antiamerikanismus vieler Sozialisten.
Freilich: Gegen TTIP ist nicht nur die Krone. Stimmung gegen dieses Abkommen machen an vielen Stammtischen auch die schweren Fehler der EU in diesem Jahrhundert. Dort nehmen viele schon automatisch an, dass etwas, was die EU-Kommission will, ein Unsinn sein muss. Was es aber in diesem Fall keineswegs ist.
Viele begreifen nicht, dass TTIP eigentlich eine Fortsetzung des einstigen EU-Erfolges durch die Herstellung eines großen, freien und rechtlich gesicherten Marktes ist. Dass TTIP überhaupt nichts mit den EU-Fehlern der letzten Jahre zu tun hat, ja dass es geradezu das Gegenteil von ständiger Überregulierung und Einschränkung ist.
Warum ist es ein großer Markt so wichtig?
Jede moderne Industrie ist abhängig von der Sicherheit und Größe des Marktes, für den sie produzieren kann. Autos, Computer, Fernsehgeräte (ähnlich auch Großkatastrophen-Versicherungen) werden immer dort hergestellt, wo es am günstigsten ist.
Bei fast allen Industrieprodukten wäre es umgekehrt eine absolute Katastrophe, wenn diese wieder wie einst nur für einen kleinen Markt produziert würden, etwa nur für acht Millionen Österreicher. Dann wäre jede Produktion ein Vielfaches teurer. Dann würde auch unser aller Lebensstandard auf den jener Zeiten zurücksinken, als es noch keine großen Märkte (Efta, EWR, EU) gegeben hat. Als sich viele Österreicher noch kein Auto, noch keinen Fernseher leisten konnten. Von Computern gar nicht zu reden. Und das derzeit boomende Amerika ist besonders in Zeiten der europäischen Krise für den alten Kontinent als Markt lebenswichtig.
Es ist die absolut sicherste Erkenntnis jeder Ökonomie, dass erstens Produktion in großen Serien, für größere Märkte billiger ist als die für kleine Märkte; und dass zweitens die für die Herstellung größerer Märkte notwendige Handelsfreiheit mehr Wohlstand für alle Beteiligten bedeutet. Übrigens wäre mehr Handelsfreiheit (insbesondere im Agrarhandel) auch viel wirksamer bei der Entwicklung der Dritten Welt als all die gutgemeinten, aber wirkungslosen Entwicklungshilfe-Milliarden.
Das wäre auch aus sehr egoistischen Gründen sehr notwendig: Denn mehr Entwicklung und Wohlstand in der Dritten Welt würden auch die Antriebskräfte für die Armutszuwanderung eliminieren, die Europa heute so schwer belastet.
Während die Vorteile einer Vergrößerung des freien Handelsraums noch von vielen verstanden werden, meinen manche, dass es dafür doch keine Vereinbarungen über Schiedsgerichte brauche. Europa und Amerika seien ja Rechtsstaaten, wird argumentiert. Da könne sich jeder Investor darauf verlassen, dass er auch vor den Gerichten eines anderen Landes volles und objektives Recht bekommt.
Was für eine fromme und ahnungslose Illusion! Solche Schiedsgerichte gibt es ja jetzt schon mit gutem Grund zu Tausenden – etwa auf Grund von Verträgen zwischen zwei Staaten. Eben weil niemand an die Objektivitätsfiktion bei ausländischen Gerichten glaubt. Schiedsgerichte sind vor allem in zwei Zusammenhängen für eine moderne Wirtschaft lebensnotwendig:
1. Sie bieten einem Investor eine Sicherheit dagegen, dass in jenem Land, in dem er investiert, seine Investition durch neue Gesetze nachträglich sinnlos oder verlustbringend gemacht wird. Diese Gefahr besteht immer auch in Rechtsstaaten: Zuerst holen Staaten gerne ausländische Investoren und ihr Geld herein. Und dann nehmen sie diese Investoren durch Änderung der Spielregeln aus wie eine Weihnachtsgans.
Man denke nur an das, was sich in Ungarn abspielt – das ja sogar EU-Mitglied ist: Dort haben österreichische Bauern einst etliche Landwirtschaften gekauft und nach dem Kommunismus erfolgreich aufgebaut; dort haben österreichische Banken und Handelsketten viel investiert. Aber jetzt versucht Umgarn, durch alle möglichen neuen Regeln diese Investoren zu schädigen oder gar zu enteignen. Wenn es nicht den EU-Gerichtshof als eine neutral zu beiden Ländern stehendes Schiedsinstitution gäbe, hätten weder Bauern noch Handelsketten noch Banken eine Chance gegen diese Beraubung.
2. Aber auch, wenn es keine Gesetzesänderungen gibt, und auch wenn es um eigentlich untadelige Rechtsstaaten zu gehen scheint, hat jedes nationale Gericht eine deutliche nationale Schlagseite zugunsten der eigenen Mitbürger.
Man denke nur an die diversen Prozesse rund um den Hyposkandal: Die einen laufen in Bayern, die anderen in Österreich. Jeder Involvierte weiß: Die in Bayern werden mit viel größerer Wahrscheinlichkeit zugunsten der bayrischen Seite ausgehen als die in Österreich. Und umgekehrt.
In Wahrheit kann kein Richter – und sei er noch so bemüht – die eigene nationale Identität, das nationale Interesse seiner Heimat aus seinem Bewusstsein eliminieren. Das wäre geradezu abnormal.
Daher ist es absolut klug und notwendig, wenn in solchen bi-nationalen Streitigkeiten nicht ein Land über das andere (oder über Investoren aus dem anderen Land) urteilt, sondern wenn das ein neutrales Schiedsgericht tut. Dieses wird von beiden Seiten meist mit je einem Richter beschickt, die sich dann auf einen neutralen Dritten einigen müssen.
Es ist auch absolut sinnvoll, wenn solche Schiedsgerichte und ihre Verfahrensordnung schon in einem großen Handelsrahmenvertrag wie TTIP vereinbart sind. Dadurch erspart man sich langwierige Vertragsverhandlungen, mit denen vor jeder einzelnen Investition solche Schiedsgerichte vertraglich vereinbart werden müssten.
Man wird sehen, ob sich in den nächsten Monaten die Vernunft durchsetzen wird, oder der Kirchturmhorizont, der sich für alle schädlich auswirken wird. Man muss Angela Merkel zustimmen, dass es hier um eine der wichtigsten historischen Entscheidungen seit Jahrzehnten geht, die nur mit der Euro-Einführung und dem Nato-Doppelbeschluss vergleichbar ist. Vor allem sieht man in Berlin auch mit Sorge – zum Unterschied von der kleinformatigen österreichischen Sicht –, dass die USA und Kanada schon am intensiven Ausbau von Handelsachsen mit Ostasien basteln.
Sollten diese zustandekommen und gleichzeitig TTIP scheitern, dann ist das das endgültige Todesurteil für Europa.
PS.: In Österreich setzte sich bisher nur Wolfgang Schüssel öffentlich für TTIP und die Notwendigkeit von Schiedsgerichten ein. Er wies dabei auch auf einen bisher öffentlich völlig unbeachteten Aspekt hin: Wenn es uns nicht gelingt, gegenüber Amerika Schiedsgerichte zu vereinbaren, dann wird es Europa in seinen Verträgen mit China schon überhaupt nicht schaffen. Obwohl dort neutrale Schiedsgerichte noch zehnmal wichtiger wären.
PPS.: Dass jetzt die Eigentümer der Meinl-Bank erstmals ein - schon früher vereinbartes - Schiedsgericht gegen die Republik Österreich aktivieren, ist kein Argument gegen, sondern FÜR solche neutralen Schiedsgerichte. Zum einen haben österreichische Firmen schon mehrmals im Ausland die Hilfe solcher Schiedsgerichte in Anspruch genommen (zuletzt etwa Semperit). Zum anderen kann mit absoluter Sicherheit nur ein neutrales Schiedsgericht die schweren Vorwürfe der Bank objektiv prüfen, dass die österreichische Justiz nicht weniger als 46 Mal bei der Jagd gegen die Bank Recht gebrochen habe. Nur ein neutrales Schiedsgericht kann auch dem Faktum nachgehen, dass die Staatsanwaltschaft schon sieben Jahre lang gegen die Bank vorgeht. Was natürlich mörderische wirtschaftliche Schäden auslöst, für die letztlich der Dienstherr der Staatsanwälte, also die Republik, haftet. Das Gefühl ist stark angewachsen, dass sich die Bank schon wegen ihres Namens und wegen der Freundschaft des Herrn Meinl mit dem ebenso lang von der gleichen Justiz gejagten Karl-Heinz Grasser offenbar den biblischen Hass mancher Menschen zugezogen hat. Ganz abgesehen von noch ein paar anderen Tatsachen: dass die Staatsanwaltschaft jetzt nur in einer einzigen Randfrage Anklage gegen die Bank versucht, gegen die sie zuvor viel schärfere Vorwürfe behandelt hat; oder dass da die weitaus höchste Kaution der österreichischen Geschichte verlangt worden war; oder dass der Meinl-Bank eine Dividenden-Ausschüttung strafrechtlich vorgeworfen wird, den anderen österreichischen Banken hingegen nicht, die zum Unterschied von der Meinl-Bank später Staatshilfe gebraucht haben. Da stinkt allzu viel zum Himmel. Wer da wirklich noch ans Recht glauben will, kann nur froh sein, dass es jetzt nicht (nur) die österreichische Justiz ist, die alldem nachgeht.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Der Gastronomie wurde nun nach den Auflagen um das Rauchverbot eine weitere Hausaufgabe von der EU-Kommission gegeben. Neben der baulich-raumgestalterischen Herausforderung, Raucher von Nichtrauchern zu trennen, geht es nun um bürokratisch-administrative Eskapaden zur Kennzeichnungspflicht für Allergiker.
Bei allem Verständnis für die Rücksichtnahme, dass Nichtraucher beim Lokalbesuch nicht von Rauchschwaden eingehüllt werden und der Rücksichtnahme für Menschen, die an Allergien leiden, sollte man in vielen Fällen die Kirche im wahrsten Sinne des Wortes lieber im Dorf lassen. Einst stand neben der Kirche das Gasthaus, das das Kommunikations-Zentrum war, wo die Menschen am Stammtisch untereinander und mit der Obrigkeit direkten Kontakt hatten. Es gab damals keine Berührungsängste, man kannte kein Rauchverbot und wusste wenig über Allergien.
Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit kommt auf, wenn man in der global vernetzten Kommunikationsgesellschaft Menschen in kritischen TV-Dokumentationen einsam in Wohnsilos isoliert leben sieht.
Bei einer Standortbestimmung „wie viel Reglementierung der Mensch braucht“, stellt sich die Frage: „Hat uns das auch die EU beschert?“, wie die oft zitierte Vorschrift um die Krümmung der Gurke, die eine Lust tötende Lawine von Verordnungen und Vorschriften losgetreten hat, die fern jeden Realitätssinns an den wahren Bedürfnissen jener Menschen vorbei konzipiert wurden, die in der europäischen Gemeinschaft einst das Verbindende und nicht Trennende sahen. Wir wollen jedoch den Interpretationsbogen nicht zu weit spannen, indem man die nationalen Separationsbestrebungen mit der Abwehr der Brüsseler Zentralbürokratie in Zusammenhang bringt.
Man erkennt Anzeichen eines Kulturwandels in Richtung mehr Bürokratie und vermehrtem Expertenglauben. Die Folge ist, dass die Menschen im Zuge der Demokratisierungs-Bestrebungen immer allergischer auf alles werden, was nach nicht nachvollziehbarer Reglementierung und Regulierung riecht. Der Paragraphen-Dschungel, den die Menschen zu durchwandern haben, erinnert im Bezug auf das Verständnis für die Vorschriften, an die man sich zu halten hat, an die babylonische Sprachverwirrung aus biblischen Zeiten, wo das Thema Kommunikation dafür sorgte, dass die Bürokratie-Türme (Bäume) nicht in den Himmel wachsen.
„Is was?“, könnte man zynisch kontern, wenn man die Kennzeichnungspflicht für Allergiker kritisch unter die Lupe nimmt. Allergie ist ein Symptom der körpereigenen Abwehr, so kann dieses komplexe Thema im wahrsten Sinne des Wortes vereinfacht umschrieben werden. Mit Ärger und Ängsten kann man auch bei noch so fachlich fundierter Untermauerung kein Geschäft machen. So denken nicht nur die Gastwirte, die Ihre Speisekarten mit ABC Signets codieren.
Entschlüsseln müssen die betroffenen Allergiker, die soweit man weiß, nicht in der Weise amtlich geschult werden wie die Wirte selbst. Will man verhindern, dass aus der Lust am kulinarischen Genuss nicht Essen mit Frust konditioniert wird, dann wird man das Fortschreiten des Vorschriftswahns stoppen müssen und mehr auf den Spielraum der freien Entscheidung setzen. Das Ergebnis wäre die vermehrte Akzeptanz wirklich wichtiger Regeln des Zusammenlebens, wie das Entwickeln von Achtsamkeit auf die Befindlichkeit des Anderen im Sinne von Selbst- und Fremdverantwortung für eine solidarisch globale Völkergemeinschaft.
Dr. Franz Witzeling: Psychologe und Soziologe
Immer öfter wird klar: Mitschuld an der zunehmenden Welle von Gewaltverbrechen – terroristischen wie nichtterroristischen – trägt auch in erschreckend hohem Ausmaß die Justiz. Dort geben derzeit die gutmenschlichen Illusionen, die Ignoranz und auch die Rechtstaatsfeindlichkeit der 68er Generation immer häufiger den Ton an. Diese haben im Kielwasser eines weltfremden Zeitgeists, der auch Medien und Politik voll erfasst hat, völlig eine ihrer obersten Pflichten vergessen: den Schutz der Bürger vor Verbrechen.
Die Beispiele sind fast unendlich. Und auf vielen Ebenen zu finden.
Das sind nur ein paar Einzelfälle aus der jüngsten Vergangenheit. Aber alle sind geprägt durch die Naivität – oder gar den Zynismus? – von Gerichten, Politik und Medien. Sie alle haben auf den wichtigsten Staatszweck vergessen: den Schutz der Bürger vor Aggression und Kriminalität. Da ist es aber auch kein Wunder, dass das Vertrauen der Bürger zu diesem Staat, zu dieser Politik in den letzten Jahren so tief wie noch nie in der Nachkriegszeit gesunken ist. Und dass – im Falle des EuGH – dieser EU-Gerichtshof eine wesentliche Mitschuld am Verfall des Ansehens der Europäischen Union trägt.
Es ist ein spannender Vergleich zwischen zwei welthistorischen Umstürzen: Vor 25 Jahren ist in großen Teilen Europas der kommunistische Totalitarismus kollabiert; und vor fast 70 Jahren hat der nationalsozialistische Totalitarismus den von ihm angezettelten Weltkrieg verloren und damit auch die Herrschaft über große Teile Europas. Das waren zweifellos die beiden dramatischsten Phasen in Europa während der letzten zwei Generationen. Es gibt erstaunliche Parallelen zwischen ihnen.
Dabei soll es hier aber gar nicht um die unzähligen Verbrechen und Vernichtung von Existenzen geben, die da wie dort die Diktaturen und ihre Helfershelfer begangen haben. Mit diesen haben sich in den letzten Wochen ohnedies zahllose Rückblicke befasst. Links- wie Rechtsradikale werden sich diese auch weiterhin – wenngleich in totaler Einäugigkeit – gegenseitig vorwerfen. Viel weniger beleuchtet wird jedoch das, was dann jeweils nachher passiert ist.
Beide Male waren Staaten ja fast von einem kompletten Nullpunkt wieder aufzubauen. Beide Male agieren – natürlich – auch die selben Menschen, die vorher im Totalitarismus gelebt haben, und die dann nachher vor der gigantischen Wiederaufbau-Notwendigkeit gestanden sind.
Rein ökonomisch ist dieser Wiederaufbau in manchen Ländern hervorragend und rasch geglückt. Einerseits nach 1945 in Deutschland und Österreich, aber auch in anderen Ländern wie etwa den Niederlanden. Andererseits gelang auch in den Ländern des nördlichen Osteuropas nach 1989 der Neuanfang sehr gut: mit Polen und drei kleinen baltischen Staaten an der Spitze, aber auch in Tschechien und der Slowakei. Schon weniger gut in Ungarn; dort glaubte man nämlich, sich eine schmerzhafte Schocktherapie ersparen zu können, da Ungarn ja schon im Kommunismus einige wirtschaftsliberale Reformen realisiert hatte.
Sehr magere Ergebnisse hat die Wende hingegen bisher in praktisch allen Ländern des Balkans gebracht. In Rumänien findet deshalb jetzt sogar ein zweiter Wende-Anlauf statt. Zum einen haben auf dem Balkan viele nationale Auseinandersetzungen zu blutigen Kriegen geführt; zum zweiten hat man es dort vielerorts nicht geschafft, politische Kontroversen in geordneten, demokratischen Bahnen auszutragen; und zum dritten ist es in keinem der Balkanländer gelungen, die schon im Kommunismus endemische Korruption auf allen gesellschaftlichen Ebenen auszurotten.
Damit können wir heute zwei ganz zentrale Erkenntnisse gewinnen.
Damit kommen wir zu einem dritten Aspekt dieses Vergleichs: Wie ist man nach den Jahren eines verbrecherischen Systems mit den Tätern und Mitläufern umgegangen?
Da hat es 1945 zwar unmittelbar nach Kriegsende viele Verfahren, auch Todesurteile gegeben. Aber sehr bald war der nationale Konsens: vergessen und den Blick nur noch nach vorne richten. Denn es war klar geworden: Man kann (besonders nach den gewaltigen Menschenverlusten durch Holocaust, Vertreibung und Krieg) nicht ohne die Hunderttausenden Mitläufer des Nationalsozialismus erfolgreich neu anfangen. Man hat sie vor allem in den qualifizierten Berufen dringend benötigt, von den technischen über die kaufmännischen bis zu den medizinischen. Die Parteien haben sie aber auch als Wähler gesucht.
In den 80er Jahren hat man die Ex-Nazis dann jedoch immer weniger gebraucht, weil sie alt geworden oder gestorben waren, weil die Generation der 68er an die Futtertröge wollte, weil dann die Wirtschaft zu lahmen begann. Es war daher kein Zufall, dass ausgerechnet dann eine moralistische Vergangenheitsaufarbeitung begonnen hat. Damals versprach man sich von einem lautstarken Anti-Nationalsozialismus im Gegensatz zu früheren Jahren Wählerstimmen.
Es ist erstaunlich, wie ähnlich die Entwicklung in Osteuropa nach 1989 ablief. Auch da gab es meist nur eine kurze Phase der Abrechnung mit den Tätern, die nur sehr wenige Auswirkungen hatte. 25 Jahre später zeigt sich, dass sich danach in vielen Bereichen die einstigen Mitläufer der Kommunisten sehr rasch beruflich geschickt mit den neuen Zeiten arrangiert haben. Wobei ihnen zugutezuhalten ist: Sie unternahmen ebensowenig wie davor die Ex-Nazis irgendwelche nennenswerte Versuche einer Rückkehr zum Totalitarismus.
Die Ex-Kommunisten haben sich allerdings nicht wie die Ex-Nazi auf viele Parteien verteilt, sondern blieben auch politisch vereint. In manchen Ländern konnten sie sogar direkt die kommunistischen Diktaturparteien unter mehr oder weniger neuen Namen fort- und auch teilweise wieder zurück zur politischen Macht führen. Genau zum 25. Jahrestag der Wende ist es ihnen nun auch in (Ost-)Deutschland gelungen, erstmals einen Ministerpräsidenten-Posten zu erobern.
Setzen sich diese erstaunlichen Parallelen zwischen der Nach-1945-Periode und jener nach 1989 auch in der Zukunft fort, dann wird sich wohl im Osten noch eine weitere Phase der deutschen und österreichischen Geschichte wiederholen: In rund 15 bis 20 Jahren wird man auch in Osteuropa nicht mehr die Ex-Kommunisten brauchen, weil diese weniger geworden, alt oder verstorben sind.
Aber bis dahin werden Nützlichkeit und teilweise auch Notwendigkeit zweifellos noch über die Moral siegen. Auch wenn das für die Opfer sehr bitter ist.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Solche Sachen würde nicht einmal ein Kabarettist erfinden: Schon wieder soll das gesetzliche Mindestkapital für die Gründung einer GmbH geändert werden. Jetzt soll eine solche Gründung gar mit nur einem Euro möglich werden.
Man erinnert sich: Bis Juli 2013 waren 35.000 Euro als Mindestkapital vorgeschrieben, dann plötzlich nur noch 10.000. Seit März 2014 sind es wieder 35.000.
Die Heruntersetzung galt als Wirtschaftsförderung: Mehr Menschen sollten sich die Gründung eines Unternehmens leisten können. Die Hinaufsetzung geschah hingegen aus fiskalischen Motiven: Die „GmbH light“ hatte die Einnahmen aus der Mindestkörperschaftssteuer zu stark sinken lassen. Sekundiert wurde dabei von Juristen, die einen höheren Gläubigerschutz sehen, wenn es 35.000 Euro Eigenkapital gibt. Außerdem meinten manche flapsig, wer sich das höhere Kapital nicht leisten konnte, sollte eh nicht eine Kapitalgesellschaft gründen können.
Schon dieses von der Regierung angerichtete Hin und Her ist so arg, dass jetzt Höchstgerichte die Verfassungsmäßigkeit prüfen wollen.
Jetzt aber wird die ganze Groteske noch ins Extreme potenziert: Denn in den (nicht öffentlichen) Arbeitsgruppen der EU-Kommission wird neuerdings beabsichtigt, die Gründung einer Kapitalgesellschaft ohne jedes Eigenkapital zu ermöglichen. Damit soll Europas Wirtschaft wiederbelebt werden. Damit wird aber für Österreich das unzumutbare Hin und Her noch einmal eskaliert.
Gewiss: Österreich kann Beschlüsse der EU nur marginal beeinflussen. Es leistet aber auch keinen besonderen Widerstand: Denn jetzt ist ja der Wirtschaftsminister der starke Mann in der ÖVP. Und der hat halt andere Interessen als sein Vorgänger, der Finanzminister. Der eine will Unternehmer fördern, der andere wollte das Budget retten.
Es geht gar nicht darum, ob 35.000, 10.000 oder 1 Euro das „richtige“ Mindestkapital sind. Für die Wirtschaft ist etwas ganz anderes viel wichtiger: klar voraussehbare Rechtssicherheit. Und genau die wird dadurch zerstört.
Die früher in Österreich so hohe Rechtssicherheit ist auch schon durch andere Maßnahmen eingeschränkt worden: Beim Mietrecht legt man rückwirkend den Vermietern die Pflicht zur Erneuerung von Thermen auf (egal wer sie angeschafft hat). Beim Stiftungsrecht bestraft man die Stiftungen, die man seit den 90er Jahren ins Land gelockt hat, durch nachträglich eingeführte Steuerlasten. Bei den Gehältern hat man plötzlich höhere Bezüge (die viele Vorstände erhalten) de facto verboten. Noch viel schlimmer hat die EU Rechtssicherheit und Verlässlichkeit zertrümmert: Die Tausende Male beschworenen Maastricht-Kriterien (maximal 60 Prozent Staatsschulden) sind nur noch Makulatur. Ebenso das primärrechtliche No-Bailout-Prinzip.
Wer das Vertrauen zerstört, zerstört die wichtigste Basis eines Gesellschafts- und Wirtschaftssystems.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Der VfGH – einst als Hüter der Verfassung geschaffen – wird immer mehr zu einer Institution linksradikaler Gesellschaftsveränderung und Immigrationsförderung. Seine jüngste Entscheidung ist geradezu unfassbar.(Mit nachträglicher Ergänzung)
Er hat zugunsten des Verbleibs einer Nigerianerin in Österreich judiziert, mit der Begründung, dass diese durch ihre Tätigkeit als Prostituierte hierzulande beruflich integriert sei. Jetzt wissen wir also, was dieser rot-schwarze Proporz-Gerichtshof unter Integration versteht. Dabei war davor zehn Jahre lang von allen Instanzen das Asylbegehren der Frau abgewiesen worden. Deren Rechtsanwälte aber haben unverdrossen die Causa immer weiter getrieben.
Ach ja, und nicht zu vergessen der zweite – genauso skandalöse – Aspekt: Man erfährt, dass die Frau auch noch zehn Jahre nach ihrer Einwanderung trotz dieses "Berufs" von einer „sozialen Einrichtung“ mit 290 Euro unterstützt wird. Pro Monat. Damit haben wir wieder ein eindrucksvolles Beispiel, wie die vielen Gelder für Sozialstaat und „humanitäre Organisationen“ wirklich ausgegeben werden.
Wetten, dass sich jetzt jede Menge einwanderungswillige Frauen als Prostituierte anmelden werden, da man damit ja ab jetzt Integration und „Selbsterhaltungsfähigkeit“ beweisen und das legale Aufenthaltsrecht in Österreich erreichen kann? Pardon, wohl nicht nur Frauen – es gibt ja im Zeitalter des Genderismus natürlich auch männliche Prostituierte . . .
Nachträgliche Ergänzung: nur wenige Stunden nach dem Verfassungsgerichtshof hat jetzt auch der EU-Gerichtshof die Asyl-Tore zur freien Einreise nach Europa noch weiter aufgerissen, als sie schon sind: Er hat de facto Homosexualität als allgemeinen Asylgrund anerkannt. Obwohl diese nicht einmal annähernd in einem völkerrechtlichen Vertrag als Asygrund steht. Obwohl diese praktisch nie objektiv überprüfbar ist. Aber eine solche "Judikatur" ist kein Wunder, wenn Österreich mit Zustimmung der ÖVP eine sozialistische Ministerin als österreichische "Richterin" an diesen Gerichtshof entsandt hat.
Jetzt ist Österreich auch EU-offiziell dort gelandet, wo es die Regierung Faymann seit Jahren hingeführt hat: zusammen mit Europas Hauptkrisenländern auf der Eselsbank der Defizitsünder. Beschämender geht’s nicht. Als zusätzliche Quelle nationaler Depression erklärt das Wirtschaftsforschungsinstitut zum ersten Mal öffentlich, dass Österreich noch heuer in die Rezession schlittern könnte. Und viele sagen: Es wird.
Dennoch mauert der SPÖ-Parteitag in diesen Stunden auch noch die letzten Möglichkeiten zu Sanierungsversuchen ab. Welche die Partei schon sechs bittere Faymann-Jahre lang verhindert hat. Anstelle von Reformbereitschaft ist sie sich einig, und all ihre Forderungen und Festlegungen laufen auf Dasselbe hinaus: noch mehr Schulden und noch mehr Steuern.
Dabei ist eine Regierung eigentlich rücktrittsreif, deren Budgetpläne von der EU so arg abgekanzelt werden. Die EU hat jetzt die Budgetpläne aller Euro-Länder für 2015 gemäß dem europäischen Stabilitätspakt überprüft und geurteilt: Elf Länder halten den Pakt ein. In sieben Ländern gibt es hingegen eine „signifikante Abweichung“.
In dieser Siebener-Gruppe nun auf der Strafbank sitzen zu müssen ist total demütigend. Österreich gehört damit zum Outcast-Haufen der Krisenländer: Frankreich, Italien, Belgien, Spanien, Malta und Portugal (dazu gehören noch die schon jetzt unter internationaler Entmündigung stehenden „Programmländer“ Griechenland und Zypern). Die einstige Zughörigkeit zur Gruppe der Vorbildländer (Deutschland, Niederlande, Finnland) ist lange vorbei.
Davon hat man sieben fette Jahre lang gezehrt. Jetzt kommen unweigerlich die sieben mageren Jahre. Mindestens.
Es gibt weltweit so viel Öl- und Gasangebot wie noch nie; die Preise für Öl und Gas sind im reinen Sturzflug. Das ist die beste Entwicklung seit langem. Die grünen Untergangspropheten der letzten Jahrzehnte, das Peak-Oil-Geschwafel, zahllose NGOs und insbesondere auch der Club of Rome (demzufolge uns lange schon das Öl ausgegangen sein sollte): Sie alle sind bis auf die Knochen blamiert.
Das Ölangebot ist nicht etwa wegen der vielen um teures Geld gebauten Windmühlen und Solarpaneele gestiegen, sondern weil genau das passiert ist, was liberale Marktwirtschaftler immer prophezeit haben. Höherer Preis erhöht das Angebot. Der in den letzten Jahrzehnten gestiegene Ölpreis hat so viel Forschung und Investitionen ausgelöst, dass viele bisher ungeahnte Ölausbeutungsformen entwickelt worden sind, und dass viele neue Öl- und Gasfelder gesucht und gefunden worden sind. Gleichzeitig hat die Finanzkrise für ein Sinken des Energiehungers der Industrie, aber auch der Konsumenten gesorgt.
Das ist in den letzten Jahrzehnten passiert. Und das löst nun – natürlich mit Zeitverzögerung, aber wiederum genau den Marktgesetzen folgend – ein Überangebot und einen erfreulichen Preisverfall aus.
Manche Verschwörungstheoretiker glauben freilich, hinter den Kulissen zwei große politische Intrigen zu sehen. Die einander jedoch total widersprechen:
Nichts davon scheint sehr wahrscheinlich. Wenn die USA vom Ölimport zum Ölexportland und größten Ölproduzenten werden, ändern sich ganz ohne Verschwörungen die Spielregeln der gesamten Weltwirtschaft. Richtig ist jedoch, dass dieser Preisverfall vielerorts dramatische politische, ja welthistorische Auswirkungen auslösen dürfte. Einige seien kurz analysiert.
Der flächengrößte Staat der Welt leidet am meisten unter dem Ölpreisverfall. Denn Russland ist trotz all seines Weltmachtgehabes total von seinen Rohstoffexporten abhängig. Moskau hat es im letzten Vierteljahrhundert überhaupt nicht geschafft, irgendwelche Industrien – oder gar Dienstleistungen – aufzubauen, die unabhängig von Öl, Gas und anderen Rohstoffen Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen würden.
Damit ist aber der Ölpreisverfall auch eine wachsende Quelle der Hoffnung, dass Russland jetzt endlich seine Eroberungskriege einstellt und wieder – wie unter Gorbatschow und Jelzin – zu einem verantwortungsbewussten Mitglied der Weltgemeinschaft wird. Denn wenn Putin nichts tut, würde sich die jetzige Zustimmung der Menschen zu seinem Kurs bald in massenhafte Frustration ob eines absackenden Lebensstandards verwandeln.
Die Schlächterbande Islamischer Staat hat ebenfalls nur mit Ölverkäufen – und mit heimlichen Geldflüssen aus den Ölstaaten am Golf – ihren Krieg finanzieren können. Also auch da ist der Ölpreisverfall geradezu Hoffnung pur.
In Südamerika hat nur der Öl-Boom der letzten Jahrzehnte eines der absurdesten sozialistischen Experimente der Gegenwart finanzieren können. Dieses hat aber in Wahrheit das einst hochzivilisierte und entwickelte Venezuela weit zurückgeworfen. Auch da schafft der Preissturz gute Aussichten, dass der Wahnsinn bald zu Ende sein könnte. Wenngleich die Gefahr besteht, dass sich die Machthaber noch eine Zeitlang mit blutigen Konsequenzen festzukrallen versuchen könnten.
Dieses Land wird – ebenso wie Russland – derzeit doppelt getroffen: durch politische Sanktionen des ganzen Westens einerseits und andererseits durch den Ölpreisverfall. In dieser Kombination liegt mit Sicherheit der Hauptgrund für die sichtbar gewordene Kompromissbereitschaft. Iran ist jetzt auch angesichts der wachsenden Unruhe in der Bevölkerung verstärkt unter Druck.
Es sieht sich zunehmend gezwungen, durch eine Einigung über die – von aller Welt vermutete – Entwicklung von Atombomben-Kapazitäten wenigstens die Sanktionenlast wegzubekommen. Auch wenn einige Steinzeit-Mullahs sich da noch ein wenig gegen den endgültigen Kompromiss sträuben.
Die Golf-Länder sind zwar in ihrer Stabilität durch den Preisverfall nicht gefährdet. Dazu sind sie viel zu reich. Aber auch ihnen werden künftig etliche Milliarden Dollar weniger überbleiben, mit denen sie bisher radikale Islamisten, Wahabiten-Imame, Muslimbrüder und ähnliche bedrohliche Erscheinungen in Europa finanziert haben.
Diese beiden Länder seien als Exempel öl- und rohstoffarmer Staaten genannt. Beide beweisen: Ein Rohstoffsegen ist kein Segen, sondern ein Fluch. Nachhaltiger und stabiler Wohlstand lässt sich viel besser durch den Fleiß der Menschen, Kreativität, kapitalistische Freiheit und eine sehr differenzierte Industrie erreichen (sowie Dienstleistungen im Falle der Schweiz).
Dass Rohstoffe ein Fluch sind, zeigt umgekehrt etwa auch die portugiesische Geschichte: Jenes Land hat einst rund hundert Jahre lang durch das Gold aus der Neuen Welt enorm profitiert – aber seit dessen Versiegen nur noch gedarbt und es nie verstanden, sich rohstoffunabhängig zu entwickeln.
Es ist völlig logisch, dass als Folge des Ölpreisverfalls die Inflation im Euroland zurückgeht oder in eine leicht deflationäre Preisstabilität umschlägt. Das ist geradezu zwingende Folge, wenn eines der wichtigsten Konsumprodukte deutlich billiger wird, das in so vielen Preisen drinnensteckt, die mit dem Verbraucherpreisindex gemessen werden. Ob das nun zum Beispiel Heizung, Transportkosten oder der Benzinpreis ist.
Völlig absurd ist es hingegen zu glauben, dass wegen des Ölpreisverfalls irgendeine Investition zurückgehalten wird. Es sind nur total weltfremde Ökonomie-Theoretiker, die behaupten, dass sich die Konsumenten deshalb zurückhalten, weil sie auf einen kommenden Preisverfall auch bei anderen Gütern bauen; dass die Industrie Investitionen verweigert, weil sie annimmt, dass die Lohnkosten, die Preise der Zulieferer sinken werden.
Die europäische Flaute hat ganz andere Ursachen als die von linken Ökonomen ständig beschworene Deflationsangst. Die wahren Ursachen sind die Überregulierung, die Zukunftsangst aufgrund der rapid steigenden Schulden, die völlig falschen, jede Eigenverantwortung ad absurdum führenden „Rettungs“aktionen und die enorm hohen Steuern zugunsten unproduktiver Staatsfinanzen und zugunsten des exzessiven Wohlfahrtsstaats.
Freilich: Würden die Regierungen das zugeben, müssten sie nicht nur Fehler zugeben, sondern auch Reformen setzen. Diese aber bekämpfen fast überall die Gewerkschaften bis aufs letzte. Und kaum eine Regierung wagt dagegen aufzutreten.
Lächerlich sind hingegen die in den letzten Wochen von manchen Putin-Verstehern geschürten Ängste vor einem kalten Winter, in dem das Gas ausbleiben würde. So geisteskrank kann nicht einmal der ärgste russische Chauvinist und Imperialist sein, dass er Europa jetzt den Gashahn abdrehen und sein eigenes Land damit im Rekordtempo in den Bankrott jagen würde. Der auch ein langfristiger wäre, da Russland damit jede Glaubwürdigkeit als Lieferant verlieren würde.
Die große Gefahr trotz der erfreulichen Preissenkungen besteht in Österreich (und anderen europäischen Ländern) darin, dass die Regierung flugs die Mineralölsteuer erhöht. Die Politik könnte damit rechnen, dass in Zeiten sinkender Preise der Widerstand der Bürger gegen höhere Ölsteuern relativ gering ist. Gerade im Reformverweigerland Österreich braucht sie jedenfalls dringend Geld, um ihre Einsparungsunlust übertünchen zu können.
Aber bis das passiert: Freuen wir uns einfach. Über die nächste Tankrechnung, über die nächste Heizungs-Abrechnung.
Es ist faszinierend, wie derzeit alles getan wird, um Europas seit 2008 anhaltende Krise noch zu vertiefen. An dieser Analyse ändert auch die Behauptung der Politik nichts, auf eine Beendigung der Krise hinzuzielen.
Jetzt kauft die Europäische Zentralbank sogar schon Kreditverbriefungen auf, also genau jene Papiere, deren Kollaps 2008 eine Hauptursache der Krise gewesen ist. Die Banken werden auf Beschluss der Politik von immer mehr Aufsichtsstrukturen schikaniert, damit sie keine wackligen Kredite vergeben. Zugleich aber sollen sie mehr Kredite vergeben – nach denen aber gar keine Nachfrage besteht. Die EZB glaubt, dass – zum ersten Mal in der Geschichte – eine Inflation die Krise überwinden würde. Der Kurs des Euro gegenüber dem Dollar sinkt steil, ohne dass das die Exporte ankurbelt. Und auch in Österreich läuft alles darauf hinaus, mehr Staatsschulden zu machen als geplant.
So ließen sich die Irrwege seitenlang aufzählen. Die Politik hofft immer noch auf irgendein Zaubermittel, das schmerzfrei zu einer Erholung führt. Das gibt es aber nicht. Japan zeigt, dass auch die höchste Staatsverschuldung der Welt nichts mehr bewirkt. Außer eine schwere Rezession.
Auch wenn Europa noch so viel Geld in Investitionen oder direkt in den Konsum pumpt: Der Funke springt nicht mehr über. Die Investitionen von Staaten sind ja nur sehr langfristige; sie machen vor allem nur rund zehn Prozent aller Investitionen aus. Die Haushalte aber sparen lieber, statt sich in Konsumorgien zu stürzen; sie fürchten die Zukunft mehr als Negativzinsen.
Daher hat die Industrie kaum noch ein Motiv zu investieren. Sie hat ja überdies genug freie Kapazitäten. Und wer doch investiert, tut das lieber außerhalb des Euro-Raumes.
Jetzt ist guter Rat teuer. Aber es gibt ihn. Dazu müsste freilich die nationale wie europäische Politik eingestehen, seit Jahren einen völlig falschen Kurs gefahren zu sein.
Europa müsste all die Tabus lüften, die ein Wachstum behindern (wie: Fracking, Gen, Hormon, Atom, Gender-Quoten). Es müsste Tausende Umwelt- und Soziallasten aufheben, die immer mehr Unternehmen vertreiben. Es müsste ein sich selbst tragendes Pensionssystem schaffen (das – bis auf soziale Notfälle – nur jene Pensionen zahlt, die sich versicherungsmathematisch aus den jeweiligen Beiträgen ergeben). Das Gesundheitssystem braucht Selbstbehalte, die Patienten zu Verantwortungsbewusstsein bringen. Unternehmen müssten Angestellte genauso leicht wieder loswerden können, wie sie diese angestellt haben. Steuern dürften Leistung nicht mehr bestrafen. Geburtenfördernde Politik müsste verhindern, dass die Alterspyramide endgültig kippt. Eine radikale Straffung von Wohlfahrtssystemen müsste verhindern, dass Europa der einzige Zielort der ganzen Welt für Armuts- und Kriegsflüchtlinge ist. Das Bildungswesen müsste Leistung und Eliten ermöglichen.
Es wäre möglich. Nur: Man müsste es auch tun. Und nicht nur ständig noch mehr Geld drucken.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
| Amtszeit | Name | Parteifamilie | Land |
| 1958-67 | Walter Hallstein | Konservativ | Deutschland |
| 1977-70 | Jean Rey | Liberal | Belgien |
| 1970-72 | Franco-Maria Malfatti | Konservativ | Italien |
| 1972-73 | Sicco Mansholt | Sozialdemokrat | Niederlande |
| 1973-76 | Francois Xavier Ortoli | Konservativ | Frankreich |
| 1976-81 | Roy Jenkins | Sozialdemokrat | UK |
| 1981-84 | Gaston Thorn | Liberal | Luxemburg |
| 1985-94 | Jacques Delors | Sozialdemokrat | Frankreich |
| 1995-99 | Jacques Santer | Konservativ | Luxemburg |
| 1999-04 | Romano Prodi | Sozialdemokrat | Italien |
| 2004-14 | Jose Manuel Barroso | Konservativ | Portugal |
| seit 2014 | Claude Juncker | Konservativ | Luxemburg |
Der Trick ist so mies, dass er eines Faymanns würdig wäre – jedoch ist dieser selber voll darauf hereingefallen.
Trickmeister ist EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Dieser hatte wochenlang Europa in die Erwartung gewiegt, dass er mit Investitionen von 300 Milliarden Euro die darniederliegende Konjunktur noch einmal beleben könnte. Zwar wusste niemand, woher Juncker eigentlich so viel Geld hernehmen wollte, zwar glauben nur noch altmarxistische Politiker an eine magische Zauberwirkung zusätzlicher Staatsschulden. Aber schon waren die europäischen Faymanns gierig dabei, nach diesem nicht vorhandenen Geld zu greifen.
Allein aus Österreich meldeten sie 28 Milliarden Euro an Wünschen an. Dann ließ Juncker freilich die Katze aus dem Sack: Es gibt nur 21 Milliarden Euro, für ganz Europa; und die werden über drei Jahre gestreckt. Plumps, fallen da jetzt die Möchtegern-Profiteure vom Sessel und um ihre Pläne um.
Junckers Trick: Er behauptet einfach, dass es eine 15fache Hebelwirkung solcher öffentlicher Investitionen gebe, weil dann auch die Privatwirtschaft mehr investieren würde. Dabei zeigen in Wahrheit immer mehr Berechnungen, dass es nicht einmal eine Verdoppelung durch einen solchen Hebel gebe. In Zeiten großer, leerstehender Kapazitäten – wie derzeit – bleiben diese Staatsgelder sogar völlig wirkungslos.
Damit hat Juncker einen Taschenspielertrick unglaublichen Ausmaßes versucht, für den man auf der Mariahilferstraße von der Polizei festgenommen würde (wenn sie einen erwischt). In der hohen Politik sind solche Tricks aber offenbar part of the game. Jetzt muss freilich noch Faymann rasch vor dem zum Schicksalsspiel hochgejubelten Parteitag dafür sorgen, wie er von seinem Traum-Baum voller Investitions-Milliarden für Österreich rasch wieder herunterkommt. Diese Milliarden hätten ja dem Land und vor allem der SPÖ jede Reform-Anstrengung ersparen sollen. Reformen gefährden aber sozialistische Parteitags-Mehrheiten und sind daher zu Gift erklärt worden.
Verfolgt man die in der Alten Welt geführten Debatten um das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen der Europäischen Union und den USA, könnte man meinen, es gehe um Leben oder Tod. Selten zuvor wurde derart leidenschaftlich über den Gegenstand von Verhandlungen gestritten. Selten zuvor stieß ein geplantes Vorhaben auf mehr, zum Teil geradezu hysterische Kritik.
Als Entscheidungshilfe für die meisten wirtschaftlichen Fragen können zuverlässige Indikatoren herangezogen werden, die anzeigen, ob eine Sache Sinn hat oder nicht. Einer davon ist die Haltung von Grünen, Attac, Caritas, oder Diakonie. Alles, was die oder andere Organisationen, die sich in der Rolle einer Art von vierter Komintern gefallen, ablehnen, ist eine grundsätzlich gute Sache, der man als vernunftbegabter Nettosteuerzahler vorbehaltlos zustimmen kann.
Eine andere Hilfe ist das Urteil der imperialen Brüsseler Zentralbürokratie. Was die ihren tributpflichtigen Provinzen (vom Glühbirnenverbot bis zum Speisekartendiktat) zu oktroyieren pflegt, ist in 99 von 100 Fällen paternalistischer Mist. Alles abzulehnen, was aus dieser trüben Ecke Eurolands dräut, ist daher so gut wie nie ein Fehler. In der Frage des gegenwärtig in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommens allerdings, stehen Komintern und Kommission in feindlichen Lagern. Deren Standpunkte helfen also bei der Beurteilung von Sinn oder Unsinn des TTIP nicht weiter.
Worum geht es bei dem Abkommen? Auf der Internetseite der Europäischen Kommission ist nachzulesen, dass es gilt, neben der Beseitigung letzter bestehender Zollschranken, „hinter den Grenzen befindliche Handelshemmnisse abzubauen“. Letzteres läuft auf eine Vereinheitlichung technischer Regulierungen, Standards und Zulassungsverfahren hinaus. Dagegen ist grundsätzlich wenig einzuwenden. Kritiker befürchten indes eine „Anpassung nach unten“ und damit eine Aufweichung des Verbraucherschutzes. Stichwort: „Chlorhuhn“.
Panikmache statt vernünftiger Argumente – das kennt man. Es sei an die von Blutschokolade und Schildlausjoghurt ausgehenden Gefahren erinnert, die einst allen Ernstes beschworen wurden. Im Übrigen darf den Verbrauchern durchaus zugemutet werden, sich gelegentlich eigene Gedanken zu den von ihnen bezogenen Waren zu machen und nicht zu 100 Prozent auf das angemaßte Wissen von Zentralbürokraten zu vertrauen.
Dem französischen Ökonomen Frédéric Bastiat verdanken wir folgende Erkenntnis: „Wenn nicht Waren die Grenzen überschreiten, werden es Armeen tun.“ Mit anderen Worten: Wo Freihandel praktiziert wird, herrscht Frieden. Das leuchtet ein, denn wer miteinander Handel treibt, neigt nicht dazu, sich gegenseitig zu erschießen. Menschen, die wohlstandsmehrend produzieren und handeln, lieben daher den Frieden. Anders herum: Politische Entscheidungsträger, die Handelsbeschränkungen und -verbote, wie etwa die von der politischen Klasse (und nur von der!) so geliebten „wirtschaftlichen Sanktionen“ verhängen, setzen Wohlstand und Frieden aufs Spiel.
Zurück zu TTIP: Die Kommission erwartet durch das Abkommen eine Handelsbelebung von 0,5 Prozent des EU-weit erwirtschafteten Bruttoinlandprodukts, was einem Wert von 120 Milliarden € entspricht. Der durchschnittliche Haushalt soll dadurch in einem Ausmaß von 545 € jährlich profitieren (Quelle: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/about-ttip/). Derlei Versprechungen von Planwirtschaftlern sind indes mit größter Vorsicht zu genießen. Aufmerksame Beobachter erinnern sich noch an den „Ederer-Tausender“ (die Sozialistin Brigitte Ederer hat in ihrer Eigenschaft als EU-Staatssekretärin einst jedem Alpenrepublikaner für den Fall eines Beitritts zur Union 1.000 Schilling mehr in der Brieftasche in Aussicht gestellt). Nach diesem sagenhaften Schatz wird bis heute intensiv, aber vergebens gesucht.
Und das im Jahr 2000 von der EU-Nomenklatura großspurig verkündete „Lissabonziel“, Europa binnen zehn Jahren zum „dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt“ zu machen, wurde nicht einmal annähernd erreicht. Schlimmer noch – das Gegenteil ist eingetreten: Europa hat – und zwar in jeder Hinsicht – gegenüber den Rest der Welt an Boden verloren. Verblüffende Einsicht: Planwirtschaft funktioniert im 21. Jahrhundert noch immer nicht. Skepsis gegenüber den von der Kommission behaupteten Segnungen des TTIP ist also durchaus am Platz.
Doch die insbesondere von linker Seite, wie etwa von Attac-Aktivisten, geäußerte Hauptkritik richtet sich nicht gegen die wirtschaftlichen, sondern gegen die befürchteten politischen Konsequenzen von TTIP. Nicht weniger als einen „Anschlag auf die Demokratie“ sehen linke Globalisierungskritiker auf uns zukommen. Dies unter anderem, weil schiedsgerichtliche Verfahren zur Streitbeilegung implementiert werden sollen, die nicht unter staatlicher Kuratel stehen. Damit sei das „Primat der Politik“ in größter Gefahr. Das darf natürlich auf gar keinen Fall sein.
Dass eine Nichtregierungsorganisation wie Attac den Umstand beklagt, dass eine andere Nichtregierungsorganisation in die Lage versetzt werden könnte, maßgebliche Entscheidungen zu treffen, entbehrt nicht der Ironie. Klartext: Die Linken möchten, dass die Herrschaft des Politbüros über alle Lebensbereiche der Untertanen – koste es die Bürger was es wolle – unter allen Umständen gewahrt bleibt! Wo kommen wir denn hin, wenn nicht länger der/die vom demokratischen Kollektiv dazu legitimierten Führer bis ins Private über die (nicht nur wirtschaftlich relevanten) Handlungen jedes Einzelnen gebieten könnte(n)?
Ohne auf verhandelbare Details des Abkommens einzugehen: Die zentrale Frage lautet in Wahrheit, ob es den politischen Eliten und deren Helfershelfern in einer freiheitlichen Gesellschaft zukommt, in die Beziehungen zwischen privaten Wirtschaftssubjekten einzugreifen oder nicht. Anders gefragt: Weshalb sollten nicht europäische und amerikanische Betriebe und Privathaushalte miteinander Verträge abschließen, ohne zuvor vom Leviathan eine Erlaubnis einzuholen? Was geht es Minister und Beamte beiderseits des Atlantiks an, wenn Firma X oder Herr Y aus Unterpremstätten Waren von einer Firma Z in Little Rock kaufen (oder umgekehrt)? Was gibt den Politbürokraten das Recht, in derartige privatrechtliche Beziehungen hineinzuregieren?
Handelsbeschränkungen nutzen – außer Politikern und Bürokraten, die damit den Untertanen demonstrieren, wo der Hammer hängt – immer nur denjenigen Branchen und Unternehmen, die über genügend politischen Einfluss verfügen, um ihre Eigeninteressen zu Lasten aller anderen durchzusetzen. Die Wohlfahrt dieser wenigen Privilegierten wird also durch höhere Kosten für die große Mehrheit erkauft. Das ist des Pudels Kern!
Wenn es also an TTIP irgendetwas zu kritisieren gibt, dann die schlichte Tatsache, dass die Politik sich anmaßt, Einfluss auf Geschäfte zu nehmen, die private Wirtschaftssubjekte miteinander zu machen beabsichtigen. Echter Freihandel sieht anders aus…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die EU plant 300 Milliarden an zusätzlichen Investitionen – sie weiß nur nicht, wo das Geld dafür herkommen soll. Die Voestalpine investiert in den USA – und nicht mehr in Österreich – 500 Millionen in eine neue Großanlage, und sie muss überdies in den nächsten Jahren gleich über den Ort des Neubaus vier ihrer Hochöfen entscheiden, wobei Europas Chancen immer schlechter werden. Diese Fakten zeigen die ganze Absurdität der europäischen und der österreichischen Politik. Von Wien bis Brüssel amtieren jedoch Politiker, die nicht einmal den Zusammenhang begreifen.
Daher im Detail zum Mitdenken für die Politik:
Denn:
Hier sind die Steuern viel höher als im Rest der Welt. Hier ist Energie viel teurer als im Rest der Welt. Hier drohen viel höhere Emissionszertifikat-Preise als im Rest der Welt. Hier werden von Regierungen (und dem ORF) die wirtschaftsfeindlichen NGOs der Grünen massiv gefördert, die im Rest der Welt ignoriert werden. Hier sind die Arbeitskosten viel höher als im Rest der Welt. Hier ist es viel schwieriger als im Rest der Welt, Mitarbeiter zu kündigen. Hier herrscht für fast alle Zukunftstechnologien ein Tabu, wenn sie irgendwie mit Gen, Atom, Fracking, Hormon zu tun haben. Hier gibt es die weltweit (neben Japan) am meisten überalterte und daher immer teurer werdende Bevölkerung. Hier glaubt man mehr als in jeder anderen Region, dass man durch Schulden statt Reformen Probleme lösen kann. Hier gibt es weltweit den höchsten Anteil von Beamten und beamtenähnlichen Lohnbeziehern.
Das einzige, was zumindest im deutschsprachigen Mitteleuropa noch besser ist als im Rest der Welt, ist das Schulsystem. Freilich nicht mehr lange. Denn von allen Seiten arbeiten Politiker auch schon an dessen Zerstörung.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Jetzt wird uns auch schon vorgeschrieben, wie viele Plastiksackerl jeder Europäer im Jahr verbrauchen darf.
Statt 200 Sackerln pro Jahr wie jetzt dürfen es künftig laut dem jüngsten EU-Beschluss nur noch 90 sein; und in zehn Jahren dürfen es gar bloß 45 Sackerl pro Kopf sein. Jetzt fehlt wirklich nur noch die Menge an Atemluft pro Person, die noch nicht von Brüssel limitiert worden ist. Wird aber sicher auch noch kommen – immerhin atmen wir ja böses CO2 aus. Die Plastiksackerl-Verbotsorgie wird mit den vielen Sackerln begründet, die Küstenbewohner ins Meer schmeißen. Das ist sicher schlimm – aber aus Österreich kommt da wohl kein einziges davon. Hier werden die Säcke alle verbrannt oder deponiert. Dennoch schlägt die Regulierungswut auch hier zu. So wie der Wasserdurchlauf in unseren Duschköpfen limitiert wird, weil Spanien oft Wassermangel hat. So wie wir keine Sparzinsen mehr bekommen, weil die Südeuropäer gigantisch über ihre Verhältnisse gelebt haben.
Das ist sicher seit langem die erfreulichste Entwicklung in Europa: Die Rumänen haben mit einer Rekord-Wahlbeteiligung verhindert, dass der korrupteste Regierungschef der ganzen EU auch noch Staatspräsident wird. Die Rumänen haben statt dessen im zweiten Wahlgang Klaus Iohannis, den Bürgermeister von Hermannstadt, trotz dessen großen Rückstands im ersten Wahlgang an die Spitze gebracht. Sein Sieg über den amtierenden Premier Victor Ponta ist in mehrfacher Hinsicht ein dramatisches Signal.
Der liberalkonservative Iohannis gehört der winzig gewordenen deutschen Minderheit an, die eigentlich eine altösterreichische ist. Eine bornierte österreichische Politik hat deren Betreuung jedoch seit Jahrzehnten komplett der Bundesrepublik überlassen. Die Siebenbürger Deutschen haben seit dem 13. Jahrhundert in Siebenbürgen und damit ja lange unter den Habsburgern gelebt; sie sind aber am Ende des Kommunismus in großer Mehrheit sofort nach Deutschland gezogen, wo sie trotz des dortigen Stresses mit der gleichzeitigen Wiedervereinigung großzügig aufgenommen wurden. Etliche waren auch schon vorher von Bonn freigekauft worden wie etwa die Familie von Birgit Kelle, der heute in Deutschland Furore machenden Publizistin (Ceausescu verlangte pro Mensch 60.000 D-Mark, womit er seinen zusammenbrechenden Sozialismus noch eine Zeitlang finanzieren konnte).
Die Rumänen haben großes Vertrauen zu den verbliebenen Deutschen. Sie haben in Hermannstadt (das politisch korrekte Menschen nur Sibiu nennen) Iohannis jahrzehntelang zum Bürgermeister gewählt, obwohl auch dort heute kaum noch Deutsche leben. Iohannis hat aus der Stadt in dieser Zeit ein absolutes Vorzeigeprojekt gemacht.
Jetzt hoffen viele Europäer – nicht nur Rumänen –, dass ihm das auch mit dem großen Balkanland gelingt. Und dass ihm genug Zeit dafür bleibt. Denn natürlich kann eine rechtsstaatliche und marktwirtschaftliche Reform nicht über Nacht Früchte bringen. Wähler sind ja sehr ungeduldig. Auch die benachbarten Bulgaren hatten ja schon einmal einem Deutschen (und Königsnachfahren) eine Chance gegeben, der aber nicht gegen den dicken Filz aus alter Nomenklatura und neuen Korruptionisten durchgekommen ist.
Aber die Rumänen wissen, wie dringend die Herstellung eines Rechtsstaats ist. Die endemische Korruption hat jeden Aufstieg des Landes ja bisher verhindert. Und deswegen sind sie diesmal auch mit einer in jenem Land noch nie dagewesenen hohen Beteiligung zu den Urnen gegangen.
Freilich haben in Rumänien die Sozialisten noch immer Regierung und Parlament in der Hand. Wo sie bis zur nächsten Parlamentswahl fast alles blockieren können – wenn nicht die nun in Gang gekommenen massiven Demonstrationen Neuwahlen erzwingen. Mit solchen Kundgebungen haben die Rumänen auch schon vor genau einem Vierteljahrhundert (in dramatischen Weihnachtstagen) Diktator Ceausescu gestürzt.
Was in Österreich vielen (bis auf mutige Wirtschaftsunternehmen) nicht bewusst ist: Rumänien ist mit 20 Millionen Einwohnern nicht nur das weitaus einwohnerstärkste Balkanland. Es ist nach Polen auch das zweitgrößte unter allen 16 EU-Mitgliedern, die in den letzten 28 Jahren der EG/EU beigetreten sind. Und damit in dieser Gruppe auch das zweitwichtigste.
Umso wichtiger ist, dass den rumänischen Sozialisten diesmal nicht einmal mehr ganz miese Tricks geholfen haben: Sie haben ja bei Wahlen immer alles getan, dass Auslandsrumänen nicht allzu zahlreich wählen können. Diese standen diesmal dennoch zum Teil mehr als drei Stunden in der Schlange – dann aber vor den abendlich verschlossenen Toren der rumänischen Botschaften, obwohl sie oft von weither angereist waren.
Den Sozialisten war aber bisher die Empörung darüber egal. Denn sie wussten, dass sie bei allen Wählern, die ein bisschen die Welt kennengelernt haben, keine Chance haben. Zu ihren Anhängern zählt ja fast nur die zurückgebliebene – allerdings recht zahlreiche – Landbevölkerung.
Europas Sozialisten, die seit Jahren – auch über ihre vielen medialen Außenposten etwa im ORF – intensiv gegen den ungarischen Premier Orban hetzen, haben den viel schlimmeren Victor Ponta aber immer in Schutz genommen oder wohlwollend ignoriert. Auch die EU, die sich bei Orban eine Zeitlang sehr, aber letztlich grundlos aufgeplustert hat, hat bei Ponta viel zu zaghaft agiert.
Dabei hat dessen Regierung alle Maßstäbe einer demokratischen Wahl gebrochen; dabei hat Ponta ständig versucht, sogar schon gerichtlich verurteilte Korruptionisten wieder herauszupauken; dabei steht er selbst unter massivem Plagiats-Verdacht in Hinblick auf seine einstigen Studienabschlüsse, von denen er einen (an einer italienischen Uni) glatt fingiert hatte; dabei hat er insbesondere das Fernsehen total parteipolitisch instrumentalisiert; dabei hat Ponta unter fadenscheinigen Vorwänden schon den bisherigen Präsidenten zu entheben versucht; dabei hat Rumänien viele für das Land gewidmete EU-Mittel wegen des Versagens der Administration nicht abrufen können; dabei hat Rumänien unter Ponta überhaupt keine Reformen und Wirtschaftsentwicklung mehr zustandegebracht.
Tut nichts, er ist ein Linker. Und daher darf/durfte Ponta das alles.
Dafür hat Ponta scheinheilig bei der Stimmabgabe ein demonstratives Kreuzzeichen gemacht, das alle rumänischen Fernsehstationen ins Land übertrugen. So sollte die Landbevölkerung mit ihrer schlichten Volksfrömmigkeit noch ausreichend mobilisiert werden. Die Demonstrationen gegen ihn wurden hingegen nicht übertragen.
In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob Europa den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und für mehr Wachstum ernst meint. Oder ob es tatenlos immer weiter in den Schuldenstrudel treibt.
Für echte Wachstums-Strategien gibt es nur wenige Möglichkeiten: Abbau von Bürokratie, Verwaltung und Regulierungswust; Abbau von angeblich sozialen Privilegien; und die Freihandelsverträge mit Kanada und den USA, die nun entscheidungsreif sind.
Diese aber werden von grünen NGOs, Links- und Rechtspopulisten bekämpft, obwohl klar ist, dass solche großen Freihandelszonen Wachstumsschübe auslösen und Arbeitsplätze schaffen. Es tauchen skurrile Gespenster wie die „Chlorhühner“ auf, die ursprünglich von den PR-Lobbys der europäischen Geflügelindustrie verbreitet worden sind. Dabei sind Chlorhühner ja viel hygienischer als europäische Salmonellen-Hühner. Auch Schwimmbäder wären ohne Chlor gesundheitsgefährdend.
Die zweite Agitationslinie sind die Schiedsgerichte. Solche werden zum Schutz von Investitionen in einem anderen Land vereinbart. Bei solchen Schiedsgerichten nennt jede Partei einen Schiedsrichter. Diese müssen sich dann auf den dritten einigen. Wenn es einen solchen Schutz nicht gibt, können Investitionen durch die davon profitierenden Staaten nachträglich enteignet oder schikaniert werden. Nur unparteiische Schiedsgerichte geben die Chance, nicht zum hilflosen Opfer zu werden, wenn die Rechtslage nach der Investition geändert wird.
Schiedsgerichte sind viel schneller und auch meist billiger als staatliche Gerichte. Diese haben vor allem fast immer offen oder insgeheim eine Schlagseite zugunsten des eigenen Landes und gegen ausländische Firmen. Beispiele für die Notwendigkeit solcher Schiedsgerichte gibt es zu Tausenden. Ein paar aktuelle:
Aber trotzdem sind all die grünen NGOs gegen unabhängige Richter. Denn diese können sie dann mit ihren Kampagnen nicht mehr unter Druck setzen. Daher lügen sie umso mehr jetzt im Kampf gegen TTIP.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Das ist durchaus einmal ein erfreuliches – und für Österreich sehr wichtiges – Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat im letzten Augenblick doch davor zurückgescheut, den völligen Zusammenbruch der Sozialsysteme in den europäischen Wohlfahrtsstaaten auszulösen.
Eine rumänische Frau war nach Deutschland gezogen und hat dort Hartz IV verlangt, also die deutsche Form des arbeitslosen Grundeinkommens. Die gute Frau hat weder in Rumänien noch in Deutschland eine Arbeit ausgeübt. Zumindest keine legale.
Nun ist durch den Gerichtshof europarechtlich geklärt: Wer keine „ausreichenden Existenzmittel“ hat, hat auch kein Recht auf einen Aufenthalt in einem anderen EU-Land. In den ersten drei Monaten gibt es keinen Anspruch auf soziale Unterstützung. Und später nur im – individuell zu prüfenden – Fall einer ernsthaften Arbeitssuche. Freilich: Zuwanderer, die einmal, wenn auch nur kurz gearbeitet haben, die haben dann vollen Unterstützungsanspruch.
Da seit Jahresbeginn die volle Freizügigkeit auch für Bürger der beiden ärmsten EU-Länder Rumänien und Bulgarien besteht, hat man vor allem in Deutschland, Österreich und Skandinavien einen gewaltigen Zuzug von Bürgern aus diesen beiden Staaten, aber auch aus etlichen anderen Ländern Osteuropas befürchtet. Da dort Millionen Zigeuner (Roma) leben, wäre die Möglichkeit des Zuzugs in westliche und nördliche Wohlfahrtssysteme auch speziell für diese Gruppe sehr interessant gewesen.
In Österreich haben daher Pessimisten hinter vorgehaltener Hand schon mit einem Zusammenbruch des ohnedies aus allen Nähten platzenden Pensionssystems gerechnet. Bewegen sich doch die meisten Alterspensionen in den Balkanländern zwischen 100 und 200 Euro. Zwar hat man in Österreich schon etliche Anträge von Bürgern aus jenen Ländern auf die hiesige Mindestsicherung abgelehnt. Aber in der Pensionsversicherung wusste man bisher nicht, ob diese Ablehnungen auch europarechtlich halten werden. Daher bangte man enorm – auch wenn man es öffentlich nicht angesprochen hatte. Noch dazu haben Antragsteller ja meist gute Anwälte von Vereinen der Zuwanderungsindustrie zur Verfügung gestellt bekommen.
Von Erleichterung bei den für das heimischen Pensionssystem Verantwortlichen zu sprechen, ist freilich deutlich übertrieben. Denn auch ohne importierte Probleme ist klar: Die Mini-Maßnahmen, mit denen die Regierung – konkret der Sozialminister – das Pensionssystem halbwegs retten wollte, haben trotz vieler vollmundiger Ankündigungen überhaupt nicht gegriffen. Der Geldbedarf für die Renten ist weiter gestiegen und nicht gesunken oder stabilisiert.
Er übersteigt sogar die budgetären Planungen! In den ersten drei Quartalen dieses Jahres stiegen die Zuschüsse zum Pensionssystem um 250 Millionen mehr, als das Budget ohnedies an Steigerungen vorgesehen hatte.
Während manche Österreicher glauben, dass sie sich ihre Alterspension durch ihre Beiträge erarbeitet hätten, stimmt das ja in fast keinem Fall. Denn auf Grund der – erfreulicherweise – steigenden Lebenserwartung werden Pensionen im Schnitt viel länger kassiert, als den Einzahlungen entsprochen hatte. Und die Lebenserwartung steigt noch immer – erfreulicherweise – steil an. Alle vier bis fünf Jahre ist sie um ein volles Jahr höher!
Die Mini-Maßnahmen der Regierung waren demgegenüber überhaupt nicht imstande, den Pensionsantritt entsprechend anzuheben. Obwohl die Menschen viel länger gesund sind, traut sich vor allem die SPÖ nicht, da Maßnahmen zu setzen. Und auch von der jetzigen „sozialpartnerschaftlichen“ ÖVP-Führung hört man im Gegensatz zu den Vorgängern keinerlei Versuche zu mehr Mut und Ehrlichkeit bei den Pensionen.
Daher explodiert seit Jahren der Zuschuss aus dem Steuer- (Schulden-)Topf zu den Pensionen. Er ist heute schon weit größer als das staatliche Defizit. Oder ein anderer Vergleich: Das Volumen der jetzt politisch so lautstark debattierten Steuersenkung beträgt nur die Hälfte des Betrags, den der Steuerzahler dem Pensionssystem alljährlich zuschießen muss. Dabei ist das ein System, das theoretisch gar keine Zuschüsse brauchen sollte, weil es ja primär durch die Sozialversicherungsbeiträge der arbeitenden Generation im angeblichen „Generationenvertrag“ gefüttert werden sollte.
Im Vorjahr betrug deshalb der Bundeszuschuss zu den Pensionen gewaltige 9,63 Milliarden Euro. Und für 2014 hat die „Agenda Austria“ hochgerechnet, dass der Zuschuss am Ende des Jahres schon zwischen 10,2 und 10,5 Milliarden liegen wird.
Das – von dieser Koalition ignorierte – Pensionssystem ist längst das weitaus größte Problem Österreichs. Zwar hat das EuGH-Urteil jetzt eine unmittelbare Mega-Katastrophe abgewendet (worüber man sich durchaus freuen darf), aber die mittelbare Katastrophe bleibt ein unüberwindlicher Eisberg auf dem weiteren Weg des Landes.
Denk ich an Europa in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. Ein neuer schwerer Konjunkturabsturz, eine sich militärisch immer mehr aufheizende Herausforderung durch Russland, die Flucht der Industrie vor den immer unerträglicher werdenden europäischen Umweltauflagen, steil steigende Arbeitslosenziffern, explosiv wachsende Erbitterung im ohnedies schon austrittswilligen Großbritannien über unerwartete Milliardenforderungen der EU und das völlige Chaos beim Thema „Flüchtlings“-Ansturm: Jede einzelne dieser Bedrohungen würde eigentlich alle europäischen Energien erfordern. Aber was tut da EU-Europa – außer nichts? Es legt sich selber ein Jahr lang durch die Bildung einer neuen Kommission lahm und schafft ansonsten nur noch, die Bürger durch schikanöse Allergen-Vorschriften zu quälen. Deprimierend, da es auch kaum noch einen EU-Staat gibt, der Leadership und eine gute Politik hätte. Österreich am allerwenigsten.
Kein Wunder, dass da Großbritannien immer weiter vom EU-Europa wegstrebt. Die recht unerwartet gekommene Aufforderung aus Brüssel, 2,1 Milliarden Euro zu überweisen, dürfte wohl den endgültigen Bruch ausgelöst haben. Ein britischer Austritt könnte den Todesstoß für das in Agonie liegende Europa bedeuten. Egal, wer eigentlich an der Überraschung über diese Geldforderungen „schuld“ ist.
Gleichzeitig kann nun nicht einmal mehr Deutschland europäische Hoffnungen auslösen. Dort haben utopische Sozialforderungen der in die Regierung eingezogenen Sozialdemokraten das einstige europäische Vorbildland auf den gleichen Abwärtskurs gebracht, auf dem schon seit Jahren die meisten anderen EU-Länder sind.
Es macht fassungslos, dass in dieser Situation fast das einzige Lebenszeichen der Europäischen Union eine Allergen-Verordnung ist, die nun alle Gastwirte und Würstelstände zwingt, Speisekarten zu erstellen, auf denen zu sämtlichen angebotenen Speisen sämtliche enthaltene Allergene bis hin zu Milch und Erdnüssen festgehalten werden. Das lässt jetzt viele Restaurants zusperren, da sie sich weder den Aufwand eines eigenen Allergie-Spezialisten leisten können noch die saftigen Strafen, die ihnen drohen. Mit dieser Allergen-Verordnung wird die EU eine ähnliche verheerende Stimmung auslösen, wie sie es bisher nur beim Thema Glühbirnen geschafft hatte.
Bravo EU! So haben die Illusionen der dortigen Gutmenschen wieder einen kräftigen Beitrag zur Erhöhung der Arbeitslosenzahlen geleistet.
Ansonsten war die EU im heurigen Jahr ausschließlich mit sich selbst, mit Wahlen und vor allem der Besetzung von Posten beschäftigt. Bei dieser Postenbesetzung hatten die Parlamentarier offensichtlich nur ein Hauptinteresse: die Anzahl der Frauen in der Kommission. Dass durch die ausschließliche Konzentration auf die Geschlechterfrage nun Schamaninen in die Kommission geraten sind und eine ganze Reihe von blutigen Anfängerinnen, die überhaupt erst ein paar Monate in der Politik sind: Das störte hingegen überhaupt keinen der europäischen Drahtzieher. Qualität, Leistung oder gar inhaltliche Gestaltungsvisionen sind für sie keine Dimension. Sonst wäre auch nicht ausgerechnet der Franzose Moscovici zum Verantwortlichen für die Wirtschaftspolitik befördert worden, der ein Hauptschuldiger für das explodierende französische Defizit ist.
Prompt hat Brüssel jetzt auch die diversen zuvor getadelten nationalen Budgets durchgewinkt, obwohl ihre Defizite alle Verpflichtungen und Grenzen überschreiten. Dabei hat man uns in den letzten Jahren ja immer wieder versichert, dass man jetzt wirklich wasserdichte Sicherungen geschaffen hätte, damit einzelne Staaten nicht weitere Schuldenexzesse begehen und alle Reformen vermeiden könnten.
Das war aber alles Lug und Trug. Die EU hat damit die eigene Glaubwürdigkeit endgültig und total zertrümmert. Die Kommission hat sich von den Staaten billigst abschmettern lassen. Im Grund konnte man zwar ohnedies nicht glauben, dass noch irgendeine Zusage hält. Aber es ist doch frappierend, wie eiskalt die europäische Politik die eigenen Versprechungen und Verpflichtungen bricht.
Auch Österreich ist ein Land, das ganz eindeutig gegen die Defizitgrenzen verstößt (auch wenn lang nicht so arg wie Italien und Frankreich). Aber es genügte ein Brief an die Kommission aus dem Finanzministerium voller leerer Versprechungen – wie schon x-mal zuvor – und schon war für die EU alles wieder gut. So hat Österreich darin Hunderte Millionen Euro an Einsparungen durch eine Verwaltungsreform mitgeteilt. Nur gibt es weder in der Regierung noch sonstwo jemanden, der auch nur eine einzige Verwaltungsreform kennen würde. Aber Papier ist ja geduldig. Und morgen ist das Blabla von heute eh schon wieder vergessen.
Statt irgendwo sparen zu wollen, wird von europäischen Politikern sogar nach noch viel mehr Schuldenmacherei gerufen. Vor allem, aber keineswegs nur von den Sozialdemokraten. Sie nennen halt das Schuldenmachen „Investitionen“. Dabei setzen sie jetzt in Österreich eine Steuerreform durch, die zur Gänze in den Konsum geht (der zu 60 Prozent in Importprodukten besteht). Aber offenbar sollen die dadurch entstehenden Budgetlücken noch weiter vermehrt werden.
Und als wäre das Totalversagen der Politik im gesamten Wirtschafts- und Finanzbereich noch nicht genug, wird der neue Kalte Krieg mit Russland auch militärisch immer gefährlicher. Zwar ist die Schuld an diesem nicht in Brüssel zu suchen, sondern in Moskau mit seiner imperialistischen Offensivpolitik, deren Verantwortungslosigkeit an das Verhalten der europäischen Mächte vor 1914 erinnert. Das ist aber nicht wirklich ein Trost.
Der Waffenstillstand in der Ukraine ist keiner. Täglich gibt es Tote. Die von Russland finanzierten Rebellen greifen entgegen allen Vereinbarungen nun auch schon immer wieder die Stadt Mariupol an. Gleichzeitig agiert die russische Armee aber auch an anderen Grenzen, weit weg von der Ukraine, bedrohlicher als je seit dem Untergang der Sowjetunion.
Dutzende russische Langstreckenbomber und Kampfjets fliegen immer bedrohlicher an den Grenzen der EU entlang – besonders über den Meeren – und verletzen immer öfter deren Luftraum. Es hat bereits mehr als 100 Luftraumverletzungen durch russische Kampfflieger gegeben. Schwedens Gewässer sind gerade von einem russischen U-Boot „besucht“ worden. Das lässt in dem neutralen Land nun immer lautere Stimmen einen Beitritt zur Nato verlangen. Auch Polen, das schon länger in der Nato ist, fürchtet sich zunehmend; und es fordert voll Panik die Stationierung westlicher Truppen auf seinem Boden.
Niemand weiß, was Moskau mit dem Waffengerassel eigentlich will. Aber es ist eindeutig, dass Europa völlig verunsichert und desorientiert reagiert. Vielleicht ist es ohnedies das, was die Russen austesten wollten und was ihnen jetzt den Mut für weitere Expansionsaktionen gibt.
Dafür startet diese EU jetzt im Mittelmeer die Marine-Aktion „Triton“, von der auch niemand so genau weiß, was die Schiffe unter Führung der EU-Grenzagentur Frontex dort eigentlich sollen. Der Verdacht ist groß, dass sie so wie schon die bisherige italienische Marine-Operation „Mare nostrum“ den Schleppern das Geschäft erleichtern und diesen die Immigranten möglichst frühzeitig abnehmen wird. Aus diesem Grund hat auch London ein Mittun verweigert. Es erklärt ganz offen, dass es den Menschenhandel nicht noch mehr fördern will.
Von der EU wird versichert, dass Triton jetzt alle afrikanischen und asiatischen Einwanderer künftig registrieren und ihnen die Fingerabdrücke abnehmen wird. Interessant: Genau das war eigentlich schon seit jeher die völkerrechtliche Pflicht Italiens. Die EU gibt damit offen zu, dass diese Pflicht ganz offensichtlich total ignoriert worden ist.
Aber das passt ja nur in die heutige EU-Realität: Ob es ums Schuldenmachen oder die Asylwerber geht – Recht und Verträge sind nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem sie stehen. Zumindest große Länder können sie heute ganz bewusst, in großem Umfang und folgenlos missachten.
Diese EU zerbröselt in totale Beliebigkeit. Nichts gilt mehr. Aber längst gibt es auch keine brauchbaren staatlichen Strukturen mehr, die an Stelle der EU treten könnten.
Nur blinde Masochisten können sich darüber freuen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Österreich hat seit Jahrzehnten eine hohe Umweltqualität, saubere Luft und Gewässer sowie hohe Energieeffizienz. Das ist lobenswert. Dennoch wird es erstaunlicherweise laut der EU-Umweltagentur die weitaus höchste Strafe für die Nichteinhaltung der Kyoto-Klimaziele zahlen müssen. Nicht weniger als 611 Millionen Euro mussten für den Kauf von Emissionszertifikaten bereits rückgestellt werden.
Dieses Geld wäre für viele Zwecke weit besser ausgegeben. Damit könnte der Staat etwa die Mieten für die Schulen zahlen, die Landesverteidigung wieder aus der Kabarett-Ebene herausholen, oder die drückenden Schulden reduzieren.
Warum diese Strafe? Ist Österreich zum Umweltschwein geworden?
Ganz und gar nicht. Aber die Regierung hat sich in den 90er Jahren doppelt vorzugsschülerartig verhalten, nachdem sich zuvor schon die ganze EU ohne Not die weltweit höchsten Pflichten zur CO2-Reduktion auferlegt hatte. Österreich hat besonders ehrgeizige – aber auch besonders unrealistische Ziele unterschrieben.
Sie hatte dadurch populistisch dem Druck der Umwelt-Organisationen nachgegeben. Niemand hatte zu sagen gewagt, dass das Ganze völlig sinnlos ist (selbst wenn der Mensch wirklich die Ursache globaler Erwärmung ist, was auf Grund der weit höheren Temperaturen in vorgeschichtlichen Zeiten sehr zweifelhaft ist). Selbstbeschädigende Energieeinsparungen in Österreich sind für das Weltklima jedenfalls bedeutungslos, solange nicht China, die USA und noch ein paar Dutzend große Länder mitmachen.
Aber damals hat man das Lob in der Gegenwart für viel wichtiger angesehen als die Absurdität der Versprechungen für die Zukunft. Diese Zukunft war ja so fern. Heute aber ist sie da. Und die einstigen Vereinbarungen lösen nun Heulen und Zähneknirschen aus. Österreich muss ausgerechnet in der größten Flaute der Nachkriegszeit große Summen zahlen. Obwohl es keinerlei Wachstum gibt. Obwohl Österreich das vierthöchste Leistungsbilanzdefizit in der ganzen EU hat. Obwohl industrielle Flaggschiffe wie die Voestalpine angesichts der Energiepreise ihre Investitionen total nach Amerika verlagern. Obwohl seit sechs Jahren die Regierung keinerlei Reformen setzt.
Auf einem einzigen Feld könnte Österreich etwas tun, um den utopischen Kyoto-Zielen näherzukommen: Es könnte die Treibstoffpreise (durch Steuererhöhungen) nach oben schnalzen lassen. Dann wäre die heimische CO2-Bilanz schlagartig besser. Nur wäre damit umweltmäßig überhaupt nichts bewirkt, aber der Wirtschaftsstandort weiter beschädigt: Denn Lkw- und Pkw-Fahrer würden nur ihr Tankverhalten total ändern. Sie würden nach Möglichkeit im Ausland tanken. So wie sie derzeit halt lieber im billigeren Österreich tanken.
Damit würden trotz Steuererhöhung dem Fiskus große Summen entgehen. Größere, als Österreich jetzt Strafe zahlen muss – für die populistische Kurzsichtigkeit der Politik.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Warum sind in Wien (und vermutlich noch mehr im restlichen Österreich) Drogeriewaren im Schnitt um die Hälfte teurer als in München? Diesen Unterschied hat jetzt die Arbeiterkammer herausgefunden. Verdienstvoll (einmal angenommen, das war einmal wirklich eine seriöse Untersuchung). Überhaupt nicht verdienstvoll ist, dass die Arbeiterkammer einfach nicht begreift, was die Ursachen sind.
Denn die liegen zum einen in der Tatsache, dass Österreich ein Hochsteuerland ist. Arbeiterkammer und ihre Vorfeldpartei denken dennoch überhaupt nicht daran, auch nur einen einzigen Vorschlag zur Senkung der Gesamtabgabenquote vorzulegen. Was ja nur durch Ausgaben-Verzicht ginge. Sie erfinden vielmehr ständig immer noch neue Vermögens-, Reichen-, Transaktions-, Banken-, Börse-, Erbschafts-Steuern, die den einzigen Zweck haben, die Steuerlast von der eigenen Klientel auf die Wirtschaft zu verschieben. Damit wird die Gesamtabgabenquote in Österreich mit Garantie weiterhin mindestens vier Prozent höher bleiben als in Deutschland.
Die zweite Ursache von zu hohen Preisen liegt in fehlender Konkurrenz. Der Kampf für vollen Wettbewerb war für die Väter des Wirtschaftswunders von Ludwig Erhard bis Reinhard Kamitz der zentrale Grund, warum sie die Marktwirtschaft sozial nannten.
Heute jedoch sehe ich weit und breit keinen effizienten Kampf gegen die dramatischen Monopol- und Oligopol-Tendenzen gerade im österreichischen Supermarkt-Bereich. Selbst die Werbung argumentiert immer weniger mit Preisen und immer mehr mit ökologischem und Bio-Gefasel. Was natürlich immer ein Vorwand für höhere Preise ist.
Am köstlichsten ist aber, dass die Arbeiterkammer – statt hierzulande gegen die beiden Hauptursachen der hohen Preise zu kämpfen – wieder einmal nach der EU ruft. Diese wird dann halt wieder ein paar so Klugheiten produzieren wie bei den Glühbirnen. Die auf EU-Verlangen drastisch teurer geworden sind.
Damit ist wohl der letzte Damm gegen den Ansturm von Millionen Zuwanderern auf die mitteleuropäischen Wohlfahrtsstaaten gebrochen. Täter ist absurderweise der Europäische Menschenrechtsgerichtshof. Er untersagt der Schweiz, afghanische Asylwerber gemäß dem bisher gültigen Dublin-Abkommen nach Italien zurückzuschicken, von wo sie gekommen waren, und wo sie daher auch den Asylantrag stellen hätten müssen.
Ein Zurückschicken ist laut EGMR künftig nur dann noch möglich, wenn Italien individuelle(!) Garantien für eine entsprechende Betreuung und Unterbringung der Asylwerber gibt. Die Italien natürlich nie geben wird.
Der Hintergrund dieses Urteils ist klar und setzt eine Reihe von Urteilen dieses EGMR fort, die immer mehr die Interessen der Zuwanderer und der Asylindustrie ausgedehnt haben. Im EGMR dominiert in dieser Frage nämlich eine Dreierbande:
Das Wiener Innenministerium versucht jetzt zwar mit dem Hinweis zu besänftigen, dass es im konkreten Fall ja nur um eine Familie mit Kindern ginge. Das ist zwar richtig. Aber juristisch ist völlig klar: Diese Begründung des EGMR im Fall der Migrantenfamilie lässt sich fast wörtlich auch auf jeden anderen Asylwerber ausdehnen, halt ohne den Familienbezug. Denn auch für andere Migranten ist „angesichts der prekären Zustände im italienischen Asylwesen die menschenwürdige Behandlung und Unterbringung nicht gewährleistet“.
So werden nun mit absoluter Sicherheit die einschlägigen Rechtsanwälte und die gesamte Asylindustrie in unzähligen anderen Fällen argumentieren. Und damit höchstwahrscheinlich Erfolg haben.
Die Folgen dieses Urteils sind gar nicht abschätzbar. Es stellt den endgültigen Freibrief zur Einwanderung samt Asylshopping dar. Asylshopping heißt, dass sich – natürlich – jeder schlaue Asylwerber die Länder mit den für ihn besten Bedingungen aussuchen wird. Und Länder wie Italien, Griechenland und alle osteuropäischen Staaten werden – natürlich – alles tun, damit sie auch in Zukunft den Zuwanderern keine „menschenwürdige Unterbringung“ offerieren.
Freilich könnte diese Judikatur auch den Anfang vom Ende des Menschenrechtsgerichthofs selbst darstellen. Denn dieser jüngste Exzess ist ausgerechnet gegenüber der Schweiz gesetzt worden. Dort aber ist schon zuvor der Unmut über fremde Richter enorm angewachsen, welche die Schweizer bevormunden. Diese Stimmung, die sich bisher vor allem gegen die EU gerichtet hat, wird nun wohl auch den EGMR treffen. Die Mehrheit der Schweizer dürfte daher in Kürze bei einem Referendum – nicht zuletzt wegen dieses Urteils – einzementieren, dass das Völkerrecht keinen Vorrang (mehr) gegenüber ihrem eigenen Recht hat.
Diese Schweizer Stimmung eines Was-zu-viel-ist-ist-zuviel deckt sich weitestgehend auch mit jener in England, wo sich die Bevölkerungsmehrheit ebenfalls immer stärker sowohl gegen fremde Richter als auch gegen die Einwanderung richtet.
Nur in Österreich, da rennt eine von jedem Gespür verlassene Politik (unter dem Druck der linken Medien) in die gegenteilige Richtung: Da werden jene Bundesländer und Gemeinden beschimpft, die nicht genug der Asylwerber aufnehmen wollen. Und da wird jetzt auch darauf hingearbeitet, dass Asylwerber noch während des laufenden Verfahrens Arbeit annehmen dürfen. Was die klare Folge haben wird, dass sich diese dann selbst bei abgewiesenem Asylantrag darauf berufen können, dass sie eh schon integriert seien.
Und Regierungsparteien wie Medien werden sich wieder total über den weiteren Aufstieg der FPÖ wundern.
PS.: Die Amtszeit der österreichischen EGMR-Richterin geht zu Ende. Aber auch unter den Nachfolgern rangieren neuerlich geeichte Linke an der Spitze. Die bürgerlichen Parteien (und Juristen) begreifen offenbar gar nicht, wie wichtig diese Funktion ist. Sie ist weit mächtiger als ein Ministerposten, auch wenn der Name nie in der Zeitung steht.
Es wird immer absurder, die Türkei in der Gruppe der demokratischen Rechtsstaaten rund um Europarat und Menschenrechtsgerichtshof als Mitglied zu haben und zu belassen. So wie auch bei etlichen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, etwa Kasachstan.
Man müsste es ja fast für einen Scherz halten. Aber es stimmt: Die Türkei hat allen Ernstes den deutschen Botschafter wegen einer Karikatur zur Belehrung vorgeladen. Diese Zeichnung zeigt den türkischen Staatspräsidenten Erdogan als Zähne fletschenden Hund; sie war in der seriösen „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ unter dem Titel „Türken in Deutschland – eine Erfolgsgeschichte“ erschienen, und wurde jetzt in einem Schulbuch nachgedruckt.
Natürlich sind Diktatoren es nicht gewohnt, unvorteilhaft karikiert zu werden. Ebenso wie deutsche (und andere demokratische) Politiker natürlich nicht im Schlaf auf die Idee kämen, gegen eine Karikatur auch nur ein Wörtchen zu sagen.
Aber dennoch bin ich nicht sicher, ob die Deutschen den türkischen Protest so kalt wegduschen, wie es diesem gebühren würde. Denn die Türken erkennen in der Zeichnung sogar „Rassismus“, „Ausländerfeindlichkeit“ und „Islamophobie“. Gleich drei Codeworte für Schwerverbrechen, für die politisch korrekte Deutsche (und Österreicher) ja am liebsten lebenslange Haft verhängen möchten.
Aber die Türkei ist weiterhin – ganz abgesehen vom EU-Beitrittskandidaten-Status – unangefochten Mitglied in allen einst honorigen Europarats- und Menschenrechts-Institutionen.
Genauso wie Kasachstan, ein noch viel unglaublicheres Land. Jetzt ist vom Wiener Oberlandesgericht offiziell festgehalten worden, dass der angebliche „Opferverein“, der in Wien seit Jahren gegen einen kasachischen Ex-Diplomaten (und Ex-Präsidenten-Schwiegersohn) vorgeht, eine „Tarnorganisation des kasachischen Geheimdienstes“ ist.
Noch unglaublicher ist es zu erfahren, dass ein Wiener Rechtsanwalt von diesem „Opferverein“ nicht weniger als 14 Millionen Euro Honorar angenommen hat. Glaubt im ganzen Land irgendjemand, dass ein Anwalt bei einem solchen Honorar nicht ganz genau weiß, für wen er da arbeitet? Glaubt jemand ernstlich, dass ein Anwalt ganz zufällig Anwaltsakten weit weg in Luxemburg versteckt hat (wo die österreichischen Kriminalbehörden sie lobenswerterweise aufgespürt haben)?
Die Behörden haben sogar herausgefunden, dass der „Opferverein“ Spenden nicht einmal anzunehmen bereit ist. Was zeigt, dass die Kriminalpolizei in diesem Fall wirklich lobenswert ernsthaft vorgeht.
Gewiss, ein Rechtsanwalt kann jeden zum Mandanten nehmen, den er will. Aber die Tatsache, dass die SPÖ ausgerechnet diesen Mann einst mit viel Energie zum Justizminister machen wollte, macht absolut sprachlos. Der ÖVP zur Ehre überließ diese der SPÖ aber dann doch nicht das Justizministerium.
PS.: Unfassbar ist auch die überaus „zurückhaltende“ Reaktion von vielen österreichischen Medien auf diese 14 Millionen Euro. Man schaue sich zum Vergleich nur ihre wochenlange Aufregung ob einiger – gewiss strohdummer – Aussagen der Ex-Ministerin Bandion-Ortner. Welches Verhalten ist da moralisch und politisch schlimmer?
Die jüngsten Beschlüsse des EU-Gipfels zeigen es dramatisch: Das einst marktwirtschaftliche Europa ist heute total planwirtschaftlich. So wie sich einst die kommunistische Welt mit Fünfjahresplänen komplett in den Abstieg manövriert hat, tut das jetzt die EU mit ihrer Energieplanwirtschaft. Die EU-Regierungschefs glauben allen Ernstes, von oben dekretieren zu können, dass irgendwelche Energieerzeugungsformen in der Zukunft 27-, 30- oder 40-prozentige Anteile haben.
Über diese absurde Hybris könnte man ja lachen - und außerhalb Europas lacht man ja auch -, hätte sie nicht katastrophale Schäden für europäische Arbeitsplätze und Unternehmen. Energie ist ja jetzt schon in Europa viel teurer als im Rest der Welt. Was die Hauptschuld daran trägt, dass Europa seit der populistischen "Energiewende" weit hinter der Entwicklung sämtlicher anderer Weltregionen zurückgefallen ist. Dieser Grund des Abstiegs wird nur von den meisten Medien verschwiegen, weil diese ja selbst diese Energiewende verlangt haben.
In Wahrheit kann man Energieerzeugungs-Prozentsätze genausowenig prognostizieren oder gar bürokratisch-politisch diktieren wie die langfristige Entwicklung von Börsenkursen oder des Wetters. Gerade im Energiebereich sind solche Langfristschätzungen völlig falsch. Man denke nur an die einstigen Traumziffern des Clubs of Rome, die allesamt total daneben waren. Die Rohstoffe sind nicht nur nicht weniger geworden (oder gar versiegt), sondern dank neuer Abbaumethoden rapid mehr geworden. Und diese neuen Methoden sind wieder nur durch bessere Preise sinnvoll geworden.
Das heißt eben nicht, dass die neuen EU-Prozentsätze zu hoch oder zu nieder wären. Man denke nur an den rasanten Verfall der Preise für Solarenergie. Wissenschaft und Technik machen da schon heute vieles sinnvoll, was vor zehn Jahren völlig undenkbar gewesen ist. Freilich lässt sich das auch nicht linear extrapolieren.
Es steht nur ein einziger Zusammenhang fest: Der Energieverbrauch hängt nur vom Preis ab. Wenn dieser in Europa - wie schon jetzt - höher ist als im Rest der Welt, dann werden energieabhängige Arbeitsplätze weiter in rapidem Tempo aus Europa abwandern. Und wenn Energie hier billiger ist, dann werden die Arbeitsplätze hier entstehen. Alles andere ist Nonsens. Denn die prekären Jobs der Spendenkeiler von Greenpeace und anderen grünen Vorfeldorganisationen werden nicht so rasch zunehmen, das sie diesen Verlust an Jobs und Wertschöpfung ausgleichen könnten. Und selbst wenn die Klima-Paniker recht hätten, kann Europas kleiner Anteil am Weltenergieverbrauch keinerlei Klimarelevanz haben.
Das besonders Bestürzende: Europas Regierungschefs beschließen so etwas unmittelbar nach einem Wahltag, vor dem sie geschworen haben, mit ihrer Regulierungswut aufzuhören. Dieser jüngste Beschluss wird ja nun zwangsläufig noch einen Tsunami an weiteren Überregulierungen auslösen, gegen den die Glühbirnenverordnung nur ein mattes Lüftchen war.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Jetzt gibt es also den Gasvertrag zwischen Russland, der Ukraine und der EU. Letztlich läuft er auf einen Kern hinaus: Die beiden slawischen Länder haben in Anbetracht des kommenden Winters gut gepokert; die EU zahlt und haftet auch für die russischen Forderungen an die Ukraine. Langfristig sind die Karten aber ganz anders gemischt.
Es dürfte schon so sein, dass kurzfristig der EU kaum eine andere sichere und Risiko-freie Option übriggeblieben ist, wenn sie europaweit die Gasversorgung garantieren will. Immerhin kommt ja rund ein Drittel des EU-Gases aus der Sowjetunion, wovon rund die Hälfte durch die Ukraine fließt. Das lässt sich vorerst nicht dauerhaft substituieren, auch wenn Europas Gasspeicher derzeit sehr voll sind.
Die EU ist vor allem unter dem Druck ihrer östlichen Mitgliedsländer gestanden, die vor einem kalten Winter bangen. Dabei hätten westliche EU-Länder durchaus gern mehr Härte gegenüber dem doppelten Bluff der beiden Pokerpartner gezeigt. London&Co tun sich aber natürlich viel leichter, weil sie vom russischen Gas weitgehend unabhängig sind.
Aber lang-, nein: mittelfristig schneiden sich Russland und die Ukraine ins eigene Fleisch. Der Ukraine sollte klar sein: Es ist nicht nur für Russland doppelt interessant geworden, möglichst rasch noch mehr Gas-Pipelines an der Ukraine vorbei zu bauen. Damit in der Ukraine niemand mehr das für Westeuropa bestimmte Gas aus den Transitleitungen anzapfen kann. Und damit die Ukraine nicht mehr die EU zur Haftung für ihre Schulden zwingen kann. Natürlich verringert es langfristig den Stellenwert der Ukraine deutlich, wenn der Transit nicht mehr durch ihr Gebiet geht.
Gleichzeitig ist es für Europa dreifach wichtig geworden, sich möglichst rasch aus der Abhängigkeit auch von Russland zu befreien. Diese Befreiung wird nicht primär durch den Bau von Russland- und Ukraine-freien Pipelines erfolgen, sondern vor allem auch durch die Errichtung von Anlagen, mit denen Flüssiggas aus anderen Kontinenten in westeuropäische Netze gebracht werden kann.
Russland hat nun endgültig seinen Nimbus verloren, dass es in guten wie schlechten Zeiten ein absolut verlässlicher Energielieferant ist. Wer seine Halb-Monopol-Stellung einmal für Erpressung missbraucht hat, kann nie wieder den Nimbus „teuer, aber verlässlich“ erreichen, den sogar die Sowjetunion hatte. Das wird viele Investoren abhalten.
Ob das alles von Wladimir Putin ganz bis ans Ende durchdacht gewesen ist? Man zweifelt. Ist doch Russland mit seiner ganzen Wirtschaft fast total von den Erträgnissen des Energie-Exports abhängig. Ist doch der Energiepreis (dank des nordamerikanischen Frackings) trotz der Krise weltweit auf Talfahrt. Da wäre eigentlich für Moskau die Herstellung von Vertrauen im europäischen Ausland die allerwichtigste Investition in die Zukunft gewesen, selbst wenn man als Preis die alten Ukraine-Schulden abschreiben hätte müssen.
Die EU hat es nicht gewagt, Russland zu zwingen, sein Blatt offenzulegen. Damit ist der Bluff in dieser Pokerrunde gut für Moskau (und Kiew) ausgegangen. Aber eben um den für Moskau hohen Preis, dass Europas Energieindustrie nun alles tun wird, um nicht in eine weitere Hasard-Partie mit diesen beiden unverlässlichen Ländern zu geraten.
Beim Gas-Dealen war überraschend wenig vom Krieg die Rede. Aber dennoch ist klar: Die nunmehrige Lösung reduziert, wenn sie längerfristig hält, die Gefahr für die Ukraine. Moskau verliert ja eines seiner stärksten Motive, sich die Ukraine wieder als Vasall zu unterjochen, und deswegen seinen Eroberungskrieg wieder aufzunehmen.
So ist der Gasdeal zusammen mit den westlichen Sanktionen und dem Kriegsunwillen der russischen Bevölkerung nun ein weiterer Grund zu leichter Zuversicht, dass der Frieden halten könnte. Zumindest ist er das, wenn Putin rational agiert und sich nicht vom chauvinistischen Furor treiben lässt, der ja derzeit seine Popularitätswerte deutlich erhöht (und es weiter tun wird, solange es keine neuen toten russischen Wehrpflichtigen gibt). Aber diese Rationalität Putins ist keineswegs sicher, wie europaweit die aggressiven Manöver des russischen Militärs derzeit zeigen.
Das, was da in den letzten Monaten an „Stresstests“ in der europäischen Bankenlandschaft abgelaufen ist, ist mehrfach dumm und trotz des vielen ringsum gestreuten Weihrauchs schädlich.
Erstens erwecken diese Tests den völlig falschen und vor allem gefährlichen Eindruck, dass man künftigen „Stress“, also Krisen durch den gleichzeitigen Ausfall vieler Bankschuldner irgendwie voraussagen könne. Das hat man in der Vergangenheit nicht können; das ist auch für die Zukunft eine absolut lächerliche Sicherheits-Fiktion. Sie lässt die Menschen immer mehr das Gefühl für Risiko verlieren. Zweitens haben uns diese Stresstests eine gewaltige Summe an Honoraren für die Tausenden ausgeschwärmten Prüfer gekostet. Drittens haben die Stresstests den Wildwuchs an parasitären Bankprüfern noch weiter vermehrt ( die da jetzt schon sind: Nationalbanken, Finanzmarktaufsichten, Rating-Agenturen, EZB, Aufsichtsräte, Staatskommissäre, Bilanzprüfer, Controller, die Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, all die bankeigenen Prüfstrukturen). Selbst wenn man Währungsfonds und Weltbank und EU noch gar nicht dazurechnet, kosten diese riesigen Apparate so viel, dass der Crash einzelner Banken dadurch noch viel wahrscheinlicher wird. Denn nur von der Liebe leben sie alle nicht. Und viertens ist damit der Druck auf die Banken noch weiter erhöht worden, möglichst all das Geld, das die EZB derzeit in Tag- und Nachtschichten druckt, nur den Staaten zukommen zu lassen. Denn die seien ja „sicher“ und gelten als stressarm. Wie man von Griechenland bis Zypern oder gar Argentinien gesehen hat. Bei Wirtschaftsinvestitionen (sofern es überhaupt noch jemanden gibt, der solche vorzunehmen bereit wäre) landet daher logischerweise immer weniger Geld.
Europa braucht dringend Wachstum. Darüber besteht Einigkeit. Es weiß nur keine Regierung, wie das zu erzielen ist. Noch mehr Schulden geht nicht mehr. Man sucht verzweifelt andere Strategien. Da bieten sich eigentlich (fast) nur Privatisierungen an. Sie sind neben Deregulierungen eine der ganz wenigen noch vorhandenen Möglichkeiten einer Wachstums-Strategie.
Wie dringend Europa Wachstum braucht, wurde jetzt bei einem Kongress in Brüssel klar. Dort präsentierte Wolfgang Schüssel, der Präsident des Thintanks „United Europe“, erschreckende Zahlen: Im letzten Dezennium hatte Europa nur ein Wachstum von 11 Prozent, Südkorea hingegen von 58 und die USA von 25 Prozent.
Der Ökonom Christian Helmenstein vom Forschungsinstitut „Economia“ hat erstmals errechnet, was Privatisierungen da bringen könnten. In Europa gibt es 263 Unternehmen (mit über 100 Millionen Umsatz), deren Privatisierung über mehr als 500 Milliarden Euro bringen würde. Dabei hat er die Bereiche Gesundheit, Erziehung und Immobilien ausgeklammert. Dass rund ein Drittel dieser Unternehmen in Frankreich daheim ist, überrascht wenig. Mehr überrascht, dass die Franzosen dennoch kein Problem mit privatisierten Wasserwerken haben – während diese ja hierzulande als Teufelswerk dargestellt werden, das die Menschen verdursten lässt.
Der Hauptgrund, warum Ökonomen so sehr für Privatisierung eintreten, liegt gar nicht in den Einnahmen aus dem Verkauf. Die Staatsschulden sind nämlich heute so aufgebläht, dass mit den Verkaufseinnahmen (welche Helmenstein vor allem in den Breitbandausbau stecken will) nicht einmal mehr fünf Prozent der Staatsschulden abgedeckt werden könnten.
Viel wichtiger für künftiges Wachstum sind die Folgen einer von kluger Regulierung der betroffenen Branchen begleiteten Privatisierung:
Ob Europa, wie Schüssel hofft, aber wirklich Privatisierungen zu einem „Schlüsselelement einer neuen Wachstumsagenda“ macht? Man zweifelt. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Politik jeden Privatisierung-Euro nicht in Schuldenabbau oder Infrastrukturaufbau steckt, sondern in weiteren Konsum, also in das bodenlose Fass des Wohlfahrtsstaats. Und noch viel wahrscheinlicher ist, dass es gar nicht zu Privatisierungen kommt. Eine ganze Armada von Profiteuren der Staatswirtschaft ist ja Tag und Nacht unterwegs, um Privatisierungen zu denunzieren. Obwohl sich diese in der Vergangenheit zu 95 Prozent als nachhaltig erfolgreich erwiesen haben.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Europas weitaus größte Herausforderung ist heute die unerwünschte millionenfache Zuwanderung. Diese ist noch weit explosiver als die vielen ungelösten wirtschafts- und währungspolitischen Fragen und als das Wiedererwachen des russischen Expansionismus. Die Asylfrage ist der öffentlich am stärksten beachtete Teil dieser größten Völkerwanderung der Geschichte, freilich nicht der einzige.
Besonders große Sorgen macht der Asylwerberstrom vor dem Hintergrund zweier in den letzten Wochen rapide angewachsener Bedrohungen. Das ist einerseits die unheimliche Explosion der medizinisch noch unbehandelbaren Ebola-Epidemie in Afrika. Das sind andererseits die blutigen Massaker und Massenvertreibungen durch den „Islamischen Staat“ IS im Nahen Osten. Die Ängste der Europäer sind verständlich. Ein großer Teil der Asylwerber sind ja sunnitische Moslems; das ist genau jene Glaubensrichtung, aus welcher der IS seine Schlächter rekrutiert. Tausende IS-Kämpfer kommen schon aus der EU, wo sie einst als Asylanten aufgenommen worden sind.
Besonders viele von ihnen sind Tschetschenen aus Österreich. Das ist kein Zufall. Während die meisten anderen EU-Länder Tschetschenen (auch wegen deren Aggressivität) nie als Flüchtlinge aufgenommen haben, hatte Österreich lange ziemlich weit offene Tore für sie.
Was kann man aber jetzt tun? Der Streit um die quotenmäßige Aufteilung der Asylwerber berührt ja nur die Symptome des Problems. Wenn etwa in Österreich ständig Bundesländer und Gemeinden sagen „Ja schon, aber nicht bei uns“, dann reflektiert das kaum die Einstellung der Menschen. Diese sagen vielmehr immer öfter: „Nein danke, und schon gar nicht bei uns“. Den vielen lautstarken Gutmensch-Organisationen, die anders reden, die mit spitzen Fingern auf jene Gebietskörperschaften zeigen, die irgendwelche Quoten nicht erfüllt haben, stünde es gut an, selbst etwas zu tun. Also selbst Asylwerber unterzubringen. Immer nur auf Kosten anderer gut sein zu wollen, ist ziemlich heuchlerisch.
Besonders heuchlerisch verhielt sich aber in Hinblick auf die Flüchtlingsaufteilung auch Italien. Es bejammerte sich lange selbst, weil es am meisten unter der Migrantenlast zu leiden hätte. Was aber eine glatte Lüge war und ist. Denn Italien findet sich nicht einmal unter den zehn Ländern, die im Verhältnis zur Einwohnerzahl am meisten Asylwerber haben. In dieser Liste stehen auch nicht Spanien, Frankreich und Griechenland, also jene EU-Länder, welche eigentlich die ersten auf den „Flüchtlings“-Routen sind. Die also auch (gemäß den Dublin-Abkommen) die völkerrechtliche Pflicht hätten, Asylverfahren abzuwickeln.
Statt dessen nehmen diese Länder den meist von Schlepperbanden angelieferten Einwanderern nicht einmal die Fingerabdrücke ab. Italiens Behörden – oder die Mafia? – schiebt die Afrikaner und Asiaten heimlich, still und leise in andere Länder weiter. Auch die Schlepper selber schleusen ihre „Passagiere“ in der Regel gleich direkt dorthin, wo diese am besten betreut werden; wo sie die höchsten Chancen auf eine Asylgewährung haben; und von wo sie selbst bei negativen Asylbescheiden meist nicht abgeschoben werden.
Das nennt man Asyl-Shopping.
Mit Ausnahme der beiden Inselstaaten Malta und Zypern finden sich dementsprechend nur solche Länder in dieser Liste, wo Asyl-Shopping am meisten einbringt. An der Spitze steht das nordeuropäische Schweden mit seiner besonders idealistischen Tradition. Asylwerber müssen freilich eine ganze Reihe von EU-Staaten durchquert haben, bevor sie dort ankommen. Österreich steht bei den Aufnahmezahlen an vierter Stelle, was ebenfalls ein klarer Indikator für die großzügige Behandlung von Asylwerbern ist.
Folgerichtig hat EU-Präsident Italien jetzt bei der von ihm vorgelegten „Flüchtlingsstrategie“ das Thema Quoten und Aufteilung mit Schweigen übergangen. Und es beklagt auch nicht mehr, von den anderen EU-Ländern im Asylwerber-Regen alleine stehengelassen zu werden.
Was aber steht statt dessen in dieser neuen EU-„Strategie“, die recht rasch von allen EU-Ländern akzeptiert worden ist? Vor allem eines nicht: In ihr steht auch weiterhin keine funktionierende Antwort auf den millionenfachen Zustrom in die europäischen Wohlfahrtssysteme, sondern lediglich – oder: immerhin – ein paar winzige Schritte in die richtige Richtung.
Man zweifelt, dass das alles wesentliche Auswirkungen haben wird. Man kann fast wetten: Würde wirklich versucht, ernst zu machen, lassen die Schlepper einfach wieder ein Schiff mit vielen Afrikanern an Bord untergehen – und schon werden wieder alle linken und katholischen Organisationen rufen: „Die EU ist schuld“. Und wieder würde kein Politiker, kein Medium sagen: „Nein, Europa ist nicht schuld, die Schlepper sind schuld, Europa kann nicht alle Zuwanderungswilligen dieser Welt aufnehmen.“ Vielmehr würde man die Beihilfe zur Schlepperei sofort wieder aufnehmen.
Wirksam wären nur ganz andere Maßnahmen:
Wer noch immer glaubt, statt solcher Maßnahmen diese historische Herausforderung durch Wegschauen oder gar Mulitkulti-Geschwafel beantworten zu können, der ist ein Totengräber Europas und all seiner Werte. Oder er provoziert, dass in einigen Jahren auch Europa jene – unerfreulichen – Methoden gegen illegale Einwanderer anwenden muss, die in Australien oder Israel schon länger praktiziert werden: Das ist deren dauernde Internierung, weil man nur so weitere Migranten abschrecken kann.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Frankreich schafft es offensichtlich auch für 2015 nicht, die europäischen Budgetspielregeln einzuhalten. Eine Zurückweisung des Entwurfs, bzw. eine Strafe wäre die logische Folge. Wird die Kommission diesen – längst überfälligen – Schritt wagen? Wohl eher nicht, denn in der EU sind alle gleich, bis auf die, die gleicher sind, wie etwa Frankreichs Premier betont. Er verlangt „Respekt vor Frankreich“, denn „wir sind es, die über den Haushalt entscheiden“.
Er vergisst nicht, darauf zu verweisen, dass Frankreich „ein großes Land“ ist, das keine „Belehrungen zu guter Führung“ akzeptiere und meinte – so der Standard – wörtlich: „Ich fordere alle auf, die Ruhe zu bewahren und viel Respekt zu zeigen, vor allem die europäischen Partner.“
Als Österreicher, also als Bewohner eines nicht so großen Landes, dankt man für die Aufklärung. Und man erinnert sich an das Verhalten Frankreichs anlässlich der Sanktionen gegen Österreich anno 2000. Damals wurde weder Ruhe bewahrt noch mit Belehrungen gespart und es wurde nicht viel Respekt für ein Partnerland gezeigt, ja ihm sogar das Recht abgesprochen, über die eigene Regierung zu entscheiden.
Österreich hat halt den Fehler begangen, nicht rechtzeitig darauf zu schauen, ein großes Land zu werden und seine Politiker speziell in Arroganz und Chuzpe auszubilden.
Von damals ist auch ein Parteikollege des französischen Regierungschefs, ein gewisser Pierre Moscovici, als besonders übler Scharfmacher in Erinnerung. Dieser in mehrfacher Hinsicht fragwürdige Politiker ist nunmehr designierter EU-Kommissar für Wirtschaft und Finanzen, was die FAZ trocken kommentierte: „Ein Defizitsünder will Kommissar werden“. Und auch andere Medien kritisierten unter dem Motto „Der Schuldensozialist als Währungshüter“ die Tatsache, dass Frankreich „ausgerechnet den gescheiterten Finanzminister Pierre Moscovici als EU-Währungskommissar durchsetzen will“.
Ist doch logisch: ein französischer Kommissar wird gegenüber der Grande Nation keine Rügen aussprechen; kleinere Länder sollten sich aber wohl warm anziehen. Das hat Slowenien dieser Tage erfahren; mit seiner Kandidatin ist man ganz anders umgesprungen als mit dem „Pleitepolitiker“ Moscovici oder auch dem problematischen spanischen Kandidaten (aber Spanien ist ja auch ein großes Land!).
Wundert sich da noch jemand, dass sich immer mehr Bürger von dieser EU angewidert abwenden?
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.
Gleich gegen zwei Mitgliedsstaaten hat die EU-Kommission jetzt ein Verfahren aufgenommen. Gegen Österreich und Ungarn. Mutig? Kaum. Denn gegen Frankreich, den weitaus schlimmeren Rechtsverletzer, eiert Brüssel ständig herum. Da ist man feige. Man will es sich doch mit einem der ganz großen Mitglieder nicht verderben. Und Paris hat ja schon gesagt, dass seine „Ehre“ auf dem Spiel stünde. Da schlottern der EU-Kommission gleich die Knie.
Diese Doppelbödigkeit ärgert viel mehr, als man sich über die Schritte gegen die beiden Kleinstaaten freuen oder ärgern kann. Dass die EU angesichts der ständigen gewaltigen Defizite Frankreichs untätig bleibt, hat überdies viel dramatischere Auswirkungen als bei den vermuteten Rechtsverletzungen durch die beiden Mitteleuropäer.
Dieses offensichtliche Nichtstun der EU gegen Frankreich wird nämlich auch viele andere EU- und Euro-Staaten aufs französische Beispiel einschwenken lassen. Sie werden also ebenfalls auf Struktur- und Wettbewerbs-Verbesserungen verzichten, damit immer tiefer in den Schuldenstrudel geraten und damit auch Europa immer weiter mit sich reißen. Das wird den Wert des Euro weiter nach unten treiben. Und das wird mittelfristig den Druck gewaltig erhöhen, dass andere Länder die französischen Schulden übernehmen müssen. Bis zum endgültigen Zusammenbruch von Euroland.
Da tröstet es einen Österreicher nur wenig, dass die EU-Kommission nun gegen Ungarn ein Verfahren eingeleitet hat, weil dieses Land ausländische, vor allem österreichische Landwirte bei deren durch „kreative“ Rechtskonstruktionen erfolgten Investitionen in Ungarn enteignen will. Das könnte zwar für ein paar Dutzend betroffener Austro-Bauern ein Happy-end bringen; das setzt vielleicht auch der nationalistischen Willkür der ungarischen Gerichte und Gesetzgeber ein deutliches Stopp-Signal. Das hat aber volkswirtschaftlich keine wirkliche Bedeutung. Und das richtet sich vor allem gegen ein kleines Land, das sich in Europa ohnedies in eine Außenseiterposition manövriert hat.
Der EU-Angriff auf Ungarn ist umso weniger ein Trost, als die EU gleichzeitig auch gegen Österreich vorgeht. Unter einem wirklich abenteuerlichen Vorwurf: Das Land sei nicht großzügig genug gegen türkische Immigranten. Man dachte eigentlich immer, noch großzügiger geht gar nicht mehr. Aber Brüssel weiß es offenbar besser.
Das liegt freilich ganz auf der linkskorrekten EU-Linie in Sachen Türkei: Hat doch die EU-Kommission gerade erst angekündigt, neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu eröffnen. Obwohl es alle anständigen Europäer von Tag zu Tag mehr ergrimmt, dass die islamistische Regierung in Ankara ihre De-Facto-Kooperation mit den Schlächtern vom Islamischen Staat offensichtlich intensiviert, und dass die Kurden ihr Überleben einzig den USA zu verdanken haben. Eigentlich wäre es aus diesem und vielen anderen Gründen längst überfällig, dass die EU das uralte Abkommen mit Ankara kündigt, auf das man sich nun beim Vorgehen gegen Österreich beruft, und die Beitrittsverhandlungen beendet.
Und als wäre dies alles nicht genug an neuem europäischem- Frust: Jetzt macht die Voest endgültig klar, dass sie eine weitere Verschärfung der CO2-Vorschriften durch die EU (konkret: durch den Europäischen Rat) nicht mehr tragen kann. Denn das würde dem Unternehmen 800 Millionen Dollar kosten. Darauf könne es im Interesse des eigenen Überlebens nur damit reagieren, dass es ganz aus Europa abzieht.
Dabei hat die Voest derzeit schon die weitaus umweltfreundlichsten Hochöfen Europas. Dabei beeinflusst das europäische Verhalten auf Grund der Größenverhältnisse die globale CO2-Bilanz praktisch überhaupt nicht. Dabei hat man schon in den vergangenen Jahrzehnten gesehen, dass weder Asien noch Amerika dem selbsternannten Möchtegern-Vorbild EU zu folgen bereit sind; sie ziehen ganz im Gegenteil eiskalt den Nutzen aus der ständigen europäischen Selbstbeschädigung.
Aber die populistischen europäischen Regierungschefs fürchten halt noch viel mehr als die selbstverschuldete De-Industrialisierung und wachsende Arbeitslosigkeit die Polemik grüner Erpressungs-NGOs und Boulevardzeitungen. Da treiben sie lieber Europa weiter in den Untergang.
PS: Der europäische "Mut" gegen die Kleinen hatte sich ja auch beim Abschuss der slowenischen Kommissions-Kandidatin durchs EU-Parlament gezeigt. Für deren Nachfolge haben die linkskorrekten EU-Abgeordneten eine einzige Anforderung gestellt: Es müsse wieder eine Frau sein. Die kriegen sie jetzt. Sie hat zwar nur einen Monat Erfahrung als Politikerin. Und sie gilt in Slowenien als "Schamanin". Alles wurscht. Hauptsache eine Frau.
Einige Jahre lang war Deutschland Europas Leuchtturm: Die Reduzierungen des Wohlfahrtsstaats durch die Agenda 2010 brachten das Land auf die Überholspur – obwohl es gleichzeitig den bequemen Schlendrian Südeuropas finanzierte. Jetzt aber zeigen auch für Deutschland alle ökonomischen Indikatoren nur noch in eine Richtung: steil bergab.
Man sieht, wie schnell das geht. Im globalen Wettbewerb kann sich kein Land lange auf seinen Lorbeeren ausruhen. Deutschlands Lorbeeren waren ja keineswegs alt. Noch 2006/07 war das Land von schweren Krisen gebeutelt. Und praktisch alle deutschen Analysen zitierten voll Neid das Vorbild Österreich, das damals als Folge einiger schwarzblauer Reformen gut aufgestellt war. Seither erleidet Österreich freilich in allen Rankings und Trends eine steile Abwärtsfahrt, welche die Regierung nicht einmal versucht aufzuhalten. Und Deutschland stieg auf.
Warum aber geht es jetzt in Deutschland so steil hinunter? Die Ursachen:
Die SPD hat sich damit in vielem durchgesetzt. Sie glaubt halt, damit erstens Wähler zu gewinnen, und zweitens (gemäß dem alten keynesianischen Traumbuch), dass mehr Geld für Konsumausgaben die Wirtschaft ankurbeln würde. Aber das wirkliche Leben ist anders. Dadurch wurden nur die Investitionen abgewürgt. Denn Investoren sind ein scheues Reh. Sie bleiben sofort aus, wenn der Wohlfahrtsstaat über den Wettbewerbsstaat triumphiert. Selbst wenn die Staatskassen noch voll scheinen.
Wirtschaft und Konjunktur sind in erstaunlich hohem Ausmaß Psychologie, Stimmungssache. Sie reagieren auf die kleinsten Anreize. Und die Stimmung wird nicht gerade aufgehellt, wenn Frankreich und Italien Reformen immer nur versprechen, aber nie machen. Wenn die Europäische Zentralbank zum Financier der Schuldenmacher degeneriert ist. Wenn Russland imperialistische Feldzüge startet. Wenn niemand mehr das blutrünstige Wüten der Islamisten zu stoppen imstande scheint.
Dennoch sollte man die Hoffnung nicht aufgeben. Sigmar Gabriel, der Chef der am wohlfahrtsstaatlichen Fieberschub hauptschuldigen SPD, zeigt heute eine bemerkenswerte Bekehrung zur Marktwirtschaft. Finanzminister Wolfgang Schäuble, der einst den schweren Fehler der Milliarden-Hilfen für Griechenland begonnen hatte, wird von Woche zu Woche mutiger und härter zu den südeuropäischen Parasitenländern.
War der rapide Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ das entscheidende Wecksignal? Wie auch immer: Die negativen Zahlen aus Deutschland könnten doch noch eine sehr positive Wirkung haben.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die sich täglich weiter zuspitzende Staatsschuldenkrise der Europäischen Union ist das Musterbeispiel eines durch politische Interventionen in die Wirtschaft, namentlich eine verfehlte Geldpolitik, entstandenen Problems. Die Lösung der Schuldenproblematik nun herbeiführen zu wollen, indem die aufgelaufenen Schuldensummen noch weiter ausgedehnt werden, wie die Eliten in Staatskanzleien und Bankdirektionen das im Sinn haben, scheint keine besonders schlüssige Idee zu sein.
In der Welt glühender Etatisten – an staatlichen Universitäten unterrichtende Strafrechtsprofessoren, wie der Autor des vorliegenden Büchleins, zählen wohl dazu – pflegt man am Primat der Politik über die Ökonomie keine Sekunde lang zu zweifeln. Entsprechend fällt auch die Beschäftigung mit der Frage aus, wie finanziellen Verlusten, die durch die „Rettung“ von Staaten und Banken bislang entstanden sind, künftig ein Riegel vorzuschieben sei. Dabei steht nicht etwa der Schutz der legitimen Interessen jener Steuerzahler im Fokus, die bis zu drei Viertel der Früchte ihrer Arbeit beim Fiskus abzuliefern haben, sondern lediglich der „Schutz der Union“ und der Nationalstaaten. Nur (hoheitliche) Institutionen zählen. Menschen nicht.
Es geht um eine Verlagerung weiterer Kompetenzen nach oben – ins Zentrum des Euro-Imperiums. Ein gesamteuropäisches Strafrecht soll her, wenn auch (vorerst) nur für Betrügereien, die im Zusammenhang mit der Staatsfinanzierung begangen werden. Angezeigt scheint das allerdings nur als Folge grenzüberschreitender Transferzahlungen, deren Rechtmäßigkeit der Autor aber an keiner Stelle seiner Ausführungen in Frage stellt. Es handelt sich hierbei um das Muster einer Interventionskaskade mit Sperrklinkeneffekt.
Bei dieser weiteren Zentralisierung der Union handelt es sich, nach Meinung des Autors, um „…ein Wagnis, das nur Gewinne bringen kann.“ Fragt sich nur: Wem?! Dem ausgeplünderten Bürger der Nettozahlerstaaten wohl kaum. Dem würde allein ein sofortiges Ende der Transferunion nützen.
Doch Díez meint: „Mehr Europa, (und nicht weniger) ist die Lösung.“ Jedem für Freiheit in Verantwortung plädierenden, liberalen Individualisten wird sich bei diesem Satz, angesichts der bisher gezeigten, katastrophalen Performance der europäischen Institutionen beim Umgang mit der Schuldenkrise, das Haar sträuben. Anstatt die Ursachen der durch treulose Geldpolitik und großzügige Haftungsverlagerung zum europäischen Kollektiv (praktisch an Deutschland als Bürge und Zahler der Union!) bedingten Probleme und den daraus resultierenden Moral Hazard an der Wurzel zu packen, soll lediglich an den Symptomen einer anmaßenden Politik herumgedoktert werden. Das allerdings mit einer für Juristen typischen Gründlichkeit.
Wer sich dafür interessiert, wie „die da oben“ (die von Steuergeldern lebenden Parasitenklassen) ticken, dem bietet das vorliegende Bändchen viele erhellende Einsichten. Immerhin ist jedermann gut beraten, zu wissen, wie und was seine gefährlichsten Feinde denken…
Staatsschuldenkrise und europäisches Strafrecht
Carlos Gómez-Jara Díez
LIT-Verlag 2014
93 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-643-90499-7
€ 29,90,-
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Die islamischen IS-Banden sind das Brutalste und Gewalttätigste, was seit Adolf Hitler, Josef Stalin und Dschingis Khan auf diesem Erdball sein Unwesen getrieben hat. Umso jämmerlicher und bestürzender ist, dass die Außenwelt außer scheinheiligem Jammern nichts tut – höchstens die eigenen Hosen randvoll zu füllen.
Kein Europäer soll sagen, es gäbe nichts, was man da angesichts der öffentlich zelebrierten Enthauptungen, des scheinbar unaufhaltsamen IS-Vormarschs, der Vergewaltigungen und Versklavungen noch machen könne. Man wolle ja nicht in den Krieg ziehen, heißt die billige Ausrede, um sich gleich jedes weitere Nachdenken zu ersparen. In den Krieg ziehen könnte man freilich sowieso nicht mehr, weil Europa in einem naiven Traum vom ewigen Frieden die eigenen Armeen weitgehend abgebaut hat.
Aber es wäre dennoch vieles nicht nur möglich, sondern auch notwendig, ohne dass man selber in den Krieg zieht. Ein kleiner Katalog wesentlicher Teile einer Strategie, die notwendig wäre, wenn sich Europa noch ernst nähme:
Nichts von diesen Punkten ist ein Aufruf, junge europäische Männer in einen Krieg zu schicken. Es ist vielmehr die vielleicht letzte wirksame Strategie, um genau das doch noch zu verhindern. Wenn wir nichts tun, wird es sehr wahrscheinlich, dass unsere Söhne und Enkel das wieder auf sich nehmen müssen, was bei den beiden Türkenbelagerungen und den nachfolgenden Feldzügen Prinz Eugens zur Befreiung von halb Europa schon einmal notwendig war.
Am widerlichsten sind all jene, die bei jeder Bedrohung lautstark nach immer noch mehr amerikanischem Einsatz rufen, die bis zum letzten Amerikaner kämpfen wollen, die aber gegen jede eigene Aktivität Europas sind. Und die sich in weniger bedrohten Zeiten vehement über eine vermeintliche (unter Barack Obama ohnedies weitgehend aufgegebene) Weltpolizistenrolle und Vormachtstellung Amerika empören.
Manche halten das ja für nachahmenswert, was da das EU-Parlament bei den Kommissions-Kandidaten tut. In Wahrheit ist es aber höchst problematisch, um nicht zu sagen mies. In vielerlei Hinsicht.
Es wird einem zum Beispiel fast übel, wenn man erkennt, wie sehr das EU-Parlament de facto von einer nie offen eingestandenen Packel-Koalition aus linken Christdemokraten und Sozialisten beherrscht wird, wobei die Grünen als Dauersouffleure fungieren (denen viele Korrespondenten nach dem Mund schreiben). Dabei sind die Christdemokraten etwa in Großbritannien gar nicht zur Wahl gestanden.
Macht nichts. Es gilt das uralte Parteien-Motto: Greifst du meine Leute an, dann räche ich mich an deinen. Der Waffenstillstand hat gehalten. Und zum Ausgleich zeigt man dann seine Möchtegern-Stärke halt umso heftiger gegenüber Kommissions-Kandidaten anderer politischer Herkunft.
Noch widerlicher ist eine andere jetzt offenkundig gewordene, aber ebenfalls nie wirklich zugegebene Tatsache: Es schadet nicht nur, wenn man von einer anderen politischen Gruppierung kommt, sondern noch viel mehr, wenn man aus einem kleinen Land kommt.
Daher wurde jetzt die linksliberale Slowenin Alenka Bratusek eiskalt abgeschossen, während die zehnmal üblere Besetzung des Wirtschaftsressorts durch den als Defizitmacher und Sünder wider alle Stabilitätsvereinbarungen berüchtigt gewordenen französischen Sozialisten Moscovici durchgewinkt wird. Moscovici ist links, kommt von einer der beiden großen Fraktionen und aus einem großen Land. Das genügt. Das sind drei Gründe, die skandalöseste Besetzung dieser Kommission nicht anzugreifen. Ob sich die EU-Abgeordneten dabei eigentlich noch in den Spiegel schauen können?
Die linke Parlaments- und Medienmafia wollte auch noch drei Konservative abschießen, hat es aber nicht geschafft. Vor allem gegen den ungarischen Kandidaten wurde wild gehetzt. Ihn hat offenbar trotz der Kleinheit Ungarns und trotz des Hasses der Linken gegen sein Land am Ende doch die Zugehörigkeit zur größten EU-Fraktion (nämlich der Europäischen Volkspartei) gerettet. Und an den konservativen Briten Hill wagte man sich letztlich doch nicht heran, obwohl die Linken schon die Messer geschliffen hatten. Denn dann wäre mit tausendprozentiger Sicherheit der EU-Austritt der solcherart provozierten Briten festgestanden. Daran will man doch nicht schuld sein.
Kandidaten kleiner Länder, wie etwa der Österreicher Hahn, tun gut daran, einer der beiden großen Fraktionen anzugehören und der anderen hinter den Kulissen jeden Wunsch zu erfüllen. Und vor allem tun sie gut daran, ein möglichst nichtssagendes Profil zu haben. Und das hat Hahn. Durch interessante inhaltliche Inputs ist er ja seit seiner Zugehörigkeit zur Kommission noch nie aufgefallen.
Was sollten jene Europäer aus den jüngsten Vorgängen lernen, die geglaubt hatten, durch Wahlabstinenz oder Stimmabgabe für Skurril-Parteien die EU zu bestrafen? Erstens, dass sich niemand in der EU bestraft fühlt; dort ignoriert man die Nichtwähler. Und zweitens, dass jetzt die Großfraktionen mehr denn je schalten und walten, wie sie wollen.
Auch die viel zahlreicher gewordenen europaskeptischen Abgeordneten im EU-Parlament haben sich bei der Kommissionswahl als völlig bedeutungslos erwiesen. Es zeigt sich: Wenn man gegen alles und jedes zu sein scheint, kann man am Ende überhaupt nirgendwo mehr mitreden. Dann wiegt man politisch viel weniger, als man eigentlich am Wahlabend gewesen ist.
Der Ärger über die Vorgänge im EU-Parlament heißt nicht, dass Frau Bratusek eine gute Wahl wäre. Ganz im Gegenteil: Die Art, wie sie zur slowenischen Kandidatin geworden ist – nämlich durch Selbstnominierung –, war ziemlich widerlich. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass das EU-Parlament in seiner Profilierungsgier wie die alten Götter ein maßgeschneidertes Menschenopfer bekommen hat.
PS.: Noch eine Erkenntnis ist erstaunlich: Wenn die Machtspiele der großen Fraktionen und großen Länder toben, ist plötzlich die feministische Hysterie des Sommers vergessen, dass es viele weibliche Kommissare geben müsse. Dann schießt man auch eine Frau eiskalt ab, selbst auf das Risiko hin, dass dann ein Mann nachkommen könnte.
Europas und Österreichs Wirtschaftsdaten stürzen nach der ohnedies deprimierenden Stagnation des letzten Jahrzehnts jetzt sogar steil nach unten. Nach oben schießen lediglich die Arbeitslosenzahlen und der Wert fremder Währungen. Genau in diesem Zeitpunkt lässt die Politik eine neue Sturzflut extensiver ökosozialer Regulierungen über Europa und Österreich hereinschwappen. Diese werden Hunderttausende Arbeitsplätze kosten. Aber natürlich wird daran so wie immer die Politik unschuldig sein und irgendwem anderen die Schuld daran geben (am liebsten einem diffusen Gespenst namens „Neoliberalismus“, obwohl man nicht einmal sagen kann, was das eigentlich ist).
Haupttäter sind die EU-Abgeordneten. Im letzten Parlament waren sie zusammen mit der EU-Kommission geradezu von einer Regulierungspsychose besessen, deren Folgen meist erst nach den Wahlen sichtbar werden. Aber auch Österreichs Parlamentarier trugen und tragen ein ordentliches Scherflein zur zwänglerischen Vorschriftenwut bei.
Besonders drastisch wird das Regulieren bald in der Gastronomie zu spüren sein, selbst beim kleinsten Würstelstand und Zuckerl-Geschäft: Bei allen verkauften Lebensmitteln müssen sie nämlich künftig – wie Pharmakonzerne bei einem Medikament – alle Inhaltsstoffe angeben. Das hat jetzt schon eine ganze Reihe von Unternehmern überzeugt: Bevor sie sich das antun, sperren sie lieber ganz zu. Allein an diesem Wochenende bin ich ohne sonderliche Recherche sechs Restaurants/Kaffeehäusern/Geschäften begegnet, die gerade für immer zugesperrt haben. Und wetten: Im Dezember werden noch viel mehr aufhören.
Denn dann müssten sie nämlich alle Allergene in irgendwelchen Speisen schriftlich kundtun. Sie müssten diese in all ihren Speiskarten nennen oder zu den Zuckerln Beipackzettel legen. Allergene sind etwa Sellerie, Eier, Milchprodukte, Krebstiere oder Nüsse und vieles andere mehr. Nicht gerade ausgefallene Sachen.
Gewiss: Es gibt Menschen, die irgendetwas davon nicht vertragen. Aber bisher musste sich diese kleine Minderheit um ihr Problem selbst kümmern, künftig müssen das alle. Für die einen entstehen gewaltige Kosten (was Gasthaus-Besuche noch teurer machen wird); die anderen geben eben auf.
Ähnlichen obrigkeitlichen Zwang übt die Politik beim Thema Rollstuhlfahrer auf. Viele Millionen Euro müssen da bei einem einzigen Gebäude aufgewendet werden, um es mit aufwendigen Rampen-Konstruktionen leicht zugänglich zu machen. Um das gleiche Geld könnte man auf viele Jahrhunderte Träger engagieren, die jeden (der ja nicht allzu häufigen) Rollstuhlbenutzer behutsam ins Gebäude hineinhieven oder tragen. Aber das hätte halt dem modischen Slogan widersprochen, dass man alles „Ohne Hilfe“ machen will. Um jeden Preis.
Besonders gern doktern die politischen Überregulierer auch am Kinderbetreuungsgeld herum. Denn einigen Sozialmanipulierern ist es zuwider, dass noch immer viel häufiger Mütter als Väter dieses Geld in Anspruch nehmen. Obwohl die Politik doch das Gegenteil angeordnet hat. Sie will allen bis ins privateste Familienleben hinein ihre ideologischen Vorstellungen aufzwingen. Sie will mit allen Mitteln den Willen jener Familien brechen, die lieber auf ihre eigene Weise leben wollen.
Besonders aggressiv wird von den Regulierungswütigen auch an allen Schrauben herumgedreht, die das Arbeiten in einer Firma feinsteuern sollen. So sollen jetzt die Unternehmen zunehmend zu Quoten gezwungen werden, also zu von der Politik diktierten Prozentsätzen für den Anteil der einzelnen Geschlechter. Bei Behinderten hat das die Politik schon getan. Und wenn einmal dieser Damm gebrochen ist, wird es natürlich bald auch Quoten für Zuwanderer, Moslems und Schwule geben. Und wieder wird man sich wundern, dass das nicht gerade die Lust von Unternehmern erhöht, überhaupt aktiv zu werden.
Schon durchgesetzt haben sich die Regulierungsfanatiker bei der Arbeitszeit der Ärzte. Diese wird jetzt gesetzlich so stark reduziert, dass es in vielen Spitälern bald zu wenig Ärzte geben wird. Denn selbst wenn sich manche Spitäler die Anstellung zusätzlicher Mediziner leisten könnten, um die neuen Arbeitszeitlimits einzuhalten, gibt es weit und breit keine Ärzte, die man überhaupt anstellen könnte (weil man wegen der viel besseren Verdienstmöglichkeiten ins Ausland abgewandert ist). Die Gesundheitsversorgung droht zwar zusammenzubrechen, aber Hauptsache, man hat den Vorschriften-Dschungel des Wohlfahrtsstaats noch dichter gemacht.
Das Regulieren ist des Politikers größte Lust. Diese Erkenntnis macht auch klar, warum sich immer mehr Politiker gegen internationale Schiedsgerichtsvereinbarungen wehren. Denn wenn es einmal wirklich neutrale Schiedsgerichte für Streitigkeiten zwischen einem Staat und einem Investor gibt, kann die Politik nicht mehr ungehindert das miese Spiel spielen: Zuerst zeigt sie sich von der nettesten Seite, um Investoren hereinzuholen; sobald diese aber im Land sind, ändert man willkürlich die Gesetze, um die Investoren auszurauben. (Wer glaubt, dass sei nur in der Dritten Welt so, nicht aber in EU-Ländern, der schaue nur, wie es österreichischen Investoren in Ungarn geht: Bauern, Banken, Lebensmittelhändler – alle werden dort jetzt ausgenommen wie eine hilflose Weihnachtsgans. Und sie haben keine realistische Chance, vor den staatlichen Gerichten Ungarns Recht oder zumindest eine faire Behandlung zu bekommen).
Glühbirnen; Duschköpfe; Rauch-Verbote; Gurtenpflicht; Genderzwang an Unis und Schulen; Geländer auf allen Dächern rund um die Schornsteine; Vorschriften über doppelte Aufzugstüren in Wien oder über die Beschaffenheit von Kindersitzen: Immer wilder werden die totalitären Anmaßungen der Regulierer.
Aber jedes Mal, wenn Wahlen sind, verspricht die Politik Besserung: Jetzt sei sie klüger geworden, werde mit dem Unsinn aufhören und Deregulierung praktizieren.
In Wahrheit aber tut sie zynisch das exakte Gegenteil. Wie eine Gouvernante glauben die Machthaber, die Menschen führen, lenken, zwingen zu müssen.
Die Freiheit der Menschen steht nur noch auf dem Papier. Und die Meinungsfreiheit steht nicht einmal mehr dort. Denn Kritiker von Schwulen-Ehe und -Adoption, oder der Masseneinwanderung aus Dritte-Welt-Ländern müssen zunehmend damit rechnen, im Gefängnis zu landen. Als Extremist, als Rassist, als Homophober, als Diskriminierer. Mehr als 200 Jahre nach der französischen Revolution erreicht der Terror der selbsternannten Tugendwächter wieder neue ungeahnte Höhen. Wieder diktieren Politiker, was man zu sagen oder denken hat.
PS: Der ÖVP-Obmann will jetzt allen Ernstes die alte Oberregulierer-Phrase von der „ökosozialen Marktwirtschaft“ zum „Erneuerungs“-Slogan seiner Partei machen. Das hat Christoph Neumayer (Industriellenvereinigung) kürzlich treffend wie süffisant so kommentiert: „Mit der „ökosozialen Marktwirtschaft“ hat die Volkspartei schon in den Neunziger Jahren Wahlen verloren.“ Freilich: Um sich ständig noch mehr Regulierungen und Freiheitseinschränkungen einfallen zu lassen, eignet sich das Allerweltsvokabel „ökosozial“ perfekt.
Je mehr Geld es gibt und je schneller es umläuft, desto besser. Dann brummt der Konsum und wir alle werden dadurch reich. Deshalb ist es auch gut, dass die Zinsen von weisen Notenbankern nach unten, möglichst auf Null Prozent, manipuliert werden, um auf diese Weise dem groben Unfug des Sparens entschlossen entgegenzuwirken. Denn Wohltäter ist, wer sich verschuldet; Der Sparer dagegen ist ein Parasit am Volkskörper!
Schließlich entzieht er der Wirtschaft durch seinen schändlichen Verrat heimtückisch das wichtigste Treibmittel. Außerdem kann natürlich nur eine weiche Währung eine gute Währung sein, da ein niedriger Wechselkurs bekanntlich die Exporte begünstigt und Importe verteuert. Fest steht: Exporte sind eine tolle Sache, und Importe grundsätzlich Werke des Teufels.
So oder so ähnlich lässt sich jenes Amalgam merkantilistisch-keynesianischer Voodoo-Ökonomie zusammenfassen, das uns von der großen Mehrheit der politischen Eliten und Finanzgurus pausenlos serviert wird. Dementsprechend sieht auch die Politik des ganz und gar unter politischer Kuratel stehenden Bankensektors aus: Geld ist derzeit so billig wie noch nie.
Doch langsam aber sicher mehren sich die Stimmen der Mahner, die vor den verheerenden Folgen der immer weiter zunehmenden Geldschwemme warnen. Die beiden Ökonomen Hans-Werner Sinn, Chef des Münchener ifo-Instituts, und Jürgen Stark, unter Protest von seinem Vorstandsmandat der EZB zurückgetretener Ex-Notenbanker, zählen dazu.
In seinem soeben erschienenen Buch „Gefangen im Euro“ geht Sinn mit der EZB-Politik hart ins Gericht. Die allein auf das Ziel der Wahrung der Währungsstabilität verpflichtete EZB habe gleich gegen mehrere Prinzipien verstoßen: Die Rettung von Staaten und die monetäre Staatsfinanzierung stünden dabei an erster Stelle dieser Verstoße. Banken um jeden Preis zu retten, anstatt sie, wie jedes andere insolvente Unternehmen, in Konkurs gehen zu lassen, gehöre ebenfalls nicht zu ihren Aufgaben.
Was indes keiner dieser Ökonomen und Kritiker der lockeren Geldpolitik bisher offen ausgesprochen hat: Hinter all dem Übel steckt die (unheilbare?) „demokratische Krankheit“ (© Christoph Braunschweig): Die Zurückdrängung und Ausschaltung individueller Haftung für Fehlentscheidungen aller Art und die Kollektivierung der daraus resultierenden Kosten. Wenn alle mitzureden haben, ist am Ende keiner verantwortlich.
Das demokratische Dogma lautet nun einmal, dass die Mehrheit immer Recht hat. Und die Mehrheit bestimmt die Marschrichtung – ohne Rücksicht auf noch so hohe Verluste der marginalisierten Minderheit. Die Mehrheit der Staaten Europas aber hängt an der Nadel namens lockere Geldpolitik.
Was das für die (wenigen) verbliebenen Nettozahler der Union bedeutet, liegt auf der Hand: Sie werden von den über die Mehrheit gebietenden Transferempfängern gnadenlos über den Tisch gezogen. Damit allerdings hat der aufrechte Demokrat ja jede Menge Erfahrung. Wie im Kleinen – im modernen demokratischen Wohlfahrtsstaat – so im Großen: in der supranationalen Transferunion: Die Zahler haben bei allgemeinem, gleichem Stimmrecht nichts zu melden…
Was auffällt: Kein bei klarem Verstand befindlicher Mensch wird die kollektive Haftung der Hausgemeinschaft eines Mietshauses für die Verbindlichkeiten eines moralisch minderwertigen Mitbewohners gutheißen. Jedermann wird instinktiv begreifen, dass dies geradezu einer Einladung zur Sorglosigkeit und einer Bestrafung solider Haushaltsführung gleichkommt. Welches Motiv hat denn der Einzelne, ordentlich zu gebaren, wenn doch stets andere für ihn geradestehen müssen?
Niemand kommt auf die Idee, von „Solidarität“ zu schwadronieren, wenn eine Gruppe arbeitsamer und sparsamer Menschen gegen ihren Willen dazu genötigt wird, dauerhaft einen spielsüchtigen Trunkenbold in ihrer Nachbarschaft zu finanzieren. Jeder wird das als Ungerechtigkeit begreifen.
Bedauerlicherweise aber ändern sich die Voraussetzungen völlig, wenn die Kollektive größer – und damit unüberschaubar – werden. Die demokratische Wahl einer (private Eigentumsrechte mit Füßen tretenden) sozialistischen Partei stellt keinen Akt der Solidarität mit Unterprivilegierten und Minderbemittelten, sondern vielmehr einen indirekten Raubüberfall auf hart arbeitende Leistungsträger dar. Diese werden in der Folge – ungefragt – zur Finanzierung von Müßiggängern, Minderleistern und (Sozial-) Bürokraten verurteilt. Das wird der Mehrheit entweder nicht bewusst oder es wird – schlimmer noch – von ihr sogar gutgeheißen, weil ihr die potentiellen Raubopfer nicht persönlich bekannt sind!
An dieser Stelle stellt sich für Hans-Werner Sinn die Gretchenfrage: Die Euro-Zone muss sich die Frage stellen, „wie man mit schwarzen Schafen umgeht, wenn die schwarzen Schafe in der Mehrheit sind". Es kann indes kein Zweifel daran bestehen, dass die schwarzen Schafe ihre Interessen auf Kosten ihrer weißen Artgenossen ungeniert durchsetzen werden.
Die Frage des „Umgangs mit den schwarzen Schafen“ stellt sich in der Demokratie nicht. Die tun nämlich einfach, was sie wollen, weil sie über die Mehrheit verfügen. Die ernüchternde Wahrheit ist: So und nicht anders funktioniert die zeitgenössische Ochlokratie. Als beinharte Diktatur der Mehrheit!
Nachdem die seit Jahren von der EZB betriebene Zinsmanipulation – zum namenlosen Verdruss des Brüsseler Politbüros – die erhoffte Wirkung nicht gezeigt hat, nachdem also sowohl Investitions- als auch Konsumboom ausgeblieben sind, steht uns in der nächsten Eskalationsstufe mutmaßlich der großzügige Ankauf dubioser Staatsanleihen durch diese famose Organisation ins Haus. Damit sollte der Weg zu von jeder Fessel befreiten, uneingeschränkten Eingriffen der Politik in die Wirtschaft und ins Leben jedes einzelnen Bürgers endgültig geebnet sein.
Gottlob machen unsere weisen Obertanen nie etwas falsch und handeln keinesfalls je im eigenen Interesse. Sie werden diesen ungeheuren Machtzuwachs also nur absolut selbstlos und zum Besten ihrer unmündigen Untertanen einsetzen – ganz bestimmt.
Die „Südländer“ der Eurozone fordern lautstark und unermüdlich die Produktion immer mehr neuen Geldes. Fatalerweise ist der Chef der EZB, Mario Draghi, ein archetypischer Freund der italienischen Oper, einer ihrer zuverlässigsten Sachwalter. Außerdem wurde ja auch der EZB-Rat der Segnungen der Demokratie teilhaftig – Entscheidungen im Sinne der Transferempfänger sind daher jederzeit sichergestellt. Das ist insofern wunderbar, weil Griechenland, Spanien, Italien, Portugal und Frankreich bekanntlich entschieden zu teuer produzieren und deshalb nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Quantitative easing, Weichwährungspolitik und Wechselkursverschlechterung werden diese Länder also der Notwendigkeit entheben, schmerzhafte, strukturelle Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen. Alles wird gut – dank der genialen Politik der Geldsozialisten von der EZB.
Einige klitzekleine Schönheitsfehler bleiben freilich: Den Außenwert der europäischen Währung zu verschlechtern, führt einerseits zur Konservierung ineffizienter Strukturen in den maroden Staaten, und andererseits beschert es den Bürgern – europaweit – massive Kaufkraftverluste.
Hans-Werner Sinn sieht „zwei verlorene Jahrzehnte“ auf Europa zukommen. Am Beispiel Japans kann man bewundern, was wohl auch der EU bevorsteht: Eine Jahrzehnte lange Zeit anhaltende Stagnation, der mit einer noch so lockeren Geldpolitik (der von den Wettbewerbern in Übersee selbstverständlich mit einem Abwertungswettlauf gekontert wird) einfach nicht beizukommen ist.
Was würde uns Lord Keynes – vor den rauchenden Trümmern seiner grandiosen „General Theory“ stehend – heute wohl erzählen…?
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Es ist eine längst notwendige Diskussion, die da jetzt die britischen Konservativen angestoßen haben: Ist die Entwicklung der europäischen Menschenrechtsjudikatur noch akzeptabel? Ist es richtig, dass über den nationalen Gerichten auch noch ein Europäischer Menschenrechts-Gerichtshof steht? Auch wenn man nicht immer ihrer Meinung ist, so muss man den Briten dankbar sein, dass sie diese Debatte angestoßen haben.
Ähnlich kritische Fragen zu diesem EGMR hat im vorigen Jahrzehnt in Österreich auch schon der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel aufgeworfen. Jedoch damals ohne viel Echo. Seine Nachfolger begriffen wohl nicht einmal die Problematik.
Gerade bei den Briten ist es nicht nur Nationalstolz und die allgemein aufwallende Anti-Europa-Stimmung, die sich gegen diesen Gerichtshof wendet. Dabei hat dieser gar nichts mit der auf den Inseln so unbeliebt gewordenen EU zu tun (deren Parlament die Briten gerade jetzt wieder durch den Widerstand gegen den nominierten britischen EU-Kommissar provoziert – was nur zu einem noch dringenderen Austrittswunsch der Briten führen wird).
Soll sich ein Staat, der so fair war wie Großbritannien, ein völlig korrektes und freies Unabhängigkeitsreferendum in Schottland zuzulassen, fremden Richtern unterwerfen? Diese kommen ja nicht nur aus Ländern wie Spanien, das gerade jetzt immer härter gegen die katalanischen Selbstbestimmungs-Forderungen vorgeht. Sie kommen auch aus problematischen Balkanstaaten und postsowjetischen Semidiktaturen in Asien, wo es nicht die geringste rechtsstaatliche Tradition und Erfahrung gibt.
Überdies sind alle EGMR-Richter durch rein politische Entscheidungen ihrer jeweiligen Regierungen entsandt worden. Sie waren vorher oft nicht einmal Richter (Beide Vorwürfe können und müssen freilich auch dem österreichischen Verfassungsgerichtshof gemacht werden).
Solche Richter sollen über grundlegende Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit oder das Recht auf ein faires Verfahren entscheiden? In der Tat kann man die Briten verstehen, dass sie ihre Grundrechte bei der heimischen Justiz mit ihrer totalen Unabhängigkeit besser aufgehoben sehen als bei diesem Straßburger Gericht.
Die Judikatur dieses Gerichtshofs hat sich in eine sehr problematische Richtung entwickelt. Die Rechte von Zuwanderern und Asylwerbern wurden immer überspitzter ausgebaut. Bei dieser Frage treffen sich offensichtlich die ideologischen Traumvorstellungen linker Richter und die ihrer Kollegen aus solchen (östlichen) Ländern, in die niemand zuwandern will, aber aus denen viele Menschen auswandern.
Während sich das Gericht als weitgehend wehrlos angesichts der vielen politischen Strafurteile etwa in Russland erweist, hat es Kinkerlitzchen durchgesetzt wie etwa das Recht von Häftlingen, an Wahlen teilzunehmen. Das Straßburger Gericht verhindert auch oft die Abschiebung von Terroristen. Österreich kann heute nicht einmal Drogenhändler abschieben, deren Asylantrag abgewiesen worden ist, wenn in ihrer Heimat auf Drogenhandel die Todesstrafe steht.
Das in der Menschenrechts-Konvention stehende „Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens“ ist vom EGMR überhaupt zum größten Tor auf Zuwanderung uminterpretiert worden, dem Recht auf Familienzusammenführung. Dieses Recht steht zwar nirgendwo im Text der Konvention, aber diese EGMR-Judikatur hat inzwischen Millionen von Asiaten und Afrikanern die Zuwanderung nach Europa ermöglicht (ein einziger legaler Gastarbeiter konnte in Extremfällen sogar mehr als hundert Menschen legal hereinholen!).
Viele dieser Entwicklungen sind extrem bedenklich. Aber meist wurden sie nur hinter vorgehaltener Hand kritisiert. Galt man doch immer nur dann als guter Mensch, wenn man über diese Entwicklung jubelte.
Ihre Ursache ist nicht nur die extrem problematische Zusammensetzung der Richterbank, sondern auch die generelle Lust von Juristen, immer mehr und immer detaillierter zu regeln. Das geschieht oft aus reiner – vielleicht nicht immer ganz bewussten – Machtlust. Das führt zur schrittweisen Entmachtung der demokratisch legitimierten Gesetzgeber (egal ob diese repräsentativ oder direkt-demokratisch agieren).
Viele Juristen würden sich offenbar als überflüssig fühlen, würde sich der Menschenrechts-Gerichtshof auf die in der europäischen Menschenrechts-Konvention festgehaltenen Dinge konzentrieren und beschränken. Wie etwa auf die diversen Freiheitsrechte, das Verbot der Folter oder das Recht auf Leben (das freilich bei Abtreibungen nicht geschützt wird).
Und dennoch tendiert man als Österreicher alles in allem doch noch für einen Verbleib in diesem Gerichtshof. Die Migrations-fördernde Gutmenschpolitik der heimischen Richter würde die realitätsfremde Linie des EGMR nämlich auch ohne diesen fortsetzen. Und in Hinblick auf die Meinungsfreiheit ist der EGMR in Österreich de facto der einzige Schutz gegen politische Willkür.
Die Meinungsfreiheit war hierzulande einst sehr vom Denken eines Obrigkeitsstaates eingeschränkt. Erst Straßburg hat viele Gerichtsurteile aufgehoben, mit denen Politiker (wie etwa auch noch ein Bruno Kreisky) Kritiker zu knebeln versucht haben. Auch heute ist Straßburg – noch? – ein teilweise funktionierendes Bollwerk gegen die Versuche, die links-grüne Korrektheit per Gesetz zu oktroyieren und jeden Verstoß dagegen zu strafen.
Freilich ist das nach Abwägen aller Pro und Kontras auch schon fast der einzige valide Grund, die Anti-EGMR-Linie der britischen Konservativen nicht zu teilen. Und jedenfalls ist es extrem positiv, dass nun dank der Briten auch öffentlich eine kritische Debatte über die skizzierten Fehlentwicklungen beginnen dürfte. Ob sie freilich auch konkrete positive Folgen haben wird – sei es eine vernünftigere Judikatur, sei es die Entmachtung der Regierungen bei der Richterbestellung? Man zweifelt.
Hunderte Male haben es Politiker behauptet. Und wir alle haben es nachgebetet: Studieren erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist aber in Österreich seit einiger Zeit eine Unwahrheit.
Denn ein Blick in die Statistiken der EU (Eurostat) zeigt Erstaunliches. Die Arbeitslosenquote der 25- bis 29-Jährigen weist bei jenen mit „tertiärem Abschluss“ (also auf Deutsch: einem Uni-Abschluss) für das Vorjahr eine Arbeitslosenquote von 6,4 Prozent auf. Bei jenen mit „Sekundär-II-Abschluss oder postsekundärem Abschluss“ liegt er hingegen bei signifikant niedrigeren 5,5 Prozent. Das sind etwa Maturanten von AHS und BHS, Handelsschüler, Lehr-Absolventen, Krankenschwestern; also bis auf die (mangels anderer Optionen überwiegend an die Unis wechselnden) AHS-Absolventen lauter Jugendliche mit gezielt berufsorientierten Ausbildungen.
Das besonders Dramatische an diesem Zahlen ist nicht nur, dass sie ein verbreitetes Weltbild zum Einsturz bringen, sondern auch, dass Österreich damit ziemlich alleine dasteht. Lediglich in Italien ist es auch so, dass mit einem Uni-Diplom die Berufschancen schlechter sind als nach einem Sekundär-II-Abschluss.
Gewiss: Diese Zahlen beziehen sich auf die Jahre unmittelbar nach dem Studium. Später gibt es schon noch die relativ niedrigen Akademiker-Arbeitslosenzahlen.
Das zeigt freilich: Erst nach Jahren der erfolglosen Job-Suche kommen manche Uni-Absolventen im Arbeitsmarkt unter. Also wenn sie es dann deutlich billiger geben, wenn sie nicht mehr auf eine studienadäquate Beschäftigung hoffen, sondern wenn sie ein oder zwei Stufen tiefer in die Konkurrenz um die knapp gewordenen freien Arbeitsplätze einsteigen. Wenn sie dann beispielsweise nicht mehr hoffen, als Archäologe (nach einem gewiss spannenden Studium) einen Job zu finden, sondern bereit sind, den einst „nur“ aus Handelsschulen kommenden Sekretärinnen Konkurrenz zu machen. Oder wenn sie dann als Politologe eben Taxifahren.
Viel von dieser postakademischen Arbeitslosigkeit wird – etwa aus familiärem Schamgefühl – getarnt. Man bezeichnet sich nicht als arbeitslos, sondern studiert halt ewig weiter, man beginnt Master- oder Doktorats-Studien, ganz neue Studienrichtungen, man macht da oder dort bei einem befristeten Projekt ohne fixe (oder gar gute) Anstellung mit.
Eine bemitleidenswerte Generation. Sie wird an den Unis in zukunftsarme Studien gelenkt oder gehalten. Viele Professoren und Assistenten sagen ihnen dort: „Ihr werdet schon was finden“ – und verschweigen, dass sie selbst aus Eigeninteresse an hohen Studentenzahlen interessiert sind.
Aber auch die Qualität mancher Studien und Professoren ist erbärmlich. Unlängst sagte mir ein frustrierter Absolvent: „Außer peniblem Gendern mit unzähligen Binnen-I und Schrägstrich-Formulierungen habe ich an der Uni nichts wirklich gelernt. Und auch das musste ich im wirklichen Leben rasch wieder verlernen, um mich verständlich zu machen.“ Immer wieder kommt mir da auch das Entsetzen einer AHS-Direktorin in den Sinn, die bei einer jungen und an sich sehr netten Kollegin nach ein paar Monaten Unterricht entdeckt hat, dass diese nicht Französisch kann. Obwohl sie das laut Diplom studiert hatte.
Viele junge Menschen werden aber auch durch falsche Ratschläge vor Studienantritt in die Irre und künftige Arbeitslosigkeit geleitet. Wie oft haben etwa AHS-Professoren ratsuchenden Maturanten geraten: „Studier ruhig, was dir Spaß macht, was dich interessiert.“ Dieser Rat erweist sich in Zeiten einer immer schlechter werdenden Wirtschaftslage als ein teuflischer.
PS: Um keinen falschen Eindruck zu erwecken und auch die positiven Fakten zu nennen: Insgesamt sind ist in allen Ländern außer in der Schweiz und Deutschland die diversen Messzahlen für Arbeitslosigkeit durchwegs viel höher als in Österreich. Das kann dann doch wieder einigermaßen beruhigen.
Zugegeben: Man hat die Fakten in den nun veröffentlichten Zahlen über Österreichs Finanzlage geschickt zu verstecken verstanden. Aber in der Summe zeigt sich ein absolut katastrophales Bankrott-Bild über die wahre Lage des Landes. Und zugleich werden viele Politikerlügen widerlegt.
Die acht wichtigsten Fakten und Erkenntnisse:
All diese Fakten zeigen nur eines: ein Megaversagen der Politik. Und dieses Versagen spüren die Bürger schon längst: 70 Prozent haben wenig oder gar kein Vertrauen in die heimische Politik. Und das Misstrauen in die EU-Politik ist noch höher.
Europas Wirtschaftsdaten zeigen deutlich nach unten. Und das nach einer nur erhofften, nie wirklich eingetretenen Erholung von der seit 2008 dauernden Krise. Speziell im Euro-Raum geht es abwärts. Im Grund hat Europa alles falsch gemacht, was nur falsch zu machen ist. Das trifft sowohl die Wirtschafts- als auch die Finanzpolitik.
Beim Geld haben sich die unterschiedlichen, jeweils von der Politik ausgehenden Impulse wechselseitig neutralisiert. Das ist die logische Folge von undurchdachtem Horuck-Populismus. Hauptakteure dabei waren das Europaparlament und die Europäische Zentralbank.
Von dieser EZB werden auf Verlangen des Parlaments nun europaweit intensive Stresstests bei allen größeren Banken durchgeführt. Dabei geht es immer um Dasselbe: Haben Banken zu leichtfertig Kredite vergeben, die sie in Gefahr bringen könnten? Tun sie das noch immer? Sind ihre Geldpölster für die Zukunft ausreichend dick?
Auf den ersten Blick ist das mehr als legitim. Nur: Woran sieht man im Vorhinein, welche Kreditvergabe leichtfertig ist? Können das irgendwelche willkürlich fixierte Kennziffern objektiv überprüfen? Wie bewertet man einzelne Risiken? Hat die EZB hellseherische Gaben? Kann das alles nicht der, der einen Kredit vergibt, selbst viel besser beurteilen als die Heerscharen der ausgeschwärmten Stress-Tester? Vergrößert eine europaweit uniformierte Bewertung nicht noch viel mehr das – sowieso immer bestehende – Klumpenrisiko?
Was passiert, wenn eine Bank den Stress-Test nicht besteht? Wenn kein Eigentümer neues Geld zuschießt, zuschießen kann, muss die Bank abgewickelt werden. Das ähnelt stark einem Konkurs. Das heißt: Irgendwer muss zahlen. Die „Banken“, wie Populisten allerorten rufen, können nicht, sonst wäre ja eine Abwicklung unnötig.
Wenn man die „Gläubiger“ schröpft, dann sind das meist die Sparer und die Unternehmen der Realwirtschaft, die ihren Geldverkehr (zur Abgaben-, Lieferanten- und Lohnzahlung) bei dieser Bank haben. Das bedeutet eine Katastrophe für alle Sparer, löst fast immer einen Domino-Effekt an weiteren Konkursen und Massenarbeitslosigkeit aus.
Vor alldem fürchtet sich die Politik panisch und versucht es um jeden Preis zu vermeiden. Daher werden wohl weiter Banken auf Steuerkosten „gerettet“. Solche Rettungsaktionen hat zwar jetzt neben allen Links- wie Rechtspopulisten auch der Papst (der freilich von Wirtschaft rein gar nichts versteht) scharf gegeißelt. Aber diese "Bankenrettungen“ sind ja deshalb erfolgt, weil man eben Sparer, Unternehmen und Arbeitsplätze retten wollte. Man kann nichts geißeln, wenn man nicht sagt, wer einen Schaden sonst tragen soll.
Diese Stress-Tests, die vorgeben, für die Zukunft solche Bank-Abwicklungen zu verhindern, haben freilich nur eines bewirkt: Europas Banken vergeben noch viel restriktiver Kredite, als sie das schon seit 2008 tun. Am liebsten nur dann, wenn jemand gar keine Kredite braucht. In allen anderen Fällen fürchten Banken ja, wegen Leichtfertigkeit selbst in die Ziehung zu kommen.
Regierungen und Zentralbank, die durch ihre übertriebenen Stress-Tests die Kreditklemme selbst ausgelöst haben, äußern sich schizophrener Weise gleichzeitig verzweifelt über diese Kreditklemme. Und damit doch Kredite in die lahmende Wirtschaft fließen, überschüttet die Zentralbank seit Jahren die Banken mit Gratisgeld.
Das hat aber nicht die erhofften Konsequenzen, obwohl die EZB längst selbst zu einer wackelnden Bad bank geworden ist. Das Gratisgeld fließt jedenfalls weiterhin kaum in Unternehmen. Es geht vielmehr in Staatsanleihen. Staaten sind ja angeblich laut internationalen Vereinbarungen risikolos (obwohl das gar nicht stimmt, wie Zypern, Argentinien & Co beweisen). Daher kann den Banken nicht von irgendwelchen Prüfern vorgeworfen werden, zu leichtfertig zu sein.
Insgeheim freuen sich die Regierungen natürlich riesig über das billige Geld, weil sie sich jetzt extrem billig weiter verschulden können (womit sie weiter ihre Wählergruppen-Bestechungsaktionen fortsetzen können).
Vielerorts stagniert die Nachfrage nach Krediten aber ohnedies aus ganz anderen Gründen als der Zurückhaltung von Banken. Unternehmen trauen sich immer seltener, im Euroraum zu investieren, was ja immer mit Risiko verbunden ist (das Politiker und ahnungslose Kommentatoren überdies noch gern als Spekulation denunziert). Aber ohne Risiko entstehen keine Arbeitsplätze.
Womit wir bei der Wirtschaftspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten als Hauptursache der Dauerkrise gelandet sind. Die meisten Regierungen haben in den letzten Jahren die Reformen, die Unternehmen endlich wieder ermutigen würden, immer nur rhetorisch versprochen. Etwa in Österreich ist seit 2008 keine einzige umgesetzt worden. Noch dramatischer ist diese Diskrepanz zwischen leeren Ankündigungen und der Realität in Frankreich und Italien, also in zwei der drei größten Länder des Euroraums.
In diesen Krisenländern wirkt noch immer die jede Besserung verhindernde Macht der Gewerkschaften. Diese haben sämtliche Reformen verhindert, ob es nun um eine Flexibilisierung des Arbeitsmarkts geht, eine Sanierung des Pensionssystems, ein marktgerechtes Wohnungsrecht, einen Verzicht auf teure Wohlfahrts-Goodies, den Abbau tausender bürokratischer Regulierungen (von den Arbeitsinspektoraten bis zu den unzähligen Pflicht-Statistiken) oder die Privatisierung von teuren Staatsbetrieben.
All diese Reformverweigerungen belasten die Wirtschaft enorm. Das alles muss diese aber zugleich auch noch selbst über die abschreckend hohen Steuern und Abgaben finanzieren, die sie und ihre Mitarbeiter abliefern müssen.
Als ob das noch nicht genug an Beton an Europas Beinen wäre. Dazu kommen noch jene Erschwernisse, die auf ökologischen Ängsten basieren. Das sind etwa die nur hier existierenden Verbote von fast allem, was mit Gen, Hormon, Atom oder Fracking zu tun hat. Dabei hat etwa letzteres in den USA die Energiepreise auf ein Drittel des europäischen Niveaus absinken lassen. Und so die Investitionen in Amerika sprunghaft nach oben katapultiert.
Zu allem Überdruss glaubt Europa auch noch, das Weltklima im Alleingang retten zu können. Das ist absurd, da die meisten anderen Weltregionen nicht mitziehen. Europa allein kann aber – selbst wenn alle Klima-Alarmisten recht hätten – praktisch überhaupt keine Auswirkungen auf dieses Weltklima erzielen.
Eine Katastrophe ist schließlich auch, dass Europa seine Tore (und Häfen) jährlich für Hunderttausende Zuwanderer, pardon: Flüchtlinge aus der Dritten Welt geöffnet hat. Diese vergrößern nicht nur die ständig wachsende europäische Arbeitslosigkeit immer mehr. Sie verursachen dem freigiebigsten Sozialsystem der Welt auch gewaltige Kosten und reduzieren das Niveau der Sicherheit im einst stabilen Europa.
Migranten wie Sozialsystem wie Bankengläubiger werden ständig gerettet. Rettung da, Rettung dort: Aber wer rettet am Ende dann Europa?
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Nur sehr bedingt kann man gratulieren, wenn in einer großen internationalen Aktion jetzt mehr als Tausend Mitglieder von Schlepperbanden festgenommen worden sind.
So toll die Polizei da auch international gearbeitet hat, so viele Täter auch in Ungarn und Albanien erwischt worden sind, so klar bleibt: Die wichtigsten Kanäle, über die täglich rund tausend illegale Immigranten nach Europa kommen, sind überhaupt nicht verstopft worden. Die führen nämlich übers Mittelmeer nach Süditalien. Die dick und fett kassierenden Schlepper agieren weiter völlig unbehelligt in Nordafrika. Noch viel schlimmer: Es geht auch weiterhin niemand gegen deren Mittäter in Europa vor. Man wagt diese nicht einmal zu kritisieren: Die italienische Marine, die im Meer Beihilfe zu diesem organisierten Verbrechen leistet, indem sie den Schleppern den schwersten Teil der Arbeit abnimmt. Jene italienischen Behörden, welche die Afrikaner und Asiaten ohne die rechtlich vorgeschriebene Erfassung heimlich nach Norden weiterschiebt. Die riesige – auch im kirchlichen Raum aktive – Asylindustrie, die ebenfalls Beihilfe zur illegalen Einwanderung leistet. Die Gutmenschpolitiker (auch etwa in der europäischen ÖVP-Fraktion), die das fördern. Und zumindest indirekt auch all jene Medien, welche illegale Einwanderer prinzipiell als „Flüchtlinge“ bezeichnen.
Europa kommt nicht und nicht aus der nun schon über sechs Jahre dauernden Krise. Es rätselt verzweifelt, warum das so ist. Eine wichtige, wenn auch unbeabsichtigte Antwort auf diese Frage ist im inneren Widerspruch zwischen zwei Aussagen zu finden, die der deutsche Wirtschaftsforscher und oberste Regierungsberater Marcel Fratzscher jetzt gemacht hat.
Er verteidigt erstens vehement die Milliarden-Hilfen für Griechenland & Co. Und er verlangt zweitens ebenso vehement massive Strukturreformen in einzelnen EU-Staaten. Auch viele andere Ökonomen machen ähnliche Aussagen und begreifen nicht den Widerspruch. Denn: Ökonomen verstehen nichts von Politik und politischer Psychologie. Politiker und Medien verstehen aber wiederum nichts von Ökonomie.
Die getadelte Reformverweigerung gibt es nämlich gerade wegen der Milliarden-Rettungsaktionen, selbst wenn man diese in der Ökonomen-Logik begründet. Warum sollte eine Regierung unpopuläre Reformen machen, die zu Wahlniederlagen führen, wenn ohnedies immer Retter bereitstehen? In der politischen Logik (meist eine parteipolitische) handeln die Reformverweigerer also durchaus richtig.
Ein weiterer sich hier zeigender Fehler vieler Ökonomen ist ihr Kommunikationsdefizit. Sie sprechen viel zu technisch und nennen Dinge fast nie beim Namen. Sie reden etwa immer nur von „Strukturreformen“. Das Wort klingt harmlos, wenn man nicht dazusagt, was eigentlich gemeint ist: der Abbau einiger Wohlfahrtsleistungen, Selbstbehalte bei der Krankenversicherung, ein deutlich höheres Pensionsantrittsalter, leichtere Kündigungsmöglichkeiten, zuschlagsfreie Überstunden, der Abbau Tausender bürokratischer Regeln, globaler Freihandel. Und so weiter.
Würde man das so konkretisieren, wäre man sofort mit Protesten konfrontiert. Das tun sich die meisten Ökonomen nicht an und bleiben lieber im wissenschaftlichen Elfenbeinturm. Viele von ihnen können sich auch gar nicht konkret ausdrücken, sondern nur technokratisch.
Die Ökonomen haben zwar richtig erkannt, dass Frankreich und Italien Europas weitaus schlimmste Reformverweigerer sind. Aber sie begreifen nicht – ihr dritter Fehler –, dass diese beiden Länder politische Schwergewichte in der EU sind. Während kleine Länder wie Irland, Portugal und Griechenland und überraschenderweise auch das mittelgroße Spanien zumindest einen Teil der von ihnen verlangten Reformen nolens volens gemacht haben und so langsam wieder Boden unter den Füßen bekommen, lassen sich Frankreich und Italien nicht einmal ansatzweise unter Druck setzen. Dazu sind sie zu stolz und groß. Sie machen einfach nur immer weiter Schulden und keine Reformen, gegen die etwa die Gewerkschaften protestieren würden.
Die europäischen Milliarden-Rettungsaktionen zeigen sich mehr denn je als folgenschwerer Fehler. Sie haben das Prinzip Eigenverantwortung abgeschafft. Das begreift aber offenbar nur, wer nicht nur Ökonomie, sondern auch die Kausalitäten der politischen Psychologie versteht.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Zu den europäischen Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen. Wirken sie? Worin bestehen sie eigentlich genau? Und welche Rolle spielen die Atomwaffen in dem Krieg? Zu all diesen Aspekten befragt Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.
Wunderbar und hocherfreulich: Die Schotten entscheiden jetzt selbst über ihre Unabhängigkeit. In diesem traurigen Jahr 2014 gab es wohl keine auch nur annähernd so positive Entwicklung. Dabei würde ich selbst als Schotte für den Verbleib bei Großbritannien stimmen. Ich würde mich aber auch ohne große Depressionen einer anders entscheidenden Mehrheit beugen.
Dieses Referendum zeigt, dass man dort im dritten Jahrtausend angekommen ist. In Großbritannien sind die Bürger nun wirklich der entscheidende Souverän. Und nicht mehr Monarchen, Regierungen, Adelige oder einige Parteien, an welche die Menschen im wahrsten Sinn des Wortes ihre Stimme abgegeben haben.
Besonders beeindruckend ist auch, wie intensiv und diszipliniert – natürlich auch scharf und pointiert, witzig und emotional – die Schotten in den letzten Monaten ihre Meinungen ausgetauscht haben. Wie sie die eigene dabei vertieft oder auch aus guten Gründen geändert haben.
Genauso wäre ein faires und freies Referendum auch die einzige gute Lösung für die Ukraine. An Stelle des Zusammenpralls der Nationalismen und des blutigen Eroberungskriegs Russlands.Oder des explosiven Status quo.
Die schottische Abstimmung sollte auch ein gutes Beispiel für Spanien sein. In Katalonien streben ja viele Menschen – nach einer ebenfalls drei Jahrhunderte alten staatlichen Gemeinsamkeit – jetzt ebenfalls Referendum und Unabhängigkeit an. Das wäre dort übrigens viel besser nachvollziehbar. Denn die einst Habsburg-treuen Katalanen sind von den Truppen der (jetzt noch den spanischen König stellenden!) Bourbonen einst militärisch besiegt und auch seither in ihrer Identität immer wieder brutal verfolgt worden. Besonders etwa während der Franco-Zeit. Ähnliches hat es in Schottland nie gegeben.
Die Parallelen zwischen Katalonien und Schottland gehen noch viel weiter. Da wie dort dominieren wirtschaftliche Argumente; beide Regionen glauben, dass sie in ihrem jetzigen Staat Nettozahler sind. Viele meinen daher, dass sie von der Unabhängigkeit gewaltig profitieren würden.
Dieser Glaube ist freilich trügerisch. Denn er übersieht die gewaltigen Kosten jeder Eigenstaatlichkeit. Diese reichen vom Aufbau einer eigenen Administration, Gesetzgebung und Armee bis zur teuren Währungsfrage. Die Mitgliedschaften in EU und Nato sind hingegen nur ein Scheinargument. Sie werden nach einigen Verhandlungsmonaten wohl bestehen bleiben beziehungsweise neu entstehen.
Es gibt noch eine verblüffende Parallele: In Schottland wie Katalonien steht der Nationalismus trotz seines nicht gerade solidarischen Regionalegoismus links. Die Unabhängigkeitsverfechter versprechen massive Wohlfahrtsprogramme und treten für multikulturelle Immigration ein.
Hingegen sind da wie dort in den Zentralregierungen konservative Parteien an der Macht. Diese kämpfen vehement gegen die Sezession. London nur mit Argumenten; das sehr nationalistische Madrid möglicherweise auch mit blutigen Mitteln. Parteipolitisch ist das übrigens nicht ganz logisch: Rein rechnerisch würden ja etwa die Konservativen viel bessere Chancen haben, die Mehrheit in Westminster zu behalten, wenn die Schotten mit ihren Labour-Abgeordneten und Linksnationalisten auszögen.
Überall sonst in Europa sind regionale, sezessionistische, autonomistische, identitäre Bewegungen jedenfalls eher rechts angesiedelt. Siehe etwa Flandern. Siehe Padanien (das von der Lega Nord angestrebte Norditalien). Siehe die Ungarn in der Slowakei und Rumänien. Siehe auch Südtirol. Dort sind sofort rechte Parteien entstanden und haben massiven Zulauf bekommen, als die einst konservative Südtiroler Volkspartei immer linker geworden ist.
In all diesen Gebieten wird aber unabhängig von ideologischen Fragen die schottische Entwicklung genau verfolgt. Und alle betroffenen Zentralregierungen würden im eigenen Interesse und dem des Friedens gut daran tun, sich künftig nicht mehr gegen demokratische Selbstbestimmung zu sträuben.
Sezessionisten sollten umgekehrt endlich aufhören, den Menschen für die Zeit der Unabhängigkeit das Herumfliegen gebratener Tauben zu versprechen. Aber, wo Regionen ethnisch, sprachlich, religiös unterdrückt waren oder sind, wo sie sich zumindest emotional total anders fühlen als der restliche Staat, ist die Unabhängigkeit der weitaus weisere Weg. Trotz seiner Steilheit.
PS: Größe ist übrigens absolut kein Gegenargument gegen Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Wer das bezweifelt, blicke etwa nach Liechtenstein oder Singapur, in zwei der absolut reichsten Länder der Welt.
Juristisch war das vernichtende Urteil gegen die AUA erwartbar gewesen und es ist auch in sich logisch. Wen kümmert es schon bei einem europäischen oder österreichischen Gerichtshof, dass als Folge dieses Urteils – und vieler anderer Fehlentscheidungen – die einst stolze österreichische Fluglinie künftig in der Geschichtsschreibung nur noch in einem Atemzug mit den einstigen Steyr-Baby-Pkw und der Pferde-Eisenbahn genannt werden wird?
Aber jetzt schon sollte man die Verantwortlichen für all das nennen, was geschehen ist und vor allem was jetzt weiter geschehen wird:
Wer sich nicht reformiert, sondern Utopien, Ideologien und Freunderlwirtschaft nachhängt, geht unter. Dagegen können weder Paragraphen noch Urteile schützen.
Ach ja, jetzt wird sicher wieder beteuert werden: Eh alles nicht so schlimm. Aber reden wir in ein paar Jahren weiter und sehen die wirklichen Folgen! Niemand wird nämlich dem schlechten Geld noch gutes nachwerfen, etwa um den Ankauf neuer Flugzeuge zu finanzieren.
Die Ressorts der neuen EU-Kommission und ihre Besetzungen machen endgültig klar, wohin der Kurs der Union geht. Der seit Wochen tobende Zorn, wie schwach die Funktion eines EU-„Außenministers“ besetzt worden ist, wird durch diese neuen Entscheidungen von Kommissionspräsident Juncker noch vervielfacht.
Dabei ist der Umstand, dass Johannes Hahn jetzt für EU-Erweiterungen zuständig wird, nur amüsant, nicht weiter relevant. Denn es ist ja fix, dass es in dieser Periode keine Erweiterungen geben wird. Aber Hahn ist ja auch in der letzten Periode nicht weiter aufgefallen. So wie das ganze EU-Mitglied Österreich seit Ursula Plassniks Veto gegen einen Türkei-Beitritt.
Überaus signifikant und beklemmend ist hingegen, dass es nun erstmals in der Geschichte Europas einen „Vizepräsident für Bessere Regulierung“ gibt. In den letzten Jahren war in Europa wenigstens noch hie und da von Deregulierung die Rede, von Entbürokratisierung, von Subsidiarität (also Kompetenzen-Transfer nach unten). All das findet in der neuen Kommission nicht einmal mehr rhetorisch statt. Dieser neue Regulierungs-Kommissar steht dort sogar an hierarchisch besonders hoher Stelle.
Das Beiwort „Bessere“ macht die damit von der EU zum offiziellen Ziel erkorene Regulierung keineswegs besser. Wurde doch noch bei jeder Regulierung behauptet, dass diese gut, besser, am besten wäre. Sie war aber fast immer das Gegenteil. Nicht nur bei Glühbirnen und Duschköpfen.
Mit diesem Akzent macht die EU alle Hoffnungen zunichte, dass die europäische Wirtschaft sich endlich wieder positiver, freier entwickeln, also wachsen könnte. Regulierung ist das genaue Gegenteil von Entfesselung.
Dazu passt es haargenau, dass ausgerechnet der Franzose Moscovici für Europas Wirtschaft und Finanzen zuständig gemacht worden ist. Genau dieser Moscovici war in den letzten Jahren in der französischen Regierung hauptverantwortlich für die dortige wirtschaftliche Katastrophe, die immer mehr ganz Europa mitreißt. In Frankreich gab es unter ihm nur immer mehr Schulden, immer höhere Steuern. Offenbar ein idealer Leistungsausweis für einen hohen EU-Job.
Wer glaubt, dass diese Kommission noch im EU-Parlament gestoppt werden wird, irrt wohl. Aus drei Gründen:
Die österreichische Innenministerin schließt – trotz des Schengen-Vertrags – Grenzkontrollen nicht mehr aus. Mit gutem Grund: Das Nachbarland Italien bricht seit Monaten eiskalt seine Verpflichtungen in Sachen illegale Migration. Dieser Rechtsbruch gäbe Österreich den Anspruch, Grenzkontrollen gegenüber Italien einzuführen. Diesen Anspruch gibt es freilich – juristisch wie moralisch – nur dann, würde man Italien, seine Rechtsbrüche und seine Heuchelei konkret beim Namen nennen.
Das geschieht jedoch nicht. Man hört nicht einmal leisesten Widerspruch, wenn sich Italien ständig selbst in die Gutmenschpose wirft. Es begründet diese Pose damit, dass es täglich oft Tausende Afrikaner und Asiaten aus dem Mittelmeer "rettet". Was zwar edel klingt, was aber eindeutig eine Kollusion mit den Schlepper-Banden ist, die diese Menschen davor transportiert haben. Die Banden agieren von den islamistisch kontrollierten Küsten Libyens aus. Sie kooperieren wahrscheinlich mit der Mafia und kassieren jedenfalls von den Migranten heftig ab. Vor allem aber wissen sie, dass Italiens Marine ihnen entscheidend hilft.
Italien, die Medien und all die involvierten Gutmensch-Organisationen – die von Schleppern kaum mehr zu unterscheiden sind – reden aber nicht gerne über diese Zusammenhänge. Und schon gar nicht wird darüber gesprochen, was eigentlich anschließend mit diesen „Geretteten“ passiert. Zu diesem Thema herrscht absolutes Schweigen, auch in jenen Medien, die behaupten, „investigativ“ zu sein.
Rechtlich wäre aber völlig eindeutig, was nach der Landung dieser Menschen zu geschehen hat:
Diesen „Flüchtlingen“ wird vielmehr ständig beim Untertauchen geholfen, etwa durch Eisenbahn-Fahrkarten. Wer genau die Helfer sind, wird nur schwer zu beweisen sein. Vermutlich sind es staatlich finanzierte Gutmensch-Vereine. Die Zielorte liegen jedenfalls immer in Österreich und vor allem Deutschland. Dort nehmen die Asylwerberzahlen dramatisch zu (siehe etwa den wilden Streit zwischen der Republik Österreich und den Bundesländern um „Aufnahmequoten“).
Jetzt ist dem deutschen Bundesland Bayern als Hauptbetroffener der Kragen geplatzt. Seine Regierung verlangt, dass Österreich diese illegalen Ströme besser kontrollieren soll. Worauf jetzt die Innenministerin in Wien und ihr Parteichef erstmals „in Erwägung“ ziehen, dass man an den Grenzen wieder kontrolliert. Aber kaum hatten die beiden das auch nur angedeutet, kam schon die befürchtete Ablehnung. SPÖ und Grüne sind weiterhin gegen alles, was die Zuwanderung behindern könnte.
Trotz der systematischen Vertragsverletzungen durch den südlichen Nachbarn hat bisher kein einziger österreichischer Politiker Italien zu kritisieren gewagt. Der Außenminister ist auf Tauchstation. Noch ärgerlicher verhält sich der Bundeskanzler: Er hat zwar soeben in der EU den (ebenfalls sozialdemokratischen) italienischen Regierungschef in Sachen EU-Kommission auffallend intensiv unterstützt, aber er kommt nicht auf die Idee, irgendeine Gegenleistung zu verlangen. Aber auch die Oppositionsparteien sprechen die italienischen Sauereien nicht konkret an.
Österreich lässt sich lieber herumschubsen, statt Ross und Reiter endlich beim Namen zu nennen.
Bauernvertreter und ihr Minister haben in den letzten Wochen das getan, was sie immer am besten können: Sie haben gejammert und wegen der russischen Maßnahmen gegen die EU von dieser Geld verlangt. Russland hatte ja als Reaktion auf die EU-Maßnahmen (die vor allem den Finanzsektor und Personen des Machtsystems treffen) Retorsionen gegen landwirtschaftliche Produkte aus Westeuropa und Nordamerika verhängt. (Mit nachträglicher Ergänzung)
In Moskau und bei Nahrungsmittel-Händlern hat man aber gewusst: Russland trifft sich damit vor allem selber. Es kann trotz riesiger Landflächen seine Menschen ohne die EU nicht ernähren. Das besorgt die dortigen Machthaber viel mehr als ihr mit dieser Maßnahme begangener Verstoß gegen Vorschriften der WTO, der Welthandelsorganisation. WTO-Verfahren dauern schier ewig und werden daher nicht ernst genommen. Die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln muss Putin hingegen sehr ernst nehmen.
Russland gab deshalb zum einen bald wieder einzelne EU-Produkte frei. Es erlaubte vor allem seinen Lieferanten aus Nicht-EU-Ländern die Verwendung von EU-Produkten. Damit verdient freilich jetzt dieser Zwischenhandel mit. Als Folge zahlen die Russen jetzt schon im Schnitt zehn Prozent mehr für Lebensmittel. Das wird - trotz des russischen Nationalismus - für die Moskauer Machthaber zum wachsenden Problem.
Das Jammern der westlichen Bauern war hingegen weitgehend überflüssig. Wenn sie nicht über andere Länder liefern können, entschädigt sie die EU. Was im Gegensatz zu den sonstigen Agrarsubventionen voll berechtigt ist.
Besonders skurril war hingegen im Zuge dieses Jammerns der Appell des österreichischen Ministers Rupprechter. Er forderte allen Ernstes, dass die Österreicher 40 Millionen Äpfel im Jahr mehr essen. Und er meinte das ernst.
Weißrussland, Moskaus engster Verbündeter, ist wegen massiver Menschenrechts-Verletzungen einst ebenfalls mit Sanktionen belegt worden; dafür nahm Minsk damals ähnlich wie Russland heute an der EU Rache und beschloss seinerseits Sanktionen. Diese wurden bisher via Russland umgangen. Heute haben sich diese Umgehungsgeschäfte umgedreht.
Jetzt wird halt nicht mehr via Russland nach Weißrussland geliefert, sondern umgekehrt. Heute steht Russland viel ärger da als Weißrussland, es verletzt nicht nur reihenweise Menschenrechte, es überfällt auch Nachbarländer. Umgekehrt steht dadurch Weißrussland selbst heute fast völlig außer jeder Kritik (dass ausgerechnet in diesen Tagen das deutschen Fenrsehen zur besten Sendezeit Kritik daran übt, dass Weißrussland Möbel für Ikea herstellt, ist da nur noch so skurril wie ein eingefrorener Posthornton).
Weißrussland hat nun seinen Importstopp für Rinder aufgehoben. Bisher war der offizielle Grund dieses Stopps ein Virus unter Europas Kühen. Dabei haben nicht einmal die grünen NGOs Alarm wegen dieses Virus geschlagen. Zuerst gab es jahrelang diesen Virus. Seit Russland Probleme hat, gibt es ihn plötzlich nicht mehr . . .
Durch diese und andere Maßnahmen will Weißrussland heuer um bis zu 40 Prozent mehr Agrarprodukte nach Russland exportieren. Die es natürlich nicht selber erzeugt. Jeder Experte weiß: Das ist ein Umgehungsgeschäft, das nur mit Russlands Zustimmung möglich ist.
Genau das hat interessanterweise schon sofort nach dem russischen Importstopp Franz Fischler gewusst. Und recht behalten (was ihn zweifellos neuerlich als Landwirtschaftsexperten zeigt).
(Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen hat die EU die Auszahlung von Geldern an angeblich sanktionsgeschädigte Bauern gestoppt: Es seien zu viele "fragwürdige Anträge" eingegangen. Aufschlussreich.)
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Heuchlerisch reagieren Politiker und Medien auf die Auftritte einer "Sharia-Police" im deutschen Wuppertal.
In Wahrheit sind schon in mehreren Städten Europas solche Religionswächter aktiv. Aber aus Wuppertal gibt's halt jetzt auch ein Video dazu. Da empört man sich nun doch öffentlich. Diese Reaktion ist vor allem auch deshalb extrem heuchlerisch, weil gleichzeitig dieselbe Politik immer mehr Moslems nach Europa hereinlässt, hereinholt. Als „Flüchtlinge“ via Italien und via Ägäis; oder als (oft nur: angebliche) Familienangehörige. Politik wie Medien sagen dabei immer, dass man – will man kein Schlechtmensch sein – sie alle hereinlassen und aufwendig betreuen muss. Egal, ob die Bürger Europas das für richtig finden. Egal, ob noch viele, viele weitere Millionen Zuwanderer hierher wollen. Die Politik ist aber auch dafür verantwortlich, dass in österreichischen Schulen schon seit den Tagen des Unterrichtsministers Zilk die Scharia ganz offiziell gelehrt wird ("islamisches Zivil- und Strafrecht" bedeutet ja exakt die Scharia.) Die Konsequenzen sollten eigentlich niemanden mehr überraschen. Es ist doch klar, dass die Moslems in vielen Ländern Europas nicht nur rapide zahlreicher werden, sondern nun Schritt für Schritt auch öffentlich für (ihre) Ordnung sorgen. Warum soll die Scharia weiterhin nur in Hinterzimmern und Moscheen praktiziert werden, wenn die Moslems bald die Mehrheit bilden? Da jeder, der all das für nicht so gut hält, als „islamophob“ verfemt wird, finde ich das natürlich ganz super.
PS: Das islamische Pärchen, das im letzten Moment vor der Abreise in den "Dschihad" von der österreichischen Polizei erwischt worden ist, wollte nur in Italien Urlaub machen. So sagt es. Das ist zwar gelogen, wäre aber finanziell vollkommen problemlos. Denn der Steuerzahler hat die beiden Asylanten ja monatlich mit über 1600 Euro "Sozialhilfe" ausgestattet, austatten müssen. Netto. Wohlfahrt muss uns schon was wert sein. Da braucht man dann natürlich auch neue Steuern.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie es in der Ostukraine nach dem Waffenstillstand weitergeht. Beide deprimieren, so sehr man sich auch freut, wenn dort vorerst niemand mehr umkommt.
Die eine Möglichkeit: Der Waffenstillstand führt zu einem dauerhaften Einfrieren der Situation, damit also zu einem Teilerfolg des russischen Angriffskriegs. Die andere Möglichkeit: Die Waffenruhe hält (wieder) nur kurz. Das bedeutet weiteres Blutvergießen. Das bedeutet: Russland will noch mehr erobern.
Ich weiß schon: Manche glauben noch immer ernsthaft an Putins Lügen, dass dort eh nur urlaubende und verirrte Soldaten der russischen Armee gekämpft haben, die dort zufällig Panzer und Raketenwerfer gefunden haben. Wenn jemand das auch heute noch ernstlich glaubt, dann haben auch die unzähligen Gegenbeweise keinen Sinn. So wie etwa auch bei jenen, die meinen, dass einst Polen den Reichssender Gleiwitz überfallen haben.
Trotz dieser deprimierenden Perspektiven gibt es langfristig vielleicht doch auch Hoffnung. Denn Faktum ist, dass sich Russland zuletzt friedfertiger gegeben hat als davor. Dafür gibt es zwei mögliche Motive: Zum einen könnten das nur die üblichen Schalmeienklänge sein, die Russland immer ausstößt, wenn die EU Sanktionen vorbereitet. Sollte es also wieder nur um eine neuerliche Finte Moskaus gehen, dann wird der russische Vormarsch wohl bald weitergehen.
Aber zunehmend scheint ein anderes Motiv relevant zu werden: Die Stimmung in Russland ist am Kippen. Zwar ist dort weiterhin die große Mehrheit von der Propaganda überzeugt, dass jeder slawisch sprechende Mensch heim in Putins Reich will. Damit sind natürlich eben auch die in der Ukraine gemeint. Und jene, die das nicht wollen, müssen „Faschisten“ sein.
Aber fast kein Russe will Krieg, will für dieses Ziel sterben. Trotz aller Geheimdienst-Drohungen gegen die betroffenen Familien lässt sich in Russland nicht mehr der Tod von vielen in den Ukrainekrieg gezwungenen Wehrpflichtigen geheim halten. Auch in Russland ist das Internet eingekehrt und berichtet über diese Toten und damit über die russische Teilnahme am Krieg. Auch in Russland gibt es ein paar unabhängige Internet-Seiten (die elektronischen und gedruckten sind freilich von Putin alle gleichgeschaltet worden). Der KGB kann nicht mehr wie in den Zeiten einstiger Allmacht jede Schreibmaschine kontrollieren.
Noch wichtiger: Auch in Russland sind die Eltern mutiger geworden. Sie lassen nicht mehr verschreckt und widerspruchslos wie einst ihre Söhne (von denen sie heute ja auch meist nur einen haben) in Kriege hetzen.
Nicht nur das macht Hoffnung. Es ist auch klar, dass die Sanktionen wirksam sind. Man vergleiche etwa Russlands Verhalten bei der jetzigen Aggression in der Ukraine mit dem bei den früheren in Transnistrien, Südossetien und Abchasien. Damals hat sich Russland noch nicht die Mühe gemacht, seine Feldzüge und Eroberungen als Kämpfe anderer darzustellen. Der Unterschied: Damals hat es keine westlichen Sanktionen gegeben.
Freilich ist es absurd zu glauben, Sanktionen wären sofort wirksam. Aber die Welt ist heute so verwoben, dass mit Sanktionen belegte Länder diese jedes Jahr mehr spüren und zunehmend darunter leiden. Man schaue nach Rhodesien, man schaue nach Südafrika: Beide Länder haben zwar einst lange behauptet, die weltweiten Sanktionen nicht zu spüren. Aber am Ende haben sie unter deren Druck doch nachgeben müssen. Das sieht man auch in der Gegenwart: Die wachsende Kompromissbereitschaft des Iran ist ganz eindeutig eine Folge der dort zunehmend spürbarer werdenden Sanktionen. Obwohl der Iran – so wie Russland – behauptet, die Sanktionen wären irrelevant.
Wenn man nicht die Geduld verliert, besteht also durchaus die Hoffnung, dass sich Russland eines Tages anders verhalten wird. Entscheidend ist, dass Europa konsequent bleibt, dass es einen langen Atem hat und das Ziel nicht aus den Augen verliert.
Der Zweck der Sanktionen war und ist ja nicht ein Waffenstillstand. Es kann nur darum gehen, dass Russland die Souveränität der Ukraine in ihren bisherigen Grenzen wieder anerkennt. Dass zumindest in Europa Grenzen nicht mehr durch Gewalt verändert werden dürfen. Dass zumindest in Europa niemals mehr Verträge gebrochen werden dürfen, wie etwa jener über die Anerkennung der vollen Souveränität der Ukraine durch Russland. Wenn Russland das anerkennt, hätte das große Beispielfolgen auch für andere Aggressoren. Und Russland wäre wieder wie unter Gorbatschow und Jelzin ein respektiertes und europaweit geliebtes Land.
Neben dieser obersten Regel sollte aber endlich auch in ganz Europa ein zweites Prinzip anerkannt werden: das der demokratischen Selbstbestimmung mit friedlichen Mitteln. Dieses Prinzip darf aber niemals zu einem nachträglichen Pro-Forma-Abnicken von schon durchgeführten Eroberungen führen.
PS: Auch in einer ganz anderen Hinsicht ist man positiv überrascht: Seit Jahrzehnten habe ich noch nie so ein geschlossenes Auftreten aller westlichen Mächte gesehen.
Die Erkenntnisse aus dem vom Weltwirtschaftsforum veröffentlichten Report über die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und der EU sind interessant und eindeutig. Dieser Bericht samt enthaltener Rangfolge erscheint seit 2005 einmal jährlich.
Die Rangfolge ergibt sich aus der Beurteilung von „12 Säulen der Wettbewerbsfähigkeit“, die höchst unterschiedliche Faktoren, wie zum Beispiel Qualität der staatlichen Institutionen, Infrastruktur, Sicherheit, Ausbildung und Qualifikation der Arbeitskräfte, Arbeitsmarkeffizienz und Innovationskraft umfasst. Selbstverständlich sind derartige Untersuchungen, gleich ob sie vom WEF, der amerikanischen Heritage Foundation („Index of Economic Freedom“) oder von anderen Organisationen durchgeführt werden, stets mit Vorsicht zu genießen.
Denn die Auswahl der zu untersuchenden Parameter, deren Gewichtung und Art der Bewertung, hat maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis. Außerdem liegt auf der Hand, dass die Beurteilung von Aggregaten Schlüsse nahe legen kann, die für den einzelnen Wirtschaftsakteur völlig irrelevant sind. Dennoch sind solche Untersuchungen interessant.
Stark vereinfacht, kann die Bilanz des Reports, der weltweit 144 Ökonomien einbezieht, so zusammengefasst werden: Je liberaler, desto besser; Je unfreier, stärker reguliert und/oder sozialistischer, desto schlechter das Ergebnis.
Sechs europäische Staaten finden sich unter den Top Ten. Die Rückstufung Deutschlands um einen Platz (von vier auf fünf), ist hauptsächlich dem Faktor Infrastruktur geschuldet. Im Klartext: die überstürzt eingeleitete, nachgerade autodestruktive „Energiewende“ hat eben ihren Preis. Österreich verliert gegenüber der Vorjahrswertung wesentlich deutlicher. Es fällt von Rang 16 auf Rang 21 zurück. Aus der vom inzwischen zurückgetretenen Vizekanzler Spindelegger vor der letzten Wahl proklamierten „Entfesselung der Wirtschaft“ ist offensichtlich nichts geworden.
Die Schweiz ist seit Jahren unangefochtener Spitzenreiter, gefolgt vom Stadtstaat Singapur und den gegenüber dem Vorjahr wieder erholten USA. Eine Mitgliedschaft in EU und Eurozone, die von Politik und Massenmedien als unverzichtbar für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit gepriesen wird, ist, wie die Schweiz eindrucksvoll beweist, offensichtlich keine zwingende Voraussetzung für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Dafür braucht es nur zwei Zutaten: Offene Grenzen für Personen, Kapital, Waren und Dienstleistungen zum einen; und Regierungen, die sich von wirtschaftlichen Angelegenheiten möglichst weit fernhalten, zum anderen.
Am Beispiel Österreichs fällt ins Auge, wie stark das wirtschaftliche Potential durch den Staat und dessen Institutionen beschädigt werden kann. Bei den vom Privatsektor zu verantwortenden Parametern, wie wirtschaftlicher Innovationskraft oder Diversifikation ragt das Land durchaus positiv heraus (Rang sieben bzw. 14). Hingegen rangiert es in folgenden Kategorien zum Teil außerordentlich weit zurück: Verschwendung von Staatsgeldern (Rang 53), Last staatlicher Regulierungen (Rang 83) bürokratischer Aufwand zum Start eines Unternehmens (Rang 93), Flexibilität des Arbeitsmarktes (Rang 101), Beeinflussung der Arbeitsbereitschaft durch Besteuerung (Rang 121) und Lohnflexibilität (Rang 142).
Da findet sich die Alpenrepublik in der Gesellschaft korrupter lateinamerikanischer Bananenrepubliken und finsterer afroasiatischer Despotien. Fortgesetzte Eingriffe des Staates in den (Arbeits-)Markt und die systematische Ausschaltung der Vertragsfreiheit zugunsten hoheitlicher Diktate sind, im Verein mit hohen Steuerlasten, Gift für die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts. Menschen, die ihr Wirtschaftswissen (auch) aus einer erfolgreichen Tätigkeit unter Marktbedingungen und nicht von der geschützten Werkstätte aus ausschließlich aus der Literatur beziehen, verwundert das nicht.
Den gesamten Report, sowie Auszüge davon sind unter der Adresse: http://www.weforum.org/ kostenlos herunterzuladen.
Eine Interpretation des Reports zur wirtschaftlichen Lage in Europa: Frankreich (auf Rang 23), Spanien (Rang 35), Italien (Rang 49) und Griechenland (Rang 81) finden nicht aus der Krise. Hauptgrund: In diesen Ländern wird zu teuer produziert. Alle diese Volkswirtschaften sind zu ihrem eigenen Unglück – und zum Schaden Deutschlands – im Käfig der Gemeinschaftswährung gefangen, der es ihnen unmöglich macht, durch eine Währungsabwertung ihre Konkurrenzfähigkeit zurückzuerlangen.
Um dieses Ziel jedoch innerhalb der Eurozone zu erreichen, müssten dort die Löhne und Warenpreise drastisch sinken. Es müsste zu einer „inneren Abwertung“ kommen. Ein Szenario, das keine Regierung dieser für das alte Europa typischen Wohlfahrtsbiotope überstehen würde.
Einen anderen Weg gibt es indes nicht, will man nicht auf Dauer von den ungeliebten Teutonen alimentiert und diesen damit auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein. Schließlich wird auch in Deutschland nur mit Wasser gekocht. Kann diese letzte (noch) einigermaßen funktionierende Volkswirtschaft Europas die ihr aufgebürdeten Lasten nicht mehr länger tragen – was absehbar ist – gehen auch bei den Südstaaten endgültig die Lichter aus. Deren politische Eliten sind daher gut beraten, die Ursachen ihrer hausgemachten Probleme nicht unausgesetzt in Berlin zu suchen.
Gegen eine Korrektur der bestehenden ökonomischen Verzerrungen mittels einer scharfen Rezession steht indes der von der mehrheitlich links stehenden Zunft der beamteten Ökonomen geforderte und von den politischen Eliten und Zentralbanken entschlossen exekutierte Krieg gegen das Deflationsmonster. Dieser wird mittels „aktiver“ Geldpolitik geführt, die auf Geldentwertung einerseits und einen gewaltigen Vermögenstransfer andererseits setzt – zum Schaden der Bürger der Nordländer. Die strukturellen Probleme der Nehmer im Süden und in Frankreich werden dadurch aber nicht nur nicht gelöst, sondern vielmehr sogar perpetuiert…
Ehe Europa nicht in Hyperinflation und Währungschaos versinkt, dürfte sich an dieser verheerenden Politik nichts ändern. Die Weichen zum Finanz- und Wirtschaftsinfarkt der Eurozone sind jedenfalls gestellt…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Der Schlüsselzins ist maßgeblich für die Refinanzierung der Banken bei der Zentralbank. Es folgt eine Übersicht über die Zinsänderungen der EZB (Hauptrefinanzierungssatz, Angaben in Prozent):
| Datum | Zinsschritt | Zinsniveau |
| 8.4.1999 |
- 0,5 |
2,5 |
| 4.11.1999 |
+ 0,5 |
3,0 |
| 3.2.2000 |
+ 0,25 |
3,25 |
| 16.3.2000 |
+ 0,25 |
3,5 |
| 27.4.2000 |
+ 0,25 |
3,75 |
| 8.6.2000 |
+ 0,5 |
4,25 |
| 31.8.2000 |
+ 0,25 |
4,5 |
| 5.10.2000 |
+ 0,25 |
4,75 |
| 10.5.2001 |
- 0,25 |
4,5 |
| 30.8.2001 |
- 0,25 |
4,25 |
| 17.9.2001 |
- 0,5 |
3,75 |
| 8.11.2001 |
- 0,5 |
3,25 |
| 5.12.2002 |
- 0,5 |
2,75 |
| 6.3.2003 |
- 0,25 |
2,5 |
| 5.6.2003 |
- 0,5 |
2,0 |
| 1.12.2005 |
+ 0,25 |
2,25 |
| 2.3.2006 |
+ 0,25 |
2,5 |
| 8.6.2006 |
+ 0,25 |
2,75 |
| 3.8.2006 |
+ 0,25 |
3,0 |
| 5.10.2006 |
+ 0,25 |
3,25 |
| 7.12.2006 |
+ 0,25 |
3,5 |
| 8.3.2007 |
+ 0,25 |
3,75 |
| 6.6.2007 |
+ 0,25 |
4,0 |
| 3.7.2008 |
+ 0,25 |
4,25 |
| 8.10.2008 |
- 0,5 |
3,75 |
| 6.11.2008 |
- 0,5 |
3,25 |
| 4.12.2008 |
- 0,75 |
2,5 |
| 15.1.2009 |
- 0,5 |
2,0 |
| 5.3.2009 |
- 0,5 |
1,5 |
| 2.4.2009 |
- 0,25 |
1,25 |
| 7.5.2009 |
- 0,25 |
1,0 |
| 7.4.2011 |
+ 0,25 |
1,25 |
| 7.7.2011 |
+ 0,25 |
1,5 |
| 3.11.2011 |
- 0,25 |
1,25 |
| 8.12.2011 |
- 0,25 |
1.0 |
| 5.7.2012 |
- 0,25 |
0,75 |
| 2.5.2013 |
- 0,25 |
0.5 |
| 7.11.2013 |
- 0,25 |
0,25 |
| 5.6.2014 |
- 0,10 |
0,15 |
| 4.9.2014 |
-0,10 |
0,05 |
Der deutsche Finanzminister nennt Argentinien ein „Muster an Unsolidität“. In der Tat: Argentinien ist in den letzten Jahrzehnten von einem sehr reichen Land – reicher als das ganze Nachkriegs-Europa! – zu einem sehr armen abgestiegen. Die Frage ist nur: Warum handelt Wolfgang Schäuble nicht auch seinen Worten entsprechend?
Dass der argentinische Papst das katastrophale argentinische Finanzmodell nie kritisiert, ja es offenbar für richtig hält und nur die fleißigen Länder tadelt, haben inzwischen die Katholiken mit Staunen vernommen. Aber gut: Ein Papst muss ja nichts von Wirtschaft begreifen. Er hat andere Aufgaben. Und Franziskus ist durch seine Herkunft geprägt.
Weniger Anlass zum Staunen ist es, dass die linken Mainstream-Medien Argentiniens Sprachregelung sofort übernommen haben. Sie bezeichnen jene als „Geier“, die von Argentinien Skandalöses verlangen: Das Land soll Geld, das es sich ausgeborgt hat, auch einmal zurückzahlen! Zumindest jenes, das es sich unter Zuhilfenahme fremder Rechtsordnungen geliehen hat (weil es unter argentinischem Recht schon damals nichts mehr bekommen hätte).
Umso erstaunlicher ist, dass der deutsche Finanzminister nun plötzlich Klartext spricht: Argentinien lebe über seine Verhältnisse. Das Problem des Landes seien nicht die Fonds, die von Argentinien die Schuldenrückzahlung verlangen, und auch nicht der Internationale Währungsfonds, der dem Land kein neues Geld gibt. Das Problem sei Argentinien selber. Das Land bediene seine Schulden nicht und habe sich dadurch vom internationalen Zahlungsverkehr weitgehend abgeschnitten. „Wenn man auf Dauer mehr Geld ausgibt, als man erwirtschaftet, hat man Probleme.“
Mit jedem Satz, mit jedem Wort hat Schäuble Recht. Es ist dennoch absolut ungewöhnlich, dass ein maßgebender EU-Politiker die Wahrheit auch so offen ausspricht. Das wirft die große Frage auf: Warum spricht Schäuble so nur über das ferne Argentinien und nicht auch über das europäische Griechenland und andere Verschwender-Nationen?
Derselbe Schäuble war sogar der erste relevante Politiker, der ab 2010 die Deutschen und noch ein paar andere für Griechenland zahlen ließ. Das sei angeblich alternativlos. Dabei haben schon damals fast alle Finanzexperten gesagt, dass Griechenland seine Schulden niemals zurückzahlen wird. Weder die alten, mit deren Hilfe das Land lange über seine Verhältnisse gelebt hat. Noch die neuen von Schäuble ermöglichten. Für diese müssen nun Steuerzahler, Sparer und die nächsten Generationen aufkommen.
Schäubles nunmehrige Worte klingen daher sehr rätselhaft. Hat er vielleicht ohnedies Griechenland & Co gemeint? Hat er dieses Land, diese Länder nur aus europäischer Höflichkeit nicht genannt? Oder wollte er seinen damaligen Fehler halt nicht zugeben?
Die jetzige Erkenntnis kommt jedenfalls zu spät. Und sie hängt jedenfalls mit dem kometenhaften Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ zusammen. Diese Partei ist ja genau wegen der Behauptungen Schäubles (und seiner Chefin Merkel) über die angebliche Alternativlosigkeit der gigantischen Hilfen entstanden.
Damit hat die „Alternative“ einen Erfolg erzielt – wenngleich indirekt. Aber es ist ja öfter in der Politik so, dass erst eine neue Partei die anderen zu einer Kursänderung veranlasst.
Während Russland immer intensiver Krieg führt, haben sich die EU-Chefs nach monatelangem Ringen für eine neue Außenkommissarin entschieden. Das wird eine Italienerin, die vor Februar nicht einmal noch einer Regierung angehört hat. Da wird sich Russlands Putin zweifellos fürchten, der (nach Angaben der russlandtreuen Separatisten selbst) schon 3000 bis 4000 Mann in der Ukraine kämpfen lässt.
Dass diese Soldaten „auf Urlaub“ sind oder „irrtümlich“ um 20 Kilometer die Grenze überquert haben, wie Moskau noch immer behauptet, glauben ja jetzt offenbar nicht einmal mehr die Links- und Rechtradikalen, die Putin bisher die Mauer gemacht haben. Und nun kommt eine ahnungslose Italienerin nach einer nichtssagenden Britin, um die EU nach außen zu vertreten, um Europa eine starke Stimme zu geben. In Moskau sorgt die künftige „Stimme“ der EU wohl für lautes Gelächter.
Die Nominierung der Italienerin ist aber auch ein bedenkliches Zeichen für den Zustand der EU-Sozialdemokraten. Ihnen ist ja nach der Fixierung Junckers als Kommissionspräsident dieser Posten zugesprochen worden. Ohne Sozialdemokraten hätte die neue Kommission keine Mehrheit gehabt. Die Linke hat aber offenbar keinen anderen Kandidaten, geschweige denn einen besseren. Das sagt wohl alles über die heutige Sozialdemokratie.
Werner Faymann war natürlich von Anfang an für Federica Mogherini. Sie passt ja auch in ihrer Schwäche ideal zu ihm. Samt der italienischen Linksregierung, die das Land in die Rezession geführt hat. Aber zugegeben: Vom Regierungschef bis zur Kurzzeit-Außenministerin haben die Italiener die weitaus bestaussehenden Politiker.
Weniger attraktiv, aber weit stärker als sein Vorgänger ist hingegen der Pole, der künftig allen EU-Gipfeln vorsitzt; auch denen der Euro-Gruppe, obwohl Polen (noch?) gar nicht diese Währung hat. Donald Tusk soll künftig unter den EU-Regierungschefs immer den Konsens formulieren. Was nicht gerade einfach ist, aber angesichts der eindrucksvollen Erfolge Polens in den letzten Jahren ein bisschen Hoffnung macht.
Der polnische Regierungschef ist nicht nur der erste Osteuropäer auf einem EU-Spitzenposten. Die Nominierung des Liberalen durch den Gipfel dürfte erstmals auch für ernste Anstrengungen der EU Richtung Großbritannien sorgen, doch in der Union zu bleiben. Bisher hat ja fast nur Angela Merkel begriffen, wie armselig diese ohne Großbritannien dastünde. Aus Brüssel hat man hingegen nie ernstlich diese Sorge gehört.
PS: Ach ja, natürlich müssen all diese Ernennungen noch durch das Parlament. Aber dem ist in den letzten Monaten einzig und allein die Frage nach der Quote eingefallen, also danach, wie viel Frauen denn in der neuen Kommission sitzen. Die Qualität der Neuen war den Europa-Parlamentariern hingegen völlig egal.
Österreich hat nach der Statistik des Wirtschaftsministeriums bereits 62 Investitionsschutz-Abkommen mit den verschiedensten Ländern. Mehr als 1400 Verträge haben andere EU-Länder. Jetzt aber sehen die Grünen und ihre NGO-Lobbys plötzlich in Schiedsgerichten etwas Böses und haben nicht weniger als 150.000 Eingaben dagegen bei der EU gemacht (wenn auch meist gleichlautend).
Wieder einmal tritt ihnen trotz der eindeutigen Vorteile solcher Abkommen hierzulande niemand öffentlich entgegen, auch wenn alle Sachkundigen den Kopf schütteln. Oder haben Leser auch nur ein öffentliches Wort vom eigentlich zuständigen Wirtschafts- oder vom Justizminister oder vom Außenminister gefunden? Die haben offenbar andere Sorgen. Dabei liegt der Vorteil von Schiedsgerichten völlig auf der Hand und hat sich tausendfach bewährt.
Gewiss: Unglücklich sind immer die Unterlegenen. Nur macht es an ihrem Jammern absolut keinen Unterschied, ob sie vor einem staatlichen Gericht oder einem privaten Schiedsgericht unterliegen.
Schiedsgerichte werden in der Regel symmetrisch von beiden Seiten beschickt, die sich dann noch einen unabhängigen Richter suchen. Besonders in der Schweiz gibt es viele Schiedsgerichte, aber auch Wien ist ein gesuchter Platz. Die Vorteile dieser Schiedsgerichte in allen zivilrechtlichen Streitigkeiten sind vor allem für Arbeitssuchende und beide Vertragsseiten enorm:
Warum sind dennoch die Grünen – aber auch etliche Sozialdemokraten und Rechte – gegen solche Schiedsgerichte? Vor allem ist es die Ahnungslosigkeit. Daneben sind es vor allem drei Gründe: Linke sind immer gegen jede auch noch so sinnvolle Privatisierung; sie sind gegen jede Maßnahme, die den Handel fördert; und sie wissen, dass sie bei Schiedsgerichten viel schlechter medial Druck ausüben können als bei staatlichen.
Es ist gelungen, solche Schiedsgerichte europaweit zu etwas Bösem zu machen. Daher werden die Abkommen mit Kanada und den USA vermutlich an den Grünen und ihren Vorfeldorganisationen scheitern.
Dabei würde allein in Deutschland ein Freihandels-Abkommen mit den USA nach Berechnung des Münchner ifo-Instituts in einem Jahrzehnt 3,5 Prozentpunkte Wachstum schaffen. Auch für Österreich würde das TTIP-Abkommen mit den USA gewaltige Vorteile bringen: Beamte des Wirtschaftsministeriums erwarten für Österreich 20.000 zusätzliche Jobs und eine Erhöhung des BIPs um 1,7 Prozent. Der Hauptgrund des Nutzens: Man kann für einen viel größeren Markt produzieren, ohne ständig die Einstellungen zu ändern, um sich den jeweiligen Regeln anzupassen.
Aber diese 20.000 sind ja offensichtlich egal, wenn man als Partei oder Zeitung den Menschen Angst machen kann, wenn man hofft, solcherart mehr Wähler beziehungsweise Käufer anzuziehen. Dabei wissen diese Menschen gar nicht, wovor sie eigentlich Angst haben. Amerikanische Chlor-Hühner können es ja nicht ernstlich sein: Sie haben ja zum Unterschied von unseren keine Salmonellen. Aber die Kampagne der europäischen Hühner-Erzeuger gegen die amerikanische Konkurrenz ist trotz der ohnedies klaren Kennzeichnungspflicht, trotz der eindeutig für die USA sprechenden Gesundheitsargumente sehr erfolgreich.
Wie wir sehen, sind den Grünen und manchen Zeitungen aber auch da die Menschen wurscht.
Die Mehrfachkriege in der Ukraine und im Nahen Osten lassen komplett neue Allianzen entstehen. Nur: Niemand weiß, wie diese Allianzen aussehen werden und wie lange neue Freunde Freunde bleiben werden. Primär ist Blauäugigkeit und Zynismus im Spiel. Niemand weiß auf die beiden hinter den Kriegen stehenden Bedrohungen unseres Friedens eine brauchbare Antwort.
Die eine Bedrohung ist der Islam. Er stellt heute als einzige Religion nicht nur einen totalitären Anspruch, sondern ist auch enorm aggressiv. Er nimmt keine Trennung zwischen Staat und Glauben vor. Hinter dem Gerede von Barmherzigkeit verstehen immer mehr jungen Menschen den Islam nicht nur als Legitimation, sondern sogar als Aufruf zur Gewalt.
Die andere Bedrohung ist Putins Versuch, die alte Sowjetunion wiederherzustellen. Wenn es auch Unterschiede zur kommunistischen Periode gibt, wie etwa Putins engen Schulterschluss mit der Russisch-Orthodoxen Kirche, so ist doch der Versuch des russischen Staatschefs in zahllosen Reden dokumentiert, den einstigen Einflussbereich wiederherzustellen. Im Westen haben dennoch viele Putins Ziel, die Wiederherstellung des sowjetischen Einflusses, noch nicht verstanden. Sie begreifen nicht, dass Putin total anderes im Sinn hat als Medwedew, Jelzin oder Gorbatschow.
Auch Österreich (Freilich: Wer?) sollte sich daran erinnern, wie sehr das sowjetische Moskau jahrzehntelang die Alpenrepublik eingeengt hat. Bis in die 80er Jahre war eine Reduktion der sowjetischen Vormundschaft noch Konsens unter allen Parteien. Heute weiß man nicht einmal mehr davon.
Die Umrisse der neuen Partnerschaften und Allianzen sind noch in totalem Nebel. Einige Elemente dieser Suche:
Und so weiter.
Als Ergebnis stürzen der Nahe Osten und der einstige sowjetische Einflussbereich immer mehr ins Chaos. Meinungsverschiedenheiten werden derzeit fast nur noch mit Waffengewalt ausgetragen. Und man weiß gar nicht, ob die Ahnungslosigkeit und Blauäugigkeit dieses amerikanischen Präsidenten, das Zurück-zum-sowjetischen-Einflussbereich-Denken des russischen Präsidenten oder die Hilfslosigkeit des EU-Europas die größeren Sorgen macht.
Aus all diesen Gründen liegt wohl jeder falsch, der zu wissen vorgibt, welche Allianzen in fünf Jahren herrschen werden. Denn die Hauptfrage ist nicht beantwortbar: Wird es eine der Vernunft und des Friedens sein oder gibt es auch in den nächsten Jahren eine weitere Zunahme des Chaos und des Faustrechts, die irgendwann zu einem Krieg führen muss? Wir wissen es nicht.
Selten war es drastischer zu sehen, wie verlogen Europas „Flüchtlings“-Politik ist: Eine Woche lang kamen die afrikanischen Migranten nämlich in großer Zahl plötzlich über Spanien. Geographisch nicht unlogisch: Schließlich ist die Straße von Gibraltar ja viel kürzer als der Weg über Sizilien. Dann war aber wieder Schluss mit diesem Weg. Und die sizilianische Route ging weiter.
Ganz offensichtlich hatte die marokkanische Regierung den daran extrem gut verdienenden Menschenschmugglern nach einer Woche das Handwerk wieder gelegt. Und die ganze EU war offensichtlich sehr erleichtert über ihr Verhalten. Sie redete jedenfalls überhaupt nicht über den seltsamen einwöchigen Migrationssturm. Auch die Gutmenschen in Caritas und Rotgrün taten das nicht.
Im Gegensatz zu ihrer Reaktion auf Marokko benutzen diese tagtäglich die „dramatische Flucht“ über Sizilien zu immer lauteren Tönen und Anklagen gegen die Europäer. Eigentlich sehr seltsam.
Die Erklärung liegt ganz offensichtlich im medialen und politischen Druck: In Sizilien gab und gibt es Kameras und viele Berichte. In Gibraltar hingegen nicht. Italiens Linksregierung machte enormen Druck. Die spanische Rechtsregierung nicht. Einen anderen Unterschied gibt es nicht.
Spanien hat in aller Stille in Marokko alle relevanten Funktionsträger – wieder – gut geschmiert und seine beiden nordafrikanischen Enklaven mit noch höheren Zäunen gesichert. Und schon war die Migration zu Ende. Wenn Europa die hereinströmenden Schwarzafrikaner nicht zu Gesicht bekommt, ist auch das Drama der angeblichen Flucht kein Thema. Die in Wahrheit natürlich da wie dort Migration aus Schwarzafrika an die scheinbaren oder wirklichen Futtertröge und Jobs der EU ist.
Früher war auch in Libyen alles ziemlich ähnlich wie in Marokko. Italiens Machthaber Berlusconi hat Libyens Diktator Gadhafi gut geschmiert (wahrscheinlich auch mit Huren, wie ein seltsamer Auftritt Gadhafis andeutete). In Italiens Süden herrschte als Ergebnis Ruhe. Jetzt muss Berlusconi in einem Altenheim pflegen, Gadhafi ist ermordet und in Libyen hausen unzählige verschiedene islamistische Milizen in blutigem Chaos. Denn Frankreich und Großbritannien haben dort auf Wunsch der an die Facebook-Revolution glaubenden Medien mit ihren Flugzeugen und Bomben für „Ordnung“ gesorgt.
Die Islamisten kassieren in Libyen jetzt munter für ihre Schlepperdienste. Zur Warnung lassen sie hie und da ein Boot voller Schwarzafrikaner untergehen. Man ist schon froh, wenn sie es nicht so arg treiben wie ihre Glaubensbrüder, die jetzt in Irak und Syrien nach der Reihe Nichtgläubige umbringen.
Nur noch peinlich ist jedoch die Reaktion von Italiens jetziger Regierung und von Europa. Beide wollen nicht zugeben, dass in Libyen unter Druck der Medien ein furchtbarer Fehler gemacht wurde.
Sie verstehen nicht, dass sie mit Öffnung des sizilianischen Wegs die Migranten und die Geschäftemacher überhaupt erst richtig massiv anziehen. Sie kümmern sich im Gegensatz zu dem mit großem Fanatismus betriebenen Sturz des Gadhafi-Regimes nicht darum, dass sich in Libyen wieder eine halbwegs gemäßigte Regierung durchsetzen kann (die man dann halt wieder schmiert, damit sie den Schleppern das Handwerk legt). Sie erledigen um viel EU-Geld mit der Aktion Mare nostrum das Geschäft der Schlepper. Und sie machen den Bürgern Europas dazu schlechtes Gewissen, dass es am Los der Afrikaner schuld sei. Dümmer geht es wohl nicht mehr.
Oder doch: Österreichs Werner Faymann will ausgerechnet die für all das mitverantwortliche italienische Außenministerin zur außenpolitischen Chefin ganz EU-Europas machen. Wahrscheinlich fand Faymann unter den über 500 Millionen Europäern niemanden, der noch ungeeigneter für dieses Amt ist.
Kein Wort hat Herr Faymann hingegen bisher zu der provozierenden Tatsache gesagt, dass Italien diese „geretteten Flüchtlinge“ nicht einmal als Asylanten registriert, sondern möglichst rasch nach Norden schickt. Wo sie dann in Deutschland oder Österreich um viel Geld jahrelang betreut werden. Statt dass Faymann wenigstens versucht, mit Italien Schlitten zu fahren, geraten sich die österreichischen Bundesländer untereinander in die Haare, die angesichts des Widerstands der Bevölkerung nicht mehr wissen wohin mit diesen „Flüchtlingen“.
Neben Spanien muss man übrigens auch Griechenlands Realismus anerkennen. Athen hat es trotz Landgrenzen und unzähligen Inseln mit Zäunen (und einem sehr unfreundlichen Umgang mit Migranten) geschafft, von den Schlepperbanden weitgehend frei zu werden. Italien hat das Gegenteil geschafft. Unter Führung seines schönen Ministerpräsidenten (und des Papstes).
Auf eines darf man jetzt freilich gespannt sein: Wie wird Italien, wie wird Europa reagieren, wenn unter den bisher begierig geretteten „Flüchtlingen“ der erste mit dem Ebola-Virus ist. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.
Abgesehen davon, dass natürlich auch daran der Norden schuld sein wird (diese Schuldzuweisungen schaffen italienische Rhetorik und das Gutmenschtum mit Leichtigkeit), wird die Situation dann auch für Italien und Europa ungemütlich. Zuerst sind diese Flüchtlinge ja jedenfalls einmal in Italien und der EU. Wird dann plötzlich niemand mehr „gerettet“ werden? Wird man dann endlich gegen die Schlepper vorgehen?
Aus der bejubelten Energiewende ist ein katastrophaler Energiecrash geworden. In Deutschland ist das besonders dramatisch, aber auch in Österreich und im restlichen Europa hat das tiefgreifende Folgen. Die einen werden das Ende der Wende bedauern, die anderen sich freuen, weil sie alle Warnungen bestätigt sehen. Wie aber soll es weitergehen in dem Mega-Thema Energie? Wie geht man mit den vielen Interessen um, die sich dabei unter ethisch-ökologischer Tarnung festgesetzt haben?
(Ein etwas längerer Text, der weitestgehend identisch ist mit einem Buchbeitrag)
Man stößt bei diesem Thema auf so viel Populismus und so viele moralingetränkte Weltretter, dass man nicht nur einen Schritt, sondern gleich fünf zurücktreten muss, um die notwendige Distanz zu gewinnen. Nur so kann Vergangenheit wie Zukunft richtig beurteilt werden.
Bei der Aufarbeitung der Vergangenheit muss man fragen: Was stand alles hinter dem Axiom, das ein Vierteljahrhundert lang die öffentliche Meinung dominiert hat? Dessen von Frageverboten geschützter Kern war die Behauptung einer durch die Menschheit verursachten globalen Erwärmung, die sich zur Katastrophe für den Planeten auswachsen würde.
In unterschiedlichen Zusammenhängen war wohl jeder einzelne dieser Aspekte relevant. Wir waren uns ihrer zwar oft nicht bewusst. Diese haben aber nichts an der Wirksamkeit geändert.
Heute aber bricht die Global-Warming-Theorie weitgehend zusammen. Sie hat keine einzige der kritischen Fragen beantworten können. Sie hat offensichtlich falsche Prophezeiungen gemacht. Es ist nur noch Verzweiflung, wenn Global-Warming-Alarmisten jetzt jeden einzelnen Wetterbericht als „Beweis“ ihrer Thesen zu missbrauchen versuchen. Egal ob der auf warm oder kalt, auf stürmisch oder regnerisch, auf nebelig oder föhnig lautet.
Wohin aber geht es in Zukunft? Welche Politik soll Europa, soll Österreich, soll Deutschland jetzt befolgen? Das steht im Zentrum der folgenden Ausführungen, welche die Fehler der Vergangenheit weitgehend ausklammern. Denn mit diesen hat sich der Autor schon oft befasst, mit den Thesen über die Rolle der Menschen bei der globalen Erwärmung, mit den Gefahren beziehungsweise Nutzen einer globalen Erwärmung sowie einer Zunahme der CO2-Emissionen (etwa in dem ausführlichen Text: „Klima: Lügen, Fakten, Interessen“ vom 6. November 2012). Hier geht es nun um die Zukunft.
Dazu eine Reihe grundsätzlicher Überlegungen und Empfehlungen:
1. Es gibt nicht „die“ eine Strategie, die alle Antworten auf die Frage nach der Energie geben könnte. Gerade in diesem gewaltigen Themen-Komplex ist Demut an Stelle von europäischer, nationaler oder globaler Hybris notwendig. Alle, die behaupten, eine solche Strategie zu haben, landen früher oder später in schlimmen Sackgassen oder sind gar totalitär orientiert.
2. Es gibt keinen Raum für einen europäischen Sonderweg, für ein europäisches Modell, dem sich der Rest der Welt mehr oder weniger begeistert anschließen würde. Denn weder ist man außerhalb Europas bereit dazu, noch kann sich die heutige EU teure Sonderwege leisten. Seit Jahrzehnten (also keineswegs erst seit Ausbruch der Finanzkrise, wie manche glauben) gehen die Investitionen in Europa zurück. Seit Jahrzehnten ist das Wachstum der EU-Länder geringer als das sämtlicher anderer Weltregionen. Nur noch Arbeitslosigkeit und Schulden steigen.
3. Sollte – trotz aller Zweifel und Gegenargumente – die These von der CO2-verursachten Globalen Erwärmung stimmen, dann wäre erst recht jeder kontinentale oder gar nationale Sonderweg sinnlos. Denn einerseits findet das Wachstum des Energieverbrauchs heute in der Dritten Welt statt. Andererseits sind die – positiven wie negativen – Auswirkungen einer globalen Erwärmung jedenfalls global. Zumindest darüber besteht zwischen „Alarmisten“ und „Skeptikern“ Konsens.
4. Der Westen sollte sich kein schlechtes Gewissen ob seines zum Teil noch besseren Lebensstandards oder gar ob des einstigen Kolonialismus einiger Länder mehr machen. Denn Europas Vorsprung schrumpft rapide. Viele asiatische Länder konkurrieren heute Europa an die Wand. Nur ein Beispiel: Südkorea war einst ein bitter armes Land. Heute ist es einer der Industriegiganten der Welt, der beispielsweise im Mobiltelefon-Wettbewerb Nokia als letzten europäischen Mitspieler vernichtend geschlagen hat. Südkorea ist allein durch nationale Anstrengung und Fleiß vorangekommen.
5. So wie die afrikanische Ökonomin Dambisa Moyo mit „Dead Aid“ haben uns auch viele andere Wirtschaftsexperten mehr als deutlich nachgewiesen, dass Entwicklungshilfe eine völlig falsche Dauerstrategie ist. Entscheidend für den Aufstieg einst armer Länder ist vielmehr eine Stärkung der Eigenverantwortung, eine Reduktion von Korruption und Bürokratie, die Entwicklung zur Marktwirtschaft und Investitionssicherheit. Global brauchen sie hingegen nicht Hilfe (auch wenn jeder Machthaber diese gerne kassiert), sondern Handelsfreiheit, insbesondere auch in der in Europa überregulierten Landwirtschaft. Aber selbst wer noch an Entwicklungshilfe glaubt und damit nicht primär Eigeninteressen befördert, muss diese streng von Energie- und CO2-Politik trennen. Sonst entsteht ein totales Chaos.
6. Das wichtigste Prinzip muss national wie global das der Kostenwahrheit sein. Ohne diese ist langfristig jede Energiepolitik zum Scheitern verurteilt. Bis heute aber subventionieren beispielsweise Indien und andere Schwellen- wie Entwicklungsländer massiv Öl und Gas. Die Regierungen wissen zwar, dass dies teurer Unsinn ist. Sie stehen aber populistisch unter Druck weiterzumachen. Denn würden in diesen Ländern an Tankstellen die normalen Marktpreise verlangt, hätten die Regierungen sofort so heftige Proteste auf den Straßen, dass sie um ihre Existenz bangen müssten.
7. Kostenwahrheit bedeutet aber umgekehrt auch das Verbot von Subventionen für Windmühlen und Solaranlagen. Ganz egal, ob sie vom Steuerzahler, von allen Stromkonsumenten oder wie in Deutschland nur von jenen bezahlt werden, die keine starke Lobby hinter sich haben.
8. Der Versuch, zwischen jenen zu trennen, denen immer höhere Strompreise (zur Subvention der „Alternativen“) zugemutet werden können, und denen, wo das (wegen der ausländischen Konkurrenz) nicht geht, hat in Deutschland in einem absurden Chaos geendet. Die EU-Kommission hat das auch zu Recht in etlichen Branchen als unerlaubtes Dumping eingestuft. Deswegen empfehlen immer mehr Experten in Deutschland die komplette Abschaffung des EEG (Erneuerbare-Energie-Gesetz). Es ist weder kosteneffizient noch hat es eine messbare Innovationswirkung. Dabei waren Angela Merkel und die deutsche Politik einst unglaublich stolz auf dieses Gesetz.
9. Die Behauptung von Solar- und Wind-Lobbyisten, dass ihre Förderung durch Steuerzahler oder Konsumenten einen hohen ökonomischen Nutzen brächte, hat sich als falsch erwiesen. Diese Lobbyisten haben das Entstehen einer exportstarken und technologisch überlegenen Umwelt-Industrie behauptet. In Deutschland wurde aber jetzt nachgewiesen, dass es durch diese Förderung keine innovatorische Wirkung gibt. Inzwischen ist längst Chinas Industrie der größte Profiteur der Solarförderung. Der Profit der „grünen“ Industrien war also nur ein sehr kurzfristiger. Langfristig profitiert haben jedoch die Bauern, auf deren Dächern und Feldern die Sonnen- und Windanlagen stehen.
10. Die Kosten der Energiewende durch Ausbeutung der Konsumenten treffen diese in gewaltigem Umfang. Die Zahl der deutschen Haushalte, die schon mehr als ein Zehntel aller gemeinsamen Nettoeinkünfte für Wohnenergie ausgeben müssen, ist auf 6,9 Millionen gestiegen. In Deutschland sind binnen zehn Jahren die Kosten bloß für Warmwasser und Heizung um 43 Prozent gestiegen. Dabei ist Strom an den internationalen Märkten zugleich extrem billig geworden – freilich nur dann, wenn es starken Sonnenschein und/oder Wind gibt.
11. Deutschland, Österreich und einige andere EU-Länder drehen derzeit gleich an vier Stellschrauben, um eine Energiewende im grünen Sinn zu erzwingen. Diese vier Maßnahmen werden durch ihre Gleichzeitigkeit zunehmend tödlich für Wirtschaft und Jobs. Von den USA bis Asien wird hingegen meist keine einzige dieser Stellschrauben betätigt.
12. Atomkraft ist eines der emotional heikelsten Themen. Sie wird im deutschen Sprachraum von einer Mehrheit geradezu religionsartig abgelehnt. Dennoch sollte man einige Fakten aussprechen. In den Augen des Autors spricht nämlich viel mehr für als gegen Atomkraft:
13. Mit Fracking gibt es erst eine viel kürzere Zeit der Erfahrungen als mit Atomkraft. Daher ist schon aus diesem Grund penibler Umgang und Sorgfalt am Platz. Beim Fracking gilt wohl dasselbe wie bei der Atomkraft: Der von Medien, NGOs und Politik aufgebaute Widerstand wird wohl erst dann überwunden werden, wenn die ausgelösten Folgen der gesamten Energiepolitik noch gravierender zu spüren sind. Dennoch ist auch schon heute klar festzuhalten: Es gibt bisher keine echten negativen Hinweise, die verantwortungsbewusste Entscheidungsträger zur Absage ans Fracking zwingen würden. Sowohl die bisherigen Erfahrungen wie auch die Informationen durch die Techniker geben eigentlich Entwarnung. Auch die angebliche Bedrohung des Grundwassers durch Fracking dürfte mehr mit Science Fiction zu tun haben als mit der Realität.
14. Eine thermische Sanierung ist an sich positiv. Sie bringt aber weit weniger an Energie-Einsparungen als einst prophezeit. Diesbezügliche Berechnungen waren oft falsch oder stammten überhaupt aus der PR-Abteilung jener Unternehmen, die solche Sanierungen durchführen.
Einige Hinweise von Praktikern zu den Problemen mit Sanierungen:
- Viele Varianten sind noch gar nicht ausreichend lange in der Praxis erprobt.
- Das Lüftungsverhalten vieler Menschen ändert sich nach Fensterabdichtungen verständlicherweise total.
- Traditionelle Häuser sind thermisch oft effizienter als moderne: Sie haben kein Flachdach; sie haben einen als Wärmepuffer effizienten Dachboden; sie haben vorspringende Dächer, die im Sommer beschatten, während sie im Winter die waagrecht scheinende Sonne wärmend ans Mauerwerk lassen.
- Dazu auch ein kurzes privates Beispiel: Den größten Sanierungserfolg (also Einsparung von Heizkosten) habe ich durch das einfache Auflegen von Styropor-Platten auf dem Dachboden erzielt; das hat 250 Euro im Baumarkt und einen halben Arbeitstag, aber Null Bürokratie gekostet.
- Wenn gefördert wird, wird fast nie der effizienteste, der billigste Weg gesucht, sondern jener, der das meiste Fördergeld einbringt.
- Förderungen lösen auch immer Mitnahme-Effekte aus.
Eine thermische Sanierung – etwa auch durch „Contracting“ – ist immer dann sinnvoll, wenn sie die Energiekosten stärker reduziert, als sie selbst kostet. Dann wird jeder vernünftige Hauseigentümer sie auch machen. Öffentliche Aufklärung darüber ist daher durchaus sinnvoll. Hingegen ist die „Förderung“ solcher Sanierungen prinzipiell abzulehnen. Denn gefördert wird ja immer mit Geld, das man anderen Bürgern mit Zwang abnimmt. Das verschweigen zwar Politiker gerne, das ist aber dennoch Faktum. Daher ist es auch Unsinn, wenn der österreichische Landwirtschaftsminister die durch die „Förderung“ entstehenden Arbeitsplätze lobt, aber verschweigt, dass dafür anderswo die höheren Stromkosten oder Abgaben Arbeitsplätze vernichten; netto bedeutet eine solche Umverteilung schon alleine wegen der Kosten für die zwischengeschaltete Bürokratie immer einen Netto-Verlust.
15. Die hohe Subventionierung von Bio-, Wind- und Sonnenenergie ist eindeutig ein Unsinn. Subventionierungen bedeuten immer eine politisch-bürokratische Umverteilung zugunsten bestimmter Profiteure und engagierter Lobbys. Diese sind daher in diesem Bereich auch besonders lautstark unterwegs. Sollten sich diese Energieformen rechnen – alle oder eine davon –, werden sie auch ganz ohne Subvention eingesetzt. Das tun sie aber (noch) nicht.
16. Die europäischen Regierungen und Parteien müssten viel mutiger dem einseitigen Meinungsdruck der NGOs und Alternativ-Lobbys entgegentreten. Diese und die mit ihnen gerne verbündeten Medien waren es ja letztlich, welche Europas Energiekurs bestimmt haben, obwohl dieser seinen eigenen Notwendigkeiten schadet.
17. Die übereifrige Übernahme der Kyoto-Ziele und deren bürokratisches Übertreffen durch die EU war nicht nur deshalb ein Fehler, weil fast kein sonstiges Land der europäischen Politik folgte. Sie war auch europaintern eine besondere Dummheit, weil die Kyoto-Ziele auf dem Jahr 1990 aufbauten. Damals, unmittelbar nach der Wende, hatten die exkommunistischen Länder noch besonders arg verschmutzende Industrien und Kraftwerke. In anderen Ländern galten hingegen schon lange vor Kyoto strenge Umwelt-Maßstäbe. Im Westen waren sowohl die lokalen Verschmutzungen wie auch die CO2-Emissionen schon vor Kyoto stark reduziert worden. Das wurde aber ignoriert, weshalb die echte Pflicht zur Reduktion – oder zu Zahlungen in Form des Ablasshandels – praktisch nur die westlichen Länder traf. Im Osten hingegen sind die EU-Vorgaben durch die sowieso notwendige Stilllegung vieler Industrien automatisch erreicht und übertroffen worden.
18. Das Vorzugsschülergehabe der österreichischen Politik und zwar praktisch aller Parteien führte dazu, dass für die Alpenrepublik besonders ehrgeizige Ziele festgelegt worden sind. Dabei wurden die schon damals hohen (und in etlichen Branchen auch teuren) Umweltstandards Österreichs als gegebene Startlinie genommen. Es wurde dabei auch ignoriert, dass Österreich schon 1990 seine Wasserkraft in sehr hohem Ausmaß ausgebaut hatte. Wasser ist unbestritten eine der saubersten und effizientesten Energiequellen.
19. Der subventionierte Vorrang für Wind- und Solarstrom ist auch deshalb unsinnig, weil diese Formen viel stärker als jede andere Art der Energiegewinnung (die physikalisch eigentlich eine Energie-Umwandlung ist) Ersatz-Kapazitäten brauchen. Wind wie Sonne sind etwa bei wochenlangem Nebel im Winter kaum aktiv. Daher braucht es weiterhin fast in gleichem Umfang Ersatzkapazitäten zur Stromerzeugung oder viel mehr Speicher. Das hat zu einem Boom von Kohlekraftwerken geführt, die als bisweilige Einspringer Strom billig anbieten. Gaskraftwerke sind zwar effizienter und sauberer als Kohle, aber selbst bei modernster Bauweise teurer (ungeschickte Gas-Lieferverträge mit Russland machen sie besonders teuer). Ohne radikale Abkehr von der derzeitigen Energiepolitik werden sie daher bald als unnütz verschrottet werden. Das ist eine der vielen absurden Folgen der Energiewende. Daher wird die Politik jetzt auch in diesem Bereich öffentliche Gelder einbringen müssen, wenn sie weiterhin auf der Bevorzugung von Solar- und Windstrom beharrt. Oder genauer: wenn die einschlägigen Profiteure, Medien und NGOs die Politik weiterhin dazu zwingen.
20. Jedenfalls sinnvoll ist der Bau von Wasserkraftwerken. Dabei sind besonders Speicherkraftwerke nötig. In diesen wird der zeitweise im Überfluss vorhandene Solar- und Windstrom genutzt, um beispielsweise schon einmal genutztes Wasser wieder in die hoch gelegenen Speicher zu pumpen; von dort kann es dann bei Bedarf jederzeit abgelassen werden, um sicheren (und dann gut bezahlten) Strom zu erzeugen. Aber auch bei Speicherkraftwerken darf es natürlich nicht um Subventionen gehen, sondern nur um Investitionen. Die Politik ist aber gefordert, die bürokratischen Regeln für Investitionen zu reduzieren. Ein besonderes Hindernis für den Bau von Wasserkraftwerken stellt die EU dar, die große Teile Europas als Naturschutzgebiete jeder Wasserkraftnutzung entzieht. Ein solcher Konflikt tobt seit einiger Zeit etwa in Osttirol. Der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident hat ihn prägnant auf den Punkt gebracht: „Die Politik muss sich entscheiden, ob eine kurzfristige Störung der Alpenschneehühner die Energieunabhängigkeit eines ganzen Landes gefährden darf.“
21. Während es beim Naturschutz zu einer Interessenabwägung zwischen Energiepolitik und ökologischen Prinzipien kommen muss, wären in anderen Rechtsbereichen neue Regeln sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll. Sie brächten auch eine Budgeteinsparung: Dazu gehört etwa die Abschaffung aller Pendlerpauschalen. Diese fördern auf Kosten der Allgemeinheit die Fahrten mit dem Auto an Stelle von Bahn oder Bus. Nur wagt es keine Partei, an dieser populären Unsinnigkeit zu rühren.
22. Wenig sinnvoll sind auch die Treibstoffpreis-Subventionen für die Landwirtschaft: Denn mit dem billigen Agrardiesel werden einerseits auch oft private Fahrzeuge betrieben, andererseits wird dadurch in der Landwirtschaft der Anreiz reduziert, treibstoffsparende Maschinen einzusetzen. Aber die Agrarlobby hat sich gegen Sparsamkeit und eine sinnvolle Energiepolitik durchgesetzt.
23. Ebenso sinnvoll wäre eine Erhöhung der Wohnmobilität. Die öffentliche Förderung für Wohn- und Hausbau aller Art, das Genossenschafts- und Mietrecht zwingen in der heutigen Art viele Familien, jahrzehnte- oder lebenslang an ein- und demselben Ort zu bleiben. Ohne diese vielfachen politischen Eingriffe wäre es ökologischer und billiger, in die Nähe des Arbeitsplatzes zu ziehen. Aber auch hier ist ein verstärkter Vorrang für die Vernunft kurzfristig sehr unpopulär. Denn das Vertrauen in die Politik ist gleich null, dass eingesparte Gelder wirklich über eine Reduktion der Abgaben den Bürgern zugute kommen.
24. Durch solche und andere Deregulierungs-Maßnahmen ließe sich das Wirtschaftswachstum stärken und teilweise vom Energieverbrauch entkoppeln. Allerdings sollte klar sein: Wer ein signifikant steigendes Wirtschaftswachstum bei einem gleichzeitig dauerhaft sinkenden Energieverbrauch verspricht, ist ein Scharlatan, oder bestenfalls ein lebensfremder Theoretiker. Denn beispielsweise der gerne zitierte Rückgang des Gasverbrauchs in Österreich seit einigen Jahren ist nur Folge dreier durchaus unerfreulicher Entwicklungen:
- der großen Krise,
- der Verwendung anderer Energieformen (Kohle, Strom),
- und des Abwanderns energieintensiver Betriebe in Länder mit niedrigeren Kosten.
25. Wenn heute in Amerika der Gas-Preis nur ein Drittel bis ein Viertel des europäischen beträgt, wird kein Vorstand einer Industriefirma noch eine energieabhängige Investition in Europa beschließen. Sondern nur noch außerhalb. Täte er es dennoch, würde er wohl wegen Untreue gefeuert werden.
26. Eine weitere völlig fehllaufende Folge politischer Entscheidungen ist der Handel mit CO2-Zertifikaten (Verschmutzungsrechte). Hier hat die EU zwar versucht, endlich wieder einen Hauch Marktwirtschaft in das Energiechaos zurückzubringen. Aber das Ergebnis hat mit einem echten Markt nichts zu tun, werden doch Mengen und Preise der Zertifikate weiter politisch-bürokratisch festgelegt. Eine der besonders grotesken Folgen: In der Dritten Welt werden eigens umweltverschmutzende Anlagen gebaut, deren Sanierung man sich dann von Europa teuer abkaufen lässt. Überdies ist es beim Zertifikate-Handel schon mehrfach zu Betrügereien gekommen.
27. Wie in vielen Bereichen bleibt bei Energie und Klima ständige Forschung ganz entscheidend. Dabei darf es weder bei den Inhalten noch den Ergebnissen irgendwelche Vorgaben oder Tabus geben. Auf solche stößt man aber in Europa in massivem Umfang. Beim Thema Klima gibt es ja meist nur für Alarmisten Geld. Beim Thema Energie wiederum führen Länder wie Österreich nach wie vor einen heftigen Kampf, um jede atomare Forschung zu verbieten, selbst die für Fusionsprojekte.
28. Wer sich mit der Frage künftiger Energiequellen beschäftigt, sollte jedenfalls viel vorsichtiger mit Prophezeiungen als in den letzten Jahrzehnten sein. Denn damals ist man oft völlig falsch gelegen, weil man globale Entwicklungen (also des durch die EU nicht beeinflussbaren Weltmarkts, der Forschung und Technik) in keiner Weise vorhergesehen hat. So hatten in den Siebziger Jahren „Experten“ schon für das Jahr 2000 bei vielen Rohstoffen und insbesondere beim Erdöl und Gas ein Versiegen prophezeit. Heute hingegen sind trotz eines höheren Verbrauchs für viel längere Zeitspannen Vorräte bekannt als damals. Auf der anderen Seite waren aber auch alle Prophezeiungen falsch, nach denen wir heute schon Energie durch Atomfusion gewinnen könnten.
Bei allen notwendigen Vorsichtsmaßnahmen gegen eventuelle Gefahren, bei allen Todesopfern (insbesondere von Wasser und Kohle): Es kann vernünftigerweise keinen Zweifel geben, dass der heutige massive Energie-Einsatz massiv lebensverlängernd ist. Maschinen, Hygiene, bessere Ernährung, Medizin: Alles braucht viel Energie, hat aber die Lebenserwartung dramatisch verlängert. Genauso bekenne ich mich dazu, dass Auto, Licht, Radio und zahllose andere nicht direkt lebensnotwendige „Energieverschlinger“ unser aller Leben zugleich schöner und besser gemacht haben.
(Dieser Text erscheint in ähnlicher Form auch in dem Sammelband: „Europa am Scheideweg. Zwischen Verbrüsselung und Vielfalt")
Nicht nur die Unabhängigkeitsbewegungen in Europa blicken der Volksabstimmung in Schottland gespannt entgegen. Gut vier Millionen wahlberechtigte Schotten befinden am 18. September über die Unabhängigkeit ihres Landes.
Dem Ausgang dieses Referendums, das nach langem Hin und Her vor zwei Jahren zwischen dem schottischen Regierungschef Alex Salmond und Premierminister David Cameron vertraglich vereinbart wurde, blicken nicht nur Großbritannien und die Europäische Union mit Sorge entgegen. Auch Madrid und Rom sind die Vorgänge jenseits des Ärmelkanals alles andere als geheuer, gewärtigen doch Spanien und Italien gleichlautendes sezessionistisches Verlangen.
Würden die Schotten mehrheitlich die ihnen alles entscheidende Frage „Should Scotland be an independent country?” mit „Yes“ beantworten, so gäbe dies vielen anderen mächtigen Auftrieb: Den um Unabhängigkeit ringenden Katalanen (nicht zu vergessen auch den Basken) in Spanien sowie den nach Eigenstaatlichkeit strebenden Lombarden und Venetern in Italien. Und im südlichen, von Italien 1918 waffenstillstandswidrig annektierten (und Rom im „Friedensvertrag“ von St. Germain-en-Laye zugesprochenen) Teil Tirols erhoffen sich die „Los-von-Rom“-Parteien vom Ausgang des Schotten-Referendums einen begünstigenden Verstärker-Efffekt.
Wegen der Brisanz des Themas für ihre Souveränität nehmen ethnisch gemischte „National“-Staaten wie Belgien (Flamen, Wallonen, Eupen-Malmedy-Deutsche), oder Staaten mit bedeutenden nationalen Minderheiten wie Rumänien (Magyaren) die eventuelle „Sprengkraft“ eines möglichen Mehrheitsvotums der Schotten fest in den Blick. Selbst ein „Übergreifen“ des Erfolgs der schottischen Unabhängigkeitsbewegung auf den Nordwesten des zentralistisch regierten (und verwalteten) Frankreich wäre nicht wirklich auszuschließen. In der Bretagne verschaffen sich die („britischen“) Bretonen nicht erst seit dem Amtsantritt des glücklosen Präsidenten François Hollande mehr Eigenständigkeitsgehör denn je zuvor. Und wer wollte gänzlich in Abrede stellen, dass nicht auch Korsen und französische Basken in Aquitanien ein mögliches Signal aus Edinburgh hören und sich zunutze machen könnten.
Wenn es nach Alex Salmond und dessen Nationalpartei (SNP) geht, die seit der Wahl 2011 über 69 von 129 Sitzen im Parlament zu Edinburgh verfügt und die das Vorhaben am vehementesten verficht, so ist die Sache klar: Kommt in der Volksabstimmung eine Mehrheit zustande, wird Schottland, dessen 5,3 Millionen Einwohner zehn Prozent der britischen Bevölkerung ausmachen, am 24. März 2016 unabhängig.
Es wäre dies der Jahrestag der „Vereinigung der Kronen": Am 24. März 1603 fiel Schottlands König James VI. (aus dem Hause Stuart) nach dem Tod der kinderlos verstorbenen Elisabeth I. als James I. auch die Herrschaft über England und Irland zu. Der schottischen Volksabstimmung würden somit eineinhalb Jahre Trennungsverhandlungen und schließlich die Eigenstaatlichkeit Schottlands folgen. Etwa wie im Falle der zwischen Václav Klaus (Tschechien) und Vladimír Me?iar (Slowakei) ausverhandelten und mittels Parlamentsbeschlusses (ohne vorherige Volksabstimmung) entschiedenen „friedlichen Auflösung“ der ?SFR Ende 1992.
Laut Umfragen sind die Chancen dafür allerdings nicht gar zu rosig: 36 Prozent der Ende Juni Befragten waren für die Unabhängigkeit, 44 Prozent dagegen, und immerhin 20 Prozent wussten demnach noch nicht, wofür sie sich entscheiden. Das hängt mit der einzig gestellten Referendumsfrage „Soll Schottland ein unabhängiger Staat sein?“ zusammen. Diese ist sozusagen die „Reduktionsform“ dessen, was ursprünglich Intention der überparteilichen Organisation „Yes Scotland" war.
Die Einigung Salmons, dessen SNP den „Verbleib Schottlands unter der Krone und im Pfund-Sterling“ befürwortet, mit Cameron ist nur über diese eine Frage zustande gekommen. Wäre es nach „Yes Scotland" gegangen, so hätte am 18. September auch über „die gänzliche wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit vom Britischen Königreich“ befunden werden sollen. Demoskopischen Befunden zufolge würden bei einem derartigen zusätzlich in Frageform gekleideten Referendumsbestandteil „wohl mehr als 90 Prozent der Schotten ganz klar für die Unabhängigkeit“ stimmen.
Denn es sind gerade die wirtschaflichen Faktoren, die für vielfältige Konflikte zwischen London und Edinburgh sorgen. So verfügt Schottland derzeit nicht über die Kontrolle über die eigene Wirtschaft. Es ist die Regierung in London, die die Einnahmen aus der Nordsee-Ölförderung samt und sonders einstreicht.
Edinburgh möchte selbst über das ökonomische Wachstum Schottlands entscheiden, will über die Förderung erneuerbarer Energien bis zu 40.000 neue Arbeitsplätze schaffen und die neue Wachstumsbranche Tourismus fördern. Gegenwärtig fließt alles in Schottland Erwirtschaftete zur Gänze in den britischen Staatshaushalt. Was Edinburgh aus London – wegen der devolutionären Übertragung administrativer Funktionen an schottische Körperschaften in den 1990er Jahren – zurück erhält, steht in keinem Verhältnis zu dem, was die fünf Millionen Schotten an jährlicher Wertschöpfung erbringen. Zwar darf das schottische Regionalparlament beispielsweise in der Gesundheits- und in der Kulturpolitik eigenständig Gesetze erlassen, doch Westminster verfügt in allem über ein Überstimmungsrecht.
Hierin ähnelt die „Autonomie“ Schottlands jener Südtirols. Weshalb dort die „Los-von-Rom“-Parteien Parallelen sehen und mit den schottischen Loslösungsbefürwortern mitfiebern. Wenngleich die ökonomische Situation Großbritanniens – just wegen der Öleinnahmen – besser ist als jene Italiens, das seit den 1980er Jahren einen Staatsschuldenberg vor sich herschiebt, der mittlerweile auf 135 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsen ist. Für die auf Selbstbestimmung sinnenden Südtiroler Oppositionsparteien muss – trotz (längst beschnittener) „Selbstverwaltung“ – aus italienischer Schuldenkrise und römischem Zentralismus zwangsläufig der Niedergang ihrer mehr und mehr der Italianitá anheimfallenden „Provincia autonoma di Bolzano – Alto Adige“ folgen.
War im „Mailänder Abkommen“ (2010) vereinbart, dass Rom von den gemäß Autonomiebestimmung an Bozen rückzuerstattenden 90 Prozent des Südtiroler Steueraufkommens jährlich 518 Millionen Euro einbehalten durfte, so behält es mittlerweile nahezu die dreifache Summe ein. Ohne dass „allfällige Änderungen auf dem Konsultationswege zwischen Rom und Bozen“ vorgenommen worden wären, wie eigentlich im Abkommen festgelegt. Dadurch wird nicht nur eine ihrer tragenden Säulen brüchig, sondern die Autonomie als solche entwertet. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die gemäß ihrer Losung „Süd-Tirol ist nicht Italien“ auf die Trennung vom Stiefelstaat hinarbeiten.
Sollte indes das Referendum in Schottland so ausgehen, dass sich „Ja“ und „Nein“ ungefähr die Waage halten, dann wird es gewiss Verhandlungen über den Ausbau der dortigen autonomen Befugnisse geben. Alle gesamtstaatlich-britischen Parteien – Tories, Labour, Liberaldemokraten – haben sich schon darauf festgelegt, dass die Schotten zusätzliche und weiter als bisher reichende Selbstverwaltungsrechte erhalten sollen. So beispielsweise die Steuerhoheit. Dass dann Waliser, Nordiren und Engländer ähnliche Ansprüche stellen werden, dürfte klar sein.
Votieren die schottischen Wähler tatsächlich mehrheitlich gegen die Unabhängigkeit, wäre dies wohl vor allem für Premierminister Cameron von Vorteil. Denn im ganzen Vereinigten Königreich dürfte sich dann die politische Stimmung zu seinen Gunsten verschieben und den Tories einen aussichtsreichen Wechsel ins Wahljahr 2015 verheißen. Wie sie sich auch am 18. September entscheiden: Das Votum der Schotten wird Großbritannien verändern und nicht ohne Einfluss auf Unabhängigkeitsbewegungen in Europa bleiben.
Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Österreichs Außenpolitik hat in den letzten Monaten eine Wendung durchgemacht, ohne dass es der Öffentlichkeit aufgefallen wäre. Hat sich der Bundespräsident bei dem skurrilen Putin-Besuch in Wien noch gegen Sanktionen ausgesprochen, wollte der Außenminister am Anfang die Ukraine neutralisieren, trägt Österreich nun voll die EU-Sanktionen mit. Im Wesentlichen hört man nur noch aus Italien russlandfreundliche Äußerungen.
Österreichs jetzige Haltung ist jedenfalls als positiv zu werten. Das deutet immerhin auf einen Lernprozess des jungen Außenministers und seiner offenbar auch nicht sonderlich versierten Berater.
Das sorgt aber auch zunehmend für die Frage: Wozu braucht diese Republik überhaupt einen Bundespräsidenten? Dieser ist ja völlig irrelevant – und merkt es nicht einmal selber. Extrem skurril sind auch die nächsten Reisepläne von Heinz Fischer: Denn jetzt will er ausgerechnet – nach Teheran fahren. Und zwar unabhängig davon, ob dieses in einer für die Welt nachprüfbaren Weise auf die Entwicklung einer Atombombe verzichtet oder nicht.
Gegenüber Russland wie Iran hört man jedes Mal von Fischer das Argument, dass Dialog besser als Schießen sei. Selbstverständlich ist er das. Nur: Wenn andere Länder okkupiert und annektiert werden, wenn Zivilmaschinen voller Urlaubsreisender vom Himmel geschossen werden, wenn Atombomben gebaut werden: Dann hat ja offensichtlich der Dialog nichts gefruchtet. Dann sind die von Fischer beim Putin-Besuch ausdrücklich abgelehnten Wirtschaftssanktionen das im Vergleich weitaus beste Mittel. Sanktionen bieten zwar auch keine Garantien, aber bei geschlossener und energischer Anwendung am ehesten die Chance, blutige Eskalationen zu verhindern. Wer hingegen gegen Sanktionen ist, der wird zu einem Instrument der Propaganda der Aggressoren.
Noch etwas macht das Dialog-Gerede am Wiener Ballhausplatz so lächerlich. Nach dem Abschuss der malaysischen Maschine hat Putin den amerikanischen Präsidenten, die deutsche Bundeskanzlerin, den (besonders arg betroffenen) niederländischen Regierungschef und noch viele andere angerufen. Auf den Gedanken, auch Fischer anzurufen oder sonst jemanden in Österreich, ist Putin aber offensichtlich nicht gekommen. Ebenso reden Iran und Nordkorea immer am liebsten mit den USA direkt. Nicht mit einem Herrn Fischer.
Aber basiert nicht Bruno Kreiskys Ruf vor allem auf seiner Vermittlung in internationalen Konflikten? Nein, Kreisky war sogar das Gegenteil eines neutralen Vermittlers. Einen solchen machen nur die an einer Heiligenlegende strickenden Parteifreunde aus ihm. Kreisky hat sogar selbst gesagt, dass er kein Vermittler sein kann; dazu sei er viel zu israelkritisch. Kreisky war ein Kommentator von Konflikten. Er gibt aber in Wahrheit keinen einzigen Konflikt, wo Kreisky vermittelt hätte.
Es täte auch der heimischen Außenpolitik extrem gut, wenn sich die dort tonangebende Generation mit den letzten 60 Jahren viel genauer befassen würde. Damit sie es dem schon ob seiner Jugend ahnungslosen Außenminister beibringen kann.
Die letzten Wochen haben gezeigt, dass einzig relevant ist, was Deutschland tut, was die EU tut. Österreichs Diplomatie tut da nichts dazu. Sie sollte aber begreifen: Für das Land – auch seine Wirtschaft – wäre es eine absolute Katastrophe, wenn in Europa wieder damit angefangen wird, andere Gebiete mit Militärgewalt zu okkupieren und annektieren.
Genau das hat ja einst ein Adolf Hitler gemacht; und auch damals haben manche in der Außenwelt zynisch dazu gesagt, dass die Menschen das eh sicher wollen; dass es also gar keinen Grund gäbe dagegen zu sein. Damals hat daher der Westen viel zu lange keinen Finger in Sachen Hitler gerührt. Es hat damals wie heute niemand für eine saubere Volksabstimmung gekämpft, bei der die Menschen ihre Meinung unbeeinflusst sagen können, bei der jede Seite ihre Argumente unbehindert vorlegen kann.
Zurück zum Fall Heinz Fischer. Zunehmend fragen sich die Steuerzahler: Wozu gibt es überhaupt noch einen Bundespräsidenten samt kostspieligem Apparat? Dessen Worte haben ja mit der wirklichen Welt absolut Null Beziehung. Er ist völlig irrelevant. Entscheidend ist, was Deutschland will, nicht ob Fischer etwas sagt. Es war Deutschland, es war die EU, die – noch einmal gesagt: schon vor dem Abschuss! – diese Sanktionen beschlossen haben. Und Österreich machte einfach kehrt vom einstigen Dialog-Gerede, so als ob man nie etwas anderes gesagt hätte.
Das ist im konkreten Fall zweifellos positiv. Aber hie und da hat Österreich freilich auch andere Interessen als Berlin. Da wäre es ganz gut, wenn das Land wieder eine denkende Außenpolitik hätte, einen Präsidenten und einen Außenminister.
Dabei würde der Außenminister etwa entdecken, dass inzwischen ausgerechnet der Landwirtschaftsminister (oder wie er sich gerade bezeichnet) ganz auf eigene Faust Außenpolitik betreibt. Und zwar was für eine! Man fühlt sich an die Zeit vor hundert Jahren erinnert, als Wien geglaubt hat, andere Länder herumkommandieren zu können.
Herr Rupprechter hat zuerst Ungarn, dann Italien in Worten den Kampf angesagt, die seit Jahrzehnten von einem österreichischen Minister nicht mehr zu hören gewesen sind. Die Worte des „grünen Sozialdemokraten“ waren aber nicht nur außenpolitisch extrem unsinnig, sondern hatten auch juristisch zuwenig Argumente. Egal ob es um die sogenannten Taschenverträge gegangen ist, oder um den Fettanteil der angelieferten Milch.
Rupprechter donnerte dennoch in beiden Fällen mit der Faust auf den Tisch. Der erstaunte Zuhörer fragt sich schon: Will er als nächsten Schritt beiden Nachbarn den Krieg erklären? Das wäre freilich schon deshalb nicht tunlich, weil das Bundesheer nicht mehr existent ist (hoffentlich habe ich jetzt kein Staatsgeheimnis verraten; Herr Kurz und Frau Heinisch schicken ja neuerdings gerne den Staatsanwalt gegen Meinungsäußerer los).
Eine Tiroler Faust auf den Tisch wirkt nur beim ÖVP-Obmann. Dort hat sie es erreicht, dass ein Tiroler statt eines anderen viel geeigneten Mannes als Agrarminister in der Regierung sitzt. Sonst aber sind Fäuste immer sehr kontraproduktiv.
Wenn es schon ein Außenminister nicht sagt, dann sei dem Agrarminister zumindest an dieser Stelle gesagt: Bei anderen Staaten sollte auch ein Tiroler das Drohen unterlassen. So redet man nicht mit anderen Ländern. So holt man sich nur blutige Nasen, sonst nichts. Vor allem dann nicht, wenn man selbst gar nichts in der Hand hat. Weder juristisch noch ökonomisch (noch militärisch, sei für jene hinzugefügt, denen Putins militärische Interventionen so gefallen).
Nicht einmal annähernd hat Europa seine seit 2008 andauernde Wirtschaftskrise überwunden, die jetzt ins siebente Jahr kommt. Das zeigen die vergangenen Tage deutlicher denn je. Daran ändert es auch nichts, dass Politiker immer wieder erklären, dass nun die Krise vorbei wäre.
Immer klarer wird auch die Ursache, weshalb sie nicht überwunden ist. Es war nicht OBWOHL so viel reguliert worden ist, sondern es war genau DESWEGEN. Es waren die Politiker, es waren die sich wie ein Krebsgeschwür vermehrenden nationalen und internationalen Regulatoren. Ob die nun in Basel sitzen, bei den drei gegeneinander intrigierenden Gremien der EU, beim ESM, bei der EZB, beim IWF, bei den nationalen Regierungen und Parlamenten, bei den Nationalbanken und Finanzmarktaufsehern.
Jede dieser Institutionen regulierte auf Teufel komm raus. Man glaubt allen Ernstes, dass man durch Hekatomben von Regeln, durch immer mehr Institutionen das Geld sicherer macht, dass man im Voraus weiß, ob ein Kredit zurückgezahlt wird. Auch Öffentlichkeit und Medien verlangen ständig noch mehr Regeln. Sie alle glaubten, eine Ahnung von Wirtschaft zu haben. Dabei machte die Fülle an Regeln mit absoluter Sicherheit die Krise nur noch schlimmer.
Nur ein Prinzip, das sie fast alle ersetzt hätte, kam nie zur Anwendung: das der Eigenverantwortung. Es würde zurückführen zu dem, was seit vielen Generationen weise Anleger wissen: Informiere dich; schaue jeden sehr gut an, dem du dein Geld anvertraust; und teile dieses auf möglichst viele Körbe auf. So gerät man auch dann nicht unter Wasser, wenn der eine oder andere Korb ganz verschwindet. Gesellschaften sollten gemäß dem Schumpeter-Prinzip handeln, dass Insolvenzen oft die einzige Grundlage für etwas Neues sind. Niemand ist „too big to fail“.
Statt dessen wurde gerettet, was das Zeug hält. Es haben jetzt zwar die meisten Staaten einen Primärüberschuss; aber nur deshalb, weil die Zentralbank fast rund um die Uhr Geld druckt und es ganz billig hergibt.
Heute geht es fast allen österreichischen Banken schlecht – und trotzdem will die SPÖ noch mehr Geld aus ihnen herausholen. In Portugal und Bulgarien mussten angeblich gerettete – oder nur von bösen Menschen schlecht geredete – Geldinstitute schließen. Die Investoren flüchten immer mehr in die Sachwerte (ob das nun Immobilien, Firmenbeteiligungen oder Rohstoffe sind).
In der EU setzen dennoch die Sozialdemokraten in ihrer Ausgabenwut alles daran, dass man bestimmte Ausgaben einfach nicht mehr als Ausgaben rechnet. Obwohl etwa die „Salzburger Nachrichten“ im Rückblick konstatieren: „Milliarden für Jobprogramme in der EU bleiben wirkungslos“. Die Politik ruft dennoch ständig nach neuem Geld.
Mit solchen Tricksereien kann man bestenfalls sich selber täuschen. Mit ständig noch mehr Regeln täuscht man zwar Aktivität vor, macht den Schaden aber nur noch größer. Hans-Werner Sinn, der führende Ökonom im deutschen Sprachraum, sagt das, was hier schon mehrfach prophezeit worden ist: „Nun lässt sich die Schuldenlawine überhaupt nicht mehr stoppen.“
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Die Beweise gegen die prorussischen Separatisten werden immer erdrückender. Der rauchende Raketenwerfer wird freilich nie auftauchen. Dazu steht offenbar zu viel auf dem Spiel, als dass die Wahrheit eine Chance hätte. Aber gleichzeitig wird umso fragwürdiger, warum Aua, Lufthansa und einige andere Luftlinien bis Donnerstag das ostukrainische Krisengebiet überflogen haben. Ist ihnen das Leben ihrer Passagiere so wenig wert?
Gewiss: Weder die Ukraine noch Russland haben gesagt, dass der Luftraum für hochfliegende Maschinen gesperrt wäre. Aber wenn man die sonstigen Kleinigkeiten ins Kalkül zieht, die beim Zivilfliegen oft bis ins Lächerliche berücksichtigt werden, dann wundert man sich schon sehr, weshalb bis zum Unglück über die Ostukraine geflogen worden ist.
Die Ersparnis an Treibstoff, weil man den direktesten Weg nach Osten genommen hat, kann doch nicht im Ernst der Grund dafür sein. Man kann aber auch nicht wirklich an solchen Leichtsinn, an solche Trägheit westlicher Manager im Geiste glauben.
Irgendeinen Grund muss es jedoch geben. Schließlich haben andere Gesellschaften schon längst einen großen Bogen um die Ostukraine gemacht. Obwohl deren Überfliegen von niemandem im formellen Sinn verboten worden ist. Aua wie Lufthansa haben mit diesem Überfliegen mehr an Vertrauen verloren, als sie leicht verkraften können. Und noch mehr an Vertrauen kostet es eine Reihe von Fluggesellschaften, wenn weiterhin Afghanistan und der Irak überflogen werden!
Gewiss: Ich selbst habe mich als Journalist etliche Male in sehr brenzlige Situationen begeben. Ich erinnere mich an Flugzeuge, wo in zehn Kilometer Höhe jedes Licht abgeschaltet wurde, um nicht von Kämpfern entdeckt zu werden; bevor es in engen Spiralen nächtens nach unten ging. Aber es war ein freiwillig angetretener Flug in Krisengebiete (trotz aller Angst). Und nicht ein Transport von Familien in die Ferien.
Beim Abschuss der malaysischen Maschine selber habe ich nicht die geringsten Zweifel mehr, dass das Verbrechen von den prorussischen Rebellen begangen worden ist. Viel zu viele Beweise sprechen die gleiche Sprache, deuten in die gleiche Richtung.
Die unabhängige Untersuchung, die laut zahllosen Regierungen den letzten Beweis bringen soll, freilich kostet mich nur noch einen Lacher. Wenn der russische Geheimdienst in der Zwischenzeit nicht längst jedes Indiz, das Moskau noch zusätzlich belastet, beiseite geschafft und manipuliert hat, dann wäre dort kein einziger Mann sein Geld wert. Unter den Trümmern wird daher sicher nicht mehr der letzte Beweis auftauchen. Wenn er überhaupt je dort war.
Die Rufe nach Untersuchung dienen wohl primär als Ablenkung vieler Regierungen angesichts der Empörung vieler Menschen. Diese Empörung wird aber wieder abklingen, so kalkulieren sie. Und Europa wird sich dann wieder um Waffenlieferungen an die Ukraine drücken. Hingegen wird Amerika (unterstützt von den Niederlanden, England, Polen und den Balten) wohl jetzt endgültig liefern.
Ich bin jedenfalls mittlerweile über die Urheberschaft sicher. Es liegen mittlerweile eine Unzahl von Indizien gegen Russland vor. Indizien die wohl fast jeden Strafrichter der Welt eine Verurteilung aussprechen ließen:
Wer nach weiteren Beweisen ruft, der wird wohl nie überzeugbar sein.
Putin selbst erweist sich leider als ganz schwach. Er versäumt die letzte Chance, sein Land dorthin zurückzuführen, wo Russland, das uns so viele großartige Künstler geschenkt hat, eigentlich hingehört: Nämlich in den Kreis der rechtsstaatlichen Demokratien. Er hat wie ein Zauberlehrling den Abschaum geschickt und ist nicht mehr imstande, sich von diesem und seinen Taten zu trennen.
Es ist beängstigend. Steht die Welt vor einer Megakrise wie im Jahr 1956, als es gleichzeitig in Ungarn (die Revolution gegen die sowjetische Besatzung) und Israel losging (der aus unterschiedlichen Motiven erfolgende, aber im Ziel gemeinsame Angriff Israels, der Briten und Franzosen auf Ägyptens Diktator Nasser und den Suezkanal)? Hat der Abschuss eines malaysischen Flugzeugs über der Ostukraine ähnliche Wirkungen wie der 11. September? Oder könnten die Gefahr und Tragik der Stunde auch zu einer positiven Wende führen? Erweisen sich die Herren Putin, Obama, Khamenei und Netanyahu, die alle nicht mehr den gesamten Überblick zu haben scheinen, im letzten Augenblick doch noch als Staatsmänner?
Es löst im Beobachter jede Menge Überlegungen aus, wenn fast zur selben Stunde eine ganze Reihe von Ereignissen passiert. Das sind:
Auch wenn es keine direkten Beweise gibt: Sehr viel spricht dafür, dass da viele Zusammenhänge bestehen, die wir noch gar nicht alle sehen. Dass da offensichtlich im Windschatten anderer Krisen einige vollendete Tatsachen schaffen wollen. Das kann zu gewaltigen Explosionen führen, die niemand vorherbedacht hat. Deswegen sind diese Tage sehr gefährlich.
Aber trotz der Tragik der Ereignisse könnten auch Wunder geschehen. Freilich – die gibt es nur, wenn gleich vier Mann zu Staatsmännern werden:
Nun, gewiss ist das ein Traum. Aber gerade in solchen Stunden braucht man Träume. Wahrscheinlicher ist freilich etwas ganz anderes: Noch mehr und noch unberechenbarere Eskalationen in den nächsten Tagen.
Der EU-Gipfel endet also ohne Konsens über die wichtigsten Positionen neben dem Kommissionspräsidenten. Jetzt darf einmal bis 30. August europäischer Sommer gemacht werden. Die Konsultationen waren „nicht fertig“.
Trotzdem sei einmal das Positive hervorgestrichen: Die EU hat nun endgültig weitere Sanktionen gegen eine Reihe jener russischen Personen und Firmen verhängt, die gegen die Ukraine Krieg führen. Das ist nicht nur positiv, weil der Westen zumindest in einem wichtigen Gebiet Handlungsfähigkeit zeigt (die Amerikaner haben sich zur gleichen Stunde angeschlossen). Das ist auch vor allem deshalb positiv, weil man diese Sanktionen in Moskau sehr schmerzhaft spürt und weil das offizielle Russland genau wegen dieser Sanktionen bei allem Zorn in den letzten Wochen deutliche Zurückhaltung übt.
Das ist eindeutig positiv. Auch wenn die russischen Chauvinisten (die nicht zuletzt in Tschetschenien das Kriegshandwerk gelernt haben) deswegen noch keineswegs aufgeben. Und auch wenn in der Ostukraine leider noch viel Blut fließen wird. Aber volle Rückendeckung durch Putin sieht anders aus.
Bei den Personalia hingegen tut sich die EU unglaublich schwer. Meist ist da immer nur ein sehr schwacher Kompromiss herausgekommen. Siehe etwa die letzten beiden Führungspositionen der Kommission.
Siehe aber auch die gegenwärtig kursierenden Namen. Besonders Italien hat sich lächerlich gemacht. Es kämpfte allen Ernstes für eine blutjunge Landsfrau als Außenkommissarin, also als Nummer zwei in der EU-Kommission. Dabei wird sie selbst von Parteifreunden als „schlicht“ bezeichnet. Dabei leitet sie nur ein paar Monate in Rom das einschlägige Ministerium. Sie ist also noch kürzer im Amt als selbst ein Sebastian Kurz, der trotz seiner Intelligenz erst sehr mühsam lernt, wieviel Erfahrung Außenpolitik braucht, bräuchte.
Noch schlimmer ist, dass sich die von Italien vorgeschlagene Sozialdemokratin gegen Sanktionen ausgesprochen hat. Das ist nicht nur von der EU selber zum Glück anders entschieden worden. Das wäre auch sonst absolut das falscheste Zeichen.
Dabei sollte Italien ohnedies sehr ruhig sein: Denn das Land ist alles andere als ein Vorbild. Es ist in ganz schlechter wirtschaftlicher Lage. Es hat eine horrende Arbeitslosigkeit. Es hat einen Rechtsstaat, der auf Grund seiner unendlich langen Verfahren nicht mehr als solcher bezeichnet werden kann. Es führt in krasser Verletzung seiner Pflichten keine Asylverfahren für die über Mittelmeer kommenden Migranten durch.
Ganz abgesehen davon führt ohnedies ein Italiener die Zentralbank, wo er sich alles andere als bewährt hat.
Es ist aber wohl sowieso am besten, während der nächsten Wochen die vielen Namen nicht einmal zu lesen, die da jetzt von den Spin doctoren durch die Medien getrieben werden. Fast jeder wird dort einmal genannt werden.
Einen ganzen Tag lang ist im Ausland sogar schon der Name Werner Faymann (etwa im Online-„Spiegel“) kursiert. Überraschend ist nur, dass diese Nennung nicht von seinen Speichelleckern sofort triumphalistisch nach Österreich kolportiert worden ist. Offenbar geniert man sich sogar in deren Reihen, jemanden als EU-Spitze zu nennen (etwa als Ratspräsident), der nicht einmal seine Schulzeugnisse vorweisen kann.
Vermutlich werden auf EU-Ebene die nächsten Wochen Klärung bringen. Sicher kann man freilich nicht mehr sein. Denn die EU ist fast nicht mehr zu steuern, so „demokratisch“ ist sie geworden. Ein Gremium blockiert das nächste. Gewiss: Ein Ausgleich zwischen Nord und Süd, zwischen West und Ost, zwischen Alt und Neu wird stattfinden müssen. Jedes Land, jede Region will sich irgendwie in Europa wiederfinden.
Warum aber beispielsweise das Geschlecht eine Rolle spielen sollte, ist völlig unklar. Denn wäre dieses den Europäern wichtig, hätten sie ja eine Frauen-Liste wählen können. Unter den Spitzenkandidaten gab es aber überall nur Männer (bis auf die unter Ferner Liefen ins Ziel kommende Grünen). Den ganzen Wahlkampf über hat das Geschlechterthema wohlweislich keine Rolle gespielt.
Jetzt auf einmal soll im EU-Parlament das Geschlecht wichtig sein, wo es um Posten geht? Wo nicht mehr die Wähler (beiderlei Geschlechts) sagen, was ihnen wirklich wichtig ist?
Und: Wenn den Sozialdemokraten das Geschlecht schon so wichtig ist – warum haben sie sich in Österreich als erste Partei vehement für die Verlängerung des in den letzten Jahren fast unsichtbaren gewesenen Johannes Hahn eingesetzt? Das wäre doch die Gelegenheit gewesen, eine geeignete Frau vorzuschlagen. Wenn es die gäbe.
Die Lügen der Politik werden immer unerträglicher. Und die Bürger müssen sich das alles offenbar gefallen lassen. So haben halt die Politiker die Spielregeln der Repräsentativ-Demokratie gestaltet.
Die neuesten Beispiele: Der österreichische Finanzminister und seine Staatssekretär sagen öffentlich unverfroren, dass die EU-Staaten das Hypo-Gesetz stillschweigend hinnehmen würden. Was in keiner Weise richtig ist. Jetzt hat es Wolfgang Schäuble bei einem Vortrag sogar öffentlich festgestellt: „Wir haben alle erhebliche Probleme dabei. Ich habe es auch meinem österreichischen Kollegen gesagt.“ Es ist also keineswegs bloß das übliche Oppositionsgemurre oder der Profilierungsdrang einiger Juristen, wenn man sich darüber empört, dass ein Bundesland zuerst Kredite garantiert und dass es dann ohne Konkurs diese Garantien ignorieren kann.
Genauso schlimm ist der Sozialminister. Er sagt, dass das Pensionsalter nun erstmals eh signifikant gestiegen wäre und dass es daher keine weiteren Reformen bedarf. Diese Steigung ist aber eindeutig eine Lüge. Ein statistischer Trick: Invaliden unter 50 wird halt keine Pension mehr zuerkannt, sondern sie bekommen aus einem anderen Titel ihr öffentliches Geld. Aber dieser Minister sagt ernstlich, dass der Pensionsantritt gestiegen wäre.
Auch der Bundeskanzler gehört in die gleiche Kategorie. Was eigentlich überrascht, da Herr Faymann, seit er im Bundeskanzleramt ist, nie etwas Wesentliches getan hat. Außer ein Kind aus dem Bach zu ziehen und Gelder an den Bouvard zu schleusen. Faymann hat die Einführung neuer Steuern mit folgender Begründung verlangt: Nach der Wahl müsse dasselbe gelten wie vorher. Nur: Die ÖVP hat auch vor der Wahl ein paar hunderte Mal gesagt, dass sie bei keinen neuen Steuern mitziehen werde. Und ist – für einige überraschend – dabei geblieben. Faymann hat aber mit der ÖVP neuerlich eine Koalition gebildet. Also hat er entweder gelogen, wenn er so tut, als habe die ÖVP irgendwann neuen Steuern verlangt, oder er hat gelogen, als er diese Regierung bildete. Er hätte eine solche ja auch mit den Freiheitlichen – die sich mehrfach dazu sogar öffentlich angeboten haben! – versuchen können. Und mit seinen Freunden von den Grünen (die sowieso immer alles tun, was die SPÖ will) und von den Neos (die jetzt sogar Faymanns Rechte aufwerten wollen). Selbst das Team Stronach hätte sich wohl nicht verweigert. Aber Faymann hat mit der ÖVP eine Koalition geschlossen.
Auch der Blick über die Grenzen tröstet nicht wirklich. Man kann nur lachen, wenn jetzt Deutschland empört ist, dass Amerika spioniert. So als ob es nicht immer völlig klar gewesen ist, dass die USA auch gegen Verbündete spionieren. Lediglich fünf (interessanterweise durchwegs englisch sprechende) Länder waren von den USA in den Rang besonderer Freunde erhoben worden. Und Deutschland war eben nicht bei den Fünf.
Ich wäre übrigens sehr überrascht, wenn nicht auch bei den Fünf einmal ein amerikanische Spion enttarnt würde. Es wäre ja „nur“ eine weitere Lüge. Die USA werden auch weiter spionieren. Genauso wie alle anderen Großmächte, wie Russland, China, England, Frankreich.
Und die EU wählt einen Präsidenten, der das Lügen für ganz selbstverständlich erklärt hat.
Die politischen Verantwortungsträger der Südtiroler Regierungspartei SVP geben sich der Autosuggestion hin. Und die Publizistik steht ihnen darin in nichts nach. Unter dem Motto „Europa der Regionen“ fand soeben auf Schloss Prösels, einst Sitz des Landeshauptmanns an der Etsch, eine Tagung statt. Zugegen war die gesamte Führungsmannschaft des SVP-dominierten Südtirol sowie des ÖVP-bestimmten Nord- und Osttirol.
Dazu gesellten sich Repräsentanten Welschtirols, mit dem das 1918 von Italien annektierte Südtirol seit 1946 in der Autonomen Region Trentino/Alto Adige zwangsvereint ist. Ebenso gekommen waren institutionelle und behördliche Vertreter der italienischen Staatsmacht und eine Flugzeugladung österreichischer Zaungäste aus Wien, schließlich Heerscharen von Journalisten.
Natürlich lockten nicht das der Europäischen Realität zuwiderlaufende Tagungsthema und Referenten wie der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee oder der Münchner Politologe Werner Weidenfeld. Die Wissenschaftler mühten sich mit den staubtrockenen Materien ab, welche Begriffe wie „Nation", „Regionalismus", „Föderalismus" und „Supranationalismus" umfassen; sie beschworen wieder einmal die „Regionalisierung Europas“ und wünschten sich zum ebenso vielten Mal, dass der kompetenzlose „Ausschuss der Regionen“ der EU endlich etwas zu sagen haben soll – Beschlusskompetenzen erhalten möge.
Auch der Schriftsteller Robert Menasse war nicht der Magnet für so viel Prominenz am Fuße des Schlern – trotz seiner marxistisch-leninistisch anmutenden Prophetie vom „Absterben der (National-)Staaten“. Und der in die Jahre gekommene Bergsteiger Reinhold Messner, ein begnadeter Selbstdarsteller, schon gar nicht. Er schwadronierte – völlig realitätsfremd – von EU-Bürgerschaft: Womit er den Wunsch vieler Südtiroler nach Erteilung auch der österreichischen Staatsbürgerschaft lächerlich zu machen versuchte.
Nein, eine unbändige Anziehungskraft auf das zuvor vom Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher handverlesene und ob der räumlichen Begrenztheit des historischen Gemäuers kontingentierte Publikum aus Politik, Wirtschaft und Publizistik übte nur das zurecht „historisch“ zu nennende erstmalige Zusammentreffen eines italienischen und eines österreichischen Regierungschefs auf Südtiroler Boden aus.
Es erübrigt sich eigentlich zu sagen, doch es soll dennoch festgehalten zu werden: Die Anwesenheit des Ministerpräsidenten Matteo Renzi überstrahlte bei Weitem jene des Bundeskanzlers Werner Faymann. Das war samt und sonders den anwesenden SVP-Granden anzumerken, die für gewöhnlich in Sonntagsreden das „Vaterland Österreich“ im Munde führen. Ob Kompatschers „Einfädelungsgeschick“ – Matteo und Arno sind per Du – hätte man am liebsten einander auf die Schenkel geklopft. Jedenfalls hinterließen die SVP-Politiker den – auch von allen Medien reflektierten – Eindruck, als ob der zähe Kampf der Altvordern wider die „ewige Italianità“ längst behaglichem Wohlgefallen an der politischen, ökonomischen, sozialen und weitgehend auch kulturellen Inkorporation in den italienischen Zentralstaat gewichen sei.
Wer geglaubt hätte, dass Renzi und/oder Faymann jenseits von „Friede, Freude, Eierkuchen“ auch nur ein Wort mehr als die gängigen, zum Tagungsmotto passenden Stereotypen verlieren würden, sah sich getäuscht. Europa mache es möglich, dass Staatsgrenzen ignoriert werden könnten, weil sie nicht mehr trennten. Die Autonomie „ein Modell für andere in Europa“, die Verwaltung effizient. Ausgeklammert, besser beschwiegen, blieben die ständigen Probleme zwischen Bozen und Rom über Zuständigkeiten und Kompetenzen. Auch das stete Ringen um Durchführungsbestimmungen wurde ebenso wenig thematisiert wie der seit einigen Jahren – wegen der Staatsüberschuldung (137 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) – erfolgende vertragswidrige Entzug von Finanzmitteln, die eigentlich der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol zustehen. Dieser ist durch alle römischen Regierungen erfolgt, egal welcher politischen Couleur.
Dagegen hört man ständig von der Beschwörung der „Euregio Tirol“ als beispielgebendem Zukunftsprojekt gegen das Verlangen „Ewiggestriger“ nach Selbstbestimmung(sreferenden) und Unabhängigkeit sowie damit verbundenen Grenzverschiebungen. Auch als Widerpart gegen die erstarkten „Europaskeptischen“ und „Europafeindlichen“ Kräfte, nicht zuletzt auch gegen die Euro-Skeptiker. Das war die Absicht der Initiatoren dieser kaum anders denn als „Staatstheater“ zu charakterisierenden Veranstaltung. Der „Dolomiten“-Leitartikler wähnte sogar autosuggestiv wie die sich zu Prösels selbst Bejubelnden den „Aufbruch ins Europa der Regionen“.
Die Europäische Wirklichkeit ist eine andere. Nach wie vor bestimmen „nationale Interessen“ maßgeblich das Geschehen in der Union. Nicht von ungefähr steckt hinter den Ambitionen Frankreichs, der „Grande Nation“, nach wie vor De Gaulles Diktum vom „Europa der Vaterländer“. Es wird in der bayerischen CSU nur mehr vom „Statthalter“ des Franz Josef Strauß, Peter Gauweiler, hochgehalten. Ansonsten führt es zur Alternative für Deutschland und deren von der „sozialdemokratisierten“ CDU/CSU-Führung angewiderter konservativ-(wirtschafts)liberaler Klientel. Es sind just stark zentralistisch aufgebaute, stets die „ein(heitlich)e Nation“ betonende und sie verfassungsrechtlich erhöhende Staaten wie beispielsweise Italien, Frankreich oder Rumänien, welche sich der Föderalisierung weitgehend verschließen.
Ihre Minderheitenpolitik ist prinzipiell dem „nationalen Interesse“ untergeordnet oder fällt ihr im Zweifelsfall gänzlich zum Opfer. Selbst in Prösels konnte man das aus den Äußerungen der Renzi begleitenden Regionenministerin und Parteigängerin Maria Carmela Lanzetta heraushören. Das wollte freilich niemand: „Tirol, Südtirol und das Trentino“ seien zwar ein „Beispiel für multilevel Government und die Zusammenarbeit der Regionen in Europa“; allerdings müssten „die Regionen im Rahmen der staatlichen Gemeinschaft gesehen werden“. Oder aus einer Bemerkung des Staatssekretärs Graziano Delrio: Ausgerechnet in Südtirol hob Delrio die Bedeutung der Trikolore hervor.
Nach wie vor auch ist es der Europäische Rat, mit welchem die Staats- und Regierungschefs die Unionspolitik bestimmen. Er ist der maßgebliche Entscheidungsträger in der Union. Selbst die stets um Mehrung ihrer Kompetenzen ringende EU-Kommission sowie die ihr untergeordnete, überbordende und sich immer mehr verselbständigende Euro(büro)kratie rangieren ebenso wie das Europaparlament – trotz leichter Positionsgewinne – weit darunter. Daran wird sich, auch auf längere Sicht, wohl nichts Substantielles ändern.
Das gilt auch für die von Integrationisten ersehnte absolute „Vergemeinschaftung“ in Form der „Vereinigten Staaten von Europa“. Nur bei Auflösung aller Nationalstaaten ließe sich die an sich durchaus sympathische Idee eines auf vor-nationalen volklichen Identitäten basierenden Regionalismus, mithin eines „Europa der Regionen“ verwirklichen. Gemessen an den derzeitigen realpolitischen Gegebenheiten ist in Hinkunft allenfalls eine „Konföderation Europäischer Staaten“ denkbar. Wenig „Aufbruch“ also, und die „modellhafte Euregio Tirol“ gewissermaßen als „Keimzelle“ für das „Europa der Regionen“ – Wunschdenken, Chimäre.
Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.
Irgendwie könnte einem – bei aller Kritik – Othmar Karas jetzt fast schon leid tun. Freilich aus einem anderen Grund, als er vielleicht selbst meint.
Karas ist binnen weniger Tage zwei Mal gescheitert. Einmal als Möchtegern-Kommissar und einmal als Möchtegern-Vizepräsident des EU-Parlaments (der er bisher war). Das Mitleid für einen EU-Fanatiker hält sich freilich in sehr, sehr engen Grenzen. Aber mir ist auf der anderen Seite auch absolut nichts bekannt, wo Johannes Hahn als EU-Kommissar jemals positiv aufgefallen wäre. Er war nett und hat ein paar Reden gehalten. Und der eigentlich aus der ÖVP stammende Hahn hat nun zum zweiten Mal der SPÖ seinen Posten zu verdanken. Mehr ist über seine europäischen Taten nicht bekannt. Das Ergebnis des Konflikts Hahn-Karas ist also eigentlich egal. Dennoch tut einem Karas jetzt fast leid. Denn der Vielarbeiter (das müssen auch die Karas-Kritiker voll anerkennen) ist ausgerechnet über die in seiner Fraktion vereinbarte Genderquote gestürzt. Damit haben sich die Christdemokraten, um nur ja politisch korrekt zu sein, wieder einmal selbst das Bein gestellt (das haben sie etwa in Österreich in selbstbeschädigender Weise auch bei der Hymne getan). Damit zeigt sich erneut der Unsinn von Quoten. Es wird nicht demokratisch entschieden, es wird nicht der Beste gewählt, sondern immer nur der in die Quote Passende. Dabei sind die Menschen selbst noch nie gefragt worden, ob sie Quoten überhaupt wollen.
Menschennahe Themen zeigen noch viel konkreter als tiefe Analysen, was in der EU falsch läuft. Ob es der Müll ist, das Autofahren oder das Telefonieren: immer öfter zeigt sich die Absurdität der heutigen EU. Sie will das regeln, was vor der Haustür stattfindet; und kümmert sich nicht um das, was man bei jeder Grenzüberschreitung spürt. Sie regelt immer intensiver den privaten Bereich, während sie die Staaten unberührt lässt.
Zum Verkehr: Bald werden Pkw-Fahrer jetzt auch für Deutschland ein eigenes Mautsystem brauchen. Damit gibt es dann in jedem Land ein anderes System. In etlichen Ländern brauchen Pkw-Fahrer für die Benutzung von Autobahnen ein eigenes nationales Pickerl; wobei jeweils unterschiedliche Regeln für die Kurzfristkleber gelten. In anderen müssen Autos hingegen durch Mautstationen fahren. Auch für Lkw gelten in jedem Land andere Bestimmungen.
Selbst ganz ohne EU wäre hier schon seit langem eine Vereinheitlichung dringend nötig. Bei der Briefpost ist das ja sogar schon im 19. Jahrhundert gelungen.
Eine sinnvolle europäische Vereinheitlichung kann im 21. Jahrhundert wohl nur in einer kilometerabhängigen Maut bestehen, die elektronisch kontrolliert und eingehoben wird. Die also ohne eigene Mautstationen auskommt. Dann würden beispielsweise auch die Kufsteiner entlastet und so manche andere, die unter Pickerl-Flüchtlingen stöhnen. Dann kennt man sich wenigstens europaweit aus.
Aber stattdessen ist im wirklichen Leben in jedem Land von den Regierungen der Verkehr neu und anders erfunden worden. In der EU ist weit und breit nichts von einer Vereinheitlichung zu hören. Die EU schafft diese ja nicht einmal bei der in der Regel nur einem einzigen Eigentümer gehörenden Eisenbahn. Dabei würde eine solche einheitliche Maut mit Sicherheit mehr Geld für den Erhalt der Autobahnen einspielen.
Die EU-Kommission schweigt zum Thema Verkehr und die Verkehrsminister hüten ihre nationalen Imperien. Seien sie geographisch noch so klein. Bei uns ist das die hochintelligente Frau Bures. Diese Minister tun seit längerem offenbar nur eines: Sie warten auf Deutschlands Fehler. Dort hat die CSU als Koalitionspreis die Einführung einer Autobahnmaut ohne Mehrbelastung für auch nur einen Deutschen versprochen. Nur die Ausländer sollen echt zahlen – dürfen aber wiederum nicht schlechter gestellt sein als die Deutschen. Da die Quadratur des Kreises noch nicht erfunden ist, wird die CSU mit Sicherheit ihr unhaltbares Versprechen nicht halten können.
Dennoch ist das Problem der CSU letztlich ein Nebenproblem. Viel wichtiger wären eben europaweite Klarheit und Vereinheitlichung. Der Verkehr, seine Zeichen, seine Regeln, seine Gebühren, seine Verbote rufen lange schon danach. Die Europa-Politiker aber haben nur Posten im Sinn, wie die letzten Stunden wieder einmal gezeigt haben. Während überall ständig neue, ganz unterschiedliche Regeln erfunden werden.
Der Verkehr spielt sich in aller Regel nur selten vor der eigenen Haustür ab – bei den Abfällen ist das zumindest für den durchschnittlichen Konsumenten in aller Regel schon so. Zwar ist Müllvermeidung ebenso lobenswert wie Recycling. Aber in Wahrheit ist das eines der vielen Beispiele, wo sich die EU keineswegs einmischen müsste.
Denn letztlich kann man lange streiten, was besser wäre: Das deutsche System, das Müll recycelt, kompostiert oder verbrennt? Oder das osteuropäische, bei dem zwar Müll meist auf Deponien landet – aber wo dafür viel weniger Müll produziert wird als in Deutschland? Man kann da sicher verschiedene Meinung haben. Man sollte es aber jedenfalls primär jedem Land selber überlassen, wie es die Dinge ordnet. Beispielsweise in Österreich ist der Müll nicht einmal Bundeskompetenz, sondern überwiegend Landes- und Gemeindesache. Aber in der EU soll jetzt halt auch der Müll vereinheitlicht werden. Und sie denkt dabei natürlich wieder nur an Zwang und Regeln.
Das Telefon ist ein weiteres Beispiel für die europäische Regelwut: Es ist zwar sicher für Vielreisende günstig, wenn die EU ständig die Roaming-Tarife nach unten limitiert, also das Telefonieren und den Internetzugang außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Bisher wurde aber über dieses Roaming der zum Teil sehr harte inländische Wettbewerb finanziert. Das hat bei vielen Europäern oft dazu geführt, dass Handies im Ausland ganz vom Netz genommen worden sind (allerdings scheint es immer mehr Menschen schwerzufallen, wenn sie einmal ein paar Tage nicht erreichbar sind). Andere haben halt für das jeweilige Land den dortigen Chip gekauft, weil sie es 14 Tage lang unmöglich ohne Internet- und Handy-Kontakt aushalten.
Nur hat die EU übersehen, auch wenn es für jeden wirtschaftlichen Anfänger völlig klar ist: wenn die Telekoms im Ausland nicht mehr ihr Geld erwirtschaften, gehen sie im Inland mit ihren Tarifen hinauf. Die Österreicher haben das auch schon deutlich gemerkt.
Die große Frage hat aber niemand in der EU gestellt: Ist das jetzt gerechter? Zahlen da nicht die Kleinen für die Großen? Wie kommt der fast nie ins Ausland Reisende dazu, jetzt jene Menschen zu subventionieren, die ständig durch die ganze EU reisen?
Und noch etwas: Warum hat man in der EU viel zu wenig Vertrauen in den Markt? Auf diesem haben sich nämlich schon zunehmend Landesgrenzen überschreitende Angebote gebildet. Das sind Angebote, die im Inland halt nicht so billig sind, die dafür aber im Ausland ebenfalls vernünftige Preise anbieten, oder überhaupt den gleichen Tarif wie daheim. Aber das wäre ja – igitt – der Markt. Da regulieren wir doch lieber schnell. Und schlagen alle über einen Leisten.
Die EU reguliert immer sehr leicht die private Wirtschaft. Während sie vor den Staaten (siehe Verkehrs-Maut) gerne einen demutsvollen Bogen macht. Auch die Konsumentenschutz-Richtlinie, die ebenfalls einseitig nur die Wirtschaft belastet, bedeutet eines mit Sicherheit: Sie ist nicht zu Ende gedacht. Sie ist wieder einmal dem schon geradezu verzweifelten Bemühen der EU um vermeintliche Bürgernähe gewidmet, macht aber Europa für Investitionen noch unattraktiver, noch komplizierter. Dabei gehen die Arbeitsplätze in der EU ohnedies immer weiter zurück, während andere Weltregionen immer mehr zunehmen . . .
Das sind einmal wirklich gute Nachrichten aus Europa. Für einen Liberalkonservativen zumindest, wohl nicht für einen Linken. Die zwar unsere Medien fast total (um nicht zu sagen: totalitär) unter Kontrolle haben, aber, wie sich zeigt, nicht den Rest Europas.
Die erste gute Nachricht: Es gibt zwar (noch) keine österreichische Partei dabei, aber die Liberalkonservativen sind in den letzten Stunden zur drittstärksten Fraktion in der EU aufgestiegen. Sie haben die Linksliberalen (zu denen die FDP und die Neos gehören und die gerade wieder heftig um Posten pokern), hinter sich gelassen. Jetzt haben sich dieser konservativliberalen Fraktion (die von der britischen Regierungspartei geführt wird) auch die dänischen Wahlsieger angeschlossen. Die fünf wichtigsten Eckpunkte dieser Fraktion, die zweifellos auch als neoliberal bezeichnet werden kann (für Linke bekanntlich besonders „unerträglich“):
Die zweite gute Nachricht: Nun hat es der deutsche Finanzminister Schäuble klarer denn je gesagt. „Europa ohne Großbritannien ist nicht Europa“. Die EU solle alles tun, dass sich die britischen Positionen in dieser EU künftig wiederfinden. „Das ist genau das, was die Kanzlerin ständig versucht zu tun.“ So Schäuble. Die britische Position ist wiederum genau das, was in den oben genannten fünf Punkten zusammengefasst ist. Daher muss der deutsche Finanzminister von dieser Position noch die Linken und die Südeuropäer überzeugen, die allesamt auf Regeln und Schulden und möglichst wenig Handel und Freiheit setzen. Von denen aber die Christdemokraten abhängig sind. Daher ist es eher rätselhaft, wie Schäuble die Linke überzeugen will. Und er selbst war der Hauptverantwortliche dafür, dass seit Mai 2010 Deutschland&Co die Schulden von Griechenland&Co übernommen haben, also grob gegen das Prinzip der Eigenverantwortung (und das EU-rechtliche No-Bailout-Prinzip) verstoßen haben. Aber jedenfalls hat der deutsche Finanzminister diesmal so vernünftig geredet wie noch nie. Daher sind seine jetzigen Formulierungen unbedingt positiv zu sehen.
Die dritte gute Nachricht kommt vom Europäischen Menschenrechtsgerichthof in Straßburg (das nichts mit der EU zu tun hat). Dieses Gericht hat das in Frankreich geltende Burka-Verbot für rechtmäßig erklärt, also die komplette Verschleierung des Gesichts, das – angeblich – nach islamischem „Recht“ die Frauen trifft. Dieses Burka-Verbot gilt auch schon in anderen Ländern. Es hat ebenso in Österreich eine massive Mehrheit der Bevölkerung hinter sich – aber bisher hat sich die ÖVP nicht getraut, das offiziell zu verlangen. Es gibt aber jetzt zumindest die Hoffnung, dass der ansonsten in der Kalt-Heiß-Politik seines Finanzministeriums untergehende ÖVP-Obmann vielleicht doch für solche Grundsatzfragen einmal Zeit hat. Wir wollen jedenfalls gerade in dieser Frage nicht hoffen, dass die ÖVP eine Geisel der an Golftouristen verdienenden Hoteliers von Zell und Umgebung ist.
Die vierte gute Nachricht kommt ausgerechnet aus dem sozialistisch regierten Italien. Nach der Steuersenkung für Unternehmer (in Österreich wollen die Sozialisten neue Steuern einführen), der Privatisierung von vielen Staatsbeteiligungen (in Österreich wollen die Sozialisten jede Privatisierung verhindern) will das links regierte Italien nun auch Schlichtungsverfahren leichter machen, also auch die Justiz teilweise privatisieren (braucht diese dort doch für Zivilverfahren unvorstellbare 900 Tage. Im Schnitt!). Warum nur kommen nur Sozialisten immer erst dann ein wenig zur Vernunft, wenn ihnen das Schuldenwasser bis zu beiden Nasenlöchern steht?
Die fünfte gute Nachricht kommt von einem Wiener Gericht: Es wagte, einen „Wiener“ – der in Wahrheit aus der Türkei stammt – wegen der Teilnahme an einem Islamismus-Terrorcamp schuldig zu sprechen und zu einer spürbaren Haftstrafe zu verurteilen (Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Zwar ist das Tagebuch nach wie vor der Meinung, dass auch noch ein Gesetzesbeschluss sinnvoll wäre, um Verfahren gegen Islamisten leichter zu machen. Aber immerhin zeigt der Richter, dass es in bestimmten Fällen auch ohne Gesetzesänderung geht. Dass bei einem standhaften Richter auch ein aus Anatolien angereister Entlastungzeuge nichts hilft. Offen ist freilich, wieso die Moschee in Wien noch immer ihren Betrieb aufrechterhalten darf, wo dieser Salafismus gepredigt wird.
Nach EU-Berechnung ist die Arbeitslosigkeit in Österreich gesunken. Nach österreichischer Berechnung ist sie hingegen dramatisch gestiegen. Diesmal sogar schon um über zwölf Prozent gegenüber dem Juni 2013.
Das AMS – also die Steuerzahler – müssen freilich die Arbeitslosen-Unterstützung nach heimischem Recht, nicht nach seltsamen EU-Berechnungen auszahlen. Damit sind mehr als 40.200 Menschen zusätzlich arbeitslos und bekommen Geld. Damit ist neuerlich die Fragwürdigkeit der EU-Methode gezeigt. Damit haben wieder einmal die Wifo-„Experten“ mit ihrer Schönfärberei Unrecht (auf den Wifo-Schätzungen beruht aber das Budget). Dabei sind in diesen Zahlen die Menschen in dubiosen AMS-Schulungen noch gar nicht erfasst.
Besonders bedrückend ist Wien: Dort ist die Arbeitslosigkeit sogar um über 21 Prozent gestiegen! Anderswo würde es angesichts dieser dramatischen Zahlen serienweise Sondersitzungen und Maßnahmen geben. In der Bundeshauptstadt beschäftigen sich jedoch die bestochenen Medien lieber mit der Farbe der neuen U-Bahn.
Österreich müsste als Reaktion auf diese Zahlen dringend etwas an Unternehmerförderung (also Steuersenkung) tun, damit hier wieder mehr Arbeitsplätze entstehen. Neue Steuern nach rotgrüner Methode sind hingegen absoluter Wahnsinn. Das ständige Steuereinführungs-Gerede der Kanzlerpartei, die Soziallizitation eines Teils der Opposition und das zumindest in der Vergangenheit immer wieder nachweisbare teilweise Nachgeben der Wirtschaftspartei ÖVP sind zweifellos die Hauptursache dafür, dass immer mehr von den eigentlich dringend benötigten Arbeitgebern mit ihrem Geld und ihren Investitionen Richtung Ausland abwandern.
PS: Wären nicht wie immer in letzter Zeit die Männer, sondern die Frauen die Hauptleidtragenden des dramatischen Zuwachs der Arbeitslosigkeit, würden Rotgrün lautstark Alarm schreien. Aber um Männer kümmern sie sich ja nicht.
Europas Sozialdemokratie hat mit der Wahl von Jean-Claude Juncker zum Kommissionspräsident gesiegt. Daran kann es keinen Zweifel geben – obwohl Juncker eigentlich einer anderen Parteienfamilie angehört. Aber viel wichtiger, nur viel weniger debattiert ist eine andere Frage: Was wird aus der EU selber? Es ist ja die Wahl des linken Christdemokraten aus Luxemburg noch keine Antwort auf die Zukunft Europas.
Nimmt die EU endlich zur Kenntnis, dass die Europäer immer mehr unter der Regulierung durch die EU-Kommission und das Parlament stöhnen? Oder wird sich die Sozialdemokratie in Europa (deren Einfluss ja weit über die Sozialisten hinausgeht) auch weiterhin mit ihrer Schulden- und Regulierungssucht durchsetzen? Wird das Bürgertum gar nicht merken, dass die EU im neuen Jahrtausend fast das Gegenteil dessen geworden ist, wozu etwa Österreich beigetreten ist?
Vor allem wird Europa sehr bald vor der Frage stehen: Wird man den drohenden Austritt der Briten mit einem Schulterzucken hinnehmen?
Zwar hat es im Wahlkampf fast von allen Politikern Bekenntnisse zur Subsidiarität gegeben. Diese bedeutet ja eigentlich: weniger Regulierung durch Europa und mehr Rechte für den Bürger und die möglichst kleine Gemeinschaft. Aber in Wahrheit wollen viele Politiker das Gegenteil (und die EU-Beamten sowieso): Dass sie nach dem Wahlen wieder munter mit dem Regulieren fortfahren können. Und genau das ist der sozialdemokratische Geist in Europa.
Auch Junckers Unterstützung zeigt, dass vor allem die Sozialdemokraten den Kurs der EU bestimmen: An lautesten für Juncker hat sich nämlich nicht dessen Fraktion, die Europäische Volkspartei, exponiert. Sondern (nach 48 Stunden, in denen die deutschen Sozialisten noch auf ihren unterlegenen Kandidaten gesetzt haben) die Sozialisten. Und dann auch sehr rasch die Linksliberalen.
Während die britischen und ungarischen Konservativen bis zuletzt gegen den Christdemokraten Juncker waren und sind. Die Briten gehören Junckers Fraktion gar nicht an (weshalb der Moralismus, die Briten müssten doch nach der Wahl für den Wahlsieger Juncker sein, obwohl er auf der Insel gar nicht angetreten ist, nur skurril ist). Die schwedischen Konservativen stimmten zwar letztlich schon für Juncker, äußerten aber ebenfalls schwere Bedenken.
Und auch die CDU-Chefin Angela Merkel war von dem Luxemburger nicht begeistert. Sie ist offensichtlich die einzige, die begreift: Wenn die Briten wirklich gehen, dann droht die EU zu zerfallen. Sie will ihnen daher entgegenkommen. Was aber die Sozialdemokraten in ihrer eigenen Partei verhinderten. Und Europas Linke erst recht.
Freilich: Der Hauptfehler liegt bei Merkel selber. Sie hätte sich schon vor der Wahl nicht auf das Spiel der Abgeordneten einlassen dürfen, die ja die Wahl des Kommissionschefs komplett zur Angelegenheit des EU-Parlaments machen wollten. Und letztlich damit Erfolg hatten.
Aber es geht gar nicht primär um den Machtkampf zwischen Parlament und Rat, obwohl darüber noch viel zu lesen sein wird. Es geht um viel Wichtigeres: Um die Zukunft Europas. Schon in den nächsten Monaten werden viele weitere schon beschlossene EU-Regeln umgesetzt werden müssen. Und während im Wahlkampf noch das Wort Subsidiarität gepredigt wurde, arbeiteten schon Tausende im Auftrage der EU (oder genauer der Zentralbank) an der Bankenunion.
Diese bedeutet vor allem: noch mehr Regulierung, noch mehr Kontrolle. Und zahlen müssen die Sparer all das. Sie haben ja angeblich die Bankenunion gewollt. Das wird jedenfalls aus dem Wahlergebnis abgelesen. Als Ergebnis bekommen jedenfalls die Sparer keine Zinsen mehr, die Klein- und Mittelbetriebe noch schwerer Kredite. Freuen können sich nur die Politiker: Die nach dem Lotterleben der letzten Jahrzehnte schwer verschuldeten Staaten bekommen Geld fast zum Nulltarif; private Initiative wird zu Tode reguliert; und Tausende Posten waren zu besetzen. Noch bevor die ersten Stresstests – mit zum Teil sehr skurrilen Annahmen wie etwa der Stabilität Griechenlands – vorbei sind, wird nun schon die alljährliche Durchführung dieser Maßnahme angekündigt. Schließlich will man ja auf Dauer seine Posten haben.
In Wahrheit steht EU-Europa aber vor der grundsätzlichen Alternative, die nur wenige begreifen: Wenn nicht endlich die Eigenverantwortung anstelle der Kontrolle greift, wird Europa endgültig den Bach hinuntergehen.
Was extrem schade ist. Denn der Binnenmarkt, also der Freihandel (der bedeutet, dass die Produktion nicht in jedem Land zu schlechten Stückzahlen stattfindet, sondern dort, wo sie am günstigsten ist) hat unglaublich unseren Wohlstand vermehrt. Nur Scharlatane machen weis, dass das Wiederaufziehen von nationalen Mauern den Bürgern helfen könnte.
Noch auf einem zweiten Gebiet hat Europa Berechtigung. Das haben übrigens auch die Bürger immer gesagt: bei der Außen- und Sicherheitspolitik. Obwohl Europa da bisher nicht viel zusammengebracht hat, zeigt sich in diesen Tagen vielleicht sogar sein größter außenpolitischer Erfolg: Das bisher boomende Russland ist überraschend deutlich von den EU-Sanktionen getroffen.
Schon der erste Schritt der EU-Maßnahmen gegen Russland hat die dortige Wirtschaft signifikant geschädigt. Und Russland bangt vor der nächsten Welle der Sanktionen. Es ist nervös geworden und übt wenigstens ein wenig Zurückhaltung in Sachen Ostukraine. Es reagiert auch sehr unsicher auf den Freundschaftsvertrag der EU mit der Ukraine, Georgien und Moldawien.
So überraschend das auch sein mag, schon diese Verträge und die ersten Sanktionen sind ein gewaltiger Erfolg der EU. Russland verfolgt daher sehr genau die nächsten Schritte der EU. Der Europäische Rat hat vorerst zwar keine weiteren Sanktionen beschlossen. Er hat aber für die nächsten Tage deren Erweiterung sehr konkret angedroht.
Umso absurder ist, dass jetzt die europäische Linke der Mehrheit in den Arm fallen will.
Ausgerechnet Italien will keine Sanktionen gegen Russland. Und die SPÖ will sie auch nicht, wie deren außenpolitischer Sprecher Heinz Fischer jetzt sogar offen sagt. Alle anderen österreichischen Akteure sind ja irrelevant. Herr Faymann wird bei EU-Treffen gar nicht wahrgenommen (außer vom ORF, wo er inhaltsloses Zeug von sich gibt). Und die ÖVP folgt Fischer total, weil sie ebenfalls weder Akteure noch die Kraft hat, über Außenpolitik selbst nachzudenken. Sie und ihr junger Außenminister sind daher ebenfalls völlig egal. Wichtig ist nur Fischer.
Man weiß zwar nicht, wie sich die Dinge weiter entwickeln. Aber ob der Haltung Italiens und Österreichs greift man sich nur noch an den Kopf. Erstmals in ihrer ganzen Geschichte könnte die EU außenpolitisch relevant werden. In Sachen Grenzverschiebung sind sich Deutschland, Großbritannien und Frankreich einig. Und ausgerechnet da fängt die Sozialdemokratie in Österreich und Italien gegen die EU und deren gewalfreie Methoden zu intrigieren an. Ausgerechnet jene Ideologie, der es sonst nicht genug an europäischen Regulierungen gibt. Die sonst immer für gewaltfreie Methoden (also Sanktionen) und gegen militärische ist (also die russischen Panzer auf der Krim und in der Ostukraine).
Wenn man österreichische Medien in den letzten Wochen las, wenn man Plakatwände sieht, dann kommt man zum klaren Urteil: Die USA und mehr Handel mit ihnen sind absoluter Wahnsinn. Fakten freilich sagen das Gegenteil.
Sie werden jedoch in Europa verschwiegen. Wo etwa liest man, dass es in den USA keinen BSE-(Rinder-)Skandal mit all seinen Folgen gegeben hat? Dass in den USA keine Contergan-Kinder mit ihren Verstümmelungen vergiftet worden sind? Dass es dort viel weniger Salmonellen-Infektionen als in Europa gibt?
In vielen europäischen Medien herrscht totaler Antiamerikanismus. Über die USA kann prinzipiell nur Schlechtes kommuniziert werden; niemals etwas Gutes.
Europa ist alles andere als vorbildlich: Aus Österreich kenne ich keine Zahlen, aber allein in Großbritannien werden jährlich rund 280.000 Menschen durch Campylobacter-Infektionen krank. Diese Bakterien werden von rohem Geflügel übertragen. Zwar werden sie bei Erhitzung getötet. Aber die Infektion passiert schon vorher, insbesondere durch das Waschen des Geflügels. Dabei werden die Krankheitserreger – die zumindest zu Brechdurchfall führen – auf Hände und Schürzen übertragen. Amerikanische Chlorbäder töten sie hingegen.
Das heißt nun nicht, dass in den USA alles zum Besten bestellt wäre. Aber die Medien sorgen dort meist dafür, dass Gefährdungen sehr rasch thematisiert werden. Während man in Europa das Gefühl hat, dass Medien nur dann reagieren, wenn eine PR-Agentur (etwa im Auftrag europäischer Geflügelzüchter) ihre Argumente liefert.
In der EU wird jetzt den meist amerikanischen Kreditkarten der Kampf angesagt. Zwar ist keineswegs klar, ob die EU das Ziel europäischer Karten mit Weltverbreitung erreicht. Aber eines ist völlig sicher, sollte der Plan der Kommission Wirklichkeit werden: Kreditkarten werden für Konsumenten empfindlich teurer.
Misstrauen ist bei jedem Finanztransfer gewiss immer gut, aber trotz jahrzehntelanger Nutzung habe ich noch nie einen Schaden durch Karten erlitten. Ich bin sogar einmal angerufen worden, ob ich gerade in Mexiko war; ich verneinte das – worauf sofort alle Versuche gestoppt wurden, auf die Karte zuzugreifen. Mein ganz normales Konto bei einer hiesigen Bank hingegen war bei einem Betrug aus Deutschland schon ganz ohne Karte geschädigt gewesen. Erst im letzten Moment konnte ich das Geld von der Bank zurückbekommen (die Staatsanwaltschaft hat übrigens seit zwei Jahren auf die diesbezügliche Anzeige nicht einmal reagiert).
Wo auch immer der Antiamerikanismus der Linken und Rechten herkommt, es kann überhaupt keinen Zweifel geben: Vom Freihandel würden Menschen diesseits und jenseits des Atlantiks profitieren. Es würden weit mehr Arbeitsplätze entstehen als verschwinden. Es würde da wie dort das Nationaleinkommen steigen.
Aber man kann fast sicher sein: Trotz des großen Vorteils für die Menschen werden noch weitere Schauergeschichten auf den Tisch kommen, um nur ja den Handel zu verhindern.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Niemand zweifelt an der Mehrheit für den vom Europäischen Rat nominierten Kommissionspräsidenten im EU-Parlament. Trotz der Ablehnung des Luxemburger Juncker durch England und Ungarn.
Was viel trauriger ist: Es gibt in der ganzen EU kaum jemanden, der sich die dringend nötigen Sorgen um Europa macht.
Aber jetzt hat man einen Monat vor allem um einen neuen Kommissionpräsidenten gestritten. Und darum, ob halt erstmals ein Präsident mehrstimmig und nicht mehr einstimmig gewählt wird. Da kann man sich nicht um solche Kleinigkeiten kümmern.
Jedes Jahr zum Schulschluss versuchen sich Politiker mit Vorschlägen in die Medien zu bringen. Deren öde Gesetzmäßigkeiten begreifen nämlich auch drittklassige Politeleven. Daher lautet deren simples Motto: „Zum Schulschluss müssen Schulthemen her.“ Und dann ist wieder über den Sommer Schluss mit der Bildung.
Das eigentlich wichtige Thema wird aber von keinem einzigen Politiker und kaum einem Medium behandelt: Was alles kann – neben Gesellschaft und Staat – das Bildungssystem beitragen, damit Österreich seine Spitzenreiterposition bei Gehältern und Sozialleistungen wenigstens halbwegs behält?
Statt die Herausforderungen aus aller Welt zu begreifen ist bei den meisten Wortmeldungen der Politiker Populismus pur zu hören. Da schlägt etwa eine SPÖ-Politikerin allen Ernstes vor, dass man sich einfach frei nimmt von der Schule. Auch wenn dort Unterricht stattfindet.
Andere linke Politiker wieder träumen von Schulen, in denen weder Hausübungen noch Nachhilfe nötig sind. Das gibt es zwar in keinem Land der Welt (bei den ostasiatischen Pisa-Spitzenreitern am allerwenigsten). Aber es hört sich medial gut an. Das glauben zumindest die Medienberater der diversen Politiker.
Besonders grotesk ist die Kooperation zwischen dem ORF, zwei linken Schulen (wo definitionsgemäß mehr oder weniger jeder durchkommt) und der Werbung für Homosexualität. Das wird allen Ernstes für einen öffentlich-rechtlichen Beitrag für mehr Bildung gehalten.
Eine Spur ernster zu nehmen ist der Streit um das Geld für eine internationale Schule. Hier hat die Republik natürlich alle internationalen Verträge genau einzuhalten. Aber sonst wird sie irgendwann endlich zu der Regel kommen müssen, dass dem Staat jeder Schüler gleich viel wert ist. Ob er in eine staatliche, in eine kirchliche oder eine sonstige Schule geht. Lediglich für technische Ausbildungen und Erfolge bei benachteiligten Kindern kann es zusätzliches Geld geben. Nicht aber für das derzeit geltende Prinzip: Wer am besten jammern kann, wer am besten auf der Medienorgel spielt, der bekommt das meiste Geld.
Auffällig war allerdings in den letzten Wochen, dass die linke Gesamtschulwerbung deutlich zurückgegangen ist. Offenbar hat man endlich gemerkt, dass die große Mehrheit der Leser und Wähler die Gesamtschule nicht will. Zugleich hat die SPÖ offenbar mit Erstaunen registriert, dass die ÖVP trotz medialem Trommelfeuer einmal hart geblieben ist (Vielleicht hat die einst große bürgerliche Partei ja endlich erkannt, dass ihr ständiges Umfallen nie etwas bringt, sondern dass es ihr auch noch nach Jahren schadet, wie etwa der peinliche Rauch-Kallat-Auftritt beim Hymnen-Thema oder die VP-Zustimmung zur verheerenden Zertrümmerung der Hauptschulen zeigen). Die Gesamtschule wird nur noch dann aus der linken Mottenlade geholt, wenn der alte Androsch auftritt.
Dafür wird jetzt mit einem anderen Schlagwort das gleiche Ziel verfolgt, also die weitere Senkung des Bildungsniveaus: Es heißt Inklusion.
Keine Frage: Auch soziales Verhalten, die Rücksicht auf in irgendeiner Hinsicht Zurückgebliebene, will und soll gerade auch Kindern beigebracht werden. Nur sollte das niemals auf Kosten der Anstrengungen beim Lernen geschehen. Genau das passiert aber in Inklusions-Klassen. Denn dort werden oft nicht nur körperlich, sondern auch geistig behinderte Kinder untergebracht. Aber Inklusion ist halt – derzeit – wahnsinnig modern.
Sie ist das so lange, bis die Öffentlichkeit draufkommt, welche Schäden auch dieses Herumdoktern in Wahrheit anrichtet. Übrigens auch an den Kindern, denen man solcherart zu helfen glaubt. Denn ihnen wird durch die Inklusion geradezu stündlich ihr Zurückbleiben gezeigt. Zum Unterschied von guten Sonderschulen, wo sich Behinderte durchaus gut aufgehoben gefühlt haben. In Wahrheit schadet in vielen Fällen auch ihnen die Inklusion. Nur begreifen das einige Eltern dieser Kinder nicht. Und den rot-grün-pinken Plänen einer weiteren Senkung des Niveaus kommt es zugute.
Ein weiteres Tabu-Thema rund um die Schule sind die mageren Ergebnisse der Migranten, konkret jener aus afrikanischen, asiatischen und Balkan-Kulturen. Um nur eine Zahl zu nennen, die man versteckt in einer IHS-Studie findet: Ohne Migrationshintergrund sind nicht einmal 5 Prozent der Jugendlichen Schulabbrecher, bei der Ersten Generation der Zuwanderer sind es hingegen fast 23 Prozent.
Der Unterschied ist mehr als signifikant. Trotzdem wiederholen ORF und linke Schulpolitiker gerne, wie schlecht die Schulen sind. Statt endlich offen von einem Zuwandererproblem zu reden. Statt ihren Widerstand endlich aufgeben, Zuwanderer-Kinder möglichst früh zur deutschen Sprache und damit zur mitteleuropäischen Kultur zu führen. In Norwegen hingegen werden auch die Eltern (also meist die Mütter) solcher Zuwanderer zur Landessprache mit eigenen Kursen gebracht. Was sich als sehr sinnvoll erweist. Bei uns hingegen sehen die Grünen dahinter Deutschnationalismus und Fremdenhass. Aber deren Blödheit kann ohnedies nur noch ignoriert werden.
Aber auch die Lehrervertreter, die Gewerkschafter müssen, müssten einsehen, dass kein Geld da ist, um Ihre Wünsche zu erfüllen. Sie täten daher gut daran, eine Liste jener Maßnahmen aufzustellen, mit denen ohne zusätzliches Geld das Niveau der Schulen verbessert werden kann. Das reicht vom Recht jeder Schule, Aufnahmsprüfungen zu veranstalten, über das Verbot von Handys in Schulen und die Ermöglichung von Vielfalt an Schulen bis zur massiven Wieder-Aufwertung der Lehrer in den Klassen.
Andererseits wird die Gesellschaft, also die Eltern wie die Arbeitgeber, den Lehrern beibringen, wie sehr es unseren Schülern gut täte, wenn man sich von unfähigen Lehrern viel leichter trennen kann als heute. Es hat eben nicht jeder die Fähigkeit, einen Haufen von 20 oder 30 Jugendlichen zu bändigen. Manche verlieren diese Fähigkeit auch.
Statt Peinlichkeiten der Anbiederung an den russischen Machthaber zu verbreiten, hätte der österreichische Bundespräsident einfach das sagen sollen, was sein tschechischer Amts- und Parteikollege Zeman zum 100. Jahrestag der Ermordung des Thronfolger und des Ausbruchs des Weltkrieges sagt.
Milos Zeman hat nämlich goldene Worte gefunden. An diesem Lob ändert der Umstand nichts, dass seine Landsleute jahrzehntelang bitter für den tschechischen Nationalismus gebüßt haben, der ja eine der Ursachen des Untergangs der k. und k. Monarchie war. Vielleicht ist diese lange Zeit der Buße sogar der Grund, dass man in Prag die Dinge heute viel deutlicher sieht als in Wien. An diesem Lob ändert auch der Umstand nichts, wie schlimm sich in den späten Vierziger Jahren Tschechen gegenüber den Vätern und Mütter heutiger Österreicher (und Deutscher) verhalten haben.
Es geht aber nicht um die Vergangenheit. Sonst müsste man natürlich immer auch den sofortigen tschechischen Verweis auf Lidice und andere schlimme Taten in den Jahren davor berücksichtigen, ebenso wie die Diskriminierung der Deutschsprachigen noch davor, die Diskriminierung der Slawen wieder davor usw. Es geht aber um Gegenwart und Zukunft.
Da hat der Sozialist Zeman darauf verwiesen, dass es in der Nähe sehr gefährliche Kriegsherde gibt – was einem Heinz Fischer unbekannt ist. Er hat auch die Nato als überaus notwendig gelobt. Da würde der alte Linke Fischer überhaupt eher tot umfallen, bevor ihm die Nato lobend über die Lippen kommt. Dabei gibt es überhaupt keinen Zweifel: Es war einzig und allein die Nato – ja, insbesondere die von manchen so gehassten Amerikaner! – die nach dem Zweiten Weltkriegs jahrzehntelang Österreichs gutes Überleben gegen die Drohung aus dem Osten möglich gemacht und gesichert hat.
Noch besser aber war Zemans Satz, dass auch in Zukunft Sicherheit „nicht kostenlos“ sein werde, dass es keine Garantie für diese Sicherheit gebe. Diesen Satz sagt er mit vollem Recht zu einem Zeitpunkt, da gleich vier Megakriege auszubrechen drohen oder schon ausgebrochen sind. Da das österreichische Bundesheer nicht einmal mehr das Geld für Benzin hat und endgültig inexistent geworden ist. Da in der Luft die Sparmaßnahmen dieser Regierung dazu führen, dass Österreich schon insgeheim bei Tschechien und der Nato anklopft, ob man dort vielleicht an Wochenenden den Schutz der Alpenrepublik zu übernehmen gewillt ist. Weil Österreich wird an Wochenenden ja nicht mehr gesichert.
Dabei lese ich in der Verfassung, dass der Bundespräsident theoretisch Oberbefehlshaber des Bundesheeres ist. Aber ein Heinz Fischer macht keine Sekunde den Mund in der schwersten Stunde dieses Heeres zu dessen vehementer Verteidigung auf. Da ist mir Zeman trotz all seiner bisweilen überschäumenden Lust zum Alkohol zehnmal lieber als dieser Bundespräsident.
Ja: Zeman hat auch die EU gelobt. Deren Friedensbedeutung ist zwar nicht sehr groß (und im EU-Wahlkampf total übertrieben worden). Aber die EU hat jetzt mit ihren Sanktionen zumindest zeitweise ein Einlenken der Russen erreicht. Und ausgerechnet dann, wenn die EU einmal etwas Friedensförderndes bewirkt, spricht sich ein Fischer, der sonst ja immer in seinen Sonntagsreden die EU lobt, gegen die Beschlüsse der EU aus. Man fasst es nicht.
Zwei extrem unerfreuliche Besuche. Nach dem Türken-Premier Erdogan folgt nun der russische Präsident Putin in Wien. Der einzige Unterschied: Putin kommt auf Einladung; Erdogan hingegen hat sich selbst eingeladen. (mit nachträglicher Ergänzung)
Eingeladen hat Heinz Fischer. Damit ist der Bundespräsident einer überflüssigen und Österreich in ganz Westeuropa schädigenden Anbiederung an Russland schuldig. Putin ist seit seinem Einmarsch in der Ukraine von keinem einzigen EU-Land bilateral empfangen worden. Jetzt aber von Österreich ohne irgendein Anzeichen eines russischen Einlenkens im Gegenzug für Putins Empfang! (Dessen lange vor dem Ukraine-Einmarsch vereinbarte Teilnahme an den Normandie-Siegesfeiern firmiert ja politisch wie protokollarisch weit unter einem bilateralen Staatsbesuch!).
Damit macht sich Heinz Fischer letztlich zu einem Mittäter bei der ersten militärischen Verschiebung europäischer Grenzen seit dem zweiten Weltkrieg, die ohne jede Bedrohung, ohne jede gravierende Menschenrechtsverletzung erfolgt ist. Der einzige Grund für den Einmarsch: Putin hat sich darüber geärgert, dass die Ukraine mehrheitlich lieber nach Europa als nach Russland geht.
Es ist geradezu ein Hohn, dass Fischer Putin einen Tag nach Bekanntwerden der Verdreifachung der russischen Militärpräsenz an der ukrainischen Grenze empfängt. Dass der Besuch einen Tag nach der Erklärung des schwedischen Außenministers Bildt über das Rollen von russischen T-64-Panzern zu den Russlandfreunden in der Ostukraine erfolgt. Dass er drei Tage nach dem Friedensversuch Kiews erfolgt, der von Moskau nur mit immer weiteren Bedingungen beantwortet wird.
Schon diese drei Fakten wären – jedes für sich – Anlass genug, die Einladung an Putin auch noch im letzten Augenblick wieder rückgängig zu machen. Aber nichts dergleichen geschieht.
Ach ja, der Bundespräsident und sein Außenminister (der offenbar nur theoretisch von einer anderen Partei gestellt wird) werden Putin den einen oder anderen kritischen Satz sagen. Und kaum haben sie diesen Satz herausgebracht, werden sie gemeinsam aus dem Tafelsilber in den Räumen der alten Habsburger dinieren. So sieht österreichische Empörung über Aggressionen aus.
Apologeten Russland wie Fischer kommen gern mit der Frage, ob dem Autor Dialog nicht lieber wäre als Krieg. Natürlich ist er das. Nur lässt Moskau diese Alternative leider nicht zu! Putin hat in den letzten Wochen sooft gelogen, sooft er den Mund aufgemacht hat. Daher ist ein Dialog sinnlos. Und schon gar nicht ist ein sinnvoller Dialog mit solchen politischen Leichtgewichten wie Fischer und Kurz möglich. Mehr als bezeichnend für das Gewicht der beiden (von Herrn Faymann wollen wir gar nicht reden) ist etwa, dass kein einziger der 28 EU-Außenminister bei ihrem montägigen Zusammentreffen den Wien-Besuch Putins auch nur erwähnte.
Aber ist man für Krieg, wenn man den Dialog mit diesem Putin für sinnlos hält? Nein. Ganz und gar nicht. Genau den Krieg kann jedoch nicht ein „Dialog“ verhindern, der von lauter Lügen begleitet wird, sondern nur ein geschlossenes Auftreten aller demokratischen Rechtsstaaten. Krieg verhindern können nur entschlossene Sanktionen. Und nicht der unsinnige Vertrag über eine neue Pipeline, die irgendwann einmal an der Ukraine vorbei geht.
Da beruhigt es, dass Westeuropa durchaus anders agiert als Fischer. Unter der Führung von Angela Merkel werden möglicherweise schon diese Woche weitere Sanktionen fixiert. Österreich hat sich ohne Wenn und Aber an diesen Sanktionen zu beteiligen. Nur so kann ein Krieg verhindert werden.
Es zeigt sich nämlich, dass entschlossene Sanktionen für Russland durchaus sehr schmerzhaft sind. Die Investitionen sind signifikant zurückgegangen. Russische Oligarchen haben bereits eine hohe Geldsumme aus ihrer Heimat heimlich abgezogen. Schon nach wenigen Wochen musste Moskau zugeben, dass das russische Sozialprodukt deutlich zurückgegangen ist. Also Sanktionen wirken durchaus. Und bei einem Putin, der ja durchaus rational sein Machtkalkül anstellt, ganz besonders. Es sei denn, Putin kann meinen, dass Fischer und Kurz ein Gewicht in Europa wären.
Zumindest von Sebastian Kurz hätte man sich eines zu wünschen: Dass er genauso klar wie beim türkischen Premier redet. Aber da verschlägt es ihm zumindest bisher die Rede. Aus Unerfahrenheit? Oder weil er auf dem Weg nach oben den kurzsichtigen Interessen mancher Wirtschaftsmenschen zu folgen versucht?
Wenn es der zweite Grund sein sollte, dann sollte man Herrn Kurz daran erinnern, dass einst ein Generalsekretär der Industriellenvereinigung sogar mit einem Anstecker für Import von noch mehr Türken geworben hat. Heute braucht die IV die Türken nicht mehr und schon hat sie das Interesse verloren. Noch viel weniger ist eine Strategie gegen einen Kriegstreiber durch die Wirtschaft denkbar.
Erst wenn klar ist, dass Militär heute keine Grenzen verschieben darf, dass solche gewaltsame Änderungen zurückzunehmen sind, kann über das Selbstbestimmungsrecht geredet werden. Dann kann nicht nur, dann soll auch dringend darüber geredet werden. Dieses Recht ist richtig und notwendig für eine Stabilisierung der Ukraine – und vieler anderer Länder. Es darf aber niemals zum Vorwand für Kriege werden.
Sonst hätte ja einst etwa auch Hitlers Einmarsch in Österreich und in der Tschechoslowakei mit Selbstbestimmung zu tun. Was 1938 so manche Westmächte ja in der Tat so gesehen haben. Damals hat nur Mexiko gegen Hitlers Invasion protestiert. Viele andere haben hingegen 1938 (mit dem Kopf im Sand) gesagt, die Österreicher haben nach dem ersten Weltkrieg eh in großer Mehrheit zum Deutschen Reich gewollt, also ginge Hitlers Einmarsch schon in Ordnung. Und seine „Abstimmung“ sei eine Form der Selbstbestimmung gewesen. Dass nach seriösen Forschungen bei einer freien Abstimmung die Österreicher jedoch 1938 mehrheitlich nicht zu Hitler wollten (obwohl 1919 eine große Mehrheit zweifellos nach Deutschland wollte), wurde damals von den Anhängern des Dialogs um jeden Preis geflissentlich übergangen.
Ein Recht, eine demokratische Entscheidung kann immer nur unter der Möglichkeit aller Seiten stattfinden, den eigenen Standpunkt friedlich und frei darzulegen, kann es nur bei einer geheimen und sauberen Abstimmung geben. Die hat es 1938 ebenso wenig gegeben wie jetzt im Süden und Osten der Ukraine. Ebenso gab es damals wie heute Anhänger des Dialogs, die bei allen unangenehmen Fakten wegschauen. Damals wie heute waren die Aufgabe von Prinzipien um des lieben Friedens willen grundfalsch.
PS: Die plötzliche Destabilisierung Polens durch Veröffentlichung privater und ungeschminkter Dialoge von Regierungspolitikern trägt ganz massiv die Handschrift Moskaus (und ist sicher nicht nur von einer Wochenzeitung organisiert). Polen ist einer der klarsten Kritiker des russischen Vormarsches. Man wird sehen, ob es den Abhöraktionen und Veröffentlichungen gelingt, Polen fertig zu machen. Was man jetzt schon sagen kann: Russlands Propaganda und seine Geheimdienste sind jedenfalls eindrucksvoll wirksam.
PPS: Dass Linke wie Fischer für Moskau sind, erstaunt nicht weiter. Dass Russland auch auf der Rechten manche Sympathien hat, überrascht mehr. Aber nur auf den ersten Blick. Dort sieht man Russland als Speerspitze für den Kampf gegen die Propaganda des diversen Schwulen-Lobbies. So nachvollziehbar die Aversion von immer mehr Menschen gegen das Vordringen der einst diskriminierten, heute privilegierten Schwulen ist, so wenig kann das auch nur im entferntesten Sympathien für die Besetzung anderer Länder rechtfertigen. Zumindest dann nicht, wenn man noch bei klarem Verstand ist.
(Nachträgliche Ergänzung: Dass zu Putins Wien-Besuch für ein paar Stunden die Waffen in der Ostukraine schweigen, zeigt nur eines: dass entgegen den russischen Beteuerungen die dortigen Rebellen ganz auf Moskaus Pfiff hören. Europa (bis auf Österreich) - aber auch Russland selbst! - wissen jedenfalls genau: Relevant ist einzig der Europäische Rat am kommenden Freitag, bei dem weitere Sanktionen gegen Russland zur Entscheidung anstehen. Und nicht Putins Wiener Versuch, einen Keil in den Westen zu treiben. Auf den aber außer den Herren Fischer und Kurz niemand hereinfällt.)
Wie unzählige Male zuvor schon „zur Verteidigung der Einheit des Vaterlandes Italien“ rückte soeben die Bozner Staatsanwaltschaft aus, begleitet von Männern der ROS (Raggruppamento Operativo Speciale), einer Sondereinheit der Carabinieri zum Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Am Sitz der Partei „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) beschlagnahmte das römische Machtinstrument Computerdateien und schriftliche Unterlagen. Der vorgegebene Grund für die staatsanwaltschaftliche Ermittlung und das auf Abschreckung und Einschüchterung zielende martialische Einschreiten der dem Militär unterstehenden kasernierten Polizeitruppe: Verdacht der Unterschlagung und einer Manipulation.
Im Spätsonner 2013 hatte die STF mehr als 400.000 Briefe verschickt und dabei den für den Versand von Wahlwerbung beanspruchten üblichen vergünstigten Tarif von 0,04 Euro pro Briefsendung entrichtet. In den Briefen befanden sich Wahlkarten zur Teilnahme an dem von der STF im Herbst 2013 initiierten und durchgeführten Selbstbestimmungs-Referendum für Südtirol. Knapp ein Jahr später wirft die Staatsanwaltschaft der Partei neben „Missbrauch der Posttarife“ – angebliche „Betrugssumme“ 600.000 Euro – „Manipulation des Abstimmungsergebnisses“ vor.
Diese Vorwürfe sind absurd. Die Unterlagen für das Selbstbestimmungs-Referendum wurden vor der Südtiroler Landtagswahl verschickt, die im Oktober 2013 stattfand. In der plausiblen Absicht, die Selbstbestimmungsfrage zu einem zentralen Wahlkampfthema zu erheben, worauf in allen STF-Stellungnahmen unmissverständlich hingewiesen wurde. Die Briefe wurden von der Postverwaltung vorab begutachtet und ausdrücklich genehmigt, sie mussten als Wahlwerbung deklariert werden. Wäre dies nicht rechtens gewesen, hätte die Post die Briefe nicht verschickt, und die Bozner Staatsanwaltschaft hätte bereits damals umgehend alle Briefe beschlagnahmt.
Absurd auch der Manipulationsvorwurf: Selbstverständlich war die Abstimmung geheim, alle an die STF als Veranstalter zurückgelangten Briefe sind getrennt von den Wahlkarten ausgezählt worden, sodass die Absender nicht rückverfolgbar waren. Die Auszählung fand öffentlich, zudem im Beisein von Journalisten, statt, die somit die Wahrhaftigkeit der befolgten Abstimmungsmodalitäten bezeugen können, welche unter https://www.youtube.com/watch?v=GlEVNTfpYRI einsehbar sind.
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, welches in ein Strafverfahren gegen eine Partei mündet, geschieht nicht zufällig, sondern stellt einen politisch motivierten Schlag gegen die STF mit dem Ziel dar, das von ihr nachdrücklich ins öffentliche Bewusstsein gerückte Selbstbestimmungsbegehr nachträglich zu kriminalisieren.
Es dürfte sich nicht um ein aus eigenem Antrieb (des leitenden Staatsanwalts Guido Rispoli) heraus eingeleitetes Vorgehen gehandelt haben, sondern auf einen Wink aus Rom hin geschehen sein. Dort ist die politische Klasse mehr als besorgt über Selbstbestimmungsbewegungen wie jene in Südtirol, hinter der nicht alleine die STF und die Freiheitliche Partei Südtirols (FPS) stehen, sondern auch der traditionsreiche Südtiroler Schützenbund (SSB).
Immerhin führt auch die seit 1948 regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) das Selbstbestimmungsverlangen noch in ihrem Parteistatut, und wiewohl sie weiter als alle anderen Südtiroler Parteien davon entfernt ist, die Selbstbestimmungsfrage aufzuwerfen, kann sich Rom dessen nicht wirklich sicher sein.
Gefahr droht auch aus der Nachbarschaft Südtirols. So fand die staatsanwaltschaftlich angeordnete Razzia bei der STF vier Tage nach dem mehrheitlichen Beschluss des Regionalrats von Venetien statt, für das Veneto ein formelles Selbstbestimmungs-Referendum anzusetzen. Dort hatten im Frühjahr in einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, an dem sich 2,36 Millionen Wahlberechtigte (73 Prozent der Wählerschaft der Region) beteiligten, 89 Prozent auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“ geantwortet.
Woraufhin die Staatsanwaltschaft in Brescia auf Geheiß Roms kurzerhand unter dem Vorwurf des „geplanten bewaffneten Umsturzes und der Sezession“ führende Funktionäre der Unabhängigkeitsgruppierungen „Raixe Venete“, „Liga Veneta“, „Governo Veneto“ und „Nasion Veneta“ festsetzte und/oder Gerichtsverfahren gegen sie einleitete. Davon unbeeindruckt ergriff in unmittelbarer Nachbarschaft zum Veneto Lega Nord-Chef Matteo Salvini die Initiative für „ein offizielles Unabhängigkeitsreferendum“ in der Lombardei; es soll am 18. September stattfinden, dem Tag, an dem in Britannien das Referendum über Schottlands Souveränität vorgesehen ist.
Hatten in Südtirol am eindrucksvollen Referendum im Herbst 2013, initiiert und organisiert von der STF, 61.189 Wahlberechtigte aus der deutschen und aus der ladinischen Volksgruppe teilgenommen, von denen 56.395 – das sind 92,17 Prozent – für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts votierten, so zeigte eine von der Wiener „Karmasin Motivforschung“ durchgeführte Umfrage unter 700 Befragten deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol, dass sich 54 Prozent die Unabhängigkeit und nur 26 Prozent für den Verbleib bei Italien aussprachen; 20 Prozent machten keine Angabe.
Nachgerade sensationell sind überdies die Ergebnisse der von der überparteilichen Bozner „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“ in Auftrag gegebenen repräsentative Umfrage zu nennen, welche das italienische Meinungsforschungsinstitut DEMETRA aus Mestre (bei Venedig) in ganz Italien durchführte. Demnach befürworteten 71,8 Prozent der befragten Italiener das Recht auf politische Selbstbestimmung der Südtiroler. 74 Prozent sprachen sich zudem ausdrücklich für das Recht von Schotten und Katalanen auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit aus.
All das muss(te) in Rom alle politischen Warnlampen angehen lassen, weshalb das staatsanwaltschaftliche Vorgehen gegen die Südtiroler „Los-von-Rom“-Partei STF seinen Sinn erhält. Ebenso legen die Brüssler EUrokraten ob mannigfaltiger Selbstbestimmungs- und Unabhängigkeitsregungen die Stirn in Falten, zumal sie mit Bangen die Entwicklung besonders in Schottland und Katalonien verfolgen.
Unlängst führte ihnen eine machtvolle und farbenprächtige „Selbstbestimmungskundgebung der Völker und Regionen Europas“ die Gefahr vor Augen. Wenngleich Mainstream-medial verschwiegen, nahmen daran gut 25 000 Menschen teil und unterstrichen den Willen von Flamen, Katalanen, Schotten, Basken, Venetern, Lombarden und Südtirolern zur Selbstbestimmung. Ihr Marsch quer durch den EU-Institutionensitz Brüssel unter der Losung „Europe, we will vote!" signalisierte, dass auf nicht zu unterschätzenden Terrains Europas Umbrüche hin zu freien, selbstbestimmten und selbstverwalteten neuen Gemeinwesen im Gange sind, organisiert von Repräsentanten volklicher Entitäten, die gewillt sind, sich nicht mehr mit Halbfreiheiten abspeisen zu lassen und ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Solange die Südtiroler darauf bauen konnten, dass die italienische „Autonome Provinz Bozen-Südtirol“, ihr nach dem Ersten Weltkrieg annektierter Teil des nach sechs Jahrhunderten des Bestands zerrissenen Habsburgerkronlandes, infolge einer Entwicklung hin zu einem „Europa der Regionen“ wieder mit dem österreichischen Bundesland Tirol „vereinigt“ werden könnte, vertrauten sie auf die „Sammelpartei“ SVP, die ihnen das auch für die Zukunft in Aussicht zu stellen sucht. Doch je stärker und länger offenkundig ist, dass das Nationalstaatsprinzip in der EU allen Regionalisierungsbemühungen Grenzen setzt und ihnen in ihrer Heimat von vom römischen Zentralismus geprägten Italienern und in den staatlichen Behörden von Amtswaltern immer und immer wieder das „Siamo in Italia“ entgegengeschleudert wird, desto zahlreicher werden die Befürworter des Selbstbestimmungsverlangens.
Die historisch-politischen Erfahrungen mehrerer Generationen der Angehörigen der deutschen und ladinischen Volksgruppe mit Rom und in Italien (nicht erst, aber vor allem seit dem Ersten Weltkrieg) begünstigten diese Entwicklung. Sie ist Ursache dafür, dass „BBC“, „Chicago Tribune", „Russia Today“ und andere Publikationsorgane auf der ganzen Welt schon über den „wiedergekehrten Separatismus im Alto Adige" berichteten.
Und was sagt die „Schutzmacht Österreich“ dazu? Der Jus-Student Sebastian Kurz, der in der Regierung Faymann-Spindelegger das Ressort „Europa, Integration, Äußeres“ (ehedem Außenministerium) innehat, beantwortete mit Schreiben vom 17. Juni dieses Jahres (Az: BMeiA-XX.2.1 3.33/0027-II.2/2014) einen wegen seiner Aussage auf dem SVP-Parteitag in Meran, allenfalls „Ewiggestrige“ stünden gegen die (von der SVP propagierte) „Vollautonomie“, gerichteten Brief, den Roland Lang, Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB), Sepp Mitterhofer, ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer und SHB-Ehrenobmann sowie Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung, Sprecher der „Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer“ an ihn gerichtet hatten.
Kurz schrieb: „Österreich hat den Anspruch der Südtiroler auf das Selbstbestimmungsrecht immer unterstützt, wodurch es schließlich auf Grundlage des Pariser Vertrages zu einer zwischen Österreich und Italien (mit Zustimmung Südtirols) akkordierten Lösung mit einer Streitbeilegungserklärung an die Vereinten Nationen gekommen ist. Österreich ist dabei stets in engster Abstimmung mit Südtirol vorgegangen. Träger des Selbstbestimmungsrechts sind die Südtiroler selbst. Politisch handeln sie durch ihre demokratisch legitimierte Führung.
Die Bundesregierung ist mit der Südtiroler Landesregierung in laufendem Kontakt. Letztere setzt sich stark für die Festigung und Weiterentwicklung dieser Autonomie ein und wird darin von Österreich mit Überzeugung unterstützt. Die Südtirol-Autonomie ist damit ein konkreter Ausdruck des Gedankens der Selbstbestimmung. Basierend auf dem gemeinsam mit den Südtirolern ausverhandelten Südtirol-Autonomiestatut von 1972 enthält sie ein hohes Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung und ermöglicht es somit den Südtirolern, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln.
Es handelt sich um eine konkret wirksame und praktisch ausbaufähige Selbstbestimmung. Die Südtirol-Autonomie wurde dank internationaler Unterstützung (z.B. VN-Generalversammlung) erreicht und wurde auf vielfältige Weise abgesichert. Die Autonomie funktioniert also in einem größeren internationalen Umfeld und wurde zu einem Bestandteil der europäischen Friedensordnung. Selbstbestimmung kann auf verschiedene Weise verwirklicht werden, die Südtirol-Autonomie mit ihrem hohen Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung ist eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung.
Darüber hinaus hat der europäische Integrationsprozess viele Aspekte des Konzepts „Grenze” obsolet gemacht und das Konzept der grenzüberschreitenden Regionen (Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino) gestärkt. Damit wird auch ein vereintes Tirol in moderner Form und aus einer zeitgemäßen Sicht ermöglicht. Neue Chancen für eine Zusammenarbeit im gesamten Raum des historischen Tirol werden ohne die Belastungen der Vergangenheit eröffnet. Es ist zu wünschen, dass Südtirol auf dem Weg der wirtschaftlich erfolgreichen und prosperierenden Region so wie bisher weiter geht.“
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Österreich nunmehr vor dem Hintergrund der „Streitbeilegungserklärung“ von 1992 den Anspruch der Südtiroler als erfüllt ansieht. Wenn man dem Minister (damit der Regierung) folgt, so steht die seit 1948 regierende Mehrheitspartei SVP als „demokratisch legitimierte Führung“ stellvertretend für alle Südtiroler, die doch eigentlich „Träger des Selbstbestimmungsrechts“ sind.
Abgesehen davon, dass die SVP seit zwei Landtagslegislaturperioden nicht mehr Mehrheitspartei ist, ist es absurd, sie als Organ der Erfüllung des Selbstbestimmungsrechts anzusehen und die zwischen 1946 und 1992 mit Hilfe Österreichs erkämpfte Autonomie faktisch als Endzustand zu qualifizieren, in dem die Südtiroler in die Lage gesetzt seien, „ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln.“
Dagegen sprechen unzählige Maßnahmen Roms, das vom österreichischen Minister realitätswidrig gerühmte „hohe Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung“ sukzessive zu entwerten. Das ist für den römischen Zentralismus jedweder politischen Couleur tatsächlich „eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung“. Weshalb man die Aussage „Die Südtirol-Autonomie ist damit ein konkreter Ausdruck des Gedankens der Selbstbestimmung“ nur mehr als selbstbetrügerische Beschwichtigungsfloskel rubrizieren kann.
In dieselbe Rubrik gehört das „vereinte Tirol in moderner Form und aus einer zeitgemäßen Sicht“. Das ist Augenauswischerei. Selbstbestimmung für die Südtiroler kann eben nicht auf „verschiedene Weise verwirklicht“ werden, Herr Minister Kurz. Die adäquate Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ist allein mittels einer Volksabstimmung zielführend. Ihre Herbeiführung zu ermöglichen, wäre – neben dem Willen, den die Südtiroler gewiss aufbrächten, so ihre Parteien in dieser Frage zusammenfänden und zusammenstünden –pflichtschuldigste Angelegenheit der Politik des „Vaterlands Österreich“. Das führen SVP-Politiker allenfalls noch in Sonntagsreden im Munde.
Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
Jetzt will die Staatsbank doch auf die Risken der Hypo-„Lösung“ hingewiesen haben.
Jeder Österreicher weiß noch, wie sehr Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny in allererster Reihe als Apologet des Hypo-Gesetzesentwurfs dieser Regierung aufgetreten ist. Diese Auftritte sind ja noch nicht so lange her. Jetzt aber hat nicht nur S+P, sondern auch Moodys zahlreiche österreichische Banken abgewertet, weil ja laut Regierung die Garantie eines Bundeslandes nichts mehr wert ist, obwohl jenes Land nicht in Konkurs geht; was naturgemäß auch die heimischen Banken wackeln lässt. Die dramatischen Auswirkungen jenes Beschlusses, die den heimischen Kreditmarkt im Mark treffen, waren also völlig klar. Außer der Nationalbank hat das auch kein einziger Finanzexperte verteidigt. Jetzt auf einmal gibt Nowotny bekannt, dass er in einem geheimen Gutachten sehr wohl die Regierung auf die Folgen hingewiesen hat. Er hat also offenbar geheim das Gegenteil dessen gesagt, was er öffentlich gesprochen hat. Er ist wirklich nur noch peinlich. Es ist um jeden Cent schade, der für diese Nationalbank ausgegeben wird (deren Mitglieder ja noch immer horrende Gehälter bekommen!). Herr Nowotny soll sich jedenfalls morgens nicht mehr in den Spiegel schauen.
Jetzt hat Russland seine Drohungen wahr gemacht und die Gaslieferungen an die Ukraine gestoppt. Die nach Westeuropa gehenden jedoch nicht, auch wenn sie via Ukraine gehen. Was vorerst problemlos geschieht. Im warmen Juni ist zwar die Relevanz dieses Stopps noch gering. Aber vom Zeitpunkt unabhängig ist es dringend notwendig, alle Fakten zu kennen. Was im Westen nur selten der Fall ist.
Diese Fakten sind auf den ersten Blick widersprüchlich. Und jede Seite nennt nur die ihre günstigen.
Europa lebt von der Heuchelei und Verdrängung. Die EU ist Richtung Süden wie Osten unglaublich attraktiv; sie ist dort für die Mehrheit der Menschen der Inbegriff ihrer Träume. Die EU freut sich darüber ungemein – aber sie will keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen. Das ist unbestreitbar eine massive Diskrepanz.
Wie soll Europa diese Diskrepanz lösen? Ganz gewiss nicht so, wie es derzeit geschieht: Vor den jüngsten EU-Wahlen haben fast alle Kandidaten massiv gegen eine weitere Erweiterung der Union argumentiert; es komme während der nächsten Periode keine neue Mitgliedschaft in Frage. Die EU hat genug eigene Probleme. Nach der Wahl hingegen haben die vor der Wahl schweigenden Außenministerien und die Kommission sofort wieder ganz normal auf Erweiterungsmodus geschaltet. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz etwa setzte sich nach diesen Wahlen massiv für einen Beitritt vor allem Serbiens, aber auch der anderen Balkanstaaten ein.
Diese Haltung ist verlogen. Die Diplomatie hat noch immer nicht begriffen, dass sie selbst hauptschuld ist, wenn sie durch eine solche doppelbödige Politik die Bürger immer weiter von Europa entfremdet. Das geht in einer modernen Demokratie einfach nicht mehr.
Natürlich ist ein Nichtbeitritt Serbiens nicht argumentierbar (sobald einmal Belgrad die Unabhängigkeit des Kosovo klar anerkannt hat). Die Serben gehören genauso zu Europa wie die Kroaten oder Rumänen. Aber das soll man bitte den Wählern auch schon vor einer Wahl mutig sagen! Die merken sich nämlich diese Doppelzüngigkeit.
Serbien, dessen Expansionismus am Beginn des 20. Jahrhundert eine Hauptursache des Zerfalls zweier Reiche und des Todes von Millionen Menschen gewesen ist, das zweifellos auch der Hauptschuldige der letzten Balkankriege war, dieses Serbien benimmt sich heute durchaus verantwortungsbewusst. Und das hat Europa anzuerkennen. Und nicht heuchlerisch herumzureden. Das verärgert nur die Serben wie die Bürger immer mehr.
Aber ist nicht Serbien noch zutiefst von Korruption zerfressen? Ja, das ist es. Aber auch nicht tiefer als Rumänien oder Bulgarien oder Kroatien. Und auch Teile Italiens, um nur eine Region aus dem allerersten EU-Kern zu nennen.
Damit sind wir bei der nächsten Heuchelei: Wäre Europa nur eine große Freihandelszone, dann wäre die endemische Korruption in bestimmten Regionen kein Problem anderer Nationen. Dann wäre sie Sache der betroffenen Bürger, die ja auch dafür zahlen. Nur sie selbst können Schritt für Schritt Justiz und Politik bessern – auch wenn sie offenbar oft auf Personen hineinfallen, die laut gegen Korruption wettern, aber selbst bestechlich sind.
Aber EU-Europa hat viel größere Ambitionen gehabt – an denen es nun zu scheitern droht. Denn sobald nicht nur Freihandel für Agrarprodukte besteht, sondern es eine gemeinsame Landwirtschaftspolitik gibt, muss man eben jeden Olivenbaum, jede Alm, jedes Weinstock, jedes Rindvieh zählen. Und Europa wird dabei ständig nach Strich und Faden betrogen.
Sobald man nicht nur Produkte handelt (und bloß deren Qualität und Preis zu prüfen hat), sobald man nicht nur tarifäre wie – in der Wirkung natürlich viel raffinierter – nichttarifäre Hindernisse entfernt, sondern politisch alles und jedes regulieren will, geht man am Zusammenprall unvereinbarer Kulturen zugrunde. Ganz abgehen von der alten Erfahrung, dass ohne eine funktionierende Bürgergesellschaft ein Rechtsstaat nie funktionieren kann. Diese Gesellschaft muss von innen wachsen, sie kann nicht von außen angeordnet werden.
Dieser Zusammenprall passiert umso öfter, je mehr Rechtsbereiche die EU zu regulieren versucht. Was anfangs nur der Fehler einer gemeinsamen Agrarpolitik war, erstreckt sich heute auf Sozialpolitik, Arbeitsmarktpolitik, Justizpolitik, Umweltpolitik, Frauenpolitik und so weiter.
Täglich sehen wir es: Die EU hat angesichts dieser vielen Betrügereien keine Chance. Sie versucht zwar, mit immer mehr Regulierungen, Richtlinien und Verordnungen den Kopf über Wasser zu halten. Sie geht aber immer mehr unter. Spätestens seit sie absurderweise auch die gesamten Grundrechte inhaliert und sich damit rettungslos den Juristen ausgeliefert hat.
Das heißt nun nicht, dass die Serben und andere deshalb der EU beitreten wollen, weil es dort viel größere Möglichkeiten zur Korruption gibt. Ganz im Gegenteil: Viele dortige Bürger hoffen, dass sie die EU von diesen ineffizienten „Bräuchen“ befreit. Korruption geht ja immer zu Lasten der Bürger. Es ist aber das Gegenteil passiert: Es hat nicht die EU-Mitgliedschaft die Süditaliener, Rumänen und Bulgaren von Korruption befreit. Sondern die EU hat sich selbst immer stärker versüdlicht, ohne hingegen im Süden etwas Substantielles geändert zu haben.
Wer dieses harte Urteil bezweifelt, fahre einfach auf ein paar Tage nach Palermo oder Neapel, wo angebliche Mafiajäger regieren, wo nun schon zwei Generationen lang nördliches Geld in Billionensummen hineingeflossen ist, wo man sich aber bis heute ins tiefste Mittelalter zurückversetzt fühlt. Wo alles nur noch schlimmer geworden ist. Und dann vergleiche er das Bild mit der Entwicklung - bespielsweise - von Prag oder Krakau, die viel weniger Geld haben, deren Bürger aber im Vergleich viel weniger korrupt sind.
Die dritte Heuchelei passiert nun bei der Ukraine. Dort hat die Mehrheit der Menschen ganz eindeutig den Willen demonstriert, nach Europa in die EU zu kommen. Sie hat mit wochenlangem und todesmutigem Einsatz einen Präsidenten gestürzt, der sich nach drei(!) Jahren des Verhandelns mit der EU von Moskau unter Druck setzen ließ, wo er seine schmutzigen Geschäfte macht, und der im allerletzten Augenblick Europa seine Unterschrift verweigert hat.
Deutlicher kann man gar nicht zeigen, dass die Menschen jenes Landes um jeden Preis nach Europa wollen (nach allen seriösen Daten auch die russischsprechenden Menschen in der Ukraine). Das ehrt die EU ungemein – aber eigentlich will dort fast kein Wähler die Ukraine oder ein anderes Land als Mitglied haben. Nur sagt man es nicht.
Insgeheim wären wahrscheinlich viele sogar froh, wenn die Sowjetunion, pardon Russland das Land wieder erobert. Dann könnte man eine Zeitlang empört dagegen protestieren, aber man wäre ein riesiges Problem los. Und bald darauf würde man wieder ungehindert seine Geschäfte mit Moskau machen. Es herrscht ja Realpolitik.
Die Lösung? Sie kann – wenn die EU nicht ganz zerfallen soll – nur darin bestehen, dass sich Europa wieder auf den völlig freien Binnenmarkt mit klaren Einschränkungen der Freizügigkeit für nicht Berufstätige reduziert. Wenn die EU also im Wesentlichen eine Freihandelszone wird. Wenn wieder viel stärker die Eigenverantwortung der Länder, der Gemeinden, vor allem der Menschen als einziger funktionierender Mechanismus zur Wirkung kommt. Wenn die Justiz wieder viel stärker beim Europarat angesiedelt wird, wo sie hingehört. Wenn auch mit Amerika der volle Freihandel gesucht wird, wo Investitionen wechselseitig wirklich geschützt werden. Wenn auch mit Russland und anderen Regionen ein fairer Freihandel gesucht wird.
David Cameron und Viktor Orban wollen das. Angela Merkel weiß um die Notwendigkeit dieser Entscheidung. Die Südeuropäer hingegen wollen so wie in den letzten Jahrzehnten mit deutschem Geld weitertun. Wieder andere sind prinzipiell und überhaupt gegen Alles.
Und herauskommen wird wohl, das man noch recht lange mit der Heuchelei als gemeinsamem kleinsten Nenner weitertut.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Es war gewiss weit weniger als ein Prozent der Österreicher, die gewusst haben, dass die Neos einen Religionssprecher haben. Jetzt heißt der offenbar Strolz und nicht mehr Alm. Na und?
Noch immer gibt es keinerlei Distanzierung der Neos zum Antikirchen-Begehren. Noch immer sind die Neos die Partei des 80-Prozent-Steuer-Forderers Haselsteiner. Noch immer habe ich außer der Pensionsfrage und dem Wasserprivatisierungsthema (wo die Neos allerdings sehr lobenswert und mutig sind) kein einziges Anliegen der Neos entdeckt, das liberal wäre. Haselsteiner (der sich köstlicherweise eine Zeitlang auch innig im Bett mit einem angeblich jetzt von ihm wieder etwas entfremdeten russischen Oligarchen wälzt) und die anti-kirchliche Grundhaltung der Neos sind es jedenfalls nicht.
Alle großen liberalen Denker – von Hayek bis Friedman und erst recht die Denker früherer Jahrhunderte – drehen sich im Grab um, wenn sich die Neos als liberal bezeichnen. Oder gar als liberaler denn der Wirtschaftsbund oder das Team Stronach, die es ja auch zu sein versuchen. Und in der einen oder anderen Hinsicht (Steuern!) sogar deutlich mehr als die Neos sind.
Weder sind der Europa- und damit Zentralisierungsfanatismus der Neos liberal noch ist es ihr Engagement für die linke „Gemeinschaftsschule“, die ja nur ein Tarnwort für die linke Zwangsgesamtschule ist.
Die Neos zeigen auch keine Liberalität beim Thema staatlicher Ehe-Zeremonien. Liberal wäre es nämlich zweifellos, die Rolle des Staates auf die Beurkundung und Einhaltung eventueller Vorschriften (wie etwa das Verbot von Bigamie oder Inzest) zu reduzieren. So wie der Staat ja auch bei Geburt und Tod normalerweise keine Zeremonien veranstaltet. Dass die staatliche Ehezeremonie einschließlich der Neos von alle Parteien als scheinbar selbstverständlich verteidigt wird, zeigt nur, wie wenig liberal das gesamte Parteienspektrum in diesem Land ist.
Dass sich auch die Bischöfe so sehr für die Staatszeremonie bei der Ehe einsetzen, ist übrigens besonders skurril. Wenn auch aus einem anderen Grund. Offenbar haben sie keine Ahnung, dass diese erst vor weniger als hundert Jahren gegen den Willen ihrer Vorgänger eingeführt worden ist. Damals ging es der Linken nämlich gegen die rein kirchliche Ehe. Die sicher auch nicht liberal ist.
Liberal wäre es, sich für das Ende von Medien im Staatseigentum (samt Zwangsgebühren) einzusetzen. Liberal wäre es, für die von Rot-Schwarz-Grün immer mehr eingeengte Vertragsfreiheit zu kämpfen. Für Schulfreiheit. Für die freie Wahl von Krankenversicherungen.
All das tun die Neos nicht. Christus-gleiche Gänge in den Wienerwald oder „Fliegenden Spaghettimonster" oder eine Stripper-Fabrik im Jenseits sind mit Gewissheit keine liberalen Signale, sondern nur skurril. Und es interessiert nur die journalistische Klasse, ob deren Exponenten nun Religionssprecher oder nur Abgeordnete sind.
Freilich sind auch die Kirchenbeiträge, an denen die Bischöfe so verzweifelt festhalten, nicht liberal. Aber genauso wenig ist es der Kampf vieler Neos dagegen. Liberal wären zwei ganz andere Alternativen:
Manche werden nun sagen: Alles richtig, aber im 19. Jahrhundert hat doch der Liberalismus gegen die Kirchen gekämpft. Richtig. Aber damals hatten die Kirchen eine staatliche Rolle, damals hat der Staat die Kirche ge- und missbraucht. Das war übrigens keineswegs nur negativ, sondern Jahrtausende lang für die Gesellschaft sehr positiv und für deren Entwicklung sehr notwendig. Man könnte ganze Bücher über die wichtige Rolle des Christentums beim Fortschritt Europas schreiben. Heute hingegen gibt es praktisch keine Rolle der Kirche im Staat. Die Restbestände sind abgesehen vom Kirchenbeitrag nur noch für juristische Prüfungen relevant.
Der Liberalismus hat immer eine ganz andere dominante Rolle: Sich auf allen Ebenen gegen die Rolle des Staates zu wehren. Im 19. Jahrhundert war auch die Kirche Teil des Staates und wurde daher zu Recht kritisiert. Heute aber ist die Kirche völlig ohnmächtig, der Staat aber weit mächtiger als er jemals war. Und das ist er auch mit Hilfe der sich selbst als liberal bezeichnenden Menschen. Daher ist es umso trauriger, dass sich als liberal bezeichnende Gruppierungen es oft nicht sind. Wie etwa die Neos.
Es ist symptomatisch: Die interessantesten Nachrichten findet man nur noch in deutschen Medien. Dabei würden sie den Österreichern zeigen, dass sie sich vor völlig falschen Dingen fürchten. Oder zumindest ihre Politiker.
Die eine Nicht-Meldung betrifft die amerikanischen Chlorhühner. Vor denen fürchten sich ja die Linksaußen wie die Rechtsaußen derzeit gleichermaßen. Sie versuchen einander dabei sogar ständig an Furchtmachen zu übertreffen. Die deutsche "Tageschau" hingegen ist anstelle von Verbreitung von Furcht den Chlorhühnern sachlich nachgegangen. Sie hat Experten gefragt und ist zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen: „Chlorhühner sind nicht ungesünder“.
Vielmehr ist das deutsche Huhn jenes, das gesundheitlich bedenklich ist; Salmonellen und Campylobacter sind immer wieder auf den deutschen (und wohl auch österreichischen) Hühnern zu finden. Ganz im Gegensatz zu den amerikanischen, wo Chlor diese Krankheitserreger und Keime tötet. Befragte Wissenschaftlicher glauben sogar, dass Chlor in unseren Landen nach der nächsten gröberen Infektion vorgeschrieben sein wird.
Was auch immer die Wissenschaft meint: Grün und Blau (und teilweise Rot und Schwarz) werden vorerst weiter Angst machen. Schon weil man nur in deutschen Medien die Fakten findet. Und die Politiker daher die Fakten gar nicht kennen. Und die Österreicher auch nicht.
Ebenso wird man wohl weder in ORF.at noch sonstwo die erschütternde Reportage und das Interview mit einem deutscher Rettungsfahrer nach seinem Jahr in Saudi-Arabien lesen können. Das werden die linken Islamverteidiger zu verhindern wissen, selbst wenn die Reportage im „Spiegel“ steht. Es ist geradezu herzergreifend, wie dort Frauen verrecken müssen, nur weil Rettungsfahrer das falsche Geschlecht haben. Noch perverser: Dort dürfen weibliche Krankenbetreuer gar nicht draußen Dienst machen!
Kaum weniger haarsträubend sind die Berichte über die vielen jungen Männer, die sich mit ihren schnellen Autos in saudischen Städten durch maßlos überhöhte Geschwindigkeit reihenweise umbringen. Autos sind nämlich mehr oder weniger das einzige Laster, dem junge Männer unter dieser atavistischen Form der Religion frönen dürfen.
Und ausgerechnet dieses Saudi-Arabien ist es, das in Syrien und Irak die fundamentalistischen Kräfte unterstützt, welche dort derzeit eine Stadt nach der anderen erobern. Welche bereits in den ersten Stunden eine halbe Million Menschen zur Flucht gezwungen haben. Und welche dann Dutzende Kämpfer nach Österreich zurückkehren lassen.
Hier aber schauen trotz dieser massiven Herausforderung Gesetzgeber, Staatsanwaltschaft, Gerichte und Schulen am liebsten weg. Oder stellen höchstens jene Menschen unter Anklage, die den Fundamentalismus ihrer Ansicht nach um eine halbe Umdrehung zu deutlich kritisiert haben.
Es könnte einem wirklich übel werden. Zuerst berichten die Medien nicht das, was Faktum ist und was in anderen Ländern berichtet wird. Und dann stellen sich noch die Behörden massiv auf die Seite des Islams und nie auf die der Kritiker.
PS: Ach ja, noch ein zweites Land finanziert den fundamentalistischen ISIS-Vorstoß in Irak und Syrien: Es ist ausgerechnet Katar. Also jenes Land, das offensichtlich durch massive Bestechung die Fußball-WM 2022 in das brennend heiße Land gebracht hat. Wir werden – sofern wir noch berichten dürfen – wohl noch viele Berichte über Katar und den Fundamentalismus, wie auch über die Herrn Beckenbauer und Blatter bringen müssen. Dagegen sind die brasilianischen Streiks zu Beginn der WM geradezu harmlos.
PPS: Dass zumindest indirekt etliche Westmächte von Frankreich bis zu den USA diesen fundamentalistischen Vorstoß unterstützt haben, dass linke Journalisten sie zum Teil bis heute unterstützen, lässt ebenfalls an der menschlichen Vernunft zweifeln. Allerdings scheint gerade der fundamentalistische Vorstoß jetzt zunehmend und rasch im Westen die Augen zu öffnen. Es geschieht ja kein Unheil, dass nicht irgendwie auch Sinnvolles brächte.
Von Tag zu Tag stellt sich mehr heraus, welcher Fehler das vor den EU-Wahlen gegebene Versprechen war, der Spitzenkandidat der mandatsstärksten Partei werde jedenfalls EU-Kommissionspräsident. Das ist in keiner Demokratie der Welt so.
Dieses Versprechen war im EU-Parlament besonders dumm. Weil dieses durch die Bevorzugung der Kleinen massiv undemokratisch ist; weil jedes Land ein komplett anderes Wahlrecht hat (in Österreich dürfen sogar schon Kinder wählen); weil in jeder normalen Demokratie die Mehrheit der Abgeordneten nach den Wahlen zählt und nicht Festlegungen einzelner Listen vorher; weil in Großbritannien die Christdemokraten – mit Würgen als Nummer eines durchs Ziel gekommen – gar nicht kandidiert haben.
Das hat Angela Merkel zwar vorhergesehen. Die anderen größeren Europäer haben hingegen so viele häusliche Sorgen, dass sie nicht einmal bis zum Abend des gleichen Tages mehr denken. Und die kleinen Staaten haben meist ohnedies keine Außenpolitik.
Oder haben die Leser etwa bei ÖVP oder SPÖ eine solche entdeckt? Dort reicht es seit Jahren nur für ein paar Stehsätze vor den ORF-Kameras. Einzige wahrnehmbare Außenpolitik waren die scharfen und kontraproduktiven Töne gegen Ungarn, die der Steuererfinder Treichl von der Erste Bank und der Landwirtschaftsminister Rupprechter (Selbstdefinition „grüner Sozialdemokrat“) abgesondert haben. Ach ja: Und das nach den Wahlen forcierte Werben des Außenministeriums für einen Beitritt Serbiens.
Letztlich hat aber auch Merkel den Leitartiklern nachgegeben, die nach einem Spitzenkandidaten gerufen haben. Ergebnis: Die EU könnte erstmals einen Kommissionpräsidenten haben, der nicht von allen Ländern unterstützt wird.
Nun, es gibt Schlimmeres. Viel ärger, viel entscheidender wird sein: Kann man Großbritannien in der Gemeinschaft halten? Wird der Binnenmarkt als große Leistung der EU gerettet werden? Werden die Regulierer, Zentralisierer und Sozialdemokraten (ob sie nun als rote, schwarze, grüne oder pinke Partei angetreten sind) in der EU endlich zurückgedrängt werden.
Aber sowohl im Parlament wie auch in der Kommission haben sie die Mehrheit. Unter den Menschen in Europa sind sie freilich total in die Minderheit. Diese haben jedoch keine Artikulation, sind damit irrelevant.
Gewiss: Die Länder, die zu Pfingsten in Schweden versammelt waren (Niederlande, Deutschland, Großbritannien und Schweden), sind – zusammen mit Polen – die wirtschaftlich erfolgreichsten EU-Europas. Sie denken ordnungspolitisch ziemlich richtig. Jedoch haben auch sie kein gemeinsames Konzept – und sind europäisch in der Minderheit. Und Merkel wird im Zweifel den Medien und dem sozialdemokratischen Koalitionspartner nachgeben.
Vielen Ländern Europas steht in diesem Jahrhundert ein Aussterben bevor - genauer gesagt: ein dramatisches Schrumpfen der autochthonen Bevölkerung und ein Ersetzen der Nachkommen der ursprünglichen Bevölkerung durch Zuwanderer. Dazu befragt Maximilian im Video Andreas Unterberger.
Es war zufällig am gleichen Tag wie die Ankündigung, dass Russlands Präsident Putin nach Österreich kommen werde. Als erster bilateraler Staatsbesuch nach seiner Invasion! Da las ich in Christopher Clarks „Die Schlafwandler“ die folgenden Zeilen (Übrigens: So empfehlenswert auch die Bücher von Rauchensteiner, Jelinek und Illies über die Jahre 1913ff sind, so ist doch das Buch des Briten am wichtigsten).
Bei Clark liest man: Die Stippvisite des serbischen Regierungschefs Pašics im Oktober 1913 „in Wien trug keineswegs zur Verbesserung der Lage bei. Entwaffnet von der freundlichen und leutseligen Art des serbischen Regierungschefs, verpasste der österreichische Außenminister Berchtold die Gelegenheit, den Ernst der Lage aus österreichischer Sicht darzulegen. Pašic versicherte Vertretern der Presse in Wien, dass er „eine positive Perspektive für die künftigen Beziehungen zwischen Serbien und der Doppelmonarchie“ gewonnen habe, aber er sprach beunruhigenderweise auch über die Notwendigkeit von „Grenzveränderungen“ an der albanischen Grenze.“
So weit Clark. Nach wenigen Monaten ist dann der Weltkrieg mit seinen Millionen Opfern ausgebrochen. Auslösend war eindeutig (auch oder alleine - je nach Sichtweise) jener Expansionismus, den der österreichische Außenminister zu wenig klar ansprach.
Man muss nur wenige Namen ändern. Man muss nur aus Serbien Russland machen. Und schon hat man genau die Situation fast exakt 100 Jahre später. (Dass übrigens damals wie heute Serben und Russen fast deckungsgleich agieren, macht diese kleinen Änderungen ja besonders naheliegend; ebenso tut das der Umstand, dass auch schon damals die Grenze zwischen Serbien und albanischen Gebieten ein zentrales Thema war; ebenso die oberflächlich freundlich wirkende Art des Russen; ebenso der Vergleich zwischen der Doppelmonarchie und dem heutigen Europa).
Es ist eine der vielen Entwicklungen vor Ausbruch des großen Krieges, die zwar fast alle vergessen sind, die aber in der nüchternen Aufarbeitung durch einen Historiker sowohl einzeln wie auch in der Summe sehr besorgt machen. Jedes Mal ging es um Grenzänderungen mit militärischen Mitteln. Auf der Krim, auf dem Balkan, oder auch 1938 in Mitteleuropa.
Vor beiden Weltkriegen hat man geglaubt, durch Nachgeben gegenüber einem mit militärischer Gewalt agierenden Aggressor den Frieden zu sichern. Auch wenn – zum Glück – die historische Analogie keine zwingende ist, so ist es doch Faktum, dass die zwei verheerendsten Kriege der Geschichte jeweils Nachgeben gegenüber militärischen Grenzveränderern im Vorlauf hatten. Bei allem Bekenntnis zum friedlichen Selbstbestimmungsrecht, das an dieser Stelle immer wieder geradezu flammend zum Ausdruck gebracht worden ist, kann Selbstbestimmung niemals eine Rechtfertigung sein, gegenüber Aggressoren nachzugeben.
Genausowenig können militärische Aggressionen durch historische Rückgriffe legitim erscheinen. Gleichgültig, ob die auf des 14. Jahrhundert (serbische Schlacht im Amselfeld) oder die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts (Chruschtschows Grenzänderungen in der Ukraine) erfolgen. Vom Nahostkonflikt, wo Christen, Moslems und Juden oft historisch und Jahrtausende zurückgreifend argumentieren, ganz zu schweigen.
Wenn die Menschheit irgendeinen Fortschritt erzielt haben will, dann jenen, dass Grenzänderungen im 21. Jahrhundert nur noch nach einer sauberen demokratischen Volksabstimmung erfolgen dürfen. Zumindest in Europa. Und dass sie niemals durch Soldaten erfolgen dürfen. Militärische Grenzänderungen müssen verpönt bleiben, wenn Europa wirklich auf Dauer Frieden will.
Anerkannt sei, dass sich Bundespräsident und Außenminister wenigstens schrittweise nun doch diesem obersten Grundsatz annähern. Das lächerliche „Die Ukraine soll neutral werden und die Menschen im Osten und Süden wollen eh sicher alle heim ins Reich“ ist wieder aus dem Sprachschatz der österreichischen Politik verschwunden. Deutschlands Bundeskanzlerin, aber auch Großbritannien und etliche andere Länder haben da freilich von Anfang an viel richtigere Formulierungen gefunden.
Und noch weniger können Grenzänderungen durch ökonomische Interessen gerechtfertigt werden. Oder ignoriert. Gewiss erleiden manche Firmen in ihrem Russland-Geschäft Einbußen. Ihnen und ihren Interessenvertretungen war die russische Invention in der Süd- und Ostukraine weniger wichtig. Jedoch vergessen sie eines: Nach den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts war auch in der Wirtschaft viel mehr kaputt als bloß die Exporte in ein bestimmtes Land. Oder die Investitionen, die man dort geplant hat.
Im konkreten Fall kommt ein zweiter Aspekt hinzu: Die (meist gegen den Widerstands des grundsatzlosen Österreichs) beschlossenen Sanktionen zeigen in Russland eindeutig massive Wirkung. Es kann überhaupt kein Zweifel sein: Es sind einzig diese Sanktionen, die heute zu einer viel stärkeren Zurückhaltung Moskaus, vielleicht sogar zu einem Kurswechsel führen.
Die russische Wirtschaft ist zum Unterschied von Polen, Tschechien, der Slowakei und dem Baltikum auch ein rundes Vierteljahrhundert nach der Wende nach wie vor extrem schlecht diversifiziert. Russland würde ökonomisch kollabieren, wenn es sein Gas nicht exportieren könnte. Das weiß Putin. Er kennt die dramatischen Zahlen der russischen Notenbank und anderer Quellen. Österreichs Handelsdelegierte offenbar weniger.
Das heißt nun nicht, dass Fischer&Co. nicht mit dem russischen Machthaber reden sollen. Das heißt aber, dass sie diesem nicht einmal zwischen den Zeilen entgegenkommen dürfen – bei aller Sympathie des Linksaußens Fischer und des außenpolitischen Greenhorns Kurz gegenüber dem Russen. Wobei den Außenminister seine große Intelligenz und Lernfähigkeit hoffentlich zunehmend unabhängig von schlechten Beratern machen. Bei Fischer hingegen sind seine zutiefst antiwestlichen Gene wohl nicht mehr kurierbar.
Beiden jedenfalls ist ein tieferes Studium der Zeitgeschichte dringend zu empfehlen. Auch wenn diese an den österreichischen Universitäten nicht mehr gekannt wird.
Jetzt nimmt die Europäische Zentralbank sogar dafür Strafzinsen, dass jemand ihr Geld gibt. Man kann zwar als normaler Mensch nur den Kopf schütteln über diese EZB (die ja ganz „zufällig“ von einem Mann aus Italien geleitet wird). Aber eine Gruppe kann sich über deren Beschluss freuen. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Das sind die schuldengierigen Finanzminister. Sie werden noch billiger Geld bekommen. Nicht zuletzt die Politik Italiens. Es ist ja jedenfalls besser, die Staaten trotz ihrer ständig steigenden Verschuldung zu finanzieren, als Strafzinsen zu zahlen.
Am allerwenigsten können sich hingegen die Sparer freuen. Sie werden jetzt noch mehr ausgeraubt – im Auftrag der EZB und damit der Schuldenländer.
Zahlen werden diesen Strafzins die Banken. Freilich ist es ein absolutes Rätsel, warum Banken überhaupt bei der Zentralbank fürs Geldverleihen Strafe zahlen und nicht selber das Geld – ohne Strafgebühr – in eigenen Tiefspeichern horten.
Aber die Logik mancher Banken ist ja ohnedies nicht mehr vorhanden. Etwa jene der Erste Bank, deren Chef Andreas Treichl jetzt öffentlich neue Steuern verlangt. Gegen jede Vernunft. Und vor allem gegen die Interessen seiner eigenen Kunden (womit er übrigens auch jede Argumentation der Banken gegen die eskalierende Bankensteuer zerstört hat).
Natürlich wird auch weiterhin kein zusätzlicher Cent in die Wirtschaft fließen. Denn natürlich birgt jeder Kredit das Risiko, dass der Schuldner ihn nicht zurückzahlen kann. Nur die Politik kann durch ihre Gesetze mit Erfolg fingieren, dass Kredite an Staaten risikolos wären. Die Risiko-Regulierung durch die Politik ist längst so mörderisch geworden, dass keine Bank noch Geld in Unternehmen steckt. Wenn die Politik durch ihre Gesetze, durch Stresstests und Ähnliches das Geldverleihen so schwierig macht, werden immer weniger Banken zu solchen selbstmörderischen Aktionen bereit sein.
Nur Geld für die Staaten – also für die Ausgabenwut der Politik – wird es geben. Menschen mit guten Ideen, die aber kein Geld haben, werden sich hingegen außerhalb des Einfluss der EZB niederlassen. Die Politik wird sich wundern. Und die Unternehmer schimpfen. Aber natürlich sind ihre Eingriffe schuld.
(Nachträglich: In einem Sturm der Kritik verteidigen wenigstens die Genossen die EZB-Entscheidung: Besonders köstlich der Franzose Hollande, der die Sache sogar massiv begrüßt (in Wahrheit aber hofft, dass Frankreich durch den EZB-Beschluss weiterhin die notwendigen, aber schmerzhaften Reformen erspart bleiben). Übertroffen wird er nur noch vom EZB-Chef Draghi: Der Italiener sagt allen Ernstes, es sei Schuld der Banken und hänge nicht mit der EZB zusammen, wenn die Sparer jetzt noch weniger bekommen. Haltet den Dieb . . .)
Es sind die relativ kleinen Beträge, die uns viel anschaulicher als die großen zeigen, wie sehr die Politik unser Geld hinausschmeißt. Ja, es ist unser Geld und das unserer Kinder, nicht das Geld der Politik! Aber diese wirft es ohne jedes Bedenken beim Fenster hinaus. Besonders intensiv tut sie das in Wien.
So machen die 8.310 Euro jeden Wiener zornig, die jetzt für 23 Birken ausgegeben worden sind. Sie sind nicht etwa aus Gartenbau- oder ökologischen Gründen gepflanzt worden. Sondern – zum Gedenken an die SPÖ-Politikerin Johanna Dohnal. Was früher Komponisten oder Dichter waren, sind jetzt die Politiker, die Menschen ihrer Sorte für so wichtig halten, dass sie auch noch nach dem Tod Steuergeld für sie ausgeben.
Es ist eben zwangsweise geholtes Geld der Bürger und nicht das Geld freiwilliger Spender, das da für diese Dohnal-Birken ausgegeben wird. Gegen Spenden gäbe es ja nichts zu sagen - vielleicht gibt es ja tatsächlich irgendwo Menschen, die Dohnal trotz ihres milliardenschweren Anschlags auf das Pensionssystem für gedenkwürdig halten. Aber es ist eben Steuergeld. Im konkreten Fall wird dies unter dem Vorwand einer Förderung von Frauenprojekten und interdisziplinären Kunstinitiativen ausgegeben (es ist nicht meine Sprache, sondern die von der Politik beim Griff in unsere Tasche verwendete). Das Birkengeld kommt noch dazu über das Budget der Unterrichtsministerin, die hinten und vorne angeblich zu wenig hat, um die Schulen ordentlich auszustatten.
Noch mehr wird aus dem Stadtbudget selber gefördert. Jetzt gibt es – um wieder ein ganz konkretes und anschauliches Beispiel zu nennen – sogar für eigene Abstellplätze von Tretrollern Geld. Maria Vassilakou lässt dafür 43 Euro springen. Pro Tretroller. Solche Sachen kann man nicht erfinden, solche Sachen gibt es nur in Wien.
Man kann bei der Grünen auch sicher sein: Es wird wiederum wie schon bei den kaum benutzten Fahrradbügeln nicht nur finanziell, sondern auch platzmäßig auf Kosten der Allgemeinheit gehen, also auf Kosten der – zahlenden – Parkplatzsucher.
Ein anderes, schon seit Jahrzehnten teures Lieblingsprojekt der Grünen ist das Amerlinghaus. Und da ist der Wahnsinn der Politik gleich um ein paar Nullen teurer. Den Hausbetreibern waren die zugesagten 113.000 Euro nämlich zuwenig. Weshalb die Stadt – zuständig der rote Linksaußen Oxonitsch – noch einmal 132.000 Euro Steuergeld drauflegte. Und die teilweise nicht nachvollziehbare Verwendung bisheriger Fördermittel einfach ignorierte. Man wird doch nicht so pingelig sein, wenn grünrote Vereine Geld wollen und – fürchterlich, fürchterlich! – mit der Einstellung irgendwelcher Aktivitäten drohen, wenn es zuwenig davon gibt.
Längst in die Millionen – auch wenn es nie jemand auf den Cent genau berechnen konnte – gehen die Geldverschwendungen durch die ständigen Namenswechsel bei Behörden und Ministerien. Motiv der Umbenennungen? In den meisten Fällen sind es wohl Berater, die von der Substanz keine Ahnung haben, die dafür umso lieber fremdes Geld ausgeben.
Dutzenderweise gibt es dafür ärgerliche Fälle. Erst in dieser Woche wird um viel Geld aus dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, kurz Bundessozialamt das Sozialministeriumservice. Jetzt hat das Amt einen neuen Namen und Behinderte gibt es nicht mehr (oder hab ich da was falsch verstanden?).
Oder: Warum etwa wurde (schon unter Ursula Plassnik) aus dem BMaA mit weltweiten Kosten das BMEIA? Dabei war das Außenministerium auch schon davor jahrzehntelang für internationale und europäische Angelegenheiten zuständig. In Wirklichkeit haben sogar andere Behörden in den letzten Jahren statt des Außenministeriums immer mehr die Federführung bei EU-Regulierungen übernommen. Man muss Sebastian Kurz ja geradezu dankbar sein, dass ausnahmsweise das Außenministerium nicht schon wieder umgetauft wurde, als er vom „Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten“ zum „Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres“ wurde.
Das BMEIA erregt besonders dann internationale Heiterkeit, wenn es ausgesprochen wird. Noch mehr Anlass für Gelächter sind Namen wie Lebens- und Zukunfts-Ministerien. Sie verraten nicht einmal mehr einen Hauch über ihre Zuständigkeit.
Man könnte noch über Seiten solchen absolut sinnlosen Verschwendungen von Steuergeld nachgehen. Ich weiß schon: Das Budget von Stadt wie Bund lässt sich nicht über die kleinen Beträge sanieren. Das kann mit absoluter Sicherheit nur durch eine echte Pensionsreform geschehen, also eine Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters. Um die sich aber alle drei Großparteien drücken.
Dennoch hat Bruno Kreisky gewusst, was heute völlig in Vergessenheit geraten ist: Menschen verstehen die kleinen Beträge viel besser als die großen. Deswegen haben er und auch etliche seiner Minister es immer wieder versucht und geschafft. Sie eroberten viel leichter mit kleinen Dingen die Schlagzeilen des Boulevards als mit großen. Mit Nass- statt Trockenrasieren; mit Taxis statt Dienstautos; mit der zweiseitigen Verwendung von Papieren; mit der Rückgabe abgespitzter Bleistifte vor der Herausgabe neuer; mit der Zahl der Anzüge seines Intimfeindes Hannes Androsch.
Vieles davon mutet heute zwar lächerlich an. Aber die Menschen konnten den Begriff „Sparsamkeit“ noch buchstabieren. Die jetzige Politikergarde kann es nicht mehr. Sie hat zwar kein Geld für den Bau von U-Bahnen. Sie kann Steuerreformen nur durch neue Steuern und Schulden finanzieren. Sie geht echten Pensionsreformen kilometerweit aus dem Weg. Und pflanzt statt dessen Birken.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Zwei Schritte zurücktreten, dann verhallt der Jubel sofort. Österreich und ein halbes Dutzend anderer Länder sind aus dem Defizitverfahren der EU entlassen worden. Nur sehr vordergründig denkende Menschen können darüber ernsthaft jubeln.
Denn die Notenbanken haben wie verrückt und wie noch nie in ihrer Geschichte Geld gedruckt (in der EZB wie auch in der Fed). Ergebnis: Die Staaten müssen fast keine Zinsen mehr zahlen, während die Sparer brutal enteignet werden. Jahr für Jahr noch mehr. Sie sind die einzigen, die den angeblichen Erfolg der Regierungen tragen. Denn Ausgabenreformen finden in Ländern wie Österreich so gut wie keine statt. Oder kennt sie jemand?
Und schon will die Mehrheit der Politik weitere Milliarden ausgeben. Arbeiterkammer und Verbündete wollen die Kalte Progression sogar noch viel steiler machen. Dass damit Leistungsträger und Unternehmer noch mehr demotiviert werden, dass in Wien die Arbeitslosigkeit allmonatlich um zweistellige Prozentsätze steigt, was mit Sicherheit mit dieser Progression zusammenhängt, tut nichts zur Sache. Denn bei den Sparern ist ja noch ein bisschen Geld zu holen.
Ach ja: Die EU wagt zwar immerhin, dringende Reformen im Pensionssystem zu verlangen. Aber dann empfiehlt sie de facto allen Ernstes, im Bildungssystem die Leistungsanforderungen noch weiter zu senken. Na dann. Ein gescheiter Satz der EU-Kommission und sofort folgt eine Riesendummheit.
Der spanische König dankt ab. Juan Carlos und sein überraschender Rücktritt sind zum Unterschied etwa von nordischen Königen deutlich mehr als eine Meldung für die Regenbogenpresse. Sein Rücktritt hat aber auch mehr Motive als seine offiziellen Worte.
Natürlich wird jetzt viel über seine Seitensprünge, seinen Gesundheitszustand, sein Alter und auch die offenbar sehr unguten Geschäfte seine Schwiegersohns die Rede sein. Aber darüber darf sein großes politisches Hauptverdienst nicht in Vergessenheit geraten: Das ist der sensationell gewaltfreie Übergang von der Franco-Zeit zu einer normalen Demokratie. In der sich linke und rechte Parteien friedlich in der Macht abwechseln.
Das ist ein bleibendes Verdienst. Es gab keine Prozessflut. Wenn auch ohne Wahrheitskommission so ist Spanien nach Südafrika ein zweites gutes Beispiel für einen friedlichen Übergang. Solche Prozesslosigkeit entspricht zwar nicht den Vorstellungen von Juristen und Diplomaten, aber beide Länder sind mit diesem friedlichen Übergang sehr gut gefahren. Ohne Aufarbeitung aller Untaten davor. Die etwa Ex-Jugoslawiens Länder offenbar unendlich quält.
Dieses Verdienst von Juan Carlos ist vor dem Hintergrund der Geschichte Spaniens mit seinen vielen wilden Kämpfen zwischen Rechter und Linker besonders zu würdigen. Dass er hinter diesem Verdienst in den letzten Jahren recht intensiv allzuviel süße Früchte konsumiert hat, soll zwar nicht verschwiegen werden, ist aber politisch nicht sehr relevant.
Jedoch: Das heutige Spanien ist nun mit zwei ganz anderen Herausforderungen konfrontiert. Heute steht das Land gleich doppelt auf einer gewaltigen Probe. Einerseits muss es lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Es kann nicht auf Dauer von europäischen Mitteln leben (ob die nun beispielsweise Struktur- oder Kohäsionsfonds heißen). Dadurch wurden viel zu oft Projekte ins Leben gerufen, die sich wirtschaftlich niemals rechnen. Spanien kann nicht die EU als Objekt ewiger Erpressung sehen.
Andererseits ist Spanien mit den Sezessionswünschen vieler Katalanen und Basken konfrontiert. Man weiß zwar noch nicht, ob da wirklich eine klare Mehrheit dahintersteht. Aber die Entwicklungen in Großbritannien färben zweifellos auch auf den einstigen Dauer-Kontrahenten ab. Madrid, die Kastilier scheinen aber ganz im Gegensatz zu London wild entschlossen, auch mit Waffengewalt diesen Wünschen entgegenzutreten. Und das wäre eine absolute Katastrophe. Für ganz Europa.
Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Juan Carlos nicht weiß, wie vor allem auf die zweite Herausforderung zu reagieren ist. Und dass sein Rücktritt (auch) damit zusammenhängt. Wir werden es wohl nie wirklich erfahren. Denn die Vorgänge im Kopf sind (zum Glück) jedermanns Privatsache.
PS: Die britische Königin bleibt übrigens trotz viel höheren Alters, trotz der eventuellen Sezession Schottlands, trotz so mancher Altersgebrechen unbeirrt weiter im Amt. Vielleicht gerade weil diese Sezession, so folgenreich sie auch sein mag, dennoch so friedlich vor sich geht.
Wenn die letzten Elemente einer österreichischen Luftlinie vom Himmel verschwunden sein werden, dann tragen sie die Hauptschuld daran: die Betriebsräte und die Piloten. Aber natürlich werden sie wieder Gott und der Welt die Schuld zuschieben, nur nicht bei sich selber nach dieser suchen.
Die Herren in ihren noblen Uniformen und mit ihren fast unfassbaren Gagen haben schon in einer ersten Etappe das Eigentum an der Gesellschaft in deutsche Hände getrieben. Und eine halbe Milliarde Euro aus dem Steuertopf zusätzlich. Jetzt setzen diese Piloten die nächste Etappe, getrieben von Gewerkschaft und Betriebsrat.
Sie haben erreicht, dass die deutschen Eigentümer (die ein wenig härter agieren als regierungseigene und sozialpartnerschaftliche Weichmenschen) jetzt alle Investitionen stoppen. Die Milliardendimensionen erreichen würden. Selbst wenn sich am Ende die Juristen an die Seite der Betriebsräte stellen: Beide begreifen nicht, dass die ökonomischen Zusammenhänge ganz unabhängig von ihrem Wollen und ihren Urteilen wirken. Diese Zusammenhänge sind weit wirksamer als alle Kollektivverträge und ähnliches. Niemand mehr wird einer defizitären AUA jedenfalls etwas zuschießen. Da mag man noch so sehr auf gewerkschaftliche Rechte oder auf die Auslegung von EU-Paragraphen pochen.
Das besonders Ärgerliche: Wegen des Egoismus der älteren Piloten wird es für die jüngeren und das übrige Personal wahrscheinlich keine österreichische Fluglinie mehr geben. Oder nur noch einen kleinen Zulieferer nach München und Frankfurt. Der Traum, dass Wien zum großen Hub nach Osten und Nahost wird, ist wohl jetzt schon ausgeträumt. Vielen Dank dafür an Betriebsräte und Gewerkschaft.
Freilich: Es ist zweifelhaft, ob die Luftlinie eines kleinen Landes überhaupt die Chance zum Überleben hat. Schon in vielen europäischen Ländern ist ja anstelle der einstigen Privilegien der fliegenden Menschen die bittere Insolvenz getreten. Nicht einmal das Überleben der Lufthansa als letztem Anker der einstigen europäischen Lufthoheit ist langfristig sicher.
Denn die arabischen Gesellschaften haben an vielen Fronten zum Generalangriff auf Europa angesetzt. Sie sind sowohl in der Luft erfolgreich wie auch beim Erwerb von direktem Eigentum an immer mehr einst europäischen Fluggesellschaften. Finanziert wird der Vorstoß natürlich durch das viele Ölgeld, das an den Tankstellen bezahlt wird. Die Araber investieren es auf Teufel komm raus in vielen Sparten, die sie nun eine nach der anderen erobern. Die Lufthansa in ihrer Abwehrschlacht wird ihr Abwehrgeld da mit Sicherheit nicht für den Privilegienkampf der Betriebsräte investieren. Egal was die hohen Juristen dazu sagen. Die Zeiten des Steuerzahlers als ewigem Financier sind wenigstens in Hinblick auf die Privilegien der Piloten vorbei.
Ähnlich wie die Araber ihre Öleinnahmen heute einsetzen, tun es übrigens auch die Chinesen, die ebenfalls von Afrika bis Europa alles kaufen, was sie nur bekommen. Einziger Unterschied: China hat seine Billionen mit unzähligen Industrieprodukten gemacht, die es weltweit verkauft. Unsere Gewerkschaft aber setzt ihre ganze noch verbliebene Kraft darein, bei den Arbeitsgerichten und beim Pochen auf die unzähligen Privilegien aus Kollektivverträgen erfolgreich zu sein. Ach ja: Auch die noch in Europa vorhandenen Unternehmen will sie besteuern. Und vielleicht ist sie auch damit erfolgreich.
Es ist offenbar von einem Betriebsrat zuviel verlangt, dass er auch hie und da die internationalen Wirtschaftsseiten liest. Es ist zuviel von ihm verlangt, sich zu erkundigen, was wirklich in der Welt los ist.
Um es auf empörte Einwände von Piloten noch direkter zu sagen: Ja, es wäre gut, wenn sie deutlicher weniger verdienen (es wäre ja noch immer ein Vielfaches des Durchschnittseinkommens!), um Firmen unter österreichischer Flagge, um Firmen im europäischen Besitz zu halten. Aber das ist Betriebsräten wurscht. Sie verlieren ja als letzte den Job. Bis sie dann so wie die Malaysische Maschine im Nirgendwo verschwinden . . .
Kaum war die EU-Wahl vorbei, wurde schon wieder weiter der Zorn der europäischen Bürger erhöht. Denn es ist - trotz des Ergebnisses - völlig unklar, wer eigentlich EU-Kommissionspräsident wird.
Zwei Tage lang wollten sich die Sozialdemokraten nicht mehr an ihre klare Ankündigung von vor den Wahlen erinnern, dass jedenfalls jener Mann EU-Präsident werden soll, dessen Fraktion als erste durchs Ziel kommt. Diese Sozialdemokraten hatten zwar formaljuristisch recht. Niemand muss. Aber sie begriffen nicht, wie sehr ihr zwischen Vorher und Nachher geändertes Verhalten neuerlich die Glaubwürdigkeit der Politik beschädigt.
Interessanterweise war es ausgerechnet der SPÖ-Chef Werner Faymann, der das unter den Sozialdemokaten als einer der ersten erkannt hat. Und der seine Parteifreunde dazu gebracht hat, jetzt doch als ersten dem Christdemokraten Juncker die Chance zur Mehrheitsbildung zu geben.
Zugleich aber zeigt das Tauziehen zwischen dem Parlament und dem Europäischen Rat, was für eine Absurdität der jetztige EU-Vertrag ist. Denn es ist geradezu unmöglich, zwischen diesem Rat und dem Parlament und 28 Nationen Konsens über einen Kandidaten zu finden. Hier laufen die Interessen total auseinander, hier können in jede Richtung so viele Punkte gemacht werden, dass ein Konsens unmöglich erscheint. Das ist an sich normal: Ist es doch selbst in einem einzigen Land bisweilen extrem schwierig, eine Mehrheit in auch nur einem einzigen Gremium (also in aller Regel im jeweiligen Parlament) zu zimmern.
Um Kommissionspräsident zu werden, findet man im EU-Vertrag eine ganz klare Regelung: Man muss sowohl im Europäischen Rat (der Staats- und Regierungschefs) wie auch im EU-Parlament eine Mehrheit finden. Da steht nichts von Fraktion oder Nummer eins. Dazu kommt die bisherige Praxis als weiteres Problem: Bisher hat es im Europäischen Rat bei Ernennung des Kommissionspräsidenten zumindest nach außen immer einen Konsens gegeben. Dieser scheint nun so gut wie unmöglich.
Die Festlegung von Schwarz und Rot ging jedenfalls weit über die EU-Verfassung hinaus. Sie war von Anfang an deshalb für viele nicht akzeptabel. Etwa Großbritannien ist gar nicht vertreten in der EVP, der christdemokratischen Fraktion.
Dennoch war der Wortlaut der Einigung der beiden Fraktionen sonnenklar: der stärkere Spitzenkandidat der beiden Listen werde jedenfalls EU-Präsident. Das hieß, dass je nach Ausgang der Wahl entweder Martin Schulz oder Jean-Claude Juncker Kommissionschef werden. Es war gerade die Sozialdemokratie, die besonders laut auf diese Einigung pochte. Sie hat diese Festlegung auch ganz massiv als Wählermotivation benutzt, vor allem in Deutschland.
Auch auf Seite der Europäischen Volkspartei war man weitgehend mit den Sozialdemokraten einig. Die etwas weiter blickende Angela Merkel pochte freilich auf die Rechte des Europäischen Rates. Sie sagte von der ersten Stunde an (obwohl ja auch Chefin der CDU), dass dieser Rat nicht durch die Parlaments-Fraktionen verpflichtet werden könne. Merkel wurde aber sofort von den Sozialdemokraten attackiert, weil sie nicht blind das Wahlergebnis der EU-Wahl zu übernehmen bereit war.
Es war jedoch immer schon klar - also schon lange vor den Wahlen -, dass die Bürgerlichen in Schweden, Ungarn, und Großbritannien keinen der beiden Kandidaten wollten. Denn ihnen waren diese Beiden viel zu integrationsfreundlich.
Großbritannien steht ja überhaupt am Rande des Austritts aus der EU. Da helfen auch die zarten Töne des Christdemokraten Juncker nichts, dass man den Briten entgegenkommen müsse. Ungarn wiederum hat seit Jahr und Tag ein besonders Hühnchen ganz speziell mit den luxemburgischen Christdemokraten zu rupfen. Denn die Luxemburger Kommissarin Reding, die von derselben Partei wie Junckers kommt, hat mit massiv überzogenen anti-ungarischen Kommentaren zwar den Jubel der Linken, aber den Hass Ungarns auf sich gezogen. Da fließt nun eher die Donau von Budapest nach Wien, als dass eine Regierung Orban einem Luxemburger zustimmen würde.
Aus diesen Gründen war seit langem klar, dass vor allem Großbritannien und Ungarn niemals den Integrationsfreund Juncker unterstützen werden. Schulz wählen sie natürlich schon gar nicht. Die sozialistische Propaganda (und damit der ORF) stützen sich aber nun ganz auf diese Länder und tun überrascht und empört. Aber natürlich wollen sie primär übertünchen, dass die SP-Fraktion zwei Tage die Wahl von Schulz verlangt hat. Was den Sozialdemokraten viele Europäer empört übel genommen haben.
Auch Juncker selbst hat vor der Wahl diese Festlegung aufs Wahlergebnis voll unterstützt. Insbesondere auch durch seine ausdrückliche Aussage, dass er sich nicht von den Rechtspopulisten wählen lasse. Damit hat er sich ganz in die Hände der Sozialdemokraten begeben. Auch wenn er offen ließ, ob er auch die britische oder ungarische Regierungsmehrheit unter das Vokabel "Rechtspopulisten" einordnete.
Schwarz wie Rot erhofften sich eine Wählermobilisierung, da es nun bei den beiden großen Blöcken erstmals einen europaweiten Spitzenkandidaten gab. Dessen früheres Fehlen war ja angeblich schuld am Desinteresse an den EU-Wahlen. Diese Mobilisierung hat jedoch nur in den Heimatländern der beiden funktioniert. In Deutschland hat die SPD kräftig zugelegt (blieb aber Nummer zwei), in Luxemburg haben die Christdemokraten gewonnen. Europaweit ist aber die Wahlbeteiligung auf ihrem katastrophalen Tiefststand von 43 Prozent geblieben.
Nun hat das Wahlergebnis zwar - entgegen den roten Hoffnungen - einen Sieg der Konservativen erbracht. Aber "Sieg“ ist nur ein sehr relativer Begriff, da ja Schwarze wie Rote wie Linksliberale deutlich weniger Mandate als bisher haben. Das ständige Trommeln von „Gefahr“, von „Schocks“, von „Erschütterung“, von „Antieuropa“, das durch Politiker und Medien europaweit gegen EU-Sekptiker erfolgt ist, hat jedenfalls Schwarz, Rot und Linksliberal keineswegs den erhofften Aufwind gebracht.
Es haben ganz im Gegenteil die EU-kritischen Listen Zulauf gehabt. Ob man diese nun links einordnet (wie in Italien oder Griechenland), oder rechts (wie in Frankreich, Dänemark oder Großbritannien). Nicht zuletzt deswegen sind in vier der fünf genannten Länder die bis hin zum Austritt gehenden EU-feindlichen Parteien sogar die Nummer eins geworden. Was noch vor einem Jahr niemand für denkmöglich angesehen hat.
Erstaunlicherweise hat sich aber auch Juncker nur von Rechts-, nicht von Linkspopulisten distanziert - was auch immer die genau sind. Denn Populismus ist bei allen Parteien zu finden. Vor allem die Wohlfahrts-Illusionen der Sozialdemokratie ist ja Populismus pur. Wählen werden ihn zwar weder die einen noch die anderen. In Wahrheit kann man fast keinen Unterschied zwischen den Argumenten und Forderungen am äußersten linken oder rechten Rand finden. Auch die sozialdemokratische Forderung nach noch mehr Schulden unterscheidet sich überhaupt nicht von der prokommunistischen Linken. Dennoch muss man auch mit dieser Forderung leben.
Die EU-Kritiker sind insgesamt im EU-Parlament freilich noch immer deutlich schwächer als die zwei Großparteien. Aber nur im Parlament, nicht in der Bevölkerung. EU-kritische Wähler wählten freilich nur zum Teil. Noch mehr blieben einfach daheim, da sie glaubten, die EU ginge sie eh nichts an. Oder sie haben auch bei den EU-Kritikern kein wirkliches Rezept gesehen. In vielen anderen Ländern spielten EU-Austrittswünsche freilich überhaupt keine Rolle.
Es wäre jedenfalls nach den vorherigen Festlegungen der Sozialdemokraten eindeutig, dass Juncker der nächste Kommissionspräsident wird. Auch wenn das gegen die Stimmen der Ungarn und Briten erfolgt. Umso erstaunlicher, dass nun ausgerechnet Schulz und etliche andere (vor allem deutsche) Sozialdemokraten zwei Tage lang von ihrer früheren Festlegung nichts mehr wissen wollen. So blöd sind aber die Bürger nicht, dass sie nicht diesen provozierenden Unterschied zwischen vorherigen Festlegungen und nachherigem Verhalten merken würden. Und sich maßlos ärgern. Nur Politikern ist dieser Unterschied offenbar gleichgültig. Erst nach zwei Tagen merkten die Sozialdemokraten, was für einen Fehler sie mit der Forderung nach Schulz begangen haben. Und dann - vorerst - nichts mehr davon sagen, dass dieser Kommisssionspräsident werden solle.
Hätten sich die Sozialdemokraten vorher nicht so festgelegt, dann wäre ihr Verhalten nach der Wahl durchaus normal und demokratisch. Es ist in einer Demokratie ja in der Tat völlig gleichgültig, wessen Liste Nummer eins ist, solange diese Liste keine absolute Mehrheit hat. Es kommt vielmehr nur auf die Mehrheit im Parlament an. Also im konkreten Fall in dem der EU. Und dort auch auf die Mehrheit im Europäischen Rat (der sich aber eben nicht so festgelegt hat).
Jedes Parlament der Welt ist frei, nicht die Nummer eins zu wählen. Das ist beispielsweise bei den bürgerlichen Parteien in Skandinavien sogar der Normalfall. Sie agieren dort immer auf mehrere Listen aufgeteilt. Sie stellen aber immer den Regierungschef, sobald sie mehr Abgeordnete als die Linke haben. Auch Wolfgang Schüssel wurde 2000 als dritter zum Bundeskanzler (was demokratiepolitisch in Ordnung war, aber ein ebenfalls massiver Verstoß gegen eine vorherige Festlegung).
Nun haben einige Tage lang die Sozialdemokraten überlegt: Sie haben ja im EU-Parlament – vielleicht – die Mehrheit. Trotz des Rechtsrucks in manchen Ländern. Grüne und Kommunisten wählen nämlich fast immer linke Kandidaten und auch die (Links)liberale Fraktion tut das gerne. Während auf der rechten Seite ein viel größeres Chaos herrscht. Und Juncker hat sich durch seine vorherige Festlegung völlig von den Sozialisten abhängig gemacht (so wie es in selbstbeschädigender Weise einst auch die ÖVP unter Busek und Riegler getan hatte, die in der FPÖ keinen denkbaren Partner gesehen haben).
Immerhin hat der österreichische SPÖ-Chef Faymann erkannt, welch wählervertreibendes Verhalten die deutschen und auch etliche der europäischen Sozialdemokratien da nach der Wahl versucht haben. Er hat mit erstaunlicher Klarheit gesagt, dass auch nach den Wahlen zu gelten hat, was vorher gesagt wurde. Und dass daher Juncker zu wählen sei.
Die konservativ-christdemokatische Fraktion hat - hinter den Kulissen - nun ein anderes Modell ins Spiel gebracht. Sie selbst hat die sozialdemokratische Regierungschefin Dänemarks ins Spiel gebracht. Diese hat zwar absolut nichts mit den Wahlen zu tun, stellt aber eine überaus interessante Variante dar: Sie kommt aus Nordeuropa, sodass die Schweden kaum Nein sagen können; sie ist im Gegensatz zu Juncker und Schulz keine Anhängerin einer Intensivierung der Integration, was die Briten versöhnlich stimmt; und sie hat die Ungarn nicht beleidigt. Daher können die drei bei Junckers abseits stehenden Regierungschefs mit ihr viel besser leben. Andererseits ist sie ist eine Sozialdemokratin und eine Frau: Womit auch den SP-Exponenten ein Nein sehr schwer fällt.
PS: Nur noch lachhaft ist der österreichische Landwirtschaftsminister Rupprechter. Zuerst erklärte der Tiroler Ungarn fast den Krieg wegen der sogenannten "Taschenverträge" einiger geheimer Grundstückskäufer. Und jetzt hat er den britischen Premier Cameron frontal attackiert, weil der nicht Juncker will. Rupprechter war total überrascht von Camerons Nein. Merkel und Juncker selbst hingegen hatten Cameron (und Ungarn und Schweden) schon immer als zentrales Problem erkannt. Der Herz-Jesu-Beamte aus Tirol jedoch nicht. Tipp für Rupprechter: Als nächstes sollte er in der Schweiz, Tschechien, der Slowakei und noch ein paar Dutzend anderer Länder einmarschieren, weil die nicht seinen Ratschlägen in Sachen Energiepolitik folgen. Und dann kann er zum Schwulenfest gehen. Das sich als Familienfest tarnt.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Das teilweise überraschende Ergebnis der EU-Wahl wird jetzt an vielen Fronten zu personellem Tauziehen führen. Aber eines wird es sicher nicht: am Siechtum des alten Kontinents etwas ändern. Dieses Siechtum wird, ganz im Gegenteil, nur immer mehr ans Tageslicht kommen. Es ist durch die Phrasen dieses Wahlkampfs in etlichen Ländern wie etwa Österreich bloß ein wenig überdeckt worden.
Europa verliert nicht nur politisch an Bedeutung. Es ist auch wirtschaftlich immer weniger relevant. Es geht bei allen Verlusten der europäischen Sozialdemokratie weit über alle Fraktionsgrenzen hinaus den Weg der Sozialdemokratisierung. Es denkt nur an immer noch mehr Steuern. Es denkt nur an immer noch mehr Regeln. Es ruft nur nach immer noch mehr Protektionismus.
Daran ändert das Ergebnis dieser EU-Wahl gar nichts. Daran ändert weder die in vielen Ländern geringe Wahlteilnahme noch der mancherorts große Erfolg rechter Parteien etwas.
Jeder Österreicher weiß, dass sich die Steuer- wie auch die Schuldenlast massiv vermehrt hat. Dennoch wird nur von immer noch mehr Steuern gesprochen: Finanztransaktionssteuer, Vermögenssteuer, Erbschaftsssteuer. Niemand aber plant eine Reduktion des Höchstsatzes bei der Einkommensteuer. Als Folge wird unweigerlich bei einer Reduktion des Eingangssteuersatzes die Kalte Progression noch viel ärger werden.
Gerade jene Fraktionen, die europaweit die Steuern ähnlicher machen wollen (auch wenn vorerst noch niemand von einer völligen Gleichheit der Steuern spricht), wollen durch die Bank noch mehr Geld vom Steuerzahler. Da muss man sogar mehr als froh sein, dass die EU-Regierungen diesem Parlament (bisher) die Steuerkompetenz verweigern.
Steuerwettbewerb zwischen den EU-Ländern und damit ein Gegengewicht gegen die Gier der Politik nach immer noch höheren Abgaben ist noch aus einem weiten Grund notwendig: Europa muss seine Produkte auf dem Weltmarkt verkaufen. Dort steht es in massivem Wettbewerb mit allen anderen Ländern der Welt. Diese sind über Europas Sozialdemokratisierung, über „Harmonisierungen“ nach oben, über noch mehr Schulden und Steuern sehr froh, weil dadurch ihre eigene Konkurrenzposition verbessert wird.
Noch mehr Freude haben sie, wenn Kommission und EU-Parlament weitere Richtlinien und Verordnungen erlassen, mit denen sie das Leben in EU-Europa noch mehr reglementieren wollen. Diese machen zwar angeblich das Leben besser – sie machen es aber in Wahrheit teurer und komplizierter. Besonders deprimierend ist, dass in der Vergangenheit sogar mehr als heute von Deregulierung und Freiheit die Rede gewesen ist.
Das Verhalten fast aller Fraktionen wie auch der sich im Fernbleiben zeigende Frust vieler Europäer machen die Prophezeiung unschwer: EU-Europa wird noch mehr Arbeitslose haben. Es werden noch mehr Investitionen aus Europa abwandern. Nicht mehr in Europa, sondern ringsum geht die Post ab. In Sachen Wachstum, in Sachen Dynamik. Die Hoffnung ist gering, dass die EU wieder das gibt, was sie einst verkörpert hat: Dynamik, Freiheit und Wettbewerb.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Vor allem innerhalb des Wiener Gürtels haben die Grünen bei der EU-Wahl nach der Reihe die Mehrheit in Bezirken erobert. Lediglich der erste Bezirk bleibt dort einsame ÖVP-Hochburg. Noch eindrucksvoller für den grünen Erfolg ist, dass die Partei in Wien erstmals an zweiter Stelle liegt. Nur noch hinter der SPÖ. Wien wird also grün – oder?
Erstaunlich. Denn gesamteuropäisch haben die Grünen ja verloren. Auf den zweiten Blick ist der Wiener Erfolg freilich weniger erstaunlich.
Da ist einmal der massiv wachsende studentische Anteil (die gerade in den Innenbezirken wohnen). Er wächst rasch – und bei der EU-Wahl dürfen ja auch alle EU-Bürger, also insbesondere die deutschen Numerus-Clausus-Flüchtlinge mitstimmen. Eine ganz klar grüne Anhängerschaft. Ausländische Studenten dürfen jedoch bei sonstigen Gesetzgebungs-Wahlen nicht mitstimmen, was einen Teil des grünen Erfolgs in Wien relativiert.
Zum zweiten waren die Freiheitlichen auch schon bei den letzten EU-Wahlen hinter den Grünen, hingegen bei innerösterreichischen vor diesen. Sie haben alsobei Europawahlen schlechter mobilisieren können - was aber sicher nicht auf österreichische Wahlen hoch gerechnet werden kann.
Profitiert haben die Grünen auch der in Wien noch stärker als im Bundestrend gesunkenen Wahlbeteiligung. Mit Sicherheit sind dabei die der EU positiv gegenüberstehenden Wähler eher wählen gegangen als jene, die von der EU nichts oder ihrer Entwicklung wenig halten. Es ist ja überhaupt nur eine Minderheit der Wiener zur Wahl gegangen.
Und ebenso Tatsache ist, dass die andere Linkspartei, die SPÖ, in Wien verloren hat, während die SPÖ ja bundesweit ein wenig zugelegt hat. Auch wenn da die meisten Richtung Nichtwähler gewandert sind, sind doch mit Sicherheit auch einige bei den Grünen gelandet.
Bei den Roten müssen in Wien jedenfalls alle Alarmglocken läuten. Sie sind in Wien unter 28 Prozent gesunken. Sie liegen damit nur noch wenig besser, als der Bundestrend für die Genossen ist. Zugleich steht die Nachfolgefrage für einen alles andere als gesunden Bürgermeister ungelöst im Raum. Den Wiener Sozialdemokraten laufen die Arbeiter in den Außenbezirken davon. Denn immer mehr der gestandenen Sozialdemokraten wurden gerade in Wien von einem nur noch auf schwul, auf feministisch und auf Immigranten machenden Apparat zur Seite gedrängt. Das verstört immer mehr Arbeiter.
Die Wiener SPÖ ist auch deshalb in einer ernsten Krise, weil sich 69 Jahre ununterbrochener Machtausübung massiv zeigen. Das muss vor allem bei den beweglichen Wählermassen in Städten zu Verfall der Unterstützung führen. Da hat es zu viele Misswirtschaft und Korruption gegeben. Das Spital Nord scheint ja gerade ein neues Beispiel der Misswirtschaft zu werden.
Dabei hat die SPÖ im Roten Wien einst fast immer mit sicherer absoluter, manchmal die zwei Drittel erreichender Mehrheit regiert. Heute ist ihr Anteil in Wien hingegen viel geringer als im – nicht immer rot regierten – Kärnten oder Burgenland, oder jener der Schwarzen in Niederösterreich und Tirol. Die dort ebenfalls seit dem Krieg ein Bundesland als Privateigentum halten, aber eben mit deutlich besserem Erfolg. Und eben ohne Großstadt.
Noch einmal zurück zu den Grünen. Diese haben auch anderswo in den Städten sehr gut abgeschnitten. Während sie auf dem Land nach wie vor wenig merkbar sind. Sie sind eine städtisch-studentische Partei. Besonders bei dieser Wahl. Denn gerade bei den intellektueller und pro-europäisch gesinnten Schichten hat Ulrike Lunacek einen sehr guten Eindruck gemacht. Sie kam bei ihnen weit besser an als etwa der SPÖ-Kandidat Eugen Freund mit seinen alten Phrasen. Daher gebührt – bei aller Relativierung – ganz sicher ein wichtiger Teil des Erfolges ihr.
Jedoch: Wenn es ums Rathaus geht, ist mit einem viel stärkeren Zuwachs gerade der Freiheitlichen zu rechnen. Sie verzichten seit einigen Jahren auf das Bürgertum und sehen sich ganz als Partei der Unterschichten, die sich große Sorgen über die Zuwanderung machen.
Aber auch die Wiener Volkspartei könnte eines Tages wieder aus ihrem Koma erwachen. In das sie ja seit längerem gefallen ist. Nichts ist unmöglich – aber schwierig. Denn derzeit bringt die Partei zwischen Wiener Wirtschaftskammer und den schwarzen Bezirksvorstehern nicht mehr den Fuß auf den Boden.
Die Stadtschwarzen haben einen einzigen Trost: Das sind die enttäuschenden Ergebnisse der Neos. Denen hatte man ursprünglich viel mehr gegeben. Hinter vorgehaltener Hand fürchteten sich ÖVP-ler schon, von den Neos überholt zu werden. Vor dem Hintergrund dieser Befürchtungen haben daher selbst die Wiener Schwarzen einen Restgrund zur Freude.
Auch bei den Neos hat übrigens so wie bei den Grünen die Spitzenkandidatin den Ausschlag gegeben. Dort aber zum Negativen: Während die Grünen eben eine sehr gute Frau für Europa hatten, hatten die Neos eine sehr schwache Kandidatin. Jedoch: Für den Wiener Wahlkampf zeichnet sich bei den um ähnliche Wählerschichten wetteifenden Parteien eine Umkehrung des Kräfteverhältnisses ab. Bei der Wiener Wahl scheint die Neos-Kandidatin der grünen weit überlegen. Was noch sehr spannend wird.
Wien ist also nicht wirklich grüner geworden.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
Viel schlimmer hätte es für die vielen von Internationalsozialisten wimmelnden Parteien bei den Wahlen zum Europaparlament nicht kommen können. Die – trotz flehentlicher Bitten, doch unbedingt zur Wahl zu gehen – historisch niedrigste Wahlbeteiligung ist allein schon schmerzhaft. Schwerer wiegt indes, dass trotz einer am Rande der Desinformation entlang schrammenden massenmedialen Dauerberieselung, die dem vermeintlich ebenso ahnungslosen wie blödsinnigen Stimmvieh die Segnungen der Brüsseler Zentralbürokratie hätte schmackhaft machen sollen, die routinemäßig negativ dargestellten „EU-Skeptiker“ – besonders in Frankreich, Großbritannien und Italien – beachtliche Erfolge verbuchen konnten.
Anstatt aber auf die von den „EU-Skeptikern“ repräsentierten Sorgen und Einwände der Wähler einzugehen, wurden von den EU-Propagandisten nichts als Totschlagargumente und persönliche Diffamierungen gegen ihre Gegner ins Feld geführt. Das Publikum merkte die Absicht und war verstimmt.
Dabei hatte man sich doch größte Mühe gegeben! Im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda hätte man seine helle Freude an der den Wahlen vorangegangenen, perfekt gleichgeschalteten „Berichterstattung“ gehabt. In alle möglichen Sende- und Printformate gepackt, wurde wochenlang unablässig für die großartigen Errungenschaften des europiden Zentralstaatsmonstrums geworben und konsequent jede regionale oder nationale Eigenart und Extratour verdammt. Für EU-kritische Stimmen war im Meinungshauptstrom so gut wie kein Platz.
Gegner der Zentralbürokratie und aller damit naturgemäß verbundenen Auswüchse wurden, sofern sie überhaupt genannt wurden, als unverantwortliche Quertreiber, seltsame Narren, reaktionäre Finsterlinge, radikale Rechte und/oder Feinde Europas und des Friedens daselbst vorgeführt. Ohne sich ernsthaft mit ihren Programmen auseinanderzusetzen, wurde fortgesetzt vor einem Wahlerfolg sinistrer Rechtspopulisten und Rassisten gewarnt. Der guten Ordnung halber sei allerdings eingeräumt, dass einige der „Euroskeptiker“, wie beispielsweise der italienische Komiker und Brutalrhetoriker Beppe Grillo, tatsächlich recht fragwürdige Argumente für ihre Kampagnen bemühten. Gelegentlich wird eben auch aus den falschen Gründen ungewollt das Richtige getan…
Purer Unfug, wie Glühlampen- Klospülungs- Duschkopf- und Staubsaugerverordnungen haben bei dieser Denkzettelwahl wohl eine Rolle gespielt. Mit Sicherheit schwerer wiegt aber der Fehler der EU-Granden, von Brüssel aus allen Europäern – von Lissabon bis Tallinn – dieselben Steuer- Sozial- und Landwirtschaftsgesetze (u. v .a. m.) oktroyieren zu wollen. Weshalb sollte für Malta gut sein, was für Finnland gut ist – und umgekehrt?
Wie vermessen ist es, den mit einer viele Jahrhunderte lang währenden Türkenherrschaft geschlagenen und dadurch nachhaltig geschädigten Balkan mit dem traditionell sauberen und unkorrupten Skandinavien über einen Kamm zu scheren? Arbeitswütige Teutonen und freizeitorientierte Phäaken denselben Regeln zu unterwerfen? Sparer auszuplündern, um Schuldenmacher zu begünstigen? Wer das unternimmt, löst erbitterte Widerstände aus und sät ohne jede Not Zwietracht zwischen den Nationen. Denn die Identität Europas war und ist von Vielfalt geprägt und verträgt keine zwangsbewährte Gleichschaltung.
Die Unterschiedlichkeit und der Wettbewerb seiner Völker und Kulturen macht seine Stärke und Einzigartigkeit aus. Die Totengräber eines friedlichen und gedeihlichen Zusammenlebens in der Alten Welt sind daher nicht die föderalistisch denkenden „EU-Skeptiker“, sondern die im Machtrausch befindlichen Zentralisten, die den Kontinent nach dem (abschreckenden) Vorbild der USA in einen Bundesstaat transformieren wollen. Das indes kommt der abgehobenen Nomenklatura und ihren willfährigen Herolden nicht einmal ansatzweise in den Sinn.
Die EU war und ist eine Kopfgeburt der politischen Eliten – ohne jede „Erdung“. Um einen offenen Dialog, um einen fairen Kampf der Ideen, war und ist es ihren Protagonisten bis heute nicht zu tun. Ihnen geht es ausschließlich um Machtausweitung und die lückenlose Überwachung ihrer Untertanen. Denken und Handeln der rezenten Eliten sind bestimmt durch ein Amalgam aus Sendungsbewusstsein, Anmaßung, Machbarkeitswahn und der besonders gefährlichen Überzeugung, dass der Zweck jedes Mittel heiligt.
Eines dieser Mittel ist Propaganda. Das Internetlexikon Wikipedia: „Propaganda bezeichnet einen absichtlichen und systematischen Versuch, Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und Verhalten zum Zwecke der Erzeugung einer vom Propagandisten erwünschten Reaktion zu steuern.“ Die Damen und Herren in den Staatskanzleien, im Berlaymont, sowie deren große Mehrheit im Europaparlament, haben in den Wochen vor der Wahl hemmungslos EU-freundliche Propaganda betrieben. Nie zuvor lag zwischen der öffentlichen und der veröffentlichten amtlichen Meinung ein breiterer Graben. Für ihre beispiellose Arroganz wurde den politischen Führern – besonders in einigen der größten Staaten der Union – nun die Rechnung präsentiert.
Kaum ein Mensch, der mit ehrlicher Arbeit sein Brot verdient, verspürt den Wunsch, sich politisch zu betätigen. Denn ohne Lug und Trug ist ein Erfolg bei einer „demokratisch legitimierten“ Wahl undenkbar – jedenfalls nicht oberhalb der Ebene kleiner Gemeinden, in der jeder jeden kennt. Nur gewissenlose Individuen schaffen es daher, sich im demokratischen „Wetterwerb der Gauner“ (© Hans-Hermann Hoppe) durchzusetzen. Je weiter weg von der Basis umso eher.
Rechtschaffene Menschen aber möchten in den Spiegel blicken können, ohne sich dabei zu ekeln. Sie sind keine professionellen Lügner und Betrüger. Sie wollen auch keine sein. Der „Markt der Politik“ wird folglich von einer rigorosen Auslese zweifelhafter Individuen beherrscht. Kaum ein produktiv in der Privatwirtschaft Tätiger, gleich ob angestellt oder selbständig, kann sich den Luxus leisten, seinen Job oder seinen Betrieb aufzugeben, um politisch zu „arbeiten“. Nach Beendigung seines Mandats stünde er nämlich vor dem Nichts.
Und so haben die wenigsten der durch das aktuelle Wahlergebnis blamierten Politiker je einen Tag mit Arbeit zugebracht, die von freien Menschen auf einem freien Markt nachgefragt und freiwillig bezahlt wird. Fast alle von ihnen leben, in ihrer Eigenschaft als unkündbare, freigestellte Beamte oder als Funktionäre von Interessenvertretungen, in einer märchenhaft privilegierten Parallelwelt. Bezahlt aus Steuermitteln und Zwangsabgaben. Im Klartext: mit gestohlenem und erpresstem Geld.
Eine auf Vertragsfreiheit und der Entscheidung unabhängiger, mündiger Bürger basierende Gesellschaft ist ihnen suspekt, ja zuwider. Daraus erklärt sich ihr unbändiger Wille, alles und jedes bis ins kleinste Detail zu regeln, zu kontrollieren und zu überwachen. Je weiter weg vom Wähler, desto eher. Der von der Nomenklatura gering geschätzte, als unmündig angesehene Untertan ist aus ihrer Sicht nicht nur vor sämtlichen Fährnissen des Lebens, sondern ganz besonders vor sich selbst und den Folgen seiner stets fehlerhaften Handlungen zu beschützen. Nur sie – die Angehörigen der nationalen und internationalen Politbüros – meinen zu wissen, was für jeden einzelnen gut und richtig ist.
Ludwig Mises brachte dieses Phänomen auf den Punkt: „Wer den Menschen nicht dienen will, der will sie beherrschen.“ Die vorgebliche Sorge um das Wohl der Bürger bedeutet eben am Ende die totale Macht für die Obertanen. Deren Credo lautet: Nur wenn alle sich ihrem unermesslichen Ratschluss widerspruchslos fügen, wird alles gut. Deshalb ist ihnen auch jedes Mittel recht, hemmungslos die Bürger zu manipulieren. Jean-Claude Juncker wusste genau wovon er sprach, als er sagte: „Wenn es hart auf hart kommt, musst Du lügen“.
Die Rechnung der europiden Zentralisten ist indes nicht aufgegangen. Eine deutlich gewachsene Zahl von Bürgern konnte sich weder mit der allen Linken eigenen Begeisterung für die Zentralbürokratie noch mit deren Anmaßung abfinden, jedermann ihren Lebensentwurf aufzwingen zu wollen.
Dass viele Oppositionelle über kein konsistentes Programm verfügen, sondern sich damit begnügen, Sand ins Getriebe der Union zu streuen, ist kein Malheur. Dynamik aus dem Prozess der bereits viel zu weit getriebenen Integration zu nehmen, ist schon ein Erfolg. Dadurch könnte es immerhin gelingen – so viel Optimismus sei erlaubt – jenen Blick fürs „rechte Maß“ wieder zu gewinnen, der zuletzt im Furor der Gleichmacherei verloren gegangen ist. Die versuchte Gehirnwäsche ist, das Wahlergebnis beweist es überdeutlich, nicht gelungen. Viele Bürger ziehen – zum Verdruss der machtlüsternen Zentralisten – die Vielfalt der Einfalt vor: Lieber 1.000 Liechtensteins, als ein europides Imperium!
Bleibt zu hoffen, dass die vom Ergebnis dieser Wahl ausgehende Botschaft bei den im Machtrausch befindlichen Eliten angekommen ist. Zwar sucht man „Rechte“, also freisinnig-liberale Politiker und Parteien in Europa derzeit weitgehend vergebens. Das muss aber nicht so bleiben. Der allmächtige Leviathan hat jedenfalls schon bessere Zeiten gesehen. Der Erfolg der UKIP könnte den Austritt Großbritanniens aus der EU nach sich ziehen und damit das Ende des kollektiven Größenwahns einläuten. Die Parallele mit der einstigen Abspaltung der baltischen Staaten von der UdSSR und deren Konsequenz wäre unübersehbar. Für Nichtsozialisten, Föderalisten, Libertäre und Anhänger des Subsidiaritätsgedankens ist der 25. Mai 2014 ein guter Tag!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Jetzt haben sie alle große Angst: In einigen EU-Ländern sind die Rechtspopulisten stärkste Kraft geworden. Zwar sind sie von einer gesamteuropäischen Mehrheit weit entfernt. Aber dass sie etwa in Frankreich, das sich ja gerne als Erfinder Europas gibt, mit hoher Mehrheit zur Nummer eins geworden sind, macht viele Europäer bange. Und sie können es nicht fassen, dass dort die Sozialisten (die ja in Paris regieren) nur noch blamable 15 Prozent haben.
Aber wieder reagieren Europas Regierende völlig falsch. Sie versuchen es mit noch verstärkter Denunziation der Rechtsparteien, mit neuem Moralisieren, statt die Wahl dieser Parteiungen endlich als Weckruf an Europa verstehen.
Keine Frage: Wenn Gruppierungen zu Gewalt gegen wen auch immer aufrufen, wie es die ungarische Jobbik oder die griechische Morgenröte tun, dann ist die Polizei, dann sind die Gerichte mit aller Konsequenz gefragt. Aber jenseits dieser Gewaltaufrufe ist der Wahlausgang ein Hilferuf der Europäer. Ob man den Populisten nun ein rechtes Pickerl umhängt oder ein linkes (wie etwa der italienischen Grillo-Gruppierung).
Die Wahl von Protestparteien ist noch viel stärker ein Hilferuf als die Nicht-Teilnahme an den EU-Wahlen. Die Nichtteilnahme ist zwar zahlenmäßig noch viel bedeutsamer, wird aber traditionell nicht beachtet. Wenn man sich allen Ernstes europaoffiziell über eine 43-prozentige Wahlbeteiligung freut, dann zeigt das jedenfalls, dass man die Nichtteilnahme an der Wahl völlig ignoriert.
Aber auch die 43 Prozent werden ignoriert, wenn sie "falsch" wählen. Dabei rufen viele von Ihnen eigentlich um Hilfe. Aber niemand hört sie. Oder sie werden gar denunziert.
Sie rufen um Hilfe gegen eine ständig zunehmende Migration aus Afrika und Asien. Sie rufen um Hilfe angesichts einer wachsenden Arbeitslosigkeit. Um Hilfe angesichts einer Kommission und eines Parlaments, die ständig noch mehr regulieren wollen. Sie sind desorientiert angesichts einer Politik, die viel zu viel verspricht und eiskalt ständig ihre Versprechen bricht.
Die drei alten Lager verlieren zwar bei fast jeder Wahl. Aber sie bilden noch immer die Mehrheit im Parlament. Und entscheiden damit den nächsten Kommissionspräsident. Und vor allem über eine Fortsetzung der bisherigen Politik. Genau aber in dieser liegen fast sämtliche Wurzeln der Probleme, vor denen Europa heute steht.
Europa hat immer wieder Verträge gebrochen, sich über geltendes Recht hinweggesetzt. Aber gleichzeitig den einfachen Europäer mit immer mehr Regulierungen schikaniert.
Wohl der einzige Ausweg aus diesem Dilemma ist die Wiedererweckung des Begriffs „Eigenverantwortung“. Wenn Menschen, Firmen, Banken, Staaten nicht wieder selber verantwortlich werden für das, was sie tun, für ihren Erfolg oder Misserfolg, dann wird Europas Krankheit nur immer noch schlimmer werden.
Natürlich bietet ein Anti-EU keine Lösungsmöglichkeit: Die Welt wäre wahnsinnig einfach, wenn sie recht hätten. Wenn immer jemand anderer verantwortlich ist. Der Staat, die Union, das System. Nur kann das nie funktionieren. Ob Europa aber das Umdenken Richtung mehr Eigenverantwortung schafft, ist freilich sehr zweifelhaft. Denn fast keine der Parteien bietet da einen echten Ausweg. Ihre Wahl zeigt nur den Frust, die wachsende Unsicherheit, den Ärger der Menschen. Sie bietet aber noch kein Rezept.
Wenn sich die EU nicht wirklich wandelt – und dafür gibt es extrem wenig Zeichen – dann wird halt die nächste Stufe der Austritt Großbritanniens aus der EU sein. Die Gefahr ist groß, dass auch das von den Zentralisten nur mit einem Schulterzucken beantwortet wird.
Furcht vor einem Zerfall der EU? Ja Furcht. Denn ein Zerfall der EU wäre eine Katastrophe. Der Freihandel hat uns alle viel wohlhabender gemacht. Und der Binnenmarkt ist eine große Errungenschaft. Aber alles andere an der EU-Politik der letzten Jahre ist schädlich, ist Rhetorik. Die EU – in letzter Verzweiflung gerne als Friedenswerk tituliert – hatte der russischen Okkupation eines Teils der Ukraine absolut nichts entgegenzusetzen. Die EU ist weder militärisch noch politisch relevant. Aber unglaublich aktiv, ständig noch mehr zu regulieren. Seit die Umweltminister Europa zur Vorzugsschülerrolle bei den sogenannten Kyoto-Kriterien gezwungen haben, reguliert die Kommission Europa zu Tode. Und sie hat immer die wunderbare Ausrede: Weil man das ja für einen guten Zweck tun würde, für Kyoto.
Am schlimmsten sind die vertragswidrig eingeräumten Haftungen und Kredite, die Überflutung Europas mit gedruckten Geldscheinen durch die EZB. Und die Rettung von allem und jedem.
Natürlich haben reine Protestparteien da keine Lösung für all diese Probleme. Lediglich die „Alternative für Deutschland“ hat das in guten Ansätzen. Sie hat zwar am Wahltag einen Erfolg erzielt. Aber das Umdenken der Machthaber selbst ist noch weit.
Das Ergebnis der österreichischen EU-Wahl kennt viele Verlierer, aber kaum Gewinner. Verlierer sind die Meinungsforscher, die ein Kopf-an-Kopf um Platz eins und vier prophezeit haben. Verlierer sind die Neos, die – trotz des Fehlens des Teams Stronach – nur auf acht Prozent kamen und weit weg vom vierten Platz liegen. Verlierer sind die Freiheitlichen, die wegen schwerer Eigenfehler weit weg vom behaupteten Mitspielen um Platz eins sind: Sie haben zwar dazugewonnen, liegen aber voraussichtlich bei oder unter 20 Prozent. Verloren haben erwartungsgemäß die vier Kleinparteien, die allesamt unbedeutend blieben (auch wenn die Austrittspartei dort einen Achtungserfolg erzielt hat). Der größte Verlierer aber ist das EU-Parlament: Auch wenn die genaue Beteiligung erst Montagabend feststehen wird, so ist doch jetzt schon klar, dass neuerlich weniger als beim letzten Mal zu den Wahlen gegangen sind, obwohl schon beim letzten Mal weitaus die Mehrheit daheim geblieben ist.
Der neuerliche Rückgang der Beteiligung in den meisten Ländern außer Deutschland (wo die Sozialdemokraten erstmals einen Deutschen als europaweiten Spitzenkandidaten hatten, weshalb sie ganz gut mobilisieren konnten, und wo die bürgerliche Rechte mit der "Alternative" eine neue, stark genutzte Möglichkeit auf ihrer Seite hatten) ändert aber nichts an den Kompetenzen des EU-Parlaments. Diese sind groß. Auch wenn die Europäer mit der Entwicklung dieser EU immer weniger anfangen.
Zu viele katastrophale Fehler sind da begangen worden. Zu oft hat Europa die eigenen Verpflichtungen und Festlegungen gebrochen. In Österreich, aber auch in vielen anderen Ländern ist ein Wahlkampf voller Phrasen und Nebensächlichkeiten gelaufen. Es gab kein einziges Thema, das wirklich emotionalisiert hätte. Ein Wahlkampf mit Spitzenkandidaten wie Karas, Freund, Vilimsky, Mlinar oder Stadler kann nicht die Menschen begeistern.
Zu den Gewinnern zählen sich aber dennoch fast alle. Die ÖVP, weil sie trotz schwerer Stimmverluste ganz eindeutig auf Platz eins geblieben ist. Die Freiheitlichen und die Grünen, weil sie deutlich dazugewonnen haben – und die Verluste beim letzten Mal elegant verschweigen. Vor allem die Freiheitlichen müssen verschweigen, dass sie schon (bei Nationalratswahlen wie auch bei Umfragen vor der EU-Wahl) den 30 Prozent näher waren als den 20 Prozent, die sie jetzt knapp verfehlen dürften. Sie haben im letzten Moment unter Druck von außen ihren eigenwilligen, aber in allen Diskussionen sehr versierten Kandidat Mölzer ausgewechselt. Sie haben sich ganz auf die Seite Russlands gestellt. Und sie hatten keinerlei internationales Konzept. Gerade das Nichtmehrantreten des – von der Krone unterstützten! – EU-Skeptikers Martin und das De-facto-Ende des BZÖ hätten sich bei den Freiheitlichen ganz anders zeigen müssen. Die Stimmen jener Gruppierungen, die einst Aufmerksamkeit errungen haben, jetzt aber nicht mehr relevant oder überhaupt angetreten sind, teilen sich aber auf Freiheitliche, Grüne und Neos auf.
Die Neos sind wohl nicht so schwach, wie jetzt ihre Spitzenkandidatin war. Aber man muss schon festhalten: Es ist nicht nur Frau Mlinar, sondern auch Parteichef Strolz: Der rhetorisch-inhaltsleere Schwung von Seminar-Rhetorikern hält halt nur eine Zeit, dann würde man sich doch Klarheit erwarten, wofür diese Partei eigentlich steht. Und diese Klarheit gibt es bei den Neos heute weniger denn je seit ihrer Gründung.
Amüsant sind die Sozialdemokraten: Denn beim letzten Mal haben sie das schwache Ergebnis mit dem Antreten des einst unter SPÖ-Flagge gesegelten Hans-Peter Martin begründet. Nun aber haben ihre Propagandisten die Stimmenprozente Martins (der ja nicht mehr kandidiert hatte) rhetorisch komplett den Freiheitlichen zugeschlagen, damit Ihre Stagnation auf niedrigem Niveau nicht so auffällt. Man wendet halt die Argumente, wie man sie braucht.
Fast alle Politiker wundern sich, dass immer mehr Wähler daheim bleiben. Denn unbestreitbare Tatsache ist: Vor allem die EU-Kritiker sind daheim geblieben. Sie fanden entweder keine Partei, kannten sich nicht aus oder wollten der EU als Ganzes ihre Ablehnung zeigen. Damit konnten jene zwei Kandidaten, die sich im EU-Parlament auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit eindeutig besser als die anderen auskennen, gute Ergebnisse erzielen: Das waren vor allem die Grünen mit Ulrike Lunacek, die zwar ein komplett linkes Programm vertritt, die sich aber zweifellos in den letzten Jahren in Europa exzellent eingearbeitet hat und die bei allem Diskussionen ihren Standpunkt sehr gut vertreten hat.
Und das war auf der anderen Seite Othmar Karas, der im EU-Parlament einen guten Namen hat. Diese beiden waren weit besser als die Skeptiker imstande zu vermitteln, dass sie wussten, welche Kompetenzen das EU-Parlament hat. Sie konnten also diejenigen, die überhaupt wählten, am besten mobilisieren.
Aber nochmals: Beide haben nur dadurch das vermeintliche Kopf-an-Kopf-Rennen (das Medien und Meinungsforscher prophezeit hatten) für sich entscheiden können, weil es vor allem auf bürgerlicher Seite keine brauchbare Alternative gab, weil Prozentsätze ja immer nur von den gültigen Stimmen berechnet worden sind. Während – auch – ihre Anteile bei der Gesamtzahl der Wahlberechtigten erschreckend niedrig sind.
Otto Schulmeister, mein erster Chefredakteur, hat einmal bevorstehenden Nationalrats-Wahlen so kommentiert: „Da muss ich in der Früh zwei Whisky trinken, um dann halt die ÖVP zu wählen.“ Er hatte es noch leicht. Denn vor der nun bevorstehenden Entscheidung übers EU-Parlament würde ich sogar schon vier Whisky brauchen (wenn mir nicht vor scharfen Sachen, vor allem am Morgen, grauste). Und weiß doch nicht, wo ich mein Kreuz machen werde. Die Bilanz vor der Wahl.
Nächstes Element meiner persönlichen Annäherung an diesen Wahltag war eine Umfrage unter Freunden. Als Antwort auf die Frage, was sie wählen werden, wurden immer nur zwei Parteien genannt: ÖVP und FPÖ. Andere Gruppierungen wurden nie erwähnt. Auch unter sehr katholischen Wählern wurde etwa nie die Stadler-Gruppe (Rekos) genannt. Wer zur Wahl geht – und das kündigten unisono alle Befragten an –, der will seine Stimme nicht an chancenlose Gruppierungen vergeuden. Auch hat Stadler durch seine Schärfe und durch seine häufigen Parteiwechsel nicht gerade Sympathien gesammelt.
Es wird auch meine Wahlentscheidung letztlich zwischen FPÖ und ÖVP fallen. Sie wird bei aller Unsicherheit, bei aller Schwäche der Kandidaten gültig fallen. Denn weit vor allen Parteientscheidungen stehen andere Grundsätze, die es immer wieder zu betonen gilt.
Vor allem ist das der Bürger in mir, der wenigstens jene wenigen Entscheidungsmöglichkeiten nutzen will, die uns die Mächtigen lassen. Jede Schweizer Abstimmung macht mich da im übrigen noch sicherer: Voten der Bürger sind – schon wegen des langen Vorlaufs – besser durchdacht, besser vorbereitet als Voten in unserem Parlament. Ein solches gibt es natürlich auch in der Schweiz; nur kann dort eben das Parlament vom Bürger überstimmt werden, was die Mächtigen hierzulande und in vielen anderen Ländern nicht zulassen. Wohlweislich.
In Österreich wird hingegen von den „Experten“ sicherheitshalber gleich die nächste Entmündigung der Bürger vorbereitet, falls es doch pro forma zu etwas mehr direkter Demokratie kommen sollte. Sowohl die Juristen wie auch die EU wären wichtiger als die Bürger, wird jetzt überall betont. Während für ein EU-Mitglied tatsächlich das EU-Recht (freilich nicht bloße Entschließungen des EU-Parlaments!) vorgeht, ist die Strategie der Juristen in Wahrheit durch nichts gedeckt. Sie definieren nämlich extrem geschickt immer mehr Rechtsbereiche als angebliche Grundrechte (vor allem durch die Gleichwertigkeit der „sozialen“ Grundrechte). Die Interpretation dieser Grundrechte steht raffinierterweise nur Juristen und nicht dem Volk zu. Für das dann – wieder total zum Unterschied von der Schweiz – kaum mehr etwas zu entscheiden bliebe.
In Summe bleibt damit also selbst dann das Ergebnis sehr karg, wenn irgendwann doch mehr direkte Demokratie zugelassen werden sollte (woran ich ohnedies nicht mehr glaube: Sebastian Kurz bastelt nach meinem Eindruck nur noch an seiner Karriere, nicht mehr an der direkten Demokratie).
Um dieser politisch-medial-juristischen Klasse mit meinen bescheidenen Mitteln entgegenzutreten, werde ich am Sonntag daher sicher hingehen, gültig wählen und eine Partei diesseits der Wahrnehmungsgrenze wählen. Denn Enthaltungen in dieser oder jener Form sind völlig wirkungslos. Zwar wird eineinhalb Tage über die niedrige Wahlbeteiligung gejammert werden (die es ja jetzt schon nach dem ersten Wahltag in anderen EU-Ländern gibt). Diese Beteiligung wird dann aber für nächsten Jahre wieder völlig vergessen sein. Dann wird nur die Mehrheit im EU-Parlament relevant sein. Und immer neue Regulierungen beschließen und immer neue Ausgaben verlangen.
Natürlich mache ich mir keine Illusionen. Ich habe ja nur eine von rund vier Millionen Stimmen. Ich bin zu alt, um nicht zu wissen: Es wird nie die Partei geben, die in allem und jedem meine Meinung hätte. Wer das glaubt, glaubt auch den Weihnachtsmann, den Osterhasen und den Pfingstochsen. Aber die Suche gilt eben der Partei, dem Kandidaten mit dem größten Näherungswert.
Ich werde am Sonntag meine Stimme also entweder der ÖVP oder der FPÖ geben. In einem sind sich ja die zwei sehr ähnlich: Sie haben sich relativ geschlossen, wenn auch oft in Minderheit, gesellschaftspolitisch den Linken (Rote, Grüne und Linksliberale) entgegengestellt. Diese haben die EU in letzter Zeit massiv benutzt, um dort linke Gesellschaftspolitik zu machen, obwohl Gesellschaftspolitik eigentlich gar nicht in die Kompetenz der EU fällt. Sie haben entdeckt, dass ihnen dies dennoch in Kommission und Parlament viel leichter gelingt als daheim.
Man erinnere sich etwa der von den drei genannten Gruppierungen im EU-Parlament mit Mehrheit(!) verlangten Bestrafung jedes, der sich gegen Werbung für die Homosexualität (etwa in Schulbüchern), gegen Gratiswitwerrenten oder gegen die Adoption durch Homosexuelle wendet. Man denke an die in der Kommission (unter besonders heftigem Mittun des Wiener Sozialministeriums, das in der Regierung mit solchen Forderungen nicht durchdrang) geplante De-Facto-Pflicht, seine Wohnung vorrangig an Schwule oder islamische Fundamentalisten zu vermieten, Arbeitsplätze an diese zu vergeben, auch wenn man diese nicht haben will. Als ob solche Regulierungen auch nur im entferntesten Aufgabe der EU wären.
Hier zeigt sich auch das Illiberale an den Linksliberalen: Wenn es um Gesellschaftsveränderung, um Schwule, um den Kampf gegen das Christentum, um Zuwanderer geht, vergessen sie all ihre angebliche Liberalität. Sie wollen so wie Rot und Grün massiv Regulierungen des Verhaltens jedes Einzelnen und seine Bestrafung durchsetzen, sobald er nicht ihrer Meinung ist. Jeder Ahnherr der Liberalen dreht sich zwar darob im Grab um. Aber die Medien behaupten, das wäre liberal.
Es war ein Wahlkampf zum Abgewöhnen. Kein einziger der Kandidaten hat auch nur ein einziges echtes Problem mit konkreten Antworten vor den Wählern aufbereitet, das in der EU zur Entscheidung stünde. Eugen Freund gab überhaupt nur linke Stehsätze von sich. Und Schwarz-Grün gaben nur als Antwort, dass man noch mehr Zentralismus wolle.
Niemand diskutierte hierzulande seriös die Haftungen für die Schuldnerländer. Niemand diskutierte seriös über Lunacek- oder Estrela-Bericht. Niemand diskutierte seriös über die EU-Landwirtschaftspolitik. Niemand diskutierte über die Förderung für fast alles und jedes. Niemand diskutierte seriös über die drohenden Finanztransaktionssteuer (die de facto alle Bürger zahlen werden müssen!). Niemand diskutierte, warum die EU die eigenen Gesetze bricht (Mastricht-Kriterien, No-Bailout).
Aktuellstes Beispiel ist die sich durch alle Parteien ziehende Unkenntnis über das Abkommen mit Nordamerika. Statt den Nutzen des Freihandels zu begründen (Merkel und Cameron haben es wenigstens versucht), wurde über das Abkommen nur mit Phrasen geredet. Mit „Transparenz muss her!“ oder mit dem Gerede vom Chlorhuhn. Diese Chlorhuhn-Angst erinnert mich lebhaft an die 1994 von Jörg Haider verbreitete Furcht vor EU-Schildläusen oder an die Angst vor angeblich geschmacklosen niederländischen Paradeisern, welche die damals total Anti-Brüssel gestimmten Grünen verbreiteten.
Gerade die Gegner einer zu weit gehenden Integration und Überregulierung müssten massiv für solche Freihandelsabkommen sein. Denn möglich globaler Freihandel ist die einzige Alternative (außer man will die Bürger durch Rückkehr zu den Grenzen in bittere Armut stoßen). Freihandel ist auch die einzige Möglichkeit, die dringend nötigen Arbeitsplätze zu schaffen. Denn die linken (und bisweilen auch rechts nachgeplapperten) Rezepte von noch mehr Schulden oder Wiedereinfuhr von Zöllen haben ja längst alle Wirksamkeit verloren. Wenn sie die je hatte.
Ausgerechnet in dieser Situation hat die ÖVP einen Mann an die Spitze gestellt, der ein vehementer Vorkämpfer von immer noch mehr Ausgaben, von immer noch mehr Rechten des EU-Parlaments ist. Dabei hat dieses Parlament als angebliche Volksvertretung zahllose unnötige Regulierungen abgesegnet.
Es mag zwar sein, dass in Brüssel (und Straßburg) im Laufe der Jahre fast jeder von der unbezwinglichen Lust, von Allmachtsphantasien befallen wird, für eine halbe Milliarde Menschen bis hin zum Duschkopf und Stromverbrauch alles zu regulieren. Aber dass dieser VP-Spitzenkandidat selbst im Wahlkampf keinerlei Selbstkritik geübt hat, erstaunt doch ziemlich. Er forderte nur ständig noch mehr Recht für dieses Parlament.
Er war zwar verärgert, als er im Laufe des Wahlkampfs entdeckt hat, dass die Wähler anders denken als er. Er dachte offensichtlich wirklich, dass die einstigen Anti-Strasser-Stimmen Pro-Karas Begeisterte gewesen wären. Aber Karas änderte seine Haltung nicht (was fast schon wieder Respekt abnötigte), er forderte vielmehr als – ewig gleiche – Konsequenz, dass man noch mehr Rechte dem Parlament geben und noch mehr EU-Propaganda machen müsse. Pardon: noch besser aufklären müsse. Bei der ORF-Diskussion am Donnerstagabend hatte man ja überhaupt den Eindruck, dass der Mann eigentlich bei den Grünen am besten aufgehoben wäre.
Bleibt die FPÖ. Sie hat – ähnlich zur, aber stärker als die ÖVP – zwar in Sachen Familie, Schule, Schwulenpropaganda, Abtreibung die richtige, heute muss man schon sagen: eine mutige Meinung. Sie ist aber in vielen anderen Gebieten völlig ahnungslos. Die FPÖ hat vor allem keinen Hauch von Wirtschaftskompetenz.
Wenn ich Deutscher wäre, hätte ich es leichter. Dort tritt die „Alternative für Deutschland“ an, die scharfe Kritik an der EU (ohne Dummheiten wie einer Austrittsdrohung!) mit exzellentem wirtschaftlichem Sachverstand vereint. Die „Alternative“ hat auch die CSU zu deutlicher EU-Kritik gebracht, und selbst die CDU Angela Merkels äußert sich viel kritischer zur EU als die ÖVP.
Diese ist entweder total Karas-hörig oder gelähmt von panischer Angst vor den europatollen Neos. Dabei macht sich deren Spitzenkandidatin Mlinar mit ihrer Befürwortung eines EU-Beitritts für Russland und die Türkei und auch ihrer sonstigen Ahnungsarmut eigentlich nur lächerlich. (Denn: Wenn schon links, dann gleich Grün, die haben wenigstens eine Kandidatin, die weiß, wovon sie spricht. Sosehr ich auch ihr Weltbild für eine Katastrophe halte).
Der Haupteinwand gegen die FPÖ: Sie hat sich total zu Propagandisten Putins gemacht. Was absolut unverständlich ist. Und was die FPÖ fast unwählbar macht. Sie macht mit Putin einem Mann die Mauer, der im Jahr 2014 (wie einst . . .) andere Territorien einfach okkupiert. Der die russische Demokratie weitestgehend zur Face macht. Der den Zerfall der kommunistischen Sowjetunion als größte Katastrophe seines Lebens bezeichnet. Der jahrelang selbst noch an der Verfolgung von Christen mitgewirkt hat.
Daher ist sein heutiges Getue mit Patriarchen&Co nur ein nationalistischer Schachzug und nicht echt. Aber die FPÖ fällt darauf herein. Sie hat auch all das Leid vergessen, dass die russische Herrschaft über Osteuropa gebracht hat, dass österreichische Kriegsgefangene ein Jahrzehnt in Sibirien durchzumachen hatten. Sie entpuppt sich, was ich nie für möglich gehalten habe, als von tiefem Amerikahass geprägt. Es ist absolut unfassbar.
Dennoch ist klar: Es werden entweder ÖVP oder FPÖ sein. Aber die Entscheidung zwischen den beiden ist extrem schwer. Ob da am Sonntagmorgen vier Whisky zu mehr Klarheit helfen werden?
PS: Einer der Befragten hat in diesem Dilemma empfohlen, auf der ÖVP-Liste Lukas Mandl als Gegengewicht zu Karas zu wählen. Mandl vertritt viele der Ansätze, für die auch dieses Tagebuch eintritt; er ist kein Mann der Brüsseler Maschinerie. Wenigstens ein Kandidat, der keine Negativemotionen wachruft.
PPS: Kein relevantes Argument ist das Duell Juncker gegen Schulz. Denn damit will man mich ja auf Schwarz oder Rot einengen. Was mich ärgert. Bei aller Verkörperung des unsympathischen Deutschen in der Person Schulz hat mir auch Herr Juncker nie auch nur ein einziges liberal-konservatives Signal gesandt. Letztlich sind beides europäische Überregulierer.
PPPS: Eine der vielen Absonderlichkeiten dieses Wahlkampfs: Die SPÖ hat landauf, landab einen Mann plakatiert, der selbst sagt, er wolle die SPÖ-Delegation nicht anführen. Das wird also einer der im Dunklen Stehenden, jedenfalls ein Nicht-Porträtierter. Niemand konnte mir sagen, warum Herr Freund dann überhaupt plakatiert wird. Offenbar war es nur die Bekanntheit eines ORF-Gesichtes, wo er ja lange als SPÖ-Einpeitscher amtiert hatte, das die Partei jetzt verwendet.
PPPPS: Keine einzige Partei thematisierte, dass das Wahlrecht für 16-Jährige ein schwerer Fehler war und ist. 27 andere EU-Länder sind wohlweislich diesem Vorbild der rot-schwarzen Republik nicht gefolgt. Auch sonst ist mir kein Land der Welt bekannt, wo schon 16-Jährige wählen. Dennoch traut sich in dieser Republik der Angsthasen niemand, das zur Debatte zu stellen.
PPPPPS: Besonders atemberaubend an der donnerstägigen Konsensrunde im ORF: Mehr oder weniger alle bezeichnete das, was sich im Mittelmeer abspielt, als Schuld der EU. Und niemand nannte auch nur ein einziges Mal die in Wahrheit schuldige Gilde der Schlepper und Menschenhändler, die sich der EU bedient.
In Deutschland und Österreich werden in den vom Staat dominierten Medien ständig Meldungen verbreitet, dass die Mittelmeerländer in der Konsolidierung ihrer Staatshaushalte große Fortschritte vorzuweisen haben. Der Europa-Wahlkampf lässt grüßen! Ausgerechnet die links stehende österreichische Zeitung „Der Standard“ veröffentlichte einen Artikel mit der Überschrift „EU lügt die Menschen an“ und beginnt mit der Einleitung: „Der griechische Ökonom Yanis Varoufakis über trügerische Erholungszeichen und ein Land, „das noch nie so bankrott war“.“
Ohne Zustimmung der eigenen Bevölkerung und ohne Vereinheitlichung der Banken- und Steuersysteme wurde der Euro eingeführt. Nun rächt sich diese Politik: Die Effektivität der Wirtschaft der verschiedenen Länder ist miteinander vergleichbar und lässt sich nicht mehr durch Abwertung der Währung und Subventionen schützen. Viele südländische Betriebe müssen aufgeben oder verlegen ihren Verwaltungssitz. Junge Menschen und Spezialisten verlassen ihre Heimat, und ein immer breiterer Teil der Bevölkerung verarmt.
Alte Ressentiments gegenüber den „Deutschen“ (im weiteren Sinne) brechen wieder auf… Laut der neuesten OECD-Studie geht selbst in Deutschland, wo die Steuereinnahmen nur so sprudeln, der Boom an den sozial Schwächsten vorbei. Ein Grund dafür ist, dass sich die Betriebe zunehmend aus der sozialen Verantwortung stehlen, selbst keine Arbeitskräfte mehr ausbilden wollen und dafür lieber billige ausländische (Fach-)Leute einstellen. Ist das alles im Sinne Europas?
Eine Rettungsmaßnahme des Euro ist abenteuerlicher und intransparenter als die andere: Durch die Niedrigzinspolitik werden die Kleinsparer (angesichts der höheren Inflationsrate) um ihr Hab und Gut gebracht, die Gewinnausschüttungen bei Lebensversicherungen und Renten brechen ein. Die EZB kauft Staatsanleihen von in Not leidenden Staaten auf, obwohl sie das nicht darf. Beim Rettungsschirm (ESM) bestimmt ein Gouverneursrat, wie viel Geld aus dem „Gemeinschaftskonto“ entnommen wird.
Deutschland haftet für 120 Mrd. Euro, Österreich für 12 Mrd. Euro. Die Zeitung „Die Welt“ beschrieb die Vorgangsweise der EU mit der drastischen Formulierung „Euro-Rettung: Legal – Illegal – Scheißegal!“
In den 1990er Jahren hatte Mario Draghi in Italiens Finanzministerium mit dafür gesorgt, dass sich Italien die Zugangsvoraussetzungen für den Euro erschwindelt hat. Nun sorgt er als Vorsitzender der EZB dafür, dass durch Geldflüsse aus dem nördlichen Europa Italien unterstützt wird. Man hat den Bock zum Gärtner gemacht!
Man kann diesem Wahnsinn nur ein Ende bereiten, indem man, wie einst gedacht, aber verworfen, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten herstellt oder gänzlich aus dem Euro aussteigt.
Der Autor ist Deutscher, EDV-Spezialist und auf Grund der Zugehörigkeit seines Vaters zur bedrohten sorbischen Volksgruppe und als ehemaliger Mitkämpfer der DDR-Bürgerrechtsbewegung in Sachen Minderheitenschutz besonders engagiert.
Der SPD-Spitzenkandidat zur EU-Wahl, Martin Schulz, ist mit seiner Aussage aufgefallen, das Kreuz aus öffentlichen Gebäuden verbannen zu wollen. Während diese Diskussion stattfindet, hängen immer noch tausende anstößige Life-Ball-Plakate in Wien (einige davon bereits dankenswerterweise übermalt).
Das erinnert an eine Beschwerde vor einiger Zeit, als muslimische Eltern die Abnahme eines Kreuzes in einer Schulklasse verlangten, weil ihr Kind durch den Anblick „eines hängenden toten Mannes“ verstört werde.
Aber ein knalliger Hermaphrodit verstört keine kindlichen Seelen. In welcher Welt leben wir eigentlich?
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.
Rund um die EU-Wahlen wird europaweit auf zwei Schienen Stimmung gemacht: Einerseits werden die europäischen Institutionen von manchen so intensiv beweihräuchert, dass man an die Darstellung von Herrscherhäusern vor dem ersten Weltkrieg erinnert wird. Andererseits wird intensiv vor den Gefahren durch radikale Gruppierungen und deren wachsende Unterstützung gewarnt. Und Zweiteres wird nach den Wahlen intensiv weitergehen, während die Weihrauchfässer rasch wieder weggepackt werden.
Sind die Warnungen vor diesen Gruppierungen berechtigt? Ganz sicher ja. Man denke an die Folgen der Oktoberrevolution 1917, nach welcher der Kommunismus in Russland und später in vielen Ländern Osteuropas und Ostasiens Milliarden unter seine Herrschaft und in die Armut, Millionen ins Grab gebracht hat. Man denke an den Nationalsozialisten, die ab 1933 in Deutschland geherrscht haben, die Millionen industriell getötet und einen verheerenden Krieg über ganz Europa gebracht haben. Man denke an die zahllosen unterschiedlichen Formen autoritärer Herrschaft einer Partei, die gerne unter dem Namen Nationalfaschismus zusammengefasst werden. Sie waren zwar lang nicht so schlimm wie Kommunismus oder Nationalsozialismus. Sie haben aber ebenfalls Menschen aus politischen Motiven getötet, liberal-demokratische Regungen bekämpft und ihren Ländern durch nationalistischen Merkantilismus meist dauerhafte Stagnation gebracht.
Daher ist es zweifellos richtig, die Feinde der Demokratie und des Rechtsstaats genau zu beobachten. Und jeder Gefährdung entgegentreten. Es macht nur sehr stutzig, wenn manche „Intellektuelle“ nur von rechts solche Gefahren sehen. Die von links werden aber ignoriert. Und es macht noch mehr besorgt, wenn dieselben „Intellektuellen“ und Medien überhaupt nicht beachten, dass der radikale Islamismus in einem rapiden Vormarsch ist. Er stellt derzeit wohl die für Europa größte Gefahr dar, größer als die Wiederkehr eines der beiden Totalitarismen des 20. Jahrhunderts.
Der Vorstoß des Islams setzt jene Vorstöße fort, die bis ins 17./18. Jahrhundert gedauert und im Südosten Europas riesige Landstriche entleert haben. Das Zeitalter der Schwäche des osmanischen Reiches und des Chaos in der arabischen Welt ist beendet.
Das immer häufigere Auftreten mitteleuropäischer Islamisten als fundamentalistische Freiwillige in Kriegszonen ist eines von vielen beunruhigenden Alarmzeichen. Diese Kämpfer stammen insbesondere aus Österreich, das heute die zweitgrößte islamische Gemeinde in der EU beheimatet, nachdem es dort lange noch nahezu Null Moslems gegeben hat. Die Moslems kamen aus der Türkei, Bosnien und der arabischen Welt. Als Gastarbeiter, als Asylwerber und (in größter Zahl) als Familienangehörige. Sie sind zwar allermeist friedliche und integrationswillige Menschen, aber eine rasch wachsende Minderheit neigt zur Radikalität. Und die Friedlichen treten ihnen nirgendwo entgegen. Man weiß zwar zum Teil, welche Moscheen, welche Religionslehrer fundamentalistisch aktiv sind – aber weder Glaubensgemeinschaft noch Behörden tun etwas, obwohl die Radikalisierung von Kriegsteilnehmern extrem gefährlich ist.
Ein Gutteil der veröffentlichten Meinung blickt nur auf die rechtsradikale und ignoriert weitgehend die linksradikale und die islamisch-fundamentalistische Szene. Eine Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaat, also jene Prinzipien, die Europa so stark gemacht haben, geht aber von allen diesen radikalen Bewegungen aus.
Von einem Gutteil der roten und grünen Szene wird aus taktischen Motiven gegen rechts agitiert. Insbesondere in deutschsprachigen Gebieten tarnen sich linksradikale Gewalttäter sehr geschickt als „Antifaschisten“ und Gutmenschen. Gleichzeitig wird auch von durchaus demokratisch gesinnten Sozialdemokraten der „Kampf gegen Rechts“ instrumentalisiert. Sie fürchten die Gefahr durch rechte Bewegungen, die große Wahlerfolge in der Unterschicht erzielen, und sieht daher diese Argumente als legitim an. Da wird mit anderen Worten der legitime Kampf um Stimmen mit dem Kampf um rechtsstaatliche Grundrechte vermischt.
Zugleich wird auch total Verschiedenes bunt durcheinander geworfen, etwa die österreichischen Freiheitlichen mit der ungarischen Jobbik. Von den Freiheitlichen geht jedoch keinerlei Bedrohung der Demokratie aus, während das bei Jobbik sehr wohl der Fall ist, weil sie in vielerlei Hinsicht militant auftritt und Roma physisch bedroht. Die FPÖ hingegen hat sowohl mit Rot wie mit Schwarz Regierungen gebildet, ohne dass Demokratie oder Rechtsstaat irgendwie gefährdet gewesen wären (obwohl in der Partnerschaft der FPÖ mit den Sozialdemokraten noch viele ehemalige Nationalsozialisten auf beiden Seiten Staatsfunktionen hatten). Die FPÖ hat vor allem aus einem Grund solche Erfolge erzielt: Sie erscheint vielen als die einzige Alternative zur sonst offenbar ewigen Herrschaft der verbundenen rot-schwarzen Politik. Die beiden einst großen Parteien haben in Österreich heute zwar nur noch 50 Prozent der Stimmen und eine recht knappe parlamentarische Mehrheit. Sie beherrschen aber vom Verfassungsgerichtshof bis zum staatlichen Rundfunk praktisch das ganze Land.
Es muss immer um objektive Maßstäbe gehen. Es darf nie darum gehen, eine Partei, ein Land gegen das andere auszuspielen. Es darf auch nicht um taktische Vorteile, um links oder rechts gehen. Staaten haben sich auch in keiner Weise in Religion einzumischen.
Wichtig ist eine ganz andere Grenze, die für einen liberalen Rechtsstaat lebenswichtig ist. Es geht um die strenge Trennung zwischen Meinungen und Taten. Diese Trennung wird aber leider in vielen Ländern zunehmend missachtet. Es geht um die Freiheit von Meinungen, aber um die kompromisslose Verfolgung von Taten. Das ist die einzige funktionierende Strategie gegen jede Form von Radikalität.
Wer Gewalttaten setzt, muss sofort und kompromisslos die Härte des Gesetzes spüren. Zu den Gewalttaten gehört auch die Motivation anderer, Gewalt anzuwenden. Dazu gehören militärähnliche Aufmärsche, Uniformen, Drohungen. Dazu gehört die Aufforderung, daheim oder in einem anderen Land gegen Ungläubige, Rechte, Linke aktiv zu werden. Dazu gehören Demonstrationen, die zur Einschüchterung oder Erpressung dienen. Dazu gehören auch die Aktionen von Fußballfans, wenn sie harmlose Passanten einschüchtern. Egal ob sie politisch unterwandert sind oder nicht.
Bei vielen dieser Aktivitäten schauen in Europa Polizei und Justiz aber leider gerne weg. Vielleicht auch nur als Taktik: Man will sich ab einer bestimmten Menschenmenge nicht mit dieser anlegen. Sobald aber Fußballfans, Demonstranten oder Marschierende merken, dass die Polizei Rechtswidrigkeiten ignoriert, werden sie nur noch aggressiver.
Der Zweck des Demonstrationsrechts war, seine Meinung einer möglichst breiten Masse kundzutun, auch wenn man keine Zeitung besitzt. Genau das kann heute auf viel direkterem Weg erreicht werden. Facebook, Blogs, Internet-Seiten, Massenmails, SMS, Twitter usw: Es war noch nie so leicht, seine Meinung auf all diesen Kanälen zu verbreiten. Wenn sich da jene Menge zusammentut, die sonst eine Demonstration veranstaltet, kann sie viel leichter und schneller als bei einer Kundgebung ihre Meinung vielen kundtun. Oder einen „Shitstorm“ veranstalten, wie man es mit einem modischen Wort bezeichnet. Und sie kann genauso anonym bleiben wie bei Demonstrationen.
Umgekehrt sollten aber gerade auf Grund dieser vielfältigen elektronischen Möglichkeiten heute jene Länder dem Demonstrationsrecht etwas engere Grenzen setzen, die bisher unter diesem Titel praktisch alles und jedes zugelassen haben. Es geht vor allem um Kundgebungen, die nicht nur eine Meinung kundtun, sondern jemanden einschüchtern wollen. Diese Intention geht weit über Ziel und Zweck der Demonstrationsfreiheit hinaus, die unsere Vorväter einst erkämpft haben.
In die gegenteilige Richtung sollte es bei den Inhalten von Äußerungen gehen, die keinerlei Drohungen beinhalten. Es ist doch einfach absurd, wenn man in einem Land den Völkermord an den Armeniern als solchen bekennen muss, im anderen nicht einmal darf. Oder wenn jetzt Russland jede kritische Äußerung über die Taten der Roten Armee im „Großen Vaterländischen Krieg“ unter Strafe stellt. Oder wenn man in moslemischen Ländern alles Mögliche über Mohammed und Allah sagen muss beziehungsweise nicht sagen darf.
Meinungsfreiheit, für welche die Europäer seit dem Beginn der Aufklärung bekämpft haben, heißt ja nicht nur, dass man alles sagen darf, was die Obrigkeit will. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit bedeutet vor allem, dass man alles sagen darf, auch wenn andere mit gutem Grund das für blühenden Unsinn, für total falsch und unsinnig halten.
So ist es beispielsweise blühender Unsinn, wenn manche meinen, je mehr Schulden man mache, umso besser. Aber es wäre eine Katastrophe, das nicht sagen zu dürfen. Dummheiten muss man mit Argumenten, nicht Verboten entgegentreten. Sonst wären alle geistigen Fortschritte der letzten Jahrhunderte dahin. Dann ordnet wieder eine Obrigkeit an, was man zu sagen hat und was nicht. So wie einst in totalitären Systemen. So wie vor 1848.
Meine Sorge ist, dass es dorthin geht. Eine ganz üble Etappe auf dem Weg in die Unfreiheit war etwa die (ohne Kommission und Rat noch folgenlose) Mehrheit im EU-Parlament für den sogenannten Lunacek-Bericht, der gleich für eine ganze Reihe „falscher“ Meinungen strafrechtliche Konsequenzen verlangt hat.
Wenn es uns nicht gelingt, uns wieder auf die Spielregeln der Freiheit zu verständigen, dann siegen die (Rechts/Links/Glaubens-)Radikalen. Dann werden sie wieder diktieren, wie wir zu reden haben. Dann werden sich diese Radikalen einfach mit dem Faustrecht ausmachen, wie wir zu denken haben. Dann kann man nur noch ins private Denken flüchten. Vieles deutet darauf hin, dass die – oft aus durchaus guten Absichten – vorangetriebene Politische Korrektheit genau diese Freiheit tötet. Dass aber auch die in vielen Bereichen weit übers Ziel schießende EU-Propaganda dazu beiträgt.
(Dieser Beitrag erschien auch in ungarischer Sprache in der ungarischen Online-Tageszeitung VS.hu)
Die Ukraine-Krise hat der EU in Summe mehr geholfen als geschadet – wenn auch zugleich Europas Schwächen deutlich offenkundig geworden sind. Aber diese Krise hat in Summe die EU ein Stück zusammengeschweißt und sie wird wohl den Erfolg der EU-kritischen Parteien etwas geringer ausfallen lassen, als es noch am Jahresbeginn schien.
Gerade in Österreich bedauern es seit der Ukraine-Krise viele, dass hier nicht die „Alternative“ kandidiert. Diese schafft es jedenfalls in Deutschland, auf hohem Niveau sowohl die Rechtsbrüche der EU bei der Euro-Politik wie auch jene Russland scharf zu tadeln. Während die österreichischen Parteien allesamt nur entweder die EU oder Russland kritisieren und gegenüber der EU beziehungsweise Russland eine eher absurd wirkende Liebe praktizieren.
Wie hat sich nun genau die Ukraine-Kontroverse auf Europa ausgewirkt?
Am wichtigste ist es, eine derzeit mancherorts kursierende Geschichtslüge zurechtzurücken: Die Ukrainer wollten und wollen nach Europa, nach dem Westen; Und nicht umgekehrt, wie es manche auf dem äußersten linken und rechten Rand verkünden. Ganz im Gegenteil.
Bis auf den bisweilen artikulierten deutschen Ärger über die Inhaftierung der politischen Gegenspielerin von Präsident Janukowitsch war Westeuropa weitestgehend froh, sich nicht sehr den Kopf über die Ukraine zerbrechen zu müssen. Denn kaum eine politische Gruppierung wollte und will die Ukraine als Nato- oder EU-Mitglied. Hingegen wollen das sehr viele Ukrainer. Sie wurden daher extrem besorgt, als der eigene Präsident (also: Janukowitsch) selbst auf ein fertig ausgehandeltes Abkommen mit der EU verzichtete. Offensichtlich unter russischem Druck.
Ebenfalls nur in der russischen Propaganda ist die ukrainische Mehrheit vom CIA mobilisiert worden. Dafür gibt es überhaupt keinen Beweis. Was völlig klar ist: Denn auch die Amerikaner haben ganz andere Sorgen. Man denke nur an die Stichworte Nahost-Konflikt, Afghanistan-Abzug, Iran-Atomwaffen und Nordkorea. Aber dennoch glauben manche, die Amerikaner hätten die ukrainische Unruhe angestachelt. In Wahrheit zeigt sich da nur eines: Wieviel raffinierter heute die russische Propaganda als zu Sowjetzeiten ist.
Es war und ist ganz eindeutig die große Mehrheit der Ukrainer selbst, die mehrheitlich nach Europa will. So wie bei der Unabhängigkeit in einem Referendum (das viel weniger zweifelhaft war als die heutigen Referenden der zwischen Krim und Donezk marodierenden Banden) eine massive Mehrheit für einen einheitlichen ukrainischen Staat plädiert hatte.
Insbesondere die Erfolgsstory Polens und der baltischen Staaten, die dem Einfluss Moskaus entronnen sind, die Nato wie EU beitreten konnten und die sich sensationell entwickelt haben, übt gewaltigen Eindruck auf viele Ukrainer aus. Auch auf solche, die Russisch als Muttersprache haben. Das ist zweifellos ein positives Zeichen für die wirtschaftlich-kulturelle Anziehungskraft dieses West- und Mitteleuropas, dieser EU.
Zweitens ist aber ebenso eindeutig, dass von Russland bis zur Ukraine der Westen nicht durch die Organe der EU spricht oder wahrgenommen wird, sondern durch zwei Staaten. Und damit deren Führungspersönlichkeiten, also Angela Merkel und Barack Obama.
Dabei gibt es eine – bisher – sehr effiziente Arbeitsteilung. Merkel wirkt konziliant, Obama schärfer. Good cop, bad cop. Aber beide bleiben dennoch immer gemeinsam auf einer Linie. Sie machen damit den Russen klar, dass sie den Westen nicht spalten können. Das erleichtert ungemein. Dass Merkel überdies gleich in zwei Sprachen mit Russlands Putin reden kann, ist auch nicht gerade nachteilig.
Peinlichkeiten wie jene des österreichischen Bundespräsidenten Fischer oder des Landwirtschaftsministers Rupprechter (anfangs auch von Außenminister Kurz, der aber rascher die Fakten lernte) werden international zum Glück nicht wahrgenommen. Sie hatten sich in peinlicher Weise an Russland angebiedert. So wie es heute noch einige FPÖ- und Rekos-Exponenten tun.
Diese oft seltsamen Äußerungen sind Folge des Umstandes, dass hierzulande in den letzten 15 Jahren sowieso kein seriöser Dialog über Außenpolitik mehr stattgefunden hat. Und wohl auch in Zukunft nicht. Das zeigen die neuen „Berater“ des Außenministeriums in erschreckender Deutlichkeit.
Es ist jedenfalls das Neutralitätsgerede wieder weitestgehend aus der österreichischen Rhetorik verschwunden. Was man nur mit Freude zur Kenntnis nehmen kann. Gerade ein kleines Land wie Österreich hat in solchen Konfliktzeiten ein primäres Interesse: Es muss ständig als oberstes Gebot aller internationalen Beziehungen zentralen Wert darauf legen, dass auch kleinere Staaten volle Souveränitätsrechte haben, dass sie selber über ihren Weg zu entscheiden haben.
Daher darf ein österreichischer Politiker niemals von außen raten, was ein souveränes Land tun sollte. Geschichtsbewusste würden überdies wissen, dass Österreich (selbst!) sich 1955 nur in Verfolgung des zentralen Ziels zur Neutralität bereit erklärt hat, dass alle ausländischen Truppen verschwinden. Freilich: Geschichtsbewusstsein ist in Österreich nicht mehr sehr verbreitet.
Seltsam fällt besonders der russlandfreundliche Kurs der Freiheitlichen auf. Gewiss haben sie recht, dass Russland ihnen und vielen anderen Österreichern in mancherlei Hinsicht sympathischer ist als der Westen: Es wirkt als Bollwerk gegen Islam und Sittenverfall. Das ist aber nur Schein. Denn ein Land, das keinerlei echte Demokratie und Meinungsfreiheit zulässt, in dem es keine unabhängige Justiz gibt, dass sich andere Territorien einfach militärisch einverleibt, wirkt auch als Bollwerk in keiner Weise seriös.
Das heutige Russland sollte daher gerade für eine wirklich freiheitsliebende Partei eigentlich in keiner Weise akzeptabel sein. Umso unverständlicher ist das russlandfreundliche Verhalten der FPÖ, die ja die Freiheit sogar im Namen führt. Viel weniger überraschend ist, dass fast gleichlautend auch auf der äußeren Linken die Sympathien für das neostalinistische Russland groß sind. Und dass diese die wilden Erfindungen russischer Medien übernimmt.
Umso erfreulicher ist, dass sich in Deutschland die „Alternative“, die mit Sicherheit ins EU-Parlament einziehen wird, ganz klar gegen das russische Vorgehen ausspricht. In Österreich gibt es hingegen nichts Vergleichbares, das sowohl Russland wie auch die EU kritisiert.
Viertens: Man sieht ihre Folgen nicht gleich, aber Sanktionen wirken. Die massive Flucht von Geld aus Russland, der Absturz seiner Aktien, der Rückgang an Kooperationen mit Russland schaden zwar allen, aber vor allem Russland. Langsam scheint dort trotz aller nationalistischen Aufwallungen die Lehre zu sickern, dass es mehr wehtut als erwartet, wenn man sich fremde Territorien einnäht.
Umso katastrophaler ist es freilich, wenn einige westliche Politiker über die Sanktionen gegen Russland jammern. Das reduziert die friedenserhaltende Wirkung von Sanktionen. Aber vielleicht bringt man der Wirtschaft noch bei, dass bei einem Krieg die Betriebe noch viel mehr leiden würden als jetzt durch Sanktionen.
Fünftens muss die EU traurig zur Kenntnis nehmen, dass militärisch nur die Nato und damit die USA zählen. Die EU ist militärisch weniger denn je relevant. Die gemeinsamen EU-Einheiten werden sogar aufgelöst.
Auch wenn – zum Glück – der Ukraine-Konflikt bisher nicht zum Ost-West-Krieg geworden ist, so hat man doch da wie dort genauer angefangen, die Truppen zu zählen. Und die Balten und Polen haben gute Gründe, jetzt viel intensiver zu drängen, dass amerikanische und Nato-Einheiten ständig auf ihrem Boden stationiert bleiben. Die EU ist für Außenstehende kulturell und wirtschaftlich attraktiver, als es die meisten EU-Europäer begreifen, sie ist aber politisch wie militärisch nicht relevant.
Sechstens und letztens aber bleibt der große Vorwurf an den Westen: Er hat bis heute den großen Wert des Selbstbestimmungsrechts nicht erkannt. Zwar zeigt Großbritannien, wie sehr dieses Recht Spannungen reduziert. Zwar haben auch Kanada und die Tschechoslowakei das Funktionieren des Selbstbestimmungsrechts exzellent vorexerziert. Für die Mehrheit aber, insbesondere Spanien, Rumänien, Finnland, die Slowakei und offenbar noch immer Italien, ist Selbstbestimmung einer Minderheit hingegen nach wie vor des Teufels. Allerdings deuten in Italien einige Indizien darauf hin, dass die Bevölkerung in dieser Frage zunehmend anders denkt. Manche Länder haben sich jedoch tendenziell von der Selbstbestimmung wegentwickelt: Alois Mock und der Südtiroler Silvius Magnago haben noch sehr positiv vom Selbstbestimmungsrecht gesprochen, für einen Sebastian Kurz ist das hingegen nur noch „ewig gestrig“.
Noch immer fehlt jedenfalls jede rechtliche Regelung, wie europaweit Völker entscheiden können, zu welchem Land sie überhaupt gehören wollen.
Es wird daher wohl noch viele Konflikte geben, bevor die Politik erkennt, dass nur Selbstbestimmung eine Basis für eine wirkliche Befriedung sein kann. Dass Selbstbestimmung eine lange Vorlauf- und Diskussionsphase braucht. Dass sie niemals auf einer Augenblicksstimmung allein beruhen kann. Dass sie – noch viel mehr als nationale Wahlen – eine internationale Begleitung und eine genaue Sichtung der Wahlberechtigung braucht. Dass das Verhalten der Russenfreunde in der Ukraine alle diese Bedingungen nicht erfüllt hat, hat daher der Selbstbestimmung schwer geschadet.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Jetzt spürt sogar schon die SPÖ, wie sehr die Österreicher der Steuerdruck plagt. Und startet aus allen Rohren eine Kampagne. Wieder einmal hat sie mit dieser Kampagne die Volkspartei völlig überrascht. Diese stottert nur noch herum, obwohl sie eigentlich lange vor den Sozialisten das Thema besetzt hatte. Das konnte die SPÖ aber mit zwei Wochen Trommelfeuer und ihrer weitgehenden Kontrolle über die Medien völlig in Vergessenheit geraten lassen.
Die SPÖ will natürlich die Staatsquote nicht wirklich senken. Sie hat ja noch nie ans Sparen gedacht. Sie will nur den Lohnsteuer-Druck Richtung Erbschaften und Vermögen umschichten. Aber es ist jedenfalls eindrucksvoll, wie gezielt die SPÖ ihre Machtpositionen ausnutzt: Von der Arbeiterkammer bis zum ORF wird wie auf Pfiff die Forderung nach Steuern auf Erbschaften und Vermögen verlangt.
Strategisch ist das hervorragend. Aber für Österreichs Wirtschaft ganz schlecht. Jede Menge Geld würde in den Untergrund und ins Ausland wechseln. Der Anreiz, für die Familie – ja, auch die Nachkommen gehören zur Familie! – wenigstens ein bisschen etwas an Geld zu sammeln, würde rapide absinken.
Es ist absolut faszinierend, dass der ÖVP gegen diese Forderungen der SPÖ nichts einfällt. Gibt’s die Volkspartei überhaupt noch? Es wäre jedenfalls nichts leichter und richtiger, als das Sozialbudget und die ÖBB zu thematisieren. Mit diesen beiden Posten allein würde sich eine echte Steuerreform dreimal ausgehen.
Und zwar wirklich eine echte. Also eine, die unbedingt auch den weltweit fast einmaligen Höchststeuersatz von 50 Prozent senkt. Denn wenn nur am Steuersatz für Geringverdiener gedreht wird – was sicher auch zu einer Reform gehört –, passiert lediglich eines: Die kalte Progression wird noch ärger. Es wird sich noch weniger lohnen als heute, in Österreich Leistungen zu erbringen.
Aber leider spricht (auch) die ÖVP nur von einer Senkung des Eingangssteuersatzes. Sie traut sich zum Unterschied von früher anderes nicht einmal mehr zu verlangen. Aus Koalitionstreue? Aus Feigheit? Aus Orientierungsmangel? Ich weiß es nicht. Es ist mir eigentlich auch egal.
Tatsache ist, dass die SPÖ absolut keine Scheu hat, wider den Koalitionspakt neue Steuern zu fordern. Das ist irgendwie ein seltsamer Pakt, der nur eine Seite bindet. Oder eine seltsame Parteiführung, die sich einseitig an diesen Pakt gebunden fühlt.
Die ÖVP nennt zwei Zeitpunkte: das Jahr 2016 – und: „Wenn wir es uns durch ein Nulldefizit leisten können“. Was an sich ein absolut richtiges Prinzip ist. Nur nennt halt (auch) die ÖVP nicht einen einzigen konkreten Punkt, WIE wir bis dahin ein Nulldefizit erreichen können. Denn nur vom „Nachschärfen“ zu reden, wie es der Parteiobmann tut, und allgemein vom Bürokratie-Abbau, ist schlicht Gewäsch.
Vom „Bürokratie-Abbau“ reden nämlich schon seit Jahrzehnten alle. Und tun absolut nichts dafür. Die großartig „eingesparten“ Bezirksschulinspektoren tauchen fast alle wieder mit neuem Türschild auf. Die heftig bejubelte Verwaltungsgerichtsbarkeit mag vielleicht juristische Puristen befriedigen, hat aber keinerlei Bürokraten abgebaut. Der Anteil der Beamten und Verwaltungsbediensteten an den Werktätigen ist gestiegen statt gesunken. Im Schulbereich werden zwar die bifie-Direktoren gefeuert, bleiben aber natürlich – natürlich? – auf der Gehaltsliste; statt massiv Kompetenzen an die Schulen zu transferieren, wird halt das nächste Protektionskind als bifie-Leiter ausverhandelt. Das Unterrichtsministerium schreibt den Schulen sogar vor, welche Waage sie zu verwenden haben (die mehr als zwanzig Mal zu teuer ist). Und, und, und.
Politiker langweilen und ärgern uns nur noch, wenn sie zum tausendsten Mal von Bürokratieabbau reden. Dementsprechend kommen auch immer weniger Menschen zu Parteiveranstaltungen, wie man jetzt bei der alljährlichen ÖVP-Versammlung mit „Reden zu Österreich“ sehen konnte.
Was an Stelle von Phrasen Österreich wirklich bräuchte, wären Fakten:
Es gibt keine Frühpensionen mehr. Punkt.
Wenn die Lebenserwartung gestiegen ist, steigt im selben Ausmaß das Pensionsantrittsalter. Punkt.
Die ÖBB bekommt kein Steuergeld mehr, das nicht vorher ausgeschrieben wird. Punkt.
Es wird kein Cent mehr in absurde Löcher unter Brenner und Koralm investiert. Punkt.
Allein mit diesen vier Sätzen könnten wir uns wirklich schon 2015 eine echte Steuerreform leisten. Aber keine der österreichischen Großparteien denkt daran, diese vier Sätze zu sagen. Sie haben natürlich auch anderswo keine sprudelnde Geldquelle entdeckt. Daher sind ihre Ankündigungen reiner Populismus. Daher wird es auch 2016 natürlich kein Nulldefizit geben.
Als Begründung, warum Österreich nie ein Nulldefizit haben wird, wird natürlich auch dann nicht die Unfähigkeit und Lügnerei der Politik genannt werden, sondern (bitte 2016 dann halt anzukreuzen): die internationale Konjunktur/ein Unwetter/die Banken/die Russen/die Amerikaner. Irgendwas wird mit Sicherheit passen.
Ich weiß schon, mit der SPÖ als Koalitionspartner ist keine einzige nennenwerte Reform umzusetzen. Die letzte hat exakt 1995 stattgefunden.
Aber warum die ÖVP vom Sozialbudget bis zur Adoptionsfrage nur noch schweigt, ist absolut unverständlich. Gewiss: Es gibt immer Grüppchen, die gegen solche Ansagen sind. Aber mit Sicherheit geht eine Partei ganz unter, wenn sie nur noch Luftblasen ausstößt. Wenn sie nur noch aus koalitionärer Rücksicht besteht, statt wenigstens hie und da zu kommunizieren, wofür sie eigentlich noch da ist.
PS: Fast hätt ichs vergessen: Ein ÖVP-Politiker hat auch zu Europa geredet. Da breiten wir aber aus Nächstenliebe lieber den Mantel des Schweigens darüber. Denn es ist bei diesem Thema nicht einmal mehr in Ansätzen zu spüren, dass die ÖVP einst die Partei der Subsidiarität war, die Partei der Freiheit, die Partei der Menschen gegen die Funktionäre, die Partei der möglichst kleinen Gemeinschaften gegen die mächtigen Zentralisten, die Partei des Privaten gegen die Überregulierer. Nichts mehr ist davon zu spüren. Der Spitzenkandidat versucht sogar, die Neos, die Grünen und die SPÖ an EU-Fanatismus zu übertreffen. Ich wundere mich nur über eines: Wieso er sich wundert, dass das bei den Menschen gar nicht gut ankommt. Von Bayern bis Großbritannien (ich weiß schon: andere Fraktion; aber was interessiert das den Wähler?), von Frankreich bis Ungarn haben die Parteien der rechten Mitte besser auf die Menschen gehört und sind zunehmend auf Distanz zur regulierungswütigen EU. Nur der ÖVP-Spitzenkandidat nicht.
Die gigantische Zwangs-Förderung von „alternativen Energiequellen“ kostet die Konsumenten nun – auch – durch schwere Verluste der Stromgesellschaften gewaltige Summen. Schon weit mehr, als die ganze Hypo kostet. Die Ursachen der Malaise gehen tief.
Umweltschonende und zum Teil brandneue Kraftwerke der Verbund-Gesellschaft sind nun zugesperrt worden. Da diese Gesellschaft (durch ein Verfassungsgesetz, dessen Änderung von der SPÖ seit Jahr und Tag verhindert wird) mehrheitlich den Österreichern gehört, sind auch diese um gewaltige Summen ärmer geworden.
Der Hauptschuldige ist Deutschland. Dort werden Windmühlen und Sonnenpaneele auf Kosten der Strombezieher so heftig gefördert, dass die Wind-und-Sonnen-Lücken füllenden Stromerzeuger nur noch Defizite produzieren können. Und daher nun nach der Reihe schließen.
Die Forcierung der „Alternativen“ zahlen die Konsumenten (neben ihren Verlusten als Miteigentümer vom Stromfirmen) doppelt: Erstens durch die Verdopplung ihrer Stromrechnung (vor allem in Deutschland; Österreich ist im Vergleich dazu ausnahmsweise geradezu harmlos); und zweitens durch das vor allem in Winterzeiten rapide wachsende Risiko eines europaweiten Strom-Blackouts. Wenn mehrere Tage – vor allem bei dicken Nebellagen – weder die Sonne scheint noch Wind geht, wird Europas Stromversorgung zusammenbrechen. Nicht nur in Deutschland.
Hinter der deutschen Politik kann man konkret die Ursachen nennen: Das ist zum einen der massive Widerstand vieler Gemeinden gegen den Bau von Stromleitungen, die Energie vom windreichen Norden nach Süden transportieren würden, die also wenigstens einen gewissen Ausgleich herstellen würden. Das ist zum anderen die in Deutschland besonders hysterische Reaktion, als ein Tsunami in Japan ein AKW kaputt gemacht hat. Während sich im ostasiatischen Inselstaat längst wieder die Notwendigkeit von Atomstrom durchgesetzt hat, setzt Deutschland ganz auf Windmühlen und Solarkraftwerke.
Auf Kosten vieler Stromgesellschaften; auf Kosten der Konsumenten; und auf Kosten der Versorgungssicherheit ganz Europas.
In Österreich müssen auch etliche Bundesländer ihre modernen Kraftwerke schließen. Sie können es nur dann nicht, wenn zugleich mit dem Strom auch Fernwärme erzeugt wird, also wenn sie die einst sehr gelobten Kraftwärme-Kupplungen haben. Die Fernheizsysteme Wiens kann man ja nicht ebenfalls sperren. Mit der besonders absurden Folge, dass nun auch diese Krwaftwärme-Kupplungen durch ein heimlich still und leise durchgepeitschtes Bundesgesetz im laufenden Betrieb gefördert werden. Womit hierzulande noch einmal die Menschen zu Schaden kommen.
Da bin ich ja jetzt gespannt: Die Türkei zahlt entweder 90 Millionen Euro Strafe oder verlässt den Europarat. Wofür entscheidet sich Machthaber Erdogan? Er steckt ja zwischen Scylla und Charybdis.
Denn Ankara muss zypriotischen Bürgern, die im von der Türkei besetzten Norden der Insel Grundeigentum oder verschwundene Verwandte hatten, insgesamt 90 Millionen Euro Entschädigung zahlen. So hat zumindest der zum Europarat gehörende Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschieden – nach Jahrzehnten, in denen man vergeblich auf eine gütliche Einigung gehofft hatte. Damit steht jetzt Ankara vor der Alternative: Es zahlt entweder eine saftige Strafe für seine Nordzypern-Invasion. Oder es scheidet aus dem Europarat und damit automatisch aus dem europäischen Integrationskreis aus. Ein Drittes gäbe es nur dann, wenn sich die Politiker im Europarat dafür entschließen sollten zu ignorieren, dass die Türkei den Gerichtshof ignoriert. Das aber ist eigentlich nach dem überraschenden Mut des Europarats in Sachen Ukraine nicht zu erwarten. Denn dann wäre der Menschenrechtsgerichtshof tot. Dann würden doch noch jene triumphieren, die in Sachen Ukraine gegenüber dem mächtigen Russland in die Knie gehen, die sagen "Man solle wegen einem bisserl Einmarsch doch nicht gleich so sein." So wie es ihre Vorväter schon 1938 gesagt haben. Dann triumphiert so wie damals die Politik des Stärkeren.
Was und wer wird der eigentlich gewählt? Ist das EU-Parlament demokratisch? Was tut es überhaupt? Welche Rechte hat es? Darüber befragt Erstwähler Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.
Eigentlich ist es nur noch zum Lachen: Es gibt bis heute nicht einmal einen EU-Entwurf zur Finanztransaktionssteuer, den alle Befürworter diese Steuer befürworten würden. Man ist sich lediglich darin einig, dass bis Jahresende ein solcher kommen solle. Das ist freilich schon seit Jahren zu hören. Übrigens ist auch „man“ schwer übertrieben: Bei der jüngsten EU-Finanzministersitzung waren es ganze 10 von 28 Finanzministern. Jetzt ist mit Slowenien auch Nummer Elf (vorerst?) abgesprungen.
Es ist halt wie bei den zehn kleinen Negerlein (oder wie das sonst für politisch Korrekte heißen mag), die ich als Kind auch immer sehr witzig gefunden habe.
Auch bei den Zehn werden immer mehr immer zurückhaltender. Etwa Leithammel Deutschland. Dann man kommt zunehmend drauf, dass da von einem blühenden Unsinn geredet wird, die nur Linksaußen-„Ökonomen“ wie ein Herr Schulmeister befürwortet.
In Österreich sind Regierung und große Teile der Opposition freilich überraschend einig, dass diese Steuer kommen solle. Warum? Die Antwort ist einfach: Hier sitzt ja im Nationalrat kein einziger, der sich mit Aktien und dergleichen auskennen würde. Und Aktienbesitzer sind am Wahltag nur eine Minderheit und jedenfalls etwas Böses.
Dass die Regierung das Geld aus dieser neuen Steuer kassieren möchte, ohne im Gegenzug die Einkommensteuer senken zu wollen, ist eine zusätzliche Provokation. Auch die SPÖ spricht ja von einer Einkommensteuersenkung nur für den Fall der imaginären „Millionärssteuer“, für die sie aber bis heute keinen Gesetzesvorschlag vorzulegen imstande ist. Weil diese halt ebenso ein Unsinn ist.
Die Finanztransaktionssteuer ist nicht nur deswegen falsch, weil jede weitere Besteuerung in Höchststeuerländern ein absoluter Wahnsinn ist. Sie würde darüber hinaus auch deshalb schwer schaden, weil sie die Vertreibung von Aktiengesellschaften noch beschleunigt. Das ist in Österreich in Zeiten, wo von der Voestalpine bis zur Erste Bank die Übersiedlung ins Ausland immer konkreter wird, besonders selbstbeschädigend.
0,1 Prozent klingt zwar gewiss harmlos. Nur führt auch dieser Betrag zu sofortigen Reaktionen, weil er ja in vielen Fällen öfters fällig wird. Oder werden dürfte.
Dabei weiß man nicht einmal noch, ob – und wie! – die neue Steuer etwa auch dann kassiert werden soll, wenn beispielsweise ein Aktienhändler in Singapur ein Österreich-Paket nach Hongkong verkauft. Oder wenn diese Aktien von einem dortigen Fonds gekauft werden, der dann weltweit immer weiter gehandelt wird. Oder wenn eine ausländische Aktiengesellschaft in vielen Ländern Niederlassungen hat.
Noch gefährlicher ist, dass Aktiengesellschaften schneller als man denkt in ein anderes Land übersiedeln können, wo keinerlei Transaktionssteuer fällig wird. Das geht noch viel rascher als ein Voest-Neubau in Texas anstelle von Linz.
Von den Derivaten wird fast überhaupt nicht mehr gesprochen. Deutschland will sie vorerst doch nicht besteuern. Zum Glück! Bei diesen geht es etwa darum, dass die Aua den Spritpreis mit solchen Derivaten gegen plötzliche Änderungen absichert, weil sie ja Monate vorher schon Tickets zu einem fixen Preis verkauft. Derivate sind zwar in Politikerreden, bei linken Theoretikern und Boulevardmedien etwas furchtbar Böses, in Wahrheit aber meist sehr notwendig.
Längst hat man das Gefühl, dass kaum ein Land noch diese Steuer wirklich haben will, seit sich echte Experten näher damit befassen. Nur gibt man das aus innenpolitischen Gründen nicht gern zu. Und streichelt, pardon: beredet diese Steuer halt so lang, bis sie tot und vergessen ist.
Lediglich noch Michael Spindelegger und Werner Faymann glauben daran. Ob das für sie spricht?
PS: Im Vergleich zu dieser Finanzaktions-Lachnummer ist zu loben, dass Außenminister Kurz in Sachen Ukraine rasch dazugelernt hat. Er hat rund um das Europarats-Treffen zum richtigen Zeitpunkt ernst geschaut und zum richtigen gelächelt, er hat nichts Falsches gesagt oder gar versprochen und geradezu staatsmännisch gewirkt. Das ist anzuerkennen, da Kurz hier gerade wegen seiner anfänglich recht dümmlichen Worte in Sachen Ukraine noch sehr hart getadelt werden musste.
Zwei nicht zusammenhängende Beobachtungen von einem Kurzaufenthalt in Sizilien: über die italienische Kirche und über die „Flüchtlinge“.
Die eine Beobachtung betrifft die nun täglich schon zu 1000 bis 2000 übers Mittelmeer kommenden Schwarzafrikaner. Deren „Rettung“ wird ja immer in den Medien verkündet (jetzt zunehmend kleiner: Diese Massenmigration ist offenbar schon zum Normalfall in Europa geworden). Es berichtet aber kein Medium jemals über den weiteren Weg dieser Migranten.
Auf Sizilien sind sie jedenfalls nur sehr kurzfristig in Lagern. Sie überschwemmen vielmehr Orte der Insel (auch wenn sie in anderen – dort, wo Touristen hinkommen – gar nicht zu sehen sind). Sie haben alle dasselbe Ziel: Sie wollen irgendwo in der gelobten EU unterkommen. Keiner wird – wie es eigentlich der Rechtslage entspricht – zurückgeschickt. Niemand nimmt die „Flucht“-Stories dort auch nur irgendwie noch ernst. Niemand macht sich die Mühe, ihretwegen noch dicke Akten anzulegen.
Die „Flucht“-Geschichten sind nur noch für die linken Medien und die Caritas; nicht einmal die aufnahmegierigen Grünen (und bei uns: die Neos) glauben sie noch ernstlich. Die Italiener signalisieren vielmehr den Migranten, dass es ihnen weitaus am liebsten wäre, wenn die Afrikaner weiter im Norden ihr Glück zu versuchen.
Die andere Beobachtung überrascht in ganz anderem Zusammenhang: Es geht um die zwei soeben heilig gesprochenen Päpste. Während man wusste, dass Polen bis heute ganz im Banne von Johannes Paul II. steht, überrascht umso mehr das Desinteresse selbst der Gläubigen Italiens am gleichzeitig heilig gesprochenen Johannes XXIII: Auch in den sizilianischen Kirchen wird der Pole auffallend mehr gefeiert als der Italiener. Dabei war dieser ja der Papst, der den Entschluss zum Konzil gefasst hatte.
Für das erstaunliche Desinteresse an ihm gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder überwiegt die zeitliche Nähe zum polnischen Papst bei weitem die räumliche, die es zum italienischen gibt. Oder aber: Das mit Johannes XXIII. verbundene Konzil ist heute beim Kirchenvolk gar nicht so populär, wie es manche Kirchenfunktionäre gerne hätten.
PS: Ein Gutteil der Votivkirchen/Servitenkloster-Besetzer ist übrigens immer noch in Wien. Und lebt immer noch vom Steuergeld, wie man der Nachricht über ein neues Quartier der Ex-Besetzer entnehmen kann.
Wir bekommen nun Medienfestspiele mit den EU-Spitzenkandidaten – sie werden im Fernsehen diskutieren, „wahlfahren“ und laut die Werbetrommel für sich rühren. Denn der Spitzenkandidat des stärksten Parteiblocks im EU-Parlament soll die Nachfolge von José Manuel Barroso als Kommissionspräsident antreten. Darum lohnt sich ein kleiner Blick auf die Herren.
Der Kandidat der Europäischen Volksparteien, der Luxemburger Jean Claude Juncker hatte zwar mit Maria Fekter so seine Probleme, und zwar nicht nur wegen seiner von der Ex-Finanzministerin fern-diagnostizierten Nierensteine, die seine Laune beeinflussen könnten. Ansonsten kennt man ihn vor allem als Sachpolitiker, der immer wieder vorzeigte, wie auch kleine Länder in der Union einflussreich sein können.
Für Österreicher sind seine beiden Gegenkandidaten allerdings noch viel weniger unbeschriebenen Blätter. Wenn auch mit einem anderen Zugang zu kleinen Partnern.
Der Deutsche Martin Schulz, der polternde amtierende EU-Parlamentspräsident und Spitzen-Kandidat der Europäischen Sozialisten, und der Belgier Guy Verhofstadt, Zählkandidat der Liberalen und der österreichischen Neos, waren führend an den Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 beteiligt. Wo vorgeführt wurde, wie man mit einem kleinen Land umgehen kann, das eine Regierung bildet, die vielen nicht genehm war.
Bezeichnend ist auch, dass beide wohl nicht aus eigenem politischen Sendungsbewusstsein das schwarz-blau regierte Österreich zum Paria Europas stempeln wollten, sondern sich von den Parteifreunden der Alpenrepublik zu ihrem Zorn antreiben ließen.
Man könnte sagen: Schnee von gestern.
Aber gerade bei Herrn Schulz fällt sein kreativer – oder doch situationselastischer – Umgang mit allem, was Sanktionen sind, auf. Zum Beispiel gehörte er zu den großen Warnern vor Sanktionen gegen Russland. Fragt sich, von wem er diesmal ferngesteuert ist – vielleicht von seinem Genossen Gerhard Schröder, der sich ja eben erst feixend und fröhlich von dem „lupenreinen Demokraten“ Vladimir Putin herzen ließ. Und zwar schon nachdem er lupenrein diktatorisch die Krim annektiert hatte.
Fernsteuerung ist jedenfalls keine gute Voraussetzung für einen Kommissionspräsidenten.
Nachgerade sensationell sind Ergebnisse zu nennen, die eine von der überparteilichen Bozener „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“ in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage erbrachte, welche das italienische Meinungsforschungsinstitut DEMETRA aus Mestre in ganz Italien durchgeführt hat. Demnach befürworten 71,8 Prozent der befragten Italiener das Recht auf politische Selbstbestimmung der Südtiroler. 63 Prozent wissen Bescheid über die Annexion und den im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye Italien zugesprochenen südlichen Teil Tirols.
Hingegen ist nur jedem dritten befragten Italiener bekannt gewesen, dass in Schottland eine Volksabstimmung über dessen Unabhängigkeit stattfindet und in Katalonien ebenfalls ein solches Referendum angesetzt ist. Trotzdem befürworten 74 Prozent der befragten Italiener ausdrücklich auch das Recht von Schotten und Katalanen auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.
Ein Tag nach Bekanntgabe dieser demoskopischen Befunde in Bozen wurde in Meran der 29 Jahre alte Philipp Achammer zum neuen Vorsitzenden der Südtiroler Volkspartei (SVP) gewählt. Achammer ist der fünfte Nachfolger Silvius Magnagos, des „Vaters der Autonomie“, auf dem Stuhl des Parteiobmanns und zugleich der jüngste in der Parteigeschichte. Als befreundeter österreichischer Amtsträger war der um ein Jahr jüngere Außenminister Sebastian Kurz aus Wien angereist, um seinem Alters- und Gesinnungsgenossen Achammer „die Mauer zu machen“, wie der gelernte Österreicher sagt.
Ideologische Mauern müssten die beiden auch gar nicht überwinden. Denn deckungsgleich sind ihre Positionen zu Grundfragen der Südtirol-Politik. Kurz bekennt sich uneingeschränkt zum SVP-Konzept einer „Vollautonomie“. Wie oft der damit unterstrichene Zustand einer „Teil-“ oder allenfalls „Halbautonomie“ von Rom in den letzten Jahren beshnitten worden ist, lässt er, sofern er davon überhaupt eine Vorstellung hat, unter den Tisch fallen.
SVP-Pendant Achammer tut es ihm darin gleich. Geflissentlich übergehen beide das (aufgrund von Rom nicht eingehaltener vertraglicher Abmachungen) fortdauernde Gezerre, welches Bozen allein schon in den Jahren seit 2011 – von den Regierungschefs Mario Monti über Enrico Letta zu Matteo Renzi – scheibchenweise autonome Zuständigkeiten – und Südtirol zustehende, weil selbst erwirtschaftete – Finanzmittel entzog. Stattdessen schimpfen sie jene „Ewiggestrige“ und „Phantasten“, die, wie die damit immer erfolgreicher agierenden Südtiroler Oppositionsparteien, nach Auswegen aus dieser Misere im Beschreiten anderer Pfade suchen.
„Freistaats- und Unabhängigkeitsphantasien führen die Menschen in die Irre“, sagte Kurz in Meran. Achammer hat noch nie etwas anderes als ähnliche Standardsätze von sich gegeben. Weshalb sich unter den Glückwünschen, die er nach seiner „alternativlosen Wahl“ zum SVP-Obmann erhielt, auch Vorbehalte zweier STF-Jungfunktionäre befanden: „Als junger Mensch ist Achammer sicherlich ein positives Beispiel für gelungene Jugendpolitik, seine Ansichten zu Fragen der Selbstbestimmung bleiben jedoch zweifelhaft und werden die Ausrichtung der SVP weiter in Richtung Rom verschlechtern, anstatt sich von der staatlichen Fessel Italiens zu lösen.“ (STF ist die „Süd-Tiroler Freiheit“, die Eva Klotz-Partei).
Achammer und Kurz scheinen wie SVP und ÖVP, für die sie stehen, zu ignorieren, was sich in der Selbstbestimmungsfrage tut; auch und gerade in Italien, diesem seit seiner „Einigung“ in den 1860er Jahren labilen Staat. In einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, an dem sich 2,36 Millionen Wahlberechtigte (73 Prozent der Wählerschaft der Region) beteiligten, antworteten 89 Prozent der Beteiligten auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Veneto ergreift die Lega Nord in der Lombardei eine ähnliche Initiative. Lega Nord-Chef Matteo Salvini zielt auf „ein offizielles Unabhängigkeitsreferendum“; es soll am 18. September stattfinden, dem Tag, an dem in Britannien das Referendum über Schottlands Souveränität vorgesehen ist. Auch im Südteil Tirols gab es im Herbst 2013 ein eindrucksvolles „Los-von-Rom“-Referendum, initiiert und organisiert von der Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“.
In Brüssel fand unlängst eine machtvolle und farbenprächtige „Selbstbestimmungskundgebung der Völker und Regionen Europas“ statt. Wenngleich Mainstream-medial verschwiegen, nahmen daran gut 25 000 Menschen teil und unterstrichen den Willen von Flamen, Katalanen, Schotten, Basken, Venetern, Lombarden und Südtirolern zur Selbstbestimmung. Ihr Marsch quer durch Brüssel unter der Losung „Europe, we will vote!" signalisierte, dass auf nicht zu unterschätzenden Terrains EUropas Umbrüche hin zu freien, selbstbestimmten und selbstverwalteten neuen Gemeinwesen im Gange sind, organisiert von Repräsentanten volklicher Entitäten, die sich nicht mehr mit Halbfreiheiten abspeisen lassen und also ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen.
Neulich waren auf dem Markusplatz in Venedig Tiroler Fahnen inmitten eines venezianischen Fahnenmeers zu sehen, als die STF an einer großen Kundgebung für die Freiheit des Veneto teilnahm. Wiewohl von der Quästur untersagt, ließen es sich Anhänger der Unabhängigkeitsgruppierungen „Raixe Venete“, „Liga Veneta“, „Governo Veneto“ und „Nasion Veneta“ sowie die Südtiroler STF-Gruppe nicht nehmen, für ihr Motto „Süd-Tirol und Venezien sind nicht Italien“ zu demonstrieren.
Ob derlei Geschehnisse und Ergebnisse „niemanden jucken“, wie Karl Zeller, SVP-Senator, bemerkte? Nicht nur in Rom befürchtet die politische Klasse angesichts wachsender regionaler Erosionserscheinungen eine Art „Domino-Effekt“. Zumal Beppe Grillo von der „Fünf Sterne“-Partei schon begrüßend der „Auflösung Italiens in seine Einzelteile“ das Wort redet. Kurz und Achammer hingegen, ausgestattet allenfalls mit rudimentärer politischer Erfahrung, schicken sich als „junge Unvollendete“ an, quasi in Vorbildfunktion den politkarrieristischen „Paradigmenwechsel“, auch für andere Parteien zu erzwingen. So sich die „Stars“ nicht als Sternschnuppen erweisen und alsbald verglühen.
Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist
Noch nie hat eine europäische Wahl eine so unsichere Wählerschaft angetroffen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Österreichs kann auch nach fast 20 Jahren keinen einzigen Vorteil der EU-Mitgliedschaft nennen. Und auch den anderen fällt meist nur ein einziger Nutzen der EU ein. Da mutet es ziemlich absurd an, wenn gleich vier der antretenden Listen die Begeisterung für die EU, sogar die „Liebe“ zu ihr wie eine Monstranz als Glaubenswahrheit vor sich hertragen. Ebenso leer mutet aber auch die Gegenseite an, die nur schimpft, aber keinerlei klare Perspektive erkennen lässt.
Nüchtern-kritische Distanz zur EU, die Perspektiven offeriert, die ohne Emotionalität Vor- und Nachteile aufzeigt, findet man jedoch bei keiner einzigen Liste. Dabei gibt es ganz eindeutig sowohl Vor- wie auch Nachteile.
Eigentlich sollte man sich genauso wie beim eigenen Parlament oder Gemeinderat verhalten. Liebe oder Hass zu Österreich, zu Deutschland, zum eigenen Ort oder Bundesland sind dort ja auch nicht Thema. Es ist absurd, dass es ausgerechnet bei der EU-Abstimmung um Liebe oder Hass gehen soll. In Wahrheit sollte man auch bei der Europa-Wahl nüchtern jene Liste suchen und wählen, die in Abstimmungen am öftesten die eigene Meinung vertreten hat und mutmaßlich auch in Zukunft vertreten wird.
Aber genau das ist hinter all den wolkigen Schlagworten nur schwer zu sagen. Das fängt schon mit der medialen Berichterstattung an. Zwar sind angeblich 70 Prozent der Gesetze heute durch EU-Richtlinien determiniert, aber im ORF wird der Nationalrat, sogar der Bundesrat in unerträglicher Länge übertragen, nicht jedoch das EU-Parlament.
Ähnlich verhalten sich die Zeitungen. Diese haben alle ihre Korrespondenten in Brüssel bei der Kommission. Sie berichten hingegen über das EU-Parlament viel weniger intensiv. Man prüfe die Folgen dieser absurden Disproportionalität etwa an der simplen Frage, welche Fraktionen man im heimischen Parlament und welche man im europäischen kennt. Diese Frage legt auch bei fast allen Medienmachern peinliche Ahnungslosigkeit über die EU bloß.
Wie in jedem Parlament gibt es auch in dem der EU sehr sinnvolle, aber auch sehr viele dumme und überflüssige Beschlüsse. Aber das bleibt hinter lauter Liebe verborgen. Es ist absurd, falsches Verhalten eines Mandatars, einer Fraktion problemlos in Österreich, aber nie in Europa offen und hart kritisieren zu dürfen. Wer es dennoch tut, wird gleich zum Antieuropäer gestempelt (was auch immer das genau ist). Oder er gerät sofort in eine Liebe-Hass-Polarität, obwohl ja auch niemand gleich das Österreichertum in Frage stellt, wenn man etwa das österreichische politische Personal für suboptimal hält.
Für den Autor steht freilich absolut fest: Er wird auch bei dieser Wahl hingehen. Und er wird jedenfalls eine gültige Stimme in die Box werfen. Denn jede Form der Nichtteilnahme würde ja nur die Stimmen der anderen aufwerten. Das würde nur jene bevorzugen, die er am allerwenigsten will. Das würde nur jenen Recht geben, die ohnedies kein Mitsprachrecht der einfachen Bürger wollen.
Ist einmal diese Grundentscheidung gefallen, wird die Entscheidung viel schwerer. Von meiner wertorientierten Einstellung her stehen mir die rechten, die konservativen Parteien nahe. Also ÖVP, FPÖ und Stadlers Reformkonservative. Ein Linker wird eben andere Werte, und damit die anderen Fraktionen bevorzugen.
Als Konservativer prüft man als erstes das Verhalten beim Schutz des Lebens, die Einstellung zur Familie, die abwehrende Haltung zu einer sich ständig in noch mehr Privatsachen einmischenden Obrigkeit, zum engeren Zugriff der Obrigkeit auf die Kinder, zur aggressiven Homosexuellen-Propaganda der Linken, zur Schuldenmacherei. Auch wenn keine Fraktion hier hundertprozentig entspricht, so haben sich doch bei diesen Fragen alle drei Gruppierungen halbwegs ordentlich geschlagen.
Gesellschaftspolitik und all diese Fragen haben zwar früher in der EU keine Rolle gespielt. In den letzten Jahren hingegen sehr. Die Linksparteien in der EU haben nämlich ganz intensiv versucht, über Europa jene Gesellschaftspolitik zu machen, die sie national nicht durchgebracht haben.
Also wird es eine der drei genannten Listen sein. Welche aber, das weiß ich bis heute nicht. Es gibt nämlich ganz fundamentale Probleme mit jeder der drei Parteien (wobei die extrem geringen Chancen der Stadler-Kandidatur, auch nur einen einzigen Sitz zu erobern, noch gar nicht berücksichtigt sind).
Die FPÖ und Stadlers Reformkonservative haben selbst den Widerstand aufgebaut, sie zu wählen. Sie haben sich in den letzten Wochen total zu Propagandisten des aggressiven russischen Vorstoßes auf das Gebiet eines anderen Staates gemacht. Das Warum dieser prorussischen Positionierung ist ein absolutes Rätsel. Denn es hat der FPÖ weit mehr geschadet als das Auswechseln ihres Spitzenkandidaten. Lag die Partei vor ihrem Krim-Abenteuer noch an erster Stelle und den 30 Prozent näher als den 20, so liegt sie heute wieder unter 20 Prozent an dritter Stelle.
Viele Wähler wollen nichts mit Putins Freunden zu tun haben. Dabei habe ich die um mehr Meinungsfreiheit kämpfenden Rechtsparteien eigentlich lange als Freunde der Freiheit eingestuft.
Für nüchterne Beobachter besteht jedoch kein Zweifel: Russland unter Putin hat mit Freiheit und Demokratie nichts mehr zu tun. Wenn man ernsthaft den angeblich notwendigen „Schutz der Russen“ in aller Welt zum Kriegsgrund erhebt, dann sollten Freiheitliche zumindest daran denken, dass auch in Österreich heute Zehntausende Russen leben. Wo ist da noch der Unterschied?
Putin spielt zwar jetzt auf dem religiösen Klavier, um die Russen hinter sich zu scharen. Das würde theoretisch christlichen Parteien – oder sich christlich gebenden – entsprechen. Aber Putin hat noch keine Sekunde Reue gezeigt, dass er voll Begeisterung so lange für den totalitären Sowjetstaat gekämpft hat, in dem Religion und Meinungsfreiheit schwer unterdrückt worden sind. Auch in Putins heutigem Reich werden Stalin und Lenin verherrlicht; Oppositionelle wandern wieder ins Gefängnis; es gibt keinen Hauch unabhängiger Richter; und die paar oppositionellen Medien erleben immer dann einen „zufälligen“ Eigentümerwechsel, sobald sie Putin gefährlich werden.
Noch unverständlicher ist, dass Stadler- und FPÖ-Abgeordnete persönlich einen Persilschein für die Annexion der Krim durch Russland gegeben haben. Sie haben sich weder bei Krim-Tataren, noch bei Krim-Deutschen, noch bei Krim-Ukrainern umgehört. Sie haben keine Ahnung von demokratischen Abstimmungen: Denn die kann es nur dann geben, wenn auch in den Wochen vorher freie Information und Kommunikation durch alle Seiten möglich gewesen ist. Die Wahlurnen zu beobachten sagt gar nichts.
Die FPÖ hat damit die gewaltsame Veränderung europäischer Grenzen durch Russland gutgeheißen. Diese ist erfolgt, ohne dass Moskau in irgendeiner Weise durch humanitäre Katastrophen oder eine offene Bedrohung dazu legitimiert gewesen wäre. Das ist ein dramatischer Qualitätsbruch, über den man nicht zur Tagesordnung übergehen darf. Wer Putin jetzt die Mauer macht, dem ist offensichtlich der Friede in Europa gleichgültig. Und die in der FPÖ offenbar für bare Münze genommenen Schreckensgeschichten über die Amerikaner sind primär Erfindungen der russischen und der linksradikalen deutschen Medien.
Bleibt theoretisch die ÖVP. Diese aber schickt ausgerechnet einen Spitzenkandidaten ins Rennen, der an blauäugiger Begeisterung für einen EU-Zentralismus Rot, Grün und Pink noch zu übertreffen sucht, wenn das möglich wäre. Der als Parlamentsvizepräsident in fast jeder Frage für noch mehr Rechte der EU und des EU-Parlaments eingetreten ist. Der kein einziges Mal dadurch aufgefallen wäre, dass er für die Freiheit des Einzelnen, der Mitgliedsstaaten oder Kommunen gekämpft hätte. Der selbst jetzt noch Interviews gibt, wo er sich als Zentralist outet. Der ganz offensichtlich Anti-Strasser mit Pro-Zentralismus-Stimmen verwechselt.
Lediglich in der kurzen Ära des Außenamts-Staatssekretär Lopatka hat die ÖVP den Eindruck erweckt, dass sie endlich erkannt hätte, dass man auch die EU kritisieren darf. Dass viel weniger europaweit geregelt werden sollte, als in den letzten Jahren geschehen ist. Dass die EU reihenweise die eigenen rechtlichen Pflichten gebrochen hat. Nach Lopatka hört man aber nur noch die Liebe zur EU.
Wahrscheinlich haben der Druck der ja nur vermeintlich EU-unkritischen Industriellenvereinigung, die Angst vor der EU-fanatischen Neos und die Verwechslung des Jahres 2014 mit 1994 der ÖVP in Sachen EU jede kritische Distanz geraubt. Bei etlichen ihrer Schwesterparteien kann man diese dringend notwendige Kritik hingegen halbwegs hören. Besonders laut etwa bei der früher der ÖVP so eng verbundenen CSU. Oder hat man sich bei den Schwarzen gar vor der Drohung des Othmar Karas gefürchtet, notfalls auch mit einer eigenen Liste anzutreten, wenn ihn die ÖVP nicht nimmt? Hätte sie doch nur.
Wie auch immer. Ich bin absolut ratlos.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Sie droht im laufenden EU-Wahlkampf versenkt zu werden. Für Unternehmen wie auch Arbeitnehmer in Europa und Amerika wäre sie jedoch enorm wichtig und positiv: die transatlantische Freihandelszone. Auch wenn die genauen Schätzung ihrer Folgen immer schwierig bleibt, so ist doch völlig klar: Wenn es wirklich gelänge, einen 800 Millionen Menschen umfassenden gemeinsamen Markt zu schaffen, der die Hälfte(!) des gesamten Welthandels umfasst, so würde das viele Unternehmer zur Ansiedlung motivieren. So würden zahlreiche Arbeitsplätze entstehen.
Das gelingt aber nur dann, wenn diese transatlantische Zone aus mehr bestünde als aus der bloßen Abschaffung von Zöllen. Diese sind schon längst nicht mehr das zentrale Problem. Viel wirksamer und raffinierter sind die nicht tarifären Hindernisse und Investitionsbremsen.
Jedoch wird jetzt im Wahlkampf europaweit von Grün und Blau mit ähnlichen Argumenten gegen Amerika Stimmung gemacht, wie sie das 1994 in Österreich gegen die EU getan haben. Damals wurde beispielsweise ernsthaft als Argument gegen einen EU-Beitritt vorgebracht, dass niederländische Paradeiser weniger gut schmecken als einheimische. Hinter zahllosen solchen Argumenten verbargen sich in Wahrheit meist einheimische Produzenten, die auf Kosten der Konsumenten ohne neue Konkurrenz weiter ihre Geschäfte machen wollten. Und deren PR-Agenten, die Schauergeschichten ausstreuten.
Niemand muss bis heute niederländische Tomaten essen. Aber als mündiger Konsument will ich selber entscheiden, ob mir die besser oder schlechter schmecken als einheimische. Es muss nur zweierlei geben: ein Verbot gesundheitsschädlicher Waren und eine klare Kennzeichnung. Alles andere ist mieser Interessen-Lobbyismus, der sich hinter ökologischen, sozialen oder sicherheitsorientierten Scheinargumenten verbirgt. Denn auch in Amerika rennen genausowenig Menschen mit zwei Köpfen herum wie in Europa. Die Lebenserwartung ist praktisch gleich: USA 79, Kanada 81, Europa 77, ohne Osteuropa 81.
Wer beispielsweise glaubt, dass Atomstrom schädlich ist, der wählt halt den teuren „atomfreien“ Strom. Dennoch würde auch ohne EU weiterhin Atomstrom nach Österreich importiert, da das Land seit Jahren zu wenig Kraftwerke hat und daher zu wenig Strom produziert.
Man braucht auch in Zukunft als Konsument nicht die derzeit in vielen Diskussionen herumflatternden amerikanischen Chlorhühner zu kaufen. Ich hingegen würde diese sogar mit Vorrang erwerben, da sie durch die ungiftige Chlor-Behandlung sicherer gegen Salmonellen sind.
Besonders wichtig für die Ansiedlung von Unternehmen wäre vor allem ein unabhängiger Schutz gegen spätere Schikanen eines Aufnahmestaates oder gegen Verstaatlichung. Diesen Schutz schafft nur ein unabhängiges Gericht. Wer ihn verweigert, der nimmt in Kauf, dass viele Arbeitsplätze nicht entstehen.
Steht am Ende links- wie rechtsextremer Antiamerikanismus hinter der Ablehnung der neuen Freihandelszone?
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Wer die EU kritisiert, wird von weiten Teilen des politischen und medialen Establishments zum Obskuranten gestempelt. Man darf zwar Österreich scharf und auch grundsätzlich kritisieren, aber nicht die EU. Verstehe das, wer kann.
Der österreichische Rechnungshof kritisiert scharf Organe und Unternehmen der Republik. Im Rechnungshof der EU meinen viele hingegen: Man müsse sich mit scharfer Kritik zurückhalten. Das würde sonst von den EU-„Feinden“ aufgegriffen.
Ich bin schon einmal vom politischen und medialen Establishment zum Obskuranten gestempelt worden: Als ich in den 80er Jahren (dank der Toleranz meines Chefs Thomas Chorherrs) als erster Journalist einen „Vollbeitritt“ zur EU als möglich, sinnvoll und notwendig bezeichnet habe. Außenamt, Wirtschaftskammer, Bauern, Gewerkschaft, Völkerrechtler, Regierung und erst recht die Links-„Intellektuellen“: Alle waren damals strikt gegen mich und einen Vollbeitritt – angeblich aus rechtlichen Gründen, aber in Wahrheit aus Dummheit, Feigheit oder geheimen Interessen. Statt dessen wurden Seltsamkeiten propagiert wie etwa ein „Global approach“, in dem man zwar alle EU-Regeln hundertprozentig nachmacht – aber ohne Beitritt und Mitbestimmung.
Auch heute bekenne ich mich zur vollen Mitgliedschaft. Ich kritisiere die EU aber in etlichen Bereichen scharf. Das ist weder Widerspruch noch Haltungsänderung. Das ist vielmehr zwingende Reaktion auf Änderungen der EU selbst. Es sind die kritiklosen EU-Apologeten und die Kämpfer für einen ständigen Kompetenz-Transfer Richtung Europa und damit die Entmachtung der Staaten, die eines Tages schuld am Ende der EU sein werden. Die meisten Kritiker versuchen hingegen noch zu retten, was damals wie heute wichtig und gut ist an der EU.
Was ist das? Da wird manches genannt, freilich ist nur ein Teil richtig.
Damit sind wir schon bei den vielen Gründen, warum die Liebe zu Europa erkalten musste. Warum europaweit der Anti-EU-Sturm anschwillt, der bei uns durch staatsoffizielles und ORF-manipuliertes Schönreden nur noch schlimmer wird. Fast zu jedem der in der Folge aufgelisteten Defizite gäbe es viel zu sagen:
Die Summe dieser Punkte hat die einst große Liebe zu Europa in großen Zorn verwandelt.
Dieser Beitrag erscheint in ähnlicher Form in der neuesten Nummer der Zeitschrift "Academia".
Schlimmer kann es kaum noch kommen: Das Land muss wahrscheinlich wegen seines Defizits Strafe zahlen. Tut aber nichts, denn dafür lässt es mit seinem Wahlmodus alle Welt lachen.
Jetzt ist der Finanzminister mit der niederschmetternden Nachricht herausgerückt: Österreich wird wegen seines nicht den Versprechungen entsprechenden Defizits wahrscheinlich das erste EU-Land sein, das Strafe zahlen muss. Super. Kann eigentlich noch deutlicher klar werden, dass diese Regierung überhaupt keine Reformen zustande bringt? Seit Werner Faymann (und seine Einflüsterer aus der Arbeiterkammer) an der Macht ist, herrscht der absolute Stillstand. Aber dafür sorgt Österreich gleich für doppelte Heiterkeit: Erstens ist es das einzige EU-Land, das 16-Jährige wählen lässt. Kleiner Tipp an die Koalition: Dieser Lacherfolg lässt sich durch eine weitere Senkung des Wahlalters auf 14, 12, 10 usw. locker widerholen. Und zweitens bleibt auf dem Stimmzettel die dritte Zeile einfach leer. Dabei kandidieren natürlich viel mehr Parteien als nur Schwarz und Rot, die oberhalb stehen. Diese Leere wird offiziell mit dem Nichtantreten der Liste Kronenzeitung, pardon: Martin begründet. Inoffiziell damit, dass die beiden Machtparteien sich so abheben möchten. Wie auch immer: Jedenfalls kann Europa gleich zweifach kräftig über Österreich lachen. Ob das wirklich vom Schuldenmachen ablenkt?
PS: Nur noch verzweifelt lachen muss man freilich auch, wenn zum Zeitpunkt, da die Kriegsgefahr immer größer wird, SPÖ-Politiker ernsthaft Sender zwingen wollen, einen Mindestanteil österreichischer Musiker zu senden. Einem echten Sozialisten fällt halt ständig was ein, wo er noch weiter regulieren kann. Bleibt nur zu hoffen, dass es noch genügend betrunkene Überbleibsel vom letzten Donauinselfest gibt, um diese Sendezeit zu füllen.
Energie ist die Lebensader jeder Wirtschaft. Das klingt banal, aber der Energiekrieg zwischen Deutschland und Europa beweist es täglich. Und zwar weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. An sich hat jede Seite auf ihre Weise recht. Nur bringt das noch keine Lösung. Der Konflikt ist in Wahrheit unlösbar, solange Deutschland am Prinzip der Energiewende festhält, während der Rest der Welt darüber nur lacht.
In Deutschland wird diese heute krasser als in jedem anderen EU-Land vollzogen. Solar- und Windenergie werden mit jahrzehntelangen Abnahme-Garantien zu hohen Preisen gepusht, die weit über den Marktpreisen liegen. Daher werden auch massenweise Alternativ-Anlagen gebaut. Diese Garantien zahlt aber nicht die Regierung – woher denn auch –, sondern Konsumenten und Klein-Unternehmer. Deren Stromrechnung ist heute doppelt so hoch wie vor der Wende. Einige bevorzugte Betriebe bekommen hingegen weiterhin billigen Strom und zahlen oft nur ein Zehntel dessen, was andere zahlen müssten.
Das sorgt bei den kleineren Unternehmen und den Haushalten für zunehmende Empörung. Das diskriminiert sie und vernichtet überdies zunehmend viele Kleinunternehmer samt den dortigen Jobs. Berlin weiß aber, dass ein höherer Strompreis für die im weltweiten Wettbewerb stehende Industrie Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Arbeitsplätze vernichten würde. Dass viele heute deutsche Anlagen dann in Übersee stehen würden.
Die EU-Kommission sieht darin jedoch eine unfaire Wettbewerbs-Bevorzugung der Großkonzerne. Sie wertet das als unerlaubte Beihilfe und geht daher ebenfalls zu Recht dagegen vor.
Diese deutsche Energiepolitik trifft auch viele andere Länder: Einmal werden (bei Wind) große Strommengen exportiert; ein andermal importiert. Da Strom kaum speicherbar ist, macht das auch dem Ausland gewaltige Probleme. Und führt zu ökologisch unerwünschten Ergebnissen: Als rasch zuschaltbare Stromquellen dienen vor allem Kohle-Kraftwerke. Ökologisch viel bessere Gaskraftwerke bleiben hingegen ungenutzt, weil sie teurer sind.
Die EU-Kommission gibt in ihrem Kampf für mehr Wettbewerb nicht nach; aber auch Deutschland tut das bei der Verteidigung seiner Industrie-Privilegien nicht. Niemand weiß, wie dieser Kampf zweier Giganten ausgehen wird. Der neue deutsche Minister Gabriel ändert zwar das „Erneuerbare“-Gesetz. Aber darin wird nur die Förderung ein wenig reduziert, die Bevorzugung der Großbetriebe bleibt, und auch die Belastung von Haushalten und Gewerbe.
Guter Rat ist jetzt teuer. Es wird ihn erst dann geben, wenn endlich wieder das Prinzip Markt wirken kann: Nur ein Markt kann Preise und Angebote sinnvoll regeln. Längst müsste ja Alternativstrom die Kinderkrankheiten hinter sich gelassen haben, so lange wird er schon auf Kosten Dritter gefördert. Daher sollten die „Erneuerbaren“ endlich ungefördert in einen ganz normalen Wettbewerb eintreten.
Das würde Jobs in Europa halten. Das wäre vernünftig. Das geschieht nur nicht.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Es sind gleich zwei schädliche Automatismen. Der erste: Jeder, der nach Europa kommt, denkt bald europäisch und nicht mehr in der Perspektive seiner Heimat – obwohl er von dort entsandt oder gewählt worden ist. Der psychologische Vorgang ist klar: Geht es doch etwa in Österreich nur um 8 Millionen, in der EU bestimmt man gleich über 500! So lautet der erste. Der zweite Automatismus: Noch jede Körperschaft, jede Organisation, jeder Politiker hat durch Aufstellung von Regeln, durch Gesetze, durch Verordnungen die eigene Existenzberechtigung nachzuweisen versucht. Hätte ein Politiker das nicht getan, hätte er zwar meist richtiger gehandelt; er wäre aber sofort vom Boulevard als „faul“ gebrandmarkt worden.
Das zeigt sich schon in jedem Land selber. Je mehr Minister es gibt, umso mehr Gesetze, Ministerbüros und Berater. Es ist alles andere als ein Zufall, dass die Schweiz nur sieben Regierungsmitglieder (Bundesräte) hat und zugleich sensationell niedrige Steuern. Da sind eben weniger Menschen beim Nachdenken, wo man noch Geld ausgeben könne. Österreich hingegen hat genau doppelt so viele Ministerien wie Schweiz.
Man könnte auch die administrativen Stufen vergleichen: Die Schweiz ist nicht bei der EU und hat dennoch nur drei relevante Ebenen, Gemeinden, Kantone und den Bund. Österreich hingegen hat mit Gemeinden, Bezirken, Bundesländern und Bund eine Verwaltungsebene mehr. Und ist überdies in der EU.
Erst recht zeigt sich das Bürokratie-Phänomen in der EU selber. Dort wird zwar immer, wenn eine neue Verfassung anzunehmen oder ein neues Parlament zu wählen ist, von Politikern viel „Subsidiarität“ versprochen. Gehandelt wird aber immer in die Gegenrichtung. So hat inzwischen die EU-Kommission nicht weniger als 28 Mitglieder. Also vier Mal so viel wie die Schweiz Bundesräte hat. Dabei hatte man fix vorgehabt, die Zahl der Kommissare zu reduzieren – aber dann hätte nicht mehr jedes Land einen gehabt. Also ließ man es lieber bleiben.
Als Ergebnis produziert die EU ständig mehr Arbeitsgruppen, Richtlinien und Organisationen. Nur noch die größten Spezialisten haben einen Überblick über alle. Jeder Politiker will sich verewigen, daher schlägt er ständig neue Institutionen oder Richtlinien vor. Oder man gibt, wie die Luxemburger Kommissarin Reding mit ihrer Gummikompetenz „Grundrechte“ ständig den EU-Staaten Ratschläge und Wünsche für alles mögliche. Die Lust und Verführung, etwas europaweit anschaffen zu können, ist geradezu unermesslich. Gerade Politiker aus kleinen Ländern werden hemmungslos, wenn sie gleich über eine halbe Milliarde Menschen kommandieren können.
Ein Schweizer hingegen würde nur verständnislos schauen, wenn das Land einen „Grundrechts“-Bundesrat hätte. Denn zum Schutz dieser Grundrechte sind ja die Gerichte und nicht die Politiker da.
In der EU gibt es aber nicht nur die Kommission. Es gib auch das mit der letzten EU-Verfassung stark aufgewertete Parlament – ohne aber dass im Gegenzug eine Organisation abgewertet worden wäre. Was die Dinge in der EU unglaublich kompliziert. Es gibt den Europäischen Rat (wo die Regierungschefs bei jedem ihrer Treffen etwas beschließen wollen), es gibt die zahllosen Räte der Fachminister (die auf EU-Ebene gerne das beschließen, was sie daheim nicht durchgebracht haben), es gibt die EU-Gerichte.
Das ist aber keineswegs alles. Die EU hat darüber hinaus, um die wichtigsten Organisationen wenigstens dem Namen nach aufzuzählen:
einen Rechnungshof, eine Zentralbank, einen Auswärtigen Dienst, einen Hohen Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik, einen Wirtschafts- und Sozialausschuss, einen Ausschuss der Regionen, eine Investitionsbank, einen Bürgerbeauftragten, einen Datenschutzbeauftragten, ein Amt für Veröffentlichungen, ein Amt für Personalauswahl, eine Verwaltungsakademie und einen umfangreichen Übersetzerdienst (obwohl viele andere internationale Organisationen intern mit Englisch als Arbeitssprache auskommen).
Aber wollen wir die Leser nicht erschöpfen: Es gibt ja noch weitere 40 EU-Agenturen bis hin zum Innovations- und Technologieinstitut. Fast alle machen sich wichtig und wollen durch Regulierungen ihre Notwendigkeit beweisen. Und ständig wird weiter ausgebaut. Jetzt etwa eine eigene Bankenaufsicht.
Man könnte ja noch Verständnis für etliche dieser Institutionen aufbringen, wären etwa in Österreich beim Beitritt einige entsprechende nationale Institutionen aufgelöst worden. Aber es geschah das Gegenteil: Viele Organisationen und Ministerien haben eine Personalaufstockung verlangt, weil sie ja jetzt auch noch die europäischen Angelegenheiten betreuen müssen.
Dabei hätte man im Gegenzug zum EU-Beitritt überhaupt eine ganze Verwaltungsebene streichen müssen. Nur hätten dann viele sich für wichtige Haltende ihr stolzes Amt verloren. Was natürlich für die Politik denkunmöglich ist. Da scheint es immer nur ein Mehr, nie ein Weniger zu geben.
Genau diese Vielfalt an Aufgaben suchenden EU-Institutionen führt jedenfalls dazu, dass EU-Europa immer mehr in das Leben der Menschen einzugreifen versucht, oder tatsächlich eingreift. Dazu gehören etwa:
Regulieren, zwingen, vorschreiben, vereinheitlichen. Diese Aufzählung meist völliger unnützer oder schädlicher EU-Beschlüsse ließe sich endlos fortsetzen.
Dabei wäre das richtige Prinzip ganz logisch: Überall dort, wo es in den 28 Ländern Regulierungen gibt oder wo Regulierungen zur Abwehr ausländischer Konkurrenten dienen, ist eine Vereinheitlichung EU-weit durchaus sinnvoll. Überall dort, wo alle oder mehrere Länder aus gutem Grund auf eine solche Regulierung verzichtet haben, dürfte es auch keine EU-einheitliche Regulierung geben. Eigentlich ein sehr einfaches Prinzip – aber es wird überhaupt nicht eingehalten. Es wird viel zu viel reguliert, bis hin zu den neuesten Plänen der EU-Kommission, an wen ich meine Wohnung vermieten darf. Aber beim logischerweise fast immer grenzüberschreitenden Verkehr (Genehmigungen von Loks, Verkehrszeichen, Fahrverboten usw.) schafft man keine Vereinheitlichungen.
Fast alle EU-Akteure wollen europaeinheitliche Zwänge. Als einer von vielen sei der EU-Vizepräsident Othmar Karas zitiert, der frank und frei gesagt hat: „Es muss europäisch entschieden werden.“ Und: „Es darf keine nationalen Vetomöglichkeiten geben“. Karas hat das konkret in Hinblick auf die Bankenabwicklung gesagt – aber im Grund sind diese Sätze in allen Feldern das Handlungsprinzip aller europäischen Politik. Nicht nur von Karas. Nicht nur von seiner Fraktion.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
Auf diese Idee muss man erst kommen: Ausgerechnet knapp vor der EU-Wahl will die EU-Kommission Österreich zwingen, Türken (noch) bessere Rechte einzuräumen!
Noch „sensibler“ geht’s wirklich nicht mehr. Das Wiener Innenministerium glaubt zwar, schon längst alles Vorgeschriebene getan zu haben. Und fast alle Österreicher sind überzeugt, dass es nicht einmal das geringste Recht mehr gebe, das Türken nicht in vollstem Umfang bekämen. Aber die Kommission sieht das anders und gibt Österreich ganze zwei Monate Zeit zu gehorchen. Dann wird es vor den EU-Gerichtshof gezerrt. Ich weiß zwar nicht, ob die EU-Kommission von Vilimskys oder Stadlers Wahlmanagern finanziert wird. Aber verdient hätte sie es allemal. Andererseits: Warum sollen EU-Beamte ausgerechnet jetzt ihr Verhalten ändern? Und: Warum fällt mir ausgerechnet jetzt das Wahlplakat von Othmar Karas ein? Europa sei ein Gedanke, „der jetzt zu einem Gefühl werden muss“, liest man dort. Ob der Herr Karas weiß, welches Gefühl diese EU-Kommission in mir wachruft? Druckreif ist es jedenfalls nicht. Dabei war ich eh schon von Anfang an zornig, wenn mir jemand jetzt sogar vorschreiben will, welche „Gefühle“ ich haben müsse. Nicht einmal die sind also mehr meine Privatsache . . .
Kein Land hat eine so hohe Inflation wie Österreich.
Aber dennoch sind Österreich und das ähnlich rasch teurer werdende Deutschland Opfer der angeblich notwendigen Anti-Deflations-Politik der Europäischen Zentralbank. Das hat für alle Sparer und Jungfamilien verheerende Folgen. So kostet in Wien schon die Hälfte aller Eigentumswohnungen über 300.000 Euro (weshalb auch klar ist, dass das künftige Luxushochhaus neben dem Konzerthaus, das die Politik so gerne bauen will, nur auf russische Oligarchen und ein paar andere Superreiche setzt). Aber dennoch fährt die EZB ungeniert weiter mit dem Gelddrucken fort. Um es in Zahlen zu sagen: Der tägliche Einkauf ist hierzulande selbst nach Angaben der Statistiker um 3,8 Prozent teurer geworden. Da ist das Billigerwerden von Benzin und Flugreisen kein wirklicher Trost. Oder gar der – in Wahrheit dringend notwendige! – Rückgang von Preisen im Griechenland.
Die Ähnlichkeit zwischen EU, der Unterrichtsministerin und den Universitäten ist rasch gefunden: Sie alle wollen uns für blöd verkaufen. Politik in Österreich wie in der EU wird nur noch als Show veranstaltet. Und die „Forscher“ wollen nur kassieren, ohne an einer Umsetzung interessiert zu sein. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen der Politik wie der Forschung überdrüssig werden. Aber da sie selbst die Betroffenen sind, sollten sie sich wehren.
Das zeigen wieder ganz aktuelle Beispiele.
Da beschließt das EU-Parlament schnell vor den Wahlen noch etwas, was es halt für besonders populär hält. Und alle Jubelmedien berichten groß und freudig erregt: Jetzt gebe es die europäische Bankenunion, künftig werden Eigentümer und Gläubiger in die Pflicht genommen, nicht mehr wie bisher die Steuerzahler.
Wie bitte? Wieso braucht es das EU-Parlament, um Eigentümer und Gläubiger beim Crash einer Bank zur Kassa zu bitten? Das kann man doch seit Jahrhunderten, seit es Banken gibt. Nur hat man im wirklichen Leben immer wieder die Gläubiger (=Einleger) geschont.
Es war sogar die EU selber, die einst auf Josef Pröll massiven Druck ausgeübt hat, nur ja die Hypo zu retten. Auf Kosten der Steuerzahler. Jetzt aber stellt sich die EU als Retter der Steuerzahler da. Absurder geht’s kaum.
Gewiss, damals wie auch bei allen anderen Bankenrettungen sind die Absichten der „Retter“ nachvollziehbar: Sie wollen einen Domino-Effekt vermeiden. Denn wären die Einlagen der Gläubiger ganz oder weitgehend futsch, wären auch die Gläubiger kaputt. Das sind bei Banken die Ein- und Anleger, also sehr oft Unternehmen mit sehr vielen Arbeitsplätzen. Das macht einen Bankencrash gewiss nicht einfach.
Nur eines bitte sollte man doch ehrlich zugeben: An dieser Problematik ändert sich durch den Bankenunion-Beschluss der EU absolut nichts. Kann sich auch nichts ändern. Außer dass jetzt noch mehr die Nöte der griechischen/zypriotischen/spanischen (usw.) Banken das Problem aller Europäer sind. Was ich nicht unbedingt als eine Verbesserung ansehe. Und der gleichzeitig propagierte Haftungsfonds wird erst nach acht(!!) Jahren gerade so viel Geld aufweisen, wie ein einziger größerer Bankencrash kostet.
Der Zorn heißt nun gewiss nicht, dass ich vorgäbe, an Stelle der EU den Stein der Weisen zu haben. Ein Bankencrash bleibt immer eine schlimme Sache, fast so schlimm wie ein Ländercrash. Der Zorn richtet sich aber gegen die Kritiklosigkeit der tief in die Medien hineinreichenden EU-Propagandisten, die jetzt so tun, als hätte das EU-Parlament das Problem gelöst. Als hätte die EU den Stein der Weisen gefunden.
Zornig macht auch der EU-Jubel über die nun beschlossene Vereinheitlichung von Steckern zum Aufladen von E-Autos. Diese Stecker sind zwar wunderbar – aber zehntausendmal wichtiger wäre es, wenn es endlich die seit Jahrzehnten fehlende europaweite Vereinheitlichung von ganz normalen dreipoligen E-Steckern gäbe. Aber darüber schweigt man halt. Obwohl jeder solche Geräte hat.
Gewiss ist auch da eine Vereinheitlichung nicht leicht. Aber es ist wirklich ärgerlich, wie man uns ständig für blöd verkauft, indem das wirkliche Problem verschwiegen wird. Und wie viele Medien da mittun.
Für blöd will uns auch die Unterrichtsministerin verkaufen: Heinisch-Hosek lädt jetzt serienweise zu Gipfeln über das Sparprogramm in den Schulen ein. Dabei hat sie schon alle entsprechenden Weisungen und Einsparungen verbindlich hinausgejagt. Was sollen da noch die Gipfel? Dass die Ministerin dann sagen kann, die Betroffenen hätten ja selber zugestimmt, dass sie beispielsweise statt in der neunten in der achten Schulstufe sparen wollen? Dass die Betroffenen selber entscheiden müssen, ob sie lieber gerädert oder gevierteilt werden?
Die ganze Schulpolitik ist nur noch zyklischer Schwachsinn: Regelmäßig wird von deren Vorrang schwadroniert und davon, welche Wohltaten eines ständig noch besseren Unterrichts wir denn nicht alle den Politikern zu verdanken hätten. Bis man dann halt ganz zufällig regelmäßig draufkommt, dass man ja gar kein Geld hat und sparen muss. Und dann ganz heimlich die Weisungen hinausgibt.
Besonders effektvoll beim Ruf nach Geld ist auch die Universitäten- und Bildungs-Lobby. Da sind wieder alle Medien ehrfurchtsvoll mit ihrer Unterstützung dabei (nur beim plötzlichen Sparen Heinisch-Hoseks auf Kosten der Schüler durchschauen sogar die Zeitungen den Schwachsinn). Aber wenn Universitäts-Professoren jammern, dann stimmen alle mit ein.
Zu Unrecht. Denn abgesehen von dem unglaublichen Blödsinn, den viele geistes- und sozialwissenschaftliche Professoren verzapfen, macht auch ein aktueller Anlass in Hinblick auf die Grundlagen- und Ingenieurwissenschaften stutzig: Da verkündet die amerikanische Firma Google, dass sie jetzt abgelegene Gegenden aus der Luft durch Drohnen mit Internet versorgen wird. Super. Aber die Leistung der Amerikaner wird hierzulande sofort heruntergespielt – weil die EU „schon vor zehn oder fünfzehn Jahren“ dazu geforscht habe.
Da schau ich ja: Die EU lässt – natürlich immer auf unser aller Geld – forschen (im Klartext: Professoren haben kassiert). Aber dann passiert nichts mehr. Nur die Amerikaner setzen auch um. Wieder einmal. Solche Umsetzung ist jedoch das einzige Gewinnbringende an der Sache. Während hierzulande Forschung und die Unis (wie sie heute speziell in Österreich aufgestellt sind) nur kosten, sich aber nicht um die Umsetzung kümmern.
Wenn man es ganz pointiert formulieren möchte, dann kann die Forschungslobby bei uns eigentlich nur eines: Uns für blöd verkaufen. Und die Medien sind ob der Uni-Forderungen regelmäßig ergriffen und kassieren ganz zufällig Gelder für dicke Forschungsseiten.
In der Ukraine kann es nun offenbar doch zu einem großen Brand kommen, nachdem es ein paar Tage lang nach einer relativen Beruhigung ausgesehen hatte. Ohne dass diesen großen Brand wohl jemand so beabsichtigt, ohne dass ihn jemand wirklich will. Aber die Akteure haben nicht wie ein Schachspieler gleich mehrere Züge weitergedacht, sie haben nicht die weiteren Konsequenzen überlegt. Wer ist schuld daran?
Vor der Prüfung der ukrainischen Schuldfrage machen wir einen ebenso aktuellen und zugleich lehrreichen Blick auf einen ganz anderen Kontinent. Ohne dass es in Europa sonderlich beachtet worden ist, tobt in Afrika von Monat zu Monat schlimmer ein immer heftiger werdender Krieg, der schon abertausende Todesopfer gefordert hat: Von Küste bis Küste ist südlich der Sahara ein erbitterter Kampf zwischen Moslems und Christen im Gang. Fast in jedem der Länder, die sowohl moslemisch wie auch christlich-animistisch sind, ist ein furchtbares gegenseitiges Abschlachten in Gang, das offenbar niemand mehr stoppen kann.
Wohl sind dort offensichtlich die Moslems die Brutalsten, sei es in Nigeria, sei es in Mali, sei es in Ägypten, sei es in Somalia. Aber auch die Christen schlagen mancherorts brutal zu, wie etwa in der Zentralafrikanischen Republik. Und niemand wird je genau sagen können, ob es ein Zuschlagen oder ein Zurückschlagen ist. Gleichzeitig wird vieles dieser religiösen Polarität auch von Stammes-Antagonismen und Kriminalität überlagert. Tatsache ist aber: Europa schaut weitgehend weg. Mit der kleinen Ausnahme Frankreichs, das in einigen seiner ehemaligen Kolonien zwar für Ordnung zu sorgen versucht, aber das ebenfalls zunehmend hilflos wirkt.
Diese sich immer mehr eskalierende afrikanische Dramatik wird in Europa freilich auch deshalb gerne übersehen, weil viele hier ja das Gefühl haben, von den Tugendwächtern würde jede Äußerung zu Afrika sowieso als rassistisch eingestuft. Umso gebannter blickt Europa auf die Vorgänge in der Ukraine. Aber hilflos ist es offensichtlich auch dort.
Wer aber ist schuld an den dortigen Eskalationen?
Es besteht kein Zweifel: Selbst wenn jedes Detail wahr wäre, dass die russische Propaganda verbreitet (und das am linken wie auch am rechten äußersten Rand hierzulande auch erstaunlich kritiklos geglaubt wird), so liegt doch eindeutig die Hauptschuld bei Russland. Denn nichts von den Vorgängen in der Ukraine rechtfertigt eine Intervention von außen, selbst wenn die erfindungsreiche Propaganda Russlands die volle Wahrheit sagen sollte.
Russland ist weder bedroht worden noch hat es in der Ukraine der letzten Wochen Menschenrechtverletzungen in einer relevanten Diskussion gegeben. Auch hat der UNO-Sicherheitsrat in keiner Weise eine Intervention auf der Krim und jetzt in der Ostukraine genehmigt.
Dennoch kann kein Zweifel mehr bestehen, dass auch in der Ostukraine die Besetzungen von Moskau durchgeführt worden sind. Wie auf der Krim sind es militärisch organisierte Einheiten, die in organisierter Art ein Gebäude nach dem anderen besetzen. Und da Marsmännchen auch in der Ukraine relativ selten sind, sind es wohl unzweifelhaft neuerlich russische Spezialtruppen.
Mit seinen Interventionen verstößt Moskau nicht nur gegen die vielen Chartas, die seit 1945 ausdrücklich ein Gewaltverbot beschwören. Moskau verletzt zusätzlich auch jenen Vertrag, in dem der Ukraine einst gegen eine Rückgabe ihrer Atomwaffen eine Unverletzlichkeit der Grenzen garantiert worden ist.
Selbst wenn man dem FPÖ-Wien-Sprecher Gudenus zustimmen mag, dass viele Berichte im Westen über die Vorgänge in Kiew einseitig waren, so rechtfertigt das dennoch niemals die Aktionen russischer Soldaten in der Krim und der Ostukraine. Jeder seriöse Vergleich zeigt: Im Grund sind der erste wie der zweite Weltkrieg mit ihrem millionenfachen Leid dadurch ausgelöst worden, dass jemand mit Gewalt Grenzen verändern wollte.
Das sollte auch ein Herr Gudenus begreifen.
(Apropos Vergleiche: Dieser Blog wird weiterhin vergleichen, auch wenn Vergleiche neuerdings von den Tugendwächtern auf den Index gesetzt worden sind. Denn in Wahrheit kann es ohne Vergleiche niemals eine historische Einordnung und eine seriöse Beurteilung geben).
Der Ruf nach einem Verzicht auf militärische Gewalt (außer in den genannten Situationen) kann aber nicht den zweiten in der Ukraine verletzten Grundsatz vergessen lassen: das Selbstbestimmungsrecht. Die Entscheidung, welchem Staat die Menschen eines Gebietes mehrheitlich zugehören wollen, steht in Wahrheit sogar höher als das demokratische Grundrecht zu entscheiden, ob die Partei X, Y oder Z diesen Staat regiert. Es kann keine echte Demokratie ohne Selbstbestimmung geben.
Dieses Grundrecht wird aber bis heute nicht allgemein anerkannt. Weder in der Ukraine noch im Westen. Auch in Russland übrigens nicht. Hier gilt nur: Putin schützt russische Interessen, wo auch immer sie bedroht sind. Aber er gewährt dort keine Selbstbestimmung, wo sie weg von Russland führen würde.
Das Recht auf friedliche Selbstbestimmung hat die Tschechoslowakei eingesehen – und fährt gut damit. Das hat Kanada eingesehen – und fährt gut damit. Das hat Großbritannien eingesehen – und wird damit wohl auch gut damit fahren.
Das akzeptieren aber Italien und Spanien sowie viele andere Staaten nicht. Für sie sind die Zahl der beherrschten Quadratkilometer und damit der „Nation“ noch immer zentral. Solche Länder fahren jedoch in Wahrheit von Venetien bis Katalonien schlecht damit. Diese Länder begeben sich mit der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts auf Dauer in Konflikte, die eigentlich ins 19. Jahrhundert gehören.
Es wäre ein gewaltiger Fortschritt, wenn es nicht nur in klugen Staaten wie Großbritannien oder der Tschechoslowakei ein klares völkerrechtliches Prozedere gäbe, wie solche Selbstbestimmung stattzufinden hat. Natürlich braucht es ein klares Quorum. Klar ist auch, dass ein Referendum jedenfalls mit ordentlicher Vorbereitungsfrist und in voller Artikulationsfreiheit für alle Beteiligten ablaufen muss. Die Völkerrechtler täten daher gut daran, sich viel stärker darauf vorzubereiten.
Wer hingegen wie Gudenus ernsthaft meint, die Voraussetzungen eines ordentlichen Referendums wären etwa in der Krim gegeben gewesen, dem ist nicht zu helfen. Noch weniger zu helfen ist ihm, wenn er das Gewaltverbot ignoriert. Wer ernsthaft Gewaltanwendung mit dem Wort „Selbstbestimmung“ rechtfertigt, der nimmt letztlich in Kauf, dass die halbe Welt in Brand gesteckt wird.
Seine Argumentationslinie gibt übrigens auch den antirussischen Kämpfern in Tschetschenien und anderen Regionen jede Legitimation in die Hand. Ob das den diversen Russenfreunden bewusst ist?
Eine qualitativ wichtige Vorstufe zur Selbstbestimmung wäre jedenfalls das Recht auf regionale Autonomie. Rechtzeitige und freiwillige Autonomie nimmt enorm viel Druck aus Konflikten. Aber dennoch wird noch immer selbst der bloße Ruf nach dieser mancherorts bestraft.
Erst in dritter Linie sind jene Staaten zu tadeln, die ungefragt und von keiner Seite aufgefordert der Ukraine eine Brücken- oder Neutralitätsfunktion geben. Denn mit solchen ungewünschten Vorschlägen widersprechen sie sowohl der Souveränität der Ukraine wie auch dem Selbstbestimmungsrecht.
Das Recht auf Selbstbestimmung muss ja wohl auch für die Ukraine selbst gelten. Wenn die Krim-Bürger ihre Zugehörigkeit frei wählen können, muss dasselbe Recht auch für die Ukraine beziehungsweise ihre Bewohner gelten.
Oder sollen nur Russen dieses Recht haben? Ist man etwa gar dafür, dass ein paar Staatsoberhäupter die Welt wieder nach ihrem Gutdünken einteilen sollen, so wie sie es auf dem Wiener Kongress oder in Jalta getan haben?
Wer die betroffenen Menschen als einzige letztlich relevante Entscheidungsgrundlage nicht ernst nimmt, der kehrt wieder zum Faustrecht zurück.
Hinter dieser grundlegenden Auseinandersetzung um Werte gibt es einige ganz erstaunliche Veränderungen in den staatlichen Beziehungen zu beobachten, deren Konsequenzen wir noch gar nicht abschätzen können:
Bis über Ostern ist jetzt in Deutschland offenbar wieder Ruhe mit Streiks. Vor kurzem hat der Ausstand weniger Tausend Lufthansa-Piloten noch eine halbe Million Menschen lahmgelegt. Einige Tage davor hat ein Teil des Bodenpersonals in Deutschland Flughäfen lahmgelegt. Davor haben die deutschen Lokomotivführer als Einzelgruppe gezeigt, wie stark sie sind.
Da kann man als Österreicher einmal wirklich aufatmen. Die Streikfreudigkeit ist hierzulande äußerst gering und damit auch einer der großen Wettbewerbsvorteile dieses Landes. Das darf man durchaus mit Freude festhalten.
Die mangelnde Streiklust ist sicher auch eine Folge der Tatsache, dass es in Österreich seit 1945 eine einheitliche Gewerkschaft gibt. Und es ist kein Zufall, dass gerade in den besonders streikfreudigen (und daher wirtschaftsschwachen) Ländern Italien und Frankreich mehrere Gewerkschaftsbünde gleichberechtigt miteinander konkurrieren.
In Österreich hingegen hat nicht jede Gruppe eine eigene Organisation, um ihre Interessen durchzusetzen. Hier finden in der Regel einmal im Jahr Kollektivvertragsverhandlungen statt. Die sind zwar oft von heftigen Drohungen begleitet, aber diese werden nur selten realisiert. Und dann ist jedenfalls wieder Ruhe.
Die deutschen Piloten haben keine Sympathien verdient, wenn sie zusätzlich zu ihrem Durchschnittsgehalt von 180.000 Euro jährlich auch noch um ein Pensionsantrittsalter von 55 Jahren kämpfen (wobei ohnedies auch die Firmenpension danach sechsstellig, also mehr als gut wattiert ist). Da anderswo Piloten längst um einen bloß fünfstelligen Betrag fliegen, steht längerfristig mit den Pilotengehältern auch das Überleben der ganzen Lufthansa zur Debatte. Diese ist im Grund der letzte große europäische Luftkonzern, der noch existiert und der nicht schon verzweifelt nach einem arabischen oder sonstigen „Retter“ Ausschau hält.
Dennoch sollte man auch seinen österreichischen Patriotismus und das Lob für den ÖGB rasch wieder eindämmen: Denn im Schnitt ist in den letzten Jahren das hiesige Lohnniveau um rund 50 Prozent steiler gestiegen als das deutsche. Was sich sehr böse auswirkt und noch auswirken wird, wie jetzt schon die rapide steigenden Arbeitslosenzahlen beweisen. Dabei haben sich früher österreichische Gewerkschafter immer an den deutschen orientiert und immer die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft im Auge gehabt.
Manche werden nun einwenden, dass Österreich – trotz zahlreicher Pleiten und rapide steigender Verschuldung – noch immer die geringste Arbeitslosigkeit hat. Das stimmt nur nicht. Wenn man die (oft leider nur Pseudo-Charakter habenden) Schulungen durch das AMS und die Frühpensionen dazuzählt, ist das längst nicht so. Dann ist nach einer Berechnung der Agenda Austria die Arbeitslosenrate nicht mehr fünf oder sieben Prozent (die EU-Berechnung beziehungsweise die österreichische). Dann liegt die österreichische Arbeitslosenrate vielmehr schon über zehn Prozent.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
Andreas Mölzer ist Geschichte. Zumindest in seiner Funktion als Abgeordneter der Freiheitlichen im Europaparlament. Mitleidsadressen sind unangebracht. Als lang gedienter Funktionär einer außerhalb des sozialdemokratischen Hauptstroms stehenden politischen Gruppierung weiß er, dass er unter argwöhnischer Dauerbeobachtung steht.
Während Linke Narrenfreiheit genießen und ungestraft von sich geben dürfen, wonach immer ihnen gerade ist, müssen Rechte eben peinlich genau auf jedes ihrer Worte achten. Das ist eben so. Dieses Prinzip hat er nicht beachtet. Nach einem Vergleich der EU mit dem NS-Regime (merke: Nazivergleiche sind ausschließlich dann statthaft, wenn sie von den Guten angestellt werden und keinesfalls, wenn es dabei um die geheiligte Eurokratie geht!) und einem ebenso sinnfreien wie unbeholfenen Sager („Die EU wird zum Negerkonglomerat“), der von selbsternannten Tugendwächtern als „rassistisch“ gewertet wird, hat er nun – mit einiger Verzögerung – sein Mandat zurückgelegt.
Das ist – man mag zu Andreas Mölzers Person und dem von ihm vertretenen Gedankengut stehen wie man will – aus mehreren Gründen durchaus kein Grund zum Jubeln. Zumindest dann nicht, wenn man es mit der Gedanken- und Meinungsfreiheit erst meint. Demokratie lebt nämlich davon und von der Vielfalt der zur Wahl stehenden Positionen. Aus der öden, immer stärker zum linken Einheitsbrei verrührten politischen Landschaft Kakaniens ragte er stets heraus. Schon weiland Jörg Haider schien der Burschenschaftler, der aus seinem Herzen keine Mördergrube und aus seiner deutschnationalen Gesinnung kein Hehl machte, hochgradig suspekt.
Auf seinem Marsch in jene Niederungen, in denen die kommunalen Proletensilos stehen, hatte er, der sich als einen „besseren Sozialdemokraten“ begriff, für einen rechtsgerichteten, ideologischen Tiefwurzler keinerlei Verwendung mehr. Stattdessen war nun sozialdemokratischer, allenfalls patriotisch angehauchter Pragmatismus angesagt. Das hat sich offensichtlich auch unter Haiders Nachfolger an der Parteispitze nicht geändert.
Die Geschichte wiederholt sich: Auch jetzt waren es am Ende nicht krause Strafrechtsphantasien von Möchtegernliteraten oder der geifernde Furor politisch korrekter Lohnschreiber, die zu Mölzers Rücktritt führten, sondern der „Vertrauensverlust in der eigenen Partei“. Der ewig unrasierte Sozialsprecher der Partei, Kickl, bezeichnete den Rücktritt als „logischen Schritt“. Wenn die von ihm apostrophierte „Logik“ darin besteht, die politische Landschaft Österreichs noch weiter nach links zu rücken, indem man – ein paar Wochen vor einer wichtigen Wahlentscheidung – den einzigen Freiheitlichen entfernt, der auf dem Europaparkett gleichermaßen über langjährige Erfahrung, großen Bekanntheitsgrad und Hirn verfügt, dann liegt er goldrichtig.
Zu meinen, dass der Rückzug Mölzers – sei es kurz- oder langfristig – auch nur einen einzigen der heutigen Kritiker der FPÖ dazu bringen könnte, zu verstummen oder ihr gar seine Stimme zu geben, ist geradezu lächerlich. Zu groß ist das Angebot an rosaroten Faserschmeichlern mit ausgeprägtem Hang zu Multikultigesellschaft und totaler Prinzipienlosigkeit. An verteilungs- und gesellschaftspolitisch linken Parteien herrscht im Land der Hämmer kein Mangel. Die Freiheitlichen positionierten sich – bislang – als einzige etablierte politische Kraft wenigstens gesellschaftspolitisch rechts der Mitte. Was dieser Rücktritt daher mit Sicherheit bewirken wird ist, einen Teil der freiheitlichen Wähler von der Wahlurne fernzuhalten.
Die FPÖ stand unter Mölzers Führung im Europaparlament – als einzige wählbare Alternative – für eine nicht europafeindliche, aber ausgeprägt bürokratie- regulierungs- und zentralisierungskritische Politik. Damit könnte es nun, so werden wohl viele potentielle Wähler befürchten, vorbei sein. Das Ergebnis wird in einem Nettoverlust an Wählern bestehen.
Ein schöneres Geschenk hätte der freiheitliche Parteivorstand seinen politischen Gegnern nicht machen können. Dem für eine funktionierende Demokratie notwendigen Meinungspluralismus hat er indes einen üblen Dienst geleistet. Aus reiner Feigheit und purem Opportunismus vor der linken Jagdgesellschaft in die Knie zu gehen, ist ein schwerer, ein unverzeihlicher Fehler. Wer soll, wer wird sich in Zukunft noch aus der Deckung wagen, um dem Meinungsdiktat anmaßender Bessermenschen entgegenzutreten?
Das Signal, dass die politische Korrektheit („solche Aussagen haben in unserer Partei keinen Platz“) ab sofort auch die freiheitliche Politik bestimmen wird, ist deprimierend. Nicht, weil „rassistische“ oder anderweitig neben dem Hauptstrom liegende Äußerungen zu begrüßen wären. Ganz und gar nicht. Sondern einfach deshalb, weil Nivellierung und Gleichschaltung den Tod der Freiheit bedeuten. Wie heißt die Voltaire zugeschriebene Formulierung: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen." Damit ist es nun endgültig vorbei – verheerend! Dass die über die Deutungshoheit verfügenden Dressureliten alles daran setzen, jeden Abweichler zu kriminalisieren und/oder mundtot zu machen, ist nicht neu. Dass dieser totalitäre Ungeist nun auch bei denen angekommen ist, die den Begriff „Freiheit“ sogar in ihrem Parteinamen führen, lässt sämtliche Alarmglocken schrillen!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.