Pegida, die Demonstrationen und die Demokratie

04. Februar 2015 01:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Pegida wird wohl keine dauernde Bedeutung haben. Ebensowenig wie Attac oder Occupy oder viele andere Demonstrations-Organisatoren, die in den letzten Jahren über die Straße und nicht über demokratische Entscheidungs-Mechanismen Politik machen wollten. Dennoch löst der jüngste Wiener Pegida-Aufmarsch einige mehr als besorgte Anmerkungen aus.

Im Einzelnen:

1.    Seit jeher sind Demonstrationen meist eine Sache der radikalen Linken. Besonders häufig ist das der Fall, wenn es dabei zu Gewalt und Gesetzesverletzungen kommt. Aber keine Kundgebung sagt etwas über die Repräsentativität der vertretenen Positionen aus. Viele Aufmärsche versuchen sogar bewusst zu übertünchen, dass man in der Bevölkerung eigentlich in der Minderheit ist. Relevant sollten daher in einer Demokratie nur ordentliche Abstimmungen sein – möglichst direktdemokratische. Alles andere ist ein Schritt zurück zum Faustrecht.

2.    Eine besonders üble Rolle spielt die Demonstrations-Berichterstattung der Medien. Denn selbst wenn diese nicht massiv linkslastig sind, finden dort Demonstrationen von ein paar Tausend Menschen immer weit mehr Echo und Platz als seriöse Meinungsumfragen, obwohl nur diese die Stimmung der gesamten Bevölkerung objektiv zeigen können. Das hängt natürlich auch mit der medialen Lust an dynamischen Bildern zusammen. Das hat aber in einer Demokratie bedenkliche Folgen. Denn die Medien motivieren damit geradezu zu lautstarkem oder auch gewalttätigem Agitieren statt zu sachlichem Argumentieren und Entscheiden.

3.    Bei vielen Medien ist die Berichterstattung aber darüber hinaus auch von der einseitigen Mainstream-Linie der Redaktionen bestimmt. Das merkt man insbesondere dann, wenn Konservative, Bürgerliche, Christen einmal doch demonstrieren: Die (in die Millionen gehenden!) Kundgebungen französischer und spanischer Lebensschützer oder der amerikanischen Tea Party werden nur ganz knapp gemeldet und jedenfalls sofort wieder vergessen. Wenn viel kleinere linke Gruppen demonstrieren, wird hingegen immer versucht, das dabei Verlangte zum allgemeinen Volkeswillen hochzujubeln.

4.    Dass die Wiener Polizei jetzt einem angemeldeten Pegida-„Spaziergang“ nicht zu seinem Recht gegen blockierende Gegendemonstranten verholfen hat, ist bedenklich. Aber es ist irgendwie verständlich, dass man Gewaltaktionen möglichst verhindern will. „Ultra posse nemo tenetur“ würden Juristen dazu sagen. Was nicht geht, geht halt nicht – auch wenn es letztlich einen Sieg der Gewalt bedeutet.

5.    Noch viel bedenklicher und beschämender für die Polizei ist aber, dass sie die angemeldete Pegida-Kundgebung angesichts der Gegendemonstration dann kurzerhand für aufgelöst erklärt und dass sie daraufhin auch gegen Pegida-Teilnehmer rechtlich vorgeht. Das ist ein Skandal. Das zeigt, dass die „Behörde“ (=Polizeipräsident Pürstl) diesmal alles andere als objektiv agiert hat.

6.    Dass die Polizei die (verbotenen) Vermummungen bei den illegalen linken Blockade-Aktionen ignoriert hat, gehört ins gleiche betrübliche Kapitel wie das Ignorieren von neonazistisch agierenden Pegida-Teilnehmern (ob diese nun eingeschleuste Provokateure waren oder nicht). Je öfter das „Ultra posse“ angewendet wird, umso bedenklicher für den Rechtsstaat.

7.    Alle verfügbaren Meinungsumfragen zeigen, dass die – freilich recht vage formulierten – Pegida-Positionen von einer Mehrheit der Österreicher und Deutschen geteilt werden. Daran ändert auch die Feigheit von Regierung, Medien und Bischöfen nichts, die ständig bei allen durch Islamisierung und Migration verursachten Problemen und Gefahren wegzuschauen versuchen. Und diese wegreden.

8.    Diese feig-opportunistischen Reaktionen öffnen einem undurchschaubaren Dunkelfeld ein breites Aktionsfeld. Über Nacht aus dem Dunkeln tretende Pegida-Organisatoren beginnen plötzlich, die Meinungen und Sorgen der Bürger auf der Straße zu vertreten. Die Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie damit des Volkes Stimmung auch auf dubiose Mühlen leiten können. Freilich: Dass da wirklich Neonazis und radikale Fußball-Hooligans mit am Pegida-Werk sind, ist vorerst nur die Behauptung radikal linker „Rechtsextremismus-Experten“, die jetzt in manchen Medien aktiviert werden. Das ist noch alles andere als seriös bewiesen. Aber jedenfalls ist dem ernsthaft nachzugehen.

9.    Eine dramatische Illustration der Berechtigung der Bürgersorgen im Gegensatz zu den linken Demonstranten mit ihrem „Asylanten willkommen“ ist das, was gerade in Salzburg stattgefunden hat: eine Straßenschlacht zwischen Dutzenden Afghanen und Tschetschenen mit Messern und Schwertern. Offenbar haben sich zahlreiche Angehörige dieser beiden Volksgruppen aus ganz Österreich aufgemacht, um in Salzburg mitzukämpfen. Dass es dabei um die Kontrolle im Drogenhandel geht, ist eine unbestätigte Information. Dass die Polizei vor allem nach BMW-Autos sucht, die Richtung Salzburg steuern, ist zumindest interessant. Dass fast all Teilnehmer an der Straßenschlacht Asylanten oder Asylwerber sind, ist hingegen Gewissheit – ist das doch fast der einzige Weg, der nach Österreich führt. Und Tatsache ist auch, dass sowohl Tschetschenen wie Afghanen rein islamische Völker sind, die noch nie eine Demokratie oder einen Rechtsstaat aufzubauen imstande gewesen sind.

10.                      Bezeichnend zum Stichwort „Islamisierung“ ist auch die jüngste Statistik über Asylwerber: Im Jänner lagen dabei Menschen aus dem Kosovo vor solchen aus Syrien an der Spitze. Beides sind Länder mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung. Aber die SPÖ bremst dennoch die Versuche der Innenministerin, wenigstens für Kosovo- und andere Balkanbürger den Asyl-Weg radikal zu verengen. Wieder einmal triumphieren die Gutmenschen in der (noch) größten Partei Österreichs.

11.                      Beklemmend war dieser Tage auch eine Reportage im (deutlich links stehenden, aber dennoch immer den Fakten verbundenen) „Spiegel“. Sie zeigte, dass viele der syrischen „Flüchtlinge“, die jetzt übers Meer oder über Land mit Hilfe teuer bezahlter türkischer Schlepper in die EU drängen, eigentlich syrische Kurden sind. Deren Hauptmotiv ist laut „Spiegel“ ein Ausweichen vor dem Militärdienst. In diesem müssten all die jungen Männer insbesondere gegen den „Islamischen Staat“ mit all seiner Brutalität kämpfen. Das scheint auch ein Hauptgrund zu sein, weshalb sich unter den „Flüchtlingen“ vor allem junge Männer befinden. Subjektiv ist das Vermeiden eines Militärdienstes zwar verständlich, wenn auch in Wahrheit kein Asylgrund! Aber objektiv wird dadurch der Erfolg des „Islamischen Staates“ noch leichter . . .

 

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Wem schuldet Griechenland wie viel?

03. Februar 2015 18:57 | Autor: Andreas Unterberger

Struktur der Gläubiger Griechenlands und Anteil der Euro-Länder in Milliarden Euro

 

Quelle: Kurier

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Arbeitsmarkt: die Wahrheit und die Frisur

01. Februar 2015 02:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wenn man Regierungspropagandisten den katastrophalen Absturz Österreichs bei allen wirtschaftlichen Parametern, Indizes und Rankings während der letzten sieben Jahren vorhält, dann klammern sie sich immer nur an zwei Argumente. Erstens: „Daran ist ja nur die Krise schuld“; und zweitens: „Aber die Arbeitslosenzahlen sind doch hervorragend“. Beide Argumente sind verlogen, enthalten höchstens ein Körnchen Wahrheit.

Zur Krise: Über 90 Prozent der Staatsverschuldung haben überhaupt keinen Zusammenhang mit der Krise. Und außerdem ist die völlig falsche Euro-Politik – die jetzt sogar Ewald Nowotny als „Fehler“ einsieht – ja mit Mitwirkung Österreichs passiert. Wer ständig Sünder rettet, statt die Eigenverantwortung für schwere Fehler wirksam werden zu lassen, sollte sich nicht auf die teuren Folgen dieser Rettung auszureden. Denn Tatsache ist, dass Österreich und Euroland weit schlechter durch die Krise gegangen sind als der Rest der Welt (vielleicht mit Ausnahme Japans). Sie stecken noch immer tief in der Krise.

Die Arbeitslosenzahlen sind ebenfalls eine einzige Fiktion. Denn Österreich versteckt Joblosigkeit hemmungslos. Einerseits durch die sehr langen Studenten-Zeiten und andererseits durch einen extrem niedrigen Pensionsantritt. Besonders ärgerlich sind die ständigen Tricksereien des Sozialministeriums, die diese Wahrheiten verbergen sollen. So hat es jetzt sogar behauptet, dass der Pensionsantritt zuletzt um ein Jahr gestiegen sei. Das scheint aber nur dann so, wenn man das Reha-Geld aus der Statistik herausrechnet.

Seriös sind eigentlich nur Vergleiche der Beschäftigtenzahlen, also der Zahlen, wie viel Menschen einer bestimmten Altersgruppe arbeitstätig sind. Da sieht es in Österreich sehr ernüchternd aus. So liegt die Beschäftigungsquote in der Altersgruppe von 55 bis 64 bei 44,9 Prozent. In Schweden jedoch, das eigentlich für Linke immer ein sozialpolitisches Musterland war, liegt der Wert für die gleiche Gruppe bei eindrucksvollen 73,6 Prozent. Aber der Sozialminister sieht dennoch keinen Handlungsbedarf.

Die größten Probleme gibt es bei den Zuwanderern vom Balkan und aus der Dritten Welt. Diese sind zu mehr als zehn Prozentpunkten weniger beschäftigt als EU-Bürger. Besonders alarmierend – weil sowohl ein Sicherheits- wie auch ein soziales Problem – ist das bei Jugendlichen. Während österreichweit der Anteil der weder in Ausbildung noch Beschäftigung steckenden Jugendlichen weit unter dem EU-Schnitt liegt, ist er bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund viel höher.

Man muss daher vor allem bei Geringqualifizierten etwas tun. Dringend nötig wären: Reduktion der großen Attraktivität arbeitsloser Sozialeinkommen; spezifische Sprachausbildung schon im Vorschulalter; absoluter Stopp der Zuwanderung ungebildeter Menschen.

Aber das sind durchswegs Maßnahmen, gegen die irgendwelche Pressure groups agitieren. Da ist es doch viel einfacher, Statistiken schönzufrisieren.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Die Deutschen sollen zahlen!

01. Februar 2015 00:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Es war nicht anders zu erwarten. Schließlich ist Griechenland eine moderne westliche Demokratie mit allgemeinem, gleichem Wahlrecht. Kommt es in einem solchen politischen System zu einer „Reinfantilisierung eines großen Teils der Wählerschaft“ (Jan Fleischhauer im „Spiegel“), gewinnt derjenige die Wahl, der dem Stimmvieh die dicksten Kartoffel (oder Oliven) und die goldensten Uhren verspricht.

Dieser Mechanismus gilt – außerhalb der Schweiz – überall. Ob eine spezielle genetische Disposition der Schweizer dafür verantwortlich ist, dass sie sich vernünftiger verhalten, als der Rest der demokratisch verfassten Menschheit, wäre eine gründliche Untersuchung wert.

Die radikale Linke hat also erwartungsgemäß die Wahlen in Griechenland gewonnen. Sie koaliert mit einem nationalistischen, antisemitischen und EU-feindlichen Partner. Denkt man an die kollektive Erregung anno 2000, als in Österreich eine gesellschaftspolitisch vergleichsweise gemäßigt rechte Partei in die Regierung eintrat, wundert man sich über die heute an den Tag gelegte Gelassenheit der europiden Nomenklatura. Sei´s drum. Es ist ja tatsächlich eine innere Angelegenheit des südbalkanischen Volkes.

Leider liegen die Dinge indes aber doch ein bisserl komplizierter. Die Wahlsieger haben aus ihren Absichten vor der Wahl kein Geheimnis gemacht: Mehr Staatsdiener, höhere Renten, mehr Binnenkonsum und kein „Kniefall“ vor den Kreditoren. Klartext: An von der Vorgängerregierung geschlossene Vereinbarungen mit der EU und dem IWF fühlt man sich nicht länger gebunden.

EU-Gelder sollen aber weiterhin ins Land fließen. An eine Rückzahlung der Verbindlichkeiten ist allerdings auch nicht gedacht. Ebenso wenig wie an einen Euroaustritt. Das alles passt hinten und vorne nicht zusammen und lässt – angesichts der in der Vergangenheit gezeigten Prinzipien- und Skrupellosigkeit der EU-Eliten – nichts Gutes ahnen.

Griechenland, daran gibt es nichts zu rütteln, ist pleite. Sich unter falschen Behauptungen in die Union geschummelt zu haben, hat dem Staat am Ende nicht zum Vorteil gereicht (dem Rest Eurolands natürlich schon gar nicht). Was nicht zusammengehört, soll eben nicht künstlich – etwa durch eine gemeinsame Währung – verbunden werden.

Wenn das doch geschieht, passiert folgendes: In der Zeit von 2001 bis 2010 haben sich – dank billiger Kredite – die Staatsausgaben Griechenlands verdoppelt. Ebenso die Ausgaben für die öffentliche Verwaltung. Beamtenmästen ist in Griechenland ein noch beliebterer Volkssport als in Italien, Frankreich und Österreich – und das will etwas heißen.

Dass die jetzt abgewählte Regierung nicht grundsätzlich alles verbockt, sondern einfach nur zu wenig vom Richtigen getan hat, macht ein Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung deutlich: Immerhin konnte der dramatische Niedergang gestoppt und 2014 sogar, erstmals seit 2008, ein – wenn auch kleines – Wachstum erzielt werden. Wenn die Syriza-Regierung nun alle bisherigen Maßnahmen beenden und wieder so weitermachen will, wie die Regimes vor 2008, wird sie das Land endgültig in den Abgrund wirtschaften.

Die Lage erinnert fatal an die Weimarer Republik, als die strikte Austeritätspolitik von Kanzler Brüning 1932 bereits Früchte zu tragen begann, die Wähler zu diesem Zeitpunkt aber meinten, bereits genug gelitten zu haben und demjenigen folgten, der ihnen das Blaue vom Himmel herunter versprach. Der Ausgang des Experiments ist bekannt…

Die Sache ist im Grunde ganz einfach. Ein Kollektiv kann sich ordentlich organisieren, sparsam leben, die Ärmel aufkrempeln und sich produktiv betätigen. Dabei wird der Spaß vielleicht etwas zu kurz kommen, aber hohe Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand werden miteinander Hand in Hand gehen. Ein Kollektiv kann sich allerdings auch dafür entscheiden, viel Spaß zu haben, sich den Luxus einer unproduktiven und korrupten Bürokratie zu leisten, pausenlos Ouzo (oder andere dubiose Alkoholika) zu saufen und gerne einmal fünfe gerade sein zu lassen. Dann allerdings wird es mit dem materiellen Wohlergehen nicht allzu weit her sein. Freie Entscheidung.

Was keinesfalls funktioniert ist, zu wirtschaften wie weiland die Phäaken und sich gleichzeitig eines nordeuropäischen Wohlstands zu erfreuen. Ein klassischer „Trade off“. Nur kleine Kinder meinen, alles zur selben Zeit haben zu können.

Da die reinfantilisierten Griechen das nicht wahrhaben wollen, sind an ihrer Misere die anderen (zuallererst natürlich wie immer die Deutschen) schuld. Die sollen aber nun auch für die Chose aufkommen, wie der neue griechische Finanzminister Giannis Varoufakis mit entwaffnender Offenheit meinte: „Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden sie immer zahlen”. Wenn er sich da nur nicht täuscht!

Die „Nordstaaten“ – allen voran Deutschland – sind den kindischen Griechen im Grunde zu großem Dank verpflichtet. Denn der Wahlerfolg, zu dem sie den Kommunisten verholfen haben, wird auch die radikalen Linken in Portugal und Spanien beflügeln, wo im Herbst Wahlen anstehen. Es bedarf keiner Hellseherei, denen ebenso fulminante Wahlerfolge zu prophezeien.

Folgen diese Parteien dem Beispiel der Griechen und fordern de facto, dass künftig und für alle Zeiten allein die Deutschen ihre irrsinnige „goldene-Uhren-für-alle-Politik“ finanzieren sollen, wird es mit der EU ein ebenso jähes Ende nehmen wie mit deren maroder Esperantowährung. Man kann den Teutonen schon einiges zumuten, aber nicht, dass sie sich auf ewig den Buckel krummschuften, damit man im Süden unbeschwert Fiesta feiern kann. Frau Merkel und Herr Gabriel werden daher schon ein wenig auf ihre eigenen Wähler – und nicht auf die der Kommunisten in Griechenland oder anderswo – Rücksicht nehmen müssen.

Wie heißt es so schön: Besser ein Ende mit Schrecken…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Ein Königreich für einen Arzt – wenn es noch einen gibt

30. Januar 2015 01:51 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Gesundheitsversorgung wird signifikant schlechter. Eine Ursache ist die „Einigung“ über die Arbeitszeiten in Wiener Gemeindespitälern, auch wenn die Beteiligten diese als Erfolg zu verkaufen versuchen. Ähnlich negativ wirksam sind diverse Regelungen in anderen Bundesländern. Es ist unbestreitbar: Die Gesamtpräsenzzeit von Ärzten in den Spitälern wird dadurch deutlich geringer. Und damit auch die Betreuung der Patienten. Es gibt aber noch viele andere Gründe, eine Verschlechterung der medizinischen Betreuung in Österreich zu konstatieren.

Zuerst zur Arbeitszeitreduktion für Ärzte. Diese ist – allen Ablenkungsversuchen der Gemeinde Wien zum Trotz – eine eindeutige Leistungsverringerung. Es sei denn, man behauptet, die bisherige Ärzte-Anwesenheit wäre überflüssig gewesen. Wenn das so wäre, hätten sich freilich die dafür verantwortlichen Politiker seit Jahren eines massiven Amtsmissbrauchs schuldig gemacht.

Der Anlass der Leistungsverschlechterung: Als Folge des neuen Ärztearbeitszeitrechts dürfen die Mediziner nur noch 48 Stunden pro Woche arbeiten. Das löst die Politik durch Reduktion der gut bezahlten und daher bei den Ärzten beliebten Nachtdienste. Damit deren Einkommen aber trotzdem gleich bleibt, bekommen die Ärzte ein deutlich höheres Grundgehalt.

Der Patient zwischen überfüllter Ambulanz und überfüllten Ordinationen

Ärztekammer-Vizepräsident Steinhart hat sofort Verschlechterungen im Gesundheitssystem als klare Folge der damit in den Spitälern bevorstehenden Ärzteknappheit angekündigt. Das wird man besonders in den Spitalsambulanzen spüren. Gleichzeitig sind die niedergelassenen Ärzte durch die Sozialversicherungen total ausgedünnt worden. Auch das ist eine eindeutige Verschlechterung der Versorgung, die nur von Politikern geleugnet werden kann.

Für die Ordensspitäler und das AKH gibt es vorerst noch überhaupt keine Einigung. In den Ordensspitälern gilt noch eine provisorische Zwischenlösung, in der also die Ärzte wie bisher zu arbeiten bereit sind. Was aber rechtlich nicht mehr lange erlaubt sein wird.

Im AKH hingegen fallen schon seit Jahresbeginn immer mehr Operationen aus. Das ist die dritte Leistungsverschlechterung, die man festhalten muss.

Im AKH ist die Lage deshalb besonders schwierig, weil die Gemeinde dem Bund die zusätzlichen Kosten für die Arbeitszeiten zuschanzen will. Dabei ist der Bund eigentlich nur für den wissenschaftlichen und universitären Bereich des AKH und dessen Finanzierung zuständig. Und nicht für Patientenbetreuung und Nachtdienste. Das wäre alleinige Kompetenz der Gemeinde Wien. Aber die hofft wieder einmal auf die übliche Nachgiebigkeit des Bundes.

Gemeindeärzte müssen Schwesternarbeit tun

Die Politik, die noch vor kurzem allen Ernstes die gesamte Gesundheitspolitik für saniert erklärt hat, weiß in Wahrheit nicht mehr ein und aus. Denn das Problem ist keineswegs nur eines der künftig viel kürzeren Höchstarbeitszeit von Ärzten.

Dringend nötig wäre es auch, in Wiener Gemeindespitälern Ärzte von Arbeiten zu befreien, die anderswo von Krankenschwestern durchgeführt werden, wie etwa Blutabnehmen. Eine weitere massive Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Mediziner. In den Gemeindespitälern hat nämlich die (in der SPÖ ja sehr mächtige) Krankenschwestern-Gewerkschaft die Befreiung der Schwestern von solchen Arbeiten durchgesetzt.

Dafür aber wird jeder neue Patient absurderweise von einer dieser Schwestern in einem langen Fragebogen haargenau nach all den gleichen Dingen gefragt, die vorher schon ein Arzt erhoben hat. Für solch unsinnige Doppelgleisigkeiten gibt es offenbar immer noch Zeit.

Es droht ein katastrophaler Ärzteengpass

Noch viel bedrohlicher als der „erst“ seit ein paar Wochen andauernde Operations-Engpass und als die Nachtdienst- und Ambulanz-Einschränkung ist die Tatsache, dass in ein paar Jahren generell ein katastrophaler Engpass an Ärzten bevorsteht. Selbst wenn es keine neuen gut gemeinten, aber total wirklichkeitsfremden Arbeitszeitgesetze gäbe.

Eine große Zahl an Medizinern aus der Babyboomer-Generation wird nämlich in Pension gehen. Gleichzeitig fehlt der Nachwuchs. Dieser müsste ja jetzt schon in den diversen Ausbildungs-Wegen stecken. Wo es ihn aber nicht gibt.

Der Ärztemangel eskaliert in einer Epoche, da Menschen immer länger leben und  daher immer mehr Gelegenheiten haben, krank zu werden. Gleichzeitig kann die Medizin immer mehr Krankheiten wenn auch meist teuer heilen, die früher unbehandelbar gewesen sind.

Eine Erhöhung der Ärzteeinkommen ist auch in Hinblick auf die Zukunft nötig. Denn derzeit gehen immer mehr Mediziner unmittelbar nach dem Gratisstudium (das freilich für die Steuerzahler sehr teuer ist!) ins Ausland. Dort herrscht schon länger ein Ärztemangel. Daher werden Medizin-Absolventen äußerst attraktive Angebote gemacht.

Lieber Installateur als Kassenarzt

Die Notwendigkeit, normale Ärzte besser zu bezahlen, ist bei den Kassenärzten noch viel größer. Wenn die Krankenkassen Ärzte mit so lächerlichen – sich vielfach im einstelligen Euro-Bereich bewegenden! – Honoraren entlohnen, dass Installateure oder Elektriker dafür nicht einmal einen Finger rühren würden, dann ist das nicht nur demütigend. Es schreckt auch immer mehr Ärzte überhaupt davon ab, einen Kassenvertrag abzuschließen.

Das ist vorerst zwar „nur“ am flachen Land zu spüren, wo viele Gemeinden keinen Arzt mehr finden, obwohl sie jetzt schon mit Superangeboten – bis hin zu Gratishäusern – locken. Das merkt man aber auch an Kassenordinationen in Wien: Die sind meist nur noch Fließbandbetriebe; die Mehrzahl der Patienten sieht bloß die Rezeptionistinnen; und die Kassenärzte versuchen als Ausweg oft zweifelhafte Zusatzeinkommen an den Kassen vorbei aufzubauen.

Die schlechte Entlohnung von Ärzten bedeutet noch eine andere Perversität: Österreich leistet solcherart massive Entwicklungshilfe an Deutschland. Denn erstens finanziert Österreich vielen deutschen Studenten, die für ein Studium in Deutschland zu schlechte Zeugnisnoten haben, ein Gratisstudium. Zweitens gehen diese, aber auch immer mehr Österreicher nach dem Studium nach Deutschland, wo sie viel besser verdienen. In Österreich bleibt dauerhaft nur jeder Zweite.

Politik und Kassen haben kein Geld mehr, um da gegenhalten zu können. Und die SPÖ legt sich nach wie vor gegen jede Kostenbeteiligung eines Studenten am Studium quer.

Die Österreicher zahlen e-card-Missbrauch

Noch an vielen anderen Kostentreibern – und damit Qualitätssenkern – ist die Politik schuld. So etwa daran, dass mit den e-cards durch einige Nicht-Österreicher ein grober Missbrauch betrieben wird. Diese Karten können nämlich leicht an andere Personen weitergegeben werden. Gar nicht wenige reisen nur der Gratisbehandlung wegen extra nach Österreich (am Balkan ist die Medizin ja oft noch in einem katastrophalen Zustand). Derzeit stellt ja keinerlei e-card-Merkmal sicher, dass der auf Kosten der Krankenkassa behandelte Patient auch wirklich identisch mit dem e-card-Besitzer ist. Nicht einmal Fotos erlaubt die politisch korrekte Politik.

Besonders übel im Wiener Gesundheitssystem wirkt sich ferner die Diskriminierung der kirchlichen Spitäler aus. Sie bekommen von den Kassen und der Stadt deutlich weniger Geld als Gemeindespitäler für die gleichen Eingriffe. Damit droht langfristig ein weiterer Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung wegzubrechen. Dabei wird in Wien jeder fünfte Patient in einem kirchlichen Krankenhaus behandelt.

Die Lüge von der Gratismedizin

Das Grundübel hinter vielen Missständen ist die Lüge – welche die Bürger freilich sehr gerne hören –, dass Österreich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hätte, und dass  dieses auch zum Nulltarif möglich wäre. Wie sehr das eine Lüge ist, zeigt die Realität: Man bekommt oft nur dann eine exzellente und vor allem schnelle medizinische Betreuung, wenn man die Dienste eines Nichtkassenarztes oder eines Privatspitals und -ambulatoriums bezahlt.

Diese Lüge steht auch der einzig echten Reform im Weg: nämlich der Einführung eines generellen – wenn auch sozial limitierten – Selbstbehalts für die Patienten. Dabei ginge es weniger darum, dass dadurch zusätzliches Geld hereinkäme. Viel wichtiger wäre es, dass nur so das Interesse der Bürger wachgerufen werden könnte, überflüssige Behandlungen zu vermeiden und gesundheitsbewusster zu leben. Ohne finanzielles Eigeninteresse gibt es kein Kostenbewusstsein der Patienten, also der einzigen Konsumenten des Gesundheitssystems.

Die beiden österreichischen Sprüche „Zahlt eh die Kasse“ und „Zahlt eh der Staat“ führen zu einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Nur traut sich noch immer kein Politiker, das auch zu sagen. Sie sind damit die besten Werbeträger für die Zweiklassenmedizin, die aber zugleich groteskerweise für nichtexistent erklärt wird.

PS.: Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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Wie viel Geld gibt der griechische Staat aus?

29. Januar 2015 18:20 | Autor: Andreas Unterberger

Griechenlands Staatsausgaben in Mio. Euro seit 2001

 

 

Entwicklung der Personalausgaben der öffentlichen Verwaltung ausgewählter EU-Staaten seit 2001

 

Quelle: Eurostat, Agenda Austria

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Griechenland neu: Antisemitisch und ohne weibliche Minister

29. Januar 2015 00:18 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die neue griechische Regierung wird immer tolldreister auf ihrem Weg ins Chaos. Dennoch findet sich bisher nirgendwo in Europa eine politische Persönlichkeit, die klar sagen würde: „Liebe Griechen, macht, was ihr wollt; aber von uns gibt es keinen einzigen Euro mehr, da ihr jetzt alle Sparmaßnahmen zunichte macht.“

Nur ein paar Schlaglichter, wie sich der griechische Irrsinn konkretisiert:

  1. Die Syriza realisiert nach den Wahlen tatsächlich all ihre Ankündigungen, Tausende abgebaute Beamte wieder einzustellen, den Pensionisten einen ganzen zusätzlichen Monatsbezug zu zahlen, die Steuern zu senken und die Mindestlöhne zu erhöhen. Nirgendwo zeichnet sich ein Abrücken von all dem ab.
  2. Die Kurse für griechische Staatsanleihen steigen wieder steil zum Himmel, da ja niemand mehr freiwillig einer Regierung Geld borgen will, die schon ankündigt, dass sie es nicht zurückzahlen will. Jeder Bankvorstand, der dennoch an Griechenland Geld verleiht, beginge vorsätzliche Krida.
  3. Seit zwei Monaten sind die griechischen Steuereinnahmen drastisch zurückgegangen. Denn die Griechen leben seit den ersten Vorzeichen eines Syriza-Sieges in der Erwartung, dass Syriza sein Wahlversprechen drastischer Steuersenkungen halten wird. Da haben die Bürger offenbar gleich prophylaktisch ihre Steuerzahlungen zurückgehalten.
  4. Nach vielen verlässlich scheinenden Informationen sind in den letzten Monaten (neuerlich) viele Milliarden Euro aus Griechenland ins Ausland gebracht und dort gut versteckt worden.
  5. Die Mehrheit der Griechen und ihre neue Regierung glauben wirklich, dass die Realeinkommensverluste der letzten Jahre (in manchen Bereichen tatsächlich bis zu 30 Prozent) eine grobe Gemeinheit seien. Dass dies alles von Sadisten in Berlin ausgedacht worden sei und dass es nur angebracht sei, diese Verluste jetzt wieder rückgängig zu machen. Sie begreifen nicht (wollen nicht begreifen), dass ihr Land nur dann wieder halbwegs konkurrenzfähig wird, wenn es die ebenfalls 30-prozentigen Gehaltssteigerungen wieder rückgängig macht, um die sie im Jahrzehnt vor der Krise ihre Einkommen höher als etwa die Deutschen gesteigert haben.
  6. Griechenland stoppt auch alle Privatisierungen, deren Erträge die Staatskasse wieder ein wenig füllen hätten sollen.
  7. Jenseits der wirtschaftspolitischen Selbstmordankündigungen hat sich die neue Regierung auch außenpolitisch festgelegt: Sie positioniert sich als strammer Verbündeter Russlands. Mit diesem Liebäugeln mit Russland hat Griechenland ja schon in all den Jahrzehnten seit dem Weltkrieg Erfolg gehabt: Es konnte dem Westen immer mit Erfolg Angst davor einjagen, dass Griechenland wirklich kommunistisch wird. Er hat daher das Land in Nato und EU aufgenommen. Und er hat das schöne Leben der Griechen mit vielen Hundert Milliarden unterstützt. Aber alles hat nichts genutzt. Jetzt ist Griechenland de facto kommunistisch.
  8. Griechenland will alle Kinder von Migranten automatisch einbürgern. Womit diese dann auch volle EU-Bürger sind.

Das besonders Schlimme ist aber die knieweiche Reaktion aller anderen Europäer auf die griechische Entwicklung, vor allem der Sozialdemokraten. Sie reden nur noch herum und betonen schon wieder, dass Griechenland unbedingt im Euro bleiben müsse.

Deshalb kann man sicher sein, dass EU und EZB nach ein paar Scheingefechten in ein paar Wochen den Griechen wieder weitgehend nachgeben wird. Ohne zu begreifen, wie lächerlich sie sich damit machen. Ohne die katastrophalen Beispielsfolgen in zahllosen anderen Euro-Krisenländern zu durchschauen. Denn überall in Europa wird bei einem Erfolg Griechenlands bald lustiger Kirtag gefeiert werden. Bevor das dicke Ende kommt.

Wie verlogen und haltungslos die westeuropäische Linke ist, merkt man an aber auch zwei ganz anderen Themen, die gar nichts mit Finanzen, Wirtschaft und Euro zu tun haben. Die aber für die Linke bisher immer die allerobersten Fixpunkte waren, wenn sie bürgerliche Parteien denunzieren wollten:

Die Linken sind verlogen bis in die Knochen. Aber alle Linksmedien haben tagelang gejubelt, dass die neue griechische Regierung nach zwei Tagen schon angelobt worden ist. Als ob das der wichtigste Aspekt wäre.

Und Europas Konservative, Liberale, Christdemokraten, Bürgerliche? Wer von ihnen irgendetwas gehört haben sollte: Bitte melden.

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Wien und die Selbstbestimmung der Tiroler südlich des Brenners

27. Januar 2015 23:19 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Vor hundert Jahren, 1915, wechselte Italien die Seite. Im Londoner Geheimvertrag von 1912 war Rom für den Kriegseintritt an der Seite der Entente die Ausdehnung seiner Nordgrenze bis zum Brenner zugesichert worden. Im Friedensvertrag von St.-Germain-en-Laye (10. Sept. 1919; in Kraft getreten am 16. Juli 1920) wurde daher der Südteil Tirols entgegen der vom amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson propagierten Anwendung des Selbstbestimmungsrechts der Völker Italien zugeschlagen.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde den Südtirolern das Selbstbestimmungsrecht verweigert. Das Verlangen zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechts sowie den Willen zur Rückgliederung ihres Landesteils an Tirol und Österreich hatten 155.000 Unterschriften manifestiert, die dem österreichischen Bundeskanzler Leopold Figl am 22. April 1946 in Innsbruck übergeben worden waren. Damit sollte sein Außenminister Karl Gruber, ein Tiroler, auf der Friedenskonferenz zu Paris sozusagen ein Unterpfand auf den Volkswillen in die Wagschale werfen können.

Doch wie nach dem Ersten Weltkrieg verweigerten die Siegermächte auch damals den Südtirolern ihr Begehr. Lediglich zu einem am 5. September 1946 zwischen Gruber und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide DeGasperi getroffenen Übereinkunft kam es, in welchem dem Land zwischen Brenner und Salurner Klause „besondere Maßnahmen zur Erhaltung des Volkscharakters und der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung“ zugesichert wurden.

Aus dem „Pariser Abkommen“ erwuchs – nach Jahren der Unterjochung der Südtiroler durch das „demokratische Italien“, womit unsägliche Gewalt einherging – schließlich jenes gegenwärtig geltende „Autonomiestatut“. Die seit 1945 in Südtirol regierende SVP verabsolutiert es ob der damit für sie realiter verbundenen Pfründen.

Die seit etwa zehn Jahren erheblich erstarkte Opposition im Bozner Landhaus verfolgt nach wie vor das „Los von Rom“, während die im österreichischen Bundesland Tirol ebenso wie  auf Bundesebene bestimmenden und (mit)regierenden Kräfte agieren, als sei damit die Endstufe des Möglichen erreicht. Sie lassen verlauten, die Südtirol-Frage sei durch Europäisierung beantwortet, weshalb sie nicht (mehr) auf der Agenda stehe. Und geben vor, die Bevölkerung interessiere sich kaum mehr dafür, weshalb die Regierungsparteien nurmehr den Anschein erwecken, als wollten sie in puncto Südtirol möglichst in Ruhe gelassen werden.

Dem stehen soeben bekannt gewordene, höchst aufschlussreiche Ergebnisse einer Umfrage des vom „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) beauftragten Linzer Meinungsforschungsinstitut „Spectra“ (http://www.suedtiroler-freiheit.com/wp/wp-content/uploads/2015/01/SHB_FRAGEN_DEUTSCH.pdf) entgegen.

Sie weisen aus, dass mehr als der Hälfte aller 1000 repräsentativ Befragten zwischen Burgenland und Vorarlberg bekannt ist, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker in Artikel 1 der UN-Menschenrechtspakte verankert und von den meisten Staaten, darunter auch Österreich, anerkannt ist. 82 Prozent aller Befragten wussten, dass Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg von Österreich abgetrennt und gegen den Willen der angestammten Bevölkerung von Italien annektiert wurde. 83 Prozent der Befragten, also mehr als vier Fünftel, wären damit einverstanden, den Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft zu gewähren, um deren Bindung an Österreich zu stärken.

Das hohe Maß an Zustimmung in allen Altersgruppen – indes besonders derer  zwischen 15 und 29 Jahren – legt offen, dass diese spezielle Staatsbürgerschaftsthematik von Emotionalität geprägt ist. Das Ergebnis zeigt, dass es sich hierbei nicht um eine ökonomisch motivierte Angelegenheit, sondern vorrangig um eine ideellen Sache handelt, die Ausdruck des Bewusstseins nationaler Zusammengehörigkeit ist. Namentlich die österreichische Bundespolitik, die in der (seit 2006 virulent gewordenen) Staatsbürgerschaftsfrage für Südtiroler (im Juli 2013) die stärkste Bremswirkung erzeugt hat, als SPÖ, ÖVP und Grüne, die in der Ausschussarbeit des Nationalrats zuvor Zustimmung signalisiert hatten, einen entsprechenden Antrag der FPÖ abschmetterten, hinkt dabei dem Empfinden und der Haltung der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung nach. Anders ausgedrückt: sie missachtet eklatant deren Willen.

Überdeutlich wird die Diskrepanz zwischen Volksmeinung und Regierungshaltung bezüglich der Selbstbestimmungsfrage. Die entsprechende Frage des Instituts „Spectra“ lautete: „In Südtirol wird immer wieder der Wunsch nach Ausübung des Selbstbestimmungsrechts geäußert. Würden Sie es begrüßen, wenn die Bevölkerung Südtirols in einem Referendum auf friedliche und demokratische Weise über die staatliche Zugehörigkeit des Landes entscheidet, oder würden Sie das nicht begrüßen?“

Hinsichtlich Gewährung und Ausübung des den Südtirolern 1918/19 und 1945/46 verweigerten Selbstbestimmungsrechts mittels Volksabstimmung ist der Grad der Zustimmung von knapp neun Zehnteln (89 Prozent) aller befragten Österreicher signifikant hoch. Markant dabei ist der Zustimmungsgrad von 93 Prozent in der Altersgruppe zwischen 15 und 29 Jahren. Befragte in Wien (92 Prozent) und in Oberösterreich (93 Prozent) würden die Selbstbestimmung sogar mehr als der Durchschnitt begrüßen. Es würden also neun von zehn Österreicher befürworten, wenn die Südtiroler über ihre staatliche Zugehörigkeit abstimmen dürften.

Der enorm hohe Zustimmungsgrad in allen Alters- und Bildungsgruppen legt offen, dass Gewährung und Ausübung des Selbstbestimmungsrechts wirkliche politische Anliegen der Österreicher sind. Der Befund zeigt in aller Klarheit, dass das historische, somit „alte“ Anliegen nichts an Bedeutung eingebüßt hat, sondern vielmehr ein aktuelles, ein „junges“ ist. Die Politik hingegen bleibt auch in diesem Punkt weit hinter den Wünschen von neun Zehnteln aller Österreicher zurück.

Ebenso deutlich ist die Zustimmung von knapp neun Zehnteln aller Österreicher zur Wiedervereinigung des südlichen Teils Tirols mit Österreich für den Fall, dass sich die Südtiroler in einer Volksabstimmung für diesen Weg aussprächen.

Damit, dass 89 Prozent der Österreicher die Wiedervereinigung begrüßen würden, wird offenkundig, dass sich die politische Wahrnehmung der Österreicher aller Alters- und Bildungsgruppen hinsichtlich Südtirols als verlässlicher Faktor für die Südtiroler erweist. Es erweist sich damit auch, dass sich das Gefühl der Zusammengehörigkeit eher aus nationaler Bindekraft denn aus einem diffusen – von maßgeblicher politischer Seite aber als allein zukunftsträchtig vorgegebenen – „Europäer-Bewusstsein“ speist. 

Es erweist sich zudem, dass die politischen Stereotypien von den „gefallenen“ oder „nicht mehr wahrnehmbaren“ Grenzen in der österreichischen Bevölkerung ebenso wenig nennenswert Widerhall finden wie der ähnlich lautende politische Stehsatz, wonach „EUropäisierung“ und „Regionalisierung“ die „Grenzen überwinden“ würden, deren Verschiebung/Veränderung nicht (mehr) nötig respektive gewollt sei.

Die Südtirol-Thematik ist also ausweislich dieser Umfrageergebnisse rechtlich und emotional so stark präsent, dass sich daraus ein politischer Wille der Österreicher ableiten lässt. Diesen zu verwirklichen, wäre Aufgabe der Politik.

Wie ist es damit bestellt? Außenminister Sebastian Kurz hat seine Position in einem am 3. Mai 2014 in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ erschienenen Interview und tags darauf vor den Delegierten des SVP-Parteitags in Meran dargelegt. Wenn das auch die Haltung der Bundesregierung und der sie mittragenden ÖVP, also seiner Partei ist, so hätte man sich von dem, was für Österreichs Regierungen und politische Parteien bis dato mehr oder weniger als opinio communis galt, verabschiedet: nämlich dass „das Recht Südtirols auf Selbstbestimmung unverzichtbar“ sei.

Kurz, der nach eigenem Bekunden von Unabhängigkeitsbestrebungen und Freistaatsforderungen sowie Wiedervereinigungsverlangen nichts hält, nannte diejenigen „Ewiggestrige“, die „wieder vom Aufziehen neuer Grenzen träumen“. Und hinsichtlich Selbstbestimmung bekundete der abgebrochene Jus-Student in seinem Antwortschreiben auf einen von SHB-Obmann Roland Lang, SHB-Ehrenobmann Sepp Mitterhofer und Prof. Dr. Erhard Hartung, Sprecher der „Kameradschaft ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer“ unterzeichneten und an ihn gerichteten Protestbrief recht eigenwillige Vorstellungen.  

In den beiden zentralen Stellen des Briefes (BMeiA-XX.2.1 3.33/0027-11.2/2014) vom 17. Juni 2014 lässt Kurz wissen: „Selbstbestimmung kann auf verschiedene Weise verwirklicht werden, die Südtirol-Autonomie mit ihrem hohen Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung ist eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung“. Und: „Die Südtirol-Autonomie ist damit ein konkreter Ausdruck des Gedankens der Selbstbestimmung.“ 

Mit der daraus abzuleitenden Haltung, nämlich dass die Selbstbestimmung der Südtiroler faktisch verwirklicht sei – ohne dass es je zur Gewährung bzw. Ausübung des Selbstbestimmungsrechts gekommen wäre – stellen sich Sebastian Kurz und die Regierung Faymann/Mitterlehner, in deren Namen er ja spricht, gegen alle einschlägigen Beschlüsse bzw. Resolutionen des Österreichischen Nationalrats ebenso wie gegen solche der Landtage beider Tirol. Er und die Regierung missachten damit zugleich einschlägige Expertisen und Gutachten führender Verfassungs- und Völkerrechtsjuristen von Felix Ermacora († 24. Februar 1995) über Peter Pernthaler bis zu Walther Obwexer.

Ganz zu schweigen von dem kanadischen Völkerrechtler Daniel Turp (Universität Montreal), der unter Hinweis auf das Kosovo-Urteil des IGH, wonach „die einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht als Verstoß gegen das Völkerrecht anzusehen ist“, feststellte: „Obwohl Artikel 5 der italienischen Verfassung besagt, dass die Republik eins und unteilbar ist und damit signalisiert, dass das Südtiroler Volk die territoriale Integrität Italiens nicht in Frage stellen darf, ist das Südtiroler Volk ,Inhaber des Rechts auf Selbstbestimmung’ und darf, in Anwendung dieses Rechts, sogar ein souveräner und unabhängiger Staat werden“.

Was die Tiroler diesseits und jenseits des Brenners wollen, haben demoskopische Ergebnisse längst offengelegt. Laut einer Umfrage der „Tiroler Tageszeitung“ aus Anlass des Andreas Hofer-Gedenkjahres 2009 wünschte jeder zweite Befragte im Bundesland Tirol die Wiedervereinigung von Nord-, Ost- und Südtirol.

In Südtirol ließ der Südtiroler Heimatbund 2011 vom Bozner Institut „apollis“ unter Angehörigen der deutschen und ladinischen Sprachgruppe die Einstellung zur Selbstbestimmung erheben. Dabei sprachen sich 56 Prozent für die Unabhängigkeit und 44 Prozent für Verbleib bei Italien aus.

Ähnlich das Ergebnis einer Umfrage des Wiener Instituts Karmasin von 2013: für die Loslösung von Italien waren 54 Prozent der Befragten, für Verbleib bei Italien 26 Prozent; 20 Prozent machten dazu keine Angabe. Schon 2008 hatte „apollis“ im Auftrag der (überparteilichen) „Arbeitsgruppe Selbstbestimmung“ (AGS) die Einstellung der Italiener Südtirols ergründet. Insgesamt hielten seinerzeit 41 Prozent der Befragten ein Selbstbestimmungsreferendum in der Provinz Bozen für gerechtfertigt, während 59 Prozent dem ablehnend gegenüberstanden, was angesichts der damals starken Anhängerschaft von weit rechts stehenden bis klar neo-faschischtischen italienischen Parteien Südtirols kaum verwundern konnte.

Auch die Haltung der Italiener zu diesem Fragenkreis hatte der SHB im März 2014 durch das in Mestre (bei Venedig) ansässige Institut „Demetra“ ergründen lassen. Dabei antworteten 74,2 Prozent der 1012 italienweit repräsentativ Befragten mit „Ja“ auf die Frage „Ist es Ihrer Meinung nach richtig, dass die Bevölkerung eines Gebietes das Recht auf Selbstbestimmung ausübt, um so zu entscheiden, zu welchem Staat sie gehören will?“ 23,7 Prozent sagten „Nein“.

63,4 Prozent der Befragten war demnach auch bekannt, „dass die Provinz Bozen nach dem Ersten Weltkrieg gegen den Willen der Bevölkerung von ihrem Vaterland Österreich abgetrennt und von Italien annektiert wurde“; 36,5 Prozent wussten davon nichts. 

Höchst bemerkenswert war indes das Ergebnis auf die Frage „Sind Sie damit einverstanden, dass die Bevölkerung der Provinz Bozen mit einem Referendum auf friedliche und demokratische Weise über ihre Selbstbestimmung entscheiden kann“. 71,8 Prozent der Befragten bejahten sie nämlich, während sie nur deren 27,1 Prozent verneinten und 1,1 Prozent keine Antwort darauf gaben.

All dies sollte doch politische Verantwortungsträger an Donau, Inn sowie Eisack und Etsch zum Nachdenken und Handeln bewegen. Umso mehr, als auch und gerade das jüngst vorgestellte „Spectra“-Ergebnis klar zutage gefördert hat: Die österreichische Bevölkerung straft hinsichtlich der Selbstbestimmung ihrer Südtiroler Landsleute jene Lügen, die das Thema für „abgehakt“, „überholt“ bzw. „überwunden“ halten. Dabei werden verschiedene Chiffren verwendet: wie „nicht mehr spürbare Grenze seit der EU-Mitgliedschaft Österreichs“ und „dadurch überwundene Schandgrenze“ oder vergleichsweise inhaltsleerer, weil EUroparechtlich virtueller Gebilde wie „EUregio Tirol“ oder „Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino im Europäischer Verbund für Territoriale Zusammenarbeit“.

Diese Umfrageergebnisse konterkarieren Position und Haltung des österreichischen Außenministers und der Bundesregierung. Anders ausgedrückt: Jetzt ist offenkundig, dass Kurz und das Kabinett Faymann-Mitterlehner in der Selbstbestimmungsfrage hinsichtlich Südtirols meilenweit von den Ansichten der übergroßen Mehrheit der Österreicher beiderlei Geschlechts entfernt sind.

Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.

 

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Wer den Linken zur Mehrheit hilft, darf auch antisemitisch hetzen

27. Januar 2015 01:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der moralische Verfall vieler europäischer Linksparteien ist nach den griechischen Wahlen offenbar ein totaler geworden.

Es war schon widerlich genug gewesen, wie speziell im ORF, der gegen jede Partei rechts der Mitte blindlings loshetzt, in den letzten Tagen der Wahlsieg der griechischen Syriza – einer eindeutig weit mehr kommunistischen als sozialdemokratischen Partei – bejubelt worden ist. Wie die Syriza dort verharmlosend zu einem „Linksbündnis“ umgemodelt wird. Wie eine Rundfunkmoderatorin des Staatssenders ihr allen Ernstes attestiert hat, die „richtige“ Wirtschaftspolitik zu betreiben.

Und jetzt auch das noch: Syriza hat sich eine schwer antisemitische Partei als Koalitionspartner ausgesucht. Deren Antisemitismus ist weit ärger als bei irgendeiner anderen Partei, die in Europa seit 1945 irgendwo mitregiert hatte. Und was tun ORF&Co? Sie übergehen das einfach mit weitgehendem Schweigen. Dabei hätte es europaweit Sanktionen, Demonstrationen, Boykotte und Fernseh-Sondersendungen rund um die Uhr gegeben, wenn beispielsweise ÖVP oder FPÖ mit einer solchen antisemitischen Gruppierung koaliert hätten.

So hatte der Parteichef dieser ANEL-Partei vor kurzem sogar die unglaubliche Behauptung aufgestellt: Juden zahlen keine Steuern. Dieser Herr Panos Kammenos hat auch behauptet, Terrorismus käme ausschließlich von Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und dem bisherigen Griechen-Premier Samaras.

Und jetzt ist er unter dem Jubel der linken Political-Correctness-Medien Koalitionspartner geworden. Ohne dass irgendwer den Rücktritt vom Kammenos fordern würde. Diese heuchlerische Verlogenheit ist wirklich nur noch zum Kotzen.

 

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Die griechische Katastrophe öffnet den Weg zu Europas Untergang

26. Januar 2015 02:12 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Griechen haben sich ganz klar für die linkssozialistische Syriza-Partei entschieden. Das ist ihr gutes Recht. Das gute Recht – Nein: die absolute Pflicht des restlichen Europa sollte aber jetzt eine ebenso klare Politik gegenüber Griechenland und der Syriza sein.

Das heißt: Nach der Wahl muss dasselbe gelten wie vorher. Das heißt: Griechenland muss alle Verpflichtungen gegenüber dem restlichen Euro-Raum einhalten und bekommt keinerlei zusätzliche Konzessionen, weil es einen linksradikalen Populisten gewählt hat. Tut jedoch Griechenland das, was Syriza im Wahlkampf ständig angekündigt hat – also nicht mehr sparen, Verträge brechen und viel Geld ausgeben –, dann darf es keinen einzigen ausländischen Euro dafür geben!

Jetzt wäre ein Nachgeben gegenüber griechischen Forderungen eine absolute und finale Katastrophe. Nicht nur für das Euro-Projekt, sondern auch für die gesamte EU. Und das wäre auch für Österreich eine Katastrophe, die zu rapider Zunahme von Arbeitslosigkeit und Entwertung aller Sparguthaben führen würde.

Aber Griechenland kann doch seine Schulden nie und nimmer zurückzahlen, werden nun manche entgegnen. Gewiss, das stimmt. Freilich hat man das auch schon vor fünf Jahren gewusst, als Griechenland zum ersten Mal Geld, Kredite und Haftungen bekommen hat. Dieses Geld wird Deutschland, wird Österreich, werden all die anderen Gläubiger also ohnedies nie wiedersehen. Es wäre aber ein absolutes Verbrechen, würde nun neuerlich diesem schlechten, diesem verlorenen Geld weiteres gutes nachgeworfen werden.

Zwei Gründe machen es aber dennoch wahrscheinlich, dass das geschieht: Erstens könnte damit noch eine Zeitlang der schwere Fehler der letzten fünf Jahre vertuscht werden, in denen mutwillig Hunderte Milliarden Euro für Griechenland und die Bezahlung alter griechischer Schulden verschwendet worden sind (diese Kredite und Haftungen sind übrigens zum Gutteil noch gar nicht in nationalen Budgets abgeschrieben worden!). Zweitens: Würde Deutschland (und es kommt in Wahrheit nur auf Deutschland an) jetzt endlich hart bleiben, wäre das auch ganz schlecht für Frankreich, für Italien und für die EZB. Denn dann käme für sie und ihre finanztechnischen Kartenhäuser viel rascher als ohnedies befürchtet die Stunde der Wahrheit. Da hilft dann auch keine Gelddrucken durch die EZB mehr.

Die von der großen Mehrheit der Deutschen und Österreicher verlangte Härte gegenüber Griechenland würde dazu führen, dass Griechenland aus dem Euro austreten müsste. Das wird turbulent, das ist aber noch nicht der Untergang des Abendlandes. Griechenland müsste dann endlich lernen, sich ohne fremde Hilfe und ohne neue Schulden zu sanieren.

Das wäre auch deshalb überaus heilsam, weil dann viele andere Länder rasch begreifen würden: Das deutsche Helfersyndrom hat doch Grenzen. Und auch sie müssten daher so wie Griechenland selber ihre eigenen Dinge in Ordnung bringen. Auch Österreich sollte das übrigens rasch wieder lernen!

Gewiss: Das wäre in vielerlei Hinsicht ein Ende mit Schrecken. Aber das wäre tausend Mal harmloser als ein Schrecken ohne Ende, wie ihn ein neuerliches deutsches In-die-Knie-Gehen nach sich bringen würde.

Dennoch bin ich fast sicher: Politiker entscheiden sich fast immer für den Schrecken ohne Ende, weil sie vor mutigen Entscheidungen mit unmittelbaren Auswirkungen immer viel mehr Angst haben als davor, den langfristigen Weg in den Untergang zu wählen. Und sollte ein deutscher Politiker jetzt vielleicht doch den Mut zur Härte haben, dann wird er in Europa sehr rasch gefragt werden, wer denn schuld am Weltkrieg und am Holocaust ist. Nach dieser Frage wurde in den letzten 70 Jahren immer noch gezahlt.

PS.: Immer wieder erschreckend ist übrigens, dass Österreich absolut keinen Politiker mehr  hat, der in den europäischen Grundsatzfragen auch nur mitreden könnte. Seit Wolfgang Schüssel verstehen die ja nicht einmal, worum es dabei geht (und auch der würde jetzt wahrscheinlich zögern). Noch erschreckender ist, dass diese völlig geistige Leere in der Politik aller Parteien kaum noch jemandem auffällt. Selbst Ökonomen findet man hierzulande keine ernstzunehmenden mehr, wenn nicht bisweilen Hans Werner Sinn, Frank Schäffler, Bernd Lucke oder Thilo Sarrazin vorbeischauen. Oder glaubt irgendjemand auch nur eine Sekunde lang, dass zum Unterschied von der einstigen Hypo-Verstaatlichung, wo die österreichische Regierung trotz monatelanger schlechter Vorzeichen im Gegensatz zu ihren bayrischen Verhandlungspartnern absolut unvorbereitet gewesen ist (siehe Griss-Report!), es jetzt bessere, wenn auch natürlich geheime Vorbereitungen gibt? Auf einen griechischen Euro-Austritt? Auf ein Scheitern der EZB-Bilanz (in der ja viele griechische Kredite stehen)? Auf das Platzen der griechischen Schuldpapiere (von denen besonders viele von einer Raiffeisen sehr nahestehenden Versicherung gekauft worden waren)?

PPS.: Noch schlimmer ist der Jubel mancher SPÖ-Politiker (etwa noch Sonntagabend auch aus der Sozialistischen Jugend!) über den Weg, den die Griechen jetzt gehen wollen. Über den Sieg einer Partei, die ihre eigene Schwesterpartei gedemütigt hat.

 

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Der innere Wert des Geldes

24. Januar 2015 16:24 | Autor: Frank Schäffler
Rubrik: Gastkommentar

Es ist die Woche der Illusionen. Der EZB-Präsident Mario Draghi beseitigt den Zins und meint dadurch Wohlstand erzeugen zu können. Und Sonntag wählen die Griechen wahrscheinlich mehrheitlich die linksextreme Partei Syriza mit deren Vorsitzenden Alexis Tsipras zur stärksten Kraft im Parlament, weil sie glauben, dass es nicht schlimmer kommen kann. Doch schlimmer gehts immer!

Draghi und Tsipras haben vieles gemeinsam. Beide sind dogmatische Sozialisten, die an die kollektive Planbarkeit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse glauben. Beide wollen deshalb Geld ausgeben, viel Geld! Beide glauben, nur dadurch ließe sich die Krise überwinden und die Konjunktur in Südeuropa ankurbeln. Beide scheren sich nicht um das Recht, sondern rufen zum Rechtsbruch auf und kommen vermutlich straffrei davon. Das unterscheidet sie wohl von Uli Hoeneß und dem ehemaligen Chef der deutschen Post Klaus Zumwinkel.

Und beide erpressen die Sparer und Steuerzahler im Euro-Club. Denn sie können es. Draghi weiß, dass er der ungekrönte König eines kommenden europäischen Superstaates ist, dessen Krönungsprojekt die gemeinsame Währung ist. Dieses Geld aus dem Nichts soll so identitätsstiftend sein wie der heilige Gral am Hofe von König Artus.

Und Tsipras ist scheinbar die letzte Hoffnung einer stolzen Nation, die sich verzweifelt gegen die Fremdbestimmung wehrt. Wie einst die Königstochter Europa sich vom zum stiergewandelten Zeus bezirzen ließ, dann der Freiheit beraubt und zu fremden Ufern entführt wurde, so fühlen sich die Griechen heute. Umschmeichelt wegen ihrer antiken Geschichte, aber der Freiheit und Demokratie beraubt, um ein höheres, fernes Ziel zu erreichen.

Wer wie Draghi den Zins vernichtet, schafft die Illusion eines Schlaraffenlandes, wo Milch und Honig fließen. Nahezu jede Investition rechnet sich, selbst für die Gläubiger maroder Banken in Südeuropa. Sie verdienen sich eine goldene Nase und machen den anderen eine lange. Zum Glück ist bald Karneval, damit dies ertragen, oder besser – vorübergehend vergessen – werden kann.

Doch Aschermittwoch kommt auch in dieser Karnevalssession, dann ist alles vorbei. Der Alltag kehrt wieder ein und es wächst die Erkenntnis vieler, dass die Herzkammer der Gesellschaft um ihre Lebensleistung gebracht wird. Es bedarf dazu keiner Anhebung des Spitzensteuersatzes, keiner Verschärfung der Erbschaftssteuer und auch keiner Vermögenssteuer. Die Enteignung der Mitte der Gesellschaft wird hinter verschlossenen Türen im 1,3 Milliarden Euro teuren Neubau der EZB-Zentrale in Frankfurt beschlossen. In dessen Keller läuft seit Donnerstag die Druckerpresse heiß. 1.100 Milliarden Euro müssen produziert, sortiert und in die Peripherie Europas gebracht werden.

Und Tsipras will auch die Illusion aufrechterhalten, dass es nach fünf Jahren Krise nun vorbei ist mit Sparen, Rentenkürzungen und Arbeitslosigkeit. Er will einen erneuten Schuldenschnitt für sein Land, obwohl es bereits derer zwei gab. Der erste im Frühjahr 2012 war für die Gläubiger mit 107 Mrd. Euro einigermaßen teuer, aber der europäische Steuerzahler federte die Verluste der internationalen Investoren von New York über London bis zu den Cayman-Inseln fürsorglich ab.

Und der zweite war im November 2012, als die Euro-Finanzminister die Laufzeit der Kredite von 15 auf 30 Jahre verlängerten und den zu zahlenden Zins auf 0,6 Prozent reduzierten. Um nochmals 40 Prozent wurde Griechenland von seinen Schuldenlasten befreit.

Tsipras wartet nach dem kommenden Wahlsonntag auf die Draghi-Milliarden. Der wehrt sich noch, will die Illusion des Sparens, der Rentenkürzung und der Reformen mindestens bis kommenden Montag weiter bestehen lassen. Doch bald wird auch Griechenland in den Genuss der modernen Drucktechnik kommen – ganz sicher.

Dass Papiergeld früher oder später zu seinem inneren Wert „Null“ zurückkehrt, ist keine neuere Erkenntnis. Sie soll von Voltaire stammen. Euro-Land ist dem „Früher“ in dieser Woche durch Draghis Rechtsbruch wieder ein Stück näher gekommen.

Frank Schäffler ist ehemaliger Abgeordneter der deutschen FDP, der als solcher mehrmals gegen die Parteilinie gestimmt hat.

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Absurdität IV: Deutsche Gründlichkeit

24. Januar 2015 03:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Deutschen haben jetzt den Vierfachsalto in Sachen Bürokratie-Neuerfindung geschafft.

Das ist aber sogar der ansonsten nicht gerade bürokratiefernen EU-Kommission zu absurd. Deshalb startet sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Diese will nämlich die Auszahlung des – auf Verlangen der Sozialdemokraten – neueingeführten gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro nun auch bei ausländischen Lkw-Fahrern anwenden, solange diese in Deutschland unterwegs sind. Und zwar auch dann, wenn sie nur durchfahren, wenn sie nicht einmal einen Fuß auf deutschen Boden setzen. Die Bürokratie jubelt und wiehert und freut sich schon auf den riesigen Aufwand und die vielen neuen Schreibtische, um diesen Schwachsinn zu administrieren und kontrollieren. Hierzulande werden nun wohl viele Lkw von Ostösterreich den Weg über Bischofshofen nach Tirol wählen, und nicht über das (eigentlich viel kürzere und damit umweltfreundlichere) deutsche Eck. Denn nur so ersparen sie sich einen Papierkrieg mit den deutschen Ämtern um ein paar Cent. Das ist also die neue deutsche Vorstellung von einem einheitlichen Markt . . .

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Euroland wird Schlaraffenland (noch schnell vor seinem Untergang)

23. Januar 2015 02:03 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, Staatsanleihen in der Höhe von mehr als einer Billion(!) Euro zu kaufen, ist schlicht eine Katastrophe. Damit ist nun endgültig das Stadium erreicht, in dem sich Notenbanken (=Staaten) selbst das benötigte Geld drucken. Die erhofften positiven Auswirkungen werden weitestgehend ausbleiben, zugleich wird jedoch eine Fülle negativer Folgen ausgelöst, beziehungsweise verstärkt. Die schlimmste Wirkung – welche die Zentralbanker in ihrer Zahlenfixierung gar nicht begreifen – liegt im Bereich der politischen Psychologie.

Die Auswirkungen im Einzelnen:

  1. Das Wachstum in den Euro-Staaten wird entgegen großmundiger Ankündigungen höchstens in einem sehr, sehr kleinen und sehr, sehr kurzlebigen Ausmaß angefacht werden. Denn die Wirtschaft in Euroland leidet nicht an einer Liquiditätskrise (also am Mangel von verfügbarem Geld), sondern am weitgehenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Dies aber ist keine Folge der Währungspolitik, sondern vieler anderer Faktoren:
    - der im internationalen Vergleich viel zu hohen Steuern und Abgaben,
    - von viel zu viel Gesetzen, Regulierungen und Vorschriften (egal ob sie nun sozialen oder ökologischen oder Sicherheits-Zwecken dienen sollten),
    - zu hohen Löhnen,
    - der Überalterung (was immer zu einem Rückgang des Wachstums führt),
    - der Fortschrittsfeindlichkeit (siehe etwa die kollektive Panik der Politik und Medien bei den Worten Gen, Hormon, Atom, Fracking),
    - des Vorzugsschülergehabes bei den Kyoto-Zielen,
    - der Wohlfahrtsstaats-Exzesse,
    - des Verlusts an Leistungsbereitschaft der Bürger
    - und der lähmenden Perspektiven angesichts riesiger Staatsschulden.
  2. Angesichts all dieser Faktoren investieren immer weniger Unternehmer im Euroland. Egal was die EZB tut. Die Unternehmer aber tätigten bisher weit mehr als 80 Prozent aller Investitionen – und fast 100 der für die Zukunft entscheidenden rentablen Investitionen. Angesichts der prohibitiv hohen Arbeitskosten in Europa ist es geradezu gemeingefährlich, wenn der (ganz zufällig von der Arbeiterkammer finanzierte!) Wifo-Chef in Wien jetzt fordert, dass Europa noch höhere Reallöhne zahlen muss. Das ist nur noch absurder Masochismus. Das ist vor allem genau das "Rezept" der kommunistisch-linkssozialistischen Syriza, die jetzt in Griechenland die Wahlen gewinnen und alle Reformbemühungen verhöhnen wird.
  3. Zweifelhaft ist auch die Hoffnung der EZB, dass jetzt alle Banken der EZB die von ihnen gehaltenen Staatsanleihen verkaufen werden. Warum sollten sie? Es gibt kaum irgendwo echte Nachfrage der Wirtschaft nach Krediten, welche die Banken statt dessen finanzieren könnten. Wenn Banken der Wirtschaft Kredite geben, dann müssten sie das zum Unterschied von Staatsanleihen auch noch hoch mit lähmenden Rückstellungen im Eigenkapital unterlegen (Basler Abkommen). Und wenn sie mehr Geld von der EZB bekommen, dann müssen sie bei der EZB für hinterlegtes Bargeld neuerdings sogar Strafzinsen zahlen. Da sind selbst 0,5 Prozent Anleihezinsen deutlich mehr, wie der RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek jetzt hervorhob.
  4. Es tritt ein – weiterer – enormer Vertrauensverlust gegenüber der EZB und der EU-Politik ein. Denn die in den letzten Tagen propagandistisch als große Gefahr an die Wand gemalte Deflation ist ein artifizielles Gespenst. Dass die Ölpreise (und damit viele Preisindizes) sinken, ist in Wahrheit wirtschaftlich nur positiv. Und niemand hält wegen der Hoffnung, dass ein Produkt im kommenden Jahr billiger wird, eine Anschaffung zurück. Das hat man in den letzten 20 Jahren etwa ständig an den Preisen sowie Absatzzahlen von Handys und Computern sehen können, die dauernd billiger oder besser wurden.
  5. Jubeln dürfen nur alle Finanzminister in Euroland: Denn sie können sich jetzt sorglos fast zu Nullzinsen und fast grenzenlos weiter verschulden. Im Finanzminister-Schlaraffenland wächst das Geld nun an den Bäumen.
  6. Die allerschlimmste Wirkung ist eine politpsychologische: Je mehr sich Staaten durch die Notenpresse finanzieren können, umso weniger Reformen starten sie. Keine Regierung der Welt macht ja schmerzhafte Reformen, wenn sie nicht muss, wenn ihrem Land nicht das Wasser bis zu den Nasenlöchern steht. Deswegen ist man ja in Italien, Griechenland, Frankreich und Griechenland so froh über die EZB-Milliarden, die man sich jetzt durch die Ausgabe von Staatsanleihen holen kann. Regierungen glauben oft zu Recht: Mit Reformen verlieren sie die nächste Wahl; denn alle Reformen lösen zuerst Schmerz aus, während die heilsame Wirkung erst viel später eintritt. Das macht eine Sanierung immer so enorm schwierig, wenn eine Regierung einmal etliche Jahre die Dinge treiben hat lassen, wenn die Hängematte des Wohlfahrtsstaats für viele Menschen allzu vertraut geworden ist.
  7. Die Behauptung, dass weiter Reformdruck auf den Ländern lasten wird und dass halt die EU-Kommission für Reformen und Disziplin sorgen wird, ist eine fromme Lüge. Das hat man in den letzten Monaten etwa ganz deutlich am Verhalten der Kommission gegenüber Italien und Frankreich gesehen. Letztlich hat die Kommission trotz früherer Drohungen immer darauf verzichtet, Maßnahmen gegen diese beiden Länder zu setzen, obwohl diese glasklare Verpflichtungen zur Eindämmung ihrer Defizite eiskalt gebrochen haben und immer weiter brechen.
  8. Dasselbe wird Europa mit Sicherheit auch gegenüber Griechenland nach dem bevorstehenden Wahltag tun. Die EU wird am Ende der total reformunwilligen neuen griechischen Regierung trotz einiger drohender Worte wieder einmal nachgeben. Das zeigt sich auch schon daran, dass sich nun in Österreich Sozialdemokraten hinter die griechischen Linkssozialisten und ihre Reformverweigerung stellen.
  9. Profiteure sind auch die Banken der Krisenländer. Diese werden zum Unterschied von anderen Banken sehr wohl die Staatsanleihen aus ihren Depots verkaufen und so zu mehr Liquidität und Eigenkapital kommen. Das Geld wird aber schon mangels Nachfrage dennoch nicht in die Wirtschaft fließen.
  10. Dramatische Auswirkungen haben die EZB-Maßnahmen – so wie schon alle „Rettungs“-Maßnahmen seit dem Jahr 2010 – für alle Sparer. Diese bekommen keine Zinsen mehr und finanzieren so in hohem Ausmaß die staatlichen Schulden. Das ist eine ständige Enteignung der Sparer. Viele von ihnen versuchen daher mit den Erträgnissen ihres Arbeitslebens vor dem Zugriff der Staaten zu flüchten: in Gold, in Aktien (Blasen-Gefahr!), in Immobilien (Blasen-Gefahr!), in die Schweiz, in die USA und andere Länder mit besserer Wirtschaftspolitik (wo zwar auch meist keine Zinsen winken, aber dafür saftige Gewinne durch die sich laufend verschiebenden Währungsrelationen und durch das dortige Wirtschaftswachstum).
  11. Es findet eine weitere Umverteilung des Risikos von den Schuldnerländern weg hin zu den noch halbwegs gesunden Ländern statt. Selbst wenn „nur“ wie versprochen für 20 Prozent der von der EZB gekauften Anleihen eine gemeinsame Risikohaftung gilt, sind das ja auch weitere 200 Millionen, die nach den ESM, EFSF, Target- und bilateralen Milliarden jetzt zusätzlich auf Nimmerwiedersehen in die Mittelmeerländer fließen. Diese müssen weiterhin nicht die Rechnung für das fette Jahrzehnt zahlen, das sie sich nach Euro-Einführung gegönnt haben.
  12. Das Vertrauen in die Einhaltung europäischer Verträge ist weiter gesunken. Denn jetzt betreibt die EZB mit ihrer neuen Politik direkte Staatsfinanzierung, obwohl das rechtlich eigentlich ausdrücklich verboten ist. Gesetz und Recht gelten in Europa aber offensichtlich nur noch total selektiv, in der Regel nur noch für die Bürger. Die Politik (und die EZB ist reinste Politik!) setzt sich nach Belieben über alles hinweg. Ihr gegenüber sind plötzlich auch die sonst so regulierungswütigen Höchstgerichte total handzahm. Mittäterschaft nennt man das im Strafrecht.
  13. Letztlich sind alle Bürger von Euroland das Opfer, wenn sie auch nur einen Euro in der Geldbörse haben. Denn der ständige, von der EZB bewusst herbeigeführte Verfall des Wertes jedes einzelnen Euro macht alle Bürger ständig ärmer. Bis auf die Schuldner, die sich ins Fäustchen lachen können. Und von denen die Staaten die weitaus größten sind.
  14. Die Lage in einem Satz: In Europa findet, von enormen Risken begleitet, die historisch größte Umverteilung von den hilflosen und zur Verarmung gezwungenen – wenn auch empörten – Bürgern zum Staat und dessen Profiteuren statt.

Ich zweifle, dass das unsere demokratischen Systeme das alles noch lange überleben können. Diese sind ohnedies schon durch die von der Politik verschuldeten und völlig unbremsbar gewordenen Islamisierung total diskreditiert.

PS.: Erstaunlich und trotz all seiner Fehler in der Vergangenheit lobenswert ist, dass sich auch der österreichische Nationalbank-Chef Nowotny zu einer relativ deutlichen Verurteilung der Maßnahmen aufgerafft hat. Freilich: Ein echter Widerstand sieht anders aus.

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Der neue SPÖ-Kurs: Syriza und Prügelbanden

22. Januar 2015 23:36 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist nur noch provozierend und jämmerlich: Nicht weniger als acht österreichische Abgeordnete von SPÖ und Grünen machen direkte Wahlwerbung für die kommunistisch-linkssozialistische Syriza-Partei in Griechenland.

Diese Syriza macht der Pasok, der griechischen Schwesterpartei der SPÖ, und einer Grünpartei (sehr erfolgreich) Konkurrenz. Damit aber entpuppt sich die Unterstützung der acht für Syriza als ganz mieser Opportunismus. Sie lassen die eigenen Parteifreunde noch vor dem Wahltag fallen, wenn eine andere Partei erfolgreicher scheint.

Die Pro-Syriza-Allianz zeigt aber auch, wie identisch Rot und Grün im Grund sind. Es gibt wohl nur deshalb überhaupt noch eine eigene grüne Partei, weil man so auch bürgerliche Umweltfreunde einzufangen hofft. Und weil snobistische Bobos halt doch lieber nicht am gleichen Tisch wie traditionelle Arbeiter sitzen wollen (sofern es solche in der SPÖ noch gibt).

Was aber am schockierendsten an dieser Unterstützung aus dem Wiener Parlament für Syriza ist: Diese hat ein Programm, dessen Realisierung für Österreich (sowie viele andere Länder) katastrophal sein und viele Milliarden kosten wird.

Sein Kern: Griechenland soll keine Schulden mehr zurückzahlen; aber es soll dennoch im Euro bleiben, weiter von der gemeinsamen Währung profitieren können; die griechischen Steuern sollen drastisch gesenkt; Zehntausende Beamte sollen wiedereingestellt werden; und alle Löhne sollen erhöht werden. Wobei zum Vergleich daran erinnert sei, dass etwa die polnischen oder baltischen Löhne noch immer nur halb so hoch wie die griechischen sind. Und trotzdem jammert dort niemand jahrelang, dass man davon nicht leben könne. Etliche andere EU-Länder sind noch viel ärmer.

Das, was Syriza will, kann nur auf Kosten der übrigen Europäer gehen. Das ist linker Populismus zum Exzess. Gut leben und andere – oft viel Ärmere – zahlen lassen. Und das wird von der (noch) größten österreichischen Partei unterstützt, insbesondere durch deren Justizsprecher Jarolim. Da sich die offizielle SPÖ nicht von ihm und seinen  Genossen distanziert (zugegeben, dazu müsste sich wenigstens ein SPÖ-Mächtiger in der Außenpolitik oder Europa auskennen), muss man das auch als neue Parteilinie sehen.

Kann Verkommenheit eigentlich noch tiefer sinken?

Ja sie kann, wie man in einem anderen Zusammenhang sieht: Denn Rot und Grün in Österreich wie in Deutschland unterstützen mit immer größer werdender Intensität linke Prügelbanden. Sei es, dass diese Ballbesucher terrorisieren und dabei halb Wien devastieren; sei es, dass sie ein seriöses Kaffeehaus einschüchtern wollen, weil dessen Personal ein schmusendes Pärchen hinauskomplimentiert hat; sei es, dass sie in Deutschland friedliche Demonstranten verprügeln und große Sachschäden anrichten. Dass das von Hetz-Medien wie dem ORF geifernd unterstützt wird, macht die Sauerei um kein Jota besser.

Den allermeisten linken Demonstranten geht es keine Sekunde um irgendein echtes Anliegen, sondern nur noch um den Straßenterror, um Hetze, ums Prügeln. Das beweist auch ein aktueller Vergleich. Amnesty International – zwar auch eine linke, aber dennoch immer auch um Anständigkeit bemühte Organisation – hat in Wien zu einer Kundgebung für einen lobenswerten wie dringenden Zweck aufgerufen: für die Freilassung des zu Tausend Peitschenhieben verurteilten saudischen Bloggers. Peinliches Ergebnis: An dieser Kundgebung nahmen nur ganze 50 Menschen teil.

Das zeigt wohl mit großer Anschaulichkeit: Linke sind an humanitären Anliegen meist völlig desinteressiert. Sondern nur am Prügeln, Zerstören, Terrorisieren, Einschüchtern. Widerlich.

Dieses Verhalten wird noch übler, wenn man an das Engagement der SPÖ-Spitze im Fall des saudischen Bloggers denkt. Da zeigt sie nämlich zum ersten Mal seit langem humanitäres Engagement. Zehntausende abgeschlachtete Christen, Jesiden und Liberale in der gleichen Weltgegend waren der SPÖ hingegen völlig wurscht gewesen (grüne Politikerinnen haben übrigens Solidaritätsaktionen für ermordete Christen sogar aggressiv attackiert). Das lässt sehr stark vermuten, dass der SPÖ auch das Engagement für den saudischen Blogger kein echtes Anliegen ist. Dieses erfolgt nur aus zwei Gründen: erstens, weil es die Kronenzeitung – Werner Faymanns intellektueller Befehlsausgeber – verlangt hat; zweitens weil die SPÖ damit der ÖVP und deren außenpolitischen Jungstar Sebastian Kurz eifersüchtig eines auswischen will.

 

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Small is beautiful

19. Januar 2015 01:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nur ein großes Europa könne längerfristig seine wirtschaftliche Bedeutung bewahren: So begründete Wifo-Chef Aiginger dieser Tage ein Plädoyer, warum Griechenland unbedingt beim Euro bleiben solle. Alles andere hält er für „weltpolitisch völligen Unsinn“. Eine seltsame Logik.

Zum ersten ist erstaunlich, dass ein Wirtschaftsforscher zu rein politischen Argumenten greift: offenbar kann er anders sein Festhalten an der ewigen Griechenland-Hilfe gar nicht mehr begründen. Zum zweiten gleicht der schlichte Glaube an Größe den Gesinnungen des 19. Jahrhunderts und der Zeit vor den beiden Weltkriegen. Damals haben viele gemeint, Größe sei entscheidend, nur sie mache wohlhabend. Heute glaubt man das hingegen nur noch in Wifo und EZB.

Heute sollten aber auch Wirtschaftsforscher wissen, dass das ein völlig falsches Denken war. Heute liegen in allen globalen Wohlstands-Statistiken immer kleine Länder an der Spitze: die Schweiz, Singapur, Liechtenstein, Norwegen. In der EU ist das winzige Luxemburg am reichsten und in Ostasien ist es Hongkong und nicht etwa die riesige Volksrepublik. Auf der anderen Seite befindet sich Russland, das territorial größte Land der Welt mit seinen riesigen Rohstoffschätzen, in steilem Abstieg von einem auch davor bescheidenen Prokopf-Niveau. Und Österreich selbst steht – gerade der 100-jährige Rückblick macht das bewusst – absolut wie relativ heute viel besser da als einst die große Monarchie. Lediglich das kulturelle und wissenschaftliche Niveau war im damaligen Wien höher als heute.

Diese Erkenntnis ist freilich alles andere als eine Absage an einen Binnenmarkt. Je größer dieser ist, je weniger Zoll- und andere bürokratische Schranken die Wirtschaft behindern, umso besser für Konsumenten wie Produzenten. Deswegen wären auch die Handelsabkommen mit den USA und Kanada für alle Seiten so wichtig. Deswegen hat in den letzten sechs Jahrzehnten jeder Schritt hin zu einem globalisierten Weltmarkt so positive Wirkungen für die Menschheit gehabt.

Am allermeisten haben immer die Kleinen vom Weltmarkt profitiert. Übrigens auch Österreich. Kleine Länder brauchen offene Grenzen, den freien Zugang zum globalisierten Handel. Sie brauchen aber keine Größe.

Denn Größendenken schafft in vielerlei Hinsicht auch gewaltige Probleme. Selbst das riesige Russland fürchtet sich, wenn es nicht sein „nahes Umfeld“ unter halbkolonialer Kontrolle halten kann. Viele EU-Richtlinien passen überhaupt nicht für die ganze Union; Wasserknappheit ist ein süd-, aber kein mittel- und nordeuropäisches Problem; die Haltung zu Leistung, Arbeit und Lebensfreude wiederum wird zwischen Deutschland und Griechenland immer eine total andere sein – um nur zwei von hunderten Beispielen zu nennen.

Daher sollten auch Wirtschaftsforscher begreifen: Bei Handel, Kommunikation, Kultur- und Reiseaustausch ist jeder Schritt Richtung Globalisierung (nicht nur Europäisierung) gut. Bei vielem anderen bewährt sich die Subsidiarität viel besser, die möglichst kleine Einheit, die regionale Anpassung, die Nähe von Herrschern und Beherrschten.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Und das Gold beginnt wieder zu glänzen

17. Januar 2015 21:21 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Etwas mehr als drei Jahre hat die Schweizer Nationalbank (SNB) durchgehalten. Nun hat sie den Kampf um einen festen Wechselkurs zum Euro – völlig überraschend – aufgegeben. Seit der Jahresmitte 2011 konnte die künstliche Wechselkursparität des Schweizer Franken (SFR) zum Euro bei 1,20 gehalten werden. Diese Maßnahme war eine Reaktion auf die seit 2010 erfolgte, massive Abwertung der europiden Esperantowährung zum Franken. Der Druck der Schweizer Exporteure, den Kurs auf einem für sie erträglichen Niveau zu fixieren, war ab dem Moment groß genug, als Mitte 2011 ein 1:1-Wechselkurs drohte. Nun aber scheint der Kursverfall des Euro gegenüber dem Dollar für die aktuelle Entscheidung der SNB ausschlaggebend gewesen zu sein.

Die Kursbindung des Franken an den Euro hat die Schweizer Nationalbank viele Milliarden gekostet. Milliarden Euro, die sie dank ambitionierter Ankaufsprogramme im Keller liegen hat, müssen nun wertberichtigt werden. Experten beziffern das Abwertungsvolumen auf 50 Milliarden Franken oder mehr. Unmittelbar nach der Wechselkursfreigabe brach der Eurokurs gegen den SFR binnen Minuten um bis zu 30 Prozent ein. Zum Tagesende und belief sich der Wertverlust auf rund 16 Prozent.

Die rund 200.000 Österreicher, die sich in SFR verschuldet haben, werden sich den 15. 1. 2015 jedenfalls rot in ihren Kalendern markieren. An diesem Tag hat ihr Schuldenstand schlagartig beträchtlich zugenommen. Schon oft wurde gerätselt, weshalb die Österreicher, die sich bei der Auswahl von Sparformen extrem vorsichtig verhalten, bei der Verschuldung volles Risiko gehen. Die Bereitschaft, sich hemmungslos in Fremdwährungen zu verschulden, wird nun für Zehntausende Bauherren zum Albtraum. Kein guter Start ins neue Jahr.

Die längerfristigen Konsequenzen der Entscheidung der SNB sind aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen. Kurzfristig werden die exportorientierte Schweizer Wirtschaft und die Tourismusindustrie mit Sicherheit Einbußen hinnehmen müssen. Der Rationalisierungsdruck wird – besonders in den produzierenden Betrieben – erheblich stärker werden. Allerdings verstand es die Schweiz auch bisher schon, in einer ringsum auf Inflation setzenden Welt durchaus erfolgreich zu bestehen.

Ob der Kurshöhenflug des Franken zu Zu- oder Abflüssen von Auslandskapital führen wird, hängt maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Staatschuldenproblematik im Euro-Imperium ab. Besonders den in prekärer Lage befindlichen, südlichen Provinzen kommt da eine bedeutende Rolle zu.

Nach den Wahlen in Griechenland wird man möglicherweise schon etwas klarer sehen. Gewinnen die Syriza-Kommunisten, kann durchaus einiges in Bewegung geraten. Denn falls sich die notorischen Euroretter dann noch immer nicht von ihrem koste-es-was-es-wolle-Eurorettungskurs verabschieden und sie die Notenpresse in Gang setzen, um den Balkanstaat weiterhin – vertragswidrig – auf Kosten der Sparer und Steuerzahler in den Nordprovinzen bei der Stange zu halten, wird der Euro weiter dramatisch an Boden verlieren. Und das nicht nur gegenüber dem Franken. Die Schweiz könnte für verunsicherte Anleger dann als Fluchtpunkt erneut höchst attraktiv werden.

Der nie zuvor erlebte Kursrutsch des Euro zum Franken wirkt sich, wenig überraschend, auch auf den Wechselkurs zum Dollar aus. Seit 2003 stand die europäische Gemeinschafswährung im Verhältnis zum Dollar nie schlechter da. Die Insassen der EU dürfen sich bei den Herren Draghi & Genossen herzlich dafür bedanken, dass sie die Nase beim Währungswettlauf nach unten wieder vorn haben.

Für welche Währung wird wohl zuerst wahr werden, was Voltaire jedem (ungedeckten) Papiergeld prophezeit? Dollar, Euro, Pfund oder Yen? Die Rückkehr zu seinem wahren Wert nämlich: Null. Leider kann sich den Folgen dieser gefährlichen Entwicklung niemand entziehen.

Schon vor der Entscheidung der SNB zur Aufhebung der Eurobindung begann sich an einer völlig anderen Front eine interessante Entwicklung abzuzeichnen, die von den Ereignissen des 15. Jänner noch weiter verstärkt wird: Die Renaissance des gelben Edelmetalls nämlich. Charttechniker sprechen von einem „Abschluss der Bodenformation“, die zuletzt stattgefunden habe.

Nach einem steilen Absturz im Jahr 2013 (in diesem Jahr ging sein Kurs um mehr als 30 Prozent zurück), legte der Preis des Edelmetalls 2014 schon wieder um mehr als 10 Prozent zu. Nun ist von einem „Ende der zyklischen Baisse“ die Rede. Der seit Jahresbeginn zu beobachtende Anstieg des Goldkurses wird durch den Verfall des Euro, der durch die überraschende Entscheidung der SNB nun beschleunigt wird, weiter verstärkt.

Dadurch dürfen sich diejenigen bestätigt sehen, die schon seit geraumer Zeit vor dem hemmungslosen Einsatz der Notenpresse und einem damit verbundenen Vertrauensverlust in das Fiat Money warnen. Im Zweifel greifen dann doch erstaunlich viele um ihr Erspartes fürchtende Menschen gerne nach dem „barbarischen Relikt“ (© J. M. Keynes), um ihr Geldvermögen zu erhalten.

Im Moment sieht es so aus, als ob nicht nur die Halter physischen Goldes, sondern besonders die Besitzer von Goldminenaktien mit einem erfreulichen Jahr rechnen könnten. Das sind allerdings nur sehr wenige. Ganze zwei Prozent der Vermögen der westlichen Welt sind in Gold angelegt. Für auf papierene Nominalwerte lautende Vermögen könnte die Lage in der nächsten Zeit aber zunehmend kritisch werden.

Wenn ein Chinese es mit jemandem nicht gut meint, pflegt er ihm „interessante Zeiten“ zu wünschen. 2015 verspricht für die EU – ob mit oder ohne chinesische Verwünschungen – ein sehr interessantes Jahr zu werden…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Hans-Peter Martin, die Staatsanwälte und Hans Dichand

17. Januar 2015 00:57 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Hans-Peter Martin war gewiss eine der unsympathischsten Figuren der österreichischen Politik-Szene. Sein Auftreten machte den Eindruck eines präpotenten Egomanen; er hatte sich mit sämtlichen Mitstreitern sehr bald zutiefst und lautstark zerkracht. Dennoch ist es eine Riesensauerei, wie die Staatsanwaltschaft mit ihm umgesprungen ist.

Wieder einmal hat die Staatsanwaltschaft Wien durch jahrelange Erhebungen, die offensichtlich kein strafbares Substrat hatten - denn jetzt wurden alle Erhebungen eingestellt -, die aber dennoch ewig dauerten, eine Existenz mit lebenslänglichen Folgen demoliert. Wie es die Staatsanwälte in den letzten Jahren bei allzu vielen Politikern und Managern getan haben. Für sie aber völlig folgenlos.

Auffälligerweise hat die Staatsanwaltschaft dabei aber rote und grüne Politiker geschont. Angesichts der Megakorruption im Wiener Rathaus kann man freilich nicht so ganz glauben, dass das mit einer a priori sichtbaren Unschuld dieser Politiker zu tun hat. Und auch die von der Wiener Staatsanwaltschaft negierten Taten der Herren Faymann und Ostermayer stinken weiterhin kilometerweit zum Himmel.

Und selbst wenn sich die Staatsanwaltschaft im Fall Martin wirklich völlig unparteiisch verhalten haben sollte, kann es doch nicht sein, dass irgendjemand das Strafrecht als eminent wirksame Waffe gegen politische Gegner einsetzen kann. Auch dann stimmt etwas nicht im Rechtsstaat Österreich.

Freilich ist es eine typische Selbsttäuschung Martins zu glauben, dass er ohne das üble Wirken der Staatsanwälte und ihr unglaubliches Brodeln heute noch im EU-Parlament säße. Denn dorthin war er einzig und allein als zeitweiliges Schoßkind des greisen Hans Dichand geraten, der ihn aber dann wieder hinunterplumpsen hat lassen. Bei Dichand hatte Martin genau dieselbe Rolle, die vorher Jörg Haider und nachher Werner Faymann innehatten. Nicht sonderlich ehrenvoll.

Eine Zeitlang Liebkind der Kronenzeitung gewesen zu sein ist vor allem keine ausreichende Basis, um eine nachhaltige politische Alternative zu werden. Ebenso wenig, wie es Martins cholerische Besserwisserei ist.

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Die Massenflucht aus dem Euro und ihre Opfer

16. Januar 2015 00:46 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Franken-Höhenflug und der peinliche Absturz des Euro: die Rettungspolitik – die Anzeichen eines europäischen Untergangs – die Deflationslüge – die Fehler Deutschlands – die totalen Reformverweigerer – die politische Psychologie – die Schocktherapie – Irland und Polen als Musterländer – Ausweg Konkurs? – die Motive der Schweizer Notenbank – die Blamage für Wiens Frau Brauner.

Die sensationelle Entscheidung der Schweizer Notenbank, unter dem Ansturm von Milliarden an Fluchtgeldern aus dem Euro-Raum die Franken-Euro-Bindung fallenzulassen, löst ein weltweites Erdbeben aus. Sie ist aber nur eine weitere Fortsetzung von Demütigungen und Ohrfeigen für die katastrophalen Fehler der westeuropäischen Regierungen und der Europäischen Zentralbank.

Diese haben durch gigantische Lasten und Risken, die sie den deutschen, österreichischen, finnischen, niederländischen Steuerzahlern, Sparern und vor allem den künftigen Generationen aufgehalst haben, geglaubt, den Euro und die Schuldnerländer zu „retten“. Sie haben es zumindest behauptet. Sie haben in Wahrheit aber alles ständig schlimmer gemacht – auch wenn sie den Zeitpunkt der Implosion ein wenig nach hinten verschieben konnten (oder eigentlich: gerade deshalb).

Entlarvend war etwa, wie dieser Tage der Wiener Nationalbank-Chef Nowotny in einer Diskussion eiskalt viele „Fehler“ während der letzten Jahre zugab, dennoch den Eindruck zu erwecken versuchte, dass man aber jetzt alles richtig mache. Unglaubwürdiger geht’s nimmer. Denn es sind ja haargenau dieselben Institutionen, die jetzt angeblich richtig handeln.

Diese Unaufrichtigkeit durchschauen immer mehr Menschen und flüchten aus dem Euro. In den Franken, in den Dollar, in Gold, in Immobilien, in Aktien. Sie hoffen halt, ihre Ersparnisse fürs eigene Alter und für die Nachwuchsgeneration wenigstens halbwegs retten zu können. Vergeblich.

Sehr anschaulich hat das der deutsche Ökonom Hans Werner Sinn (der weitaus Beste seines Faches im deutschen Sprachraum) dargestellt: Früher hat man mit den Ersparnissen eines Arbeitslebens im Alter nach folgender Formel leben können: Zwei Drittel der Altersversorgung kamen über die Zinsen und ein Drittel über den Aufbrauch des Kapitals. Wenn aber die EZB die Zinsen auf Null oder darunter setzt, dann fallen zwei Drittel der Altersversorgung weg.

Die neuen Panik-Signale aus Europa

Allein die letzten Wochen haben weitere gute Gründe für die Flucht der Menschen aus dem Euro geliefert:

Wen wundert es, dass das alles eine Massenflucht des Geldes aus Euroland heraus auslöst?

Deutsche Fehler

Warum aber haben Länder wie Deutschland und Österreich da eigentlich mitgemacht und diesen Sog überhaupt entstehen lassen? Nun, in Österreich gibt es seit vielen Jahren keinen Finanzpolitiker oder Notenbankchef mehr, der auch nur irgendeinen Zusammenhang der internationalen Finanz- und Geldströme begreifen würde. Das Land ist in der EU spätestens seit 2006 total inexistent.

Und in Deutschland haben Wolfgang Schäuble und Angela Merkel 2010 ganz eindeutig das Falsche gemacht: Sie haben die „Rettung“ Griechenlands begonnen. Eine Einbahn in eine Sackgasse hinein. Das war nicht nur grundfalsch, sondern wird zunehmend zur schweren historischen Schuld der beiden. So vorbildlich und klug Deutschland auch in vielen anderen Politikfeldern ist.

Merkel und Schäuble handelten damals unter dem von vielen Seiten (auch von Helmut Kohl, von Frankreich und der Sozialdemokratie sowieso) kommenden Druck, Europas Einheit müsse gerettet werden („Friedenspolitik“ lautete die abgedroschene Begründung). Deutschland hat ja in der Tat auch in den Jahrzehnten davor immer wieder gezahlt, um europäische Krisen zu lösen. Die beiden Politiker glaubten auch, so wie Kohl bei der Wiedervereinigung (die Deutschland in eine 15 Jahre dauernde schwere Wirtschaftskrise gestürzt hat!) handeln zu müssen; sie übersahen dabei, dass es in der EU um ein Vielfaches der Größenordnung der DDR geht. Was auch Deutschlands Kräfte weit überfordert.

Sie hielten diese Politik daher nicht nur für edel, sondern auch für „alternativlos“.

Sie haben nicht begriffen, dass das nette Vorgehen gegenüber dem kleinen Griechenland (das sich Deutschland vielleicht wirklich noch leisten hätte können, auch wenn es selbst für Österreich eine – noch gar nicht verbuchte! – Belastung von acht Milliarden bedeutet) ein dramatischer Präzedenzfall war. Denn es determinierte das Vorgehen Deutschlands&Co gegenüber allen anderen, meist viel größeren Euro-Staaten. Die Rettung der Reformverweigerer Italien und Frankreich kann sich jedoch niemand mehr leisten. Dort glaubt heute dennoch jeder, den selben Anspruch wie die Griechen zu haben, trotz aller Verschwendungssucht in den letzten 20 Jahren von Deutschland am Ende gerettet zu werden.

Reformen geschehen - leider - nur unter Druck

Schäuble wie Merkel begriffen das Allerwichtigste nicht: die Gesetze der politischen Psychologie. Keine Regierung unternimmt Reformen und Sanierungen, wenn eh ein Retter bereitsteht. Jede Regierung will ja wiedergewählt werden und vermeidet daher alle Reformen und Sanierungen, die unpopulär sind. Viele Länder und Regierungen haben dadurch auch das wichtigste wirtschaftliche Prinzip verlernt: das der Eigenverantwortung.

Nur wenn ein Land ganz auf sich allein gestellt ist und – und! – eine gute Regierung wie auch kluge Bürger hat, dann unternimmt es in der Stunde der Not die notwendigen Maßnahmen. Das hat etwa Polen bei seinem sensationellen Wachstum nach der Wende und der darauf folgenden Schocktherapie gezeigt (wer erinnert sich übrigens noch, wie Sozialdemokraten a la Franz Vranitzky damals mit Unterstützung vieler Medien gegen den Ratschlag an Osteuropa, eine Schocktherapie zu starten, gewettert haben?).

Die Richtigkeit von Eigenverantwortung plus Schocktherapie hat auch Irland gezeigt. Das Land war schon vor der Lehman-Pleite (2008) in eine schwere Krise geraten. Es hat daher damals noch keine Hilfe von außen bekommen. Irland hat sich ganz aus eigenem – freilich schmerzhaft und unpopulär (zwei Regierungen wurden abgewählt) – reformieren müssen. Heute aber steht es absolut exzeptionell da. Es zahlt kräftig Schulden zurück und hat stolze Wachstumszahlen. Es hat sich vor allem geweigert, bestimmte Steuern auf Investitionen zu erhöhen und es hat damit Investoren im Land gehalten (Vielleicht finanziert einmal jemand Faymann oder seinen Arbeiterkammer-Ratgebern einen lehrreichen Flug nach Irland, die ständig trotz wachsender Arbeitslosigkeit Investoren vertreiben).

Es zeigt sich heute deutlicher denn je: Es wäre besser, Länder in Konkurs gehen zu lassen, als sie ständig von außen zu retten. Denn dadurch könnten auch die vermeintlichen Retter einmal in Konkursgefahr kommen. Hans Werner Sinn leitet aus der Geschichte die Regel ab, dass solche Länder meist schon ein bis zwei Jahre nach dem Konkurs und den dann unumgänglichen Reformen in einen schönen Aufstieg geraten.

Aber viele Nationen und Politiker tun in ihrer Feigheit alles, um einem solchen Schock auszuweichen. Und vervielfachen damit nur das Unheil.

Die Lawine wird aber vielleicht „erst“ 2016 oder 2017 ihr volles Ausmaß erreichen: Denn dann werden die Briten aus der EU austreten, was jetzt schon unvermeidlich erscheint. Dann wird die zentrifugale Massenpanik aus dem einst so positiven und guten EU-Gebäude kein Halten mehr kennen.

PS.: Manche Banker stänkern jetzt über die Schweizer Notenbank, weil diese doch bisher die Mindestrelation zwischen Euro und Franken „garantiert“ habe und nun die „Garantie“ gebrochen habe. Dieser Ärger ist nur Dummheit. Keine Notenbank der Welt kann doch im Vorhinein ankündigen, dass sie ihren Kurs ändern wird! Und rechtlich war das nie eine verbindliche Garantie. Eigentlich hätte jeder Ökonom und Banker wissen müssen: Die Folgen von Marktentwicklungen sind immer stärker und zwingender als alle Politik, als alle Garantien. Wenn jeder sein Geld in den (bis vor wenige Stunden noch) billigen Franken wechselt, sind die Folgen absolut unvermeidbar. Daran ändert es auch nichts, wenn linke Ideologen, rechte Verschwörungstheoretiker und Päpste, die leider alle von der Wirtschaft keine Ahnung haben, ständig gegen die „Märkte“ wettern. Deren Entwicklung ist ja nicht das Werk einzelner böser Drahtzieher, sondern zwingende Folge des Verhaltens von Millionen Menschen. Vielleicht wettern sie aber demnächst auch gegen die oft unangenehmen, aber dennoch unbeeinflussbaren Gesetze der Schwerkraft . . .

PPS.: Am allerköstlichsten ist, dass ausgerechnet die Gemeinde Wien in Österreich den weitaus höchsten Schuldenstand in Frankenkrediten und jetzt an einem einzigen Tag zig Millionen verloren hat. Denn die in Wien regierende SPÖ hatte sich in den letzten Jahren (neben den mitregierenden Grünen) am allerlautesten bei der Hetze gegen „Spekulanten“ gegeben. Sich in Franken zu verschulden ist jedoch ganz eindeutig eine klassische Spekulation. Noch köstlicher ist das nunmehrige Herumgerede der Frau Brauner, dass das eh alles kein Problem sei. Denn man kann ja auslaufende Kredite nachher verlängern. Das ist haargenau die schon aus Griechenland bekannte Denkweise: Kredite werden zwar nicht gestrichen, sondern lediglich nie zurückgezahlt und laufen halt ewig weiter. Sozialistische Ökonomie auf Brauner-Niveau halt.

 

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Der VfGH als Propaganda-Agentur für Islamisten und FPÖ

15. Januar 2015 00:12 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Verfassungsgerichtshof hat sich deutlicher denn je als hemmungsloser Exekutor von rotgrünen Positionen betätigt. Das zeigen gleich drei seiner Beschlüsse an einem einzigen Tag. Am folgenreichsten ist zweifellos seine Anordnung, künftig Adoptivkinder an in keiner Weise verwandte schwule Paare auszuhändigen. Das ist nicht nur eine extrem grobe Verantwortungslosigkeit diesen Kindern gegenüber. Das lastet den Richtern nicht nur eine dramatische Schuld an den Problemen dieser Adoptivkinder auf ihrem künftigen Lebensweg auf (welche die Richter freilich eiskalt abschütteln, obwohl die Interessen dieser Kinder tausend Mal wichtiger sind als die sexuellen Vorlieben erwachsener Pärchen). Das ist aber auch demokratie- und rechtsstaatspolitisch eine Katastrophe.

Auch wenn es die – zum Teil direkt aus dem Vorzimmer des SPÖ-Vorsitzenden – in dieses mächtigste Gericht des Landes entsandten Menschen vielleicht gar nicht begreifen: Mit absoluter Sicherheit werden sich jetzt Hunderttausende Moslems in ihrem insgeheim abfälligen Urteil über die verkommene und dekadente europäische Untergangskultur bestätigt fühlen. Und genau solche Empfindungen sind ja der perfekte Nährboden für Fundamentalismus, der immer öfter auch direkt in den Terrorismus führt.

Aber vielleicht wissen das alles die Richter sehr wohl, sind aber schon ganz von linkem Eiferertum geprägt.Und Integration ist sowieso nur ein Wort.

Tatsache ist jedenfalls, dass heute schon sehr viele Schuklassen eine moslemische Mehrheit haben. Und dass das in zehn, zwanzig Jahren, wenn von Schwulen adoptierte Kinder in die Schulen kommen, noch viel mehr sein werden. Tatsache ist auch die massive Aversion, die nach allen Studien auch durchaus gewaltferne Moslems Homosexualität entgegenbringen. Und jetzt stelle man sich vor, ein Adoptivkind von Homosexuellen in einer solchen Klasse zu sein.

Ich wünschte fast, jeder Verfassungsrichter muss nur einen Tag lang das Mobbing durchmachen, das durch sein Verschulden künftig solche Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit durchmachen müssen. Ganz abgesehen von den riesigen Identitätsfindungsproblemen solcher Kinder rund um die Pubertät. Aber im Elfenbeinturm eines Höchstgerichts ist das ja alles völlig egal.

Es ist lächerlich zu argumentieren, ein solches Urteil wäre bloß ein rein juristisches. Das ist es natürlich in keiner Weise. Denn schon Generationen lang wurden weder Verfassung noch Europäische Menschenrechtskonvention – also die einzigen Grundlagen, nach denen sich Verfassungsrichter eigentlich zu richten hätten! – in Hinblick auf die Schwulen-Adoption geändert. Zeit(un)geistig geändert haben sich nur die Richter.

An der unheilvollen Entwicklung des VfGH ist übrigens auch die ÖVP mitschuld – wenngleich diese zuletzt das Verdienst hatte, gegen die Einführung der Schwulenadoption auf gesetzlichem Weg gewesen zu sein. Aber sie hat – vor allem in der Ära des nicht nur in Hinblick auf Finanzen und Banken, sondern auch die Bedeutung der Gerichtshöfe absolut ahnungslosen Josef Pröll – diese Richter mitgewählt, obwohl vor ihnen von Anfang an gewarnt worden ist (Pröll hat ja auch mit der Schwulen-Verpartnerung die ganze juristische Lawine überhaupt erst ausgelöst). Die ÖVP hat überdies auch selbst zum Teil schwache, zum Teil nicht auf einem soliden Wertfundament stehende Richter in den VfGH hineingehievt.

Positiv fällt auf, dass sich entgegen seinen ersten, familienfeindlichen Aussagen der jetzige ÖVP-Chef Mitterlehner nun sehr lobenswert für die "Forcierung der Vater-Mutter-Kind-Familie" und die Tolerierung aller anderen Formen des Zusammenlebens ausgesprochen hat. Aber die Kuh ist seit dem Raiffeisen-Vizekanzler aus dem Stall, da kommt das alles zu spät. Denn den Mut, zusammen mit der klaren familienfreundlichen Mehrheit im Parlament durch FPÖ und Team Stronach (und der noch viel größeren in der Bevölkerung) wieder etwas für die Kinder zu tun, hat ein Mitterlehner wohl nie.

Zurück zu der Wirkung, die der VfGH-Beschluss (und auch das frühere Erkenntnis, dass lesbischen Paaren ein Recht auf künstliche Befruchtung gegeben hat) auf die nun einmal hier lebenden Moslems haben muss. Wer nicht begreift, wie problematisch deren Gesinnungslage jetzt schon ist, der sollte in internationalen Medien (die österreichischen verschweigen das in ihrer Mehrheit ja lieber) nachlesen, wie in französischen Schulen während der letzten Tage Moslems – die ja vielerorts die Mehrheit bilden – auf die Anschläge reagiert haben. Sie haben sich geweigert, an angeordneten Gedenkveranstaltungen für die Terror-Opfer teilzunehmen. Sie haben anderswo bei solchen Veranstaltungen sogar provozierend mit den Fingern ein Victory-Zeichen hochgehalten, um ihre Freude über die Strafe an Mohammed-Lästerern zu zeigen. Und Frankreichs liberale Schulen waren hilflos.

Das ist die Realität in Europa. Auch wenn man sie verdrängt und verschweigt.

Und jede Wette: Auch in Österreich gibt es viele, die insgeheim Sympathien für die Pariser Täter haben – hier zeigen sie es nur noch nicht so offen (oder versucht man hier in den Schulen gar nicht mehr, das Terror-Thema anzuschneiden?). Und noch mehr, die sich von einer solchen Gesellschaft zunehmend angewidert abwenden.

Gewiss: Es ist kein relevantes Argument, was sich in Europa lebende Moslems denken. Deren Wünsche dürfen keinesfalls die Judikatur bestimmen. Aber das Wissen um die gesellschaftliche Wirkung von Urteilen und Gerichtserkenntnissen muss – müsste sehr wohl immer im Bewusstsein von Verfassungsrichtern stehen und ihr Verantwortungsbewusstsein erhöhen. Denn es muss – müsste immer auch ein zentrales Anliegen von Verfassungsrichtern sein, die österreichische Realität (wenn sie nun diese schon so stark gestalten) zu einer positiven, respektierten und von der großen Mehrheit aller hier lebenden Menschen geachteten zu machen.

Diese Notwendigkeit begreift die VfGH-Mehrheit aber nicht. Sie wäre aber vor allem auch deshalb legitim, weil ja auch unter der nichtmoslemischen Bevölkerung eine klare Mehrheit Fremdkind-Adoptionen ablehnt, solange mehr als genug ausgezeichnet geeignete heterosexuelle Ehepaare in den Warteschlangen stehen.

Das heißt: Nicht nur die Politik, sondern auch die Richter entfremden diesen Staat immer mehr von den hier lebenden Menschen. Und das hat in der Geschichte noch nie gut geendet.

Freilich: Von Nichtmoslems geht keine terroristische Gefahr aus. Sie werden daher von der politisch-juristisch-medialen Klasse in ihrem ideologischen Gestaltungswillen zunehmend ignoriert. Dabei stört es diese Klasse längst nicht mehr, dass Demokratie eigentlich bedeutet, auf Wollen und Einstellungen der Bürger Rücksicht zu nehmen. Der demokratische Wille der Menschen steht jedoch in Wahrheit vielen Herrschenden und Lobbys nur störend im Weg.

Rotschwarze Richter als FPÖ-Wahlhelfer

Dieser wirklich schwarze Tag für jeden, dem Kinder wichtiger sind als die sexuellen Vorlieben irgendwelcher Menschen, nützt mit Sicherheit auch Rot und Schwarz nicht. Dabei haben diese zur Gänze diesen Gerichtshof beschickt. Aber mit Garantie löst dieses Urteil einen weiteren Auftrieb für die FPÖ aus. Ganz ohne dass diese irgendetwas tun hätte müssen.

Und die FPÖ wird wohl überhaupt bald in die Nähe der absoluten Mehrheit rücken, wenn sich die etwa in der „Presse“ kursierenden Gerüchte konkretisieren, dass die Mitterlehner-Schelling-ÖVP jetzt auch beim Thema „keine neue Steuern“ umfällt (einem zentralen Wahlkampf-Versprechen!). Was die Partei freilich vorerst noch wider anderslautende Zeitungsberichte dementiert . . .

Solche Richtersprüche schaden aber auch der Demokratie. Haben doch jetzt schon 70 Prozent der Österreicher ihr früher fast 100-prozentiges Vertrauen in die Politik verloren. Diese Zahl wird sich nun noch weiter erhöhen. Damit erodiert aber die Legitimität des ganzen Staatsgefüges in einem explosiven Ausmaß. Was bei Demokraten eigentlich Alarmstufe Rot auslösen sollte.

Dschihad stört Richter nicht

Das tun auch viele andere Gerichtsbeschlüsse. Wie etwa nur Stunden davor einer des Landesgerichts Salzburg, der die Enthaftung zweier Mädchen angeordnet hat, die in den syrischen Terror-Dschihad ziehen und sich dortigen „Kämpfern“ als Braut andienen wollen.

Ein anderes Gericht hat einen 14-Jährigen freigelassen, der offenbar einen Anschlag auf dem Westbahnhof geplant hatte. Und der daraufhin - Überraschung, Überraschung - untergetaucht ist.

Solche richterlichen Aktionen erhöhen auch weiter den Frust unter der Polizei. Dort wächst bei vielen ja das Gefühl, dass ihnen Gerichte und Politik (siehe etwa auch Vorratsdatenspeicherung, siehe Aufhebung des Vermummungsverbots für linke Demonstranten) immer mehr in den Rücken fallen. Warum, so fragen sich immer mehr Polizisten, sollen dann ausgerechnet sie den Kopf hinhalten, wenn ihr Einsatz für den Rechtsstaat ohnedies von linksliberalen Richtern und Politikern ständig desavouiert wird?

Schwerer Schaden durch VfGH auch für Wirtschaft und Gesundheitssystem

Am gleichen Tag zeigte sich der VfGH auch noch in zwei anderen Erkenntnissen als treuer Erfüllungsgehilfe der SPÖ. Er hat zum einen das De-Facto-Verbot gutgeheißen, Spitzenkräften auch eine Spitzenentlohnung zahlen zu dürfen. Worauf es diese natürlich noch weniger denn schon jetzt nach Österreich ziehen wird (was allerdings abgesehen von der Gleichheitsverletzung zugegeben eher ein ökonomisches, denn ein verfassungsrechtliches Argument ist).

Er hat zum anderen die Bevorzugung weiblicher Ärzte bei Kassenverträgen für legitim erklärt. Was ebenfalls eine glatte Verletzung des früher vom VfGH judizierten Gleichheitssatzes ist; was aber auch ein totales Einknicken vor islamischen Fundamentalisten bedeutet, von denen es etliche nicht gern gesehen haben, wenn Frauen von männlichen Ärzten behandelt werden.

Nichtmoslems bekommen hingegen nicht das Recht, - etwa in der Urologie – auf Wunsch nur von einem Mann behandelt zu werden. Oder wird ihnen das einmal auch vom VfGH zugestanden werden? Dann hat dieser in seiner Naivität und Kurzsichtigkeit dem ganzen Spitalssystem ein riesiges, im Detail noch gar nicht absehbares Problem aufgeladen.

Mit anderen Worten: Österreich hat den weitaus linkesten und naivsten Verfassungsgerichtshof seiner Geschichte – obwohl es seit über 30 Jahren keine linke Mehrheit bei Wahlen gibt. Und dieser Verfassungsgerichtshof stellt unbekümmerter denn je Weichen nach links.

Auch in der EU droht Richter-Herrschaft

Absolut in das Bild einer europaweiten Machtübernahme durch Gerichte anstelle demokratisch legitimierter Beschlüsse passt der sich beim EU-Gerichtshof (nach einem soeben veröffentlichten Gutachten des Generalanwalts) abzeichnende Beschluss, direkte Staatsanleihenkäufe durch die Zentralbank zu erlauben.

Das ist – wäre – zwar ein direkter Verstoß gegen das sogar im EU-Vertrag festgehaltene Verbot, Staaten zu finanzieren. Aber in diesem Gericht haben ja die Schuldner- und Reformverweigerer-Staaten die Mehrheit. Daher dürfte sich die Richter-Mehrheit nicht um Recht und Verträge kümmern, sondern nur um die nationalen Interessen ihrer sparunwilligen Heimatstaaten. Und diese glauben halt, sich durch die Staatsfinanzierung durch die Notendruckerei alle Reformen und Sanierungen ersparen zu können (was den jeweils regierenden Parteien zumindest bis zu den nächsten Wahlen helfen soll).

Dieses Gutachten fällt auch mit dem im Widerspruch zu sämtlichen Verträgen stehenden Beschluss der EU-Kommission zusammen, weiterhin die exzessiven Defizite und die totale Reformverweigerung in Italien und Frankreich zu erlauben.

In Deutschland wird ein solches EuGH-Urteil ganz eindeutig noch ein paar Prozent mehr für die „Alternative für Deutschland“ bringen, die von Anfang an vor dem Einstieg in die Schuldner-Rettung gewarnt hatte.

PS.: Noch einmal VfGH: Dieser ist in letzter Zeit auch immer stärker dadurch aufgefallen, dass er oft aus den seltsamsten Gründen im Widerspruch zu den Bescheiden des Asylgerichtshofs dann doch Asylstatus gewährt hat. Zuletzt etwa für Prostituierte. Passt alles gut zusammen . . .

 

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FN 715: Die EU ist ehrlicher als die meisten österreichischen Medien

14. Januar 2015 18:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Eine deprimierende Nachricht hat auch wenigstens eine erfreuliche Seite.

Mehr als 276.000 „illegale Einwanderer“ sind im vergangenen Jahr in die EU gekommen. Das ist eine schockierende Steigerung um nicht weniger als 138 Prozent (und das ist auch der  Grund des Beinahe-Kollapses im österreichischen Asyl-Wesen). Aber die Bekanntgabe dieser Zahl durch EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hat wenigstens einen positiven Aspekt: Sie zeigt einen deutlich ehrlicheren Umgang mit diesem Problem als früher. Denn der Grieche spricht nämlich primär von „illegalen Einwanderern“ und nicht wie die meisten österreichischen Medien in ihrer krampfhaften Political Correctness automatisch von „Flüchtlingen“ (Wobei sie auch nicht die Tatsache stört, dass diese Bezeichnung juristisch beim Grenzübertritt immer falsch ist, und in den meisten Fällen auch dauerhaft). Ehrlichkeit ist immer der erste – wenn auch nicht ausreichende – Schritt, um einer Problemlösung etwas näher zu kommen.

PS.: Der zweite Schritt zur Ehrlichkeit würde sagen, wie viele von diesen illegalen Einwanderern sunnitische Moslems sind, was sie leider viel Fundamentalismus-anfälliger macht als andere islamische Gruppen.

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Rettet Europa vor der EU

10. Januar 2015 23:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Die entscheidende Frage, die den deutschen Rechtsanwalt Carlos Gebauer bewegt, stellt er auf der ersten Seite seines erhellenden Werkes: „Schadet das Projekt EU den Regierten zuletzt möglicherweise mehr, als dass es ihnen nutzt?“ Der geneigte Leser braucht keine 225 Seiten bis zum Anhang zu lesen, um die einzig denkbare Antwort zu finden: ja!

Für den juristischen Laien enthüllt sich bei der Lektüre von Gesetzestexten nicht unbedingt deren volle Tragweite. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verfasser eines derartigen Textes es darauf anlegen, damit alles und nichts zu regeln und eine bestimmte Absicht – und zugleich deren exaktes Gegenteil – damit zu verfolgen. Wenn „Verwirren statt überzeugen“ beabsichtigt ist, besteht das gewünschte Ergebnis darin, dass Normalsterbliche sich einfach der Hoffnung hingeben werden, das alles habe schon irgendwie seine Richtigkeit. Genau das aber ist, soweit es den „Vertrag von Lissabon“ betrifft, der den Vertrag über die Europäische Union (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als rechtliche und funktionale Einheit zusammenführt, nicht der Fall!

Punkt für Punkt analysiert der rechtskundige Autor jenes Gesetzeswerk, das die rechtliche Grundlage der Europäischen Union bildet. Das Ergebnis ist erschreckend. Da kaum unterstellt werden kann, dass es naive Narren waren, die in bester Absicht und ohne jeden finsteren Hintergedanken, ein je nach politischer Opportunität beliebig interpretierbares Machwerk geschaffen haben, bleibt nur ein Befund: Hier hat die pure Machtgier jede einzelne der wohldurchdachten Formulierungen bestimmt.

Bei der Lektüre von Gebauers Analyse offenbart sich, dass es sich um ein Dokument zur schrankenlosen und unkontrollierbaren Selbstermächtigung der europäischen Institutionen – zu Lasten der Nationalstaaten – handelt.

Von der in Politikersonntagsreden so häufig beschworenen Subsidiarität bleibt letztlich nichts übrig. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist endgültig Geschichte. Nur und alleine in Brüssel spielt fortan die Musik. In den Provinzen der EU hat man einfach danach zu tanzen.

Neben der Gesetzesanalyse, die den zentralen Teil des Buches bildet, bietet der Autor einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Union und für den juristischen Laien hochinteressante Erläuterungen zum gesetzgeberischen Denken. Am Ende des Hauptteils präsentiert Gebauer seine Vorstellungen davon, wie die Union in eine für die Bürger – anstatt für die politischen Eliten – gedeihlichen Form umgestaltet werden könnte. Zentrale Elemente seiner Überlegungen sind der „Abschied von einer Weltinnenpolitik“ und eine „Rückbesinnung auf das Zivilrecht“.

Die im ersten Teil des Anhangs vorgenommene Übertragung der Ereignisse aus Max Frischs Drama „Biedermann und die Bandstifter“ auf das Verhalten der europäischen Biedermänner (die nationalen Machthaber) und die Brandstifter (die ebenso machtbesessene wie skrupellose EU-Nomenklatura), bildet eine perfekte Abrundung und Ergänzung des Hauptteils.

Fazit: Augen öffnende Pflichtlektüre für jeden politisch interessierten Europäer.

Rettet Europa vor der EU
Carlos A. Gebauer
Finanzbuchverlag, 2015
267 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-89879-846-4
€ 17,99

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Islam: die gute und die schlechte Nachricht für Europa

09. Januar 2015 01:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das neue Buch des französischen Bestsellerautors Michel Houellebecq ist nun durch die Pariser Anschläge in aller Munde. Es sieht in acht Jahren einen Moslem als französischen Staatspräsidenten amtieren und die Elimination nicht-„rechtgläubiger“ Menschen von der „Islamischen Universität Sorbonne“. Nun, die Bevölkerungsentwicklung macht das wohl erst ein paar Jahre später zur zwingenden Konsequenz. Aber in der Tat könnte der Triumph des Islams über das einstige Abendland auch schon in acht Jahren passiert sein: Denn die meisten Linksparteien sind ja so eingestellt, dass sie lieber den Kandidaten einer Moslempartei wählen als den einer anti-islamischen Partei.

Das ist logische Folge der Tatsache, dass sie in den letzten Jahren alle Islamkritiker intensiv als neonazistisch zu diskriminieren versucht haben. Das war zwar eine vordergründige Machterhaltungs-Strategie ohne jedes faktische Substrat. Inzwischen ist diese Behauptung aber in den Linksparteien zum nicht mehr hinterfragten Axiom und damit zur selbstgebauten Falle geworden.

Ähnliches spielt sich in Deutschland ab, wo die islamkritischen Kundgebungen ja gerade in den letzten Wochen immer mehr Zulauf haben. Wo aber (bis auf die CSU) alle Bundestags-Parteien ebenfalls den Fehler begehen, die Äußerung der rapide wachsenden Sorgen der Noch-Mehrheits-Bevölkerung als rechtsradikal zu denunzieren. Das ist übrigens auch parteitaktisch dumm. Denn selbstverständlich werden sich in den nächsten Jahren überall in Europa eigene Moslemparteien bilden. Damit wird die gegenwärtige Akkumulation von Moslems im roten und grünen Wählerlager der Vergangenheit angehören.

Eine besonders drastische Reaktion hat etwa der SPD-Fraktionsvorsitzende Oppermann nach den Pariser Anschlägen geliefert. "Das sind Killer, keine Moslems" dekretierte er, ohne irgendwie zu erklären, warum sich diese beiden Bezeichnungen ausschließen sollten. Und er verlangte ausgerechnet als Reaktion auf diesen Anschlag auf die Meinungsfreiheit, dass Pegida jetzt ihre Kundgebungen absagen solle. Ohne zu begreifen, dass damit ja genau den Intentionen der Islamisten entsprochen würde, wenn jetzt weitere Konkretisierungen friedlicher Meinungsäußerung unmöglich gemacht werden.

Manche Europäer glauben, Prognosen über eine islamische Mehrheit seien wie etwa jene der Konjunkturforscher reine Kaffeesudleserei. Das ist aber falsch, denn die Demographie geht – auch in Richtung Zukunft – von harten Fakten aus. Denn die Mütter der nächsten Generation sind da wie dort schon geboren. Oder eben nicht geboren. Und auch die Gebärfreudigkeit ist eine erstaunlich harte Konstante. Je gebildeter, je städtischer, je nicht-mulimischer Frauen sind, umso weniger Kinder haben sie. Seit Jahrzehnten. Und in allen europäischen Ländern. Damit ist es fast unvermeidlich, dass im Laufe dieses Jahrhunderts mehrere EU-Staaten eine moslemische Mehrheit bekommen werden.

Eine Religion wie jede andere?

Das heißt nun nicht, dass Europas Zukunft nur noch fatalistisch abgewartet werden kann. Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die noch immer beeinflusst werden könnten (etwa durch: betont liberal-demokratische Bildung, Stopp jeder weiteren Immigration, strenges Vorgehen gegen frauen- und verfassungsfeindliche Prediger, usw.). Freilich wird das nur dann geschehen, wenn sich Europas Regierungen, die EU und die Medien endlich der drohenden Entwicklung bewusst werden. Wenn sie nicht weiterhin in breitem Maßstab Verdrängung und Befassung mit Pseudoproblemchen der Realität vorzögen.

Andere wieder beschwichtigen, indem sie sagen: Der Islam ist eine Religion wie viele andere, das stört doch niemanden. Es ist doch im heutigen Europa auch ganz egal, ob man in EU-Ländern mit katholischer oder anglikanischer Mehrheit lebt, unter laizistischen Majoritäten oder solchen nordischer Nationalkirchen. Buddhistisch, islamisch, hinduistisch: alles eins.

Manche ganz konservativen Christen finden die rapide Zunahme des Islam in Europa sogar sehr erfreulich. Glaubt man im Islam doch wenigstens an einen Gott, werden doch dort Abtreibungen ebenso wie Homosexualität, Drogen ebenso wie Alkohol abgelehnt. Das mit der Frauenverschleierung wird als ein notwendiges Gegengewicht gegen allzu großen Exhibitionismus verstanden. Und dass man kein Schweinefleisch mehr bekommt, ist zwar traurig, aber aushaltbar. Tiefer geht ihre Analyse des Islams freilich nicht.

Militante Atheisten auf der anderen Seite sind wiederum so in ihrem Kampf gegen die einstige Vorherrschaft der katholischen Kirche verstrickt, dass sie gar nicht merken, dass sie gegen etwas kämpfen, was es gar nicht mehr gibt (oder was sich kaum mehr als in Gipfelkreuzen noch niederschlägt). Sie merken vor allem nicht, dass sie gleichzeitig Tür und Tor für eine viel größere Bedrohung öffnen.

Und von den (wirklichen) Neonazis gar nicht zu reden: Die sind allein deshalb für den Islam, weil dieser antisemitisch ist. Und für Christentum und Liberalismus haben Neonazis ja auch nichts über.

Die Geschichte des Islams

Historisch war der Islam jedenfalls über weit mehr als ein Jahrtausend die große Bedrohung des christlichen Abendlands:

Dennoch sind heute nicht Christen- und Judentum durch den Islam am meisten bedroht. Das ist vielmehr die gesamte westliche Zivilisation, der Menschheits-Fortschritt, der durch die Aufklärung erzielt worden ist.

Dessen wesentlichster Inhalt besteht nämlich in der Trennung zwischen Religion und Staat. Diese Trennung ist zwar schon im Neuen Testament zu finden (etwa: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“). Sie wurde aber einst von Konstantin beendet. Und sie hat in Zeiten der Aufklärung vielen Christen Probleme bereitet. Sie ist jedoch nun schon seit vielen Generationen fast in der ganzen Welt Selbstverständlichkeit.

Nur in der islamischen nicht. Dort sind von Nigerias Nordprovinzen bis nach Malaysia Staaten zumindest teilweise ein bloßes Machtinstrument einer Religion. Es gibt viel zu viele Äußerungen von islamischen Exponenten, dass sie auch in Europa die Trennung Staat-Religion nur so lange akzeptieren, da der Islam hier in der Minderheit ist.

Diese Perspektive ist umso bedrückender, als für viele Moslems der Islam eine ausschließlich auf dem Text des Korans beruhende Religion ist. Dass dieser also auch 1400 Jahre nachher absolut wörtlich zu nehmen sei. Damit ist jede Interpretation, jede Lehre, jede theologische Weiterentwicklung, jede Beachtung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, jeder Pluralismus strikt untersagt. Da es kein Oberhaupt des Islam gibt, haben dort auch die allerungebildetsten Prediger eine völlig gleichberechtigte Auftrittsmöglichkeit; jeder von ihnen kann sich aus dem Koran das heraussuchen, was ihm und seinen krausen Vorstellungen passt.

Was doch noch Hoffnungen lässt

Wird sich Europas Politik dieser Herausforderung stellen? Wird es sie zumindest erkennen? Man zweifelt. Die fast größere Hoffnung, dass es nicht so schlimm kommen wird, findet sich noch eher in den Moslems selber.

Denn diese sind untereinander wild zerstritten. Das zeigen nicht nur die vielen Kriege zwischen ihnen im Irak, in Syrien, in Afghanistan, in Pakistan, in Libyen. Das zeigen nicht nur die riesigen Unterschiede zwischen den mittelalterlichen Wahhabiten Saudi-Arabiens und den anscheinend recht toleranten kurdischen Moslems. Das zeigt vor allem die Tatsache, dass von den in Europa lebenden Moslems nur rund die Hälfte wirklich noch Moslems im skizzierten Sinne sind. Das kann man etwa an der Teilnahme am islamischen Religionsunterricht ablesen. Oder an Meinungsumfragen, bei denen immer nur rund die Hälfte der Moslems einen Vorrang der Scharia vor dem staatlichen Recht postulieren. Das zeigen auch die erfreulichen, wenn auch kleinen Initiativen, einen liberalen, einen europäischen, einen aufgeklärten, einen intellektuellen Islam zu entwickeln.

Das macht Hoffnung. Dass freilich rund die Hälfte der in Europa lebenden Moslems durchaus fundamentalistisch denkt, macht trotzdem große Angst. Diese wird auch nicht dadurch gemildert, dass für viele türkische, tschetschenische und arabische Zuwanderer der Islam eine emotionale Bindung an die alte Heimat bedeutet. Den sie oft gerade deswegen wiederbelebt haben.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Auf der Griechspur zum Grexit? – Von guten und schlechten Ökonomen

04. Januar 2015 22:20 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Im Mai 2010, als Griechenland erstmals akut mit den Konsequenzen seiner exzessiven Staatsverschuldung konfrontiert wurde, gab es nicht wenige Mahner, die mit der sich abzeichnenden „Rettungspolitik“ hart ins Gericht gingen. Das Land konnte sich damals auf den Finanzmärkten nur noch zu horrenden Zinsaufschlägen finanzieren. Die durch eine beispiellose, jahrzehntelang währende Misswirtschaft vollständig zerrütteten griechischen Staatsfinanzen waren nur durch massive – und den Buchstaben des Vertrages von Lissabon klar widersprechende – Interventionen zu „retten“.

Schon damals wurde vielfach der dringende Verdacht geäußert, dass alle diese Aktionen sich am Ende als eine gigantische Geldverbrennungsaktion herausstellen würden. Offensichtlich haben die Pessimisten, wie fast immer, Recht behalten. Merke: Optimismus resultiert in 99 Prozent der Fälle aus einem Mangel an Informationen.

Die damals von den europäischen Eliten ergriffenen und von Sozialisten, „Konservativen“ und „Liberalen“ in den nationalen Parlamenten der Union kollektiv gutgeheißenen „Rettungsmaßnamen“ im Namen der europäischen „Solidarität“ (was für ein Hohn!), waren vergeblich. Denn Griechenland steht heute schlechter da als je zuvor. Die Zinsen für griechische Staatanleihen haben schon wieder ein Niveau von neun Prozent erreicht. Die daraus resultierenden Zinslasten wären auch für weniger stark verschuldete Länder nicht zu stemmen.

Schlimmer noch: Bei den bevorstehenden Wahlen in Griechenland dräut ein Wahlsieg des linksradikalen Syriza-Bündnisses. Deren Chef Tsipras kündigt für den nicht unwahrscheinlichen Fall seines Sieges ein „Ende der Sparpolitik“ an und desavouiert damit alle „solidarischen Retter“ der korrupten Balkanrepublik im übrigen Europa. Einmal mehr wird klar: Wer den Hund ins Bett lässt, wacht mit Flöhen auf. Oder anders: Wer auf Zusagen von Phäaken vertraut, ist selber schuld.

Die „koste es was es wolle“-Politik, die von der EU-Nomenklatura auf den Weg gebracht wurde, ist offensichtlich gescheitert. Die Skeptiker von damals werden sich nicht ohne Groll daran erinnern, dass einige Spitzenfunktionäre der Union offen den Bruch der europäischen Verträge gutgeheißen hatten, um damit das eitle Projekt der gemeinsamen Währung, und zwar „um jeden Preis“, zu retten. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone und ein daraus möglicherweise resultierender „Dominoeffekt“ sollte unbedingt verhindert werden.

Einmal mehr zeigt sich am Beispiel dieses verschleppten Konkurses, wie kostspielig und sinnlos es ist, mit politischen Mitteln ökonomische Gesetzmäßigkeiten aushebeln zu wollen. Besonders bedenklich erscheint zudem die Tatsache, dass die Mehrzahl der damals zu Rate gezogenen Spitzenökonomen absolut nichts gegen die breit angelegten Versuche einzuwenden hatte, mittels monetärer Maßnahmen (einfacher gesagt: mit der Geldpresse) das strukturell marode Griechenland vor der Staatspleite zu bewahren. Die europäischen Steuerzahler (genauer gesagt: die Deutschen, Niederländer, Österreicher und Finnen) hätten sich ein Vermögen ersparen können, hätte man Griechenland schon 2010 in den Konkurs geschickt.

Auf den ersten Blick könnte man sogar meinen, dass selbst die in Sachen Staatspleite überaus routinierten Griechen damit besser bedient gewesen wären. Immerhin hätten sie auf diese Weise ihren Gläubigern eine lange Nase drehen und sich auf einen Schlag entschulden können. Dass sie das nicht wollten, hat damit zu tun, dass sie auch weiterhin nicht darauf verzichten mochten, von den „Nordstaaten“ alimentiert zu werden – und zwar bis in alle Ewigkeit. Es darf angenommen werden, dass sich auch diesmal wieder – selbst dann, wenn bei den bevorstehenden Wahlen in Griechenland die Tsipras-Kommunisten siegen sollten – jede Menge Ökonomen finden werden, die eine erneute „Rettungsaktion“ für dieses Fass ohne Boden gutheißen. Und zwar mit denselben „Argumenten“ wie damals: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa!“ Außerdem dreht sich die Sonne um die Erde und die ist eine Scheibe. Oder so.

Gute Ökonomen unterscheiden sich dadurch von schlechten (dasselbe gilt übrigens für Politiker!), dass sie auch die etwas weiter entfernten Konsequenzen ihres Handelns nicht aus den Augen verlieren. Offenbar gibt es unserer Tage weder gute Ökonomen, noch gute Politiker – zumindest nicht in namhaften Positionen innerhalb der Grenzen der EUdSSR. Anders ist das verlogene Schmierentheater nicht zu erklären, das eben wieder im Begriff ist, loszugehen…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Europas doppelter Schiffbruch

04. Januar 2015 02:15 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Gleich in beiden entscheidenden Überlebensfragen Europas steht die Politik am Beginn dieses Jahres über Nacht hilflos und blamiert da: sowohl bei der Euro-Rettungspolitik wie auch bei der Alle-Migranten-dieser-Welt-Rettungspolitik. Weil man von Anfang an bei beiden Herausforderungen jede Konsequenz vermissen hat lassen, ist jetzt noch viel mehr Härte und Konsequenz nötig, wenn Europa überleben will. Sonst geht es unter – was freilich die viel wahrscheinlichere Option ist. (Mit nachträglicher Ergänzung)

Die Euro-Rettungspolitik ist durch die überraschend ausgebrochenen griechischen Neuwahlen letal bedroht. Wenn sich die Griechen dabei wirklich für jene Partei entscheiden sollten, die alle Sparnotwendigkeiten total ablehnt, dann begreift selbst der Dümmste: Die gesamte Euro-Politik der letzten fünf Jahre war ebenso teuer wie vergebens. Wie im Übrigen hier von Anfang an prophezeit worden war.

Gewiss, die griechischen Wahlen können durchaus noch anders ausgehen. Wird der Clash dabei noch einmal vermieden, ist jedoch nichts gerettet. Dann werden die europäischen Steuerzahler und vor allem Sparer halt eine weitere Zeitspanne sinnlos bluten müssen. Bis dann Frankreich und wohl auch Italien endgültig das Kartenhaus zum Einsturz bringen.

In der Migrationspolitik ist die europäische Blamage noch größer. Denn es hat sich dabei nun endgültig gezeigt, dass die gutmenschliche Politik Europas eine masochistische Farce ist. Nachdem im vergangenen Jahr schon Hunderttausende Afrikaner und Asiaten vor Italiens Südspitze aus wackligen Kähnen gefischt worden waren, haben die Migrantenströme und die an ihnen verdienenden Schieber jetzt noch brutalere Mittel entwickelt, um noch mehr Menschen nach Europa zu schleusen.

Sie bestücken nun große Ozeanschiffe mit großen Mengen an Migranten und schicken diese Richtung EU-Europa auf die Reise übers Mittelmeer. In der Nähe Italiens ziehen die Schieber dann plötzlich die ganze Crew aus den Schiffen ab, worauf diese dann ungesteuert durchs Meer treiben und schließlich von italienischen Offizieren übernommen werden müssen.

Gewiss: Man kann nicht einfach Schiffe mit so vielen Menschen an Bord zerschellen lassen – auch wenn die eindeutige Schuld bei skrupellosen Banden aus den islamischen Ländern liegt. Vor allem Syrien und Libyen sind die Ausgangspunkte der Schlepperwege. Dort ist als Folge der von vielen linken Medien so bejubelten Revolutionen heute jede staatliche Ordnung kollabiert. Dort schaltet und waltet seither die Organisierte Kriminalität, wie sie will.

Seit in jenen Ländern – auch unter Mitverantwortung vor allem der USA und Frankreichs – die totale Gesetzlosigkeit die Macht übernommen hat, gab es weder einen Gadhafi noch einen Assad, um diese Migrantenströme noch stoppen. Früher hatten diese Diktatoren – bei allem, was man ihnen zu Recht vorwerfen kann – noch für eine Ordnung gesorgt. Sie hatten keinem Schlepper die Arbeit erlaubt. Dann aber hatte der Westen naiverweise geglaubt, der Demokratie eine Bahn brechen zu müssen. Aber er hat statt dessen islamischen Fundamentalisten und zynischen Verbrechern den Weg freigemacht. Demokratie lässt sich halt nicht von außen in mittelalterliche, von einer absolutistischen Religion geprägte Kulturen oktroyieren.

Nach dem Zusammenbruch der Ordnung im Mittelmeerraum haben sich die Schlepper gezielt Italien als geographisch bestes und zugleich administrativ unfähigstes Ziel aussuchen können. Italien begreift ja bis heute nicht, dass die wichtigste Entscheidung jene ist, was man mit den aus dem Meer gefischten Menschen NACH der Rettung macht.

Denn: Je offenkundiger wird, dass diese Menschen dann in Europa bleiben können, umso mehr neue Migranten zieht man an, die auf irgendeinem Weg immer hierher finden werden. Christliche und sozialistische Gutmenschlichkeit (oder Europahass?) hat das zu verantworten.

Jetzt würde nur noch eines helfen: aller Welt hundertprozentig klar zu machen, dass jeder, der illegal gekommen ist, Europa sofort wieder verlassen muss. Wenn es wirklich nicht weiß, wohin mit diesen Menschen, dann muss auch Europa jene harten Methoden einsetzen, die von Australien bis Israel illegalen Einwanderern gegenüber angewendet werden: Diese werden dort auch längerfristig in Lagern interniert, aber eben nicht ins Land gelassen.

Statt aber zügig an einer solchen Strategie zu arbeiten, beschimpft jedoch der Großteil der Politiker mit der deutschen Bundeskanzlerin an der Spitze die angsterfüllten Bürger, die sich zu immer größeren Verzweiflungs-Kundgebungen gegen die als Folge dieser Migration nun stattfindende Islamisierung zusammengefunden haben.

Immer mehr Bürger Europas sind deprimiert wie empört, dieser Selbstzerstörung Europas und der Hilflosigkeit wie Dummheit seiner politischen Führer hilflos zuschauen zu müssen. Diese Dummheit dominiert auf EU- genauso wie auf nationaler Ebene. Sie wird nur noch vom Zynismus der (europäischen wie nationalen) Richter übertroffen, welche durch ihre immer weiter nach links triftende Judikatur die Tore der Zuwanderung noch weiter aufreißen, als das die Politik ohnedies schon getan hat.

PS.: Es gib keinen Wahnsinn, der nicht noch gesteigert werden könnte: Ein SPÖ-Abgeordneter namens Weidenholzer verlangt jetzt allen Ernstes, dass man überhaupt durch EU-Asylbotschaften in den afrikanischen Ländern die Einwanderung ermöglichen soll. So will er – wörtlich! – „sichere Korridore“ schaffen, um den Zuwanderern den gefährlichen Weg übers Mittelmeer zu ersparen . . .

(Nachträgliche Ergänzung: Die rasche Wieder-Abschiebung der Schiffs-Migranten ist umso notwendiger geworden, seit es nun auch Hinweise gibt, dass sich Kapitän und Mannschaften unter die nun von Italien aufgenommenen "Flüchtlinge" gemischt haben dürften. Wobei aber wohl nur ein Teil entlarvt werden kann.)

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Faktor Null: Österreichs Außenpolitik

31. Dezember 2014 02:15 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jeder Österreicher weiß, wen der abgetretene EU-Kommissionspräsident Barroso ganz besonders gemeint haben muss, als er jetzt in einem Rückblick erstmals Klartext über den üblichen Verlauf der Treffen der europäischen Regierungschefs gesprochen hat: „Kleine und mittlere Mitgliedsstaaten kommen etwa oft nur mit einem einzigen, konkreten Anliegen in die Ratstagungen, andere oft ohne echtes Interesse.“

Dass Barroso erst nach Amtsende so offen ist, ist zwar auch interessant, aber heute nicht das Thema. Aber dass Österreich in den sechs Jahren seit dem Amtsantritt von Werner Faymann keine Außen- oder Europapolitik hat, ist eine durchaus für die ganze Alpenrepublik betrübliche Angelegenheit. Aus Barrosos Worten kann man schließen, dass Faymann auch hinter den Polstertüren des weitaus mächtigsten EU-Gremiums keine Politik zu formulieren hat, sondern wohl nur die paar Sätze memoriert, die er dann vor den Fernsehkameras aufsagen wird.

Ansonsten dürfte der Bundeskanzler nur noch darüber nachsinnen, wie er denn zugleich dem ÖGB gehorchen und dennoch wieder in der Kronenzeitung gut vorkommen könnte. Da diese kaum etwas mit Außenpolitik am Hut hat, hat auch Faymann nichts mit dieser am Hut. Beim maroden Fellner-Blatt braucht er zu seinem Glück nicht einmal nachzudenken. Denn das schreibt sowieso immer gut über Faymann. Etwas Anderes könnte man sich dort gar nicht leisten.

Ansonsten genügt es für den kleinen Mann mit der hohen Stimme, sich vor jedem Gipfel briefen zu lassen, wohin der europäische Hase laufen wird. Das verkündet uns Faymann dann als seine Meinung. Blöd nur, wenn die EU-Willensbildung anders läuft als erwartet. Dann tut sich Faymann ersichtlich schwer, beispielsweise zu begründen, warum er doch / doch nicht / doch noch nicht für neue Sanktionen gegen Russland ist. In Europa ist halt der Mainstream nicht so klar vorhersagbar wie in den österreichischen Medien.

In eine Zerreißprobe kommt Faymann freilich jetzt beim Freihandelsabkommen TTIP. Da hat die Krone sogar dagegen plakatiert. Die Sozialisten Deutschlands, Frankreichs und Italiens sowie die dortigen Gewerkschaften sind jedoch nun ganz klar dafür. Sigmar Gabriel in Hinblick auf TTIP: „Wenn wir uns abkoppeln von den Weltmärkten, wird das viele hunderttausend Menschen in Deutschland am Ende ihren Job kosten.“

Wie soll sich da nur der arme Werner F. positionieren? Fast könnte er einem leid tun.

Natürlich merkt man auch im Ausland, dass es keine österreichische Außenpolitik gibt, dass Österreich in Europa nicht einmal mehr ein Federgewicht ist. In Wien wird beispielsweise von niemandem die Chance erkannt, die man etwa gerade jetzt durch eine Nachbarschaftspolitik mit dem derzeit recht isolierten Ungarn hätte. Aber so wie gegenüber den anderen Nachbarländern gibt es weder eine gute noch eine schlechte Ungarn-Politik Wiens. Es gibt gar keine.

Ungarn orientiert sich daher im Gegensatz zur Vergangenheit heute nur noch nach Deutschland (und dazwischen hie und da nach Russland). Österreich aber wird ignoriert. Der einst von Wolfgang Schüssel versuchte Dreibund Ungarn-Slowakei-Österreich ist nicht einmal mehr in Restbeständen vorhanden. Und die Schuld daran liegt sicher nicht nur in Budapest.

Es findet sich nirgends mehr ein Restbestand der jahrzehntelang so hochgehaltenen österreichischen Mitteleuropapolitik. So als ob da nie etwas gewesen wäre. Fast alles ist kaputt gegangen, was da jahrelang mühsam aufgebaut worden war.

Gewiss, daran trägt nicht nur das völlige außenpolitische Desinteresse Faymanns und seine Ahnungslosigkeit in Hinblick auf internationale Vorgänge Schuld. Auch im Außenministerium sind alle Relikte der einst von Alois Mock so intensiv aufgebauten und dann von Wolfgang Schüssel fortgeführten Ostpolitik unter den folgenden VP-Außenministern total verschwunden.

Auch Sebastian Kurz hat bisher zumindest da noch nichts wirklich Vorzeigbares entwickelt. Am Anfang hat er sich sogar arg vergaloppiert, als er der Ukraine öffentlich die Neutralität empfohlen hat. Das war das Gegenteil von dem, was man dort hören wollte. Inzwischen hat Kiew sogar formell den (ja schon festgeschrieben gewesenen!) blockfreien Status aufgegeben; und es verlangt im eigenen Interesse den Nato-Beitritt. Damit hat Kurz nicht als sonderlich trittfester Außenpolitiker begonnen. Aber immerhin zeigt er inzwischen deutlich mehr Interesse als sein Vorgänger an der Welt rund um Österreich.

Ach ja – in zwei Punkten hat Österreich auf Geheiß der Kronenzeitung in Europa Profil: im Kampf gegen Atomkraftwerke und genverändertes Saatgut. Da betätigt sich vor allem der Landwirtschaftsminister Rupprechter intensiv. Freilich scheinen Österreich und vor allem Rupprechter gerade in diesen beiden Punkten zunehmend in die Rolle des belächelten Sonderlings, eines Don Quijotes, zu geraten, den niemand mehr ob seiner Obessionen ernst nimmt. Im neuen Milliarden-Investitionspaket des Kommissionspräsidenten Juncker wird es beispielsweise viel Geld für zukunftsweisende Nuklear-Energieprojekte geben. Zum Entsetzen von Krone und Rupprechter – was aber die restlichen Europäer nicht kümmert.

Warum ist Österreich heute außenpolitisch nicht vorhanden? Nun der Hauptgrund liegt im Desinteresse aller Akteure. Gute internationale Beziehungen brauchen nämlich gleich eine doppelte Investition: viel Wissen und viel Zeit. Niemand aber ist bereit dazu. Denn diese Investition bringt kurzfristig oft keine Dividenden. Ein Kleinstaat kann ja nicht so wie etwa Frankreich unter Hollande ein paar Kampfflugzeuge in den Krieg schicken, um die Popularität eines schwachen Politikers wenigstens ein bisschen aufzupolieren.

Dahinter steht das allgemeine Prinzip fast jedes österreichischen Politikers: Nur Innenpolitik ist wichtig. Und in der Innenpolitik glaubt man skurrilerweise wiederum, dass man da ausgerechnet auf die Stimmen der Medien zu hören hat, um bei den Wählern gut anzukommen. Was natürlich ein totaler Irrtum ist, denn die Medien sind fast so unbeliebt wie die Parteien, können diesen also absolut nicht helfen, aus dem Sumpf der Bedeutungslosigkeit herauszukommen.

Seit Bruno Kreisky begreift niemand mehr die Möglichkeit, als ständiger Kommentator der Weltpolitik sich auch im kleinen Österreich mit einem Hauch dieser Welt zu umgeben. Und seit Faymann nimmt man nicht einmal die Chancen einer regionalen Außen- und Nachbarschaftspolitik wahr.

Selbst Wladimir Putin hat mittlerweile erkannt, dass ihm ein PR-Tag in Wien international absolut nichts bringt. Denn auch wenn man eine noch so große Zahl mit Null multipliziert, kommt wieder Null heraus.

 

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Jetzt wird’s ernst: der Griechen Dank

29. Dezember 2014 12:51 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Fast sollte man sich über die lange hinausgeschobene Stunde der Wahrheit für die verfehlte Euro-Rettungspolitik freuen. Würde sie nicht für alle so schmerzhaft werden.

Der Anlassfall ist jetzt eingetreten: Griechenland muss (wegen des Scheiterns der Wahl eines neuen Staatspräsidenten) vorzeitig wählen. Dabei haben die griechischen Linksradikalen nach allen Umfragen die weitaus besten Chancen – was wohl den endgültigen Zusammenbruch der Euro-Politik der letzten Jahre bedeuten würde.

Denn die Syriza-Partei lehnt alle Sparprogramme ab, obwohl diese viele andere europäische Länder zugunsten Griechenlands schwer belastet haben. Kann diese Partei wirklich die nächste griechische Regierung bilden, dann stehen diese anderen Länder blamiert da. Sie haben unglaubliche Summen sinn- und perspektivenlos verbrannt. An der Spitze Deutschland, dessen Finanzminister Schäuble 2010 die – von Anfang an falsche – „Rettungspolitik“  gestartet hatte.

Riesige – in die Billionen-Dimension gehende – Summen an Krediten und an Haftungen wurden in den letzten fünf Jahren bilateral und multilateral für Griechenland sowie in der Folge andere Schuldnerländer über die diversen Programme aufgewendet. All diese Länder präsentierten einfach dem Ausland die Rechnung für das lustige Leben in den eineinhalb Jahrzehnten davor – im Gegenzug für vage Besserungs-Versprechen. Und Europa zahlte und zahlte und zahlte. Das führte dann zuletzt auch in Frankreich und Italien dazu, dass man dort trotz eines ökonomischen Kollaps Reformen immer nur versprach, aber nie realisierte.

Das alles bricht zusammen, wenn jetzt die Griechen den Gläubigern eine lange Nase drehen. Dann muss Deutschland wohl doch das machen, was von Anfang an klüger und vor allem billiger gewesen wäre: Länder, die beim gemeinsamen Weg nicht mehr mitkönnen, müssen halt ausscheren und mit eigener Währung ihren Weg (der Stagnation) gehen. Freilich muss dann der Rest Europas über Nacht alle Forderungen abschreiben und alle Haftungen zahlen. Was sich ziemlich verheerend auswirken wird.

Die andere Alternative wäre aber so grotesk, dass man sie sich gar nicht vorstellen kann: Dass Griechenland auch weiterhin gutes Geld aus dem Ausland bekommt, obwohl dieses nur noch nach linksradikaler Manier einfach für Konsum und Wohlfahrt ausgegeben wird. Das kann sich dann aber nicht einmal die CDU mehr politisch leisten.

 

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Viktor Orbán – Ein Stürmer in der Politik

27. Dezember 2014 03:39 | Autor: Wolfram Schrems
Rubrik: Gastkommentar

In dieser Adventzeit war wieder viel von Demonstrationen in Ungarn zu hören. Besorgte Bürger hätten in 20 Städten „gegen Korruption und Freunderlwirtschaft [!]“ (so am 17.12. die Nachrichtensprecherin ausgerechnet des Österreichischen Rundfunks in unfreiwilliger Komik) demonstriert und sogar Straßen blockiert. Denn die dortige Regierung sei korrupt und total undemokratisch.?
So so.

Diese Art Stimmungsmache der Massenmedien („Berichterstattung“ wäre das falsche Wort) geht nun schon länger so dahin. Wenn man sich zudem im Internet zugängliche Videoaufnahmen von Sitzungen des Europäischen Parlaments, bei denen der ungarische Regierungschef anwesend war, ansieht, ist man von der unverhohlenen Feindseligkeit seitens linker und „liberaler“ Politiker äußerst unangenehm berührt. Gewalttätige Anti-Orbán-Demonstrationen in Budapest (wie vor kurzem – und offiziell gegen die Internetsteuer) lassen analog zu Farbenrevolutionen ausländische Subversion befürchten.

Was hat dieser Mann nur angestellt?

Dieses Jahr erschien die deutsche Übersetzung eines äußerst lesenswerten Buches des polnischen Journalisten Igor Janke über den derzeitigen Erzfeind und Buhmann Nummer eins einer medialen Nomenklatura: Viktor Orbán – Ein Stürmer in der Politik.

Biographisches…

Janke zeichnet das Leben Orbáns von der Kindheit und Jugend über die Zeit des Militärdienstes (während dessen er wegen der Ausrufung des Kriegsrechtes in Polen 1981 dramatische Tage erlebte) und der Studentenzeit bis zu seinem Eintritt in die Politik nach. Dabei verwendet er aufgrund Orbáns Begeisterung für den Fußball als „Fan“ genauso wie als aktiver Spieler häufig einschlägige Metaphern (woher sich auch der Buchtitel erklärt).

Als junger antikommunistischer Aktivist und aufstrebender Mitgründer des „Bundes junger Demokraten“ (FIDESZ) war Orbán „liberal“. Aufgrund couragierten Auftretens am 16. Juni 1989 gegen die sowjetische Besatzung wurde er schlagartig populär. Er und seine Mitstreiter waren zum Spott gegen traditionelle Strukturen und Werte geneigt. Im Parlament benahmen sich die FIDESZ-Mandatare deswegen anfänglich betont rüpelhaft.

Janke berichtet von der Einflussnahme des US-Milliardärs und „Philanthropen“ George Soros auf die FIDESZ-Bewegung im Jahr 1993: „[Soros] versuchte sie davon zu überzeugen, dass die Welt heutzutage von einer liberalen Elite beherrscht werde. (…) Er sagte, dass Europa alles ablehne, was christlich, traditionell oder national sei.“

Der Milliardär versuchte, FIDESZ zu einer Koalition mit dem „Bund freier Demokraten“ (SzDSz) und den Postkommunisten(!) zu überreden, was Orbán ablehnte: „Das widerspräche dem, was wir vertreten“ (147).

Er wird immer „konservativer“ und bringt die Partei auf einen patriotischen und christlichen Kurs. Der calvinistische Pastor Zoltán Balog wird zum geistlichen Mentor Orbáns.

Janke zeigt an vielen Beispielen, dass Orbán starken Gestaltungswillen und große Durchsetzungskraft besitzt: Auch die Abwahl 2002 nach vier Jahren als Ministerpräsident und die knappe Wahlniederlage 2006 konnten ihn nicht demotivieren. Der Zweidrittel-Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen 2010 war die Frucht geduldiger (und an die Grenze der Selbstausbeutung gehender) Arbeit. Seitdem gestaltet Orbán das Land mit einem starken Mandat des ungarischen Volkes.

…Brisantes…

Höchst aufschlussreich ist das 21. Kapitel, in dem über die Ereignisse des Herbstes 2006 berichtet wird. Was man damals in den gleichgeschalteten deutschsprachigen Medien praktisch nicht oder nur mit Lügen vermischt erfahren hat, war ein unfassbarer Gewaltexzess der Polizei gegen die Bürger, die von den Lügen und der Schuldenpolitik der sozialistischen Regierung Gyurcsány aufgebracht in Budapest und anderen Städten auf die Straße gegangen waren. Im Österreichischen Rundfunk war etwa typischerweise von „Rechtsextremisten“ die Rede, gegen die die Sicherheitskräfte vorgegangen wären.

Janke dazu:?
Die westlichen Medien verweisen bis heute nicht gern auf die Aktivitäten der Regierung Gyurcsány, welche die ungarische Wirtschaft in den Abgrund und die Ungarn in tiefe Frustration gestürzt hatten. Sie schreiben nicht über die allumfassende Korruption, den Filz und die Lügen, die sich unter der vorangegangenen Führung als Last auf die Gesellschaft gelegt hatten. Sie erinnern nicht daran, wie brutal die Polizei 2006 gegen die von den Worten des sozialistischen Ministerpräsidenten aufgebrachten Demonstranten vorgegangen war“ (291).

…und Grundsätzliches

Janke zeichnet Orbáns Überzeugungen nach, die sich von einem totalitär auftretenden europäischen Konformitätsdruck und dessen Lieblings-Gesslerhut, dem sogenannten „Antifaschismus“, der billig, inhaltsleer und völlig blind für die Gräuel des Kommunismus ist, entfernten:

„Orbán verwehrte sich stets von Neuem dagegen, dass Menschen als Faschisten beschimpft werden, die ungarische Patrioten sind, die Traditionen pflegen, die die Erinnerung an die ungarische Vergangenheit am Leben erhalten. Besonders, weil die Anschuldigung des Faschismus von solchen erhoben wird, die [bei der Niederschlagung der Befreiungsbewegung 19]56 viele Ungarn ermordet haben, sagt er heute. Auf diese Ängste und Verdachte baut sich die gegenseitige Antipathie auf, die darin gipfelte, dass die Liberalen, die sich anfangs als harte Antikommunisten gezeigt hatten, 1994 eine Koalition mit den Postkommunisten schlossen, nur um den, ihrer Meinung nach, in der Wiederkehr befindlichen Nazismus aufzuhalten“ (130f).

Sehr erfreulich und im heutigen Hauptstrom-Journalismus völlig unüblich ist die Würdigung für die geistige Entwicklung Orbáns in Richtung des christlichen Glaubens: „Einerseits wurde er immer konservativer, wobei seine Ehefrau Anikó Lévai eine gewisse Rolle spielte, die aus einer traditionellen, katholischen Familie stammte. Orbán wandte sich mit wachsendem Interesse der Kirche als Institution zu und mit der Zeit auch dem Glauben“ (137).

Orbán, selbst nicht Katholik sondern Calvinist, hatte eben erkannt, dass es die Weichenstellungen des Staatsgründers König Stephan des Heiligen waren, nämlich Taufe und Glaube, durch die sich grausame Barbaren zu einem hochstehenden Kulturvolk entwickelten. (In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass genau dieser Zusammenhang in künstlerischer Freiheit in der 1983 in Budapest uraufgeführten und im ungarischen Kulturraum sehr populären Rockoper István a király, „König Stephan“, unbefangen und ohne Berührungsängste thematisiert wird.)

Besonders gegen die christlichen Bezüge der neuen ungarischen Verfassung wird erbittert Sturm gelaufen.

Gelten die Spielregeln der Demokratie ausgerechnet für Ungarn nicht?

Ist es normal, dass eine Regierung, die nach anerkannten Wahlregeln eine Zweidrittelmehrheit erhält, von der Presse im Ausland – und im Inland (!) – verunglimpft und verleumdet wird?

Orbán und seine Koalition aus FIDESZ und Christlich-demokratischer Volkspartei (KDNP) ist von seinem Volk gewählt worden, um dessen legitime Interessen zu vertreten. Und er leistet Widerstand gegen die sich häufenden illegitimen Angriffe:

Nach Jankes Worten löste Orbáns rhetorischer Gegenangriff gegen die frechen Anwürfe des grünen Europarlamentariers Daniel Cohn-Bendit (ehemaliger „Kinderfreund“, wie wir uns erinnern) in Ungarn einen „Begeisterungssturm“ aus. Das Volk solidarisierte sich und brachte bei einem Friedensmarsch in Budapest etwa 400.000 Menschen zur Unterstützung Orbáns auf die Straße (man beachte: in einem Land mit 10 Millionen Einwohnern).

Soweit erinnerlich, war in den westlichen Medien davon nicht die Rede.

Ist „Demokratie“ also nur das, was eine bestimmte Nomenklatura aus Eigeninteresse dekretiert?

Hat das europäische Establishment eventuell nicht vergessen, dass sich Ministerpräsident Orbán im Jahr 2000 gegen die infamen Angriffe auf die damalige österreichische Regierung – und somit das Wählervolk – mit Österreich solidarisiert hatte?

Und wie es mit der Pressefreiheit unter sozialistischen Vorzeichen wirklich aussieht, ist ohnehin notorisch:
„Als die Sozialisten 2002 wieder an die Macht kamen, gingen sie brutal gegen die rechten Medien und die Journalisten vor, die nicht mit ihnen an einem Strang zogen. Es kam zu regelrechten Massenentlassungen. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurden die Entlassungsschreiben vor der Eingangstür verteilt. Damals protestierte die große, weite Welt jedoch nicht!“ (310)

Überrascht uns das?

Resümee

„Ich hatte mehr als ein Jahr lang die Gelegenheit, aus nächster Nähe einen der interessantesten Politiker unserer Zeit zu beobachten“ (343). Janke ist aber bei aller Sympathie für seinen Gesprächspartner nicht unkritisch, was einzelne Maßnahmen der Regierung Orbán betrifft. Insofern ist das Buch keine Lobhudelei.

Auch der Rezensent möchte nicht den Eindruck einer Vorab-Heiligsprechung o.ä. erwecken. Das muss man heute leider schon immer dazusagen, weil in einem Umfeld fast flächendeckender Hetze gegen einen patriotischen Politiker jedes Wohlwollen und jede Fairness diesem gegenüber mit Nasenrümpfen und Augenverdrehen kommentiert wird: „Er ist aber auch nicht der Messias.
Nein, ist er eh nicht.

Ein großes Verdienst Jankes ist die Publikation eines ausführlichen Interviews mit Orbán am Ende des Buches, in dem sich beherzigenswerte Aussagen finden:
„Europa muss sich aus der Falle der Geldmärkte herauswinden. Das bezieht sich in erster Linie auf die Eurozone. In den letzten Jahrzehnten haben die Geldmärkte die Politik beherrscht“ (340).

Und:?
„Die europäische Krisensituation können nur die starken Nationalstaaten lösen. Nationale Führerpersönlichkeiten, die über eine starke politische Position verfügen. So muss man das Wahlergebnis in Ungarn 2010 auffassen. Die Ungarn haben die Situation gut erkannt und mir daher eine so starke Ermächtigung gegeben“
(342).

Ein Resümee des Buches wird sein, dass sich an der ungarischen Geschichte zeigt, was auch sonst historischer Erfahrungswert und innerliches Gesetz gleichzeitig ist, nämlich dass die „Liberalen“ Wegbereiter und Steigbügelhalter der Sozialisten sind und damit dem totalitären Willkürregime zuarbeiten.

Darum hatten Papst Leo XIII., Donoso Cortés und Eric Voegelin schon recht, dass nur eine konservative, selbstbewusste und starke Regierung ein Abrutschen in das revolutionäre Chaos mit unvermeidlich anschließender Diktatur verhindern kann.

Ein kleiner Kritikpunkt ist – das hat der Rezensent dem Verlag schon mitgeteilt – die Oberflächlichkeit des Lektorats, dem viele Interpunktions- und Syntaxfehler entgangen sind. Das lässt das Buch manchmal gewissermaßen als „Exilantenliteratur“ erscheinen und gibt ihm an manchen Stellen ein gewisses Samizdat-Gepräge (was andererseits auch einen gewissen Charme besitzt).

Ein anderer Punkt der Beanstandung ist, dass ein im süddeutschen Raum an der Grenze zu Österreich angesiedelter Verlag ohne weiteres die übliche deutsche Toponomastik für ungarische Städtenamen hätte verwenden können. Dem ungarischstämmigen Verleger wäre kein Stein aus der Krone gefallen, wenn er „Székesfehérvár“ einmal einführt und dann weiterhin „Stuhlweißenburg“ schreibt.

An manchen Stellen erscheinen auch die Fußballmetaphern etwas des Guten zuviel.

Schließlich muss der Leser damit rechnen, dass ein polnischer Autor vermehrt polnische Bezüge herstellt. Dem einschlägig versierten politischen Beobachter werden die entsprechenden Namen und Fakten vertraut sein, den anderen wird man weitere Konsultierungen empfehlen.

Diese Kleinigkeiten können das Gesamtbild des interessanten und gut lesbaren und für unsere Zeit wichtigen Buches nicht trüben.

Es sei besonders allen empfohlen, denen ein Europa freier Nationen am Herzen liegt. Daher gebührt dem Autor Dank wie auch dem Verleger – und natürlich Herrn Orbán selbst.

Igor Janke, Viktor Orbán – Ein Stürmer in der Politik, Schenk Verlag, Passau 2014 (Originalausgabe bei Demart SA, Warschau 2012), Deutsch von Karlheinz Schweitzer, 344 S., 20.50 [A] http://www.schenkbuchverlag.de/

MMag. Wolfram Schrems, Linz und Wien, katholischer Theologe, Philosoph, Katechist, Amateur der ungarischen Sprache

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Die Herbergssuche und die Massenmigration

27. Dezember 2014 01:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Manche Christen und besonders österreichische Bischöfe tun insbesondere zur Weihnachtszeit so, als ob Europa und Österreich zur unbegrenzten Aufnahme von Zuwanderern, Asylwerbern und Flüchtlingen verpflichtet wäre. Sie begründen dies am häufigsten mit der vergeblichen Herbergssuche von Josef und Maria vor der Geburt von Jesus. Dieses abschreckende Beispiel zwinge uns heute moralisch wie religiös zur Aufnahme aller Zuwanderer des Erdballs oder zumindest all jener, die sich als Flüchtlinge bezeichnen.

Sie übersehen dabei sehr viel. Nicht zuletzt die Tatsache, dass ihr Gleichnis völlig hinkt. Jesus und Maria sind nicht als Immigranten nach Bethlehem gekommen, sondern auf einen kurzen Besuch, zu dem sie eine Volkszählung gezwungen hat. Deren Organisatoren hatten aber offenbar das Problem der Beherbergung der vielen zur Reise gezwungenen Menschen vergessen .

Daher wäre es zweifellos ethische Pflicht aller Herbergs- und Hausbesitzer gewesen, Josef und Maria für die Zeit dieser Volkszählung – und natürlich auch im Falle einer damit zusammenfallenden Entbindung – aufzunehmen. Aber nirgendwo in der Bibel findet sich  auch nur ein indirekter Hinweis auf eine moralische Pflicht, Zuwanderer unbegrenzt und auf Dauer aufzunehmen. Dies wollen uns heute aber Teile der Kirche, Teile der Politik und die auf diesem Gebiet tätigen Vereine einreden.

Die Nächstenliebe "wie dich selbst"

Auch das Gebot der Nächstenliebe – oder die in vielen Philosophien vorzufindende Goldene Regel – sagt nichts von einer solchen Pflicht. Denn auch das Gebot der Nächstenliebe ist durch den Zusatz definiert: „wie dich selbst“. Und das bedeutet ganz eindeutig auch das eigene Recht auf Heimat, auf Identität, zu dessen Verteidigung Menschen durch alle Phasen der Geschichte berechtigt gewesen sind. Und zwar waren sie das immer mit dem Segen der Kirche (oder auch anderer Religionen).

Wenn aber etwa in Wien heute schon mehr als die absolute Mehrheit der Schulpflichtigen andere Umgangssprachen als deutsch hat, dann ist diese Identität dramatisch bedroht. Und wenn es zugleich auf der Welt Hunderte weitere Millionen gibt, die jede sich öffnende Möglichkeit ergreifen würden, um in der Glitzerwelt des Wohlfahrtsystems zu leben, dann ist erst recht diese Bedrohung klar. (Dass diese Glitzerwelt nur auf Schulden gebaut ist und bald zusammenbrechen muss, sieht man ja nicht von außen).

Daher ist es durchaus legitim, Appelle als unchristlich zu empfinden, die auf eine unbegrenzte Zuwanderung hinauslaufen. Und es ist eindeutig die Forderung nach unbegrenzter Zuwanderung, wenn man nie in einem konkreten Falle zu einem „Nein“ bereit ist, sondern in jedem einzelnen Fall diese Zuwanderung fordert. Wenn auch manche dann (jedes Mal) dazusagen: Es gehe ja nur um Soundsoviele. Egal, ob es einmal um den Verbleib pakistanischer Votivkirchenbesitzer geht, oder ein andermal um die Aufnahme afrikanischer und arabischer Migranten und Flüchtlinge, die täglich zu Tausenden übers Mittelmeer kommen.

 

Lebenslange Rechte wegen kurzfristiger Bedrohung?

 

Die Genfer Flüchtlingskonvention war eine ungemein edle und berechtigte humanitäre Aktion (vor allem) Westeuropas. Aber wie viel Sinnvolles und Gutes in der Geschichte haben sich im Laufe der Jahrzehnte die Missbräuche massiv gehäuft. Immer öfter wurde entdeckt, wie man ein gutes Instrument für ganz andere Zwecke verwenden kann. Heute ist die Konvention ein eindeutiger Fall von "Overstretching". Sie müsste dringend überarbeitet werden. Es traut sich nur noch niemand, das laut zu sagen, weil er dann sofort als Schlechtmensch dasteht. Leise sagen das freilich schon einige europäische Politiker.

Um eines der krassesten Beispiele zu nennen: Der Konvention zufolge führt jede Asylgewährung zu einem ewigen Bleiberecht. Logisch und human argumentierbar wäre jedoch nur ein Schutz während der Zeit echter Verfolgung aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen.

Die Flüchtlingskonvention hingegen führt heute in der Realität zu einem globalen Migrations-Shopping, bei dem Afrikaner und Asiaten  – meist mit Hilfe gut verdienender Schlepper – genau jene Länder ansteuern, in denen sie Anzeichen sehen, dass es ihnen dort am besten gehen werde.

Die reale Entwicklung der letzten Jahrzehnte wird daher eine neue internationale Regelung erfordern, dass es nur noch um die unmittelbare Überlebens-Hilfe in der Nachbarschaft der eigenen Heimat gehen kann, von wo aus die Menschen möglichst bald wieder in diese Heimat zurückkehren können und sollen. Und nicht um ein fast unbegrenztes Migrationsrecht.

Gar nicht so selten waren und sind Bedrohungen, deretwegen Schutz moralisch durchaus zusteht, oft rasch wieder vorbei. Es ist daher einfach absurd, dass jemand dauerhaftes Asyl bekommt, wenn seine Partei in der Heimat zwar einst verfolgt war, diese aber – durch Umsturz oder auch Wahlen – inzwischen selbst an die Macht gekommen ist. Ebenso absurd ist, dass in Österreich verurteilte Drogenhändler in vielen Fällen nicht mehr abgeschoben werden können (weil ihnen daheim die Todesstrafe droht). Noch absurder ist es, dass jetzt der Europäische Gerichtshof sogar Homosexualität zu einem Asylgrund gemacht hat, obwohl in der Flüchtlingskonvention nichts davon steht. Um nur drei Beispiele einer immer absurder werdenden Judikatur und hybriden Entwicklung einer einst aus einem ganz anderen Geist abgeschlossenen Konvention zu nennen.

Da die Politiker etlicher nord- und mitteleuropäischen Staaten jahrzehntelang allzu großzügig mit der Aufnahme gewesen sind, stoßen die immer weitergehenden Massenaufnahmen logischerweise auf immer mehr Widerstand bei den Menschen. Das zeigt sich auch in der österreichischen Nachkriegsgeschichte: Für vertriebene Sudetendeutsche, für von Pogromen bedrohte osteuropäische Juden, für ungarische Flüchtlinge des Jahres 1956 oder tschechische des Jahres 1968 oder bosnische während der Balkankriege gab es immer großzügige Hilfe (auch wenn die Großzügigkeit im Lauf der Zeit abnahm). Um nur die größten Flüchtlingswellen zu nennen.

Aber all diese Fluchtwellen kamen aus der Nachbarschaft. Für die war Österreich meist wirklich das erste sichere Land. Für Afrikaner und Asiaten hingegen ist es sicher nicht das „nächste“ sichere Land. Damit auch nicht wirklich vom Gebot der „Nächsten“-Liebe erfasst. Daher reagiert hier die Bevölkerung zu Recht völlig anders.

Familienzusammenführung

Noch viel unverständlicher sind andere Gründe der Zuwanderung nach Westeuropa. Der häufigste lautet juristisch Familienzusammenführung.

Für diese gibt es noch viel weniger ethische oder religiöse Begründung. Von den biblischen Zeiten bis ins 20. Jahrhundert war es zwar sehr häufig, dass Menschen auf der Suche nach Arbeit auch in ferne Länder gewandert sind (wenn man sie dort gebraucht und hineingelassen hat). Aber niemand hat dabei auch nur im Entferntesten daran gedacht, dass damit auch ein automatisches Menschenrecht auf Nachzug aller Vor- und Nachfahren sowie Geschwister und alter oder künftiger Ehepartner begründet wird.

Die heutigen selbstzerstörerischen Verhaltensweisen sind interessanterweise nur in einigen Ländern Europas zu finden. Nicht aber im Rest der Welt. Die zig-Millionen pakistanischen Gastarbeiter in der arabischen Welt, die vielen philippinischen Matrosen auf allen Schiffen der Weltmeere wären schon froh, wenn sie selbst halbwegs anständig behandelt würden. An eine „Familienzusammenführung“ oder gar ein Recht darauf denkt aber niemand von ihnen.

Die Kirche und das Volk

Angesichts dieser Entwicklungen hätte auch die Kirche – wie in der ganzen Geschichte! – die Pflicht, sich an die Seite der um ihre Identität und ihr kulturelles (und zum Teil auch religiöses) Überleben bangenden Bevölkerung zu stellen. Zumindest der Gott des Alten Testaments hat das ja etwa auch bei der Flucht aus Ägypten zum Schutz seines Volkes sehr direkt durch – bis heute in der katholischen Liturgie regelmäßig gepriesene – Wunder getan. Weil ihm das Überleben seines Volkes und dessen religiöse und kulturelle Identität wichtig war. Warum ist es das der Kirche heute nicht mehr? Auch der Gott des Neuen Testaments hat ja nirgendwo das Gegenteil gesagt.

Warum haben etwa bei Andreas Hofers Kämpfen zur Verteidigung der Heimat Priester mitgewirkt? Hat damals irgendein Gutmensch verlangt, dass die Tiroler doch die Bayern und Franzosen nicht bekämpfen, sondern offen aufnehmen sollten? Oder bei den zwei Türkenbelagerungen Wiens: Warum haben da alle Priester für die Durchhaltekraft der Stadtmauern gebetet? Und warum bezeichnen es hingegen heute manche Priester als Untat, dass Europa (angeblich) Mauern um sich herum aufbaut? Warum wagt die Kirche nicht mehr zu sagen, dass es auch heute eine islamische Bedrohung gibt, die sich quantitativ mit den historischen Bedrohungen durchaus messen kann? War sie in früheren Jahrhunderten unchristlich, als sie das noch getan hat, als sie beispielsweise mit einer Messe auf dem Kahlenberg (=Leopoldsberg) die Befreiung Wiens von der islamisch-türkischen Belagerung eingeleitet hat? Oder gibt es einen ethischen Unterschied zwischen der Abwehr einer militärischen Islamisierung und der Abwehr einer schleichend erfolgenden? Dann wäre also die blutige Abwehr einer militärischen Islamisierung moralisch und die unblutige eines Einwanderungsstopps unmoralisch . . .

Australier, Kanadier und US-Amerikaner handeln da ganz anders als die Europäer. Wenn man es negativ formulieren will: egoistischer. Wenn man es positiv sagen will: vernünftiger und verantwortungsbewusster.

Australien etwa bringt alle illegalen Einwanderer (=“Flüchtlinge“) auf eine Insel – während Italien sie, noch dazu unter dem Beifall vieler europäischer Politiker frei nach Europa lässt. Israel interniert sie in der Wüste. Die USA und Kanada suchen sich jeden einzelnen sehr genau aus, den sie legal hereinlassen wollen. Die USA haben in den letzten Jahrzehnten (also noch vor der halben Aussöhnung) sogar alle aus der kubanischen Diktatur kommenden Flüchtlinge wieder auf die Insel zurückgeschickt – das Gegenteil dessen, was Europa auf dem Schlepperpfad übers Mittelmeer tut. Und Kanada hat heute bei den Zuwanderern einen der höchsten Akademikeranteile.

Eigeninteressen sind legitim

Um aber zum Schluss doch noch einen optimistischen Ton einzubringen: Es war recht erfreulich, dass der österreichische Außenminister Sebastian Kurz vor wenigen Tagen deutlich dafür plädiert hat, dass die syrischen Kriegsflüchtlinge in der Region bleiben und nicht nach Europa weitergeschoben werden. Er hat auch davon zu sprechen gewagt, dass das ein österreichisches Eigeninteresse ist. Ja, es gibt moralisch legitime Interessen!

Das verpflichtet moralisch wie logisch freilich auch dazu, viel mehr für die Betreuung der Kriegsvertriebenen in den libanesischen, jordanischen, türkischen Flüchtlingslagern zu tun, zu zahlen. Das ist aber insofern auch deshalb vernünftig, weil es seit Wochen zunehmende Anzeichen gibt, dass – Amerika und den Kurden sei Dank – der Wahnsinn des „Islamischen Staats“ zunehmend zurückgedrängt wird.

Eine mutige Kirche müsste daher übrigens noch etwas sagen: Ja, es ist bedauerlich, aber notwendig, totalitären Schlächterbanden wie dem „Islamischen Staat“ auch militärisch entgegenzutreten. Alles andere wäre verantwortungsloser Pietismus.

Langfristig wird Europa jedenfalls nicht darum herumkommen, die (als Folge des Holocausts entstandene) Flüchtlingskonvention der heutigen Entwicklung anzupassen, da die Konvention von der ganzen Dritten Welt als einfachster Weg ins Wohlfahrtsparadies gesehen werden kann. Und vor allem die nie demokratisch beschlossene einseitige Transformation dieses Rechts durch einige gutmenschliche Richter zu stoppen.

Aber auch die Kirche sollte sich wieder ein wenig mehr bewusst sein, wie sehr sie immer für ein christliches Europa und für die Heimatrechte der hier wohnenden Menschen eingetreten ist.

 

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Die vielen guten Dinge in Österreich und der Welt

26. Dezember 2014 01:21 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Schade, dass unter der Flut von Dummheiten und besorgniserregenden Entwicklungen die erfreulichen und lobenswerten Dinge oft untergehen. Derer gibt es aber genug – von der Grazer SPÖ über niederösterreichische Richter, oberösterreichisches Privatwasser bis Sozialminister Hundstorfer. Und aus dem Ausland gibt es erst recht viel Erfreuliches zu berichten – wovon etliches freilich für Österreich nur als Vorbild verstanden werden kann. Jedenfalls sollte man wenigstens in den Weihnachtstagen einige dieser lobenswerten Entwicklungen aufzählen.

Zuerst die einheimischen Freudenanlässe:

Auch das Ausland macht vielerorts Hoffnung

Im Ausland gibt es besonders viel Lobenswertes und Erfreuliches. Nicht nur aus den üblichen der Vernunft verdächtigen Ländern. Sondern auch aus völlig unerwarteten Gegenden wie Saudi-Arabien oder Afghanistan.

 

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Steuererfinder in Nöten

22. Dezember 2014 01:10 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist eine der besten Nachrichten seit langem: Ganz offensichtlich scheitern die Gespräche, international eine weitere neue Steuer – diesmal eine Finanztransaktionssteuer – einzuführen. Nicht einmal unter den elf EU-Ländern, die in ihrer Geldnot dabei eigentlich mitmachen wollen, gibt es Konsens über das Wie und Was.

Dabei hat Österreich Erträgnisse dieser Steuer längst einbudgetiert. Jetzt ist jedoch klar, dass es sie frühestens 2016 geben wird. Wenn überhaupt.

Denn die Befassung mit den Details hat gezeigt: Finanztransaktionssteuern klingen nur in linken Theorien gut. In Wahrheit aber belasten sie jeden Standort schwer. Und das ist in depressiven Zeiten ungefähr das Dümmste, was man machen kann. Daher ist es Grund zu (leichter) Freude: Das Projekt „Finanztransaktionssteuer“ wird zwar nicht formell getötet, aber so lange gestreichelt – bis es auch tot ist.

Bei der Detaildebatte wurde nämlich klar, dass die liberalen Ökonomen von Anfang an recht hatten: Selbst winzige Steuersätze behindern viele für die Realwirtschaft nötige Finanzgeschäfte.

Bei vielen Transaktionen beträgt die Gewinnspanne sehr kleine Promillesätze. Nur das große Volumen macht sie überhaupt rentabel. Daher müssen sie bei Einführung einer Steuer darauf nach London, Zürich, New York oder Hongkong wandern. Die Vorstellung, dass diese Finanzplätze künftig Steuern nach Europa abliefern werden, ist so naiv, dass man sie nicht einmal bei Politikern erwartet hätte. Dazu kommt, dass auch kleine Steuersätze groß werden, wenn viele Transaktionen und Absicherungsgeschäfte nacheinander erfolgen.

Überraschend ist, dass jetzt vor allem die Krisenländer Frankreich und Italien bremsen. Sie bangen – zu Recht – um ihre Finanzbranchen. Österreich hingegen möchte weiterhin den Ertrag der Steuer hochschrauben. Hier regiert die Einnahmengier der öffentlichen Hand total, während der heimische Finanzsektor hingegen schon so mit dem Rücken zur Wand steht, dass er sich überhaupt nicht mehr in die politische Meinungsbildung einbringen kann.

Das sieht man auch an der gleichzeitigen(!) Einführung einer weiteren neuen Steuer, die Bankensteuer. Allein Österreichs Banken sollen in den nächsten Jahren nicht weniger als 1,6 Milliarden Euro in einen Fonds der Eurozone einzahlen, aus dem dann Bankencrashs finanziert werden sollen. Aber die gesamte Regierung ignoriert die Tatsache, dass ja schon mit genau der gleichen Begründung in Österreich eine Bankensteuer eingeführt worden ist. Die logischerweise jetzt gestoppt werden müsste. Aber nicht wird.

Noch etwas frustriert am Euro-Bankenfonds: die von den österreichischen Bankkunden stammenden Gelder werden mit Sicherheit längst von Banken der Krisenländer abkassiert sein, bevor auch nur ein Euro wieder nach Österreich flösse. Die von der Politik zum Millionengrab verwandelte Hypo hingegen ist ja künftig keine Bank mehr und hat daher keinen Zugriff auf den Fonds. Für die Hypo müssen die Österreicher extra zahlen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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TTIP: Europäische Überlebensfragen und österreichisches Kleinformatdenken

21. Dezember 2014 01:03 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Unterschied zwischen deutschen und österreichischen Sozialdemokraten wird dramatisch größer. Das merkt man insbesondere beim wichtigsten Thema, mit dem die EU-Länder im nächsten Jahr konfrontiert sein werden: bei den Freihandelsverträgen mit den USA und Kanada. Aber auch bei der Energiewende zeigen die deutschen Sozialdemokraten derzeit viel mehr Vernunft als ihre österreichischen Genossen.

Gewiss: Diese Vernunft ist ihnen interessanterweise erst eingeschossen, seit sie wieder Regierungsverantwortung tragen. Und seit sie mit Parteichef Gabriel auch den Wirtschaftsminister stellen. Aber die SPD hatte einst auch schon am Ende der Periode des von ihr gestellten Bundeskanzlers Schröder weit mehr Wirtschafts-Kompetenz und -Verantwortung gezeigt als alle österreichischen Sozialdemokraten der letzten zwei Jahrzehnte.

Diese haben zum letzten Mal wirtschaftliches Verständnis demonstriert, als sie (mit der ÖVP) das Stiftungsgesetz eingeführt und Steuern abgeschafft haben, sowie sich gleichzeitig für den EU-Beitritt eingesetzt haben. Das hat prompt einige Jahre später zu einer Blüteperiode Österreichs geführt.

Aber seither war die SPÖ praktisch immer nur noch die Partei der Steuererhöhungen und der – angeblich – sozialen Ausgaben-Eskalation.

Gewiss hat auch die SPD in den letzten Monaten mit ihrem Verlangen, das Rentenantrittsalter von 67 Jahren in etlichen Fällen auf 63 zu senken, zukunftsfeindliche Lizitations-Politik betrieben. Gewiss schadet sie mit der 30-prozentigen Frauenquote in AG-Aufsichtsräten der deutschen Wirtschaft schwer. (Aber auch die CDU/CSU muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich in beiden Fragen als peinliche Umfallerpartei erwiesen hat, nur um einen Koalitionspartner zu finden.)

Zugleich jedoch tritt die SPD so wie die CDU lobenswerterweise als vehemente Verteidigerin der ­– schon für 2015 budgetierten – Neuverschuldungsfreiheit auf. Die österreichischen Sozialdemokraten begreifen hingegen bis heute nicht, wieso ständige Schuldenmacherei einem Land schadet.

Ein weiterer gravierender Unterschied ist das ständige Verlangen der SPÖ nach neuen Steuern – ein bei den deutschen Genossen ebenfalls unverständliches Verhalten.

Die SPD setzt sich in Person ihrer neuen Familienministerin auch für das ganz klar wertkonservative Ziel ein, dass Eltern im Namen ihrer Kinder ein zusätzliches Wahlrecht bekommen.

Gabriel als TTIP-Verfechter

Aktuell noch viel gravierender ist jetzt der Kampf der SPD Gabriels für das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP). Dieses wird ja von den österreichischen Sozialdemokraten vehement bekämpft. Das geschieht vor allem auf Wunsch der Kronenzeitung. Die SPÖ glaubt, dieses Medienimperium sei insbesondere vor den kommenden Wiener Gemeinderatswahlen unverzichtbar. Und daher will sie zumindest bis dahin ihre Position nicht ändern.

Die Krone und ihr Schwesternblatt „Heute“ stellen für die SPÖ freilich eine arge Zwickmühle dar. Denn Werner Faymann hatte bisher neben dem ÖGB nur die Krone als Befehlsausgeber gekannt. Aber bei der Krone sind die von ihm verlangten Erbschaftssteuern absolut unpopulär (vermutlich steckt dabei auch ein starkes persönliches Eigeninteresse der Eigentümerfamilie Dichand dahinter). Diese Steuer wird aber vom ÖGB vehement verlangt. Jetzt ist Faymann in der Zwickmühle zwischen seinen beiden Paten.

Er suchte daher in den letzten Monaten verzweifelt nach Ideen, um die Krone wieder zu befriedigen (und von seiner sonstigen Schwäche abzulenken). Genau aus diesem Grund hat er jetzt einen in der Koalition völlig unabgesprochenen Vorstoß gegen TTIP lanciert.

Der große Bruch im linken Lager Europas

Diese Diskrepanz im sozialdemokratischen Lager macht das kommende Jahr jedenfalls zu einem extrem spannenden. Denn auch durch die anderen europäischen Parteien der Linken geht ein ähnlicher Bruch. Im linken Lager stehen wirtschaftliche Vernunft und prowestliche Tradition im Kampf mit klassenkämpferischer Wirtschaftsfeindlichkeit und dem tiefen Antiamerikanismus vieler Sozialisten.

Freilich: Gegen TTIP ist nicht nur die Krone. Stimmung gegen dieses Abkommen machen an vielen Stammtischen auch die schweren Fehler der EU in diesem Jahrhundert. Dort nehmen viele schon automatisch an, dass etwas, was die EU-Kommission will, ein Unsinn sein muss. Was es aber in diesem Fall keineswegs ist.

Viele begreifen nicht, dass TTIP eigentlich eine Fortsetzung des einstigen EU-Erfolges durch die Herstellung eines großen, freien und rechtlich gesicherten Marktes ist. Dass TTIP überhaupt nichts mit den EU-Fehlern der letzten Jahre zu tun hat, ja dass es geradezu das Gegenteil von ständiger Überregulierung und Einschränkung ist.

Der Vorteil eines großen Marktes

Warum ist es ein großer Markt so wichtig?

Jede moderne Industrie ist abhängig von der Sicherheit und Größe des Marktes, für den sie produzieren kann. Autos, Computer, Fernsehgeräte (ähnlich auch Großkatastrophen-Versicherungen) werden immer dort hergestellt, wo es am günstigsten ist.

Bei fast allen Industrieprodukten wäre es umgekehrt eine absolute Katastrophe, wenn diese wieder wie einst nur für einen kleinen Markt produziert würden, etwa nur für acht Millionen Österreicher. Dann wäre jede Produktion ein Vielfaches teurer. Dann würde auch unser aller Lebensstandard auf den jener Zeiten zurücksinken, als es noch keine großen Märkte (Efta, EWR, EU) gegeben hat. Als sich viele Österreicher noch kein Auto, noch keinen Fernseher leisten konnten. Von Computern gar nicht zu reden. Und das derzeit boomende Amerika ist besonders in Zeiten der europäischen Krise für den alten Kontinent als Markt lebenswichtig.

Es ist die absolut sicherste Erkenntnis jeder Ökonomie, dass erstens Produktion in großen Serien, für größere Märkte billiger ist als die für kleine Märkte; und dass zweitens die für die Herstellung größerer Märkte notwendige Handelsfreiheit mehr Wohlstand für alle Beteiligten bedeutet. Übrigens wäre mehr Handelsfreiheit (insbesondere im Agrarhandel) auch viel wirksamer bei der Entwicklung der Dritten Welt als all die gutgemeinten, aber wirkungslosen Entwicklungshilfe-Milliarden.

Das wäre auch aus sehr egoistischen Gründen sehr notwendig: Denn mehr Entwicklung und Wohlstand in der Dritten Welt würden auch die Antriebskräfte für die Armutszuwanderung eliminieren, die Europa heute so schwer belastet.

Warum es Schiedsgerichte braucht

Während die Vorteile einer Vergrößerung des freien Handelsraums noch von vielen verstanden werden, meinen manche, dass es dafür doch keine Vereinbarungen über Schiedsgerichte brauche. Europa und Amerika seien ja Rechtsstaaten, wird argumentiert. Da könne sich jeder Investor darauf verlassen, dass er auch vor den Gerichten eines anderen Landes volles und objektives Recht bekommt.

Was für eine fromme und ahnungslose Illusion! Solche Schiedsgerichte gibt es ja jetzt schon mit gutem Grund zu Tausenden – etwa auf Grund von Verträgen zwischen zwei Staaten. Eben weil niemand an die Objektivitätsfiktion bei ausländischen Gerichten glaubt. Schiedsgerichte sind vor allem in zwei Zusammenhängen für eine moderne Wirtschaft lebensnotwendig:

1.   Sie bieten einem Investor eine Sicherheit dagegen, dass in jenem Land, in dem er investiert, seine Investition durch neue Gesetze nachträglich sinnlos oder verlustbringend gemacht wird. Diese Gefahr besteht immer auch in Rechtsstaaten: Zuerst holen Staaten gerne ausländische Investoren und ihr Geld herein. Und dann nehmen sie diese Investoren durch Änderung der Spielregeln aus wie eine Weihnachtsgans.
Man denke nur an das, was sich in Ungarn abspielt – das ja sogar EU-Mitglied ist: Dort haben österreichische Bauern einst etliche Landwirtschaften gekauft und nach dem Kommunismus erfolgreich aufgebaut; dort haben österreichische Banken und Handelsketten viel investiert. Aber jetzt versucht Umgarn, durch alle möglichen neuen Regeln diese Investoren zu schädigen oder gar zu enteignen. Wenn es nicht den EU-Gerichtshof als eine neutral zu beiden Ländern stehendes Schiedsinstitution gäbe, hätten weder Bauern noch Handelsketten noch Banken eine Chance gegen diese Beraubung.

2.    Aber auch, wenn es keine Gesetzesänderungen gibt, und auch wenn es um eigentlich untadelige Rechtsstaaten zu gehen scheint, hat jedes nationale Gericht eine deutliche nationale Schlagseite zugunsten der eigenen Mitbürger.
Man denke nur an die diversen Prozesse rund um den Hyposkandal: Die einen laufen in Bayern, die anderen in Österreich. Jeder Involvierte weiß: Die in Bayern werden mit viel größerer Wahrscheinlichkeit zugunsten der bayrischen Seite ausgehen als die in Österreich. Und umgekehrt.
In Wahrheit kann kein Richter – und sei er noch so bemüht – die eigene nationale Identität, das nationale Interesse seiner Heimat aus seinem Bewusstsein eliminieren. Das wäre geradezu abnormal.

Daher ist es absolut klug und notwendig, wenn in solchen bi-nationalen Streitigkeiten nicht ein Land über das andere (oder über Investoren aus dem anderen Land) urteilt, sondern wenn das ein neutrales Schiedsgericht tut. Dieses wird von beiden Seiten meist mit je einem Richter beschickt, die sich dann auf einen neutralen Dritten einigen müssen.

Es ist auch absolut sinnvoll, wenn solche Schiedsgerichte und ihre Verfahrensordnung schon in einem großen Handelsrahmenvertrag wie TTIP vereinbart sind. Dadurch erspart man sich langwierige Vertragsverhandlungen, mit denen vor jeder einzelnen Investition solche Schiedsgerichte vertraglich vereinbart werden müssten.

Man wird sehen, ob sich in den nächsten Monaten die Vernunft durchsetzen wird, oder der Kirchturmhorizont, der sich für alle schädlich auswirken wird. Man muss Angela Merkel zustimmen, dass es hier um eine der wichtigsten historischen Entscheidungen seit Jahrzehnten geht, die nur mit der Euro-Einführung und dem Nato-Doppelbeschluss vergleichbar ist. Vor allem sieht man in Berlin auch mit Sorge – zum Unterschied von der kleinformatigen österreichischen Sicht –, dass die USA und Kanada schon am intensiven Ausbau von Handelsachsen mit Ostasien basteln.

Sollten diese zustandekommen und gleichzeitig TTIP scheitern, dann ist das das endgültige Todesurteil für Europa.

PS.: In Österreich setzte sich bisher nur Wolfgang Schüssel öffentlich für TTIP und die Notwendigkeit von Schiedsgerichten ein. Er wies dabei auch auf einen bisher öffentlich völlig unbeachteten Aspekt hin: Wenn es uns nicht gelingt, gegenüber Amerika Schiedsgerichte zu vereinbaren, dann wird es Europa in seinen Verträgen mit China schon überhaupt nicht schaffen. Obwohl dort neutrale Schiedsgerichte noch zehnmal wichtiger wären.

PPS.: Dass jetzt die Eigentümer der Meinl-Bank erstmals ein - schon früher vereinbartes - Schiedsgericht gegen die Republik Österreich aktivieren, ist kein Argument gegen, sondern FÜR solche neutralen Schiedsgerichte. Zum einen haben österreichische Firmen schon mehrmals im Ausland die Hilfe solcher Schiedsgerichte in Anspruch genommen (zuletzt etwa Semperit). Zum anderen kann mit absoluter Sicherheit nur ein neutrales Schiedsgericht die schweren Vorwürfe der Bank objektiv prüfen, dass die österreichische Justiz nicht weniger als 46 Mal bei der Jagd gegen die Bank Recht gebrochen habe. Nur ein neutrales Schiedsgericht kann auch dem Faktum nachgehen, dass die Staatsanwaltschaft schon sieben Jahre lang gegen die Bank vorgeht. Was natürlich mörderische wirtschaftliche Schäden auslöst, für die letztlich der Dienstherr der Staatsanwälte, also die Republik, haftet. Das Gefühl ist stark angewachsen, dass sich die Bank schon wegen ihres Namens und wegen der Freundschaft des Herrn Meinl mit dem ebenso lang von der gleichen Justiz gejagten Karl-Heinz Grasser offenbar den biblischen Hass mancher Menschen zugezogen hat. Ganz abgesehen von noch ein paar anderen Tatsachen: dass die Staatsanwaltschaft jetzt nur in einer einzigen Randfrage Anklage gegen die Bank versucht, gegen die sie zuvor viel schärfere Vorwürfe behandelt hat; oder dass da die weitaus höchste Kaution der österreichischen Geschichte verlangt worden war; oder dass der Meinl-Bank eine Dividenden-Ausschüttung strafrechtlich vorgeworfen wird, den anderen österreichischen Banken hingegen nicht, die zum Unterschied von der Meinl-Bank später Staatshilfe gebraucht haben. Da stinkt allzu viel zum Himmel. Wer da wirklich noch ans Recht glauben will, kann nur froh sein, dass es jetzt nicht (nur) die österreichische Justiz ist, die alldem nachgeht.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Allergiker aller Länder vereinigt euch

19. Dezember 2014 23:19 | Autor: Franz Witzeling
Rubrik: Gastkommentar

Der Gastronomie wurde nun nach den Auflagen um das Rauchverbot eine weitere Hausaufgabe von der EU-Kommission gegeben. Neben der baulich-raumgestalterischen Herausforderung, Raucher von Nichtrauchern zu trennen, geht es nun um bürokratisch-administrative Eskapaden zur Kennzeichnungspflicht für Allergiker.

Bei allem Verständnis für die Rücksichtnahme, dass Nichtraucher beim Lokalbesuch nicht von Rauchschwaden eingehüllt werden und der Rücksichtnahme für Menschen, die an Allergien leiden, sollte man in vielen Fällen die Kirche im wahrsten Sinne des Wortes lieber im Dorf lassen. Einst stand neben der Kirche das Gasthaus, das das Kommunikations-Zentrum war, wo die Menschen am Stammtisch untereinander und mit der Obrigkeit direkten Kontakt hatten. Es gab damals keine Berührungsängste, man kannte kein Rauchverbot und wusste wenig über Allergien.

Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit kommt auf, wenn man in der global vernetzten Kommunikationsgesellschaft Menschen in kritischen TV-Dokumentationen einsam in Wohnsilos isoliert leben sieht.

Bei einer Standortbestimmung „wie viel Reglementierung der Mensch braucht“, stellt sich die Frage: „Hat uns das auch die EU beschert?“, wie die oft zitierte Vorschrift um die Krümmung der Gurke, die eine Lust tötende Lawine von Verordnungen und Vorschriften losgetreten hat, die fern jeden Realitätssinns an den wahren Bedürfnissen jener Menschen vorbei konzipiert wurden, die in der europäischen Gemeinschaft einst das Verbindende und nicht Trennende sahen. Wir wollen jedoch den Interpretationsbogen nicht zu weit spannen, indem man die nationalen Separationsbestrebungen mit der Abwehr der Brüsseler Zentralbürokratie in Zusammenhang bringt.

Man erkennt Anzeichen eines Kulturwandels in Richtung mehr Bürokratie und vermehrtem Expertenglauben. Die Folge ist, dass die Menschen im Zuge der Demokratisierungs-Bestrebungen immer allergischer auf alles werden, was nach nicht nachvollziehbarer Reglementierung und Regulierung riecht. Der Paragraphen-Dschungel, den die Menschen zu durchwandern haben, erinnert im Bezug auf das Verständnis für die Vorschriften, an die man sich zu halten hat, an die babylonische Sprachverwirrung aus biblischen Zeiten, wo das Thema Kommunikation dafür sorgte, dass die Bürokratie-Türme (Bäume) nicht in den Himmel wachsen.

„Is was?“, könnte man zynisch kontern, wenn man die Kennzeichnungspflicht für Allergiker kritisch unter die Lupe nimmt. Allergie ist ein Symptom der körpereigenen Abwehr, so kann dieses komplexe Thema im wahrsten Sinne des Wortes vereinfacht umschrieben werden. Mit Ärger und Ängsten kann man auch bei noch so fachlich fundierter Untermauerung kein Geschäft machen. So denken nicht nur die Gastwirte, die Ihre Speisekarten mit ABC Signets codieren.

Entschlüsseln müssen die betroffenen Allergiker, die soweit man weiß, nicht in der Weise amtlich geschult werden wie die Wirte selbst. Will man verhindern, dass aus der Lust am kulinarischen Genuss nicht Essen mit Frust konditioniert wird, dann wird man das Fortschreiten des Vorschriftswahns stoppen müssen und mehr auf den Spielraum der freien Entscheidung setzen. Das Ergebnis wäre die vermehrte Akzeptanz wirklich wichtiger Regeln des Zusammenlebens, wie das Entwickeln von Achtsamkeit auf die Befindlichkeit des Anderen im Sinne von Selbst- und Fremdverantwortung für eine solidarisch globale Völkergemeinschaft.

Dr. Franz Witzeling: Psychologe und Soziologe

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Die Mitschuldigen tragen Richterroben

18. Dezember 2014 00:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Immer öfter wird klar: Mitschuld an der zunehmenden Welle von Gewaltverbrechen – terroristischen wie nichtterroristischen – trägt auch in erschreckend hohem Ausmaß die Justiz. Dort geben derzeit die gutmenschlichen Illusionen, die Ignoranz und auch die Rechtstaatsfeindlichkeit der 68er Generation immer häufiger den Ton an. Diese haben im Kielwasser eines weltfremden Zeitgeists, der auch Medien und Politik voll erfasst hat, völlig eine ihrer obersten Pflichten vergessen: den Schutz der Bürger vor Verbrechen.

Die Beispiele sind fast unendlich. Und auf vielen Ebenen zu finden.

  1. Da hat soeben der EU-Gerichtshof die palästinensische Hamas von der Terrorliste streichen lassen. Mit einer absurden Begründung: Es gebe keine direkten Beweise gegen die Hamas. Mit Verlaub: Welche Beweise verlangen denn diese seltsamen Richter noch, als dass die im Gaza-Streifen regierende Hamas nach vielen Terrorakten jeweils stolz die „Verantwortung“ dafür übernommen hat? Und dass sie Tausende Raketen ungezielt auf zivile Siedlungen in Israel abgeschickt hat? Oder herrscht beim EuGH gar schon der eigentlich längst tot geglaubte Ungeist: Wer gegen Juden ist, kann nicht böse sein?
  2. Da hat der gleiche Gerichtshof (aus Österreich sitzt dort übrigens die weit links stehende SPÖ-Politikerin Maria Berger) vor ein paar Tagen Frankreich verurteilt. Grund: Das Land hat somalische Piraten ohne richterlichen Beschluss zwei Tage in Polizeigewahrsam gehalten. Worauf der EuGH den Männern sage und schreibe 29.000 Euro an Schadenersatz zuerkannt hat! Das ist weit mehr Geld für zwei Tage, als man in Somalia in zehn Jahren verdient.
  3. Da hat der gleiche EuGH vor kurzem de facto Homosexualität zu einem Asylgrund gemacht, obwohl die Flüchtlingskonvention Asyl eigentlich nur im Falle nachgewiesener rassischer, religiöser politischer Verfolgung einräumt.
  4. Da hat der gleiche EuGH einem Einbrecher Recht gegeben, weil dieser durch die Videokamera eines schon mehrfach überfallenen Hausbesitzers gefilmt worden war. Der Einbrecher ist zwar auf Grund dieser Aufnahmen überführt worden; aber er hatte nicht seine Einwilligung zu diesen Aufnahmen gegeben, die zum Teil auch öffentliche Straßen erfasst haben. Der Hausbesitzer hätte nicht über seine Grundstücksgrenzen hinaus filmen dürfen. Vor ein paar Jahren hätte ich noch gedacht, Richter, die so argumentieren, seien reif für die Psychiatrie. Aber dem ist nicht mehr so. Diese wahnwitzige Judikatur hat aber auch klare Mitschuldige: Das sind vor allem die Datenschützer (und ihre politisch-medialen Helfershelfer), die im vollen Gegensatz zur öffentlichen Meinung die Grundlage für solche Absurditäten gelegt haben. Das sind aber auch die Politiker im EU-Parlament und in den nationalen Regierungen sowie die EU-Kommission. Bisher hat niemand von ihnen gesagt: „Genug ist genug, beim EuGH muss etwas geschehen.“
  5. Da hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof der Schweiz verboten, Asylwerber nach Italien zurückzuschicken, wo sie hergekommen waren und das daher eigentlich zur Entgegennahme eines Asylantrags verpflichtet gewesen wäre. Die Schweiz müsse sich zuerst überzeugen, dass den "Flüchtlingen" in Italien ein gutes Quartier offeriert werde. Was natürlich nie passieren wird.
  6. Da hat in Australien ein Mann eine blutig endende Geiselnahme begangen, gegen den es schon lange davor Anklagen wegen einschlägiger Verbrechen gegeben hat (als Finanzbetrüger, als Autor von Droh- und Hassbriefen). Aber die Justiz hat ihn freigelassen. Dazu kommt – woran all die gutmenschlichen Mitleids-Schwadroneure in Politik, Medien und Verwaltung schuld sind –, dass der Mann seit Jahren sehr gut ohne zu arbeiten von der australischen Sozialhilfe gelebt hat.
  7. Da gibt es jetzt in Österreich einen Prozess gegen einen Mann, der mehrere Frauen mit einer Eisenstange malträtiert, lebenslänglich behindert und fast getötet hat. Dabei stellte sich heraus, dass der Mann im April schon einmal unter Einbruchsverdacht und im Besitz eines Brecheisens festgenommen worden war, aber dann wieder freigelassen worden ist.
  8. Da hat ein anderes österreichisches Gericht Angehörige einer moslemisch-österreichischen Familie zu lächerlich niedrigen Strafen verurteilt (bedingte Haft und Geldstrafen zwischen 400 und 2000 Euro), weil sie die 21-jährige Tochter (beziehungsweise Schwester) volle drei Wochen eingesperrt hatten. Sie hatte durch eine Freundschaft mit einem nichtmoslemischen Österreicher gegen den „Sitten“-Kodex dieser Familie verstoßen. Ein unglaublich abschreckendes Urteil! Man vergleiche es etwa mit den 29.000 des EuGH für zwei Tage Freiheitsentzug im Falle der somalischen Piraten.
  9. Da wird von vielen Gutmenschen aus der richterlich-politisch-medialen Gutmenschklasse immer intensiver verlangt, dass Jugendlichen unter 18 Jahren eine Haft doch überhaupt erspart werden sollte. Dabei haben wir in Wahrheit das gegenteilige Problem: Verbrecherbanden setzen immer öfter Unter-14-Jährige für kriminelle Taten ein, da diesen ja in Österreich nichts passieren kann. Während bei einem Alter von über 14 zumindest bisweilen noch Haftstrafen drohen.
  10. Da hat der österreichische Verfassungsgerichtshof in Tateinheit mit dem EuGH die Vorratsdatenspeicherung gekippt (also die Pflicht für Telekom-Unternehmen, sechs Monate  lang zu speichern, wer mit wem telefoniert/gemailt hat, damit im konkreten Fall dann Gerichte oder Polizei zur Aufdeckung eines Verbrechens auf solche Verbindungsdaten zugreifen können). Als Begründung wurde darauf verwiesen, dass in der kurzen Zeit, da diese Speicherungspflicht in Kraft war, dadurch „nur“ Raub- und Diebstahlsverbrechen geklärt werden konnten. Da zahlt sich eine Fahndung für linke Gutmenschen offenbar nicht aus. Dazu kommt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz selbst bei konkreten Einzelpersonen (ob Terror-„Schläfer“ oder Hassprediger) nur neun Monate lang eine sogenannte erweiterte Gefahrenforschung betreiben darf. Dass also selbst bei schon identifizierten Einzelpersonen die Political correctness vielfach Fahndungen verhindert, wenn in dieser Zeit nicht der Nachweis konkreter Verbrechen gelingt. Auch wenn eine effizientere Gefahrenforschung im Interesse der Sicherheit der Bürger sehr am Platz wären.

Das sind nur ein paar Einzelfälle aus der jüngsten Vergangenheit. Aber alle sind geprägt durch die Naivität – oder gar den Zynismus? – von Gerichten, Politik und Medien. Sie alle haben auf den wichtigsten Staatszweck vergessen: den Schutz der Bürger vor Aggression und Kriminalität. Da ist es aber auch kein Wunder, dass das Vertrauen der Bürger zu diesem Staat, zu dieser Politik in den letzten Jahren so tief wie noch nie in der Nachkriegszeit gesunken ist. Und dass – im Falle des EuGH – dieser EU-Gerichtshof eine wesentliche Mitschuld am Verfall des Ansehens der Europäischen Union trägt.

 

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1945ff, 1989ff: Schocktherapie, Nützlichkeit und Moral

06. Dezember 2014 02:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist ein spannender Vergleich zwischen zwei welthistorischen Umstürzen: Vor 25 Jahren ist in großen Teilen Europas der kommunistische Totalitarismus kollabiert; und vor fast 70 Jahren hat der nationalsozialistische Totalitarismus den von ihm angezettelten Weltkrieg verloren und damit auch die Herrschaft über große Teile Europas. Das waren zweifellos die beiden dramatischsten Phasen in Europa während der letzten zwei Generationen. Es gibt erstaunliche Parallelen zwischen ihnen.

Dabei soll es hier aber gar nicht um die unzähligen Verbrechen und Vernichtung von Existenzen geben, die da wie dort die Diktaturen und ihre Helfershelfer begangen haben. Mit diesen haben sich in den letzten Wochen ohnedies zahllose Rückblicke befasst. Links- wie Rechtsradikale werden sich diese auch weiterhin – wenngleich in totaler Einäugigkeit –  gegenseitig vorwerfen. Viel weniger beleuchtet wird jedoch das, was dann jeweils nachher passiert ist.

Beide Male waren Staaten ja fast von einem kompletten Nullpunkt wieder aufzubauen. Beide Male agieren – natürlich – auch die selben Menschen, die vorher im Totalitarismus gelebt haben, und die dann nachher vor der gigantischen Wiederaufbau-Notwendigkeit gestanden sind.

Rein ökonomisch ist dieser Wiederaufbau in manchen Ländern hervorragend und rasch geglückt. Einerseits nach 1945 in Deutschland und Österreich, aber auch in anderen Ländern wie etwa den Niederlanden. Andererseits gelang auch in den Ländern des nördlichen Osteuropas nach 1989 der Neuanfang sehr gut: mit Polen und drei kleinen baltischen Staaten an der Spitze, aber auch in Tschechien und der Slowakei. Schon weniger gut in Ungarn; dort glaubte man nämlich, sich eine schmerzhafte Schocktherapie ersparen zu können, da Ungarn ja schon im Kommunismus einige wirtschaftsliberale Reformen realisiert hatte.

Sehr magere Ergebnisse hat die Wende hingegen bisher in praktisch allen Ländern des Balkans gebracht. In Rumänien findet deshalb jetzt sogar ein zweiter Wende-Anlauf statt. Zum einen haben auf dem Balkan viele nationale Auseinandersetzungen zu blutigen Kriegen geführt; zum zweiten hat man es dort vielerorts nicht geschafft, politische Kontroversen in geordneten, demokratischen Bahnen auszutragen; und zum dritten ist es in keinem der Balkanländer gelungen, die schon im Kommunismus endemische Korruption auf allen gesellschaftlichen Ebenen auszurotten.

Damit können wir heute zwei ganz zentrale Erkenntnisse gewinnen.

Damit kommen wir zu einem dritten Aspekt dieses Vergleichs: Wie ist man nach den Jahren eines verbrecherischen Systems mit den Tätern und Mitläufern umgegangen?

Da hat es 1945 zwar unmittelbar nach Kriegsende viele Verfahren, auch Todesurteile gegeben. Aber sehr bald war der nationale Konsens: vergessen und den Blick nur noch nach vorne richten. Denn es war klar geworden: Man kann (besonders nach den gewaltigen Menschenverlusten durch Holocaust, Vertreibung und Krieg) nicht ohne die Hunderttausenden Mitläufer des Nationalsozialismus erfolgreich neu anfangen. Man hat sie vor allem in den qualifizierten Berufen dringend benötigt, von den technischen über die kaufmännischen bis zu den medizinischen. Die Parteien haben sie aber auch als Wähler gesucht.

In den 80er Jahren hat man die Ex-Nazis dann jedoch immer weniger gebraucht, weil sie alt geworden oder gestorben waren, weil die Generation der 68er an die Futtertröge wollte, weil dann die Wirtschaft zu lahmen begann. Es war daher kein Zufall, dass ausgerechnet dann eine moralistische Vergangenheitsaufarbeitung begonnen hat. Damals versprach man sich von einem lautstarken Anti-Nationalsozialismus im Gegensatz zu früheren Jahren Wählerstimmen.

Es ist erstaunlich, wie ähnlich die Entwicklung in Osteuropa nach 1989 ablief. Auch da gab es meist nur eine kurze Phase der Abrechnung mit den Tätern, die nur sehr wenige Auswirkungen hatte. 25 Jahre später zeigt sich, dass sich danach in vielen Bereichen die einstigen Mitläufer der Kommunisten sehr rasch beruflich geschickt mit den neuen Zeiten arrangiert haben. Wobei ihnen zugutezuhalten ist: Sie unternahmen ebensowenig wie davor die Ex-Nazis irgendwelche nennenswerte Versuche einer Rückkehr zum Totalitarismus.

Die Ex-Kommunisten haben sich allerdings nicht wie die Ex-Nazi auf viele Parteien verteilt, sondern blieben auch politisch vereint. In manchen Ländern konnten sie sogar direkt die kommunistischen Diktaturparteien unter mehr oder weniger neuen Namen fort- und auch teilweise wieder zurück zur politischen Macht führen. Genau zum 25. Jahrestag der Wende ist es ihnen nun auch in (Ost-)Deutschland gelungen, erstmals einen Ministerpräsidenten-Posten zu erobern.

Setzen sich diese erstaunlichen Parallelen zwischen der Nach-1945-Periode und jener nach 1989 auch in der Zukunft fort, dann wird sich wohl im Osten noch eine weitere Phase der deutschen und österreichischen Geschichte wiederholen: In rund 15 bis 20 Jahren wird man auch in Osteuropa nicht mehr die Ex-Kommunisten brauchen, weil diese weniger geworden, alt oder verstorben sind.

Aber bis dahin werden Nützlichkeit und teilweise auch Notwendigkeit zweifellos noch über die Moral siegen. Auch wenn das für die Opfer sehr bitter ist.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Die GmbH-Groteske

04. Dezember 2014 01:21 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Solche Sachen würde nicht einmal ein Kabarettist erfinden: Schon wieder soll das gesetzliche Mindestkapital für die Gründung einer GmbH geändert werden. Jetzt soll eine solche Gründung gar mit nur einem Euro möglich werden.

Man erinnert sich: Bis Juli 2013 waren 35.000 Euro als Mindestkapital vorgeschrieben, dann plötzlich nur noch 10.000. Seit März 2014 sind es wieder 35.000.

Die Heruntersetzung galt als Wirtschaftsförderung: Mehr Menschen sollten sich die Gründung eines Unternehmens leisten können. Die Hinaufsetzung geschah hingegen aus fiskalischen Motiven: Die „GmbH light“ hatte die Einnahmen aus der Mindestkörperschaftssteuer zu stark sinken lassen. Sekundiert wurde dabei von Juristen, die einen höheren Gläubigerschutz sehen, wenn es 35.000 Euro Eigenkapital gibt. Außerdem meinten manche flapsig, wer sich das höhere Kapital nicht leisten konnte, sollte eh nicht eine Kapitalgesellschaft gründen können.

Schon dieses von der Regierung angerichtete Hin und Her ist so arg, dass jetzt Höchstgerichte die Verfassungsmäßigkeit prüfen wollen.

Jetzt aber wird die ganze Groteske noch ins Extreme potenziert: Denn in den (nicht öffentlichen) Arbeitsgruppen der EU-Kommission wird neuerdings beabsichtigt, die Gründung einer Kapitalgesellschaft ohne jedes Eigenkapital zu ermöglichen. Damit soll Europas Wirtschaft wiederbelebt werden. Damit wird aber für Österreich das unzumutbare Hin und Her noch einmal eskaliert.

Gewiss: Österreich kann Beschlüsse der EU nur marginal beeinflussen. Es leistet aber auch keinen besonderen Widerstand: Denn jetzt ist ja der Wirtschaftsminister der starke Mann in der ÖVP. Und der hat halt andere Interessen als sein Vorgänger, der Finanzminister. Der eine will Unternehmer fördern, der andere wollte das Budget retten.

Es geht gar nicht darum, ob 35.000, 10.000 oder 1 Euro das „richtige“ Mindestkapital sind. Für die Wirtschaft ist etwas ganz anderes viel wichtiger: klar voraussehbare Rechtssicherheit. Und genau die wird dadurch zerstört.

Die früher in Österreich so hohe Rechtssicherheit ist auch schon durch andere Maßnahmen eingeschränkt worden: Beim Mietrecht legt man rückwirkend den Vermietern die Pflicht zur Erneuerung von Thermen auf (egal wer sie angeschafft hat). Beim Stiftungsrecht bestraft man die Stiftungen, die man seit den 90er Jahren ins Land gelockt hat, durch nachträglich eingeführte Steuerlasten. Bei den Gehältern hat man plötzlich höhere Bezüge (die viele Vorstände erhalten) de facto verboten. Noch viel schlimmer hat die EU Rechtssicherheit und Verlässlichkeit zertrümmert: Die Tausende Male beschworenen Maastricht-Kriterien (maximal 60 Prozent Staatsschulden) sind nur noch Makulatur. Ebenso das primärrechtliche No-Bailout-Prinzip.

Wer das Vertrauen zerstört, zerstört die wichtigste Basis eines Gesellschafts- und Wirtschaftssystems.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Integration nach Art des Verfassungsgerichtshofs

02. Dezember 2014 02:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der VfGH – einst als Hüter der Verfassung geschaffen – wird immer mehr zu einer Institution linksradikaler Gesellschaftsveränderung und Immigrationsförderung. Seine jüngste Entscheidung ist  geradezu unfassbar.(Mit nachträglicher Ergänzung)

Er hat zugunsten des Verbleibs einer Nigerianerin in Österreich judiziert, mit der Begründung, dass diese durch ihre Tätigkeit als Prostituierte hierzulande beruflich integriert sei. Jetzt wissen wir also, was dieser rot-schwarze Proporz-Gerichtshof unter Integration versteht. Dabei war davor zehn Jahre lang von allen Instanzen das Asylbegehren der Frau abgewiesen worden. Deren Rechtsanwälte aber haben unverdrossen die Causa immer weiter getrieben.

Ach ja, und nicht zu vergessen der zweite – genauso skandalöse – Aspekt: Man erfährt, dass die Frau auch noch zehn Jahre nach ihrer Einwanderung trotz dieses "Berufs" von einer „sozialen Einrichtung“ mit 290 Euro unterstützt wird. Pro Monat. Damit haben wir wieder ein eindrucksvolles Beispiel, wie die vielen Gelder für Sozialstaat und „humanitäre Organisationen“ wirklich ausgegeben werden.

Wetten, dass sich jetzt jede Menge einwanderungswillige Frauen als Prostituierte anmelden werden, da man damit ja ab jetzt Integration und „Selbsterhaltungsfähigkeit“ beweisen und das legale Aufenthaltsrecht in Österreich erreichen kann? Pardon, wohl nicht nur Frauen – es gibt ja im Zeitalter des Genderismus natürlich auch männliche Prostituierte . . .

Nachträgliche Ergänzung: nur wenige Stunden nach dem Verfassungsgerichtshof hat jetzt auch der EU-Gerichtshof die Asyl-Tore zur freien Einreise nach Europa noch weiter aufgerissen, als sie schon sind: Er hat de facto Homosexualität als allgemeinen Asylgrund anerkannt. Obwohl diese nicht einmal annähernd in einem völkerrechtlichen Vertrag als Asygrund steht. Obwohl diese praktisch nie objektiv überprüfbar ist. Aber eine solche "Judikatur" ist kein Wunder, wenn Österreich mit Zustimmung der ÖVP eine sozialistische Ministerin als österreichische "Richterin" an diesen Gerichtshof entsandt hat.

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Frankreich, Italien, Österreich: die Unberührbaren auf der Strafbank

28. November 2014 15:29 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt ist Österreich auch EU-offiziell dort gelandet, wo es die Regierung Faymann seit Jahren hingeführt hat: zusammen mit Europas Hauptkrisenländern auf der Eselsbank der Defizitsünder. Beschämender geht’s nicht. Als zusätzliche Quelle nationaler Depression erklärt das Wirtschaftsforschungsinstitut zum ersten Mal öffentlich, dass Österreich noch heuer in die Rezession schlittern könnte. Und viele sagen: Es wird.

Dennoch mauert der SPÖ-Parteitag in diesen Stunden auch noch die letzten Möglichkeiten zu Sanierungsversuchen ab. Welche die Partei schon sechs bittere Faymann-Jahre lang verhindert hat. Anstelle von Reformbereitschaft ist sie sich einig, und all ihre Forderungen und Festlegungen laufen auf Dasselbe hinaus: noch mehr Schulden und noch mehr Steuern.

Dabei ist eine Regierung eigentlich rücktrittsreif, deren Budgetpläne von der EU so arg abgekanzelt werden. Die EU hat jetzt die Budgetpläne aller Euro-Länder für 2015 gemäß dem europäischen Stabilitätspakt überprüft und geurteilt: Elf Länder halten den Pakt ein. In sieben Ländern gibt es hingegen eine „signifikante Abweichung“.

In dieser Siebener-Gruppe nun auf der Strafbank sitzen zu müssen ist total demütigend. Österreich gehört damit zum Outcast-Haufen der Krisenländer: Frankreich, Italien, Belgien, Spanien, Malta und Portugal (dazu gehören noch die schon jetzt unter internationaler Entmündigung stehenden „Programmländer“ Griechenland und Zypern). Die einstige Zughörigkeit zur Gruppe der Vorbildländer (Deutschland, Niederlande, Finnland) ist lange vorbei.

Davon hat man sieben fette Jahre lang gezehrt. Jetzt kommen unweigerlich die sieben mageren Jahre. Mindestens.

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Die wichtigste Frohbotschaft des Jahres: der Ölpreis

28. November 2014 02:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es gibt weltweit so viel Öl- und Gasangebot wie noch nie; die Preise für Öl und Gas sind im reinen Sturzflug. Das ist die beste Entwicklung seit langem. Die grünen Untergangspropheten der letzten Jahrzehnte, das Peak-Oil-Geschwafel, zahllose NGOs und insbesondere auch der Club of Rome (demzufolge uns lange schon das Öl ausgegangen sein sollte): Sie alle sind bis auf die Knochen blamiert.

Das Ölangebot ist nicht etwa wegen der vielen um teures Geld gebauten Windmühlen und Solarpaneele gestiegen, sondern weil genau das passiert ist, was liberale Marktwirtschaftler immer prophezeit haben. Höherer Preis erhöht das Angebot. Der in den letzten Jahrzehnten gestiegene Ölpreis hat so viel Forschung und Investitionen ausgelöst, dass viele bisher ungeahnte Ölausbeutungsformen entwickelt worden sind, und dass viele neue Öl- und Gasfelder gesucht und gefunden worden sind. Gleichzeitig hat die Finanzkrise für ein Sinken des Energiehungers der Industrie, aber auch der Konsumenten gesorgt.

Das ist in den letzten Jahrzehnten passiert. Und das löst nun – natürlich mit Zeitverzögerung, aber wiederum genau den Marktgesetzen folgend – ein Überangebot und einen erfreulichen Preisverfall aus.

Manche Verschwörungstheoretiker glauben freilich, hinter den Kulissen zwei große politische Intrigen zu sehen. Die einander jedoch total widersprechen:

Nichts davon scheint sehr wahrscheinlich. Wenn die USA vom Ölimport zum Ölexportland und größten Ölproduzenten werden, ändern sich ganz ohne Verschwörungen die Spielregeln der gesamten Weltwirtschaft. Richtig ist jedoch, dass dieser Preisverfall vielerorts dramatische politische, ja welthistorische Auswirkungen auslösen dürfte. Einige seien kurz analysiert.

Russland

Der flächengrößte Staat der Welt leidet am meisten unter dem Ölpreisverfall. Denn Russland ist trotz all seines Weltmachtgehabes total von seinen Rohstoffexporten abhängig. Moskau hat es im letzten Vierteljahrhundert überhaupt nicht geschafft, irgendwelche Industrien – oder gar Dienstleistungen – aufzubauen, die unabhängig von Öl, Gas und anderen Rohstoffen Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen würden.

Damit ist aber der Ölpreisverfall auch eine wachsende Quelle der Hoffnung, dass Russland jetzt endlich seine Eroberungskriege einstellt und wieder – wie unter Gorbatschow und Jelzin – zu einem verantwortungsbewussten Mitglied der Weltgemeinschaft wird. Denn wenn Putin nichts tut, würde sich die jetzige Zustimmung der Menschen zu seinem Kurs bald in massenhafte Frustration ob eines absackenden Lebensstandards verwandeln.

Syrien

Die Schlächterbande Islamischer Staat hat ebenfalls nur mit Ölverkäufen – und mit heimlichen Geldflüssen aus den Ölstaaten am Golf – ihren Krieg finanzieren können. Also auch da ist der Ölpreisverfall geradezu Hoffnung pur.

Venezuela

In Südamerika hat nur der Öl-Boom der letzten Jahrzehnte eines der absurdesten sozialistischen Experimente der Gegenwart finanzieren können. Dieses hat aber in Wahrheit das einst hochzivilisierte und entwickelte Venezuela weit zurückgeworfen. Auch da schafft der Preissturz gute Aussichten, dass der Wahnsinn bald zu Ende sein könnte. Wenngleich die Gefahr besteht, dass sich die Machthaber noch eine Zeitlang mit blutigen Konsequenzen festzukrallen versuchen könnten.

Iran

Dieses Land wird – ebenso wie Russland – derzeit doppelt getroffen: durch politische Sanktionen des ganzen Westens einerseits und andererseits durch den Ölpreisverfall. In dieser Kombination liegt mit Sicherheit der Hauptgrund für die sichtbar gewordene Kompromissbereitschaft. Iran ist jetzt auch angesichts der wachsenden Unruhe in der Bevölkerung verstärkt unter Druck.

Es sieht sich zunehmend gezwungen, durch eine Einigung über die – von aller Welt vermutete – Entwicklung von Atombomben-Kapazitäten wenigstens die Sanktionenlast wegzubekommen. Auch wenn einige Steinzeit-Mullahs sich da noch ein wenig gegen den endgültigen Kompromiss sträuben.

Saudi-Arabien und der Golf

Die Golf-Länder sind zwar in ihrer Stabilität durch den Preisverfall nicht gefährdet. Dazu sind sie viel zu reich. Aber auch ihnen werden künftig etliche Milliarden Dollar weniger überbleiben, mit denen sie bisher radikale Islamisten, Wahabiten-Imame, Muslimbrüder und ähnliche bedrohliche Erscheinungen in Europa finanziert haben.

Schweiz, China

Diese beiden Länder seien als Exempel öl- und rohstoffarmer Staaten genannt. Beide beweisen: Ein Rohstoffsegen ist kein Segen, sondern ein Fluch. Nachhaltiger und stabiler Wohlstand lässt sich viel besser durch den Fleiß der Menschen, Kreativität, kapitalistische Freiheit und eine sehr differenzierte Industrie erreichen (sowie Dienstleistungen im Falle der Schweiz).

Dass Rohstoffe ein Fluch sind, zeigt umgekehrt etwa auch die portugiesische Geschichte: Jenes Land hat einst rund hundert Jahre lang durch das Gold aus der Neuen Welt enorm profitiert – aber seit dessen Versiegen nur noch gedarbt und es nie verstanden, sich rohstoffunabhängig zu entwickeln.

Euroland

Es ist völlig logisch, dass als Folge des Ölpreisverfalls die Inflation im Euroland zurückgeht oder in eine leicht deflationäre Preisstabilität umschlägt. Das ist geradezu zwingende Folge, wenn eines der wichtigsten Konsumprodukte deutlich billiger wird, das in so vielen Preisen drinnensteckt, die mit dem Verbraucherpreisindex gemessen werden. Ob das nun zum Beispiel Heizung, Transportkosten oder der Benzinpreis ist.

Völlig absurd ist es hingegen zu glauben, dass wegen des Ölpreisverfalls irgendeine Investition zurückgehalten wird. Es sind nur total weltfremde Ökonomie-Theoretiker, die behaupten, dass sich die Konsumenten deshalb zurückhalten, weil sie auf einen kommenden Preisverfall auch bei anderen Gütern bauen; dass die Industrie Investitionen verweigert, weil sie annimmt, dass die Lohnkosten, die Preise der Zulieferer sinken werden.

Die europäische Flaute hat ganz andere Ursachen als die von linken Ökonomen ständig beschworene Deflationsangst. Die wahren Ursachen sind die Überregulierung, die Zukunftsangst aufgrund der rapid steigenden Schulden, die völlig falschen, jede Eigenverantwortung ad absurdum führenden „Rettungs“aktionen und die enorm hohen Steuern zugunsten unproduktiver Staatsfinanzen und zugunsten des exzessiven Wohlfahrtsstaats.

Freilich: Würden die Regierungen das zugeben, müssten sie nicht nur Fehler zugeben, sondern auch Reformen setzen. Diese aber bekämpfen fast überall die Gewerkschaften bis aufs letzte. Und kaum eine Regierung wagt dagegen aufzutreten.

Lächerlich sind hingegen die in den letzten Wochen von manchen Putin-Verstehern geschürten Ängste vor einem kalten Winter, in dem das Gas ausbleiben würde. So geisteskrank kann nicht einmal der ärgste russische Chauvinist und Imperialist sein, dass er Europa jetzt den Gashahn abdrehen und sein eigenes Land damit im Rekordtempo in den Bankrott jagen würde. Der auch ein langfristiger wäre, da Russland damit jede Glaubwürdigkeit als Lieferant verlieren würde.

Die Gefahr für Österreich

Die große Gefahr trotz der erfreulichen Preissenkungen besteht in Österreich (und anderen europäischen Ländern) darin, dass die Regierung flugs die Mineralölsteuer erhöht. Die Politik könnte damit rechnen, dass in Zeiten sinkender Preise der Widerstand der Bürger gegen höhere Ölsteuern relativ gering ist. Gerade im Reformverweigerland Österreich braucht sie jedenfalls dringend Geld, um ihre Einsparungsunlust übertünchen zu können.

Aber bis das passiert: Freuen wir uns einfach. Über die nächste Tankrechnung, über die nächste Heizungs-Abrechnung.

 

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Der Weg aus der Krise

27. November 2014 01:09 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist faszinierend, wie derzeit alles getan wird, um Europas seit 2008 anhaltende Krise noch zu vertiefen. An dieser Analyse ändert auch die Behauptung der Politik nichts, auf eine Beendigung der Krise hinzuzielen.

Jetzt kauft die Europäische Zentralbank sogar schon Kreditverbriefungen auf, also genau jene Papiere, deren Kollaps 2008 eine Hauptursache der Krise gewesen ist. Die Banken werden auf Beschluss der Politik von immer mehr Aufsichtsstrukturen schikaniert, damit sie keine wackligen Kredite vergeben. Zugleich aber sollen sie mehr Kredite vergeben – nach denen aber gar keine Nachfrage besteht. Die EZB glaubt, dass – zum ersten Mal in der Geschichte – eine Inflation die Krise überwinden würde. Der Kurs des Euro gegenüber dem Dollar sinkt steil, ohne dass das die Exporte ankurbelt. Und auch in Österreich läuft alles darauf hinaus, mehr Staatsschulden zu machen als geplant.

So ließen sich die Irrwege seitenlang aufzählen. Die Politik hofft immer noch auf irgendein Zaubermittel, das schmerzfrei zu einer Erholung führt. Das gibt es aber nicht. Japan zeigt, dass auch die höchste Staatsverschuldung der Welt nichts mehr bewirkt. Außer eine schwere Rezession.

Auch wenn Europa noch so viel Geld in Investitionen oder direkt in den Konsum pumpt: Der Funke springt nicht mehr über. Die Investitionen von Staaten sind ja nur sehr langfristige; sie machen vor allem nur rund zehn Prozent aller Investitionen aus. Die Haushalte aber sparen lieber, statt sich in Konsumorgien zu stürzen; sie fürchten die Zukunft mehr als Negativzinsen.

Daher hat die Industrie kaum noch ein Motiv zu investieren. Sie hat ja überdies genug freie Kapazitäten. Und wer doch investiert, tut das lieber außerhalb des Euro-Raumes.

Jetzt ist guter Rat teuer. Aber es gibt ihn. Dazu müsste freilich die nationale wie europäische Politik eingestehen, seit Jahren einen völlig falschen Kurs gefahren zu sein.

Europa müsste all die Tabus lüften, die ein Wachstum behindern (wie: Fracking, Gen, Hormon, Atom, Gender-Quoten). Es müsste Tausende Umwelt- und Soziallasten aufheben, die immer mehr Unternehmen vertreiben. Es müsste ein sich selbst tragendes Pensionssystem schaffen (das – bis auf soziale Notfälle – nur jene Pensionen zahlt, die sich versicherungsmathematisch aus den jeweiligen Beiträgen ergeben). Das Gesundheitssystem braucht Selbstbehalte, die Patienten zu Verantwortungsbewusstsein bringen. Unternehmen müssten Angestellte genauso leicht wieder loswerden können, wie sie diese angestellt haben. Steuern dürften Leistung nicht mehr bestrafen. Geburtenfördernde Politik müsste verhindern, dass die Alterspyramide endgültig kippt. Eine radikale Straffung von Wohlfahrtssystemen müsste verhindern, dass Europa der einzige Zielort der ganzen Welt für Armuts- und Kriegsflüchtlinge ist. Das Bildungswesen müsste Leistung und Eliten ermöglichen.

Es wäre möglich. Nur: Man müsste es auch tun. Und nicht nur ständig noch mehr Geld drucken.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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EU-Kommissionspräsidenten seit 1958

26. November 2014 18:28 | Autor: Andreas Unterberger

Name, Herkunftsland und Parteienfamilie der EU-Kommissionspräsidenten seit 1958

 

Amtszeit Name Parteifamilie Land
1958-67 Walter Hallstein Konservativ Deutschland
1977-70 Jean Rey Liberal Belgien
1970-72 Franco-Maria Malfatti Konservativ Italien
1972-73 Sicco Mansholt Sozialdemokrat Niederlande
1973-76 Francois Xavier Ortoli Konservativ Frankreich
1976-81 Roy Jenkins Sozialdemokrat UK
1981-84 Gaston Thorn Liberal Luxemburg
1985-94 Jacques Delors Sozialdemokrat Frankreich
1995-99 Jacques Santer Konservativ Luxemburg
1999-04 Romano Prodi Sozialdemokrat Italien
2004-14 Jose Manuel Barroso Konservativ Portugal
seit 2014 Claude Juncker Konservativ Luxemburg

 

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Junckers Taschenspielertrick

26. November 2014 16:58 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Trick ist so mies, dass er eines Faymanns würdig wäre – jedoch ist dieser selber voll darauf hereingefallen.

Trickmeister ist EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Dieser hatte wochenlang Europa in die Erwartung gewiegt, dass er mit Investitionen von 300 Milliarden Euro die darniederliegende Konjunktur noch einmal beleben könnte. Zwar wusste niemand, woher Juncker eigentlich so viel Geld hernehmen wollte, zwar glauben nur noch altmarxistische Politiker an eine magische Zauberwirkung zusätzlicher Staatsschulden. Aber schon waren die europäischen Faymanns gierig dabei, nach diesem nicht vorhandenen Geld zu greifen.

Allein aus Österreich meldeten sie 28 Milliarden Euro an Wünschen an. Dann ließ Juncker freilich die Katze aus dem Sack: Es gibt nur 21 Milliarden Euro, für ganz Europa; und die werden über drei Jahre gestreckt. Plumps, fallen da jetzt die Möchtegern-Profiteure vom Sessel und um ihre Pläne um.

Junckers Trick: Er behauptet einfach, dass es eine 15fache Hebelwirkung solcher öffentlicher Investitionen gebe, weil dann auch die Privatwirtschaft mehr investieren würde. Dabei zeigen in Wahrheit immer mehr Berechnungen, dass es nicht einmal eine Verdoppelung durch einen solchen Hebel gebe. In Zeiten großer, leerstehender Kapazitäten – wie derzeit – bleiben diese Staatsgelder sogar völlig wirkungslos.

Damit hat Juncker einen Taschenspielertrick unglaublichen Ausmaßes versucht, für den man auf der Mariahilferstraße von der Polizei festgenommen würde (wenn sie einen erwischt). In der hohen Politik sind solche Tricks aber offenbar part of the game. Jetzt muss freilich noch Faymann rasch vor dem zum Schicksalsspiel hochgejubelten Parteitag dafür sorgen, wie er von seinem Traum-Baum voller Investitions-Milliarden für Österreich rasch wieder herunterkommt. Diese Milliarden hätten ja dem Land und vor allem der SPÖ jede Reform-Anstrengung ersparen sollen. Reformen gefährden aber sozialistische Parteitags-Mehrheiten und sind daher zu Gift erklärt worden.

 

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TTIP – Segen oder Werk des Teufels?

22. November 2014 11:31 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Verfolgt man die in der Alten Welt geführten Debatten um das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen der Europäischen Union und den USA, könnte man meinen, es gehe um Leben oder Tod. Selten zuvor wurde derart leidenschaftlich über den Gegenstand von Verhandlungen gestritten. Selten zuvor stieß ein geplantes Vorhaben auf mehr, zum Teil geradezu hysterische Kritik.

Als Entscheidungshilfe für die meisten wirtschaftlichen Fragen können zuverlässige Indikatoren herangezogen werden, die anzeigen, ob eine Sache Sinn hat oder nicht. Einer davon ist die Haltung von Grünen, Attac, Caritas, oder Diakonie. Alles, was die oder andere Organisationen, die sich in der Rolle einer Art von vierter Komintern gefallen, ablehnen, ist eine grundsätzlich gute Sache, der man als vernunftbegabter Nettosteuerzahler vorbehaltlos zustimmen kann.

Eine andere Hilfe ist das Urteil der imperialen Brüsseler Zentralbürokratie. Was die ihren tributpflichtigen Provinzen (vom Glühbirnenverbot bis zum Speisekartendiktat) zu oktroyieren pflegt, ist in 99 von 100 Fällen paternalistischer Mist. Alles abzulehnen, was aus dieser trüben Ecke Eurolands dräut, ist daher so gut wie nie ein Fehler. In der Frage des gegenwärtig in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommens allerdings, stehen Komintern und Kommission in feindlichen Lagern. Deren Standpunkte helfen also bei der Beurteilung von Sinn oder Unsinn des TTIP nicht weiter.

Worum geht es bei dem Abkommen? Auf der Internetseite der Europäischen Kommission ist nachzulesen, dass es gilt, neben der Beseitigung letzter bestehender Zollschranken, „hinter den Grenzen befindliche Handelshemmnisse abzubauen“. Letzteres läuft auf eine Vereinheitlichung technischer Regulierungen, Standards und Zulassungsverfahren hinaus. Dagegen ist grundsätzlich wenig einzuwenden. Kritiker befürchten indes eine „Anpassung nach unten“ und damit eine Aufweichung des Verbraucherschutzes. Stichwort: „Chlorhuhn“.

Panikmache statt vernünftiger Argumente – das kennt man. Es sei an die von Blutschokolade und Schildlausjoghurt ausgehenden Gefahren erinnert, die einst allen Ernstes beschworen wurden. Im Übrigen darf den Verbrauchern durchaus zugemutet werden, sich gelegentlich eigene Gedanken zu den von ihnen bezogenen Waren zu machen und nicht zu 100 Prozent auf das angemaßte Wissen von Zentralbürokraten zu vertrauen.

Dem französischen Ökonomen Frédéric Bastiat verdanken wir folgende Erkenntnis: „Wenn nicht Waren die Grenzen überschreiten, werden es Armeen tun.“ Mit anderen Worten: Wo Freihandel praktiziert wird, herrscht Frieden. Das leuchtet ein, denn wer miteinander Handel treibt, neigt nicht dazu, sich gegenseitig zu erschießen. Menschen, die wohlstandsmehrend produzieren und handeln, lieben daher den Frieden. Anders herum: Politische Entscheidungsträger, die Handelsbeschränkungen und -verbote, wie etwa die von der politischen Klasse (und nur von der!) so geliebten „wirtschaftlichen Sanktionen“ verhängen, setzen Wohlstand und Frieden aufs Spiel.

Zurück zu TTIP: Die Kommission erwartet durch das Abkommen eine Handelsbelebung von 0,5 Prozent des EU-weit erwirtschafteten Bruttoinlandprodukts, was einem Wert von 120 Milliarden € entspricht. Der durchschnittliche Haushalt soll dadurch in einem Ausmaß von 545 € jährlich profitieren (Quelle: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/about-ttip/). Derlei Versprechungen von Planwirtschaftlern sind indes mit größter Vorsicht zu genießen. Aufmerksame Beobachter erinnern sich noch an den „Ederer-Tausender“ (die Sozialistin Brigitte Ederer hat in ihrer Eigenschaft als EU-Staatssekretärin einst jedem Alpenrepublikaner für den Fall eines Beitritts zur Union 1.000 Schilling mehr in der Brieftasche in Aussicht gestellt). Nach diesem sagenhaften Schatz wird bis heute intensiv, aber vergebens gesucht.

Und das im Jahr 2000 von der EU-Nomenklatura großspurig verkündete „Lissabonziel“, Europa binnen zehn Jahren zum „dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt“ zu machen, wurde nicht einmal annähernd erreicht. Schlimmer noch – das Gegenteil ist eingetreten: Europa hat – und zwar in jeder Hinsicht – gegenüber den Rest der Welt an Boden verloren. Verblüffende Einsicht: Planwirtschaft funktioniert im 21. Jahrhundert noch immer nicht. Skepsis gegenüber den von der Kommission behaupteten Segnungen des TTIP ist also durchaus am Platz.

Doch die insbesondere von linker Seite, wie etwa von Attac-Aktivisten, geäußerte Hauptkritik richtet sich nicht gegen die wirtschaftlichen, sondern gegen die befürchteten politischen Konsequenzen von TTIP. Nicht weniger als einen „Anschlag auf die Demokratie“ sehen linke Globalisierungskritiker auf uns zukommen. Dies unter anderem, weil schiedsgerichtliche Verfahren zur Streitbeilegung implementiert werden sollen, die nicht unter staatlicher Kuratel stehen. Damit sei das „Primat der Politik“ in größter Gefahr. Das darf natürlich auf gar keinen Fall sein.

Dass eine Nichtregierungsorganisation wie Attac den Umstand beklagt, dass eine andere Nichtregierungsorganisation in die Lage versetzt werden könnte, maßgebliche Entscheidungen zu treffen, entbehrt nicht der Ironie. Klartext: Die Linken möchten, dass die Herrschaft des Politbüros über alle Lebensbereiche der Untertanen – koste es die Bürger was es wolle – unter allen Umständen gewahrt bleibt! Wo kommen wir denn hin, wenn nicht länger der/die vom demokratischen Kollektiv dazu legitimierten Führer bis ins Private über die (nicht nur wirtschaftlich relevanten) Handlungen jedes Einzelnen gebieten könnte(n)?

Ohne auf verhandelbare Details des Abkommens einzugehen: Die zentrale Frage lautet in Wahrheit, ob es den politischen Eliten und deren Helfershelfern in einer freiheitlichen Gesellschaft zukommt, in die Beziehungen zwischen privaten Wirtschaftssubjekten einzugreifen oder nicht. Anders gefragt: Weshalb sollten nicht europäische und amerikanische Betriebe und Privathaushalte miteinander Verträge abschließen, ohne zuvor vom Leviathan eine Erlaubnis einzuholen? Was geht es Minister und Beamte beiderseits des Atlantiks an, wenn Firma X oder Herr Y aus Unterpremstätten Waren von einer Firma Z in Little Rock kaufen (oder umgekehrt)? Was gibt den Politbürokraten das Recht, in derartige privatrechtliche Beziehungen hineinzuregieren?

Handelsbeschränkungen nutzen – außer Politikern und Bürokraten, die damit den Untertanen demonstrieren, wo der Hammer hängt – immer nur denjenigen Branchen und Unternehmen, die über genügend politischen Einfluss verfügen, um ihre Eigeninteressen zu Lasten aller anderen durchzusetzen. Die Wohlfahrt dieser wenigen Privilegierten wird also durch höhere Kosten für die große Mehrheit erkauft. Das ist des Pudels Kern!

Wenn es also an TTIP irgendetwas zu kritisieren gibt, dann die schlichte Tatsache, dass die Politik sich anmaßt, Einfluss auf Geschäfte zu nehmen, die private Wirtschaftssubjekte miteinander zu machen beabsichtigen. Echter Freihandel sieht anders aus…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Europas chinesische Mauern

20. November 2014 01:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die EU plant 300 Milliarden an zusätzlichen Investitionen – sie weiß nur nicht, wo das Geld dafür herkommen soll. Die Voestalpine investiert in den USA – und nicht mehr in Österreich – 500 Millionen in eine neue Großanlage, und sie muss überdies in den nächsten Jahren gleich über den Ort des Neubaus vier ihrer Hochöfen entscheiden, wobei Europas Chancen immer schlechter werden. Diese Fakten zeigen die ganze Absurdität der europäischen und der österreichischen Politik. Von Wien bis Brüssel amtieren jedoch Politiker, die nicht einmal den Zusammenhang begreifen.

Daher im Detail zum Mitdenken für die Politik:

  1. Schulden, um zu konsumieren, bedeuten nicht fahrlässige, sondern vorsätzliche Krida.
  2. Das zentrale Problem Europas ist in der Tat der schon vor der Krise begonnene Rückgang der Investitionen. Damit ist auch der künftige Wohlstandsverlust fast schon unabwendbar.
  3. Im Gegensatz zur schlichten Denkungswelt vieler Politiker ist in der wirklichen Investition nicht gleich Investition. Wenn man eine chinesische Mauer aufbaut, niederreißt, aufbaut, niederreißt, ist das nur statistisch genauso eine Investition wie der Bau einer Fabrik, die neue, kreative und attraktive Produkte für den Weltmarkt erzeugt.
  4. Sinnvolle Investitionen, die einen künftigen Ertrag für das BIP versprechen, können fast nur Unternehmen tätigen. Staaten und erst recht EU-Bürokraten können das meist nicht. Sie bauen Autobahnen in Spanien, wo kein Mensch fährt; sie fördern Windmühlen ohne Anschluss zu Stromkonsumenten; sie halten Universitäten voll mit Genderologen oder DDR-Nostalgikern für eine sinnvolle Forschungsinvestition.
  5. Geld für unternehmerische Investitionen wäre auch ohne neue staatliche Schulden vorhanden. Aber kein Investor glaubt, dass es in Europa sinnvoll einsetzbar ist. Daher fließt das Geld woanders hin.

Denn:

Hier sind die Steuern viel höher als im Rest der Welt. Hier ist Energie viel teurer als im Rest der Welt. Hier drohen viel höhere Emissionszertifikat-Preise als im Rest der Welt. Hier werden von Regierungen (und dem ORF) die wirtschaftsfeindlichen NGOs der Grünen massiv gefördert, die im Rest der Welt ignoriert werden. Hier sind die Arbeitskosten viel höher als im Rest der Welt. Hier ist es viel schwieriger als im Rest der Welt, Mitarbeiter zu kündigen. Hier herrscht für fast alle Zukunftstechnologien ein Tabu, wenn sie irgendwie mit Gen, Atom, Fracking, Hormon zu tun haben. Hier gibt es die weltweit (neben Japan) am meisten überalterte und daher immer teurer werdende Bevölkerung. Hier glaubt man mehr als in jeder anderen Region, dass man durch Schulden statt Reformen Probleme lösen kann. Hier gibt es weltweit den höchsten Anteil von Beamten und beamtenähnlichen Lohnbeziehern.

Das einzige, was zumindest im deutschsprachigen Mitteleuropa noch besser ist als im Rest der Welt, ist das Schulsystem. Freilich nicht mehr lange. Denn von allen Seiten arbeiten Politiker auch schon an dessen Zerstörung.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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FN 708: Hurra, die EU hat doch noch etwas zum Reglementieren entdeckt

18. November 2014 00:36 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt wird uns auch schon vorgeschrieben, wie viele Plastiksackerl jeder Europäer im Jahr verbrauchen darf.

Statt 200 Sackerln pro Jahr wie jetzt dürfen es künftig laut dem jüngsten EU-Beschluss nur noch 90 sein; und in zehn Jahren dürfen es gar bloß 45 Sackerl pro Kopf sein. Jetzt fehlt wirklich nur noch die Menge an Atemluft pro Person, die noch nicht von Brüssel limitiert worden ist. Wird aber sicher auch noch kommen – immerhin atmen wir ja böses CO2 aus. Die Plastiksackerl-Verbotsorgie wird mit den vielen Sackerln begründet, die Küstenbewohner ins Meer schmeißen. Das ist sicher schlimm – aber aus Österreich kommt da wohl kein einziges davon. Hier werden die Säcke alle verbrannt oder deponiert. Dennoch schlägt die Regulierungswut auch hier zu. So wie der Wasserdurchlauf in unseren Duschköpfen limitiert wird, weil Spanien oft Wassermangel hat. So wie wir keine Sparzinsen mehr bekommen, weil die Südeuropäer gigantisch über ihre Verhältnisse gelebt haben.

 

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Hoffnung aus Rumänien ist Hoffnung für Europa

17. November 2014 00:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das ist sicher seit langem die erfreulichste Entwicklung in Europa: Die Rumänen haben mit einer Rekord-Wahlbeteiligung verhindert, dass der korrupteste Regierungschef der ganzen EU auch noch Staatspräsident wird. Die Rumänen haben statt dessen im zweiten Wahlgang Klaus Iohannis, den Bürgermeister von Hermannstadt, trotz dessen großen Rückstands im ersten Wahlgang an die Spitze gebracht. Sein Sieg über den amtierenden Premier Victor Ponta ist in mehrfacher Hinsicht ein dramatisches Signal.

Der liberalkonservative Iohannis gehört der winzig gewordenen deutschen Minderheit an, die eigentlich eine altösterreichische ist. Eine bornierte österreichische Politik hat deren Betreuung jedoch seit Jahrzehnten komplett der Bundesrepublik überlassen. Die Siebenbürger Deutschen haben seit dem 13. Jahrhundert in Siebenbürgen und damit ja lange unter den Habsburgern gelebt; sie sind aber am Ende des Kommunismus in großer Mehrheit sofort nach Deutschland gezogen, wo sie trotz des dortigen Stresses mit der gleichzeitigen Wiedervereinigung großzügig aufgenommen wurden. Etliche waren auch schon vorher von Bonn freigekauft worden wie etwa die Familie von Birgit Kelle, der heute in Deutschland Furore machenden Publizistin (Ceausescu verlangte pro Mensch 60.000 D-Mark, womit er seinen zusammenbrechenden Sozialismus noch eine Zeitlang finanzieren konnte).

Die Rumänen haben großes Vertrauen zu den verbliebenen Deutschen. Sie haben in Hermannstadt (das politisch korrekte Menschen nur Sibiu nennen) Iohannis jahrzehntelang zum Bürgermeister gewählt, obwohl auch dort heute kaum noch Deutsche leben. Iohannis hat aus der Stadt in dieser Zeit ein absolutes Vorzeigeprojekt gemacht.

Jetzt hoffen viele Europäer – nicht nur Rumänen –, dass ihm das auch mit dem großen Balkanland gelingt. Und dass ihm genug Zeit dafür bleibt. Denn natürlich kann eine rechtsstaatliche und marktwirtschaftliche Reform nicht über Nacht Früchte bringen. Wähler sind ja sehr ungeduldig. Auch die benachbarten Bulgaren hatten ja schon einmal einem Deutschen (und Königsnachfahren) eine Chance gegeben, der aber nicht gegen den dicken Filz aus alter Nomenklatura und neuen Korruptionisten durchgekommen ist.

Aber die Rumänen wissen, wie dringend die Herstellung eines Rechtsstaats ist. Die endemische Korruption hat jeden Aufstieg des Landes ja bisher verhindert. Und deswegen sind sie diesmal auch mit einer in jenem Land noch nie dagewesenen hohen Beteiligung zu den Urnen gegangen.

Freilich haben in Rumänien die Sozialisten noch immer Regierung und Parlament in der Hand. Wo sie bis zur nächsten Parlamentswahl fast alles blockieren können – wenn nicht die nun in Gang gekommenen massiven Demonstrationen Neuwahlen erzwingen. Mit solchen Kundgebungen haben die Rumänen auch schon vor genau einem Vierteljahrhundert (in dramatischen Weihnachtstagen) Diktator Ceausescu gestürzt.

Was in Österreich vielen (bis auf mutige Wirtschaftsunternehmen) nicht bewusst ist: Rumänien ist mit 20 Millionen Einwohnern nicht nur das weitaus einwohnerstärkste Balkanland. Es ist nach Polen auch das zweitgrößte unter allen 16 EU-Mitgliedern, die in den letzten 28 Jahren der EG/EU beigetreten sind. Und damit in dieser Gruppe auch das zweitwichtigste.

Umso wichtiger ist, dass den rumänischen Sozialisten diesmal nicht einmal mehr ganz miese Tricks geholfen haben: Sie haben ja bei Wahlen immer alles getan, dass Auslandsrumänen nicht allzu zahlreich wählen können. Diese standen diesmal dennoch zum Teil mehr als drei Stunden in der Schlange – dann aber vor den abendlich verschlossenen Toren der rumänischen Botschaften, obwohl sie oft von weither angereist waren.

Den Sozialisten war aber bisher die Empörung darüber egal. Denn sie wussten, dass sie bei allen Wählern, die ein bisschen die Welt kennengelernt haben, keine Chance haben. Zu ihren Anhängern zählt ja fast nur die zurückgebliebene – allerdings recht zahlreiche – Landbevölkerung.

Europas Sozialisten, die seit Jahren – auch über ihre vielen medialen Außenposten etwa im ORF – intensiv gegen den ungarischen Premier Orban hetzen, haben den viel schlimmeren Victor Ponta aber immer in Schutz genommen oder wohlwollend ignoriert. Auch die EU, die sich bei Orban eine Zeitlang sehr, aber letztlich grundlos aufgeplustert hat, hat bei Ponta viel zu zaghaft agiert.

Dabei hat dessen Regierung alle Maßstäbe einer demokratischen Wahl gebrochen; dabei hat Ponta ständig versucht, sogar schon gerichtlich verurteilte Korruptionisten wieder herauszupauken; dabei steht er selbst unter massivem Plagiats-Verdacht in Hinblick auf seine einstigen Studienabschlüsse, von denen er einen (an einer italienischen Uni) glatt fingiert hatte; dabei hat er insbesondere das Fernsehen total parteipolitisch instrumentalisiert; dabei hat Ponta unter fadenscheinigen Vorwänden schon den bisherigen Präsidenten zu entheben versucht; dabei hat Rumänien viele für das Land gewidmete EU-Mittel wegen des Versagens der Administration nicht abrufen können; dabei hat Rumänien unter Ponta überhaupt keine Reformen und Wirtschaftsentwicklung mehr zustandegebracht.

Tut nichts, er ist ein Linker. Und daher darf/durfte Ponta das alles.

Dafür hat Ponta scheinheilig bei der Stimmabgabe ein demonstratives Kreuzzeichen gemacht, das alle rumänischen Fernsehstationen ins Land übertrugen. So sollte die Landbevölkerung mit ihrer schlichten Volksfrömmigkeit noch ausreichend mobilisiert werden. Die Demonstrationen gegen ihn wurden hingegen nicht übertragen.

 

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TTIP-Schiedsgerichte: Die Chance auf Gerechtigkeit

15. November 2014 01:21 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob Europa den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und für mehr Wachstum ernst meint. Oder ob es tatenlos immer weiter in den Schuldenstrudel treibt.

Für echte Wachstums-Strategien gibt es nur wenige Möglichkeiten: Abbau von Bürokratie, Verwaltung und Regulierungswust; Abbau von angeblich sozialen Privilegien; und die Freihandelsverträge mit Kanada und den USA, die nun entscheidungsreif sind.

Diese aber werden von grünen NGOs, Links- und Rechtspopulisten bekämpft, obwohl klar ist, dass solche großen Freihandelszonen Wachstumsschübe auslösen und Arbeitsplätze schaffen. Es tauchen skurrile Gespenster wie die „Chlorhühner“ auf, die ursprünglich von den PR-Lobbys der europäischen Geflügelindustrie verbreitet worden sind. Dabei sind Chlorhühner ja viel hygienischer als europäische Salmonellen-Hühner. Auch Schwimmbäder wären ohne Chlor gesundheitsgefährdend.

Die zweite Agitationslinie sind die Schiedsgerichte. Solche werden zum Schutz von Investitionen in einem anderen Land vereinbart. Bei solchen Schiedsgerichten nennt jede Partei einen Schiedsrichter. Diese müssen sich dann auf den dritten einigen. Wenn es einen solchen Schutz nicht gibt, können Investitionen durch die davon profitierenden Staaten nachträglich enteignet oder schikaniert werden. Nur unparteiische Schiedsgerichte geben die Chance, nicht zum hilflosen Opfer zu werden, wenn die Rechtslage nach der Investition geändert wird.

Schiedsgerichte sind viel schneller und auch meist billiger als staatliche Gerichte. Diese haben vor allem fast immer offen oder insgeheim eine Schlagseite zugunsten des eigenen Landes und gegen ausländische Firmen. Beispiele für die Notwendigkeit solcher Schiedsgerichte gibt es zu Tausenden. Ein paar aktuelle:

Aber trotzdem sind all die grünen NGOs gegen unabhängige Richter. Denn diese können sie dann mit ihren Kampagnen nicht mehr unter Druck setzen. Daher lügen sie umso mehr jetzt im Kampf gegen TTIP.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Wohlfahrts-Migranten: Die EU lässt (kurz) aufatmen

12. November 2014 00:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das ist durchaus einmal ein erfreuliches – und für Österreich sehr wichtiges – Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat im letzten Augenblick doch davor zurückgescheut, den völligen Zusammenbruch der Sozialsysteme in den europäischen Wohlfahrtsstaaten auszulösen.

Eine rumänische Frau war nach Deutschland gezogen und hat dort Hartz IV verlangt, also die deutsche Form des arbeitslosen Grundeinkommens. Die gute Frau hat weder in Rumänien noch in Deutschland eine Arbeit ausgeübt. Zumindest keine legale.

Nun ist durch den Gerichtshof europarechtlich geklärt: Wer keine „ausreichenden Existenzmittel“ hat, hat auch kein Recht auf einen Aufenthalt in einem anderen EU-Land. In den ersten drei Monaten gibt es keinen Anspruch auf soziale Unterstützung. Und später nur im – individuell zu prüfenden – Fall einer ernsthaften Arbeitssuche. Freilich: Zuwanderer, die einmal, wenn auch nur kurz gearbeitet haben, die haben dann vollen Unterstützungsanspruch.

Da seit Jahresbeginn die volle Freizügigkeit auch für Bürger der beiden ärmsten EU-Länder Rumänien und Bulgarien besteht, hat man vor allem in Deutschland, Österreich und Skandinavien einen gewaltigen Zuzug von Bürgern aus diesen beiden Staaten, aber auch aus etlichen anderen Ländern Osteuropas befürchtet. Da dort Millionen Zigeuner (Roma) leben, wäre die Möglichkeit des Zuzugs in westliche und nördliche Wohlfahrtssysteme auch speziell für diese Gruppe sehr interessant gewesen.

In Österreich haben daher Pessimisten hinter vorgehaltener Hand schon mit einem Zusammenbruch des ohnedies aus allen Nähten platzenden Pensionssystems gerechnet. Bewegen sich doch die meisten Alterspensionen in den Balkanländern zwischen 100 und 200 Euro. Zwar hat man in Österreich schon etliche Anträge von Bürgern aus jenen Ländern auf die hiesige Mindestsicherung abgelehnt. Aber in der Pensionsversicherung wusste man bisher nicht, ob diese Ablehnungen auch europarechtlich halten werden. Daher bangte man enorm – auch wenn man es öffentlich nicht angesprochen hatte. Noch dazu haben Antragsteller ja meist gute Anwälte von Vereinen der Zuwanderungsindustrie zur Verfügung gestellt bekommen.

Von Erleichterung bei den für das heimischen Pensionssystem Verantwortlichen zu sprechen, ist freilich deutlich übertrieben. Denn auch ohne importierte Probleme ist klar: Die Mini-Maßnahmen, mit denen die Regierung – konkret der Sozialminister – das Pensionssystem halbwegs retten wollte, haben trotz vieler vollmundiger Ankündigungen überhaupt nicht gegriffen. Der Geldbedarf für die Renten ist weiter gestiegen und nicht gesunken oder stabilisiert.

Mehr als zehn Milliarden Zuschuss. Jährlich

Er übersteigt sogar die budgetären Planungen! In den ersten drei Quartalen dieses Jahres stiegen die Zuschüsse zum Pensionssystem um 250 Millionen mehr, als das Budget ohnedies an Steigerungen vorgesehen hatte.

Während manche Österreicher glauben, dass sie sich ihre Alterspension durch ihre Beiträge erarbeitet hätten, stimmt das ja in fast keinem Fall. Denn auf Grund der – erfreulicherweise – steigenden Lebenserwartung werden Pensionen im Schnitt viel länger kassiert, als den Einzahlungen entsprochen hatte. Und die Lebenserwartung steigt noch immer – erfreulicherweise – steil an. Alle vier bis fünf Jahre ist sie um ein volles Jahr höher!

Die Mini-Maßnahmen der Regierung waren demgegenüber überhaupt nicht imstande, den Pensionsantritt entsprechend anzuheben. Obwohl die Menschen viel länger gesund sind, traut sich vor allem die SPÖ nicht, da Maßnahmen zu setzen. Und auch von der jetzigen „sozialpartnerschaftlichen“ ÖVP-Führung hört man im Gegensatz zu den Vorgängern keinerlei Versuche zu mehr Mut und Ehrlichkeit bei den Pensionen.

Daher explodiert seit Jahren der Zuschuss aus dem Steuer- (Schulden-)Topf zu den Pensionen. Er ist heute schon weit größer als das staatliche Defizit. Oder ein anderer Vergleich: Das Volumen der jetzt politisch so lautstark debattierten Steuersenkung beträgt nur die Hälfte des Betrags, den der Steuerzahler dem Pensionssystem alljährlich zuschießen muss. Dabei ist das ein System, das theoretisch gar keine Zuschüsse brauchen sollte, weil es ja primär durch die Sozialversicherungsbeiträge der arbeitenden Generation im angeblichen „Generationenvertrag“ gefüttert werden sollte.

Im Vorjahr betrug deshalb der Bundeszuschuss zu den Pensionen gewaltige 9,63 Milliarden Euro. Und für 2014 hat die „Agenda Austria“ hochgerechnet, dass der Zuschuss am Ende des Jahres schon zwischen 10,2 und 10,5 Milliarden liegen wird.

Das – von dieser Koalition ignorierte – Pensionssystem ist längst das weitaus größte Problem Österreichs. Zwar hat das EuGH-Urteil jetzt eine unmittelbare Mega-Katastrophe abgewendet (worüber man sich durchaus freuen darf), aber die mittelbare Katastrophe bleibt ein unüberwindlicher Eisberg auf dem weiteren Weg des Landes.

 

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Fortschreitende Agonie eines Kontinents

10. November 2014 00:04 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Denk ich an Europa in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. Ein neuer schwerer Konjunkturabsturz, eine sich militärisch immer mehr aufheizende Herausforderung durch Russland, die Flucht der Industrie vor den immer unerträglicher werdenden europäischen Umweltauflagen, steil steigende Arbeitslosenziffern, explosiv wachsende Erbitterung im ohnedies schon austrittswilligen Großbritannien über unerwartete Milliardenforderungen der EU und das völlige Chaos beim Thema „Flüchtlings“-Ansturm: Jede einzelne dieser Bedrohungen würde eigentlich alle europäischen Energien erfordern. Aber was tut da EU-Europa – außer nichts? Es legt sich selber ein Jahr lang durch die Bildung einer neuen Kommission lahm und schafft ansonsten nur noch, die Bürger durch schikanöse Allergen-Vorschriften zu quälen. Deprimierend, da es auch kaum noch einen EU-Staat gibt, der Leadership und eine gute Politik hätte. Österreich am allerwenigsten.

Kein Wunder, dass da Großbritannien immer weiter vom EU-Europa wegstrebt. Die recht unerwartet gekommene Aufforderung aus Brüssel, 2,1 Milliarden Euro zu überweisen, dürfte wohl den endgültigen Bruch ausgelöst haben. Ein britischer Austritt könnte den Todesstoß für das in Agonie liegende Europa bedeuten. Egal, wer eigentlich an der Überraschung über diese Geldforderungen „schuld“ ist.

Gleichzeitig kann nun nicht einmal mehr Deutschland europäische Hoffnungen auslösen. Dort haben utopische Sozialforderungen der in die Regierung eingezogenen Sozialdemokraten das einstige europäische Vorbildland auf den gleichen Abwärtskurs gebracht, auf dem schon seit Jahren die meisten anderen EU-Länder sind.

Kommission der Schamanen und Ahnungslosen

Es macht fassungslos, dass in dieser Situation fast das einzige Lebenszeichen der Europäischen Union eine Allergen-Verordnung ist, die nun alle Gastwirte und Würstelstände zwingt, Speisekarten zu erstellen, auf denen zu sämtlichen angebotenen Speisen sämtliche enthaltene Allergene bis hin zu Milch und Erdnüssen festgehalten werden. Das lässt jetzt viele Restaurants zusperren, da sie sich weder den Aufwand eines eigenen Allergie-Spezialisten leisten können noch die saftigen Strafen, die ihnen drohen. Mit dieser Allergen-Verordnung wird die EU eine ähnliche verheerende Stimmung auslösen, wie sie es bisher nur beim Thema Glühbirnen geschafft hatte.

Bravo EU! So haben die Illusionen der dortigen Gutmenschen wieder einen kräftigen Beitrag zur Erhöhung der Arbeitslosenzahlen geleistet.

Ansonsten war die EU im heurigen Jahr ausschließlich mit sich selbst, mit Wahlen und vor allem der Besetzung von Posten beschäftigt. Bei dieser Postenbesetzung hatten die Parlamentarier offensichtlich nur ein Hauptinteresse: die Anzahl der Frauen in der Kommission. Dass durch die ausschließliche Konzentration auf die Geschlechterfrage nun Schamaninen in die Kommission geraten sind und eine ganze Reihe von blutigen Anfängerinnen, die überhaupt erst ein paar Monate in der Politik sind: Das störte hingegen überhaupt keinen der europäischen Drahtzieher. Qualität, Leistung oder gar inhaltliche Gestaltungsvisionen sind für sie keine Dimension. Sonst wäre auch nicht ausgerechnet der Franzose Moscovici zum Verantwortlichen für die Wirtschaftspolitik befördert worden, der ein Hauptschuldiger für das explodierende französische Defizit ist.

Grünes Licht fürs Schuldenmachen

Prompt hat Brüssel jetzt auch die diversen zuvor getadelten nationalen Budgets durchgewinkt, obwohl ihre Defizite alle Verpflichtungen und Grenzen überschreiten. Dabei hat man uns in den letzten Jahren ja immer wieder versichert, dass man jetzt wirklich wasserdichte Sicherungen geschaffen hätte, damit einzelne Staaten nicht weitere Schuldenexzesse begehen und alle Reformen vermeiden könnten.

Das war aber alles Lug und Trug. Die EU hat damit die eigene Glaubwürdigkeit endgültig und total zertrümmert. Die Kommission hat sich von den Staaten billigst abschmettern lassen. Im Grund konnte man zwar ohnedies nicht glauben, dass noch irgendeine Zusage hält. Aber es ist doch frappierend, wie eiskalt die europäische Politik die eigenen Versprechungen und Verpflichtungen bricht.

Auch Österreich ist ein Land, das ganz eindeutig gegen die Defizitgrenzen verstößt (auch wenn lang nicht so arg wie Italien und Frankreich). Aber es genügte ein Brief an die Kommission aus dem Finanzministerium voller leerer Versprechungen – wie schon x-mal zuvor – und schon war für die EU alles wieder gut. So hat Österreich darin Hunderte Millionen Euro an Einsparungen durch eine Verwaltungsreform mitgeteilt. Nur gibt es weder in der Regierung noch sonstwo jemanden, der auch nur eine einzige Verwaltungsreform kennen würde. Aber Papier ist ja geduldig. Und morgen ist das Blabla von heute eh schon wieder vergessen.  

Statt irgendwo sparen zu wollen, wird von europäischen Politikern sogar nach noch viel mehr Schuldenmacherei gerufen. Vor allem, aber keineswegs nur von den Sozialdemokraten. Sie nennen halt das Schuldenmachen „Investitionen“. Dabei setzen sie jetzt in Österreich eine Steuerreform durch, die zur Gänze in den Konsum geht (der zu 60 Prozent in Importprodukten besteht). Aber offenbar sollen die dadurch entstehenden Budgetlücken noch weiter vermehrt werden.

Rückkehr der Kriegsgefahr

Und als wäre das Totalversagen der Politik im gesamten Wirtschafts- und Finanzbereich noch nicht genug, wird der neue Kalte Krieg mit Russland auch militärisch immer gefährlicher. Zwar ist die Schuld an diesem nicht in Brüssel zu suchen, sondern in Moskau mit seiner imperialistischen Offensivpolitik, deren Verantwortungslosigkeit an das Verhalten der europäischen Mächte vor 1914 erinnert. Das ist aber nicht wirklich ein Trost.

Der Waffenstillstand in der Ukraine ist keiner. Täglich gibt es Tote. Die von Russland finanzierten Rebellen greifen entgegen allen Vereinbarungen nun auch schon immer wieder die Stadt Mariupol an. Gleichzeitig agiert die russische Armee aber auch an anderen Grenzen, weit weg von der Ukraine, bedrohlicher als je seit dem Untergang der Sowjetunion.

Dutzende russische Langstreckenbomber und Kampfjets fliegen immer bedrohlicher an den Grenzen der EU entlang – besonders über den Meeren – und verletzen immer öfter deren Luftraum. Es hat bereits mehr als 100 Luftraumverletzungen durch russische Kampfflieger gegeben. Schwedens Gewässer sind gerade von einem russischen U-Boot „besucht“ worden. Das lässt in dem neutralen Land nun immer lautere Stimmen einen Beitritt zur Nato verlangen. Auch Polen, das schon länger in der Nato ist, fürchtet sich zunehmend; und es fordert voll Panik die Stationierung westlicher Truppen auf seinem Boden.

Niemand weiß, was Moskau mit dem Waffengerassel eigentlich will. Aber es ist eindeutig, dass Europa völlig verunsichert und desorientiert reagiert. Vielleicht ist es ohnedies das, was die Russen austesten wollten und was ihnen jetzt den Mut für weitere Expansionsaktionen gibt.

Neue EU-Hilfe für Menschenhändler

Dafür startet diese EU jetzt im Mittelmeer die Marine-Aktion „Triton“, von der auch niemand so genau weiß, was die Schiffe unter Führung der EU-Grenzagentur Frontex dort eigentlich sollen. Der Verdacht ist groß, dass sie so wie schon die bisherige italienische Marine-Operation „Mare nostrum“ den Schleppern das Geschäft erleichtern und diesen die Immigranten möglichst frühzeitig abnehmen wird. Aus diesem Grund hat auch London ein Mittun verweigert. Es erklärt ganz offen, dass es den Menschenhandel nicht noch mehr fördern will.

Von der EU wird versichert, dass Triton jetzt alle afrikanischen und asiatischen Einwanderer künftig registrieren und ihnen die Fingerabdrücke abnehmen wird. Interessant: Genau das war eigentlich schon seit jeher die völkerrechtliche Pflicht Italiens. Die EU gibt damit offen zu, dass diese Pflicht ganz offensichtlich total ignoriert worden ist.

Aber das passt ja nur in die heutige EU-Realität: Ob es ums Schuldenmachen oder die Asylwerber geht – Recht und Verträge sind nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem sie stehen. Zumindest große Länder können sie heute ganz bewusst, in großem Umfang und folgenlos missachten.

Diese EU zerbröselt in totale Beliebigkeit. Nichts gilt mehr. Aber längst gibt es auch keine brauchbaren staatlichen Strukturen mehr, die an Stelle der EU treten könnten.

Nur blinde Masochisten können sich darüber freuen.

 

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

 

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Strafe für Kurzsichtigkeit

09. November 2014 01:51 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreich hat seit Jahrzehnten eine hohe Umweltqualität, saubere Luft und Gewässer sowie hohe Energieeffizienz. Das ist lobenswert. Dennoch wird es erstaunlicherweise laut der EU-Umweltagentur die weitaus höchste Strafe für die Nichteinhaltung der Kyoto-Klimaziele zahlen müssen. Nicht weniger als 611 Millionen Euro mussten für den Kauf von Emissionszertifikaten bereits rückgestellt werden.

Dieses Geld wäre für viele Zwecke weit besser ausgegeben. Damit könnte der Staat etwa die Mieten für die Schulen zahlen, die Landesverteidigung wieder aus der Kabarett-Ebene herausholen, oder die drückenden Schulden reduzieren.

Warum diese Strafe? Ist Österreich zum Umweltschwein geworden?

Ganz und gar nicht. Aber die Regierung hat sich in den 90er Jahren doppelt vorzugsschülerartig verhalten, nachdem sich zuvor schon die ganze EU ohne Not die weltweit höchsten Pflichten zur CO2-Reduktion auferlegt hatte. Österreich hat besonders ehrgeizige – aber auch besonders unrealistische Ziele unterschrieben.

Sie hatte dadurch populistisch dem Druck der Umwelt-Organisationen nachgegeben. Niemand hatte zu sagen gewagt, dass das Ganze völlig sinnlos ist (selbst wenn der Mensch wirklich die Ursache globaler Erwärmung ist, was auf Grund der weit höheren Temperaturen in vorgeschichtlichen Zeiten sehr zweifelhaft ist). Selbstbeschädigende Energieeinsparungen in Österreich sind für das Weltklima jedenfalls bedeutungslos, solange nicht China, die USA und noch ein paar Dutzend große Länder mitmachen.

Aber damals hat man das Lob in der Gegenwart für viel wichtiger angesehen als die Absurdität der Versprechungen für die Zukunft. Diese Zukunft war ja so fern. Heute aber ist sie da. Und die einstigen Vereinbarungen lösen nun Heulen und Zähneknirschen aus. Österreich muss ausgerechnet in der größten Flaute der Nachkriegszeit große Summen zahlen. Obwohl es keinerlei Wachstum gibt. Obwohl Österreich das vierthöchste Leistungsbilanzdefizit in der ganzen EU hat. Obwohl industrielle Flaggschiffe wie die Voestalpine angesichts der Energiepreise ihre Investitionen total nach Amerika verlagern. Obwohl seit sechs Jahren die Regierung keinerlei Reformen setzt.

Auf einem einzigen Feld könnte Österreich etwas tun, um den utopischen Kyoto-Zielen näherzukommen: Es könnte die Treibstoffpreise (durch Steuererhöhungen) nach oben schnalzen lassen. Dann wäre die heimische CO2-Bilanz schlagartig besser. Nur wäre damit umweltmäßig überhaupt nichts bewirkt, aber der Wirtschaftsstandort weiter beschädigt: Denn Lkw- und Pkw-Fahrer würden nur ihr Tankverhalten total ändern. Sie würden nach Möglichkeit im Ausland tanken. So wie sie derzeit halt lieber im billigeren Österreich tanken.

Damit würden trotz Steuererhöhung dem Fiskus große Summen entgehen. Größere, als Österreich jetzt Strafe zahlen muss – für die populistische Kurzsichtigkeit der Politik.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Die Arbeiterkammer und die hohen Preise

06. November 2014 14:20 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Warum sind in Wien (und vermutlich noch mehr im restlichen Österreich) Drogeriewaren im Schnitt um die Hälfte teurer als in München? Diesen Unterschied hat jetzt die Arbeiterkammer herausgefunden. Verdienstvoll (einmal angenommen, das war einmal wirklich eine seriöse Untersuchung). Überhaupt nicht verdienstvoll ist, dass die Arbeiterkammer einfach nicht begreift, was die Ursachen sind.

Denn die liegen zum einen in der Tatsache, dass Österreich ein Hochsteuerland ist. Arbeiterkammer und ihre Vorfeldpartei denken dennoch überhaupt nicht daran, auch nur einen einzigen Vorschlag zur Senkung der Gesamtabgabenquote vorzulegen. Was ja nur durch Ausgaben-Verzicht ginge. Sie erfinden vielmehr ständig immer noch neue Vermögens-, Reichen-, Transaktions-, Banken-, Börse-, Erbschafts-Steuern, die den einzigen Zweck haben, die Steuerlast von der eigenen Klientel auf die Wirtschaft zu verschieben. Damit wird die Gesamtabgabenquote in Österreich mit Garantie weiterhin mindestens vier Prozent höher bleiben als in Deutschland.

Die zweite Ursache von zu hohen Preisen liegt in fehlender Konkurrenz. Der Kampf für vollen Wettbewerb war für die Väter des Wirtschaftswunders von Ludwig Erhard bis Reinhard Kamitz der zentrale Grund, warum sie die Marktwirtschaft sozial nannten.

Heute jedoch sehe ich weit und breit keinen effizienten Kampf gegen die dramatischen Monopol- und Oligopol-Tendenzen gerade im österreichischen Supermarkt-Bereich. Selbst die Werbung argumentiert immer weniger mit Preisen und immer mehr mit ökologischem und Bio-Gefasel. Was natürlich immer ein Vorwand für höhere Preise ist.

Am köstlichsten ist aber, dass die Arbeiterkammer – statt hierzulande gegen die beiden Hauptursachen der hohen Preise zu kämpfen – wieder einmal nach der EU ruft. Diese wird dann halt wieder ein paar so Klugheiten produzieren wie bei den Glühbirnen. Die auf EU-Verlangen drastisch teurer geworden sind.

 

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Asylantensturm: der Dammbruch

05. November 2014 00:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Damit ist wohl der letzte Damm gegen den Ansturm von Millionen Zuwanderern auf die mitteleuropäischen Wohlfahrtsstaaten gebrochen. Täter ist absurderweise der Europäische Menschenrechtsgerichtshof. Er untersagt der Schweiz, afghanische Asylwerber gemäß dem bisher gültigen Dublin-Abkommen nach Italien zurückzuschicken, von wo sie gekommen waren, und wo sie daher auch den Asylantrag stellen hätten müssen.

Ein Zurückschicken ist laut EGMR künftig nur dann noch möglich, wenn Italien individuelle(!) Garantien für eine entsprechende Betreuung und Unterbringung der Asylwerber gibt. Die Italien natürlich nie geben wird.

Der Hintergrund dieses Urteils ist klar und setzt eine Reihe von Urteilen dieses EGMR fort, die immer mehr die Interessen der Zuwanderer und der Asylindustrie ausgedehnt haben. Im EGMR dominiert in dieser Frage nämlich eine Dreierbande:

Das Wiener Innenministerium versucht jetzt zwar mit dem Hinweis zu besänftigen, dass es im konkreten Fall ja nur um eine Familie mit Kindern ginge. Das ist zwar richtig. Aber juristisch ist völlig klar: Diese Begründung des EGMR im Fall der Migrantenfamilie lässt sich fast wörtlich auch auf jeden anderen Asylwerber ausdehnen, halt ohne den Familienbezug. Denn auch für andere Migranten ist „angesichts der prekären Zustände im italienischen Asylwesen die menschenwürdige Behandlung und Unterbringung nicht gewährleistet“.

So werden nun mit absoluter Sicherheit die einschlägigen Rechtsanwälte und die gesamte Asylindustrie in unzähligen anderen Fällen argumentieren. Und damit höchstwahrscheinlich Erfolg haben.

Die Folgen dieses Urteils sind gar nicht abschätzbar. Es stellt den endgültigen Freibrief zur Einwanderung samt Asylshopping dar. Asylshopping heißt, dass sich – natürlich – jeder schlaue Asylwerber die Länder mit den für ihn besten Bedingungen aussuchen wird. Und Länder wie Italien, Griechenland und alle osteuropäischen Staaten werden – natürlich – alles tun, damit sie auch in Zukunft den Zuwanderern keine „menschenwürdige Unterbringung“ offerieren.

Freilich könnte diese Judikatur auch den Anfang vom Ende des Menschenrechtsgerichthofs selbst darstellen. Denn dieser jüngste Exzess ist ausgerechnet gegenüber der Schweiz gesetzt worden. Dort aber ist schon zuvor der Unmut über fremde Richter enorm angewachsen, welche die Schweizer bevormunden. Diese Stimmung, die sich bisher vor allem gegen die EU gerichtet hat, wird nun wohl auch den EGMR treffen. Die Mehrheit der Schweizer dürfte daher in Kürze bei einem Referendum – nicht zuletzt wegen dieses Urteils – einzementieren, dass das Völkerrecht keinen Vorrang (mehr) gegenüber ihrem eigenen Recht hat.

Diese Schweizer Stimmung eines Was-zu-viel-ist-ist-zuviel deckt sich weitestgehend auch mit jener in England, wo sich die Bevölkerungsmehrheit ebenfalls immer stärker sowohl gegen fremde Richter als auch gegen die Einwanderung richtet.

Nur in Österreich, da rennt eine von jedem Gespür verlassene Politik (unter dem Druck der linken Medien) in die gegenteilige Richtung: Da werden jene Bundesländer und Gemeinden beschimpft, die nicht genug der Asylwerber aufnehmen wollen. Und da wird jetzt auch darauf hingearbeitet, dass Asylwerber noch während des laufenden Verfahrens Arbeit annehmen dürfen. Was die klare Folge haben wird, dass sich diese dann selbst bei abgewiesenem Asylantrag darauf berufen können, dass sie eh schon integriert seien.

Und Regierungsparteien wie Medien werden sich wieder total über den weiteren Aufstieg der FPÖ wundern.

PS.: Die Amtszeit der österreichischen EGMR-Richterin geht zu Ende. Aber auch unter den Nachfolgern rangieren neuerlich geeichte Linke an der Spitze. Die bürgerlichen Parteien (und Juristen) begreifen offenbar gar nicht, wie wichtig diese Funktion ist. Sie ist weit mächtiger als ein Ministerposten, auch wenn der Name nie in der Zeitung steht.

 

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Türkei und Kasachstan – Länder der Menschenrechtskonvention

04. November 2014 00:39 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es wird immer absurder, die Türkei in der Gruppe der demokratischen Rechtsstaaten rund um  Europarat und Menschenrechtsgerichtshof als Mitglied zu haben und zu belassen. So wie auch bei etlichen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, etwa Kasachstan.

Man müsste es ja fast für einen Scherz halten. Aber es stimmt: Die Türkei hat allen Ernstes den deutschen Botschafter wegen einer Karikatur zur Belehrung vorgeladen. Diese Zeichnung zeigt den türkischen Staatspräsidenten Erdogan als Zähne fletschenden Hund; sie war in der seriösen „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ unter dem Titel „Türken in Deutschland – eine Erfolgsgeschichte“ erschienen, und wurde jetzt in einem Schulbuch nachgedruckt.

Natürlich sind Diktatoren es nicht gewohnt, unvorteilhaft karikiert zu werden. Ebenso wie deutsche (und andere demokratische) Politiker natürlich nicht im Schlaf auf die Idee kämen, gegen eine Karikatur auch nur ein Wörtchen zu sagen.

Aber dennoch bin ich nicht sicher, ob die Deutschen den türkischen Protest so kalt wegduschen, wie es diesem gebühren würde. Denn die Türken erkennen in der Zeichnung sogar „Rassismus“, „Ausländerfeindlichkeit“ und „Islamophobie“. Gleich drei Codeworte für Schwerverbrechen, für die politisch korrekte Deutsche (und Österreicher) ja am liebsten lebenslange Haft verhängen möchten.

Aber die Türkei ist weiterhin – ganz abgesehen vom EU-Beitrittskandidaten-Status – unangefochten Mitglied in allen einst honorigen Europarats- und Menschenrechts-Institutionen.

Genauso wie Kasachstan, ein noch viel unglaublicheres Land. Jetzt ist vom Wiener Oberlandesgericht offiziell festgehalten worden, dass der angebliche „Opferverein“, der in Wien seit Jahren gegen einen kasachischen Ex-Diplomaten (und Ex-Präsidenten-Schwiegersohn) vorgeht, eine „Tarnorganisation des kasachischen Geheimdienstes“ ist.

Noch unglaublicher ist es zu erfahren, dass ein Wiener Rechtsanwalt von diesem „Opferverein“ nicht weniger als 14 Millionen Euro Honorar angenommen hat. Glaubt im ganzen Land irgendjemand, dass ein Anwalt bei einem solchen Honorar nicht ganz genau weiß, für wen er da arbeitet? Glaubt jemand ernstlich, dass ein Anwalt ganz zufällig Anwaltsakten weit weg in Luxemburg versteckt hat (wo die österreichischen Kriminalbehörden sie lobenswerterweise aufgespürt haben)?

Die Behörden haben sogar herausgefunden, dass der „Opferverein“ Spenden nicht einmal anzunehmen bereit ist. Was zeigt, dass die Kriminalpolizei in diesem Fall wirklich lobenswert ernsthaft vorgeht.

Gewiss, ein Rechtsanwalt kann jeden zum Mandanten nehmen, den er will. Aber die Tatsache, dass die SPÖ ausgerechnet diesen Mann einst mit viel Energie zum Justizminister machen wollte, macht absolut sprachlos. Der ÖVP zur Ehre überließ diese der SPÖ aber dann doch nicht das Justizministerium.

PS.: Unfassbar ist auch die überaus „zurückhaltende“ Reaktion von vielen österreichischen Medien auf diese 14 Millionen Euro. Man schaue sich zum Vergleich nur ihre wochenlange Aufregung ob einiger – gewiss strohdummer – Aussagen der Ex-Ministerin Bandion-Ortner. Welches Verhalten ist da moralisch und politisch schlimmer?

 

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Die europäische Planwirtschaft

02. November 2014 01:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die jüngsten Beschlüsse des EU-Gipfels zeigen es dramatisch: Das einst marktwirtschaftliche Europa ist heute total planwirtschaftlich. So wie sich einst die kommunistische Welt mit Fünfjahresplänen komplett in den Abstieg manövriert hat, tut das jetzt die EU mit ihrer Energieplanwirtschaft. Die EU-Regierungschefs glauben allen Ernstes, von oben dekretieren zu können, dass irgendwelche Energieerzeugungsformen in der Zukunft 27-, 30- oder 40-prozentige Anteile haben.

Über diese absurde Hybris könnte man ja lachen - und außerhalb Europas lacht man ja auch -, hätte sie nicht katastrophale Schäden für europäische Arbeitsplätze und Unternehmen. Energie ist ja jetzt schon in Europa viel teurer als im Rest der Welt. Was die Hauptschuld daran trägt, dass Europa seit der populistischen "Energiewende" weit hinter der Entwicklung sämtlicher anderer Weltregionen zurückgefallen ist. Dieser Grund des Abstiegs wird nur von den meisten Medien verschwiegen, weil diese ja selbst diese Energiewende verlangt haben.

In Wahrheit kann man Energieerzeugungs-Prozentsätze genausowenig prognostizieren oder gar bürokratisch-politisch diktieren wie die langfristige Entwicklung von Börsenkursen oder des Wetters. Gerade im Energiebereich sind solche Langfristschätzungen völlig falsch. Man denke nur an die einstigen Traumziffern des Clubs of Rome, die allesamt total daneben waren. Die Rohstoffe sind nicht nur nicht weniger geworden (oder gar versiegt), sondern dank neuer Abbaumethoden rapid mehr geworden. Und diese neuen Methoden sind wieder nur durch bessere Preise sinnvoll geworden.

Das heißt eben nicht, dass die neuen EU-Prozentsätze zu hoch oder zu nieder wären. Man denke nur an den rasanten Verfall der Preise für Solarenergie. Wissenschaft und Technik machen da schon heute vieles sinnvoll, was vor zehn Jahren völlig undenkbar gewesen ist. Freilich lässt sich das auch nicht linear extrapolieren.

Es steht nur ein einziger Zusammenhang fest: Der Energieverbrauch hängt nur vom Preis ab. Wenn dieser in Europa - wie schon jetzt - höher ist als im Rest der Welt, dann werden energieabhängige Arbeitsplätze weiter in rapidem Tempo aus Europa abwandern. Und wenn Energie hier billiger ist, dann werden die Arbeitsplätze hier entstehen. Alles andere ist Nonsens. Denn die prekären Jobs der Spendenkeiler von Greenpeace und anderen grünen Vorfeldorganisationen werden nicht so rasch zunehmen, das sie diesen Verlust an Jobs und Wertschöpfung ausgleichen könnten. Und selbst wenn die Klima-Paniker recht hätten, kann Europas kleiner Anteil am Weltenergieverbrauch keinerlei Klimarelevanz haben.

Das besonders Bestürzende: Europas Regierungschefs beschließen so etwas unmittelbar nach einem Wahltag, vor dem sie geschworen haben, mit ihrer Regulierungswut aufzuhören. Dieser jüngste Beschluss wird ja nun zwangsläufig noch einen Tsunami an weiteren Überregulierungen auslösen, gegen den die Glühbirnenverordnung nur ein mattes Lüftchen war.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Gasvertrag mit Bluff: kurzfristige Sieger und langfristige Verlierer

31. Oktober 2014 00:29 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt gibt es also den Gasvertrag zwischen Russland, der Ukraine und der EU. Letztlich läuft er auf einen Kern hinaus: Die beiden slawischen Länder haben in Anbetracht des kommenden Winters gut gepokert; die EU zahlt und haftet auch für die russischen Forderungen an die Ukraine. Langfristig sind die Karten aber ganz anders gemischt.

Es dürfte schon so sein, dass kurzfristig der EU kaum eine andere sichere und Risiko-freie Option übriggeblieben ist, wenn sie europaweit die Gasversorgung garantieren will. Immerhin kommt ja rund ein Drittel des EU-Gases aus der Sowjetunion, wovon rund die Hälfte durch die Ukraine fließt. Das lässt sich vorerst nicht dauerhaft substituieren, auch wenn Europas Gasspeicher derzeit sehr voll sind.

Die EU ist vor allem unter dem Druck ihrer östlichen Mitgliedsländer gestanden, die vor einem kalten Winter bangen. Dabei hätten westliche EU-Länder durchaus gern mehr Härte gegenüber dem doppelten Bluff der beiden Pokerpartner gezeigt. London&Co tun sich aber natürlich viel leichter, weil sie vom russischen Gas weitgehend unabhängig sind.

Aber lang-, nein: mittelfristig schneiden sich Russland und die Ukraine ins eigene Fleisch. Der Ukraine sollte klar sein: Es ist nicht nur für Russland doppelt interessant geworden, möglichst rasch noch mehr Gas-Pipelines an der Ukraine vorbei zu bauen. Damit in der Ukraine niemand mehr das für Westeuropa bestimmte Gas aus den Transitleitungen anzapfen kann. Und damit die Ukraine nicht mehr die EU zur Haftung für ihre Schulden zwingen kann. Natürlich verringert es langfristig den Stellenwert der Ukraine deutlich, wenn der Transit nicht mehr durch ihr Gebiet geht.

Gleichzeitig ist es für Europa dreifach wichtig geworden, sich möglichst rasch aus der Abhängigkeit auch von Russland zu befreien. Diese Befreiung wird nicht primär durch den Bau von Russland- und Ukraine-freien Pipelines erfolgen, sondern vor allem auch durch die Errichtung von Anlagen, mit denen Flüssiggas aus anderen Kontinenten in westeuropäische Netze gebracht werden kann.

Russland hat nun endgültig seinen Nimbus verloren, dass es in guten wie schlechten Zeiten ein absolut verlässlicher Energielieferant ist. Wer seine Halb-Monopol-Stellung einmal für Erpressung missbraucht hat, kann nie wieder den Nimbus „teuer, aber verlässlich“ erreichen, den sogar die Sowjetunion hatte. Das wird viele Investoren abhalten.

Ob das alles von Wladimir Putin ganz bis ans Ende durchdacht gewesen ist? Man zweifelt. Ist doch Russland mit seiner ganzen Wirtschaft fast total von den Erträgnissen des Energie-Exports abhängig. Ist doch der Energiepreis (dank des nordamerikanischen Frackings) trotz der Krise weltweit auf Talfahrt. Da wäre eigentlich für Moskau die Herstellung von Vertrauen im europäischen Ausland die allerwichtigste Investition in die Zukunft gewesen, selbst wenn man als Preis die alten Ukraine-Schulden abschreiben hätte müssen.

Die EU hat es nicht gewagt, Russland zu zwingen, sein Blatt offenzulegen. Damit ist der Bluff in dieser Pokerrunde gut für Moskau (und Kiew) ausgegangen. Aber eben um den für Moskau hohen Preis, dass Europas Energieindustrie nun alles tun wird, um nicht in eine weitere Hasard-Partie mit diesen beiden unverlässlichen Ländern zu geraten.

Beim Gas-Dealen war überraschend wenig vom Krieg die Rede. Aber dennoch ist klar: Die nunmehrige Lösung reduziert, wenn sie längerfristig hält, die Gefahr für die Ukraine. Moskau verliert ja eines seiner stärksten Motive, sich die Ukraine wieder als Vasall zu unterjochen, und deswegen seinen Eroberungskrieg wieder aufzunehmen.

So ist der Gasdeal zusammen mit den westlichen Sanktionen und dem Kriegsunwillen der russischen Bevölkerung nun ein weiterer Grund zu leichter Zuversicht, dass der Frieden halten könnte. Zumindest ist er das, wenn Putin rational agiert und sich nicht vom chauvinistischen Furor treiben lässt, der ja derzeit seine Popularitätswerte deutlich erhöht (und es weiter tun wird, solange es keine neuen toten russischen Wehrpflichtigen gibt). Aber diese Rationalität Putins ist keineswegs sicher, wie europaweit die aggressiven Manöver des russischen Militärs derzeit zeigen.

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FN 701: Die miesen Stresstests

27. Oktober 2014 00:10 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das, was da in den letzten Monaten an „Stresstests“ in der europäischen Bankenlandschaft abgelaufen ist, ist mehrfach dumm und trotz des vielen ringsum gestreuten Weihrauchs schädlich.

Erstens erwecken diese Tests den völlig falschen und vor allem gefährlichen Eindruck, dass man künftigen „Stress“, also Krisen durch den gleichzeitigen Ausfall vieler Bankschuldner irgendwie voraussagen könne. Das hat man in der Vergangenheit nicht können; das ist auch für die Zukunft eine absolut lächerliche Sicherheits-Fiktion. Sie lässt die Menschen immer mehr das Gefühl für Risiko verlieren. Zweitens haben uns diese Stresstests eine gewaltige Summe an Honoraren für die Tausenden ausgeschwärmten Prüfer gekostet. Drittens haben die Stresstests den Wildwuchs an parasitären Bankprüfern noch weiter vermehrt ( die da jetzt schon sind: Nationalbanken, Finanzmarktaufsichten, Rating-Agenturen, EZB, Aufsichtsräte, Staatskommissäre, Bilanzprüfer, Controller, die Basler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, all die bankeigenen Prüfstrukturen). Selbst wenn man Währungsfonds und Weltbank und EU noch gar nicht dazurechnet, kosten diese riesigen Apparate so viel, dass der Crash einzelner Banken dadurch noch viel wahrscheinlicher wird. Denn nur von der Liebe leben sie alle nicht. Und viertens ist damit der Druck auf die Banken noch weiter erhöht worden, möglichst all das Geld, das die EZB derzeit in Tag- und Nachtschichten druckt, nur den Staaten zukommen zu lassen. Denn die seien ja „sicher“ und gelten als stressarm. Wie man von Griechenland bis Zypern oder gar Argentinien gesehen hat. Bei Wirtschaftsinvestitionen (sofern es überhaupt noch jemanden gibt, der solche vorzunehmen bereit wäre) landet daher logischerweise immer weniger Geld.

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Wachsen durch Privatisieren

23. Oktober 2014 02:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europa braucht dringend Wachstum. Darüber besteht Einigkeit. Es weiß nur keine Regierung, wie das zu erzielen ist. Noch mehr Schulden geht nicht mehr. Man sucht verzweifelt andere Strategien. Da bieten sich eigentlich (fast) nur Privatisierungen an. Sie sind neben Deregulierungen eine der ganz wenigen noch vorhandenen Möglichkeiten einer Wachstums-Strategie.

Wie dringend Europa Wachstum braucht, wurde jetzt bei einem Kongress in Brüssel klar. Dort präsentierte Wolfgang Schüssel, der Präsident des Thintanks „United Europe“, erschreckende Zahlen: Im letzten Dezennium hatte Europa nur ein Wachstum von 11 Prozent, Südkorea hingegen von 58 und die USA von 25 Prozent.

Der Ökonom Christian Helmenstein vom Forschungsinstitut „Economia“ hat erstmals errechnet, was Privatisierungen da bringen könnten. In Europa gibt es 263 Unternehmen (mit über 100 Millionen Umsatz), deren Privatisierung über mehr als 500 Milliarden Euro bringen würde. Dabei hat er die Bereiche Gesundheit, Erziehung und Immobilien ausgeklammert. Dass rund ein Drittel dieser Unternehmen in Frankreich daheim ist, überrascht wenig. Mehr überrascht, dass die Franzosen dennoch kein Problem mit privatisierten Wasserwerken haben – während diese ja hierzulande als Teufelswerk dargestellt werden, das die Menschen verdursten lässt.

Der Hauptgrund, warum Ökonomen so sehr für Privatisierung eintreten, liegt gar nicht in den Einnahmen aus dem Verkauf. Die Staatsschulden sind nämlich heute so aufgebläht, dass mit den Verkaufseinnahmen (welche Helmenstein vor allem in den Breitbandausbau stecken will) nicht einmal mehr fünf Prozent der Staatsschulden abgedeckt werden könnten.

Viel wichtiger für künftiges Wachstum sind die Folgen einer von kluger Regulierung der betroffenen Branchen begleiteten Privatisierung:

Ob Europa, wie Schüssel hofft, aber wirklich Privatisierungen zu einem „Schlüsselelement einer neuen Wachstumsagenda“ macht? Man zweifelt. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Politik jeden Privatisierung-Euro nicht in Schuldenabbau oder Infrastrukturaufbau steckt, sondern in weiteren Konsum, also in das bodenlose Fass des Wohlfahrtsstaats. Und noch viel wahrscheinlicher ist, dass es gar nicht zu Privatisierungen kommt. Eine ganze Armada von Profiteuren der Staatswirtschaft ist ja Tag und Nacht unterwegs, um Privatisierungen zu denunzieren. Obwohl sich diese in der Vergangenheit zu 95 Prozent als nachhaltig erfolgreich erwiesen haben.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Migrantenansturm: Wirksame und unwirksame Strategien

19. Oktober 2014 01:36 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europas weitaus größte Herausforderung ist heute die unerwünschte millionenfache Zuwanderung. Diese ist noch weit explosiver als die vielen ungelösten wirtschafts- und währungspolitischen Fragen und als das Wiedererwachen des russischen Expansionismus. Die Asylfrage ist der öffentlich am stärksten beachtete Teil dieser größten Völkerwanderung der Geschichte, freilich nicht der einzige.

Besonders große Sorgen macht der Asylwerberstrom vor dem Hintergrund zweier in den letzten Wochen rapide angewachsener Bedrohungen. Das ist einerseits die unheimliche Explosion der medizinisch noch unbehandelbaren Ebola-Epidemie in Afrika. Das sind andererseits die blutigen Massaker und Massenvertreibungen durch den „Islamischen Staat“ IS im Nahen Osten. Die Ängste der Europäer sind verständlich. Ein großer Teil der Asylwerber sind ja sunnitische Moslems; das ist genau jene Glaubensrichtung, aus welcher der IS seine Schlächter rekrutiert. Tausende IS-Kämpfer kommen schon aus der EU, wo sie einst als Asylanten aufgenommen worden sind.

Besonders viele von ihnen sind Tschetschenen aus Österreich. Das ist kein Zufall. Während die meisten anderen EU-Länder Tschetschenen (auch wegen deren Aggressivität) nie als Flüchtlinge aufgenommen haben, hatte Österreich lange ziemlich weit offene Tore für sie.

Was kann man aber jetzt tun? Der Streit um die quotenmäßige Aufteilung der Asylwerber berührt ja nur die Symptome des Problems. Wenn etwa in Österreich ständig Bundesländer und Gemeinden sagen „Ja schon, aber nicht bei uns“, dann reflektiert das kaum die Einstellung der Menschen. Diese sagen vielmehr immer öfter: „Nein danke, und schon gar nicht bei uns“. Den vielen lautstarken Gutmensch-Organisationen, die anders reden, die mit spitzen Fingern auf jene Gebietskörperschaften zeigen, die irgendwelche Quoten nicht erfüllt haben, stünde es gut an, selbst etwas zu tun. Also selbst Asylwerber unterzubringen. Immer nur auf Kosten anderer gut sein zu wollen, ist ziemlich heuchlerisch.

Besonders heuchlerisch verhielt sich aber in Hinblick auf die Flüchtlingsaufteilung auch Italien. Es bejammerte sich lange selbst, weil es am meisten unter der Migrantenlast zu leiden hätte. Was aber eine glatte Lüge war und ist. Denn Italien findet sich nicht einmal unter den zehn Ländern, die im Verhältnis zur Einwohnerzahl am meisten Asylwerber haben. In dieser Liste stehen auch nicht Spanien, Frankreich und Griechenland, also jene EU-Länder, welche eigentlich die ersten auf den „Flüchtlings“-Routen sind. Die also auch (gemäß den Dublin-Abkommen) die völkerrechtliche Pflicht hätten, Asylverfahren abzuwickeln.

Asyl-Shopping

Statt dessen nehmen diese Länder den meist von Schlepperbanden angelieferten Einwanderern nicht einmal die Fingerabdrücke ab. Italiens Behörden – oder die Mafia? – schiebt die Afrikaner und Asiaten heimlich, still und leise in andere Länder weiter. Auch die Schlepper selber schleusen ihre „Passagiere“ in der Regel gleich direkt dorthin, wo diese am besten betreut werden; wo sie die höchsten Chancen auf eine Asylgewährung haben; und von wo sie selbst bei negativen Asylbescheiden meist nicht abgeschoben werden.

Das nennt man Asyl-Shopping.

Mit Ausnahme der beiden Inselstaaten Malta und Zypern finden sich dementsprechend nur solche Länder in dieser Liste, wo Asyl-Shopping am meisten einbringt. An der Spitze steht das nordeuropäische Schweden mit seiner besonders idealistischen Tradition. Asylwerber müssen freilich eine ganze Reihe von EU-Staaten durchquert haben, bevor sie dort ankommen. Österreich steht bei den Aufnahmezahlen an vierter Stelle, was ebenfalls ein klarer Indikator für die großzügige Behandlung von Asylwerbern ist.

Die neue EU-Flüchtlingsstrategie

Folgerichtig hat EU-Präsident Italien jetzt bei der von ihm vorgelegten „Flüchtlingsstrategie“ das Thema Quoten und Aufteilung mit Schweigen übergangen. Und es beklagt auch nicht mehr, von den anderen EU-Ländern im Asylwerber-Regen alleine stehengelassen zu werden.

Was aber steht statt dessen in dieser neuen EU-„Strategie“, die recht rasch von allen EU-Ländern akzeptiert worden ist? Vor allem eines nicht: In ihr steht auch weiterhin keine funktionierende Antwort auf den millionenfachen Zustrom in die europäischen Wohlfahrtssysteme, sondern lediglich – oder: immerhin – ein paar winzige Schritte in die richtige Richtung.

  1. So will man nun den Kampf gegen Schlepperbanden verstärken (das heißt freilich indirekt auch das Eingeständnis, dass man solche Banden bisher unzureichend bekämpft hat).
  2. So sollen nun ankommende Asylwerber konsequent registriert werden, einschließlich der Abnahme von Fingerabdrücken (auch das war schon bisher – theoretisch – längst Rechtspflicht aller EU-Staaten, wurde aber insbesondere von Italien nicht getan).
  3. So sollen die EU-Außengrenzen besser überwacht werden, damit die italienische Marine-Aktion „Mare nostrum“ beendet wird (es wird de facto zugegeben, dass Mare nostrum Beihilfe zur Schlepperei ist; Italiens Schiffe übernehmen ja jene Menschen, die von den Schleppern auf hoher See ausgesetzt worden waren).

Man zweifelt, dass das alles wesentliche Auswirkungen haben wird. Man kann fast wetten: Würde wirklich versucht, ernst zu machen, lassen die Schlepper einfach wieder ein Schiff mit vielen Afrikanern an Bord untergehen – und schon werden wieder alle linken und katholischen Organisationen rufen: „Die EU ist schuld“. Und wieder würde kein Politiker, kein Medium sagen: „Nein, Europa ist nicht schuld, die Schlepper sind schuld, Europa kann nicht alle Zuwanderungswilligen dieser Welt aufnehmen.“ Vielmehr würde man die Beihilfe zur Schlepperei sofort wieder aufnehmen.

Harte, aber wirksame Strategien

Wirksam wären nur ganz andere Maßnahmen:

Wer noch immer glaubt, statt solcher Maßnahmen diese historische Herausforderung durch Wegschauen oder gar Mulitkulti-Geschwafel beantworten zu können, der ist ein Totengräber Europas und all seiner Werte. Oder er provoziert, dass in einigen Jahren auch Europa jene – unerfreulichen – Methoden gegen illegale Einwanderer anwenden muss, die in Australien oder Israel schon länger praktiziert werden: Das ist deren dauernde Internierung, weil man nur so weitere Migranten abschrecken kann.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Mehr Respekt für die Grande Nation bitte!

18. Oktober 2014 22:20 | Autor: Herbert Kaspar
Rubrik: Gastkommentar

Frankreich schafft es offensichtlich auch für 2015 nicht, die europäischen Budgetspielregeln einzuhalten. Eine Zurückweisung des Entwurfs, bzw. eine Strafe wäre die logische Folge. Wird die Kommission diesen – längst überfälligen – Schritt wagen? Wohl eher nicht, denn in der EU sind alle gleich, bis auf die, die gleicher sind, wie etwa Frankreichs Premier betont. Er verlangt „Respekt vor Frankreich“, denn „wir sind es, die über den Haushalt entscheiden“.

Er vergisst nicht, darauf zu verweisen, dass Frankreich „ein großes Land“ ist, das keine „Belehrungen zu guter Führung“ akzeptiere und meinte – so der Standard – wörtlich: „Ich fordere alle auf, die Ruhe zu bewahren und viel Respekt zu zeigen, vor allem die europäischen Partner.“

Als Österreicher, also als Bewohner eines nicht so großen Landes, dankt man für die Aufklärung. Und man erinnert sich an das Verhalten Frankreichs anlässlich der Sanktionen gegen Österreich anno 2000. Damals wurde weder Ruhe bewahrt noch mit Belehrungen gespart und es wurde nicht viel Respekt für ein Partnerland gezeigt, ja ihm sogar das Recht abgesprochen, über die eigene Regierung zu entscheiden.

Österreich hat halt den Fehler begangen, nicht rechtzeitig darauf zu schauen, ein großes Land zu werden und seine Politiker speziell in Arroganz und Chuzpe auszubilden.

Der Schuldensozialist als Währungshüter

Von damals ist auch ein Parteikollege des französischen Regierungschefs, ein gewisser Pierre Moscovici, als besonders übler Scharfmacher in Erinnerung. Dieser in mehrfacher Hinsicht fragwürdige Politiker ist nunmehr designierter EU-Kommissar für Wirtschaft und Finanzen, was die FAZ trocken kommentierte: „Ein Defizitsünder will Kommissar werden“. Und auch andere Medien kritisierten unter dem Motto „Der Schuldensozialist als Währungshüter“ die Tatsache, dass Frankreich „ausgerechnet den gescheiterten Finanzminister Pierre Moscovici als EU-Währungskommissar durchsetzen will“.

Ist doch logisch: ein französischer Kommissar wird gegenüber der Grande Nation keine Rügen aussprechen; kleinere Länder sollten sich aber wohl warm anziehen. Das hat Slowenien dieser Tage erfahren; mit seiner Kandidatin ist man ganz anders umgesprungen als mit dem „Pleitepolitiker“ Moscovici oder auch dem problematischen spanischen Kandidaten (aber Spanien ist ja auch ein großes Land!).

Wundert sich da noch jemand, dass sich immer mehr Bürger von dieser EU angewidert abwenden?

Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.

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Europas Mut gegen die Kleinen

17. Oktober 2014 00:05 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Gleich gegen zwei Mitgliedsstaaten hat die EU-Kommission jetzt ein Verfahren aufgenommen. Gegen Österreich und Ungarn. Mutig? Kaum. Denn gegen Frankreich, den weitaus schlimmeren Rechtsverletzer, eiert Brüssel ständig herum. Da ist man feige. Man will es sich doch mit einem der ganz großen Mitglieder nicht verderben. Und Paris hat ja schon gesagt, dass seine „Ehre“ auf dem Spiel stünde. Da schlottern der EU-Kommission gleich die Knie.

Diese Doppelbödigkeit ärgert viel mehr, als man sich über die Schritte gegen die beiden Kleinstaaten freuen oder ärgern kann. Dass die EU angesichts der ständigen gewaltigen Defizite Frankreichs untätig bleibt, hat überdies viel dramatischere Auswirkungen als bei den vermuteten Rechtsverletzungen durch die beiden Mitteleuropäer.

Dieses offensichtliche Nichtstun der EU gegen Frankreich wird nämlich auch viele andere EU- und Euro-Staaten aufs französische Beispiel einschwenken lassen. Sie werden also ebenfalls auf Struktur- und Wettbewerbs-Verbesserungen verzichten, damit immer tiefer in den Schuldenstrudel geraten und damit auch Europa immer weiter mit sich reißen. Das wird den Wert des Euro weiter nach unten treiben. Und das wird mittelfristig den Druck gewaltig erhöhen, dass andere Länder die französischen Schulden übernehmen müssen. Bis zum endgültigen Zusammenbruch von Euroland.

Da tröstet es einen Österreicher nur wenig, dass die EU-Kommission nun gegen Ungarn ein Verfahren eingeleitet hat, weil dieses Land ausländische, vor allem österreichische Landwirte bei deren durch „kreative“ Rechtskonstruktionen erfolgten Investitionen in Ungarn enteignen will. Das könnte zwar für ein paar Dutzend betroffener Austro-Bauern ein Happy-end bringen; das setzt vielleicht auch der nationalistischen Willkür der ungarischen Gerichte und Gesetzgeber ein deutliches Stopp-Signal. Das hat aber volkswirtschaftlich keine wirkliche Bedeutung. Und das richtet sich vor allem gegen ein kleines Land, das sich in Europa ohnedies in eine Außenseiterposition manövriert hat.

Der EU-Angriff auf Ungarn ist umso weniger ein Trost, als die EU gleichzeitig auch gegen Österreich vorgeht. Unter einem wirklich abenteuerlichen Vorwurf: Das Land sei nicht großzügig genug gegen türkische Immigranten. Man dachte eigentlich immer, noch großzügiger geht gar nicht mehr. Aber Brüssel weiß es offenbar besser.

Das liegt freilich ganz auf der linkskorrekten EU-Linie in Sachen Türkei: Hat doch die EU-Kommission gerade erst angekündigt, neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu eröffnen. Obwohl es alle anständigen Europäer von Tag zu Tag mehr ergrimmt, dass die islamistische Regierung in Ankara ihre De-Facto-Kooperation mit den Schlächtern vom Islamischen Staat offensichtlich intensiviert, und dass die Kurden ihr Überleben einzig den USA zu verdanken haben. Eigentlich wäre es aus diesem und vielen anderen Gründen längst überfällig, dass die EU das uralte Abkommen mit Ankara kündigt, auf das man sich nun beim Vorgehen gegen Österreich beruft, und die Beitrittsverhandlungen beendet.

Und als wäre dies alles nicht genug an neuem europäischem- Frust: Jetzt macht die Voest endgültig klar, dass sie eine weitere Verschärfung der CO2-Vorschriften durch die EU (konkret: durch den Europäischen Rat) nicht mehr tragen kann. Denn das würde dem Unternehmen 800 Millionen Dollar kosten. Darauf könne es im Interesse des eigenen Überlebens nur damit reagieren, dass es ganz aus Europa abzieht.

Dabei hat die Voest derzeit schon die weitaus umweltfreundlichsten Hochöfen Europas. Dabei beeinflusst das europäische Verhalten auf Grund der Größenverhältnisse die globale CO2-Bilanz praktisch überhaupt nicht. Dabei hat man schon in den vergangenen Jahrzehnten gesehen, dass weder Asien noch Amerika dem selbsternannten Möchtegern-Vorbild EU zu folgen bereit sind; sie ziehen ganz im Gegenteil eiskalt den Nutzen aus der ständigen europäischen Selbstbeschädigung.

Aber die populistischen europäischen Regierungschefs fürchten halt noch viel mehr als die selbstverschuldete De-Industrialisierung und wachsende Arbeitslosigkeit die Polemik grüner Erpressungs-NGOs und Boulevardzeitungen. Da treiben sie lieber Europa weiter in den Untergang.

PS: Der europäische "Mut" gegen die Kleinen hatte sich ja auch beim Abschuss der slowenischen Kommissions-Kandidatin durchs EU-Parlament gezeigt. Für deren Nachfolge haben die linkskorrekten EU-Abgeordneten eine einzige Anforderung gestellt: Es müsse wieder eine Frau sein. Die kriegen sie jetzt. Sie hat zwar nur einen Monat Erfahrung als Politikerin. Und sie gilt in Slowenien als "Schamanin". Alles wurscht. Hauptsache eine Frau.

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Jetzt auch Deutschlands Richtung: Bergab

16. Oktober 2014 01:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Einige Jahre lang war Deutschland Europas Leuchtturm: Die Reduzierungen des Wohlfahrtsstaats durch die Agenda 2010 brachten das Land auf die Überholspur – obwohl es gleichzeitig den bequemen Schlendrian Südeuropas finanzierte. Jetzt aber zeigen auch für Deutschland alle ökonomischen Indikatoren nur noch in eine Richtung: steil bergab.

Man sieht, wie schnell das geht. Im globalen Wettbewerb kann sich kein Land lange auf seinen Lorbeeren ausruhen. Deutschlands Lorbeeren waren ja keineswegs alt. Noch 2006/07 war das Land von schweren Krisen gebeutelt. Und praktisch alle deutschen Analysen zitierten voll Neid das Vorbild Österreich, das damals als Folge einiger schwarzblauer Reformen gut aufgestellt war. Seither erleidet Österreich freilich in allen Rankings und Trends eine steile Abwärtsfahrt, welche die Regierung nicht einmal versucht aufzuhalten. Und Deutschland stieg auf.

Warum aber geht es jetzt in Deutschland so steil hinunter? Die Ursachen:

Die SPD hat sich damit in vielem durchgesetzt. Sie glaubt halt, damit erstens Wähler zu gewinnen, und zweitens (gemäß dem alten keynesianischen Traumbuch), dass mehr Geld für Konsumausgaben die Wirtschaft ankurbeln würde. Aber das wirkliche Leben ist anders. Dadurch wurden nur die Investitionen abgewürgt. Denn Investoren sind ein scheues Reh. Sie bleiben sofort aus, wenn der Wohlfahrtsstaat über den Wettbewerbsstaat triumphiert. Selbst wenn die Staatskassen noch voll scheinen.

Wirtschaft und Konjunktur sind in erstaunlich hohem Ausmaß Psychologie, Stimmungssache. Sie reagieren auf die kleinsten Anreize. Und die Stimmung wird nicht gerade aufgehellt, wenn Frankreich und Italien Reformen immer nur versprechen, aber nie machen. Wenn die Europäische Zentralbank zum Financier der Schuldenmacher degeneriert ist. Wenn Russland imperialistische Feldzüge startet. Wenn niemand mehr das blutrünstige Wüten der Islamisten zu stoppen imstande scheint.

Dennoch sollte man die Hoffnung nicht aufgeben. Sigmar Gabriel, der Chef der am wohlfahrtsstaatlichen Fieberschub hauptschuldigen SPD, zeigt heute eine bemerkenswerte Bekehrung zur Marktwirtschaft. Finanzminister Wolfgang Schäuble, der einst den schweren Fehler der Milliarden-Hilfen für Griechenland begonnen hatte, wird von Woche zu Woche mutiger und härter zu den südeuropäischen Parasitenländern.

War der rapide Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ das entscheidende Wecksignal? Wie auch immer: Die negativen Zahlen aus Deutschland könnten doch noch eine sehr positive Wirkung haben.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Buchrezension: Staatsschuldenkrise und europäisches Strafrecht

11. Oktober 2014 23:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Die sich täglich weiter zuspitzende Staatsschuldenkrise der Europäischen Union ist das Musterbeispiel eines durch politische Interventionen in die Wirtschaft, namentlich eine verfehlte Geldpolitik, entstandenen Problems. Die Lösung der Schuldenproblematik nun herbeiführen zu wollen, indem die aufgelaufenen Schuldensummen noch weiter ausgedehnt werden, wie die Eliten in Staatskanzleien und Bankdirektionen das im Sinn haben, scheint keine besonders schlüssige Idee zu sein.

In der Welt glühender Etatisten – an staatlichen Universitäten unterrichtende Strafrechtsprofessoren, wie der Autor des vorliegenden Büchleins, zählen wohl dazu – pflegt man am Primat der Politik über die Ökonomie keine Sekunde lang zu zweifeln. Entsprechend fällt auch die Beschäftigung mit der Frage aus, wie finanziellen Verlusten, die durch die „Rettung“ von Staaten und Banken bislang entstanden sind, künftig ein Riegel vorzuschieben sei. Dabei steht nicht etwa der Schutz der legitimen Interessen jener Steuerzahler im Fokus, die bis zu drei Viertel der Früchte ihrer Arbeit beim Fiskus abzuliefern haben, sondern lediglich der „Schutz der Union“ und der Nationalstaaten. Nur (hoheitliche) Institutionen zählen. Menschen nicht.

Es geht um eine Verlagerung weiterer Kompetenzen nach oben – ins Zentrum des Euro-Imperiums. Ein gesamteuropäisches Strafrecht soll her, wenn auch (vorerst) nur für Betrügereien, die im Zusammenhang mit der Staatsfinanzierung begangen werden. Angezeigt scheint das allerdings nur als Folge grenzüberschreitender Transferzahlungen, deren Rechtmäßigkeit der Autor aber an keiner Stelle seiner Ausführungen in Frage stellt. Es handelt sich hierbei um das Muster einer Interventionskaskade mit Sperrklinkeneffekt.

Bei dieser weiteren Zentralisierung der Union handelt es sich, nach Meinung des Autors, um „…ein Wagnis, das nur Gewinne bringen kann.“ Fragt sich nur: Wem?! Dem ausgeplünderten Bürger der Nettozahlerstaaten wohl kaum. Dem würde allein ein sofortiges Ende der Transferunion nützen.

Doch Díez meint: „Mehr Europa, (und nicht weniger) ist die Lösung.“ Jedem für Freiheit in Verantwortung plädierenden, liberalen Individualisten wird sich bei diesem Satz, angesichts der bisher gezeigten, katastrophalen Performance der europäischen Institutionen beim Umgang mit der Schuldenkrise, das Haar sträuben. Anstatt die Ursachen der durch treulose Geldpolitik und großzügige Haftungsverlagerung zum europäischen Kollektiv (praktisch an Deutschland als Bürge und Zahler der Union!) bedingten Probleme und den daraus resultierenden Moral Hazard an der Wurzel zu packen, soll lediglich an den Symptomen einer anmaßenden Politik herumgedoktert werden. Das allerdings mit einer für Juristen typischen Gründlichkeit.

Wer sich dafür interessiert, wie „die da oben“ (die von Steuergeldern lebenden Parasitenklassen) ticken, dem bietet das vorliegende Bändchen viele erhellende Einsichten. Immerhin ist jedermann gut beraten, zu wissen, wie und was seine gefährlichsten Feinde denken…

Staatsschuldenkrise und europäisches Strafrecht
Carlos Gómez-Jara Díez
LIT-Verlag 2014
93 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-643-90499-7
€ 29,90,-

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Der IS-Blutrausch ist furchtbar? Dann tun wir doch was!

11. Oktober 2014 00:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die islamischen IS-Banden sind das Brutalste und Gewalttätigste, was seit Adolf Hitler, Josef Stalin und Dschingis Khan auf diesem Erdball sein Unwesen getrieben hat. Umso jämmerlicher und bestürzender ist, dass die Außenwelt außer scheinheiligem Jammern nichts tut – höchstens die eigenen Hosen randvoll zu füllen.

Kein Europäer soll sagen, es gäbe nichts, was man da angesichts der öffentlich zelebrierten Enthauptungen, des scheinbar unaufhaltsamen IS-Vormarschs, der Vergewaltigungen und Versklavungen noch machen könne. Man wolle ja nicht in den Krieg ziehen, heißt die billige Ausrede, um sich gleich jedes weitere Nachdenken zu ersparen. In den Krieg ziehen könnte man freilich sowieso nicht mehr, weil Europa in einem naiven Traum vom ewigen Frieden die eigenen Armeen weitgehend abgebaut hat.

Aber es wäre dennoch vieles nicht nur möglich, sondern auch notwendig, ohne dass man selber in den Krieg zieht. Ein kleiner Katalog wesentlicher Teile einer Strategie, die notwendig wäre, wenn sich Europa noch ernst nähme:

  1. Da die Kurden die einzigen sind, die auch am Boden tapfer gegen die IS-Horden kämpfen, und die Christen und Jesiden gerettet haben, sollte man ihnen in massiver Form Waffen liefern, auch schwere. Nur mit Verbandsmaterial können sie den Krieg nicht gewinnen.
  2. Europa sollte sofort alle Verbote kurdischer Parteien und Organisationen wie etwa jenes der PKK aufheben. Denn diese Organisationen haben seit langem in Europa nichts Böses mehr angestellt. Diese Verbote sind nur noch feige Liebedienerei gegenüber der Türkei.
  3. Da die türkische Regierung Tausende kurdische Freiwillige am Kampf gegen den IS hindert, da alle ausländischen IS-Kämpfer hingegen ungehindert über die Türkei anreisen konnten, da die türkische Armee von ihren Logenplätzen an der Grenze aus mit klammheimlicher Freude fußfrei und tatenlos zusieht, wie die Kurden vom IS massakriert werden, müsste Europa ganz anders mit Ankara reden. Die EU-Länder müssten beispielsweise demonstrativ Einreiseverbote gegen türkische Machthaber prüfen (wie sie richtigerweise gegen Exponenten der russischen Aggressoren im Ukrainekrieg verhängt worden sind). Jedoch die EU hat ausgerechnet jetzt verkündet, dass sie weitere Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit Ankara eröffnet. Blöder geht’s nimmer.
  4. Da er wenigstens teilweise dem IS-Wahnsinn standhalten konnte, da unter ihm die religiösen Minderheiten geschützt waren, und da er im Vergleich zum IS trotz vieler Verbrechen und problematischer Taktiken das weitaus geringere Übel ist, sollte man lieber heute als morgen die eigenen Irrtümer zugeben und eine Aussöhnung mit dem syrischen Diktator Assad suchen. Wer noch immer glaubt, einem islamischen Land – noch dazu von außen – Demokratie aufstülpen zu können, ist unerträglich naiv. Und hat aus der jüngeren Geschichte absolut nichts gelernt.
  5. In den EU-Ländern selber sollte man viel energischer gegen alle jene islamischen Organisationen wie auch die IGGiÖ vorgehen, welche die radikalen Entwicklungen unter den europäischen beziehungsweise österreichischen Moslems immer bemäntelt oder gar heimlich gefördert haben. Die hingegen alle modernen, europäischen und liberalen Formen des Islams vehement unterdrückt haben.
  6. Die europäischen Regierungen sollten insbesondere mutige und weise Moslems stärken wie etwa den österreichischen Theologen Ednan Aslan. Er hat jetzt in mehreren Interviews zu eindrucksvoller Klarheit gefunden. Er hat dabei ganz klar gemacht, dass sich der IS-Terror auf eine „gewalttätige, theologisch gut fundierte Ideologie“ stützen kann, also nicht nur spätpubertäre Verirrung ist. Er sorgt sich vehement, was in den islamischen Kindergärten und Schulen „fundamentalistische Koranlehrer“ an Unheil anrichten. Er weist darauf hin, wie viele der von Österreich unterstützten Islam-Lehrer die Scharia predigen, alle Verfassungen ablehnen und zu Antisemitismus aufrufen.
  7. Hört man Stimmen wie diese, sollte man auch dringend Behauptungen zurückziehen wie etwa die von Außenminister Kurz, dass das eh nicht der wahre Islam sei, der da mordet. Woher auch immer er wissen will, was der wahre Islam ist. Denn natürlich stehen im Koran viele massive Aufrufe zu Krieg und Gewalttätigkeit. Die man neben den vielen positiven Koran-Passagen (Barmherzigkeit und so) doch nicht ganz ignorieren darf.
  8. Gegen diesen Ausbund an Wahnsinn und Blutgier kann man nicht neutral sein. Und schon gar nicht hilft Neutralität gegen die islamistischen Aggressionen.
  9. Ganz dringend gehört ein viel strengeres Asylrecht implementiert; und Abschiebungen sollten viel öfter und konsequenter durchgeführt werden. Denn etwa in Österreich sind fast alle ausgereisten IS-Kämpfer auf dem Asylweg ins Land gekommen. Und was auch immer weltfremde Diplomaten und Juristen an Flüchtlingskonventionen und Abschiebeverboten alles festgehalten haben: Das Selbstverteidigungsrecht steht höher!
  10. Und nicht zuletzt sollten auch mehrere europäische Ideologien endlich ihre masochistischen Irrwege einsehen. Die da insbesondere sind:

Nichts von diesen Punkten ist ein Aufruf, junge europäische Männer in einen Krieg zu schicken. Es ist vielmehr die vielleicht letzte wirksame Strategie, um genau das doch noch zu verhindern. Wenn wir nichts tun, wird es sehr wahrscheinlich, dass unsere Söhne und Enkel das wieder auf sich nehmen müssen, was bei den beiden Türkenbelagerungen und den nachfolgenden Feldzügen Prinz Eugens zur Befreiung von halb Europa schon einmal notwendig war.

Am widerlichsten sind all jene, die bei jeder Bedrohung lautstark nach immer noch mehr amerikanischem Einsatz rufen, die bis zum letzten Amerikaner kämpfen wollen, die aber gegen jede eigene Aktivität Europas sind. Und die sich in weniger bedrohten Zeiten vehement über eine vermeintliche (unter Barack Obama ohnedies weitgehend aufgegebene) Weltpolizistenrolle und Vormachtstellung Amerika empören.

 

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Die miese Europa-Show

09. Oktober 2014 00:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Manche halten das ja für nachahmenswert, was da das EU-Parlament bei den Kommissions-Kandidaten tut. In Wahrheit ist es aber höchst problematisch, um nicht zu sagen mies. In vielerlei Hinsicht.

Es wird einem zum Beispiel fast übel, wenn man erkennt, wie sehr das EU-Parlament de facto von einer nie offen eingestandenen Packel-Koalition aus linken Christdemokraten und Sozialisten beherrscht wird, wobei die Grünen als Dauersouffleure fungieren (denen viele Korrespondenten nach dem Mund schreiben). Dabei sind die Christdemokraten etwa in Großbritannien gar nicht zur Wahl gestanden.

Macht nichts. Es gilt das uralte Parteien-Motto: Greifst du meine Leute an, dann räche ich mich an deinen. Der Waffenstillstand hat gehalten. Und zum Ausgleich zeigt man dann seine Möchtegern-Stärke halt umso heftiger gegenüber Kommissions-Kandidaten anderer politischer Herkunft.

Noch widerlicher ist eine andere jetzt offenkundig gewordene, aber ebenfalls nie wirklich zugegebene Tatsache: Es schadet nicht nur, wenn man von einer anderen politischen Gruppierung kommt, sondern noch viel mehr, wenn man aus einem kleinen Land kommt.

Daher wurde jetzt die linksliberale Slowenin Alenka Bratusek eiskalt abgeschossen, während die zehnmal üblere Besetzung des Wirtschaftsressorts durch den als Defizitmacher und Sünder wider alle Stabilitätsvereinbarungen berüchtigt gewordenen französischen Sozialisten Moscovici durchgewinkt wird. Moscovici ist links, kommt von einer der beiden großen Fraktionen und aus einem großen Land. Das genügt. Das sind drei Gründe, die skandalöseste Besetzung dieser Kommission nicht anzugreifen. Ob sich die EU-Abgeordneten dabei eigentlich noch in den Spiegel schauen können?

Die linke Parlaments- und Medienmafia wollte auch noch drei Konservative abschießen, hat es aber nicht geschafft. Vor allem gegen den ungarischen Kandidaten wurde wild gehetzt. Ihn hat offenbar trotz der Kleinheit Ungarns und trotz des Hasses der Linken gegen sein Land am Ende doch die Zugehörigkeit zur größten EU-Fraktion (nämlich der Europäischen Volkspartei) gerettet. Und an den konservativen Briten Hill wagte man sich letztlich doch nicht heran, obwohl die Linken schon die Messer geschliffen hatten. Denn dann wäre mit tausendprozentiger Sicherheit der EU-Austritt der solcherart provozierten Briten festgestanden. Daran will man doch nicht schuld sein.

Kandidaten kleiner Länder, wie etwa der Österreicher Hahn, tun gut daran, einer der beiden großen Fraktionen anzugehören und der anderen hinter den Kulissen jeden Wunsch zu erfüllen. Und vor allem tun sie gut daran, ein möglichst nichtssagendes Profil zu haben. Und das hat Hahn. Durch interessante inhaltliche Inputs ist er ja seit seiner Zugehörigkeit zur Kommission noch nie aufgefallen.

Was sollten jene Europäer aus den jüngsten Vorgängen lernen, die geglaubt hatten, durch Wahlabstinenz oder Stimmabgabe für Skurril-Parteien die EU zu bestrafen? Erstens, dass sich niemand in der EU bestraft fühlt; dort ignoriert man die Nichtwähler. Und zweitens, dass jetzt die Großfraktionen mehr denn je schalten und walten, wie sie wollen.

Auch die viel zahlreicher gewordenen europaskeptischen Abgeordneten im EU-Parlament haben sich bei der Kommissionswahl als völlig bedeutungslos erwiesen. Es zeigt sich: Wenn man gegen alles und jedes zu sein scheint, kann man am Ende überhaupt nirgendwo mehr mitreden. Dann wiegt man politisch viel weniger, als man eigentlich am Wahlabend gewesen ist.

Der Ärger über die Vorgänge im EU-Parlament heißt nicht, dass Frau Bratusek eine gute Wahl wäre. Ganz im Gegenteil: Die Art, wie sie zur slowenischen Kandidatin geworden ist – nämlich durch Selbstnominierung –, war ziemlich widerlich. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass das EU-Parlament in seiner Profilierungsgier wie die alten Götter ein maßgeschneidertes Menschenopfer bekommen hat.

PS.: Noch eine Erkenntnis ist erstaunlich: Wenn die Machtspiele der großen Fraktionen und großen Länder toben, ist plötzlich die feministische Hysterie des Sommers vergessen, dass es viele weibliche Kommissare geben müsse. Dann schießt man auch eine Frau eiskalt ab, selbst auf das Risiko hin, dass dann ein Mann nachkommen könnte.

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Hilfe, die Politik reguliert uns ökosozial zu Tode!

07. Oktober 2014 01:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europas und Österreichs Wirtschaftsdaten stürzen nach der ohnedies deprimierenden Stagnation des letzten Jahrzehnts jetzt sogar steil nach unten. Nach oben schießen lediglich die Arbeitslosenzahlen und der Wert fremder Währungen. Genau in diesem Zeitpunkt lässt die Politik eine neue Sturzflut extensiver ökosozialer Regulierungen über Europa und Österreich hereinschwappen. Diese werden Hunderttausende Arbeitsplätze kosten. Aber natürlich wird daran so wie immer die Politik unschuldig sein und irgendwem anderen die Schuld daran geben (am liebsten einem diffusen Gespenst namens „Neoliberalismus“, obwohl man nicht einmal sagen kann, was das eigentlich ist).

Haupttäter sind die EU-Abgeordneten. Im letzten Parlament waren sie zusammen mit der EU-Kommission geradezu von einer Regulierungspsychose besessen, deren Folgen meist erst nach den Wahlen sichtbar werden. Aber auch Österreichs Parlamentarier trugen und tragen ein ordentliches Scherflein zur zwänglerischen Vorschriftenwut bei.

Besonders drastisch wird das Regulieren bald in der Gastronomie zu spüren sein, selbst beim kleinsten Würstelstand und Zuckerl-Geschäft: Bei allen verkauften Lebensmitteln müssen sie nämlich künftig – wie Pharmakonzerne bei einem Medikament – alle Inhaltsstoffe angeben. Das hat jetzt schon eine ganze Reihe von Unternehmern überzeugt: Bevor sie sich das antun, sperren sie lieber ganz zu. Allein an diesem Wochenende bin ich ohne sonderliche Recherche sechs Restaurants/Kaffeehäusern/Geschäften begegnet, die gerade für immer zugesperrt haben. Und wetten: Im Dezember werden noch viel mehr aufhören.

Denn dann müssten sie nämlich alle Allergene in irgendwelchen Speisen schriftlich kundtun. Sie müssten diese in all ihren Speiskarten nennen oder zu den Zuckerln Beipackzettel legen. Allergene sind etwa Sellerie, Eier, Milchprodukte, Krebstiere oder Nüsse und vieles andere mehr. Nicht gerade ausgefallene Sachen.

Gewiss: Es gibt Menschen, die irgendetwas davon nicht vertragen. Aber bisher musste sich diese kleine Minderheit um ihr Problem selbst kümmern, künftig müssen das alle. Für die einen entstehen gewaltige Kosten (was Gasthaus-Besuche noch teurer machen wird); die anderen geben eben auf.

Ähnlichen obrigkeitlichen Zwang übt die Politik beim Thema Rollstuhlfahrer auf. Viele Millionen Euro müssen da bei einem einzigen Gebäude aufgewendet werden, um es mit aufwendigen Rampen-Konstruktionen leicht zugänglich zu machen. Um das gleiche Geld könnte man auf viele Jahrhunderte Träger engagieren, die jeden (der ja nicht allzu häufigen) Rollstuhlbenutzer behutsam ins Gebäude hineinhieven oder tragen. Aber das hätte halt dem modischen Slogan widersprochen, dass man alles „Ohne Hilfe“ machen will. Um jeden Preis.

Besonders gern doktern die politischen Überregulierer auch am Kinderbetreuungsgeld herum. Denn einigen Sozialmanipulierern ist es zuwider, dass noch immer viel häufiger Mütter als Väter dieses Geld in Anspruch nehmen. Obwohl die Politik doch das Gegenteil angeordnet hat. Sie will allen bis ins privateste Familienleben hinein ihre ideologischen Vorstellungen aufzwingen. Sie will mit allen Mitteln den Willen jener Familien brechen, die lieber auf ihre eigene Weise leben wollen.

Besonders aggressiv wird von den Regulierungswütigen auch an allen Schrauben herumgedreht, die das Arbeiten in einer Firma feinsteuern sollen. So sollen jetzt die Unternehmen zunehmend zu Quoten gezwungen werden, also zu von der Politik diktierten Prozentsätzen für den Anteil der einzelnen Geschlechter. Bei Behinderten hat das die Politik schon getan. Und wenn einmal dieser Damm gebrochen ist, wird es natürlich bald auch Quoten für Zuwanderer, Moslems und Schwule geben. Und wieder wird man sich wundern, dass das nicht gerade die Lust von Unternehmern erhöht, überhaupt aktiv zu werden.

Schon durchgesetzt haben sich die Regulierungsfanatiker bei der Arbeitszeit der Ärzte. Diese wird jetzt gesetzlich so stark reduziert, dass es in vielen Spitälern bald zu wenig Ärzte geben wird. Denn selbst wenn sich manche Spitäler die Anstellung zusätzlicher Mediziner leisten könnten, um die neuen Arbeitszeitlimits einzuhalten, gibt es weit und breit keine Ärzte, die man überhaupt anstellen könnte (weil man wegen der viel besseren Verdienstmöglichkeiten ins Ausland abgewandert ist). Die Gesundheitsversorgung droht zwar zusammenzubrechen, aber Hauptsache, man hat den Vorschriften-Dschungel des Wohlfahrtsstaats noch dichter gemacht.

Das Regulieren ist des Politikers größte Lust. Diese Erkenntnis macht auch klar, warum sich immer mehr Politiker gegen internationale Schiedsgerichtsvereinbarungen wehren. Denn wenn es einmal wirklich neutrale Schiedsgerichte für Streitigkeiten zwischen einem Staat und einem Investor gibt, kann die Politik nicht mehr ungehindert das miese Spiel spielen: Zuerst zeigt sie sich von der nettesten Seite, um Investoren hereinzuholen; sobald diese aber im Land sind, ändert man willkürlich die Gesetze, um die Investoren auszurauben. (Wer glaubt, dass sei nur in der Dritten Welt so, nicht aber in EU-Ländern, der schaue nur, wie es österreichischen Investoren in Ungarn geht: Bauern, Banken, Lebensmittelhändler – alle werden dort jetzt ausgenommen wie eine hilflose Weihnachtsgans. Und sie haben keine realistische Chance, vor den staatlichen Gerichten Ungarns Recht oder zumindest eine faire Behandlung zu bekommen).

Glühbirnen; Duschköpfe; Rauch-Verbote; Gurtenpflicht; Genderzwang an Unis und Schulen; Geländer auf allen Dächern rund um die Schornsteine; Vorschriften über doppelte Aufzugstüren in Wien oder über die Beschaffenheit von Kindersitzen: Immer wilder werden die totalitären Anmaßungen der Regulierer.

Aber jedes Mal, wenn Wahlen sind, verspricht die Politik Besserung: Jetzt sei sie klüger geworden, werde mit dem Unsinn aufhören und Deregulierung praktizieren.

In Wahrheit aber tut sie zynisch das exakte Gegenteil. Wie eine Gouvernante glauben die Machthaber, die Menschen führen, lenken, zwingen zu müssen.

Die Freiheit der Menschen steht nur noch auf dem Papier. Und die Meinungsfreiheit steht nicht einmal mehr dort. Denn Kritiker von Schwulen-Ehe und -Adoption, oder der Masseneinwanderung aus Dritte-Welt-Ländern müssen zunehmend damit rechnen, im Gefängnis zu landen. Als Extremist, als Rassist, als Homophober, als Diskriminierer. Mehr als 200 Jahre nach der französischen Revolution erreicht der Terror der selbsternannten Tugendwächter wieder neue ungeahnte Höhen. Wieder diktieren Politiker, was man zu sagen oder denken hat.

PS: Der ÖVP-Obmann will jetzt allen Ernstes die alte Oberregulierer-Phrase von der „ökosozialen Marktwirtschaft“ zum „Erneuerungs“-Slogan seiner Partei machen. Das hat Christoph Neumayer (Industriellenvereinigung) kürzlich treffend wie süffisant so kommentiert: „Mit der „ökosozialen Marktwirtschaft“ hat die Volkspartei schon in den Neunziger Jahren Wahlen verloren.“ Freilich: Um sich ständig noch mehr Regulierungen und Freiheitseinschränkungen einfallen zu lassen, eignet sich das Allerweltsvokabel „ökosozial“ perfekt.

 

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Das Heil kommt nicht aus der Notenpresse!

06. Oktober 2014 23:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Je mehr Geld es gibt und je schneller es umläuft, desto besser. Dann brummt der Konsum und wir alle werden dadurch reich. Deshalb ist es auch gut, dass die Zinsen von weisen Notenbankern nach unten, möglichst auf Null Prozent, manipuliert werden, um auf diese Weise dem groben Unfug des Sparens entschlossen entgegenzuwirken. Denn Wohltäter ist, wer sich verschuldet; Der Sparer dagegen ist ein Parasit am Volkskörper!

Schließlich entzieht er der Wirtschaft durch seinen schändlichen Verrat heimtückisch das wichtigste Treibmittel. Außerdem kann natürlich nur eine weiche Währung eine gute Währung sein, da ein niedriger Wechselkurs bekanntlich die Exporte begünstigt und Importe verteuert. Fest steht: Exporte sind eine tolle Sache, und Importe grundsätzlich Werke des Teufels.

So oder so ähnlich lässt sich jenes Amalgam merkantilistisch-keynesianischer Voodoo-Ökonomie zusammenfassen, das uns von der großen Mehrheit der politischen Eliten und Finanzgurus pausenlos serviert wird. Dementsprechend sieht auch die Politik des ganz und gar unter politischer Kuratel stehenden Bankensektors aus: Geld ist derzeit so billig wie noch nie.

Doch langsam aber sicher mehren sich die Stimmen der Mahner, die vor den verheerenden Folgen der immer weiter zunehmenden Geldschwemme warnen. Die beiden Ökonomen Hans-Werner Sinn, Chef des Münchener ifo-Instituts, und Jürgen Stark, unter Protest von seinem Vorstandsmandat der EZB zurückgetretener Ex-Notenbanker, zählen dazu.

In seinem soeben erschienenen Buch „Gefangen im Euro“ geht Sinn mit der EZB-Politik hart ins Gericht. Die allein auf das Ziel der Wahrung der Währungsstabilität verpflichtete EZB habe gleich gegen mehrere Prinzipien verstoßen: Die Rettung von Staaten und die monetäre Staatsfinanzierung stünden dabei an erster Stelle dieser Verstoße. Banken um jeden Preis zu retten, anstatt sie, wie jedes andere insolvente Unternehmen, in Konkurs gehen zu lassen, gehöre ebenfalls nicht zu ihren Aufgaben.

Was indes keiner dieser Ökonomen und Kritiker der lockeren Geldpolitik bisher offen ausgesprochen hat: Hinter all dem Übel steckt die (unheilbare?) „demokratische Krankheit“ (© Christoph Braunschweig): Die Zurückdrängung und Ausschaltung individueller Haftung für Fehlentscheidungen aller Art und die Kollektivierung der daraus resultierenden Kosten. Wenn alle mitzureden haben, ist am Ende keiner verantwortlich.

Das demokratische Dogma lautet nun einmal, dass die Mehrheit immer Recht hat. Und die Mehrheit bestimmt die Marschrichtung – ohne Rücksicht auf noch so hohe Verluste der marginalisierten Minderheit. Die Mehrheit der Staaten Europas aber hängt an der Nadel namens lockere Geldpolitik.

Was das für die (wenigen) verbliebenen Nettozahler der Union bedeutet, liegt auf der Hand: Sie werden von den über die Mehrheit gebietenden Transferempfängern gnadenlos über den Tisch gezogen. Damit allerdings hat der aufrechte Demokrat ja jede Menge Erfahrung. Wie im Kleinen – im modernen demokratischen Wohlfahrtsstaat – so im Großen: in der supranationalen Transferunion: Die Zahler haben bei allgemeinem, gleichem Stimmrecht nichts zu melden…

Was auffällt: Kein bei klarem Verstand befindlicher Mensch wird die kollektive Haftung der Hausgemeinschaft eines Mietshauses für die Verbindlichkeiten eines moralisch minderwertigen Mitbewohners gutheißen. Jedermann wird instinktiv begreifen, dass dies geradezu einer Einladung zur Sorglosigkeit und einer Bestrafung solider Haushaltsführung gleichkommt. Welches Motiv hat denn der Einzelne, ordentlich zu gebaren, wenn doch stets andere für ihn geradestehen müssen?

Niemand kommt auf die Idee, von „Solidarität“ zu schwadronieren, wenn eine Gruppe arbeitsamer und sparsamer Menschen gegen ihren Willen dazu genötigt wird, dauerhaft einen spielsüchtigen Trunkenbold in ihrer Nachbarschaft zu finanzieren. Jeder wird das als Ungerechtigkeit begreifen.

Bedauerlicherweise aber ändern sich die Voraussetzungen völlig, wenn die Kollektive größer – und damit unüberschaubar – werden. Die demokratische Wahl einer (private Eigentumsrechte mit Füßen tretenden) sozialistischen Partei stellt keinen Akt der Solidarität mit Unterprivilegierten und Minderbemittelten, sondern vielmehr einen indirekten Raubüberfall auf hart arbeitende Leistungsträger dar. Diese werden in der Folge – ungefragt – zur Finanzierung von Müßiggängern, Minderleistern und (Sozial-) Bürokraten verurteilt. Das wird der Mehrheit entweder nicht bewusst oder es wird – schlimmer noch – von ihr sogar gutgeheißen, weil ihr die potentiellen Raubopfer nicht persönlich bekannt sind!

An dieser Stelle stellt sich für Hans-Werner Sinn die Gretchenfrage: Die Euro-Zone muss sich die Frage stellen, „wie man mit schwarzen Schafen umgeht, wenn die schwarzen Schafe in der Mehrheit sind". Es kann indes kein Zweifel daran bestehen, dass die schwarzen Schafe ihre Interessen auf Kosten ihrer weißen Artgenossen ungeniert durchsetzen werden.

Die Frage des „Umgangs mit den schwarzen Schafen“ stellt sich in der Demokratie nicht. Die tun nämlich einfach, was sie wollen, weil sie über die Mehrheit verfügen. Die ernüchternde Wahrheit ist: So und nicht anders funktioniert die zeitgenössische Ochlokratie. Als beinharte Diktatur der Mehrheit!

Nachdem die seit Jahren von der EZB betriebene Zinsmanipulation – zum namenlosen Verdruss des Brüsseler Politbüros – die erhoffte Wirkung nicht gezeigt hat, nachdem also sowohl Investitions- als auch Konsumboom ausgeblieben sind, steht uns in der nächsten Eskalationsstufe mutmaßlich der großzügige Ankauf dubioser Staatsanleihen durch diese famose Organisation ins Haus. Damit sollte der Weg zu von jeder Fessel befreiten, uneingeschränkten Eingriffen der Politik in die Wirtschaft und ins Leben jedes einzelnen Bürgers endgültig geebnet sein.

Gottlob machen unsere weisen Obertanen nie etwas falsch und handeln keinesfalls je im eigenen Interesse. Sie werden diesen ungeheuren Machtzuwachs also nur absolut selbstlos und zum Besten ihrer unmündigen Untertanen einsetzen – ganz bestimmt.

Die „Südländer“ der Eurozone fordern lautstark und unermüdlich die Produktion immer mehr neuen Geldes. Fatalerweise ist der Chef der EZB, Mario Draghi, ein archetypischer Freund der italienischen Oper, einer ihrer zuverlässigsten Sachwalter. Außerdem wurde ja auch der EZB-Rat der Segnungen der Demokratie teilhaftig – Entscheidungen im Sinne der Transferempfänger sind daher jederzeit sichergestellt. Das ist insofern wunderbar, weil Griechenland, Spanien, Italien, Portugal und Frankreich bekanntlich entschieden zu teuer produzieren und deshalb nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Quantitative easing, Weichwährungspolitik und Wechselkursverschlechterung werden diese Länder also der Notwendigkeit entheben, schmerzhafte, strukturelle Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen. Alles wird gut – dank der genialen Politik der Geldsozialisten von der EZB.

Einige klitzekleine Schönheitsfehler bleiben freilich: Den Außenwert der europäischen Währung zu verschlechtern, führt einerseits zur Konservierung ineffizienter Strukturen in den maroden Staaten, und andererseits beschert es den Bürgern – europaweit – massive Kaufkraftverluste.

Hans-Werner Sinn sieht „zwei verlorene Jahrzehnte“ auf Europa zukommen. Am Beispiel Japans kann man bewundern, was wohl auch der EU bevorsteht: Eine Jahrzehnte lange Zeit anhaltende Stagnation, der mit einer noch so lockeren Geldpolitik (der von den Wettbewerbern in Übersee selbstverständlich mit einem Abwertungswettlauf gekontert wird) einfach nicht beizukommen ist.

Was würde uns Lord Keynes – vor den rauchenden Trümmern seiner grandiosen „General Theory“ stehend – heute wohl erzählen…?

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Brauchen wir europäische Menschenrechte?

06. Oktober 2014 01:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist eine längst notwendige Diskussion, die da jetzt die britischen Konservativen angestoßen haben: Ist die Entwicklung der europäischen Menschenrechtsjudikatur noch akzeptabel? Ist es richtig, dass über den nationalen Gerichten auch noch ein Europäischer Menschenrechts-Gerichtshof steht? Auch wenn man nicht immer ihrer Meinung ist, so muss man den Briten dankbar sein, dass sie diese Debatte angestoßen haben.

Ähnlich kritische Fragen zu diesem EGMR hat im vorigen Jahrzehnt in Österreich auch schon der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel aufgeworfen. Jedoch damals ohne viel Echo. Seine Nachfolger begriffen wohl nicht einmal die Problematik.

Gerade bei den Briten ist es nicht nur Nationalstolz und die allgemein aufwallende Anti-Europa-Stimmung, die sich gegen diesen Gerichtshof wendet. Dabei hat dieser gar nichts mit der auf den Inseln so unbeliebt gewordenen EU zu tun (deren Parlament die Briten gerade jetzt wieder durch den Widerstand gegen den nominierten britischen EU-Kommissar provoziert – was nur zu einem noch dringenderen Austrittswunsch der Briten führen wird).

Soll sich ein Staat, der so fair war wie Großbritannien, ein völlig korrektes und freies Unabhängigkeitsreferendum in Schottland zuzulassen, fremden Richtern unterwerfen? Diese kommen ja nicht nur aus Ländern wie Spanien, das gerade jetzt immer härter gegen die katalanischen Selbstbestimmungs-Forderungen vorgeht. Sie kommen auch aus problematischen Balkanstaaten und postsowjetischen Semidiktaturen in Asien, wo es nicht die geringste rechtsstaatliche Tradition und Erfahrung gibt.

Überdies sind alle EGMR-Richter durch rein politische Entscheidungen ihrer jeweiligen Regierungen entsandt worden. Sie waren vorher oft nicht einmal Richter (Beide Vorwürfe können und müssen freilich auch dem österreichischen Verfassungsgerichtshof gemacht werden).

Solche Richter sollen über grundlegende Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit oder das Recht auf ein faires Verfahren entscheiden? In der Tat kann man die Briten verstehen, dass sie ihre Grundrechte bei der heimischen Justiz mit ihrer totalen Unabhängigkeit besser aufgehoben sehen als bei diesem Straßburger Gericht.

Die Judikatur dieses Gerichtshofs hat sich in eine sehr problematische Richtung entwickelt. Die Rechte von Zuwanderern und Asylwerbern wurden immer überspitzter ausgebaut. Bei dieser Frage treffen sich offensichtlich die ideologischen Traumvorstellungen linker Richter und die ihrer Kollegen aus solchen (östlichen) Ländern, in die niemand zuwandern will, aber aus denen viele Menschen auswandern.

Während sich das Gericht als weitgehend wehrlos angesichts der vielen politischen Strafurteile etwa in Russland erweist, hat es Kinkerlitzchen durchgesetzt wie etwa das Recht von Häftlingen, an Wahlen teilzunehmen. Das Straßburger Gericht verhindert auch oft die Abschiebung von Terroristen. Österreich kann heute nicht einmal Drogenhändler abschieben, deren Asylantrag abgewiesen worden ist, wenn in ihrer Heimat auf Drogenhandel die Todesstrafe steht.

Das in der Menschenrechts-Konvention stehende „Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens“ ist vom EGMR überhaupt zum größten Tor auf Zuwanderung uminterpretiert worden, dem Recht auf Familienzusammenführung. Dieses Recht steht zwar nirgendwo im Text der Konvention, aber diese EGMR-Judikatur hat inzwischen Millionen von Asiaten und Afrikanern die Zuwanderung nach Europa ermöglicht (ein einziger legaler Gastarbeiter konnte in Extremfällen sogar mehr als hundert Menschen legal hereinholen!).

Viele dieser Entwicklungen sind extrem bedenklich. Aber meist wurden sie nur hinter vorgehaltener Hand kritisiert. Galt man doch immer nur dann als guter Mensch, wenn man über diese Entwicklung jubelte.

Ihre Ursache ist nicht nur die extrem problematische Zusammensetzung der Richterbank, sondern auch die generelle Lust von Juristen, immer mehr und immer detaillierter zu regeln. Das geschieht oft aus reiner – vielleicht nicht immer ganz bewussten – Machtlust. Das führt zur schrittweisen Entmachtung der demokratisch legitimierten Gesetzgeber (egal ob diese repräsentativ oder direkt-demokratisch agieren).

Viele Juristen würden sich offenbar als überflüssig fühlen, würde sich der Menschenrechts-Gerichtshof auf die in der europäischen Menschenrechts-Konvention festgehaltenen Dinge konzentrieren und beschränken. Wie etwa auf die diversen Freiheitsrechte, das Verbot der Folter oder das Recht auf Leben (das freilich bei Abtreibungen nicht geschützt wird).

Und dennoch tendiert man als Österreicher alles in allem doch noch für einen Verbleib in diesem Gerichtshof. Die Migrations-fördernde Gutmenschpolitik der heimischen Richter würde die realitätsfremde Linie des EGMR nämlich auch ohne diesen fortsetzen. Und in Hinblick auf die Meinungsfreiheit ist der EGMR in Österreich de facto der einzige Schutz gegen politische Willkür.

Die Meinungsfreiheit war hierzulande einst sehr vom Denken eines Obrigkeitsstaates eingeschränkt. Erst Straßburg hat viele Gerichtsurteile aufgehoben, mit denen Politiker (wie etwa auch noch ein Bruno Kreisky) Kritiker zu knebeln versucht haben. Auch heute ist Straßburg – noch? – ein teilweise funktionierendes Bollwerk gegen die Versuche, die links-grüne Korrektheit per Gesetz zu oktroyieren und jeden Verstoß dagegen zu strafen.

Freilich ist das nach Abwägen aller Pro und Kontras auch schon fast der einzige valide Grund, die Anti-EGMR-Linie der britischen Konservativen nicht zu teilen. Und jedenfalls ist es extrem positiv, dass nun dank der Briten auch öffentlich eine kritische Debatte über die skizzierten Fehlentwicklungen beginnen dürfte. Ob sie freilich auch konkrete positive Folgen haben wird – sei es eine vernünftigere Judikatur, sei es die Entmachtung der Regierungen bei der Richterbestellung? Man zweifelt.

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Studieren macht arbeitslos

05. Oktober 2014 01:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Hunderte Male haben es Politiker behauptet. Und wir alle haben es nachgebetet: Studieren erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist aber in Österreich seit einiger Zeit eine Unwahrheit.

Denn ein Blick in die Statistiken der EU (Eurostat) zeigt Erstaunliches. Die Arbeitslosenquote der 25- bis 29-Jährigen weist bei jenen mit „tertiärem Abschluss“ (also auf Deutsch: einem Uni-Abschluss) für das Vorjahr eine Arbeitslosenquote von 6,4 Prozent auf. Bei jenen mit „Sekundär-II-Abschluss oder postsekundärem Abschluss“ liegt er hingegen bei signifikant niedrigeren 5,5 Prozent. Das sind etwa Maturanten von AHS und BHS, Handelsschüler, Lehr-Absolventen, Krankenschwestern; also bis auf die (mangels anderer Optionen überwiegend an die Unis wechselnden) AHS-Absolventen lauter Jugendliche mit gezielt berufsorientierten Ausbildungen.

Das besonders Dramatische an diesem Zahlen ist nicht nur, dass sie ein verbreitetes Weltbild zum Einsturz bringen, sondern auch, dass Österreich damit ziemlich alleine dasteht. Lediglich in Italien ist es auch so, dass mit einem Uni-Diplom die Berufschancen schlechter sind als nach einem Sekundär-II-Abschluss.

Gewiss: Diese Zahlen beziehen sich auf die Jahre unmittelbar nach dem Studium. Später gibt es schon noch die relativ niedrigen Akademiker-Arbeitslosenzahlen.

Das zeigt freilich: Erst nach Jahren der erfolglosen Job-Suche kommen manche Uni-Absolventen im Arbeitsmarkt unter. Also wenn sie es dann deutlich billiger geben, wenn sie nicht mehr auf eine studienadäquate Beschäftigung hoffen, sondern wenn sie ein oder zwei Stufen tiefer in die Konkurrenz um die knapp gewordenen freien Arbeitsplätze einsteigen. Wenn sie dann beispielsweise nicht mehr hoffen, als Archäologe (nach einem gewiss spannenden Studium) einen Job zu finden, sondern bereit sind, den einst „nur“ aus Handelsschulen kommenden Sekretärinnen Konkurrenz zu machen. Oder wenn sie dann als Politologe eben Taxifahren.

Viel von dieser postakademischen Arbeitslosigkeit wird – etwa aus familiärem Schamgefühl – getarnt. Man bezeichnet sich nicht als arbeitslos, sondern studiert halt ewig weiter, man beginnt Master- oder Doktorats-Studien, ganz neue Studienrichtungen, man macht da oder dort bei einem befristeten Projekt ohne fixe (oder gar gute) Anstellung mit.

Eine bemitleidenswerte Generation. Sie wird an den Unis in zukunftsarme Studien gelenkt oder gehalten. Viele Professoren und Assistenten sagen ihnen dort: „Ihr werdet schon was finden“ – und verschweigen, dass sie selbst aus Eigeninteresse an hohen Studentenzahlen interessiert sind.

Aber auch die Qualität mancher Studien und Professoren ist erbärmlich. Unlängst sagte mir ein frustrierter Absolvent: „Außer peniblem Gendern mit unzähligen Binnen-I und Schrägstrich-Formulierungen habe ich an der Uni nichts wirklich gelernt. Und auch das musste ich im wirklichen Leben rasch wieder verlernen, um mich verständlich zu machen.“ Immer wieder kommt mir da auch das Entsetzen einer AHS-Direktorin in den Sinn, die bei einer jungen und an sich sehr netten Kollegin nach ein paar Monaten Unterricht entdeckt hat, dass diese nicht Französisch kann. Obwohl sie das laut Diplom studiert hatte.

Viele junge Menschen werden aber auch durch falsche Ratschläge vor Studienantritt in die Irre und künftige Arbeitslosigkeit geleitet. Wie oft haben etwa AHS-Professoren ratsuchenden Maturanten geraten: „Studier ruhig, was dir Spaß macht, was dich interessiert.“ Dieser Rat erweist sich in Zeiten einer immer schlechter werdenden Wirtschaftslage als ein teuflischer.  

PS: Um keinen falschen Eindruck zu erwecken und auch die positiven Fakten zu nennen: Insgesamt sind ist in allen Ländern außer in der Schweiz und Deutschland die diversen Messzahlen für Arbeitslosigkeit durchwegs viel höher als in Österreich. Das kann dann doch wieder einigermaßen beruhigen.

 

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Ein Bankrott, den die Politik noch immer zu verschweigen versucht

01. Oktober 2014 00:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Zugegeben: Man hat die Fakten in den nun veröffentlichten Zahlen über Österreichs Finanzlage geschickt zu verstecken verstanden. Aber in der Summe zeigt sich ein absolut katastrophales Bankrott-Bild über die wahre Lage des Landes. Und zugleich werden viele Politikerlügen widerlegt.

Die acht wichtigsten Fakten und Erkenntnisse:

  1. Eigentlich hätte es seit jeher selbstverständlich sein sollen: Schulden der ÖBB sind dem Bund anzurechnen und die der Wiener Linien der Gemeinde Wien. Wer soll denn sonst dafür haften und diese Schulden irgendwann abdecken? Es kann doch niemand ernstlich glauben, dass die ÖBB oder die Wiener Linien (und zahllose andere staatsnahe Betriebe) jemals rückzahlungsfähig sein werden. Bis jetzt fand aber dennoch die Hineinrechnung dieser Schulden in die Staatsschulden nicht statt. Nur um besser dazustehen, hat man jahrzehntelang verlogen geschummelt. Und erst ein internationales Abkommen zwingt jetzt die Staats-Statistiker zu etwas mehr Ehrlichkeit.
  2. In unzähligen Reden hat die SPÖ, vor allem Werner Faymann, ständig behauptet, die heutigen Staatsschulden (und der folgende Spardruck) seien wegen der „Rettung“ der Banken entstanden. Und viele linke Journalisten haben das nachgebetet. Schließlich ist Bankenprügeln immer populär. Die nun veröffentlichen Statistiken zeigen aber die Wahrheit: Bisher hat die Summe der Schulden durch das Bankenpaket nicht einmal zehn Prozent der gesamten Schulden ausgemacht (Wobei der Großteil in Staatsbanken wie die Hypo geflossen ist). Wieder kann man nur ein Wort finden: verlogen.
  3. Die am meisten beklemmende Zahl über die Staatsausgaben lautet: 45 Prozent. So viel beträgt der Anteil der Sozialausgaben an den gesamten staatlichen Ausgaben. Das macht eindeutig klar, dass ohne Beschränkungen der Sozialausgaben (Pensionen, Grundeinkommen, Pflegegeld usw.) keine relevanten Einsparungen möglich sein werden. Aber insbesondere die SPÖ will davon weiterhin absolut nichts wissen. Man will sich doch bei der Wählerbestechung nicht stören lassen.
  4. Vor allem der ÖGB tut so, als ob die Arbeitnehmer einen ständig größer werden Anteil an den Steuern tragen müssten, während die „Reichen“ immer weniger beitragen. Die Wahrheit schaut anders aus: Im Vorjahr stiegen die Lohnsteuereinnahmen des Staates zwar um 3,9 Prozent. Aber die Einnahmen aus Einkommens- und Vermögenssteuern nahmen um 4,6 Prozent zu.
  5. Eine Analyse der statistischen Daten macht wieder einmal anschaulich klar, wie bitter wir heute die Rechnung für die Kreisky-Androsch-Politik zahlen müssen (die dann auch nach ihnen noch eine Zeitlang weiterging). Diese beiden „Finanzgenies“ hatten ja die Devise ausgegeben, dass man lieber eine Milliarde Schilling mehr an Schulden machen soll, als tausend Arbeitslose mehr zu haben. Man hat daher diese Schulden gemacht – und mit diesem Geld auch Wahlen gewonnen. Heute freilich hätten wir ohne Zinsen (also noch ohne Rückzahlungen!) für den staatlichen Schuldendienst einen jährlichen Überschuss von 3,6 Milliarden Euro. Damit wäre eine Steuersenkung schon gegenfinanziert, ohne neue Schulden und Steuern.
  6. Jeder Österreicher (einschließlich der Kleinkinder und der Greise) ist mit 33.596 Euro durch den Staat verschuldet. Und wenn man die Staatsschulden nur auf die Erwerbstätigen aufteilt, sind das sogar 59.978 Euro.
  7. Ganz versteckt wird man jetzt auch damit vertraut gemacht, dass am Ende des heurigen Jahres die Höhe der Staatsschulden bereits 87 Prozent des BIP ausmachen dürfte. Eine bisher nie auch nur annähernd genannte abenteuerliche Zahl! Sie rückt Österreich in Expresstempo an Italien und Griechenland heran. Nur zum Vergleich: In den schwarz-blauen Jahren unter dem Sparkanzler Schüssel konnte diese Quote (die seit Kreisky/Androsch ständig gestiegen war) hingegen von 68 auf 60 Prozent gedrückt werden.
  8. Wer glaubt, dass die EU bei dieser Talfahrt in die Katastrophe in irgendeiner Hinsicht eine Rettung wäre, sollte sich mit dem neuesten Vorhaben der Europäischen Zentralbank befassen: EZB-Präsident Mario Draghi setzt sich nach seriösen Informationen jetzt dafür ein, dass die EZB nun auch letztklassige Ramschpapiere aus Griechenland und Zypern aufkaufen soll. Da fehlen einem wirklich die Worte.

All diese Fakten zeigen nur eines: ein Megaversagen der Politik. Und dieses Versagen spüren die Bürger schon längst: 70 Prozent haben wenig oder gar kein Vertrauen in die heimische Politik. Und das Misstrauen in die EU-Politik ist noch höher.

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Rettung allerorten – nur wer rettet die Retter?

30. September 2014 00:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europas Wirtschaftsdaten zeigen deutlich nach unten. Und das nach einer nur erhofften, nie wirklich eingetretenen Erholung von der seit 2008 dauernden Krise. Speziell im Euro-Raum geht es abwärts. Im Grund hat Europa alles falsch gemacht, was nur falsch zu machen ist. Das trifft sowohl die Wirtschafts- als auch die  Finanzpolitik.

Beim Geld haben sich die unterschiedlichen, jeweils von der Politik ausgehenden Impulse wechselseitig neutralisiert. Das ist die logische Folge von undurchdachtem Horuck-Populismus. Hauptakteure dabei waren das Europaparlament und die Europäische Zentralbank.

Von dieser EZB werden auf Verlangen des Parlaments nun europaweit intensive Stresstests bei allen größeren Banken durchgeführt. Dabei geht es immer um Dasselbe: Haben Banken zu leichtfertig Kredite vergeben, die sie in Gefahr bringen könnten? Tun sie das noch immer? Sind ihre Geldpölster für die Zukunft ausreichend dick?

Auf den ersten Blick ist das mehr als legitim. Nur: Woran sieht man im Vorhinein, welche Kreditvergabe leichtfertig ist? Können das irgendwelche willkürlich fixierte Kennziffern objektiv überprüfen? Wie bewertet man einzelne Risiken? Hat die EZB hellseherische Gaben? Kann das alles nicht der, der einen Kredit vergibt, selbst viel besser beurteilen als die Heerscharen der ausgeschwärmten Stress-Tester? Vergrößert eine europaweit uniformierte Bewertung nicht noch viel mehr das – sowieso immer bestehende – Klumpenrisiko?

Was passiert, wenn eine Bank den Stress-Test nicht besteht? Wenn kein Eigentümer neues Geld zuschießt, zuschießen kann, muss die Bank abgewickelt werden. Das ähnelt stark einem Konkurs. Das heißt: Irgendwer muss zahlen. Die „Banken“, wie Populisten allerorten rufen, können nicht, sonst wäre ja eine Abwicklung unnötig.

Wenn man die „Gläubiger“ schröpft, dann sind das meist die Sparer und die Unternehmen der Realwirtschaft, die ihren Geldverkehr (zur Abgaben-, Lieferanten- und Lohnzahlung) bei dieser Bank haben. Das bedeutet eine Katastrophe für alle Sparer, löst fast immer einen Domino-Effekt an weiteren Konkursen und Massenarbeitslosigkeit aus.

Vor alldem fürchtet sich die Politik panisch und versucht es um jeden Preis zu vermeiden. Daher werden wohl weiter Banken auf Steuerkosten „gerettet“. Solche Rettungsaktionen hat zwar jetzt neben allen Links- wie Rechtspopulisten auch der Papst (der freilich von Wirtschaft rein gar nichts versteht) scharf gegeißelt. Aber diese "Bankenrettungen“ sind ja deshalb erfolgt, weil man eben Sparer, Unternehmen und Arbeitsplätze retten wollte. Man kann nichts geißeln, wenn man nicht sagt, wer einen Schaden sonst tragen soll.

Diese Stress-Tests, die vorgeben, für die Zukunft solche Bank-Abwicklungen zu verhindern, haben freilich nur eines bewirkt: Europas Banken vergeben noch viel restriktiver Kredite, als sie das schon seit 2008 tun. Am liebsten nur dann, wenn jemand gar keine Kredite braucht. In allen anderen Fällen fürchten Banken ja, wegen Leichtfertigkeit selbst in die Ziehung zu kommen.

Regierungen und Zentralbank, die durch ihre übertriebenen Stress-Tests die Kreditklemme selbst ausgelöst haben, äußern sich schizophrener Weise gleichzeitig verzweifelt über diese Kreditklemme. Und damit doch Kredite in die lahmende Wirtschaft fließen, überschüttet die Zentralbank seit Jahren die Banken mit Gratisgeld.

Das hat aber nicht die erhofften Konsequenzen, obwohl die EZB längst selbst zu einer wackelnden Bad bank geworden ist. Das Gratisgeld fließt jedenfalls weiterhin kaum in Unternehmen. Es geht vielmehr in Staatsanleihen. Staaten sind ja angeblich laut internationalen Vereinbarungen risikolos (obwohl das gar nicht stimmt, wie Zypern, Argentinien & Co beweisen). Daher kann den Banken nicht von irgendwelchen Prüfern vorgeworfen werden, zu leichtfertig zu sein.

Insgeheim freuen sich die Regierungen natürlich riesig über das billige Geld, weil sie sich jetzt extrem billig weiter verschulden können (womit sie weiter ihre Wählergruppen-Bestechungsaktionen fortsetzen können).

Vielerorts stagniert die Nachfrage nach Krediten aber ohnedies aus ganz anderen Gründen als der Zurückhaltung von Banken. Unternehmen trauen sich immer seltener, im Euroraum zu investieren, was ja immer mit Risiko verbunden ist (das Politiker und ahnungslose Kommentatoren überdies noch gern als Spekulation denunziert). Aber ohne Risiko entstehen keine Arbeitsplätze.

Reformen blieben aus

Womit wir bei der Wirtschaftspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten als Hauptursache der Dauerkrise gelandet sind. Die meisten Regierungen haben in den letzten Jahren die Reformen, die Unternehmen endlich wieder ermutigen würden, immer nur rhetorisch versprochen. Etwa in Österreich ist seit 2008 keine einzige umgesetzt worden. Noch dramatischer ist diese Diskrepanz zwischen leeren Ankündigungen und der Realität in Frankreich und Italien, also in zwei der drei größten Länder des Euroraums.

In diesen Krisenländern wirkt noch immer die jede Besserung verhindernde Macht der Gewerkschaften. Diese haben sämtliche Reformen verhindert, ob es nun um eine Flexibilisierung des Arbeitsmarkts geht, eine Sanierung des Pensionssystems, ein marktgerechtes Wohnungsrecht, einen Verzicht auf teure Wohlfahrts-Goodies, den Abbau tausender bürokratischer Regulierungen (von den Arbeitsinspektoraten bis zu den unzähligen Pflicht-Statistiken) oder die Privatisierung von teuren Staatsbetrieben.

All diese Reformverweigerungen belasten die Wirtschaft enorm. Das alles muss diese aber zugleich auch noch selbst über die abschreckend hohen Steuern und Abgaben finanzieren, die sie und ihre Mitarbeiter abliefern müssen.

Als ob das noch nicht genug an Beton an Europas Beinen wäre. Dazu kommen noch jene Erschwernisse, die auf ökologischen Ängsten basieren. Das sind etwa die nur hier existierenden Verbote von fast allem, was mit Gen, Hormon, Atom oder Fracking zu tun hat. Dabei hat etwa letzteres in den USA die Energiepreise auf ein Drittel des europäischen Niveaus absinken lassen. Und so die Investitionen in Amerika sprunghaft nach oben katapultiert.

Zu allem Überdruss glaubt Europa auch noch, das Weltklima im Alleingang retten zu können. Das ist absurd, da die meisten anderen Weltregionen nicht mitziehen. Europa allein kann aber – selbst wenn alle Klima-Alarmisten recht hätten – praktisch überhaupt keine Auswirkungen auf dieses Weltklima erzielen.

Eine Katastrophe ist schließlich auch, dass Europa seine Tore (und Häfen) jährlich für Hunderttausende Zuwanderer, pardon: Flüchtlinge aus der Dritten Welt geöffnet hat. Diese vergrößern nicht nur die ständig wachsende europäische Arbeitslosigkeit immer mehr. Sie verursachen dem freigiebigsten Sozialsystem der Welt auch gewaltige Kosten und reduzieren das Niveau der Sicherheit im einst stabilen Europa.

Migranten wie Sozialsystem wie Bankengläubiger werden ständig gerettet. Rettung da, Rettung dort: Aber wer rettet am Ende dann Europa?

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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FN 691 : Die Mittäter der Schlepper bleiben unangetastet

24. September 2014 16:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nur sehr bedingt kann man gratulieren, wenn in einer großen internationalen Aktion jetzt mehr als Tausend Mitglieder von Schlepperbanden festgenommen worden sind.

So toll die Polizei da auch international gearbeitet hat, so viele Täter auch in Ungarn und Albanien erwischt worden sind, so klar bleibt: Die wichtigsten Kanäle, über die täglich rund tausend illegale Immigranten nach Europa kommen, sind überhaupt nicht verstopft worden. Die führen nämlich übers Mittelmeer nach Süditalien. Die dick und fett kassierenden Schlepper agieren weiter völlig unbehelligt in Nordafrika. Noch viel schlimmer: Es geht auch weiterhin niemand gegen deren Mittäter in Europa vor. Man wagt diese nicht einmal zu kritisieren: Die italienische Marine, die im Meer Beihilfe zu diesem organisierten Verbrechen leistet, indem sie den Schleppern den schwersten Teil der Arbeit abnimmt. Jene italienischen Behörden, welche die Afrikaner und Asiaten ohne die rechtlich vorgeschriebene Erfassung heimlich nach Norden weiterschiebt. Die riesige – auch im kirchlichen Raum aktive – Asylindustrie, die ebenfalls Beihilfe zur illegalen Einwanderung leistet. Die Gutmenschpolitiker (auch etwa in der europäischen ÖVP-Fraktion), die das fördern. Und zumindest indirekt auch all jene Medien, welche illegale Einwanderer prinzipiell als „Flüchtlinge“ bezeichnen.

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Warum Ökonomen immer scheitern

22. September 2014 01:02 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europa kommt nicht und nicht aus der nun schon über sechs Jahre dauernden Krise. Es rätselt verzweifelt, warum das so ist. Eine wichtige, wenn auch unbeabsichtigte Antwort auf diese Frage ist im inneren Widerspruch zwischen zwei Aussagen zu finden, die der deutsche Wirtschaftsforscher und oberste Regierungsberater Marcel Fratzscher jetzt gemacht hat.

Er verteidigt erstens vehement die Milliarden-Hilfen für Griechenland & Co. Und er verlangt zweitens ebenso vehement massive Strukturreformen in einzelnen EU-Staaten. Auch viele andere Ökonomen machen ähnliche Aussagen und begreifen nicht den Widerspruch. Denn: Ökonomen verstehen nichts von Politik und politischer Psychologie. Politiker und Medien verstehen aber wiederum nichts von Ökonomie.

Die getadelte Reformverweigerung gibt es nämlich gerade wegen der Milliarden-Rettungsaktionen, selbst wenn man diese in der Ökonomen-Logik begründet. Warum sollte eine Regierung unpopuläre Reformen machen, die zu Wahlniederlagen führen, wenn ohnedies immer Retter bereitstehen? In der politischen Logik (meist eine parteipolitische) handeln die Reformverweigerer also durchaus richtig.

Ein weiterer sich hier zeigender Fehler vieler Ökonomen ist ihr Kommunikationsdefizit. Sie sprechen viel zu technisch und nennen Dinge fast nie beim Namen. Sie reden etwa immer nur von „Strukturreformen“. Das Wort klingt harmlos, wenn man nicht dazusagt, was eigentlich gemeint ist: der Abbau einiger Wohlfahrtsleistungen, Selbstbehalte bei der Krankenversicherung, ein deutlich höheres Pensionsantrittsalter, leichtere Kündigungsmöglichkeiten, zuschlagsfreie Überstunden, der Abbau Tausender bürokratischer Regeln, globaler Freihandel. Und so weiter.

Würde man das so konkretisieren, wäre man sofort mit Protesten konfrontiert. Das tun sich die meisten Ökonomen nicht an und bleiben lieber im wissenschaftlichen Elfenbeinturm. Viele von ihnen können sich auch gar nicht konkret ausdrücken, sondern nur technokratisch.

Die Ökonomen haben zwar richtig erkannt, dass Frankreich und Italien Europas weitaus schlimmste Reformverweigerer sind. Aber sie begreifen nicht – ihr dritter Fehler –, dass diese beiden Länder politische Schwergewichte in der EU sind. Während kleine Länder wie Irland, Portugal und Griechenland und überraschenderweise auch das mittelgroße Spanien zumindest einen Teil der von ihnen verlangten Reformen nolens volens gemacht haben und so langsam wieder Boden unter den Füßen bekommen, lassen sich Frankreich und Italien nicht einmal ansatzweise unter Druck setzen. Dazu sind sie zu stolz und groß. Sie machen einfach nur immer weiter Schulden und keine Reformen, gegen die etwa die Gewerkschaften protestieren würden.

Die europäischen Milliarden-Rettungsaktionen zeigen sich mehr denn je als folgenschwerer Fehler. Sie haben das Prinzip Eigenverantwortung abgeschafft. Das begreift aber offenbar nur, wer nicht nur Ökonomie, sondern auch die Kausalitäten der politischen Psychologie versteht.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Wirken die Sanktionen gegen Russland?

17. September 2014 13:18 | Autor: Andreas Unterberger

Zu den europäischen Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen. Wirken sie? Worin bestehen sie eigentlich genau? Und welche Rolle spielen die Atomwaffen in dem Krieg? Zu all diesen Aspekten befragt Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.

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Schottland ist die Freude des Jahres

14. September 2014 00:58 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wunderbar und hocherfreulich: Die Schotten entscheiden jetzt selbst über ihre Unabhängigkeit. In diesem traurigen Jahr 2014 gab es wohl keine auch nur annähernd so positive Entwicklung. Dabei würde ich selbst als Schotte für den Verbleib bei Großbritannien stimmen. Ich würde mich aber auch ohne große Depressionen einer anders entscheidenden Mehrheit beugen.

Dieses Referendum zeigt, dass man dort im dritten Jahrtausend angekommen ist. In Großbritannien sind die Bürger nun wirklich der entscheidende Souverän. Und nicht mehr Monarchen, Regierungen, Adelige oder einige Parteien, an welche die Menschen im wahrsten Sinn des Wortes ihre Stimme abgegeben haben.

Besonders beeindruckend ist auch, wie intensiv und diszipliniert – natürlich auch scharf und pointiert, witzig und emotional – die Schotten in den letzten Monaten ihre Meinungen ausgetauscht haben. Wie sie die eigene dabei vertieft oder auch aus guten Gründen geändert haben.

Genauso wäre ein faires und freies Referendum auch die einzige gute Lösung für die Ukraine. An Stelle des Zusammenpralls der Nationalismen und des blutigen Eroberungskriegs Russlands.Oder des explosiven Status quo.

Die schottische Abstimmung sollte auch ein gutes Beispiel für Spanien sein. In Katalonien streben ja viele Menschen – nach einer ebenfalls drei Jahrhunderte alten staatlichen Gemeinsamkeit – jetzt ebenfalls Referendum und Unabhängigkeit an. Das wäre dort übrigens viel besser nachvollziehbar. Denn die einst Habsburg-treuen Katalanen sind von den Truppen der (jetzt noch den spanischen König stellenden!) Bourbonen einst militärisch besiegt und auch seither in ihrer Identität immer wieder brutal verfolgt worden. Besonders etwa während der Franco-Zeit. Ähnliches hat es in Schottland nie gegeben.

Die Parallelen zwischen Katalonien und Schottland gehen noch viel weiter. Da wie dort dominieren wirtschaftliche Argumente; beide Regionen glauben, dass sie in ihrem jetzigen Staat Nettozahler sind. Viele meinen daher, dass sie von der Unabhängigkeit gewaltig profitieren würden.

Dieser Glaube ist freilich trügerisch. Denn er übersieht die gewaltigen Kosten jeder Eigenstaatlichkeit. Diese reichen vom Aufbau einer eigenen Administration, Gesetzgebung und Armee bis zur teuren Währungsfrage. Die Mitgliedschaften in EU und Nato sind hingegen nur ein Scheinargument. Sie werden nach einigen Verhandlungsmonaten wohl bestehen bleiben beziehungsweise neu entstehen.

Es gibt noch eine verblüffende Parallele: In Schottland wie Katalonien steht der Nationalismus trotz seines nicht gerade solidarischen Regionalegoismus links. Die Unabhängigkeitsverfechter versprechen massive Wohlfahrtsprogramme und treten für multikulturelle Immigration ein.

Hingegen sind da wie dort in den Zentralregierungen konservative Parteien an der Macht. Diese kämpfen vehement gegen die Sezession. London nur mit Argumenten; das sehr nationalistische Madrid möglicherweise auch mit blutigen Mitteln. Parteipolitisch ist das übrigens nicht ganz logisch: Rein rechnerisch würden ja etwa die Konservativen viel bessere Chancen haben, die Mehrheit in Westminster zu behalten, wenn die Schotten mit ihren Labour-Abgeordneten und Linksnationalisten auszögen.

Überall sonst in Europa sind regionale, sezessionistische, autonomistische, identitäre Bewegungen jedenfalls eher rechts angesiedelt. Siehe etwa Flandern. Siehe Padanien (das von der Lega Nord angestrebte Norditalien). Siehe die Ungarn in der Slowakei und Rumänien. Siehe auch Südtirol. Dort sind sofort rechte Parteien entstanden und haben massiven Zulauf bekommen, als die einst konservative Südtiroler Volkspartei immer linker geworden ist.

In all diesen Gebieten wird aber unabhängig von ideologischen Fragen die schottische Entwicklung genau verfolgt. Und alle betroffenen Zentralregierungen würden im eigenen Interesse und dem des Friedens gut daran tun, sich künftig nicht mehr gegen demokratische Selbstbestimmung zu sträuben.

Sezessionisten sollten umgekehrt endlich aufhören, den Menschen für die Zeit der Unabhängigkeit das Herumfliegen gebratener Tauben zu versprechen. Aber, wo Regionen ethnisch, sprachlich, religiös unterdrückt waren oder sind, wo sie sich zumindest emotional total anders fühlen als der restliche Staat, ist die Unabhängigkeit der weitaus weisere Weg. Trotz seiner Steilheit.

PS: Größe ist übrigens absolut kein Gegenargument gegen Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Wer das bezweifelt, blicke etwa nach Liechtenstein oder Singapur, in zwei der absolut reichsten Länder der Welt.

 

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Die Pferdeeisenbahn AUA

11. September 2014 11:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Juristisch war das vernichtende Urteil gegen die AUA erwartbar gewesen und es ist auch in sich logisch. Wen kümmert es schon bei einem europäischen oder österreichischen Gerichtshof, dass als Folge dieses Urteils – und vieler anderer Fehlentscheidungen – die einst stolze österreichische Fluglinie künftig in der Geschichtsschreibung nur noch in einem Atemzug mit den einstigen Steyr-Baby-Pkw und der Pferde-Eisenbahn genannt werden wird?

Aber jetzt schon sollte man die Verantwortlichen für all das nennen, was geschehen ist und vor allem was jetzt weiter geschehen wird:

Wer sich nicht reformiert, sondern Utopien, Ideologien und Freunderlwirtschaft nachhängt, geht unter. Dagegen können weder Paragraphen noch Urteile schützen.

Ach ja, jetzt wird sicher wieder beteuert werden: Eh alles nicht so schlimm. Aber reden wir in ein paar Jahren weiter und sehen die wirklichen Folgen! Niemand wird nämlich dem schlechten Geld noch gutes nachwerfen, etwa um den Ankauf neuer Flugzeuge zu finanzieren.

 

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Die EU geht erstmals offen auf Regulierungskurs

10. September 2014 16:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Ressorts der neuen EU-Kommission und ihre Besetzungen machen endgültig klar, wohin der Kurs der Union geht. Der seit Wochen tobende Zorn, wie schwach die Funktion eines EU-„Außenministers“ besetzt worden ist, wird durch diese neuen Entscheidungen von Kommissionspräsident Juncker noch vervielfacht.

Dabei ist der Umstand, dass Johannes Hahn jetzt für EU-Erweiterungen zuständig wird, nur amüsant, nicht weiter relevant. Denn es ist ja fix, dass es in dieser Periode keine Erweiterungen geben wird. Aber Hahn ist ja auch in der letzten Periode nicht weiter aufgefallen. So wie das ganze EU-Mitglied Österreich seit Ursula Plassniks Veto gegen einen Türkei-Beitritt.

Überaus signifikant und beklemmend ist hingegen, dass es nun erstmals in der Geschichte Europas einen „Vizepräsident für Bessere Regulierung“ gibt. In den letzten Jahren war in Europa wenigstens noch hie und da von Deregulierung die Rede, von Entbürokratisierung, von Subsidiarität (also Kompetenzen-Transfer nach unten). All das findet in der neuen Kommission nicht einmal mehr rhetorisch statt. Dieser neue Regulierungs-Kommissar steht dort sogar an hierarchisch besonders hoher Stelle.

Das Beiwort „Bessere“ macht die damit von der EU zum offiziellen Ziel erkorene Regulierung keineswegs besser. Wurde doch noch bei jeder Regulierung behauptet, dass diese gut, besser, am besten wäre. Sie war aber fast immer das Gegenteil. Nicht nur bei Glühbirnen und Duschköpfen.

Mit diesem Akzent macht die EU alle Hoffnungen zunichte, dass die europäische Wirtschaft sich endlich wieder positiver, freier entwickeln, also wachsen könnte. Regulierung ist das genaue Gegenteil von Entfesselung.

Dazu passt es haargenau, dass ausgerechnet der Franzose Moscovici für Europas Wirtschaft und Finanzen zuständig gemacht worden ist. Genau dieser Moscovici war in den letzten Jahren in der französischen Regierung hauptverantwortlich für die dortige wirtschaftliche Katastrophe, die immer mehr ganz Europa mitreißt. In Frankreich gab es unter ihm nur immer mehr Schulden, immer höhere Steuern. Offenbar ein idealer Leistungsausweis für einen hohen EU-Job.

Wer glaubt, dass diese Kommission noch im EU-Parlament gestoppt werden wird, irrt wohl. Aus drei Gründen:

  1. Erstens dürfte in den letzten Monaten sowieso schon alles ausgepackelt worden sein. Es wird vom Parlament höchstens noch pro forma ein Kommissar aus einem unwichtigen Land abgeschossen werden.
  2. Zweitens sind ja die EU-Parlamentarier selbst die allergrößten Regulierer.
  3. Und drittens haben sie in der Kommissionbildungs-Phase nur ein einziges Anliegen ventiliert: eine Geschlechterquote. Fähigkeiten und Kompetenz der nominierten Kommissare sind dem Parlament hingegen völlig wurscht gewesen.

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Warum traut sich niemand, Italien zu kritisieren?

10. September 2014 02:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die österreichische Innenministerin schließt – trotz des Schengen-Vertrags – Grenzkontrollen nicht mehr aus. Mit gutem Grund: Das Nachbarland Italien bricht seit Monaten eiskalt seine Verpflichtungen in Sachen illegale Migration. Dieser Rechtsbruch gäbe Österreich den Anspruch, Grenzkontrollen gegenüber Italien einzuführen. Diesen Anspruch gibt es freilich – juristisch wie moralisch – nur dann, würde man Italien, seine Rechtsbrüche und seine Heuchelei konkret beim Namen nennen.

Das geschieht jedoch nicht. Man hört nicht einmal leisesten Widerspruch, wenn sich Italien ständig selbst in die Gutmenschpose wirft. Es begründet diese Pose damit, dass es täglich oft Tausende Afrikaner und Asiaten aus dem Mittelmeer "rettet". Was zwar edel klingt, was aber eindeutig eine Kollusion mit den Schlepper-Banden ist, die diese Menschen davor transportiert haben. Die Banden agieren von den islamistisch kontrollierten Küsten Libyens aus. Sie kooperieren wahrscheinlich mit der Mafia und kassieren jedenfalls von den Migranten heftig ab. Vor allem aber wissen sie, dass Italiens Marine ihnen entscheidend hilft.

Italien, die Medien und all die involvierten Gutmensch-Organisationen – die von Schleppern kaum mehr zu unterscheiden sind – reden aber nicht gerne über diese Zusammenhänge. Und schon gar nicht wird darüber gesprochen, was eigentlich anschließend mit diesen „Geretteten“ passiert. Zu diesem Thema herrscht absolutes Schweigen, auch in jenen Medien, die behaupten, „investigativ“ zu sein.

Rechtlich wäre aber völlig eindeutig, was nach der Landung dieser Menschen zu geschehen hat:

Diesen „Flüchtlingen“ wird vielmehr ständig beim Untertauchen geholfen, etwa durch Eisenbahn-Fahrkarten. Wer genau die Helfer sind, wird nur schwer zu beweisen sein. Vermutlich sind es staatlich finanzierte Gutmensch-Vereine. Die Zielorte liegen jedenfalls immer in Österreich und vor allem Deutschland. Dort nehmen die Asylwerberzahlen dramatisch zu (siehe etwa den wilden Streit zwischen der Republik Österreich und den Bundesländern um „Aufnahmequoten“).

Jetzt ist dem deutschen Bundesland Bayern als Hauptbetroffener der Kragen geplatzt. Seine Regierung verlangt, dass Österreich diese illegalen Ströme besser kontrollieren soll. Worauf jetzt die Innenministerin in Wien und ihr Parteichef erstmals „in Erwägung“ ziehen, dass man an den Grenzen wieder kontrolliert. Aber kaum hatten die beiden das auch nur angedeutet, kam schon die befürchtete Ablehnung. SPÖ und Grüne sind weiterhin gegen alles, was die Zuwanderung behindern könnte.

Trotz der systematischen Vertragsverletzungen durch den südlichen Nachbarn hat bisher kein einziger österreichischer Politiker Italien zu kritisieren gewagt. Der Außenminister ist auf Tauchstation. Noch ärgerlicher verhält sich der Bundeskanzler: Er hat zwar soeben in der EU den (ebenfalls sozialdemokratischen) italienischen Regierungschef in Sachen EU-Kommission auffallend intensiv unterstützt, aber er kommt nicht auf die Idee, irgendeine Gegenleistung zu verlangen. Aber auch die Oppositionsparteien sprechen die italienischen Sauereien nicht konkret an.

Österreich lässt sich lieber herumschubsen, statt Ross und Reiter endlich beim Namen zu nennen.

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Das Jammern der Bauern

09. September 2014 00:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Bauernvertreter und ihr Minister haben in den letzten Wochen das getan, was sie immer am besten können: Sie haben gejammert und wegen der russischen Maßnahmen gegen die EU von dieser Geld verlangt. Russland hatte ja als Reaktion auf die EU-Maßnahmen (die vor allem den Finanzsektor und Personen des Machtsystems treffen) Retorsionen gegen landwirtschaftliche Produkte aus Westeuropa und Nordamerika verhängt. (Mit nachträglicher Ergänzung)

In Moskau und bei Nahrungsmittel-Händlern hat man aber gewusst: Russland trifft sich damit vor allem selber. Es kann trotz riesiger Landflächen seine Menschen ohne die EU nicht ernähren. Das besorgt die dortigen Machthaber viel mehr als ihr mit dieser Maßnahme begangener Verstoß gegen Vorschriften der WTO, der Welthandelsorganisation. WTO-Verfahren dauern schier ewig und werden daher nicht ernst genommen. Die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln muss Putin hingegen sehr ernst nehmen.

Russland gab deshalb zum einen bald wieder einzelne EU-Produkte frei. Es erlaubte vor allem seinen Lieferanten aus Nicht-EU-Ländern die Verwendung von EU-Produkten. Damit verdient freilich jetzt dieser Zwischenhandel mit. Als Folge zahlen die Russen jetzt schon im Schnitt zehn Prozent mehr für Lebensmittel. Das wird - trotz des russischen Nationalismus - für die Moskauer Machthaber zum wachsenden Problem.

Das Jammern der westlichen Bauern war hingegen weitgehend überflüssig. Wenn sie nicht über andere Länder liefern können, entschädigt sie die EU. Was im Gegensatz zu den sonstigen Agrarsubventionen voll berechtigt ist.

Besonders skurril war hingegen im Zuge dieses Jammerns der Appell des österreichischen Ministers Rupprechter. Er forderte allen Ernstes, dass die Österreicher 40 Millionen Äpfel im Jahr mehr essen. Und er meinte das ernst.

Weißrussland, Moskaus engster Verbündeter, ist wegen massiver Menschenrechts-Verletzungen einst ebenfalls mit Sanktionen belegt worden; dafür nahm Minsk damals ähnlich wie Russland heute an der EU Rache und beschloss seinerseits Sanktionen. Diese wurden bisher via Russland umgangen. Heute haben sich diese Umgehungsgeschäfte umgedreht.

Jetzt wird halt nicht mehr via Russland nach Weißrussland geliefert, sondern umgekehrt. Heute steht Russland viel ärger da als Weißrussland, es verletzt nicht nur reihenweise Menschenrechte, es überfällt auch Nachbarländer. Umgekehrt steht dadurch Weißrussland selbst heute fast völlig außer jeder Kritik (dass ausgerechnet in diesen Tagen das deutschen Fenrsehen zur besten Sendezeit Kritik daran übt, dass Weißrussland Möbel für Ikea herstellt, ist da nur noch so skurril wie ein eingefrorener Posthornton).

Weißrussland hat nun seinen Importstopp für Rinder aufgehoben. Bisher war der offizielle Grund dieses Stopps ein Virus unter Europas Kühen. Dabei haben nicht einmal die grünen NGOs Alarm wegen dieses Virus geschlagen. Zuerst gab es jahrelang diesen Virus. Seit Russland Probleme hat, gibt es ihn plötzlich nicht mehr . . .

Durch diese und andere Maßnahmen will Weißrussland heuer um bis zu 40 Prozent mehr Agrarprodukte nach Russland exportieren. Die es natürlich nicht selber erzeugt. Jeder Experte weiß: Das ist ein Umgehungsgeschäft, das nur mit Russlands Zustimmung möglich ist.

Genau das hat interessanterweise schon sofort nach dem russischen Importstopp Franz Fischler gewusst. Und recht behalten (was ihn zweifellos neuerlich als Landwirtschaftsexperten zeigt). 

(Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen hat die EU die Auszahlung von Geldern an angeblich sanktionsgeschädigte Bauern gestoppt: Es seien zu viele "fragwürdige Anträge" eingegangen. Aufschlussreich.)

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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FN 684: Die Sharia-Wächter, die „Flüchtlinge“ und die Politik

07. September 2014 00:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Heuchlerisch reagieren Politiker und Medien auf die Auftritte einer "Sharia-Police" im deutschen Wuppertal.

In Wahrheit sind schon in mehreren Städten Europas solche Religionswächter aktiv. Aber aus Wuppertal gibt's halt jetzt auch ein Video dazu. Da empört man sich nun doch öffentlich. Diese Reaktion ist vor allem auch deshalb extrem heuchlerisch, weil gleichzeitig dieselbe Politik immer mehr Moslems nach Europa hereinlässt, hereinholt. Als „Flüchtlinge“ via Italien und via Ägäis; oder als (oft nur: angebliche) Familienangehörige. Politik wie Medien sagen dabei immer, dass man – will man kein Schlechtmensch sein – sie alle hereinlassen und aufwendig betreuen muss. Egal, ob die Bürger Europas das für richtig finden. Egal, ob noch viele, viele weitere Millionen Zuwanderer hierher wollen. Die Politik ist aber auch dafür verantwortlich, dass in österreichischen Schulen schon seit den Tagen des Unterrichtsministers Zilk die Scharia ganz offiziell gelehrt wird ("islamisches Zivil- und Strafrecht" bedeutet ja exakt die Scharia.) Die Konsequenzen sollten eigentlich niemanden mehr überraschen. Es ist doch klar, dass die Moslems in vielen Ländern Europas nicht nur rapide zahlreicher werden, sondern nun Schritt für Schritt auch öffentlich für (ihre) Ordnung sorgen. Warum soll die Scharia weiterhin nur in Hinterzimmern und Moscheen praktiziert werden, wenn die Moslems bald die Mehrheit bilden? Da jeder, der all das für nicht so gut hält, als „islamophob“ verfemt wird, finde ich das natürlich ganz super.

PS: Das islamische Pärchen, das im letzten Moment vor der Abreise in den "Dschihad" von der österreichischen Polizei erwischt worden ist, wollte nur in Italien Urlaub machen. So sagt es. Das ist zwar gelogen, wäre aber finanziell vollkommen problemlos. Denn der Steuerzahler hat die beiden Asylanten ja monatlich mit über 1600 Euro "Sozialhilfe" ausgestattet, austatten müssen. Netto. Wohlfahrt muss uns schon was wert sein. Da braucht man dann natürlich auch neue Steuern.

 

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Ukraine: Freude, Depression, Hoffnung

06. September 2014 01:35 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie es in der Ostukraine nach dem Waffenstillstand weitergeht. Beide deprimieren, so sehr man sich auch freut, wenn dort vorerst niemand mehr umkommt.

Die eine Möglichkeit: Der Waffenstillstand führt zu einem dauerhaften Einfrieren der Situation, damit also zu einem Teilerfolg des russischen Angriffskriegs. Die andere Möglichkeit: Die Waffenruhe hält (wieder) nur kurz. Das bedeutet weiteres Blutvergießen. Das bedeutet: Russland will noch mehr erobern.

Ich weiß schon: Manche glauben noch immer ernsthaft an Putins Lügen, dass dort eh nur urlaubende und verirrte Soldaten der russischen Armee gekämpft haben, die dort zufällig Panzer und Raketenwerfer gefunden haben. Wenn jemand das auch heute noch ernstlich glaubt, dann haben auch die unzähligen Gegenbeweise keinen Sinn. So wie etwa auch bei jenen, die meinen, dass einst Polen den Reichssender Gleiwitz überfallen haben.

Trotz dieser deprimierenden Perspektiven gibt es langfristig vielleicht doch auch Hoffnung. Denn Faktum ist, dass sich Russland zuletzt friedfertiger gegeben hat als davor. Dafür gibt es zwei mögliche Motive: Zum einen könnten das nur die üblichen Schalmeienklänge sein, die Russland immer ausstößt, wenn die EU Sanktionen vorbereitet. Sollte es also wieder nur um eine neuerliche Finte Moskaus gehen, dann wird der russische Vormarsch wohl bald weitergehen.

Aber zunehmend scheint ein anderes Motiv relevant zu werden: Die Stimmung in Russland ist am Kippen. Zwar ist dort weiterhin die große Mehrheit von der Propaganda überzeugt, dass jeder slawisch sprechende Mensch heim in Putins Reich will. Damit sind natürlich eben auch die in der Ukraine gemeint. Und jene, die das nicht wollen, müssen „Faschisten“ sein.

Aber fast kein Russe will Krieg, will für dieses Ziel sterben. Trotz aller Geheimdienst-Drohungen gegen die betroffenen Familien lässt sich in Russland nicht mehr der Tod von vielen in den Ukrainekrieg gezwungenen Wehrpflichtigen geheim halten. Auch in Russland ist das Internet eingekehrt und berichtet über diese Toten und damit über die russische Teilnahme am Krieg. Auch in Russland gibt es ein paar unabhängige Internet-Seiten (die elektronischen und gedruckten sind freilich von Putin alle gleichgeschaltet worden). Der KGB kann nicht mehr wie in den Zeiten einstiger Allmacht jede Schreibmaschine kontrollieren.

Noch wichtiger: Auch in Russland sind die Eltern mutiger geworden. Sie lassen nicht mehr verschreckt und widerspruchslos wie einst ihre Söhne (von denen sie heute ja auch meist nur einen haben) in Kriege hetzen.

Nicht nur das macht Hoffnung. Es ist auch klar, dass die Sanktionen wirksam sind. Man vergleiche etwa Russlands Verhalten bei der jetzigen Aggression in der Ukraine mit dem bei den früheren in Transnistrien, Südossetien und Abchasien. Damals hat sich Russland noch nicht die Mühe gemacht, seine Feldzüge und Eroberungen als Kämpfe anderer darzustellen. Der Unterschied: Damals hat es keine westlichen Sanktionen gegeben.

Freilich ist es absurd zu glauben, Sanktionen wären sofort wirksam. Aber die Welt ist heute so verwoben, dass mit Sanktionen belegte Länder diese jedes Jahr mehr spüren und zunehmend darunter leiden. Man schaue nach Rhodesien, man schaue nach Südafrika: Beide Länder haben zwar einst lange behauptet, die weltweiten Sanktionen nicht zu spüren. Aber am Ende haben sie unter deren Druck doch nachgeben müssen. Das sieht man auch in der Gegenwart: Die wachsende Kompromissbereitschaft des Iran ist ganz eindeutig eine Folge der dort zunehmend spürbarer werdenden Sanktionen. Obwohl der Iran – so wie Russland – behauptet, die Sanktionen wären irrelevant.

Wenn man nicht die Geduld verliert, besteht also durchaus die Hoffnung, dass sich Russland eines Tages anders verhalten wird. Entscheidend ist, dass Europa konsequent bleibt, dass es einen langen Atem hat und das Ziel nicht aus den Augen verliert.

Der Zweck der Sanktionen war und ist ja nicht ein Waffenstillstand. Es kann nur darum gehen, dass Russland die Souveränität der Ukraine in ihren bisherigen Grenzen wieder anerkennt. Dass zumindest in Europa Grenzen nicht mehr durch Gewalt verändert werden dürfen. Dass zumindest in Europa niemals mehr Verträge gebrochen werden dürfen, wie etwa jener über die Anerkennung der vollen Souveränität der Ukraine durch Russland. Wenn Russland das anerkennt, hätte das große Beispielfolgen auch für andere Aggressoren. Und Russland wäre wieder wie unter Gorbatschow und Jelzin ein respektiertes und europaweit geliebtes Land.

Neben dieser obersten Regel sollte aber endlich auch in ganz Europa ein zweites Prinzip anerkannt werden: das der demokratischen Selbstbestimmung mit friedlichen Mitteln. Dieses Prinzip darf aber niemals zu einem nachträglichen Pro-Forma-Abnicken von schon durchgeführten Eroberungen führen.

PS: Auch in einer ganz anderen Hinsicht ist man positiv überrascht: Seit Jahrzehnten habe ich noch nie so ein geschlossenes Auftreten aller westlichen Mächte gesehen.

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Die internationale Wettbewerbsfähigkeit

04. September 2014 23:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Die Erkenntnisse aus dem vom Weltwirtschaftsforum veröffentlichten Report über die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und der EU sind interessant und eindeutig. Dieser Bericht samt enthaltener Rangfolge erscheint seit 2005 einmal jährlich.

Die Rangfolge ergibt sich aus der Beurteilung von „12 Säulen der Wettbewerbsfähigkeit“, die höchst unterschiedliche Faktoren, wie zum Beispiel Qualität der staatlichen Institutionen, Infrastruktur, Sicherheit, Ausbildung und Qualifikation der Arbeitskräfte, Arbeitsmarkeffizienz und Innovationskraft umfasst. Selbstverständlich sind derartige Untersuchungen, gleich ob sie vom WEF, der amerikanischen Heritage Foundation („Index of Economic Freedom“) oder von anderen Organisationen durchgeführt werden, stets mit Vorsicht zu genießen.

Denn die Auswahl der zu untersuchenden Parameter, deren Gewichtung und Art der Bewertung, hat maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis. Außerdem liegt auf der Hand, dass die Beurteilung von Aggregaten Schlüsse nahe legen kann, die für den einzelnen Wirtschaftsakteur völlig irrelevant sind. Dennoch sind solche Untersuchungen interessant.

Stark vereinfacht, kann die Bilanz des Reports, der weltweit 144 Ökonomien einbezieht, so zusammengefasst werden: Je liberaler, desto besser; Je unfreier, stärker reguliert und/oder sozialistischer, desto schlechter das Ergebnis.

Sechs europäische Staaten finden sich unter den Top Ten. Die Rückstufung Deutschlands um einen Platz (von vier auf fünf), ist hauptsächlich dem Faktor Infrastruktur geschuldet. Im Klartext: die überstürzt eingeleitete, nachgerade autodestruktive „Energiewende“ hat eben ihren Preis. Österreich verliert gegenüber der Vorjahrswertung wesentlich deutlicher. Es fällt von Rang 16 auf Rang 21 zurück. Aus der vom inzwischen zurückgetretenen Vizekanzler Spindelegger vor der letzten Wahl proklamierten „Entfesselung der Wirtschaft“ ist offensichtlich nichts geworden.

Die Schweiz ist seit Jahren unangefochtener Spitzenreiter, gefolgt vom Stadtstaat Singapur und den gegenüber dem Vorjahr wieder erholten USA. Eine Mitgliedschaft in EU und Eurozone, die von Politik und Massenmedien als unverzichtbar für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit gepriesen wird, ist, wie die Schweiz eindrucksvoll beweist, offensichtlich keine zwingende Voraussetzung für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Dafür braucht es nur zwei Zutaten: Offene Grenzen für Personen, Kapital, Waren und Dienstleistungen zum einen; und Regierungen, die sich von wirtschaftlichen Angelegenheiten möglichst weit fernhalten, zum anderen.

Am Beispiel Österreichs fällt ins Auge, wie stark das wirtschaftliche Potential durch den Staat und dessen Institutionen beschädigt werden kann. Bei den vom Privatsektor zu verantwortenden Parametern, wie wirtschaftlicher Innovationskraft oder Diversifikation ragt das Land durchaus positiv heraus (Rang sieben bzw. 14). Hingegen rangiert es in folgenden Kategorien zum Teil außerordentlich weit zurück: Verschwendung von Staatsgeldern (Rang 53), Last staatlicher Regulierungen (Rang 83) bürokratischer Aufwand zum Start eines Unternehmens (Rang 93), Flexibilität des Arbeitsmarktes (Rang 101), Beeinflussung der Arbeitsbereitschaft durch Besteuerung (Rang 121) und Lohnflexibilität (Rang 142).

Da findet sich die Alpenrepublik in der Gesellschaft korrupter lateinamerikanischer Bananenrepubliken und finsterer afroasiatischer Despotien. Fortgesetzte Eingriffe des Staates in den (Arbeits-)Markt und die systematische Ausschaltung der Vertragsfreiheit zugunsten hoheitlicher Diktate sind, im Verein mit hohen Steuerlasten, Gift für die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts. Menschen, die ihr Wirtschaftswissen (auch) aus einer erfolgreichen Tätigkeit unter Marktbedingungen und nicht von der geschützten Werkstätte aus ausschließlich aus der Literatur beziehen, verwundert das nicht.

Den gesamten Report, sowie Auszüge davon sind unter der Adresse: http://www.weforum.org/ kostenlos herunterzuladen.

Eine Interpretation des Reports zur wirtschaftlichen Lage in Europa: Frankreich (auf Rang 23), Spanien (Rang 35), Italien (Rang 49) und Griechenland (Rang 81) finden nicht aus der Krise. Hauptgrund: In diesen Ländern wird zu teuer produziert. Alle diese Volkswirtschaften sind zu ihrem eigenen Unglück – und zum Schaden Deutschlands – im Käfig der Gemeinschaftswährung gefangen, der es ihnen unmöglich macht, durch eine Währungsabwertung ihre Konkurrenzfähigkeit zurückzuerlangen.

Um dieses Ziel jedoch innerhalb der Eurozone zu erreichen, müssten dort die Löhne und Warenpreise drastisch sinken. Es müsste zu einer „inneren Abwertung“ kommen. Ein Szenario, das keine Regierung dieser für das alte Europa typischen Wohlfahrtsbiotope überstehen würde.

Einen anderen Weg gibt es indes nicht, will man nicht auf Dauer von den ungeliebten Teutonen alimentiert und diesen damit auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein. Schließlich wird auch in Deutschland nur mit Wasser gekocht. Kann diese letzte (noch) einigermaßen funktionierende Volkswirtschaft Europas die ihr aufgebürdeten Lasten nicht mehr länger tragen – was absehbar ist – gehen auch bei den Südstaaten endgültig die Lichter aus. Deren politische Eliten sind daher gut beraten, die Ursachen ihrer hausgemachten Probleme nicht unausgesetzt in Berlin zu suchen.

Gegen eine Korrektur der bestehenden ökonomischen Verzerrungen mittels einer scharfen Rezession steht indes der von der mehrheitlich links stehenden Zunft der beamteten Ökonomen geforderte und von den politischen Eliten und Zentralbanken entschlossen exekutierte Krieg gegen das Deflationsmonster. Dieser wird mittels „aktiver“ Geldpolitik geführt, die auf Geldentwertung einerseits und einen gewaltigen Vermögenstransfer andererseits setzt – zum Schaden der Bürger der Nordländer. Die strukturellen Probleme der Nehmer im Süden und in Frankreich werden dadurch aber nicht nur nicht gelöst, sondern vielmehr sogar perpetuiert…

Ehe Europa nicht in Hyperinflation und Währungschaos versinkt, dürfte sich an dieser verheerenden Politik nichts ändern. Die Weichen zum Finanz- und Wirtschaftsinfarkt der Eurozone sind jedenfalls gestellt…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Wie veränderte sich der EZB-Leitzins seit 1999?

04. September 2014 16:20 | Autor: Andreas Unterberger

Veränderungen und Wert des Leitzinses der EZB seit 1999

Der Schlüsselzins ist maßgeblich für die Refinanzierung der Banken bei der Zentralbank. Es folgt eine Übersicht über die Zinsänderungen der EZB (Hauptrefinanzierungssatz, Angaben in Prozent):

Datum Zinsschritt Zinsniveau
8.4.1999

- 0,5

2,5

4.11.1999

+ 0,5

3,0

3.2.2000

+ 0,25

3,25

16.3.2000

+ 0,25

3,5

27.4.2000

+ 0,25

3,75

8.6.2000

+ 0,5

4,25

31.8.2000

+ 0,25

4,5

5.10.2000

+ 0,25

4,75

10.5.2001

- 0,25

4,5

30.8.2001

- 0,25

4,25

17.9.2001

- 0,5

3,75

8.11.2001

- 0,5

3,25

5.12.2002

- 0,5

2,75

6.3.2003

- 0,25

2,5

5.6.2003

- 0,5

2,0

1.12.2005

+ 0,25

2,25

2.3.2006

+ 0,25

2,5

8.6.2006

+ 0,25

2,75

3.8.2006

+ 0,25

3,0

5.10.2006

+ 0,25

3,25

7.12.2006

+ 0,25

3,5

8.3.2007

+ 0,25

3,75

6.6.2007

+ 0,25

4,0

3.7.2008

+ 0,25

4,25

8.10.2008

- 0,5

3,75

6.11.2008

- 0,5

3,25

4.12.2008

- 0,75

2,5

15.1.2009

- 0,5

2,0

5.3.2009

- 0,5

1,5

2.4.2009

- 0,25

1,25

7.5.2009

- 0,25

1,0

7.4.2011

+ 0,25

1,25

7.7.2011

+ 0,25

1,5

3.11.2011

- 0,25

1,25

8.12.2011

- 0,25

1.0

5.7.2012

- 0,25

0,75

2.5.2013

- 0,25

0.5

7.11.2013

- 0,25

0,25

5.6.2014

- 0,10

0,15

4.9.2014

-0,10

0,05

 

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Wie recht Schäuble hat – auch wenn er nicht die volle Wahrheit sagt

02. September 2014 03:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der deutsche Finanzminister nennt Argentinien ein „Muster an Unsolidität“. In der Tat: Argentinien ist in den letzten Jahrzehnten von einem sehr reichen Land – reicher als das ganze Nachkriegs-Europa! – zu einem sehr armen abgestiegen. Die Frage ist nur: Warum handelt Wolfgang Schäuble nicht auch seinen Worten entsprechend?

Dass der argentinische Papst das katastrophale argentinische Finanzmodell nie kritisiert, ja es offenbar für richtig hält und nur die fleißigen Länder tadelt, haben inzwischen die Katholiken mit Staunen vernommen. Aber gut: Ein Papst muss ja nichts von Wirtschaft begreifen. Er hat andere Aufgaben. Und Franziskus ist durch seine Herkunft geprägt.

Weniger Anlass zum Staunen ist es, dass die linken Mainstream-Medien Argentiniens Sprachregelung sofort übernommen haben. Sie bezeichnen jene als „Geier“, die von Argentinien Skandalöses verlangen: Das Land soll Geld, das es sich ausgeborgt hat, auch einmal zurückzahlen! Zumindest jenes, das es sich unter Zuhilfenahme fremder Rechtsordnungen geliehen hat (weil es unter argentinischem Recht schon damals nichts mehr bekommen hätte).

Umso erstaunlicher ist, dass der deutsche Finanzminister nun plötzlich Klartext spricht: Argentinien lebe über seine Verhältnisse. Das Problem des Landes seien nicht die Fonds, die von Argentinien die Schuldenrückzahlung verlangen, und auch nicht der Internationale Währungsfonds, der dem Land kein neues Geld gibt. Das Problem sei Argentinien selber. Das Land bediene seine Schulden nicht und habe sich dadurch vom internationalen Zahlungsverkehr weitgehend abgeschnitten. „Wenn man auf Dauer mehr Geld ausgibt, als man erwirtschaftet, hat man Probleme.“

Mit jedem Satz, mit jedem Wort hat Schäuble Recht. Es ist dennoch absolut ungewöhnlich, dass ein maßgebender EU-Politiker die Wahrheit auch so offen ausspricht. Das wirft die große Frage auf: Warum spricht Schäuble so nur über das ferne Argentinien und nicht auch über das europäische Griechenland und andere Verschwender-Nationen?

Derselbe Schäuble war sogar der erste relevante Politiker, der ab 2010 die Deutschen und noch ein paar andere für Griechenland zahlen ließ. Das sei angeblich alternativlos. Dabei haben schon damals fast alle Finanzexperten gesagt, dass Griechenland seine Schulden niemals zurückzahlen wird. Weder die alten, mit deren Hilfe das Land lange über seine Verhältnisse gelebt hat. Noch die neuen von Schäuble ermöglichten. Für diese müssen nun Steuerzahler, Sparer und die nächsten Generationen aufkommen.

Schäubles nunmehrige Worte klingen daher sehr rätselhaft. Hat er vielleicht ohnedies Griechenland & Co gemeint? Hat er dieses Land, diese Länder nur aus europäischer Höflichkeit nicht genannt? Oder wollte er seinen damaligen Fehler halt nicht zugeben?

Die jetzige Erkenntnis kommt jedenfalls zu spät. Und sie hängt jedenfalls mit dem kometenhaften Aufstieg der „Alternative für Deutschland“ zusammen. Diese Partei ist ja genau wegen der Behauptungen Schäubles (und seiner Chefin Merkel) über die angebliche Alternativlosigkeit der gigantischen Hilfen entstanden.

Damit hat die „Alternative“ einen Erfolg erzielt – wenngleich indirekt. Aber es ist ja öfter in der Politik so, dass erst eine neue Partei die anderen zu einer Kursänderung veranlasst.

 

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Was die Personal-Entscheidungen der EU bedeuten

31. August 2014 00:44 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Während Russland immer intensiver Krieg führt, haben sich die EU-Chefs nach monatelangem Ringen für eine neue Außenkommissarin entschieden. Das wird eine Italienerin, die vor Februar nicht einmal noch einer Regierung angehört hat. Da wird sich Russlands Putin zweifellos fürchten, der (nach Angaben der russlandtreuen Separatisten selbst) schon 3000 bis 4000 Mann in der Ukraine kämpfen lässt.

Dass diese Soldaten „auf Urlaub“ sind oder „irrtümlich“ um 20 Kilometer die Grenze überquert haben, wie Moskau noch immer behauptet, glauben ja jetzt offenbar nicht einmal mehr die Links- und Rechtradikalen, die Putin bisher die Mauer gemacht haben. Und nun kommt eine ahnungslose Italienerin nach einer nichtssagenden Britin, um die EU nach außen zu vertreten, um Europa eine starke Stimme zu geben. In Moskau sorgt die künftige „Stimme“ der EU wohl für lautes Gelächter.

Die Nominierung der Italienerin ist aber auch ein bedenkliches Zeichen für den Zustand der EU-Sozialdemokraten. Ihnen ist ja nach der Fixierung Junckers als Kommissionspräsident dieser Posten zugesprochen worden. Ohne Sozialdemokraten hätte die neue Kommission keine Mehrheit gehabt. Die Linke hat aber offenbar keinen anderen Kandidaten, geschweige denn einen besseren. Das sagt wohl alles über die heutige Sozialdemokratie.

Werner Faymann war natürlich von Anfang an für Federica Mogherini. Sie passt ja auch in ihrer Schwäche ideal zu ihm. Samt der italienischen Linksregierung, die das Land in die Rezession geführt hat. Aber zugegeben: Vom Regierungschef bis zur Kurzzeit-Außenministerin haben die Italiener die weitaus bestaussehenden Politiker.

Weniger attraktiv, aber weit stärker als sein Vorgänger ist hingegen der Pole, der künftig allen EU-Gipfeln vorsitzt; auch denen der Euro-Gruppe, obwohl Polen (noch?) gar nicht diese Währung hat. Donald Tusk soll künftig unter den EU-Regierungschefs immer den Konsens formulieren. Was nicht gerade einfach ist, aber angesichts der eindrucksvollen Erfolge Polens in den letzten Jahren ein bisschen Hoffnung macht.

Der polnische Regierungschef ist nicht nur der erste Osteuropäer auf einem EU-Spitzenposten. Die Nominierung des Liberalen durch den Gipfel dürfte erstmals auch für ernste Anstrengungen der EU Richtung Großbritannien sorgen, doch in der Union zu bleiben. Bisher hat ja fast nur Angela Merkel begriffen, wie armselig diese ohne Großbritannien dastünde. Aus Brüssel hat man hingegen nie ernstlich diese Sorge gehört.

PS: Ach ja, natürlich müssen all diese Ernennungen noch durch das Parlament. Aber dem ist in den letzten Monaten einzig und allein die Frage nach der Quote eingefallen, also danach, wie viel Frauen denn in der neuen Kommission sitzen. Die Qualität der Neuen war den Europa-Parlamentariern hingegen völlig egal.

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Warum TTIP und Schiedsgerichte etwas Gutes sind

23. August 2014 00:05 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreich hat nach der Statistik des Wirtschaftsministeriums bereits 62 Investitionsschutz-Abkommen mit den verschiedensten Ländern. Mehr als 1400 Verträge haben andere EU-Länder. Jetzt aber sehen die Grünen und ihre NGO-Lobbys plötzlich in Schiedsgerichten etwas Böses und haben nicht weniger als 150.000 Eingaben dagegen bei der EU gemacht (wenn auch meist gleichlautend).

Wieder einmal tritt ihnen trotz der eindeutigen Vorteile solcher Abkommen hierzulande niemand öffentlich entgegen, auch wenn alle Sachkundigen den Kopf schütteln. Oder haben Leser auch nur ein öffentliches Wort vom eigentlich zuständigen Wirtschafts- oder vom Justizminister oder vom Außenminister gefunden? Die haben offenbar andere Sorgen. Dabei liegt der Vorteil von Schiedsgerichten völlig auf der Hand und hat sich tausendfach bewährt.

Gewiss: Unglücklich sind immer die Unterlegenen. Nur macht es an ihrem Jammern absolut keinen Unterschied, ob sie vor einem staatlichen Gericht oder einem privaten Schiedsgericht unterliegen.

Schiedsgerichte werden in der Regel symmetrisch von beiden Seiten beschickt, die sich dann noch einen unabhängigen Richter suchen. Besonders in der Schweiz gibt es viele Schiedsgerichte, aber auch Wien ist ein gesuchter Platz. Die Vorteile dieser Schiedsgerichte in allen zivilrechtlichen Streitigkeiten sind vor allem für Arbeitssuchende und beide Vertragsseiten enorm:

  1. Die Entscheidung von Schiedsgerichten erfolgt im Schnitt deutlich rascher als die durch staatliche Gerichte. Bei diesen kann es über zehn Jahre dauern, bis endlich einmal ein Urteil in Rechtskraft erwächst. Andere Länder sind da noch viel langsamer als Österreich. In Italien etwa ist die lange Verfahrensdauer vor den staatlichen Gerichten von der Regierung jetzt sogar als oberstes Investitionshindernis erkanntworden.
  2. In etlichen Ländern haben die staatlichen Gerichte eine enorme nationale Schlagseite. Sie unterstützen ihr Land sogar bei willkürlichen Verstaatlichungen. Daher ist die meist internationale Zusammensetzung von privaten Schiedsgerichten ein Beitrag zur Objektivität. Selbst in manchen österreichischen (staatlichen) Provinzgerichten ist ja ein Vorteil für die jeweilige Heimmannschaft zu spüren, während aus einem anderen Teil Österreichs Kommende deutlich schlechtere Karten haben.
  3. Investoren lehnen es oft ab, Investitionen und damit Arbeitsplätze in jenen Ländern zu schaffen, wo es kein solches Abkommen gibt, wo man sich nicht auf ein Schiedsgericht einigen kann, das größere Objektivität und Schnelligkeit garantiert.

Warum sind dennoch die Grünen – aber auch etliche Sozialdemokraten und Rechte – gegen solche Schiedsgerichte? Vor allem ist es die Ahnungslosigkeit. Daneben sind es vor allem drei Gründe: Linke sind immer gegen jede auch noch so sinnvolle Privatisierung; sie sind gegen jede Maßnahme, die den Handel fördert; und sie wissen, dass sie bei Schiedsgerichten viel schlechter medial Druck ausüben können als bei staatlichen.

Es ist gelungen, solche Schiedsgerichte europaweit zu etwas Bösem zu machen. Daher werden die Abkommen mit Kanada und den USA vermutlich an den Grünen und ihren Vorfeldorganisationen scheitern.

Dabei würde allein in Deutschland ein Freihandels-Abkommen mit den USA nach Berechnung des Münchner ifo-Instituts in einem Jahrzehnt 3,5 Prozentpunkte Wachstum schaffen. Auch für Österreich würde das TTIP-Abkommen mit den USA gewaltige Vorteile bringen: Beamte des Wirtschaftsministeriums erwarten für Österreich 20.000 zusätzliche Jobs und eine Erhöhung des BIPs um 1,7 Prozent. Der Hauptgrund des Nutzens: Man kann für einen viel größeren Markt produzieren, ohne ständig die Einstellungen zu ändern, um sich den jeweiligen Regeln anzupassen.

Aber diese 20.000 sind ja offensichtlich egal, wenn man als Partei oder Zeitung den Menschen Angst machen kann, wenn man hofft, solcherart mehr Wähler beziehungsweise Käufer anzuziehen. Dabei wissen diese Menschen gar nicht, wovor sie eigentlich Angst haben. Amerikanische Chlor-Hühner können es ja nicht ernstlich sein: Sie haben ja zum Unterschied von unseren keine Salmonellen. Aber die Kampagne der europäischen Hühner-Erzeuger gegen die amerikanische Konkurrenz ist trotz der ohnedies klaren Kennzeichnungspflicht, trotz der eindeutig für die USA sprechenden Gesundheitsargumente sehr erfolgreich.

Wie wir sehen, sind den Grünen und manchen Zeitungen aber auch da die Menschen wurscht.

 

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Die neuen Allianzen durch die Kriege

17. August 2014 00:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Mehrfachkriege in der Ukraine und im Nahen Osten lassen komplett neue Allianzen entstehen. Nur: Niemand weiß, wie diese Allianzen aussehen werden und wie lange neue Freunde Freunde bleiben werden. Primär ist Blauäugigkeit und Zynismus im Spiel. Niemand weiß auf die beiden hinter den Kriegen stehenden Bedrohungen unseres Friedens eine brauchbare Antwort.

Die eine Bedrohung ist der Islam. Er stellt heute als einzige Religion nicht nur einen totalitären Anspruch, sondern ist auch enorm aggressiv. Er nimmt keine Trennung zwischen Staat und Glauben vor. Hinter dem Gerede von Barmherzigkeit verstehen immer mehr jungen Menschen den Islam nicht nur als Legitimation, sondern sogar als Aufruf zur Gewalt.

Die andere Bedrohung ist Putins Versuch, die alte Sowjetunion wiederherzustellen. Wenn es auch Unterschiede zur kommunistischen Periode gibt, wie etwa Putins engen Schulterschluss mit der Russisch-Orthodoxen Kirche, so ist doch der Versuch des russischen Staatschefs in zahllosen Reden dokumentiert, den einstigen Einflussbereich wiederherzustellen. Im Westen haben dennoch viele Putins Ziel, die Wiederherstellung des sowjetischen Einflusses, noch nicht verstanden. Sie begreifen nicht, dass Putin total anderes im Sinn hat als Medwedew, Jelzin oder Gorbatschow.

Auch Österreich (Freilich: Wer?) sollte sich daran erinnern, wie sehr das sowjetische Moskau jahrzehntelang die Alpenrepublik eingeengt hat. Bis in die 80er Jahre war eine Reduktion der sowjetischen Vormundschaft noch Konsens unter allen Parteien. Heute weiß man nicht einmal mehr davon.

Die Umrisse der neuen Partnerschaften und Allianzen sind noch in totalem Nebel. Einige Elemente dieser Suche:

Und so weiter.

Als Ergebnis stürzen der Nahe Osten und der einstige sowjetische Einflussbereich immer mehr ins Chaos. Meinungsverschiedenheiten werden derzeit fast nur noch mit Waffengewalt ausgetragen. Und man weiß gar nicht, ob die Ahnungslosigkeit und Blauäugigkeit dieses amerikanischen Präsidenten, das Zurück-zum-sowjetischen-Einflussbereich-Denken des russischen Präsidenten oder die Hilfslosigkeit des EU-Europas die größeren Sorgen macht.

Aus all diesen Gründen liegt wohl jeder falsch, der zu wissen vorgibt, welche Allianzen in fünf Jahren herrschen werden. Denn die Hauptfrage ist nicht beantwortbar: Wird es eine der Vernunft und des Friedens sein oder gibt es auch in den nächsten Jahren eine weitere Zunahme des Chaos und des Faustrechts, die irgendwann zu einem Krieg führen muss? Wir wissen es nicht.

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Die Wege der "Flüchtlinge", Spanien und Italien

15. August 2014 00:46 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Selten war es drastischer zu sehen, wie verlogen Europas „Flüchtlings“-Politik ist: Eine Woche lang kamen die afrikanischen Migranten nämlich in großer Zahl plötzlich über Spanien. Geographisch nicht unlogisch: Schließlich ist die Straße von Gibraltar ja viel kürzer als der Weg über Sizilien. Dann war aber wieder Schluss mit diesem Weg. Und die sizilianische Route ging weiter.

Ganz offensichtlich hatte die marokkanische Regierung den daran extrem gut verdienenden Menschenschmugglern nach einer Woche das Handwerk wieder gelegt. Und die ganze EU war offensichtlich sehr erleichtert über ihr Verhalten. Sie redete jedenfalls überhaupt nicht über den seltsamen einwöchigen Migrationssturm. Auch die Gutmenschen in Caritas und Rotgrün taten das nicht.

Im Gegensatz zu ihrer Reaktion auf Marokko benutzen diese tagtäglich die „dramatische Flucht“ über Sizilien zu immer lauteren Tönen und Anklagen gegen die Europäer. Eigentlich sehr seltsam.

Die Erklärung liegt ganz offensichtlich im medialen und politischen Druck: In Sizilien gab und gibt es Kameras und viele Berichte. In Gibraltar hingegen nicht. Italiens Linksregierung machte enormen Druck. Die spanische Rechtsregierung nicht. Einen anderen Unterschied gibt es nicht.

Spanien hat in aller Stille in Marokko alle relevanten Funktionsträger – wieder – gut geschmiert und seine beiden nordafrikanischen Enklaven mit noch höheren Zäunen gesichert. Und schon war die Migration zu Ende. Wenn Europa die hereinströmenden Schwarzafrikaner nicht zu Gesicht bekommt, ist auch das Drama der angeblichen Flucht kein Thema. Die in Wahrheit natürlich da wie dort Migration aus Schwarzafrika an die scheinbaren oder wirklichen Futtertröge und Jobs der EU ist.

Früher war auch in Libyen alles ziemlich ähnlich wie in Marokko. Italiens Machthaber Berlusconi hat Libyens Diktator Gadhafi gut geschmiert (wahrscheinlich auch mit Huren, wie ein seltsamer Auftritt Gadhafis andeutete). In Italiens Süden herrschte als Ergebnis Ruhe. Jetzt muss Berlusconi in einem Altenheim pflegen, Gadhafi ist ermordet und in Libyen hausen unzählige verschiedene islamistische Milizen in blutigem Chaos. Denn Frankreich und Großbritannien haben dort auf Wunsch der an die Facebook-Revolution glaubenden Medien mit ihren Flugzeugen und Bomben für „Ordnung“ gesorgt.

Die Islamisten kassieren in Libyen jetzt munter für ihre Schlepperdienste. Zur Warnung lassen sie hie und da ein Boot voller Schwarzafrikaner untergehen. Man ist schon froh, wenn sie es nicht so arg treiben wie ihre Glaubensbrüder, die jetzt in Irak und Syrien nach der Reihe Nichtgläubige umbringen.

Nur noch peinlich ist jedoch die Reaktion von Italiens jetziger Regierung und von Europa. Beide wollen nicht zugeben, dass in Libyen unter Druck der Medien ein furchtbarer Fehler gemacht wurde.

Sie verstehen nicht, dass sie mit Öffnung des sizilianischen Wegs die Migranten und die Geschäftemacher überhaupt erst richtig massiv anziehen. Sie kümmern sich im Gegensatz zu dem mit großem Fanatismus betriebenen Sturz des Gadhafi-Regimes nicht darum, dass sich in Libyen wieder eine halbwegs gemäßigte Regierung durchsetzen kann (die man dann halt wieder schmiert, damit sie den Schleppern das Handwerk legt). Sie erledigen um viel EU-Geld mit der Aktion Mare nostrum das Geschäft der Schlepper. Und sie machen den Bürgern Europas dazu schlechtes Gewissen, dass es am Los der Afrikaner schuld sei. Dümmer geht es wohl nicht mehr.

Oder doch: Österreichs Werner Faymann will ausgerechnet die für all das mitverantwortliche italienische Außenministerin zur außenpolitischen Chefin ganz EU-Europas machen. Wahrscheinlich fand Faymann unter den über 500 Millionen Europäern niemanden, der noch ungeeigneter für dieses Amt ist.

Kein Wort hat Herr Faymann hingegen bisher zu der provozierenden Tatsache gesagt, dass Italien diese „geretteten Flüchtlinge“ nicht einmal als Asylanten registriert, sondern möglichst rasch nach Norden schickt. Wo sie dann in Deutschland oder Österreich um viel Geld jahrelang betreut werden. Statt dass Faymann wenigstens versucht, mit Italien Schlitten zu fahren, geraten sich die österreichischen Bundesländer untereinander in die Haare, die angesichts des Widerstands der Bevölkerung nicht mehr wissen wohin mit diesen „Flüchtlingen“.

Neben Spanien muss man übrigens auch Griechenlands Realismus anerkennen. Athen hat es trotz Landgrenzen und unzähligen Inseln mit Zäunen (und einem sehr unfreundlichen Umgang mit Migranten) geschafft, von den Schlepperbanden weitgehend frei zu werden. Italien hat das Gegenteil geschafft. Unter Führung seines schönen Ministerpräsidenten (und des Papstes).

Auf eines darf man jetzt freilich gespannt sein: Wie wird Italien, wie wird Europa reagieren, wenn unter den bisher begierig geretteten „Flüchtlingen“ der erste mit dem Ebola-Virus ist. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.

Abgesehen davon, dass natürlich auch daran der Norden schuld sein wird (diese Schuldzuweisungen schaffen italienische Rhetorik und das Gutmenschtum mit Leichtigkeit), wird die Situation dann auch für Italien und Europa ungemütlich. Zuerst sind diese Flüchtlinge ja jedenfalls einmal in Italien und der EU. Wird dann plötzlich niemand mehr „gerettet“ werden? Wird man dann endlich gegen die Schlepper vorgehen?

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Energie, Atom, CO2: Der Weg zurück zur Vernunft

10. August 2014 01:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Aus der bejubelten Energiewende ist ein katastrophaler Energiecrash geworden. In Deutschland ist das besonders dramatisch, aber auch in Österreich und im restlichen Europa hat das tiefgreifende Folgen. Die einen werden das Ende der Wende bedauern, die anderen sich freuen, weil sie alle Warnungen bestätigt sehen. Wie aber soll es weitergehen in dem Mega-Thema Energie? Wie geht man mit den vielen Interessen um, die sich dabei unter ethisch-ökologischer Tarnung festgesetzt haben?

(Ein etwas längerer Text, der weitestgehend identisch ist mit einem Buchbeitrag)

Man stößt bei diesem Thema auf so viel Populismus und so viele moralingetränkte Weltretter, dass man nicht nur einen Schritt, sondern gleich fünf zurücktreten muss, um die notwendige Distanz zu gewinnen. Nur so kann Vergangenheit wie Zukunft richtig beurteilt werden.

Bei der Aufarbeitung der Vergangenheit muss man fragen: Was stand alles hinter dem Axiom, das ein Vierteljahrhundert lang die öffentliche Meinung dominiert hat? Dessen von Frageverboten geschützter Kern war die Behauptung einer durch die Menschheit verursachten globalen Erwärmung, die sich zur Katastrophe für den Planeten auswachsen würde.

In unterschiedlichen Zusammenhängen war wohl jeder einzelne dieser Aspekte relevant. Wir waren uns ihrer zwar oft nicht bewusst. Diese haben aber nichts an der Wirksamkeit geändert.

Heute aber bricht die Global-Warming-Theorie weitgehend zusammen. Sie hat keine einzige der kritischen Fragen beantworten können. Sie hat offensichtlich falsche Prophezeiungen gemacht. Es ist nur noch Verzweiflung, wenn Global-Warming-Alarmisten jetzt jeden einzelnen Wetterbericht als „Beweis“ ihrer Thesen zu missbrauchen versuchen. Egal ob der auf warm oder kalt, auf stürmisch oder regnerisch, auf nebelig oder föhnig lautet.

Wohin aber geht es in Zukunft? Welche Politik soll Europa, soll Österreich, soll Deutschland jetzt befolgen? Das steht im Zentrum der folgenden Ausführungen, welche die Fehler der Vergangenheit weitgehend ausklammern. Denn mit diesen hat sich der Autor schon oft befasst, mit den Thesen über die Rolle der Menschen bei der globalen Erwärmung, mit den Gefahren beziehungsweise Nutzen einer globalen Erwärmung sowie einer Zunahme der CO2-Emissionen (etwa in dem ausführlichen Text: „Klima: Lügen, Fakten, Interessen“ vom 6. November 2012). Hier geht es nun um die Zukunft.

Dazu eine Reihe grundsätzlicher Überlegungen und Empfehlungen:

1.    Es gibt nicht „die“ eine Strategie, die alle Antworten auf die Frage nach der Energie geben könnte. Gerade in diesem gewaltigen Themen-Komplex ist Demut an Stelle von europäischer, nationaler oder globaler Hybris notwendig. Alle, die behaupten, eine solche Strategie zu haben, landen früher oder später in schlimmen Sackgassen oder sind gar totalitär orientiert.

2.    Es gibt keinen Raum für einen europäischen Sonderweg, für ein europäisches Modell, dem sich der Rest der Welt mehr oder weniger begeistert anschließen würde. Denn weder ist man außerhalb Europas bereit dazu, noch kann sich die heutige EU teure Sonderwege leisten. Seit Jahrzehnten (also keineswegs erst seit Ausbruch der Finanzkrise, wie manche glauben) gehen die Investitionen in Europa zurück. Seit Jahrzehnten ist das Wachstum der EU-Länder geringer als das sämtlicher anderer Weltregionen. Nur noch Arbeitslosigkeit und Schulden steigen.

3.    Sollte – trotz aller Zweifel und Gegenargumente – die These von der CO2-verursachten Globalen Erwärmung stimmen, dann wäre erst recht jeder kontinentale oder gar nationale Sonderweg sinnlos. Denn einerseits findet das Wachstum des Energieverbrauchs heute in der Dritten Welt statt. Andererseits sind die – positiven wie negativen – Auswirkungen einer globalen Erwärmung jedenfalls global. Zumindest darüber besteht zwischen „Alarmisten“ und „Skeptikern“ Konsens.

4.    Der Westen sollte sich kein schlechtes Gewissen ob seines zum Teil noch besseren Lebensstandards oder gar ob des einstigen Kolonialismus einiger Länder mehr machen. Denn Europas Vorsprung schrumpft rapide. Viele asiatische Länder konkurrieren heute Europa an die Wand. Nur ein Beispiel: Südkorea war einst ein bitter armes Land. Heute ist es einer der Industriegiganten der Welt, der beispielsweise im Mobiltelefon-Wettbewerb Nokia als letzten europäischen Mitspieler vernichtend geschlagen hat. Südkorea ist allein durch nationale Anstrengung und Fleiß vorangekommen.

5.    So wie die afrikanische Ökonomin Dambisa Moyo mit „Dead Aid“ haben uns auch viele andere Wirtschaftsexperten mehr als deutlich nachgewiesen, dass Entwicklungshilfe eine völlig falsche Dauerstrategie ist. Entscheidend für den Aufstieg einst armer Länder ist vielmehr eine Stärkung der Eigenverantwortung, eine Reduktion von Korruption und Bürokratie, die Entwicklung zur Marktwirtschaft und Investitionssicherheit. Global brauchen sie hingegen nicht Hilfe (auch wenn jeder Machthaber diese gerne kassiert), sondern Handelsfreiheit, insbesondere auch in der in Europa überregulierten Landwirtschaft. Aber selbst wer noch an Entwicklungshilfe glaubt und damit nicht primär Eigeninteressen befördert, muss diese streng von Energie- und CO2-Politik trennen. Sonst entsteht ein totales Chaos.

6.    Das wichtigste Prinzip muss national wie global das der Kostenwahrheit sein. Ohne diese ist langfristig jede Energiepolitik zum Scheitern verurteilt. Bis heute aber subventionieren beispielsweise Indien und andere Schwellen- wie Entwicklungsländer massiv Öl und Gas. Die Regierungen wissen zwar, dass dies teurer Unsinn ist. Sie stehen aber populistisch unter Druck weiterzumachen. Denn würden in diesen Ländern an Tankstellen die normalen Marktpreise verlangt, hätten die Regierungen sofort so heftige Proteste auf den Straßen, dass sie um ihre Existenz bangen müssten.

7.    Kostenwahrheit bedeutet aber umgekehrt auch das Verbot von Subventionen für Windmühlen und Solaranlagen. Ganz egal, ob sie vom Steuerzahler, von allen Stromkonsumenten oder wie in Deutschland nur von jenen bezahlt werden, die keine starke Lobby hinter sich haben.

8.    Der Versuch, zwischen jenen zu trennen, denen immer höhere Strompreise (zur Subvention der „Alternativen“) zugemutet werden können, und denen, wo das (wegen der ausländischen Konkurrenz) nicht geht, hat in Deutschland in einem absurden Chaos geendet. Die EU-Kommission hat das auch zu Recht in etlichen Branchen als unerlaubtes Dumping eingestuft. Deswegen empfehlen immer mehr Experten in Deutschland die komplette Abschaffung des EEG (Erneuerbare-Energie-Gesetz). Es ist weder kosteneffizient noch hat es eine messbare Innovationswirkung. Dabei waren Angela Merkel und die deutsche Politik einst unglaublich stolz auf dieses Gesetz.

9.   Die Behauptung von Solar- und Wind-Lobbyisten, dass ihre Förderung durch Steuerzahler oder Konsumenten einen hohen ökonomischen Nutzen brächte, hat sich als falsch erwiesen. Diese Lobbyisten haben das Entstehen einer exportstarken und technologisch überlegenen Umwelt-Industrie behauptet. In Deutschland wurde aber jetzt nachgewiesen, dass es durch diese Förderung keine innovatorische Wirkung gibt. Inzwischen ist längst Chinas Industrie der größte Profiteur der Solarförderung. Der Profit der „grünen“ Industrien war also nur ein sehr kurzfristiger. Langfristig profitiert haben jedoch die Bauern, auf deren Dächern und Feldern die Sonnen- und Windanlagen stehen.

10.  Die Kosten der Energiewende durch Ausbeutung der Konsumenten treffen diese in gewaltigem Umfang. Die Zahl der deutschen Haushalte, die schon mehr als ein Zehntel aller gemeinsamen Nettoeinkünfte für Wohnenergie ausgeben müssen, ist auf 6,9 Millionen gestiegen. In Deutschland sind binnen zehn Jahren die Kosten bloß für Warmwasser und Heizung um 43 Prozent gestiegen. Dabei ist Strom an den internationalen Märkten zugleich extrem billig geworden – freilich nur dann, wenn es starken Sonnenschein und/oder Wind gibt.

11.   Deutschland, Österreich und einige andere EU-Länder drehen derzeit gleich an vier Stellschrauben, um eine Energiewende im grünen Sinn zu erzwingen. Diese vier Maßnahmen werden durch ihre Gleichzeitigkeit zunehmend tödlich für Wirtschaft und Jobs. Von den USA bis Asien wird hingegen meist keine einzige dieser Stellschrauben betätigt.

12.  Atomkraft ist eines der emotional heikelsten Themen. Sie wird im deutschen Sprachraum von einer Mehrheit geradezu religionsartig abgelehnt. Dennoch sollte man einige Fakten aussprechen. In den Augen des Autors spricht nämlich viel mehr für als gegen Atomkraft:

13.     Mit Fracking gibt es erst eine viel kürzere Zeit der Erfahrungen als mit Atomkraft. Daher ist schon aus diesem Grund penibler Umgang und Sorgfalt am Platz. Beim Fracking gilt wohl dasselbe wie bei der Atomkraft: Der von Medien, NGOs und Politik aufgebaute Widerstand wird wohl erst dann überwunden werden, wenn die ausgelösten Folgen der gesamten Energiepolitik noch gravierender zu spüren sind. Dennoch ist auch schon heute klar festzuhalten: Es gibt bisher keine echten negativen Hinweise, die verantwortungsbewusste Entscheidungsträger zur Absage ans Fracking zwingen würden. Sowohl die bisherigen Erfahrungen wie auch die Informationen durch die Techniker geben eigentlich Entwarnung. Auch die angebliche Bedrohung des Grundwassers durch Fracking dürfte mehr mit Science Fiction zu tun haben als mit der Realität.

14.   Eine thermische Sanierung ist an sich positiv. Sie bringt aber weit weniger an Energie-Einsparungen als einst prophezeit. Diesbezügliche Berechnungen waren oft falsch oder stammten überhaupt aus der PR-Abteilung jener Unternehmen, die solche Sanierungen durchführen.
Einige Hinweise von Praktikern zu den Problemen mit Sanierungen:
- Viele Varianten sind noch gar nicht ausreichend lange in der Praxis erprobt.
- Das Lüftungsverhalten vieler Menschen ändert sich nach Fensterabdichtungen verständlicherweise total.
- Traditionelle Häuser sind thermisch oft effizienter als moderne: Sie haben kein Flachdach; sie haben einen als Wärmepuffer effizienten Dachboden; sie haben vorspringende Dächer, die im Sommer beschatten, während sie im Winter die waagrecht scheinende Sonne wärmend ans Mauerwerk lassen.
- Dazu auch ein kurzes privates Beispiel: Den größten Sanierungserfolg (also Einsparung von Heizkosten) habe ich durch das einfache Auflegen von Styropor-Platten auf dem Dachboden erzielt; das hat 250 Euro im Baumarkt und einen halben Arbeitstag, aber Null Bürokratie gekostet.
- Wenn gefördert wird, wird fast nie der effizienteste, der billigste Weg gesucht, sondern jener, der das meiste Fördergeld einbringt.
- Förderungen lösen auch immer Mitnahme-Effekte aus.

Eine thermische Sanierung – etwa auch durch „Contracting“ – ist immer dann sinnvoll, wenn sie die Energiekosten stärker reduziert, als sie selbst kostet. Dann wird jeder vernünftige Hauseigentümer sie auch machen. Öffentliche Aufklärung darüber ist daher durchaus sinnvoll. Hingegen ist die „Förderung“ solcher Sanierungen prinzipiell abzulehnen. Denn gefördert wird ja immer mit Geld, das man anderen Bürgern mit Zwang abnimmt. Das verschweigen zwar Politiker gerne, das ist aber dennoch Faktum. Daher ist es auch Unsinn, wenn der österreichische Landwirtschaftsminister die durch die „Förderung“ entstehenden Arbeitsplätze lobt, aber verschweigt, dass dafür anderswo die höheren Stromkosten oder Abgaben Arbeitsplätze vernichten; netto bedeutet eine solche Umverteilung schon alleine wegen der Kosten für die zwischengeschaltete Bürokratie immer einen Netto-Verlust.

15. Die hohe Subventionierung von Bio-, Wind- und Sonnenenergie ist eindeutig ein Unsinn. Subventionierungen bedeuten immer eine politisch-bürokratische Umverteilung zugunsten bestimmter Profiteure und engagierter Lobbys. Diese sind daher in diesem Bereich auch besonders lautstark unterwegs. Sollten sich diese Energieformen rechnen – alle oder eine davon –, werden sie auch ganz ohne Subvention eingesetzt. Das tun sie aber (noch) nicht.

16. Die europäischen Regierungen und Parteien müssten viel mutiger dem einseitigen Meinungsdruck der NGOs und Alternativ-Lobbys entgegentreten. Diese und die mit ihnen gerne verbündeten Medien waren es ja letztlich, welche Europas Energiekurs bestimmt haben, obwohl dieser seinen eigenen Notwendigkeiten schadet.

17. Die übereifrige Übernahme der Kyoto-Ziele und deren bürokratisches Übertreffen durch die EU war nicht nur deshalb ein Fehler, weil fast kein sonstiges Land der europäischen Politik folgte. Sie war auch europaintern eine besondere Dummheit, weil die Kyoto-Ziele auf dem Jahr 1990 aufbauten. Damals, unmittelbar nach der Wende, hatten die exkommunistischen Länder noch besonders arg verschmutzende Industrien und Kraftwerke. In anderen Ländern galten hingegen schon lange vor Kyoto strenge Umwelt-Maßstäbe. Im Westen waren sowohl die lokalen Verschmutzungen wie auch die CO2-Emissionen schon vor Kyoto stark reduziert worden. Das wurde aber ignoriert, weshalb die echte Pflicht zur Reduktion – oder zu Zahlungen in Form des Ablasshandels – praktisch nur die westlichen Länder traf. Im Osten hingegen sind die EU-Vorgaben durch die sowieso notwendige Stilllegung vieler Industrien automatisch erreicht und übertroffen worden.

18. Das Vorzugsschülergehabe der österreichischen Politik und zwar praktisch aller Parteien führte dazu, dass für die Alpenrepublik besonders ehrgeizige Ziele festgelegt worden sind. Dabei wurden die schon damals hohen (und in etlichen Branchen auch teuren) Umweltstandards Österreichs als gegebene Startlinie genommen. Es wurde dabei auch ignoriert, dass Österreich schon 1990 seine Wasserkraft in sehr hohem Ausmaß ausgebaut hatte. Wasser ist unbestritten eine der saubersten und effizientesten Energiequellen.

19. Der subventionierte Vorrang für Wind- und Solarstrom ist auch deshalb unsinnig, weil diese Formen viel stärker als jede andere Art der Energiegewinnung (die physikalisch eigentlich eine Energie-Umwandlung ist) Ersatz-Kapazitäten brauchen. Wind wie Sonne sind etwa bei wochenlangem Nebel im Winter kaum aktiv. Daher braucht es weiterhin fast in gleichem Umfang Ersatzkapazitäten zur Stromerzeugung oder viel mehr Speicher. Das hat zu einem Boom von Kohlekraftwerken geführt, die als bisweilige Einspringer Strom billig anbieten. Gaskraftwerke sind zwar effizienter und sauberer als Kohle, aber selbst bei modernster Bauweise teurer (ungeschickte Gas-Lieferverträge mit Russland machen sie besonders teuer). Ohne radikale Abkehr von der derzeitigen Energiepolitik werden sie daher bald als unnütz verschrottet werden. Das ist eine der vielen absurden Folgen der Energiewende. Daher wird die Politik jetzt auch in diesem Bereich öffentliche Gelder einbringen müssen, wenn sie weiterhin auf der Bevorzugung von Solar- und Windstrom beharrt. Oder genauer: wenn die einschlägigen Profiteure, Medien und NGOs die Politik weiterhin dazu zwingen.

20. Jedenfalls sinnvoll ist der Bau von Wasserkraftwerken. Dabei sind besonders Speicherkraftwerke nötig. In diesen wird der zeitweise im Überfluss vorhandene Solar- und Windstrom genutzt, um beispielsweise schon einmal genutztes Wasser wieder in die hoch gelegenen Speicher zu pumpen; von dort kann es dann bei Bedarf jederzeit abgelassen werden, um sicheren (und dann gut bezahlten) Strom zu erzeugen. Aber auch bei Speicherkraftwerken darf es natürlich nicht um Subventionen gehen, sondern nur um Investitionen. Die Politik ist aber gefordert, die bürokratischen Regeln für Investitionen zu reduzieren. Ein besonderes Hindernis für den Bau von Wasserkraftwerken stellt die EU dar, die große Teile Europas als Naturschutzgebiete jeder Wasserkraftnutzung entzieht. Ein solcher Konflikt tobt seit einiger Zeit etwa in Osttirol. Der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident hat ihn prägnant auf den Punkt gebracht: „Die Politik muss sich entscheiden, ob eine kurzfristige Störung der Alpenschneehühner die Energieunabhängigkeit eines ganzen Landes gefährden darf.“

21. Während es beim Naturschutz zu einer Interessenabwägung zwischen Energiepolitik und ökologischen Prinzipien kommen muss, wären in anderen Rechtsbereichen neue Regeln sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll. Sie brächten auch eine Budgeteinsparung: Dazu gehört etwa die Abschaffung aller Pendlerpauschalen. Diese fördern auf Kosten der Allgemeinheit die Fahrten mit dem Auto an Stelle von Bahn oder Bus. Nur wagt es keine Partei, an dieser populären Unsinnigkeit zu rühren.

22. Wenig sinnvoll sind auch die Treibstoffpreis-Subventionen für die Landwirtschaft: Denn mit dem billigen Agrardiesel werden einerseits auch oft private Fahrzeuge betrieben, andererseits wird dadurch in der Landwirtschaft der Anreiz reduziert, treibstoffsparende Maschinen einzusetzen. Aber die Agrarlobby hat sich gegen Sparsamkeit und eine sinnvolle Energiepolitik durchgesetzt.

23. Ebenso sinnvoll wäre eine Erhöhung der Wohnmobilität. Die öffentliche Förderung für Wohn- und Hausbau aller Art, das Genossenschafts- und Mietrecht zwingen in der heutigen Art viele Familien, jahrzehnte- oder lebenslang an ein- und demselben Ort zu bleiben. Ohne diese vielfachen politischen Eingriffe wäre es ökologischer und billiger, in die Nähe des Arbeitsplatzes zu ziehen. Aber auch hier ist ein verstärkter Vorrang für die Vernunft kurzfristig sehr unpopulär. Denn das Vertrauen in die Politik ist gleich null, dass eingesparte Gelder wirklich über eine Reduktion der Abgaben den Bürgern zugute kommen.

24.  Durch solche und andere Deregulierungs-Maßnahmen ließe sich das Wirtschaftswachstum stärken und teilweise vom Energieverbrauch entkoppeln. Allerdings sollte klar sein: Wer ein signifikant steigendes Wirtschaftswachstum bei einem gleichzeitig dauerhaft sinkenden Energieverbrauch verspricht, ist ein Scharlatan, oder bestenfalls ein lebensfremder Theoretiker. Denn beispielsweise der gerne zitierte Rückgang des Gasverbrauchs in Österreich seit einigen Jahren ist nur Folge dreier durchaus unerfreulicher Entwicklungen:
- der großen Krise,
- der Verwendung anderer Energieformen (Kohle, Strom),
- und des Abwanderns energieintensiver Betriebe in Länder mit niedrigeren Kosten.

25. Wenn heute in Amerika der Gas-Preis nur ein Drittel bis ein Viertel des europäischen beträgt, wird kein Vorstand einer Industriefirma noch eine energieabhängige Investition in Europa beschließen. Sondern nur noch außerhalb. Täte er es dennoch, würde er wohl wegen Untreue gefeuert werden.

26. Eine weitere völlig fehllaufende Folge politischer Entscheidungen ist der Handel mit CO2-Zertifikaten (Verschmutzungsrechte). Hier hat die EU zwar versucht, endlich wieder einen Hauch Marktwirtschaft in das Energiechaos zurückzubringen. Aber das Ergebnis hat mit einem echten Markt nichts zu tun, werden doch Mengen und Preise der Zertifikate weiter politisch-bürokratisch festgelegt. Eine der besonders grotesken Folgen: In der Dritten Welt werden eigens umweltverschmutzende Anlagen gebaut, deren Sanierung man sich dann von Europa teuer abkaufen lässt. Überdies ist es beim Zertifikate-Handel schon mehrfach zu Betrügereien gekommen.

27. Wie in vielen Bereichen bleibt bei Energie und Klima ständige Forschung ganz entscheidend. Dabei darf es weder bei den Inhalten noch den Ergebnissen irgendwelche Vorgaben oder Tabus geben. Auf solche stößt man aber in Europa in massivem Umfang. Beim Thema Klima gibt es ja meist nur für Alarmisten Geld. Beim Thema Energie wiederum führen Länder wie Österreich nach wie vor einen heftigen Kampf, um jede atomare Forschung zu verbieten, selbst die für Fusionsprojekte.

28. Wer sich mit der Frage künftiger Energiequellen beschäftigt, sollte jedenfalls viel vorsichtiger mit Prophezeiungen als in den letzten Jahrzehnten sein. Denn damals ist man oft völlig falsch gelegen, weil man globale Entwicklungen (also des durch die EU nicht beeinflussbaren Weltmarkts, der Forschung und Technik) in keiner Weise vorhergesehen hat. So hatten in den Siebziger Jahren „Experten“ schon für das Jahr 2000 bei vielen Rohstoffen und insbesondere beim Erdöl und Gas ein Versiegen prophezeit. Heute hingegen sind trotz eines höheren Verbrauchs für viel längere Zeitspannen Vorräte bekannt als damals. Auf der anderen Seite waren aber auch alle Prophezeiungen falsch, nach denen wir heute schon Energie durch Atomfusion gewinnen könnten.

Bei allen notwendigen Vorsichtsmaßnahmen gegen eventuelle Gefahren, bei allen Todesopfern (insbesondere von Wasser und Kohle): Es kann vernünftigerweise keinen Zweifel geben, dass der heutige massive Energie-Einsatz massiv lebensverlängernd ist. Maschinen, Hygiene, bessere Ernährung, Medizin: Alles braucht viel Energie, hat aber die Lebenserwartung dramatisch verlängert. Genauso bekenne ich mich dazu, dass Auto, Licht, Radio und zahllose andere nicht direkt lebensnotwendige „Energieverschlinger“ unser aller Leben zugleich schöner und besser gemacht haben.

(Dieser Text erscheint in ähnlicher Form auch in dem Sammelband: „Europa am Scheideweg. Zwischen Verbrüsselung und Vielfalt")

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Signal aus Edinburgh?

27. Juli 2014 01:41 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Nicht nur die Unabhängigkeitsbewegungen in Europa blicken der Volksabstimmung in Schottland gespannt entgegen. Gut vier Millionen wahlberechtigte Schotten befinden am 18. September über die Unabhängigkeit ihres Landes.

Dem Ausgang dieses Referendums, das nach langem Hin und Her vor zwei Jahren zwischen dem schottischen Regierungschef Alex Salmond und Premierminister David Cameron vertraglich vereinbart wurde, blicken nicht nur Großbritannien und die Europäische Union mit Sorge entgegen. Auch Madrid und Rom sind die Vorgänge jenseits des Ärmelkanals alles andere als geheuer, gewärtigen doch Spanien und Italien gleichlautendes sezessionistisches Verlangen.

Würden die Schotten mehrheitlich die ihnen alles entscheidende Frage „Should Scotland be an independent country?” mit „Yes“ beantworten, so gäbe dies vielen anderen mächtigen Auftrieb: Den um Unabhängigkeit ringenden Katalanen (nicht zu vergessen auch den Basken) in Spanien sowie den nach Eigenstaatlichkeit strebenden Lombarden und Venetern in Italien. Und im südlichen, von Italien 1918 waffenstillstandswidrig annektierten (und Rom im „Friedensvertrag“ von St. Germain-en-Laye zugesprochenen) Teil Tirols erhoffen sich die „Los-von-Rom“-Parteien vom Ausgang des Schotten-Referendums einen begünstigenden Verstärker-Efffekt.

Wegen der Brisanz des Themas für ihre Souveränität nehmen ethnisch gemischte „National“-Staaten wie Belgien (Flamen, Wallonen, Eupen-Malmedy-Deutsche), oder Staaten mit bedeutenden nationalen Minderheiten wie Rumänien (Magyaren) die eventuelle „Sprengkraft“ eines möglichen Mehrheitsvotums der Schotten fest in den Blick. Selbst ein „Übergreifen“ des Erfolgs der schottischen Unabhängigkeitsbewegung auf den Nordwesten des zentralistisch regierten (und verwalteten) Frankreich wäre nicht wirklich auszuschließen. In der Bretagne verschaffen sich die („britischen“) Bretonen nicht erst seit dem Amtsantritt des glücklosen Präsidenten François Hollande mehr Eigenständigkeitsgehör denn je zuvor. Und wer wollte gänzlich in Abrede stellen, dass nicht auch Korsen und französische Basken in Aquitanien ein mögliches Signal aus Edinburgh hören und sich zunutze machen könnten.

Wenn es nach Alex Salmond und dessen Nationalpartei (SNP) geht, die seit der Wahl 2011 über 69 von 129 Sitzen im Parlament zu Edinburgh verfügt und die das Vorhaben am vehementesten verficht, so ist die Sache klar: Kommt in der Volksabstimmung eine Mehrheit zustande, wird Schottland, dessen 5,3 Millionen Einwohner zehn Prozent der britischen Bevölkerung ausmachen, am 24. März 2016 unabhängig.

Es wäre dies der Jahrestag der „Vereinigung der Kronen": Am 24. März 1603 fiel Schottlands König James VI. (aus dem Hause Stuart) nach dem Tod der kinderlos verstorbenen Elisabeth I. als James I. auch die Herrschaft über England und Irland zu. Der schottischen Volksabstimmung würden somit eineinhalb Jahre Trennungsverhandlungen und schließlich die Eigenstaatlichkeit Schottlands folgen. Etwa wie im Falle der zwischen Václav Klaus (Tschechien) und Vladimír Me?iar (Slowakei) ausverhandelten und mittels Parlamentsbeschlusses (ohne vorherige Volksabstimmung) entschiedenen „friedlichen Auflösung“ der ?SFR Ende 1992.

Laut Umfragen sind die Chancen dafür allerdings nicht gar zu rosig: 36 Prozent der Ende Juni Befragten waren für die Unabhängigkeit, 44 Prozent dagegen, und immerhin 20 Prozent wussten demnach noch nicht, wofür sie sich entscheiden. Das hängt mit der einzig gestellten Referendumsfrage „Soll Schottland ein unabhängiger Staat sein?“ zusammen. Diese ist sozusagen die „Reduktionsform“ dessen, was ursprünglich Intention der überparteilichen Organisation „Yes Scotland" war.

Die Einigung Salmons, dessen SNP den „Verbleib Schottlands unter der Krone und im Pfund-Sterling“ befürwortet, mit Cameron ist nur über diese eine Frage zustande gekommen. Wäre es nach „Yes Scotland" gegangen, so hätte am 18. September auch über „die gänzliche wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit vom Britischen Königreich“ befunden werden sollen. Demoskopischen Befunden zufolge würden bei einem derartigen zusätzlich in Frageform gekleideten Referendumsbestandteil „wohl mehr als 90 Prozent der Schotten ganz klar für die Unabhängigkeit“ stimmen.

Denn es sind gerade die wirtschaflichen Faktoren, die für vielfältige Konflikte zwischen London und Edinburgh sorgen. So verfügt Schottland derzeit nicht über die Kontrolle über die eigene Wirtschaft. Es ist die Regierung in London, die die Einnahmen aus der Nordsee-Ölförderung samt und sonders einstreicht.

Edinburgh möchte selbst über das ökonomische Wachstum Schottlands entscheiden, will über die Förderung erneuerbarer Energien bis zu 40.000 neue Arbeitsplätze schaffen und die neue Wachstumsbranche Tourismus fördern. Gegenwärtig fließt alles in Schottland Erwirtschaftete zur Gänze in den britischen Staatshaushalt. Was Edinburgh aus London – wegen der devolutionären Übertragung administrativer Funktionen an schottische Körperschaften in den 1990er Jahren – zurück erhält, steht in keinem Verhältnis zu dem, was die fünf Millionen Schotten an jährlicher Wertschöpfung erbringen. Zwar darf das schottische Regionalparlament beispielsweise in der Gesundheits- und in der Kulturpolitik eigenständig Gesetze erlassen, doch Westminster verfügt in allem über ein Überstimmungsrecht.

Hierin ähnelt die „Autonomie“ Schottlands jener Südtirols. Weshalb dort die „Los-von-Rom“-Parteien Parallelen sehen und mit den schottischen Loslösungsbefürwortern mitfiebern. Wenngleich die ökonomische Situation Großbritanniens – just wegen der Öleinnahmen – besser ist als jene Italiens, das seit den 1980er Jahren einen Staatsschuldenberg vor sich herschiebt, der mittlerweile auf 135 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angewachsen ist. Für die auf Selbstbestimmung sinnenden Südtiroler Oppositionsparteien muss – trotz (längst beschnittener) „Selbstverwaltung“ – aus italienischer Schuldenkrise und römischem Zentralismus zwangsläufig der Niedergang ihrer mehr und mehr der Italianitá anheimfallenden „Provincia autonoma di Bolzano – Alto Adige“ folgen.

War im „Mailänder Abkommen“ (2010) vereinbart, dass Rom von den gemäß Autonomiebestimmung an Bozen rückzuerstattenden 90 Prozent des Südtiroler Steueraufkommens jährlich 518 Millionen Euro einbehalten durfte, so behält es mittlerweile nahezu die dreifache Summe ein. Ohne dass „allfällige Änderungen auf dem Konsultationswege zwischen Rom und Bozen“ vorgenommen worden wären, wie eigentlich im Abkommen festgelegt. Dadurch wird nicht nur eine ihrer tragenden Säulen brüchig, sondern die Autonomie als solche entwertet. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die gemäß ihrer Losung „Süd-Tirol ist nicht Italien“ auf die Trennung vom Stiefelstaat hinarbeiten.

Sollte indes das Referendum in Schottland so ausgehen, dass sich „Ja“ und „Nein“ ungefähr die Waage halten, dann wird es gewiss Verhandlungen über den Ausbau der dortigen autonomen Befugnisse geben. Alle gesamtstaatlich-britischen Parteien – Tories, Labour, Liberaldemokraten – haben sich schon darauf festgelegt, dass die Schotten zusätzliche und weiter als bisher reichende Selbstverwaltungsrechte erhalten sollen. So beispielsweise die Steuerhoheit. Dass dann Waliser, Nordiren und Engländer ähnliche Ansprüche stellen werden, dürfte klar sein.

Votieren die schottischen Wähler tatsächlich mehrheitlich gegen die Unabhängigkeit, wäre dies wohl vor allem für Premierminister Cameron von Vorteil. Denn im ganzen Vereinigten Königreich dürfte sich dann die politische Stimmung zu seinen Gunsten verschieben und den Tories einen aussichtsreichen Wechsel ins Wahljahr 2015 verheißen. Wie sie sich auch am 18. September entscheiden: Das Votum der Schotten wird Großbritannien verändern und nicht ohne Einfluss auf Unabhängigkeitsbewegungen in Europa bleiben.

Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.

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Fischer, Kurz und Rupprechter: Die Ukraine und der Krieg

22. Juli 2014 00:47 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreichs Außenpolitik hat in den letzten Monaten eine Wendung durchgemacht, ohne dass es der Öffentlichkeit aufgefallen wäre. Hat sich der Bundespräsident bei dem skurrilen Putin-Besuch in Wien noch gegen Sanktionen ausgesprochen, wollte der Außenminister am Anfang die Ukraine neutralisieren, trägt Österreich nun voll die EU-Sanktionen mit. Im Wesentlichen hört man nur noch aus Italien russlandfreundliche Äußerungen.

Österreichs jetzige Haltung ist jedenfalls als positiv zu werten. Das deutet immerhin auf einen Lernprozess des jungen Außenministers und seiner offenbar auch nicht sonderlich versierten Berater.

Das sorgt aber auch zunehmend für die Frage: Wozu braucht diese Republik überhaupt einen Bundespräsidenten? Dieser ist ja völlig irrelevant – und merkt es nicht einmal selber. Extrem skurril sind auch die nächsten Reisepläne von Heinz Fischer: Denn jetzt will er ausgerechnet – nach Teheran fahren. Und zwar unabhängig davon, ob dieses in einer für die Welt nachprüfbaren Weise auf die Entwicklung einer Atombombe verzichtet oder nicht.

Der Dialog und das Schießen

Gegenüber Russland wie Iran hört man jedes Mal von Fischer das Argument, dass Dialog besser als Schießen sei. Selbstverständlich ist er das. Nur: Wenn andere Länder okkupiert und annektiert werden, wenn Zivilmaschinen voller Urlaubsreisender vom Himmel geschossen werden, wenn Atombomben gebaut werden: Dann hat ja offensichtlich der Dialog nichts gefruchtet. Dann sind die von Fischer beim Putin-Besuch ausdrücklich abgelehnten Wirtschaftssanktionen das im Vergleich weitaus beste Mittel. Sanktionen bieten zwar auch keine Garantien, aber bei geschlossener und energischer Anwendung am ehesten die Chance, blutige Eskalationen zu verhindern. Wer hingegen gegen Sanktionen ist, der wird zu einem Instrument der Propaganda der Aggressoren.

Noch etwas macht das Dialog-Gerede am Wiener Ballhausplatz so lächerlich. Nach dem Abschuss der malaysischen Maschine hat Putin den amerikanischen Präsidenten, die deutsche Bundeskanzlerin, den (besonders arg betroffenen) niederländischen Regierungschef und noch viele andere angerufen. Auf den Gedanken, auch Fischer anzurufen oder sonst jemanden in Österreich, ist Putin aber offensichtlich nicht gekommen. Ebenso reden Iran und Nordkorea immer am liebsten mit den USA direkt. Nicht mit einem Herrn Fischer.

Aber basiert nicht Bruno Kreiskys Ruf vor allem auf seiner Vermittlung in internationalen Konflikten? Nein, Kreisky war sogar das Gegenteil eines neutralen Vermittlers. Einen solchen machen nur die an einer Heiligenlegende strickenden Parteifreunde aus ihm. Kreisky hat sogar selbst gesagt, dass er kein Vermittler sein kann; dazu sei er viel zu israelkritisch. Kreisky war ein Kommentator von Konflikten. Er gibt aber in Wahrheit keinen einzigen Konflikt, wo Kreisky vermittelt hätte.

Es täte auch der heimischen Außenpolitik extrem gut, wenn sich die dort tonangebende Generation mit den letzten 60 Jahren viel genauer befassen würde. Damit sie es dem schon ob seiner Jugend ahnungslosen Außenminister beibringen kann.

Einzig relevant ist die EU und Deutschland

Die letzten Wochen haben gezeigt, dass einzig relevant ist, was Deutschland tut, was die EU tut. Österreichs Diplomatie tut da nichts dazu. Sie sollte aber begreifen: Für das Land – auch seine Wirtschaft – wäre es eine absolute Katastrophe, wenn in Europa wieder damit angefangen wird, andere Gebiete mit Militärgewalt zu okkupieren und annektieren.

Genau das hat ja einst ein Adolf Hitler gemacht; und auch damals haben manche in der Außenwelt zynisch dazu gesagt, dass die Menschen das eh sicher wollen; dass es also gar keinen Grund gäbe dagegen zu sein. Damals hat daher der Westen viel zu lange keinen Finger in Sachen Hitler gerührt. Es hat damals wie heute niemand für eine saubere Volksabstimmung gekämpft, bei der die Menschen ihre Meinung unbeeinflusst sagen können, bei der jede Seite ihre Argumente unbehindert vorlegen kann.

Zurück zum Fall Heinz Fischer. Zunehmend fragen sich die Steuerzahler: Wozu gibt es überhaupt noch einen Bundespräsidenten samt kostspieligem Apparat? Dessen Worte haben ja mit der wirklichen Welt absolut Null Beziehung. Er ist völlig irrelevant. Entscheidend ist, was Deutschland will, nicht ob Fischer etwas sagt. Es war Deutschland, es war die EU, die – noch einmal gesagt: schon vor dem Abschuss! – diese Sanktionen beschlossen haben. Und Österreich machte einfach kehrt vom einstigen Dialog-Gerede, so als ob man nie etwas anderes gesagt hätte.

Das ist im konkreten Fall zweifellos positiv. Aber hie und da hat Österreich freilich auch andere Interessen als Berlin. Da wäre es ganz gut, wenn das Land wieder eine denkende Außenpolitik hätte, einen Präsidenten und einen Außenminister.

Der Agrarminister als außenpolitischer Dilettant

Dabei würde der Außenminister etwa entdecken, dass inzwischen ausgerechnet der Landwirtschaftsminister (oder wie er sich gerade bezeichnet) ganz auf eigene Faust Außenpolitik betreibt. Und zwar was für eine! Man fühlt sich an die Zeit vor hundert Jahren erinnert, als Wien geglaubt hat, andere Länder herumkommandieren zu können.

Herr Rupprechter hat zuerst Ungarn, dann Italien in Worten den Kampf angesagt, die seit Jahrzehnten von einem österreichischen Minister nicht mehr zu hören gewesen sind. Die Worte des „grünen Sozialdemokraten“ waren aber nicht nur außenpolitisch extrem unsinnig, sondern hatten auch juristisch zuwenig Argumente. Egal ob es um die sogenannten Taschenverträge gegangen ist, oder um den Fettanteil der angelieferten Milch.

Rupprechter donnerte dennoch in beiden Fällen mit der Faust auf den Tisch. Der erstaunte Zuhörer fragt sich schon: Will er als nächsten Schritt beiden Nachbarn den Krieg erklären? Das wäre freilich schon deshalb nicht tunlich, weil das Bundesheer nicht mehr existent ist (hoffentlich habe ich jetzt kein Staatsgeheimnis verraten; Herr Kurz und Frau Heinisch schicken ja neuerdings gerne den Staatsanwalt gegen Meinungsäußerer los).

Eine Tiroler Faust auf den Tisch wirkt nur beim ÖVP-Obmann. Dort hat sie es erreicht, dass ein Tiroler statt eines anderen viel geeigneten Mannes als Agrarminister in der Regierung sitzt. Sonst aber sind Fäuste immer sehr kontraproduktiv.

Wenn es schon ein Außenminister nicht sagt, dann sei dem Agrarminister zumindest an dieser Stelle gesagt: Bei anderen Staaten sollte auch ein Tiroler das Drohen unterlassen. So redet man nicht mit anderen Ländern. So holt man sich nur blutige Nasen, sonst nichts. Vor allem dann nicht, wenn man selbst gar nichts in der Hand hat. Weder juristisch noch ökonomisch (noch militärisch, sei für jene hinzugefügt, denen Putins militärische Interventionen so gefallen).

 

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Der Schaden durch die Politik

21. Juli 2014 01:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nicht einmal annähernd hat Europa seine seit 2008 andauernde Wirtschaftskrise überwunden, die jetzt ins siebente Jahr kommt. Das zeigen die vergangenen Tage deutlicher denn je. Daran ändert es auch nichts, dass Politiker immer wieder erklären, dass nun die Krise vorbei wäre.

Immer klarer wird auch die Ursache, weshalb sie nicht überwunden ist. Es war nicht OBWOHL so viel reguliert worden ist, sondern es war genau DESWEGEN. Es waren die Politiker, es waren die sich wie ein Krebsgeschwür vermehrenden nationalen und internationalen Regulatoren. Ob die nun in Basel sitzen, bei den drei gegeneinander intrigierenden Gremien der EU, beim ESM, bei der EZB, beim IWF, bei den nationalen Regierungen und Parlamenten, bei den Nationalbanken und Finanzmarktaufsehern.

Jede dieser Institutionen regulierte auf Teufel komm raus. Man glaubt allen Ernstes, dass man durch Hekatomben von Regeln, durch immer mehr Institutionen das Geld sicherer macht, dass man im Voraus weiß, ob ein Kredit zurückgezahlt wird. Auch Öffentlichkeit und Medien verlangen ständig noch mehr Regeln. Sie alle glaubten, eine Ahnung von Wirtschaft zu haben. Dabei machte die Fülle an Regeln mit absoluter Sicherheit die Krise nur noch schlimmer.

Nur ein Prinzip, das sie fast alle ersetzt hätte, kam nie zur Anwendung: das der Eigenverantwortung. Es würde zurückführen zu dem, was seit vielen Generationen weise Anleger wissen: Informiere dich; schaue jeden sehr gut an, dem du dein Geld anvertraust; und teile dieses auf möglichst viele Körbe auf. So gerät man auch dann nicht unter Wasser, wenn der eine oder andere Korb ganz verschwindet. Gesellschaften sollten gemäß dem Schumpeter-Prinzip handeln, dass Insolvenzen oft die einzige Grundlage für etwas Neues sind. Niemand ist „too big to fail“.

Statt dessen wurde gerettet, was das Zeug hält. Es haben jetzt zwar die meisten Staaten einen Primärüberschuss; aber nur deshalb, weil die Zentralbank fast rund um die Uhr Geld druckt und es ganz billig hergibt.

Heute geht es fast allen österreichischen Banken schlecht – und trotzdem will die SPÖ noch mehr Geld aus ihnen herausholen. In Portugal und Bulgarien mussten angeblich gerettete – oder nur von bösen Menschen schlecht geredete – Geldinstitute schließen. Die Investoren flüchten immer mehr in die Sachwerte (ob das nun Immobilien, Firmenbeteiligungen oder Rohstoffe sind).

In der EU setzen dennoch die Sozialdemokraten in ihrer Ausgabenwut alles daran, dass man bestimmte Ausgaben einfach nicht mehr als Ausgaben rechnet. Obwohl etwa die „Salzburger Nachrichten“ im Rückblick konstatieren: „Milliarden für Jobprogramme in der EU bleiben wirkungslos“. Die Politik ruft dennoch ständig nach neuem Geld.

Mit solchen Tricksereien kann man bestenfalls sich selber täuschen. Mit ständig noch mehr Regeln täuscht man zwar Aktivität vor, macht den Schaden aber nur noch größer. Hans-Werner Sinn, der führende Ökonom im deutschen Sprachraum, sagt das, was hier schon mehrfach prophezeit worden ist: „Nun lässt sich die Schuldenlawine überhaupt nicht mehr stoppen.“

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Warum bitte hat die Aua die Ostukraine überflogen?

20. Juli 2014 02:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Beweise gegen die prorussischen Separatisten werden immer erdrückender. Der rauchende Raketenwerfer wird freilich nie auftauchen. Dazu steht offenbar zu viel auf dem Spiel, als dass die Wahrheit eine Chance hätte. Aber gleichzeitig wird umso fragwürdiger, warum Aua, Lufthansa und einige andere Luftlinien bis Donnerstag das ostukrainische Krisengebiet überflogen haben. Ist ihnen das Leben ihrer Passagiere so wenig wert?

Gewiss: Weder die Ukraine noch Russland haben gesagt, dass der Luftraum für hochfliegende Maschinen gesperrt wäre. Aber wenn man die sonstigen Kleinigkeiten ins Kalkül zieht, die beim Zivilfliegen oft bis ins Lächerliche berücksichtigt werden, dann wundert man sich schon sehr, weshalb bis zum Unglück über die Ostukraine geflogen worden ist.

Die Ersparnis an Treibstoff, weil man den direktesten Weg nach Osten genommen hat, kann doch nicht im Ernst der Grund dafür sein. Man kann aber auch nicht wirklich an solchen Leichtsinn, an solche Trägheit westlicher Manager im Geiste glauben.

Irgendeinen Grund muss es jedoch geben. Schließlich haben andere Gesellschaften schon längst einen großen Bogen um die Ostukraine gemacht. Obwohl deren Überfliegen von niemandem im formellen Sinn verboten worden ist. Aua wie Lufthansa haben mit diesem Überfliegen mehr an Vertrauen verloren, als sie leicht verkraften können. Und noch mehr an Vertrauen kostet es eine Reihe von Fluggesellschaften, wenn weiterhin Afghanistan und der Irak überflogen werden!

Gewiss: Ich selbst habe mich als Journalist etliche Male in sehr brenzlige Situationen begeben. Ich erinnere mich an Flugzeuge, wo in zehn Kilometer Höhe jedes Licht abgeschaltet wurde, um nicht von Kämpfern entdeckt zu werden; bevor es in engen Spiralen nächtens nach unten ging. Aber es war ein freiwillig angetretener Flug in Krisengebiete (trotz aller Angst). Und nicht ein Transport von Familien in die Ferien.

Die Täter waren die Rebellen

Beim Abschuss der malaysischen Maschine selber habe ich nicht die geringsten Zweifel mehr, dass das Verbrechen von den prorussischen Rebellen begangen worden ist. Viel zu viele Beweise sprechen die gleiche Sprache, deuten in die gleiche Richtung.

Die unabhängige Untersuchung, die laut zahllosen Regierungen den letzten Beweis bringen soll, freilich kostet mich nur noch einen Lacher. Wenn der russische Geheimdienst in der Zwischenzeit nicht längst jedes Indiz, das Moskau noch zusätzlich belastet, beiseite geschafft und manipuliert hat, dann wäre dort kein einziger Mann sein Geld wert. Unter den Trümmern wird daher sicher nicht mehr der letzte Beweis auftauchen. Wenn er überhaupt je dort war.

Die Rufe nach Untersuchung dienen wohl primär als Ablenkung vieler Regierungen angesichts der Empörung vieler Menschen. Diese Empörung wird aber wieder abklingen, so kalkulieren sie. Und Europa wird sich dann wieder um Waffenlieferungen an die Ukraine drücken. Hingegen wird Amerika (unterstützt von den Niederlanden, England, Polen und den Balten) wohl jetzt endgültig liefern.

Ich bin jedenfalls mittlerweile über die Urheberschaft sicher. Es liegen mittlerweile eine Unzahl von Indizien gegen Russland vor. Indizien die wohl fast jeden Strafrichter der Welt eine Verurteilung aussprechen ließen:

  1. Die von der Ukraine noch vor dem Wissen um die malaysische Identität der abgeschossenen Maschine abgefangenen und von Kiew sofort veröffentlichten(!) Mitteilungen und Gespräche von Rebellen, die von diesen wieder gelöscht wurden, als bekannt wurde, dass es sich um ein ziviles Flugzeug eines unbeteiligten Landes handelt;
  2. Die Empörung über die von Moskau verlangten Lügen – der Ausdruck wird wörtlich verwendet – von Journalisten beim Propagandasender „Russia Today“, obwohl sie damit ihren gutbezahlten Job verlieren;
  3. Das Herumstammeln der russischen Führung, die als einzigen Vorwurf gegen die Ukraine zu formulieren imstande war, dass der Abschuss über ukrainischem Territorium stattgefunden hat – aber verschwieg, dass es dort die Rebellen die Kontrolle haben;
  4. Die offensichtlichen Erkenntnisse westlicher Satelliten über diese Rakete, die (im Gegensatz zum Südpazifik, wo ein der gleichen Linie gehörendes Flugzeug spurlos verschwunden ist) die Ostukraine sehr genau beobachten;
  5. Die Weigerung der Rebellen, unabhängige OSZE-Experten an Ort und Stelle sofort und unbegrenzte Untersuchungen vornehmen zu lassen, nachdem sie selbst tagelang Zeit hatten, alles Belastende beiseitezuräumen.

Wer nach weiteren Beweisen ruft, der wird wohl nie überzeugbar sein.

Putin selbst erweist sich leider als ganz schwach. Er versäumt die letzte Chance, sein Land dorthin zurückzuführen, wo Russland, das uns so viele großartige Künstler geschenkt hat, eigentlich hingehört: Nämlich in den Kreis der rechtsstaatlichen Demokratien. Er hat wie ein Zauberlehrling den Abschaum geschickt und ist nicht mehr imstande, sich von diesem und seinen Taten zu trennen.

 

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Die Welt am Rand des Krieges

18. Juli 2014 00:21 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist beängstigend. Steht die Welt vor einer Megakrise wie im Jahr 1956, als es gleichzeitig in Ungarn (die Revolution gegen die sowjetische Besatzung) und Israel losging (der aus unterschiedlichen Motiven erfolgende, aber im Ziel gemeinsame Angriff Israels, der Briten und Franzosen auf Ägyptens Diktator Nasser und den Suezkanal)? Hat der Abschuss eines malaysischen Flugzeugs über der Ostukraine ähnliche Wirkungen wie der 11. September? Oder könnten die Gefahr und Tragik der Stunde auch zu einer positiven Wende führen? Erweisen sich die Herren Putin, Obama, Khamenei und Netanyahu, die alle nicht mehr den gesamten Überblick zu haben scheinen, im letzten Augenblick doch noch als Staatsmänner?

Es löst im Beobachter jede Menge Überlegungen aus, wenn fast zur selben Stunde eine ganze Reihe von Ereignissen passiert. Das sind:

Auch wenn es keine direkten Beweise gibt: Sehr viel spricht dafür, dass da viele Zusammenhänge bestehen, die wir noch gar nicht alle sehen. Dass da offensichtlich im Windschatten anderer Krisen einige vollendete Tatsachen schaffen wollen. Das kann zu gewaltigen Explosionen führen, die niemand vorherbedacht hat. Deswegen sind diese Tage sehr gefährlich.

Aber trotz der Tragik der Ereignisse könnten auch Wunder geschehen. Freilich – die gibt es nur, wenn gleich vier Mann zu Staatsmännern werden:

  1. Der russische Machthaber Putin, der nach dem Abschuss einer fremden und vollgepackten Urlaubermaschine über der Ukraine jede weitere Unterstützung für die aus ganz Russland gekommenen Separatisten beendet und wieder in den Kreis der Zivilisation zurückkehrt;
  2. Der israelische Regierungschef Netanyahu, der nach dem Gaza-Einmarsch und dem hoffentlichen Ende der ständigen Raketenbeschüsse durch Radikale den Palästinensern ein ehrliches Angebot macht – der also den Siedlungsbau in den palästinensischen Gebieten beendet;
  3. Der iranische Machthaber Khamenei, der endlich in glaubwürdiger Manier auf den Bau von Atomwaffen verzichtet, und der dafür Iran zu einem zentralen und anerkannten Mitspieler im ganzen westlichen Asien macht;
  4. und der amerikanische Präsident Obama, der endlich begreift, dass das Prinzip Selbstbestimmung die beste Chance zu einer friedlichen Zukunft bietet.

Nun, gewiss ist das ein Traum. Aber gerade in solchen Stunden braucht man Träume. Wahrscheinlicher ist freilich etwas ganz anderes: Noch mehr und noch unberechenbarere Eskalationen in den nächsten Tagen.

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Die EU und Faymann, Italien und die Ukraine

17. Juli 2014 02:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der EU-Gipfel endet also ohne Konsens über die wichtigsten Positionen neben dem Kommissionspräsidenten. Jetzt darf einmal bis 30. August europäischer Sommer gemacht werden. Die Konsultationen waren „nicht fertig“.

Trotzdem sei einmal das Positive hervorgestrichen: Die EU hat nun endgültig weitere Sanktionen gegen eine Reihe jener russischen Personen und Firmen verhängt, die gegen die Ukraine Krieg führen. Das ist nicht nur positiv, weil der Westen zumindest in einem wichtigen Gebiet Handlungsfähigkeit zeigt (die Amerikaner haben sich zur gleichen Stunde angeschlossen). Das ist auch vor allem deshalb positiv, weil man diese Sanktionen in Moskau sehr schmerzhaft spürt und weil das offizielle Russland genau wegen dieser Sanktionen bei allem Zorn in den letzten Wochen deutliche Zurückhaltung übt.

Das ist eindeutig positiv. Auch wenn die russischen Chauvinisten (die nicht zuletzt in Tschetschenien das Kriegshandwerk gelernt haben) deswegen noch keineswegs aufgeben. Und auch wenn in der Ostukraine leider noch viel Blut fließen wird. Aber volle Rückendeckung durch Putin sieht anders aus.

Bei den Personalia hingegen tut sich die EU unglaublich schwer. Meist ist da immer nur ein sehr schwacher Kompromiss herausgekommen. Siehe etwa die letzten beiden Führungspositionen der Kommission.

Siehe aber auch die gegenwärtig kursierenden Namen. Besonders Italien hat sich lächerlich gemacht. Es kämpfte allen Ernstes für eine blutjunge Landsfrau als Außenkommissarin, also als Nummer zwei in der EU-Kommission. Dabei wird sie selbst von Parteifreunden als „schlicht“ bezeichnet. Dabei leitet sie nur ein paar Monate in Rom das einschlägige Ministerium. Sie ist also noch kürzer im Amt als selbst ein Sebastian Kurz, der trotz seiner Intelligenz erst sehr mühsam lernt, wieviel Erfahrung Außenpolitik braucht, bräuchte.

Noch schlimmer ist, dass sich die von Italien vorgeschlagene Sozialdemokratin gegen Sanktionen ausgesprochen hat. Das ist nicht nur von der EU selber zum Glück anders entschieden worden. Das wäre auch sonst absolut das falscheste Zeichen.

Dabei sollte Italien ohnedies sehr ruhig sein: Denn das Land ist alles andere als ein Vorbild. Es ist in ganz schlechter wirtschaftlicher Lage. Es hat eine horrende Arbeitslosigkeit. Es hat einen Rechtsstaat, der auf Grund seiner unendlich langen Verfahren nicht mehr als solcher bezeichnet werden kann. Es führt in krasser Verletzung seiner Pflichten keine Asylverfahren für die über Mittelmeer kommenden Migranten durch.

Ganz abgesehen davon führt ohnedies ein Italiener die Zentralbank, wo er sich alles andere als bewährt hat.

Es ist aber wohl sowieso am besten, während der nächsten Wochen die vielen Namen nicht einmal zu lesen, die da jetzt von den Spin doctoren durch die Medien getrieben werden. Fast jeder wird dort einmal genannt werden.

Einen ganzen Tag lang ist im Ausland sogar schon der Name Werner Faymann (etwa im Online-„Spiegel“) kursiert. Überraschend ist nur, dass diese Nennung nicht von seinen Speichelleckern sofort triumphalistisch nach Österreich kolportiert worden ist. Offenbar geniert man sich sogar in deren Reihen, jemanden als EU-Spitze zu nennen (etwa als Ratspräsident), der nicht einmal seine Schulzeugnisse vorweisen kann.

Vermutlich werden auf EU-Ebene die nächsten Wochen Klärung bringen. Sicher kann man freilich nicht mehr sein. Denn die EU ist fast nicht mehr zu steuern, so „demokratisch“ ist sie geworden. Ein Gremium blockiert das nächste. Gewiss: Ein Ausgleich zwischen Nord und Süd, zwischen West und Ost, zwischen Alt und Neu wird stattfinden müssen. Jedes Land, jede Region will sich irgendwie in Europa wiederfinden.

Warum aber beispielsweise das Geschlecht eine Rolle spielen sollte, ist völlig unklar. Denn wäre dieses den Europäern wichtig, hätten sie ja eine Frauen-Liste wählen können. Unter den Spitzenkandidaten gab es aber überall nur Männer (bis auf die unter Ferner Liefen ins Ziel kommende Grünen). Den ganzen Wahlkampf über hat das Geschlechterthema wohlweislich keine Rolle gespielt.

Jetzt auf einmal soll im EU-Parlament das Geschlecht wichtig sein, wo es um Posten geht? Wo nicht mehr die Wähler (beiderlei Geschlechts) sagen, was ihnen wirklich wichtig ist?

Und: Wenn den Sozialdemokraten das Geschlecht schon so wichtig ist – warum haben sie sich in Österreich als erste Partei vehement für die Verlängerung des in den letzten Jahren fast unsichtbaren gewesenen Johannes Hahn eingesetzt? Das wäre doch die Gelegenheit gewesen, eine geeignete Frau vorzuschlagen. Wenn es die gäbe.

 

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Sie lügen uns ständig an

14. Juli 2014 01:39 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Lügen der Politik werden immer unerträglicher. Und die Bürger müssen sich das alles offenbar gefallen lassen. So haben halt die Politiker die Spielregeln der Repräsentativ-Demokratie gestaltet.

Die neuesten Beispiele: Der österreichische Finanzminister und seine Staatssekretär sagen öffentlich unverfroren, dass die EU-Staaten das Hypo-Gesetz stillschweigend hinnehmen würden. Was in keiner Weise richtig ist. Jetzt hat es Wolfgang Schäuble bei einem Vortrag sogar öffentlich festgestellt: „Wir haben alle erhebliche Probleme dabei. Ich habe es auch meinem österreichischen Kollegen gesagt.“ Es ist also keineswegs bloß das übliche Oppositionsgemurre oder der Profilierungsdrang einiger Juristen, wenn man sich darüber empört, dass ein Bundesland zuerst Kredite garantiert und dass es dann ohne Konkurs diese Garantien ignorieren kann.

Genauso schlimm ist der Sozialminister. Er sagt, dass das Pensionsalter nun erstmals eh signifikant gestiegen wäre und dass es daher keine weiteren Reformen bedarf. Diese Steigung ist aber eindeutig eine Lüge. Ein statistischer Trick: Invaliden unter 50 wird halt keine Pension mehr zuerkannt, sondern sie bekommen aus einem anderen Titel ihr öffentliches Geld. Aber dieser Minister sagt ernstlich, dass der Pensionsantritt gestiegen wäre.

Auch der Bundeskanzler gehört in die gleiche Kategorie. Was eigentlich überrascht, da Herr Faymann, seit er im Bundeskanzleramt ist, nie etwas Wesentliches getan hat. Außer ein Kind aus dem Bach zu ziehen und Gelder an den Bouvard zu schleusen. Faymann hat die Einführung neuer Steuern mit folgender Begründung verlangt: Nach der Wahl müsse dasselbe gelten wie vorher. Nur: Die ÖVP hat auch vor der Wahl ein paar hunderte Mal gesagt, dass sie bei keinen neuen Steuern mitziehen werde. Und ist – für einige überraschend – dabei geblieben. Faymann hat aber mit der ÖVP neuerlich eine Koalition gebildet. Also hat er entweder gelogen, wenn er so tut, als habe die ÖVP irgendwann neuen Steuern verlangt, oder er hat gelogen, als er diese Regierung bildete. Er hätte eine solche ja auch mit den Freiheitlichen – die sich mehrfach dazu sogar öffentlich angeboten haben! – versuchen können. Und mit seinen Freunden von den Grünen (die sowieso immer alles tun, was die SPÖ will) und von den Neos (die jetzt sogar Faymanns Rechte aufwerten wollen). Selbst das Team Stronach hätte sich wohl nicht verweigert. Aber Faymann hat mit der ÖVP eine Koalition geschlossen.

Auch der Blick über die Grenzen tröstet nicht wirklich. Man kann nur lachen, wenn jetzt Deutschland empört ist, dass Amerika spioniert. So als ob es nicht immer völlig klar gewesen ist, dass die USA auch gegen Verbündete spionieren. Lediglich fünf (interessanterweise durchwegs englisch sprechende) Länder waren von den USA in den Rang besonderer Freunde erhoben worden. Und Deutschland war eben nicht bei den Fünf.

Ich wäre übrigens sehr überrascht, wenn nicht auch bei den Fünf einmal ein amerikanische Spion enttarnt würde. Es wäre ja „nur“ eine weitere Lüge. Die USA werden auch weiter spionieren. Genauso wie alle anderen Großmächte, wie Russland, China, England, Frankreich.

Und die EU wählt einen Präsidenten, der das Lügen für ganz selbstverständlich erklärt hat.

 

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Europa der Regionen – eine Chimäre

08. Juli 2014 21:21 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Die politischen Verantwortungsträger der Südtiroler Regierungspartei SVP geben sich der Autosuggestion hin. Und die Publizistik steht ihnen darin in nichts nach. Unter dem Motto „Europa der Regionen“ fand soeben auf Schloss Prösels, einst Sitz des Landeshauptmanns an der Etsch, eine Tagung statt. Zugegen war die gesamte Führungsmannschaft des SVP-dominierten Südtirol sowie des ÖVP-bestimmten Nord- und Osttirol.

Dazu gesellten sich Repräsentanten Welschtirols, mit dem das 1918 von Italien annektierte Südtirol seit 1946 in der Autonomen Region Trentino/Alto Adige zwangsvereint ist. Ebenso gekommen waren institutionelle und behördliche Vertreter der italienischen Staatsmacht und eine Flugzeugladung österreichischer Zaungäste aus Wien, schließlich Heerscharen von Journalisten.

Natürlich lockten nicht das der Europäischen Realität zuwiderlaufende Tagungsthema und Referenten wie der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee oder der Münchner Politologe Werner Weidenfeld. Die Wissenschaftler mühten sich mit den staubtrockenen Materien ab, welche Begriffe wie „Nation", „Regionalismus", „Föderalismus" und „Supranationalismus" umfassen; sie beschworen wieder einmal die „Regionalisierung Europas“ und wünschten sich zum ebenso vielten Mal, dass der kompetenzlose „Ausschuss der Regionen“ der EU endlich etwas zu sagen haben soll – Beschlusskompetenzen erhalten möge.

Auch der Schriftsteller Robert Menasse war nicht der Magnet für so viel Prominenz am Fuße des Schlern – trotz seiner marxistisch-leninistisch anmutenden Prophetie vom „Absterben der (National-)Staaten“. Und der in die Jahre gekommene Bergsteiger Reinhold Messner, ein begnadeter Selbstdarsteller, schon gar nicht. Er schwadronierte – völlig realitätsfremd – von EU-Bürgerschaft: Womit er den Wunsch vieler Südtiroler nach Erteilung auch der österreichischen Staatsbürgerschaft lächerlich zu machen versuchte.

Nein, eine unbändige Anziehungskraft auf das zuvor vom Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher handverlesene und ob der räumlichen Begrenztheit des historischen Gemäuers kontingentierte Publikum aus Politik, Wirtschaft und Publizistik übte nur das zurecht „historisch“ zu nennende erstmalige Zusammentreffen eines italienischen und eines österreichischen Regierungschefs auf Südtiroler Boden aus.

Es erübrigt sich eigentlich zu sagen, doch es soll dennoch festgehalten zu werden: Die Anwesenheit des Ministerpräsidenten Matteo Renzi überstrahlte bei Weitem jene des Bundeskanzlers Werner Faymann. Das war samt und sonders den anwesenden SVP-Granden anzumerken, die für gewöhnlich in Sonntagsreden das „Vaterland Österreich“ im Munde führen. Ob Kompatschers „Einfädelungsgeschick“ – Matteo und Arno sind per Du – hätte man am liebsten einander auf die Schenkel geklopft. Jedenfalls hinterließen die SVP-Politiker den – auch von allen Medien reflektierten – Eindruck, als ob der zähe Kampf der Altvordern wider die „ewige Italianità“ längst behaglichem Wohlgefallen an der politischen, ökonomischen, sozialen und weitgehend auch kulturellen Inkorporation in den italienischen Zentralstaat gewichen sei.

Wer geglaubt hätte, dass Renzi und/oder Faymann jenseits von „Friede, Freude, Eierkuchen“ auch nur ein Wort mehr als die gängigen, zum Tagungsmotto passenden Stereotypen verlieren würden, sah sich getäuscht. Europa mache es möglich, dass Staatsgrenzen ignoriert werden könnten, weil sie nicht mehr trennten. Die Autonomie „ein Modell für andere in Europa“, die Verwaltung effizient. Ausgeklammert, besser beschwiegen, blieben die ständigen Probleme zwischen Bozen und Rom über Zuständigkeiten und Kompetenzen. Auch das stete Ringen um Durchführungsbestimmungen wurde ebenso wenig thematisiert wie der seit einigen Jahren – wegen der Staatsüberschuldung (137 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) – erfolgende vertragswidrige Entzug von Finanzmitteln, die eigentlich der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol zustehen. Dieser ist durch alle römischen Regierungen erfolgt, egal welcher politischen Couleur.

Dagegen hört man ständig von der Beschwörung der „Euregio Tirol“ als beispielgebendem Zukunftsprojekt gegen das Verlangen „Ewiggestriger“ nach Selbstbestimmung(sreferenden) und Unabhängigkeit sowie damit verbundenen Grenzverschiebungen. Auch als Widerpart gegen die erstarkten „Europaskeptischen“ und „Europafeindlichen“ Kräfte, nicht zuletzt auch gegen die Euro-Skeptiker. Das war die Absicht der Initiatoren dieser kaum anders denn als „Staatstheater“ zu charakterisierenden Veranstaltung. Der „Dolomiten“-Leitartikler wähnte sogar autosuggestiv wie die sich zu Prösels selbst Bejubelnden den „Aufbruch ins Europa der Regionen“.

Die Europäische Wirklichkeit ist eine andere. Nach wie vor bestimmen „nationale Interessen“ maßgeblich das Geschehen in der Union. Nicht von ungefähr steckt hinter den Ambitionen Frankreichs, der „Grande Nation“, nach wie vor De Gaulles Diktum vom „Europa der Vaterländer“. Es wird in der bayerischen CSU nur mehr vom „Statthalter“ des Franz Josef Strauß, Peter Gauweiler, hochgehalten. Ansonsten führt es zur Alternative für Deutschland und deren von der „sozialdemokratisierten“ CDU/CSU-Führung angewiderter konservativ-(wirtschafts)liberaler Klientel. Es sind just stark zentralistisch aufgebaute, stets die „ein(heitlich)e Nation“ betonende und sie verfassungsrechtlich erhöhende Staaten wie beispielsweise Italien, Frankreich oder Rumänien, welche sich der Föderalisierung weitgehend verschließen.

Ihre Minderheitenpolitik ist prinzipiell dem „nationalen Interesse“ untergeordnet oder fällt ihr im Zweifelsfall gänzlich zum Opfer. Selbst in Prösels konnte man das aus den Äußerungen der Renzi begleitenden Regionenministerin und Parteigängerin Maria Carmela Lanzetta heraushören. Das wollte freilich niemand: „Tirol, Südtirol und das Trentino“ seien zwar ein „Beispiel für multilevel Government und die Zusammenarbeit der Regionen in Europa“;  allerdings müssten „die Regionen im Rahmen der staatlichen Gemeinschaft gesehen werden“. Oder aus einer Bemerkung des Staatssekretärs Graziano Delrio: Ausgerechnet in Südtirol hob Delrio die Bedeutung der Trikolore hervor.

Nach wie vor auch ist es der Europäische Rat, mit welchem die Staats- und Regierungschefs die Unionspolitik bestimmen. Er ist der maßgebliche Entscheidungsträger in der Union. Selbst die stets um Mehrung ihrer Kompetenzen ringende EU-Kommission sowie die ihr untergeordnete, überbordende und sich immer mehr verselbständigende Euro(büro)kratie rangieren ebenso wie das Europaparlament – trotz leichter Positionsgewinne – weit darunter. Daran wird sich, auch auf längere Sicht, wohl nichts Substantielles ändern.

Das gilt auch für die von Integrationisten ersehnte absolute „Vergemeinschaftung“ in Form der „Vereinigten Staaten von Europa“. Nur bei Auflösung aller Nationalstaaten ließe sich die an sich durchaus sympathische Idee eines auf vor-nationalen volklichen Identitäten basierenden Regionalismus, mithin eines „Europa der Regionen“ verwirklichen. Gemessen an den derzeitigen realpolitischen Gegebenheiten ist in Hinkunft allenfalls eine „Konföderation Europäischer Staaten“ denkbar. Wenig „Aufbruch“ also, und die „modellhafte Euregio Tirol“ gewissermaßen als „Keimzelle“ für das „Europa der Regionen“ – Wunschdenken, Chimäre.

Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.

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FN 659: Karas ist nun auch als Vizepräsident gescheitert

04. Juli 2014 21:44 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Irgendwie könnte einem – bei aller Kritik – Othmar Karas jetzt fast schon leid tun. Freilich aus einem anderen Grund, als er vielleicht selbst meint.

Karas ist binnen weniger Tage zwei Mal gescheitert. Einmal als Möchtegern-Kommissar und einmal als Möchtegern-Vizepräsident des EU-Parlaments (der er bisher war). Das Mitleid für einen EU-Fanatiker hält sich freilich in sehr, sehr engen Grenzen. Aber mir ist auf der anderen Seite auch absolut nichts bekannt, wo Johannes Hahn als EU-Kommissar jemals positiv aufgefallen wäre. Er war nett und hat ein paar Reden gehalten. Und der eigentlich aus der ÖVP stammende Hahn hat nun zum zweiten Mal der SPÖ seinen Posten zu verdanken. Mehr ist über seine europäischen Taten nicht bekannt. Das Ergebnis des Konflikts Hahn-Karas ist also eigentlich egal. Dennoch tut einem Karas jetzt fast leid. Denn der Vielarbeiter (das müssen auch die Karas-Kritiker voll anerkennen) ist ausgerechnet über die in seiner Fraktion vereinbarte Genderquote gestürzt. Damit haben sich die Christdemokraten, um nur ja politisch korrekt zu sein, wieder einmal selbst das Bein gestellt (das haben sie etwa in Österreich in selbstbeschädigender Weise auch bei der Hymne getan). Damit zeigt sich erneut der Unsinn von Quoten. Es wird nicht demokratisch entschieden, es wird nicht der Beste gewählt, sondern immer nur der in die Quote Passende. Dabei sind die Menschen selbst noch nie gefragt worden, ob sie Quoten überhaupt wollen.

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Europa regelt fast immer das Falsche

03. Juli 2014 00:10 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Menschennahe Themen zeigen noch viel konkreter als tiefe Analysen, was in der EU falsch läuft. Ob es der Müll ist, das Autofahren oder das Telefonieren: immer öfter zeigt sich die Absurdität der heutigen EU. Sie will das regeln, was vor der Haustür stattfindet; und kümmert sich nicht um das, was man bei jeder Grenzüberschreitung spürt. Sie regelt immer intensiver den privaten Bereich, während sie die Staaten unberührt lässt.

Zum Verkehr: Bald werden Pkw-Fahrer jetzt auch für Deutschland ein eigenes Mautsystem brauchen. Damit gibt es dann in jedem Land ein anderes System. In etlichen Ländern brauchen Pkw-Fahrer für die Benutzung von Autobahnen ein eigenes nationales Pickerl; wobei jeweils unterschiedliche Regeln für die Kurzfristkleber gelten. In anderen müssen Autos hingegen durch Mautstationen fahren. Auch für Lkw gelten in jedem Land andere Bestimmungen.

Selbst ganz ohne EU wäre hier schon seit langem eine Vereinheitlichung dringend nötig. Bei der Briefpost ist das ja sogar schon im 19. Jahrhundert gelungen.

Eine sinnvolle europäische Vereinheitlichung kann im 21. Jahrhundert wohl nur in einer kilometerabhängigen Maut bestehen, die elektronisch kontrolliert und eingehoben wird. Die also ohne eigene Mautstationen auskommt. Dann würden beispielsweise auch die Kufsteiner entlastet und so manche andere, die unter Pickerl-Flüchtlingen stöhnen. Dann kennt man sich wenigstens europaweit aus.

Aber stattdessen ist im wirklichen Leben in jedem Land von den Regierungen der Verkehr neu und anders erfunden worden. In der EU ist weit und breit nichts von einer Vereinheitlichung zu hören. Die EU schafft diese ja nicht einmal bei der in der Regel nur einem einzigen Eigentümer gehörenden Eisenbahn. Dabei würde eine solche einheitliche Maut mit Sicherheit mehr Geld für den Erhalt der Autobahnen einspielen.

Die EU-Kommission schweigt zum Thema Verkehr und die Verkehrsminister hüten ihre nationalen Imperien. Seien sie geographisch noch so klein. Bei uns ist das die hochintelligente Frau Bures. Diese Minister tun seit längerem offenbar nur eines: Sie warten auf Deutschlands Fehler. Dort hat die CSU als Koalitionspreis die Einführung einer Autobahnmaut ohne Mehrbelastung für auch nur einen Deutschen versprochen. Nur die Ausländer sollen echt zahlen – dürfen aber wiederum nicht schlechter gestellt sein als die Deutschen. Da die Quadratur des Kreises noch nicht erfunden ist, wird die CSU mit Sicherheit ihr unhaltbares Versprechen nicht halten können.

Dennoch ist das Problem der CSU letztlich ein Nebenproblem. Viel wichtiger wären eben europaweite Klarheit und Vereinheitlichung. Der Verkehr, seine Zeichen, seine Regeln, seine Gebühren, seine Verbote rufen lange schon danach. Die Europa-Politiker aber haben nur Posten im Sinn, wie die letzten Stunden wieder einmal gezeigt haben. Während überall ständig neue, ganz unterschiedliche Regeln erfunden werden.

Der Verkehr spielt sich in aller Regel nur selten vor der eigenen Haustür ab – bei den Abfällen ist das zumindest für den durchschnittlichen Konsumenten in aller Regel schon so. Zwar ist Müllvermeidung ebenso lobenswert wie Recycling. Aber in Wahrheit ist das eines der vielen Beispiele, wo sich die EU keineswegs einmischen müsste.

Denn letztlich kann man lange streiten, was besser wäre: Das deutsche System, das Müll recycelt, kompostiert oder verbrennt? Oder das osteuropäische, bei dem zwar Müll meist auf Deponien landet – aber wo dafür viel weniger Müll produziert wird als in Deutschland? Man kann da sicher verschiedene Meinung haben. Man sollte es aber jedenfalls primär jedem Land selber überlassen, wie es die Dinge ordnet. Beispielsweise in Österreich ist der Müll nicht einmal Bundeskompetenz, sondern überwiegend Landes- und Gemeindesache. Aber in der EU soll jetzt halt auch der Müll vereinheitlicht werden. Und sie denkt dabei natürlich wieder nur an Zwang und Regeln.

Das Telefon ist ein weiteres Beispiel für die europäische Regelwut: Es ist zwar sicher für Vielreisende günstig, wenn die EU ständig die Roaming-Tarife nach unten limitiert, also das Telefonieren und den Internetzugang außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Bisher wurde aber über dieses Roaming der zum Teil sehr harte inländische Wettbewerb finanziert. Das hat bei vielen Europäern oft dazu geführt, dass Handies im Ausland ganz vom Netz genommen worden sind (allerdings scheint es immer mehr Menschen schwerzufallen, wenn sie einmal ein paar Tage nicht erreichbar sind). Andere haben halt für das jeweilige Land den dortigen Chip gekauft, weil sie es 14 Tage lang unmöglich ohne Internet- und Handy-Kontakt aushalten.

Nur hat die EU übersehen, auch wenn es für jeden wirtschaftlichen Anfänger völlig klar ist: wenn die Telekoms im Ausland nicht mehr ihr Geld erwirtschaften, gehen sie im Inland mit ihren Tarifen hinauf. Die Österreicher haben das auch schon deutlich gemerkt.

Die große Frage hat aber niemand in der EU gestellt: Ist das jetzt gerechter? Zahlen da nicht die Kleinen für die Großen? Wie kommt der fast nie ins Ausland Reisende dazu, jetzt jene Menschen zu subventionieren, die ständig durch die ganze EU reisen?

Und noch etwas: Warum hat man in der EU viel zu wenig Vertrauen in den Markt? Auf diesem haben sich nämlich schon zunehmend Landesgrenzen überschreitende Angebote gebildet. Das sind Angebote, die im Inland halt nicht so billig sind, die dafür aber im Ausland ebenfalls vernünftige Preise anbieten, oder überhaupt den gleichen Tarif wie daheim. Aber das wäre ja – igitt – der Markt. Da regulieren wir doch lieber schnell. Und schlagen alle über einen Leisten.

Die EU reguliert immer sehr leicht die private Wirtschaft. Während sie vor den Staaten (siehe Verkehrs-Maut) gerne einen demutsvollen Bogen macht. Auch die Konsumentenschutz-Richtlinie, die ebenfalls einseitig nur die Wirtschaft belastet, bedeutet eines mit Sicherheit: Sie ist nicht zu Ende gedacht. Sie ist wieder einmal dem schon geradezu verzweifelten Bemühen der EU um vermeintliche Bürgernähe gewidmet, macht aber Europa für Investitionen noch unattraktiver, noch komplizierter. Dabei gehen die Arbeitsplätze in der EU ohnedies immer weiter zurück, während andere Weltregionen immer mehr zunehmen . . .

 

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Gleich fünf gute Nachrichten aus Europa

02. Juli 2014 00:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das sind einmal wirklich gute Nachrichten aus Europa. Für einen Liberalkonservativen zumindest, wohl nicht für einen Linken. Die zwar unsere Medien fast total (um nicht zu sagen: totalitär) unter Kontrolle haben, aber, wie sich zeigt, nicht den Rest Europas.

Die erste gute Nachricht: Es gibt zwar (noch) keine österreichische Partei dabei, aber die Liberalkonservativen sind in den letzten Stunden zur drittstärksten Fraktion in der EU aufgestiegen. Sie haben die Linksliberalen (zu denen die FDP und die Neos gehören und die gerade wieder heftig um Posten pokern), hinter sich gelassen. Jetzt haben sich dieser konservativliberalen Fraktion (die von der britischen Regierungspartei geführt wird) auch die dänischen Wahlsieger angeschlossen. Die fünf wichtigsten Eckpunkte dieser Fraktion, die zweifellos auch als neoliberal bezeichnet werden kann (für Linke bekanntlich besonders „unerträglich“):

Die zweite gute Nachricht: Nun hat es der deutsche Finanzminister Schäuble klarer denn je gesagt. „Europa ohne Großbritannien ist nicht Europa“. Die EU solle alles tun, dass sich die britischen Positionen in dieser EU künftig wiederfinden. „Das ist genau das, was die Kanzlerin ständig versucht zu tun.“ So Schäuble. Die britische Position ist wiederum genau das, was in den oben genannten fünf Punkten zusammengefasst ist. Daher muss der deutsche Finanzminister von dieser Position noch die Linken und die Südeuropäer überzeugen, die allesamt auf Regeln und Schulden und möglichst wenig Handel und Freiheit setzen. Von denen aber die Christdemokraten abhängig sind. Daher ist es eher rätselhaft, wie Schäuble die Linke überzeugen will. Und er selbst war der Hauptverantwortliche dafür, dass seit Mai 2010 Deutschland&Co die Schulden von Griechenland&Co übernommen haben, also grob gegen das Prinzip der Eigenverantwortung (und das EU-rechtliche No-Bailout-Prinzip) verstoßen haben. Aber jedenfalls hat der deutsche Finanzminister diesmal so vernünftig geredet wie noch nie. Daher sind seine jetzigen Formulierungen unbedingt positiv zu sehen.

Die dritte gute Nachricht kommt vom Europäischen Menschenrechtsgerichthof in Straßburg (das nichts mit der EU zu tun hat). Dieses Gericht hat das in Frankreich geltende Burka-Verbot für rechtmäßig erklärt, also die komplette Verschleierung des Gesichts, das – angeblich – nach islamischem „Recht“ die Frauen trifft. Dieses Burka-Verbot gilt auch schon in anderen Ländern. Es hat ebenso in Österreich eine massive Mehrheit der Bevölkerung hinter sich – aber bisher hat sich die ÖVP nicht getraut, das offiziell zu verlangen. Es gibt aber jetzt zumindest die Hoffnung, dass der ansonsten in der Kalt-Heiß-Politik seines Finanzministeriums untergehende ÖVP-Obmann vielleicht doch für solche Grundsatzfragen einmal Zeit hat. Wir wollen jedenfalls gerade in dieser Frage nicht hoffen, dass die ÖVP eine Geisel der an Golftouristen verdienenden Hoteliers von Zell und Umgebung ist.

Die vierte gute Nachricht kommt ausgerechnet aus dem sozialistisch regierten Italien. Nach der Steuersenkung für Unternehmer (in Österreich wollen die Sozialisten neue Steuern einführen), der Privatisierung von vielen Staatsbeteiligungen (in Österreich wollen die Sozialisten jede Privatisierung verhindern) will das links regierte Italien nun auch Schlichtungsverfahren leichter machen, also auch die Justiz teilweise privatisieren (braucht diese dort doch für Zivilverfahren unvorstellbare 900 Tage. Im Schnitt!). Warum nur kommen nur Sozialisten immer erst dann ein wenig zur Vernunft, wenn ihnen das Schuldenwasser bis zu beiden Nasenlöchern steht?

Die fünfte gute Nachricht kommt von einem Wiener Gericht: Es wagte, einen „Wiener“ – der in Wahrheit aus der Türkei stammt – wegen der Teilnahme an einem Islamismus-Terrorcamp schuldig zu sprechen und zu einer spürbaren Haftstrafe zu verurteilen (Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Zwar ist das Tagebuch nach wie vor der Meinung, dass auch noch ein Gesetzesbeschluss sinnvoll wäre, um Verfahren gegen Islamisten leichter zu machen. Aber immerhin zeigt der Richter, dass es in bestimmten Fällen auch ohne Gesetzesänderung geht. Dass bei einem standhaften Richter auch ein aus Anatolien angereister Entlastungzeuge nichts hilft. Offen ist freilich, wieso die Moschee in Wien noch immer ihren Betrieb aufrechterhalten darf, wo dieser Salafismus gepredigt wird.

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Die Dramatik der Arbeitslosigkeit

01. Juli 2014 16:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nach EU-Berechnung ist die Arbeitslosigkeit in Österreich gesunken. Nach österreichischer Berechnung ist sie hingegen dramatisch gestiegen. Diesmal sogar schon um über zwölf Prozent gegenüber dem Juni 2013.

Das AMS – also die Steuerzahler – müssen freilich die Arbeitslosen-Unterstützung nach heimischem Recht, nicht nach seltsamen EU-Berechnungen auszahlen. Damit sind mehr als 40.200 Menschen zusätzlich arbeitslos und bekommen Geld. Damit ist neuerlich die Fragwürdigkeit der EU-Methode gezeigt. Damit haben wieder einmal die Wifo-„Experten“ mit ihrer Schönfärberei Unrecht (auf den Wifo-Schätzungen beruht aber das Budget). Dabei sind in diesen Zahlen die Menschen in dubiosen AMS-Schulungen noch gar nicht erfasst.

Besonders bedrückend ist Wien: Dort ist die Arbeitslosigkeit sogar um über 21 Prozent gestiegen! Anderswo würde es angesichts dieser dramatischen Zahlen serienweise Sondersitzungen und Maßnahmen geben. In der Bundeshauptstadt beschäftigen sich jedoch die bestochenen Medien lieber mit der Farbe der neuen U-Bahn.

Österreich müsste als Reaktion auf diese Zahlen dringend etwas an Unternehmerförderung (also Steuersenkung) tun, damit hier wieder mehr Arbeitsplätze entstehen. Neue Steuern nach rotgrüner Methode sind hingegen absoluter Wahnsinn. Das ständige Steuereinführungs-Gerede der Kanzlerpartei, die Soziallizitation eines Teils der Opposition und das zumindest in der Vergangenheit immer wieder nachweisbare teilweise Nachgeben der Wirtschaftspartei ÖVP sind zweifellos die Hauptursache dafür, dass immer mehr von den eigentlich dringend benötigten Arbeitgebern mit ihrem Geld und ihren Investitionen Richtung Ausland abwandern.

PS: Wären nicht wie immer in letzter Zeit die Männer, sondern die Frauen die Hauptleidtragenden des dramatischen Zuwachs der Arbeitslosigkeit, würden Rotgrün lautstark Alarm schreien. Aber um Männer kümmern sie sich ja nicht.

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Jetzt sind die gegen EU-Maßnahmen, die dauernd noch mehr EU-Maßnahmen wollen

30. Juni 2014 02:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europas Sozialdemokratie hat mit der Wahl von Jean-Claude Juncker zum Kommissionspräsident gesiegt. Daran kann es keinen Zweifel geben – obwohl Juncker eigentlich einer anderen Parteienfamilie angehört. Aber viel wichtiger, nur viel weniger debattiert ist eine andere Frage: Was wird aus der EU selber? Es ist ja die Wahl des linken Christdemokraten aus Luxemburg noch keine Antwort auf die Zukunft Europas.

Nimmt die EU endlich zur Kenntnis, dass die Europäer immer mehr unter der Regulierung durch die EU-Kommission und das Parlament stöhnen? Oder wird sich die Sozialdemokratie in Europa (deren Einfluss ja weit über die Sozialisten hinausgeht) auch weiterhin mit ihrer Schulden- und Regulierungssucht durchsetzen? Wird das Bürgertum gar nicht merken, dass die EU im neuen Jahrtausend fast das Gegenteil dessen geworden ist, wozu etwa Österreich beigetreten ist?

Vor allem wird Europa sehr bald vor der Frage stehen: Wird man den drohenden Austritt der Briten mit einem Schulterzucken hinnehmen?

Zwar hat es im Wahlkampf fast von allen Politikern Bekenntnisse zur Subsidiarität gegeben. Diese bedeutet ja eigentlich: weniger Regulierung durch Europa und mehr Rechte für den Bürger und die möglichst kleine Gemeinschaft. Aber in Wahrheit wollen viele Politiker das Gegenteil (und die EU-Beamten sowieso): Dass sie nach dem Wahlen wieder munter mit dem Regulieren fortfahren können. Und genau das ist der sozialdemokratische Geist in Europa.

Auch Junckers Unterstützung zeigt, dass vor allem die Sozialdemokraten den Kurs der EU bestimmen: An lautesten für Juncker hat sich nämlich nicht dessen Fraktion, die Europäische Volkspartei, exponiert. Sondern (nach 48 Stunden, in denen die deutschen Sozialisten noch auf ihren unterlegenen Kandidaten gesetzt haben) die Sozialisten. Und dann auch sehr rasch die Linksliberalen.

Während die britischen und ungarischen Konservativen bis zuletzt gegen den Christdemokraten Juncker waren und sind. Die Briten gehören Junckers Fraktion gar nicht an (weshalb der Moralismus, die Briten müssten doch nach der Wahl für den Wahlsieger Juncker sein, obwohl er auf der Insel gar nicht angetreten ist, nur skurril ist). Die schwedischen Konservativen stimmten zwar letztlich schon für Juncker, äußerten aber ebenfalls schwere Bedenken.

Und auch die CDU-Chefin Angela Merkel war von dem Luxemburger nicht begeistert. Sie ist offensichtlich die einzige, die begreift: Wenn die Briten wirklich gehen, dann droht die EU zu zerfallen. Sie will ihnen daher entgegenkommen. Was aber die Sozialdemokraten in ihrer eigenen Partei verhinderten. Und Europas Linke erst recht.

Freilich: Der Hauptfehler liegt bei Merkel selber. Sie hätte sich schon vor der Wahl nicht auf das Spiel der Abgeordneten einlassen dürfen, die ja die Wahl des Kommissionschefs komplett zur Angelegenheit des EU-Parlaments machen wollten. Und letztlich damit Erfolg hatten.

Die Bankenunion

Aber es geht gar nicht primär um den Machtkampf zwischen Parlament und Rat, obwohl darüber noch viel zu lesen sein wird. Es geht um viel Wichtigeres: Um die Zukunft Europas. Schon in den nächsten Monaten werden viele weitere schon beschlossene EU-Regeln umgesetzt werden müssen. Und während im Wahlkampf noch das Wort Subsidiarität gepredigt wurde, arbeiteten schon Tausende im Auftrage der EU (oder genauer der Zentralbank) an der Bankenunion.

Diese bedeutet vor allem: noch mehr Regulierung, noch mehr Kontrolle. Und zahlen müssen die Sparer all das. Sie haben ja angeblich die Bankenunion gewollt. Das wird jedenfalls aus dem Wahlergebnis abgelesen. Als Ergebnis bekommen jedenfalls die Sparer keine Zinsen mehr, die Klein- und Mittelbetriebe noch schwerer Kredite. Freuen können sich nur die Politiker: Die nach dem Lotterleben der letzten Jahrzehnte schwer verschuldeten Staaten bekommen Geld fast zum Nulltarif; private Initiative wird zu Tode reguliert; und Tausende Posten waren zu besetzen. Noch bevor die ersten Stresstests – mit zum Teil sehr skurrilen Annahmen wie etwa der Stabilität Griechenlands – vorbei sind, wird nun schon die alljährliche Durchführung dieser Maßnahme angekündigt. Schließlich will man ja auf Dauer seine Posten haben.

In Wahrheit steht EU-Europa aber vor der grundsätzlichen Alternative, die nur wenige begreifen: Wenn nicht endlich die Eigenverantwortung anstelle der Kontrolle greift, wird Europa endgültig den Bach hinuntergehen.

Was extrem schade ist. Denn der Binnenmarkt, also der Freihandel (der bedeutet, dass die Produktion nicht in jedem Land zu schlechten Stückzahlen stattfindet, sondern dort, wo sie am günstigsten ist) hat unglaublich unseren Wohlstand vermehrt. Nur Scharlatane machen weis, dass das Wiederaufziehen von nationalen Mauern den Bürgern helfen könnte.

Das Versagen bei der Herausforderung Ukraine

Noch auf einem zweiten Gebiet hat Europa Berechtigung. Das haben übrigens auch die Bürger immer gesagt: bei der Außen- und Sicherheitspolitik. Obwohl Europa da bisher nicht viel zusammengebracht hat, zeigt sich in diesen Tagen vielleicht sogar sein größter außenpolitischer Erfolg: Das bisher boomende Russland ist überraschend deutlich von den EU-Sanktionen getroffen.

Schon der erste Schritt der EU-Maßnahmen gegen Russland hat die dortige Wirtschaft signifikant geschädigt. Und Russland bangt vor der nächsten Welle der Sanktionen. Es ist nervös geworden und übt wenigstens ein wenig Zurückhaltung in Sachen Ostukraine. Es reagiert auch sehr unsicher auf den Freundschaftsvertrag der EU mit der Ukraine, Georgien und Moldawien.

So überraschend das auch sein mag, schon diese Verträge und die ersten Sanktionen sind ein gewaltiger Erfolg der EU. Russland verfolgt daher sehr genau die nächsten Schritte der EU. Der Europäische Rat hat vorerst zwar keine weiteren Sanktionen beschlossen. Er hat aber für die nächsten Tage deren Erweiterung sehr konkret angedroht.

Umso absurder ist, dass jetzt die europäische Linke der Mehrheit in den Arm fallen will.

Ausgerechnet Italien will keine Sanktionen gegen Russland. Und die SPÖ will sie auch nicht, wie deren außenpolitischer Sprecher Heinz Fischer jetzt sogar offen sagt. Alle anderen österreichischen Akteure sind ja irrelevant. Herr Faymann wird bei EU-Treffen gar nicht wahrgenommen (außer vom ORF, wo er inhaltsloses Zeug von sich gibt). Und die ÖVP folgt Fischer total, weil sie ebenfalls weder Akteure noch die Kraft hat, über Außenpolitik selbst nachzudenken. Sie und ihr junger Außenminister sind daher ebenfalls völlig egal. Wichtig ist nur Fischer.

Man weiß zwar nicht, wie sich die Dinge weiter entwickeln. Aber ob der Haltung Italiens und Österreichs greift man sich nur noch an den Kopf. Erstmals in ihrer ganzen Geschichte könnte die EU außenpolitisch relevant werden. In Sachen Grenzverschiebung sind sich Deutschland, Großbritannien und Frankreich einig. Und ausgerechnet da fängt die Sozialdemokratie in Österreich und Italien gegen die EU und deren gewalfreie Methoden zu intrigieren an. Ausgerechnet jene Ideologie, der es sonst nicht genug an europäischen Regulierungen gibt. Die sonst immer für gewaltfreie Methoden (also Sanktionen) und gegen militärische ist (also die russischen Panzer auf der Krim und in der Ostukraine).

 

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Die Vorteile des Handels

29. Juni 2014 00:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wenn man österreichische Medien in den letzten Wochen las, wenn man Plakatwände sieht, dann kommt man zum klaren Urteil: Die USA und mehr Handel mit ihnen sind absoluter Wahnsinn. Fakten freilich sagen das Gegenteil.

Sie werden jedoch in Europa verschwiegen. Wo etwa liest man, dass es in den USA keinen BSE-(Rinder-)Skandal mit all seinen Folgen gegeben hat? Dass in den USA keine Contergan-Kinder mit ihren Verstümmelungen vergiftet worden sind? Dass es dort viel weniger Salmonellen-Infektionen als in Europa gibt?

In vielen europäischen Medien herrscht totaler Antiamerikanismus. Über die USA kann prinzipiell nur Schlechtes kommuniziert werden; niemals etwas Gutes.

Europa ist alles andere als vorbildlich: Aus Österreich kenne ich keine Zahlen, aber allein in Großbritannien werden jährlich rund 280.000 Menschen durch Campylobacter-Infektionen krank. Diese Bakterien werden von rohem Geflügel übertragen. Zwar werden sie bei Erhitzung getötet. Aber die Infektion passiert schon vorher, insbesondere durch das Waschen des Geflügels. Dabei werden die Krankheitserreger – die zumindest zu Brechdurchfall führen – auf Hände und Schürzen übertragen. Amerikanische Chlorbäder töten sie hingegen.

Das heißt nun nicht, dass in den USA alles zum Besten bestellt wäre. Aber die Medien sorgen dort meist dafür, dass Gefährdungen sehr rasch thematisiert werden. Während man in Europa das Gefühl hat, dass Medien nur dann reagieren, wenn eine PR-Agentur (etwa im Auftrag europäischer Geflügelzüchter) ihre Argumente liefert.

In der EU wird jetzt den meist amerikanischen Kreditkarten der Kampf angesagt. Zwar ist keineswegs klar, ob die EU das Ziel europäischer Karten mit Weltverbreitung erreicht. Aber eines ist völlig sicher, sollte der Plan der Kommission Wirklichkeit werden: Kreditkarten werden für Konsumenten empfindlich teurer.

Misstrauen ist bei jedem Finanztransfer gewiss immer gut, aber trotz jahrzehntelanger Nutzung habe ich noch nie einen Schaden durch Karten erlitten. Ich bin sogar einmal angerufen worden, ob ich gerade in Mexiko war; ich verneinte das – worauf sofort alle Versuche gestoppt wurden, auf die Karte zuzugreifen. Mein ganz normales Konto bei einer hiesigen Bank hingegen war bei einem Betrug aus Deutschland schon ganz ohne Karte geschädigt gewesen. Erst im letzten Moment konnte ich das Geld von der Bank zurückbekommen (die Staatsanwaltschaft hat übrigens seit zwei Jahren auf die diesbezügliche Anzeige nicht einmal reagiert).

Wo auch immer der Antiamerikanismus der Linken und Rechten herkommt, es kann überhaupt keinen Zweifel geben: Vom Freihandel würden Menschen diesseits und jenseits des Atlantiks profitieren. Es würden weit mehr Arbeitsplätze entstehen als verschwinden. Es würde da wie dort das Nationaleinkommen steigen.

Aber man kann fast sicher sein: Trotz des großen Vorteils für die Menschen werden noch weitere Schauergeschichten auf den Tisch kommen, um nur ja den Handel zu verhindern.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Jetzt hat also die EU ihren Präsidenten

27. Juni 2014 17:02 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Niemand zweifelt an der Mehrheit für den vom Europäischen Rat nominierten Kommissionspräsidenten im EU-Parlament. Trotz der Ablehnung des Luxemburger Juncker durch England und Ungarn.

Was viel trauriger ist: Es gibt in der ganzen EU kaum jemanden, der sich die dringend nötigen Sorgen um Europa macht.

Aber jetzt hat man einen Monat vor allem um einen neuen Kommissionpräsidenten gestritten. Und darum, ob halt erstmals ein Präsident mehrstimmig und nicht mehr einstimmig gewählt wird. Da kann man sich nicht um solche Kleinigkeiten kümmern.

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Die Schule ist aus – aber der weltweite Wettbewerb geht weiter

27. Juni 2014 01:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jedes Jahr zum Schulschluss versuchen sich Politiker mit Vorschlägen in die Medien zu bringen. Deren öde Gesetzmäßigkeiten begreifen nämlich auch drittklassige Politeleven. Daher lautet deren simples Motto: „Zum Schulschluss müssen Schulthemen her.“ Und dann ist wieder über den Sommer Schluss mit der Bildung.

Das eigentlich wichtige Thema wird aber von keinem einzigen Politiker und kaum einem Medium behandelt: Was alles kann – neben Gesellschaft und Staat – das Bildungssystem beitragen, damit Österreich seine Spitzenreiterposition bei Gehältern und Sozialleistungen wenigstens halbwegs behält?

Statt die Herausforderungen aus aller Welt zu begreifen ist bei den meisten Wortmeldungen der Politiker Populismus pur zu hören. Da schlägt etwa eine SPÖ-Politikerin allen Ernstes vor, dass man sich einfach frei nimmt von der Schule. Auch wenn dort Unterricht stattfindet.

Andere linke Politiker wieder träumen von Schulen, in denen weder Hausübungen noch Nachhilfe nötig sind. Das gibt es zwar in keinem Land der Welt (bei den ostasiatischen Pisa-Spitzenreitern am allerwenigsten). Aber es hört sich medial gut an. Das glauben zumindest die Medienberater der diversen Politiker.

Besonders grotesk ist die Kooperation zwischen dem ORF, zwei linken Schulen (wo definitionsgemäß mehr oder weniger jeder durchkommt) und der Werbung für Homosexualität. Das wird allen Ernstes für einen öffentlich-rechtlichen Beitrag für mehr Bildung gehalten.

Eine Spur ernster zu nehmen ist der Streit um das Geld für eine internationale Schule. Hier hat die Republik natürlich alle internationalen Verträge genau einzuhalten. Aber sonst wird sie irgendwann endlich zu der Regel kommen müssen, dass dem Staat jeder Schüler gleich viel wert ist. Ob er in eine staatliche, in eine kirchliche oder eine sonstige Schule geht. Lediglich für technische Ausbildungen und Erfolge bei benachteiligten Kindern kann es zusätzliches Geld geben. Nicht aber für das derzeit geltende Prinzip: Wer am besten jammern kann, wer am besten auf der Medienorgel spielt, der bekommt das meiste Geld.

Auffällig war allerdings in den letzten Wochen, dass die linke Gesamtschulwerbung deutlich zurückgegangen ist. Offenbar hat man endlich gemerkt, dass die große Mehrheit der Leser und Wähler die Gesamtschule nicht will. Zugleich hat die SPÖ offenbar mit Erstaunen registriert, dass die ÖVP trotz medialem Trommelfeuer einmal hart geblieben ist (Vielleicht hat die einst große bürgerliche Partei ja  endlich erkannt, dass ihr ständiges Umfallen nie etwas bringt, sondern dass es ihr auch noch nach Jahren schadet, wie etwa der peinliche Rauch-Kallat-Auftritt beim Hymnen-Thema oder die VP-Zustimmung zur verheerenden Zertrümmerung der Hauptschulen zeigen). Die Gesamtschule wird nur noch dann aus der linken Mottenlade geholt, wenn der alte Androsch auftritt.  

Dafür wird jetzt mit einem anderen Schlagwort das gleiche Ziel verfolgt, also die weitere Senkung des Bildungsniveaus: Es heißt Inklusion.

Keine Frage: Auch soziales Verhalten, die Rücksicht auf in irgendeiner Hinsicht Zurückgebliebene, will und soll gerade auch Kindern beigebracht werden. Nur sollte das niemals auf Kosten der Anstrengungen beim Lernen geschehen. Genau das passiert aber in Inklusions-Klassen. Denn dort werden oft nicht nur körperlich, sondern auch geistig behinderte Kinder untergebracht. Aber Inklusion ist halt – derzeit – wahnsinnig modern.

Sie ist das so lange, bis die Öffentlichkeit draufkommt, welche Schäden auch dieses Herumdoktern in Wahrheit anrichtet. Übrigens auch an den Kindern, denen man solcherart zu helfen glaubt. Denn ihnen wird durch die Inklusion geradezu stündlich ihr Zurückbleiben gezeigt. Zum Unterschied von guten Sonderschulen, wo sich Behinderte durchaus gut aufgehoben gefühlt haben. In Wahrheit schadet in vielen Fällen auch ihnen die Inklusion. Nur begreifen das einige Eltern dieser Kinder nicht. Und den rot-grün-pinken Plänen einer weiteren Senkung des Niveaus kommt es zugute.

Ein weiteres Tabu-Thema rund um die Schule sind die mageren Ergebnisse der Migranten, konkret jener aus afrikanischen, asiatischen und Balkan-Kulturen. Um nur eine Zahl zu nennen, die man versteckt in einer IHS-Studie findet: Ohne Migrationshintergrund sind nicht einmal 5 Prozent der Jugendlichen Schulabbrecher, bei der Ersten Generation der Zuwanderer sind es hingegen fast 23 Prozent.

Der Unterschied ist mehr als signifikant. Trotzdem wiederholen ORF und linke Schulpolitiker gerne, wie schlecht die Schulen sind. Statt endlich offen von einem Zuwandererproblem zu reden. Statt ihren Widerstand endlich aufgeben, Zuwanderer-Kinder möglichst früh zur deutschen Sprache und damit zur mitteleuropäischen Kultur zu führen. In Norwegen hingegen werden auch die Eltern (also meist die Mütter) solcher Zuwanderer zur Landessprache mit eigenen Kursen gebracht. Was sich als sehr sinnvoll erweist. Bei uns hingegen sehen die Grünen dahinter Deutschnationalismus und Fremdenhass. Aber deren Blödheit kann ohnedies nur noch ignoriert werden.

Aber auch die Lehrervertreter, die Gewerkschafter müssen, müssten einsehen, dass kein Geld da ist, um Ihre Wünsche zu erfüllen. Sie täten daher gut daran, eine Liste jener Maßnahmen aufzustellen, mit denen ohne zusätzliches Geld das Niveau der Schulen verbessert werden kann. Das reicht vom Recht jeder Schule, Aufnahmsprüfungen zu veranstalten, über das Verbot von Handys in Schulen und die Ermöglichung von Vielfalt an Schulen bis zur massiven Wieder-Aufwertung der Lehrer in den Klassen.

Andererseits wird die Gesellschaft, also die Eltern wie die Arbeitgeber, den Lehrern beibringen, wie sehr es unseren Schülern gut täte, wenn man sich von unfähigen Lehrern viel leichter trennen kann als heute. Es hat eben nicht jeder die Fähigkeit, einen Haufen von 20 oder 30 Jugendlichen zu bändigen. Manche verlieren diese Fähigkeit auch.

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Die Tschechen sind klüger geworden

26. Juni 2014 03:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Statt Peinlichkeiten der Anbiederung an den russischen Machthaber zu verbreiten, hätte der österreichische Bundespräsident einfach das sagen sollen, was sein tschechischer Amts- und Parteikollege Zeman zum 100. Jahrestag der Ermordung des Thronfolger und des Ausbruchs des Weltkrieges sagt.

Milos Zeman hat nämlich goldene Worte gefunden. An diesem Lob ändert der Umstand nichts, dass seine Landsleute jahrzehntelang bitter für den tschechischen Nationalismus gebüßt haben, der ja eine der Ursachen des Untergangs der k. und k. Monarchie war. Vielleicht ist diese lange Zeit der Buße sogar der Grund, dass man in Prag die Dinge heute viel deutlicher sieht als in Wien. An diesem Lob ändert auch der Umstand nichts, wie schlimm sich in den späten Vierziger Jahren Tschechen gegenüber den Vätern und Mütter heutiger Österreicher (und Deutscher) verhalten haben.

Es geht aber nicht um die Vergangenheit. Sonst müsste man natürlich immer auch den sofortigen tschechischen Verweis auf Lidice und andere schlimme Taten in den Jahren davor berücksichtigen, ebenso wie die Diskriminierung der Deutschsprachigen noch davor, die Diskriminierung der Slawen wieder davor usw. Es geht aber um Gegenwart und Zukunft.

Da hat der Sozialist Zeman darauf verwiesen, dass es in der Nähe sehr gefährliche Kriegsherde gibt – was einem Heinz Fischer unbekannt ist. Er hat auch die Nato als überaus notwendig gelobt. Da würde der alte Linke Fischer überhaupt eher tot umfallen, bevor ihm die Nato lobend über die Lippen kommt. Dabei gibt es überhaupt keinen Zweifel: Es war einzig und allein die Nato – ja, insbesondere die von manchen so gehassten Amerikaner! – die nach dem Zweiten Weltkriegs jahrzehntelang Österreichs gutes Überleben gegen die Drohung aus dem Osten möglich gemacht und gesichert hat.

Noch besser aber war Zemans Satz, dass auch in Zukunft Sicherheit „nicht kostenlos“ sein werde, dass es keine Garantie für diese Sicherheit gebe. Diesen Satz sagt er mit vollem Recht zu einem Zeitpunkt, da gleich vier Megakriege auszubrechen drohen oder schon ausgebrochen sind. Da das österreichische Bundesheer nicht einmal mehr das Geld für Benzin hat und endgültig inexistent geworden ist. Da in der Luft die Sparmaßnahmen dieser Regierung dazu führen, dass Österreich schon insgeheim bei Tschechien und der Nato anklopft, ob man dort vielleicht an Wochenenden den Schutz der Alpenrepublik zu übernehmen gewillt ist. Weil Österreich wird an Wochenenden ja nicht mehr gesichert.

Dabei lese ich in der Verfassung, dass der Bundespräsident theoretisch Oberbefehlshaber des Bundesheeres ist. Aber ein Heinz Fischer macht keine Sekunde den Mund in der schwersten Stunde dieses Heeres zu dessen vehementer Verteidigung auf. Da ist mir Zeman trotz all seiner bisweilen überschäumenden Lust zum Alkohol zehnmal lieber als dieser Bundespräsident.

Ja: Zeman hat auch die EU gelobt. Deren Friedensbedeutung ist zwar nicht sehr groß (und im EU-Wahlkampf total übertrieben worden). Aber die EU hat jetzt mit ihren Sanktionen zumindest zeitweise ein Einlenken der Russen erreicht. Und ausgerechnet dann, wenn die EU einmal etwas Friedensförderndes bewirkt, spricht sich ein Fischer, der sonst ja immer in seinen Sonntagsreden die EU lobt, gegen die Beschlüsse der EU aus. Man fasst es nicht.

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Nach Erdogan jetzt Putin

24. Juni 2014 00:58 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Zwei extrem unerfreuliche Besuche. Nach dem Türken-Premier Erdogan folgt nun der russische Präsident Putin in Wien. Der einzige Unterschied: Putin kommt auf Einladung; Erdogan hingegen hat sich selbst eingeladen. (mit nachträglicher Ergänzung)

Eingeladen hat Heinz Fischer. Damit ist der Bundespräsident einer überflüssigen und Österreich in ganz Westeuropa schädigenden Anbiederung an Russland schuldig. Putin ist seit seinem Einmarsch in der Ukraine von keinem einzigen EU-Land bilateral empfangen worden. Jetzt aber von Österreich ohne irgendein Anzeichen eines russischen Einlenkens im Gegenzug für Putins Empfang! (Dessen lange vor dem Ukraine-Einmarsch vereinbarte Teilnahme an den Normandie-Siegesfeiern firmiert ja politisch wie protokollarisch weit unter einem bilateralen Staatsbesuch!).

Damit macht sich Heinz Fischer letztlich zu einem Mittäter bei der ersten militärischen Verschiebung europäischer Grenzen seit dem zweiten Weltkrieg, die ohne jede Bedrohung, ohne jede gravierende Menschenrechtsverletzung erfolgt ist. Der einzige Grund für den Einmarsch: Putin hat sich darüber geärgert, dass die Ukraine mehrheitlich lieber nach Europa als nach Russland geht.

Es ist geradezu ein Hohn, dass Fischer Putin einen Tag nach Bekanntwerden der Verdreifachung der russischen Militärpräsenz an der ukrainischen Grenze empfängt. Dass der Besuch einen Tag nach der Erklärung des schwedischen Außenministers Bildt über das Rollen von russischen T-64-Panzern zu den Russlandfreunden in der Ostukraine erfolgt. Dass er drei Tage nach dem Friedensversuch Kiews erfolgt, der von Moskau nur mit immer weiteren Bedingungen beantwortet wird.

Schon diese drei Fakten wären – jedes für sich – Anlass genug, die Einladung an Putin auch noch im letzten Augenblick wieder rückgängig zu machen. Aber nichts dergleichen geschieht.

Ach ja, der Bundespräsident und sein Außenminister (der offenbar nur theoretisch von einer anderen Partei gestellt wird) werden Putin den einen oder anderen kritischen Satz sagen. Und kaum haben sie diesen Satz herausgebracht, werden sie gemeinsam aus dem Tafelsilber in den Räumen der alten Habsburger dinieren. So sieht österreichische Empörung über Aggressionen aus.

Apologeten Russland wie Fischer kommen gern mit der Frage, ob dem Autor Dialog nicht lieber wäre als Krieg. Natürlich ist er das. Nur lässt Moskau diese Alternative leider nicht zu! Putin hat in den letzten Wochen sooft gelogen, sooft er den Mund aufgemacht hat. Daher ist ein Dialog sinnlos. Und schon gar nicht ist ein sinnvoller Dialog mit solchen politischen Leichtgewichten wie Fischer und Kurz möglich. Mehr als bezeichnend für das Gewicht der beiden (von Herrn Faymann wollen wir gar nicht reden) ist etwa, dass kein einziger der 28 EU-Außenminister bei ihrem montägigen Zusammentreffen den Wien-Besuch Putins auch nur erwähnte.

Aber ist man für Krieg, wenn man den Dialog mit diesem Putin für sinnlos hält? Nein. Ganz und gar nicht. Genau den Krieg kann jedoch nicht ein „Dialog“ verhindern, der von lauter Lügen begleitet wird, sondern nur ein geschlossenes Auftreten aller demokratischen Rechtsstaaten. Krieg verhindern können nur entschlossene Sanktionen. Und nicht der unsinnige Vertrag über eine neue Pipeline, die irgendwann einmal an der Ukraine vorbei geht.

Da beruhigt es, dass Westeuropa durchaus anders agiert als Fischer. Unter der Führung von Angela Merkel werden möglicherweise schon diese Woche weitere Sanktionen fixiert. Österreich hat sich ohne Wenn und Aber an diesen Sanktionen zu beteiligen. Nur so kann ein Krieg verhindert werden.

Es zeigt sich nämlich, dass entschlossene Sanktionen für Russland durchaus sehr schmerzhaft sind. Die Investitionen sind signifikant zurückgegangen. Russische Oligarchen haben bereits eine hohe Geldsumme aus ihrer Heimat heimlich abgezogen. Schon nach wenigen Wochen musste Moskau zugeben, dass das russische Sozialprodukt deutlich zurückgegangen ist. Also Sanktionen wirken durchaus. Und bei einem Putin, der ja durchaus rational sein Machtkalkül anstellt, ganz besonders. Es sei denn, Putin kann meinen, dass Fischer und Kurz ein Gewicht in Europa wären.

Zumindest von Sebastian Kurz hätte man sich eines zu wünschen: Dass er genauso klar wie beim türkischen Premier redet. Aber da verschlägt es ihm zumindest bisher die Rede. Aus Unerfahrenheit? Oder weil er auf dem Weg nach oben den kurzsichtigen Interessen mancher Wirtschaftsmenschen zu folgen versucht?

Wenn es der zweite Grund sein sollte, dann sollte man Herrn Kurz daran erinnern, dass einst ein Generalsekretär der Industriellenvereinigung sogar mit einem Anstecker für Import von noch mehr Türken geworben hat. Heute braucht die IV die Türken nicht mehr und schon hat sie das Interesse verloren. Noch viel weniger ist eine Strategie gegen einen Kriegstreiber durch die Wirtschaft denkbar.

Erst wenn klar ist, dass Militär heute keine Grenzen verschieben darf, dass solche gewaltsame Änderungen zurückzunehmen sind, kann über das Selbstbestimmungsrecht geredet werden. Dann kann nicht nur, dann soll auch dringend darüber geredet werden. Dieses Recht ist richtig und notwendig für eine Stabilisierung der Ukraine – und vieler anderer Länder. Es darf aber niemals zum Vorwand für Kriege werden.

Sonst hätte ja einst etwa auch Hitlers Einmarsch in Österreich und in der Tschechoslowakei mit Selbstbestimmung zu tun. Was 1938 so manche Westmächte ja in der Tat so gesehen haben. Damals hat nur Mexiko gegen Hitlers Invasion protestiert. Viele andere haben hingegen 1938 (mit dem Kopf im Sand) gesagt, die Österreicher haben nach dem ersten Weltkrieg eh in großer Mehrheit zum Deutschen Reich gewollt, also ginge Hitlers Einmarsch schon in Ordnung. Und seine „Abstimmung“ sei eine Form der Selbstbestimmung gewesen. Dass nach seriösen Forschungen bei einer freien Abstimmung die Österreicher jedoch 1938 mehrheitlich nicht zu Hitler wollten (obwohl 1919 eine große Mehrheit zweifellos nach Deutschland wollte), wurde damals von den Anhängern des Dialogs um jeden Preis geflissentlich übergangen.

Ein Recht, eine demokratische Entscheidung kann immer nur unter der Möglichkeit aller Seiten stattfinden, den eigenen Standpunkt friedlich und frei darzulegen, kann es nur bei einer geheimen und sauberen Abstimmung geben. Die hat es 1938 ebenso wenig gegeben wie jetzt im Süden und Osten der Ukraine. Ebenso gab es damals wie heute Anhänger des Dialogs, die bei allen unangenehmen Fakten wegschauen. Damals wie heute waren die Aufgabe von Prinzipien um des lieben Friedens willen grundfalsch.

PS: Die plötzliche Destabilisierung Polens durch Veröffentlichung privater und ungeschminkter Dialoge von Regierungspolitikern trägt ganz massiv die Handschrift Moskaus (und ist sicher nicht nur von einer Wochenzeitung organisiert). Polen ist einer der klarsten Kritiker des russischen Vormarsches. Man wird sehen, ob es den Abhöraktionen und Veröffentlichungen gelingt, Polen fertig zu machen. Was man jetzt schon sagen kann: Russlands Propaganda und seine Geheimdienste sind jedenfalls eindrucksvoll wirksam.

PPS: Dass Linke wie Fischer für Moskau sind, erstaunt nicht weiter. Dass Russland auch auf der Rechten manche Sympathien hat, überrascht mehr. Aber nur auf den ersten Blick. Dort sieht man Russland als Speerspitze für den Kampf gegen die Propaganda des diversen Schwulen-Lobbies. So nachvollziehbar die Aversion von immer mehr Menschen gegen das Vordringen der einst diskriminierten, heute privilegierten Schwulen ist, so wenig kann das auch nur im entferntesten Sympathien für die Besetzung anderer Länder rechtfertigen. Zumindest dann nicht, wenn man noch bei klarem Verstand ist.

(Nachträgliche Ergänzung: Dass zu Putins Wien-Besuch für ein paar Stunden die Waffen in der Ostukraine schweigen, zeigt nur eines: dass entgegen den russischen Beteuerungen die dortigen Rebellen ganz auf Moskaus Pfiff hören. Europa (bis auf Österreich) - aber auch Russland selbst! - wissen jedenfalls genau: Relevant ist einzig der Europäische Rat am kommenden Freitag, bei dem weitere Sanktionen gegen Russland zur Entscheidung anstehen. Und nicht Putins Wiener Versuch, einen Keil in den Westen zu treiben. Auf den aber außer den Herren Fischer und Kurz niemand hereinfällt.)

 

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Südtirol und das Vaterland Österreich

22. Juni 2014 04:38 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Wie unzählige Male zuvor schon „zur Verteidigung der Einheit des Vaterlandes Italien“ rückte soeben die Bozner Staatsanwaltschaft aus, begleitet von Männern der ROS (Raggruppamento Operativo Speciale), einer Sondereinheit der Carabinieri zum Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Am Sitz der Partei „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) beschlagnahmte das römische Machtinstrument Computerdateien und schriftliche Unterlagen. Der vorgegebene Grund für die staatsanwaltschaftliche Ermittlung und das auf Abschreckung und Einschüchterung zielende martialische Einschreiten der dem Militär unterstehenden kasernierten Polizeitruppe: Verdacht der Unterschlagung und einer Manipulation.

Im Spätsonner 2013 hatte die STF mehr als 400.000 Briefe verschickt und dabei den für den Versand von Wahlwerbung beanspruchten üblichen vergünstigten Tarif von 0,04 Euro pro Briefsendung entrichtet. In den Briefen befanden sich Wahlkarten zur Teilnahme an dem von der STF im Herbst 2013 initiierten und durchgeführten Selbstbestimmungs-Referendum für Südtirol. Knapp ein Jahr später wirft die Staatsanwaltschaft der Partei neben „Missbrauch der Posttarife“ – angebliche „Betrugssumme“ 600.000 Euro – „Manipulation des Abstimmungsergebnisses“ vor.

Diese Vorwürfe sind absurd. Die Unterlagen für das Selbstbestimmungs-Referendum wurden vor der Südtiroler Landtagswahl verschickt, die im Oktober 2013 stattfand. In der plausiblen Absicht, die Selbstbestimmungsfrage zu einem zentralen Wahlkampfthema zu erheben, worauf in allen STF-Stellungnahmen unmissverständlich hingewiesen wurde. Die Briefe wurden von der Postverwaltung vorab begutachtet und ausdrücklich genehmigt, sie mussten als Wahlwerbung deklariert werden. Wäre dies nicht rechtens gewesen, hätte die Post die Briefe nicht verschickt, und die Bozner Staatsanwaltschaft hätte bereits damals umgehend alle Briefe beschlagnahmt.

Absurd auch der Manipulationsvorwurf: Selbstverständlich war die Abstimmung geheim, alle an die STF als Veranstalter zurückgelangten Briefe sind getrennt von den Wahlkarten ausgezählt worden, sodass die Absender nicht rückverfolgbar waren. Die Auszählung fand öffentlich, zudem im Beisein von Journalisten, statt, die somit die Wahrhaftigkeit der befolgten Abstimmungsmodalitäten bezeugen können, welche unter https://www.youtube.com/watch?v=GlEVNTfpYRI einsehbar sind.

Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, welches in ein Strafverfahren gegen eine Partei mündet, geschieht nicht zufällig, sondern stellt einen politisch motivierten Schlag gegen die STF mit dem Ziel dar, das von ihr nachdrücklich ins öffentliche Bewusstsein gerückte Selbstbestimmungsbegehr nachträglich zu kriminalisieren.

Es dürfte sich nicht um ein aus eigenem Antrieb (des leitenden Staatsanwalts Guido Rispoli) heraus eingeleitetes Vorgehen gehandelt haben, sondern auf einen Wink aus Rom hin geschehen sein. Dort ist die politische Klasse mehr als besorgt über Selbstbestimmungsbewegungen wie jene in Südtirol, hinter der nicht alleine die STF und die Freiheitliche Partei Südtirols (FPS) stehen, sondern auch der traditionsreiche Südtiroler Schützenbund (SSB).

Immerhin führt auch die seit 1948 regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) das Selbstbestimmungsverlangen noch in ihrem Parteistatut, und wiewohl sie weiter als alle anderen Südtiroler Parteien davon entfernt ist, die Selbstbestimmungsfrage aufzuwerfen, kann sich Rom dessen nicht wirklich sicher sein.

Gefahr droht auch aus der Nachbarschaft Südtirols. So fand die staatsanwaltschaftlich angeordnete Razzia bei der STF vier Tage nach dem mehrheitlichen Beschluss des Regionalrats von Venetien statt, für das Veneto ein formelles Selbstbestimmungs-Referendum anzusetzen. Dort hatten im Frühjahr in einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, an dem sich 2,36 Millionen Wahlberechtigte (73 Prozent der Wählerschaft der Region) beteiligten, 89 Prozent auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“ geantwortet.

Woraufhin die Staatsanwaltschaft in Brescia auf Geheiß Roms kurzerhand unter dem Vorwurf des „geplanten bewaffneten Umsturzes und der Sezession“ führende Funktionäre der Unabhängigkeitsgruppierungen „Raixe Venete“, „Liga Veneta“, „Governo Veneto“ und „Nasion Veneta“ festsetzte und/oder Gerichtsverfahren gegen sie einleitete. Davon unbeeindruckt ergriff in unmittelbarer Nachbarschaft zum Veneto Lega Nord-Chef Matteo Salvini die Initiative für „ein offizielles Unabhängigkeitsreferendum“ in der Lombardei; es soll am 18. September stattfinden, dem Tag, an dem in Britannien das Referendum über Schottlands Souveränität vorgesehen ist.

Hatten in Südtirol am eindrucksvollen Referendum im Herbst 2013, initiiert und organisiert von der STF, 61.189 Wahlberechtigte aus der deutschen und aus der ladinischen Volksgruppe teilgenommen, von denen 56.395 – das sind 92,17 Prozent – für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts votierten, so zeigte eine von der Wiener „Karmasin Motivforschung“ durchgeführte Umfrage unter 700 Befragten deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol, dass sich 54 Prozent die Unabhängigkeit und nur 26 Prozent für den Verbleib bei Italien aussprachen; 20 Prozent machten keine Angabe.

Nachgerade sensationell sind überdies die Ergebnisse der von der überparteilichen Bozner „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“ in Auftrag gegebenen repräsentative Umfrage zu nennen, welche das italienische Meinungsforschungsinstitut DEMETRA aus Mestre (bei Venedig) in ganz Italien durchführte. Demnach befürworteten 71,8 Prozent der befragten Italiener das Recht auf politische Selbstbestimmung der Südtiroler. 74 Prozent sprachen sich zudem ausdrücklich für das Recht von Schotten und Katalanen auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit aus.

All das muss(te) in Rom alle politischen Warnlampen angehen lassen, weshalb das staatsanwaltschaftliche Vorgehen gegen die Südtiroler „Los-von-Rom“-Partei STF seinen Sinn erhält. Ebenso legen die Brüssler EUrokraten ob mannigfaltiger Selbstbestimmungs- und Unabhängigkeitsregungen die Stirn in Falten, zumal sie mit Bangen die Entwicklung besonders in Schottland und Katalonien verfolgen.

Unlängst führte ihnen eine machtvolle und farbenprächtige „Selbstbestimmungskundgebung der Völker und Regionen Europas“ die Gefahr vor Augen. Wenngleich Mainstream-medial verschwiegen, nahmen daran gut 25 000 Menschen teil und unterstrichen den Willen von Flamen, Katalanen, Schotten, Basken, Venetern, Lombarden und Südtirolern zur Selbstbestimmung. Ihr Marsch quer durch den EU-Institutionensitz Brüssel unter der Losung „Europe, we will vote!" signalisierte, dass auf nicht zu unterschätzenden Terrains Europas Umbrüche hin zu freien, selbstbestimmten und selbstverwalteten neuen Gemeinwesen im Gange sind, organisiert von Repräsentanten volklicher Entitäten, die gewillt sind, sich nicht mehr mit Halbfreiheiten abspeisen zu lassen und ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

Solange die Südtiroler darauf bauen konnten, dass die italienische „Autonome Provinz Bozen-Südtirol“, ihr nach dem Ersten Weltkrieg annektierter Teil des nach sechs Jahrhunderten des Bestands zerrissenen Habsburgerkronlandes, infolge einer Entwicklung hin zu einem „Europa der Regionen“ wieder mit dem österreichischen Bundesland Tirol „vereinigt“ werden könnte, vertrauten sie auf die „Sammelpartei“ SVP, die ihnen das auch für die Zukunft in Aussicht zu stellen sucht. Doch je stärker und länger offenkundig ist, dass das Nationalstaatsprinzip in der EU allen Regionalisierungsbemühungen Grenzen setzt und ihnen in ihrer Heimat von vom römischen Zentralismus geprägten Italienern und in den staatlichen Behörden von Amtswaltern immer und immer wieder das „Siamo in Italia“ entgegengeschleudert wird, desto zahlreicher werden die Befürworter des Selbstbestimmungsverlangens.

Die historisch-politischen Erfahrungen mehrerer Generationen der Angehörigen der deutschen und ladinischen Volksgruppe mit Rom und in Italien (nicht erst, aber vor allem seit dem Ersten Weltkrieg) begünstigten diese Entwicklung. Sie ist Ursache dafür, dass „BBC“, „Chicago Tribune", „Russia Today“ und andere Publikationsorgane auf der ganzen Welt schon über den „wiedergekehrten Separatismus im Alto Adige" berichteten.

Die Südtirol-Linie des Außenministers Kurz

Und was sagt die „Schutzmacht Österreich“ dazu? Der Jus-Student Sebastian Kurz, der in der Regierung Faymann-Spindelegger das Ressort „Europa, Integration, Äußeres“ (ehedem Außenministerium) innehat, beantwortete mit Schreiben vom 17. Juni dieses Jahres (Az: BMeiA-XX.2.1 3.33/0027-II.2/2014) einen wegen seiner Aussage auf dem SVP-Parteitag in Meran, allenfalls „Ewiggestrige“ stünden gegen die (von der SVP propagierte) „Vollautonomie“, gerichteten Brief, den Roland Lang, Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB), Sepp Mitterhofer, ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer und SHB-Ehrenobmann sowie Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung, Sprecher der „Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer“ an ihn gerichtet hatten.

Kurz schrieb: „Österreich hat den Anspruch der Südtiroler auf das Selbstbestimmungsrecht immer unterstützt, wodurch es schließlich auf Grundlage des Pariser Vertrages zu einer zwischen Österreich und Italien (mit Zustimmung Südtirols) akkordierten Lösung mit einer Streitbeilegungserklärung an die Vereinten Nationen gekommen ist. Österreich ist dabei stets in engster Abstimmung mit Südtirol vorgegangen. Träger des Selbstbestimmungsrechts sind die Südtiroler selbst. Politisch handeln sie durch ihre demokratisch legitimierte Führung.

Die Bundesregierung ist mit der Südtiroler Landesregierung in laufendem Kontakt. Letztere setzt sich stark für die Festigung und Weiterentwicklung dieser Autonomie ein und wird darin von Österreich mit Überzeugung unterstützt. Die Südtirol-Autonomie ist damit ein konkreter Ausdruck des Gedankens der Selbstbestimmung. Basierend auf dem gemeinsam mit den Südtirolern ausverhandelten Südtirol-Autonomiestatut von 1972 enthält sie ein hohes Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung und ermöglicht es somit den Südtirolern, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln.

Es handelt sich um eine konkret wirksame und praktisch ausbaufähige Selbstbestimmung. Die Südtirol-Autonomie wurde dank internationaler Unterstützung (z.B. VN-Generalversammlung) erreicht und wurde auf vielfältige Weise abgesichert. Die Autonomie funktioniert also in einem größeren internationalen Umfeld und wurde zu einem Bestandteil der europäischen Friedensordnung. Selbstbestimmung kann auf verschiedene Weise verwirklicht werden, die Südtirol-Autonomie mit ihrem hohen Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung ist eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung.

Darüber hinaus hat der europäische Integrationsprozess viele Aspekte des Konzepts „Grenze” obsolet gemacht und das Konzept der grenzüberschreitenden Regionen (Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino) gestärkt. Damit wird auch ein vereintes Tirol in moderner Form und aus einer zeitgemäßen Sicht ermöglicht. Neue Chancen für eine Zusammenarbeit im gesamten Raum des historischen Tirol werden ohne die Belastungen der Vergangenheit eröffnet. Es ist zu wünschen, dass Südtirol auf dem Weg der wirtschaftlich erfolgreichen und prosperierenden Region so wie bisher weiter geht.“

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Österreich nunmehr vor dem Hintergrund der „Streitbeilegungserklärung“ von 1992 den Anspruch der Südtiroler als erfüllt ansieht. Wenn man dem Minister (damit der Regierung) folgt, so steht die seit 1948 regierende Mehrheitspartei SVP als „demokratisch legitimierte Führung“ stellvertretend für alle Südtiroler, die doch eigentlich „Träger des Selbstbestimmungsrechts“ sind.

Abgesehen davon, dass die SVP seit zwei Landtagslegislaturperioden nicht mehr Mehrheitspartei ist, ist es absurd, sie als Organ der Erfüllung des Selbstbestimmungsrechts anzusehen und die zwischen 1946 und 1992 mit Hilfe Österreichs erkämpfte Autonomie faktisch als Endzustand zu qualifizieren, in dem die Südtiroler in die Lage gesetzt seien, „ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln.“

Dagegen sprechen unzählige Maßnahmen Roms, das vom österreichischen Minister realitätswidrig gerühmte „hohe Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung“ sukzessive zu entwerten. Das ist für den römischen Zentralismus jedweder politischen Couleur tatsächlich „eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung“. Weshalb man die Aussage „Die Südtirol-Autonomie ist damit ein konkreter Ausdruck des Gedankens der Selbstbestimmung“ nur mehr als selbstbetrügerische Beschwichtigungsfloskel rubrizieren kann.

In dieselbe Rubrik gehört das „vereinte Tirol in moderner Form und aus einer zeitgemäßen Sicht“. Das ist Augenauswischerei. Selbstbestimmung für die Südtiroler kann eben nicht auf „verschiedene Weise verwirklicht“ werden, Herr Minister Kurz. Die adäquate Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ist allein mittels einer Volksabstimmung zielführend. Ihre Herbeiführung zu ermöglichen, wäre – neben dem Willen, den die Südtiroler gewiss aufbrächten, so ihre Parteien in dieser Frage zusammenfänden und zusammenstünden –pflichtschuldigste Angelegenheit der Politik des „Vaterlands Österreich“. Das führen SVP-Politiker allenfalls noch in Sonntagsreden im Munde.

Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist

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FN 651:Die Nationalbank wird immer peinlicher

22. Juni 2014 03:02 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt will die Staatsbank doch auf die Risken der Hypo-„Lösung“ hingewiesen haben.

Jeder Österreicher weiß noch, wie sehr Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny in allererster Reihe als Apologet des Hypo-Gesetzesentwurfs dieser Regierung aufgetreten ist. Diese Auftritte sind ja noch nicht so lange her. Jetzt aber hat nicht nur S+P, sondern auch Moodys zahlreiche österreichische Banken abgewertet, weil ja laut Regierung die Garantie eines Bundeslandes nichts mehr wert ist, obwohl jenes Land nicht in Konkurs geht; was naturgemäß auch die heimischen Banken wackeln lässt. Die dramatischen Auswirkungen jenes Beschlusses, die den heimischen Kreditmarkt im Mark treffen, waren also völlig klar. Außer der Nationalbank hat das auch kein einziger Finanzexperte verteidigt. Jetzt auf einmal gibt Nowotny bekannt, dass er in einem geheimen Gutachten sehr wohl die Regierung auf die Folgen hingewiesen hat. Er hat also offenbar geheim das Gegenteil dessen gesagt, was er öffentlich gesprochen hat. Er ist wirklich nur noch peinlich. Es ist um jeden Cent schade, der für diese Nationalbank ausgegeben wird (deren Mitglieder ja noch immer horrende Gehälter bekommen!). Herr Nowotny soll sich jedenfalls morgens nicht mehr in den Spiegel schauen.

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Kein Gas – und was dann folgt

17. Juni 2014 00:21 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt hat Russland seine Drohungen wahr gemacht und die Gaslieferungen an die Ukraine gestoppt. Die nach Westeuropa gehenden jedoch nicht, auch wenn sie via Ukraine gehen. Was vorerst problemlos geschieht. Im warmen Juni ist zwar die Relevanz dieses Stopps noch gering. Aber vom Zeitpunkt unabhängig ist es dringend notwendig, alle Fakten zu kennen. Was im Westen nur selten der Fall ist.

Diese Fakten sind auf den ersten Blick widersprüchlich. Und jede Seite nennt nur die ihre günstigen.

  1. Die Ukraine ist eindeutig die Bezahlung des russischen Gases schuldig.
  2. Russland hat ebenso eindeutig den Preis für Lieferungen an die Ukraine aus politischen Gründen signifikant erhöht, seit die Bevölkerung des Landes mit großer Mehrheit klargemacht hat, dass sie zu Europa, nicht Russland gehören will.
  3. Wenn es nicht zu einer Einigung kommt, werden sich mit Sicherheit spätestens an kalten Tagen wieder ukrainische Gemeinden an dem Richtung EU auf die Reise geschickten Gas bedienen. Denn selbst wenn dieses eindeutig wem anderen gehört, wird kein Bürgermeister, kein Provinz-Chef die Menschen erfrieren lassen, wenn gleichzeitig durch sein Gebiet das potentiell wärmende Gas fließt. Damit hat auch Europa ein Problem.
  4. Der Ersatz des russischen Gases durch andere Lieferanten ist möglich – aber nur langfristig. Denn vorher müssen die Terminals und Leitungen dafür gebaut werden. Kurzfristig ist also Moskaus Erpressungspotential groß.
  5. Je härter Russland den Gaskrieg weitführt, umso mehr und umso rascher werden an Russland vorbeigehende Importe an Bedeutung gewinnen. Denn als Folge steigen ja Gas-, Öl- und Strompreis, was jede Investition interessanter macht. Was langfristig die Bedeutung Russlands abnehmen lassen wird.
  6. Wenn die EU und die Ukraine geschlossen auftreten, hat Russlands mittelfristig angesichts seiner massiven Abhängigkeit vom Gasgeschäft keine echten Alternativen. Alle, die da anderes sagen, sind entweder kurzsichtig oder Agenten Russlands.
  7. Es ist ein Kompromiss im Interesse aller Beteiligten zwar absolut logisch, aber angesichts des zunehmenden Stellenwerts des russischen wie des ukrainischen Nationalismus eher fraglich.
  8. Die von beiden Ländern erfolgende Anrufung eines westlichen Schiedsgerichts macht zumindest Hoffnung. Man will also die Lösung zumindest in diesem Fall letztlich doch rechtlich erreichen.
  9. Die Ukraine hat durch die russische Besetzung der Krim und der teilweisen Besetzung zweier Ostprovinzen eindeutig schweren wirtschaftlichen Schaden erlitten. Dieser steht den russischen Forderungen nach Bezahlung seines Gases entgegen. Zwar macht Kiew den Schaden durch die widerrechtliche Besetzung nicht geltend, weil es ja auf Rückgabe statt Entschädigung beharrt. Aber gerade jene, welche die Okkupation der Krim für richtig halten, müssten dann auch unbedingt der Ukraine einen gewaltigen – wenn auch schwer objektiv zu beziffernden – Ersatzanspruch zubilligen. Für Immobilien, für Meereszugang, für Häfen, usw. Und ganz besonders für die vermuteten reichen Energievorkommen vor der Küste der Krim. Wer das ignoriert, aber die Okkuption der Krim für rechtens erklärt, ist total einseitig oder ein reiner Agent Moskaus. Er macht den Russen jedenfalls Hoffnungen, dass der Westen doch noch einknicken wird.
  10. Es kann daher keine Lösung des Gas-Problems geben, wenn nicht auch die militärischen Grenzveränderungen mit bei den Verhandlungen gelöst werden.

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Die Heuchelei als Europas kleinster Nenner

16. Juni 2014 00:57 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europa lebt von der Heuchelei und Verdrängung. Die EU ist Richtung Süden wie Osten unglaublich attraktiv; sie ist dort für die Mehrheit der Menschen der Inbegriff ihrer Träume. Die EU freut sich darüber ungemein – aber sie will keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen. Das ist unbestreitbar eine massive Diskrepanz.

Wie soll Europa diese Diskrepanz lösen? Ganz gewiss nicht so, wie es derzeit geschieht: Vor den jüngsten EU-Wahlen haben fast alle Kandidaten massiv gegen eine weitere Erweiterung der Union argumentiert; es komme während der nächsten Periode keine neue Mitgliedschaft in Frage. Die EU hat genug eigene Probleme. Nach der Wahl hingegen haben die vor der Wahl schweigenden Außenministerien und die Kommission sofort wieder ganz normal auf Erweiterungsmodus geschaltet. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz etwa setzte sich nach diesen Wahlen massiv für einen Beitritt vor allem Serbiens, aber auch der anderen Balkanstaaten ein.

Diese Haltung ist verlogen. Die Diplomatie hat noch immer nicht begriffen, dass sie selbst hauptschuld ist, wenn sie durch eine solche doppelbödige Politik die Bürger immer weiter von Europa entfremdet. Das geht in einer modernen Demokratie einfach nicht mehr.

Natürlich ist ein Nichtbeitritt Serbiens nicht argumentierbar (sobald einmal Belgrad die Unabhängigkeit des Kosovo klar anerkannt hat). Die Serben gehören genauso zu Europa wie die Kroaten oder Rumänen. Aber das soll man bitte den Wählern auch schon vor einer Wahl mutig sagen! Die merken sich nämlich diese Doppelzüngigkeit.

Serbien, dessen Expansionismus am Beginn des 20. Jahrhundert eine Hauptursache des Zerfalls zweier Reiche und des Todes von Millionen Menschen gewesen ist, das zweifellos auch der Hauptschuldige der letzten Balkankriege war, dieses Serbien benimmt sich heute durchaus verantwortungsbewusst. Und das hat Europa anzuerkennen. Und nicht heuchlerisch herumzureden. Das verärgert nur die Serben wie die Bürger immer mehr.

Die Korruption und der Kampf gegen sie

Aber ist nicht Serbien noch zutiefst von Korruption zerfressen? Ja, das ist es. Aber auch nicht tiefer als Rumänien oder Bulgarien oder Kroatien. Und auch Teile Italiens, um nur eine Region aus dem allerersten EU-Kern zu nennen.

Damit sind wir bei der nächsten Heuchelei: Wäre Europa nur eine große Freihandelszone, dann wäre die endemische Korruption in bestimmten Regionen kein Problem anderer Nationen. Dann wäre sie Sache der betroffenen Bürger, die ja auch dafür zahlen. Nur sie selbst können Schritt für Schritt Justiz und Politik bessern – auch wenn sie offenbar oft auf Personen hineinfallen, die laut gegen Korruption wettern, aber selbst bestechlich sind.

Aber EU-Europa hat viel größere Ambitionen gehabt – an denen es nun zu scheitern droht. Denn sobald nicht nur Freihandel für Agrarprodukte besteht, sondern es eine gemeinsame Landwirtschaftspolitik gibt, muss man eben jeden Olivenbaum, jede Alm, jedes Weinstock, jedes Rindvieh zählen. Und Europa wird dabei ständig nach Strich und Faden betrogen.

Sobald man nicht nur Produkte handelt (und bloß deren Qualität und Preis zu prüfen hat), sobald man nicht nur tarifäre wie – in der Wirkung natürlich viel raffinierter – nichttarifäre Hindernisse entfernt, sondern politisch alles und jedes regulieren will, geht man am Zusammenprall unvereinbarer Kulturen zugrunde. Ganz abgehen von der alten Erfahrung, dass ohne eine funktionierende Bürgergesellschaft ein Rechtsstaat nie funktionieren kann. Diese Gesellschaft muss von innen wachsen, sie kann nicht von außen angeordnet werden.

Dieser Zusammenprall passiert umso öfter, je mehr Rechtsbereiche die EU zu regulieren versucht. Was anfangs nur der Fehler einer gemeinsamen Agrarpolitik war, erstreckt sich heute auf Sozialpolitik, Arbeitsmarktpolitik, Justizpolitik, Umweltpolitik, Frauenpolitik und so weiter.

Täglich sehen wir es: Die EU hat angesichts dieser vielen Betrügereien keine Chance. Sie versucht zwar, mit immer mehr Regulierungen, Richtlinien und Verordnungen den Kopf über Wasser zu halten. Sie geht aber immer mehr unter. Spätestens seit sie absurderweise auch die gesamten Grundrechte inhaliert und sich damit rettungslos den Juristen ausgeliefert hat.

Das heißt nun nicht, dass die Serben und andere deshalb der EU beitreten wollen, weil es dort viel größere Möglichkeiten zur Korruption gibt. Ganz im Gegenteil: Viele dortige Bürger hoffen, dass sie die EU von diesen ineffizienten „Bräuchen“ befreit. Korruption geht ja immer zu Lasten der Bürger. Es ist aber das Gegenteil passiert: Es hat nicht die EU-Mitgliedschaft die Süditaliener, Rumänen und Bulgaren von Korruption befreit. Sondern die EU hat sich selbst immer stärker versüdlicht, ohne hingegen im Süden etwas Substantielles geändert zu haben.

Wer dieses harte Urteil bezweifelt, fahre einfach auf ein paar Tage nach Palermo oder Neapel, wo angebliche Mafiajäger regieren, wo nun schon zwei Generationen lang nördliches Geld in Billionensummen hineingeflossen ist, wo man sich aber bis heute ins tiefste Mittelalter zurückversetzt fühlt. Wo alles nur noch schlimmer geworden ist. Und dann vergleiche er das Bild mit der Entwicklung - bespielsweise - von Prag oder Krakau, die viel weniger Geld haben, deren Bürger aber im Vergleich viel weniger korrupt sind.

Die Ukraine als flammendes Bekenntnis zu Europa

Die dritte Heuchelei passiert nun bei der Ukraine. Dort hat die Mehrheit der Menschen ganz eindeutig den Willen demonstriert, nach Europa in die EU zu kommen. Sie hat mit wochenlangem und todesmutigem Einsatz einen Präsidenten gestürzt, der sich nach drei(!) Jahren des Verhandelns mit der EU von Moskau unter Druck setzen ließ, wo er seine schmutzigen Geschäfte macht, und der im allerletzten Augenblick Europa seine Unterschrift verweigert hat.

Deutlicher kann man gar nicht zeigen, dass die Menschen jenes Landes um jeden Preis nach Europa wollen (nach allen seriösen Daten auch die russischsprechenden Menschen in der Ukraine). Das ehrt die EU ungemein – aber eigentlich will dort fast kein Wähler die Ukraine oder ein anderes Land als Mitglied haben. Nur sagt man es nicht.

Insgeheim wären wahrscheinlich viele sogar froh, wenn die Sowjetunion, pardon Russland das Land wieder erobert. Dann könnte man eine Zeitlang empört dagegen protestieren, aber man wäre ein riesiges Problem los. Und bald darauf würde man wieder ungehindert seine Geschäfte mit Moskau machen. Es herrscht ja Realpolitik.

Die Lösung

Die Lösung? Sie kann – wenn die EU nicht ganz zerfallen soll – nur darin bestehen, dass sich Europa wieder auf den völlig freien Binnenmarkt mit klaren Einschränkungen der Freizügigkeit für nicht Berufstätige reduziert. Wenn die EU also im Wesentlichen eine Freihandelszone wird. Wenn wieder viel stärker die Eigenverantwortung der Länder, der Gemeinden, vor allem der Menschen als einziger funktionierender Mechanismus zur Wirkung kommt. Wenn die Justiz wieder viel stärker beim Europarat angesiedelt wird, wo sie hingehört. Wenn auch mit Amerika der volle Freihandel gesucht wird, wo Investitionen wechselseitig wirklich geschützt werden. Wenn auch mit Russland und anderen Regionen ein fairer Freihandel gesucht wird.

David Cameron und Viktor Orban wollen das. Angela Merkel weiß um die Notwendigkeit dieser Entscheidung. Die Südeuropäer hingegen wollen so wie in den letzten Jahrzehnten mit deutschem Geld weitertun. Wieder andere sind prinzipiell und überhaupt gegen Alles.

Und herauskommen wird wohl, das man noch recht lange mit der Heuchelei als gemeinsamem kleinsten Nenner weitertut.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Was liberal ist und wo die Neos sind

15. Juni 2014 00:27 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es war gewiss weit weniger als ein Prozent der Österreicher, die gewusst haben, dass die Neos einen Religionssprecher haben. Jetzt heißt der offenbar Strolz und nicht mehr Alm. Na und?

Noch immer gibt es keinerlei Distanzierung der Neos zum Antikirchen-Begehren. Noch immer sind die Neos die Partei des 80-Prozent-Steuer-Forderers Haselsteiner. Noch immer habe ich außer der Pensionsfrage und dem Wasserprivatisierungsthema (wo die Neos allerdings sehr lobenswert und mutig sind) kein einziges Anliegen der Neos entdeckt, das liberal wäre. Haselsteiner (der sich köstlicherweise eine Zeitlang auch innig im Bett mit einem angeblich jetzt von ihm wieder etwas entfremdeten russischen Oligarchen wälzt) und die anti-kirchliche Grundhaltung der Neos sind es jedenfalls nicht.

Alle großen liberalen Denker – von Hayek bis Friedman und erst recht die Denker früherer Jahrhunderte – drehen sich im Grab um, wenn sich die Neos als liberal bezeichnen. Oder gar als liberaler denn der Wirtschaftsbund oder das Team Stronach, die es ja auch zu sein versuchen. Und in der einen oder anderen Hinsicht (Steuern!) sogar deutlich mehr als die Neos sind.

Weder sind der Europa- und damit Zentralisierungsfanatismus der Neos liberal noch ist es ihr Engagement für die linke „Gemeinschaftsschule“, die ja nur ein Tarnwort für die linke Zwangsgesamtschule ist.

Die Neos zeigen auch keine Liberalität beim Thema staatlicher Ehe-Zeremonien. Liberal wäre es nämlich zweifellos, die Rolle des Staates auf die Beurkundung und Einhaltung eventueller Vorschriften (wie etwa das Verbot von Bigamie oder Inzest) zu reduzieren. So wie der Staat ja auch bei Geburt und Tod normalerweise keine Zeremonien veranstaltet. Dass die staatliche Ehezeremonie einschließlich der Neos von alle Parteien als scheinbar selbstverständlich verteidigt wird, zeigt nur, wie wenig liberal das gesamte Parteienspektrum in diesem Land ist.

Dass sich auch die Bischöfe so sehr für die Staatszeremonie bei der Ehe einsetzen, ist übrigens besonders skurril. Wenn auch aus einem anderen Grund. Offenbar haben sie keine Ahnung, dass diese erst vor weniger als hundert Jahren gegen den Willen ihrer Vorgänger eingeführt worden ist. Damals ging es der Linken nämlich gegen die rein kirchliche Ehe. Die sicher auch nicht liberal ist.

Liberal wäre es, sich für das Ende von Medien im Staatseigentum (samt Zwangsgebühren) einzusetzen. Liberal wäre es, für die von Rot-Schwarz-Grün immer mehr eingeengte Vertragsfreiheit zu kämpfen. Für Schulfreiheit. Für die freie Wahl von Krankenversicherungen.

All das tun die Neos nicht. Christus-gleiche Gänge in den Wienerwald oder „Fliegenden Spaghettimonster" oder eine Stripper-Fabrik im Jenseits sind mit Gewissheit keine liberalen Signale, sondern nur skurril. Und es interessiert nur die journalistische Klasse, ob deren Exponenten nun Religionssprecher oder nur Abgeordnete sind.

Freilich sind auch die Kirchenbeiträge, an denen die Bischöfe so verzweifelt festhalten, nicht liberal. Aber genauso wenig ist es der Kampf vieler Neos dagegen. Liberal wären zwei ganz andere Alternativen:

Manche werden nun sagen: Alles richtig, aber im 19. Jahrhundert hat doch der Liberalismus gegen die Kirchen gekämpft. Richtig. Aber damals hatten die Kirchen eine staatliche Rolle, damals hat der Staat die Kirche ge- und missbraucht. Das war übrigens keineswegs nur negativ, sondern Jahrtausende lang für die Gesellschaft sehr positiv und für deren Entwicklung sehr notwendig. Man könnte ganze Bücher über die wichtige Rolle des Christentums beim Fortschritt Europas schreiben. Heute hingegen gibt es praktisch keine Rolle der Kirche im Staat. Die Restbestände sind abgesehen vom Kirchenbeitrag nur noch für juristische Prüfungen relevant.

Der Liberalismus hat immer eine ganz andere dominante Rolle: Sich auf allen Ebenen gegen die Rolle des Staates zu wehren. Im 19. Jahrhundert war auch die Kirche Teil des Staates und wurde daher zu Recht kritisiert. Heute aber ist die Kirche völlig ohnmächtig, der Staat aber weit mächtiger als er jemals war. Und das ist er auch mit Hilfe der sich selbst als liberal bezeichnenden Menschen. Daher ist es umso trauriger, dass sich als liberal bezeichnende Gruppierungen es oft nicht sind. Wie etwa die Neos.

 

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Die falsche Furcht: Chlorhühner und Saudis

12. Juni 2014 02:37 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist symptomatisch: Die interessantesten Nachrichten findet man nur noch in deutschen Medien. Dabei würden sie den Österreichern zeigen, dass sie sich vor völlig falschen Dingen fürchten. Oder zumindest ihre Politiker.

Die eine Nicht-Meldung betrifft die amerikanischen Chlorhühner. Vor denen fürchten sich ja die Linksaußen wie die Rechtsaußen derzeit gleichermaßen. Sie versuchen einander dabei sogar ständig an Furchtmachen zu übertreffen. Die deutsche "Tageschau" hingegen ist anstelle von Verbreitung von Furcht den Chlorhühnern sachlich nachgegangen. Sie hat Experten gefragt und ist zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen: „Chlorhühner sind nicht ungesünder“.

Vielmehr ist das deutsche Huhn jenes, das gesundheitlich bedenklich ist; Salmonellen und Campylobacter sind immer wieder auf den deutschen (und wohl auch österreichischen) Hühnern zu finden. Ganz im Gegensatz zu den amerikanischen, wo Chlor diese Krankheitserreger und Keime tötet. Befragte Wissenschaftlicher glauben sogar, dass Chlor in unseren Landen nach der nächsten gröberen Infektion vorgeschrieben sein wird.

Was auch immer die Wissenschaft meint: Grün und Blau (und teilweise Rot und Schwarz) werden vorerst weiter Angst machen. Schon weil man nur in deutschen Medien die Fakten findet. Und die Politiker daher die Fakten gar nicht kennen. Und die Österreicher auch nicht.

Ebenso wird man wohl weder in ORF.at noch sonstwo die erschütternde Reportage und das Interview mit einem deutscher Rettungsfahrer nach seinem Jahr in Saudi-Arabien lesen können. Das werden die linken Islamverteidiger zu verhindern wissen, selbst wenn die Reportage im „Spiegel“ steht. Es ist geradezu herzergreifend, wie dort Frauen verrecken müssen, nur weil Rettungsfahrer das falsche Geschlecht haben. Noch perverser: Dort dürfen weibliche Krankenbetreuer gar nicht draußen Dienst machen!

Kaum weniger haarsträubend sind die Berichte über die vielen jungen Männer, die sich mit ihren schnellen Autos in saudischen Städten durch maßlos überhöhte Geschwindigkeit reihenweise umbringen. Autos sind nämlich mehr oder weniger das einzige Laster, dem junge Männer unter dieser atavistischen Form der Religion frönen dürfen.

Und ausgerechnet dieses Saudi-Arabien ist es, das in Syrien und Irak die fundamentalistischen Kräfte unterstützt, welche dort derzeit eine Stadt nach der anderen erobern. Welche bereits in den ersten Stunden eine halbe Million Menschen zur Flucht gezwungen haben. Und welche dann Dutzende Kämpfer nach Österreich zurückkehren lassen.

Hier aber schauen trotz dieser massiven Herausforderung Gesetzgeber, Staatsanwaltschaft, Gerichte und Schulen am liebsten weg. Oder stellen höchstens jene Menschen unter Anklage, die den Fundamentalismus ihrer Ansicht nach um eine halbe Umdrehung zu deutlich kritisiert haben.

Es könnte einem wirklich übel werden. Zuerst berichten die Medien nicht das, was Faktum ist und was in anderen Ländern berichtet wird. Und dann stellen sich noch die Behörden massiv auf die Seite des Islams und nie auf die der Kritiker.

PS: Ach ja, noch ein zweites Land finanziert den fundamentalistischen ISIS-Vorstoß in Irak und Syrien: Es ist ausgerechnet Katar. Also jenes Land, das offensichtlich durch massive Bestechung die Fußball-WM 2022 in das brennend heiße Land gebracht hat. Wir werden – sofern wir noch berichten dürfen – wohl noch viele Berichte über Katar und den Fundamentalismus, wie auch über die Herrn Beckenbauer und Blatter bringen müssen. Dagegen sind die brasilianischen Streiks zu Beginn der WM geradezu harmlos.

PPS: Dass zumindest indirekt etliche Westmächte von Frankreich bis zu den USA diesen fundamentalistischen Vorstoß unterstützt haben, dass linke Journalisten sie zum Teil bis heute unterstützen, lässt ebenfalls an der menschlichen Vernunft zweifeln. Allerdings scheint gerade der fundamentalistische Vorstoß jetzt zunehmend und rasch im Westen die Augen zu öffnen. Es geschieht ja kein Unheil, dass nicht irgendwie auch Sinnvolles brächte.

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Der Spitzenkandidat und die Scherben Europas

12. Juni 2014 00:17 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Von Tag zu Tag stellt sich mehr heraus, welcher Fehler das vor den EU-Wahlen gegebene Versprechen war, der Spitzenkandidat der mandatsstärksten Partei werde jedenfalls EU-Kommissionspräsident. Das ist in keiner Demokratie der Welt so.

Dieses Versprechen war im EU-Parlament besonders dumm. Weil dieses durch die Bevorzugung der Kleinen massiv undemokratisch ist; weil jedes Land ein komplett anderes Wahlrecht hat (in Österreich dürfen sogar schon Kinder wählen); weil in jeder normalen Demokratie die Mehrheit der Abgeordneten nach den Wahlen zählt und nicht Festlegungen einzelner Listen vorher; weil in Großbritannien die Christdemokraten – mit Würgen als Nummer eines durchs Ziel gekommen – gar nicht kandidiert haben.

Das hat Angela Merkel zwar vorhergesehen. Die anderen größeren Europäer haben hingegen so viele häusliche Sorgen, dass sie nicht einmal bis zum Abend des gleichen Tages mehr denken. Und die kleinen Staaten haben meist ohnedies keine Außenpolitik.

Oder haben die Leser etwa bei ÖVP oder SPÖ eine solche entdeckt? Dort reicht es seit Jahren nur für ein paar Stehsätze vor den ORF-Kameras. Einzige wahrnehmbare Außenpolitik waren die scharfen und kontraproduktiven Töne gegen Ungarn, die der Steuererfinder Treichl von der Erste Bank und der Landwirtschaftsminister Rupprechter (Selbstdefinition „grüner Sozialdemokrat“) abgesondert haben. Ach ja: Und das nach den Wahlen forcierte Werben des Außenministeriums für einen Beitritt Serbiens.

Letztlich hat aber auch Merkel den Leitartiklern nachgegeben, die nach einem Spitzenkandidaten gerufen haben. Ergebnis: Die EU könnte erstmals einen Kommissionpräsidenten haben, der nicht von allen Ländern unterstützt wird.

Nun, es gibt Schlimmeres. Viel ärger, viel entscheidender wird sein: Kann man Großbritannien in der Gemeinschaft halten? Wird der Binnenmarkt als große Leistung der EU gerettet werden? Werden die Regulierer, Zentralisierer und Sozialdemokraten (ob sie nun als rote, schwarze, grüne oder pinke Partei angetreten sind) in der EU endlich zurückgedrängt werden.

Aber sowohl im Parlament wie auch in der Kommission haben sie die Mehrheit. Unter den Menschen in Europa sind sie freilich total in die Minderheit. Diese haben jedoch keine Artikulation, sind damit irrelevant.

Gewiss: Die Länder, die zu Pfingsten in Schweden versammelt waren (Niederlande, Deutschland, Großbritannien und Schweden), sind – zusammen mit Polen – die wirtschaftlich erfolgreichsten EU-Europas. Sie denken ordnungspolitisch ziemlich richtig. Jedoch haben auch sie kein gemeinsames Konzept – und sind europäisch in der Minderheit. Und Merkel wird im Zweifel den Medien und dem sozialdemokratischen Koalitionspartner nachgeben.

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Das Aussterben Europas in der Sendung mit dem Großvater

11. Juni 2014 15:49 | Autor: Andreas Unterberger

Vielen Ländern Europas steht in diesem Jahrhundert ein Aussterben bevor - genauer gesagt: ein dramatisches Schrumpfen der autochthonen Bevölkerung und ein Ersetzen der Nachkommen der ursprünglichen Bevölkerung durch Zuwanderer. Dazu befragt Maximilian im Video Andreas Unterberger.

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Clark, Putin und der Besuch in Wien

07. Juni 2014 02:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es war zufällig am gleichen Tag wie die Ankündigung, dass Russlands Präsident Putin nach Österreich kommen werde. Als erster bilateraler Staatsbesuch nach seiner Invasion! Da las ich in Christopher Clarks „Die Schlafwandler“ die folgenden Zeilen (Übrigens: So empfehlenswert auch die Bücher von Rauchensteiner, Jelinek und Illies über die Jahre 1913ff sind, so ist doch das Buch des Briten am wichtigsten).

Bei Clark liest man: Die Stippvisite des serbischen Regierungschefs Pašics im Oktober 1913 „in Wien trug keineswegs zur Verbesserung der Lage bei. Entwaffnet von der freundlichen und leutseligen Art des serbischen Regierungschefs, verpasste der österreichische Außenminister Berchtold die Gelegenheit, den Ernst der Lage aus österreichischer Sicht darzulegen. Pašic versicherte Vertretern der Presse in Wien, dass er „eine positive Perspektive für die künftigen Beziehungen zwischen Serbien und der Doppelmonarchie“ gewonnen habe, aber er sprach beunruhigenderweise auch über die Notwendigkeit von „Grenzveränderungen“ an der albanischen Grenze.“

So weit Clark. Nach wenigen Monaten ist dann der Weltkrieg mit seinen Millionen Opfern ausgebrochen. Auslösend war eindeutig (auch oder alleine - je nach Sichtweise) jener Expansionismus, den der österreichische Außenminister zu wenig klar ansprach.

Man muss nur wenige Namen ändern. Man muss nur aus Serbien Russland machen. Und schon hat man genau die Situation fast exakt 100 Jahre später. (Dass übrigens damals wie heute Serben und Russen fast deckungsgleich agieren, macht diese kleinen Änderungen ja besonders naheliegend; ebenso tut das der Umstand, dass auch schon damals die Grenze zwischen Serbien und albanischen Gebieten ein zentrales Thema war; ebenso die oberflächlich freundlich wirkende Art des Russen; ebenso der Vergleich zwischen der Doppelmonarchie und dem heutigen Europa).

Es ist eine der vielen Entwicklungen vor Ausbruch des großen Krieges, die zwar fast alle vergessen sind, die aber in der nüchternen Aufarbeitung durch einen Historiker sowohl einzeln wie auch in der Summe sehr besorgt machen. Jedes Mal ging es um Grenzänderungen mit militärischen Mitteln. Auf der Krim, auf dem Balkan, oder auch 1938 in Mitteleuropa.

Vor beiden Weltkriegen hat man geglaubt, durch Nachgeben gegenüber einem mit militärischer Gewalt agierenden Aggressor den Frieden zu sichern. Auch wenn – zum Glück – die historische Analogie keine zwingende ist, so ist es doch Faktum, dass die zwei verheerendsten Kriege der Geschichte jeweils Nachgeben gegenüber militärischen Grenzveränderern im Vorlauf hatten. Bei allem Bekenntnis zum friedlichen Selbstbestimmungsrecht, das an dieser Stelle immer wieder geradezu flammend zum Ausdruck gebracht worden ist, kann Selbstbestimmung niemals eine Rechtfertigung sein, gegenüber Aggressoren nachzugeben.

Genausowenig können militärische Aggressionen durch historische Rückgriffe legitim erscheinen. Gleichgültig, ob die auf des 14. Jahrhundert (serbische Schlacht im Amselfeld) oder die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts (Chruschtschows Grenzänderungen in der Ukraine) erfolgen. Vom Nahostkonflikt, wo Christen, Moslems und Juden oft historisch und Jahrtausende zurückgreifend argumentieren, ganz zu schweigen.

Wenn die Menschheit irgendeinen Fortschritt erzielt haben will, dann jenen, dass Grenzänderungen im 21. Jahrhundert nur noch nach einer sauberen demokratischen Volksabstimmung erfolgen dürfen. Zumindest in Europa. Und dass sie niemals durch Soldaten erfolgen dürfen. Militärische Grenzänderungen müssen verpönt bleiben, wenn Europa wirklich auf Dauer Frieden will.

Anerkannt sei, dass sich Bundespräsident und Außenminister wenigstens schrittweise nun doch diesem obersten Grundsatz annähern. Das lächerliche „Die Ukraine soll neutral werden und die Menschen im Osten und Süden wollen eh sicher alle heim ins Reich“ ist wieder aus dem Sprachschatz der österreichischen Politik verschwunden. Deutschlands Bundeskanzlerin, aber auch Großbritannien und etliche andere Länder haben da freilich von Anfang an viel richtigere Formulierungen gefunden.

Und noch weniger können Grenzänderungen durch ökonomische Interessen gerechtfertigt werden. Oder ignoriert. Gewiss erleiden manche Firmen in ihrem Russland-Geschäft Einbußen. Ihnen und ihren Interessenvertretungen war die russische Invention in der Süd- und Ostukraine weniger wichtig. Jedoch vergessen sie eines: Nach den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts war auch in der Wirtschaft viel mehr kaputt als bloß die Exporte in ein bestimmtes Land. Oder die Investitionen, die man dort geplant hat.

Im konkreten Fall kommt ein zweiter Aspekt hinzu: Die (meist gegen den Widerstands des grundsatzlosen Österreichs) beschlossenen Sanktionen zeigen in Russland eindeutig massive Wirkung. Es kann überhaupt kein Zweifel sein: Es sind einzig diese Sanktionen, die heute zu einer viel stärkeren Zurückhaltung Moskaus, vielleicht sogar zu einem Kurswechsel führen.

Die russische Wirtschaft ist zum Unterschied von Polen, Tschechien, der Slowakei und dem Baltikum auch ein rundes Vierteljahrhundert nach der Wende nach wie vor extrem schlecht diversifiziert. Russland würde ökonomisch kollabieren, wenn es sein Gas nicht exportieren könnte. Das weiß Putin. Er kennt die dramatischen Zahlen der russischen Notenbank und anderer Quellen. Österreichs Handelsdelegierte offenbar weniger.

Das heißt nun nicht, dass Fischer&Co. nicht mit dem russischen Machthaber reden sollen. Das heißt aber, dass sie diesem nicht einmal zwischen den Zeilen entgegenkommen dürfen – bei aller Sympathie des Linksaußens Fischer und des außenpolitischen Greenhorns Kurz gegenüber dem Russen. Wobei den Außenminister seine große Intelligenz und Lernfähigkeit hoffentlich zunehmend unabhängig von schlechten Beratern machen. Bei Fischer hingegen sind seine zutiefst antiwestlichen Gene wohl nicht mehr kurierbar.

Beiden jedenfalls ist ein tieferes Studium der Zeitgeschichte dringend zu empfehlen. Auch wenn diese an den österreichischen Universitäten nicht mehr gekannt wird.

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Strafsteuer der EZB oder: Die Logik der Politik

05. Juni 2014 14:47 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt nimmt die Europäische Zentralbank sogar dafür Strafzinsen, dass jemand ihr Geld gibt. Man kann zwar als normaler Mensch nur den Kopf schütteln über diese EZB (die ja ganz „zufällig“ von einem Mann aus Italien geleitet wird). Aber eine Gruppe kann sich über deren Beschluss freuen. (Mit nachträglicher Ergänzung)

Das sind die schuldengierigen Finanzminister. Sie werden noch billiger Geld bekommen. Nicht zuletzt die Politik Italiens. Es ist ja jedenfalls besser, die Staaten trotz ihrer ständig steigenden Verschuldung zu finanzieren, als Strafzinsen zu zahlen.

Am allerwenigsten können sich hingegen die Sparer freuen. Sie werden jetzt noch mehr ausgeraubt – im Auftrag der EZB und damit der Schuldenländer.

Zahlen werden diesen Strafzins die Banken. Freilich ist es ein absolutes Rätsel, warum Banken überhaupt bei der Zentralbank fürs Geldverleihen Strafe zahlen und nicht selber das Geld – ohne Strafgebühr – in eigenen Tiefspeichern horten.

Aber die Logik mancher Banken ist ja ohnedies nicht mehr vorhanden. Etwa jene der Erste Bank, deren Chef Andreas Treichl jetzt öffentlich neue Steuern verlangt. Gegen jede Vernunft. Und vor allem gegen die Interessen seiner eigenen Kunden (womit er übrigens auch jede Argumentation der Banken gegen die eskalierende Bankensteuer zerstört hat).

Natürlich wird auch weiterhin kein zusätzlicher Cent in die Wirtschaft fließen. Denn natürlich birgt jeder Kredit das Risiko, dass der Schuldner ihn nicht zurückzahlen kann. Nur die Politik kann durch ihre Gesetze mit Erfolg fingieren, dass Kredite an Staaten risikolos wären. Die Risiko-Regulierung durch die Politik ist längst so mörderisch geworden, dass keine Bank noch Geld in Unternehmen steckt. Wenn die Politik durch ihre Gesetze, durch Stresstests und Ähnliches das Geldverleihen so schwierig macht, werden immer weniger Banken zu solchen selbstmörderischen Aktionen bereit sein.

Nur Geld für die Staaten – also für die Ausgabenwut der Politik – wird es geben. Menschen mit guten Ideen, die aber kein Geld haben, werden sich hingegen außerhalb des Einfluss der EZB niederlassen. Die Politik wird sich wundern. Und die Unternehmer schimpfen. Aber natürlich sind ihre Eingriffe schuld.

(Nachträglich: In einem Sturm der Kritik verteidigen wenigstens die Genossen die EZB-Entscheidung: Besonders köstlich der Franzose Hollande, der die Sache sogar massiv begrüßt (in Wahrheit aber hofft, dass Frankreich durch den EZB-Beschluss weiterhin die notwendigen, aber schmerzhaften Reformen erspart bleiben). Übertroffen wird er nur noch vom EZB-Chef Draghi: Der Italiener sagt allen Ernstes, es sei Schuld der Banken und hänge nicht mit der EZB zusammen, wenn die Sparer jetzt noch weniger bekommen. Haltet den Dieb . . .)

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Birken, Tretroller und ewiges Taufen

04. Juni 2014 01:35 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es sind die relativ kleinen Beträge, die uns viel anschaulicher als die großen zeigen, wie sehr die Politik unser Geld hinausschmeißt. Ja, es ist unser Geld und das unserer Kinder, nicht das Geld der Politik! Aber diese wirft es ohne jedes Bedenken beim Fenster hinaus. Besonders intensiv tut sie das in Wien.

So machen die 8.310 Euro jeden Wiener zornig, die jetzt für 23 Birken ausgegeben worden sind. Sie sind nicht etwa aus Gartenbau- oder ökologischen Gründen gepflanzt worden. Sondern – zum Gedenken an die SPÖ-Politikerin Johanna Dohnal. Was früher Komponisten oder Dichter waren, sind jetzt die Politiker, die Menschen ihrer Sorte für so wichtig halten, dass sie auch noch nach dem Tod Steuergeld für sie ausgeben.

Es ist eben zwangsweise geholtes Geld der Bürger und nicht das Geld freiwilliger Spender, das da für diese Dohnal-Birken ausgegeben wird. Gegen Spenden gäbe es ja nichts zu sagen - vielleicht gibt es ja tatsächlich irgendwo Menschen, die Dohnal trotz ihres milliardenschweren Anschlags auf das Pensionssystem für gedenkwürdig halten. Aber es ist eben Steuergeld. Im konkreten Fall wird dies unter dem Vorwand einer Förderung von Frauenprojekten und interdisziplinären Kunstinitiativen ausgegeben (es ist nicht meine Sprache, sondern die von der Politik beim Griff in unsere Tasche verwendete). Das Birkengeld kommt noch dazu über das Budget der Unterrichtsministerin, die hinten und vorne angeblich zu wenig hat, um die Schulen ordentlich auszustatten.

Noch mehr wird aus dem Stadtbudget selber gefördert. Jetzt gibt es – um wieder ein ganz konkretes und anschauliches Beispiel zu nennen – sogar für eigene Abstellplätze von Tretrollern Geld. Maria Vassilakou lässt dafür 43 Euro springen. Pro Tretroller. Solche Sachen kann man nicht erfinden, solche Sachen gibt es nur in Wien.

Man kann bei der Grünen auch sicher sein: Es wird wiederum wie schon bei den kaum benutzten Fahrradbügeln nicht nur finanziell, sondern auch platzmäßig auf Kosten der Allgemeinheit gehen, also auf Kosten der – zahlenden – Parkplatzsucher.

Ein anderes, schon seit Jahrzehnten teures Lieblingsprojekt der Grünen ist das Amerlinghaus. Und da ist der Wahnsinn der Politik gleich um ein paar Nullen teurer. Den Hausbetreibern waren die zugesagten 113.000 Euro nämlich zuwenig. Weshalb die Stadt – zuständig der rote Linksaußen Oxonitsch – noch einmal 132.000 Euro Steuergeld drauflegte. Und die teilweise nicht nachvollziehbare Verwendung bisheriger Fördermittel einfach ignorierte. Man wird doch nicht so pingelig sein, wenn grünrote Vereine Geld wollen und – fürchterlich, fürchterlich! – mit der Einstellung irgendwelcher Aktivitäten drohen, wenn es zuwenig davon gibt.

Längst in die Millionen – auch wenn es nie jemand auf den Cent genau berechnen konnte – gehen die Geldverschwendungen durch die ständigen Namenswechsel bei Behörden und Ministerien. Motiv der Umbenennungen? In den meisten Fällen sind es wohl Berater, die von der Substanz keine Ahnung haben, die dafür umso lieber fremdes Geld ausgeben.

Dutzenderweise gibt es dafür ärgerliche Fälle. Erst in dieser Woche wird um viel Geld aus dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, kurz Bundessozialamt das Sozialministeriumservice. Jetzt hat das Amt einen neuen Namen und Behinderte gibt es nicht mehr (oder hab ich da was falsch verstanden?).

Oder: Warum etwa wurde (schon unter Ursula Plassnik) aus dem BMaA mit weltweiten Kosten das BMEIA? Dabei war das Außenministerium auch schon davor jahrzehntelang für internationale und europäische Angelegenheiten zuständig. In Wirklichkeit haben sogar andere Behörden in den letzten Jahren statt des Außenministeriums immer mehr die Federführung bei EU-Regulierungen übernommen. Man muss Sebastian Kurz ja geradezu dankbar sein, dass ausnahmsweise das Außenministerium nicht schon wieder umgetauft wurde, als er vom „Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten“ zum „Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres“ wurde.

Das BMEIA erregt besonders dann internationale Heiterkeit, wenn es ausgesprochen wird. Noch mehr Anlass für Gelächter sind Namen wie Lebens- und Zukunfts-Ministerien. Sie verraten nicht einmal mehr einen Hauch über ihre Zuständigkeit.

Man könnte noch über Seiten solchen absolut sinnlosen Verschwendungen von Steuergeld nachgehen. Ich weiß schon: Das Budget von Stadt wie Bund lässt sich nicht über die kleinen Beträge sanieren. Das kann mit absoluter Sicherheit nur durch eine echte Pensionsreform geschehen, also eine Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters. Um die sich aber alle drei Großparteien drücken.

Dennoch hat Bruno Kreisky gewusst, was heute völlig in Vergessenheit geraten ist: Menschen verstehen die kleinen Beträge viel besser als die großen. Deswegen haben er und auch etliche seiner Minister es immer wieder versucht und geschafft. Sie eroberten viel leichter mit kleinen Dingen die Schlagzeilen des Boulevards als mit großen. Mit Nass- statt Trockenrasieren; mit Taxis statt Dienstautos; mit der zweiseitigen Verwendung von Papieren; mit der Rückgabe abgespitzter Bleistifte vor der Herausgabe neuer; mit der Zahl der Anzüge seines Intimfeindes Hannes Androsch.

Vieles davon mutet heute zwar lächerlich an. Aber die Menschen konnten den Begriff „Sparsamkeit“ noch buchstabieren. Die jetzige Politikergarde kann es nicht mehr. Sie hat zwar kein Geld für den Bau von U-Bahnen. Sie kann Steuerreformen nur durch neue Steuern und Schulden finanzieren. Sie geht echten Pensionsreformen kilometerweit aus dem Weg. Und pflanzt statt dessen Birken.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

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Das Defizitverfahren und die Wahrheit

03. Juni 2014 00:17 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Zwei Schritte zurücktreten, dann verhallt der Jubel sofort. Österreich und ein halbes Dutzend anderer Länder sind aus dem Defizitverfahren der EU entlassen worden. Nur sehr vordergründig denkende Menschen können darüber ernsthaft jubeln.

Denn die Notenbanken haben wie verrückt und wie noch nie in ihrer Geschichte Geld gedruckt (in der EZB wie auch in der Fed). Ergebnis: Die Staaten müssen fast keine Zinsen mehr zahlen, während die Sparer brutal enteignet werden. Jahr für Jahr noch mehr. Sie sind die einzigen, die den angeblichen Erfolg der Regierungen tragen. Denn Ausgabenreformen finden in Ländern wie Österreich so gut wie keine statt. Oder kennt sie jemand?

Und schon will die Mehrheit der Politik weitere Milliarden ausgeben. Arbeiterkammer und Verbündete wollen die Kalte Progression sogar noch viel steiler machen. Dass damit Leistungsträger und Unternehmer noch mehr demotiviert werden, dass in Wien die Arbeitslosigkeit allmonatlich um zweistellige Prozentsätze steigt, was mit Sicherheit mit dieser Progression zusammenhängt, tut nichts zur Sache. Denn bei den Sparern ist ja noch ein bisschen Geld zu holen.

Ach ja: Die EU wagt zwar immerhin, dringende Reformen im Pensionssystem zu verlangen. Aber dann empfiehlt sie de facto allen Ernstes, im Bildungssystem die Leistungsanforderungen noch weiter zu senken. Na dann. Ein gescheiter Satz der EU-Kommission und sofort folgt eine Riesendummheit.

 

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Was Juan Carlos zum "Abtritt" bewogen hat

02. Juni 2014 11:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der spanische König dankt ab. Juan Carlos und sein überraschender Rücktritt sind zum Unterschied etwa von nordischen Königen deutlich mehr als eine Meldung für die Regenbogenpresse. Sein Rücktritt hat aber auch mehr Motive als seine offiziellen Worte.

Natürlich wird jetzt viel über seine Seitensprünge, seinen Gesundheitszustand, sein Alter und auch die offenbar sehr unguten Geschäfte seine Schwiegersohns die Rede sein. Aber darüber darf sein großes politisches Hauptverdienst nicht in Vergessenheit geraten: Das ist der sensationell gewaltfreie Übergang von der Franco-Zeit zu einer normalen Demokratie. In der sich linke und rechte Parteien friedlich in der Macht abwechseln.

Das ist ein bleibendes Verdienst. Es gab keine Prozessflut. Wenn auch ohne Wahrheitskommission so ist Spanien nach Südafrika ein zweites gutes Beispiel für einen friedlichen Übergang. Solche Prozesslosigkeit entspricht zwar nicht den Vorstellungen von Juristen und Diplomaten, aber beide Länder sind mit diesem friedlichen Übergang sehr gut gefahren. Ohne Aufarbeitung aller Untaten davor. Die etwa Ex-Jugoslawiens Länder offenbar unendlich quält.

Dieses Verdienst von Juan Carlos ist vor dem Hintergrund der Geschichte Spaniens mit seinen vielen wilden Kämpfen zwischen Rechter und Linker besonders zu würdigen. Dass er hinter diesem Verdienst in den letzten Jahren recht intensiv allzuviel süße Früchte konsumiert hat, soll zwar nicht verschwiegen werden, ist aber politisch nicht sehr relevant.

Jedoch: Das heutige Spanien ist nun mit zwei ganz anderen Herausforderungen konfrontiert. Heute steht das Land gleich doppelt auf einer gewaltigen Probe. Einerseits muss es lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Es kann nicht auf Dauer von europäischen Mitteln leben (ob die nun beispielsweise Struktur- oder Kohäsionsfonds heißen). Dadurch wurden viel zu oft Projekte ins Leben gerufen, die sich wirtschaftlich niemals rechnen. Spanien kann nicht die EU als Objekt ewiger Erpressung sehen.

Andererseits ist Spanien mit den Sezessionswünschen vieler Katalanen und Basken konfrontiert. Man weiß zwar noch nicht, ob da wirklich eine klare Mehrheit dahintersteht. Aber die Entwicklungen in Großbritannien färben zweifellos auch auf den einstigen Dauer-Kontrahenten ab. Madrid, die Kastilier scheinen aber ganz im Gegensatz zu London wild entschlossen, auch mit Waffengewalt diesen Wünschen entgegenzutreten. Und das wäre eine absolute Katastrophe. Für ganz Europa.

Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Juan Carlos nicht weiß, wie vor allem auf die zweite Herausforderung zu reagieren ist. Und dass sein Rücktritt (auch) damit zusammenhängt. Wir werden es wohl nie wirklich erfahren. Denn die Vorgänge im Kopf sind (zum Glück) jedermanns Privatsache.

PS: Die britische Königin bleibt übrigens trotz viel höheren Alters, trotz der eventuellen Sezession Schottlands, trotz so mancher Altersgebrechen unbeirrt weiter im Amt. Vielleicht gerade weil diese Sezession, so folgenreich sie auch sein mag, dennoch so friedlich vor sich geht.

 

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Die AUA-Piloten fliegen nach nirgendwo

01. Juni 2014 00:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wenn die letzten Elemente einer österreichischen Luftlinie vom Himmel verschwunden sein werden, dann tragen sie die Hauptschuld daran: die Betriebsräte und die Piloten. Aber natürlich werden sie wieder Gott und der Welt die Schuld zuschieben, nur nicht bei sich selber nach dieser suchen.

Die Herren in ihren noblen Uniformen und mit ihren fast unfassbaren Gagen haben schon in einer ersten Etappe das Eigentum an der Gesellschaft in deutsche Hände getrieben. Und eine halbe Milliarde Euro aus dem Steuertopf zusätzlich. Jetzt setzen diese Piloten die nächste Etappe, getrieben von Gewerkschaft und Betriebsrat.

Sie haben erreicht, dass die deutschen Eigentümer (die ein wenig härter agieren als regierungseigene und sozialpartnerschaftliche Weichmenschen) jetzt alle Investitionen stoppen. Die Milliardendimensionen erreichen würden. Selbst wenn sich am Ende die Juristen an die Seite der Betriebsräte stellen: Beide begreifen nicht, dass die ökonomischen Zusammenhänge ganz unabhängig von ihrem Wollen und ihren Urteilen wirken. Diese Zusammenhänge sind weit wirksamer als alle Kollektivverträge und ähnliches. Niemand mehr wird einer defizitären AUA jedenfalls etwas zuschießen. Da mag man noch so sehr auf gewerkschaftliche Rechte oder auf die Auslegung von EU-Paragraphen pochen.

Das besonders Ärgerliche: Wegen des Egoismus der älteren Piloten wird es für die jüngeren und das übrige Personal wahrscheinlich keine österreichische Fluglinie mehr geben. Oder nur noch einen kleinen Zulieferer nach München und Frankfurt. Der Traum, dass Wien zum großen Hub nach Osten und Nahost wird, ist wohl jetzt schon ausgeträumt. Vielen Dank dafür an Betriebsräte und Gewerkschaft.

Freilich: Es ist zweifelhaft, ob die Luftlinie eines kleinen Landes überhaupt die Chance zum Überleben hat. Schon in vielen europäischen Ländern ist ja anstelle der einstigen Privilegien der fliegenden Menschen die bittere Insolvenz getreten. Nicht einmal das Überleben der Lufthansa als letztem Anker der einstigen europäischen Lufthoheit ist langfristig sicher.

Denn die arabischen Gesellschaften haben an vielen Fronten zum Generalangriff auf Europa angesetzt. Sie sind sowohl in der Luft erfolgreich wie auch beim Erwerb von direktem Eigentum an immer mehr einst europäischen Fluggesellschaften. Finanziert wird der Vorstoß natürlich durch das viele Ölgeld, das an den Tankstellen bezahlt wird. Die Araber investieren es auf Teufel komm raus in vielen Sparten, die sie nun eine nach der anderen erobern. Die Lufthansa in ihrer Abwehrschlacht wird ihr Abwehrgeld da mit Sicherheit nicht für den Privilegienkampf der Betriebsräte investieren. Egal was die hohen Juristen dazu sagen. Die Zeiten des Steuerzahlers als ewigem Financier sind wenigstens in Hinblick auf die Privilegien der Piloten vorbei.

Ähnlich wie die Araber ihre Öleinnahmen heute einsetzen, tun es übrigens auch die Chinesen, die ebenfalls von Afrika bis Europa alles kaufen, was sie nur bekommen. Einziger Unterschied: China hat seine Billionen mit unzähligen Industrieprodukten gemacht, die es weltweit verkauft. Unsere Gewerkschaft aber setzt ihre ganze noch verbliebene Kraft darein, bei den Arbeitsgerichten und beim Pochen auf die unzähligen Privilegien aus Kollektivverträgen erfolgreich zu sein. Ach ja: Auch die noch in Europa vorhandenen Unternehmen will sie besteuern. Und vielleicht ist sie auch damit erfolgreich.

Es ist offenbar von einem Betriebsrat zuviel verlangt, dass er auch hie und da die internationalen Wirtschaftsseiten liest. Es ist zuviel von ihm verlangt, sich zu erkundigen, was wirklich in der Welt los ist.

Um es auf empörte Einwände von Piloten noch direkter zu sagen: Ja, es wäre gut, wenn sie deutlicher weniger verdienen (es wäre ja noch immer ein Vielfaches des Durchschnittseinkommens!), um Firmen unter österreichischer Flagge, um Firmen im europäischen Besitz zu halten. Aber das ist Betriebsräten wurscht. Sie verlieren ja als letzte den Job. Bis sie dann so wie die Malaysische Maschine im Nirgendwo verschwinden . . .

 

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EU-Wahl: Der Unterschied zwischen Vorher und Nachher

30. Mai 2014 01:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Kaum war die EU-Wahl vorbei, wurde schon wieder weiter der Zorn der europäischen Bürger erhöht. Denn es ist - trotz des Ergebnisses - völlig unklar, wer eigentlich EU-Kommissionspräsident wird.

Zwei Tage lang wollten sich die Sozialdemokraten nicht mehr an ihre klare Ankündigung von vor den Wahlen erinnern, dass jedenfalls jener Mann EU-Präsident werden soll, dessen Fraktion als erste durchs Ziel kommt. Diese Sozialdemokraten hatten zwar formaljuristisch recht. Niemand muss. Aber sie begriffen nicht, wie sehr ihr zwischen Vorher und Nachher geändertes Verhalten neuerlich die Glaubwürdigkeit der Politik beschädigt.

Interessanterweise war es ausgerechnet der SPÖ-Chef Werner Faymann, der das unter den Sozialdemokaten als einer der ersten erkannt hat. Und der seine Parteifreunde dazu gebracht hat, jetzt doch als ersten dem Christdemokraten Juncker die Chance zur Mehrheitsbildung zu geben.

Zugleich aber zeigt das Tauziehen zwischen dem Parlament und dem Europäischen Rat, was für eine Absurdität der jetztige EU-Vertrag ist. Denn es ist geradezu unmöglich, zwischen diesem Rat und dem Parlament und 28 Nationen Konsens über einen Kandidaten zu finden. Hier laufen die Interessen total auseinander, hier können in jede Richtung so viele Punkte gemacht werden, dass ein Konsens unmöglich erscheint. Das ist an sich normal: Ist es doch selbst in einem einzigen Land bisweilen extrem schwierig, eine Mehrheit in auch nur einem einzigen Gremium (also in aller Regel im jeweiligen Parlament) zu zimmern.

Um Kommissionspräsident zu werden, findet man im EU-Vertrag eine ganz klare Regelung: Man muss sowohl im Europäischen Rat (der Staats- und Regierungschefs) wie auch im EU-Parlament eine Mehrheit finden. Da steht nichts von Fraktion oder Nummer eins. Dazu kommt die bisherige Praxis als weiteres Problem: Bisher hat es im Europäischen Rat bei Ernennung des Kommissionspräsidenten zumindest nach außen immer einen Konsens gegeben. Dieser scheint nun so gut wie unmöglich.

Die Festlegung von Schwarz und Rot ging jedenfalls weit über die EU-Verfassung hinaus. Sie war von Anfang an deshalb für viele nicht akzeptabel. Etwa Großbritannien ist gar nicht vertreten in der EVP, der christdemokratischen Fraktion.

Dennoch war der Wortlaut der Einigung der beiden Fraktionen sonnenklar: der stärkere Spitzenkandidat der beiden Listen werde jedenfalls EU-Präsident. Das hieß, dass je nach Ausgang der Wahl entweder Martin Schulz oder Jean-Claude Juncker Kommissionschef werden. Es war gerade die Sozialdemokratie, die besonders laut auf diese Einigung pochte. Sie hat diese Festlegung auch ganz massiv als Wählermotivation benutzt, vor allem in Deutschland.

Auch auf Seite der Europäischen Volkspartei war man weitgehend mit den Sozialdemokraten einig. Die etwas weiter blickende Angela Merkel pochte freilich auf die Rechte des Europäischen Rates. Sie sagte von der ersten Stunde an (obwohl ja auch Chefin der CDU), dass dieser Rat nicht durch die Parlaments-Fraktionen verpflichtet werden könne. Merkel wurde aber sofort von den Sozialdemokraten attackiert, weil sie nicht blind das Wahlergebnis der EU-Wahl zu übernehmen bereit war.

Es war jedoch immer schon klar - also schon lange vor den Wahlen -, dass die Bürgerlichen in Schweden, Ungarn, und Großbritannien keinen der beiden Kandidaten wollten. Denn ihnen waren diese Beiden viel zu integrationsfreundlich.

Großbritannien steht ja überhaupt am Rande des Austritts aus der EU. Da helfen auch die zarten Töne des Christdemokraten Juncker nichts, dass man den Briten entgegenkommen müsse. Ungarn wiederum hat seit Jahr und Tag ein besonders Hühnchen ganz speziell mit den luxemburgischen Christdemokraten zu rupfen. Denn die Luxemburger Kommissarin Reding, die von derselben Partei wie Junckers kommt, hat mit massiv überzogenen anti-ungarischen Kommentaren zwar den Jubel der Linken, aber den Hass Ungarns auf sich gezogen. Da fließt nun eher die Donau von Budapest nach Wien, als dass eine Regierung Orban einem Luxemburger zustimmen würde.

Aus diesen Gründen war seit langem klar, dass vor allem Großbritannien und Ungarn niemals den Integrationsfreund Juncker unterstützen werden. Schulz wählen sie natürlich schon gar nicht. Die sozialistische Propaganda (und damit der ORF) stützen sich aber nun ganz auf diese Länder und tun überrascht und empört. Aber natürlich wollen sie primär übertünchen, dass die SP-Fraktion zwei Tage die Wahl von Schulz verlangt hat. Was den Sozialdemokraten viele Europäer empört übel genommen haben.

Auch Juncker selbst hat vor der Wahl diese Festlegung aufs Wahlergebnis voll unterstützt. Insbesondere auch durch seine ausdrückliche Aussage, dass er sich nicht von den Rechtspopulisten wählen lasse. Damit hat er sich ganz in die Hände der Sozialdemokraten begeben. Auch wenn er offen ließ, ob er auch die britische oder ungarische Regierungsmehrheit unter das Vokabel "Rechtspopulisten" einordnete.

Schwarz wie Rot erhofften sich eine Wählermobilisierung, da es nun bei den beiden großen Blöcken erstmals einen europaweiten Spitzenkandidaten gab. Dessen früheres Fehlen war ja angeblich schuld am Desinteresse an den EU-Wahlen. Diese Mobilisierung hat jedoch nur in den Heimatländern der beiden funktioniert. In Deutschland hat die SPD kräftig zugelegt (blieb aber Nummer zwei), in Luxemburg haben die Christdemokraten gewonnen. Europaweit ist aber die Wahlbeteiligung auf ihrem katastrophalen Tiefststand von 43 Prozent geblieben.

Nun hat das Wahlergebnis zwar - entgegen den roten Hoffnungen - einen Sieg der Konservativen erbracht. Aber "Sieg“ ist nur ein sehr relativer Begriff, da ja Schwarze wie Rote wie Linksliberale deutlich weniger Mandate als bisher haben. Das ständige Trommeln von „Gefahr“, von „Schocks“, von „Erschütterung“, von „Antieuropa“, das durch Politiker und Medien europaweit gegen EU-Sekptiker erfolgt ist, hat jedenfalls Schwarz, Rot und Linksliberal keineswegs den erhofften Aufwind gebracht.

Es haben ganz im Gegenteil die EU-kritischen Listen Zulauf gehabt. Ob man diese nun links einordnet (wie in Italien oder Griechenland), oder rechts (wie in Frankreich, Dänemark oder Großbritannien). Nicht zuletzt deswegen sind in vier der fünf genannten Länder die bis hin zum Austritt gehenden EU-feindlichen Parteien sogar die Nummer eins geworden. Was noch vor einem Jahr niemand für denkmöglich angesehen hat.

Erstaunlicherweise hat sich aber auch Juncker nur von Rechts-, nicht von Linkspopulisten distanziert - was auch immer die genau sind. Denn Populismus ist bei allen Parteien zu finden. Vor allem die Wohlfahrts-Illusionen der Sozialdemokratie ist ja Populismus pur. Wählen werden ihn zwar weder die einen noch die anderen. In Wahrheit kann man fast keinen Unterschied zwischen den Argumenten und Forderungen am äußersten linken oder rechten Rand finden. Auch die sozialdemokratische Forderung nach noch mehr Schulden unterscheidet sich überhaupt nicht von der prokommunistischen Linken. Dennoch muss man auch mit dieser Forderung leben.

Die EU-Kritiker sind insgesamt im EU-Parlament freilich noch immer deutlich schwächer als die zwei Großparteien. Aber nur im Parlament, nicht in der Bevölkerung. EU-kritische Wähler wählten freilich nur zum Teil. Noch mehr blieben einfach daheim, da sie glaubten, die EU ginge sie eh nichts an. Oder sie haben auch bei den EU-Kritikern kein wirkliches Rezept gesehen. In vielen anderen Ländern spielten EU-Austrittswünsche freilich überhaupt keine Rolle.

Es wäre jedenfalls nach den vorherigen Festlegungen der Sozialdemokraten eindeutig, dass Juncker der nächste Kommissionspräsident wird. Auch wenn das gegen die Stimmen der Ungarn und Briten erfolgt. Umso erstaunlicher, dass nun ausgerechnet Schulz und etliche andere (vor allem deutsche) Sozialdemokraten zwei Tage lang von ihrer früheren Festlegung nichts mehr wissen wollen. So blöd sind aber die Bürger nicht, dass sie nicht diesen provozierenden Unterschied zwischen vorherigen Festlegungen und nachherigem Verhalten merken würden. Und sich maßlos ärgern. Nur Politikern ist dieser Unterschied offenbar gleichgültig. Erst nach zwei Tagen merkten die Sozialdemokraten, was für einen Fehler sie mit der Forderung nach Schulz begangen haben. Und dann - vorerst - nichts mehr davon sagen, dass dieser Kommisssionspräsident werden solle.

Hätten sich die Sozialdemokraten vorher nicht so festgelegt, dann wäre ihr Verhalten nach der Wahl durchaus normal und demokratisch. Es ist in einer Demokratie ja in der Tat völlig gleichgültig, wessen Liste Nummer eins ist, solange diese Liste keine absolute Mehrheit hat. Es kommt vielmehr nur auf die Mehrheit im Parlament an. Also im konkreten Fall  in dem der EU. Und dort auch auf die Mehrheit im Europäischen Rat (der sich aber eben nicht so festgelegt hat).

Jedes Parlament der Welt ist frei, nicht die Nummer eins zu wählen. Das ist beispielsweise bei den bürgerlichen Parteien in Skandinavien sogar der Normalfall. Sie agieren dort immer auf mehrere Listen aufgeteilt. Sie stellen aber immer den Regierungschef, sobald sie mehr Abgeordnete als die Linke haben. Auch Wolfgang Schüssel wurde 2000 als dritter zum Bundeskanzler (was demokratiepolitisch in Ordnung war, aber ein ebenfalls massiver Verstoß gegen eine vorherige Festlegung).

Nun haben einige Tage lang die Sozialdemokraten überlegt: Sie haben ja im EU-Parlament – vielleicht – die Mehrheit. Trotz des Rechtsrucks in manchen Ländern. Grüne und Kommunisten wählen nämlich fast immer linke Kandidaten und auch die (Links)liberale Fraktion tut das gerne. Während auf der rechten Seite ein viel größeres Chaos herrscht. Und Juncker hat sich durch seine vorherige Festlegung völlig von den Sozialisten abhängig gemacht (so wie es in selbstbeschädigender Weise einst auch die ÖVP unter Busek und Riegler getan hatte, die in der FPÖ keinen denkbaren Partner gesehen haben).

Immerhin hat der österreichische SPÖ-Chef Faymann erkannt, welch wählervertreibendes Verhalten die deutschen und auch etliche der europäischen Sozialdemokratien da nach der Wahl versucht haben. Er hat mit erstaunlicher Klarheit gesagt, dass auch nach den Wahlen zu gelten hat, was vorher gesagt wurde. Und dass daher Juncker zu wählen sei.

Die konservativ-christdemokatische Fraktion hat - hinter den Kulissen - nun ein anderes Modell ins Spiel gebracht. Sie selbst hat die sozialdemokratische Regierungschefin Dänemarks ins Spiel gebracht. Diese hat zwar absolut nichts mit den Wahlen zu tun, stellt aber eine überaus interessante Variante dar: Sie kommt aus Nordeuropa, sodass die Schweden kaum Nein sagen können; sie ist im Gegensatz zu Juncker und Schulz keine Anhängerin einer Intensivierung der Integration, was die Briten versöhnlich stimmt; und sie hat die Ungarn nicht beleidigt. Daher können die drei bei Junckers abseits stehenden Regierungschefs mit ihr viel besser leben. Andererseits ist sie ist eine Sozialdemokratin und eine Frau: Womit auch den SP-Exponenten ein Nein sehr schwer fällt.

PS: Nur noch lachhaft ist der österreichische Landwirtschaftsminister Rupprechter. Zuerst erklärte der Tiroler Ungarn fast den Krieg wegen der sogenannten "Taschenverträge" einiger geheimer Grundstückskäufer. Und jetzt hat er den britischen Premier Cameron frontal attackiert, weil der nicht Juncker will. Rupprechter war total überrascht von Camerons Nein. Merkel und Juncker selbst hingegen hatten Cameron (und Ungarn und Schweden) schon immer als zentrales Problem erkannt. Der Herz-Jesu-Beamte aus Tirol jedoch nicht. Tipp für Rupprechter: Als nächstes sollte er in der Schweiz, Tschechien, der Slowakei und noch ein paar Dutzend anderer Länder einmarschieren, weil die nicht seinen Ratschlägen in Sachen Energiepolitik folgen. Und dann kann er zum Schwulenfest gehen. Das sich als Familienfest tarnt.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Jetzt werden sie wieder weiter regulieren

29. Mai 2014 01:30 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das teilweise überraschende Ergebnis der EU-Wahl wird jetzt an vielen Fronten zu personellem Tauziehen führen. Aber eines wird es sicher nicht: am Siechtum des alten Kontinents etwas ändern. Dieses Siechtum wird, ganz im Gegenteil, nur immer mehr ans Tageslicht kommen. Es ist durch die Phrasen dieses Wahlkampfs in etlichen Ländern wie etwa Österreich bloß ein wenig überdeckt worden.

Europa verliert nicht nur politisch an Bedeutung. Es ist auch wirtschaftlich immer weniger relevant. Es geht bei allen Verlusten der europäischen Sozialdemokratie weit über alle Fraktionsgrenzen hinaus den Weg der Sozialdemokratisierung. Es denkt nur an immer noch mehr Steuern. Es denkt nur an immer noch mehr Regeln. Es ruft nur nach immer noch mehr Protektionismus.

Daran ändert das Ergebnis dieser EU-Wahl gar nichts. Daran ändert weder die in vielen Ländern geringe Wahlteilnahme noch der mancherorts große Erfolg rechter Parteien etwas.

Jeder Österreicher weiß, dass sich die Steuer- wie auch die Schuldenlast massiv vermehrt hat. Dennoch wird nur von immer noch mehr Steuern gesprochen: Finanztransaktionssteuer, Vermögenssteuer, Erbschaftsssteuer. Niemand aber plant eine Reduktion des Höchstsatzes bei der Einkommensteuer. Als Folge wird unweigerlich bei einer Reduktion des Eingangssteuersatzes die Kalte Progression noch viel ärger werden.

Gerade jene Fraktionen, die europaweit die Steuern ähnlicher machen wollen (auch wenn vorerst noch niemand von einer völligen Gleichheit der Steuern spricht), wollen durch die Bank noch mehr Geld vom Steuerzahler. Da muss man sogar mehr als froh sein, dass die EU-Regierungen diesem Parlament (bisher) die Steuerkompetenz verweigern.

Steuerwettbewerb zwischen den EU-Ländern und damit ein Gegengewicht gegen die Gier der Politik nach immer noch höheren Abgaben ist noch aus einem weiten Grund notwendig: Europa muss seine Produkte auf dem Weltmarkt verkaufen. Dort steht es in massivem Wettbewerb mit allen anderen Ländern der Welt. Diese sind über Europas Sozialdemokratisierung, über „Harmonisierungen“ nach oben, über noch mehr Schulden und Steuern sehr froh, weil dadurch ihre eigene Konkurrenzposition verbessert wird.

Noch mehr Freude haben sie, wenn Kommission und EU-Parlament weitere Richtlinien und Verordnungen erlassen, mit denen sie das Leben in EU-Europa noch mehr reglementieren wollen. Diese machen zwar angeblich das Leben besser – sie machen es aber in Wahrheit teurer und komplizierter. Besonders deprimierend ist, dass in der Vergangenheit sogar mehr als heute von Deregulierung und Freiheit die Rede gewesen ist.

Das Verhalten fast aller Fraktionen wie auch der sich im Fernbleiben zeigende Frust vieler Europäer machen die Prophezeiung unschwer: EU-Europa wird noch mehr Arbeitslose haben. Es werden noch mehr Investitionen aus Europa abwandern. Nicht mehr in Europa, sondern ringsum geht die Post ab. In Sachen Wachstum, in Sachen Dynamik. Die Hoffnung ist gering, dass die EU wieder das gibt, was sie einst verkörpert hat: Dynamik, Freiheit und Wettbewerb.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Wien wird grün – oder was?

28. Mai 2014 02:51 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Vor allem innerhalb des Wiener Gürtels haben die Grünen bei der EU-Wahl nach der Reihe die Mehrheit in Bezirken erobert. Lediglich der erste Bezirk bleibt dort einsame ÖVP-Hochburg. Noch eindrucksvoller für den grünen Erfolg ist, dass die Partei in Wien erstmals an zweiter Stelle liegt. Nur noch hinter der SPÖ. Wien wird also grün – oder?

Erstaunlich. Denn gesamteuropäisch haben die Grünen ja verloren. Auf den zweiten Blick ist der Wiener Erfolg freilich weniger erstaunlich.

Da ist einmal der massiv wachsende studentische Anteil (die gerade in den Innenbezirken wohnen). Er wächst rasch – und bei der EU-Wahl dürfen ja auch alle EU-Bürger, also insbesondere die deutschen Numerus-Clausus-Flüchtlinge mitstimmen. Eine ganz klar grüne Anhängerschaft. Ausländische Studenten dürfen jedoch bei sonstigen Gesetzgebungs-Wahlen nicht mitstimmen, was einen Teil des grünen Erfolgs in Wien relativiert.

Zum zweiten waren die Freiheitlichen auch schon bei den letzten EU-Wahlen hinter den Grünen, hingegen bei innerösterreichischen vor diesen. Sie haben alsobei Europawahlen schlechter mobilisieren können - was aber sicher nicht auf österreichische Wahlen hoch gerechnet werden kann.

Profitiert haben die Grünen auch der in Wien noch stärker als im Bundestrend gesunkenen Wahlbeteiligung. Mit Sicherheit sind dabei die der EU positiv gegenüberstehenden Wähler eher wählen gegangen als jene, die von der EU nichts oder ihrer Entwicklung wenig halten. Es ist ja überhaupt nur eine Minderheit der Wiener zur Wahl gegangen.

Und ebenso Tatsache ist, dass die andere Linkspartei, die SPÖ, in Wien verloren hat, während die SPÖ ja bundesweit ein wenig zugelegt hat. Auch wenn da die meisten Richtung Nichtwähler gewandert sind, sind doch mit Sicherheit auch einige bei den Grünen gelandet.

Bei den Roten müssen in Wien jedenfalls alle Alarmglocken läuten. Sie sind in Wien unter 28 Prozent gesunken. Sie liegen damit nur noch wenig besser, als der Bundestrend für die Genossen ist. Zugleich steht die Nachfolgefrage für einen alles andere als gesunden Bürgermeister ungelöst im Raum. Den Wiener Sozialdemokraten laufen die Arbeiter in den Außenbezirken davon. Denn immer mehr der gestandenen Sozialdemokraten wurden gerade in Wien von einem nur noch auf schwul, auf feministisch und auf Immigranten machenden Apparat zur Seite gedrängt. Das verstört immer mehr Arbeiter.

Die Wiener SPÖ ist auch deshalb in einer ernsten Krise, weil sich 69 Jahre ununterbrochener Machtausübung massiv zeigen. Das muss vor allem bei den beweglichen Wählermassen in Städten zu Verfall der Unterstützung führen. Da hat es zu viele Misswirtschaft und Korruption gegeben. Das Spital Nord scheint ja gerade ein neues Beispiel der Misswirtschaft zu werden.

Dabei hat die SPÖ im Roten Wien einst fast immer mit sicherer absoluter, manchmal die zwei Drittel erreichender Mehrheit regiert. Heute ist ihr Anteil in Wien hingegen viel geringer als im – nicht immer rot regierten – Kärnten oder Burgenland, oder jener der Schwarzen in Niederösterreich und Tirol. Die dort ebenfalls seit dem Krieg ein Bundesland als Privateigentum halten, aber eben mit deutlich besserem Erfolg. Und eben ohne Großstadt.

Noch einmal zurück zu den Grünen. Diese haben auch anderswo in den Städten sehr gut abgeschnitten. Während sie auf dem Land nach wie vor wenig merkbar sind. Sie sind eine städtisch-studentische Partei. Besonders bei dieser Wahl. Denn gerade bei den intellektueller und pro-europäisch gesinnten Schichten hat Ulrike Lunacek einen sehr guten Eindruck gemacht. Sie kam bei ihnen weit besser an als etwa der SPÖ-Kandidat Eugen Freund mit seinen alten Phrasen. Daher gebührt – bei aller Relativierung – ganz sicher ein wichtiger Teil des Erfolges ihr.

Jedoch: Wenn es ums Rathaus geht, ist mit einem viel stärkeren Zuwachs gerade der Freiheitlichen zu rechnen. Sie verzichten seit einigen Jahren auf das Bürgertum und sehen sich ganz als Partei der Unterschichten, die sich große Sorgen über die Zuwanderung machen.

Aber auch die Wiener Volkspartei könnte eines Tages wieder aus ihrem Koma erwachen. In das sie ja seit längerem gefallen ist. Nichts ist unmöglich – aber schwierig. Denn derzeit bringt die Partei zwischen Wiener Wirtschaftskammer und den schwarzen Bezirksvorstehern nicht mehr den Fuß auf den Boden.

Die Stadtschwarzen haben einen einzigen Trost: Das sind die enttäuschenden Ergebnisse der Neos. Denen hatte man ursprünglich viel mehr gegeben. Hinter vorgehaltener Hand fürchteten sich ÖVP-ler schon, von den Neos überholt zu werden. Vor dem Hintergrund dieser Befürchtungen haben daher selbst die Wiener Schwarzen einen Restgrund zur Freude.

Auch bei den Neos hat übrigens so wie bei den Grünen die Spitzenkandidatin den Ausschlag gegeben. Dort aber zum Negativen: Während die Grünen eben eine sehr gute Frau für Europa hatten, hatten die Neos eine sehr schwache Kandidatin. Jedoch: Für den Wiener Wahlkampf zeichnet sich bei den um ähnliche Wählerschichten wetteifenden Parteien eine Umkehrung des Kräfteverhältnisses ab. Bei der Wiener Wahl scheint die Neos-Kandidatin der grünen weit überlegen. Was noch sehr spannend wird.

Wien ist also nicht wirklich grüner geworden.

 

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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Wahltag – Zahltag! Ein erhebendes Gefühl, kein Sozialist zu sein

27. Mai 2014 22:20 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Viel schlimmer hätte es für die vielen von Internationalsozialisten wimmelnden Parteien bei den Wahlen zum Europaparlament nicht kommen können. Die – trotz flehentlicher Bitten, doch unbedingt zur Wahl zu gehen – historisch niedrigste Wahlbeteiligung ist allein schon schmerzhaft. Schwerer wiegt indes, dass trotz einer am Rande der Desinformation entlang schrammenden massenmedialen Dauerberieselung, die dem vermeintlich ebenso ahnungslosen wie blödsinnigen Stimmvieh die Segnungen der Brüsseler Zentralbürokratie hätte schmackhaft machen sollen, die routinemäßig negativ dargestellten „EU-Skeptiker“ – besonders in Frankreich, Großbritannien und Italien – beachtliche Erfolge verbuchen konnten.

Anstatt aber auf die von den „EU-Skeptikern“ repräsentierten Sorgen und Einwände der Wähler einzugehen, wurden von den EU-Propagandisten nichts als Totschlagargumente und persönliche Diffamierungen gegen ihre Gegner ins Feld geführt. Das Publikum merkte die Absicht und war verstimmt.

Dabei hatte man sich doch größte Mühe gegeben! Im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda hätte man seine helle Freude an der den Wahlen vorangegangenen, perfekt gleichgeschalteten „Berichterstattung“ gehabt. In alle möglichen Sende- und Printformate gepackt, wurde wochenlang unablässig für die großartigen Errungenschaften des europiden Zentralstaatsmonstrums geworben und konsequent jede regionale oder nationale Eigenart und Extratour verdammt. Für EU-kritische Stimmen war im Meinungshauptstrom so gut wie kein Platz.

Gegner der Zentralbürokratie und aller damit naturgemäß verbundenen Auswüchse wurden, sofern sie überhaupt genannt wurden, als unverantwortliche Quertreiber, seltsame Narren, reaktionäre Finsterlinge, radikale Rechte und/oder Feinde Europas und des Friedens daselbst vorgeführt. Ohne sich ernsthaft mit ihren Programmen auseinanderzusetzen, wurde fortgesetzt vor einem Wahlerfolg sinistrer Rechtspopulisten und Rassisten gewarnt. Der guten Ordnung halber sei allerdings eingeräumt, dass einige der „Euroskeptiker“, wie beispielsweise der italienische Komiker und Brutalrhetoriker Beppe Grillo, tatsächlich recht fragwürdige Argumente für ihre Kampagnen bemühten. Gelegentlich wird eben auch aus den falschen Gründen ungewollt das Richtige getan…

Purer Unfug, wie Glühlampen- Klospülungs- Duschkopf- und Staubsaugerverordnungen haben bei dieser Denkzettelwahl wohl eine Rolle gespielt. Mit Sicherheit schwerer wiegt aber der Fehler der EU-Granden, von Brüssel aus allen Europäern – von Lissabon bis Tallinn – dieselben Steuer- Sozial- und Landwirtschaftsgesetze (u. v .a. m.) oktroyieren zu wollen. Weshalb sollte für Malta gut sein, was für Finnland gut ist – und umgekehrt?

Wie vermessen ist es, den mit einer viele Jahrhunderte lang währenden Türkenherrschaft geschlagenen und dadurch nachhaltig geschädigten Balkan mit dem traditionell sauberen und unkorrupten Skandinavien über einen Kamm zu scheren? Arbeitswütige Teutonen und freizeitorientierte Phäaken denselben Regeln zu unterwerfen? Sparer auszuplündern, um Schuldenmacher zu begünstigen? Wer das unternimmt, löst erbitterte Widerstände aus und sät ohne jede Not Zwietracht zwischen den Nationen. Denn die Identität Europas war und ist von Vielfalt geprägt und verträgt keine zwangsbewährte Gleichschaltung.

Die Unterschiedlichkeit und der Wettbewerb seiner Völker und Kulturen macht seine Stärke und Einzigartigkeit aus. Die Totengräber eines friedlichen und gedeihlichen Zusammenlebens in der Alten Welt sind daher nicht die föderalistisch denkenden „EU-Skeptiker“, sondern die im Machtrausch befindlichen Zentralisten, die den Kontinent nach dem (abschreckenden) Vorbild der USA in einen Bundesstaat transformieren wollen. Das indes kommt der abgehobenen Nomenklatura und ihren willfährigen Herolden nicht einmal ansatzweise in den Sinn.

Die EU war und ist eine Kopfgeburt der politischen Eliten – ohne jede „Erdung“. Um einen offenen Dialog, um einen fairen Kampf der Ideen, war und ist es ihren Protagonisten bis heute nicht zu tun. Ihnen geht es ausschließlich um Machtausweitung und die lückenlose Überwachung ihrer Untertanen. Denken und Handeln der rezenten Eliten sind bestimmt durch ein Amalgam aus Sendungsbewusstsein, Anmaßung, Machbarkeitswahn und der besonders gefährlichen Überzeugung, dass der Zweck jedes Mittel heiligt.

Eines dieser Mittel ist Propaganda. Das Internetlexikon Wikipedia: „Propaganda bezeichnet einen absichtlichen und systematischen Versuch, Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und Verhalten zum Zwecke der Erzeugung einer vom Propagandisten erwünschten Reaktion zu steuern.“ Die Damen und Herren in den Staatskanzleien, im Berlaymont, sowie deren große Mehrheit im Europaparlament, haben in den Wochen vor der Wahl hemmungslos EU-freundliche Propaganda betrieben. Nie zuvor lag zwischen der öffentlichen und der veröffentlichten amtlichen Meinung ein breiterer Graben. Für ihre beispiellose Arroganz wurde den politischen Führern – besonders in einigen der größten Staaten der Union – nun die Rechnung präsentiert.

Kaum ein Mensch, der mit ehrlicher Arbeit sein Brot verdient, verspürt den Wunsch, sich politisch zu betätigen. Denn ohne Lug und Trug ist ein Erfolg bei einer „demokratisch legitimierten“ Wahl undenkbar – jedenfalls nicht oberhalb der Ebene kleiner Gemeinden, in der jeder jeden kennt. Nur gewissenlose Individuen schaffen es daher, sich im demokratischen „Wetterwerb der Gauner“ (© Hans-Hermann Hoppe) durchzusetzen. Je weiter weg von der Basis umso eher.

Rechtschaffene Menschen aber möchten in den Spiegel blicken können, ohne sich dabei zu ekeln. Sie sind keine professionellen Lügner und Betrüger. Sie wollen auch keine sein. Der „Markt der Politik“ wird folglich von einer rigorosen Auslese zweifelhafter Individuen beherrscht. Kaum ein produktiv in der Privatwirtschaft Tätiger, gleich ob angestellt oder selbständig, kann sich den Luxus leisten, seinen Job oder seinen Betrieb aufzugeben, um politisch zu „arbeiten“. Nach Beendigung seines Mandats stünde er nämlich vor dem Nichts.

Und so haben die wenigsten der durch das aktuelle Wahlergebnis blamierten Politiker je einen Tag mit Arbeit zugebracht, die von freien Menschen auf einem freien Markt nachgefragt und freiwillig bezahlt wird. Fast alle von ihnen leben, in ihrer Eigenschaft als unkündbare, freigestellte Beamte oder als Funktionäre von Interessenvertretungen, in einer märchenhaft privilegierten Parallelwelt. Bezahlt aus Steuermitteln und Zwangsabgaben. Im Klartext: mit gestohlenem und erpresstem Geld.

Eine auf Vertragsfreiheit und der Entscheidung unabhängiger, mündiger Bürger basierende Gesellschaft ist ihnen suspekt, ja zuwider. Daraus erklärt sich ihr unbändiger Wille, alles und jedes bis ins kleinste Detail zu regeln, zu kontrollieren und zu überwachen. Je weiter weg vom Wähler, desto eher. Der von der Nomenklatura gering geschätzte, als unmündig angesehene Untertan ist aus ihrer Sicht nicht nur vor sämtlichen Fährnissen des Lebens, sondern ganz besonders vor sich selbst und den Folgen seiner stets fehlerhaften Handlungen zu beschützen. Nur sie – die Angehörigen der nationalen und internationalen Politbüros – meinen zu wissen, was für jeden einzelnen gut und richtig ist.

Ludwig Mises brachte dieses Phänomen auf den Punkt: „Wer den Menschen nicht dienen will, der will sie beherrschen.“ Die vorgebliche Sorge um das Wohl der Bürger bedeutet eben am Ende die totale Macht für die Obertanen. Deren Credo lautet: Nur wenn alle sich ihrem unermesslichen Ratschluss widerspruchslos fügen, wird alles gut. Deshalb ist ihnen auch jedes Mittel recht, hemmungslos die Bürger zu manipulieren. Jean-Claude Juncker wusste genau wovon er sprach, als er sagte: „Wenn es hart auf hart kommt, musst Du lügen“.

Die Rechnung der europiden Zentralisten ist indes nicht aufgegangen. Eine deutlich gewachsene Zahl von Bürgern konnte sich weder mit der allen Linken eigenen Begeisterung für die Zentralbürokratie noch mit deren Anmaßung abfinden, jedermann ihren Lebensentwurf aufzwingen zu wollen.

Dass viele Oppositionelle über kein konsistentes Programm verfügen, sondern sich damit begnügen, Sand ins Getriebe der Union zu streuen, ist kein Malheur. Dynamik aus dem Prozess der bereits viel zu weit getriebenen Integration zu nehmen, ist schon ein Erfolg. Dadurch könnte es immerhin gelingen – so viel Optimismus sei erlaubt – jenen Blick fürs „rechte Maß“ wieder zu gewinnen, der zuletzt im Furor der Gleichmacherei verloren gegangen ist. Die versuchte Gehirnwäsche ist, das Wahlergebnis beweist es überdeutlich, nicht gelungen. Viele Bürger ziehen – zum Verdruss der machtlüsternen Zentralisten – die Vielfalt der Einfalt vor: Lieber 1.000 Liechtensteins, als ein europides Imperium!

Bleibt zu hoffen, dass die vom Ergebnis dieser Wahl ausgehende Botschaft bei den im Machtrausch befindlichen Eliten angekommen ist. Zwar sucht man „Rechte“, also freisinnig-liberale Politiker und Parteien in Europa derzeit weitgehend vergebens. Das muss aber nicht so bleiben. Der allmächtige Leviathan hat jedenfalls schon bessere Zeiten gesehen. Der Erfolg der UKIP könnte den Austritt Großbritanniens aus der EU nach sich ziehen und damit das Ende des kollektiven Größenwahns einläuten. Die Parallele mit der einstigen Abspaltung der baltischen Staaten von der UdSSR und deren Konsequenz wäre unübersehbar. Für Nichtsozialisten, Föderalisten, Libertäre und Anhänger des Subsidiaritätsgedankens ist der 25. Mai 2014 ein guter Tag!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Der Hilferuf

26. Mai 2014 01:06 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt haben sie alle große Angst: In einigen EU-Ländern sind die Rechtspopulisten stärkste Kraft geworden. Zwar sind sie von einer gesamteuropäischen Mehrheit weit entfernt. Aber dass sie etwa in Frankreich, das sich ja gerne als Erfinder Europas gibt, mit hoher Mehrheit zur Nummer eins geworden sind, macht viele Europäer bange. Und sie können es nicht fassen, dass dort die Sozialisten (die ja in Paris regieren) nur noch blamable 15 Prozent haben.

Aber wieder reagieren Europas Regierende völlig falsch. Sie versuchen es mit noch verstärkter Denunziation der Rechtsparteien, mit neuem Moralisieren, statt die Wahl dieser Parteiungen endlich als Weckruf an Europa verstehen.

Keine Frage: Wenn Gruppierungen zu Gewalt gegen wen auch immer aufrufen, wie es die ungarische Jobbik oder die griechische Morgenröte tun, dann ist die Polizei, dann sind die Gerichte mit aller Konsequenz gefragt. Aber jenseits dieser Gewaltaufrufe ist der Wahlausgang ein Hilferuf der Europäer. Ob man den Populisten nun ein rechtes Pickerl umhängt oder ein linkes (wie etwa der italienischen Grillo-Gruppierung).

Die Wahl von Protestparteien ist noch viel stärker ein Hilferuf als die Nicht-Teilnahme an den EU-Wahlen. Die Nichtteilnahme ist zwar zahlenmäßig noch viel bedeutsamer, wird aber  traditionell nicht beachtet. Wenn man sich allen Ernstes europaoffiziell über eine 43-prozentige Wahlbeteiligung freut, dann zeigt das jedenfalls, dass man die Nichtteilnahme an der Wahl völlig ignoriert.

Aber auch die 43 Prozent werden ignoriert, wenn sie "falsch" wählen. Dabei rufen viele von Ihnen eigentlich um Hilfe. Aber niemand hört sie. Oder sie werden gar denunziert.

Sie rufen um Hilfe gegen eine ständig zunehmende Migration aus Afrika und Asien. Sie rufen um Hilfe angesichts einer wachsenden Arbeitslosigkeit. Um Hilfe angesichts einer Kommission und eines Parlaments, die ständig noch mehr regulieren wollen. Sie sind desorientiert angesichts einer Politik, die viel zu viel verspricht und eiskalt ständig ihre Versprechen bricht.

Die drei alten Lager verlieren zwar bei fast jeder Wahl. Aber sie bilden noch immer die Mehrheit im Parlament. Und entscheiden damit den nächsten Kommissionspräsident. Und vor allem über eine Fortsetzung der bisherigen Politik. Genau aber in dieser liegen fast sämtliche Wurzeln der Probleme, vor denen Europa heute steht.

Europa hat immer wieder Verträge gebrochen, sich über geltendes Recht hinweggesetzt. Aber gleichzeitig den einfachen Europäer mit immer mehr Regulierungen schikaniert.

Wohl der einzige Ausweg aus diesem Dilemma ist die Wiedererweckung des Begriffs „Eigenverantwortung“. Wenn Menschen, Firmen, Banken, Staaten nicht wieder selber verantwortlich werden für das, was sie tun, für ihren Erfolg oder Misserfolg, dann wird Europas Krankheit nur immer noch schlimmer werden.

Natürlich bietet ein Anti-EU keine Lösungsmöglichkeit: Die Welt wäre wahnsinnig einfach, wenn sie recht hätten. Wenn immer jemand anderer verantwortlich ist. Der Staat, die Union, das System. Nur kann das nie funktionieren. Ob Europa aber das Umdenken Richtung mehr Eigenverantwortung schafft, ist freilich sehr zweifelhaft. Denn fast keine der Parteien bietet da einen echten Ausweg. Ihre Wahl zeigt nur den Frust, die wachsende Unsicherheit, den Ärger der Menschen. Sie bietet aber noch kein Rezept.

Wenn sich die EU nicht wirklich wandelt – und dafür gibt es extrem wenig Zeichen – dann wird halt die nächste Stufe der Austritt Großbritanniens aus der EU sein. Die Gefahr ist groß, dass auch das von den Zentralisten nur mit einem Schulterzucken beantwortet wird.

Furcht vor einem Zerfall der EU? Ja Furcht. Denn ein Zerfall der EU wäre eine Katastrophe. Der Freihandel hat uns alle viel wohlhabender gemacht. Und der Binnenmarkt ist eine große Errungenschaft. Aber alles andere an der EU-Politik der letzten Jahre ist schädlich, ist Rhetorik. Die EU – in letzter Verzweiflung gerne als Friedenswerk tituliert – hatte der russischen Okkupation eines Teils der Ukraine absolut nichts entgegenzusetzen. Die EU ist weder militärisch noch politisch relevant. Aber unglaublich aktiv, ständig noch mehr zu regulieren. Seit die Umweltminister Europa zur Vorzugsschülerrolle bei den sogenannten Kyoto-Kriterien gezwungen haben, reguliert die Kommission Europa zu Tode. Und sie hat immer die wunderbare Ausrede: Weil man das ja für einen guten Zweck tun würde, für Kyoto.

Am schlimmsten sind die vertragswidrig eingeräumten Haftungen und Kredite, die Überflutung Europas mit gedruckten Geldscheinen durch die EZB. Und die Rettung von allem und jedem.

Natürlich haben reine Protestparteien da keine Lösung für all diese Probleme. Lediglich die „Alternative für Deutschland“ hat das in guten Ansätzen. Sie hat zwar am Wahltag einen Erfolg erzielt. Aber das Umdenken der Machthaber selbst ist noch weit.

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EU-Wahl: Viele Verlierer, wenige Gewinner

25. Mai 2014 17:01 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das Ergebnis der österreichischen EU-Wahl kennt viele Verlierer, aber kaum Gewinner. Verlierer sind die Meinungsforscher, die ein Kopf-an-Kopf um Platz eins und vier prophezeit haben. Verlierer sind die Neos, die – trotz des Fehlens des Teams Stronach – nur auf acht Prozent kamen und weit weg vom vierten Platz liegen. Verlierer sind die Freiheitlichen, die wegen schwerer Eigenfehler weit weg vom behaupteten Mitspielen um Platz eins sind: Sie haben zwar dazugewonnen, liegen aber voraussichtlich bei oder unter 20 Prozent. Verloren haben erwartungsgemäß die vier Kleinparteien, die allesamt unbedeutend blieben (auch wenn die Austrittspartei dort einen Achtungserfolg erzielt hat). Der größte Verlierer aber ist das EU-Parlament: Auch wenn die genaue Beteiligung erst Montagabend feststehen wird, so ist doch jetzt schon klar, dass neuerlich weniger als beim letzten Mal zu den Wahlen gegangen sind, obwohl schon beim letzten Mal weitaus die Mehrheit daheim geblieben ist.

Der neuerliche Rückgang der Beteiligung in den meisten Ländern außer Deutschland (wo die Sozialdemokraten erstmals einen Deutschen als europaweiten Spitzenkandidaten hatten, weshalb sie ganz gut mobilisieren konnten, und wo die bürgerliche Rechte mit der "Alternative" eine neue, stark genutzte Möglichkeit auf ihrer Seite hatten) ändert aber nichts an den Kompetenzen des EU-Parlaments. Diese sind groß. Auch wenn die Europäer mit der Entwicklung dieser EU immer weniger anfangen.

Zu viele katastrophale Fehler sind da begangen worden. Zu oft hat Europa die eigenen Verpflichtungen und Festlegungen gebrochen. In Österreich, aber auch in vielen anderen Ländern ist ein Wahlkampf voller Phrasen und Nebensächlichkeiten gelaufen. Es gab kein einziges Thema, das wirklich emotionalisiert hätte. Ein Wahlkampf mit Spitzenkandidaten wie Karas, Freund, Vilimsky, Mlinar oder Stadler kann nicht die Menschen begeistern.

Zu den Gewinnern zählen sich aber dennoch fast alle. Die ÖVP, weil sie trotz schwerer Stimmverluste ganz eindeutig auf Platz eins geblieben ist. Die Freiheitlichen und die Grünen, weil sie deutlich dazugewonnen haben – und die Verluste beim letzten Mal elegant verschweigen. Vor allem die Freiheitlichen müssen verschweigen, dass sie schon (bei Nationalratswahlen wie auch bei Umfragen vor der EU-Wahl) den 30 Prozent näher waren als den 20 Prozent, die sie jetzt knapp verfehlen dürften. Sie haben im letzten Moment unter Druck von außen ihren eigenwilligen, aber in allen Diskussionen sehr versierten Kandidat Mölzer ausgewechselt. Sie haben sich ganz auf die Seite Russlands gestellt. Und sie hatten keinerlei internationales Konzept. Gerade das Nichtmehrantreten des – von der Krone unterstützten! – EU-Skeptikers Martin und das De-facto-Ende des BZÖ hätten sich bei den Freiheitlichen ganz anders zeigen müssen. Die Stimmen jener Gruppierungen, die einst Aufmerksamkeit errungen haben, jetzt aber nicht mehr relevant oder überhaupt angetreten sind, teilen sich aber auf Freiheitliche, Grüne und Neos auf.

Die Neos sind wohl nicht so schwach, wie jetzt ihre Spitzenkandidatin war. Aber man muss schon festhalten: Es ist nicht nur Frau Mlinar, sondern auch Parteichef Strolz: Der rhetorisch-inhaltsleere Schwung von Seminar-Rhetorikern hält halt nur eine Zeit, dann würde man sich doch Klarheit erwarten, wofür diese Partei eigentlich steht. Und diese Klarheit gibt es bei den Neos heute weniger denn je seit ihrer Gründung.

Amüsant sind die Sozialdemokraten: Denn beim letzten Mal haben sie das schwache Ergebnis mit dem Antreten des einst unter SPÖ-Flagge gesegelten Hans-Peter Martin begründet. Nun aber haben ihre Propagandisten die Stimmenprozente Martins (der ja nicht mehr kandidiert hatte) rhetorisch komplett den Freiheitlichen zugeschlagen, damit Ihre Stagnation auf niedrigem Niveau nicht so auffällt. Man wendet halt die Argumente, wie man sie braucht.

Fast alle Politiker wundern sich, dass immer mehr Wähler daheim bleiben. Denn unbestreitbare Tatsache ist: Vor allem die EU-Kritiker sind daheim geblieben. Sie fanden entweder keine Partei, kannten sich nicht aus oder wollten der EU als Ganzes ihre Ablehnung zeigen. Damit konnten jene zwei Kandidaten, die sich im EU-Parlament auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit eindeutig besser als die anderen auskennen, gute Ergebnisse erzielen: Das waren vor allem die Grünen mit Ulrike Lunacek, die zwar ein komplett linkes Programm vertritt, die sich aber zweifellos in den letzten Jahren in Europa exzellent eingearbeitet hat und die bei allem Diskussionen ihren Standpunkt sehr gut vertreten hat.

Und das war auf der anderen Seite Othmar Karas, der im EU-Parlament einen guten Namen hat. Diese beiden waren weit besser als die Skeptiker imstande zu vermitteln, dass sie wussten, welche Kompetenzen das EU-Parlament hat. Sie konnten also diejenigen, die überhaupt wählten, am besten mobilisieren.

Aber nochmals: Beide haben nur dadurch das vermeintliche Kopf-an-Kopf-Rennen (das Medien und Meinungsforscher prophezeit hatten) für sich entscheiden können, weil es vor allem auf bürgerlicher Seite keine brauchbare Alternative gab, weil Prozentsätze ja immer nur von den gültigen Stimmen berechnet worden sind. Während – auch – ihre Anteile bei der Gesamtzahl der Wahlberechtigten erschreckend niedrig sind.

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Der Wahltag ist mehr denn je ein Qualtag

23. Mai 2014 00:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Otto Schulmeister, mein erster Chefredakteur, hat einmal bevorstehenden Nationalrats-Wahlen so kommentiert: „Da muss ich in der Früh zwei Whisky trinken, um dann halt die ÖVP zu wählen.“ Er hatte es noch leicht. Denn vor der nun bevorstehenden Entscheidung übers EU-Parlament würde ich sogar schon vier Whisky brauchen (wenn mir nicht vor scharfen Sachen, vor allem am Morgen, grauste). Und weiß doch nicht, wo ich mein Kreuz machen werde. Die Bilanz vor der Wahl.

Nächstes Element meiner persönlichen Annäherung an diesen Wahltag war eine Umfrage unter Freunden. Als Antwort auf die Frage, was sie wählen werden, wurden immer nur zwei Parteien genannt: ÖVP und FPÖ. Andere Gruppierungen wurden nie erwähnt. Auch unter sehr katholischen Wählern wurde etwa nie die Stadler-Gruppe (Rekos) genannt. Wer zur Wahl geht – und das kündigten unisono alle Befragten an –, der will seine Stimme nicht an chancenlose Gruppierungen vergeuden. Auch hat Stadler durch seine Schärfe und durch seine häufigen Parteiwechsel nicht gerade Sympathien gesammelt.

Es wird auch meine Wahlentscheidung letztlich zwischen FPÖ und ÖVP fallen. Sie wird  bei aller Unsicherheit, bei aller Schwäche der Kandidaten gültig fallen. Denn weit vor allen Parteientscheidungen stehen andere Grundsätze, die es immer wieder zu betonen gilt.

Wenn man den Bürgern schon keine direkte Demokratie erlaubt

Vor allem ist das der Bürger in mir, der wenigstens jene wenigen Entscheidungsmöglichkeiten  nutzen will, die uns die Mächtigen lassen. Jede Schweizer Abstimmung macht mich da im übrigen noch sicherer: Voten der Bürger sind – schon wegen des langen Vorlaufs – besser durchdacht, besser vorbereitet als Voten in unserem Parlament. Ein solches gibt es natürlich auch in der Schweiz; nur kann dort eben das Parlament vom Bürger überstimmt werden, was die Mächtigen hierzulande und in vielen anderen Ländern nicht zulassen. Wohlweislich.

In Österreich wird hingegen von den „Experten“ sicherheitshalber gleich die nächste Entmündigung der Bürger vorbereitet, falls es doch pro forma zu etwas mehr direkter Demokratie kommen sollte. Sowohl die Juristen wie auch die EU wären wichtiger als die Bürger, wird jetzt überall betont. Während für ein EU-Mitglied tatsächlich das EU-Recht (freilich nicht bloße Entschließungen des EU-Parlaments!) vorgeht, ist die Strategie der Juristen in Wahrheit durch nichts gedeckt. Sie definieren nämlich extrem geschickt immer mehr Rechtsbereiche als angebliche Grundrechte (vor allem durch die Gleichwertigkeit der „sozialen“ Grundrechte). Die Interpretation dieser Grundrechte steht raffinierterweise nur Juristen und nicht dem Volk zu. Für das dann – wieder total zum Unterschied von der Schweiz – kaum mehr etwas zu entscheiden bliebe.

In Summe bleibt damit also selbst dann das Ergebnis sehr karg, wenn irgendwann doch mehr direkte Demokratie zugelassen werden sollte (woran ich ohnedies nicht mehr glaube: Sebastian Kurz bastelt nach meinem Eindruck nur noch an seiner Karriere, nicht mehr an der direkten Demokratie).

Wer nicht hingeht, wird zum Nullum

Um dieser politisch-medial-juristischen Klasse mit meinen bescheidenen Mitteln entgegenzutreten, werde ich am Sonntag daher sicher hingehen, gültig wählen und eine Partei diesseits der Wahrnehmungsgrenze wählen. Denn Enthaltungen in dieser oder jener Form sind völlig wirkungslos. Zwar wird eineinhalb Tage über die niedrige Wahlbeteiligung gejammert werden (die es ja jetzt schon nach dem ersten Wahltag in anderen EU-Ländern gibt). Diese Beteiligung wird dann aber für nächsten Jahre wieder völlig vergessen sein. Dann wird nur die Mehrheit im EU-Parlament relevant sein. Und immer neue Regulierungen beschließen und immer neue Ausgaben verlangen.

Natürlich mache ich mir keine Illusionen. Ich habe ja nur eine von rund vier Millionen Stimmen. Ich bin zu alt, um nicht zu wissen: Es wird nie die Partei geben, die in allem und jedem meine Meinung hätte. Wer das glaubt, glaubt auch den Weihnachtsmann, den Osterhasen und den Pfingstochsen. Aber die Suche gilt eben der Partei, dem Kandidaten mit dem größten Näherungswert.

Ich werde am Sonntag meine Stimme also entweder der ÖVP oder der FPÖ geben. In einem sind sich ja die zwei sehr ähnlich: Sie haben sich relativ geschlossen, wenn auch oft in Minderheit, gesellschaftspolitisch den Linken (Rote, Grüne und Linksliberale) entgegengestellt. Diese haben die EU in letzter Zeit massiv benutzt, um dort linke Gesellschaftspolitik zu machen, obwohl Gesellschaftspolitik eigentlich gar nicht in die Kompetenz der EU fällt. Sie haben entdeckt, dass ihnen dies dennoch in Kommission und Parlament viel leichter gelingt als daheim.

Man erinnere sich etwa der von den drei genannten Gruppierungen im EU-Parlament mit Mehrheit(!) verlangten Bestrafung jedes, der sich gegen Werbung für die Homosexualität (etwa in Schulbüchern), gegen Gratiswitwerrenten oder gegen die Adoption durch Homosexuelle wendet. Man denke an die in der Kommission (unter besonders heftigem Mittun des Wiener Sozialministeriums, das in der Regierung mit solchen Forderungen nicht durchdrang) geplante De-Facto-Pflicht, seine Wohnung vorrangig an Schwule oder islamische Fundamentalisten zu vermieten, Arbeitsplätze an diese zu vergeben, auch wenn man diese nicht haben will. Als ob solche Regulierungen auch nur im entferntesten Aufgabe der EU wären.

Die illiberalen Neos

Hier zeigt sich auch das Illiberale an den Linksliberalen: Wenn es um Gesellschaftsveränderung, um Schwule, um den Kampf gegen das Christentum, um Zuwanderer geht, vergessen sie all ihre angebliche Liberalität. Sie wollen so wie Rot und Grün massiv Regulierungen des Verhaltens jedes Einzelnen und seine Bestrafung durchsetzen, sobald er nicht ihrer Meinung ist. Jeder Ahnherr der Liberalen dreht sich zwar darob im Grab um. Aber die Medien behaupten, das wäre liberal.

Es war ein Wahlkampf zum Abgewöhnen. Kein einziger der Kandidaten hat auch nur ein einziges echtes Problem mit konkreten Antworten vor den Wählern aufbereitet, das in der EU zur Entscheidung stünde. Eugen Freund gab überhaupt nur linke Stehsätze von sich. Und Schwarz-Grün gaben nur als Antwort, dass man noch mehr Zentralismus wolle.

Niemand diskutierte hierzulande seriös die Haftungen für die Schuldnerländer. Niemand diskutierte seriös über Lunacek- oder Estrela-Bericht. Niemand diskutierte seriös über die EU-Landwirtschaftspolitik. Niemand diskutierte über die Förderung für fast alles und jedes. Niemand diskutierte seriös über die drohenden Finanztransaktionssteuer (die de facto alle Bürger zahlen werden müssen!). Niemand diskutierte, warum die EU die eigenen Gesetze bricht (Mastricht-Kriterien, No-Bailout).

Aktuellstes Beispiel ist die sich durch alle Parteien ziehende Unkenntnis über das Abkommen mit Nordamerika. Statt den Nutzen des Freihandels zu begründen (Merkel und Cameron haben es wenigstens versucht), wurde über das Abkommen nur mit Phrasen geredet. Mit „Transparenz muss her!“ oder mit dem Gerede vom Chlorhuhn. Diese Chlorhuhn-Angst erinnert mich lebhaft an die 1994 von Jörg Haider verbreitete Furcht vor EU-Schildläusen oder an die Angst vor angeblich geschmacklosen niederländischen Paradeisern, welche die damals total Anti-Brüssel gestimmten Grünen verbreiteten.

Gerade die Gegner einer zu weit gehenden Integration und Überregulierung müssten massiv für solche Freihandelsabkommen sein. Denn möglich globaler Freihandel ist die einzige Alternative  (außer man will die Bürger durch Rückkehr zu den Grenzen in bittere Armut stoßen). Freihandel ist auch die einzige Möglichkeit, die dringend nötigen Arbeitsplätze zu schaffen. Denn die linken (und bisweilen auch rechts nachgeplapperten) Rezepte von noch mehr Schulden oder Wiedereinfuhr von Zöllen haben ja längst alle Wirksamkeit verloren. Wenn sie die je hatte.

Der Spitzenkandidat der ÖVP

Ausgerechnet in dieser Situation hat die ÖVP einen Mann an die Spitze gestellt, der ein vehementer Vorkämpfer von immer noch mehr Ausgaben, von immer noch mehr Rechten des EU-Parlaments ist. Dabei hat dieses Parlament als angebliche Volksvertretung zahllose unnötige Regulierungen abgesegnet.

Es mag zwar sein, dass in Brüssel (und Straßburg) im Laufe der Jahre fast jeder von der unbezwinglichen Lust, von Allmachtsphantasien befallen wird, für eine halbe Milliarde Menschen bis hin zum Duschkopf und Stromverbrauch alles zu regulieren. Aber dass dieser VP-Spitzenkandidat selbst im Wahlkampf keinerlei Selbstkritik geübt hat, erstaunt doch ziemlich. Er forderte nur ständig noch mehr Recht für dieses Parlament.

Er war zwar verärgert, als er im Laufe des Wahlkampfs entdeckt hat, dass die Wähler anders denken als er. Er dachte offensichtlich wirklich, dass die einstigen Anti-Strasser-Stimmen Pro-Karas Begeisterte gewesen wären. Aber Karas änderte seine Haltung nicht (was fast schon wieder Respekt abnötigte), er forderte vielmehr als – ewig gleiche – Konsequenz, dass man noch mehr Rechte dem Parlament geben und noch mehr EU-Propaganda machen müsse. Pardon: noch besser aufklären müsse. Bei der ORF-Diskussion am Donnerstagabend hatte man ja überhaupt den Eindruck, dass der Mann eigentlich bei den Grünen am besten aufgehoben wäre.

Der Amerikahass der FPÖ

Bleibt die FPÖ. Sie hat – ähnlich zur, aber stärker als die ÖVP – zwar in Sachen Familie, Schule, Schwulenpropaganda, Abtreibung die richtige, heute muss man schon sagen: eine mutige Meinung. Sie ist aber in vielen anderen Gebieten völlig ahnungslos. Die FPÖ hat vor allem keinen Hauch von Wirtschaftskompetenz.

Wenn ich Deutscher wäre, hätte ich es leichter. Dort tritt die „Alternative für Deutschland“ an, die scharfe Kritik an der EU (ohne Dummheiten wie einer Austrittsdrohung!) mit exzellentem wirtschaftlichem Sachverstand vereint. Die „Alternative“ hat auch die CSU zu deutlicher EU-Kritik gebracht, und selbst die CDU Angela Merkels äußert sich viel kritischer zur EU als die ÖVP.

Diese ist entweder total Karas-hörig oder gelähmt von panischer Angst vor den europatollen Neos. Dabei macht sich deren Spitzenkandidatin Mlinar mit ihrer Befürwortung eines EU-Beitritts für Russland und die Türkei und auch ihrer sonstigen Ahnungsarmut eigentlich nur lächerlich. (Denn: Wenn schon links, dann gleich Grün, die haben wenigstens eine Kandidatin, die weiß, wovon sie spricht. Sosehr ich auch ihr Weltbild für eine Katastrophe halte).

Der Haupteinwand gegen die FPÖ: Sie hat sich total zu Propagandisten Putins gemacht. Was absolut unverständlich ist. Und was die FPÖ fast unwählbar macht. Sie macht mit Putin einem Mann die Mauer, der im Jahr 2014 (wie einst . . .) andere Territorien einfach okkupiert. Der die russische Demokratie weitestgehend zur Face macht. Der den Zerfall der kommunistischen Sowjetunion als größte Katastrophe seines Lebens bezeichnet. Der jahrelang selbst noch an der Verfolgung von Christen mitgewirkt hat.

Daher ist sein heutiges Getue mit Patriarchen&Co nur ein nationalistischer Schachzug und nicht echt. Aber die FPÖ fällt darauf herein. Sie hat auch all das Leid vergessen, dass die russische Herrschaft über Osteuropa gebracht hat, dass österreichische Kriegsgefangene ein Jahrzehnt in Sibirien durchzumachen hatten. Sie entpuppt sich, was ich nie für möglich gehalten habe, als von tiefem Amerikahass geprägt. Es ist absolut unfassbar.

Dennoch ist klar: Es werden entweder ÖVP oder FPÖ sein. Aber die Entscheidung zwischen den beiden ist extrem schwer. Ob da am Sonntagmorgen vier Whisky zu mehr Klarheit helfen werden?

PS: Einer der Befragten hat in diesem Dilemma empfohlen, auf der ÖVP-Liste Lukas Mandl als Gegengewicht zu Karas zu wählen. Mandl vertritt viele der Ansätze, für die auch dieses Tagebuch eintritt; er ist kein Mann der Brüsseler Maschinerie. Wenigstens ein Kandidat, der keine Negativemotionen wachruft.

PPS: Kein relevantes Argument ist das Duell Juncker gegen Schulz. Denn damit will man mich ja auf Schwarz oder Rot einengen. Was mich ärgert. Bei aller Verkörperung des unsympathischen Deutschen in der Person Schulz hat mir auch Herr Juncker nie auch nur ein einziges liberal-konservatives Signal gesandt. Letztlich sind beides europäische Überregulierer.

PPPS: Eine der vielen Absonderlichkeiten dieses Wahlkampfs: Die SPÖ hat landauf, landab einen Mann plakatiert, der selbst sagt, er wolle die SPÖ-Delegation nicht anführen. Das wird also einer der im Dunklen Stehenden, jedenfalls ein Nicht-Porträtierter. Niemand konnte mir sagen, warum Herr Freund dann überhaupt plakatiert wird. Offenbar war es nur die Bekanntheit eines ORF-Gesichtes, wo er ja lange als SPÖ-Einpeitscher amtiert hatte, das die Partei jetzt verwendet.

PPPPS: Keine einzige Partei thematisierte, dass das Wahlrecht für 16-Jährige ein schwerer Fehler war und ist. 27 andere EU-Länder sind wohlweislich diesem Vorbild der rot-schwarzen Republik nicht gefolgt. Auch sonst ist mir kein Land der Welt bekannt, wo schon 16-Jährige wählen. Dennoch traut sich in dieser Republik der Angsthasen niemand, das zur Debatte zu stellen.

PPPPPS: Besonders atemberaubend an der donnerstägigen Konsensrunde im ORF: Mehr oder weniger alle bezeichnete das, was sich im Mittelmeer abspielt, als Schuld der EU. Und niemand nannte auch nur ein einziges Mal die in Wahrheit schuldige Gilde der Schlepper und Menschenhändler, die sich der EU bedient.

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Die Euro-Rettung – eine perfide Umverteilung von unten nach oben

22. Mai 2014 23:19 | Autor: Wolfgang Schimank
Rubrik: Gastkommentar

In Deutschland und Österreich werden in den vom Staat dominierten Medien ständig Meldungen verbreitet, dass die Mittelmeerländer in der Konsolidierung ihrer Staatshaushalte große Fortschritte vorzuweisen haben. Der Europa-Wahlkampf lässt grüßen! Ausgerechnet die links stehende österreichische Zeitung „Der Standard“ veröffentlichte einen Artikel mit der Überschrift „EU lügt die Menschen an“ und beginnt mit der Einleitung: „Der griechische Ökonom Yanis Varoufakis über trügerische Erholungszeichen und ein Land, „das noch nie so bankrott war“.“

Ohne Zustimmung der eigenen Bevölkerung und ohne Vereinheitlichung der Banken- und Steuersysteme wurde der Euro eingeführt. Nun rächt sich diese Politik: Die Effektivität der Wirtschaft der verschiedenen Länder ist miteinander vergleichbar und lässt sich nicht mehr durch Abwertung der Währung und Subventionen schützen. Viele südländische Betriebe müssen aufgeben oder verlegen ihren Verwaltungssitz. Junge Menschen und Spezialisten verlassen ihre Heimat, und ein immer breiterer Teil der Bevölkerung verarmt.

Alte Ressentiments gegenüber den „Deutschen“ (im weiteren Sinne) brechen wieder auf… Laut der neuesten OECD-Studie geht selbst in Deutschland, wo die Steuereinnahmen nur so sprudeln, der Boom an den sozial Schwächsten vorbei. Ein Grund dafür ist, dass sich die Betriebe zunehmend aus der sozialen Verantwortung stehlen, selbst keine Arbeitskräfte mehr ausbilden wollen und dafür lieber billige ausländische (Fach-)Leute einstellen. Ist das alles im Sinne Europas?

Eine Rettungsmaßnahme des Euro ist abenteuerlicher und intransparenter als die andere: Durch die Niedrigzinspolitik werden die Kleinsparer (angesichts der höheren Inflationsrate) um ihr Hab und Gut gebracht, die Gewinnausschüttungen bei Lebensversicherungen und Renten brechen ein. Die EZB kauft Staatsanleihen von in Not leidenden Staaten auf, obwohl sie das nicht darf. Beim Rettungsschirm (ESM) bestimmt ein Gouverneursrat, wie viel Geld aus dem „Gemeinschaftskonto“ entnommen wird.

Deutschland haftet für 120 Mrd. Euro, Österreich für 12 Mrd. Euro. Die Zeitung „Die Welt“ beschrieb die Vorgangsweise der EU mit der drastischen Formulierung „Euro-Rettung: Legal – Illegal – Scheißegal!“

In den 1990er Jahren hatte Mario Draghi in Italiens Finanzministerium mit dafür gesorgt, dass sich Italien die Zugangsvoraussetzungen für den Euro erschwindelt hat. Nun sorgt er als Vorsitzender der EZB dafür, dass durch Geldflüsse aus dem nördlichen Europa Italien unterstützt wird. Man hat den Bock zum Gärtner gemacht!

Man kann diesem Wahnsinn nur ein Ende bereiten, indem man, wie einst gedacht, aber verworfen, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten herstellt oder gänzlich aus dem Euro aussteigt.

Der Autor ist Deutscher, EDV-Spezialist und auf Grund der Zugehörigkeit seines Vaters zur bedrohten sorbischen Volksgruppe und als ehemaliger Mitkämpfer der DDR-Bürgerrechtsbewegung in Sachen Minderheitenschutz besonders engagiert.

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Das Kreuz und der Hermaphrodit

21. Mai 2014 19:23 | Autor: Herbert Kaspar
Rubrik: Gastkommentar

Der SPD-Spitzenkandidat zur EU-Wahl, Martin Schulz, ist mit seiner Aussage aufgefallen, das Kreuz aus öffentlichen Gebäuden verbannen zu wollen. Während diese Diskussion stattfindet, hängen immer noch tausende anstößige Life-Ball-Plakate in Wien (einige davon bereits dankenswerterweise übermalt).

Das erinnert an eine Beschwerde vor einiger Zeit, als muslimische Eltern die Abnahme eines Kreuzes in einer Schulklasse verlangten, weil ihr Kind durch den Anblick „eines hängenden toten Mannes“ verstört werde.

Aber ein knalliger Hermaphrodit verstört keine kindlichen Seelen. In welcher Welt leben wir eigentlich?

Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes.

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Das Ende der Freiheit ist der Sieg der radikalen Gewalttäter

19. Mai 2014 00:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Rund um die EU-Wahlen wird europaweit auf zwei Schienen Stimmung gemacht: Einerseits werden die europäischen Institutionen von manchen so intensiv beweihräuchert, dass man an die Darstellung von Herrscherhäusern vor dem ersten Weltkrieg erinnert wird. Andererseits wird intensiv vor den Gefahren durch radikale Gruppierungen und deren wachsende Unterstützung gewarnt. Und Zweiteres wird nach den Wahlen intensiv weitergehen, während die Weihrauchfässer rasch wieder weggepackt werden.

Sind die Warnungen vor diesen Gruppierungen berechtigt? Ganz sicher ja. Man denke an die Folgen der Oktoberrevolution 1917, nach welcher der Kommunismus in Russland und später in vielen Ländern Osteuropas und Ostasiens Milliarden unter seine Herrschaft und in die Armut, Millionen ins Grab gebracht hat. Man denke an den Nationalsozialisten, die ab 1933 in Deutschland geherrscht haben, die Millionen industriell getötet und einen verheerenden Krieg über ganz Europa gebracht haben. Man denke an die zahllosen unterschiedlichen Formen autoritärer Herrschaft einer Partei, die gerne unter dem Namen Nationalfaschismus zusammengefasst werden. Sie waren zwar lang nicht so schlimm wie Kommunismus oder Nationalsozialismus. Sie haben aber ebenfalls Menschen aus politischen Motiven getötet, liberal-demokratische Regungen bekämpft und ihren Ländern durch nationalistischen Merkantilismus meist dauerhafte Stagnation gebracht.

Daher ist es zweifellos richtig, die Feinde der Demokratie und des Rechtsstaats genau zu beobachten. Und jeder Gefährdung entgegentreten. Es macht nur sehr stutzig, wenn manche „Intellektuelle“ nur von rechts solche Gefahren sehen. Die von links werden aber ignoriert. Und es macht noch mehr besorgt, wenn dieselben „Intellektuellen“ und Medien überhaupt nicht beachten, dass der radikale Islamismus in einem rapiden Vormarsch ist. Er stellt derzeit wohl die für Europa größte Gefahr dar, größer als die Wiederkehr eines der beiden Totalitarismen des 20. Jahrhunderts.

Der Vorstoß des Islams setzt jene Vorstöße fort, die bis ins 17./18. Jahrhundert gedauert und im Südosten Europas riesige Landstriche entleert haben. Das Zeitalter der Schwäche des osmanischen Reiches und des Chaos in der arabischen Welt ist beendet.

Das immer häufigere Auftreten mitteleuropäischer Islamisten als fundamentalistische Freiwillige in Kriegszonen ist eines von vielen beunruhigenden Alarmzeichen. Diese Kämpfer stammen insbesondere aus Österreich, das heute die zweitgrößte islamische Gemeinde in der EU beheimatet, nachdem es dort lange noch nahezu Null Moslems gegeben hat. Die Moslems kamen aus der Türkei, Bosnien und der arabischen Welt. Als Gastarbeiter, als Asylwerber und (in größter Zahl) als Familienangehörige. Sie sind zwar allermeist friedliche und integrationswillige Menschen, aber eine rasch wachsende Minderheit neigt zur Radikalität. Und die Friedlichen treten ihnen nirgendwo entgegen. Man weiß zwar zum Teil, welche Moscheen, welche Religionslehrer fundamentalistisch aktiv sind – aber weder Glaubensgemeinschaft noch Behörden tun etwas, obwohl die Radikalisierung von Kriegsteilnehmern extrem gefährlich ist.

Ein Gutteil der veröffentlichten Meinung blickt nur auf die rechtsradikale und ignoriert weitgehend die linksradikale und die islamisch-fundamentalistische Szene. Eine Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaat, also jene Prinzipien, die Europa so stark gemacht haben, geht aber von allen diesen radikalen Bewegungen aus.

Von einem Gutteil der roten und grünen Szene wird aus taktischen Motiven gegen rechts agitiert. Insbesondere in deutschsprachigen Gebieten tarnen sich linksradikale Gewalttäter sehr geschickt als „Antifaschisten“ und Gutmenschen. Gleichzeitig wird auch von durchaus demokratisch gesinnten Sozialdemokraten der „Kampf gegen Rechts“ instrumentalisiert. Sie fürchten die Gefahr durch rechte Bewegungen, die große Wahlerfolge in der Unterschicht erzielen, und sieht daher diese Argumente als legitim an. Da wird mit anderen Worten der legitime Kampf um Stimmen mit dem Kampf um rechtsstaatliche Grundrechte vermischt.

Zugleich wird auch total Verschiedenes bunt durcheinander geworfen, etwa die österreichischen Freiheitlichen mit der ungarischen Jobbik. Von den Freiheitlichen geht jedoch keinerlei Bedrohung der Demokratie aus, während das bei Jobbik sehr wohl der Fall ist, weil sie in vielerlei Hinsicht militant auftritt und Roma physisch bedroht. Die FPÖ hingegen hat sowohl mit Rot wie mit Schwarz Regierungen gebildet, ohne dass Demokratie oder Rechtsstaat irgendwie gefährdet gewesen wären (obwohl in der Partnerschaft der FPÖ mit den Sozialdemokraten noch viele ehemalige Nationalsozialisten auf beiden Seiten Staatsfunktionen hatten). Die FPÖ hat vor allem aus einem Grund solche Erfolge erzielt: Sie erscheint vielen als die einzige Alternative zur sonst offenbar ewigen Herrschaft der verbundenen rot-schwarzen Politik. Die beiden einst großen Parteien haben in Österreich heute zwar nur noch 50 Prozent der Stimmen und eine recht knappe parlamentarische Mehrheit. Sie beherrschen aber vom Verfassungsgerichtshof bis zum staatlichen Rundfunk praktisch das ganze Land.

Es muss immer um objektive Maßstäbe gehen. Es darf nie darum gehen, eine Partei, ein Land gegen das andere auszuspielen. Es darf auch nicht um taktische Vorteile, um links oder rechts gehen. Staaten haben sich auch in keiner Weise in Religion einzumischen.

Wichtig ist eine ganz andere Grenze, die für einen liberalen Rechtsstaat lebenswichtig ist. Es geht um die strenge Trennung zwischen Meinungen und Taten. Diese Trennung wird aber leider in vielen Ländern zunehmend missachtet. Es geht um die Freiheit von Meinungen, aber um die kompromisslose Verfolgung von Taten. Das ist die einzige funktionierende Strategie gegen jede Form von Radikalität.

Wer Gewalttaten setzt, muss sofort und kompromisslos die Härte des Gesetzes spüren. Zu den Gewalttaten gehört auch die Motivation anderer, Gewalt anzuwenden. Dazu gehören militärähnliche Aufmärsche, Uniformen, Drohungen. Dazu gehört die Aufforderung, daheim oder in einem anderen Land gegen Ungläubige, Rechte, Linke aktiv zu werden. Dazu gehören Demonstrationen, die zur Einschüchterung oder Erpressung dienen. Dazu gehören auch die Aktionen von Fußballfans, wenn sie harmlose Passanten einschüchtern. Egal ob sie politisch unterwandert sind oder nicht.

Bei vielen dieser Aktivitäten schauen in Europa Polizei und Justiz aber leider gerne weg. Vielleicht auch nur als Taktik: Man will sich ab einer bestimmten Menschenmenge nicht mit dieser anlegen. Sobald aber Fußballfans, Demonstranten oder Marschierende merken, dass die Polizei Rechtswidrigkeiten ignoriert, werden sie nur noch aggressiver.

Der Zweck des Demonstrationsrechts war, seine Meinung einer möglichst breiten Masse kundzutun, auch wenn man keine Zeitung besitzt. Genau das kann heute auf viel direkterem Weg erreicht werden. Facebook, Blogs, Internet-Seiten, Massenmails, SMS, Twitter usw: Es war noch nie so leicht, seine Meinung auf all diesen Kanälen zu verbreiten. Wenn sich da jene Menge zusammentut, die sonst eine Demonstration veranstaltet, kann sie viel leichter und schneller als bei einer Kundgebung ihre Meinung vielen kundtun. Oder einen „Shitstorm“ veranstalten, wie man es mit einem modischen Wort bezeichnet. Und sie kann genauso anonym bleiben wie bei Demonstrationen.

Umgekehrt sollten aber gerade auf Grund dieser vielfältigen elektronischen Möglichkeiten heute jene Länder dem Demonstrationsrecht etwas engere Grenzen setzen, die bisher unter diesem Titel praktisch alles und jedes zugelassen haben. Es geht vor allem um Kundgebungen, die nicht nur eine Meinung kundtun, sondern jemanden einschüchtern wollen. Diese Intention geht weit über Ziel und Zweck der Demonstrationsfreiheit hinaus, die unsere Vorväter einst erkämpft haben.

In die gegenteilige Richtung sollte es bei den Inhalten von Äußerungen gehen, die keinerlei Drohungen beinhalten. Es ist doch einfach absurd, wenn man in einem Land den Völkermord an den Armeniern als solchen bekennen muss, im anderen nicht einmal darf. Oder wenn jetzt Russland jede kritische Äußerung über die Taten der Roten Armee im „Großen Vaterländischen Krieg“ unter Strafe stellt. Oder wenn man in moslemischen Ländern alles Mögliche über Mohammed und Allah sagen muss beziehungsweise nicht sagen darf.

Meinungsfreiheit, für welche die Europäer seit dem Beginn der Aufklärung bekämpft haben, heißt ja nicht nur, dass man alles sagen darf, was die Obrigkeit will. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit bedeutet vor allem, dass man alles sagen darf, auch wenn andere mit gutem Grund das für blühenden Unsinn, für total falsch und unsinnig  halten.

So ist es beispielsweise blühender Unsinn, wenn manche meinen, je mehr Schulden man mache, umso besser. Aber es wäre eine Katastrophe, das nicht sagen zu dürfen. Dummheiten muss man mit Argumenten, nicht Verboten entgegentreten. Sonst wären alle geistigen Fortschritte der letzten Jahrhunderte dahin. Dann ordnet wieder eine Obrigkeit an, was man zu sagen hat und was nicht. So wie einst in totalitären Systemen. So wie vor 1848.

Meine Sorge ist, dass es dorthin geht. Eine ganz üble Etappe auf dem Weg in die Unfreiheit war etwa die (ohne Kommission und Rat noch folgenlose) Mehrheit im EU-Parlament für den sogenannten Lunacek-Bericht, der gleich für eine ganze Reihe „falscher“ Meinungen strafrechtliche Konsequenzen verlangt hat.

Wenn es uns nicht gelingt, uns wieder auf die Spielregeln der Freiheit zu verständigen, dann siegen die (Rechts/Links/Glaubens-)Radikalen. Dann werden sie wieder diktieren, wie wir zu reden haben. Dann werden sich diese Radikalen einfach mit dem Faustrecht ausmachen, wie wir zu denken haben. Dann kann man nur noch ins private Denken flüchten. Vieles deutet darauf hin, dass die – oft aus durchaus guten Absichten – vorangetriebene Politische Korrektheit genau diese Freiheit tötet. Dass aber auch die in vielen Bereichen weit übers Ziel schießende EU-Propaganda dazu beiträgt.

(Dieser Beitrag erschien auch in ungarischer Sprache in der ungarischen Online-Tageszeitung VS.hu)

 

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Die Ukraine-Krise und die EU

17. Mai 2014 00:37 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Ukraine-Krise hat der EU in Summe mehr geholfen als geschadet – wenn auch zugleich Europas Schwächen deutlich offenkundig geworden sind. Aber diese Krise hat in Summe die EU ein Stück zusammengeschweißt und sie wird wohl den Erfolg der EU-kritischen Parteien etwas geringer ausfallen lassen, als es noch am Jahresbeginn schien.

Gerade in Österreich bedauern es seit der Ukraine-Krise viele, dass hier nicht die „Alternative“ kandidiert. Diese schafft es jedenfalls in Deutschland, auf hohem Niveau sowohl die Rechtsbrüche der EU bei der Euro-Politik wie auch jene Russland scharf zu tadeln. Während die österreichischen Parteien allesamt nur entweder die EU oder Russland kritisieren und gegenüber der EU beziehungsweise Russland eine eher absurd wirkende Liebe praktizieren.

Wie hat sich nun genau die Ukraine-Kontroverse auf Europa ausgewirkt?

Nicht der Westen hat die Ukraine gesucht, sondern umgekehrt

Am wichtigste ist es, eine derzeit mancherorts kursierende Geschichtslüge zurechtzurücken: Die Ukrainer wollten und wollen nach Europa, nach dem Westen; Und nicht umgekehrt, wie es manche auf dem äußersten linken und rechten Rand verkünden. Ganz im Gegenteil.

Bis auf den bisweilen artikulierten deutschen Ärger über die Inhaftierung der politischen Gegenspielerin von Präsident Janukowitsch war Westeuropa weitestgehend froh, sich nicht sehr den Kopf über die Ukraine zerbrechen zu müssen. Denn kaum eine politische Gruppierung wollte und will die Ukraine als Nato- oder EU-Mitglied. Hingegen wollen das sehr viele Ukrainer. Sie wurden daher extrem besorgt, als der eigene Präsident (also: Janukowitsch) selbst auf ein fertig ausgehandeltes Abkommen mit der EU verzichtete. Offensichtlich unter russischem Druck.

Ebenfalls nur in der russischen Propaganda ist die ukrainische Mehrheit vom CIA mobilisiert worden. Dafür gibt es überhaupt keinen Beweis. Was völlig klar ist: Denn auch die Amerikaner haben ganz andere Sorgen. Man denke nur an die Stichworte Nahost-Konflikt, Afghanistan-Abzug, Iran-Atomwaffen und Nordkorea. Aber dennoch glauben manche, die Amerikaner hätten die ukrainische Unruhe angestachelt. In Wahrheit zeigt sich da nur eines: Wieviel raffinierter heute die russische Propaganda als zu Sowjetzeiten ist.

Es war und ist ganz eindeutig die große Mehrheit der Ukrainer selbst, die mehrheitlich nach Europa will. So wie bei der Unabhängigkeit in einem Referendum (das viel weniger zweifelhaft war als die heutigen Referenden der zwischen Krim und Donezk marodierenden Banden) eine massive Mehrheit für einen einheitlichen ukrainischen Staat plädiert hatte.

Insbesondere die Erfolgsstory Polens und der baltischen Staaten, die dem Einfluss Moskaus entronnen sind, die Nato wie EU beitreten konnten und die sich sensationell entwickelt haben, übt gewaltigen Eindruck auf viele Ukrainer aus. Auch auf solche, die Russisch als Muttersprache haben. Das ist zweifellos ein positives Zeichen für die wirtschaftlich-kulturelle Anziehungskraft dieses West- und Mitteleuropas, dieser EU.

Es sprechen Merkel und Obama, nicht die EU

Zweitens ist aber ebenso eindeutig, dass von Russland bis zur Ukraine der Westen nicht durch die Organe der EU spricht oder wahrgenommen wird, sondern durch zwei Staaten. Und damit deren Führungspersönlichkeiten, also Angela Merkel und Barack Obama.

Dabei gibt es eine – bisher – sehr effiziente Arbeitsteilung. Merkel wirkt konziliant, Obama schärfer. Good cop, bad cop. Aber beide bleiben dennoch immer gemeinsam auf einer Linie. Sie machen damit den Russen klar, dass sie den Westen nicht spalten können. Das erleichtert ungemein. Dass Merkel überdies gleich in zwei Sprachen mit Russlands Putin reden kann, ist auch nicht gerade nachteilig.

Österreich hat sich peinlich geäußert – wurde aber eh nicht beachtet

Peinlichkeiten wie jene des österreichischen Bundespräsidenten Fischer oder des Landwirtschaftsministers Rupprechter (anfangs auch von Außenminister Kurz, der aber rascher die Fakten lernte) werden international zum Glück nicht wahrgenommen. Sie hatten sich in peinlicher Weise an Russland angebiedert. So wie es heute noch einige FPÖ- und Rekos-Exponenten tun.

Diese oft seltsamen Äußerungen sind Folge des Umstandes, dass hierzulande in den letzten 15 Jahren sowieso kein seriöser Dialog über Außenpolitik mehr stattgefunden hat. Und wohl auch in Zukunft nicht. Das zeigen die neuen „Berater“ des Außenministeriums in erschreckender Deutlichkeit.

Es ist jedenfalls das Neutralitätsgerede wieder weitestgehend aus der österreichischen Rhetorik verschwunden. Was man nur mit Freude zur Kenntnis nehmen kann. Gerade ein kleines Land wie Österreich hat in solchen Konfliktzeiten ein primäres Interesse: Es muss ständig als oberstes Gebot aller internationalen Beziehungen zentralen Wert darauf legen, dass auch kleinere Staaten volle Souveränitätsrechte haben, dass sie selber über ihren Weg zu entscheiden haben.

Daher darf ein österreichischer Politiker niemals von außen raten, was ein souveränes Land tun sollte. Geschichtsbewusste würden überdies wissen, dass Österreich (selbst!) sich 1955 nur in Verfolgung des zentralen Ziels zur Neutralität bereit erklärt hat, dass alle ausländischen Truppen verschwinden. Freilich: Geschichtsbewusstsein ist in Österreich nicht mehr sehr verbreitet.

Seltsam fällt besonders der russlandfreundliche Kurs der Freiheitlichen auf. Gewiss haben sie recht, dass Russland ihnen und vielen anderen Österreichern in mancherlei Hinsicht sympathischer ist als der Westen: Es wirkt als Bollwerk gegen Islam und Sittenverfall. Das ist aber nur Schein. Denn ein Land, das keinerlei echte Demokratie und Meinungsfreiheit zulässt, in dem es keine unabhängige Justiz gibt, dass sich andere Territorien einfach militärisch einverleibt, wirkt auch als Bollwerk in keiner Weise seriös.

 

Das heutige Russland sollte daher gerade für eine wirklich freiheitsliebende Partei eigentlich in keiner Weise akzeptabel sein. Umso unverständlicher ist das russlandfreundliche Verhalten der FPÖ, die ja die Freiheit sogar im Namen führt. Viel weniger überraschend ist, dass fast gleichlautend auch auf der äußeren Linken die Sympathien für das neostalinistische Russland groß sind. Und dass diese die wilden Erfindungen russischer Medien übernimmt.

Umso erfreulicher ist, dass sich in Deutschland die „Alternative“, die mit Sicherheit ins EU-Parlament einziehen wird, ganz klar gegen das russische Vorgehen ausspricht. In Österreich gibt es hingegen nichts Vergleichbares, das sowohl Russland wie auch die EU kritisiert.

 

Sanktionen wirken doch

Viertens: Man sieht ihre Folgen nicht gleich, aber Sanktionen wirken. Die massive Flucht von Geld aus Russland, der Absturz seiner Aktien, der Rückgang an Kooperationen mit Russland schaden zwar allen, aber vor allem Russland. Langsam scheint dort trotz aller nationalistischen Aufwallungen die Lehre zu sickern, dass es mehr wehtut als erwartet, wenn man sich fremde Territorien einnäht.

Umso katastrophaler ist es freilich, wenn einige westliche Politiker über die Sanktionen gegen Russland jammern. Das reduziert die friedenserhaltende Wirkung von Sanktionen. Aber vielleicht bringt man der Wirtschaft noch bei, dass bei einem Krieg die Betriebe noch viel mehr leiden würden als jetzt durch Sanktionen.

Militärisch zählen die Nato und damit die USA

Fünftens muss die EU traurig zur Kenntnis nehmen, dass militärisch nur die Nato und damit die USA zählen. Die EU ist militärisch weniger denn je relevant. Die gemeinsamen EU-Einheiten werden sogar aufgelöst.

Auch wenn – zum Glück – der Ukraine-Konflikt bisher nicht zum Ost-West-Krieg geworden ist, so hat man doch da wie dort genauer angefangen, die Truppen zu zählen. Und die Balten und Polen haben gute Gründe, jetzt viel intensiver zu drängen, dass amerikanische und Nato-Einheiten ständig auf ihrem Boden stationiert bleiben. Die EU ist für Außenstehende kulturell und wirtschaftlich attraktiver, als es die meisten EU-Europäer begreifen, sie ist aber politisch wie militärisch nicht relevant.

Nur geordnete Selbstbestimmung kann Konflikte lösen

Sechstens und letztens aber bleibt der große Vorwurf an den Westen: Er hat bis heute den großen Wert des Selbstbestimmungsrechts nicht erkannt. Zwar zeigt Großbritannien, wie sehr dieses Recht Spannungen reduziert. Zwar haben auch Kanada und die Tschechoslowakei das Funktionieren des Selbstbestimmungsrechts exzellent vorexerziert. Für die Mehrheit aber, insbesondere Spanien, Rumänien, Finnland, die Slowakei und offenbar noch immer Italien, ist Selbstbestimmung einer Minderheit hingegen nach wie vor des Teufels. Allerdings deuten in Italien einige Indizien darauf hin, dass die Bevölkerung in dieser Frage zunehmend anders denkt. Manche Länder haben sich jedoch tendenziell von der Selbstbestimmung wegentwickelt: Alois Mock und der Südtiroler Silvius Magnago haben noch sehr positiv vom Selbstbestimmungsrecht gesprochen, für einen Sebastian Kurz ist das hingegen nur noch „ewig gestrig“.

Noch immer fehlt jedenfalls jede rechtliche Regelung, wie europaweit Völker entscheiden können, zu welchem Land sie überhaupt gehören wollen.

Es wird daher wohl noch viele Konflikte geben, bevor die Politik erkennt, dass nur Selbstbestimmung eine Basis für eine wirkliche Befriedung sein kann. Dass Selbstbestimmung eine lange Vorlauf- und Diskussionsphase braucht. Dass sie niemals auf einer Augenblicksstimmung allein beruhen kann. Dass sie – noch viel mehr als nationale Wahlen – eine internationale Begleitung und eine genaue Sichtung der Wahlberechtigung braucht. Dass das Verhalten der Russenfreunde in der Ukraine alle diese Bedingungen nicht erfüllt hat, hat daher der Selbstbestimmung schwer geschadet.

 

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

 

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Wer, wenn nicht die ÖVP?

16. Mai 2014 02:05 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt spürt sogar schon die SPÖ, wie sehr die Österreicher der Steuerdruck plagt. Und startet aus allen Rohren eine Kampagne. Wieder einmal hat sie mit dieser Kampagne die Volkspartei völlig überrascht. Diese stottert nur noch herum, obwohl sie eigentlich lange vor den Sozialisten das Thema besetzt hatte. Das konnte die SPÖ aber mit zwei Wochen Trommelfeuer und ihrer weitgehenden Kontrolle über die Medien völlig in Vergessenheit geraten lassen.

Die SPÖ will natürlich die Staatsquote nicht wirklich senken. Sie hat ja noch nie ans Sparen gedacht. Sie will nur den Lohnsteuer-Druck Richtung Erbschaften und Vermögen umschichten. Aber es ist jedenfalls eindrucksvoll, wie gezielt die SPÖ ihre Machtpositionen ausnutzt: Von der Arbeiterkammer bis zum ORF wird wie auf Pfiff die Forderung nach Steuern auf Erbschaften und Vermögen verlangt.

Strategisch ist das hervorragend. Aber für Österreichs Wirtschaft ganz schlecht. Jede Menge Geld würde in den Untergrund und ins Ausland wechseln. Der Anreiz, für die Familie – ja, auch die Nachkommen gehören zur Familie! – wenigstens ein bisschen etwas an Geld zu sammeln, würde rapide absinken.

Es ist absolut faszinierend, dass der ÖVP gegen diese Forderungen der SPÖ nichts einfällt. Gibt’s die Volkspartei überhaupt noch? Es wäre jedenfalls nichts leichter und richtiger, als das Sozialbudget und die ÖBB zu thematisieren. Mit diesen beiden Posten allein würde sich eine echte Steuerreform dreimal ausgehen.

Und zwar wirklich eine echte. Also eine, die unbedingt auch den weltweit fast einmaligen Höchststeuersatz von 50 Prozent senkt. Denn wenn nur am Steuersatz für Geringverdiener gedreht wird – was sicher auch zu einer Reform gehört –, passiert lediglich eines: Die kalte Progression wird noch ärger. Es wird sich noch weniger lohnen als heute, in Österreich Leistungen zu erbringen.

Aber leider spricht (auch) die ÖVP nur von einer Senkung des Eingangssteuersatzes. Sie traut sich zum Unterschied von früher anderes nicht einmal mehr zu verlangen. Aus Koalitionstreue? Aus Feigheit? Aus Orientierungsmangel? Ich weiß es nicht. Es ist mir eigentlich auch egal.

Tatsache ist, dass die SPÖ absolut keine Scheu hat, wider den Koalitionspakt neue Steuern zu fordern. Das ist irgendwie ein seltsamer Pakt, der nur eine Seite bindet. Oder eine seltsame Parteiführung, die sich einseitig an diesen Pakt gebunden fühlt.

Die ÖVP nennt zwei Zeitpunkte: das Jahr 2016 – und: „Wenn wir es uns durch ein Nulldefizit leisten können“. Was an sich ein absolut richtiges Prinzip ist. Nur nennt halt (auch) die ÖVP nicht einen einzigen konkreten Punkt, WIE wir bis dahin ein Nulldefizit erreichen können. Denn nur vom „Nachschärfen“ zu reden, wie es der Parteiobmann tut, und allgemein vom Bürokratie-Abbau, ist schlicht Gewäsch.

Vom „Bürokratie-Abbau“ reden nämlich schon seit Jahrzehnten alle. Und tun absolut nichts dafür. Die großartig „eingesparten“ Bezirksschulinspektoren tauchen fast alle wieder mit neuem Türschild auf. Die heftig bejubelte Verwaltungsgerichtsbarkeit mag vielleicht juristische Puristen befriedigen, hat aber keinerlei Bürokraten abgebaut. Der Anteil der Beamten und Verwaltungsbediensteten an den Werktätigen ist gestiegen statt gesunken. Im Schulbereich werden zwar die bifie-Direktoren gefeuert, bleiben aber natürlich – natürlich? – auf der Gehaltsliste; statt massiv Kompetenzen an die Schulen zu transferieren, wird halt das nächste Protektionskind als bifie-Leiter ausverhandelt. Das Unterrichtsministerium schreibt den Schulen sogar vor, welche Waage sie zu verwenden haben (die mehr als zwanzig Mal zu teuer ist). Und, und, und.

Politiker langweilen und ärgern uns nur noch, wenn sie zum tausendsten Mal von Bürokratieabbau reden. Dementsprechend kommen auch immer weniger Menschen zu Parteiveranstaltungen, wie man jetzt bei der alljährlichen ÖVP-Versammlung mit „Reden zu Österreich“ sehen konnte.

Was an Stelle von Phrasen Österreich wirklich bräuchte, wären Fakten:

Es gibt keine Frühpensionen mehr. Punkt.
Wenn die Lebenserwartung gestiegen ist, steigt im selben Ausmaß das Pensionsantrittsalter. Punkt.
Die ÖBB bekommt kein Steuergeld mehr, das nicht vorher ausgeschrieben wird. Punkt.
Es wird kein Cent mehr in absurde Löcher unter Brenner und Koralm investiert. Punkt.

Allein mit diesen vier Sätzen könnten wir uns wirklich schon 2015 eine echte Steuerreform leisten. Aber keine der österreichischen Großparteien denkt daran, diese vier Sätze zu sagen. Sie haben natürlich auch anderswo keine sprudelnde Geldquelle entdeckt. Daher sind ihre Ankündigungen reiner Populismus. Daher wird es auch 2016 natürlich kein Nulldefizit geben.

Als Begründung, warum Österreich nie ein Nulldefizit haben wird, wird natürlich auch dann nicht die Unfähigkeit und Lügnerei der Politik genannt werden, sondern (bitte 2016 dann halt anzukreuzen): die internationale Konjunktur/ein Unwetter/die Banken/die Russen/die Amerikaner. Irgendwas wird mit Sicherheit passen.

Ich weiß schon, mit der SPÖ als Koalitionspartner ist keine einzige nennenwerte Reform umzusetzen. Die letzte hat exakt 1995 stattgefunden.

Aber warum die ÖVP vom Sozialbudget bis zur Adoptionsfrage nur noch schweigt, ist absolut unverständlich. Gewiss: Es gibt immer Grüppchen, die gegen solche Ansagen sind. Aber mit Sicherheit geht eine Partei ganz unter, wenn sie nur noch Luftblasen ausstößt. Wenn sie nur noch aus koalitionärer Rücksicht besteht, statt wenigstens hie und da zu kommunizieren, wofür sie eigentlich noch da ist.

PS: Fast hätt ichs vergessen: Ein ÖVP-Politiker hat auch zu Europa geredet. Da breiten wir aber aus Nächstenliebe lieber den Mantel des Schweigens darüber. Denn es ist bei diesem Thema nicht einmal mehr in Ansätzen zu spüren, dass die ÖVP einst die Partei der Subsidiarität war, die Partei der Freiheit, die Partei der Menschen gegen die Funktionäre, die Partei der möglichst kleinen Gemeinschaften gegen die mächtigen Zentralisten, die Partei des Privaten gegen die Überregulierer. Nichts mehr ist davon zu spüren. Der Spitzenkandidat versucht sogar, die Neos, die Grünen und die SPÖ an EU-Fanatismus zu übertreffen. Ich wundere mich nur über eines: Wieso er sich wundert, dass das bei den Menschen gar nicht gut ankommt. Von Bayern bis Großbritannien (ich weiß schon: andere Fraktion; aber was interessiert das den Wähler?), von Frankreich bis Ungarn haben die Parteien der rechten Mitte besser auf die Menschen gehört und sind zunehmend auf Distanz zur regulierungswütigen EU. Nur der ÖVP-Spitzenkandidat nicht.

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Warum der Verbund nach der Reihe Kraftwerke sperrt

15. Mai 2014 00:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die gigantische Zwangs-Förderung von „alternativen Energiequellen“ kostet die Konsumenten nun – auch – durch schwere Verluste der Stromgesellschaften gewaltige Summen. Schon weit mehr, als die ganze Hypo kostet. Die Ursachen der Malaise gehen tief.

Umweltschonende und zum Teil brandneue Kraftwerke der Verbund-Gesellschaft sind nun zugesperrt worden. Da diese Gesellschaft (durch ein Verfassungsgesetz, dessen Änderung von der SPÖ seit Jahr und Tag verhindert wird) mehrheitlich den Österreichern gehört, sind auch diese um gewaltige Summen ärmer geworden.

Der Hauptschuldige ist Deutschland. Dort werden Windmühlen und Sonnenpaneele auf Kosten der Strombezieher so heftig gefördert, dass die Wind-und-Sonnen-Lücken füllenden Stromerzeuger nur noch Defizite produzieren können. Und daher nun nach der Reihe schließen.

Die Forcierung der „Alternativen“ zahlen die Konsumenten (neben ihren Verlusten als Miteigentümer vom Stromfirmen) doppelt: Erstens durch die Verdopplung ihrer Stromrechnung (vor allem in Deutschland; Österreich ist im Vergleich dazu ausnahmsweise geradezu harmlos); und zweitens durch das vor allem in Winterzeiten rapide wachsende Risiko eines europaweiten Strom-Blackouts. Wenn mehrere Tage – vor allem bei dicken Nebellagen – weder die Sonne scheint noch Wind geht, wird Europas Stromversorgung zusammenbrechen. Nicht nur in Deutschland.

Hinter der deutschen Politik kann man konkret die Ursachen nennen: Das ist zum einen der massive Widerstand vieler Gemeinden gegen den Bau von Stromleitungen, die Energie vom windreichen Norden nach Süden transportieren würden, die also wenigstens einen gewissen Ausgleich herstellen würden. Das ist zum anderen die in Deutschland besonders hysterische Reaktion, als ein Tsunami in Japan ein AKW kaputt gemacht hat. Während sich im ostasiatischen Inselstaat längst wieder die Notwendigkeit von Atomstrom durchgesetzt hat, setzt Deutschland ganz auf Windmühlen und Solarkraftwerke.

Auf Kosten vieler Stromgesellschaften; auf Kosten der Konsumenten; und auf Kosten der Versorgungssicherheit ganz Europas.

In Österreich müssen auch etliche Bundesländer ihre modernen Kraftwerke schließen. Sie können es nur dann nicht, wenn zugleich mit dem Strom auch Fernwärme erzeugt wird, also wenn sie die einst sehr gelobten Kraftwärme-Kupplungen haben. Die Fernheizsysteme Wiens kann man ja nicht ebenfalls sperren. Mit der besonders absurden Folge, dass nun auch diese Krwaftwärme-Kupplungen durch ein heimlich still und leise durchgepeitschtes Bundesgesetz im laufenden Betrieb gefördert werden. Womit hierzulande noch einmal die Menschen zu Schaden kommen.

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FN 631: Verlässt die Türkei Europa?

12. Mai 2014 15:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Da bin ich ja jetzt gespannt: Die Türkei zahlt entweder 90 Millionen Euro Strafe oder verlässt den Europarat. Wofür entscheidet sich Machthaber Erdogan? Er steckt ja zwischen Scylla und Charybdis.

Denn Ankara muss zypriotischen Bürgern, die im von der Türkei besetzten Norden der Insel Grundeigentum oder verschwundene Verwandte hatten, insgesamt 90 Millionen Euro Entschädigung zahlen. So hat zumindest der zum Europarat gehörende Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschieden – nach Jahrzehnten, in denen man vergeblich auf eine gütliche Einigung gehofft hatte. Damit steht jetzt Ankara vor der Alternative: Es zahlt entweder eine saftige Strafe für seine Nordzypern-Invasion. Oder es scheidet aus dem Europarat und damit automatisch aus dem europäischen Integrationskreis aus. Ein Drittes gäbe es nur dann, wenn sich die Politiker im Europarat dafür entschließen sollten zu ignorieren, dass die Türkei den Gerichtshof ignoriert. Das aber ist eigentlich nach dem überraschenden Mut des Europarats in Sachen Ukraine nicht zu erwarten. Denn dann wäre der Menschenrechtsgerichtshof tot. Dann würden doch noch jene triumphieren, die in Sachen Ukraine gegenüber dem mächtigen Russland in die Knie gehen, die sagen "Man solle wegen einem bisserl Einmarsch doch nicht gleich so sein." So wie es ihre Vorväter schon 1938 gesagt haben. Dann triumphiert so wie damals die Politik des Stärkeren.

 

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Die EU-Wahl in der Sendung mit dem Großvater (12)

07. Mai 2014 09:54 | Autor: Andreas Unterberger

Was und wer wird der eigentlich gewählt? Ist das EU-Parlament demokratisch? Was tut es überhaupt? Welche Rechte hat es? Darüber befragt Erstwähler Maximilian seinen Großvater Andreas Unterberger.

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Die Lachnummer namens Transaktionssteuer

07. Mai 2014 03:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Eigentlich ist es nur noch zum Lachen: Es gibt bis heute nicht einmal einen EU-Entwurf zur Finanztransaktionssteuer, den alle Befürworter diese Steuer befürworten würden. Man ist sich lediglich darin einig, dass bis Jahresende ein solcher kommen solle. Das ist freilich schon seit Jahren zu hören. Übrigens ist auch „man“ schwer übertrieben: Bei der jüngsten EU-Finanzministersitzung waren es ganze 10 von 28 Finanzministern. Jetzt ist mit Slowenien auch Nummer Elf (vorerst?) abgesprungen.

Es ist halt wie bei den zehn kleinen Negerlein (oder wie das sonst für politisch Korrekte heißen mag), die ich als Kind auch immer sehr witzig gefunden habe.

Auch bei den Zehn werden immer mehr immer zurückhaltender. Etwa Leithammel Deutschland. Dann man kommt zunehmend drauf, dass da von einem blühenden Unsinn geredet wird, die nur Linksaußen-„Ökonomen“ wie ein Herr Schulmeister befürwortet.

In Österreich sind Regierung und große Teile der Opposition freilich überraschend einig, dass diese Steuer kommen solle. Warum? Die Antwort ist einfach: Hier sitzt ja im Nationalrat kein einziger, der sich mit Aktien und dergleichen auskennen würde. Und Aktienbesitzer sind am Wahltag nur eine Minderheit und jedenfalls etwas Böses.

Dass die Regierung das Geld aus dieser neuen Steuer kassieren möchte, ohne im Gegenzug die Einkommensteuer senken zu wollen, ist eine zusätzliche Provokation. Auch die SPÖ spricht ja von einer Einkommensteuersenkung nur für den Fall der imaginären „Millionärssteuer“, für die sie aber bis heute keinen Gesetzesvorschlag vorzulegen imstande ist. Weil diese halt ebenso ein Unsinn ist.

Die Finanztransaktionssteuer ist nicht nur deswegen falsch, weil jede weitere Besteuerung in Höchststeuerländern ein absoluter Wahnsinn ist. Sie würde darüber hinaus auch deshalb schwer schaden, weil sie die Vertreibung von Aktiengesellschaften noch beschleunigt. Das ist in Österreich in Zeiten, wo von der Voestalpine bis zur Erste Bank die Übersiedlung ins Ausland immer konkreter wird, besonders selbstbeschädigend.

0,1 Prozent klingt zwar gewiss harmlos. Nur führt auch dieser Betrag zu sofortigen Reaktionen, weil er ja in vielen Fällen öfters fällig wird. Oder werden dürfte.

Dabei weiß man nicht einmal noch, ob – und wie! – die neue Steuer etwa auch dann kassiert werden soll, wenn beispielsweise ein Aktienhändler in Singapur ein Österreich-Paket nach Hongkong verkauft. Oder wenn diese Aktien von einem dortigen Fonds gekauft werden, der dann weltweit immer weiter gehandelt wird. Oder wenn eine ausländische Aktiengesellschaft in vielen Ländern Niederlassungen hat.

Noch gefährlicher ist, dass Aktiengesellschaften schneller als man denkt in ein anderes Land übersiedeln können, wo keinerlei Transaktionssteuer fällig wird. Das geht noch viel rascher als ein Voest-Neubau in Texas anstelle von Linz.

Von den Derivaten wird fast überhaupt nicht mehr gesprochen. Deutschland will sie vorerst doch nicht besteuern. Zum Glück! Bei diesen geht es etwa darum, dass die Aua den Spritpreis mit solchen Derivaten gegen plötzliche Änderungen absichert, weil sie ja Monate vorher schon Tickets zu einem fixen Preis verkauft. Derivate sind zwar in Politikerreden, bei linken Theoretikern und Boulevardmedien etwas furchtbar Böses, in Wahrheit aber meist sehr notwendig.

Längst hat man das Gefühl, dass kaum ein Land noch diese Steuer wirklich haben will, seit sich echte Experten näher damit befassen. Nur gibt man das aus innenpolitischen Gründen nicht gern zu. Und streichelt, pardon: beredet diese Steuer halt so lang, bis sie tot und vergessen ist.

Lediglich noch Michael Spindelegger und Werner Faymann glauben daran. Ob das für sie spricht?

PS: Im Vergleich zu dieser Finanzaktions-Lachnummer ist zu loben, dass Außenminister Kurz in Sachen Ukraine rasch dazugelernt hat. Er hat rund um das Europarats-Treffen zum richtigen Zeitpunkt ernst geschaut und zum richtigen gelächelt, er hat nichts Falsches gesagt oder gar versprochen und geradezu staatsmännisch gewirkt. Das ist anzuerkennen, da Kurz hier gerade wegen seiner anfänglich recht dümmlichen Worte in Sachen Ukraine noch sehr hart getadelt werden musste.

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Johannes XXIII. und die Flüchtlinge

07. Mai 2014 01:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Zwei nicht zusammenhängende Beobachtungen von einem Kurzaufenthalt in Sizilien: über die italienische Kirche und über die „Flüchtlinge“.

Die eine Beobachtung betrifft die nun täglich schon zu 1000 bis 2000 übers Mittelmeer kommenden Schwarzafrikaner. Deren „Rettung“ wird ja immer in den Medien verkündet (jetzt zunehmend kleiner: Diese Massenmigration ist offenbar schon zum Normalfall in Europa geworden). Es berichtet aber kein Medium jemals über den weiteren Weg dieser Migranten.

Auf Sizilien sind sie jedenfalls nur sehr kurzfristig in Lagern. Sie überschwemmen vielmehr Orte der Insel (auch wenn sie in anderen – dort, wo Touristen hinkommen – gar nicht zu sehen sind). Sie haben alle dasselbe Ziel: Sie wollen irgendwo in der gelobten EU unterkommen. Keiner wird – wie es eigentlich der Rechtslage entspricht – zurückgeschickt. Niemand nimmt die „Flucht“-Stories dort auch nur irgendwie noch ernst. Niemand macht sich die Mühe, ihretwegen noch dicke Akten anzulegen.

Die „Flucht“-Geschichten sind nur noch für die linken Medien und die Caritas; nicht einmal die aufnahmegierigen Grünen (und bei uns: die Neos) glauben sie noch ernstlich. Die Italiener signalisieren vielmehr den Migranten, dass es ihnen weitaus am liebsten wäre, wenn die Afrikaner weiter im Norden ihr Glück zu versuchen.

Die andere Beobachtung überrascht in ganz anderem Zusammenhang: Es geht um die zwei soeben heilig gesprochenen Päpste. Während man wusste, dass Polen bis heute ganz im Banne von Johannes Paul II. steht, überrascht umso mehr das Desinteresse selbst der Gläubigen Italiens am gleichzeitig heilig gesprochenen Johannes XXIII: Auch in den sizilianischen Kirchen wird der Pole auffallend mehr gefeiert als der Italiener. Dabei war dieser ja der Papst, der den Entschluss zum Konzil gefasst hatte.

Für das erstaunliche Desinteresse an ihm gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder überwiegt die zeitliche Nähe zum polnischen Papst bei weitem die räumliche, die es zum italienischen gibt. Oder aber: Das mit Johannes XXIII. verbundene Konzil ist heute beim Kirchenvolk gar nicht so populär, wie es manche Kirchenfunktionäre gerne hätten.

PS: Ein Gutteil der Votivkirchen/Servitenkloster-Besetzer ist übrigens immer noch in Wien. Und lebt immer noch vom Steuergeld, wie man der Nachricht über ein neues Quartier der Ex-Besetzer entnehmen kann.

 

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Ferngesteuerte Kandidaten

06. Mai 2014 07:42 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wir bekommen nun Medienfestspiele mit den EU-Spitzenkandidaten – sie werden im Fernsehen diskutieren, „wahlfahren“ und laut die Werbetrommel für sich rühren. Denn der Spitzenkandidat des stärksten Parteiblocks im EU-Parlament soll die Nachfolge von José Manuel Barroso als Kommissionspräsident antreten. Darum lohnt sich ein kleiner Blick auf die Herren.

Der Kandidat der Europäischen Volksparteien, der Luxemburger Jean Claude Juncker hatte zwar mit Maria Fekter so seine Probleme, und zwar nicht nur wegen seiner von der Ex-Finanzministerin fern-diagnostizierten Nierensteine, die seine Laune beeinflussen könnten. Ansonsten kennt man ihn vor allem als Sachpolitiker, der immer wieder vorzeigte, wie auch kleine Länder in der Union einflussreich sein können.

Für Österreicher sind seine beiden Gegenkandidaten allerdings noch viel weniger unbeschriebenen Blätter. Wenn auch mit einem anderen Zugang zu kleinen Partnern.

Der Deutsche Martin Schulz, der polternde amtierende EU-Parlamentspräsident und Spitzen-Kandidat der Europäischen Sozialisten, und der Belgier Guy Verhofstadt, Zählkandidat der Liberalen und der österreichischen Neos, waren führend an den Sanktionen gegen Österreich im Jahr 2000 beteiligt. Wo vorgeführt wurde, wie man mit einem kleinen Land umgehen kann, das eine Regierung bildet, die vielen nicht genehm war.

Bezeichnend ist auch, dass beide wohl nicht aus eigenem politischen Sendungsbewusstsein das schwarz-blau regierte Österreich zum Paria Europas stempeln wollten, sondern sich von den Parteifreunden der Alpenrepublik zu ihrem Zorn antreiben ließen.

Man könnte sagen: Schnee von gestern.

Aber gerade bei Herrn Schulz fällt sein kreativer – oder doch situationselastischer – Umgang mit allem, was Sanktionen sind, auf. Zum Beispiel gehörte er zu den großen Warnern vor Sanktionen gegen Russland. Fragt sich, von wem er diesmal ferngesteuert ist – vielleicht von seinem Genossen Gerhard Schröder, der sich ja eben erst feixend und fröhlich von dem „lupenreinen Demokraten“ Vladimir Putin herzen ließ. Und zwar schon nachdem er lupenrein diktatorisch die Krim annektiert hatte.

Fernsteuerung ist jedenfalls keine gute Voraussetzung für einen Kommissionspräsidenten.  

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ÖVP und SVP ignorieren italienische Mehrheit für Selbstbestimmung Südtirols

06. Mai 2014 03:39 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Nachgerade sensationell sind Ergebnisse zu nennen, die eine von der überparteilichen Bozener „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“ in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage erbrachte, welche das italienische Meinungsforschungsinstitut DEMETRA aus Mestre in ganz Italien durchgeführt hat. Demnach befürworten 71,8 Prozent der befragten Italiener das Recht auf politische Selbstbestimmung der Südtiroler. 63 Prozent wissen Bescheid über die Annexion und den im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye Italien zugesprochenen südlichen Teil Tirols.

Hingegen ist nur jedem dritten befragten Italiener bekannt gewesen, dass in Schottland eine Volksabstimmung über dessen Unabhängigkeit stattfindet und in Katalonien ebenfalls ein solches Referendum angesetzt ist. Trotzdem befürworten 74 Prozent der befragten Italiener ausdrücklich auch das Recht von Schotten und Katalanen auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.

Ein Tag nach Bekanntgabe dieser demoskopischen Befunde in Bozen wurde in Meran der 29 Jahre alte Philipp Achammer zum neuen Vorsitzenden der Südtiroler Volkspartei (SVP) gewählt. Achammer ist der fünfte Nachfolger Silvius Magnagos, des „Vaters der Autonomie“, auf dem Stuhl des Parteiobmanns und zugleich der jüngste in der Parteigeschichte. Als befreundeter österreichischer Amtsträger war der um ein Jahr jüngere Außenminister Sebastian Kurz aus Wien angereist, um seinem Alters- und Gesinnungsgenossen Achammer „die Mauer zu machen“, wie der gelernte Österreicher sagt.

Ideologische Mauern müssten die beiden auch gar nicht überwinden. Denn deckungsgleich sind ihre Positionen zu Grundfragen der Südtirol-Politik. Kurz bekennt sich uneingeschränkt zum SVP-Konzept einer „Vollautonomie“. Wie oft der damit unterstrichene Zustand einer „Teil-“ oder allenfalls „Halbautonomie“ von Rom in den letzten Jahren beshnitten worden ist, lässt er, sofern er davon überhaupt eine Vorstellung hat, unter den Tisch fallen.

SVP-Pendant Achammer tut es ihm darin gleich. Geflissentlich übergehen beide das (aufgrund von Rom nicht eingehaltener vertraglicher Abmachungen) fortdauernde Gezerre, welches Bozen allein schon in den Jahren seit 2011 – von den Regierungschefs Mario Monti über Enrico Letta zu Matteo Renzi – scheibchenweise autonome Zuständigkeiten – und Südtirol zustehende, weil selbst erwirtschaftete – Finanzmittel entzog. Stattdessen schimpfen sie jene „Ewiggestrige“ und „Phantasten“, die, wie die damit immer erfolgreicher agierenden Südtiroler Oppositionsparteien, nach Auswegen aus dieser Misere im Beschreiten anderer Pfade suchen.

„Freistaats- und Unabhängigkeitsphantasien führen die Menschen in die Irre“, sagte Kurz in Meran. Achammer hat noch nie etwas anderes als ähnliche Standardsätze von sich gegeben. Weshalb sich unter den Glückwünschen, die er nach seiner „alternativlosen Wahl“ zum SVP-Obmann erhielt, auch Vorbehalte zweier STF-Jungfunktionäre befanden: „Als junger Mensch ist Achammer sicherlich ein positives Beispiel für gelungene Jugendpolitik, seine Ansichten zu Fragen der Selbstbestimmung bleiben jedoch zweifelhaft und werden die Ausrichtung der SVP weiter in Richtung Rom verschlechtern, anstatt sich von der staatlichen Fessel Italiens zu lösen.“ (STF ist die „Süd-Tiroler Freiheit“, die Eva Klotz-Partei).

Achammer und Kurz scheinen wie SVP und ÖVP, für die sie stehen, zu ignorieren, was sich in der Selbstbestimmungsfrage tut; auch und gerade in Italien, diesem seit seiner „Einigung“ in den 1860er Jahren labilen Staat. In einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, an dem sich 2,36 Millionen Wahlberechtigte (73 Prozent der Wählerschaft der Region) beteiligten, antworteten 89 Prozent der Beteiligten auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Veneto ergreift die Lega Nord in der Lombardei eine ähnliche Initiative. Lega Nord-Chef Matteo Salvini zielt auf „ein offizielles Unabhängigkeitsreferendum“; es soll am 18. September stattfinden, dem Tag, an dem in Britannien das Referendum über Schottlands Souveränität vorgesehen ist. Auch im Südteil Tirols gab es im Herbst 2013 ein eindrucksvolles „Los-von-Rom“-Referendum, initiiert und organisiert von der Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“.

In Brüssel fand unlängst eine machtvolle und farbenprächtige „Selbstbestimmungskundgebung der Völker und Regionen Europas“ statt. Wenngleich Mainstream-medial verschwiegen, nahmen daran gut 25 000 Menschen teil und unterstrichen den Willen von Flamen, Katalanen, Schotten, Basken, Venetern, Lombarden und Südtirolern zur Selbstbestimmung. Ihr Marsch quer durch Brüssel unter der Losung „Europe, we will vote!" signalisierte, dass auf nicht zu unterschätzenden Terrains EUropas Umbrüche hin zu freien, selbstbestimmten und selbstverwalteten neuen Gemeinwesen im Gange sind, organisiert von Repräsentanten volklicher Entitäten, die sich nicht mehr mit Halbfreiheiten abspeisen lassen und also ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen.

Neulich waren auf dem Markusplatz in Venedig Tiroler Fahnen inmitten eines venezianischen Fahnenmeers zu sehen, als die STF an einer großen Kundgebung für die Freiheit des Veneto teilnahm. Wiewohl von der Quästur untersagt, ließen es sich Anhänger der Unabhängigkeitsgruppierungen „Raixe Venete“, „Liga Veneta“, „Governo Veneto“ und „Nasion Veneta“ sowie die Südtiroler STF-Gruppe nicht nehmen, für ihr Motto „Süd-Tirol und Venezien sind nicht Italien“ zu demonstrieren.

Ob derlei Geschehnisse und Ergebnisse „niemanden jucken“, wie Karl Zeller, SVP-Senator, bemerkte? Nicht nur in Rom befürchtet die politische Klasse angesichts wachsender regionaler Erosionserscheinungen eine Art „Domino-Effekt“. Zumal Beppe Grillo von der „Fünf Sterne“-Partei schon begrüßend der „Auflösung Italiens in seine Einzelteile“ das Wort redet. Kurz und Achammer hingegen, ausgestattet allenfalls mit rudimentärer politischer Erfahrung, schicken sich als „junge Unvollendete“ an, quasi in Vorbildfunktion den politkarrieristischen „Paradigmenwechsel“, auch für andere Parteien zu erzwingen. So sich die „Stars“ nicht als Sternschnuppen erweisen und alsbald verglühen.

Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist

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EU: Wählen trotz Ratlosigkeit

02. Mai 2014 01:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Noch nie hat eine europäische Wahl eine so unsichere Wählerschaft angetroffen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Österreichs kann auch nach fast 20 Jahren keinen einzigen Vorteil der EU-Mitgliedschaft nennen. Und auch den anderen fällt meist nur ein einziger Nutzen der EU ein. Da mutet es ziemlich absurd an, wenn gleich vier der antretenden Listen die Begeisterung für die EU, sogar die „Liebe“ zu ihr wie eine Monstranz als Glaubenswahrheit vor sich hertragen. Ebenso leer mutet aber auch die Gegenseite an, die nur schimpft, aber keinerlei klare Perspektive erkennen lässt.

Nüchtern-kritische Distanz zur EU, die Perspektiven offeriert, die ohne Emotionalität Vor- und Nachteile aufzeigt, findet man jedoch bei keiner einzigen Liste. Dabei gibt es ganz eindeutig sowohl Vor- wie auch Nachteile.

Eigentlich sollte man sich genauso wie beim eigenen Parlament oder Gemeinderat verhalten. Liebe oder Hass zu Österreich, zu Deutschland, zum eigenen Ort oder Bundesland sind dort ja auch nicht Thema. Es ist absurd, dass es ausgerechnet bei der EU-Abstimmung um Liebe oder Hass gehen soll. In Wahrheit sollte man auch bei der Europa-Wahl nüchtern jene Liste suchen und wählen, die in Abstimmungen am öftesten die eigene Meinung vertreten hat und mutmaßlich auch in Zukunft vertreten wird.

Die seltsame Rolle der Medien

Aber genau das ist hinter all den wolkigen Schlagworten nur schwer zu sagen. Das fängt schon mit der medialen Berichterstattung an. Zwar sind angeblich 70 Prozent der Gesetze heute durch EU-Richtlinien determiniert, aber im ORF wird der Nationalrat, sogar der Bundesrat in unerträglicher Länge übertragen, nicht jedoch das EU-Parlament.

Ähnlich verhalten sich die Zeitungen. Diese haben alle ihre Korrespondenten in Brüssel bei der Kommission. Sie berichten hingegen über das EU-Parlament viel weniger intensiv. Man prüfe die Folgen dieser absurden Disproportionalität etwa an der simplen Frage, welche Fraktionen man im heimischen Parlament und welche man im europäischen kennt. Diese Frage legt auch bei fast allen Medienmachern peinliche Ahnungslosigkeit über die EU bloß.

Wie in jedem Parlament gibt es auch in dem der EU sehr sinnvolle, aber auch sehr viele dumme und überflüssige Beschlüsse. Aber das bleibt hinter lauter Liebe verborgen. Es ist absurd, falsches Verhalten eines Mandatars, einer Fraktion problemlos in Österreich, aber nie in Europa offen und hart kritisieren zu dürfen. Wer es dennoch tut, wird gleich zum Antieuropäer gestempelt (was auch immer das genau ist). Oder er gerät sofort in eine  Liebe-Hass-Polarität, obwohl ja auch niemand gleich das Österreichertum in Frage stellt, wenn man etwa das österreichische politische Personal für suboptimal hält.

Für den Autor steht freilich absolut fest: Er wird auch bei dieser Wahl hingehen. Und er wird jedenfalls eine gültige Stimme in die Box werfen. Denn jede Form der Nichtteilnahme würde ja nur die Stimmen der anderen aufwerten. Das würde nur jene bevorzugen, die er am allerwenigsten will. Das würde nur jenen Recht geben, die ohnedies kein Mitsprachrecht der einfachen Bürger wollen.

Wo drei Konservative Kopf an Kopf liegen

Ist einmal diese Grundentscheidung gefallen, wird die Entscheidung viel schwerer. Von meiner wertorientierten Einstellung her stehen mir die rechten, die konservativen Parteien nahe. Also ÖVP, FPÖ und Stadlers Reformkonservative. Ein Linker wird eben andere Werte, und damit die anderen Fraktionen bevorzugen.

Als Konservativer prüft man als erstes das Verhalten beim Schutz des Lebens, die Einstellung zur Familie, die abwehrende Haltung zu einer sich ständig in noch mehr Privatsachen einmischenden Obrigkeit, zum engeren Zugriff der Obrigkeit auf die Kinder, zur aggressiven Homosexuellen-Propaganda der Linken, zur Schuldenmacherei. Auch wenn keine Fraktion hier hundertprozentig entspricht, so haben sich doch bei diesen Fragen alle drei Gruppierungen halbwegs ordentlich geschlagen.

Gesellschaftspolitik und all diese Fragen haben zwar früher in der EU keine Rolle gespielt. In den letzten Jahren hingegen sehr. Die Linksparteien in der EU haben nämlich ganz intensiv versucht, über Europa jene Gesellschaftspolitik zu machen, die sie national nicht durchgebracht haben.

Also wird es eine der drei genannten Listen sein. Welche aber, das weiß ich bis heute nicht. Es gibt nämlich ganz fundamentale Probleme mit jeder der drei Parteien (wobei die extrem geringen Chancen der Stadler-Kandidatur, auch nur einen einzigen Sitz zu erobern, noch gar nicht berücksichtigt sind).

Die Putin-Begeisterten

Die FPÖ und Stadlers Reformkonservative haben selbst den Widerstand aufgebaut, sie zu wählen. Sie haben sich in den letzten Wochen total zu Propagandisten des aggressiven russischen Vorstoßes auf das Gebiet eines anderen Staates gemacht. Das Warum dieser prorussischen Positionierung ist ein absolutes Rätsel. Denn es hat der FPÖ weit mehr geschadet als das Auswechseln ihres Spitzenkandidaten. Lag die Partei vor ihrem Krim-Abenteuer noch an erster Stelle und den 30 Prozent näher als den 20, so liegt sie heute wieder unter 20 Prozent an dritter Stelle.

Viele Wähler wollen nichts mit Putins Freunden zu tun haben. Dabei habe ich die um mehr Meinungsfreiheit kämpfenden Rechtsparteien eigentlich lange als Freunde der Freiheit eingestuft.

Für nüchterne Beobachter besteht jedoch kein Zweifel: Russland unter Putin hat mit Freiheit und Demokratie nichts mehr zu tun. Wenn man ernsthaft den angeblich notwendigen „Schutz der Russen“ in aller Welt zum Kriegsgrund erhebt, dann sollten Freiheitliche zumindest daran denken, dass auch in Österreich heute Zehntausende Russen leben. Wo ist da noch der Unterschied?

Putin spielt zwar jetzt auf dem religiösen Klavier, um die Russen hinter sich zu scharen. Das würde theoretisch christlichen Parteien – oder sich christlich gebenden – entsprechen. Aber Putin hat noch keine Sekunde Reue gezeigt, dass er voll Begeisterung so lange für den totalitären Sowjetstaat gekämpft hat, in dem Religion und Meinungsfreiheit schwer unterdrückt worden sind. Auch in Putins heutigem Reich werden Stalin und Lenin verherrlicht; Oppositionelle wandern wieder ins Gefängnis; es gibt keinen Hauch unabhängiger Richter; und die paar oppositionellen Medien erleben immer dann einen „zufälligen“ Eigentümerwechsel, sobald sie Putin gefährlich werden.

Noch unverständlicher ist, dass Stadler- und FPÖ-Abgeordnete persönlich einen Persilschein für die Annexion der Krim durch Russland gegeben haben. Sie haben sich weder bei Krim-Tataren, noch bei Krim-Deutschen, noch bei Krim-Ukrainern umgehört. Sie haben keine Ahnung von demokratischen Abstimmungen: Denn die kann es nur dann geben, wenn auch in den Wochen vorher freie Information und Kommunikation durch alle Seiten möglich gewesen ist. Die Wahlurnen zu beobachten sagt gar nichts.

Die FPÖ hat damit die gewaltsame Veränderung europäischer Grenzen durch Russland gutgeheißen. Diese ist erfolgt, ohne dass Moskau in irgendeiner Weise durch humanitäre Katastrophen oder eine offene Bedrohung dazu legitimiert gewesen wäre. Das ist ein dramatischer Qualitätsbruch, über den man nicht zur Tagesordnung übergehen darf. Wer Putin jetzt die Mauer macht, dem ist offensichtlich der Friede in Europa gleichgültig. Und die in der FPÖ offenbar für bare Münze genommenen Schreckensgeschichten über die Amerikaner sind primär Erfindungen der russischen und der linksradikalen deutschen Medien.

Warum macht die ÖVP total auf EU?

Bleibt theoretisch die ÖVP. Diese aber schickt ausgerechnet einen Spitzenkandidaten ins Rennen, der an blauäugiger Begeisterung für einen EU-Zentralismus Rot, Grün und Pink noch zu übertreffen sucht, wenn das möglich wäre. Der als Parlamentsvizepräsident in fast jeder Frage für noch mehr Rechte der EU und des EU-Parlaments eingetreten ist. Der kein einziges Mal dadurch aufgefallen wäre, dass er für die Freiheit des Einzelnen, der Mitgliedsstaaten oder Kommunen gekämpft hätte. Der selbst jetzt noch Interviews gibt, wo er sich als Zentralist outet. Der ganz offensichtlich Anti-Strasser mit Pro-Zentralismus-Stimmen verwechselt.

Lediglich in der kurzen Ära des Außenamts-Staatssekretär Lopatka hat die ÖVP den Eindruck erweckt, dass sie endlich erkannt hätte, dass man auch die EU kritisieren darf. Dass viel weniger europaweit geregelt werden sollte, als in den letzten Jahren geschehen ist. Dass die EU reihenweise die eigenen rechtlichen Pflichten gebrochen hat. Nach Lopatka hört man aber nur noch die Liebe zur EU.

Wahrscheinlich haben der Druck der ja nur vermeintlich EU-unkritischen Industriellenvereinigung, die Angst vor der EU-fanatischen Neos und die Verwechslung des Jahres 2014 mit 1994 der ÖVP in Sachen EU jede kritische Distanz geraubt. Bei etlichen ihrer Schwesterparteien kann man diese dringend notwendige Kritik hingegen halbwegs hören. Besonders laut etwa bei der früher der ÖVP so eng verbundenen CSU. Oder hat man sich bei den Schwarzen gar vor der Drohung des Othmar Karas gefürchtet, notfalls auch mit einer eigenen Liste anzutreten, wenn ihn die ÖVP nicht nimmt? Hätte sie doch nur.

Wie auch immer. Ich bin absolut ratlos.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Hauptsache gegen Amerika

01. Mai 2014 01:54 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Sie droht im laufenden EU-Wahlkampf versenkt zu werden. Für Unternehmen wie auch Arbeitnehmer in Europa und Amerika wäre sie jedoch enorm wichtig und positiv: die transatlantische Freihandelszone. Auch wenn die genauen Schätzung ihrer Folgen immer schwierig bleibt, so ist doch völlig klar: Wenn es wirklich gelänge, einen 800 Millionen Menschen umfassenden gemeinsamen Markt zu schaffen, der die Hälfte(!) des gesamten Welthandels umfasst, so würde das viele Unternehmer zur Ansiedlung motivieren. So würden zahlreiche Arbeitsplätze entstehen.

Das gelingt aber nur dann, wenn diese transatlantische Zone aus mehr bestünde als aus der bloßen Abschaffung von Zöllen. Diese sind schon längst nicht mehr das zentrale Problem. Viel wirksamer und raffinierter sind die nicht tarifären Hindernisse und Investitionsbremsen.

Jedoch wird jetzt im Wahlkampf europaweit von Grün und Blau mit ähnlichen Argumenten gegen Amerika Stimmung gemacht, wie sie das 1994 in Österreich gegen die EU getan haben. Damals wurde beispielsweise ernsthaft als Argument gegen einen EU-Beitritt vorgebracht, dass niederländische Paradeiser weniger gut schmecken als einheimische. Hinter zahllosen solchen Argumenten verbargen sich in Wahrheit meist einheimische Produzenten, die auf Kosten der Konsumenten ohne neue Konkurrenz weiter ihre Geschäfte machen wollten. Und deren PR-Agenten, die Schauergeschichten ausstreuten.

Niemand muss bis heute niederländische Tomaten essen. Aber als mündiger Konsument will ich selber entscheiden, ob mir die besser oder schlechter schmecken als einheimische. Es muss nur zweierlei geben: ein Verbot gesundheitsschädlicher Waren und eine klare Kennzeichnung. Alles andere ist mieser Interessen-Lobbyismus, der sich hinter ökologischen, sozialen oder sicherheitsorientierten Scheinargumenten verbirgt. Denn auch in Amerika rennen genausowenig Menschen mit zwei Köpfen herum wie in Europa. Die Lebenserwartung ist praktisch gleich: USA 79, Kanada 81, Europa 77, ohne Osteuropa 81.

Wer beispielsweise glaubt, dass Atomstrom schädlich ist, der wählt halt den teuren „atomfreien“ Strom. Dennoch würde auch ohne EU weiterhin Atomstrom nach Österreich importiert, da das Land seit Jahren zu wenig Kraftwerke hat und daher zu wenig Strom produziert.

Man braucht auch in Zukunft als Konsument nicht die derzeit in vielen Diskussionen herumflatternden amerikanischen Chlorhühner zu kaufen. Ich hingegen würde diese sogar mit Vorrang erwerben, da sie durch die ungiftige Chlor-Behandlung sicherer gegen Salmonellen sind.

Besonders wichtig für die Ansiedlung von Unternehmen wäre vor allem ein unabhängiger Schutz gegen spätere Schikanen eines Aufnahmestaates oder gegen Verstaatlichung. Diesen Schutz schafft nur ein unabhängiges Gericht. Wer ihn verweigert, der nimmt in Kauf, dass viele Arbeitsplätze nicht entstehen.

Steht am Ende links- wie rechtsextremer Antiamerikanismus hinter der Ablehnung der neuen Freihandelszone?

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Europa: Der Obskurant und das Establishment

28. April 2014 00:28 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wer die EU kritisiert, wird von weiten Teilen des politischen und medialen Establishments zum Obskuranten gestempelt. Man darf zwar Österreich scharf und auch grundsätzlich kritisieren, aber nicht die EU. Verstehe das, wer kann.

Der österreichische Rechnungshof kritisiert scharf Organe und Unternehmen der Republik. Im Rechnungshof der EU meinen viele hingegen: Man müsse sich mit scharfer Kritik zurückhalten. Das würde sonst von den EU-„Feinden“ aufgegriffen.

Ich bin schon einmal vom politischen und medialen Establishment zum Obskuranten gestempelt worden: Als ich in den 80er Jahren (dank der Toleranz meines Chefs Thomas Chorherrs) als erster Journalist einen „Vollbeitritt“ zur EU als möglich, sinnvoll und notwendig bezeichnet habe. Außenamt, Wirtschaftskammer, Bauern, Gewerkschaft, Völkerrechtler, Regierung und erst recht die Links-„Intellektuellen“: Alle waren damals strikt gegen mich und einen Vollbeitritt – angeblich aus rechtlichen Gründen, aber in Wahrheit aus Dummheit, Feigheit oder geheimen Interessen. Statt dessen wurden Seltsamkeiten propagiert wie etwa ein „Global approach“, in dem man zwar alle EU-Regeln hundertprozentig nachmacht – aber ohne Beitritt und Mitbestimmung.

Auch heute bekenne ich mich zur vollen Mitgliedschaft. Ich kritisiere die EU aber in etlichen Bereichen scharf. Das ist weder Widerspruch noch Haltungsänderung. Das ist vielmehr zwingende Reaktion auf Änderungen der EU selbst. Es sind die kritiklosen EU-Apologeten und die Kämpfer für einen ständigen Kompetenz-Transfer Richtung Europa und damit die Entmachtung der Staaten, die eines Tages schuld am Ende der EU sein werden. Die meisten Kritiker versuchen hingegen noch zu retten, was damals wie heute wichtig und gut ist an der EU.

Was ist das? Da wird manches genannt, freilich ist nur ein Teil richtig.

  1. Friede, Freiheit, Demokratie: Fast kein Politiker, kein Leitartikler lässt diese Begriffe aus. So wichtig sie sind – so unsinnig ist es, sie als Verdienst der EU darzustellen. Es gab im Westen schon vor der EU Friede, Freiheit, Demokratie. Und der Zusammenbruch des Realsozialismus 1989 hat viele Gründe, die EU ist höchstens der zwanzigste.
    Friede, Freiheit, Demokratie haben andere hergestellt: die Nato, die auch uns gegen den Warschauer Pakt geschützt hat; die Amerikaner, die sich nach 1945 zum Unterschied von 1918 weiter um Europa gekümmert haben; die deutsch-französische Aussöhnung; der Verzicht auf Reparationen und Demütigung; die gewandelte innere Einstellung der Europäer. Nichts davon war Folge der EWG, EG, EU oder gar von deren heutigem Zentralismus. Auch viele andere Länder haben Frieden, Freiheit, Demokratie. Ohne EU-Mitgliedschaft.
  2. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die vier Freiheiten des Binnenmarkts: Darin liegt in der Tat der große Wert der EU. Waren ungehindert von allen nicht nur für einen 8-, sondern einen 500-Millionen Markt produzieren zu können, ist die entscheidende Ursache des steilen Wohlstandsanstiegs seit der EU-Mitgliedschaft. Auch assoziierte Länder wie die Schweiz profitieren davon. Wegen eines solchen Wohlstandsgewinns durch Handel planen jetzt übrigens Europa und Amerika eine transatlantische Freihandelszone (die von den Linken wieder einmal bekämpft wird). Allein in Österreich hängen am Binnenmarkt direkt Hunderttausende Arbeitsplätze. Und indirekt noch viel mehr.
  3. Liberale Durchlüftung des verkalkten und staatsdominierten Österreich: Das war beim Beitritt sehr wichtig, ist aber heute ins Gegenteil gekippt.
  4. Der Euro: Naja. Zwar hat die gemeinsame Währung viele Vorteile: Sie eliminiert Währungsrisken, Transaktionsspesen und Abwertungswettläufe. Das wäre alles positiv – wenn man die eigenen Regeln eingehalten hätte. Was die EU aber nicht tat. Siehe die total ignorierten Maastricht-Kriterien; siehe das Verbot, verschuldete Länder zu finanzieren; siehe die vom deutschen Verfassungsgericht aufgezeigten Rechtsbrüche durch die Europäische Zentralbank.

Damit sind wir schon bei den vielen Gründen, warum die Liebe zu Europa erkalten musste. Warum europaweit der Anti-EU-Sturm anschwillt, der bei uns durch staatsoffizielles und ORF-manipuliertes Schönreden nur noch schlimmer wird. Fast zu jedem der in der Folge aufgelisteten Defizite gäbe es viel zu sagen:

Die Summe dieser Punkte hat die einst große Liebe zu Europa in großen Zorn verwandelt.

Dieser Beitrag erscheint in ähnlicher Form in der neuesten Nummer der Zeitschrift "Academia".

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FN 625: Österreich macht Schulden und die EU-Wahl zur lustigen Groteske

26. April 2014 01:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Schlimmer kann es kaum noch kommen: Das Land muss wahrscheinlich wegen seines Defizits Strafe zahlen. Tut aber nichts, denn dafür lässt es mit seinem Wahlmodus alle Welt lachen.

Jetzt ist der Finanzminister mit der niederschmetternden Nachricht herausgerückt: Österreich wird wegen seines nicht den Versprechungen entsprechenden Defizits wahrscheinlich das erste EU-Land sein, das Strafe zahlen muss. Super. Kann eigentlich noch deutlicher klar werden, dass diese Regierung überhaupt keine Reformen zustande bringt? Seit Werner Faymann (und seine Einflüsterer aus der Arbeiterkammer) an der Macht ist, herrscht der absolute Stillstand. Aber dafür sorgt Österreich gleich für doppelte Heiterkeit: Erstens ist es das einzige EU-Land, das 16-Jährige wählen lässt. Kleiner Tipp an die Koalition: Dieser Lacherfolg lässt sich durch eine weitere Senkung des Wahlalters auf 14, 12, 10 usw. locker widerholen. Und zweitens bleibt auf dem Stimmzettel die dritte Zeile einfach leer. Dabei kandidieren natürlich viel mehr Parteien als nur Schwarz und Rot, die oberhalb stehen. Diese Leere wird offiziell mit dem Nichtantreten der Liste Kronenzeitung, pardon: Martin begründet. Inoffiziell damit, dass die beiden Machtparteien sich so abheben möchten. Wie auch immer: Jedenfalls kann Europa gleich zweifach kräftig über Österreich lachen. Ob das wirklich vom Schuldenmachen ablenkt?

PS: Nur noch verzweifelt lachen muss man freilich auch, wenn zum Zeitpunkt, da die Kriegsgefahr immer größer wird, SPÖ-Politiker ernsthaft Sender zwingen wollen, einen Mindestanteil österreichischer Musiker zu senden. Einem echten Sozialisten fällt halt ständig was ein, wo er noch weiter regulieren kann. Bleibt nur zu hoffen, dass es noch genügend betrunkene Überbleibsel vom letzten Donauinselfest gibt, um diese Sendezeit zu füllen.

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Der Strom, Deutschland und die EU

21. April 2014 01:44 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Energie ist die Lebensader jeder Wirtschaft. Das klingt banal, aber der Energiekrieg zwischen Deutschland und Europa beweist es täglich. Und zwar weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. An sich hat jede Seite auf ihre Weise recht. Nur bringt das noch keine Lösung. Der Konflikt ist in Wahrheit unlösbar, solange Deutschland am Prinzip der Energiewende festhält, während der Rest der Welt darüber nur lacht.

In Deutschland wird diese heute krasser als in jedem anderen EU-Land vollzogen. Solar- und Windenergie werden mit jahrzehntelangen Abnahme-Garantien zu hohen Preisen gepusht, die weit über den Marktpreisen liegen. Daher werden auch massenweise Alternativ-Anlagen gebaut. Diese Garantien zahlt aber nicht die Regierung – woher denn auch –, sondern Konsumenten und Klein-Unternehmer. Deren Stromrechnung ist heute doppelt so hoch wie vor der Wende. Einige bevorzugte Betriebe bekommen hingegen weiterhin billigen Strom und zahlen oft nur ein Zehntel dessen, was andere zahlen müssten.

Das sorgt bei den kleineren Unternehmen und den Haushalten für zunehmende Empörung. Das diskriminiert sie und vernichtet überdies zunehmend viele Kleinunternehmer samt den dortigen Jobs. Berlin weiß aber, dass ein höherer Strompreis für die im weltweiten Wettbewerb stehende Industrie Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Arbeitsplätze vernichten würde. Dass viele heute deutsche Anlagen dann in Übersee stehen würden.

 Die EU-Kommission sieht darin jedoch eine unfaire Wettbewerbs-Bevorzugung der Großkonzerne. Sie wertet das als unerlaubte Beihilfe und geht daher ebenfalls zu Recht dagegen vor.

Diese deutsche Energiepolitik trifft auch viele andere Länder: Einmal werden (bei Wind) große Strommengen exportiert; ein andermal importiert. Da Strom kaum speicherbar ist, macht das auch dem Ausland gewaltige Probleme. Und führt zu ökologisch unerwünschten Ergebnissen: Als rasch zuschaltbare Stromquellen dienen vor allem Kohle-Kraftwerke. Ökologisch viel bessere Gaskraftwerke bleiben hingegen ungenutzt, weil sie teurer sind.

Die EU-Kommission gibt in ihrem Kampf für mehr Wettbewerb nicht nach; aber auch Deutschland tut das bei der Verteidigung seiner Industrie-Privilegien nicht. Niemand weiß, wie dieser Kampf zweier Giganten ausgehen wird. Der neue deutsche Minister Gabriel ändert zwar das „Erneuerbare“-Gesetz. Aber darin wird nur die Förderung ein wenig reduziert, die Bevorzugung der Großbetriebe bleibt, und auch die Belastung von Haushalten und Gewerbe.

Guter Rat ist jetzt teuer. Es wird ihn erst dann geben, wenn endlich wieder das Prinzip Markt wirken kann: Nur ein Markt kann Preise und Angebote sinnvoll regeln. Längst müsste ja Alternativstrom die Kinderkrankheiten hinter sich gelassen haben, so lange wird er schon auf Kosten Dritter gefördert. Daher sollten die „Erneuerbaren“ endlich ungefördert in einen ganz normalen Wettbewerb eintreten.

Das würde Jobs in Europa halten. Das wäre vernünftig. Das geschieht nur nicht.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Die europäischen Überregulierungen

18. April 2014 03:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es sind gleich zwei schädliche Automatismen. Der erste: Jeder, der nach Europa kommt, denkt bald europäisch und nicht mehr in der Perspektive seiner Heimat – obwohl er von dort entsandt oder gewählt worden ist. Der psychologische Vorgang ist klar: Geht es doch etwa in Österreich nur um 8 Millionen, in der EU bestimmt man gleich über 500! So lautet der erste. Der zweite Automatismus: Noch jede Körperschaft, jede Organisation, jeder Politiker hat durch Aufstellung von Regeln, durch Gesetze, durch Verordnungen die eigene Existenzberechtigung nachzuweisen versucht. Hätte ein Politiker das nicht getan, hätte er zwar meist richtiger gehandelt; er wäre aber sofort vom Boulevard als „faul“ gebrandmarkt worden.

Das zeigt sich schon in jedem Land selber. Je mehr Minister es gibt, umso mehr Gesetze, Ministerbüros und Berater. Es ist alles andere als ein Zufall, dass die Schweiz nur sieben Regierungsmitglieder (Bundesräte) hat und zugleich sensationell niedrige Steuern. Da sind eben weniger Menschen beim Nachdenken, wo man noch Geld ausgeben könne. Österreich hingegen hat genau doppelt so viele Ministerien wie Schweiz.

Man könnte auch die administrativen Stufen vergleichen: Die Schweiz ist nicht bei der EU und hat dennoch nur drei relevante Ebenen, Gemeinden, Kantone und den Bund. Österreich hingegen hat mit Gemeinden, Bezirken, Bundesländern und Bund eine Verwaltungsebene mehr. Und ist überdies in der EU.

Bürokratie statt Subsidiarität

Erst recht zeigt sich das Bürokratie-Phänomen in der EU selber. Dort wird zwar immer, wenn eine neue Verfassung anzunehmen oder ein neues Parlament zu wählen ist, von Politikern viel „Subsidiarität“ versprochen. Gehandelt wird aber immer in die Gegenrichtung. So hat inzwischen die EU-Kommission nicht weniger als 28 Mitglieder. Also vier Mal so viel wie die Schweiz Bundesräte hat. Dabei hatte man fix vorgehabt, die Zahl der Kommissare zu reduzieren – aber dann hätte nicht mehr jedes Land einen gehabt. Also ließ man es lieber bleiben.

Als Ergebnis produziert die EU ständig mehr Arbeitsgruppen, Richtlinien und Organisationen. Nur noch die größten Spezialisten haben einen Überblick über alle. Jeder Politiker will sich verewigen, daher schlägt er ständig neue Institutionen oder Richtlinien vor. Oder man gibt, wie die Luxemburger Kommissarin Reding mit ihrer Gummikompetenz „Grundrechte“ ständig den EU-Staaten Ratschläge und Wünsche für alles mögliche. Die Lust und Verführung, etwas europaweit anschaffen zu können, ist geradezu unermesslich. Gerade Politiker aus kleinen Ländern werden hemmungslos, wenn sie gleich über eine halbe Milliarde Menschen kommandieren können.

Ein Schweizer hingegen würde nur verständnislos schauen, wenn das Land einen „Grundrechts“-Bundesrat hätte. Denn zum Schutz dieser Grundrechte sind ja die Gerichte und nicht die Politiker da.

Der Wildwuchs an Instituionen

In der EU gibt es aber nicht nur die Kommission. Es gib auch das mit der letzten EU-Verfassung stark aufgewertete Parlament – ohne aber dass im Gegenzug eine Organisation abgewertet worden wäre. Was die Dinge in der EU unglaublich kompliziert. Es gibt den Europäischen Rat (wo die Regierungschefs bei jedem ihrer Treffen etwas beschließen wollen), es gibt die zahllosen Räte der Fachminister (die auf EU-Ebene gerne das beschließen, was sie daheim nicht durchgebracht haben), es gibt die EU-Gerichte.

Das ist aber keineswegs alles. Die EU hat darüber hinaus, um die wichtigsten Organisationen wenigstens dem Namen nach aufzuzählen:

einen Rechnungshof, eine Zentralbank, einen Auswärtigen Dienst, einen Hohen Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik, einen Wirtschafts- und Sozialausschuss, einen Ausschuss der Regionen, eine Investitionsbank, einen Bürgerbeauftragten, einen Datenschutzbeauftragten, ein Amt für Veröffentlichungen, ein Amt für Personalauswahl, eine Verwaltungsakademie und einen umfangreichen Übersetzerdienst (obwohl viele andere internationale Organisationen intern mit Englisch als Arbeitssprache auskommen).

Aber wollen wir die Leser nicht erschöpfen: Es gibt ja noch weitere 40 EU-Agenturen bis hin zum Innovations- und Technologieinstitut. Fast alle machen sich wichtig und wollen durch Regulierungen ihre Notwendigkeit beweisen. Und ständig wird weiter ausgebaut. Jetzt etwa eine eigene Bankenaufsicht.

Man könnte ja noch Verständnis für etliche dieser Institutionen aufbringen, wären etwa in Österreich beim Beitritt einige entsprechende nationale Institutionen aufgelöst worden. Aber es geschah das Gegenteil: Viele Organisationen und Ministerien haben eine Personalaufstockung verlangt, weil sie ja jetzt auch noch die europäischen Angelegenheiten betreuen müssen.

Dabei hätte man im Gegenzug zum EU-Beitritt überhaupt eine ganze Verwaltungsebene streichen müssen. Nur hätten dann viele sich für wichtige Haltende ihr stolzes Amt verloren. Was natürlich für die Politik denkunmöglich ist. Da scheint es immer nur ein Mehr, nie ein Weniger zu geben.

Wo sich die EU überall einmischt

Genau diese Vielfalt an Aufgaben suchenden EU-Institutionen führt jedenfalls dazu, dass EU-Europa immer mehr in das Leben der Menschen einzugreifen versucht, oder tatsächlich eingreift. Dazu gehören etwa:

Regulieren, zwingen, vorschreiben, vereinheitlichen. Diese Aufzählung meist völliger unnützer oder schädlicher EU-Beschlüsse ließe sich endlos fortsetzen.

Regulieren, nur wo alle Regeln brauchen

Dabei wäre das richtige Prinzip ganz logisch: Überall dort, wo es in den 28 Ländern Regulierungen gibt oder wo Regulierungen zur Abwehr ausländischer Konkurrenten dienen, ist eine Vereinheitlichung EU-weit durchaus sinnvoll. Überall dort, wo alle oder mehrere Länder aus gutem Grund auf eine solche Regulierung verzichtet haben, dürfte es auch keine EU-einheitliche Regulierung geben. Eigentlich ein sehr einfaches Prinzip – aber es wird überhaupt nicht eingehalten. Es wird viel zu viel reguliert, bis hin zu den neuesten Plänen der EU-Kommission, an wen ich meine Wohnung vermieten darf. Aber beim logischerweise fast immer grenzüberschreitenden Verkehr (Genehmigungen von Loks, Verkehrszeichen, Fahrverboten usw.) schafft man keine Vereinheitlichungen.

Fast alle EU-Akteure wollen europaeinheitliche Zwänge. Als einer von vielen sei der EU-Vizepräsident Othmar Karas zitiert, der frank und frei gesagt hat: „Es muss europäisch entschieden werden.“ Und: „Es darf keine nationalen Vetomöglichkeiten geben“. Karas hat das konkret in Hinblick auf die Bankenabwicklung gesagt – aber im Grund sind diese Sätze in allen Feldern das Handlungsprinzip aller europäischen Politik. Nicht nur von Karas. Nicht nur von seiner Fraktion.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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FN 615: Wie sich die EU selbst beschädigt

17. April 2014 02:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Auf diese Idee muss man erst kommen: Ausgerechnet knapp vor der EU-Wahl will die EU-Kommission Österreich zwingen, Türken (noch) bessere Rechte einzuräumen!

Noch „sensibler“ geht’s wirklich nicht mehr. Das Wiener Innenministerium glaubt zwar, schon längst alles Vorgeschriebene getan zu haben. Und fast alle Österreicher sind überzeugt, dass es nicht einmal das geringste Recht mehr gebe, das Türken nicht in vollstem Umfang bekämen. Aber die Kommission sieht das anders und gibt Österreich ganze zwei Monate Zeit zu gehorchen. Dann wird es vor den EU-Gerichtshof gezerrt. Ich weiß zwar nicht, ob die EU-Kommission von Vilimskys oder Stadlers Wahlmanagern finanziert wird. Aber verdient hätte sie es allemal. Andererseits: Warum sollen EU-Beamte ausgerechnet jetzt ihr Verhalten ändern? Und: Warum fällt mir ausgerechnet jetzt das Wahlplakat von Othmar Karas ein? Europa sei ein Gedanke, „der jetzt zu einem Gefühl werden muss“, liest man dort. Ob der Herr Karas weiß, welches Gefühl diese EU-Kommission in mir wachruft? Druckreif ist es jedenfalls nicht. Dabei war ich eh schon von Anfang an zornig, wenn mir jemand jetzt sogar vorschreiben will, welche „Gefühle“ ich haben müsse. Nicht einmal die sind also mehr meine Privatsache . . .

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FN 614: Wie man Inflation verstecken kann

16. April 2014 14:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Kein Land hat eine so hohe Inflation wie Österreich.

Aber dennoch sind Österreich und das ähnlich rasch teurer werdende Deutschland Opfer der angeblich notwendigen Anti-Deflations-Politik der Europäischen Zentralbank. Das hat für alle Sparer und Jungfamilien verheerende Folgen. So kostet in Wien schon die Hälfte aller Eigentumswohnungen über 300.000 Euro (weshalb auch klar ist, dass das künftige Luxushochhaus neben dem Konzerthaus, das die Politik so gerne bauen will, nur auf russische Oligarchen und ein paar andere Superreiche setzt). Aber dennoch fährt die EZB ungeniert weiter mit dem Gelddrucken fort. Um es in Zahlen zu sagen: Der tägliche Einkauf ist hierzulande selbst nach Angaben der Statistiker um 3,8 Prozent teurer geworden. Da ist das Billigerwerden von Benzin und Flugreisen kein wirklicher Trost. Oder gar der – in Wahrheit dringend notwendige! – Rückgang von Preisen im Griechenland.

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Wo sich EU, Heinisch und die Unis gleichen

16. April 2014 00:10 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Ähnlichkeit zwischen EU, der Unterrichtsministerin und den Universitäten ist rasch gefunden: Sie alle wollen uns für blöd verkaufen. Politik in Österreich wie in der EU wird nur noch als Show veranstaltet. Und die „Forscher“ wollen nur kassieren, ohne an einer Umsetzung interessiert zu sein. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen der Politik wie der Forschung überdrüssig werden. Aber da sie selbst die Betroffenen sind, sollten sie sich wehren.

Das zeigen wieder ganz aktuelle Beispiele.

Da beschließt das EU-Parlament schnell vor den Wahlen noch etwas, was es halt für besonders populär hält. Und alle Jubelmedien berichten groß und freudig erregt: Jetzt gebe es die europäische Bankenunion, künftig werden Eigentümer und Gläubiger in die Pflicht genommen, nicht mehr wie bisher die Steuerzahler.

Wie bitte? Wieso braucht es das EU-Parlament, um Eigentümer und Gläubiger beim Crash einer Bank zur Kassa zu bitten? Das kann man doch seit Jahrhunderten, seit es Banken gibt. Nur hat man im wirklichen Leben immer wieder die Gläubiger (=Einleger) geschont.

Es war sogar die EU selber, die einst auf Josef Pröll massiven Druck ausgeübt hat, nur ja die Hypo zu retten. Auf Kosten der Steuerzahler. Jetzt aber stellt sich die EU als Retter der Steuerzahler da. Absurder geht’s kaum.

Gewiss, damals wie auch bei allen anderen Bankenrettungen sind die Absichten der „Retter“ nachvollziehbar: Sie wollen einen Domino-Effekt vermeiden. Denn wären die Einlagen der Gläubiger ganz oder weitgehend futsch, wären auch die Gläubiger kaputt. Das sind bei Banken die Ein- und Anleger, also sehr oft Unternehmen mit sehr vielen Arbeitsplätzen. Das macht einen Bankencrash gewiss nicht einfach.

Nur eines bitte sollte man doch ehrlich zugeben: An dieser Problematik ändert sich durch den Bankenunion-Beschluss der EU absolut nichts. Kann sich auch nichts ändern. Außer dass jetzt noch mehr die Nöte der griechischen/zypriotischen/spanischen (usw.) Banken das Problem aller Europäer sind. Was ich nicht unbedingt als eine Verbesserung ansehe. Und der gleichzeitig propagierte Haftungsfonds wird erst nach acht(!!) Jahren gerade so viel Geld aufweisen, wie ein einziger größerer Bankencrash kostet.

Der Zorn heißt nun gewiss nicht, dass ich vorgäbe, an Stelle der EU den Stein der Weisen zu haben. Ein Bankencrash bleibt immer eine schlimme Sache, fast so schlimm wie ein Ländercrash. Der Zorn richtet sich aber gegen die Kritiklosigkeit der tief in die Medien hineinreichenden EU-Propagandisten, die jetzt so tun, als hätte das EU-Parlament das Problem gelöst. Als hätte die EU den Stein der Weisen gefunden.

Zornig macht auch der EU-Jubel über die nun beschlossene Vereinheitlichung von Steckern zum Aufladen von E-Autos. Diese Stecker sind zwar wunderbar – aber zehntausendmal wichtiger wäre es, wenn es endlich die seit Jahrzehnten fehlende europaweite Vereinheitlichung von ganz normalen dreipoligen E-Steckern gäbe. Aber darüber schweigt man halt. Obwohl jeder solche Geräte hat.

Gewiss ist auch da eine Vereinheitlichung nicht leicht. Aber es ist wirklich ärgerlich, wie man uns ständig für blöd verkauft, indem das wirkliche Problem verschwiegen wird. Und wie viele Medien da mittun.

Für blöd will uns auch die Unterrichtsministerin verkaufen: Heinisch-Hosek lädt jetzt serienweise zu Gipfeln über das Sparprogramm in den Schulen ein. Dabei hat sie schon alle entsprechenden Weisungen und Einsparungen verbindlich hinausgejagt. Was sollen da noch die Gipfel? Dass die Ministerin dann sagen kann, die Betroffenen hätten ja selber zugestimmt, dass sie beispielsweise statt in der neunten in der achten Schulstufe sparen wollen? Dass die Betroffenen selber entscheiden müssen, ob sie lieber gerädert oder gevierteilt werden?

Die ganze Schulpolitik ist nur noch zyklischer Schwachsinn: Regelmäßig wird von deren Vorrang schwadroniert und davon, welche Wohltaten eines ständig noch besseren Unterrichts wir denn nicht alle den Politikern zu verdanken hätten. Bis man dann halt ganz zufällig regelmäßig draufkommt, dass man ja gar kein Geld hat und sparen muss. Und dann ganz heimlich die Weisungen hinausgibt.

Besonders effektvoll beim Ruf nach Geld ist auch die Universitäten- und Bildungs-Lobby. Da sind wieder alle Medien ehrfurchtsvoll mit ihrer Unterstützung dabei (nur beim plötzlichen Sparen Heinisch-Hoseks auf Kosten der Schüler durchschauen sogar die Zeitungen den Schwachsinn). Aber wenn Universitäts-Professoren jammern, dann stimmen alle mit ein.

Zu Unrecht. Denn abgesehen von dem unglaublichen Blödsinn, den viele geistes- und sozialwissenschaftliche Professoren verzapfen, macht auch ein aktueller Anlass in Hinblick auf die Grundlagen- und Ingenieurwissenschaften stutzig: Da verkündet die amerikanische Firma Google, dass sie jetzt abgelegene Gegenden aus der Luft durch Drohnen mit Internet versorgen wird. Super. Aber die Leistung der Amerikaner wird hierzulande sofort heruntergespielt – weil die EU „schon vor zehn oder fünfzehn Jahren“ dazu geforscht habe.

Da schau ich ja: Die EU lässt – natürlich immer auf unser aller Geld – forschen (im Klartext: Professoren haben kassiert). Aber dann passiert nichts mehr. Nur die Amerikaner setzen auch um. Wieder einmal. Solche Umsetzung ist jedoch das einzige Gewinnbringende an der Sache. Während hierzulande Forschung und die Unis (wie sie heute speziell in Österreich aufgestellt sind) nur kosten, sich aber nicht um die Umsetzung kümmern.

Wenn man es ganz pointiert formulieren möchte, dann kann die Forschungslobby bei uns eigentlich nur eines: Uns für blöd verkaufen. Und die Medien sind ob der Uni-Forderungen regelmäßig ergriffen und kassieren ganz zufällig Gelder für dicke Forschungsseiten.

 

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Kriegsgefahr: Die Schuldigen

15. April 2014 00:39 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In der Ukraine kann es nun offenbar doch zu einem großen Brand kommen, nachdem es ein paar Tage lang nach einer relativen Beruhigung ausgesehen hatte. Ohne dass diesen großen Brand wohl jemand so beabsichtigt, ohne dass ihn jemand wirklich will. Aber die Akteure haben nicht wie ein Schachspieler gleich mehrere Züge weitergedacht, sie haben nicht die weiteren Konsequenzen überlegt. Wer ist schuld daran?

Vor der Prüfung der ukrainischen Schuldfrage machen wir einen ebenso aktuellen und zugleich lehrreichen Blick auf einen ganz anderen Kontinent. Ohne dass es in Europa sonderlich beachtet worden ist, tobt in Afrika von Monat zu Monat schlimmer ein immer heftiger werdender Krieg, der schon abertausende Todesopfer gefordert hat: Von Küste bis Küste ist südlich der Sahara ein erbitterter Kampf zwischen Moslems und Christen im Gang. Fast in jedem der Länder, die sowohl moslemisch wie auch christlich-animistisch sind, ist ein furchtbares gegenseitiges Abschlachten in Gang, das offenbar niemand mehr stoppen kann.

Wohl sind dort offensichtlich die Moslems die Brutalsten, sei es in Nigeria, sei es in Mali, sei es in Ägypten, sei es in Somalia. Aber auch die Christen schlagen mancherorts brutal zu, wie etwa in der Zentralafrikanischen Republik. Und niemand wird je genau sagen können, ob es ein Zuschlagen oder ein Zurückschlagen ist. Gleichzeitig wird vieles dieser religiösen Polarität auch von Stammes-Antagonismen und Kriminalität überlagert. Tatsache ist aber: Europa schaut weitgehend weg. Mit der kleinen Ausnahme Frankreichs, das in einigen seiner ehemaligen Kolonien zwar für Ordnung zu sorgen versucht, aber das ebenfalls zunehmend hilflos wirkt.

Diese sich immer mehr eskalierende afrikanische Dramatik wird in Europa freilich auch deshalb gerne übersehen, weil viele hier ja das Gefühl haben, von den Tugendwächtern würde jede Äußerung zu Afrika sowieso als rassistisch eingestuft. Umso gebannter blickt Europa auf die Vorgänge in der Ukraine. Aber hilflos ist es offensichtlich auch dort.

Wer aber ist schuld an den dortigen Eskalationen?

1: Gewaltverbot

Es besteht kein Zweifel: Selbst wenn jedes Detail wahr wäre, dass die russische Propaganda verbreitet (und das am linken wie auch am rechten äußersten Rand hierzulande auch erstaunlich kritiklos geglaubt wird), so liegt doch eindeutig die Hauptschuld bei Russland. Denn nichts von den Vorgängen in der Ukraine rechtfertigt eine Intervention von außen, selbst wenn die erfindungsreiche Propaganda Russlands die volle Wahrheit sagen sollte.

Russland ist weder bedroht worden noch hat es in der Ukraine der letzten Wochen Menschenrechtverletzungen in einer relevanten Diskussion gegeben. Auch hat der UNO-Sicherheitsrat in keiner Weise eine Intervention auf der Krim und jetzt in der Ostukraine genehmigt.

Dennoch kann kein Zweifel mehr bestehen, dass auch in der Ostukraine die Besetzungen von Moskau durchgeführt worden sind. Wie auf der Krim sind es militärisch organisierte Einheiten, die in organisierter Art ein Gebäude nach dem anderen besetzen. Und da Marsmännchen auch in der Ukraine relativ selten sind, sind es wohl unzweifelhaft neuerlich russische Spezialtruppen.

Mit seinen Interventionen verstößt Moskau nicht nur gegen die vielen Chartas, die seit 1945 ausdrücklich ein Gewaltverbot beschwören. Moskau verletzt zusätzlich auch jenen Vertrag, in dem der Ukraine einst gegen eine Rückgabe ihrer Atomwaffen eine Unverletzlichkeit der Grenzen garantiert worden ist.

Selbst wenn man dem FPÖ-Wien-Sprecher Gudenus zustimmen mag, dass viele Berichte im Westen über die Vorgänge in Kiew einseitig waren, so rechtfertigt das dennoch niemals die Aktionen russischer Soldaten in der Krim und der Ostukraine. Jeder seriöse Vergleich zeigt: Im Grund sind der erste wie der zweite Weltkrieg mit ihrem millionenfachen Leid dadurch ausgelöst worden, dass jemand mit Gewalt Grenzen verändern wollte.

Das sollte auch ein Herr Gudenus begreifen.

(Apropos Vergleiche: Dieser Blog wird weiterhin vergleichen, auch wenn Vergleiche neuerdings von den Tugendwächtern auf den Index gesetzt worden sind. Denn in Wahrheit kann es ohne Vergleiche niemals eine historische Einordnung und eine seriöse Beurteilung geben).

2: Selbstbestimmung

Der Ruf nach einem Verzicht auf militärische Gewalt (außer in den genannten Situationen) kann aber nicht den zweiten in der Ukraine verletzten Grundsatz vergessen lassen: das Selbstbestimmungsrecht. Die Entscheidung, welchem Staat die Menschen eines Gebietes mehrheitlich zugehören wollen, steht in Wahrheit sogar höher als das demokratische Grundrecht zu entscheiden, ob die Partei X, Y oder Z diesen Staat regiert. Es kann keine echte Demokratie ohne Selbstbestimmung geben.

Dieses Grundrecht wird aber bis heute nicht allgemein anerkannt. Weder in der Ukraine noch im Westen. Auch in Russland übrigens nicht. Hier gilt nur: Putin schützt russische Interessen, wo auch immer sie bedroht sind. Aber er gewährt dort keine Selbstbestimmung, wo sie weg von Russland führen würde.

Das Recht auf friedliche Selbstbestimmung hat die Tschechoslowakei eingesehen – und fährt gut damit. Das hat Kanada eingesehen – und fährt gut damit. Das hat Großbritannien eingesehen – und wird damit wohl auch gut damit fahren.

Das akzeptieren aber Italien und Spanien sowie viele andere Staaten nicht. Für sie sind die Zahl der beherrschten Quadratkilometer und damit der „Nation“ noch immer zentral. Solche Länder fahren jedoch in Wahrheit von Venetien bis Katalonien schlecht damit. Diese Länder begeben sich mit der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts auf Dauer in Konflikte, die eigentlich ins 19. Jahrhundert gehören.

Es wäre ein gewaltiger Fortschritt, wenn es nicht nur in klugen Staaten wie Großbritannien oder der Tschechoslowakei ein klares völkerrechtliches Prozedere gäbe, wie solche Selbstbestimmung stattzufinden hat. Natürlich braucht es ein klares Quorum. Klar ist auch, dass ein Referendum jedenfalls mit ordentlicher Vorbereitungsfrist und in voller Artikulationsfreiheit für alle Beteiligten ablaufen muss. Die Völkerrechtler täten daher gut daran, sich viel stärker darauf vorzubereiten.

Wer hingegen wie Gudenus ernsthaft meint, die Voraussetzungen eines ordentlichen Referendums wären etwa in der Krim gegeben gewesen, dem ist nicht zu helfen. Noch weniger zu helfen ist ihm, wenn er das Gewaltverbot ignoriert. Wer ernsthaft Gewaltanwendung mit dem Wort „Selbstbestimmung“ rechtfertigt, der nimmt letztlich in Kauf, dass die halbe Welt in Brand gesteckt wird.

Seine Argumentationslinie gibt übrigens auch den antirussischen Kämpfern in Tschetschenien und anderen Regionen jede Legitimation in die Hand. Ob das den diversen Russenfreunden bewusst ist?

Eine qualitativ wichtige Vorstufe zur Selbstbestimmung wäre jedenfalls das Recht auf regionale Autonomie. Rechtzeitige und freiwillige Autonomie nimmt enorm viel Druck aus Konflikten. Aber dennoch wird noch immer selbst der bloße Ruf nach dieser mancherorts bestraft.

3. Die Nichteinmischung

Erst in dritter Linie sind jene Staaten zu tadeln, die ungefragt und von keiner Seite aufgefordert der Ukraine eine Brücken- oder Neutralitätsfunktion geben. Denn mit solchen ungewünschten Vorschlägen widersprechen sie sowohl der Souveränität der Ukraine wie auch dem Selbstbestimmungsrecht.

Das Recht auf Selbstbestimmung muss ja wohl auch für die Ukraine selbst gelten. Wenn die Krim-Bürger ihre Zugehörigkeit frei wählen können, muss dasselbe Recht auch für die Ukraine beziehungsweise ihre Bewohner gelten.

Oder sollen nur Russen dieses Recht haben? Ist man etwa gar dafür, dass ein paar Staatsoberhäupter die Welt wieder nach ihrem Gutdünken einteilen sollen, so wie sie es auf dem Wiener Kongress oder in Jalta getan haben?

Wer die betroffenen Menschen als einzige letztlich relevante Entscheidungsgrundlage nicht ernst nimmt, der kehrt wieder zum Faustrecht zurück.

Es bilden sich neue Allianzen

Hinter dieser grundlegenden Auseinandersetzung um Werte gibt es einige ganz erstaunliche Veränderungen in den staatlichen Beziehungen zu beobachten, deren Konsequenzen wir noch gar nicht abschätzen können:

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Die Piloten, die Arbeitslosen und der ÖGB

13. April 2014 01:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Bis über Ostern ist jetzt in Deutschland offenbar wieder Ruhe mit Streiks. Vor kurzem hat der Ausstand weniger Tausend Lufthansa-Piloten noch eine halbe Million Menschen lahmgelegt. Einige Tage davor hat ein Teil des Bodenpersonals in Deutschland Flughäfen lahmgelegt. Davor haben die deutschen Lokomotivführer als Einzelgruppe gezeigt, wie stark sie sind.

Da kann man als Österreicher einmal wirklich aufatmen. Die Streikfreudigkeit ist hierzulande äußerst gering und damit auch einer der großen Wettbewerbsvorteile dieses Landes. Das darf man durchaus mit Freude festhalten.

Die mangelnde Streiklust ist sicher auch eine Folge der Tatsache, dass es in Österreich seit 1945 eine einheitliche Gewerkschaft gibt. Und es ist kein Zufall, dass gerade in den besonders streikfreudigen (und daher wirtschaftsschwachen) Ländern Italien und Frankreich mehrere Gewerkschaftsbünde gleichberechtigt miteinander konkurrieren.

In Österreich hingegen hat nicht jede Gruppe eine eigene Organisation, um ihre Interessen durchzusetzen. Hier finden in der Regel einmal im Jahr Kollektivvertragsverhandlungen statt. Die sind zwar oft von heftigen Drohungen begleitet, aber diese werden nur selten realisiert. Und dann ist jedenfalls wieder Ruhe.

Die deutschen Piloten haben keine Sympathien verdient, wenn sie zusätzlich zu ihrem Durchschnittsgehalt von 180.000 Euro jährlich auch noch um ein Pensionsantrittsalter von 55 Jahren kämpfen (wobei ohnedies auch die Firmenpension danach sechsstellig, also mehr als gut wattiert ist). Da anderswo Piloten längst um einen bloß fünfstelligen Betrag fliegen, steht längerfristig mit den Pilotengehältern auch das Überleben der ganzen Lufthansa zur Debatte. Diese ist im Grund der letzte große europäische Luftkonzern, der noch existiert und der nicht schon verzweifelt nach einem arabischen oder sonstigen „Retter“ Ausschau hält.

Dennoch sollte man auch seinen österreichischen Patriotismus und das Lob für den ÖGB rasch wieder eindämmen: Denn im Schnitt ist in den letzten Jahren das hiesige Lohnniveau um rund 50 Prozent steiler gestiegen als das deutsche. Was sich sehr böse auswirkt und noch auswirken wird, wie jetzt schon die rapide steigenden Arbeitslosenzahlen beweisen. Dabei haben sich früher österreichische Gewerkschafter immer an den deutschen orientiert und immer die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft im Auge gehabt.

Manche werden nun einwenden, dass Österreich – trotz zahlreicher Pleiten und rapide steigender Verschuldung – noch immer die geringste Arbeitslosigkeit hat. Das stimmt nur nicht. Wenn man die (oft leider nur Pseudo-Charakter habenden) Schulungen durch das AMS und die Frühpensionen dazuzählt, ist das längst nicht so. Dann ist nach einer Berechnung der Agenda Austria die Arbeitslosenrate nicht mehr fünf oder sieben Prozent (die EU-Berechnung beziehungsweise die österreichische). Dann liegt die österreichische Arbeitslosenrate vielmehr schon über zehn Prozent.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Triumph der politischen Korrektheit

12. April 2014 03:39 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Andreas Mölzer ist Geschichte. Zumindest in seiner Funktion als Abgeordneter der Freiheitlichen im Europaparlament. Mitleidsadressen sind unangebracht. Als lang gedienter Funktionär einer außerhalb des sozialdemokratischen Hauptstroms stehenden politischen Gruppierung weiß er, dass er unter argwöhnischer Dauerbeobachtung steht.

Während Linke Narrenfreiheit genießen und ungestraft von sich geben dürfen, wonach immer ihnen gerade ist, müssen Rechte eben peinlich genau auf jedes ihrer Worte achten. Das ist eben so. Dieses Prinzip hat er nicht beachtet. Nach einem Vergleich der EU mit dem NS-Regime (merke: Nazivergleiche sind ausschließlich dann statthaft, wenn sie von den Guten angestellt werden und keinesfalls, wenn es dabei um die geheiligte Eurokratie geht!) und einem ebenso sinnfreien wie unbeholfenen Sager („Die EU wird zum Negerkonglomerat“), der von selbsternannten Tugendwächtern als „rassistisch“ gewertet wird, hat er nun – mit einiger Verzögerung – sein Mandat zurückgelegt.

Das ist – man mag zu Andreas Mölzers Person und dem von ihm vertretenen Gedankengut stehen wie man will – aus mehreren Gründen durchaus kein Grund zum Jubeln. Zumindest dann nicht, wenn man es mit der Gedanken- und Meinungsfreiheit erst meint. Demokratie lebt nämlich davon und von der Vielfalt der zur Wahl stehenden Positionen. Aus der öden, immer stärker zum linken Einheitsbrei verrührten politischen Landschaft Kakaniens ragte er stets heraus. Schon weiland Jörg Haider schien der Burschenschaftler, der aus seinem Herzen keine Mördergrube und aus seiner deutschnationalen Gesinnung kein Hehl machte, hochgradig suspekt.

Auf seinem Marsch in jene Niederungen, in denen die kommunalen Proletensilos stehen, hatte er, der sich als einen „besseren Sozialdemokraten“ begriff, für einen rechtsgerichteten, ideologischen Tiefwurzler keinerlei Verwendung mehr. Stattdessen war nun sozialdemokratischer, allenfalls patriotisch angehauchter Pragmatismus angesagt. Das hat sich offensichtlich auch unter Haiders Nachfolger an der Parteispitze nicht geändert.

Die Geschichte wiederholt sich: Auch jetzt waren es am Ende nicht krause Strafrechtsphantasien von Möchtegernliteraten oder der geifernde Furor politisch korrekter Lohnschreiber, die zu Mölzers Rücktritt führten, sondern der „Vertrauensverlust in der eigenen Partei“. Der ewig unrasierte Sozialsprecher der Partei, Kickl, bezeichnete den Rücktritt als „logischen Schritt“. Wenn die von ihm apostrophierte „Logik“ darin besteht, die politische Landschaft Österreichs noch weiter nach links zu rücken, indem man – ein paar Wochen vor einer wichtigen Wahlentscheidung – den einzigen Freiheitlichen entfernt, der auf dem Europaparkett gleichermaßen über langjährige Erfahrung, großen Bekanntheitsgrad und Hirn verfügt, dann liegt er goldrichtig.

Zu meinen, dass der Rückzug Mölzers – sei es kurz- oder langfristig – auch nur einen einzigen der heutigen Kritiker der FPÖ dazu bringen könnte, zu verstummen oder ihr gar seine Stimme zu geben, ist geradezu lächerlich. Zu groß ist das Angebot an rosaroten Faserschmeichlern mit ausgeprägtem Hang zu Multikultigesellschaft und totaler Prinzipienlosigkeit. An verteilungs- und gesellschaftspolitisch linken Parteien herrscht im Land der Hämmer kein Mangel. Die Freiheitlichen positionierten sich – bislang – als einzige etablierte politische Kraft wenigstens gesellschaftspolitisch rechts der Mitte. Was dieser Rücktritt daher mit Sicherheit bewirken wird ist, einen Teil der freiheitlichen Wähler von der Wahlurne fernzuhalten.

Die FPÖ stand unter Mölzers Führung im Europaparlament – als einzige wählbare Alternative – für eine nicht europafeindliche, aber ausgeprägt bürokratie- regulierungs- und zentralisierungskritische Politik. Damit könnte es nun, so werden wohl viele potentielle Wähler befürchten, vorbei sein. Das Ergebnis wird in einem Nettoverlust an Wählern bestehen.

Ein schöneres Geschenk hätte der freiheitliche Parteivorstand seinen politischen Gegnern nicht machen können. Dem für eine funktionierende Demokratie notwendigen Meinungspluralismus hat er indes einen üblen Dienst geleistet. Aus reiner Feigheit und purem Opportunismus vor der linken Jagdgesellschaft in die Knie zu gehen, ist ein schwerer, ein unverzeihlicher Fehler. Wer soll, wer wird sich in Zukunft noch aus der Deckung wagen, um dem Meinungsdiktat anmaßender Bessermenschen entgegenzutreten?

Das Signal, dass die politische Korrektheit („solche Aussagen haben in unserer Partei keinen Platz“) ab sofort auch die freiheitliche Politik bestimmen wird, ist deprimierend. Nicht, weil „rassistische“ oder anderweitig neben dem Hauptstrom liegende Äußerungen zu begrüßen wären. Ganz und gar nicht. Sondern einfach deshalb, weil Nivellierung und Gleichschaltung den Tod der Freiheit bedeuten. Wie heißt die Voltaire zugeschriebene Formulierung: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen." Damit ist es nun endgültig vorbei – verheerend! Dass die über die Deutungshoheit verfügenden Dressureliten alles daran setzen, jeden Abweichler zu kriminalisieren und/oder mundtot zu machen, ist nicht neu. Dass dieser totalitäre Ungeist nun auch bei denen angekommen ist, die den Begriff „Freiheit“ sogar in ihrem Parteinamen führen, lässt sämtliche Alarmglocken schrillen!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Die Griechen jubeln – ohne Grund

11. April 2014 00:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Griechenland hat erstmals nach vier Jahren wieder eine Anleihe auf dem Markt untergebracht. Und gleich eine achtfache Überzeichnung erzielt. Das Land und Europa jubeln. Also alles wieder bestens, die Krise ist Geschichte? Keine Spur davon. Das einzige, was diese Anleihe zeigt: Deren Käufer sind – wahrscheinlich zu Recht – heute überzeugt, dass die anderen EU-Länder, also vor allem Deutschland, auch in Zukunft für griechische Schulden haften. Und sie machen daher ein blendendes Geschäft.

Sie bekommen 4,75 Prozent. Jährlich in jedem der fünf Jahre. Das ist zwar ein drastischer Rückgang von den früheren enorm hohen Werten. Das ist aber noch immer weit mehr als siebenmal so viel, wie ein Käufer deutscher Anleihen heuer mit der gleichen Laufzeit bekäme. Man kauft daher in der Aussicht auf diese Zinsen wieder griechische Papiere. Es wissen ja derzeit viele Banken gar nicht: Wohin mit dem vielen Geld, das derzeit die EZB und die Fed ständig zusätzlich drucken. Und fast zum Nulltarif hergeben.

Heute gehen alle davon aus, dass Deutschland (und damit Österreich und die Niederlande und Finnland und Luxemburg) weiterhin für Griechenland haften wird. Da nehmen die Käufer gerne die viel höheren griechischen Zinsen. Ihr einziges Risiko besteht ja darin, dass die Europäer Griechenland doch noch alleine seine Schulden zurückzahlen lassen. Danach sieht es aber derzeit nicht aus. Auch wenn sich in Wahrheit langfristig niemand vorstellen kann, wie Griechenland die 4,75 Prozent Zinsen verdienen will.

Zusätzlich Vertrauen schafft Athen durch das Ausgaberecht: Die neuen Anleihen werden nach britischem Recht ausgegeben. Das schafft deutlich mehr Sicherheit für Käufer. Denn als vor rund zwei Jahren private Anleihenkäufer ungefragt auf 70 Prozent verzichten mussten, waren ja nur Anleihen nach griechischem Recht betroffen. Die nach britischen Regeln ausgegebenen Papiere blieben hingegen zur Gänze gültig.

Die Märkte (also die potenziellen Käufer) merken sich noch jahrzehntelang, dass ein Land einmal umgefallen ist. Selbst wenn es wieder gut dastünde.

Das tut Griechenland aber noch in keiner Weise. Es ist nach wie vor in einem sehr jämmerlichen Zustand. Es besteht noch immer mehr aus Versprechungen als aus wirklicher Erholung und Reform. Durch das Festhalten am teuren Euro ist das Land touristisch noch immer nicht billig. Die vielen Streiks haben – auch wenn sie jetzt abgeflaut sind – das Image des Landes beschädigt. Und Griechenland hat nach wie vor keine nennenswerte Industrie aufbauen können.

Griechenland wird zwar heuer nach Jahren der Schrumpfung in seinem BIP voraussichtlich wieder etwas wachsen, aber deutlich weniger als ein Prozent. Das ist Stagnation auf niedrigem Niveau. Denn erst bei zwei Prozent nimmt die Arbeitslosigkeit nicht weiter zu. Diese liegt derzeit bei 27 Prozent. Noch immer gibt es zu viele Beamte. Und der Abbau von zahllosen Regulierungen (hinter denen sich meist geschickt getarnte Gruppen-Privilegien oder Beamten-Arbeitsbeschaffungsaktionen verstecken) geht endlos langsam vor sich.

Die Reform Griechenlands ist also noch keineswegs geglückt. Man muss sich wie seit 2010 fragen, ob sie überhaupt glücken kann, solange das Land die gleiche Währung wie das globale Exportwunder Deutschland hat.

Freilich: Vor den EU-Wahlen wird man europaweit so tun, als sei die Krise überwunden. Und auch danach wird man so tun, solange die deutschen Zahlen gut sind. Diese sind ja derzeit tatsächlich zumindest passabel – trotz der von fast allen Ökonomen getadelten sozialen Freigiebigkeit der neuen deutschen Regierung.

Nur eines kann auf diese Weise niemals gelingen: Europas ständigen weiteren Abstieg gegenüber den anderen Weltregionen verhindern, die ständig steigende Arbeitslosigkeit verringern, und den alten Kontinent wieder zu einstiger Blüte zurückführen.

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Bravo Europarat!

10. April 2014 15:08 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das hätte ich dem Europarat wirklich nicht zugetraut: Er zieht aus dem russischen Einmarsch auf der Krim mutig und ohne Rücksicht auf die Großmacht-Dimension Russlands Konsequenzen: Er entzieht allen russischen Abgeordneten zumindest bis Jahresende das Stimmrecht.

Damit ist der Europarat erstmals seit Jahrzehnten, wo er sich nur (peinlicherweise auf Antrag eines österreichischen Sozialisten!) mit Liechtenstein anzulegen getraut hat, wieder relevant. Damit nimmt er seinen obersten Grundsatz, nämlich den der Rechtsstaatlichkeit, nach Jahren des Herumgelaberes wieder ernst.

Damit stehen jedoch die österreichischen Politiker als die Blamierten da. Dabei hat Österreich derzeit den Vorsitz im Europarat. Nicht nur die Koalition, sondern alle Parteien sind blamiert, hat sich doch keine von der absurden Europarats-Rede des Bundespräsidenten am Vortag distanziert.

Fischer hat sich dabei nicht entblödet, eine in der Substanz massiv prorussische Rede zu halten. Er hat Europa weit mehr als Moskau kritisiert. Er hat gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine polemisiert – als ob Fischer für die Ukraine oder die Nato zu reden legitimiert wäre. Er hat sogar eine „Brückenfunktion“ der Ukraine verlangt – ohne sich zu erinnern, wie viel weiser sein Vorgänger Kirchschläger gewesen war, der mit guten Gründen eine solche Brückenfunktion für Österreich abgelehnt hatte (das 1955 ja nur zum Zweck der Wiedererlangung seiner Souveränität die Neutralität erklärt hatte). In dieser Rede hat Fischer jedoch eines nicht verlangt: den Abzug der Russen aus der frisch eroberten Krim. So als ob nicht gerade das auf Grund zahlloser Verträge und des allgemeinen Gewaltverbots zentrales Anliegen sein müsste.

 

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Europa auf der Verliererstraße?

10. April 2014 03:39 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Was ist wirklich Gift für Europas Wirtschaft? Was hat die letzte große Krise entstehen lassen? Und wie kann sie bewältigt werden?

Diese Fragen standen bei einer auf dem Campus der Wiener Wirtschaftuniversität abgehaltenen Podiumsdiskussion im Zentrum. Univ. Prof. Josef Zechner von der WU stellte die wichtigsten Funktionen von Kapitalmärkten dar:

Dem folgte ein Katalog von „Giften“ für die Realwirtschaft:

Der Bankenbereich in Europa spiele bei der Kapitalbereitstellung eine erheblich größere Rolle als in den USA, wo diese Aufgabe in weit stärkerem Maße von den Börsen übernommen werde. Gemessen am BIP belaufe sich die Bankenfinanzierung der Wirtschaft in Europa auf 360 Prozent, in den USA aber auf weniger als 90 Prozent.

Durch den übermächtigen Bankensektor käme es in Europa zum Phänomen des „Too big to fail“ und damit zur Erpressbarkeit der Politik. Eine starke Börsenfinanzierung der Wirtschaft bringe indes wieder andere Probleme mit sich. Die Frage, welches System „besser“ ist, sei aus akademischer Sicht nicht eindeutig zu beantworten. Für die Finanzierung von Innovationen scheinen Finanzierungsmodelle abseits der Banken allerdings überlegenswert zu sein.

Haftungsbeschränkungen bilden grundsätzlich Risikoanreize. Ebenso Einlagen- oder Kapitalgarantien. Wer sicher sein kann, dass im Fall der Fälle der Steuerzahler für Verluste geradesteht, hat keinerlei Motive, vorsichtig zu investieren. Als Paradebeispiel dazu führte Zechner das Debakel der Hypo Alpe-Adria an, bei der die Eigentümer völlig ungeschoren blieben. Die üblichen Modelle zur Entlohnung des Managements (Beteiligung an Gewinnen, nicht aber an Verlusten) hätten ebenfalls die Tendenz zur Risikoverstärkung.

Erstes Mittel der Wahl zur Steigerung der Systemstabilität sei die Erhöhung des Eigenkapitalanteils der Banken, die keineswegs, wie vielfach behauptet, notwendigerweise zur Kreditrestriktion führen müsse. Europa bedürfe jedenfalls der Einführung klarer Regeln für die Bankenabwicklung. Die Zahl der in konkurrierenden Wirtschaftsräumen erteilten Patente korreliere eindeutig mit der Verfügbarkeit von „Venture Capital“. 2013 seien in den USA 154.503 Patente erteilt worden, in Europa dagegen nur 30.425. Hier bestehe gewaltiger Aufholbedarf. Alleine von Mitarbeitern und Schülern der Universität in Stanford würden jährlich rund 500 (!) Unternehmen gegründet. Etwas Vergleichbares suche man in Europa weithin vergeblich…

Der für seine unverblümten Äußerungen bekannte Chef der Erste Bank, Andreas Treichl, stellte klar, dass die Urheber der 2008er-Krise in den USA beheimatet wären und verwendete dazu folgendes Gleichnis: „Stellen Sie sich vor, in Brasilien werden vergiftete Bananen produziert und nach Europa exportiert. Dort werden diese Bananen konsumiert. Wer ist für den entstehenden Schaden verantwortlich – jene Gangster, die die Bananen produzieren und verkaufen, oder die Deppen, die sie essen? Ich meine, die Produzenten sind schuld!“

So hätten die US-Banken den Europäern „vergiftete“ Finanzprodukte angedient, welche die in ihrer Dummheit nicht als solche erkannt und arglos gekauft hätten. Und weiter: „Wir haben den Schas (sic!) nicht erfunden!“

Europa habe sich – verglichen mit allen anderen Wirtschaftsräumen – deutlich schlechter vom Debakel des Jahres 2008 erholt, obwohl dieses von den USA ausgegangen sei. Den Grund dafür erblickt Treichl in der dort herrschenden völlig anderen Art der Unternehmensfinanzierung (zu 75 Prozent über die Kapitalmärkte und nur zu 25 Prozent über Banken. In Europa sei das Verhältnis genau umgekehrt).

Einzig taugliches Mittel zur Überwindung der Krise sei ein solides Wirtschaftswachstum. Dieses aber resultiere in entwickelten Ökonomien ausschließlich aus Innovationen. Innovationsfinanzierung bringe indes stets ein erhöhtes Verlustrisiko mit sich. Daher seien Banken dafür nicht optimal geeignet.

Dazu komme, dass die derzeit von den Banken geforderte Erhöhung der Eigenkapitalausstattung und Risikominimierung bei der Kreditvergabe Innovationsfinanzierungen noch weiter erschwerten. Die europäischen Banken müssten sich mit einer immer stärkeren Regulierung herumschlagen und würden mittlerweile zu bloßen Erfüllungsgehilfen der EU-Bürokratie degradiert. „Um Formulare von EU-Beamten auszufüllen, braucht es keine Banken. Unsere zentrale Funktion – die Finanzierung von Unternehmen auf Grund unseres Vertrauens in ihre solide Gebarung – können wir kaum noch erfüllen.“

Die EU repräsentiere derzeit 7,1 Prozent der Weltbevölkerung, produziere 18,7 Prozent des Welt-BIP, leiste sich aber 47,9 Prozent der weltweiten Sozialausgaben. Es liege auf der Hand, dass deren weitere Finanzierung nur mittels eines deutlichen Wachstums sicherzustellen sei.

Von der Politik wünsche er sich, endlich die Verteufelung von Banken und Aktionären einzustellen. Ihnen komme vielmehr die Aufgabe zu, die Kapitalbildung zu fördern. Der Staat könne aus eigener Kraft kein Wachstum generieren. Er habe allerdings für den geeigneten Rahmen zu sorgen. Die Banken könnten ebenfalls kein Wachstum induzieren. Sie könnten lediglich das dafür nötige Kapital bereitstellen. Wachstum zu schaffen, sei und bleibe die Aufgabe der privaten Unternehmen (spontaner Applaus im brechend vollen Festsaal der Uni).

In der Debatte meinte Zechner zur Frage „gebündelter Finanzprodukte“, dass deren Emittenten mindestens 10 Prozent dieser Papiere ins eigene Portfolio nehmen müssten, um solcherart das Risiko zu minimieren. Der Eigenhandel der Banken mit derlei Papieren sei zu unterbinden. Nur Nichtbanken sollten sie halten. Treichl wandte sich explizit gegen eine neuerliche „Sozialisierung des Kapitalmarktes“ (mit der wieder auftretenden Gefahr des Verkaufs undurchschaubarer Finanzprodukte) und plädierte – zur Überraschung der Mehrheit des Publikums – zugleich für die Schaffung einer europäischen Bankenunion.

Die in Europa erhobenen Bankensteuern bedeuteten laut Zechner einen Wettbewerbsnachteil für die hiesigen Institute. Das wachsende Engagement von US-Banken in der Alten Welt sei ein klarer Hinweis darauf. Die Einführung einer Kapitaltransaktionssteuer (von der Staatspapiere vermutlich ausgenommen würden), werde einen Sargnagel für den europäischen Aktienmarkt bedeuten.

Die – auf ein rezentes Papier der Bank of England gestützte – These, dass eine Beilegung der Schuldenkrise im herrschenden Schuldgeldsystem wohl unmöglich sei, wollten (oder konnten) beide Herren nicht plausibel kommentieren.

Die in Europa so weit verbreitete Risikoaversion ziehe, nach Zechner, auch verteilungspolitische Folgen nach sich. „Wenn 99 Prozent der Menschen kein Risiko bei Veranlagungen eingehen wollen, hat das Konsequenzen auf der Einkommensseite.“ Es sei ein notwendiger, wenn auch langwieriger Prozess, hier eine entsprechende „Risikokultur“ zu etablieren, wie sie in den USA längst existiert. Treichl: „Ohne Risiko gibt es keine Innovation.“ Derzeit mehrten sich die Anzeichen für eine deflationäre Entwicklung. Allerdings würden die Möglichkeiten der Zentralbanken weithin überschätzt. „Geldpolitik ist nicht das geeignete Mittel zur Überwindung der Krise.“

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Lieber in Prag als in Wien

10. April 2014 01:35 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Erste Bank überlegt: Soll sie ihre Zentrale nach Prag verlegen? Es war nun der – sozialistische! – tschechische Staatspräsident Zeman, der diese Übersiedlungspläne offiziell durchsickern hat lassen. Dennoch nehmen hierzulande Medien und Parteien das noch immer nicht zur Kenntnis.

Dabei wissen Eingeweihte schon länger um diesbezügliche Überlegungen der Bank, die 195 Jahre in Wien ihre Zentrale hatte. Was aus diesen Überlegungen Wirklichkeit machen wird, ist die Wiener Regierung. Und zwar deren Steuerpläne: Die Regierung will jetzt zu den nationalen Bankensteuern auch noch die europäische einfach draufschlagen und damit einen Höhen-Weltrekord bei den Bankensteuern erreichen. Was schön in der Denkwelt der Politik sein mag, was aber keine Bank aushält.

Vor allem die SPÖ versucht sich mit diesem populistischen Verlangen zu profilieren. Ihr ist das Vertreiben von Banken ja parteipolitisch egal, hat sie doch schon alle ihre nahestehenden Banken in den letzten Jahren ruiniert oder ans Ausland verkauft. Jetzt sind nur noch Banken über, die irgendwie als bürgerlich gelten.

Dennoch ist auch vom Widerstand der ÖVP nichts zu merken. Man lässt lieber die letzte noch lebensfähige Großbank ziehen, als sich als Freund der Banken zu outen. Besonders skurril ist etwa der künftige Chef der Wiener Kammer und des Wiener Wirtschaftsbundes: Er sorgt sich nicht etwa um den Standort Wien oder um die Banken, sondern um die Schwulen. Und die Opposition? Grün und vor allem Blau sind bei der Bankenjagd sowieso an führender Stelle aktiv. Die einen hassen ideologisch alle Banken, die anderen haben nicht die geringste Ahnung von Wirtschaft. Von den anderen Oppositionsparteien hört man nichts.

Raiffeisen – wo es nachweislich dicke Verbindungen zur ÖVP gibt – wird zwar im Land bleiben, ist aber selbst schon bis zu beiden Nasenlöchern in Schwierigkeiten, deren Reichweite von der Ukraine über den "Kurier" bis zur Biomasse geht. Niemand in der Politik begreift, wie katastrophal der Zustand dieses Landes sein wird, wenn es keine Großbanken mehr hat.

Das alles ist aber dem Bundeskanzlerdarsteller Faymann egal: Er glaubt, es wäre problemlos und auf Dauer möglich, dass Österreichs Banken in Summe deutlich mehr Bankensteuer zahlen als die in Deutschland. Obwohl der Nachbar zehnmal so groß ist!

Offenbar hat der Erste-Chef Treichl die Hoffnung aufgegeben, dass das alles doch einmal ins Hirn dieses Mannes hineingeht. Eine solche Politik wird  mit hundertprozentiger Sicherheit nicht funktionieren. Jedoch wird einer, der nicht einmal sein Maturazeugnis findet, das nie begreifen. Und Faymanns Koalitionspartner hängt schwer angeschlagen in den Seilen.

Es sind übrigens nicht nur die Bankensteuern und die zunehmend feindliche Atmosphäre in Österreich, welche die Bank vertreibt. Es ist auch jeder einzelne Manager, der sieht, wie viel ihm hierzulande die Steuer und die Abgaben nehmen, und wie viel mehr – bei gleichem Einkommen – ihm in Tschechien bleiben würde. Und er sieht das sehr genau, ist ja diese Bank schon seit vielen Jahren dort aktiv.

Und Prag ist eine wunderschöne Stadt . . .

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Datenspeicherung: Schlimm oder gut?

09. April 2014 00:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der EU-Gerichtshof hat die Datenspeicherung verboten. Und dem wird bald auch der heimische Verfassungsgerichtshof folgen. Seither wird heiß über solche Speicherungen debattiert. Nur scheinbar widersprüchlich ist die richtige Antwort eine doppelte: Ja, Datenspeicherung ist gut; Nein, die Möglichkeiten der Justiz sind viel zu weitgehend und missbrauchsanfällig. Aber die Antwort fällt anders aus als in den Mainstreammedien.

Gut ist die Datenspeicherung ganz eindeutig dann, wenn es um die Aufklärung von wirklichen Verbrechen geht. Gut ist sie auch, wenn es etwa darum geht, Entführten oder Abgängigen nachzuspüren. Es stünde Europas Innenminister dringend an, würden sie das viel klarer und deutlicher kommunizieren. Auch an Hand konkreter Fälle. Jedoch ziehen Polizeiapparate selbst dort, wo ihr Agieren sinnvoll ist, ihre amtsübliche Geheimniskrämerei vor.

Ganz schlecht ist es hingegen, dass Behörden mit den in den letzten Jahren entstandenen elektronischen Möglichkeiten weit über das Ziel hinausschießen. Dabei greifen sie auf die gespeicherten Daten auch in eher harmlosen Fällen. Und besonders problematisch ist das Verhalten der Behörden bei dem - oft mit der Datenspeicherung verwechselten - „Lauschangriff“. Während es bei der jetzt vom EuGH judizierten „Datenspeicherung“ nur darum geht, die Telefon- oder Mail-Verbindungen zu speichern (Also: Wer mit Wem Wie lange geredet hat, aber eben OHNE dass der Inhalt aufgezeichnet wird).

Viel interessanter ist aber für Neugierige das Was dessen, was dabei gesagt wurde! Es ist meist auch für die Betroffenen nicht das bloße Wissen der Polizei, dass ein Gespräch stattgefunden hat, so schmerzhaft, sondern das Abhören und die Veröffentlichung seines Inhalts. Genau solche Gespräche sind aber ununterbrochen in polizei- oder staatsanwaltschafts-nahen Illustrierten nachzulesen. Dabei scheut man sich nicht einmal offen darauf hinzuweisen, dass es um Protokolle der Justiz über den Wortlaut der Gespräche oder Mails geht. Hier passieren die weitaus größten Skandale.

Und die Skandale passieren gleich auf doppelter Ebene:

Beide Punkte aber sind durch den EU-Gerichtshof nicht inkriminiert worden. Rechtstechnisch muss man ihn freilich insofern in Schutz nehmen, dass es hier ja nicht um eine EU-Richtlinie, sondern um Beschlüsse und faktisches Handeln gegangen ist. Das ist aber dem um einen sauberen Rechtsstaat kämpfenden Europäer völlig egal.

Und jedenfalls müsste die heimische Justiz da ganz massiv einschreiten. Einen sinnvollen Datenschutz gäbe es nämlich nur dann, wenn in solchen Fällen die Strafjustiz aktiv würde.

Die sechsmonatige Speicherung von bloßen Kontaktdaten stört den Bürger kaum; die Weitergabe von Gesprächen oder die Kontrolle seiner Daten auch bei geringfügigen Delikten stört ihn hingegen sehr. Das ist beides tausend Mal schlimmer als das bloße Datenspeichern (auch wenn sich die Grünen und damit die meisten Medien groteskerweise immer nur auf die Datenspeicherung gestürzt haben).

Es ist geradezu bestürzend, dass diese Praktiken von Polizei und Staatsanwaltschaft ungehindert weitergehen. Dass keines der Höchstgerichte dagegen etwas unternimmt. Oder die Politik.

Die ärgsten Täter sind die Großmächte

Noch lächerlicher wird die jetzige Datenschutz-Aufregung dann, wenn man internationale Vorgänge beobachtet. Denn gerade in den letzten Monaten haben wir mit bestürzender Intensität gesehen und gehört, wie hemmungslos der russische und der amerikanische Geheimdienst arbeiten. Vermutlich auch der chinesische und israelische.

Vor ihnen ist offenbar kein Telefonat, kein Mail sicher. Und natürlich nicht nur das Dass, sondern auch das Was solcher Gespräche. Zuletzt haben vor allem die Russen, aber auch die türkischen Regierungsgegner (oder waren es auch da die Großmächte?) demaskierende Gespräche feindlicher Politiker direkt ins Internet gestellt. Über die Amerikaner wiederum erfährt man von Herrn Snowden jeden zweiten Tag Brisantes.

Im Grund können wir davon ausgehen: die großen Geheimdienste hören alles, sie lesen alles. Und zwar ganz egal, was die Gesetzgeber jetzt beschließen mögen.

 

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Der Abschuss des A. Mölzer

08. April 2014 10:44 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Etliche Vergleiche und Aussagen des Andreas Mölzer waren geschmacklos und unrichtig. Mit seinem Rückzug ist freilich klar: Auch in der FPÖ muss man wegen einiger unpassender Vergleiche gehen. Damit ist auch sie ins Lager der Political Correctness abgewandert. Damit wird auch sie so fad wie alle anderen Parteien. Denn jede Gruppierung wird todlangweilig, wenn man dort erfährt, dass inhaltliche Äußerungen pönalisiert werden.

Damit haben die Medien und das linksbeherrschte Einheitsdenken einen ganz großen Erfolg erzielt. Zuerst haben sie Stronach abgeschossen. Dann haben sie in der ÖVP jeden, der sich nicht im Sinne der Karmasins äußerte, demoliert, sodass dort praktisch alle Konservativen auf Tauchstation gegangen sind. Dann wurden die mehr als gerechtfertigten Argumente gegen das Binnen-I niedergemacht. Und jetzt haben sie eben auch in der FPÖ gesiegt.

Wir lernen: Nicht die skandalöse Unterstützung der FPÖ für Russland führt zu einem medialen Aufruhr oder das Fehlen freiheitlicher Vorstellungen von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Sondern zwei bis drei unpassende Vergleiche.

Kaum einer befasst sich mit den seltsamen Neutralisierungsthesen des Außenministers. Kaum einer mit der Sparunwilligkeit der Bundesländer. Kaum einer mit der Wahnsinnspolitik der Gewerkschaften, die zahllose Arbeitsplätze kosten. Kaum einer befasst sich mit der völlig schiefgehenden sozialistischen Schulpolitik. Kaum einer mit der explodierenden Staatsverschuldung. Kaum einer mit der völlig falschen Finanzpolitik oder mit der ständig zunehmenden Überregulierung in der EU. Kaum einer mit der total einseitigen Ungarn-Berichterstattung des ORF. Kaum einer mit dem Skandal der Medienbestechung. Kaum einer mit einem Bundeskanzler, der seine Biographie geheimhält. Kaum einer mit den Grünen, wo einige Gewalttaten organisieren.

Das sind alles, wenn überhaupt kurzfristige Randthemen. Aber mit unkorrekten Vergleichen fährt ganz Österreich empört Schlitten. Das ist eine Dimension, die alle verstehen. Da weiß man, dass man richtig liegt.

Nur mit einer Kleinigkeit wird weder mediale noch politische Berichterstattung fertig: mit dem Wähler. Der wendet sich von allen Parteien mit Grausen. Der ist wo ganz wo anders, als die politisch-mediale Öffentlichkeit zeigt. Den beschäftigen etwa die Fehlentwicklungen in der EU und die Kriegsgefahr in der Ukraine viel mehr als die blöden oder gescheiten Sprüche des Andreas Mölzer.

Der ist auch schon gar nicht dort, wo es in Facebook&Co ein kleines oder auch größeres Shitstörmchen gibt. Um nur ein aktuelles Beispiel zu nennen, wie weit die veröffentlichte von der öffentlichen Meinung entfernt ist: Obwohl wochenlanges Trommelfeuer einen parlamentarischen U-Ausschuss verlangt hatte, ist die klare Mehrheit für die Untersuchungen durch eine renommierte Richterin. Und nicht für ein Tribunal im Parlament, obwohl dort Medien und Opposition die viel größere Hetz hätten.

Und wie wird es jetzt weitergehen?

Bei der EU-Wahl wird es zweifellos eine noch größere Enthaltung geben. Und dann? Schwer zu sagen, was zuerst kommt: der fast unvermeidliche wirtschaftliche Zusammenbruch oder das Auftauchen eines neuen Milliardärs, der sich einige Medien kauft und dem dann die Wähler in ihrem Frust zuströmen werden.

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Erosion in Italien und Fliehkräfte in EUropa

08. April 2014 03:39 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Das Veneto und die Lombardei wollen los von Rom. In der italienischen Hauptstadt stehen indes die Zeichen auf mehr Zentralisierung. Derweil muss in Bozen die mit Matteo Renzis Linkspartei regierende SVP um jene „Schutzklausel“ für Südtirol bangen, die ihr der politische Jungstar an der Spitze der italienischen Regierung zugesagt hat.

Er tat dies, um die Bedenken über eine zwangsläufige Aushebelung der Selbstverwaltungsrechte des Landes durch die von ihm mit Berlusconi verabredete Staats- und Verfassungsreform zu zerstreuen. Doch ob Renzi verlässlich ist, muss mit Fragezeichen versehen werden. Angesichts widerspenstiger Kräfte im Senat, der zweiten Parlamentskammer, welche er zu einer funktionslosen Versammlung lokaler und regionaler Honoratioren degradieren will, gilt dasselbe.

„Matteo, ein Fürst aus Florenz“ nannte unlängst Andreas Pfeifer in der „Presse am Sonntag“ den derzeitigen italienischen Regierungschef Renzi. Die Anspielung auf „Il principe“ („Der Fürst“), jene von dem Florentiner Niccolò Macchiavelli vor 500 Jahren hinterlassene Handlungsanweisung für Regenten, war beabsichtigt. Zweifellos trifft auch der zweite von dem ausgewiesenen Italien-Kenner des ORF-Fernsehens davonschnellende Pfeil, nämlich seine Charakterisierung Renzis als „junger Wiedergänger Berlusconis“, ins Schwarze.

In Bozen versteift sich die vielfach gebeutelte Regierungspartei SVP – wider besseres Wissen um ihre nachkriegsgeschichtliche Erfahrung mit Rom – allem Anschein nach unbeirrt auf ihr Konzept von der „Vollautonomie“. Einer tibetanischen Gebetsmühle gleich wiederholen SVP-Führung, ihre Abgeordneten und Senatoren in Rom sowie der seit Dezember 2013 im Amt befindliche neue Landeshauptmann Arno Kompatscher ein „Versprechen“ Renzis: Südtirols Autonomie werde durch eine „Schutzklausel“ von der für Provinzen und Regionen geltenden Kompetenzbeschneidung ausgenommen, welche Renzi und Berlusconi hinsichtlich der vorgesehenen Verfassungsreform miteinander verabredet haben.

„Ein kluger Machthaber kann und darf sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereicht“: Zögen die SVP-Granden diesen machiavellistischen Lehrsatz ins Kalkül einer realistischen Einschätzung des neuen Sterns am italienischen Polithimmel, so kämen sie zu einer anderen Einschätzung, was dessen „Schutzklausel“-Zusage letzten Endes wert sein dürfte. Auch aus Verhaltensweisen ihres Wunschkoalitionspartners, der Renzi-Partei PD im Bozner Landhaus hätte die SVP schon Schlussfolgerungen ziehen sollen. So schwiegen sich ihre PD-„Autonomiefreunde“ beredt aus, als in der italienweit ausgestrahlten RAI-Fernsehsendung „Porta a porta" ein römischer Moderator Kompatscher hatte auflaufen lassen und Südtirols Autonomiestatut quasi mit einem Krebsgeschwür am italienischen Staatskörper verglich.

Seit er sich vom Bürgermeister der Stadt Florenz zum Herrn im Palazzo Chigi zu Rom aufgeschwungen hat, haftet an dem wie ein gestiefelter Kater daherkommenden Renzi das Stigma des Wortbruchs. So hatte er kurz vor dem von ihm betriebenen Sturz seines Parteifreundes Enrico Letta beteuert, das Amt des Ministerpräsidenten nicht anzustreben, schon gar nicht ohne Wahl-Mandat.

Die SVP weiß daher, dass Renzi sie verschaukeln kann, tut aber so, als ob dies ausgeschlossen sei. Von Letta hatte sie die Zusicherung erhalten, dass das einst mit Pier Luigi Bersani, dem glücklosen Vorgänger Renzis als Chef des linken Partito Democratico (PD), geschlossene (aber schon mehrmals gebrochene) Wahlabkommen weitergelte. Mit Letta hatte Kompatschers Vorgänger Luis Durnwalder ein Memorandum über autonomiepolitische Maßnahmen unterzeichnet, die aufgrund früherer Verpflichtungen Roms ohnehin längst hätten getroffen worden sein müssen; dennoch harren einige weiter der Umsetzung.

Stattdessen geht Renzi daran, die schon von Mario Monti links liegen gelassene, in den 1990er Jahren bejubelte „Föderalisierung Italiens“ kurzerhand zu beseitigen und das seit dem 17. März 1861 „einheitlich“, will sagen: traditionell zentralistisch verfasste Italien unter der Vorgabe von Reformen noch weiter zu zentralisieren. Man darf daher umso gespannter darauf sein, was aus der „Schutzklausel“ für Südtirol wird.

Eine Kostprobe davon, wie es die Zügel zu straffen gedenkt, gab Rom unter seinem neuen „Ersten Consul“ Renzi bereits. In abschreckender Weise wurden im Rahmen einer Razzia der Justizbehörden von Brescia 24 Personen festgenommen. Gegen 27 andere laufen Ermittlungsverfahren. In mehreren Städten des Veneto fanden umfangreiche Hausdurchsuchungen statt. Die Verdächtigten werden des Separatismus, Terrorismus und des Umsturzversuchs sowie der Herstellung und des Besitzes von Kriegswaffen beschuldigt. Man wirft ihnen zudem vor, sie hätten gewalttätige Aktionen mit dem Ziel geplant, die Unabhängigkeit des Veneto und anderer norditalienischer Regionen zu erreichen und damit die Einheit des italienischen Staates zu unterminieren.

Bestrebungen, sich von Italien zu lösen, gewinnen besonders im Veneto an Boden. In einem Online-Referendum zum Thema Unabhängigkeit Venetiens, an dem sich 2,36 Millionen Wahlberechtigte (73 Prozent der Wählerschaft der Region) beteiligten, antworteten 89 Prozent der Beteiligten auf die Frage „Willst Du, dass die Region Veneto eine unabhängige und souveräne Republik wird?", mit einem klaren „Ja“. Es nimmt angesichts dieses massiv zum Ausdruck gekommenen Willens zur Selbstbestimmung kaum wunder, dass der Ex-Parlamentarier Franco Rocchetta, 1980 Gründer der „Liga Veneta“ – sie ging 1989 in der Lega Nord auf – und jetzt einer der Initiatoren des Online-Referendums, unter den Verhafteten ist.

Die politische Klasse in Rom befürchtet angesichts wachsender regionaler Erosionserscheinungen eine Art „Dominoeffekt“. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Veneto ergreift die Lega Nord in der Lombardei eine ähnliche Initiative. Lega Nord-Chef Matteo Salvini gab bereits die Richtung vor. Man zielt auf „ein offizielles Unabhängigkeitsreferendum“; es soll am 18. September stattfinden, dem Tag, an dem in Britannien das Referendum über Schottlands Souveränität vorgesehen ist.

Die von Salvinis Stellvertreter Roberto Maroni geführte Mitte-Rechts-Koalition im lombardischen Regionalparlament bringt zudem einen Gesetzesentwurf zur Umwandlung der Lombardei in eine Region mit Sonderautonomie ein. Diesen Status hat die Autonome Region Trentino-AltoAdige inne, in welchem die Provinzen Trient und Südtirol seit Ende des Zweiten Weltkriegs (zwangs)vereint sind. Just diese „Privilegien“ sollen nach Renzis (Staats- und Verfassungs-)Reformplänen, für die er Berlusconis Forza Italia braucht, beseitigt werden, womit die (Sonder-)Autonomien zwangsläufig gekappt würden.

Auch im nach dem Ersten Weltkrieg annektierten Südteil Tirols gab es im Herbst 2013 ein eindrucksvolles „Los-von-Rom“-Referendum, initiiert und organisiert von der Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“. Karl Zeller, römischer SVP-Senator, bemerkte seinerzeit spitzzüngig: „Dieses Ergebnis juckt in Rom niemanden“. Hingegen „jucken“ mehr als zwei Millionen venezianische Stimmen pro Unabhängigkeit sehr wohl die politisch Mächtigen in der „Ewigen Stadt“, wie am „Schlag gegen den Separatismus“ in Brescia offenkundig wurde. Gespannt sein darf man, wie Rom – und in Sonderheit der Florentiner Matteo Renzi – auf das Rumoren in der Lombardei reagiert, zumal da auch die „Grillini“ von der „Fünf Sterne“-Partei derartige Tendenzen unterstützen. Ihr „Führer“ Beppe Grillo redet sogar der „Auflösung Italiens in seine Einzelteile“ das Wort.

Die besonders im nördlichen Teil des Stiefels wirkenden Erosionskräfte sind indes keine Rand- oder Einzelerscheinungen. Fliehkräfte wirken auch anderswo. Soeben fand in Brüssel eine machtvolle und farbenprächtige „Selbstbestimmungskundgebung der Völker und Regionen Europas“ statt. Wenngleich mainstreammedial gänzlich verschwiegen, nahmen daran gut 25.000 Menschen teil und unterstrichen den Willen von Flamen, Katalanen, Schotten, Basken, Venetern, Lombarden und Südtirolern zur Selbstbestimmung.

Ihr Marsch quer durch Brüssel unter der Losung „Europe, we will vote!" signalisiert, dass auf nicht zu unterschätzenden Terrains EUropas Umbrüche hin zu freien, selbstbestimmten und selbstverwalteten neuen Gemeinwesen im Gange sind, organisiert von Repräsentanten volklicher Entitäten, die sich nicht mehr mit Halbfreiheiten abspeisen lassen und also ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen. Ihre Botschaft kommt allmählich an. In Bozen allerdings träumt die SVP-Führung weiter von „Vollautonomie“, anstatt beherzt der in ihren Parteistatuten verankerten Selbstbestimmung für Südtirol auch von sich aus Schubkraft zu verleihen. Und die selbst der studierte Völkerrechtler DDr. Karl Zeller seinen Landsleuten offenbar vorzuenthalten gedenkt.

Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.

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Das nächste Zentralisierungsprojekt der EU: das Europa-Sparbuch

05. April 2014 01:46 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die EU will nun auch noch Sparbücher ausgeben. Statt endlich das in Wahlkämpfen gerne verwendete Wort von der Subsidiarität ernst zu nehmen, macht sich die EU-Kommission nun auch auf dem Gebiet der Sparbücher wichtig. Sie konkurriert mit den 500 Millionen Europäern als Haftungsmasse im Hintergrund normale Kreditinstitute. Dabei war es noch vor wenigen Jahren das große Verdienst der EU gewesen, Mitgliedsstaaten und Provinzen die Konkurrenz zu Geldinstituten zu verbieten.

Staaten, Provinzen und Gemeinden sind von der EU 2007 zu Recht gezwungen worden, sich aus dem Finanzgeschäft zurückzuziehen. Seit jenem Jahr hat es die EU verboten, dass die öffentliche Hand für Anleihen und sonstigen Kredite von Banken haftet. Zwar haben Bundesländer wie Kärnten noch dieses Verbot zu umgehen versucht. Aber heute ist dieses Verbot ganz unbestritten. Sonst wäre zweifellos der Schaden, den Kärnten und andere Bundesländer anrichten hätten können, heute noch viel größer.

Das war ein eindeutiges Verdienst der Union. Bis zu diesem Verbot haben sich Landesbanken, Hypos, Zentralsparkassen mit Hilfe der Landesgarantien deutlich billiger refinanzieren können als normale Banken. Das war eine eindeutige Verzerrung des Wettbewerbs.

Dieses Verbot war nicht nur wegen der Herstellung der Wettbewerbsgleichheit wichtig: denn mit diesem billig von Anleihegläubigern erhaltenen Geld haben ja nicht nur in Kärnten die Landesbanken extrem sorglos und unter ständigem politischen Druck Kredite verteilt. Kommerzielle Banken waren hingegen bei der Kreditvergabe viel sorgsamer, wie man heute sieht. Selbst der aus der Sozialdemokratie kommende Nationalbanker Nowotny gibt ja heute als Erkenntnis seiner Bawag- und Hypo-Erfahrungen offen zu, dass es völlig falsch ist, wenn sich die öffentliche Hand als Banker betätigt.

Was man zu Recht den Ländern abgedreht hat, will die Kommission nun plötzlich europaweit für sich selber einführen. Die Europäische Investitions-Bank soll dabei das Vehikel sein.

Das ist eine wirkliche Absurdität, wie auch immer es im Detail konstruiert sein wird. Denn damit steht letztlich Gesamteuropa hinter jedem solchen Sparbuch. Damit kann man die Schulden- und Haftungsdimension noch deutlich mehr aufblähen, als es ohnedies schon via ESM, EFSF usw. geschieht.

Überdies will die EU laut Ankündigung von Kommissar Barnier sogar höhere Zinsen zahlen, als es Anleger derzeit auf der Bank bekommen. Woran perverserweise ja die EZB mit ihrer Geldpolitik selbst hauptschuld ist.

Wer würde da nicht nach einem Europa-Sparbuch greifen? Höhere Sicherheit und höhere Zinsen: Das kann sich kein Sparer entgehen lassen.

Das bedeutet letzten Endes eine weitgehende Verstaatlichung der Bankenwelt. Verstaatlichungen haben am Ende aber immer zu Katastrophen geführt. Vor allem wegen der damit immer eintretenden Verantwortungslosigkeit, wegen der Eigentümerlosigkeit eines Staates, wegen des parteipolitischen und nicht mehr kommerziellen Denkens der dann als Eigentümervertreter handelnden Politiker. Es ist kein Zufall, dass es in Österreich wie in Deutschland überwiegend die staatlichen Banken gewesen sind, die in den letzten Jahren „gerettet“ werden mussten.

Das Vorgehen der EU-Kommission ist auch noch aus einem anderen Grund infam: Sie und die EZB haben in den letzten Jahren die Banken mit einem immer dichter gewordenen Regelwerk so eingeschnürt, dass diese immer weniger Kredite an Unternehmen vergeben konnten. Außer diese haben tausendprozentige Sicherheiten anbieten können.

Zunehmend merkt Europa die Katastrophe, die damit entstanden ist. Aber statt die Regulierungen – und weiteren Regulierungsabsichten – wenigstens teilweise wieder zurückzunehmen, übernimmt die EU jetzt einfach selbst das ganz normale Bankgeschäft. Das wird mit Sicherheit böse enden. Das lässt sich umso leichter voraussagen, als die Übernahme einer Leitungsfunktion in der E.I.B. nicht etwa Bank-Erfahrung voraussetzt; vielmehr amtieren dort Politiker – ob das nun einst Ewald Nowotny war oder jetzt Willi Molterer ist.

Ein typisches EU-Projekt: Es klingt für manche attraktiv (vor allem vor EU-Wahlen). Es bedeutet aber vor allem eine weitere Zentralisierung und Verstaatlichung.

Statt dass man den Menschen endlich klarer macht als heute, dass absolut jede Geldanlage auch ein Risiko enthält, wird den Europäern das Gegenteil vorgegaukelt. Alle Details freilich lässt die Kommission die Europäer erst nach dem Wahltag wissen. Sonst kämen nämlich die EU-Bürger drauf, wie gefährlich das Projekt ist. Vorerst hat EU-Kommissar Barnier nur die netten Seiten des Sparbuchs kommuniziert. Alles andere kommt später.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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FN 611: Kurz wird immer mehr zum Unguided Missile

04. April 2014 17:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Sebastian Kurz ist auf jeden Fall gegen einen raschen Beitritt der Ukraine zur NATO. So hat es jetzt mehreren Meldungen zufolge der junge Außenminister ganz offiziell verkündet.

Das zeigt Kurz entweder als Erfüllungsgehilfen Moskaus. Oder dieser Satz ist eine unglaubliche Frechheit. Denn Kurz vertritt weder ein Nato-Land, das darüber entscheiden könnte, ob die (auch Österreich jahrzehntelang schützende) Allianz neue Mitglieder aufnimmt. Noch ist er befugt, für die Ukraine zu sprechen, die als souveräner Staat über ihre eigene Zukunft entscheidet. Die Ukraine ist nämlich meines Wissens kein Protektorat Österreichs. Als was spricht er dann? Selbst wenn Herr Kurz persönlich einen Nato-Beitritt Kiews für die Nato oder die Ukraine nicht als klug ansehen sollte, hat er als österreichischer Außenminister nämlich nur eines zu tun: den Mund zu halten und vor allem keine solchen Ratschläge (=Schläge) zu erteilen. Jahrzehntelang haben alle österreichischen Regierungsparteien größten Wert darauf gelegt, dass niemand dem Land sagt, was es tun soll. Und jetzt das!

PS: Die Dummheit des Herrn Kurz zum Thema Ukraine übertrifft sogar die völlig unpassenden Töne, mit denen vor wenigen Wochen der Landwirtschaftsminister Ungarn provoziert hat (und wo Kurz selber noch klüger reagiert hat). Da wie dort sollten sich die unerfahrenen Ministerberater hinter die Ohren schreiben: Osteuropäer lieben es auf Grund der Geschichte noch weniger als andere, wenn sie aus Wien solche Töne hören.

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„Help.gv“ oder: Wie die Regierung Amtswege erschwert

01. April 2014 10:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Homepage heißt „help“ und gibt ein überaus ambitioniertes Versprechen: „Amtswege leicht gemacht“. Die Realität dieser Seite der Bundesregierung ist freilich haargenau das Gegenteil.

Die Millionen kostende Seite mag einen Preis als besonders politisch korrekt bekommen. Aber Amtswege werden dabei durch diese Korrektheit nicht leichter, sondern deutlich schwerer gemacht. Wovon man sich leicht überzeugen kann, wo auch immer man auf diese Homepage klickt. Durch das politisch verlangte Gendern sind dort Texte absolut unleserlich geworden. Es ist absolut unglaublich, wie die Republik die eigenen Absichtserklärungen – eben hier jenen der leicht gemachten Amtswege – selbst wieder total zunichte macht.

Jedenfalls muss auch ich als einer, der auf Deutsch aufgewachsen ist, der sein Leben lang mit Sprache zu tun hatte, und der bei seinem Jus-Studium komplizierte Texte zu lesen gelernt hat, dort des Genderns wegen fast jeden Satz bis zu fünfmal lesen. Wie schwer muss sich da erst jemand tun, der nicht all diese drei Eigenschaften erfüllt!

Eine willkürlich herausgegriffene Kostprobe aus einer Seite von help.gv.at:

„Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerinnen/EWR-Bürgern bzw. Schweizerinnen/Schweizer oder von Österreicherinnen/Österreichern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, die EWR-Bürgerinnen/EWR-Bürger bzw. Schweizerinnen/Schweizer sind und nicht selbst die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt von mehr als drei Monaten berechtigt, wenn sie:

Und so weiter und so fort. Weiß der Leser jetzt, ob er überhaupt in Österreich leben darf?

Von der Gleichheit und Gleichstellung

Es wird in ganz Europa nirgendwo so absurder Schindluder gegen die Bürger und zugunsten des Genderkrampfes getrieben wie in der amtlichen deutschen Sprache. Sie hat sich – sehr zum Unterschied von anderen europäischen Sprachen – enorm weit von jener Sprache entfernt, welche die Menschen sprechen. Dabei wird auch vor Übersetzungs-Sünden nicht zurückgeschreckt.

Das zeigte sich sogar beim EU-Vertrag, der offenbar des in deutschsprachigen Ländern am heftigsten metastasierenden Genderismus wegen schlicht falsch übersetzt: Man nehme dazu den Artikel 157(4) jenes Vertrages her, wo es in der deutschen Fassung heißt:

(4) Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.

Inhaltlich heißt der Satz ganz einfach: Männer können diskriminiert werden, wo auch immer eine Regierung will.

Das aber noch viel Pikantere: Im Englischen heißt es nicht „Gleichstellung“ sondern „Equality“ und im Französischen „égalité“. Daraus folgt ein Unterschied in der Vertragsauslegung, den ich gerne Klavierspielen könnte!

 

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Viktor Orbán – freiheitsliebender Patriot

31. März 2014 06:36 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Die Politik und der Großteil der „liberalen“ Medien, besonders jene in den USA und in Westeuropa, legen hinsichtlich Ungarns eine überaus harsche Gangart an den Tag. Die steht ganz im Gegensatz zur Zurückhaltung, mit der Link(sliberal)e autoritären Regimes wie in Russland, Weißrussland oder Rotchina – pardon der „Volksrepublik China“ – begegnen. Dies war schon zu registrieren, bevor die Magyaren im Frühjahr 2010 die acht Jahre währende Herrschaft von Sozialisten und Liberalen demontierten und „Gottseibeiuns“ Viktor Orbán und sein christlich-nationalkonservatives Parteienbündnis Fidesz-KDNP mit einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit ausstatteten.

Die Wähler wollten, dass Orbán mittels dieser „Revolution an der Wahlurne“ das an den Rand des Abgrunds gebrachte Land wieder in Ordnung bringt. Sie wollten auch die Wende von 1989/90 – und damit die Revolution von 1956 – vollenden.

Paul Krugman hatte nach Orbáns Erfolg in der „New York Times“ quasi die Wiedererrichtung einer postsowjetischen autoritären Herrschaft in Ungarn an die Wand gemalt. In dieselbe Kerbe schlug der britische „Guardian“, der Orbán einen autoritären Politiker nannte. Die „Washington Post“ ging sogar noch weiter und verglich Ungarn mit Weißrussland unter Aljaksandr Ryhorawitsch Lukaschenko und Russland unter Wladimir Putin.

Charles Gati, während des Volksaufstands 1956 junger ungarischer Journalist, der es nach seiner Flucht zum Politologie-Professor an der Johns Hopkins-Universität brachte, schrieb in einem Gastkommentar für die „Times“, dass Ungarn „nicht länger als westliche Demokratie“ bezeichnet werden dürfe. In der „Washington Post“ führten Gati und der ehemalige US-Botschafter in Ungarn, Mark Palmer, sowie Miklós Haraszti, Professor an der Columbia Law School, vormals OSZE-Beauftragter für Medienfreiheit, ins Treffen, die ungarische Demokratie sei in einem so beklagenswerten Zustand, dass Radio Free Europe (RFE) seine Berichterstattung über Ungarn wiederaufnehmen möge.

Man stelle sich vor: RFE-Ziel hätte nicht, wie einst im Kalten Krieg, die Destabilisierung eines kommunistischen Regimes in Budapest unter sowjetrussischer Kuratel sein sollen, sondern die Unterminierung der aus demokratischer Wahl hervorgegangenen ungarischen Regierung. Nicht allein das: In ihrem perfiden Kommentar riefen Gati, Palmer und Haraszti Washington auf, „das Gespenst der Tyrannei“ in Ungarn zu verscheuchen. Ungeachtet der Tatsache, dass sich Ungarn als Nato-Verbündeter unter Orbán im Gegensatz zu anderen dafür entschied, in Afghanistan zu bleiben.

Die Liste derer, die das publizistische Trommelfeuer auf Orbán und seine Mitterechts-Regierung in den USA eröffneten, ließe sich problemlos verlängern. In Europa, besonders in Österreich und Deutschland, hält es eine ganze Armada aus politisch korrekten „Lohnschreibern“ (Bertolt Brecht) in Zeitungen, Magazinen, Blogs und Internetforen sowie Moderatoren von Rundfunk und Fernsehen am Leben. Dabei tun sich ARD, ZDF und ORF besonders hervor, und bei den Blättern sind nicht einmal Qualitätszeitungen wie Frankfurter Allgemeine – namentlich deren Feuilleton – und Neue Zürcher Zeitung davor gefeit, bisweilen in den von „Ungarn-Experten“ wie Paul Lendvai und György Konrád dirigierten Mainstream-Chor einzustimmen.

Das begann bei der Verabschiedung der neuen ungarischen Mediengesetzgebung, setzte sich fort bei der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen neuen Verfassung und hielt sich bis zum neuen Wahlgesetz, nach dem am 6. April das auf 200 Abgeordnete verkleinerte Parlament gewählt wird. Sie sehen – wie auch Politiker und EU-Kommissionsmitglieder – die Meinungsfreiheit und Demokratie in Ungarn bedroht. Und sie lassen sich nicht einmal dadurch beirren, dass das von Kritikern als Orbán-hörig bezeichnete ungarische Verfassungsgericht bestimmte Verfassungs-Passagen für nichtig erklärt hat. Es hat damit den Beweis geliefert, dass die Höchstgerichtsbarkeit so arbeitet, wie man es erwartet. Dennoch ist die ungarische Regierung zum Prügelknaben westlicher Publizisten geworden, die in Orbán einen quasi-faschistischen Tyrannen sehen, der mit der Bibel unter dem Arm herumläuft.

Und die Politik tut es ihnen gleich. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn nannte Ungarn einen „Schandfleck“. Ähnlich andere Sozialdemokraten respektive Sozialisten: Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments und sozialdemokratischen Spitzenkandidat für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten, bezichtigte Orbán der „Säuberungspolitik“. Österreichische Sozialdemokraten und Grüne brachten – ebenso wie die christdemokratische luxemburgische Justizkommissarin Viviane Reding, eine ehemalige Journalistin – gegen Ungarn mehrmals ein EU-Vertragsverletzungsverfahren und Stimmrechtsentzug ins Spiel.

Unter Beifall des flämischen Liberalen Guy Verhofstadt rief der Charlemagne-Grüne Daniel Cohn-Bendit in Straßburg Orbán zu, er sei „auf dem Weg, ein europäischer Chavez zu werden, ein Nationalpopulist, der das Wesen und die Struktur der Demokratie nicht versteht". Unübersehbar stört es die hauptsächlich links der Mitte angesiedelten politisch korrekten Moral- und Tugendwächter, dass Orbán, unbeeindruckt von Kritik, das Land von Grund auf reformiert und umbaut, vor allem aber von dem im gewendeten Gewande des (Neo-)Liberalismus daherkommenden Postkommunisten zu befreien. Was ihn aber im politisch korrekten Europa verdächtig macht, wo man ihn – im günstigsten Fall – des „Cäsarismus“, „Bonapartismus“ oder „Horthyismus“ zeiht. Oder kurzum einen „Faschisten“ nennt.

Orbán-Biographie von Igor Janke

Von all diesen Invektiven hat sich der polnische Publizist Igor Janke nicht beeindrucken lassen. Der frühere Chefredakteur der polnischen Presseagentur PAP und BBC-Mitarbeiter, der jetzt dem unabhängigen Thinktank Freiheitsinstitut (Instytut Wolno?ci) in Warschau vorsteht, zeichnet in seiner soeben auf Deutsch erschienenen Biographie vielmehr ein unvoreingenommenes, die Wirklichkeit widerspiegelndes Bild des ungarischen Regierungschefs.

Denn ein Diktator ist Orbán beileibe nicht, sondern – vor allem anderen – ein ungarischer Patriot. Seiner Vaterlandsliebe, mit der er überall aneckt, ordnet Orbán vieles unter, wie Janke anhand zahlreicher Begebenheiten und Geschehnisse herausarbeitet. Schon als junger Mann hat Orbán – damals noch hinter dem Eisernen Vorhang – den Abzug der Sowjettruppen verlangt. Janke, damals als Vertreter des Unabhängigen Polnischen Studentenbunds anwesend, erlebte die Wirkung jener berühmten Rede Orbáns bei der erhebenden Umbettung der (unter János Kádár hingerichteten) Revolutionäre von 1956 im Juni 1989 in Budapest mit.

Dass er für Orbán und sein freiheitsliebendes, geschichts- und nationalbewusstes Volk Sympathien hegt, daraus macht Janke in seiner Orbán-Biographie keinen Hehl. Auch daraus nicht, dass sich Orbán „Einmischung jedweder Art“ von außen verbittet. Der Pole lobt ihn dafür, dass er angetreten ist, die Effizienz der staatlichen Strukturen und Institutionen sowie des Regierungshandelns zu steigern. Und dass Orbán in die Präambel der Verfassung die „Heilige Krone“ als Symbol der Wahrung der historischen Kontinuität der Nation hat schreiben lassen und dass der „Segen Gottes“ für deren Gedeih erfleht wird.

Das muss für alle religiös Indifferenten und jene, die sich „freisinnig“ dünken, geradezu als provokative Regelverletzung gelten, nicht aber für den polnischen Katholiken Janke. Dasselbe gilt für das Bekenntnis zur (ge)ein(t)en Nation Ungarn, im wohlverstandenen Sinne ihrer historisch, sprachlich und kulturellen Bande über die Grenzen des 1920 um zwei Drittel des damaligen Territoriums verkleinerten Ungarns hinaus. Dieses verständliche Trauma beherrscht noch immer das Bewusstsein vieler Magyaren.

Janke führt auch das in der ungarischen Verfassung Orbáns enthaltene Bekenntnis zur Familie – und im Gegensatz dazu den Ausschluss der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften mit der ehelichen Verbindung aus Mann und Frau – als christlich-zivilisatorischen Wert als rühmenswert an. Fürwahr: Die ungarische Verfassung spiegelt das christliche Erbe des Landes wider, sie definiert den Bund der Ehe in traditioneller Weise, und sie proklamiert, dass das Leben mit der Empfängnis beginnt. Janke hält auch fest, dass Orbán eine Schuldenbremse fixieren hat lassen und den Forint, ungarisches Zahlungsmittel seit 700 Jahren, zum Ärger Brüssels als nationale Währung hochhält. Dass sich Orbán dazu entschieden hat, für den Schutz traditioneller Werte der Ungarn zu kämpfen, imponiert seinem polnischen Biographen, während es Link(sliberal)en in Europa und den USA gegen den Strich geht.

Der Autor stellt uns den ungarischen Ministerpräsidenten als jemanden vor, der auf dem politischen Parkett Europas und darüber hinaus fundamentale Denkanstöße liefert. Davon könnten sich seiner politischen „Mitspieler“ ein Stück abschneiden (der fußballbegeisterte Orbán vergleicht nicht selten Konstellationen mit dem Geschehen auf einem Spielfeld). Besonders dann, wenn es um Vereinheitlichung und Regelungsdichte in der EU geht, um zentralistisches Gebaren und Subsidiarität, kurzum um Sinn und Unsinn der EU und der Nationalstaaten.

Gleichwohl spricht Janke seinem Porträtierten Qualitäten ab, die ihn im EUropäischen Konzert zur Führungsfigur avancieren ließen: Orbán sei – eine seiner Schattenseiten – von Sozialisation und Charakter her dazu nicht in der Lage, denn er könne nicht, wie Angela Merkel oder der polnische Premier Donald Tusk, mit allen reden, mit allen anderen auskommen.

Einen zentralen Abschnitt des Buches beanspruchen die Motive des Handelns Orbáns und seiner Religiosität. So bestimmt Janke die antikommunistische Prägung des vom ursprünglich „Liberalen“ zum Konservativen Gewandelten in erfahrungsgesättigten Zäsuren: Zum einen während seiner Zeit als Wehrpflichtiger, zum andern durch seine Zugehörigkeit zu dem nach einem bedeutenden Gelehrten und Politiker benannten „Biró-Kolleg“ an der Juristischen Fakultät der Budapester Eötvös-Loránd-Universität (ELTE), der bedeutendsten Hochschule Ungarns, an der Orbán studierte.

Zugang zum Glauben fand der in religiös indifferentem, politisch angepasstem Elternhaus Aufgewachsene (der Vater war Agraringenieur und Parteimitglied, die Mutter Behinderten-Pädagogin) in seiner calvinistischem Ehefrau Anikó. Sie ist Juristin wie er. Er heiratete sie 1986 und hat mit ihr fünf Kinder. Ebenso wichtig war der reformierte Geistliche Zoltán Balog, einer seiner frühen Weggefährten. Orbáns Religiosität sei echt, schreibt der Autor, sein Glaube gebe ihm Kraft, gefestigt durch Krisen zu gehen. Besonders lesenswert ist in diesem Zusammenhang der Abschnitt über Orbáns Wahlniederlage 2002 und wie er sie überwand.

Für Janke sind Nation und Freiheit die beiden zentralen Werte, die Orbáns politisches Handeln leiten. Es gehe ihm um die nationale Souveränität des ungarischen Volkes und die wirtschaftliche Souveränität des Landes. Letzteres bedeute indes nicht – und entgegen allem, was ihm Kritiker in Ungarn und außerhalb wirtschaftspolitisch unterstellen – dass er auf eine mehr oder minder gelenkte Staatswirtschaft zusteuere. Vielmehr wolle Orbán für ein gefestigtes Bürgertum sorgen, es solle im Lande „mehr ungarische Eigentümer“ geben. Dazu sei es nötig, die Rolle ausländischer Unternehmen dort einzuschränken, wo sie keine produktive Funktion erfüllten, sondern nur Kaufkraft abschöpften und – anstatt sie in Ungarn zu reinvestieren – Gewinne ins Ausland transferierten.

Jankes Biographie ist hervorragend recherchiert. Viele Gespräche hat er mit Orbán geführt, ebenso mit zahlreichen einstigen und derzeitigen Weggefährten und Gegnern. Zwar durchzieht des Biographen Sympathie für Orbán das 340-Seiten-Buch. Doch er verschweigt keineswegs die Schattenseiten des Porträtierten. Von Anfang an wird dem Leser klar, dass Janke subjektiv-anerkennend schreibt. Nirgendwo versucht er zu belehren oder gar zu indoktrinieren. Stets ist offenkundig, dass da jemand urteilt, der große Stücke auf Orbán hält, den er der Leserschaft als außergewöhnlichen, prinzipienfesten, jedem Konformismus abholden und zukunftsweisenden Politiker nahe zu bringen versucht.

Jankes flüssig geschriebene Biographie ist uneingeschränkt zu empfehlen, insbesondere jenen Zeitgenossen aus Politik und Publizistik, denen es um ihrer Glaubwürdigkeit willen gut anstünde, ihre (Vor-)Urteile ihm und den Hunderttausenden Ungarn gegenüber zu revidieren, die seine Anhänger, Sympathisanten und Wähler sind.

Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist

Igor Janke: Viktor Orbán. Ein Stürmer in der Politik,
Passau (Schenk Verlag GmbH) 2014, 343 Seiten,
ISBN 978-3-944850-14-6; geb., € 20,50 

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Wie sich die Politik Krisensicherheit vorstellt

30. März 2014 00:50 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In extrem komplizierten Regeln schafft Europa jetzt ein eigenes Bankenrecht. Und seine Politik verspricht allen Ernstes, dass die Banken dann „krisensicher“ wären. Lächerlicher geht’s kaum.

Denn eine krisensichere Bank ist undenkbar. Es kann auch kein Stahlwerk und keinen Schuster geben, die absolut gegen Verluste und Krisen gefeit wären.

Aber haben nicht die Banken die Krise ab 2008 ausgelöst? Nein, das war ganz überwiegend die Politik, auch wenn deren Propagandisten das anders darstellen. Wie in allen Branchen gibt es gute und schlechte Banken, risikofreudige und behutsame. Aber es ist mit zahllosen Daten beweisbar: Der allergrößte Teil der seit 2008 aufgenommenen Schulden hat absolut nichts mit Banken zu tun, sondern nur mit Politik. Genauer: mit der ständigen Wählerbestechung durch die Parteien.

Die Europäisierung des Bankenrechts (ohne dass das ebenfalls sehr umfangreiche nationale Bankenrecht aufgehoben würde, ohne dass nationale Banken-Steuern abgebaut würden) wird keine einzige Krise verhindern. Es wird vielmehr zu enormen Kosten durch die Zwangsbeiträge zum europäischen Bankenfonds und durch die teure Aufblähung der Kontrolle kommen.

Aber trotz von dieser krisenerhöhenden Kostenbelastung bleibt zwangsläufig das Risiko. Das können noch so viele Kontrollore nicht ausschalten. Kredite können bei jeder Konjunkturwende plötzlich massenweise von guten zu schlechten, zu faulen werden; ein Land kollabiert, eine Branche wird durch neue Technologien plötzlich zukunftslos. Und dann? Dann stellen sich haargenau dieselben Fragen wie heute. Rettet man wackelnde Banken oder nicht? Wie etwa derzeit die Hypo.

Da Europas Politik bisher alle anderen Banken „rettet“, da sie dort aus Angst vor den Folgen und Haftungen die Gläubiger schont, wird sie das mit Sicherheit auch auf EU-Ebene tun. Sie wird es sogar noch viel unbeschwerter tun, da dann ja in Europa scheinbar Fonds herumliegen, die angeblich „retten“. In Wahrheit ist es freilich immer der Steuerzahler und Sparer, der ausgepresst wird.

Je mehr EU, umso stärker wird die Verantwortungslosigkeit. Statt dass endlich die Eigenverantwortung der Gläubiger greift, werden krachende Banken nun von irgendwo in Europa gerettet. Das wird fatal negative Folgen haben.

Aber dafür wird künftig doch viel besser kontrolliert. Das klingt nett. Das ist vor allem teuer. Das wäre aber nur dann auch „sicher“, wenn jeder Bankkredit verboten wird. Denn jeder hat ein Risiko. Werden die neuen Kontrollore das tun? Soll man sich Geld nur noch beim Bürokollegen oder beim Pfandleiher am Eck ausborgen können? Das wäre Steinzeit auf europäisch.

In einer Hinsicht hätte ein Abwürgen der Banken freilich auch positive Wirkungen: Anleger müssten sich dann direkt bei Unternehmen beteiligen, deren Aktien oder Anleihen kaufen. Das bringt dann mehr Rendite, aber natürlich auch mehr Risiko. Dabei wollte die EU doch Risiko beenden . . .

 Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Wie hoch sind die Arbeitskosten in der EU?

29. März 2014 15:27 | Autor: Andreas Unterberger

Arbeitskosten in der Privatwirtschaft in € pro Stunde und Veränderung in Prozent seit 2009

Arbeitskosten in Euro pro Stunde

Veränderung seit 2008 in Prozent

 

Land Kosten
pro Stunde
Veränderung
seit 2008
Schweden

40,1

+ 26.9

Frankreich

34,3

+ 9,9

Niederlande

33,2

+ 11,7

Österreich

31,4

+ 18,9

Finnland

31,4

+ 15,9

Deutschland

31,3

+ 12,2

Italien

28,1

+ 11,4

EU-Schnitt

23,7

+ 10,2

Spanien

21,1

+ 8,7

Ver. Königreich

20,9

– 0,3

Slowenien

14,6

+ 4,9

Griechenland

13,6

– 18,6

Portugal

11,6

– 5,1

Tschachien

10,3

+ 12,4

Slowakei

8,5

+ 17,0

Polen

7,6

+ 0,1

Ungarn

7,4

– 5,2

Rumänien

4,6

+ 10,6

Bulgarien

3,7

+44,1

Quelle: Eurostat

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Das Negerkonglomerat und Hitler

27. März 2014 00:44 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

SPÖ, Grüne und ORF regen sich maßlos über das Wort „Negerkonglomerat“ auf, das vor Monaten ein freiheitlicher EU-Mandatar in einer Diskussion verwendet hat. Da ich nicht einmal genau weiß, was ein Negerkonglomerat ist, hat es mich überhaupt nicht aufgeregt. Am meisten von vielen dummen Politikersprüchen hat mich hingegen die Behauptung eines anderen EU-Abgeordneten aufgeregt, dass hierzulande „die Sehnsucht nach einem neuen Hitler zu bemerken“ sei. Nur hat sich über diesen Mann widerlicherweise niemand aufgeregt.

Diese angebliche Hitler-Sehnsucht hat der einst der SPÖ entsprungene EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin entdeckt. Da Martin weiterhin links steht, steht er für die meisten Medien automatisch im geschützten Bereich. Dass er jetzt nicht mehr kandidiert (weil er selber unangenehme Verfahren am Hals hat, und weil ihn die „Krone“ fallengelassen hat, die nun kuschelig warm auf dem subventionsreichen Schoß des Werner Faymann sitzt), ändert nichts an der Unglaublichkeit seiner Behauptung.

Zum Unterschied vom Negerkonglomerat weiß ich jedenfalls sehr genau, was ein „neuer Hitler“ wäre. Und das macht die Behauptung Martins zur unglaublichen Zumutung und Frechheit.

Die Behauptung, dass überall Nazis säßen, ist die vor jeder Wahl wiederbelebte linke Propaganda. Da die Linke wirtschaftspolitisch ratlos ist, versucht sie es besonders intensiv mit solchen Behauptungen.

Bezeichnenderweise teilt sie diese Phobie ausgerechnet mit einem Wladimir Wladimirowitsch Putin. Dieser ortet ja derzeit auch intensiv „Nazi“-Gefahr. Natürlich nur, um von seinen Raubüberfällen abzulenken. Da wie dort sind solche Behauptungen aber nur eines: widerlich.

Die Arbeiterkammer und Othello

Diese Widerlichkeiten werden nur noch von der (neuerdings fast wählerfreien) Arbeiterkammer und ihrem „Theater Akzent“ übertroffen. Dieses entblödet sich nämlich nicht, zu der Komödie „Otello darf nicht platzen“ formell auf Distanz zu gehen. Offizieller O-Ton: „Das Theater Akzent weist darauf hin, dass die inhaltliche Verantwortung für das eingemietete Stück „Otello darf nicht platzen“ ausschließlich bei den durchführenden ProduzentInnen liegt. Das Theater Akzent distanziert sich von allfälligen politisch unkorrekten, nicht mehr zeitgemäßen Darstellungsweisen.“

Jetzt ist wirklich der Tiefpunkt an Blödheit erreicht. Werden die politisch korrekten Linken als nächsten Schritt auch Shakespeare und Verdi verbieten? Auf deren Drama bzw. Oper „Othello“ geht ja diese extrem harmlose Komödie zurück. Die Linken wissen in ihrer Blödheit wohl nicht einmal, dass der Böse in Othello nicht der schwarze Othello, sondern ein Weißer ist. Und schon gar nicht wissen sie, dass es gegen „Othello“ einst sehr vehemente Proteste gegeben hat, weil eben ein Weißer der Bösewicht ist.

Auf ungefähr gleicher Intelligenz bewegen sich jene, die gegen Jean Genets ohnedies extrem linke Satire „Die Neger“ im gleichen Arbeiterkammer-Theater Protestmails absenden. Obwohl auch hier die Schwarzen die Guten und die Weißen die Bösen sind, erregt man sich ernsthaft auch über diese Aufführung.

Es ist angeblich „rassistisch“, dass hier Weiße schwarze Schminke anlegen und Schwarze spielen. Und man sammelt Unterschriften für die Forderung: „Wir fordern hiermit auf, das N-Wort und diese rassistische Inszenierung aus dem Wiener Festwochenprogramm zu entfernen.“

Die Konsequenzen scheinen klar: Der Kulturstadtrat wird bald mit den Zähnen klappern und die Arbeiterkammer wird sich wieder distanzieren. Denn längst ist die Blödheit ja endemisch geworden.

Nochmals zurück zu Andreas Mölzer, von dem das undefinierbare Wort „Negerkonglomerat“ stammt. Absolut keine Sympathie habe ich dafür, dass er die EU – bei aller Kritik an ihr und ihrem Regulierungswahn – mit dem NS-Regime vergleicht. Das ist ein völlig absurder Vergleich. Freilich: Wenn alle Politiker zurücktreten müssten, die unakzeptable und unpassende Vergleiche anstellen, wäre das Parlament in Straßburg ebenso wie das Haus am Ring sehr leer.

Natürlich geht es vor allem der SPÖ bei der doppelten Mölzer-Aufregung darum, mit Hilfe der linken Medien ein Thema hochzustilisieren. Irgendwie wollen sie ja bei der EU-Wahl doch ein Argument, um wenigstens ein bisschen Auftrieb zu erhalten. Zuletzt lagen ja abwechselnd Schwarz und Blau bei Umfragen voran.

Die (ursprünglich von einer SPD-nahen Zeitung aus Deutschland ausgelöste) Aufregung wird nur der Linken nichts helfen. Nützen wird sie wieder einmal primär den Freiheitlichen. Die Wähler wissen zwar auch nicht, was ein Negerkonglomerat ist. Sie merken aber schon seit Jahrzehnten die immer gleiche hinter solcher künstlicher Aufregung stehende Absicht. Und sie sind entsprechend verstimmt.

Natürlich sind die EU und insbesondere die Rolle ihres Parlaments das zentrale Thema dieser Wahl. Und nicht unpassende Vergleiche. Aber vom Thema EU lenkt man ja seit einiger Zeit lieber ab . . .

 

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FN 601: Jetzt gibt’s den Sozialmissbrauch also doch

26. März 2014 18:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Deutschlands Regierung kündigt an, gegen den Sozialmissbrauch bei der Zuwanderung aus EU-Ländern vorzugehen. Erstaunlich – hat man doch noch vor kurzem auf allen politisch korrekten Kanälen beteuert, es gäbe diesen Sozialmissbrauch gar nicht.

In Deutschland ist ja jetzt die Sozialdemokratie mit an der Macht. Da klingt dieses Eingeständnis doppelt interessant. Jedoch – über die Reaktion Berlins auf diesen durch die Mischung von EU-Regeln und Sozialstaats-Exzessen entstandenen Missbrauch kann man nur noch den Kopf schütteln: Da wird ihm nicht etwa der Kampf angesagt. Nein, Berlin gibt einfach den betroffenen Kommunen 200 Millionen Euro. Für die durch Sozialmissbrauch entstandenen Kosten.

PS: Während Rumänien (und Bulgarien) solcherart das Zigeuner/Roma-Problem entsorgen können, kündigt Rumäniens sozialistischer Premier an, was der nationalistische Staatspräsident schon lange fordert: Man sei nun stark genug, den Anschluss Moldawiens durchzuziehen. Die finanziellen Probleme hat man offenbar gelöst. Jetzt müssen nur noch die Moldawier wollen. Sofern man sie fragt. Die nämlich wollen gar nicht . . .

 

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Front National – na und?

24. März 2014 14:02 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In Frankreich hat die äußerste Rechte unter der Tochter Le Pen einige Rathäuser erobert und wird in der Stichwahl wohl etliche weitere Erfolge erzielen. Die linken Medien tun nun so, als ob damit ein neuer Hitler oder Stalin an die Macht gekommen wäre. Was nicht nur wegen der geringen Zahl von FN-Bürgermeistern ziemlich lächerlich ist.

Natürlich ist Frankreichs Linke tief deprimiert. Haben dort doch viele ernsthaft geglaubt, dass man nur laut genug schreien muss „Sparen – Nein“ und schon ist die Notwendigkeit zu demselben verschwunden. Und die Konkurrenz der Front National glaubten die Linken einfach durch ständiges Nazi-Geschrei ausschalten zu können.

Beides hat sich als Unsinn erwiesen. Daher herrscht auf der Linken und in ihren Medien Weltuntergangsstimmung. Denn das Anti-Sparen-Gerede hat sich in der Konfrontation mit der realen Welt als totaler Unsinn erwiesen, den Frankreich (und Europa?) noch teuer bezahlen wird. Und erst recht ist die Front National keine Partei, die der Demokratie ein Ende bereiten würde.

Sie hat unter der Tochter Le Pen auch weitestgehend auf unakzeptable Zwischentöne verzichtet. Und die, die es zweifellos da und dort noch immer gibt, sind für Frankreich und Europa lange nicht so gefährlich und schädlich wie die Reformunwilligkeit der Linken. Die Front National ist geradezu ein Produkt der linken Realitätsferne und der „fortschrittlichen“ Hasspropaganda. Denn jahrzehntelang hat die Nachfolge der Vichy-Petain-Bejubler keinerlei politische Rolle gespielt.

Nun beginnt freilich in etlichen Rathäusern für die Front National erstmals der harte Alltag. Und da wird sich mit Sicherheit dasselbe zeigen wie etwa in Haiders Kärnten: Wirtschaftspolitik als Produkt von Wunschdenken funktioniert maximal eine kurze Zeit lang. Dann bricht sie umso lauter zusammen.

Die Le-Pen-Partei wird überdies darunter leiden, dass sie vorerst kaum Persönlichkeiten hat, die administrieren und Städte regieren können. Die Front National wird also vielerorten einer ganz natürlichen Entzauberung erliegen. Und dort, wo sie sauber und gut administriert, wird sie sich behaupten können.

So ist eben Demokratie.

Das Antifaschismus-Gelabere sollte die Linke jedenfalls lieber einem Putin überlassen, der mit fast genau denselben Worten, wie Europas Sozialisten in Anbetracht einer Niederlage sie verwenden, von der ärgsten Friedensverletzung der letzten Jahrzehnte ablenkt. Und der neben Herrn Lukaschenko mit der Invasion der Krim in Wahrheit der einzige echte Faschist ist, der heute in Europa regiert (falls man diesen in Wahrheit völlig abgenudelten Begriff verwenden würde).

Die französischen Liberalkonservativen erliegen dem Antifaschismus-Gerede ja offenbar kaum mehr. Dabei sind ja sie und nicht die Linke die eigentlichen Erben des Anti-Nazi-Kampfes eines Charles de Gaulle.

Vor allem können die Sozialisten nicht ernsthaft auf deren Stimmen hoffen, nachdem sie Nicolas Sarkozy, den Hero der Liberalkonservativen, monatelang abgehört und mit zahllosen Verfahren überzogen haben. So wie sie es von Italien über die Niederlande bis Venezuela mit ihren politischen Gegnern tun. (Auch das Verfahren gegen Ex-Bundespräsident Wulff muss die linken Medien eigentlich bis auf die Knochen blamieren).

 

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Hilfe, Europa geht die Arbeit aus!

23. März 2014 00:27 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Europa wird zunehmend von Schreckensnachrichten über die Entwicklung des Arbeitsmarktes erschüttert. Einmal wird intensiv beklagt, dass Europa heute die weitaus höchsten Arbeitslosen-Zahlen der Nachkriegszeit hat. Am nächsten Tag wird ebenso heftig vor der rapide zunehmenden Roboterisierung und Automatisierung gewarnt, als deren Folge uns die Arbeit ausgehen werde. Und am dritten wird gejammert, dass wir viel zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte haben.

Alle Warnungen stimmen zwar, alle greifen aber viel zu kurz: Sie sind fast durchwegs Folge des Denkens und Handelns, dass für alles der Staat verantwortlich sei, dass jedes Problem oder Scheinproblem durch ein Eingreifen der Obrigkeit gelöst werden könne. Das löst aber nur wieder weiteres Staatshandeln aus und führt in Wahrheit immer weiter in des Teufels Küche, zu immer größeren Problemen.

Die „bösen“ Roboter und Automaten

Keine Frage: Roboterisierung und Automatisierung rationalisieren viele Arbeitsplätze weg. Sie tun das umso rascher und effizienter, je teurer die einzelne Arbeitskraft ist.

Die daran anknüpfenden Katastrophenprophezeiungen sind aber völlig übertrieben und eindimensional. Sie gleichen den einstigen Jammereien über das „Bauernsterben“. Es ist nur wenige Generationen her, dass 80 Prozent der Europäer in der Landwirtschaft beschäftigt waren. Heute sind es drei Prozent. Hätte man diesen Anteil einfrieren sollen, ähnlich den heutigen Zukunftsängstlichen, die wie etwa die Sozialisten in Frankreich Unternehmen den Abbau von Arbeitskräften verbieten, solange diese noch keine Verluste produzieren?

Natürlich war es gut und richtig, dass im 19. und 20. Jahrhundert Zig Millionen aus der Landwirtschaft in die Städte gezogen sind. Sie haben ihre Lebensumstände deutlich verbessert, auch wenn die heutige Geschichtsdarstellung das anders sieht. Denn bei all den Klagen über die Industrialisierung wird vergessen, dass davor jene Kinder, die keinen Hof geerbt haben, als Knechte und Mägde oft weit unter dem Existenzminimum gelebt hatten, wenn sie nicht Zuflucht in einem Kloster gefunden haben. Sie mussten im Stall geschlafen, hatten keine Chance auf Familiengründung, starben früh oder "durften" für Kaiser und Könige als Kanonenfutter in sinnlose Kriege um irgendwelche Erbfolgen ziehen.

Die Vorteile der Industrialisierung

Erst Dampfmaschine, Industrie, Elektrizität und das juristische Ende der Schollengebundenheit haben Millionen einen Aufstieg ermöglicht. Diese sind in großer Zahl in die neu entstehenden Bassena-Wohnungen rings um die europäischen Städte gezogen. Solche Bassena-Mietshäuser sind zwar aus heutiger Sicht wenig attraktiv, haben aber damals eine dramatische Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Menschen bedeutet, auch wenn sie von Schriftstellern, Gewerkschaften, Sozial- und Christdemokraten heute heftig kritisiert werden.

Auf dem Land waren die Lebensbedingungen für die nicht-besitzenden Klassen eindeutig viel schlimmer als jene für das städtische Proletariat. Nur hat es einst niemanden gegeben, der die Not der Knechte und Mägde thematisiert hätte. Erst in Städten, erst mit der über elitäre Schichten hinausgehenden Verbreitung von Lesen und Schreiben konnten solche Klagen artikuliert werden.

Industrialisierung war und ist keineswegs ein Jammer. Das sahen wir auch wieder in den allerletzten Jahren. Dort, wo es keinen ausreichenden Anteil einer exportierenden Industrie gibt, sind in den Krisenjahren Länder steil abgestürzt. Dagegen ist es gerade in diesen Jahren den Industrieländern Deutschland und Niederlande deutlich besser gegangen.

Industrie ist unverzichtbar, so wie wir ja auch von der Landwirtschaft keinen Abschied genommen haben. Sie ist aber in ihren Dimensionen keineswegs unveränderlich. Automaten und Roboter ändern viel. Nirgendwo steht, dass in den Produktionshallen, an den Werkbänken genauso viele Menschen stehen müssen wie einst. Das glauben nur Nostalgiker etwa in den Gewerkschaften.

Wenn sie und Regierungen am Status quo festhalten wollen (etwa durch die mancherorts bestehenden Kündigungsverbote), bringen sie ganze Branchen um. Sie glauben dekretieren zu können, wie viele Menschen da und wie viele dort zu beschäftigen sind. Das geht aber am Ende immer schief.

Es gibt jede Menge neuer Berufe

Aber wo finden die in der Industrie überzählig werdenden Menschen Arbeitsplätze? Nun, mit Sicherheit gibt es die neuen Jobs vor allem in jenen zahllosen Tätigkeiten, die es vor wenigen Jahrzehnten noch kaum gegeben hat. Bei Dienstleistungen, bei spezialisierten Tätigkeiten, die von der Industrie ausgegliedert worden sind. Je weniger sich die Politik einmischt, umso sicherer entstehen diese Jobs.

Je knapper eine Fähigkeit, umso besser sollte der Lohn sein

Vernünftigerweise kann man also nicht daran zweifeln, dass es auch in Zukunft genug Arbeit gibt. Es darf nur eines nicht sein: Dass Regierungen und Gewerkschaften Arbeit viel zu teuer machen, dass sie viel zu viele Steuern und Abgaben für viel zu viele unsinnige Ausgaben an Lohn und Einkommen knüpfen. Dass sie populistische Mindestlöhne und Einkommen dekretieren, für die sich immer weniger Arbeitgeber finden. Dass sie durch die Wohnbauförderung Menschen an der notwendigen Mobilität hindern, also dorthin zu ziehen, wo es ausreichend Arbeit gibt.

Das in Wahrheit viel größere Problem ist die immer wieder entstehende Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften. Aber auch da ist das Eingreifen des Staates Schuld. Wenn Zehntausende Menschen jahrelang und unentgeltlich, also auf Kosten der Steuerzahler geistes- und sozialwissenschaftliche Ausbildungen machen („Studier nur, was dich interessiert“), dann verleitet sie der Staat zu solchen perspektivfreien Tätigkeiten. Dann werden viele Menschen davon abgehalten, sich primär nach den Jobaussichten zu orientieren. Dieser Zusammenhang ist übrigens kein Widerspruch dazu, dass eine möglichst gute geistes- und sozialwissenschaftliche Bildung ein ganz zentraler Teil jeder Allgemeinbildung sein sollte.

Menschen dort hinzulenken, wo die Gesellschaft sie braucht, funktioniert immer nur über die Höhe des jeweiligen Lohnes. Wenn es viel Geld zu verdienen gibt, wird immer die Zahl jener Menschen zunehmen, die einen bestimmten Beruf zu lernen beginnen. Hingegen ist jedes Gerede von Gewerkschaftern oder Bildungspolitikern, dass sie wüssten, was „gerecht“ und angemessen sei, nicht nur reiner Holler, sondern auch ein Fehlanreiz für junge Menschen. Das kann nur der Markt.

Kinderkriegen ist ökonomisch zum Nachteil geworden

Ein viel ernsteres Problem Europas ist dadurch entstanden, dass immer weniger akademisch gebildete Frauen Kinder in die Welt setzen. Wenn fast jede zweite Frau darauf verzichtet, dann wird das künftige Fehlen von qualifizierten Arbeitskräften zur Katastrophe.

Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Zuwanderung aus nichteuropäischen Ländern leider überhaupt nicht wie einst versprochen jene qualifizierten Zuwanderer nach Europa bringt, die man bräuchte. Nur in der Statistik der Demographen ist Zuwanderung ein brauchbares Substitut für das Fehlen der Kinder bildungsorientierter Schichten geworden. Im wirklichen Leben nicht. Lediglich Zuwanderung von Süd- und Ostasiaten bringt Gesellschaften spürbar voran. Aber diese Migranten zieht es fast alle nach Amerika und nicht Europa (der Sprache wegen, der niedrigen Steuern wegen; und auch wegen der viel größeren Leichtigkeit, dort durch Leistung aufzusteigen).

Was tun? Es ist ein absoluter Wahnsinn, wenn der Gesetzgeber Kinderlosigkeit belohnt (etwa durch Witwenrenten für Kinderlose), wenn Frauen für die Übernahme der Mutterrolle verhöhnt werden (etwa durch die Propaganda, dass sie in eine „Falle“ gehen würden), wenn Pensionen für Mütter schlechter ausfallen als für Berufstätige.

Wenn – wie fast in der gesamten Menschheitsentwicklung – Kinder für potenzielle Eltern ein ökonomischer Vorteil wären, dann würden auch mehr von ihnen Kinder in die Welt setzen. Das war insbesondere in Hinblick auf die Altersversorgung in den meisten Gesellschaften so. Kinderkriegen ist aber durch staatliches Eingreifen ökonomisch zum Nachteil geworden. Gewiss: Kinder in die Welt zu setzen, ist immer noch ein emotionaler Gewinn, ist vielleicht auch vom Egoismus der Gene verlangt, wird in vielen Religionen als sehr positiv gewertet. Aber dennoch ist die Entscheidung für oder gegen Kinder nachweislich vor allem ökonomisch dominiert.

Es wird langfristig zum Selbstmord, wenn Politik und Wirtschaft massiven Druck auf Frauen ausüben, nur ja arbeiten zu gehen, wenn sie Kinderkriegen immer mehr als privates Hobby darstellen. Auch wenn „Job statt Kinder“ kurzfristig zweifellos für die Wirtschaft vorteilhaft ist, weil Frauen exzellent gebildete Arbeitskräfte sind, bedroht es am Ende ganze Kulturen.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Twitter, NSA, die Türkei und Russland

22. März 2014 00:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt hat die Türkei den Zugang zu Twitter verriegelt – der umgehend von Hunderttausenden Türken durch zahllose Nebentore wieder passierbar gemacht worden ist. Was bedeutet das aber neben einer Blamage für den Semidiktator Erdogan langfristig?

Das bedeutet zum einen, dass es schwer selbstbeschädigend für die EU ist, mit einem solchen Land auch nur eine Sekunde weiter über einen Beitritt zu verhandeln. Erdogan hat längst jede Rechtsstaatlichkeit hinter sich gelassen und passt daher in keiner Weise in die Union. Wenn so etwas in einem Land auch nur denkmöglich oder gar Realität ist, dann hat es in Europa nichts verloren.

Erdogan und seine Partie sind nicht nur in höchstem Ausmaß korrupt, wie erst in den letzten Monaten wirklich klar geworden ist. Sie verprügeln nicht nur ständig friedliche Demonstranten. Sie versetzen nicht nur zu Tausenden unbotmäßige (also weniger korrupte) Richter, Staatsanwälte und Polizisten als „Strafe“ wild im Land herum. Sie setzen auch die Eigentümer aller einst kritischen Medien so unter Druck, dass dort keine Kritik mehr vorkommt. Sie werfen auch in immer größerer Zahl politische Gegner und unabhängige Journalisten ins Gefängnis. Da ist die Schließung von Twitter ja fast nur noch ein Tüpfelchen auf dem i.

Die Erdogan-Türkei ist heute weder ein Rechtsstaat noch eine Demokratie. Und es gibt kaum noch Möglichkeiten, den Mann demokratisch oder rechtsstaatlich abzusetzen.

Dass die Twitter-Sperre von so vielen Türken sofort und leicht umgangen worden ist, macht diese Aktion zwar eher lächerlich. Wir sollten uns dennoch stärker denn je klar machen: Es geht eine Regierung absolut nichts an, ob in den wenigen Anschlägen eines Tweets, in den viel zahlreicheren eines Blogs, in einem Youtube-Interview, in einem Telefonat Sinn oder Unsinn transportiert wird. Das haben nur die Bürger zu entscheiden. Das gilt für die Türkei, das gilt auch den Rest der Welt.

Der wahre Grund des Internet-Hasses von Erdogan ist klar: Die schwere Korruption in der Familie Erdogan ist erst via Youtube aufgedeckt worden. Erdogan geht damit in die Geschichte entgegen früheren, positiven Erwartungen als jener Machthaber ein, der die Demokratie in dem Zwei-Kontinente Land wieder beendet hat, der extrem korrupt gewesen ist und der nach fast einem Jahrhundert der Westorientierung das islamische Kopftuch wieder propagiert hat. Und auch das BIP-Wachstum von 3,5 Prozent (2013) ist weit weg von früheren Rekordzahlen und angesichts der türkischen Geburtenfreudigkeit in Wahrheit sogar sehr mager. Eine beschämende Bilanz eines einstigen Hoffnungsträgers.

Es ist daher absolut rätselhaft, warum die EU mit einem solchen Land überhaupt noch über einen Beitritt spricht. Will sie sich selbst zerstören? Gibt es in Brüssel überhaupt niemanden mehr, der über linke Political Correctness hinaus außenpolitisch nachdenkt?

Noch rätselhafter ist freilich, warum hierzulande neben den Grünen auch die Neos-Spitzenkandidatin für den türkischen EU-Beitritt wirbt. Die einzige Erklärung, die ich derzeit dafür finde: Man hakt den Neos-Haufen so wie manch andere Gruppen in der Opposition einfach als Ansammlung von Dummköpfen ab, die nur von der extrem schlechten Performance der Regierung profitieren.

Als ob das des Unsinns nicht genug wäre, wollen die Neos ja auch noch Russland in die EU holen. Das will Moskau ja nicht einmal selber. Russland handelt jedenfalls fast bis ins Detail genau so, wie heute der türkischen Scheindemokratie. Beide haben ja auch wider das Völkerrecht fremde Territorien militärisch besetzt. Aber soche Beitritts-Phantasien sind letztlich ein Problem der Grünen und der Neos, nicht meines.

Gibt es Geheimnisse im Netz oder im Telefon?

Viel spannender ist etwas ganz anderes, das durch das türkische Twitter-Verbot wieder besonders virulent geworden ist: Das ist der an zahllosen Fronten tobende Zweikampf zwischen Überwachern und Überwachten. Von Twitter bis NSA, von Google bis Youtube geht dieser elektronische Krieg. Da glauben die einen, durch Wechsel von http auf https der Überwachung zu entgehen. Da haben sich die anderen auch schon die Passwörter der EDV-Administratoren gefasst. Und täglich wird diese Schraube weiter gedreht.

Wer ein paar Schritte zurücktritt, der sieht wieder den Wald und nicht nur diese zahllosen Details. Er sieht:

Wie sagte mir ein Gesprächspartner in meinen allerersten Journalisten-Monaten (also lange, bevor sich irgendjemand Twitter, Internet, Youtube auch nur vorstellen konnte): „Darüber rede ich nicht am Telefon, da müssen wir schon unter vier Augen reden.“ Es hat sich seit jenen Zeiten nichts geändert. Es hat sich in Wahrheit auch nichts geändert, seit Metternichs Spione hinter jedem zweiten Gasthaus-Busch gesteckt sind.

Konklusion: Wir müssen uns so wie damals ständig, täglich wehren. Wir müssen gegen die Regierungen dieser Welt ununterbrochen um unsere Freiheit, insbesondere die Meinungsfreiheit kämpfen. Sonst wird der Moloch Staat immer noch frecher und übermächtiger.

 

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Österreich zwei Monate vor der EU-Wahl

21. März 2014 17:26 | Autor: Andreas Unterberger

Einschätzung der Bedeutung und Vorteile der EU der österreichischen wahlberechtigten Bevölkerung in Prozent

 

Quelle: IMAS

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Selbstbestimmung oder: Wie ähnlich sind die Krim und der Kosovo?

21. März 2014 00:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Absolut faszinierend, wie selektiv viele derzeit argumentieren, wenn sie die Krim und den Kosovo vergleichen. Die einen sehen nur die Gemeinsamkeiten, die anderen nur die Unterschiede. Und die dritten haben überhaupt keine objektiven Maßstäbe.

Viele stehen dort, wo ihre Lager, ihre Länder schon vor hundert Jahren gestanden sind. Prorussisch oder antirussisch. Eine Ausnahme bildet nur die FPÖ, die beklemmenderweise plötzlich zum Parteigänger Moskaus geworden ist. Jenseits der Lager sollte man aber die Fakten nüchtern betrachten und objektiv die einzelnen Punkte vergleichen.

Was gegen Moskau spricht

Auch für Moskau spricht einiges

Das heißt aber nicht, dass nicht auch für die russische Argumentation und die Gleichsetzung Kosovo-Krim einige Punkte sprächen:

Eine echte Selbstbestimmung muss sehr klar und konsistent erfolgen. Weder Moskau noch die Mehrheit des Westens haben dafür aber bisher auch nur irgendwelche Vorschläge gemacht. Der Westen sagt nur immer "So nicht". Aber er sagt nie: Wie sonst. Und Russland handelt einfach, ohne lange nachzudenken. Der Krim-Schock wäre jedoch der ideale Zeitpunkt, sich auf solche Regeln zu einigen. Da eigentlich beide Seiten eine Verrechtlichung dieser Frage wollen.

Dabei wären etwa folgende Eckpunkte der Selbstbestimmung sinnvoll:

  1. Mindestens sechs Monate lang freie Information durch alle Seiten;
  2. Eine international überwachte Abstimmung;
  3. Eine eindeutige, durch internationale Richter bestimmte Formulierung der Referendumsfrage;
  4. Mindestens eine Mehrheit von 50 Prozent der Wahlberechtigten (nicht nur der Abstimmenden) muss sich für neue Grenzen aussprechen;
  5. Auch in allen Untergebieten (Kreisen, Bezirken) muss es eine Mehrheit geben, damit auch diese den Weg der Selbstbestimmung gehen könnten;
  6. Es muss jedenfalls schon vor jeder Selbstbestimmung ein ganz klares Minderheitenschutzrecht gelten;
  7. Eine solche Abstimmung ist im Abstand von sechs Monaten zu wiederholen, damit keine zufälligen Tages-Emotionen mitspielen.

Aber weder diese noch irgendwelche andere Regeln werden auch nur diskutiert. Dabei müssten eigentlich beide Seiten jetzt die Chance dafür sehen, durch Entwicklung und Festlegung solcher Regeln ein neuerliches Krim-Chaos zu verhindern, das ja keiner will. Die einen reden immer nur von Moskaus Rechtsbruch, die anderen reden zwar von der Selbstbestimmung, aber unter völlig unakzeptablen Begleitumständen.

Gar so gern hat man in Moskau übrigens den von Machthaber Putin selbst bei der Invasion formulierten Vergleich mit dem Kosovo inzwischen ohnedies nicht mehr. Denn im Kosovo hat sich Moskau ja eindeutig gegen das Selbstbestimmungsrecht gestellt. Russland agiert also sehr inkonsistent.

Bei allen Vorwürfen gegen die EU und die USA ist letztlich eindeutig: Konkretes Recht gebrochen hat nur Russland.

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Gestern stand die ÖVP noch am Abgrund, heute ist sie schon einen Schritt weiter

14. März 2014 02:40 | Autor: Emmanuel Ockay
Rubrik: Gastkommentar

Die ÖVP ist längst nicht mehr die Heimat des werteorientierten Wählers. Mit ihrer übertriebenen EU-Verherrlichung, ihrem gesellschaftspolitischen Linkskurs und ihrer Katzbuckelei gegenüber der SPÖ, etwa in der Frage des Einhaltens von Wahlversprechen („keine neuen Steuern“), setzt sie alles erdenklich Mögliche daran, bürgerliche Stimmen zu vertreiben.

Dies zeigt sich insbesondere in der Frage der Homo-„Ehe“ und der Adoption durch Gleichgeschlechtliche. Schon im Nationalratswahlkampf 2008 meinte Wilhelm Molterer in einer Fernsehdiskussion zur kirchlichen Position zu diesem Thema: „Na entschuldigen Sie, ist das ein Maßstab für mich?". Als der Journalist etwas verwundert erwiderte, dass er das schon gedacht hatte, sagte der damalige ÖVP-Chef: „Da haben Sie vielleicht falsch gedacht.“ Und weiter: „Glauben Sie wirklich, ich brauche den Bischof Laun dazu? Nein, wirklich nicht!"

Unter Josef Pröll stimmte die ÖVP dann schließlich der Einführung der eingetragenen Partnerschaft zu. Man sollte übrigens auch nicht vergessen, dass es die von eben dieser Partei aufgestellte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner war, der wir dieses Gesetz zu verdanken haben.

Nachdem die Schwarzen 2013 auch der von der EU und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verlangten Stiefkindadoption für Homosexuelle zugestimmt haben, ist es nur logisch, dass sich nun zunehmend mehr ÖVP-Politiker auch für das volle Adoptionsrecht aussprechen. Die Aussagen des Landwirtschaftministers Rupprechter brachten ihm innerparteilich etwa in der steirischen Landespartei Zustimmung, stießen aber größtenteils, vor allem bei Generalsekretär Blümel, auf Kritik. Absurd ist daran nur: Kommt so ein Vorschlag aus Österreich, gibt es immerhin noch – zumindest leisen – Widerspruch. Das war aber bei der Adoption von Stiefkindern nicht der Fall, denn da hatte man ja keine Wahl. Das musste man umsetzen, weil „Europa“ das so wollte und was „Europa“ sagt, ist ja den Spindeleggers, Rupprechters und Molterers dieser Welt heilig.

Ich engagiere mich seit einigen Wochen bei der neuen Partei REKOS. Wir Reformkonservative treten entschieden gegen jede Privilegierung von homosexuellen Partnerschaften ein. Es hat einen Grund, warum die Ehe seit jeher die Gemeinschaft von einem Mann und einer Frau ist. Sie bietet die beste Grundlage für das Zeugen und Erziehen von Kindern, die die Zukunft unserer Gesellschaft darstellen und daher unter möglichst guten Bedingungen aufwachsen sollten. Wem gesunder Menschenverstand und Jahrtausende lange Erfahrung nicht genügen, der kann sich die entsprechenden Fakten aus wissenschaftlichen Studien holen: Kinderpsychologie, Hirnforschung usw. haben längst nachgewiesen, dass sowohl die intellektuelle als auch die psychische und soziale Entwicklung von Kindern am besten in traditionellen Familien – Vater, Mutter und Kinder – gewährleistet ist.

Männer und Frauen sind nicht gleich und daher auch nicht durch einander ersetzbar, auch wenn uns der Zeitgeist dies mit dem Holzhammer einprügeln will. Die Qualität der Zuwendung, die ein Kind von seiner Mutter bekommt, ist anders als die, die es von seinem Vater erhält. Ein Kind braucht beides. Ein Kind braucht einen Vater und eine Mutter. Es gibt kein „Recht auf ein Kind“ – es sind die Kinder, die ein Recht auf Eltern haben!

Ein weiterer Punkt, in dem die ÖVP seit langem nur noch durch feige und zeitgeistige Aussagen auffällt, ist der der Abtreibung. Wir REKOS sind die einzige derzeit in einem Parlament vertretene Partei, die sich absolut kompromisslos für den Schutz des Lebens vom Moment der Empfängnis an einsetzt. In unserem Parteiprogramm stellen wir unmissverständlich klar, dass das menschliche Leben unantastbar ist. Gerade die wehrlosesten Mitglieder unserer Gesellschaft – die Ungeborenen, Alten oder Kranken – bedürfen besonderen Schutzes. Der Zivilisationsgrad einer Gesellschaft lässt sich nicht zuletzt daran ermessen, wie sie mit ihren schwächsten und wehrlosesten Mitgliedern umgeht. Für uns ist und bleibt die Abtreibung eine Tötung.

Dass die ÖVP in diesen und vielen anderen Fragen so stark nach links gerückt ist, ist zwar traurig. Wenn sie sich aber unbedingt selbst zerstören will, ist das ihre Sache. Gegen die marxistische Gesellschaftspolitik, die schon weit in das pseudo-bürgerliche Lager vorgedrungen ist, regt sich jedoch in Europa in verschiedenen Ländern zunehmend Widerstand.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Um die grüne Ulrike Lunacek zu zitieren: „Wir erleben seit den letzten paar Jahren ein Erstarken der christlichen FundamentalistInnen … Wie stark sie sind und wie gut sie auch untereinander vernetzt sind, hat sich im Vorfeld der Abstimmung und auch durch die Ablehnung (Anm.: des Estrela-Berichts) gezeigt.“ (Standard-Interview vom 19. Dezember 2013).

Bei dieser EU-Wahl gibt es zum ersten Mal die Möglichkeit, eine überzeugt christlich-konservative und konsequent antisozialistische EU-kritische Partei zu wählen. Es ist vermutlich die letzte Chance für uns Konservative, eine politische Kraft in unserem Land zu etablieren, die unsere Werte kompromisslos vertritt. Unser Parteiobmann und Spitzenkandidat Ewald Stadler kann mit seiner Unterschrift, ohne Unterstützungserklärungen sammeln zu müssen, das Antreten der Partei ermöglichen. Durch seine Bekanntheit finden unsere Anliegen in der Öffentlichkeit, auch wenn die Medien uns weitgehend totschweigen, doch bis zu einem gewissen Grad Gehör. Nützen wir diese einmalige Gelegenheit, in Österreich für ein echtes politisches Erdbeben zu sorgen und das linke Establishment einmal wirklich in Schockzustand zu versetzen!

Emmanuel Ockay ist 23 Jahre alt, engagierter Katholik, studiert Rechtswissenschaft und arbeitet derzeit für Ewald Stadler.

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Hoeness, Strasser, die Heuchler und problematische Gesetze

14. März 2014 00:09 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Dreieinhalb Jahre Haft für den geständigen Bayern-München-Präsidenten Hoeneß in Deutschland. Dreieinhalb Jahre Haft für den nicht geständigen Ex-Politiker Ernst Strasser in Österreich. Beide Strafen sind trotz der seltsamen Gleichheit des Ausmaßes durchaus berechtigt. Wer seine Beziehungen und sein Mandat für heimlich zahlende Klienten nutzt, hat nichts anderes verdient. Wer tief in die zweistellige Millionenziffern gehende Beträge am Fiskus vorbeischummelt, ist ebenso zu bestrafen. Die beiden Fälle rücken aber auch viele andere Promis ins Scheinwerferlicht, die sich trotz ihres Gutmenschgeredes als kräftige Sünder erwiesen haben. Und sie machen auch ein Nachdenken über Kontrolle und Straf- wie auch Steuerrecht notwendig.

Das Hoeneß-Urteil hätte noch deutlicher ausfallen können, wäre da nicht seine Schuldeinsicht und seine – allerdings viel zu gering dimensionierte – Selbstanzeige miteinzubeziehen. Etwas, was Strasser nicht für sich in Anspruch nehmen konnte. Er und sein Anwalt haben das ja bis zuletzt für durchaus in Ordnung angesehen, was der EU-Abgeordnete da getan hat. Was total absurd ist.

Nur in einer einzigen Perspektive bringt den Beobachter Strassers Fall schon ins Zögern: Wie ist das mit Gewerkschaftern und Kammerfunktionären? Von denen sind ja die Parlamente voll! Auch sie fühlen sich so wie Strasser zweifellos nicht primär den Wählern verantwortlich, sondern jeweils ihren Mitgliedern und ihrer (oft gut bezahlten) Funktion bei diesen Verbänden. Also dem Geld. Aber das hat sie noch nie auf eine Anklagebank gebracht. In Österreich haben sie sich seit einigen Jahren sogar in der Verfassung abgesichert.

Hoeneß war zwar kein Politiker, aber der Bayern-München-Präsident und Ex-Spitzenspieler ist europaweit noch viel bekannter als Strasser. Er ist wohl in gewisser Hinsicht krank, sonst wäre seine letztlich verlustbringende Zockerei nicht so unvorstellbar intensiv ausgefallen. Zumindest moralisch sind ihm auch seine rund fünf Millionen Euro zugute zu halten, die Hoeneß insgesamt für wohltätige Zwecke gespendet hat (zumindest nach seinen eigenen Angaben, die sich freilich nicht wirklich überprüfen lassen).

Auch wenn jetzt viel debattiert werden wird, ob der einstige Minister und der Chef des derzeit erfolgreichsten europäischen Fußballklubs einen Promi-Bonus oder -Malus genossen haben, so scheint ihnen bei grober Betrachtung Recht zu geschehen. Diese Urteile rufen beim Ringen um eine objektive Beurteilung aber auch die vielen Gutmenschen in Erinnerung, die da in letzter Zeit als gar nicht so gut entlarvt worden sind

Schwarzer und Co: Die grauslichen Moralisierer

Nun, es geht hier überhaupt nicht darum, den CSU-nahen Hoeneß, das einstige ÖVP-Mitglied Strasser gegen die rotgrünen Sünder aufzurechnen. Es geht aber schon um die Frage, ob linke und rechte Promi-Sünder in unseren Gesellschaften gleich behandelt werden. Und es geht darum, auf die Widersprüche zwischen dem unerträglichen und oft medial tausendfach vervielfältigten Moralisieren der Linken und ihrer eigenen Realität hinzuweisen. Solches Moralisieren war jedenfalls bei Hoeneß und Strasser keineswegs in diesen Dimensionen zu beobachten.

Das elektronische Überwachungsnetzwerk wird immer dichter

Viele der hier erwähnten Fälle hängen aber auch noch mit einem ganz anderen Phänomen zusammen. Dieses ist uns in all seinen Konsequenzen noch gar nicht wirklich bewusst geworden: Heute werden vor allem dank der Elektronik viel mehr – finanzielle wie verbale – Sünden aufgedeckt als einst. Zwar reden alle nur von der NSA. Aber in Wahrheit hängt kein einziger dieser Fälle mit der NSA oder den USA zusammen. Egal, welche Gesetze in EU- und nationalen Parlamenten beschlossen werden: Das elektronische Spionieren geht weiter. Und immer wird am Ende primär der normale Bürger durch solche Gesetze belastet. Aber die Internet-Spione kostet es nur ein Lachen, die staatlichen wie die halbstaatlichen.

Es bleibt jedenfalls viel weniger als früher geheim. Das ist an sich sehr erfreulich. Es hat zweifellos eine generalpräventive Wirkung, wenn alle Straftäter erwischt werden. Freilich halte ich es dennoch nie für positiv, erlaubt oder gar gut, wenn ein Staat selbst kriminell wird. Also wenn er beispielsweise Täter nur durch Packelei mit anderen Tätern findet, etwa durch den Kauf gestohlener CD oder durch Straffreiheit für Kronzeugen, die in Wahrheit die Haupttäter sind.

Dass die Kontrolle viel dichter geworden ist, ist jedenfalls Faktum. Umso mehr wäre es angebracht, die Rechtsregeln überhaupt zu überdenken. Die mörderisch-konfiskatorischen Steuersätze etwa (sie sind in Österreich noch weit schlimmer als in Deutschland) waren noch nie richtig. Aber die Gesetzgeber haben immer damit spekuliert, dass Steuern ja eh immer hinterzogen würden, und daher die Steuern gleich viel höher angesetzt. Das wird in einer Zeit konfiskatorisch, wo es weitestgehend unmöglich geworden ist, Geld an der Steuer vorbeizuschwindeln.

Steuer- und Strafrecht muss milder werden

Das Faktum wirksamer elektronischer Kontrollen aller Art muss daher zu einem kräftigen Ja zu vernünftigen, also deutlich niedrigeren Steuersätzen führen. Zumindest wenn man nicht will, dass alle kreativen Köpfe und Investitionen aus Österreich und Deutschland verschwinden. Was die Politik freilich intensiv versucht.

Ebenso dringend notwendig wäre es, jede Form von verbalen Delikten und „Diskriminierungsverboten“ wieder aus dem Bereich des Strafrechts zu entfernen. Deren Bestrafung ist eine massive Verletzung des einstigen Freiheitsprinzips.

Alleine die jüngste Statistik des Innenministeriums mit Anzeigen von Hunderten reinen Meinungsdelikten im Jahr zeigt, auf welch wahnsinnigem Weg Österreich da seit einigen Jahren unterwegs ist. Je dichter das Kontrollnetz, umso wichtiger wird die volle Wiederherstellung von Gedanken- und Meinungsfreiheit statt deren schrittweise Einschränkung, zu der es jedes Mal kommt, sobald jemand etwas Unerwünschtes sagt.

PS: Ein typisches Produkt der Absurdität des Überwachungsstaats im elektronischen Zeitalter findet sich übrigens auch im sexuellen Gebiet: Zwei Fünfzehnjährige dürfen zwar jede Art von Sex miteinander haben; sie machen sich aber strafbar, wenn sie sich elektronisch Nackt-Fotos senden. Das ist ziemlich absurd, vor allem weil solche Praktiken angeblich in der Generation der Teenager weit verbreitet sind. Aber die Politik ist nicht gewillt, das Strafrecht mit gesundem Menschenverstand zu reduzieren, statt es ständig noch mehr auszuweiten.

PPS: Das Verlangen nach einer Rücknahme rechtlicher Normen vom Steuer- bis zum Strafrecht und die kritische Frage nach Gewerkschaft & Co hat übrigens überhaupt nichts mit der Bestrafung von Hoeneß und Strasser zu tun. Für die beiden ist nur noch ein einziger Aspekt relevant: Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Was in diesen Fällen besonders gut ist, da Höchstgerichte ohne Promi-Bonus oder -Malus rechtskräftig zu befinden haben.

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Die Sendung mit dem Großvater (4): Wie teuflisch ist Atomkraft?

13. März 2014 11:55 | Autor: Andreas Unterberger und Maximilian

Erstwähler Maximilian fragt seinen Großvater Andreas Unterberger nach der Gefährlichkeit, nach der Notwendigkeit, nach dem Nutzen von Atomkraftwerken. Und dieser versucht zu antworten.

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Das EU-Parlament, ein unverständliches Wesen

11. März 2014 01:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das EU-Parlament ist ein absolutes Rätsel. In fast all seinen Abstimmungen verhält es sich anders, als der Großteil der Europäer denkt und fühlt. Es gibt sich EU-fundamentalistischer als Kommission und Rat zusammen. Und es versucht noch viel mehr als diese, sich ständig regulierend in unser privates Leben einzumischen. Dabei müssen die EU-Abgeordneten in Kürze vor die Wähler treten. Während ja Rat, Kommission, Gericht und alle sonstigen EU-Behörden weit weg von einem direkten Urteil der Europäer sind. Welchen Sinn soll das haben?

Gewiss: Viele der Abstimmungen im europäischen Parlament werden in den heimischen Medien ignoriert. Haben die doch zum Großteil gar keine ständigen Korrespondenten, die aus dem Parlament berichten würden. Vieles von den Resolutionen des Parlaments ist auch rechtlich aufs erste unverbindlich.

Aber dennoch bleibt es beispielsweise absolut unverständlich, warum sich ausgerechnet das Parlament regelmäßig für höhere Ausgaben der EU einsetzt. Während vor allem der Rat, aber auch die Kommission deutlich mehr auf die Interessen der Steuerzahler geschaut haben. Sieht sich das Parlament so wie die österreichischen Bundesländer immer nur für das Geldausgeben zuständig, während dessen Beschaffung nicht interessiert, anderen Körperschaften zugeschoben wird?

Sind Eisenbahn-Holdings wichtiger als Konsumenten?

Es war auch das Parlament, das die europäische Eisenbahnreform neuerlich verwässert hat. Gegen die Interessen der Konsumenten. Denn es hat durchgesetzt, dass auch bei dem jetzt beschlossenen vierten Eisenbahnpaket die sogenannten Holdingstrukturen erlaubt bleiben. Das Parlament hat damit durchgesetzt, dass der – theoretisch zur Neutralität verpflichtete – Schienen- und Bahnhofsbetreiber auch selber eine fahrende Gesellschaft besitzen kann. Das wird mit Sicherheit natürlich auch in Zukunft zu einer – zumindest indirekten, weil offiziell ja verbotenen – Diskriminierung von privaten Konkurrenten führen, die a la „Westbahn“ tapfer gegen den Fast-Monopolisten angetreten sind. Zwar gehen den Gewerkschaften sogar jene paar Detailreformen zu weit, die das nun angenommene Paket enthält. Aber ÖBB-Chef Kern erkennt die klare Vorteilen für die ÖBB und alle ähnlichen Bahn-Unternehmen. Weshalb er hat zu Recht darüber gejubelt hat.

Dabei wäre ja das Eisenbahnwesen ein absolut typisches Beispiel dafür, worum sich Europas Parlament im Interesse der Konsumenten schon seit Jahrzehnten kümmern hätte müssen. Es hat sich aber lieber ständig mit Randthemen befasst,wie den Aufschriften auf Zigarettenpackungen. Diese sind zwar längst EU-einheitlich (und werden nun noch einheitlicher), aber bei der Eisenbahn haben wir bis heute in der EU: 28 verschiedene Sicherheitszonen, sieben Signalsysteme, sieben Spurweiten, von Land zu Land unterschiedliche und bis zu zwei Jahre dauernde Genehmigungs-Bescheinigungen, die pro Lok bis zu vier Millionen Euro kosten!

Aber dieser, jeder Binnenmarkt-Idee spottende Wirrwarr hat das EU-Parlament nie sonderlich gestört. Dort sind die Interessen der Eisenbahn-Gesellschaften offensichtlich besser vertreten als die der Konsumenten.

Hilfe für Einwanderer und Schlepper

Das EU-Parlament stellt sich auch immer dann an die Spitze, wenn es darum geht, das Migranten-Tor Richtung Europa noch weiter zu öffnen. Die Abgeordneten nennen es halt euphemistisch „Flüchtlingsschutz“, was sie da jetzt beschlossen haben: Dazu gehört etwa die Pflicht zur „Nicht-Zurückweisung“ solcher Migranten. Dazu gehört Straffreiheit für alle, die ihnen „in Notsituationen“ Hilfe leisten.

Das klingt harmlos, ist aber eine massive Öffnung Europas für Migranten und Schlepper. Auch wenn es vielleicht bei manchen nicht zynisch, sondern gutmenschlich gemeint ist. Zur Täuschung von Gutmenschen mag ja auch die Semantik der Vorlage dienen. Denn darin heißen die Migrationswilligen natürlich nicht so, sondern „Flüchtlinge“ und die Schlepper heißen „Helfer“. Jetzt bekommt nun praktisch jeder Schlepper parlamentsoffiziell für sein einträgliches Gewerbe einen Persilschein, um nicht zu sagen Heiligenschein.

Während sich das EU-Parlament also massiv an die Seite von Einwanderern und Schleppern stellt, stellt es sich ebenso massiv gegen „Homophobe“. Damit sind dort pointiert ausgedrückt mehr oder weniger alle gemeint, die nicht täglich das Hohelied der Homosexualität singen. In einer Resolution dieses Parlaments werden etwa nach kommunistischer Art „Toleranzschulungen“ für Journalisten verlangt oder die Bestrafung von Äußerungen gegen Homo- und Transsexuelle.

Zwar haben sich aus Österreich ÖVP-, FPÖ und BZÖ-Abgeordnete (genau die Hälfte) gegen diesen Text gewandt. Aber dennoch fand die von der österreichischen Grün-Abgeordneten und Lesben-Aktivistin Lunacek eingebracht Resolution mit einer Reihe weiterer ähnlicher Forderungen eine breite Mehrheit des EU-Parlaments. Man darf fast – wenn auch hypothetisch und daher leicht polemisch – vermuten, die Mehrheit wäre selbst dann nicht kleiner, wenn als nächster Schritt die christlichen Kirchen verboten werden, weil sie ja in Sachen Homosexualität gegen die politisch korrekte Lehre verstoßen.

Heterosexuelle haben hingegen im EU-Parlament keine Lobby. Das sieht man etwa daran, dass wenige Tage nach der Lunacek-Resolution eine weitere Resolution ebenfalls mit großer Mehrheit angenommen wird. Diese verlangt, dass jeder Besuch bei Prostituierten in Europa strafbar werden soll. Rätselhaft bleibt nur, ob man bei dieser Resolution nicht auf strafbefreiende Ausnahmen für Homosexuelle vergessen hat. Denn auch diese sollen ja ihre eigenen Formen von Prostitution haben. Oder ist nach der Lunacek-Resolution eh klar, dass Homosexuelle von Bestrafungen befreit sind? Unklar bleibt auch, wie sich die besonders großzügige Haltung der rotgrünen Gemeinde Wien gegenüber jeder Form der Prostitution mit dieser Bestrafungslust verträgt, die rotgrüne EU-Abgeordnete im EU-Parlament demonstriert haben.

Ich würde allerdings wetten, dass es das älteste Gewerbe der Welt auch dann noch lange geben wird, wenn sich niemand mehr an das EU-Parlament erinnert. Allerdings fürchte ich, dass niemand bei dieser Wette dagegenhalten wird.

Nur Kommission hat Anerkennung verdient

Freilich gibt es auch in der EU viele vernünftige Dinge. Diese kommen aber praktisch immer aus der Kommission, wo in bestimmten Teilen die wirtschaftliche Vernunft ja durchaus noch beheimatet ist. So hat die Kommission ab dem Jahr 2024 Betriebsbeihilfen an Flughäfen verboten. Das wird zwar so manche kleine Flughäfen treffen, die aus regionaler Eitelkeit – etwa eines Landeshauptmannes – ins Leben gekommen sind, und die ohne ständige Förderungen nicht leben können. Den Steuerzahler freut solches jedoch sehr. Betrübt ist er nur deshalb, weil diese Regelung erst in zehn Jahren greifen wird, und weil sie etliche Schlupflöcher offen lässt, durch die weiter Steuergelder fließen können. Aber die Richtung stimmt eindeutig.

Eindeutig richtig wäre es auch, wenn die EU endlich beim Straßenverkehr wenigstens ein paar Vereinheitlichungen durchsetzen würde. Aber Straßenverkehr interessiert das EU-Parlament offensichtlich kaum, obwohl sich dessen Regeln in den diversen europäischen Ländern ständig noch weiter auseinander entwickeln. In jedem Land gibt es andere Autobahn-Gebühren, gibt es unterschiedliche Verkehrszeichen, werden national neuerfundene Regeln oft nur in einer Landessprache und da nur sehr kompliziert affichiert.

Besonders schlimm ist, dass diese für jeden Autofahrer sehr verwirrende Diversifizierung nun auch von jeder einzelnen Stadt betrieben wird. Überall gelten unterschiedliche Vorschriften. Nirgendwo weiß man, in welche Stadt man noch fahren darf, oder welche Vorschriften beim Parken gelten. Die jeweiligen Regeln sind meist nur Einheimischen vertraut. Selbst in jeder österreichischen Stadt sind sie ganz unterschiedlich und – trotz gewisser Deutschkenntnisse – kaum erkennbar.

Jeder Wiener weiß, wie oft er schon gefragt worden ist, ob man hier eigentlich parken darf. Jeder kennt die Verzweiflung von Nichtwienern, die daraufhin in einer Trafik Kurzparkscheine kaufen wollen, aber dort vor verschlossenen Türen stehen. Umgekehrt geht es den Wienern in hunderten anderen Städten Österreichs und Europas ähnlich.

Autoverkehr und Bahnen hätten längst eine europaweite Vereinheitlichung gebraucht. Alles, was grenzüberschreitend ist, vom Handel bis zum Verkehr, gehört in einem Binnenmarkt wirklich einheitlich geregelt. Alles andere jedoch sicher nicht und sollte daher - gemäß dem Subsidiaritätsprinzip - möglichst bürgernahe entschieden werden.

Das EU-Parlament sieht das aber anders. Es ist am Binnenmarkt erstaunlich desinteressiert und mischt sich mit allen möglichen Regulierungswüten in das Privat- und Sexualleben der einzelnen Menschen und deren Denk- und Sichtweisen ein.

Das ist alles ziemlich erstaunlich für eine Körperschaft, von der viele Mitglieder in wenigen Wochen wiedergewählt werden wollen.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Postzensur: Tiroler Adler fällt politischer Korrektheit zum Opfer

09. März 2014 04:38 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Des Freiheitskämpfers Andreas Hofer gedenkt man alljährlich in Tirol beiderseits des Brenners. Wenngleich er und seine Mannen 1809 im Kampf gegen den napoleonischen Eroberer und dessen bayerische Mitläufer unterlagen, so wurde er doch weithin in Europa für all jene zum Idol, die sich wie er wider Fremdherrschaft erhoben. Ein einfacher Gastwirt und Pferdehändler war der Hofer Andrä aus Passeier.

Viel Schulbildung hatte der Sandwirt nicht genossen; manche seiner Fehlentscheidungen und Misserfolge mögen auch darauf zurückzuführen sein. Doch weil ihn seine Überzeugung und die Treue zu sich selbst sowie zu seiner Heimat zwangsläufig zum Aufstand wider die fremden Eindringlinge führten, wurde er zum Helden. Andreas Hofer glaubte an das, wofür er kämpfte und er ging dafür auch aufrecht in den Tod. Keine äußeren Einflüsse, keine Verlockungen oder Schmeicheleien konnten ihn von dem als richtig erkannten Weg abbringen.

Davon überzeugt, für eine gerechte Sache gekämpft zu haben, trat er vor das Erschießungskommando. In Mantua wurde der Volksheld aus dem Südtiroler Passeiertal füsiliert. Von daher rührt der von Julius Mosen 1831 verfasste Text zur sechsstrophigen Tiroler Landeshymne, von der hier die erste in Erinnerung gerufen und wiedergegeben sei:

Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
In Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde Schar.
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz.
Mit ihm das Land Tirol,
Mit ihm das Land Tirol.

Alljährlich im Spätherbst gedenkt man im Südteil Tirols – im Überetsch, und zwar auf dem Friedhof von St. Paul – der Tiroler Freiheitskämpfer der 1950er und 1960er Jahre, der toten ebenso wie der (noch) lebenden. Wer an dieser Gedenkfeier teilnimmt, bringt ihnen Respekt, Achtung sowie Dank für ihren selbstlosen, uneigennützigen Einsatz und Opfertod für Volk und Heimat Tirol zum Ausdruck.

Sepp Kerschbaumer, ihr Kopf und rührigster Organisator aus Frangart, entstammte wie Hofer bescheidenen Verhältnissen. Auch er war ein Mann aus dem Volke ohne große Schulbildung, ein Greißler und Kleinlandwirt mit Fehlern und Schwächen. So war der Befreiungsausschuss Südtirol (BAS), die von ihm initiierte und geführte Gruppe von Idealisten, eher dilettantisch denn straff organisiert. Der BAS stellte sich der als Besatzer und Kujonierer empfundenen italienischen Staatsmacht und ihrer auch in demokratischem Gewande fortgeführten faschistischen Assimilationspolitik mittels Anschlägen auf Sachen (nicht Menschen) entgegen, um die Welt auf das himmelschreiende Unrecht aufmerksam zu machen.

Einer der größten Fehler der Kerschbaumer-Gruppe: Jeder kannte jeden. Unter der Folter kamen dann die Namen. Gleichwohl war der zutiefst christlich inspirierte Kerschbaumer mit sich im Reinen, innerlich gefestigt und von seinem Tun, dem Kampf für die Selbstbestimmung der Südtiroler und – daraus folgend – die Vereinigung seiner Heimat mit Tirol und also die Rückkehr zu Österreich überzeugt. Nicht einmal die schweren Folterungen in der berüchtigten Carabinieri-Kaserne von Eppan, an deren Folgen er später sterben sollte, konnten ihn brechen. Im Gegenteil: Gleich Hofer nahm auch Kerschbaumer im Mailänder Prozess alle Schuld auf sich.

Über Hofer heißt es in der dritten Hymnenstrophe:
Doch als aus Kerkergittern
Im festen Mantua
Die treuen Waffenbrüder
Die Händ er strecken sah,
Da rief er laut: „Gott sei mit euch,
Mit dem verratnen Deutschen Reich,
Und mit dem Land Tirol,
Und mit dem Land Tirol."

Beider Wirken insgesamt fand in der Bevölkerung höchste Anerkennung und Würdigung, ja nahezu heldengleiche Verehrung.

Trotz Andreas Hofers Wirken blieb Tirol – seinerzeit von Kufstein bis Ala – zunächst noch in Feindeshand. Auch Sepp Kerschbaumer und seine Mannen vom BAS erreichten ihr Ziel, die Selbstbestimmung für Südtirol, nicht. Doch nicht wegen (verfehlter Resultate) ihres Handelns wurden beide ins Heldische entrückt. Sondern weil sie geradlinig und konsequent ihren Weg gegangen sind. Weil es für sie kein Wanken gab, auch keine Furcht vor vermeintlichen Größen, wenn es um Unveräußerliches ging. Und auch weil sie Fanatismus und Selbstherrlichkeit abhold waren, nehmen die beiden Tiroler einen Ehrenplatz in der Geschichte ihres Landes ein.

Hofer ist zudem längst „historisiert“ und vermittels Geschichtsschreibung sowie Schulbuch kanonisiert. Jetzt sorgt der Südtiroler Heimatbund (SHB), die Vereinigung besagter Aktivisten und gleich gesinnter heutiger Sympathisanten, für eine Vergegenwärtigung des Heldenmuts Kerschbaumers und seiner engsten BAS-Mitstreiter. „Unsere Freiheitskämpfer – Ihre Opfer bleiben unvergessen" ist ein Bild betitelt, welches der Maler Rudolf Complojer im Auftrag des SHB aus Anlass des 50. Jahrestags des Todes von Sepp Kerschbaumer schuf. Darauf sind neben der Zentralfigur Kerschbaumers selbst auch die Konterfeis der nicht minder bekannten Freiheitskämpfer Luis Amplatz, Jörg Klotz und Kurt Welser zu sehen sowie Toni Gostner und Franz Höfler, die beiden unmittelbar unter italienischer Folter zu Tode gekommenen Mitstreiter, deren Särgen seinerzeit Zehntausende folgten.

Auf diesem Bild ist neben den Genannten auch eine Tiroler Fahne mit dem Tiroler Adler zu sehen, also die Symbole eines freien Tirols, wofür die Freiheitskämpfer sich mit ganzer Kraft eingesetzt haben. Sie sollten eine vom SHB angeregte und in Auftrag gegebene österreichische Briefmarke zieren.

Die Marke im Wert von 70 Cent ist zwar gedruckt worden und kann, über den SHB erworben, in Österreich auf Standardbriefe zum Versand ins europäische Ausland geklebt werden. Allerdings ist die Enttäuschung nicht nur im SHB darüber groß, dass auf den Adler in der Fahne verzichtet werden musste. Die österreichische Post hatte unter Hinweis auf die entsprechende Weigerung der österreichischen Staatsdruckerei, die Marke anzufertigen, Bedenken, den Tiroler Adler abzudrucken.

Man begründete das in Wien so: „Es kam in der Vergangenheit zu etlichen Problemen mit der Rechtsabteilung, da das Tiroler Wappen auf den Marken von Südtirol-Aktivisten benutzt wurde … Es gibt einige, die Südtirol wieder gerne bei Österreich sehen möchten, und da hat es in der Vergangenheit Besteller von Marken gegeben, die Mithilfe des Tiroler Wappens spezielle Marken drucken wollten.“

Kein Faschingsscherz: So weit geht „politische Korrektheit“ mittlerweile, dass der Tiroler Adler als identitätsstiftendes Emblem eines Landes und Volkes, dessen Freiheiten aus dem Maximilianischen Landlibell von 1511 älter sind als die aller Nationen und Nationalstaaten, der Zensur von Staatsdruckerei und Post in Österreich zum Opfer fällt. Weil er den Druck ermöglichen und die Briefmarke in Umlauf bringen will, hat der Südtiroler Heimatbund „schweren Herzens“, wie Obmann Roland Lang bekundet, auf den Adler verzichtet. Nicht, ohne darauf hinzuweisen, dass es Verbote, den Tiroler Adler zu zeigen, schon gab – während der Zeit des italienischen Faschismus.

Diese waren vergeblich, denn Heimatliebe und Freiheitsstreben konnte und kann man nirgends auf der Welt mit Verboten unterdrücken. Lang fügt hinzu, dass seine Mitglieder „bekennende Südtirol-Aktivisten“ sind, die sich mit friedlichen Mitteln für die Freiheit Tirols einsetzen. Das gezahnte selbstklebende 70-Cent-Postwertzeichen, wenngleich ohne Tiroler Adler, kann beim SHB unter http://www.suedtiroler-freiheitskampf.net/ angefordert und in ganz Österreich benutzt werden.

Herrolt  vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.

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Der Frauentag und wo die wirklichen Frauenprobleme liegen

08. März 2014 01:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreichs Medien, natürlich mit dem ORF an der Spitze, begehen den Frauentag mit einer Intensität, als ob Staatsvertrags-Unterzeichnung und Kriegsende gleichzeitig stattfänden. Sie ignorieren, dass ein 103. Jahrestag nicht unbedingt ein rundes Jubiläum ist. Sie ignorieren, dass der Frauentag jahrzehntelang ein rein kommunistischer Tag war, der in der freien Welt mit gutem Grund ignoriert worden war. Sie ignorieren alle Widerlegungen der stereotypen Behauptung, dass gleiche Arbeit massiv ungleich bezahlt würde. Sie verbreiten manipulativ eine Statistik eines EU-Political-Correctness-Instituts. Aber immerhin: Zumindest am Rande wird erstmals auch ein wenig von zwei Punkten gesprochen, wo wirklich im Interesse von Frauen dringend mehr gemacht werden müsste, aber nicht getan wird.

Stellen wir daher zuerst diese beiden Punkte in den Vordergrund (da sich das Tagebuch ohnedies oft genug über die akkumulierte Blödheit von Medien und Feministinnen ärgert).

Wenigstens in ein paar Berichten wird nun doch die katastrophale Lage von Frauen in vielen Ländern der Dritten Welt thematisiert. Die ist vor allem in der islamischen Welt sehr schlimm und unter der Herrschaft von Muslimbrüdern/Hamas/Al-Kaida/Hisbollah besonders arg. Jede Frau, die es in islamischen Ländern wagt, eine eigene Meinung zu haben, sich nicht nach irgendwelchen mittelalterlichen Vorschriften bekleidet, sich gar zum Christentum bekennt, riskiert dort Vieles. In manchen Ländern sogar Alles.

Aber nicht nur die islamische Welt ist eine ganz üble für Frauen. Es ist auch nach wie vor sehr schlimm, in einem indischen Dorf als Frau geboren zu sein. Misshandlungen, Vergewaltigungen nehmen dort derzeit sogar zu. Denn der durch Abtreibungen – oder wohl auch Kindstötungen – geschaffene Männerüberschuss macht dort langsam jeden jungen Mann zu einer potentiellen Gefahr. Der gewaltiger Hormonüberschuss dieses Männerüberschusses und seine kaum beherrschbaren Folgen werden der indischen Gesellschaft erst langsam bewusst.

Dabei erreichen gleichzeitig Indiens Städte eigentlich ein gewaltiges und erfreuliches Wachstum eines wohlhabend gewordenen (männlichen wie weiblichen) Mittelstands. Jedoch stehen der Atavismus in den Dörfern und die Hilflosigkeit angesichts der vielen in die Städte strömenden Wanderarbeiter dazu in gewaltigem Kontrast. Da ist es besonders tragisch, wenn jetzt sogar Frauen-Notruf-Telefone wieder eingespart werden, obwohl sich täglich Tausende indische Frauen an ihnen gemeldet haben (was im Gegensatz zu österreichischen Frauenhäusern wohl keine manipulierten Zahlen sind).

Unsinniger gesellschaftlicher Druck

Aber auch die Frauen in Österreich und vielen anderen europäischen Ländern haben echte Probleme: Das eine ist die wachsende Doppelbelastung durch Kinder und Berufstätigkeit. Es wird ja heute fast jede Frau scheel angesehen, die sich dafür entscheidet, ein paar Jahre nur bei ihren Kindern zu bleiben. Dabei steht außer Zweifel, dass diese Kinder letztlich einen signifikant besseren Bildungs- und Erziehungs-Hintergrund haben, wenn sich in den ersten Jahren die Mütter ihnen widmen. Da diese – eigentlich großartige – Leistung gesellschaftlich immer weniger anerkannt wird, da Wirtschaft wie Feministinnen und ihre dümmlichen männlichen Gefolgsleute die Entscheidung für den Primat der Kindererziehung als Fehler denunzieren, tun sich immer mehr Frauen die doppelte Belastung an und gehen rasch wieder arbeiten.

Und das bleibt trotz Kindergärten, Horten, Ganztagsschulen eine zusätzliche Belastung. Wer behauptet, solche Institutionen würden Frauen das Leben erleichtern, sodass das Arbeiten wieder leicht möglich wäre, der lügt. Der hat zumindest keine Ahnung von der realen Situation der Familien. Der agiert nicht im Interesse der Frauen, sondern der Unternehmen, welche die heute sehr gut ausgebildeten Frauen möglichst rasch wieder nutzen möchten (nachdem sich das Geschwätz von der hilfreichen Funktion der Zuwanderung als Schimäre erwiesen hat). Oder der will wie so manche linke Feministin sogar überhaupt die Gesellschaft zerstören.

Das Problem vieler Frauen durch den gesellschaftlichen Druck, möglichst rasch wieder arbeiten zu gehen, wird von der veröffentlichten Meinung voll ignoriert. Dort kommen nur Mode- und Kosmetik-Tussis vor oder ideologisch deformierte Feministinnen.

Das Pensionsproblem

Wenigstens am Rande kommt in manchen Frauentags-Berichten jetzt aber wenigstens ein anderes echtes Problem vieler Frauen durch: Das sind die niedrigen Pensionen, die erfreulicherweise auch der sogenannte Seniorenrat thematisiert hat. Diese niedrigen Frauenpensionen sind zum einen logische Folge des von den Feministinnen wehrhaft verteidigten niedrigen Pensionsantrittsalters (wovon der Seniorenrat freilich schon nicht mehr spricht), dessen Erhöhung gerade auch im Interesse der Frauen extrem dringlich wäre.

Diese niedrigen Pensionen sind zum anderen Folge der in breiter Front stattfindenden Schwarzarbeit vieler Frauen aus dem Zuwanderermilieu in Haushalten und Pflege. Diese erkennen jetzt erst, dass ihnen im Alter nur die Ausgleichszulage zusteht. Freilich hat ihnen das Nichtzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen jahrelang einen spürbaren subjektiven Vorteil gebracht.

Bei der dritten Ursache der niedrigen Pensionen von Frauen ist jedoch der Nutzen überwiegend ein allgemeiner. Das sind die Mütter mehrerer Kinder und die ihrer Kinder wegen nur Teilzeit arbeitenden Frauen. Ihnen werden in der Pension – und auch das erst seit Schwarz-Blau – nur vier Jahre nach der Geburt des letzten Kindes als Ersatzzeiten angerechnet. Was in vielen Situationen absurd ist. Bei Mehrkindfamilien, bei echten Alleinerzieherinnen (was freilich schwer abzugrenzen ist) und bei Teilzeitarbeit müsste dringend etwas für diese Frauen getan werden, etwa bis zum 14. Geburtstag des jüngsten Kindes.

Davon will jedoch der politisch korrekte Mainstream nichts wissen. Die Linken nicht, weil sie ja letztlich das Kinderkriegen eher nur als Unfall ansehen, dessen Folgen rasch überwunden werden sollten. Und die Wirtschaft eben nicht, weil sie nach den gut ausgebildeten Frauen als Arbeitnehmerinnen giert.

Die grundlosen Witwer- und Witwenpensionen

Schließlich gibt es auch noch den Widerstand jener, die zu Recht auf die großen Löcher in unseren Pensionskassen verweisen. Denn sie sagen zu Recht, es können sicher nicht noch höhere Beiträge verlangt oder niedrigere Pensionen bezahlt werden.

Aber es könnte das Antrittsalter signifikant erhöht werden. Und – was sie nur ganz selten zu sagen wagen: Längst und radikal wäre auch das gesamte teure System von Witwen- und Witwer-Pensionen zu streichen. Es gibt absolut keinen Grund für solche Pensionen, für die nie auch nur ein Cent, ein Groschen einbezahlt worden ist. Wer oft Jahrzehnte lang hohe Witwenpensionen nach dem einst gut verdienenden Ehepartner bezieht und keine Kinder großgezogen hat, lebt massiv und ohne jede Berechtigung sehr gut auf Kosten der anderen. Bei Streichung solcher Pensionen könnten in spürbarem Ausmaß höhere Frauenpensionen für Mütter finanziert werden. Aber statt dessen hat man durch Einbeziehung der Homosexuellen den Kreis der ohne Grund Witwenpensions-Berechtigten noch weiter erhöht.

Versuchen wir dennoch optimistisch zu bleiben, dass sich die oft absurde Diskussion rund um das Frauenthema irgendwann den wirklichen Frauenproblemen zuwendet. Auch wenn die Diskussion derzeit fast nur von jenen jungen Journalistinnen geführt wird, die jetzt massiv in den Redaktionen sitzen, die außer Frauenthemen nicht viel im Sinn haben, und die die wirkliche Lage des Großteils der Frauen kaum kennen. Das macht eher skeptisch bei der Hoffnung auf mehr Vernunft.

Der Gewaltbericht der EU

Heuer stürzen sich diese Mainstream-Journalistinnen besonders auf einen Bericht der sogenannten Menschenrechtsagentur der EU, der europaweit Gewalt gegen Frauen misst. Der ist aber mehr als dubios. Aus mehreren Gründen.

Die Kritik an dieser Agentur und dieser Studie soll nicht heißen, dass auch nur eine einzige Gewalttat irgendwie zu rechtfertigen wäre. Aber es macht richtig übel, wenn da alles Mögliche zusammengewürfelt wird. Ohrfeigen, der Pfiff eines Bauarbeiters nach einem vorbeigehenden attraktiven Mädchen, ein laut EU „unangemessener“ Annäherungsversuch (offenbar weiß die EU, was ein angemessener Annäherungsversuch ist – das ist vermutlich einer durch den „Richtigen“), geschmacklose SMS, (in manchen Ländern sogar schon rechtlich verfolgbare) Ausdrücke wie „Darling“ für eine Bürokollegin: Nichts davon ist schön. Aber all diese Dinge sind doch meilenweit von Vergewaltigungen, sexueller Nötigung und Ähnlichem entfernt. Wer das alles durcheinanderwirft, wird halt am Schluss selber nicht ernstgenommen.

Aber mit solchen Methoden profiliert sich halt ständig eine Frau Heinisch-Hosek. Was sie ja besonders gerne tut, da zugleich ihre Unterrichtsagenden zunehmend kollabieren. Wo übrigens Mädchen genauso wie Buben die Opfer sind.

Und natürlich wissen rund um diesen Tag und ein halbes Dutzend ähnlicher Tage endlich auch grüne, rote, pinke Frauenpolitikerinnen, wozu sie gut sind.

Dass aber etwa 225.000 Männer und nur 130.000 Frauen arbeitslos sind, wird weder an diesem Tag noch an einem anderen des Jahres besonders thematisiert. Ebenso wenig, dass nach unabhängigen Studien Männer deutlich mehr arbeiten, wenn man Beruf und heimische Tätigkeit zusammenzählt (denn die doppelte Frauenlast durch Kinder und Beruf währt ja nur ein oder zwei Jahrzehnte). Ebenso wenig deren viel geringere Lebenserwartung (obwohl doch eine neue und natürlich sofort im ORF gepushte „Gendermedizin“ jetzt „nachweist“, wie sehr die Medizin Frauen diskriminiert). Oder deren Pflicht zum Präsenz- oder Zivildienst.

 

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Russland hat neben Belarus noch einen Verbündeten

07. März 2014 00:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Noch gestern kritisierte ich hier, dass es keine österreichische Position zur Ukraine gibt. Das ist jetzt überholt. Es gibt nun doch eine Position.

Nur ist diese geradezu unfassbar. Österreich setzt nicht nur kein einziges Protestzeichen gegen die offene russische Aggression. Sondern es spricht sich jetzt auch offiziell gegen die Unterzeichnung des längst fertigen EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine aus, um die Kiew dringend gebeten hat. Dessen Nichtunterzeichnung durch den damaligen Präsidenten Janukowitsch hatte ja zu dem ursprünglichen Aufruhr und dann zur Abwahl des Präsidenten geführt.

Noch fassungsloser macht die Begründung, die Außenminister Sebastian Kurz laut der hochoffiziellen Parlamentskorrespondenz im Hauptausschuss dafür gab: Dieses Abkommen wäre "kontraproduktiv, weil es eine Provokation Russland gegenüber darstellen würde". Also, wir lernen: Nicht die Invasion der Krim ist für Kurz eine Provokation, sondern die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens, wie es mit vielen Ländern besteht!

Natürlich ist ein Kurz nicht der Mann, der sich eine solche Politik ausdenkt, und sicher auch niemand sonst in der Regierung, wo ja das außenpolitische Verständnis gleich Null ist. Der Hauptschuldige ist zweifellos der alte Russenfreund Heinz Fischer. Irgendwo hofft er wohl, dass das Ende des realen Sozialismus doch kein wirkliches Ende war.

Noch fassungsloser macht übrigens der Freiheitliche Hübner, der sich noch mehr als die Koalition an die Russen anbiedert und der ihnen überhaupt einen Persilschein für alles und jedes gibt. Hoffentlich rentiert sich das wenigstens ordentlich. Oder meint Herr Hübner ernsthaft, dass ein Land ruhig nackte Aggressionen exekutieren dürfe, nur weil es sich deutlicher als manche im Westen gegen die muslimischen Bedrohungen ausspricht? Da gibt es im Ergebnis jedenfalls keinen Unterschied mehr zwischen den Freiheitlichen und dem linken Agitator Armin Wolf.

Das Pikante und besonders Deprimierende: Nur wenige Stunden nach diesen Unterwürfigkeitserklärungen sprach die sogenannte Krim-Regierung den sofortigen(!) Anschluss an Moskau aus. Es ist wohl nicht nur Hillary Clinton, die durch das alles heftig an das Jahr 1938 erinnert wird. Von den USA bis quer durch Mittelosteuropa will man das diesmal aber nicht wie damals einfach hinnehmen und spricht sich für Sanktionen aus, auch gegen russische Verantwortliche. In Österreich sind sich jedoch Rot, Schwarz und Blau einig: Wir haben uns den Russen anzupassen. Außerdem wäre dann die Goldene Meile nicht mehr so golden . . .

 

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Wo kommen all die Schulden der Wiener her?

05. März 2014 01:03 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In Wien ist in den letzten Jahren die Verschuldung geradezu explodiert. Renate Brauner, die Hauptverantwortliche für die Stadtfinanzen, fordert für ihre Schuldenmacherei jetzt sogar eine Ausnahme von den Schuldengrenzen des Stabilitätspaktes. Statt Schuldbewusstsein oder zumindest Besserungs-Versprechen hört man im Rathaus immer nur kühne Begründungen für die Schuldenexplosion.

Es bleibt einem geradezu der Mund offen, wenn man den Hauptgrund für die Schuldenmacherei aus den Worten eines Herrn Klemens Himpele liest, immerhin der Leiter der Wirtschafts-Magistratsabteilung des Rathauses: „Denn jährlich 30.000 zusätzliche Einwohner benötigen auch weiter Infrastruktur und Bildung.“

Das so zu lesen ist mehr als erstaunlich. Denn an ungeraden Tagen wird den Wienern ja vom gleichen Rathaus ständig versichert, welch großer ökonomischer Vorteil, ja Notwendigkeit denn die Zuwanderung wäre. Und dann wird an geraden Tagen zugegeben, dass gerade diese Zuwanderung eine rapide wachsende Verschuldung auslöst. Ohne dass irgendeine Gegenrechnung einen Netto-Nutzen zeigen könnte.

In der Tat: Je mehr man in die Fakten geht, umso klarer wird, dass große Teile der Zuwanderer ein sehr schlechtes Geschäft für Österreich und vor allem Wien sind.

Wien ist jenes Bundesland, in dem es die weitaus meisten Zuwanderer gibt. Wien ist jenes Bundesland, das die weitaus höchste Arbeitslosigkeit hat. Wien ist jenes Bundesland, in dem mehr Sozialhilfe vulgo "Grundeinkommen" gewährt wird,als in den anderen Bundesländern. Zusammen! Schon diese drei Fakten deuten auf einen engen kausalen Zusammenhang.

Um nicht selbst in die Manipulation der Rathaus-Propaganda zu verfallen, muss man in einer seriösen Analyse die Herkunft der Zuwanderer genauer untersuchen: Denn die Zuwanderer aus der EU bedeuten in der Tat einen sehr positiven Beitrag für das Gemeinwohl. Sie sind genauso arbeitsam wie die Einheimischen – oder in jüngster Zeit sogar noch mehr.

Das Problem sind die weder aus der EU noch dem Europäischen Wirtschaftsraum kommenden Zuwanderer, vor allem jene aus islamischen Ländern, aus dem Balkan und Afrika. Gerade bei ihnen ist im arbeitsfähigen Alter die Beteiligung am – Steuer und Sozialversicherungsbeiträge zahlenden – Arbeitsprozess deutlich geringer als bei den EU-Bürgern und Österreichern. Nicht nur bei den Frauen, sondern auch den Männern.

Daran ändert auch die jüngste Propaganda-Masche nichts, die betont, dass der Anteil der EU-Ausländer in Österreich ohnedies rascher wachse als jener der Nicht-EU-Ausländer. Das ist eine der typischen Halbwahrheiten, wie sie von ideologisch arbeitenden Statistikern so gerne ausgestreut werden. Diese Zahlen sind ohne zusätzliche Erläuterung grob manipulativ. Jede seriöse Demographie müsste nämlich im gleichen Atemzug zeigen, dass Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern im Expresstempo Österreicher werden wollen, Bürger aus EU-Ländern hingegen so gut wie gar nicht.

Warum sollten sie auch? Die volle Gleichberechtigung von Deutschen, Dänen, Italienern usw. mit Österreichern im Arbeitsmarkt – und vice versa – ist ja eine der unbestritten positiven Auswirkungen der EU.

Bei den Nicht-EU-Bürgern ist hingegen die österreichische Staatsbürgerschaft sehr gesucht. Bei den erteilten Einbürgerungen liegen sie absolut wie relativ weit vor Migranten aus der gesamten EU. Das heißt aber, dass statistisch schon sehr viele Zuwanderer aus dem Nicht-EU-Raum in den österreichischen Zahlen diffundiert sind. Bei der (legalen) Arbeitsfreudigkeit sinken die Zahlen der Österreicher daher langsam hinter denen für Deutsche usw. zurück.

Diese Neoösterreicher sind auch sprachlich nicht wirklich integriert. Denn die wirkliche Integration besteht wohl erst dann, wenn auch die Landessprache zur primären Umgangssprache wird. Wird sie das nicht, muss man davon ausgehen, dass die Menschen kulturell und geistig noch keineswegs ganz in Österreich angekommen sind.

Wenn in Wien nun schon die deutliche Mehrheit der Schulpflichtigen angibt, dass daheim nicht primär deutsch gesprochen wird, sagt das mehr als genug. Diese Befragungen sind unabhängig von der Staatsbürgerschaft erfolgt. Das heißt: Es gibt also nicht einmal dann mehr eine Mehrheit der deutschsprachigen Österreicher unter den Schulkindern, wenn man Deutsche, Schweizer und Südtiroler dazuzählt.

Noch niemand hat – wohl aus Political Correctness – all die Kosten addiert, die durch diese Entwicklung der Allgemeinheit erwachsen.

Dabei wissen im Grund alle: Es lässt sich bei ehrlicher Analyse niemals ein positiver Netto-Beitrag der Zuwanderer aus den Nicht-EU-Ländern zum BIP errechnen. Denn die in sehr unterschiedlichen Bundes- und Landesbudgetposten versteckten Kosten sind gewaltig: Sie reichen vom Förderunterricht in den Schulen über die wachsenden Probleme der Wirtschaft mit nichteuropäischen Pflichtschulabsolventen über die De-Facto-Segregation sämtlicher Freizeiteinrichtungen über die Kosten und Folgen ethnischer Ghettobildungen über die Förderung durch das Grundeinkommen bis eben zu den vom Rathaus genannten Kosten für sozialen Wohnraum usw.

Aber wieso ist es binnen weniger Jahrzehnte zu diesem Prozess gekommen, der Österreich und vor allem Wien nicht nutzt? Ein Teil der Zuwanderer – der geringere, freilich besonders teure – sind Asylwerber. Der viel größere sind die Familienangehörigen von einstigen „Gastarbeitern“. Da gibt es Fälle, wo eine einzige Arbeitsgenehmigung in der Folge zur „Familienzusammenführung“ von einer dreistelligen Zahl von Menschen geführt hat.

Diese Arbeitsgenehmigungen sind ursprünglich meist auf Druck der Industrie in Branchen mit relativ schlechten Löhnen erteilt worden. Die Unternehmen haben sich jedoch nicht an den zusätzlichen Gemeinkosten für ihre Arbeitskräfte-Importe beteiligt. Oft mussten dann diese Niedriglohn-Fabriken einige Jahre später dennoch zusperren. Letztlich war ein Großteil der Produktion in Österreich auch bei niedrigen Löhnen international in keiner Weise mehr konkurrenzfähig. Man denke etwa an den Textilsektor; es werden auch längst keine Fernseh-Geräte, Radioapparate oder Personal Computer in Österreich mehr gebaut. Die Arbeitskräfte und ihre Familien sind aber dennoch im Land geblieben, mit all den in diversen Budgets versteckten Kosten.

Auch bei der Zuwanderung aus der EU kann man übrigens nicht nur Freudenraketen steigen lassen. Denn unter ihnen befinden sich seit einigen Jahren Zehntausende Deutsche, die ohne Zulassungsbeschränkung und Numerus clausus hier total gratis studieren können.

Bei der EU-Zuwanderung ist vor allem auch das Thema „Sozialmigration“ völlig offen. Diese wird zwar in Deutschland und Großbritannien viel intensiver diskutiert, trifft aber auch Österreich und Wien genauso, oder noch mehr. Es geht dabei um Sozialhilfe/Grundeinkommen für EU-Europäer, die noch nie hier legal gearbeitet haben.

Es geht dabei vor allem auch um Pensionisten. Es ist eine noch nicht ausjudizierte Frage, ob sich jemand, der in einem anderen EU-Land Pension bezieht, in Österreich niederlassen kann und dadurch Anspruch auf eine österreichische Ausgleichszulage erhält. Das wäre alles andere als trivial oder marginal. Denn etwa in Bulgarien und Rumänien beträgt die Pension vieler Menschen lediglich 100 und 200 Euro. Aber die hiesige Ausgleichszulage für Alleinstehende beträgt 857 Euro und für (kinderlose) Paare sogar 1286 Euro. Wenn das jedem zuwandernden Pensionisten zu zahlen sein sollte, bricht das Pensionssystem endgültig zusammen.

Dazu kommt ein weiter Faktor, der die Sorgen noch größer macht: Das ist der seit Jahren negative Migrationssaldo der Österreicher. Vor allem die leistungsfreudigen und (um teures Steuergeld) gut ausgebildeten Landsleute wandern in andere Länder, wo fast durchwegs die Steuern und Abgaben niedriger sind als hierzulande. Womit gerade jene Leistungsträger fehlen, die die rasch alternde Republik und Stadt in künftigen Jahrzehnten finanzieren könnten. Aber niemand kann ihnen die Flucht vor der Gier der hiesigen Politik verübeln. Und selbst wenn – so kann man ihre Auswanderung doch nicht verhindern.

PS: Angesichts der dramatischen Budget- und Migrationsentwicklung ist es absolut lächerlich, wenn sich die Rathausgewaltigen jetzt lautstark einer Studie berühmen, die Wiens Lebensqualität im internationalen Vergleich an die erste Stelle setzt. Denn (bis auf die Donauinsel) profitiert Wien bis heute total von Errungenschaften aus kaiserlichen Zeiten und von Bundesleistungen: von der Schönheit der kaiserlichen Bauten, von der guten Luft (die dem seit dem 19. Jahrhundert von Bebauungen freigehaltenen Wienerwald zu danken ist), von seiner Gründerzeit-Atmosphäre innerhalb des Gürtels und von den global einzigartigen Musik-Tempeln Staatsoper und Musikverein. Hingegen ist die Zahl der Menschen, die der Donauinsel, der U-Bahn oder der Gemeindebauten wegen nach Wien kommen, extrem überschaubar. Höchstens der Silvesterpfad und „Christmas in Vienna“ waren eigenständige Kreationen der Stadtverwaltung nach 1918 mit nachweislichen positiven Auswirkungen. Mit anderen Worten: Seit hundert Jahren hat Wien kaum eine Attraktion mehr entwickelt, die es für Ausländer attraktiver machen würde. Das ist in Wahrheit extrem beschämend und kein Grund zum Selbstlob.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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Drei Prozent sind zu viel, zu wenig – oder nur ein Randproblem?

26. Februar 2014 16:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Karlsruhe hebt die Dreiprozent-Hürde für die Europawahl auf. Denn das EU-Parlament sei ohnedies jetzt schon sehr zersplittert; und dort brauche es keine klaren Mehrheiten. Ein ebenso interessantes wie seltsames Urteil.

Seltsam ist schon einmal die Tatsache, dass eine Interpretation der Verfassung ganz offen von Wahlergebnissen abhängig gemacht wird. Das bedeutet eine – vorsichtig ausgedrückt – ungewöhnliche Vorstellung von Verfassung. Die Argumentation der Karlsruhe-Richter bedeutet im Umkehrschluss ja: Wäre das EU-Parlament nicht so zersplittert, wie es zweifellos ist, dann wäre die Dreiprozenthürde verfassungsrechtlich ok. So aber kann man diese abschaffen.

Zugleich sagt das deutsche Verfassungsgericht mit seiner Begründung auch indirekt: In der EU gebe es eh keine echt demokratischen Verhältnisse. Dort braucht es laut Karlsruhe ja keine Regierungsmehrheit. In Staaten schon. Das ist eine mehr als bittere, wenn auch wahre Aussage über die EU.

Der Hauptkritikpunkt, der das EU-Parlament als undemokratisch erscheinen lässt, wird freilich auch von Karlsruhe nicht ins Zentrum gerückt: Das ist die (von den EU-Verträgen so geregelte) Tatsache, dass dort Wählerstimmen total ungleich gewertet werden. Je kleiner ein Land, umso mehr Gewicht hat jeder Bürger. Bis hin zur Extremrelation 1:12, die es zwischen Malta und Deutschland gibt.

Solange dieses Ungleichgewicht nicht beseitigt ist, ist es letztlich völlig sekundär, ob in einem Land die Drei-, in einem anderen die Vier- oder Fünfprozentklausel gilt, ob da die Nullprozentregel eingeführt wird und anderswo das Mehrheitswahlrecht gilt. Aber Juristen und erst recht Politiker diskutieren halt oft lieber Randfragen, statt sich den eigentlich gravierenden Themen zu stellen. Weil man halt Angst hat, diese nicht zu derheben.

Wenig Freude mit dem Karlsruhe-Urteil werden jedenfalls die deutschen Großparteien haben. Denn nun können sie nicht mehr behaupten, dass eine Stimme für die „Alternative für Deutschland“ eine weggeworfene wäre. Freilich war ohnedies längst klar, dass diese Gruppierung mit mehreren Mandaten ins Europaparlament einziehen wird. Die Denunziationsversuche durch die Altparteien (Extremismus und so) sowie deren Bemühen, alle ungelösten Probleme bis zu den EU-Wahlen unter den Teppich zu kehren, damit das Wirken des Parlaments nur ja gut dasteht, rufen bei den meisten Wählern ohnedies nur noch ein Gähnen hervor.

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Die Zuwanderungslüge

23. Februar 2014 05:37 | Autor: Werner Reichel
Rubrik: Gastkommentar

Die Schweizer haben falsch abgestimmt. Sagt die EU. Der Ausgang der Volksabstimmung hat die politisch-korrekte Elite in Europa in Rage gebracht und in Panik versetzt. Es wird geschimpft, gelästert und gedroht. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble: „Das wird eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen." Die Grünen sprechen von einem „historischen Rückschritt“. Und ausgerechnet der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, meint: „Was Europa als Letztes braucht, sind neue Mauern." Das kann man wohl nur mit Humor nehmen. Riexinger fordert jedenfalls so wie die Eurokraten eine „deutliche Antwort der EU".

Und die gibt es auch prompt. Erste Strafmaßnahmen sind bereits eingeleitet worden. Als kleinen Vorgeschmack hat die EU die Verhandlungen über das milliardenschwere Forschungsabkommen „Horizon 2020“ und das Studentenaustauschprogramm „Erasmus“ auf Eis gelegt. Wer nicht hören will, muss fühlen.

Die weitgehend hysterischen und überzogenen Reaktionen werden einerseits mit den vermuteten Vertragsbrüchen begründet, vor allem aber appellieren die „gutmeinenden“ Hüter der politisch-korrekten Moral an die „Vernunft“ der Schweizer. Ohne einen permanenten und möglichst unkontrollierten Zustrom an Zuwanderern wird das Land wirtschaftlich, sozial, kulturell und was nicht noch alles den Bach runter gehen.

Nebenbei unterstellt man den Schweizern, in deren Land derzeit über 23 Prozent Ausländer leben, auch gleich Xenophobie, die politisch-korrekte Allzweckwaffe gegen alle Kritiker der europäischen Einwanderungspolitik. Dass die Schweizer keine Mauern errichten und die Zuwanderung auch nicht stoppen, sondern nur über deren Ausmaß selbst bestimmen wollen, lässt die EU-Nomenklatura dabei gerne unter den Tisch fallen.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat das so ausgedrückt: „Geistige Abschottung kann leicht zur Verblödung führen." Die Schweiz hat offenbar einen wunden Punkt erwischt. Es geht um die Grundfesten und um das Glaubensbekenntnis der Multikulti-Ideologie respektive -Religion. Wenn diese angezweifelt und in Frage gestellt werden, dann fährt die EU schwere Geschütze auf. Zumal viele EU-Bürger ähnlich wie die Schweizer denken. Das haben einige Meinungsumfragen deutlich gezeigt. Multikulti gehört so wie Genderismus oder Ökultismus zu den unverrückbaren Säulen der EU.

Wer sich gegen Massenzuwanderung ohne sinnvolle Regelungen und notwendige Rahmenbedingungen ausspricht, der ist deshalb ein Ketzer. Denn, so das wichtigste Dogma der europäischen Multikulti-Religion, nur möglichst unkontrollierte Zuwanderung garantiert einer Gesellschaft oder einem Staat Fortschritt, Wohlstand und eine rosa bis bunte Zukunft. Das wird den Europäern täglich auf nicht besonders subtile Art eingehämmert. Aber ist das tatsächlich so? Gibt es dafür eigentlich Belege, tragfähige Argumente, Erfahrungswerte und wenn ja: Warum hält man sie vor den Bürgern versteckt?

Nach den Theorien des Herrn Stegner und seiner linken Genossen müssten etwa die Japaner vollkommen verblödet und degeneriert sein. Schließlich war Japan in der Edo-Zeit fast völlig isoliert. Auf Ein- und Auswanderung stand damals sogar die Todesstrafe. Erst nachdem Commodore Matthew C. Perry 1853 mit seinen 3 US-Kriegsschiffen in der Edo-Bucht landet, öffnet sich das Land. Doch diese Öffnung betrifft nur die Wirtschaft, die Handelsbeziehungen, die Außenpolitik, Wissenschaft und Forschung, nicht jedoch die Zuwanderung. Japan ist bis heute kein Einwanderungsland und hat nach wie vor eine weitgehend homogene Bevölkerungsstruktur.

Dennoch ist Japan weder rückständig noch verarmt oder gar verblödet. Im Gegenteil. Japan ist, und das sollte sich auch bis zur SPD durchgesprochen haben, eine der größten, innovativsten und erfolgreichsten Volkswirtschaften auf diesem Globus. Und das auch ohne massenhafte Zuwanderung. Ja, ja hohe Schulden haben die EU und die USA auch. Ein Multikulti-Paradoxon?

Mitnichten. Denn es gibt noch andere – sogar bessere – Beispiele. Etwa Südkorea. Die dortige Bevölkerung ist in ethnischer Hinsicht weitgehend homogen. Die einzige größere Minderheit sind die knapp 200.000 Chinesen. Auch hier greift die Stegnersche Verblödungsthese nicht. Innerhalb kürzester Zeit hat sich Südkorea von einem rückständigen Agrarland zu einer der führenden Wirtschaftsnationen der Welt aufgeschwungen. Viele europäische Neosozialisten telefonieren sogar mit den innovativen und schicken Smartphones aus dem bösen Monokultireich. Starke Weltkonzerne, erstklassige Infrastruktur, tolles Schulsystem mit ausgezeichneten PISA-Ergebnissen und das alles ganz ohne multikulturelle Bereicherung. Wie machen das die Südkoreaner? Das dürfte es laut der politisch-korrekten Elite eigentlich gar nicht geben.

Sollte den Multikulti-Apologeten der Blick über den europäischen Tellerrand allzu schwer fallen, dann tut es auch die Beschäftigung mit der jüngeren Geschichte Deutschlands oder Österreichs. Denn die beiden Länder haben es nach dem Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung der Amerikaner auch ohne Massenzuwanderung schnell zu Wohlstand und wirtschaftlichem Erfolg gebracht. Offenbar ist Massenzuwanderung, entgegen den Multikulti-Glaubenssätzen, keine unabdingbare Grundvoraussetzung für Erfolge in Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung oder Kunst. Von Verblödung ganz zu schweigen. Die dürfte eher in Brüssel rasant voranschreiten. Die von der EU propagierte Alternativenlosigkeit der Massezuwanderung ist jedenfalls nichts anderes als eine Lüge.

Dabei geht es gar nicht darum, Zuwanderung zu verurteilen oder zu bewerten. Es geht vielmehr um eine sachliche und ehrliche Auseinandersetzung, basierend auf Fakten und echten Argumenten. Doch die scheuen Europas Mainstream-Politiker. Europas Linke hat Massenzuwanderung zum quasireligiösen Dogma erhoben, um sie gegen jede Art von Kritik und Einwände zu immunisieren. Wer auch nur leise Zweifel anmeldet, der kann, ohne dass man die ohnehin kaum vorhandenen Argumente bemühen muss, mit der Rassismuskeule mundtot gemacht werden. Das ist zwar für die politisch-korrekte Elite recht praktisch, aber das Gegenteil von demokratisch oder gar liberal.

Außerdem gibt es ja genügend gute Gründe für (kontrollierte) Zuwanderung. Schließlich hat Europa intelligente, fleißige und leistungsorientierte Einwanderer durchaus nötig. Doch darum geht es längst nicht mehr. Die machen nämlich einen großen Bogen um die EU, weil andere Länder und Regionen mehr Möglichkeiten und eine bessere Zukunft bieten. Die etwa vollmundig angekündigte Rot-Weiß-Rot Card hätte ebendiese Menschen nach Österreich locken sollen. Sie hat sich als totaler Flop erwiesen. Wer es zu etwas bringen möchte, für den sind die leistungsfeindlichen Sozialstaaten in der EU immer seltener eine Option.

Wobei es bei der Debatte um Zuwanderung und Einwanderungspolitik ohnehin immer weniger um Wirtschaft oder Fortschritt geht. Die Grüne Katrin Göring-Eckardt hat es so ausgedrückt: „Wir brauchen Migranten, die sich in unserem Sozialsystem wohl fühlen.“ Wobei sich die Frage stellt, wer mit „wir“ gemeint ist. Sollte sie damit aber die Grünen und die andern linken Parteien meinen, so ist das wahrscheinlich richtig.

So wie die Zuwanderung derzeit von den EU-Staaten gehandhabt wird, ist der Schaden größer als der Nutzen. Mit den falschen Signalen und Anreizen ist Europa vor allem für die bildungs- und leistungsfeindlichen Schichten attraktiv geworden. Die Rahmenbedingungen in den EU-Staaten sind schlicht die falschen. Die negativen Folgen dieser Politik werden immer offenkundiger.

Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die europäischen Politiker so hysterisch und panisch auf das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmung reagiert haben. Sie wollen nicht direkt vor ihrer eigenen Haustür vorgeführt bekommen, wie falsch sie mit ihren Multikulti-Thesen und ihrer Einwanderungspolitik liegen.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Vor wenigen Tagen ist sein neues Buch „Die Feinde der Freiheit“ erschienen.
http://www.amazon.de/Die-Feinde-Freiheit-Werner-Reichel/dp/1495285979/ref=pd_sim_b_1

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Ein demokratisches Europa sollte auch Sezessionen erlauben

23. Februar 2014 01:00 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Darf sich eine Provinz, ein Bundesland, eine Region für unabhängig erklären? Von Schottland bis zum Baskenland wird Europa in der nächsten Zeit vor dieser prinzipiellen Frage stehen. Wer die Demokratie ernst meint, kann nur zu dem Schluss kommen: Wenn Regionen wirklich weg von ihrem bisherigen Staat wollen und sie die dafür nötigen Kosten zu zahlen bereit sind, dann muss ihnen das möglich sein. Alles andere ist nackter Kolonialismus und Imperialismus.

Eine Region – wie groß oder klein sie auch immer definiert sein mag – ist ja nicht Privateigentum eines Zentralstaats oder einer Verfassung. Sondern sie gehört schon naturrechtlich primär den dort lebenden Menschen. Wenn diese in klarem Mehrheitswillen, also nicht bloß aus momentanem und nur ein paar Wochen akutem Ärger, dem derzeit herrschenden Staat die Legitimation entziehen, dann hat dieser sie auch verloren.

Alles andere ist formaljuristisches Gerede, das im Widerspruch zum obersten Grundprinzip der Demokratie steht. Echte Demokratie kann ja nicht nur bedeuten, Abgeordnete in ein Parlament zu wählen. Sondern sie muss schon zuvor auch die Klärung der viel wichtigeren Grundfrage zulassen, in welches Parlament überhaupt die Abgeordneten entsandt werden.

Gerade in einem Jahr, das aus historischer Distanz den ersten Weltkrieg intensiv aufarbeitet, werden fundamentale Erkenntnisse deutlich. Erstens: Das Drängen nach nationaler Selbstbestimmung und die Abwehr dieses Drängens durch Zentralstaaten, die ihre Herrschaft oft nur mit Eroberungen oder Verträgen aus dem Mittelalter begründen konnten, waren eine der allerwichtigsten Ursachen jenes fürchterlichen Krieges. Und zweitens: Hätten nach 1918 die kriegsentscheidenden USA ihre Forderung nach Selbstbestimmung wirklich überall durchgesetzt, dann wäre wahrscheinlich die folgende Weltgeschichte nicht so schlimm verlaufen. Aber die USA haben sich nach dem ersten Weltkrieg ja rasch wieder in ihren Isolationismus zurückgezogen. Und Selbstbestimmung bekam nur ein Teil Europas.

Unverständliche Drohungen Madrids

Aus all diesen Gründen steht man den massiven Drohungen der spanischen Zentralregierung gegen die katalonischen Sezessionstendenzen ziemlich fassungslos gegenüber. Sie will sogar das in Katalonien geplante Referendum verbieten. Seither sehen wir, dass sich Barcelona und Madrid gegeneinander und gegenseitig aufplustern.

Soll das bis hin zu einem Krieg gehen? Muss ein Kastilier weniger stolz sein, wenn er nicht mehr über die Katalanen und Basken herrschen kann, – oder sollte er sich nicht im 21. Jahrhundert vielmehr einer demokratischen Toleranz rühmen? Will man auf der iberischen Halbinsel die nationalistische Eskalation wirklich so weit treiben, bis auch in Katalonien ständiges Blutvergießen an der Tagesordnung ist? Was ist das für eine Demokratie, in der Referenden verboten werden?

Viel schlauer hat da die britische Regierung auf die schottischen Sezessionstendenzen reagiert. Gewiss, auch sie hat erst einst in Nordirland mühsam lernen müssen, dass man jahrhundertealte Konflikte nur mit demokratischen Methoden dauerhaft löst. Heute jedenfalls sind in Nordirland die blutigen Auseinandersetzungen weitestgehend befriedet. Und diese Befriedung ist dem einstigen britischen Premier John Major zu danken. Er hat – erstmals! – verkündet, dass Nordirland selbständig werden (oder sich die Republik Irland anschließen) kann. Sofern es eine Mehrheit der Nordiren einmal so will.

Seither ist zwar dort zwischen (londontreuen) Protestanten und (nach Irland blickenden) Katholiken noch nicht die große Liebe ausgebrochen. Es gibt auch noch bisweilen die andere Seite provozierende Umzüge. Aber der Konflikt wurde auf die Ebene der Demokratie verlagert. Es gibt auch gemeinsame Regierungen. Und den Katholiken wurde durch Major formell bedeutet: Wenn ihr einmal die Mehrheit seid und dann immer noch weg von uns wollt, dann könnt ihr auch gehen.

Seither ist die Auseinandersetzung auf die Ebene verlagert worden, welche Seite mehr Babys in die Welt setzt. Das ist jedenfalls ein weit friedlicherer Wettstreit als Bombenlegen.

London wirbt um die Schotten

Ähnlich reagiert London nun auf den schottischen Sezessionismus. London hat keine Sekunde mehr versucht – wie in vielen Jahrhunderten davor –, diesen durch Gewalt oder Verbote zu verhindern. Statt dessen ist klar, dass ein Anti-Großbritannien-Ausgang des Referendums auch wirklich zur schottischen Unabhängigkeit führen wird.

Premier Cameron kämpft statt mit Verboten mit geschicktem sympathiebetontem Werben um die Schotten. London demonstriert den Schotten intensiv, dass diese im Vereinigten Königreich gewollt und gemocht sind, dass es aber ihre eigene Entscheidung ist, bei Großbritannien zu bleiben oder auch nicht. Man bemüht sich um Schottland, statt es zu beherrschen, statt nur wie einst dessen einsame Landschaften, seine Schlösser und seinen Whisky zu genießen.

Zugleich werden den Schotten jedoch auch unverblümt die Konsequenzen einer Sezession klargemacht. Das ist zweifellos legitim ist. Ein Fünf-Millionen-Volk wird als selbständige Nation eben auch nur das Gewicht einer Fünf-Millionen-Nation haben, aber sehr wohl die Kosten eines eigenen Staates. Gleichzeitig geht der Schutz des starken britischen Pfundes verloren. Was die Schotten durchaus als relevant begreifen: Hat doch London seine bisher größte und kostenschwerste Bankpleite ausgerechnet bei der Royal Bank of Scotland gehabt. Und diese Bank will im Fall einer Trennung prompt lieber englisch als schottisch werden.Trotz ihres Namens.

Dümmlich ist hingegen die Reaktion des EU-Kommissionspräsidenten Barroso auf die schottischen Wünsche. Er gibt sich ganz zentralistisch und will den Schotten die Unabhängigkeit vermiesen. Barroso geht sogar so weit anzudeuten, dass für ein unabhängiges Schottland wahrscheinlich kein Platz in der EU wäre.

Das ist natürlich ein Unsinn. Denn erstens entscheidet das kein Herr Barroso, sondern das tun die EU-Mitglieder. Zweitens ist in den EU-Verträgen ganz Europa zur Mitgliedschaft eingeladen, also sicher auch Schottland. Richtig ist also nur, dass es keinen Automatismus gibt, und dass eine schottische EU-Mitgliedschaft eigener Verhandlungen bedarf.

Funktionierende Teilung der Tschechoslowakei

Die Tschechoslowakei hat vorgezeigt, wie eine Trennung funktionieren kann. Diese war damals zwar von fast allen internationalen Kommentatoren kritisiert worden. Sie war auch von mühsamen Verhandlungen begleitet, etwa darüber, wie man denn Armee, Nationalbank oder Botschaftsgebäude aufteilt.

Aber es hat funktioniert. Dabei war ein Trennung der Tschechoslowakei sogar viel schwieriger, als es bei Schottland oder Katalonien der Fall wäre: Denn die beiden Landesteile waren größenmäßig einander viel ähnlicher, und die Trennung konnte nicht einfach als Sezession einer Region angesehen werden.

Das Ergebnis ist eindeutig positiv: Heute redet in der Slowakei niemand mehr negativ über die Präpotenz der Tschechen. Und in Tschechien kann niemand mehr darüber stänkern, dass man so viel Geld in die ärmliche Slowakei transferieren müsse. Tschechen und Slowaken sind heute die besten Freunde. So wie es übrigens auch Tschechen und Deutsche sowie Österreicher wohl geworden wären, hätte nach 1918 die damalige Tschechoslowakei den deutschsprachigen Teilen Böhmens und Mährens die Selbstbestimmung erlaubt.

Kanada blieb am Ende doch ein einziger Staat

In den bisher erwähnten Fällen waren die Sprachen identisch oder eng verwandt. Ganz anders in Kanada. Dort gab es im katholisch-französischsprachigen Quebec immer wieder sezessionistische Tendenzen. Viele wollten sich vom mehrheitlich protestantisch-englischsprachigen Teil abtrennen. Doch trotz dieser Unterschiede hat sich die Bevölkerung Quebecs mehrheitlich für einen Verbleib bei Kanada entschieden. Die Mehrheit wollte letztlich doch die Vorteile eines großen Landes genießen.

Und Kanada selbst hat sich umgekehrt sehr um Quebec bemüht und sich dafür auch selbst gewandelt: Heute tritt Kanada auf allen Ebenen immer betont zweisprachig auf, was früher keineswegs der Fall gewesen ist.

Gerade wenn man Minderheiten die Sezession erlaubt, sind Zentralregierungen demonstrativ um diese Minderheiten bemüht. Das kann dazu führen, dass Minderheiten letztlich dann doch beim gemeinschaftlichen Staat bleiben wollen. Aber das ist eben die eigene Entscheidung der Minderheit. Solche Entscheidungen werden dann in aller Regel auch von den Überstimmten akzeptiert.

Es kann also sowohl eine Trennung wie auch ein Verbleib bei einer gemeinschaftlichen Nation zu positiven Ergebnissen führen. In jedem Beispiel war Selbstbestimmung die entscheidende Grundlage. Und beides ist jedenfalls weiser als das Verbot solcher Referenden.

Spanien hat sich in seinem kastilischen Nationalismus jedoch für ein striktes Verbot eines solchen Referendums entschieden.

Das hat auch Italien seit 1918 gegenüber Südtirol getan. Italien bemüht sich zwar seit dem Südtirolpaket 1969 anerkennenswert um die deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler. Aber die Südtiroler wissen dennoch das demütigende Faktum: Sie sind nur als Kriegsbeute bei Italien. Sie wurden von den Siegern damals ohne jede Legitimität dem südlichen Staat zugeschlagen, nicht aus freiem, demokratischem Willen.

Wollen die Südtiroler das rückgängig machen? Das kann nur ihre freie Entscheidung bei einem Referendum zeigen. Dessen Ausgang wäre durchaus offen. Haben sich doch Nord- und Südtirol in den letzten Jahren naturgemäß auseinandergelebt, juristisch wie auch psychologisch. Ist doch der Import von Italienern nach Südtirol nicht rückgängig machbar (auch wenn ihr Anteil seit dem Paket kontinuierlich schrumpft). Ist doch eine Änderung staatlicher Identität immer mit massiven Kosten verbunden. Egal ob sich die Südtiroler nun für eine Rückkehr zu Österreich oder zu einer Freistaatlösung entscheiden würden.

Auch Kärnten wollte selbständig werden – kurz

Aus Österreich selbst ist in der Zeit seit 1945 nur eine separatistische Episode bekannt: Das war, als Jörg Haider eine Zeitlang davon sprach, dass Kärnten ein Freistaat werden solle. Freilich, heute weiß man, das war einfach nur ein Aufsehen erregender Sager. Wie es vieles bei Haider war. Das Gerede vom „Freistaat Kärnten“ sollte ihn lediglich ein paar Wochen mit einem neuen Thema in die Zeitungen bringen. Das gelang. Und nachher war die Idee rasch wieder vergessen. Weil sie nie ernst gemeint oder gar von einer breiten Stimmung getragen war.

Heute würde im Übrigen die Idee einer Sezession des schönen, aber armen Süd-Bundeslandes wohl von keinem einzigen Landesbürger mehr unterstützt. Im Rest Österreichs hingegen würden sehr viele gerne Kärnten samt all seinen (Hypo-)Haftungen in die Unabhängigkeit verabschieden. Für diese Haftungen müssen ja nun aus bundesstaatlicher Solidarität die restlichen Österreicher in die Bresche springen, die nach dem Willen der Bundesregierung zweistellige Milliardenziffern zusätzlich an Steuern zu zahlen haben . . .

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Das Ende einer EU-Illusion

21. Februar 2014 03:39 | Autor: Christian Zeitz
Rubrik: Gastkommentar

Nach der Schweizer Volksabstimmung gerät das Dogma der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft ins Wanken. Die Schweizer waren immer schon gut im Abschießen von Geßlerhüten. Mit der Entscheidung für eine restriktivere Normierung des Ausländerzuzugs haben die Schweizer am 9. Februar eine Herrschaftsinsignie der Europäischen Union vom Sockel geholt. Seither fegt ein Sturm der Empörung aus Brüssel über die Schweiz hinweg, und die ersten Sendboten eines Rachefeldzuges gegen die Eidgenossen sind ausgeschwärmt.

Kommissionschef Manuel Barroso polterte, dass „die Freizügigkeit nicht zur Verhandlung“ stehen würde. Justiz-Kommissarin Viviane Reding und  der Vorsitzende des Außenpolitik-Ausschusses des Europäischen Parlaments Elmar Brok (CDU) taten sich als erste mit der Forderung nach scharfen Konsequenzen und Strafmaßnahmen für die Schweiz hervor. Tatsächlich wurde bereits die geplante Teilnahme an den millionenschweren Förderprogrammen im Rahmen des EU-Projekts „Horizon 2020“ ausgesetzt. Und die Verhandlungen über das Studenten-Austauschprogramm „Erasmus plus“ wurden gestoppt.

Gleichzeitig werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Relativierung der Rechtsfolgen des Volksentscheides vorzubereiten. Das Abstimmungsergebnis von 50,3 Prozent zugunsten einer Einwanderungsbeschränkung sei „äußerst knapp“ und daher wenig repräsentativ, weswegen sozialistische Schweizer Politiker bereits laut über eine Wiederholung des Urnenganges unter geänderter Fragestellung nachdenken.

Doch man muss die bibbernde Wut der Eurokraten über die Bloßstellung der mangelhaften Repräsentativität ihrer Politik verstehen. Denn nach dem Zweidrittel-Entscheid der Kroaten zugunsten der Verankerung der Normal-Familie in der Verfassung und gegen den Gender-Wahn ist das bereits die zweite schallende Ohrfeige für die Betreiber einer aggressiven kulturellen Totaltransformation des Europäischen Kontinents. Dass sich die Befürworter einer traditionellen Europäischen Werteordnung in beiden Fällen gegen die organisierte Wucht des politischen Establishments, gegen die Gesamtheit der Mainstream-Medien und gegen die geschlossene EU-Nomenklatura durchgesetzt haben, tut den Neue-Welt-Betreibern naturgemäß besonders weh.

Diese wissen auch in Österreich genau, was sie ihren Auftraggebern schuldig sind. Dem Publizisten Herbert Vytiska ist die Publikation einer Zusammenschau der Antworten prominenter EU-Politiker verschiedener Parteien auf dem Blog EurActiv zu verdanken, die bemerkenswerte Einsichten liefert. Befragt wurden Gernot Blümel (Generalsekretär der ÖVP), Jörg Leichtfried (Delegationsleiter der SPÖ im Europäischen Parlament), Ulrike Lunacek (Delegationsleiterin der Grünen im EP), Andreas Mölzer (Mitglied des EP, FPÖ) und Angelika Mlinar (Spitzenkandidatin der NEOS für die bevorstehenden EU-Wahlen). Dabei vertritt Mölzer den von ihm bekannten Standpunkt, sodass auf ihn im Folgenden nicht eingegangen zu werden braucht. Nicht, dass die Aussagen der Anderen so fundamental oder originell wären, dass sie es wert sind, reproduziert zu werden. Aber sie sind so vollständig archetypisch für den Geist und die Diktion der EU-Fanatiker, dass es sich auszahlt, sie bewusst zu rezipieren.

Vytiska stellt drei Fragen zum Thema.

  1. Worin sieht man die Ursachen für das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmung?
  2. Haben die Motive, die zu dieser Entscheidung führten, Relevanz für Österreich?
  3. Was heißt das nun für die Argumentation im bevorstehenden EU-Wahlkampf?

Eine – nicht gestellte – vierte Frage wäre wahrscheinlich noch besonders interessant gewesen: Welches eigene Interesse des EU-Herrschaftsprojektes bringt die wütende und aggressive Reaktion seiner Protagonisten zum Ausdruck – hat man uns doch immer eingebläut, dass die hemmungslose Einwanderung im höchsten Interesse der Ziel-Länder selbst steht? Unbeschadet der Tatsache, dass diese eigentlich entscheidende Frage ungestellt bleibt, ist die Darbietung der gleichgeschalteten System-Marionetten zum Thema „Abstimmungsergebnis der Schweiz in der Zuwanderungsfrage". trotzdem durchaus augenöffnend. Denn diese Darstellung der Meinungen dieser „glühenden Europäer“ ist ein Lehrbeispiel für den geistigen und moralischen Bankrott der herrschenden Klasse, deren Angehörige nicht mehr den Hauch eines Gefühls für die Probleme und Anliegen der Menschen haben, die sie zu vertreten vorgeben.

Der Volltext der Interviews findet sich unter: http://www.euractiv.de/oesterreich/artikel/sterreich-vier-von-fnf-parteien-gegen-schlagbaumpolitik-008548

Die Aussagen von Blümel, Leichtfried, Lunacek und Mlinar zeigen unwiderlegbar Folgendes:

  1. Die Statements der Betreffenden sind beliebig und vollständig gegeneinander austauschbar. Kein einziger dieser Funktionäre ist imstande, einen eigenständigen oder gar originären Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr bieten sie nichts als verschiedene (geringfügige) Variationen einer vereinheitlichten EU-Superstaats-Ideologie auf, als deren reflexions- und kritikunfähige Sprechpuppen sie sich gerieren. Der Umstand belegt, dass SPÖVP, Grüne und Pinke Angehörige ein- und desselben Nomenklatura-Verbundes sind, dem es ausschließlich um den Herrschaftserhalt der politischen Kaste geht.
  2. Die fast kabaretthafte Unterwerfung unter die vorgegebene Sprachregelung und -kontrolle lässt wirklich keines der 24-Stunden-Mantras der EU-Propagandisten und Multikulti-Ideologen aus. Die SVP sei „populistisch" und hätte es geschafft, „diffuse Ängste in der Bevölkerung zu schüren" (Leichtfried). Das wäre eine „populistische Agitation des rechten Flügels" (Mlinar). „Panikmache und Populismus" (Blümel), „Abschottung und Ausländerfeindlichkeit" (Leichtfried).
  3. Die üblichen, unhinterfragten, geradezu mystifizierten Stehsätze, die der Suggestion der Unvermeidbarkeit und „Alternativenlosigkeit" des inzwischen aus dem Ruder gelaufenen EU-Projektes dienen, werden eifrig gepflegt. „Es kann nicht möglich sein, sich die Rosinen herauszupicken…" (Blümel).
    Warum sollte das nicht möglich sein? Genau das wäre eigentlich die Aufgabe einer proaktiven Außenpolitik. Die Amerikaner benennen das so: Etwas entspricht oder widerstrebt „den Interessen der USA". Gnade Gott dem „Nationalisten", der dies für einen europäischen Staat einfordert.
    „Es ist bekannt, dass wir den Zuzug von Ausländern brauchen, um einem Fachkräftemangel in verschiedenen Branchen entgegenzuwirken." (Leichtfried) Wer hat diese Behauptung je mit etwas anderem belegt als mit der Forderung der Industrie, stets billigere Arbeitskräfte zu brauchen, als im Inland zum jeweiligen Zeitpunkt vorhanden sind? Und warum wird dieser seit vielen Jahren gepflegte Mythos nicht mit der Ächtung der Bildungspolitiker beantwortet, die uns diesen „Mangel" über lange Zeiträume hinweg beschert haben?
    „Es gibt keine Freiheit des Waren- und Kapitalverkehrs ohne Freiheit des Personenverkehrs" (Lunacek). In welchem Lehrbuch der Nationalökonomie oder Gesellschaftswissenschaft findet sich diese lichtvolle Gesetzeseinsicht? Immerhin haben zahlreiche Staaten bzw. Volkswirtschaften jahrhundertelang Außenhandelbeziehungen unterhalten, ohne dabei auch gleichzeitig ihre Bevölkerungen auszutauschen bzw. zu exportieren.
  4. Ohne selbst wirtschaftspolitisch im Entferntesten kundig zu sein, maßen sich intellektuell leichtgewichtige Apparatschiks apodiktische Behauptungen über fundamentale ökonomische Kausalzusammenhänge an. „Immerhin wurden seit dem EU-Beitritt jährlich 14.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und es konnten zusätzliche Wachstumsimpulse um jährlich 0,6 Prozent am BIP erwirtschaftet werden." (Leichtfried). Die Darbietung der Zahl des bloßen Absolutwachstums an Arbeitsplätzen bei gleichzeitigem Verschweigen des darüber weit hinausgehenden (ausschließlich zuzugsbedingten) Wachstums der Wohnbevölkerung (im selben Zeitraum von nicht viel weniger als 40.000/Jahr), was immerhin zur höchsten Arbeitslosenrate seit dem Zweiten Weltkrieg geführt hat, ist nichts anderes als billige Propaganda.
    Und die Behauptung eines EU-induzierten Wirtschaftswachstums in einer bestimmten Höhe entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Es gibt keine einzige ernstzunehmende Studie, die auf der Basis anerkannter ökonomischer Theoreme, unter Einsatz valider Datensätze und im Rahmen nachvollziehbarer Modellrechnungen derartige Zusammenhänge abbilden würde.
    Die wichtigsten wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger Europas – Finanzminister, Notenbankchefs und Kommissionsmitglieder – haben uns in den vielen Monaten der Vorbereitung von Hilfspaketen für notleidende EU-Staaten und Banken sowie der Durchsetzung des „EU-Rettungsschirms" mit Informationen und Prognosen belästigt, deren jeweilige Halbwertszeit nur selten vierzehn Tage überschritten hat. Sie haben uns entweder belogen oder keine Ahnung gehabt. Wie kann es sein, dass wir uns angesichts dessen von nationalökonomischen Analphabeten wie den hier zitierten die Behauptung der Kenntnis kompliziertester wirtschaftlicher Transmissionsmechanismen um die Ohren schlagen lassen?
  5. Die hier wiedergegebenen System-Vertreter geben mit keinem unter all den Propagandaansagen, Stehsätzen und Killerphrasen verborgenen – auch noch so kleinen – Halb- oder Nebensatz zu erkennen, dass sie angesichts des Abstimmungsergebnisses der Schweizer irgendeine Art von Verständnis für die Kritik und Ablehnung eines Einwanderungsregimes haben, das zuletzt bis zu 80.000 Zuwanderer pro Jahr ins Land gebracht hat.
    Dieses Einwanderungsregime ruft keineswegs nur „diffuse Ängste" hervor, sondern hat eine Reihe objektivierter und sehr ernst zu nehmender Folgen. Die Ausrichtung und Dimension dieser Folgen ist in keinem einzigen europäischen Land je einem politischen Diskurs, geschweige denn einer demokratischen Entscheidungsfindung, zugeführt worden. Die Inkompatibilität des Islams mit unserem Kulturbestand, die schrittweise Herabminderung des Kulturkapitals und des Bildungsstandards, wachsende Kriminalitätsraten, steigende Arbeitslosigkeit, Zunahme von geistigen und psychischen Erkrankungen, die Überlastung von Sozialsystemen und die Zunahme verbreiteter Armutsphänomene sind reale und durchgehend dokumentierte Fakten.
    Wo findet man hier ein einziges Wort des Bedauerns und der Besorgnis? Stattdessen die totalitäre Attitüde, das Konzept der Massenmigration und das damit verbundene Modell der multikulturellen Gesellschaft mit allen Mitteln durchziehen zu wollen.
    Erschreckenderweise wird die Entscheidung einer absoluten Mehrheit der Schweizer, die gegen die gesamte politische Elite und gegen das gesamte Establishment der (medialen) Bewusstseinsindustrie zustande gekommen ist, als Produkt der Verschwörung rechter Hetzer und dumpfer Populisten wahrgenommen, denen es leichtfüßig gelungen ist, die Bevölkerung in einen Zustand der Desinformation zu versetzen. Dies ist Ausdruck einer erschütternden Borniertheit und Abgehobenheit der Nomenklatura-Funktionäre, die mittlerweile jeden Bezug zur Realität und zu den Bedürfnissen der Menschen verloren haben. Damit besitzt auch das System, das von ihnen getragen wird, längst keine Legitimität mehr.
  6. Die Pflichtübungen der hier zitierten System-Marionetten sind repräsentativ für den Zustand der morbide gewordenen Parteiendemokratie, die von der kontinentalen Kulturtransformation des EU-Superstaates überwachsen wurde. Dieses System ist gekennzeichnet durch vollständige Diskursverweigerung, durch die Etablierung von Sprechverboten, Sprachregulierungen und Gesinnungskontrollen und durch die Erzwingung großer gesellschaftspolitischer Projekte gegen die definitiven Wünsche der Mehrheitsbevölkerung (Entchristlichung und Multikulturalisierung, Genderisierung und Homosexualisierung der Gesellschaft, Etablierung kontinentübergreifender Umverteilungsmechanismen, Um-Eignung von Kapital- und Vermögenswerten durch ein verfehltes europäisches monetäres Regime, territoriale Erweiterung und kompetenzmäßige Vertiefung der „Europäischen Integration"). Was berechtigt uns noch, dieses System als Demokratie oder als Rechtsstaat zu bezeichnen?

Die Reaktionen und Verhaltensweisen der System-Marionetten zeigen, dass das Dogma der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft nach der Schweizer Volksabstimmung tatsächlich ins Wanken geraten ist. So sehr die damit verbundene Bewusstseinsbildung erfreulich ist, so bedenklich muss uns der Gesamtzustand der Europäischen Gesellschaften stimmen.

Wenn der gegenständliche Befund nicht völlig in die Irre geht, bewegen wir uns auf einen staatspolitisch sehr gefährlichen Zustand zu. Sobald sich die mittlerweile weitgehend erodierte Legitimität des Gemeinwesens mit den aggressiven Produkten des wirtschaftlichen Niederganges verbindet, kann sich das eine oder andere wirklich bedrohliche Szenario verwirklichen. Sind wir darauf vorbereitet?

Mag. Christian Zeitz ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Politische Ökonomie.

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Die Sendung mit dem Großvater - Folge 1: Ist die EU gut?

19. Februar 2014 16:36 | Autor: Andreas Unterberger und Maximilian

Maximilian Hamburger fragt seinen Großvater Andreas Unterberger, ob die EU eigentlich gut oder schlecht ist, wie es sich mit Griechenland verhält, und ob etwa auch Österreich mit solcher Hilfe rechnen kann.

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Mehr als tausend an bloß einem Wochenende

17. Februar 2014 14:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Trotz der erschreckenden Zahlen werden die Fakten überhaupt nicht registriert. Denn die linke Lügenmaschine beherrscht die Medien ja fast total. Allein am letzten Wochenende wurden mehr als Tausend „Flüchtlinge“ vor Lampedusa „gerettet“. So liest man es dort, wo überhaupt darüber berichtet wird.

Aber in der Tat: Nur die Zahl war diesmal besonders hoch. Sonst ist ja eh alles wie fast täglich. Und die gutmenschlich getarnte Zuwanderungsmaschinerie funktioniert bestens.

Aber das ist ja alles in der Tat nichts Neues. Sondern eben wie immer. Nur die Zahlen werden halt immer größer . . .

 

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Genmais und die Schweiz, Österreicher- und Kärntner-Witze

13. Februar 2014 01:15 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Gleich vier schwierige Fragen: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Schweiz und Österreich? Müssen sich nur noch Nichtmitglieder an EU-Recht halten? Warum müssen die Kärntner ständig noch witziger sein als die Österreicher? Und: kann noch einer diese Staatsanwaltschaft erklären?

Beginnen wir bei der Vorgeschichte der ersten beiden Fragen: Die EU hat die Zulassung einer neuen Maissorte beschlossen, bei der ein Gen verändert worden ist. Denn selbst ausgiebige wissenschaftliche Tests haben keinerlei Gefährdung durch diesen Mais entdecken können. Im Gegenteil: Es muss bei Verwendung dieser Sorte weniger Gift auf die Maisfelder gespritzt werden. Was sie zu einem durchaus positiven Umwelt-Faktor macht. Und Genveränderungen durch Züchtungen finden ja im übrigen seit Jahrtausenden ganz selbstverständlich statt.

Natürlich sehen das die grünen Spendenkeilorganisationen (=NGOs) anders. Und erstaunlicherweise offenbar auch alle österreichischen Parteien. Sie agitieren weiterhin geschlossen gegen den Mais.

Wissenschaft? Brauch ma net. Wir wissens besser. Außerdem will das die Kronenzeitung so.

Daher soll nun ein Gesetz beschlossen werden, dass die Verwendung dieser Maissorte in Österreich verbietet. Obwohl sie von der EU ausdrücklich erlaubt worden ist. Ein glatt EU-widriges Verhalten. Dennoch finden das hierzulande offenbar alle in Ordnung.

In Wahrheit ist das aber mehr als seltsam. Denn gerade noch haben praktisch alle Medien und zahllose europäische Politiker die Schweiz wegen fast genau des gleichen Verhaltens verdammt. Dort will man künftig (nach einer Volksabstimmung mit sehr hoher Teilnahme, welche jene bei Parlamentswahlen in manchen anderen Ländern weit übertrifft) EU-Bürgern nicht mehr in unbegrenzter Zahl die Ansiedlung gestatten. Damit verstößt – auch – die Schweiz gegen eine rechtliche Regelung der EU.

Das sei völlig ausgeschlossen, heißt es da aber. Der Schweiz werden diese Flausen schon noch ausgetrieben werden. Kommt überhaupt nicht in Frage. Recht sei Recht.

Hat das auch nur irgendeine Logik? Will man da wirklich argumentieren, dass das Nicht-Mitglied Schweiz rechtlich enger an das EU-Recht gebunden sei als das Mitglied Österreich?

Nur zur Klarstellung für die üblichen Stänkereien: Ich bin natürlich kein Bauer, der Mais anbaut. Ich habe auch keinerlei Beziehungen zu irgendwelchen Saatgutfirmen oder ähnlichem. Ich sorge mich nur, dass Österreich mit seiner Gen-, Hormon-, Atom-Hysterie unter Druck der Grünen und der Krone immer mehr und immer peinlicher ins tiefe Mittelalter zurückrutscht.

Kärnten übertrifft noch alles

Dazu passt auch gut die jüngste Behauptung des Kärntner Stronach-Landesrat Köfer, die auch unsere dritte Frage ist. Der Mann meint nämlich allen Ernstes, dass er durch Nichtaufstellung eines Handymastes die Bürger vor Krebs bewahrt habe. Jetzt bin ich ernstlich besorgt: Hat der Typ für sich selbst keine diesbezüglichen Sorgen, sobald er ein Handy benutzt? Oder soll man ihn wegen seines heldenmütigen Telefonierens im Dienste aller Kärntner loben?

Diese himmelschreiende Blödheit des Herrn Köfer rechtfertigt freilich nicht, dass die Kärntner Staatsanwaltschaft jetzt allen Ernstes gegen ihn ein Verfahren wegen genau dieser Handymast-Verweigerung begonnen hat. Damit demonstriert sie nur ebenso himmelschreiende Blödheit.

Es ist die gleiche Staatsanwaltschaft, die keinerlei Verfahren gegen die Kärntner Landesregierung und ihre Beamten führt. Dabei haben diese grob fahrlässig bis zum Zehnfachen(!) des Kärntner Landesbudgets an Haftungen für die Hypo unterschrieben! Offenbar genügt den Staatsanwälten aber strafrechtlich die Behauptung der Landesregierung, dass diese leider, leider von der Hypo schlecht informiert worden wäre.

Wir lernen daraus: Wegen solch unbedeutender Beträge brauchen doch eine Kärntner Landesregierung und ihre Beamten nicht gleich selber nachzuforschen. Und sie können weiter wie ein Fürst das viele Geld verteilen, das Kärnten als Haftungsprämie für die Hypo kassiert hat. Und das es nicht zurückzugeben denkt.

Wir lernen daraus: Kärntner Witze schlagen noch allemal Österreicher-Witze.

Und zu schlechter letzt die vierte Frage: Noch immer hat sich der neue Justizminister in keiner Weise der vielen Rätsel rings um das Verhalten und Nicht-Verhalten seiner Staatsanwälte angenommen. Wozu seit einigen Tagen auch die seltsame Rolle der Wiener Oberstaatsanwaltschaft beim Kampf ihrer Untergebenen gegen jugendliche Diebsbanden gehören dürfte.

Dafür interessiert den Minister anderes: Er will jetzt einen weiteren, zusätzlichen Richter in allen Schöffenprozessen einsetzen. Solche teuren juristischen Finessen interessieren ihn. Und im Budget findet sich sicher das nötige Geld – spätestens seit dem Hypo-Crash. So glauben es zumindest Politiker mit ihrer spezifischen Mathematik.

 

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Am britischen Wesen könnten wir ein Stück genesen

10. Februar 2014 00:42 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreich oder Deutschland könnten sich ein großes Stück Selbstwertgefühl von den Briten abschauen. Patriotismus ist nämlich an sich absolut kein Widerspruch zu einem vereinigten Europa. Er darf nur nicht in Nationalismus ausarten, der chauvinistisch auf andere Völker herabsieht.

Das sieht man oft an ganz kleinen Details: eines war etwa ein Besuch in einem Londoner Musical. Da haben nach der Vorstellung bei allen Eingängen Schauspieler in ihren Kostümen für die im Kampf gefallenen oder invalide gewordenen Soldaten Geld gesammelt. Zuvor hatte mitten in die Applausrunde hinein der Hauptdarsteller auf offener Bühne diese Sammelaktion für „unsere“ Soldaten angekündigt. Wobei er besonders betonte, dass es eine Art Wettbewerb unter den britischen Bühnen wäre, welche am meisten sammelt. Dass ein kräftiger Griff in die Börse für ihn noch wichtiger wäre als der Applaus.

Das mag manchen als eine Kleinigkeit erscheinen. Es ist aber ganz sicher ein in Österreich oder Deutschland absolut undenkbarer Vorgang. Und zwar nicht nur, weil es in diesen Ländern viel weniger Soldaten in gefährlichen Einsätzen gibt. Hier weigern sich manche Schulen sogar, Soldaten bei Vorträgen auftreten zu lassen; und den Direktoren passiert nichts. Hier trauen sich nicht einmal Offiziere, öffentlich in Uniform aufzutreten.

Die Theater und die Rolle eines Landes

Es ist auch kein Zufall, dass die Londoner Bühnen im Vorjahr einen absoluten Besucherrekord erzielen konnten: Sie lockten über 14 Millionen Besucher an, während hierzulande die Besucherzahlen fast überall ständig zurückgehen. Immer weniger Menschen wollen sich den dekonstruktivistischen Schwachsinn progressiver Regietheaterregisseure anschauen. Dabei werden die britischen Bühnen in einem viel geringeren Ausmaß aus Steuergeldern unterstützt als etwa jene in Wien. Aber höchstwahrscheinlich ist gerade das die Ursache, dass die Theater für und nicht gegen das Publikum spielen.

Ähnlich eindrucksvoll war auch der jüngste „Ausflug“ des Königinnen-Enkels Harry. Er ist mit versehrten Kriegsveteranen drei Wochen lang in der Antarktis bis zum Südpol gewandert. Wo er übrigens als erstes Mitglied der Königsfamilie ankam. Und was tat der Prinz dabei vornehmlich? Er errichtete jeden Abend im neuen Lager eine Latrine.

Das alles ist zweifellos Teil eines ungebrochenen und starken Patriotismus, der sich auch in solchen Details zeigt.

Aber kann man denn die Briten wirklich loben? Wollen die nicht gerade ein EU-Austritts-Referendum machen? Das wollen sie in der Tat. Aber jeder, der Premier Cameron bei seiner Referendums-Ankündigung zugehört hat, weiß, dass er den EU-Binnenmarkt über alles rühmt und schätzt. Er und der Großteil der Briten wollen aber keine Union, die sich mit immer mehr Regulierungen, Richtlinien und Judikaten in ihr Leben einmischt. Und die Briten wollen auch keinesfalls eine gemeinsame Währung, deren Institutionen ständig die selbst erlassenen Regeln brechen.

Ich kann darin nichts Übles finden.

Auch Deutschland beginnt langsam, sich neu zu definieren

Aber auch aus Deutschland hört man in den letzten Tagen interessante Signale. Einerseits werden unter dem offensichtlichen Druck der rapide anwachsenden „Alternative für Deutschland“ vor allem die CSU, aber auch in signifikantem Ausmaß die CDU deutlich EU-kritischer. Der dumpfe Europa-Fanatismus hat ausgedient. Er findet sich höchstens noch bei den Grünen. Freilich ist es mehr als fraglich, ob das nicht bei CDU/CSU nur Wahlkampftöne sind, die man nachher rasch wieder vergisst. Hätte es doch ohne Wolfgang Schäuble niemals die De-Facto-Übernahme griechischer Schulden durch andere Länder gegeben; das wird die CDU rückblickend nur ungern als Fehler eingestehen. Andererseits haben in Deutschland sowohl der Bundespräsident wie auch der – aus der SPD kommende! – Außenminister stärker denn früher die Verantwortung ihres Landes für die Vorgänge in der Welt betont.

Und wie sieht sich Österreich in der Welt? Es wagt es ernsthaft, schon darin einen ausreichenden Beitrag zum Weltgeschehen zu sehen, dass wieder einmal eine Runde der Iran-Atomverhandlungen in Wien stattfindet. Das ist zwar nett, aber am Amtssitz der Atomagentur IAEA eigentlich selbstverständlich. Und es ist ein wenig wenig als einziger österreichischer „Beitrag" für den Lauf der Welt.

Gerade das britische Beispiel zeigt, dass sich ein sehr tiefer Patriotismus exzellent mit einer aktiven Rolle im internationalen Getriebe verträgt. Auch wenn man ganz gewiss Österreich nicht als Groß- oder Mittelmacht einstufen kann, gäbe es da viel zu tun. Aber nur ein starkes Land, das mit sich selbst im reinen ist, kann Sinnvolles für die Welt tun.

Britische Pässe können wieder entzogen werden

Nur scheinbar ein ganz anderes Beispiel ist das jüngste britische Gesetz: Eine ganz überwältigende Mehrheit aus allen Parteien hat dafür gestimmt, eingebürgerten Menschen wieder die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn diese sich des Terrors verdächtig machen. Bei uns würden solche Gesetze zuerst einmal einen politisch korrekten Sturm fast aller Medien auslösen, bevor man draufkäme, dass auch die Mehrheit der Bürger für einen strengeren Umgang mit der Staatsbürgerschaft wäre.

Das britische Innenministerium bereitet darüber hinaus auch noch weitere Maßnahmen vor, die ein Untertauchen suspekter Elemente – vor allem aus der islamistischen Szene – im Land verhindern sollen: Vermieter, Banken und Standesämter sollen jeweils die Aufenthaltsgenehmigungen ihrer Gegenüber überprüfen, bevor sie denen eine Wohnung oder ein Konto einräumen oder sie heiraten lassen.

In Österreich schaut man bei all diesen Dingen lieber weg . . .

 

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Man kann Karlsruhe nur halbherzig gratulieren

07. Februar 2014 13:57 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das deutsche Bundesverfassungsgericht sagt in einem aufsehenerregenden Beschluss, dass das umstrittene Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich gegen EU-Recht verstößt. Karlsruhe legt deshalb die Angelegenheit nun – erstmals – dem Europäischen Gerichtshof vor. Das mögen viele Kritiker der EZB als Erfolg ansehen. Aber es ist leider nur ein Pyrrhussieg.

Denn in Luxemburg wird mit fast absoluter Sicherheit eine gegenteilige Rechtsmeinung obsiegen. Dort entscheidet die Mehrheit der (ja national bestellten!) Richter meist im nationalen Interesse. Und das liegt für viele Profiteure der EZB-Politik klarerweise in einer Fortsetzung dieser Politik. Obwohl sie gegen EU-Recht verstößt – und natürlich erst recht gegen die Interessen der Deutschen (und Österreicher).

Mit der Weiterleitung nach Luxemburg hat sich Karlsruhe in Wahrheit um eine eigene Entscheidung gedrückt (denn auch in Deutschland gibt es sehr linke Richter, die kein Problem mit dem hemmungslosen Gelddrucken haben). Damit ist die Causa jedenfalls über die EU-Wahl hinaus stillgelegt – was für Politiker ja immer das Allerwichtigste ist. Damit können sich zwar viele Deutsche und Österreicher in ihrer seit Jahr und Tag vorgetragenen Kritik an der EZB bestätigt fühlen. Aber es wird ihnen am Ende nichts helfen. Die EZB wird, wie schon selbstzufrieden angekündigt, ihre Politik letztlich ungehindert fortsetzen.

Trotzdem ist es erfreulich, wenn nun das Höchstgericht des größten EU-Landes vieles festhält, was man zwar seit langem sagt, was aber die EU-Verteidiger – zumindest bis zum Beginn des EU-Wahlkampfes – bisher immer totgeschwiegen oder mit Schimpfworten zurückgewiesen haben: Auch Karlsruhe sieht jedenfalls "gewichtige Gründe", dass die EZB-Politik „nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt“ sein dürfte. Die EZB, so Karlsruhe weiter, sei nicht zu einer eigenständigen Wirtschaftspolitik ermächtigt. "Geht man – vorbehaltlich der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – davon aus, dass der (… EZB-)Beschluss als eigenständige und wirtschaftspolitische Maßnahme zu qualifizieren ist, so verstößt er offensichtlich gegen diese Kompetenzverteilung."

Der „Beschluss“ bezieht sich auf die Ankündigung des EZB-Präsidenten Draghi, in Zukunft wenn nötig auch unbegrenzt Anleihen der Krisenländer zu kaufen. Was diesen naturgemäß sehr geholfen hat, zu Lasten der sparsameren Europäer.

Freilich: Die Verfassungs-Richter aus Karlsruhe (jene in Wien greifen sowieso heikle Fälle gar nicht erst auf) sind trotz ihrer richtigen Erkenntnisse mehrheitlich aber doch der Auffassung, dass das EZB-Programm mit Einschränkungen aufrechterhalten werden kann. Und mit diesem Hinweis machen sie klar: Die EZB hat zwar Verträge verletzt, aber letztlich will (oder kann?) man ohnedies nicht ernsthaft etwas dagegen machen. Wieder einmal.

Das wird den EU-kritischen Parteien wohl noch mehr Zulauf bringen. Denn letztlich heißt das ja: Deutsche, Finnen, Österreicher und Niederländer mögen zwar an die Bedeutung von Recht und Verträgen glauben, aber in der heutigen EU hat letztlich immer die politische Macht das Sagen. Und die kümmert sich nicht sonderlich um das Recht. Für viele EU-Mitglieder ist das ja auch ganz normal.

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Steuerhinterzieher, Freunderln und Stauverursacher

05. Februar 2014 00:32 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Binnen weniger Stunden hat sich weltweit die Verachtung, der Zorn auf die politische Klasse wieder um ein kräftiges Stück weiter erhöht. Um dennoch nicht ganz zu verzweifeln, sollte man zum psychischen Selbstschutz greifen: Indem man sich ständig in Erinnerung ruft, dass auch Politiker trotz ihrer Macht genauso Menschen wie alle anderen sind, dass man selber ja auch kein Engel ist, und dass Macht und Missbrauch wohl nie trennbar sein werden. Von welchem Land immer wir reden mögen.

Aber gehen wir zu den Gründen des Zorns. Es sind heute gleich fünf neue:

Da ist in Berlin jetzt nach der Moralistin Alice Schwarzer nun auch ein Kultursenator der SPD dabei erwischt worden, dass er Steuern hinterzogen hat. Was gerade bei Sozialdemokraten besonders widerlich ist, weil sie ja ständig so heuchlerisch gegen die „Reichen“ agitieren. Der Mann hatte fast eine halbe Million Euro in der Schweiz. Zusätzlich zu seinen deklarierten Geldern. Und Schwarzer muss dort noch viel mehr haben.

Da musste in Ungarn der Vize-Parteichef der dortigen Sozialisten über Nacht zurücktreten: Er hatte eine geheimes Bankkonto in Österreich über immerhin 770.000 Euro gebunkert.

Da ist in Amerika ein rechter, ein republikanischer Gouverneur mehr als rücktrittsreif. Der übergewichtige Chris Christie (bis vor kurzem ein potentieller Präsidentschaftskandidat) hatte als Racheakt für eine ihm politisch übel gesonnene Gemeinde künstlich ein schweres Verkehrs-Chaos anrichten lassen. Widerlich. Es erinnert den Wiener übrigens an den Zustand der Bezirksämter in den (schwarzen) Bezirken 18 und 19, die ausschauen, wie wenn wir noch das Jahr 1945 schrieben (Aber in Wien ist das ja sicher Zufall, während die Amerikaner wenigstens penibel aufdecken).

Da weigern sich die Wiener Linien auch trotz der anderslautenden Urteile zweier Instanzen, einer weiteren Zeitung neben dem „Heute“ das Aufstellen von Entnahme-Boxen in U-Bahn-Stationen zu erlauben. Nicht dass mir diese andere Zeitung irgendwie sympathischer wäre (im Gegenteil – ich frage mich eher ständig, auf welchem Gratispapier der größere Mist steht). Aber in einem Rechtsstaat kann es keinesfalls im Belieben einer Gemeinde liegen, welche Zeitung sie bevorzugt. Die Wiener Linien ziehen dennoch das Verfahren weiter in die Länge und gehen auch in die dritte Instanz, ohne vorerst anderen Blättern die gleiche Verkaufsmöglichkeit zu geben wie dem Dichand-Blatt. Damit kann des Bürgermeisters Lieblingszeitung noch ein weiteres Jahr allein die U-Bahn-Fahrer als Leser für sich ausschöpfen.

Da fordert die rot-grün-linksliberale Mehrheit des EU-Parlaments einen besonderen Schutz für Homosexuelle und indirekt auch das volle Eherecht für schwule Paare (das es ja in vielen Ländern nicht gibt). Nicht dass ich das geringste Verständnis dafür hätte, dass jemand gegen Schwule Gewalttaten setzt. Aber in einem Rechtsstaat müssen alle Gruppen denselben Schutz gegen Gewalt und Verhöhnung haben. Etwa auch ein Bischof gegen Aktionen von Radikalfeministinnen. Für den tritt aber kein EU-Parlament ein. In einem Rechtsstaat darf es keine besonders privilegierten Grüppchen geben (auch nicht dann, wenn diese drei Gruppierungen in Wahlkampfzeiten besonders um sie buhlen). In einer EU, die sich noch an die eigene Verfassung hielte, würde man auch respektieren, dass es dabei um ein Thema geht, welches die Union überhaupt nichts angeht. Eine besonders unrühmliche Rolle hat bei dieser Resolution des EU-Parlaments eine österreichische Grüne als Einpeitscherin gespielt. Als ob nicht gerade Grüne derzeit in Sachen Gewalt besonders leise sein sollten.

Fünf internationale Entwicklungen, die fast alle gleichzeitig stattgefunden haben. Alle fünf tragen dazu bei, das abfällige Urteil der Menschen über die politische Klasse und ihre Verlogenheit, ihren Egoismus, ihren Verzicht auf jede Objektivität noch mehr zu steigern.

Da muss man sich selbst ständig zu dem Trost zwingen, dass in einer Demokratie solche Missbräuche wenigstens reihenweise aufgedeckt werden. Hingegen gäbe es nach einem Ende von Demokratie und Rechtsstaat – das eine offenbar wachsende Gruppe insgeheim zu ersehnen scheint – genauso viele Missbräuche wie jetzt oder vielleicht sogar mehr. Nur können diese dann von niemandem mehr aufgedeckt werden.

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Auf in den Kampf um die Freiheit

04. Februar 2014 00:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Zukunft Mitteleuropas verdunkelt sich. Das passiert, obwohl es im Vergleich zum Süden scheinbar so stabil dasteht. Das passiert ganz unabhängig von ein paar Zehntel Auf- oder Abwärtsbewegung der sich ja ständig ändernden Konjunkturdaten. Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich. Dazu gehören vor allem die Folgen der um 1970 einsetzenden demographischen Katastrophe, die Masseneinwanderung bildungsferner Schichten aus islamischen und afrikanischen Kulturen, die gigantisch angewachsene Haftungslawine zugunsten der schuldenfreudigen Mittelmeerländer, das immer exzessiver werdende Diktat der Politischen Korrektheit und die daraus erfolgende Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Das Diktat der Political Correctness hat sich in den letzten Jahrzehnten schleichend, aber umso wirksamer ausgebreitet. Es hat seine Wurzeln in den USA, ist aber heute in den deutschsprachigen Ländern besonders tief verankert (vielleicht auch als Folge der deutschen Gründlichkeit).

Die USA waren das erste Land, in dem man die Political Correctness auch in der Sprache nachweisen kann. Allerdings war sie dort nur in Form des relativ wenig störenden „he/she“ zu bemerken. Dafür sind in den USA die Auswüchse der P.C. in anderen Feldern ganz besonders skurril: Dazu gehören etwa die Verbote, eine Kollegin mit Worten wie „Darling“ anzusprechen oder Kleinkinder nackt im eigenen Garten herumlaufen zu lassen oder eine Bürokollegin zum Essen einzuladen. Ein besonders krasses Beispiel war vor kurzem die Schul-Suspendierung für einen Sechsjährigen, weil dieser seine gleichaltrige Schulfreundin auf die Hand geküsst hat. Fast jedes normale Verhalten kann dort schon als „sexuelle Belästigung“ gewertet werden. Selbst wenn es im gegenseitigen Einverständnis erfolgt.

Diese Political Correctness breitet sich nun auch in Europa aus. Sie geht Hand in Hand mit dem Radikalfeminismus, also der skurrilen und natürlich nie bewiesenen oder beweisbaren Lehre, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern ein reines soziales Konstrukt wären.

Vor allem im deutschsprachigen Raum hat diese P.C. dann im Verlauf der Zeit Verkrampfungen auf vielen Gebieten ausgelöst. So ist es in der staatsoffiziellen Variante der deutschen Sprache zu viel schlimmeren Folgen als in den USA gekommen. Kann man doch nur im Deutschen sprachliches mit biologischem Geschlecht verwechseln (was die Bürokratie prompt getan hat). Gibt es doch nur im Deutschen nach Sprachgeschlechtern unterschiedliche Artikel. Wird doch hier jedes auf -er endende Wort als böse abgestempelt und in die Faschiermaschine des Genderns gesteckt. Hat sich doch nur im Deutschen die amtlich angeordnete Schriftsprache mit dem unleserlichen Binnen-I total von der gesprochenen wegentwickelt. Hat sich doch nur im deutschsprachigen Raum die hässliche Unsitte entwickelt, zahllose Substantiva durch hässliche Partizipia zu ersetzen (also etwa „Lehrende“ statt Professoren). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Sprachdekonstruktion von fast allen Literaten, Medien und sprachsensiblen Menschen abgelehnt wird.

Das Gendern war anfangs nur eine verschmockte und belächelte Höflichkeitsfloskel. Heute ist es im bürokratischen und universitären Bereich zum absoluten Diktat mit rechtlichen Zwangsfolgen geworden. Studenten – auch weiblichen – werden noch so gute Diplomarbeiten zurückgeschmissen, wenn diese nicht gegendert sind. Dass ein totales Gendern lange Texte noch viel länger macht, ist dem P.C.-Diktat egal. Ebenso wie die Tatsache, dass es so wie die ebenfalls politisch-bürokratisch diktierte Rechtschreibreform mitschuldig daran ist, dass sinnerfassendes Lesen für Jugendliche immer schwieriger wird, vor allem für jene mit Bildungsdefiziten.

Der Universitätsbereich ist ein besonders guter Nährboden für Genderisten geworden. Dort gibt es nicht nur immer mehr Gender-Institute und Professuren – auf Kosten der seriösen Wissenschaften und auf Kosten der Glaubwürdigkeit der Universitäten bei ihrem Kampf um mehr Geld. Dort werden auch Gendervorlesungen immer mehr zur Pflicht für die unterschiedlichsten Studienrichtungen. Das ist ähnlich wie einst in den kommunistischen Ländern, wo alle Studenten Marxismus-Leninismus belegen mussten.

Kleines, aber bezeichnendes Beispiel: Die Universität Wien stellte vor kurzem aus den Tausenden dort produzierten Diplom- und Seminararbeiten ausgerechnet jene Arbeit prominent auf ihre Homepage, in der sich ein halbes Dutzend Soziologinnen darüber beklagt, dass es mehrheitlich Frauen sind, die vor Weihnachten backen. Das wird – von einer wissenschaftlichen Institution! – vehement als „Retraditionalisierung“ attackiert.

In den Sog der Political Correctness ist in den letzten Jahren nicht zuletzt durch Verschulden der EU auch die Justiz geraten. Sie engt das Leben der Menschen und deren persönliche wie wirtschaftliche Handlungsfreiheit immer mehr mit Antidiskriminierungsgesetzen und Verhetzungsparagraphen ein.

Insbesondere der Islam hat in der Political Correctness einen intensiven Verbündeten gefunden. Während man etwa nach einem Delikt der „Christophobie“ oder „Katholophobie“ vergebens sucht (das würde ja reihenweise Grüne, Pinke und Rote vor Gericht bringen), wird von Linken seit einigen Jahren „Islamophobie“ als Schwerverbrechen dargestellt.

Alle Fakten, die dieser Sichtweise des Islam widersprechen, werden totgeschwiegen. Und dort wo man nicht strafen kann, wird ignoriert. Das passierte daher etwa auch der erschreckenden Studie, die das „Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung“ präsentiert hatte: Es fand nämlich durch umfangreiche Befragungen heraus, dass zwei Drittel der Moslems die religiösen Gesetze als über den staatlichen stehend erachten. Bei den Christen waren es hingegen nur 13 Prozent. Das zählt heute zu den Wahrheiten, die niemand hören will, die niemand im öffentlichen Raum mehr anzusprechen wagt.

Selbst diese 13 Prozent sind ja letztlich keine Gefahr für den Staat. Findet sich doch in der Bibel nichts, was dem Staat ein bestimmtes Handeln vorschreiben würde. Selbst das Tötungs- und damit auch Abtreibungsverbot ist in allen biblischen Quellen nur ein für das Individuum geltendes Gesetz. Diskrepanzen gibt es lediglich in einem extrem schmalen Bereich, nämlich dort, wo Staaten Christen zwingen wollen, bei Abtreibungen mitzuwirken.

Im Islam hingegen ist ein riesiger Bereich der Glaubenslehre des Korans klassisches Zivil- und Strafrecht. Viele Koranlehrer meinen sogar, dass der Koran die ausschließlich für Zivil- und Strafrecht zuständige Rechtsquelle sei. Daher hat sich in islamischen Zuwanderergruppen in Deutschland und Österreich, sobald diese eine kritische Größe erreicht hatten, eine ausgebreitete Schattenjustiz entwickelt. Diese geht längst über die Rolle von Mediatoren hinaus. Sie führt immer öfter dazu, dass Moslems wegen des in ihren Augen gültigen Vorrangs islamischer Gerichte vor staatlichen falsch oder gar nicht aussagen. Für die Mehrheit der Moslems gibt es keine getrennten Sphären für Religion und Staat – zumindest dort nicht, wo sie die Mehrheit bilden. Das wird aber schon in wenigen Jahrzehnten in Deutschland wie Österreich der Fall sein.

Die drohende Verschmelzung von staatlicher und religiöser Sphäre ist heute überhaupt die größte Bedrohung der menschlichen Freiheit. Dennoch wird von Grün&Co fast jede Kritik am real existierenden Islam heftig bekämpft. Auch in den vielen von Linken beherrschten Medien wird Kritik am islamischen Fundamentalismus meist unterdrückt. Statt dessen erstatten immer wieder grüne Politiker und Journalisten Strafanzeige gegen einen der wenigen mutigen Islamkritiker. Und Staatsanwälte wie Richter verurteilen diese immer öfter, da sie sich anpassungswillig der „politisch korrekten“ Einschränkung der Meinungsfreiheit beugen.

Vorerst gehen all diese Entwicklungen an den Durchschnittsdeutschen und Österreichern eher vorbei. Diese haben zwar immer mehr die Überzeugung, wie Umfragen nachweisen, dass man nicht mehr alles sagen dürfe, was man sich denkt. Sie nehmen das aber eher lethargisch hin. Vorerst wird die mediale und politische Agenda nämlich noch ganz von wirtschaftlichen und europäischen Themen dominiert. Weder die demographische Katastrophe noch die Einschränkung der Meinungsfreiheit scheinen die Menschen derzeit sonderlich zu erregen.

Das tun derzeit offenbar nur jene, die sich an das Jahr 1848 erinnern. Das war die einzige Revolution, die ganz Europa erfasst hat, die Bürger und Arbeiter Seite an Seite gebracht hat. Das oberste Ziel dieser Revolution war der Ruf nach Meinungsfreiheit. Oder wie es damals meist hieß: nach „Preßfreiheit“.

Zwar sind die meisten der 1848 formulierten Verfassungen damals nicht Wirklichkeit geworden. Aber langfristig haben sich ihre Forderungen total durchgesetzt. Von den Menschrechtspakten bis zum deutschen Grundgesetz findet sich die Absicherung der Freiheit als dominantes Ziel und oberste Leitlinie. In Österreich ist sogar heute noch der ganz von 1848 geprägte Grundrechtskatalog von 1867(!) das zentrale Menschenrechtsdokument. Freiheit und Würde des einzelnen sind in jener Epoche immer im Zentrum gestanden: beim Kampf für die Gewaltentrennung, bei der weitgehenden Zurückdrängung der Obrigkeit aus unserem Privatleben oder bei der Durchsetzung des Prinzips „Was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt“.

Heute aber ist die Freiheit der Bürger fundamental bedroht, weil all diese Prinzipien unterminiert werden, weil im Strafrecht die Politische Korrektheit langsam zur dumpfen General-Klausel wird.

Letztlich geht es in den meisten Phasen der europäischen Geschichte immer um das Ringen zwischen staatlicher Macht und ihrem Allmachtsstreben auf der einen Seite und dem Kampf der Menschen um Freiheit, ob sich dieser nun individuell oder in Gruppen, Vereinen und Parteien zeigt. Bei diesem Kampf um individuelle Freiheit geht es erstens um Leib und Leben, also konkret vor allem um das Recht auf einen unabhängigen Richter und um objektive, möglichst restriktive Gesetze; und zweitens um die Meinungsfreiheit, ob sich die nun in der Spezialform Religionsfreiheit äußert oder etwa in der Freiheit von Wissenschaft oder Kunst.

Immer geht es um das Recht, anderer Meinung zu sein, anderes zu glauben, anders zu reden, anders zu handeln, als es die Machthaber wollen. Dieses Spannungsverhältnis, diese Abwehr eines totalitär alles beherrschen wollenden Staates lässt sich schon im mittelalterlichen Kampf um die „Zweischwertertheorie“, also um die Trennung zwischen Staat und Kirche nachweisen, in den Geschehnissen rund um Canossa, in den Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts, im Einsatz der Aufklärung für Gewaltenteilung und in den nationalen Befreiungskriegen des 19. und 20. Jahrhunderts.

Heute droht eine neue Einschränkung der Meinungsfreiheit zurück in den Vormärz zu führen. Um nur ein einziges besonders krasses Beispiel zu nennen: Österreichische Staatsanwälte klagen es als unerlaubten Meinungsexzess an und die Gerichte dreier Instanzen bestrafen es, wenn eine Wissenschaftlerin bei einem Seminar den islamischen Propheten als Pädophilen bezeichnet. Dabei gaben Gerichte und Staatsanwaltschaft durchaus das Faktum zu, dass Mohammed systematisch eine sexuelle Beziehung zu einer Neunjährigen gehabt hat. Nur sagen und kritisch thematisieren darf man es halt nicht mehr.

Deutlicher als dieses skandalöse Urteil kann man gar nicht zeigen, wie sehr die Meinungsfreiheit hierzulande wieder unterdrückt wird. Solche Urteile sind eine viel gravierendere Einschränkung der Freiheit als etwa die Vorratsdatenspeicherung. Bei dieser geht es ja nur um das behördliche Festhalten einer angerufenen/angemailten Telefon- oder Mail-Nummer, nicht um den Inhalt. Und die Vorratsdatenspeicherung könnte jedenfalls auch der Verfolgung echter Verbrechen dienen.

Umso erfreulicher ist es, dass sich ein brillanter Autor wie Werner Reichel mit seinem neuen Buch, mit seinem großen Faktenwissen und seiner schreiberischen Begabung ganz dem historischen Kampf für die Freiheit und gegen deren Einschränkungen widmet.

Dieser Text ist das Vorwort zum neuen, soeben erschienenen Werk von Werner Reichel „Die Feinde der Freiheit“ . Es kann bereits unter diesem Link auf Amazon bestellt werden.

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Gegen den zeitgeistigen Hauptstrom

31. Januar 2014 00:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Welche Zeitung man auch aufschlägt, welchem Fernseh- oder Radiosender man den Vorzug gibt: Die Diagnosen, die im Zusammenhang mit der nicht enden wollenden Krise kolportiert werden, laufen meist stereotyp auf herbe Kapitalismuskritik hinaus. Die Therapieempfehlungen der durchwegs staatsverliebten Gesellschaftsquacksalber sind um nichts differenzierter: Stets werden international orchestrierte, hoheitliche Planungs- und Lenkungseingriffe in die Wirtschaft, sowie höhere Steuerlasten und damit eine Umverteilung von Freiheit, Geld und Macht von den Bürgern zu den Zentralbürokratien befürwortet. Subsidiarität? Individuelle Initiative und Verantwortung? Persönliche Haftung? Fehlanzeige! Das Politbüro soll und wird es – fürs Kollektiv – richten!

Umso erfreulicher ist es, gelegentlich kleine Inseln der Staatsskepsis und des bürgerlichen Selbstbewusstseins zu finden, wo man noch Unternehmertum und Freihandel hochhält. Eine davon ist der mittlerweile zum elften Mal abgehaltene „Vienna Congress Com.Sult“. Diese Konferenz dient Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik als Ort der Begegnung. Sie wird von durchwegs liberalem Geist getragen wird (sofern nicht – wie im Vorjahr – ein Robert Menasse das Impulsreferat hält).

Auch heuer konnten die Veranstalter prominente Redner nach Wien bringen. Darunter herausragende Wissenschaftler wie Carl Djerassi (den Erfinder der Antibabypille) oder Dan Shechtman (Nobelpreisträger für Chemie des Jahres 2011 und gegenwärtig parteifreier Kandidat für das Amt des israelischen Staatspräsidenten) oder politische Schwergewichte wie Václav Klaus (ehemals Staatspräsident der Tschechischen Republik) und Phillip Blond („Mastermind“ der britischen Tories).

Die Worte von Industriellen-Präsident Georg Kapsch fallen etwas zwiespältig aus: Weist er zunächst darauf hin, dass „Europa auf Vielfalt gegründet ist“, fordert er unmittelbar darauf „mehr Integration“ – ohne im Detail auszuführen, was damit gemeint ist. Das will nicht recht zusammenpassen. In der Schaffung von Arbeitsplätzen sieht Kapsch die Hauptaufgabe der Politik. Daher übt er herbe Kritik an der europäischen Klimapolitik, die er im Gegensatz zu diesem Ziel sieht. Die Vertreibung der Industrie aus Europa sei im Hinblick auf die propagierte CO2-Reduktion kontraproduktiv, weil zum Beispiel in Fernost kaum Rücksicht auf den Schadstoffausstoß genommen werde. Ohne industrielles Wachstum gehe es nicht, weil in diesem Sektor – und nicht etwa im dienstleistungsorientierten Tourismus, wie viele meinen – die größte Wertschöpfung erfolge. Die USA zeigten vor, wie es geht. Auch für Europa gelte: „Wir brauchen mehr Freiheit!

Nobelpreisträger Daniel Shechtman bedeutete für viele Besucher eine echte Überraschung. Statt eines staubtrockenen Referats eines weltfremden Wissenschaftlers aus dem Elfenbeinturm legte er das flammende Plädoyer eines Praktikers für „technologisches Unternehmertum“ ab. An seiner Heimatuniversität in Haifa legt er größtes Gewicht darauf, seine Studenten zu unternehmerischem Handeln zu motivieren.

Nach einem Erfolgsrezept für Innovation und Wachstum für Österreich befragt, gibt er zur Antwort, dass „… man bereits im Kindergarten damit beginnen muss, für die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften zu werben.“ Schließlich würden alle relevanten Wachstumsimpulse und Fortschritte aus mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern resultieren. Eine seiner für die Teilnehmer aus Österreich besonders bemerkenswerten Aussagen lautet: „Die Regierung ist nicht dafür zuständig, Jobs zu schaffen!“ Besonders Universitätsabsolventen sollten besser selbst für ihre Arbeitsplätze sorgen, indem sie Unternehmen gründen.

Sein Lebensmotto, das er auch jedem anderen nahe legt, lautet: „Niemals aufgeben!“ Mit der politisch unkorrekten Feststellung, dass gebildete Frauen weniger Kinder hätten – was ein großes Problem bedeute, dem viel Aufmerksamkeit zu schenken sei „um uns selbst zu retten“ – rührt er an ein von den über die Deutungshoheit gebietenden Eliten weithin totgeschwiegenes Phänomen, mit dem heute viele entwickelte Gesellschaften konfrontiert sind.

Marcus Weldon, Präsident von Alcatel-Lucent, richtet sein Augenmerk auf Fragen der Innovationskapazität Europas im Vergleich zu jener der USA und konstatiert schwere mentalitätsbedingte Defizite der Alten Welt. Diese würden unter anderem in einem massiven „Brain-Drain“ ihren Ausdruck finden. Ein großer Teil der besten Köpfe des von ihm geführten Betriebes in den USA stamme aus Europa. Die in Europa weit verbreitete Angst vor dem Scheitern ziehe Tatenlosigkeit nach sich.

Unterbleibende Erfolge wären aber ein viel zu hoher Preis, der für vermiedene Misserfolge bezahlt werden müsse. Die vergleichsweise niedrige Zahl von Unternehmensgründungen in Europa sei Ausdruck dieser Verzagtheit. In den USA gelte man – anders als in Europa – nicht als Versager, wenn man es mit einem eigenen Unternehmen versucht, aber nicht geschafft habe. Die Regierungen Europas seien gefordert, Menschen zum Unternehmertum zu ermutigen.

Kritische Einschätzungen der EU

Phillip Blond, Direktor der konservativen britischen Denkfabrik „Res Publica“ und treibende Kraft hinter Premierminister David Camerons Politik der „Big Society“, konstatiert eine verhängnisvolle „Mischung aus öffentlichem und privatem Keynesianismus“ während der zurückliegenden Jahre. Die „Wirtschaftslokomotive Deutschland“ stehe wesentlich weniger gut da, als gemeinhin angenommen werde. Besonders die schlecht bezahlten Tätigkeiten hätten dort nämlich stark zugenommen. Die Lohentwicklung insgesamt stagniere dagegen seit vielen Jahren, Bond spricht von einer „Wage Depression“. Auch die Höhe der Investitionen ginge merklich zurück.

Er zitiert Hayeks Beststeller „Der Weg zur Knechtschaft“ und sieht eine Renaissance der kollektiven Knechtschaft heraufziehen. „Orthodoxe“ sozialistische Parteien in einer Regierungskoalition seien tödlich für jene Innovationen, die wir dringend benötigten. Die liberale soziale Marktwirtschaft von anno dazumal degeneriere in der deutschsprachigen Welt zum alles erstickenden „Wellfarism“.

Der Liechtensteinische Vizepremierminister Thomas Zwiefelhofer plädiert für eine strikte Haushaltsdisziplin, die in seinem Land auch konsequent vorexerziert werde. Liechtensteins Staatsschuld belaufe sich exakt auf Null – was den Wünschen einer deutlichen Wählermehrheit entspräche. Zwiefelhofer erweist sich insofern als recht untypischer Politiker, als er sich gegen Staatsplanung und -regulierung der Wirtschaft ausspricht. Der „eine-Größe-passt-allen“-Politik der EU steht er kritisch gegenüber.

Bernd Lucke von der bei den zurückliegenden Bundestagswahlen in Deutschland knapp am Einzug ins Parlament vorbei geschrammten AfD möchte die „Südstaaten“ der Eurozone (Zypern, Griechenland, Italien, Spanien und Portugal) nicht aus der EU „rausschmeißen“. Er befürwortet aber deren freiwilligen Austritt. Dass Europa ohne Euro nicht leben könne, sei ein jeder Realität entbehrender Mythos. Immerhin gäbe es mehrere in der Union befindliche Staaten, in denen bis heute nicht daran gedacht werde, ihre eigenen Währungen aufzugeben. Großbritannien sei seinerzeit sogar aus dem Europäischen Währungssystem ausgeschieden, ohne dass dies zu einem Kollaps geführt habe.

Gegen eine Gemeinschaftswährung sei dann nichts einzuwenden, wenn die der Währungsunion zu Grunde liegenden Bedingungen eingehalten würden. Dies sei im Fall des Euro von Anbeginn an nicht der Fall gewesen. Die EU funktioniere demzufolge seit Einführung des Euro schlechter als davor. Entgegen anders lautender Behauptungen der Regierenden und Darstellungen in den Medien diene der ESM keineswegs der europäischen Solidarität, sondern vielmehr der Umverteilung von Mitteln an den relativ reichen Süden, während die wirklich armen Länder des Ostens (etwa im Baltikum) leer ausgingen. Der vermeintliche Stabilitätsmechanismus ESM sorge dafür, dass dorthin, wo am schlechtesten gewirtschaftet werde, das meiste Geld fließe. Wohlstand werde aber allemal durch marktwirtschaftliche Prozesse, niemals jedoch durch diese konterkarierende Staatsinterventionen geschaffen.

Václav Klaus stellt fest, dass sich seit Ausbruch der Krise im Jahr 2008 nichts zum Besseren gewendet habe. Europa befinde sich in einer Sackgasse. Er sehe die Ursache dafür in Europas fortschreitender Zentralisierung und in einer „Unterdrückung der Nationalstaaten“. Das Problem seines Landes bestehe darin, 80 Prozent seiner Exporte in die EU zu tätigen – und dort gebe es kein Wachstum. Wir haben es derzeit nicht mit einem „Unfall“ zu tun, sondern mit systematischen Fehlern, so Klaus.

Die „paternalistische Wohlfahrtsstaatsatmosphäre“ in Europa sei tödlich für die Prosperität. Klaus spricht in diesem Zusammenhang von einer „postdemokratischen Ära“. Zudem habe die Einführung des Euro Probleme mit sich gebracht, die zuvor nicht bestanden hätten. Sämtliche Systeme fixer Wechselkurse seien früher oder später gescheitert.

Der Euro sei im Grunde nichts anderes. Die Südeuropäer wären zu Opfern des Eurosystems geworden. Sie sollten daher in ihrem eigenen Interesse die Eurozone verlassen. „Was wir nicht brauchen, sind mehr Gipfeltreffen in Brüssel. Wir benötigten vielmehr eine tief greifende Mentalitätswende in Europa. Was wir brauchen ist eine Freiheitsunion!“

Schade, dass keine maßgeblichen Größen aus dem Kreis der rezenten Regierungen der EU anwesend waren, um diesen gegen den Strich gebürsteten Ausführungen zu lauschen …

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien

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Wie unterscheiden sich die EU-Wahlen der einzelnen Staaten?

29. Januar 2014 18:42 | Autor: Andreas Unterberger

Mandate pro Staat, Bürger pro Mandat und weitere wahlrechtliche Regelungen nach EU-Staaten

 

Quele: Europäisches Parlament, vienna.at

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EU-Grüne und Sozialisten: Narzissmus als Leitprinzip!

29. Januar 2014 01:41 | Autor: Josef Gundacker
Rubrik: Gastkommentar

Der Bericht der Grünen Europa-Abgeordneten Ulrike Lunacek zu dem „EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität“ zeigt, wie die Menschenrechte von Homo-Lobbyisten umgedeutet werden, um sie für die eigenen Interessen nutzbar zu machen.

Artikel eins der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass der Mensch mit Gewissen und Vernunft begabt ist. Sehr viele menschliche Handlungen, Gedanken, Gewohnheiten und Neigungen sind aber wider jegliche Vernunft und äußerst gewissenlos. Durch das Antidiskriminierungsgesetz wurde jedes widernatürliche sexuelle Verhalten legalisiert und unter Diskriminierungsverbot gestellt. Aus dem beschworenen Geist der Brüderlichkeit wurde eine Gesinnung, die besagt: „Was ich nicht will, das man mir tu, das füge einem anderen zu“. Jeder nämlich, der den homosexuellen Lebensstil als widernatürlich und unsittlich empfindet, wird als homophob gebrandmarkt, und wer sich nicht betont homosexuellenfreundlich äußert, wird als Hassprediger bezeichnet.

Die Menschenrechtserklärung spricht in Artikel zwei nur von Geschlecht und nicht von sexueller Orientierung. Erst in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurde das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung in Artikel 21 aufgenommen. Geschlecht und sexuelle Orientierung sind zwei verschiedene Dinge! Das Geschlecht des Menschen ist determiniert, eine sexuelle Neigung ist ein sich veränderbares Verhalten.

Gender-Ideologen behaupten, ein Mangel an gesellschaftlicher Akzeptanz sexueller Vielfalt sei das Problem. Ein solches Argument ist scheinheilig und ignoriert die Tatsache, dass sexuelle Neigungen, die nur der Triebbefriedigung dienen, ein Missbrauch von Liebe sind und die menschlichen Beziehungen zerstören, da es den/die Partner/in nur ausnutzt und entwürdigt. Dass ein homosexueller Lebensstil für die Gesundheit eines Menschen riskant ist und Liebesaffären das Leben ganzer Familien zerstören, wird allgemein akzeptiert. Dass aber sexuelle Neigungen oft nur als Rechtfertigung dienen, die unreife Sexualität auszuleben, wird völlig ignoriert.

LGBT-Menschen wähnen sich immer als Opfer und befreien sich schon in ihrer Sprache von Verantwortung, indem sie behaupten, ihre Orientierung sei angeboren. Diese Haltung bestätigt ihre Meinung, sie seien fremdbestimmt und produzieren Beweise, die diese Vorstellung unterstützen. Viele LGBT-Menschen fühlen sich bereits diskriminiert, wenn sie nicht beachtet bzw. nicht berücksichtigt werden.

Im Bericht von Frau Lunacek über den EU-Fahrplan zur „Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität“ geht es nicht um Benachteiligung und Diskriminierung, sondern um Macht und das Recht auf Selbstbestimmung auf Kosten von Frauen, Männern und Kindern. Von den Verfassern der Arbeitsgruppe „Rechte der LGBT“ und ihren Unterstützern werden Kinderrechte sowie die Würde des Menschen mit Füßen getreten.

Josef Gundacker, Leiter des Familienforum Österreich

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Der nächste totalitäre Durchgriff der EU droht

28. Januar 2014 02:40 | Autor: Ungenannt
Rubrik: Gastkommentar

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit bereitet die EU-Kommission eine neue Richtlinie vor, die in ganz massiver Form unter dem Vorwand einer noch verschärften Gleichbehandlung die Rechtsordnung jedes Mitgliedsstaats und die Rechte jedes einzelnen Europäers schwer beschneiden wird. Von österreichischer Seite gibt es zwar Widerstand zweier anderer Ministerien. Aber das offensichtlich total ideologiegetriebene Sozialministerium ist erfolgreich dabei, eine österreichische Zustimmung zu dieser Richtlinie zu erzwingen. An Parlament, Hauptausschuss und Bundesregierung vorbei. Dabei hat in den letzten Jahren der Nationalrat schon zweimal Nein zu ähnlichen innerösterreichischen Vorstößen der SPÖ gesagt. Pessimisten fürchten, dass die ÖVP in ihrem gegenwärtigen Zustand auf die klare Möglichkeit eines Vetos verzichtet.

Die Europäische Kommission hat 2008 im Rahmen der erneuerten Sozialagenda einen Vorschlag für eine Richtlinie (RL) zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung vorgelegt (zum Vorschlag hier). Die Verhandlungsdauer von sechs Jahren hängt damit zusammen, dass die RL zwischen den Mitgliedstaaten sehr umstritten ist.

Viele Mitgliedstaaten lehnten ursprünglich die RL ab. Diese Gruppe besteht aber inzwischen nur noch aus Deutschland und der Tschechischen Republik. Aufgrund der Materie und der derzeitigen Kompetenzlage muss diese RL einstimmig von den Mitgliedstaaten beschlossen werden.

Die Kommission will damit die Gleichbehandlung in den verschiedensten Sektoren durchsetzen, unter anderem bei der Vermietung von Wohnobjekten, bei Bildung, Versicherungen etc. Sie verteidigt die Ausweitung der RL auch auf das Gebiet der Bildung damit, dass Gleichbehandlung nur auf EU-Ebene und nicht subsidiär geregelt werden könne.

Bezüglich der RL ist in Österreich das Sozialministerium federführend zuständig, da der Vorschlag in der Ratsarbeitsgruppe für Sozialfragen eingebracht wurde, die in die Kompetenz des Sozialministeriums fällt. Der Vorschlag wurde 2008 von allen österreichischen Akteuren begrüßt. Allerdings wollten einige Interessensvertreter noch Änderungen haben. Es gab und gibt allerdings noch immer zwei Ministerien, die sich dezidiert gegen den RL-Vorschlag aussprechen: Das sind die beiden Bildungsministerien für Wissenschaft sowie für Unterricht. Allerdings weiß man auch hier nicht, wie weit durch die Regierungsneubildung der Widerstand dieser beiden Ministerien aufgegeben wird. So ist ja der nunmehr für Wissenschaft zuständige Wirtschaftsminister Mitterlehner bekannt dafür, dass er für die Wünsche von Sozialminister Hundstorfer immer ein sehr offenes Ohr hat.

Die Argumente gegen den Vorschlag

Die Argumentationslinie der beiden Ministerien basiert auf rein rechtlichen Bedenken. Ideologische Gründe spielen nur eine untergeordnete Rolle, da es sich sowohl um ein schwarzes als auch um ein rotes Ministerium handelt. Die Gründe sind: 

Die Argumente für den Vorschlag

Das Sozialministerium führt folgende Argumente an:

Wenn man sich die Argumentationen näher ansieht, kann man sich vorstellen, wie das Sozialministerium die österreichische Position in den EU-Gremien vertritt: nämlich gar nicht.

Anfangs belächelt, sind die Bildungsministerien zum großen Ärgernis für das Sozialministerium geworden, da sie sich nicht und nicht von der Richtigkeit und einzigen Wahrheit belehren lassen. Besonders ärgerlich für das Sozialministerium ist, dass es sich hier um eine Position sowohl eines schwarzen als auch eines roten Ministeriums handelt. Daher übt das Sozialministerium Druck aus, auf dass die beiden anderen Ministerien ihre Position aufgeben.

Bisher allerdings erfolglos. Die beiden Ministerien haben trotz Ablehnung des Vorschlags immer wieder neue umfangreiche Textvorschläge gemacht. Das Sozialministerium vertritt konsequent ohne Rücksicht auf andere Ministerien seine eigene Position.

Die RL wird auch unter der griechischen Präsidentschaft weiter verhandelt werden. Solange Deutschland und Tschechien die RL blockieren, kann sie nicht zu einem Abschluss gebracht werden. Aufgrund der neuen Regierungskonstellationen in beiden Ländern ist allerdings fraglich, ob sie ihre Position beibehalten werden. Der Vorschlag wurde in mehreren Bereichen, darunter auch im Bildungsbereich, auf Druck einzelner Mitgliedstaaten entschärft.

Das Sozialministerium ist leider völlig ideologisiert und versperrt sich jeglichen Argumenten. Auf der sozialpolitischen Ebene treten beide ablehnenden Ministerien für die Gleichberechtigung ein, doch ist Recht einzuhalten, auch wenn es sich um Gleichbehandlung handelt. Das haben leider manche in Österreich vergessen.

Der Autor bittet zu seinem persönlichen Schutz ungenannt zu bleiben.

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Die gekaufte EU-Bürgerschaft

28. Januar 2014 01:00 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das europäische Parlament ist empört: In Malta kann man sich neuerdings Staatsbürgerschaften kaufen. Damit haben zahlungskräftige Nicht-E­uropäer automatisch auch alle Rechte im gesamten EU-Gebiet. Die Staatsbürgerschaft in einem Land öffnet einem ja auch alle anderen EU-Länder. Wie schlimm ist das eigentlich wirklich?

Aufs Erste sehr. Staatsbürgerschaft hat zumindest in unseren Ohren viel mit emotionaler Bindung an die eigene Heimat zu tun. Diese Bindung geht in Ländern mit Wehrpflicht ja sogar bis hin zur zumindest theoretischen Pflicht, für dieses „Vaterland“ zu sterben.

Das ist zwar derzeit glücklicherweise ein eher theoretischer Aspekt. Das wird auch – etwa in Österreich – von der Politik nie mehr erwähnt. Diese hat im Vorjahr ja die Wehrpflicht fast nur noch mit den Vorteilen des Zivildienstes beworben (sofern sie überhaupt für die Wehrpflicht war). Die letzte Konsequenz von Soldatsein wurde von allen Politikern und Medien verschwiegen. Aber die Durchschnittsbürger selbst verstehen den Einsatz des eigenen Lebens durchaus noch immer als dessen Teil.

Und jetzt kann man sich einfach schon mit Geld in eine solche europäische Staatsbürgerschaft einkaufen! Ganz ohne Wehrdienst. Das ist für viele Europäer unverständlich.

Mittellose Migranten belasten Europa

Dennoch sollte man Malta nicht ganz verdammen. Denn der Nutzen der Menschen mit viel Geld, die solcherart angelockt werden, ist unvergleichlich größer als jener Nutzen, den ungebildete und mittellose Zuwanderer stiften. Zwar werden diese in politisch korrekten Medien gerne als „Flüchtlinge“ bezeichnet. Und zwar keineswegs nur, wenn sie auf – ganz zufällig(?) regelmäßig ins Seenot geratenden – Schiffen auf Arbeitssuche nach Europa kommen. Übrigens ist da gerade Malta ein besonders intensiv angesteuertes Ziel.

Aber trotz dieser Propaganda ist klar: Ungebildete und mittellose Menschen sind in keiner Weise das, was Europa mit seiner riesigen Arbeitslosigkeit braucht. Sie belasten die Sozialsysteme weit mehr, als sie an Beiträgen bringen.

Etwa die österreichischen Statistiken zeigen regelmäßig und eindeutig: Nichteuropäer sind zu einem deutlich geringeren Anteil als die gleichaltrigen Österreicher arbeitstätig und sie zahlen daher auch deutlich weniger Abgaben. Dennoch finden skurrilerweise gerade die lautstarken Kritiker Maltas gleichzeitig diesen Migrationsstrom positiv.

Die Kritik am Sozialtourismus wird heftiger

Auf der anderen Seite wird von Bayern bis Großbritannien die Kritik an der Sozialmigration und an den europäischen Zentralisierungstendenzen immer lauter. Zuerst war die Kritik nur unter den Bürgern zu hören, jetzt ertönt sie auch bei den dortigen Parteien.

Dass diese so deutlich migrationskritisch geworden sind, hängt ganz direkt mit dem massiven Aufblühen neuer Konkurrenzparteien zusammen. Das ist in Deutschland die „Alternative für Deutschland“ und in Großbritannien die Unabhängigkeitspartei UKIP. Diese ist nach einer aktuellen Umfrage sogar schon Englands stärkste Partei. Dort richtet sich die Kritik besonders stark gegen Zuwanderer aus anderen EU-Ländern, wenn diese nicht arbeiten, sondern nur die Sozialsysteme beanspruchen wollen.

Diese Frage hat neuerdings auch eine tiefe Kluft quer durch die EU-Kommission gerissen: Während einige bürgerliche Kommissare intensiv darauf hinweisen, dass Mitgliedsländer in ihrem Sozialsystem ja nur arbeitende EU-Bürger gleich behandeln müssen, wollen die sozialistischen Kommissare das Thema Sozialmigration ignorieren – also das Kassieren von Wohlfahrtsleistungen, ohne jemals in dem zahlenden Land gearbeitet zu haben.

Die neue maltesische Praxis ist da zumindest ein richtiges Signal: Europa braucht primär jene Ausländer, die Geld hereinbringen, die hier investieren, die einen hohen Bildungsstandard haben, die nicht auf Europas volle Sozialtöpfe schielen.

Das Interesse an reichen Zuwanderern ist keineswegs eine Erfindung Maltas. Genauso kann man in vielen anderen Ländern als Investor relativ leicht den Pass bekommen. Auch außereuropäische Länder wie etwa Kanada haben solche Regelungen. Dort gibt es sogar längst genaue Tarife, wie viel Geld oder welche Ausbildung Ausländer mitbringen müssen. Kanada hat sehr profitiert davon.

Die Nostalgie verbleicht

Die Landesverteidigung als einzige echte Pflicht eines Staatsbürgers – genauer gesagt: jedes jungen männlichen Staatsbürgers – tritt gegen diesen Nutzen immer mehr zurück. Die meisten Staaten haben ja längst Armeen, die nur noch auf dem Papier existieren oder die nach dem alten Prinzip von Söldnerheeren geführt werden: Soldat wird man bloß gegen Geld. Daher ist Wehrpflicht kein wirklich taugliches Argument mehr gegen die Käuflichkeit von Staatsbürgerschaften.

Also ist es im Grund völlig logisch, dass man auch den Pass zu etwas Käuflichem macht. Oder?

Nur noch ein paar Konservative werden sich voll Nostalgie an jene Zeiten zurückerinnern, da das eigene Vaterland, die Identität mit diesem und der Dienst für dieses lebenslang etwas völlig Selbstverständliches gewesen sind. Freilich: Der heutige Zustand der Staaten wie auch der EU lässt diese Nostalgie rasch verbleichen.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Hypo: Also die viertbeste Lösung

27. Januar 2014 12:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Da kann man Michael Spindelegger nur zustimmen: Sein Ziel ist es, die Steuerzahler wegen der Hypo Alpe-Adria möglichst wenig zu belasten, wie er am Montag erklärte. Da bleibt nur die Frage offen: Warum tut er es nicht?

Denn selten ist so klar wie in diesem Fall, was unter lauter schlechten Lösungen die für den österreichischen Steuerzahler relativ beste wäre: Seine bei weitem geringste Belastung brächte ein Konkurs der Hypo, auch wenn ein solcher vor mehr als drei Jahren natürlich noch viel günstiger gewesen wäre. Nur: Einen Konkurs haben die famosen Hypo-Spezialisten Nowotny und Liebscher bei ihrem angeblich ersten offiziellen Bericht an die Bundesregierung gar nicht vorgeschlagen (ja genau, Liebscher ist der, der Studien internationaler Finanzspezialisten zur Hypo gar nicht lesen will, wenn sie Unpassendes sagen. Ja genau, Nowotny ist der, der die Krise für beendet erklärt, wenn es der SPÖ gerade parteistrategisch passt).

Gewiss: So blöd sind die beiden auch nicht, dass sie nicht wüssten, was für den Steuerzahler am besten wäre. Sie haben natürlich vorher genau gefragt, was sie vorschlagen und wollen sollen. Und da wurde ihnen bedeutet, dass ein Konkurs unerwünscht ist.

Ein Konkurs hat nur ein Gegenargument: Er wäre natürlich mit einer tagelangen Aufregung verbunden. Aber wer das Feuer nicht aushält, sollte nicht in die Politik gehen. Schlimm wäre der Konkurs freilich für Bayern und Kärnten, weil dann dort Milliarden-Kredite abzuschreiben beziehungsweise Milliarden-Haftungen schlagend wären. Darauf sollte man aber keine Rücksicht nehmen. Schließlich sind das ja genau die beiden Bundesländer, die schuld sind am Hypo-Debakel.

Ein Hypo-Konkurs würde vor allem für Kärnten mit Sicherheit den eigenen Konkurs bedeuten. Ein Konkurs wäre aber für den österreichischen Steuerzahler das Beste, auch wenn dieser dann – selbstverständlich – den Betrieb in Kärntens Schulen, Krankenhäuser oder Straßendiensten finanzieren müsste. Das Mitleid mit Kärntens Politik hält sich jedenfalls in besonders engen Grenzen, seit dessen Landeshauptmann am frechsten von allen Landeskaisern die Schließung kostenintensiver Polizei-Inspektionen in kleinen Dörfern zugunsten von mehr Polizisten auf der Straße abgelehnt hat. Selbstverständlich müsste auch dafür gezahlt werden, dass in der Wirtschaft kein Gläubiger der Hypo durch einen Dominoeffekt existenzgefährdet wäre. Das wäre aber alles weit billiger als die Vorschläge von Nowotny und Liebscher.

Besonders köstlich: Bundes- und Vizekanzler tun so, als ob sie jetzt erstmals mit der Lage der Hypo konfrontiert worden wären. Und dass sie daher jetzt wieder Monate brauchen werden, um Beschlüsse zu fassen. Das ist natürlich unwahr. Natürlich haben die beiden schon oft das Thema auf dem Tisch gehabt. Nur: Die beiden haben sich dabei halt auch zwischen der zweit- und drittbesten Lösung (unter lauter schlechten Lösungen) nicht entscheiden können.

Die zweitbeste Lösung für den Steuerzahler wäre eine Beteiligung der anderen Banken an einer Bad Bank. Dann würden diese einen Teil des Risikos tragen, was ein wenig günstiger für die Staatsverschuldung wäre. Die Banken hätten auch viel mehr Knowhow beim Eintreiben von Forderungen als die unsägliche Nationalbank oder das ständig wechselnde Hypo-Management.

Nur: Die Kommerzbanken sind halt kein Wurmfortsatz der Regierungsparteien (sonst hätten sie ja die Krise gar nicht überlebt). Das heißt: Sie sind nur dann zum Einsteigen bereit, wenn ihnen die Regierung rechtsverbindlich einen Teil der Steuerlast abnähme, die sie auf den Schultern der Banken aufgehäuft hat und die sie noch weiter vermehren will.Dabei nimmt die Regierung keine Rücksicht darauf, dass sie mit ihren vielfältigen Bankensteuern bald die letzten österreichischen Institute in ausländische Hände getrieben haben wird.

Die ÖVP wäre zumindest für diese zweitbeste Lösung. Die SPÖ hingegen will in ihrem populistischen – und zweifellos auch populären – Hass auf die Banken diesen hingegen keine Garantien geben und zieht daher insgeheim lieber die drittbeste Lösung vor. Das heißt: Alle Schulden und das ganze Risiko, wie viele Wackelforderungen eine Bad Bank überhaupt eintreiben kann, sollen auf den Schultern der Steuerzahler abgeladen werden.

Daher kommt es jetzt zur viertbesten Lösung, wie wir staunend als Ergebnis des Regierungsgipfels vernehmen dürfen: Monatelange wird nun weiterhin keine Entscheidung getroffen. Monatelang wird von uns weiterhin der lebende Leichnam Hypo finanziert werden müssen.

Wir gratulieren (uns).

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Spindelegger wird emotional, Karas bleibt europafanatisch und die SPÖ ruft: Haltet den Dieb

25. Januar 2014 01:27 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Keine Frage: Michael Spindelegger wirkt immer dann etwas besser, wenn er emotionaler wird. Am schlimmsten sind seine Auftritte ja stets dann, wenn er an der Seite seines Koalitionszwillings auf souverän und staatsmännisch zu machen versucht.

Irgendwie begreift der ÖVP-Obmann halt nicht, dass seine Wähler von ihm genau das Gegenteil von Händchenhalten mit der SPÖ erwarten. Sie sind im Gegensatz zur Regierung über vieles, das sich in Österreich und Europa abspielt, extrem besorgt.

Othmar Karas, der von der ÖVP – offenbar mangels besserer Alternativen – als EU-Spitzenkandidat aufgestellt wird, wird das zweifellos besonders zu spüren bekommen. Hauptsächlich wird er aber aus eigenem Verschulden ein Debakel erleiden. Denn seine Europabegeisterung klingt, als ob Karas in den Neunziger Jahren steckengeblieben wäre. Seither scheint er offenbar nichts mitbekommen zu haben: den eiskalten Bruch europäischer Verträge (No Bailout, Maastricht-Kriterien . . .); die hemmungslose Überregulierung durch die EU des 21. Jahrhunderts von den Glühbirnen und Duschköpfen bis hin zu dem gerade mit einer weiteren Richtlinie vorbereiteten endgültigen Gleichheits-Zwang, der die EU endgültig zum totalitären Monster machen wird.

Im Gegenteil. Karas ist bei all dem immer eifriger Mittäter.

Der intelligentere neue Außenminister Kurz hingegen scheint die gewaltig gewachsene EU-Skepsis zu spüren. Er hat jedenfalls im Gegensatz zu Karas schon einige distanzierende Vokabel über die EU gefunden. Ähnliche EU-kritische Töne waren auch schon von Reinhold Lopatka zu hören gewesen.

Aber jetzt ist halt Karas mit seiner undifferenzierten EU-Begeisterung dran. Offenbar hat die ÖVP diese Wahlen schon völlig abgeschrieben.

Der Krieg mit den Bundesländern

Spindelegger selbst hat sich angesichts der hirnarmen Revolte von vier kleineren Bundesländern erstmals ein wenig auf die Beine gestellt und kantigeres Profil gezeigt. Das steht ihm besser als seine sonstige Möchtegern-Souveränität. Er hat da vor allem deshalb Erfolg, weil sich diese Bundesländer-Parteien ja mit besonders absurden Positionen exponiert haben. Diese kommen allesamt bei den Wählern besonders schlecht an (von der Zwangsgesamtschule bis zu Vermögenssteuern), nur bei den linksliberalen Medien.

Während die Bundes-ÖVP in diesen Fragen und damit auch in der Auseinandersetzung mit den aufbegehrenden Bundesländern also gut liegt, ist es ihr „gelungen“, sowohl Wirtschaftsliberale wie auch Konservative frontal zu provozieren. Das aber wird in der ÖVP erstaunlicherweise viel weniger diskutiert. Obwohl es ein geradezu historischer Fehler ist.

Zum einen sind alle wirtschaftlich Denkenden wegen der unfassbaren Ideen tief verärgert, die ausgerechnet Spindelegger selbst in Begutachtung geschickt hat: Das sind neue steuerliche Lasten für Unternehmen und das ist eine deutliche höhere Hürde bei der Neugründung einer GmbH. Niemand kann verstehen, wie das jemand aussenden kann, der mit dem Ruf nach „Entfesselung!“ in die Wahlen gezogen ist. Inzwischen hat sogar der Alt-68er Christoph Leitl mitgekriegt, dass das bei Unternehmern extrem schlecht ankommt. Steuererhöhungen sind in Zeiten besonders unsinnig, wo selbst die sozialistischen Regierungen Europas von Frankreich bis Italien die Unternehmen spürbar zu entlasten begonnen haben.

Aber auch die Konservativen sind sehr zornig auf die ÖVP. Der jüngste Anlass war die völlig unkritische Reaktion zweier VP-Minister auf den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat lesbischen Paaren die künstliche Befruchtung zugebilligt, ohne dabei auch nur eine Sekunde die Interessen der Kinder zu prüfen. Eine sich ihrer Werte bewusste ÖVP hätte zweifellos ein Verfassungsgesetz zumindest vorgeschlagen, das den VfGH überstimmt. Statt dessen geben sich sowohl die neue Familienministerin wie auch der neue Justizminister total begeistert über den VfGH und trotten ihm hinten nach.

Gewiss: Die SPÖ hätte sich sicher auf die Seite der homosexuellen Paare gestellt und dem Verfassungsgesetz nicht zugestimmt. Aber der Versuch wäre der ÖVP gut angestanden. Er wäre ein wichtiges Signal gewesen. In anderen Fragen sind für diese Regierung ja Höchstgerichte auch nicht sakrosankt. Denn gerade in diesen Tagen überstimmt die Koalition parlamentarisch in Sachen Raucher-Nichtraucher ein anderes seltsames Höchstgerichtsurteil. Oder sind in der ÖVP nur noch die (an sich ja total legitimen) Interessen der Kaffeehausbesitzer relevant?

Meint Spindelegger das ernstlich?

Jedenfalls hat die ÖVP sowohl Konservative (ob katholisch oder nicht) wie auch Unternehmer heftig verschreckt. Daran ändert die Tatsache nichts, dass Spindelegger in der Auseinandersetzung mit den Bundesländer-Parteien punkten konnte.

Zweimal hat der ÖVP-Obmann mit seiner „Bundesländer-Rede“ vor dem ÖVP-Klub den Zuhörer aber dennoch verzweifelt auflachen lassen. Das erste Mal passierte das, als Spindelegger die im Eiltempo durchgepeitschten Steuerhöhungen mit dem Argument verteidigte: „Strukturreformen wirken erst später.“ Der Satz ist zwar richtig. Nur: Die Österreicher hören ihn schon seit 30 Jahren. Und nie ist mit wirklichen Strukturreformen begonnen worden. Daher können sie logischerweise auch nie zu wirken beginnen. Auch heute sind keinerlei Strukturreformen begonnen worden. Weder kurzfristige noch langfristige.

Genauso zynisch stimmt Spindeleggers Behauptung, dass so etwas wie die Hypo-Pleite in Österreich nie wieder passieren dürfe. Das hätten wir wohl alle gern, hochverehrter Herr Finanzminister. Nur gibt es auch heute keinerlei Garantie dagegen. Denn der Bund – vom Steuerzahler gar nicht zu reden – weiß auch heute noch nicht, welche Haftungen andere Bundesländer, Gemeinden und ausgegliederte Teile der Verwaltung überhaupt eingegangen sind! So wenig wie der Bund einst die horrenden Haftungen der Kärntner Landesregierung für die Hypo Alpe-Adria gewusst hat. Also kann jederzeit eine weitere Pleite passieren. Die – schwarzen wie roten – Bundesländer verhindern es nämlich weiterhin, dass endlich überall volle Transparenz und moderne Buchhaltungsregeln einkehren.

Die SPÖ und die Folgen ihrer Politik

Zu Spindeleggers Glück muss man freilich derzeit über die SPÖ noch viel mehr lachen. Fordert sie doch allen Ernstes: Wohnen und Bauen muss billiger werden. Ausgerechnet die SPÖ.

So als ob es nicht vor allem das rote Wiener Rathaus gewesen wäre, das durch massive Gebührenerhöhungen die Wohnkosten in die Höhe getrieben hat. So als ob es nicht die Sozialdemokraten wären, die immer besonders heftig die Zuwanderung (und damit den Ansturm auf Wohnraum) gefördert haben. Und so als ob nicht gerade Sozialdemokraten die lautesten Verfechter des – über die Gratisgeldpolitik der EZB organisierten – Raubes an den Sparern wären.

Die Genossen müssen schon sehr naiv sein, wenn sie sich wirklich über die Auswirkungen dieses Raubes auf die Wohnkosten wundern sollten. Es ist doch eigentlich völlig klar, dass nun alle Sparer versuchen, ihr Geld in Wohnungen, Häusern und Grundstücken anzulegen. Was natürlich die Wohnkosten noch mehr in die Höhe treibt. Ich wette jede Summe, dass zumindest diese Ursache der Verteuerung des Wohnens sofort aufhören würde, sobald es für Anlagen wieder Zinsen gibt, die zumindest der Inflation entsprechen.

 

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Rote Freunde

24. Januar 2014 00:42 | Autor: Werner Reichel
Rubrik: Gastkommentar

Vom ORF-Nachrichtensprecher zum SPÖ-Politiker. Keine ungewöhnliche Karriere. Eugen Freund ist nicht der erste Prominente, der vom Staatsfunk in die rote Parteizentrale wechselt. Der personelle Austausch zwischen Küniglberg und Löwelstraße ist seit jeher rege – in beide Richtungen. Eine schlechte alte österreichische Tradition.

Die Liste jener, die für die SPÖ und für den ORF tätig waren und sind, ist lang: Karl Amon, Josef Broukal, Heinrich Keller, Johannes Kunz, Andreas Rudas, Alexander Wrabetz, Gerhard Zeiler oder Helmut Zilk, um nur die bekanntesten Namen zu nennen.

Viele Jahre lang war auch das marode sozialistische Parteiblatt, die Arbeiterzeitung, ideologisches Ausbildungsstätte, Lehrredaktion und Kaderschmiede für den ORF. Von der AZ zum Staatsfunk wechselten etwa Ulrich Brunner, Hans Besenböck, Barbara Coudenhove-Kalergi, Fritz Dittlbacher, Robert Hochner, Franz Kreuzer, Peter Pelinka, Robert Wiesner oder Erich Sokol. Dieser muntere Personalaustausch hatte für den ORF, die SPÖ und nicht zuletzt für den betreffenden Journalisten viele Vorteile. Wer bei der Arbeiterzeitung gegen den Klassenfeind angeschrieben hat, der hat die richtige Gesinnung bereits unter Beweis gestellt. Wer will schon die Katze im Sack kaufen. Die SPÖ konnte und kann so sicher sein, dass die ORF-Berichterstattung stets in ihrem Sinne ist, weil ein Großteil ihrer Leute die ORF-Redaktionen besetzen. Und für die Redakteure hat es sich vor allem finanziell gelohnt.

Eine Win-Win-Win-Situation, außer für die Gebühren- und Steuerzahler. SPÖ und ORF sind eine perfekte Symbiose eingegangen: Linientreue Berichterstattung erfolgt im Tausch gegen Sonderrechte für den ORF und seine Mitarbeiter. Sie verdienen nach wie vor deutlich besser als ihre Kollegen im Privatrundfunk.

Ein „Erfolgsmodell“, das die Geschichte der Zweiten Republik maßgeblich geprägt hat. Die tendenziöse Berichterstattung hatte und hat großen Einfluss auf die Wahlergebnisse und die heimische Parteienlandschaft, zumal die SPÖ dem ORF bis zur Jahrtausendwende die private Rundfunkkonkurrenz erfolgreich vom Hals gehalten hat. In keinem anderen demokratischen Staat gab es so lange ein Rundfunkmonopol. Davon haben beide Seiten profitiert. Dass dieser medienpolitische Zustand menschrechtswidrig war, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 1993 festgestellt hat, hatte weder die SPÖ noch den ORF sonderlich gestört.

Die Zusammenarbeit zwischen ORF und SPÖ lief und läuft wie geschmiert, daran haben auch die privaten Sender nicht viel geändert. Man ist schließlich unter Freunden. SPÖ-Kritisches ist so gut wie nie im ORF zu sehen oder zu hören. Und wenn es doch mal passiert, dann laufen die Telefone zwischen Löwelstraße und Küniglberg heiß. In schlechter Erinnerung ist etwa jener Fall, als 1999 Fritz Dittlbacher auf Zuruf aus der SPÖ-Zentrale einen für Bundeskanzler Viktor Klima unangenehmen Beitrag kürzen lassen haben soll. Der Schere sollen genau jene acht Sekunden zum Opfer gefallen sein, in denen der ORF-Redakteur Jan Klima, den Sohn des Bundeskanzlers, in Zusammenhang mit der Euroteam-Affaire erwähnt hatte.

Solche Schwierigkeiten hat Freund der SPÖ nie bereitet. Er hat immer brav berichtet und nie irgendwelche Anflüge von Objektivität oder Unabhängigkeit gezeigt. Wer jahrelang so treue Dienste leistet, dem verzeiht man auch die immer wieder etwas holprigen Moderationen. Auch im neuen Job agiert Freund alles andere als souverän. Er stolpert von Fettnapf zu Fettnapf. Bisheriger Höhepunkt: Der EU-Spitzenkandidat der SPÖ weiß nicht, was ein heimischer Arbeiter so verdient. Im Profil-Interview schätzt er das durchschnittliche Gehalt auf 3.000 Euro, was um schlappe 1.000 Euro zu viel ist. Seine Unwissenheit versucht Freund durch Überheblichkeit zu kompensieren: „In Amerika werden mit Gesichtern wie meinem Autobusse plakatiert, um für den Fernsehsender zu werben. Sage ich in aller Bescheidenheit.“ Man staunt.

Ebenfalls amüsant und aufschlussreich ist jene Stelle im Profil-Interview, wo Freund so tut, als ob er ORF-Kollegin Barbara Karlich nicht kennen würde: „Wenn die (Sozialdemokraten) nur ein prominentes Fernsehgesicht wollen würden, hätten sie auch die – wie heißt die Burgenländerin, die diese Diskussionen am Nachmittag macht?“ Freund bedient sich dabei einer vor allem in Österreich sehr beliebten Strategie: Man definiert sich und seinen Status in der Gesellschaft nicht darüber was man weiß, liest oder macht, sondern darüber was man nicht weiß, liest oder macht. Das ist viel einfacher und bequemer.

Inhaltlich ist von Freund, außer Standardfloskeln und Worthülsen, bisher nicht viel gekommen. Das verlangt aber auch niemand, zumindest nicht in der SPÖ. Die Sozialdemokraten brauchen Freund ohnehin nur, um die Pensionisten für die EU-Wahl zu mobilisieren. Denn der durchschnittliche ZiB1-Seher hat seinen sechzigsten Geburtstag bereits lange hinter sich. Diese Zielgruppe sitzt noch brav jeden Tag um 19:30 vor dem Fernseher, für sie gehört der etwas steife Freund quasi zur Familie. Das soll sich bei der EU-Wahl für die SPÖ lohnen, so das nicht gerade schwer zu durchschauende Kalkül der roten Parteistrategen. Und es dürfte aufgehen. Laut einer Umfrage im Auftrag des Boulevardblattes Österreich können sich 61 Prozent der Pensionisten vorstellen, ihre Stimme Freund zu geben.

Darum ist es auch gut, dass der Neo-Politiker bisher fast ausschließlich über seinen neuen Job, seine Familie, seine Befindlichkeiten und seine Wohnung plaudert. So kann er weitere Peinlichkeiten vermeiden und sich ein ähnliches Schicksal wie Frank Stronach ersparen. Es ist deshalb auch folgerichtig, dass Spitzenkandidat Freund die SPÖ-Delegationsleitung in Brüssel nicht übernehmen möchte.

Doch Eugen Freund gehört zu einer aussterbenden Spezies. Die Zeiten, als man sein Gesicht nur lange genug in eine ORF-Kamera halten musste, um ein „Star“ zu werden, gehen langsam zu Ende. Der ORF verliert von Jahr zu Jahr Marktanteile an die private Konkurrenz. Auch das Image und die Glaubwürdigkeit sind schon etwas angekratzt. Vor allem bei den Jungen spielen der Staatsfunk im Allgemeinen und seine Informationssendungen im Besonderen praktisch keine Rolle mehr. Die Außenwirkung des ORF nimmt stetig ab. Damit wird er auch für die SPÖ zusehends unwichtiger und problematischer.

Die Jungen können via Staatsfunk nicht mehr erreicht und beeinflusst werden. Die SPÖ-Wahlergebnisse in dieser Zielgruppe zeigen deutlich, dass die Sozialdemokraten bisher noch keine funktionierende Alternative zu ihrem staatlichen Propagandainstrument gefunden haben. Auch für die Staatsfunker ist die Lage nicht einfach. Die symbiotische Beziehung zwischen ORF und SPÖ droht dank stetig sinkender Quoten in eine parasitäre zu kippen. Wenn der ineffiziente und teure ORF immer weniger Bürger (sprich Wähler) erreicht, dann wird er auch für die SPÖ zunehmend zur Belastung. Schließlich sind die hohen Rundfunkgebühren in der Bevölkerung nicht gerade populär. Der Erfolg von Eugen Freund bei der EU-Wahl ist deshalb auch für den ORF nicht ganz unwichtig.

Von Werner Reichel ist 2012 das Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute“ im Deutschen Wissenschafts-Verlag erschienen.

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Bitte liebes Ausland, nimm uns auch noch die letzten Banken ab

21. Januar 2014 01:28 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Banken sind so wie Energie-Unternehmen und Medien: Bei ihnen tut es einem Land viel mehr weh als in jeder anderen Branche, wenn das Eigentum ins Ausland wechselt. In diesen drei Branchen hat die Nationalität des Eigentums eine viel größere Bedeutung und mehr Folgewirkungen als in allen anderen. Auch wenn gewiss kein Ausländer diskriminiert werden darf und soll, macht es Sorge, wenn bei fast allen österreichischen Banken die Eigentumsrechte im Eilschritt ins Ausland gehen – und zwar nicht, weil irgendein Eigentümer aus besonderer Gier seine Aktien versilbert, sondern einzig wegen der konzentrierten Dummheit der Politik. Und wegen des ideologischem Hasses von Rot (und auch Blau) gegen alle Banken, obwohl diese das Herz jeder funktionierenden Wirtschaft sind.

Man erinnere sich: Creditanstalt, Länderbank, Zentralsparkasse, Bank Burgenland, Bawag, PSK. Das waren einst durchwegs und zur Gänze österreichische Banken. Sie haben das Land total beherrscht. Sie sind aber seither alle durch Politiker ganz oder teilweise gegen die Wand gefahren worden. Sie existieren heute großteils nicht einmal mehr unter ihrem alten Namen. Sie sind heute (ebenso wie andere kleinere Banken) in ausländischer Hand.

Keines der Nachfolgeinstitute ist heute noch österreichisch. Geschweige denn dass es so handeln würde. Auch die Bank Austria trotz des noch stolzen Namens nicht; sie wurde vom Wiener Rathaus an ein bayrisches Institut verkauft, und ging dann mit diesem wie auf dem Sklavenmarkt weiter an ein italienisches. Das Schicksal der Bank Austria ist schon weit enger mit dem Schicksal Italiens als mit dem Österreichs verbunden.

Da würde man denken, dass Österreich wenigstens die beiden letzten noch als österreichisch geltende Großbanken wie auch einige mittelgroßen Institute jetzt besonders pfleglich behandelt. Aber ganz im Gegenteil. Beim Raiffeisen-Spitzeninstitut ebenso wie bei der Erste Bank samt allen Sparkassen zerrinnt als Folge mehrerer politischer Maßnahmen der Aktienanteil des österreichischen Kernaktionärs wie der Inhalt einer Sanduhr. Mit offenbar unabwendbarer Stetigkeit. Da wie dort muss der einst sichere Großaktionär notgedrungen immer mehr Aktien verkaufen, um das Überleben zu sichern. Dabei waren das alles einmal rein österreichische Institute.

Es scheint bei beiden Großbanken nur noch eine Frage der Zeit zu sein: Dann werden Investoren im Ausland ihren gierigen Blick auf ein Institut oder beide werfen. Bei den Aktien im Streubesitz können sie sich ja ziemlich problemlos schrittweise bedienen, bis sie das Sagen haben. So ähnlich, wie es gerade jetzt ein Mexikaner mit Erfolg bei der Telekom Austria getan hat. Oder wie es die Lufthansa vor ein paar Jahren bei der AUA getan hat. Längst sind die Zeiten vorbei, wo – beispielsweise – die oberösterreichische Raiffeisen-Landesbank bei der Voest als Käufer entscheidender Aktienpakete einspringen konnte. Längst haben praktisch alle österreichischen Institute die für solche Aktionen nötige Luft verloren.

Dennoch hetzen Politik – Rotgrün an der Spitze –, Gewerkschaften und Freiheitliche ständig weiter gegen die Banken. Aber auch die ÖVP begreift deren Bedeutung nicht. Bankenhetze ist zwar populär, hat aber keinerlei ökonomisch nützliche Perspektive oder Strategie. Geschweige denn ein nationales Interesse. Kursgewinnsteuer, Bankensteuer, Transaktionssteuer, und ständig würgender werdende Regulierungen: All das wird öffentlich bejubelt, führt aber eben dazu, dass immer mehr Aktien verkauft werden müssen, damit diese Banken überleben können.

Während die Banken von der Politik unter Beifall von den Rängen ausgepresst werden wie eine Zitrone, war die Republik so blöd, sich die – teils durch Kärntner, teils durch bayrisches Verschulden total kaputte und schuldenschwere – Hypo Alpe-Adria andrehen zu lassen. Um diesen katastrophalen Fehler der Politik mit zu finanzieren, werden jetzt die anderen Banken besonders heftig ausgepresst. Diese haben dadurch noch weniger Österreichisch-bleib-Perspektive als früher (den großen Rest der Hypo-Fehlentscheidungen müssen wie immer die übrigen Steuerzahler brennen).

Dennoch wird weiterhin nicht gewagt, die Hypo endlich in Konkurs zu schicken, obwohl das Österreich viele Milliarden ersparen würde (weil dann ja auch Bayern sein in der Hypo steckendes Geld verliert). Aber offenbar fürchtet die Koalition, dass sie damit ihre vielen Hypo-Fehler eingestehen würde. Sie verschleppt daher den Konkurs weiter. Und sie ist nicht einmal bereit, den Banken eine Milderung der vielfältigen Folter anzubieten, damit ihr diese bei der Hypo vielleicht beistehen. Warum auch? Diese Regierung hat ja ohnedies die Steuerzahler als Geiseln. Und wer braucht schon österreichische Banken?

PS: Der ungarische Ministerpräsident Orban will offensichtlich alle im Land tätigen Banken – EU hin, EU her – wieder ins nationale Eigentum bringen. Ebenso übt die tschechische Notenbank üblen nationalen Druck auf Banken aus. Ebenso ist das Handeln der britischen Regierung in der EU stets vom Interesse der nationalen Banken geprägt. Umso schwerer verständlich ist, wie gezielt die offenbar nur von Ressentiments geprägte österreichische Bankenpolitik die noch vorhandenen Geldinstitute gezielt aus dem Land vertreibt.

 

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FN 564: Die imaginäre Deflation und die harten Fakten

21. Januar 2014 00:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Deflation droht, also ein Sinken aller Preise. Daher müssen die Zinsen leider gleich Null bleiben, trommeln nationale und europäische Zentralbanker.

Dabei beträgt in Österreich die offizielle Inflationsrate trotz Rückgangs noch immer zwei Prozent. Und die gefühlte (vor allem Lebensmittel und Energie) ist noch viel größer. Jetzt hat die österreichische Nationalbank eine überhaupt unglaubliche Zahl von amtswegen zugeben müssen: Von 2007 bis Mitte 2013 sind die Immobilienpreise um nicht weniger als 39 Prozent gestiegen, in Wien sogar um 80. In Worten: Achtzig. Aber all das bereitet der Nationalbank dennoch „keine Sorge“, wie sie sagt. Na super. Den Menschen, die eine Wohnung suchen, bereitet das nämlich sehr wohl große Sorge. Dennoch denkt die EZB nicht daran, den Sparern wieder Zinsen zu zahlen. Es ist auch klar warum: Höhere Zinsen müssten vor allem die völlig überschuldeten Staaten zahlen, die dann endgültig kollabieren würden. Daher halten die Parteigenossen der Regierungspolitiker in den Zentralbanken einfach weiterhin die Euro-Druckmaschinen in Gang. Tag und Nacht. Zum Nulltarif (für die ausgabensüchtigen Staaten). Als Raubzug (auf die Sparer, die sich nicht an Stelle des Sparbuchs ein Grundstück gekauft haben).

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Das Privateigentum ist abgeschafft

19. Januar 2014 00:45 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Fast alle Indikatoren für die Wirtschaft deuten nach oben. Ist die Krise nach sechs Jahren also nun wirklich zu Ende, wie etwa der Nationalbankpräsident verkündet? Oder befinden wir uns, wie viele andere meinen, bloß im Auge des Sturms, in dem es kurzfristig besonders ruhig ist, bevor es erst richtig wieder losgeht? Da niemand die Zukunft wirklich kennt, klammern wir uns an die Aussagen der Optimisten (alles andere würde uns ja ohnedies depressiv machen). Aber dennoch darf man einige jetzt schon feststehende Fakten nicht verdrängen. Dazu gehört vor allem die Tatsache, wer eigentlich die Krise bezahlt.

Das sind ganz eindeutig nicht die Griechen, Italiener oder Portugiesen. Auch wenn uns rührselige Medienreportagen das weismachen wollen. Deren Einkommen sind zwar gesunken – aber nur um einen Teil jener Prozentsätze, um die sie im ersten Jahrzehnt weit über die deutsche Entwicklung hinaus er- und damit überhöht worden sind. Daher ist auch ein leichtes Zurücksinken der Preise in jenen Ländern noch alles andere als eine Deflation. Noch immer fährt man ja keineswegs so wie in Vor-Euro-Zeiten zum billigen Einkaufen nach Italien und Umgebung (sondern wegen Landschaft, Klima, historischen Attraktionen, gutem Essen oder netten Menschen).

Die Krise hat jemand ganz anderer bezahlt. Und bezahlt sie jeden Tag weiter. Das sind die Sparer. Das sind jene Menschen, die sich mit den Erträgnissen ihres Arbeitslebens ein komfortables Alter erarbeiten wollten. Deren Beraubung findet freilich kaum in rührseligen Medienreportagen Niederschlag.

Umso präziser hat sie Paul Kirchhof, der große deutsche Ökonom und Jurist, beim Namen genannt: „Eine Kernidee des Privateigentums ist abgeschafft.“ Kirchhof zeigt, dass das Rechtssystem instabil geworden ist. „Ein Fundament des Vertrauens ist zerstört.“ Einst war jedem Bürger als Grundrecht garantiert, dass ihm sein Finanzkapital jährlich einen Ertrag bringe. „Dieses Versprechen wird nicht mehr erfüllt.“ Kirchhof arbeitet vor allem eine Ursache dieser Enteignung heraus: Die EZB-Zinspolitik.

Dazu kommen die vielen Abgabenerhöhungen in Ländern wie Österreich. Dazu kommen die Raubzüge auf die Banken durch Transaktions- oder Bankensteuern. Dazu kommen die Attacken auf Anleger und Börsen wie etwa durch die Ausweitung der Kursgewinnsteuern.

Die Politik glaubt, solcherart die Krise widerstandslos zu überstehen. Der Raubzug durch steigende Steuern und die jährliche Entwertung von Sparanlagen geschieht heimlich und ohne Paukenschlag. Dieses Prinzip zieht sich derzeit durch die gesamte Wirtschaftspolitik. So wird ja auch bei der Hypo-Alpe-Adria anstelle der notwendigen Insolvenz, die den Österreichern viele Milliarden ersparen würde (insbesondere zu Lasten Bayerns), eine auf Jahrzehnte gehende Mega-Belastung der Österreicher vorgezogen.

Nur kein Paukenschlag! Dafür trifft es voll die Sparer und Steuerzahler.

 Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Schläfer der SPÖ

17. Januar 2014 02:40 | Autor: Lutz Nowotny
Rubrik: Gastkommentar

Die Positionierung eines Sprechers im ORF kann strategischer Natur sein. Die Partei benötigt den Schläfer nicht aktuell, sondern erst bei einer entsprechenden Konstellation.

Immer erfolgt der Einsatz auf speziellen Befehl. Wer aber war es?

© LUTZ Cartoons

Der zweimalige Staatspreisträger für Werbung & Marketing verpackt nun, nach 35 Jahren Kampagnenshooting, seine Botschaften in Cartoons. Gezeichneter Humor als treffende Antwort und listige Notwehr dem Alltag gegenüber. „Für mich auch Hilfe um halbwegs unversehrt an Gemüt und Seele durch Bad News zu kommen“ meint er dazu. Als Golfer, Jäger und Gourmet entstehen aber auch witzige Cartoons für diese Zielgruppen. Nach ihren Wünschen lässt Lutz Nowotny Bilder mit Pointen, auch als Geschenke, entstehen.

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FN 561: Hurra wir sind reicher!

17. Januar 2014 02:40 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Und so simpel geht das! Danke EU! Eigentlich ist nur schade, dass wir da nicht früher draufgekommen sind.

Die EU hat einfach die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts geändert. Dadurch werden alle EU-Staaten im Schnitt mit einem Schlag um immerhin 2,4 Prozent reicher. Das ist eine Wohlstandsvermehrung, die sonst Jahre dauern würde. Diese Vermehrung wird mit Sicherheit von der Politik künftig oft herangezogen werden, um zu beweisen, wie es uns doch (natürlich: dank der Politik) besser ginge. Wie das geht? Nun, die EU berechnet plötzlich sämtliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung als Investition. Selbst wenn sie nie auch nur einen Euro Ertrag bringen. Und noch schöner: Auch Rüstungsausgaben gelten neuerdings als Investitionen. Wer hätte das gedacht! Die EU macht‘s möglich. Champagner! Feiern!

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Die EU, die Kyoto-Ziele und die langsame Rückkehr der Vernunft

16. Januar 2014 02:35 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nach dem französischen Abrücken vom Sozialismus scheint Europa gleich auch noch in einer anderen Frage vor einem historischen Wandel zu stehen: Nach deutschen Zeitungsberichten will die EU auf die verbindliche Festlegung von Klimazielen verzichten. Das ist eine Sensation – wäre aber total logisch: Das Vorzugsschülergehabe der EU bei den sogenannten Kyoto-Zielen hat zu schweren Schaden für Europas Industrie geführt. Die durch die Kyoto-Politik der EU vertriebenen Jobs sind in den USA und Asien wiedererstanden. Während ein CO2-Alleingang Europas auf Grund seiner Größe jedenfalls irrelevant ist – selbst wenn die Klimapaniker recht hätten.

Natürlich wird diese EU-Wende jetzt wilde Proteste der vielen Profiteure von Sonnen- und Windenergie auslösen. Und erst recht bei den ihnen vorgelagerten Gutmensch-NGOs. Milliarden an staatlich garantierten Dauerrenditen gibt man nicht kampflos auf.

Kommissionspräsident Barroso plant offenbar, dass es ab 2020 für die einzelnen EU-Länder keine verbindlichen Vorgaben mehr in Hinblick auf die Quellen ihrer Energieproduktion geben soll. Diese sogenannten Kyoto-Ziele sind ja von der EU in der Illusion verpflichtend festgelegt worden, dass Europa damit der anderen Welt ein leuchtendes Vorbild gibt. Die andere Welt hat sich aber nur –  geschlossen – des leuchtenden Profits erfreut, den die Selbstfesselung Europas ihnen verschafft hat. Die Energiepreise sind weltweit auseinandergelaufen - da hinauf, dort hinunter - und haben damit zur Abwanderung vieler Produktionen aus Europa geführt.

Zwar will Barroso am europaweiten Ziel von 27 Prozent „erneuerbarer“ Energieformen nach 2020 festhalten. Aber der Zwang auf die einzelnen Länder soll wegfallen. Womit auch das Ziel eher ein rhetorisches bleiben dürfte.

2007 war ja noch auf dem (in vielerlei Hinsicht) grünen Tisch die 20–20–20–Formel beschlossen worden. Damit hatte die EU gemeint, den Energieverbrauch per Dekret um 20 Prozent effizienter machen zu können (was zu solchen Schwachsinnigkeiten wie dem Glühbirnenverbot geführt hat), die Treibhausgase um 20 Prozent zu reduzieren und den Anteil von Wind- und Sonnenenergie um 20 Prozent zu erhöhen. Und zwar jeweils in Hinblick auf den Stand von 1990.

Solche plakativen Formeln lassen sich zwar bei Politikern und Journalisten gut verkaufen. Die weltweite Konkurrenz der europäischen Unternehmen hat das aber ganz anders gesehen – oder vielmehr ignoriert.

Die EU-Kommission scheint nun zunehmend einzusehen, dass das Projekt weitgehend sinnlos war. Nicht nur weil die internationale Bereitschaft zum Mittun total gefehlt hat. Sondern auch, weil Europa nur in zwei Bereichen diesem Ziel nähergekommen ist: Erstens dort, wo nach der Wende in Osteuropa total veraltete und daher auch schmutzige Fabriken durch saubere ersetzt worden sind (was ganz unabhängig von den Kyoto-Zielen genauso passiert wäre).

Und zweitens während der Rezession: Als Europas Wirtschaft echt geschrumpft ist, ist auch der CO2-Ausstoß geschrumpft. Aber es hat sich gezeigt, dass eine Rezession höchstens bei grünen Kernwählern Popularität genießt, die ja immer schon gegen das Wachstum waren. Die mit Rezessionen verbundene Arbeitslosigkeit und der Wohlstandsverlust haben sonst aber erstaunlich wenig Begeisterung ausgelöst.

Zugleich machen einige Länder wie Großbritannien und Polen ordentlich Druck, dass sich die EU vom grünen Utopismus verabschiedet. Auch Frankreich will lieber auf Atomkraftwerke statt auf Windmühlen setzen.

Die EU setzt ihre Abkehr vom Utopismus noch in einem anderen Zusammenhang fort: Sie will auch die sogenannte Fracking-Methode leichter ermöglichen. Diese Öl- und Gas-Abbaumethode ist ja als Folge der gestiegenen Energiepreise in den USA sehr erfolgreich und hat dort zum Wiederaufstieg des Landes geführt. In Österreich freilich sind die schwarzen, roten, blauen, pinken und grünen Grünen vehement dagegen. Sie sind nämlich überzeugt, dass der Strom aus der Steckdose, die Tankfüllung aus der Tankstelle und die Jobs vom Staat kommen. Sie alle sehen in dem – international seit Jahrzehnten problemlos eingesetzten – Fracking gewaltige Bedrohungen.

Die österreichischen Grünen aller Lager werden diese Überzeugung wohl auch noch eine Zeitlang beibehalten. Sie werden das zumindest solange können, als noch jemand Österreich Geld borgt. Was derzeit ja durchaus der Fall ist, trotz ständig steigender Verschuldung.

Aber nicht nur Österreich ist noch voller Begeisterung auf dem Utopieweg. Auch das EU-Parlament liebt ihn. Daher stehen Europa noch sehr spannende Debatten bevor. Daher weiß noch niemand, ob die Vernunft wirklich dauerhaft zurückkommt.

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Jubel für ganz Europa: Frankreich erwacht

15. Januar 2014 02:30 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist eindrucksvoll: Nach Italien haben nun auch in Frankreich die Sozialisten erkannt, dass linke Sprüche nur in noch mehr Sackgassen führen. Präsident Francois Hollande ist über Nacht auf eine klare und liberale Wirtschaftspolitik gewechselt. Man staunt.

Der französische Präsident hat die Periode sozialistischer Rhetorik (die einst der SPÖ so gut gefallen hat) und wahnwitziger linker Steuererhöhungsideen hinter sich gelassen. Er hat erkannt, was die einzige Strategie ist, um ein darniederliegendes Land wieder aufzurichten: eine Politik für Wirtschaft und Unternehmer. Nachdem diese in den letzten beiden Jahren nur beschimpft und noch mehr niederreguliert worden sind, hat Hollande jetzt den Kurs um 180 Grad gewendet.

Er verspricht der Wirtschaft 30 Milliarden an Steuererleichterungen und etliche gesetzliche Fördermaßnahmen. Zugleich will er massiv sparen. Noch spannender: Er prangert in seinem großen Neujahrsauftritt „Exzesse" und „Missbrauch" in den sozialen Sicherungssystemen an.

Vor allem der letzte Punkt war ja in der Verdrängungswelt der europäischen Sozialisten bisher ein absolutes Tabu. Und jetzt schließt sich ausgerechnet Hollande der auch vom britischen Premier Cameron vorangetragenen Kritik am Sozialmissbrauch an.

Ähnliche Vorschläge wie Hollande haben in den letzten Tagen auch die italienischen Sozialisten gemacht. Beide Male ist man lebhaft an die Agenda 2010 erinnert worden, mit welcher der deutsche Sozialdemokrat Gerhard Schröder (in Absprache mit Angela Merkel) im letzten Jahrzehnt tiefe Einschnitte ins Wohlfahrtssystem gewagt hat. Das hat Deutschland aus einer fast genauso schlimmen Not, wie sie jetzt die Südeuropäer plagt, heraus an die Spitze Europas katapultiert. Man könnte aber auch an Margaret Thatcher denken, die ein völlig kaputtes Großbritannien saniert hat, und an Tony Blair, der ihre Leistung eindrucksvoll fortgesetzt hat. Natürlich gibt es für solche Leistungen nie den Dank der sogenannten Intellektuellen. Diese träumen lieber von linken Phrasen. Aber diese Reformen sind absolut lebenswichtig.

Natürlich: Das sind erst Ankündigungen. Da könnten noch genug Pferdefüße damit verbunden sein, welche die 30 Milliarden und die sonstigen Ankündigungen wirkungslos machen. Vor allem muss Hollande noch viel präziser und genauer definieren, wie und wo überall der Sozialmissbrauch reduziert werden soll. Gewerkschaften, harte Linke und verträumte Gutmenschen werden jedenfalls erst einmal fürchterlich aufheulen und demonstrieren.

Es wird aber – hoffentlich – nichts nutzen. Hoffentlich hat Hollande jetzt wirklich erkannt, dass er all das jetzt Versprochene auch wirklich voll umsetzen muss, damit das Land zumindest eine kleine Chance bekommt, einem Crash zu entgehen. Wenn er jetzt hingegen nicht konsequent bleibt, sind er und Frankreich endgültig verloren.

Es ist jedenfalls die erfreulichste Nachricht seit Jahren aus Frankreich. Mit wem hingegen Monsieur Hollande seine Nächte verbringt, sollte auch künftig seine Privatangelegenheit bleiben (und die der betroffenen Frauen). Wichtig ist nur, dass er tagsüber die eigenen Worte ernst nimmt: „Es gibt keine Zeit zu verlieren“.

Was aber tut zur gleichen Zeit die österreichische Regierung? Sie schickt ein umfangreiches Steuererhöhungspaket aus, das hierzulande vor allem die unternehmerische Initiative reduzieren wird. Wer hätte das gedacht, dass man einmal den Herrn Faymann und Spindelegger sogar Francois Hollande als positives Vorbild vorhalten muss. Aber Faymann versteht sich halt noch immer als verlängerter Arm der Gewerkschaft. Was ihm zwar innerparteilich Ruhe verschafft, aber Österreich enorm schadet. Und der offizielle Vertreter der österreichischen Wirtschaft kümmert sich lieber um die Zerschlagung eines guten Schulsystems durch linken Gesamtschulzwang als um die österreichischen Unternehmer. Sein Parteichef spricht von Entfesselung und macht das Gegenteil.

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Warum BIC und IBAN verschoben werden

15. Januar 2014 00:10 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Niemand hat sich über die – zumindest anfängliche – Verkomplizierung von Banküberweisungen gefreut. Werden doch ohnedies alle Transaktionen ständig kompliziert. Aber dennoch ist es mehr als seltsam, wenn IBAN und BIC-Pflichten nun drei Wochen vor ihrer lange fixiert gewesenen Einführung plötzlich um sechs Monate verschoben werden. Als ob das am Prinzip irgendetwas ändern würde.

Scheinbar einziger Anlass: Viele Europäer sind mit dem Wechsel auf IBAN noch säumig – aber sie agieren völlig korrekt. Sind doch bis zum Stichtag problemlos IBAN-lose Überweisungen möglich. Daher erspart man sich bis dahin die elendslangen IBAN- (und fürs Ausland zusätzlich verlangten BIC-)Eingaben. Da uns eingetrichtert worden ist, wie günstig für uns alle der einheitliche europäische Zahlungsraum sei, wie sicher und leicht dann internationale Zahlungen wären, hat sich der brave Österreicher aber nicht sehr aufgeregt und sich vorbereitet. Viele Investitionen sind genau auf den Stichtag 1. Februar hin programmiert worden. Wenn wenigstens halbwegs ein Sinn hinter dem Tun der Politik erkennbar ist (was freilich immer seltener der Fall ist), dann beugt man sich ihr eh.

Warum dann jetzt die Verschiebung? Das wahre Motiv ist ganz eindeutig klar: Es ist ein parteipolitisches. Die beiden großen Parteiblöcke, die Europa noch dominieren, wollen vor der EU-Wahl keinen Wirbel haben. Einen solchen wird aber vor allem in Südeuropa die IBAN-Einführung jedenfalls auslösen. Deswegen will die Kommission die Pflicht einfach verschieben. Was freilich nichts ändert: Denn auch in einem halben Jahr wird es mancherorts genauso einen Wirbel geben. Niemand agiert freiwillig komplizierter, solange er nicht muss.

Mit diesem plötzlichen Rückzug hat sich die Union noch mehr als opportunistischer und in vielem nicht mehr ernstzunehmender Haufen entpuppt. Denn immer wieder beschließt man zuerst etwas ganz Ernstes, aber am Ende gilt es dann eh nicht. Das ist genau das, was einst nur als südeuropäische Krankheit gegolten hat, was aber jetzt zu einer europäischen geworden ist.

Das sehen wir bei immer mehr europäischen Regelungen. Daher wird auch kaum eine überhaupt noch ernst genommen. IBAN wird verschoben; das Bailout-Verbot gilt doch nicht; die alten Glühbirnen gibt es in bestimmten Geschäften weiterhin; die verbotene Schuldenpolitik geht überall weiter; die Maastricht-Kriterien sind eh nur ein Schmäh. Undundund. Und jetzt will halt nach so vielen südeuropäischen Schmähs auch schon Deutschland einen solchen versuchen und eine glatt EU-widrige Maut einführen, die alle Ausländer, aber nicht die Deutschen treffen soll.

Es ist traurig, wie sich das einst so stolze, und für den eigentlichen Binnenmarkt auch nach wie vor nützliche EU-Projekt selbst demontiert.

PS: Besonders grotesk: Jetzt ist nicht einmal der Rückzug fix. Jetzt wollen manche doch wieder einen Rückzug vom Rückzug . . .

 

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Diese Welt lässt mich staunen oder: Der Kampf der Freiheit gegen die Zwängler

14. Januar 2014 01:32 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Vieles in dieser Welt bringt mich ins Staunen: der neue Mut der BBC wider die bisher ihre eigene Politische Korrektheit; das Verhältnis von katholischen Bischöfen zu kapitalistischen Insolvenzen; die Selbstauflösung von einst übermächtigen Parteien; die Erprobung neuer Erfindungen in der Schweiz, noch bevor diese zur allgemeinen Pflicht gemacht werden (ja, das ist dort erlaubt); die totalitären Attitüden schwarzer und grüner Landespolitiker; die Androhung einer dreijährigen Haft in Polen für Bagatelldelikte; das Desinteresse der jungen Österreicher am Gender-Schwachsinn der alten Frauen; das Verhältnis der Thais zur Demokratie; die Hartnäckigkeit der schwulen und lesbischen Lobbys. Eigentlich schön, wenn man so viel findet, über das man noch staunen kann.

Mehr als erstaunlich ist der leitende BBC-Redakteur Nick Robinson: Er gibt zu, dass die BBC vor und nach der Jahrtausendwende „fürchterliche Fehler“ bei ihren Berichten über Immigration gemacht hat. Die Berichte seien einseitig gewesen und haben die Sorgen der Zuschauer in Hinblick auf Einwanderer nicht ernst genommen. Die BBC habe nämlich geglaubt, dass eine offene Debatte über dieses Thema „einige schlimme Seiten der britischen Öffentlichkeit von der Leine lassen“ würden. Auch eine offizielle Untersuchung des „BBC-Trust“ hat ergeben, dass die BBC bei diesem Thema eine schwere Schlagseite hatte. Diese Selbstkritik ist nicht nur richtig, sondern auch toll und eindrucksvoll. Der Mut hängt zweifellos mit der tiefverwurzelten Fairness der Briten zusammen wie auch mit der Erkenntnis, dass Medien primär objektiv zu sein haben und nicht manipulative Volkserzieher. Und damit, dass Medien nur dann Seher und Leser haben, wenn sie nicht ständig gegen deren Interessen schreiben. Vom ORF und den anderen österreichischen Medien hingegen werden wir solche Selbstkritik wohl nie erleben. Die verlieren lieber den letzten Seher und Leser. Und der ORF-Chefredakteur tritt lieber eitel in Filmchen mit drittklassigen Schauspielern auf, als einmal ehrliche Selbstkritik zu versuchen.

Mehr als erstaunlich ist die Insolvenz des katholischen deutschen Weltbild-Verlags. Die verantwortlichen Bischöfe haben zu Recht argumentiert, dass sie den Kirchenbeitragszahlern nicht 160 Millionen als weiteren Zuschuss für die zeitweilige Rettung des Verlags abknöpfen wollen. Ganz anders klingen freilich ihre Worte, wenn es privatwirtschaftliche Eigentümer sind, die eine Insolvenz anmelden müssen. Dann schließen sich Kirchenmänner immer ungeprüft als erste der Polemik der Gewerkschaften gegen die insolvent gewordenen Unternehmer an. Die Gewerkschaften behaupten immer automatisch, dass die Eigentümer schuld an der Insolvenz seien, weil sie früher mit ihrem Unternehmen gut verdient hätten. Dasselbe sagen sie jetzt zum Weltbild-Verlag. Auch hier, egal obs stimmt oder nicht. Aber kein Bischof plappert diesmal die Gewerkschaftsworte nach. Warum nur?

Mehr als erstaunlich ist die totale Selbstauflösung einer noch vor kurzem großen europäischen Partei. Die HZDS, die unter Vladimir Meciar die Slowakei jahrelang regiert und dabei auch die Loslösung von Tschechien beschlossen hat, gibt es nicht mehr. Vielleicht sollten sich auch manche österreichische Parteien ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst werden.

Mehr als erstaunlich sind die Ergebnisse der ersten echten Einsatzstudie von Smartmeters, mit denen die EU sämtliche Haushalte zwangsbeglücken will. In der Schweiz hat man diese nämlich zuerst(!) im Einsatz getestet, noch bevor man über ihren Einsatz entschieden hat. Das ist ja eine für die EU eher unbekannte Vorgangsweise. Dabei haben die Schweizer entdeckt, dass Smartmeter nur dann Stromeinsparungen bringen (und selbst die sind nur minimal), wenn jeder Haushalt rund um die Uhr den jeweiligen Strompreis beobachtet. Bei günstigen Preisen sollten also rasch Waschmaschine und Geschirrspüler eingeschaltet werden. Bei taglangem Nebel und Windstille jedoch nie. Was ziemlich absurd ist. Es gibt aber keinen Zweifel: Die Zwangsneurotiker in der EU werden solche Fakten weiter ignorieren.

Mehr als erstaunlich sind die Worte schwarzer Tiroler Landespolitiker zum Thema Gesamtschule. Auch sie träumen von einer Zwangsgesellschaft, in der die weise Obrigkeit alles anordnen kann, was die Menschen zu tun haben. Sowohl der Gendarm als Landeshauptmann wie auch seine Schullandesrätin ärgern sich daher über die „gesetzlichen Rahmenbedingungen“, die einer echten Gesamtschule im Weg stünden. Diese störenden Rahmenbedingungen bestehen freilich einzig und allein darin, dass Eltern, Schüler und Lehrer zustimmen müssen, wenn Gesamtschulen eingeführt werden. Da sind die Tiroler Landesherren und -frauen natürlich strikt dagegen. Demokratie, Entscheidungsfreiheit, Mitbestimmung? Wer braucht denn so etwas! Wichtiger ist, zweieinhalb Artikel in lokalen Zeitungen zu ergattern, wo ein paar Grünjournalisten für die Zwangsschule agitieren.

Mehr als erstaunlich sind die Vorgänge in Thailand. Dort wird wochenlang demonstriert, damit es – keine Wahlen gibt. Weg mit der Demokratie, wenn die Falschen gewinnen könnten.

Mehr als erstaunlich ist die Anklage, die jetzt in Polen einen ehemaligen Transportminister mit drei Jahren Haft bedroht. Er habe falsche Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht. Sein ganzes Delikt: Er hat vergessen, eine 4000 Euro teure Armbanduhr zu melden. Irgendwann verliert man das Verständnis, wenn die Korruptionsjäger so total übers Ziel schießen. Und weit Schlimmeres ignorieren. Angedrohte Strafen sollten zumindest halbwegs in Relation zum Delikt stehen. Sonst geht dem Rechtsstaat jede Legitimität verloren.

Mehr als erstaunlich war vor ein paar Tagen der „Schüler-Standard“: Gleich in zwei Kolumnen haben sich dort junge Autoren über die zwangsweise verordnete Sprach-Genderei lustig gemacht. Trotz Aufforderung fand sich laut der Zeitung niemand, der die Gegenposition vertreten würde. Das könnte wohl beim alten Standard nicht passieren. Das schafft aber die Gewissheit, dass mit dem Noch-Älterwerden der ohnedies schon alten Genderfrauen rund um Barbara Prammer, Eva Kreisky und Maria Rauch-Kallat diese Lächerlichkeiten wieder verschwinden werden (nur die Schulen, Unis und Bundeshymne werden halt noch ein paar Jahrzehnte nachhinken, weil ja dort das Gendern zwangsweise verordnet ist. Von der ach so klugen Obrigkeit und der Prammer-Rauch-Generation).

Mehr als erstaunlich ist, dass Europas Linke jetzt schon zum dritten Mal binnen weniger Wochen versucht, im EU-Parlament eine Resolution durchzubringen, um Lesben, Schwule & Co in eine privilegierte Situation zu bringen. Sie will Schwulen-Ehen europaweit durchsetzen (obwohl viele Länder sie ablehnen). Sie will schwule Meinungen und Versammlungen privilegieren. Diese sollen eine weit über den Schutz sonstiger Meinungen und Versammlungen hinausgehende Sonderstellung bekommen. Was alle Andersdenkenden früher oder später ins Gefängnis bringt.

Mehr als erstaunlich ist die Wortwahl von Grüninnen, wenn sie wie in Sachen Mariahilfer-Straßen-Abstimmung mit dem Rücken zur Wand stehen. Da verwendet die Frau Vassilakou für ihre Gegner das Wort „verlogen“ – und hat die Frechheit, zugleich die 850.000 Euro Steuergeld für ihre einseitige Pro-Autoverbots-Propaganda auch noch als Kosten der „direkten Demokratie“ zu rechtfertigen. Wer ist denn da wirklich verlogen, Frau Vassilakou?

Mehr als erstaunlich agieren auch die Vereinigten Staaten, wenn sie jetzt eine Friedenskonferenz für Syrien organisieren. Alle möglichen Nachbarn und Gruppen dürfen und sollen daran teilnehmen – nur der mächtig und mit Waffen und Soldaten in Syrien mitmischende Iran nicht. Das wird mit tausendprozentiger Gewissheit die ohnedies winzigen Chancen dieser Friedenskonferenz zerschlagen.

Mehr als erstaunlich ist es, dass sich der Weizenpreis dramatisch verändert, aber niemand Spekulanten und Banken attackiert. Freilich: Der Preis steigt nicht, sondern sinkt. Das bewirkt eine gute Ernte immer, so wie eine schlechte das Steigen von Preisen. Wir lernen: Spekulanten, über die sich Gutmenschen edel und laut erregen können, gibt es immer nur dann, wenn die Preise steigen. Wenn diese sinken, gibt es sie nicht mehr. Dann ist der Markt plötzlich wieder lobenswert und erwünscht.

Mehr als erstaunlich ist, wofür McDonald’s jetzt in Ungarn bestraft wird. Denn dem US-Konzern wird vorgehalten, dass er ein Produkt mit „Hühnerfleisch“ beworben hat, in dem auch Hühner-Haut zu finden ist. Abgesehen davon, dass die Haut ohnedies das Beste am Huhn ist: Wettbewerbs-Kontrolleure und Werbungs-Überwacher machen sich immer öfter immer mehr lächerlich.

Gar nicht erstaunlich ist hingegen, dass im jetzt grünrot regierten Baden-Württemberg ein neues Unterrichtsfach eingeführt wird: nämlich Homosexualität. Und ebenfalls nicht erstaunlich ist, dass gegen jenen Lehrer, der dagegen eine Bürgerinitiative gestartet hat, sofort mit einer Strafanzeige vorgegangen wird. Von Woche zu Woche wird es deutlicher: Die Grünen sind jene Partei, die nicht nur Homosexuellen, sondern auch totalitären Attitüden weitaus am nächsten steht.

 

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FN 556 : Der Freund der SPÖ

13. Januar 2014 17:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Man kann die SPÖ beruhigen: Dieselbe Pleite wie mit ihrem einstigen EU-Spitzenkandidaten Hans-Peter Martin werden sie mit Eugen Freund nicht erleben. Auch wenn es wieder ein Medienmann ist.

Dazu war der Mann schon seit seinen Ministerkabinett-Zeiten in allen Auftritten viel zu brav auf Parteilinie gewesen. Mit ihm ist wieder ein bekanntes Mediengesicht in den Dienst einer Partei getreten. Das ist absolut legitim, im konkreten Fall aber auch ein klares linkes Signal und keineswegs eines von mehr SPÖ-Öffnung oder gar Verständnis für die Wirtschaft. Freund hat seine Zwangspensionierung durch den ORF zwar geschickt und auch mit Hilfe von Tränen dramatisiert. Aber er hat nie Kritik an der Linie der SPÖ in Sachen Pensionsantrittsalter geübt. Er hat auch nie Kritik an der Gewerkschaft geübt, die mit ihrem Bestemmkurs ältere Arbeitnehmer für den Arbeitgeber besonders teuer macht. Und er hat es schon gar nicht kritisiert, als der ORF alle bürgerlichen Journalisten bereits mit einem um zwei Jahre jüngeren Lebensalter in Pension schickte. Der Standpunkt prägt halt die Sichtweise.

PS: Bei SPÖ wie - vorerst auch - ÖVP fällt auf: Von den eigentlichen Parteigranden ist kein einziger bereit, nach Europa zu gehen. Jobs in der Heimat sind halt auch viel angenehmer.

 

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Wie unser Geld in den Wind geblasen wird

10. Januar 2014 00:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Am Anfang hat kein Mensch gewusst, was alles passieren wird, als die Politik unter dem Druck apokalyptischer Propaganda vehement auf Solar-, Bio- und Wind-Kraftwerke zu setzen begann. Heute sind die Folgen klarer: Vor allem in den deutschsprachigen Ländern ist der Energiemarkt total verzerrt. Ein marktverzerrender Eingriff hat den nächsten ausgelöst; und der wieder weitere. Jetzt herrscht totales Chaos, und die EU-Kommission muss einschreiten. Aber niemand weiß, wie Österreich und vor allem Deutschland aus den vielen gut gemeinten, aber abgrundtief dummen ökologischen Selbstfesselungen entkommen können. Denn entweder gehen Hunderttausende Arbeitsplätze verloren oder die Alternativförderung kommt zu einem abrupten Ende.

Die EU-Kommission fordert nun eine Totalreform der deutschen Energiewende. Was automatisch auch für Österreich Auswirkungen haben wird. Dabei waren die deutschen Regierungen und insbesondere Angela Merkel jahrelang sehr stolz auf diese Wende. Sie hatten lange nicht gedacht, wie sehr diese ins Chaos führen wird.

Noch immer weit weg von jeder Konkurrenzfähigkeit

Denn diese neuen Energiequellen haben alle eines gemeinsam: Sie sind in keiner Weise mit anderen Energieformen konkurrenzfähig. Sie wurden aber so heftig gefördert, dass daraus dennoch ein brillantes Geschäft wurde: für zahllose Bauern, die Solarpaneele auf die Dächer geschraubt haben; für die Holz- und Agrarindustrie, die Biokraftwerke beliefert; für die diversen Lobbyistenverbände; und für die Erzeuger von Solarmodulen – die anfangs noch europäische waren, jetzt aber fast ganz aus China kommen.

Diese neuen Lobbys sind so lautstark und mächtig geworden, dass eine schwache Politik sie kaum mehr zurückdrängen kann. Heute stehen längst nicht mehr nur ihre grünen Fanatiker hinter ihnen (und die Sozialdemokraten, die den Grünen fast alles nachplappern), sondern etwa auch viele konservative Parteien, die unter Druck der Forst- und Landwirtschaft stehen.

Die Alternativ-Lobbys haben schlauerweise durchgesetzt, dass sie auf viele Jahre (meist 15) garantiert überhöhte Abnahmetarife bekommen. Sie können in diesem Zeitraum jede Kilowattstunde zu Superpreisen ins Netz liefern, egal ob der Strom dort zu diesem Zeitpunkt von irgendjemandem gebraucht wird oder nicht. Wenn aber Wind beziehungsweise Sonne auslassen, beziehen sie in der Gegenrichtung selbst Strom – aber zu viel niedrigeren Preisen als zu ihrem Lieferpreis, obwohl genau dann ja Stromknappheit herrscht. Absurder geht’s kaum mehr.

Das Geld zur Finanzierung der ganzen Idiotie muss freilich irgendwoher kommen. Da die öffentlichen Kassen total leer sind, greift man den Konsumenten in die Tasche. Diese zahlen bei der Stromrechnung, aber auch bei Hausbetriebskosten steil gewachsene Gebühren. Viele Bürger haben aber dennoch bis heute nicht entdeckt, dass keine einzige politische Partei ihre Interessen vertritt, dass die Politik vielmehr ganz an den Fäden der Alternativ-Lobby hängt.

Viele Unternehmen sind – noch – von den Förderkosten befreit

Was die normalen Konsumenten umso mehr trifft, als sich ein Teil der Strombezieher bisher sehr wohl von den diversen Ökoumlagen befreien konnte: nämlich viele Industriebetriebe, die besonders viel Strom brauchen. Sie konnten der Politik klarmachen, dass Hunderttausende Arbeitsplätze kaputt wären, wenn die Industrie die Ökoförderungen bezahlen müsste. Ist doch im Ausland – etwa den USA – Energie teilweise sogar deutlich günstiger geworden, hat also eine gegenteilige Entwicklung zu dem grün beherrschten Mitteleuropa genommen.

Vor allem in Deutschland sind auch immer mehr Betriebe von den Alternativ-Kosten befreit worden, die keineswegs in Konkurrenz mit dem Ausland stehen. Lokale Verkehrsbetriebe haben ja sicher keine internationale Konkurrenz. All das müssen die Konsumenten zusätzlich zahlen.

Jetzt ist es der EU zu blöd geworden: Sie tritt – erfreulicherweise – zum Schutz der gerupften Verbraucher an und bekämpft nun die unberechtigten und ungleichen Begünstigungen. Formal heißt das, dass die EU-Kommission nun ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eröffnet. Die Alternativ-Förderungen sind richtigerweise als verbotene Beihilfen identifiziert worden. Dieses Verfahren wird natürlich auch für Österreich große Folgewirkungen haben.

Dadurch drohen den privilegierten Betrieben nämlich massive Strompreis-Nachzahlungen und zumindest schrittweise Reduktionen der Rabatte. Das aber wieder wird bei den wirklich dem globalen Wettbewerb ausgesetzten Branchen dazu führen, dass in Deutschland und Österreich etliche Unternehmen zusperren müssen. In der Folge wird die Arbeitslosigkeit gewaltig zunehmen und Wirtschaftskraft wie Wohlstand werden zurückgehen.

Auswege aus dem Dilemma sind rar. Der einzige funktionierende wäre eine Wiederherstellung der Marktmechanismen und ein rasches Auslaufen der Ökostromförderungen. Aber gerade gegen diese Perspektive läuft die mediale und grüne Stimmungsmache jetzt schon auf vollen Touren. Sie wird von den profitierenden Lobbys heftig unterstützt. Das alles macht es den Regierungen doppelt schwer, den Weg zur Vernunft zurückzufinden.

Negativer Strompreis

Besonders absurde Folge der teuren Ökoförderung: Strom wird dadurch zu sonnigen und windigen Zeiten viel zu viel produziert. Er ist an den internationalen Strombörsen dann sehr billig. Bei starkem Überangebot ist sogar ein negativer Strompreis logisch. Da ja Strom an sich nicht gespeichert werden kann (es sei denn indirekt in den wenigen Speicherkraftwerken, die aber meist ohne ausreichende Leitungsverbindungen ganz wo anders liegen), muss er irgendwohin fließen, soll er nicht sämtliche Leitungen und Umspannwerke zerstören.

Das aber wieder macht sämtliche anderen Stromformen bis auf – ausgerechnet – die schmutzigen Kohlekraftwerke unwirtschaftlich. Dabei geht es vor allem um den Bedarf an beliebig hochfahrbaren Lückenbüßern. In Deutschland wie Österreich werden deshalb etwa hochmoderne und sehr saubere Gaskraftwerke dauerhaft außer Betrieb genommen. Womit neuerlich Geld verbrannt wird. Womit die billigen Stromspitzen in seltsamem Kontrast zur fehlenden Grundversorgung stehen.

In strengen Wintern (von denen wir ja vorerst zum Glück weit entfernt sind) sind plötzliche Strom-Blackouts daher viel wahrscheinlicher geworden. Diese drohen vor allem dann, wenn Deutschland die letzten Atomkraftwerke abgestellt haben wird. Und Österreich ist ohnedies schon längst ein reiner Strom-Importeur geworden – trotz seiner großen Wasserkraft-Möglichkeiten. Aber hier werden ja schon lange keine Kraftwerke mehr gebaut.

Der Kampf zwischen den Ökoprivilegienrittern und dem nur durch den Markt herstellbaren Prinzip der Gerechtigkeit wird in den nächsten Jahren zweifellos zu einer Determinante in Mitteleuropa werden. Er wird sowohl die politische wie auch die ökonomische Zukunft beherrschen.

Österreich verlängert die Förderungen einfach

Österreich hat die gleichen Probleme wie Deutschland, auch wenn es die Ökostromförderung nicht so stark ausgebaut hat wie die oft zu Extremen neigende Bundesrepublik. In Österreich scheint die Politik dafür jedoch noch viel mehr zu schlafen. Denn hier wurde vor Weihnachten einfach die Förderung für erneuerbare Energie in weitgehend gleicher Form weiter verlängert, ohne dass es eine öffentliche Debatte darüber gegeben hätte. Die garantierten Einspeistarife wurden lediglich um ein Prozent reduziert. Besonders absurd: Für Wind- und Biostrom wurde die Förderung diesmal sogar für zwei Jahre verlängert.

Der Ansturm auf diese Förderungen ist so groß, dass die dafür geschaffene Homepage nun schon zum zweiten Mal kollabiert ist. Daher musste auch der Ausschreibungs-Stichtag zweimal verschoben werden. Das ist in diesem Chaos zwar scheinbar nur eine Groteske am Rande. Aber bezeichnend. Denn die Alternativ-Lobby hat als Reaktion auf den Internet-Zusammenbruch umgehend eine „Entdeckelung“ der Förderungen gefordert. Das heißt auf Deutsch: Die Lobby verlangt nun sogar die Subventionierung einer absolut unlimitierten Zahl an Solar- und Windanlagen. Es soll für ihren Griff in die Taschen der Konsumenten überhaupt kein Limit mehr geben.

Viel Spaß mit zehn Prozent Rendite

Eine Reform der österreichischen Fehlanreize ist auf Grund der jüngsten politischen Beschlüsse jedenfalls erst 2016 möglich. Frühestens. Denn die Grünen und die profitierenden Lobbies wie etwa der Raiffeisenkonzern werden auch dann wieder mit Riesenpropaganda und der gesamten Medienorgel an der Seite ihre Millionen-Schäfchen ins Trockene zu bringen versuchen.

Immerhin sind dabei Renditen von bis zu zehn Prozent zu erzielen! Während jeder Durchschnittshaushalt ihren Profit über die sogenannten Netzentgelte mit Beträgen subventionierten muss, die zwischen 60 und 80 Euro liegen. Jährlich.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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REKOS – eine neue Kampfansage gegen links

09. Januar 2014 02:40 | Autor: Alexander Tschugguel
Rubrik: Gastkommentar

Der EU-Abgeordnete Ewald Stadler wird zu den Wahlen zum europäischen Parlament im Mai antreten, und zwar mit einer neu gegründeten Partei, den „Reformkonservativen“, kurz: REKOS. Obwohl er diesmal fest entschlossen war, endgültig aus der Politik auszusteigen und sich ganz seinem Beruf als Anwalt sowie seiner achtköpfigen Familie zu widmen, ist es einer Gruppe größtenteils neuer Mitstreiter gelungen, ihn zu einem letzten Versuch zu motivieren, eine authentisch konservative Kraft in Österreich zu etablieren.

Die Voraussetzungen waren selten so gut. In vielen Ländern Europas ist der Stern der Linken derzeit im Sinken und Konservative sind auf dem Vormarsch. Umfragen und Wahlergebnisse zeigen das ganz deutlich. Rund um Ewald Stadler, einen der bekanntesten und profiliertesten Konservativen in diesem Land, hat sich in den vergangenen Wochen eine stark motivierte Gruppe vor allem junger, politisch unverbrauchter Leute gebildet, die bereit sind, am Aufbau dieser neuen Bewegung mitzuarbeiten.

Außerdem bietet diese EU-Wahl eine einmalige Chance. Mit seiner Unterschrift kann der EU-Abgeordnete Stadler das Antreten der neuen Partei ermöglichen, ohne Unterstützungserklärungen sammeln zu müssen, und wird auch an den wichtigsten TV-Diskussionen teilnehmen.

Auch die politische Lage ist nicht ungünstig. Durch das in allen Parteien zu beobachtende zunehmende Abdriften nach links tut sich im wertkonservativen und marktwirtschaftlich orientierten Wählersegment ein immer weiter wachsendes politisches Vakuum auf. Immer größer wird die Zahl derer, die nach einer bürgerlichen Alternative suchen. Es sind jene Wähler, denen die ÖVP mittlerweile zu lasch und die FPÖ zu rabaukenhaft geworden ist und die die Neos als das erkennen, was sie wirklich sind, nämlich die temporäre Wiedergeburt des pseudoliberalen, in Wahrheit aber weit links stehenden LIF.

Ich hatte in den vergangenen Wochen oft Gelegenheit mit Ewald Stadler zu sprechen. Wer ihn gut kennt, weiß, dass es ihm immer darum gegangen ist – in welcher Partei oder welchem politischen Rahmen auch immer – seinen christlich geprägten konservativen Wertvorstellungen, die von weit mehr Menschen geteilt werden, als es die Linken gerne darstellen, eine öffentliche Plattform zu geben. Das war in der Vergangenheit nicht immer möglich. Deshalb, denke ich, war es die richtige Entscheidung, es nun mit einer neuen Partei zu versuchen.

Die REKOS bekennen sich zur christlichen Werteordnung, zu den Traditionen des Abendlands, zur staatstragenden Funktion der Familie und zum freien Eigentum in einer freien Marktwirtschaft. Sie wollen, ohne sich das Blatt der „Political correctness“ vor den Mund zu nehmen, jene konservativen Werte vertreten, die heute in den – größtenteils linken – Medien nur noch marginal Gehör finden.

Auch wenn uns der politische Mainstream in eine andere Richtung bewegen will, so gibt es doch eine große Zahl von Menschen in diesem Land, für die die traditionellen Werte nach wie vor einen hohen Stellenwert haben – und auch eine wachsende Zahl junger Leute, die erkannt haben, dass uns die linke Gesellschaftspolitik in zunehmende Unfreiheit und die linke Wirtschaftspolitik in den finanziellen Ruin führt. Viele konservativ eingestellte Wähler vermissen mittlerweile bei der ÖVP ein klares Bekenntnis zu ihren eigentlichen Grundsätzen; viele können auch mit Straches linker Wirtschaftspolitik nichts anfangen und fühlen sich auch aus anderen Gründen von der FPÖ nur minimal oder gar nicht angezogen.

Bei der kommenden EU-Wahl wollen die REKOS den Grundstein für eine neue konservative Politik in Österreich legen. Soweit ich im Rahmen meines bisherigen Engagements erfahren konnte, gibt es auch hervorragende Kontakte zu anderen Kräften in Europa, mit denen nach der Wahl eine Zusammenarbeit möglich sein wird, sodass in Zukunft unsere Standpunkte hoffentlich auch im EU-Parlament mehr Gehör finden werden.

Die REKOS wollen Reformen auf Basis konservativer Werte. Im EU-Wahlkampf wird vor allem der Kampf gegen die sozialistischen und zunehmend totalitären Aspekte der Europäischen Union im Vordergrund stehen. Sie wollen eine EU, die sich auf den Abbau von Zöllen, die Wahrung des Binnenmarkts und die vier Grundfreiheiten beschränkt; ein Europa der souveränen Vaterländer, die auf freiwilliger Basis in verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten.

Sie sagen Nein zu einer EU, die sich als politische Union versteht und sich in zu viele Bereiche einmischt.

Durch klare und unmissverständliche Botschaften wollen die REKOS dem Begriff „konservativ“ wieder zu seiner eigentlichen Bedeutung verhelfen. Sie wollen in allen Bereichen konsequent antisozialistische Positionen vertreten und auf den Grundlagen der Tradition, der individuellen Freiheit und der natürlichen Bindung an Familie und Heimat einen neuen politischen Zufluchtsort für die vielen enttäuschten bürgerlichen Wähler in Österreich bilden.

Ich bin aus diesen und vielen anderen Gründen voller Begeisterung und Zuversicht, dass dieses Projekt erfolgreich sein wird. Deshalb engagiere ich mich für die REKOS und möchte alle anderen dazu motivieren, das auch zu tun.

Alexander Tschugguel (20 Jahre, Wiener) ist Student der Geschichte und Mitarbeiter der REKOS.

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Hundert Jahre später: die zweite österreichische Abenddämmerung

05. Januar 2014 00:58 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Noch nie waren die Österreicher so unsicher: Welchen Parteien, welchen Politikern können sie noch trauen? Viele wussten daher bei der Nationalratswahl nicht, was sie tun sollten. So mancher davon wählte daher gar nicht mehr. Viele andere wollten, kaum hatten sie ihre Stimme abgegeben, diese Stimme am liebsten wieder zurück haben, sie anders abgeben.

Diese Verunsicherung ist Folge einer sich ausbreitenden Grundstimmung: Wir leben in der Abenddämmerung einer zwar wunderschönen, aber untergehenden Welt. Und die Versäumnisse der Innenpolitik, der von uns gewählten Parteien sind eine Hauptursache des Untergangs.

Viele Menschen fühlen sich so wie ihre Vorfahren vor hundert Jahren. Diese ahnten zwar das bevorstehende Ende des multinationalen Kaiserreichs, eines langen Friedens und eines ständigen Wohlstandszuwachses. Sie wollten das alles aber nicht wirklich wahrhaben. Bis es für jede Gegenstrategie zu spät gewesen ist.

Die Periode der letzten 68 Jahre war noch viel schöner als jene am Anfang des 20. Jahrhunderts. Österreich erlebt seit 1945 ja einen ununterbrochenen Aufstieg vom ärmsten Flecken des Kontinents zu einem überaus wohlhabenden Land. Während Reichtum und Sicherheit ununterbrochen zunahmen, fanden äußere Bedrohungen nur in den Zeitungen statt. Die Schrecken des nationalsozialistischen wie dann des kommunistischen Terrors sind kaum mehr im Bewusstsein.

Dem Land blieben all die schweren ökonomischen und damit auch sozialen Krisen erspart, die fast alle europäischen Länder irgendwann in diesem Zeitraum erlebt haben. Die europäischen Beispiele reichen von der deutschen Wiedervereinigungskrise über den Zusammenbruch der skandinavischen Wohlfahrtssysteme in den 90er Jahren bis zum Kollaps der südeuropäischen Länder.

Bei den Österreichern hingegen ist nicht einmal die Weltwirtschaftskrise nach 2008 geistig wirklich angekommen. Die Republik nahm einfach 54 Milliarden weiterer Schulden auf, die Zentralbank überflutete den Kontinent mit künstlichem Gratisgeld – und schon glaubte man, alles übertauchen zu können.

Als Reaktion auf das Auseinanderklaffen zwischen den intellektuell beobachteten Fakten und dem emotionalen Gefühl wechseln bei den Menschen ständig zwei widersprüchliche Gefühle. Das eine lautet: „Gut ists gangen, nichts ist geschehn.“ Das andere: „So kanns nicht weitergehn.“

Dementsprechend widersprüchlich verhalten sich auch die Parteien. Keine einzige sagt den Menschen die ganze Wahrheit. Die SPÖ als noch immer größte Partei spricht etwa davon, dass man durch Wachstum die Schuldenkrise (die sie zu Ablenkungszwecken gerne „Finanzkrise“ nennt) lösen könne. Sie meint damit aber in Wahrheit nur das, was sie seit 1970 zu verantworten hat: immer noch mehr Schulden machen.

Die Idee eines Wachstums durch Schulden ist freilich mehr als skurril. Wäre sie richtig, müsste Griechenland das reichste Land Europas sein. Für viele Wähler der SPÖ hat diese Theorie aber dennoch Logik: Denn sie stehen im Pensionisten-Alter. Und da das Schuldenmachen schon seit den siebziger Jahren ohne sichtbare Katastrophe läuft, glauben sie wie viele Südeuropäer, dass das ständig so weitergehen könnte. Und selbst wenn sie das kritischer sehen sollten, so hoffen sie: „Läuft das Pyramidenspiel noch ein paar Jahre, dann haben wir schon unsere ganze Lebensspanne gut hinter uns gebracht.“ Besser als jede andere Generation bisher. Was soll man sich da um die Kosten und Folgen dieses Schuldenspiels scheren? Hinter uns die Sintflut.

Klarerweise ist dieses sozialdemokratische Konzept für junge Menschen völlig unattraktiv. Da klingt die Volkspartei verbal viel vernünftiger. Nur: Sie hat – abgesehen von den positiven Sanierungsansätzen zwischen 2000 und 2006 – auch selbst viel zu bereitwillig bei der Ausgabenpolitik mitgemacht. Sie hat damit fast jede Glaubwürdigkeit verloren.

Und sie hat zugleich selber eine ähnliche Klientelpolitik betrieben wie die SPÖ. Während die Roten Pensionisten, Arbeiter und Wohlfahrtsprofiteure auf Kosten der nachhaltigen Stabilität des Landes bedienen, stellen die Schwarzen Bauern, subventionsgierige Unternehmer und ausgabenfreudige Landeshauptleute zufrieden.

Neben den beiden einstigen Monopolparteien ist die Opposition immer vielfältiger geworden. Sie macht schon die Hälfte der Wählerschaft aus. Und wenn man die Nichtwähler mitzählt, sind die Gegner von Rot-Schwarz sogar längst in der deutlichen Mehrheit. Das ist eine logische Reaktion darauf, dass sich Rot und Schwarz seit Jahrzehnten die ganze Republik aufgeteilt haben. Demokratie braucht aber den Wechsel.

Aber auch die Oppositionsparteien stimmen einen nicht sehr optimistisch. Bietet doch keine einzige von ihnen derzeit eine glaubwürdige und funktionierende Antwort auf die wichtigsten Zukunftsprobleme des Landes.

Blau und Grün haben sich – zielgruppengerecht – auf Einzelthemen konzentriert. Sie haben aber auf die zentralen ökonomischen Herausforderungen überhaupt keine Antwort, weil sie beide zur sozialen Anspruchslizitation neigen.

Die beiden neuen Gruppierungen im Parlament wiederum werden in der Außensicht primär vom Charisma ihrer Gründer geprägt. Der freilich schon rasch abbröckelt. Inhaltlich herrscht bei beiden ein riesiges Vakuum, das von Tag zu Tag deutlicher wird. Beide Parteien leben derzeit so wie die FPÖ von der widersprüchlichen Mischung aus Frust, dumpfem Protest gegen alle Verantwortungsträger und dem Glauben der Österreicher, dass man nur einige niemanden schmerzende Stellschrauben drehen müsste. Und schon wäre alles wieder gut.

Nur wenige Wähler begreifen die fundamentale Krise unseres Gesellschaftssystems und die Konsequenzen der neokeynesianisch-sozialistischen Schuldenpolitik. Daher gibt es auch keine Parteien und Politiker, die das zu begreifen versuchen. Selbst wenn sie es vielleicht könnten.

Zugleich ist die Qualität des politischen Personals ständig zurückgegangen. Jungen Menschen ist der Weg in die Politik durch Medien und Skandalisierungen in hohem Ausmaß verleidet worden. All das hat das Image von Parteien, Politik und leider auch Demokratie auf den niedrigsten Stand seit Jahrhunderten schrumpfen lassen.

Was aber sind nun die inhaltlichen Herausforderungen, denen sich die Innenpolitik nicht oder zumindest nicht ausreichend stellt? Die zehn wichtigsten in Schlagworten:

Das sind nur die wichtigsten Problemkreise. Es gibt keine Partei, die mutig alle Bedrohungen unserer Zukunft wenigstens beim Namen nennen, geschweige denn gegen alle ankämpfen würde. Zwar erleidet die Linke – welche ja eindeutig die Hauptschuld an den meisten Problemen trägt – einen ständigen Schrumpfungsprozess. Die politische Rechte ist aber ob zahlloser inhaltlicher Details zerstritten. Sie zerfällt in immer mehr Gruppen und Richtungen.

Etliche Parteien gehören auch nur zur Hälfte auf die liberalkonservative Seite: Die Freiheitlichen etwa haben zwar in allen gesellschaftspolitischen Themen eine wertkonservative Position. Wirtschaftlich und sozial versuchen sie jedoch seit einigen Jahren wie eine kommunistische Partei die SPÖ links zu überholen. Umgekehrt haben die Neos zwar in wirtschaftlichen Themen sehr vernünftige Konzepte, stehen aber gesellschaftspolitisch – soweit ihre Positionen überhaupt erkennbar sind – ganz links.

Die ÖVP wiederum ist in vielen Fragen völlig standpunktlos geworden. Sie ist heute durch die Dominanz der Klientelpolitik und die lange Machtausübung ausgedünnt, müde und alt geworden.

Stronach und BZÖ haben noch am ehesten die wichtigsten Problempunkte im Visier – wenn auch oft verschwommen und in Details völlig unausgegoren. Aber gerade diese beiden Gruppierungen haben sich durch dauernde personelle Konflikte und problematische Politikerpersönlichkeiten selbst ins Out geschossen. Andere, kleinere Gruppen wieder streiten sich um völlig überholte Themen aus dem 19. Jahrhundert wie etwa um die Frage, ob das, was da unterzugehen droht, eine österreichische oder eine deutsche Nation gewesen ist.

Im Grunde gibt es jetzt nur drei Perspektiven:

  1. Die unwahrscheinlichste wäre es, würden sich die beiden einstigen Großparteien plötzlich zu mutigen Reformparteien wandeln, die all diese Fragen wirksam angehen.
  2. Nicht sehr viel größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich bis zu den nächsten Wahlen eine kraftvolle neue Bewegung bildet (eventuell auch mit den gegenwärtig im Parlament herumkollernden liberalen Bruchstücken), die eine zukunftsorientierte, wirtschaftsliberale, freiheitsliebende, wertkonservative Kraft bildet.
  3. Am wahrscheinlichsten ist die unerfreulichste Perspektive: Erst wenn eine große, alle Menschen in ihrem ganz persönlichen Leben treffende Krise eingetreten ist, haben mutige, nicht auf politische Korrektheit und Gruppeninteressen schauende ordnungsliberale Reformen eine Chance. Und nicht einmal das ist dann sicher. Nur in Nordeuropa, den Niederlanden und der Schweiz reagiert man auf Krisen mit den notwendigen Reformen. Der Süden bleibt lieber in der Krise stecken.

Bleibt Österreich tatenlos, dann gibt es nur einen Unterschied zur Abenddämmerung vor hundert Jahren, aber der ist gewaltig: Damals ist es als Folge der vielen fehlgeleiteten Nationalismen zu einer kriegerischen Explosion mit 30-jährigen Folgen gekommen. Im 21. Jahrhunderts steht hingegen eher eine kulturelle, ethnische, soziale und ökonomische Implosion bevor.

Dieser Beitrag erscheint in ähnlicher Form auch in den "Genius-Lesestücken" (www.genius.co.at), einer unabhängigen Online-Zeitschrift zu den großen Fragen der Zeit.

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Kampfansage an den Mittelstand

03. Januar 2014 20:22 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Das neue Jahr beginnt, wie das alte geendet hat: Mit einer Fortsetzung der Verschuldung öffentlicher Haushalte; mit inzwischen sogar von den Hauptstrommedien erkannten Kaufkraftverlusten für die Bürger und mit weiterhin tobendem Regulierungswahnsinn.

Die Ankündigung der US-Notenbank Fed, bei den Anleihenkäufen ein wenig bremsen zu wollen, ist alles andere als der Entschluss, mit der seit Jahren betriebenen Geldmengenausweitung aufzuhören. Und schon bald steht in den USA eine Neuauflage des ritualisierten Streits um eine Anhebung der Staatsschuldenobergrenze ins Haus. Die vorgeblich für eine sparsamere Haushaltsführung kämpfenden Republikaner werden – wie schon im Vorjahr – unter dem Druck der veröffentlichten Meinung erneut nachgeben. Die Obama-Administration wird daraufhin zu einem neuen Schuldenrekord stürmen und verstärkten Druck auf Euroland ausüben, es ihr gleichzutun. Im Westen also nichts Neues.

Aber auch mit dem Regulierungsirrsinn geht es weiter. Ob Glühlampen, Duschköpfe, Klospülungen, Privatwaffen, etc – nichts entgeht dem Ge- und Verbotsfuror der im Machtrauschmodus agierenden Eurokraten. Um das Setzen von Rahmenbedingungen geht es ihnen schon lange nicht mehr. Stattdessen ist permanenter Interventionismus angesagt. Und immer ist dabei der Bürger der Dumme. Entweder er bekommt gar nicht (mehr) zu kaufen, was ein freier Markt ihm jederzeit zu liefern bereit und imstande wäre, oder er hat – dank der durch Behördenauflagen bedingten Verteuerung der Produktionsprozesse infolge eines aufwendigen Papierkriegs – höhere Preise oder Nachrüstkosten zu schlucken und erleidet dadurch weitere Kaufkraftverluste.

Manch einer vermutet hinter dieser Entwicklung eine Verschwörung von Big Government und Big Business zu Lasten der Konsumenten. Doch nicht immer müssen Verschwörungen oder finstere Absichten im Spiel sein. Oft genug reicht auch der pure Unverstand der Initiatoren bestimmter Beschlüsse als Erklärung aus. Man denke etwa an die angeblich der Sicherheit dienende Registrierung von Privatwaffen, die außer Schikanen für die Betroffenen und höheren Verwaltungskosten nichts bringt.

Viele Regulierungen ziehen steigende Umsätze in bestimmten Branchen nach sich. Etwa dann, wenn Vorschriften erlassen werden, welche die Nutzung bestimmter Altgeräte oder -anlagen nur unter der Bedingung aufwendiger Nachbesserungen erlauben oder gar Neuanschaffungen erfordern. Schlichte Gemüter neigen dazu, das als wirksame Maßnahmen zur „Wirtschaftsbelebung“ zu bejubeln. Dass es sich dabei in Wahrheit aber um Fehlallokationen von Ressourcen und um Marktverzerrungen handelt, begreifen sie nicht. Für alternative, in aller Regel bedeutend wirtschaftlichere Investitionen stehen dann nämlich weniger Mittel zur Verfügung.

Unsinnige Bürokratie für Wirte

Es geht aber noch schlimmer. Als anschauliches Beispiel seien die mutwilligen Erschwernisse für die Gastronomie genannt, die derzeit geplant werden (Stichworte Allergenausweis und Rezepturverpflichtung). Die dräuende Vorschrift, die alle Gastronomen dazu zwingen wird, die in den angebotenen Speisen enthaltenen Inhaltsstoffe genauestens zu dokumentieren, wird kleineren Betrieben, in denen nach Gusto und Intuition des Küchenchefs, oft aber jedenfalls ohne Rezept gekocht wird, erhebliche Schwierigkeiten bereiten.

Wie etwa sollte der Wirt um die Ecke einer derartigen Verpflichtung Rechnung tragen, sofern er nicht auf industriell hergestellte Fertigprodukte ausweichen oder die Hälfte seiner Zeit für eine wild gewordene Bürokratie anstatt für den Dienst an seinen Kunden aufwenden möchte? Der anmaßende Plan, jede noch so kleine, unwahrscheinliche oder überhaupt nur in der Phantasie von Paranoikern existierende Gefahr ausschalten zu wollen, führt stets zur Behinderung von Innovationen, zur Beschäftigung von immer mehr Menschen in völlig unproduktiven Tätigkeiten (als Überwacher, Kontrolleur und Dokumentationsbeauftragter) und damit letztendlich zur Reduktion der Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems. Unsere internationalen Wettbewerber, die des Irrsinns lichte Höhen bislang nicht so entschlossen erklimmen, werden die Begeisterung der Europäer an der Selbstbeschädigung erfreut zur Kenntnis nehmen…

Internationale, mehrheitlich amerikanische Ausspeisungsketten, die ihre nicht unbedingt gourmettauglichen Produkte in weltweit standardisierter Form feilbieten, werden mit der Kennzeichnungspflicht kaum Probleme bekommen. Ihre Kosten wären – umgelegt auf ihre schmale Produktpalette bei gewaltigen Stückzahlen – marginal. Mittelständische Betriebe mit einem vielfältigen Angebot indes werden entweder in erhebliche Schwierigkeiten geraten oder sich veranlasst sehen, ihrerseits auf die Lieferungen von Industrieprodukten umzusteigen und sich aufs Aufwärmen und Anrichten zu beschränken. Prost Mahlzeit! Wenn dann auch die kulinarisch verwöhnten Bürokraten in Brüssel nur noch ödes Junkfood zu fressen bekommen, wird ihnen möglicherweise ein Licht aufgehen.

Einmal mehr geht eine Vorschrift der EU klar zu Lasten von kleinen und mittleren Unternehmen. Das Muster ist immer das gleiche: Bürokraten verabscheuen die Vielfalt und lieben die Vereinheitlichung. Alles soll so homogen wie möglich und damit leicht kontrollierbar sein. Durch behördliche Auflagen erzwungene Angebotsstandardisierungen haben zwei Hauptwirkungen: Sie führen einerseits zu einer Verringerung der Angebotsvielfalt und anderseits zu einer Wettbewerbsverzerrung zugunsten großer Betriebe, die gegenüber den Kleinen Kostenvorteile infolge von Skaleneffekten lukrieren können.

Schon heute stehen Gastronomiebetriebe in der Insolvenzstatistik ganz weit oben. Durch Behördenauflagen, die in der Praxis vermutlich so gut wie unerfüllbar sind, wird sich das Angebot weiter ausdünnen, denn Kapitalausstattung und Margen liegen in dieser Branche heute schon auf einem beklagenswert niedrigen Niveau. Die EU setzt mit ihrem aktuellen Vorhaben einen – absolut vermeidbaren – weiteren Schritt in Richtung einer noch stärkeren Unternehmenskonzentration.

Die dafür vorgebrachten „Sicherheitsargumente“ sind mehr als fadenscheinig: Den (wenigen) Restaurantbesuchern, die tatsächlich an gefährlichen Lebensmittelunverträglichkeiten leiden, ist es zumutbar, bei der Bedienung entsprechende Auskünfte einzuholen. Dass ihretwegen alle anderen Kunden künftig mit unlesbaren Speisekarten, erhöhten Kosten und/oder freudlosem Fraß aus der Mikrowelle gequält werden sollen, ist schwerlich einzusehen.

Eines ist jedenfalls sicher: Bei nächster sich bietender Gelegenheit werden die Zerstörer des Mittelstandes mit Sicherheit wieder „Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Selbständigkeit“ oder „Offensiven zur Unternehmensgründung“ ankündigen. Das wirft ein grelles Licht auf deren wirtschaftlichen Sachverstand: Entweder die Eurobonzen agieren tatsächlich – zum kollektiven Schaden der Binnenwirtschaft – als bezahlte Handlanger der Großindustrie, oder sie und ihre Helfershelfer sind einfach unfähig, die Konsequenzen ihrer Handlungen abzuschätzen.

In beiden Fällen ist Das Urteil F. A. Hayeks eindrucksvoll bestätigt, der sich schon in den 1940er Jahren zur Feststellung genötigt sah, dass in politischen Systemen „…die Übelsten an die Spitze kommen.“ Wer könnte ihm widersprechen?

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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Die Rumänen kommen

01. Januar 2014 08:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Kaum hat das neue Jahr begonnen, hat es schon ein Thema – ganz über die Silvesterfolklore um Raketen, Neujahrsbabies, Walzer, Sektsteuer und hohle Neujahrsansprachen hinaus. Das Thema ist die nunmehr volle Binnenmarkt-Freizügigkeit für Bulgaren und Rumänen innerhalb der EU. Die Übergangsfrist im Anschluss an deren Beitritt ist abgelaufen.

Wie bei vielen Themen findet in den Politikeräußerungen auch hier eine wilde Mischung aus Birnen und Äpfeln und Erdäpfeln statt. Gutmenschen und Schlechtmenschen stehen einander neuerlich mit erschlagenden Schlagworten gegenüber. Die einen mischen bewusst, die anderen aus Unkenntnis. Daher sollte ein Neujahrsvorsatz auch darin bestehen, die Dinge besser auseinanderzuhalten.

Der erste Bereich ist die nunmehr genehmigungsfreie Freizügigkeit von Arbeitskräften aus Bulgarien oder Rumänien. Diese Freizügigkeit ist ein unverrückbarer Eckpfeiler des EU-Binnenmarkts. Wer kommt und zu den gesetzlichen Bedingungen in Österreich, Deutschland oder Großbritannien arbeitet, ist ein Beitrag zum gemeinsamen Wohlstand. Schlecht ist das nur für ihre Heimatländer und insbesondere die Familien der Arbeitskräfte. Aber auch gut qualifizierte Menschen finden in diesen Ländern oft keinen Job.

Das zweite davon scharf zu trennende Thema sind jene Menschen, die nicht herkommen, um zu arbeiten, sondern um zu betteln und die zahlreichen Sozialeinrichtungen zu nutzen. Da hat erstmals die sonst ja wenig erfreuliche EU-Kommissarin Viviane Reding das Wesentliche und Richtige gesagt: „Es gibt ein EU-Recht auf Freizügigkeit, aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme.“ Nur arbeitende EU-Bürger haben, so Reding, Anspruch auf Sozialleitungen. „Deutsche Urteile, die EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht Ansprüche auf Hartz IV einräumen, basieren allein auf deutschem Recht und haben nichts mit EU-Recht zu tun. Wenn nationale Sozialsysteme zu großzügig sind, dann ist es Sache der Mitgliedstaaten, das zu ändern."

Klarer kann man es nicht sagen. Es ist nicht die EU, sondern das heimische Gutmenschentum in Deutschland wie Österreich, welches die Probleme verursacht. Egal, ob es bei Richtern, Beamten oder Wohlfahrtseinrichtungen grassiert. Man denke etwa an den Kollaps von Caritas-Wärmestuben schon im abgelaufenen Jahr, als ganze Sippen von Zigeunern dort eingefallen sind und sehr selbstbewusst Forderungen gestellt haben.

Damit ist auch schon das Schlüsselwort gefallen, das die Dinge so schwierig macht, wenngleich es in fast allen offiziellen Erklärungen zum Thema peinlich vermieden wird. Das Problem besteht nämlich vor allem mit Roma und Sinti und noch einem runden Dutzend weiterer Ethnien, die unter dem Sammelbegriff Zigeuner zusammengefasst werden (der übrigens auch von vielen dieser Menschen als einzig passender verwendet wird).

Schätzungen rechnen mit Millionen Zigeunern, die alleine in den beiden betroffenen Balkanländern leben. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil diese Minderheit ja nicht als solche erfasst wird, da sie sich ja meist weder durch Sprache noch durch Religion unterscheidet. Schon jetzt werden jedenfalls aus mehreren Balkanländern Bustouren direkt zu österreichischen Wohlfahrtseinrichtungen organisiert.

Was in Deutschland wie Großbritannien in den letzten Tagen schon intensiv diskutiert wird, wird spätestens bei Einführung in diesen Ländern genauso in Österreich unumgänglich werden: Auch lokale Armen- und Obdachlosenhilfen müssen künftig an die Staatsbürgerschaft geknüpft werden.

Die erwartbaren Proteste der Landau-Caritas dagegen können jetzt schon als verlesen gelten und sollten ignoriert werden. Denn wenn Landau den Zigeunern des Balkans wirklich helfen wollte, dann sollte er diese nicht durch offene Hilfsangebote nach Österreich locken und damit viele zusätzliche Folgeprobleme auslösen. Es sollte vielmehr darum gehen, diesen Menschen auf dem Balkan, in der Slowakei und Ungarn zu helfen. Dort gibt es eine Unzahl von Möglichkeiten dafür (wobei immer der Versuch, die Menschen in Arbeitsplätze und geordneten Schulbesuch einzugliedern, weit sinnvoller ist als Ausspeisungen, Sach- und Geldgeschenke).

Das dritte zumindest in Deutschland endlich offen diskutierte Problem ist eines, das in Österreich außer dem Tagebuch bisher niemand offen angesprochen (oder auch begriffen?) hat: Das sind die Familienbeihilfen für Menschen aus fernen Ländern, die sehr wohl hierzulande arbeiten. Diese Hilfen werden nämlich auch dann ausgezahlt, wenn die Kinder weiter in der (rumänischen, türkischen, bulgarischen, arabischen) Heimat leben.

Das wird zwar vielfach als positiv interpretiert, weil dadurch die Bindung an die alte Heimat stärker bleibt und weil damit die Wahrscheinlichkeit einer Heimkehr nach Verlust des Arbeitsplatzes größer wird.

Das löst aber gleich ein doppeltes Problem aus: Zum einen berichten österreichische Beamte im Privatgespräch von ihren großen Zweifeln, ob die vielfach behauptete große Kinderschar wirklich immer vorhanden ist beziehungsweise ob sie wirklich vom Beihilfe kassierenden Vater stammt. Österreich verlässt sich da in seiner gutmenschlichen Blauäugigkeit auf die vorgelegten Dokumente. Aber es geht nun einmal um Regionen, wo man mit einem mittleren Bakschisch noch immer jede gewünschte Bestätigung kaufen kann.

Zum anderen gibt es eine große Zahl an – durchaus echten – Kindern, die erst in den allerletzten Pflichtschuljahren nach Österreich oder Deutschland kommen. Hier können sie dann Ausbildungsgarantie und vieles andere nutzen, sind aber niemals mehr imstande, die deutsche Sprache gut zu lernen und ihre Bildungsdefizite ein wenig aufzuholen.

Diese Problematik wird rund um den Jahreswechsel in Deutschland und Großbritannien intensiv diskutiert. Freilich: Bei der Familienbeihilfe für nicht im Arbeitsland lebende Kinder spielt – zum Unterschied vom zweitgenannten Problembereich – die EU sehr wohl eine Rolle. Eine Streichung solcher Beihilfen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit vom EU-Gerichtshof nicht gebilligt werden.

Aber die beiden Länder diskutieren wenigstens das Problem. Österreich hingegen schaut am liebsten weg. Einschließlich des Integrations-Staatssekretärs, der jetzt ein Minister ist. Er ist offensichtlich nur für Schönwetterthemen zuständig und ignoriert die anderen. Er lässt lieber dubiose Umfragen verbreiten, dass eh alles bestens wäre. Und von der Weltfremdheit der neuen Unterrichtsministerin wollen wir gar nicht reden, die ist mindestens genauso groß wie bei der Vorgängerin.

PS: In der EU sind seit Mitternacht nicht nur die genannten Übergangsbestimmungen ausgelaufen. Die EU ist gleichzeitig auch um mehr als 180.000 Menschen größer geworden. Um einem dringenden europäischen Bedürfnis abzuhelfen, hat Frankreich die Insel Mayotte zwischen Ostafrika und Madagaskar zu einem offiziellen Teil der Europäischen Union gemacht. Natürlich ohne die anderen Mitgliedsstaaten zu fragen. Das bringt den Einwohnern viel Geld aus Europa, für das übrigens der Kommissar Johannes Hahn zu sorgen hat. Von den Einwohnern sind übrigens rund die Hälfte Moslems . . .

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Der Zerfall einer Union

29. Dezember 2013 00:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Während die Europäische Union von Duschköpfen bis Glühbirnen ständig immer mehr unser Leben überreguliert, während sie in der Schuldenkrise die eigene Verfassung eiskalt bricht (No Bailout, Maastricht-Kriterien), versagt sie in einem anderen Bereich völlig: beim Binnenmarkt. Dabei ist sie gerade für den geschaffen worden. Hier wäre sie absolut unverzichtbar. Aber weder Kommission noch Parlament kümmern sich darum, dass die vier Freiheiten dieses Binnenmarkts heftig erodieren.

Der Zerfallsprozess begann mit der Dienstleistungsrichtlinie. Diese hat als schwacher Kompromiss unter Druck der Gewerkschaften eben nicht das einst versprochene Ziel hergestellt, nämlich die volle Freiheit für Dienstleistungen.

Auch die Personenfreizügigkeit ist bedroht. Es gibt immer mehr Sozialtourismus und viel zu wenig Arbeitskräftemobilität. Während erstaunlich wenige arbeitslose Südeuropäer in Deutschland oder Österreich Jobs suchen, wollen dort immer mehr EU-Bürger vom Balkan vom üppigen Sozialstaat profitieren. Wer daheim oft nur Pensionen von knapp über 100 Euro hat, der bekommt (als Ehepaar) in Österreich 1255 Euro. Vierzehn Mal. Da ist es schon einige Anstrengungen wert, den Eindruck zu erwecken, dass man jetzt hier seinen Wohnsitz hat.

Und nun geht es auch der dritten Freiheit, der des Kapitalverkehrs, an den Kragen. Bisher glaubte man diese nur durch krause Ideen einiger Extremisten bedroht. In Wahrheit aber ist sie schon längst durch die konkrete Politik von Zentralbanken unterminiert. Das trifft insbesondere die großen, in Mitteleuropa tätigen Banken.

Denn immer mehr nationale Zentralbanken unterbinden es unter politischem Druck de facto, dass Kapital von einem EU-Land in ein anderes transferiert wird. Das hat katastrophale Folgen für die kreditsuchende Wirtschaft, aber auch die Ertragskraft einer Bank. Das ist auch deshalb besonders provozierend, da die österreichischen Banken ihre Mittelosteuropa-Töchter mit eigenem Geld gekauft haben.

Beispiel: Im Land A gibt es einen massiven Einlagenüberschuss, der nicht von Kreditnehmern in Anspruch genommen wird. Im Land B hingegen gäbe es Kreditnachfrage. Diese kann aber nicht ausreichend bedient werden. Das Geld darf auf Grund des Vetos der Zentralbank von A nicht mehr transferiert werden (was ja eigentlich der einzige Zweck einer interinational tätigen Bank wäre). Keine Bank kann es sich aber erlauben, ein solches Veto zu ignorieren oder gar zu umgehen, auch wenn dessen Rechtsqualität zweifelhaft ist.

Der EU ist das wurscht. Schließlich gelten spätestens seit den Gold- und Libor-Tricksereien einiger (durchwegs!) ausländischer Banken in Öffentlichkeit und damit Politik Geldinstitute  generell als Verbrecher und Betrüger. Dass jeder seriöse Ökonom nachweisen kann, dass genau durch solche Vetos der Wohlstandsgewinn durch die EU vernichtet wird, ist Medien und Politik hingegen egal.

 Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Es geht uns besser! Geht’s uns besser?

27. Dezember 2013 00:20 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Fast stündlich werden wir derzeit mit guten ökonomischen Meldungen überhäuft. In der Tat: Eine Reihe von Wirtschaftsindikatoren zeigt nach oben. Das ist anzuerkennen und Grund zur Freude. Das Jahr 2014 könnte tatsächlich besser werden als die letzten Jahre. Was dieses erhoffte Bessergehen aber wirklich bedeutet, vor allem, wie langfristig es halten kann, wird sofort wieder zweifelhaft, wenn man ein bisschen tiefer in die Daten geht.

Dennoch bleibt vorerst einmal ein gutes Zwischenhoch festzuhalten:

Nach mehr als fünf schlechten Jahren hat man große Sehnsucht nach solchen Daten und Informationen. Jede einzelne wird da verständlicherweise mit Freuden begrüßt.

Da fühlt man sich fast als Spielverderber, wenn man daran erinnert, dass wir in den letzten Jahren schon allzu oft Krisen-Ende-Botschaften gehört haben. Es ist aber unabdingbar, neben diese frohen Botschaften auch die viel weniger frohen zu stellen. Denn die sind genauso Faktum. Und sie sind vor allem langfristig wirksam.

  1. In allen Wachstumsanalysen und -prognosen liegt eine Weltregion immer an letzter Stelle. Das ist die EU. Mit anderen Worten: Selbst wenn es in Europa wieder ein wenig aufwärts geht, dann ziehen sämtliche anderen Kontinente dem in jeden Hinsicht alten Erdteil mit seinen vielen Fußmaroden links und rechts davon.
  2. Keine gute Nachricht ist das allzu rasche Steigen der Börsenindizes. Das klingt zwar gut, bedeutet aber eine deutliche Flucht der Menschen in für relativ sicher gehaltene Anlagen. Weil eine Beteiligung an einem Unternehmen handfest wirkt, weil man dem Bargeld immer weniger traut, weil man den Sparbüchern und den vom Staat wie ein Selbstbedienungsautomat behandelten Banken noch weniger traut, und weil man am allerwenigsten darauf baut, das der Staat nicht doch noch den von Rot und Grün geforderten Raubzug auf private „Vermögen“ beginnt.
  3. Die Inflation ist laut den offiziellen Berechnungen des Verbraucherpreises zwar niedrig geblieben, aber die Menschen in den relativ stabilen Ländern flüchten dennoch weiter in Betongeld: Die Immobilienpreise für halbwegs guten Lagen sind neuerlich binnen eines Jahres um satte zweistellige Prozentzahlen gestiegen. Freilich wird bei diesen Fluchtversuchen ignoriert, dass dieser drohende Raubzug gerade die Immobilienbesitzer mit Sicherheit als erstes treffen wird. Das zeigen etwa schon die Wiener Pläne für eine neue Infrastrukturabgabe, die nichts anderes bedeutet als ein Ausweichen der rotgrünen Steuererhöhungspläne auf die Landesebene, nachdem die Linke auf der Bundesebene damit nicht durchgedrungen ist.
  4. Österreich ist nach wie vor im Bereich des Pensionsantrittsalters fahrlässig untätig. Denn die in Aussicht gestellten Erhöhungen des „realen“ Antrittsalters werden wohl maximal zu einem Ausgleich der ständig steigenden Lebenserwartung beitragen. Jedoch nicht zu einer Reform des Systems. Für die Erhöhung des zu einer Stabilisierung einzig wirklich wirksamen gesetzlichen Antrittsalters (insgesamt oder speziell bei den Frauen) gibt es aber keinerlei Beschlüsse. Die müssten jedoch jetzt schon erfolgen, damit die auch vom Verfassungsgerichtshof verlangten langen Vorlauffristen zu laufen beginnen könnten. Daher wird die Regierung neuerlich die Jungen belasten (müssen), sobald sie merkt, dass die angepeilten Maßnahmen zu wenig greifen. Dabei liegt Österreich laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung beim Thema „Generationengerechtigkeit“ schon jetzt nur noch am blamablen 20. Platz unter 29 untersuchten Ländern.
  5. Da gehen etwa im Bereich der Gemeinde Wien trotz aller anderslautenden Versprechungen der Politik mehr Menschen denn je in Frühpension, und zwar tun sie das im Schnitt schon mit 54 Jahren. Das sind in erster Linie Kanzleibedienstete und nicht etwa Krankenschwestern und Müllmänner. Hier wie in vielen Bereichen zeigt sich, dass die angedrohten Erschwerungen der Frühpensionierungen viele Menschen schon vor Inkrafttreten dieser Erschwerungen aus dem Arbeitsleben treiben. Eine total perverse Skurrilität.
  6. Genaue Zuhörer haben es sehr wohl bemerkt: Die Pläne der österreichischen Regierung, 2016 ein Nulldefizit zu erreichen, sind durch die Beifügung des für die meisten Bürger kaum verständlichen Eigenschaftswortes „strukturell“ signifikant aufgeweicht worden. Diese Hinzufügung bedeutet, dass vor allem die gewaltigen Kosten, welche die einstige Kärntner Landesbank Hypo hinterlassen hat, nicht in die Defizitberechnung einbezogen werden. Und etliche andere Ausgaben ebenfalls nicht. Damit tut die Republik so, als ob es nicht der Steuerzahler, sondern der liebe Gott wäre, der Hypo&Co finanzieren müsste.
  7. Da sind selbst die Prognosen eines „strukturellen“ Defizits so optimistisch gestaltet, dass sie von der kleinsten schlechten Nachricht über den Haufen geworfen werden.
  8. In Österreich sind nach den Auswertungen eines gewerkschaftsnahen deutschen Wirtschaftsinstituts in der Periode seit 2008 und besonders im Vorjahr die Arbeitskosten so stark gestiegen wie in keinem anderen EU-Land. Das verringert stark die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Und unterscheidet sich total von der Entwicklung in Österreich und Deutschland zwischen 2000 und 2008. Damals sind in diesen beiden Ländern die Lohnkosten weniger gestiegen als in jedem anderen Land. Davon konnten die beiden Länder während der letzten Jahre, also in der Krise stark profitieren. Dieser Vorsprung wird seit 2008 verspielt.
  9. Auch in Deutschland schafft die neue Koalition alles andere als Zuversicht: Dort haben alle(!) Regierungsparteien teure Ausgabenprogramme insbesondere im Pensionsbereich durchgedrückt, so als ob das echte Nulldefizit schon erreicht wäre. Das heißt mit anderen Worten: Selbst die gegenwärtige europäische Konjunkturlokomotive Deutschland wird ihre Kraft verlieren. Dazu kommen die katastrophalen Auswirkungen der Energiewende, die nach den Konsumenten die Unternehmen würgen wird.
  10. Nur sehr große Optimisten glauben, dass die Amerikaner nach dem zarten Anfang auch den eigentlich dringend notwendigen kompletten Ausstieg der Notenbank Fed aus dem gegenwärtigen gigantischen Gelddruckprogramm verkraften könnten.
  11. In zahlreichen europäischen Ländern zeigen die Konjunkturprognosen nach wie vor nach unten. Darunter sind etwa die für Österreich besonders wichtigen Balkanländer Slowenien und Kroatien. Darunter ist insbesondere auch das europäische Schwergewicht Frankreich, das sich der Intensivstation immer mehr nähert, und das allen europäischen Ökonomen weitaus am meisten Sorge macht.
  12. Italien hat zuletzt zwar etliche Reformen durchgebracht, die aber insbesondere im Pensionsbereich viel zu schwachbrüstig waren. Und schon ruft das Land nach den alten Pseudomethoden, mit denen es sich in Lira-Zeiten immer über Wasser gehalten hat: Premier Letta verlangt europaweite Anstrengungen, um den „verflucht“ hohen Euro abzuwerten.
  13. In Portugal versucht die Regierung zwar tapfer immer wieder Reformen. So hat sie zuletzt beschlossen, Straßenbeleuchtungen zu reduzieren oder ganz abzudrehen. Die Reformbeschlüsse stoßen aber gerade in diesem Land ständig auf einen unwilligen Verfassungsgerichtshof, der regelmäßig Sparbeschlüsse kippt. Zuletzt tat er das etwa bei einem Gesetz, das die privilegierten öffentlichen Pensionen den privaten angleichen sollte (eine Regelung, die Österreich schon vor etlichen Jahren beschlossen hatte, was jetzt langsam Früchte einbringt).
  14. In Europa ist letztlich die deutsche Bundeskanzlerin ziemlich alleine geblieben, als sie verlangt hatte, dass zumindest für die Euro-Staaten eine strengere Finanzdisziplin künftig zur durchsetzbaren Pflicht werden soll.

Das alles waren jetzt nur die rein ökonomischen Fakten. Die werden in Europa durch die demographische Katastrophe, und speziell in Österreich durch die enormen Kosten der unproduktiven Arbeitsaufteilung zwischen Bund und Ländern, durch die Kuschelbildungspolitik der Unterrichtsministerin (mit den obersten Zielen: kein Durchfallen, keine Nachhilfe, keine Hausübungen) und durch die Massenzuwanderung von leistungsfernen Gruppen ins Wohlfahrtssystem zusätzlich weiter verschlechtert.

Daher ist es zwar durchaus legitim, sich an den kurzfristig positiven Ausblicken auf 2014 zu erfreuen. Es ist aber fatal, dass die österreichische, die deutsche, die europäische Politik all die negativen Signale gleich wieder zu ignorieren versucht.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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David Cameron hat recht

22. Dezember 2013 02:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

EU-Kommissare haben jedes Recht auf ihre Meinung. Sie können daher auch Mitgliedsstaaten das Verlassen der Union nahelegen. Warum auch sollte die Meinungsfreiheit nicht ebenso für Kommissare wie für alle anderen Europäer gelten? Nur sollten die Kommissare schon wissen: Sehr schlau ist es nicht, Großbritannien, also einem der größten EU-Länder, solche Vorschläge zu machen. Vor allem nicht wegen eines britischen Verlangens, das weit über die Insel hinaus populär ist. Und sie sollten es dann schon gar nicht tun, wenn der britische Premier mit seinen Forderungen eigentlich das wirklich Bewahrenswerte an Europa, also den Binnenmarkt, vor der in seinem Land, aber auch in ganz Westeuropa massiv aufbrandenden Anti-EU-Stimmung retten will.

Und am allerwenigsten sollten sie es dann tun, wenn dadurch eine schon in Gang befindliche EU-Austrittsbewegung noch mehr angefacht wird. Wenn es durch solche Äußerungen wirklich zum Zerfall der Union kommen wird, dann sind solche Hinausschmeiß-Kommissare und nicht etwa David Cameron hauptschuld daran.

Was will Cameron so Schreckliches, dass ihn die (ja schon oft durch ihren Linkspopulismus aufgefallenen) Kommissare Laszlo Andor und Viviane Reding zum Austritt auffordern? Dass sie Großbritannien als das „hässliche Land“ in der EU bezeichnen?

Cameron will erstens Zuwanderern aus anderen EU-Ländern während der ersten drei Monate in Großbritannien keine Arbeitslosenunterstützung mehr zahlen. Er will zweitens Obdachlose, die nur zum Betteln in sein Land gekommen sind, wieder verabschieden.

Wegen dieser Vorschläge sehen also die Luxemburgerin Reding und der Ungar Andor die „Freizügigkeit“ in Europa bedroht. Als ob irgendein EU-Gründer einst mit der Schaffung der Personenfreizügigkeit solche Auswüchse im Sinn gehabt hätte. Als ob es zu rechtfertigen wäre, dass man in ein anderes Land übersiedelt, um dort gleich Arbeitslosenunterstützung zu kassieren (die dort viel höher ist als daheim). Als ob die Freizügigkeit nicht für Arbeitnehmer und Unternehmer, sondern für Bettler und Obdachlose erfunden worden wäre.

Diese Attacke auf den derzeit fast einzigen handlungswilligen EU-Regierungschef kommt wohlgemerkt von der gleichen Kommission, die bisher peinlich herumgestottert hat, wenn Deutschland eine Ausländer-Maut auf Autobahnen einführt. Die schweigt, wenn Bulgariens Regierung offen und mit erpresserischen Methoden die Strafjustiz einsetzt, um Abgeordnete zu ihrer Unterstützung zu motivieren. Die schweigt, wenn auf dem Balkan teure Bus-Tickets mit dem erklärten Reiseziel österreichischer Asyl- und Wohlfahrts-Einrichtungen verkauft werden, wo die Insassen dann abgeladen werden. Die schweigt, wenn Frankreich mit Expresstempo auf den ökonomischen Crash zusteuert, der dann unweigerlich auch alle Euro-Haftungs- und Stützungsmechanismen zum Zusammenbruch bringen wird, die bei einem so großen Land wie Frankreich endgültig überfordert wären.

Durch diese Anti-Cameron-Äußerungen treibt die Kommission nicht nur den EU-kritischen Listen vor der Europawahl neue Millionen zu. Sie macht auch allen anderen Europäern zu deren Frust klar: Die Freizügigkeit habe Bettlern und Sozialtouristen zu dienen und die Wünsche der Bürger seien egal.

Das mag formaljuristisch schon in mancher Hinsicht richtig sein. Und jene Mitgliedsländer, die solcherart einige Bettler und Sozialleistungsbezieher exportieren wollen, werden sogar froh darüber sein. Aber genau solche Botschaften werden Europa ruinieren. Ist doch jetzt schon der Glaube an die EU bei allen Umfragen rapide geschmolzen.

Auf Dauer ist es noch nie geglückt, grob am Willen der Menschen vorbei Politik zu machen. In der Mehrheit der Länder lehnt die Mehrheit der Bürger jedoch solchen Sozialtourismus massiv ab. Mit einem Austritt Großbritanniens wird der Zerfall der EU zugleich irreversibel. Auf der britischen Inseln ist aber schon ein demokratischer Prozess Richtung Austritt in unaufhaltsamem Gang. Dieser kann nur noch gestoppt werden, wenn die EU gravierende Kurskorrekturen in der von Cameron angesteuerten Richtung vornimmt.

Es ist daher nicht nur unverständlich, sondern geradezu tragisch, dass das in der EU-Kommission nicht begriffen wird. Dass Retter Europas zu deren Feinden erklärt werden.

Manche werden nun entgegenhalten, es seien ja ohnedies nur ein ungarischer Kommissar (aus Ungarns einstiger linker Periode) und dessen Luxemburger Kollegin gewesen, die sich so geäußert haben. Das ändert aber nichts daran, dass ihnen kein anderer Kommissar entgegengetreten ist. Wer schweigt, stimmt zu. Das gilt hier noch mehr als anderswo.

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Ein peinlicher Start für Spindelegger – und jetzt auch noch die Hypo

20. Dezember 2013 01:11 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der neue Finanzminister hat in den ersten Tagen bewiesen, dass er sich mit dem Ressortwechsel nichts Gutes angetan hat. Er hat sich gleich mehrfach ordentlich blamiert. Und jetzt droht mit der Hypo die nächste Katastrophe – aus der sich Michael Spindelegger wohl nicht retten wird können.

Selbst die nicht gerade linke FAZ amüsiert sich schon über den ÖVP-Chef. Hat er doch im Fernsehen behauptet, dass er Österreich das Triple-A zurückgebracht habe. Davon weiß freilich außer ihm niemand etwas, auch wenn es im ORF unerwidert geblieben ist (Der ORF ist halt bei Interviews oft völlig blank, wenn etwas Unerwartetes gesagt wird; aber der Staatsfunk ist heute nicht das Thema).

Es geht um Spindelegger. Der Mann verzettelt sich so, dass er derzeit reihum bei allen wichtigen europäischen Terminen fehlt. Offenbar muss er vor Ort bleiben, weil ihm die ob seiner Personalentscheidungen konsternierte Partei auseinanderzubrechen droht.

Er fehlte nicht nur beim entscheidenden Treffen der europäischen Finanzminister, bei dem nach jahrelangem Ringen die europäische Bankenunion beschlossen wurde (ein Projekt von historischer Bedeutung – und historischer Gefahr). Er fehlte auch beim Treffen der Europäischen Volkspartei, wo es immerhin um deren Spitzenkandidaten für die EU-Wahl gegangen ist. Und bei dem Angela Merkel sehr wohl dabei war, obwohl auch sie so wie Spindelegger gerade erst neu angelobt worden ist – mit einem neuen heiklen Partner. Sehr zum Unterschied von Österreich, wo ja die alten beiden weiterregieren.

Noch peinlicher sind die seltsamen Kommentare, die der Finanzminister nun zu der erwähnten Bankenunion abgibt: „Damit werden künftig die Kosten für die Beseitigung von Bankenproblemen nicht mehr auf die Steuerzahler abgewälzt, sondern auf die Eigentümer.“ So Spindeleggers O-Ton – der aber ein völliger Unsinn ist.

Gewiss: Auch zahlreiche Sozialdemokraten und ORF-Redakteure haben ähnliche Blödheiten abgesondert. Aber jemand, der Finanzminister werden wollte, sollte es eigentlich besser wissen. Denn selbstverständlich sind bei allen „Bankenrettungen“ immer die Eigentümer als erste skalpiert worden. Denen ist nichts geblieben. Es sei denn, man hält den einen Euro, den die Bayern als symbolischen Kaufpreis von Österreich für die Hypo Alpe-Adria bekommen haben, für relevant.

Auch für die zweite verstaatlichte Bank, die Kommunalkredit, ist natürlich ebenfalls kein Kaufpreis bezahlt worden. Bei den Bankenrettungen ist es immer schon nur um das Geld der Einleger gegangen, noch nie um das der Eigentümer. Die waren immer als erste ihr Eigentum entschädigungslos los. Auch die Vorstände waren durch die Bank sofort draußen. Nur in der Rhetorik von Populisten aller Art werden ständig Bankeigentümer oder Vorstände gerettet.

Es geht immer nur um die Einleger. Bei deren Rettung kann es aber leider nicht nur um die relativ kleinen – also etwa bis 100.000 Euro – gehen, sondern es muss in vielen Fällen auch um die großen gehen. Denn keine Regierung der Welt kann es verantworten, dass Tausende gesunde Unternehmen bankrott gehen, nur weil ihr auf der Bank liegendes Geld über Nacht weg ist. Denn dann wären bei großen Banken auch Hunderttausende Jobs weg. Das alles sollten Spindelegger und Faymann endlich begreifen.

Jetzt haben sie beide – aber vor allem natürlich der Finanzminister – die Hypo am Hals. Da ist der Vergleich mit einem Mühlstein noch viel zu harmlos. Die Hypo ist weit gefährlicher als Spindeleggers bisherige Hoppalas. Bei der Hypo geht es um weit mehr Geld als bei allem, was im Koalitionsabkommen steht. Die Regierung und insbesondere der neue Finanzminister müssen aber nun in den nächsten Wochen Entscheidungen treffen, die eigentlich schon zu Zeiten von Josef Pröll getroffen werden sollten.

Spindelegger und Faymann werden sich dabei jedoch nach allen Anzeichen nicht für den einzigen richtigen Weg entscheiden, nämlich für eine Insolvenz der Hypo. Natürlich müsste Österreich auch in diesem Fall nicht nur die kleinen, sondern auch alle arbeitsplatzwichtigen großen Einleger retten. Nur so kann eine zerstörerische Kettenreaktion vermieden werden. Österreich müsste auch für einen Fortbetrieb der notwendigen Abläufe in Kärnten einspringen. Denn Kärnten geht ja fast automatisch mit der Hypo in die Zahlungsunfähigkeit.

Hingegen würden durch diese Insolvenz die dort noch immer üblichen Geldverbrennungsaktionen endlich gestoppt. Und vor allem: Österreich würde sich nur durch eine Insolvenz der Hypo rund drei Milliarden Euro ersparen, die Bayern noch immer für einen der Bank gegebenen Kredit zurückhaben will (obwohl das Land Bayern einer der Hauptschuldigen am Crash ist). Dieser Kredit aber wäre bei einer Insolvenz endgültig verloren.

Die Insolvenz würde also in Sachen Bayern und Kärnten dem österreichischen Steuerzahler viel ersparen. Ansonsten müsste er im Wesentlichen auch all das zahlen, was bei den anderen diskutierten Lösungen fällig wird. Daran ändert auch die Anti-Insolvenz-Kampagne nichts, die die Nationalbank jetzt offenbar im Auftrag der SPÖ fährt.

Die Insolvenz wäre gewiss ein nationaler wie internationaler Schock. Aber sie wäre ein kurzfristiger und heilsamer Schock. Und sie wäre für uns eindeutig die billigste Lösung.

Genau diese (nun von vielen Experten laut oder zumindest leise empfohlene) Insolvenz der Hypo ist übrigens schon vor mehr als vier Jahren hier an dieser Stelle empfohlen worden. Damals waren Finanzprokuratur und fast alle Medien freilich noch strikt dagegen, die heute ebenfalls, so wie internationale Gutachter, die Insolvenz empfehlen. Ausnahmsweise – auch wenn es ein wenig eitel anmuten mag – darf ich mich einmal selber zitieren, und zwar eine Tagebuch-Eintragung vom 30. November 2009 über die dann Tage darauf leider von der Republik übernommene Hypo:

„Für solche Fälle hat die Rechtsordnung an sich ein bewährtes und klares Institut: ein Insolvenzverfahren. Das wäre genauso wie im deutschen Fall Opel die einzig logische Konsequenz. Nur so werden künftig Firmen davon abgehalten, ähnlich riskant zu operieren (und Politiker, sich in die Wirtschaft einzumischen). Eine solche Insolvenz wäre im übrigen auch bei der Kommunalkredit eindeutig richtig gewesen.“

Aber Spindelegger und Faymann wagen wohl auch heute nicht das, was Pröll und Faymann schon 2009 nicht gewagt haben. Obwohl es eindeutig der relativ beste Ausweg aus einer katastrophalen Situation war und ist.

Womit wir wieder zurück bei Spindelegger sind. Er hat sich aus nur ihm bekannten Gründen das Finanzministerium angetan. Und daher wird die Schuld jetzt auch primär an ihm hängen bleiben. Selbst wenn er sich in den nächsten Tagen so weit einarbeiten sollte, um zu erkennen, dass die Insolvenz das Beste ist, wird er das niemals gegen seinen sozialdemokratischen Regierungspartner durchbringen. Und auf offene Konfrontation wird er keinesfalls gehen. Dazu hat sich Spindelegger in den letzten Tagen viel zu sehr an die SPÖ gebunden.

Und Faymann selber ist schon gar nicht der Mann klarer Entscheidungen. Ganz abgesehen von seinen Ratgebern, die außer immer-noch-mehr-Schulden-machen schon lange kein Rezept mehr kennen.

Daher hört man in der ÖVP schon hinter vorgehaltener Hand das intrigante Raunen: „Jetzt müssen wir uns halt wieder einen neuen Parteiobmann suchen.“ Spindeleggers einziges Glück im selbstverschuldeten Unglück: Es gibt weit und breit keinen, der überhaupt noch an diesem Himmelfahrtskommando interessiert wäre. Außer Reinhold Mitterlehner. Aber den wollen sich nicht einmal die verzweifelsten Rauner als ÖVP-Obmann antun.

Dabei stand Spindelegger nach der Wahl noch sehr gut da. Waren seine Stimmverluste doch deutlich geringer als erwartet. Und hat doch die SPÖ deutlich mehr verloren. Zwar haben ihn ORF und Krone am Wahltag zum Hauptverlierer stempeln wollen, nur um von dem Dämpfer für Faymann abzulenken. Aber das war leicht durchschaubar und daher wirkungslos. Spindelegger stand relativ stark da. Jetzt aber hat er sich binnen 14 Tagen höchstwahrscheinlich selbst gekillt. Erstaunlich.

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Wie viele absolut Arme gibt es in Europa?

14. Dezember 2013 21:44 | Autor: Andreas Unterberger

Anteil der "erheblich materiell deprivierten" ausgewählter EU-Staaten 2011 in Prozent

 

Erheblich materiell depriviert sind Personen, die vier von neun von der EU ausgewählte Merkmale aufweisen, wie etwa:

Dieser Wert sinkt in Österreich seit 20 Jahren stetig.

Lediglich durch von der Statistik Austria festgelegte nationale Indikatoren – wie etwa über 25 Prozent des Einkommens als Ausgabe für Miete oder Kreditraten – steigt der Anteil der Armutsgefährdeten in Österreich.

Quelle: Michael Hörl: Factsheet "Armut in Österreich"

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FN 539: Die Genossen drehen und wenden die Fakten, wie sie es brauchen

12. Dezember 2013 10:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das zeigen wieder zwei Äußerungen sozialistischer Spitzen-„Ökonomen“ im Abstand weniger Tage. Hier der SPÖ-Nationalbankpräsident Ewald Nowotny, dort Jacques Attali, einer der einflussreichsten Wirtschaftsexperten Frankreichs und Berater von Präsident Hollande.

Nowotny, ganz „zufällig“ ausgerechnet in der Endphase der Koalitionsverhandlungen, wo die ÖVP mit dem Versuch gescheitert ist, Nowotnys Genossen zu den notwendigen Reformen zu bewegen: „Die Rezession in der Eurozone ist zu Ende.“ Attali hingegen: „Wir sind noch weit von einem Ende der internationalen Wirtschaftskrise entfernt. Ich glaube sogar, sie wird sich wieder zuspitzen, zu schlecht ist der Zustand der amerikanischen und europäischen Wirtschaft.“ Da erübrigt sich jeder Kommentar. Außer dass alle Welt Attali glaubt und nicht Nowotny. Reformverweigerer sind die Sozialisten jedoch genauso in Frankreich wie in Österreich.

 

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Selbst die EU ist noch nicht ganz verloren

11. Dezember 2013 01:18 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten, selbst aus der EU, selbst von der heimischen Asylpolitik. Darob wollen wir heute die schlechten aus Europa (fast) ganz vergessen.

Die erste gute Nachricht: Das EU-Parlament hat nun schon zum zweiten Mal – wenn auch mit äußerst knapper Mehrheit – den Vorstoß der linken Volksfront abgelehnt, europaweit die Abtreibung einzuzementieren. Es waren die christdemokratischen Abgeordneten, also in unserer Diktion die „Schwarzen“, und es waren die in diverse Fraktionen zerstreuten rechtskonservativ-nationalen Abgeordneten, also auf österreichisch primär die „Blauen“, die diese Mehrheit zusammengebracht haben.

Das zeigt, wie wichtig es ist, selbst bei großer kritischer Distanz zur EU jedenfalls an Wahlen teilzunehmen – auch an europäischen, und auch wenn man an der Urne nur das jeweils kleinste Übel wählen kann. Nur so kann man Dinge beeinflussen.

Diese Notwendigkeit wird umso größer, wenn man die hetzenden Vokabel der Grünen Ulrike Lunacek nach der Niederlage der Linken hört: In ihrer Sichtweise sind die anderen, also die Abgeordneten der Parlamentsmehrheit, durchwegs „ultrakonservativ und reaktionär“. Und die sozialistische Antragseinbringerin Estrela sprach gar von „Schande“ und „Heuchelei“.

Linke Schimpf- und Hass-Diktion halt. Die ist ja bekanntlich für Rotgrün völlig normal, wenn sie einmal bei einer Abstimmung unterliegen. Welche Worte einem freilich für die Frau Lunacek und die Frau Estrela in den Sinn kommen, kann man hingegen gar nicht explizit schreiben. Denn sonst schicken einem die linken Häscher ja am Ende den Staatsanwalt an den Hals. Festzuhalten ist, dass jene Fraktion, der die Neos zugehören (wollen), neuerlich fast geschlossen mit Rotgrün mitmarschiert ist. Es wächst halt doch zusammen, was zusammengehört.

Die zweite gute Nachricht: Österreich hat gewagt, im EU-Finanzministerrat zusammen mit Luxemburg neuerlich die sogenannte Zinsbesteuerungsrichtlinie abzulehnen. Damit ist vorerst der Rest des Bankgeheimnisses gerettet, das ja bei dem mit dieser Richtlinie verbundenen automatischen Informationsaustausch zwischen den EU-Ländern endgültig Vergangenheit wäre.

Tatsache ist ja, dass die EU noch immer nicht die von Österreich als Vorbedingung für diese Richtlinie verlangten Vereinbarungen mit Steuerparadiesen in Drittländern getroffen hat. Tatsache ist auch, dass ein solcher Informationsaustausch – an Stelle von Pauschalzahlungen – eine gewaltige bürokratische Lawine auslösen würde. Trotzdem versuchen die anderen Länder immer wieder, diesen Richtlinienentwurf einzubringen.

Jedenfalls aber freut, dass sich Österreich doch traut, hartnäckig Nein zu sagen. Finanzministerin Fekter (die freilich diesmal wegen der Wiener Koalitionsverhandlungen gar nicht anwesend war) muss ja in dieser Frage seit Jahr und Tag geradezu imperialistischem Druck der großen EU-Länder standhalten. So formulierte etwa – ausgerechnet! – der italienische Wirtschaftsminister in hochmütigem Ton gegenüber den beiden Kleinen: „Wir vergeuden hier Zeit in Europa.“ Dabei weiß ganz Europa, dass in Wahrheit mit Italien selbst die meiste Zeit „vergeudet“ wird. Schafft das Land es doch seit Jahrzehnten nicht, seine Dinge in Ordnung zu bringen.

Und die dritte gute Nachricht: Acht der Votivkirchenbesetzer sind jetzt wegen Schlepperei in Untersuchungshaft gekommen. Dabei hatte man ja schon lange geglaubt, dass diese von Kommunisten und Caritas unterstützten Typen nicht nur die Kirche, sondern auch die Republik ungestraft und dauerhaft verhöhnen dürfen. Auf Kosten von Kirchenbeitrags- und Steuerzahlern.

Bei der Republik hat das offenbar doch Grenzen. Irgendwem ist dort nun doch aufgefallen, dass die Votivkirchen-Pakistanis reihenweise den selben Namen und das selbe Geburtsdatum haben (die Pässe werden ja auf Ratschlag der „Flüchtlings“-Helfer in aller Regel rechtzeitig weggeschmissen). Genauer gesagt: Das ist nicht „irgendwem“ aufgefallen, sondern ganz konkret der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Diese hatte es geschafft, die Zuständigkeit an sich zu ziehen. In Wien hingegen wäre das ja vermutlich noch auf zehn Jahre niemandem aufgefallen. Ganz zufällig natürlich.

Hinter drei so guten Nachrichten müssen heute die weniger guten zurücktreten (und die Trauernachrichten von den rot-schwarzen Koalitionsrunden erst recht, die vorerst aber nur den Charakter diffuser, fast stündlich wechselnder Gerüchte haben).

Eine der schlechten Nachrichten dringt ebenfalls aus dem EU-Parlament, und zwar aus dessen Innenausschuss. Dort wurde unter sozialistischer Führung eine lange Forderungsliste beschlossen, wobei alle Punkte auf das Gleiche hinauslaufen: Man will die Migration (in linker Diktion: die „Flucht“) Richtung EU deutlich erleichtern. Aber ein Ausschuss ist eben ein Ausschuss und seine Beschlüsse sind noch nicht Recht. Daher warten wir einmal ab.

Die zweite schlechte Nachricht hat einen serbischen Politiker als Quelle. Der Vertreter einer Belgrader Regierungspartei(!) hat geglaubt, mit einem geschmacklosen Foto Deutschland unter Druck setzen zu können. Dieses solle Serbien den Weg in die EU öffnen. Mit diesem Verlangen schickte der Mann Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Aufnahme einer deutschen Fliegerbombe aus dem Weltkrieg. Tiefer gehts nimmer.

Wenn Serbiens Regierung auf diesem Niveau angekommen ist, sollte man ihr im Gegenzug vielleicht ein Foto der durchlöcherten Uniformjacke von Franz Ferdinand schicken. Mit dieser hat ja bekanntlich etliches angefangen, was man in Serbien mehr verdrängt als in Deutschland den Weltkrieg . . .

 

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Mit Karas in die honorige Niederlage

06. Dezember 2013 14:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es war seit Wochen zu erwarten gewesen. Michael Spindelegger hatte sich mit Othmar Karas ausgesöhnt. Daher ist der jetzt halt EU-Spitzenkandidat geworden. (mit nachträglicher Ergänzung)

Nun, das ist natürlich Sache der ÖVP. Man hörte auch weit und breit nichts von interessanten Alternativen. Hatten die Parteien doch schon fürs Wiener Parlament oder (allem Anschein nach) auch für Ministerämter keine interessanten Persönlichkeiten gefunden. Noch weniger Interesse herrscht da an dem wenig attraktiven Pendelleben eines EU-Abgeordneten zwischen Wien, Strassburg, Brüssel und des öfteren auch Luxemburg. Und aktive Suche nach solchen Kandidaten wird sowieso keine betrieben, halten sich doch selbst bei schrumpfenden Parteien immer noch sehr viele für auserwählt.

Und ja, fast hätt ich es vergessen: Karas ist ein braver Mann.

Klar muss den Schwarzen freilich auch sein: Mit dieser Entscheidung wird die unvermeidliche Wahlniederlage noch deutlicher werden. Denn die Partei steht nicht nur im Negativsog der rot-schwarzen Handlungsunfähigkeit. Die Partei wird auch nicht mehr von dem (eigentlich gar nicht geplant gewesenen) Effekt eines emotionalisierenden Duells Strasser vs. Karas, also Pröll/Raiffeisen vs. CV profitieren können, wie bei der letzten EU-Wahl.

Vor allem aber hat sie sich mit Karas jetzt für einen hemmungslosen EU-Fanatiker entschieden. Karas war in den letzten Jahren ständig auf Seite jener, die immer noch mehr Macht, noch mehr Geld für die EU verlangt haben. Und das ist halt, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade das, wofür sich die Österreicher derzeit in langen Kolonnen begeistern können.

An der Anti-EU-Stimmung wird auch die erwartbare proeuropäische Gehirnwäsche im nächsten Halbjahr nichts ändern können, obwohl die EU-Propaganda aus allen Medien dröhnen wird. Dazu hat die EU durch maßlose Überregulierung, Political-Correctness-Diktate und vor allem die schweren Fehler in der Schulden- und Eurokrise viel zu viele katastrophale Ärgernisse gesetzt. Unter tatkräftiger Mitwirkung von Othmar Karas. Der sich in Deutschland schon abzeichnende große Erfolg der „Alternative“ wird daher zweifellos auch in Österreich stattfinden. Aber das alles ist ja Sache der ÖVP.

Nachträgliche Ergänzung: Ach ja, fast hätt ich es vergessen: Die ÖVP hat auch gleich einen neuen Generalsekretär. Nach dem schwachen Tiroler Rauch ist Michael Spindelegger damit jetzt sogar schon auf die Kategorie seines eigenen Ministerkabinetts abgesunken. Da muss bereits allerhöchster Belagerungszustand herrschen, wenn man sich so einigelt.

Der neue Mann – irgendwann wird man sich auch seinen Namen merken – hat wohl nur zwei Vorteile: Er wird erstens seinem Parteiobmann in keiner Weise gefährlich werden können (was ja in der ÖVP-Geschichte des öfteren der Fall war). Er kann zweitens, wie es schon bei seinem Protektor Sebastian Kurz einst der Fall gewesen war, niemanden negativ überraschen. Freilich sollte niemand glauben, dass die fehlenden Erwartungen an den neuen Generalsekretär automatisch die Wahrscheinlichkeit auf eine positive Wende erhöhen. Nur weil das dann bei Kurz passiert ist.

In Wahrheit bräuchte die ÖVP heute, wenn sie doch noch überleben will, einen wirklichen Dompteur, jemanden, der den auseinandergefallenen Laden noch einmal mit starker Hand zusammenpicken könnte. Falls das angesichts des heute in den Landeshauptmann-Sesseln dominierenden Hinterwäldlertums überhaupt noch möglich sein sollte.

Aber etwas Positives kann man – bei einigem Bemühen – dem neuen Mann doch abgewinnen: Er hat mit Philosophie und Wirtschaft etwas halbwegs Ordentliches studiert und wenigstens nicht Publizistik oder Politologie.

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Iran, die Atombombe und eine vage Hoffnung

01. Dezember 2013 00:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Wahrheit werden wir wohl erst in ferner Zukunft wissen: Hat der Westen wirklich erreicht, dass der Iran dauerhaft auf die nukleare Bewaffnung verzichtet? Oder haben sich die Iraner in den letzten Wochen durch geschicktes Taktieren erst recht den Weg dorthin eröffnet? Selbst heute sind noch viele Details rund um den Deal der Großmächte mit dem Iran unklar. Aber selbst diese Details können nicht die wahren Intentionen Teherans offenlegen.

Am klarsten und aufschlussreichsten ist die Beobachtung, wer NICHT am Verhandlungstisch gesessen ist: Israel, Saudiarabien und die EU.

Das Fehlen der EU wurde nicht einmal bemerkt, geschweige denn bedauert. Dabei reden EU-Politiker ständig davon, dass man eine 500-Millionen-Union geschaffen habe, die nun ebenbürtig mit den ganz Großen dieser Welt wäre. Dabei hat die EU heute schon zwei Präsidenten, eine eigene Außenministerin und Tausende eigene Diplomaten. Aber wenn es wirklich ans Eingemachte geht, gibt es diese EU nicht. Nicht einmal am Katzentisch.

Statt der EU wird Deutschland wichtiger

Am Verhandlungstisch mit Iran sowie den USA, Russland und China saßen hingegen die EU-Länder Frankreich (das sich dort zum Unterschied von seinem wirtschaftspolitischen Kollaps außenpolitisch positiv profilieren konnte), Großbritannien und Deutschland. Dieses ist als einziger der Gesprächspartner Teherans kein ständiges Sicherheitsratsmitglied. Berlin ist gerade durch die Teilnahme an den Iran-Gesprächen zum Unterschied eben von der EU der endgültige Aufstieg in den Kreis der Großen dieser Welt geglückt.

Auch Israel und Saudiarabien sind keine Sicherheitsratsmitglieder. Und sie sind für den Nahostfrieden noch viel wichtiger. Aber wenn man sie beigezogen hätte, hätte es dieses Abkommen nicht gegeben. Dann wären viel schärfere Bedingungen gestellt worden. Ja, dann hätte Iran wohl nicht einmal verhandelt.

Beide Staaten fühlen sich aber durch die Perspektive einer iranischen Atomwaffe existenziell bedroht. Israel hat schon längst eine solche Waffe, wenn auch nie offiziell zugegeben. Und Saudiarabien hat nach etlichen Anzeichen aus Angst vor Iran mit ihrer Beschaffung begonnen. Was Israel interessanterweise viel weniger zu stören scheint.

Die Saudis sind (zusammen mit den kleinen, aber reichen Scheichtümern) der große Rivale Irans am Golf. Sie sind die finanzstarke Schutzmacht der Sunniten, die ja mit den von Teheran unterstützten Schiiten in vielen Staaten des Nahen Ostens, insbesondere Syrien, Irak und Libanon, in blutige Kämpfe verstrickt sind. Werden sie den – vor allem amerikanischen – Zusicherungen trauen, dass man Irans Ambitionen jetzt gestoppt habe? Wohl eher nicht, auch wenn die Saudis viel ruhiger reagieren als Israel, das empört und besorgt aufschreit.

Was bewirkt globaler Druck?

Die Vergangenheit ist zwar leichter zu analysieren als die Zukunft. Aber auch die gibt keine eindeutige Antwort, ob die israelischen Ängste berechtigt sind. Es gibt positive wie negative Beispiele und Antworten auf die Frage, ob sich aufstrebende Mächte durch internationalen Druck von atomarer Bewaffnung abhalten lassen.

Auf der positiven Seite finden sich interessanterweise die gestürzten Diktatoren des Iraks und Libyens. Sowohl Saddam wie Gadhafi hatten eindeutig schon Massenvernichtungswaffen, aber beide hatten schon vor ihrem Sturz unter westlichem Druck darauf verzichtet. Was die Amerikaner aber im Fall Irak erst nach Saddams Sturz erfahren haben wollten.

Auf der anderen Seite hat sich Pakistan unbemerkt in den Besitz von Atomwaffen gebracht (was dann wieder Indien aktiviert hat). Noch dramatischeres Exempel ist Nordkorea. Dieses betreibt ein ähnliches Zuckerbrot-und-Peitsche-Spiel wie Iran in den letzten Jahren: verhandeln, Verhandlungen unter einem Vorwand abbrechen, lügen, schmuggeln, geheime Anlagen betreiben, Zugeständnisse gegen materielle Gegenleistungen machen, diese Zugeständnisse wieder zurückziehen.

Israel hat sicher recht: Es ist durchaus möglich, dass auch Iran dasselbe Spiel spielt wie Nordkorea. Iran erlaubt vorerst keineswegs unabhängige Inspektionen an allen unter Verdacht geratenen Plätzen. Es zerstört auch keine suspekten Anlagen.

Die iranische Bevölkerung wurde unruhig

Das Land ist aber dringend daran interessiert, wieder an seine vor allem in den USA eingefrorenen Konten heranzukommen und von Handelsrestriktionen befreit zu werden. Die wirtschaftlichen Schäden der Sanktionen sind schon enorm. Und das droht die Stimmung in Iran immer regimefeindlicher zu machen.

Extrem schwer ist freilich die Einschätzung, ob sich die iranische Führung jetzt in der sechsmonatigen Phase der Zurücknahme etlicher Sanktionen so gut mit Geld und strategischen Gütern eindecken kann, dass sie dann viel gelassener auf neuerlichen Druck zu reagieren imstande wäre. Bemerkenswerte Tatsache ist jedenfalls, dass die Wirtschaftssanktionen (an denen Österreich übrigens erst nach etlichen „freundlichen“ Hinweisen der USA mitgewirkt hat) im Gegensatz zu einer lange verbreitet gewesenen Meinung sehr wirksam gewesen sind.

Tatsache ist auch, dass Teheran es sich nicht so wie das steinzeitliche Nordkorea leisten kann, seine politischen Ziele ohne Rücksicht auf die darbende Bevölkerung zu verfolgen. Iran ist eine – auch im regionalen Vergleich mit arabischen und zentralasiatischen Nachbarn – hochentwickelte Nation. Daher hat der Terror der Revolutionsgarden und der noch im Mittelalter steckenden Mullahs viel engere Grenzen. Die Bevölkerung macht durchaus das Khamenei-Regime für die spürbare Verschlechterung ihrer Lage immer direkter verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Mehrheit der Menschen in Iran keine Einwände gegen eine atomare Bewaffnung ihres Landes hat.

Da geht es um nationalen Stolz – und der ist gerade in dieser Weltgegend ganz wichtig. Von den Indern bis zu den alten Griechen haben viele oft weit weg beheimatete Völker ja im Lauf der Geschichte schon einmal unerquicklichen Kontakt mit persischen Großmachtstrategien gehabt. Und diese imperiale Vergangenheit steckt heute noch in vielen iranischen Köpfen. Da bräuchte es gar nicht den kollektiven Hass auf die bösen "Zionisten".

Zumindest die Elite Irans weiß überdies auch: Im Weltkonzert sind nur atomare Mächte wirklich relevant.

Atomwaffen bringen Macht und Respekt

Das kann man etwa an Hand der Ukraine exzellent zeigen: Diese ist heute fast willenlos Erpressungen eines mächtigen Nachbarn ausgesetzt. In Washington oder Peking, in Paris oder London interessiert man sich hingegen herzlich wenig für das Land. Noch dazu da dieses von einer diktatorischen Clique der Oligarchen regiert wird.

Das war noch in den 90er Jahren ganz anders. Da wurde die damals genauso autoritäre Ukraine von allen genannten Mächten hofiert und respektiert. Aus einem einzigen Grund: In der Ukraine lagerten nach dem Zerfall der UdSSR viele Atomwaffen. Kiew zögerte zwar etliche Jahre, bis es schließlich dann doch alle an Russland überstellte. Es merkte aber sehr rasch: Nach dem Abzug der letzten Atomrakete waren viele der vorherigen Versprechungen vergessen. Und die Ukraine ein trotz ihrer Größe unbedeutendes Land.

Das haben viele Regierungen dieser Welt sehr genau registriert. Atommächte sind einfach mächtiger. Das macht die israelische Skepsis gegenüber der Ehrlichkeit Irans durchaus nachvollziehbar.

Dennoch sagen auch in Israel zumindest außerhalb der Regierung viele Experten ähnlich wie die Großmächte: Man müsse trotz berechtigter Skepsis alles versuchen. Man müsse den kleinsten Hoffnungsschimmer nutzen. Denn die Alternative wäre letztlich wohl ein Präventivkrieg. Einen solchen hat Israel durch – sehr gezielte – Leaks den Iraner auch immer wieder angedroht. Internationale Medien mit (scheinbar) unklaren Quellen haben detailliert berichtet, wie Israel den Mullahstaat durch einige überraschende Luftschläge entmannen könnte.

Mitteleuropäern, die einem Explosionsherd in Nahost geographisch viel näher liegen als die sechs Unterhändler, bleibt daher nur die Hoffnung: Dass Iran diesmal wirklich ehrlich spielt. Wissen können sie es nicht. Sie wissen nur: Nach wie vor ist für ihre Region keine Kriegsgefahr so relevant und bedrohlich wie die nahöstliche wie vor allem Israel vs. Iran.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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FN 528: Faymann, die Flugzeuge und die Asfinag

27. November 2013 15:00 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Hätten wir einen Bundeskanzler, der seine Gage wert wäre, bräuchte es zweifellos nicht erst der Aufforderung vieler Salzburger Bürgermeister mit dem Sozialdemokraten Schaden an der Spitze, in Sachen Luftraumsperre in Deutschland zu intervenieren.

Denn dem Salzburger Flughafen droht der Tod, und damit einem großen Fremdenverkehrsraum großer Schaden. Freilich: Ein Mann, der so wenig internationales Standing hat wie Werner Faymann, wird sich bei Interventionen schwer tun. Überdies kann man in Verhandlungen nie mit leeren Händen eintreten. Zu Salzburg würde es im logischen Gegenzug gehören, auch über die Pickerl-Schikanen der Asfinag und der Verkehrsministerin gegen deutsche Autofahrer im Raum Kufstein zu sprechen (freilich nur, falls man nicht Angst hat, dass die Asfinag dann zuwenig Geld für Inserate hat). Über die angebliche Ausländermaut auf deutschen Autobahnen braucht Österreich hingegen nicht zu sprechen. Denn die deutschen Vorstellungen (vor allem der CSU) sind so absurd, dass die EU gar nicht anders kann, als sie zu verbieten.

PS: Ein Regierungschef und ein Außenminister, die ihr Geld wert sind, würden auch nicht schweigend die gewaltige Erhöhung der Autobahntarife in Slowenien schlucken. Vielleicht könnte man es ja einmal auch im Interesse der Österreicher nutzen, dass in Wien wie Laibach die gleiche Partei den Regierungschef stellt . . .

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Wien und Innsbruck: Zwei Städte haben zu viel Geld

27. November 2013 00:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Durch zwei ganz verschiedene politische Aktionen haben die Bürgermeister der Bundeshauptstadt und der Tiroler Landeshauptstadt unbeabsichtigt eine unerwünschte Wahrheit zugegeben: In ihren Gemeindekassen gibt es im Gegensatz zum allgemeinen Finanznot-Gerede viel zu viel Geld.

Die Innsbrucker Bürgermeisterin Öppitz-Plörer (von einer Dissidentenliste aus dem vielschichtigen Tiroler ÖVP-Biotop) will das am Wochenende festgesetzte Burschenschafter-Treffen in ihrer Stadt im letzten Moment verhindern. Auch wenn das nicht unbedingt die Plattform ist, auf der ich meine Wochenenden verbringen würde, so ist doch klar: Es gibt keinerlei Rechtswidrigkeiten auf Seite der Burschenschafter, also keinen relevanten Grund der Absage.

Die gewohnheitsmäßige Gegendemonstration der üblichen linken Haufen kann in einem Rechtsstaat daran nicht das Geringste ändern. Das sollte auch der Bürgermeisterin klar sein. Ganz unabhängig davon, dass die Dame offenbar sehr launisch ist, wechselt sie doch alle paar Monate ihre Parteiverbindungen (sowohl in Innsbruck wie auch in Tirol). Und jetzt sitzt sie ganz auf dem Schoß der Grünen.

Oppitz-Plörer kann das Burschenschaft-Treffen jedoch nur durch einen Bruch des Vertrags der Veranstalter mit der „Congress und Messe Innsbruck GmbH“ erreichen. Die gehört zwar mehrheitlich der Stadt, aber damit in Wahrheit natürlich den Innsbruckern und nicht Oppitz-Plörer. Was die Dame offenbar vergessen hat. Freilich vergessen auch viele andere Politiker solche Zusammenhänge.

Da der beabsichtigte Bruch des Vertrags mit den Burschenschaftern eindeutig von der GmbH verursacht würde, muss diese bei einer Absage den Herrn mit den Narben im Gesicht jede Menge Schadenersatz (und eventuell auch Pönale) zahlen. Das aber zahlt nicht die Bürgermeisterin, sondern es zahlen direkt oder indirekt alle Innsbrucker.

Daraus kann man schließen: Erstens, dass Innsbruck noch immer zuviel Geld hat. Und zweitens, dass solche Geldverschwendungen wohl solange immer weitergehen werden, bis die Staatsanwaltschaft erkennt, dass solche Fälle verdammt nach Amtsmissbrauch sowie Untreue riechen. Was endlich handeln auslösen sollte. Erst dann wird den Politikern ihr populistisches Agieren ein wenig vergehen.

Die antifaschistischen Parolen sollte die Bürgermeisterin trotz all ihrer Anpassungsfähigkeit dem Gebrüll der linken Horden überlassen. Diese sind ja noch viel enger mit dem kommunistischen Totalitarismus verwandt, als es die Burschenschafter mit dem nationalsozialistischen sind. Daher gibt es keinerlei Gründe, mit den Demonstranten zu sympathisieren (außer für die Grünen, die haben ja dort ihre Wähler).

Freilich: Die Zeiten, da die Tiroler für ihr Rückgrat bekannt waren, sind ja leider schon lange vorbei.

Der zweite Bürgermeister, der um eine Verschwendung von Steuergeld kämpft, heißt Michael Häupl. Der Wiener Rathausboss erregt sich über die EU-Kommission. Diese hat nämlich schon mehrfach – bisher allerdings nur in anderen Städten – dafür gesorgt, dass der steuerlich geförderte kommunale Wohnbau nur wirklich sozial Bedürftigen zugute kommen darf.

Was ja absolut richtig und gerecht ist. Und man muss inständig hoffen, dass sich die Kommission bald auch mit der Eiterbeule der Wiener Wohnbaupolitik befasst. Es ist nicht nur ein Verstoß gegen das europäische Beihilfenverbot, sondern auch gegen den Anstand und gesunden Menschenverstand, wenn Wien gut betuchte Menschen wie etwa grüne Nationalratsabgeordnete auf Kosten der Allgemeinheit subventioniert.

Das ist zwar wohl keine Rechtswidrigkeit wie im Fall Innsbruck. Das bedeutet aber in finanzieller Hinsicht einen noch viel größeren Schaden. Das zeigt auch, dass die Existenz der EU und ihrer Binnenmarkt-Regeln durchaus sehr sinnvoll und positiv sein kann (was ja noch keine Rechtfertigung für die schweren Fehler rund um den Euro ist).

Das Gegenargument Häupls ist dürr: Dadurch gebe es eine „Durchmischung“ der Stadt. Mehr ist ihm nicht eingefallen. Das ist aber ein geradezu läppisches Argument.

Wetten, dass von Oppitz-Plörer bis Häupl nichts mehr zu hören und sehen sein wird, wenn dann eines Tages nach tausendfacher Geldverschwendung dieser Art auch hierzulande die Troika das Kommando übernimmt?

 

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Die gefangene Zentralbank auf dem Weg in den Abgrund

26. November 2013 00:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Europäische Zentralbank, die Herrin über den Euro, ist auf eine so schiefe Bahn geraten, dass sie auf dieser zwangsläufig immer weiter hinuntergleitet. Seit mehr als drei Jahren betreibt sie indirekt und direkt die Finanzierung der kranken Staaten. Und kann längst nicht mehr zurück. Alle offiziellen Aussagen, dass das jederzeit möglich ist, erweisen sich als leeres Gerede. Das ist in den letzten Stunden gleich zweifach klar geworden. Und zwar schockierender denn je.

Zum ersten gab es da ein Dementi von EZB-Chef Mario Draghi zu einem Bericht des „Spiegel“. Das Dementi war aber so gedrechselt, dass man als geübter Zuhörer daraus eine klare Bestätigung ablesen muss.

Der „Spiegel“ berichtet, dass Draghi die Berater des bei der EZB angesiedelten Systemrisikorates zu beeinflussen versucht hat. Diese wollen nämlich das, was die ökonomische Vernunft schon lange sagt: Dass Banken von ihnen gekaufte Staatsanleihen in gleicher Weise wie andere Kredite  behandeln muss, nämlich als Risikopapiere. Das ist spätestens seit den Vorgängen in Griechenland und Zypern (sowie nach vielen Pleiten von Nicht-Euro-Ländern) eigentlich logisch. Und jeder gesunde Menschenverstand müsste es als zwingend ansehen.

Dennoch haben die Euro-Staaten es bisher immer gezielt verhindert. Über die EZB, über die sogenannten Basel-Regulierungen. Müssten Banken bei den diversen Stresstests Staatsanleihen nämlich mit dem jeweiligen Risiko bewerten, würden erstens viele Banken-Stresstests viel negativer ausfallen. Und zweitens würden die Banken sofort viel weniger Staatsanleihen kaufen. Das wäre für die ständig Defizit machenden Staaten eine Katastrophe. Denn dann würden sie ihre Anleihen nicht mehr anbringen. Oder die Sparer würden sie ihnen nur zu viel höheren Zinsen abkaufen.

Eine unabhängige EZB würde und müsste unbedingt diese Interessen der diversen Finanzminister ignorieren und nur auf die Stabilität schauen. Wie es in Zeiten vor der EZB die deutsche Bundesbank und die österreichische Nationalbank getan haben.

Die EZB dementierte diesen Bericht. Aber sie tut das mit einem seltsamen Wortlaut: Draghi habe „keine Vorschläge abgeblockt“. Das ist ungefähr so geschraubt wie die Dementis des US-Präsidenten, dass er die deutsche Kanzlerin nicht abhöre und nicht abhören werde. Woraus – durch Barack Obama unwidersprochen – das Eingeständnis abzulesen war, dass die USA in der Vergangenheit sehr wohl Angela Merkel belauscht haben.

Draghi hat halt die EZB-Berater nicht „blockiert“ – was wäre das auch für ein unelegantes Wort für einen eleganten Italiener! –, sondern er hat sie zu einer Überarbeitung ihrer Vorschläge eingeladen. In dem Dementi steht vor allem kein Wort von dem, was eigentlich am Platz wäre: nämlich, dass Draghi für eine korrekte Risikogewichtung der Anleihen wäre.

Genau wegen dieser Bevorzugung von Staatsanleihen gibt es trotz heftiger Geldproduktion von neuen EZB-Euros heute in vielen Ländern eine schlimme Kreditklemme für die Wirtschaft. Seit 2010 ist in der Eurozone das Krteditvolumen um sechs Prozent gefallen. EZB wie Staaten beklagen diese Klemme auch lautstark. Was aber mehr als zynisch ist, da sie ja selber deren Urheber sind!

Und ausgerechnet diese EZB will jetzt zum obersten Aufseher aller großen Banken Europas werden. Dabei tritt - zusätzlich zu dieser Kreditbewertungsproblematik - ja auch noch ein weiteres Problem auf: So wie bei den Staaten ist auch bei den Banken eine Gleichbehandlung aller Institute in den 17 Euro-Ländern absolut unmöglich. Was den EZB-Job unmöglich macht.

Einer der nicht mehr bereit gewesen ist, diese betrügerischen Spiele mitzumachen, ist der frühere EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing. Womit wir beim zweiten Schock sind. Issing hat in einem offiziellen Interview mit mehreren Medien noch eine weitere gravierende EZB-Problematik klar gemacht. Das ist der diskriminierende Charakter der direkten Staatsanleihenkäufen durch die EZB.

Denn diese kauft ja nicht bei allen 17 Ländern Anleihen, etwa entsprechend dem Sozialprodukt, sondern primär bei den notleidenden. Gäbe es wirklich Deflationsgefahr, wie von manchen behauptet (Issing sieht sie übrigens nicht), dann müsste die EZB ein ausgewogenes Bündel von Anleihen aller 17 kaufen. Nur so könnte (auch laut dem Ex-Chefvolkswirt der EZB) eine Diskriminierung vermieden werden.

Was noch viel schlimmer ist: Diese Vorgangsweise des ständigen Kaufs von Anleihen kranker Staaten ist wohl vor einem Crash nicht mehr rückgängig machbar und wird immer weitergehen. Als Folge werden viele Regierungen bald im alten Trott und undiszipliniert wie einst weitermachen.

Issing wörtlich: „Ich kann mir zum Beispiel schwer vorstellen, dass die EZB sagt: Wir beharren auf einer tiefgreifenden Arbeitsmarktreform, die etwa in Italien politisch . . . gar keine Chance hat. Also ist die EZB damit Gefangener der Politik.“ Sie kann praktisch nicht mehr aus ihren Anleiheaufkaufprogrammen aussteigen. Denn: „Überlegen Sie einmal, was dann an den Märkten los wäre.“

Aber auf Leute wie Issing wird beim Weg in den Abgrund schon lange nicht mehr gehört. Warnte er doch auch heftig vor einer Bankenaufsicht durch die EZB.

PS: Die deutschen Koalitionsverhandlungen lassen befürchten, dass bald auch Deutschland so wie etwa Italien in kritische Stürme gerät. Gewiss ist da noch nichts fix. Aber dafür ist in Person des unsäglichen sozialdemokratischen Europa-Spitzenmannes Martin Schulz klar, wie man bei der neuen deutschen Regierungspartei denkt, und was uns bevorsteht: Der Mann will die "Banken rechtlich dazu verpflichten", das billige Geld anteilig an die Wirtschaft weiterzugeben. Da geht einem das Geimpfte auf: Zuerst stehen die Sozialdemokraten an der Spitze, wenn man die Banken zur Staatsfinanzierung "bewegt", und dann will man sie zwingen, die Kredite anderswo zu vergeben. Offenbar damit dann die Banken in jedem Fall prügeln und zum Schuldigen für etwas stempeln kann, woran die Politik ganz allein schuld ist.

 

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Schwarzer Hahn und rote Taktik

25. November 2013 01:20 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die SPÖ handelt klug, sich für die Verlängerung von Johannes Hahn als EU-Kommissar auszusprechen. Die Sozialdemokraten haben dieses Angebot in den letzten Tagen breit durchsickern lassen. Und sie erwecken damit den Eindruck, großzügig zu sein. In Wahrheit ist es aber sehr gute – freilich leicht durchschaubare – Taktik.

Denn erstens versuchen sie damit Druck bei der Verteilung der Ministerien aufzubauen. Sie signalisieren vor den Medien: Da müsse jetzt schon auch im Gegenzug einmal die ÖVP großzügig sein und manches akzeptieren. (Etwa eine Frau Heinisch-Hosek als Unterrichtsministerin: Womit ja Claudia Schmied durch eine inhaltlich ebenso radikale, aber politisch stärkere Person ersetzt würde. Was den Deal Pröll-Faymann, auf den der Niederösterreicher so stolz ist, total konterkarieren würde.)

Zweitens ist Hahn ein netter, immer schon großkoalitionär gesinnt gewesener Mensch. Er ist bisher in Brüssel kein einziges Mal kantig aufgefallen. Auch sonst nicht. Andere Kommissare äußern sich ständig und oft sehr eigenartig zu allem und jedem. Hahn nicht. Mit ihm riskieren die Sozialdemokraten also absolut nichts.

Drittens ist Hahn ja auch deswegen der SPÖ verpflichtet, weil diese ja einst eiskalt ihn statt des vereinbarungsgemäß von der ÖVP eigentlich nominierten Willi Molterer für Brüssel durchgesetzt hat. Da wird es auch bisher wohl schon das eine oder andere öffentlich unbemerkte Zeichen der Dankbarkeit gegeben haben.

Viertens versuchen die sozialdemokratischen Strategen mit der vorzeitigen Nennung Hahns der ÖVP den Weg abzuschneiden, einen alternativen Vorschlag zu machen, der den Schwarzen vielleicht mehr nutzen würde. So könnten sie die viel mutigere Maria Fekter nach Brüssel schicken. Michael Spindelegger will ja die von ihm aus unklaren Gründen verabscheute Fekter möglichst weit aus den Augen und aus dem Sinn haben.

Fünftens und vor allem: Damit kann die SPÖ elegant davon ablenken, dass zwei viel wichtigere europäische Positionen schon jetzt sehr links besetzt sind. Und weiter so besetzt bleiben sollen, ohne dass das zu einem politischen Geschäft wird: Das sind die beiden Richterposten in den von Monat zu Monat wichtiger werdenden supranationalen Gerichtshöfen in Luxemburg und Straßburg. Jeder von den beiden (der EU-Gerichtshof ebenso wie der Europäische Menschenrechtsgerichtshof) ist gesellschaftspolitisch weit relevanter und einflussreicher als die Kommission. Die Gerichtshöfe und vor allem die beiden dort tätigen österreichischen Richterinnen stehen dennoch seltsamerweise außerhalb des Scheinwerferlichts, in dem die Kommission ständig steht. Wenn auch nicht gerade Hahn selbst.

Eine sich und ihrer Wertebasis bewusste ÖVP müsste daher darauf beharren, dass zumindest eine der beiden Gerichtspositionen bei Ablauf der gegenwärtigen Periode bürgerlich besetzt wird. Selbst um den Preis einer Opferung Hahns als Kommissar.

Dasselbe müsste sie ganz parallel auch in Hinblick auf jene beiden innerösterreichischen Funktionen verlangen, die ebenfalls wichtiger sind als die meisten Ministerjobs: der ORF-Generaldirektor und der Verfassungsgerichtshof-Präsident. Einer davon müsste bei Freiwerden bürgerlich besetzt werden, wenn die ÖVP eine Koalition auf Augenhöhe erreichen will (auch der gegenwärtige VfGH-Präsident ist ja trotz seiner lange zurückliegenden bürgerlichen Wurzel seit langem ein den Sozialdemokraten treuer Diener).

Aber es wird natürlich weder das eine noch das andere geschehen. Denn angesichts des Totalverlustes juristischer wie medialer Kompetenz begreift die heutige ÖVP ja nicht mehr, dass die gestaltungsmächtigen Höchstgerichte zehnmal wichtiger sind als Ministerposten. Und selbst wenn die ÖVP das wider Erwarten doch verstehen sollte, würde sie sich diese gestaltungsstarken Funktionen um ein Linsengericht abkaufen lassen. Wirtschaftskammer oder Bauernbund haben ja sicher irgendeine Subventionsforderung liegen, die unbedingt abgetauscht werden muss . . .

 

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Den Schweizern ist das Geld wichtiger als Ressentiments

24. November 2013 16:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Schweizer haben bei drei Referenden gesellschaftspolitisch spannende Entscheidungen getroffen. Sie haben mit ihrem Votum – sowie mit der davorliegenden langen Diskussionsphase, die durchaus die Meinungen noch stark geändert hat, – neuerlich gezeigt: Die direkte Demokratie ist dem Populismus und dem Kurzfristdenken repräsentativer Modelle überlegen. Besonders eindeutig und klar war ihre Entscheidung gegen die Beschränkung von Spitzengehältern. Ihre Ablehnung solcher Beschränkungen stellt indirekt auch eine donnernde Ohrfeige für eine neue dumme Äußerung von Werner Faymann und den in Österreich grassierenden Populismus von Politik und Medien dar.

Die Eidgenossen haben mit einer rund zwei Drittel ausmachenden Mehrheit das rotgrüne Verlangen abgelehnt, die Gehälter von Spitzeneinkommen mit maximal dem Zwölffachen des niedrigsten Lohnes zu limitieren. Sie haben sich damit als weit klüger erwiesen als all die Schwätzer unter Linkspolitikern, Caritas-Funktionären, ORF- und Boulevardjournalisten, die sich gerne und regelmäßig darüber zu erregen verstehen, dass manche Vorstandsmitglieder weit mehr als dieses Zwölffache verdienen. Was eine große Ungerechtigkeit wäre.

Warum lehnen die Schweizer diesen oberflächlich gerecht klingenden Vorschlag ab? Die Bezieher von Supergagen machen samt Angehörigen ja nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung aus und sind auch noch dazu oft Nichtschweizer. Daher waren sie in keiner Weise selbst abstimmungsentscheidend. Sie sind natürlich auch anderswo in keiner Weise wahlentscheidend.

Folglich glauben oberflächliche Politiker, dass bei diesen Reichen ohne Probleme etwas zu holen wäre. Etwa auf der Linie des Satzes, den der berühmte sozialistische Umverteilungsphilosoph Werner Faymann erst am Wochenende in einem Interview wieder geäußert hat: "Wenn man nicht einfach mehr Schulden machen kann, muss man dafür sorgen, dass von seiten der Vermögenden ein höherer Beitrag geleistet wird."

Im Unterschied zu Faymann haben die Schweizer aber erkannt: Wenn auch nur einer dieser Vermögenden, einer dieser Supergagenbezieher samt seiner Infrastruktur, seinem Unternehmen ins Ausland geht, ist der Schaden für Arbeitnehmer und Staatshaushalt enorm. Er ist höher als der Nutzen für den Staatshaushalt durch das Schröpfen der anderen, im Land bleibenden „Reichen“. Auch die Bezieher von Niedrigstlöhnen haben nichts davon, wenn sie als Folge der Reichenvertreibung ihren Job verlieren.

Eine Annahme der Vorlage hätte zwar Ressentiments gegen die Reichen bedient. Aber ansonsten hätte sie sowohl eine substanzielle Einschränkung der privaten Freiheit wie auch einen Schaden für die staatlichen Kassen bedeutet. Diese Zusammenhänge sind übrigens auch dann relevant, wenn man in etlichen Fällen durchaus der Meinung ist, dass bestimmte Spitzenmanager nicht das Geld wert sind, das sie bekommen.

Sparsamkeit hat auch die beiden anderen Entscheidungen der Schweizer geprägt. Diese sind allerdings mit weit geringerer Deutlichkeit erfolgt als die Ablehnung des linken Eingriffs in privat vereinbarte Gehälter.

Die Schweizer haben zugleich eine Erhöhung der Autobahnmaut aufs Zweieinhalbfache abgelehnt. Sie zahlen lieber die wachsenden Autobahnkosten über das Budget als übers Pickerl. Wohl auch deshalb, weil sie dadurch bei einzelnen Straßenbau-Entscheidungen mehr Sparsamkeit erhoffen. Das überrascht aber dennoch, denn beim Pickerl müssen ja auch viele Ausländer mitzahlen, die bei den Steuerzahlungen fürs Budget ungeschröpft bleiben.  

Das ist für Österreicher natürlich erfreulich. Es ist aber auch interessant in Hinblick auf die deutsche Diskussion. Dort versucht ja gerade die CSU ein Modell zu erfinden, in dem nur die Ausländer zahlen müssen. Was aber zumindest bei EU-Bürgern so nicht möglich ist. Und für die paar Nicht-EU-Autofahrer zahlt es sich schon gar nicht aus. Denkbar ist aber ein Modell, wo in Kompensation für eine allgemeine Mautpflicht andere deutsche Steuern gekürzt werden.

Zurück in die Schweiz: Weniger erfreulich – aber ebenfalls von alemannischer Sparsamkeit geprägt – ist eine weitere Entscheidung der Stimmbürger:Sie haben Steuerbegünstigungen für Familien abgelehent, die ihre Kinder selbst erziehen. Das hilft zwar der Eidgenossenschaft beim budgetären Sparen. Das bedeutet aber eine anhaltende Ungerechtigkeit gegenüber Familien: Daheim betreute Kleinkinder kommen die Allgemeinheit ja viel billiger als jene Kinder, wo die Allgemeinheit für Horte oder Kindergärten (mit)zahlt.

Die familiäre Betreuung ist ja – bis auf bildungsferne Randschichten – auch qualitativ die viel bessere Erziehung für kleine Kinder. Dies hat man aber offensichtlich nur in einigen katholischen Kantonen in der Innerschweiz verstanden, nicht jedoch im Rest der Schweiz, wo neuerlich das Sparen wichtiger war.

PS: Der oben zitierte Faymann-Satz lässt übrigens auch allzu deutlich anmerken, wie sich der SPÖ-Chef ärgert, dass man heute „nicht einfach mehr Schulden“ machen kann. War das doch der Inbegriff der linken Politik seit Kreisky und Androsch, einfach jeden Wunsch dadurch zu erfüllen, dass man ständig „einfach mehr Schulden“ macht. So was Blödes auch, dass das nicht mehr geht. Böse EU, böse Finanzmärkte. Dass übrigens neben immer mehr Schulden machen und Reichenvertreiben noch eine dritte Möglichkeit besteht, will er einfach nicht begreifen. Die buchstabiert sich so, damit es vielleicht einmal auch die SPÖ begreift: S – P – A – R – E – N.

 

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Immer wieder die Deutschen

21. November 2013 14:28 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Sie sind und bleiben unverbesserliche Kriegstreiber! 1870/71 führen die ruchlosen Teutonen Krieg gegen Frankreich, das von einem (20 Jahre zuvor an die Macht geputschten) Friedensengel regiert wird; 1900 tönt der Kaiser anlässlich der Verabschiedung des Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstands in China: „Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“ Hunnen! 1914 stürzen die Deutschen die Alte Welt in eine katastrophale zweite Auflage des Dreißigjährigen Krieges. Kaum sind sie dafür mit Gebietsverlusten, Massenvertreibungen und Plünderungen gebührend bestraft, düpieren sie die Welt mit ihrem „Wirtschaftswunder“ (das mit den bescheidenen Marshall-Plan-Krediten übrigens wenig bis nichts zu tun hat).

Anno 2013 sind sie, zum größten Verdruss ihrer europäischen „Partner“ und ihrer transatlantischen „Freunde“, Exportweltmeister und brechen, den krausen Vorstellungen der Spitzenbürokraten der „Freunde“ zu Folge, schon wieder einen Krieg vom Zaun. Diesmal nicht mit MG42, Stuka und Sturmgeschütz, sondern mit wirtschaftlichen Mitteln. Alleinige Ursache des verheerenden Zustands, in dem sich Staatsfinanzen und Beschäftigungssituation der „Südstaaten“ befinden, ist demnach – wieder einmal – der „Deutsche Sonderweg“ (der darin besteht, zu arbeiten anstatt zu streiken). Das Säbelrasseln gehört eben einfach zur deutschen Natur…

Stand für die seriöseren unter den europäischen Staatsmännern einst die Idee von Markt und Freihandel als zukunftsträchtiges europäisches Friedensprojekt im Mittelpunkt, hat der Wind längst um 180 Grad gedreht: Für die Neobolschewiken der EU-Kommission ist Planwirtschaft Trumpf. Ganz im Sinne dieser Logik droht Olli Rehn, seines Zeichens Wirtschaftskommissar der EU, den Deutschen ein Verfahren an und will sie bestraft sehen – und zwar wegen seit Jahren zelebrierter „Exportexzesse“. Nicht etwa kollektiver mediterraner Schlendrian, Ineffizienz und Korruption stehen in der Kritik, sondern die als aufreizend empfundene (deutsche) Tüchtigkeit. Dafür könnte es am Ende sogar empfindliche Strafen setzen. Bastelstunde im Irrenhaus. Wer nach den Gründen für wachsende Politikverdrossenheit und EU-Skepsis sucht – hier wird er fündig!

Nun muss man allerdings wissen, dass Herr Rehn nicht nur Kommissar ist (was allein schon einiges darüber verrät, wes Geistes Kind er ist, denn anständige Menschen zieht es nun einmal nicht in die Politik – schon gar nicht nach Brüssel!), sondern auch Ökonom. Eine brandgefährliche Synthese! Bekanntlich wimmelte es ja auch in der selig entschlafenen UdSSR von an maßgeblichen Positionen tätigen Volkswirten. Die lichtvollen Höhen, zu denen diese die Wirtschaft ihres Landes führten, sind noch in lebhafter Erinnerung. Je mehr beamtete Ökonomen, desto mieser die Wirtschaftslage. Ein ehernes Gesetz. Euroland bildet da keine Ausnahme.

Herr Rehn stößt sich also daran, dass in der Mitte Europas tüchtig gearbeitet wird und alle Welt demzufolge auf Produkte „Made in Germany“ scharf ist. Das darf nach seiner, leider durchaus maßgeblichen, Meinung nicht sein. In der Tat exportiert die deutsche Volkswirtschaft deutlich mehr als sie importiert. Logische Folge ist ein beachtlicher Leistungsbilanzüberhang.

In einer freien Wirtschaft läuft es so: Wenn Betrieb A stärker begehrte Produkte herstellt als der mit ihm konkurrierende Betrieb B, wird letzterer Maßnahmen ergreifen (müssen), um seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Andernfalls verliert er Kunden und läuft am Ende Gefahr, Pleite zu machen.

In der Europäischen Union herrschen – nach den Vorstellungen der Zentralbürokratie – völlig andere Regeln. Hier sinnt man daher auf Mittel und Wege, dem leistungsfähigeren Wettbewerber möglichst viele Prügel vor die Füße zu werfen, um ihn wirkungsvoll daran zu hindern, zum Nutzen seiner Kunden tätig zu werden. Genau darauf laufen die Pläne des Kommissars hinaus. Deutsche Unternehmen sollen schlechter, unwirtschaftlicher und teurer arbeiten, nicht etwa alle anderen besser und kostengünstiger. Man sollte so viel Torheit nicht für möglich halten!

Der Vorwurf Herrn Rehns an deutsche Adressaten basiert offensichtlich auf einem tief verinnerlichten, planwirtschaftlichen Denken: Denn selbstverständlich sind die deutschen Exportüberschüsse keineswegs das Ergebnis einer von langer Hand geplanten Verschwörung ebenso bösartiger wie kriegslüsterner Krauts, sondern die Folge der Summe freier Entscheidungen aller Konsumenten auf den internationalen Märkten. Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Binnenmarktes geben viele von ihnen deutschen Produkten einfach den Vorzug vor allen anderen. Daran ist nichts verkehrt. Ende der Durchsage. Auf welche Weise und zu welchen Kosten von deutschen Betrieben produziert wird, geht (neben Eigentümern und Mitarbeitern) allein die Käufer der Waren etwas an. Brüsseler Geistesathleten vom Schlage Olli Rehns aber ganz sicher nicht!

Um zu begreifen, inwiefern etwa der griechischen Tsatsiki-Industrie oder französischen Froschzüchtern damit gedient wäre, wenn Brüssel deutsche Auto- oder Maschinenbauer dazu zwänge, ab sofort miese Produkte zu überhöhten Preisen anzubieten, muss man schon Kommissar sein. Ohne einen ausgedehnten Aufenthalt im sozialistisch verstrahlten Brüssel würde keiner auf die außerirdisch blödsinnige Idee verfallen, die strukturellen Probleme des „Club Méditerranée“ (inklusive Frankreichs) ausgerechnet dadurch lösen zu wollen, dass man die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie reduziert.

Dass die deutschen Bürger (namentlich die Sparer und Nettosteuerzahler unter ihnen) ihre Exporterfolge innerhalb der Eurozone letztlich aus der eigenen Tasche bezahlen, da die Rechnungen für ihre Lieferungen – etwa nach Griechenland - zu einem guten Teil nicht prompt beglichen, sondern langfristig, und zwar mutmaßlich uneinbringlich, kreditiert werden, ist wieder eine andere Geschichte – Stichwort „Targetfalle“.

Tatsache ist, dass die deutschen Verkäufe nach Übersee ein deutlich stärkeres Wachstum aufweisen als jene in Euroland. Wer sich also anschickt, die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Betriebe zu reduzieren, schädigt damit am Ende ganz Europa. Durch Bummelei bei der Arbeit, Frühpensionierungen, Streiks, „soziale Umverteilung“ und mittels als „öffentliche Investitionen“ getarnter, staatlicher Geldverbrennungsaktionen, wird die EU nicht weiterkommen. Von dem einstigen Ziel, dadurch zum „dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt“ zu werden, wie anno 2000 in Lissabon vollmundig angekündigt, ganz zu schweigen. Planwirtschaft funktioniert eben nicht. Weder in der UdSSR, noch in ihrem Nachfolgemodell namens EU.

Herr Rehn wäre daher gut beraten, wirtschaftsfeindliche linke Regierungen – wie jene Frankreichs – oder Griechenlands beamtete Kleptokraten, ins Visier zu nehmen, anstatt die vorbildlich arbeitenden deutschen Betriebe und deren Mitarbeiter…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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FN 524: Wie sich die EU täglich noch beliebter macht

20. November 2013 17:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

40.512 Euro muss Österreich Strafe zahlen. Täglich. Wir haben‘s ja.

Der Grund: mangelhafte Umsetzung der EU-Richtlinie über Erneuerbare Energiequellen. Offenbar sind der EU-Kommission die unzähligen Windmühlen noch lange nicht genug, welche Österreich verschandeln; und auch nicht die (Papier- und Nahrungsmittelpreise-treibenden) Biomasseanlagen; und auch nicht der Kollaps des Güssinger „Modells“; und auch nicht die zahlreichen (rechnerisch in unserem Klima völlig ineffizienten) Solarpaneele auf neuen wie alten Häusern. Tut nichts, Österreich wird bestraft. Dabei liegt der Anteil erneuerbarer Quellen am Energieverbrauch in Österreich an fünfter Stelle unter allen EU-Ländern. Und er ist mehr als doppelt so hoch wie im EU-Schnitt. Tut nichts, Österreich wird bestraft. Eigentlich muss man noch mehr als der EU-Kommission der heimischen Politik zürnen, den Textern einschlägiger Parlamentsresolutionen (aus allen Parteien!), den jeweiligen Umweltministern und deren Beamten, die Österreich immer auf besonders ehrgeizige Ziele verpflichtet haben. Sie wollten dadurch den Prügeln der diversen grünen Terrorvereine entgehen (die sie natürlich dennoch bekamen). Was wirklich zornig macht: Die Strafe für die Nichteinhaltung nichteinhaltbarer Selbstverpflichtungen zahlen nicht diese Schuldigen, sondern die Steuerzahler. Die sollten ihren Zorn daher nicht nur auf die EU richten, sondern – auch – auf Parteien und Minister, auf Beamte und Grünvereine.

 

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Bankenunion: Der nächste Schritt zum Abgrund

20. November 2013 00:49 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist derzeit das größte – und gefährlichste Projekt auf der Vorhabenliste der EU: die sogenannte Bankenunion. Das Projekt ist zumindest in Teilen so weit gediehen, dass es für die Politik kein Zurück mehr gibt. Denn diese will ja keinesfalls als blamiert dastehen. Was der Fall wäre, wenn einmal von ihr begonnene und weit vorangetriebene Projekte später als unsinnig und gefährlich erkannt und abgebrochen würden. Da macht man lieber mit dem Unsinn weiter.

Nun scheint es im Prinzip ja durchaus sinnvoll zu sein, wenn die internationale Kontrolle großer europäischer Banken verstärkt wird. Nationale Aufseher könnten allzu leicht nationale Rücksichten auf die heimischen Finanzriesen üben, manche internationalen Zusammenhänge übersehen.

Da muss man freilich schon die ersten Fragezeichen hinzufügen: Erstens, ist es nicht vielleicht sogar richtig, dass nationale Bankenkontrollore auch immer ein wenig mitbedenken, welche Konsequenzen ihre Maßnahmen haben? Und zweitens: Werden nicht auch europäische Aufseher situationsbedingt Rücksichten üben, wenn auch halt aus europäischer Sichtweise?

Jedenfalls richtig und sinnvoll ist es, wenn man sich mehr als in der Vergangenheit den Kopf zerbricht, was mit maroden Banken zu geschehen hat. Da sind in den letzten Jahren insbesondere in Österreich viele Fehler begangen worden. Die Frage ist nur: Wie macht man‘s besser? Durch mehr Bürokraten oder durch den Markt? Etwas anders oder zentralisierter zu machen ist ja noch keine Garantie für Besserung.

Formalrechtlich gilt bei Banken derzeit das normale Konkursrecht, erweitert durch die Einlagensicherung. Diese soll kleine und mittlere Sparer bis zu einer bestimmten Grenze schützen (was freilich immer nur solange geht, wie irgendwer in der Branche oder auf staatlicher Ebene zahlungsfähig ist).  

Ansteckung durch den Domino-Effekt

Da der Konkurs einer Bank schlimme Folgen auch für größere Einleger hätte, hat man sich in Europa zum Unterschied von den USA immer für politische „Rettungen“ entschieden. Heute freilich erkennen immer mehr Experten, dass der amerikanische Weg richtiger war, Lehman und Hunderte andere Banken in Konkurs zu schicken, aber den Dominoeffekt abzufedern.

Die europäische Vorgangsweise wird oft salopp mit dem Schlagwort „too big to fail“ bezeichnet. Die Intention: Durch das generelle Auffangen gefährdeter Finanzinstitute wird die Panik eines Bank-Runs vermieden. In einem solchen räumen alle Einleger binnen weniger Stunden ihre Konten ab, sobald das erste diesbezügliche Gerücht auftaucht. Was letztlich jede Bank umbringt.

Im Gegensatz zu einem verbreiteten Irrtum, sind auch größere Einleger aus sozialen und Arbeitsmarkt-Gründen oft sehr schutzwürdig, meist sogar noch mehr als Sparer. Sind die Großeinleger doch häufig durchaus gesunde Wirtschaftsbetriebe. Die wären samt Tausenden Arbeitsplätzen aber über Nacht kaputt, wenn ihre Einlagen bei der Bank weg wären. Diese Einlagen liegen ja dort nicht zum Vergnügen oder aus Gier (wie manchmal behauptet wird), sondern damit Rechnungen, Gehälter oder Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden können. Auch der Staat (Bund, Länder, Sozialversicherungen, Gemeinden und hundert andere staatlicher Organisationen) ist nur arbeitsfähig, wenn er unbesorgt größere Summen über Bankkonten bewegen kann.

Die Verhinderung von Domino-Effekten ist also im Prinzip absolut richtig. Und sie wird es auch sein, wenn plötzlich europäische Institutionen über eine Bankinsolvenz entscheiden. Die zentrale Frage ist nur: Ist es schlau, zur Vermeidung von Dominoeffekten auch gleich die ganze Bank zu retten?

Wichtig, wenn auch eigentlich nicht neu ist die nun fixierte Reihenfolge der Folgen einer Bank-Insolvenz für verschiedene Gruppen, die Geld in einer Bank haben. Dass als Erstes die Aktionäre haften, ist mehr als selbstverständlich. Auch bei der Hypo Alpe-Adria waren die Aktien Bayerns am Schluss nur noch einen Euro wert.

Ebenso sollten zum Vermeiden des erwähnten Domino-Effekts normale Einleger, also die Wirtschaft wie auch die ganz Vorsichtigen, so gut wie möglich geschützt werden. Das sind insbesondere Inhaber von Girokonten und Sparbüchern.

Das wirklich Positive an den europäischen Plänen betrifft die Zwischenklasse. Das sind die diversen Anlageformen zwischen dem vollen Risiko einer Bankaktie und der höchstmöglichen Sicherheit eines Sparbuchs (beziehungsweise Girokontos). Da wird nun klargestellt, dass diese Anleger künftig auch wirklich haften müssen: Das sind beispielsweise all jene, die eine Anleihe dieser Bank gekauft haben. Sie haben dafür ja auch mehr Zinsen kassiert als auf einem Sparbuch.

Das Risiko eines Anleihenkäufers war zwar rechtlich immer klar. Aber dennoch hat die Politik bisher bei Bank-Problemen meist die Anleihe-Gläubiger geschützt (außer in den Fällen Griechenland und Zypern). Für die Zukunft ist jedenfalls klargestellt: Auch eine Anleihe ist eine Risiko-Investition. Hoffentlich bleibt man künftig im Ernstfall auch wirklich bei diesem Prinzip.

Nur der Markt kann eine Lösung bringen

Was aber ist mit der Bank selber? Zusperren oder Retten?

Wenn ein Geldinstitut trotz Insolvenz weitergeführt wird – wozu entscheidungsfeige Politiker gerne tendieren –, dann laufen auch viele Kosten weiter: für Gehälter, für Gebäudemieten, für den Büroaufwand. Daher wäre oft das rasche und auch rechtlich eigentlich vorgesehene Zusperren günstiger. Die ausstehenden Forderungen (Kredite) werden dabei auf eine Bad bank übertragen. Diese hat einzig die Aufgabe, alle Forderungen bestmöglich Zugunsten jener, die beim Crash bluten mussten, zu verwerten.

Dem steht häufig das Gegenargument gegenüber: Wenn man eine Bank in Problemen zusperrt, dann gibt es keine Chance mehr, dass diese vielleicht wieder Geld verdient und den Schaden gut macht oder zumindest verringert.

Die Politik hat aber gar nicht deswegen Banken „gerettet“. Sie hat sich vielmehr vor der Aufregung gefürchtet, vor dem lauten Paukenschlag, den das Schließen einer Bank bedeuten würde. Sie wollte immer wieder Arbeitsplätze retten, was ja in jedem Fall das allerdümmste Argument ist. Die Politik fürchtet sich vor der Aufregung der Medien und der Reaktion der Wähler. Sie ignoriert aber die langfristigen Folgen einer Rettung, wie jetzt die Österreicher etwa am Fall Hypo Alpe-Adria sehen können.

Heißt das, jede insolvente Bank sollte zugesperrt werden? Nein, aber man sollte die Entscheidung dem Markt überlassen. Nur er kann in halbwegs sinnvoller Weise über die Zukunft einer maroden Bank entscheiden. Wenn der Kern der Bank gesund scheint, wenn diese halbwegs positive Perspektiven und Chancen hat, werden andere Banken oder Investoren die kranke Bank kaufen. Wenn sie das nicht hat, wenn es in einer Region ohnedies viel zu viele Banken gibt, dann wird niemand die Bank haben wollen. Dann ist das Zusperren sicher schlauer.

Aber genau der Logik dieser Markt-Entscheidung wollen nicht nur Regierungen, sondern auch die europäischen Bankenunion-Bastler entkommen. Und sie basteln daher eine unglaublich komplizierte und teure Maschinerie, die künftig die Banken regulieren soll. Diese wird aber scheitern. Denn eine politisch eingesetzte und daher massiv beeinflussbare Organisation kann nie gut beurteilen, ob die Weiterführung einer Bank eine reelle Chance hat oder nicht. Das kann nur – halbwegs – ausreichend, wer sein eigenes Geld riskiert. Politik und Bürokraten verstehen hingegen vom Bankgeschäft nichts.

Auch in Österreich hat sich die Republik zuletzt immer für eine Weiterführung einer Bank entschieden. Aber sowohl die Volksbanken-AG wie auch die Hypo Alpe-Adria sind alles andere als überzeugende Beispiele, dass der Staat als Eigentümer von Banken gut wäre. Wobei er es bei der ÖVAG allerdings nur zum Teil ist.

Die Volksbanken (die sich einst durch den Kauf der schon sehr proporzartig geführten Investkredit und Kommunalkredit in die Krise geritten haben) werden nur deshalb weniger kritisch in der Öffentlichkeit diskutiert, weil der Schaden lange nicht so groß ist wie bei der Hypo. Diese steht vier Jahre nach der Verstaatlichung noch viel deprimierender da. Sie ist (nach den katastrophalen Fehlern, der Großmannssucht von Provinzpolitikern und auch einigen kriminellen Handlungen in der Kärntner wie in der bayrischen Zeit) nach der Verstaatlichung 2009 erst recht ins Unglück geritten worden. Denn seither hat es aus lauter Angst und Vorsicht des staatlichen Eigentümers überhaupt keine unternehmerischen Entscheidungen an der Spitze der Bank gegeben. Was der allersicherste Weg zu einem negativen Ergebnis ist.

Entscheidungen stehen unter großem Zeitdruck

Zwei zusätzliche Probleme: Erstens, die Entscheidung, welchen Weg man geht, muss in jedem Krisenfall sehr schnell getroffen werden. Was die Sache noch problematischer macht. Egal, ob die Mitgliedsstaaten oder Europa sie treffen. Und zweitens: Entscheidungen sind immer auch mit Haftungen verbunden, mit dem Tragen von Verantwortung.

Wer haftet bei Fehlentscheidungen: Europa, die Europäischen Zentralbank oder doch wieder das jeweilige Land? Diese Haftungsfrage ist besonders schwierig, wenn die Verantwortungen, Kompetenzen und Entscheidungen in diffuser Weise zwischen Land und EU, zwischen EZB und Kommission aufgeteilt sind. Viele wollen mitsprechen, aber niemand will haften. Jetzt scheint es so zu werden, dass das Los von Großbanken letztlich durch EZB und/oder Kommission entschieden wird. Die Haftungen wollen die beiden Institutionen aber keinesfalls tragen. Die wollen sie auf andere abwälzen.

Dasselbe gilt genauso, wenn bei der Abwicklung einer Bank kein Fehler passiert, wenn also niemand haftet. Einen Schaden gibt es aber bei Insolvenzen dennoch fast immer (auch wenn man alle Anleihegläubiger heranzieht). Wer trägt ihn: Der jeweilige Staat? Der sogenannte Stabilitätsmechanismus ESM?

Wenn es der ESM sein soll – was sich derzeit abzeichnet –, dann sollten sich die Steuerzahler in den wenigen noch halbwegs stabilen Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Finnland und Österreich fest anschnallen. Dann werden zwei, drei Insolvenzen von Großbanken so gewaltige neue Summen erfordern, dass die Staaten trotz ihrer eigenen Überschuldung neues Geld in den ESM pumpen müssen. Die Insolvenzbanken hingegen werden höchstwahrscheinlich neuerlich primär aus jenen Ländern kommen, die direkt oder indirekt schon von Deutschland & Co unterstützt worden sind. Diesen öffnet sich damit ein neuer Weg, andere für ihren Kollaps zahlen zu lassen.

Das alles macht sehr skeptisch gegen die neue Bankenunion.

Einlagensicherung auch für Banken mit hohen Zinsen?

Noch gewichtiger ist die Frage der Einlagensicherung. Und zwar jetzt schon. Warum müssen andere Banken oder Sparkassen für ein anderes Institut geradestehen? Das gibt es in keiner anderen Branche, dass die Konkurrenz für ein Crash-Unternehmen haftet, auf dessen Geschäftsführung sie absolut keinen Einfluss hatten.

Was die Sache noch ärgerlicher macht: Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden ja vor allem jene Institute kollabieren, die mit hohem Risiko und aggressiv in den Markt hineingegangen sind, die höhere Zinsen gezahlt haben, die Wackelkredite vergeben haben. Jedes Gerechtigkeitsgefühl wehrt sich da dagegen, dass andere Banken, die niedrigere Zinsen zahlen, die besonders vorsichtig bei der Kreditvergabe sind, für die Einlagen bei der risikofreudigen Konkurrenz zahlen müssen. Diese hat ihnen ja schon vorher wehgetan, als noch Hoffnung bestand, dass die eingegangenen Risken nicht schlagend werden.

Jetzt aber will die Politik vieler Länder sogar noch einen Schritt weitergehen: Vor allem die Linksparteien hätten am liebsten, dass alle europäischen Banken gezwungen werden, crashende Institute irgendwo in Europa mit viel Geld aufzufangen, beziehungsweise zumindest sämtliche Einlagen in den Crash-Banken zu sichern.

Das ist absurd.

Einlagensicherung und Haftung kann nur auf freiwilliger Basis (wie beispielsweise unter den österreichischen Sparkassen) funktionieren. Also nur zwischen jenen Instituten, die zueinander Vertrauen haben; die sich an einen strengen Kodex der Vorsicht halten; die genug Eigen- und Risikokapital haben, um die allergrößten Risken abzudecken. Einzig dafür bräuchte es Aufseher und Regeln, die es in den Verbünden auch schon gibt.

Wenn aber auch die Politik eine Einlagensicherung abgibt (die dann eben aus den erwähnten Gründen für alle Giro- und Sparkonten gelten sollte), dann sollte das jedenfalls nur für jene Institute gelten, die sich freiwillig einer strengen Kontrolle unterwerfen, die keine über dem Marktniveau liegenden Zinsen vergeben, die ihre Risiken streuen.

Das wäre das entscheidende Prinzip. Denn für alle anderen aber sollte gelten: Sie können machen, was sie wollen. Aber jeder, der bei solchen Banken Geld einlegt, sollte wissen, dass da dann keine Steuerzahler, kein mithaftende Sektor dahintersteht. Dass man also ganz auf seine eigene Verantwortung agiert. Dass man keine Sicherheit hat, wenn man gierig hohe Einlagezinsen (etwa bei südeuropäischen Banken) kassieren will. Wer dort anlegt, spekuliert. Das ist kein Verbrechen. Das muss aber mit allen Konsequenzen, also Risken auch von der Politik völlig klargelegt sein.

Die europäische Politik geht jedoch andere Wege. Mit der – fast schon fix beschlossenen – Rekapitalisierung maroder Banken durch den „Stabilitätsfonds“ und mit der – noch von der CDU und Finanzministerin Fekter abgelehnten, aber sonst von der Mehrheit geforderten – europaweit gemeinsamen Einlagensicherung droht ein weiterer Schritt Richtung Abgrund. Dadurch werden erneut alle Europäer zwangsweise zur Hilfe für die Maroden herangezogen.

Gegen all diese Gefahren nimmt sich ein weiterer Schönheitsfehler der europäischen Bankenunion geradezu harmlos aus: Große Banken werden künftig europäisch kontrolliert, kleine und mittlere aber weiterhin national. Auch dadurch entsteht natürlich eine weitere überflüssige Zone an Reibereien, Unklarheiten und Umgehungsmöglichkeiten.

Fazit: Durch die europaweite Einlagenhaftung wie auch durch die ESM-Haftung für das Kapital von Banken wie auch durch europäisch diffundierte Haftungsstränge wird das Prinzip Verantwortung noch weiter unterminiert. Das aber ist für eine gesunde Wirtschaft das absolut wichtigste Prinzip.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Eine Justiz macht sich lächerlich

13. November 2013 13:32 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

5400 Euro hat eine niederösterreichische Richterin als Strafe wegen eines Flugblatts mit scharfer Buddhismus-Kritik verhängt. Damit hat sich neuerlich gezeigt, wie dringend die in den letzten Jahren eingeführten „Verhetzungs“-Paragraphen wieder eliminiert werden müssen. Denn diese führen (wider alle bei ihrer Einführung gemachten Beteuerungen) zu einer dramatischen Einschränkung der Meinungsfreiheit. Wie jetzt bewiesen ist.

Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt: Auch wenn die vom Angeklagten geäußerten Vorwürfe in Hinblick auf Gruppen um den Buddhismus tatsächlich stimmen, darf man sie trotzdem nicht äußern. Denn es gibt ja auch viele friedliche und durch nichts negativ auffallende Buddhisten. Eine unglaubliche Logik, die einem feudalen und totalitären Regime würdig ist. Die – beispielsweise – zu folgenden Konsequenzen führt:

Wir sind in des Teufels Küche gelandet. Eine außer Rand und Band geratende Justiz maßt sich voller Präpotenz an, Meinungs- und wissenschaftlichen Aussagen überprüfen zu können. Natürlich trifft das nicht automatisch jede Meinungsäußerung, aber man weiß nie, welche von der Justiz dann etwa wegen einer Denunziation herausgefischt wird. Genau das nennt man Willkür-Regime.

Das ist die schöne neue Welt der Political correctness, wie sie Rot, Grün und Pink erträumen (Natürlich nicht alle, es gibt sicher auch dort welche, die eigentlich noch die Meinungsfreiheit respektieren wollen . . .) und wo die Schwarzen solche Gesetze ermöglicht haben, sei es in der EU oder in Österreich.

Immer mehr Menschen sind überzeugt, dass am Ende der Monarchie deutlich mehr Meinungsfreiheit geherrscht hat als heute. Solche Judikate sind jedenfalls meilenweit von dem entfernt, was Ministerium und Politik bei der Einführung der „Verhetzung“ als Verteidigung gesagt hatten: Es würden ohnedies nur jene bestraft, die öffentlich dazu auffordern, dass eine Gruppe die Straße waschen muss. Davon ist das niederösterreichische Flugblatt meilenweit entfernt.

Eine rasch wachsende Zahl von Menschen spürt jedoch: Wir rutschen immer tiefer in den Vormärz. Wir wissen nur noch nicht genau, wann 1848 und 1867 kommen.

Was ein Richter oder Staatsanwalt denn tun solle, wenn die Politik diese Einschränkung der Meinungsfreiheit nicht zurücknimmt, wird mir bei Gesprächen mit Angehörigen dieser Berufsgruppen oft entgegengehalten? Die Antwort ist einfach: Nichts. Das ist allemal besser als Urteile, die problematische Paragraphen noch extensiv interpretieren. Und das ist ohnedies das, was manche (natürlich nicht alle . . .) in der Justiz ohnedies recht oft tun, wenn es nicht gegen christliche Aktivisten geht.

Und allen anderen rate ich, freie Meinungsäußerungen nur noch in Ländern wie den Niederlanden oder den USA zu machen. Dort ist die Meinungsfreiheit noch geschützt, selbst wenn man einen Blödsinn oder eine Geschmacklosigkeit äußert. Bei uns aber droht jetzt immer die Aktivität von Staatsanwälten und Richtern, die Meinungen auf ihre Korrektheit überprüfen.

PS: Ich habe – vermutlich zum Unterschied von Richterin und Staatsanwälten – Tibet selbst besucht und mehrmals den Dalai Lama interviewt. Ganz unbestreitbar ist der dortige Buddhismus eine atavistische und rückständige Religion, die meilenweit von Menschenrechten oder Demokratie entfernt ist. Woran auch der nette Dalai Lama nichts ändern kann. Dennoch bin ich ein vehementer Unterstützer des tibetanischen Anspruchs auf Selbstbestimmung. Als Volk, als Nation, aber nicht wegen einer Religion.

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FN 521: Nowotny, der bekehrte Sünder

11. November 2013 13:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist eine mehr als gute Nachricht – auch wenn letztlich das Gegenteil eingetreten ist.

Laut der immer seriös informierten „Financial Times“ hat der Gouverneur der  Nationalbank in der Vorwoche gegen die Zinssenkung der EZB gestimmt. Zusammen mit Deutschen und Niederländern hat er beim internen Votum der Europäischen Zentralbank diesen fast schon kriminellen Raubzug auf die Sparer zu verhindern versucht. Richtigerweise. Denn von der Zinssenkung profitieren nur die Schuldnerländer Südeuropas, die sich so auf Kosten der enteigneten Sparer billig refinanzieren. Das war zwar schon länger der Fall, ist aber jetzt noch krasser geworden. Das Gute daran: Damit hat sich der bisher vor allem feige Ewald Nowotny endlich offen an die Seite der anderen stabilitätsorienterten Länder gestellt. Er hat damit nicht nur mit den schuldengierigen Gewerkschaften gebrochen, sondern auch mit der von SPÖ-Chef Faymann begonnenen Allianz mit Frankreich. Nowotnys – hoffentlich dauerhafter – Haltungswechsel kann daher gar nicht hoch genug gelobt werden. Auch wenn er (vorerst) nichts gebracht hat.

 

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Das EU-Parlament auf griechischen Irrwegen

10. November 2013 01:35 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nachher sind immer alle gescheiter. Dieses alte Prinzip gilt überall – nur offensichtlich nicht bei EU-Parlamentariern. Diese haben jetzt eine Kommission gebildet, die das Verhalten der „Troika“ bei der Griechenlandaktion überprüfen soll. Die parlamentarischen Kommissare haben aber schon vor Abreise so große Dummheiten abgesondert, dass mit Sicherheit solche auch ihren Bericht prägen werden. Obwohl man nach fast vier Jahren eigentlich schon klüger sein sollte.

Lassen wir einmal die „Kleinigkeit“ beiseite, weshalb sich der Währungsfonds und die Zentralbank überhaupt vom EU-Parlament prüfen lassen sollen, unterstehen sie diesem doch in keiner Weise. Vergessen wir die „Kleinigkeit“, dass sich das EU-Parlament nie für die vor dem Crash passierten statistischen Betrügereien durch Griechenland interessiert hat, die ja eine Hauptursache der Katastrophenausmaße sind. Übergehen wir auch die weitere „Kleinigkeit“, dass die Parlamentarier reichlich spät das Thema entdecken, erst „ganz zufällig“ vor den EU-Wahlen.

Halten wir uns vielmehr nur an das, was der Österreicher Othmar Karas selbst schon vor Beginn seiner Griechenland-Tour verkündet (er hat ja dabei die zentrale Funktion eines Berichterstatters übernommen): „Wenn das EU-Parlament stärker eingebunden wäre, hätte es sicher keine Senkung des Mindestlohns in Griechenland gegeben.“

Da kann man nur sagen: Gott sei Dank haben die Populisten aus dem EU-Parlament in Sachen Griechenland nichts mitzureden. Denn sie begreifen offenbar nicht einmal die grundlegende Tatsache: Die Senkung der Gehälter war überhaupt das Wichtigste und Richtigste, was die Troika in Griechenland getan hat. Sind doch zwischen der Einführung des Euro und dem griechischen Crash 2010 die griechischen Gehälter um rund 30 Prozent schneller gestiegen als die deutschen. Da war es absolut zwingend, dass sie nun wieder um einen ähnlichen Prozentsatz sinken mussten.

Offenbar meinen jedoch Karas&Co, dass es gerecht ist, wenn osteuropäische Euro-Länder für Griechenland haften und zahlen müssen, bei denen der Durchschnitts(!)lohn niedriger ist als griechische Mindest(!)löhne. Zum Glück hat die Troika aber Experten entsandt und keine EU-Abgeordneten.

Das heißt nun keineswegs, dass das Verhalten gegenüber Griechenland richtig war. Aber den Hauptfehler haben Politiker selbst zu verantworten, griechische Minister und Wolfgang Schäuble an der Spitze. Sie haben 2010 nicht nur eine bis dahin eiserne EU-Regel gebrochen, das Verbot eines „Bailouts“ von einzelnen überschuldeten Mitgliedsländern. Sie haben vor allem durch Griechenlands Verbleib in der Eurozone die Sanierung der griechischen Schuldenpolitik langfristig viel schmerzhafter werden lassen als notwendig. Für die Griechen wie den Rest Europas.

Diese Entscheidung wäre in der Tat intensiv zu untersuchen. Aber nicht die Senkung der griechischen Löhne.

PS: Das Chaos im EU-Parlament hat sich übrigens auch bei der jüngsten Abstimmung zum Antrag eines Ausschusses gezeigt, ein Recht auf Abtreibung europaweit festzuschreiben. Dieser Antrag ist ja - zu Erleichterung vieler wertorientierter Europäer - vom Plenum wieder an den Ausschuss zurückgeschickt worden. Jedoch haben auch konservative Abgeordnete für seine Behandlung gestimmt. Wie etwa der nämliche Othmar Karas. Er war zwar angeblich gegen den Bericht, aber im Gegensatz zur Mehrheit für dessen Behandlung. Kennst Dich aus? EU-Parlament eben . . .

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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Heuchler, Netzwerker, Stichwortgeber – Mechanismen des medialen Furors gegen Ungarn

08. November 2013 12:38 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Ein gefundenes Fressen für Medien, vor allem deutsche und österreichische: Abgeordnete der rechtsextremen Partei Jobbik haben in der reformierten (calvinistischen) „Kirche der Heimkehr“ zu Budapest, somit an geweihter Stätte, eine Büste Miklós Horthys enthüllt, des „Reichsverwesers“ Ungarns zwischen 1920 und 1944.

In der Berichterstattung darüber ist weitgehend untergegangen, dass sich nicht nur Vertreter der Oppositionsparteien, sondern auch der Regierungspartei Fidesz – für westliche Medien Hort eines angeblich „wieder erstarkenden ungarischen Nationalismus“ nach dem Muster der Zwischenkriegszeit, oder gar des unseligen „Pfeilkreuzlertums“ – unmissverständlich von diesem Akt distanziert haben. Antal Rogán, Fidesz-Fraktionsvorsitzender und Bürgermeister des Budapester Stadtbezirks, in dem sich die Kirche befindet, nannte die Jobbik-Aktion eine Provokation, welche die Beurteilung Ungarns negativ beeinflusse, was sich sogleich medial bestätigen sollte.

Sein Argument, Fidesz habe sich deshalb der von den link(sliberal)en Parteien organisierten Gegendemonstration nicht angeschlossen, weil deren Abgeordnete zuvor ohne Skrupel mit Jobbik zusammen einen gemeinsamen Antrag im Parlament einreichten, ist in der Berichterstattung geflissentlich unterschlagen worden. Rühmliche Ausnahme: Stephan Löwenstein in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z).

Mediale Einseitigkeit respektive Unausgewogenheit punkto Ungarn hat Methode. Und sie ist denkbar einfach. Wenige Stichwortgeber liefern die Ingredienzien, welche im denk- und recherchefaulen politisch korrekten Mainstream-Journalismus zum Einheitsgericht Ungarn- bzw. Orbán-Herabwürdigung verkocht werden. So sprachen unlängst in Wien die Schriftsteller György Dalos und Rudolf Ungváry – beide ehemalige Dissidenten – sowie Kathrin Lauer, Budapester dpa-Korrespondentin, über die dortige politische Lage. Während Dalos – nicht zu Unrecht – „die Hasskultur“ in seiner Heimat beklagte und Frau Lauer einen „zunehmend aggressiven Tonfall von Seiten der Regierung“ konstatierte, redete Ungváry dem „Export des Faschistoiden in die EU“ das Wort.

Derlei greifen Medien begierig auf und intonieren, wie beispielsweise Michaela Kampl im Online-„Standard“ unter dem Titel „Ungarn baut um“, das Lied vom „Land, das unter Orbán auf dem Weg in eine am autoritären Horthy-Regime anknüpfende Diktatur“ sei. Dass Frau Lauer in ihrer Beurteilung den aggressiven Tonfall lediglich der einen Seite unterstellt, ist angesichts von Auftritten verbalradikaler linker Oppositionspolitiker verwunderlich. Im Übrigen widerspricht ihre Äußerung – ebenso wie mitunter ihre Handlungsweise als Berichterstatterin - auch dem von einer Agentur wie der dpa zu erwartenden Objektivitätsgebot.

Sie hätte auch auf die kaum weniger verdauliche Rabulistik hinweisen sollen, die „gemeinsame Auftritte“ der gänzlich zersplitterten Opposition kennzeichnete, als beispielsweise Anhänger des ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány, der jetzt eine chancenlose politische Randfigur ist, die Rede des aktuellen Sozialistenchefs Attila Mesterházy störten. Oder auf die zelebrierte „Enthauptung“ einer Orbán-Statue aus Pappmaché, was selbst linken Blättern wie dem früheren Partei- und jetzigen Anti-Orbán-Organ „Népszabadság“ zu unappetitlich schien. Und wovon man in hiesigen Medien naturgemäß nichts erfuhr.

Wenn es um Dalos’ Begriff der Hasskultur geht, so sollte man wissen (oder wenigstens medial zu wissen geliefert bekommen), dass dies keine jüngere, sondern eine in den 1990er Nachwende-Jahren wieder aufgegriffene, aus der Zwischenkriegszeit tradierte Erscheinung ist, angereichert mit polittraumatischen Erfahrungen der Magyaren während der kommunistischen Alleinherrschaft von 1947 bis 1989. Während die Rechte linke Gegner als „Erbe der Kommunisten“ oder „Diener fremder Herren” tituliert, rückt die Linke den nationalkonservativen Fidesz stets in die rechtsextreme Ecke und setzt die Regierungspartei mit Jobbik gleich.

In Erörterungen ausländischer Medien und Politiker kommen die Diffamierungen durch Linke indes weit weniger zur Sprache als jene von rechts der Mitte oder von ganz rechts außen. Und im Falle Rudolf Ungvárys muss man wissen, dass er – mit Paul Lendvai und György Konrád – zu den zügellosesten (und daher medial gefragtesten) Kritikern der Orbán-Regierung gehört; und wie dieser als netzwerkender Ungarn-„Experte“ gilt, der als einer der begehrtesten Stichwortgeber in der nicht gerade gefüllten Auskunftei für das Ausland wirkt.

Lobenswerte Regierungsinitiativen werden verschwiegen

Das wirkt sich samt und sonders auf das Erzeugen klischierter Verdikte der Art aus, Ungarn sei ein Hort des Antisemitismus, und die Regierung(sparteien Fidesz und christdemokratische KDNP) schau(t)en dem Treiben nicht nur zu, sondern unternähme(n) in der Absicht, politischen Terrainverlust an Jobbik zu verhindern, nichts dagegen. Verschwiegen wird, dass die Regierung Orbán sich weit mehr als ihre sozialistischen Vorgängerregierungen, die das Thema lediglich politisch instrumentalisierten, besonders in der Roma & Sinti-Problematik durch praktische Hilfen engagiert. Auch dass die Regierung Orbán seit ihrem Amtsantritt im Frühsommer 2010 nicht nur durch Erklärungen, sondern auch in Wort und Tat, also vor allem in gesetzlichen Regelungen, gegen antisemitische und minderheitenfeindliche Umtriebe einschreitet, bleibt ausländischen Medien-„Konsumenten“ weithin verborgen.

So sind Symbole beider Willkürherrschaften ebenso verboten worden wie Formen „uniformierter Kriminalität“, wofür bereits paramilitärische Gruppen zur Verantwortung gezogen worden sind. Das geschah beispielsweise bei bedrohlich-martialischen Auftritten der Jobbik-nahen so genannten „Ungarischen Garde(n)“. Ebenso hat die Regierungsfraktion die Leugnung des Holocaust strafrechtlich fixiert.

Durch diese Maßnahmen hat die Regierung Orbán zweifelsfrei bewiesen, dass sie bei der Verteidigung der Menschenrechte und der Würde der ethnischen sowie religiösen Gemeinschaften nicht von den in zivilisierten demokratischen Staaten geltenden rechtlichen Standards abweicht, sondern – im Gegenteil – verfassungsrechtlich schützt, was nicht überall auf der Welt, nicht einmal in Europa, der Fall ist.

Dennoch wird all dies kaum medial thematisiert. Dennoch reißt die internationale Kritik an der Politik Orbáns nicht ab. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. In verständlicher, rasch Fakten schaffender Hast, daher ohne Bedacht auf handwerkliche Sorgfalt, ist er mit seiner Zweidrittelmehrheit daran gegangen, seine eigenen Vorstellungen und die seiner Mitstreiter von der „richtigen Politik“ für das von den Sozialisten und ihren (seit 2010 aus dem Parlament verschwundenen) „liberalen“ Helfern an den Rand des Staatsbankrotts geführte Land durchzusetzen. Dabei ist es mitunter zu fragwürdigen, auch rechtlich angreifbaren Maßnahmen gekommen. Und damit bringt man viele gegen sich auf.

Es fällt auf, dass viel Kritik aus dem Nachbarland Österreich kommt, mit dem man sich – wie es allzu gerne heißt – in einem „Verschwägerungsverhältnis“ befindet. Von ungarischen Stichwortgebern (siehe oben) „aufmunitionierte“ Medien-Vertreter, die von Wien aus den mittel-osteuropäischen Raum beäugen, werden die oft unkonventionell getroffenen Entscheidungen in Ungarn ebenso begierig aufgegriffen und – meist ohne deren Wirkung abzuwarten – verdammt, wie von Interessengruppen aus Unternehmen und Banken mit (bisher gewinnbringendem) Engagement in Ungarn, deren Lobbyisten das Land in Brüssel und anderen Hauptstädten der EU anschwärzen.

Dabei fällt auf, dass eine gehörige Portion Heuchelei im Spiel ist. So etwa hinsichtlich der „Taschenverträge” – also zum Schein geschlossener Verträge über den Erwerb landwirtschaftlicher Flächen – gegen die die Regierung Orbán mithilfe eines neues Bodenerwerbsrechts einzuschreiten gedenkt. Was immer daran rechtlich problematisch und also nicht EU-konform sein sollte, in der (gewiss von Raiffeisen-Verband und Bauern-Lobby, somit der ÖVP, geförderten) medialen Entrüstung wäre zumindest der Hinweis angebracht gewesen, dass man diesbezüglich bei heimischen Schutzvorkehrungen vor ausländischem Erwerb ganz und gar nicht zimperlich war und ist. Unerwähnt bleibt dabei nämlich in aller Regel, dass in Österreich mittels restriktiver, gegen „Überfremdung“ abschottender Grundverkehrsgesetze der Bundesländer Tirol, Salzburg und Vorarlberg Regelungen eingeführt wurden, die es Ausländern faktisch unmöglich machen, landwirtschaftlich, mitunter auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu erwerben und/oder zu bewirtschaften.

Kritisierte Gesetze von Österreich abgeschrieben

Selbst der Erwerb von Grundstücken für den Hausbau, ja von Wohn-Immobilien insgesamt, fiel – vor dem EU-Beitritt, dann für eine Übergangsfrist, seitdem müssen alle Erwerber vor Erwerb fünf Jahre ihren Wohnsitz in Österreich gehabt haben – darunter, wovon, nicht nur wegen „räumlicher Nähe“, besonders Deutsche betroffen waren/sind. Aufgrund auch von Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof mehrmals modifiziert, entsprechen die heutigen österreichischen Regelungen dem, was an Neuem im ungarischen Bodenerwerbsrecht festgeschrieben ist. Beispielsweise, dass – wie übrigens auch in Deutschland ab einem halben Hektar (5000 m²) – landwirtschaftlicher Grund und Boden von einer bestimmten Größe in Österreich nur dann käuflich erworben, ja sogar „nur“ gepachtet werden kann, wenn sich Erwerber bzw. Pächter selbst im Inland als praktizierende Landwirte betätigen. In Österreich befinden darüber bei Anhörung der Landwirtschaftskammern die Grundverkehrsbehörden (in Deutschland die regional zuständigen Landwirtschaftsämter). Ausnahmen, wie sie fallweise beim Erwerb und Betrieb von Landwirtschaften durch Unternehmen/r aus Tirol bekannt wurden, dürften auch in anderen Bundesländern die Regel bestätigend sein.

An derlei Beispielen lassen sich mühelos weitere aufbieten. Da wäre etwa die Verfassungsgerichtsbarkeit, in Bezug auf die der Regierung Ungarns (nicht nur) in Österreich unterstellt worden ist, dieselbe einzuschränken, zu umgehen, ja sogar „abzuschaffen“. Da dem österreichischen Verfassungsrecht die Popular-Klage fremd ist, sollten sich hiesige Publizisten nicht anklagend darüber alternieren, dass Ungarn – übrigens mit Zustimmung des Verfassungsgerichtshofspräsidenten aufgrund kaum mehr zu bewältigender Fallzahlen – die zuvor bestehende rechtliche Möglichkeit unterband, dass jeder Bürger Anträge auf Überprüfung von Gesetzen stellen konnte, unabhängig davon, ob sie ihn träfen oder nicht. Tatsächlich kritikwürdig ist indes das neue ungarische Verfassungsrecht dort, wo die Prüfung von Gesetzen auf Verfassungswidrigkeit inhaltlich, also materiell, beschränkt worden ist.

Selbstverständlich gilt dies auch für die Strafbarkeit von Meinungsdelikten; was allerdings auch auf die österreichische (und deutsche) Strafverfolgung in Fällen von Meinungsdelikten im Sinne der „NS-Wiederbetätigung“ zutrifft, wofür die „Causa David Irving“ als ein(es von nicht wenigen) Beispiel(en) stehen mag. Und selbstverständlich ist auch der nachträgliche gesetzgeberische Eingriff in laufende Verträge rechtlich höchst frag- und kritikwürdig, wie er unter der Orbán-Mehrheit hinsichtlich der Fremdwährungskredite vorgekommen ist.

Ebenso heuchlerisch ist die medial befeuerte Wortmeldung des EU-Parlamentsabgeordneten Hannes Swoboda (SPÖ), der der Regierung Orbán – zu Recht – vorwarf, Befugnisse des Verfassungsgerichts dadurch auszuhebeln, dass sie mit ihrer Zweidrittelmehrheit für rechtswidrig erkannte Gesetze durch Aufnahme in die Verfassung vor neuerlichem Zugriff schützt. Heuchlerisch ist das deshalb, weil Swobodas Partei zu Zeiten großer Koalitionen mit Zweidrittelmehrheit (die natürlich längst nicht mehr gegeben ist) mehrfach Gesetze in den Rang von Verfassungsgesetzen gehoben hatte, um sie der Prüfung des Verfassungsgerichtshofs zu entziehen: Das Beispiel der „Wiener Taxiordnung“ zu erwähnen, die so im Interesse von Lobbyisten abgesichert wurde, mag genügen.

Sodann sei auf den ebenso heuchlerischen Aufschrei wider den rahmengesetzlichen Umgang mit Obdachlosen in Ungarn hingewiesen. Dort ist es Gebietskörperschaften verfassungsrechtlich gestattet, bei Strafandrohung das Nächtigen im Freien respektive den „Aufenthalt zum Zwecke der Lebensführung“ an bestimmten Plätzen zu untersagen. Von Susanne Scholl, der früheren Moskau-Korrespondentin des ORF, ist der angeblich „menschenverachtende Umgang mit den Ärmsten“ als „Missachtung von EU-Normen“ gebrandmarkt worden. Es bedurfte (wiederum) der F.A.Z. und des zurechtrückenden Hinweises ihres Österreich- und Ungarn-Korrespondenten Stephan Löwenstein auf vergleichbare Gebietskörperschaftsverordnungen mehrerer deutscher Bundesländer, sowie der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Korrespondentin Meret Baumann), um nicht nur darauf aufmerksam zu machen, dass in Österreich seit 28 Jahren schon eine gesetzliche Regelung in Kraft ist, wonach das Campieren im Freien verboten werden kann, sondern auch darauf, dass die österreichische Regelung der ungarischen weitgehend ähnelt.

Linke Skandale werden ignoriert

Schließlich hat man weithin in außerungarischen Medien schamhaft den jüngsten Sündenfall wider das sonst wie eine Monstranz hochgehaltene „journalistische Ethos“ verschwiegen. So galt die Kommunal-Nachwahl in der südungarischen Gemeinde Baja als eine Art Probelauf des unter Mühen gezimmerten linken Oppositionsbündnisses für die im Frühjahr 2014 anstehende Parlamentswahl. Es besteht aus Sozialisten und der (von Kurzzeitregierungschef Gordon Bajnai geführten) Bewegung „Együtt 2014" („Zusammen 2014"), aus vier Kleinparteien.

Wegen Manipulationsvorwürfen hatte die Wahl in Baja, bei der Fidesz knapp gesiegt hatte, teilwiederholt werden müssen. Unmittelbar nach dem wiederholten Urnengang hatte die Orbán-kritische Wochenzeitung „hvg“ auf ihrer Internetseite ein Video veröffentlicht, das angebliche „Beweise für wiederholten Wahlbetrug“ zeigte: Ein Mann verteilte an einige Roma – viele Bürger in Baja gehören dieser stärksten Minderheit des Landes an – jeweils 200 000 Forint (umgerechnet 670 Euro) und sagte ihnen für den Fall, dass sie und ihre wahlberechtigten Familienmitglieder für Fidesz stimmen würden, weitere Geldgeschenke und Brennholz zu. Sogleich prangerten Sozialisten-Chef Mesterházy und andere Oppositionspolitiker den vermeintlichen Betrug des Fidesz an und stellten ihn als Beispiel für „geplante Manipulationen bei der Parlamentswahl 2014“ dar. So weit so schlecht.

Bis hierher waren die Vorgänge nichtungarischen Medien des Berichtens und Kommentierens wert. Dass dann polizeiliche Ermittlungen zu dem Ergebnis kamen, dass das Video schlicht gefälscht war, die festgesetzten „Akteure“ angaben, im Auftrag des (mittlerweile zurückgetretenen) Kommunikationschefs der Sozialisten gehandelt zu haben und der Online-Chef von „hvg“ seinen Platz räumen musste, verschwiegen sie – mit Ausnahme (wiederum) der F.A.Z.

Fazit: Bevor man sich dazu hinreißen lässt, über Ungarn, seine Regierung, die sie tragenden Parteien und/oder „die“ Ungarn herzufallen, sollte man vor der eigenen Haustür kehren, Einflüsterungen irgendwelcher ungarischer Stichwortgeber (und Netzwerker) möglichst wenig Gehör schenken und – vor allem – sich dem medialen Mainstream entziehen und unvoreingenommen recherchieren. Dann wird man sicherlich zu ausgewogeneren Analysen und weniger vor Gemeinheiten triefenden Kommentaren/Urteilen über das Land kommen, dem wir maßgeblich den Einsturz der Berliner Mauer, den Systemkollaps des „real existierenden Sozialismus“ jedweder europäischen Provenienz und der Überwindung der Teilung Deutschlands – und damit Europas – verdanken.

Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist 

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Südtirol 2013: Unrecht verjährt nicht

08. November 2013 02:40 | Autor: Andreas Raffeiner
Rubrik: Gastkommentar

Wie heißt es so schön in den ersten beiden Zeilen der dritten Strophe der österreichischen Bundeshymne? „Mutig in die neuen Zeiten/Frei und gläubig sieh uns schreiten." Ob diese Zeilen auch für Südtirol gelten können? Der Verfasser dieser kleinen Abhandlung glaubt daran. Unrecht verjährt nicht. Der Einsatz für Wahrheit und der Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung muss als Kontrastprogramm zur Zugehörigkeit Südtirols zu Italien angesehen werden.

Wer das Unrecht als Recht ansieht und die Wahrheit aus Toleranzgründen verschweigt, macht sich mitschuldig, wenn es darum geht, nicht mutig in die neuen Zeiten frei und gläubig zu schreiten. Fürwahr war die Autonomie Südtirols vor vielen Jahren der gangbarere Weg, die realpolitisch richtigere Entscheidung. Aber in Zeiten der Krise zeigte Italien sein wahres Gesicht, nicht erst durch die Melkkuh-Politik in der Phase des „technokratischen" Ministerpräsidenten Mario Monti.

Nur ein friedlich vereintes Tirol kann als gerechte Lösung der Südtirolfrage angesehen werden. Die Summe des Denkens eines Volkes bestimmt sein Schicksal. Und wenn man den international hoch angesehenen und leider all zu früh verstorbenen Völkerrechtler Felix Ermacora zitieren darf, kann keine Macht der Erde einem Volk auf Dauer die Selbstbestimmung vorenthalten – auch Italien den Südtirolern nicht. Aber wollen und verlangen muss man sie.

Auf den rechten Augenblick zu warten ist eine Kunst. Nachdem die deutschen Oppositionsparteien im Südtiroler Landtag durch den Wähler politischen Aufwind bekommen haben, wäre die Chance da, aber höchstwahrscheinlich möchte man ja aus Loyalitätsgründen das friedliche Zusammenleben der Volksgruppen nicht aufs Spiel setzen. Man wird sehen, ob die Bekundung des Freiheitswillens der Schotten (hier durch ein Referendum im Herbst 2014), der Basken und der Katalanen auf Südtirol wirken werden. Darüber hinwegzusehen wäre sicherlich der falsche Weg.

Aber es heißt auch, dass nur die glücklichsten Sklaven die erbittertsten Feinde der Freiheit wären. Das heißt, dass nicht alles an Italien falsch oder zu beanstanden wäre. Aber es wäre gut zu wissen, weshalb die Tagespolitik der Apenninenhalbinsel immer wieder den Artikel drei des eigenen Grundgesetzes missachtet.

Darin heißt es, dass alle Staatsbürger die gleiche gesellschaftliche Würde haben und vor dem Gesetz ohne Unterschied des Geschlechtes, der Rasse, der Sprache, des Glaubens, der politischen Anschauungen, der persönlichen und sozialen Verhältnisse gleich sind.

Andreas Raffeiner (Jg. 1979), Diplomand aus Geschichte mit politischem und völkerrechtlichem Interesse.
Bozen-Innsbruck

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Die seltsamen Sorgen der Nomenklatura und ein echtes Problem

07. November 2013 02:40 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Es fällt immer schwerer, für die Bocksprünge der Brüsseler Spitzen wenigstens noch Spurenelemente rationaler Begründungen zu finden. Die pure Lust an der Ausübung ihrer Macht zum Ge- und Verbieten scheint mit den Damen und Herren Zentralbürokraten immer häufiger durchzugehen. Die Initiative zur Leistungsbegrenzung von Staubsaugern ist ein gutes Beispiel dafür. Nur zwei Erklärungen für diese haarsträubende Schnapsidee bieten sich an: Einerseits der völlige Mangel an Kenntnissen fundamentaler Prinzipien der Physik; anderseits die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass keiner der Urheber dieser Groteske jemals selbst mit einem Staubsauger gearbeitet hat.

Andernfalls wäre jedem von ihnen klar, dass ein leistungsstärkeres Gerät effektiver arbeitet und damit kürzere Arbeitszeiten ermöglicht. Als Besitzer eines kurzhaarigen weißen Hundes sowie einiger dunkelroter Teppiche und zugleich deklarierter Freund der Sauberkeit, betrachtet sich der Autor dieser Zeilen als einschlägigen Experten: Mit geringer Saugleistung ist es beinahe unmöglich, jedenfalls aber mit erheblichen zusätzlichen Anstrengungen verbunden, die wie Nadeln im Teppichflor steckenden Hundehaare zu entfernen.

Mein kürzlich erworbenes 2000-Watt-Gerät dagegen schafft das in kürzester Zeit mühelos. Es besteht, wovon sich jedermann jederzeit praktisch überzeugen kann, ein linearer Zusammenhang zwischen der Leistungsaufnahme eines Staubsaugers und der aufzuwendenden Einsatzzeit, um eine gegebene Fläche zu reinigen. Doppelte Leistung = halbe Einschaltzeit. Das bedeutet eine neutrale Energiebilanz und damit die Unmöglichkeit, durch verringerte Geräteleistung Strom zu sparen.

Auch das Argument, durch behördliche Auflagen würde der industriellen Innovation auf die Sprünge geholfen, ist an Putzigkeit kaum zu überbieten. Klar, jene Kreaturen, die ja gerade deshalb Bürokraten und nicht etwa Produktentwickler geworden sind, weil sie jeglicher Kreativität, konstruktiver Phantasie und Bereitschaft zum Dienst am Bürger/Konsumenten ermangeln, braucht es, um den Fortschritt voranzutreiben. Ganz bestimmt!

Wie dem auch sei: Das Ziel der (selbstverständlich im Hinblick auf den zunehmend pathologische Züge annehmenden Klimarettungskult) angestrebten Energieeinsparung ist durch die Reduktion der Leistung von Staubsaugern nicht zu erreichen. Über die Regelung von Duschkopfgrößen und die Begrenzung der Wassermenge pro Toilettenspülung wird von der Nomenklatura ebenfalls intensiv nachgedacht – was besonders in Ländern wie Österreich ungemein viel Sinn haben wird, wo 80 Prozent des zur Verfügung stehenden Wassers ohnehin ungenutzt – im wahrsten Sinn des Wortes – den Bach runtergehen. Herr, bitte lass nicht nur Wasser, sondern auch Hirn regnen – bevorzugt über dem Berlaymont!

Müßiggang ist bekanntlich aller Laster Anfang. Auf den real existierenden Irrsinn der EUdSSR übertragen: An Nutzlosigkeit nicht zu übertreffende Schreibtischtäter haben – in totaler Ermangelung produktiver Aufgaben – ganztägig Zeit, sich den Kopf darüber zerbrechen, auf welch trickreiche Weise sie die Freiheit von 500 Millionen Europäern weiter beschränken. Im Gegenzug dazu können sie ihre eigene Macht noch stärker ausdehnen.

Die Staubsauger-Initiative ist nur der Anfang. Wird der Gedanke konsequent weitergedacht, ist der Tag nicht mehr allzu fern, an dem absolute Leistungsbegrenzungen für den Strombedarf privater Haushalte verfügt und durchgesetzt werden. Das (einst schon von Bruno Kreisky propagierte) Nassrasieren wird zur unbedingten Pflicht werden. Der zeitgleiche Einsatz von Bügeleisen, Kühltruhen, elektrischen Rasenmähern und Fernsehern und einer einigermaßen akzeptablen Beleuchtung wird dann technisch unmöglich gemacht sein. Eine Wahl oder ein Ausweichen wird es für den gemeinen Untertanen des EU-Molochs nicht mehr geben. In Nordkorea ist man schon so weit. Die Alte Welt ist auf dem besten Weg dahin…

Über die Aufregung angesichts all dieses sagenhaften Unfugs drohen die wahrhaft besorgniserregenden Entwicklungen gänzlich übersehen zu werden. Besonders alarmierend erscheint die seit Jahren drastisch sinkende Sparquote in der Alpenrepublik. Lag diese vor einigen Jahren noch bei über zehn Prozent des verfügbaren Einkommens, ist sie nun auf unter sechs Prozent gesunken. Manche „Experten“ entblöden sich nicht, diesen Umstand auch noch regelrecht zu bejubeln, da dadurch der Konsum – und damit die Konjunktur – angetrieben würde. Klar, durch Konsum wird man reich, während man durchs Sparen verarmt – das liegt doch auf der Hand, oder?

Die Wahrheit hängt indes nicht davon ab, was die Hauptstrommedien kolportieren – und schon gar nicht davon, was linke Wirtschafts„wissenschaftler“ (die gewissenlosen Herolde und Apologeten einer absolut verantwortungslosen Schuldenwirtschaft) von sich geben. Denn wahr ist: Konsum mindert den Kapitalstock. Anders herum: Was heute nicht gespart wird, steht morgen für Investitionen nicht zur Verfügung.

Keine oder zurückgehende Investitionen bedeuten abnehmende Kapitalproduktivität. Im Klartext: Steigende Konsumausgaben bei sinkender Sparneigung zu bejubeln, offenbart die totale Verinnerlichung dessen, was der liberale Ökonom Guido Hülsmann als „Inflationskultur“ bezeichnet. Denn ausschließlich die aus dem Konsumverzicht resultierende Bildung von Ersparnissen bietet die Möglichkeit zur schuldenfreien Schaffung von Realkapital, das die zukünftig verfügbaren Einkommen und den Wohlstand der Gesellschaft sicherstellt. Wer dagegen sein Einkommen nicht zum Teil spart, sondern vollständig verkonsumiert, später aber dennoch Investitionen tätigen möchte, entscheidet sich damit langfristig für den Weg in die Schuldknechtschaft.

Ob die Erklärung für die sinkende Sparneigung primär in der Einsicht großer Teile der Bevölkerung besteht, dass das Geld, dank der moralfreien staatlichen Geldpolitik, zunehmend an Kaufkraft verliert und Sparen daher tatsächlich reale Verluste bedeutet, oder ob die stetig wachsende fiskalische Enteignungsquote dazu führt, die realen Einkommen derart zu erodieren, dass zum Sparen schlicht nichts mehr übrigbleibt, ist letztlich unerheblich.

Es ändert sich dadurch nichts an der mittel- bis langfristig zu erwartenden Folge der sinkenden Sparbereitschaft: Der kollektiven Verarmung der gesamten Volkswirtschaft. Dafür bedanken dürfen sich sämtliche Betroffenen nicht bei den zu Sündenböcken erklärten, herzlosen „Spekulanten“ oder ausbeuterischen Unternehmern, sondern bei jener ehrenwerten Gesellschaft, die in Staatskanzleien und Zentralbanken seit Jahrzehnten damit beschäftigt ist, den Weg ins (nicht nur wirtschaftliche) Chaos zu pflastern…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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FN 519: Europäisches Morgengebet: "Und was verbieten wir heute?"

05. November 2013 00:31 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Vor den EU-Wahlen werden die regulierungswütigen Menschen in der Brüsseler Kommission von immer heftigeren Fieberschüben geplagt.

Verbieten, verbieten, regulieren, regulieren. Das ist in der heutigen EU die zentrale Devise. Jene EU-Beamten und Politiker, die einst die EU als Vorkämpferin der Freiheit groß gemacht haben, scheinen in Brüssel allesamt schon hinausgemobbt worden zu sein. Jedenfalls kommen jetzt die Verbotswünsche im Staccato-Tempo – offenbar spürt man schon, dass bei den EU-Wahlen die verbotsgierigen grün-rot-gelben Linksparteien einen kräftigen Deckel bekommen werden. Nach Glühbirnen und Duschköpfen haben daher die Eurokraten in den letzten Tagen auch den leistungsstarken Staubsaugern und den Mist- und Plastiksackerln den Kampf angesagt. Gewiss: Der Plastikdreck in den Meeren ist ein echtes Problem – nur landen österreichische Sackerln mit Sicherheit nicht im Meer, sondern im Müll, meist sogar im nützlichen Recycling-Müll.

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Aus Angst der Regierenden vor dem Volk: Auf dem Weg zur totalen Entwaffnung

04. November 2013 00:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Kennen Sie Cecilia Malmstöm? Nein? Nun, das spricht für Sie. Die gute Frau stammt aus dem sozialistischen Musterland Schweden und ist gelernte Politikwissenschaftlerin. Außerdem ist sie Politikerin der „liberalen Volkspartei“ (dass „liberal“ unserer Tage für links steht, braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden). Seit 2010 wütet Frau Malmström als Innenkommissarin der EU und liefert in dieser Funktion, was man von Menschen Ihres Schlages erwartet: Kontrollphantasien bisher unerreichten Ausmaßes.

Nach ihrer engagierten Initiative zur flächendeckenden Kontrolle des Internets (die sie listig als über jede Kritik erhabenen Kampf gegen die Kinderpornographie zu tarnen wusste) treibt die resche 45Jährige nun die nächste Sau durchs Dorf. Diese hört auf den Namen Europaweite Waffenkontrolle. Angesichts des mittlerweile groteske Züge annehmenden Überwachungs- und Regulierungsfurors der Brüsseler Nomenklatura, man denke etwa an deren jüngste Schnapsidee zur Reduzierung der Leistung von Staubsaugern, kommt diesem Amoklauf der Hochbürokratie leider nicht jenes Maß an Aufmerksamkeit zu, welches ihm angesichts seiner Bedeutung gebührt.

Selbstverständlich hat die Frau Kommissarin bei ihrem ambitionierten Vorhaben nicht solche Waffen im Sinn, mithilfe derer uniformierte Europäer auf Regierungsgeheiß unschuldige Menschen im Irak, in Afghanistan oder in Libyen liquidier(t)en (demnächst vielleicht auch in Syrien, unter dem Motto „Reise in exotische Länder, begegne interessanten Menschen – und bring sie um!“). Es geht auch nicht um Waffen, die von Regierungsbütteln (am Ende schon recht bald) – falls die Europaweite Schuldenwirtschaft kollabiert und großflächige Hungerrevolten ausbrechen – gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden sollen.

An dieser Stelle scheint ein Einschub angebracht: Mit der Grundrechte-Charta der Europäischen Union, die mit dem Vertag von Lissabon Rechtskraft erlangte, wurden – von der Öffentlichkeit unbemerkt – Untaten bis hin zu Massenexekutionen legalisiert. Zwar heißt es in Artikel zwei, Abs. zwei, „…niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden...", die als Interpretationshilfe dienenden Erläuterungen zur Charta der Grundrechte stellen jedoch klar: (Erläuterung zu Artikel zwei – Recht auf Leben):

„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um […] jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern“ oder um „…einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“. [Hervorhebung durch den Autor]

Man braucht seine Phantasie nicht über Gebühr zu strapazieren, um zu erkennen, dass damit faktisch eine Handhabe zur gesetzeskonformen Beseitigung von Dissidenten geschaffen wurde, wie sie gestandene Stalinisten nicht besser hätten hinbekommen können. Allerdings, das sei der Fairness halber gesagt, waren Jossif Dschugaschwili & Genossen nicht verlogen genug, um dem glatten Bruch von Grundrechten durch komplizierte Gesetzeswerke auch noch den Anschein von Rechtmäßigkeit verleihen zu wollen. Dessen Killerbrigaden wurden ohne maßgeschneiderte Rechtsgrundlage von der Leine gelassen.

In Euroland besteht das Werkzeug zur gewaltsamen Unterdrückung unbotmäßiger Untertanen seit 2006. Es hört auf den schmucken Namen EUROGENDFOR und ist eine militärisch organisierte Polizeitruppe, die, wie Wikipedia euphemistisch vermeldet, dem „Krisenmanagement“ dienen soll. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, von dieser mit der Lizenz zum Töten ausgestatten Prätorianergarde beamtshandelt zu werden?

Worum also geht es Genossin Malmström? Richtig – um die in den Händen von naturgemäß gefährlichen Privatleuten befindlichen Waffen. Die sollen nun nicht nur zentral erfasst werden (Obertanen lieben Tabellen und Listen, die sich zur Überwachung des gemeinen Volkes eignen), sondern – und das ist ein wahres Gustostückerl – mit „biometrischen Sicherungssystemen“ ausgestattet werden, die den Gebrauch der jeweiligen Feuerwaffe nur dem rechtmäßigen Eigentümer gestatten.

Selbstverständlich darf das übliche Totschlagargument zur Begründung dieser Aktion nicht fehlen: „Und wenn dadurch nur ein einziges Menschenleben gerettet wird…“ Wie auf diese Weise „Menschenleben gerettet“ werden sollen, wie derlei Apparaturen zuverlässig funktionieren sollen, wie sie beschaffen sein und welche Kosten damit (für den Waffenbesitzer, versteht sich!) verbunden sein werden, ist derzeit noch nicht recht abzuschätzen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass derartige Sperrsysteme in vielen Fällen den Wert der jeweiligen Waffe übersteigen werden (zumindest ist das bei jenem sauteuren Produkt der Fall, das derzeit bereits auf dem Markt ist). Wenn, wie im vorliegenden Fall, aus dem Elfenbeinturm heraus Entscheidungen über Materien getroffen werden, von denen die dafür Verantwortlichen nicht den leisesten Schimmer haben, kommt dabei eben selten etwas Gescheites heraus.

Einen „Erfolg“ wird die Genossin Kommissarin allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verbuchen können: Die Zahl der im Umlauf befindlichen illegalen Waffen wird dank ihrer weltfremden Initiative explosionsartig zunehmen. Sie dürfte in ihrem Überschwang nämlich übersehen haben, dass derzeit eine Kampagne zur amtlichen Erfassung von Privatwaffen läuft, die in Österreich mit Ende Juni 2014 abzuschließen ist. Bisher wurden weniger als fünf Prozent des geschätzten Bestandes zur Meldung gebracht.

Gesetzestreue Waffenbesitzer sind vom Staat bereits in der Vergangenheit mehrfach gebrannte Kinder. Man denke an den Umgang mit jenen unter ihnen, die im Vertrauen auf die Seriosität des Gesetzgebers von dessen Angebot Gebrauch gemacht hatten, ihre im Nachhinein zu „Kriegswaffen“ oder „illegalen Waffen“ erklärten, zuvor allerdings gesetzeskonform erworbenen Stücke anzumelden und damit weiterhin legal besitzen zu dürfen. Sie alle wurden kalt enteignet! Weder ein Verkauf noch ein Vererbung ihres Eigentums ist zulässig.

Diese Opfer ihres Vertrauens in den Staat werden nun kein Problem damit haben, einzuschätzen, worauf Madame Malmström in Wahrheit aus ist: Sie sollen mit derart irrwitzigen Kosten und bürokratischen Schikanen belastet werden, dass sie entnervt auf ihr Eigentum verzichten. Voraussetzung dafür allerdings ist die amtliche Registrierung ihres rechtmäßig erworbenen Eigentums.

Das wird wohl auch die traditionell verträumte Jägerschaft durchschauen, die bisher in der Illusion lebt, ihr (und ihren Waffen) könne nichts passieren. Keine Meldung – kein Zwang zur Anschaffung teurer Sicherungssysteme und keine Gefahr der Enteignung. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass sich die Registrierungskampagne – spätestens nach Bekannt werden der Malmström-Initiative – als Schuss in den Ofen erweisen wird.

Jeder ernstzunehmende Terrorist, ob weiland von RAF, Brigate Rosse, IRA oder ETA, oder heutzutage von der Al Quaida, greift spontan zu aus Armeebeständen stammenden Waffen, die auf dem zivilen Markt niemals legal verfügbar waren oder sind. Auch unpolitische Schwerkriminelle geben gestohlenen Militärwaffen gewöhnlich den Vorzug vor legal zu erwerbenden Jagd- und Sportwaffen. Selbstverständlich wird keine davon den Behörden jemals gemeldet werden. Frau Kommissarin behauptet dennoch allen Ernstes, der Sicherheit Vorschub leisten zu können, indem sie rechtschaffene Bürger bis jenseits der Zumutbarkeitsgrenze schikaniert, während selbst ihr einleuchten muss, dass sie die wirklich bösen Buben (und Mädels) mit derlei Maßnahmen nicht beeindrucken kann.

Da man ein solches Maß an Torheit selbst einer schwedischen Politikwissenschaftlerin nicht unterstellen sollte, ist der Grund für ihr Treiben also anderswo zu suchen – und auch gar nicht schwer zu finden. Es ist, banaler geht es gar nicht, der immer gleiche Wunsch der Herrschenden, ihre Macht maximal auszudehnen. Jeder dieser Bestrebung im Wege stehende Widerstand soll aus dem Weg geräumt werden. Und entwaffnete Bürger sind nun einmal erfreulicherweise nicht nur (privaten) Kriminellen, sondern auch den bis an die Zähne gerüsteten Schergen des Leviathans wehrlos ausgeliefert. So einfach ist das.

Leider wird, wie es scheint, eine allzu offensichtliche Gefahr von den meisten Menschen gar nicht mehr als solche erkannt. Dass die seit vielen Jahren gegen den legalen privaten Waffenbesitz gerichtete Politik der EU als Vorbereitungshandlung für weit Schlimmeres betrieben wird, hält demnach kaum einer für möglich. Es sei daran erinnert, dass Sklaven zu keiner Zeit Waffen besitzen und tragen durften (außer in der Arena, wo sie sich zur Belustigung der Herrschenden und des Pöbels gegenseitig abzuschlachten hatten).

Waffenbesitz ist ein Indikator für die in einer Gesellschaft herrschende Freiheit. In freien Gesellschaften besitzen die Bürger Waffen – ohne dafür um eine Genehmigung ansuchen zu müssen. Diktaturen dagegen fürchten den wehrhaften Bürger. In einer Zeit, in der Staaten und Imperien über Überwachungs-, Kontroll- und Unterdrückungsinstrumente verfügen, die bis vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar waren, gilt das – so paradox es auch scheinen mag – umso mehr.

Zum Schluss sei einer der Gründerväter der USA, Thomas Jefferson, zu dieser Frage zitiert: “The strongest reason for the people to retain the right to bear arms is, as a last resort, to protect themselves against tyranny in government.”

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Liberalismus begeistert mehr denn je

03. November 2013 05:37 | Autor: Michael Landl
Rubrik: Gastkommentar

Obwohl in den deutschsprachigen Medien kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Abgesang des klassischen Liberalismus angestimmt wird, wachsen die European Students For Liberty weiter. Mit unserer Hilfe wurden mehr als 200 Studentengruppen in 36 europäischen Ländern gegründet (weltweit sind es bereits über 1000). Wir sehen uns als einen „Serviceprovider“ für klassisch-liberale Studenten und möchten deren primäre Anlaufstelle an den europäischen Universitäten werden. Zu diesem Zweck stellen wir kostenlos Ressourcen (z.B. Bücher oder Onlineseminare), Trainings und Netzwerkmöglichkeiten zur Verfügung.

Unser Ziel ist es, die Ressource für klassisch-liberale Studenten zu werden. Der Fokus liegt auf Studenten, da unsere Theorie des sozialen Wandels auf langfristige Veränderungen in der Denkweise der Gesellschaft abzielt. Das heißt, wir möchten den jungen Menschen so früh wie möglich die klassisch-liberalen Ideen näher bringen, damit sie diese während ihres weiteren akademischen und beruflichen Werdegangs verbreiten können.

Regionalkonferenz am 23. November in München

Nachdem die fünf Regionalkonferenzen im letzten Jahr – mit insgesamt mehr als 570 Teilnehmern – auf großen Anklang gestoßen sind, veranstalten wir diesen Herbst zehn weitere solcher Konferenzen (für die gesamte Liste hier klicken), zu denen wir Sie hiermit sehr herzlich einladen möchten.

Die Konferenz in München wird am 23. November 2013 in deutscher Sprache abgehalten. Das Programm beinhaltet prominente Redner, wie z.B. Gerd Habermann (Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft E.V.), Christian Hoffmann (Universität St. Gallen/Liberales Institut), Matt Kibbe (FreedomWorks), Barbara Kolm (Hayek Institut/Austrian Economics Center), Prinz Michael von Liechtenstein, Rolf W. Puster (Universität Hamburg) und Franz Schellhorn (Agenda Austria). (Für das gesamte Programm hier klicken)

Was uns European Students for Liberty von bereits bestehenden Organisationen unterscheidet, ist unsere Struktur und Schwerpunktsetzung. Wir nehmen kein Geld vom Staat an und sind nicht politisch tätig. Als European Students For Liberty konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Ideen der Freiheit und deren Diskussion und Verbreitung. Wir schreiben dabei niemandem vor, welcher Weg zur Freiheit der beste ist. Vielmehr wollen wir genau darüber mit Ihnen – und möglichst vielen anderen Teilnehmern – diskutieren.

Aus diesem Grund würden wir uns sehr freuen, Sie am 23. November 2013 in München begrüßen zu dürfen.

Informationen:

Michael Landl ist im Vorstand der European Students For Liberty tätig und studiert „International Affairs and Governance“ an der Universität St. Gallen. Sie können ihn unter der E-Mail-Adresse mlandl@studentsforlibery.org erreichen.

Weiterführende Links:
European Students For Liberty
Regionale Konferenzen
Regionale Konferenz München 

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Homoehe in Österreich? – eine spannende juristische Auseinandersetzung

02. November 2013 12:30 | Autor: Arthur Vinuly-Nordenfels
Rubrik: Gastkommentar

Gemäß einem Kurier-Artikel von Mitte Oktober 2013 kommt das Thema Schwulen-Ehe vor den Verfassungsgerichtshof.

Der Titel des Kurier-Artikels:

Schwulen-Ehe ist vor Höchstrichtern
Gleichberechtigung: Verfassungsgerichtshof könnte die geltende „Verpartnerung“ kippen.

Die wichtigsten Passagen daraus:

Dürfen Schwule und Lesben in Österreich heiraten? Nein, sagt der Gesetzgeber. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen sich zwar „verpartnern“, klassisch heiraten oder Kinder adoptieren bleibt ihnen aber verwehrt. Bis jetzt.

Denn zwei Verfahren, die ein niederländisches Paar beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) angestrengt hat, könnten dazu führen, dass Österreich gleichgeschlechtliche Ehen nun doch zulässt bzw. zulassen muss.

Worum geht es? Zwei Niederländer sind vor Jahren in den Bezirk Kitzbühel gezogen, sie betreiben hier eine Ferien-Pension, alles läuft wunderbar. Irgendwann waren sich die schwulen Unternehmer aber nicht sicher, ob sie in Österreich weiter als verheiratet gelten.

Eigentlich wäre das eine Selbstverständlichkeit. Erstens haben sie rechtskräftig in den Niederlanden geheiratet und zweitens gilt zwischen EU-Staaten das Prinzip, dass eine gültige Ehe im Staat A auch von Staat B anerkannt wird. Um sicher zu gehen, gingen die Wahl-Tiroler auf die Gemeinde und baten, die standesamtliche Hochzeit zu wiederholen. Der Beamte weigerte sich, schrieb einen Bescheid – und den bekämpft das Paar jetzt vor dem VfGH.

„Es gibt keinen Grund, warum meine Mandanten plötzlich auf ein Institut zweiter Klasse zurückgestuft werden. Das ist eine Diskriminierung“, sagt Anwalt Helmut Graupner zum KURIER.

Tatsächlich hat er gute Argumente, warum ihm die Höchstrichter recht geben könnten. Das entscheidende Stichwort ist die „Freizügigkeit“, also das Prinzip, wonach EU-Bürger nicht davon abgehalten werden dürfen, sich frei in der EU zu bewegen.

„Der EuGH hat beispielsweise beim Namensrecht mehrfach entschieden, dass etwa spanische Doppelnamen auch in jenen Ländern anerkannt werden müssen, die grundsätzlich keine Doppel-Namen vorsehen“, sagt Graupner.

Selbiges gilt laut Graupner für den Ehe-Status.

Als österreichischer Staatsbürger seit Geburt stellen sich für mich einige Fragen dazu:

Zwei in Holland verheiratete Männer sind also nach Österreich gezogen

Es bleibt spannend wie diese Justizsache vor dem Verfassungsgerichtshof ausgehen wird.

Arthur Vinuly-Nordenfels ist ein Pseudonym. Der Autor hat zum Schutz für seine Familie um Anonymität gebeten. Er ist seit dem Start des Tagebuchs 2009 ein Dauerleser und oftmaliger Poster. Er beschäftigt sich intensiv mit politschen, gesellschaftlichen und weltanschaulichen Themen. 

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Die Banken als Bauernopfer der Politik

02. November 2013 00:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

„Alle Banker an den Galgen! Sie sind schuld an der Krise!“ Dieser populistische Ruf ist derzeit massiv mehrheitsfähig. Nur jene kleine Minderheit, die Zahlen und Ursachen genauer anschaut, erkennt: Weit mehr als neun Zehntel der Staatsverschuldung haben überhaupt nichts mit Banken zu tun, sondern nur mit der Ausgabenwut der Politik. Und jene Banken, die heute den deutschen und österreichischen Steuerzahler belasten, sind wiederum zu neun Zehntel staatlich, also selbst von der Politik kontrolliert.

Etwa rund um die Hypo-Alpe-Adria wird jetzt Managern ein Prozess nach dem anderen angehängt. Das ist aber ein reines Ablenkungsmanöver – außer in jenen Fällen, wo sich Manager persönlich bereichert haben. Die folgenschwersten Delikte rund um die Hypo-Katastrophe hat aber eindeutig die Politik selbst zu verantworten.

Auf die Anklagebank gehören in Wahrheit sämtliche Mitglieder der Kärntner Landesregierung. Denn sie haben auf Kosten der Steuerzahler der Bank grob fahrlässig Garantien für deren Anleihen gegeben, die ein Zehnfaches des Kärntner Budgets ausmachen. Und sie haben – Jörg Haider an der Spitze, aber keineswegs alleinschuldig – immer wieder Druck auf die Bank ausgeübt, von diesem Geld Kredite an politische Lieblingsprojekte zu vergeben. So hat das Land, statt direkt eine regionale Fluglinie zu finanzieren, die Bank dazu „motiviert“.

Auf die Anklagebank gehören aber auch die Mitglieder der bayrischen Landesregierung, welche die Hypo gekauft und dann schuldhaft in einen noch aggressiveren Kurs als davor hineingetrieben haben.

Ebenso auf die Anklagebank gehören die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung, die sich 2009 von den Bayern abenteuerlich die Bank andrehen haben lassen. Deswegen müssen jetzt vermutlich alleine die österreichischen Steuerzahler all das bezahlen, was unter Kärntner und bayrischer Verantwortung passiert ist. Die Regierung hat dabei nicht einmal eine Schadensminimierung versucht, also die juristische Wahrung aller Ansprüche gegen Bayern und die sofortige Gründung einer Bad Bank. Zugleich wurde die Bank danach erneut extrem schlecht geführt.

Das heißt nun nicht, dass man nicht jedem einzelnen Kredit der Vergangenheit nachgehen sollte. Das heißt aber:

Der Staat (also die Politik) macht jetzt jedoch in einem großen Ablenkungsmanöver nur den Managern (also den Erfüllern politischer Wünsche) den Prozess. Diese sind damit Bauernopfer und Kanonenfutter, wie man früher die Opfer der politischen Macht genannt hat.

 Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Die Tschechen machen Freude, die Tschechen machen Sorgen

27. Oktober 2013 01:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die tschechische Linke hat einen argen Dämpfer bekommen – an Stelle des von vielen internationalen Medien schon bejubelten Wahlsieges. Statt dessen haben die nördlichen Nachbarn massenweise zwei Parteien gewählt, die von Milliardären über Nacht auf der grünen Wiese gegründet worden waren. Daraus kann man gleich mehrere Lektionen ableiten.

Eine erfreuliche Lektion: Die bisherigen – rechten – Regierungsparteien haben zwar das Land in einen im Vergleich mit vielen anderen Ländern exzellenten wirtschaftlichen Zustand gebracht. Sie sind aber zu Recht schwer abgestraft worden. Denn zumindest in Tschechien wird von den Wählern Korruption nicht stillschweigend geschluckt. Gut so.

Während ja etwa in der benachbarten Stadt Wien die Bestechung willfähriger Medien mit hunderten Millionen Steuer-Euro von den Wählern ebenso ignoriert wird wie die Zuschiebung eines PR-Auftrags um weitere 130 Millionen an den – vorsichtig ausgedrückt – sehr SPÖ-nahen Bohman-Verlag. Anders formuliert: Politische Sauberkeit ist den tschechischen Wählern ein Anliegen, aber nicht den Wienern.

Noch eine erfreuliche Lektion: Die tschechischen Sozialdemokraten schneiden noch schwächer ab als die österreichischen oder deutschen. Auch das spricht zumindest aus einem Punkt für die große Weisheit der Wähler: Hatten die Sozialdemokraten doch vor der Wahl ganz offen angekündigt, mit Hilfe der Kommunisten regieren zu wollen.

Das hat ihnen sehr geschadet.

Denn die Tschechen wissen noch sehr genau, was für ein Menschenschlag Kommunisten sind. Bis vor einem Vierteljahrhundert haben diese Tausende wegen ihrer politischen Ansichten ins Gefängnis geworfen, haben Hunderte Menschen ermordet, haben einem ganzen Volk die Freiheit geraubt, und haben das einst im Vergleich zu Österreich reiche Land in arge Armut gestürzt. Dabei war die Tschechoslowakei das einzige Land Europas, wo die Kommunisten anfangs demokratisch eine Mehrheit errungen hatten.

Wenig hilfreich für die Sozialdemokraten sind aber auch die schweren inneren Zerwürfnisse in der Partei. Sie landeten daher mit 20 Prozent nur ganz knapp am ersten Platz. Wähler wählen niemanden Zerstrittenen. Hauptschuld an diesen Zerwürfnissen trägt der sozialdemokratische Staatspräsident Zeman. Er führt seit Jahren einen unbarmherzigen Feldzug gegen seine innerparteilichen Gegner (zumindest dann, wenn er gerade nüchtern ist).

Diese Spaltung hätte die Sozialdemokraten sogar dann schwer belastet, wenn sie wie geplant zusammen mit den Kommunisten oder anderen Linksparteien die Mehrheit gehabt hätten (die anderen Linksparteien sind aber nicht einmal ins Parlament gekommen).

Noch eine erfreuliche Prognose: Die tschechischen, deutschen und österreichischen Wahlen sind auch ein positiver Vorgeschmack auf die 2014 fälligen EU-Wahlen: Da wird es sicher keinen Linksruck geben.

Neben diesen erfreulichen Nachrichten von der tschechischen Verwandtschaft gibt es freilich auch zwei unerfreuliche. Die eine ist eben das Machtverständnis von Präsident Zeman. Es wollte und will ohne Rücksicht auf parlamentarische Mehrheiten einen Regierungschef nach eigenem Gutdünken einsetzen. Solche Pläne eines Staatspräsidenten sind in einer europäischen Demokratie ungehörig und einmalig (wenn man einmal von kurzfristigen, aber – angeblich wegen der heftigen Kommentarkritik des Tagebuch-Autors – nie realisierten Überlegungen eines Thomas Klestil aus dem Jahr 2000 absieht).

Zeman hingegen hat einen solchen frechen Demokratiebruch aber schon einmal begangen: Er hat vor ein paar Monaten eine Regierung gegen die Mehrheit des Parlaments inthronisiert. Dagegen hat es erstaunlicherweise keinen Protest aus der EU gegeben.

Das ist nur damit erklärbar, dass Zeman eben ein Sozialist ist. Es sind ja immer nur die Linksfraktionen (grün, rot, linksliberal nach LIF-Art), die ständig mit Schaum gegen die innenpolitischen Verhältnisse in einzelnen Mitgliedsstaaten agitieren. Wie etwa einst gegen Österreich oder zuletzt gegen Ungarn. Obwohl es dort keinerlei mit Tschechien vergleichbare Verletzungen der Demokratie gibt.

Das, was Herr Zeman da neuerlich tun will, hat übrigens zuletzt ein gewisser Franz Josef getan. Es ist überraschend, dass ein tschechischer Präsident ausgerechnet den bei seinen Landsleuten ungeliebten „alten Prochazka“ zum Vorbild zu nehmen versucht.  

Ebenfalls problematisch – wenn auch nicht ganz so schlimm wie Zemans Verhalten – ist ein weiterer Aspekt dieser Wahlen: Die einzigen wirklichen Wahlsieger sind zwei von reichen Unternehmern neu gegründete Parteien. Sie haben 19 beziehungsweise 7 Prozent errungen. Das erinnert lebhaft an zwei ebenfalls neu ins österreichische Parlament gekommene Parteien. Solche früher unbekannten Parteien finden heute zunehmend Unterstützung von Protestwählern. Freilich: Klare inhaltliche Gestaltungsvorstellungen über ihre hohlen Phrasen hinaus haben sie bisher nicht.

Das intellektuelle Vakuum dieser derzeitigen Erfolgsparteien zeigte sich in Tschechien schon in den ersten Stunden nach der Wahl. Die Siegerpartei kündigte dort nämlich sofort an, nicht regieren, sondern in Opposition gehen zu wollen. Dadurch hat vorerst keine mögliche Koalition eine Mehrheit.

Das aber kann genauso wie Zemans Verhalten die Demokratie zerstören. Es ist jedoch kein tschechisches Spezifikum. Denn in immer mehr Ländern findet man Parteien, die nur bei Wahlen reüssieren, aber keineswegs regieren wollen. Oder höchstens irgendwann einmal, wenn ihnen die Wähler eines Tages die absolute Mehrheit geben sollten.

Das aber werden wohl weder die Herrn Babis und Okamura (in Tschechien) noch Herr Grillo (in Italien), noch die Herren Stronach oder Strache schaffen.

Kritisieren und gegen alles zu sein ist bequem und populär. Eine politische Perspektive für das jeweilige Land ist das aber nicht.

Das führt vielmehr immer zur gleichen Konsequenz: zu notdürftigen Koalitionen zwischen Mitte rechts und Mitte links. Nach Deutschland und Österreich droht das nun auch in Tschechien. Und wenn dann einmal auch diese einst „großen“ Koalitionen keine Mehrheit mehr haben, dann droht dem Land die Unregierbarkeit. Die einen haben keine Mehrheit. Die anderen wollen nicht regieren. Wem auch immer das nutzen soll.

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FN 515: Ein Parlament gegen die Bürger

24. Oktober 2013 08:04 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Und wieder will das EU-Parlament mehr Geld ausgeben (lassen), als die Regierungen beschlossen haben. Und auch als die Kommission verlangt hat.

Mag sein, dass manchen Menschen 1,3 Milliarden Euro nicht gar so viel vorkommen, also jene Summe, die das Parlament 2014 mehr ausgeben will als die versammelten Finanzminister. Dennoch sollten sich die – demnächst zur Wahl anstehenden – Abgeordneten schon eines fragen: Ist auch nur einer von ihnen deswegen gewählt worden, damit er ständig für noch mehr Ausgaben auf Kosten der Bürger agitiert? In Bezug auf Sparen und Bekämpfung von Betrug sowie Verschwendung hört man hingegen sehr wenig aus dem Brüssel-Straßburger Wanderzirkus.

 

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Wie sehen die Österreicher ihr Land im Vergleich zur Rest-EU?

23. Oktober 2013 14:34 | Autor: Andreas Unterberger

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Die Vorteile der direkten Demokratie

23. Oktober 2013 02:37 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Einführung von mehr direkter Demokratie hat viele Vorteile, die der öffentlichen Diskussion gar nicht bewusst sind. Sie ist vor allem Garant gegen Anlassgesetzgebung und gegen schlechte Huschpfusch-Gesetze. Beides ist in den letzten Jahren in Österreich ja fast die dominierende parlamentarische Mode geworden. In Ländern mit direkt demokratischen Instrumenten wirkt die Phase vor dem Referendum hingegen durch ihre Dauer und ihre öffentlichen Diskussionen versachlichend und beruhigend.

Es ist immer wieder beeindruckend, wie nüchtern etwa in der Schweiz von den Medien und Bürgern alle Pro- und Kontra-Argumente dargelegt und abgewogen werden. Daher sollten auch die österreichischen Parteien endlich lernen, dass es bei einem Referendum um die Sache und nie um einen Politiker (beispielsweise um den einst angekündigten Rücktritt Bruno Kreiskys) gehen sollte.

Auch die – eigentlich nur aus populistischen Motiven angeordnete – Bundesheerabstimmung des vergangenen Winters hat bei den Österreichern solche Abwägungen in breiter Front ausgelöst. Bei den Wählern noch mehr als bei den Medien. Diese behandelten die Abstimmung so wie die Parteisekretariate noch immer verfehlterweise als parteipolitische Angelegenheit.

Das sind Referenden aber nur noch für einen kleinen Prozentsatz der Bürger. Die Mehrzahl hingegen hat im Winter weitestgehend sachlich, nicht parteipolitisch über das Heer nachgedacht. Und dann entschieden.

Dennoch äußern nach wie vor viele Politiker und Beamte Einwände gegen die direkte Demokratie. Der am häufigsten vorgebrachte: Sie warnen, dass das Volk in dieser oder jener Frage „falsch“ entscheiden könnte.

Das ist in Wahrheit ein skandalös provozierender Einwand. Denn er geht davon aus, dass irgendjemand da oben das absolute, oder zumindest ein höherrangiges Wissen über „falsch“ oder „richtig“ habe. Aber die Demokratie ist nicht zuletzt deshalb entstanden, weil man erkannt hat, dass niemand und niemandes Wissen höherwertig sind. Die Elite – und damit die Machthaber – versucht jedoch, sich moralisch und intellektuell über das zu bevormundende Volk zu erheben. Motto: „Wir wissen‘s besser.“

Das ist reine Anmaßung, und hat auch keine Grundlage in der Verfassung oder in der Rechtsphilosophie. Dahinter verbirgt sich auch der Gesinnungsterrorismus der Political correctness, der den Menschen eine wachsende Menge an Denk-, Sprech- und Verhaltensregeln aufzwingen will. Zugleich versucht er diese Regeln als höherwertig denn normale (=abänderbare) Gesetze einzustufen.

Diese Haltung verwandelt den alten Scherz über die Verfassung in beklemmende Wirklichkeit: Das Recht geht vom Volk aus, aber es ist nie wieder zum Volk zurückgekehrt; denn eine herrschende Mandarinen-Klasse hat es sich inzwischen angeeignet.

Diese hält das Volk für ungeeignet, seine eigenen Angelegenheiten zu regeln. Sich selber hält diese Klasse hingegen für sehr gut geeignet, auch die Angelegenheit anderer Menschen zu regeln. Ihre wahren Motive sehen freilich ein wenig anders aus. Bei vielen Abgeordneten hört man primär egoistische und geradezu primitive Bedenken. Etwa des Inhalts, dass bei den Referenden dann die Politikerbezüge oder Parteiförderung reduziert würden.

Die Behauptung der Überlegenheit repräsentativdemokratischer Abstimmungen wird durch die Realität jedenfalls total ad absurdum geführt. So schlechte, so überflüssige, so populistische, so viele nachhaltig zum ökonomischen und gesellschaftlichen Kollaps führende Gesetze, wie sie die repräsentative Demokratie in den letzten Jahren produziert hat, bringt das Volk nie und nimmer zusammen.

Die Staatsschulden oder der Zustand der Universitäten oder das seit Jahrzehnten gesunkene(!) Pensionsantrittsalter oder die vielen verfehlten Schulreformen oder die überflüssig teure Rettung von Hypo und Kommunalkredit oder die Aufblähung der bürokratischen Regulierungsmenge: All diese Beispiele zeigen ein Versagen der repräsentativen Demokratie.

Diese versucht ständig eilfertig, vermeintlichen Wünschen der Bevölkerung entgegenzukommen. Jedoch hätten die Bürger selbst die meisten Unsinnigkeiten der repräsentativen Demokratie gar nie beschlossen, wenn sie selbst die Letztverantwortung hätten. Denn meistens werden ja nur lautstarke Lobbies bedient. Und dort, wo sich die Bevölkerung für eine Schimäre engagiert, tun die repräsentativen Politiker aber auch gleich servil mit. Siehe etwa Neutralität.

Man kann übrigens die um das eigene Überleben bangenden Politiker trösten: Das Parlament bleibt ohnedies das entscheidende Gremium, und zwar in all jenen Fällen, wo niemand die vielen Unterschriften für ein Referendum zustandebringt. Daher werden die meisten Aufgaben der Parlamentarier weiterlaufen – aber vielleicht mit mehr Nachdenken verbunden, ob man auch gut begründet agiert. Zugleich nimmt direkte Demokratie viel des derzeit ständig wachsenden Erwartungsdrucks von den Parlamentariern. In Wahrheit wissen die ja längst selber, dass sie immer weniger die vielfältigen und widersprüchlichen Erwartungen erfüllen können, die an sie gestellt werden.

Eine Reform nach Schweizer Muster wäre daher absolut richtig. Schwarz, Blau und meist auch Grün sind ja bei ihren Reformüberlegungen der letzten Jahre auch von diesem Ziel ausgegangen. Also: verpflichtende direktdemokratische Abstimmungen im Falle einer erfolgreichen Unterschriftensammlung für oder gegen ein Gesetz. Aber inzwischen ist unter dem Druck der SPÖ und einiger schwarzer Bedenkenträger das Projekt stark verstümmelt worden. Auch Grün und zum Teil Blau haben anscheinend die Lust ein wenig verloren.

Die ersten Entwürfe Richtung direkter Demokratie sind im Sommer fertiggestellt worden. An diesen wird öffentlich vor allem die Festlegung einer sehr hohen Grenze für die notwendige Unterschriftenzahl kritisiert. 10 beziehungsweise 15 Prozent der Wähler sind eine gewaltige Menge. Diese muss man binnen einer Woche in die Amtsstuben bringen, damit die Menschen dort das einleitende Volksbegehren unterschreiben (und sich dabei vor politisch vielleicht andersdenkenden Funktionären outen!). In der Schweiz sind hingegen je nach Materie nur 50.000 beziehungsweise 100.000 Unterschriften nötig. Also maximal ein Sechstel.

Noch viel schlimmer aber als bei der notwendigen Unterschriftenzahl fällt der Vergleich in Hinblick auf den Zeitraum aus: Die Schweizer haben ein halbes Jahr Zeit, um die nötigen Signaturen zu sammeln. Bei uns gibt es nur eine Woche.

Am ärgerlichsten aber ist die umfangreiche Liste der Bereiche, über die nicht abgestimmt werden darf. Dabei geht es vor allem um das EU-Recht. Während es noch nachvollziehbar ist, dass gegen dessen Geltung keine sinnvollen Referenden möglich sind, wären Referenden bei der Frage der Schaffung neuen EU-Rechts sehr wohl möglich und sinnvoll.

Denn absurderweise bestimmen über neue EU-Gesetze (Richtlinien oder Verordnungen) in den EU-Räten einzig und allein die zuständigen Ressortminister. Die im österreichischen Ministerrat immer vorgeschriebene Einstimmigkeit ist dabei nicht notwendig. Zwar könnte das österreichische Parlament das Abstimmungsverhalten jedes Ministers durch einen Beschluss vorweg auch inhaltlich festlegen. Aber nur wenn es will. Und es will nie. Denn die Koalition hat sich auf eine skandalöse Linie festgelegt: Die Schwarzen reden den roten Ministern nicht drein, und die Roten nicht den schwarzen Ministern. Dass nachher auch noch das EU-Parlament abstimmt, ist da absolut kein Trost. Denn dieses ist nicht nur total undemokratisch gewählt (ein deutscher Abgeordneter vertritt 811.000 Menschen, einer aus Malta nur 67.000!), ihm fehlt auch die nationale Gesamtverantwortung einer Regierung.

Provozierenderweise sollen die Bürger künftig also bei EU-Themen nicht einmal das dürfen, was das Parlament kann. Direkte Demokratie hin oder her. Dabei geht es in der EU wirklich um Wichtiges: Denn im EU-Rat können Minister im Alleingang zusammen mit ihren 27 Kollegen aus den anderen Ländern Gesetze für die ganze EU genehmigen oder blockieren. Und die sind auch inhaltlich meist wichtiger als normale österreichische Gesetze.

Minister sind also via EU viel mächtiger als innerösterreichisch. Daher wäre es absolut logisch, dass sie bei ihrer europäischen Gesetzgebertätigkeit künftig durch Referenden zwingend gebunden werden können. Denn, auf einen Satz gebracht: Wenn man die direkte Demokratie ernst und nicht nur als Augenauswischerei versteht, dann muss künftig das Volk dieselben Möglichkeiten wie das Parlament bekommen.

Noch ein weiteres schweres Manko prägt die kursierenden Entwürfe für mehr direkte Demokratie: Sie beschneiden die Rechte des Volkes bei Verfassungsgesetzen zusätzlich. Bei diesen soll das Quorum für eine erfolgreiche Einbringung noch um 50 Prozent höher sein als bei normalen Gesetzen. Das hat keinerlei Berechtigung. Denn im Parlament braucht es ja auch nicht mehr Abgeordnete als sonst, um eine Verfassungsänderung vorzuschlagen. (Die „Verfassungsmehrheit“ ist nur bei der Abstimmung, nicht aber bei der Einbringung nötig). Und auch bei der allerhöchsten Stufe, einer Gesamtänderung der Verfassung, ist nur eine Mehrheit bei einem Referendum notwendig. Nicht mehr. Dass ausgerechnet in diesem - einzigen - Fall die Verfassung eine Volksabstimmung sogar vorschreibt, zeigt aber auch, dass die ursprünglichen Verfassungsautoren durchaus das Volk als alleroberste Instanz angesehen haben.

Aber heute will der Machtdünkel der Politik das Volk weiterhin von wirklichen Entscheidungen möglichst fernhalten. Mit allen möglichen Tricks.

Überdies schafft sich das Parlament laut dem Entwurf die Möglichkeit, durch fünfmonatige Ausschussberatungen und Verhandlungen den Antrag wieder zu verwässern. In der Schweiz ist hingegen eine Volksabstimmung ein automatisches Muss, wenn das Parlament nicht zur absoluten Gänze dem von Bürgern begehrten Entwurf zustimmt.

Zugleich wollen Rot und Schwarz die Bundeswahlbehörde sowie den Verfassungsgerichtshof bei solchen Verwässerungen durchs Parlament in eine Schiedsrichterposition bringen. Der VfGH ist jedoch ein auf Jahrzehnte absolut unaufbrechbares Machtrefugium von Rot und Schwarz. Alle Verfassungsrichter sind ausschließlich auf einem Ticket einer dieser beiden Parteien dort hineingesegelt. Damit haben Rot und Schwarz auf Jahrzehnte einen starken Verhinderungshebel in der Hand.

Wenn man Schweizern diese Rolle des VfGH erklärt, schütteln sie nur entgeistert den Kopf. Kennen Sie doch eine solche Institution gar nicht. Das einzige, was es dort gibt, ist das Recht der Regierung, zu einer Volksabstimmung ihre Meinung zu sagen und dann eventuell neben der eingebrachten Formulierung den Bürgern auch noch eine eigene zur Abstimmung vorzulegen.

In Österreich hingegen wird der Souverän behandelt wie ein Kindergartenkind, das man ständig fest an der Hand halten muss.

Die allergrößte Einschränkung der Bürgerrechte liegt aber im Bereich der in ihrer Urform zweifellos unabdingbaren Menschenrechte. Den Bürgern ist aber noch viel zu wenig bewusst: Unter Berufung auf die angeblich notwendige ständige Fortentwicklung der Menschenrechte haben sich die obersten Richter Österreichs und Europas Schritt für Schritt ein unglaublich weitreichendes politisches Gestaltungs- und Einmischungsrecht geschaffen. Dadurch gilt in hohem Ausmaß Richterrecht – total an Geist und Buchstaben der Menschenrechtskonvention und der Verfassung vorbei. Diese haben ja die Schaffung von neuem Recht eigentlich exklusiv dem Gesetzgeber vorbehalten.

Die Schöpfer der Verfassung und Menschenrechtskonvention haben offensichtlich die expansive und machtbewusste Partisanentaktik von Richtern unterschätzt. Fast in ganz Europa haben diese unter Berufung auf "Menschenrechte" ihre Macht ständig ausgeweitet. Dadurch nähert sich die europäische Realität immer mehr den USA an. Dort sind es ja auch die Richter und nicht der eigentlich gewählte Kongress, die über fundamentale Fragen wie Schwulenehe oder Abtreibung entscheiden.

Da aber die Parlamente der eigenen Entmachtung jahrzehntelang tatenlos zugesehen haben, sollen nun offenbar auch die (vielleicht eines Tages) direktdemokratisch entscheidenden Stimmbürger sofort wieder weitgehend entrechtet sein.

Dieser Beitrag beruht in großen Teilen auf einem Aufsatz, den ich für einen Sammelband der Wochenzeitung „Zur Zeit“ zum Thema „Direkte Demokratie“ geschrieben habe.

 

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Welche Staaten verstoßen am öftesten gegen EU-Recht?

22. Oktober 2013 18:13 | Autor: Andreas Unterberger

Anzahl der EU-Vertragsverletzungsverfahren pro Staat 2012

 

Staat Verfahren
Italien

99

Belgien

92

Spanien

91

Polen

82

Griechenland

81

Portugal

67

Frankreich

63

Ver. Königreich

61

Deutschland

61

Österreich

51

Bulgarien

46

Rumänien

44

Finnland

43

Zypern

43

Ungarn

42

Niederlande

41

Slowenien

39

Irland

39

Schweden

36

Tschechien

36

Luxemburg

34

Slowakei

33

Dänemark

27

Malta

26

Estland

24

Litauen

22

Lettland

20

Quelle: EU-Kommission

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FN 513: Erfreulicher Mut im EU-Parlament

22. Oktober 2013 14:31 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Eine radikalfeministische Vorlage aus einem rot-grün dominierten Ausschuss ist im Plenum des EU-Parlaments jetzt abgeschmettert worden.

Das ist ebenso überraschend wie erfreulich. Denn normalerweise werden Ausschussberichte auch im Plenum angenommen. Die Debatte im Plenum war so heftig und emotional wie schon lange nicht. Sie ist aber letztlich mit 351 zu 319 gegen die radikalen Befürworter von Abtreibung, Sexualisierung selbst kleinster Kinder und Einschränkung der Gewissensfreiheit (insbesondere in allen medizinischen Bereichen) ausgegangen. Damit hat die Bürgerinitiative „One of us“ auch wieder deutlich mehr Chancen für ihre Initiative zur Betonung auf menschlicher Würde.

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Quo vadis Südtirol?

21. Oktober 2013 23:19 | Autor: Herrolt vom Odenwald
Rubrik: Gastkommentar

Bei der Landtagswahl am Sonntag geht es diesmal mehr denn je um die Zukunft des Tiroler Etschlandes.
„Siamo in Italia“ – wie unter ihresgleichen üblich, kanzelt ihn die Polizistin ab. Der Urlauber aus Österreich hatte sie unweit des Bozner Walther-Platzes auf Deutsch gebeten, sie möge, da die Parkzeit für sein Fahrzeug erst seit zehn Minuten abgelaufen sei, doch „Milde“ walten lassen, und zur Antwort ein „Non capisco“ („Ich verstehe nicht“) erhalten. Woraufhin er sie höflich, aber wirkungslos auf das im Südtiroler Autonomiestatut verankerte Zweisprachigkeitsgebot für öffentlich Bedienstete hinwies.

Für Roland Lang vom Heimatbund (SHB) ist das Alltag. Seit Jahren verlangen die Oppositionsparteien Süd-Tiroler Freiheit (STF), Freiheitliche (F) und BürgerUnion (BU) – nicht zuletzt aber auch die seit 1948 regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) – die Einhaltung dessen, was gemäß dem mühsam erkämpften, im Statut von 1972 festgeschriebenen sowie nach der österreichisch-italienischen Streitbeilegung von 1992 noch erheblich ausgeweiteten Selbstverwaltungskompetenzen eigentlich verbrieftes Recht ist, aber von Rom oder dessen Statthaltern an Eisack und Etsch mäßig oder gar nicht vollzogen, verschleppt oder einfach ignoriert wird.

Wenn es eines nachhaltigen Beweises für die Missachtung statuarischer Bestimmungen des Autonomie-Pakets durch die römische Politik bedurfte, so lieferte ihn „Übergangsregierungschef“ Mario Monti, als vormaliger EU-Kommissar ein „Vorzeigepolitiker des demokratischen Italien“, der ungeniert in die Selbstverwaltungsrechte der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol eingriff. Das ist zwar schon wieder Geschichte, und Monti hat sogar der von ihm gegründeten Partei SC den Rücken gekehrt. Doch unter dem alerten Enrico Letta, dem am Faden von Berlusconi(s PdL) hängenden Ministerpräsidenten, mit dessen linkslastiger Partei PD die SVP – erstmals überhaupt – ein Bündnis einging, wird der römische Griff nach den Subsidien der „reichen Provinz“ unterm Alpenhauptkamm kaum nachlassen.

Deren Prosperität ist allerdings längst nicht mehr so, wie sie in der zu Ende gehenden „Ära Durnwalder“ zweifellos war. Doch Lettas Hand ist geschmeidig und sein Ton moderater als der Berlusconis und selbst Montis gegenüber dem „Alto Adige“.

Während dort seit Magnagos Zeiten ordentlich regiert und verwaltet wird, schieben Italiens Regierungen und Finanzminister – ganz gleich, wer sie stellt(e) – seit Jahrzehnten einen Schuldenberg vor sich her, der sich an 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bemisst. Was der von der SVP quasi in „vorauseilendem Gehorsam“ unterstützte Letta daher finanz-, steuer-, und sozialpolitisch zu beschreiten gezwungen ist, wird letztlich die Südtirol-Autonomie weiter entwerten.

Aus alldem und anderem mehr leitet sich für die nicht-italienische Opposition zwingend ab, dem maroden Italien ein für allemal den Rücken zu kehren. Für SHB und STF, auch für den Südtiroler Schützenbund (SSB) ist die Autonomie lediglich ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Wiedervereinigung mit Tirol. Gemeinsam ist STF, F und BU das „Los von Rom“, über den zu beschreitenden Weg gehen die Ansichten auseinander. Daher finden sie auch nicht zur nötigen Geschlossenheit, oder sei es nur zu einer gemeinsamen „Plattform“, wie sie Pius Leitner, Spitzenkandidat der Freiheitlichen, anregt.

Gemeinsam kämpfen sie gegen die SVP, aber jeder kämpft für sich allein. Das mag für das erhoffte Erstarken der jeweiligen Repräsentanz im künftigen Landtag, der am 27.10. neu gewählt wird, zielführend sein, um die absolute Mehrheit (der Sitze) der SVP zu brechen. Für das Fernziel – Unabhängigkeit und Eigenständigkeit als Freistaat, wie ihn die Freiheitlichen anstreben, oder über Ausübung des Selbstbestimmungsrechts erwirkte Wiedervereinigung mit dem Bundesland Tirol, damit die Rückgliederung an Österreich, wie ihn STF und BU propagieren, mithin also für die Loslösung von Italien – ist die Aufsplitterung der oppositionellen Kräfte allerdings mehr als hinderlich.

Das „Los von Rom“ bestimmte indes den gesamten Landtagswahlkampf, überlagerte alle anderen Themen. Dies rührte maßgeblich vom seit 1. September bis 30. November quasi parallel laufenden „Selbstbestimmungs-Referendum“ her, welches allein von der STF betrieben wird, beflügelt von Unabhängigkeitsbewegungen in Schottland und Katalonien und unterstützt von der österreichischen FPÖ, die in Gestalt des „Gesamt-Tiroler“ Nationalratsabgeordneten (und „Bergisel-Bund“-Vorsitzenden) Werner Neubauer häufig bei STF- und SSB-Aktionen anwesend ist.

Vom Wahlerfolg der FPÖ erhoffen sich auch die F unter Spitzenkandidat Pius Leitner stimmungsmäßig Auftrieb; nicht gänzlich bereinigte Animositäten, die auf Andreas Mölzers einstigem Versuch beruhten, im EU-Parlament eine Rechtsparteien-Achse unter Einbindung von Alessandra Mussolini, der Enkelin des Duce, zu schmieden, stehen indes einem engeren Verhältnis zu den „Gesinnungsfreunden“ in Österreich entgegen. Wegen des Übertritts eines bisherigen F-Landtagsabgeordneten (mitsamt Funktionären einer ganzen Bezirksparteiorganisation) zur BU, der es unter Spitzenkandidat Andreas Pöder auch gelungen ist, eine Listenverbindung mit einer Ladiner-Partei einzugehen, müssen die Südtiroler Freiheitlichen allerdings fürchten, einen Teil ihres bei der italienischen Parlamentswahl im Februar erzielten beachtlichen Stimmengewinns wieder einzubüßen.

Worauf die SVP ebenso setzt wie – nach dem Skandal um die Landesenergiegesellschaft SEL – auf den von ihr propagierten „Neustart“ unter ihrem Spitzenkandidaten Arno Kompatscher, der den seit 1988 im Amt befindlichen Landeshauptmann Luis Durnwalder beerben soll. Auffällig massiv warnt die SVP vor dem „Los von Rom“, vor Unabhängigkeitsbestrebungen, vor der Freistaatsidee der F und der Selbstbestimmungskampagne der STF und ihres Spitzenkandidaten Sven Knoll.

Da bemühte die wie ein SVP-Parteiorgan agierende Zeitung „Dolomiten“ zum einen den emeritierten Salzburger Zivilrechtler Franz Matscher, einen gebürtigen Südtiroler, der einst eine wenig rühmliche Rolle als österreichischer Generalkonsul in Mailand spielte, und ließ ihn als „Völkerrechtler“ gegen die (angeblichen Unwägbarkeiten der) Selbstbestimmung Stellung nehmen. Zum andern vereinnahmte die SVP, vom „Wahlerfolg der Schwesterparteien“ – Tiroler ÖVP, CSU in Bayern sowie CDU und CSU im Bund – beflügelt, Edmund Stoiber und Angela Merkel.

So „bestätigte“ der ehemalige bayerische Ministerpräsident im „Dolomiten“-Interview sowie auf einer Veranstaltung des SVP-Wirtschaftsflügels, dass die Sammelpartei „genau auf dem richtigen Weg“ sei und „mit Arno Kompatscher eine große Zugkraft“ habe. Und die deutsche Kanzlerin fand trotz beanspruchender Koalitionssondierungen in Berlin Zeit für Kompatscher und das Unterstützung signalisierende Photo mit ihm in den „Dolomiten“.

Dessen vorgetragener SVP-Konzeption von der „Vollautonomie“ – alle Kompetenzen nach Bozen, lediglich Außenvertretung und Militärwesen sollen in der Zuständigkeit Roms verbleiben – und von der „Zukunft Südtirols in einer Zusammenarbeit der Regionen in Europa“, stimmte die CDU-Vorsitzende pflichtschuldigst bei: Zwar gebe es „in Deutschland wie in Südtirol europafeindliche Tendenzen“, es sei aber „für eine Minderheit der europäische Weg der einzig gangbare“. Man wird am Landtagswahlergebnis auch ablesen können, wie viele Südtiroler diesem Weg folgen wollen.

Herrolt  vom Odenwald ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist.

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FN 512: Die EU, die Griechen und die österreichischen Betrüger

21. Oktober 2013 15:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wenn die Gauner nur in Salzburg und sonst nirgendwo säßen!

Die EU-Statistikbehörde Eurostat bezweifelt wegen des Finanzskandals in Salzburg die von Österreich gemeldeten Defizit- und Schuldenstand-Zahlen für 2012. Was noch peinlicher ist: Österreich ist das einzige Land Europas, wo es diesen "Qualitätsvorbehalt" gibt. Als Österreicher kann man sich da nur in Grund und Boden genieren. Vor allem dann, wenn man weiß, was die EU offenbar noch nicht weiß: Denn es sind auch viele andere Bundesländer, die so lügen und betrügen, wie es jahrelang die Salzburger getan haben – bisher ohne strafrechtliche Konsequenzen für die Akteure (übrigens genauso wie bei dem noch viel größeren Betrug in Griechenland, für den auch nie irgendein Politiker vor Gericht gelandet ist!). Und die Bundesländer tun es weiterhin ganz ungeniert. Sie behaupten auch noch ganz frech, der Föderalismus gäbe ihnen das Recht, öffentliche Schulden und Haftungen geheim halten, ausgliedern und verstecken zu dürfen. So haben ja auch die Kaiser einst ihre Schulden vor den blöden Bürgern nie veröffentlichen müssen . . .

 

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Eine Union zerstört ihre Werte

21. Oktober 2013 01:58 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Strafen für jene Parteien, die nicht die Werte der EU vertreten! Diese Forderung der europäischen Sozialisten stößt auch in Teilen der EU-Kommission auf große Zustimmung. Dennoch ist völlig klar: Würde Europa solche Strafen wirklich einführen, verlässt es endgültig den Weg des demokratischen Rechtsstaats. Denn der baut auf weltanschaulicher Neutralität auf, wie sie etwa schon die österreichische Verfassung seit fast hundert Jahren ganz wertfrei verkörpert. Sobald diese Neutralität aufgegeben wird, ist Tür und Tor zu einem neuen Totalitarismus geöffnet.

Der Vorstoß Richtung Strafbarkeit ist umso chancenreicher, als im EU-Parlament auch Gruppierungen sitzen, die sich zwar als „liberal“ bezeichnen, die aber in Wahrheit große Sympathien für solche Ideen einer Wertekontrolle haben.

Jede Strafbarkeit für Meinungen und Werte ist aber ein schwerer Verstoß gegen die fundamentale liberale Grundidee der Aufklärung und aller in der Folge darauf aufbauenden Revolutionen und Verfassungen. Das oberste Verlangen der Aufklärung war der Ruf nach Meinungsfreiheit. In der Präzisierung von Voltaire: Auch wenn ich total den Inhalt dessen ablehne, was ein anderer sagt, so werde ich (als freiheitsbewusster Einzelmensch ebenso wie als Rechtsstaat) alles tun, damit dieser andere seinen Inhalt weiter verbreiten kann. Meinungsfreiheit nur für jene, die so denken wie man selbst, wäre ja nur eine Karikatur.

Auch Nazis und Kommunisten schützten ihre Werteordnungen

Um die Notwendigkeit der echten Meinungsfreiheit zu unterstreichen, denke man an die Geschichte der letzten paar Jahrhunderte, da es eben keine Meinungsfreiheit gegeben hat. Da wurde in der mariatheresianischen Zeit sogar der Messbesuch kontrolliert; da gab es in der Nazi-Zeit den Zwang, die nationalistischen, antisemitischen und rassistischen „Werte“ der Nazis zu unterstützen; da musste bis 1989 halb Europa die „Werte“ des Klassenkampfes und des ausbeuterischen Aufbaus sozialistischer Gesellschaften einhalten. In Wahrheit wurde freilich immer die eigene Macht geschützt.

Jetzt droht also die Verordnung „europäischer Werte“. Schon etliche Urteile der obersten europäischen Gerichte (in Luxemburg wie Straßburg) in den letzten Jahren waren stark vom Geist einer Machtelite geprägt, die den Zwang zu einem politisch-korrekten Denken und Reden auf Kosten der Meinungsfreiheit durchsetzen will. Künftig will offenbar die Politik (oder zumindest ein Teil der politischen Klasse) wieder ganz unser Denken kontrollieren.

Natürlich hat der EU-Binnenmarkt, der freie und damit preisgünstige Austausch von Gütern und Dienstleistungen, den Europäern viel gebracht. Daher setzt sich jeder für seine Bewahrung ein, der die ökonomischen Grundrechnungsarten beherrscht. Aber es wäre ein absoluter Wahnsinn und absolut kontraproduktiv, wenn man Kritik am Binnenmarkt oder einzelnen seiner Aspekte als „Verstoß gegen die europäischen Werte“ zu bestrafen versucht.

Das schon deshalb, weil Menschen (erfreulicherweise) immer gerne das Gegenteil dessen glauben, was ihnen eine Obrigkeit zu glauben anordnet. Sie tun das zumindest ab dem Zeitpunkt, da sie die erste Lüge, Dummheit, Korruption dieser Obrigkeit entdecken. Und das war selbst unter einem Hitler oder Stalin trotz totaler Kontrolle über Medien und andere Kommunikationsschienen nicht zu verhindern.

Solange die EU eine reine Wirtschaftsgemeinschaft gewesen ist, hat sie sich auch ohne Zwang höchster Zustimmung und Sympathie erfreut. Die damalige EU passte auch gut zu dem zweiten großen und erfolgreichen Netzwerk der Nachkriegsjahre, der Nato, in der sich die Westeuropäer – und insbesondere die Amerikaner – gegenseitigen Beistand im Falle einer Bedrohung versprochen haben.

Brüssel sucht neue Betätigungsfelder

Beides hat exzellent funktioniert. Als aber nach 1989 die gemeinsame Herausforderung aus dem Osten weggefallen ist, haben die Machthaber, insbesondere die (von zweitklassigen Kommissaren geführte) Brüsseler Bürokratie neue Betätigungsfelder gesucht. Von der Justiz bis zur Kultur, von den Universitäten über die Währung und Duschköpfe bis zu den Glühbirnen haben sie begonnen, immer mehr zu regulieren, zu vereinheitlichen. Immer mehr Regeln und Richtlinien wurden den Gemeinden, Provinzen und den – sich interessanterweise noch für souverän haltenden – Staaten vorgeschrieben. Und damit vor allem den Menschen.

Viele in der EU taten das sicher in der besten Absicht. Oder, wie Margaret Thatcher es einmal formulierte: Wenn sie Italienerin wäre, würde sie vielleicht auch mehr auf Brüssel als auf Rom setzen. Umso enttäuschter ist man in Brüssel und Straßburg, weil die Menschen immer mehr auf innere Distanz zur EU gehen.

Wie schon so oft in der Geschichte ist den Menschen meist die mittelmäßige eigene Regierung lieber als ein sich für noch so weise haltender fremder Herrscher irgendwo weit draußen. An dieser Grundhaltung sind letztlich alle großen Reiche der Geschichte wieder zerbrochen. Was uns in den nächsten Monaten auch die hundertste Wiederkehr des Weltkriegs-Ausbruchs in Erinnerung ruft.

Die EU-Führer wären daher gut beraten, auch für sie ärgerliche Ansichten und Gruppierungen zu tolerieren. So wie es die Briten als Musterland der Demokratie vorbildlich vorexerzieren. Sie haben klargemacht, dass sie auch eine Sezession von Nordirland oder Schottland widerwillig, aber gelassen hinnehmen würden, wenn es dort eine Bevölkerungsmehrheit verlangt.

Genauso muss es Europa hinnehmen, wenn Gruppierungen wieder die Loslösung von der EU anstreben. Diese wäre klug beraten, auf jeden Versuch zu verzichten, unerwünschte und unverständliche Forderungen zu verbieten, zu bestrafen, oder sonstwie mit undemokratischen Mitteln zu unterdrücken.

So zu denken fällt freilich auch vielen autoritär strukturierten Mitgliedsstaaten gar nicht so einfach. Denn während sich die Briten zur prinzipiellen Tolerierung von Sezessionen durchgerungen haben, während die Tschechoslowakei eine solche schon erfolgreich absolviert hat, sehen andere EU-Staaten in der bloßen Idee noch immer Hochverrat. Ja, selbst das bloße Wort „Autonomie“ wird mancherorts bestraft.

Diese autoritär-zentralistischen Tendenzen sind besonders in jenen Staaten der EU übermächtig, in denen die Bevölkerung großer Gebiete – oder zumindest die mutmaßliche Mehrheit – weg will von diesem Staat. Man denke an die Basken und Katalanen, an die Südtiroler und Flamen, an die Ungarn in Rumänien und der Slowakei. Um nur die wichtigsten Gruppen zu wünschen, die unter Zwang zu einem nicht gewünschten Staat gehören.

Niemand hat bisher überhaupt definiert, was beispielsweise in dieser so grundlegenden Frage die angeblichen „europäischen Werte“ überhaupt bedeuten. Brutaler Zentralismus oder freie Entscheidung der Einwohner über die wichtigste staatspolitische Frage? Die EU schweigt. Aber dennoch wagen es europäische Politiker, von gemeinsamen Grundwerten der EU zu schwafeln. Und deren Nichteinhaltung zu bestrafen.

Auch Grundrechte ändern sich ständig

Allein der bloße Gedanke ist absurd. Sind doch auch in vielen anderen Fragen die „europäischen Werte“ eine absolute Schimäre, unter der jeder versteht, was er eben will. Selbst die sogenannten Grundrechte sind keine fixen Werte, sondern ändern sich ständig. Sollten sie aber einen Bestandteil der nie definierten, jedoch durch Strafen geschützten Werteordnung bilden (wie es eben bei totalitären Instrumenten der Fall ist), dann macht sich jeder Richter strafbar, der eine neue Judikatur entwickelt, und jeder Politiker und Beamte, der eine Änderung des Rechtsregeln vorschlägt.

Wenn eines hoffentlich fernen Tages die EU wieder auseinanderfallen sollte, dann sind jene die Hauptschuldigen, die die Union mit völlig unrealistischen Ansprüchen weit über den Aufbau eines Binnenmarkts hinaus aufzuladen versucht haben. Denn sie haben etwas versucht, was noch nie in der Geschichte dauerhaft geglückt ist, nämlich Werte und Loyalität mit Strafen durchzusetzen.

Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich gibt es Werte, die in Europa mehr Signifikanz haben als in Asien oder Afrika. Aber dabei ist eben immer zentral, dass es Werte sind, die aus Überzeugung befolgt werden, und nicht aus Not oder Zwang oder Angst vor Strafe.

Auch "Anti-Feminismus" soll verboten werden

Aber diese Initiative ist noch lange nicht alles, wie die dominierende Linke in der EU die Meinungsfreiheit einschränken will. Es steht auch schon ein Richtlinienentwurf in den Pipelines der Kommission, welcher die Meinungsfreiheit auch noch auf anderen Gebieten einzuschränken  versucht. Schon die ersten Richtlinien-Entwürfe versuchen die Mitgliedsstaaten zu zwingen, Meinungen zu "bekämpfen", welche die Kommission als "anti-feministisch", "homophob", "xenophob", "ethnisch diskriminierend" oder "religiös intolerant" einstuft.

Wobei ja auch der Kampf gegen "religiöse Intoleranz" keineswegs so harmlos ist, wie er klingt. Denn in der europäischen Praxis wird diese Formulierung praktisch nur gegen die Kritiker des Islam eingesetzt. Gewiss: Dieser Text ist erst am Beginn des europäischen Gesetzeswergungsprozesses.

Was man gegen diesen Wahnsinn tun kann? Nun, das Dümmste wäre es jedenfalls, aus Protest gegen europäischen Totalitarismus und weitere Einschränkungen der Meinungsfreiheit etwa den EU-Wahlen fernzubleiben. Auch die ÖVP wird dabei wohl absolut unwählbar sein, wenn sie wirklich auf der fanatisch EU-zentralistischen Linie des Otmar Karas bleiben sollte.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Jeder macht sich so lächerlich, wie er kann

19. Oktober 2013 00:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wenn jemand lächerliche Behauptungen aufstellt oder lächerlich agiert, dann gehört immer auch jemand dazu, der das so schluckt. Statt den Betreffenden mit nassen Fetzen davon zu jagen. Ob das nun der Herr Mitterlehner, die Wiener Polizei, der Siemens-Betriebsrat, das EU-Parlament, ORF-Lobbyisten oder die Caritas sind.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört beispielsweise Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Er pries jetzt öffentlich, dass künftig die Finanzierung von Firmen durch „Risikokapital“ (also Unternehmensbeteiligungen) viel „attraktiver“ würde. Als Grund kann er nicht etwa eine Neuregelung des Risikokapitals nennen, die diese derzeit steuerlich diskriminierte Finanzierungsform attraktiver machen würde, sondern nur die Verknappung der Kreditfinanzierung. Diese wird durch die neuen Bankregulierungen, also insbesondere Basel III, deutlich schwieriger. Durch diese kommt es zu einer Verteuerung von Krediten für die Wirtschaft und zu einer Reduktion des Kreditvolumens. Dieses Schönreden muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Risikokapital wird in keiner Weise attraktiver, sondern andere Finanzierungsformen (die in Österreich dominierend sind!) werden deutlich unattraktiver und knapper. Und dafür lobt Mitterlehner also die Politik. Diesen Schwachsinn haben wir uns also offenbar unter „Entfesselung“ vorzustellen. Noch schlimmer: Fonds, die in Österreich Risikokapital-Beteiligungen an Privatanleger verkaufen wollen, klagen sogar heftig, dass sie hier viel schlechter behandelt werden als in Deutschland.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört der Chef des in München sitzenden Siemens-Gesamtbetriebsrats, ein Herr Lothar Adler. Er bekommt ein Gehalt von nicht weniger als 300.000 Euro. Und das in Zeiten, da Siemens weltweit reihenweise Mitarbeiter feuern muss. Wie war das schnell mit der Gewerkschafts-Hetze gegen die „Reichen“, also auch gegen jene, die zum Unterschied von Herrn Adler wirklich etwas geleistet, wirklich Risiko getragen haben? Wie das mit dem Abgang der – hier vor kurzem gelobten – Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer zusammenhängt, können wir uns nur denken und beschweigen es daher bis zum Vorliegen konkreter Indizien.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch die „Arbeitsgruppe ORF Reform“ des Bundeskanzleramtes. Die besteht ausschließlich aus drei Alt-ORFlern, darunter zwei Linksradikalen. Diese haben im Auftrag der Herrn Ostermayer und Faymann eine Forderungsliste aufgestellt, wo alles drinnen steht, was (für den ORF) gut und (für uns) teuer ist. Bis hin zur Haushaltsabgabe, bei der auch nicht fernsehende Menschen den ORF finanzieren müssen. Gleichzeitig sollen die längst gleichgeschalteten Redaktionen jeder Pflicht zu öffentlich-rechtlicher Ausgewogenheit entkommen. Die Ostermayer-Gruppe glaubt jetzt offenbar ernsthaft, dass das auch Teil des neuen Koalitionsabkommens wird. Oder sollte sie sich mit diesem Wahnsinn sogar durchsetzen? Dann würde freilich nicht sie sich abgrundtief lächerlich machen, sondern die Koalition.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch die EU. Sie hat der Ukraine für die Abschiebung der inhaftierten Oppositionsführerin Timoschenko Richtung Ausland umgehend eine Freihandelszone und ein Assoziierungsabkommen versprochen. Geht es noch primitiver? Kann man sich noch plumper erpressen lassen? Eine Semidiktatur braucht offenbar nur eine Geisel ins Gefängnis zu werfen, um dann im Gegenzug für deren Freilassung von der Europäischen Union alles zu bekommen, was sie will. Und sie kann sich dabei noch als edel profilieren.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch das EU-Parlament. Das will jetzt einem der ersten erfolgreichen EU-Volksbegehren („One of us“), das bereits überraschende 1,3 Millionen Unterschriften gesammelt hat, durch eine radikal-feministische Resolution mit gegenteiligem Inhalt die Luft abdrehen. Und zwar noch bevor das Volksbegehren abgeschlossen und eingebracht worden ist (Fristablauf am 1. November). Das Begehren richtet sich gegen Klonen, Embryonenversuche und Abtreibungsförderung. Und jetzt versucht das – eigentlich gar nicht zuständige – Parlament mit seiner rot-grün-linksliberalen Mehrheit, durch eine Resolution die Forderungen von vornherein auszuhebeln. Das ist mehr als lächerlich, nämlich abgrundtief undemokratisch. Offenbar darf es nur Volksbegehren geben, die von links kommen.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehören auch die Caritas-Bosse Küberl und Landau. Sie haben öffentlich die Einführung der Gesamtschule gefordert. Zwar ist nicht ersichtlich, ob die beiden auch nur in irgendeiner Hinsicht eine Ahnung von Bildungsfragen und Schulen haben. Aber als Vorfeldsprecher von Rotgrün haben sie sich damit neuerlich fest einbetoniert. Wobei nur rätselhaft bleibt, warum die Bischöfe dann immer schutzsuchend zur ÖVP rennen, um die Anliegen der Kirche gegen Rot-Grün-Pink zu verteidigen. Denn sie selbst sind ja die Vorgesetzten der Caritas-Bosse.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch der burgenländische Landtag. Rot und Schwarz beschlossen dort wieder einmal ein Budget, in dem man nichts erfuhr über die ausgegliederten Gesellschaften und die Haftungen des Landes. So als ob die Milliardengaunereien in Kärntner und Salzburger Hinterzimmern und all die Besserungsschwüre der Politik nie passiert wären. Als die Opposition dagegen remonstrierte, warf man dieser im Gegenzug sofort „Arbeitsverweigerung“ vor und erregte sich in gut politisch-korrekter Art maßlos über ein in einem Zwischenruf gefallenes Schimpfwort. Ziemlich lächerlich, wenn man gegen den neuerlichen Betrug an Wählern und Steuerzahlern selbst nichts tut. Der ein wenig schlimmer ist als ein Kraftausdruck.

In die Kategorie der Sich-lächerlich-Macher gehört auch die Wiener Polizei. Sie versucht ihre Jagd auf Strafmandate rhetorisch mit „mehr Verkehrssicherheit“ zu begründen. Wobei ganz Wien weiß, dass die Mandatsaktionen in Wahrheit zur Anfüllung der Wiener Rathauskassen dienen. Denn die Polizei agiert ja niemals dort, wo wirklich die Verkehrssicherheit auf dem Spiel steht (Drängereien, Schneiden, Abbiegen ohne Signal, Ignorieren von Zebrastreifen, Fahrradfahren auf Gehsteigen). Dafür agiert sie stets mit großer Intensität dort, wo absolut Null Gefahr für irgendjemanden besteht, wo aber Autofahrer wegen eines Formaldelikts ganz leicht abkassiert werden können. So sieht man die Uniformträger in total verkehrsarmen Zeiten vor dem Museumsquartier, wo Autofahrer mutterseelenallein auf einer dreispurigen kreuzungsfreien Richtungsfahrbahn eine lange gerade, völlig einsehbare Strecke vor sich haben. Und wo selbst der vorsichtigste Lenker ohne jedes Risiko schneller als 50 fahren kann, es aber wegen des formalistischen Gessler-Hutes der geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung nicht darf. Genauso provozierend ist es, wenn die Polizei auf der ebenfalls dreispurigen, geraden, einsichtigen, menschenleeren, kreuzungsfreien Schönbrunner Schloßstraße (Richtung Grünbergstraße) an Samstagen um 6,45 Uhr(!) auf die Radarjagd geht. Auch dort gibt es keinerlei Sicherheitsmotiv, sondern nur das Abkassiermotiv. Das ist wohlgemerkt dieselbe Polizei, die Diebstähle und Einbrüche mit wachsendem Desinteresse zur Kenntnis nimmt, und die auch absolut nichts zu deren Aufklärung unternimmt.

 

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Der hundertjährige Klimakalender

27. September 2013 12:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es wird seit 15 Jahren global nicht wärmer. Dennoch wird uns eine ganz anders lautende Botschaft auf allen medialen Kanälen in die Ohren getrommelt. Das sollte aber nicht überraschen, ist diese Behauptung doch schon lange vorher festgestanden.

Denn die seit den 80er und vor allem 90er Jahren entstandene Global-Warming-Industrie wird nie und nimmer zugeben können und wollen, dass sie sich geirrt hat, dass sie viele Zusammenhänge nur auf Vermutungen und Spekulationen aufbaut, dass sie keine Ahnung von vielen möglichen Rückkoppelungseffekten hat. Dazu sind viel zu viele materielle und Macht-Interessen involviert.

Was sollen da die nüchternen Fakten, die zeigen, dass die Alarmisten zumindest in den letzten Jahrzehnten völlig falsch gelegen sind? Dass ihnen schon eine Reihe von Manipulationen nachgewiesen worden ist? Dass wir definitionsmäßig noch immer in einer auslaufenden Späteiszeit leben? Dass es in der Erdgeschichte – höchstwahrscheinlich der Sonne und minimaler Variationen der Erdrotation wegen – immer wieder wärmer und kälter geworden ist, was die Lebewesen und schlussendlich die Menschen regelmäßig zu Reaktionen gezwungen hat?

Natürlich hätten wir es am liebsten, wenn nicht ständig Unvorhersehbares passiert. Natürlich würden wir alle gerne zumindest wissen, wie es in hundert Jahren zugehen wird. Deswegen haben ja auch schon die Hundertjährigen Kalender seit so vielen Generationen so große Beliebtheit. Die haben uns aber wenigstens nicht so entmündigt und beraubt, wie es die Global-Warming-Industrie versucht. Und in der EU sogar mit großem Erfolg.

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Zwei Wahlen, ein Europa und fast keine Zukunft

27. September 2013 00:15 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Immer öfter fühlt man sich an jene Epoche erinnert, die derzeit auch den Buchmarkt überschwemmt: an die Zeit vor genau hundert Jahren, die Zeit vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Auch damals hat man noch in vollen Zügen das Leben genossen, während das größte Gewitter der Menschheitsgeschichte, ein  dreißigjähriger Weltkrieg, schon unabwendbar geworden war. Darauf hatte sich aber dennoch niemand vorbereitet. Und niemand hat ernsthafte Anstrengungen unternommen, um es noch zu verhindern.

Ganz ähnlich ist die Situation heute. Das haben der deutsche wie der österreichische Wahlkampf gezeigt. Überall Schönwetterpolitik. Bis auf die kleine „Alternative für Deutschland“ gibt es im ganzen deutschen Sprachraum keine einzige Partei, die kompromisslos einen Ausweg aus der drohenden Wirtschafts- und Finanzkatastrophe ansteuern würde. Im Gegenteil.

In Deutschland wie Österreich überboten sich die Parteien an neuen, immer wilderen und teureren Versprechungen. Die „Alternative“ ist jedoch nicht in den Bundestag gekommen. Knapp, aber eben doch nicht. Das zeigt: Krisenbewusstsein gibt es auch fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise und dreieinhalb Jahre nach dem Schlagendwerden der Staatsschuldenkrise in der Politik keines und bei den Wählern nicht.

Im Gegenteil: Wie Drogensüchtige freuen sich viele, dass die amerikanische Fed in den letzten Tagen vor der deutschen Wahl offiziell eine Fortsetzung ihres Dollardruckprogramms beschlossen hat. Unvorstellbare 85 Milliarden Dollar werden also weiterhin jeden Monat zusätzlich unter die Menschen gebracht. Obwohl keine neuen Werte geschaffen worden sind, die dieser Summe auch nur annähernd entsprechen. Die Bestätigung dieser Währungspolitik lässt die Börsenkurse weiter in die Höhe springen.

Der Vergleich mit Drogen ist keineswegs absurd: So wie bei Rauschgift gibt es absolut keinen schmerz- und katastrophenfreien Weg mehr, davon wieder loszukommen. Das macht einige Akteure bei der Fed und der ähnlich handelnden Europäischen Zentralbank zwar zunehmend besorgt. Nur wissen sie alle längst keinen Ausweg mehr. Perpetuierter Rauschgiftkonsum führt ebenso wie ununterbrochenes Gelddrucken mit absoluter Sicherheit in den Abgrund. Wäre das anders, könnten wir ab jetzt ja ohne Arbeit und Anstrengung einfach vom ständigen Gelddrucken leben.

Daran wird auch der als Triumph der Stabilitätsorientierung gefeierte Wahlerfolg der Angela Merkel nichts ändern. Denn auchsie hat vielfach leichtertige Haftungen für unhaltbare Schuldner ausgesprochen.

Die Flucht in die Sachwerte

Gerade das jüngste Kursfeuerwerk ist in Wahrheit ein sehr bedenkliches Vorzeichen. Denn es zeigt: Die Unternehmen werden von den Börsen als immer wertvoller eingestuft, ohne dass sie wertvoller geworden wären. Die Kurssteigerungen haben immer weniger mit der Realität, mit irgendwelchen Fundamentaldaten zu tun.

Das an die Börse strömende Geld dient nur zum kleinen Teil der Ankurbelung von Investitionen. Jetzt wollen auch noch Internet-Firmen wie Twitter rasch durch Börsengänge abcashen, bevor die unweigerlich bevorstehende Stunde der Wahrheit kommt. Diese wird zwar auch die Börsen treffen – aber vermutlich viel weniger als andere Bereiche. Börsengänge werden dann aber jedenfalls wieder viel weniger ertragreich sein.

Der Strom des Geldes an die Börse bedeutet primär eine rasante Flucht in die Sachwerte. Dasselbe trifft auf die in vielen europäischen Städten beobachtbare Flucht in Immobilien zu (gute Lagen steigen seit Jahren alljährlich um zweistellige Prozentsätze). Dasselbe findet man etwa auch beim Gold. Die Menschen kaufen das Metall weiterhin massiv. Obwohl sein Preis in den letzten Monaten wieder etwas gefallen ist, bleibt es Ziel vielen Fluchtgeldes. Dieser teilweise Preisrückgang ist aber nicht die Folge eines Sinkens des Interesses, sondern vielmehr Folge von Goldverkäufen durch internationale Notenbanken und des Auslaufens einiger großer Termingeschäfte in der Finanzwelt. Die Menschen flüchten weiter ins Gold, bei niedrigeren Preisen noch viel lieber.

Das heißt in Summe: Viele Menschen spüren deutlicher als die Politik die Krisenzeichen und wollen sich noch irgendwie absichern. Natürlich zeigt auch die in vielen Ministerien und internationalen Forschungs-Institutionen vorhandene Expertise bedenkliche Vorzeichen. Aber die Parteien glauben eben fast allesamt, dass der Mehrheit der Wähler die Wahrheit nicht zumutbar wäre. Das hat die deutsche Wahl dominiert. Und das beherrscht den österreichischen Wahlkampf.

Die Parteien bestechen die Wähler (um deren eigenes Geld) mit Brot und Spielen. Das reicht vom besonders in Österreich sowohl beim Antrittsalter wie auch bei der Höhe vieler nie durch Beiträge finanzierter Pensionen viel zu großzügigen Pensionssystem bis zu den tatsächlichen Spielen, die jeden Sommer auf fast jedem niederösterreichischen Schloss, jedes Wochenende auf Donauinsel oder Rathausplatz stattfinden.

Aber warum funktioniert zwar die Ankurbelung der politischen Bestechungsaktionen, aber nicht auch jene der realen Wirtschaft durch das viele künstlich geschaffene Geld? Die Wirtschaft müsste ja gemäß den keynesianischen Theorien derzeit gerade gewaltig explodieren. Der Großteil des rund um die Uhr neugedruckten Geldes fließt aber direkt in die Finanzierung der öffentlichen Defizite. In Amerika nimmt etwa die Hälfte der frisch gedruckten Dollar diesen Weg. Diese Tatsache führt mit absoluter Sicherheit entweder in eine heftige Inflation oder eine noch viel größere Krise.

Regulierung führt zu immer ärgeren Hochwässern

Für jede Bank, jede Versicherung ist es relativ am sichersten und bequemsten, das zugeflossene Geld in möglichst hohem Ausmaß in Staatsgeldern anzulegen, statt der Wirtschaft Investitionskredite zu geben oder Venture capital zur Verfügung zu stellen. Das ist auch eine völlig perverse Konsequenz der Bankenregulierung.

An deren Verschärfung wird aber dennoch unter dem Druck der Medien und der populistischen Politiker auf zahllosen Ebenen gearbeitet. Ob das nun die Finanzmarktaufsicht oder die Nationalbank, die Zentralbank der Zentralbanken mit ihren Basler Abkommen, die EU-Kommission, das EU-Parlament, die EZB, die G20 oder die nationalen Parlamente und Finanzministerien sind. Überall wird an Regulierungen gebastelt. Überall will man sich als Verhinderer künftiger Krisen feiern lassen. Und begreift nicht, dass man statt dessen geradezu deren Förderer geworden ist. Denn Risiko ist nur am Friedhof verbietbar. Wer es wegzuregulieren versucht, sorgt nur dafür, dass anderswo das Hochwasser noch viel höher steigt.

Niemand weiß genau, was noch alles an Regulierungen auf die reale und die Finanzwirtschaft wirklich zukommt. Die Tendenz der Politiker und Regulierer ist fast überall gleich schädlich: Während Staatsanleihen bei der Vergabe von Bankgeldern massiv bevorzugt werden (durch die Fiktion der angeblichen Krisensicherheit), wird jeder einzelne Kredit an die Wirtschaft durch mehr Regulierungen immer mehr behindert. Weil ja naturgemäß jeder Kredit riskant ist. Freilich ist das heute auch ein Kredit an Staaten genaus (=Anleihekauf).

Dahinter steht die breite Ahnungslosigkeit in Medien und Öffentlichkeit, die sofort von „Zocken“ sprechen und nach Strafen rufen, wenn ein Kredit notleidend wird. Nur: Kredite ohne Risiko gibt es nicht. Und ohne ein Risiko, das einzelne Investoren und Kreditgeber eingehen, kann es niemals zu einem neuen Wirtschaftswachstum kommen. Über immer fettere Staatsbudgets kann es schon gar kein Wachstum geben.

Hoffnungsschimmer aus Italien und Griechenland

Um dennoch auch jeden Funken Hoffnung zu beachten (sonst würde man ja ganz depressiv): In einigen der Krisenländer gibt es zarte Anzeichen von Vernunft zu sehen. Gerade in bedrohlichen Zeiten sollte man diese daher auch ordentlich preisen. Auch wenn sie eben noch sehr zart sind und auch wenn sie in keiner Weise den Fehler der Billionen-Haftungen ausmerzen.

Am positivsten fällt da derzeit Italien auf. Es hat ein 50-Punkte-Programm zur Anlockung von Investitionen erstellt. Das enthält Punkte, die man einer von einem Sozialisten geführten Regierung eigentlich niemals zugetraut hätte, die für österreichische und deutsche Linke absolut unvorstellbar wären, und erst recht für die französische, die sich total weigert, irgendeine Realität zur Kenntnis zu nehmen.

Italien hat immerhin Folgendes angekündigt, um nur das Wichtigste zu nennen:

Damit will Italien vor allem ausländische Direktinvestitionen anlocken. Diese sind ja allgemein zuletzt stark zurückgegangen. Investieren gilt als zu riskant und scheint in Europa auch angesichts der verbreiteten Reichenhatz sehr unerwünscht zu sein. Übrigens sind die Direktinvestitionen aus dem Ausland nirgends so stark wie in Österreich zurückgegangen. Dort haben sie binnen eines Jahres um 44 Prozent abgenommen. Was freilich dort im Wahlkampf noch von keiner Partei angesprochen worden ist.

Dass in Italien langsam wieder Arbeiten statt Feiern in Mode kommt, zeigt sich auch an einem ganz spezifischen Detail: Seit 2012 mussten im Land des guten Essens schon 10.000 Restaurants zusperren.

Zusatzurlaub für Computernutzung

Auch Griechenland hat den einen oder anderen Sanierungserfolg. Endlich wird die oft versprochene Reduktion des Beamtenheeres ernsthaft angegangen. Dieses ist ja nicht nur maßlos aufgebläht und unproduktiv. Es hat in den letzten 15 Jahren auch Gehaltserhöhungen bekommen, die fast das Zehnfache des Zuwachses für die deutschen Beamten ausmachen. Und die Regierung lässt sich bei ihrem Reduktionsplan auch von einer großen Streikwelle nicht beirren.

Bei den Streiks kämpfen die griechischen Beamten sogar um derart absurde Dinge, wie sechs Tage Zusatzurlaub für Beamte, wenn sie auch einen Computer benutzen. Unglaublich, aber Folge der 80er Jahre, als Gewerkschaften und Grüne tatsächlich europaweit massiv Propaganda gegen den Computer und die dadurch angeblich ausgelöste Arbeitserschwernis geführt haben. In Griechenland hat das zu viel heftigeren Konsequenzen geführt als anderswo. Was aber besonders ärgerlich ist: Solche Anachronismen beginnt Griechenland erst dreieinhalb Jahre nach jenem Zeitpunkt auszumerzen, da das Land Deutschland, Österreich und Co zum erstenmal in die Börse gegriffen hat . . .

PS: Die hohen Börsenkurse sollten auch in Österreich eine ganz dringende, und derzeit leider von der SPÖ völlig blockierte Debatte auslösen: Sie bedeuten den idealen Zeitpunkt für Privatisierungen. Das Geld bräuchte Österreich ja ganz dringend, nicht nur zur Eindämmung der Schuldenexplosion, sondern auch zur Abdeckung alleine des von der Kärntner und Wiener Regierung angerichteten Hypo-Alpe-Adria-Debakels.

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Bundestagswahl in Deutschland 2013

24. September 2013 14:37 | Autor: Andreas Unterberger

Offizielles vorläufiges Endergebnis der Bundestagswahl 2013 mit Vergleich zu 2009

 

 

Ergebnis der Bundestagswahl 2013 nach Bundesland

 

Quelle: Bundeswahlleiter

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Merkel, Österreich und zwei historische Fehler

20. September 2013 00:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In der gesamten deutschen Nachkriegsgeschichte hat niemand so schwere Fehler begangen wie Angela Merkel. Und dennoch liegt sie in allen Prognosen für die deutsche Bundestagswahl mit einer sensationellen Beliebtheit anscheinend unangreifbar weit voran. Aber nicht nur deswegen haben diese Wahlen auch für Österreich und viele andere Europäer zentrale Bedeutung.

Zum einen sind sie für Österreich wegen der nur eine Woche danach stattfindenden Nationalratswahl besonders interessant. Und allenthalben wird – wie nach Bayern – über Nachahmungseffekte spekuliert.

Wien im Kielwasser Berlins

Zum anderen ist Österreich so wie viele anderen europäischen Länder in vielerlei Hinsicht enorm von Deutschland abhängig. Das war auf Grund der zehnfachen Größe der Bundesrepublik immer schon der Fall. Das konnte zwar in Hinblick auf Handel und Wirtschaftskontakte sogar ein wenig reduziert werden. Die österreichische Wirtschaft hat es ja in den letzten 20 Jahren immerhin geschafft, sich international stärker zu diversifizieren: Richtung Osteuropa, aber auch nach Asien.

Dennoch ist Deutschland heute für die Alpenrepublik noch wichtiger denn früher: Das ist Folge der inzwischen unbestrittenen Führungsrolle Deutschlands in der EU. Alle anderen europäischen Großmächte haben aus unterschiedlichen Gründen an Bedeutung verloren. Österreich agiert daher (ähnlich wie etliche andere Länder) seit Jahren nur noch als Beiboot zum deutschen Riesen.

Österreich versucht nicht einmal mehr, wenigstens hie und da einen eigenen Kurs einzuschlagen. Das letzte Mal hat es das versucht, als Ursula Plassnik und Wolfgang Schüssel den Beitritt der Türkei zur EU zumindest signifikant verzögert haben. In jüngster Zeit hingegen fährt die österreichische Außenpolitik sogar dann im Kielwasser Deutschlands, wenn dieses sich erkennbar verirrt. Das war etwa beim gemeinsamen Vorstoß der Außenminister dieser beiden Länder zugunsten des gestürzten islamistischen Präsidenten Mursi zu beobachten gewesen. Dieser Vorstoß ist dann freilich schubladisiert worden, als Berlin merkte, dass sowohl der Rest der Welt wie auch die eigenen Wähler insgeheim sehr froh über die Entfernung von Mursi sind.

Man sollte aber durchaus kühl zur Kenntnis nehmen: Es ist irgendwie logisch, dass Großmächte in einer Union viel mehr zu reden haben als um den Faktor Zehn kleinere Länder. Und dass sie in der Regel auch qualitativ ein viel interessanteres Politikerangebot produzieren. Auf der anderen Seite ist schon als interessant festzuhalten, dass es ausgerechnet dem Luxemburger Premier gelungen ist, zu einem der ganz großen europäischen Spieler zu werden.

Davon ist Österreich weit entfernt. Merkel konnte sich – so wird zumindest in Deutschland verlässlich kolportiert – einmal eine spitze Bemerkung über ihren „Kollegen“ Werner Faymann nicht verkneifen: Ihr österreichischer Kollege ginge ohne eigene Meinung in europäische Gipfeltreffen hinein und komme dann mit der Meinung Merkels wieder heraus. Was freilich nach der Wahl in Frankreich nicht mehr gestimmt hat. Damals bemühte sich Faymann eine Zeitlang, statt Merkel seinem französischen Parteifreund Hollande zu folgen – bis er freilich merkte, dass Frankreich mit ziemlicher Sicherheit gegen ein Riff donnern wird. Dann war Frankreich für Faymann wieder weniger populär.

Die Crux mit den Leihstimmen

Tatsache ist jedenfalls, dass Angela Merkel in Deutschland um ein Vielfaches höhere Beliebtheitswerte hat als Faymann oder sonst ein Politiker in Österreich. Tatsache ist aber ebenso, dass die CDU/CSU schon bei mehreren Wahlen letztlich schlechter abschnitt, als es ihr vorher die Umfragen bescheinigt hatten.

Das hängt – auch – damit zusammen, dass die FDP regelmäßig im letzten Augenblick viele Leihstimmen von CDU-Sympathisanten bekommt. dies passiert zumindest dann immer, wenn diese glauben, dass es auf ihre Stimmen für die FDP und auf die FDP für eine bürgerliche Koalition ankommen könnte. Die FDP hat die Werbung um solche Stimmen nach der Schlappe in Bayern auch deutlich intensiviert. Die FDP macht das möglich, indem sie seit Jahrzehnten immer fixe Koalitionszusagen an die Union abgibt.

Dadurch werden immer wieder CDU-Wähler ermutigt, für die FDP zu stimmen, damit deren Stimmen mit Sicherheit über die schicksalshafte Fünfprozent-Grenze kommen und sich somit auch in Mandaten niederschlagen. Außerdem gibt es in Deutschland das anderswo unbekannte Zweitstimmensystem, wobei die Zweitstimme verwirrendweise die eigentlich entscheidende ist. Während die erste primär der Persönlichkeitswahl dient.

Dieses System könnte  auch der „Alternative für Deutschland“ zugute kommen. Auch wenn diese von Schwarz und Gelb im letzten Augenblick für unberührbar erklärt worden ist. Die "Alternative" ist aber auch schon von sich aus in den letzten Umfragen in einen steilen Aufwärtsflug gekommen. Sie vertritt eine Position, die auch bei vielen CDU/CSU- und FDP-Wählern sehr beliebt ist: Sie wendet sich vor allem vehement gegen eine Fortsetzung der diversen Euro-Rettungsaktionen und kritisiert die hemmungslose Förderung von Windmühlen und Solarpaneelen.. So denken auch viele viele schwarz-gelbe Wähler. Das wollte aber deren Regierung nicht. Und will es offenbar weiterhin nicht.

Die unpopuläre Griechenland-Rettung

Damit sind wir auch schon bei einem der beiden großen Merkel-Fehler: Sie – und vor allem ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble – waren entscheidend dafür verantwortlich, dass seit Mai 2010 Griechenland und andere Länder mit Hunderten Milliarden Geldern, Krediten und vor allem Haftungen „gerettet“ wurden (nach Berechnungen des renommierten Münchner ifo-Instituts sind es sogar schon Billionen).

Andernfalls hätten sich jedenfalls etliche Euro-Länder für zahlungsunfähig erklären und in der Folge wohl aus dem Währungsraum ausscheiden müssen. Genau das wäre aber vielen Deutschen als die einzig richtige Strategie gegenüber verschuldeten Ländern erschienen. Zwar hat sich jetzt ihr Zorn ein wenig gelegt, weil es in den letzten Monaten keine neuen Kredite und Haftungen mehr gegeben hat, und weil das Wirtschaftswachstum Europas nach fünf Jahren des Absturzes erstmals kein Minuszeichen aufweist (wenngleich das Plus nur minimal und wohl nur vorübergehend ist).

Dennoch sind die meisten Experten einig, dass Griechenland & Co die Schulden niemals zurückzahlen werden können. Vor allem aber ist wichtig: Diese gewaltigen Beträge sind noch gar nicht bei den deutschen und österreichischen Steuerzahlern gelandet. Man fingiert vielmehr, als ob diese Haftungen und Kredite ohnedies alle zurückbezahlt würden. Wenn da aber einmal die Stunde der Wahrheit kommt, wird das Erwachen in Deutschland (wie in dem brav nachtrottenden Österreich) ein extrem hartes werden. Und wenn vielleicht in ein paar Jahrzehnten (etwa) Griechenland doch das ausgeborgte Nominale zurückzahlen kann, dann wird das aber nur noch einen Bruchteil des ausgeborgten Geldes wert sein. Und den gewaltigen Zinsverlust wird man wohl den europäischen Steuerzahlern umhängen.

Die Energiewende nach nirgendwo

Dazu kommt der zweite schwere Fehler Merkels: die sogenannte Energiewende. In ihrem populistischen Grundzug hat die deutsche Kanzlerin unmittelbar nach der japanischen Tsunami-Katastrophe und der Zerstörung des Atomkraftwerks Fukushima den kompletten Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Der droht aber zum Todesstoß für die deutsche Industrie zu werden – trotz ihrer derzeitigen Erfolge. Denn schon jetzt, also während noch viele AKW laufen, steigen die deutschen Strompreise steil nach oben, was viele Unternehmen umzubringen droht. Die Energiewende funktioniert nur auf dem Papier. Denn:

Warum eigentlich Merkel?

Diese zwei katastrophale Fehler überschatten die Ära Merkel. Die gegenwärtige Wirtschaftsstärke Deutschlands ist hingegen noch ein Produkt der harten (und von der Linkspartei heftig bekämpften) Agenda-2010-Reformen, die unter Gerhard Schröder von Rot-Grün beschlossen worden waren. Freilich im Konsens mit der damals oppositionellen CDU.

Dennoch ist Merkel beliebt wie noch nie ein Bundeskanzler. Ihre ruhige, nie aufgeregte Art ist den Deutschen angenehm. Und vor allem: Die rotgrüne Opposition hat sich immer noch viel massiver als die schwarz-gelbe Regierung für die Zahlungen an die Schuldnerländer und für die Energiewende ausgesprochen. Also bringt es nichts, aus Zorn über diese beiden Entscheidungen eine der Linksparteien zu wählen.

Merkel hat die Front nach links also anscheinend elegant abgedichtet. Sie nimmt den Sozialdemokraten den politischen Spielraum. Da nutzt es der SPD auch nichts, dass sie mit Peer Steinbrück einen extrem intelligenten Spitzenkandidaten hat, der – bei Sozialdemokraten sehr selten – auch von Wirtschaft und Finanzen viel versteht. Aber er ist zu kühl norddeutsch und wurde mit vielen Deutschen nie vertraut. Daher scheint es ihm nicht wirklich geholfen zu haben, dass er innerhalb der SPD eindeutig zum rechten, pragmatischen Flügel zählt. Seine oft spitzen Sprüche oder seine provozierenden Stinkefinger-Gesten halfen ihm auch nicht zu mehr Popularität.

So deutet alles auf einen Erfolg Merkels hin. Diese hat sich ja auch in anderen Fragen (Millionen für einen „Kampf gegen Rechts“ oder die massive Vermehrung von Kindergartenplätzen) in den letzten Jahren links profiliert. Erst in den Wahlkampfmonaten ist Merkel wieder nach rechts geschwenkt, sobald sie gemerkt hat, dass etliche ihrer Wähler doch mit der „Alternative“ kokettieren.

Aber sogar der britische „Economist“ – der sich etwa einst vehement für die italienische Linke und gegen eine Wahl Silvio Berlusconis ausgesprochen hatte – unterstützt „Mutti“ vorbehaltlos.

Also alles längst geklärt? Davor würde ich warnen. Denn Wahlkämpfe nehmen oft in den letzten Stunden vor der Wahl noch eine ganz überraschende Wendung. Und der Wohlfühlwahlkampf Merkels, bei dem alle Kanten geglättet scheinen, ist gerade gegenüber solchen Wendungen doppelt exponiert. Denn plötzlich könnte auch jenen, die sie sympathisch finden, das Motiv fehlen, wenn sie sich zu fragen beginnen: Warum eigentlich Merkel?

Österreich und die anderen Satelliten Deutschlands tun jedenfalls gut, genau zu beobachten, wie es dort weitergeht. Das ist vielleicht wichtiger als die eigene Wahl. 

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Fußnote 492: Wenigstens eine EU-Katastrophe ist gescheitert

19. September 2013 16:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In der Wahlkampf genannten Ansammlung an Idiotie wird es kaum jemand zur Kenntnis nehmen: Aber der Europäische Gerichtshof hat ein für Österreich sensationell erfreuliches Urteil gefällt.

Der EuGH hat nämlich den Anspruch eines Deutschen auf eine Ausgleichszulage in Österreich abgeschmettert – zumindest sofern Österreich nachweisen kann, dass die Zahlung solcher Leistungen eine unangemessene Belastung des heimischen Sozialsystems darstellt. Diesen Nachweis zu erbringen, müssten selbst die schwächsten Juristen der Republik schaffen. Hinter diesem scheinbaren Einzelfall stand eine große Angst: Falls EU-Ausländer hier Ausgleichszulagen verlangen können, dann wird Österreich von Tausenden, vielleicht sogar Millionen solcher Pensionisten überrannt werden. Wobei weniger der Zuzug von älteren Deutschen Sorge gemacht hat, sondern von solchen aus Osteuropa, vor allem dem Balkan mit ihren Minirenten. Jetzt sind zwei Dinge EU-amtlich: Erstens, die Ausgleichszulage ist eine Sozial- und nicht eine Versicherungsleistung; zweitens haben EU-Ausländer keinen gleichberechtigten Anspruch auf Sozialhilfeleistungen haben. Sonst hätte eine Lawine gedroht. Hat sich doch schon binnen der letzten drei Jahre die Zahl der EU-Bürger mit Ausgleichzulagenansprüchen in Österreich verdoppelt. Kein Wunder, leistet sich die Republik doch das freigiebigste Pensionssystem Europas (wenn nicht der Welt). Ohne es sich leisten zu können.

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Was wir brauchen

18. September 2013 03:39 | Autor: Waltraut Kupf
Rubrik: Gastkommentar

Was Österreich braucht, ist eine Regierung, die nicht – wie übrigens die aller anderen Länder auch – gegen das Volk regiert, sondern vielmehr die Interessen des Souveräns mit Entschiedenheit vertritt.

Schon arbeiten die so genannten Eliten daran, nach dem Prinzip des Hexeneinmaleins Minderheiten zur Mehrheit zur erklären und den Begriff der Demokratie umzudefinieren. Hieß es vor siebzig Jahren „du bist nichts, dein Volk ist alles“, so transponiert man diesen fragwürdigen Slogan heute auf eine erweiterte Ebene, nämlich: „Dein Volk ist nichts, die Zentraldiktatur ist alles“. Daraus resultiert ein artifiziell konstruierter Begriff von Einheit und Solidarität, der ebenso wenig durchzusetzen ist wie ein etwaiges Postulat, man solle in Notzeiten für fremde Leute sorgen, zu Lasten der eigenen Kinder.

So wie die Familie gesellschaftspolitisch zerschlagen wird, werden Zugehörigkeiten aller Art systematisch untergraben. Der Begriff „Volk“ ist in der veröffentlichten Meinung verpönt, die „Egoismen“ der Nationalstaaten werden kontinuierlich gegeißelt und deren Vertreter nach Möglichkeit isoliert und geächtet. Als flankierende Maßnahme werden Migration und Verfall des Bildungs- und Sozialsystems gewaltig angekurbelt. Auch die Unterschiede der Geschlechter werden eingeebnet und alles, was zumindest bisher dem natürlichen Empfinden entsprach, wird unter dem Begriff der Biologismen abgetan. Dafür floriert der Todeskult der Abtreibung, die man Schulklassen durch Besuch von einschlägigen Kliniken als Lösungsansatz für die Beseitigung der Folgen eines möglichst frühen Sexualverkehrs schmackhaft machen will.

Politiker, die sich dagegen aussprechen (was sich bezeichnenderweise niemand mehr zu tun getraut), würden sofort als „Rechtsextreme“ von weiteren Gestaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Auch auf die Religion (besonders die katholische) wird aus vollen Rohren geschossen, weil diese ja den geplanten Entwicklungen mit ihrem Wertekatalog hinderlich sein könnte. Mittlerweile rückt selbst der medial hochgejubelte progressive Flügel der Kirche von früher als unverhandelbar betrachteten Grundsätzen ab. Das ist der traurige Befund, den man nach Belieben weiter ausführen und vervollständigen könnte.

Wo ist nun eigentlich der Politiker, der allen diesen Missständen ernsthaft und mit Konsequenz entgegenträte? Der die gesetzlichen Möglichkeiten eines Vetos auf EU-Ebene einsetzen würde? Der die Möglichkeit eines EU-Austritts zu nützen bereit ist?

Denn die Europäische Union ist ja zumindest hierzulande der Spiritus Rector hinter allen genannten Missständen, auch wenn das einige Unentwegte in Abrede stellen. Zwar sind die meisten der in Brüssel fuhrwerkenden Gestalten zu beschränkt, um alle Zusammenhänge zu sehen, die dahinter stehenden Drahtzieher (Teilnehmer an diversen Geheimkonferenzen in Europa und Vertreter der Hochfinanz vor allem in Übersee) arbeiten aber mit Hochdruck an der Neuen Weltordnung, in welcher unter Vorspiegelung einer Perspektive von Friede, Freude, Eierkuchen eine Masse von gezielt verblödeten Zombies willfährig oder auch nur apathisch, gut choreographiert, nach der Pfeife der so genannten Eliten tanzen soll.

Niemand wird ernsthaft versuchen, Sand in die Maschinerie dieses Treibens zu streuen. Ein solcher Mensch würde ja auch ziemlich gefährlich leben. Überdies wäre jeder Widerstand nicht nur für die eigene Person, sondern möglicherweise auch für die Allgemeinheit riskant. Und dennoch: Sollen sich die herrschenden Tendenzen wirklich ungebremst fortsetzen und weiter verschärfen?

Es gibt Anti-EU-Kleinparteien, die aber mangels medialer Unterstützung chancenlos sind bzw. gar nicht erst zur Wahl stehen.

So bleibt nur die Möglichkeit, die Kräfte auf einem bereits vorhandenen Fundament zu bündeln und sich darüber klar zu werden, was man überhaupt will. Kann man sich nicht einigen, so sind jene Leute, die letztlich im Sinne der derzeit untragbaren Zustände arbeiten auszutauschen gegen solche, die bereit wären Nägel mit Köpfen zu machen.

Manche linientreue Katholiken sind der Meinung, das Heil könne noch am ehesten in der FPÖ liegen, was aber fraglich ist. Ich denke mit Schrecken daran, wie man Barbara Rosenkranz zur Präsidentschaftswahl einerseits aufstellte, ihr aber dann praktisch in den Rücken fiel, weil ein paar Leute ihre heimliche Liebe zur EU nicht auf dem Altar einer charaktervollen, weitblickenden Frau opfern wollten oder auch antiquierte Ansichten hinsichtlich der Bekleidung hoher politischer Ämter durch Frauen hatten. Es war auch kein Glücksgriff, sich im neuen Programm vom Christentum zu verabschieden, obgleich ja neuerdings Bibelzitate plakatiert werden und man die Kurve zwischen säkularer Haltung und einer Verbeugung vor der Religion irgendwie zu kratzen hofft.

Das etwas leiser werdende Gefasel von der Revolution von 1848 war von Anbeginn kontraproduktiv, da diese ganz andere Wurzeln hatte als jene, auf die man sich heute besinnen sollte. Jedenfalls ist aber die Erhaltung des christlichen Abendlandes wenigstens als Kulturgemeinschaft ein vorrangiges Anliegen. Kann man sich teilweise nicht mit der Religionsgemeinschaft identifizieren, so möge man doch bedenken, dass man vor allem im linken Lager die Kirche zu demontieren trachtet und antiklerikales Agitieren lediglich das Geschäft der politischen Gegner besorgt.

Jener Wertekatalog, dessen Beachtung man heute schmerzlich vermisst, ist vor allem in der Kirche verankert oder zumindest hier in konsequenter Form niedergelegt. Man sollte sich nach dem Gebot der Stunde richten und anstelle der Vergangenheit lieber die Fährnisse der Gegenwart zu bearbeiten und zu bewältigen trachten, was in der ursprünglich dazu berufenen ÖVP seit geraumer Zeit nicht mehr stattfindet. Sie ist zu jenem Reichen geworden, der in das Himmelreich nicht eingehen wird und zu dem Jüngling, der traurig davonging, weil er sich nicht von seinen Gütern trennen konnte.

Grundsätze (die dann keine mehr sind) nach der gängigen unerfreulichen Praxis zu richten (wie das selbsternannte Reformatoren verlangen) wird zu keinen befriedigenden Ergebnissen führen. Die scheinbare Unterscheidbarkeit zwischen ÖVP und SPÖ besteht nur noch in kasperltheaterhaftem Geplänkel vor Publikum. Als ich vor Jahren in einer ÖVP-Veranstaltung nach dem offiziellen Teil das Thema Abtreibung und die Unvereinbarkeit mit der noch immer so bezeichneten „Christ“-Demokratie ansprach, wechselten die Herren Tschirf und Hahn (der damals noch nicht in Brüssel war) einen bedeutungsvollen Blick und murmelten einige inhaltslose Floskeln.

Über die Grünen braucht man an dieser Stelle kaum etwas zu sagen. Sie propagieren den „Crossover“ bei allem und jedem und sind selbst ein Hybrid aus Hardcore-Kommunismus und labeltragender Bobo-Community. Sie lassen eine Weste heraushängen, die so weiß gar nicht ist. Das auszuführen würde aber hier zu weit führen.

Alles kleinliche Herumdoktern an unliebsamen Gegebenheiten und Reförmchen in Teilbereichen ist Flickwerk. Jeglicher konkreten Maßnahme vorauszugehen hat eine eindeutige ideologische und moralische Ausrichtung, und es wird schwer genug sein, hier einen gemeinsamen Nenner zu finden, allerdings wäre es bekanntlich die Einigkeit, die stark macht.

Die Grundsätze der fehlenden Partei

Die ideale Partei müsste aus meiner Sicht für folgende Grundsätze glaubwürdig eintreten:

  1. Respekt vor dem einen Gott und allen Religionen, wobei einem politischen Imperialismus, der unter der Flagge der Religion segelt (wie in einer fehlgeleiteten Form des Islam zu beobachten), entgegenzutreten ist. Wenn andererseits islamische Politiker ihre Reden mit den Worten „im Namen des gütigen Gottes“ einleiten, so ist es das, was ihnen jene Kraft verleiht, die uns (bis auf schwache Rudimente) fehlt.
  2. Respekt vor der Natur und dem Leben. Ergreifen sinnvoller Maßnahmen (zu denen z.B. der verbrecherische Bio-Sprit und die überdimensionierte Fleischproduktion nicht gehören). Wichtig wäre die Ablehnung der Abtreibung, die leider auch in „konservativen“ oder „rechten“ Kreisen keineswegs einhellig verurteilt wird, obgleich es hier mannigfache überzeugende Argumente gibt. Mit diesem Thema polarisiert man erfahrungsgemäß am meisten; die Leute verteidigen mit Zähnen und Klauen ihr vermeintliches Recht, ihren Nachwuchs umzubringen. Wer gegen die Abtreibung ist, gilt eo ipso als Nazi, Selbstannullierung ist zur Pflicht geworden.
  3. Kulturelle Institutionen und Veranstaltungen dürfen nicht zu Schauplätzen der politischen Agitation oder zu Spielwiesen für abartige Einfälle aller Art umfunktioniert werden. Die seltsame Koexistenz lasziver sexueller Aufklärung schon im Volksschulalter und gleichzeitiger absurder Prüderie, in der das Küsschen der Großtante bereits zum sexuellen Übergriff stilisiert wird, ist durch eine vernünftige Handhabung dieser Themen zu ersetzen. Die weit verbreitete Frustration von Lehrern, auch deren teilweise unzulängliche Qualifikation, sind durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zu mildern und möglichst zu beheben.
  4. Einbremsung der Immigration. Sich hier die Rosinen herauszupicken halte ich allerdings für problematisch bis fast schon unmoralisch, da z.B. Fachkräfte in ihren Herkunftsländern fehlen und diese folglich in ihrer Entwicklung hin zur Gleichrangigkeit mit den Zielländern beeinträchtigt und ihres Humankapitals beraubt werden. Hier könnte man zur Abwechslung einmal wirklich solidarisch sein und eigene Leute entsprechend ausbilden, damit die Herkunftsländer mit den Zielländern mittelfristig gleichziehen können. Daran bestand aber bisher kein Interesse, da man ja von dem wirtschaftlichen Gefälle zumindest eine Zeit lang profitierte. Die Anreize für weitere Zuwanderung sind drastisch zu reduzieren.
  5. Regulierung des Bankwesens. Kredite sind mit Maß und Ziel zu vergeben, die Einstellung der Konsumenten, man müsse alles sofort haben (auf Pump) ist einzudämmen. Weitere Rettungsschirme für andere Länder sind abzulehnen.
  6. Anordnungen der EU, soferne sie sich schädlich auswirken, sind zu unterlaufen, wenn man nicht überhaupt den Austritt auf den Weg bringt. Da die EU ihre eigenen Regeln bzw. Gesetze wiederholt gebrochen hat, stellt sich die Frage, ob man die unautorisierten Neuregelungen überhaupt befolgen muss. Man könnte hier europaweit einen Stein ins Rollen bringen. Die Voraussetzung wäre, dass die kritischen Kräfte eine Stärke erlangen, die eine dominierende Stellung in der Regierung ermöglicht.

Vielleicht wird sich so manches Problem durch die sich anbahnenden Unruhen von selbst erledigen, allerdings nur dann, wenn man das Rebellieren nicht diversem Geschmeiß überlässt, sondern sich breite Kreise der Bevölkerung den Protesten anschließen, die dann aber auch wissen müssen, was das Resultat sein soll. Zwar dürfte primär das Fressen (nach Brecht) und, wenn überhaupt, dann erst die Moral kommen, aber die Leute sind offenbar zum guten Teil „rerum novarum cupidi“ (begierig auf das Neue), wie das seinerzeit der Lateiner nannte.

Mir (und nicht nur mir) fällt angesichts der Lage der Nation Schillers Wilhelm Tell ein, dessen Wertschätzung heute eine enden wollende ist. Das folgende Zitat könnte die Stimme des Wutbürgers sein: „Ich lebte still und harmlos, … Du hast aus meinem Frieden mich heraus geschreckt, in gärend Drachengift hast du die Milch der frommen Denkart mir verwandelt.“ Und: „Ans Vaterland, ans teure schließ dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft.“

Leute wie Nigel Farage oder Viktor Orban haben wir leider nicht.

Was man als Privatperson tun kann, sind – wenn auch noch so bescheidene – Beiträge in Richtung einer Meinungsbildung, indem man in Internetforen oder auch im Gespräch im privaten Umfeld seine Meinung mit Unerschrockenheit vertritt.

Dkfm. Waltraut Kupf, geb. 1933 in Wien, Matura am Wasagymnasium 1952, Studium an der Hochschule für Welthandel bis zum Diplom, nach einigen kurzzeitigen Jobs von 1958 bis 1969 in der Finanzabteilung der Internationalen Atombehörde, dort wegen Unvereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Kindererziehung ausgeschieden, nach dem Selbständigwerden der Kinder verstärktes Interesse für Politik. Mehrjährige Mitgliedschaft beim Akademikerbund und später der FPÖ, aus beiden Organisationen wieder ausgetreten.

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Die Schwellenländer als Opfer der europäischen Notenpresse

13. September 2013 00:53 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Weltwirtschaft scheint wieder das alte Bild zu zeigen, das schon lange vergessen war: gute Nachrichten aus Europa und Amerika, heftige Turbulenzen in der Dritten Welt. Deren Währungen haben einen wilden Schlingerkurs begonnen, die Börsenkurse stürzen ab, während sie Europa ganz gut gehen. Wenn sich die Europäer und Amerikaner darüber aber wirklich freuen sollten, dann wären sie Opfer einer extremen Selbsttäuschung.

Faktum ist, dass auch die freundliche und überraschende Konjunkturentspannung der letzten Wochen den Europäern nur sehr bescheidene Wachstumsraten beschert. Diese sind zwar gewiss besser als die vielen Minus-Bilanzen der letzten Rezessionsjahre. Das europäische Wachstum macht aber weiterhin nur einen Bruchteil der Raten des Wachstums der Schwellenländer aus. Und Europa ist vor allem – bis auf Deutschland – weit weg von jenen Wachstumsraten, die für einen Stopp der Arbeitslosenzahlen nötig wären.

Ebenso ist Faktum, dass vor den deutschen Wahlen zwar alle negativen Nachrichten möglichst unter den Teppich gekehrt werden. Aber dennoch ist klar: Europa ist mehr als jede andere Weltregion von den Turbulenzen im Nahen Osten bedroht. Dabei geht es keineswegs nur um Syrien oder das Palästinenserproblem, sondern noch um einen viel größeren Bogen: Der reicht von Libyen (mit seinen seit Monaten der Konflikte wegen weitgehend ungenutzt bleibenden Energieschätzen) über Ägypten (mit seinem halben Bürgerkrieg), Iran (mit seinen Nuklearentwicklungen) bis Afghanistan (wo nach dem bevorstehenden Abzug der Westmächte ein weitgehender Triumph der Taliban droht).

Europa kann zwar auf einige Reformen verweisen, die durch die Krise mancherorts in Gang gesetzt worden sind. Aber kein Ökonom hält sie wirklich für ausreichend. Österreich übrigens hat seit Krisenausbruch laut EU-Kommission weitaus am wenigsten Reaktionen und Reformen gesetzt. Das spiegelt sich ja auch im laufenden Wahlkampf wider. Aber auch in den meisten anderen Staaten der EU gleichen die derzeit beruhigenden Signale mehr einem Pfeifen im Wald als einem Startschuss zu neuer europäischer Stärke.

Das Geld kehrt nach Europa und Amerika heim

Dennoch zeigt sich der Euro an den internationalen Märkten seit längerem sehr stark, und fast alle Drittweltwährungen sind im Trudeln. Das scheint ein ziemlicher Widerspruch. Dafür gibt es aber doch durchaus Erklärungen. Die wichtigste Erklärung: Bei Signalen der globalen Unsicherheit flüchtet man noch immer am liebsten in altvertraute Häfen. Und das sind nun mal Europa und Nordamerika.

Zugleich gibt es erste zarte Zwischentöne, dass in beiden Regionen die Zentralbanken mit dem hemmungslosen Gelddrucken aufhören könnten. Zart. Vielleicht. Und irgendwann einmal, wenn das Wachstum kräftig genug ist: Aber schon solche vagen Perspektiven genügen offensichtlich, um die Ängste zu zerstreuen, dass Europas und Amerikas hemmungsloses Gelddrucken am Ende in eine Inflation führen muss. Daher glauben Europäer wie Nichteuropäer offensichtlich sofort, dass man dort wieder sicherer anlegen kann.

Zugleich würde bei einer auch nur leichten Verknappung der europäischen und amerikanischen Geldmenge wieder weniger Geld für Investitionen in den einige Jahre von Dollars und Euros überschwemmten Schwellenländern zur Verfügung stehen. Daher ziehen viele Investoren Geld jetzt schon aus diesen Ländern ab, also noch vor irgendeiner echten Verknappung.

Es ist in der Tat zumindest möglich, dass Deutschland nach der Wahl die Politik der fast unbegrenzten Haftungen für Griechenland & Co beenden oder abbremsen könnte. Das würde Investitionen in Europa wieder sinnvoll machen. Vor der Wahl konnten Angela Merkel und Wolfgang Schäuble zwar nicht gut zugeben, dass das ein großer Fehler war, was sie seit 2010 an Krediten und Haftungen alles unterschrieben haben. Aber nach den Wahlen ist ein Politikwandel zumindest denkbar.

Zwar scheint ein solcher Kurswechsel nach wie vor nicht sehr wahrscheinlich. Aber die Investoren und Devisenmärkte reagieren offensichtlich auch schon, wenn eine Denkmöglichkeit bloß einmal ausgesprochen wird.

Pubertäre Wachstumsstörungen

Genauso wichtig sind aber auch die Turbulenzen in den einzelnen Schwellenstaaten. Wenn man es biologisch vergleicht: Diese Turbulenzen ähneln schweren pubertären Wachstumsstörungen. Diese sind ja auch bei Menschen oft sehr heftig. Nur sind sie in der Dritten Welt in aller Regel eben mit kräftigem Wachstum – und nicht mit Stagnation verbunden.

Neben den skizzierten globalen Trends hat fast jedes der pubertierenden Schwellenländer auch sehr spezifische eigene Wachstumsstörungen.

In China ist es etwa die Notwendigkeit, sich erstens auf eine rasch alternde Bevölkerung umzustellen, die logische Folge von Jahrzehnten der Einkindpolitik. Zweitens versucht China, die einseitige Abhängigkeit von billigen Industrieproduktionen abzubauen und sich in Richtung einer Dienstleistungsgesellschaft zu entwickeln. Drittens muss es dringend die – noch immer großen – Überreste der alten und nicht wettbewerbsfähigen Staatsindustrie abbauen, in der Unmengen fauler, jedoch noch nicht abgeschriebener Kredite stecken. Und viertens steht China vor der unabdingbaren Mega-Aufgabe, die Korruption nicht nur verbal, sondern wirklich zurückzudrängen. Was ja vor allem bedeutet, eine unabhängige Justiz aufzubauen, die auch gegen mächtige Parteisekretäre vorgehen darf, welche sich bisher über das Recht meist hemmungslos hinweggesetzt haben.

Indien als Opfer des eigenen Populismus

Ganz anders, aber in Wahrheit noch viel schlimmer sind Indiens Wachstumsprobleme. Indien ist nämlich unter dem populistischen Druck vieler Politiker noch weniger in der Marktwirtschaft angekommen als China. Indische Aktien werden derzeit massenweise verkauft. Indien hat ein gewaltiges, politisch verursachtes Leistungsbilanzdefizit.

Indien hat im Gegensatz zu China eine sehr junge und rasch wachsende Bevölkerung. Daher müsste es dringend etwas für die vielen Jungen tun. Denn das eindrucksvolle Wachstum des Mittelstandes alleine ist sicher zu wenig, um die nachdrängenden Massen zu beschäftigen.

Nur eine echte Öffnung für ausländische Unternehmen – auch im Handel und bei Dienstleistungen – kann die benötigten Arbeitsplätze schaffen. Aber die vielen kleinen heimischen Händler und sonstigen Betriebe bekämpfen das bis aufs Messer. Denn sie fürchten – wohl zu Recht – dass ihnen die Konkurrenz wehtun wird.

Die verzweifelt um eine Wiederwahl kämpfende indische Regierung hat in dieser Situation die völlig falschen Maßnahmen gesetzt. Sie hat als Reaktion auf die Turbulenzen die wirtschaftlichen Freiheiten eingeschränkt, statt sie auszubauen: Der Geldtransfer ins Ausland wurde limitiert, ebenso der Import von Gold.

Am schlimmsten ist die jüngste Maßnahme: Künftig haben 820 Millionen Inder Anspruch auf ein paar Kilo Getreide zu Billigpreisen. Freilich nur auf dem Papier. Denn in der Geschichte hat noch jede Preisregulierung unter dem Marktpreis zu Verknappungen geführt. In Indien ebenso wie anderswo.

Indien hat außerdem eine große Tradition, dass staatlich subventionierte Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt oder in korrupten Kanälen landen, aber nicht bei den Armen – genauer gesagt: Wählern. Nichts wird auch gegen die großen Probleme bei der Lagerung und beim Transport von Getreide getan. Niemand kümmert sich, ob überhaupt genug Getreide produziert wird. Aber trotz des mutmaßlichen Scheiterns wird das Nahrungsprogramm den schwer verschuldeten indischen Staat jedenfalls viele Milliarden kosten.

Argentinien hängt noch die alte Schuldenkrise nach

Ähnlich kann man auch für andere große Staaten wie Indonesien, Brasilien, Argentinien oder Thailand jeweils spezifische nationale Probleme analysieren. Argentinien etwa wird jetzt noch von seiner alten Schuldenkrise knapp nach der Jahrtausendwende eingeholt, die nur in der Rhetorik der Politik schon überwunden war: Das Land ist von US-amerikanischen Gerichten verurteilt worden, in Amerika gemachte Schulden auch voll zurückzuzahlen, sofern kein freiwilliger Teilverzicht stattgefunden hat.

Jenseits ihrer Spezifika ist allen Schwellenländern gemeinsam, dass Währungen und Börsenkurse den ganzen Sommer über steil gefallen sind, dass viele Investitionen reduziert worden sind, dass viel zu wenig neue kommen.

Diese Entwicklungen sind vor allem für die Demokratien ein Problem: Denn das Wissen um weltwirtschaftliche Zusammenhänge fehlt bei den meisten Wählern komplett. Daher ist jede notwendige Reform zumindest anfangs sehr unpopulär.

Bei allen Problemen Europas und Amerikas zeigt sich nun überraschenderweise, dass die Schwellenländer trotz der gewaltigen Erfolge in den letzten Jahren noch keineswegs eine selbsttragende Wirtschaftskraft geworden sind. Sie hängen in hohem Maße weiterhin von den beiden weißen Kontinenten ab. Die Schwellenländer haben oft nur einen Scheinboom erlebt, der lediglich auf europäisch-amerikanischen Notenpressen basiert ist.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Die Torheit der Regierenden: Waffenregistrierung

06. September 2013 23:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Wer Barbara Tuchmanns im Jahr 1984 (!) erschienenes Buch „The March of Folly“ gelesen hat, weiß, wie vielfältig sich die Idiotie machttrunkener Eliten manifestieren kann. „Richtlinie 2008/51/EG“ heißt das Machwerk, in dem sich – einmal mehr – der Überwachungs- und Kontrollfetischismus des Europäischen Parlaments in beispielhafter Weise niederschlägt. Ehe die Damen und Herren europiden Überwachungsfanatiker sich an die Erfassung von in Privathaushalten lagernden Unterhosen, Rasierklingen, Zahnstochern und Bohrmaschinen machen, sollen demnach zunächst die Waffen registriert werden. Denn, so hören wir: Waffen töten und sind daher böse – mit Ausnahme derer natürlich, welche wackere Staatsdiener dazu benutzen, einheimische Zivilisten und/oder uniformierte Ausländer zu bedrohen oder niederzuschießen. Auch jene legal erstandenen Waffenbestände, von denen nationale und supranationale Behörden bislang keine Kenntnis haben, sind betroffen.

Angesichts der vermuteten Zahlen ein beachtliches Vorhaben. Überdies tickt die Uhr täglich lauter, denn bis Ende Juni 2014 soll die Sache abgeschlossen sein. Mehr als die Hälfte der seit dem ersten Oktober 2012 laufenden Frist ist also bereits wieder vorbei.

Kenner wissen: „Dies Österreich ist eine kleine Welt, // In der die große ihre Probe hält.“ Sollte das auch auf das heiße Bemühen der EU-Nomenklatura zutreffen, den Waffenbestand in Euroland möglichst lückenlos zu erfassen, dürfte eine veritable Blamage bevorstehen. Georg Zakrajsek von der „Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich“ (IWÖ), schätzt den in der Alpenrepublik vorhandenen Bestand an registrierungspflichtigen Waffen auf mehrere Millionen Stück. Nach Angaben des Innenministeriums wurden nach seinen Informationen bis Anfang August gerade einmal 60.000 davon im „Zentralen Waffenregister“ (ZWR) erfasst. Erinnerungen an den Flop mit den „Pumpguns“ (deren Erwerb und Besitz im Zuge einer Waffenrechtsnovelle anno 1996 verboten wurde) werden wach.

Damals erging an jene Bürger, die derartige Waffen besaßen, das Angebot, diese zu melden und fortan legal besitzen zu dürfen. Rund 2.000 Personen machten von dieser Offerte Gebrauch. Bei insgesamt geschätzten 40.000 Betroffenen waren das ganze fünf Prozent. Dass von den 95 Prozent somit illegal gewordenen Waffen seither keine einzige zur Begehung einer Straftat verwendet wurde, wirft ein grelles Licht auf die Plausibilität des von den politischen Eliten vorgebrachten Hauptarguments für die Meldung: die angebliche Steigerung der Sicherheit. Dass staatliche Zusagen das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen, ist durch den Umstand erwiesen, dass die gemeldeten „Pumpguns“ weder weiter veräußert noch vererbt werden dürfen – was eine entschädigungslose Enteignung bedeutet, von der zuvor natürlich keine Rede war.

In der Tat muss man schon recht seltsame Kräuter rauchen, um auf Idee zu kommen, dass die Registrierung eines Gegenstandes dessen möglichen Missbrauch verhindern könnte. Mehr als die Hälfte aller Bluttaten werden schließlich mit Messern begangen. Nicht einmal Frau Kallenbach von den Deutschen Grünen (die maßgeblich für die genannte Richtlinie verantwortlich zeichnet), wäre wohl schwindelfrei genug anzunehmen, dass eine amtliche Erfassung von Messern einen Beitrag zur Hebung der Sicherheit zu leisten imstande wäre. Wenn aber eine Registrierung von Messern, Baseballschlägern, Waldäxten oder Vorschlaghämmern mutmaßlich nichts bringen würde – weshalb sollte sich das bei Feuerwaffen anders verhalten? Das Beispiel der „Pumpguns“ in Österreich spricht Bände…

Selbst wenn nicht unterstellt wird, dass die Datenerfassung in Wahrheit ganz anderen Zielen dient, sind einige schwerwiegende Fehler in den Überlegungen der Kontrollfreaks offensichtlich: So argumentieren Behördenvertreter zum Beispiel gerne mit dem einfachen „Knopfdruck“, mithilfe dessen sie fürderhin befähigt wären, nach einem Kriminalfall den Besitzer einer Waffe identifizieren zu können. Diese Überlegung ist gleich mehrfach unsinnig. So wird etwa vorausgesetzt, der Täter würde seine Waffe freundlicherweise am Tatort zurücklassen – was überaus selten der Fall ist. Selbst dann aber führte dies nur dann zur Ausforschung des Täters, wenn es sich um eine tatsächlich amtlich registrierte Waffe handelte.

Bewaffnete Kriminelle neigen indes – elende Spielverderber die sie nun einmal sind – nur in Ausnahmefällen dazu, ihre Tatwerkzeuge vor der Begehung den Behörden anzuzeigen. Außerdem würde es, selbst wenn das bei einer Untat verwendete Kaliber einer Waffe oder – in besonderen Glücksfällen – sogar der Waffentyp festgestellt werden könnte (was sehr unwahrscheinlich ist), die Behörde angesichts vieler Tausend in Frage kommender Stücke kaum weiterbringen. Oder ist in solchen Fällen etwa daran gedacht, in Tausenden Haushalten unbescholtener Waffenbesitzer Beschlagnahmen zwecks ballistischer Untersuchung deren Eigentums vorzunehmen? Vermutlich (vorerst) nicht. Fazit: Wenn der Täter nicht so nett ist, mit dem sprichwörtlichen, noch rauchenden Colt in der Hand auf das Eintreffen der beamteten Freunde und Helfer zu warten, nutzt das Waffenregister für die Tataufklärung nicht mehr als ein angestrengter Blick in den Kaffeesud. Der sich auf „Knopfdruck“ einstellende Erfolg ist reine Chimäre.

Keine Chimäre sind allerdings die Kosten dieses bürokratischen Amoklaufs. Angesichts der gewaltigen Größe der zu erfassenden Datenmenge (Besitzer, Standort, Waffentyp, Hersteller, Kaliber, Seriennummer, etc.) und des in der Folge zu leistenden Kontrollaufwandes, kann sich der Steuerzahler auf einen ganz hübschen Aderlass gefasst machen. Die keineswegs abwegige Sorge vieler Betroffener, die hohe Politik könnte am Ende auf die Idee verfallen, den entstehenden Kontrollaufwand in Form einer „Überprüfungsgebühr“ oder „Waffensteuer“ den präsumtiven Opfern dieses personalintensiven behördlichen Veitstanzes aufzubürden, wird gewiss das seine dazu beitragen, die Aktion zu einem vollen Erfolg werden zu lassen.

In Kanada, wo sich die Regierung bereits vor geraumer Zeit angemaßt hatte, ihren Bürgern im Hinblick auf ihren Waffenbesitz nachzuschnüffeln, wurde die ganze Chose, nachdem dadurch Kosten von sagenhaften zwei Mrd. kanadischen Dollar (rund 1,45 Mrd. Euro) entstanden waren, wegen erwiesener Erfolglosigkeit längst sang- und klanglos abgeblasen. Offensichtlich kann die politische Elite der EU nicht umhin, die nämliche Erfahrung wiederholen zu müssen … Es geht ja schließlich nur um das Steuergeld der Bürger.

Natürlich ist es Unsinn zu meinen, die Machthaber würden tatsächlich an einen Sicherheitsgewinn durch Waffenregistrierung glauben. Es geht in Wahrheit um etwas völlig anderes. Wie auch beim Kampf gegen den CO2-Ausstoß, gegen das Bargeld, gegen das Rauchen, gegen Glühbirnen, fettige Ernährung und gegen „Steueroasen“, geht es einzig und allein um eine lückenlose Überwachung und Gängelung, sowie die Enteignung und Entmündigung des Bürgers. Der hat sich untertänig in seine Rolle als ewig von Regierung und Bürokratie abhängige, hilflose Marionette zu fügen. Gedacht und gesteuert wird von den Brüsseler Spitzen, nicht von Otto Normalverbraucher in eigener Sache. Behördliche Anmaßung in Reinkultur.

Der Kampf gegen den privaten Waffenbesitz – und genau darum handelt es sich bei der Registrierungskampagne – ist ein weiteres von der Freiheits-Salami abgesäbeltes Scheibchen. Hätten die Regierenden es gewagt, die Bürger auf einen Schlag mit all den Ungeheuerlichkeiten zu konfrontieren, die man ihnen in den letzten fünfzehn Jahren peu à peu zugemutet hat, wären sie vermutlich mit den sprichwörtlichen nassen Fetzen aus dem Amt gejagt worden oder hätten wie weiland Kriegsminister Theodor Graf Baillet de Latour im Oktober anno 1848 geendet. Größte Vorsicht ist geboten. Wer sein rechtmäßig erworbenes Eigentum noch länger behalten und von Nachstellungen des Leviathans verschont bleiben möchte, sollte sich gut überlegen, was er bis 30. Juni 2014 tut…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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Problemlos-Stimmung ist angeordnet

03. September 2013 00:50 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Parallel zu den bevorstehenden Wahlen in Deutschland und Österreich haben sich die optimistischen Prognosen staatsnaher Konjunkturpropheten deutlich vermehrt. Aber die wahre Stunde der Wahrheit kommt nach den Wahlen.

Derzeit kann in Österreich sogar unter den Tisch gekehrt werden, dass die Daten für Deutschland um ein Vielfaches besser sind als für das weitgehend von Deutschland abhängige Österreich. Manche österreichische Medien versehen sogar schon eine minimale Konjunkturverbesserung um 0,2 Prozent mit dem Adjektiv „stark“. Dabei ist das höchstens ein Tropfen auf einen heißen Stein.

Aber auch europaweit wird von der Politik und den meisten Medien schöngefärbt. Während nämlich fast alle Ökonomen von der Notwendigkeit eines weiteren Schuldenschnitts für Griechenland ausgehen, dementieren den sowohl Angela Merkel als auch Wolfgang Schäuble vehement. Freilich mit Formulierungen, die – bei sehr genauem Zuhören – eine Kursänderung im kommenden Winter weiterhin durchaus offen lassen.

Sie haben aber neben dem Wahltag noch einen Grund, warum sie das Wort "Schuldenschnitt unvermeidlich" hassen: Ein Schuldenschnitt müsste diesmal zwangsläufig die öffentlichen Gläubiger treffen, nachdem die privaten schon geschoren worden sind. Das sind vor allem Länder wie Deutschland, Österreich, Finnland und die Niederlande - und am allermeisten die Europäische Zentralbank. Damit wären sämtliche Prognosen über die Staatsverschuldung oder gar ein baldiges Nulldefizit Makulatur.

Insbesondere die deutsche Regierung kann daher Hinweise auf einen Schuldenschnitt keineswegs brauchen. Freilich kann ihr die Opposition dabei nur den inkorrekten Umgang mit der Wahrheit vorwerfen. In der Sache selbst haben sich die Linksparteien ja immer für noch mehr Zahlungen und Haftungen zugunsten von Griechenland&Co ausgesprochen. Und die wirtschaftsliberale Opposition (wie die „Alternative“) wird solcherart geschickt ausgebremst. Sie kommt in der verordneten Wohlfühl- und Problemlos-Stimmung kaum mehr zu Wort.

Nach den Wahlen kommt aber die Stunde der Wahrheit. In dieser wird nur trösten können, dass es auch durchaus positive Entwicklungen gibt. Sie kommen freilich primär aus dem Bereich der Privatwirtschaft. Sowohl die Erste Bank wie die Schweizer UBS retournieren ihre staatlichen Kredite mit hohen Zinsen (wie freiwillig oder unfreiwillig ihnen die Kredite immer aufs Auge gedrückt worden sind).

Es gibt auch aus Italien, Spanien und Portugal einzelne positive Indizien (Wachstums-, Primärdefizit- oder Tourismuszahlen). Aber solche Einzelnachrichten haben wir von dort schon oft gehört. Und sie haben sich dann nie wirklich als nachhaltig bestätigt.

Man kann also nur auf den Winter warten. Derzeit haben (fast) alle ja nur ein Interesse: die Botschaft zu transportieren, dass der angeblich alternativlose Kurs „Alle werden gerettet“ richtig war. Langsam glauben es viele Menschen sogar – ob es aber auch richtig ist, ob die positiven Konjunkturprognosen diesmal wirklich stimmen, das wird man frühestens am Ende des Jahres wissen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Wenig Kluges von Klug

29. August 2013 23:19 | Autor: David Nagiller
Rubrik: Gastkommentar

Wenn das Bundesheer im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach als Partner mit an Bord ist, ist es selbstverständlich, dass auch der Verteidigungsminister zu Wort kommen darf. So kam Mag. Gerald Klug am 25. August dieses Jahres in das Dorf der Denker, um vor dem gespannten Auditorium über Österreichs Sicherheitspolitik, speziell im Zusammenhang mit dem Thema „Cyber war“, zu referieren.

Und ja, bezüglich der Sicherheit des Auftretens und des Vortrages sowie der Ausstrahlung der Person konnte der Herr Minister durchaus überzeugen. Was er allerdings inhaltlich von sich gab, war alles andere als überzeugend.

Es begann schon damit, dass der Ressortchef bereits am Beginn ideologische Duftmarken setzen musste, indem er „soziale Sicherheit“ und ganz besonders „Verteilungsgerechtigkeit“ als erste Herausforderung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (nicht der Sozialpolitik, wenn man denn schon die Umverteilungsmaschinerie weiter forcieren will) benannte.

Peinlich war sodann die folgende Selbstoffenbarung: Nämlich, dass man innerhalb der EU und besonders hierzulande keinesfalls mehr, sondern eher immer weniger Geld für die jeweiligen Streitkräfte ausgeben will und stattdessen lieber auf gegenseitige Aushilfe, Improvisation und das Vertrauen, dass schon kein gröberer militärischer Zwischenfall passiert, setzt. Im O-Ton des Mag. Klug freilich klang das wesentlich euphemistischer, sprach er doch davon, die Verteidigungshaushalte „zu stabilisieren bzw. neu auszurichten“ und davon, dass „das Spannungsverhältnis zwischen Aufgaben und Mitteln (…) nur durch verstärkte Kooperationen, Schaffung von Synergieeffekten, Konzentration auf die wahrscheinlichen (!) Einsätze und Arbeitsteilung“ abgefedert werden könnte.

Was vielleicht für die Aufrechterhaltung einer Gemeinschaft finanziell klammer Vereine in einem 500-Einwohner-Dorf in der alpinen Peripherie durchaus Sinn macht, als Konzept für die europäische Sicherheitspolitik zu präsentieren, ist nicht nur fachlich bedenklich sondern schlicht gefährlich.

Einmal mehr bewies der Minister sodann die Schizophrenie der roten Militär-Politik: Einerseits die Neutralität als „unverrückbares Fundament“ der nationalen Sicherheitspolitik zu bezeichnen und sich explizit von der Verteidigungsdoktrin 2001 abzugrenzen und andererseits die europäische Kooperation nicht nur im Sanitätsbereich oder Katastrophenschutz zu suchen, sondern auch bei Terrorismusabwehr, im Rahmen von Groß-Manövern und „am gesamten (…) militärischen Aufgabenspektrum von EU und UNO“ mitwirken zu wollen, stellt den Versuch einer Quadratur des Kreises dar, der sich jeglicher Logik entzieht. Dasselbe trifft im Übrigen für die Erklärung des SPÖ-Politikers zu, dass er sich klar zu internationalen Einsätzen bekenne, während er gleichzeitig nach wie vor den fragwürdigen und Österreichs Ruf schädigenden Abzug vom Golan verteidigt.

Dass Klug zudem „konkrete neutralitätspolitische Akzente“ bei der Konfliktvermittlung setzen will, kann angesichts des sicherheitspolitischen Agierens Österreichs im Ausland der vergangenen Jahre wohl nur als Farce bezeichnet werden. Denn schon alleine die Grundbedingung dafür – eine realistische Bewertung der geopolitischen und regionalen Lage – war in vielen Fällen nicht gegeben. Man denke hierbei nur an die dümmliche Bejubelung des sogenannten „Arabischen Frühlings“, der sich als tief islamistischer Winter entpuppte. Wo waren da die „neutralitätspolitischen Akzente“ um die Heißsporne in Großbritannien oder Frankreich von für Europa massiv schädlichen Interventionen abzuhalten?

Immerhin erkennt der Minister, dass Afrika „an Bedeutung für die europäische Sicherheit“ (oder besser: Unsicherheit) gewinnt, auch wenn klar ist: „Österreich wird dabei natürlich nicht an vorderster Front stehen“. Inwiefern also das neue „Afrika-Kompetenzzentrum“ mit seinen „konfliktpräventive(n) Vorhaben“ tatsächlich eine Stabilisierung vor Ort und vor allem das Fernhalten von Terrorismus, Kriminalität und Zuwanderungsströmen nach Europa gewährleisten kann, bleibt dahingestellt.

Für offene Heiterkeit auch beim sicherheitspolitisch nicht versierten Laienpublikum sorgten dann allerdings die Ausführungen Klugs zum Thema „Cyber-Verteidigung“ in Österreich. So sollen Grundwehrdiener ab 2014 ein Modul „Cyber-Sicherheit“ wählen können. Dazu sollen die künftigen Rekruten bei der Musterung einem „Cyber-Talentecheck“ unterzogen werden und nach der allgemeinen Grundausbildung eine „Cyber-Grundausbildung“ durchlaufen. Danach (!) könnten sie unter anderem die Prüfung zum „Computerführerschein“ ablegen. Offenbar genügt also die Fähigkeit, den PC oder Laptop in Gang zu bringen, um den „Cyber-Talentecheck“ zu bestehen, während man nach der „Cyber-Grundausbildung“ in der Lage ist, ein Word-Dokument zu formatieren oder eine Excel-Tabelle mit Verknüpfungen anzulegen. Dann werden die Rekruten „im Rahmen ihrer besonderen (!) Fähigkeiten (…) zur Cyber-Sicherheit der Republik“ beitragen – was soll man dazu noch sagen?

Der Besuch von Alpbach erweist sich dann doch immer wieder als recht aufschlussreich – so oder so.

Mag. David Nagiller ist Mag.iur., ehemaliger Journalist und ehemaliger Parlamentarischer Mitarbeiter. Derzeit absolviert er die Ausbildung zum Hauptschul-Lehrer. Er ist im ÖCV, Austria Innsbruck, korporiert.

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Fußnote 485: Hut ab vor Merkel!

28. August 2013 19:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Erstaunlich, dass Wahlkämpfe, eigentlich die Zeiten hemmungsloser Lügen und haltloser Versprechungen, bisweilen auch zur Stunde der Wahrheit werden können.

Zumindest in Deutschland. Dort hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Satz gesagt, auf den viele Österreicher bei einem ihrer Spitzenpolitiker bis heute vergeblich warten. Wörtlich: "Man hätte zum Beispiel Griechenland gar nicht aufnehmen dürfen in den Euro-Raum." Brava! Wenn auch mehr als ein Jahrzehnt zu spät. Wenn auch wohl als Seitenhieb auf die damalige rotgrüne Regierung Schröder gedacht. Aber ein Aussprechen von Wahrheiten ist immer ein erster Weg zur Besserung. Jetzt fehlt freilich noch das Eingeständnis, dass es ein mindestens ebenso großer Fehler war, 2010 Griechenland – und dann fast logischerweise auch etliche andere Länder – mit unvorstellbaren Haftungssummen zu „retten“, statt es die Folgen seiner Verschwendungspolitik spüren zu lassen. Aber 2010 hat nicht mehr Schröder, sondern Merkel regiert. Daher werden wir auf diesen zweiten Teil der Wahrheit noch längere Zeit vergeblich warten. Dabei könnte Merkel zu Recht sagen, dass sie 2010 erst nach längerem Widerstand umgefallen ist – unter dem Druck Frankreichs, der USA, der EU-Kommission, sämtlicher Südeuropäer und aller Sozialdemokraten Europas, aber auch so mancher Bürgerlicher à la Helmut Kohl.

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Buchrezension: Die optimale Währung für Europa?

28. August 2013 05:37 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Nur selten lohnt es sich, ein unter dem Eindruck aktueller Ereignisse geschriebenes Buch zwei Jahre nach seiner Veröffentlichung zu lesen. Die Halbwertszeit vieler solcher Publikationen ist nämlich nur allzu kurz. Kaum geschrieben – schon von der Entwicklung überholt. Ganz anders das vorliegende, von Peter Altmiks vom Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung herausgegebene Werk zur „optimalen Währung für Europa“. Im Angesicht der von einem Höhepunkt zum nächsten eilenden Verschuldungskrise im Jahr 2011 veröffentlicht, haben die darin enthaltenen Analysen bis dato nichts von ihrer Gültigkeit verloren.

Der Untertitel „Segen oder Fluch des Euro“ bringt den Inhalt des Buches auf den Punkt. Die fünf Autoren sind – wie der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark – allesamt hochkarätige Fachleute aus dem Finanzbereich. Weitgehend einig sind sich die Herren bei der Beurteilung der aktuellen Krise als einer Schulden- nicht aber einer Währungskrise. Die Gemeinschaftswährung trifft nach ihrer Meinung keine Schuld an den ständig weiter eskalierenden Problemen der Gemeinschaft.

Nur in einem Beitrag, nämlich dem von Pascal Salin, der von 1994 bis 1996 als Präsident der Mont-Pèlerin-Gesellschaft fungiert hat, wird für eine „marktwirtschaftliche Geldordnung“ unter den Bedingungen eines Währungswettbewerbs plädiert. In den übrigen konzentriert sich die kritische Analyse vorwiegend auf eine nicht ausreichend gründliche Vorbereitung der Währungsunion, sowie auf eine Serie eklatanter Vertragsbrüche, wie etwa die Nichteinhaltung der „Maastrichtkriterien“ im Hinblick auf die zulässige Höhe der Staatsverschuldung und die Übertretung des „No-Bailout-Principle“ nach Artikel 125 des Vertrages zur Arbeitsweise der EU. Die grundsätzlich unterschiedlichen Perspektiven von Deutschen und Franzosen (erstere messen der finanzpolitischen Autonomie der einzelnen Volkswirtschaften große Bedeutung bei, während letzteren eine zentral steuernde „Wirtschaftsregierung“ mit unbeschränkten Durchgriffsrechten vorschwebt), hätten von Beginn an für schwer überbrückbare Spannungen gesorgt.

Obwohl es durchaus vertragkonforme Möglichkeiten gegeben hätte, aus dem Ruder laufende Entwicklungen in einigen Ländern der Währungsunion abzustellen, seien diese – aus Gründen kurzsichtiger politischer Opportunität – nicht zur Anwendung gekommen. Das Hauptmotiv zur Einführung der Gemeinschaftswährung sei der Wunsch der politischen Eliten nach einer politischen Integration gewesen, obgleich es einen empirischen Beweis für die „friedensstiftende Wirkung“ eine Gemeinschaftswährung bis heute nicht gibt. Die mahnenden Stimmen der „Euroskeptiker“ („Der Euro kommt zu früh“ – Manifest von 155 Wirtschaftswissenschaftlern anno 1998) wurden einfach nicht gehört…

Die optimale Währung für Europa?
Segen und Fluch des Euro
Peter Altmiks (Herausgeber)
Olzog-Verlag 2011
138 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-7892-8333-8
€ 24,90,-

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

 

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Die neue EU-Mode: Weniger statt mehr Europa

25. August 2013 00:23 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Bevorstehende Wahlen bewirken Erstaunliches: Plötzlich nehmen Politiker weit mehr Rücksicht auf die Haltung der Wähler als normalerweise. Dabei entdecken sie derzeit vor allem, dass viele Europäer, insbesondere Deutsche, der EU heute viel kritischer gegenüberstehen als noch vor ein paar Jahren. Daher beeilen sich viele Politiker, über Nacht den eigenen Standpunkt neu zu justieren. Das zeigt der deutsche Wahlkampf; aber auch jener fürs EU-Parlament wirft schon ähnliche Schatten voraus. Einige Zeit nach den Deutschen hat nun auch in Österreich Außenamts-Staatssekretär Lopatka ähnliche Gedanken geäußert.

Spannend und signifikant, wenn auch wie immer ein wenig verschwurbelt ist etwa der Tonwechsel bei der deutschen Bundeskanzlerin. Während Angela Merkel früher eine klare Verfechterin des Ziels Vereinigter Staaten von Europa und der Alternativlosigkeit dieses Ziels war – soweit halt bei Merkel etwas wirklich „klar“ ist –, so findet sie jetzt ganz andere Töne.

Zwar verlangt sie weiterhin, dass die EU von den Mitgliedsstaaten die eindeutige Einhaltung präziser ökonomischer Vorgaben erzwingen kann. Das Verlangen bedeutet zweifellos noch mehr Macht für Europa. Jedoch ist es kaum vorstellbar, dass sich etwa Franzosen oder Spanier von der EU zu irgendetwas wirklich Substantiellem in der nationalen Politik zwingen lassen werden, ob das nun Defizit, Pensionsalter, Arbeitsmarktflexibilität oder sonst etwas betrifft.

Offenbar für diesen Fall hat Merkel nun plötzlich auch den Retourgang im verbalen Repertoire: Sie spricht nämlich erstmals davon, dass Kompetenzen von Europa wieder an die Mitgliedsstaaten zurückgehen können und sollen. Zwar tut sie so, als ob das gleichzeitig mit dem „Mehr Macht für Europa“ ginge. Aber kein Zweifel: Die eine Strategie führt in die absolute Gegenrichtung von der anderen.

Dahinter stecken gleich drei Motive:

Oettinger: Der „Sanierungsfall“

In der CDU gibt es andere Politiker, welche die Kritik an der Entwicklung der Union noch viel schärfer formulieren als Merkel. Dazu gehört vor allem der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger.

Er macht der EU – obwohl dort selbst hoher Funktionsträger! – unglaublich harte Vorwürfe: Die EU sei ein „Sanierungsfall“. Sie leide an „Gutmenschentum“. Mitgliedsländer wie Bulgarien, Rumänien und auch(!) Italien seien „im Grund kaum regierbar“. Und zu Frankreich fand Oettinger die kompromisslose Formulierung: Dieses sei „null vorbereitet auf das, was nötig ist“. So deutlich hat wohl noch nie ein EU-Exponent selber die Probleme der EU beim Namen genannt.

Nachdem solche deutlichen Worte bisher nur in der CSU und bei unabhängigen Kritikern wie Thilo Sarrazin oder Hans-Werner Sinn zu hören gewesen sind, zeigt das, dass sich auch das Schlachtschiff CDU zu wenden beginnt.

Martin Schulz, der plötzliche EU-Kritiker

Noch mehr überrascht, dass auch der sozialdemokratische Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, plötzlich zu ähnlichen Worten findet. Der scharfzüngige SPD-Mann stand bisher wie seine ganze Partei an der Spitze der europäischen Hilfs- und Interventionswilligen. Aber ganz offensichtlich unter dem Einfluss des eindeutig in der wirtschaftsorientierten Mitte stehenden Spitzenkandidaten Peer Steinbrück hat sich Schulz zu kritischen Positionen durchgerungen.

Und das heißt weit über Deutschland hinaus etwas: Denn Schulz gilt als der aussichtsreichste Kandidat der gesamteuropäischen Sozialisten für die Wahl eines EU-Kommissionspräsidenten. Offensichtlich kann sich auch ein Sozialdemokrat wie Schulz nur noch als Integrationskritiker, nicht mehr als Integrationsfanatiker Chancen für die nächstjährigen EU-Wahlen ausrechnen.

Schulz ist jedenfalls mit folgendem Satz über die EU – wenn auch bei einem innerdeutschen Vortrag – aufgefallen: „So wie sie heute organisiert ist und geführt wird, wird sie scheitern.“ Er verlangte ähnlich wie Merkel und der Briten-Premier Cameron, dass Aufgaben von der europäischen an die lokale, regionale und nationale Ebene zurückdelegiert werden. „Wir müssen das Subsidiaritätsprinzip ernster nehmen.“ Was lokal zu machen sei, müsse auch lokal gemacht werden. Viele Menschen wenden sich von der EU ab, weil sich Brüssel aus ihrer Sicht zu stark in ihr Alltagsleben einmische, wie Schulz beklagt.

Schulz und Oettinger zusammen: Das ist eine dramatische, nicht mehr zu überhörende Entwicklung in beiden großen deutschen Parteien. Der Positionswechsel ist gewiss auf die Wahlen hin orientiert, aber er zeigt jedenfalls auch: Es ist – wenn auch mit Verspätung – „oben“ angekommen, dass die Menschen „unten“ sehr EU-kritisch denken. Was freilich noch keineswegs ein Austrittsszenario bedeutet.

Klaus: Das Salz in der Europa-Suppe

Interessantes tut sich dafür in einem ganz anderen Land: Der soeben abgetretene tschechische Präsident Vaclav Klaus dürfte nun ebenfalls ins Rennen um die Rolle als EU-Kommissionspräsident gehen. Er hat zwar wenige Chancen zu gewinnen; dazu ist er zu tschechisch-national.

Auf Grund seiner hohen Intelligenz, seiner ökonomischen Brillanz, seiner ungebremsten Konfliktlust und vor allem seiner scharfen Zunge (sowie seine perfekten Deutsch- und Englisch-Kenntnisse) könnte Klaus aber mit Sicherheit den Wahlkampf thematisch dominieren. Er würde das zweifellos mit intensiver Kritik an allzu starker Integration und am Euro sowie an den hemmungslosen Hilfspaketen tun.

Klaus könnte solcherart gerade als Chancenloser die Diskussion der EU sehr vorantreiben. Er wird jedenfalls eines schaffen: Seine Gegner werden gegen ihn nicht mit den üblichen hohlen Politikerphrasen davonkommen können.

Wir können uns schon auf ein spannendes 2014 vorbereiten. Denn kampflos werden sich die Zehntausenden Eurokraten jedenfalls nicht mehr zurückdrängen lassen. Wer gibt denn schon freiwillig Macht aus der Hand . . .

 

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Abgesandelt und abstürzend: Endlich wird Tachles geredet

24. August 2013 00:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Mit ihrer Erregung über ein (sprachlich eher ungebräuchliches) Wort des Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl haben SPÖ und ihre Medien deutlich gemacht: Die Sozialdemokratie ist die einzige Gruppe im Land, welche die signifikante Verschlechterung der langfristigen Zukunftsprognosen für Österreich (Demographie, implizite Staatsverschuldung, Verlust der Konkurrenzfähigkeit auf Grund der hohen Steuern usw.) nicht zur Kenntnis nehmen will und keinerlei Handlungsbedarf sieht.

Die SPÖ verhält sich dabei ungefähr wie ein Mann, der vom hundertsten Stockwerk stürzt, und der nach dem Flug über 95 Stockwerke noch beruhigend ruft: „Gut is gangen, nix ist gschehn!“ Das Schlimme daran: Es stürzt nicht nur die SPÖ – dem könnte man ja eigentlich amüsiert zusehen –, sondern wir mit ihr. Hat doch die SPÖ seit fast sieben Jahren trotz fast ständiger Wahlverluste heute fast alle wichtigen Positionen in der Hand. Vom Bundeskanzler über den Bundespräsident und alle relevanten ORF-Kommandojobs bis zu dem ihr von der ÖVP leichtfertig ausgelieferten Verfassungsgerichtshof.

Was aber noch wichtiger ist: Die SPÖ ist hauptverantwortlich für das, was – neben vielen anderen Studien – die EU-Kommission vor kurzem bilanziert hat: Es gibt kein europäisches Land, das mit so wenig Reformen auf den Ausbruch der Krise reagiert hat wie Österreich. Denn die SPÖ hat praktisch jeden Reformvorschlag abgeschmettert. Dies geschah primär unter dem Diktat der Arbeiterkammer-Bonzen, aber auch aus Ahnungslosigkeit des kanzlerdarstellenden Gemeindebau-Funktionärs von den ökonomischen Notwendigkeiten im internationalen Wettbewerb.

Dabei war Österreich noch 2006 ein europäisches Musterland gewesen: In zahllosen Analysen und Artikeln wurden damals die Alpenrepublik und ihre politischen Erfolge insbesondere der deutschen Regierung als leuchtendes Vorbild vorgehalten. Diese damaligen Erfolge Österreichs waren eindeutig ein Ergebnis der schwarz-blauen Periode. Gerade wegen dieser für die SPÖ so peinlichen Kontrastwirkung werden jetzt die schwarz-blauen Jahre von Rot und Grün sowie den korrumpierten Medien gezielt verteufelt.

Gewiss: Es sind inzwischen etliche Korruptions-Affären aus jenen Jahren bekannt geworden (insbesondere rund um Telekom), die einen dunklen Schatten werfen. Aber:

In Wahrheit könnte sich Österreich also trotz dieser üblen Korruptionsfälle nur mit allen Fasern eine Rückkehr des Reformgeistes der Jahre 2000ff wünschen. Auch wenn die Arbeiterkammer damit nicht viel Freude hätte.

Freilich: Die heutige FPÖ ist geistig weit weg von jener Zeit. Sie zeigt fast keine Reformabsichten (weil sie fürchtet, dass das einen Teil ihrer prinzipiell antipolitischen Protestwähler aus der XYZ-Schicht wieder vertreiben könnte). Und auch die ÖVP hat in den letzten Jahren viel zu vielen Unsinnigkeiten zugestimmt, als dass man sie noch für so veränderungswillig wie damals halten könnte.

Besonders erstaunlich ist da jedoch, dass ausgerechnet ein Christoph Leitl jetzt mit dem – offenbar oberösterreichischen – Wort „abgesandelt“ plötzlich Klartext in Hinblick auf die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes herstellen kann. War es doch gerade er, der unter Schwarz-Blau aus sozialpartnerschaftlicher Rücksicht auf Gewerkschaft und Arbeiterkammer (und aus seinem eigenen sozialdemokratischen Denken) viele der Reformpläne der damaligen Koalition abgeschwächt hat. Die praktisch durchwegs positiv für die Zukunft des Landes gewesen wären.

Aber es ist immer noch besser, spät als nie vernünftiger zu werden. Überdies ist anzuerkennen, dass Leitl es mit seinem „abgesandelt“ offensichtlich geschafft hat, den bisher unerträglich oberflächlichen Wahlkampf ein wenig substanzieller zu machen. Er hat jedenfalls dafür gesorgt, dass nun nicht nur die Finanzministerin, sondern auch der konfliktscheue ÖVP-Obmann sowie der (seine linksliberale Vergangenheit bisher nie los gewordene) Industriellenpräsident jetzt endlich auf den politischen Weichmacher verzichten.

Und der Wirtschaftsminister? Naja, der spült wohl weiter weich. Und hofft insgeheim, dass er einmal Steigbügelhalter einer Gewerkschaftsregierung werden darf. Was dann die ÖVP wohl aus dem Parlament katapultieren wird. Daher wäre es für diese Partei eigentlich gut, wenn sie den Wählern garantieren könnte, dass jedenfalls nicht dieser Regulierungs-Minister nächster Parteichef wird, falls Spindelegger aus welchen Gründen immer zurücktritt.

 

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Fußnote 479: Wahlkampfhilfe aus Italien

21. August 2013 02:39 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Irgendwie muss einem die SPÖ fast schon leid tun.

Wenn die Faymann-Darabos-Partei niemand anderen als den Ministerpräsidenten aus Italien als Wahlkampfhilfe zu importieren weiß, dann zeigt das den Zustand der europäischen Sozialisten. Der Mann hat im Auftreten die Ausstrahlung von Werner Faymann und inhaltlich für sein schwer angeschlagenes Land bisher nur Gesundbeterei anzubieten; Signore Letta ist die hundertprozentige Fortsetzung des alten italienischen Lavierens. Aber Faymann sucht halt in seiner eigenen Profillosigkeit verzweifelt, sich irgendwo anzuhalten – aber von Deutschland über die Niederlande bis Finnland und Schweden sind halt alle (relativen oder absoluten) Erfolgsregierungen Europas nicht sozialdemokratisch geführt. Die SPÖ hat jedoch nur die Wahl zwischen Letta und dem noch unpopuläreren Minusmann Hollande aus Frankreich (den Faymann vor einem Jahr freilich noch angehimmelt hatte). Am sozialdemokratischen Lager fänden sich übrigens noch ein paar Viertel-Demokraten vom Balkan, aus der Ukraine oder Weißrussland. Wie wäre es damit? Hatte man doch einst auch gegenüber Mubarak & Co keine Berührungsängste . . .

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Warum „die“ EU die Industrie nicht mehr mag

18. August 2013 00:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Präsident der Deutschen Industrie klagt lebhaft: Die EU verhalte sich total widersprüchlich; zum einen drängt sie intensiv auf eine Erhöhung des Industrieanteils in Europa, zum anderen ist sie selbst hauptschuld, dass Europas Industrie nicht vom Fleck kommt, sondern eher schrumpft.

Diese Schizophrenie trifft alle, die in der Industrie arbeiten, wie auch jene, die ihr Erspartes, ihre Altersvorsorge in Industrieaktien gesteckt haben. Auch sie wundern sich so wie BDI-Präsident Ulrich Grillo. Wie soll angesichts der EU-Politik die industrielle Wertschöpfung von 16 auf 20 Prozent des europäischen BIP gesteigert werden? Dabei wäre das ja dringend notwendig: Denn in der Krise haben sich jene Länder am besten gehalten, die noch etliches an Industrie haben.

Die EU ist jedoch gleichzeitig intensiv aktiv, um jedes Wachstum, insbesondere das industrielle an Ketten zu legen. Sie tut das durch eine Unzahl von Regulierungen. Diese sind nicht mehr wie am Beginn der Integration dazu bestimmt, den Austausch von Gütern in einem Binnenmarkt sicherzustellen, was ja noch immer sehr wichtig wäre (siehe etwa Frankreich vs. Mercedes). Die EU-Regulierungen haben heute ganz andere Ziele: gesundheitliche (etwa das Rauchen), ökologische (etwa die Kyoto-Ziele), justizpolitische (die Pflicht, eigene Staatsbürger auszuliefern) gesellschaftspolitische (die „Anti-Diskriminierungspolitik“, die Arbeitgeber und Vermieter entrechtet), soziale (die Pensionsansprüche von EU-Ausländern in Österreich, die nie Pensionsbeiträge gezahlt haben) und viele andere.

Fast jede einzelne EU-Regulierung kostet, verteilt um, hemmt Wachstum und Entwicklung. Dabei will die EU doch das Gegenteil? Die Antwort ist einfach: Es gibt nicht „die“ EU. Es gibt viele EUs.

Während die einen noch die Binnenmarktziele anpeilen, welche die EU so erfolgreich gemacht haben, sind in anderen Bereichen inzwischen ganz neue Lobbys aktiv geworden. Ökologische, soziale, feministische usw. Sie sind heute so aktiv wie einst nur die Agrarlobby.

Alle haben in den letzten 15 Jahren erkannt, dass sie über die EU ihre Ziele viel leichter durchsetzen. Ohne jede nationale Debatte und ohne mühsame Mehrheitssuche bei anderen Parteien und Ministerien. In der EU muss  ein Sozialminister nur die anderen Sozialminister überzeugen und schon ist irgendein meist teures Anliegen durch Kommission und Rat geschleust. Vorbei an Ministerrat, Parlament und Öffentlichkeit.

Industrie, Wachstum oder Marktwirtschaft sind für diese neuen Lobbys völlig uninteressant. Daher braucht sich der BDI-Chef nicht zu wundern, dass die EU mehr gegen als für Europas Industrie und Arbeitsplätze tut. Sie schaut vielmehr tatenlos zu, wenn ihre eigene Kyoto-Politik fast alle energieintensiven Investitionen aus Europa vertreibt. Um nur ein Beispiel der europäischen Absurditäten zu nennen, die dringend nach einer grundlegenden Neukonstruktion Europas rufen lässt.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Das Zeitungssterben: Ursachen und Folgen

17. August 2013 00:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jetzt ist es in vielen Ländern Europas und in den USA Schlag auf Schlag gegangen. Das, was sich schon seit fast 20 Jahren wie ein Gewitter am Medienhimmel drohend angesammelt hat, ist mit lautem Getöse losgegangen: Der Niedergang, das Sterben von Zeitungen und Zeitschriften ist gleich an mehreren Orten schlagend geworden. Was aber ist schuld? Und vor allem: Was wird bleiben, was wird kommen?

Die Details sind vielfach durch die Medien gegangen. Sie reichen vom Tod des „Newsweek“-Magazins bis zum Verschleudern der „Washington Post“ an einen Internet-Tycoon, vom Tod der „Financial Times Deutschland“ bis zur Weggabe der meisten Zeitungen des renommierten Springer-Verlags. Und das sind nur die bekanntesten Namen.

Weltweit sind seit Ausbruch der Krise Hunderte Tages- und Wochenmedien eingegangen. Damit ist die Zeitungsbranche die weitaus am härtesten von der Krise getroffene Industrie. Das zeigt, dass es hier um weit mehr geht als um bloße Kollateralschäden einer Konjunkturkrise. In Frankreich etwa kann keine einzige Zeitung ohne Regierungsgelder mehr positiv bilanzieren. Daher ist man eigentlich fast schon erstaunt, dass es noch kein EU-Programm zur Förderung der Zeitungen gibt (etwa nach Art der Solarpaneele) . . .

Nur in Österreich ist in der großen Strukturkrise der Zeitungen bisher kein Blatt eingegangen. Das mag verblüffen. Das ist aber leicht erklärbar: Denn parallel mit der Zunahme der Krise ist ab 2007 die Finanzierung durch politische Inserate hinaufgefahren worden. Das Geld kam vor allem aus dem Dunstkreis der Gemeinde Wien, aber seit Werner Faymann in der Regierung ist, auch aus Ministerien beider Couleurs und aus staatlichen Betrieben (natürlich kam es in Wahrheit immer vom Steuer- und Gebührenzahler, aber der wird ja nie gefragt). Zumindest bis zum Wahltag wird sich daran auch gewiss nichts ändern. Mit anderen Worten: Viele Verlage haben sich auf die Prostitution verlegt. Von der kann man ja ganz gut leben. Eine Zeitlang.

Interessant ist nur, dass kaum jemand kritisch darüber schreibt. Aber im Grund haben ja alle mehr oder weniger Bestechungsdreck am Stecken. Da berichtet man nicht über den Dreck am Stecken des Konkurrenten.

Die Papierzeitung wird überleben – aber ganz anders

Um mit der Zukunft zu beginnen, eine scheinbar beruhigende Annahme: Es wird auch in etlichen Jahrzehnten trotz des Internets noch Papier-Zeitungen geben.

So wie das Fernsehen das Kino nicht umgebracht hat. So wie Schallplatte/CD/VHS/DVD nicht den Andrang zu Livekonzerten reduziert haben (ganz im Gegenteil). So wie der starke Aufstieg von Plastikgeschirr und -möbeln in den 50er Jahren keinen langfristigen Tod für Metall, Glas und Holz bedeutet hat (obwohl der damals in Hinblick auf die Verwendung in Küche und Haus prophezeit worden war). Im Gegenteil: Metall, Glas und Holz symbolisieren heute edle Qualität und sind auch viel teurer als die billige Plastik-Massenware.

Freilich wird sich, wie es bei all diesen Beispielen aus anderen Bereichen in irgendeiner Form der Fall war, auch das Zeitungswesen fundamental verändern. Verändern müssen.

Auf der einen Seite wird es das billige Gratisprodukt ohne jeden Tiefgang, jeden Objektivitätsanspruch geben. Dort zahlt der Käufer nichts. Klare Folge: Die Verlage sehen sich nicht dem Leser verpflichtet, sondern Inserenten und/oder Parteien.

Das wird sich in der (nicht sehr großen und heute schon bekannten) Bandbreite zwischen einem Spar-Prospekt und jenem bedruckten Papier abspielen, auf dessen erster Seite „Heute“ oder „Österreich“ steht. Die Masse wird glauben, informiert worden zu sein, hat aber doch nur Opium fürs Volk, hat doch nur Manipulation und politische wie kommerzielle Verführung konsumiert. Denn: Was nichts kostet, ist auch nichts wertet. There is no free lunch.

Traurige Aussichten für Lokalzeitungen

Kaum überleben werden hingegen die meisten Lokalzeitungen. Die lokalen Anzeigen (Gebrauchtautos, Wohnungen, Arbeitsplätze usw.) werden fast zur Gänze ins Internet wandeln.

Die schnellen Agenturinformationen werden dasselbe tun. An diese Entwicklung haben ja die Zeitungen selbst das Publikum gewöhnt: Haben sie doch alle fast die gleichen Agenturnachrichten gratis ins Internet gestellt. Die Konsumenten werden kaum mehr überzeugt werden können, dass es eines Tages doch wieder sonderliche Unterschiede zwischen den Zeitungen geben könnte. Sie werden daher immer weniger bereit sein, für Sushi-Informationen wieder zu zahlen. Denn selbst wenn die Zeitungen wieder eigenständiger werden sollten, wird die schnelle Nachricht irgendwo immer gratis erhaltbar sein, und sei es nur als Marketing-Gag.

Der einzige zukunftsfähige Asset der Lokalzeitungen wären breite, kritische, unabhängige Berichte über Vorgänge in Stadt und Region. Aber gerade das haben zumindest in Ostösterreich praktisch alle Zeitungen aufgegeben: Wenn man so viel Geld (vor allem von der Gemeinde Wien, aber auch von anderen Landesregierungen) bekommt, ist es denkunmöglich, eine glaubwürdige Lokalberichterstattung zu haben.

Die ganz neu entdeckte Qualität

Überleben werden Qualitätsmedien. Das werden freilich nicht die heutigen Qualitätsmedien sein. Sie werden sich zumindest grundlegend ändern müssen. Sie werden zielgruppengenauer sein müssen. Sie werden sich ganz bewusst mit einer Leser-Minderheit am Markt begnügen. Sie werden sich für diese anspruchsvolle Minderheit auf weit höhere Qualität konzentrieren müssen, schreiberisch wie recherchemäßig.

Das heißt keineswegs: höhere Quantität, dickere Umfänge. Im Gegenteil. Die Qualitätszeitungen der Zukunft werden sich im Dienst einer intellektuellen, aber zeitknappen Elite ganz auf die Aufgabe konzentrieren müssen, das herauszufiltern, was wirklich wichtig ist. Journalismus muss daher auch vom Wissen und der Allgemeinbildung der Akteure her wieder zu einem elitäreren Beruf werden.

Vor allem aber werden die Qualitätsmedien der Zukunft selbst die leichteste Abhängigkeit von Inserenten oder gar von politischem Geld vermeiden müssen. Vielleicht werden sie gut daran tun, sogar total inseratenfrei zu werden. Das heißt in jedem Fall, dass sie auch deutlich teurer sein müssen.

Jene Minderheit, die wirklich gut, seriös und qualitativ informiert sein will, der wird das jedoch auch zweistellige Euro-Beträge pro Exemplar einer Zeitung/Zeitschrift wert sein (in heutigem Geldwert). Aber eben nur dann, wenn er, der Leser, absolut sicher sein kann, dass er der einzige Auftraggeber der Redaktion ist. Und nicht in Wahrheit bestenfalls Nummer zwei hinter irgendwelchen Inserenten, Druckkostenbeiträgern und Kooperationspartnern.

Einige Erfolge der Zukunft hat schon begonnen

Ohne jetzt noch allzu lange, ideale – und wirtschaftlich funktionsfähige! – Zeitungskonzepte der Zukunft ausbreiten zu wollen, einige Hinweise, dass es solche schon da und dort gibt. (Übrigens, weil sonst gleich wieder gestänkert würde: Ich habe mit keiner der hier genannten Zeitschriften irgendetwas zu tun)

So war der deutsche „Cicero“ einige Jahre lang sehr erfolgreich mit höchster Qualität unterwegs (bevor man dort SPD-Politiker mit Jobs zu versorgen begann, was dem Heft natürlich jede Glaubwürdigkeit nahm). So werden mit Sicherheit der englische „Economist“ und der deutsche „Spiegel“ überleben. Eben weil sie Topqualität bieten, die man in Österreich weder in der Wirtschaftsberichterstattung noch in den politischen Seiten auch nur annähernd findet.

So ist in Österreich „Servus in Stadt und Land“ extrem erfolgreich. Seine (nie ausgesprochene) Zielgruppenorientierung: Frauen über 40 mit Liebe zum Land, zur Schönheit, zur Qualität, die an den üblichen Zeitungsinhalten weniger interessiert sind. Das ist eine große, dennoch sonst total vernachlässigte Gruppe. „Servus“ ignoriert trotz seines primär weiblichen Publikums total den sonst üblichen Promi-, Skandal-, Kosmetik- und Modeschwachsinn. Es orientiert sich am Ruhigen, am Heimatverbundenen, am Schönen. Während das für die anderen Medien lauter Igitt-Worte sind, tut „Servus“ dies sogar ziemlich perfekt. Das Heft aus dem Haus Red bull hat dadurch mitten in der Krise den steilsten Auflagenerfolg der letzten Jahrzehnte erzielt. Und zwar ohne Gewinnspiele und sonstige Mätzchen, sondern nur mit Qualität und Hirn.

Die wichtigsten Ursachen

Fragt man nach den Ursachen des Zeitungssterbens, dann liegen die wichtigsten auf der Hand. Das ist vor allem das Internet – in dem Sie ja auch diese Analyse lesen: Das Internet hat noch viel mehr Zukunft vor sich, als wir heute ahnen. Von den kommerziellen bis zu den redaktionellen Angeboten.

Das Internet tut sich aber – zumindest vorerst – freilich schwer mit der Finanzierung rein redaktioneller, nicht fremdgesteuerter Angebote, die über solche kleine, aber erfolgreiche Nischen hinausgehen.

Das Internet wird in den nächsten Jahrzehnten noch ein weiteres Problem bekommen. Es wird in seiner Qualitätsanmutung hinter echtes Papier zurückfallen. Nachdem heute fast schon jeder Arbeiter mit zwei Bildschirmen werkt, dürfte die Anmutung von Modernität, die heute Smartphones oder IPads noch haben, total an Strahlkraft verlieren.

Überdies wird das Internet weiter ein Tummelplatz für Desinformationen, Geheimdienste, Schleichwerbung, Pornographen, Spammer, Virenproduzenten und ähnliche Schädlinge bleiben. Aber dennoch ist Faktum: Das Internet wird den Zeitungen schwer schaden. Und das Internet wird vom Mist bis zur höchsten Qualität Vieles zu bieten haben.

Inserenten und Bestecher

Eine weitere Ursache des Zeitungssterbens ist die schon angesprochene Beeinflussung des Inhalts durch den Kommerz. Natürlich sind klar gekennzeichnete Inserate nichts Böses. Aber die kommerziellen und politischen Inserenten und erst recht die scheinbar im Hintergrund bleibenden „Kooperationspartner“ haben in den letzten Jahren immer öfter mit Erfolg versucht, auch auf redaktionelle Inhalte Einfluss zu nehmen. Sobald aber die Leser einmal gemerkt haben, „Die schreiben ja nur deshalb so, weil da im Hintergrund Geld fließt“, schwindet das Vertrauen rapide. Egal ob das kommerzielles oder politisches (=Steuer)Geld ist. Der Leser fühlt sich hineingelegt und getäuscht, auch wenn er es vielleicht erst mit Zeitverzögerung merkt.

Von den ganz üblen Misswüchsen einer neuen Verlegergeneration, wo nicht nur die Inserenten Einfluss zu nehmen begonnen haben, sondern wo umgekehrt auch Verleger erpresst haben (du zahlen, sonst wir schreiben), wollen wir am liebsten gar nicht reden. So übel wird einem dabei.

Zeitungen haben sich überdies in eine Sparspirale nach unten verfangen. Inhalte werden immer weniger überprüft. Es gibt kaum noch ein Gegenlesen. Immer mehr Agenturinhalt fließt Copy-Paste ins Blatt. Die Redaktionen sind im Verhältnis zur Seitenzahl so dünn wie nie zuvor. Zugleich ist die sprachliche und Wissens-Qualität einer neuen Journalistengeneration meist recht erbärmlich. Daran sind zwar primär Unis und Schulen schuld, aber auch der Umstand, dass es sich keine Zeitung mehr leistet, die Besten und Interessantesten unter den Jungen anzusprechen.

Solche schwachen Journalisten schwimmen dann alle sicherheitshalber im (linksliberalen bis grünen) Mainstream. Wenn man immer ungefähr dasselbe schreibt wie alle anderen, dann kann man ja nicht so falsch liegen, denken sie sich. Eine eigene Meinung hat man ja meist ohnedies nicht, oder man wagt diese ohne das nötige Wissen und ohne intellektuellen Mut nicht zu artikulieren.

Keine Frage, dass die Leser dies alles zumindest im Unterbewusstsein spüren. Diese und noch ein Dutzend anderer Ärgernisse der heutigen Medienwelt würden ganze Dissertationen füllen, gäbe es seröse Medienwissenschaft in Österreich.

Es darf daher niemanden wundern, dass das Vertrauen in den Journalismus so tief unten ist wie nie zuvor. Es ist fast so schlecht wie das der Politiker, auch wenn Journalisten täglich alle Politiker heruntermachen (bis auf jene, die ausreichend bestechen).

Die Migranten-Illusion

Gleichsam als PS eine besondere Groteske aus diesem Sommer: Neuerdings glaubt man vom ORF bis zur „Presse“, dass es sie rettet, wenn sie auf Migranten in der Redaktion setzen. Oder tun sie das auch nur deshalb, weil im Hintergrund Geld dafür fließt? Sie begreifen jedenfalls nicht, dass sie damit ihre bisherigen Leser/Seher noch schneller entfremden und vertreiben. Und dass sie bei den außereuropäischen Zuwanderern nicht einmal einen Bruchteil der vertriebenen an neuen Lesern finden werden.

Aber vielleicht tröstet sich die österreichische Medienszene: Solange der Strom politischer Gelder fließt, werden wir schon irgendwie im alten Trott weiterleben können. Erst wenn auch hierzulande griechische Verhältnisse ausgebrochen sind, wird dieses Business-Modell zwangsläufig zusammenbrechen. Dann aber haben wir die Chance, dass spannendes Neues entsteht. Also Medien, die sich ausschließlich am Leser orientieren.

Auch in Deutschlands und Amerikas Medienwelt muss ja zuerst Morsches kollabieren, bis aus den Ruinen wieder neues Leben entstehen kann.

 

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Wie man zugleich unter Arbeitslosigkeit und Arbeitskräftemangel leiden kann

11. August 2013 01:41 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Eine seltsame Diskrepanz: Die ILO prophezeit Europa gewalttätige Unruhen wegen der wachsenden Arbeitslosigkeit. Insbesondere in Deutschland klagt man hingegen über einen zunehmenden Mangel an Kellnern, Installateuren oder Pflegekräften und an Arbeitskräften in mehr als hundert anderen Berufen. Wie passt das zusammen? Der europäische Bürger ist verwirrt.

Wenn man dem Weltarbeitsmarktbericht der Internationalen Arbeitsorganisation ILO glaubt, dann kann man sich eigentlich nur noch fest anschnallen und hoffen, dass es nicht ganz so schlimm sein wird wie beim letzten Mal. Das war nämlich in den 30er Jahren, als die Arbeitslosigkeit (eine Folge der Kosten des ersten Weltkriegs und der darauf entstanden Inflation) in Deutschland und Österreich eine wichtige Mitursache der bürgerkriegsartigen Unruhen und der Machtergreifung der Nationalsozialisten gewesen ist. Arbeitslose Menschen sind damals auf der Straße gestanden mit dem Schild "Nehme jede Arbeit", sie haben als "Ausgesteuerte" keinen offiziellen Groschen mehr erhalten, und haben in den Höfen der Häuser durch Gesang ein paar Münzen erbettelt.

Die – gewerkschaftsnahe, aber als UNO-Organisation getarnte – ILO sieht heute in nicht weniger als 46 Staaten ein wieder gestiegenes Risiko solcher sozialer Unruhen. Insbesondere in Europa hat sich laut ILO dieses Risiko signifikant erhöht.

Eine dramatische Prognose, da sie ja zumindest unterschwellig diese historischen Bezüge ins Spiel bringt. Eine Wiederholung der 30er Jahre ist jedenfalls das Allerletzte, was man sich wünschen kann. Sie zu vermeiden ist fast jeden Preis wert - nur nicht den eines bloßen Hinausschiebens unangenehmer Konsequenzen, das dann zu noch größeren Risiken führt.

Jedenfalls befindet sich die Eurozone schon seit 2011 in einer Rezession, sie hat also die 2007/08 begonnene Krise alles andere als überwunden. Noch bedenklicher aber ist der Umstand, dass es heute zwar schon wieder global durchaus signifikante Investitionen gibt – nur finden diese überwiegend in den Schwellenländern und (seit der dortigen Verbilligung der Energie) in den USA statt.

Europas Realität zeigt hingegen ein ganz anderes Bild. Noch immer werden in diesem Kontinent 50 Prozent aller weltweiten Wohlfahrtsausgaben getätigt – dabei stellt Europa nur acht Prozent der globalen Bevölkerung. Und wenn man die Programme zumindest der deutschen und österreichischen Wahlkämpfe anschaut, dann droht sogar ein weiterer Ausbau der unfinanzierbaren Wohlfahrtsleistungen.

Mangelware Kellner und Installateure

Ein toskanischer Unternehmer vermittelt dieser Tage bei einer privaten Plauderei ein erstaunliches Bild: "Die italienischen Universitäten produzieren Unmengen von Politologen und Soziologen, die dann zwangsläufig arbeitslos werden. Aber wenn man eine Putzhilfe sucht, findet man keine."

Das mag gewiss ein subjektives Bild sein. Es wird aber jedenfalls durch die jüngste Untersuchung des "Instituts der Deutschen Wirtschaft" in Hinblick auf die Bundesrepublik bestätigt. Darin wird für Deutschland ein besonderer Engpass auch bei Berufen mit einer - formal gesehen - eher geringen Qualifikationsanforderung konstatiert: insbesondere bei Kellnern, Installateuren und Pflegekräften. Fast ebenso Mangelware sind Ärzte, Vermessungstechniker oder Mechatroniker. Insgesamt zählt das Institut schon 119 Mangelberufe! Beim deutschen Bundesinstitut für Berufsbildung bezeichnet man die Lage in vielen Branchen deshalb sogar schon als "dramatisch".

Diese Diskrepanz zwischen einem Mangel und einem ebenso dramatisch scheinenden Überfluss an Arbeitskräften in ein- und demselben Währungsraum wirkt absurd. Die Erklärung für diesen Widerspruch heißt in der Fachsprache "geringe Mobilität". Das heißt: Wenn in Europa irgendwo (geographisch oder branchenmäßig) ein Mangel an Arbeitskräften vorhanden ist, dann müssten eigentlich nach allen Gesetzen der Logik die Arbeitssuchenden - die ja nach etlichen Medienberichten total verzweifelt sind - dorthin strömen. Sie tun es aber nicht. Sie demonstrieren vielleicht, aber ziehen nur zu einem sehr geringen Prozentsatz um.

Wenn hingegen in Amerika die Arbeitslosigkeit in einer Stadt (jüngstes Beispiel: Detroit) explodiert, dann ziehen die Menschen halt wo anders hin auf dem riesigen Subkontinent. Irgendwo boomt es nämlich fast immer. In den verlassenen Städten sinkt die Bewohnerzahl dann des öfteren auf weniger als die Hälfte. Kein Amerikaner sieht darin jedoch einen Grund zur sonderlichen Aufregung, zumindest solange es eben andere Orte oder Branchen mit deutlich mehr Chancen gibt.

Die Ursachen der Immobilität

Was sind nun die konkreten Ursachen der Immobilität der Europäer, die dazu führt, dass diese eben nicht den Arbeitsplätzen nachwandern?

Hartz IV brachte Deutschland Wende zum Besseren

Aus all diesen Gründen werden wir noch viele Jahre warten müssen, wird die Krise wohl noch viel härter werden müssen, bis all diese Versäumnisse nachgeholt werden. Also bis es zu besseren Englisch-Kenntnissen und zu einem signifikanten Abbau von Wohlfahrtsleistungen kommt. Erst dann wird es wohl normal und selbstverständlich sein, dass man in anderen Ländern auf spanische Kellner oder griechische Altenpfleger stößt. So wie sich jahrhundertlang Tiroler oder Schweizer europaweit verdingt haben. So wie in den fünfziger Jahren arme Österreicher zu Hunderttausenden nach Kanada oder Australien ausgewandert sind. So wie es vor rund einem Jahrzehnt einen erstaunlichen – und für den Österreicher völlig überraschenden – Zustrom von deutschen Kellnern und sonstigen Arbeitskräften in die Alpenrepublik gegeben hat. So wie heute viele Jungmediziner aus Österreicher nach Deutschland gehen (in diesem Fall allerdings nicht wegen Arbeitslosigkeit in der Heimat, sondern wegen der schlechten Bezahlung in Österreichs Spitälern und in Kassenordinationen).

Gerade das Beispiel der plötzlich in Österreich aktiv gewordenen deutschen Kellner zeigt aber auch, wie rasch sich die Dinge wandeln. Heute kommt schon wieder kaum mehr ein junger Deutscher wegen der dortigen Arbeitslosigkeit nach Österreich. Deutschland ist im Gegenteil auf der Suche nach Arbeitskräften.

Diese Rück-Wende zum Besseren hat auch einen Namen: Hartz IV. Dieses Maßnahmenpaket (einer rotgrünen Regierung im Konsens mit der damals oppositionellen CDU/CSU) hat Deutschland aus der schweren Krise nach der Wiedervereinigung gerettet: Wohlfahrtsleistungen wurden stark reduziert; die Arbeitslosigkeit konnte nicht mehr als Dauer-Hängematte dienen; und es wurden insbesondere viele Formen gering bezahlter Beschäftigung entwickelt – über die zwar manche Gutmenschen und Gewerkschafter jammern, die aber individuell wie volkswirtschaftlich jedenfalls weit besser ist als jede Dauerarbeitslosigkeit.

Dieses Exempel zeigt: Es ginge ja, wenn Europa nur wollte. Deutschland hat jedenfalls dadurch seine Arbeitslosenzahlen von über fünf Millionen auf unter drei Millionen abbauen können. Sogar in Zeiten der Eurokrise.

Dieses Exempel kann aber nur dann allgemeingültig werden, wenn alle Europäer eines begreifen: Solange es keinen wirklich gemeinsamen Arbeitsmarkt gibt, kann eine gemeinsame Währung nie funktionieren.

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Berlusconi: Ein Urteil, keine Klarheit

02. August 2013 08:13 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das Kassationsgericht hat sich für seinen Spruch unerwartet viel Zeit genommen, aber alles andere als Klarheit geschaffen. Vier Jahre Haft für Silvio Berlusconi sind also das letztinstanzliche Urteil wegen Steuerbetrugs. Den beantragten Ausschluss von öffentlichen Ämtern hingegen haben die römischen Höchstrichter nach Mailand zurückverwiesen. Ob Staatsraison der Grund dafür war oder nicht: Der gefährliche politische Schwebezustand in Italien ist damit prolongiert.

Zwanzig Jahre hat Silvio Berlusconi seine Landsleute immer wieder fasziniert – viermal haben sie ihn an die Regierung gebracht, auch wenn das für Nicht-Italiener oft nicht zu verstehen war. Und auch jetzt hängt das Schicksal Italiens an ihm.
Dass sich die Strafe wegen der italienischen Gesetzeslage auf ein Jahr Hausarrest reduziert, scheint hierzulande wie ein Geschenk im Paradies für Seniorenkriminalität (ab 75 gibt es Haftstrafen nur für Gewaltverbrechen). Für den sicher begabtesten Schauspieler der Politik der letzten Jahrzehnte ist es Grund für bebenden Zorn – auch wenn es nach Larmoyanz geklungenen haben mag, wie Berlusconi das Urteil kommentiert hat.
Doch Beppe Grillo, der nächste (diesmal) Komiker, der auf der italienischen Politbühne Staub aufwirbelt, mit weniger Talent als der Cavaliere, der ihm freilich überhaupt erst den Weg geebnet hat, triumphiert zu früh. Sein Programm – nämlich die vom Wähler verliehene Macht auf keinen Fall konstruktiv für das Land einzusetzen – ist eine Karikatur dessen, was die ewige Rückkehr des Silvio Berlusconi überhaupt erst möglich gemacht hat: das vollständige Fehlen einer politisch ernstzunehmenden Gegenkraft, einer echten, starken und attraktiven Alternative.
Mit politischen Mitteln war Berlusconi also nicht klein zu kriegen. Von den Richtern hat man sich diesen Dienst erwartet. Und die sind nur den halben Weg gegangen.
Eine typisch italienische, schlampige Lösung? Oder der hilflose Versuch, den endgültigen Bruch eines zutiefst gespaltenen Landes zu verhindern?
Wer sich an den gebrochenen Greis Giorgio Napoletano erinnert, wie er aus verzweifelter Liebe zu seinem Land noch einmal das Präsidentenamt angenommen hat, kann den Ernst der Lage nicht übersehen.
Jetzt droht die notdürftig zusammengezimmerte Koalitionsregierung Enrico Lettas zu scheitern. Nicht dass sie bisher den Niedergang des „kranken Manns Europas“, dieses seit Jahrzehnten – schon lange vor dem Auftritt Berlusconis – immer weiter hinuntergewirtschafteten Landes gestoppt hätte. Seit dem grandiosen Scheitern des Wirtschaftsexperten Mario Monti fragt man sich ohnehin, ob das überhaupt möglich ist.
Doch: Taumelt Italien nun in ein Chaos der Unregierbarkeit, endet es endgültig am Abgrund.
Und mit ihm Europa.

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Depressiv, dekadent und überflüssig: Europa 2013

02. August 2013 01:03 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der große Historiker Walter Laqueur mag mit seinen 92 Jahren nicht mehr lange unter uns weilen. Aber die Weisheit, mit der er dieser Tage Europa analysiert hat, geht wohl weit über die Spanne seines Lebens hinaus. Es ist wohl das klügste, aber auch bestürzendste Interview gewesen, das man in den letzten Jahren über Europa lesen konnte.

Dabei ist das, was Laqueur da in einem Interview mit dem „Spiegel“ gesagt hat, in fast jeder Zeile von großer, ja verzweifelter Liebe zu Europa geprägt. Er spricht in vielem das aus, was man selber für die Zukunft des Kontinents fürchtet.

Vergnügungspark für die Neureichen aus anderen Kontinenten

Dennoch klingt seine Zukunftsvision aufs erste und oberflächlich recht harmlos. „Die Möglichkeit, dass Europa ein Museum oder ein kultureller Vergnügungspark für die Neureichen der Globalisierung wird, ist nicht völlig von der Hand zu weisen.“ Dies ist in Wahrheit ja heute schon der beherrschende Eindruck, den die Städte des Kontinents vermitteln.

Prinzipiell ist das – auch für den Historiker Laqueur – ja nichts Schlechtes: „Das Ausscheiden aus der Champions League ist nicht das Ende.“ Nur sollte man sich dessen eben auch bewusst sein. Denn „dann wäre es vielleicht auch ratsam, die freigiebige Verteilung von guten Ratschlägen an andere Länder etwas einzuschränken und die eigenen Leistungen weniger pathetisch zu beschwören.“

Laqueur sieht das aus der weit vom Objekt der Betrachtung zurücktretenden Perspektive des Analytikers (und sicher auch seines eigenen Alters): „Aufstieg und Zerfall von Reichen sind Konstanten der Geschichte.“ Das erinnert stark an Oswald Spengler, der schon am Beginn des vorigen Jahrhunderts den Untergang des Abendlandes prophezeit hat. Für Laqueur ist diese Perspektive entweder eine Konsequenz des Alterungsprozesses Europas oder die Folge seines Wohlstandes; dieser habe eine furchtsame Gesellschaft herausgebracht, die allen Konflikten ausweichen will und alle Warnsignale missachtet, durch die sie ihren Wohlstand gestört fühlt.

„Bevor der Zusammenbruch kommt“

Man sollte sich bei der Beurteilung nicht durch seine die relative Stabilität Europas in den letzten Jahrzehnten täuschen lassen: „Es gibt immer ein retardierendes, beharrendes Moment, bevor der Zusammenbruch kommt.“ Europa hoffe auf ein Wunder – wende aber jenes Rezept an, dass auf längere Sicht den geringsten Erfolg verspreche: „ein bisschen Reform hier, ein Stück Flickschusterei da und eine Dosis business as usual.“ Dahinter habe Europa aber das Gefühl für die klare und unmittelbare Gefahr verloren, welche seine Krise bedeutet. Der europäische Antiamerikanismus, „der auf der Linken wie auf der Rechten stets latent geblieben ist“, habe nämlich den Blick auf die eigenen Schwächen Europas verstellt, so Laqueurs unbarmherziges Urteil.

Die Europäer bleiben lieber in Deckung. Sie versuchen gar nicht mehr, wieder zu einer politischen Großmacht aufzusteigen. Aber: „Die Europäer haben noch nicht begriffen, dass es keinen Schutz vor den Folgen der Weltpolitik gibt.“ Ein Rückzug biete keine Sicherheit vor den Konsequenzen.

Europa sei von einer unerklärlichen Willenlosigkeit erfasst. Die europäische Krise sei nämlich keineswegs vorrangig eine Schuldenkrise. „Europäische Werte mögen noch so oft angerufen und angepriesen werden – Willensschwäche, Trägheit, Ermüdung, Selbstzweifel, mangelndes Selbstvertrauen, das läuft auf die psychologische Diagnose eines schwachen Egos hinaus.“

Den Umgang mit Rüpeln und Schurken lernen

Diese Ängstlichkeit strahle Europa naturgemäß auch nach außen aus. „Das merken die Rüpel, und das spüren auch die Hilfsbedürftigen.“ Laqueur verlangt von Europa, dass es endlich zur Kenntnis nehmen solle, in einer Welt zu leben, „in der allzu oft das Chaos herrscht, nicht das internationale Völkerrecht.“ Es müsse daher lernen, sich nach zwei verschiedenen Methoden in der Welt zu verhalten: „einmal nach solchen, die den Umgang untereinander regeln“; jedoch „wenn es um die Rüpel und Schurken geht, die noch nicht den aufgeklärten Zustand der Postmoderne erreicht haben“, dann sollte Europa begreifen, das ganz andere Methoden notwendig sind.

Zweifellos könnte man auch Europas unsichere Reaktion in der aktuellen NSA-Überwachungskrise so interpretieren. Die Europäer sehen in diesem Zusammenhang immer nur brave und anständige Bürger als Opfer, die Amerikaner (und zum Teil Briten) haben hingegen immer Schurken und Schurkenstaaten als Ziel all der Abhöraktionen vor ihrem Auge. Daher fällt es Europa auch so furchtbar schwer, mit den Amerikanern einen Konsens bei der Interpretation der Geheimdienstaktionen zu erzielen.

Zurück zu Laqueurs Bilanz. Sie ist jedenfalls deprimierend. Europa habe seinen moralischen Kredit weitgehend verspielt, fürchtet er. „Es scheut sich Sanktionen zu verhängen; es tut sich unendlich schwer, in Krisen außerhalb Europas zu intervenieren; es hat seine weitgehende Ohnmacht sogar bei Kriegen im eigenen Hinterhof bewiesen.“

Spielball der Weltpolitik

Europa spiele zwar in Wirtschaft und Handel weiterhin eine Rolle. „Aber bis heute steht der Kontinent politisch und militärisch nicht auf eigenen Füßen.“ Das wäre aber nur möglich, wenn global die Machtpolitik keine Rolle mehr spielten würde. „Die Konflikte sind jedoch nicht zurückgegangen, der Fanatismus und die Leidenschaft in ihnen brennen weiter“. Das mache es daher fragwürdig, ob der Gedanke einer europäischen Unabhängigkeit von der Weltpolitik realistisch ist.

Europa erweise sich angesichts der heraufziehenden Stürme vielmehr als hilflos und werde zu einem Spielball dieser Weltpolitik.

Brillante und mutige Gedanken zur Lage des Kontinents und der Union, die einem viel zum Nachdenken geben. Am beklemmendsten ist aber wohl, wie weit diese Gedanken ganz offensichtlich von der Realität Europas, von den Themen seiner Wahlkämpfe und von der Denkwelt seiner Politiker entfernt sind.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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