Scheiben klirren - nach 75 Jahren

02. Februar 2014 01:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Zu den Opfern der linksradikalen Gewalttäter gehörte vergangene Woche auch ein Innenstadt-Juwelier, wie ich erst jetzt erfahren habe. Seine Auslagenscheiben wurden wie bei etlichen anderen eingeschlagen – und er ist ein auf den ersten Blick erkennbarer Jude. Da bleibt einem bei auch nur minimalem Geschichtsbewusstsein wirklich der Atem stecken. So einen Vorfall hat es in Wien ein Dreiviertel Jahrhundert lang nicht gegeben.

Wo ist der Wiener Bürgermeister, der umgehend zu dem Mann geht (wenigstens zu diesem) und zerknirscht um Verzeihung für den Vorfall bittet? Wo ist da endlich echte Selbstkritik, dass Funktionsträger beider Ratshaus-Regierungsparteien die Gewalttäter nach Wien geholt haben? Sollte man nicht endlich die Wiederholung solcher Ereignisse (und jeder anderen Form von Gewalt) unter welchem Vorzeichen immer bekämpfen? Kommt einem da der „Antifaschismus“ von Rotgrün nicht ziemlich lächerlich vor, der sich vor allem darüber erregt, wenn jemand das Grauen von 1938 Reichskristallnacht und nicht Reichspogromnacht nennt?

Aber was will man von einem Bürgermeister, der einem Che Guevara ein Denkmal errichtet hat? Hat doch dieser Herr Che Tausende Menschen ermordet, ohne dass Rotgrün deswegen Bedenken gegen ihn hätten. Und er hat den Spruch geprägt: „Hass ist ein Bestandteil unseres Kampfes.“ Das mit dem Hass kommt einem dieser Tage in Wien ja besonders bekannt vor.

Oder noch eine „Geschmacksprobe“ zu Häupls Che aus dem letzten „Spiegel“: „Wir müssen auf dem Pfad der Befreiung voranschreiten, auch wenn das Millionen atomarer Opfer kosten sollte.“

PS: Die Linke erregt sich in ihren verzweifelten Ablenkungsversuchen sehr darüber, dass der Wiener Polizeipräsident in Gymnasialzeiten eine Zeitlang Gast (oder Mitglied) einer Burschenschaft gewesen ist. Was sie in ihrer künstlichen Erregung nur vergisst: Wäre er ein paar Jahre älter, wäre Herr Pürstl in diesem Ambiente auf Herrn Häupl gestoßen.

 

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FN 571: Wie sich die Zeiten ändern

01. Februar 2014 17:55 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Vor einem Jahr wollten Rot, Grün und die SPÖ-Boulevardzeitungen noch die Wehrpflicht abschaffen.

Jetzt ist man in Kärnten und Tirol heilfroh, dass die Soldaten im Kampf gegen die Lawinenkatastrophe bereitstehen. Jetzt redet niemand mehr von ihrer Abschaffung. Jetzt ist Norbert Darabos im Bundesheer nur noch ein fernes Schreckensgespenst. Und für seinen Nachfolger kommt die südösterreichische Schneekatastrophe um wenige Wochen spät – sonst hätte er vielleicht die fürs Heer besonders schmerzhaften Budgetschnitte doch ein wenig abmildern können. Katastropheneinsätze finden nämlich österreichweit besonders große Sympathie – selbst wenn gerüchteweise das Bundesheer auch noch für eine andere Art von Einsätzen bereitstehen sollte.

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Der Ball und die Medien, die Grünen und der Rechtsstaat

31. Januar 2014 00:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die erste Erregung über die Ausschreitungen rund um den Wiener Hofburgball ist abgeflaut. Umso wichtiger ist es, in aller Ruhe an die klaren Grundsätze eines demokratischen Rechtsstaats zu erinnern, die da bei manchen Medien bedenklich ins Wanken geraten sind. Bei diesen Grundsätzen müssen Gewaltfreiheit und Versammlungsfreiheit ganz an der Spitze stehen. Wer das ignoriert, stellt sich selbst außerhalb von Demokratie und Rechtsstaat.

Wenn eine Partei wie die Grünen mit diesen Grundsätzen auch heute noch (oder wieder?) so wie in ihrer gewalttätigen Gründungsphase Probleme hat, dann ist das mehr als bedenklich. Skandalöse Nähe zu den schweren Ausschreitungen haben neben den direkt verwickelten Jungen Grünen jedenfalls auch der Wiener Klubobmann der Partei und ihr „Justiz(!)sprecher“ durch völlig unakzeptable Wortmeldungen gezeigt.

Aber haben nicht die Grünen genauso das Recht auf Versammlungsfreiheit wie die Blauen? Ganz gewiss. Jedoch sagen das Recht und alle humanen wie liberalen Prinzipien ganz klar: Versammlungsfreiheit darf nicht dazu benutzt werden, um die Versammlung eines anderen zu stören. Die Freiheit des einen endet immer an der Freiheit des anderen.

Das heißt: Die Grünen und ihre Sympathisanten haben rund ums Jahr das Recht auf (friedlich bleibende!) Demonstrationen, und auch zum Zeitpunkt des Balls haben sie das Recht dazu an jedem anderen Ort. Aber es ist selbstverständliche Pflicht der Polizei, eine ordnungsgemäß gemeldete Veranstaltung vor Störungen zu schützen. Oder es zumindest zu versuchen, wie etwa durch eine Platzsperre angesichts von langer Hand geplanter und durch Import deutscher Gewalttäter so gut wie sicherer Störaktionen.

Gewiss sind die von uns zu tragenden Kosten für den Polizeieinsatz mehr als ärgerlich. Aber diese dürfen niemals ein Grund sein, Veranstaltungen zu untersagen. Die Kosten sollten vielmehr bei denen eingetrieben werden, die sich nicht an Regeln des Rechtsstaats halten.

Wären die Kosten der Polizeieinsätze wirklich ein Argument, Veranstaltungen abzusagen, dann müssten auch wöchentlich sämtliche Fußball-Bundesliga-Spiele verboten werden (Spiele der Champions-Liga prinzipiell erst recht, aber da ist Österreich ja leider nur Zuschauer). Denn große Fußballspiele verursachen bekanntlich besonders regelmäßig und besonders teure Polizeieinsätze, auch oft lange nach einem Spiel oder schon vorher. Als Schuldige tun sich übrigens Anhänger-Gruppen der beiden Wiener Vereine gerne besonders negativ hervor (auch wenn mir einer dieser Klubs davon seit Jugendtagen irgendwie ans Herz gewachsen ist).

Wären die Grünen eine voll in der Rechtsordnung angekommene Partei, dann würden sie prinzipiell jede Kooperation mit potenziell gewalttätigen Gruppen stoppen. Dann würde eine wirkliche Parteichefin sofort jene Jungen Grünen aus der Partei ausschließen, die Gewalttäter importiert haben. Dann würde sie selber zurücktreten, sollte sie hinter den Kulissen das alles gutgeheißen haben.

Jedenfalls würde eine rechtsstaatliche Partei die Abhaltung eines Balls ignorieren, solange dort nichts Rechtswidriges passiert. Selbst wenn dieser Ball ihnen zutiefst unsympathisch ist. Ich bin ja auch nie zum FPÖ- (oder früher: WKR-)Ball gegangen. Genausowenig wie ich zu geselligen Veranstaltungen der Grünen oder einer anderen Partei gehe.

Bei der Polizei hatte diesmal ganz offensichtlich der Verfassungsschutz das Kommando übernommen. Polizeipräsident Pürstl hingegen war heuer nie zu hören. Das ist gut so. Hat dieser doch im Vorjahr mit mehr als deplatzierten Kommentaren gezeigt, dass er nur ein braver Bürokrat und Parteisoldat ist, der seiner Aufgabe überhaupt nicht gewachsen ist, nicht einmal verbal. Diesmal hat die Polizei wenigstens versucht, den Ball zu sichern. Während von Pürstl im Vorjahr nur Zynismus zu hören war.

Neben den Grünen haben sich erstaunlicherweise auch die Neos indirekt an die Seite der Gewalttäter gestellt. Sie haben vehement gegen das von der Polizei verhängte Vermummungsverbot protestiert.

Man kann nun gewiss diskutieren, ob ein solches in einem liberalen Rechtsstaat am Platz ist. Freilich darf man bei einer solchen Diskussion nicht ignorieren, dass Vermummungsverbote mit guten – liberalen – Begründungen in immer mehr rechtsstaatlichen Ländern eingeführt werden: wegen gewalttätiger Demonstranten beziehungsweise gegen diese; und wegen der von radikalen Muslims erzwungenen Ganzkörperverschleierung ihrer Frauen. Diese ist ja nicht nur menschenrechtlich überaus bedenklich, sondern auch schon mehrfach zur Tarnung von Attentätern missbraucht worden. Der Schutz der Bürger vor Kriminalität ist jedenfalls immer schon eine zentrale liberale Aufgabe gewesen (weshalb der klassische Liberalismus von den Linken sogar gerne als Nachtwächter-Ideologie denunziert wird). Und es ist jedenfalls ein urliberales Prinzip, sich offen zu seinen Meinungen zu bekennen.

Trotzdem kann man wie die offensichtlich noch immer ganz stark vom linken Gedankengut der Heide Schmidt beeinflussten Neos natürlich auch meinen, dass ein Vermummungsverbot nicht liberal wäre. Nur eines kann man dann sicher nicht, was die Neos getan haben: sich laut über dieses Verbot aufzuregen, aber gleichzeitig kein Wort gegen schwere Gewalttaten und die versuchte Einschränkung der Versammlungsfreiheit zu sagen. Das ist dann nur noch Chuzpe und jedenfalls nicht liberal.

Was passiert eigentlich auf diesem Ball, der neuerdings so viele Hass linker Gruppen erregt wie einst der Opernball? Ich war zwar nie dabei, aber nach allen seriösen Berichten geht es dort so zu wie auf jedem Ball, und es passiert in keiner Weise etwas rechtlich Bedenkliches. Die einst liberale „Presse“ hat dennoch Druck auf die Hofburg-Betreiber ausgeübt, künftig den Ball zu untersagen. Ihr Argument: Dort säßen auch Leute, „die mit der NS-Vergangenheit flirten“.

„Flirt“ als Delikt ohne Konkretisierung und Beweise ist ein mehr als leichtfertiger Vorwurf. Leben wir doch in einem Land, das die strengsten Wiederbetätigungsgesetze hat (die übrigens gerade wieder etliche Menschen auf Jahre ins Gefängnis gebracht haben). Oder weiß die „Presse“ mehr als wir alle? Wurde auf dem Ball Neonazistisches öffentlich gesagt oder getan? Dann sollte sie es konkret mit Namen und Aussagen nennen. Dann ist nach den geltenden Gesetzen gegen die Betreffenden vorzugehen. Aber in einem Rechtsstaat kann es sicher nicht wegen sogenannter Flirts verhängte Kollektivstrafen geben.

Das auf diesem vagen und unsubstantiierten Vorwurf aufbauende Verlangen, Veranstaltungen zu unterbinden, ist einer Qualitätszeitung unwürdig. Hat sie als Motiv bloß diffuse Gefühle, die sie für Moral hält, dann könnte sie ihre Glaubwürdigkeit nur dann wiederlangen, wenn sie auch all jene Veranstaltungen unterbinden will, die im Verdacht stehen, dass dort jemand mit dem Kommunismus flirtet. Dazu ist aber gar nichts bekannt.

Daher muss sich die „Presse“ den Vorwurf gefallen lassen, dass ihr die Opfer des Kommunismus offenbar egal sind, obwohl dieser rund 80 Millionen Menschen umgebracht und einer noch viel größeren Menge das ganze Leben zerstört hat. Das wäre dann auch die endgültige Abkehr von einer großen Geschichte, für die insbesondere, aber keineswegs nur der eben verstorbene Fritz Molden gestanden ist.

Es ist mehr als nachvollziehbar, dass jemandem andere Menschen, etwa die Besucher eines Parteiballs, unsympathisch sind. Aber deswegen etwas verhindern, etwas unterbinden zu wollen, ist nichts anderes als Beweis einer totalitären Gesinnung.

Man kann nur immer wieder den weisen Voltaire-Spruch zitieren, der eine der wichtigsten Grundlagen liberalen und aufgeklärten Denkens ist: Ich lehne voll ab, was sie sagen; ich werde aber alles tun, dass sie es sagen können.

Wenn dieser Grundsatz verloren geht, dann geht auch unser aller Freiheit wieder verloren, um die unsere Vorfahren so hart gekämpft haben.

 

 

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

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Die Liste der Delikte der Demonstranten – und die Konsequenzen

28. Januar 2014 17:39 | Autor: Andreas Hauer
Rubrik: Gastkommentar

Am 24. Jänner haben Linksradikale – wie vorhersehbar – einen Ball in der Wiener Hofburg zum Anlass genommen, um in der Wiener Innenstadt auf Bürgerkrieg zu machen. Sie haben insbesondere Polizisten attackiert und verletzt, Polizeifahrzeuge und eine Polizeiwache absichtlich schwer beschädigt und Auslagenscheiben eingeschlagen. Die Straftäter haben damit in erster Annäherung unter anderem folgende Verbrechen und Vergehen begangen: mehrfache schwere Körperverletzung, vielfach versuchte schwere Körperverletzung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit, schwere Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, tätlicher Angriff auf Beamte, Landfriedensbruch und Verhetzung (vom direkten „Schlagt sie nieder, schlagt sie nieder“ bis zum aufreizenden „Unsern Hass, den könnt ihr haben.“). Womöglich handelt es sich bei manchen, insbesondere aus Deutschland angereisten Gruppen auch um terroristische Vereinigungen im Sinn von § 278b Abs 3 StGB.

Die Polizeiführung hat dieses Jahr immerhin den – grundrechtlich gebotenen – Schutz der Ballveranstaltung im Großen und Ganzen gewährleistet. Die einzelnen Exekutivorgane haben ohnehin, wie immer, ihr Bestes gegeben: Sie müssen bei (überschätzter) Bezahlung ihre körperliche Integrität aufs Spiel setzen, weil linksextreme Kreise auf Krawalle setzen und leider auch erhebliche Teile der etablierten Politik – ansonsten um keine Wortspende an „Rechts“ verlegen – kaum klare Worte dazu finden.

Die Medienberichterstattung erscheint tendenziös, insbesondere jene des umstrittenen Staatssenders ORF, und sympathisiert, so hat es den Eindruck, in Teilen klammheimlich mit den Krawallmachern (wenn man von larmoyanten Augenblicken im Angesicht eines demolierten ORF-Fahrzeuges absieht). Dabei werden die evidenten Straftaten von Demonstranten, sofern sie nicht überhaupt verschwiegen werden können, klein geredet und werden in Täter-Opfer-Umkehr die tatsächlich friedlichen, Unterhaltung suchenden Ballgäste verantwortlich gemacht.

So wird auch in „bürgerlichen“ Zeitungen erwogen, nicht etwa den Mob in die Schranken der Gesetze zu weisen, sondern den Ball wegzubekommen. Bezeichnend sind Schlagzeilen wie: „Akademikerball der FPÖ: Mehr als eine Million Euro Schaden“, gerade so, als wären die Ballveranstalter, die selbst Opfer des Straßenterrors sind, die Schadensstifter. Oder jene Zeile des ORF: „Der Akademikerball der FPÖ hat auch heuer wieder zu heftigen Ausschreitungen geführt“. Klar doch, der Ball, und keinesfalls die Agitation zB der Jungen Grünen. Man merkt die Absicht.

Da das Meinungsklima in verschiedenen, vielfach unmittelbar oder mittelbar steuergeldmitfinanzierten Print- und Funkmedien in einem, sagen wir, Spannungsverhältnis zu den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung steht, können ein paar grobe Hinweise auf die Rechtslage, insbesondere die Grund- und Menschenrechtslage, nicht schaden:

1.       Auch gesellige Zusammenkünfte stehen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit (Art 11 EMRK), solange sie die Rechtsordnung respektieren. Der Staat muss solche Zusammenkünfte vor Störungen Dritter schützen. Der Staat darf angekündigte Störungen nicht zum Anlass nehmen, die friedliche gesellige Zusammenkunft zu unterbinden, sondern dies löst im Gegenteil staatliche Schutzpflichten aus.

2.       Die Versammlungsfreiheit schützt kraft Art 17 EMRK ausdrücklich keine Versammlungen, die auf die Beschneidung des Versammlungsrechts anderer hinzielen. Die nowkr-Demonstrationen sollen eine vom Versammlungsrecht geschützte Veranstaltung unmöglich machen, durch Stimmungsmache einerseits, durch Straßenterror gegen Ballgäste anderseits. Der Zweck wird auch offen zugegeben. Diese nowkr-Demonstrationen sind daher gar nicht durch die Versammlungsfreiheit geschützt.

Irrige Vorstellungen herrschen auch über die Durchführung von Versammlungen selbst. Das Versammlungsgesetz, das noch aus 1867 herrührt, schafft es, mit schlanken zwanzig Paragraphen in klarer Sprache das Wesentliche auf den Punkt zu bringen. So ordnet § 11 VersammlungsG an: „Für die Wahrung des Gesetzes und für die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Versammlung haben zunächst deren Leiter und Ordner Sorge zu tragen. Sie haben gesetzwidrigen Äußerungen und Handlungen sofort entgegenzutreten. Wenn ihren Anordnungen keine Folge geleistet wird, ist die Versammlung durch deren Leiter aufzulösen.“

Damit ist eigentlich alles gesagt. Wer eine Versammlung veranstaltet, ist für diese verantwortlich. Schon der Gesetzgeber des Jahres 1867 wusste nämlich: Politisch motivierte Menschenansammlungen sind eine potentiell gefährliche Sache. Sie können entgleiten, die Masse kann dann schwer oder gar nicht mehr zu kontrollieren sein. Drum sorge vor, wer dieses Gefahrenpotential schafft, also der Versammlungsveranstalter und -leiter. Er muss sich um eine ausreichende Zahl an Ordnern kümmern und ist verantwortlich, dass aus der Versammlung keine Straftaten entstehen. Kommt es dennoch zu solchen, so muss er ihnen „sofort entgegentreten“. Wenn es ihm nicht gelingt, die Ordnung zu bewahren, muss er seine Versammlung auflösen (dann haben alle auseinanderzugehen).

Da hilft auch keine Ausrede, es würden einzelne kleine Gruppen die angeblich sonst so friedliche Versammlung missbrauchen. Das Gesetz ist klar (und einsichtig): Sofort entgegentreten! Ruhestörer sind auszuschließen, dafür hat man eben Ordner (und muss man auch die notwendige Zahl an Ordnern beizeiten vorsehen).

Damit komme ich zu den Folgen: Ein Versammlungsveranstalter, der nicht die notwendige Zahl an Ordnern vorhält und beizieht, der Gesetzwidrigkeiten aus der Versammlung heraus nicht „sofort entgegentritt“ oder die Versammlung nicht auflöst, wenn er die Ordnung nicht mehr garantieren kann, handelt gesetzwidrig und haftet für die daraus resultierenden Schäden.

Geschädigt sind jedenfalls deren vier:

  1. Der Ballveranstalter, dessen Besucherzahlen durch den Terror der Straße zwangsläufig zurückgehen. Denn wer nach harten Wochen Arbeit gesellige Unterhaltung sucht, möchte sich nicht dem realistischen Risiko einer Begegnung mit aufgehetzten Randalierern aussetzen, die vor Kriminalität nicht zurückschrecken.
  2. Die Geschäftsinhaber, deren Schaufenster aus der Versammlung heraus zerstört wurden.
  3. Der Sozialversicherungsträger, der die Heilkosten der verletzten Exekutivbeamten zu tragen hat.
  4. Und der Staat, dessen Einsatzfahrzeuge aus der Versammlung heraus beschädigt wurden.

Diese Geschädigten können den Veranstalter der gewalttätigen Versammlung vor den Zivilgerichten auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, der Staat (BMI) und der Sozialversicherungsträger müssen dies sogar tun. Das Unterlassen der Geltendmachung staatlicher Schadenersatzforderungen gegen den Veranstalter durch das Innenministerium wäre objektiv gesetzwidrig. Zweifellos hat die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen auch erzieherischen Zweck gegenüber allzu leichtfertigen Veranstaltern von Hass-Versammlungen.

Man wird sehen, ob die politische Führung des Innenministeriums auch nächstes Jahr wieder lieber die Gesundheit von 2000 Polizisten riskieren wird als einmal das Schadenersatzrecht gegen Krawallveranstalter auszuschöpfen. Für die Zukunft aber sollte die Lage ohnehin klar sein: Wenn es nach dem Gesetz geht, ist eine Versammlung nach dem Muster der diesjährigen ohnehin von den Polizeibehörden aus den gesammelten Erfahrungen heraus wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu untersagen (§ 6 VersammlungsG). Wenn!

Univ.-Prof. Dr. Andreas Hauer lehrt Öffentliches Recht an der JKU Linz.

 

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Die gekaufte EU-Bürgerschaft

28. Januar 2014 01:00 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das europäische Parlament ist empört: In Malta kann man sich neuerdings Staatsbürgerschaften kaufen. Damit haben zahlungskräftige Nicht-E­uropäer automatisch auch alle Rechte im gesamten EU-Gebiet. Die Staatsbürgerschaft in einem Land öffnet einem ja auch alle anderen EU-Länder. Wie schlimm ist das eigentlich wirklich?

Aufs Erste sehr. Staatsbürgerschaft hat zumindest in unseren Ohren viel mit emotionaler Bindung an die eigene Heimat zu tun. Diese Bindung geht in Ländern mit Wehrpflicht ja sogar bis hin zur zumindest theoretischen Pflicht, für dieses „Vaterland“ zu sterben.

Das ist zwar derzeit glücklicherweise ein eher theoretischer Aspekt. Das wird auch – etwa in Österreich – von der Politik nie mehr erwähnt. Diese hat im Vorjahr ja die Wehrpflicht fast nur noch mit den Vorteilen des Zivildienstes beworben (sofern sie überhaupt für die Wehrpflicht war). Die letzte Konsequenz von Soldatsein wurde von allen Politikern und Medien verschwiegen. Aber die Durchschnittsbürger selbst verstehen den Einsatz des eigenen Lebens durchaus noch immer als dessen Teil.

Und jetzt kann man sich einfach schon mit Geld in eine solche europäische Staatsbürgerschaft einkaufen! Ganz ohne Wehrdienst. Das ist für viele Europäer unverständlich.

Mittellose Migranten belasten Europa

Dennoch sollte man Malta nicht ganz verdammen. Denn der Nutzen der Menschen mit viel Geld, die solcherart angelockt werden, ist unvergleichlich größer als jener Nutzen, den ungebildete und mittellose Zuwanderer stiften. Zwar werden diese in politisch korrekten Medien gerne als „Flüchtlinge“ bezeichnet. Und zwar keineswegs nur, wenn sie auf – ganz zufällig(?) regelmäßig ins Seenot geratenden – Schiffen auf Arbeitssuche nach Europa kommen. Übrigens ist da gerade Malta ein besonders intensiv angesteuertes Ziel.

Aber trotz dieser Propaganda ist klar: Ungebildete und mittellose Menschen sind in keiner Weise das, was Europa mit seiner riesigen Arbeitslosigkeit braucht. Sie belasten die Sozialsysteme weit mehr, als sie an Beiträgen bringen.

Etwa die österreichischen Statistiken zeigen regelmäßig und eindeutig: Nichteuropäer sind zu einem deutlich geringeren Anteil als die gleichaltrigen Österreicher arbeitstätig und sie zahlen daher auch deutlich weniger Abgaben. Dennoch finden skurrilerweise gerade die lautstarken Kritiker Maltas gleichzeitig diesen Migrationsstrom positiv.

Die Kritik am Sozialtourismus wird heftiger

Auf der anderen Seite wird von Bayern bis Großbritannien die Kritik an der Sozialmigration und an den europäischen Zentralisierungstendenzen immer lauter. Zuerst war die Kritik nur unter den Bürgern zu hören, jetzt ertönt sie auch bei den dortigen Parteien.

Dass diese so deutlich migrationskritisch geworden sind, hängt ganz direkt mit dem massiven Aufblühen neuer Konkurrenzparteien zusammen. Das ist in Deutschland die „Alternative für Deutschland“ und in Großbritannien die Unabhängigkeitspartei UKIP. Diese ist nach einer aktuellen Umfrage sogar schon Englands stärkste Partei. Dort richtet sich die Kritik besonders stark gegen Zuwanderer aus anderen EU-Ländern, wenn diese nicht arbeiten, sondern nur die Sozialsysteme beanspruchen wollen.

Diese Frage hat neuerdings auch eine tiefe Kluft quer durch die EU-Kommission gerissen: Während einige bürgerliche Kommissare intensiv darauf hinweisen, dass Mitgliedsländer in ihrem Sozialsystem ja nur arbeitende EU-Bürger gleich behandeln müssen, wollen die sozialistischen Kommissare das Thema Sozialmigration ignorieren – also das Kassieren von Wohlfahrtsleistungen, ohne jemals in dem zahlenden Land gearbeitet zu haben.

Die neue maltesische Praxis ist da zumindest ein richtiges Signal: Europa braucht primär jene Ausländer, die Geld hereinbringen, die hier investieren, die einen hohen Bildungsstandard haben, die nicht auf Europas volle Sozialtöpfe schielen.

Das Interesse an reichen Zuwanderern ist keineswegs eine Erfindung Maltas. Genauso kann man in vielen anderen Ländern als Investor relativ leicht den Pass bekommen. Auch außereuropäische Länder wie etwa Kanada haben solche Regelungen. Dort gibt es sogar längst genaue Tarife, wie viel Geld oder welche Ausbildung Ausländer mitbringen müssen. Kanada hat sehr profitiert davon.

Die Nostalgie verbleicht

Die Landesverteidigung als einzige echte Pflicht eines Staatsbürgers – genauer gesagt: jedes jungen männlichen Staatsbürgers – tritt gegen diesen Nutzen immer mehr zurück. Die meisten Staaten haben ja längst Armeen, die nur noch auf dem Papier existieren oder die nach dem alten Prinzip von Söldnerheeren geführt werden: Soldat wird man bloß gegen Geld. Daher ist Wehrpflicht kein wirklich taugliches Argument mehr gegen die Käuflichkeit von Staatsbürgerschaften.

Also ist es im Grund völlig logisch, dass man auch den Pass zu etwas Käuflichem macht. Oder?

Nur noch ein paar Konservative werden sich voll Nostalgie an jene Zeiten zurückerinnern, da das eigene Vaterland, die Identität mit diesem und der Dienst für dieses lebenslang etwas völlig Selbstverständliches gewesen sind. Freilich: Der heutige Zustand der Staaten wie auch der EU lässt diese Nostalgie rasch verbleichen.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Auch die SPÖ ist für die Gewalttaten verantwortlich

27. Januar 2014 13:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Im Internet lassen sich Spuren und Verantwortungen sehr genau festhalten. Diese führen von den nächtlichen Krawallen und Gewalttaten am Freitag in Wien massiv zu den Grünen. Aber mindestens zwei nun offenkundige Spuren führen auch zur SPÖ. Deren Parteispitze hat sich - in Wien wie im Bund - prompt auf Tauchstation begeben.

Die erste direkte Spur betrifft die Demo-Mitorganisatorin Natascha Strobl von der „Offensive gegen Rechts“. Die Dame ist nämlich Mitglied im Wiener SPÖ-Landesparteivorstand. Sie schob auch noch Tage nach den Krawallen vor ORF-Kameras in frecher Umkehrung der Fakten die Schuld an den Millionenschäden und Verletzungen auf die „Eskalationsstrategie der Polizei und die Hetzkampagne der FPÖ“. Nur in diesen liege die Ursache, dass friedliche Proteste in Gewalt umgeschlagen seien.

Es bleibt einem zwar die Spucke weg. Aber es ist halt ein alter Kritik terroristischer Strukturen: Schuld sind immer die Opfer.

Eine noch dickere Spur von den Gewalttaten zur SPÖ ist die Website www.offensivegegenrechts.net. Auch dort gibt es rechtswidrig kein Impressum (wenn man gegen Rechts ist – was auch immer das bedeuten mag –, braucht man sich doch in Österreich nicht an Gesetze halten). Aber als Selbstbeschreibung kann man lesen:

„- Offensive gegen Rechts versteht sich als Aktionsbündnis mit dem Ziel den FPÖ-Burschenschaftlerball zu thematisieren und durch Blockaden zu verhindern.

- Dafür setzen wir unsere Körper als Mittel des zivilen Ungehorsams ein. Diese Menschen-Blockaden sollen breit, bunt und kreativ – aber entschlossen sein.

- Von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.

- Die Aktionen sollen für alle transparent und offen sein. Öffentliche Blockadetrainings im Vorfeld sollen uns gezielt auf die Aktion praktisch und rechtlich vorbereiten.

- Wir erklären uns solidarisch mit allen, die am 24. Jänner gegen den FPÖ-Burschenschafterball auf die Straße gehen.

- Alle Organisationen, Parteien, Initiativen und Aktivist_innen, die sich als antifaschistisch verstehen, rufen wir auf, sich am Protest gegen den FPÖ-Burschenschaftlerball am 1. Februar zu beteiligen.“ (meine Hervorhebung; www.offensivegegenrechts.net/?page_id=252)

Interessant ist auch, welche Organisationen das unterstützen (http://www.offensivegegenrechts.net/?page_id=4) – etwa die ÖH der Pädagogischen Hochschule Wien. Also jene Menschen, die künftig auf unsere Kinder losgelassen werden.

Besonders relevant wird die Domainabfrage (http://www.whois.com/whois/offensivegegenrechts.net):

Domain Name: OFFENSIVEGEGENRECHTS.NET
Registrar: MONIKER ONLINE SERVICES LLC
Whois Server: whois.moniker.com
Referral URL: http://www.moniker.com
Name Server: NS1.COOLHANDLE.COM
Name Server: NS2.COOLHANDLE.COM
Status: clientDeleteProhibited
Status: clientTransferProhibited
Status: clientUpdateProhibited
Updated Date: 22-aug-2013
Creation Date: 13-sep-2011
Expiration Date: 13-sep-2014
Domain Name: OFFENSIVEGEGENRECHTS.NET
Registrar: MONIKER ONLINE SERVICES LLC

Und dann:

Registrant [3685926]:
Jakob Zerbes email@gmail.com
. . .
Administrative Contact [3685926]:
Jakob Zerbes email@gmail.com

Wem der Name nichts sagt: Zerbes ist – Zufall, Zufall – VSStÖ-Funktionär (siehe etwa http://meinparlament.derstandard.at/p/3640/jakob-zerbes/).

Seine Adresse und Telefonnummer habe ich weggelassen. Ich stelle mich ja nicht mit den rotgrünen Gewalttätern auf eine Stufe.

PS: Bei den Grünen gibt es einen ersten (kleinen) Teilerfolg des Zorns der Bürger: Parteichefin Glawischnig fordert nun, dass die Jungen Grünen künftig garantieren, dass nichts Rechtswidriges auf einer von ihnen verantworteten Homepage steht. Künftig. Denn angeblich haben ja die Jungen Grünen keine Ahnung gehabt, was denn so seit Wochen auf NOWKR steht. Ein netter Versuch von Frau Glawischnig zwar. Aber vor einem Richter würden die Grünen mit ihrer "nichts-gewusst-Strategie" wohl nur Gelächter auslösen.

PPS: Übel wird einem auch angesichts der Art, wie der rotgrüne ORF in seinem offiziellen Programm eine (natürlich linkslastige) Diskussion über die Krawalle angekündigt hat. Der von fast lauter Sozialisten geleitete ORF schreibt: "Haben die Polizeimaßnahmen die Stimmung erst angeheizt?" Also: Ohne die ohnedies sehr defensive Polizei wäre nach Ansicht des ORF offensichtlich gar nichts passiert. Und diese linke Propaganda müssen wir tagtäglich mit unseren Gebühren finanzieren . . .

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Linke Krawalle, Ö1 und die journalistische Objektivität

26. Januar 2014 00:35 | Autor: Werner Reichel
Rubrik: Gastkommentar

Über eine Million Euro Sachschaden, elf zerstörte Polizeiautos, zerschlagene Schaufensterscheiben, geschockte Touristen und mehrere verletzte Polizeibeamte. Gewaltbereite Linksextremisten haben gestern eine Spur der Verwüstung durch die Wiener Innenstadt gezogen. Als Vorwand für die internationale Krawallparty hat der Ball der FPÖ, der drittgrößten Parlamentspartei in Österreich, gedient. Das ist die eine Sicht der Dinge.

Eine ganz andere haben die Journalisten des öffentlich-rechtlichen Qualitätsradios Ö1. Im Morgenjournal nach der gewalttätigen Randale in der Wiener City stellt die Moderatorin gleich vorweg in den Schlagzeilen fest, dass es sich um „relativ“ heftige Proteste gehandelt habe. Nun mag es sein, dass für die Spitzenverdiener im ORF über eine Million Euro Sachschaden „relativ“ wenig ist, für den durchschnittlichen Steuerzahler ist das jedenfalls kein Bagatellbetrag. In dieser Tonart geht es fröhlich weiter. In der Anmoderation des entsprechenden Beitrags ist von den erwarteten Protesten die Rede, „gilt der Ball doch als Versammlungsort Rechter aus ganz Europa“. Die FPÖ und die Rechte, so die „relativ“ eindeutige Botschaft, sind für die Krawalle verantwortlich. Man kann und darf in einer Demokratie gegen die FPÖ und ihre Politik demonstrieren, aber den Freiheitlichen die Krawalle, die Kosten für den Polizeieinsatz und die Sachschäden mehr oder weniger unverblümt in die Schuhe zu schieben, ist doch ziemlich perfide und zeugt vor allem von einer undemokratischen Gesinnung.

Dann berichtet Ö1 in der ersten Hälfte des Beitrags ausschließlich über die Polizei, über das Vermummungsverbot, über die polizeilichen Absperrungsmaßnahmen und über den Einsatz von Pfefferspray. Ein sichtlich entrüsteter Anarcho darf ins Ö1 Mikro jammern: „Die ham Pfefferspray gesprüht, wir wollten ihre (die der Polizei A.d.V.) Mauer durchbrechen (…)“ Na sowas aber auch, womit hat der junge Mann gerechnet? Mit Wattebällchen? Auch die Ö1-Reporterin hörbar empört. Sie berichtet mit bebender Stimme mitleidheischend über die durch Pfefferspray verletzten Demonstranten. Vielen von ihnen hatten rote Augen, erzählt sie den (hoffentlich geschockten) Ö1-Hörern. Da kommen nicht nur den Demonstranten die Tränen.

„Feuerwerkskörper und Pflastersteine(!) die in Richtung Polizei geflogen sind, haben diese Mittel notwendig gemacht, sagt Polizeisprecher (…)“ Ja, das sagt nicht Ö1, sondern nur die Polizei. Auch hier ist der Subtext „relativ“ eindeutig: Die tun eh nix, die wollten doch nur spielen, wenn da nicht die böse Polizei . . . .  Nach mehreren Demonstranten darf dann endlich auch ein Exekutivbeamter etwas ins Ö1-Mikro sagen, man ist schließlich objektiv.

Trotzdem erfährt der Morgenjournal-Hörer nichts von der Höhe des Sachschadens, von verletzten Polizisten, über die extra aus Deutschland angereisten Krawalltouristen und auch nichts vom Angriff auf einen ORF-Wagen. Die Ö1-Reporter waren wohl auf einer anderen Demo als die Kollegen von der Tageszeitung „Die Presse“. Dort erfährt der Leser ganz andere Dinge: „(…) er gerät in Panik und ruft um Hilfe. Sofort springen andere Aktivisten auf den Bus zu, reißen die Tür auf und prügeln mit Gegenständen auf die Polizisten im Inneren ein. (…) Schwarz Vermummte reißen der Dame Kleidung vom Leib, bespucken sie und ihren Partner. (…)Ihre Parolen werden radikaler: Schlagt sie nieder, schlagt sie nieder!“

Also eh „relativ“ harmlos! Nichts jedenfalls, worüber es sich für das Qualitätsradio Ö1 zu berichten lohnt. Warum auch, sind doch Ö1-Journalisten und randalierende Linksextremisten ideologisch nicht besonders weit voneinander entfernt, „relativ“ gesehen natürlich.

Ö1 Morgenjournal 25.01,2014 (08:00):

http://oe1.orf.at/konsole?show=ondemand&track_id=361735&load_day=/programm/konsole/tag/20140125

Werner Reichel Ist Journalist und buchautor. Von ihm ist das Buch „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute“ im Deutschen Wissenschafts-Verlag erschienen.

 

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Das Glücksspiel, ein Wiener Ball und die lächerlich gewordene Strafjustiz

25. Januar 2014 00:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Drastischer hätte man es gar nicht zeigen können, wie sehr die österreichische Strafjustiz zu einem lächerlichen Papiertiger geworden ist (der höchstens gegen politische Gegner der Wiener Staatsanwälte Ernst macht).

Diese Lächerlichkeit wird durch die vehementen Proteste der Glücksspielbranche gegen einen bisher unbeachteten Punkt der jüngsten Regierungsbeschlüsse offenkundig: Die offenbar häufig illegal agierende Branche kämpft gegen das Vorhaben, illegales Glücksspiel künftig nicht mehr gerichtlich zu bestrafen.

Richtig gelesen. Die Täter wollen von der Strafjustiz bedient werden und nicht etwa von Verwaltungsbehörden. Dies aber droht ihnen jetzt.

Die Erfahrung zeigt ihnen nämlich, dass Verwaltungsstrafen (auch durch die Aufsummierung von Delikten) viel ernsthafter sind, obwohl die Verwaltung nach dem Bau der gesamten Rechtsordnung eigentlich nur bei Bagatelldelikten für die Bestrafung zuständig ist. Aber in der Strafjustiz werden Verfahren oft eingestellt, oder jahrelang verschlampt, oder Täter landen in der meist völlig schmerzfreien Diversion, oder es kommt höchstens zu einer symbolischen bedingten Verurteilung. Sozialistisch-humanitäres Strafrecht halt (das freilich auch blaue und schwarze Minister nicht zu ändern versucht haben), nach dem jetzt Täter sogar ausdrücklich verlangen . . .

Apropos lächerliche Strafjustiz: Man hatte im Vorjahr und auch im Jahr davor viel von Strafanzeigen gegen die brutalen linksradikalen Gewalttäter gehört, die sich ja neuerdings regelmäßig beim Akademiker- (beziehungsweise: WKR-) Ball austoben, so wie sie es früher beim Opernball getan haben. Genauer gesagt: Natürlich gab es nur Anzeigen gegen jene, die man erwischt hat. Täter waren es sowieso viel mehr.

Nur: In der Folge hat man nie mehr etwas davon gehört, dass es da dann auch jemals einen Prozess gegen diese Gewalttäter gegeben hätte. Da ist es kein Wunder, dass deutsche Kommunisten jetzt wieder autobusweise nach Wien kommen, um die Ösis zu verprügeln. Ist ja lustig. Und offensichtlich ohne Konsequenzen oder gar Anzeichen einer Generalprävention. Ernste Strafen drohen nur Betreibern von illegalen Glücksspielautomaten. Und die kommunistischen Gewalttäter bekommen von etlichen Medien wie dem ORF auch noch Schützenhilfe, indem sie einen Ball einen völlig legalen Partei dämonisieren.

 

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FN 567: Die Polizei, die Medien und ein Ball

25. Januar 2014 00:05 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Im Gegensatz zum Vorjahr muss man der Polizei ein großes Kompliment machen: Sie hat – zumindest allem bisherigen Anschein nach – die Herausforderungen der linken Gewalttäter während des Balls der FPÖ recht souverän bewältigt.

Dennoch sind viele Sachbeschädigungen und Verletzte zu bilanzieren. Die Versuche vieler Medien, den Ball der FPÖ zum eigentlichen Täter zu machen, sind angesichts der Exzesse der Linksradikalen ziemlich lächerlich gescheitert. Eigentlich müssten jetzt viele Medien selbstkritische Gewissenserforschung betreiben, weil sie die Eskalation mit herbeigeführt haben. Eigentlich müssten sämtliche erwischten Gewalttäter auf die Anklagebank, schlicht weil sie die Gesetze gebrochen haben. Aber beides wird wohl auch heuer nicht geschehen. Dazu sind die Medien und die Wiener Staatsanwälte viel zu einseitig. Aber immerhin hat die Innenministerin den im Vorjahr so peinlichen Wiener Polizeipräsidenten offensichtlich ruhiggestellt. Daher hat der kritische Einsatz funktioniert. Jetzt müsste endlich auch der Justizminister die Untätigkeit der Staatsanwälte stärker thematisieren.

PS: Die größte Gewissenserforschung wäre aber bei den Grünen fällig. Sie sind wieder dort gelandet, wo sie entstanden sind: im Dunstkreis von Anti-Ball-Gewalttätern. Der einzige Unterschied: Früher galt ihre dumpfe Aggression dem Opernball, jetzt halt dem FPÖ-Ball. Und ausgerechnet diese Grünen versuchen sich am andern Tag wieder als Moralapostel zu geben . . .

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Waffen weg! Und schon wird die Welt sicherer

22. Januar 2014 03:39 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Der Staat garantiert die Sicherheit seiner Insassen. Zu diesem Behufe beansprucht er ein Gewaltmonopol und leistet sich Waffen tragende Organisationen, die ihre segensreiche Wirkung sowohl nach außen (Militär) als auch nach innen (Polizei) entfalten. Nun sehen die Obertanen ihr Gewaltmonopol naturgemäß nicht gerne herausgefordert und setzen daher alles daran, die Wehr- und Selbstverteidigungsfähigkeit der Bürger so weit wie möglich herabzusetzen.

Waffen in Privathand? Nein danke! Folgerichtig wird das Grundrecht auf privaten Waffenbesitz – unter tatkräftiger Mitarbeit der am Subventionstropf hängenden Massenmedien – entschlossen bekämpft. Das ist auch gut so, denn im Besitz von Privatpersonen befindliche Waffen sind von Natur aus mindestens ebenso böse wie deren Besitzer selbst.

Hat man je von Waffen in den Händen der wertvollsten Mitglieder unserer Gesellschaft gehört, als da wären: Aktivisten von Caritas, Diakonie, ZARA, Greenpeace, selbstbewusste Parteigänger der Grünen oder andere sich idealistisch für die Rechte Unterprivilegierter einsetzende Bessermenschen? Natürlich nicht! Für den Waffenbesitz interessieren sich ausschließlich Bambimörder, potentielle Amokläufer, Wähler rechter Parteien, Psychopathen und Männer mit zu klein geratenen Genitalien, die einen Schießprügel zur Kompensation ihrer (angeborenen) Defizite benötigen.

Von Fachleuten wie dem „Kriminalpolizeilichen Beratungsdienst“, wird zudem ein unschlagbares Argument gegen den (legalen) privaten Waffenbesitz ins Treffen geführt: Böse Buben (und Mädchen) könnten eine Privatwaffe an sich bringen und gegen deren rechtmäßigen Besitzer einsetzen! Dabei wird unterstellt, dass der allfällige Angreifer dem Selbstverteidiger grundsätzlich überlegen ist. Eine vom bedrohten Opfer auf ihn gerichtete Waffe kann demnach einfach „entwunden“ und anschließend zu seinem eigenen Schaden verwendet werden. Was könnte man der Wucht dieser Logik wohl entgegensetzen (außer einem bisher vollständigen Mangel an Evidenz)?

Nun kam es indes in einem der exklusivsten Wohnviertel Wiens, der schönen Brigittenau, jüngst zu einem Zwischenfall, der dazu angetan sein könnte, die oben genannten Überlegungen ein wenig auszuweiten: Einem Polizisten wurde nämlich im Zuge einer Amtshandlung die Waffe „entrissen“ – und zwar von einem mutmaßlich zwecks Kulturbereicherung zugereisten Herrn vom Balkan. Der hatte wohl vergessen, vor dem Verlassen des Hauses Schlagring und Springmesser einzustecken und griff sich – möglicherweise nachdem er seiner Wehrlosigkeit gewahr geworden war – kurzerhand die Dienstwaffe (Glock 17) eines Ordnungshüters. Danach frönte er einem in manchen südlich gelegenen Gegenden üblichen Brauch und schoss mit der Pistole lustig in die Luft – Gottlob ohne damit Personenschäden anzurichten.

Der Kriminalpolizeiliche Beratungsdienst hat recht: Legale Waffen werden entwunden und missbräuchlich verwendet. Quod erat demonstrandum! Die aus diesem Fall zu ziehende Konsequenz liegt auf der Hand: Weg mit den Polizeiwaffen, die ja doch nur den Falschen zugute kommen. Gewaltfreiheit ist etwas von Natur aus Schönes, weshalb es geraten erscheint, auch initiierter Gewalt nicht mit Gewalt zu begegnen, sondern mit einem guten Gespräch. Einschlägige Sonderschulungen für staatliche Ordnungshüter sind daher dringend gefordert. Die Sicherheit heischenden Bürger werden es dem Staat danken (Ironie aus).

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Das Sozialsystem, die Machtübernahme der Moslems und kulturelle Massenvergewaltigungen in Österreich

06. Januar 2014 03:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Man kann die Recherche-Methoden des britischen Tabloids „Sun“ durchaus kritisch sehen. Aber totzuschweigen, was dabei bekannt wird, ist jedenfalls ein noch viel größerer Skandal. Das aber tun die meisten Medien in dem Fall, um den es hier geht. Die Erkenntnisse der „Sun“ sind jedenfalls bedrückend. Sie zeigen, wie ungehindert radikale Moslems die numerische Mehrheit ansteuern und wie sie sich das vom europäischen Wohlfahrtssystem finanzieren lassen. Das Totschweigen des Falles passt auch zu vielen anderen fehlenden oder einseitigen Medienberichten. Etwa auch zum Verschweigen einer brutalen Massenvergewaltigung in österreichischen Asylantenheimen. Und es entspricht den massiven Manipulationen rotgrüner Machtträger insbesondere in der Gemeinde Wien.

Die „Sun“ hatte – versteckt – einige Predigten des schon mehrfach sehr negativ aufgefallenen islamistischen Predigers Anjem Choudary aufgenommen. Das ist genau die gleiche Methode, mit der andere britische Journalisten den Sturz des österreichischen EU-Abgeordneten Ernst Strasser ausgelöst haben. Damals wurde europaweit breit berichtet und nirgendwo die Legitimität der Recherche-Methode kritisiert. Im jetzigen Fall geht es um viel schlimmere Konsequenzen als um die üblen Geschäfte eines Mannes, der zugleich Abgeordneter und Lobbyist war. Dennoch wird geschwiegen.

Bei Choudary geht es um kontinentale Ambitionen, die er wörtlich in einer seiner Predigten so formuliert: „Wir sind dabei, uns England zu nehmen. Die Moslems kommen.“ Er empfiehlt seinen Anhängern, alle Möglichkeiten des britischen Sozialstaates zu nützen, und so die islamische Eroberung Großbritanniens zu finanzieren. Wörtlich: „Jetzt bevölkern wir Birmingham. Brüssel ist zu 30 Prozent islamisch, Amsterdam zu 40 Prozent, Bradford zu 17 Prozent. Wir sind wie ein Tsunami, der über Europa hinwegfegt. Das ist erst der Anfang. Die Realität ändert sich. Demokratie, Freiheit, Laizität sind bloß Ideen der Kuffar, die wir beseitigen müssen.“ Kuffar ist die arabische Bezeichnung für die Ungläubigen.

Besonders amüsiert sich der Mann über die vielen Sozialleistungen, mit denen diese Kuffar die Moslems finanzieren. „Da gibt es Menschen, die das ganze Leben damit beschäftigt sind zu arbeiten. Sie stehen um 7 Uhr auf und gehen um 9 Uhr zur Arbeit. Sie arbeiten acht, neun Stunden und kommen um sieben Uhr abends nach Hause, schauen fern. Sie machen das 40 Jahre ihres Lebens so. Und wir lassen uns von ihnen aushalten.“

Der Mann bekommt nach Angaben der „Sun“ fast 30.000 Euro im Jahr an diversen staatlichen Unterstützungen. Das ist, wie die Zeitung vergleicht, deutlich mehr Geld, als ein britischer Soldat in Afghanistan bekommt.

Choudary sieht sich als „Dschihadist“ und „Scharia-Richter“. Das sind jene Männer, die das europäische Justizsystem zunehmend unterminieren. Dem Bericht zufolge arbeiten Prediger nur zwei bis drei Tage im Jahr. „Den Rest des Jahres sind wir mit dem Dschihad beschäftigt, weil es normal und richtig für uns und für euch ist, Geld von den Kuffar zu nehmen, während wir daran arbeiten, sie zu besetzen.“

Diese Predigt schockiert. Und gewiss ist festzuhalten, dass sich keineswegs alle Moslems mit solchen Typen identifizieren. Der Mann ist ja schon oft radikal aufgefallen. Aber kann dennoch ungehindert weiter predigen und kassieren.

Vor allem aber: Seine Aussagen entsprechen genau dem rapiden Zuwachs der Moslems, den überall die Zahlen der europäischen Demographie zeigen. Diese Zahlen machen auch ganz ohne „Sun“-Tonbänder klar, dass im Laufe dieses Jahrhunderts in mehreren Staaten – darunter auch Deutschland und Österreich – die Moslems die Mehrheit übernehmen werden.

Und diese „Predigt“ passt in eine Fülle von anderen besorgniserregenden Indizien. Und zu einer erschreckenden Tatenlosigkeit der Politik sowie beschämenden Beschwichtigungs-Manipulationen in vielen Medien.

Nur wenige Tage zuvor haben etwa die deutschen Sicherheitsbehörden bekanntgegeben, dass nach ihren Daten rund 230 Islamisten nach Syrien gereist seien, um sich dort an den Kämpfen gegen die Regierung Assad zu beteiligen. Die österreichischen Zahlen sind nicht bekannt.

Zugleich hat eine Studie des „Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung“ ergeben, dass in Österreich nicht weniger als 55 Prozent der befragten Muslime „konsistente Fundamentalisten“ sind. Das ist zwar schon an mehreren Orten gemeldet worden. Das hat aber keinerlei Reaktionen ausgelöst, weder bei den Medien noch beim Integrationsminister, noch bei der Innenministerin noch bei der (bisher für Religionsfragen zuständigen und die Religionslehrer finanzierenden) Unterrichtsministerin noch bei dem (seltsamerweise künftig  für Religionsfragen zuständigen) Alles-Mögliche-Minister Ostermayer.

Diese Studie zeigt, dass die Moslems in Österreich sogar weit radikaler eingestellt sind als die in fünf anderen gleichzeitig untersuchten Ländern. Die in Österreich lebenden Moslems sehen sogar zu 73 Prozent die islamischen Gebote als über den staatlichen Gesetzen stehend an. Sie sind damit die perfekte Zielgruppe für Prediger nach Art des Mister Choudary.

Und was tut da die österreichische Regierung? Sie tut weniger als gar nichts. Denn sie schaut offensichtlich bei radikalisierten Moslems weg und ebenso bei der rapiden Zunahme des islamischen Bevölkerungsanteils. Sie lässt aber zugleich ihre Staatsanwälte gegen das kleinste kritische Wort gegenüber Moslems vorgehen. Auch wenn jedes Wort dieser Kritik stimmt. Aber die Justiz interessieren die Fakten nicht, weil der Islam ja staatlich genehmigt ist. Diese seltsame Logik genügt offenbar. Daher ignoriert die Justiz das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Daher verurteilen sie Kritiker wegen Verhetzung oder Religionsstörung.

Noch schlimmer ist das Verhalten der Gemeinde Wien. Sie zahlt auf Steuerzahlerkosten 129.000 Personen eine „Grundsicherung“. Das ist weit mehr als alle anderen Bundesländer zusammen(!) zahlen. Wien verweigert jedoch seit Eintritt der Grünen in die Rathausregierung jede Angabe darüber, wie viele der Grundsicherungs-Bezieher Ausländer sind. Aus anderen Bundesländern und früheren Wiener Erhebungen weiß man aber, dass deren Zahl weit über ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt.

Am schlimmsten aber ist die Verlogenheit fast aller Medien mit ihrer offensichtlichen Rücksichtnahme auf „kulturelle Besonderheiten“. Diese sind ihnen wichtiger als die Information selbst über schwerwiegende Verbrechen.

Man vergleiche etwa die medialen Berichte über brutale Massenvergewaltigungen in Indien – und in Österreich. Aus Indien wird (zu Recht) tagelang über solche Taten berichtet. Eine rasch wachsende moderne Gesellschaft protestiert dort heftig gegen solche Taten (Freilich ist zu befürchten, dass solche Taten in etlichen Ländern Asiens wohl noch dramatisch zunehmen werden, da selektive Abtreibungen dort zunehmend zu einem massiven Frauenmangel führen. Aber das ist ein anderes Thema).

Seit einigen Tagen ist nun aber auch in Österreich ein ähnliches Verbrechen bekannt geworden. Jedoch: Außer in der „Kleinen Zeitung“ fand ich nirgendwo einen Bericht darüber (auf orf.at stand er nur ganz kurz; dann ist er rätselhafterweise wieder spurlos verschwunden). Das Opfer der brutalen Attacke ist eine mongolische Asylwerberin und junge Mutter eines Kindes, die in einem österreichischen Flüchtlingsheim von drei Pakistanis vergewaltigt worden ist. Laut dem Bericht der Bundesland-Zeitung haben die Drei die Tat bei der Polizei auch zugegeben. Sie haben die Vergewaltigung aber mit kulturellen Traditionen ihrer Heimat gerechtfertigt.

Der Rest der Alpenrepublik schweigt – während alle indischen Blättern mit Balkenlettern über solche Fälle in ihrem Land berichten. Aber Indien hat ja eine offene Medienlandschaft und kritische Zivilgesellschaft.

Ähnlich manipulativ waren die Berichte der Polizei nach einer Silvester-Schießerei vor einer Wiener Moschee. Die Attacken von etlichen Dutzenden Moschee-Besuchern auf die Polizei wurden in den meisten Berichten einfach unterdrückt.

Da weiß man wirklich nicht mehr: Sind solche Taten empörender oder ist es das politisch korrekte Schweigen der Medien? Haben diese etwa die Pläne des eingangs zitierten islamischen Predigers schon internalisiert? Gibt es sonst irgendeinen Grund, weshalb über solche Verbrechen in Österreich nicht berichtet wird? Tagelang und breitest werden wir hingegen über ein paar Touristen informiert, die halt – ohne jede Gefährdung – ein paar Tage im Antarktis-Packeis stecken geblieben sind (das trotz des südlichen Sommers und trotz der angeblichen globalen Erwärmung dicker statt dünner wird) . . .

 

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Die Klimmzüge, die Aufsichtsräte und die Regenbogenfamilien

04. Januar 2014 00:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wie viel Klimmzüge schafft man? Nun, in sportlicheren Lebensjahren habe ich einige wenige geschafft. Seither hat mich das Thema nie interessiert. Bis ich jetzt auf die Meldung gestoßen bin, dass die amerikanische Marineinfanterie die diesbezüglichen Tests für Frauen abgeschafft hat. Sie waren nämlich eine fast unüberwindbare Hürde für Frauen gewesen.

Seltsam. Bisher dachte ich, körperliche Tests wären wichtig, um herauszufinden, ob jemand die körperlichen Anstrengungen und Leistungen in einer solchen Elitetruppe schafft. Aber offenbar war das falsch. Die Tests waren offensichtlich nur überflüssige Schikane. Oder doch nicht? Denn für männliche Kandidaten bleiben sie weiterhin in Kraft. Sie bekommen aber natürlich trotzdem nur den gleichen Sold.

Natürlich? Gibt es eine Erklärung für diese ungleiche Behandlung? Ich finde keine, außer dass es halt als Folge der Political Correctness Gleiche und Gleichere gibt.

Nun, gewiss sind die amerikanischen Marineinfanteristen nicht unser zentrales Problem. Aber das brandaktuelle Beispiel zeigt recht anschaulich eine schwere geistige Deformation der politischen Klasse, die schon in vielen westlichen Ländern um sich greift. Ähnlich werden ja auch bei der österreichischen Polizei unter dem Druck der Feministinnen die Anforderungen gesenkt. Ganz Paralleles sah man einst auch bei der Zulassung zum Medizinstudium in Wien. Und immer öfter wird aus unseren Universitäten berichtet, dass um des Frauenanteils willen die Anforderungen bei der Vergabe neuer Professuren gesenkt wurden (auch wenn das meist nicht vor aller Öffentlichkeit passiert).

Gespannt darf man auch sein, wie sich die von dieser radikalen Minderheit demnächst in Deutschland und damit bald europaweit durchgesetzten Quoten für Aufsichtsräte auswirken werden. Denn gerade dort für die Mitgliedschaft in diesen Gremien hat man in den letzten Jahren ja fast weltweit durch zahllose Bestimmungen die Anforderungen – zu Recht – immer strenger gemacht. Die persönlichen Haftungen für Aufsichtsräte wurden deutlich erhöht. Und die Zahl der von einer einzigen Person wahrnehmbaren Mandate limitiert.

Ich wette aber, dass sich jetzt auch bei den Aufsichtsräten bald der Druck in die Gegenrichtung ändern wird, dass die Anforderungen wieder sinken werden. So wie bei der US-Marineinfanterie. Denn es gibt leider weniger Frauen als Männer, die sich für diese Aufgaben interessieren.

Aber wenn die Linken ihre Ideologie und ihr Menschenbild durchsetzen wollen, dann lassen sie sich ganz gewiss nicht durch Realitäten beeinflussen (und die opportunistisch-feigen Konservativen trauen sich nie, dem klar entgegenzutreten). Dabei zeigt die wirkliche Welt klare und bisher unveränderlich gewesene Unterschiede zwischen den Geschlechtern. In einem Fall geht es um die physischen Eigenschaften, im anderen um unterschiedliche Lebensinteressen und Schwerpunkte.

Nur eines ist es jedenfalls nicht, wenn einer abstrakten Quote wegen die Anforderungen für bestimmte Tätigkeiten geändert werden: nämlich gerecht. Dabei behaupten die Linken ständig, ihr Weltbild habe mit Gerechtigkeit zu tun. In Wahrheit ist es aber wirklichkeitsfremder Zwang.

Apropos wirklichkeitsfremdes Menschenbild der Linken: Die sozialdemokratisch regierte Stadt München bewirbt einen neuen Familienpass. Und zwar tut sie das ausschließlich mit Photos sogenannter Regenbogenfamilien. Normale Familien gibt es in der Denkwelt von Sozialdemokraten offensichtlich nicht mehr. Dabei sind auch in Deutschland noch immer 80 Prozent der Familien solche.

Die Münchner Dummheiten sind fast so schlimm wie die der von der SPÖ geführten ÖBB, die einfach jedes dritte (und ebenso das vierte und fünfte usw.) Kind einfach wegrationalisieren. Oder volle Fahrpreise zahlen lassen.

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Gläubige Deutsche, ungläubige Österreicher

18. Dezember 2013 01:41 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die fast gleichzeitigen Angelobungen zweier neuer Regierungen in den beiden deutschsprachigen Nachbarländern bringen seltsame Unterschiede zu Tage. Von der Eidesformel bis zu weiblichen Verteidigungsministerinnen.

Wohl können die österreichischen Regierungsbildner mit Stolz sagen, dass sie in totaler Atemlosigkeit am Ende doch noch mit den deutschen zeitlich gleichzeitig ins Ziel gekommen sind. Obwohl die großen Nachbarn früher gewählt hatten. Obwohl sie deutlich schneller mit den Verhandlungen fertig waren.

Aber bei der eigentlichen Angelobung war ein ganz anderer Kulturschock zu beobachten: In Österreich mokierten sich die Medien (wie immer Armin Wolf an der Spitze) über einen neuen Landwirtschaftsminister, der mit einer religiös-tirolerischen Formel mit Bezug auf das Herz Jesu seinen Eid ablegte. Kicher, kicher. Während viele seiner Kollegen nur „Ich gelobe“ sagten. In Deutschland hingegen hatten sämtliche 15 Minister aus allen Regierungsparteien keinerlei Gewissensprobleme, ihr Gelöbnis mit „So wahr mir Gott helfe“ zu ergänzen (Sie hatten dort übrigens ein auch in der Sache viel inhaltsreicheres und präziseres Gelöbnis als das österreichische abzulegen).

Dieses „So wahr mir Gott helfe“ sowie seine häufige Weglassung hierzulande zeigt ein dramatisches Kulturgefälle, über das in einem Kulturland eigentlich intensive Diskussionen ausbrechen müssten. Gilt doch Deutschland nicht gerade als bigottes Land. Regieren doch auch in Deutschland Schwarz und Rot. Aber in Österreich gibt es diese Diskussion nicht, die den eigenen Wurzeln, der eigenen Identität gelten müsste. Ist der heimischen Linken wirklich schon der kulturelle Endsieg geglückt, dass niemand mehr diesen Unterschied kritisiert?

Deutschland ist sich da seiner Wurzeln und Identität offensichtlich viel sicherer. Zum Glück freilich ist Deutschland viel wichtiger als Österreich.

Die Deutschen diskutieren ein ganz anderes Thema: die erste weibliche Verteidigungsministerin. Es kursieren recht widersprüchliche Interpretationen für diese Ernennung: Ist es zu dieser gekommen, weil die Berliner Bundeskanzlerin jetzt Ursula von der Leyen für die eigene Nachfolge aufbauen will? Oder will Angela Merkel umgekehrt eine gefährlich populäre Nebenbuhlerin durch eine Mission impossible dem eigenen Absturz näherbringen, wie sie es ja schon bei etlichen Männern getan hat?

Warum aber nicht an die eigentlich logische Erklärung denken, dass Ursula von der Leyens bisheriger Job dem neuen Koalitionspartner übergeben werden musste? Dass daher ein neuer Job, das dritte Ministerium für die Frau zu finden war. Warum, so fragt man sich weiter, ist eine weibliche Verteidigungsministerin überhaupt noch etwas Besonderes? Gerade in Berufsarmeen wie der deutschen stehen ja alle Karrieren längst auch Frauen offen. Allein in den EU-Ländern gibt es oder gab es schon von Finnland bis Spanien bis Frankreich bis Slowenien bis Schweden bis zu den Niederlanden bis Luxemburg bis Dänemark bis Tschechien bis Litauen weibliche Armee-Minister.

Warum also nicht auch Ursula vdL einfach nach Ihrer Leistung beurteile? Freilich kann man das nur in der Hoffnung tun, dass ihre Ernennung – wie die der anderen weiblichen Verteidigungsminister – nur mit ihrem politischen Gewicht zu tun hat. Und nicht mit einer Quote. Es sind gerade die Feministinnen (insbesondere auch jene in Redaktionsstuben) mit ihrem Quotengewäsch, die all diese Ministerinnen ins Zwielicht rücken. Freilich hat auch Ursula von der Leyen eine Zeitlang mit Quotenzwangforderungen populistische Schlagzeilen erreichen wollen. Was ihr nun kräftig schadet.

Davon dass Deutschland wie Österreich eigentlich auch etwas mehr Debatte über den Zustand der Landesverteidigung bräuchten, über die Notwendigkeiten der eigenen Sicherheit im 21. Jahrhundert und über die globale Dimension einer Sicherheitspolitik: Davon wollen wir gar nicht reden, so peinlich fehlt das alles. Freilich fällt schon auf, dass in Österreich über kein Ressort so wenig geredet wurde wie über das Verteidigungsressort. Weder im Wahlkampf noch am Wahltag noch während der Regierungsbildung noch rund um die Angelobung der Regierung war es irgendwie ein Thema. So wahr ihnen Gott helfe.

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Das wahre Verdienst des Nelson Mandela

06. Dezember 2013 00:09 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der nach zähem Kampf verstorbene südafrikanische Ex-Präsident Nelson Mandela hat sich mit vielen Leistungen ins Geschichtsbuch eingetragen: Eine davon überragt aber alles andere.

Das ist nicht sein würdig ertragener und schon bei Lebzeiten in den Märtyrerstatus gehobener Gefängnisaufenthalt. Das ist auch nicht sein Sieg über die Apartheid. Denn früher oder später war ja letztlich immer klar, dass wie in allen anderen Ländern Afrikas die große schwarze Mehrheit auch in Südafrika die Oberhand über die Weißen gewinnen wird. Demographie gewinnt immer über Wohlstandszufriedenheit. Selbst wenn es dort so viele Weiße gab und gibt wie in keinem anderen afrikanischen Land; selbst wenn die Weißen, vor allem die burischen Afrikaaner (=Niederländer) dort schon seit Jahrhunderten daheim sind; selbst wenn sie in vielen Gegenden vor den Schwarzafrikanern die ersten Siedler waren: Letztlich hatten die Weißen keine Chance im südafrikanischen Guerillakrieg. Natürlich war es ein Krieg, auch wenn die linke Geschichtsschreibung vom Sieg der Gewaltlosigkeit faselt.

Das wirklich allergrößte Verdienst Mandelas war aber das, was er nach der Machtwende geschafft hat: Er hat verhindert, dass Südafrika durch jahrzehntelange Prozesse oder gar blutige Racheaktionen in einen schlimmen Strudel gestürzt wurde. Weder die Verbrechen der Weißen noch die Verbrechen der Schwarzen wurden vor Gericht gebracht. Statt dessen hat eine Wahrheitskommission in recht fairer Weise die historischen Fakten offenzulegen versucht. Die Justiz – die in solchen Situationen immer nur eine Rachejustiz sein kann – wurde hingegen ferngehalten.

Das hat Südafrika nach Jahrzehnten erbitterter Gewalt ein hohes Ausmaß an Versöhnung gebracht. Das ist eine wirkliche historische Leistung. Und diese ist vor allem Mandela als erstem Machthaber des schwarz gewordenen Südafrikas gutzuschreiben. Woran die Tatsache nichts ändert, dass die Linie natürlich auch von anderen Männern (insbesondere von Erzbischof Tutu und dem letzten weißen Machthaber De Klerk) mitgetragen worden ist.

Dieser Versöhnungskurs hat Südafrika schon eine Generation lang Frieden und halbwegs Wohlstand gebracht. Mandela hat gewusst, wenn er die vier Millionen Weißen verfolgt und drangsaliert, dass das erstens ein neuerliches Blutbad auslösen wird. Und dass dann zweitens der Wohlstand des Landes zusammenbrechen wird.

Sein Kollege Mugabe im benachbarten Zimbabwe hatte hingegen diese Stärke und Weisheit nicht. Er begann nach einigen ebenfalls versöhnlichen Jahren die Weißen (vor allem Farmer) zu terrorisieren und ihnen ihre großen Güter wegzunehmen. Das hatte katastrophale Folgen – wie überall, wo kommunistisch-sozialistische Umverteilungs- und „Gerechtigkeits“-Theorien umgesetzt werden. Das landwirtschaftlich reichste Land Afrikas leidet seither unter Hungersnöten, und Millionen schwarze Zimbabwer sind in der Hoffnung auf ein Überleben geflohen – nach Südafrika. Mugabe hatte dem Druck seiner alten Kämpfer nicht standgehalten, die nach den wohlhabenden Farmen der Weißen gierten. Die aber völlig außerstande waren, die Farmen nach Einbringen der ersten Ernte und nach Übernahme der schönen Farmhäuser weiter in Gang zu halten.

Mandela hatte hingegen bis zu seinem Tod – obwohl er die letzten Jahre nicht mehr Präsident, sondern nur noch Graue Eminenz und lebender Nationalheiliger war – genau diese Entwicklung verhindert. Er hat die Weißen im Land gehalten, die Elite wie den Mittelstand. Er hat Besitz und Eigentum geschützt (was freilich nichts an der hohen Kriminalität ändert). Auch die schwarzen Minister und Behördenchefs hielten sich weiße Berater, die die Dinge in Gang hielten.

Bezeichnend ist, dass all die rot-grünen Anti-Apartheid-Kämpfer in Europa, die vorher so lautstark waren, nachher Afrika völlig ignoriert haben. Sie haben daher auch die wichtigste afrikanische Lektion versäumt. Denn heute lässt sich mit ganz harten Zahlen nachweisen: Afrikanische Länder sind umso erfolgreicher auf Stabilitäts- und Wachstumskurs (und etliche sind in diesem Jahrhundert sehr erfolgreich!), je kapitalistischer sie funktionieren, je mehr sie Europäer in Wirtschaft und Verwaltung beschäftigen, und je weniger sie islamisch sind. Da aber solche Korrelationen politisch inkorrekt sind, werden sie wegignoriert, so konkret sie auch beweisbar sind.

Dass auch etliche andere afrikanische Länder südlich der Sahara heute diesen Weg gehen, ist ganz eindeutig das Verdienst Mandelas, sicher des größten Afrikaners der letzten Jahrzehnte. Südafrika, Afrika und der Rest der Welt müssen jetzt freilich hoffen, dass das Land an der Südspitze Afrikas auch nach dem Tod Mandelas diesen Weg weitergeht.

PS: Die Weisheit des Mandela steht in direktem Gegensatz zur Dummheit westlicher Völkerrechtler, die mit dem Internationalen Strafgerichtshof auch nach Jahrzehnten nationale Konflikte aufrollen wollen. Und die in Wahrheit dadurch die Beilegung vieler Konflikte verhindert haben.

 

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Iran, die Atombombe und eine vage Hoffnung

01. Dezember 2013 00:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Wahrheit werden wir wohl erst in ferner Zukunft wissen: Hat der Westen wirklich erreicht, dass der Iran dauerhaft auf die nukleare Bewaffnung verzichtet? Oder haben sich die Iraner in den letzten Wochen durch geschicktes Taktieren erst recht den Weg dorthin eröffnet? Selbst heute sind noch viele Details rund um den Deal der Großmächte mit dem Iran unklar. Aber selbst diese Details können nicht die wahren Intentionen Teherans offenlegen.

Am klarsten und aufschlussreichsten ist die Beobachtung, wer NICHT am Verhandlungstisch gesessen ist: Israel, Saudiarabien und die EU.

Das Fehlen der EU wurde nicht einmal bemerkt, geschweige denn bedauert. Dabei reden EU-Politiker ständig davon, dass man eine 500-Millionen-Union geschaffen habe, die nun ebenbürtig mit den ganz Großen dieser Welt wäre. Dabei hat die EU heute schon zwei Präsidenten, eine eigene Außenministerin und Tausende eigene Diplomaten. Aber wenn es wirklich ans Eingemachte geht, gibt es diese EU nicht. Nicht einmal am Katzentisch.

Statt der EU wird Deutschland wichtiger

Am Verhandlungstisch mit Iran sowie den USA, Russland und China saßen hingegen die EU-Länder Frankreich (das sich dort zum Unterschied von seinem wirtschaftspolitischen Kollaps außenpolitisch positiv profilieren konnte), Großbritannien und Deutschland. Dieses ist als einziger der Gesprächspartner Teherans kein ständiges Sicherheitsratsmitglied. Berlin ist gerade durch die Teilnahme an den Iran-Gesprächen zum Unterschied eben von der EU der endgültige Aufstieg in den Kreis der Großen dieser Welt geglückt.

Auch Israel und Saudiarabien sind keine Sicherheitsratsmitglieder. Und sie sind für den Nahostfrieden noch viel wichtiger. Aber wenn man sie beigezogen hätte, hätte es dieses Abkommen nicht gegeben. Dann wären viel schärfere Bedingungen gestellt worden. Ja, dann hätte Iran wohl nicht einmal verhandelt.

Beide Staaten fühlen sich aber durch die Perspektive einer iranischen Atomwaffe existenziell bedroht. Israel hat schon längst eine solche Waffe, wenn auch nie offiziell zugegeben. Und Saudiarabien hat nach etlichen Anzeichen aus Angst vor Iran mit ihrer Beschaffung begonnen. Was Israel interessanterweise viel weniger zu stören scheint.

Die Saudis sind (zusammen mit den kleinen, aber reichen Scheichtümern) der große Rivale Irans am Golf. Sie sind die finanzstarke Schutzmacht der Sunniten, die ja mit den von Teheran unterstützten Schiiten in vielen Staaten des Nahen Ostens, insbesondere Syrien, Irak und Libanon, in blutige Kämpfe verstrickt sind. Werden sie den – vor allem amerikanischen – Zusicherungen trauen, dass man Irans Ambitionen jetzt gestoppt habe? Wohl eher nicht, auch wenn die Saudis viel ruhiger reagieren als Israel, das empört und besorgt aufschreit.

Was bewirkt globaler Druck?

Die Vergangenheit ist zwar leichter zu analysieren als die Zukunft. Aber auch die gibt keine eindeutige Antwort, ob die israelischen Ängste berechtigt sind. Es gibt positive wie negative Beispiele und Antworten auf die Frage, ob sich aufstrebende Mächte durch internationalen Druck von atomarer Bewaffnung abhalten lassen.

Auf der positiven Seite finden sich interessanterweise die gestürzten Diktatoren des Iraks und Libyens. Sowohl Saddam wie Gadhafi hatten eindeutig schon Massenvernichtungswaffen, aber beide hatten schon vor ihrem Sturz unter westlichem Druck darauf verzichtet. Was die Amerikaner aber im Fall Irak erst nach Saddams Sturz erfahren haben wollten.

Auf der anderen Seite hat sich Pakistan unbemerkt in den Besitz von Atomwaffen gebracht (was dann wieder Indien aktiviert hat). Noch dramatischeres Exempel ist Nordkorea. Dieses betreibt ein ähnliches Zuckerbrot-und-Peitsche-Spiel wie Iran in den letzten Jahren: verhandeln, Verhandlungen unter einem Vorwand abbrechen, lügen, schmuggeln, geheime Anlagen betreiben, Zugeständnisse gegen materielle Gegenleistungen machen, diese Zugeständnisse wieder zurückziehen.

Israel hat sicher recht: Es ist durchaus möglich, dass auch Iran dasselbe Spiel spielt wie Nordkorea. Iran erlaubt vorerst keineswegs unabhängige Inspektionen an allen unter Verdacht geratenen Plätzen. Es zerstört auch keine suspekten Anlagen.

Die iranische Bevölkerung wurde unruhig

Das Land ist aber dringend daran interessiert, wieder an seine vor allem in den USA eingefrorenen Konten heranzukommen und von Handelsrestriktionen befreit zu werden. Die wirtschaftlichen Schäden der Sanktionen sind schon enorm. Und das droht die Stimmung in Iran immer regimefeindlicher zu machen.

Extrem schwer ist freilich die Einschätzung, ob sich die iranische Führung jetzt in der sechsmonatigen Phase der Zurücknahme etlicher Sanktionen so gut mit Geld und strategischen Gütern eindecken kann, dass sie dann viel gelassener auf neuerlichen Druck zu reagieren imstande wäre. Bemerkenswerte Tatsache ist jedenfalls, dass die Wirtschaftssanktionen (an denen Österreich übrigens erst nach etlichen „freundlichen“ Hinweisen der USA mitgewirkt hat) im Gegensatz zu einer lange verbreitet gewesenen Meinung sehr wirksam gewesen sind.

Tatsache ist auch, dass Teheran es sich nicht so wie das steinzeitliche Nordkorea leisten kann, seine politischen Ziele ohne Rücksicht auf die darbende Bevölkerung zu verfolgen. Iran ist eine – auch im regionalen Vergleich mit arabischen und zentralasiatischen Nachbarn – hochentwickelte Nation. Daher hat der Terror der Revolutionsgarden und der noch im Mittelalter steckenden Mullahs viel engere Grenzen. Die Bevölkerung macht durchaus das Khamenei-Regime für die spürbare Verschlechterung ihrer Lage immer direkter verantwortlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Mehrheit der Menschen in Iran keine Einwände gegen eine atomare Bewaffnung ihres Landes hat.

Da geht es um nationalen Stolz – und der ist gerade in dieser Weltgegend ganz wichtig. Von den Indern bis zu den alten Griechen haben viele oft weit weg beheimatete Völker ja im Lauf der Geschichte schon einmal unerquicklichen Kontakt mit persischen Großmachtstrategien gehabt. Und diese imperiale Vergangenheit steckt heute noch in vielen iranischen Köpfen. Da bräuchte es gar nicht den kollektiven Hass auf die bösen "Zionisten".

Zumindest die Elite Irans weiß überdies auch: Im Weltkonzert sind nur atomare Mächte wirklich relevant.

Atomwaffen bringen Macht und Respekt

Das kann man etwa an Hand der Ukraine exzellent zeigen: Diese ist heute fast willenlos Erpressungen eines mächtigen Nachbarn ausgesetzt. In Washington oder Peking, in Paris oder London interessiert man sich hingegen herzlich wenig für das Land. Noch dazu da dieses von einer diktatorischen Clique der Oligarchen regiert wird.

Das war noch in den 90er Jahren ganz anders. Da wurde die damals genauso autoritäre Ukraine von allen genannten Mächten hofiert und respektiert. Aus einem einzigen Grund: In der Ukraine lagerten nach dem Zerfall der UdSSR viele Atomwaffen. Kiew zögerte zwar etliche Jahre, bis es schließlich dann doch alle an Russland überstellte. Es merkte aber sehr rasch: Nach dem Abzug der letzten Atomrakete waren viele der vorherigen Versprechungen vergessen. Und die Ukraine ein trotz ihrer Größe unbedeutendes Land.

Das haben viele Regierungen dieser Welt sehr genau registriert. Atommächte sind einfach mächtiger. Das macht die israelische Skepsis gegenüber der Ehrlichkeit Irans durchaus nachvollziehbar.

Dennoch sagen auch in Israel zumindest außerhalb der Regierung viele Experten ähnlich wie die Großmächte: Man müsse trotz berechtigter Skepsis alles versuchen. Man müsse den kleinsten Hoffnungsschimmer nutzen. Denn die Alternative wäre letztlich wohl ein Präventivkrieg. Einen solchen hat Israel durch – sehr gezielte – Leaks den Iraner auch immer wieder angedroht. Internationale Medien mit (scheinbar) unklaren Quellen haben detailliert berichtet, wie Israel den Mullahstaat durch einige überraschende Luftschläge entmannen könnte.

Mitteleuropäern, die einem Explosionsherd in Nahost geographisch viel näher liegen als die sechs Unterhändler, bleibt daher nur die Hoffnung: Dass Iran diesmal wirklich ehrlich spielt. Wissen können sie es nicht. Sie wissen nur: Nach wie vor ist für ihre Region keine Kriegsgefahr so relevant und bedrohlich wie die nahöstliche wie vor allem Israel vs. Iran.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Nigeria: Kein Schutz für Christen

22. November 2013 23:19 | Autor: Christa Chorherr
Rubrik: Gastkommentar

Seit Nigeria 1960 mit einer föderalen Verfassung die Unabhängigkeit von Großbritannien erreicht hat, versucht sich das bevölkerungsreichste Land Afrikas nach Jahren der Militärdiktatur an seiner Demokratisierung und wirtschaftlichen Entwicklung. Die reichen Erdölvorkommen konnten aufgrund von Korruption bisher nicht zur erfolgreichen Armutsbekämpfung genutzt werden, immer wieder kommt es zu Unruhen ethnischer und religiöser Art. Von 1999 bis Ende 2012 starben etwa 15.000 Nigerianer bei Terroranschlägen, religiös motivierten gewaltsamen Auseinandersetzungen und Gegenmaßnahmen von Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen.

Religiös oder ethnisch motivierte Gewalt wird öfters als Druckmittel beim Aushandeln von Rechten und Privilegien angewendet. Als im Jahr 2010 Goodluck Jonathan, ein Christ, die Regierungsgeschäfte von seinem erkrankten Vorgänger übernahm, wurde das im islamisch dominierten Norden des Landes als schwerer Affront empfunden. Doch bei den Wahlen 2011 wurde Jonathan als Präsident bestätigt und trug den Sieg über seinen aus dem Norden stammenden Konkurrenten davon.

Es gibt auch Abspaltungstendenzen: Neben den nördlichen Bundesstaaten zeigen auch Gruppierungen im vormaligen Biafra sezessionistische Absichten, und die Nigerdelta-Miliz kämpfte um vermehrte Kontrolle über die Ölressourcen in ihrer Region.

In Nigeria herrscht ein explosives Gemisch aus ethnischen und religiösen Gruppen. Prinzipiell kann man das Land als zweigeteilt betrachten: Der Norden ist muslimisch, der Süden christlich geprägt, und daneben gibt es eine Vielzahl von traditionellen afrikanischen Religionen. Schon 1804 wurde im Norden des Landes der Dschihad ausgerufen, die nordnigerianischen Hausa-Staaten wurden erobert und das Sokoto-Kalifat gegründet.

1861 begann die Kolonisierung Nigerias durch Großbritannien. Unter britischer Herrschaft setzte 1901 die Migrationsbewegung vom Süden nach dem Norden ein – sie brachte vor allem christlich orientierte Menschen aus dem Volksstamm der Igbo (auch Ibo) in den Norden. Die einer republikanischen Tradition verbundenen Igbo schufen sich vielerorts – nicht nur im Norden – eine privilegierte Situation. Sie bauten Schulen, gründeten Unternehmen und genossen deutliche Vorteile gegenüber der eingesessenen Bevölkerung – und ihre weitgehende Missachtung bestehender Hierarchien war in den Augen ihrer stärker traditionsgebundenen und autoritätsgläubigen Landsleute im Norden ein entschieden „verderblicher“ kultureller Einfluss: Sie wurden als Bedrohung empfunden.

Diese Binnenmigration innerhalb der Landesregionen brach viele traditionelle Bindungen auf, stellte etablierte Lebensformen und Gemeinschaften infrage und formte Identitäten um. 1953 kam es erstmals zu einem organisierten Dschihad gegen die Zuzügler aus dem Süden. Dabei wurden in der nordnigerianischen Stadt Kano Einwanderer und ihre Geschäfte und Betriebe attackiert. 1966 folgt ein weiteres blutiges Pogrom: Schlüsselelement war die Furcht vor einer Dominanz der „christlichen“ Igbo. Und es war Kano, in dem 2012 ein neuerlicher Angriff erfolgte, in dem mindestens 24 Opfer starben.

Weitere ethnische und territoriale Unruhen in ganz Nigeria führten schließlich zu einer Militärdiktatur, die von den 1970er-Jahren bis 1999 dauerte. Die Wirtschaftskrise Mitte der 1980er-Jahre setzte die Bevölkerung zusätzlich unter Druck, und während die Generäle und die politische Elite sich ungeniert am Reichtum der Nation schadlos hielten, wurden die Menschen im Norden immer ärmer und frustrierter und suchten vermehrt Zuflucht in der Religion. Hüben wie drüben fassten extremistische Glaubensformen Fuß – bei den Christen in Gestalt der neuen Pfingstkirchen, bei den Muslimen in Form eines fundamentalistischen Islam. Und die Medresen produzierten Hunderte von Koranschülern, die auf den Straßen um ihren Lebensunterhalt betteln mussten; diese perspektivlosen Jugendlichen waren ein leicht zu mobilisierendes Fußvolk für die politische Elite des Nordens.

Christliche Minderheit im Norden zunehmend benachteiligt

Die Bevölkerung von Nigeria ist zu ca. 50 Prozent islamisch, die rund 48 Prozent Christen sind mehrheitlich katholisch, teilweise anglikanisch. Die am stärksten wachsende Gruppe sind die Mitglieder der Pfingstkirche. Der Islam gilt zwar landesweit nicht als Staatsreligion, und die Verfassung erkennt die Freiheit aller Bürger an, ihren Glauben zu leben, zu bekunden und zu wechseln, dennoch ist das Land – auch durch seine Mitgliedschaft in der Organisation für Islamische Zusammenarbeit – muslimisch geprägt.

Die Verfolgung von Christen durch islamistische Extremisten hat aber nicht alle Bereiche Nigerias erfasst. Aus dem Süden (17 Bundesstaaten), der hauptsächlich von Christen bewohnt wird, kommen keine Berichte über christenfeindliches Verhalten. Anders die Situation im Norden (19 Bundesstaaten und die Hauptstadt Abuja), in dem vorwiegend Muslime leben, und in der Mitte des Landes, die überwiegend christlich ist, wobei hier auch große Gruppen von Muslimen leben.

1999 erklärten sich zwölf nördliche Bundesstaaten zu islamischen Staaten mit der Scharia als Rechtsgrundlage. Bei der Verwaltungsorganisation wurde dafür gesorgt, dass auch weite Teile der Landesmitte den so genannten Scharia-Staaten hinzugerechnet wurden. Ein Beispiel dafür ist der Bundesstaat Kaduna, dessen Norden hauptsächlich von Muslimen bewohnt wird, während im südlichen Teil die Christen in der Überzahl sind. Die Regierung wird jedoch von Muslimen gestellt, sodass auch hier die Scharia herrscht.

Abgesehen von dem Leid durch Terrorakte leben Christen in den zwölf Scharia-Staaten in beständiger Angst vor den Unwägbarkeiten ihres unmittelbaren Lebensumfelds. Dazu gehören die lokalen Regierungen und verschiedene gesellschaftliche Gruppen, die sie in unterschiedlichen Bereichen massiv unter Druck setzen, teilweise unterstützt von der Scharia-Polizei und Da-awa-Komitees. Islamisten verfolgen die von einigen ihrer Führer postulierte Agenda, der zufolge das ganze Land dem „Haus des Islam“ einverleibt werden soll.

Was in den Scharia-Staaten mit dem Familienrecht begann, wurde dann trotz öffentlicher Empörung auf das Strafrecht ausgeweitet, das auch Körperstrafen wie Auspeitschen, Amputation und Steinigung vorsieht. Im Grundsatz gilt die Scharia nur für Muslime, während Christen ihre zivil- und strafrechtlichen Belange anders regeln können, solange kein Muslim vom Rechtsstreit betroffen ist. Je stärker das öffentliche Bewusstsein aber durch die konservative islamische Denkweise und das entsprechende Überlegenheitsgefühl geprägt wird, desto größer wird auch die Erwartung an die Christen, sich zumindest im öffentlichen Raum an die muslimischen Gepflogenheiten anzupassen.

Die Einschränkungen sind zahlreich: Es kommt zum Abriss angeblich illegal errichteter christlicher Gebetsstätten, zu Entführungen und erzwungenen Konversionen von Teenagern, überwiegend Mädchen, die dann mit muslimischen Männern verheiratet werden, zu Diskriminierung bei der Bewilligung staatlicher Dienstleistungen oder zu Einschüchterungen und Morddrohungen gegen zum Christentum konvertierte Muslime. Die Islamisten setzen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel auch ein, um Christen finanziell zu erpressen, weshalb die Armut vieler im Norden ansässiger Christen besorgniserregend ist.

Christliche Frauen haben die islamische Geschlechterapartheid in Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen zu praktizieren, Schülerinnen in staatlichen Schulen müssen unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit islamische Kleidung tragen. Herstellung, Konsum und Verkauf alkoholischer Getränke unterliegen auch für Christen strengen Restriktionen. Christen dürfen ihre Toten nicht auf öffentlichen Friedhöfen begraben; in öffentlichen Schulen werden christliche Schüler gezwungen, am Islamunterricht teilzunehmen; weiterführende Schulen oder höhere Bildungswege bleiben ihnen verschlossen, besonders wenn es sich um gut ausgestattete Einrichtungen mit hohem akademischem Niveau handelt.

Auf dem Arbeitsmarkt wird Christen trotz nachgewiesener Qualifikationen die Einstellung verweigert, anderen wird die Abkehr von ihrem Glauben zur Bedingung gemacht, um eine Stelle antreten zu dürfen. Christliche Wohngegenden werden von der örtlichen Regierung völlig vernachlässigt. Die Bereitstellung von sauberem Wasser, medizinischer Versorgung und sonstiger Infrastruktur wird ihnen verweigert.

Entlegene christliche Dörfer werden bei Entwicklungsprojekten übergangen. Und Kirchengemeinden stoßen bei dem Versuch, konvertierte Muslime zu integrieren, auf große Schwierigkeiten. Denn derartige Aktivitäten erregen die Aufmerksamkeit der Umma, der muslimischen Gemeinschaft, und können zu Gewaltausbrüchen gegen alle Kirchen im näheren Umkreis führen. Es kommt auch vermehrt zu Übergriffen islamischer Extremisten gegen Pastoren, um das Wachstum der Kirchen zu stoppen.

Für 20 Millionen Christen bedeutet dies tägliche Diskriminierung, Unterdrückung und Fremdbestimmung. Denn die Zentralregierung scheint nicht fähig zu sein, ihre christlichen Bürger zu schützen. In den sieben anderen nördlichen Staaten von Nigeria sind die Repressalien weniger stark, dafür gibt es mehr terroristische Aktivitäten. Racheakte christlicher Jugendlicher sind die Folge.

Aber es geht nicht nur um Unterdrückung und Schikanen, es geht auch um Tod und Zerstörung: Parallel zur beginnenden Demokratisierung Nigerias Ende der 1990er-Jahre, einer deutlichen christlichen Präsenz und der Tatsache, dass auch Einheimische zum Christentum konvertierten, traten auch verstärkt Islamisierungstendenzen auf und verschärften den schon lange bestehenden Konflikt zwischen Christen und Muslimen.

Terrorgruppe Boko Haram auf dem Vormarsch

Im mehrheitlich muslimischen Norden entstand die radikal-islamische Boko Haram, ein Sammelbecken für entfremdete Muslime, die alles „Westliche“ als unvereinbar mit der Existenz und dem Überleben des islamischen Nordens betrachten. Die Terrorgruppe trägt seit Ende 2010 den Namen „Verband der Sunniten für die Einladung zum Islam und für den Dschihad“ und befindet sich auf einem Feldzug – mit dem erklärten Ziel, in Nordnigeria eine christenfreie Zone zu schaffen. Sie maskiert ihre Mission zwar als religiös motivierten Dschihad gegen die Regierung, faktisch aber ringt sie um die Rückkehr der politischen Macht im Norden.

Die Mitglieder dieser Gruppierung halten moderne Erziehung sowie Bücher in Lateinschrift für Sünde, sie setzen sich für die Einführung der Scharia in ganz Nigeria und das Verbot von westlicher Bildung ein, auch die Beteiligung an Wahlen wird abgelehnt. Sich selbst sehen sie als mit den afghanischen Taliban in Verbindung stehend, und auch die lokale Bevölkerung nennt sie „die Taliban“. Diese muslimische Sekte rekrutiert seit 2004 gezielt junge Männer. Die Warnungen islamischer Imame vor ihrer Gefährlichkeit wurden von den Behörden zunächst ignoriert.

Boko Haram ist von staatlicher Seite her schwierig zu bekämpfen, wobei es Stimmen gibt, die bezweifeln, dass das überhaupt versucht wird. Doch ist das Terrorregime der Gruppe für Nigerias Regierung und viele Menschen im Land zu einem massiven Problem geworden, dem angesichts der Intransparenz dieser Organisation kaum beizukommen ist. Denn Boko Haram greift zu technisch immer ausgefeilteren Methoden des gewaltsamen Terrors.

Offen ist, wer die Gruppe finanziert. Es kursieren zahlreiche Gerüchte, wonach die Regierung die Organisation unter der Hand finanziere, um von ihrem anderweitigen Versagen abzulenken; wie immer und überall werden auch die USA ins Spiel gebracht, während andere vermuten, Boko Haram sei ein Ableger der maghrebinischen Al-Kaida; die Waffen stammen vermutlich aus Libyen.

Nach einem Demonstrationsverbot, das gegen Boko Haram verhängt wurde, brachen Ende Juli 2009 Unruhen aus, die sich rasch ausweiteten. Nachdem das Militär als Reaktion auf wiederholte Angriffe der Terrorgruppe mit Toten, darunter auch Polizeibeamte, Patrouillen ankündigte, griff Anfang September 2010 eine große Gruppe von schwer bewaffneten Boko-Haram-Mitgliedern ein Gefängnis im Norden Nigerias an, wobei 732 Häftlinge fliehen konnten, darunter 150 mutmaßliche Mitglieder der Sekte, die größtenteils während der Unruhen 2009 verhaftet worden waren.

Boko Haram bekannte sich auch zu einer Reihe von Bombenanschlägen nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2011, aus der der Christ Goodluck Jonathan als Sieger hervorging. In der ersten Hälfte dieses Jahres kam es zu politischen Morden, zu Anschlägen auf Polizeistationen und auf eine Kirche, mindestens 800 Menschen wurden getötet und 65.000 aus ihren Häusern vertrieben. Im Juli veranlasste die zunehmende Gewalt eine örtliche Universität, ihre Pforten zu schließen und die Studenten nach Hause zu schicken.

Tausende flohen vor den sich verstärkenden Kämpfen. Nicht nur einheimische Christen wurden und werden von Boko Haram angegriffen und verletzt oder getötet, sondern auch bei den Vereinten Nationen arbeitende Ausländer. Die Gewalt richtet sich ebenso gegen Ausländerinnen, die bei Hilfsorganisation für die Gesundheit der Menschen in Nigeria Sorge tragen.

Zu Weihnachten 2011 verübte Boko Haram mehrere Bombenanschläge auf christliche Kirchen. Das Schema war immer dasselbe: Nach mehreren Explosionen folgten gezielte Angriffe mit Schusswaffen. Am 1. Januar 2012 gab Boko Haram den im Norden Nigerias lebenden Christen drei Tage Zeit, ihre Heimat zu verlassen, und kündigte an, sie nach Ablauf der Frist gezielt anzugreifen. Prompt kam es zu Überfällen auf Kirchen und Gemeindehäuser, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden. Auch Begräbnisse sind „beliebte“ Ziele der Terrorsekte, aber auch zum Beispiel Schönheitssalons.

Präsident Goodluck Jonathan sagte Anfang Januar 2012 über die islamistische Gewalt im Vielvölkerstaat, sie sei noch „viel schlimmer als der Bürgerkrieg“. Er sprach im Gegensatz zu seinen früheren Einschätzungen davon, „dass sich die Sympathisanten der Terrorgruppe auch in den Reihen der Regierung, des Parlaments und der Gerichte versteckten“. Hinzu kommen nach seinen Worten „Boko-Haram-Unterstützer im Polizeiapparat, im Geheimdienst und beim Militär.“ Der ganze Staat Nigeria sei von dem Terrornetzwerk unterwandert. Und die Kämpfer drohen, den Dschihad nie aufgeben zu wollen. Ihr Credo heißt: entweder ein islamischer Staat oder Märtyrertum.

Auch im weiteren Verlauf des Jahres 2012 kam es zu Angriffen während christlicher Gottesdienste oder auf Universitäten – mit wechselnden, aber immer erheblichen Opferzahlen. Die Regierung versuchte, das Problem durch Ausgangssperren zu beherrschen – ohne Erfolg. Im März 2013 explodierte im Busbahnhof von Kano ein mit Sprengstoff voll gepackter VW-Golf zwischen zwei vollbesetzten Bussen. Sämtliche Fahrgäste der beiden Busse wurden getötet, mehrere andere Busse zerstört: Die Zahl der Toten wurde mit mindestens 108 angegeben.

Der Anschlag trug deutlich die Handschrift der islamistischen Terrorsekte Boko Haram, da er erneut in einem überwiegend von christlichen Igbo bewohnten Stadtteil stattfand. In dieser Stadt wurde auch ein Haus entdeckt, in dem 40 entführte Mädchen gefangen gehalten, islamisiert und dann mit Moslems verheiratet wurden. Ortsansässige Experten des überkonfessionellen christlichen Hilfswerks Open Doors berichten, dass es in einigen der nigerianischen Scharia-Staaten sogar organisierte Dienste gibt, die sich auf die Entführung und Bekehrung christlicher Mädchen zum Islam spezialisiert haben.

Und die Gewalt geht unvermindert weiter: Durch Anschläge und Angriffe von Boko Haram haben in Nigeria allein im ersten Quartal dieses Jahres mindestens 509 Christen ihr Leben verloren.

Dieser Text ist dem soeben erschienenen Buch von Christa Chorherr: „Im Schatten des Halbmonds - Christenverfolgung in islamischen Ländern" (styria premium) entnommen. Darin wird schonungslos der Weg der Christen vom römischen Bürger im Byzantinischen Reich zum unterdrückten Dhimmi, Bürger zweiter Klasse, unter islamischer Herrschaft beschrieben. Es wird aber nicht nur der Nahe und Mittlere Osten, besonders die Zeit seit dem „Arabischen Frühling" berücksichtigt, es werden alle islamischen Staaten, in denen Christen leben, verfolgt und unterdrückt werden, dargestellt wie in dem hier wiedergegebenen Abschnitt über Nigeria.

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Aus Angst der Regierenden vor dem Volk: Auf dem Weg zur totalen Entwaffnung

04. November 2013 00:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Kennen Sie Cecilia Malmstöm? Nein? Nun, das spricht für Sie. Die gute Frau stammt aus dem sozialistischen Musterland Schweden und ist gelernte Politikwissenschaftlerin. Außerdem ist sie Politikerin der „liberalen Volkspartei“ (dass „liberal“ unserer Tage für links steht, braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden). Seit 2010 wütet Frau Malmström als Innenkommissarin der EU und liefert in dieser Funktion, was man von Menschen Ihres Schlages erwartet: Kontrollphantasien bisher unerreichten Ausmaßes.

Nach ihrer engagierten Initiative zur flächendeckenden Kontrolle des Internets (die sie listig als über jede Kritik erhabenen Kampf gegen die Kinderpornographie zu tarnen wusste) treibt die resche 45Jährige nun die nächste Sau durchs Dorf. Diese hört auf den Namen Europaweite Waffenkontrolle. Angesichts des mittlerweile groteske Züge annehmenden Überwachungs- und Regulierungsfurors der Brüsseler Nomenklatura, man denke etwa an deren jüngste Schnapsidee zur Reduzierung der Leistung von Staubsaugern, kommt diesem Amoklauf der Hochbürokratie leider nicht jenes Maß an Aufmerksamkeit zu, welches ihm angesichts seiner Bedeutung gebührt.

Selbstverständlich hat die Frau Kommissarin bei ihrem ambitionierten Vorhaben nicht solche Waffen im Sinn, mithilfe derer uniformierte Europäer auf Regierungsgeheiß unschuldige Menschen im Irak, in Afghanistan oder in Libyen liquidier(t)en (demnächst vielleicht auch in Syrien, unter dem Motto „Reise in exotische Länder, begegne interessanten Menschen – und bring sie um!“). Es geht auch nicht um Waffen, die von Regierungsbütteln (am Ende schon recht bald) – falls die Europaweite Schuldenwirtschaft kollabiert und großflächige Hungerrevolten ausbrechen – gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden sollen.

An dieser Stelle scheint ein Einschub angebracht: Mit der Grundrechte-Charta der Europäischen Union, die mit dem Vertag von Lissabon Rechtskraft erlangte, wurden – von der Öffentlichkeit unbemerkt – Untaten bis hin zu Massenexekutionen legalisiert. Zwar heißt es in Artikel zwei, Abs. zwei, „…niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden...", die als Interpretationshilfe dienenden Erläuterungen zur Charta der Grundrechte stellen jedoch klar: (Erläuterung zu Artikel zwei – Recht auf Leben):

„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um […] jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern“ oder um „…einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“. [Hervorhebung durch den Autor]

Man braucht seine Phantasie nicht über Gebühr zu strapazieren, um zu erkennen, dass damit faktisch eine Handhabe zur gesetzeskonformen Beseitigung von Dissidenten geschaffen wurde, wie sie gestandene Stalinisten nicht besser hätten hinbekommen können. Allerdings, das sei der Fairness halber gesagt, waren Jossif Dschugaschwili & Genossen nicht verlogen genug, um dem glatten Bruch von Grundrechten durch komplizierte Gesetzeswerke auch noch den Anschein von Rechtmäßigkeit verleihen zu wollen. Dessen Killerbrigaden wurden ohne maßgeschneiderte Rechtsgrundlage von der Leine gelassen.

In Euroland besteht das Werkzeug zur gewaltsamen Unterdrückung unbotmäßiger Untertanen seit 2006. Es hört auf den schmucken Namen EUROGENDFOR und ist eine militärisch organisierte Polizeitruppe, die, wie Wikipedia euphemistisch vermeldet, dem „Krisenmanagement“ dienen soll. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, von dieser mit der Lizenz zum Töten ausgestatten Prätorianergarde beamtshandelt zu werden?

Worum also geht es Genossin Malmström? Richtig – um die in den Händen von naturgemäß gefährlichen Privatleuten befindlichen Waffen. Die sollen nun nicht nur zentral erfasst werden (Obertanen lieben Tabellen und Listen, die sich zur Überwachung des gemeinen Volkes eignen), sondern – und das ist ein wahres Gustostückerl – mit „biometrischen Sicherungssystemen“ ausgestattet werden, die den Gebrauch der jeweiligen Feuerwaffe nur dem rechtmäßigen Eigentümer gestatten.

Selbstverständlich darf das übliche Totschlagargument zur Begründung dieser Aktion nicht fehlen: „Und wenn dadurch nur ein einziges Menschenleben gerettet wird…“ Wie auf diese Weise „Menschenleben gerettet“ werden sollen, wie derlei Apparaturen zuverlässig funktionieren sollen, wie sie beschaffen sein und welche Kosten damit (für den Waffenbesitzer, versteht sich!) verbunden sein werden, ist derzeit noch nicht recht abzuschätzen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass derartige Sperrsysteme in vielen Fällen den Wert der jeweiligen Waffe übersteigen werden (zumindest ist das bei jenem sauteuren Produkt der Fall, das derzeit bereits auf dem Markt ist). Wenn, wie im vorliegenden Fall, aus dem Elfenbeinturm heraus Entscheidungen über Materien getroffen werden, von denen die dafür Verantwortlichen nicht den leisesten Schimmer haben, kommt dabei eben selten etwas Gescheites heraus.

Einen „Erfolg“ wird die Genossin Kommissarin allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verbuchen können: Die Zahl der im Umlauf befindlichen illegalen Waffen wird dank ihrer weltfremden Initiative explosionsartig zunehmen. Sie dürfte in ihrem Überschwang nämlich übersehen haben, dass derzeit eine Kampagne zur amtlichen Erfassung von Privatwaffen läuft, die in Österreich mit Ende Juni 2014 abzuschließen ist. Bisher wurden weniger als fünf Prozent des geschätzten Bestandes zur Meldung gebracht.

Gesetzestreue Waffenbesitzer sind vom Staat bereits in der Vergangenheit mehrfach gebrannte Kinder. Man denke an den Umgang mit jenen unter ihnen, die im Vertrauen auf die Seriosität des Gesetzgebers von dessen Angebot Gebrauch gemacht hatten, ihre im Nachhinein zu „Kriegswaffen“ oder „illegalen Waffen“ erklärten, zuvor allerdings gesetzeskonform erworbenen Stücke anzumelden und damit weiterhin legal besitzen zu dürfen. Sie alle wurden kalt enteignet! Weder ein Verkauf noch ein Vererbung ihres Eigentums ist zulässig.

Diese Opfer ihres Vertrauens in den Staat werden nun kein Problem damit haben, einzuschätzen, worauf Madame Malmström in Wahrheit aus ist: Sie sollen mit derart irrwitzigen Kosten und bürokratischen Schikanen belastet werden, dass sie entnervt auf ihr Eigentum verzichten. Voraussetzung dafür allerdings ist die amtliche Registrierung ihres rechtmäßig erworbenen Eigentums.

Das wird wohl auch die traditionell verträumte Jägerschaft durchschauen, die bisher in der Illusion lebt, ihr (und ihren Waffen) könne nichts passieren. Keine Meldung – kein Zwang zur Anschaffung teurer Sicherungssysteme und keine Gefahr der Enteignung. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass sich die Registrierungskampagne – spätestens nach Bekannt werden der Malmström-Initiative – als Schuss in den Ofen erweisen wird.

Jeder ernstzunehmende Terrorist, ob weiland von RAF, Brigate Rosse, IRA oder ETA, oder heutzutage von der Al Quaida, greift spontan zu aus Armeebeständen stammenden Waffen, die auf dem zivilen Markt niemals legal verfügbar waren oder sind. Auch unpolitische Schwerkriminelle geben gestohlenen Militärwaffen gewöhnlich den Vorzug vor legal zu erwerbenden Jagd- und Sportwaffen. Selbstverständlich wird keine davon den Behörden jemals gemeldet werden. Frau Kommissarin behauptet dennoch allen Ernstes, der Sicherheit Vorschub leisten zu können, indem sie rechtschaffene Bürger bis jenseits der Zumutbarkeitsgrenze schikaniert, während selbst ihr einleuchten muss, dass sie die wirklich bösen Buben (und Mädels) mit derlei Maßnahmen nicht beeindrucken kann.

Da man ein solches Maß an Torheit selbst einer schwedischen Politikwissenschaftlerin nicht unterstellen sollte, ist der Grund für ihr Treiben also anderswo zu suchen – und auch gar nicht schwer zu finden. Es ist, banaler geht es gar nicht, der immer gleiche Wunsch der Herrschenden, ihre Macht maximal auszudehnen. Jeder dieser Bestrebung im Wege stehende Widerstand soll aus dem Weg geräumt werden. Und entwaffnete Bürger sind nun einmal erfreulicherweise nicht nur (privaten) Kriminellen, sondern auch den bis an die Zähne gerüsteten Schergen des Leviathans wehrlos ausgeliefert. So einfach ist das.

Leider wird, wie es scheint, eine allzu offensichtliche Gefahr von den meisten Menschen gar nicht mehr als solche erkannt. Dass die seit vielen Jahren gegen den legalen privaten Waffenbesitz gerichtete Politik der EU als Vorbereitungshandlung für weit Schlimmeres betrieben wird, hält demnach kaum einer für möglich. Es sei daran erinnert, dass Sklaven zu keiner Zeit Waffen besitzen und tragen durften (außer in der Arena, wo sie sich zur Belustigung der Herrschenden und des Pöbels gegenseitig abzuschlachten hatten).

Waffenbesitz ist ein Indikator für die in einer Gesellschaft herrschende Freiheit. In freien Gesellschaften besitzen die Bürger Waffen – ohne dafür um eine Genehmigung ansuchen zu müssen. Diktaturen dagegen fürchten den wehrhaften Bürger. In einer Zeit, in der Staaten und Imperien über Überwachungs-, Kontroll- und Unterdrückungsinstrumente verfügen, die bis vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar waren, gilt das – so paradox es auch scheinen mag – umso mehr.

Zum Schluss sei einer der Gründerväter der USA, Thomas Jefferson, zu dieser Frage zitiert: “The strongest reason for the people to retain the right to bear arms is, as a last resort, to protect themselves against tyranny in government.”

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Fußnote 495: Syrien oder: Wer ist der Feind?

23. September 2013 09:49 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Da staunt man kräftig: Die Türkei wird immer alarmierter wegen Syrien – aber jetzt zunehmend wegen des Eindringens von terroristischen Oppositionellen in die Türkei.

Wie das? Hat doch die Türkei bisher weltweit am heftigsten die Anti-Assad-Kämpfer unterstützt. Jetzt spürt man aber offenbar langsam auch in Ankara, dass man sich da mit dem Teufel verbündet hat. Denn die gegen Assad kämpfenden islamistischen Jihadisten wurden in den Kriegsjahren immer stärker und sickern nun auch in die Türkei ein. Das hat nun jedenfalls der türkische Präsident Abdullah Gül besorgt zugegeben. Alle Welt weiß inzwischen, dass die von den Türken und einigen westlichen Ländern unterstützte Freie Syrische Armee chancenlos ist. Laut Gül gelingt es der Türkei nicht mehr, das Eindringen der Jihadisten zu verhindern – "trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und dem Einsatz von Geschützen und Panzern". Irgendwie fällt einen da Goethes Zauberbesen ein.

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Fußnote 491: Polizei ruft Bundesheer, das niemand wollte – und jetzt wollen es alle

17. September 2013 19:05 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das beklemmende Mord-Drama im südlichen Niederösterreich um einen Wilderer wirft einen ganz neuen Blick auf die Bundesheer-Debatte.

Denn die Polizei musste das Heer und einen Panzer rufen, um einen einzigen Mann zu bekämpfen. Das zeigt den bescheidenen Realzustand unserer Polizei. Das zeigt aber auch, dass man sehr wohl ein ordentlich bewaffnetes Bundesheer braucht. Mit Dingen wie Panzern (ja, und auch Abfangjägern) für Situationen, auf die man binnen kürzester Zeit reagieren muss. Ob das nun kurzfristig Bedrohungen aus dem Ausland oder auch nur – nur? – ein einzelner Amokschütze im Inland ist. Das ruft die Heeresvolksabstimmung des vergangenen Winters in Erinnerung: Da wollte die eine Partei das Heer fast ganz abschaffen. Und die andere hat seinen Fortbestand nur mit Hinweisen auf Hochwasser und dergleichen verteidigt. Dass aber auch ein friedliches Land über Nacht mit Herausforderungen auf Leben und Tod konfrontiert sein kann, für deren Abwehr man eben so etwas wie ein ordentliches Heer und große Waffen braucht: Das hatte im Winter kein einziger Politiker angesprochen. Das wahre Leben weiß es besser.

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Wladimir Putin und Japan, die große Chance: Der Schatz den Putin nur zu heben braucht

14. September 2013 05:37 | Autor: Herbert Sutter
Rubrik: Gastkommentar

In einer Medienwelt die voller Schlagzeilen über Syrien, Präsident Obama, über die Wahlen in Österreich und Deutschland ist – ist am anderen Ende der Welt, im äußersten Osten Asiens – ein alter Konflikt genauso ungelöst wie unbeachtet. Da gibt es zwei große und wichtige Player auf der Weltbühne, beide Mitglied der G8, einer der beiden ist sogar ständiges Mitglied im UN-Weltsicherheitsrat, und diese beiden Nationen haben sehr schwierige – um nicht zu sagen gestörte – Beziehungen zueinander: Russland und Japan.

Seit dem Friedensvertrag von San Francisco 1951 gibt es Streit zwischen den beiden Ländern über die vier südlichsten Inseln des Kurilen-Archipels (wobei wichtig anzumerken ist, dass nach japanischer und amerikanischer Auffassung diese vier Inseln nicht zu den Kurileninseln gehören).

(Bild: Google-Maps)

Derzeit – und seit 1945 – werden alle Inseln des Kurilen-Archipels sowie die vier umstrittenen Inseln von Russland beansprucht.

Die entscheidenden historischen Vorgänge – wie sich der Konflikt anbahnte

Japan unterstreicht diese Auffassung auch durch seine Bezeichnung der vom Konflikt betroffenen Inseln als „nördliche Territorien“ anstatt als „südliche Kurilen“.

Die Haltung Japans

Die japanische Haltung lässt sich auch verstehen, wenn man sich mit der jahrtausendealten Mythologie dieses nur ganz gering christianisierten Landes befasst, wo die Götterwelt, die Entstehung der Erde sowie die Entstehung Japans als unmittelbar verbunden betrachtet wird:

In dieser Mythologie wird beschrieben, dass die japanischen Inseln direkt vom ursprünglichen Götterpaar Izanagi (= Mann) und Izanami (= Frau) geschaffen wurden:

Das Urgötterpaar Izanagi und Izanami, die sowohl Geschwister als auch ein Ehepaar sind, steht zunächst auf der schwebenden Himmelsbrücke und beobachtet das Chaos unter sich. Schließlich rührt Izanagi mit einem Speer im Wasser umher, und als er den Speer zurückzieht, fallen salzige Tropfen zurück ins Wasser und eine Insel – Onogoroshima – entsteht. Das Götterpaar steigt nun auf das neu entstandene Land herab, errichtet einen „Himmelspfeiler“ und vollführt eine Art Hochzeitsritus. Daraufhin entstehen zahlreiche Inseln, darunter auch die acht großen Inseln Japans, sowie eine große Anzahl von Göttern.

Ich denke, dass es diese Mythologie ist – die unglaublich fest im kollektiven japanischen Unterbewusstsein verankert ist –  die alle japanischen Regierungen an den vier umstrittenen Inseln festhalten ließ.

Die bilateralen Beziehungen bis heute

Der ungelöste Streit zwischen Russland und Japan wegen der vier südlichsten Inseln hat bis heute zur Folge, dass kein Friedensvertrag (sondern nur eine Waffenstillstandserklärung) zwischen den beiden Ländern abgeschlossen wurde – auch nach 68 Jahren noch nicht!

Dies führt dazu, dass die Beziehungen zwischen Japan und Russland bis heute unterkühlt sind. Nur in großen Zeitabständen von etlichen Jahren macht man Staatsbesuche, die Seltenheitswert haben.

Im Vergleich dazu möge man die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, zwischen Deutschland und den USA, sowie zwischen Japan und den USA betrachten – in all diesen Fällen gab es im vorigen Jahrhundert intensivste Kampfhandlungen und dennoch sind all diese Beziehungen zwischen den genannten Ländern als „gut“ bis „sehr gut“ zu bezeichnen. Mit dementsprechend erfreulichen Folgen, was die Wirtschaft und den gegenseitigen Handel der jeweiligen Länder betrifft.

Ich denke, dass es sehr wohl so ist, dass es „befreundete Nationen“ geben kann und auch gibt. Und das sind keine inhaltsleeren Begriffe.

Bisher war es in den letzten 68 Jahren der Fall, dass so etwas zwischen Japan und Russland nicht zustande kam. Aber dies kann sich ändern, vielleicht rascher als manche glauben. Im April 2013 besuchte der japanische Premier Shinzo Abe den russischen Präsidenten Putin, und es wurde wieder über die Verhandlungen für einen ‚Friedensvertrag Russland & Japan gesprochen. Diese Verhandlungen ziehen sich seit Jahrzehnten äußerst zäh hin.

Natürlich liegt die Frage auf der Hand, warum dieser Streit um die vier Inseln zwischen den beiden großen Nationen Russland und Japan bis jetzt nicht beigelegt wurde:

Prestige, innenpolitische Gründe sowie vermutete Rohstoffe und Fischreichtum sind sicherlich die Hauptgründe. Russland machte einmal ein Angebot, in dem es zwei der umstrittenen Inseln dafür anbot, dass diese gemeinsam von Japan und Russland wirtschaftlich genutzt werden sollen. Dafür sollte dann ein Friedensvertrag abgeschlossen werden.

Dieses Angebot wies Japan zurück. Es beruft sich auf einen bilateralen Handels- und Grenzvertrag von 1855, in dem diese Inseln als japanisch anerkannt worden waren.

Man kann davon ausgehen, dass es in beiden Ländern Gruppen gibt, die den jeweiligen Staatschef aus Gründen des (russischen bzw. japanischen) Nationalismus und des damit verbundenen Prestigedenkens von einer Verhandlungslösung abhalten wollen und dementsprechend Druck ausüben.

Noch stärker ist wahrscheinlich der Druck, der von industrienahen Lobbies beider Länder ausgeht, der ebenfalls einer Verhandlungslösung entgegensteht. Die Situation gleicht also auch im Jahr 2013 immer noch einem gordischen Knoten.

Wladimir Putin als außergewöhnlicher Politiker

Präsident Wladimir Putin ist jetzt 60 Jahre alt und nun schon circa 14 Jahre in höchsten Machtpositionen in Russland (als Präsident bzw. als Premier). Es ist gewiss nicht falsch zu sagen, dass Putin jetzt, 2013, am Zenit seines Lebens und am Zenit seiner politischen Laufbahn ist.

Er hat mit seiner Partei „Einiges Russland“ die gesamte riesige Russische Föderation machtpolitisch eisern im Griff: Im Parlament (Duma), in den Verwaltungsbehörden, in allen Medien, in den Großstädten, in den Regionen, durch die Justiz, Polizeiapparat, Militär durch die Geheimdienste usw. usf.

Um es kurz zu fassen: Die Russische Föderation ist heute eine „Putinokratie“, also ein Staat, der zwar formal alle Organe eines demokratischen Staats aufweist, wobei darin durch unzählige Macht- und Personalstrukturen aber sichergestellt ist, dass sich an der beinahe absoluten Macht von Präsident Wladimir Putin in absehbarer Zukunft nichts ändern wird.

Und genau in dieser Situation liegt die Chance von Wladimir Putin: Er kann den gordischen Knoten, der 68 Jahre lang den Friedensvertrag mit Japan verhindert hat, durchschlagen:

Putin kann diese vier Inseln Iturup; Kunaschir; Schikotan und Chabomai ganz einfach Japan zurückgeben! Ein derart unangefochten regierender und machvoller Präsident wie Putin es heute, 2013, ist, der kann das!

Putin und der japanische Premier Abe können gemeinsam auf der Grundlage der Rückgabe der Inseln an Japan ein für beide Seiten annehmbares Paket schnüren und den Weg für den Abschluss eines Friedensvertrags freimachen. Es wäre ein historischer Durchbruch nach 68 Jahren Stillstand.

Das Ergebnis, das Putin mit Hilfe der gesteuerten Medien präsentieren könnte

Die positiven Folgen, die man realistischerweise erwarten kann

Man braucht nicht allzu viel Phantasie, um sich auszumalen, wie zwei hochentwickelte Nationen, die eine hat 143 Millionen, die andere 126 Millionen Einwohner, auf allen möglichen Gebieten zusammenarbeiten könnten: Luft- und Raumfahrt, Schiffbau, Fahrzeugbau, Kernkraftwerke, Universitäten, Medizin-Knowhow und Gesundheitswesen, Tourismus usw. – diese Liste lässt sich noch um vieles verlängern. Nachdem das Kriegsbeil endlich begraben ist, steht einer Freundschaft und intensivem Handeln und Wirtschaften zwischen diesen beiden Nationen nichts mehr im Weg.

Ein Friedens- u. Kooperationsvertrag könnte viel positive, kreative Energie freisetzen, so ähnlich wie wenn ein Elektromagnet, der zuerst auf „Abstoßung“ geschaltet war, plötzlich auf „Anziehung“ umgeschaltet wird.

Beide Nationen würden profitieren: politisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich, gesellschaftlich… Die beiden Länder sind einander in manchem ähnlich, z.B. sind beide in einer Wirtschaftskrise, und haben eine stark alternde Bevölkerung und ein demografisches Problem. Aber sie ergänzen sich auch: Russland hat sehr viele Rohstoffe und eine etwas unterentwickelte verarbeitende Industrie, Japan hingegen hat so gut wie keine Bodenschätze, dafür aber eine der besten (Export-) Industrien.

Wladimir Putin könnte als derjenige Präsident in die Geschichte eingehen, der diesen historischen Friedensschluss endlich erreichte. Der frühere Präsident Jelzin war zu schwach dafür, Gorbatschow hatte zu viele andere dringende Themen, um die er sich kümmern musste, und davor war der Kommunismus in der Sowjetunion ein unüberwindliches Hindernis für eine Friedenslösung mit Japan.

Wladimir Putin könnte sich auch den Respekt seitens der gebildeten, urbanen Schichten vor allem in den Großstädten Moskau und St. Petersburg erwerben. Wahrscheinlich würde er Alexei Nawalny und dessen Freunden und sogar den Menschen im Umfeld von Pussy Riot einen gewissen Respekt auf Grund seines außenpolitischen Weitblicks abnötigen.

Man sollte auch daran denken, welche geographische und damit emotionale Distanz zwischen diesen Städten und den vier winzigen Inseln besteht: eine sehr große. Für die politischen Prozesse in Russland sind aber sicherlich die Metropolen im europäischen Teil Russlands maßgeblich.

Für Putin, der gewiss ein Experte in geopolitischer Strategie ist, kommt noch etwas besonders zum Tragen:

Mit einem Friedensschluss und einem Beseitigen der Spannung mit Japan kann er – und somit ganz Russland – auf Jahrzehnte hinaus ein Signal setzen, um den weltweiten Hegemonialanspruch der USA in die Schranken zu weisen. Und er könnte auch der Volksrepublik China signalisieren, dass Russland sich außer China auch noch andere Partner in Fernost sucht.

Man kann davon ausgehen, dass weder die USA noch die VR China – vom strategischen Standpunkt -– erfreut sein würden, wenn sich Russland und Japan einigen und umfassende Verträge miteinander abschließen würden.

Es wäre für Russland und Japan eine Win-Win-Situation, die sich auch auf den Weltfrieden positiv auswirken würde. Und der Macht der dominanten USA, VR China sowie Indien wären Grenzen gezogen. da es Gegengewichte geben würde.

Jetzt wo alle Welt in den Nahen Osten und in die USA blickt:

Wladimir Putin und ebenso Japans Premier Shinzo Abe könnten die Welt überraschen: Mit Sicherheit ist es kein Problem, die Verhandlungen möglichst im Verborgenen zu führen und dann nach einer Einigung mit einer gut inszenierten Veranstaltung an die Öffentlichkeit zu treten.

Beispiele von erfolgreichen Gebietsveränderungen im völkerrechtlichen Sinn

  1. Südtirol: Die Abtrennung Südtirols von Österreich nach der Niederlage des 1. Weltkriegs war zweifellos eine Ungerechtigkeit. Nach langem Leiden Südtirols und seiner Bevölkerung wurde 1946 das Gruber-De-Gasperi-Abkommen in Paris unterzeichnet und nach weiteren Jahrzehnten an Zwistigkeiten wurde schließlich 1992 das Südtirol-Paket finalisiert und Österreich gab die Streitbeilegungserklärung gegenüber der UNO und Italien ab. Am Status Südtirols zweifelt heute kaum jemand und es gibt, wenn überhaupt, nur geringfügige Unzufriedenheiten. Die Entwicklung Südtirols ist eine Erfolgsgeschichte.
  2. Das Saarland: Nach dem verlorenen 2. Weltkrieg war das Gebiet, das vorher zum Deutschen Reich gehörte, zunächst eine französische Besatzungszone, danach eine Art französisches Protektorat, das wirtschaftlich an Frankreich angeschlossen war. 1955 gab es eine Volksabstimmung, wodurch das Saarland der noch jungen Bundesrepublik Deutschland beitrat. Am Status des Saarlands zweifelt heute niemand mehr und es gibt keine Unzufriedenheit. Die Entwicklung des Saarlands ist eine Erfolgsgeschichte.
  3. Die Teilung der Tschechoslowakei: Seit Gründung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 waren die Slowaken unzufrieden und fühlten sich gegenüber den bevölkerungsmäßig stärkeren Tschechen benachteiligt. Im Oktober 1968 wurden zwei Teilrepubliken und eine föderative Verfassung geschaffen. Nach dem Ende des Kommunismus zeichnete sich bald ab, dass der föderative Staat Tschechoslowakei auf Dauer keinen Bestand mehr haben würde. Zu den ersten Zerwürfnissen kam es während des sogenannten „Gedankenstrich-Krieges“ um die Landesbezeichnung. Von April 1990 bis Ende 1992 hieß das Land Die Tschechische und Slowakische Föderative Republik.
    Interessenskonflikte zwischen den beiden Landesteilen führten 1992 zum Ende der Tschechoslowakei. Ohne Referendum wurde vom Parlament die Auflösung der Föderation zum 31. Dezember 1992 und damit die Bildung der beiden neuen Staaten Tschechien und Slowakei mit 1. Januar 1993 beschlossen. Am Status der beiden Staaten zweifelt heute niemand mehr und es gibt keine Unzufriedenheit. Die Entwicklungen der beiden Völkerrechtssubjekte Tschechien und Slowakei sind Erfolgsgeschichten.

Ing. Herbert Sutter, Jahrgang 1956, arbeitet in einer Wiener Immobilienfirma.

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Flüchtlingskatastrophe Syrien: Bevorzugung von Christen unbedingt erforderlich!

12. September 2013 02:40 | Autor: Emanuel Aydin
Rubrik: Gastkommentar

Als Resultat des Zerstörungsprozesses in Syrien und der nicht enden wollenden Gewalteskalation mussten bis heute bereits sechs Millionen Syrer ihre Heimstätten verlassen und sind auf der Flucht – in eine verzweifelte und ungewisse Zukunft. Ein Drittel davon hat das Land bereits verlassen, zwei Drittel irren im Land umher, in ständiger Angst vor den Schrecken des nächsten Tages. Weit mehr als eineinhalb Millionen, über fünfundzwanzig Prozent der Flüchtlinge, sind Christen – das ist der überwiegende Teil der christlichen Minderheit in Syrien. Christen sind deshalb in weitaus überproportionalem Ausmaß betroffen, weil sie – im Unterschied zu den meisten anderen Flüchtlingen – nicht einfach „nur“ Opfer blinder, sondern ganz gezielter, fanatischer Gewalt sind.

Das macht das Leid für die nichtchristlichen Flüchtlinge nicht geringer. Aber es bürdet uns in Europa die Verpflichtung auf, in der Aufnahmepolitik gegenüber syrischen Flüchtlingen bewusst differenziert vorzugehen.

Ich begrüße mit Nachdruck die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung und die bereits getroffene Zusage der Frau Innenministerin, in einer ersten großzügigen Maßnahme 500 syrische Flüchtlinge in Österreich aufzunehmen und dabei die christlichen Opfer zu bevorzugen. Umso mehr bin ich empört über die öffentlichen Äußerungen uninformierter Kritiker, die sich mit polemischen Worten dagegen wenden, ausschließlich christliche Familien nach Österreich zu holen. Ihr Ruf nach „Gleichbehandlung“ muslimischer Flüchtlinge ist billiger Populismus und geht ins Leere.

Im Falle von Naturkatastrophen, Krieg, Bürgerkrieg oder flächendeckendem Terror helfen westliche Organisationen wie Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und andere traditioneller Weise überall auf der Welt und ohne Ansehen der Religion oder der ethnischen Zugehörigkeit der Opfer.

Obwohl davon auch zahllose moslemische Menschen profitieren, wurde keine der genannten Organisationen bis zum heutigen Tag je von einem islamischen Staat oder einem der zahllosen reichen arabischen Erdöl-Magnaten unterstützt.

Besonders zu beachten ist, dass moslemische Flüchtlinge aus Syrien überall in der Region des Nahen Ostens bzw. in der „Nachbarschaft“ – auch im maronitischen Libanon, in den Golfstaaten und nicht zuletzt in der Türkei – Schutz und Aufnahme finden bzw. finden können – Gott sei Dank! Moslemische Flüchtlinge finden auch Unterstützung und Hilfe von den wohlhabenden Erdöl-Ländern und den islamischen Hilfsfonds.

All das trifft für die Christen des Nahen Ostens genau nicht zu. Sie sind buchstäblich in verzweifelter Hilflosigkeit und nicht selten „Freiwild“ in einer Region, die dereinst die Wiege des Christentums war. Ihre Zuflucht kann daher derzeit nur im Westen sein!

Ich rufe daher die Bundesregierung auf, ihre Zusage, die Aufnahme syrischer Flüchtlinge auf Christen zu beschränken, rasch umzusetzen. Aus Gründen der effektiven Integration sollten dabei besonders die Verwandten von syrischen Familien bevorzugt werden, die bereits in Österreich ansässig sind. Ich bitte die österreichische Bevölkerung um Unterstützung dieses humanitären Großprojektes.

Chorepiskopos Prof. Dr. Emanuel Aydin
in der Funktion des Metropolit-Assistenten für die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten

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Fußnote 488: Herr Klug schreibt gar nicht kluge Briefe

07. September 2013 09:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der von den Medien zum SP-Star hoch gejubelte Darabos-Nachfolger Gerald Klug will endlich in der Welt-Liga mitspielen - mit Briefen. Eine gute alte Tradition in seiner Partei. Immer anbiedern an die Mächtigen der kleinen (österreichischen) und der großen Welt. Werner Faymann und Alfred Gusenbauer wandten sich einst brieflich und untertänig an Hans Dichand. Das blieb wenigstens unter uns. Klug schreibt hingegen gleich an Barack Obama. Ob der Wichtigkeit Österreichs wird das dann wohl auch unter uns bleiben. Hoffentlich.

Österreich kann Chemie-Experten nach Syrien schicken, schreibt Herr Klug. Unter zwei Bedingungen: Dass es ein UNO-Mandat gibt und dass „vor Ort die Waffen schweigen“. Wunderbar: Offensichtlich ist dem klugen Herrn Klug entgangen, dass auch beim G20-Treffen ein Gleichschritt der Welt in der Syrien-Politik nicht zu erreichen war – da wird die Aussicht, dass Österreich, das gerade fluchtartig den Golan verlassen hat (weil die Waffen eben nicht schweigen), den großen Umschwung bringen. Großmannssucht nennt man das, was Herr Klug zu Papier gebracht hat. In der Welt draußen wird niemand wissen, dass in Österreich Wahlkampf ist – bekanntlich die Zeit der fokussierten Unintelligenz (© Michael Häupl). Also wird man es schlicht als das verstehen, was es ist: Österreich macht sich selbst zur Lachnummer. Zum Weinen.
 

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Die Torheit der Regierenden: Waffenregistrierung

06. September 2013 23:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Wer Barbara Tuchmanns im Jahr 1984 (!) erschienenes Buch „The March of Folly“ gelesen hat, weiß, wie vielfältig sich die Idiotie machttrunkener Eliten manifestieren kann. „Richtlinie 2008/51/EG“ heißt das Machwerk, in dem sich – einmal mehr – der Überwachungs- und Kontrollfetischismus des Europäischen Parlaments in beispielhafter Weise niederschlägt. Ehe die Damen und Herren europiden Überwachungsfanatiker sich an die Erfassung von in Privathaushalten lagernden Unterhosen, Rasierklingen, Zahnstochern und Bohrmaschinen machen, sollen demnach zunächst die Waffen registriert werden. Denn, so hören wir: Waffen töten und sind daher böse – mit Ausnahme derer natürlich, welche wackere Staatsdiener dazu benutzen, einheimische Zivilisten und/oder uniformierte Ausländer zu bedrohen oder niederzuschießen. Auch jene legal erstandenen Waffenbestände, von denen nationale und supranationale Behörden bislang keine Kenntnis haben, sind betroffen.

Angesichts der vermuteten Zahlen ein beachtliches Vorhaben. Überdies tickt die Uhr täglich lauter, denn bis Ende Juni 2014 soll die Sache abgeschlossen sein. Mehr als die Hälfte der seit dem ersten Oktober 2012 laufenden Frist ist also bereits wieder vorbei.

Kenner wissen: „Dies Österreich ist eine kleine Welt, // In der die große ihre Probe hält.“ Sollte das auch auf das heiße Bemühen der EU-Nomenklatura zutreffen, den Waffenbestand in Euroland möglichst lückenlos zu erfassen, dürfte eine veritable Blamage bevorstehen. Georg Zakrajsek von der „Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich“ (IWÖ), schätzt den in der Alpenrepublik vorhandenen Bestand an registrierungspflichtigen Waffen auf mehrere Millionen Stück. Nach Angaben des Innenministeriums wurden nach seinen Informationen bis Anfang August gerade einmal 60.000 davon im „Zentralen Waffenregister“ (ZWR) erfasst. Erinnerungen an den Flop mit den „Pumpguns“ (deren Erwerb und Besitz im Zuge einer Waffenrechtsnovelle anno 1996 verboten wurde) werden wach.

Damals erging an jene Bürger, die derartige Waffen besaßen, das Angebot, diese zu melden und fortan legal besitzen zu dürfen. Rund 2.000 Personen machten von dieser Offerte Gebrauch. Bei insgesamt geschätzten 40.000 Betroffenen waren das ganze fünf Prozent. Dass von den 95 Prozent somit illegal gewordenen Waffen seither keine einzige zur Begehung einer Straftat verwendet wurde, wirft ein grelles Licht auf die Plausibilität des von den politischen Eliten vorgebrachten Hauptarguments für die Meldung: die angebliche Steigerung der Sicherheit. Dass staatliche Zusagen das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen, ist durch den Umstand erwiesen, dass die gemeldeten „Pumpguns“ weder weiter veräußert noch vererbt werden dürfen – was eine entschädigungslose Enteignung bedeutet, von der zuvor natürlich keine Rede war.

In der Tat muss man schon recht seltsame Kräuter rauchen, um auf Idee zu kommen, dass die Registrierung eines Gegenstandes dessen möglichen Missbrauch verhindern könnte. Mehr als die Hälfte aller Bluttaten werden schließlich mit Messern begangen. Nicht einmal Frau Kallenbach von den Deutschen Grünen (die maßgeblich für die genannte Richtlinie verantwortlich zeichnet), wäre wohl schwindelfrei genug anzunehmen, dass eine amtliche Erfassung von Messern einen Beitrag zur Hebung der Sicherheit zu leisten imstande wäre. Wenn aber eine Registrierung von Messern, Baseballschlägern, Waldäxten oder Vorschlaghämmern mutmaßlich nichts bringen würde – weshalb sollte sich das bei Feuerwaffen anders verhalten? Das Beispiel der „Pumpguns“ in Österreich spricht Bände…

Selbst wenn nicht unterstellt wird, dass die Datenerfassung in Wahrheit ganz anderen Zielen dient, sind einige schwerwiegende Fehler in den Überlegungen der Kontrollfreaks offensichtlich: So argumentieren Behördenvertreter zum Beispiel gerne mit dem einfachen „Knopfdruck“, mithilfe dessen sie fürderhin befähigt wären, nach einem Kriminalfall den Besitzer einer Waffe identifizieren zu können. Diese Überlegung ist gleich mehrfach unsinnig. So wird etwa vorausgesetzt, der Täter würde seine Waffe freundlicherweise am Tatort zurücklassen – was überaus selten der Fall ist. Selbst dann aber führte dies nur dann zur Ausforschung des Täters, wenn es sich um eine tatsächlich amtlich registrierte Waffe handelte.

Bewaffnete Kriminelle neigen indes – elende Spielverderber die sie nun einmal sind – nur in Ausnahmefällen dazu, ihre Tatwerkzeuge vor der Begehung den Behörden anzuzeigen. Außerdem würde es, selbst wenn das bei einer Untat verwendete Kaliber einer Waffe oder – in besonderen Glücksfällen – sogar der Waffentyp festgestellt werden könnte (was sehr unwahrscheinlich ist), die Behörde angesichts vieler Tausend in Frage kommender Stücke kaum weiterbringen. Oder ist in solchen Fällen etwa daran gedacht, in Tausenden Haushalten unbescholtener Waffenbesitzer Beschlagnahmen zwecks ballistischer Untersuchung deren Eigentums vorzunehmen? Vermutlich (vorerst) nicht. Fazit: Wenn der Täter nicht so nett ist, mit dem sprichwörtlichen, noch rauchenden Colt in der Hand auf das Eintreffen der beamteten Freunde und Helfer zu warten, nutzt das Waffenregister für die Tataufklärung nicht mehr als ein angestrengter Blick in den Kaffeesud. Der sich auf „Knopfdruck“ einstellende Erfolg ist reine Chimäre.

Keine Chimäre sind allerdings die Kosten dieses bürokratischen Amoklaufs. Angesichts der gewaltigen Größe der zu erfassenden Datenmenge (Besitzer, Standort, Waffentyp, Hersteller, Kaliber, Seriennummer, etc.) und des in der Folge zu leistenden Kontrollaufwandes, kann sich der Steuerzahler auf einen ganz hübschen Aderlass gefasst machen. Die keineswegs abwegige Sorge vieler Betroffener, die hohe Politik könnte am Ende auf die Idee verfallen, den entstehenden Kontrollaufwand in Form einer „Überprüfungsgebühr“ oder „Waffensteuer“ den präsumtiven Opfern dieses personalintensiven behördlichen Veitstanzes aufzubürden, wird gewiss das seine dazu beitragen, die Aktion zu einem vollen Erfolg werden zu lassen.

In Kanada, wo sich die Regierung bereits vor geraumer Zeit angemaßt hatte, ihren Bürgern im Hinblick auf ihren Waffenbesitz nachzuschnüffeln, wurde die ganze Chose, nachdem dadurch Kosten von sagenhaften zwei Mrd. kanadischen Dollar (rund 1,45 Mrd. Euro) entstanden waren, wegen erwiesener Erfolglosigkeit längst sang- und klanglos abgeblasen. Offensichtlich kann die politische Elite der EU nicht umhin, die nämliche Erfahrung wiederholen zu müssen … Es geht ja schließlich nur um das Steuergeld der Bürger.

Natürlich ist es Unsinn zu meinen, die Machthaber würden tatsächlich an einen Sicherheitsgewinn durch Waffenregistrierung glauben. Es geht in Wahrheit um etwas völlig anderes. Wie auch beim Kampf gegen den CO2-Ausstoß, gegen das Bargeld, gegen das Rauchen, gegen Glühbirnen, fettige Ernährung und gegen „Steueroasen“, geht es einzig und allein um eine lückenlose Überwachung und Gängelung, sowie die Enteignung und Entmündigung des Bürgers. Der hat sich untertänig in seine Rolle als ewig von Regierung und Bürokratie abhängige, hilflose Marionette zu fügen. Gedacht und gesteuert wird von den Brüsseler Spitzen, nicht von Otto Normalverbraucher in eigener Sache. Behördliche Anmaßung in Reinkultur.

Der Kampf gegen den privaten Waffenbesitz – und genau darum handelt es sich bei der Registrierungskampagne – ist ein weiteres von der Freiheits-Salami abgesäbeltes Scheibchen. Hätten die Regierenden es gewagt, die Bürger auf einen Schlag mit all den Ungeheuerlichkeiten zu konfrontieren, die man ihnen in den letzten fünfzehn Jahren peu à peu zugemutet hat, wären sie vermutlich mit den sprichwörtlichen nassen Fetzen aus dem Amt gejagt worden oder hätten wie weiland Kriegsminister Theodor Graf Baillet de Latour im Oktober anno 1848 geendet. Größte Vorsicht ist geboten. Wer sein rechtmäßig erworbenes Eigentum noch länger behalten und von Nachstellungen des Leviathans verschont bleiben möchte, sollte sich gut überlegen, was er bis 30. Juni 2014 tut…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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Die Demokratie, die Gewalt der Straße und das Volk

04. September 2013 00:02 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist ein besorgniserregender Prozess: Immer öfter werden in vielen Regionen der Welt politische Auseinandersetzungen nicht mehr im Parlament, nicht über den Austausch von Argumenten, nicht auf rechtlichem Weg, sondern auf der Straße ausgetragen. Dabei glaubten viele noch vor einigen Jahren an einen unaufhaltsamen Siegeszug von Rechtsstaat, Parlamentarismus und Demokratie – insbesondere nach dem Zusammenbruch (fast) aller kommunistischen Diktaturen.

Auf diesen Zusammenbruch war dann ja auch rasch die Entmachtung vieler Drittwelt-Herrscher gefolgt. Diese konnten sich ab 1989 ja nicht mehr als Bollwerk gegen den Kommunismus verkaufen (was freilich auch vorher nur selten gestimmt hat). In letzter Zeit jedoch toben in dutzenden Ländern wilde Kundgebungen und Besetzungen, die sich über Monate oder auch Jahre hinziehen, wenn auch mit auf- und abschwellender Intensität.

Um nur einige Beispiele für solche Entwicklungen im letzten Jahr zu nennen: Ägypten, die Türkei, Russland, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Italien, Spanien, Schweden, Portugal, Deutschland (siehe etwa Stuttgarter Bahnhof, siehe Berliner Asylantenheime), Chile, Brasilien, Tunesien. Und wenn man etwas länger zurückgreift, kommen einem auch wilde Krawalle in Ländern wie Iran, Frankreich und Großbritannien in den Sinn.

Die vielen Ursachen des gleichen Phänomens

Dabei geht es um durchaus unterschiedliche Entwicklungen: Proteste gegen die Sparzwänge; dumpfer jugendlicher Protest in Ghetto-artigen Vorstädten; bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen zwischen Islamisten, Regierungen und Gemäßigten; Proteste gegen Studienreformen; Sorgen über eine rapide zunehmende Zuwanderung; Profilierungssucht schwuler Aktivisten; Widerstand gegen Machthaber, denen es trotz irgendwelcher Scheinwahlen völlig an Legitimität mangelt.

Trotz aller Unterschiede lassen sich erstaunlich viele Gemeinsamkeiten finden. Fast immer ziehen kühl-strategische Drahtzieher im Hintergrund die Fäden, während im Vordergrund wilde Emotion kocht. Dementsprechend ist es etwa Ägypten zumindest kurzfristig gelungen, die kampfeslustigen islamistischen Demonstranten auszubremsen, indem man die Drahtzieher ins Gefängnis gebracht hat. Das hat mehr gewirkt als die ebenso wilden Gegendemonstrationen der Anti-Islamisten.

Fatale Folgen der westlichen Einmischung in Nahost

Befeuernd für immer mehr Demonstrationen der letzten Zeit war der Umstand, dass im – vermeintlichen – arabischen Frühling Machthaber tatsächlich durch die Straße gestürzt werden konnten. Dabei war freilich in Wahrheit der westliche Druck auf die Machthaber in Tunesien und Ägypten sowie in Libyen die militärische Intervention des Westens entscheidend für den Rücktritt. Und nicht die Straße. Aber jedenfalls ging aus jenen Ländern ein Signal in die Welt (vor allem die islamische, in der es ja nirgendwo funktionierende Staaten gibt): Demonstrieren hilft. Wenn man nur ein paar Wochen durchhält, dann stürzen sogar Diktaturen. Und man kann auch sonst alles durchsetzen.

Dieser Glaube hat nun an vielen Orten zahllose Protestaktionen gegen alles Mögliche ausgelöst. Diese Eskalation der Unruhen war freilich das Gegenteil dessen, was am Beginn der arabischen Turbulenzen Europa und Amerika durch ihre Intervention erreichen wollten. Jetzt stehen sie ziemlich belämmert da und können zu den jüngsten Ereignissen in Ägypten nur noch hilflos herumstottern. Das ist wie bei Goethes Zauberlehrling und seinem Besen.

Die vielleicht stärkste Gemeinsamkeit hinter all diesen verschiedenen Manifestationen ist aber die Rolle der Medien. Die meisten Kundgebungen werden überhaupt primär für die Medien gemacht. Man kann solcherart gratis Sympathien, Mitläufer und Zuhörer sammeln und finden. Oder eben auch ausländische Mächte, die den eigenen Staatschef stürzen.

Wilde Bilder zählen, nicht das kluge Argument

Wo es hingegen keine Kameras gibt, wird viel weniger demonstriert. Das passiert dann nur, wenn es um wirklich existenzielle Fragen geht. Polit-PR-Agenturen raten ihren Klienten daher gerne, möglichst wilde Demonstrationen zu veranstalten. Und fast immer werden die Medien als wichtigste Teilnehmer schon alarmiert, bevor eine solche Demonstration überhaupt anfängt.

Insbesondere das Fernsehen hat weltweit fast nur noch dann Platz und Lust, in seinen Nachrichten über bestimmte Vorgänge zu berichten, wenn es dramatische Bilder gibt. Und nicht dann, wenn es vielleicht wichtig ist. Auch in den Zeitungen laufen die Dinge ähnlich: Es wird viel intensiver als sonst berichtet, wenn es Photos martialisch wirkender Straßenkundgebungen gibt.

Das verlockt natürlich: Willst du dein Anliegen in die Öffentlichkeit bringen, musst du auf die Straße gehen. Wenn Frauen bereit sind, vor Kameras ihren Busen zu entblößen, muss man überhaupt nur ein halbes Dutzend Aktivistinnen positionieren. Das bringt derzeit die meiste mediale Beachtung. Das hat die beste Kosten-Nutzen-Relation. Hingegen findet inzwischen das 200. Greenpeace-Transparent auf einem feindlichen Kraftwerk schon viel weniger Beachtung.

Diesen Mechanismus hat sich einst übrigens auch Richard Lugner zunutze gemacht, wenn auch auf einer anderen Ebene: Er hat durch alljährliches Opernball-Ankarren eines bekannten Skandalgesichts oder einer italienischen Prostituierten gratis so viel mediale Werbung bekommen, wie er sie nie bezahlen hätte können. Sein simpler Trick: Er hat einfach Material für Kameras organisiert.

Hingegen ist Tatsache: Nicht einmal die allerklügste Rede, das kreativste Pamphlet, die spannendste parlamentarische Debatte, der sensationellste Vortrag, die prominenteste Podiumsdiskussion bringt heute in der Regel eine Idee, ein Anliegen, ein Problem in die Medien. Aber ein paar schreiende oder halbnackte Menschen schaffen das. Wo es keine „schönen“ (=wilden, dramatischen, aktionsreichen, neuartigen, lautstarken) Fernsehbilder gibt, darüber wird nicht berichtet. Eigentlich ist das absolut widerlich. Aber so funktioniert die Medienwelt halt einmal. Immer hektischer Aufregungen präsentieren – und jetzt zum Wetter.

Natürlich kommen auch noch andere Faktoren dazu, etwa die ideologische Sympathie: Wenn Linke demonstrieren, genügen dem ORF ein paar Dutzend Menschen auf der Straße, um zu berichten; wenn es hingegen konservative oder christliche Gruppen sind, reagiert der Staatssender frühestens ab ein paar Tausend Demonstranten.

Auch das journalistische Herdenverhalten spielt eine große Rolle: Die meisten Medien halten erfahrungsgemäß primär das für berichtenswert, worüber auch die anderen berichten; solcherart glauben die unsicheren und verunsicherten Redaktionen, keinen Fehler zu machen.

Auch in Wien wird ja fast jeden Samstag durch irgendeine meist extremistische Randgruppe Mariahilferstraße oder Ring blockiert. Verstärkend wirken sich hier auch eine seltsame Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und das Verhalten der Wiener Polizei aus. Beide interpretieren die Demonstrationsfreiheit extrem weitgehend. In Wien darf man de facto auch ohne Anmeldung demonstrieren. Kundgebungen dürfen vereinbarte Routen verlassen. Und schon gar nicht hält man die Demonstranten dazu an, nur auf Gehsteigen oder in Fußgängerzonen zu bleiben.

Aber das nur am Rande. Österreich ist nicht das zentrale Thema dieser Analyse.

Demokratie per Dekret funktioniert nicht

Die Vorgänge in immer mehr Staaten vermitteln eine klare Erkenntnis: Demokratie und die dabei notwendigen Umgangsformen können den Menschen nicht einfach per Anordnung, per Dekret, per Verfassung aufgestülpt werden, wie man insbesondere in den USA lange geglaubt hatte. Sie muss ebenso wie der Rechtsstaat vielmehr tief in Köpfen und Herzen der Menschen als die weitaus beste Methode des gesellschaftlichen Zusammenlebens verankert sein. Rechtsstaat und Demokratie funktionieren nicht primär durch Gesetze, sondern nur, wenn die große Mehrzahl begreift, dass legales Verhalten auch zu ihrem eigenen Nutzen ist – damit es alle anderen auch so tun.

Die Menschen müssen dabei aber auch Vertrauen haben, dass auch friedliche Äußerungen gehört werden. Sie müssen Vertrauen in den korrekten technischen Ablauf von Wahlen haben, in die Justiz, in die Polizei. Wenn dieses Vertrauen nicht – nicht mehr oder noch nicht – da ist, dann hat keine Verfassung der Welt eine Chance. Dann suchen die Menschen unweigerlich früher oder später den Kampf auf der Straße. Und die Sträksten setzen sich durch.

Das passiert natürlich auch dann, wenn die Unterdrückung durch ein Unrechtsregime als nicht mehr tragbar angesehen wird. Aber um das legitime Widerstandsrecht gegen Diktaturen, die anders nicht beseitigt werden könnten, geht es heute in Wahrheit nur in einer Minderheit der Fälle.

Was hilft gegen diese Fehlentwicklung?

Kann man diese skizzierte Entwicklung bremsen oder umkehren? Auf Selbstdisziplin in den Fernseh- und Bildredaktionen zu hoffen, wäre total realitätsfremd. Film- und Bildberichte zu verbieten, wäre eine absolute Zertrümmerung unserer Meinungsfreiheit. Und umgekehrt würde es jeden Staat zusammenbrechen lassen, allen per Demonstration betriebenen Anliegen nachzugeben.

Pessimisten glauben daher, dass sich das demokratische System solcherart selbst ad absurdum führen wird. Was ja übrigens eines Tages auch als Folge der ständig teurer werdenden Wählerbestechungen in wirtschaftlicher Hinsicht droht.

Optimisten sehen aber zumindest einen Ausweg: Das ist die Direkte Demokratie. Wenn wie in der Schweiz eine Bürgermehrheit in geordneter Form über wirklich jede Frage entscheiden kann, dann führt das nicht nur zu offensichtlich viel besseren politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Ergebnissen. Dann wird es vor allem reichlich sinnlos, ständig zu demonstrieren oder gar zu versuchen, Parlamente zu besetzen. Dann hat vor allem das liberal-aufgeklärte Ideal wieder Platz: Es zählt das Argument und sein Austausch unter zuhörenden Bürgern, nicht die Lautstärke und Aggressivität.

Es scheint, das ist die einzige Rettung der Demokratie. Nur die meisten der eigentlich mit dem Schutz der Demokratie beauftragten Politiker begreifen das nicht.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Der Angriffsbefehl, der keiner ist

31. August 2013 20:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Eine starke Rede des amerikanischen Präsidenten. Aber Rhetorik ist eigentlich doch nicht alles, wenn man dabei auf die Logik vergisst und sich in der gleichen Rede diametral widerspricht.

Barack Obama hat der Welt in martialischen Worten mitgeteilt, dass er Befehl zum Angriff auf Syrien gegeben hat. Der könne schon „morgen“ stattfinden, kündigte er an. Bevor sich aber der ganze Nahe Osten in den Luftschutzbunker begeben konnte, kam dann ein paar Sätze später das Gegenteil: Obama will erst die Zustimmung beider Häuser des Kongresses haben.

Und die wird er sicher nicht „morgen“ haben – wenn er sie überhaupt jemals bekommt. Das ist nämlich angesichts der auslaufenden Urlaubszeit und des Fehlens klarer Festlegungen vieler Abgeordneter noch völlig unklar. Das ist angesichts der Antikriegs-Entscheidung des britischen Unterhauses und der angriffsfeindlichen Stimmung der meisten Amerikaner doppelt fraglich. Die Abgeordneten wollen ja wiedergewählt werden.

Aber rhetorisch war‘s ein Meisterwerk. Daraus können noch viele Politiker in der ganzen Welt lernen, wie man einen halben Rückzug von früheren Positionen und einen ganzen Widerspruch in den eigenen Aussagen durch kraftvolle Worte überspielt.

Erstaunliche Beobachtung, keineswegs nur am Rande: Es sind weltweit nur noch zwei ganz linke Präsidenten, der französische und der amerikanische, die an der Seite islamischer Fundamentalisten wie insbesondere des türkischen Prügel-Präsidenten Syrien angreifen wollen. Während die konservativ-liberal regierten Länder von Großbritannien bis Deutschland friedfertig abseits bleiben. Was lernen wir daraus?

 

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Hoch die Demokratie: Das Schlimmste scheint verhindert

30. August 2013 02:01 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Großbritannien hat Abgeordnete mit Rückgrat: Das Unterhaus hat den eigenen Premier Cameron in einer sensationellen Wendung gezwungen, auf die Angriffspläne gegen Syrien zu verzichten. Bravi. Apropos Syrien: Deutlicher denn je kann man an Hand dieses Konflikts schwarz auf weiß beweisen, dass Österreich nur noch eine willenlose Kolonie Deutschlands ist.

Aber zuerst zu den großen und wichtigen Mächten. Der Antikriegs-Beschluss in Westminster und die damit verbundene Ohrfeige für Premier David Cameron zeigen enge Parallelen mit den ersten Andeutungen eines Rückzugs auch des amerikanischen Präsidenten von seinen in den letzten Tagen verkündeten Angriffsplänen.

Obamas Rückzug ist freilich noch keineswegs sicher. Der fesche, aber schwankende Präsident steht zwischen zwei Übeln. Er blamiert sich entweder wegen seiner bisherigen Kriegsrhetorik, die dann doch nicht ernst zu nehmen gewesen wäre. Oder er steht einsam und isoliert da – und vor allem in Kontrast zum klaren Willen seiner eigenen Bürger. Diese sind massiv dagegen, schon wieder in einen teuren und blutigen Konflikt ohne eindeutigen Kriegsgrund, ohne klares Ziel, ohne klare Verbündete oder gar zugunsten islamistischer Fundamentalisten hineingezogen zu werden. Und sie äußern dies auch auf allen Ebenen.

Beide Vorgänge – der Druck der US-Bürger und die Niederlage für Cameron – sind ungemein erfreulich. Sie zeigen, dass selbstbewusste Bürger und Abgeordnete in echten Demokratien heute ganz schön viel bewirken können. Sie zeigen aber eindeutig auch, dass es bei den Bürgern deutliche Sympathien für die an Seite Assads stehenden Christen gibt. Diese sind offenbar stärker als die Sympathien der Regierungen für das immer fundamentalistischer werdende Erdogan-Regime. Ich wage fast zu sagen: Wenn Obama jetzt doch angreift, dann schadet das seiner Partei mehr als sämtliche Fehler der letzten Jahre.

Gleichzeitig müssen auch die so gescheiten amerikanischen Geheimdienste plötzlich zugeben, was das (garantiert ganz geheimdienstfreie) Tagebuch schon vor drei Tagen geschrieben hat: Man könne keineswegs sicher sein, dass das Assad-Regime haupt- oder alleinverantwortlich für den Giftgaseinsatz ist. Na schau. Vielleicht abonniert die CIA jetzt das Tagebuch. Da gibt’s offensichtlich manches um 120 Euro im Jahr zu lesen, was die amerikanischen Steuerzahler 40 Milliarden Euro im Jahr kostet.

Spaß beiseite und kleiner Themenwechsel, wenn auch ebenfalls aus Anlass Syrien: Mit Mut und Kraft zu eigenständiger Politik ist es in Österreich nicht so weit her wie bei den Angelsachsen. Weder beim Parlament noch bei Bürgern. Aber auch nicht in der Regierung.

Das, was man schon vor Jahrzehnten über die Nationalbank gesagt hat, kann man heute auch über die österreichische Regierung sagen: Bei den meisten ihrer Entscheidungen würde ein Mail-CC aus Berlin nach Wien, eine Kopie der deutschen Beschlüsse reichen. Diese sind dann nur noch um den (zum Glück recheneinfachen) Bevölkerungsfaktor zehn zu dividieren.

Wenn wir uns das endlich ehrlich eingestehen, könnten wir uns einen Großteil der Abgeordneten und Minister ersparen. Jüngstes Beispiel: Kaum verkündet Berlin, 5000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen, nimmt Österreich 500 auf. Nicht 450, nicht 550. Genau Faktor zehn. Die Rechnung stimmt.

Ähnlich war es, als Herr Westwelle in Berlin glaubte, den ägyptischen Fundamentalisten Mursi nach dessen Sturz unterstützen zu müssen. Da plapperte der Wiener Außenminister das sofort automatisch nach. Bis die beiden merkten, dass sie sich da total vergaloppiert hatten und einsam geblieben waren (so wie jetzt Cameron).

Das blinde Befolgen deutscher Wünsche macht die österreichische Politik seit einigen Jahren einfach. Daher fällt es auch nicht weiter auf, dass unser politisches Personal quer durch die Parteien – na ja, sagen wir es deutschdeutsch: nicht gerade erste Sahne ist. Oder wie es Angela Merkel gesagt haben soll: Werner Faymann geht ohne Meinung hinein, und dann mit ihrer, Merkels, Meinung hinaus. (Kleine Ehrenrettung des Tagebuchautors für Faymann: Seine Fönfrisuren sind deutlich sorgfältiger als die Merkels).

Seit das blinde Nachverfolgen der deutschen Politik zum obersten Prinzip der Wiener Regierung geworden ist, muss man auch bei Hunderten anderen Beschlüssen und Gesetzen nicht lange nachdenken. Deutschland, geh uns voran, wir folgen dir. Was vielleicht gar nicht immer zu ganz blöden Ergebnissen führt.

Das gilt übrigens auch für die heimischen Höchstgerichte: Sie schauen insgeheim ständig auf Karlsruhe, ob es dort eventuell eine neue Judikatur gibt. Die wird dann fast immer brav übernommen.

PS: Es war noch unter der bösen Regierung Schüssel, als es 2006 noch umgekehrt war. Als alle deutschen Zeitungen der Berliner Regierung empfahlen, dem österreichischen Vorbild zu folgen. Gar nicht so lange her . . .

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Wenig Kluges von Klug

29. August 2013 23:19 | Autor: David Nagiller
Rubrik: Gastkommentar

Wenn das Bundesheer im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach als Partner mit an Bord ist, ist es selbstverständlich, dass auch der Verteidigungsminister zu Wort kommen darf. So kam Mag. Gerald Klug am 25. August dieses Jahres in das Dorf der Denker, um vor dem gespannten Auditorium über Österreichs Sicherheitspolitik, speziell im Zusammenhang mit dem Thema „Cyber war“, zu referieren.

Und ja, bezüglich der Sicherheit des Auftretens und des Vortrages sowie der Ausstrahlung der Person konnte der Herr Minister durchaus überzeugen. Was er allerdings inhaltlich von sich gab, war alles andere als überzeugend.

Es begann schon damit, dass der Ressortchef bereits am Beginn ideologische Duftmarken setzen musste, indem er „soziale Sicherheit“ und ganz besonders „Verteilungsgerechtigkeit“ als erste Herausforderung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (nicht der Sozialpolitik, wenn man denn schon die Umverteilungsmaschinerie weiter forcieren will) benannte.

Peinlich war sodann die folgende Selbstoffenbarung: Nämlich, dass man innerhalb der EU und besonders hierzulande keinesfalls mehr, sondern eher immer weniger Geld für die jeweiligen Streitkräfte ausgeben will und stattdessen lieber auf gegenseitige Aushilfe, Improvisation und das Vertrauen, dass schon kein gröberer militärischer Zwischenfall passiert, setzt. Im O-Ton des Mag. Klug freilich klang das wesentlich euphemistischer, sprach er doch davon, die Verteidigungshaushalte „zu stabilisieren bzw. neu auszurichten“ und davon, dass „das Spannungsverhältnis zwischen Aufgaben und Mitteln (…) nur durch verstärkte Kooperationen, Schaffung von Synergieeffekten, Konzentration auf die wahrscheinlichen (!) Einsätze und Arbeitsteilung“ abgefedert werden könnte.

Was vielleicht für die Aufrechterhaltung einer Gemeinschaft finanziell klammer Vereine in einem 500-Einwohner-Dorf in der alpinen Peripherie durchaus Sinn macht, als Konzept für die europäische Sicherheitspolitik zu präsentieren, ist nicht nur fachlich bedenklich sondern schlicht gefährlich.

Einmal mehr bewies der Minister sodann die Schizophrenie der roten Militär-Politik: Einerseits die Neutralität als „unverrückbares Fundament“ der nationalen Sicherheitspolitik zu bezeichnen und sich explizit von der Verteidigungsdoktrin 2001 abzugrenzen und andererseits die europäische Kooperation nicht nur im Sanitätsbereich oder Katastrophenschutz zu suchen, sondern auch bei Terrorismusabwehr, im Rahmen von Groß-Manövern und „am gesamten (…) militärischen Aufgabenspektrum von EU und UNO“ mitwirken zu wollen, stellt den Versuch einer Quadratur des Kreises dar, der sich jeglicher Logik entzieht. Dasselbe trifft im Übrigen für die Erklärung des SPÖ-Politikers zu, dass er sich klar zu internationalen Einsätzen bekenne, während er gleichzeitig nach wie vor den fragwürdigen und Österreichs Ruf schädigenden Abzug vom Golan verteidigt.

Dass Klug zudem „konkrete neutralitätspolitische Akzente“ bei der Konfliktvermittlung setzen will, kann angesichts des sicherheitspolitischen Agierens Österreichs im Ausland der vergangenen Jahre wohl nur als Farce bezeichnet werden. Denn schon alleine die Grundbedingung dafür – eine realistische Bewertung der geopolitischen und regionalen Lage – war in vielen Fällen nicht gegeben. Man denke hierbei nur an die dümmliche Bejubelung des sogenannten „Arabischen Frühlings“, der sich als tief islamistischer Winter entpuppte. Wo waren da die „neutralitätspolitischen Akzente“ um die Heißsporne in Großbritannien oder Frankreich von für Europa massiv schädlichen Interventionen abzuhalten?

Immerhin erkennt der Minister, dass Afrika „an Bedeutung für die europäische Sicherheit“ (oder besser: Unsicherheit) gewinnt, auch wenn klar ist: „Österreich wird dabei natürlich nicht an vorderster Front stehen“. Inwiefern also das neue „Afrika-Kompetenzzentrum“ mit seinen „konfliktpräventive(n) Vorhaben“ tatsächlich eine Stabilisierung vor Ort und vor allem das Fernhalten von Terrorismus, Kriminalität und Zuwanderungsströmen nach Europa gewährleisten kann, bleibt dahingestellt.

Für offene Heiterkeit auch beim sicherheitspolitisch nicht versierten Laienpublikum sorgten dann allerdings die Ausführungen Klugs zum Thema „Cyber-Verteidigung“ in Österreich. So sollen Grundwehrdiener ab 2014 ein Modul „Cyber-Sicherheit“ wählen können. Dazu sollen die künftigen Rekruten bei der Musterung einem „Cyber-Talentecheck“ unterzogen werden und nach der allgemeinen Grundausbildung eine „Cyber-Grundausbildung“ durchlaufen. Danach (!) könnten sie unter anderem die Prüfung zum „Computerführerschein“ ablegen. Offenbar genügt also die Fähigkeit, den PC oder Laptop in Gang zu bringen, um den „Cyber-Talentecheck“ zu bestehen, während man nach der „Cyber-Grundausbildung“ in der Lage ist, ein Word-Dokument zu formatieren oder eine Excel-Tabelle mit Verknüpfungen anzulegen. Dann werden die Rekruten „im Rahmen ihrer besonderen (!) Fähigkeiten (…) zur Cyber-Sicherheit der Republik“ beitragen – was soll man dazu noch sagen?

Der Besuch von Alpbach erweist sich dann doch immer wieder als recht aufschlussreich – so oder so.

Mag. David Nagiller ist Mag.iur., ehemaliger Journalist und ehemaliger Parlamentarischer Mitarbeiter. Derzeit absolviert er die Ausbildung zum Hauptschul-Lehrer. Er ist im ÖCV, Austria Innsbruck, korporiert.

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Der Krieg gegen die Vernunft

28. August 2013 01:01 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Blamage, nächste Abteilung: Der Westen verstrickt sich rettungslos in der eigenen Rhetorik rund um Syrien. Er gerät daher – wieder einmal – in einen fremden Konflikt hinein, aus dem er nicht ohne schwere Schäden herauskommen wird. Von den Medien getrieben, aber zum Entsetzen der Menschen.

Begonnen hat alles damit, dass Barack Obama in einem Interview von einer roten Linie geschwafelt hat, den ein Giftgasangriff im syrischen Bürgerkrieg darstellen würde. Nur hat er eigentlich keine Ahnung gehabt, was dann, also jenseits der Roten Linie, eigentlich geschehen soll. Bis heute ist mir im Übrigen auch nicht klar, warum ein Giftgastoter eigentlich so viel relevanter sein soll als ein konventioneller Toter. Der eine ist eine rote Linie, der andere wurscht.

Nächste Etappe war dann schon vor Wochen ein erster Gift-Einsatz, der nach tagelangem Zögern letztlich von den Amerikanern als solcher eingestuft worden ist. Also: die „Rote Linie“. Aber nichts ist geschehen.

Und jetzt eben ein zweiter Giftgas-Fall, mit deutlich mehr Opfern. Dennoch sind die Giftopfer nur ein winziger Bruchteil im Vergleich den sonstigen Opfern des Konflikts. Von den Millionen Vertriebenen gar nicht zu reden. Löst das jetzt plötzlich den großen Krieg aus, der manche sogar schon das W-Wort vom drohenden Weltkrieg in den Mund nehmen lässt?

Die allergrößten Fragezeichen sind aber andere. Das ist vor allem die Faktenlage: Was sind die eindeutigen Beweise, dass der jüngste Giftgaseinsatz nicht nur stattgefunden hat, sondern auch vom syrischen Diktator Assad veranlasst worden ist? Wie so oft in der Geschichte könnte die Logik und vor allem die Frage nach dem Nutzen, nach dem „Cui bono?“ bessere Antworten auf diese Frage bieten als die Experten unmittelbar vor Ort. Auch beim Überfall auf den Sender Gleiwitz brachten ja damals solche Analysen validere Antworten als irgendwelche vor Ort zu findende Details. Es gibt in solchen Situationen kein einziges Detail, das dabei nicht fingiert worden sein könnte.

Keinen Hauch der Sympathie für einen Assad. Aber es wäre ein Zeichen einer für ihn völlig untypischen Unintelligenz, wenn er wirklich hinter dem Anschlag stünde: ausgerechnet jetzt, da sich an den Fronten viel zu seinem Gunsten gewandelt hat; ausgerechnet zum Zeitpunkt, da UN-Inspektoren gerade in Syrien waren; ausgerechnet in Damaskus selber.

Da taucht natürlich die Gegenfrage auf: Kann denn die Opposition wirklich so zynisch sein, viele Hunderte Menschen auf der eigenen Seite durch Gift umzubringen, nur um das Assad in die Schuhe zu schieben? Diese Frage kann ich jedenfalls nicht mit einem überzeugten Nein beantworten. Denn die Lage der syrischen Opposition ist total verzweifelt. Die Geschichte hat auch genug Beispiele für solchen Zynismus. Außerdem ist es durchaus denkbar, dass nur ein einziges der zerstrittenen Gruppen und Dienste hinter einem solchen Gifteinsatz stünde, ohne dass es sonst wer weiß.

Aber selbst wenn man nicht diese zweifellos legitimen Zweifel hegt, müsste der Westen aus vielen Gründen von einem militärischen Einsatz zurückschrecken:

Nun kann man noch hoffen, dass trotz aller Kriegsvorbereitungen die Amerikaner doch noch einlenken. Was aber inzwischen eine ordentliche Blamage für Obama bedeuten würde.

Wenn es trotz allem zu militärischen Verwicklungen Amerikas und europäischer Staaten kommen sollte, dann nur aus zwei Gründen: zum einen weil die Türkei das unbedingt will; und zum anderen weil Obama glaubt, nur so sein Gesicht wahren zu können, und weil die Briten noch immer an der Seite der Amerikaner gekämpft haben. Dahinter stehen viele Medien, die derzeit ja auf Obama Druck in Richtung einer Intervention ausüben. Das sind freilich genau dieselben Medien, die dann ein paar Wochen später die selbst herbeigeschriebene Intervention verdammen werden.

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Selbst im Kalten Krieg waren sie klüger als heute ein Barack Obama

08. August 2013 02:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der amerikanische Präsident sagt ein bilaterales Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin ab. Das mag vielen Amerikanern gefallen, das zeigt aber endgültig den Zynismus und die Blödheit Obamas.

Denn es ist nüchtern festzuhalten: Selbst im Kalten Krieg haben sich die Chefs aus Washington und Moskau immer wieder getroffen. Darunter auch in Wien. Sie taten das selbst dann, wenn keinerlei Konsens in irgendeiner Frage in Aussicht war. Aber sie wussten, was Obama nicht mehr weiß: Nicht miteinander zu reden, ist das Allerdümmste.

Gewiss mag es nachvollziehbar sein, wenn Obama sich über die Flucht eines Agenten nach Russland ärgert. Nur: Waren nicht die damals in mehrfacher Überzahl abschussfertig aufeinander gerichteten Atomraketen tausendmal schlimmer als ein heutiger Geheimnisverräter?

Glaubt Obama etwa, dass Putin jetzt dieser Absage wegen plötzlich zum reuigen und gehorsamen Sünder wird und bloßfüßig zu Barack Canossa pilgert, um den über ihn verhängten Bann loszuwerden?

Gewiss ist in vielen Punkten auch der allerschärfste Tadel an Putin und seinem Verhalten legitim. Aber ein ehrlicher US-Präsident würde zugleich zugeben, dass auch der Westen die Russen bisweilen überflüssigerweise provoziert hat. Etwa mit dem jedes UNO-Mandat überschreitenden Angriff auf Libyen, der dann noch dazu ein sehr zweifelhaftes Ergebnis gebracht hat.

Oder die russische Unterstützung für Syriens Diktator Assad: Ist die wirklich so schlimm, wenn soeben der Vizechef der amerikanischen CIA die gegen(!) Assad kämpfenden Islamisten als die größte Bedrohung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten bezeichnet hat?

Ist es wirklich nachvollziehbar, wenn die USA jetzt die – zweifellos  nicht gerade vorbildliche – Stellung von Schwulen in Russland groß thematisieren, während bei den islamischen Freunden der USA (und in etlichen anderen Staaten) die tausendmal schlechtere Situation von sich irgendwie outenden Homosexuellen nicht einmal erwähnt wird?

Apropos Zynismus und Blödheit Obamas: Seit einer Woche hält er die Amerikaner und den Rest der Welt mit ständig lauteren Terrorwarnungen in Angst und Schrecken. Er erklärt uns dabei, dass der erlauschte Inhalt dieser Telefonate keineswegs deswegen hochgespielt wird, um die ob der globalen Abhörerei durch die Amerikaner erzürnte Welt zu besänftigen. Der Glaube an diese Behauptung ist mir aber rasch verloren gegangen, als gleichzeitig eine andere Tatsache bekannt wurde: Vielen Hunderten islamistischer Al-Kaida-Terroristen ist in einer konzertierten Großaktion die Flucht aus Gefängnissen in mehreren Staaten geglückt.

Diese Nachricht ist viel schlimmer und schockierender, als wenn eine Bombe vor einer amerikanischen Einrichtung explodiert. Denn wenn auch nur jeder zweite der Entsprungenen wieder zum kriminellen Glaubenskämpfer wird (eine sehr konservative Schätzung!), dann werden wir global noch viel Schlimmeres erleben als Bomben auf ein US-Gebäude. Das aber interessiert Obama seltsamerweise nicht. Was mich in der Überzeugung bestärkt, dass es ihm doch primär um eine Ablenkungsaktion geht.

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Depressiv, dekadent und überflüssig: Europa 2013

02. August 2013 01:03 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der große Historiker Walter Laqueur mag mit seinen 92 Jahren nicht mehr lange unter uns weilen. Aber die Weisheit, mit der er dieser Tage Europa analysiert hat, geht wohl weit über die Spanne seines Lebens hinaus. Es ist wohl das klügste, aber auch bestürzendste Interview gewesen, das man in den letzten Jahren über Europa lesen konnte.

Dabei ist das, was Laqueur da in einem Interview mit dem „Spiegel“ gesagt hat, in fast jeder Zeile von großer, ja verzweifelter Liebe zu Europa geprägt. Er spricht in vielem das aus, was man selber für die Zukunft des Kontinents fürchtet.

Vergnügungspark für die Neureichen aus anderen Kontinenten

Dennoch klingt seine Zukunftsvision aufs erste und oberflächlich recht harmlos. „Die Möglichkeit, dass Europa ein Museum oder ein kultureller Vergnügungspark für die Neureichen der Globalisierung wird, ist nicht völlig von der Hand zu weisen.“ Dies ist in Wahrheit ja heute schon der beherrschende Eindruck, den die Städte des Kontinents vermitteln.

Prinzipiell ist das – auch für den Historiker Laqueur – ja nichts Schlechtes: „Das Ausscheiden aus der Champions League ist nicht das Ende.“ Nur sollte man sich dessen eben auch bewusst sein. Denn „dann wäre es vielleicht auch ratsam, die freigiebige Verteilung von guten Ratschlägen an andere Länder etwas einzuschränken und die eigenen Leistungen weniger pathetisch zu beschwören.“

Laqueur sieht das aus der weit vom Objekt der Betrachtung zurücktretenden Perspektive des Analytikers (und sicher auch seines eigenen Alters): „Aufstieg und Zerfall von Reichen sind Konstanten der Geschichte.“ Das erinnert stark an Oswald Spengler, der schon am Beginn des vorigen Jahrhunderts den Untergang des Abendlandes prophezeit hat. Für Laqueur ist diese Perspektive entweder eine Konsequenz des Alterungsprozesses Europas oder die Folge seines Wohlstandes; dieser habe eine furchtsame Gesellschaft herausgebracht, die allen Konflikten ausweichen will und alle Warnsignale missachtet, durch die sie ihren Wohlstand gestört fühlt.

„Bevor der Zusammenbruch kommt“

Man sollte sich bei der Beurteilung nicht durch seine die relative Stabilität Europas in den letzten Jahrzehnten täuschen lassen: „Es gibt immer ein retardierendes, beharrendes Moment, bevor der Zusammenbruch kommt.“ Europa hoffe auf ein Wunder – wende aber jenes Rezept an, dass auf längere Sicht den geringsten Erfolg verspreche: „ein bisschen Reform hier, ein Stück Flickschusterei da und eine Dosis business as usual.“ Dahinter habe Europa aber das Gefühl für die klare und unmittelbare Gefahr verloren, welche seine Krise bedeutet. Der europäische Antiamerikanismus, „der auf der Linken wie auf der Rechten stets latent geblieben ist“, habe nämlich den Blick auf die eigenen Schwächen Europas verstellt, so Laqueurs unbarmherziges Urteil.

Die Europäer bleiben lieber in Deckung. Sie versuchen gar nicht mehr, wieder zu einer politischen Großmacht aufzusteigen. Aber: „Die Europäer haben noch nicht begriffen, dass es keinen Schutz vor den Folgen der Weltpolitik gibt.“ Ein Rückzug biete keine Sicherheit vor den Konsequenzen.

Europa sei von einer unerklärlichen Willenlosigkeit erfasst. Die europäische Krise sei nämlich keineswegs vorrangig eine Schuldenkrise. „Europäische Werte mögen noch so oft angerufen und angepriesen werden – Willensschwäche, Trägheit, Ermüdung, Selbstzweifel, mangelndes Selbstvertrauen, das läuft auf die psychologische Diagnose eines schwachen Egos hinaus.“

Den Umgang mit Rüpeln und Schurken lernen

Diese Ängstlichkeit strahle Europa naturgemäß auch nach außen aus. „Das merken die Rüpel, und das spüren auch die Hilfsbedürftigen.“ Laqueur verlangt von Europa, dass es endlich zur Kenntnis nehmen solle, in einer Welt zu leben, „in der allzu oft das Chaos herrscht, nicht das internationale Völkerrecht.“ Es müsse daher lernen, sich nach zwei verschiedenen Methoden in der Welt zu verhalten: „einmal nach solchen, die den Umgang untereinander regeln“; jedoch „wenn es um die Rüpel und Schurken geht, die noch nicht den aufgeklärten Zustand der Postmoderne erreicht haben“, dann sollte Europa begreifen, das ganz andere Methoden notwendig sind.

Zweifellos könnte man auch Europas unsichere Reaktion in der aktuellen NSA-Überwachungskrise so interpretieren. Die Europäer sehen in diesem Zusammenhang immer nur brave und anständige Bürger als Opfer, die Amerikaner (und zum Teil Briten) haben hingegen immer Schurken und Schurkenstaaten als Ziel all der Abhöraktionen vor ihrem Auge. Daher fällt es Europa auch so furchtbar schwer, mit den Amerikanern einen Konsens bei der Interpretation der Geheimdienstaktionen zu erzielen.

Zurück zu Laqueurs Bilanz. Sie ist jedenfalls deprimierend. Europa habe seinen moralischen Kredit weitgehend verspielt, fürchtet er. „Es scheut sich Sanktionen zu verhängen; es tut sich unendlich schwer, in Krisen außerhalb Europas zu intervenieren; es hat seine weitgehende Ohnmacht sogar bei Kriegen im eigenen Hinterhof bewiesen.“

Spielball der Weltpolitik

Europa spiele zwar in Wirtschaft und Handel weiterhin eine Rolle. „Aber bis heute steht der Kontinent politisch und militärisch nicht auf eigenen Füßen.“ Das wäre aber nur möglich, wenn global die Machtpolitik keine Rolle mehr spielten würde. „Die Konflikte sind jedoch nicht zurückgegangen, der Fanatismus und die Leidenschaft in ihnen brennen weiter“. Das mache es daher fragwürdig, ob der Gedanke einer europäischen Unabhängigkeit von der Weltpolitik realistisch ist.

Europa erweise sich angesichts der heraufziehenden Stürme vielmehr als hilflos und werde zu einem Spielball dieser Weltpolitik.

Brillante und mutige Gedanken zur Lage des Kontinents und der Union, die einem viel zum Nachdenken geben. Am beklemmendsten ist aber wohl, wie weit diese Gedanken ganz offensichtlich von der Realität Europas, von den Themen seiner Wahlkämpfe und von der Denkwelt seiner Politiker entfernt sind.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Aus dem Ausland gelenkte Demonstrationen sind eine Provokation

27. Juli 2013 05:37 | Autor: Amer Albayati
Rubrik: Gastkommentar

Leider ist es zum Trend geworden, dass radikale Islamisten aller Couleur – seien es Araber oder Türken, Muslimbrüder, Salafisten, oder Hizb ut-Tahrir – die explosiven politischen Ereignisse in ihren Herkunftsländern dazu nutzen, um Demonstrationen in Österreich anzuzetteln und so ihre Haltung öffentlich zu machen, die ernsthaft unser friedliches Zusammenleben bedroht.

Vom Ausland aus gesteuerte Demonstrationen sind eine Provokation und Verhetzung. Man will durch Druck der Islamisten auf der Straße etwaige europäische Kritik oder der einheimischen Bevölkerung schwächen und unsere Parteien entkräften. Die Demonstrationen heizen nicht nur die Lage vor Ort an, sondern missbrauchen auch die österreichische Bevölkerung für die Zwecke der AKP oder der Muslimbruderschaft, anstatt zur Besinnung aufzurufen.

Demonstrationen von Islamisten in Wien provozieren mit der zur Schau Stellung der Bilder autoritärer Führer und der Symbole der AKP oder anderer Arabischer Parteien wie insbesondere der Muslimbrüder. Man will dadurch das brutale Vorgehen gegen die Demonstranten in der Türkei sowie in Ägypten legitimieren und die eigenen blutigen Hände in der westlichen Öffentlichkeit rein waschen; aber dadurch werden der soziale Frieden und die Sicherheit in Österreich ernsthaft bedroht.

Wie in Frankreich, Schweden oder im Vereinigten Königreich wird die Sorglosigkeit gegenüber dem radikalen Islam früher oder später explosiv wirken und zu Konfrontationen in ganz Europa führen. Dann wird man die Missachtung der Gefahren bereuen, aber es wird zu spät sein.

Die alarmierende Tatsache, dass immer mehr in Österreich bzw. in Europa lebende Menschen radikalen islamistischen Organisationen und Parteien beitreten und die westlichen Gesellschaften zunehmend unterwandert werden, stellt eine große Gefahr für Österreich und Europa dar. Tausende österreichische Staatsbürger sind mittlerweile Mitglieder dieser berüchtigten Parteien im Ausland – speziell in Arabien oder der Türkei – geworden.

Die radikalen Verführer nutzen den fundamentalistischen Islam; Märtyrer und Jihadisten sind inzwischen Vorbilder für viele Jugendliche in Österreich und Europa geworden. Der Loyalitätsverlust durch nationalistisch-fundamentalistische, radikale Islamisierung grassiert in ganz Europa. Weshalb zahlreiche Österreicher durch Beitritt zu radikal-islamistischen Gruppen der Europäischen Werteordnung den Rücken zukehren – Tendenz steigend.

Seit Jahren ist die Salafistische Auslegung des Islam zum Trend für viele konservative radikale Islamisten nicht nur in Österreich geworden: Vor allem angesichts der Umwälzungen in den arabischen Ländern bekam diese beunruhigende Entwicklung eine neue Dynamik. Denn die Salafisten in den Herkunftsländern sind gestärkt aus der Neuordnng der politischen Verhältnisse hervorgegangen. Dieser Machtgewinn der radikalen Islamisten rund um die Welt wird in der Zukunft zunehmend Gefahren mit sich bringen und könnte zu ernsthaften Konflikten durch die aggressive, geradezu steinzeitliche, inhaltliche Ablehnung unserer modernen Gesellschaft und der Grundrechte aller Menschen führen.

Amer Albayati , geb. 1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten, neuen Islamischen-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ). www.initiativeliberalermuslime.org

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Fußnote 465: Ägypten oder als Amerikas Politik die letzte Logik verlor

25. Juli 2013 00:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die USA setzen völlig überraschend die schon für August fixiert gewesene Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen nach Ägypten aus.

Das verstehe, wer kann. Ich kann‘s nicht. Denn das heißt im Klartext: Die USA hätten die Flugzeuge einem islamistischen Präsidenten geliefert, der höchstwahrscheinlich jede weitere demokratische Wahl unmöglich gemacht hätte, gegen den mehr Unterschriften gesammelt worden sind, als der Mann bei seiner Wahl überhaupt gehabt hatte. Die USA liefern die Waffen aber nicht an die neue Regierung, die um Eckhäuser prowestlicher ist, die Ägyptens Annäherung an Terrorvereine wie die Hamas und an den atomwaffengierigen Iran gestoppt hat, die mit Israel wieder eine geordnete Koexistenz hat, die ganz offensichtlich nach Jahrzehnten die Aufnahme von palästinensisch-israelischen Verhandlungen ermöglicht hat, die mit der Unterstützung von islamistischen Revolutionen in der ganzen arabischen Welt aufgehört hat, die die Gleichberechtigung der Frauen akzeptiert, die den ägyptischen Kopten eine geordnete Überlebensperspektive gibt, die dem Land eine brauchbare Verfassung im Konsens aller und baldige Neuwahlen bringen will. Es gibt Momente, da beginne ich die bösen Gerüchte über Barak Obama ein wenig ernster zu nehmen, an die ich bisher nie geglaubt habe.

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USA: Land der Rassisten und Waffennarren!

21. Juli 2013 00:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

In den USA dräuen Rassenunruhen. In Europa stehen die politisch korrekten Medien kopf. Ein Fall vermeintlicher Rassenjustiz ist die Ursache. Es kann – ja es darf nicht sein, dass ein Weißer, der einen Schwarzen erschießt, am Ende straffrei ausgeht. Unmöglich. Egal wie die Faktenlage aussehen mag. Über die Details des Vorfalls wurde genügend geschrieben. Das braucht an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden. Hier geht es um einige Auffälligkeiten, die im Hinblick auf die kollektive Erregung im Fall des in Florida getöteten Jugendlichen festzustellen sind.

Da wäre zunächst einmal der Umstand, dass die Rassismuskeule ausschließlich in solchen Fällen geschwungen wird, in denen der (in den Augen hauptberuflicher Besserwisser natürlich schuldige, aber dennoch freigesprochene) Täter „Caucasian“ ist. Weiß, männlich, hetero – das reicht. Außerdem, so wird von den Hauptstrommedien vermittelt, stecken anscheinend sämtliche Strafrichter der USA mit dem Ku-Klux-Klan unter einer Decke, was die auffällig hohe Zahl schwarzer Häftlinge erklärt (rund 50 Prozent aller in Gefängnissen Einsitzenden, bei einem Bevölkerungsanteil von etwa 13 Prozent).

Mehrheitlich weiße Geschworene entscheiden ohnehin routinemäßig gegen die Interessen schwarzer Delinquenten oder Opfer. Klar. Weniger klar ist allerdings, weshalb kein Sturm kollektiver Entrüstung anhebt, wenn ein offensichtlich schuldiger Täter freigesprochen wird, wenn er schwarz und die urteilende Jury zufällig ebenfalls mehrheitlich schwarz ist. So geschah es im einige Jahre zurückliegenden Fall des Sport- und Filmstars O. J. Simpson, der mutmaßlich einen Doppelmord begangen hat, vom Strafgericht aber – trotz erdrückender Indizienbeweislast – freigesprochen wurde.

Verurteilen weiße Geschworene einen Schwarzen oder sprechen einen beschuldigten Weißen frei: Rassismus. Liegen die Dinge umgekehrt: Gerechtigkeit. Wählen Weiße einen Weißen zum Präsidenten: reaktionäre Rassisten. Votieren Schwarze für einen Schwarzen: reife Demokraten und emanzipierte Bürger. Das ist die wunderbare und phantastisch einfach funktionierende Welt der politischen Korrektheit.

Eine weitere Auffälligkeit in der Berichterstattung ist die – stets kritisch-abschätzige – Betonung des Umstandes, dass der Todesschütze einer privaten Bürgerwache („Neighbourhood watch“) angehört, deren es in den USA viele gibt. Ein Skandal! Wie kann eine Gemeinschaft von Bürgern auf die in den Augen brav auf die Rolle des hilflosen Untertanen konditionierter Europäer völlig abartige Idee kommen, selbst für ihre Sicherheit sorgen zu wollen? Ja, dürfen´s denn des? Dafür ist doch nur und ausschließlich der beamtete Freund und Helfer zuständig, der im Fall des Falles ja auch immer und überall prompt zugegen ist.

Wer hätte je von einem Fall gehört, in welchem der nächste Polizist zum Zeitpunkt einer Straftat meilenweit entfernt und das Opfer auf sich allein gestellt war? Merke: Sind alle privaten Aktivitäten schon grundsätzlich verdächtig – ohne staatliches Gütesiegel geht ja bekanntlich gar nix – bedeuten nichtstaatliche Maßnahmen im Sicherheitsbereich geradezu den Auftakt zur Anarchie. Mon Dieu! Das darf nicht sein! Wehret den Anfängen!

Stand your ground!

Die dritte Besonderheit betrifft den in den USA stark entwickelten, in der Alten Welt mit gebührender Fassungslosigkeit kommentierten, Willen zur Selbstverteidigung. Diesem wird durch das in rund 30 Bundesstaaten geltende „Stand-your-ground-law“ Vorschub geleistet. Während man als Europäer von Kindesbeinen an eingebläut bekommt, im Falle einer gewalttätigen Bedrohung möglichst schnell davonzulaufen oder mit dem Täter zu „kooperieren“ – sich also dem Unrecht zu beugen – ist man in den USA eher geneigt, dem Unrecht Widerstand zu leisten und sich, notfalls mit Waffengewalt, zu wehren – und zwar ohne zuallererst den Großen Bruder um Hilfe anzuflennen.

Das ist für die Journaille in Euroland Anlass genug, von „Selbstjustiz“ zu phantasieren. Dem Rechtsbruch keinen Raum zu geben, ist unerhört (zumindest, so lange es nicht um Steuerhinterziehung geht). Täter werden zu Opfern, Opfer zu Tätern umgedeutet. Wer sich eines Angreifers erwehrt, ist ein latent gefährliches Subjekt, das nur auf den rechten (sic!) Moment gewartet hat, um seine mühsam unterdrückten Gewaltphantasien endlich auszuleben. Wollte doch der Angreifer nur seinen Beitrag zur „sozialen Umverteilung“ leisten, so ist der Selbstverteidiger der wahre Feind der Gesellschaft, der sich – welche Anmaßung – mit seiner Rolle als Untertan, Steuerzahler und hilfloses Verbrechensopfer nicht still bescheiden will.

Ist eine derartige Weltsicht nicht der klare Beweis für die Tendenz des allsorgenden Wohlfahrtsstaates, am Ende in die totale Dekadenz zu führen?

Dass es zu einem „Notwehrexzess“ kommen kann, wenn das Opfer bewaffnet ist, soll nicht bestritten werden. In solchen Fällen wird anschließend, wie im aktuellen Fall in den USA auch geschehen, das Gericht über die Angemessenheit der Gewaltanwendung durch den Angegriffenen zu entscheiden haben. Die Pflege des Grundsatzes, dass Recht dem Unrecht niemals zu weichen hat, ist indes dennoch uneingeschränkt zu bejahen.

Damit sind wir auch schon bei der Kritik an der „Waffenkultur“ in den USA. Gäbe es keine legal erwerbbaren Feuerwaffen, so die hundertfach widerlegte Behauptung der einschlägigen „ExpertInnen“, würden morgen schon keine Gewalttaten mehr verübt werden. Dass eine restriktive Waffengesetzgebung und eine hohe Zahl an Gewaltdelikten klar miteinander korrelieren – ein Waffenverbot daher eben nicht die ersehnte Verbesserung bringt, kann nicht wahr sein, weil es nicht wahr sein darf!

Mit Zahlen und Fakten sind die Gläubigen der Antiwaffenreligion nicht zu überzeugen: Dass die überwiegende Mehrzahl der Gewaltdelikte – beiderseits des Atlantiks – mit anderen Mitteln als mit Schusswaffen begangen wird, wird nicht zur Kenntnis genommen. Dass viele – in keiner Statistik aufscheinende – Gewaltverbrechen gar nicht erst zur Ausführung oder zum Erfolg kommen, weil wehrhafte Bürger sich rechtzeitig entsprechend ausgerüstet und ihr Werkzeug auch eingesetzt haben, spielt keine Rolle. Ein unversehrtes Verbrechensopfer interessiert kein Schwein. Wichtig ist einzig und allein, dass der Täter den Tatort unversehrt verlassen kann. An dessen „Karriere“ hat ja ausschließlich „die Gesellschaft“ Schuld! Die bedingungslose Behauptung des staatlichen Gewaltmonopols gilt auch dann noch als „heilig“, wenn es ausschließlich zum Nachteil der Bürger eingesetzt wird.

Für die im alleinigen Besitz von Einsicht und Moral befindlichen Lohnschreiber in den Hauptstrommedien liegt der Fall klar auf der Hand: Die USA werden – Obama hin oder her – in Wahrheit von den unverbesserlichen Rassisten der NRA (National Rifle Association, „Waffenlobby") regiert. In Europa hätte ein „Fall Trayvon Martin“ niemals passieren können. Denn hier gibt es zum Glück keine „rassistischen Hobbypolizisten“ – schon gar keine bewaffneten. Hier stirbt jeder nach einem langen, erfüllten Leben im Bett – selbst der übelste Gauner…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Juwelier erschießt Räuber: Seltenes Lebenszeichen der Zivilgesellschaft

15. Juli 2013 07:35 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Wieder einmal wollte sich ein rechtschaffener Bürger nicht mit der ihm zugedachten Rolle des Opfers abfinden. Die Vorstellung, mit den ihn akut bedrohenden Gewalttätern zu „kooperieren“, wie das von Vertretern des staatlichen Gewaltmonopols so gerne empfohlen wird, schien ihm nicht sonderlich verlockend. Er wollte sein Leben und Eigentum nicht widerstandslos der Willkür bewaffneter Verbrecher ausliefern. Er machte – kurz entschlossen – von seinem Notwehrrecht Gebrauch, griff zu seiner eigenen Waffe, schoss auf die Täter und vereitelte dadurch deren kriminelle Absichten.

Über den Raubüberfall auf einen Wiener Juwelier, der mit dem Tod eines der drei (mutmaßlich aus dem Baltikum stammenden) Täter endete, wurde von den Medien ausführlich berichtet. Eine Wiederholung an dieser Stelle ist entbehrlich. Hier soll vielmehr erörtert werden, was über den Vorfall berichtet wurde und wie die Leserreaktionen ausfielen; außerdem einige grundsätzliche Überlegungen zum privaten Waffenbesitz.

Die meisten Medien – ja sogar das für kriminelle Ausländer stets verständnisvolle Staatsfernsehen – verzichteten darauf, im Unterschied zur gängigen Praxis, Krokodilstränen über das „ausgelöschte Menschenleben“ zu vergießen und den Täter zum Opfer umzudeuten. In diesem Fall wurde die nüchterne Meldung der Nachrichtenagentur von der Mehrheit der Redaktionen weitgehend gleich lautend und ohne wertende Kommentare übernommen. Lediglich das Gratisblatt „Heute“ sah sich veranlasst, die couragierte Notwehrhandlung des Kaufmanns faktenwidrig als Fall von „Selbstjustiz“ zu etikettieren.

Bemerkenswert ist das Ergebnis einer Leserumfrage, die dasselbe Blatt in seiner Online-Ausgabe durchführte. Die gestellte Frage lautete: „Sollen Geschäftsleute bei bewaffneten Überfällen selbst zur Waffe greifen dürfen?“ Vier Antworten standen zur Wahl:

Die Leser votierten (Stand vom 6. 7. um 15:00 Uhr) zu 84 Prozent für die beiden zustimmenden Antwortmöglichkeiten. Nahezu 50 Prozent bevorzugten die letzte Antwort. Nur 8,49 Prozent lehnten „Selbstjustiz“ ab.

Eine überwältigende Mehrheit der 1614 an der Abstimmung Beteiligten billigt den Opfern von Gewaltverbechern somit zu, sich robust, notfalls auch mit tödlicher Gewalt, gegen bewaffnete Angreifer zur Wehr zu setzen. Weniger als zehn Prozent dagegen sind nicht imstande zu erkennen, dass die von ihnen gewählte Antwort eine unzulässige Gleichsetzung von Notwehr und Selbstjustiz enthält.

Wer sich – wie im vorliegenden Fall – gegen einen Angreifer wehrt, übt keine „Selbstjustiz“, für die in einer zivilisierten Gesellschaft tatsächlich kein Platz ist. Er macht lediglich von seinem natürlichen, in Österreich überdies gesetzlich gedeckten Recht (§ 3 StGB) Gebrauch, sein Leben und seinen Besitz mit „allen dafür nötigen Mitteln“ gegen einen gewaltsamen Angriff zu verteidigen. Sich in einem Moment tödlicher Bedrohung seiner Haut zu erwehren, ist ein jedermann – nicht nur „Geschäftsleuten“ – zustehendes Recht. Für langwierige Abwägungen der Konsequenzen bleibt in solchen Fällen keine Zeit – es geht um die Frage er oder ich? Wer meint, Bürgerschutz sei Sache der Polizei, ist ein weltfremder Träumer. Die Polizei ist allenfalls, post festum, für die Spurensicherung zu gebrauchen. Für die Abwehr von Räubern und anderen Verbechern jedenfalls nicht.

In den Kommentarbereichen der Internetmedien fanden sich – soweit sie nicht „wegen wiederholten Missbrauchs“ (was auch immer darunter zu verstehen ist), wie in der Wiener „Presse“, gesperrt wurden – weit überwiegend Einträge, in welchen die Handlung des Juweliers vehement zustimmend kommentiert wurde.

Die Regierenden und die von den Medien gerne zitierten Agenten des Gewaltmonopols sehen derlei Fälle von Zivilcourage indes nicht gern. Das Letzte, was von Allmachtsphantasien getriebene Obertanen gebrauchen können, ist eine funktionierende Zivilgesellschaft, in der unerschrockene – gar bewaffnete – Bürger ihre Angelegenheiten in die eigenen Hände nehmen. Ihr Ideal ist der in jedem Moment seines Lebens vom staatlichen Vormund abhängige Untertan. Und der soll im Fall der Fälle „keinen Helden spielen“. Basta. Die Vorstellung, dass gelegentlich einer – wie aktuell der Wiener Juwelier oder vor wenigen Wochen ein beherzter Taxichauffeur – nicht den „Helden spielt“, sondern tatsächlich einer ist, hat in den Hirnen von Etatisten und Lohnschreibern, die von der staatlichen Medienförderung korrumpiert wurden, keinen Platz.

Erfolgreich ihr Notwehrecht praktizierende Bürger werden als unerwünschte Konkurrenz für das staatliche Gewaltmonopol wahrgenommen. Unter eben diesem Gesichtspunkt sind auch die unentwegten hoheitlichen Bestrebungen zu bewerten, unbescholtenen Bürgern den Besitz und das Tragen von Waffen zu verbieten, oder es für sie wenigstens so schwer, unbequem und kostspielig wie nur möglich zu machen. Der Bürger soll bewaffneten Gangstern wehrlos gegenüberstehen, und sein Heil ausschließlich unter den Fittichen des Großen Bruders finden. Dass viele Raubüberfälle, wie wohl auch im aktuellen Fall, von ausländischen Tätern begangen werden, ist aus der Sicht des staatlichen Gewaltmonopolisten nur vorteilhaft. Liefert es ihm doch einen perfekten Vorwand zur weiteren Vergrößerung seines Apparates und zur bürgerrechtsfeindlichen Ausdehnung seiner elektronischen Bespitzelungs- und Überwachungsaktivitäten. Alles nur zum Nutzen und Frommen der Bürger – versteht sich…!

Ein auffälliges Detail: In allen einschlägigen Nachrichten war zu lesen, dass der Juwelier die von ihm eingesetzte Waffe „legal“ besitzt. Und weiter? Was wäre gewesen, wenn er mit einer „illegalen“ Waffe geschossen hätte? Hätte sich dadurch am Tathergang und dessen Folgen irgendetwas geändert? Wohl kaum! Dass sich andererseits die Waffen der Täter jedenfalls illegal in deren Händen befanden (das Vorliegen einer Berechtigung zum „Führen“ ihrer Waffen ist mit Sicherheit auszuschließen!) war indes keine Meldung wert. Gewaltverbechern wird also implizit zugestanden, sich ihre Arbeitsgeräte widerrechtlich zu beschaffen. Klar, welcher Räuber, der „legal“ zu keiner Waffe kommt, wäre auch blöd genug, unbewaffnet an die Arbeit zu gehen? Der rechtstreue Bürger, der über die zur Beschaffung illegaler Waffen nötigen Unterweltkontakte in aller Regel nicht verfügt, befindet sich daher – dem emsigen Treiben des Leviathans zur Reduzierung des legalen Privatwaffenbesitzes sei Dank – immer weiter im Nachteil.

Dass die Entwaffnung rechtschaffener Bürger durch den immer mehr zur anmaßenden Gouvernante entartenden Staat dahin führen wird, dass am Ende nur noch Verbrecher Waffen besitzen, darf nicht widerstandslos hingenommen werden. Nur Sklaven ist der Waffenbesitz verboten. Freien, mündigen Bürgern dagegen steht der Besitz von Waffen zu – und zwar nicht nur zum Zweck der Selbstverteidigung…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Ihr Offiziers-Ehrenwort, Herr Commenda

14. Juli 2013 00:14 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Verteidigungsminister hat vom Generalstabschef abwärts zahllose Leiter- und Kommandantenfunktionen aller Ebenen neu besetzt. Jedoch werden etliche der Besetzungen quer durchs Bundesheer von ganz hässlichen Gerüchten begleitet. Diese hat sich etwa der neue Generalstabschef Commenda ganz sicher nicht verdient.

Um diese Gerüchte zu widerlegen, sollte insbesondere Commenda, sollten aber tunlichst auch alle anderen neuen Repräsentanten der obersten Ebene öffentlich ihr Offiziersehrenwort geben: Dass sie vor ihrer Beförderung keiner politischen Partei oder einer ihrer Unterorganisationen, keinem sozialistischen Akademikerbund oder ähnlichem beigetreten sind.

Wenn sie dieses Ehrenwort geben, dann wollen wir doch gerne daran glauben. Zumindest bis gegenteilige Fakten oder Beobachtungen auf den Tisch kommen. Und sollten Sie zu dem Thema schweigen, dann haben wir das Recht, unsere eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.

Und ja, noch etwas: Bitte kein Gewäsch, dass es doch keine Schande sei, einer Partei anzugehören. Natürlich ist es das nicht. Schande ist es nur, wenn man das einer Beförderung wegen tut, oder knapp vor dieser. Schande ist es nur, wenn man je nach politischer Opportunität die Parteibücher wechselt oder gar mehrere besitzt.

Und wenn wir schon bei den Offiziersehrenwörtern sind: Dann könnten Sie doch bitte auch mit einem solchen gleich noch klären, ob Sie in Sachen Golanabzug die Öffentlichkeit immer wahrheitsgemäß und vollständig informiert haben, ob der Abzug Ihrer eigenen Meinung entspricht oder ob Sie auf Wunsch der Partei Ihre Meinung geändert haben.

Das Heer und die Integrität der Menschen an seiner Spitze sind uns eben wichtig. Wie auch die Volksbefragung gezeigt hat. Bei der wir übrigens auch nicht die Meinung des Herrn Commenda gehört haben. Aber wir haben sie sicher nur überhört.

 

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Lösegeld für Terroristen: Entführungen im Jemen mit Petrodollars beendet?

13. Juli 2013 15:42 | Autor: Amer Albayati
Rubrik: Gastkommentar

Freude herrschte allseits über die Freilassung der Jemen-Geiseln Dominik Neubauer und der Finnen Atte und Leila Kaleva im Mai 2013. Von offizieller Seite wird betont, dass Österreich kein Lösegeld bezahlt hat. Der Staat Oman hat dies aber anscheinend getan. Die Frage sei erlaubt, warum ein unbeteiligter Staat wie Oman das Lösegeld bezahlt hat?

Bei der Freilassung der Schweizer Lehrerin Silvia Eberhardt im Februar hat der Staat Katar das Lösegeld bezahlt.

Die Bezahlung von Lösegeld ist an und für sich bedenklich, unmoralisch und eine Unterstützung von Terroristen für Waffenkäufe; außerdem gilt in Bezug auf den „Zuschuss" des Oman die alte Weisheit: „Wenn dir jemand etwas schenkt hat er dir nur die Rechnung noch nicht präsentiert!“ Durch die Erfüllung der Lösegeld-Forderungen werden Terrorismus und Entführung zum lukrativen Geschäft. Durch diese Petrodollars macht sich der Westen zum Werkzeug der Golfstaaten des politischen Islams und der Terroristen bzw. Entführer.

Mit der Zahlung von Lösegeld werden die Probleme nicht gelöst, sondern verkompliziert und multipliziert.

Der Westen muss endlich daran gehen, dieses Problem zu lösen und nicht nur Warnungen, sondern Verbote für Reisen in die betroffenen Länder aussprechen. Ab sofort soll jeder einzelne selbst die Verantwortung für seine Entführung und Ermordung tragen! Wenn nicht bezahlt wird, hören die Entführungen schlagartig auf.

Wie jemenitische und saudi-arabische Zeitungen behaupten, wurden an die Entführer 16 Millionen Dollar bezahlt, davon vier Millionen für die Stammes-Vermittler. Anfangs forderten die Entführer von den jemenitischen Behörden vier Millionen Dollar, was von diesen allerdings abgelehnt wurde, mit dem Argument, dass damit der Terror unterstützt werde. Dann hat der Staat Oman bezahlt.

Gleich danach wurden drei Mitarbeiter des Roten Kreuzes entführt. Das Geschäft mittels Lösegeld floriert: Innerhalb von zehn Jahren gab es etwa 200 Geiseln – das bedeutet eine Menge Geld, um Waffen für den Terror zu kaufen.

Das Video von Dominiks Familie aus Wien, speziell in Arabisch, war kontraproduktiv.

Neben anderen Fehlern ist das Familienvideo, speziell in Arabisch, schlecht gemacht:  „Österreicher entführt in Sana’a – Appell der Familie IN ARAB!!! Was bedeutet „IN ARAB!!!“?

Es gab viele Übersetzungsfehler wegen des verwendeten ägyptischen Dialekts und speziell wegen der Solidarität mit Alazhar bzw. der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich – IGGiÖ. Diese wird im Jemen nicht anerkannt – in einem Land, wo einer seinen Bruder umbringt, wenn er eine andere religiöse Auslegung vertritt.

Dominiks Mutter trägt in diesem Video zwar ein Kopftuch, aber man sieht die Beine der Frau bis über die Knie. Dies wirkte auf die radikal-islamistischen Entführer zweifellos negativ und abstoßend. Außerdem ist das Video inhaltlich, vom Konzept und der Kameraführung schlecht gemacht.

Im Gegensatz dazu ist das Video der Entführer selbst kurz und bündig und viel professioneller gestaltet. Da kommt der Verdacht auf, dass im Jemen Medienprofis an der Entführung mitgearbeitet haben.

Bleibt zu hoffen, dass unsere Politiker endlich das Übel an der Wurzel packen und ein Reiseverbot in Länder wie den Jemen aussprechen und in Folge kein Lösegeld mehr bezahlt wird. Dann werden die Entführungen auch schlagartig aufhören.

Amer Albayati , geb. 1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten, neuen Islamischen-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ). www.initiativeliberalermuslime.org

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Der politisch organisierte Islam ist die Ursache für Radikalismus und Terrorismus weltweit

07. Juli 2013 02:40 | Autor: Amer Albayati
Rubrik: Gastkommentar

Die schrecklichen Anschläge vom 11. September 2001 in New York City und Washington haben weltweit im wahrsten Sinne des Wortes „großen Staub aufgewirbelt“.

Die Muslimbruderschaft ist die Mutterorganisation des politischen Islam. Diese radikal-islamische Vereinigung versucht, die Regierung ihrer jeweiligen Heimatstaaten abzulösen und einen islamischen Gottesstaat auf der Grundlage der Scharia zu errichten. Auch in Österreich und im übrigen Europa sind die Muslimbrüder aktiv.

Die Muslimbruderschaft propagiert aber nicht nur das Patriarchat, sondern sie ist auch die ideologische Triebfeder für Extremisten und Terrororganisationen überall auf der Welt. Osama Bin Ladens Stellvertreter Ayman al-Sawahiri etwa war Mitglied der Muslimbruderschaft und forderte die Hamas – die als politischer und terroristischer Arm der Muslimbruderschaft agiert – auf, jegliche politische Lösung der Palästina-Frage abzulehnen und den Jihad solange fortzusetzen, bis die gesamten islamischen Lande, von Indien über Tschetschenien bis Spanien, befreit und unter einem Kalifat vereint sind.

Während eines Gerichtsprozesses gegen die der Muslimbruderschaft nahe stehende „Holy Land Foundation“ in den USA tauchte ein Dokument auf, in dem die Strategie der Muslimbruderschaft für den Westen dargelegt wurde. Es gehe um einen „Gesellschafts-Jihad“, bei dem die westliche Zivilisation von innen heraus vernichtet werden solle. Und es sei die Pflicht eines Moslems, sich diesem Jihad anzuschließen, wo immer der Gläubige sich auch befinde – bis Allahs Religion über alle anderen Religionen gesiegt habe.

Islamisten – auch die in Nadelstreifen – wollen totalitäre Gottesstaaten errichten und unterscheiden sich von islamistischen Terroristen häufig nur durch die Wahl ihrer Mittel. Deshalb ist es eine der wichtigsten Aufgaben, Alliierte der extremistischen Islamisten in Österreich und Europa zu erkennen und als Gegner unserer demokratischen, freiheitlichen Rechtsordnung zu entlarven.

Gleichzeitig werden diese islamistischen Fundamentalisten durch ideelle und materielle Unterstützung im Inland und im Ausland gefördert. Der Westen und speziell die EU fördern das Sammeln von Geldern in den Moscheen ohne Kontrollen sowie unter Vorwand für humanitärere Hilfe; aber in Wirklichkeit sammeln die radikalen Islamistenvereine für ihre politischen Zwecke. Darüber hinaus ermöglicht man der Terror-Organisation Hamas das Sammeln von Geld in Europa – auch in Österreich.

Loyalitätsverlust durch radikale Islamisierung

Warum zahlreiche österreichische Staatsbürger durch Beitritt zu salafistischen und Moslembrüder-Parteien der Europäischen Werteordnung den Rücken zukehren?

Man müsste ihnen eigentlich die Staatsbürgerschaft aberkennen und die Unterwanderung durch die Muslime in Europa nicht zulassen. Viele Hassprediger sagen: „Allah, lass den Islam und die Muslime siegen über ihre Feinde, darunter Juden und Christen, vernichte sie, verwitwe ihre Frauen und mache ihre Kinder zu Waisen.“

Durch die passive Haltung des offiziellen Österreichs bzw. Europas wird der radikale salafistische Islam im Westen salonfähig. Vor dieser Realitätsverweigerung, vor dieser Blindheit unserer Politiker kann nicht genug gewarnt werden.

Wir – die liberalen (ILMÖ) – haben vieles aufgedeckt; z.B. wurde das Buch des Hasspredigers und Befürworters von Selbstmord-Attentaten und Jihadisten, Yusuf al-Qaradawi, aus dem Religionsunterricht der IGGiÖ in Öffentlichen Schulen bei uns abgezogen.

Zwangsehen, Ehrverbrechen, Homophobie und Integrationsverweigerung geschehen regelmäßig in der muslimischen „Parallelwelt". Der Westen bekämpft nur die Symptome, aber nicht die Ursache. Das ist realitätsfremd und mehr als blauäugig!

Bedenken gegen das Konzept vom „Krieg gegen den Terror“ müssen ernster genommen werden und dürfen nicht mit dem Argument der „Sicherheit“ beiseite geschoben werden. Für die liberale Demokratie steht der Rechtsstaat auf dem Spiel. Dies gilt auch für den Kampf gegen den Rechtsextremismus.

Die Liberalen Muslime lehnen jede Form der Gewalt ab, achten Meinungs- und Religionsfreiheit und die Demokratie sowie die Rechtsstaatlichkeit. Die Scharia – als menschliches Konstrukt von uns abgelehnt und ohnehin in Europa mit den Gesetzen nicht konform – und der Rechtsstaat vertragen sich wie Wasser und Feuer.

Fazit: Märtyrer und Jihadisten sind Vorbild für moslemische Jugendliche in Österreich und Europa geworden. Ein aktuelles Beispiel ist Boston: Zwei angeblich nette junge Moslems werden zu blutigen Terroristen. Der sofortige Eintritt ins Paradies mit vollbusigen und glutäugigen Huris (schönen Frauen) erwartet jeden Moslem, der im Kampf für den Islam stirbt, der im Jihad umkommt. Mit solchen Versprechungen werden junge Moslems zum Töten unschuldiger Menschen (Ungläubiger) verführt.

Amer Albayati , geb. 1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten, neuen Islamischen-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ). www.initiativeliberalermuslime.org

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Eine Nacht der Freude, eine Nacht der Sorge und die Legitimität eines Putsches

04. Juli 2013 00:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jeder vernünftige Europäer freut sich vorerst: Noch nie seit der Wiener Türkenbelagerung ist dem politischen Islam eine so vernichtende Niederlage zugefügt worden wie nun in Ägypten. Die Absetzung des Muslimbruders Mursi ist überwältigend positiv, ganz im Gegensatz zur ersten ägyptischen Revolution. Diese war nur mit Hilfe des amerikanischen Präsidenten, vieler Europäer und der ideologischen Linken ans Ziel gekommen. Diesmal ist es eine echte – legitime? – Revolution der Ägypter. Jedoch: Die Sorgen um das wichtigste arabische Land und den Nahostfrieden sind groß geblieben. Denn in der entscheidenden Frage steht es katastrophaler denn je da. Das kann auch niemals binnen weniger Monate geändert werden.

Der erstaunlich schnelle Sturz Mursis ist vielen innerägyptischen Faktoren zu danken:

Das macht Hoffnung. Fast könnte man – ein wenig überoptimistisch – glauben, dass die Muslimbrüder nur noch in den katholischen Diözesen Wien und Graz sowie im Gazastreifen positiv gesehen werden.

Die Muslimbrüder und die Salafisten werden bei den nun kommenden Wahlen durchaus wieder präsent sein. Aber sie werden nicht einmal annähernd an ihre Erfolge während der letzten beiden Jahre anknüpfen können. Beim Sturz Mubaraks galten sie als die einzige Kraft, die nicht bis auf die Knochen korrupt war. Das hat ihnen den Sieg auch bei gemäßigten Wählern gebracht.

Jetzt aber sind sie als atavistisches, verzopftes Grüppchen entlarvt, das ernsthaft geglaubt hat, mit dem Blättern im Koran, mit Bärten und Schleiern Probleme lösen zu können. Sie haben jedoch keines gelöst, sondern nur neue geschaffen. Sie schürten die Eskalation mit Israel. Sie verstanden Null von der Wirtschaft. Und sie wollten vor allem den Dschihad nach Syrien und in andere (moslemische!) Länder tragen.

Sie waren Hauptschuld daran, dass die islamische Welt primär als Quelle des Rückschritts und der eskalierenden Kriegsgefahr angesehen werden musste. In den letzten Wochen haben wir hingegen die Wahl eines gemäßigten Präsidenten im Iran, erste Liberalisierungsschritte in Saudi-Arabien, und die Revolte des säkularen Teils der Türkei gesehen. Das Mittelalter in fast allen Ländern der Mohammed-Religion ist deswegen zwar noch keineswegs überwunden. Aber Iraner, Türken und Araber haben gezeigt, dass es überwindbar ist.

Der Islamismus hat nirgendwo mehr eine Mehrheit hinter sich. Er kann seine Bastionen nur mit Waffengewalt, mit Terrorismus, mit Pressionen, mit Verlogenheit verteidigen. Mit ein paar Ausspeisungen und Spenden in Moscheen – seiner einzigen Stärke – kann er (fast) niemanden mehr beeindrucken. Über die dümmlichen Exponenten der österreichischen Kirche, die noch immer Islamisten zu Diskussionspodien laden, um ihnen dort bei ihren hemmungslosen Lügen sogar noch Beifall zu spenden und jede Kritik zu unterdrücken, breiten wir am besten den Mantel des verzeihenden Schweigens (vielleicht sollte man ein paar Bischöfe zum Lernen nach Kairo schicken).

Natürlich ist es durchaus noch möglich, dass die verbitterten Moslembrüder den Sturz ihres Präsidenten mit Kampf und Unruhen beantworten. Das hat es ja in der Geschichte immer wieder so oder ähnlich gegeben: Viele Revolutionen haben zu Bürgerkriegen geführt. Der Spruch, dass die Revolution ihre Kinder frisst, hat sich mehrfach bewiesen. Man denke nur an die vielen chaotischen und meist blutigen Etappen der großen Revolutionsbewegungen von 1789 oder 1848. Umso absurder ist die heutige blinde Revolutionsgeilheit der europäischen Journalisten und Linken.

Die Stimmung in Ägypten, die kluge Kooperation aller relevanten Kräfte (eben mit Ausnahme von Muslimbrüdern und Salafisten) und das strategisch schlaue Vorgehen der Generäle machen bei der nächsten Wahl einen Erfolg des Mursi-Lagers absolut unwahrscheinlich. Dieses scheint aber trotz seines Versagens beim Regieren ein starkes rechtliches Argument auf seiner Seite zu haben: Mursi ist legal gewählt worden.

Warum aber? Drei Ursachen stehen dabei im Vordergrund:

  1. die unzureichende Qualität der ägyptischen Verfassung;
  2. die Zersplitterung der säkularen Kräfte;
  3. und die positive Nachrede, welche die Muslimbrüder wegen ihrer Verfolgung im Mubarak-System eine Zeitlang genossen.

Dennoch werden objektive Geister nicht um die Frage herumkommen: Kann man es ehrlichen Gewissens für gut heißen, wenn ein demokratisch gewählter Präsident vorzeitig entthront wird? Lässt man die Stimmen der Sympathie und die ägyptische wie arabische wie nahöstliche Interessenlage beiseite, haben viele Menschen Probleme mit der Antwort.

Die Lösung des scheinbaren Dilemmas findet sich auf zwei weltweit gültigen Ebenen. Erstens ist eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Begriff der Demokratie notwendig. Wenn manche unter dieser nur die repräsentative Demokratie verstehen wollen, dann besteht letztlich die Mitsprache des Volkes wirklich nur in der Wahl eines Diktators auf Zeit. Dann hätte Mursi möglicherweise tatsächlich Recht, wenn er im Amt bleiben will.

In einem direktdemokratischen Verständnis hat er hingegen sicher nicht Recht. Denn in der direkten Demokratie ist einzig das Volk der oberste Souverän. Dieses kann ohne Rechenschaftspflicht seine Meinung ändern und legt die obersten Spielregeln und Staatsorgane fest.

Im Falle Ägyptens ist eine zweite Antwort auf das Demokratiedilemma noch wichtiger und relevanter. In manchen Situationen gibt es nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht zum Widerstand. Dieser ist vor allem immer dann notwendig, wenn Herrscher trotz ihrer rein demokratischen Wahl die Realverfassung eines Landes so stark verändern wollen, dass sie auf Dauer an der Macht bleiben und die Möglichkeit weiterer freier Wahlen verhindern können.

Dieses unabdingbare Prinzip eines Rechts zum Widerstand lehrt uns die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Auch Gewaltanwendung gegen demokratische Wahlsieger kann legitim gewesen sein. Beispielsweise:

gegen die (scheinbar) demokratisch ablaufende Machtergreifung Hitlers;

gegen den gewählten chilenischen Präsidenten Allende, der mit Demokratie und Rechtsstaat Schluss zu machen begann;

gegen die kommunistische Machtergreifung in der Tschechoslowakei (die das einzige Land ist, wo die Kommunisten demokratisch an die Macht gekommen sind, die sie dann nie mehr hergeben wollten).

Dennoch bleibt der Blick auf Ägypten sehr sorgenvoll. Die derzeit kaum beachtete wirtschaftliche und damit auch soziale Lage ist so übel, dass das neue System – wie immer es aussehen mag – sehr bald sehr viele Sympathien verlieren wird. Tourismus und Investitionen sind fast total zusammengebrochen, während die islamische Geburtenfreudigkeit weiterhin explosiv anhält.

Viele Ägypter scheinen derzeit irgendwie zu glauben, man müsse nur so oft wie möglich Präsidenten stürzen, bis dann irgendwann einer kommt, unter dem plötzlich wie von selber Milch und Honig fließen. Kaum einer von ihnen begreift, dass dem Land in jedem Fall schmerzhafte Jahrzehnte bevorstehen, bevor zumindest die grundlegenden Notwendigkeiten geschaffen sind. Und selbst dann kann der Erfolg nur gelingen, wenn Ägypten sowohl mit Israel und Amerika wie auch mit den Golfstaaten exzellente Beziehungen aufbaut.

Schaut man genauer in die Geschichte, dann ist ein ganz anderes Ende der ägyptischen Putschserie viel wahrscheinlicher: dass wie bei den ähnlich fundamentalen Umbrüchen von 1789 oder 1848 in Europa ein absolutistischer Herrscher die Macht übernehmen wird, um die Auseinandersetzungen zu beenden.

Zuerst muss Ägypten jedenfalls grundlegend modernisiert und stabilisiert werden. Die Wirtschaft muss erst aufgebaut werden. Dann können sich (rund) zwanzig Jahre später auch die positiven Ziele einer Revolution durchsetzen, so wie bei anderen genannten Beispielen.

Man denke nur an die Rolle von Napoleon oder Franz Joseph als zumindest zeitweise extrem brutale Herrscher, die aber dabei ihr Land stabilisiert und entwickelt haben. Im 20. Jahrhundert hat ein ähnlich dialektischer Weg sogar mehr als 70 Jahre gedauert – vom ersten Weltkrieg bis zur Wende 1989.

Können die Ägypter diesen mühsamen Weg abkürzen? Ich zweifle. Die sich nunmehr rasch ausbreitende Erkenntnis, dass die Islamisten der falsche Weg für ein Land sind, bedeutet noch lange nicht Einigkeit über den richtigen Weg. Dieser bestünde in Schulen für alle, in Industrialisierung, in Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, in Geburtenbeschränkung, in Stabilität, in Korruptionsbekämpfung, in Investitionssicherheit, in Verzicht auf außenpolitische Abenteuer, in friedlichem Zusammenleben von Moslems und Christen, in funktionierender Justiz und Polizei.

Wenn man sich die Heterogenität der jetzigen Sieger anschaut, dann muss man zweifeln, dass all das gelingen kann. Gegen Mursi zu sein allein ist noch keineswegs eine gemeinsame Basis für die Zukunft.

 

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Märtyrer und Jihadisten – Vorbild für Jugendliche in Österreich und Europa?

03. Juli 2013 01:41 | Autor: Amer Albayati
Rubrik: Gastkommentar

In den islamischen Ländern ist eine deutlich steigende Tendenz hin zur sozialen Radikalisierung – verbunden mit einem Mangel an demokratischem Verständnis sowie politisch organisierten Versuchen, die Religion für politische Zwecke auszunützen und damit vor allem auf junge Menschen durch Dogmen und leere Versprechungen Einfluss zu üben – zu bemerken.

Gleichzeitig erlebt die Minderheit islamistischer Fundamentalisten durch ideelle und materielle Unterstützung ihre Blüte in Österreich, während die islamische Glaubensgemeinschaft bloße traditionelle Bräuche willkürlich als islamische Glaubensregeln anerkennt.

Die Terror-Organisation Hamas kann mit Hilfe fundamentalistischer Kräfte seit Jahren viel Geld sammeln. Österreich und der Westen erleichtern durch ihre verharmlosende Sicht der Dinge die Radikalisierung.

Gebetsvereine wurden nach „Märtyrern” und Jihadisten benannt oder nach verlorenen islamischen Gebieten (Al-Andalus), wie es etwa die Muslimbruderschaft tut. Ein „Prediger” nennt christliche Österreicher öffentlich Nachkommen von Affen und Schweinen. Dennoch arbeitet er weiter mit seiner Frau in Graz ohne Qualifizierung als islamischer Religionslehrer. Ein anderer bekannter „Prediger” in Wien war islamischer Religionslehrer bei der IGGiÖ (islamische Glaubensgemeinschaft), und hetzte in dieser Funktion gegen die Verehelichung muslimischer Männer mit Christinnen und Jüdinnen: Westliche Frauen seien Huren,  den Papst nannte er ungestraft einen Narr und unwert, ein Nagel der Sandale des Propheten Mohammed zu sein.

Dennoch erhält er großzügige finanzielle Unterstützung zu seinem Tag der offenen Moschee. Kürzlich sind etliche österreichische Staatsbürger offiziell der Muslimbrüder-Partei in Ägypten beigetreten.

Viele Prediger sagen: Allah, lass den Islam und die Muslime siegen über ihre Feinde, darunter Juden und Christen, vernichte sie, verwitwe ihre Frauen und mache ihre Kinder zu Waisen.

Es ist wenig über den Verbreitungsgrad und die Wirkung islamistischer Medien in Europa bekannt. Fest steht aber: Zahllose Portale und Websites, Fernsehsender und Zeitungen verbreiten offen radikal-islamistisches Gedankengut. Ihr Einfluss auf hier lebende Muslime wird unterschätzt; ihnen hilft die falsche Integrationspolitik ebenso, wie die Unterstützung radikaler Islamisten durch die Parteien, die Muslime als billige Wählerstimmen sehen. Diese passive Haltung birgt für die Zukunft Österreichs und Europas viele Gefahren in sich.

Mehrere radikal-islamistische Websites aus Österreich verbreiten Hass, greifen ungehindert Andersdenkende an und verteufeln Symbole anderer Religionen – vor Allem christliche und jüdische – und dennoch sind ihre Vertreter bei offiziellen Empfängen immer vertreten.

Wir haben bereits Vieles aufgedeckt: Z.B. wurde das Buch des Hasspredigers und Befürworters von Selbstmord-Attentaten und Jihadisten, Yusuf al-Qaradawi, aus dem Religionsunterricht in den Schulen abgezogen.

Wir warnen eindringlich vor der weiterhin grassierenden Blindheit, der radikale und salafistische Islam wird dadurch mit offizieller Hilfe in Österreich und Europa zunehmend salonfähig gemacht.

Amer Albayati, geb. 1942 in Bagdad, ist Journalist und Islam- sowie Terrorexperte. Er ist Mitbegründer der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) und der beantragten, neuen Islamisch-Europäischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IEGÖ). www.initiativeliberalermuslime.org

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Die EU, Syrien, Österreich und der einzige Ausweg aus dem Blutbad

01. Juli 2013 00:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreichs Golan-Abzug ist eine totale Katastrophe. Der von den Herrn Faymann und Darabos hinter den Kulissen (in Abwesenheit von Bundespräsident, Außenminister, Verteidigungsminister und Generalstabschef!) blitzschnell über die alten Seilschaften von Darabos durchgezogene Syrien-Abzug hat dem Bundesheer nach der Hoch-Phase durch Referendum und Hochwasser-Hilfe wieder schwere Depressionen und Imageverluste verpasst. Er hat Österreich auch außenpolitisch bis auf die Knochen blamiert. Er zeigt aber auch noch etwas anderes, bisher Verdrängtes: Dass die gemeinsame EU-Außenpolitik endgültig als Farce geplatzt ist. Und dass der gesamte Westen einschließlich der USA nicht wirklich weiß, wie die beste Lösung für Syrien aussehen würde. Denn diese hat man bisher total verdrängt, weil sie zuviele Tabus knacken würde.

So ist auch die Hochstapelei der EU jämmerlich enttarnt. Diese hat ja jahrelang behauptet, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu haben. In Wahrheit aber ist da absolut nichts gemeinsam, wie sich in diesen Tagen besonders dramatisch bestätigt. Im Balkankrieg, bei der Anerkennung des Kosovo, bei der Libyen-Intervention oder eben jetzt in Sachen Syrien. Die Linie der EU ist immer dieselbe: die einer völligen Uneinigkeit. Und beim jüngsten Gipfel hat man das Thema Syrien da facto voll ignoriert.

Die Interventionswilligen und die Unwilligen können sich in der EU auf absolut nichts einigen. Nicht einmal in läppischen Dingen wie dem Umgang mit Mazedonien gibt es seit Jahrzehnten irgendeine Einigkeit. Und selbst der vielgefeierte einzige Erfolg der Gemeinsamen EU-Außenpolitik, nämlich die Vermittlung in der Nordkosovo-Frage, verwandelt sich schrittweise gerade wieder in einen Nichterfolg. Er wird nämlich vor Ort weitgehend ignoriert.

Das heißt aber: Diese GASP funktioniert nicht. Sie gibt es gar nicht. Sie verbraucht nur viel Steuergeld für die Stäbe und die Tausenden Diplomaten, welche die EU dafür rekrutiert hat. Die Außenministerin der EU ist mir zuletzt vor Wochen als Zuschauerin bei einem Fußballspiel aufgefallen.

Noch viel schlimmer ist: Durch das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit wird die EU nach innen wie außen zwangsläufig zum Objekt zynischer Verachtung. Großmächte wie China oder die USA ignorieren sie geradezu demonstrativ. Sie kennen nur Deutschland, Großbritannien, Frankreich.

Die Verachtung hat sich Europa eingehandelt, weil es unter Führung einiger Europa-Euphoriker von Anfang an nicht das Richtige zu sagen gewagt hat: Wir sind ein Binnenmarkt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das wäre ehrlich und nüchtern gewesen. Und das hätte die ringsum aufblühende antieuropäische Stimmung weitgehend verhindert. Deren Entstehen ist aber nun nach der Entlarvung der großspurigen Ankündigungen unvermeidlich geworden.

Was aber wäre die richtige Politik gegenüber dem Bürgerkrieg? Keinesfalls wäre das die Lieferung von Waffen. Insofern liegen Österreich und jene Staaten absolut richtig, die Waffenlieferungen strikt abgelehnt haben.

Waffenlieferungen wären wegen der Lage in Syrien selbst ein schwerer Fehler und nicht etwa wegen des Begriffs Neutralität, mit dem Österreich eine Zeitlang wieder herumzuspielen versucht hat, um ihn auf die Ebene der EU zu hieven. Die österreichische Kronenzeitungs-Neutralität ist für einen 500-Millionen-Block als Konzept grotesk. Der muss zwar keineswegs militärisch Partei ergreifen. Der müsste aber klar und mit einer starken Stimme sprechen und handeln, wenn er vorgibt, eine Außen- und Sicherheitspolitik zu haben. Und dann hätte es auch Gewicht, wenn er Waffenlieferungen ablehnt.

Man muss sich in Sachen Syrien im Klaren sein: Bei keinem einzigen Gewehr, das an die syrische Opposition geliefert wird, kann man eine auch nur annähernde Sicherheit haben, dass es nicht in die falschen Hände gerät. Falsch wären vor allem die sunnitischen Fundamentalisten, die schon in mehreren „befreiten“ Gebieten ihr totalitäres Unwesen treiben, die die Scharia einführen und nach dem unerquicklichen, aber religionspolitisch neutralen Assad ein noch viel schlimmeres Regime führen würden.

Kein europäischer Geheimdienst hat einen präzisen Überblick über die Hunderten Milizen, die gegen Assad und zunehmend auch gegeneinander kämpfen, über deren Verquickungen und Machtstrukturen. Jede Waffe kann daher ganz leicht bei den Falschen landen.

Zugleich wird auch von wichtigen Teilen der syrischen Bevölkerung selbst keineswegs ein Sieg der Aufständischen erwünscht. Vor allem Alewiten, aber auch Christen wissen, dass es ihnen dann gar nicht gut gehen wird. Denn dann wird der sunnitische Fundamentalismus das Sagen haben.

Auf der anderen Seite steht ein Assad, der mit den schiitischen Mullahs in Iran und mit der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon eng verbündet ist. Das aber sind zweifellos die zwei übelsten Kriegshetzer des Nahen Ostens.

Mit anderen Worten: Fast keine der streng nach religiösen Linien aufgeteilten Kriegsparteien ist ein wünschenswerter Sieger. Daher sollte kluge Politik auch den Kriegsverlauf nicht noch durch zusätzliche Waffenlieferungen unterheizen. Und schon gar nicht Partei ergreifen. Letztlich wird die Welt mit jedem denkbaren Ausgang des Kriegs leben müssen. Ob sie will oder nicht.

London und Paris glauben, durch Waffen für die kleinen liberal und demokratisch wirkenden Oppositionsgruppen die Dinge in ein besseres Fahrwasser leiten können. Nach allem, was man dazu weiß, scheint eine solche Strategie mehr als naiv. Daran ändert es nichts, dass wieder einmal linke Journalisten so wie im Fall Ägypten oder Libyen Druck zu Gunsten der Aufständischen zu machen versuchen. Und ignorieren, was das in Wahrheit bedeutet.

Wie wäre überhaupt das Blutbad halbwegs erträglich zu beenden? Die Geschichte des Libanon deutet darauf hin, dass der Syrien-Krieg – übrigens auch mit sehr ähnlichen Parteien wie im Libanon – noch viele furchtbare Jahre dauern kann. Ein friedliches Zusammenleben der religiösen und ethnischen Gruppen scheint auf Grund des alten und jetzt dramatisch vervielfachten Hasses gar nicht mehr möglich. Wenn eine der beiden Seiten siegen sollte, dann ist es nämlich geradezu sicher, dass es nachher den Unterlegenen ganz schlecht gehen wird. Daher kämpfen ja beide Seiten mit so großer Erbitterung.

Am positivsten wäre es wohl, wenn es zu einer Teilung des Landes käme. Auf der einen Seite die Sunniten, auf der anderen Alewiten und Christen. Gewiss: Solche Lösungsmodelle sind in Politik und Diplomatie nicht populär. Sie verletzten viele Tabus der Diplomatie. Aber sie würden das Leiden und Sterben doch deutlich reduzieren und verkürzen. Und nach einer echten Teilung kann man ja leichter wieder zu guter Nachbarschaft finden als im Fall einer Unterjochung. Siehe Tschechien-Slowakei, siehe Kroatien-Serbien.

Mir ist schon klar, welche Folgen und Präzedenzwirkungen eine Teilung Syriens hätte. Aber die sind harmlos gegen weitere Hunderttausende Tote und Verletzte und gegen Millionen verzweifelte Vertriebene.

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Eigentumsschutz und Waffenbesitz

19. Juni 2013 04:38 | Autor: Erich Pekarek
Rubrik: Gastkommentar

Vor geraumer Zeit lauschte ich mit Interesse den Ausführungen eines sehr hohen Herrn von der Wiener Polizei zum Thema Polizei im Allgemeinen und Einbruchsprävention im Besonderen. Der Zufall wollte es, dass gerade bei diesem Herrn zeitgleich die Wohnung ausgeraubt wurde. Was lernen wir bei allem Bedauern daraus?

Vor den Einbrechern sind alle Menschen gleich!

Dazu fällt mir eine Gedankennotiz ein, die ich kürzlich anlegte:

Reisefreiheit
Was nützt sie mir, wenn ich mich nicht mehr aus dem Haus traue? Sie nützt jenen, die rasch herein und noch schneller hinaus wollen; aber natürlich auch jenen, die rasch herein und nie wieder hinaus wollen.

Nach sechs erlittenen Einbrüchen weiß ich, wovon ich spreche.

Die EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist eine Farce.
Nach Angaben von Insidern finden in Wien täglich 200 Einbrüche statt. Jeder Haushalt darf daher getrost erwarten, einmal in 15 Jahren an der Reihe zu sein. Nicht von ungefähr haben sich Bürgerinitiativen gebildet, die mit der Polizei zusammenarbeiten, denn unsere Polizei ist genau so hilflos wie wir alle.

In Wien sind verschiedene Sondertruppen und Sonderbeauftragte installiert, die sich als „Watchers“ um diverse nachrangige Aufgaben kümmern. Der Aufwand hiefür wäre wesentlich sinnvoller und bürgernäher als Investition in die Polizei zu verwenden.

Macht endlich wieder die Grenzen dicht, dann schlagt Ihr zwei Fliegen auf einen Schlag. Ignoriert die Parteien und die Politiker, die uns belogen haben, als sie uns die Notwendigkeit dieser EU vorgaukelten. Und wählt die Politiker ab, denen ihr Platz an den Fleischtöpfen der EU wichtiger ist als die Sicherheit und die Zukunft unserer Bürger.

In dieser Situation der tief empfundenen Wehrlosigkeit müssen wir auch noch vorsichtig in der Ausdrucksweise sein, denn Big Brother passt genau auf, ob wir nur das sagen, was wir auch sagen dürfen. Die mehrschichtige Verzweiflung könnte einen dazu verleiten, Dinge auszusprechen oder Kritik zu äußern, die als Verhetzung ausgelegt werden könnte.

Wir sind ihnen nur als Wähler wichtig und wir sind blöd genug, sie immer wieder zu wählen!

Alarmanlagenerzeuger, Schlosser, Glaser: Sie alle freuen sich über satte Umsatzzahlen. Von wirtschaftsfördernden Maßnahmen habe ich allerdings eine andere Vorstellung, Doch statt uns vor solchen Schäden, ganz abgesehen von den gestohlenen Werten, zu schützen, werden Psychologen, Psychiater und Krisenmanager beschäftigt, um unsere Nerven wieder einigermaßen ins Lot zu bringen. Selbst bei einigem guten Willen kann man solche Maßnahmen nur als blanken Hohn betrachten. Man bekämpft die Folgen, nicht aber die Ursachen. Wenn man mit vornehmlich allein stehenden oder älteren Menschen spricht, erfährt man, dass sie Angst haben. Kein Wunder, erfahren sie doch von den Medien, vorsichtig dosiert aber doch, von gewalttätigen Übergriffen. Sie fürchten sich nicht nur vor Einbrüchen, sondern vor Raub, Verletzung und Totschlag.

In diesem Raum der Unfreiheit, der Unsicherheit und des Unrechts denkt sich wohl jeder, wie er sich und seine Familie schützen kann. Eine Waffe zu besitzen kann beruhigen. Ich denke dabei an eine Schusswaffe, nicht an Küchenmesser, wie sie in letzter Zeit immer mehr in „Mode“ kommen.

Wer sich legal eine Schusswaffe zulegen möchte, braucht einen Waffenpass oder für den Schutz in den eigenen vier Wänden eine Waffenbesitzkarte, ferner einen Waffenführerschein mit behördlich vorgeschriebenen periodischen Überprüfungsmaßnahmen und muss mit dem Hausbesuch von Polizisten rechnen, die die ordnungsgemäße Verwahrung der Waffe überprüfen. Die Waffe hat dabei derart verwahrt zu sein, dass man sie im Bedarfsfall unter Garantie nicht griffbereit hat. Zu diesem Hausbesuch sind die Polizisten werktags von 7 bis 20 Uhr berechtigt. Bei uns läuteten sie dessen ungeachtet am Sonntag um 8 Uhr früh, weil sie gerade „in der Gegend zu tun“ hatten. Ist es Frust über eine derartige wenig erfüllende Tätigkeit, dass Polizisten ihre Vorschriften ignorieren?

Wenn nicht gerade so etwas passiert oder Temposünder mit 61 km/h an völlig harmlosen Stellen gejagt werden, mag man ja die Polizei. Fast möchte man sagen, sie tut ja ihre Pflicht. Es ist wohl ein Dienstaufsichtsproblem oder politisches Versagen, Nicht nur diese Vorschrift, sondern auch die Auflage „Die Überprüfung ist ohne jegliche nicht unumgänglich nötige Belästigung oder Störung des Betroffenen vorzunehmen“ wurde unbekümmert umgangen, lösten jedoch bei einer Familie, die gerade einen Einbruch hinter sich hatte, einen Paniksonntag aus.

Dazu zwei Links:
http://www.iwoe.at/inc/nav.php?id=267;
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10006074

Die Polizei, die ja eine Präventionspolizei sein sollte, ist durch die ihr aufgebürdete Verwaltungsarbeit (siehe Waffenkontrolle) zur Einsatzpolizei geworden. Sie kommt, wenn sie zum Einsatz gerufen wird. Dann ist es aber meistens zu spät.

Es braucht wohl nicht erwähnt zu werden, dass illegaler Waffenbesitz unter diesen Umständen viel bequemer ist. Das wissen auch die geschätztermaßen (es gibt keine verlässliche Statistik) mehr als 50 Prozent der Waffenbesitzer, die keinen Waffenschein ihr Eigen nennen.

Anzustreben wären Erleichterungen für legale Waffenbesitzer, die ohnehin kein Gefahrenpotential krimineller Art darstellen. Dies wird jedoch u.a. von gewissen Grünkommunisten und gleich gesinnten Genossen heftig bekämpft.

Während solcherweise der Selbstschutz erschwert wird, wird Verbrechen leicht gemacht. Wie überhaupt die Anwendung von Schusswaffen ja auch bei der Polizei problematisch ist. Der Gedanke, einen Verbrecher zu verletzen, erzeugt sofort Horrormeldungen und Angriffe auf die Exekutive in den Medien. Waffengebrauch mit Folgen kann für den Polizisten sehr unangenehm werden.

Dass allein in Österreich Zehntausende unschuldige Kinder im Mutterleib getötet werden, ist den Medien natürlich keine Meldung wert. Solchermaßen tätige Kindesmörder werden offiziell „geehrt“, Lebensschützer jedoch gerichtlich verurteilt. Auch dazu das Paradoxon: „EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“!

Dkfm Erich Pekarek ist Wirtschaftstreibender, Wiener Landesobmann der kritisch-politischen Partei Christen-Allianz und Vorstandsmitglied des Wiener Akademikerbundes.

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Barack ratlos und jetzt?

15. Juni 2013 00:17 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der durch zahlreiche Affären ins schiefe Licht geratene amerikanische Präsident hat die Flucht nach vorne angetreten. Er hat nun gleichsam offiziell festgehalten, dass Syrien chemische Waffen eingesetzt hat. Viel weniger gewiss scheint, dass Barack Obama eine Ahnung von allen Konsequenzen seiner Festlegung hat.

Ob der Vorwurf stimmt, lässt sich ja von außen nicht wirklich sagen. Aber angenommen, er stimmt: Dann ist einmal erstaunlich, dass auch nach amerikanischen Aussagen nur zwei Promille der Todesopfer des grausamen Krieges solcherart ums Leben gekommen sind. Alle anderen sind „herkömmlich“ umgebracht worden. Aber dennoch soll wegen eines einmaligen Ereignisses jetzt die gesamte westliche Syrien-Politik auf den Kopf gestellt werden. Denn Amerika hat sich für diesen Fall offiziell verpflichtet, die Rebellen mit Waffen zu beliefern.

Was aber folgt jetzt? Jetzt herrscht einmal großes und betretenes Rätselraten. Sogar in der Nato, wo ja etliche Länder ganz anders denken als Amerika, zeigt man extreme Zurückhaltung und schlägt salomonisch vor: Jetzt soll lieber einmal die UNO noch alles prüfen. Das ist nicht nur ein Misstrauensantrag an Amerika. Das wird mit Gewissheit dazu führen, dass die Russen als Alliierte des syrischen Diktators jede konkrete Aussage über den Gifteinsatz verhindern.

Will Amerika – offenbar zusammen mit Großbritannien – dann sowohl Nato wie UNO ignorieren? Ohne UNO gibt es nicht einmal für eine Flugverbotszone eine völkerrechtliche Basis. Und ohne UNO-Mandat Waffen zu liefern, stellt Amerika rechtlich auf eine Stufe mit üblen Staaten wie Iran und Qatar. Ist das Obamas Absicht?

Für diesen kühnen Fall taucht aber gleich das nächste Problem auf: An wen unter den zahllosen syrischen Rebellengruppen sollen die amerikanischen Waffen eigentlich geliefert werden? Wie verhindert man, dass sie in radikalen Händen landen? Was macht man, wenn sich gemäßigte und liberale Waffenempfänger in der arabischen Märchen- und Lügenwelt plötzlich als Islamisten entpuppen? Wie erklärt man es den christlichen Wählern daheim in Amerika, wenn mit solchen Waffen viele Christen getötet werden, die sich ja vor den Rebellen noch viel mehr zu fürchten haben als vor Assad?

Aber nehmen wir einmal an, am Ende gibt es wirklich freie und demokratische Wahlen in Syrien. Diese werden mit Sicherheit ähnlich wie in Ägypten mit einem Sieg der Islamisten enden. Wie will das Obama seinen Wählern erklären?

Steht doch schon heute der Austausch Mubaraks durch ein islamistisches Regime an der Spitze der Fehlleistungen der Obama-Ära. Das sieht inzwischen jedenfalls alle Welt so, bis auf die linksliberalen Mainstream-Medien, die Mubarak weggeschrieben haben und die Obama immer noch zujubeln.

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Fußnote 448: Die Friedenstruppe ist nur für den Frieden da

06. Juni 2013 14:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Österreich zieht also jetzt doch vom Golan ab. Mit anderen Worten: Wenn es wirklich darum geht, zum Frieden beizutragen, dann sind unsere Friedenssoldaten zu schade dafür.

Speziell in Wahlkampfzeiten. Freilich hat man auch schon vorher gewusst: Im Grund wollen wir das Bundesheer ja eh nur zum Sandsackfüllen. Wenn hingegen Risiko damit verbunden ist, einen regional stabilisierenden Korridor zwischen Israel und dem syrischen Bürgerkriegschaos zu sichern, dann ziehen wir rasch ab. Die vielberühmten Blauhelme – die früher an anderen Einsatzorten auch trotz Todesopfern geblieben waren! – sind heute nur noch für die Sonntagsreden der Politik und bunte Werbebroschüren des Heeres gut. Das entspricht zwar sicher der Mentalität einer Bevölkerungsmehrheit. Dann sollte man aber sämtliche Auslandsaktivitäten gleich ganz bleiben lassen. Insbesondere dann, wenn wie fast immer weder UNO noch EU eine klare, einheitliche und umsetzbare Strategie haben. Für Österreich selbst bleibt nur die Hoffnung, dass andere Nationen eines Tages nicht so beiseitestehen werden, wenn wieder einmal in Österreichs Umgebung Unruhen und Unsicherheit eskalieren.

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Ezzes aus Europa, Überleben in Israel

07. Mai 2013 00:19 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wer als Europäer in diesen Tagen in Israel ist, wird vielleicht über eine scheinbar völlig periphäre Beobachtung am meisten verblüfft sein: Bei den diversen Fußballübertragungen der Champions-League freute sich mindestens die Hälfte der zahllosen jungen Menschen vor den öffentlichen Fernsehern lautstark über die deutschen Tore (andere gab es ja kaum). Das heißt zumindest: Deutschland ist für sie nicht mehr automatisch das böse Feindesland aus lauter Tätern, für das man keine Sympathien haben kann.

Das zeigt aber auch: Die Israelis leben in der Gegenwart und Zukunft. Die Katastrophe des Holocaust ist für die Jungen Vergangenheit, fast gleich weit weg wie die Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch die alten Römer (an die im heutigen Israel von Staat und Glauben durchaus auch oft erinnert wird). Gegenwarts- und Zukunftsorientierung aber heißen nicht nur Fußballfreude, sondern auch: Leben mit Terrorismus, mit Fanatismus und Kriegsgefahr rundum – aber auch heftiger Zwist über die eigene Zukunft Israels.

Die Summe dieser Gefahren geht auch Europa unmittelbar an – wenngleich dieses wie immer alles Unangenehme verdrängt. Ganze Bücher lassen sich mit einer Analyse der Lage des heutigen Israel füllen. Dennoch kann keines eine problemlose und für alle Seiten positive Lösung des Nahostproblems anbieten. Da tut eine total subjektive und wenn man so will anekdotische Annäherung an den Konflikt und seine Zerlegung in einige – keineswegs umfassende – Einzelbeobachtungen vielleicht gut.

Luftangriffe und Zusammenleben

Fast jede solcher Beobachtungen ist eine der Diskrepanzen. Eine davon ist in diesen Tagen die Gleichzeitigkeit heftiger israelischer Luftangriffe auf Syrien mit dem – anscheinend oder scheinbar – friedlichen Nebeneinander von Moslems und Juden in Israel wie auch auf der Westbank. Trotz der Luftangriffe vermeidet Israel zugleich erstaunlicherweise alles, um im Konflikt irgendwie Partei zu ergreifen, denn man weiß eigentlich selbst nicht, ob der Iran-Alliierte Assad oder die stark fundamentalistisch geprägten Gegner die Gefährlicheren sind.

Zu diesem Nebeneinander kommen noch die Christen, in diesen Tagen besonders zahlreich. Sie reichen von den Scharen amerikanischer Baptisten, die zur Volltaufe im Jordan Schlange stehen, bis zu den insbesondere rund um das soeben stattgefundene orthodoxe Osterfest unüberschaubaren Massen aus Osteuropa. Nirgendwo mischen sich Weltreligionen mit derartiger Intensität und Glaubenskraft und erwecken den Eindruck, den von allen propagierten Frieden zwar ernst zu meinen – aber zugleich die anderen Religionen eigentlich nicht zur Kenntnis zu nehmen (es sei denn, man ist Fremdenführer oder Souvenirverkäufer).

In den Straßen Israels mischen sich jedenfalls die sonstigen Todfeinde offenbar problemlos. Da gehen streng moslemisch gekleidete Frauen und ihre Männer ebenso wie liberale oder orthodoxe Juden, ohne dass man merken würde, dass hier die explosivste Konfliktfront der Welt auf Tuchfühlung geht. Problemlos toleriert Israel auch antiisraelische Plakate der palästinensischen Kommunisten oder großformatige islamische Warnungen an alle Ungläubigen, dass sie in die Hölle kämen. Auch wenn davon viel nur Oberfläche sein mag: In Israel findet man jedenfalls Toleranz wie nur in einer kleinen Minderheit der Staatengemeinschaft (ich würde jedenfalls niemandem empfehlen, in irgendeinem moslemischen Staat Warnungen vor dem Islam zu plakatieren).

Hinter der Mauer eine andere Welt

Und dennoch spürt man da und dort die darunterliegende Spannung. Die zeigt sich etwa an Sicherheitskontrollen am Eingang zu Kaufhäusern. Die zeigt sich etwa an der hässlichen Betonmauer, die Israel zu seinem Schutz von Nord bis Süd errichtet hat. Zwar kann man sie nach meist eher harmlosen Kontrollen passieren. Aber auf der anderen Seite dominieren plötzlich Auto-Nummernschilder, von denen man in Israel zuvor kein einziges gesehen hat. Im Westen gibt es nur „gelbe“ Tafeln, im Osten fast nur weiße. Araber dürfen aus Sicherheitsgründen nie mit Autos nach Israel kommen. Alleine dies zeigt, dass hier zwei weit voneinander entfernte Welten nebeneinanderliegen.

Unerquicklich? Gewiss. Aber zugleich muss man wissen: Seit die Mauer steht – freilich nicht entlang der früheren israelischen Grenze, sondern zum Teil tief auf dem Gebiet der Westbank –, hat es in Israel fast keinen der früher so häufigen Terroranschläge gegeben. Man fühlt sich beim Flanieren in Straßen Jerusalems oder anderer Städte heute mindestens so sicher wie bei einem Marathon in Boston. Würden da nicht bisweilen einige junge Männer mit einer automatischen Waffe am Nebentisch sitzen – Soldaten beim abendlichen Ausgang – und würde man nicht Zeitung lesen, könnte man fast vergessen, in der explosivsten Region der Welt zu sein.

Kinder kriegen als nationale Pflicht

Die nahöstlichen Realitäten zeigen sich auch an ganz anderen Stellen: etwa an den Geburtenzahlen. Aus dem altgewordenen Europa kommend, stößt man in Israel auf ein blutjunges Land. Zahlreiche Kinder zu kriegen ist für ein Volk, dessen Auslöschung vor 70 Jahren beschlossene Sache gewesen ist, eine natürliche Selbstverständlichkeit, ja eine nationale Pflicht, jedenfalls eine Strategie der Selbsterhaltung. Das zeigen auch die Zahlen: Die Österreicher sind heute im Durchschnitt 43 Jahre alt, die Israelis hingegen 29.

Alles klar? Nicht ganz, denn Jugend allein wird Israel nicht retten. Ist doch die arabische Umgebung ebenso jung wie Israel oder sogar noch viel jünger. Demographisch kann Israel im Konflikt mit seiner bedrohlichen Umgebung also nur mithalten, nicht die Überhand gewinnen.

Und noch ein Einwand: Die kinderreichste und damit am schnellsten wachsende Gruppe in Israel sind die Orthodoxen. Bei ihnen hat – im Schnitt! – jede Familie über sieben Kinder. Aber gerade die Söhne der Orthodoxen absolvieren in der Regel nicht den für israel überlebenswichtigen Militärdienst. Denn Thora-Studenten sind von diesem befreit. Streng orthodox zu sein, heißt nämlich im Grund, sich ganz dem Studium der heiligen Schriften zu widmen. Damit ist fast jeder junge Orthodoxe ein Thora-Student.

Das wird aber langsam für die Mitbürger untragbar; denn schon zehn Prozent der israelischen Jugendlichen entkommen solcherart dem Militär. Was die anderen hörbar erzürnt. Die Politik versucht zwar zunehmend intensiver, das zu ändern, hat es aber bisher nicht geschafft. Dazu ist die Parteienlandschaft zu zerstritten. Dazu sind die Stimmen der Orthodoxen an der Wahlurne schon viel zu gewichtig.

Gekommen, um zu bleiben

Ähnlich ist es mit dem Stimmgewicht der nationalistischen Siedler. Sie leben auf der palästinensischen Westbank in mit Stacheldraht umgebenen Siedlungen, meist nachdem sie das Land Arabern abgekauft haben. Sie sind wohl das härteste Problem am Weg zu einer friedlichen Lösung. Längst ist es politisch absolut undenkbar geworden, dass Israel einen Abriss der Siedlungen akzeptieren würde. Selbst ein Stopp des weiteren Ausbaus ist von Israel immer nur kurzfristig zugestanden worden.

 Auch der oft vorgeschlagene Gebietstausch ist nur auf dem Papier ein tauglicher Kompromiss. Denn abgesehen davon, dass Israel auf Dauer die Jordangrenze zu Jordanien kontrollieren will, bliebe dann für die Palästinenser nur ein Fleckerlteppich, der eher die Karikatur eines Staates wäre.

Im Grund ist es völlig klar: Viele Israelis sind auf die Westbank gekommen, um zu bleiben und am Ende die ganze Westbank unter Kontrolle zu bekommen. Die dortigen Araber sind aber keinesfalls willens zu gehen.

Zu viele Hypotheken für ein kleines Land

Das ist eine unlösbare Differenz. Damit ist aber der Hypotheken auf der Zukunft des (allzu vielen Religionen) Heiligen Landes noch lange kein Ende.

Ist mit diesen Arabern Friede überhaupt möglich?

Aus vielen solchen Aspekten formt sich die in den letzten Jahren stark gewachsene israelische Überzeugung: Mit diesen Arabern ist ohnedies ein verlässlicher Friede undenkbar; Konzessionen bringen nichts; wir können nur mit der eigenen, also vor allem militärischer Stärke überleben.

Aus diesem Grund hat Israel auch die jüngsten arabischen Vorschläge eines Gebietstausches mit den Westbank-Palästinensern abgelehnt. Das schafft insbesondere in Europa Enttäuschung. Freilich haben die Israelis ein starkes Argument für ihre Ablehnung: solange die Gegenseite nicht den Judenstaat als solchen anerkennt, gibt es keinen Grund zu eigenen Konzessionen. Die Gegenseite ist aber emotional noch in den 40er Jahren und sieht eigentlich keinen Grund, dass in lange rein islamisch kontrollierten Gebieten nun ein Judenstaat besteht.

Für die Israelis inzwischen viel wichtiger als die Emotionen der Araber sind ihre erstaunlichen Fortschritte im Energiesektor: Denn gewaltige Gasfunde vor der israelischen Küste sind dabei, das von seiner Nachbarschaft isolierte Land energiemäßig autark zu machen. Und Energie und Wasser sind ja die beiden entscheidenden Rohstoffe für fast jedes Land.

Nie wieder Masada

Zugleich ist man immer wieder beeindruckt über die emotionale Stärke des „Nie wieder!“ unter den Israelis. Zwar ist natürlich auch der Holocaust ein Teil des „Nie wieder!“, aber für den Mitteleuropäer ist es schon sehr erstaunlich, dass ebenso auch die gesamte Geschichte der Juden emotional präsent und von diesem "Nie wieder!" getragen ist. So werden israelische Soldaten gerne auf der (eigentlich in der Westbank liegenden) Bergfestung Masada angelobt, wo im ersten Jahrhundert rund Tausend Juden monatelang den anstürmenden römischen Legionen als letzter Rest des alten jüdischen Volkes standhielten, bis sie sich schließlich in den Freitod flüchteten, nachdem ihre militärische Lage unhaltbar geworden war. Nur wer den darauf Bezug nehmenden Ruf „Masada darf nie wieder fallen!“ versteht, versteht die heutige Identität Israels.

Insgeheim fragt man sich, wie viele europäische Politiker verstehen Israel wirklich ganz (soweit irgendein Volk überhaupt „ganz“ zu verstehen ist)? Denn auf Schritt und Tritt wird einem im Nahen Osten klar: Eigentlich zählt Europa im Nahen Osten nichts. Höchstens Deutschland, Großbritannien und Frankreich werden von Israelis und Arabern registriert, die angeblich gemeinsame EU-Außenpolitik und die restlichen EU-Länder sind ebensolche Marginalien wie etwa auch die UNO.

Mitzureden hat nur, wer auch spürbare militärische Relevanz hat. Und die haben am Ende einzig und allein die Amerikaner und der eigene Kampfeswillen. Gute oder schlechte Ezzes aus Europa hingegen haben ungefähr den Wert des Salzes aus dem Toten Meer, also vom tiefsten und daher versalzensten Punkt der Erdoberfläche, der sich bezeichnenderweise zwischen Israel und der arabischen Welt befindet.

Europa hat in dem Konflikt, der für seinen Frieden zweifellos der weitaus gefährlichste ist, praktisch nichts mitzureden. Eine ernüchternde Bilanz.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Medien, die Wahrheit und ihre Verbiegung – zwei Musterbeispiele

04. Mai 2013 23:19 | Autor: Proveritas
Rubrik: Gastkommentar

Dass die Qualität der österreichischen Medienlandschaft einiges zu wünschen übrig lässt, ist für aufmerksame Beobachter nichts Neues. Trotzdem ist es immer wieder erschreckend, wenn man sich – etwa anhand der folgenden Beispiele aus der letzten Zeit – vor Augen führt, wie sehr Journalisten die Wahrheit verdrehen, damit sie in ihr politisch korrektes Weltbild passt.

26. 4. 2013
Internet-Kurier: Immer mehr Terroranschläge in Europa

„Terroristische Aktivitäten gehen laut dem Europol-Terrorismusreport (TE-SAT) vor allem von separatistisch motivierten Einzeltätern und Gruppen aus. Lediglich sechs Attentate wurden von religiösen Extremisten verübt. …
17 Menschen sind im Vorjahr bei Terroranschlägen ums Leben gekommen. Beim Bombenanschlag im bulgarischen Burgas und beim Amoklauf im französischen Toulouse starben insgesamt 14 Menschen. Weitere drei Zivilisten starben bei Anschlägen in Belgien, Nordirland und Frankreich. …
Frankreich sticht in der Statistik heraus: Rund die Hälfte aller Anschläge traf die Grande Nation, ein weiteres Viertel den Nachbarstaat Spanien. Das stärkt die Annahme, dass vor allem separatistische Bewegungen hinter einer Großzahl der Anschläge stehen. … Diese haben 2012 bei Attentaten aber keine Menschen verletzt.“

Was im Artikel wohl bewusst ausgelassen wird, sind die näheren Umstände der Anschläge von Burgas und Toulouse. Beim Bombenanschlag in Bulgarien kamen sieben Menschen ums Leben: Neben dem Attentäter und einem einheimischen Busfahrer fünf Israelis. Und dem Amoklauf des Mohammed M. in Frankreich fielen ebenfalls sieben Menschen zum Opfer – alle französische Juden.

Es gab also eine Vielzahl (219) von Terror-Anschlägen – bei jenen mit Toten waren die separatistisch motivierten aber offenbar in der Minderzahl. Die 14 Toten im Umfeld muslimischer Terroraktionen werden hingegen subtil unterschlagen. Außerdem wäre es auch interessant gewesen zu erfahren, warum die drei weiteren erwähnten Zivilisten getötet wurden.

Der Artikel erweckt den Eindruck, dass religiös motivierte Anschläge keine Rolle spielen. Sie führten ja bloß zu den meisten Toten. Wer sich aber die Mühe macht und sich das englische Video des Europol-Direktors (am Ende des Artikels) anhört erfährt bei 1:15 Min: „We noticed a particular rise 2012 … in the number of religious motivated extremists.”

Womöglich sind die 14 Toten tatsächlich nicht Opfer religiös motivierter Taten; aber ist ein offenbar vorliegendes rassistisches Motiv entschuldbarer – beziehungsweise die Berechtigung, es im Bericht zu vertuschen, größer? Die Kommentare in manchen Leserbriefen bestätigen, dass die Manipulation bei unanalytischen Lesern voll aufgegangen ist. Fakten werden subtil unterschlagen oder verzerrt.

29. 4. 2013
ORF 2: „Thema“ – Tschetschenen in Österreich:

Es gibt Vieles, was bei diesem Beitrag zu kritisieren wäre, z. B. der Missbrauch von Klassen bzw. Schülern für Interviews (wer organisiert bzw. genehmigt so etwas?), die Selektion der Interviewpartner, die Verdrehung der Tatsachen bezüglich Zeitpunkt der Flucht oder anderer wesentlicher Punkte, wie es schon öfters vorgekommen ist.

Einen Höhepunkt stellt aber das manipulative Interview mit Herrn K.H. Grundböck – als höherer Beamter quasi eine Autorität aus dem Innenministerium – dar (bei ca. 7.50 min):

Thema: „Was sagen die Daten und Fakten über die Kriminalität der Tschetschenen in Österreich?“
Grundböck: „Angehörige der russischen Föderation haben hier einen Gesamtanteil von 3,5 Prozent an den ermittelten Tatverdächtigen.“
Thema: „Welche der Volksgruppen in Österreich ist am meisten an der Kriminalität mitbeteiligt?“
Grundböck: „Die höchste Beteiligung haben österreichische Staatsangehörige [kein Prozentsatz genannt], gefolgt von den deutschen Staatsangehörigen mit 12 Prozent.“
Ende des Interviews.

Nun, das ist aber sehr erstaunlich, dass Österreicher an der Kriminalität in Österreich beteiligt sind, oder? Eigentlich könnten/sollten es ja annähernd 100 Prozent sein.

Und wenn 25.000 Tschetschenen einen Anteil von 3,5 Prozent am Gesamtvolumen der Taten verursachen – ist das nicht relativ viel im Vergleich zu 8 Millionen Österreichern für x Prozent kriminelle Taten?

Interessant wäre auch eine Auskunft darüber gewesen, was aus den 70-75 Prozent der Tschetschenen in Österreich wird, die offenbar nicht verfolgt werden. Aber Nachfragen zu interessanten Themen gehört offenbar nicht zu den Gepflogenheiten bestimmter ORF-Redakteure.

Weiß Herr Grundböck, dass er mit den Fragen – ohne weitere Erläuterung der Antworten für geistig Minderbemittelte – manipuliert wurde, oder ist er selbst mit im Bunde? Wer zieht den ORF für eine derart verkommene Beitragsgestaltung zur Verantwortung? Und: Schlafen Politiker grundsätzlich vor dem Fernseher?

Typisch für die Redaktion von „Thema“ war auch die Präsentation eines sympathisch wirkenden und durchaus integrierten Tschetschenensohns (es werden immer Kinder vorgeschoben) mit dem Namen „Rudi“ (!), dem vermutlich die meisten Asyl in Österreich gönnen würden, der aber offensichtlich als Vorzeigetschetschene missbraucht wurde.

Fazit: Wir werden fast täglich betrogen und getäuscht – und die meisten merken es nicht einmal. Für die Konsequenzen werden wir alle büßen, besonders aber unsere Kinder!

Der Autor muss leider aus beruflichen Gründen anonym bleiben.

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Kosovo: ein großer, aber teurer Schritt

23. April 2013 00:34 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die in den letzten Stunden verkündete Einigung zwischen Serbien und Kosovo bedeutet zweierlei: Europas Krisenherd Nummer eins dürfte deutlich entschärft worden sein, wenn nicht eine Seite (etwa unter Druck der Kosovo-Albaner) noch einmal ganz aus dem Konsens aussteigt; und die europäische Außenpolitik hat nach vielen Blamagen und leeren Kilometern endlich einen klaren Erfolg erzielt. Den sie sich aber durch ein Beitrittsversprechen an Serbien teuer erkauft hat.

Den doppelten Erfolg muss man dennoch anerkennen – auch wenn im Detail noch sehr viel Fragezeichen und Hindernisse auf den Balkan und die EU zukommen werden. Aber weder die europäische Außenpolitik noch der Balkan haben in den letzten Jahrzehnten ja in irgendeiner Hinsicht positive Kommentare verdient (Europa hat sich freilich viele solche schreiben lassen).

Realismus siegt über Emotionen

Zuerst zum Balkan: Jetzt ist erstmals eindeutig klar, dass Belgrads Regierung die Sezession des Kosovo akzeptiert. Nicht aus freien Stücken, sondern aus Realismus und wegen des umgehend erhaltenen Beitrittsversprechens von Seiten der EU. Belgrad hat gespürt, dass es sonst nie aus der Isolation herauskommen wird. Die Wirtschaft Serbiens (wie des restlichen Ex-Jugoslawiens) ist in einem so katastrophalen Zustand, dass konstruktives Handeln dringend notwendig geworden ist. Dieses Argument hat jetzt die starken Emotionen der Serben überwunden, die naturgemäß noch immer sehr am Kosovo hängen, der ja einst ein rein serbisch-christliches Kernland gewesen ist.

Diese konstruktive Konzession hat nun ausgerechnet eine serbisch-nationalistische Regierung gewagt. Ihre liberalen Vorgänger hatten hingegen immer viel zu viel Angst vor der damaligen Opposition gehabt. Diese hätte niemals eine Preisgabe heiligen serbischen Territoriums hingenommen, wenn sie nicht wie jetzt auch selbst den erhofften politischen Nutzen davonträgt.

Die Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien hat Belgrad zwar insgeheim schon längst aufgegeben. Aber zugleich auch die serbischen Menschen im Kosovo, immerhin zehn Prozent, aufzugeben, ist viel schwieriger. Dazu kommt, dass ein Teil von ihnen in einem geschlossenen Siedlungsgebiet im Norden lebt, der andere hingegen über ganz Kosovo zerstreut. Das macht maßgeschneiderte Regelungen noch viel schwieriger.

Jetzt gibt es aber erstmals einen prinzipiellen Konsens, dass auch all diese Gemeinden zum Kosovo gehören, der damit de facto auch von Serbien anerkannt ist, und wohl bald auch de jure. Auf der anderen Seite bekommen diese Gemeinden ein hohes Ausmaß an Selbstverwaltung, einschließlich der Kontrolle über die Polizei.

Die größte Konzession kam von Belgrad

Der Kompromisskonsens lag zwar schon länger in der Luft. Aber beide Regierungen haben die Zeit gebraucht, um sich als harter Verhandler zu profilieren, um nur ja nicht als Umfaller hingestellt zu werden. Wobei klar ist, die größere Konzession hat Belgrad gemacht. Denn genauso ein tauglicher Kompromiss, bei dem Serbien weniger nachgeben hätte müssen, wäre ja auch eine Sezession des Nordkosovo gewesen mit gleichzeitiger Vollanerkennung des Staates Kosovo durch Belgrad samt spürbarer Personalautonomie für die restlichen verbliebenen Serben. Aber Serbien konnte diese Variante nicht durchsetzen.

Man sollte freilich auch über diesen Kompromiss nicht zu früh jubeln. Denn es ist noch sehr spannend, wie sich der Widerstand der Betroffenen, vor allem der Serben in den vier Nordkosovo-Gemeinden, auswirken wird. Das wird noch lange dauern, um seriös von einem echten Frieden reden zu können.

Haupthindernis: Korruption

Aber auch wenn die Kosovo-Lösung komplett gelingt, ist damit in Wahrheit nur ein einziges Hindernis am Weg Ex-Jugoslawiens nach Europa beseitigt. Das viel größere – aber international interessanterweise kaum beachtete – ist die Korruption, die nirgendwo in Europa so schlimm ist wie dort. Diese wird vorerst auch weiterhin viele  Investoren abhalten, in diesen Raum zu gehen. Davon sind sowohl Serbien wie auch der Kosovo wie auch die anderen Nachfolgestaaten betroffen.

Als EU-Bürger muss man vor dem offenbar unvermeidlichen Beitritt all dieser Länder bangen. Vor allem Belgrad wird jetzt glauben, dass es schon genug Konzessionen geleistet hat und daher belohnt werden müsse. Diese Haltung ist aus vielen Äußerungen herauslesbar. Belgrad wird daher so wie alle anderen Staaten des Raums (einschließlich des Neomitglieds Kroatien) versuchen, die eigenen mafiösen Strukturen in die EU hineinzuretten. Diese sind sowohl in der Justiz wie auch in der Polizei wie auch in der allgemeinen Verwaltung wie auch bei den Zöllnern tief verwurzelt – mit geheimen Querverbindungen bis in die jeweiligen politischen Spitzen hinein. Diese Korruption ist nach Aussage von Balkankennern in allen Ländern Exjugoslawiens das wahre Hauptproblem.

In aller Stille macht sich Islamismus breit

Eine weitere neue Herausforderung in Ex-Jugoslawien ist noch kaum realisiert worden: Im bosniakischen Teil Bosniens wie auch im serbischen Sandschak haben sich – im Wesentlichen erst nach den Kämpfen – zunehmend islamistische Strömungen breit gemacht. Diese wollen das Gegenteil der früheren Bosniaken-Führer: Sie wollen nun einen eigenen Staat für die jugoslawischen Moslems. Das bringt ein neues Problem auf die Landkarte. Dazu kommen die vielen schon länger bekannten:Eines davon die Stellung der Albaner in Mazedonien (angeblich rund ein Drittel) und in Dörfern; ein anderes der Namensstreit Mazedoniens mit Griechenland.

Lobend sei aber erwähnt, dass es in den letzten Jahren immerhin gelungen scheint, eines der früheren Hauptprobleme zu lösen: Das war der serbisch-kroatische Antagonismus. Dieser ist weitgehend verschwunden. Beide Seiten, übrigens auch die jeweiligen religiösen Autoritäten (deren Rolle vor allem in Serbien sonst eher übel ist), haben da sehr konstruktiv mitgearbeitet. Daher wird es in Jugoslawien wohl keinen großen Krieg mehr geben, selbst wenn die Außenwelt sich nicht mehr um den Raum kümmern sollte.

Europa bekennt sich erstmals klar zum Modell Autonomie

Bleiben wir aber bei einem weiteren positiven Aspekt der nunmehrigen Kosovo-Lösung (auch wenn man noch nicht alle Details kennt): Die nun sehr wahrscheinliche Lösung der Kontroverse birgt noch eine weitere – bisher kaum wo beachtete – Sensation: nämlich dass sich die EU für territoriale und personelle Autonomie eingesetzt hat. Das Wort Autonomie ist jedoch in etlichen europäischen Ländern tabu. Man denke nur an die Slowakei, die den Ungarn an ihrer Südgrenze trotz ihres geschlossenen Siedlungsgebiets die Autonomie verweigert.

Solche nationalistisch geprägten Staaten fürchten in der Autonomie eine Schmälerung ihres Machtanspruchs. Sie sehen darin auch eine Vorstufe zu einer Sezession. Andere glauben das Gegenteil: Also dass eine möglichst weitgehende Selbstverwaltung einer autochthonen Minderheit deren Ruf nach Sezession, nach Ausübung des Selbstbestimmungsrecht deutlich leiser macht.

Die Entwicklung Südtirols in den letzten 50 Jahren vom bombenlegenden Freiheitskampf zu einer satt machenden Autonomie scheint den zweitgenannten Überzeugungen Recht zu geben. Wobei freilich Südtirol auch umgekehrt zeigt, wie fragil eine Autonomie ohne wirksame internationale Garantien sein kann: Versucht doch Italien seit Ausbruch seiner Schuldenkrise die wirtschaftlichen und finanziellen Selbstverwaltungsrechte der Südtiroler massiv auszuhöhlen.

Die GASP doch kein bloßer Papiertiger

Bleibt die europäische Bilanz: Zum ersten Mal hat man ein konkretes positives Ergebnis der GASP, der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Außenpolitik, gesehen. Bisher war dieser immer wieder beschworene Apparat mit seinen Tausenden Diplomaten ja ein reiner Papiertiger und eine Geldverschwendungsmaschine gewesen. Nicht einmal in ihrer Nachbarschaft, etwa im Libyen- oder Syrienkrieg, hat die EU eine einheitliche Linie zusammengebracht. Bei ferner liegenden Konflikten, etwa jenem in Korea, kommt niemand auch nur auf die Idee, dass da auch die Möchtegern-Weltmacht Europa eine Stimme haben könnte. Bei Staatsbesuchen nehmen Länder wie China zwar die deutsche Kanzlerin sehr ernst, über die diversen EU-Spitzen spötteln sie jedoch trotz aller Höflichkeit. Auch in der UNO gibt es kein einheitliches europäisches Verhalten, geschweige denn, dass Großbritannien oder Frankreich ihr Vetorecht den EU-Beschlüssen unterwerfen würden.

Das alles bleibt weiter Faktum. Jetzt aber kann man zum ersten Mal sagen, dass das fiktive Gebilde einer EU-Außenpolitik nicht ganz irrelevant ist. Das ist nicht viel, aber deutlich mehr als bisher. Man kann aber mit gutem Grund streiten, ob nicht der Preis eines serbischen Beitritts (und dann zwingend etlicher anderer Länder) zu hoch dafür war. Denn wenn die EU nur mit Beitrittszusagen außenpolitisch etwas bewegt, ist das doch recht ernüchternd.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Buchbesprechung: Private Sicherheits- und Militärfirmen

20. April 2013 23:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Modernes Söldnertum, Privatisierung des Krieges, Gefahr der Unterminierung des Machtmonopols des Staates, Geschäftemacherei mit der Gewalt: Diese Assoziationen tauchen gemeinhin auf, wenn von jenem – relativ neuartigen – Phänomen die Rede ist, das im Zentrum dieser Publikation steht. Die große Vielfalt von Diensten, die von privaten Anbietern im traditionell dem Staat zugewiesenen Bereich der Sicherheitsproduktion angeboten werden, geht indes weit über den negativ konnotierten Begriff Söldnertum hinaus.

Denn die Teilnahme von durch Privatfirmen gestellten Kriegern an Kampfhandlungen macht nur einen kleinen Teil des Aktionsspektrums der insgesamt 909 untersuchten PSMF (Private Sicherheits- und Militärfirmen) aus. Dagegen bilden andere Leistungen den weitaus wichtigeren Teil des Angebots: Im privaten Sicherheitsbereich (etwa zur Objektbewachung), Wartung und Instandsetzung komplexer militärischer Ausrüstung (z.B. von Kampfflugzeugen oder Drohnen), Transportaufgaben, Personenschutz, Bewachung und Schutz militärischer Einrichtungen und Transporte, sowie Informationsbeschaffungs- und Beratungsdienste in den verschiedensten Sektoren.

Der Autor, ein österreichischer Berufsoffizier, greift weit über den durch den Titel vorgegebenen Rahmen hinaus, wenn er sich – gestützt auf eine Fülle von Daten und Primärliteratur – historischen Betrachtungen, sowie juristischen, staatsrechtlichen und philosophischen Fragen im Zusammenhang mit der Legitimität von Gewaltausübung, bis hin zur Frage des „Gerechten Krieges“, widmet. Dass Fußnoten und Anhang ein gutes Drittel des Volumens der vorliegenden Publikation ausmachen, verringert einerseits zwar den Lesekomfort, belegt andererseits aber die überaus gründliche Quellenanalyse.

Die Globalisierung trägt ihren Teil dazu bei, auch militärische Aufgaben zu internationalisieren. Transnational tätige Sicherheits- und Militärfirmen sind gegenüber nationalen Armeen vielfach klar im Vorteil. Sie bieten staatlichen Militärapparaten die Möglichkeit zur Effizienzsteigerung – sowohl in funktionaler Hinsicht, als auch mit Blick auf die entstehenden Kosten. Die gewachsene Bedeutung privater Militärfirmen wird etwa dadurch eindrucksvoll illustriert, dass die Zahl ihrer Mitarbeiter am Höhepunkt des US-amerikanischen Engagements im Irak die der Militärpersonen deutlich überstieg…

PSMF sind hauptsächlich in den Staaten des Westens anzutreffen. Der Autor erkennt in seiner abschließenden Zusammenfassung keinen Grund für die gelegentlich geäußerte Befürchtung, dass das staatliche Gewaltmonopol in diesem Teil der Welt durch PSMF ernsthaft herausgefordert werden könnte. Vielmehr bilden diese eine wichtige Komponente zur Aufrechterhaltung und Steigerung der militärischen Kapazitäten im Hinblick auf die sich seit dem Ende des kalten Krieges drastisch wandelnden Bedrohungsszenarien. Eine Fülle von Tabellen, Graphiken und der ausführliche Anhang komplettieren diese ebenso umfangreiche wie informative Publikation.

Über die Richtigkeit der auch vom Buchautor vertretenen These Peter W. Singers, „Krieg ist zu wichtig, um ihn der Privatwirtschaft zu überlassen“ lässt sich trefflich streiten. In der Tat war und ist der Krieg ein mit dem staatlichen Gewaltmonopol unlösbar verbundenes Ereignis.

Private pflegen gemeinhin keine Kriege gegeneinander zu führen, da sie deren Kosten – anders als der Staat – nicht auf die Schultern Dritter abladen können und daher alle üblen Konsequenzen selbst zu tragen haben. Kein Wirtschaftstreibender, sofern er nicht im Bereich der – stets staatsnahen – Rüstungsindustrie engagiert ist, hat Interesse an Mord und Totschlag oder an kriegsbedingten Zerstörungen. Handel, Wandel und Wohlstandsproduktion gedeihen nur im Frieden. Der Staat dagegen braucht den Krieg (und sei es der gegen Terror oder Drogen), um zu wachsen. Der heute in den beiden durch den letzten Weltkrieg schwer gezeichneten Verliererstaaten Deutschland und Japan herrschende Wohlstand gründet nicht etwa auf den Heldentaten seiner im Krieg aufgebotenen Militärstrategen, Feldherren und Soldaten, sondern ausschließlich auf im Frieden gezeigtem Fleiß, Erfindungsreichtum und unternehmerischem Geist seiner Zivilisten.

Insofern liegt auf der Hand, dass der Großteil der PSMF nicht anders denn als verlängerte Werk- (oder Schlacht-)Bänke des Leviathans fungiert. Eine Gefahr für das (angesichts der von der Geschichte erteilten Lektionen, mehr als fragwürdige) staatliche Gewaltmonopol geht daher von ihnen – leider! – nicht aus…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

Private Sicherheits- Und Militärfirmen
Thomas Eppacher
LIT-Verlag 2012
659 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-643-50456-2
€ 64,90,-

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Fußnote 429: Eine Heeresreform auf österreichisch

16. April 2013 12:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die von der Koalition nun endlich verkündete Reform des Bundesheeres ist fast nicht wahrzunehmen.

Die Zahl an Köchen, Kellnern und Chauffeuren wird reduziert – um ganze zehn Prozent. Vielleicht einmal auch um 50. Ich bin beeindruckt. Zwar hat die ÖVP mit ihrem Standpunkt sicher Recht, dass solche Umstellungen nichts kosten dürfen. Daher ist auch bei Köchen und Chauffeuren streng zu unterbinden, dass statt Soldaten nun von der Republik bezahlte Externe die Arbeit übernehmen. Aber zumindest bei den Kellnern, altmodisch: „Ordonanzen“ genannt, fehlt jede Erklärung, warum es da künftig auch nur einen einzigen Soldaten in dieser Tätigkeit geben solle; und warum sich nicht auch Offiziere & Co um das Essen, einen Kaffee oder ein Bier anstellen können – oder halt entsprechende Preise und Trinkgelder für die Bedienung zahlen. Wie jeder andere Spitzenbeamte auch. Wenn die Herren (und neuerdings auch Damen) Offiziere das für unzumutbar ansehen, sollte man ihnen einen Besuch bei der – militärisch vielleicht sogar ein wenig besseren – israelischen Armee empfehlen, wo das alles geht. Auch Chauffeure auf dem Weg ins Büro und nach Hause braucht das Verteidigungsministerium genauso wenig wie jedes andere Ressort. Die Republik zahlt den Offizieren ja auch ein durchaus ordentliches Gehalt. Und Überreste feudaler Privilegien haben im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren.

 

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New York, Boston und - ?

16. April 2013 00:58 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Wer hat nicht an den 11. September in New York gedacht, als nun in der Stadt Boston die Bomben explodiert sind? Wenngleich man mit Vermutungen ohne handfeste Beweise immer zurückhaltend sein soll, so ist doch eines klar: Auch bei intensivem Nachdenken fällt einem keine andere Wahrscheinlichkeit ein, wer sonst diese koordinierten Terrorschläge ausgelöst haben soll als eben dieselben Netzwerke wie im Jahr 2001.

Also steht der islamistische Terrorismus wieder scharf im Scheinwerferlicht. Wer sonst soll möglichst viel Blutvergießen bei einem solchen Massenereignis gewollt haben, beim ältesten und traditionsreichsten Stadtmarathon der Welt, der einen Bogen vom 19. bis ins 21. Jahrhundert spannt, der damit für die europäisch-amerikanische Kultur einen ganz besonderen Stellenwert hat? Aber lassen wir ein paar Promille an Möglichkeit offen, dass es wer anderer war, von mir aus auch der Zufall. Mehr ist da jedoch nicht drinnen. Ich bin auch sicher, dass Gerichte Menschen schon mit einem viel geringeren Grad an Sicherheit schwerst verurteilt haben.

Gewiss muss man immer wieder festhalten und betonen, dass es auch unter Moslems nur eine winzige Minderheit ist, die Anschläge irgendwie befürwortet. Aber ebenso muss man im Rückblick auf den 11. September sagen, dass eine Reihe islamischer Länder seither nicht sonderlich hilfreich gewesen ist, um die Jagd auf die Täter zu unterstützen. Von den zerfallenen Staaten wie Jemen, Somalia oder auch Pakistan sei da gar nicht geredet, wo überall gewalttätige Radikalislamisten die Hauptschuld an der Gesetzlosigkeit tragen.

Man muss aber auch die Politik und Justiz etwa Europas fragen, ob sie die anhaltende und eskalierende Bedrohung durch Terrorismus ernst genommen haben. So sind ja in Wien zufälligerweise nur Stunden vor den Bostoner Explosionen Angeklagte freigegangen, die Terroristen geholfen haben dürften. So haben viele linke Medien und Politiker viel intensivere Emotionen wegen des amerikanischen, mit mutmaßlichen Terroristen gefüllten Lagers Guantanamo gezeigt als wegen der Anschläge vom 11. September. Zumindest taten sie das, solange in Washington ein republikanischer und noch kein demokratischer Präsident regierte. Auch hat man immer wieder das Gefühl bekommen, dass jeder Versuch Amerikas, strengere Kontrollen gegen den Terrorismus zu organisieren, primär überall als Zumutung interpretiert worden ist.

Wenn es wirklich islamistischer Terror gewesen ist, dann war der Anlass der Explosionen zweifellos wieder spektakulär gewählt. Aber zum Glück ist die Opferzahl doch weit geringer als bei der Zerstörung des World Trade Centers. So tragisch auch immer jeder einzelne Tote ist, und gar ein getötetes Kind.

Dennoch können sich die Amerikaner zugute halten, dass es ihnen mehr als ein Jahrzehnt lang mit zum Teil harschen Maßnahmen gelungen ist, Terrorismus zu verhindern. Obwohl es zweifellos viele gerne versucht hätten. Man denke nur daran, dass Explosionen mit zweistelligen Opferzahlen im Irak, wo es eben keinerlei Sicherheitsmaßnahmen gibt, fast täglich vorkommen und in den Medien als langweilig gar nicht mehr vermeldet werden. Und dass Blut und Terror in den nordafrikanischen Ländern überhaupt alltäglich sind. Von Syrien ganz zu schweigen. Ausgerechnet Israel bildet da eine eindrucksvolle Ausnahme im Nahen Osten – eben weil es sich mit der von der EU so hart kritisierten Mauer abgeschirmt hat.

Aber absolut kann sich nicht einmal Amerika schützen. Mit dieser Tatsache muss sich auch das noch immer mächtigste Land der Welt abfinden. Gegen Terrorismus helfen auch keine Waffenverbote, die in den letzten Monaten von Journalisten zur zentralen Notwendigkeit hochgeschrieben worden sind.

Und noch eine Erkenntnis sollte uns allen bewusst werden: Auch der Sport ist keineswegs von einem anderen Planeten, sodass sich dieser von der politischen Gewalt absentieren könnte. Das hat schon einst der palästinensische Anschlag in München gezeigt und eben jetzt Boston. Den Kopf in den Sand stecken hilft genauso wenig wie der Hochmut, dass Sport etwas Besseres wäre.

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Der kleine dritte Weltkrieg

10. März 2013 08:34 | Autor: Paul Fischer
Rubrik: Gastkommentar

Er dauert nicht lange, sieht aber heftige Schlachten mit modernstem Kriegsgerät – und die Kampfhandlungen umspannen den gesamten Planeten Erde.

8. März 2013 – ein Sprecher der südkoreanischen Regierung droht der nordkoreanischen Führung die komplette Auslöschung an, falls sie eine nukleare Attacke auf den Süden wagen sollte. Nur Stunden zuvor hatte Nordkorea mit einer atomaren Vernichtung südkoreanisch-amerikanischer Kommandozentren gedroht. Worauf der UN-Sicherheitsrat erstmals einstimmig eine Resolution verabschiedete – mit weiteren Verschärfungen der seit den jüngsten nordkoreanischen Atom- und Raketentests bereits ziemlich harten Sanktionen. Das Regime unter der Führung des jungen Kim Jong-Un antwortet mit der Aufkündigung des Waffenstillstandes von 1953, mit dem der 1950 durch eine kommunistische Attacke auf den Süden ausgelöste Koreakrieg gestoppt werden konnte.

Reine Rhetorik, Kraftmeierei, in der sich der kommunistische Norden seit langem übt – gestärkt durch eine wachsende Atomrüstung? Und ist der kapitalistische, demokratische Süden Koreas nun auf diesen Wagen harscher Worte aufgesprungen, weil es sonst absolut gar nichts gibt, mit dem man die „Verrückten“ in Pjöngjang in die Schranken weisen könnte?

Wenn es nur so einfach wäre. Worte können leicht eskalieren. Und irgendwann verliert jemand an der seit 1953 bestehenden Waffenstillstandslinie am 38. Breitengrad die Nerven und schießt scharf. Dann könnte der Norden mit einer Atombombe den für eine Panzerarmee undurchdringlichen Minengürtel „freischießen“ und die Reste der im Süden noch stationierten US-Truppen vernichten und die Marineeinheiten der 7. US-Flotte im Gelben Meer versenken.

Seit Wochen sind wieder gemeinsame Manöver Südkoreas mit den USA an Land und auf dem Meer im Laufen. Wieder haben Teile der 7. US-Flotte im Pazifik ringsum Stellung bezogen – von Okinawa bis hinter Taiwan und hinunter nach Australien. Seit Jahren berichten höchstrangige Überläufer aus Nordkorea, dass das Regime in Pjöngjang nicht deshalb so aggressiv vorgeht und u. a. freihändig südkoreanische Schiffe versenkt, um ein paar Barrel Öl und Getreide zu erpressen, sondern dass man dort alles auf eine einzige Karte setzt: Nämlich Südkorea zum geeigneten Zeitpunkt per Überraschungsangriff zu überrennen. Das war die Politik Kim Il Sungs seit 1945 und wurde von seinem Sohn Kim Jong-Il fortgesetzt. Nun scheint dem erst im Vorjahr installierten Enkel Kim Il Sungs – Kim Jong-Un – der Kamm geschwollen zu sein und er könnte auf einen Angriff seiner Millionenarmee setzen.

Das Warten auf den Tag X enerviert den Westen seit dem 15. Jänner 1975, als auf einem ganz anderen Schlachtfeld in der Auseinandersetzung mit dem Kommunismus – tausende Kilometer weiter im Süden – 1600 nordvietnamesische Panzer, unter Bruch des Friedensvertrages von Paris aus dem Februar 1973, aus heiterem Himmel über den 18. Breitengrad preschten und Südvietnam im Sturmlauf bis Saigon binnen dreier Wochen eroberten.

Die Armee Südvietnams war damals gut gerüstet und trainiert gewesen. Aber die Machtzentrale in Washington D.C. war durch den Rücktritt von Richard Nixon im Zuge der Watergate-Krise geschwächt und das US-Parlament nicht mehr bereit, nach zehn Jahren Krieg in den Dschungeln Südostasiens auch nur das Leben eines einzigen weiteren Amerikaners für ein westlich orientiertes Südvietnam zu opfern. Den Flugzeugträgern wurde per Eilbeschluss verboten, in die Kampfhandlungen einzugreifen. Dabei wären die russischen T-72 Panzer für die amerikanischen lasergesteuerten Bomben ein leichteres Ziel gewesen als die früher im Dschungel versteckten Vietkong, mit dem Effekt, dass die Südvietnamesen ihre teuren Waffen hinschmissen und sich den Truppen General Giaps massenweise ergaben. Ein tolles Lehrstück auch für die Militärkamarilla in Nordkorea. Jetzt, 2013, ist man am Ziel lang gehegter Wünsche. Mit nachweislich mindestens zehn Atombomben in der Rückhand kann Nordkorea einen Überfall auf Seoul wagen.

Alle sind sehr besorgt, was nun kommen mag. Die Südkoreaner an erster Stelle; ein voller Krieg auf ihrem Territorium würde sie sehr schwer treffen. Die Amerikaner, die noch mit ein paar tausend Mann nahe dem 38. Breitengrad stehen und wohl die ersten Ziele für die schwere Artillerie von 11.000 an der Grenze stationierten nordkoreanischen Haubitzen wären. Japan, das mit der Möglichkeit rechnen muss, dass in seinem Perimeter abermals Atombomben zum Einsatz kommen. China, das in den letzten drei Jahren still und leise 300.000 Mann in seiner Nordprovinz zusammengezogen hat, ohne deutlich zu sagen, ob sie eine Warnung an die Adresse Nordkoreas sein sollen oder gar eine stillschweigende Rückenstärkung für ein militärisches Abenteuer. Zuletzt das mit seiner sibirischen Fernost-Provinz ebenfalls betroffene Russland, dem es nicht egal sein kann, ob es in unmittelbarer Nähe seines Pazifikhafens Wladiwostok zu nuklearen Kampfhandlungen kommt.

Gefahrenherd Iran

Und es ist eben dieses Russland, das in diesen Tagen eines asiatischen Nervenspiels in einer anderen Weltecke mit zwei Problemen zu kämpfen hat. In seinem langjährigen Satrapen Syrien herrscht Bürgerkrieg und Russland droht dort seinen Kriegshafen Latakia und seinen Einfluss generell zu verlieren – wie nach der US-Invasion im Irak im Frühjahr 2003.

Als Zweites droht ein israelischer Militärschlag auf die Atomanlagen im Iran. Das wäre weit weg von Korea, aber nicht ohne Zusammenhang. Denn der fanatische islamische Fundamentalist Mahmud Ahmadinejad – am 8. März beim Begräbnis des venezolanischen Liders Hugo Chavez in Caracas – vertritt voller Überzeugung die Meinung, dass Israel zerstört werden muss, und dass diese Tage der Entscheidung nun vor der Tür stünden. Und er sagt das wahrscheinlich nicht von ungefähr. Denn der Iran ist seit langem mit Nordkorea verbündet und die Vermutung steht im Raum, dass die Steinzeitkommunisten vom anderen Ende der Welt nicht nur Baupläne für eine Atombombe geliefert haben, sondern auch ein, zwei Stück echter, einsatzbereiter Hardware.

Israelische Jets haben am 6. September 2007 einen von Nordkoreanern errichteten Plutoniumreaktor in Syrien eingeäschert, was andeutet, dass der Iran – so wie die Amerikaner 1945 – auf zwei verschiedenen Wegen eine Atomwaffe entwickelt – und neben einer Uran-Bombe auch noch den Besitz einer Plutoniumbombe anstrebt. Während viele gut meinende, friedensbewegte Menschen im Westen noch überlegen wollen, ob der Iran überhaupt an nuklearen Waffen arbeitet, hat Teheran weitere Uran-Zentrifugen unterirdisch errichtet. Nun hat auch die internationale Atombehörde IAEA den Alarmknopf gedrückt. Die deutliche Verschärfung der Sanktionen gegenüber Teheran durch die Vereinten Nationen und einzelne Großmächte scheint also das erwartete Ergebnis gebracht zu haben – nämlich keines.

Diese Faktenlage hat Israel von Anfang an in seinem Kalkül gehabt und sich vorbereitet. „Wir werden einen nuklearen Iran nicht dulden“, hieß die Losung in allen politischen Parteien. Israel schärfte sein Schwert – unter Präsident Bush mit offener amerikanischer Hilfe, unter Barack Obama verdeckt. Eine lückendichte Raketenabwehr gegen ballistische Geschoße – „Iron Dome“ – wurde installiert, die Amerikaner lieferten dafür das hochsensible Radarsystem, stellten es in die Negev-Wüste und bemannen es – gegen das Versprechen, den Iran nicht vorzeitig anzugreifen. Vorzeitig heißt für die Israelis: Warten mit einem Angriff auf die iranischen Atomeinrichtungen, bis wirklich klar ist, dass die Sanktionen nicht greifen.

Sobald eine ballistische Rakete mit einem Sprengkopf an der Spitze sich zwei Meter über den Staub der iranischen Wüsten erhebt, wissen das die Computer in der Negev-Wüste und schießen das Projektil ab. Aber auch seine eigenen Abwehrraketen hat Israel weiterentwickelt. Das „Arrows“-System ist mittlerweile sogar bei den Amerikanern heiß begehrt. Im Herstellen von Mittelstreckenraketen, Cruise-Missiles und Kampfdrohnen sind die Techniker in Tel Aviv nunmehr Weltmeister. Elektronik und Software sind zu israelischen Exportschlagern geworden. Technologien, die sich auch in den Bildscannern österreichischer Druckereien und Werbeagenturen finden oder in den neuartigen Biotechlabors in Wien. Im vergangenen Herbst bewiesen die Abwehrraketen in der einwöchigen „Gaza-Krise“ ihre Leistungsfähigkeit. Ein Großteil der feindlichen Projektile wurde abgeschossen oder landete elektronisch fehlgeleitet in Meer und Wüste.

In Israel gehören militärische Übungen in großem Stil seit dem Amtsantritt von Ahmadinejad im Iran zur Routine. Fast wöchentlich fliegt eine Rotte von Kampfjets mit Tankflugzeugen von Tel Aviv bis Gibraltar und retour, dann wieder üben 100 Bomber Angriffsmanöver auf Kreta, Zypern oder Sardinien. Der Zivilschutz errichtet Zeltlager von Haifa bis Eilath mit allem, was dazugehört: Großküchen, Operationssälen und Lagern für Gasmasken. Die Kommentatoren halten das für bloße Abschreckung und für ein Druckmittel zum Durchsetzen von Sanktionen. Die Sanktionen sind nun da, die Wirkung aber lässt nach wie vor auf sich warten.

Ahmadinejad hingegen hat keinen Zweifel daran gelassen, dass Tel Aviv komplett zerstört werden wird, falls Israel die iranischen Atomanlagen angreift. Wie kann er so etwas sagen? Mit konventionellen Bomben gelingt das sicher nicht. Wenn er nicht nur prahlt, dann bedeuten seine Worte möglicherweise, dass er bereits im Besitz einer einsatzfähigen Atombombe ist. Die hätte der Iran wohl aus Nordkorea beschafft, oder aus Pakistan, oder aus den unmittelbar nach der Wende zeitweise unbewachten Depots der zerfallenden Sowjetunion. „Israel muss vorsichtig sein“, sagte er in einem Interview mit dem Spiegel vor Jahren, „Eine Bombe genügt, um den kompletten Staat Israel auszulöschen. Der Iran ist aber auch mit 10 Atombomben nicht zu vernichten.“ Was die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton 2009, kaum im Amt, veranlasst hat, von einer totalen Zerstörung des Iran zu sprechen. Als Senatorin hatte sie in ihrem Staat New York auch eine Million Staatsbürger jüdischen Glaubens zu vertreten.

Die Lage spitzt sich weltweit zu

Israel nimmt diese Sprüche nicht auf die leichte Schulter. „Ahmadinejad ist ein neuer Hitler,“ heißt es in Jerusalem, „Und Hitler hat alles durchgeführt, was er je angekündigt hatte.“ Es war ein jüdisches Psychiaterteam in New York, das 1942 für Präsident Franklin D. Roosevelt auf 1200 Seiten festhielt, wie der verhaltensgestörte Maniker in Berlin tickte. Sie haben ein Meisterwerk abgeliefert, das von den alliierten Strategen leider kaum beachtet wurde. Denn in der Philosophie der damaligen Zeit war nicht Hitler der Gegner, sondern Deutschland. Jede einzelne psychologische Prognose der New Yorker Forschungsgruppe Hitler hatte sich bewahrheitet. Sogar einen Putschversuch von Wehrmachtsoffizieren sahen sie voraus. Die Nachfahren dieses New Yorker Teams im heutigen Tel Aviv haben sich wahrscheinlich ebenso wissenschaftlich genau ein Bild von Ahmadinejad gemacht. Ihr Verdikt: „Er ist ein neuer Hitler“. Einer, der noch dazu daran glaubt, dass ein Krieg die Wiederkehr des 12. Imam herbeiführen wird. Das hat er sogar vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen der Welt mitgeteilt. Nicht auszuschließen, dass er, Ahmadinejad, sich selber für den Mahdi hält, für die Inkarnation des Propheten, für den Messias der neuen islamischen Zeit.

Die Schlinge um den Iran zieht sich zu. Mit einem Militärschlag Israels ist zu rechnen, sobald feststeht, dass eine iranische Atombombe im Eigenbau einsatzbereit sein könnte. In Israel wollte man vorher zwei Wahlen hinter sich bringen – die eigenen und die amerikanischen. Am 20. März hat sich der US-Präsident angesagt, vordergründig, um für einen endgültigen Stopp der israelischen Siedlungstätigkeit auf den Territorium der West-Bank zu „werben“, aber wahrscheinlich wohl vor allem, um das eigene Ultimatum Barack Obamas an Teheran – 31. März – zu besprechen. Hier könnte sich entscheiden, ob die USA bei einem Militärschlag auf die Atomforschungszentren mitmachen werden.

Und das zu einer Zeit, in der es im Fernen Osten ebenfalls nach Krieg riecht. Bei einem Regimewechsel in Teheran im Gefolge eines israelischen Angriffes würde es für Pjöngjang ziemlich eng werden, wenn sich seine unter der Tuchent entwickelten nuklearen Verbindungen mit dem Iran offenbarte. Es lässt sich nicht voraussagen, was zuerst kommt, ein Angriff Nordkoreas auf Südkorea oder ein Angriff Israels auf den Iran. Da beide Schauplätze „unter der Tuchent“ ineinander wirken, spricht viel dafür, dass es ziemlich zur gleichen Zeit ablaufen wird. Ein Krieg an beiden Enden der Erde mit nuklearen Komponenten. Irgendwann kurz davor, dazwischen oder danach wählt Rom einen neuen Papst!

Paul Fischer ist Journalist und Vorstandsmitglied des Wiener Akademikerbundes.

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Buchbesprechung: Iran Israel Krieg

09. Februar 2013 03:39 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Bahman Nirumand, persischer Dissident und Kenner der politischen Verhältnisse im Iran, hat mit diesem Büchlein eine dichte und faktenreiche Analyse der brisanten Lage im Nahen Osten vorgelegt.

Er beschreibt zunächst die Lage im Iran und beginnt mit einem historischen Abriss. Angesichts der gegenwärtig zwischen den beiden Ländern herrschenden Feindschaft, wird es viele überraschen zu erfahren, dass der Iran im Jahre 1948 bei den ersten war, die den eben gegründeten Staat Israel anerkannten. Auch der Umstand, dass im Iran bis heute eine große jüdische Gemeinde unbehelligt und gut integriert lebt, die, wie auch andere religiöse Minderheiten, ihre Gebräuche ohne größere Komplikationen pflegt, dürfte manchen erstaunen, der beim Wort Iran sofort an den stets angriffslustigen Regierungschef Ahmadinejad und einen Klüngel ebenso reaktionärer wie korrupter Geistlicher im „Wächterrat“ des Landes denkt.

Bis zum Ende des Schah-Regimes pflegten Iran und Israel gute Beziehungen. Erst mit der islamischen Revolution im Jahre 1979 kam es zu einer Eiszeit.

Der Autor erblickt in den von einzelnen Exponenten der Regierung Mahmoud Ahmadinejads (der von Wikipedia als „ultrakonservativ“ qualifiziert wird, was nur durch Umdeutung dieses Begriffs möglich ist) fortgesetzten Schmähungen und Drohungen gegen Israel keine ernsthafte Gefahr. Iran wäre Israel nicht nur militärisch hoffnungslos unterlegen – und seine Führer seien sich dessen bewusst – sondern er müsse es im Falle eines (mit konventionellen Mittelstreckenraketen) gegen Israel geführten Angriffs auch mit einer geschlossenen Front von Verbündeten des Judenstaates aufnehmen, meint der Autor. Eine totale Niederlage – und damit ein Ende des herrschenden Regimes – wäre die unausweichliche Folge.

Das Regime stehe auf tönernen Füßen. Da sein Einfluss auf die Jugend verloren gegangen sei, habe die Regierung, angesichts der Tatsache, dass 60 Prozent der 75 Millionen zählenden Bevölkerung des Landes jünger sind als 25 Jahre, ein veritables Problem. Internet, Facebook und Twitter machten es immer schwieriger, Propaganda wirkungsvoll zu vermarkten. Die wüsten Verbalattacken Ahmadinejads auf Israel spielten den Feinden des Landes – besonders den Falken in Israel – in die Hände. Zugleich gelinge es dem Iran allerdings, seinen Einfluss in Länden mit starken schiitischen Bevölkerungsanteilen (etwa im Irak und in Syrien) auszubauen. Die Unterstützung der Hisbollahmilizen im Libanon und der radikal anti-israelischen Hamas im palästinensischen Siedlungsgebiet verschaffe dem Iran wachsende Reputation in der arabischen Welt. Der „arabische Frühling“ indes sei für die Ambitionen Irans ungünstig und führe zu Spannungen mit seinem wichtigsten Nachbarn, der Türkei. Diese unterstützt im syrischen Bürgerkrieg bekanntlich die Aufständischen, während Iran auf Seiten des Assad-Regimes steht.

Der Israel gewidmete Abschnitt des Buches fällt kürzer aus. Der Leser spürt die kritische Distanz des Autors zu diesem Staat, der schon bei der einleitenden historischen Betrachtung nicht gut wegkommt. Spätestens die durch das siegreiche Israel – als Konsequenz des „Sechstagekrieges“ 1967 – erfolgte entschädigungslose Enteignung großer Landflächen, habe die Chance auf eine „normale Nachbarschaft“ mit anderen Staaten im Nahen Osten zunichte gemacht. Der 2006 gegen den Libanon vom Zaun gebrochene Krieg habe zudem die israelische Armee des bis dahin bestehenden Nimbus´ der Unbesiegbarkeit beraubt.

Israel sehe eine Bedrohung der Einzigartigkeit seiner strategischen Partnerschaft mit den USA in deren starkem Engagement in einigen Staaten der arabischen Halbinsel. Ein dauerhafter Frieden in der Region läge nicht in seinem Interesse, da damit seine privilegierte Stellung vollends verloren ginge. „Spätestens nach Benjamin Netanjahus Machtübernahme 1996 musste die Hoffnung auf einen Frieden und einen autonomen palästinensischen Staat wieder begraben werden.“ In der Tat lässt sich die zwischen 1993 und 2000 erfolgte Verdoppelung der Zahl jüdischer Siedler auf palästinensischem Gebiet als Desinteresse an einer politischen Lösung der Konflikte interpretieren.

Die im Westen seit der Veröffentlichung von Büchern wie Rushdies „Satanische Verse“, Mahmoodys „Nicht ohne meine Tochter“, besonders aber Huntingtons „Kampf der Kulturen“ aufgekommene Islamophobie – die Gleichsetzung von Terrorismus mit einem islamischen Glaubensbekenntnis – sei Gift für die friedliche Entwicklung im Nahen Osten. So sieht zumindest der Autor die Zusammenhänge.

Der „arabische Frühling“ bringe zunehmende Unsicherheit in der unmittelbaren Nachbarschaft Israels mit sich. Iran sei für Israels Regierung ein willkommener Popanz, um von den damit verbundenen, echten Problemen des Landes abzulenken.

Dass Israel eine militärische Intervention gegen den Iran (unter dem Vorwand einer präventiven Maßnahme gegen die nukleare Aufrüstung dieses Landes) erfolgreich durchführen kann, wäre denkbar. Die Konsequenzen einer solchen Aktion jedoch seien unabsehbar – und zwar nicht nur für Israel selbst. Dass in dieser brisanten Situation Präsident Obama dem Iran offen drohe, eröffne keine erfreulichen Aussichten. Wiederholt habe er seine Bereitschaft betont, militärische Gewalt anzuwenden, um den Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern. Angesichts der unbestrittenen Existenz eines beträchtlichen israelischen Nuklearwaffenarsenals kann hier wohl von der Messung mit zweierlei Maß gesprochen werden. Der Autor konstatiert eine „wachsende Stimmung für einen Angriff auf den Iran“.

Einziger Lichtblick seien gegenwärtig die in beiden Staaten vorhandenen Kräfte, die einer militärischen Auseinandersetzung ablehnend gegenüberstünden. Ob die von Nirumand zitierten Friedensaktivisten über den notwendigen Einfluss verfügen, um die Kriegstreiber beider Seiten in die Schranken zu wiesen, darf bezweifelt werden.

Als Europäer braucht man sich nicht der Illusion hinzugeben, einer solchen Auseinandersetzung als unbeteiligter Zuschauer beiwohnen zu können. Ein Blick auf die Hauptrouten der europäischen Energieversorgung reicht: Die Alte Welt wäre durch einen Krieg zwischen Iran und Israel unmittelbar betroffen…

Iran Israel Krieg
Bahman Nirumand
Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2012
109 Seiten, broschiert
ISBN: 978-3-8031-2697-9
€ 9,90,-

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Fußnote 399: Die klammheimliche Freude des Wiener Polizeichefs

03. Februar 2013 01:53 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Erfreulich fällt die Bilanz des FPÖ-Balls und der Aktionen der Wiener Polizei nicht aus.

Das Studium aller inzwischen auffindbaren Berichte und Filmdokumente zeigt ein zwiespältiges Bild: Die Übergriffe der rot-grünen Horden gegen die Gäste des blauen Balls waren im Endergebnis nicht so gewalttätig wie im Vorjahr. Aber andererseits hat die Wiener Polizei unter dem braven Parteisoldaten Pürstl ihre Pflicht bei weitem nicht erfüllt. Sie hat viel zu viele Attacken zugelassen. Die Pürstl-Ausrede, dass das gar nicht anders möglich wäre, ist mies und verlogen. Immerhin sind etliche Ballgäste mit Farbe bespritzt oder verletzt worden. Dieselbe Polizei war hingegen in früheren Jahren beim jahrelang ebenso attackierten Opernball sehr wohl imstande, Ballgäste von jeder Verletzung oder Beeinträchtigung durch denselben Mob zu schützen. Sie versteht es auch immer, jeden Staatsgast absolut zu schützen. Kein Mensch kann mir daher einreden, dass das bei einem blauen Ball – und angekündigten Randalen – nicht möglich wäre. Aber Herr Pürstl wird halt irgendwo im Unterbewusstsein seine klammheimliche Freude gehabt haben, dass politische Gegner bedroht werden. Und er wird wohl auch wissen, wem er seinen Job zu verdanken hat. Daher kann auch der – politisch ganz anders gepolte – Mob der Rapid-Anhänger regelmäßig weitgehend ungehindert die Stadt terrorisieren. Samt antisemitischen Exzessen. Ob das nicht eine widersprüchliche Kritik ist? Keineswegs. Man schaue nur, welchen politischen Stallgeruch der Präsident dieses Fußballklubs ausdünstet . . .

 

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Ausgerechnet jetzt entdecken sie den Generationenkonflikt

26. Januar 2013 00:22 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Linke und ihre pseudobürgerlichen Wasserträger sind phänomenal: Kaum haben sie eine vernichtende Niederlage erlitten, lenken sie mit raffinierten Tricks davon ab und starten eine moralistisch klingende Gegenoffensive. Plötzlich reden sie flächendeckend von einem Generationenkonflikt, attackieren die bösen Alten – ausgerechnet dort, wo das sicher nicht der Fall gewesen ist, nämlich bei der Wehrpflicht-Abstimmung.

Dieser Spin hat natürlich den Zweck, die Linke doch noch irgendwie als die Sieger, als die Guten darzustellen. Anknüpfungspunkt: Eines (ein einziges) von drei Meinungsforschungsinstituten will herausgefunden haben, dass die Jungen als einzige Gruppe (abgesehen von den Wiener Wählern, samt den vielen hier lebenden Studenten) mehrheitlich für die Abschaffung der Wehrpflicht wären. Nun soll hier gar nicht die Methodenfrage aufgeworfen werden, welche der drei Studien seriöser ist, welche die geringere Schwankungsbreite hat. Es sei auch nur am Rande vermerkt, dass es ganz zufällig ein SPÖ-nahes Institut ist, das ja gerade deshalb ganz zufällig vom ORF regelmäßig beschäftigt wird.

Nehmen wir die Studie aber ruhig so hin, wie sie dasteht. Auch ich hätte ja vielleicht einst knapp vor dem Bundesheer und insbesondere nachher gegen die Wehrpflicht gestimmt, hätte mich jemand gefragt. Aus Zorn über primitive Ausbildner mit ihren ausgelebten Minderwertigkeitskomplexen gegenüber Maturanten und Akademikern; aus Zorn über saufende und nichtstuende Unteroffiziere; aus Zorn über Offiziere, die sich möglich weit von den Wehrdienern entfernt bewegten. Das dürfte heute kaum anders sein.

Aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass man ausgerechnet in dieser Frage der mittleren und älteren Generationen keinerlei Vorwurf machen kann. Denn sie verlangen von den Jungen nicht mehr, als sie selber im gleichen Alter zu leisten hatten. Ja im Gegenteil: Die meisten Ex-Wehrdiener hatten der Republik acht oder neun Monate zu dienen gehabt, während es jetzt de facto bei fast allen nur sechs sind.

Daher ist die Beibehaltung der Wehrpflicht keinerlei Ungerechtigkeit gegenüber den davon betroffenen Jahrgängen. Daher braucht sich keiner, der für die Wehrpflicht gestimmt hat, jene moralische Vorwürfe machen zu lassen, wie sie jetzt auch in einst bürgerlichen Medien in riesiger Dimension erhoben werden. Der Vorwurf geht ins Leere, auch wenn er noch mit einem weiteren Argument verbunden wird: Jetzt würden wir in friedlichen Zeiten leben, in denen es keine Armeen mehr brauche. Das ist aber erstens falsch und total unhistorisch argumentiert. Und zweitens wird dabei übersehen, dass heute zunehmend der Zivildienst als Reaktion auf die demografische Katastrophe an gesellschaftspolitischer Notwendigkeit gewonnen hat, der in früheren Jahrzehnten nur eine ideologische Institution gewesen ist.

Das Motiv hinter dieser plötzlichen Generationen-Kampagne: Die hasserfüllte Linke will einfach nicht zugeben, dass ihr ein rein populistisch motivierter Schachzug missglückt ist. Häupl und seine Kronenzeitung haben einfach geglaubt, der Kreisky-Wahlsieg lasse sich wiederholen, den dieser einst mit der versprochenen Verkürzung des Wehrdienstes eingefahren hat. Nur dürfte Häupl inzwischen ein paar Jahrzehnte beim Weinglas eingeschlafen sein, sodass er nicht mitgekriegt hat, dass die damals den Ton angebenden Babyboomer heute an der Schwelle zum Pensionsalter sind und daher über vieles eben ganz anders denken. Daher können Kreisky-Tricks halt heute nicht mehr funktionieren.

Das ist aber sein persönliches Problem, und das kollektive von Rot-Grün, etwa auch des Franz Vranitzky, der sich noch vor ein paar Wochen für die Wehrpflicht ausgesprochen hat, der aber zum Schluss dann als alter Parteisoldat wieder brav auf die Parteilinie eingeschwenkt ist. Charakter ist halt Glückssache (Einem Heinz Fischer muss man hingegen zubilligen, sich relativ anständig verhalten zu haben, auch wenn er am Schluss nicht mehr Stellung beziehen wollte).

Für die Bürger aber ist das Ärgerliche: Jene, die sich beim Thema Wehrpflicht plötzlich so über ein angebliches Diktat der Alten über die Jungen aufregen, haben bisher absolut den Mund gehalten. Dabei haben sich die im Babyboom bis 1970 Geborenen durchaus seit langem den Jungen gegenüber wirklich unfair verhalten. Sie haben den Generationenvertrag wirklich brutal verletzt:

Sie haben konsumiert, konsumiert, konsumiert. Sie haben (ihr eigenes!) Pensionsantrittsalter trotz stark zugenommener Lebenserwartung drastisch gesenkt, sodass das Pensionssystem kollabieren muss. Sie haben die Kinderproduktion in unverantwortlicher Weise reduziert. Sie haben ständig Sozialleistungen aller Art erhöht (in Hunderten „sozialen“ Reformen, die von der Zunahme des Urlaubs über die Reduktion des Schulunterrichts bis zu der komfortablen Grundsicherung reichen, welche die Gemeinde Wien im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern auch an abgewiesene Asylwerber weiterzahlt!). Und sie haben das mit Schulden, Schulden, Schulden finanziert: 1970 hingegen war Österreich trotz der Wiederaufbaujahre praktisch nicht verschuldet! Heute hat es unerträglich hohe Schulden, die nur deshalb noch nicht zur Katastrophe geführt haben, weil die Europäische Zentralbank wie verrückt Geld druckt (und damit entwertet).

Das Dreieck Schulden-Geburtendefizit-Konsumrausch ist das zentrale Verbrechen der letzten Jahrzehnte. Dafür trägt vor allem Rot die Hauptverantwortung, zunehmend auch die Grünen, die ja seit ihrer Gründung die Sozialdemokraten an Soziallizitation noch zu übertreffen versucht haben. Aber auch Schwarz und Blau haben vielfach ihr einstiges Verantwortungsbewusstsein abgestreift, als sie gemerkt haben, wie erfolgreich die Schuldenmach-Politik von Kreisky und Androsch bei den Wählern angekommen ist. Viele ihrer Politiker haben dann – unter Missbrauch der christlichen beziehungsweise heimatverbundenen Wurzeln ihrer Wähler – begonnen, munter mitzulizitieren.

All diese Zusammenhänge sind aber jahrzehntelang auch von den immer mehr nach links rückenden Medien ignoriert worden.

Wobei übrigens im Journalismus ein noch viel übleres Diktat der Alten herrscht, das aber immer verschwiegen wird: Die Kollektivverträge schanzen den älteren – auch den mittelmäßigen – Journalisten unglaublich hohe und oft außer jeder Relation stehende Bezüge, Kündigungsfristen und so weiter zu. Den Jungen hingegen gelingt es immer seltener, überhaupt eine Anstellung zu erringen. Sie können immer öfter nur als schandbar entlohnte „Freie Mitarbeiter“ journalistisch arbeiten. Aber die sozialistisch-grün geführte Journalistengewerkschaft (samt den kommunistischen Elementen aus dem ORF) verteidigt diese Privilegien bis heute mit Zähnen und Klauen. Privilegien, die ganz, ganz zufällig ausschließlich die Privilegien der Funktionärs-Generation, der Alt-68er-Generation sind.

Und genau diese Medien schreiben ausgerechnet bei der Wehrpflicht einen Generationenkonflikt herbei – ganz, ganz zufällig im Interesse der rot-grünen Ablenkungsstrategie. Es könnte einem wirklich übel werden.

PS.: Interessant ist, dass diese medialen Spin-Doctoren nicht darüber diskutieren, dass auch die dienstpflichtfreien Frauen über die Wehrpflicht abgestimmt haben, was mit zumindest der gleichen Logik wie diese Generationendebatte erfolgen könnte. Noch interessanter ist, dass eine Volksbefragung, die ganz eindeutig für die Beibehaltung des Istzustandes ausgegangen ist, nun im Nachhinein als Befehl zu massiven Veränderungen interpretiert wird, von denen bei der Umfrage aber nie die Rede war.

 

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Österreich bleibt bei der Wehrpflicht! – Kräftige Ohrfeige für Sozialisten und Boulevardmedien

23. Januar 2013 05:37 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Bei einer unerwartet hohen Wahlbeteiligung von über 50 Prozent steht fest: Rund 60 Prozent der Wähler wünschen eine Beibehaltung der von Sozialisten und Grünen bekämpften Wehrpflicht. Nach einer auf niedrigstem Niveau geführten Wahlauseinandersetzung wurde eine primär militärisch relevante Frage großteils durch nicht-militärische Erwägungen entschieden. Hauptmotive der siegreichen Wehrdienstbefürworter waren nämlich die Beibehaltung des (für verschiedene Blaulichtorganisationen wichtigen) Zivildienstes, ein weiterhin gesicherter Katastrophenschutz und die Überzeugung, der Militärdienst übe auf junge Männer eine, auf welche Weise auch immer, disziplinierende Wirkung aus.

Einige interessante Details: In den Bundesländern gab es – teilweise sehr deutliche – Mehrheiten für die Wehrpflicht. Einzig in der rot-grün regierten Bundeshauptstadt fand sich eine Mehrheit zugunsten des Wechsels zu einem Berufsheer. Ob die Lorbeeren für diesen Erfolg nun eher den roten Wiener Parteisoldaten oder den Unterschichtmedien zustehen, die bis zuletzt – natürlich absolut selbstlos und nur der Sache verpflichtet – vehement die Geschäfte der Genossen besorgt hatten, ist schwer abzuschätzen.

Die Jungen stimmten mit deutlicher Mehrheit pro Berufsheer, mussten sich aber der erdrückenden Macht der Alten (die mit ebenso großer Mehrheit für die Beibehaltung der Wehrpflicht stimmten) beugen. Gegen die Interessen der Silberlocken ist in der rapide vergreisenden Alpenrepublik heute eben keine Wahl mehr zu gewinnen.

Besondere Bedeutung erhält diese Entscheidung angesichts der Tatsache, dass im Frühjahr in mehreren Bundesländern (in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und Tirol) Wahlen anstehen und im Herbst des Jahres auch zum Nationalrat gewählt wird. Hätten sich die Sozialisten bei der Wehrpflichtabstimmung durchgesetzt, hätten sie – und deren grüne Wunschpartner für eine Koalitionsregierung – damit kräftigen Rückenwind für diese wesentlich wichtigeren Abstimmungen erhalten. Der Umstand, dass die geballte Medienmacht der „Kronen Zeitung“, einiger Gratisgazetten und des ORF den Roten keinen strahlenden Sieg bescheren konnte, lässt für den Herbst hoffen. Eine (radikal) linke Mehrheit scheint heute so unwahrscheinlich zu sein, wie schon lange nicht mehr.

Dass die Frage der Wehrpflicht am 20. 1. 2013 nicht ein für allemal entschieden wurde, liegt auf der Hand. Nicht deshalb, weil es wohl auch weiterhin Raum für berechtigte Kritik am bestehenden System geben wird, sondern weil jene (in- und ausländischen) Kräfte, die österreichische Truppen unbedingt als dauerhaften Bestandteil eines – jederzeit auch zu aggressiven Missionen „out of area“ bereiten – Militärbündnisses sehen wollen, wegen einer schief gegangenen Volksbefragung natürlich nicht aufgeben werden…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Geiseln, Terror und das einzige Gegenmittel

22. Januar 2013 00:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Viele europäische Regierungen haben Algerien kritisiert – aber keine hat eine echte Alternative zu dessen Vorgehen nach der großen Geiselnahme anzubieten. Im Grunde sind alle froh, nicht selber vor Entscheidungen gestanden zu sein. Das in Algerien entstandene Blutbad zeigt nämlich, wie sehr die ganze zivilisierte Welt vor kaum lösbaren Aufgaben steht. Der Umgang mit Terrorismus und Geiselnahmen wird immer mehr zur zentralen Sicherheits-Herausforderung. Der Jubel über die rasch befreiten Geiseln hält sich mit der Trauer über die von den Entführern getöteten die Waage.

Natürlich kann man sich wie Österreich auf den bequemen Standpunkt stellen: Von „uns“ war nur ein einziger dabei und der hat sich irgendwie herausschlagen können; jetzt sind den Österreichern die Vorgänge an der nordafrikanischen Erdgasanlage wieder völlig egal. Die Medien kämpfen nur um das erste – mutmaßlich teure – Exklusivinterview mit dem Mann. Der Rest war irgendwas irgendwo in der Wüste.

Doch begeht man dabei einen gefährlichen Irrtum, wenn man die Sache schon wieder abhakt: Denn gerade österreichische Techniker, Facharbeiter und sonstige Experten sind in einer wachsenden Vielzahl bei solchen und anderen Projekten in der Dritten Welt beschäftigt. Daher geht auch die Österreicher der Terrorüberfall viel an und insbesondere die Frage des „Was tun?“.

Europa kann Afrika nicht abschalten

Wenig sinnvoll wäre jedenfalls die Stammtisch-Antwort: Na, dann sollen die Leute halt besser daheim bleiben und sich dort redlich nähren. Die Umsetzung solcher Gedanken würde zu einem dreifachen Schaden führen.

Erstens bringen diese Projekte den Entwicklungsländern einen wesentlichen Beitrag zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung. Und nur die Wirtschaft ist für die Stabilisierung und den Fortschritt dieser Länder relevant, während die gesamte, von Gutmenschen ständig verlangte Entwicklungshilfe auch bei einer Verdreifachung nur einen Tropfen auf heiße Steine bedeuten kann.

Zweitens sind Öl- und Erdgasimporte für die europäische Energieversorgung absolut unverzichtbar. Dies gilt umso mehr, als Länder wie Österreich auf die Nutzung neuentdeckter Gasvorräte im eigenen Land komplett verzichten, weil Umweltschützer der Politik Panik eingejagt haben (dabei könnte Österreich solcherart autark werden). Wer freilich im eigenen Land nicht das geringste Risiko eingehen will, muss erst recht in fremde Länder gehen, wo es viel größere Risken und Probleme zu bewältigen gibt.

Drittens wäre es auch ohne die Energieproblematik absolut selbstbeschädigend (und zugleich menschenrechtswidrig), arbeitswilligen jungen Männern und Frauen den Weg in die weite Welt zu verbauen. Denn selbstverständlich trägt es einen Gutteil zum europäischen Wohlstand bei, wenn diese Menschen dort ihr Wissen anwenden und auch gut verdienen können. Man sollte im eigenen Interesse nur alles tun, damit sie die Bindung an die Heimat behalten. Man schaue nur auf die Schweiz: Das Land, das den Beitritt zur EU immer verweigert hat, ist international wirtschaftlich enorm vernetzt. Sie ist nur durch ihre Handelsströme und die vielen Auslandsschweizer zu ihrem Reichtum gekommen. Und nicht durch Käse- und Schokolade-Erzeugung.

Warum Mali und Algerien auch uns angehen

Das heißt: Die Vorgänge in Mali oder Algerien gehen die Europäer genauso an wie jene in Libyen oder Somalia. Man denke nur, welch gewaltigen menschlichen und wirtschaftlichen Schaden Europa durch die Piraterie vor den Küsten Somalias erlitten hat. Diese ist erst durch massiven Einsatz westlicher – auch chinesischer – Marine-Kräfte weitgehend beendet worden. Obwohl Pazifisten, Juristen, Grüne und Fundamentalchristen vehement dagegen agitiert hatten.

Durch die notwendige wirtschaftliche (und durch die nicht notwendige, aber interessante touristische) Präsenz ist man aber auch allen lokalen Risken ausgesetzt: Diese bestehen neuerdings insbesondere auch im Risiko von Geiselnahmen und finanziellen (wie in Somalia) oder politischen (wie jetzt in Algerien) Erpressungen. Die europäischen Gesellschaften sind aber in ihrer sicheren und wohlgeordneten Umwelt nicht mehr vorbereitet auf solche Herausforderungen. Wie sollen sie richtigerweise reagieren?

Aus etlichen Stellungnahmen von Regierungen geht indirekt die Haltung hervor, die in den letzten Jahrzehnten insgeheim schon oft praktiziert worden ist: Verhandeln, nachgeben, keinesfalls das Risiko von Menschenleben riskieren und insgeheim über dunkle Kanäle Lösegeld zahlen. Aber natürlich ohne dass es die Öffentlichkeit erfährt.

Lösegeld über geheime Kanäle

Natürlich können sich Politiker ein wenig in der Publicity sonnen, wenn jahrelang gefangen gehaltene Risikotouristen plötzlich wieder lebendig aus der Sahara zurückkommen. Und wenn niemand genau fragt, wie das plötzlich möglich war. Oder wenn höchstens vage auf die Vermittlung befreundeter arabischer Politiker verwiesen wird. Es wird jedoch nie dazugesagt, dass auch diese charmanten Vermittler die Regeln ihrer Region genau kennen: Jede Ware hat ihren Preis – und auch Geiseln sind eine Ware.

Das war und ist aber mit Sicherheit der falsche Weg. Denn durch jedes Nachgeben hat man die Entführer, aber auch Nachahmetäter zu immer neuen Geiselnahmen und zu immer neuen Piratenüberfällen ermutigt. Mit dem gezahlten Geld konnten die Banden auch ihre Ausrüstung, Logistik und Schlagkraft ständig weiter verbessern. Ob sie nun zur See, im Großstadtdschungel oder in der Wüste operieren.

Im Dienste der internationalen Rechtsordnung und Sicherheit wäre also ein konsequentes Vorgehen gegen jeden, der Lösegeld zahlt, (auch Versicherungen tun das oft) notwendig. Es wäre jedenfalls wichtiger als der seit ein paar Jahren eskalierende Aktionismus gegen Schmiergeldzahler. Aber die Rechtsverfolgungsbehörden schauen bei Lösegeld gerne weg und bei Schmiergeld umso schärfer hin. Dabei war in früheren Jahren – im Ausland! – bezahltes Schmiergeld nicht nur toleriert, sondern sogar steuerlich absetzbar gewesen.

Man muss jedenfalls bei eingehender Analyse der vielen Entführungen der letzten Jahre und Jahrzehnte zu dem für sensible europäische Ohren unangenehmen Schluss kommen: Die Aktion der algerischen Armee und Polizei gegen den großangelegten Terrorüberfall auf die Besatzung eines Erdgasfelds war notwendig und richtig. Trotz der schmerzhaften Anzahl von Todesopfern. Aber jedes andere Vorgehen hätte Prozesse ausgelöst, an deren Ende noch viel mehr Todesopfer und Leid gestanden wären.

Die Medien als Bühne der Entführer

Die Algerier haben auch insofern richtig gehandelt, als sie ohne lange internationale Koordinationsgespräche und sehr rasch zugeschlagen haben. Dadurch haben sie verhindert, dass die Geiselnehmer psychologischen Druck aufbauen konnten. Man stelle sich nur vor, wenn jetzt monate- oder auch jahrelang emotional belastende Videos und Fotos in Medien auftauchen würden, in denen die Entführten um Lösegeldzahlung und Verzicht auf jede Intervention flehen. Gleichzeitig hätten die Geiseln in ihren Botschaften die Tortur eines jahrelangen Daseins in ständig fliehenden Wüstenkarawanen vermittelt.

Nach Erhalt solcher Botschaften hätten die emotionsgierigen Medien unweigerlich ihre Regierungen massiv unter Druck gesetzt. Darauf hätten wiederum diese keinen anderen Ausweg gesehen, als ihrerseits Algerien politisch, diplomatisch und wirtschaftlich massiv unter Druck zu setzen. Bis Algerien schließlich nachgegeben hätte. Was zu der skizzierten Spirale an immer schlimmeren Geiselnahmen geführt, aber den Regierungen ein paar Wochen Erleichterung gebracht hätte. Was ja oft als entscheidend gilt, agieren doch Europas Regierungen ohnedies fast nie mehr in längerfristigen Perspektiven.

Gewiss wird noch lange über die Details der Befreiung diskutiert werden. Haben die algerischen Soldaten nicht taktische Fehler begangen? Hätten sie nicht dieses oder jenes anders machen können? Nachher sind bekanntlich immer alle klüger. Es ist dennoch jedenfalls gut, aus jeder solchen Aktion Lehren für das nächste Mal zu ziehen. Dabei können nun westliche Sicherheits- und Militärexperten zusammen mit Algerien durchaus konstruktiv die Vorgänge analysieren. Auf die Befreiungsaktion ganz zu verzichten oder sie unendlich zu verschieben, wäre aber sicher nicht die richtige Alternative gewesen.

Der Sturz harmloser Diktatoren

Wenn der Westen und seine Medien ehrlich wären, müssten sie auch viel ehrlicher ihre eigenen Fehler analysieren. Es erweist sich immer mehr als ein solcher Fehler, beim Sturz der Herrscher über Tunesien, Libyen und Algerien mit- und nachgeholfen zu haben. Denn es gibt massive Hinweise, dass die algerischen Geiselnehmer von den in Libyen plötzlich herrenlos gewordenen Waffen profitiert haben, dass also Gadhafis Sturz geradezu kausal für die große Aktion gewesen ist.

Zugleich muss man sich eingestehen, dass in keinem der Länder des arabischen Frühlings Demokratie und Rechtsstaat ausgebrochen sind. Die Wirtschaft ist sogar vielfach kollabiert. Es wird weiter gefoltert. Es gibt weiter Korruption. Die Christen werden sogar viel mehr verfolgt als früher. Die Lage der Frauen hat sich ebenfalls verschlechtert. Und die neuen Machthaber haben zum Teil eine große Nähe zu islamistischen Terror-Gruppierungen.

Um es noch direkter zu sagen: Die jetzige ägyptische Regierung wird mit Sicherheit bei Ausbruch eines neuen Nahostkrieges nicht so friedlich bleiben wie der gestürzte Mubarak, sondern mit den von Amerika gelieferten Waffen gegen Israel kämpfen. Die politische Intervention zu Mubaraks Sturz wird in einer objektiven Geschichtsschreibung zweifellos als einer der ganz großen Fehler des Barack Obama eingehen. Und die militärische Intervention in Libyen bleibt auf dem Schuldkonto der Herrn Cameron und Sarkozy. Von der Verantwortung der Medien gar nicht zu reden, die ihre jeweiligen Regierungen überhaupt erst zum Fallenlassen einstiger Verbündeter getrieben haben.

Es geht um Bedrohungen der Außenwelt

Wie berechtigt ist in diesem Licht die Intervention des nunmehrigen französischen Präsidenten Hollande in Mali? Diese ist wohl positiver zu beurteilen als einst bei Sarkozy, obwohl auch sie mit starkem Blick auf das innenpolitische Image des amtierenden Präsidenten erfolgt ist.  Positiv ist jedenfalls, dass Hollandes Intervention nicht primär populistisch unter dem Druck der Medien erfolgt ist. Das macht aber noch gar nicht den großen Unterschied zu den Interventionen in Libyen oder Ägypten aus.

Bei der Beurteilung einer Intervention kann es in Wahrheit nämlich nur um ein einziges Kriterium gehen: Stellt die Regierung, gegen die interveniert wird, auch eine Bedrohung nach außen dar? Das ist bei den im Nord-Mali derzeit herrschenden Total-Fundamentalisten zumindest nach den vorliegenden Informationen stark anzunehmen. Die engen Verbindungen zu Al-Kaida deuten darauf hin, dass in Mali nun ein neues Aktionsgebiet für diese Terrorgruppe nach derem mühevollen Zurückdrängen in Afghanistan und Somalia entstehen würde. Und das sollte um fast jeden Preis vermieden werden, hat Al-Kaida doch schon viele Tausend Todesopfer gefordert – im Westen wie in der islamischen Welt.

So sehr der Steinzeit-Islam mit abgehackten Händen und entrechteten Frauen auch abzulehnen ist: Gegen diese Exzesse müssen die betroffenen Menschen eines Landes selbst zum Kampf antreten – auch wenn dies, wie etwa Iran und Saudi-Arabien zeigen, extrem mühsam ist. Aber von außen aufgestülpte Modernisierung und Liberalität funktionieren in aller Regel nicht. Das müssen die Völker selber durchsetzen und lernen.

Das Irrlicht „Humanitäre Intervention“

Daher ist auch der von Politikern und Diplomaten gepriesene Slogan von den „Humanitären Interventionen“ ein Irrlicht. Auch schon aus Gründen der Größenordnung: Weder Europa noch die USA sind imstande und willens, all die Regime zu stürzen, die Menschenrechte in grober Weise verletzen. Denn dazu müsste eigentlich weit man mehr als der halben Welt den Krieg erklären: von China bis zum Großteil der islamischen Länder. Diese Vorstellung ist völlig absurd. Interventionen können nur dann legitim sein, wenn die üblen Regime dieser Welt nicht nur ihre eigenen Bürger, sondern auch andere Länder bedrohen. Demokratisierung von außen klingt zwar edel, aber diese Vision des George W. Bush war ein vollkommener Fehler.

Daher sollte man auch das Gerede von der „Humanitären Intervention“ rasch wieder beerdigen. Die Legitimität eines solchen militärischen Angriffs führt nur dazu, dass Regierungen medial regelmäßig dann unter Druck kommen einzugreifen, wenn Zeitungen und Fernsehen intensiver über einen Konflikt berichten. Sonst aber nicht. Damit werden die Medien zu den künftigen Machern der Welt- und Kriegspolitik ernannt. Und sie können einen Krieg herbeischreiben, wenn es sonst zuwenig zu berichten gibt. Die Medien nehmen sich dann irgendeines der üblen Regime dieser Welt vor und setzen es auf die Abschussliste. Das geschieht zufälligerweise vor allem dann, wenn eine PR-Agentur von irgendjemandem mit einigen Millionen beauftragt worden ist, ein Land zu kritisieren . . .

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Wehrpflicht-Volksbefragung: Analyse

21. Januar 2013 12:06 | Autor: Andreas Unterberger

Vorläufiges Ergebnis und Wahlbeteiligung der Volksbefragung nach Bundesländern in Prozent

 

Bundesland Wehrpflicht Berufsheer Wahlbeteiligung
Burgenland

50,6

49,4

57,4

Kärnten

63,2

36,8

50,3

Niederösterreich

60,9

39,1

62,2

Oberösterreich

62,5

37,5

56,0

Salzburg

60,8

39,2

52,7

Steiermark

65,8

34,2

49,2

Tirol

62,5

37,5

47,4

Vorarlberg

66,2

33,8

48,1

Wien

46,1

53,9

44,1

Österreich gesamt

59,7

40,3

52,4

Quelle: BMI

 

Motive der Wehrpflicht-Befürworter in Prozent

 

Zivildienst erhalten

74

Heer/Zivildienst
Beitrag der Jugend

70

Katastrophenschutz

63

Neutralität

58

kein Konzept
für Berufsheer

54

Heer soll nicht aus
Berufssoldaten bestehen

54

besser für Sicherheit

50

kostengünstiger

43

zeitgemäß

23

ÖVP dafür

4

FPÖ dafür

4

Quelle: ISA/SORA Wahltagsbefragung des ORF

 

Stimmverhalten ausgewählter Gruppen bei der Volksbefragung in Prozent

Bevölkerungsgruppe Wehrpflicht Berufsheer
Frauen

55

45

Männer

64

36

unter 29-jährige

37

63

30-59-jährige

61

39

60 und älter

71

29

war bei Heer/Zivildienst

68

32

nie bei Heer/Zivildienst

50

50

Quelle: ISA/SORA Wahltagsbefragung des ORF

 

Wahlverhalten der Jungwähler (unter 30 Jahre) in Prozent

 

Berufsheer

45

Wehrpflicht

55

Wahlbeteiligung

45

Hinweis: kumulierte Umfragedaten vor der Abstimmung, gewichtet auf das Endergebnis;

Quelle: GFK Austria

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Elektronische Nachlese einer Volksbefragung

21. Januar 2013 02:54 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es ist ja verständlich, dass sich die ORF-Redaktion mit dem Ergebnis der Volksbefragung sehr schwer getan hat. Ihre Leichenbittermiene mochte man daher durchaus in Kauf nehmen. Aber an diesem Sonntagabend haben sie sich in Sachen Manipulation und gleichzeitiger Unfähigkeit selbst übertroffen.

Da gab es etwa eine totale Schwarz-rot-Inszenierung der aktuellen Berichterstattung. Diese beiden Parteien vertreten aber nach fast allen aktuellen Umfragen nicht einmal mehr die Hälfte der Bevölkerung. Dennoch tut der ORF so, als ob es die restlichen Parteien – und damit die Hälfte seiner Kunden – so gut wie gar nicht gäbe. Sie bekamen jedenfalls nur ein Zehntel der großkoalitionären Präsenz. Dabei ging es bei der Befragung ja um ein wichtiges Sachthema und gar nicht um Parteien.

Da setzt sich der hauseigene Chefredakteur vor die Kamera und palavert über die jüngeren Wähler, die mehrheitlich für das Berufsheer gestimmt haben. Dabei verliert er sich in für niemanden mehr logisch nachvollziehbare Theorien des Inhalts, dass diese Jungen (die in Wahrheit oft zum ersten Mal wählen!) Wechselwähler seien. Der Zweck seiner Mäander wurde aber am Schluss klar: Er konnte so aus der SPÖ doch noch den Sieger der Befragung machen. Der Herr Dittlbacher war wohl in seinen AZ-Zeiten Sieger im parteiinternen Bewerb in Sachen Kronprinzenfrage. Dabei geht es bekanntlich um jenen „Prüfer“, der auch die allerblödesten Antworten eines debilen Kronprinzen als richtig darzustellen versteht.

Da wurde am Abstimmungsabend mehrfach klar gemacht (etwa auch vom Innenpolitik-Ressortleiter), dass ja das Ergebnis nichts wert wäre, weil laut einer Studie drei Viertel der Wehrpflichtfreunde nur des Zivildienstes wegen für diese Pflicht gestimmt hätten. Das ist ein wunderschönes Beispiel, was passiert, wenn man aus einem „auch“ ein „nur“ macht. Denn laut der gleichen Studie haben auch 54 Prozent der Wehpflicht-Befürworter gesagt, das Heer solle nicht nur aus Berufssoldaten bestehen. Sehr viele haben sich also durchaus Gedanken über das Heer und nicht nur über den Zivildienst gemacht. Ferner haben 50 Prozent explizit geantwortet, sie wären für die Wehrpflicht, weil diese besser für die Sicherheit ist. Aber das alles erfuhren die ORF-Kunden im Gegensatz zur mehrfach wiederholten Zivildienst-These nie. So kann man in der Darstellung und Berichterstattung aus einer – mutmaßlich – korrekten Studie das Gegenteil herauslesen. Offen mag nur bleiben, ob die sogenannten Redakteure das aus voller Manipulationsabsicht tun oder nur, weil sie einfach zu blöd sind?

Da wird zwar Norbert Darabos gefragt, ob er zurücktreten wolle. Aber in den zahllosen Analysen des ORF samt seinen milieuüblichen Politologen kam das Thema Rücktritt dann überhaupt nicht vor. Dabei wäre das in jedem anderen Land der zentrale Streitpunkt gewesen: ob ein Politiker, der eine so schwere Demütigung erlitten hat, glaubwürdig im Amt bleiben kann; ob ein nach Selbstauskunft „enttäuschter“ Minister jetzt noch sinnvoll amtieren kann; ob solcherart nicht das ganze Heer durch unerträgliche Schizophrenie gelähmt wird.

Da wird – offensichtlich um den Erfolg für die Wehrpflicht zu schmälern – mehrfach eine Graphik gezeigt, in der auch die Nichtwähler gleichberechtigt vorkommen. Die scheinen in dieser Darstellungsform dann plötzlich – trotz der sensationell hohen Wahlbeteiligung und des unerwartet deutlichen Ausganges der Wahl – als stärkste Einzelgruppierung auf. Nun: Diese Darstellungsweise ist an sich durchaus legitim. Nur müsste man sie dann auch dort anwenden, wo man damit Wahlerfolge der SPÖ (Bundespräsident, Wien, Nationalrat) dramatisch relativieren würde. Bei solchen Wahlen aber hat es diese Graphik noch nie gegeben.

Diese Darstellungsweise wäre aber auch beim sonntägigen Befragungsergebnis lustig geworden, nämlich beim Wiener Ergebnis – wo sie der ORF jedoch nicht eingesetzt hat. Natürlich. Natürlich? Obwohl Wien als einziges Bundesland eine klare Mehrheit für das Berufsheer erbracht hat, würde sich dieser linke Sieg total relativieren, wenn man die Wiener Nichtwähler so wie im Bund in die Darstellung einbezogen hätte.

In Wien war nämlich der Anteil der Nichtwähler viel größer als in allen anderen Bundesländern! Beim Spitzenreiter Niederösterreich lag die Wahlbeteiligung um mehr als 14 Prozentpunkte über der in Wien. Hätte man das etwa in einer Ergebnis-Graphik auch gezeigt, oder es zumindest mündlich klargemacht, dann wäre der Eindruck eines Berufsheer-Erfolgs in Wien dramatisch relativiert worden. Denn im Blick auf die Zahl aller Wahlberechtigten ist in Wien der Anteil der Berufsheer-Freunde nur um weniger als 2,2 Prozentpunkte höher denn im Bundesschnitt.

Die geringe Teilnahme reduziert natürlich auch das gesamtösterreichische Gewicht Wiens signifikant. Es haben sowohl in Niederösterreich wie in Oberösterreich jeweils um 100.000 bis 200.000 Menschen mehr abgestimmt als in Wien. Auch das haben ORF-Seher nie erfahren.

Zu diesen schweren Manipulationen in einer Stunde Wahl-Berichterstattung (die ORF-Diskussion habe ich dann schon gemieden, weil mein Masochismus eben doch Grenzen hat) kommen noch jede Menge handwerkliche Unzulänglichkeiten. Technischer Natur waren etwa mehrere Blackouts und krachende Mikrophone; redaktioneller Natur war vor allem die schwere Überforderung des Herrn Leitner (Leitner sehen, heißt Nostalgie nach Broukal oder HF Mayer haben). Er hat statt Ruhe nur Nervosität ausgestrahlt – und natürlich auch Ärger über das Ergebnis –, wobei die unkorrigiert gebliebene Verwechslung von Lebensjahren mit Prozenten noch am leichtesten hinzunehmen war. Wenigstens brachte seine weibliche Partnerin professionelle Ruhe in den Ablauf.

All diese Dinge werden im ORF von Woche zu Woche und von Monat zu Monat schlimmer. Weil dort von Dittlbacher bis Weinzettl nur noch überforderte Polit-Protegés in Funktionen kommen. Weil dort ein Generaldirektor amtiert, der Null Ahnung vom Programmmachen und von einem Informationsmedium hat. Weil Herrn Wrabetz die seriös sein sollenden Inhalte seines Senders nicht einmal interessieren.

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Und jetzt bitte auch noch die Gesamtschule abzustimmen

20. Januar 2013 16:59 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das Ergebnis der Volksbefragung ist überwältigend – und macht unglaublich viel Lust auf mehr. Wir wollen mehr Mitsprache – notfalls selbst in den unbeholfenen und unzureichenden Formen, wie sie uns unsere Parteien derzeit erlauben.

Ich muss heute ein Urteil revidieren, das ich am Beginn der Volksbefragungs-Geschichte abgegeben habe: Selbst in dieser unzulänglichen und parteipolitisch instrumentalisierten Weise hat sich die direkte Demokratie als erfolgreich erwiesen. Das konnte ich ursprünglich gar nicht glauben. Es war einfach sensationell, in den letzten Tagen zu erleben, wie sich so viele Österreicher eingehend mit einer Frage auseinandergesetzt haben, die die Bundesregierung überfordert hat. Selbst einfache Menschen, die keinen Blick in die politischen Teile der Zeitungen werfen, haben sich ein von Tag zu Tag differenzierter werdendes Bild gemacht. Und den Blick für das Wesentliche gewonnen. Ja, ihnen ist auch die Landesverteidigung ein Anliegen, weil sie zum Unterschied von Krone&Co Österreich lieben.

Dementsprechend ist von Tag zu Tag die Unterstützung für die Herren Darabos, Häupl und Faymann zurückgegangen. Dementsprechend hat umgekehrt die Wahlbeteiligung auch alle anfänglichen Erwartungen und Befürchtungen übertroffen. Das hat niemand erwartet.

Natürlich hat das Alles auch – aber eben nur in zweiter Linie – parteipolitische Dimensionen. Die ÖVP hat ihre Stammwähler voll mobilisieren können. Die städtischen Linkswähler sind hingegen großteils daheim geblieben. Die Darabos-Kampagne konnte sie keine Sekunde lange mobilisieren. Und auch die alte SPÖ-Strategie, die Jungwähler zu begeistern, wenn man den Burschen eine Reduktion ihrer Pflichten verspricht, funktioniert nicht mehr. Das hat bei Kreisky noch Wahlen beeinflusst, als er die 68er Generation durch weniger Wehrdienst begeistern konnte. Heute hingegen zeigen auch viele der Jungen durchaus Bereitschaft zu einem Dienst an der Gemeinschaft.

Muss Darabos nun gehen? Es wäre schön. Das war zweifellos für viele Wähler auch ein besonderer Grund, zur Wahl zu gehen. Ob er wirklich geht, hängt aber in Wahrheit stark davon ab, ob die SPÖ überhaupt noch einen Ersatz für den undankbaren Posten findet. Dort muss man ja jetzt das exekutieren, wogegen man gekämpft hat. Was niemand will.

Noch erfreulicher als die Niederlage für Darabos ist die endgültige Götterdämmerung für die zugeschriebene Macht der Boulevardzeitungen und so mancher Möchtegern-Qualitätszeitung. Sie bedrucken zwar viel Papier, sie bewegen aber immer weniger Menschen in ihren politischen Haltungen. Denn die Österreicher sind viel reifer, als es ihnen die politische Klasse zuschreibt.

Aus all diesen Gründen ist es nun geradezu wünschenswert, dass man beispielsweise auch die Gesamtschul-Idee einer Volksbefragung unterzieht. Dann wäre nämlich auch dieser linke Schwachsinn ein für allemal vom Tisch und man würde nicht immer wieder mit einem schon 90 Jahre alten Rohrkrepierer konfrontiert, mit einer Idee, die noch in keinem Land funktioniert hat.

Die Drohung des Wiener Bürgermeisters – der ja höchstpersönlich auch am Wehrpflicht-Schwenk der SPÖ schuld ist –, eine Befragung über die Schulen durchführen, ist in meinen Augen daher in Wahrheit ein wunderbares Versprechen. Das einzige, worauf dabei ÖVP und FPÖ aufpassen muss, ist die Formulierung der Fragestellung: Diese dürfte keinesfalls so manipulativ sein wie bei den bevorstehenden Wiener Befragungen, wo Rot und Grün vereint ihre undemokratische Einstellung durch die Fragentexte zeigen. Das worum es bei diesem Thema gehen muss, ist eine Frage nach dem Zwang zur Gesamtschule, also zu Schulen, in die oft mehr als 80 Prozent Ausländer gehen.

Und nach der Gesamtschule bitte noch ein paar Abstimmungen zu all den übrigen Unsinnigkeiten, mit denen uns die Linksparteien und die mit ihr mehrheitlich geistig eng verbündeten Journalisten seit Jahr und Tag quälen. Hier gleich die Formulierungsvorschläge:

Vor allem aber wünschen wir uns das, was die Linken so gar nicht wollen: „Sind Sie für zwingende und verbindliche Volksabstimmungen, wenn 400.000 Österreicher das fordern?“

Wenn man mit diesen Fragen durch ist, dann steht Österreich deutlich besser da. Und dann kann man ruhig die nächsten Dummheiten der politisch-medialen Klasse abfragen. Vom Asylrecht bis zu Konsequenzen für arrangierte Zwangsehen und für Kopftuchzwang.

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Die vielen Gründe für die Wehrpflicht. Und die wenigen dagegen

19. Januar 2013 00:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Bei der Bundesheer-Abstimmung geht es um Österreich, um seine Sicherheit, um seine Mitbürger in Nöten. Dennoch sind die Volksbefragung und ihre Begleitumstände keineswegs dazu angetan, mich mit fliegenden Fahnen zur Abstimmung schreiten zu lassen. Aber alles in allem stoße ich jedoch deutlich auf mehr Gründe, die mich zu einem eindeutigen Abstimmungs-Ja zur Wehrpflicht veranlassen.

Unstrittig ist es für mich, jedenfalls hinzugehen. Denn wer sich in der Art des Heinz Fischer lebenslang um Entscheidungen drückt, gibt jenen recht, die dem Volk die Fähigkeit zur Mitentscheidung absprechen. Und das darf keinesfalls passieren, auch wenn diese Befragung in vielerlei Hinsicht ganz anders aussieht, als eine direkte Demokratie etwa nach Schweizer Muster organisiert sein sollte.

Was spricht für die Wehrpflicht?

  1. Demokratiepolitische Gründe sind wohl die stärksten für mein Ja – auch wenn sie direkt mit der Sachfrage nichts zu tun haben. Aber die unglaubliche Anti-Heeres-Hetze der Dichand- und Fellner-Medien (übrigens nach wie vor dick mit roten Anzeigen finanziert) und die nur wenig subtilere Einseitigkeit des ORF-Fernsehens zwingen einfach dazu, sich dem entgegenzustellen. Aus Gründen der politischen Hygiene ist es notwendig zu zeigen, dass sich die Bürger nicht von ein paar viertelgebildeten Geschäftemachern und Altachtundsechzigern, von deren wilden Falschmeldungen und Verzerrungen am Nasenring führen lassen. Die Arroganz und Machtanmutung dieses Drittklassjournalismus würden bei einem Erfolg ihres Anti-Bundesheer-Kampfes endgültig unerträglich. Sind sie doch jetzt schon viel zu mächtig und die Politik ihnen gegenüber viel zu knieschwach, wie etwa das Wehrpflicht-Umschwenken der Herrn Häupl und Darabos auf Befehl der Krone zeigt. Und wie auch die rechtlich extrem bedenkliche Verschleuderung unseres Steuergeldes zur Bestechung jener Medien durch eine Reihe von Spitzenpolitikern zeigt.
  2. Genauso stark sind die emotionalen Beweggründe, wenn man es so nennen will: der Patriotismus, der zu einem Ja bringt. Es geht einfach um das Zeichen, dass die Bürger bisweilen auch etwas für das Land tun müssen, wenn dieses noch als Gemeinschaft funktionieren soll. Und die Bürger sind auch in breitem Umfang durchaus bereit dazu – auch wenn sie sich naturgemäß nicht gerade um Pflichten drängen. Die Österreicher sind zum Gutteil gar nicht die prinzipiellen Schmarotzer, als die sie von der Politik eingeschätzt werden, die lediglich immer mehr Schulden zu Lasten der Zukunft und leistungsfreie Wohlfahrtsleistungen wollen. Trotz aller Fehler erscheint den Österreichern der Dienst im Bundesheer sogar noch als weit sinnvoller als die Verwendung der in Österreich exorbitant hohen Steuerleistungen – also der Erträge einer anderen Bürgerpflicht. Niemand hat Verständnis, wenn Geld für Salzburger Finanzjongleure ausgegeben wird, für jugendliche Bahnpensionisten, für die höchsten Förderungen Europas, für ein zum Nichtstun verleitendes Wohlfahrtssystem, für Tausende überteuerte öffentliche Betriebe und andere Unsinnigkeiten.
  3. Hinter der Antwort auf die Befragung steckt auch eine grundsätzliche weltanschauliche Frage. Es geht um das grundsätzliche Bild von Mensch und Staat, es geht um den Kampf gegen ein linkes Menschenbild, das Egoismus statt Verantwortung setzt, Sozialschmarotzertum statt Leistung. Letztlich geht es um eine Abwehr der ständigen Attacken auf alles, was die Menschen mit nicht-linkem Gedankengut imprägnieren könnte: auf die Wehrpflicht, auf die Familie, auf das Gymnasium, auf das Eigenheim (also auf Eigentumswohnung und Eigenheim statt Gemeindewohnung).
  4. Natürlich ist auch die Performance des Norbert Darabos ein Motiv. Es geht also um die Hoffnung, dass er – trotz der jetzigen halbherzigen Rückenstärkung durch seine Genossen – bei einer Niederlage gehen muss. Sein plötzlicher Schwenk in Sachen Wehrpflicht auf Verlangen der Krone beziehungsweise eines in Wahlkampfnöten steckenden Wiener Bürgermeisters war nur noch peinlich. Ähnliches gilt auch für sein jahrelang gezeigtes Desinteresse am Heer (als zuständiger Minister!); seine Vorliebe lediglich für die Sport-Kompetenz, bei der er so getan hat, als wäre wie im totalitären Systemen Spitzensport eine Staatsaufgabe und nicht einfach ein Geschäft und ein Beruf (womit sich Darabos freilich auch die volle Verantwortung für das Olympiadebakel aufgehalst hat); seine Probleme, auch nur einen geraden und sinnvollen Satz zu artikulieren; und insbesondere seine Neuverhandlung der Eurofighter-Beschaffung, die Österreich deutlich schlechtere Flugzeuge zu einem schlechten Preis gebracht hat.
  5. Bei aller Kritik an der Realität des Wehrdienstes, bei aller Notwendigkeit, sich mit den – freilich nur teilweise erfolgreichen – internationalen Versuchen Richtung Berufsheer auseinanderzusetzen: Die Konzeptlosigkeit ist erschütternd, mit der die SPÖ dieses nun in Österreich einführen will. So etwas könnte man überhaupt nur mit einem schrittweisen Plan und sorgfältiger Vorbereitung tun – sonst drohen Jahrzehnte des sicherheitslosen Vakuums in einer Übergangsphase.
  6. Auch wenn sich die SPÖ mit fast ständigen Neuberechnungen ihre Ideen schön zu rechnen versucht hat; auch wenn es keine unabhängige und seriöse Studie zu all diesen Fragen gibt: Man kann eigentlich keine Zweifel haben, dass ein Berufsheer mehr kostet. Wer auf dem freien Arbeitsmarkt Soldaten finden will, muss mehr zahlen als für gesetzlich Verpflichtete. Zusätzlich entdecken beim Wehrdienst so manche ihre Lust am Heer, die sonst erst mit teuren Werbekampagnen angesprochen werden müssten. Bezeichnend ist die einhellige Meinung der Schweizer Regierung, also des mit Österreich am ehesten vergleichbaren Landes: Das heutige Milizsystem (=Wehrpflicht) sei das kostengünstigste und flexibelste Modell für die Schweizer Armee.
  7. „Wehrpflicht abschaffen, sagt die Vernunft“: Wenn der SPÖ in ihren Flugblättern schon auf die Sprüche der Billa-Werbung verfällt, ist das auch nicht gerade ein professionelles Zeichen (das aber nur als Argument am Rande).
  8. Erstaunlich ist, dass die SPÖ – traditionell eine Kaderpartei, in der blinder Gehorsam erste Genossenpflicht ist ,– eine ganze Reihe ihrer Bundesländer-Organisationen und Abgeordneten nicht auf die Berufsheer-Linie bringen konnte. Auch das beweist, wie fragwürdig die Argumente von Darabos, Faymann und Häupl sind.
  9. Die sicherheitspolitische Ahnungslosigkeit der SPÖ erreichte in den letzten Stunden vor der Abstimmung noch einen Höhepunkt: Klubobmann Josef Cap behauptete in einer Fernsehdiskussion lautstark, dass Griechenland nicht Mitglied der Nato wäre.
  10. Zumindest widerlich sind die linken und offensichtlich bezahlten Kampfposter, die immer in Wahlkämpfen in den Internet-Foren auftauchen. Viele von ihnen haben sich nachweislich ganz frisch erst im Wahlkampf registriert (dort wo das notwendig ist). Und regelmäßig verschwinden sie dann genau eine Woche nach der Abstimmung wieder. Aber immerhin. Sie könnten ja auch gleich am Sonntag um 17 Uhr abgedreht werden.
  11. Absurd sind Strafanzeigen der Grünen, weil Bürgermeister in Kolumnen für ein Abstimmungsverhalten plädiert haben (was anderes ist es freilich, wenn rote und schwarze Ortsvorsteher das in amtlichen Aussendungen getan haben, was unakzeptabel ist). Damit haben sich die Grünen verstärkt als Rekordhalter in Sachen skurriler Anzeigen positioniert.
  12. Besonderen Zorn hat ein linker Verfassungsprofessor ausgelöst (ein regelmäßiger Verbündeter vor allem der Grünen, außer wenn es um seine eigene Universität geht): Er prophezeit, dass internationale Gerichte die Wehrpflicht auch auf Frauen ausdehnen würden. Das ist nicht nur juristisch ein sehr bemühtes Argument – auch wenn zugegebenermaßen viele Gerichte zunehmend zu originellen statt konsequenten Urteilen neigen. Diese Professoren-Aussage ist aber durch den Zeitpunkt jedenfalls sehr leicht als bloße Wahlkampf-Polemik durchschaubar: Wenige Tage vor der Volksbefragung plötzlich von etwas zu schwadronieren, was vielleicht und eventuell in zehn oder zwanzig Jahren judiziert werden könnte, reduziert einen solchen Juristen auf die Rolle des Propagandisten einer Partei.
  13. Wenn man aber schon die Verfassung bemüht: Es sind eindeutig die Linksparteien, deren Forderungen gegen die Verfassung verstoßen. Was an sich ja legitim ist, aber aus einem anderen Grund stört: Wenn eine rechte Partei Änderungen der Verfassung vorschlägt, brechen in den Medienkommentaren gleich Verfassungsbogen und Rechtsstaat tosend zusammen, wird gleich eine dritte Republik ausgerufen. Wenn es Linke tun, wird das Thema Verfassungsbruch nicht einmal erwähnt.
  14. Zurück von Rot und Grün zum Bundesheer. Man kann keine Zweifel haben, dass eine Abschaffung der Wehrpflicht (in welcher juristischen Form auch immer) praktisch nicht mehr reversibel wäre. Es würde nämlich in einer internationalen Krise als gefährliches Eskalationszeichen und als Provokation angesehen werden, wenn man wieder die Wehrpflicht einführt. Und dennoch würde es dann ja noch Jahre dauern, bis man wieder eine brauchbare Menge an einsetzbaren Milizsoldaten hat.
  15. Nur sehr naive Geister und völlig unhistorisch denkende Menschen können glauben, dass in der Mitte Europas der ewige Friede ausgebrochen wäre. Die Geschichte zeigt: Auch aus völlig friedlichen, stabilen Situationen, in denen weit und breit keine Gefahr zu drohen scheint, entwickeln sich regelmäßig nach einigen Jahren wieder explosive Lagen. Auch nach dem Wiener Kongress oder dem Jahr 1867 hatten viele an den ewigen Frieden geglaubt . . .
  16. Es gibt einige jetzt schon absehbare Gefahren, die zu auch militärisch explosiven Situationen führen könnten: die Massenmigration nach Europa (die weitaus größte der Geschichte, in der noch jede Massenmigration irgendwann zu Kämpfen geführt hat), der islamistische Terrorismus, das demographische Vakuum, Europas vermeintlicher Reichtum.
  17. Ein häufig gebrauchtes Anti-Wehrpflicht Argument lautet: „Im Kampf gegen Terrorismus brauchen wir Profis“. Das gilt jedoch nur für die unmittelbare Befreiungsaktion etwa nach einer Geiselnahme. Wenn man aber – beispielsweise – an eine Situation denkt, in der ein Giftanschlag auf Trinkwasser angedroht wird: Dann braucht es alleine zum Schutz der Wiener Wasserleitungen viele Tausende, ja Zehntausende Soldaten. Ähnliches gilt für Hunderte andere Objekte, wie Bahnhöfe oder Kraftwerke.
  18. Selbst wenn es gelingen sollte, wenigstens die versprochenen Mindestzahlen an Berufssoldaten zu finden (was viele Beispiele aus anderen Staaten mit niedriger Arbeitslosigkeit als extrem unwahrscheinlich erscheinen lassen): Dann besteht das künftige Heer mit Sicherheit aus einer negativen sozialen Auslese, und keineswegs aus „Profis“. Zu einem Freiwilligenheer gehen dann vor allem Rambo-Typen, jene, die gerne im Wald Krieg spielen und alle, die auch bei einem guten Arbeitsmarkt keinen Job finden können. Die Daten zeigen ganz klar (auch wenn die neuerdings ideologisch geführte Statistik Austria sie zu unterdrücken versucht): Arbeitslos sind vor allem Ausländer, und da wieder vor allem jene ohne irgendeine Bildung. Das ergibt dann ein Heer, das deutlich weniger Sicherheit ausstrahlt, auch wenn es die gleiche Zahl von Panzern haben sollte.
  19. Neben den nicht seriös prognostizierbaren militärischen Sicherheitsrisken ist die Katastrophenhilfe eine zentrale Aufgabe eines Heeres. Auch wenn man natürlich hier ebenfalls nie weiß, ob und wann eine Katastrophe eintritt. Aber zu deren Aufarbeitung braucht es jedenfalls immer wieder auch die Masse an Wehrdienern – und nicht nur irgendwelche imaginäre Profis.
  20. Besonders ärgerlich war in diesem Zusammenhang die ostösterreichische Schneekatastrophe der vergangenen Tage: Während niederösterreichische Gemeinden zu Recht einen Assistenzeinsatz des Heeres gegen die Schneemassen angefordert und bekommen haben, hat Wien (und das Burgenland)  darauf demonstrativ verzichtet. Motto: Wir lassen lieber den öffentlichen Verkehr fast einen ganzen Tag lang kollabieren als zuzugeben, dass das Bundesheer und seine vielen Wehrpflichtigen in der Not absolut sinnvoll und notwendig sind. Aber vielleicht stellt ja Wien trotz seiner Schuldenverdopplung binnen zwei Jahren jetzt Tausende Schneeschaufler rund ums Jahr an, um in den Tagen des Bedarfs einschlägige „Profis“ zur Verfügung zu haben.
  21. Angesichts des sich signifikant verschlechternden Gesundheitszustandes junger Menschen (Stichworte Übergewicht, Allergien, Bewegungsmangel, Medikamentenmissbrauch) ist die einzige Pflicht-Begegnung vieler Menschen mit einem Arzt zwischen Schule und Totenbeschau alleine schon den halben Wehrdienst wert.
  22. Natürlich hat der Wehrdienst auch wichtige pädagogische Aufgaben. Ist doch bei so manchen jungen Menschen die Pflicht, sein Bett zu machen, etwas, mit dem sie noch nie in ihrem Leben konfrontiert worden sind. Zum sinnvollen Pflichten-Lernen gehört auch pünktlich aufzustehen, seinen Kasten aufzuräumen, sich selbst um sein Gewand zu kümmern, Schuhe zu putzen, sich in eine Ordnung einzufügen und vieles andere mehr.
  23. Und zu guter letzt sei der Zivildienst genannt: Der ist in Zeiten der spürbar werdenden demographischen Katastrophe immer wichtiger, ja längst unverzichtbar geworden. Was in der Zeit des Kalten Krieges und seiner drohenden Massenarmeen noch als Kriegsdienstverweigerung schwer unsolidarisch war, ist unter vielfach geänderten Verhältnissen heute zum Eckstein der sozialen Betreuung geworden. Das heißt freilich nicht, dass nicht auch beim Zivildienst grobe Missbräuche abzustellen wären ( Einsätze in Parteiorganisationen etwa oder Auslandsaufenthalte auf Staatskosten).

Diese Gründe bringen mich in der Summe zu einem klaren Ja zur Wehrpflicht. Dennoch haben mich einige andere Faktoren bei diesem Ja ziemlich gestört.

Die Gründe des Zweifels

  1. Hauptgrund, weshalb ich bisweilen mit einem Nein zur Wehrpflicht liebäugelt habe, ist die Tatsache, dass die Pro-Wehrpflicht-Kampagne vor allem von Offizieren betrieben worden ist. Diese aber sollten sich eigentlich – genauso wie der Verteidigungsminister – zurückhalten und die Frage den Bürgern überlassen. Schließlich müssen Offiziere wie Minister ja in der Demokratie so und so den Willen des Souveräns erfüllen. Vor allem haben beide in dieser Frage durchaus auch sehr persönliche Interessen im Spiel. Auch Lehrer sollte ja nicht die Schulpolitik entscheiden.
  2. Vielen Offizieren und Unteroffizieren – also den „Profis“ – ist nie bewusst geworden, dass jede Sekunde eines Pflichtdienstes von totaler Sinnorientierung geprägt sein muss. Dass es eigentlich ihre oberste Pflicht sein müsste, ständig für einen sinnvollen Wehrdienst ihrer Untergebenen zu sorgen. Es geht also um die Pflicht zum Dienst an den Dienstpflichtigen. Jeder Leerlauf, jedes Gelage, jede Scheinbeschäftigung, jede Schikane ist da ein Verbrechen. So wie jeder Steuer-Cent eigentlich nur extrem sparsam ausgegeben werden dürfte, müsste auch mit jeder Pflicht-Sekunde, zu denen man junge Menschen zwingt, extrem sorgfältig umgegangen werden. Und das ist vielen der Beamten in Uniform nicht wirklich klar. Irgendwie herrscht da in manchen Offiziers-Casinos wohl noch der altadelige Geist aus Zeiten, da für sie die Wehrpflichtigen in Masse ungebildete Bauernlümmel waren, die scheinbar meilenweit unter den überwiegend adeligen Gold-Trägern stehen. Auch viele Unteroffiziere sind diesem Dienst an Dienstpflichtigen psychisch nicht gewachsen.
  3. Zu diesem Missbrauch eines Pflicht-Dienstes gehört als augenfälligstes und verbreitetstes Exempel der Einsatz von Wehrpflichtigen als Gratiskellner für Offiziere und Unteroffiziere. Bei einem Besuch in der israelischen Armee habe ich gesehen, wie sich Offiziere, Mannschaften, ausländische Gäste und natürlich auch weibliche Soldaten völlig gleichberechtigt bei der Essensausgabe anstellen müssen und nebeneinander sitzen. Österreich stellt ja auch seinen Sektionschefs – also Beamten, deren vermeintliche Bedeutung mit jener höherer Offiziere vergleichbar sind, – keine Gratiskellner zur Verfügung. Auch sie müssen sich anstellen oder im Gasthaus die Dienste eines Kellners selbst bezahlen.
  4. Eine empörende Attacke auf die Aufgaben der Landesverteidigung war die Einstellung der Miliz-Übungen durch den unglückseligen Ex-Minister Günther Platter (ja genau, das ist jener Mann, der jetzt in Tirol auch das Gymnasium demolieren will). Das hat den Sicherheitswert des Wehrpflichtigen-Heeres arg vermindert. Noch empörender ist, dass keine Partei derzeit laut nach einer zumindest teilweisen Reaktivierung der Miliz verlangt.
  5. Fast zu einer Wahlenthaltung hätte mich die Feigheit von ÖVP und FPÖ gebracht. Beide trauen sich nicht mehr, für eine Nato-Mitgliedschaft zu plädieren. Dabei hatten diese beide Parteien einst vehement (und mit guten Gründen) nach einer solchen verlangt. Sie geben sich heute populistisch und krampfhaft als Retter der Neutralität, als ob diese noch in irgendeiner Weise eine Bedeutung hätte.

Ganz unabhängig vom Ausgang der Befragung müsste eine ganze Reihe von Aufgaben auf der Tagesordnung stehen. Die aber so oder so wohl wieder nicht angegangen werden.

Die To-do-Liste

  1. Österreich müsste (so wie jedes andere Land) alle ein bis zwei Jahre breit angelegte Analysen der Risken und Gefahren vornehmen, die dem Land in der Zukunft drohen könnten. Dazu zählen derzeit zweifellos an besonderer Stelle auch die Risken durch die gewaltigen Haftungen und Kredite für Griechenland&Co (und deren drohendes Platzen). Ein Eckpfeiler dieser Analysen müssten aber immer auch jene Gefahren sein, die nur militärisch beantwortet werden können. Auch diese sind ohne jede Political Correctness auszusprechen. Während manche Gefahren aus Gründen der PC verschwiegen werden, wird dauernd von Klima-Gefahren geredet und viel Geld für deren Abwehr ausgegeben. Dabei würden ja eventuelle Klima-Veränderungen in Wahrheit auch viel Positives bringen (ganz abgesehen von der Frage, ob sie überhaupt menschlich beeinflussbar sind).
  2. Auf eine solche Gefahren-Analyse müsste regelmäßig eine Strategie-Analyse aufsetzen. Also die Suche nach den besten Instrumenten, um konkrete Gefahren zu beantworten. Das heißt im militärischen Zusammenhang: Wofür braucht es eine Masse an Wehrpflichtigen, wofür hochgradige Spezialisten?
  3. An dieser Stelle könnte und müsste endlich auch eine ruhige Debatte über die Tabu-Themen Neutralität und Nato einsetzen. Freilich gebe ich zu, realpolitisch wird es vorerst nicht dazu kommen. Aber man darf sich ja auch einmal etwas wünschen.
  4. Als nächstes müsste eine Strategie entwickelt werden, wo man Spezialisten (Cyber-War-Experten, Piloten . . .) überhaupt herbekommt. Denn weder die diversen Darabos-Modelle noch die Wehrpflicht werden sie liefern. Spezialisten findet man nur durch viel Geld (so wie man ja auch nur durch Geld viele Milizsoldaten für Auslandseinsätze gefunden hat).
  5. Nach diesen drei Stufen sind dann die Kosten zu prüfen. Wobei man natürlich auch immer zu dem Schluss kommen kann: Zu teuer, dieses oder jenes Risiko gehen wir halt ein (so wie die öffentliche Hand ja auch oft das Risiko von Fremdwährungskrediten eingegangen ist).
  6. Selbstverständlich wäre auch längst schon die Dienstpflicht für Frauen zu thematisieren. Es braucht Frauen (die Mehrheit der Studenten ist heute weiblich!) genauso als Sprachen- und Sicherheits-Spezialisten wie auch für soziale Aufgaben. Das Erfreuliche ist: Mit welcher Frau man auch spricht, der Großteil vor allem der jungen ist durchaus bereit zu einer Dienstpflicht. Sie meinen im Gegensatz zu den Berufsfeministen die Gleichberechtigung nämlich ernst. Solche Fragen werden den Bürgern aber nicht vorgelegt.
  7. Unabhängig vom Ausgang des Referendums täte dem Heer auch ein forcierten Abbau seines personellen Wasserkopfs gut. Das heißt: rapider Abbau von Overheads, von Sektionen, von Kommanden, bis hin zu den Landesmilitärkommanden und so manchen Musikkapellen.
  8. Selbstverständlich müsste eine allgemeine Dienstpflicht auch Untaugliche erfassen. Wer nicht zum Heer kann oder will, kann ja jedenfalls zum Zivildienst und zu einer sitzenden Aufgabe wechseln. Auszunehmen sind nur alle jene, die trotz aller Inklusions-Moden nicht imstande waren, einem normalen Unterricht zu folgen.
  9. Und ganz unabhängig von Heer und Zivildienst darf keinesfalls der Kampf um die direkte Demokratie aufgegeben werden. Also um verpflichtende und verbindliche Referenden, sobald ein Volksbegehren genügend Unterschriften findet. Dabei muss es um einen klaren Gesetzestext gehen. Dabei braucht es eine längere und ruhige sachliche Vorbereitung jedes einzelnen Votums. Dabei braucht es die Zurückhaltung der Parteien, die niemals aus einem Referendum einen Probegalopp für Wahlen machen dürfen. Dabei braucht es auch die Expertisen parteiunabhängiger Think tanks und Institute. Da es die derzeit in Österreich leider kaum gibt, wird man oft auch Ausländer dazu holen müssen.

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SN-Kontroverse: Die Regierung und das Heer

18. Januar 2013 00:02 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Hat die Regierung in der Wehrdienstfrage versagt?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Darabos ist ein Profi

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Vor zwanzig Jahren wurde ein riesiges Lichtermeer auf dem Wiener Heldenplatz vom Republikanischen Club Neues Österreich organisiert. An diesem geschichtsträchtigen Ort auf diesem geschichtsträchtigen Platz strömten Menschen aus Ländern zusammen, die sich gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Hetze auflehnten.

An diesem geschichtsträchtigen Tag wird die erste verpflichtende bundesweite Volksbefragung Österreich stattfinden. Das ist ein ähnlich historischer Erfolg wie der Beitritt Österreich zur EU, für den viele Frauen und Männer in Form einer Volksabstimmung votierten. Es hat lange gedauert und es waren viele Steine aus dem Weg zu räumen. Die erste bundesweite Volksbefragung ist dem viel bekämpften, viel belächelten Zivildiener Norbert Darabos gelungen. Frauen und Männer übernehmen Verantwortung aus freien Stücken. Sie stellen sich den damit verbunden Gefahren, wie jene jungen Leute, die seinerzeit als Volxtheaterkarawane verkleidet durch Europa zogen und verhaftet wurden oder wie andere Menschen sich in vielen Ländern Europas gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung auflehnen. Sie zählen nicht nur Euro und Cent, sondern sie wissen um den Wert der Solidarität. Sie verstecken sich nicht, sondern bekennen freimütig, was sie tun und nicht tun wollen. Sie sind auch bereit Verantwortung zu übernehmen. Die erste bundesweite Volksbefragung zur Einführung eines Profiheers hat nichts mit Neutralität oder Neutralismus zu tun. Sie hat mit der Erkenntnis zu tun, dass wir frei über uns und unser Schicksal entscheiden wollen. Sie betrifft Frauen und Männer. Denn sie wissen, dass Freiheit nur dann möglich ist, wenn sie auch bereit sind, dafür zu kämpfen. Der Historiker Norbert Darabos hat außerdem gründlich mit einigen historisch fragwürdigen Gedenktafeln auf diesem Platz aufgeräumt. Der Mann ist ein Profi.


Insel der Unernsthaftigkeit

Andreas Unterberger

Österreichs Regierungen haben Landesverteidigung und Sicherheit nie ernst genommen. Keiner der beschlossenen Verteidigungs-Pläne ist jemals ordentlich umgesetzt worden. Das geht weit über die Jämmerlichkeit des Norbert Darabos hinaus, der über Nacht auf Wunsch der Kronenzeitung plötzlich das Gegenteil dessen verlangt, was für ihn noch Tage davor "in Stein gemeißelt" war.

Gewiss droht heute keine Panzerschlacht an der Donau. Wir stehen jedoch vor anderen Gefahren, die uns alle fordern: durch den islamistischen Terrorismus, durch die Organisierte Kriminalität, durch die unkontrollierte globale Mobilität. Angela Merkel hat intensiv betont, dass Mali und der dortige Terror auch unseren Kontinent voll bedroht. Von Afghanistan über Syrien, Somalia, Ägypten bis Mali zieht sich eine neue Front eines aggressiven Fanatismus, die für ganz Europa Bedrohliches bedeutet. Aber in Österreich? Glaubt irgendjemand, dass unser Bundeskanzler auch nur wüsste, was in Mali los ist?

Genauso versagt die Koalition beim Thema "Direkte Demokratie", nach der immer mehr Österreicher rufen. Sie macht diese Forderung durch eine Volksbefragung über eine Abschaffung der Wehrpflicht lächerlich, ohne dass auch nur eine einzige unabhängige Stelle die Kosten und die Folgen für Sicherheit, Katastrophenschutz und Zivildienst analysiert hätte. Das ist ebenso skandalös wie etwa die in Kürze in Wien anstehende Abstimmung, die in keinem einzigen Punkt die Bürger darüber entscheiden lässt, worüber diese eigentlich abstimmen wollten. Dennoch ist absolut klar: Wer am Sonntag nicht hingeht, wer ungültig wählt, leistet jenen, vor allem in der SPÖ, Vorschub, die gegen mehr direkte Demokratie sind. Man sollte ihnen keinesfalls das miese Argument ermöglichen, dass die Menschen ohnedies desinteressiert wären. Und die Sicherheit Österreichs geht alle etwas an.

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Wir brauchen mehr Hirschbach! – Gedanken zur Volksbefragung

17. Januar 2013 12:29 | Autor: Karl G. Doutlik
Rubrik: Gastkommentar

Die Exponenten der seit vielen Jahren in diversen Bereichen höchst engagierten Waldviertel Akademie luden für den Tag neun vor der ersten österreichweiten Volksbefragung zu einer Podiumsdiskussion über das am 20. Jänner zur Abstimmung stehende Thema „Wehrpflicht oder Berufsheer“ nach Hirschbach ein. Hirschbach, wo genau ist das, fragte selbst ich Waldviertler mich?

Und dorthin kommen ein ehemaliger Verteidigungsminister, der amtierende Generaltruppeninspektor, der Caritas-Präsident (er ließ sich von seinem Generalsekretär vertreten), der Präsident des Roten Kreuzes in Niederösterreich und als Moderator ein renommierter Journalist? Also auf nach Hirschbach! Es liegt ziemlich in der Mitte des Waldviertels (circa 15 km östlich von Gmünd) und der Vereinssaal war mit geschätzten 250 Personen bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Thema ist also offensichtlich ein großes Anliegen für die Bevölkerung, auch wenn der geringe Anteil Jugendlicher nicht nur für den ebenfalls am Podium vertretenen Jugendvertreter ein Thema war.

„Unser“ Bundesheer und seine Zukunft, untrennbar mit unserem über die Neutralität definierten und entstanden Österreichbewusstsein verbunden, steht zur Debatte! Welches andere Thema würde es wert sein, Gegenstand der ersten österreichweiten Volksbefragung zu werden? Im Bemühen, Bürgerrechte und Elemente der direkten Demokratie zu stärken, wie es immer wieder hierzulande und auch auf EU-Ebene betont und gefordert wird, wäre diese Gelegenheit demnach höchst zeitgerecht und gelegen gekommen.

Applaus, Applaus, wenn nicht die Geschichte ganz anders begonnen hätte und die Art und Weise, wie gerade zu diesem Thema das Volk aufgefordert wurde, sich zu äußern, einem engagierten Bürger schlichtweg den Magen umdreht! Die Debatte wurde durch einen regionalen Wahlkampf vom Zaun gebrochen, ein beflissener Minister fühlte sich verpflichtet, strammstehend zu reagieren, der hohen Politik wurde das Thema schnell zu heiß und so reichte sie es dem Wählervolk zur Entscheidung weiter („was immer rauskommt, werden wir befolgen“). Konkrete und fundierte Information wird es auch bis zur Stunde null vor der Abstimmung nicht geben. Schlimmer konnte es der jungen Pflanze Bürgerbeteiligung und gerade diesem enorm bürgernahen Thema kaum ergehen!

Meine vielleicht naive Vorstellung von Bürgerbeteiligung – sicher  jedenfalls für diesen Fall – ist, dass die von uns für die Zukunftsgestaltung gewählten Politiker das Thema aufbereiten, klare Eckpunkte setzen, Rahmenbedingungen festlegen, Alternativen ausarbeiten, fundierte Zahlen und Fakten für diese auf den Tisch legen und auch verifizieren lassen (jeder Hersteller von Hautcreme muss heutzutage nachweisen, dass diese wirklich Falten beseitigt, wenn er sie als solche anpreist!), und die Bevölkerung dann erst um ihre Entscheidung oder Präferenzen fragen. All das ist in diesem Fall nicht geschehen!

Das Konzept einer neuen Sicherheitsstratgie liegt dem Vernehmen nach seit einiger Zeit in den Schubladen des österreichischen Parlaments. Es wäre doch wohl nicht unlogisch gewesen, dieses Papier vor einer Volksbefragung über die Zukunft des Bundesheeres ebendort ausführlich zu diskutieren? Weite Bereiche unserer Sozialdienste hängen unmittelbar vom derzeitigen System des Zivildienstes ab. Die Berechnungen, wie viel neue Lösungen kosten, gehen meilenweit und nicht nachvollziehbar auseinander. Wie soll auf dieser Nicht-Basis das Volk entscheiden?? Brauchen wir ein verpflichtendes „Österreichjahr“ (wie es eine Diskussionsteilnehmerin treffend nannte) für alle Jugendlichen – also auch die weiblichen – und dürfen wir das überhaupt (Menschenrechte)? Auch das und vieles andere wäre vor einer Abstimmung zu klären gewesen! Kein Wunder also, dass sich auch die Teilnehmer an dieser Veranstaltung, wie die Diskussionsbeiträge zeigten, weitgehend rat- und orientierungslos vor der Abstimmung alleingelassen fühlen.

Ein randvoller Vereinssaal in einem kleinen Ort im Waldviertel zeigt sehr deutlich, dass es engagierte Institutionen der Zivilgesellschaft gibt, die sich der wichtigen Themen annehmen, dass es hochkarätige Podiumsteilnehmer gibt, die bereit sind sogar in so entlegene Gegenden zu kommen und eine Bevölkerung, die interessiert und willig ist, zu hochpolitischen Fragen Stellung zu beziehen. Diesem Engagement haben die Akteure der repräsentativen Demokratie durch das mutwillige Ansetzen einer Volksbefragung ohne entsprechende Vorarbeit und Information zu diesem wichtigen Thema einen riesigen Bärendienst erwiesen, sich ihrer Verantwortung in unverzeihlicher Weise entzogen und für die Zukunft einen unermesslichen Schaden angerichtet.

Das Volk ist reif für Instrumente der direkten Demokratie, unsere Politiker offensichtlich noch nicht!

DI Karl G. Doutlik, geb 1945, zuletzt tätig in der Europäischen Kommission u.a. als Leiter der Vertretung in Österreich.

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Blick in die Kristallkugel: Volksbefragung in Österreich

17. Januar 2013 01:41 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Adolf („Adi“) Pinter, einst ein recht erfolgreicher Fußballtrainer, verdanken wir den wenig schmeichelhaften Befund, wonach es „zwei Prozent Genies und 98 Prozent Naturdeppen“ gibt. Ob er damit die Menschheit im Allgemeinen oder nur die in Kakanien beheimateten Stämme gemeint hatte, ist unbekannt. Es scheint, dass die These zumindest für Österreich stimmt, sofern die inhaltliche Qualität der hierzulande geführten politischen Auseinandersetzungen zur deren Beurteilung herangezogen wird.

Die Debatte im Vorfeld der am kommenden Sonntag anstehenden Abstimmung zur Frage Wehrpflicht oder Berufsheer?, führt deutlich vor Augen, wie die politische Klasse des Landes die Wähler einschätzt: Offensichtlich als Naturdeppen. So nimmt man in den beiden staatstragenden Parteien, SPÖ und ÖVP (angesichts des gewaltigen Lochs, das diese beiden Organisationen dem Steuerzahler in die Brieftasche reißen, sollte eher von „vom Staat getragenen Parteien“ gesprochen werden!) etwa an, dass die Bürger bereits vergessen haben, wie sie ihre jeweils über Jahrzehnte gepflegten Standpunkte vertauscht und ihre Strategie um 180° gewendet haben.

Die Wehrpflicht, bis zur zurückliegenden Wiener Gemeinderatswahl für die Sozialisten „in Stein gemeißelt“ (34er-Jahr – ehschowissen!), ist nun – von einem Tag auf den anderen – „unzeitgemäß“. Der Zivildienst, von den Schwarzen stets als Vehikel zur Drückebergerei gebrandmarkt, dient nun mit einem Male als eines der Hauptargumente gegen die Einführung einer Berufsarmee. Derartiges ist im Grunde nur den „Kevins und Jessicas“ in einer Prolokratie (© Christian Ortner) zuzumuten…

Die Debatte zu dieser – zumindest außerhalb Österreichs, wo noch Einsicht in die Notwendigkeit zu einen gewissen Minimum an Wehrfähigkeit herrscht – keineswegs belanglosen Frage, stellt den absoluten Tiefpunkt der politischen Kultur der Zweiten Republik dar. Die Liste an im Zuge der „Diskussion“ aufgebotenen Unwahrheiten, unbeweisbaren Behauptungen, Kuriositäten und glatten Lügen, ließe sich seitenlang fortsetzen. So unsachlich, so blöd, so verlogen und so derart durch die Kampagne der Unterschichtmedien korrumpiert, war kein Wahlkampf zuvor – und das will etwas heißen!

Wer heute daran geht, das voraussichtliche Ergebnis der Abstimmung abzuschätzen, sollte sich weniger auf die (vermutlich ohnehin getürkten) Umfrageergebnisse, sondern eher auf seinen gesunden Hausverstand verlassen. Es sind schließlich nur wenige entscheidende Überlegungen, von denen der Ausgang der Wahl abhängt:

Fazit: Alles wird wohl so bleiben wie es ist. Ernsthafte Landesverteidigung wird´s weiterhin nicht spielen. Indessen werden junge Männer auch künftig damit leben müssen – anders als die holde Weiblichkeit, denn Frauen sind ja bekanntlich an allen möglichen Fronten so sagenhaft benachteiligt – ein paar Monate ihres Lebens dem „Gemeinwohl“ zu opfern gezwungen zu sein…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Das Bundesheer und seine Reform

16. Januar 2013 04:20 | Autor: Albert Pethö
Rubrik: Gastkommentar

Es gab in Österreich seit dem verdienstvollen Wiederaufbau des Bundesheeres nach 1945 eine einzige wirkliche Heeresreform; eine, die den Namen auch tatsächlich verdient hat. Jene des Generals Spannocchi, die ab den 1970er Jahren umgesetzt wurde (Emil Graf Spannocchi, 1916?-?1992). Sein Konzept der „Raumverteidigung“ war gescheit, für das klein gewordene Österreich maßgeschneidert und sowohl mit den finanziellen Möglichkeiten des Landes vereinbar, als auch den militärischen Erfordernissen entsprechend.

Ein System, das auf die Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht gestellt war, ausgestattet mit einem zentralen Kader aus Berufsoffizieren, mit Miliztruppen und mit einer dem Zivilstand entnehmbaren Truppenreserve mit Reserveoffizieren. Mehrere Monate Miliz-Grundwehrdienst wurden mit diversen Truppenübungen ergänzt, welche in die zwanzig Folgejahre der „Bereitschaft“ fielen. So wären im Fall einer Krise dann rund 240.000?Mann eingeübt, das heißt, theoretisch auch kampfbereit gewesen.

Nach Spannocchi wurde dann heruntergewirtschaftet, Schritt für Schritt – nicht in Verantwortung der Militärs gelegen, sondern in jener der immer weiter nach links driftenden politischen Kaste. Nach 1989 wurde das Heer auf einen Krisenstand von 150.000?Mann und nach 1998 auf 110.000?Mann vermindert. In der nach Kreisky übelsten Zeit republikanischer Destruktionspolitik fanden sich dann durch Kanzler Schüssels famose „Bundesheer-Reformkommission“ die ohnehin zunehmend verringerten Truppenübungen noch weiter reduziert.

Da ohne Übungen eigentlich auch keine „Bereitschaft“ mehr besteht, also die praktikable Einsatzmöglichkeit einer Reserve dahinschwindet, ist das Heer nunmehr auf eine potentielle Größe von 55.000?Mann abgebaut (was sich aus 13.000 Berufssoldaten, 3500 für eine bestimmte Zeit verpflichteten Soldaten, 11.000 jeweils frischen Rekruten und den noch einberufbaren Abgerüsteten ergibt). Schon unter Schüssel also, dem nachgesagt wird, sehr den Wünschen der USA zugewandt gewesen zu sein, wurde die Richtung auf ein minimiertes „Berufsheer“ (=Söldnertruppe) eingeschlagen. Seither wird auch umfassend de facto unersetzliches militärisches Gerät verramscht und werden die entsprechenden Liegenschaften verkauft. So hat man bereits rund 750?Panzer abgestoßen beziehungsweise verschrottet; darunter, besonders erwähnenswert, 60?Leopard-Kampfpanzer, zentrale Ressource einer effizienten Landesverteidigung. Vom neuen Kampfflugzeug „Eurofighter“ haben wir jetzt – Konsequenz früherer und derzeitiger Trottelwirtschaft im Verteidigungsressort – nahezu um den gleichen Stückpreis 15 statt 18?Exemplare, dafür aber ohne Nachtsichtsystem.

Und als nächstes zum Verkauf ausgeschriebenes Kasernengelände ist jenes in Wien-Breitensee vorgesehen, mit etlichen denkmalgeschützten Objekten darauf, die dann wahrscheinlich der inzwischen zum allgemeinen Polit-Standard gehörenden Grundstücksspekulation zum Opfer fallen werden. Die jetzige Heeres-Debatte ist Folgeprodukt vorangegangener und andauernder Fehlentscheidungen; warum dramatisch falsch, militärisch schwachsinnig und den Interessen des Landes völlig zuwiderlaufend gehandelt wird, soll hier ausgeführt sein.

Zur Heeresdebatte…

Die Wehrpflicht abschaffen, den „Jungen“ die „Sinnlosigkeit“ eines „öden“ Militäralltags ersparen, ihnen nicht wertvolle Monate ihres Lebens „stehlen“, eine „Berufsarmee“ einführen – das ist zur Zeit die Argumentationslinie der Sozialisten. All dies ist im Grunde auch der alte Klassenkampf, in diversen Wahlkampfauftritten jüngster Zeit reaktiviert – die Abneigung der Linken allem Militärischen gegenüber, das nicht völlig von ihr kontrolliert wird. Natürlich entspräche ein bestausgerüstetes und bestfinanziertes Berufsheer höchster Qualität einer Stärkung der Landesverteidigung; in etwa so, wie der Umzug vom Gemeindebau ins Palais Schwarzenberg eine Verbesserung der Wohnqualität bedeuten würde. Allerdings ist es eine Frage des Geldes.

Das Heeresbudget wird ständig gekürzt. Der momentane Verteidigungsminister (Sozialist und Zivildiener) vertritt die Idee das Heer, mir nichts dir nichts, in eine reine Berufsarmee von etwa 15.000?Mann umzuwandeln. Dieses Projekt kann mit den Begriffen zu wenig (in Bezug auf die Sicherheitsbedürfnisse des Landes) und zu teuer (in Bezug auf das zur Verfügung stehende Geld) charakterisiert werden. Bis jetzt rekrutiert sich das Heer kostengünstig aus den wehrpflichtigen Bürgern aller Schichten Österreichs; die Wehrpflicht spart Geld und ermöglicht dennoch eine partiell hinreichende militärische Ausbildung der Einberufenen. Die Qualität der militärischen Ausbildung, zumindest, was den Offizier anbelangt, ist in Österreich übrigens immer noch exquisit und hält jedem internationalen Vergleich stand.

Das projektierte „Berufsheer“ aber würde sich bei Wegfall der Wehrpflicht in Anbetracht des zu erwartenden Soldes (1200,-?€ pro Soldat und Monat, wenn es hoch kommt) wohl nahezu ausschließlich aus sozial Deklassierten rekrutieren; wenn man überhaupt die Leute dafür zusammenbekäme. Da stellt sich dann tatsächlich die Frage nach der Qualität. Und für diese gibt es anscheinend schon europäische Vorgaben – die Engländer sollen mittlerweile zahlreiche Rekruten für ihr Berufsheer aus den Gefängnissen holen; die Belgier haben einen Veteranenverein mit arbeitslosen Frühpensionisten kreiert; und die Spanier werben Analphabeten aus Lateinamerika.

Überdies käme bei uns dazu, dass der zum Heeresdienst als Alternative bestehende und mittlerweile bei Rettung und Pflege auch bewährte Zivildienst mit diesem Modell liquidiert würde. Dass ein „freiwilliger bezahlter Sozialdienst“, den sich einige unbedarfte Linke vorstellen, ebenso wenig funktionieren würde, wie ihr Bundesheer „light“, ist völlig absehbar; auch hier wären zur Einrichtung eines zum jetzigen auch nur vergleichbar effizienten Dienstes auf Angestelltenbasis enorme Gelder notwendig, die man kaum auftreiben wird können.

Warum brauchen wir das Bundesheer überhaupt? Selbst wenn wir davon ausgehen, dass klassische Bedrohungen von außen, wie sie in Zeiten der Existenz der kommunistischen Hegemonie über das östliche Mitteleuropa noch gegeben waren, auf längere Sicht nicht zu erwarten sind, so bleiben zentrale Sicherungsaufgaben des Staates bestehen, für die im Notstandsfall das Heer einzusetzen ist. Wie etwa: Der Schutz der Energieinfrastruktur, also Leitungen, Umspannwerke, Pipelines; der Schutz des Trinkwassersystems; der Schutz der Verkehrseinrichtungen, also Flughäfen, Bahnhöfe, Schienen, Straßen, Brücken; der Schutz der Behörden; der Schutz der Kulturgüter; der Katastropheneinsatz; ein allfälliger Grenzschutz.

Dass die verfügbaren Polizei- und Feuerwehreinheiten zahlenmäßig dafür nicht ausreichen, wird deutlich, wenn man pro Bundesland rund tausend Objekte als solcherart schützenswert annimmt, was wahrscheinlich recht gering veranschlagt ist. Eine in der Schweiz durchgeführte Sicherungsübung, den Flughafen von Zürich-Kloten betreffend, benötigte alleine schon 7000 Mann. Wie sehr solche Sicherungsaufgaben aktuell bleiben, belegen etwa die häufiger werdenden und kaum behinderten Buntmetalldiebstähle am heimischen Bahnnetz. Und nachdenklich stimmen sollte es, wenn man liest, dass die auf ihre Landesverteidigung hohen Wert legende Schweiz unlängst Manöverannahmen mit dem Titel „Instabiles Europa“ wählte.

Dass die von den Vertretern des „Fortschritts“ nun angestrebte miniaturisierte „Berufsarmee“ wesentlichen Aspekten einer Landesverteidigung kaum gerecht werden könnte, ist völlig offenkundig. Es geht also bei der Reduzierung des Heeres auf eine reine Berufsarmee ganz gewiss nicht um Interessen des Landes. Beim näheren Hinsehen ergeben sich aber andere Interessensgefüge.

… und ihren Hintergründen

Was mag der Sinn solch einer neu eingeführten Berufsarmee sein? Für die Wahrnehmung jener Aufgaben, für welche an sich das Bundesheer zuständig wäre, wird sie zu klein sein. Wofür sie völlig ausreichen würde, wäre aber der Einsatz „Out of area“, der „Auslandseinsatz“ also. Es sind derzeit die USA, die bei ihren zahlreichen militärischen „Sicherungsoperationen“ zur „Verteidigung von Frieden und Demokratie“ in allen Erdteilen eine gesteigerte personale und budgetäre Entlastung durch die „Partnerstaaten“ erheischen. Dieser in Washington vertretene Ansatz wird uns solcherart kommuniziert, dass „Sicherheit im Verbund mit anderen“ anzustreben sei.

In dieses politische Wollen ist etwa die „NATO-Partnerschaft für den Frieden“ einzuordnen, oder auch die „breite Beteiligung“ von rund 50?Staaten, darunter Österreich, an der Besetzung Afghanistans. Man könnte die Sachlage auch undiplomatischer formulieren und zur Auffassung gelangen, dass die USA – beziehungsweise die sie eigentlich beherrschenden Oligarchen – zur Führung ihrer diversen Rohstoffkriege vermehrt auf die Mittel ihrer Vasallenstaaten in Europa zurückzugreifen wünschen. Zum Beispiel auf leicht einsetzbare Kontingente für ausgelagerte unangenehme Besatzungsaufgaben.

In dieses Bild passt auch der Besuch des sozialistischen Verteidigungsministers im Oktober 2012 im Pentagon. Antreten zur Befehlsausgabe? Die hierzulande gepflogene Außenpolitik ist lange schon von den Höhen zur Zeit Figls und Raabs in morastige Abgründe geraten. Unter Kreisky war sie so sowjetorientiert, dass Österreich auf den strategischen Karten des schon erwähnten Pentagons angeblich dem Ostblock zugerechnet wurde. Damals hätte man den völlig legitimen Kampf Amerikas gegen die weltweite kommunistische Expansion unterstützen müssen. Heutzutage sind es die USA, die weit über die ihnen zustehende Sphäre hinaus eine globale Bevormundungs- und Ausbeutungswirtschaft betreiben. Heute wäre gegen diese Politik zu optieren, statt, wie es in unserer Republik der Fall ist, sich bedingungslos den Zumutungen aus Washington zu fügen.

Zur Wehrpflicht

Wehrpflicht gab es bis zur Heeresreform des Marius schon im alten Rom; auch bei den Germanen galt eine Gefolgschaftsverpflichtung der Freien. Im Mittelalter setzte sich dies in gewisser Weise in wehrpflichtartigen Diensten des Bauern gegenüber dem Grundherrn fort und der feudale Lehensmann hatte dem Lehensherrn ohnehin Heerfolge zu leisten. Erst das späte Mittelalter im Übergang zur Neuzeit brachte die allmähliche Ablösung solcher Wehrdienste durch die vermehrte Anwerbung von Söldnern, die (wie bei den Legionen des antiken Imperiums) als gut geübte Kriegshandwerker gegen Bezahlung eingesetzt wurden.

Wallenstein schuf auf dieser Basis das stehende Kaiserliche Heer, welches das bestausgerüstete und disziplinierteste seiner Zeit war, dessen enorme Kosten allerdings von ihm vorgestreckt und dann vom geschlagenen Gegner bezahlt wurden. Ausnahmen in dieser Entwicklung bestanden auch – so etwa in der Schweiz und in Tirol, wo ein Großteil der Bevölkerung den Brauch, Waffen zu führen, beibehielt. Söldnerheere erleichtern den Krieg, wenn man ihre Bezahlung durch andere erzwingen kann. Sie erschweren (zumal teuer, wenn gut) den Krieg, wenn man selbst für die Kosten aufkommen muss.

Die „allgemeine Wehrpflicht“ kam dann mit den Terror- und Expansionskriegen, welche die französische Revolution über Europa brachte; die „Levée en masse“, die jeden Franzosen und jede Französin auf den Kampf für die revolutionäre Republik dienstverpflichtete, entsprach dem totalitären Ungeist der Ideologie der „Aufklärung“. Im völlig gerechtfertigten Widerstand gegen die Revolution griff dann – das Scharnhorst-Konzept – auch Preußen nach seiner verheerenden Niederlage auf die Wehrpflicht der Männer aller Stände zwischen 20 und 40?Jahren zurück, was ihm schließlich die siegreiche Führung des Freiheitskampfes von 1813-1814 ermöglichte. Auch Spanien und Tirol erwiesen während der französischen Unterdrückung in der Revolutionszeit die hohe Wirksamkeit des Widerstandes einer Bevölkerung unter Waffen.

Nach den Kriegen zu Anfang der zweiten Hälfte des 19.?Jahrhunderts wurde die Wehrverpflichtung (für den Mann und in gewissen Altersgrenzen) in den meisten Staaten Europas etabliert, was auch eine erhebliche Steigerung des Ansehens des Soldatenstandes mit sich brachte. Das Abnehmen dieses Ansehens im heutigen Europa zeigt sich etwa in den weitgehend unbestraften niederträchtigen Äußerungen und Maßnahmen von politischen Funktionären gegen militärische Tradition und das zugehörige Totengedenken. Und dies korrespondiert selbstverständlich mit den gegenwärtigen Tendenzen diverser Regierungen, sich der Wehrpflicht möglichst zu entledigen.

Und dies hat auch mit den öffentlich nicht ausgesprochenen, aber klar erkennbaren Absichten des etablierten Systems zu tun, die Bevölkerungen weitgehend zu entwaffnen und vom Militärischen fernzuhalten. Angesichts der mittels „Finanzkrise“ vorgenommenen Ausplünderung eben dieser Bevölkerungen und dem drohenden Herannahen europaweiter Unruhen, werden zusätzlich zu den von „außen“ einwirkenden politischen Vorgaben so auch die mit diesen zusammenklingenden „innenpolitischen“ Aspekte deutlich. Statt allgemein rekrutierter Milizarmeen soll also die jederzeit auch im „Inneren“ einsetzbare Soldtruppe aufgestellt werden.

Es wird der „plötzliche“ dringliche Wunsch gewisser (und gewiss nicht dem allgemeinen Wohl verpflichteter) Kreise nach Abschaffung der Wehrpflicht nur zu verständlich. Und neben den zahlreichen anderen guten Gründen empfehlen wir gerade auch deshalb und in Zeiten wie diesen ein „Ja“ zur Beibehaltung der Wehrpflicht und des Zivildienstes bei der „Volksbefragung“ am 20.?Jänner?2013. Das Tirol von 1809 soll uns hier ein ermutigendes Beispiel sein.

Nur ein wehrhaftes Volk vermag, dem Unrecht mit Widerstand  entgegenzutreten.

Albert Pethö

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In begründeter Sorge: Aufruf zur Volksbefragung

15. Januar 2013 13:29 | Autor: Zwanzig Generalsoffiziere & Verantwortungsträger
Rubrik: Gastkommentar

Wir, die Unterzeichneten, fühlen uns verpflichtet und herausgefordert, vor der Volksbefragung unsere Stimme zu erheben. Wir wissen, dass unsere Ansicht auch von der überwiegenden Mehrheit der Offiziere und Unteroffiziere getragen wird.

Wir haben in den letzten Jahrzehnten in den verschiedenen Führungsebenen des Bundesheeres Verantwortung getragen und entsprechend dem Primat der Politik für die Einsatzbereitschaft der Armee oft unter schwierigsten Bedingungen gesorgt. Und dieses Bundesheer hat sich bei allen Einsätzen im In- und im Ausland mit viel Wertschätzung und Lob bewährt.

Wir kennen durch unsere Tätigkeiten die komplexen Verhältnisse im Bundesheer im Rahmen der staatlichen Verwaltung genau, wissen von den Bedingungen anderer Armeen in Europa und bewerten unser auf Österreich zugeschnittenes Wehrsystem der allgemeinen Wehrpflicht als das geeignetste für unser Land. Nach Auswertung mehrerer seiner Aussagen gehen wir davon aus, dass auch der Herr Bundespräsident als Oberbefehlshaber diese Ansicht teilt.

Gleichgültig wie man dazu steht, die Volksbefragung ist nun beschlossen und wir rufen daher zur Stimmabgabe auf, damit nicht eine Minderheit über eine wesentliche Frage unserer Sicherheit entscheidet.

Unser Mahnruf ist kein Votum für eine Partei! Wir fühlen uns nach wie vor an unser Gelöbnis gebunden, der Sicherheit und dem Schutz unserer Bürger zu dienen.

Wir stellen dazu nachdrücklich fest, dass die bisherigen Leistungen unserer wehrpflichtigen, einsatzfreudig ihre Aufgaben erfüllenden Soldaten, volle Anerkennung erfahren haben und jegliche herabsetzende Feststellung als ungerechtfertigt und entwürdigend zurückzuweisen ist.

Wir sind der Überzeugung, dass die in Zukunft erforderlichen Leistungen z.B. zum Schutz der kritischen Infrastruktur oder zur Hilfe bei Katastrophen größeren Umfanges (wie etwa bei einem längeren „Blackout“) nur im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht erbracht werden können und nur so zu einem effizienten Instrument der staatlichen Sicherheit führen. Dabei ist eine Reform und bessere Sinngebung des Wehrdienstes unerlässlich. Ähnlich handelt auch die Mehrheit der acht vergleichbaren Länder in Europa.

Wir sind in Sorge, dass durch einen Übergang zu einem Berufsheer eine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung des Bundesheeres herbeigeführt würde. Die Erfahrungen aus der Geschichte seit den Anfängen der Republik Österreich und die Erkenntnisse über die Entwicklungen von Berufsarmeen in Europa weisen darauf hin, dass diese Art eines Wehrsystems nicht für jedes Land nachahmenswert ist und unter normalen Umständen kaum – und dann oft nur zu spät – rückgängig gemacht werden kann.

Wir rufen daher unsere Bürgerinnen und Bürger auf, die Volksbefragung als Grundsatzentscheidung für das Wohl unseres Landes zu sehen, daran teilzunehmen und für die Beibehaltung der Wehrpflicht zu stimmen.

Folgende Generalsoffiziere iR sind die Unterzeichner dieses Aufrufs. (In Klammer die letzte Verwendung und Tätigkeit):

Richard BONDI (Leiter der österreichischen Militärmission Brüssel)
Mag. Dr. Peter CORRIERI (Leiter Sektion IV / Verteidigungsministerium)
Prof. Mag. Johann CULIK (Militärkommandant Niederösterreich)
Dipl. Ing. Mag. Günther GREINDL (Leiter der Militärvertretung und erster österreichischer Militärrepräsentant in der EU.)
Mag. Dr. Friedrich HÖTZL (Leiter der Sektion I / Verteidigungsministerium)
Mag. Günter HOCHAUER (Leiter der Generalstabsgruppe B / Verteidigungsministerium)
Prof. Mag. Ernest KÖNIG (Kommandant der Landesverteidigungsakademie, Militärpublizist)
Mag. Engelbert LAGLER (Kommandant des Korps II)
Karl MAJCEN (Generaltruppeninspektor)
Prof. Mag. Dr. Horst MÄDER (Leiter der Abteilung Truppendienst / Verteidigungsministerium, Militärpublizist)
Johann MITTENDORFER (Kommandant des Korps II)
Othmar PABISCH (Kommandant der Fliegerdivision)
Prof. Mag. Horst PLEINER (Generaltruppeninspektor, Militärpublizist)
Johann PHILIPP (Armeekommandant und Leiter der Sektion III / Verteidigungsministerium)
Mag. Alfred PLIENEGGER (Kommandant des Korps I)
Gerald PROPST (Leiter der Sektion III / Verteidigungsministerium)
Mag. Adolf RADAUER (Adjutant des Bundespräsidenten)
Mag. Karl REDL (Militärkommandant Vorarlberg)
Mag. Raimund SCHITTENHELM (Kommandant der Landesverteidigungsakademie)
Prof. Mag. Rolf URRISK-OBERTYNSKI (Leiter der Ausbildungsabteilung B / Verteidigungsministerium, Militärpublizist) 

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Was geht uns Afrika an?

14. Januar 2013 08:44 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Noch vor kurzem hat die sozialistische Regierung Frankreichs beteuert, sich nicht mehr in afrikanische Kriege einmischen zu wollen. Jetzt steckt sie in Mali voll in einem solchen Konflikt. Zu Land und in der Luft.

Gut oder schlecht? Nun, es ist jedenfalls unakzeptabel, wenn die Halbwertszeit eines Politikerwortes und seiner Glaubwürdigkeit immer kürzer wird. Es ist aber auch nicht einzusehen, warum man verkommene und korrupte afrikanische Diktatoren vor dem Sturz retten soll.

Dennoch muss man inständig hoffen, dass den Franzosen die Intervention gelingt. Denn in Wahrheit geht es nicht um irgendwelche unsympathische Potentaten, sondern um die Eindämmung des Vorstoßes des radikalen Islamismus quer über den ganzen Kontinent. Nicht weniger als vier Staaten – Sudan, Somalia, Tschad und Nigeria – sind in der einen oder anderen Form in jüngster Zeit schon zu blutigen Fronten dieses Krieges geworden.

Nur naive Europäer können glauben, dass sie das alles nicht angeht. Das scheint man nun in Frankreich trotz einer ja immer zu Wunschdenken neigenden sozialistischen Regierung erkannt zu haben. Großflächige Piraterie wie vor Somalia, unzählige Entführungen westlicher Reisender sowie die Verwandlung bisher unbedeutender Wüstenstaaten in sichere Rückzugsgebiete für Terroristen, die überall in der Welt zuschlagen können: Das sind die größten der Gefahren durch diesen panafrikanischen Krieg, die jedenfalls auch Europa ernst nehmen sollte. Diese Auseinandersetzung ist zweifellos der längst entbrannte Krieg der Kulturen, den „progressive“ Geister nie wahrhaben wollten. Der aber offenbar immer heftiger wird.

Was dabei freilich verdrängt wird: Die Unterstützung des Westens für die Revolutionen von Ägypten bis Tunesien war zweifellos eine starke Ermutigung für die Fanatiker, denen dadurch etwa in Kairo nun die Macht in den Schoß gefallen ist. Überdies sind die Hinweise stark, dass die Islamisten erst durch die vielen Waffen aus Libyen erfolgreich kämpfen können.

Dennoch bleibt die große Frage: Ist der Westen überhaupt noch imstande und ernsthaft willens, an so vielen Fronten Krieg zu führen, seine eigene Sicherheit zu gewährleisten? Mit Luftangriffen alleine ohne ausreichende Bodentruppen gewinnt man jedenfalls keinen Krieg (was langsam ja auch Syriens Assad lernen muss).

 

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SN-Kontroverse: Wehrpflicht

11. Januar 2013 00:10 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten gibt es eine Doppelkolumne mit dem Titel „Kontroverse“, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist die Wehrpflicht noch sinnvoll?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Profis statt Zwang

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Die Zwangsverpflichtung junger Männer zum Bundesheer ist sinnlos und eine Verschwendung von Ressourcen. Sie entspricht nicht mehr den Anforderungen an eine moderne Landesverteidigung. Das derzeitige System ist sehr teuer. Laut einer Studie der Wirtschaftswissenschafterin Gudrun Biffl kostet die Wehrpflicht jeden Grundwehrdiener rund 77.500 Euro durch den Verlust an Lebenseinkommen und beruflicher Perspektiven.

Bereits 21 von 27 EU-Länder haben eine Berufsarmee. Eine konventionelle militärische Bedrohung durch Panzer gibt es nicht mehr. Die Bedrohungen sind komplexer geworden, sie treten kurzfristig ein. Terrorismus, das Scheitern von Staaten, Angriffe auf IT-Systeme, die Bedrohung strategischer Infrastruktur oder der Klimawandel, das sind die modernen Gefahren.

Im Kampf dagegen sind gut ausgebildete Soldaten nötig. Das derzeitige System ist veraltet. Es ist auf die nicht mehr existente Bedrohung des Kalten Krieges aufgerichtet mit einem Massenheer, in dem 60 Prozent der etwa 24.000 Grundwehrdiener als Systemerhalter und somit als Fahrer, Köche, Kellner oder Schreiber eingesetzt werden. Ein gewaltiger Apparat ist damit beschäftigt, die restlichen 40 Prozent der Rekruten in kürzester Zeit zur Abwehr eines Feindes auszubilden, den es in dieser Form nicht mehr gibt. Das ist absurd!

Durch ein Berufsheer ist der Katastrophenschutz besser gewährleistet. Bei den Pionierbataillonen, den Spezialisten im Katastrophenfall, werden im Profiheer die Grundwehrdiener eins zu eins durch Berufssoldaten ersetzt. Das heißt gleiche Mannstärke bei besserer Ausbildung.

Ein Berufsheer bedeutet keineswegs Abschaffung der Neutralität. Einen Zusammenhang zwischen Profiheeren und NATO-Mitgliedschaften gibt es nicht. Neutrale und allianzfreie Staaten wie Irland und Schweden haben ein Profiheer. Es ist hoch an der Zeit, den Zwang zum Heer abzuschaffen und auf Profis zu setzten.
 

Wenn uns Österreich noch etwas bedeutet

Andreas Unterberger

Am Bundesheer ist vieles dringend zu verbessern: Von der oft lustlosen Ausbildung über die (laut linken Politikern) Asylanten nicht zumutbaren Kasernen, die veraltete Ausrüstung, den Überhang an Schreibtischbeamten, die Abschaffung der Miliz bis zum Missbrauch von Wehrpflichtigen als Gratis-Kellner für Offiziere & Co (die es ja für Staatsbeamte sonst auch nicht gibt). Die Abschaffung der Wehrpflicht wäre aber die völlig falsche Antwort.

Sie würde das Heer nicht verbessern, sondern überdies in eine gefährliche Ansammlung aus arbeitslosen Unterschicht-Angehörigen und Zuwanderern verwandeln. Sie würde in Zeiten sinkender Geburtenraten große Lücken bei Aufgaben wie Katastrophenhilfe oder Zivildienst reißen. Sie würde noch dazu mit Sicherheit mehr kosten - die Versuche von Herr Darabos, seine Ideen mit ständig neuen Zahlen schönzurechnen, sind nur noch grotesk.

Eine Wehrpflicht - und Dienstpflicht für echte(!) soziale Aufgaben - bedeutet ein zentrales Zeichen, dass Staatsbürgerschaft, dass Gemeinschaft nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten heißt (übrigens auch für Frauen). Zumindest solange uns diese Republik noch irgend etwas bedeutet.

Wehrpflicht ist pädagogisch für viele junge Menschen in einer schwierigen Orientierungsphase sinnvoll. Sie geht auch von der historischen Erfahrung aus, dass sich die - derzeit gute - Sicherheitslage viel rascher ändern kann, als ein Heer wieder aufgebaut wäre. Nur bei einer Wehrpflicht gibt es ausreichend Bewaffnete, welche die sensible Infrastruktur (Wasserleitungen, Kraftwerke . . .) gegen terroristische Bedrohungen sichern können.

Über ihr Ende nachzudenken, wäre höchstens dann sinnvoll, wenn Österreich in ein Bündnis mit Arbeitsteilung einträte, in dem die einen die Luftraumsicherung besorgen, die anderen etwa friedensschaffende Polizeieinsätze. Aber darüber will ja heute niemand auch nur diskutieren.

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Landesverteidigung im EU-Vergleich

10. Januar 2013 19:53 | Autor: Andreas Unterberger

NATO-Mitgliedschaft, Wehrpflicht, Zahl der Soldaten & Verteidigungsausgaben in Prozent des BIP EU-weit

 

Staat NATO Wehrpflicht Soldaten Ausgaben
Deutschland

+

240.000*

1,3

Frankreich

+

233.600

2,0

Ver. Königreich

+

192.300

2,6

Italien

+

191.200

1,4

Spanien

+

130.000

1,0

Griechenland

+

+

124.300

2,1

Polen

+

97.200

1,8

Rumänien

+

68.300

1,3

Niederlande

+

47.700

1,4

Portugal

+

38.900

1,6

Finnland

+

36.500

1,5

Belgien

+

34.200

1,1

Österreich

+

30.000

0,6

Bulgarien

+

29.800

1,7

Tschechien

+

23.200

1,4

Dänemark

+

+

21.600

k.A.

Ungarn

+

21.200

1,0

Schweden

14.400

1,2

Slowakei

+

14.200

1,3

Zypern

+

12.200

2,1

Irland

9.500

0,6

Litauen

+

7.900

0,9

Slowenien

+

7.000

1,6

Lettland

+

4.800

1,1

Estland

+

+

3.200

1,7

Malta

2.200

0,7

Luxemburg

+

900

0,5

* In Deutschland ist nach Abschaffung der Wehrpflicht eine Reduktion auf 180.000 Mann geplant.

Quelle: European Defence Agency

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Bundesheer in Zahlen

10. Januar 2013 19:13 | Autor: Andreas Unterberger

Anzahl der Männer bzw. Geräte des Bundesheeres in ausgewählten Kategorien

 

Kategorie Anzahl
Mobilmachungsstärke

55.000

Offiziere

3.000

Unteroffiziere

9.800

Chargen

3.000

Grundwehrdiener

ca. 12.000

Milizsoldaten

26.000

Zivlbedienstete

8.600

Panzer

400

Eurofighter

15

Saab 105

28

Helikopter

67

Quelle: Verteidigungsministerium

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Streitkräftevergleich Österreich-Schweiz-Schweden

10. Januar 2013 13:01 | Autor: Andreas Unterberger

Militärische Kennwerte von Schweden, der Schweiz & Österreich im Vergleich

 

  Schweden Österreich Schweiz
Fläche

449.964 km2

83.879 km2

41.285 km2

Einwohner

9,2 Mio

8,3 Mio

7,8 Mio

Militärbudget      
% des BIP

1,3

0,6

0,7

Mrd. Euro

5,0

2,0

3,6

Truppenstärke      
Berufssoldaten

16.000

16.000

2.100

Grundwehrdiener  

25.000

20.000

Miliz

12.000

26.000

118.500

Zivilbedienstete

5.700

8.600

7.050

Heimwehr*/Zivildienst

22.000

11.000

7.400

Kampfjets

100
Saab Gripen

15
Eurofighter

33
Hornet

*Heimwehr: Mischform aus Militär- und Sozialdienst

Quelle: Verteidigungsministerien Österreich, Schweden & Schweiz

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Wehrpflichtdebatte: Generalstabchef Entacher im Club Unabhängiger Liberaler

10. Januar 2013 03:39 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Das Datum der Volksbefragung zur Frage „Beibehaltung der Wehrpflicht oder Umstieg auf ein Berufsheer?“ rückt näher. Die Sozialisten haben es geschafft, eine beispiellose Medienkampagne pro Berufsheer zu initiieren. Im staatlichen Rotfunk und auf dem Boulevard ist es so gut wie unmöglich, einen objektiven Beitrag zum Thema zu finden, der beide Positionen würdigt. Befürworter der (bis vor ganz kurzer Zeit auch von den Genossen noch als „in Stein gemeißelt“ bezeichneten) Wehrpflicht, werden entweder dämonisiert, niedergemacht oder, wie man es im Land der Hämmer auszudrücken pflegt, „nicht einmal ignoriert“.

Umso erfreulicher, dass sich der höchstrangige Offizier des Bundesheeres, General Edmund Entacher – ein erklärter Befürworter der Beibehaltung der Wehrpflicht (der deshalb vom Verteidigungsminister, einem mit seiner Aufgabe sichtlich überforderten Wehrdienstverweigerer, zeitweise seines Amtes enthoben wurde) – kurz vor der Abstimmung zu dieser Frage einer Diskussion stellte.

Entacher bedauert, dass in der aktuellen Debatte kaum mit sachlichen Argumenten, sondern vielmehr mit oft aus völlig der Luft gegriffenen Behauptungen und Mutmaßungen operiert würde. So wies er u.a. darauf hin, dass vom ORF soeben ein „verpflichtender Wehrdienst für Frauen“ ins Spiel gebracht wurde – eine Idee, die zu keinem Zeitpunkt je zur Debatte stand – wohl um auch die Frauen möglichst vollzählig gegen die Wehrpflicht zu mobilisieren.

Nachdem der General die dem Bundesheer gestellten Hauptaufgaben erläutert hatte, kam er auf die Mannschaftsstärken zu sprechen. Derzeit seien rund 1.400 Mann zur Friedenssicherung im Auslandseinsatz. Dazu meinte er, dass das zwar „am Stammtisch vielfach nicht goutiert werde, Österreich international aber viel Reputation bringe“. 57 Prozent der dafür abgestellten Soldaten stammten aus den Reihen von Reserve und Miliz. Zur „Sicherung der kritischen Infrastruktur“ (Kraftwerke, Wasserversorgungseinrichtungen, etc.) bedürfe es 12.500 Mann, ebenso für Assistenzeinsätze im Katastrophenfall. All diese Aufgaben wären unter den Bedingungen einer Wehrpflichtigenarmee seit vielen Jahrzehnten problemlos erfüllt worden. Im Auslandseinsatz befindliche Soldaten des Bundesheeres erfreuten sich höchster internationaler Anerkennung. An der vom Minister im Zusammenhang mit der Umstellung auf ein Berufsheer immer wieder beschworenen „Professionalität“ herrsche also bereits derzeit kein Mangel.

Europaweit würden derzeit die Wehrkapazitäten massiv abgebaut, während überall sonst auf der Welt eine Aufrüstungswelle zu beobachten sei: In den USA, Brasilien, China, Indien, Pakistan und im Nahen Osten. Daraus würden langfristig Gefahren erwachsen, weil militärische Schwäche stets zunehmende Bedrohungen mit sich brächte – im Falle Europas aus dem Osten und dem Süden. Eine Beibehaltung der Wehrpflicht bedeute für Österreich daher die Erhaltung seiner Verteidigungskapazität.

Die „beachtliche Medienkampagne zugunsten des Berufsheeres“ würde letztlich im Dienst einer Leistungsverschlechterung stehen. Es sei schlicht unglaubwürdig zu behaupten, die dem Heer gestellten Aufgaben – bei gleichen Kosten und mit weniger Personal – lösen zu können. Der derzeitige Mannschaftsstand belaufe sich auf 14.000 Berufssoldaten und 11.000 Wehrpflichtige. Geplant seien (nach dem von den Sozialisten beworbenem Modell) 8.000 Berufssoldaten, 7.300 Zeitsoldaten sowie eine Reduktion der Zivilbediensteten um 3.000.

Damit wären gleich mehrere Probleme verbunden: der Abbau des damit entstehenden „Überstandes“ (es handelt sich schließlich um unkündbare Beamte) würde einen Zeitraum von 25 Jahren in Anspruch nehmen. Zeitgleich käme es zu einem Fehlbestand (an Zeitsoldaten), den aufzufüllen 10 bis 15 Jahre in Anspruch nehmen würde. Die Pionier- und die ABC-Abwehrkapazität werde im Augenblick der Umstellung auf ein Berufsheer um 2/3 abnehmen. Mit dem bisher möglichen Umfang von Assistenzeinsätzen im Katastrophenfall wäre es damit auf Jahre hinaus also vorbei.

Das Beispiel Schwedens, wo man sich vor einiger Zeit ebenfalls für ein Berufsheer entschieden hat, sei niederschmetternd. Dort kämpfe man gegen einen Fehlbestand von 37 Prozent der geplanten Mannschaftsstärke. Man dürfe nicht in den Fehler verfallen, bei Umfragen ermittelte Zahlen möglicher Interessenten mit tatsächlich rekrutierbarem Personal zu verwechseln. So wurden etwa mit einer großen, österreichweiten Werbekampagne 2.000 „Interessenten“ für die Tätigkeit in Pioniereinheiten gefunden. Von diesen blieben am Ende noch 180 übrig, die dem Anforderungsprofil entsprachen. Die Nonchalance, mit der die Apologeten eines Berufsheeres davon ausgehen, dass die Rekrutierung von Zeitsoldaten keinerlei Problem darstellen werde, sei durch die im In- und Ausland gemachten Erfahrungen jedenfalls nicht gerechtfertigt.

Am Ende seines Vortrags meinte Entacher zusammenfassend, dass sich das bestehende System, bei allem Verbesserungsbedarf, über Jahrzehnte bewährt habe. Mit dem geplanten Berufsheer dagegen betrete man nicht nur unsicheres Terrain, sondern könne sogar mit Sicherheit davon ausgehen, dass es der gestellten Aufgabe schlechter und nur zu letztlich höheren Kosten gerecht werden würde.

In der anschließenden Diskussion hatte Entacher Gelegenheit, einige seiner im Vortrag bereits gebrachten Argumente zu vertiefen, räumte allerdings verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten (Vermeidung von Stehzeiten, attraktivere Ausbildung, und allgemeine Effizienzsteigerung in den Abläufen) beim bestehenden Modell ein. Zugleich beklagte er die mit der Einführung einer Berufarmee einhergehende „Entsolidarisierung“ der Gesellschaft, was auch von einigen der Anwesenden bekräftigt wurde. Man solle das bewährte System nicht leichtfertig über Bord werfen, zumal es „realpolitisch keinen Weg zurück“ (zur Wehrpflicht) gäbe. Sollte sich die Entscheidung zur Umstellung als falsch erweisen, könne man diese kaum mehr rückgängig machen.

Einer der Debattenredner betonte, dass der Wehrpflicht ein „Wehrrecht“ gegenüberstehe. Ein anderer wunderte sich über die im Saale herrschende „Pro-Wehrpflicht-Stimmung“, die mit einem liberalen Weltbild schwer vereinbar sei. Der Staat habe nämlich nicht das Recht, mündige Staatsbürger – gegen deren Willen – in Uniformen zu stecken. Darauf erwiderte der General, dass er sich nicht nur zur Wehrpflicht, sondern auch zur Schulpflicht und zur Steuerpflicht bekenne. Er betrachte es als angemessen, wenn Menschen, die viel vom Staat bekommen, diesem auch etwas geben…

Fazit: Sollte die im Club Unabhängiger Liberaler eindeutig für eine Beibehaltung der Wehrpflicht vorherrschende Stimmung repräsentativ für die am 20. Jänner zur Abstimmung schreitenden Bürger sein, dann kann sich der rote Minister samt seiner Partei, dem ORF und der Kronenzeitung auf eine herbe Enttäuschung einstellen…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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Nach dem Massaker: Lügen, Illusionen und politisches Kleingeld

28. Dezember 2012 21:21 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Seit dem schrecklichen Verbrechen eines offenbar psychisch kranken Mannes, dem in der US-Kleinstadt Newtown siebenundzwanzig Menschen zum Opfer gefallen sind, sind einige Wochen vergangen. Damit sind die Chancen gestiegen, sich den tragischen Geschehnissen mit einem etwas klareren Blick zu nähern, als das unmittelbar nach dieser empörenden Untat der Fall war. Es gilt, auf spontane Aktionen zu verzichten, die, unter dem Eindruck von Wut und Trauer über das Geschehene gesetzt, eher schaden als nutzen.

Zuallererst ist eine Begriffsbestimmung angebracht: Das Verbrechen in Newtown war so wenig ein „Amoklauf“ wie die zuvor von den Medien ebenfalls zu solchen erklärten Bluttaten in Utoya, Winnenden oder Dunblane. Bei keinem dieser Ereignisse handelten die Täter in blinder, kopfloser Wut. Jede dieser oder vergleichbare andere Taten wurden vielmehr geplant durchgeführt. Gelegentlich trugen die Täter sogar schusssichere Westen. Der Täter in Newtown wählte seine Waffen sorgfältig aus und befüllte zahlreiche Magazine mit kühlem Kopf und ruhiger Hand.

Das macht die Tat keineswegs weniger schlimm, ist aber dennoch von großer Bedeutung. Als Begriffsbestimmung für diese schrecklichen Taten taugt die Bezeichnung „Amoklauf“ nämlich nicht. Es waren vielmehr Massenmorde – eiskalt geplant und ausgeführt. Das macht insofern einen Unterschied, als Amoktäter jene Mittel einsetzen, die ihnen gerade in Hand fallen – Äxte, Messer oder Fahrzeuge, nur selten aber Schusswaffen. Kühl kalkulierende Täter dagegen legen Wert auf möglichst hohe Effizienz – und sie lassen sich beim Erwerb ihrer Tatmittel von administrativen Hürden kaum abschrecken. Dieser Punkt ist bei der Diskussion um eine wirksame Tatprävention keinesfalls zu vernachlässigen! Es sei daran erinnert, dass ein Verbrecher namens Timothy McVeigh im Jahre 1995 in Oklahoma City 168 Menschen umbrachte, ohne einen einzigen Schuss abzugeben. Er bediente sich einer Bombe. Auch bei vergleichsweise geringen Hürden beim Erwerb von Feuerwaffen gibt es offensichtlich Täter, die sich für andere Tatmittel entscheiden.

Die nun, wie immer unter dem Eindruck eines derartigen Verbrechens, versuchte Massensuggestion „verbietet den Waffenbesitz und es gibt keine Bluttaten mehr – und wer dagegen ist, ist ein Mordkomplize“, lässt derlei Überlegungen außer Acht. Außerdem werden Äpfel mit Birnen verglichen und die Fakten schamlos verbogen.

Wer eine seriöse Debatte zum Thema führen will, sollte sich etwa der Frage zuwenden, weshalb es in Ländern mit liberalem Waffenrecht und hoher Privatwaffendichte, wie Israel und der Schweiz, niemals „Amokläufe“ wie jenen in Newtown gibt. Es wäre auch interessant, von denen, die jetzt, wie einige „liberale“ US-Senatoren, „halbautomatische Gewehre“ verbieten wollen, zu erfahren, weshalb es in der Schweiz, wo bekanntlich Zehntausende vollautomatische Sturmgewehre als Bereitschaftswaffen militärischer Reservisten in privaten Schränken stehen, niemals zu Massakern kommt. Außerdem wäre zu klären, weshalb in Großbritannien die Schusswaffenkriminalität seit dem Totalwaffenverbot, das nach dem Massaker in Dunblane vom Blair-Regime verhängt wurde, nicht ab- sondern zugenommen hat.

Offensichtlich korreliert die legale Verfügbarkeit von Schusswaffen eben nicht positiv mit der Gewaltkriminalität. Hürden zu errichten, um den legalen Zugang zu einem von vielen möglichen Tatmitteln zu erschweren oder völlig zu unterbinden, führt augenscheinlich nicht zum versprochenen Erfolg. Auch ist darüber nachzudenken, weshalb derlei Untaten so gut wie immer in „waffenfreien Zonen“ passieren, die ja angeblich mehr Sicherheit bringen sollen, aber niemals auf Schießständen, wo jeder bewaffnet ist…

Es sei darauf hingewiesen, dass es vor 100 Jahren in Deutschland und Österreich weder restriktive Waffen- noch Drogengesetze gab. Und damals gab es – was nach Ansicht der alles-verbieten-Fraktion völlig unmöglich sein sollte – weder Schulmassaker noch Drogenexzesse. Was also wurde durch zunehmend verschärfte Waffen- und Drogengesetze an Positivem bewirkt? Weniger als nichts!

Ist Waffenbesitz verboten, haben nur Kriminelle Waffen

Vielmehr ist es so, dass gesetzliche Regeln, die von einem Großteil der Bürger und von sämtlichen davon direkt Betroffenen als überflüssig, ungerecht oder gar schädlich empfunden werden, zur langfristigen Erosion der Gesetzestreue und zum Zerfall einer Gesellschaft führen. Welche positive Wirkung sollen Gesetze entfalten, als deren Konsequenz gewaltbereite Verbrecher sich sicher sein können, auf keinerlei robuste Gegenwehr ihrer Opfer zu stoßen? Was ist vom US-Präsidenten zu halten, der – umgeben von Dutzendschaften zu seinem Schutz beorderter, schwer bewaffneter Büttel – die Entwaffnung normalsterblicher Bürger fordert, die für ihre eigene Sicherheit sorgen wollen?

Ein Blick auf die Situation in Österreich: Viele gesetzestreue Bürger und Waffenbesitzer sind allein in den letzten Jahrzehnten jedem Bocksprung des Gesetzgebers treulich gefolgt, haben registriert, bestehenden Besitz nachträglich gemeldet, polizeiliche Kontrollen über sich ergehen lassen, die Verwahrung ihrer Waffen, oft unter erheblichen Kosten, sichergestellt. Sie weisen regelmäßig ihre Befähigung zum Umgang mit ihren Waffen nach – und zum Dank dafür wird ihnen dann – nach Anlässen à la Newtown – mit der Enteignung gedroht.

Unter diesen Umständen kann nicht erwartet werden, dass die (Waffen-)Gesetze von allen bisher widerspruchslos kooperierenden Bürgern auch künftig noch geachtet werden.

Allein in den letzten 35 Jahren wurden in Österreich folgende waffengesetzliche Verschärfungen implementiert (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

Ist die Welt am Rande des Balkans dadurch sicherer geworden? Selbstverständlich nicht, denn die brav Angepassten, die sich an das einschlägige Gesetz halten, waren und sind ja nicht das Problem. Einheimisches Gesindel oder zugewanderter Abschaum dagegen kümmert sich keinen Deut ums Waffengesetz. Solche Menschen kaufen auf dem florierenden Schwarzmarkt, was ihr dubioses Gewerbe erfordert – und werden, um dem Unrecht noch den Hohn hinzuzufügen, vom Staat dadurch belohnt, dass die Polizei nicht regelmäßig Hausdurchsuchungen bei ihnen vornimmt wie bei amtsbekannten „Waffennarren“…

In den USA gibt es derzeit übrigens – wie nach jedem „Amoklauf“ mit nachfolgenden Drohungen durch linke Weltverbesserer – einen Verkaufsboom für Handfeuerwaffen. Besonders mit der Lieferung von „Assault rifles“ kommt der Handel gar nicht nach. Wer bisher noch kein AK-47, AUG oder M16 sein Eigen nannte, der beschafft es sich jetzt. Das hat schon seine Richtigkeit! Denn da der Politik in den USA beinahe schon so wenig zu trauen ist wie in Europa, und die Unfähigkeit des Staates, rechtschaffene Bürger vor Gewalttätern zu beschützen, täglich augenfälliger wird, wollen diese die Sicherheitsproduktion eben in die eigenen Hände nehmen. Als Konsequenz aus dem Drama von Newtown wäre eine sofortige Abkehr von der närrischen Idee „waffenfreier Zonen“ zu fordern, die einer Einladung an jeden Gewalttäter gleichkommt. Außerdem wäre eine Erlaubnis für alle Schulbediensteten, Waffen zu tragen, das Gebot der Stunde. Absolut sinnlos dagegen ist es, durch gesetzliche Restriktionen verhindern zu wollen, was durch eben diese niemals zu verhindern ist.

Leider wird die Debatte um das Recht auf privaten Waffenbesitz von jenen Kollektivisten beherrscht, denen es um nichts anderes geht als um die weitere Gängelung, Entmündigung und Entrechtung der Bürger. Bei kaum einem anderen Thema – außer dem der „sozialen Gerechtigkeit“ – tritt die Deutungshoheit der linken Dressurelite klarer zutage als beim Privatwaffenbesitz. Meinungsmacher wie der US-Filmemacher Michael Moore („Bowling for Columbine“) arbeiten mit heuchlerischen Politikern wie dem jetzigen Präsidenten kongenial zusammen. Wo Waffenbesitz zum Verbrechen wird, haben nur noch Verbrecher Waffen! Das scheint es zu sein, was die Barack Obamas und die Claudia Roths, Hand in Hand mit den gleichgeschalteten Hauptstrommedien dieser Welt, anstreben…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Berufsheer/freiwilliger Sozialdienst versus Wehrpflicht/Zivildienst

20. Dezember 2012 23:42 | Autor: Ernest König
Rubrik: Gastkommentar

Seitens der strategischen Zentrale der SPÖ wurde das Berufsheerthema unter wahltaktischen Gesichtspunkten aufgegriffen; gesellschafts- und sicherheitspolitische Zielsetzungen waren bestenfalls sekundär. Die Grünen haben sich dabei ins Pilz-Schlepptau nehmen lassen, eine Übereinstimmung mit der Grundphilosophie der Partei ist schwer auszunehmen.

Viele dem „Wahlvolk“ Zuzuzählenden sind verärgert; eine derart komplexe Frage wäre durch die politisch Verantwortlichen zu beantworten. Und – was steckt nun wirklich hinter diesem Manöver?

Etwa einen Monat vor der Befragung wurde die heiße Phase eingeläutet. Das Timing der „anderen“ ist perfekt: Vor Weihnachten mit halbwahren und scheinplausiblen Hits an die Öffentlichkeit treten, diese dann über Weihnachten einsinken lassen und wahrscheinlich nach der Ferienperiode wieder aufrühren. Es gehe ja darum das „Trägheitsmoment gegenüber Veränderungen“ zu überwinden und die aufmüpfigen Teile der wirklich sozialdemokratischen Basis über den Tisch zu ziehen. Eine Stärke für die Berufsheerapologeten ist dabei die zentrale Führung, ihre Schwäche das Vordergründige der Argumente:

Grundsätzliche Zielsetzung sollte es daher sein, die wahren Absichten zu enttarnen. Es geht nicht primär um gesellschafts- oder sicherheitspolitische Verbesserungen, sondern um die Ausgangsposition für die nächsten Wahlen. So sind auch die jetzigen Hüftschüsse zwei Jahre nach angeblich intensiver, 2010 abgeschlossener Vorbereitung auf eine etwaige Umstellung auf ein Berufsheer erklärbar.

Im manchem konkreten Fall wird wohl das versachlichende Eingehen auf Suggestivhits nicht unangebracht sein:

Die Volksbefragung am 20. Jänner wurde überflüssiger Weise zu einem Menetekel Berufsheer gegen Wehrpflicht hochstilisiert. Jetzt kommt es darauf an, dieser Falle zu entkommen. Halbwahrheiten – einige wurden angesprochen – sind unredlich. Sie gehören sofort unüberhörbar entlarvt.

Jeder von uns wird mitentscheiden, gleich ob er teilnimmt oder nicht: Entweder wird via Berufsheer die Liquidation des Bundesheeres eingeleitet. Selbst die Erkenntnis, dass der falsche Weg eingeschlagen wurde, kann den Prozess dann nicht mehr stoppen.

Das Gegenstück dazu ist ein flexibles zeitgemäßes Mischsystem aus Pflicht und Freiwilligkeit, das die Betroffenen nicht mehr belastet als notwendig und den Weg Richtung ehrenamtliche Tätigkeit und Freiwilligkeit ebnet.

Die Chance bleibt gewahrt, sie muss allerdings gelebt werden. Ich sehe keine Alternative dazu.

Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.

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Europa – Gibt’s das noch?

04. Dezember 2012 00:45 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nun hat das in der Krisen-, Schulden- und Finanzpolitik ohnedies schon schwer zerrissene Europa auch ein gravierendes außenpolitisches Problem. Die Unfähigkeit, sich auf ein gemeinsames Abstimmungsverhalten zur Frage des palästinensischen Status bei den UN einigen zu können, zeigt ein für die Zukunft verheerendes Signal: Europa ist trotz der vielbejubelten und mit Tausenden neuangestellten Diplomaten auch teuer unterfütterten „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ nicht einmal bei einer UNO-Abstimmung zu Gemeinsamkeit imstande.

Dabei hatte man einige Zeit glauben können, die dramatischen Turbulenzen aus der Zeit des Irak-Krieges wären Vergangenheit, wo sich die einzelnen EU-Länder oft völlig konträr verhalten haben. Rundum wurde nachher beteuert, so etwas würde der europäischen Politik und Diplomatie nicht wieder passieren. Dann aber kam die Libyen-Intervention, in der vor allem Frankreich und Großbritannien wieder im gemeinsamen Alleingang Großmacht- und Kanonenpolitik zu spielen versuchten, während Deutschland und etliche andere demonstrativ die Arme verschränkten.

Und jetzt das Palästina-Chaos. Dabei ging es wohlgemerkt nicht nur um eine formale UNO-Abstimmung über eine bloße Protokollfrage. Vielmehr ging es um den ganzen Nahostkonflikt. Europa hat durch seine Unfähigkeit, hier als Einheit eine gemeinsame Haltung zu finden, wieder auf viele Jahre jede außenpolitische Relevanz, jede Glaubwürdigkeit verspielt. Dies gilt insbesondere in der Nahostpolitik, aber keineswegs nur in dieser.

Das besonders Bedrückende ist, dass es hier nicht um jene Dissens-Felder gegangen ist, wo man die Widersprüche geradezu schon gewohnt ist. Weder spielte die zuletzt so dominierende Finanzkrise eine Rolle noch war eine militärische Intervention das Thema, sondern nur das scheinbar einfachere Feld der politischen Diplomatie.

Dass in der Finanz- und Wirtschaftspolitik beispielsweise die neue Weltmacht China am liebsten mit Deutschland verhandelt, während sie die Emissäre der EU sehr geringschätzig behandelt, konnte zuletzt angesichts der fundamentalen Differenzen in der EU und ihrer Schwäche niemanden mehr überraschen. Ebenso bekannt und Teil der gesamten europäischen Nachkriegsgeschichte ist, dass die einstigen Groß-, Kolonial- und Siegermächte Frankreich und Großbritannien den Finger noch immer viel schneller am militärischen Drücker haben als die nach wie vor vom Weltkriegs-Trauma belasteten Deutschen.

Die große Bedeutung des Nahen Ostens für Europa

Aber dass die 27 nicht einmal über den Nutzen oder Schaden einer Palästina-Abstimmung einen Konsens finden, ist jedenfalls eine neue und sehr negative Qualität des europäischen Dissenses.

Dabei sollten alle nahöstlichen Themen für die Europäer eigentlich einen viel höheren Stellenwert haben als für die weltpolitischen Platzhirschen USA oder Russland. Dabei liegt Europa geographisch am nächsten zum Konfliktherd. Dabei hat Europa eine historisch viel größere Kausalbeziehung zur Entstehung des Staates Israel und damit Verantwortung als jede andere Macht. Dabei ist Europa vom Öl und Gas dieser Region abhängig, Russland und die USA hingegen nicht; Russland hat ja seit jeher ausreichend Energie-Rohstoffe, und die USA befinden sich durch innovative Abbaumethoden gerade in einem historischen Rollenwechsel vom Öl- und Gas-Importeur zum Exporteur.

Alleine diese Aspekte hätten zwingend dazu führen müssen, dass die EU gemeinsam agiert. Sowohl ein gemeinsames Ja wie ein gemeinsames Nein wie eine gemeinsame Enthaltung wären besser gewesen als die chaotische Widersprüchlichkeit. Europa ist damit außenpolitisch auf lange Zeit weg vom Fenster.

Die außenpolitische Gemeinsamkeit war nie ernst gemeint

Aber im Grunde ist es kein Wunder. Die Gemeinsamkeiten in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik waren strukturell immer schon endenwollend. Das hatte sich während der letzten Jahre und Jahrzehnte in vielen Aspekten gezeigt. Die wichtigsten davon:

Da man das aber unterlassen hat, konnte die EU in Wahrheit nur noch als Binnenmarkt für Handel, Finanzen und Dienstleistungen reüssieren (was ja ohnedies ein tolles Projekt ist). Es ist einfach absurd, währungspolitische Solidarität selbst für Schwindlerstaaten in der EU zu erzwingen, wenn man zugleich in der fundamentalen Hauptaufgabe jedes Staatswesens, eben bei der Sicherheit nach außen, völlig widersprüchliche Ideen hat.

Was wäre richtig gewesen?

Hinter dieser Divergenz verblasst in Wahrheit die Frage, welches Abstimmungsverhalten eigentlich das richtige gewesen wäre.

Am meisten hätte wohl dafür gesprochen, sich an die Seite der USA und Israels zu stellen, solange die Palästinenser nicht das volle Existenzrecht Israels anerkennen.

Die etwa von Österreich ausgestreute Argumentation, die Palästinenser hätten sich im Gegenzug für die Anerkennung als Staat mündlich zu bedingungslosen Verhandlungen bereit erklärt, findet in der wirklichen Welt keine Bestätigung. Die palästinensische Verhandlungsbereitschaft war schon in der Vergangenheit immer nur eine dubiose. Bereits zu Arafats Zeiten sind die Palästinenser letztlich stets davor zurückgeschreckt, fertig ausgehandelte Abkommen auch zu unterzeichnen, die ihnen die Anerkennung gebracht hätten.

Die Palästinenser haben ihre Lage verschlechtert

Jetzt haben die Palästinenser vor der UNO zwar einen Propagandaerfolg erzielt. Vor Ort haben sie sich damit aber viele Verschlechterungen eingehandelt: vom finanziellen Boykott durch Israel bis zum Bau Tausender neuer israelischer Wohnungen auf palästinensischem Gebiet. Diese schaden ihnen dauerhaft weit mehr, als eine UNO-Resolution nützen kann.

Freilich sind auch in Israel die Kompromisswilligen in den letzten Jahren immer unbedeutender geworden. Israel setzt auf die eigene (und die amerikanische) Stärke. Die regelmäßigen Anschläge und Raketenangriffe durch Palästinenser haben die Israelis nicht kompromisswillig, sondern noch viel härter gemacht.

Erfolgreichen Druck auf Israel, sich im Gegenzug für einen echten Frieden wirklich auf die Grenzen von 1967 zurückzuziehen und für die Stadt Jerusalem eine internationale Lösung zu finden, können daher nur die USA ausüben. Die EU in ihrem heutigen Zustand bekommt hingegen nicht einmal mehr echte Gesprächstermine. Aber zweifellos hat jeder einzelne Siedlungsbau auch für die USA die Kompromisssuche erschwert.

Genauso notwendig wäre auch massiver Druck auf die Palästinenser. Mit dem UNO-Votum hat die Welt jedoch ohne Gegenleistung ein wichtiges Instrument aus der Hand gegeben, diesen Druck auszuüben.

Denn jetzt glauben die Palästinenser, dass ihnen der damit möglicherweise geöffnete Weg zu internationalen Straf- und Völkerrechts-Gerichtshöfen etwas bringen wird. Es wird Jahre dauern, in denen die Palästinenser noch weniger friedenswillig sind als bisher, bis zumindest die klügeren Araber erkennen, dass das ein Fehler war. Denn die Israelis werden ein eventuelles Urteil von IGH oder IStGH in Den Haag nur mit einem Schulterzucken beantworten. Es gibt keine Exekutive, die solche Urteile durchsetzen könnte.

Abbas gegen die Hamas aufgewertet

Gewiss spricht auf der anderen Seite auch zumindest ein starkes Argument für die nun erfolgte Aufwertung des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas als Chef eines staatsähnlichen Gebildes: Nach dem blutigen Scharmützel rund um den Gaza-Streifen haben in den vergangenen Wochen seine radikalen Widersacher von der Hamas, die in jenem Teil Palästinas herrschen, deutlich Auftrieb verspürt. Daher glaubte man in manchen EU-Ländern wie auch in Österreich hinter vorgehaltener Hand, dass eine Unterstützung für Abbas diesen wieder ins Spiel bringen könnte. Das ist aber wohl eine Fehlglaube.

Aber was immer man glaubt: Wenn eine „Union“ nur aus lauter Widersprüchen besteht, bastelt sie selbst am eigenen Untergang. Und sie hat jedenfalls im Nahen Osten keinen Stellenwert mehr.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Es geht auch ohne Staat!

29. November 2012 04:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Der Wohlfahrtsstaat europäischen Zuschnitts befindet sich in einer Krise. Sein durch ständig steigende Steuerlasten und riesige Schuldenberge gekennzeichnetes, unaufhörliches Wachstum, führt zu einer fortschreitenden Belastung der Leistungsträger und schafft völlig falsche Anreize. Dass eine sichere Anstellung im Staatsdienst besonders auf gut ausgebildete, junge Menschen so große Anziehungskraft ausübt, spricht Bände.

Dass sie – anstatt sich für die mit dem Wagnis einer beruflichen Selbständigkeit verbundenen Chancen zu interessieren – scheinbar sichere, unselbständige Erwerbsarbeit vorziehen, ist ein offensichtliches Symptom der Fehlleitung von (humanen) Ressourcen. Wenn eine Gesellschaft so weit (ver-)kommt, dass die Bestgebildeten lieber weisungsgebundene Verwalter als kreative Macher sein wollen, dann ist es um deren Zukunft nicht gut bestellt.

Keines der gegenwärtig artikulierten Reformvorhaben zieht die Segnungen des Wohlfahrtsstaates in Zweifel. Keine der aktuellen Parteineugründungen stellt ein alternatives System zur Diskussion. Nicht einmal eine Neuordnung des Steuersystems (etwa auf Grundlage einer Proportionalsteuer) erscheint derzeit möglich. Dass es zur sozialen Organisation in Gestalt des allsorgenden Gouvernantenstaates, der die Menschen ihrer Freiheit beraubt und zu wohlgenährten Sklaven degradiert, eine plausibel erscheinende Alternative gibt, soll hier anhand einiger grundlegender Überlegungen dargstellt werden.

Das segensreiche Eigentum

In deren Zentrum steht das private Eigentum, dessen rechtmäßiger Erwerb und Schutz. Grund dafür bildet die Erkenntnis, dass letztlich alle bürgerlichen Rechte Eigentumsrechte sind, deren Unantastbarkeit für eine funktionierende soziale Ordnung von entscheidender Bedeutung ist. Die Grundlagen einer staatsfreien Privatrechtsgesellschaft sollen anhand der Gedanken eines der kompromisslosesten und radikalsten Denker im libertären Lager, Hans-Herman Hoppe, erläutert werden. In der Folge wird ein Auszug aus einem am 26. 11. in dem Blog von Freitum.de erschienenen Beitrag über einen aktuellen Vortrag Hoppes in der Freiheitsakademie im Modelhof im ostschweizerischen Müllheim wiedergegeben:

Die aus ökonomischer Sicht heikle Frage des Gemeineigentums (öffentliche Güter) stellt sich aus oben genannten Regeln nicht, wenn sie streng angewendet werden. Dennoch zeigte Hoppe gekonnt auf, dass bei solchen Gütern nicht immer Harmonie der Interessen bestehen wird und nicht zuletzt eine dadurch entstandene Moral-hazard-Problematik nur durch Eigentum gelöst werden kann.

Steuern sind Diebstahl

Doch wie ist mit Rechtsbrechern vorzugehen, die Eigentum ungerechtfertigt an sich nehmen? Die meisten (minarchistischen) Liberalen beantworten diese Frage mit „Staat“. Nicht so Hoppe. Er zeigt auf, dass der Staat bei allen Konfliktfällen, wo er die letzte Instanz ist, jeweils das letzte Wort hat. Der Staat bestimmt über Recht und Unrecht, insbesondere auch bei Fällen zwischen Privaten und dem Staat (öffentlich-rechtliche Streitfälle). Der Staat als Monopolist der Rechtssprechung kann also Konflikte anstiften und mit seinen Regeln die Leute dazu zwingen, nach seinem Gusto den Konflikt wieder zu lösen.

Dies zum Beispiel im Bereich Diebstahl. Der Staat darf die Bürger durch Steuern bestehlen. Sofern man sich gegen den Fiskus stellen möchte, muss man vor staatliche Gerichte treten, die staatliches Recht anwenden. Der Staat verknüpft geschickt sein Monopol auf Rechtssprechung mit seinem Gewaltmonopol. Denn wird der Diebstahl (Steuern) vom Bürger nicht legitimiert, wird das Geld mittels Gewaltmonopol eingetrieben.

Zumindest die Ökonomen müssten bei der aktuellen Situation des Staates aufschreien, denn diese Wissen, dass Monopole immer schlecht sind. Ein Monopolist ist der Einzige, der etwas darf. Er kann hohe Preise durchsetzen und die Qualität niedrig halten. Monopolisten hassen Wettbewerb. So ist es auch zu erklären, dass Diebstahl verboten ist, denn der Staat hasst Konkurrenz.

Während nahezu allen Ökonomen der Ansicht sind, dass Monopole stets schlecht sind, sind nur ganz wenige der Ansicht, dass auch bei der Produktion von Sicherheit ein Monopol schlecht ist. Hoppe ist einer davon. Der Produzent von Sicherheit (Staat) müsste im Wettbewerb stehen. Schon heute gibt es private Sicherheitsdienstleister, dennoch ist das Gewaltmonopol noch immer beim Staat. Professor Hoppe bezeichnet mit seiner klaren Sprache den Staat als einen „rechtsbrechenden Rechtsschützer und enteignenden Eigentumsschützer“, der die Ausgaben für die Produktion von Sicherheit maximiert, den Output, die Sicherheit, jedoch minimiert.

Schlechte Monarchen werden entfernt, Gauner wiedergewählt

Hoppe bricht mit jeglichem bestehendem Denken. Er ist auch bekannt dafür, dass er die Demokratie in Frage stellt. Dass auch die Demokratie nicht die ideale Staatsform ist, zeigte er mit einem typischen Vergleich auf: Dem Vergleich der Demokratie mit der Monarchie. Dass die Monarchie einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt, dürfte klar sein. Alle sollen vor dem Gesetze gleich sein, waren es in einer Monarchie jedoch nie. Auf die Monarchie folgte die Demokratie, in der nun plötzlich jeder „König“ werden konnte.

Jedoch werden auch in einem demokratischen System die Bürger unterschiedlich behandelt, nicht zwingend mit persönlichen Privilegien, sondern vielmehr mit funktionellen Privilegien. Öffentliche Leute (Beamten) dürfen stehlen (Steuern), private nicht. „Bei einer Privatperson ist es Stehlen und Geben, beim Staat heißt es dann Sozialpolitik“, so Hoppe. Ohne Zweifel, der Staat ist sehr großzügig beim Geldausgeben – das wären wir auch, wenn wir fremdes Geld ausgeben dürften.

Ein weiteres Problem der Demokratie ist die Kurzfristigkeit. In einer Monarchie ist der König der Eigentümer des Bodens, in einer Demokratie ist der Politiker der temporäre Verwalter. In der Zeit der Legislatur, die meistens vier bis acht Jahre dauert, kann er als Nutznießer möglichst viel aus dem geliehenen Boden (Volk) rausholen. Wäre es sein Eigentum, würde er es nicht derart aussaugen. Die Bürger lassen dies in einer Demokratie zu, denn auch sie könnten einmal vom Sklaven zum Peitscher aufsteigen.

Zudem: Ein König wird per Zufall in die Königsfamilie hineingeboren. Ist er ein guter König, gibt es keine Probleme. Ist er ein schlechter König, wird er von seiner eigenen Familie „entfernt“. Denn diese wird nicht zulassen, dass die Dynastie zerbricht. Keine unsympathische Selektion. In einer Demokratie werden diejenigen Politiker gewählt, die dem Volk am meisten versprechen, am verschwenderischsten fremdes Geld ausgeben. Hoppe nennt dies den „Wettbewerb der Gauner“ und verdeutlicht: „Demokratie fördert die Bildung von üblen Charakteren, es kommen die rauf, die am übelsten sind.“

Nach dieser Einführung in seine konsequente Denkweise zeigte er die Grundzüge einer Privatrechtsgesellschaft auf. Ganz nach der Denkweise aller Wirtschaftswissenschafter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie gibt er zu verstehen, dass er sich niemals anmaßen würde zu wissen, wie eine solche Gesellschaft im Detail aussehen könnte. Er weiß jedoch, dass jegliche Staatsaufgaben von Privaten besser erledigt werden können.

Ausgehend von den oben aufgeführten Grundregeln bezüglich Eigentum zeigte er auf, dass Sicherheit von Privaten besser produziert werden kann. Auch die Rechtssprechung könne von im Wettbewerb stehenden Privaten besser erledigt werden. In einer Privatrechtsgesellschaft sind freiwillige Verträge der Kern der Sache, da kein staatlicher Zwang mehr vorhanden ist. „Der Staat ist ein vertragsloser Zustand – oder haben Sie jemals so etwas wie einen Gesellschaftsvertrag, der Sie zu all Ihren Bürgerpflichten zwingt, unterschrieben?“

Für Libertaristen gibt es so etwas wie einen Rousseau´schen Gesellschaftsvertrag nicht. Auch der „volonté générale“ kann nicht als Legitimation von Macht und Zwang gegenüber mündigen Individuen geltend gemacht werden.

Jeder gehört sich selbst, kollektive Machtausübung gegen den Willen des Individuums ist nicht tolerierbar. Oder denken Sie, dass irgendjemand besser weiß, was für Sie gut ist? Diese auf freiwilligen Verträgen basierende spontane Ordnung (vgl. auch Mises) wäre eine Alternative zum System „Staat“.

Wer zahlt ist sicher

Kein privatrechtlicher Sicherheitsdienstleister kann den Preis fixieren, jedoch keine Leistung garantieren. Niemand würde einen solchen Vertrag unterzeichnen. Der Staat hingegen bestimmt den Preis (Steuern), garantiert jedoch keine Leistung. Mehr noch: Wenn er mal Leistung von dem gestohlenen Geld zurückgibt, dann tut er das mit großem Gebrüll als Ausdruck des „Sozialstaates“.

In einer Privatrechtsgesellschaft würde die Leistung (Sicherheit) definiert werden. Der Preis pro Einheit Sicherheit würde zweifelsohne fallen. Es gäbe keine planwirtschaftliche Unter- oder Überproduktion von Sicherheit, da die Produzenten von Sicherheit im Wettbewerb untereinander stehen. Zudem ist Sicherheit ein Gut, welches mit anderen Gütern konkurriert, denn wenn Sie mehr Geld für Sicherheit ausgeben, haben Sie, unter Annahme von Knappheit hinsichtlich des Gutes „Geld“, weniger Geld für andere Güter übrig. Sie werden also entsprechend Ihren individuellen Präferenzen Sicherheit nachfragen, die einen mehr, die anderen weniger. So kriegt jeder soviel Sicherheit, wie er auch nachfragt und bezahlt nicht für nicht nachgefragte Sicherheit. Eine effiziente Allokation, gerechter geht es nicht.

Gäbe es auf die Produktion von Sicherheit kein staatliches Monopol, so gäbe es auch keine Beamten oder Polizisten, die mittels Ihrer Steuern fürs Nichtstun bezahlt werden. Im System „Staat“ muss ein Polizist keine Verbrecher jagen, denn er kann ja bequem Strafzettel verteilen, bis der Feierabend naht. Zudem werden im Staat die Opfer von Verbrechen nicht entschädigt, schlimmer noch, das Opfer (Bürger) bezahlt mit seinen Steuern ja noch die Unterbringung des Verbrechers.

Ein privatrechtlicher Anbieter von Sicherheit wäre im Gegensatz zum Staat an Prävention sehr interessiert, denn er muss im Schadensfalle bezahlen. Folglich würde er vorbeugende Maßnahmen zur Verbrechensverhütung unterstützen, ein Staat tut so etwas nicht. Er würde auch eher die Diebesbeute zurückführen, denn dann müsste er weniger Schadensersatz bezahlen.

Private Anbieter von Sicherheit wären sogar friedensfördernd, denn eine Privatperson würde keinen großangelegten Krieg gegen andere Völker führen, da sie selbst bezahlen müsste. Die Option von Steuereinnahmen und Geldausweitung über die Zentralbanken zur Kriegsfinanzierung gibt es nicht. Staaten sind viel aggressiver, da die Aggressoren die Kosten nicht selber tragen müssen; das Volk bezahlt die Kosten und die Bürger verlieren unfreiwillig ihren Kopf auf dem Schlachtfeld, nicht die Aggressoren.

Jedem seine Rechtsordnung

Hoppe befasst sich auch mit privaten Rechtssprechern. Diese könnten verschiedene Rechtsnormen anbieten, so könnten Muslime ihr Rechtssystem nachfragen, Juden ihre Rechtssprechung. Bei Konflikten zwischen den jeweiligen Rechten würden unabhängige Schlichtungen entstehen, die ebenfalls in Konkurrenz stehen. Eine universelle, internationale Rechtssprechung würde sich etablieren, richterliches Ermessen auf ein Minimum begrenzt. Wenn diese Schlichtungsstellen scheitern, würden sie in einem nächsten Fall nicht wiedergewählt und verschwinden vom Markt, diejenigen, die im Sinne der beiden Streitparteien schlichteten, werden am Markt bestehen können.
http://www.freitum.de/2012/11/privatrechtsgesellschaft-eine-skizze.html?spref=fb

Der Übergang vom Status quo zur Privatrechtsgesellschaft ist – ohne gewaltsame Ausschreitungen – nur zu schaffen, wenn zuvor einer großen Zahl von Menschen klar wird, dass der Staat kein einziges ihrer Probleme lösen kann, ohne damit zugleich eine Vielzahl neuer Probleme zu schaffen. Ludwig Mises sprach von einer „Interventionsspirale“:

Der Staat selbst ist das Problem! Je größer, desto drückender seine auf den Bürgern ruhende Last. Ein Rückbau des Staates – sowohl hinsichtlich seiner räumlichen Ausdehnung (10.000 Liechtensteins sind besser als eine EU), als auch in Bezug auf seine Regelungskompetenzen, ist anzustreben. Dazu bedarf es weder einer Revolution noch der Anwendung oder Androhung physischer Gewalt. Es reicht eine einzige Einsicht: Wenn wir den Staat nicht umbringen, wird der Staat uns umbringen…

Diese und andere, in erfrischender Weise gegen den Strich gebürstete Gedanken, finden sich in Hoppes im heurigen Jahr erschienen Buch „The Great Fiction“:
http://propertyandfreedom.org/hoppes-new-book-the-great-fiction/

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Schulden machen erpressbar

29. November 2012 00:42 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es war nur eine von vielen Drohungen aus China gegen Japan im Streit um einige menschenleere, aber potenziell ölreiche Felseninseln. Aber sie sollte auch den europäischen Politikern wie Bankern eine ernste Lehre sein.

Sie stammt von Jin Baisong von der chinesischen Akademie für internationalen Handel, einer Institution des mächtigen Handelsministeriums. Er drohte, „gegen Japan Sanktionen in der allerwirksamsten Art zu verhängen“. Diese „allerwirksamste Art“ sieht er nicht mehr im Einsatz der stark aufgerüsteten Streitkräfte, sondern von Finanzen und Handel. Das ist nur scheinbar Anlass zur Erleichterung.

Denn der finanzielle Aspekt ist ein Qualitätssprung in der globalen Schuldenkrise. Jin sprach ganz konkret von den japanischen Anleihen in den chinesischen Tresoren. Er will sie einsetzen, um das schwer überschuldete Japan in die Knie zu zwingen. China sei mit 230 Milliarden Dollar an japanischen Staatspapieren der größte Gläubiger des Inselstaates. Dieser hatte sich bisher sicher gewähnt, weil vor allem Japaner selbst die Anleihen gekauft hatten. China tut gegenüber Japan das, wovor Finanzexperten seit Jahren eigentlich in Hinblick auf die USA gewarnt haben: nämlich seine Bond-Schätze als politisches Erpressungsmittel einzusetzen.

Dieser neue Aspekt ist bisher seltsamerweise international viel weniger beachtet worden als die Auswirkungen des Konflikts auf den Handel. Freilich sind auch die beträchtlich. Denn wenn Nissan, Honda, Sharp oder Panasonic dauerhaft so wie in den letzten Wochen einen Gutteil ihrer Exporte nach China abschreiben müssten, wäre das eine absolute Katastrophe. Ist doch China zum größten Automobilmarkt der Erde geworden. Auch auf der Exportseite haben die Chinesen eine starke Waffe, die sie zuletzt durch Ausfuhrrestriktionen noch geschärft haben: ihre Dominanz bei „seltenen Erden“, die beispielsweise für Smartphones derzeit unverzichtbar sind.

Europa und die USA sollten sich keine Illusionen mehr machen: China ist vom Handel bis zu den Finanzen bereit, seine rasch wachsende globale Hebelkraft auch politisch im nationalen Interesse einzusetzen. Zwar sind gegenüber Japan die Ressentiments besonders stark, aber auch gegenüber dem Westen haben die Chinesen keinen Grund zu sonderlicher Solidarität. Da sind in ihrem kollektiven Gedächtnis Stichworte wie Kanonenbootpolitik, ungleiche Verträge und Opiumkrieg zu tief verankert.

Ihre eiskalte Orientierung an nationalen Interessen zeigte sich zuletzt auch deutlich, als alle EU-Bittprozessionen erfolglos blieben, China möge doch europäische Anleihen kaufen, um so die Schuldenkrise zu beruhigen. China tat das nur sehr beschränkt. Es begann statt dessen, sich wie in einem Luxus-Supermarkt bei den Gustostückerln der europäischen Industrie und Technologie zu bedienen.

Auch wenn da so mancher gut verdient hat, sollte Europa die Gefahren der chinesischen Strategien auch außerhalb Asien viel genauer analysieren. Übrigens auch beim beginnenden Wettlauf in Afrika.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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Debatte um die Wehrpflicht: Keiner denkt an die Betroffenen

17. November 2012 04:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Heimito von Doderer verdanken wir folgende Erkenntnis: „Noch keiner, der des Irrsinns Höhe erreichte, hat sie als solche erkannt und auch die Gipfel der Frechheit bleiben für ihre Erstersteiger meist in Nebel gehüllt." Nichts könnte den Wahrheitsgehalt dieses Zitats besser illustrieren, als die im Zuge des in Österreich eben anhebenden Wahlkampfs von den Koalitionspolitikern geäußerten Ideen. Ob im Hinblick auf die im kommenden Jahr dräuenden Nationalratswahlen eher unverschämte Chuzpe oder pure Narretei im Vordergrund steht, sei dahingestellt … immerhin ist ja gerade Fasching.

Wie vor Wahlen üblich werden von den politischen Mandatsträgern alle möglichen und unmöglichen Versprechungen gemacht, Absichtserklärungen präsentiert und Reformen beworben. Eines der von den Sozialisten in allen Parteien immer wieder gerne strapazierten Themen ist die allgemeine Wehrpflicht. Ältere Semester erinnern sich: 1970 gewann der listenreiche rote Rosstäuscher Bruno Kreisky mit dem Schlachtruf „Sechs Monate Bundesheer sind genug!“ eine Mehrheit auf Bundesebene (in die Tat umgesetzt wurde das Versprechen – erst Jahrzehnte später – vom dynamischen Duo Schüssel/Platter, zwei Schwarzen. Die Geschichte hat eben Sinn für Ironie…).

Seit damals jedenfalls werden Fragen der militärischen Landesverteidigung (wie übrigens auch jedes andere Problem von einiger Relevanz) von der hohen Politik ausschließlich unter dem Aspekt der Verwertbarkeit zum Stimmenfang behandelt. Eine seriöse Auseinandersetzung mit Fragen der Wehrpolitik hat hierzulande nach 1970 nicht mehr stattgefunden.

Um die Landesverteidigung geht es auch jetzt nicht, oder bestenfalls am Rande. Die Sorge um eine wohlwollende Berichterstattung in den Hauptstrommedien geht eindeutig vor. Wie also lauten die Positionen der regierenden SPÖVP? Die einst staatstragende ÖVP bewegen – so gut wie ausschließlich – Fragen des mit der Wehrpflicht im Zusammenhang stehenden Zivildienstes und solche, die mit nichtmilitärischen Aktivitäten des Heeres zu tun haben. Ihre Präferenz für ein Wehrpflichtigenheer nicht etwa mit militärischen Notwendigkeiten, sondern u. a. mit Problemen zu begründen, die aufträten, wenn bei Skiweltcupläufen nicht mehr genügend kostenlose Hiwis zum Pistentreten zur Verfügung stünden, ist schon eine respektable Leistung.

Noch origineller sind die Vorstellungen der Sozialisten, die einst – lang, lang ist´s her – die Volksbewaffnung forderten (damals noch nicht in ihrer Eigenschaft als allmächtige Regierungspartei) und nun unter Federführung eines in jeder Hinsicht leichtgewichtigen Wehrdienstverweigerers plötzlich zu glühenden Apologeten des Berufsheeres geworden sind. Vergessen ist mit einem Mal auch die traumatische Erfahrung des Jahrzehntelang beschworenen Jahres 1934, als bitterböse Berufssoldaten im Auftrag finsterer „Austrofaschisten“ auf beinahe friedliche Proletarier schossen.

Welche Schmähs von gehorsamen Parteisoldaten auch immer pro und contra Wehrpflicht aufgeboten werden (von Argumenten zu sprechen, wäre eine grobe Begriffsverfehlung), eine Berücksichtigung der davon unmittelbar Betroffenen, der jungen, männlichen Wehrpflichtigen nämlich, unterbleibt in 100 von 100 Fällen. Was zählt, sind allein die Interessen von Staat und Parteien, sowie die eines ominösen „Gemeinwohls“ (welch seltsames Ding das auch immer sein mag).

Dagegen wird der Wunsch junger Männer, im Fall der Fälle lieber unversehrt am Leben zu bleiben, als im Feuer überlegener Waffen des Feindes zu fallen, von den Befürwortern der Zwangsverpflichtung nicht einmal ignoriert. Dass es tatsächlich nur um Männer geht, nicht zuletzt, weil die ansonsten so lautstarke Phalanx aus Gender- und Quotenwächtern in dieser Angelegenheit vornehme Zurückhaltung zeigt, sei nur am Rande vermerkt. Weshalb also ausschließlich junge Männer ihre Gesundheit und ihr Leben für einen Staat aufs Spiel setzen sollen, der ihnen im zivilen Leben nichts als Unannehmlichkeiten, Kosten und Unheil bringt, liegt im Dunkeln.

Das ihnen – willkürlich – abverlangte Opfer nutzt am Ende nur dem Leviathan und dessen Günstlingen. Ihnen selbst, ihren Familien und Freunden dagegen, wäre alles andere als ein lebensgefährlicher Frondienst für einen Staat zuträglicher, der sie in einen Kampf gegen einen in jedem denkbaren Szenario mit überlegener Technik ausgerüsteten Feind schickt. Der Krieg nützt nur dem Staat. Denn dieser verteidigt schließlich sein territoriales Enteignungsmonopol gegen ausländische Konkurrenz. Welchen Nutzen aber zieht ein zwangsverpflichteter, männlicher Staatsbürger aus dem Krieg?

Unfreiwilliges Opfer an den Staat

Keiner der für die Beibehaltung der Wehrpflicht eintretenden Politiker unterzieht sich der Mühe, eine ethisch-moralische Begründung dafür zu liefern, weshalb sich an (Staats-)Politik mehrheitlich desinteressierte junge Männer auf Geheiß einer im sicheren Bunker hockenden Regierung zum Krüppel schießen lassen sollten – und das womöglich gar noch bei einem der derzeit so modischen Auslandseinsätze. Dass ein schwerwiegender Unterschied vorliegt, ob der gewaltsame Tod eines (gut bezahlten) Freiwilligen oder der eines ohne Wahlmöglichkeit Zwangsverpflichteten herbeigeführt wird, ist ihnen keinen Gedanken wert.

Dass es sich um einen Rechtsstaat handelt, der bereit ist, eine willkürlich erkorene Gruppe von Menschen – und zwar auch gegen deren erklärten Willen und (religiöse) Überzeugungen – Todesgefahren auszusetzen, darf bezweifelt werden. Nichts und niemand ist berechtigt, derart massiv und gewaltsam in das Leben (eines Teils) der Bürger einzugreifen.

Allerdings ist es in einem Land, in dem ein Kanzler einst unwidersprochen feststellen konnte „ohne Partei sind wir nichts“, nur ein kleiner Schritt zur Forderung nach totaler Hingabe an den Staat. Ohne ihn sind wir nichts – haben vermeintlich keine Rechte, keine Sicherheit, keine Zukunft und keine Hoffnung. Ohne ihn ist das Leben – wie betete es der Hohepriester der neuzeitlichen Staatsmystifizierung, Thomas Hobbes, einst vor – „scheußlich, brutal und kurz“. Wenn das nicht dazu angetan ist, wehrfreudige Erregung hervorzurufen!?

Welche Ironie, dass ausgerechnet die „Konservativen“ unserer Tage einen Narren an der Wehrpflicht gefressen haben, die eine Folge der Französischen Revolution und damit ein Kind der von ihnen oft mit scheelen Augen betrachteten Aufklärung ist. Zuvor war Krieg (ohne dessen zu allen Zeiten bestehenden Schrecken verharmlosen zu wollen) eine vergleichsweise harmlose Marotte gekrönter Häupter. In der Mehrzahl der Konflikte trafen damals relativ kleine, aus Berufskriegern bestehende Heerhaufen aufeinander, während Zivilsten oft nur als unbeteiligte Zuseher fungierten.

Die Waffengänge pflegten in aller Regel – schon allein der Kosten wegen – kurz zu sein (der 30-jährige Krieg bildete – auch im Hinblick auf das Schicksal der Zivilbevölkerung – eine Ausnahme). Die totale Politisierung der Gesellschaft, die weitgehende Zurückdrängung des Privaten und der Selbstbestimmung, stehen mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in engem Zusammenhang. Erst sie machte den Weg frei zum „totalen Krieg“. Seit dem amerikanischen Sezessionskrieg, spätestens aber seit dem letzten großen Waffengang in Europa, kommt der Krieg nun auch zu den Nichtkombattanten ins Haus. Welch großartiger Fortschritt!

Andererseits ist es ein böser Witz, dass ausgerechnet die Roten – mittlerweile voller Übermut, da sie inzwischen an sämtlichen Schalthebeln des Staates sitzen – eine Söldnerarmee befürworten und den (ihnen stets verdächtigen) Privatmann möglichst hilf- und waffenlos sehen wollen.

„Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben“, hat Horaz einst behauptet. Ist schon dieser Spruch mehr als fragwürdig, so mutiert er zum blanken Zynismus, wenn der Ehrentod für die unmoralische Anstalt namens Staat verklärt wird.

Ohne technische und organisatorische Fragen zu berücksichtigen, die zu beantworten es selbst in Österreich genügend geeignete Fachleute geben sollte: Die Landesverteidigung anders als mit einer Freiwilligenmiliz zu organisieren wird – wenn die Bürgerrechte erst genommen werden, der Rechtsstaat keine reine Fiktion sein soll und die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind – kaum in Frage kommen.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Balkankriege: Der Wahrheit einen Weg

16. November 2012 11:38 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der Freispruch für die zwei kroatischen Generäle Gotovina und Markac durch den Internationalen Strafgerichtshof ist ein erstaunlich bahnbrechendes Urteil.

Denn damit ist weit über das persönliche Schicksal der beiden hinaus auch in einer Epoche der naiven und sich unter Juristen immer mehr verbreitenden politischen Korrektheit klargestellt: Ein Staat hat immer noch das volle Recht, sich gegen Angreifer, Revolutionäre und Insurgenten zu verteidigen. Damit ist zugleich auch klargestellt, dass keineswegs Serben und Kroaten (sowie Slowenen und Bosnier) in gleicher Weise schuld am jugoslawischen Bürgerkrieg wären, wie das linke Historiker und Pazifisten nun darzustellen versuchen.

Der außenpolitische Sprecher der SPÖ hat damals in einem Hintergrundgespräch mit dem amerikanischen Balkan-Sonderbeauftragten Richard Holbrooke, bei dem ich anwesend war, sogar wider alle Fakten die Kroaten als Hauptschuldige bezeichnet. Was empörend war – und besonders infam, weil es unter dem Schutz der Vertraulichkeit erfolgte.

Erste Konklusion: Keineswegs immer, aber manchesmal eben doch hat der Blick der Geschichte auch etwas mit der Wahrheit und den wirklichen Fakten zu tun.

Zweite Konklusion: Zweifellos hat aber auch das viel kooperativere internationale Verhalten der Kroaten seit dem Krieg die Serben in ein schlechtes Licht gerückt. Das serbische „Alleine gegen die ganze Welt“ ist halt nicht unbedingt eine weise Politik.

PS.: Peter Schieder hat übrigens noch viele weitere Verdienste: Er hat heldenhaft den Kampf des Europarates gegen undemokratische Umtriebe in Liechtenstein angeführt. Und er ist zum großen Helden der schwul-lesbischen Lobby geworden.

 

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Allgemeine Dienstpflicht – was sonst: Erläuterungen

13. November 2012 04:42 | Autor: Ernest König
Rubrik: Gastkommentar

Die durch das hier behandelte Thema ausgelöste Diskussion war beeindruckend; sowohl in der Breite als auch in der Tiefe. Im Weiteren soll jedoch wieder zum „Auslöser“ zurückgefunden werden: Am 20. Jänner wird eine einschlägige Volksbefragung durchgeführt werden. Diese wurde in einen nunmehr nicht nur parteitaktisch hohen Stellenwert hineinmanövriert und könnte in einer wesentlichen Weichenstellung enden.

Wird Österreich danach noch ein Heer haben, das den Namen verdient – oder zumindest das Potential bewahren, ein derartiges nach den politischen Eingriffen der letzten Jahre wieder aufzubauen – oder wird es zu einem Erinnerungsposten beispielsweise im Innenministerium? Weiters – wie sind die funktionalen Auswirkungen auf den Regelkreis Pflicht/Freiwilligkeit; sägen wir vielleicht den Ast ab, auf dem wir sitzen – oder nicht?

Damit zu den angesprochenen grundsätzlichen Themen: Ob es sich um Zwangs- respektive Sklavendienst oder Dienst an der Gesellschaft handelt, unterliegt wohl der weltanschaulichen Sicht des Einzelnen.

Zur Dienstpflicht auch für Frauen: Was auch immer dafür oder dagegen sprechen möge – es entspricht nicht der derzeitigen Linie in der Europäischen Union und steht in 10 Wochen nicht zur Diskussion.

Anzumerken wäre, dass die allgemeine Wehrpflicht für Männer in Österreich in einem Verfassungsgesetz verankert ist, ebenso ein Wehrersatzdienst aus Gewissengründen. Warum er Zivildienst genannt wird, bedarf wohl kaum einer Erläuterung, wohl aber sei erwähnt, dass die Regelung selbst der Menschenrechtskonvention und damit der EU-Verfassung entspricht und rechtlich nicht als Zwangsarbeit angesehen wird.

Dazu ein kurzer Exkurs: Verfassungsgesetze haben in einer gelebten Demokratie die Funktion eines Stabilisators, um nicht Zeitströmungen zu sehr ausgesetzt zu sein; ein lockerer Umgang mit der Verfassung wäre ein Alarmsignal, das sich verstärkt, wenn Derartiges nicht als beunruhigend empfunden wird.

Es gibt objektivierbare Kriterien, die eher für die Einführung eines Berufsheeres sprechen: Dazu zählen die Größe des Landes, niedriges Einkommen, hohe Arbeitslosigkeit, besonders bei der Jugend, sowie Bündniszugehörigkeit – pro Wehrpflicht wären die Umkehrkriterien anzuführen. Entscheidend sind noch die gesetzten Anreize wie deutliche Erhöhung des Wehretats, hohe Bezahlung und eine Jobgarantie „danach“. Mit diesen Kriterien kann sich jeder selbst ein zweckmäßiges Ergebnis ausrechnen.

Zur Umstellung liegen ausländische Erfahrungswerte vor: Frankreich und Italien haben Anreizsysteme eingesetzt und sind relativ erfolgreich. Viele der „Umgestellten“, meist in unserer Größenordnung, würden jedoch das Rad gerne zurückdrehen, was nicht möglich ist, oder fordern zumindest signifikant mehr Budgetmittel, was meist versagt bleibt. Ersteres gilt für die Betroffenen, Zweiteres auch für die Verantwortlichen an der Spitze, ausgenommen Österreich. Eine Anmerkung zu „klein aber fein“ sei gestattet: Der unterbezahlte, hochmotivierte Vollprofi hat sich in keinem der  Erfolgsmodelle gefunden. Dazu eine Frage an den gelernten Österreicher: Werden wir gegebenenfalls Soldaten haben, die mehr verdienen als Polizisten?

Für Österreich gibt es zwei signifikante Beispiele, zunächst das negative: Ein in der Größe mit Österreich vergleichbares EU/NATO-Land (Belgien) hat 1995 eine Umstellung mit drei Auflagen eingeleitet: Erstens keine Budgetaufstockung, zweitens keine Entlassungen und drittens Aussetzung der Wehrpflicht. Das entspricht in etwa einer realistischen Ausgangslage in Österreich. Mitlerweile ist der militärische Kompetenzverlust in diesem Land als enorm zu bezeichnen, eine Rekonstruktionsfähigkeit muss angezweifelt werden.

Das positive Beispiel ist Dänemark, das die Wehrpflicht beibehält, intelligent anwendet und damit neben den Kampfaufgaben Katastrophen- und Objektschutzaufgaben optimal erfüllen kann. Das vom österreichischen Generalstabschef genannte Mischsystem kommt diesem nahe. Im Übrigen kann man ihm wohl kaum mangelnde Zivilcourage nachsagen.

Hier sei auf die wohl bekannte, aber trotzdem wenig beachtete Weisheit verwiesen: Wer nicht aus den Fehlern (auch der anderen) lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen.

Die in Beiträgen aufgelisteten Pro- und Kontraargumente mit einem Schwergewicht Ökonomie sind ein Ansatz zu einem objektivierenden Benchmarking; dazu zählen zum Beispiel auch die Themen Kommunikation und damit Integration; nicht nur von Migranten, sondern auch zwischen den Gesellschaftschichten.

Zusammenfassend sei angemerkt, dass Diskussionen, geführt im eigentlichen Sinne des Wortes, für alle gewinnbringend sein können; je weniger Polemik und je mehr Sachlichkeit, desto erfolgversprechender. Es sollte daher in den Beiträgen nicht um ein „Bekehren“, sondern um Denkanstöße – in beide Richtungen – gehen.

Ernüchternd ist festzuhalten, dass mit einem allfälligen Ende der Dienstpflicht voraussichtlich auch das Ende eines Heeres, das den Namen verdient, eingeläutet würde. Der Prozess dürfte auch bei Erfolglosigkeit irreversibel sein; ein Zurück von einem allfälligen ausschließlich auf Arbeitnehmern basierenden „Sicherheitsmodell“ unter Verzicht auf eine Dienstpflicht ist faktisch nicht möglich. Kollateralschäden im Sozialgefüge sind zu erwarten; in manchen Ihrer Beiträge wurde darauf eingegangen.

Ein Beibehalten von Wehr- und damit Dienstpflicht eröffnet zumindest die Chance, effizienzminimierende Eingriffe der letzten Jahre, wie beispielsweise die Aussetzung der Truppenübung anstelle ihrer Optimierung, zu korrigieren; die Wehrpflicht als Ganzes – siehe Dänemark – wäre neu zu konzipieren.

Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.

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Allgemeine Dienstpflicht – oder was sonst?

07. November 2012 23:42 | Autor: Ernest König
Rubrik: Gastkommentar

Der Startschuss zur nachhaltigen Diskussion und Volksbefragung um die Wehrpflicht, in Wahrheit um die Allgemeine Dienstpflicht (ADP), war unüberhörbar. Worum geht es?

„Gestern“ war es noch ganz anders; in Österreich gab es eine Wehrpflicht für männliche Staatsbürger, wer sich „drückte“, war ein Wehrdienstverweigerer. Über den Wehrdienst ohne Waffe ging der Weg zur Allgemeinen Dienstpflicht mit Wehr- und Zivildienst. Zunächst in Frage gestellt, findet sie heute allgemein Akzeptanz.

Der Zivildienst dient dem Sozialen im Inland und der Entwicklungshilfe im Ausland; der Wehrdienst wiederum den militärischen Aufgaben, dem Katastrophen- und Objektschutz im Lande sowie der Friedenssicherung im Ausland; zwei Drittel der Entsandten haben den Wehrdienst absolviert. Beide dienen also dem Gemeinwohl. Wir erlebten einen beispielhaften Prozess demokratiepolitischer Reife:  Die ADP hat staats- und gesellschaftspolitische Bedeutung erlangt. Wehr- und Zivildienst sind in ihr untrennbar verbunden, ein Ganzes, um das es schade wäre, wenn es – aus welchen Überlegungen immer – ruiniert würde.

Drei Millionen Österreicher sind nämlich ehrenamtlich und freiwillig tätig; eine Leistung von elf Milliarden Euro. Dienen nur 30 Prozent davon direkt dem Gemeinwohl der Sicherheit, ergibt sich über die unmittelbare Aufgabe und den Sozialisierungs- bzw Bildungseffekt hinaus auch eine budgetrelevante Größenordnung. Zudem kommen viele erst nach Ableisten der ADP auf den Gedanken, sich für die Gesellschaft freiwillig zu engagieren; ohne ADP würde die breite Werbebasis wegfallen.

Würden all diese Leistungen von heute auf morgen eingestellt werden, kollabierte das System von den Sanitätstransporten bis zu den friedenserhaltenden UNO-Auslandseinsätzen.

Für den Fall einer Volksbefragung, wenn also die politischen Verantwortlichen nicht entscheiden, wird zumindest Redlichkeit vorrangig; das heißt vollständige und sachliche Information der zu Befragenden; die Medien hätten im staatspolitischen Interesse sachlich zu berichten.

Naturkatastrophen außergewöhnlichen Umfanges oder von Menschen verursachte Desaster nehmen zu; reine Berufs/Freiwilligensysteme stoßen rasch an ihre Grenzen; bei gleichbleibenden Kosten würde die Leistungsmenge geringer; auch wären qualifizierte Profis im Niedriglohnbereich schwer zu finden.

Dazu kommt, dass unabhängig von der Sicht des Einberufenen Wehr- und Zivildienst eine Werteorientierung – und damit soziale, also christliche Wurzeln – haben, nämlich das Gemeinwohl, wie übrigens auch die Menschenrechte. Beim Berufsheer sind Geldverdienen, Abenteuer und Selbstverwirklichung vorherrschende Motive, die auf ein wertneutrales, neoliberales Weltbild hinweisen.

Objektive Daten lassen erkennen, dass es bei der Wahl eines Landes zwischen Dienstpflicht und Berufsfreiwilligkeit kein Richtig oder Falsch, sondern nur ein Besser oder Schlechter gibt. Für Österreich wäre das Beibehalten einer neu zu gestaltenden Pflicht die bessere Lösung; aus ihr können – wie bedingt schon jetzt – Freiwilligkeit und Berufskomponente wachsen.

Conclusio: Wenn eine Volksbefragung schon sein muss, ist zumindest manipulierte Information  hintanzuhalten. In Konsequenz ist das „Volk“ nach dem Ganzen zu fragen, nach dem Abschaffen oder dem Beibehalten der Allgemeinen Dienstpflicht für Männer, also der Wehrpflicht und des Zivildienstes in ihrer Bedeutung für unsere Gesellschaft; um letzteres bemühen sich unter anderem Salzburgs Landeshauptmann und Bürgermeister. Die Beantwortung sollte im vollen Bewusstsein der Konsequenzen erfolgen können. Allfällige Umsetzungsmaßnahmen haben sich im Rahmen der Verfassung zu bewegen.

Ernest König ist ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie.

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Nahost: Der Friede hat wieder eine Chance

31. Oktober 2012 00:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das ist die positivste Nachricht seit langem: Der Iran hat seine Atomwaffen-Projekte vorerst auf Eis gelegt. Damit ist die größte grenzübergreifende Kriegsgefahr der Gegenwart einmal unter Kontrolle. Wem ist das zu verdanken?

Teheran hat schon oft ein Einlenken angekündigt und es hat nie gestimmt. Aber diesmal kommt die Friedensnachricht nicht von dort, sondern ausgerechnet aus Israel – und zwar von Verteidigungsminister Barak. Der Ex-Chef der Arbeiterpartei war zusammen mit Premier Netanyahu ja immer einer jener, die sehr ernsthafte Interventions-Drohungen gegen Iran ausgestoßen haben.

Daher erscheint die gute Nachricht sehr glaubwürdig. Barak spricht allerdings nur davon, dass man vorerst durch eine Zurückstecken Irans acht bis zehn Monate Zeit gewonnen hat. Aber damit wäre die unmittelbare Kriegsgefahr jedenfalls vorerst gebannt. Es sei denn, Barak wollte nur durch eine Finte die Mullahs in Sicherheit wiegen, um dann umso ungehinderter zuschlagen zu können. Oder er will sich im israelischen Wahlkampf vorzeitig als Sieger über Iran präsentieren. Aber beide Vermutungen erscheinen doch allzu abwegig und vor allem gefährlich für Barak, als dass man sie für wahrscheinlich halten könnte.

Mit einem Nachgeben Irans wäre es jedenfalls der Außenwelt zum dritten Mal gelungen, einen irrationalen Staat durch Druck vom schon begonnenen Bau von Massenvernichtungswaffen abzubringen. Verblüffenderweise hat bei den bisherigen beiden Fällen keinem der Möchtegern-und-dann-doch-nicht-Atomstaaten das Nachgeben etwas genutzt: Sowohl Libyens Gadhafi wie auch Iraks Saddam Hussein sind später dann dennoch mit Gewalt gestürzt worden (im Fall Irak freilich unter der – bewusst? – irrigen Begründung, dass der Waffenbau noch weiter in Gang wäre). Dass in beiden Fällen die Einmischung von außen die Lage der Bevölkerung im übrigen eher nicht verbessert hat, ist ebenfalls auffällig, aber schon wieder ein anderes Thema.

Im Falle Irans hat – immer vorausgesetzt, Barak sagt die Wahrheit, – ganz offensichtlich eine Mehrfachstrategie gewirkt. Wobei sich unterschiedliche Seiten jeweils ein anderes Element dieser Strategie an den Hut stecken werden.

Ganz sicher ein entscheidendes Element waren die glaubwürdigen israelischen Drohungen mit einem gezielten Schlag gegen die iranischen Atomanlagen. Dazu gehörten auch geschickt lancierte Medienmeldungen, wie Israel den Iran durch einen Cyberkrieg kommunikationsmäßig total lahmlegen würde.

Die israelischen Drohungen haben im amerikanischen Wahlkampf noch an Glaubwürdigkeit gewonnen. Auch Barak Obama musste sich auf der Jagd nach jüdischen Stimmen zunehmend an die Seite Israels stellen. Und Mitt Romney ist immer schon dort gestanden.

Ganz sicher haben aber auch die im heurigen Jahr massiv verschärften Wirtschaftssanktionen dazu beigetragen, den Iran schwer zu erschüttern. Die Versorgungsprobleme und rasch steigenden Preise sind imstande, dem Mullah-Regime endgültig die Unterstützung der Massen zu entziehen. Das drohte ein zu hoher Preis zu werden. Dazu kommt die wachsende Isolation Irans in der islamischen Welt: Das Wanken des syrischen Diktators Assad, des wichtigsten Verbündeten Irans, hat Teheran wohl klargemacht, dass jetzt eine zumindest zeitweilige Frontbegradigung dringend notwendig ist.

Wer kann sich das anscheinende Nachgeben Irans an den Hut stecken? Wohl alle, die glaubwürdigen Druck ausgeübt haben.

Beschämt stehen hingegen alle jene da, die Israel wegen seiner Drohungen beschimpft haben, sowie jene, die sich jahrelang gegen glaubwürdige Sanktionen quergelegt haben. Deren Reigen reicht von vielen europäischen Linkspolitikern bis zum deutschen Außenminister Westerwelle. Ohne ihr kontraproduktives Wirken hätte es schon deutlich früher Entspannungssignale geben können.

Beschämt steht aber auch Russland da. Dieses hat auf die Karte Iran-Syrien gesetzt, ohne aber auf Grund seiner eigenen Schwäche den beiden dortigen Regimen wirklich helfen zu können. Moskau hat seine Unterstützung auch ohne ersichtlichen eigenen Nutzen für Russland gewährt. Offenbar handelt das System Putin wieder aus dem alten sowjetischen Reflex heraus, der sich aus uneigennütziger Bosheit bloß deswegen freut, weil Moskau dem Westen Probleme bereiten kann.

Und die Tatsache, dass damit die Mullahs wohl auch ihr eigenes Schicksal gerettet haben? Die muss man nicht nur hinnehmen, sondern die ist auch positiv: Denn jeder Sturz der anachronistischen Herrschaft der Bartträger von außen hätte nur Dolchstoßlegenden entstehen lassen. Das müssen die Iraner schon selbst erledigen, wenn es dauerhaft sein soll.

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Österreichs seltsamer Feiertag – oder: Was, bitte, ist der Rest?

26. Oktober 2012 00:57 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Das ist heuer wohl der groteskeste Nationalfeiertag der österreichischen Geschichte. Denn ringsum – von Frank Stronach bis Norbert Darabos – ist endgültig jedes Bewusstsein verloren gegangen, an was der Tag eigentlich noch erinnern sollte. Und nirgendwo zeigen sich neue Inhalte, die einem National-Feiertag noch echtes Leben einhauchen könnten. Mit einer nachträglichen Ergänzung.

Gewiss: Der 26. Oktober hatte es immer schon schwer. In vielen Schulen wird seit Jahren rund um ihn primär über die Optimierung schulfreier Tage zur Gewinnung satter Herbstferien getüftelt – hat doch die Schulzeit zu diesem Zeitpunkt schon fast unerträglich lange zwei Monate gedauert. Genauso skurril waren die Zeiten eines Bundespräsidenten Franz Jonas: Dieser reduzierte den 26. Oktober – vielleicht wegen des da meist noch erträglichen Wetters? – auf einen National-Wandertag. 

Auch sonst wissen die meisten Österreicher über den Nationalfeiertag nur genauso viel wie über Fronleichnam oder die Marienfeiertage: Es ist halt schul- und arbeitsfrei. Und das hat jeder gern – bis auf die paar, die sich um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs Sorgen machen. Das Warum ist an jedem dieser Tage total egal.

Der Beschluss des Jahres 1955 über ein Neutralitätsgesetz war freilich von Anfang an ein recht dünner Feier-Anlass. War jenes Gesetz doch bloß der im Nachhinein entrichtete – erzwungene und insbesondere bei den damals noch prowestlichen Sozialdemokraten ungeliebte – Kaufpreis an die Sowjets für den Staatsvertrag und das Ende der Besatzungszeit. Und dieser Anlass ist heute überhaupt ins kaum noch erkennbare Dunkel der Geschichte versunken.

Dennoch erstaunt es, wenn ein Privatsender den Nationalfeiertag ausgerechnet zum James-Bond-Tag erklärt. Offenbar haben die Herrschaften dort auch jenseits des Neutralitätsgesetzes absolut Null Bezug zum Thema Österreich.

Dennoch wäre es schön, wenn sich die Inseratenbastler von Frank Stronach wenigstens ein bisschen über den Tag informiert hätten. Feiern sie doch in großflächigen Einschaltungen seltsamerweise, dass wir an diesem Tag „unsere langersehnte Unabhängigkeit bekamen“. Nur zur Aufklärung für die Stronachisten (auch wenn der Ex-Industrielle sicher im nächsten Jahr kein Geld mehr zur inseratenmäßigen Motivation der Zeitungen ausgeben wird, werden doch dann die Wahlen jedenfalls schon vorbei sein): Österreichs Unabhängigkeitserklärung stammt aus dem April 1945; Hitlers endgültige Niederlage aus dem Mai des gleichen Jahres; der Staatsvertrag ebenfalls aus einem Mai; und der genaue Zeitpunkt des Abzugs des letzten Besatzungssoldaten – also der allerletzte Anknüpfungspunkt einer Feier der Unabhängigkeit – ist zwar umstritten, aber jedenfalls auch schon vor dem 26. Oktober 1955 gewesen.

Aber zugegeben, in Kanada muss man solche Details nicht wirklich mitbekommen. Und die von Stronach inzwischen als Statisten angeworbenen Hinterbänkler waren bisher maximal als Event-Organisatoren aufgefallen und nicht als Experten in Sachen Österreich.

Trotz dieser kollektiven Ahnungslosigkeit um den 26. Oktober ist es aber immer noch verblüffend, wie der Verteidigungsminister diesen Tag des Neutralitätsgesetzes nutzt. Mit diesem Gesetz hat das Parlament ja 1955 geschworen: Österreich werde seine Neutralität und Unabhängigkeit „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen“.

Norbert Darabos eskaliert hingegen ausgerechnet rund um die traditionelle Schau des Bundesheeres seine Propaganda für die Demontage des Heeres. Dieses sollte seiner Meinung nach (und jener der Kronenzeitung) nicht mehr mit allen zu Gebote stehenden Mitteln – also insbesondere mit allen wehrfähigen jungen Männern – das Land verteidigen, sondern mit Hilfe von „Profis“. Von denen weiß man freilich nur, dass es viel weniger Mann sein werden als heute. Und dass es vermutlich eine negative Auswahl jener jungen Menschen sein wird, die sonst keinen Job finden. Das wird das Heer vermutlich zu einem Söldnerhaufen von bildungsfernen Zuwanderern machen.

Darabos kämpft Jedenfalls groteskerweise für dieses Demontage des Heeres, ohne das Neutralitätsgesetz auch nur irgendwie in Frage zu stellen. Das wäre wenigstens ehrlich und konsequent.

Unabhängig von diesen Widersprüchlichkeiten ist festzuhalten: Dieses Gesetz stellt heute einen totalen Anachronismus dar. Es ist schon durch EU-Beitritt, durch die Teilnahme an der Nato-Partnerschaft für den Frieden, durch die Teilnahme an EU-Kampftruppen mit friedensschaffendem Auftrag weitestgehend ausgehöhlt worden. Es passt nicht mehr in Zeiten, wo Österreich statt an der Front zwischen Ost und West inmitten eines Rings von Nato- und EU-Ländern liegt. Daraus sollte man eigentlich Konsequenzen ziehen. Wir halten ja auch nicht mehr den Westfälischen Frieden oder die Konstantinischen Schenkungen für relevant.

Jetzt soll also auch noch die Wehrpflicht als letzte sichtbare Folge der Neutralitätsverpflichtung abgeschafft werden; und dennoch soll das – einst aller Welt notifizierte! – Neutralitätsgesetz weiter unverändert Teil der Verfassung und des Völkerrechts bleiben. Aber nicht einmal mehr ÖVP oder FPÖ wagen auch nur andeutungsweise daran zu erinnern, dass sie einst eine mutige Diskussion über diesen Anachronismus Neutralität begonnen hatten.

Aber was soll‘s: Das Land ist ja auch nicht imstande, sonst irgendwie die Grundlagen seiner Sicherheitspolitik zu behandeln. Bis auf Phrasen gibt’s da von keiner Seite etwas zu hören. So diskutiert auch niemand über die eventuellen Vorteile einer internationalen Arbeitsteilung bei Sicherheitsaufgaben.

Oder wird das obsolete Neutralitätsgesetz etwa gar nur deswegen nicht entsorgt, weil man sonst nicht wüsste, wann denn das Land sonst seinen Nationalfeiertag haben sollte? Und den braucht man ja offenbar unbedingt. Zumindest damit die österreichischen Botschafter im Ausland einen Tag haben, an dem sie zum großen Sektempfang laden können. Sonstige Zwecke des Nationalfeiertages in seiner heutigen Gestalt fallen mir ja in der Schnelligkeit nicht wirklich ein.

Der Beschäftigung mit der eigenen Geschichte geht man in Österreich  völlig aus dem Weg. Das Gerücht etwa, dass es schon vor 1918 ein Österreich – gar auch ein Haus Österreich – gegeben haben soll, wird von der heutigen Politikergeneration ja für völlig unglaubwürdig gehalten.

Die ÖVP hat die Befassung mit der Geschichte des Landes aufgegeben, ohne es auch nur zu bemerken.

Die Geschichtsinstitute der Universitäten sind in einem Hostile takeover von lauter Linken besetzt worden und produzieren nur noch Absolventen ohne Wissen, lediglich mit antifaschistischen „Kompetenzen“.

Die SPÖ hat nur noch eine einzige, jedoch für einen Nationalfeiertag wenig passende Geschichts-Sicht: Bis Franz Vranitzky habe das Land aus lauter Nazis bestanden. Diese geistern angeblich selbst im Heldentor noch herum – das in Wahrheit ein Spiegelbild der österreichischen Geschichte der letzten 200 Jahre ist, und das mit seinem wunderbaren Kaiser-Spruch von der Gerechtigkeit als Grundlage der Herrschaft heute noch Anlass zur Besinnung geben könnte.  Aber der geistergläubige Darabos möchte das Tor am liebsten einreißen.

Umgekehrt tragen die noch länger als die Sozialdemokraten deutschnational gewesenen Freiheitlichen heute wohl sogar schon Tag und Nacht rot-weiß-rote Unterhosen, um nur ja bei dem von den anderen Parteien leichtfertig vernachlässigten Heimat+Vaterlands-Thema Glaubwürdigkeit erobern zu können. Ein historisch gewachsenes und fundiertes Identitätsbewusstsein wird man aber auch bei ihnen nicht finden.

Aber was dieses Österreich eigentlich ist, wo es herkommt, wo es hingeht – das interessiert niemanden. Was bleibt von ihm angesichts der Massenimmigration? Wozu ist das Land da, außer dass es seinen Einwohnern noch ein paar Jahre gut geht, bevor Schuldenkrise, Überalterung, Kinderverweigerung und Reformunwilligkeit in den Abgrund führen? Weder die Politik und noch weniger die sogenannte intellektuelle oder literarische Szene diskutiert solche Fragen. Dort finden sich nur Typen, die sich als bezahlte EU-Propagandisten oder Österreich-Beschimpfer eine einträgliche Nische gefunden haben.

Österreich, das ist der Rest, dekretierten nach dem ersten Weltkrieg zynisch die französischen Sieger. Aber was nur ist heute dieser Rest?

 PS.: In das Bild eines geschichtslos gewordenen Österreichs passte auch der Umstand, dass der ORF am Feiertag ausgerechnet einen Nazi-Film aus dem Jahr 1939 spielte. Offenbar glauben die dummen ORF-Menschen, dass bei jedem Film, wo Hans Moser, draufsteht, auch Österreich drinnen ist. Dabei war es ein raffiniert und geschickt gemachter NS-Propagandafilm, der den Ostmärkern vermitteln sollte, dass sie sich von ihrer degenerierten und französisch sprechenden Vergangenheit abwenden und den neuen bodenständigen un erdigen Nachbarn zuwenden sollen.

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Waffenregistrierung: Tatsächlich im Sinne der Sicherheit?

20. Oktober 2012 23:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Dieses Motto haben die Führer der EU tief verinnerlicht. Wie schon der mutmaßliche Urheber dieses Zitats, der Bolschewik Lenin, sind auch sie davon überzeugt, es mit unmündigen Narren zu tun zu haben, die man keinen Schritt tun lassen sollte, ohne sie dabei zu überwachen. In der Hauptstadt Großbritanniens, die einstmals ein Hort der Freiheit war, befindet man sich heute auf Schritt und Tritt im Visier von Überwachungskameras. George Orwells düstere Phantasie „1984“ ist dort längst Wirklichkeit geworden.

Selbstverständlich hält es der Leviathan auch für geraten, die Finanzgebarung seiner Untertanen zu überwachen. Ein Bankgeheimnis, so werden wir belehrt, nutzt nur Drogendealern und Waffenschiebern. Die Beträge von Bargeldtransaktionen werden limitiert: In Belgien mit derzeit 5.000,- Euro und in Italien mit gar nur 1.000,- Euro. Jede größere Transaktion wird elektronisch kontrolliert. Mehr als 10.000,- Euro seines sauer verdienten Geldes über eine Grenze zu tragen, ist nur dann erlaubt, wenn man zuvor der Zollbehörde Meldung erstattet. Angeblich wegen leidiger Probleme mit „Schwarzgeld“, „Steuerbetrügern“ und „Geldwäsche“. Mit Überwachung, so wird uns von den Obertanen versichert, hat all das natürlich nicht das Geringste zu tun. Es dient nur rechtstreuen Bürgern, die vor jenen geschützt werden sollen, die sich nicht an Regeln und Gesetze halten.

Klar, dass der Staat, dessen Ziele nur auf Grundlage der Ausübung von Gewalt gegen seine eigenen und gegen fremde Bürger verwirklicht werden können (ein Umstand, dessen sich die wenigsten Zeitgenossen bewusst sind), privatem Waffenbesitz mit besonderem Misstrauen begegnet. Ein Monopolist schätzt Konkurrenz nicht. Ziel ist daher die Entwaffnung rechtstreuer Bürger. Jede in den letzten 30 Jahren erfolgte Änderung der Waffengesetze diente allein diesem Zweck. Die Registrierung des derzeit noch nicht amtlich erfassten „Altbestandes“ ist ein weiterer logischer Schritt in dieser Richtung. Schließlich wird damit die Grundlage für eine nachfolgende Konfiskation geschaffen (wie das – zumindest in Kakanien – im Falle von „Pumpguns“ und „Kriegswaffen“ schon praktiziert wird: Diese sind explizit von einer Eigentumsübertragung unter Lebenden und der Vererbung ausgeschlossen).

Zehntausendschaften mittelbar oder unmittelbar von Steuergeldern lebender Intellektueller und Journalisten sind damit beschäftigt, jeden geeignet erscheinenden Anlass dazu zu nutzen, um gegen den privaten Waffenbesitz (wie allerdings auch gegen jede andere Form uneingeschränkten Privateigentums) zu polemisieren.

So werden Jäger gerne in die Nähe der Tierquälerei gerückt; Sportschützen immer wieder als schießwütige Narren dargestellt und jene Bürger, die auf ihrem Recht zur Selbstverteidigung bestehen, einer paranoiden Grundstimmung und eines abscheulichen Hangs zur Selbstjustiz verdächtigt. Diese unablässige Wühlarbeit trägt Früchte: Dass für die Gesamtzahl der in einer Gesellschaft verübten Gewaltverbrechen gerade jene Waffen so gut wie keine Rolle spielen, deren Besitz auf gültigen Rechtstiteln gründet, wird ignoriert. Die simple Feststellung „Ein Privater braucht keine Waffe“ ersetzt jede ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema.

Waffenbesitz – der beste Schutz gegen das Gewaltmonopol

Am Ende geht es darum, das staatliche Monopol zur Ausübung bewaffneter Gewalt sicherzustellen und rigoros durchzusetzen – allerdings nur gegen rechtschaffene Bürger. Hoheitliche Kontrolle, Regulierung, Schnüffelei, Enteignung und Unterdrückung richtet sich ja niemals gegen (organisierte) Kriminelle, die sich zu keiner Zeit je um Gesetze geschert haben und von deren Waffenarsenalen die Behörden folglich keinen blassen Schimmer haben; sondern ausschließlich gegen jene staatsgläubigen Träumer, die – trotz serienweise widriger Erfahrungen – immer noch davon überzeugt sind, es mit einem „Rechtsstaat“ zu tun zu haben, der ihnen die Grundlage für ihr Leben in Freiheit und Sicherheit garantiert.

Dass Kriege, Unterdrückung von und Massaker an (ethnischen) Minderheiten, Folter von Systemabweichlern und Unrechtsjustiz stets ein Werk des Staates und dessen bewaffneter Büttel waren und sind, wird aus dem Bewusstsein getilgt. Kein auf eigene Rechnung und persönliches Risiko tätiger Gewaltverbrecher hat je auch nur annähernd Unheil in einem Ausmaß über seine Mitmenschen gebracht, wie staatliche Gewalt es stets getan hat – und weiterhin tut.

Um wie viel effizienter hätten beispielsweise die in der Vergangenheit von nationalen und internationalen Sozialisten begangenen Gräuel ausgeführt werden können, wenn schon damals die Möglichkeiten der modernen Elektronik zur Verfügung gestanden wären? Nicht auszudenken! Wer aber möchte seine Hand dafür ins Feuer legen, dass derartige Untaten niemals wieder vorkommen können – heute nicht mehr im Namen von Klassen- oder Rassenwahn, sondern z. B. der Klimahysterie wegen?

An dieser Stelle sei auch an die Gewaltausbrüche in mehreren englischen Städten im zurückliegenden Jahr erinnert. Viele Fahrzeug- und Ladenbesitzer erlitten damals hohe Verluste. Schlimme Unruhen und Gewalttaten im Zusammenhang mit der sich verschärfenden Schuldenkrise sind auch in Mitteleuropa nicht mehr auszuschließen. Das möglicherweise auf uns Zukommende ist in Griechenland und Spanien schon Realität. Besonders weit ist es am Ende nicht her mit dem Sicherheitsversprechen des Gewaltmonopolisten – besonders dann nicht, falls es so weit kommt, dass bewaffnete Staatsschergen sich mit dem randalierenden Pöbel solidarisieren…

Möchte man in einer solchen Lage Leib, Leben, Sicherheit und Besitz vollständig von der Willkür Dritter abhängig wissen? Wäre es nicht doch besser, sich in höchster Not selbst helfen zu können?

Ob man sich der Gefahr aussetzen möchte, im Fall des hoffentlich nie eintretenden Falles völlig wehrlos dazustehen, weil man seinen rechtmäßig erworbenen Besitz willfährig einer Behörde gemeldet hat, die ihr auf diese Weise erlangtes Wissen ausschließlich zum Schaden der Bürger nutzen wird, hat jeder Betroffene bis Juni 2014 selbst zu entscheiden.

Staatsgründer und Verfassungsvater Thomas Jefferson, ein Mann, der es wissen musste, meinte: „Der wichtigste Grund für die Menschen, ihr Recht zu behalten, Waffen zu tragen ist, als letzter Ausweg, sich vor der Tyrannei der Regierung zu schützen.“ Der Satz gilt heute – über 200 Jahre später – mehr denn je!

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Fußnote 354: Eine Chance für die Mozartkugel

29. September 2012 01:37 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Da schau her: Franz Vranitzky sagt etwas sehr Kluges wie Mutiges.

Der Altbundeskanzler hat beim Thema der internationalen Österreich-Denunziation viel Übles auf dem Kernholz. Aber jetzt ist er mit sehr Vernünftigem zu vernehmen und verdient dafür volle Anerkennung. Er spricht sich im Samstag-„Kurier“ für die einstweilige Beibehaltung der Wehrpflicht aus. Und noch mutiger ist sein zweiter Gedanke: Österreich solle „Allianzen suchen und für eine Verteidigungspolitik auf europäischer Basis eintreten“. „Bevor es ein solches Konzept gibt, rate ich von der vorschnellen Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ab“. Ein halbes Jahrhundert hat es keine so absolut richtige Empfehlung eines Sozialdemokraten zu den Kernfragen der österreichischen Sicherheitspolitik gegeben. Nur schade, dass das erst zu einem Zeitpunkt kommt, da sich ÖVP und FPÖ wieder komplett von genau dieser Haltung verabschiedet haben. Dabei haben sie sich etliche Jahre vehement für genau dieselbe Politik eingesetzt. Die ÖVP hatte diese damals sogar zum wichtigsten Punkt der großkoalitionären Debatten erhoben (Stichwort: „Mozartkugel“ Neutralität entsorgen). Gewiss: Vranitzky hat heute Null Pouvoir, für die SPÖ zu sprechen. Aber wer hat das schon im totalen geistigen Vakuum der Faymann-Zeit? Hätte die ÖVP jetzt zumindest einen Außen- oder Sicherheitspolitiker, der sich um mehr als den Sudan zu kümmern versteht, dann könnte nun vielleicht sogar ein fruchtbarer Dialog zu dem Thema beginnen. An dem könnte sich auch die FPÖ beteiligen, wenn dort Außenpolitik mehr wäre als Anbiederung an mittelasiatische Diktatoren. Und das BZÖ mit immerhin einem ehemaligen Verteidigungsminister, solange es noch existiert.

 

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Die Angst und die Menschenrechte oder: Der Islam und der Westen

23. September 2012 00:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Situation vieler Diplomaten in islamischen Ländern war in den letzten Tagen bedrohlich, für einige Amerikaner sogar tödlich. Die westliche Welt begann darauf aus lauter Angst zentrale Fundamente ihrer eigenen Rechtsordnungen zu zertrümmern. Dabei machen auch viele Medien in führender Rolle mit, die nicht begreifen, dass sie damit auch ihre eigene Existenzgrundlage vernichten.

Islamische Prediger hatten Millionen Gläubige wegen eines – weitgehend unbekannten! – amerikanischen Amateur-Films und einiger französischer Karikaturen zu hasserfüllten Demonstrationen und blutigen antiwestlichen Gewaltakten aufgestachelt. Tatsache ist auch, dass andere islamische Prediger sehr gelassen und weise reagiert haben – besonders hervorzuheben ist ein österreichischer Religionspädagoge, der im ORF-Radio klügere Sätze formuliert hat als die meisten hiesigen Zeitungskommentatoren und die meisten europäischen Politiker, die sich zu dem Thema geäußert haben. Der schon mehr über Meinungsfreiheit weiß als diese. Der erstmals wirklich die Hoffnung gibt, es könnte das Pflänzchen eines in unsere Rechtsordnung passenden toleranten Euro-Islam doch noch aufblühen.

Bis auf einen exzellenten Kommentar des (eigentlich gar nicht ressortzuständigen) Franz Schellhorn zu diesem Thema in der „Presse“ fanden sich nämlich sowohl in dieser Zeitung wie auch in allen anderen von mir gelesenen Kommentaren nur Texte, die einem die Zornesader schwellen ließen. Fast überall wurde rhetorisch und unterschwellig ein Gleichgewicht des Bösen hergestellt. Hier ein (angeblich) schlechter und provokativer Film, dort Morde und Gewalttaten. Hier die Ursache, dort die bedauerlichen Folgen.

Sind solche Kommentatoren eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Begreifen sie denn alle nicht, dass diese scheinbar objektive Äquidistanz ein unglaublicher Skandal ist? Man kann doch auch nicht den Hitlerschen Überfall auf Polen mit antideutschen Leitartikeln in polnischen Zeitungen vor dem 1. September 1939 austarieren! Um ein Beispiel aus der manchen Autoren ja einzig bekannten Geschichtsepoche zu holen.

Mit all diesen Kommentaren wird nämlich viel mehr als durch irgendwelche Demonstrationen eine fundamentale Grundlage des westlichen Rechtsstaats zertrümmert: Über eventuelle verbale Delikte sind einzig und allein die Gerichte zum Urteil berechtigt. Niemals darf private Rache ein auch nur indirekt akzeptiertes Instrument werden. Niemals darf eine subjektiv empfundene Provokation Mord und Totschlag rechtfertigen oder auch nur relativieren.

Noch schlimmer ist, dass in jenen Kommentaren zugleich ein weiteres Fundament des Rechtsstaats missachtet wird: das fundamentale Menschenrecht auf Meinungsfreiheit. Aber genau das passiert, wenn so getan wird, als ob die angeblich schlechte Qualität und aggressive Tonart eines Filmes oder die angeblich provokative Absicht eines Karikaturisten irgendeine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigen. Das Wesen der Meinungsfreiheit besteht jedoch nicht darin, dass ein Dritter dasselbe sagen darf wie ich. Ihr Kern ist vielmehr, auch unerwünschte, unerquickliche, provokative Aussagen hinnehmen zu müssen (und mit gleicher Münze darauf antworten zu können).

Diese Meinungsfreiheit ist das wahrscheinlich wichtigste Fundament der westlichen Kultur und Demokratie. Da ist ihre angebliche – in Wahrheit gar nicht definierbare – Ausweitung zu einer Freiheit der Kunst gar nicht mehr notwendig. Obwohl ja mancherorts so getan wird, als ob die Meinung eines Künstlers höher stünde als jene eines normalen Menschen.

Aber jedenfalls sind Filme und Zeichnungen auch künstlerische Ausdrucksformen, die Anspruch auf diesen erhöhten Schutz haben, falls es den geben sollte. Oder sollte da gar jemand meinen, nur „gute“, nur mainstreamige Filme oder Karikaturen wären als Kunst zu schützen, jedoch keine „schlechten“? Das wäre absurd. Denn dann bekäme eine Handvoll Kulturjournalisten das Recht in die Hand, in jedem Einzelfall mit ihren total subjektiven und meist völlig widersprüchlichen Urteilen das letzte Wort über den Schutz der Meinungsfreiheit beziehungsweise Kunstfreiheit zu haben.

Natürlich stecken hinter all diesen Kommentaren zwei ganz andere Ursachen: Einerseits die knieschlotternde Angst vor aggressiven Moslems; andererseits die typischen islamophilen Denk-Verzerrungen linker Gutmenschen. Wenn ein Film des von ihnen angebeteten Ulrich Seidl fromme Katholiken verhöhnt, wird das verherrlicht. Wenn das mit Moslems passiert, wird ein Film fast automatisch als schlecht und damit verbrecherisch eingestuft.

Damit glauben zwar viele Journalisten, aufs erste die eigene Macht zu erhöhen. Aber sie begreifen nicht, dass sie damit langfristig die eigene Existenzgrundlage gefährden, also das, wofür unsere Vorväter mehrere Generationen lang gekämpft haben: die allgemeine Meinungs- und damit insbesondere auch Pressefreiheit.

Die europäischen Machthaber lesen jedenfalls all diese Kommentare wider die Meinungsfreiheit schon begierig. Sie haben sofort erkannt, dass man nun den lästigen Journalisten und Bürgern mit deren eigenen Argumenten einen Maulkorb umhängen kann. Haben die doch selber nach einem solchen Maulkorb gerufen!

So blöd sollte eigentlich kein Journalist sein, dass er nicht begreift: Wenn die Obrigkeit wieder einen „schlechten“ Film verbieten darf, dann darf sie das mit der gleichen Argumentation künftig auch bei jedem für nicht objektiv erklärten und daher „schlechten“ Leitartikel. Welche Leitartikel etwa die Herren Faymann oder Ostermayer derzeit für sehr unobjektiv halten, braucht im übrigen wohl nicht lange erläutert zu werden.

Einige Zitate zeigen schon die Lust der internationalen Politik an der Zensur (wobei man übrigens erfreulich wenig einschlägige Aussagen österreichischer Politiker dazu findet. Bisweilen ist auch schon Schweigen ausreichender Anlass zum Lob):

Die unerquickliche Liste ließe sich lange fortsetzen. Der Objektivität halber sei hinzugefügt, dass es auch einige mutige Verteidiger der Freiheit in den Reihen der Politik gibt. Wenige freilich nur.

Nun werden manche die legitime Frage einwenden, ob wir etwa bei der Meinungsfreiheit nicht zu weit gegangen sind und Religionen zu wenig schützen. Das kann man sicher in aller Ruhe prüfen.

Bei einer wirklichen Erweiterung dieses Schutzes und damit einer Einschränkung der Freiheit sollte man aber sehr vorsichtig sein. Denn auch die Religionen sollten sich bewusst sein, dass die von den liberalen Vorvätern erkämpfte Meinungsfreiheit ja auch ihnen zugute kommt. Oder würden es Christen als gut empfinden, wenn Fürsten wie bis ins 18. Jahrhundert wieder die Rechtgläubigkeit von Predigten überprüfen könnten, in dem einen Land halt nach katholischer, im anderen nach evangelischer Art?

Entscheidend ist vor allem, dass es bei dieser Religionsschutz-Diskussion um eine Gleichbehandlung aller Religionen gehen muss und nicht nur um den Islam, weil der halt am aggressivsten ist!

Denn es ist Tatsache, dass diese Diskussion regelmäßig bei Satiren auf den Islam aufbrandet, bei solchen auf das Christentum hingegen nie. Das deutet entweder auf ziemliche ideologische Verblendung oder auf übergroße Angst hin. Wenn es Angst ist, mögen dies bitte die europäischen Staatsführer wenigstens offen zugeben und sagen: „Wir waren nicht nur außerstande, die Währung zu schützen; wir sind auch außerstande, Europas Sicherheit gegen islamische Hass-Taten zu verteidigen.“ Was natürlich keiner je sagen wird.

Wie einseitig die jetzige politische und mediale Aufregung ist, zeigt auch ein Bericht des „Observatory on Intolerance and Discrimination against Christians in Europe“. Es hat nicht weniger als 730 Fälle von Intoleranz gegen Christen in Europa aufgelistet. Ohne dass ich die im einzelnen nachprüfen kann, kenne ich selbst den Fall einer jungen Juristin, die mit lauter Spitzenbewertungen in den Zeugnissen nur wegen des seit einigen Jahren vorgeschriebenen psychologischen Gutachtens als Richter abgelehnt worden ist: Beim Gespräch mit dem „Gutachter“ hatte dieser freilich nur einen einzigen Aspekt thematisiert, nämlich die Frömmigkeit der Frau. Also kann nur das der Grund gewesen sein, warum sie nicht genommen wurde – beweisbar ist das freilich nicht. Für mich steht ohnedies seit langem die Objektivität all dieser Psycho-Gutachten in Zweifel.

Zurück zu der sich verbreitenden Christianophobie: Diese zeigt sich jedenfalls auch daran, dass weder Medien noch Politik den vom Obervatory aufgezählten Fällen irgendwelche Aufmerksamkeit zollen. Hingegen springen die Medien immer begeistert auf, wenn ein durch das rote Rathaus finanzierter Wiener Verein Fälle der Diskriminierung von Zuwanderern auflistet.

Tatsache ist ebenso, dass in Österreich schon zwei Frauen wegen antiislamischer Meinungsdelikte verurteilt worden sind, während die filmische Verhöhnung gläubiger Christen von den Medien bejubelt und von der Politik aus Steuermitteln gefördert wird.

Diese Verzerrungen des Zeitgeists und vor allem die Bedrohung unserer Verfassungsfundamente sollten uns viel mehr besorgt machen als das bedauerliche, aber unvermeidliche Berufsrisiko von Diplomaten in fremden Ländern. Wir sollten natürlich alles tun, um sie zu schützen, bis hin zum Abzug aller Diplomaten aus solchen Ländern. Wir sollten aber deswegen oder wegen der Angst vor islamistischen Demonstranten in unseren eigenen Straßen um keinen Millimeter von unseren Grundrechten abweichen. Wer hier den kleinsten Kompromiss macht, verliert alles.

PS.: Warum zeige ich eigentlich nicht selbst hier demonstrativ solche Karikaturen? Ganz abgesehen von Copyright-Fragen will ich nicht die religiösen Gefühle eines anderen ohne tieferen Grund verletzen. Ich will das aber selbst entscheiden und keinesfalls von der Obrigkeit zu irgendeinem Respekt gezwungen werden. Und ich will auch weiterhin eine Religion scharf, satirisch und sonstwie tadeln, die sich nach den zwei großen Totalitarismen nachweislich als die blutrünstigste, aggressivste, frauenfeindlichste und intoleranteste Ideologie der letzten 1300 Jahre erwiesen hat. Ich will das aber gerade angesichts der Größe der Bedrohung in aller Ernsthaftigkeit tun und gerade bei diesem Thema nicht in die Satire abgleiten.

(Nachträglich: Danke an alle Partner, die mich auf einen peinlichen Vertipper in Sachen Polen aufmerksam gemacht haben!)

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Zu den Iden des März

22. September 2012 00:42 | Autor: Paul Fischer
Rubrik: Gastkommentar

Am 14. März im Jahr 44 vor Christus warnte ein römischer Beamter den Diktator Julius Cäsar: „Hüte dich vor den Iden des März“. Einen Tag später wurde Cäsar auf den Stufen des Kapitols von seinem Stiefsohn Brutus und anderen Verschwörern aus den Reihen des Senats niedergestochen. Für den März des Jahres 2013 liegt eine ähnlich schwerwiegende Warnung vor. Diese kommt aus den Rängen des amerikanischen Geheimdienstes. Nach jahrelangen Beobachtungen heißt es nun: „Der Iran wird im März 2013 über eine eigene Atombombe verfügen“.

Nach allem, was man dazu aus Israel hören kann, bedeutet dies einen schwarzen Tag für den Nahen Osten. Israel wird versuchen, diese Gefahr für einige Jahre auszuschalten. Am 13. März 2013 könnte sich folgendes Szenario entfalten: Noch in der Nacht werden verschiedene Internetviren und Troianer ins Netz gestellt, die wesentliche Einrichtungen der Stromversorgung, der Atomlabors und der Verteidigungseinrichtungen für einige Tage lahm legen.

Internet, Telefon, Kommunikationssatelliten und Glasfaserkabel sollen „außer Gefecht“ gesetzt werden. In Umspannwerken will man mit dünnen Karbonfasern – dünner als ein menschliches Haar – Kurzschlüsse verursachen. Raketen werden auf Atomanlagen gefeuert, z.B. auf den Reaktor Arak oder die Konversionsanlagen in Isfahan. Andere Raketen werden unterirdisch explodieren, z.B. in Fordo. Radarsatelliten werden nach der ersten Angriffswelle Kampfflugzeuge in den Iran leiten.

Vernichtungsschlag

In diese Verwirrung hinein bohren sich Schwärme von israelischen Drohnen ihren Weg. Und im Bauen von Drohnen sind die Israelis Weltmeister. Eine Rotte an Drohnen stattet der iranischen Führung Besuche ab, tötet Entscheidungsträger, allen voran Präsident Ahmadinedschad und Ajatollah Chamenei, dann die Kommandanten der Geheimdienste, der Peschmergas und der Kudsforce – die militärischen Stützen der iranischen Despotie, ergänzt durch Mopedfahrer mit Laserpointern und Magnetbomben, und schießt die Hardliner aus ihren Wohnungen, Büros und Bunkern.

Es werden nicht viele Radikale übrig bleiben. Israel hat das bei der Besetzung von Beirut 1982 vorgeführt. Damals wurde die komplette Infrastruktur an Terrorbüros und Stellungen der PLO mitten aus Siedlungsgebieten, ja sogar punktgenau aus einzelnen Stockwerken mit Vakuumbomben herausseziert. Das israelische Militär hatte einen präzisen Plan der palästinensischen Standorte. Der Mossad wird sich diesmal nicht weniger sorgfältig in Teheran und Ghom umgesehen haben. 250.000 Israelis stammen aus dem Iran. Sie kennen sich dort aus. Eine zweite Rotte stürzt sich auf Knotenpunkte der Atomforschung. Eine Dritte nimmt sich der Luftabwehr und der ballistischen Raketen an.

Zwar hat Russland den Iran mit einem supermodernen Raketenabwehrsystem ausgestattet, aber es sei daran erinnert, dass israelische Kampfbomber am 6. September 2007 davon unbehelligt im Norden Syriens einen nordkoreanischen Plutoniumreaktor ausschalten konnten.

Zuletzt dringen 120 israelische Jagdbomber ein, und die werden mit einem lauten Knall die Welt erschüttern. Denn ein paar davon sind mit Mininukes bestückt. Mit kleinen Atombomben weit unter der Hiroshimaklasse knacken sie unterirdische Labors und vor allem jene in die Berge getriebenen Stollen, in denen Atombomben getestet werden sollten. Paradoxerweise erfüllen sie nun diesen Zweck für den Feind. Und Atomwaffen wird man im Iran für Jahrzehnte nicht mehr testen können.

Diplomatie prallt gegen eine Wand

Ob Israel zu diesem Mittel greift, wird man sehen. Die USA haben konventionelle Bunker brechende Raketen entwickelt, genau für den Zweck, sie gegen die atomare Maschinerie des Iran zu verwenden. Im Herbst 2008 wäre es angeblich beinahe dazu gekommen. Präsident George Bush war nach einem Reigen von Konferenzen mit Benjamin Netanjahu bereit dazu, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte 40.000 Cruise Missiles im Indischen Ozean für eine solche Aktion bereitgestellt. Aber wegen der ekelhaften Affäre amerikanischer Soldaten in Abu Ghraib musste er zurücktreten, und der neue Verteidigungsminister, Robert Gates, ein früherer Geheimdienstchef und wahrlich kein Softie, erhob Einspruch und damit war der Plan gestorben.

Israel jedoch arbeitete weiterhin an der Idee eines präventiven Militärschlags gegen die Atomkapazität des Iran. Ohne die Hilfe der USA war dies viel schwieriger, aber die Entschlossenheit dazu wuchs dennoch. Obama versprach, mit allen Mitteln der Diplomatie zu versuchen, den Iran an den Verhandlungstisch zu bringen und Sanktionen gegen das Regime der Ajatollahs zu verschärfen, um dann, wenn alles nichts nützt, die Bunker brechenden Bomben auszuliefern, die es Israel ermöglichen würden, sich die Atomgefahr aus dem Iran vom Hals zu schaffen. 

Die vier Jahre von Barack Obamas erster Amtszeit sind bald vergangen und der Iran hat sich in den Verhandlungen um keinen Millimeter bewegt. Vielmehr verstärkt sich der Eindruck, dass die Gespräche nur einem Zweck dienen: Zeit zu gewinnen, bis man über eine Bombe verfügt. Ein Aufstand wegen gefälschter Parlamentswahlen wurde brutal niedergeschlagen. Die Hoffnung, Ahmadinedschad, den „Irren von Teheran“, mit politischen Mitteln loszuwerden, hat sich nicht erfüllt. Verbissen verfolgt der Präsident des Iran das Ziel, seine Nation als Atommacht im Nahen Osten neben Israel und Pakistan zu etablieren. Wenn zu den Iden des März 2013 diese Wegmarke erreicht sein wird, könnten sich die Schleusen des Himmels öffnen, weil Israel in Todespanik eine iranische Atombombe nicht akzeptieren wird. Dies ist seit zehn Jahren das Mantra einer großen Mehrheit der Politiker in Jerusalem. Für diesen Fall wird beständig geübt – vom Anlegen von Gasmasken bei Zivilschutzübungen bis zur monatlichen Angriffsformation von 100 Jagdbombern samt Langstreckenflügen von Tankflugzeugen bis zu den Säulen des Herkules.

Israel testet seit August 2012 übrigens das Versenden von Mitteilungen per Handy an die gesamte Bevölkerung. Es soll auf diese Weise bei einem Angriff auf die iranischen Atomanlagen vor Gegenattacken auf Israel gewarnt werden.

Die öffentliche Debatte beginnt

Im Frühjahr 2012 ist der Damm des Schweigens rund um diese Vorbereitungen gebrochen. Israels Geheimdienstchef sagte offen, dass er einen Angriff für zu gefährlich halte, Staatspräsident Shimon Perez, ein Falke im Schafspelz eines Friedensnobelpreisträgers, bemerkte in einem Interview, dass er wegen des Szenarios Iran viele schlaflose Nächte habe; Mitglieder der „Peace Now“-Bewegung in Israel fordern eine Akzeptanz anderer Atommächte in der Region und bereits 60 Prozent der Israelis sind der Ansicht, man solle andere Atommächte in der Region tolerieren. 500 pensionierte Akademiker und Militärs unterzeichneten eine Petition an die israelischen Piloten, sich nicht an einem Angriff zu beteiligen. Und junge Israelis haben eine You-Tube-Kampagne gestartet des Inhalts: „Israelis love Iranians“.

Das sind Zeichen der Nervosität beim Näherrücken eines apokalyptischen Datums. So ähnlich verliefen auch die Monate vor dem Einmarsch der Amerikaner im Irak im März 2003. Damals intervenierte sogar der Vater von George W. Bush gegen die Kriegsabsicht seines Sohnes, indem er seinen ehemaligen Sicherheitsberater, General Brent Scowcroft, anstiftete, in einem Brandartikel in der Washington Post vor einem Waffengang an Euphrat und Tigris zu warnen.

Die iranische Internetgemeinde hat übrigens sehr positiv auf die Initiative junger Israelis reagiert. Aber auf die Politik Ahmadinedschads und Khameneis hat das keinen Einfluss, genau so wenig wie auf die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu. Es ist leider nicht so, dass Friedensmanifeste und gut gemeinte Aktionen harte Machtkalküle und Fanatismus bewegen können. Hitler ist nicht von Sit-ins und Seminaren auf Friedensburgen besiegt worden, sondern durch eine Übermacht an Waffen der Alliierten und der Opferbereitschaft von Millionen Soldaten in der Anti-Hitler-Koalition. Gandhi hatte 1947 mit einer gewaltlosen Kampagne einen Riesenerfolg gegen eine demokratische und rechtsstaatliche Macht errungen.

Gegen Totalitarismus und Verhaltensstörungen jedoch versagt die „Friedensstrategie“ der Wohlmeinenden. Beim Prozess der Teilung Indiens nach der Unabhängigkeit sind Moslems und Hindus aneinander geraten. Der große Gandhi versuchte das wieder mit Hungern zu beruhigen, aber es starben trotzdem Millionen (1947).

Die UNO versagt

Leider erweist sich jene Weltorganisation, die man 1945 in San Francisco als Nachfolgerin  des zahnlosen Völkerbundes gegründet hatte (um die Fehler, welche zum Ersten und Zweiten Weltkrieg geführt haben zu vermeiden) als absolut unfähig, große Krisen wie jetzt in Syrien zu  bewältigen. Schuld ist das Vetorecht der fünf Großmächte, das ein einheitliches Handeln und koordiniertes Vorgehen der internationalen Gemeinschaft im Ernstfall nicht erlaubt. Russen und Chinesen blockieren den Sicherheitsrat mit ihren beständigen Vetos gegen Maßnahmen zum Schutz der syrischen Bevölkerung, sodass die USA im Gegenzug locker weiterhin alle Maßnahmen gegen Israel mit einem Veto abschmettern können, von der Siedlungspolitik in der West-Bank bis eben zu einem Angriff auf den Iran.

Gewinnt in den amerikanischen Präsidentenwahlen kommenden November Mitt Romney, werden die USA mit Israel gemeinsam vorgehen und nicht nur die Bunkerbrecher kommen zum Einsatz. Gewinnt Obama, was wahrscheinlicher erscheint, könnte ein Versuch des US-Präsidenten, die Lieferung von Bunkerbrechern weiter zu verzögern, ein gegenteiliges Ergebnis haben, und Israel zum Einsatz von Mininukes beim Bunkerbrechen „zwingen“.

Schockwellen

Dann bricht die Hölle los. Schockwellen werden um den Erdball laufen. Putin hat zwar gedroht, einen israelischen Angriff nicht zuzulassen, aber Israel hat Freunde auch und gerade in Russland, unter den Arbeitern der Wissenschaftskommunen in Serpuchow, Kaluga, Magnitogorsk und Nowosibirsk ebenso wie in der Geheimdienstzentrale des FSB. Schon die Drohungen Nikita Chruschtschows 1956 bei der ersten Eroberung des Sinai durch Israel haben nicht abschrecken können. Das gilt umso mehr heute, wo Israel über Raketen verfügt, die auch Russland erreichen können. Und Putin ist jedenfalls kein Irrer wie der iranische Präsident, der zutiefst davon überzeugt ist, dass im Zuge einer großen Krise der Mahdi erscheinen wird, der verborgene 12. Imam, der dann den Islam zur weltweiten Herrschaft führt.

Wir haben schon mit Adolf Hitler erlebt, wie ein von einer Wahnidee getriebener Staatslenker die Welt in den Abgrund führen kann. Israel fürchtet nicht die Atombombe per se in den Händen seiner Feinde, aber es fürchtet die Unberechenbarkeit und den irren Hass eines Mannes und seiner Clique. Deshalb wird man unter keinen Umständen zulassen, dass das iranische Regime über eine Atombombe verfügt. Dass Nordkorea kürzlich in Teheran ein Kooperationsabkommen in Bezug auf die zivile Nutzung der Kernkraft unterzeichnete, wird die Entschlossenheit Israels zum Eingreifen sicher nicht schmälern. Im besten Fall haben wir ein halbes Jahr Zeit bis zu den Iden des März 2013. Aber losbrechen kann inzwischen jeden Tag etwas.

Präventivschlag anders herum

Andererseits wird auch Ahmadinedschad sicher nicht warten wollen, bis über ihm der Himmel einstürzt. Lieber provoziert er vorher Israel zu einem Angriff zu einem Zeitpunkt seiner Wahl. Auch er kann sich nun darauf berufen, nur einen Präventivschlag zu führen. Mit konventionellen Mitteln wird ihm das nicht gelingen. Giftgas reicht nicht aus und würde auch Araber töten. Bakterien würden sich sehr schnell bis Teheran ausbreiten. Und Israel hat für diesen Fall die atomare Auslöschung des Iran angekündigt – eine glaubwürdige Drohung.

Somit könnte ein iranischer Präventivschlag nur atomar erfolgen mit drei Atombomben: Eine auf Tel Aviv, eine auf Westjerusalem und eine auf Dimona, den Ort, wo Israel viele Stockwerke unter der Erde sein Arsenal von 267 Atombomben lagert. Wird dieser Ort überraschend getroffen, kann es keinen israelischen Gegenschlag mehr geben. Und das Problem des Zionismus wäre für die islamische Welt gelöst. Israel würde nicht mehr existieren. Die Palästinenser allerdings auch nicht mehr. Aber so wie Hitler denkt auch Ahmadinedschad im großen historischen Bogen. Ein Medizinerkollektiv hat seine Psyche einer Ferndiagnose unterzogen und kam zu einem eindeutigen Schluss. „Ahmadinedschad ist ein zweiter Hitler“.

Verfügt der Iran bereits über Atomwaffen?

Die Frage stellt sich, hat der Iran bereits Atomwaffen? Man sollte annehmen, dass die Geheimdienste der USA, Großbritanniens und Israels diese Sache sehr genau beobachtet haben. Doch sei hier auf ein erschreckendes Faktum verwiesen: 1996 lieferte Jelzins damaliger Sicherheitsberater, General Alexander Lebed, folgenden Bericht ab: „Es fehlen 46 Kofferbomben und 70 Atomgranaten“. Der Hollywoodfilm „Der Anschlag“ mit Ben Afflek in der Heldenrolle brachte diese Information (mit geändertem Hintergrund) in die Kinos. Das Ergebnis war nicht optimistisch. Über der Millionenstadt Baltimore spannte sich ein Atompilz. Vielleicht hat George Bush 2001 nur auf diesen Film reagiert, als er den Bau riesiger Scan-Anlagen für die amerikanischen Seehäfen anordnete. Ein Programm, das mittlerweile still und leise operativ ist. Jedes Schiff, jeder Container, der die USA erreicht, wird röntgenisiert.

Dazu noch ein anderes Indiz: Als nach dem 11. September Mitglieder der Bush-Regierung in Senatsverhören gegrillt wurden, warum man die Gefahr von Flugzeugeinschlägen in Hochhäusern ignoriert habe, wurde alles mögliche dazu erklärt, nur ein Faktum wurde verschwiegen, nämlich, dass zwischen Juni und August 2001 fünf Terrorteams an den Grenzen der USA zu Kanada und Mexiko verhaftet wurden. Man jagte nach iranischen Teams, die eine nukleare Kofferbombe in den Vereinigten Staaten hochgehen lassen konnten. Weil man genau darauf fokussiert war, hat man die simple Terrormethode von Passagierflugzeugen als Bomben nicht im Blickfeld gehabt.

Faktum bleibt – der Iran verfügt möglicherweise über Kofferbomben aus dem ungeheuren Bestand der untergegangenen Sowjetunion. Dazu gab es 1993 ein weiteres Gerücht. Drei Atomgranaten seien von einem Stützpunkt in Tadschikistan entwendet und in den Iran verfrachtet worden. Dieses Thema wurde von einem James-Bond-Film aufgegriffen. Man konnte sehen, wie die NSA-Spezialisten vom Satelliten aus den Weg der Jeeps mit der Atomfracht nach Teheran verfolgten. 007 gelang es, ein paar hundert Meter vor der iranischen Grenze die Jeeps zu knacken. In der Wirklichkeit wird es wohl nicht so toll abgelaufen sein, aber das Drehbuch könnte eine wahre Geheimdienstinformation zur Grundlage haben.

Der ferne Große Bruder

Noch viel besorgniserregender sind die Kontakte Nordkoreas nach Teheran. Zur Zeit der Besetzung des Irak haben die Amerikaner vor Sokotra im Golf von Aden einen nordkoreanischen Frachter aufgebracht, der Raketen für Saddam Hussein an Bord hatte. Vielleicht waren da auch Bestandteile für eine Atombombe darunter. Ein irakischer Tanker hat sich gleich selber versenkt, als ein amerikanisches Enterkommando an Bord kletterte. Was hatte das Schiff an Bord, dass man zu dieser Maßnahme griff?

Mit Sicherheit verfolgen heute US-Satelliten jedes Schiff, das den Iran ansteuert. Nordkorea hat inzwischen nachweislich zehn Atombomben gebaut. Wo sie gelagert werden, wird man nicht so genau wissen und drei davon könnten sich in der Hand von Ahmadinedschad befinden.

Und es ist ja interessant: Das Programm mit den Uranzentrifugen wird vom Iran relativ ungeniert betrieben, ja man hat den Eindruck, hier wird etwas halbverschleiert zur Schau gestellt, um die Aufmerksamkeit von etwas Anderem wegzulenken. Die Entwicklung einer Uranbombe (Hiroshima-Typ) gewissermaßen als Cover für etwas noch Gefährlicheres. Als die Israelis im Herbst 2007 einen nordkoreanischen Plutoniumreaktor bombardierten, hat das geneigte Publikum in der Welt nicht wirklich verstanden, worum es da ging. „Atomar, so oder so“ wird man gedacht haben. Den Experten freilich gefror das Blut in den Adern. Der Atomreaktor in Syrien hatte nichts mit Bashar Assad zu tun. Er diente einem geheimen zweiten Atomprogramm des Iran, dem Bau einer Plutoniumbombe vom Typ Nagasaki, das gewissermaßen nach Syrien outgesourced war. Die tiefe Interaktion Nordkoreas mit dem Iran wurde dabei offenbar.

Die Israelis konnten zwar diesen Teil des iranischen Atomprogramms Nummer zwei zerstören, aber niemand kann sagen, ob nun die Nordkoreaner nicht die fehlenden Teile direkt geliefert haben, bis hin zu kompletten Bomben. Den Israelis ist das natürlich bewusst. Und sie wissen mehr darüber als alle Medien der Welt zusammengenommen. Deshalb sollte man ihre Erklärung ernst nehmen:

„Unseren Erkenntnissen nach gibt es eine iranische Atombombe wesentlich früher als im März 2013“.

Das Feuer ist am Dach.

Ausweglos?

Wer könnte den beiden Kontrahenten in den Arm fallen? Das ginge nur über eine konzertierte Aktion der Atommächte, sprich der Vetomächte des Sicherheitsrates. Der Iran müsste zu einem kompletten nuklearen Abrüsten gezwungen werden, dann genauso Israel. Und alle übrigen Länder im Nahen Osten - von der Türkei über Ägypten bis Saudi-Arabien – müssten vertraglich darauf verzichten, sich in Zukunft eine Atomrüstung zuzulegen. Kann irgendjemand so etwas im nächsten halben Jahr zu Stande bringen? Sehr unwahrscheinlich.

Aber so etwas könnte das Ergebnis nach einem israelisch-iranischen Schlagabtausch sein. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan hat zwar kürzlich in einem Interview mit der CNN-Ikone Christiane Amanpour erklärt, ein Angriff Israels auf den Iran würde den Nahen Osten in eine düstere Ära stoßen. Aber das muss gar nicht sein. Die Türkei hat mit Sicherheit kein Interesse an einem nuklear bewaffneten Iran, und so auch nicht die arabischen Länder. Die Türkei wird nicht offen Partei für den Iran ergreifen während sie iranischen Einfluss in Syrien bekämpft. Alle miteinander, freilich, hätten ein Interesse an einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten. Dafür müssten politisch einige Probleme zwischen den Ländern geklärt werden.

Dazu gibt es zwei Funken Hoffnung: Der erste betrifft Nordkorea. Wenn sich bestätigt, wofür es seit kurzem kleine Anzeichen gibt, dass Kim Jong-Un den chinesischen Weg der Entwicklung seiner steinzeitlichen Volkswirtschaft gehen will, dann müsste er logischerweise auch die Politik der Konfrontation mit Südkorea beenden (Ein stehendes Heer mit 1,2 Millionen Mann und eine Reservearmee mit 5 Millionen Mann überfordert jede Volkswirtschaft). Das hätte aber weiters eine Abwendung vom Iran zur Folge. Ohne diese Rückendeckung aus dem Fernen Osten wird die Führung in Teheran kalte Füße bekommen. Dann wäre auch dort ein iranischer Frühling angesagt.

Das zweite Quäntchen Hoffnung ergibt sich aus einer Erfahrung des Dritten Reiches. Als der Starrsinn Hitlers gegen Ende des Krieges auch für seine treuesten Anhänger lebensgefährlich wurde, legten die Widerständler um Graf Stauffenberg eine Bombe und bereiteten einen Putsch in den Wehrmachtkommandos von Paris über Wien bis Berlin vor. Die „Operation Walküre“ scheiterte, weil die Bombe unter dem Lagebesprechungstisch Hitlers in der Wolfschanze zu schwach war. Aber sogar der „Wüstenfuchs“ Erwin Rommel dachte in dieser Zeit an offenen Widerstand und deshalb musste auch er den Schierlingsbecher trinken. So könnte sich im iranischen Mullahregime in den nächsten Monaten Panik ausbreiten. Das könnte den Versuch auslösen, den „Irren von Teheran“ abzusetzen und einen Ausgleich mit den USA und Israel zu suchen.

Es wird davon abhängen, ob Israel die Nerven bewahrt, und dieser Entwicklung eine Chance gibt. Eine Verschärfung der Sanktionen durch Amerikaner, Europäer und Japaner wäre hier hilfreich. Leider wird die Lage durch den Bürgerkrieg in Syrien völlig unübersichtlich. Der Iran steckt hier mit Waffen, Geld und Mannschaften mittendrin und zieht Verbände der Hisbollah aus dem Libanon und der Hamas aus Gaza nach Syrien. Fällt das Assad-Regime, kollabieren rundherum etliche Dominosteine. Möge es den Einsichtigen in Teheran eine Ermutigung liefern für einen Politikwechsel. Es wäre die Rettung der Welt.

Paul Fischer ist Journalist und Vorstandsmitglied des Wiener Akademikerbundes.

Infosplitter

Henry Kissinger im CNN-Interview mit Ahmed Zareed am 11. März 2012:

„Selbstverständlich müssen wir in Kenntnis der Nachrichtenlage davon ausgehen, dass der Iran eine Atombombe entwickelt. Das Gerede um die fehlenden Beweise ist lächerlich.“

Die IAEA hat vor dem Sommer bekannt gegeben, dass in Fordu Neutronenquellen hergestellt wurden. Diese dienen als Zünder für Atomwaffen.

König Abdullah von Saudi Arabien in einer von Wiki Leaks abgefangenen Depesche an den US-Botschafter in Ar Riad. „Man muss der persischen Schlange den Kopf abschlagen“.

Benjamin Netanjahu: „Wir befinden uns im Jahr 1938 und der Iran ist Deutschland. Aber die Juden werden sich diesmal nicht wie Opferlämmer auf die Schlachtbank führen lassen“.

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak: „Es ist gefährlicher, nichts zu tun, als anzugreifen. Wir müssen das Problem jetzt anpacken“.

Der Glaube der Schiiten: Der 12. Imam, eine Wiederkehr Mohammeds – der Mahdi – wird die Welt von allem Übel erlösen. Ahmadinedschad glaubt an sein Auftauchen in Kürze in einer großen Krise, und er wird dann den Islam zum Sieg führen.

Liquidierungen: 

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Zwangsarbeit zur Aufrechterhaltung der äußeren Sicherheit

18. September 2012 23:42 | Autor: Stephan Unterberger
Rubrik: Gastkommentar

In der aktuellen Diskussion um die Wehrpflicht scheinen die Positionen zwischen der sozialistischen und der liberalen Seite auf geradezu groteske Art verdreht. Es ist kein Zufall, dass sowohl SPÖ als auch ÖVP noch vor einigen Jahren zum Teil konträre Positionen vertreten haben.

Wo soll man also als liberal denkender Mensch im Jänner sein Kreuzchen machen? Eine spannende Frage, da sich hier die Freiheitsrechte des einzelnen und eine der wenigen Pflichten, die auch ein Liberaler dem Staat zugesteht, diametral gegenüberstehen.

Die Verpflichtung zur Zwangsarbeit (und nichts anderes sind Wehr- und Zivildienst) gehört sicherlich zu den stärksten Eingriffen in die persönlichen Freiheitsrechte jedes einzelnen. Um es mit den Worten unseres Bundeskanzlerdarstellers zu sagen, der Staat stiehlt den jungen Männern 6 bis 9 Monate ihres Lebens (die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen ist ein eigenes Thema, das separat zu behandeln wäre). In vielen Fällen betrifft dies nicht nur 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche und damit einhergehend einen fast kompletten Erwerbsausfall (also quasi eine 100 Prozent Steuer).

Diese moderne Form der Zwangsarbeit beinhaltet wochenlange Einsätze an der Grenze, bei der Grundausbildung und im Katastropheneinsatz, in denen die jungen Männer kaserniert sind und auch ihr privates und soziales Leben auf massive Weise beeinträchtigt wird. Eine Einschränkung, die man heutzutage nicht einmal mehr Asylsuchenden für einige wenige Tage zumuten will. Für Soldaten im Milizsystem (das in Österreich im Vergleich etwa zur Schweiz ohnehin ein Schattendasein führt) führt dies auch zu negativen Konsequenzen für den weiteren Berufsweg, wenn der Arbeitgeber den Milizsoldaten mehrere Wochen im Jahr freistellen muss.

Umgekehrt gehört die Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Sicherheit zu den zentralen Aufgaben eines Staates; eine der wenigen Aufgaben, die nur sehr schwer in private Hände gelegt werden kann. Für einen Staat, der von seinen Bürgern weiterhin für neutral gehalten wird, keine leichte Aufgabe. Bei den meisten Aufgaben des Zivildienstes fällt die Analyse schon deutlich schwerer. Die Aufrechterhaltung eines maroden Gesundheits- und Pflegesystems durch Zwangsarbeit zu ermöglichen, gehört eher nicht zu den Kernaufgaben des Staates. Das können Private besser (wie man bei den katholischen Ordensspitälern sieht).

Die zwangsweise Verpflichtung aller jungen Männer muss auch zu erheblichen Ineffizienzen führen. Maturanten, die Solitaire spielen, HTL-Absolventen, die Rollstühle schieben, Tischler, die Wache stehen, Ärzte, die Sandsäcke befüllen oder IT-Techniker, die Keller auspumpen. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass hier wertvolle Ressourcen (die dem Staat nur durch Zwang zur Verfügung stehen), hochgradig ineffizient eingesetzt werden. Ließe man die jungen Männer in ihren Berufen arbeiten, könnten sie einen (monetär) viel höheren Beitrag zum Gemeinwohl leisten, einerseits durch den Mehrwert, den sie für sich und andere generieren, andererseits durch die (erheblichen) Steuern und Abgaben, die sie an den Staat abliefern müssen.

In einer arbeitsteiligen Welt muss ein spezialisiertes Berufsheer gesamtwirtschaftlich die effizientere Lösung sein, auch wenn die nominellen direkten Kosten für den Staat sicherlich höher ausfallen werden müssen, als dies heute der Fall ist (und als uns der Verteidigungsminister einzureden versucht).

Aber wie ist es mit dem erzieherischen Effekt? Tut es den jungen Männern nicht gut, wenn sie sich ein paar Monate für die Gemeinschaft einsetzen? Es mag schon der Fall sein, dass Wehr- oder Zivildienst für die persönliche Entwicklung des einen oder anderen förderlich sein kann, aber zwangsweise Werterziehung und Persönlichkeitsbildung erwachsener Männer können sicher nicht Aufgabe des Staates sein.  Wer sich gerne einbringen will und das für sich als bereichernd erfährt, hat viele Möglichkeiten: aber eine Zwangsverpflichtung mit potentiell ideologischer Schlagseite (insbesondere beim Zivildienst, wo das Innenministerium über die Zuteilung der Plätze entscheidet) ist problematisch.

Unterm Strich also ein klares Ja zur Aufgabe des Staates für äußere Sicherheit zu sorgen, aber die Verpflichtung, dies möglichst effizient und mit den geringsten Auswirkungen auf die persönlichen Freiheitsrechte des einzelnen zu tun. Und hier ist ein Berufsheer (in einem weiteren Schritt zusammen mit internationaler Arbeitsteilung mit verbündeten Staaten) wohl die bessere Variante.

Stephan Unterberger ist Ökonom und Mitarbeiter einer internationalen Finanzinstitution mit Sitz in der Schweiz.

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Obama: Und Jetzt?

13. September 2012 00:20 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Islamistische Täter haben in mehreren Ländern amerikanische Einrichtungen angegriffen und in Libyen vier US-Diplomaten ermordet. Die ersten Reaktionen der Regierung Obama darauf waren aber mehr als eigenartig. Und auch die weiteren Reaktionen auf die Morde werden mehr als dramatisch sein, insbesondere für die amerikanischen Wahlen.

Gewiss haben Präsident und Außenministerin die Morde sofort scharf und mit drohendem Ton verurteilt. Aber sie haben im gleichen Atemzug auch einen – im Mutterland der Meinungsfreiheit völlig unakzeptablen – unmittelbaren Zusammenhang mit dem offenbaren Anlass der Taten hergestellt. Das war nämlich ein Mohammed-kritischer Film eines amerikanischen Filmemachers. So sagte etwa Hillary Clinton im O-Ton: "Die USA missbilligen jeden absichtlichen Angriff auf die religiösen Gefühle von Andersgläubigen." Fast gleichlautend reagierte auch Barack Obama selber.

Damit sind wir aber am Ende der Meinungsfreiheit angekommen. Denn die besteht nicht nur darin, unterschiedlicher Ansicht übers Wetter zu sein, sondern eben auch im Recht, Aussagen zu tätigen, welche die „Gefühle“ anderer verletzen. Auch noch so kritische Aussagen sollten in einem freien Rechtsstaat nur dann die Obrigkeit (und da auch nur die Gerichte und nicht einen Politiker!) befassen, wenn sie nicht nur als kränkend empfunden werden, sondern auch wenn sie zusätzlich unwahr sind.

Nach allem aber, was man bisher über den Film weiß, sind darin keine Unwahrheiten oder Erfindungen enthalten, sondern nur scharfe Zuspitzungen wahrer Fakten. Denn alle Quellen stimmen überein, dass Mohammed etwa mit einer Neunjährigen Geschlechtsverkehr hatte. Oder dass er die Verantwortung für blutigste Angriffs- und Eroberungskriege trug.

Das wird man hoffentlich noch in aller Deutlichkeit sagen dürfen. Und als Christ wird man sich im übrigen endlich auch gegen die in der Political Correctness modische Gleichsetzung von Jesus Christus mit Mohammed wehren dürfen. Denn der Lebensweg des einen ist das absolute Gegenteil des Weges des anderen. Was natürlich nichts an den Untaten ändert, die später dann auch im Zeichen des Christentums begangen worden sind (wie im Namen sehr vieler Religionen, mit der Religion namens Atheismus an der blutigen Spitze).

Aber zurück zur amerikanischen Politik: Wie reagiert nun Präsident Obama? Das ist wenige Tage nach seinem Parteitag und dessen positiven Auswirkungen auf seine Umfrageergebnisse für ihn eine existenzielle Frage geworden. Wenn er jetzt Schwäche zeigt, braucht er im November gar nicht mehr zu den Wahlen antreten. Trotz aller Umfragen.

Aber wie Stärke zeigen? Einfach in Casablanca-Manier die üblichen Verdächtigen in Afghanistan oder Pakistan zu bombardieren, würde wenig nutzen und Obama wenig Glaubwürdigkeit verschaffen. Die wahren Täter aber sind wohl kaum identifizierbar und noch schwerer auffindbar und jedenfalls in dem Menschengewimmel arabischer Städte untergetaucht. Würde Obama jedoch Städte bombardieren, dürfte sich kein Amerikaner (und Europäer?) jemals wieder in einem Land des Nahen Ostens sehen lassen. Auch nur die Sprengung einer Moschee, in der zu solchen Taten aufgerufen worden ist, könnte sich als weltpolitische Katastrophe erweisen.

Amerikas Wähler wollen aber Taten sehen. Sie werden diese Forderung auch bis zum Wahltag in zwei Monaten nicht mehr vergessen. Und das gilt insbesondere bei einem Präsidenten, dem immer wieder vom politischen Gegner klammheimliche Sympathie für den Islam (die Religion eines Teils seiner Vorfahren) nachgesagt werden.

Bei allen Fehlern der Amtszeit Obamas: In diesen Tagen ist er nicht zu beneiden.

PS.: Dass in der Berichterstattung des ORF wieder einmal die islamische Sicht der Dinge dominiert, braucht niemanden weiter zu überraschen.

 

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Es droht Krieg und kein Europäer merkt es

11. September 2012 00:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Während Europa unter den Folgen jahrzehntelanger Schuldenwirtschaft stöhnt, zieht am Horizont eine noch schlimmere Gefahr auf als der Zusammenbruch von Wirtschaft und Währung: Die Kriegsgefahr im Nahen Osten wächst von Woche zu Woche. Und nur Illusionisten können zweifeln, dass das nicht nur in Hinblick auf die Energieversorgung eine katastrophale Bedrohung für Europa darstellt. Daran ändert es natürlich auch nichts, dass in Europa diese Kriegsgefahr gerne verdrängt wird. Ursache dieser Verdrängung ist einerseits die Konzentration auf die Finanzkrise, andererseits das generelle Fehlen einer konsistenten europäischen Außenpolitik.

Zwar sind mehrere Vertragsänderungen der EU mit der Notwendigkeit einer starken europäischen Außenpolitik begründet worden. Ans Ziel geführt haben diese Änderungen aber offensichtlich nicht. Das merkt man schon daran, dass die Mitgliedsstaaten sämtliche europäische Führungsfunktionen mit schwachen Persönlichkeiten besetzt haben, ob es nun der Kommissions- oder der Rats-Präsident ist oder die Außenbeauftragte.

Wirkliche Großmächte dieser Welt wie insbesondere China machen sich trotz aller asiatischen Höflichkeit gerne lustig über die außenpolitische Profillosigkeit Europas. Und sie reden daher lieber mit der deutschen Bundeskanzlerin als mit einem dieser Exponenten Brüssels, wenn sie ernsthaft verhandeln wollen.

Die europäischen Großmächte sind sehr klein geworden

Aber auch die europäischen Großmächte selbst schrauben ihre außenpolitischen Ambitionen herunter. Frankreich und England haben bei ihrer letzten Aktion – den Luftangriffen auf Libyen – gelernt, dass das sehr teuer war, und dass man dennoch in Libyen keineswegs eine echte Verbesserung der Verhältnisse erreichen konnte. Sie sind daher außenpolitisch leise geworden – und wirtschaftlich zunehmend angeschlagen. Deutschland wiederum hat als Universalfeuerwehr Europas genug Sorgen, es ist außenpolitisch auch schon vor der Krise außerhalb Europas traditionell vorsichtig und zurückhaltend gewesen; und es hat jetzt überdies einen Außenminister, der nicht wirklich als Schwergewicht oder besonders weise gilt.

Die nächstgroßen Länder Italien und Spanien hängen überhaupt groggy in den Seilen. Daher ist ihnen die frühere Lust auf eine lautstarke Mittelmeer- oder Lateinamerikapolitik komplett vergangen. Und die kleineren Europäer waren weltpolitisch naturgemäß immer schon irrelevant. Österreich zum Beispiel hat seit dem EU-Beitritt und der Balkanpolitik des Alois Mock nicht einmal eine nennenswerte Europapolitik, sondern bloß eine sich selbst verwaltende Außenpolitik (mit einer einzigen Unterbrechung durch das mutige Nein von Schüssel und Plassnik in Sachen Türkei-Beitritt).

Vom Balkan bis Nahost fehlen Europa Konzept und Strategie

Freilich muss man realistisch sein: Europa kann den drohenden Ausbruch eines Krieges zwischen Israel und Iran wie auch die zunehmende Eskalation zwischen Israel und Ägypten wie auch die Zuspitzung des syrischen Bürgerkriegs wie auch die Turbulenzen in weiteren arabischen Ländern nicht verhindern. Das gelingt auch den militärisch wie außenpolitisch viel mächtigeren Vereinigten Staaten nicht. Druck der Außenwelt auf regionale Hitzköpfe hätte ohnedies nur dann eine Erfolgsgarantie, wenn sowohl Amerika wie China wie Russland wie Europa einmal mit einer Stimme sprechen. Was leider nur ein Wunschtraum ist.

Aber auch bei realistischer Sicht ist die außenpolitische Absenz Europas deprimierend. Man hat den Eindruck, alle anderen drei großen Welt-Akteure haben ein klareres Konzept für den nahöstlichen und arabischen Raum als Europa. Dabei zeigt schon der Blick auf die Landkarte, dass die Möchtegern-Weltmacht Europa den Krisenzentren näher liegt als alle anderen globalen Mächte. Zusätzlich wäre Europa auch dadurch ganz besonders gefordert, dass die USA einen schleichenden Rückzug von ihrer Rolle als universeller Weltpolizist eingeleitet haben.

Aber Europa ist nicht einmal auf dem eigenen Territorium imstande, den Zypernkonflikt, also die Besetzung von EU-Territorium durch eine fremde Macht zu lösen. Es kann auch in der unmittelbaren Nachbarschaft keine funktionierenden Staatsmodelle für den Kosovo und Bosnien durchsetzen. Die EU kann sich weder dazu aufraffen, die De-Facto-Segmentierung dieser beiden Staaten anzuerkennen – sie ist aber natürlich auch völlig außerstande, militärisch eine staatliche Einheit durchzusetzen. Denn der gemeinsame Nenner der europäischen Politik ist die Immobilität.

Die nahöstlichen Christen wurden aufgegeben

Was könnte, was müsste Europa in Nahost konkret besser machen? Es müsste sich vor allem einmal auf überschaubare Ziele konzentrieren. Das wäre insbesondere der Schutz der Christen im Irak und Syrien, die derzeit zu Hunderttausenden verfolgt und vertrieben werden. Aber statt dessen hat sich die europäische Politik ohne Rücksicht auf die Konsequenzen in eine fast infantile Begeisterung für die islamistischen Revolten hineintreiben lassen.

Noch schlimmer ist das Versagen Europas in der gefährlichsten Konfliktzone, nämlich jener zwischen Israel und Iran. Mittlerweile sind die Beweise überwältigend, dass Iran knapp vor der Fertigstellung von Atomwaffen steht. Auch die Internationale Atomenergiebehörde – die sich vor dem Irak-Krieg der amerikanischen Propaganda gegen Saddam Hussein entgegengestellt hatte, die daher zweifellos große Glaubwürdigkeit besitzt – hat reihenweise diesbezügliche Alarmmeldungen veröffentlicht.

Die iranische Bombe ist für Israel unerträglich

Eine iranische Atombombe bedeutet aber für Israel eine lebensgefährliche Bedrohung. Denn Atombomben in den Händen eines Regimes, das den Holocaust verherrlicht, sind für das Land unerträglich. Zugleich sind die bevölkerungsreichen islamischen Länder mit ihren wirren Kompensationsversprechungen für das Jenseits leichter als jede andere Kultur  imstande, einen Atomkrieg zu riskieren. An dessen Ende wären das kleine Israel und all seine Einwohner mit Sicherheit ausgelöscht, während ein Teil der moslemischen Menschheit überlebt.

Die Gefahr durch eine iranische Bombe wird noch durch die innerislamischen Rivalitäten verschärft: Wer sich von den drei um die Führung ritternden Ländern Iran, Saudi-Arabien und Ägypten am aggressivsten gegen Israel stellt, dem jubeln die durch den Islam verarmten und radikalisierten Massen am lautesten zu.

Botschaften nach Jerusalem landen in Teheran

Daher hätte es für jeden verantwortungsbewussten Politiker der Außenwelt seit Jahren oberste Pflicht sein müssen, den Druck auf den Iran zu erhöhen und diesen vor allem glaubwürdig auszuüben. Das wäre die beste Chance gewesen, den Iran zum Verzicht auf die Atomwaffenentwicklung zu bewegen und solcherart die Kriegsgefahr zu beenden.

Doch sind aus Europa nie wirklich konsistent glaubwürdige und entschlossene Signale nach Teheran gesandt worden. Der Kontinent erweckt den Eindruck, nur auf amerikanischen Druck und nur halbherzig bei den Sanktionen gegen Iran mitzumachen.

Botschaften an Israel werden vor allem in Teheran gehört, das daraus seine Rückschlüsse zieht. Sie werden als Signal aufgenommen, dass man ohnedies mit dem Bombenbasteln fortfahren könne. Daher sind die ständigen öffentlichen Warnungen an Israel, auf einen Präventivschlag gegen Iran zu verzichten, gefährlich und kriegsfördernd. Denn selbst wenn man der Meinung wäre, Israel solle der Fertigstellung der iranischen Bombe tatenlos zusehen, wäre es klug und die einzige friedenstiftende Politik gewesen, das niemals öffentlich zu sagen. Was aber etwa ein Herr Westerwelle ständig tut.

Wer begreift, wie sehr die Erinnerung an den Holocaust verständlicherweise den harten Kern der Identität Israels bildet, dem muss außerdem klar sein, dass solche Warnungen an Israel völlig sinnlos sind. Der jüdische Staat ist durch und durch von einem „Nie wieder“ geprägt: Man will sich nie wieder wehrlos abschlachten lassen.

An der Dummheit und Gefährlichkeit der europäischen Nahostpolitik ändert auch der Umstand nichts, dass auch die amerikanische Politik zunehmend solche gefährlichen Signale der Unsicherheit aussendet. Diese sind aber derzeit wenigstens durch den Wahlkampf erklärlich, in dem man sich keinesfalls durch einen israelischen Präventivschlag mit all seinen ungewissen und gefährlichen Konsequenzen stören lassen will.

Aber es steht außer Zweifel, dass eine iranische Bombe noch viel gefährlicher ist als ein zweifellos ebenfalls hochriskanter israelischer Präventivschlag.

 

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Wehrpflicht und die Erziehung der Galerie

07. September 2012 01:42 | Autor: Georg Vetter
Rubrik: Gastkommentar

Machen wir uns einmal Gedanken über etwas, das es eigentlich gar nicht geben sollte: Die Unterschicht. Immer dann, wenn Fußballfelder gestürmt werden, die Fans verschiedener Mannschaften zum kollektiven Infight antreten, oder im Vorfeld eines Spiels ein Rabbiner und die Rechtsordnung mit einem verbotenen „Gruß“ beleidigt wird, erinnert sich die Öffentlichkeit, dass trotz des segensreichen Wirkens des staatlichen Rundfunks im Verein mit idealistischen Pädagogen immer noch ein paar Unbelehrbare auf jener Galerie herumlaufen, die der Halbwelt eben diesen wienerischen Namen gab. Von dort aus zeigen sie mit Transparenten auf ihre Weise, dass sich hinter dem Fußballtor jenes Gebiet befindet, auf dem sie sicher fühlen – insbesondere vor der Ordnungsmacht (z.B. „Hanni, schau weg“, „Polizeigewalt kann jeden treffen“).

Ganz selten, wenn sie ihr sicheres Territorium verlassen und neben einer Massenschlägerei zur Sachbeschädigung übergehen und dabei auch noch von den Überwachungskameras des Westbahnhofes gefilmt werden, greift die Justiz letztlich mehr oder weniger notgedrungen ein und betritt mit dem Strafrechtsparagrafen des Landfriedensbruchs selbst massenprozessuales Neuland. Im Fall des oben erwähnten Vorfalls mit dem Rabbiner soll allerdings gegen die untätigen Polizisten – wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs – ermittelt werden. Dies erscheint, nebenbei bemerkt, viel einfacher zu sein, als dem Verbotsgesetz in der Galerie Geltung zu verschaffen.

Wenn uns die Galeristen also immer wieder vor Augen führen, dass der Staat an die Grenzen seiner Macht stößt, wenn sie im Rudel auftreten, so kann man im Zuge der Diskussion um die Wehrplicht durchaus darauf hinweisen, dass das Bundesheer auch eine Erziehungsfunktion hat oder zumindest haben sollte.

Unter der verheerenden Symbolik, einen Zivildiener zum Verteidigungsminister zu machen, hat selbstredend auch die Ausbildungswilligkeit gelitten. In der Armee hat sich ein beispielloser Schlendrian breit gemacht, dessen äußeres Zeichen etwa die hohe Quote an Systemerhaltern ist. Aber auch bei den übrigen Rekruten der Gegenwart stehen fordernde Gefechtsübungen nicht im Vordergrund, sodass sie liebevoll Schokoladesoldaten genannt werden. Am Niedergang der militärischen Erziehung ist aber nicht allein Norbert Darabos die Schuld zu geben – auch seine Vorgänger haben, etwa durch die Abschaffung der Truppenübungen, kräftig an der Demontage des Bundesheeres gewerkt.

Die militärische Erziehung besteht nicht nur aus Bettenbau, Spindordnung und Schuhputz, wobei es doch erstaunlich viele Rekruten gibt, die erst beim Bundesheer lernen, mit sich selbst in einfacher Ordnung zu leben. Sie besteht auch aus Gefechtsdiensten, Schießübungen und Nachtmärschen, die wiederum nicht nur die Konstitution des einzelnen Wehrdieners stärken sollen. Viele finden hier ein Betätigungsfeld für überschüssige Energien, die sie andernfalls auf der schiefen Bahn ausleben würden. Und sie lernen hier gerade im Vorbeigehen jene soziale Kompetenz, von deren Vermittlung diverse Erziehungswissenschaftler nur so träumen und die in der Sozialisation hinter dem Fußballtor auch durch noch so wohlmeinende Ex-Politiker nicht nachzuholen ist.

Nicht zuletzt werden bei der Erziehungsanstalt Bundesheer soziale Kontakte der besonderen Art geknüpft. So hat sich etwa vor ein paar Jahren ein ehemaliger Soldat, für dessen Ausbildung ich seinerzeit als Kommandant mitverantwortlich war, mit der Bitte an mich gewandt, dass ich für ihn einen Brief schreibe. Er selbst war nur gewohnt, seine Probleme mit den Fäusten zu lösen. EF, also die einjährig-freiwillige Ausbildung zum Milizoffizier, war in meiner Jugend noch ein Teil des modernen Cursus honorum, der mich mit der Galerie zusammenkommen ließ.

Derzeit hat man den Eindruck, dass die Erziehungsfunktion des Militärs dem Blickfeld der Öffentlichkeit entrückt ist. Jenen Politikern, die sich für eine Beibehaltung der nur noch rudimentär vorhandenen Wehrpflicht stark machen, scheint an dieser nur deshalb gelegen zu sein, weil sie das Bundesheer für eine Reserveorganisation der freiwilligen Feuerwehr halten, die jederzeit zur Bekämpfung des periodischen Hochwassers oder anderer Katastrophen eingesetzt werden kann.

Im Bedarfsfall kann über Nacht auch die Streifabfahrt präpariert werden, um das jährliche, im nationalen Interesse gelegene Hahnenkammrennen zu sichern. Schlawinerhaft mutet auch die Argumentation an, dass die allgemeine Wehrpflicht beibehalten werden soll, um den Zivildienst zu erhalten – hat doch der Zivildienst in der heutigen Form wesentlich dazu beigetragen, die allgemeine Wehrpflicht zu durchlöchern.

Gerade die in letzter Zeit öffentlich ausgelebte Streitbereitschaft junger Männer sollte uns also daran erinnern, dass das Bundesheer als Erziehungsanstalt auch eine soziale Funktion hat. Wie sagte der damalige österreichische Bundeskanzler Julius Raab bei Einführung der Wehrpflicht in der Zweiten Republik so treffend: „Es schadet den jungen Burschen gar nicht, wenn ihnen einmal die Haare geschnitten werden.“

Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.

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SN-Kontroverse: Volksbefragung

31. August 2012 00:15 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist die Volksbefragung zur Einführung eines Berufsheeres zu begrüßen?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Mut und Courage

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Wer kennt sie nicht, die Drückebergerinnen und Drückeberger dieser Welt? Sie finden sich im kleinen Gewerbebetrieb ebenso wie in der Beamtenschaft, in den Vorstandsetagen sich groß nennender Unternehmen, in Redaktionsstuben ebenso wie im Pflegebereich, in Spitälern, in Bildungseinrichtungen und bei den Reinigungsdiensten aller Art. Natürlich gibt es sie beim Heer. Viele Soldaten und Soldatinnen, die freiwillig eine Ausbildung beim Heer machen können, singen davon ein ermüdendes Lied. Drückeberger gibt es beim Zivildienst und sogar beim freiwilligen Auslandsersatzdienst, zu dem sich jungen Österreicherinnen und Österreicher melden können. Welche der Aufgaben wertvoller sind, muss jeder selbst beurteilen. Wobei die Unterstellung, dass der "Dienst an der Waffe" kostbarer sein soll als der soziale Dienst am Menschen, Unfug ist. Dringend braucht das Heer eine Professionalisierung. Für die Einführung eins Berufsheers gibt es kluge Argumente wie z.B., dass moderne Waffensysteme ohne wissenschaftliche Ausbildung nicht bedient werden können. Es geht um Vernunft und Courage sowohl beim Heer als auch im zivilen Bereich. Das Modell von Verteidigungsminister Norbert Darabos sieht vor, das Bundesheer zu einem Berufsheer mit Freiwilligen-Komponente mit einer Stärke von 9500 Berufs-, 5500 Zeit- und 10.000 Milizsoldaten zu machen. Die Mobilmachung soll dank Reservisten bei 55.000 Mann bleiben. Das freiwillige soziale Jahr wird attraktiver, um den Ausfall des Zivildienstes zu kompensieren. Männer und Frauen sollen das Jahr in den Bereichen "Soziales und Gesundheit" absolvieren und dafür einen Mindestlohn von 1300 Euro brutto monatlich erhalten. 6400 Freiwillige genügen zur Aufrechterhaltung der bisher von Zivildienern geleisteten Dienste. Dem Zivildiener Darabos ist gegen viele Widerstände ein großer Wurf gelungen. Dass über diese Grundsatzfragen erstmals eine bundesweite Volksbefragung durchgeführt wird, darf als Premiere in der Zweiten Republik betrachtet werden.

 

 


Populisten an die Macht

 

Andreas Unterberger

Sie wissen nicht wohin, aber dafür sind sie schneller dort. Sie wissen nicht, was sie genau fragen wollen, aber sie fragen. Nach diesem Motto verschaffen uns die zwei übelsten Populisten Österreichs eine Volksbefragung über die Demontage des Bundesheers. Diese Demontage wurde vor zwei Jahren in letzter Wahlkampf-Not - auf Befehl der Kronenzeitung - von Michael Häupl verlangt, ohne dass es bis heute seriöse Antworten auf viele damit verbundene Fragen gäbe. Dennoch wurde diese Totgeburt nun vom Sankt Pöltner Populisten Pröll wiederbelebt. Um ein Wahlkampfthema zu haben und wieder einmal seinen eigenen Parteichef zu demontieren.

So sinnvoll professionelle Arbeitsteilung (etwa bei der Luftraumsicherung!) in der Nato auch ist, so wenig kommt diese für das neutrale Österreich in Frage. Außer es gibt das Neutralitätsgesetz auf: Denn darin hat das Land aller Welt gelobt, dass es sich "mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln" verteidigen werde. Aber einige Freiwillige sind zweifellos nicht "alle zu Gebote stehenden Mittel"! Eine noch dazu unverbindliche Volksbefragung kann niemals Pflichten des Verfassungs- und Völkerrechts aufheben.

Völlig ungeklärt sind auch alle anderen Konsequenzen: Wer zahlt die hohen Kosten einer Berufsarmee, die auch der Generalstabschef sieht? Werden sich genug Soldaten finden? Werden die Heereswaffen künftig vor allem in den Händen anderswo nicht mehr vermittelbarer Arbeitsloser liegen? Wie werden Katastrophenhilfe, Altenpflege, Rettungsdienste und viele andere notwendige Aufgaben trotz leerer Kassen erledigt?

Auf nichts gibt es seriöse Antworten - außer peinliche Darabos-Stottereien. Der Amoklauf zweier Landesfürsten hat nur zweierlei geschafft: die eigentlich sehr sinnvolle direkte Demokratie lächerlich zu machen. Und wieder einmal der Republik schweren Schaden zuzufügen.

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Begnadete Strategen

26. August 2012 16:01 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Österreicher haben mit gutem Grund einige große Sorgen: die Schuldenexplosion, die Stabilität des Geldes und der Wirtschaft, der Kampf gegen Korruption, die Folgen von Migration und Islamisierung; und zumindest einen Teil der Bürger besorgt auch die Demokratiekrise. Die Frage „Berufsheer: Ja oder Nein?“ beschäftigt die Bürger hingegen nicht wirklich vorrangig. Aber genau dazu soll es nun eine Volksabstimmung geben und nicht zu all den viel wichtigeren Fragen. Ein neuer Beweis für die Menschenferne der Politik. (mit nachträglicher Ergänzung)

Die Forcierung des Themas „Berufsarmee statt Wehrpflicht“ hat der SPÖ in den letzten zwei Jahren eine ziemliche Blamage eingebracht (was ja meist passiert, wenn sie auf die Grenzintelligenz der Kronenzeitung hört). Und was tut nun ein ÖVP-Provinzpolitiker nach dem anderen? Sie rufen nach einer Volksabstimmung zu diesem Thema. Das ist aus vielerlei Gründen skurril.

Mit einer von oben angeordneten Volksabstimmung zu einem tertiären Thema wird aber nun genau die Dynamik dieser Idee abgewürgt, dass solche Volksabstimmungen künftig eben von unten erzwungen werden könnten. Die direkte Demokratie ist zu wichtig, um durch parteitaktische Aktionen umgebracht zu werden.

Aber auch parteitaktisch wäre es richtig gewesen, die SPÖ vorzuführen und mit folgender Antwort anrennen zu lassen: Wenn Ihr schon unsinnige Dinge wie Berufsarmee oder Zwangsgesamtschule wollt, dann müsst ihr das schon selber vorantreiben. Dazu braucht es erstens einen genauen Vorschlag; dieser müsste dann an Stelle des Darabos-Stotterns endlich genau sagen, wie denn die Berufsarmee ausschauen soll, wer dafür bezahlt, und wie die humanitären Organisationen ohne Zivildiener weitermachen sollen. Dann müsst ihr zweitens endlich der von euch blockierten Einführung einer wirklichen direkten Demokratie zustimmen, in der man mit genügend Unterschriften ein Referendum erzwingen kann. Dann müsst ihr drittens diese Unterschriften sammeln. Und dann müsst ihr viertens dieses Referendum auch noch gewinnen.

Auf diese Weise könnte man die SPÖ beschäftigt halten und sich selber strategisch freispielen, um sich auf die wirklichen Sorgen der Bürger zu konzentrieren. Aber vielleicht will man das gar nicht, weil es darauf keine einfachen Antworten gibt?

Und wo, bitte, ist eigentlich der Bundesparteiobmann der Volkspartei? Kann es wirklich wahr sein, dass ihm von Platter bis Pröll ständig irgendein Provinzhäuptling mit undurchdachten Sagern in die Bundespolitik hineinpfuscht, ohne dass der Parteichef den Mund dazu aufmacht?

Nachträgliche Ergänzung: Wie ungeschickt die Landeshauptleute-Initiative ist, zeigte sich dann gleich in der abendlichen "Zeit im Bild": Dort berichtete die rote Manipulationsmannschaft triumphierend über die Initiative - und zwar so, als ob sich die Landeshauptleute der Darabos-Linie angeschlossen hätten. Dabei haben sie ja das Gegenteil erreichen und eigentlich damit die roten Berufsheer-Ideen abtöten wollen. Was der ORF aber einfach unter den Tisch fallen ließ. Womit die Idee von Pröll&Co endgültig in die Hose gegangen ist. Wenn man freilich so dumm und widersprüchlich taktiert, dann legt man den Darabos-Helfern im ORF den Ball geradezu auf.

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Fußnote 330: Eine Demonstration für die Vernichtung Israels – mitten in Wien

18. August 2012 00:20 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Langsam weiß man nicht mehr, ob dieser Staat noch irgendwelche Maßstäbe hat.

Für heute wurde eine sogenannte Al-Quds-Demonstration erlaubt, bei der auf Wunsch des Irans für die Vernichtung Israels demonstriert wird. Das ist absolut unfassbar. Auf der einen Seite werden Menschen wegen des Anklicken von Gefällt-Mir-Buttons bei islamkritischen Aussagen angezeigt, auf der anderen Seite dürfen kriegshetzerische Demonstrationen unter dem Schutz der Polizei stattfinden. Oder haben wir einen neuen obersten Rechtsgrundsatz: Die radikalsten Moslems dürfen alles, der Rest gar nichts mehr? Und darf man noch auf etwas anderes hinweisen? Bei aller vehementen Verneinung von jedem linken Kollektivschuld-Gerede sollte doch gerade in Österreich die Existenz Israels ein wenig sensibler gesehen werden als andere internationale Konflikte. Immerhin leben dort zahlreiche Nachkommen von Österreichern, die ihre Heimat alles andere als freiwillig verlassen haben.

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Amokläufer

25. Juli 2012 23:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Schon wieder ist es wo geschehn,
und alle kriegten’s prompt zu sehn,
zur Not auch bloß zu lesen –
man zeigt dann jeweils sich schockiert,
die Politik, sie kondoliert,
man bastelt Hypothesen.

Und falls sich nichts vom Schützenfest
als rechtsextrem enttarnen lässt,
hat stets die Psycho-Gilde
zur Deutung der fatalen Tat
Realitätsverlust parat –
so sind selbst wir im Bilde.

Tja, leider geht gar manches schief,
denn Wirklichkeit ist relativ,
wie Platon schon erklärte,
wird doch im Hirn sie konstruiert,
und dieses eben produziert
nicht selten das Verkehrte!

Ist’s aber Wirklichkeitsverlust –
ist nicht vielmehr Vernichtungslust,
was Schreibtischtäter treiben,
die Schulden tilgen auf Kredit
und die für ewges Defizit
Verträge unterschreiben?

Es ist ein Amoklauf fürwahr,
das wird allmählich vielen klar,
die laut zwar drüber fluchen,
indes trotz allem immer noch
die Rettung aus dem schwarzen Loch
in falscher Hoffnung suchen!

Die Bürger sind halt zu bequem,
und erst das Existenzproblem
vermöchte wachzurütteln –
doch sind dann Chancen längst vorbei,
die selbstgewählte Tyrannei
gewaltlos abzuschütteln…

Pannonicus 

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Schluss mit den Massakern!

23. Juli 2012 23:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Kaum hat sich der Pulverdampf verzogen, wittern notorische Gesellschaftsklempner schon wieder Morgenluft: Schluss mit den Gefahren, die von in Privathand befindlichen Waffen ausgehen! Keine Waffen – keine Gewalt. So einfach ist das.

Gegenwärtig muss das abscheuliche Verbrechen eines Mannes in Denver/Colorado in den USA, dem mindesten zwölf Menschenleben zum Opfer gefallen sind, als Anlass für den Kampf gegen den Privatwaffenbesitz herhalten. Eine gründliche Analyse der Hintergründe und Motive, die zu dieser Gewalttat geführt haben, ist nicht nötig. „Die Politik“ ist – wieder einmal – gefordert.

Die Person des Täters interessiert die Berufsempörten nicht (zumindest nicht, so lange ihm keine Verbindungen zu „rechtsradikalen Kreisen“ nachzuweisen sind). Die Schuld an der Untat trägt nicht der Täter, sondern ein „laxes Waffengesetz“, das es jedem Irren ermöglicht, sich gefährliche Tatmittel zu besorgen. Wird der legale Zugang zu diesen Tatmitteln versperrt, werden derartige Massaker nicht mehr stattfinden.

So einfach funktioniert die Welt allerdings nur in den Redaktionsstuben der Massenmedien. In denen zählt nur die geheuchelte Empörung über die Untat – schließlich verdient man ja gutes Geld damit, seine moralische Entrüstung zu vermarkten – nicht aber eine nüchterne Befassung mit den Tatsachen. Und die sind nicht dazu angetan, die nach jedem derartigen Vorfall stereotyp ertönenden Forderungen nach einem Waffenverbot für Private zu unterstützen. Einige Punkte, die in der aktuellen Debatte wieder völlig vernachlässigt werden:

Etwas mehr Redlichkeit bei der Diskussion von Fragen des Waffenrechts wäre wünschenswert. Besonders aber die Unterlassung von Schnellschüssen des Gesetzgebers, die in jedem Fall kontraproduktive Wirkung entfalten…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Die Unerträglichkeit seines Seins

22. Juni 2012 23:42 | Autor: Manfred Gänsdorfer
Rubrik: Gastkommentar

Der österreichische Verteidigungsminister hat öffentlich und zum Entsetzen vieler den israelischen Außenminister als „unerträglich“ bezeichnet. Auf Hinweise bezüglich seiner Unzuständigkeit und entsprechende Kritik entgegnete er, er habe ja nur seine persönliche Meinung geäußert, die ihm zustehe. Es sei gestattet, Gleiches für sich zu beanspruchen – persönlich und ohne Ministergehalt – und darüber nachzudenken, ob ein solcher Minister nicht längst das Maß der Unerträglichkeit überschritten hat. Darüber hinwegzusehen könnte am Ende des Tages auch unser aller Problem werden.

Ist es erträglich, wenn ein österreichischer Minister vom Stil eines Herrn Darabos die Stimme erhebt,  einen ausländischen Minister als „unerträglich“ bezeichnet und dies im öffentlichen Rundfunk wiederholt. Was legitimiert ihn dazu? Welche Expertise berechtigt ihn?

Manche meinen, er sei Historiker. Nun, er hat Geschichte studiert. Eine berufliche Praxis ist diesbezüglich nicht bekannt. Eher jene, direkt von der Uni weg, nach Verweigerung des Wehrdienstes und Absolvierung eines Wehrersatzdienstes (Anm.: Wo, bleibt gehütetes Amtsgeheimnis) als braver „Parteisoldat“ in die Landesleitung des Parteiinstituts, von da in das Vorzimmer eines Landeshauptmanns und von ebendort weg in die Geschäftsführung der Landespartei.

Bezüge als Landtagsabgeordneter, danach gar die eines Landtag-Klubobmanns und später jene eines Nationalratsabgeordneten mögen bei so manchen politischen Weichenstellungen „bewusstseinserweiternd“ gewirkt haben. Denn mitunter soll ja das Sein das Bewusstsein bestimmen. Getreu nach dem Motto eines Landsmanns und ehemaligen Bundeskanzlers: „Ohne die Partei bin ich nichts“. Ein Mann, der ganz nach den Erkenntnissen eines ehemaligen Salzburger Politikers in dessen politikwissenschaftlicher Dissertation über „Wege an die Macht“ in Entsprechung der „Kükenmentalität“ den Weg bis in ein Regierungsamt genommen hat.

Stets im Dienste der Partei gut besoldet, die Härten des Arbeitsmarktes und die Realitäten des Lebens lediglich aus Schilderungen im Elternhaus oder der Dorfgemeinschaft kennend. Vielleicht auch aus Gesprächen im Dorfwirtshaus. Stets vorgebend zu wissen, „was die Leute da draußen bewegt“. Nicht direkt und persönlich wahrnehmend, sondern aus dem Lesestoff mit Partei- und Steuermitteln bezahlter Meinungsumfragen.

Kann denn ein Mann solchen Formats nicht zwischen seinen Äußerungen als österreichischer Minister und seiner persönlichen Meinung unterscheiden?

Als seine Partei bei den Nationalratswahlen 2006 stimmenstärkste Partei wurde, war er gar Mitglied des Verhandlungsteams zu einer Großen Koalition. Pikanterweise war der Slogan „Keine Eurofighter unter einer SP-Regierung“ unter seiner Verantwortung in der Parteizentrale entstanden und für den Wahlausgang, jedenfalls seiner Meinung nach, mitentscheidend. Ein Slogan, der ihn alsbald einholen sollte, denn im Jänner 2007 sollte er als erster Wehrdienstverweigerer Europas als Verteidigungsminister angelobt werden. Sein damaliger Parteichef hat ihn mit den Worten „vom gezogenen großen Los“ eingeführt, so als wäre ein Mitglied der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehowas bei der Bestellung zum Leiter der Blutspendezentrale des Roten Kreuzes ein glücklicher Gewinner.

Manch einer, dem ein ähnliches Schicksal zuteil wird, erlebt dabei das psychosoziale Phänomen der „Kognitiven Dissonanz“. Der eine Leser oder die andere Leserin mag dies aus eigener Erfahrung kennen. Es ist das unangenehme Störgefühl im Bauch, das man verspürt, wenn man sich ein Produkt aufschwatzen hat lassen, das man eigentlich nicht kaufen wollte. Oder die Unbehaglichkeit, wenn man an seinen Arbeitsplatz fährt, wo man mit Dingen konfrontiert wird, die einem im Grunde zuwider sind.

Erfährt dies einen längeren Zustand, wird es mitunter zur Krankheit, aus der in unserem heimatlichen Kulturkreis die probaten Selbstheilungsmittel bekannt sind: Nach den Ausreden, dass stets die andern schuld wären folgt der Griff zur Flasche oder gar die Einnahme von „heilsamen Tabletten“. Der Gang zum Arzt, noch besser die Änderung des Lebensumfeldes, wäre freilich auch „ohne Visionen“ ratsamer.

In Stein gemeißelte Ehrlichkeit

Nicht so der gegenwärtige Amtsinhaber Darabos. Er versucht vieles, um das zu tun, was er in seinem Dienstgelöbnis unterschrieben hat und vor dem Staatsoberhaupt bei seiner Angelobung der Öffentlichkeit versprochen hat: Die Gesetze unserer Republik getreulich zu beachten… Der Satz von der „in Stein gemeißelten Wehrpflicht“, den er aus dem Auftrag des Gesetzgebers ableitet, seine zahlreichen Auftritte in Verbindung mit seinem Betonen des hohen Stellenwertes dieser allgemeinen Bürgerpflicht und ihrer allerhöchsten Bedeutung für ihn selbst, der diesen Dienst einst verweigert hat, sollte ihm Vehikel sein, den Gewinn aus einem großen Los nach Hause fahren zu lassen.

Er gab sich als der Hüter dessen, was er selbst in Negierung seiner politischen Arbeit noch vor wenigen Tagen (am 02 06 2012!) im ORF-Mittagsjournal erklärte, als er von der „Ehrlichkeit als politischer Kategorie, die man einhalten sollte“ sprach und im selben Atemzug ebenda ein „Bekenntnis zu den Aufgaben, die der Gesetzgeber einer Regierung stellt“ abgab. Dass der Stein, in den für ihn die Wehrpflicht gemeißelt war, nur aus „Butter“ bestand, musste letztlich auch der Oberbefehlshaber zur Kenntnis nehmen. Und die vom Verfassungsgesetzgeber vorgeschriebenen Aufträge zur allgemeinen Wehrpflicht und zur Miliz, die er als Minister zu vollziehen hätte, scheinen für ihn und seine Helfershelfer bedeutungslose Makulatur zu sein. Von wegen Ehrlichkeit und Bekenntnis…

Wie ehrlich, frage ich, ist ein Politiker dieses Typs? Was macht ihn so erträglich, dass er einen israelischen Minister als unerträglich bezeichnen kann, ohne nicht unverzüglich von seinem Parteivorsitzenden aus dem Amt geholt zu werden. Aus einem Amt obendrein, das ihn für hunderte österreichische Soldaten, die in der Krisenregion des Nahen Ostens Friedensdienst leisten, politisch mitverantwortlich macht, deren Sicherheit er mit der getätigten Aussage nicht gerade fördert.

Die Tatsache, dass er wiederholt den israelischen Außenminister als unerträglich bezeichnet, mag ihn als Absolventen des Studiums der Geschichte an einer österreichischen Universität nicht unbedingt rühmen. Sie wirft zudem ein bedenkliches Licht auf seine Sozialisation aus jahrelanger Tätigkeit als Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag und Nationalrat, wo er – wenn schon nicht Regeln politischen Anstands – zumindest das auch in der internationalen Politik übliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit hätte kennenlernen müssen.

Denn über Minister anderer Staaten, wo Menschen wegen einer demokratischen Gesinnung verfolgt werden und denen mangels Konformität zu den Herrschenden die Köpfe abgehackt werden, schweigt er. Sich bei alldem darauf zu berufen, dass dies ja alles seine private Meinung sei, macht die Sache nicht besser. Hat er etwa nach fünf Jahren Amtsinhaberschaft noch immer nicht internalisiert, dass er Minister einer österreichischen Bundesregierung ist?

Wie erträglich, frage ich weiters, ist er denn da? Er gibt sich als Minister, der in Missachtung der Gesetze seinen ranghöchsten Offizier abzulösen versucht und mit großem Getöse allen Ressortangehörigen, die seinen mit dem Gesetzesauftrag in Widerspruch stehenden Ideen nicht Folge leisten, mit Konsequenzen droht?

Wie erträglich ist ein solcher Minister, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Nötigung ermittelt? Und wie erträglich ist ein Minister, der achselzuckend zur Kenntnis nimmt, dass ihm von den zuständigen gesetzlichen Instanzen rechtswidriges Vorgehen vorgeworfen wird und er mit einem General, den er wegen angeblichen Vertrauensverlustes in die Wüste schicken wollte, nun als Generalstabschef weiter arbeiten muss? Kann ein solcher Minister ein Maß der Erträglichkeit haben, das ihn berechtigt, einen Minister eines anderen Staates unerträglich zu nennen?

Mit Rechenkunst zum Berufsheer

Ja wie erträglich ist ein Regierungspolitiker, der entgegen den Bestimmungen der Bundes-Verfassung, entgegen dem Auftrag des Gesetzgebers und den von ihm selbst mitverhandelten Regierungsübereinkommen in Zeiten der Budgetknappheit Steuermittel in zig-Millionenhöhe für Pilotprojekte verwendet, die genau auf das Gegenteil dessen abzielen, zu dem er angehalten wäre. Denn der Verfassungsgesetzgeber schreibt ihm vor, das Heer nach den Grundlagen der allgemeiner Wehrpflicht und der Miliz auszurichten. Von einem Berufsheer oder irgendeiner Mischvariante ist da nicht die Rede.

Besonders merkwürdig wird die Angelegenheit, wenn er, so wie im Rahmen einer Pressekonferenz (am 23.01.2012) bereits im Voraus verkündet, dass „die Pilotprojekte beweisen werden, dass die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres in einem Berufsheer liegt.“ Soll das Ergebnis diverser Evaluierungen von Versuchen, die auf untauglichen Grundlagen beruhen, etwa gar per Weisung befohlen werden? Allein die Konstellation aus der Person des Organwalters, seinem bewiesenen Amtsverständnis und seinem nachvollziehbaren Verhalten machen mir diesbezüglich Angst. Vielleicht wird auch hier wieder einmal so lange gerechnet, bis das gewünschte Resultat präsentiert werden kann. Entsprechende „rechenkünstelnde“ Helfer werden sich finden lassen. Sie müssen ja nicht unbedingt mit der Leitung eines militärischen Mathematikinstituts betraut werden. Es gibt auch andere Bildungseinrichtungen, an denen die Sterne glänzen…

Wie erträglich macht ihn die Tatsache, dass er als Wehrdienstverweigerer, der zwar seine Wertschätzung des Bundesheeres samt Heeresangehörigen (es interessiert ihn nur die Meinung der Offiziere nicht) immer wieder betont, auf den hypothetischen Fall angesprochen, sich als Wehrpflichtiger persönlich nochmals entscheiden zu müssen, sich wie einst wieder gegen den Wehrdienst aussprechen würde? Das Paradoxe dabei: Er ist heute der EU-weit längstgediente Verteidigungsminister  – seiner wehrpolitischen Bilanz nach eigentlich „Verweigerungsminister“. Er hofft auf eine Volksbefragung noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode, die für 2013 vorgesehen ist. Dass er dabei hartnäckig eine Forderung entgegen dem Koalitionsvertrag aufrecht hält, den er selbst mit verhandelt und unterzeichnet hat, wirft allerdings ein besonderes Licht auf seine Persönlichkeit.

Natürlich wird man sich im „Hofstaat“ des Ministers eilig bemühen, es als Erfolg darzustellen, mit ihm einen erfolgreichen Sportminister und den längstdienenden Verteidigungsminister Europas zu haben. Einen, der im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger sogar weiß, dass der in bayerischen Diensten stehende Fußballspieler David Alaba Österreicher ist und nicht in verkrampftem Englisch angeredet werden muss.

So, als wäre dies und die Verweildauer im Amt ein Qualitätsmerkmal eines Politikers und nicht auf die Tatsache zurückzuführen, dass diverse sachlich begründete Misstrauensanträge der parlamentarischen Opposition ihn nur deswegen im Amt bleiben ließen, weil offensichtlich dem politischen Partner in der Regierung der Erhalt der Koalition wichtiger war, als die Abwahl eines Mannes, über den man sich seit Antritt seines Amtes außerhalb eines gewissen kleinen Kreises seiner eigenen Partei nur wundert, wenn nicht sogar lustig macht. Und über dessen personifizierte Unerträglichkeit nicht nur ausländische Kollegen den Kopf schütteln.

Wen wundert es da, wenn bei derartigen Repräsentanten in der Spitzenpolitik die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung kein Vertrauen mehr in die Politik hat? Die Zeit ist überreif, dass das Bewusstsein des Vorsitzenden und das der Geschäftsführung der Partei des Verweigerungsministers die Unerträglichkeit erkennen lassen. Die großen Bedrohungen scheinen gesunken, die Gefahren, die aus der Politikerverdrossenheit erwachsen, hingegen dramatisch gestiegen.

Mag.phil. Manfred Gänsdorfer:
Absolvent der Theresianischen Militärakademie und der Landesverteidigungsakademie
Absolvent des Studiums der Politik- und Kommunikationswissenschaften
Jahrzehntelange Tätigkeit als Berufsoffizier (u. a. unter zehn Ministern verschiedenster politischer Couleur)
Mehrjährige Tätigkeit im Ausland als Professor für Sicherheitspolitik am George C. Marshall Center
Zahlreiche Publikationen in Fachzeitschriften und Büchern zum Thema Sicherheits-, Verteidigungs- und Wehrpolitik
Seit 18 Jahren Herausgeber des Periodikums Der Offizier (Organ der Österreichischen Offiziersgesellschaft)

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Der ungerechte Schlaf der Staatsanwälte: Rapid, die SPÖ und die Eurofighter

10. Juni 2012 00:42 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Staatsanwaltschaft hat bereits mehrmals einschlägige Anzeigen ignoriert. Aber nun sind Schriftstücke aufgetaucht, die jedes weitere Nichtstun als Amtsmissbrauch erscheinen lassen. Sie zeigen aber auch, wie lächerlich die Neuregelung des Kapitels Parteispenden ist. Denn vor allem die SPÖ hat schon lange Mechanismen der Korruption entwickelt, ohne dass ein Cent davon über ein Parteikonto läuft. So auch in diesem Fall. Man besticht nicht die Partei, sondern leitet das Geld im Interesse der Partei gleich an einen Dritten weiter, etwa einen bestechlichen Zeitungsverleger. Oder im konkreten Fall an einen Fußballklub, in dem Parteigrößen dank der Organisation klebriger Schiebungsgelder eine große Rolle spielen. Es geht um neue Beweise rund um einen Fünf-Millionen-Fluss von der Eurofighter-Firma EADS an Rapid.

Diese zwischen 2003 und 2007 erfolgten Zahlungen sind an sich schon seit Jahren bekannt. Ebenso die Tatsache, dass es nie auch nur die geringste erkennbare Gegenleistung des Fußballvereins dafür gegeben hat, wie etwa Werbung für EADS oder ein Produkt jenes Konzerns. Dennoch interessiert sich die Staatsanwaltschaft dafür nicht, obwohl sie zugleich mit Akribie und großem Aufwand den Fluss von 10.000 Euro an eine schwarze Wochenzeitung untersucht, weil dafür kein Inserat geschaltet worden sein dürfte. Hier grenzt die Einäugigkeit geradezu an Blindheit.

Nun hat der „Kurier“ Dokumente veröffentlicht, die belegen, dass diese Zahlungen nur einen einzigen Zweck hatten: vier sozialdemokratische Spitzenpolitiker dazu zu bewegen, den Widerstand der Partei gegen die Anschaffung der Eurofighter zu mildern. Ich halte wohlgemerkt die damalige Anschaffung von Abfangjägern nach wie vor für richtig und unverzichtbar. Die Typenentscheidung war mir hingegen von der ersten Stunde an dubios. diese Zweifel haben sich angesichts von Geldflüssen in blau-orange Netzwerke, und nun in die roten, massiv verstärkt. Lediglich Richtung Schwarz und Grün ist (bisher?) nichts bekannt geworden.

Tatsache ist, dass die SPÖ damals zwar weiterhin gegen die Eurofighter wetterte, insbesondere im Wahlkampf 2006. Als sie jedoch die Wahl gewonnen und das Verteidigungsministerium übernommen hatte, kam es zu erstaunlichen Geheimverhandlungen von Norbert Darabos mit EADS. An deren Ende hat sich zwar das Volumen der Flugzeugankäufe reduziert – aber der Stückpreis hat sich signifikant erhöht. Und gleichzeitig hat sich der militärische und technische Wert der dann letztlich gelieferten Flugzeuge deutlich reduziert. Es war also für EADS ein gutes Geschäft, für die heimische Landesverteidigung nicht. Damals hat die gesamte Branche jedenfalls darüber gelacht.

Die vom Kurier veröffentlichten Briefe machen nun etliches klar. Zwar ist festzuhalten, dass die Zeitung den ihr zugespielten Briefwechsel nur bruchstückhaft veröffentlicht hat, aber diese Bruchstücke machen klar: Rapid war in großen finanziellen Nöten; und gleichzeitig hat ein Strategieberater EADS geraten, durch Millionen Schmergeld-Zahlungen an Rapid die vier mächtigsten Männer der SPÖ wohlwollend für die Flugzeugankäufe zu stimmen: Alfred Gusenbauer, Heinz Fischer, Josef Cap und Rudolf Edlinger. Alle vier waren damals als begeisterte Anhänger des Vereins bekannt, Edlinger war (und ist) sogar sein Präsident. Und alle vier haben sich als Promi-Sympathisanten des populären Klubs immer wieder öffentlichkeitswirksam präsentiert. Umgekehrt exponierten sich Rapid-Trainer öffentlich in einem Ausmaß als SPÖ-Unterstützer, wie das bei keinem anderen Verein der Fall ist.

Tatsache ist weiters, dass das Geld floss. Und dass Rapid den Flugzeugbauern die „Nutzung des Rapid-Netzwerkes“ zusagte.

Weiters findet sich in den nun veröffentlichten Unterlagen eines offenbar hinter den Kulissen aktiv gewesenen Beraters folgender aufschlussreicher Satz: „Durch das . . . Sponsoring wird erreicht, dass sich die SPÖ in ihrer Kritik der Abfangjäger auf die Position der Kontrolle im kleinen Untersuchungsausschuss und durch den Rechnungshof sowie eine transparente und begleitende Kontrolle bei den Gegengeschäften zurückzieht. Insbesondere die rote Vier.“ Was sich auf die vier SPÖ-Politiker bezieht.

Festzuhalten ist, dass aus den im Kurier veröffentlichten Papieren kein direkter Beweis für eine aktive Verwicklung der Vier hervorgeht. Der SPÖ-nahe Rapid-Manager Werner Kuhn hat im Parlamentsausschuss sogar nähere Kontakte mit jenem Politstrategen geleugnet (was mit dem Risiko einer Strafe wegen falscher Zeugenaussage verbunden ist).

PS.: Auffällig ist das Schweigen der übrigen Medien zu den brisanten Kurier-Veröffentlichungen. Die gleichen Medien zitieren es hingegen immer regelmäßig breitflächig, wenn eines der Wochenmagazine zum ixten Mal denselben Vorwurf gegen Karl-Heinz Grasser veröffentlicht. Aber das Verhalten der heimischen Medien ist schon wieder ein ganz anderer Sumpf.

PPS.: Kaum weniger übel wird einem über das, was sich da im Burgenland gerade abspielt: Da wird der Leiter des Landes-Rechnungshofs neu besetzt. Und wer wird den Job bekommen? Ein Andreas Mihalits, bis vor kurzem Leiter des Beteiligungsmanagements und früherer Mitarbeiter im Kabinett von Landeshauptmann Niessl. Das ist so gschmackig, dass einem darob der Appetit vergeht. Denn eine solche Biographie ist die absolute Garantie für totale Zahnlosigkeit eines Rechnungshofes. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass der Mann die Beteiligungen in aller Schärfe prüfen wird? Oder dass er seinem Chef und Förderer Niessl in den Rücken fallen wird? Im Bund jedenfalls steht ein Oppositioneller an der Spitze des Rechnungshofs, was diesem Glaubwürdigkeit und Biss verleiht. Dinge, für die man im Burgenland halt wenig Verständnis hat. Und in etlichen anderen Bundesländern. Was schon wieder ein weiterer Sumpf ist.

 

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Wie sicher ist das Land? Eine Frage, die weder Politik noch Medien schert

06. Juni 2012 00:25 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Rund um den Themenkreis Landesverteidigung, Wehrpflicht und Bundesheer ist ein seltsames Vakuum eingetreten. Dieses Vakuum steht ganz im Gegensatz zum starken Scheinwerferlicht der letzten beiden Jahre. Ausgelöst wurde damals die Debatte durch die plötzliche Abkehr der SPÖ vom Konzept der Wehrpflicht im Wiener Wahlkampf. Die Debatte drang aber über die Ebene von Wahltaktik und Intrigen nie zu den wirklich wichtigen Fragen vor. Dabei hat sich keine der Parteien verantwortungsbewusst verhalten. Dasselbe gilt für die Medien, welche hinter der Intrige vom Tag nie die wirklich entscheidenden Fragen gesehen haben. Was bedroht heute die Sicherheit Österreichs und seiner Menschen? Ignoriert wurden auch viele andere Fragen wie etwa: Wie soll das Verhältnis zwischen Beamten und Politik funktionieren?
(Eine grundsätzliche Analyse zur Landesverteidigung)

Eine umfassende Sicherheitsanalyse muss sich mit einer ganzen Fülle sehr konkreter Gefahren befassen, wobei die eines klassischen Krieges die kleinste geworden ist. Die wirklichen Herausforderungen reichen von der Drogenkriminalität bis zu einer weiteren Zunahme eines aggressiven Islamismus. Sie reichen von den Zerfallserscheinungen in der Europäischen Union bis zur Eskalation im Nahen Osten. Die allergrößte und zugleich wahrscheinlichste Sicherheitsgefahr für Österreich ist aber die einer Implosion der Staatsfinanzen als Folge des explodierenden Sozialsystems, vor allem der künftigen Pensionsverpflichtungen. Daraus drohen wieder Unruhen bis hin zu einem Bürgerkrieg zu entstehen. Gleichzeitig haben die Kosten dieses Systems die Budgetmittel für Investitionen und für polizeiliche sowie militärische Sicherheit drastisch dezimiert. Keines dieser Themen wird aber im politisch-medialen Dialog angesprochen, obwohl es dabei und nicht bei der Umverteilung um die obersten Zwecke der Existenz eines Staates geht.

Die Medien, die Parteien, die Beamten

Die mediale Kurz-Bilanz über den Zustand der österreichischen Sicherheitspolitik könnte man kaum besser ziehen, als es Wolfgang Sablatnig, einer der führenden Journalisten Österreichs, zum Nationalfeiertag 2011 getan hat: „Bundespräsident Heinz Fischer und Verteidigungsminister Norbert Darabos haben ihre gegensätzlichen Positionen gefestigt. Die Probleme des Heeres können sie damit nicht lösen. Was fehlt, ist vielmehr eine gesellschafts- und parteipolitische Übereinkunft, was das Militär können muss – und was es nicht mehr zu können braucht.“[1] Und er schließt nach kurzem Verweis auf einige dieser ungeklärten Grundsatzfragen der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit der Konklusion: „Ob das österreichische Militär nach Klärung all dieser Fragen aus Freiwilligen oder Zwangsrekrutierten besteht, ist zweitrangig.“

Damit kritisiert Sablatnig indirekt freilich auch die eigene Zunft. Denn nicht nur die Politik, sondern auch die Medien haben sich rund um die Sicherheitspolitik vor allem mit einem befasst: mit den personalisierbaren und parteipolitischen Konflikten rund um die Forderung nach einem Ende der Wehrpflicht.

Die SPÖ wechselte im Oktober 2010 über Nacht von einer axiomatischen Verteidigung der allgemeinen Wehrpflicht zu deren vehementer Ablehnung. Die frühere Pro-Wehrpflicht-Linie gründete vor allem auf dem SPÖ-Trauma der Zwischenkriegszeit, als ein Berufsheer an der Seite der Bundesregierung gegen den revoltierenden Republikanischen Schutzbund der Sozialdemokraten gekämpft hatte. Bis zum Oktober war daher für die SPÖ die Wehrpflicht Dogma, weil sich ein Wehrpflichtigen-Heer nicht so leicht wie eine Berufsarmee in einen Bürgerkrieg einmischen würde.

Die scharfe und völlig unerwartete Haltungsänderung hatte einen klaren Anlass: die Wiener Gemeinderatswahlen, also die Verteidigung des für die SPÖ weitaus wichtigsten Zentrums der Macht und Finanzierung zahlloser Organisationen. Umfragen vor der Wahl signalisierten den Verlust der absoluten Mehrheit. Daraufhin verkündete die Wiener SPÖ die plötzliche Abkehr von der Idee der Wehrpflicht. Dies sollte die Jungwähler wenigstens zum Teil zurückgewinnen (die sich vor allem wegen der Ausländerfrage in relativ hohem Ausmaß der FPÖ zugewandt haben) und in den letzten Wahlkampftagen vor allem eine stärkere Unterstützung der Kronenzeitung bringen.

Obwohl die Wahlen dennoch für die SPÖ wenig erfreulich ausgingen, behielt sie auch nachher ihren Kurswechsel bei.

Was bewegte dabei die einzelnen Akteure?

Die Kronenzeitung kämpft seit vielen Jahren gegen die Wehrpflicht. Hier sind drei Metamotive zu erkennen:

Die SPÖ übersah bei ihren parteitaktischen Überlegungen rund um die Kronenzeitung folgendes:

Die ÖVP wurde vom Wechsel der SPÖ völlig unvorbereitet getroffen.

Die FPÖ wiederum tat sich als Oppositionspartei am leichtesten, jeweils das abzulehnen, was der amtierende Minister will. Sie tat das ungeachtet der Tatsache, dass die FPÖ in schwarz-blauen Zeiten mit der ÖVP die Ablehnung von Neutralität und Wehrpflicht geteilt hat.

Fischer und Entacher: Die konsequenteste Linie fuhren zwei Sozialdemokraten, die sich gegen die eigene Partei stellten: Bundespräsident Heinz Fischer und der vom Verteidigungsminister abgesetzte Generalstabschef Edmund Entacher gaben zur allgemeinen Überraschung nach einem Leben der Anpassung an die Parteilinie nun ihrem Gewissen und der Verfassung Vorrang. Das hängt gewiss auch damit zusammen, dass beide den absoluten Gipfel ihrer Karriere schon erreicht hatten, dass Fischer sich auch keiner Wiederwahl mehr stellen kann, und dass die Weisungskette Kronenzeitung-Häupl-Faymann-Darabos die beiden Männer trotz ihrer wichtigen Funktionen total übergangen hat. Bei einer nachträglichen Zustimmung wären daher beide zur lächerlichen Figur worden.

Dennoch ist es für die Bürger und für die geistige Identität dieses Landes sehr wichtig, wenn es noch hie und da Funktionsträger gibt, die zumindest einmal im Leben eine wichtige Sache ohne Eigennutz über die Partei zu stellen wagen.

Das Verteidigungsministerium: Eine umso problematischere Entwicklung dieses Jahres war der Missbrauch von Beamten zur Erstellung sogenannter Gutachten, bei denen das Ergebnis schon vorgegeben war. Verschlimmert wurde dieses Vorgehen dadurch, dass die Berechnungen mehrfach geändert werden mussten, je nachdem, wie das Ergebnis aussehen sollte. Dabei ging es nie um das Funktionieren der Landesverteidigung, sondern immer nur um eines: Ein Berufsheer dürfe nicht mehr kosten, als die jeweilige Bundesbudgetplanung vorsah. Dementsprechend wurden die Geld-Entschädigungen für Heeres-Freiwillige ständig adaptiert, ohne dass es seriöse Untersuchungen gab, ob zu den jeweils geplanten Entschädigungen überhaupt noch genug Freiwillige zu finden sind. Geschweige denn eine Mannschaft, die nicht nur wie in anderen Ländern eine Ansammlung potenzieller Arbeitsloser ist.

Leider überhaupt nicht genutzt wurde die Darabos-Entacher-Krise zu einer grundsätzlichen Debatte über die Rolle von Spitzenbeamten. Dabei würden sich einige, auch durchaus widersprüchliche Fragen stellen, deren Bedeutung weit über das Bundesministerium für  Landesverteidigung und Sport hinausreicht:

Wie weit ist es einerseits richtig, dass Beamte – insbesondere jene in exponierten Führungspositionen – ihren verfassungsrechtlichen Anspruch auf Meinungsfreiheit nutzen? Wie weit ist es glaubwürdig, wenn sich Minister auf Gutachten der eigenen Beamten berufen, solange sie deren Ergebnis vorgeben können? Was haben etwa auch Aussagen des Verfassungsdienstes noch für einen Wert, wenn dabei seit Jahren immer nur eine Bestätigung der Meinung des Bundeskanzlers herauskommt? Woher bekommt die oft schwer desorientierte Politik in einer schnelllebigen Zeit rasche faktenorientierte Orientierungshilfe? Was bedeutet es, wenn auch die Aussagen von Universitätsprofessoren in hohem Ausmaß von politischer Sympathie – oder Zahlungen eines Auftraggebers abhängig sind? Welcher Beamte ist mit seinen Aussagen noch als eigenständige Persönlichkeit ernstzunehmen, solange er damit rechnen muss, bei einer politisch „falschen“ Meinung am nächsten Morgen suspendiert zu werden, selbst wenn er noch so sehr im Recht sein sollte? Wird die gesamte Beamtenschaft nicht durch solche Vorgänge entweder zu lächerlichen Figuren degradiert oder in die innere Emigration samt passiver Resistenz getrieben? Wo aber bleibt umgekehrt der politische Spielraum eines Ministers, wenn mächtige Sektionschefs öffentlich signalisieren, dass sie die wahren Herren des Ressorts sind und dass sie schon viele Minister kommen und gehen gesehen hätten? Wie kann ein Minister eine Änderung der Gesetzeslage erreichen, wenn ihm seine Beamten Widerstand leisten? Wie geht die Republik künftig mit den abseits der Hierarchie und Verantwortung stehenden Ministersekretären um, die ohne jede verfassungsrechtliche Verantwortung sehr viel Macht haben, ohne die kein Minister überleben kann? Sind Kommissionen ein Ausweg, die sich aber oft als unfähig erwiesen haben, klare Entscheidungen zu treffen? War es wirklich ganz falsch, dass sich speziell in der schwarz-blauen Zeit manche Minister externe Berater und Rechtsanwälte geholt haben, weil sie mit ihren politischen Vorhaben oft auf eine Mauer entweder unfähiger oder anderen Ideologien anhängender Beamter gestoßen sind?

Bei diesen Fragen geht es um ganz wichtige Themen des Funktionierens der Republik , die weder durch ein Beamten- noch ein Politiker-Beschimpfen gelöst werden können, wie es bei den Medien sehr beliebt ist. Es ist für einen Staat vielmehr überlebenswichtig, ständig um ein besseres Funktionieren seines Räderwerks zu ringen. Zu einer ehrlichen Diskussion dieser Fragen ist aber in Österreich niemand bereit. Und den Medien sind sie zu langweilig.

Diese ergötzen sich zwar mit großer Freude an politischen Kämpfen, vor allem wenn sie sich personalisieren lassen. Und wenn sie sich über keinen Konflikt erregen können, geißeln sie den „Stillstand“. Sie bemühen sich aber nur selten um eine fundierte Analyse dessen, was eigentlich richtig wäre; oder wie das Mächtespiel Politik-Beamte künftig ausschauen soll; oder auf welche Bedrohungen sich Österreich besonders vorbereiten soll. Womit wir bei den nächsten Kapiteln sind.

Das sozial-ökonomische Bedrohungsbild

Ein immer größerer Teil der staatlichen Ausgaben wird für zwei Bereiche aufgewendet: Sozialsystem und Schuldendienst. Der Schuldendienst (eigentlich nur: die ständige Umschuldung und Neuverschuldung) ist in Wahrheit primär eine Bezahlung des Konsums der Vergangenheit. Und das Sozialsystem finanziert den Konsum der Gegenwart.

Durch die sich als sozial tarnenden und ständig wachsenden Konsumausgaben wird der Spielraum für Zukunftsausgaben immer geringer, also für Investitionen und für direkte Sicherheitsausgaben. Alleine die Kosten des Pensionssystems zeigen eine so explosive Dynamik, dass das wahrscheinliche Ende dieses System heute als größte Sicherheitsbedrohung Österreichs bezeichnet werden muss. Angesichts dieser Gefahr treten in Wahrheit sämtliche andere Sicherheitsbedrohungen in den Hintergrund.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich[3] rechnet, dass Österreich im Jahr 2040 vor allem der Pensionsausgaben wegen eine Staatsschuld von rund 300 Prozent des BIP haben wird. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die EU-Kommission. Das heißt auch: Zu diesem gar nicht so fernen Zeitpunkt steht längst kein Euro mehr für Sicherheits- oder Investitionsausgaben zur Verfügung. Die meisten Ökonomen sind überzeugt, dass schon Staatsschulden über 100 Prozent einem Staat jeden Spielraum nehmen, dass solche Schuldenquoten nur noch durch einen Staatscrash, also die Einstellung der Zahlung von Beamtengehältern und Pensionen, oder eine Megainflation beseitigt werden können. Die Beispiele Griechenland und Italien sind ein Beweis für die Richtigkeit dieser Annahmen.

Bei Staatscrash wie Megainflation werden alle finanziellen Sicherheiten zerstört, auf denen die Bürger ihren Wohlstand und insbesondere ihre Vorsorge für Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit aufgebaut haben. Solche Situationen sind durchaus mit den ökonomischen – wenn auch nicht physischen – Folgen eines Krieges vergleichbar. Ganze Lebensläufe enden durch solche Zusammenbrüche in menschlichen Katastrophen.

Diese Perspektive ist aber auch in unmittelbarer Hinsicht sicherheitsrelevant, also auch dann, wenn man Sicherheit nicht auch ökonomisch und sozial, sondern nur in Hinblick auf militärische und polizeiliche Aufgaben versteht. Die Geschichtsbücher sind voller Beispiele, in denen aus ökonomischen Krisen Unruhen und Bürgerkriege entstanden sind[4].

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in solchen Episoden die Jagd auf vermeintliche Sündenböcke beginnt, zuerst medial und in der politischen Rhetorik, die dann jedoch auch sehr konkret werden kann. Eine ganze Reihe von Gruppen kommt als solche Jagdobjekte in Frage: Zuwanderer, Politiker, Beamte, Bankmitarbeiter, die „Reichen“ – also meist die bisherigen Leistungsträger – oder religiös identifizierte Gruppen. Denkbar ist es aber auch, dass sich die Aggression pauschal gegen die Babyboomer-Generation richtet, also gegen die in den 40er, 50er und 60er Jahren Geborenen.

Diese Generation hat in der Tat kollektiv einen sehr großen Schaden angerichtet (während sie selbst lieber kritisch auf die NS-Sünden der Väter verwiesen hat): Sie hat selbst die Kinderproduktion in hohem Ausmaß eingestellt; sie hat auch in Jahren des Wachstums die Staatsschulden ständig vergrößert (die offiziellen und noch mehr die inoffiziellen); sie hat vier Jahre später zu arbeiten begonnen als ihre Vorfahren; sie geht im Schnitt zwei Jahre früher in Pension, obwohl sie weitaus länger lebt; und sie hat im staatlichen Pensionssystems keinerlei Reserven angespart, sondern sich selber ständig wachsende Pensionsansprüche verschafft, ohne dass denen ausreichende Einzahlungen gegenübergestanden wären.

Die internationalen Bedrohungen

Dieses wahrscheinliche Platzen der Blase des Sozial- und Wohlfahrtsstaates fällt zeitlich zusammen mit einer Phase der wachsenden internationalen Destabilisierung des europäischen Raumes. So dramatisch die Entwicklungen des Irak- und Afghanistan-Krieges auch gewesen sind, für Europa sind andere Entwicklungen heute deutlich riskanter:

  1. Die rasche Entwicklung atomarer Waffen in Iran und auch der Türkei[5];
  2. Die völlig ungewisse Entwicklung nach den Umstürzen in einigen arabischen Ländern: Wie aggressiv werden die dort an die Macht drängenden islamistischen Parteien sein? Können die Länder am Südrand des Mittelmeers die innere Stabilität aufrechterhalten oder werden Millionen in die Flucht getrieben? Wie wird sich der revolutionäre Geist auf andere Staaten der Region auswirken?
  3. Die Zuspitzung des Nahostkonflikts als Folge der Kompromissunwilligkeit beider Seiten;
  4. Das wachsende Desinteresse Russlands und der Ukraine am Ziel eines demokratischen Rechtsstaates;
  5. Dazu kommt, dass auch nach Jahrzehnten keine Lösung für die blutigen Konflikte auf dem Balkan gefunden worden ist, obwohl Resteuropa in Bosnien und im Kosovo teure Streitkräfte unterhält. Politik und Diplomatie haben sich opportunistisch um die heiklen Themen gedrückt oder sind auf Grund der innereuropäischen Uneinigkeit gelähmt. So notwendig das Eingreifen des Westens gegen den serbischen Balkan-Imperialismus und zugunsten des Selbstbestimmungsrechtes der betroffenen Völker gewesen ist, so unberechtigt ist es, wenn heute geschlossen serbischen Siedlungsgebieten in Bosnien und im Kosovo unter formaljuristischen Vorwänden das gleiche Selbstbestimmungsrecht verweigert wird.
  6. Last not least zeigen sich gefährliche innere Bruchlinien in der Europäischen Union als schädliche Folgen vieler fauler Kompromisse der letzten Jahrzehnte: Das Fehlen von Mechanismen, um undisziplinierte Länder aus dem Euro verabschieden oder zumindest unter Kuratell stellen zu können, macht sich besonders schlimm bemerkbar, ist aber keineswegs der einzige Konstruktionsfehler der Union, in der einander allzu viele Gremien und Machtträger gegenseitig blockieren, ohne dass die EU eine echte Demokratie wäre. Die Darstellung der EU als großes „Friedensprojekt“ ist heute mehr eine historisch-propagandistische Reminiszenz als eine Garantie für die Zukunft. Noch nie ist so offen über einen Zerfall der Union als Folge allzu vieler innerer Widersprüche diskutiert worden wie im Jahr 2011.

Österreichs Sicherheit im engeren Sinn

Neben all diesen Gefahren einer ökonomischen, sozialen und internationalen Destabilisierung erscheint die klassisch militärische Bedrohung Österreichs weiterhin recht gering. Seit Ende des Kalten Krieges sind Konflikte nur noch sehr schwer vorstellbar, die Österreichs Grenzen als solche in Frage stellen.

Es gibt aber eine Reihe globaler Entwicklungen, die Österreichs Sicherheit auch auf eigenem Boden direkt betreffen, ohne dass sie klassischen militärischen Bedrohungen gleichen. Jedes einzelne dieser Themen wäre eingehender Untersuchungen wert, mit welchen politischen und/oder juristischen Strategien, mit welchen polizeilichen und/oder militärischen Mitteln man eine Eskalation verhindern könnte.

Die Auflistung ist keineswegs umfassend:

Stichwort „Cyber war“: Fremde Geheimdienste und Armeen, aber auch durch politischen Radikalismus oder pure Abenteuerlust motivierte Jugendliche suchen zu Zehntausenden Programmierlücken, um für Wirtschaft, Sicherheitsbehörden und Staatsverwaltung lebenswichtige Computersysteme infiltrieren zu können. Dort, wo das gelingt, kann hemmungslos spioniert werden, dort können sensible Daten nach außen getragen werden, können ganze Industrieanlagen und Versorgungssysteme lahmgelegt werden, können selbst Staaten massivst manipuliert werden.

Stichwort Migrationsströme: Eine zu rasche und zu starke ethnische Verschiebung der Bevölkerungsstruktur führt nach allen historischen Erfahrungen sehr leicht zu inneren Turbulenzen. Eine auf sieben Milliarden gestiegene Weltbevölkerung umfasst auch eine wachsende Anzahl von Menschen, die ihr weiteres Leben in anderen Ländern verbringen wollen. Zwar zeigen alle seriösen Statistiken[6] einen relativen Rückgang von Armut und Hungerkatastrophen[7]. Jedoch hat gleichzeitig die Globalisierung den Migrationswillen stark erhöht. Während früher Milliarden Menschen trotz elender Lebensbedingungen nie ihr Dorf verlassen konnten, bekommen jetzt fast alle Drittwelt-Bewohner über Fernsehen und andere Medien ein Bild luxuriöser Lebensumstände in Europa und den USA ins Haus vermittelt. Und gleichzeitig bieten die modernen Verkehrsmittel Schlepperbanden viele Möglichkeiten, den Migrationswillen dieser Menschen zur Realität zu machen. Die extrem ausgebauten, wenn auch nur durch Schulden finanzierten Sozialstaaten in Europa sind Magneten für Schlepper wie Migranten.

Stichwort Drogenhandel: Das Beispiel Mexiko zeigt, wie sehr ein ganzer großer Staat durch die Drogenkriminalität destabilisiert, korrumpiert und in den Zustand totaler Anomie gestoßen werden kann. Längst ist der Kampf gegen die dortigen Banden nicht mehr bloß eine polizeiliche, sondern auch eine militärische Herausforderung.

Stichwort ABC-Gefahren: Es braucht keinen großen Krieg, sondern nur eine Handvoll aggressiver Wahnsinniger, die mit bakteriologischen, chemischen oder atomaren Waffen unermesslichen Schaden anrichten können.

Stichwort Islamismus: Im Islam gibt es starke Gruppen, die den gesamtheitlichen politisch-juristisch-gesellschaftlichen Anspruch der Religion auch totalitär umsetzen wollen. Große Teile der islamischen Theologie haben kein Konzept entwickelt, das die Trennung von Religion und Staat akzeptiert, wie das der Katholizismus und Protestantismus in der Aufklärung tun mussten[8]. Sie anerkennen wichtige Teile der in Europa geltenden Grundrechte nicht, weder die Meinungsfreiheit – siehe die erbitterte Verfolgung eines dänischen Karikaturisten – noch die Religionsfreiheit: Selbst als liberal geltende muslimische Exponenten sprechen einem Moslem nicht das Recht zu, die Religion zu wechseln. Ein solcher Wechsel wird in den meisten mehrheitlich islamischen Staaten von den Strafbehörden verfolgt. Dieser totalitäre islamistische Machtanspruch wird spätestens ab jenem Zeitpunkt zum Sicherheitsproblem, da Moslems regional oder gesamtstaatlich die Mehrheit bilden. Eine Hochrechnung der Trends der letzten Jahre lässt für Österreich noch in diesem Jahrhundert eine moslemische Mehrheit erwarten, für Wien sogar binnen weniger Jahrzehnte.
Zwar lässt die fast unvermeidliche wirtschaftliche Stagnation des nächsten Jahrzehnts ein massives Abflauen der Arbeitsmigration erwarten. Auf der anderen Seite wird Österreichs sozialstaatliche Attraktivität auch weiterhin für einen Zustrom von Nichtleistungsträgern sorgen.
Als Beweis seien Daten angeführt, die zeigen, in welch geringem Anteil die Zuwanderung aus dem wichtigsten Herkunftsland islamischer Zuwanderer, der Türkei, dem Arbeitsmarkt gegolten hat. Denn während von den 15- bis 64-jährigen Österreichern 75 Prozent erwerbstätig sind, sind es bei den Besitzern eines türkischen Passes in Österreich nur 62 Prozent[9]. Bei den Zuwanderern aus anderen europäischen Staaten ist die Erwerbsquote hingegen durchwegs viel höher – zum Teil sogar über jener der Österreicher. Das heißt, die Türken dürften sich zum Unterschied von anderen Migranten nicht durch eine wirtschaftliche Stagnation von der Migration abhalten lassen.

Schlussfolgerung

Eine verantwortungsbewusste Staatsführung müsste ebenso wie Medien, die sich ihrer Verantwortung als vierte Gewalt bewusst sind, ständig die hier skizzierten, aber sich in einem fortwährenden Fluss befindlichen Gefahren beobachten und analysieren. Davon ist aber weder bei Politik noch bei Medien etwas zu bemerken. Umso weniger findet dann der logische nächste Schritt statt: dass sich das Land möglichst effizient auf die möglichst frühzeitige Abwehr dieser Gefahren konzentriert. Dann aber erst wäre es überhaupt sinnvoll zu prüfen, ob eher eine Berufsarmee oder ein Bundesheer mit Wehrpflicht zur Gefahrenabwehr beitragen können. Dann wären auch viele andere Fragen zu prüfen, wie etwa jene nach einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Männer und Frauen.

Dieser Beitrag gleicht weitgehend einem Text für den Sammelband "Strategie und Sicherheit 2012 -  Der Gestaltungsspielraum der österreichischen Sicherheitspolitik" (Böhlau-Verlag)


[1] „Tiroler Tageszeitung“, 27. Oktober 2011.

[2] Bei der Media-Analyse 2010/2011 hatte die einst über 44 Prozent der Österreicher erreichende Kronenzeitung eine Reichweite von 37,9 Prozent, das der Familie Dichand ebenfalls nahestehende Gratisblatt „Heute“ 22,3 Prozent, die Kleine Zeitung 11,3 und das Gratisblatt „Österreich“ 10,0.

[3] Die in Zürich sitzende BIZ kann als die Zentralbank aller Nationalbanken angesprochen werden.

[4] Von der Französischen Revolution bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten mit all ihren Folgen.

[5] Während von der iranischen Atomrüstung öffentlich sehr viel die Rede ist, wird die nukleare Aufrüstung der Türkei seltsamerweise nur von internationalen Nachrichtendiensten bestätigt.

[6] Siehe die Statistiken der UNDP.

[7] An der Verbreitung dieser Fakten haben freilich viele von Spendengeldern lebende Organisationen und die von negativen Nachrichten lebenden Medien kein Interesse.

[8] Die Orthodoxie hat das übrigens noch nicht wirklich akzeptiert.

[9] http://www.statistik.at/web_de/statistiken/arbeitsmarkt/erwerbsstatus/erwerbspersonen/index.html

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Junge Präsidenten sind wie junge Männer oft gefährlich

05. Juni 2012 00:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Ginge es nicht um so Ernstes wie Krieg, dann wäre es fast amüsant: Es scheint so, dass in großen Länder Europas und Nordamerikas – beziehungsweise in jenen, die sich noch immer für groß und wichtig halten, – jeder neue Staatschefs darauf brennt, seinen eigenen Krieg zu beginnen. Vor einem weiteren Konflikt scheut aber dann interessanterweise jeder zurück.

In Amerika hat praktisch jeder Präsident in seiner Amtszeit eine kleinere oder größere Militärintervention zu verzeichnen. Ob der Schauplatz nun Korea, Vietnam, ein lateinamerikanisches Land, Somalia oder (zweimal) Irak gewesen ist. Barack Obama, der amtierende Staatschef, etwa hat den Irak-Krieg von George W. Bush heftig kritisiert; er hat dann aber in Afghanistan den Krieg hocheskaliert. Als es hingegen später in Libyen und Syrien heiß zu werden drohte, war der amtierende Präsident dann jedoch total desinteressiert.

Ähnlich die Briten: Tony Blair wurde für Irak heftig gescholten – David Cameron war hingegen ganz begeistert, als er in Libyen militärisch zuschlagen konnte. Ähnliche Begeisterung bei der Libyen-Intervention prägte Frankreichs Nicolas Sarkozy. Sein Nachfolger Francois Hollande hat Sarkozy wegen seiner Libyen-Politik attackiert, er ist aber nun plötzlich der erste, der in Syrien zuschlagen will.

Kriegsführen zur Imageförderung?

Hängt dieses Verhaltensmuster vielleicht damit zusammen, dass es in Washington, London und Paris noch immer für ein imageförderliches Zeichen der Stärke gehalten wird, wenn der Staatschef zum Angriff bläst? Das wäre freilich in Wahrheit ein Zeichen ziemlich pubertärer Unreife.

Vor allem, weil sich regelmäßig und zwangsläufig herausstellt, dass Kriegführen ein ziemlich dreckiges Gewerbe ist; dass dazu immer viel mehr des nicht vorhandenen Geldes benötigt wird als ursprünglich geplant; und vor allem, dass auch nach einem Sieg die Dinge in dem Land oft keineswegs besser sind als vor der militärischen Intervention. Das lässt sich ja von Irak über Afghanistan bis Libyen schon deutlich beweisen, wo nachher das Chaos und die menschenrechtliche Situation nicht besser waren. Das dürfte auch der Grund sein, warum keiner der Mächtigen beim Ausbruch der nächsten Krise noch etwas von einer Intervention hören will. Sie sind immerhin lernfähig.

Das heißt noch keineswegs, dass automatisch jedes militärische Eingreifen in der historischen Perspektive sinnlos wird. Man denke nur an den blühenden Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland, der nach dem amerikanischen Eingreifen und der blutigen Bezwingung des Hitlerschen Verbrecherstaates entstanden ist. Ähnlich positiv ist Japans Entwicklung zu bilanzieren, das von einem kriegerischen Erobererstaat in einen friedlichen Wirtschaftswunderstaat verwandelt worden ist (und das heute mehr mit der eigenen Überalterung als mit fremden Heeren zu kämpfen hat). Man denke an Südkorea, dass nur dank der amerikanischen Hilfe seine Freiheit bewahrt hat.

Jugoslawien war auch im Rückblick legitim

Auch im ehemaligen Jugoslawien war das auswärtige Engagement gegen Milosevic, Mladic & Co sicher gerechtfertigt, auch aus dem Rückblick. Nur durch dieses Eingreifen konnte das hunderttausendfache Morden gestoppt und es den dortigen Völkern ermöglicht werden, sich in Freiheit zu entwickeln.

Freilich: In Bosnien hat man das nicht geschafft. Dort weiß man bis heute nicht, in welche Zukunft das de facto dreigeteilte Land gehen soll, das formal in eine Einheit gezwängt worden ist. Die Herrschaft eines orientierungslosen, aber mächtigen ausländischen EU-Kolonialherrn – derzeit übrigens der österreichische Diplomat Valentin Inzko – kann ja keine Dauerlösung sein.

Was man vor einem Eingreifen überlegen sollte

Wann ist nun ein militärisches Eingreifen sinnvoll und gerechtfertigt und wann nicht? Was sollte vor einer Intervention überlegt werden? Welche Lehren kann man aus diesem Überblick ziehen? Zweifellos nicht nur jene, dass halt jedes Land und jede geschichtliche Situation anders sind. Und auch nicht, dass nur reine Selbstverteidigung legitim ist. Die zu prüfenden Voraussetzungen vor einer Intervention in einem anderen Land, in dem beispielsweise ein Bürgerkrieg tobt:

  1. Kriegsführen ist extrem teuer und kann ein intervenierendes Land auch bei einem „Sieg“ schwer schädigen. Kann man sich das leisten?
  2. Es ist besonders heikel, wenn ein junger Präsident ins Amt kommt, der irgendwie glaubt – oder glauben machen will –, dass er fähig und willens wäre, jedes Problem radikal zu lösen, also auch militärisch. Auch linke Präsidenten sind vor dieser Selbstüberschätzung keineswegs gescheut, wie die Exempel von Kennedy über Blair bis Hollande zeigen.
  3. Ist das eigene Land überhaupt entschlossen und motiviert genug, einen Krieg auch mit all seinen tödlichen und blutigen Konsequenzen, auch mit schrillen Medienberichten, mit der Heimkehr vieler Särge, mit den meist unvermeidlichen Rückschlägen durchzutragen? Selbst die USA sind aus diesem Grund ja schon häufig nicht mehr zum Kriegsführen imstande (Siehe etwa ihren blamablen Abzug aus Somalia oder Libanon).
  4. Wird wie beim Irak-Krieg das Kriegsgeschrei der Medien binnen kurzem in Pazifismus und heftigem Tadel an der eigenen Regierung umschlagen?
  5. Hat man militärisch überhaupt gute Siegeschancen?
  6. Wie kann man mit einem Gegner umgehen, der sich an keinerlei Kriegs- und Völkerrecht hält, während man selbst unter strengsten rechtlichen Zwängen und einer kritischen Presse steht?
  7. Kann man mit einer Intervention durch Kettenreaktion einen nicht mehr beherrschbaren Weltenbrand auslösen (siehe Österreichs Strafexpedition 1914 gegen Serbien)?
  8. Gibt es angesichts der ethnischen, kulturellen, historischen, emotionalen, religiösen Situation in einem Drittweltland überhaupt Chancen, nach dem erhofften Sieg einen erfolgreichen Aufbau eines funktionierenden Staates, ein „Nation building“ durchzuführen? Steht man nicht – vor allem in islamischen Ländern – einer prinzipiell so feindlichen Mentalität der zu befreienden Bevölkerung gegenüber, dass der langfristige Erfolg, der in Japan, Korea, Deutschland und Österreich nach einem Sieg gelungen ist, dort niemals zu erzielen ist?
  9. Hat man überhaupt gute Pläne für den Tag nach dem erhofften Sieg? (auf die man im Irak total vergessen hatte!)
  10. Gibt es eine Alternativen zum Eingreifen? Immerhin haben schon mehrfach bloße Sanktionen auch den gewünschten Erfolg gebracht – wenn auch erst nach längerer Zeit. Siehe Burma, Südafrika oder Libyen in einer früheren Phase.

Nur ein Staatschef, der all diese Fragen klar beantworten kann, sollte an die Möglichkeit einer Intervention auch nur denken. Kann er das nicht, dann sollte er dem häufig aufflammenden medialen Druck widerstehen, die Rolle eines Weltpolizisten zu übernehmen. Auch wenn diese an sich eine durchaus ehrenhafte und von der Weltöffentlichkeit immer wieder heftig ersehnte ist. 

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Fußnote 301: Die Schrebergartenprivilegien und die Schuldenkrise

31. Mai 2012 10:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Alle jubeln: Die Forste auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig bleiben unter Heeresverwaltung. Nur zwei sollten nicht jubeln: der Steuerzahler und die Landesverteidigung.

Denn die vorgesehen gewesene Übertragung der dortigen Wälder an die Bundesforste hätte dem maroden Bundesheer drei Millionen eingespart. Aber Niederösterreichs Schwarze wie Rote haben selbst gegen diese wirklich harmlose Einsparung protestiert. Und der Sportminister, der im Nebenberuf auch fürs Heer zuständig ist, ist sofort eingeknickt. Das Heer hat‘s ja offenbar. Was steckt dahinter? Ein paar Posten, ein paar Geschäftemachereien, ein paar Möglichkeiten, billig auf die Jagd zu gehen. Die Bundesforste haben hingegen überall mit solchen Schrebergarten-Privilegien aufgeräumt, sind ein professioneller Forstbetrieb und hätten daher auch Allentsteig um drei Millionen billiger betreiben können. Freilich wissen wir: Schon Kreisky hatte seinen – richtigen – Spruch nie in die Tat umgesetzt: „Einen Tausender da, einen Tausender dort einsparen.“ Für einen Norbert Darabos gilt überhaupt die Devise: „Schaffen wir das Bundesheer ab, dann können wir all die Posten und Privilegien bewahren.“

 

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EU-weites Waffenregister: Endlich mehr Sicherheit – ganz sicher!

02. Mai 2012 23:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Man konnte meinen, die mediale Sauregurkenzeit sei ausgebrochen: Wenn das staatliche österreichische Fernsehen sich, abseits eines die Einschaltquoten hebenden Blutbades, dem Thema Waffen in Privathand widmet, hat das immerhin Seltenheitswert.

Am 29. 4. also schaffte es das keineswegs „heiße“ Thema Registrierung von Privatwaffen (diese soll, sobald die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen gegeben sind, bis Ende des Jahres 2014 abgeschlossen sein) sogar in die Abendnachrichten. Eingangs wurde festgestellt, dass die Behörden gegenwärtig über den Gesamtbestand an Schusswaffen keinen Überblick hätten.

Korrekt wurde bemerkt, dass lediglich die auf Waffenbesitzkarten und Waffenpässen eingetragenen Stücke (dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Pistolen und Revolver) amtsbekannt wären – wenn auch nur den jeweiligen lokalen Behörden, da eine zentrale, bundesweite Erfassung bislang nicht erfolgt sei. Dass es dem Polizeiministerium – immerhin einige Jahrzehnte nach der Erfindung der elektronischen Datenverarbeitung – bis heute nicht gelungen ist, die Daten aller Provinzbehörden zusammenzuführen, erstaunt selbst in Kenntnis der Gegebenheiten der kakanischen Bürokratie. Oder gibt es am Ende Gründe, diese Daten absichtlich nicht bekanntzugeben – etwa weil die Gesamtzahl derart hoch ist, dass Nomenklatura und Intellektuellenkaste darüber in Panik verfallen könnten?

Es geht um die Erfassung der „vom Opa ererbten alten Flinte im Keller“, wie der Redakteur launig anmerkte. Diese Auskunft ist deshalb nicht ganz vollständig, weil zudem auch Hunderttausende von Jagd- und Sportbüchsen, sowie die Bestände von Waffensammlern (mehrheitlich alte Militärkarabiner) betroffen sind, die nunmehr gemeldet werden sollen. Dass der ORF mit diesem Beitrag als Regierungsherold fungierte, war klar, als auf den vollständigen Flop der Meldung von Vorderschaftrepetierflinten („Pump-Guns“) hingewiesen wurde.

Geschätzte zehn Prozent dieser Flinten wurden den Behörden gemeldet, nachdem deren Besitz in einem klassischen Akt von Anlassgesetzgebung anno 1995 verboten wurde. Personen, die zu diesem Zeitpunkt über eine solche Waffe verfügten, konnten diese melden und erhielten für ihren Besitz eine Ausnahmebewilligung. Neunzig Prozent dieser Flinten wurden nicht gemeldet.

Zehntausende dieser Waffen stehen seither also illegal in heimischen Haushalten – sei es, weil die oft ahnungslosen Besitzer von der Gesetzesänderung keine Kenntnis erlangten, sei es, weil ein mehr als berechtigtes Misstrauen gegen den Staat davor zurückschrecken ließ, rechtmäßig erworbenes Eigentum durch eine Meldung zu gefährden. Von einer missbräuchlichen Verwendung dieser nunmehr illegalen Waffen wurde bisher übrigens nichts bekannt.

Regierung und Bürokratie befürchten – wohl zu Recht – dass das Registrierungsvorhaben in einem Debakel enden könnte. Kürzlich wurde in Kanada ein vergleichbares Projekt, nachdem bereits Unsummen an Steuergeldern dafür verbraten waren, mangels Aussicht auf Erfolg sang- und klanglos wieder eingestellt.

Die heimische Innenministerin beziffert die voraussichtlichen Kosten dieser Schildbürgerei auf 700.000 Euro – eine völlig aus der Luft gegriffene Angabe. Da die Zahl der zu erfassenden Stücke im Dunkeln liegt, ist eine Prognose für die Erfassungskosten nämlich völlig unmöglich. Fest steht lediglich, dass Hunderttausende von kostspieligen Arbeitsstunden dafür aufgewendet werden müssen.

Innenministerin Mikl-Leitner, die sich bekanntlich mit Vorliebe der Gaunersprache bedient (unvergessen ist ihr an jene Österreicher, die leichtfertig ein Paar Euro gespart haben, gerichteter Imperativ: „Her mit dem Zaster!“) begründete im Verlauf der Sendung die Wichtigkeit der Waffenregistrierung für die allgemeine Sicherheit mit dem Hinweis, dass ja immer wieder Waffen gestohlen würden. Brillant, nicht wahr? Eine gestohlene Waffe wird in dem Moment völlig harmlos, ab dem die Polizei ihre Nummer kennt. Frau Mikl-Leitner hat mit ihrer Wortmeldung zur besten Sendezeit erneut das Ehrfurcht einflößende Ausmaß ihrer fachlichen Kompetenz zur Schau gestellt.

Wahr ist, dass geladene und entsicherte Pistolen – wie Waldäxte, Küchenmesser und Kettensägen auch – absolut harmlos und ungefährlich sind. Davon kann sich jedermann unschwer überzeugen, indem er einen der genannten Gegenstände auf einen Tisch legt und nicht anrührt. Nichts wird geschehen. Kein Schuss wird sich lösen, kein Finger oder Arm wird abgetrennt werden.

Zur Gefahr werden unbelebte Gegenstände nämlich immer erst dann, wenn sie in die Hände gefährlicher Menschen gelangen – und das zu Verhindern ist schlichtweg unmöglich. Selbst eine totale Überwachung der Bürger – eine orwell´sche Welt – kann keine totale Sicherheit garantieren. Zu erwarten, dass die behördliche Registrierung (selbst ein totales Verbot!) eines möglichen Tatmittels unter vielen die Sicherheit zu erhöhen imstande wäre, ist mit den Regeln der Logik unvereinbar.

Da mehr als 50 Prozent der in der Alpenrepublik verübten Bluttaten mit Messern begangen werden, müsste – der Logik von Innenministerin und EU-Bürokratie folgend – die behördliche Erfassung aller in privaten Haushalten lagernden Messer der Sicherheit entscheidend auf die Sprünge helfen. Auf diese groteske Idee ist indes – zumindest bisher – noch nicht einmal die Grüne Gisela Kallenbach, der wir diese staatliche Schnüffelaktion maßgeblich zu verdanken haben, gekommen…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Fußnote 286: Eine Rakete fällt ins Meer

13. April 2012 03:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Man freut sich über die Unfähigkeit der Nordkoreaner. Oder sollte man es doch besser nicht?

Nordkorea hat unter großer Besorgnis der restlichen Welt eine Rakete mit atomarer Interkontinentalkapazität gestartet. Wenige Minuten später fiel sie jedoch ins Meer. Abgesehen davon, dass diese Blamage jetzt ein paar Offizieren und Technikern den Kopf kosten wird, ist das aufs erste wohl ein Grund zur Freude. Das übelste Regime der Welt ist doch nicht imstande, die Außenwelt ernsthaft zu bedrohen. Steinzeitkommunismus produziert halt doch nur Steinzeittechnik. Oder soll man sich doch nicht freuen? Denn jetzt könnten die blamierten Nordkoreaner noch aggressiver werden, um von dem Debakel abzulenken. wie ein in die Ecke gedrängter Boxer.

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Weil es manche so wollten: Also doch noch was zu Grass

11. April 2012 02:00 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Manche Leser fragen mich ernstlich, warum ich bisher nichts zu Günter Grass gesagt habe. Nun, aus vielen Gründen. Erstens weil ich nicht weiß, warum ausgerechnet politische Aussagen eines ehemaligen (freiwilligen!) Waffen-SS-Angehörigen in irgendeiner Weise relevant sein sollen.

Zweitens gehen mir die regelmäßigen Aufregungen der Feuilleton-Schreiber ziemlich auf die Nerven, die viele Zeitungsseiten mit den Enunziationen eines Menschen füllen, nur weil der vor vielen Jahrzehnten einen  populären Roman geschrieben hat. Dabei haben wir tausendmal brennendere Problem ungelöst vor uns liegen als die Gedanken des Günter Grass.

Drittens: Ich halte einen Menschen für doppelt irrelevant, der sich seit Jahrzehnten als Parteipropagandist hergibt. Wobei ich den starken Verdacht hege, dass er damit primär das fallende Interesse der Leser an all seinen auf den einen großen Erfolg folgenden Werken kompensieren wollte.

Viertens weil Grass als „Friedenspropagandist“ einst an der Seite jener gestanden war, die in den 80er Jahren fast noch einen Sieg der kommunistischen Diktaturen über den Westen herbeidemonstriert hätten. Was weder für seine Intelligenz noch seinen Charakter spricht.

Und fünftens, weil er auch zum konkreten Thema seines jüngsten Gedichts die bei ihm übliche Ahnungslosigkeit demonstriert: Es gibt zwar konkrete Überlegungen Israels, mit konventionellen Waffen die iranischen Atomanlagen zu zerstören, aber es gibt nicht den geringsten Beweis für die Behauptung des greisen Dichterfürsten, dass die Israelis das mit atomaren Waffen tun wollten. Was einen dramatischen Unterschied bedeutet. Außerdem: Ich kenne keinerlei Andeutungen eines israelischen Politikers, den Iran auslöschen zu wollen, aber sehr wohl solche Teherans, den Judenstaat vernichten zu wollen.

Warum um Himmels willen, soll man da ausgerechnet angesichts des ahnungslosen Gestammels eines offenbar von der Senilität befallenen SPD-Propagandisten die unglaublich heikle Frage der richtigen Antwort auf das iranische Kriegsgehetze zu analysieren versuchen? Das wertet den Mann doch nur grenzenlos auf.

Auf die konkrete Frage nach dem richtigen Umgang mit Iran wagt ja kaum jemand einzugehen. Denn der einen Seite birgt ein israelischer Angriff das Risiko einer kaum noch bewältigbaren Eskalation in sich. Aber auf der anderen Seite ist das Risiko schon gar nicht zu unterschätzen, dass ohne rechtzeitiges Eingreifen der kollektive Wahnsinn der diversen greisen Ayatollahs sowie der eines knapp vor seinem Ende stehenden Präsidenten in absehbarer Zeit dazu führen würde, dass Iran seine künftigen Atomwaffen auch tatsächlich einsetzt. Selbst wenn die ständigen Rekurse auf die Nazis unendlich langweilen, ist doch ein historischer Vergleich unbestreitbar: Hätten die Westmächte schon im März 1938 bei Hitlers Überfalls auf Österreich eingegriffen, wäre der Spuk sehr rasch zu Ende gewesen. Denn die deutsche Wehrmacht war damals noch recht schwach gerüstet gewesen. Aber damals hatten die üblichen Bedenkenträger und die klammheimlichen Sympathisanten Hitlers noch die klare Oberhand. Mit den bekannten Folgen. Ein Gedanke, der einem Grass aber noch nie gekommen ist.

 

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Fußnote 271: Darabos noch immer im Amt

09. März 2012 17:00 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Manche Sachen will ich einfach nicht glauben: Etwa dass ein Norbert Darabos nach dem jüngsten Skandal noch im Amt ist. Ja, dass der Skandal überhaupt wahr ist.

Darabos will bekanntlich mit einigen Pilotprojekten beweisen, dass die Wehrpflichtigen ohne sonderliche Zusatzkosten ersetzt werden können (die Leser erinnern sich: Darabos war im Auftrag von Faymann plötzlich gegen die lange von ihm vehement gepriesene Wehrpflicht, als er dazu den Auftrag von Faymann erhalten hat, als der dazu den Auftrag von Häupl erhalten hat, als der dazu den Auftrag von Hans Dichand erhalten hat). Jetzt hat Darabos auf einem Truppenübungsplatz in der Steiermark tatsächlich Soldaten ersetzen lassen – durch Strafhäftlinge! Die sind dort nicht nur zum Erdäpfel-Schälen eingesetzt, sondern auch zum Bewachen der Absperrungen rund um einen Schießplatz! Ich hoffe inständig, dass sich morgen herausstellt, dass an diesen Berichten des „Kurier“ doch etwas nicht stimmt. Oder dass übermorgen Darabos nicht mehr Minister ist.

Bitte, bitte! Das darf einfach nicht wahr sein.

 

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Die Geheimwaffe

08. März 2012 22:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Europas Schulden-Union
verschärft wie mehrmals vorher schon
die Mullah-Sanktionen –
ganz autonom, nicht auf Geheiß,
denn Wertgemeinschaft heißt ja, Fleiß
darf keinesfalls sich lohnen.

Dass Hellas Öl bisher infam
vom Perserreich auf Pump bekam,
war folglich nicht zu dulden –
so deckt Athen ab nun sich ein,
zu höhern Preisen obendrein,
auf Nettozahler-Schulden.

Nur macht es irgendwie perplex:
Kentucky Chicken startet, schmeck’s,
im Gottesstaat, dem öden,
mit Schnellfress-Filialen flott,
als ob’s Embargo und Boykott
nur gäbe für die Blöden!

Da kenne sich noch einer aus:
Erlaubt’s der Mann im Weißen Haus?
Wie darf er es nur wagen,
wo doch zugleich so angestrengt
sein Freund, der Netanyahu, drängt,
jetzt endlich loszuschlagen?

Naja, Obama baut auf Zeit:
Den Kampf aufnehmen landesweit
wird Burger King desgleichen,
und mit McDonalds, Taco Bell,
mit Pizza Hut, nicht minder schnell,
und Starbucks wird’s wohl reichen!

Ihr seht, so führen jene Krieg
mit biologisch reinem Sieg,
die den Nobelpreis tragen –
wenn dann ein Ayatollah hetzt,
ist längst die Wehrkraft schon zersetzt
durch Galle, Leber, Magen.

Pannonicus

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SN-Kontroverse: Intervention in Syrien?

02. März 2012 06:33 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll die Staatengemeinschaft in Syrien militärisch eingreifen?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Super-GAU des Schreckens droht

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

 Als das Burgenland in den 1980er-Jahren am „letzten Zipfel" der Welt lag und das Ost-West-Wettrüsten seinen Höhepunkt erlebte, entstand in der kleinen Stadt Schlaining die Idee zur Gründung eines Friedensinstituts. Es gab viel Kritik: Die Stadt sei zu weit weg von Wien, habe keine Infrastruktur usw. Die jungen Leute waren hartnäckig. Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg und der burgenländische Landesrat Gerald Mader sagten geringe Subvention zu. Das Institut ist heute Friedensuniversität, wo interkulturelle Friedenserziehung gelehrt wird. Gerald Mader ist UNESCO-Präsident.

 Im „arabischen Frühling" wurden Diktaturen niedergekämpft. Ausgehend von Tunesien kam es 2010/2011 zu Unruhen in Algerien, dann zur Revolution in Ägypten. Blutige Unruhen gibt es in Libyen, im Jemen, Bahrain. In Libyen war der Bürgerkrieg so massiv, dass die arabische Liga um Hilfe bat. Rebellen stürzten Staatschef Muammar Gadafi mit NATO-Unterstützung. Wegen gewaltsamer Eskalation sieht die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, jetzt Syrien an der Schwelle zum Bürgerkrieg. Der UNO- Sicherheitsrat ist gespalten. Syrien liegt nahe an Israel. Dort steht auch die Jugend auf der Straße: Weil die Filmemacherin Daphin Leef Mitte 2011 wegen hoher Mieten obdachlos wurde, beschlossen sie und ihre Freunde, auf dem Mittelstreifen des Rothschild-Boulevards in Tel Aviv ihr Zelt aufzuschlagen. Das Motto: „Rothschild ist unser Tahrir-Platz".

Israel hat ein großes Atomwaffenarsenal und liegt nahe dem Iran. Ein neues Ungleichgewicht des atomaren Schreckens droht, falls sich UNO, NATO und EU zu keinem Eingreifkonsens durchringen. Und die Meinungsbildner Europas sollten aus der „splendid isolation" aufwachen und den Unterschied zwischen „peace forcing" und „peace keeping" lernen. 


Bis zum letzten Amerikaner

Andreas Unterberger

 So tragisch die Vorgänge in Syrien auch sind: Ein Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg wäre ein dramatischer Fehler. Daraus könnte leicht ein großer Krieg oder gar ein Weltenbrand entstehen. Denn der syrische Machthaber Assad würde jedes Eingreifen - für das ja in Wirklichkeit nur der Westen infrage kommt - sofort als Aktion der Freunde Israels brandmarken; er würde direkt wie auch über seine Vasallen im Libanon und in Gaza einen Krieg mit Israel entzünden, um die anderen, ihn derzeit kritisierenden Araber wieder an seine Seite zu ziehen. Dort stehen jetzt schon der Iran, der Irak und Russland. Allein das sollte reichen, jeden Hitzkopf zur Mäßigung zu bringen.

Zweitens zeigt das heute in vielen arabischen Ländern tobende Chaos: Es ist mehr als offen, ob selbst ein Erfolg einer Intervention oder Revolution geordnete rechtsstaatliche und demokratische Verhältnisse herzustellen vermag. In Libyen etwa herrscht nach der europäischen Intervention nackte Anarchie. Der Irak ist eine Tragödie. In Ägypten regieren die Islamisten, die am Friedensvertrag mit Israel rütteln und die die Scharia, also einen archaischen Religionstext, als oberstes Staatsgesetz einführen wollen; was das bedeutet, kann man in Saudi-Arabien oder im Iran studieren (trotz aller Differenzen untereinander).

Drittens haben die vielen syrischen Minderheiten von den Alewiten bis zu den Christen aus dem letzten Jahr eines gelernt: Sie fürchten sich vor einem Triumph der Revolution.

Viertens ist es heuchlerisch, wenn Österreicher nach Krieg rufen, aber natürlich meinen: Führen sollen den die anderen, wir sind ja neutral. Wer in jedem Konflikt von der Galerie herab bis zum letzten Amerikaner kämpft, ist nur noch lächerlich. Und verkennt die Realität: Die USA sind durch den Irak- und den Afghanistan-Krieg über alles militärisch und ökonomisch Tragbare hinaus belastet.

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Das letzte Kapitel?

29. Februar 2012 23:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Bin Ladens letzte Residenz
hat man soeben in Absenz
des Hausherrn abgerissen –
gewiss, der braucht das Ding nicht mehr,
doch sicher werden hinterher
es manche andre missen:

Es lockte ja Touristen an,
und wie sich jeder denken kann,
ist das nicht unersprießlich –
wer hätte denn das Kaff gekannt
und früher sich dorthin verrannt?
Ihr seht, es ist verdrießlich.

Womöglich hätte das Objekt
gar die UNESCO noch entdeckt
und dann im Fall des Falles
zum Dingsda-Erbe unsrer Welt
erklärt und unter Schutz gestellt –
vermasselt ist das alles!

Der Abriss kam laut Obrigkeit
aus Sorge zwar um Sicherheit
und wäre drum zu loben,
doch klingt’s in einem Land wie Hohn,
wo stets von droben Drohnen drohn
und drunt Zeloten toben.

Und wer am Akt beteiligt war,
muss künftighin, das ist wohl klar,
vor blinder Rache zittern,
derweilen andre – wetten drauf! –
Geschäfte schon mit dem Verkauf
von Abbruchsteinen wittern.

Naja, vielleicht kommt über Nacht
die Sache anders als gedacht,
und folgend frommen Pflichten
hat so ein Öl-Scheich die Idee,
am Orte die Gedenk-Moschee
Osamas zu errichten…

Pannonicus

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Wer sind die größten Rüstungkonzerne?

29. Februar 2012 12:07 | Autor: Andreas Unterberger

Waffenverkäufe in Milliarden Dollar der umsatzstärksten Rüstungskonzerne 2010

 

Firma Staat Umsatz
Lockheed Martin USA 35,7
BAE Systems UK 32,9
Boeing USA 31,4
Nothrop Grumman USA 28,2
General Dynamics USA 23,9
Raytheon USA 23,0
EADS D/F/E 16,4
Finmeccanica I 14,4
L-3-Communications USA 13,1
United Technologies USA 11,4

Anmerkung: Über chinesiche Rüstungskonzerne liegen keine ausreichenden Daten vor.

Quelle: Sipri

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Umstrittene Helfer: Ägypten: Anklageerhebung gegen Mitarbeiter von NGOs

18. Februar 2012 23:42 | Autor: Richard G. Kerschhofer
Rubrik: Gastkommentar

Bereits im Juli 2011 hatte das ägyptische Justizministerium eine Untersuchung von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) angekündigt, und Ende Dezember wurden in Büros von 17 NGOs Razzien durchgeführt, Dokumente und Computer beschlagnahmt sowie mehrere Ausreiseverbote verhängt. Ausländische Proteste wurden vom Außenministerium zurückgewiesen, weil man „wegen der Gewaltentrennung“ die Justiz nicht beeinflussen könne.

Das Verfahren stützt sich auf ein Gesetz aus 2002, das für die Finanzierung von NGOs eine Regierungserlaubnis vorschreibt, aber bisher locker gehandhabt und von NGOs anscheinend ignoriert wurde – allein 2011 gingen 65 Millionen Dollar an amerikanische NGOs. Vorige Woche wurde Anklage gegen 47 Personen erhoben, darunter zwei deutsche Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die übrigen sind Mitarbeiter der Parteiinstitute der US-Republikaner und der US-Demokraten sowie zweier weiterer US-Organisationen.

Am Wochenende flog US-Generalstabschef Martin Dempsey persönlich nach Kairo, um mit Junta-Chef Mohammed Tantawi zu „verhandeln“ – schließlich erhält Ägypten jährlich 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe. Doch das Dilemma ist beidseitig: Die USA  zahlen ja im Interesse Israels, doch gerade dieses „Bestechungsgeld“ hatte wesentlich zur Volkswut gegen Präsident Hosni Mubarak beigetragen. Und das trifft längst auch die Junta, die selbst ein Jahr nach der Absetzung Mubaraks noch keine klaren Vorstellungen hat und innen- wie außenpolitisch herumlaviert. Sie scheint sich aber mit den Muslim-Brüdern arrangiert zu haben, und bei der Aktion gegen die NGOs weiß sie die meisten Ägypter hinter sich, die seit der Kolonialzeit allergisch auf fremde Einmischung sind.

Ist die Anklage also bloß ein Ablenkungs-Manöver? Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung, doch fällt auf, dass außer den zwei Deutschen nicht nur Amerikaner (teils arabisch-stämmige), Ägypter und andere Araber, sondern auch fünf Serben angeklagt sind. Serben? Machthaber allerorten wissen, dass die serbische Organisation Otpor, die mit massiver westlicher Unterstützung am Sturz von Slobodan Milosevic werkte, ihr „Know-how“ seither weltweit zur Verfügung stellt. So trug sie etwa dazu bei, dass bei den „sanften“ Revolutionen 2003/2004 in Georgien und in der Ukraine fragwürdige Präsidenten durch zwar nicht minder fragwürdige, doch US-hörige ersetzt wurden. Und Otpor hat Verbindungen mit der ägyptischen „Bewegung vom 6. April“ (2008) – deren Anhänger so wie andere Liberale bei den Parlamentswahlen kläglich abschnitten.

Man sollte aber allgemein mehr darüber nachdenken, ob all das, was heute als „NGO“ und „Zivilgesellschaft“ in Sachen „Demokratie“, „Menschenrechte“, „Entwicklungshilfe“, „Umweltschutz“ et cetera unterwegs ist und sich auf Geld und Mitarbeit vieler Menschen guten Glaubens stützt, auch wirklich einer so strikten Ethik huldigt wie der NGO-Prototyp, das Rote Kreuz. Es ist offenkundig, dass sich NGOs auch ideal zum Einschleusen von Agenten eignen und letztlich zur völlig undemokratischen Durchsetzung eigener politischer und kommerzieller Interessen (Stichwort „Öko“), vor allem aber zur Aushöhlung nationaler und staatlicher Ordnung.

Dr. Richard G. Kerschhofer lebt als freier Publizist in Wien.

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Vorsicht! Das Gesindel rülpst ohne Handvorhalten…

12. Februar 2012 23:42 | Autor: Gerhard Schlüsselberger
Rubrik: Gastkommentar

Unter dem Verweis http://www.onesolutionrevolution.at/index.php/archiv/rassismusfaschismus/321-strachesausrutscher findet sich ein Artikel, dessen letztes Drittel wie folgt lautet:

Wir sind nicht die von Armin Wolf zitierten „friedlichen Demonstranten“

Als Revolutionäre lehnen wir Gewalt nicht prinzipiell ab. Gerade wenn es um Faschisten geht, aber natürlich auch, wenn es gilt dieses unterdrückerische kapitalistische System zu stürzen ist es oft notwendig, mit verbaler und körperlicher Gewalt vorzugehen. Wir gestehen Faschisten keine demokratischen Rechte zu, denn diese haben sie nun einmal nicht verdient. Die Gefahr des Faschismus muss schon begriffen und bekämpft werden, bevor sie offen ausbricht – Adolf Hitler selbst bringt das auf den Punkt: „Nur eines hätte unsere Bewegung stoppen können – wenn unsere Gegner ihr Prinzip verstanden hätten und vom ersten Tag an den Kern unserer neuen Bewegung mit aller Brutalität zerschlagen hätten“.

Im Fall des WKR-Balls, wo wir Blockaden gegen die Polizei verteidigten und Genossen aus den Händen der Polizei rissen, bedeutet das eben, die Nazis und Rechtsextremen am Abtanzen ihrer widerlichen Ideologie zu hindern. Hätten wir (was die pazifistisch-passive Haltung der meisten Demonstranten ebenso verhinderte wie unsere eigene Untermacht) die Möglichkeit gehabt, die Ball-Teilnehmer zu konfrontieren, so hätten wir versucht, sie von der Straße zu fegen.

Und ja, natürlich hätten wir dabei auch Gewalt angewendet – ebenso, wie wir die Gewalt aufbrachten, Busse und Taxis zu blockieren und die Anweisungen der Polizei zu umgehen, hätte es auch Gewalt gebraucht, einen solchen Bus nach Hause zu schicken. Und angesichts der Tatsache, dass viele Burschis auf solchen Bällen ihre „Schläger“ (stumpf geschliffene, aber spitze Degen) mit dabei haben, hätten wir sie natürlich nur mit Gewalt vertreiben können.

Wir hätten auch Polizisten, die versucht hätten, uns daran zu hindern, auch auf die Seite geräumt und ihre Ketten durchbrochen, um dieses Vorhaben durchzuführen. Weil wir wissen, dass die Gefahr, die Faschisten und deutschnationale Burschenschafter ausüben mehr wiegt als grundlegende Rechte für sie zu akzeptieren.

Oder, um es für alle auszudrücken, die verstehen was wir am 27.1. getan haben und immer wieder tun werden: „Alerta! Alerta! Antifascista!“

 

Ja, da sind sie wieder. Unsere „linken“ Freunde, die Toleranz gegen Andersdenke nicht nur zeigen, sondern auch leben, die Meinungsfreiheit nicht nur in Anspruch nehmen, sondern auch freimütig gewähren, die aber vor allem ihre politischen Ziele nur mit friedlichen Mitteln verfolgen und dies auch von ihren „politischen Mitbewerbern“ einfordern. Soweit, so falsch und heuchlerisch. Und nun tauchen wir wieder ab in die bitterkalte Realität.

Was mich aufregt? Naja, so einiges. Aber am meisten die Tatsache, dass hier unverfroren und direkt der Polizei vor die Füße gespien wird. Aber auch die unbedingte Bereitschaft, anderen Menschen jegliche Rechte abzuerkennen, halte ich für eine neue Qualität der Aggression. Nun ja, „alles nicht so problematisch“, werden sich viele naive Geister denken. Aber was macht nun ein Adressat der oben vor die Füße geworfenen Tiraden?

Gleiches mit gleichem vergelten? Aber pfui, das macht man doch nicht! Zumindest dann nicht, wenn man nicht „links“ ist. Schließlich will man seine geringfügig gleichere Gleichheit als „Linker“ auch auskosten. Wo kommt man denn sonst noch hin? Dass ein dahergelaufener Burschenschafter vielleicht noch dieselben Rechte hätte, wie ein politisch aufgeklärter Utopist?

Aber nein, das offizielle Österreich kann durchatmen. Es gibt aktuell keine Gewalt von „links“ (gab es die je?), und wenn, dann werden die nicht Gewalt ausübenden Gewalttäter einfach nur missverstanden. Oder die „Gesellschaft“ (wer auch immer das sein soll) hat Schuld. Oder einmal zu heiß gebadet. Oder… was fällt einem sonst noch ein?

Gerhard Schlüsselberger ist Jurist und beschäftigt sich in seiner Freizeit unter anderem mit politischen Fragen aller Art. 

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Übergriffe am WKR-Ball

12. Februar 2012 02:42 | Autor: Alexander Markovics
Rubrik: Gastkommentar

Viel wurde in den letzten Tagen über den WKR-Ball berichtet, der am 27.1. stattfand. Leider ging der problematischste Aspekt des Balles in der Berichterstattung unter: Die gewalttätigen Übergriffe linker Gegendemonstranten auf Ballbesucher und das Versagen der österreichischen Polizei, welche nicht dazu in der Lage war, das demokratische Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.

In den folgenden Zeilen möchte ich ein Bild der Anfahrt des Balles aus meiner Sicht und einiger anderer Ballbesucher darlegen, um diese Übergriffe zu dokumentieren.

Wie ich am eigenen Leib erfuhr, wurde die Zufahrt zum WKR-Ball von linken Gegendemonstranten ab 21:00 Uhr zunehmend unmöglich gemacht. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich in einem Taxi auf dem Weg von der Universität Wien zur Hofburg. Auf der Höhe der U-Bahn Station Schottentor bemerkte ich, wie eine Schlange von etwa zwölf Taxis nicht weiterfuhr, da die Weiterfahrt von Gegendemonstranten blockiert wurde. Ich sah wie Gegendemonstranten die Türen der Taxis regelmäßig aufrissen. Teilweise wurden Leute aus den Taxis gezerrt und von der linken „Zivilgesellschaft" auf das Übelste beschimpft.

Ich wurde ebenso beschimpft, weiters ist mir zum Glück aber nichts passiert. Die Polizei kümmerte sich um dieses Treiben nicht und ließ die Gegendemonstranten gewähren. Sporadisch erschienen Einsatzwagen um die Gegendemonstranten zu verjagen, Polizeikräfte kümmerten sich aber nicht darum, diese zu entfernen.

Schließlich musste ich mit dem Taxi über den Michaelerplatz zur Hofburg fahren. Kurz vor dem Hintereingang der Hofburg bot sich mir ein besonderes Schauspiel: Polizisten bildeten eine Gasse für die Taxifahrer, während rundherum vermummte Gegendemonstranten und aufgehetzte Vertreter der linken Zivilgesellschaft standen (Evangelische Kirche Wien, GRÜNE, SJ). Während letztere die durchfahrenden Ballgäste aufs übelste beschimpften (Mir bleibt hierbei eine etwa 60 jährige Frau in Erinnerung die die ganze Zeit „Ihr scheiß Nazis!" schrie) kam es zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten vermummter Schläger aus dem linksautonomen Spektrum.

Diese attackierten Ballbesucher, die, weil zeitweise kein Weiterkommen mit dem Taxi möglich war, ihr Glück zu Fuß versuchten. Hierbei griff die Polizei zwar ein, ließ aber die Täter zum Teil nach kurzer Zeit wieder laufen, da Polizisten während der Schlichtungsversuche von Gegendemonstranten mit Fernsehkameras gefilmt wurden. Die Randalierer in diesem Bereich waren auch zum Teil mit Elektroschockern bewaffnet.

Im Verlaufe des Balles kamen mir weitere Berichte über Übergriffe zu Ohren, die ich zur besonderen Verdeutlichung der Zustände darlegen möchte:

  1. Gegendemonstranten versuchten einer schwangeren Frau, die aufgrund der Blockaden aus dem Taxi aussteigen musste, in den Bauch zu treten. Die Randalierer konnten von ihrer Begleitung mit Not abgewehrt werden.
  2. Ein Bekannter von mir, Volker H., wurde in der U3 auf dem Weg zur Station Herrengasse von vermummten Gegendemonstranten mit Wasser überschüttet und mit Schlagstöcken im Bereich des Gesichts angegriffen. Da die Polizei zum Glück wenig später eingriff, erlitt er (nur!) eine Schürfwunde. Er erstattete Anzeige.
  3. Ein weiterer Freund von mir, Julian B., wurde an besagter Stelle in der Höhe der U-Bahn Station Schottentor von einer Horde Autonomer angegriffen. Er saß zusammen mit seiner Freundin sowie zwei Bekannten in einem Taxi, als dieses in dem bereits erwähnten Stau zum Stehen kam. Kurze Zeit später bebte das Taxi, weil unter diesem eine geballte Ladung Feuerwerkskörper explodierte.
    B. und seine Freundin verließen daraufhin fluchtartig den Wagen. Draußen wurden sie von einer Horde vermummter Autonomer mit Schlagstöcken umzingelt. Da diese zum Glück selbst perplex waren, schaffte es B., sich und seiner Freundin einen Weg durch die Schläger zu bahnen. Dabei wurde B. von einem Farbbeutel am Bein getroffen, während seine Freundin mit Glassplittern abgeschossen wurde, die ihr die Ferse aufschnitten.
  4. Einer Ballbesucherin wurde am Weg zur Hofburg von Gegendemonstranten das Kleid unter johlenden „Nazischlampe!"-Rufen zerrissen.

In der Rückschau kann man also tatsächlich von einer „Pogromstimmung" sprechen, die gegenüber den Ballbesuchern herrschte. Anders lässt sich wohl ein aufgehetzter Mob mit einem nicht zu verleugnenden Anteil linksextremer Schläger der Antifa, der Männer wie Frauen tätlich angriff, verletzte, erniedrigte und beschimpfte, nicht bezeichnen.

Besonders erschreckend in Bezug auf den Zustand unserer demokratischen Gesellschaft ist aber das Verhalten der Organisationen, die die Gegendemonstrationen unterstützten: Sowohl von Seiten von SOS Mitmensch, der evangelischen Kirche, der katholischen Kirche, der SPÖ und der Grünen, um nur einige wenige zu nennen, erfolgte keine Distanzierung von den gewalttätigen Demonstranten.

Im Gegenteil: Anstatt von den vermummten Gewalttätern abzurücken, erfolgte sogar eine Solidarisierung mit diesen, beziehungsweise wurden diese sogar von Teilnehmern der Gegendemonstration angefeuert.

Umso unentschuldbarer ist es, dass die österreichische Polizei beim Schutz des demokratischen Grundrechts der Versammlungsfreiheit vollkommen versagt hat. Wenn sich also die Öffentlichkeit der Republik Österreich im Zusammenhang mit dem WKR-Ball für irgendetwas schämen müsste, dann ist es einzig und allein das Versagen der österreichischen Sicherheitskräfte, welche die Demokratie in Österreich damit nachhaltig beschädigt haben.

Alexander Markovics, 20, ist Student der Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Wien im 6. Semester.

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Die syrische Wahl: ein Diktator oder ein Weltenbrand?

07. Februar 2012 00:42 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

In Syrien tobt ein grässlicher Bürgerkrieg. Tausende Tote, Massaker an unbewaffneten Demonstranten, Folter und vieles mehr sind dem Regime des Präsidenten Bashar al-Assad anzulasten. Es gibt auch für entfernte europäische Beobachter keine Zweifel mehr, dass die Mehrheit der Syrer seine Absetzung will. Dennoch tut die Außenwelt nichts, um Assad zu stürzen. Und das ist – verständlich.

Denn so klar all das ist, was gegen den syrischen Machthaber spricht, so viele Gründe gibt es auch gegen eine militärische Intervention von außen.

Primär mangelt es ja schon an Nationen, die zu einem solchen blutigen Unterfangen überhaupt bereit wären. Denn die syrische Armee ist trotz der Desertion Tausender Soldaten noch immer hochgerüstet und schlagkräftig. Außerdem liegt Syrien nicht so bequem wie Libyen am Mittelmeer vor der Haustür Europas. Es kann also nicht leicht von europäischen Flugplätzen aus bombardiert werden.

Darüber hinaus sind selbst Frankreich und Großbritannien alles andere als begeistert von der Idee einer Wiederholung des libyschen Abenteuers an einem neuen Schauplatz. Hat Libyen doch viel mehr gekostet und länger gedauert als anfangs erwartet. Gleichzeitig stehen beide Länder heute wirtschaftlich noch viel schlechter da.

Und sonst ist schon gar kein westliches Land bereit, für Syrien zu sterben. Das müssen auch alle jene kriegslüsternen Kommentatoren einsehen, die beim Einlangen von Schreckensberichten wie eben jetzt aus Syrien immer gerne zum Kampf rufen. Auch wenn sie meist nur bis zum letzten Amerikaner kämpfen wollen. Immer wieder rufen ja gerade jene Österreicher lautstark zu Interventionen, die zugleich unter Berufung auf die Neutralität strikt gegen jeden Beitrag Österreichs an einer militärischen Verteidigung sind. Umso grotesker ist es, zu einer Intervention in einem anderen Land, also einem Angriff zu rufen.

Gefahr eines großen Krieges

Der stärkste Argument gegen eine militärische Intervention ist aber wohl die Gefahr, dass daraus ein größerer regionaler Krieg werden könnte. Wenn der Westen etwas tun wollte, könnte er das praktisch nur unter Beiziehung Israels – schon aus geographischen Gründen. Damit aber würde automatisch ein große panarabisch-panislamische Solidarität zugunsten Assads ausgelöst werden.

Aber selbst wenn Israel, das noch immer am Golan syrisches Territorium besetzt hält, draußen gehalten werden könnte, sollte man nicht vergessen, dass Assad starke Verbündete hat. Daran ändert die Tatsache nichts, dass sich diese angesichts der Gräuelberichte derzeit nicht allzu laut äußern. Der wichtigste Verbündete ist zweifellos Iran. Aber auch die irakische Führung ist insgeheim auf der Seite Syriens (und sowieso immer des Irans).

Beide Nachbarn sind ja schiitisch geführt und haben daher kein Interesse, dass in Syrien die sunnitische Bevölkerungsmehrheit den Alewiten Assad stürzen kann. Die Alewiten sind eine eigene Religionsgemeinschaft, die den Schiiten traditionell nahe steht, die auch vorislamisch-persische Wurzeln hat. Und die von den Sunniten immer wieder verfolgt worden ist, insbesondere von den Osmanen.

Fast folgerichtig ist die Türkei, also der Nachfolgestaat der Osmanen, auch der einzige Nachbar, der offene Sympathien für die Syrer zeigt. Aber auch die hochgerüstete Türkei hat wenig Lust auf Kriegsabenteuer. Muss sie doch schon ihre Kräfte auf den Kampf gegen die unruhigen Kurden konzentrieren.

Schließlich spielt die syrische Führung selbst in einem weiteren Nachbarland, dem Libanon, eine starke Rolle. Rund die Hälfte des dortigen politischen Establishments ist von Syrien abhängig oder sogar gelenkt. Damit ist auch der Libanon automatisch Teil jeder Auseinandersetzung um Syrien.

Assad stützt ein labiles Kartenhaus

All diese Verwicklungen zeigen: Syrien ist die wahrscheinlich wichtigste Karte in einem labilen Kartenhaus, das bei einem Angriff auf Assad von außen mit großem Getöse zusammenstürzen würde. Und „Getöse“ bedeutet höchstwahrscheinlich nichts anderes als einen mehrere Nationen umfassenden Krieg, wenn nicht gar einen Weltkrieg.

Denn gleichzeitig mit der syrischen Krise eskalieren ja auch die Spannungen um Irans knapp vor einem „Erfolg“ stehende Atomrüstung. Vor allem Israel denkt immer intensiver nach, diese iranische Atombombe im letzten Augenblick durch einen massiven Luftangriff zu verhindern.

Unklare Rechtslage

Jenseits dieser legitimen Ängste vor einem neuen Weltenbrand gibt es natürlich auch völkerrechtliche Argumente gegen eine Intervention von außen. Denn bei aller Erregung über ein Mörderregime hat im Völkerrecht noch immer die Staatensouveränität höchste Priorität. Rein humanitär motivierte Interventionen zum Schutz der Bevölkerung sind rechtlich heftig umstritten, solange daraus keine konkrete Bedrohung anderer Länder erwächst. Es sei denn der UNO-Sicherheitsrat erlaubt diese zumindest indirekt, wie etwa im Fall Libyens.

Dieser UNO-Sicherheitsrat ist aber bisher nicht imstande gewesen, zu Syrien eine Resolution zu beschließen. Russland und China haben eine solche mit ihrem Vetorecht bisher verhindert. Dafür werden sie nun weltweit heftig gescholten. Mit gutem Grund: Ihre Motive sind zweifellos weniger Ängste vor einem Krieg als das Interesse an Öl und Gas. Wenn der russische Außenminister vor „einseitigen Sanktionen“ gegen Assad warnt, dann ist das besonders widerlich. Soll man am Ende als „zweite Seite“ auch die Bevölkerung durch Sanktionen bestrafen?

Dennoch dürften viele westliche Staatsmänner insgeheim froh sein über dieses doppelte Veto. So können sie vor ihren eigenen Bürgern mit spitzen Fingern empört auf die beiden östlichen Mächte zeigen. Sie ersparen sich aber eine Antwort auf die Frage, ob sie selber einen riskanten, teuren und ergebnisoffenen Einsatz mit vielen Opfern wagen sollen.

Christen und Frauen müssen am meisten fürchten

Lässt man einmal die Kriegsgefahr und das Völkerrecht beiseite: Wäre ein Sturz Assads wirklich ganz eindeutig als positiv zu werten, so wie es jetzt ein Großteil der Welt meint? Ich zweifle, auch wenn ein solcher Sturz zweifellos viele positive Folgen hätte.

Positiv wäre neben einer Erfüllung des Verlangens der Bevölkerungsmehrheit – 75 Prozent sind Sunniten und daher großteils Assad-Gegner – auch die Hoffnung auf ein Ende der syrischen Einmischung im Libanon. Vor allem aber würde ein Sturz Assads einen heftigen Dämpfer für Iran bedeuten, die potentiell aggressivste Macht im Nahen Osten. Der Iran ist ja nicht nur durch die baldige Atombombe, sondern auch durch seinen Einfluss im Irak (Amerika sei Dank) heute sehr stark.

Man sollte aber nicht auf die Gefahren eines Sturzes Assads vergessen: Vor allem den religiösen Minderheiten wird es nachher schlechter gehen. Das ist schon aus Analogie zu den Vorgängen in Ägypten mit Sicherheit zu sagen. Das trifft neben den Alewiten (rund 6 Prozent) und Schiiten insbesondere auf die Christen zu (in Ägypten 10, in Syrien 15 Prozent). Sie sehen, wie die Aggression des sunnitischen Mobs gegen die Christen in Ägypten zugenommen hat; sie sehen, wie der „befreite“ Irak Hunderttausende Christen in die Flucht gezwungen hat; sie sind daher von nackter Angst erfüllt. Unter Assad haben sie zwar keine Demokratie, aber ein ungestörtes Leben, solange sie sich nicht politisch betätigen.

Auch die syrischen Frauen können in Syrien relativ emanzipiert leben. Auch ihnen verheißen die repressiven und islamistischen Tendenzen in Ägypten nichts Gutes.

Ägypten und Irak sind auch noch aus einem weiteren Grund ein schlechtes Exempel: Denn das fatale Schicksal der dortigen Expräsidenten zeigt dem syrischen Machthaber ein Menetekel, was auch ihm drohen könnte. Er und seine Clique hängen jedoch naturgemäß sehr am Leben und daher auch an der Macht.

Konklusion: So übel das Vorgehen Assads gegen die aufrührerischen Sunniten auch ist, so klar sollte es doch sein, dass ein militärisches Eingreifen wenig Sinn hat und vielleicht noch mehr negative als positive Folgen hat. Das sollte man zumindest aus dem Beispiel Irak gelernt haben.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das neue unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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Die Iden des März: Gefahr im Nahen Osten

03. Februar 2012 05:42 | Autor: Paul Fischer
Rubrik: Gastkommentar

Zwischen den Aufregern zur Jahreswende – Wulff und der Untergang eines Kreuzfahrtschiffes – blieb eine Meldung zwischen den Zeilen fast unbemerkt: Nämlich, dass wieder ein iranischer Atomphysiker von Attentätern getötet wurde. Das ist das fünfte derartige Ereignis binnen weniger Wochen. Dass dahinter direkt oder indirekt nur Israel stecken kann, ist vielleicht nicht allzu schwer zu erraten. Nur was das bedeutet, ahnen wahrscheinlich nur wenige. Für die Wirtschaft hat es jedenfalls Megakonsequenzen.

Ich erinnere mich an die frühen sechziger Jahre. Damals hat Ägypten unter Nasser an ballistischen Raketen gebastelt. In seinen Diensten standen damals ein paar deutsche Raketentechniker, die noch auf Erfahrungen aus dem V-2 Programm Wernher von Brauns in Peenemünde zurückgreifen konnten. Eines Tages erreichten diese Leute Postsendungen mit tödlichen Geschenken. Der eine starb, der andere verlor ein Auge und seine Finger etc. Die ausländischen Techniker reisten ab.

Gamal Abdel Nasser beendete sein Raketenprogramm. Dafür hatte er bald eine neue Idee. Die ägyptische Flotte verhängte eine Sperre im Roten Meer und blockierte damit den wichtigen israelischen Hafen Eilath – damals nur für Kenner eine interessante Touristendestination. Nasser fühlte sich stark, weil er die Sowjets an seiner Seite wusste, die eben den Assuan-Staudamm fertiggestellt hatten, und weil er doch mit Nikita Chruschtschows Hilfe im Oktober 1956 die Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien aus dem Suezkanal vertrieben hatte.

Also verlegte er jetzt auch schwere Truppenverbände in den Sinai und schloss mit Syriens Machthaber Assad und Jordaniens jungem König Hussein einen Verteidigungspakt. Diese Partner mobilisierten ebenfalls am Golan, in Ostjerusalem und bei Akaba. Die Israelis kamen zu dem Schluss, dass wieder einmal ihre Existenz tödlich bedroht war – und handelten.

Es folgte ein Luftschlag mit modernen zu Bombern umgebauten Mirage-Düsenjägern, welche die kombinierten Luftwaffen von Ägypten, Syrien und Jordanien binnen weniger Stunden vernichteten. Zugleich stießen israelische Panzerverbände im Sinai vor und erreichten nach vier Tagen den Suezkanal, wo sie schon einmal – im Oktober 1956 – halt gemacht hatten. Damals hatte sie US-Präsident Dwight Eisenhower – Oberkommandierender für Europa der Alliierten im Zweiten Weltkrieg – zum Rückzug gezwungen.

Diesmal – Juni 1967 – saß Lyndon Baines Johnson im Weißen Haus, der bereits mit dem Vietnam-Krieg genug Sorgen am Hals hatte. Überraschenderweise hielten nun auch die Russen still. Zwanzig Jahre massenhafter Lieferungen von High-tech-Waffen an die Araber lagen nur mehr als Schrott in der Wüste. So war der israelische Sieg auch zur Niederlage der Sowjetunion geworden.

Die Syrer waren keine leichten Gegner, aber ohne Luftwaffe hatten sie keine Chance und bald hissten die Israelis auf dem 2814 m hohen Hermonberg ihren Davidstern. Am schwierigsten waren die Jordanier zu knacken. In Ostjerusalem wurde von Haus zu Haus gekämpft und dort befand sich ja auch das große islamische Heiligtum, der Felsendom. Nach drei Tagen nahmen die Überlebenden des Holocaust die Klagemauer in Besitz. Nach 1898 Jahren war wieder das ganze Jerusalem in jüdischer Hand.

Iran: Nukleare Bedrohung Israels

Überspringen wir die folgenden leidvollen 45 Jahre mit wenigen genutzten und vielen nicht genutzten Friedenschancen. Wieder sterben heute Wissenschaftler, Techniker und Kommandanten – diesmal von Atomprogrammen. Wieder droht ein nahöstlicher Politiker mit der Sperre einer wichtigen internationalen Wasserstraße, durch die ein Drittel des weltweiten Ölbedarfs geschleust wird. Und wieder bereitet sich Israel auf einen Luftschlag vor. Die Zeichen sind eindeutig. Er wird heuer stattfinden und er könnte auch eine nukleare Komponente beinhalten.

Im Herbst 2008 waren sich George Bush und Bibi Netanjahu einig, dass man gemeinsam gegen den Iran losschlagen sollte. Eine Atommacht im Nahen Osten neben Israel sollte nicht toleriert werden. Könnte sich der Iran als solche etablieren, dann würden auch die Türken, die Saudis und die Ägypter diese Abschreckungswaffen haben wollen. Sogar dem grünen Joschka Fischer wurde bei diesem Gedanken schlecht.

Als ein amerikanisches Suchkommando im Herbst 2003 den grausamen Saddam Hussein aus einem Erdloch zog, beendete kurz darauf der iranische Präsident Mohammad Khatami das iranische Atomprogramm, das schon vom Schah Reza Pahlevi gestartet worden war, und Muammar Ghaddafi enthüllte und beendete sein Atomprogramm und wurde dafür zum Dank nach Rom und Paris eingeladen. Aber der neue iranische Präsident pfiff ab 2005 auf alle Warnungen Israels und des Westens, setzte die Uranzentrifugen wieder in Betrieb. Sein Argument: wenn Pakistan und Israel Atomwaffen haben dürfen, dann können sie ihm nicht verwehrt werden. Da hat er Recht, das ist die Logik der Gerechtigkeit.

Es gibt aber auch eine Logik der Macht. Und hinter der steht immerhin die größte Militärmacht der Welt, die USA, und mit ihr der gesamte Westen. Vor allem aber reizt das die  stärkste Militärmacht im Nahen Osten, Israel, das wahrscheinlich über 200 Atombomben verfügt, genug, um von Marrakesch bis Teheran alles auszulöschen, was einen Schleier trägt. Und die Israelis haben ein starkes Argument: „Die Araber und Perser können sich viele Fehler und Rückschläge erlauben, aber bei uns, in Israel, kann schon ein einziger Fehler zur Vernichtung unseres Landes führen“.

Das war im Herbst 1973 schon beinahe der Fall gewesen. Nassers Nachfolger, Anwar Sadat, erwischte die Israelis auf kaltem Fuß, griff zum höchsten jüdischen Feiertag Yom Kippur überraschend an, überquerte den Suezkanal und brachte die urlaubenden Streitkräfte Israels im Sinai in schwerste Bedrängnis. Als die Amerikaner unter Präsident Richard Nixon und seinem Außenminister Henry Kissinger nicht sofort reagierten, aktivierte Premierministerin Golda Meir die „Samson-Option“ und man begann Atomwaffen aus den Bunkern zu holen und zu aktivieren, während in Südrussland 80.000 sowjetische Fallschirmjäger mobilisiert wurden, um in Syrien zu landen.

Amerika erwachte blitzschnell aus seiner übermäßigen Beschäftigung mit der Watergate-Affäre und erklärte weltweiten „Alarm Orange“ – das heißt: „Volle Bereitschaft für nuklearen Kampf“. Gleichzeitig wurde eine Luftbrücke nach Tel Aviv eingerichtet, über die nun Tag und Nacht militärischer Nachschub nach Israel rollte. So viel, dass dem Kommandanten der Südfront, Arik Sharon, der Kamm schwoll und in einer wagemutigen Aktion 900.000 ägyptische Soldaten bei Port Said einkesselte. Mittlerweile hatte Anwar Sadat auch „Kunde“ von der „Operation Samson“ bekommen. Vier Jahre später hat ihn dieser Schrecken veranlasst, nach Jerusalem zu fliegen und mit den Israelis Frieden zu schließen.

Die Belohnung dafür war der israelische Abzug aus dem Sinai, der Friedensnobelpreis gemeinsam mit dem einstigen Kämpfer der Untergrundarmee Irgun Zwei Leumi, Menachem Begin, und zuletzt eine tödliche Kugel durch die Moslem-Brüder, deren damaliger informeller Anführer Ayman al-Zawahiri als alter ego von Osama bin Laden noch immer in Waziristan oder vielleicht auch in Bangladesh sitzt und auf die nächste Drohne der Amerikaner wartet.

Die Gefährlichkeit des Mahmud Ahmadinejad

Das alles sei erzählt, um besser zu verstehen, was uns in diesem Jahr noch erwartet. Die Ermordung von Menschen, die mit dem iranischen Atomprogramm zu tun haben, ist nur der Auftakt einer größeren von Jerusalem geplanten Operation. Ahmadinejad wird längst begriffen haben, dass es auch ihm persönlich an den Kragen geht. Aber seine Verblendung erlaubt es ihm nicht, daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.

Eine Gruppe von Psychiatern in Tel Aviv hat ihn analysiert und sie kamen zu dem Schluss „Er ist ein zweiter Hitler“. Und das ist kein Stammtischgeschwätz, sondern der unausgesprochene Name eines politisch-militärischen Programms zur Köpfung der iranischen Führung. Und Israel hat mit gezielten Tötungen gute Erfahrungen gemacht. Da war der Abbruch des Ägyptischen Raketenprogramms. Man hat sich blutig an den Attentätern des „Schwarzen Septembers“ von den Olympischen Sommerspielen 1972 gerächt. Da wurden solange die Führer der Hamas liquidiert, bis diese endlich Ruhe gaben und die Selbstmordattentate in Israel einstellten.

Und der gelungene Präventivschlag von 1967 ist jedem Israeli noch in guter Erinnerung. Auch die Vernichtung des irakischen Atomreaktors Osirak Anfang der 80er Jahre hatte keine negativen Folgen nach sich gezogen, genau so wenig wie im September 2006 die Ausschaltung eines nordkoreanischen Plutoniumreaktors im Norden Syriens. Russland und China blieben schweigsam (und in Deutschland gab es noch keinen Außenminister Westerwelle).

Dies führt zur Schlussfolgerung, dass sie es wieder tun werden. Und zwar noch heuer, 2012. Erst kurz vor Weihnachten hat der israelische Staatspräsident Shimon Perez das Mantra wiederholt. „Wir werden keine iranische Atombombe dulden“. Und der israelische Generalstabschef rechnete vergangenen Herbst mit der Fertigstellung einer iranischen Bombe für diesen März. Was immer dagegen geschehen muss, es sollte nach Meinung der Israelis noch davor geschehen. An den Iden des März wurde im Jahr 44 vor Christus Julius Cäsar ermordet und seither gilt die Zeit rund um den 15. März als Metapher für drohendes Unheil.

Mahmoud Ahmadinejad, den Peter Pilz beschuldigt, in Wien am 13. Juli 1989 einen ranghohen Kurdenführer und zwei seiner Mitarbeiter ermordet zu haben, und den unser späterer Bundespräsident Thomas Klestil (damals unter Alois Mock Generalsekretär im Außenministerium) still und leise nach Teheran ausreisen ließ, steht also auf jener Liste israelischer Kommandos, die sie bald zu liquidieren haben, darunter auch den religiösen Führer Ajatollah Khamenei und andere radikale Typen, die vor zwei Jahren das Ergebnis einer Parlamentswahl massiv gefälscht haben, um die Hoffnung der Iraner auf mehr Freiheit und Frieden zu begraben und die Konfrontation mit Israel als Staatsräson zu festigen. Der folgende legendäre „grüne“ Protest der Jugend – ein Vorläufer des „Arabischen Frühlings“ – wurde in Blut erstickt.

Was uns im Kriegsfall erwartet

Es wird eine sehr komplexe Operation sein. Noch von der Bush-Regierung her besteht der Plan, den Iran im Fall eines Krieges mit 40.000 Cruise Missiles einzudecken. Falls die Iraner ein US-Schiff angreifen, ist es so weit. Die Zieleinrichtungen sind programmiert, die Raketen und Drohnen befinden sich an ihrem Standort im Indischen Ozean, und alles ist längst ausfinanziert. Bush wollte im Herbst 2008 zuschlagen, und das war einer der Gründe, warum der Ölpreis damals Amok lief und damit die Finanzkrise indirekt auslöste. Der damals neue Verteidigungsminister Robert Gates hatte ein Veto eingelegt.

Ob das gut oder schlecht war, muss sich noch zeigen. Obama hat dann den Israelis auch die Lieferung von bunkerbrechenden Bomben verweigert. Was dazu führen könnte, dass Israel „gezwungen“ ist, die in die Berge hineingetriebenen Teststollen für Atomexplosionen mit kleinen Atombomben „unbrauchbar“ zu machen. Welch Ironie: Die Israelis zünden im Berg nukleare Sprengsätze, um dort die Explosion von Atombomben zu verunmöglichen!

So viel zum Ernst der Lage. Der Iran ist mit russischen Waffen und Flugabwehrsystemen hoch gerüstet und verfügt auch über eine beachtliche Eigenproduktion, was Ahmadinejad dazu verleiten könnte, es darauf ankommen zu lassen. Israel wird bluten, die Amerikaner werden verwundet sein und die Weltwirtschaft könnte einem Kollaps entgegeneilen. Da brauchen wir vom Tourismus gar nicht erst zu reden.

Drei versenkte Öltanker in der Straße von Hormuz reichen für einen katastrophalen Ausfall der Ölversorgung der Welt. Und eine iranische Rakete auf einen US-Flugzeugträger könnte mit einem Schlag tausend Matrosen das Leben kosten. Und dass dann die Hizbollah im Libanon wieder Raketen auf Israel regnen lässt und genauso die Hamas aus dem Gazastreifen, darf erwartet werden.

Offen ist, ob die Perser nicht schon längst über eine Atomwaffe aus anderen Quellen verfügen. Da gab es 1993 Gerüchte über drei nukleare Panzergranaten, die ihren Weg aus sowjetischen Beständen in Tadschikistan nach Teheran gefunden hätten, da gab es 1996 eine Auflistung verschollener Nuklearwaffen in einem Bericht General Lebeds an den russischen Präsidenten: „Der Verbleib von 46 Kofferbomben und 70 Gefechtsfeldwaffen kann nicht mehr eruiert werden“. Und da gibt es die jungen Nuklearmächte Pakistan und Nordkorea, die nachweislich Informationen über den Bau von Atombomben an den Iran weitergegeben haben und – wer weiß – vielleicht auch eine fertige Bombe.

Das würde die Aggressivität und den Leichtsinn von Ahmadinejad erklären, der eine Konfrontation geradezu herbeizulechzen scheint. In einem Spiegel-Interview sagte er es schon vor Jahren ganz offen: „Eine einzige Atombombe genügt, um ganz Israel zu zerstören“. Ob der meist gut informierte Mossad darüber schon etwas weiß? Ahmadinejad glaubt an das Erscheinen des Zwölften Imam im Zuge einer großen Krise. Der Retter des Islam wird dann die Juden vernichten.

Der Einsatz von Nuklearwaffen wird zum Schock des Geschehens eine zusätzliche Dimension beisteuern, auch wenn dabei mitten in einer Bergwüste kaum Menschen zu Schaden kommen werden. Es könnte das Tschernobyl und Fukushima für die Militärindustrie sein. Und es würde den Abrüstungsbemühungen der Großmächte mächtig auf die Sprünge helfen. Für Israel bedeutete es eine Offenlegung seines Nuklearprogramms, und dessen Demontage wäre dann das Hauptthema in den folgenden Verhandlungen über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten.

Übrigens, ein iranischer Multimilliardär hat auf der Insel Kisch, 20 km nahe der iranischen Küste im Persischen Golf (gegenüber von Qatar und Oman) im Auftrag von Ahmadinejad ein wahres Ferienparadies errichtet, das einen Gegenpart zu Abu Dhabi und Dubai bilden soll. Zu untersuchen wäre dabei wohl auch, inwieweit dort in Camouflage militärische Einrichtungen eingebunkert wurden.

Paul Fischer hat 21 Jahre im Journalismus gearbeitet; er startet nun eine zweite Karriere als Reiseleiter. Demnächst aber nicht im Nahen Osten.

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Nigeria: Die einzige Therapie wird vom Westen verweigert

22. Januar 2012 00:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Anschläge der radikalislamischen Sekte Boko Haram im Norden Nigerias werden immer aggressiver und blutiger. Während die internationalen Medien noch fast stündlich höhere Opferzahlen melden, wird die Frage immer drängender: Wie sollen diese Konflikte zu Ende gehen? Wie soll der Westen darauf reagieren?

Der Westen wird natürlich vorerst über tief betroffene Worte hinaus gar nicht reagieren. Er wird bald wieder wegschauen und hoffen, dass CNN keine Kamera-Teams nach Nordnigeria entsendet. Intensive Medienberichterstattung würde nämlich den Druck der Öffentlichkeit stark erhöhen, dass irgendetwas geschieht. Dieser Druck könnte zu einer gefährlichen Eskalation führen, nämlich zu einer Entsendung von Truppen. Ein solches Himmelfahrtskommando wäre aber in einem riesigen und fremden Land absolut sinn- und chancenlos.

Der Westen sollte etwas ganz anderes tun: Er sollte einmal die Lage mutiger und vernünftiger analysieren als bei früheren Konflikten gleicher Art, vor allem ohne Political Correctness. Und er sollte daraus endlich die richtigen Schlüsse ziehen. Diese müssten sich vor allem auf eine neue Einschätzung des Islams und des Selbstbestimmungsrechts beziehen.

Denn im Islam boomen derzeit an immer mehr Orten extremistische Mörderbanden. Diese sind vor allem für Staaten mit gemischter Bevölkerung ein riesiges Problem. Und da ist es schlicht mörderisch, wenn der Westen Druck ausübt, dass diese Staaten jedenfalls vereinigt bleiben. Sinnvoll kann nur noch eine Abgrenzung, ein Containment der islamistischen Aggression sein. Dies kann der Westen zwar nicht alleine durchsetzen, aber er sollte es zumindest legitimieren.

Tatsache ist ja, dass in Nordnigeria eine islamische Sekte von den übrigen, offen oder insgeheim sympathisierenden Moslems nicht an ihrem mörderischen Wüten gehindert wird. Dieses Wüten besteht vor allem in der blutigen „Säuberung“ des Nordens von allen Christen. Dahinter steht eine steinzeitliche Gesinnung, die sich sogar schon im Namen dieser Bewegung ausdrückt: „Westliche Bildung ist Sünde". Damit sind Teile des Islam endgültig in der Reihe der übelsten Totalitarismen der Menschheitsgeschichte angelangt.

Das macht zum einen das Gerede mancher christlicher Gruppen von der Verwandt- und Freundschaft der monotheistischen Religionen absurd. Dieses Gerede findet man freilich nicht nur in linkskatholischen Kreisen, sondern auch bei sehr konservativen, dem Opus Dei nahen Gruppen. Beide versuchen einander an Naivität zu übertreffen.

Das muss zum anderen auch zu einer klaren politischen Erkenntnis führen: Die nigerianischen Nichtmoslems können schon auf Grund der Zahlenrelationen nur eine einzige Überlebens-Perspektive haben: eine Teilung des Landes. Dieses Ziel haben viele Südnigerianer vor mehr als vier Jahrzehnten schon einmal zu erreichen versucht. Nämlich im Biafra-Krieg.

Damals hat sich aber das Ausland in einer unheiligen britisch-amerikanisch-sowjetischen Allianz gegen eine Sezession der Südostprovinz Biafra gewandt. Biafra musste sich dieser Übermacht nach zweieinhalb Jahren Krieg und wahrscheinlich zwei Millionen Toten ergeben. Eine Hungerblockade und die von der Sowjetunion an die Zentralregierung gelieferten Napalm-Bomben waren für die meisten Opfer verantwortlich.

Neben dem Interesse vieler Nationen an den nigerianischen Ölquellen war die Politik der Angelsachsen vor allem durch die politische korrekte Überzeugung geprägt: Die aus der Kolonialzeit stammenden Staatsgrenzen sollten keinesfalls geändert werden. Dabei haben diese Grenzen meist keinerlei historische oder ethnische Rechtfertigung, sondern waren reines Produkt der einstigen Interessenkämpfe der Kolonialmächte.

Dieses Beharren der meisten Weltmächte auf den Kolonialgrenzen wird wohl noch in vielen afrikanischen Ländern Opfer fordern. Mit diesem insbesondere von der UNO geprägten Beharren wird absurderweise die vielleicht übelste Folge des sonst von der UNO so oft verurteilten Kolonialismus perpetuiert und geradezu geheiligt.

Offenbar ist die Welt immer erst nach Millionen Toten und jahrelangen Kriegen zu einem Umdenken bereit. Wie es etwa im Sudan der Fall war. Auch dort hat ein fundamentalistisch-islamischer Norden viele Jahrzehnte einen christlich-animistischen Süden mit entsetzlichen Opfern terrorisieren dürfen, bis die Welt eine Teilung des Sudans als Lösung erkannt und dann mit etlichem Druck auf den Norden auch weitgehend durchgesetzt hat. Wobei ja auch zwischen Nord- und Südsudan noch immer etliche Grenzfragen ungelöst sind.

Nichts deutet darauf hin, dass man jetzt im Fall Nigerias zu einem früheren Umdenken bereit wäre. Dieses müsste vor allem im Angebot zur Mithilfe bei einer geordneten und demokratisch legitimierten Teilung des Landes bestehen. Eine solche Teilung wäre ja nichts anderes als eine Konkretisierung des in der UNO-Charta allen Völkern garantierten Selbstbestimmungsrechts.

Die Welt opfert aber lieber zuerst einige Millionen Menschen als ein überholtes und absurdes Prinzip. Alle jene, die jetzt wegschauen, weil sie nur ja nicht als antiislamisch erscheinen wollen, werden dann großen Druck machen, dass Europa Flüchtlingsmassen aus Nigeria aufnimmt. Dabei reden wir wohlgemerkt vom einwohnerstärksten Land Afrikas, das heute schon die weitaus meisten afrikanischen Zuwanderer in Österreich stellt.

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Islamisches Morden, europäisches Schweigen

09. Januar 2012 00:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Und jetzt ist es auch in Nigeria voll losgegangen: Fast täglich werden im Norden des bevölkerungsreichsten afrikanischen Landes Christen zu Dutzenden nur ob ihres Glaubens ermordet. Was sagt uns das über den Islam? Und wie reagiert das ehemals christliche Europa darauf?

Natürlich ist nicht jeder Moslem ein Mörder und Terrorist. Alles andere als das. Viele Moslems sind friedlich, freundlich und tolerant. Aber seit Jahrzehnten gibt es keine andere Ideologie, keine andere Religion und Weltanschauung, in deren Namen so viel gemordet wird. Und das darf man der Wahrheit willen nicht verschweigen oder kleinreden.

Denn das, was sich in Nigeria abzeichnet, haben wir ja mit in die Hunderttausende (vielleicht sogar über die Million hinaus) gehenden Opferzahlen schon im Sudan erlebt. Ähnliches spielt sich seit Jahrzehnten in Somalia ab. Aber auch in Indonesien, den Philippinen, im Nach-Saddam-Irak und in Pakistan sind gezielte Morde an Christen Alltag. In der Türkei und in Ägypten sind sie noch selten, nehmen aber zweifellos zu. In Saudiarabien ist christliche Religionsausübung überhaupt längst ein Kapitalverbrechen. Um nur die wichtigsten Länder des islamisch motivierten Mordens und Brennens zu nennen.

Kein Wunder, dass sich die Christen in Syrien heftig vor dem Sieg der angeblich demokratischen Revolution fürchten.

Eine Religion, die so gewaltaffin ist, führt natürlich auch dazu, dass sich Moslems gegenseitig ihrer jeweiligen Religionsvariante wegen bekämpfen und umbringen. Die Beispiele reichen von Bahrain bis – wieder – in den Irak.

Das hat gewiss Ähnlichkeiten mit den europäischen Religionskriegen rund um das 17. Jahrhundert. Wobei allerdings damals in Europa die religiösen Auseinandersetzungen untrennbar mit den jeweiligen Machtkämpfen zwischen einzelnen Fürsten verbunden waren.

Tatsache ist jedenfalls, dass der Islam ohne jede klare Struktur und Hierarchie, wie sie etwa die katholische Kirche hat, sehr leicht von in obskuren Koranschulen wirkenden extremistisch-radikalen Imamen als Berechtigung für Gewalttaten herangezogen werden kann. Tatsache ist, dass sich im Koran neben sehr sanften Passagen auch viele finden, die Krieg und Morden absolut rechtfertigen.

Und wie reagieren wir auf all das? Wie berichten etwa Österreichs Medien?

Sie vermelden das Blutbad in Nigeria in auffallendem Unterschied viel, viel zurückhaltender und knapper als jenes im vergangenen Sommer in Norwegen, als ein antiislamisch gesinnter Täter binnen kurzem Dutzende Menschen ermordete. Wie begründet sich eigentlich dieser auffallende Unterschied in der Berichterstattung? In der Zahl der Opfer kann er jedenfalls nicht begründet sein. Auch in der Gefahr von Wiederholungstaten nicht. Denn der norwegische Massenmörder war – egal ob schizophren oder nicht – jedenfalls ein Einzeltäter, während in Nigeria offensichtlich eine ganze, weit verbreitete islamische Sekte hinter den Taten steckt.

Steht uns Norwegen vielleicht näher? Nun, geographisch ist die Entfernung zweifellos geringer. Ethnisch leben heute aber schon weit mehr Menschen nigerianischer Abstammung in Österreich als Norweger. Also rechtfertigt auch das die unterschiedliche Berichterstattung nicht.

Ein unterschwelliges Motiv dürfte zweifellos sein, dass die Medien nur ja nicht etwas groß berichten wollen, was der FPÖ weitere Wähler zutreibt. Freilich erreichen sie damit nur einen weiteren Verlust an eigener Glaubwürdigkeit. Die Sorge vor dem stetigen Wachsen der Zahl der Moslems ist trotz aller Beschwichtigungstendenzen der Berichterstattung längst bei den Menschen angekommen.

Eine noch mehr erschütternde Reaktion als jene der Medien ist die von Politik und Justiz. Die Politik erlaubt ausgerechnet Saudiarabien, auf österreichischem Boden ein „Dialogforum“ zu finanzieren, ohne dass die Saudis im Gegenzug auf eigenem Boden auch nur einen Millimeter Konzessionen in Richtung Toleranz und Religionsfreiheit gemacht hätten. Und eine schwer linkslastige Justiz verurteilt eine Islamexpertin, weil diese es gewagt hat, den Geschlechtsverkehr des Propheten Mohammed mit einer Neunjährigen als Pädophilie zu bezeichnen.

Aber nicht einmal die europäischen Kirchen sprechen Klartext. Am ehesten tut das noch der eine oder andere evangelische Bischof. Dem Papst sind einmal in Regensburg deutliche Worte entschlüpft, worauf er unter den Prügeln der Medien und der Linkskatholiken wieder zurückgesteckt hat. Seither ist in Europa Klartext Mangelware.

 

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Fußnote 252: Gegen einen Kräuter ist kein Kraut gewachsen

02. Januar 2012 05:18 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Ich Dummkopf habe vor kurzem hier noch gelobt, dass die Regierung endlich ernsthaft zu verhandeln scheint.

Und schon muss ich alles zurücknehmen. Zumindest wenn der SPÖ-Geschäftsführer Günther Kräuter wirklich für seine Partei spricht und nicht nur im Neujahrskater einfach von sich gibt, was er in der unruhigen Nacht davor alles so geträumt hat. Seine dabei gewonnene Idee: Österreich solle die Eurofighter als Einsparmaßnahme verkaufen. Luftraumsicherung bräuchten wir nicht. Das bedeutet: Wenn sich einmal ein Wahnsinniger oder Terrorist in der österreichischen Luft seine Ziele sucht, kann Österreich ihnen höchstens irgendwelche Heil-Kräuter entgegenhalten. Diese wirken aber auch bei geringeren Problemen nicht.

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Die Kondolenz im Wasserglas

30. Dezember 2011 12:46 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es zählt ja nun wirklich nicht zu den wichtigsten Fragen der Weltgeschichte. Aber der Sturm im österreichischen Wasserglas um Kondolenzen und Nicht-Kondolenzen zum Tod des blutrünstigen nordkoreanischen Diktators ist dennoch so signifikant wie heiter.

Man könnte sagen: Wir kondolieren, weil wir ja trotz allem diplomatische Beziehungen zu jenem Land haben, weil wir das ohne Ansehen der kriminellen Energie bei jedem Staatschef tun, weil in Wahrheit ein Großteil der weltweiten Machthaber nach unseren Maßstäben ins Gefängnis gehörte und man sich jedoch nicht mit aller Welt anlegen kann, weil wir vielleicht durch solche unverbindliche Gesten irgendwann den Nordkoreanern eine humanitäre Konzession oder einige Exportaufträge abringen können.

Man könnte aber auch sagen: Wir kondolieren nicht, weil wir an so üblen Gestalten wie Kim Jong-il nicht einmal nach deren Tod anstreifen wollen, weil für uns die Menschenrechte der oberste Maßstab sind, weil man zumindest beim unappetitlichsten Diktator des gesamten Erdballs ein Exempel setzen muss.

Aber: Wer weder das eine noch das andere tut, sitzt zwischen allen Stühlen. Und besonders peinlich wird es, wenn man dabei so herumeiert wie Österreich und insbesondere sein Bundespräsident.

Dieser ließ nämlich offiziell die nordkoreanische Meldung dementieren, dass er sein „tiefes Beileid“ ausgedrückt habe. Im gleichen Atemzug musste aber sein Sprecher zugeben, dass eine „Mitarbeiterin“ die nordkoreanische Botschaft besucht und „persönlich kondoliert“ habe.

Was nur noch skurril ist: Denn natürlich muss sich die (dem gemeinen österreichischen Volk gegenüber nicht näher identifizierte) Dame dort als Vertreterin des Bundespräsidenten geoutet haben. Sonst wäre sie gar nicht empfangen worden. Und falls sie das ohne Wissen Heinz Fischers getan hätte, hätte sie in jeder normalen Präsidentenkanzlei nach Bekanntwerden umgehend ihren Schreibtisch räumen müssen. Aber es zweifelt ohnedies niemand, dass sie von Fischer selbst entsandt worden ist. Was natürlich heftig an Fischers Vergangenheit als Vizepräsident der nordkoreanischen Freundschaftsgesellschaft zu erinnern, einer Plattform für Geschäftemacher, senile Altpolitiker und ideologische Sympathisanten des Steinzeitkommunismus.

Ähnlich absurd wurde die Uminterpretation des Kondolenz-Besuches des SPÖ-Abgeordneten Anton Heinzl „als Privatperson“ in der Botschaft. Dieser musste nun die nordkoreanische Meldung dementieren, dass durch ihn die „SPÖ St. Pölten“ kondoliert hätte. Aber vielleicht die SPÖ St.Pölten Süd?

Das Außenministerium hat zwar wenigstens auf einen Kondolenzbesuch verzichtet. Aber der Hort der heimischen Diplomatie hat dennoch versucht, sich irgendwie bei trockener Haut zu waschen: Man habe kein normales Kondolenzschreiben, sondern nur ein formloses Schreiben an das nordkoreanische Volk(!) verschickt, wird nun betont. Ah, so ist das! Ich sehe geradezu die hungernden Nordkoreaner vor mir, wie sie begeistert die Post vom Wiener Minoritenplatz aufmachen und studieren. Und dann möglicherweise wütend sind, weil das gar kein „normales Kondolenzschreiben“ ist, sondern nur ein – ja was? Vielleicht ein abnormales?

Hurra, der Fasching ist da! Die Obrigkeit signalisiert uns, dass es die Zeit des Lachens ist. Und sie selbst kann bald wieder ihre Orden für besondere diplomatische Fähigkeiten auslüften.

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Lasst die Gedanken frei – und scheinen sie euch auch böse

27. Dezember 2011 00:40 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Kein Zweifel: Die Türken haben an den Armeniern am Rande des Ersten Weltkriegs einen Völkermord begangen. Das ist nicht nur durch Franz Werfels großes Werk bewiesen. Ebensowenig Zweifel gibt es aber auch an einer zweiten Erkenntnis: Die von Frankreich jetzt eingeführte strenge Bestrafung der Leugnung dieses Genozids ist ein ziemlicher Schwachsinn.

Diese Diagnose hängt überhaupt nicht mit den wilden Reaktionen des türkischen Machthabers Erdogan zusammen. Diese Reaktionen wecken im Gegenteil eher Sympathien für Frankreich. Diese Diagnose hängt auch nicht damit zusammen, dass durch das französische Gesetz den türkischen Ambitionen, der EU beizutreten, das bisher wirksamste Stopplicht entgegengesetzt worden ist (obwohl es dabei gar nicht um den Beitritt geht). Eine türkische EU-Mitgliedschaft ist zwar abzulehnen, weil sie aus vielerlei Gründen den Untergang der Union bedeuten würde. Aber diese Ablehnung sollte man bitte mit ehrlichen Begründungen und nicht über die Völkermord-Bande kommunizieren.

Schon gewichtiger bei der Kritik am französischen Beschluss, die Leugnung eines Völkermords mit Strafe zu belegen, ist dessen Hauptmotiv: Es geht nämlich im Wahrheit nur um die Stimmen der relativ großen armenischen Gemeinde bei der nächsten Präsidentenwahl. Türkische Zuwanderer hingegen spielen in Frankreich eine zahlenmäßig sehr geringe Rolle (wirklich gewichtig sind dort unter den Zuwanderern die Araber). Aber jedenfalls ist es von Übel, wenn solche wahltaktischen Motivationen einen Beschluss über ein neues Strafgesetz beeinflussen, das noch dazu Grundrechte beschneidet.

Aber am allermeisten stört, dass sich – ausgerechnet – Frankreich mit diesem Gesetz weit von der Aufklärung und ihren liberalen Grundsätzen verabschiedet. Von Voltaire und von vielen anderen vor allem französischen (und englischen) Geistern wurde einst das entscheidende Fundament gelegt, auf dem sich Vernunft und Wahrheit gegen die Regeln der Macht durchsetzen konnten. Diese Durchsetzung kann immer nur durch Überzeugung und Beweise geschehen und nie durch Zwang oder Anordnung, die ja in den Jahrtausenden davor immer der Wahrheit den Weg versperrt haben.

Es ist daher für ganz Europa bedrückend, wenn sich ausgerechnet im Mutterland der Aufklärung nun die Antiaufklärung so dramatisch durchsetzt.

Zurück zum Faktum Völkermord. Auch wenn niemand genau definieren kann, was Völkermord eigentlich ist, ab welcher Zahl Getöteter dieser Ausdruck legitim ist, so hat es doch zweifellos viele solcher Genozide gegeben. Nicht nur an den europäischen Juden durch Hitler-Deutschland. Nicht nur an den Armeniern durch die Türken (die im ersten Weltkrieg übrigens mit Österreich verbündet waren, das angesichts der auf dem Weg über Österreich bekanntgewordenen Massaker sehr verzweifelt, aber letztlich zum Ignorieren verurteilt war).

Ist aber nicht auch die weitgehende Auslöschung der indigenen Einwohner Amerikas durch die einwandernden Weißen ein solcher Völkermord gewesen? Waren das nicht auch die millionenfachen Morde der Sowjetunion an Ukrainern, Tataren und anderen Völkern? War das nicht auch das Gemetzel der Roten Khmer unter den Kambodschanern? Was haben eigentlich im Dreißigjährigen Krieg die Schweden in Mitteleuropa getan? Was taten die Normannen im Mittelalter? Die arabischen Sklavenjäger in Südeuropa? Die europäischen in Westafrika?

Die Geschichtsbücher sind voll solcher Greueltaten. Manche schriftlosen Völker wurden sogar ausgelöscht, ohne wenigstens eine Erinnerung hinterlassen zu können.

Ein aufgeklärter liberaler Rechtsstaat muss sich diesen Taten stellen, wo auch immer er damit konfrontiert wird. Durch Bestrafung von Tätern, wo solche noch am Leben sind. Durch offene wissenschaftliche Aufarbeitung. Durch scharfe verbale und intellektuelle Auseinandersetzung mit jenen Menschen, die jene Fakten leugnen oder beschönigen oder gar rechtfertigen.

Wer hingegen diese Auseinandersetzung durch Denkgebote und -Verbote ersetzen will, der trägt nur zur Entstehung  von Mythen bei, der macht aus Tätern Märtyrer. Wer glaubt, sich einem Dummkopf oder Fanatiker nur mit Hilfe des Strafrichters stellen zu können, ist feig und faul. Was Dummkopf und Fanatiker natürlich sofort in eine moralisch überlegene Position bringt, wo sie sicher nicht hingehören.

Wenn nun das Leugnen von Völkermord unter Strafe gesetzt wird, welche vermeintlichen oder wirklichen Wahrheiten werden als nächster Schritt unter strafrechtlichen Schutz gestellt? Etwa die Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit ständig steigender Staatsschulden? Etwa die Zweifel an der Sinnhaftigkeit der derzeit politisch beschlossenen Klimatheorien? Etwa Kritik an der Gesamtschule? Etwa Kritik an der Massenzuwanderung?

Frankreich ist jedenfalls kein Einzelfall. Europaweit reduziert der Durchgriff der Politik, reduzieren Wahlkampfinteressen genauso wie die dumpfe Political Correctness immer mehr die Meinungsfreiheit, deren Kern Voltaire am besten ausgedrückt hat: „Ich lehne zutiefst ab, was sie sagen. Aber ich werde immer alles tun, damit sie es sagen können.“

Was besonders bedrückt: In Zeiten wirtschaftlicher Nöte und Engen geht es der Meinungsfreiheit meist noch verstärkt an den Kragen. Daher sollte man fast ignorieren, was uns die Wirtschaftsforscher fürs kommende Jahr alles an Grauslichkeiten prognostizieren . . .

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das neue unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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Irak: Wenn man ein Problem mit Gewalt löst…

18. Dezember 2011 12:30 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die USA haben ihren militärischen Abzug aus dem Irak beendet. Damit endet auch eine der peinlichsten Epochen der jüngeren amerikanischen Politik. Denn in der selben Zeit ist aus dem obersten Weltpolizisten – auch dieses Krieges wegen – ein Land geworden, das mehr Schulden hat als jedes andere. Das keinen inneren Konsens über einen Sanierungskurs findet. Das in der Welt signifikant weniger Einfluss hat, während neue Mächte wie vor allem China immer bestimmender auftreten.

Der Irak-Krieg war nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein moralisches und intellektuelles Debakel. Moralisch tief enttäuschend für alle einstigen Freunde Amerikas waren vor allem die offenkundig gewordenen Folterungen durch jene Nation, die immer so stark ihre Wertorientierung betont. Ebenso enttäuschend waren die Manipulationen, mit denen die US-Regierung vor dem Krieg unzureichende Indizien zu einem unwiderleglichen Beleg für die atomare Rüstung des Iraks hochgejubelt hat.

Dennoch darf man den Charakter des Regimes von Saddam Hussein nicht vergessen. Er war im Inneren ein brutaler Diktator. Das sind freilich auch Dutzende anderer Präsidenten, ohne dass ein solcher Feldzug gegen sie geführt würde.

Viel gravierender für eine Bewertung der Legitimität einer Invasion ist jedoch Saddam Husseins Verhalten nach außen. Der irakische Machthaber war der einzige, der im letzten halben Jahrhundert mehrere echte Eroberungskriege begonnen und geführt hat. Diese haben viel mehr Tote als die amerikanische Invasion insgesamt gekostet. Und fast noch schlimmer: Er war der einzige Feldherr seit dem ersten Weltkrieg, der in großem Maßstab auch tödliches Giftgas eingesetzt hat.

Soweit die nicht ganz eindeutige moralische Bilanz.

In der intellektuell-strategischen Analyse findet sich – ganz abgesehen von den gigantischen Kosten – aber praktisch überhaupt kein Positivum mehr. Zwar haben die Amerikaner binnen weniger Wochen die irakische Armee vernichtet. Aber für den Tag danach waren sie völlig planlos. Si geris bellum, para pacem, würden die alten Lateiner sagen.

Die Amerikaner haben vor allem den schweren Fehler begangen, die gesamte Behörden- und Exekutiv-Struktur des Iraks auszuschalten, ohne einen Ersatz parat zu haben. Deshalb versank das Land in tiefem Chaos, aus dem es sich bis heute nur teilweise erholt hat.

In diesem Chaos entbrannte ein übler Bürgerkrieg mit vielen Parteien und unklaren Fronten. Die Kämpfe zwischen und unter Sunniten, Schiiten, Kurden, diversen Stämmen, Al-Kaida-Bombern, den im Untergrund agierenden Resten der Saddam-Armee beziehungsweise -Geheimdienste sowie etlichen anderen zum Teil vom Ausland gesteuerten Gruppen forderten weit mehr Tote als die eigentliche Invasion. Fast täglich gab es mehrere Bombenanschläge mit Dutzenden Toten. Die Amerikaner und ihre Verbünden brauchten Jahre, bis sie eine auch nur halbwegs brauchbare Strategie dagegen entwickelt haben. Und nun ziehen sie ab, ohne dass sie ein wirklich befriedetes Land hinterlassen.

Das größte Opfer dieses Chaos waren und sind die Christen, die dort seit fast 2000 Jahren alle Herrscher überdauert hatten. Sie waren unter Saddam schlecht, aber nicht schlechter als alle anderen behandelt worden. Von ihnen ist seit seinem Sturz mindestens die Hälfte ermordet oder vertrieben worden. Ohne dass das viele Schlagzeilen gemacht hätte. Denn viele amtschristliche Gutmenschen in Europa führten in dieser Zeit lieber blauäugigen Dialog mit den Muslimen.

Die Amerikaner haben auch ihren einzigen Verbündeten, den Kurden im Norden des Irak, nicht die ersehnte Unabhängigkeit gebracht. Daher wird mit großer Wahrscheinlichkeit das kurdische Problem bald wieder gefährlich eskalieren.

Gleichzeitig hat die amerikanische Strategie offenbar übersehen, dass langfristig die Eliminierung der Saddam-Diktatur nur einem Land hilft: dem Iran. Der freut sich, dass sein mehrfacher Kriegsgegner und Aggressor ausgeschaltet ist. Zwischen der iranischen Führung und den Amerikanern kam es aber dennoch zu keiner Annäherung. Ganz im Gegenteil: Heute stehen sich Teheran und Washington feindlicher gegenüber als vor zwei Jahren.

Auch sonst haben sich die USA in der Region weitgehend isoliert – wenn auch aus zum Teil sehr unterschiedlichen Gründen. Lediglich Saudi-Arabien und ein paar Golfscheichs zählen noch zu ihren Verbündeten. Das Verhältnis zur Türkei ist seit der Machtübernahme durch die dortigen Islamisten von Jahr zu Jahr schlechter geworden. Und der arabische Frühling stärkt nur den politischen Islam, aber sicher nicht die Rolle der Amerikaner. In Ägypten und Tunesien verloren diese sogar zwei ihrer engsten Verbündeten.

Und zu schlechter letzt sind auch die Beziehungen zu Israel heute so gespannt wie noch nie.

Wer die Welt – und die Legitimation zur Kriegsführung – heute nicht anders sieht als vor dem Irak-Krieg, der ist nicht willens, aus der Geschichte zu lernen. Seltener hat sich eine Regel so dramatisch bestätigt: Wenn man ein Problem mit Gewalt löst, schafft man oft ein Dutzend neuer Probleme.

PS.: Ein bezeichnender Zufall für den Niedergang des amerikanischen Einflusses: am gleichen Wochenende, da die Amerikaner ihren Irak-Abzug abgeschlossen haben, ist mit Vaclav Havel in Tschechien ihr wohl begeistertster mitteleuropäischer Verbündeter gestorben.

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Existenzkampf

03. Dezember 2011 15:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

All die Haager Robenträger
inklusive Chefankläger
bangen grade wieder mal,
denn zum Wahren fetter Posten
auf der Steuerzahler Kosten
braucht man Rohmaterial.

Kriegsverbrecher gäb’s zwar viele
und zudem sogar zivile –
nur man hat da ein Problem:
Bei den Starken, bei Gefährten
und bei Handelspartnern, werten,
sind Prozesse nicht genehm!

Plötzlich aber abgeschrieben
wurde einer dieser Lieben
im arabisch heißen Lenz,
und jetzt müsste es gelingen,
ihn vors Strafgericht zu bringen –
zum Erhalt der Existenz.

Leider haben die Rebellen
statt ihn brav zu überstellen
den Gaddafi liquidiert,
und den Filius des Alten
wollen auch sie selbst behalten,
was natürlich irritiert!

Doch das ist wohl hinzukriegen –
muss man eben runterfliegen
mit dem Angebot dabei,
ganz in Diensten guter Sachen
halt die Schau vor Ort zu machen –
Spesen, die sind einerlei.

Ob nun besser sind die Karten?
Jedenfalls heißt’s wieder warten,
was bekanntlich eine Qual –
umso mehr an Neid erregen
drum daneben die Kollegen,
die vom Jugo-Tribunal.

Denn als Milo weggestorben,
war ihr Spaß nur kurz verdorben,
bleibt ja ihnen als Atout,
was am Balkan gültig heute:
Liefert aus die eignen Leute,
und ihr dürft in die EU!

Na Moment – bei Licht besehen
war, was damals dort geschehen,
ziemlich gleich, drum Ohren steif:
Geht nicht Libyen im Grunde
auch gerade vor die Hunde
und ist bald europareif?

Pannonicus

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Wanderlust und Wanderfrust

24. November 2011 23:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Will der Müller Lust erleben,
geht er wandern, wie man weiß,
und das Unterwandern eben
macht den Fahnder richtig heiß.

Dieser treibt’s, meist ungesehen,
tunlichst auch schon vor der Tat,
denn dann hat er, wenn’s geschehen,
gleich das Fahndungsbild parat.

Und dass selbst der Einzeltäter
unterwandert werden muss,
gilt seit Oslo noch konkreter
als der Weisheit letzter Schluss!

Anderswo hat man indessen
dies die längste Zeit gewusst
und man frönt, vom Drang besessen,
wilder Unterwanderlust.

Jeder jeweils bei den andern
tut’s mit Feuereifer dort,
grad als wär’ das Unterwandern
landesweiter Leistungssport.

Und ob früher oder später
stößt der Unterwandersmann
auch auf einen Einzeltäter,
den er unterwandern kann!

Unterwanderschaft macht jenen,
der noch nicht mal Täter war,
dann zur Zelle, und aus denen
wird ein ganzes Netzwerk gar.

Und ein Netzwerk aufzudecken,
das lässt keinen Fahnder ruhn -
nämlich eins in jenen Ecken,
wo’s besonders opportun!

Spaß beiseite, liebe Leute,
und zur Schutzgeld-Szene kurz:
Ist die so normal schon heute?
Ist die längst den meisten schnurz?

So, dass Mord im Grund genommen
auch nicht weiter mehr erregt?
Und woher ist’s denn gekommen?
Zeit wär’s, dass man’s überlegt!

Pannonicus

Fahndungspannen: Die „Döner-Morde“ waren ursprünglich der „Schutzgeld-Mafia“ zugeschrieben worden. 

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Das Primat der Politik – nicht des Politikers

09. November 2011 02:42 | Autor: Georg Vetter
Rubrik: Gastkommentar

Die Abberufung des Generalstabschefs durch den Verteidigungsminister war also rechtswidrig. Nach geltendem Recht kann sich ein Minister seine höchsten Beamten nicht nach Belieben aussuchen und mit ihnen jonglieren.

Eine entsprechende Änderung des österreichischen Beamtendienstrechts wäre eine Umwälzung, der gegenüber die Abschaffung der Wehrpflicht sich als kaum an der Wahrnehmbarkeitsgrenze befindlich ausnehmen würde.

Interessant war die darauf angestellte Interpretation des Norbert Darabos, der in einem ZIB2-Interview das Primat der Politik über den Rechtstaat stellen wollte. Stellen wir klar: Primat der Politik bedeutet die Anerkennung der geltenden Gesetzeslage, nicht der Wünsche eines Ministers und nicht die Idealisierung des unpolitischen Soldaten. Primat der Politik bedeutet nicht, dass der Offizier jede politische Meinung seines vorgesetzten Ministers teilen und jeden Meinungsumschwung nachvollziehen muss.

Der österreichische Soldat ist auf die Republik vereidigt, nicht auf den Minister. Daran ändern auch die angekündigten Weisungen des aktuellen Verteidigungsministers nichts.

Von Offizieren einer demokratischen Armee ist zu fordern, dass sie als selbständige Menschen und nicht als Ja-Sager auftreten. Die Versprechen der Politik sind einzufordern, Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Der Offizier muss, ja darf dabei nicht unpolitisch sein. Genau das Verständnis vom "unpolitischen Soldaten" hat die Pflichterfüllung immer wieder in Verruf gebracht.

Gerade weil Soldaten in der Geschichte so oft für politische Zwecke missbraucht wurden, darf das selbständige Denken nicht am Kasernentor aufhören. Es gilt vielmehr das von General Spannocchi geprägte Wort: „Politisches Engagement des Offiziers für die Sache, ohne parteipolitische Strategien in eigenen Anliegen zu entwickeln".

Es macht geradezu den sittlichen Wert der höchsten Offiziere aus, dass sie sich im Interesse der Republik gegenüber der Politik artikulieren.

Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.

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Fußnote 231: Entacher gewinnt

07. November 2011 13:35 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Normal sind das die Stunden, in denen ein Minister zurücktreten müsste.

Aber in der korrupten Balkanrepublik Österreich denkt ein Norbert Drabaos nicht daran zurückzutreten. Der Verteidigungsminister hat zwar im Krieg gegen den von ihm gefeuerten Generalstabschef Edmund Entacher eine krachende Niederlage erhalten, trotz ganz widerlich schmutziger Geheimdienst-Papierchen aus der Darabos-Giftküche über irgendwelche Dienstantritts-Verspätungen Entachers. Dieser wird ab sofort wieder mit allen Ehren installiert. Aber Darabos bleibt. Offenbar nach dem Motto: Jetzt habe ich das Bundesheer schon so weit ruiniert, da ist die totale Eiszeit zwischen dem Minister und dem obersten Offizier auch schon wurscht; Hauptsache, ich kann weiterhin geschönte Darabos-Bilder affichieren lassen. Außerdem kann sich Darabos ja nun entschließen, sich künftig nur noch mit seinem Lieblingsthema Sport-Doping zu befassen und nicht mehr mit dem Heer. Auf das ist er jetzt nämlich ganz böse.

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Stephane Hessel und der ganz normale Antisemitismus

29. Oktober 2011 23:42 | Autor: Johannes Auer
Rubrik: Gastkommentar

Freitag 21. Oktober 16 Uhr, der österreichische Radiosender „Ö1“ überträgt die Aufzeichnung eines Gesprächs mit Stephan Hessel, dem Autor von "Empört euch“ und "Engagiert euch". Herr Hessel ist viel, er ist ein „Empörter“, ein Bestsellerautor, ein in die Jahre gekommener Kämpfer der Resistance. An diesem Nachmittag entpuppte sich Herr Hessel allerdings auch als Vertreter einer Haltung, die er freilich schroff abzulehnen vorgab – als Antisemit.

Für diese Feststellung und die dazugehörige Einordnung des Herrn Hessel eben als „Antisemiten“ genügte ein einziger Satz, den der Empörte von sich gab. Sinngemäß meinte Herr Hessel, man könne doch den Palästinensern, nein präziser der „Hamas“, nicht vorwerfen, dass wenn sie die „Unterdrückten“ (Herrn Hessels Empörung mit eingeschlossen) ein paar Raketen „finden“ (er sagte wörtlich und tatsächlich und ohne Widerspruch des Herrn vom ORF „finden“) würden, diese aus „Wut“ (Herr Stephan Hessel mag freilich keine Wut, wie er nicht müde wird zu betonen) auf die Israelis schießen würden.

Das sitzt. Herr Hessel entpuppt sich hierbei zunächst nicht nur als Antisemit, sondern er zeigt offenbar, dass er jeglichen Realitätssinn (vor lauter „Empörung“?) verloren hat. Das problematische an dieser Aussage liegt eigentlich auf der Hand. Der Herr vom österreichischen Staatsfunk allerdings fand es nicht der Mühe wert, Herrn Hessel hier um Präzisierung zu bitten. Im Gegenteil, Herr Hessel machte weiter einige Witze, gab seine Lebensweisheiten zum Besten und das Publikum lachte, klatschte und sonnte sich in der Gewissheit, dass die Empörung der Intellektuellen die einzig Gerechte sei.

Aber was sagte Herr Hessel mit diesem Satz? Was ist das tragisch-entlarvende an dieser Aussage? Nun da ist zunächst einmal die  wörtliche Bedeutung von „finden“: Die Hamas findet also nach Herrn Hessel Raketen. Herr Hessel wird so gut wie wir alle wissen, dass die Hamas natürlich keine Raketen einfach so „findet“, sondern in einen großen „Masterplan“ eingebettet ist, der vom schiitisch-revolutionären Iran gesteuert wird, der, auch das wird Herr Hessel wissen, den Holocaust leugnet, Konferenzen abhält, die diese Leugnung fördern und nicht zuletzt, dessen geistige Führung für Vernichtungsphantasien gegenüber Israel steht.

Wir brauchen, und es ist müßig, nicht extra die menschenverachtenden Selbstmordattentate der Hamas heranzuziehen, oder deren panislamistische Ideologie, um die Hamas als Terrorbande zu entlarven, die Hessels dieser Welt zimmern sich ohnehin ihre ganz eigene „empörende Wahrheit“.

Herr Hessel, der große Empörer, der Bestsellerautor, der Liebling der Intellektuellen, steht freilich in einer Tradition des europäischen Antisemitismus, der es stets nur sehr tölpelhaft verstand seine Intentionen als „Antiimperialismus“ zu tarnen. Man muss hierfür nur auf die Geschichte des Linksextremismus in Deutschland blicken, auf die RAF, die „Revolutionären Zellen“, auf die „Volksfront zur Befreiung Palästinas“, aber auch auf die, im Nebel des Terrors sich bewegenden, „Sympathisanten“, die ja dann, teilweise noch zu Zeiten des aktiven Terrors, den „Marsch durch die Institutionen“ angetreten sind.

Dieser „ganz normale europäische Antisemitismus“ ist es, der, desto länger der Holocaust zeitlich zurück liegt, immer offener betrieben wird. Wie ist es sonst zu erklären, dass eben dieser Herr Hessel, ein „normaler europäischer Antisemit“, im österreichischen Parlament, unkritisch befragt vom österreichischen Rundfunk, eben einen solchen Antisemitismus absondern kann und dafür auch noch Applaus erntet? Man stelle sich den Donnerhall vor, der aufbrausen würde, wenn man den Papst zu so einem Interview in dieses „hohe Haus“ laden würde.

Das Vergessen scheint voranzuschreiten, die Isolierung des jüdischen Volkes scheint zuzunehmen. Es sind raue Zeiten, die uns entgegen gehen, und es ist ebendieser „ganz normale europäische Antisemitismus“, der das Judentum wiederum vor die Frage des Überlebens stellen könnte.

Johannes Auer ist Publizist, er schreibt und arbeitet hauptsächlich über das Verhältnis von Religion und Politik

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SN-Kontroverse: Neutralität abschaffen?

28. Oktober 2011 00:41 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll die Neutralität abgeschafft werden?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Neutralität ja, Neutralismus nein

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Österreich ist seit 1955 mit ihr mehr als gut gefahren, sie ist ein wesentliches Element der Identitätsstiftung und außerordentlich beliebt, obwohl sie manch ranghoher Politiker schon vor Jahrzehnten abschaffen wollte. Sie wurde mit Lipizzanern und Mozartkugeln verglichen oder in den „Tabernakel der Geschichte" verwiesen. Doch stur wie sie halt ab und zu sein können, halten die Österreicherinnen und Österreicher an ihrer Neutralität fest. Egal, ob diese nun als „immerwährende" oder als „Kernneutralität" bezeichnet wird. Und recht haben sie, wenn sie auf ihre sicherheitspolitische Selbstständigkeit pochen, sich keinem Militärbündnis anschließen und die Stationierung fremder Truppen nicht zulassen wollen.

Weder der Beitritt zur UNO noch zur EU haben daran etwas geändert. Wobei die Neutralität nicht mit Neutralismus zu verwechseln ist. Seit vielen Jahren sichern heimische Soldaten den Frieden am Golan, im Tschad kümmerten sie sich um die Verbesserung der Sicherheitslage, mit ihrer Hilfe wurden die Grundlagen für den zivilen Wiederaufbau geschaffen, Flüchtlinge und Vertriebene heimgeführt, Personal sowie Einrichtungen der UNO geschützt. Friedenssoldaten wurden in den Kosovo entsandt. An der UNO-Friedensmission im Libanon wird sich Österreich mit 160 Soldatinnen und Soldaten beteiligen. Seit 1960 haben mehr als 90.000 Soldaten und zivile Helfer an über 50 internationalen friedensunterstützenden und humanitären Missionen teilgenommen. Das lang von Neutralitätsgegnern strapazierte Argument, wonach Österreich international ein „Trittbrettfahrer" ist, wird dadurch eindrucksvoll widerlegt. Darüber hinaus bietet die Neutralität zahlreiche diplomatische Möglichkeiten zur Vermittlung. Das alles ist sehr viel mehr wert, als junge Leute in den Krieg zu schicken.


Wer allein steht, ist hilflos

Andreas Unterberger

 

Die 1955 nach dem Muster der Schweiz beschlossene Neutralität ist längst weitgehend abgeschafft: durch UNO- und EU-Beitritt, durch die „Partnerschaft für den Frieden", durch das Mittun bei friedensstiftenden, also Kampfeinsätzen im Ausland. Nur wagt das kein Politiker den in Sachen Völkerrecht natürlich ahnungslosen Bürgern offen zu sagen. Und angesichts des Widerstands von „Kronenzeitung" & Co. wagt man auch nicht, die letzten Reste der Neutralität zu entsorgen.

Obwohl viele rationalen Gründe dafür sprächen: Dann müsste nicht jedes kleine Land teure eigene Abfangjäger organisieren. In einem deklarierten Bündnis könnte man sich auf einige Spezialaufgaben konzentrieren. In einem solchen Bündnis wäre daher auch die Abschaffung der Wehrpflicht viel leichter.

Neutralität hatte für ein kleines Land zwischen zwei großen hochgerüsteten Blöcken ihren Sinn. Heute ist unsere Sicherheit von ganz anderen Gefahren bedroht, die ihre Wurzeln und Schauplätze zum Großteil weitab unserer Grenzen haben und die nur gemeinsam mit anderen Ländern eingedämmt werden können. Was aber die Neutralität behindert. Dabei geht es um die (weltweit!) organisierte Kriminalität; um lokale Konflikte, die Hunderttausende auch bis Österreich in die Flucht treiben können; um im Alleingang nicht effektiv bekämpfbare Internetattacken, die ganze Länder ohne einen einzigen Schuss lahmlegen kann; dabei geht es um die Seepiraterie, die für exportorientierte Länder wichtige Handelsströme bedroht; dabei geht es um die Energiesicherheit; dabei geht es um den Schmuggel von nuklearem Material; dabei geht es um die Abwehr von bakteriologischen und chemischen Bedrohungen; dabei geht es um einen wirksamen Kampf gegen Terrorismus.

Gegen all diese Gefahren ist ein neutrales Land absolut hilflos.

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So vergeht der Ruhm der Welt

23. Oktober 2011 23:42 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Der Wirtschaftskrise zum Trotz, erfreut sich eine Branche weiterhin weltweit bester Geschäfte: Die Rüstungsindustrie. Das in Schweden ansässige Internationale Friedensforschungsinstitut (SIPRI), beziffert das globale Volumen der Rüstungsausgaben des Jahres 2009 mit 1,531 Billionen Dollar, was einem Anstieg von sechs Prozent gegenüber 2008 und 2,7 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung entspricht.

So klamm können die Staaten gar nicht sein, als dass sie auf großzügige „Investitionen“ in ihr – nach dem Wohlfahrtskitsch – liebstes Steckenpferd verzichten würden: Waffen. Das Beispiel Griechenlands, das – dräuender Staatsbankrott hin oder her – soeben im Begriff ist, beachtliche 400 Stück amerikanischer M1-Abrams-Kampfpanzer zu beschaffen, ist bezeichnend. Während aber etwa die deutsche und die schweizerische Industrie am boomenden Rüstungsgeschäft prächtig teilhaben, geht der Segen an den österreichischen Unternehmen weitgehend vorbei.

Sucht man im Internet nach österreichischen Rüstungsbetrieben, gelangt man über das Stichwort Österreichische Militärgeschichte alsbald zum Punkt Rüstungshersteller. 15 Betriebe sind hier gelistet. Davon sind zehn nur noch von historischem Interesse – es gibt sie nicht mehr.

Um nur drei davon zu nennen: Die Österreichische Flugzeugfabrik in Wiener Neustadt, die Gewehrfabrik Wien auf dem Alsergrund, oder die Wöllersdorfer Werke wurden längst geschlossen. Militärisch genutzte Waffen werden im beispielhaft friedliebenden Land am Strome heute nur noch von Betrieben produziert, deren Zahl an den Fingern einer Hand abzuzählen ist.

Dabei verbinden sich mit Namen wie Joseph Werndl, Ferdinand Mannlicher oder Leopold Gasser zum Teil wegweisende Entwicklungen auf dem Gebiet der Waffentechnik. So produzierte Joseph Werndl, zusammen mit Karl Holub – nach der Niederlage der österreichischen Nordarmee gegen die Preußen bei Königgrätz – den ersten „echten“ Hinterlader für die Donaumonarchie: Das Werndl-Gewehr mit Tabernakelverschluß. Zuvor war der Versuch, den vorhandenen Bestand an Lorenz-Vorderladergwehren zu Hinterladern umzubauen (System Wänzl) an technischen Unzulänglichkeiten gescheitert.

Ferdinand Mannlicher entwarf ein 1886 patentiertes „Geradezugsystem“, das im Modell Mannlicher M-95 im Kaliber 8x50R seine Vervollkommnung fand. Diese Waffe, die, ähnlich wie das zeitgleich in der Schweiz entwickelte Schmidt-Rubin-Gewehr 1889, konstruktionsbedingt eine höhere Feuerfolge erlaubte, als konventionelle Repetiergewehre mit Kammerstengel, avancierte zur Ordonnanzwaffe der k.u.k. Armee.

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wurden davon rund drei Millionen Stück in Steyr und in der Waffenfabrik Budapest gefertigt. Nach dem Krieg rüstete man die weiterhin von Militär und Polizei geführten Waffen auf die Patrone 8x56R um. Die Ausrüstung der Feldarmeen mit schweren Waffen (Artillerie) erfolgte zu einem großen Teil durch die Skoda-Werke im westtschechischen Pilsen. Die von der Wiener Firma Leopold Gasser produzierten Armeerevolver mit Spannabzug erfreuen sich in Sammlerkreisen noch heute großer Beliebtheit.

Derzeit beschäftigen sich in Österreich nur noch folgende Unternehmen in relevantem Ausmaß mit der Produktion militärisch genutzter (Waffen-)Systeme:

Der Erfolg von Produzenten militärischer Waffen ist in hohem Maße mit der Reputation verknüpft, die diese durch die Nutzung ihrer Produkte durch die Streitkräfte des Heimatlandes erwerben können. Einschlägige Referenzen stellen einen bestimmenden Faktor der Anerkennung dar. Österreichische Fabrikanten haben es daher bedeutend schwerer als ihre ausländischen Wettbewerber, da der heimischen Armee bekanntlich keine militärische, sondern – wenn überhaupt – eher Bedeutung als Objekt peinlicher parteipolitisch motivierter Ränkespiele zukommt.

Einen weiteren Nachteil bringt die Neutralitätsgesetzgebung mit sich, die in der Vergangenheit wiederholt dazu benutzt wurde, um Exportgeschäfte zu torpedieren. In diesem Zusammenhang sei ein bereits unter Dach und Fach befindliches, rechtlich einwandfreies Waffengeschäft mit Chile genannt. Es ging um den Export von Kürassier-Jagdpanzern.

Dazu weiß der deutsche „Spiegel“: Der linke Sozialist Erwin Lanc, damals Innenminister, verhinderte 1980 den Export von Steyr-Panzern nach Chile, ein Geschäft, dem Kanzler Kreisky, Verteidigungsminister Rösch und Außenminister Pahr bereits zugestimmt hatten. Gegen Panzerlieferungen an Argentiniens Militärjunta hingegen hatte Lanc nichts einzuwenden. Die Menschenrechtsverletzungen dort erschienen ihm „weniger arg".

In punkto moralisch verbrämter Heuchelei konnte und kann den Roten Kakaniens eben niemand das Wasser reichen. Zwar konnten dennoch insgesamt über 330 Exemplare des damals absolut auf der Höhe der Zeit befindlichen Jagdpanzers exportiert werden (z. B. nach Bolivien, Marokko und Tunesien). Allerdings wären wohl bedeutend größere Umsätze möglich gewesen, hätte ein höheres Maß an Rechtssicherheit für allfällige Interessenten geherrscht.

Schon davor, im Jahr 1977, gab es, unter der Ägide des parteilosen (später unter äußerst mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen) Verteidigungsministers Lütgendorf eine Affäre um an Syrien gelieferte Steyr-„Sportgewehre“ (!) nebst ein paar Hunderttausend Schuß Munition. Besonders viel Staub wirbelte indessen im Jahre 1985 ein Skandal um die zum Voest-Konzern gehörende Firma Noricum auf.

Damals sollten 200 weitreichende GHN-45-Kanonen (Kaliber 155 mm) unter Bruch des Neutralitätsgesetzes an den Iran geliefert werden. Anstatt allerdings das längst obsolete Gesetz endlich zu entsorgen, verordnete sich die Republik lieber die Aufführung politisch korrekter Veitstänze – mit wirtschaftlich desaströsen Konsequenzen für das betroffene Unternehmen. Noricum ging wenig später pleite.

Trotz des für Waffenproduzenten nach dem Zweiten Weltkrieg beispielhaft ungünstigen Klimas im Lande, konnten einige Erfolge der heimischen Industrie von der Politik – trotz heißen Bemühens – nicht verhindert werden: Mit „Haflinger“ und „Pinzgauer“ konstruierten österreichische Ingenieure legendäre Militärfahrzeuge, die zu großen Exporterfolgen wurden.

Das Armee-Universal-Gewehr der Firma Steyr (StG 77 im Kaliber .223 Remington) erfreut sich bis heute weltweiter Anerkennung. Selbst die Filmschaffenden Hollywoods wurden längst auf diese interessante Waffe aufmerksam: In einschlägigen Action-Reißern findet sie sich stets in den Händen der Bösesten der Bösen…

Die mittlerweile für die verschiedensten Kaliber produzierte Glock-Pistole ist nicht nur bei der norwegischen Armee und zahlreichen Polizeieinheiten in den USA eingeführt, sondern zählt auch im Segment der privat genutzten Faustfeuerwaffen rund um den Globus zu den Verkaufsschlagern.

Die Philisterhaftigkeit, die in der Frage von Waffengeschäften im Allgemeinen und solcher von mit der Neutralitätsfrage verbundenen im Besonderen in der Alpenrepublik an den Tag gelegt wird, ist legendär. Österreich erwarb sich dadurch im überaus sensiblen Rüstungsgeschäft den Ruf eines dubiosen Akteurs. Die Diskriminierung im Waffengeschäft tätiger Unternehmen bei der Vergabe staatlicher Förderungen tut ein Übriges, um einschlägige Investitionen zuverlässig von Österreich fernzuhalten. Der Niedergang eines einst florierenden Industriezweiges wird unter diesen Umständen niemanden verwundern.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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Die Neuregelung der Antiterrorismusgesetzgebung

19. Oktober 2011 12:29 | Autor: Bürgerinitiative Österreich
Rubrik: Gastkommentar

Die Regierungsparteien haben sich am 22. September 2011 auf ein „Antiterrorismuspaket“ geeinigt, das die Bekämpfung des Terrorismus und die Befugnisse der Polizei in ihm regeln soll [1]. Der Gesetzblock soll die Bekämpfung des Terrorismus erleichtern und damit einen besseren Schutz für die Bevölkerung bieten. Der Schutz der Sicherheit der Bürger ist eine der Kernaufgaben des Staates. Auch wenn man als Liberaler den Standpunkt vertritt, es solle so wenig wie möglich gesetzliche Regelungen geben, rechtfertigt diese außer Frage stehende Kernaufgabe des Staates die Verbesserung des Schutzes der Bürger durch eine solche gesetzliche Regelung. Andererseits muss es Anliegen jedes freiheitsliebenden Bürgers sein, eine missbräuchliche Anwendung der geplanten Gesetze gegen Personen zu verhindern, die der Regierung und den Behörden suspekt sind.

Daraus leitet sich die Notwendigkeit einer genauen Definition des Begriffes „Terrorismus“ ab, die bisher national und international unterblieben ist. Der Text des Gesetzesvorschlages definiert im §278b (1) [2] terroristische Vereinigungen mit der Planung und Durchführung terroristischer Straftaten. Diese werden in §278c (1) des bisherigen Strafgesetzbuches [3] als Straftaten wie Mord, Erpressung usw. unter den besonderen Merkmalen „wenn die Tat geeignet ist, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens oder eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens herbeizuführen, und mit dem Vorsatz begangen wird, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören“ definiert. Im Absatz 3 werden Taten, die auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet sind, ausgenommen. Damit sind aber Sezessionskriege, wie die im ehemaligen Jugoslawien als Terrorismus zu werten. Die Definition ist also noch immer zu breit ausgelegt, wie es der Fall der militanten Tierschützer nachweist.

Ob dabei die Absicht dahintersteht, den Personenkreis, der unter diesen Maßnahmenkatalog fallen soll, möglichst breit zu halten, soll hier nicht näher erörtert werden. Jedenfalls regt sich gerade in liberalen Kreisen Widerstand gegen allzu strikte Regelungen, die aber andererseits dem eigenen Schutz dienen sollen. Dieser Widerstand sollte weniger dem Inhalt der Maßnahmen gelten, sondern der möglichen Breite der Anwendung. Eine präzise Definition des Begriffes „Terrorismus“ könnte also die Wirksamkeit des Gesetzespaketes auf den wirklich gefährlichen Teil des kriminellen Spektrums konzentrieren, daher auch entsprechend schärfere und damit wirkungsvollere Maßnahmen einschließen.

Diese Definition wäre also der Schlüssel zur gezielten und wirkungsvollen Bekämpfung aller Kräfte, die ihre politischen, religiösen und ethnischen Ziele durch massive Gewaltanwendung umsetzen wollen. Ohne diese Definition laufen alle Gruppierungen und Ethnien, die ihre Zielsetzungen lediglich mit außerparlamentarischen Mitteln anstreben, Gefahr, unter die verschärften Gesetzesbestimmungen zu fallen, wie es erst unlängst den militanten Tierschützern ergangen ist.

Die Islamistischen Djihaddisten erklären offen, sie befänden sich in einem heiligen Krieg gegen den Westen und seine Kultur. Nach den im deutschen Sprachraum gebräuchlichen Definitionen kann man den bewaffneten Kampf der Islamistischen „Gotteskrieger“ durchaus als Krieg einschätzen [4]. Es soll daher hier versucht werden, aus dem Kriegsvölkerrecht eine Definition für Terrorismus abzuleiten, die anschließend auf Allgemeingültigkeit auch außerhalb kriegerischen Geschehens überprüft werden soll.

Das Kriegsvölkerrecht kennt Kombattanten und solche Kämpfer, die nicht unterscheidbar von Zivilpersonen kämpfen, ihre Waffen nicht offen, oder sogar die Uniform des Kriegsgegners tragen. Letztere Kampfweise wird in Österreich meist als „Verdeckter Kampf“ bezeichnet. Die so kämpfenden Kräfte verlieren dabei den Schutz des Kriegsvölkerrechtes. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal soll hier das von der jeweiligen Konfliktpartei vornehmlich bekämpfte Ziel eingeführt werden: Solche Parteien können vornehmlich die Streit- und Sicherheitskräfte, also Kombattanten und ihre materiellen Ressourcen bekämpfen oder aber Teile der Zivilbevölkerung beziehungsweise ihre Gesamtheit.

Daraus ergeben sich folgende Kombinationen:

  1. Kampf von Kombattanten gegen Kombattanten. Dies stellt die traditionelle Form des Krieges dar, in dem Streit- und Sicherheitskräfte oder auch uniformierte paramilitärische Verbände zum Schutz und im Interesse der von ihnen vertretenen Ethnien oder anderer Gruppierungen gegeneinander kämpfen.
  2. Kampf von verdeckt kämpfenden Kräften gegen Kombattanten und umgekehrt. Landläufig als „Partisanenkampf“ bezeichnet, ist diese Kampfweise in den letzten Jahrzehnten auf Seiten der verdeckt Kämpfenden besonders dadurch gekennzeichnet, dass sie sich innerhalb der Bevölkerung verstecken und damit der feindlichen Waffenwirkung entziehen versuchen. Dabei werden Opfer in der eigenen Zivilbevölkerung in Kauf genommen, als Mittel der Propaganda ausgeschlachtet, und in vielen Fällen bewusst herbeigeführt. Der Schutz der Bevölkerung als Kernaufgabe der Streit- und Sicherheitskräfte wird in das genaue Gegenteil, nämlich die Schutzschildfunktion der Zivilbevölkerung gegenüber den bewaffneten Kräften verkehrt.
  3. Verdeckter Kampf vorwiegend gegen die Zivilbevölkerung einer anderen Ethnie, Staats- oder Religionszugehörigkeit.
  4. Kampf von Kombattanten vorwiegend gegen die Zivilbevölkerung. Als Beispiel sei hier der gegen die Bevölkerungszentren des Feindes geführte Bombenkrieg angeführt.

Diese Fälle sollen hier ohne jede moralische Wertung im Hinblick auf die dabei auftretende Beeinträchtigung der Zivilbevölkerung analysiert werden:

In den Fällen 1 und 2 ist das gezielte Herbeiführen von Verlusten in der Zivilbevölkerung des Gegners für die Konfliktparteien meist taktisch nachteilig, weil es den Kampfwillen des Gegners eher fördert als schwächt. So haben Kräfte der Deutschen Wehrmacht im 2.Weltkrieg an der Front gegen die Rote Armee wegen des durch diese in den von ihr besetzten Räumen an den Tag gelegte Verhalten gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung wesentlich nachhaltiger gekämpft, als an der Westfront. Militärische Kommandanten werden also in der Regel gegen Kriegsverbrechen durch die von ihnen geführten Kräfte durchaus aus taktischen, wenn schon nicht aus moralischen Gründen entschieden vorgehen. Verluste in der gegnerischen Zivilbevölkerung werden zwar in Kauf genommen, wenn damit eigene Verluste vermindert werden können, aber nicht maximiert, wenn die Kommandanten einigermaßen rational führen.

Die Fälle 3 und 4 werden nur angewandt, wenn die Wirkung gegen die Zivilbevölkerung einen taktischen/operativen/strategischen Vorteil für die eigene Seite bringt. Der Krieg fordert aber immer die Maximierung des eigenen Vorteils, sonst ist er nicht zu gewinnen. Also werden in diesen Fällen die Verluste der gegnerischen Zivilbevölkerung immer zu maximieren sein, wie der Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung im 2.Weltkrieg nachweist, der schlussendlich in zwei Atombombenabwürfen gegen Städte ohne jede militärische Bedeutung gipfelte, die dann auch zur endgültigen Erreichung der strategischen Zielsetzung führten. Damit ist der Satz von Clausewitz, der Krieg tendiere immer zur maximalen Gewaltanwendung, klar nachgewiesen, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass diese Maximierung in Richtung des eigenen Vorteils zu erfolgen hat, also nur dann gegen die Zivilbevölkerung wirksam wird, wenn deren Reduzierung der eigenen Partei Vorteile bringt oder zu bringen scheint.

Der Fall 3 mit der offensichtlichen Absicht der Maximierung der Verluste unter der Zivilbevölkerung ist eindeutig den Djihaddisten aber auch der japanischen AUM-Sekte oder den italienischen Brigate Rosse zuzuordnen; die verübten Anschläge richteten sich fast ausschließlich gegen besondere Ansammlungen von Zivilpersonen und zielten ganz offensichtlich auf maximale Verluste unter ihnen ab. In den durch reguläre Streitkräfte oder zumindest durch Untergrundkräfte in Kombattantenstatus ausgefochtenen Kriegen der letzten Dezennien wurden Opfer unter der gegnerischen Zivilbevölkerung in der Regel in Kauf genommen, kaum jemals absichtlich herbeigeführt und schon gar nicht maximiert.

Daraus leitet sich eine mögliche Definition für den Begriff Terrorismus ab: Terrorismus liegt vor, wenn verdeckt kämpfende Gruppierungen vorwiegend die Zivilbevölkerung angreifen und dabei der Versuch evident wird, die Verluste unter dieser zu maximieren.

Diese Definition setzt keinen Krieg voraus, eine ethnische oder religiöse Gruppierung könnte ohne formales Vorliegen eines Kriegszustandes, bei Vorliegen aller Kriterien als Terroristen eingestuft und bekämpft werden - die Definition erscheint also allgemeingültig. Einzelpersonen fallen nicht unter diese Definition. Im eigenen Land hätte diese Bekämpfung vorwiegend durch Polizeikräfte reaktiv, also prinzipiell erst nach Setzen einer kriminellen Handlung, die die maximale Gewaltanwendung nachweisen kann, und damit defensiv und zum Schutz der eigenen Zivilbevölkerung unter minimaler Gewaltanwendung, im Ausland nach Vorliegen einer völkerrechtlichen Rechtfertigung offensiv mit Streitkräften unter Vermeidung unnötiger Verluste der dortigen Zivilbevölkerung, aber unter Vorrang der Vermeidung eigener Verluste zu geschehen.

Unter dieser Definition könnten islamistische Djihaddisten genauso bekämpft werden, wie Sekten nach dem Muster der AUM, oder besonders radikale politische Gruppierungen, nicht jedoch Gruppierungen oder Einzelpersonen, die nach Ansicht der politischen Eliten dem Staat und ihrer Rolle in ihm lediglich in außerparlamentarischer Form gefährlich werden könnten. Sie schränkt den Kreis der unter diesem Titel zu bekämpfenden Gruppierungen und Personen auf den potentiell gefährlichsten Teil des kriminellen Spektrums ein, kann und soll daher ein entsprechendes „Waffenarsenal“ zugeordnet bekommen, um der Bevölkerung wirkungsvollen Schutz zu bieten.

Gesetzliche Einschränkung der freien Meinungsäußerung, wie sie der §283 der Gesetzesvorlage vorsieht, fallen keineswegs unter diese Kategorie, weil die Strafandrohung sich weder nach der bisherigen, noch nach der hier vorgeschlagenen Definition auf terroristische Gruppierungen beschränkt, sondern viel breiter greift. Unter dem Titel Bekämpfung des Terrorismus darf nur die Werbung für einen Eintritt in eine Organisation, die nachweislich den verdeckten Kampf unter Maximierung ziviler Opfer propagiert, der Eintritt selbst, die Finanzierung und alle Straftaten innerhalb einer derartigen Organisation unter Strafandrohung gestellt werden. Dieser Paragraph und alle übrigen der Vorlage, die Taten von Einzelpersonen oder Gruppierungen betreffen, die nicht der Definition entsprechen, wären jedenfalls in der Gesetzesvorlage zu streichen. Die bisherigen einschlägigen Gesetze gegen Verleumdung, Üble Nachrede und die diversen Anstiftungen zu Straftaten müssen ausreichen. Außerhalb des Terrorismus hat sich die aus diesen Straftaten resultierende Bedrohung der Gesellschaft nicht substanziell verändert.

Wieweit es notwendig ist, die Befugnisse der Sicherheitskräfte für den Kampf gegen solche Organisationen gesetzlich zu erweitern, wäre noch zu hinterfragen. Eine mögliche Erweiterung hätte sich jedenfalls auf Gruppierungen zu beschränken, die im dringenden Verdacht stehen, der angeführten Definition für Terrorismus zu genügen.

 

[1] Siehe hiezu Die Presse vom 21.9.

[2] http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_00674/fname_184141.pdf

[3] http://www.internet4jurists.at/gesetze/bg_stgb01.htm#%C2%A7_275.

[4] Die Bundeszentrale für Politische Bildung in Deutschland definiert zum Beispiel: „Krieg bezeichnet einen organisierten, mit Waffen gewaltsam ausgetragenen Konflikt zwischen Staaten bzw. zwischen sozialen Gruppen der Bevölkerung eines Staates“ (http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=GV0OHL).

 

Details zur Bürgerinitiative Österreich finden Sie unter www.buergerinitiative-oesterreich.at
(oder kurz www.biö.at)

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Rache für Utöya?

14. Oktober 2011 02:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Nach des blonden Wüters Taten
hat in Oslo man beraten –
und dann kam in der SP
die Idee, die geniale,
mit der eignen Filiale,
dem Nobelpreis-Komitee!

Folglich ist der Preis für Frieden
heuer keinem Mann beschieden,
sondern Frauen nur verliehn –
aus Liberia gleich zweien,
und die dritte von den dreien
kommt vom Jemen immerhin.

Präsidentin ist die eine –
und was ist der Witz, der feine?
Der Termin für Wiederwahl
ist schon in den nächsten Tagen,
und so kann kein Wähler klagen,
freie Wahl sei eine Qual.

Lady hat zwar dunkle Flecken,
aber solche aufzudecken
pflegt man stets mit Zartgefühl,
denn Monarchen, Präsidenten
auf fünf dunklen Kontinenten
passen manchmal ins Kalkül!

Und die andre Afro-Mama?
Auch mit dieser gibt’s kein Drama,
weil sie praktisch niemand kennt –
Idealfall für Juroren,
die wohl darum sie erkoren,
dass Kritik sich blind verrennt.

Die vom Jemen, Journalistin
und Islamo-Feministin,
ist in der Islah-Partei
strenger Muslim-Brüder Schwester –
so erstickt man das Geläster,
dass kein Fortschritt möglich sei!

Ja, beim Quotenweltenbauen
sind halt Dritte Welt und Frauen
bestes Mittel, um zugleich
Multikulti hochzupäppeln
und die Bürger zu veräppeln –
alles das auf einen Streich.

Noble wie auch andre Preise
dienen aber solcherweise
nicht als guter Taten Lohn,
sondern schlicht, um einzugreifen
und auf die Moral zu pfeifen –
kurz gesagt, der Welt zum Hohn!

Pannonicus

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Fußnote 227: Freiheit mit Nachgeschmack

12. Oktober 2011 03:42 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Dem jungen israelischen Soldaten, der nun nach fünf Jahren islamistischer Haft freigehen soll, ist die Freilassung mehr als zu wünschen. Dennoch hinterlässt diese Freiheit einen überaus bitteren Nachgeschmack. (Mit einer nachträglichen bitteren Ergänzung - wieder einmal in Sachen ORF - am Ende).

Denn im Gegenzug lässt Israel an die 1000 Palästinenser frei, darunter viele Verantwortliche für blutige Anschläge. Überdies schenkt der Deal mit der radikalen Hamas dieser eine eindrucksvolle Form der Anerkennung. Gewiss: Israel, das nach den arabischen Serien-Revolutionen große Ängste hat, will politische Konsenssignale aussenden. Aber das Land gibt damit fast jede Abschreckung gegen den palästinensischen Terrorismus auf. Und es setzt einen üblen Präzedenzfall auch für andere Staaten, die ihre – etwa in Nordafrika entführten – Staatsbürger heimlich freikaufen. Dabei hat Israel immer kritisiert, dass dieses Geld meist in neue Waffen- und Sprengstoffkäufe fließt. Aber Geld ist noch immer harmloser als die Freilassung mordender Überzeugungstäter, die sich nun als Triumphatoren fühlen können. Wenn Israel wirklich Friedenssignale setzen will, dann hätte es besser daran getan, die Siedlungstätigkeit am Jordanwestufer einzuschränken. Das bedroht weniger Menschenleben.

Nachträgliches PS: Dass der ORF diese zu einem erklecklichen Teil wegen Blutverbrechen verurteilten Palästinenser als "Flüchtlinge" bezeichnet, macht absolut sprachlos. Das ist wohl schon jenseits jeder Grenze der noch erträglichen Unprofessionalität eines zur Objektivität verurteilten, aber massiv kommunistisch unterwanderten Senders, sondern schon antisemitische Hetze. Wer Juden ermordet, ist kein Mörder, sondern ein "Flüchtling".

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Der unnoble Hintergrund dreier nobler Frauen

10. Oktober 2011 01:03 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Drei Friedensnobelpreise für Frauen: Das ist der Stoff, aus dem automatisch und zwangsläufig Jubel-Schlagzeilen der Medien und Politiker werden. Das ist auch der Stoff für jedes nur denkbare Vorurteil des Zeitgeistes. Mit Frauen gibt es Frieden, Männer machen Krieg. Das norwegische Nobelpreis-Komitee hat den perfekten Schlussstein gesetzt, um dieses schlichte Weltbild einzubetonieren.

Dass dieses Komitee lediglich eine Außenstelle der norwegischen Sozialisten ist, kann aufrechte Linke im Jubel über die Entscheidung natürlich nicht stutzig machen. Wer hingegen "links" noch nicht automatisch als Ausweis für Klugheit ansieht, wem das Geschlecht und das Nicht-Europäer-Sein für eine Bewertung noch nicht ganz genügen, der nimmt sich mit seinem Urteil über die Ehrung dreier wenig bekannter Menschen einige Tage Zeit. Dann aber kommen ihm arge Zweifel an der Weisheit dieser Nobel-Entscheidung.

So tritt Frau Ellen Johnson Sirleaf nur vier(!) Tage nach dem Bekanntwerden ihrer Nobel-Ehrung zur Wiederwahl als Präsidentin Liberias an. Diese zeitliche Nähe ist eine so plumpe und noch nie dagewesene Einmischung in einen – hoffentlich – demokratischen Wahlkampf, dass man den Friedensnobelpreis noch weniger ernst nehmen kann als schon in der Vergangenheit. Man denke etwa an die früheren Auszeichnungen für vietnamesische Kriegsherrn und Diktatoren; oder für Jassir Arafat, den einem Nahostfrieden nicht gerade förderlichen palästinensischen Korruptionisten; oder für Barack Obama unmittelbar nach seiner Wahl wegen einiger durchwegs unhaltbarer Wahlkampfversprechen.

Frau Sirleaf ist überdies bekannt als einstige finanzielle Unterstützerin des als internationaler Kriegsverbrecher verurteilten Massenmörders Taylor. Ein liberianisches Versöhnungskomitee hat auch prompt empfohlen, dass sie deswegen 30 Jahre zu keinem politischen Amt antreten sollte. Das alles ist aber offensichtlich kein Hindernis für einen Friedensnobelpreis. Dafür muss man heutzutage nur noch das richtige Geschlecht haben.

Genauso unerfreulich ist die Ehrung für die jemenitische Oppositions-Aktivistin Tawakkul Karman. Denn sie gehört den radikal-islamistischen Moslembrüdern an. Vor deren Machtergreifung in weiteren arabischen Ländern sollte sich freilich jeder vernünftige Mensch fürchten. Das gilt besonders nach einem Wochenende, an dem in Ägypten die heftigsten Christenverfolgungen seit Jahrzehnten ausgebrochen sind.

Da lobe ich mir die dritte Nobel-geehrte Frau: Über sie ist so gut wie gar nichts bekannt. Das ist doch schon was.

Nur der Friedensnobelpreis, der ist längst nichts mehr. Damit steht dieser Preis übrigens ganz im Gegensatz zu den extrem seriös vergebenen Preisen für Natur- und Wirtschaftswissenschaftler – auch wenn da bisweilen ein populistischer Kasperl wie Joseph Stiglitz durchrutscht.

 

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Die finale StabiLizitation

06. Oktober 2011 23:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Wenn ich „Battle Group“ vernehme,
fällt mir Balkan ein sofort,
denn wohl jeder merkt mit Häme,
dass wie „Bettel“ klingt das Wort.

Und wie wirklich dort zu sehen,
hat die Schulden-Union
Battle Groups am Balkan stehen,
eingesetzt seit langem schon!

Diese sind vor allen Dingen
mit der Mission befasst,
unter einen Hut zu zwingen,
was nicht zueinander passt.

Manche Völker wollen eben
nicht wie jetzt mit Ach und Pein
in demselben Staate leben,
doch was sein muss, das muss sein!

Das verbürgen Kommissare,
Militär und Polizei
von der Wiege bis zur Bahre,
so nur sind die Menschen frei.

Was das kostet, ist kein Bettel,
allerdings auch kein Problem –
druckt man halt mehr Schuldenzettel,
das ist billig und bequem.

Wie zum Hohn hat strenge Regeln
man als “Sixpack“ nun serviert –
und schon wird mit vollen Segeln
weiter stabilizitiert!

Tja, wenn einst ich „Sixpack“ hörte,
dacht’ ich bloß ans Sechserpack,
und wenngleich das Fremdwort störte,
mir war wichtig der Geschmack.

Doch bei „Sixpack“ kommt mir künftig
nur der „Sick bag“ in den Sinn –
wie im Flugzeug immer zünftig
in der vordern Lehne drin!

Schwerer drückt indes den Magen,
was im Balkan-Einsatz steckt:
Klein-Europa sozusagen –
ist’s nicht ein Versuchsobjekt?

Wird nicht darum so beflissen
jedes Volksheer demontiert.
wird nicht darum, höchst gerissen,
Sicherheit privatisiert?

Battle Groups, bis übermorgen
ganz auf Söldner umgestellt,
sollen die dann dafür sorgen,
dass Europa nicht zerfällt?

Pannonicus

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Palästina: der Staat, der keiner ist

24. September 2011 01:01 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Nicht nur die österreichische, sondern auch die globale Politik ist voller sinnloser Scheinaktionen. Eine solche in Reinkultur ist wohl der palästinensische Antrag auf Anerkennung als Staat durch eine Aufnahme in die UNO. Aber ist diese Anerkennung nicht in Wahrheit längst fällig und ist es nicht bloß die Abhängigkeit der amerikanischen Politiker von jüdischen Wählern, die jetzt Barack Obama ein Veto dagegen einlegen lässt?

Zwar muss man diese doppelte Frage mit einem klaren Ja beantworten. Aber dennoch ist es in hohem Ausmaß auch Schuld der Palästinenser selbst, dass diese Anerkennung nicht stattfindet.

Schon die völkerrechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Staates sind nicht wirklich gegeben. Denn dazu gehört ein klar definiertes Staatsgebiet und eine eindeutig erkennbare Staatsgewalt. Beides ist aber im Fall der Palästinenser nicht klar erkennbar, um es vorsichtig auszudrücken.

Was ist etwa mit dem von der Hamas besetzten Gazastreifen, der in keiner Weise unter der Kontrolle des nun bei der UNO aufgetretenen Palästinenserpräsidenten steht? Wo verläuft die Grenze des Palästinenserstaates zu Israel? Gehört auch Jerusalem dazu? Und hat nicht an jedem Punkt dieses Möchtegern-Staates der Palästinenser die israelische Armee auch weiterhin die Kontrolle, also die Staatsgewalt?

Nichts davon ist so geklärt, dass Palästina als Staat angesehen werden könnte.

Ganz unabhängig von den rechtlichen Fragen: Wer meint, dass der Nahe Osten einfach zu der Lage des Jahres 1967 zurückkehren kann, der irrt gewaltig. Ein halbes Jahrhundert lässt sich nicht einfach mit einer UNO-Abstimmung zurückrollen.

Gewiss muss man den Israelis den schweren Vorwurf machen, dass sie durch die vielen Siedlungen am Jordan-Westufer und durch vielfachen Landraub an palästinensischen Bauern jede Lösung noch viel schwerer gemacht haben.

Aber ebenso schwer wiegt der Vorwurf an die Palästinenser, dass sie in den letzten Jahrzehnten alle Chancen verstreichen haben lassen, bei schon sehr weit gediehenen Verhandlungen fast alles zu bekommen, was sie wollen. Aber die jeweiligen Führungen der Palästinenser, etwa auch der legendäre Jassir Arafat waren niemals wirklich kompromissfähig. Dazu kommt, dass der von Hamas kontrollierte Teil des nach Anerkennung strebenden Palästina nach wie vor nicht auf kriegerische Akte und das Ziel einer Vernichtung Israels verzichtet.  Niemand aber kann ausschließen, dass heute oder morgen diese Hamas im ganzen Palästinastaat die Macht bekommt.

Man muss den Israelis auch zugute halten, dass nicht sie es waren, welche mehrfach einen Aggressionskrieg begonnen haben. Sie wurden überfallen – haben aber zum Leidwesen der Araber alle Kriege gewonnen. Jetzt ist es schon mehr als einfältig, ja fast präpotent, wenn die Palästinenser so tun, als wären sie die Opfer, denen gefälligst jeder Wunsch zu erfüllen sei.

Dazu kommt, dass die Palästinenser auch in den Jahren seit 1967 nie in ihrer Gesamtheit gezeigt haben, dass sie sich zu einer friedlichen und gewaltfreien Nachbarschaft bekennen. Wer Frieden will und einen selbstangezettelten Krieg verloren hat, der sollte schon auch selber kompromissbereit sein.

Landkarte wie die Geschichte der letzten Jahrzehnte wie die aggressive arabisch-islamische Rhetorik insbesondere der letzten Monate lassen es als durchaus klug und berechtigt erkennen, dass die Israelis einen Friedensvertrag an sehr konkrete Sicherheitsregeln knüpfen wollen. Sie folgen damit ihrer obersten staatlichen Existenzregel: Die Araber können so viele Kriege verlieren, wie sie wollen, Israel keinen einzigen, weil es danach kein Israel mehr gibt.

Jerusalem, die lange geteilte, aber längst wieder voll zusammengewachsene Stadt, ist bei allen Friedensbemühungen sicherlich das Hauptproblem. Dabei ist in Wahrheit völlig klar: Nur eine Neutralisierung unter internationaler Teilnahme kann eine gute Lösung für die Stadt bedeuten. Sie ist nicht nur zwei Völkern, sondern auch allzu vielen Religionen heilig.

Warum aber hat Palästinenserpräsident Abbas trotz aller erkennbarer Aussichtslosigkeit den Schritt nach vorne gemacht? Das Motiv ist klar: Er musste zweifellos endlich Tatkraft zeigen, da er sonst bald von der radikalen Hamas hinweggefegt worden wäre. Die palästinensischen Wähler sind nämlich seiner korrupten Gefolgschaft ohnedies schon ziemlich überdrüssig. Außerdem haben die diversen nordafrikanischen Umstürze des letzten Jahres die Erwartungshaltung der arabisch-islamischen Massen radikalisiert. Eine gewisse Mitschuld hat aber auch US-Präsident Obama. Er hat lange durch allzu blauäugige Signale bei den Arabern den Eindruck erweckt, dass Israel den wichtigsten Verbündeten verloren hat.

Vieles deutet jedenfalls darauf hin, dass Mahmud Abbas einen schweren Fehler begangen hat. Dennoch gibt es auch eine kleine dialektische Chance, dass aus diesem Fehler doch noch etwas Sinnvolles entstehen könnte: Wenn Abbas sich durch seinen Vorstoß innerpalästinensisch freispielen, zum anerkannten Führer werden könnte – dann hätte er vielleicht auch mehr Spielraum zu Kompromissen als heute.

PS: Ein schmerzhaftes Randphänomen der Palästina-Story ist, dass die EU wieder einmal zu keiner klaren und kraftvollen Linie imstande ist. Das ist übrigens auch Österreich nicht. Dieses hat als einzige 'Linie', dass es für die EU-Linie ist. Die gibt es aber leider nicht. Und zu deren Findung kann das Land angesichts der außenpolitischen Schwäche aller drei nach New York gejetteten Führungsmänner auch absolut nichts beitragen.

 

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Der neue Staat

17. September 2011 05:42 | Autor: Philipp Starl
Rubrik: Gastkommentar

In der Vergangenheit habe ich sehr viel und oft über bevorstehende Krisen geschrieben. Nun befinden wir uns zweifelsohne in und vor der größten Krise, die die westliche Welt seit dem Zweiten Weltkrieg heimgesucht hat.

Ich möchte mich in diesem Gastkommentar aber den Folgen dieser Krise widmen. Wie wird unsere Welt in zehn Jahren aussehen? Werden wir Einfluss auf die Entwicklung haben? Wird es besser, schlechter? Eine Frage sei gleich vorweg beantwortet: Wir haben alle, jeder Einzelne, Einfluss auf das Geschehen der nächsten Jahre.

Vor allem möchte ich mich den Auswirkungen der Krise auf die Staaten widmen, denn eines ist gewiss: Sie sind allesamt hoffnungslos mit der Situation überfordert.

Ob man nun in die USA blickt, wo Präsident Obama seit einem Jahr nichts mehr anderes tut, als an die europäischen Staaten zu appellieren, Griechenland nicht fallen zu lassen und wo dem Chef der Nationalbank Bernanke nichts besseres einfällt, als den Markt mit Dollar zu fluten. Oder ob man den Blick auf Europa wirft, wo eine taumelnde und sich in Auflösung befindliche EU seit einem Jahr wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der griechischen Schlange erstarrt ist und den Märkten nur noch hinterherhinken kann.

Nach Österreich braucht man den Blick erst gar nicht werfen – hier hat sich noch kein relevanter Vertreter der Regierung zur Situation geäußert, außer dadurch, Allgemeinplätze, die aus Brüssel vorgegeben werden, nachzuplappern („Wir brauchen Eurobonds und eine Transaktionssteuer“).

Fast zwangsläufig muss man sich die Frage stellen, ob denn der Staat in seiner momentanen Ausformung überhaupt fähig ist, die Probleme des neuen Jahrtausends zu bewältigen. Will jemand diese Frage positiv beantworten, ist ihm mein Beileid gewiss, denn Hinweise dafür sind so rar gesät wie professionelles Verhalten unserer Volksvertreter.

Hingegen sind Hinweise dafür, dass der moderne Nationalstaat in seiner aktuellen Ausgestaltung absolut nicht mehr fähig ist, neuen Krisen zu begegnen, geschweige denn für seine Bürger vorteilhaft darauf zu reagieren, massenhaft vorhanden.

So ist der Staat alleine schon in seinen Kernaufgaben heillos überfordert. Die Kriminalitätsraten schießen in den Himmel, Diebstähle werden nur noch selten aufgeklärt, die Bürger finden keinen ausreichenden Schutz mehr auf den Straßen, die Polizei kapituliert in den meisten Fällen nur noch in Form eines Achselzuckens.

Auch bei der Justiz sieht es nicht gut aus. Auch wenn das Zivilrechtssystem zweifelsohne noch einiges taugt (das hat es allerdings schon immer), so ist doch die Strafrechtspflege zum Subjekt und Spielball der Politik verkommen. Es vergeht keine Woche, in der nicht wieder Verdachtsmomente bezüglich Korruption und Parteienjustiz aufkommen.

Auch das Militär ist in Europa, und erst recht in Österreich, keiner Erwähnung wert. Aber auch bei den Aufgaben, die sich der Staat in den letzten Jahrzehnten angemaßt hat, versagt er zusehends. Staatliche Einrichtungen wie die Arbeiterkammer machen schon längst nicht mehr das, wozu sie geschaffen wurden – nämlich die Arbeiter zu vertreten. Vor geraumer Zeit sind diese Objekte zu ausschließlich selbsterhaltenden Steuergeldkassierern geworden. Der Grund dafür ist bei staatlichen Einrichtungen immer derselbe: Menschen, die am Markt nicht nachgefragt werden, bekommen Arbeit, werden vom Staat abhängig und enden deshalb darin, um die eigenen Pfründe zu kämpfen. Das ist bei den ÖBB so, bei den Gewerkschaften, bei den Kammern und bei all den anderen staatlichen Versorgungszentren für nicht Selbsterhaltungsfähige.

Auch die Geldschöpfung ist den Staaten schon längst aus dem Ruder gelaufen. Die Finanzwirtschaft hat sich längst von den Staaten emanzipiert und wendet sich nun gegen sie, indem sie gegen die Politik spekuliert.

Im Gegensatz dazu bilden sich immer mehr private Organisationen, die „staatliche“ Aufgaben übernehmen. So stehen schon vielerorts private Sicherheitsleute Wache und nicht die Polizei. So entscheiden sich immer mehr Vertragspartner für die Schiedsgerichtsbarkeit, weil sie im Gegensatz zu staatlichen Entscheidungen in fast allen Ländern der Erde exekutierbar ist.

So bilden sich in den USA immer mehr private Arbeitnehmerorganisationen, die den Hausarbeits- und andere Niedriglohnsektoren vertreten (wie zum Beispiel die „National Domestic Workers Alliance“ www.domesticworkers.org/).

Die Staaten müssen sich schön langsam die Frage gefallen lassen, wozu sie denn überhaupt noch taugen. Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die derzeitige Entwicklung gegen die Staaten erst durch die Nationalstaaten selbst ermöglicht wurde. Doch ist der moderne Nationalstaat nun am Ende? Hier muss man einen Schnitt machen. Denn um diese Frage zu beantworten muss man auf zwei Szenarien eingehen, die möglich erscheinen.

Szenarien für die Zukunft der Staaten

Erstens ist es leider möglich, dass die Staaten die bevorstehende Krise dazu nutzen werden, sich ihre Macht zurückzuholen, wenn nötig mit Gewalt. Doch genau das wäre der falsche Weg, wenn man die Menschheit nicht ständig ihre Fehler wiederholen lassen will. Eine Entwicklung in Richtung stärker werdender Staat wäre ein gewaltiger Rückschritt in die Zeiten von Krieg, Nationalismus und Misstrauen – sie würde nur dafür sorgen, dass das ganze Spiel von vorne losgeht. Der Staat hätte wieder mehr Einfluss auf die Gesellschaft, die Gesellschaft würde sich daraufhin wieder mehr auf den Staat verlassen, der Staat würde wieder an der Aufgabe, eine moderne Zivilgesellschaft zu errichten, scheitern und wir wären in 80 Jahren wieder dort, wo wir heute sind.

Das muss nicht so sein. Moderne Staaten sollten auf eine ganz andere Weise von der Krise profitieren. Sie sollten den Bürger bei seinem Weg in die Selbstverantwortung begleiten, um so durch stärker und flexibler werdende Wirtschaften höhere Steuereinnahmen zu lukrieren. Der beste Nebeneffekt wäre, dass sich die Zivilgesellschaft zunehmend selbst organisiert. Die Angst von Regierungen, dadurch an Macht zu verlieren, würde sich als völlig unbegründet erweisen. Denn, wie vorhin festgestellt, ist so eine Zivilgesellschaft nur möglich, wenn sie einen sicheren rechtsstaatlichen Rahmen vorfindet, frei von Rechtsunsicherheit, frei von Gewalt, von Willkür, frei von Kriegen.

Aus dieser Erkenntnis folgt automatisch der Weg dorthin. Denn die Staaten sollten sich endlich aus dem Leben der Bürger heraushalten, das sie ja sowieso niemals organisieren, geschweige denn kontrollieren können. Stattdessen sollten Staaten ihren Bürgern ausreichenden Schutz vor Faktoren bieten, die den rechtsgeschäftlichen Verkehr und somit die Wirtschaft negativ beeinflussen könnten.

Es wäre somit dringend geboten, die Polizeiarbeit zu modernisieren, die Exekutive stark aufzustocken und die organisierte Kriminalität mithilfe internationaler Zusammenarbeit noch stärker in die Schranken zu weisen. Offene Grenzen helfen hierbei übrigens überhaupt nicht. Vielmehr muss man einen geringfügigen Abbruch des internationalen Handels in Kauf nehmen, um die einheimische Bevölkerung ausreichend zu schützen. Auch Massenmigration mag eine Möglichkeit sein, um die Wirtschaft zu stärken. Doch darf die Politik hier die Wirtschaft nicht vor die eigene Bevölkerung stellen, welche sich zunehmend durch fremdländische Sitten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlt.

Gleichzeitig muss endlich die Justiz den modernen Anforderungen angepasst werden. Speziell ausgebildete Staatsanwälte und Richter sind ebenso notwendig wie eine ausreichende Personalausstattung, sowie Amtszeiten, die die Verfahrensverläufe be- nicht entschleunigen.

Wenn Du Frieden willst, rüste für den Krieg, heißt es. Getreu diesem Motto sollten auch endlich wieder nationale Heere so gut aufgestellt sein, dass ein vernünftiger Staat nicht mehr auf die Idee kommen kann, hier vielleicht durch Gewalt etwas zu erzwingen.

Ansonsten sollte für einen modernen Staat endlich die Einsicht kommen, dass er unfähig ist, das moderne, schnelllebige Dasein seiner Bürger zu organisieren. Vor allem sollte er sich endlich aus der Ausbildung seiner Bürger heraushalten, denn diese entgleitet dem Staat sowieso schon heute, weil das angestaubte staatliche System nicht mehr in der Lage ist, die Kinder auf eine Universität oder den Arbeitsmarkt hinreichend vorzubereiten und sie dementsprechend auszubilden. Stichwort Kosten von Nachhilfe, Zuwachs an Privatschulen, et cetera.

Besser wäre es, er würde seinen Bürgern die Ausbildung selbst überlassen.

Auch was den Arbeitsmarkt betrifft, hat der Staat seine besten Zeiten hinter sich. Im Gegenteil, staatliche Maßnahmen wie Mindestsicherung und andere Sozialleistungen halten Menschen so lange vom Arbeitsmarkt fern, dass sie erst gar nicht den Wiedereinstieg schaffen.

Ein moderner Staat kann sehr viel tun, um seine Bürger sicher, gestärkt und gerüstet aus der Krise herauszuführen und sie in eine vielversprechende Zukunft zu begleiten. Er kann aber auch mit falschen Entscheidungen dafür sorgen, dass wir in der Entwicklung Jahrzehnte zurückfallen und einen ärgerlichen Zyklus von vorne beginnen. Ob uns die Volksvertreter in die eine oder andere Richtung navigieren, entscheiden Sie!

Philipp Starl ist Obmann der Rechtsliberalen Partei Österreichs und studierte an der Universität Wien Rechtswissenschaften.

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Wieder mal erledigt…

03. September 2011 13:42 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Es ist nun wieder mal so weit,
denn wie es scheint zu scheinen
und wie zum Zweck schon prophezeit,
ist wieder mal ein Volk befreit,
so wie’s Befreier meinen.

Ihr Beistand war humanitär
samt UNO-Koscher-Stempel –
das Kleingedruckte wiegt nicht schwer,
und notfalls streicht man’s hinterher,
den Schurken zum Exempel.

Natürlich gab es wieder mal
kollaterale Schäden –
ist zwar im Einzelfall fatal,
indes strategisch und global
kaum wert, es zu bereden.

Was auch den Robenträgern passt,
denn in Den Haag ist’s wichtig,
dass lebend statt am Fahnenmast
man den Salon-Nomaden fasst –
doch im Vergleich ist’s nichtig:

Nur wo das Gold sich finden mag
und wo die Konten liegen,
und was verbleibt an Reinertrag
aus so und soviel Fass pro Tag –
darauf kommt’s an beim Siegen!

Und Sarkos Sieg, total zwar nicht,
wird für Total schon reichen,
für Exxon wie für ENI schlicht,
für Chevron und auf lange Sicht
auch für BP desgleichen.

Die neuen Herren im Lokal
verheißen gute Taten,
und wenn vielleicht bloß zweite Wahl
so sind’s zumindest wieder mal
Scharia-Demokraten.

Ach ja, den schwarzen Söldnern geht’s
jetzt wohl an Leib und Leben –
sehr traurig, und daher versteht’s
für uns sich ganz von selbst, wie stets
splendid Asyl zu geben…

Pannonicus

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Fragwürdiges Gewaltmonopol: Vom Ende einer Illusion

23. August 2011 18:57 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Der englische Philosoph Thomas Hobbes sieht nur eine Möglichkeit, den Kampf aller gegen alle – jene Form der Barbarei, die er „Naturzustand“ nennt, zu beenden: Die bedingungslose Unterwerfung der Bürger unter den Leviathan – jenes schreckliche Ungeheuer, das über alle Macht gebietet. Hobbes wird damit zum neuzeitlichen Philosophen der Herrschaftslegitimation schlechthin.

Wenig hat sich am Konzept des allmächtigen Staates seit 1651, dem Jahr der Erstveröffentlichung von Hobbes´ Schrift verändert – zumindest nicht zum Positiven. Ganz im Gegenteil, ist der moderne Staat ein bedeutend neugierigeres, anmaßenderes und aggressiveres Monstrum, als das zur Zeit des frühen Barock der Fall war.

Keiner Regierung jener Zeit wäre es eingefallen, die Lebensführung ihrer Untertanen (von Fragen der Religion abgesehen) in so penetranter Weise zu überwachen und zu regulieren, wie das für den modernen „therapeutic-managerial State“ (© Paul Gottfried) typisch ist. Es hätte schlicht und ergreifend an den Steuermitteln gemangelt, um die dafür nötigen Horden unproduktiver Beamter zu bezahlen. Denn ein Monarch, der es gewagt hätte, fünfzig Prozent und mehr an Steuern zu erpressen, wäre von seinen Untertanen wohl kurzerhand davongejagt oder umgebracht worden. Die Leidensfähigkeit der Bürger moderner Wohlfahrtsstaaten ist – zur Begeisterung des parasitär lebenden Politbüros – bedeutend höher entwickelt.

Wenn wir den Blick nun von Tomas Hobbes und der Zeit des britischen Bürgerkriegs ab- und der Gegenwart zuwenden, stellen wir folgendes fest: Der Leviathan ist seither zwar bedeutend fetter geworden, kommt aber seinem Versprechen, für Recht und Ordnung zu sorgen, in immer mangelhafterer Weise nach. Besonders die Gewaltexzesse der letzten Wochen – in Norwegen und England – werfen ein sehr ungünstiges Licht auf jene Fiktion von Sicherheit, die durch einen Gesellschaftsvertrag á la Hobbes angeblich garantiert wird.

Wenn kaltblütige, intelligente Massenmörder in Aktion treten; wenn gewalttätiger Abschaum brandschatzend und plündernd durch die Straßen zieht: Wo ist das dann das famose „Gewaltmonopol“, das den Bürger zu beschützen vorgibt? Inwiefern ist der Sicherheit des Bürgers damit gedient, dass der Leviathan ihn jedes wirksamen Notwehrmittels beraubt – dafür aber vermummtes Gesindel mittels Videokameras filmt?

Wie viel Blut wäre auf Utöya nicht vergossen worden, hätten die Verantwortlichen dort nicht auf den Gewaltmonopolisten gewartet, sondern selbst Gegenwehr geleistet? Wie viele Läden und Autos hätten in London nicht gebrannt, wären deren Eigentümern andere legale Mittel zur Verfügung gestanden, als mit Wattebäuschchen auf die Angreifer zu werfen?

Wohlgemerkt: Hier geht es nicht um Selbstjustiz, nicht um Blutrache und nicht um die Rechtfertigung eines Lynchmobs. Hier geht es einzig und allein um den Schutz von Leben und Eigentum der Bürger in akuten Bedrohungslagen, in welchen kein Staat der Welt ihnen beistehen kann – und sei es der denkbar totalitärste. Es ist unerträglich, dass rechtschaffene Bürger der Verwüstung ihres Eigentums – vielleicht gar der Vernichtung ihrer Existenz – wehrlos zusehen müssen, weil der Staat eifersüchtig auf seinem Monopol zur Produktion von Sicherheit besteht.

In Großbritannien kann jeder (jugendliche) Gangster sicher sein, weitgehend wehrlosen Opfern gegenüberzustehen. Der Leviathan ist dort nicht länger der Beschützer rechtschaffener Bürger. Er hat sich – mit dem totalitären Waffenverbot, das sich nur gegen anständige Bürger richtet – eindeutig auf die Seite des Verbrechens gestellt. Großbritannien liefert damit einen eindrucksvollen Beleg für die von Hans-Hermann Hoppe formulierte These: „Der Staat ist eine kriminelle Organisation“.

Der britische Philosoph und Soziologe Herbert Spencer stellt in einer brillanten, 1857 erschienen Schrift (Representative Government – What Is It Good For?) einen Zusammenhang her zwischen der Qualität einer Regierung und der Entschlossenheit, mit der diese sich auf jenen Bereich konzentriert, der ihr als Einziger zukommt: Auf den Schutz der Bürger vor Aggression.

Spencer argumentiert die Vorzüge einer repräsentativ gewählten Regierung gegenüber einer (despotischen) Monarchie. Ebenso vehement verdammt er jede hoheitliche Einmischung in Angelegenheiten, die den Bereich der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung überschreiten. Viele der von F. A. Hayek und anderen liberalen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelten Gedanken hat Spencer, der sich als Wortführer des „Nachtwächterstaats“ präsentiert, damit vorweggenommen.

In dem Maße, in welchem der Staat seine Zuständigkeitsbereiche erweitert, verkümmert, so Spencer, seine Fähigkeit, seiner Kernaufgabe – dem Schutz der Bürgers vor gewalttätigen Übergriffen – nachzukommen. Eine Folge der „imperialen Überdehnung“ im Inneren.

Wirkt dieser mehr als 150 Jahre alte Befund im Lichte des tagtäglichen Staatsversagens nicht geradezu seherisch? Wie gut könnte der Staat – bei minimalen Kosten und aus heutiger Sicht märchenhaft geringen Steuerlasten – funktionieren, würde er sein Augenmerk nicht auf 1001 Dinge richten, die ihn nicht das Geringste angehen? Da jedoch das Staatswachstum nicht nur nicht gebremst wird, sondern – m Gegenteil – täglich beschleunigt fortschreitet, ist, eingedenk des Spencer´schen Befundes klar, wohin die Reise geht: Uns stehen zunehmend „interessante“ Zeiten bevor.

Wem also seine eigene und die Sicherheit seiner Angehörigen ein Anliegen ist, wird sich daher selbst darum kümmern müssen. Er sollte sich möglichst rasch von der fatalen Illusion befreien, dass der Staat und dessen Agenten jemals wirksam für seinen Schutz sorgen könnten …

(Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.)

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Ein Massaker und die Lehre daraus

08. August 2011 17:19 | Autor: Andreas Tögel
Rubrik: Gastkommentar

Eine Stunde lang hatte Anders Behring Breivik auf der Insel Utöya bei Oslo Zeit, nach Belieben auf Menschen zu schießen. Die Polizei bot keine Hilfe – sie versagte vollständig. Der Fall zeigt – einmal mehr – daß der Staat über keine wirksamen Mittel gegen die kriminelle Energie eines intelligenten, entschlossenen und brutal vorgehenden Einzeltäters verfügt. Wenn es also knallt, muß der Bürger selbst sehen, wo er bleibt.

Die Schüsse waren kaum verhallt, da traten auch schon notorische Besserwisser, Überwachungsstaatsapologeten und Bürgerrechtsbeschränkungsexperten auf den Plan, um umgehend einem zügigen weiteren Ausbau des Polizeistaats das Wort zu reden. Nicht etwa in Norwegen, dem Schauplatz des Verbrechens. Die dort am Ruder befindliche Regierung verfiel nämlich – erstaunlich genug – nicht in den in derlei Fällen üblichen Aktionismus, der, nur um eine nach „politischen Aktionen“ geifernde Öffentlichkeit ruhigzustellen, regelmäßig auf Staatswachstum und die Bestrafung von Unschuldigen hinausläuft. Zumindest bislang fiel die Reaktion der norwegischen Politik sehr bedacht aus.

Konsequenzen werden dagegen in Deutschland und in Österreich angemahnt. Die Berichterstattung in den obrigkeitsverliebten Massenmedien bereitet den Boden für weitere Wucherungen des Überwachungsstaats. Prompt zeigt sich der Direktor des österreichischen Verfassungsschutzes, Peter Gridling, überzeugt davon, dass eine Ausweitung der Speicherungsbefugnisse im elektronischen Datenverkehr ein Schritt in die richtige Richtung wäre. „Kontrollfreie Zonen“ – insbesondere das Internet (das den Geschäften der etablierten Nachrichtenhändler zunehmend zusetzt!) – waren der Journaille und den beamteten Experten der verschiedenen Filialen der "Firma Horch und Guck" seit jeher ein Dorn im Auge.

Hat der vorgebliche Kampf gegen die Kinderpornographie leider nicht zum vollen Erfolg – einer flächendeckenden Zensur und amtlichen Kontrolle des Internets – geführt, soll jetzt das „Manifest“ des Attentäters, das dieser vor seiner abscheulichen Tat ins Netz stellte, den Anlass dazu bieten, weitreichende Einschränkungen der Freiheit im www durchzusetzen.

Das andere Ziel der Überwachungsstaatler ist, wie nicht anders zu erwarten war – ein Verbot oder die weitere Einschränkung des Besitzes von Feuerwaffen in Privathand. Immerhin handelt es sich bei Breivik um einen Sportschützen, der für seine monströse Untat legal erworbene Waffen benutzte. Das ist ein gefundenes Fressen für diejenigen, die nur über jeden Zweifel an ihrer Gutartigkeit erhabene Staatsschergen bewaffnet sehen wollen.

Merke: Zwar pflegt man die Zahl der von Uniformierten liquidierten Zivilisten spätestens seit dem 20. Jahrhundert in Hunderttausenden oder gar Millionen zu messen, während dilettierende Laien wie Breivik – so furchtbar ihre Taten auch waren – keinen damit auch nur entfernt vergleichbaren Schaden anrichteten, aber dieser Umstand irritiert gestandene Etatisten offensichtlich nicht im Geringsten.

Irgendwie scheint da eine Hierarchie der Opfer zu existieren. Opfer staatlicher Gewalt zählen entweder gar nichts oder jedenfalls nicht viel. So kommt eine Initiative aus den Reihen der Grünen in Österreich keineswegs überraschend, die den Besitz privater Feuerwaffen nur noch „Jägern und Sportschützen“ zugestehen möchte – und selbst das nur unter erheblichen Einschränkungen. Der Umstand, daß Breivik ja eben ein amtsbekannter Sportschütze war, ficht die um unsere Sicherheit so rührend besorgten Genossen nicht weiter an. Logik und konsequentes Denken ist ihre Sache eben nicht.

Der Illusion, mittels einer restriktiven Waffengesetzgebung Gewaltkriminalität verhindern oder eindämmen zu können, liegen mehrere Irrtümer und Fehleinschätzungen zugrunde:

  1. Ist festzuhalten, dass die Zahl der mit Schusswaffen begangenen Verbrechen sowohl in Deutschland als auch in Österreich äußerst gering ist. Ein mit einer Fülle statistischen Zahlenmaterials unterlegter Artikel im Focus (Nr. 27/2011) nennt einen Anteil von 0,2 Prozent von Straftaten, die im Jahr 2009 unter Einsatz von Schusswaffen verübt wurden. Seit 1997 geht dieser Wert kontinuierlich zurück.
    Das Bundesland mit der höchsten Zahl an registrierten Waffenbesitzern, das Saarland, weist die geringste Zahl von einschlägigen Straftaten auf. Im Falle Berlins liegen die Dinge genau entgegengesetzt. Ein Zusammenhang zwischen privater Bewaffnung und Kriminalität besteht also tatsächlich – allerdings exakt umgekehrt, wie von den Entwaffnungsaktivisten behauptet!
    In Österreich bietet sich ein ähnliches Bild. Eine von einem steirischen Polizeibeamten erstellte „Bluttatenstatistik“ weist für das Jahr 2007 4,5 Prozent der Tatbegehungen unter Verwendung legaler Schußwaffen aus, während 5,9 Prozent auf illegal beschaffte Feuerwaffen – zusammen also rund 10 Prozent – entfallen. Wäre es tatsächlich möglich, mittels Verbots bestimmter Tatmittel die allgemeine Sicherheit zu heben, müßte der Gesetzgeber sein Augenmerk auf Messer und „stumpfe Gegenstände“ richten, nicht auf Feuerwaffen…
  2. Wird gerne übersehen, dass im Falle einer restriktiven Waffengesetzgebung potentielle Interessenten auf den Schwarzmarkt ausweichen. Auch der Konsum von Haschisch ist bekanntlich verboten – und dennoch besteht kein Problem, an diesen Stoff heranzukommen. Handels- und Besitzverbote nutzen – bei Drogen wie bei Waffen – nur den Schwarzmarktakteuren und bereiten ferner den Boden für die organisierte Kriminalität. Die empirische Evidenz dafür ist erdrückend.
    Die Situation in Großbritannien, wo seit 1996 ein weitreichendes Schußwaffenverbot gilt und die Gewaltkriminalität seither unter Einsatz illegaler Waffen explodiert, liefert einen der Beweise für dieses Phänomen: Wer den schwerwiegenden Entschluss fasst, ein Kapitalverbrechen zu verüben, kapituliert nicht vor administrativen Hürden!
  3. Es bedarf keiner Pistole, keines Baseballschlägers und keiner Waldaxt, um zu töten. Dem entschlossenen Täter bieten sich jede Menge von Alternativen. Selbst das Basteln von Bomben wird halbwegs aufgeweckten Zeitgenossen mit rudimentären Chemiekenntnissen und geschickten Fingern keine Probleme bereiten.
  4. Ein völlig vernachlässigter Aspekt ist der Abschreckungseffekt, den private Waffen auf potentielle Straftäter auszuüben vermögen. Das Beispiel Englands zeigt, dass Kriminelle, die sich der Wehrlosigkeit ihrer Opfer sicher sein können, besonders dreist vorgehen. Die Zahl der „heißen Wohnungseinbrüche“ (so werden im Kriminalistenjargon Einbrüche in Objekte genannt, in denen die Bewohner für den Täter erkennbar anwesend sind) steigt mit einem zunehmend restriktiven Waffenrecht. Bewaffnete Opfer sind für Gangster, die ja lediglich an der Beute, nicht aber an Schießereien interessiert sind, unattraktiv.
  5. Zeigt eine Analyse einschlägiger Gewaltverbrechen – von Dunblane über Winnenden bis Utöya, dass derlei Exzesse stets und ausschließlich in deklariert „waffenfreien Zonen“ stattfinden. Eine einzige Waffe in der Hand eines der Attackierten hätte die Taten möglicherweise – wenn schon nicht verhindern, dann zumindest in ihrem Ausmaß massiv begrenzen können!
    Bei Treffen der „National Rifle Association“ oder auf Schießplätzen des Heeressportvereins passieren vergleichbare Verbrechen nie – und zwar aus gutem Grund! Ein Täter vom Schlage Breiviks würde dort gar nicht erst so weit kommen, das Magazin seiner Waffe leer zu schießen, ohne selbst zum Ziel robuster Gegenwehr zu werden.

Fazit: Sicherheit ist ein zu hohes Gut, um deren Gewährleistung dem Staat zu überlassen. Im Falle eines gewaltsamen Übergriffs ist man in 100 von 100 Fällen auf sich allein gestellt – Polizei ist garantiert nicht zur Stelle. Das Beispiel Israels, mit seiner unerhört großen Zahl ziviler Waffenträger zeigt: Massaker wie jenes in Norwegen kommen dort nicht vor. Dort aber, wo privater Waffenbesitz verboten ist oder von paternalistischen Bürokraten behindert wird, verfügen eben nur noch Verbrecher über Waffen.

Die Tragödie von Utöya sollte zu Denken geben…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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Kann Salzburg ohne Ziegler überleben?

26. Juli 2011 00:43 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Den Schweizer Sozialdemokraten war er längst zu wirr, zu radikal, viel zu links; er wird daher in seiner einstigen Partei nicht einmal mehr mit Asbesthandschuhen angegriffen. Dabei ist diese im internationalen Vergleich nicht gerade am rechten Rand der globalen Sozialdemokratie angesiedelt. In drei Ländern ist er schon verurteilt worden, weil er seine wilden Behauptungen nicht beweisen konnte. Aber von den österreichischen Medien wird dieser Jean Ziegler dennoch wie das Orakel von Delphi angebetet.

Geht dieses absurde Phänomen darauf zurück, dass in vielen der heimischen Medien jeder Unsinn breiten Platz findet, wenn er nur linksradikal genug ist – weil ja ein Gutteil der Journalisten ebenso linksradikal denkt (oder präziser: ebensolche Phrasen nachplappert)? Oder hängt es damit zusammen, dass Ziegler als Eröffnungsredner der Salzburger Festspiele zuerst vorgesehen, dann aber wieder ausgeladen worden ist – wegen einer Randerscheinung seines in sehr vielen Dingen sehr problematischen Lebenslaufs, nämlich seiner langjährigen Nähe zu Muammar Gaddafi, die derzeit nicht sonderlich opportun ist? Tatsache ist jedenfalls, dass einige Jahre davor die in ähnlicher Weise erfolgte Ausladung des Andre Glucksmann, des wahrscheinlich bedeutendsten Nachkriegs-Philosophen Frankreichs, medial fast unbemerkt und ganz unkommentiert abgelaufen ist.

Aber Ziegler mit seiner Beredsamkeit eines Maschinengewehr hat sich sofort elegant in die Opferrolle manövriert: Die großen Sponsoren hätten auf seiner Ausladung bestanden. Wie bei fast jeder von Zieglers Behauptungen gibt es auch dafür nicht den Hauch irgendeinen Beweises, sondern nur wilde Dementis aller mit seiner Ausladung Befassten.

Aber auch das ist harmlos gegen Zieglers eigentliche Untaten: Er ist seit Jahrzehnten als Amtsverteidiger fast aller der übelsten und blutrünstigsten Diktatoren dieser Welt unterwegs. Er hat nicht nur für Libyens Gaddafi einen Menschenrechtspreis mitgegründet und ihn sogar noch 2008 als „rational, zweckgerichtet, vernuftgeleitet“ gerühmt. Er war auch engst mit Massenmördern wie Che Guevara, Fidel Castro und Robert Mugabe befreundet, deren Partei er stets mit all seiner eifernden Rhetorik ergriffen hat. Was ihn freilich nicht hinderte, sich bei passender Gelegenheit bisweilen wieder von einigen seiner Idole zu trennen.

Noch übler ist eine weitere Seite des Herrn Ziegler: Nämlich der fanatische Hass auf die Marktwirtschaft, die er zur Mutter fast jedes Ungemachs erklärt. Dabei spricht er natürlich fast nie von Marktwirtschaft, sondern in der Sprache eines Hasspredigers nur von „Raubtierkapitalismus“ und ähnlichem. Auch dabei lässt er sich durch Fakten nie beirren. Er schiebt mit besonderer Liebe zu drastischer Sprache diesem Kapitalismus die Schuld für den Hunger in der Welt zu.

Er ignoriert dabei aber völlig eine der am besten bewiesenen Korrelationen der Geschichte: In einem Land gibt es mit hoher Wahrscheinlichkeit umso weniger Hunger, je kapitalistischer dort die Wirtschaft funktioniert. Ein asiatisches Land nach dem anderen entkommt auf dem Weg des von Ziegler so gehassten Kapitalismus Hunger und Not. Während die auf dem Weg des Sozialismus verharrenden Länder mit absoluter Sicherheit ihren Bürgern Not, Hunger und Elend beschert haben.

Auch der wirtschaftliche Aufschwung vieler europäischer Länder zwischen Estland und Slowenien ist nicht imstande, in die realitätsferne, aber klischeevolle Weltsicht des Herrn Ziegler vorzudringen.

Er spielt sich besonders gerne als angeblicher Hungerexperte der UNO auf – also jener tollen Organisation, die reihenweise Diktaturen in ihre Menschenrechtsgremien wählt. Auch in dieser Funktion erregt er sich fast nur über die angebliche Schuld des Westens. Und das auch in Zeiten, da Islamisten in Somalia hunderttausende Menschen zynisch dem Verhungern preisgeben, indem sie die (vom Westen bezahlte) Hilfe nicht ins Land lassen.

Am krassesten ist es, wie Ziegler in Simbabwe den Weg in die Hungerkatastrophe begleitet hat. Jenes klimatisch begünstige Land war Jahrzehnte einer der größten Lebensmittelexporteure Afrikas – solange bis Diktator Mugabe rund 4000 weiße Farmer brutal vertrieb. Das wurde von Ziegler lautstark bejubelt.

Diese „kapitalistischen“ Farmer aber hatten den gesamten Nahrungsreichtum des Landes produziert und organisiert. Als dann Mugabes Parteigenossen die Farmen oft mit blutigen Methoden übernommen hatten, war es nicht nur mit dem Kapitalismus aus, sondern auch mit dem Lebensmittelreichtum. Die folgende Hungerkatastrophe trieb rund drei Millionen Simbabwe-Einwohner in die Flucht nach Südafrika.

Aber nicht einmal das hatte Ziegler wenigstens ansatzweise zur Vernunft gebracht. Und auch seine grünen Sympathisanten nicht, die ihn unbedingt zu einer Ersatzveranstaltung nach Salzburg holen wollten. Zu dieser kommt Ziegler aber nun auch nicht. Weil er gerade irgendwo im Dienste der UNO total unabkömmlich ist. Oder waren ihm die österreichischen Grünen zu minder? Das könnte man ja noch verstehen. Denn als Ziegler noch auf einen Auftritt bei der Festspieleröffnung hoffte, hatte er noch keineswegs unabkömmliche Termine . . .

PS: Übrigens, wenn Ziegler gerade einmal bei seinen Antikapitalismus-Tiraden doch Luft holen muss, fällt ihm sofort der nächste Lieblingsfeind ein: nämlich Israel. Aber ein kräftiger Schuss Antisemitismus ist auf der Linken ja sowieso schon lange angesagt – pardon, er ist natürlich als Antizionismus getarnt.

 

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Keine „Facebook-Revolution“ – Das Blutvergießen in Syrien und der Libanon

27. Juni 2011 17:54 | Autor: Richard G. Kerschhofer
Rubrik: Gastkommentar

Das dramatische Geschehen in Syrien wird im Libanon besonders sorgenvoll beobachtet, denn das eigene Schicksal ist eng mit dem des großen Nachbarn verknüpft. Und nun gab es tatsächlich in der libanesischen Hafenstadt Tripoli mehrere Tote bei bewaffneten Zusammenstößen zwischen pro- und antisyrischen Gruppen.

In beiden Ländern gibt es zahlreiche religiöse und teils sogar ethnische Gruppen, bloß mit etwas unterchiedlicher Verteilung. Aber auch mit einem wesentlichen Unterschied: Syrien hatte in den letzten Jahrzehnten ein straffes autoritäres System, während es im Libanon mangels starker Armee und Zentralregierung immer wieder zu Konflikten bis hin zu Bürgerkriegen und (parteiischen) Militär-Interventionen Frankreichs, der USA, Israels oder Syriens kam.

Nachdem die „Regierung der nationalen Einheit“ unter Ministerpräsident Saad Al-Hariri im Jänner auseinandergebrochen war – Streit über das Haager Sondertribunal hatte die Minister der Hisbollah und einer verbündeten Christenfraktion zum Rücktritt bewogen – ist nun endlich wieder eine Regierung zustandegekommen. Und zwar – was angesichts der akuten Probleme in Syrien erstaunen mag – eine ausgesprochen prosyrische: Ministerpräsident Nadschib Mikati, traditionsgemäß ein Sunnit, ist ein persönlicher Freund des syrischen Präsidenten Baschar Al-Asad und hat in das 30köpfige Gremium nicht weniger als 18 Personen berufen, die von der Hisbollah oder ihren Verbündeten nominiert wurden. Was Syrien und der Iran mit Genugtuung, aber die USA und Israel mit „Besorgnis“ registrieren.

Trotz der dürftigen Nachrichtenlage aus Syrien lässt sich eines bereits jetzt sagen: Anders als in Tunesien und Ägypten, wo die Unruhen von den Großstädten getragen wurden, handelt es sich in Syrien primär um Aufstände an der wirtschaftlich vernachlässigten Peripherie, in den Hochburgen von Muslim-Brüdern und Salafiten. Anderswo blieb es dagegen relativ ruhig – und das liegt nicht nur an der Allgegenwart von Polizei und Geheimdienst.

Es spricht einiges dafür, daß die Behauptungen des Regimes über bewaffnete Infiltranten nicht aus der Luft gegriffen sind. Und in Damaskus sowie im Wirtschaftszentrum Aleppo, wo man von der wirtschaftlichen Öffnung der letzten Jahre am meisten profitiert hat, wird das Regime tatsächlich von vielen unterstützt.

Mehrere Bischöfe haben inzwischen ausländische Medien der parteiischen Berichterstattung bezichtigt. Der chaldäische Bischof von Aleppo, Antoine Audo, nannte im Gespräch mit „Kirche in Not“ namentlich die BBC und Al-Jazeera. Er ergänzte, die Aufständischen suchten nur „Destabilisierung und Islamisierung“, während „80 Prozent der Bürger und alle Christen“ hinter der Regierung stünden.

Tatsächlich fürchten die meisten Syrer eine Situation wie im Irak. Und daß man im Westen – wie beim hochgejubelten „arabischen Erwachen“ ganz allgemein – auch zu Syrien fragwürdige Informationen vorgesetzt bekommt, illustriert der soeben aufgeflogene Schwindel um eine „Lesbe“ in Damaskus: In ihrem „Internet-Blog“ hatte sie laufend Leidensgeschichten kolportiert, die von Medien begierig weitergegeben wurden. Aber in Wahrheit hatte den Blog ein in Schottland lebender Amerikaner betrieben.

Daß der Umsturz in Tunesien und in Ägypten relativ „glatt“ gegangen war – die fast tausend Toten in Ägypten sind schon vergessen – hat andere Machthaber zu dem Schluss geführt, gleich hart durchgreifen zu müssen. Und außer der Angst der Syrer vor dem, was „nachher“ kommen könnte, hat das Regime noch weitere Trümpfe: Die Armee blieb loyal. Die Opposition ist zersplittert und führungslos.

China und Russland vertreten – wie im Fall Libyen – das Prinzip der „Nichteinmischung in innere Angelegenheiten“ und blockieren alle nennenswerten UNO-Aktionen. Russland hat zudem in Tartus seine einzige Marinebasis am Mittelmeer. Eine NATO-Intervention – wie sie in Libyen ohnehin auf bestem Weg zum politischen und militärischen Fiasko ist – würde einen Flächenbrand auslösen. Und die Öl- und Gasreserven Syriens sind zu unbedeutend für Abenteuer.

Dr. Richard G. Kerschhofer lebt als freier Publizist in Wien

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In viagranti ertappt?

18. Juni 2011 21:56 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Daß ein Gaddafi Kreise stört,
ist klar, doch wär’ zu fragen,
ob wirklich alles, was man hört
– und folglich drüber sich empört –
auch stimmt in diesen Tagen:

Es heißt, er habe gönnerhaft
erhebende Tabletten
containerweise angeschafft,
damit die Truppe nicht erschlafft –
na, ich tät’ nicht drauf wetten.

Denn Mengen, wie da kolportiert,
die hätt’ der müde Haufen
– mal übern Daumen kalkuliert –
erst in Jahrzehnten konsumiert,
wenn längst schon abgelaufen.

Und so ein Zeug im Marschgepäck
hat obendrein noch Tücken:
Zu früh, zu spät verfehlt’s den Zweck,
und ist’s zu viel – o Pein, o Schreck –
dann kann’s erst recht bedrücken!

Dass Kriegsbericht die Zweifel nährt,
je lauter die Posaunen,
dass Wirkung, wenn zu dick erklärt,
sich schnell ins Gegenteil verkehrt,
das darf drum nicht erstaunen.

Zugleich ist’s aber nicht Gewähr,
dass alles bloß erlogen –
nur liebt die Welt halt geile Mär
und wird mit der, na bitte sehr,
besonders gern betrogen …

Pannonicus

(Zu den vom Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes Moreno Ocampo vorgebrachten Vorwürfen, Gaddafi habe „Container voll mit Viagra-artigen Präparaten“ eingekauft, um seinen Truppen Massenvergewaltigungen zu ermöglichen.)

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Ohne uns: Europas Zukunft ohne Europäer

13. Juni 2011 00:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Aus den jüngsten Worten des amerikanischen Verteidigungsministers Robert Gates spricht massive und keineswegs unbegründete Verachtung für Amerikas Verbündete in Europa. Er machte auch klar, was das für die Zukunft bedeuten dürfte.

Erstens: In der Nato ist Gates zufolge in den letzten Jahren der Anteil der USA an den Verteidigungsaufwendungen von 50 auf 75 Prozent gestiegen.

Zweitens: Die europäischen Verbündeten der USA haben zwar zwei Millionen Mann in Uniform, aber schaffen es nicht, den Einsatz von 45.000 Mann aufrechtzuerhalten.

Drittens: Den europäischen Ländern, die vor elf Wochen (unter dem Druck vieler Medien) den Kampf gegen Gaddafis Libyen aufgenommen hatten, geht peinlicherweise jetzt schon die Munition aus. Und manche Länder wie Norwegen ziehen offenbar aus diesem Grund schon wieder ab,  ohne dass Gaddafi besiegt wäre.

Das alles wird freilich angesichts des von den vielen linken „Intellektuellen“ und altrechten Recken geschürten Antiamerikanismus hierzulande ja kaum ernst genommen. Was ein grober Fehler ist. Denn Gates machte auch klar: Die Unterstützung Amerikas für europäische Anliegen wird angesichts des europäischen Desinteresses an der eigenen Verteidigung rasch abnehmen.

Dabei sind es die Europäer, die immer sofort nach den US-Streitkräften rufen, wenn sie sich bedrängt fühlen. Das war nicht nur gegen einen Hitler und dann gegen Stalin samt dessen Erben der Fall, sondern auch in Bosnien, im Kosovo, in Libyen. Und erst am Pfingstwochenenende hat einer der linken ORF-ZiB-Moderatoren den „Westen“ kritisiert, weil er nichts gegen Syriens blutbefleckten Diktator Assad tue. Obwohl gerade die SPÖ – ein Heinz Fischer an der Spitze! – mit Assad immer sehr gut war (schließlich ist dieser ein Feind Israels). Obwohl gerade die österreichische Linke zwischen ihren in manischen Schüben kommenden Kriegsforderungen immer ganz auf pazifistisch tut.

Angesichts des europäischen Verteidigungs-Askese wird das, was Washington schon im Falle Libyens halblaut gebrummt hat, künftig laut und deutlich kommen: Macht mal schön selber, liebe Europäer. Wir haben uns schon zu oft über euch und eure Unzuverlässigkeit geärgert.

Dann wird Europa eben völlig hilflos gegen Wahnsinnige vom Typ eines Milosevic oder Gaddafi sein. Oder glaubt noch jemand, dass Europas stärkstes Land jemals aus seiner Ohne-uns-Haltung erwachen wird? Dessen südöstlicher Nachbar praktiziert das „Ohne uns“ ja schon seit Jahrzehnten und ist sogar stolz darauf, die niedrigsten Verteidigungsausgaben Europas zu haben.

Aber Europa gibt sich ja sowieso schon auf allen Ebenen auf, von der Migration bis zur Demographie. Was auch die Zukunft Europas zu einer des „Ohne uns“ (Europäer) macht.

 

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Österreich und seine Sicherheit: Die Geschichte eines Abstiegs

11. Juni 2011 00:07 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Ein bemerkenswertes Symposion in Graz zu den spannenden Tagen des Jahres 1991. Damals war unmittelbar an Österreichs Südgrenze unvermutet ein blutiger Krieg ausgebrochen. Dieser hat auch zu mehreren Grenzverletzungen durch jugoslawische Truppen geführt. Viele fürchteten damals, dass Österreich in die Kämpfe verwickelt werden könnte. Das Symposion brachte einige für die Gegenwart sehr lehrreiche Ergebnisse.

Das erste war die Erinnerung, wie dankbar die Bevölkerung für das Erscheinen des Bundesheers an der Grenze war. Was Kronenzeitung und SPÖ heute völlig vergessen haben.

Die zweite Erkenntnis erinnert an eines der peinlichsten Kapitel in der Geschichte der Steiermark: an den jahrelangen Kampf gegen die Abfangjäger des Bundesheers. In diesem Kampf hatte die steirische Landesregierung unter anderem jahrelang den Ausbau der Piste des Militärflughafens Zeltweg verhindert. Jedoch, kaum dass es in Slowenien losgegangen war, machten die Steirer „Kehrt Euch“ und erlaubten sofort den Pistenbau. Und sie bemühten sich, ihren lächerlichen Kampf gegen die Abfangjäger in Vergessenheit geraten zu lassen.

Der dritte, bisher nie diskutierte Aspekt war das Verhalten der rot-schwarzen Bundesregierung Vranitzky: Denn diese ließ Tage nach Ausbruch der Kämpfe einen vollausgebildeten Jahrgang an Präsenzdienern einfach abrüsten und sie füllte die steirischen und Kärntner Kasernen statt dessen mit lauter Frischlingen. Die Regierung hatte offenbar panische Angst, ein wirkliches Zeichen der Stärke und Verteidigungsbereitschaft zu setzen, das vom damaligen Jugoslawien als Aggression dargestellt hätte werden können.

Was für ein Kontrast zu früheren Krisen in der Nachbarschaft, als die Bedrohung nicht nur von der jugoslawischen Armee, sondern vom ganzen Warschauer Pakt mit der Roten Armee an der Spitze kam: 1956 wurde von der Regierung Raab das eigentlich noch kaum vorhandene Bundesheer in einem demonstrativen Akt direkt an die ungarische Grenze geschickt, um dort eine Potemkinsche Verteidigungsbereitschaft vorzutäuschen.

Und 1968 – wobei die Regierung Klaus damals den Sowjets gegenüber verbal schon viel zurückhaltender war – ließ man nächtens eindrucksvoll lange Panzerkolonnen in Richtung tschechoslowakischer Grenze dröhnen. Und zwang Präsenzdiener, vier Wochen über ihren Abrüstungstermin hinaus beim Heer zu bleiben. Was übrigens auch den Tagebuchautor damals getroffen und in ihm die starke Erinnerung zurückgelassen hat, dass sich Österreich damals noch ernst genommen hat. 1991 tat es das offensichtlich kaum mehr.

Und heute?

 

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Wenn Gerichtshöfe zur Selbstbestätigung Weltpolitik machen

10. Juni 2011 22:15 | Autor: Richard G. Kerschhofer
Rubrik: Gastkommentar

Die internationale Strafjustiz spielt auch wieder im Fall Libyen eine fatale Rolle: Denn angeblich suchen oder suchten die USA im Stillen als „humanitäre Lösung“ ein Asylland für den Gaddafi-Clan. Klingt plausibel, denn die USA haben allen Grund, sich nicht in weitere Abenteuer zu verstricken. Problem ist nur, dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag die Auslieferung Gaddafis fordert.

Man muss daher Staaten finden, die das IStGH-Abkommen nicht ratifiziert haben. Deren gibt es zwar viele, aber Saudi-Arabien, das einst einen Idi Amin und zuletzt den Ex-Präsidenten Tunesiens aufnahm, fällt aus, weil Gaddafi den König beleidigte, und diverse Länder Afrikas sind so instabil, dass ein Gaddafi nie hinginge. Doch wie wäre es mit den USA selber oder mit Israel? Die haben zwar unterzeichnet, aber die Unterschrift vor der Ratifizierung wieder zurückgezogen. Denn man hätte ja auch eigene Bürger ausliefern müssen, und das tut kein souveräner Staat, sondern nur wer sich militärisch, wirtschaftlich oder „moralisch“ erpressen lässt.

Angenommen also, Gaddafi wäre unter Umständen zum Exil bereit, so hieße das im Klartext, dass der IStGH de facto das Blutvergießen verlängern hilft! Genau das hat er bereits im Sudan bewirkt, als er 2008 ein Verfahren gegen den dortigen Präsidenten einleitete. Und der wird sich hüten, irgendwohin außer zu seinen ebenfalls nicht unterzeichnenden Kollegen zu reisen oder zu solchen, die vielleicht durch wirtschaftlichen Druck oder Bestechung doch noch zum Unterzeichnen „überredet“ werden könnten. Gleich zu Beginn der Libyen-Krise hatte Chefankläger Moreno Ocampo übrigens nichts Besseres zu tun, als auch gleich den Rebellen mit Anklage zu drohen, falls sie Kriegsverbrechen begehen sollten. Aber darüber würde man ohnehin nichts erfahren.

Vorläufer des IStGH sind nicht die Nürnberger Prozesse, sondern das internationale Sondergericht für Ex-Jugoslawien, ebenfalls in Den Haag. Dieses wurde formell eingesetzt, um „Gerechtigkeit“ walten zu lassen, de facto aber, um nachträglich die schändliche Politik der „Entente“ zu Beginn des Jugoslawien-Konflikts vergessen zu machen. Daher musste man unbedingt ein paar Schuldige auf beiden Seiten verurteilen, um den penetranten Geruch von Siegerjustiz zu übertönen. Und so wurde kürzlich auch der in Kroatien als Nationalheld verehrte Ante Gotovina zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt. Der hatte 1995 die serbisch besetzen Teile Kroatiens zurückerobert – übrigens mit massiver Unterstützung durch die USA, die den Kroaten über Dritte zu schweren Waffen verhalfen, die in der Bundesrepublik Deutschland als Systeme der einstigen DDR nicht zum NATO-Material passten.

Meist kriegen die sündteuren internationalen Tribunale ja nur ein paar kleine Fische zur „Bearbeitung“. Aber manchmal sind es eben auch größere – was lebensnotwendig ist, um die Finanzierung zu rechtfertigen. Auch für den Völkermord in Ruanda gibt es ein solches Sondertribunal. Es tagt in Arusha, Tansania, damit auch afrikanische Luxusherbergen und Nebengewerbe etwas davon haben, und es hat immerhin schon ein paar Dutzend Urteile gefällt.

Belgien preschte sogar mit einem eigenen Gesetz vor, das belgischen Gerichten erlaubte, jedes Kriegsverbrechen irgendwo auf der Welt zu ahnden. Mit vier kleinen Afrikanern klappte es auch, aber als jemand dort auch George Bush anzeigte, musste das Gesetz rasch geändert werden.

Besonders brisant ist das „Hariri-Tribunal“ zur Klärung des Mordes am libanesischen Ex-Regierungschef 2005. Als Chefermittler verhalf damals der jetzige Berliner Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis Unschuldigen zu langjähriger Untersuchungshaft, weil er unbedingt Syrien als Urheber nachweisen wollte. Und seit Monaten hängt die Anklageerhebung gegen Hisbollah-Mitglieder in der Luft – was zum Wiederaufflammen des Bürgerkriegs führen könnte.

Ohne Verbrechen verharmlosen zu wollen, sollte man doch begreifen: Menschen in Extremsituationen haben eben andere Maßstäbe. Und profilierungssüchtige Schreibtischtäter in Roben stiften mit „fiat iustitia et pereat mundus“, mit Rechtsprechung um jeden Preis, oft mehr Schaden als Nutzen. Wirkliche Täter müssen ohnehin zeitlebens mit Blutrache rechnen, die selbst in manchen europäischen Ländern als viel gerechter empfunden wird als komfortable Haft in Holland. Was nebenbei Milliarden an Steuergeldern einzusparen helfen würde.

Übrigens: Der spanische Superstar Baltasar Garzón, der im Namen einer „Jurisprudenz ohne Grenzen“ in etlichen Ländern herumfuhrwerkte und vor allem durch den Fall von Chiles Ex-Präsident Augusto Pinochet bekannt wurde, steht nun selbst vor Gericht – wegen unrechtmäßiger Abhör-Methoden.

Dr. Richard G. Kerschhofer lebt als freier Publizist in Wien

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Österreich und der Terror - blind, blöd und plump

18. Mai 2011 00:48 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Sooft der internationale Terrorismus seine grauslichen Spuren auch durch Österreich zieht, wird die Alpenrepublik von Feigheit, Blindheit und Alzheimer befallen.

Das begann einst mit einem Innenminister, der einen Terrorboss auf dem Flughafen mit Handschlag verabschiedete. Das erreichte mit Bruno Kreisky einen Höhepunkt, der unter Druck des Terrors ein Lager für jüdische Flüchtlinge auf Zwischenstation zwischen der Sowjetunion und Israel schloss. Das erreichte eine weitere Etappe, als die Republik drei iranische Mörder trotz ihrer Tat heimlich ausreisen ließ.

Und das hat nun einen neuen grotesken Höhepunkt erreicht, seit aus Sofia bekannt wurde, dass 1995 der Österreich-Aufenthalt des Al-Kaida-Mannes al-Zawahiri, der schon damals wegen der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Sadat international gesucht worden war, von unserer Polizei bewusst ignoriert worden ist. Besonders köstlich war die gleichzeitige Empfehlung an Bulgarien, wohin der Kerl weiterreiste, ihn doch dann lieber dort zu verhaften. Was die ebenso feigen Bulgaren ebenfalls nicht taten.

Die größte Köstlichkeit ist aber die offizielle Begründung des Innenministeriums für seine heutige Ahnungslosigkeit zu der Angelegenheit: Erstens seien die damals Verantwortlichen in Pension (wo sie offenbar nicht mehr abheben, wenn das Ministerium anruft). Und zweitens seien leider die Akten wegen Zeitablaufs vernichtet.

Würde ein Romanschreiber solche Ausreden erfinden, würde er ausgelacht. So etwas kann nur in der Herzmanovsky-Orlando-würdigen Realität des Innenministeriums behauptet oder genauer gesagt erlogen werden. Denn würden wirklich solche sicherheits- und staatspolitisch heiklen Akten, die natürlich auch nach Jahrzehnten wichtig sind, entsorgt, dann wäre das ja noch ein weiterer Skandal. Dieser träte würdig an die Seite der Blindheit gegenüber dem Terrorismus, die übersieht, dass jedes Nachgeben gegenüber Verbrechern diese nur zu weiteren Untaten ermuntert.

Österreichs linke Großjuristen erregen sich freilich nur über die Tötung des Massenmörders bin Laden durch die USA und nicht über die Beihilfe zum Terrorismus durch die Republik.

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Erster Weltkrieg - da war doch was?

09. Mai 2011 01:32 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Der weltweit letzte Soldat, der noch im ersten Weltkrieg gekämpft hat, ist in der Vorwoche gestorben. Wenn jemand 110 Jahre alt wird, ist das kein Anlass mehr zu individueller Trauer. Aber sein Tod sollte statt dessen zum Anlass genommen werden, sich endlich wieder eines schon fast vergessenen, aber umso wichtigeren Krieges zu besinnen. Der erst mit diesem Tod wirklich Geschichte geworden ist.

Es ist ja mehr als erstaunlich, wie viel seit Jahrzehnten über den zweiten Weltkrieg geforscht, publiziert, polemisiert und bewältigt wird. Und wie wenig jedoch der erste Weltkrieg im kollektiven Bewusstsein verankert ist. Obwohl er deutlich mehr Opfer als der zweite gefordert hat (wenn man die nationalsozialistischen und die kommunistischen Massenmorde in Konzentrationslagern und Gulags nicht einberechnet). Obwohl eine sehr ernsthafte Sichtweise den zweiten eigentlich nur als Fortsetzung des quasi unterbrochenen ersten Weltkriegs ansieht.

Das hat manches für sich, insbesondere zeigen die deutschen Revanche-Gedanken eine Zusammengehörigkeit der beiden Kriege. Diese Revanche-Lust hat ja auch einem Adolf Hitler geholfen, an die Macht kommen. Hitler hat die deutsche Niederlage und den Zorn über die demütigenden Friedensbedingungen der Vororteverträge brutal für seine Machtaspirationen missbraucht. Ähnlich sind ja übrigens in einer Art demagogischer Kettenreaktion die Verbrechen Hitlers noch 70 Jahre später für politische Agitation missbraucht worden, so als könnte man sie rückwirkend verhindern.

Damit aber wird die selten gestellte Frage noch viel wichtiger: War der erste Weltkrieg eigentlich unvermeidlich? Als Antwort wurde von Historikern so manches an Details zutage gefördert, das andeutete, die Geschichte hätte ja auch ganz anders laufen können. Motto: Wenn Franz Ferdinands Fahrer in Sarajewo anders gefahren wäre, hätte auch die Weltgeschichte eine andere Wendung genommen. Oder: Hätte sich Rudolf nicht in Mayerling umgebracht usw.

In Wahrheit aber war der Krieg wohl unvermeidlich, was auch immer letztlich der konkrete Zündfunke war. Die Kriegsschuld kann nicht so einfach auf einen einzigen Mann abgeschoben werden, wie es so mancher dann in Hinblick auf den zweiten Krieg Richtung Adolf Hitler versucht hat. 

Es ist sehr lehrreich, sich die Hauptursachen des ersten Weltkriegs in Erinnerung zu rufen: Europa hatte 1914 längst die Lektion aus dem Dreißigjährigen Krieg verlernt, dass am Schluss eines großen Krieges alle nur noch Verlierer sind. Gerade die letzten – relativ! –  kurzen Kriege des 19. Jahrhunderts haben ja noch den Anschein von Kriegs-Siegern erzeugt. Das zweite Deutsche Reich und Italien sind als Produkt von Siegen in diesen Kriegen entstanden. Das hat nicht gerade ein pazifistisches Klima geschaffen.

Deutsche wie Italiener hatten auch nach ihrer eigentlich geglückten nationalen Vereinigung weitere aggressive Pläne. Die Deutschen wollten weltweit zur Nummer eins aufsteigen, die Italiener gierten nach dem Brenner, nach Dalmatien und so wie die Deutschen nach Kolonien. Auch für die Briten und Franzosen war insbesondere in den Kolonien der Krieg die fast normale Fortsetzung der Politik und der wirtschaftlichen Interessen. Gleichzeitig brodelten in Frankreich die Revanchegefühle ob des Verlust von Elsass-Lothringen. Und das absolutistische Russland wie wohl auch Österreich-Ungarn waren innerlich schon so morsch, dass sie sich im „Stahlbad“ eines Krieges geradezu eine Stabilisierung erhofften.

Ein weiterer fast historisch zwingender Kriegsgrund waren die im 19. Jahrhundert überall und nicht zuletzt im Habsburgerreich erwachten Nationalgefühle auch relativ kleiner Nationen. Denen stand der oft überhebliche Chauvinismus der Großen gegenüber.

Nichts davon aber passte noch mit einer Welt zusammen, in der die Monarchen ihre Herrschaftsgebiete durch willkürliche Grenzziehungen, durch Kriege, durch Erbschaften, Heiraten und Erbteilungen erworben hatten. Die Sprache, die Kultur, die Religion, die Gefühle der Untertanen – das waren für diese Herrscher hingegen lange völlig unbedeutende Faktoren. Was sich aber die national erwachten Völker immer weniger gefallen ließen.

Das alles kreuzte sich mit zwei Explosionen: der industriellen und der Bevölkerungs-Explosion. Die als totaler Kontrast zur althergebrachten bäuerlichen und zünftlerischen Gesellschaft aufgeblühte Großindustrie produzierte gigantisches Material zum Kriegführen – bis hin zum Giftgas (das in Europa seit dem ersten Weltkrieg übrigens nie mehr eingesetzt worden ist). Die plötzliche industrielle Macht entzündete in den Köpfen der Mächtigen aber auch eine gefährliche Hybris. Alles schien möglich geworden – die Herrschenden vergaßen nur, dass das auch für die Gegenseite galt.

Die Bevölkerungszunahme wiederum erhöhte einerseits die expansive Gier auf neue Territorien – damals hielt man ja trotz der Industrialisierung noch die Landwirtschaft für die wichtigste Abteilung der Wirtschaft. Die Bevölkerungsexplosion hat aber andererseits auch die unglaublichen Menschenopfer an den Fronten des ersten Weltkriegs scheinbar erträglicher gemacht. Wenn ein Bauer vier, fünf Söhne hatte, wurde es als eine geringere Katastrophe als heute angesehen, wenn ein oder zwei davon fallen. Heute ist jeder einzelne Tote einer westlichen Armee ein großes und belastendes nationales Thema.

Eine interessante historische Deutung sieht das 20. Jahrhundert als ein kurzes an: Es habe erst 1914 mit dem Weltkrieg begonnen und sei schon 1989 mit der Implosion des Kommunismus zu Ende gegangen. Das widerspricht einem anderen Interpretationsversuch nicht wirklich: Dass 1989 nicht das von einem US-Historiker behauptete Ende der Geschichte ausgebrochen sei, sondern dass nach Ende des bisher letzten Totalitarismus eine Fortsetzung der traditionellen Geschichte stattfindet. Die Welt scheint also wiederum in einem Stadium vieler kleinerer und unüberschaubaren Konflikte angekommen, während in jenem kurzen 20. Jahrhundert zwei mörderische Ideologien alle anderen Fragen an den Rand gedrückt hätten. Da ist schon was dran.

Last but not least ein Gedanke zu Österreich: Es ist sicher ein entspanntes Signal, dass der erste Weltkrieg hierzulande überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird. Dass sogar die Sozialdemokratie langsam auf ihren Habsburger-Hass von 1918ff vergisst (wie sie ihn ja auch bis 1914 keineswegs hatte). Während das ganze Kalenderjahr von Dutzend Gedenktagen an den Nationalsozialismus überzogen ist, findet der erste Krieg im Jahreskalender Österreichs nicht statt. Dabei ist durch jenen Krieg kein Land so atomisiert worden wie die einstige Habsburger-Monarchie.

Dennoch interessiert das niemanden mehr. Österreich kümmert sich nicht einmal mehr um jene Landsleute, die durch die – neuerlich – willkürlichen Grenzziehungen nach 1918 plötzlich von ihrer Heimat getrennt worden waren. Lediglich Südtirol war bis in die 70er Jahre ein nationales Anliegen. Heute aber sind auch die Südtiroler gut beraten, wenn sie von Wien absolut nichts mehr wollen. Sie interessieren in Österreich niemanden mehr, oder zumindest keine politisch relevante Gruppe.

Österreich trägt an keiner Geschichtslast seiner großen Vergangenheit mehr, und es hat nach all den Amputationen keinen Phantomschmerz mehr. Das wird viele beruhigen. Man kann es aber auch umgekehrt sehen: Ein Volk ohne Geschichte ist kein Volk. Und ohne Vergangenheit gibt es auch kein Interesse an der eigenen Zukunft.

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Weshalb die Rechnungen des kleinen Norbert plötzlich wieder stimmen werden

02. Mai 2011 01:12 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Rechenkünste des Norbert Darabos sind längst nur noch kabarettreif. Gar nicht kabarettreif ist aber das, was mit der Umstellung auf eine angebliche Berufsarmee der österreichischen Landesverteidigung, dem Katastrophenschutz und der Terrorismusabwehr bevorsteht. Da droht eine veritable Katastrophe. Wobei es kein Trost ist, dass der jüngste Beweis für diese Aussage aus Deutschland kommt, dass also Österreich nicht alleine dasteht.

Die deutsche Regierung hat bereits ein paar Monate vor dem Herumgemurkse der großen Strategen Dichand, Häupl, Faymann und Darabos geglaubt, die Zukunft liege in einer Berufsamee. Seit Jänner macht schon der letzte Turnus von Wehrpflichtigen seinen Dienst beim „Bund“, wie die Deutschen die Wehrpflicht gerne nennen.

Und dann sollten nahtlos die Freiwilligen kommen. Doch sie kommen nicht. Das zeigen die ersten Reaktionen auf die Webekampagne des deutschen Verteidigungsministeriums. Dieses hat 498.000 junge Männer angeschrieben (interessanterweise hat man für die jungen Frauen nicht einmal das Porto investiert) und sie zum freiwilligen Wehrdienst eingeladen. Von diesen zeigten ganze 1800 Interesse. Nicht einmal ein halbes Prozent. Und Interesse heißt natürlich noch lange nicht, dass alle am Schluss bei der Bundeswehr landen. Von der körperlichen, geistigen und emotionalen Tauglichkeit gar nicht geredet.

Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin hat allerdings mit jährlich 15.000 Freiwilligen gerechnet – angesichts der Größe der Bundesrepublik, ihrer Rolle in der Nato und ihren Auslandseinsätzen ohnedies eine riskant niedrige Zahl. Jetzt werden es halt deutlich weniger. Was wieder bestätigt, dass auch Europas größtes Land beim Marsch in die Selbstaufgabe an der Spitze marschiert.

„Die ins Auge gefassten Einschnitte werden die Fähigkeiten Deutschlands, mit militärischen Mitteln zur nationalen und internationalen Sicherheitsvorsorge beizutragen, erheblich einschränken", heißt es in einem internen Papier des deutschen Verteidigungsministeriums. Dies könne auf mittlere Sicht auch nicht wieder rückgängig gemacht werden.  Offiziell macht man sich freilich Mut und glaubt, dass weitere Werbekampagnen die Zahl der Freiwilligen noch erhöhen werden.

Das alles kann nahtlos auf Österreich übertragen werden. Und es passt absurderweise perfekt in die Groteske der von Darabos schöngerechneten Verteidigungsausgaben. Der Minister hat ja in den letzten Tagen neuerlich die Kosten eines Berufsheers heruntergerechnet, weil halt das Geld knapp ist.

Er verhält sich damit wie ein schwacher Mathematikschüler, dem ständig jemand eine andere Lösung für seine Gleichung einsagt. Der daher ununterbrochen seinen Rechengang so zu manipulieren versucht, dass immer das gewünschte Ergebnis herauskommt.

Aber vielleicht hat Darabos sogar recht: Es wird sich ohnedies kaum jemand fürs Heer melden, bis auf ein paar soziale Outcasts. Und dann wird das Ganze sogar noch viel weniger kosten als berechnet.

Dass das Heer dann halt keine Aufgabe mehr erfüllen wird können, das werden wir alle auslöffeln müssen, wenn Darabos längst nicht mehr amtiert. Dass dann nicht einmal die Trinkwasserleitungen oder Bahnhöfe im Krisenfall gegen Terroranschläge geschützt werden können. Dass dann weder ein Deutscher noch ein Österreicher mehr da sein wird, um Bosnier und Serben davon abzuhalten, sich wieder gegenseitig die Schädeln einzuschlagen und Hunderttausende in dle Flucht Richtung Norden (=Österreich) zu treiben, sobald endlich die internationalen Truppen abgezogen sind. Dass dann niemand mehr da ist, um bei Katastrophenfällen Dämme abzudichten und Lawinen auszuschaufeln.

Aber das ist alles eh wurscht. Weil sich dieses Land, dieser Kontinent  ja schon selbst aufgegeben hat. Vorher hat man noch rasch ein paar lustige Jahre verlebt, auf Kosten der Zukunft in Sachen Sicherheit, Demographie, Schuldenwirtschaft.

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Österreichs Rolle in der Welt

16. April 2011 00:36 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Am Anfang war die Sicherheit. Die Sorge um die Sicherheit einer Menschengruppe gegen Angriffe von außen und gegen Übeltäter in den eigenen Reihen ist der älteste Grund, worum es überhaupt Staaten gibt. Sie ist auch heute noch das wichtigste Staatsziel. Eine Erhöhung dieser Sicherheit wird daher auch von Österreich mit einer ganzen Reihe von Instrumenten angestrebt – solchen mit Einsatz von Gewalt und solchen ohne. Eine Analyse der gewaltfreien Instrumente zeigt, dass sie den Einsatz polizeilich/militärischer Gewalt als Ultima ratio nicht überflüssig machen können.

(Das ist eine etwas längere, grundsätzliche Abhandlung.)

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass  die Gefahr von Kriegen in Europa stark geschrumpft ist. Gleichzeitig sind jedoch teilweise ganz neuartige Bedrohungen der Sicherheit aufgetaucht. Diese Bedrohungen machen auch neue Antworten notwendig. Diese neuen Antworten haben folgende Besonderheiten: Professionalisierung, Technisierung, Internationalisierung sowie Verschwimmen der traditionellen Abgrenzung zwischen Polizei und Militär auf nationaler Ebene und gleichzeitig zwischen den nationalen Armeen auf europäischer Ebene.

Neutralität und Wehrpflicht haben gleichzeitig viel an Bedeutung verloren oder zum Teil ganz eingebüßt. Nationale Sicherheitsstrukturen sind aber absolut unverzichtbar geblieben, schon allein deshalb, weil der europäische Integrationsprozess noch keineswegs irreversibel ist, weil das Gewaltmonopol weiterhin bei den Mitgliedsstaaten liegt.

Wozu gibt es Staaten?

Warum gibt es überhaupt Staaten, warum gibt es die Republik Österreich? Es ist immer wieder lehrreich, Analysen mit ganz schlichten, aber grundlegenden Fragen zu beginnen. Das ist vor allem dann notwendig, wenn sich ein Staat wie Österreich seit vielen Jahrzehnten nicht mehr mit der Frage nach der eigenen Existenzgrundlage auseinandergesetzt hat.

Auf diese Frage gibt es natürlich viele kreative Antworten[1]. Die Geschichte wie auch die staatsphilosophischen Theorien geben aber vor allem folgende Antwort: Es gibt Staaten dazu, dass sie erstens ihre  Bürger gegen Aggressionen von außen schützen, und dass sie zweitens zumindest ein Mindestmaß an Recht und Ordnung im Zusammenleben unter den Bürgern sicherstellen.

Natürlich gibt es noch eine Vielzahl anderer Staatsziele und -aufgaben, die aber von Staat zu Staat, von Epoche zu Epoche sehr unterschiedlich sind. Es gibt Beispiele funktionierender Staaten, die sich in keiner Weise um die Alters- oder Gesundheitsversorgung ihrer Bürger kümmern, die kein staatliches Bildungssystem oder gar Gender budgeting haben. Aber es gibt keine Staaten, die ihre wichtigste Aufgabe ignorieren: sich zumindest mit einigem Erfolg um Sicherheit und Ordnung zu bemühen. Denn sonst würden sie aufhören, Staaten zu sein.

„Failed States“ wie heute etwa Somalia oder auch Afghanistan mögen zwar einen Sitz bei der UNO und eine definierte Fläche auf Landkarten haben: Sie sind aber in Wahrheit nur noch Fiktionen des Völkerrechts; sie sind staatenlose Territorien, auf denen fremde Heere oder auch territoriumseigene Banden und War lords nach eigenem Gutdünken agieren oder Krieg führen.

Mögliche Sicherheitsinstrumente

Wie kann man nun Sicherheit nach außen wie auch die Ordnung nach innen herstellen beziehungsweise verteidigen?  In der Folge werden einige Instrumente dafür in ihrer Wirksamkeit untersucht. Dabei zeigt sich, dass es kein einziges Exempel eines dauerhaft funktionierenden Staates gibt, der auf den Einsatz von Instrumenten der Gewaltausübung prinzipiell verzichten konnte, also von militärischen beziehungsweise polizeilichen Mitteln. Wobei wir gar nicht versuchen wollen, eine genaue definitorische Grenze zwischen Polizei und Militär zu ziehen. Weil es die empirisch im weltweiten Vergleich gar nicht gibt[2].

Einige der wichtigsten gewaltfreien Instrumente zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung:

  1. Der Rechtsstaat: Recht zu sprechen ist in fast allen real existierenden Staaten eine zentrale Aufgabe der Machthaber gewesen, weil sonst Chaos und Faustrecht regieren. Das gilt sogar für Diktaturen, die alles andere als Rechtsstaaten sind. Die Verfassungsstaaten mit Gewaltentrennung haben diesen Auftrag einer eigenen, betont unabhängigen Staatsgewalt zugewiesen. Der 1989 eingetreten Zusammenbruch der realsozialistischen Vorstellungswelt und die Reformbemühungen der Jahre danach zeigen ganz deutlich: Das Funktionieren der „Rule of law“ hat sich als wichtigerer Faktor für das Funktionieren eines Staates erwiesen denn die konkreten Arten der Demokratie, des Wirtschafts- oder Sozialsystem. Obwohl sich die Reformdebatten in den ersten Jahren nach 1989 vor allem um diese drei Fragen gedreht haben[3], zeigte sich inzwischen, dass das saubere Funktionieren des Rechtsstaats eine viel entscheidendere Rolle spielt.
    Wenn Richter bestechlich sind, wenn man sich Verwaltungs-Bescheide kaufen kann, wenn es kein eindeutige Antworten gebendes Grundbuch gibt, wenn die Gesetzesstrukturen chaotisch sind, helfen die beste Marktwirtschaft und die beste Demokratie nichts. Umgekehrt gibt es sogar viele Beispiele, wo ein funktionierender Rechtsstaat am Ende auch fast zwangsläufig zu einer funktionierenden Demokratie und einer boomenden Wirtschaft geführt hat.
    In unserem Zusammenhang ist aber vor allem festzuhalten, dass jede Justiz an ihrem Ende doch die Gewaltausübungs-Instrumente des Staates braucht. Anders wären ihre Urteile, Bescheide und Erkenntnisse nicht durchsetzbar, sondern nur ein Stück Papier. Umgekehrt gibt es – wenn auch menschenunwürdige – Beispiele von Staaten, die nicht einmal ansatzweise als Rechtsstaaten anzusprechen sind, aber dennoch Staaten sind: Als krassestes Beispiel ist zweifellos heute Nordkorea zu bezeichnen. Aber auch totalitäre Willkür ist letztlich ein Ordnungsinstrument.
     
  2. Diplomatie: In Österreich wurde während des Kalten Krieges eine Zeitlang die Diplomatie als ein taugliches Substitut für einen Gewalteinsatz im Fall von Aggressionen von außen angesehen. So glaubten manche Politiker, dass der Bau eines großen Amtssitzes der Vereinten Nationen in Wien die Sicherheit des Landes signifikant erhöhen würde. Dies war aber in Wahrheit eine Selbsttäuschung, welche die Ohnmacht Österreichs im Fall einer Bedrohung verdeckte. Zwar sind äußere Angriffe auf Österreich im Kalten Krieg ausgeblieben. Das war aber durch externe Faktoren bedingt gewesen: Erstens blieb der Kalte Krieg zum Glück eben eben immer kalt. Zweitens stand Österreich de facto unter dem Schutz der Nato. Der Warschauer Pakt musste trotz seiner Hochrüstung immer damit rechnen, dass eine Verletzung der österreichischen Souveränität eine Gegenreaktion der Nato auslösen würde. Daher ist ein solcher Angriff auch in hochexplosiven Zeiten trotz diverser östlicher Planspiele, welche keinerlei Rücksichten auf die Souveränität Österreichs übten, ausgeblieben[4].
     
  3. Neutralität: Für diese gilt Ähnliches wie für die Diplomatie. Obwohl die Durchschnittsösterreicher der Neutralität bei Umfragen regelmäßig große Wirksamkeit zuschreiben, ist sie sicherheitsmäßig irrelevant: Denn seit  jeder unprovozierte Angriff auf jeden souveränen Staat verboten ist[5], bringt das zusätzliche Verbot eines Angriffs auf einen neutralen Staat keinen zusätzlichen Schutz für den Neutralen. Wenn sich ein Angreifer aus welchem Grund immer über das eine Verbot hinwegsetzt, wird ihn das andere auch nicht abhalten.
     
  4. Sozialstaat: Vor allem in Hinblick auf die innere Sicherheit – die sich nie scharf von der äußeren abgrenzen lässt – spricht vieles dafür, dass die Vermeidung sozialer Unzufriedenheit ein Beitrag zur Ruhe und Ordnung ist[6]. Freilich muss klar sein, dass das nur dann sinnvoll ist, wenn die soziale Stabilität mit nachhaltig aufrechterhaltbaren Strategien angestrebt wird. Wenn der soziale Friede hingegen durch eine Zunahme der Staatsverschuldung erreicht wird, dann schadet das langfristig der kurzfristig erkauften Stabilität umso mehr. Das Gleiche gilt auch dann, wenn kurzsichtige Politik versucht, die soziale Stabilität durch eine konfiskatorische Steuerpolitik auf Kosten der wirtschaftlichen Leistungsträger zu erkaufen, die dann aber ins Ausland ausweichen.
     
  5. Wirtschaftswachstum, Umweltschutz, sichere Altersversorgung, hohes Bildungsniveau: Für all diese im 21. Jahrhundert dominierenden Politikfelder gilt in Hinblick auf die fundamentale Aufgabe eines Staates dasselbe klare Prinzip wie beim Sozialstaat: Sie können ein wichtiger positiver Beitrag für die Sicherheit eines Staates sein – aber immer nur dann, wenn sie ohne Belastung der Zukunft finanziert werden. Führen sie hingegen zu einer Schuldenbelastung, dann wirken sie sich langfristig destabilisierend aus.
     
  6. Autarkie: Die wirtschaftliche Autarkie eines Staates galt lange als wichtiger Beitrag zu dessen Sicherheit. Dabei war einst insbesondere die Landwirtschaft als weitaus wichtigster Produktionszweig gemeint, später auch wichtige Rohstoffe und insbesondere die Energieversorgung. Heute hat sich die Sichtweise total geändert: Kein Staat der Welt bis auf Nordkorea versucht heute noch, autark zu leben. Die globalisierte Arbeitsteilung hat sich als die effizienteste Strategie der letzten Jahrzehnte erwiesen, den Wohlstand in vielen Ländern und damit auch die globale Sicherheit zu erhöhen. Und wenn in Österreich manche Politiker von „Energieautarkie“ reden, dann ist das lediglich Öko-Populismus, beziehungsweise ein geschickter Versuch der Solar- und Wind-Industrie, ihre Umsätze weiter zu steigern.
    Die gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten zwischen allen Völkern der Welt sind darüber hinaus heute an Stelle eines veralteten Autarkie-Denkens sogar ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit. Länder, die voneinander wirtschaftlich abhängig sind, sind seltener aggressiv. Daher sind auch Wirtschaftskriege relativ selten geworden, oder zumindest rasch vorbei. Das konnte man an den (unblutigen) Gaskriegen zwischen der Ukraine und Russland genauso ablesen wie an dem relativ raschen Ende des arabischen Ölboykotts in den 70er Jahren.[7]
     
  7. Integration: Der Zusammenschluss in der Europäischen Union gilt neben seiner wirtschaftlichen Bedeutung vor allem als großes Friedenswerk. Das ist grundsätzlich durchaus richtig. Denn die enge wirtschaftliche Verflechtung macht den Gedanken an Aggressionen selbstbeschädigend. Dazu trägt auch die weitgehende Verrechtlichung vieler innereuropäischer Beziehungen bei. Freilich hat die EU gerade für jene Fragen, die historisch immer wieder bewaffnete Konflikte ausgelöst haben, kein wirklich effizientes Instrumentarium entwickelt. Ein solches gibt es weder für Grenzkonflikte noch für Minderheitenfragen[8]
    Vor allem aber sollte man sich von der Vorstellung lösen, das Zusammenwachsen in einer Union wäre ein irreversibler Prozess[9]. Gerade weil die EU keine Gewaltmittel in Händen hat, geschweige denn ein Gewaltmonopol, kann letztlich jeder Mitgliedsstaat, wenn auch meist unter großen wirtschaftlichen Kosten, die EU sprengen. Dies könnte insbesondere dann passieren, wenn die EU mehr als Last denn als Nutzen gesehen wird. Oder wenn sich Meinungsverschiedenheiten unter den Großen vertiefen sollten; sowohl Frankreich wie auch Großbritannien, zum Teil auch Deutschland verfolgen ja immer noch einen Kurs betont nationaler Interessen.
    Eine noch größere und zuletzt deutlich angewachsene Gefahr für die Zukunft der EU stellt die Möglichkeit eines Scheiterns des Euro dar. Die Manöver zur Rettung der Währung in der Griechenlandkrise im Mai 2010 waren so riskant und gefährlich, dass man seither intensiv um die Zukunft des augenfälligsten innereuropäischen Bindemittels, also der gemeinsamen Währung, bangen muss.

Bedrohungsfelder

Damit sind wir nahtlos bei der Frage gelandet, ob es derzeit überhaupt wahrnehmbare oder mögliche Bedrohungen der österreichischen Sicherheit gibt. Wird doch selbst von sehr hochrangigen österreichischen Politikern die Frage nach der Notwendigkeit von Landesverteidigungs-Ausgaben mit folgendem scheinbar abschließendem Satz abgetan: „Die Ungarn werden schon nicht einmarschieren.“ Politiker vieler Parteien sehen regelmäßig die Zukunftsberechtigung des Bundesheeres lediglich auf der Ebene von anspruchsvolleren Feuerwehreinsätzen und Katastrophenhilfe. Regionalpolitiker fügen dem noch den unentgeltlichen Einsatz von Präsenzdienern beim Pistenpräparieren hinzu.

In der Tat hat die Wahrscheinlichkeit großer Panzer- oder Infanterieschlachten in Mitteleuropa signifikant abgenommen. Dieser Raum hat seit 1945 bis auf die Balkankriege auch die wohl längste Friedensperiode der Geschichte konsumiert; militärische Auseinandersetzungen sind auf diesem Teil des Kontinents weitgehend außer Mode geraten. Deswegen ist es aber völlig unhistorisch anzunehmen, dass diese Mode ewig anhalten wird, dass konventionelle Kriege nie wieder stattfinden werden. Berühmtestes Beispiel, wie leicht man diesbezüglichem Wunschdenken erliegen kann, ist der britische Premier Chamberlain, der 1938 am Vorabend des zweiten Weltkriegs noch freudig verkündet hat: „Peace in our time.“[10]

Neben der auf Grund aller geschichtlichen Erfahrungen wahrscheinlichen Unausrottbarkeit von Kriegen in welcher Form immer gibt es auch eine ganze Reihe ganz konkreter Entwicklungen, die wieder zu neuen aggressiven Auseinandersetzungen auch in Europa führen können. Wiederum nur einige Schlaglichter auf künftige Bedrohungen:

Konsequenzen für die Sicherheitspolitik

Für die militärisch-polizeiliche Strategie folgern aus dieser kurzen Analyse einige logische Konsequenzen:

a)    Traditionelle Kriegsführung ist unwahrscheinlicher geworden, aber kann dennoch nicht ganz ausgeschlossen werden. Die Vorbereitung darauf muss ein Teil des Auftrags an jede Regierung bleiben.

b)    Die traditionellen Grenzen zwischen Polizei und Armee verschwimmen von der Bedrohungslage her immer mehr. Daher sollte man auch die organisatorischen Schnittstellen viel enger zusammenführen (nicht nur, aber auch aus Kostengründen) – auch wenn eine komplette Verschmelzung politisch kaum durchsetzbar ist.

c)     Viele dieser Aufgaben brauchen hochgradige – und teure – Spezialisierung, Technisierung und Knowhow. Das erfordert mehr finanzielle Mittel, reduziert aber die Bedeutung der Wehrpflicht. Diese ist freilich nicht ganz sinnlos geworden. Sie bringt eine demokratische Durchdringung der Sicherheitskräfte, und sie ist imstande, für bestimmte Notsituationen einen breiteren Grundstock an einsatzbereiten Menschen zu schaffen. Ähnlich wie es die amerikanische Nationalgarde tut.

d)   Angesichts der gravierenden und wachsenden Probleme etwa im Bereich der Pflege ist eine obligatorische Dienstpflicht für junge Männer und Frauen die sinnvollste Lösung. Dies würde sowohl soziale wie auch sicherheitsorientierte Einsätze im Dienst der Allgemeinheit besser absichern. Soweit internationale Verträge einer allgemeinen Dienstpflicht im Wege zu stehen, ist umgehend deren Änderung anzustreben. Schließlich stehen ja viele Länder vor ähnlichen Problemen.

e)    Einem Teil der Herausforderungen lässt sich wirksam nur in internationaler Kooperation begegnen. Daher wäre es für Österreich sinnvoll, die letzten ohnedies nur noch formalen Reste der Neutralität zu entsorgen. Deren Bedeutung ist längst nicht mehr erkennbar. So haben sowohl schwedische wie auch österreichische Uniformträger schon am Afghanistankrieg teilgenommen. Die Neutralität dient in Wahrheit nur noch dazu, dass Bedenkenträger bei jeder sicherheitspolitisch sinnvollen Aktion Sand ins Getriebe werfen können.
Interessanterweise zeigen Umfragen zur österreichischen Neutralität ein sehr widersprüchliches Bild: Auf der einen Seite tritt zwar regelmäßig eine massive Mehrheit für die Neutralität ein, kann sie aber in keiner Weise definieren. Auf der anderen Seite gibt es auch eine 75-prozentige Zustimmung zu einer gemeinsamen europäischen Armee, wobei in diesem Fall 42 Prozent sogar auf eine eigene österreichische Armee zu verzichten bereit sind. Was juristisch wie logisch ein eklatanter Widerspruch ist. Freilich: Dass eine Armee bisweilen auch Frieden schaffen, findet nicht mehr eine so klare Zustimmung[15]. Diese sehr widersprüchlichen Umfragen sind zweifellos Folge der Tatsache, dass seit Jahrzehnten kein nationaler Konsens über Sicherheitsfragen besteht. Es gibt in Österreich nicht einmal eine breite Debatte darüber, wie sie etwa die Schweiz regelmäßig führt.

f)      Internationale Kooperationsformen – ob nun auf Boden der Nato, der EU, der UNO – sind noch keineswegs vertrauenerweckend. Umso notwendiger und logischer ist es daher, dass sich Österreich – wie jeder andere Staat – vorerst auch weiterhin mit bloß nationalen Mitteln auf die Gefährdungen der eigenen Sicherheit einzustellen versucht.

(Dieser Beitrag ist für den wissenschaftlichen Sammelband „Strategie und Sicherheit 2011. Globale Herausforderungen – globale Antworten“ verfasst worden)



[1] Die von Thomas Hobbes Leviathan über religiöse Gottesstaats-Ideen bis zur marxistischen Klassenstaats-Theorie reichen.

[2] Staaten, die formal kein Militär haben, wie eine Zeitlang Costa Rica, haben dann eben eine gut gerüstete Polizei.

[3] So waren nach 1989 die Debatten von den Fragen „Schocktherapie oder langsamer Übergang?“, „rasche oder langsame Privatisierung?“ beziehungsweise „amerikanische oder europäische Verfassungsmodelle als Vorbild?“ geprägt gewesen.

[4] Besonders relevant war in den Überlegungen der sowjetischen Strategen mehrmals die Idee, über Österreich gegen den abtrünnigen kommunistischen Tito-Staat in Jugoslawien vorzugehen, dessen antisowjetischer Kurs Moskau den lange angestrebten Zugang zum Mittelmeer genommen hat.

[5] Ein solches Aggressionsverbot findet sich im Gewaltverbot der UNO-Charta, aber auch in vielen anderen internationalen Dokumenten des 20. Jahrhunderts.

[6] Eine Fülle von Revolutionen und Bürgerkriegen lässt sich auf Wirtschaftskrisen zurückführen, von der französischen Revolution bis zu den vielen geglückten wie missglückten Revolutionen nach dem Ersten Weltkrieg und den durch ihn ausgelösten sozialen Nöten.

[7] In früheren Geschichtsepochen waren Wirtschaftskriege erfolgreicher: So haben im Mittelalter die Briten mit einer Ausfuhrsperre Richtung Burgund die dortigen Städte zu einer Abkehr von einem Frankreich-freundlichen Kurs zwingen können. So war die britische Kontinentalsperre gegen Napoleon eine durchaus wirksame Waffe.

[8] So steht die Südtirolfrage, die in den 60er Jahren an der österreichischen Grenze sehr explosive Situationen herbeigeführt hatte, auch heute noch außerhalb jeder Kompetenz der EU. Das EU-Recht mit seinem Gleichbehandlungsprinzip könnte sogar den fein austarierten Lösungsmechanismus des sogenannten Südtirolpakets sprengen. Denn dieser Mechanismus beruht primär auf einem ethnischen Proporz zwischen den deutschen, italienischen und ladinischen Einwohnern Südtirols. Er bedeutet daher in formaler Hinsicht eine Diskriminierung anderer EU-Bürger.

[9] Der Autor ist dieser Frage mehrfach ausführlich nachgegangen, etwa in der Europäischen Rundschau 2005/3, Seite 73ff oder in den Conturen 3-4/09 Seite 12ff.

[10] Nach dem Münchner Abkommen, das Hitler in der Tschechoslowakei freie Hand gegeben hat.

[11] Siehe Fußnote 9.

[12] Genau in jenem Jahr hat in Österreich der steile und nie wieder rückgängig gemachte Abstieg der Geburtenrate begonnen, Ursachen waren die Antibabypille und ein völlig gewandeltes Wertebild vor allem in Hinblick auf die Rolle von Familien.

[13] Dementsprechend ist Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“ zum meistverkauften Buch der Dekade geworden (auch wenn es die Politik anfangs ignorieren oder verdammen wollte); es zeigt mit einer bedrückenden Fülle von präzisen Daten diese Entwicklung auf.

[14] Ein Musterbeispiel ist etwa Großbritannien, wo Bischöfe von Strafrichtern verurteilt worden sind, weil sie sich geweigert hatten, schwule Jugendbetreuer innerkirchlich anzustellen.

[15] Internationales Institut für liberale Politik Wien, Sozialwissenschaftliche Schriftenreihe, Heft 34: „Brauchen wir eine Europa-Armee?“ Seiten 50ff.

 

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Verlogene Diskussion um Wehrpflicht

16. März 2011 22:42 | Autor: Thomas Fontanari
Rubrik: Gastkommentar

Tut man, wie manche in der aktuellen Diskussion, so, als sei mit der bestehenden Wehrpflichtarmee alles in Ordnung, und als sei das bloße Andenken einer rein professionellen Armee an sich unnötig, so ist das verlogen. Genauso verlogen ist es auch, so zu tun, als hätten wir überhaupt noch eine Wehrpflichtarmee im eigentlichen Sinn.

Ich persönlich hatte 17 Jahre lang als Grundwehrdiener und Milizionär das zweifelhafte Vergnügen mit der Wehrpflicht. Für die Szenen, denen ich beiwohnen mußte, ist „Auflösungserscheinungen" bestenfalls ein Hilfsbegriff. Betrunkene Milizionäre waren bei Übungen keine Seltenheit. Die Leute haben sich massenweise beim Einrücken „verlaufen" und sind Stunden bis Tage zu spät angetreten, ohne, dass das gröbere Folgen gehabt hätte. Ausrüstung wurde überhaupt gerne zu Hause vergessen, sodaß man z.B. am Morgen mit den Magazinstaschen in den Händen, die ganz Verwegenen mit Zigarette im Mund und Bierflasche aus der Feldjacke lugend, antrat.

Öffentlich Bedienstete spielten im Offiziersrang zwei Wochen im Jahr den strammen Max, es fehlte ihnen aber das organisatorische Grundkönnen des Berufsoffiziers, was bis zu von ihnen verursachten Personenschäden führte.

Potemkin feierte fröhliche Urständ – und all dies wurde stets vom Milizleutnant bis hinauf zum Landes-Militärkommandanten angestrengt übersehen. Nach oben und außen meldete man stets eine tolle Übung, bei der das Bataillon seine Einsatzfähigkeit unter Beweis gestellt habe.

Über meine persönliche Froschperspektive gehoben, verfestigt sich das Bild weiter. 1991 hat Österreich anläßlich der Slowenien-Krise es quasi amtlich bescheinigt bekommen, daß die Miliz zum 'Krenreiben' ist. Anstatt diese zu mobilisieren, hat man unausgebildete, gerade eben eingerückte Rekruten, zusammen mit Berufskaderleuten an der Grenze aufgestellt. Eine Teilmobilisierung quer zu den Organisationsstrukturen, die eine allgemeine Mobilmachung im Notfall extrem erschwert hätte. Was aber die militärischen Hoch-und-Vordenker nicht daran hindert, sich zu runden Jubiläen gegenseitig einen „Guat is gangen - nix is gschehn"–Orden für diese Volkssturmaktion umzuhängen.

Bezeichnend für die Wehrpflichtarmee ist auch, daß sich für eine Miliz-Unteroffiziers-Laufbahn praktisch nie jemand fand und diese Kader stets über eine Ausnahmebestimmung im Wehrgesetz zu zehn Monaten Wehrdienst zwangsverpflichtet werden mußten. Zu Zeiten der florierenden Wirtschaft und der großen Milizarmee der Raumverteidigung fanden sich auch zu wenige Maturanten für eine Einjährig-Freiwilligen-Laufbahn.

Ich mache so viel Aufhebens um die Miliz, weil ohne sie eine Wehrpflichtarmee sowieso sinnlos ist. Außer man möchte einen mehrjährigen Grundwehrdienst wie z.B. in Südkorea einführen. De facto wurde die Miliz aber unter Platter durch Aussetzen der Übungen abgeschafft, was man später durch die Verkürzung auf 6 Monate Wehrpflicht endgültig besiegelt hat. Das wenige, das heute – übrigens verfassungswidrig – als "Miliz" läuft, ist eine klassische Heeresreserve aus Freiwilligen, die in stehenden Einheiten die paar Funktionen ausfüllen, die es nur im Mobilmachungsfall gibt. Dazu kommt noch ein Pool aus zivilen Spezialisten, die dem Heer wertvoll erscheinen. Mit einer Milzarmee hat all dies herzlich wenig zu tun.

Ergo haben wir im militärorganisatorischen Sinn gar keine Wehrpflichtarmee mehr, sondern eine Kadertruppe, ergänzt durch ökonomisch redundante freiwillige Auslandseinsatz-Desperados und als Hilfsarbeiter kurzdienende Wehrpflichtige. In dieses Bild paßt auch, daß immer weniger dieser angeblich knappen Wehrpflichtigen einer militärischen Funktion im engeren Sinn zugeführt werden, sondern als Kellner, Chauffeure und Schreiber die faktische Berufsarmee bedienen.

Volkswirtschaftlich sind die vergeudeten Lebensmonate dieser jungen Männer extrem schädlich und verursachen mehr Kosten als ein Berufsheer, wie z.B. eine WIFO-Studie ergeben hat. Wehrpflichtige fallen als Steuerzahler aus, werden ineffizient und oft quer zu Neigungen und Begabungen eingesetzt, und versäumen Ausbildungs- und Berufserfahrungzeiten. Ebenso sind sie in der Übergangszeit vor dem Antritt der Wehrpflicht eine Belastung für den Arbeitsmarkt. Das Berufsheer ist ausschließlich für das Budget teurer, was bezeichnenderweise das einzige ist, was die Politik interessiert. Die Alternativkosten der Wehrpflicht zahlt schließlich der Bürger.

Österreichs Landesverteidigung würde politische Leadership mit dem Mut zu harten Entscheidungen brauchen, sowie eine Reform, die keinen Stein auf dem anderen läßt. Egal, ob man sich rein auf Freiwillige stützt, oder weiterhin auf die Wehrpflicht. So wie bisher kann es jedenfalls nicht weitergehen. Diese Analyse der SPÖ ist durchaus richtig, alleine die Umsetzung und das Ziel „Bundesheer light" sind ebenfalls grundfalsch.

Als Steuerzahler würde ich persönlich den größten Nutzen sehen in einer bestens ausgestatteten Profitruppe nach dem Muster der japanischen "Selbstverteidigungs-Streitkräfte", anstatt im tönernen Koloß Bundesheer, der von Haus aus in Sachen „Innerer Führung" stets ein Zwerg blieb. Alleine über die gesamtgesellschaftliche Monetarisierung der von den jungen Männern via Wehrdienst geleisteten Naturalsteuer ließe sich das locker finanzieren, auch wenn dann womöglich im Budget für die Alimentation der Mainstreammedien, Sozialpopulismus und dergleichen ein bißchen weniger Geld da wäre.

Thomas Fontanari

Der Verfasser lebt in Wien und betreibt dort ein Fundraisingbüro. Er legt Wert auf die Feststellung, daß er von seinen kritischen Betrachtungen die ABC-Abwehrkompanie Wien, die ABC-Abwehrschule und die Katastrophenhilfeeinheit „AFDRU" ausdrücklich ausnimmt.

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Gemeinwohl und Wehrpflicht

10. März 2011 20:14 | Autor: Ernest König
Rubrik: Gastkommentar

Der Verteidigungsminister hat am 17. November 2011 sieben Varianten zur Umgestaltung des Österreichischen Bundesheeres vorgestellt; eine Variante baut auf der Wehrpflicht auf, von der er sich jedoch schon vor der angesagten Diskussion distanziert, die anderen gehen in Richtung Berufs- und Freiwilligenheer. Hohe Bezahlung und Abenteurerlust sind meist der Anreiz sich für letzteres zu melden, was bei Österreichern aber nur bedingt greifen wird. Die Aufgabenableitungen, die zu den personellen Größenordnungen der Varianten führen, sind nicht nachvollziehbar: Ein eher trauriger, aber veränderbarer Istzustand (Variante 1) wird mit einer nicht sehr realistischen Vision (zB Variante 3, Mischform Berufsheer und Miliz) verglichen und als schlechter „benotet“; der Beitrag zum Europäischen Sicherheits- und Verteidigungssystem ist nicht quantifiziert.

Bevor aber eine Reform des österreichischen Wehrsystems „durchgezogen" werden kann, wäre es zunächst notwendig, zu erarbeiten, für welche Aufgaben Österreich überhaupt bewaffnete Streitkräfte unterhalten muss. Wie, und auf Grund welcher Rechtsregelungen und auf Grund welcher politischen Vertrauensbeziehungen, diese Aufgaben von Österreich, auch im Verbund mit anderen Staaten, wahrgenommen werden könnten oder sollten. Dies hätte ein neues Rechtsgebäude zufolge. Erst auf dieser Grundlage ist es möglich, das zukünftige organisatorische Haus Bundesheer zu konzipieren, womit sieben eher oberflächlich wirkende Varianten nicht erforderlich wären. Ein im März 2011 gefasster Ministerratsbeschluss wurde in beunruhigend kurzer Zeit ausgearbeitet. Er könnte ein erster Schritt in Richtung der erforderlichen Grundlagen sein. Was vorliegt, ist noch nicht konsistent.

Zum Grundsätzlichen:

Es ist zutreffend, dass die gesetzliche Regelung der Wehrpflicht sanierungsbedürftig ist. So wurde von politischer Seite durch Streichen der Truppenübungen der Miliz der Boden entzogen. Intern führt Ressourcenmangel zu Verwendungen von Grundwehrdienern v. A. als sogenannte Systemerhalter, die wohl nicht in den Intentionen des Gesetzgebers lagen.

Eine entscheidungssuchende Diskussion ist damit überfällig. Geht sie vom Gemeinwohl der Gesellschaft aus, in der Gemeingüter verfügbar gemacht werden, so sollte reziprok ein Gemeindienst seine Logik haben. Dies führt in Richtung Allgemeine Dienstpflicht und würde den verengten Rahmen der Wehrpflichtdebatte sprengen. Rechtlich muss die Wehrpflicht Anker für diesbezügliche weiterführende Absichten bleiben.

Für eine Allgemeine Dienstpflicht, mit einem realistischen Potential von etwa 30.000 Dienstpflichtigen pro Jahr, spricht der sich abzeichnende Arbeitsumfang; innerhalb dieser Allgemeine Dienstpflicht wäre der Wehrdienst freiwillig. Ernst zu nehmende Bedenken gegen eine generelle Wehrpflicht, wie die einer obsolet gewordenen Massenarmee, einer selektiven Wehrpflicht – eines Relikts des National- und Obrigkeitsstaates – oder einer Armee auf Arbeitssuche wären mit einer von den Aufgaben ableitbaren Allgemeinen Dienstpflicht hinfällig oder aber zumindest relativiert.

Freiwillige, nicht entlohnte ehrenamtliche Leistungen, erbracht von drei Millionen Österreichern mit einem geschätzten Gegenwert von € 16 Milliarden sind im internationalen Vergleich beachtlich. Diese dienen meist dem Gemeinwohl, auf jeden Fall aber der Gesellschaft. Allerdings ist die Tendenz fallend; Gründe dafür könnten sein: Eine allgemeine Neigung der Gesellschaft zur „Entsolidarisierung“, eine Einengung der subjektiven Lebenswelt, medial vermittelte, fast autistische, Wirklichkeitsbilder, aber auch Bildungs-, Berufs- und Freizeitstress.

Trotzdem findet man oft ehemalige Zivildiener freiwillig beim Roten Kreuz und gediente Wehrpflichtige bei der Freiwilligen Feuerwehr, die ansonsten gar nicht auf eine derartige Idee gekommen wären. Also ermöglichen die Dienstpflichten, Engpässe nicht nur durch direkt erbrachte Leistungen im Wehr- und Zivildienst zu kompensieren, sondern geben auch einen Anstoß, über diese Dienstpflichten hinaus freiwillige Leistungen zu erbringen.

Die Dienstpflichten wurden mit der Wehrpflicht und dem davon abgeleiteten Wehrersatzdienst in Form einer Zivildienstnovelle gesetzlich geregelt. Eine Abschaffung der Dienstpflichten würde einen Trend vom Gemeindienst zur Privatisierung zur Folge haben und damit auch viele Bereiche des Gemeinwohls treffen: Begonnen von der Sicherheit – die militärischen Aufgaben eingeschlossen – bis hin zum Sozialwesen. Indirekt würde sich der Wegfall der Dienstpflicht also auf weite Teile der Zivilgesellschaft (vom Arbeitersamariterbund über die Entwicklungshilfe bis zur Freiwilligen Feuerwehr usw) negativ auswirken.

Auch sollten in einer Gesellschaft mit zahlreichen Abhängigkeiten Aufgaben eher gemeinsam als sektoral bewältigt werden; je kleiner das Land, desto wichtiger ist das! Es wird darauf ankommen, den Grundgedanken der über die Jahre vernachlässigten umfassenden Landesverteidigung unter einer passenderen Bezeichnung, zB „Umfassende Sicherheitsvorsorge“, zum Leben zu erwecken, passt dies doch in die neue EU Sicherheitsarchitektur.

Auswirkungen auf die militärischen Aufgaben

Internationale Einsätze und Verteidigung, zB im europäischen Verbund, bedingen in jeder denkbaren Variante Professionalität. Schon heute sind aber die Internationalen Einsätze, zu denen keine Grundwehrdiener herangezogen werden, ohne eine auf dem Wehrdienst aufbauende Freiwilligkeit nicht erfüllbar. Ähnlich verhält es sich bei der Verteidigung im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Zunehmende Bedeutung ist den folgenden Aufgaben zuzuordnen: Dem Schutz (zb Sicherung der (über)lebensnotwendigen Infrastruktur) und der Hilfe. Zu nennen sind Katastrophen außergewöhnlichen Umfanges, die lokale Organisationen wie die Feuerwehr überfordern, und zusätzlich Stabsarbeit einschließlich einer Koordination internationaler Aktionen notwendig machen.

In Relation sowohl zum berechenbaren Bedarf, der personalintensiv ist, als auch zu vergleichbaren Ländern wie der Schweiz und Schweden, wird derartiges in Österreich wohl nur auf Basis einer Dienstpflicht hinreichend sichergestellt werden können; mit finanziellen Anreizen für Freiwillige wie in Frankreich ist kaum zu rechnen, zudem belegt eine große Meinungsumfrage aus 2002, dass auch diese Anreize nicht ausreichen werden, das Personalaufkommen sicherzustellen.

Unter den derzeitigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wächst also eine Freiwilligkeit nicht nur aus sich heraus, sondern auch aus Dienstpflichten. Könnte ein verpflichtendes Bürgerservice oder eine allgemeine Dienstpflicht mit geregelter freiwilliger Entscheidung zB für den Wehrdienst oder die Entwicklungshilfe Zukunft haben? Eine  Abschaffung der Dienstpflichten hingegen könnte dramatische Folgen nach sich ziehen. Wegen der bisher nicht abgeschätzten Folgen ist dies einer Prüfung wert.

Exkurs zu Vorgängen der letzten Monate:

Der Verteidigungsminister hat seine Grundrichtung innerhalb von vier Monaten von Wehrpflicht auf Berufs- bzw. Freiwilligenheer überraschend geändert. Er begründet das in kurzer Zeit produzierte „Ergebnis“ mit einer sorgfältigen vorlaufenden Planung unter Abstützung auf Erfahrungen anderer Länder; eine Enquete im Dezember 2010 kam u. a. zu folgendem Schluss: „Wehrmodelle sind daher nur mit Einschränkungen von einem Land auf andere übertragbar.“

Zu beachten ist auch, dass Länder nach der Umstellung von der Wehrpflicht auf ein Berufsheer bereits abgestürzt, sind (Belgien), vor dem Absturz stehen (Schweden, Deutschland?) oder aber bemüht sind, diesen mit einem überproportionalen Mitteleinsatz (Milliarden) hintanzuhalten (Frankreich); alle haben Schwierigkeiten. Die Schlussfolgerung sei erlaubt, dass auch die kontroversiell diskutierten zusätzlichen €500 Millionen im Verteidigungsbudget zur Umstellung auf ein Berufsheer aller Voraussicht nicht ausreichen werden. Der Mehrbedarf würde in kleinen Portionen nach einer allfälligen Grundsatzentscheidung angemeldet werden müssen; auch die anderen Bereiche des Gemeinwohls wären kostentreibend beeinträchtigt. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten könnten in die Milliarden gehen.

Der Generalstabschef hat seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass es geboten ist, das derzeitige System erst dann durch ein anderes zu ersetzen, wenn dieses andere System als "besser" – dem bisherigen überlegen bzw. vorzugswürdig – ausgewiesen werden kann, wobei dies auf sorgsame Analysen und Prognosen gestützt werden muss. Was bisher vorliegt, stimmt skeptisch, ein Überdenken ist notwendig. Zudem ist die verfassungsmäßig verankerte Wehrpflicht nicht nur Angelegenheit der Planung des Verteidigungsressorts, andere Dienste werden nämlich von der Wehrpflicht sachlogisch und gesetzlich untermauert abgeleitet. Eine einschneidende Revision legistischer Voraussetzungen wird im Falle der beabsichtigten Systemumstellung unabdingbar werden. Manche der in den Raum gestellten „Überlegungen“ könnten die Europäische Menschenrechtskonvention berühren.

Eine sachlich nachvollziehbare Position war für den Verteidigungsminister die offizielle Begründung, dem Generalstabschef das Vertrauen zu entziehen und ihn abzulösen. Das alleine wäre aber eher ein dürftiges Argument und wirft Fragen auf: Mangelt es an der inhaltlichen Übereinstimmung oder an der persönlichen Vertrauensbeziehung? Gibt es ein Küchenkabinett, und welche Rolle spielt es? Mancherorts werden letztere eher als Störfaktoren bei der effizienten Erledigung der Aufgaben angesehen. Die Primärverantwortung für eine funktionierende Arbeitsweise liegt beim Vorgesetzten, in dem Fall beim Minister, und ist für Erfolg oder Misserfolg oft entscheidend. 1978 bis 1983 wurde das Ressort – wie vorgesehen – durch den Verteidigungsminister im Wege der ihm unmittelbar Zu- und Nachgeordneten geführt. Das war erfolgreich: Die systematische Planungsarbeit hat zu nachvollziehbaren Entscheidungsgrundlagen geführt; zufriedenstellende Ergebnisse konnten erzielt werden. 2011 zeichnet sich das nicht ab.

Diese Erfahrungswerte stammen aus der Arbeit an mehreren Heeresreorganisationen und aus der Zusammenarbeit mit allen relevanten Ländern. Die gegenständlichen „Überlegungen“ – Zielgruppe Entscheidungsträger – werden durch ein Hintergrundpapier ergänzt, das auf Erfahrungswerte anderer Länder und die Auswirkungen auf Gemeinwohl und Gesellschaft näher eingeht.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Zusammenhänge um die Dienstpflichten, also Wehr- und Zivildienst, sind komplexer, als öffentlich dargestellt wird.

So gilt es, das im Verfassungsrang stehende Neutralitätsgesetz mit zu bedenken. Dann sind aber die verbliebenen neutralen Länder in Europa, nämlich die Schweiz und Finnland für einen Vergleich die relevantesten. Irland ist ein Sonderfall, Schweden de facto bei der NATO, die Kleineren irrelevant.

Während die qualitativ hochstehenden Leistungen der Österreichischen Soldaten international gewürdigt werden, werden manche Vorgänge im Rahmen der Österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Ausland als nicht nachvollziehbar angesehen.  

Auch wäre zB nach Stilllegen der Wehrpflicht eine von den Verursachern wahrscheinlich nicht beabsichtigte Dynamik in Richtung Privatisierung der im Rahmen des Gemeinwohls erbrachten Leistungen wohl unvermeidbar. Diese wären dann finanziell besser Gestellten vorbehalten, den anderen verbliebe eine Minimalversorgung; einer sozialen Dienstpflicht alleine als Ausgleich könnte die Legitimation fehlen.

In demokratischen Systemen werden Personen in Ämter berufen, die ihnen die Verantwortung für das Gemeinwohl auferlegen. In bestimmten Systemen (nämlich in Parteienstaaten) hat dies mit der Betrauung bestimmter "Gruppen" zu tun (Regierungsparteien). Viele politisch interessierte Staatbürger lehnen es wegen der erwähnten Komplexität ab, das „Volk“ zu befragen. Wird, aus welchen Gründen immer, trotzdem dafür entschieden, obliegt der Volksvertretung die Verantwortung, Desinformation, Polemik und das Verbreiten von Halbwahrheiten hintanzuhalten. Sie sind verpflichtet zu gewährleisten, dass die Wähler objektiv, auch hinsichtlich der gesamtgesellschaftlichen Folgewirkungen, informiert und damit  in die Lage gesetzt werden, in ihrem eigenen Interesse, und in dem der Gesellschaft, bestmöglich entscheiden zu können, was im gegenständlichen Vorgang um die Wehrpflicht schwer erkennbar ist. Damit droht das Risiko der kontraproduktiven Vereinfachung im Vorlauf zur Befragung und in Folge einer Fehlentscheidung. Die bei uns so oft als Vorbild zitierten Finnen hingegen haben das Planungs- und Entscheidungsprocedere im Griff.

Schlussfolgerungen:

Der Ministerratsbeschluss zu einer Sicherheitsstrategie vom März 2011 erkennt in seiner Analyse ein Zunehmen der Gefährdungen. Allfällig beabsichtigte drastische Reduktionen der Streitkräfte leiten sich daher nicht von der Analyse ab, sondern könnten Ergebnis politischer Kompromisse sein; homöopathische Konzepte – nämlich einer größeren Bedrohung mit einer höheren Verdünnung zu begegnen – haben sich aber in der Sicherheitspolitik bisher nicht bewährt. Inhaltlich hat daher der Analyse  eine nachvollziehbare Synthese zu folgen. Formell ist ein Ministerratsbeschluss als gesetzliche Legitimation für eine Systemumstellung nicht ausreichend.

Sowohl die derzeitige Handhabung der Wehrpflicht als auch die übrigen sechs Varianten lassen über ein paar Jahre ein Dahinschwinden der Österreichischen Streitkräfte erwarten: Das Belgische „Modell“.

Die grün angedachte UNBrigade beim Innenministerium, hat mit einer militärischen Neutralität nichts mehr zu tun und entspricht kaum den Vorstellungen einer Europäischen Sicherheits- und Vereidigungspolitik. Die NATO wird auf einen unterdotierten, unausgewogenen Streitkräftetorso verzichten.

Zielführend wäre es hingegen, der Analyse in der dann rechtlich verbindlichen „Sicherheitsstrategie“ die Synthese, die nachvollziehbare Ableitung von Aufgaben und dazu benötigten Mitteln folgen zu lassen. Dann ist noch immer ein politischer Kompromiss vorstellbar, er wäre aber transparent.

Selbst in dieser etwas verworrenen Situation ist erkennbar, dass für die Personalplanung ein pragmatischer Ansatz über eine Allgemeine Dienstpflicht, in dessen Rahmen ein attraktiv und ökonomisch gestalteter freiwilliger Wehrdienst ermöglicht wird, die Quadratur des „Variantenkreises“ ermöglichen könnte.

Ernest König, ehemaliger Kommandant der Landesverteidigungsakademie

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Sicher ist sicher

11. Februar 2011 21:47 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Über Sicherheit zu reden,
gut geschützt von Polizei,
das beschwingt – doch Zweck für jeden
ist primär, man war dabei.

Und so traf man sich in München
wieder mal zur Konferenz,
denn wer könnt’ es übertünchen:
Vielerorten schwelt’s und brennt’s!

Speziell im Nahen Osten
wird halt immer arg gehetzt,
und dann wackeln just die Posten
jener Leute, die man schätzt.

Soll man Freunde fallen lassen?
Ist fürwahr nicht angenehm –
und Rhetorik anzupassen,
wär’ das kleinere Problem:

Stärker drücken da die Zwänge,
daß man selber was verliert,
wenn zu früh voll Sittenstrenge
man die Gelder konfisziert.

Und das führt gleich zu Finanzen,
weil ja, wenn der Ölpreis steigt,
sich noch mehr an Staatsbilanzen
Blasensucht der Währung zeigt.

Aber sowas wird verziehen,
und zur Wahrung des Gesichts
gibt man eben Garantien,
schöpft die Werte aus dem Nichts.

Die Agenda wies indessen
auch aufs Internet als Pein,
denn durch dieses, nicht vergessen,
schleicht der Cyber-Krieg sich ein!

Doch fällt leicht das Diskutieren,
wenn man längst die Lösung kennt –
und total zu kontrollieren
macht selbst Menschen transparent!

Also flog man froh nach Hause,
und weil’s schön zusammen war,
trifft man sich zur Plauderpause
sicher wieder nächstes Jahr …

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Die Fakten sprechen gegen Darabos

08. Februar 2011 20:55 | Autor: Rolf M. Urrisk-Obertynski
Rubrik: Gastkommentar

Bundesminister Darabos hat sein Wunschmodell für ein neues Heer vorgestellt. Er beruft sich durchaus zu Recht auf das Unbehagen über das Heer, und er trägt nur begrenzt Schuld daran. Dass er daraus jedoch falsche Schlüsse zieht, dieser Verantwortung kann er sich nicht entziehen.

Eine der wesentlichen Ursachen für das Unbehagen ALLER, denen die Landesverteidigung und das Bundesheer ein Anliegen sind, liegt in der wahltaktischen Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate und der Aussetzung der Milizübungen. Diese Maßnahme der Regierung Schüssel erfolgte im klaren Widerspruch zum Parteienkonsens der Reformkommission unter Helmut Zilk. Damit haben Schüssel und sein Verteidigungsminister Platter den Wehrdienst dem Unsinn deutlich näher gebracht. Denn statt mehr Soldaten für die Truppe verdoppelte sich schlagartig die Zahl der Systemerhalter, das sind die Köche, Fahrer, Mechaniker, Wachen usw., die mangels Vertragsbediensteter durch Rekruten gestellt werden müssen. Eine spannende Ausbildung reduzierte sich auf wenige Rekruten, und die mussten einen sinnlosen Streifendienst im Burgenland leisten. 

Es kam dazu, dass dort, wo Ausbildung auch für Rekruten Sinn machte, wie z.B bei den Rettungssanitätern, diese Ausbildung gegen Ende des Präsenzdienstes auch schon zu Ende war (weshalb die Rettungsorganisationen einen 6-Monate-Dienst ablehnten).

Interessant und sinnvoll blieben für die Rekruten einzig die realen Katastropheneinsätze und ihre Vorbereitung.

Dazu kam der Tod der Milizorganisation. Ihr Einsatz, der regelmäßig geübt ein großes Reservepotential darstellt, war mit der Aussetzung der Wiederholungsübungen durch Schüssel/Platter schlagartig vorbei. Es gab sie nicht mehr. Übrig blieb eine professionelle Kadermiliz, jedoch ohne Soldaten. Gleichzeitig regen sich die „Besserwisser“ darüber auf, dass das Bundesheer zu viele „Häuptlinge“ und zu wenige „Indianer“ hat.

Unter diesen Umständen ist der Ruf – auch von Seiten der der Landesverteidigung gegenüber wohlgesonnenen Bürger – nach einer Beendigung dieser Zeit nachvollziehbar, die für die Sicherheit des Landes als ziemlich nutzlos erfahren wird. Dieser Zustand ist ebenso für die Berufssoldaten schwer erträglich geworden, auch weil ihnen die Schuld zugeschoben wird. Nur tauchen jetzt offensichtlich die falschen Rückschlüsse in großer Zahl auf.

Zu den Präferenzen

Ein für jeden Pisa-Tauglichen nachvollziehbarer Fehlschluss ist die Präsentation von Modellen, bevor die politische Hauptfrage der parlamentarisch abgesicherten Sicherheitsdoktrin (sprich Zielvorgabe) beschlossen ist. Man fährt zwar schneller los, weiß aber nicht wohin.

Dann werden sieben Modelle vorgestellt, eines sofort als Wunschmodell bezeichnet und als Diskussionseinladung alle Offiziere mit personellen Konsequenzen bedroht, die eine abweichende Meinung haben. Das ist weder logisch noch sozial noch demokratisch.

Auch die Zahlen der Modelle ist durch nichts nachvollziehbar. Schon gar nicht die Aussagen von „gleicher Leistung bei gleichen Kosten“, wenn auf die Mitwirkung von jährlich rund 26.000 jungen Österreichern einfach verzichtet wird.

Dass alle Berufsheere Probleme bei der Rekrutierung haben, ist eine Tatsache. Je kleiner das Land, umso größer die Probleme, das weiß man allzu gut aus Schweden trotz des doppelt so hohen Finanzeinsatzes (1,3 Prozent des BIP gegenüber Österreich mit 0,7).

Dem Trend folgen?

Apropos Trend: In einem Interview gibt der Abgeordnete Bartenstein, immerhin ehemals Bundesminister, als Begründungen für die Abschaffung der Wehrpflicht an, dass man sich dem internationalen „Trend nicht entziehen“ könne. Das ist bezeichnend für den Fluch unserer Politik: sich nicht von Sachzwängen sondern von Strömungen leiten zu lassen. Deswegen, weil alle in eine Richtung schwimmen, muss man noch lange nicht wie die Lemminge nachschwimmen.  Schon gar nicht, wenn alle Schwimmer längst erkannt haben, und hinter vorgehaltener Hand auch zugeben, dass es in die falsche Richtung geht. Gilt das übrigens auch für den Trend, dass die meisten EU-Länder auch NATO-Mitglied sind und ALLE neuen EU-Länder dies als erstes wünschen?

Dass Bartenstein nebenbei die schlechten Erfahrungen seiner Söhne als Begründung heranzieht, richtet sich von selbst: Gerade in die Zeit seiner Ministerschaft fällt die unsägliche Verkürzung der Dauer des Grundwehrdienstes und damit die Erhöhung der äußerst unattraktiven Systemerhalterdienste, in die seine Söhne nun verstrickt sind.

Von wegen Trend

Das PISA-Wunderland FINNLAND sieht in der Wehrpflicht den integralen Bestandteil seines staatlichen Selbstverständnisses und denkt nicht daran, davon abzugehen.

Die SCHWEIZ hält Wehrpflicht und Milizsystem zur Umsetzung ihrer Sicherheitspolitik für unverzichtbar.

BELGIEN bezeichnet den Verlust des Kontaktes zur Bevölkerung als Hauptgrund für die Nachwuchsprobleme.

Das gilt auch für Ungarn, die Slowakei und Slowenien. Verstärkt wird dies aus der Sicht dieser Länder noch durch die ständige Reduktion der Finanzmittel, die sich zusätzlich negativ auf die Nachwuchsgewinnung auswirkt (und die auch bei uns niemals ausgeschlossen werden kann).

Fragliche Kostenneutralität

Dass das von Darabos favorisierte Modell auf den Cent genau so viel kostet wie das bisherige, ist wohl ein außergewöhnlicher Zufall. Die Frage sei aber erlaubt, welchen wirtschaftlichen Kriterien gefolgt wird, wenn man ein Heer mit 50.600 Mann gegen eines mit 33.800 tauscht, das gleich viel kostet? Das hat auch Vizekanzler Pröll klar zum Ausdruck gebracht, wenn er meint, man bekomme für das gleiche Geld eine schlechtere Armee.

Ob die für den „Worst case“ bereit gehaltenen zusätzlichen 23.000 „beorderten Milizsoldaten“, die keiner Wiederholungsübungspflicht unterliegen, den hohen Anforderungen der so gepriesenen Professionalisierung des Bundesheeres entsprechen, darf bezweifelt werden. Schamvoll verschwiegen wird auch, dass alle derzeit noch aktiven, im neuen Bundesheer aber nicht mehr benötigten Berufssoldaten – laut Darabos immerhin 11.000 Mann – natürlich ihr volles Gehalt bis zur Erreichung des Pensionsalters erhalten, ohne dafür eine Leistung für das Allgemeinwohl zu erbringen. Dass gerade mit diesen Offizieren und Unteroffizieren die für eine Berufsarmee so dringend benötigte Kompetenz verloren geht, sei auch nicht verschwiegen.

Auch stellt sich die Frage, was mit der beschlossenen Reduzierung des Wehrbudgets bis 2014 geschieht? Derzeit, und in den kommenden Jahren, stehen die 2,18 Mrd. gar nicht mehr zur Verfügung. Es gibt die angekündigten „gleichen Kosten“ nur auf dem Papier.

Die Zahlen von Darabos beziehen sich ausschließlich auf das Bundesheer. Nirgends sind die Zahlen ausgeworfen, welche die flankierenden Maßnahmen zwingend erforderlich machen (Ersatz der Systemerhalter im Bundesheer oder der Zivildiener durch andere Personen).

Wehrpflicht wird "nur" ausgesetzt

Wenn behauptet wird, dass die Wehrpflicht ja nur ausgesetzt werden, dann handelt es sich nur um einen reinen Etikettenschwindel, um möglicherweise der Änderung der Verfassung zu entgehen. Der Minister meint hierzu, dass sie ja jederzeit wiederaufgenommen werden könne. Da stellt sich sofort die Frage, wer denn dann die wieder eingezogenen Wehrpflichtigen wo ausbilden soll; wo sind die für diesen Fall bereitgehaltenen Waffen, das erforderliche Gerät etc., wenn jetzt schon alles leichtfertig verscherbelt wird?

Nebstbei: Kann man in Österreich Teile der Verfassung einfach aussetzen? Könnte das dann auch kurzfristig mit der Meinungsfreiheit (etwa für Generäle) gehen? Oder die Bundesländer? Sie würden erst dann wieder eingeführt, wenn man sie braucht …

Die Bundesverfassung sieht übrgens die Wehrpflicht für alle männlichen Staatsbürger bindend vor (im Gegensatz zu Deutschland, wo es eine Kann-Bestimmung ist). Also nichts mit dem Etikettenschwindel.

Wehrpflicht oder Wehrdienst?

Offensichtlich kennt der Herr Minister den gravierenden Unterschied nicht.

Im Art. 9a (3) des Bundes-Verfassungsgesetzes heißt es „Jeder männliche österreichische Staatsbürger ist wehrpflichtig“. Gemäß § 11 (1) Wehrgesetz besteht die Wehrpflicht aus (1) der Stellungspflicht, (2) der Pflicht zur Leistung des Präsenzdienstes, (3) den Pflichten des Milizstandes und (4) den Melde- und Bewilligungspflichten.

Wenn nun die Wehrpflicht ausgesetzt wird, heißt das nicht mehr und nicht weniger, als, dass damit auch die Stellungspflicht, die Pflichten des Milizstandes und die Melde- und Bewilligungspflicht ausgesetzt werden. Das bedeutet in Bezug auf die Stellungspflicht, dass keine Musterungen mehr durchgeführt werden. Das ist zunächst ein schwerer Schaden für die Volksgesundheit, werden doch bei der Stellung oftmals bislang unbekannte Krankheiten aufgezeigt, die dadurch rechtzeitig behandelt werden können.

Für das Darabos’sche Modell heißt es vielmehr, dass keinerlei Daten mehr über die zukünftigen Generationen junger Männer aufliegen. Wer bitte soll dann im Anlassfall zum Wehrdienst eingezogen werden? Das haben schon Maria Theresia und Josef II. erkannt, als sie die Konskription eingeführt haben.

Nur von Freunden umgeben

Österreich sei nur von Freunden umgeben: So argumentiert nur jemand, der noch immer nicht begriffen hat, dass wir in einem gemeinsamen Europa leben. Und dass sich dieses einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik verschrieben hat. Für uns als Europäer ist mit Landesverteidigung daher nicht unser schönes kleines Land allein gemeint, sondern Europa. Und dieses ist wahrlich nicht nur von Freunden umgeben. Wenn dem so wäre, stellte sich die Frage, warum dann Hunderttausende (Friedens-) Soldaten von UNO, NATO und EU am Balkan, im Nahen Osten, in Asien und in Afrika stehen – und einige von dort nur mehr im Sarg in die Heimat zurück kommen? Und warum das NATO-Land Griechenland plötzlich einen „Eisernen Vorhang“ gegenüber dem NATO-Land Türkei errichtet?

Überall auf der Welt (auch innerhalb der EU) nehmen leider die gewaltsamen Auseinandersetzungen in erschreckendem Ausmaß zu. Und überall erschallt sofort der Ruf nach Soldaten, damit diese „vor Ort“ den Frieden bewahren und/oder gegebenenfalls robust (mit Waffengewalt) wieder herstellen. Diese dürfen dann, meist ohne klaren Auftrag, und zunächst auch nicht im erforderlichen Umfang, und ohne entsprechende Ausrüstung in den Einsatz gehen. Überall stoßen die an den Einsätzen beteiligten Länder/Armeen auf Grund sinkender Freiwilligkeit an ihre personellen Grenzen. Es wird daher in Zukunft weit mehr Soldaten bedürfen, um auf der Welt einen halbwegs friedlichen Zustand zu erhalten.

Bedrohungslage kann sich jederzeit ändern

Im gleichen Atemzug überrascht der Minister mit der Feststellung, die Wehrpflicht werde ja „nur“ ausgesetzt, da sich die Bedrohungslage jederzeit ändern kann. Einen größeren Widerspruch gibt es nicht. Der Herr Minister kann sich also auf einmal vorstellen, dass morgen alles anders ist. Vergessen sind auf einmal die „lieben“ Nachbarn. Unter diesem nicht gerade optimistischen Ansatz wird ein bestehendes (wenn auch mit großen Mängeln versehenes) System gegen eines getauscht, von dem keiner weiß, wie und ob es jemals funktionieren wird. Da waren die Indianer schon klüger, als sie meinten „Wechsle niemals die Pferde in der Mitte des Flusses“.

Jede neue Bedrohung verlangt aber nach zusätzlichen Mitteln zu deren Abwehr. Es ist für jedermann nachvollziehbar, dass bei Gefahr einer neuen Grippe durch das Gesundheitsministerium Hunderttausende Impfungen um teures Geld gekauft werden (um sie dann, wenn die Gefahr gebannt und das Ablaufdatum gekommen ist, zu vernichten). Niemand wird dabei fordern, dass die für die Beschaffung benötigten finanziellen Mittel durch Einsparungen in anderen Bereichen der Gesundenvorsorge aufgebracht werden. Genau so muss der Bevölkerung nahe gebracht werden, dass bei neuen militärischen Bedrohungen auch neue Waffen und Schutzausrüstungen beschafft werden müssen.

Katastropheneinsatz

Natürlich betont der Verteidigungsminister bei jeder Gelegenheit, dass der Katastropheneinsatz ganz wichtig ist (er teilt dies mit „90 Prozent der Bevölkerung“). Verständlich, schließlich hat unsere Bevölkerung seit 1991 Gott sei Dank keine andere Gefahr in Österreich erlebt. Es darf daher in Erinnerung gebracht werden, dass die Hauptaufgabe von Streitkräften allemal noch im militärischen Einsatz zum Schutz des Landes und dessen Bevölkerung besteht, wie dies Bartenstein in seinem bereits zitierten Interview richtig zum Ausdruck bringt.

Natürlich darf nicht übersehen werden, dass die Naturkatastrophen in beängstigender Intensität und Unberechenbarkeit zunehmen. Und die Hilfe für in Not geratene Menschen, für Kranke und Behinderte, für Kinder und alte Menschen fordert eine immer umfassendere und personalintensivere Betreuung. Dazu kommt, dass auch die Unfälle aller Art an Zahl und Umfang zunehmen. Das ist aber ein Argument für einen verpflichtenden Sozialdienst. Das Heer kann hier nur unterstützend einwirken und wird es auch stets tun.

Aber Österreich und Europa brauchen innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen genügend Soldaten (und zivile Helfer), ansonsten machen wir uns mitschuldig am Leid der Katastrophenopfer und an Konflikten mit Vertreibungen und Völkermorden.

Identität des Soldaten

Einmal mehr muss klargestellt werden, dass sich die Identität des Soldaten von seinem militärischen Auftrag und nicht von seiner Rolle als Katastrophenhelfer ableitet. Daher hat die Bevölkerung uns auch als Soldaten wahrzunehmen. Der Katastrophenschutz ist eine „Friedensdividende“ einer Armee, und nicht mehr.

In diesem Zusammenhang darf auch in Erinnerung gebracht werden, dass die österreichischen Soldaten bei ALLEN Auslandseinsätzen in ihrer dienstfreien Zeit Hilfe für die unschuldig in Not geratene Bevölkerung leisten. Das reicht von der (militär-)medizinischen Versorgung bis zum Wiederaufbau von Schulen. Aber alles im Schutze der Waffen der im Dienst befindlichen Kameraden.

An dieser Stelle muss auch der unfassbaren (und unwidersprochenen) Entgleisung der grünen Abgeordneten zum Nationalrat Windbüchler-Souschill in der Sendung „Im Zentrum“ vom 16. Jänner entgegen getreten werden. Diese Frau, die immerhin auf die Bundesverfassung vereidigt ist, erklärt in aller Öffentlichkeit, dass sie froh sei, dass die Wehrpflicht aufgehoben wird, und damit „endlich Schluss mit der Ausbildung zum Töten“ sei. Niemals wurde im Bundesheer zum Töten ausgebildet. Die Ausbildung hat Schutz und Hilfe zum Inhalt. Der Waffengebrauch erfolgt ausschließlich im Zuge der Notwehr oder Nothilfe und unterliegt dabei den Bestimmungen des (Kriegs-)Völkerrechts.

Oft wird behauptet: Es gäbner zu viele Kommanden, zu wenig Truppe. Auch diesem Vorwurf muss einmal entgegen getreten werden. Österreich hat Brigade- und Bataillonskommanden für internationale Einsätze eingemeldet. Die Truppe wird dabei jeweils von den einzelnen Mitgliedsstaaten (UNO, NATO, EU) gestellt. Die Erfahrungen aller truppenstellenden Armeen haben gezeigt, dass das Personal nach einem harten Einsatz mehrere Jahre Zeit zur Regenerierung benötigt. Man darf nicht vergessen, dass Kampf-, wie auch Katastropheneinsätze die beteiligten Soldaten (und Sozialhelfer) an ihre psychischen und physischen Grenzen führen. Es ist daher unverantwortlich diese Personen öfter als etwa alle fünf Jahre in einen Auslandseinsatz zu schicken – Freiwilligkeit hin oder her. Dabei sind auch die Auswirkungen auf die Familien zu beachten. Es bedarf daher u. a. mehrerer funktionstüchtiger Kommanden, um den Einsatz über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten zu können. 

Kein Mangel an Professionalität

Immer wieder wird als Argument für die Berufsarmee angeführt, dass die Komplexität der Waffensysteme einen so hohen Grad an Ausbildung voraussetzt, dass sie nur mehr von Berufssoldaten bedient werden können. Für ein System wie z.B. die Luftabwehr gilt dies, aber nicht für eine Fliegerabwehrwaffe, die kann jeder Taliban (und bald jedes Schulkind) mit PC-Erfahrung bedienen.

Technik hilft, wie auch das Beispiel der Freiwilligen Feuerwehr zeigt: Man möge sich einmal die Komplexität der Ausrüstung jeder kleinen Dorffeuerwehr ansehen. Und wer wagt es, den Männern und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren ihre „Professionalität“ abzusprechen? Erreicht wird dies durch eine intensive Ausbildung und ständige Wiederholungsübungen. Dazu kommt, dass es den Gemeinden einfach Wert ist, sie optimal auszurüsten. Auch hier sind Wege für das Bundesheer zu öffnen: Alle Länder stellen Katastrophen-Einsatzgeräte dem Bundesheer zur Verfügung, wie dies Niederösterreich und Wien schon tun.

Die gleichen Argumente wie für die Freiwillige Feuerwehr gelten für die Miliz. Ohne deren Professionalität wäre kein einziger Auslandseinsatz möglich gewesen. Gerade weil die Milizsoldaten auch ihre zivile Kompetenz in den Dienst der Sache einbringen.

Letztlich war es Bruno Kreisky, der die große Bedeutung der Miliz erkannte und in der Verfassung verankern – „in Stein meißeln“ – ließ. Ob auch dieser Stein zu Butter wird?

Freiwilligen-Miliz ist Söldner-Miliz

Und eines muss  allen Österreichern klar sein: Ohne Wehrpflicht gibt es keine ernstzunehmende Miliz. Die Miliz war bisher ein Pflichtteil des Heeres und jeder, der dazu einberufen wurde, konnte auf diese Pflicht verweisen und dies seinem Arbeitgeber stichhaltig begründen. Das wirkte sich auch arbeitsplatzsichernd aus. Wer in der Miliz Führungsaufgaben übernahm, tat dies aus Berufung und nicht, weil er damit Geld verdiente. Das ist der Stoff, aus dem eine ernstzunehmende Miliz entsteht.

Eine Freiwilligen-Miliz ist eine Söldner-Miliz. Geld allein wird in erster Linie weniger Qualifizierte anlocken. Aus welchem politischen Umfeld diese dann kommen ist ein eigenes Kapitel. Möglicherweise verfügen sie über genügend Paint-Ball-Erfahrung, aber die Gefahr der Versammlung einer hohen Zahl von Linksextremisten wird dabei nicht allzu hoch sein. Sicher werden aber die Hochqualifizierten nun von ihren Arbeitgebern als Hobbyisten bewertet werden, und nicht nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten um ihre beruflichen Chancen fürchten müssen. Wenn die Hochqualifizierten aber nicht kommen, dann kommt auch ihre hohe Kompetenz nicht, und diese ist nicht mit Geld aufzuwiegen.

Es gilt aber auch eine Lanze für die Rekruten zu brechen: Wer locker jährlich auf rund 26.000 junge Österreicher verzichtet, verzichtet auch locker auf ihre Kompetenz und ihr Engagement. So hätte etwa keine einzige Not- oder Behelfsbrücke ohne Grundwehrdiener je gebaut werden können. Selbst der höchste General war zuvor einmal Rekrut und nur über diesen Weg ist höher qualifiziertes Personal zu gewinnen. Dass wir sie heute im öden Systemerhalterdienst und auf nächtlichen Streifzügen im Burgenland vergeuden, ist die Todsünde an dieser Jugend.

Schutz der kritischen Infrastruktur

Der Krieg ist ein Chamäleon, statt in Panzern in Breitkeilen findet er heute asymmetrisch in Terrordrohungen und mittels Terrorangriffen statt. Das Innenministerium hat in Österreich rund 1.200 Objekte als schutzwürdig definiert. Für deren Sicherung stehen im Bedrohungsfall keine Exekutivkräfte zur Verfügung, die hätten dann sowieso alle Hände voll zu tun. Mit einem Berufsheer stünden zwar einige Spezialisten, aber keine relevante Anzahl an militärischen Assistenzen zur Verfügung. Der ursprüngliche Assistenzeinsatz an der ungarischen Grenze von 1991 bis 2007 hat eindrucksvoll bewiesen, dass ein Heer mit Rekruten sowohl rasch als auch auf Dauer und mit ausreichender Stärke solch einen Einsatz bestehen kann. Ein Berufsheer könnte dies weder mit gleicher Leistung und schon gar nicht mit gleichen Kosten.

Um den Bedarf an derartigen Sicherungskräften für gefährdete Objekte darzustellen, sei ein Beispiel aus der Schweiz herangezogen: Vor wenigen Tagen hat eine Objektschutzübung am Flughafen Zürich-Kloten stattgefunden. Dabei kamen 5.000 Soldaten zum Einsatz. Bei der abschließenden Übungsbesprechung wurde der tatsächliche Bedarf auf Grund der Ausdehnung des zu schützenden Objektes mit 10.000 Mann angegeben.

Die politischen Konsequenzen

Für welches Modell immer sich Politiker und/oder Volk letztlich entscheiden, es wird auf das Eintreffen der politischen Konsequenzen ankommen. Bislang sind bei allen Heeresreformen die angekündigten politischen Konsequenzen nur „auf halben Wegen und zu halber Tat“, wie schon Grillparzer den Fluch des edlen Hauses Österreich beschrieb, gezogen worden. Es kamen zu wenig Geld, Personal, Gesetze usw. Woher soll jetzt der Glaube kommen, dass ohne die Söhne des Volkes und bei nur wenigen Freiwilligen, die als Wählerpotential irrelevant sind, die politischen Ansagen zuhauf eintreffen werden? Oder geht es nur um das Abschieben einer Sicherheitsverantwortung an einige unentwegte Freiwillige?

Kompensiert wurde das Ausbleiben der politischen Konsequenzen stets durch die schier unglaubliche Improvisationskunst der Soldaten aller Dienstgrade, ob des Berufs- oder Milizstandes. Und der Rekruten. Nur so war es möglich, dass seit 1956 bisher jeder Auftrag an das Bundesheer im In- und im Ausland erfolgreich durchgeführt werden konnte. Das sind mehr als 50 Jahre erprobtes Mischsystem mit Rekruten – auch unter wechselnden Bedrohungen!

Da jetzt schon von allen Seiten gegen die erforderlichen „flankierenden“ Maßnahmen zu Felde gezogen wird (Stichwort Gehälter dürfen nicht über denen der Polizei liegen), dann kann man sich ausrechnen, wie das „Match“ ausgeht.

Sozialdienst und Österreichjahr

Immer wieder, zuletzt von Wirtschaftskammerpräsident Leitl, wird ein verpflichtender Sozialdienst als Ersatz für den ausgesetzten Wehr- und Zivildienst gefordert. Vergessen(?) wird dabei, dass dies der Europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht. Diese verbietet Zwangsverpflichtungen. Ausgenommen sind ausschließlich der Wehrdienst und gegebenenfalls dessen Ersatzdienst (in unserem Fall der Zivildienst). Das bedeutet, dass es ohne Wehrdienst keinen verpflichtenden Sozialdienst geben kann und darf.

Das gilt auch für den Vorschlag der  Jungen ÖVP, die den Grundwehr- und Zivildienst durch einen „Österreichdienst“ aller jungen Männer ersetzen will. Dabei sollen die beiden Dienste einander gleichgestellt werden. Bei aller Wertschätzung für beide Dienste muss nochmals auf die Gesetzeslage hingewiesen werden, die eindeutig den einen Dienst als Norm, und den anderen als Ausnahme sieht. Es muss aber auch in Erinnerung gebracht werden, dass jetzt schon jeder taugliche junge Mann in Österreich die freie Wahl hat. Eine einfache Erklärung genügt, um den Zivildienst ableisten zu können. So gesehen haben wir bereits jetzt ein Freiwilligenheer.

Voll unterstreichen kann man hingegen die Forderung der Jungen ÖVP, die  Untauglichkeitskriterien abzuschaffen. Es kann wohl von jedem, der arbeitsfähig ist, auch dieser „Bürgerdienst“ abverlangt werden.

Resumee

Fasst man die vielen positiven Vorschläge, die in den letzten Tagen vorgebracht, und auf die hier schon eingegangen wurde, zusammen – und geht man von der verfassungsrechtlich geforderten Gleichstellung aus – so kann man eigentlich nur zu einem Schluss kommen:

Als Lösung bieten sich eine allgemeine Dienstpflicht für alle Männer und Frauen an. Ob  „Österreich-Jahr“  oder „Bürgerdienst“: Es müssten alle Bereiche in gleicher Weise und Wertigkeit umfasst sein: Militärdienst, Feuerwehr, Rettungswesen, Sozialdienst, um nur einige aufzuzählen.

Dies müsste Hand in Hand mit einer (Wieder-) Einführung von Wiederholungsübungen für alle Betroffenen gehen. Damit wäre eine „Wehrgerechtigkeit“ gegeben. Kein Jugendlicher hätte dadurch einen Nachteil. Im Hinblick auf das steigende Pensionsalter und die Lebenserwartung ist das Jahr auch seitens des Arbeitsmarktes verkraftbar.

Im Gegenteil, dieser erhält dadurch ein wenig „ältere“ und „erfahrenere“ Mitarbeiter. Für Krisen aller Art stünden unverzüglich Kräfte in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Eine interessante und fordernde Ausbildung wird dann auch zur Motivation für eine freiwillige Verlängerung oder eine Funktion in der Reserve und für einen Auslandseinsatz (wieder in der gesamten Bandbreite) dienen. Somit ist auch der Nachwuchs für Militär, Feuerwehr, Rettung, Sozialdienst etc. gesichert. Jeder Staatsbürger leistet damit neben der Steuerpflicht auch eine Dienstpflicht für die Gesellschaft und damit seinen Beitrag für den Frieden im Land und auf der Welt.

Ja zur Veränderung

Österreich verfügt derzeit über ein jahrzehntelang erprobtes System für ein kleines Land, das keinem militärischen Bündnis angehört: Eine gesunde Mischung aus Berufs-, Zeit- und Milizsoldaten, basierend auf einer allgemeinen Wehrpflicht. Im Frieden klein und überschaubar, kann es jederzeit bei Gefahr rasch hochgefahren und dauerhaft eingesetzt werden. Eine Berufsarmee wäre für ein kleines neutrales Land im Frieden zu groß, im Ernstfall zu klein und beide Male teuer. Bestenfalls in einem Bündnis wäre ein Berufsheer für ein kleines Land sinnvoll.

Es wäre ein Gebot der Stunde, die Todsünde an der Jugend in Uniform einzugestehen und sie vom unattraktiven Systemerhalter-System und von den nächtlichen Streifzügen im Burgenland zu befreien. Es wäre jedoch ein echter Fehlschluss, sie von einem Gelöbnis auf Österreich und dem Dienst an Österreich zu befreien.

Wenn Österreich all das Geld, das alleine die Umstellung von einem bekannten, aber verbesserungswürdigen System auf ein unbekanntes kostet, in die Verbesserung des bestehenden investieren würde, hätten wir – bei der hohen Qualität unsere Soldaten – ein wirklich herzeigbares Heer. Aber offensichtlich ist das das Letzte, was gewisse Politiker wollen.

Nachsatz

 „Was du tust, tue es klug und bedenke das Ende!“ (König Salomo, vor rund 3000 Jahren)

Prof. Urrisk-Obertynski hat 40 Jahre als Berufsoffizier gedient und neben vielen anderen Aufgaben mit rund 35 ausländischen Armeen Ausbildungskooperationen verhandelt. Er ist ein gesuchter Vortragender über Sicherheitspolitik sowie Wehrethik und hat 18 Bücher über österreichische Militärgeschichte geschrieben.

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Oberschummler Darabos

08. Februar 2011 00:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Dem Darabos-Modell für die Demolierung des Bundesheeres sind schon eine Reihe fundamentaler Fehler nachgewiesen worden, die alle dazu dienen sollten, die teure Umstellung auf ein Berufsheer schönzurechnen. Die allergrößte Manipulation blieb aber bisher unentdeckt.

Diese bezieht sich nämlich auf die Liegenschaftsverkäufe zur Finanzierung seiner "Reform".. Dabei hat Darabos so absurde Verkaufszahlen eingesetzt, dass das Wort Schönrechnen dafür schon ein gewaltiger Euphemismus ist, nur um keine Vokabel aus dem Strafrecht zu verwenden.

Der beste Vergleich sind jene Erlöse, die in den letzten Jahren für den Verkauf von Heeresliegenschaften erzielt worden sind. Denn Darabos ist ja nicht der erste Minister, der durch Grundstücksverkäufe das Heeresbudget retten wollte.

Für 98 Liegenschaften wurden bisher 140 Millionen Euro erzielt: Das sind im Schnitt 1,43 Millionen.

Für die Darabos-Variante 1 (Beibehaltung der Wehrpflicht) würden 7 Liegenschaften zum Verkauf kommen, für die sind 39 Millionen Euro angesetzt. Das sind im Schnitt schon 5,57 Millionen.

Für die von Darabos gepushte Lieblings-Variante 3 (Abschaffung der Wehrpflicht) sollen hingegen 29 Liegenschaften verkauft werden. Als Erlös wurden plötzlich 328 Millionen eingesetzt. Das sind im Schnitt 11,31 Millionen.

Das ist eine Verachtfachung. Das nennt man die wunderbare Grundstückspreis-Vermehrung. Von solchen Tricks können auch die Herrn Meischberger & Co noch jede Menge lernen. Es fehlt natürlich jede Begründung, weshalb plötzlich eine durchschnittliche Kaserne so viel mehr wert sein sollte (die fehlt freilich auch schon deshalb, um vor den Landeshauptleuten und Bürgermeistern noch möglichst lange geheim zu halten, was da eigentlich verkauft werden soll).

Aber niemand kann uns einreden, dass das Bundesheer zuerst die aller wertlosesten Grundstücke verkauft hat, um sich die wirklichen Gustostückerln für die Stunde des Generalangriffs gegen das Wehrpflichtigen-Heer aufzuheben.

Selbst wenn Darabos mit dem Verkauf der großräumigen Maria-Theresien-Kaserne unmittelbar hinter Schönbrunn und Gloriette spekuliert haben sollte, wäre auch dort nur dann der große Gewinn zu erzielen, wenn das Wiener Rathaus die Umwidmung des Geländes in der Villen- und Garten-Umgebung in teure Hochhäuser erlauben sollte. Der Rathaus-Partie ist zwar fast alles zuzutrauen, aber das dann hoffentlich doch nicht.

Damit ist Darabos wirklich als das entlarvt, für was man ihn schon seit der Eurofighter-Blamage halten musste: als elender Schummler, der auf Befehl der Partei wirklich zu allem bereit ist.

Im Vergleich zu dieser bisher unbemerkt gebliebenen Schummelei ist die mancherorts auflodernde Aufregung über die Einstellung des Militärkommanden in allen Bundesländern geradezu lächerlich. Denn diese Kommanden einzusparen, wäre in Wahrheit bei jeder Heeresreform sinnvoll. 

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SN-Kontroverse: Neutralität

04. Februar 2011 00:08 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll im Zuge der Heeresreform die Neutralität über Bord geworfen werden?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Doktrinen, Reformen und Steinmetzger

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Manchmal wird so getan, als wären die Gesetze auf Jesus und Maria, Mohammed ib Ab Allah und seine Frauen, die Alt-68er oder die Hainburg-Veteranen zurückzuführen und müssten in alle Unendlichkeit gelten. Da dies untaugliche Ansätze zur Bewältigung der Gegenwart sind, gibt es eine Debatte um die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht und es wurden vom derzeit verantwortungstragenden Minister Norbert Darabos Modelle vorgelegt. Nun gilt es diese zu prüfen, und man/frau sollte das genau tun, weil letztendlich wird das Volk befragt. Vielleicht in einer Volksabstimmung, der sich der Salzburger ÖVP-Chef Wilfried Haslauer nicht verschließen will. Er ist hochkarätiger Jurist und weiß, dass es zu einer Abstimmung kommen muss, wenn die neue Sicherheitsdoktrin Österreichs eine Gesamtänderung der Bundesverfassung bedeutet.

Dies wäre der Fall, wenn mit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht die Neutralität ganz entsorgt wird und Österreich sich
1. einem Militärbündnis anschließt
2. es zulässt, dass fremde Truppen auf seinem Gebiet stationiert werden und
3. sich Österreich an Kriegen beteiligt.

Eine neue Sicherheitsdoktrin mit Aussetzung der Wehrpflicht MUSS aber nicht die Neutralität entsorgen. Schließlich beteiligt sich Österreich seit 1995 an der Partnerschaft für den Frieden an Operationen der NATO und nimmt die Petersberger Aufgaben wahr, was von der schwarz-blauen Regierung beschlossen wurde. Oder wie sie der Lissabonner Vertrag vorsieht, den der rote Kanzler Alfred Gusenbauer unterzeichnet hat. Wenig hilfreich sind süffisante Bemerkungen wie jene einer Salzburger Politikerin, die in Richtung ihres burgenländischen Parteikameraden meinte, die Abschaffung der Wehrpflicht sei nicht in Stein gemeißelt.


Es gibt Besseres für Österreich

Andreas Unterberger

 Es gibt drei Gründe, die Neutralität aufzugeben. Zwei davon sind längst Realität. Und einen dritten Grund versucht nun das Dreieck „Kronen Zeitung"-Faymann-Darabos herzustellen, nämlich die von ihnen verlangte Demontage des Bundesheers, die sie euphemistisch Heeresreform nennen.

Erstens: Die Neutralität sollte man aufgeben, wenn Alternativen den Österreichern deutlich mehr Sicherheit bringen. Mehr Sicherheit gibt es dann, wenn nicht nur auf österreichischem Staatsgebiet, sondern in ganz Europa und in dessen Umgebung Friede und Stabilität herrschen. Nur naive Menschen können glauben, dass Österreichs Sicherheit nichts mit dem zu tun hat, was sich außerhalb seiner Landesgrenzen abspielt. Terrorismus, Fanatismus, Flüchtlingswellen, organisierte Kriminalität, Bedrohungen von Versorgungsleitungen, ein Übergreifen nahöstlicher, afrikanischer oder mittelasiatischer Konflikte: All das bedroht Österreich unmittelbar und kann längst nur noch im europäischen und im atlantischen Verbund abgewehrt werden. Diese Sicherheit wird von den meisten Ländern Europas über die NATO hergestellt. Davon profitiert die Alpenrepublik als unmoralischer Schwarzfahrer, der deutlich weniger für die gemeinsame Sicherheit zahlt als irgendein anderes Land. Das demotiviert aber langfristig auch die anderen Länder, sich zu engagieren. Zweitens: Zu entsorgen ist die Neutralität auch deshalb, weil sie spätestens seit dem EU-Beitritt zur bedeutungslosen Worthülse degeneriert ist. Diese Degeneration diagnostizieren fast alle Völker- und Verfassungsrechtler.

Drittens: Endgültig tot ist die Neutralität dann, wenn die Wehrpflicht abgeschafft wird. Denn dann wird durch einen bewussten Willensakt die Verfassungspflicht Österreichs verletzt, die Neutralität „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln" aufrechtzuerhalten und zu verteidigen. 

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Wir werden dem Diktator Mubarak noch nachweinen

02. Februar 2011 00:16 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Die Chancen des ägyptischen Präsidenten, politisch noch irgendwie zu überleben oder zumindest ehrenvoll abzutreten, sind geringer als die auf einen Lotteriegewinn. Noch kleiner sind aber die der Ägypter, ihrer Nachbarn und der Europäer, dass sie sich nach dem Ende der Umbruchsperiode zumindest mehrheitlich als Gewinner fühlen werden.

Das bevorstehende Ende Mubaraks merkte ich vor 14 Tagen – also noch vor den ersten Demonstrationen – bei einem längeren Gespräch mit einem höherrangigen ägyptischen Diplomaten. Dieser sprach zu meiner Überraschung schon damals von der Ära Mubarak nur noch in der Vergangenheit und schloss schon damals aus, dass Hosni Mubarak von seinem Sohn beerbt werden könnte.

So wie in einer Demokratie eine noch so erfolgreiche Partei irgendwann abgewählt wird, ist es auch bei Diktatoren: Jede politische Uhr läuft einmal ab. Auch wenn Mubarak „nur“ ein autoritärer Diktator war, der lediglich das Machtmonopol verteidigt hat, nicht jedoch wie ein totalitäres Regime auch das Denken, das Privatleben, das Wirtschaftsleben seiner Untertanen komplett zu kontrollieren versuchte.

Die drei Jahrzehnte Mubaraks sind Geschichte. Sie sind aber keineswegs nur negative Geschichte. Denn sie haben für die Ägypter auch eine lange Periode des Friedens bedeutet. Das war nach den davorliegenden ständigen Nahostkriegen ein gewaltiger Wechsel – ein Wechsel freilich, dessen sich der Großteil der heutigen Ägypter auf Grund ihres Alters heute gar nicht mehr bewusst ist. Diese Generation fühlt sich daher dem Diktator gegenüber logischerweise zu keinerlei Dank verpflichtet. Ganz im Gegenteil: Sie macht ihm – neben vielem anderem – das gute Verhältnis zu Israel und den USA zum Vorwurf.

Dennoch war es eine große Leistung Mubaraks, sich weder vom arabischen Nationalismus noch vom islamischen Fanatismus in einen weiteren Krieg gegen Israel schicken zu lassen. Obwohl es für bedrängte Herrscher immer eine bewährte Strategie ist, sich bei inneren Schwierigkeiten gegen einen äußeren Feind zu wenden.

Vieles andere steht aber auf der Negativliste Mubaraks. Letztlich stürzt er über eine Revolte gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Wirtschaftlich hat das Land überhaupt nur dank der immensen Geldflüsse aus den USA überleben können. Kairo war nach Israel der zweitgrößte Empfänger amerikanischer Hilfe. Dennoch machten sich immer stärker die negativen sozialen Faktoren bemerkbar:

Alle vier Faktoren wird es aber auch nach Mubarak geben. So wie es sie in ganz ähnlicher Weise auch in Tunesien nach dem Abgang des dortigen Diktators gibt. Wer glaubt, dass der Sturz eines Potentaten daran etwas ändert, der täuscht sich.

Denn am Ende einer Revolution werden zusätzlich die Kosten des Umsturzes als weitere Last dazukommen: die Zerstörungen der Revolutionszeit; das Ausbleiben der Touristen; das Zögern der Investoren; die offene Frage, ob die USA weiterhin alljährlich so tief in die Geldtasche greifen werden (auf republikanischer Seite gibt es ja viel Kritik an der Auslandshilfe); und die vermutliche Vertreibung eines Großteils auch der mittleren Führungsschicht, welche erst nach einer längeren Übergangsfrist durch eine neue ersetzt werden wird.

Natürlich gibt es in Ägyptens Städten eine Mittelschicht. Diese träumt nun von einer rechtsstaatlichen Demokratie nach europäischem Muster. Eine solche würden wir den Ägyptern auch heftig wünschen. Doch fehlen dem Land und insbesondere den islamischen Zivilisationen ein von den armen und überwiegend ländlichen Massen mitgetragener kultureller Wurzelgrund und eine ökonomische Basis. Nur darauf aber kann sich in aller Regel eine stabile Demokratie entwickeln. Demokratie kann man einer Kultur nur schwer aufpfropfen, wenn sie noch nicht reif dafür ist.

Daher sind drei andere Szenarien für die Zukunft Ägyptens viel wahrscheinlicher.

  1. Die erste Variante: Nach Wochen und Monaten der Turbulenzen, nach ein oder zwei schwachen Übergangsregierungen, wohl auch nach einem chaotischen Wahlgang wird sich ein neuer Diktator an die Spitze setzen, etwa ein starker Mann aus der Armee. Und zumindest anfangs wird er sogar Zustimmung finden, weil sich die Ägypter dann schon längst wieder nach Ruhe und Ordnung sehnen werden, weil sie gemerkt haben werden, dass eine Revolution die Töpfe des Landes nicht gefüllt, sondern noch leerer gemacht hat. Sollte sich der neue starke Mann auch weiterhin an den Friedensvertrag mit Israel halten, sollte er etwas von Wirtschaft verstehen und weniger korrupt sein als die Vorgänger, würde das der Region wieder auf etliche Zeit Stabilität schenken.
     
  2. Die zweite Variante ist wahrscheinlicher: nämlich, dass sich bei Wahlen unter den ungebildeten Massen islamistische Parteien durchsetzen werden. Dabei sollte man weniger an den Iran als Modell denken, sondern an die Schreckensherrschaft der Hamas im Gaza-Streifen, die ja zunehmend totalitäre Züge annimmt. Man sollte nicht vergessen: Die Hamas ist ursprünglich durchaus demokratisch an die Macht gekommen, weil sie weniger korrupt schien als alle anderen Alternativen. Eine solche islamistische Herrschaft würde zweifellos gegenüber Israel und dem Westen viel aggressiver werden; sie würde die vom bisherigen Regime noch tolerierte koptische Minderheit zu Menschen zweiter Klasse degradieren; sie würde die Wirtschaft des Landes noch mehr lähmen; und sie würde auch wohl keine weiteren Wahlen zulassen, bei denen sie wieder abgewählt werden könnte – zumindest keine freien.
     
  3. Es gibt aber eine noch schlimmere dritte Variante: Dass keine politische, religiöse oder militärische Kraft die Kontrolle über Ägypten in die Hände bekommt, dass vielmehr jahrzehntelang bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen, dass jede Ordnung zusammenbricht, dass immer wieder ausländische Armeen intervenieren, wenn auch erfolglos. Beispiele für diesen Weg sind etwa Afghanistan oder Somalia.

Europa sollte sich jedenfalls gut anschnallen angesichts dessen, was da auf den Kontinent zuzukommen droht. Dabei haben wir noch gar nicht davon gesprochen, dass Symptome der tunesisch-ägyptischen Krankheit noch in einem Dutzend weiterer arabischer Staaten zu beobachten sind.

PS: Nichts ist so dramatisch, dass es nicht auch Grund zum Lachen gäbe. Den gibt das Verhalten der europäischen Sozialdemokraten: Sie sind seit einigen Tagen die lautesten, wenn es darum geht, die USA als Hauptschuldige an den ägyptischen Zuständen zu beschimpfen, und darum, einen rascheren Umsturz in Ägypten zu verlangen. Dabei verdrängen sie voller Chuzpe die peinliche Tatsache, dass die Staatspartei des Diktators Mubarak bis heute Vollmitglied in der Sozialistischen Internationale ist. Auch jene aus Tunesien war das – bis man sie nach dem Umsturz blitzschnell hinausgeworfen hat. Diese sozialistische Komplizenschaft gegenüber der Mubarak-Diktatur kontrastiert mit der lautstarken Denunziation Ungarns als „auf dem Weg zur Diktatur“ befindlich. Aber sich für irgendetwas noch zu schämen ist ja schon lange keine politische Kategorie mehr.

PPS: Die Sozialistische Internationale hat übrigens auch keinerlei Probleme damit, dass ihr Präsident Giorgos Papandreou heißt, der im Nebenberuf griechischer Ministerpräsident ist. Und uns allen als solcher sehr teuer ist.

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Warum das Ende der Wehrpflicht falsch wäre

01. Februar 2011 02:56 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Norbert Darabos hat in den letzten Monaten so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Inhaltlich, strategisch, taktisch. Schon aus diesem Grund brächte nicht einmal der konsensversessene Josef Pröll in seiner Partei eine Bundesheer-Reform durch, die auch nur annähernd an Darabos erinnern würde. Aber man sollte sich doch auch jenseits aller Parteipolitik mit dem Thema Berufsheer befassen, und mit den gewichtigen Argumenten für eine Wehrpflicht.

Die Berufsheer-Idee ist nicht deshalb falsch, weil sie von Darabos kommt. Oder weil sie durch sein Vorgehen schwer beschädigt worden ist. Vielmehr lassen diese Pläne wie auch viele Diskussionsbeiträge durchaus seriöser Persönlichkeiten grundlegende Probleme außer Acht.

Das zentrale Argument der Heeresabschaffer lautet: Österreich drohe seit einiger Zeit ohnedies kein Krieg. Deshalb könne man bis auf ein paar Einheiten für internationale friedensherstellende Operationen auf alle militärischen Vorbereitungen verzichten (und müsse nur einen Ersatz für die wegfallenden Zivildiener suchen). Das ist viel zu kurz gedacht. Aus vielerlei Gründen.

  1. Niemand weiß, ob sich nicht doch eines Tages im mitteleuropäischen Raum wieder eine Kriegsgefahr entwickelt. Der Verlauf der Geschichte hat sich seit Jahrhunderten als unberechenbar erwiesen. Wer „Peace in our time“ verkündet, hat aus der Weltgeschichte nichts gelernt. Und wenn das auf Zuruf der Kronenzeitung geschieht, die seit Jahren insbesondere gegen die tschechischen und slowakischen Nachbarn schürt, ist das besonders absurd.
    Daher sollte man sich immer bewusst sein, dass sich auch in Zukunft wieder neue Konflikte bilden können und werden. Auch wenn diese natürlich ganz andere, nur schwer vorhersehbare Auslöser haben. Jedoch: Wird das Bundesheer auf Grund der momentan tatsächlich sehr stabil scheinenden regionalen Lage auf das diskutierte Minimum zurückgefahren, dann kann es nicht mehr hochgefahren werden. Jedenfalls geht das nicht einmal annähernd so schnell, wie sich eine neue Konfliktgefahr entwickeln kann.
    Für die Wiederherstellung einer vollen Landesverteidigung würde es nach Expertenansicht mindestens drei bis fünf Jahre dauern. Wenn ganze Truppengattungen zugesperrt werden, noch länger. Es fehlen ja nicht nur die Köpfe, sondern auch das spezifische Knowhow in diesen Köpfen.
    Überdies würde jede Regierung zögern, mitten in einem neuen Konflikt die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu verkünden. Denn das könnte als ein besonders riskantes und provozierendes Signal interpretiert werden, das einen potentiellen Unruhestifter erst recht zu beschleunigtem Losschlagen veranlasst, bevor sich eine solche Wiedereinführung der Wehrpflicht auswirkt. Das löst sehr riskante Erinnerungen an die Mobilisierungs-Spirale vor den Weltkriegen aus.
  2. Schon in den letzten Jahren gab es immer wieder Aufgaben, die nur mit einem Heer in Wehrpflicht-Dimension bewältigt werden können. Man denke etwa an den Grenzschutz-„Assistenzeinsatz“. Dieser war angeordnet worden, weil die Exekutive außerstande war, den illegalen Immigrantenstrom ohne Heereshilfe zu bewältigen. Dass dieser Einsatz inzwischen längst obsolet ist, aber trotzdem aus parteipolitischem Opportunismus weitergeführt wird, ändert nichts an der Beweiskraft dieses Beispiels.
  3. Andere Bedrohungen, die jederzeit aktuell werden können, sind noch viel ernsthafter und brauchen noch viel mehr Mann. Da geht es weniger um klassische Landesverteidigung, sondern um militärische Aufgaben im Inneren der Republik, insbesondere um den Schutz gegen Terrorismus.  Das Innenministerium hat eine Liste von rund 1000 Objekten erstellt, die im Fall terroristischer Umtriebe unter Schutz zu stellen sind. Dabei geht es nicht nur um Regierungsgebäude, sondern auch um die wichtigsten Bahnhöfe und Flughäfen, und insbesondere um Pipelines, die großen Stromleitungen und die Wasserleitungen der großen Städte, die gegenüber chemischen, biologischen oder schmutzig-nuklearen Vergiftungen besonders exponiert sind. Experten wissen, dass schon jetzt nur noch ein Teil dieser Anlagen effektiv zu schützen ist, künftig aber wird gar nichts mehr schützbar sein. Obwohl terroristische Bedrohungen zwischen Moskau, London und Madrid fast schon europäischer Alltag geworden sind. Obwohl schmutzige (also keine besondere Technik erfordernde) Atombomben zum Alptraum vieler Sicherheitsexperten geworden sind. Obwohl die gegenwärtige rapide Destabilisierung der gesamten islamischen Welt zu besonderer Vorsicht mahnen sollte.
  4. Eine der Allgemeinheit viel mehr bewusste Aufgabe des Bundesheeres ist der Katastrophenschutz.  Dazu braucht es einen funktionierenden Apparat mit vielen Spezialisten und eingeübter Logistik. Selbst wenn man überoptimistisch davon ausgeht, dass sich im Ernstfall genug Freiwillige für Katastropheneinsätze melden werden, übersieht man das hohe Ausmaß an dabei notwendiger Professionalität. Dabei geht es nicht nur um Lawinen, Waldbrände, Chemieunfälle oder Hochwasser, sondern etwa auch um den Fall einer atomaren Katastrophe in der Nachbarschaft. Nur ein Wehrpflichtigen-Heer hätte beispielsweise eine nennenswerte Anzahl von Milizärzten auf Abruf bereit.
  5. Nur ein Bundesheer mit einer Luftwaffe kann das Land gegen Terrorflieger schützen, sonst könnten in Österreich, aber auch im angrenzenden Mitteleuropa keine Großveranstaltungen wie das Weltwirtschaftsforum stattfinden (bei dem sich erst dieser Tage die Herren Faymann und Spindelegger als Advokaten der mittelasiatischen Diktaturen versucht haben).
  6. Worüber niemand spricht, woran vielleicht auch niemand denkt, weil Tabu-Themen hierzulande sowieso verdrängt werden: Was tut Österreich bei revolutionsähnlichen Umtrieben der Hunderttausenden jungen Migranten, die oder deren Eltern in den letzten Jahren ins Land gekommen sind, wenn diese eines Tages von halbgebildeten Imamen zu einem Aktionismus nach tunesisch-ägyptischer Art aufgepeitscht werden? Wie reagiert da die Republik, sobald es kein Bundesheer mehr gibt?
  7. Worüber ebenfalls ungern gesprochen wird: Auch in sonstigen Krisenfällen ist für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Inneren der künftige Bedarf an einer Armee möglich. Man denke nur an das Risiko großflächiger Plünderungen im Gefolge von Großdemonstrationen oder nach einem mehrtägigen Zusammenbruch der Versorgung.
  8. Tatsache ist auch, dass bisher alle Pläne gescheitert sind, die davon ausgehen, dass sich genug Freiwillige für wichtige Aufgaben melden.
    a.      In den 70er Jahren war bei der umstrittenen Kreisky-Reform eine professionelle 15.000-Mann-Bereitschaftstruppe beschlossen worden. Diese 15.000 haben sich aber nur maximal zur Hälfte eingefunden. Der Rest musste wieder mit Wehrpflichtigen angefüllt werden, um den Anschein einer Bereitschaftstruppe aufrechtzuerhalten. Bis diese dann unter Platter ganz verschwunden ist.
    b.     Es haben sich auch für die Miliz nie genügend Freiwillige gefunden, die als Gruppenkommandanten die untere Führungsebene bilden könnten. An freiwilligen Milizübungen haben sich nur fünf Prozent der geplanten Zahl beteiligt
    c.      Auch die jetzigen Auslandseinsätze sind – im Gegensatz zu großspurigen früheren Ankündigungen – nur zur Hälfte mit Berufssoldaten bestreitbar. Der Rest kommt aus der Miliz.
    d.     Zählt man jene Österreicher zusammen, die sich derzeit freiwillig dem Bundesheer für eine berufliche Soldatenkarriere auf irgendeiner Hierarchieebene zur Verfügung stellen, dann sind das jährlich weniger als 1000. Das ist nicht einmal die Hälfte der Darabos-Wunschziffer.
  9. In Deutschland, wo man den Schritt zum Berufsheer bereits gesetzt hat, hat man erst dieser Tage zugeben müssen, dass das 1,2 Milliarden Euro mehr kostet als geschätzt. Damit wird eine Maßnahme, die eigentlich aus Gründen der Budgeteinsparung beschlossen worden ist, zumindest vorerst zum gegenteiligen Effekt führen. In vielen Ländern haben sich bei weitem nicht die geplanten Menschenmengen für den Soldatenberuf gemeldet. Das wird sich auf Grund der Demographie auch nicht bessern. Mäßige Bezahlung, niedriges Sozialprestige führen außerdem überall zu einer negativen sozialen Auslese, wie wir sie etwa in der britischen Berufsarmee schon lange kennen.
  10.  Aber selbst wenn alles an dem Darabos-Modell so wie vorgesehen funktionieren sollte, selbst wenn sich wirklich – trotz der vom Minister aus taktischen Motiven deutlich reduzierten Soldzahlungen – alljährlich 2000 Freiwillige als Milizsoldaten finden sollten, hat das Modell eine katastrophale und bisher kaum diskutierte Lücke: Es würde 20 bis 30 Jahre dauern, bis aus diesen freiwillig einrückenden Soldaten dann die vorgesehene Miliz gebildet ist, um die versprochene Mobilmachungsstärke von 55.000 Mann zu erreichen (die wir derzeit haben). Denn von den jetzigen Wehrpflichtigen steht ja bei Abschaffung der Pflicht über Nacht kein einziger mehr zur Verfügung. Und die Miliz würde dem Darabos-Plan zufolge nur aus jenen Männern und Frauen gebildet, die freiwillig sechs Monate bis sechs Jahre gedient haben, und die dann 15 bis 30 Jahre zu Übungen und Einsätzen bereitstehen müssten. Und natürlich kann auch keiner der 1,8 Millionen Wehrpflichtigen mehr einberufen werden, die jetzt noch für den allerernstesten Ernstfall theoretisch zur Verfügung stehen.

Das heißt: Wir haben in der Tat einen Verteidigungsminister, der auf Jahrzehnte die Erfüllung der Aufgaben des Heeres zu unterbrechen beabsichtigt.

Übrigens, bei all diesen Überlegungen ist noch keine Zeile die Rede von Auslandseinsätzen oder der vielbeschworenen europäischen Solidarität gewesen. Obwohl derzeit rund um Europa alle Pfeiler der Stabilität zusammenzubrechen drohen. Bei all diesen Überlegungen ist auch noch keine Zeile die Rede vom dann natürlich ebenfalls wegbrechenden Zivildienst gewesen. Obwohl das Rote Kreuz katastrophale Konsequenzen befürchtet.

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SN-Kontroverse: SPÖ-Wehrpflichtdebatte

28. Januar 2011 01:24 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Ist die SPÖ in der Wehrpflichtdebatte auf dem richtigen Kurs?

 

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

 

Gut, dass diskutiert wird

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Seit dem Fall der Berliner Mauer, dem Ende des Kalten Kriegs und dem Beitritt zur EU befindet sich Österreich in einer vollkommen anderen sicherheitspolitischen Situation als nach 1945. Die Bedrohungsszenarien und die Anforderungen bei der Bewältigung der militärischen Kernkompetenzen sind anders. Niemand würde heute glauben, dass Russland in Österreich durchmarschiert, um mit der NATO einen Krieg zu führen. Diese Annahme war in den 1960er-Jahren realistisch und hat folglich zur Entwicklung des Raumverteidigungskonzepts, der Spannocci-Doktrin geführt.

Jetzt ist es die allgemeine Wehrpflicht, die der Überprüfung durch die Realität nicht mehr standhält. Denn wie rechtfertigt es ein Staat, dass er jährlich Abertausende junge Männer zu einem mehrmonatigen Zwangsdienst verpflichtet, der weitgehend sinnentleert ist? Österreich ist von befreundeten Staaten umgeben, die keine kriegerischen Absichten hegen. Die Verteidigung des Vaterlandes als Grund für die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht fällt somit weg. Und gerade im Kriegsfall wäre die heutige Form der Ausbildung völlig ungeeignet. Kriegsgerät und Kriegsführung setzen hoch spezialisiertes Expertentum voraus. Aus den Knarren in der Hand des Infanteristen sind längst technisch hochkomplexe Waffensysteme geworden, die nur von geschulten Profis bedient werden können.

Auch das Argument, dass mit der Aufhebung der Wehrpflicht das Sozial- und Gesundheitssystem mit einem Schlag billige Arbeitskräfte verliert, zieht nicht. Es gibt zahllose Möglichkeiten, um jungen Leuten den freiwilligen Sozialdienst schmackhaft zu machen. Und da es Aufgabe der Politik ist, auf geänderte Situationen neue Antworten zu finden, ist es gut, dass nun eine Debatte über die Aussetzung des militärischen Zwangsdienstes entfacht wurde. 


Welche Debatte? Welcher Kurs?

Andreas Unterberger

Heute tue ich mir schwer mit der gestellten Frage. Denn ich kann weder eine Debatte erkennen noch einen Kurs der SPÖ (oder einen der ÖVP).

Geht es um den Kurs der „Kronen Zeitung", den Michael Häupl in der eitlen Hoffnung, solcherart seine Schlappe bei den Wien-Wahlen abzuwenden, im letzten Moment apportiert hat? Geht es um den Kurs des Verteidigungsministers, der alle paar Monate das Gegenteil als „in Stein gemeißelt" erklärt? Geht es um die hohlen, aber neuerdings heftig trainierten Töne des SPÖ-Bundeskanzlers? Geht es um den Kurs des SPÖ-Wehrsprechers, des SPÖ-Verfassungssprechers, des SPÖ-Bundespräsidenten, die alle für die Wehrpflicht sind?

Ich kann aber auch keine Debatte erkennen. Soll diese im brutalen Hinauswurf des obersten Offiziers bestehen, nur weil der eine solche zu führen versucht hat? Soll das vom Minister auf den Tisch des - in mehrfacher Hinsicht sprachlosen - Koalitionspartners geknallte Papierchen eine Debatte darstellen? Sollen es die darin enthaltenen Zahlen sein, die entgegen den ursprünglichen Expertenberechnungen auf seine Anordnung so lang manipuliert wurden, bis dann doch irgendwie eine Berufsarmee als finanzierbar dargestellt werden konnte? Sollen das die Lügen sein, dass es in Schweden, Belgien oder Deutschland positive Erfahrungswerte mit einer Berufsarmee gäbe? Soll die Debatte im Fehlen jeder Analyse bestehen, auf welche neuen Aufgaben und Gefahren Österreich und Europa sich eigentlich vorbereiten müssten? Oder in der panischen Angst vor jeder Neutralitätsdebatte? Oder im totalen Ignorieren der ernsthaften Sorgen, dass sich die künftige Armee überwiegend aus Rechtsradikalen, aus Arbeitslosen sowie aus Zuwanderern ohne emotionale Bindung an Österreich rekrutieren dürfte?

Eine ernsthafte Debatte wird es erst geben, wenn die SPÖ einen ernsthaften Minister präsentiert. Also einen anderen.

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Ende für Darabos – oder die Koalition?

26. Januar 2011 01:26 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Norbert Darabos hat in dieser Republik nur noch eine einzige Aufgabe: seinen Rücktritt zu erklären. Nicht weil er einen Generalstabschef abgesetzt hat, der einer anderen Meinung war. Sondern weil er dies ohne Rücksprache mit dem verfassungsrechtlichen Oberbefehlshaber des Bundesheeres getan hat, weil er fast ständig die Unwahrheit spricht, weil er in der zentralsten Frage seines Ressorts jede Glaubwürdigkeit verloren hat, weil er sich binnen weniger Monate diametral widerspricht, weil er keine einzige Sekunde den Eindruck erweckt, dass ihm entgegen seinem Verfassungsauftrag die Sicherheit des Landes am Herzen läge.

Tritt Darabos aber nicht zurück, wird auch der knieweichen Führung der ÖVP eine intensive Diskussion nicht erspart bleiben, was sie noch in dieser Regierung verloren hat. Denn eine Kanzlerpartei, die nur noch ausführendes Organ einer Boulevardzeitung ist, die aus purem Populismus gleichzeitig Schulen, Universitäten, Staatsfinanzen und Landesverteidigung ruinieren will, eine solche Partei kann für eine bürgerliche Partei als Partner nicht akzeptabel sein. Denn der Regierungsstil der Faymann-SPÖ ist für das regierte Land viel gefährlicher und mieser als etwa die skurrilen Bettgeschichten eines Silvio Berlusconi, die viele Medien so erregen.

Und Josef Pröll wird keinem seiner Wähler noch erklären können, warum H.C. Strache so viel schlimmer sein soll als ein Werner Faymann. In Sachen Populismus hat jedenfalls der rote Parteichef die Nase vor dem blauen. Denn es war ja zweifelsfrei niemand anderer als Faymann, der dem verfassungsrechtlich eigentlich weisungsfreien Verteidigungsminister den „Wunsch“ des Wiener SPÖ-Chefs mitgeteilt hat, sich entgegen allen früheren Eiden plötzlich für die Abschaffung der Wehrpflicht auszusprechen.

Der erst mit Verspätung klar gewordene Überdrüber-Skandal ist, dass Darabos vor dem Hinauswurf des Generalstabschefs den Oberbefehlshaber des Bundesheeres nicht einmal konsultiert hat. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Dieser verkommenen SPÖ ist ein Befehl der Kronenzeitung wichtiger als das von den Bürgern gewählte Staatsoberhaupt. Das ist ungeheuerlich (wobei an diesem Urteil die Tatsache nichts ändert, dass der Tagebuchautor Fischer nicht gewählt hat).

Darabos hat diesen Oberbefehlshaber auch nicht einbezogen, als er plötzlich die Abschaffung der Wehrpflicht angekündigt hat. Er hat auch keinerlei Konsultationen mit dem Koalitionspartner der SPÖ, geschweige denn den Oppositionsparteien geführt. Die Entscheidung, welche die Grundfesten unserer Verfassung ändert, fiel mit einer Beiläufigkeit wie die Anschaffung neuer Brillen für den Burgenländer.

An diesem Skandal ändert auch die Lüge nichts, dass sein Rapport beim Bundespräsidenten wenige Stunden nach Enthebung des Oberbefehlshabers ein „schon länger vereinbartes routinemäßiges Gespräch“ gewesen sei. Fischer ist zugute zu halten, dass er dieses Spiel nicht mitmachte. Er lobte vielmehr demonstrativ den gefeuerten Edmund Entacher und bezweifelte in aller Öffentlichkeit ziemlich deutlich die Rechtmäßigkeit der Entlassung (an der nach der Meinung des Tagebuchautors juristisch jedoch nicht zu rütteln sein dürfte).

Verlogen ist auch die Behauptung, dass in Schweden oder einem anderen Land die Umstellung auf ein Berufsheer klaglos funktioniert hätte. Verlogen ist ferner die Behauptung, dass der mit der Wehrpflicht verbundene Zivildienst keinen Schaden erleiden wird (auch wenn die SPÖ-hörigen Caritas-Bosse solches behaupten). Verlogen ist es auch, die Besorgnisse zu ignorieren, dass bei einem Berufsheer nur noch unerquickliche Außenseiter, Arbeitslose, bindungslose Zuwanderer und Rechtsradikale die Waffen des Landes in die Hand bekommen. Und verlogen ist es schließlich auch, nun so zu tun, als ob Entacher zuerst dem Darabos-Vorhaben zugestimmt hätte und dann rätselhafterweise umgefallen wäre.

Was sich ganz einfach beweisen ließe: Entacher müsste nur die volle Garantie bekommen, dass ihm keine dienstrechtlichen Konsequenzen drohen, wenn er in der Öffentlichkeit oder zumindest im Landesverteidigungsausschuss oder im Parlament die Causa darlegen dürfte. Aber allein die Tatsache, dass ihm Darabos einen offenbar totalen Maulkorb umgehängt hat, zeigt ja, wo die Wahrheit zu finden ist.

Wie lange soll diese grausliche Gruppierung das Land noch regieren? Steht Österreich bald am Rande tunesischer Verhältnisse, wo die politische Klasse schlussendlich von den Massen davongejagt wird?

Die ÖVP-Spitze hat – in Wahrheit zu ihrem Leidwesen – den Schlüssel in der Hand. Selbst wenn sie keine Neuwahlen riskieren will (was angesichts der Umfragen nachvollziehbar ist), muss sie nun im eigenen Überlebens-Interesse ihren kompromisslerischen Kurs umgehend aufgeben. Sollte sie auch nur einen Schritt auf die Darabos-Vorstellungen zugehen, dann ist sie endgültig verloren. Die Frage ist nur, ob das der konsenssüchtige Josef Pröll endlich begreift. Hat er doch bisher am Schluss dem hemmungslosen Machtspiel Faymanns immer nachgegeben.

 

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Darf er das? Dürfen die das?

25. Januar 2011 00:52 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Dürfen Beamte den eigenen Minister kritisieren? Darf der Verteidigungsminister den Generalstabschef wegen offen kommunizierter Meinungsverschiedenheiten seiner Funktion entheben? Seit Norbert Darabos ohne irgendwelche Argumente nicht nur über seinen eigenen, vor wenigen Monaten noch in Stein gemeißelten Standpunkt, sondern auch über die Bedenken praktisch aller Offiziere drübergefahren ist, steht neben dem unglückseligen Burgenländer, dem genauso armseligen Bundesheer auch das Beamten-Dienstrecht im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die Debatte zeigt, wie sehr diese billige Willfährigkeit des Ministers gegenüber der Kronenzeitung und dem Wiener Bürgermeister die Offiziere, aber auch eine ganze Reihe von SPÖ-Abgeordneten empört. Die Kontroverse um die Abschaffung der Wehrpflicht ist doch einzig deshalb ausgebrochen, weil Michael Häupl im Wahlkampf das Wasser bis zum Hals gestanden ist und er geglaubt hat, mit einer Demutsgeste gegenüber der wehrdienstfeindlichen Kronenzeitung noch die absolute Mehrheit retten zu können. Womit er freilich die Bedeutung des im langsamen Abstieg befindlichen Blattes überschätzt und er den rückgratlosen Darabos in extreme Peinlichkeit gebracht hatte.

Der Widerstand ehrt in jedem Fall die Offiziere und Unteroffiziere. Sie haben immerhin einen Eid darauf abgelegt, zusammen mit ihren Soldaten die Republik auch unter Einsatz des eigenen Lebens zu verteidigen. Das passt so gar nicht mit dem billigen parteipolitischen Opportunismus der SPÖ-Führung zusammen.

Der Widerstand ehrt aber auch die – wenigen – mutigen SPÖ-Abgeordneten. Immerhin zeigt sich, dass auch in dieser Partei einige sitzen, denen Grundsätze wichtiger sind als populistischer Opportunismus. Warum sie dann nicht schon längst einem Werner Faymann die Treue aufgekündigt haben, bleibt freilich offen. Weiß doch schon seit Jahr und Tag jeder bis auf Josef Pröll, dass der Mann mit der Visitenkarte „Bundeskanzler“ seine Großmutter und als Zugabe auch noch Österreich zu verkaufen bereit wäre, nur um sich an der Macht halten zu können. Und dass er natürlich auch parteiabhängige Schwächlinge wie einen Darabos zu Ähnlichem zwingen kann.

Norbert Darabos hat freilich dennoch juristisch und politisch das Recht, einen Generalstabschef abzuberufen, der mit ihm nicht einer Meinung ist. Denn ohne den in der Verfassung festgehaltenen Primat der Politik kann kein Land funktionieren.

Gleichzeitig weiß Darabos, dass er mit einem Disziplinarverfahren gegen den abberufenen General Entacher keine Chance hätte. Es kann kein Disziplinarverfahren gegenüber Staatsbürgern geben, die ihre verfassungsmäßigen Rechte in Anspruch nehmen. Und dazu zählt nun mal die Meinungsfreiheit.

Der Minister kann Soldaten lediglich den Befehl beziehungsweise die Weisung geben, in dienstlicher Funktion keine öffentlichen Aussagen zu machen und in privater Funktion kein dienstliches Wissen preiszugeben. Aber mit den Argumenten des gesunden Menschenverstandes darf sich zweifellos auch künftig ein General genauso wie ein Gefreiter zu Wort melden. Ein Soldat kann also jedenfalls den Rücktritt auch des eigenen Ministers verlangen. Schwerer tut er sich hingegen, wenn er taktisch-strategische Analysen, die notgedrungen auf seinem Dienstwissen aufbauen, in die Rücktrittsforderung einbaut.

Ein Minister kann sich gegenüber anders denkenden Beamten nur auf eine Weise rächen: bei Beförderungen beziehungsweise Funktionseinteilungen. Wer Charakter und Gewissen hat, der wird das aushalten. Vor allem ein Generalstabschef tut sich da leicht, der nichts mehr werden kann und an dessen Bezügen sich durch die Abberufung nichts ändern kann.

Wäre es anders, wären wir wieder in die Zeit der Monarchie zurückgesunken: Damals durften Offiziere nicht einmal vom Wahlrecht Gebrauch machen. Weder aktiv noch passiv. Sie hatten willenlose Instrumente des Kaisers zu sein. Will uns jetzt ausgerechnet die Sozialdemokratie wieder in jene Zeiten zurückführen? Das wäre nun doch ein Treppenwitz der Geschichte, ist der jetzigen SPÖ-Führung aber durchaus zuzutrauen. Hat doch beispielsweise auch der Bundeskanzler den mit der Erstellung unabhängiger Rechtsgutachten beauftragten Chef des Verfassungsdienstes brutal gefeuert, der im Gegensatz zu Entacher öffentliche Kritik geäußert hat – während Vorvorgänger Schüssel übrigens noch alle roten Sektionschefs verlängert hat.

Dass weisungsunterworfene Beamte volle Meinungsfreiheit haben, zeigt sich auch daran, dass es in der Republik schon Hunderte Beamte als Abgeordnete gegeben hat – auch Abgeordnete einer anderen Partei als jener des Ministers.

Das einzige, woran Beamte gebunden sind, sind Weisungen, Amtsgeheimnisse  und Gesetze. Aber von einem Gesetz über das Ende der Wehrpflicht sind die krausen und völlig unkonkreten Vorstellungen des Herrn Darabos noch Kilometer entfernt. Es gibt nicht einmal Regierungsbeschlüsse dazu. Und die ÖVP scheint langsam zu erkennen, dass sie bei einer auch nur annähernden Zustimmung zu den Darabos-Plänen weitere Mandate an die Strache-FPÖ verlieren würde. So wie schon bei jedem bisherigen Nachgeben vom Grundeinkommen bis zur Schwulenehe bis zur Verlängerung der Hacklerregelung bis zur Verschiebung des Budgets nach die Wiener Wahlen.

Die Berufssoldaten waren bisher eine schwarze Festung. Die würden wohl geschlossen zu den Blauen wechseln, während die SPÖ mit ihrer anti-Wehrdienst-Linie höchstens bei den 16- bis 18-jährigen Burschen punkten kann.

Wenn sich nicht wieder die schlechten Ratgeber und der konfliktscheue Charakter des ÖVP-Obmanns durchsetzen, die ihm in den letzten zwei Jahren immer wieder zu selbstbeschädigendem Nachgeben geraten haben, dann bleibt Darabos der Blamierte. Und die Herrn Edmund Entacher, Peter Wittmann und Heinz Fischer werden über Nacht zu lobenswerten Charakteren.

Sie haben wenigstens eine Linie, zu der sie stehen. Was übrigens nichts daran ändert, dass eine ernsthafte Debatte über Bedrohungsbilder und die besten Abwehrstrategien mit offenem Ergebnis geführt werden sollte. An deren Ende alles stehen könnte: von einer allgemeinen Dienstpflicht für Burschen und Mädchen bis zu einer hochprofessionellen Berufsarmee. Aber eben nach einer ernsthaften Debatte und nicht nach dem Modell Krone-Häupl-Darabos.

PS: Massiv drängen sich übrigens die Ähnlichkeiten zwischen dem Vorgehen von Norbert Darabos und jenem von Ernst Strasser im Jahr 2000 auf. Innenminister Strasser hat damals einige offen Widerstand leistende SPÖ-Polizeikommandanten ihrer Funktionen enthoben. Der Widerstand äußerte sich etwa auch in der Teilnahme an aggressiven Antiregierungs-Demonstrationen. Man kann nun gespannt sein, wie sehr sich linke Journalisten zwischen Falter, Profil und Standard ihrer damaligen Kommentare erinnern werden, als sie wegen der Strasser-Maßnahmen noch Jahre nachher den Ausbruch des Faschismus an die Wand gemalt haben.

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Die kleine Chuzpe einer langen Geheimdepesche

06. Dezember 2010 12:06 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Es war einmal ein kleiner österreichischer Chefredakteur, in dessen Büro eine ganz hochrangige amerikanische Botschaftsdelegation einmarschierte. Sie war durchaus höflich und freundlich – tat aber genau das, worüber sie später bittere Beschwerde-Depeschen verfasste (die jetzt an die Öffentlichkeit gelangten), wenn Österreich dasselbe macht: Es ging bei diesem Besuch nämlich um diplomatisches Engagement für handfeste Wirtschaftsinteressen.

Der Anlass war der Versuch, Österreich zum Kauf von amerikanischen F-16-Flugzeugen zu veranlassen. Dabei kann man den Amerikanern durchaus zubilligen, dass ihre Flugzeuge weit billiger als die Eurofighter gewesen wären. Allerdings waren sie gebrauchte und generalüberholte Maschinen, hatten daher eine deutlich kürzere Lebenserwartung als die Eurofighter.

Dass die amerikanischen Maschinen auch technisch nicht so viel konnten wie die europäische Konkurrenz, ist inzwischen freilich irrelevant. Hat doch der unheilvolle Norbert Darabos bei der teuren Neuverhandlung des Kaufvertrages sich hinten und vorne über den Tisch ziehen lassen – und daraufhin viel schlechtere Flugzeuge bekommen, die am besten mit dem Adjektiv „kastriert“ zu qualifizieren sind.

Daher ist es aber jedenfalls eine Chuzpe, wenn sich die Amerikaner in der vor wenigen Stunden über Wikileaks veröffentlichten Depesche aus dem August 2009 über diesen Aspekt der Wiener Politik beklagen. Lateiner würden sagen: Quod licet Iovi . . .

Dennoch ist das Dokument überaus aufschlussreich und ein präzises Porträt der gegenwärtigen politischen Akteure in Wien. Es deckt sich weitestgehend mit dem, was die (recht wenigen) unabhängigen Journalisten über Faymann&Co geschrieben haben. Aber als Bericht einer großen Botschaft, die auch mit nicht ganz offiziellen Informationsmethoden arbeitet, bekommt das Urteil doch zusätzliches  Gewicht. Daher nun die wichtigsten Passagen in (eigener) Übersetzung:

„Aus vielen Gründen hat die gegenwärtige österreichische Regierung seit ihrer Bildung im Dezember 2008 die Außenpolitik weitestgehend ignoriert. Einige der Gründe – Wirtschaftskrise, Budgetkürzungen, Desinteresse der Minister – sind für die neue Regierung spezifisch. Andere Gründe haben hingegen viel tiefere Wurzeln – das Fehlen langfristiger Ziele und ein populärer Isolationismus.“

„Weder Kanzler Faymann (SPÖ) noch Außenminister Spindelegger (ÖVP) hatten eine signifikante außenpolitische Erfahrung. Seither ist auch klar geworden, dass Faymann kein persönliches Interesse für internationale Angelegenheiten hat – wir hörten dies von xxxxxx (Anmerkung: Während das Dokument sonst viele Informanten mit Namen nennt, gibt es offenbar eine besonders schützenswerte Quelle in der heimischen Politikszene, deren Name entweder von Wikileaks oder von den Autoren dieser – scheinbar – internen Depesche geheimgehalten wird) und von höheren Mitarbeitern in der Präsidentschaftskanzlei und im Außenministerium. Bei Außenminister Spindelegger, dem weithin gute Absichten zugebilligt werden, gilt als unsicher, in welche Richtung er das Ministerium führen möchte.“

„Der dritte potenzielle außenpolitische Mitspieler auf Ministerebene, Verteidigungsminister Darabos, gilt ebenfalls als uninteressiert in Fragen der Außenpolitik und internationalen Sicherheit; er zeigt sich offen feindlich zur Entsendung österreichischer Truppen in gefährliche Missionen (wie etwa nach Afghanistan). Wenn andere Ministerien, beispielsweise das Innen- und das Justizressort, um Unterstützung für internationale Programme gebeten worden sind (wie polizeiliches und richterliches Training in Afghanistan), haben diese die Idee sofort abgelehnt, und zwar wegen Budgetknappheit, der Zunahme von innerösterreichischen Aufgaben und der damit verbundenen Gefahr.“

„Wenn man das Führungsproblem zusammenfasst, dann hat die politische Führung wegen der Wirtschaftskrise wenig Zeit gehabt, sich der Außenpolitik zu widmen, außer diese hat direkte innenpolitische Bedeutung (wie die Aufrechterhaltung des österreichischen Banns gegen genveränderte Landwirtschaft oder EU-Fragen wie die vorgeschlagene gemeinsame Asylpolitik).“

„Die Österreicher möchten aber auch dann in Sachen Außenpolitik ambivalent bleiben, wenn die genannten Probleme gelöst sind. Seit dem Ende des Kalten Krieges 1990/91 und seit dem EU-Beitritt 1995 habe Österreich laut Politologen wie Erich Froeschl vom SPÖ-Renner-Institut kein zentrales außenpolitisches Ziel mehr. Die Bevölkerung spürt keine Bedrohungen von außen, und der internationale Status ist sicher. In Auseinandersetzung mit politischen Initiativen aus Brüssel, die den Eindruck erwecken, lokale Interessen zu verletzen (wie beim Gen-Verbot) und der verspürten kulturellen Bedrohung und Kriminalitäts-Steigerung durch die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern und der Türkei, sei Österreich seit 1995 isolationistischer geworden. Diese Analyse wird durch den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien bestätigt. Österreichs größte und einflussreichste Zeitung, die Kronenzeitung (mit einer täglichen Leserschaft zwischen einem Drittel und der Hälfte der Bevölkerung), vertritt regelmäßig und polemisch isolationistische, Anti-EU- und antiamerikanische Positionen. Sie hat sich jedoch zu Präsident Obama gemäßigt und positiv gezeigt.“

„Die Entwicklung des Neutralitäts-Verständnisses der Österreicher hat die isolationistischen Gefühle verstärkt. Die Neutralität war dem Land 1955 als Bedingung für die Wiedererlangung der Souveränität auferlegt worden; in den 60er Jahren begann man, sie als Tugend zu sehen, die Österreich ermöglichte, Dinge zu tun, die Mitglieder der Nato oder des Warschauer Paktes nicht konnten. Dazu gehört ein netter Vorteil als Gastgeber vieler internationaler Organisationen oder eine Vermittlungsrolle in Nahost. Am Ende des Kalten Krieges versuchten die Konservativen, einen Nato-Beitritt zu betreiben, aber sie konnten nicht die Anhänglichkeit der Öffentlichkeit an die „immerwährende Neutralität“ überwinden. Und seither ist jede Infragestellung der Neutralität beinahe ein Tabu. Dennoch hat sich deren Konzept weiterentwickelt, und sie wird nun von Gegnern jedes auswärtigen Engagements benutzt. Sobald die Neutralität angerufen wird, ist jede weitere Debatte fast unmöglich.“

Vieles andere in der Depesche berührt zum Teil schon überholte Fragen; dort findet sich dann im Gegensatz zur generellen Kritik aber auch manches Lob für Österreichs Kooperation bei kleineren diplomatischen Initiativen.

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Das größte Loch der Weltgeschichte

29. November 2010 17:57 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Derzeit wird in aller Welt heftig gelesen: Was steht sonst noch in den Wikileaks-Veröffentlichungen von Hunderttausenden Seiten amerikanischer Geheimdepeschen? Was hat wer über wen gesagt? Und was kann man alles aus diesen Veröffentlichungen schließen? Aber schon nach den ersten Stunden kann man viele spannende Schlussfolgerungen ziehen, denn Wikileaks verändert die gesamten internationalen Beziehungen grundlegend.

Was auch immer jetzt an Verurteilungen der – großteils noch unbekannten – Verräter zu hören ist, so steht doch fest: Alle Welt verachtet Verräter, aber man liebt den Verrat. Vor allem, wenn sein Inhalt hinten und vorne so heftig menschelt.

Das Loch im amerikanischen Außenministerium ist die größte Blamage der US-Politik seit Jahrzehnten. Wer kann jemals noch Vertrauen ins Funktionieren des noch immer mächtigsten Landes der Erde haben, wenn dieses nicht einmal imstande ist, die eigenen Geheimdokumente auch wirklich geheim zu halten?

Wie soll – so die noch viel heiklere Frage – die Sicherheit von Atom- und anderen Massenvernichtungswaffen gewährleistet werden, wenn nicht einmal der technisch am weitesten fortgeschritten Staat die Geheimhaltung von Staatspapieren schafft, sondern deren Veröffentlichung in Großhandelsdimensionen hinnehmen muss?

Doppelt peinlich wäre es, wenn die Veröffentlichungen wirklich das Werk eines einzigen radikalen Schwulenaktivisten gewesen sind, der lediglich den Rang eines Obergefreiten in den amerikanischen Streitkräfiten hat, und der jetzt auf Jahrzehnte hinter Gitter wandern dürfte. Darauf deuten jedenfalls die Informationen aus den USA hin. Was ist das für ein Land, das sich von einem einzigen Obergefreiten lahmlegen lässt? Irgendwie erinnert das an einen Gefreiten, der einen Weltkrieg ausgelöst hatte. Lehre: Passt auf die Gefreiten auf!

Wikileaks ist auch eine Katastrophe für Verlage: Wer soll noch jemals die Memoiren eines Politikers kaufen, wenn er viel ungeschminktere Wahrheiten via Internet lesen kann, bevor ein Politiker Jahrzehnte danach auspackt, was er auspacken will? Was nie die ganze Wahrheit ist. Denn auch bei Memoiren wird meist diplomatisch schöngefärbt und Peinliches übergangen.

Jeder Kontakt zwischen Diplomaten, zwischen Politikern und Diplomaten wird künftig noch viel weniger substanziell ablaufen als bisher. Denn jeder Teilnehmer wird immer daran denken müssen, dass eine offene und ehrliche Formulierung bald irgendwo veröffentlicht werden könnte. Es wird daher vieles rein floskelhaft bleiben müssen, wo dringend zur Sache geredet werden sollte.

Zugleich erinnern die Dokumente intensiv an einen lockeren Spruch des einstigen Außenministers Willibald Pahr. Dieser hatte die Bedeutung diplomatischer Berichte österreichischer Botschafter – deren oberster Adressat er immerhin war – massiv hinuntergespielt: „Wenn ich täglich die Neue Zürcher Zeitung lese, bin ich rascher und besser informiert.“ Wobei damals die NZZ etwa in Wien noch viel bessere Korrespondenten hatte.

Denn zu 95 Prozent sind die Inhalte, soweit man sie bis jetzt überblicken kann, eine Bestätigung oder Wiederholung von Bewertungen, die man auch in guten Wochen- oder Tageszeitungen (oder Internet-Blogs) lesen kann. Der ganze teure Apparat kocht also nur mit Wasser. Was der Tagebuch-Autor vor Jahren mit dem Satz: „Die Diplomatie ist nur das teuerste Reisebüro der Welt“ auf den Punkt zu bringen versucht hatte.

Jeder Politikexperte weiß auch, dass in amerikanischen Botschaften die Trennlinie zwischen „reinen“ Diplomaten und Geheimdienstagenten eine sehr fließende ist (und dass diese Trennlinie beispielsweise bei Russen überhaupt nicht existiert). In Journalistenkreisen kursieren etwa seit Jahrzehnten regelmäßig Hinweise, welcher US-Diplomat der jeweilige CIA-Chef für Österreich ist. Aber auch bei den österreichischen Diplomaten gibt es da durchaus einschlägige Tarnungen. So berichten natürlich alle Militärattachés primär ans Heeresnachrichtenamt (übrigens die einzige Stelle in Österreich, die jenseits aller journalistischer James-Bond-Phantasien wirklich gute Analysen zu  den wichtigsten Krisenregionen hat).

Trotzdem ist es schon ziemlich peinlich, um nicht zu sagen lächerlich, wenn offenbar auch „echte“ Diplomaten angehalten werden, Vielfliegernummern ausländischer Kollegen auszuspähen.

Und dort, wo die größte Diplomatie der Welt sich über Schmähungen hinaus auf Prophezeiungen eingelassen hat, haut sie kräftig daneben: etwa bei der letzten Papstwahl.

Es ist fast erstaunlich, dass bisher keine wirklich großen Schweinereien bekanntgeworden sind. Denn verächtliche Bezeichnungen über die Politiker anderer Länder kann man bestenfalls in die Kategorie kleiner Schweinereien einordnen. Werden doch die meisten dieser Einschätzungen auch noch von den meisten anderen Menschen geteilt.

Wer soll etwa widersprechen, wenn Russlands Putin als „Alpha-Rüde“ bezeichnet wird, Frankreichs Sarkozy als „empfindlich und autoritär“, Afghanistans Karzai als „schwache Persönlichkeit“, der türkische Machthaber Erdogan als Mensch mit islamistischen Tendenzen oder Deutschlands Merkel als „selten kreativ“?

Trotzdem wird man in den nächsten Wochen und Monaten bangen müssen, ob nicht die gesamthafte Veröffentlichung von Dokumenten manche Sympathisanten und Helfer der Amerikaner – gleichgültig, ob sie gegen Geld oder aus Sympathie für die freie Welt gehandelt haben – ins Gefängnis oder an den Galgen bringen wird.

Soweit man das Konvolut bisher überblickt, sind ansonsten zwei inhaltliche Informationen sehr ernst zu nehmen:

A. Das gilt vor allem für die Kriegsgefahr rund um den heftig an Atombomben bastelnden Iran. Dieser ist den Berichten zufolge von Nordkorea mit Raketen beliefert worden, die auch bis Wien reichen könnten. Gleichzeitig erfährt man, dass eine ganze Reihe arabischer Staatschefs ebenfalls einen Krieg mit Iran für unvermeidlich halten und sogar wünschen. (Dasselbe gilt natürlich für das primär bedrohte Israel; die aktuellen Anschläge auf iranische Atomwissenschaftler sprechen dazu schon Bände.) Da kommt in den nächsten Jahren Dramatisches auf uns zu.

B. Überraschend ist, wie kritisch auch die USA die gegenwärtigen Machthaber der Türkei sehen. Bisher musste man ja glauben, dass die USA die Türkei nach wie vor hochschätzen. Wenn aber in jenem Land neoosmanische Tendenzen – also große Lust an einer Erweiterung der Macht- und Einflusssphäre mit welchen Mitteln immer – geortet werden, könnten nun auch die Europäer den Mut haben, die türkische Beitrittsgespräche endgültig zu beenden.

Und jetzt schon kann man praktisch für alle Weltkonflikte sagen: Die Menge an Vertrauen in den zwischenstaatlichen Beziehungen ist rundum deutlich geringer geworden. Obwohl Vertrauen der wichtigste Dünger ist, durch den die Hoffnungen auf eine friedliche Welt blühen können. Das sollte man bei aller voyeuristischen Lust am Blick hinter die Kulissen der Weltpolitik – wer hätte die nicht! – im Bewusstsein behalten.

PS: Sind die Herrn Faymann und Pröll den amerikanischen Diplomaten wirklich nicht einmal eine Fußnote wert gewesen?

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Wenn Außenministerien über Toleranz diskutieren lassen

29. November 2010 01:04 | Autor: Johannes Auer
Rubrik: Gastkommentar

Vom 8. bis 12. November hatte ich die Ehre, an der vom U. S. State Department veranstalteten Young Leaders Dialogue with America Conference teilzunehmen. Diese grundsätzlich hervorragende Konferenz dient Nachwuchswissenschaftlern und Experten zur Diskussion brennender Zeitthemen in einem transatlantischen Rahmen.

Die drei Arbeitsgruppen „Tolerance & Diversity“, „Climate Change & Environmental Issues“ und „New Challenges in Transatlantic Security“ berieten auf Einladung des amerikanischen Außenministeriums in diesen Tagen über die bevorstehenden Aufgaben für die westliche Welt. Ich selbst war der dritten Arbeitsgruppe zugeteilt.

An einem der Tage wurden ich und einige Kollegen beim Mittagessen aufgehalten und kamen zu einem unserer Panels zu spät, der Kellner in jenem libanesischen Restaurant, in welchem wir unser Essen einnahmen, hatte eine eigene Definition von Geschwindigkeit und ließ uns auf die Rechnung warten. Diese Verspätung hatte zur Folge, dass wir kurzfristig in ein Panel der Arbeitsgruppe „Tolerance & Diversity“ ausweichen mussten, welches den vielsagenden Titel „Interfaith Dialogue“ trug.

Naturgemäß drehte sich die Diskussion nicht um einen echten Dialog zwischen den drei monotheistischen Religionen oder um das Klären von kritischen Fragen, sondern darum, den Islam in den Himmel zu loben, die (wie immer pauschal) „friedliebenden Einwohner“ des Iran zu verteidigen und natürlich die Welt als große rosa Blase darzustellen, in der sich alle lieb haben müssen und nur positiv gesprochen und gehandelt werden darf. Diese Atmosphäre war derart unerträglich, dass ich mich genötigt sah, das Wort zu ergreifen.

Ich erlaubte mir die Frage, wie denn der sogenannten „Dialog“, der hier von einer kleinen „Elite“ geführt wurde, und der uns offenbar suggerieren solle, dass das Verhältnis zwischen Juden und Muslimen ungetrübt sei und die Probleme nur durch einige Fanatiker entstünden, zu den Menschen und vor allem den staatlichen Eliten im Mittleren Osten gebracht werden könne? Wie solle man mit der Tatsache umgehen, dass Abermillionen Muslime und vor allem deren staatliche Repräsentanten die Auslöschung Israels fordern? Wie soll ein solcher Dialog die Sicherheitsprobleme der lebenden Juden oder auch der Christen im Mittleren Osten lösen, wenn man nicht die Probleme ansprechen darf?

Die Antwort eines der Teilnehmer des Podiums war typisch. Er antwortete nur zwei Dinge: zum ersten gäbe es auch Millionen von Muslimen, die Israel nicht auslöschen wollten (das beruhigt uns natürlich ungemein), und außerdem habe er einmal eine Familie im Iran besucht und diese gefragt, ob sie Israel auslöschen wollten, diese habe natürlich entrüstet mit „Nein“ geantwortet.

Dieser „Experte“ scheint zum einen eine etwas eigenartige Definition von empirischer Forschung zu haben und er scheint nicht zu begreifen, dass es völlig unerheblich ist, was Familie X im Iran will, wenn die Staatsführung und der gesamte Sicherheitsapparat die Auslöschung des jüdischen Staates fordern.

Damit war die „Diskussion“, pardon der „Dialog“, noch nicht beendet: Eine junge „Expertin“ aus einem osteuropäischen Land meldete sich zu Wort und belehrte mich in salbungsvollen Worten, dass sie viel näher am Nahen Osten lebe und alles nicht so schlimm sei mit dem Islamismus.

Bevor sie allerdings in endgültiges Wehklagen abgleiten konnte, fragte ich scharf nach, dass, wenn alles so wunderbar sei, ich mich fragen würde, warum die Realität in der islamischen Welt dieser heilen Welt widersprechen würde. Also warum Steinigungen, verprügelte Frauen, hingerichtete Homosexuelle, verprügelte und hingerichtete Juden wie auch Christen und besonders aktuell Angehörige der Bahai, zwangsverheiratete Kinder etc., nun einmal zur traurigen Realität in der islamischen Welt zählten? Und dass es sich hierbei kaum um Randerscheinungen handelt. Da wurde ich vom Moderator der Diskussion sinngemäß mit den Worten „Sorry I didn‘t want to interrupt you, but are there any other questions?“ schroff unterbrochen.

Nachdem keine anderen Fragen kamen, konnte sich der Großteil des Plenums nicht enthalten, in schallendes Gelächter auszubrechen und der Moderator bemühte sich, den Dialog als beendet zu erklären.

Dabei gäbe es viel zu diskutieren, wie beispielsweise  ein neues Buch von Gil Yaron zeigt, aber auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt einen Beitrag über die Bahai, dessen Titel „Fast wie Freiwild“ die tragische Realität dieser quietistischen Religion schildert. Aber auch die österreichische Tageszeitung „Die Presse“ schildert religiöse Auseinandersetzungen. Dabei geht es um die in Ägypten unter Verfolgungen leidenden Kopten. Unter der Schlagzeile: „Ägypten: ein Toter bei Christenprotesten“ wird lediglich eine Facette der Verfolgung dieser uralten Kirche geschildert.

Diese Verfolgungen sind traurige Realität und kein „Toleranter“ schert sich darum, wahrscheinlich will man den allmächtigen ägyptischen Islamismus nicht allzu sehr verärgern, schließlich will man in Ägypten weiterhin ungehindert schnorcheln.

Wer einen echten, auf der Wahrheit und der Realität basierenden Dialog verhindert, wer die drängenden Fragen ignoriert, der spielt tatsächlich den Hasspredigern auf allen Seiten in die Hände, seien es islamistische Imame oder die Hetzer der sogenannten „Rechtsextremen“ hierzulande. Ein echter Dialog würde es erfordern, dass die Verfolgungen sämtlicher „Minderheiten“, seien es Christen, Sufis, Bahai, Homosexuelle, Buddhisten, etc., offen und ehrlich angesprochen werden dürfen. Aber auch die Unterdrückung der Frau muss verstärkt zum Thema gemacht werden. Unter gesetzlicher Erlaubnis verprügelte Frauen zählen zum Alltag in diesen Ländern – und die Emanzen hierzulande schauen zum Großteil weg.

Die Lehren, die ich aus diesen und anderen Dialogen ziehe, sind ernüchternd. Man will über den Frieden diskutieren, aber nicht über das Hindernis zum Frieden: den Islamismus.

Dabei verstehen die Toleranten folgendes nicht: die Kritik am Islamismus ist mit Antisemitismus nicht vergleichbar und das aus folgenden Gründen: der Islamismus ist ein System, kein Volk, keine „Rasse“ etc. Jeder Mensch kann im Idealfall frei wählen, welchem System er sich anschließt und welchem nicht. Hingegen kann er sich nicht aussuchen, ob er Jude, Deutscher, Italiener, Russe, Franzose oder Inder ist, denn die Zugehörigkeit zu einem Staat oder „Staatsvolk“  ist nicht automatisch die Zugehörigkeit zu einem weltanschaulichen System.

Vergessen wird weiter gerne, dass der einzelne Muslim als Mensch ja auch Opfer des Islamismus wird, denken wir nur an die Sufis. Was aber heute mehr denn je Not tut, ist eine offene Diskussion über den real existierenden und herrschenden Islamismus im Nahen als auch im Mittleren Osten, aber auch über eben diesen Islamismus, der mitten in der westlichen Welt unter dem Schutzmantel der Religionsfreiheit seine Propaganda verbreitet.

Die zweite Lehre betrifft Israel. Niemals darf es soweit kommen, dass der legitime jüdische Staat für einen vermeintlichen Frieden geopfert wird. „Wehret den Anfängen“ muss unsere Handlungsmaxime sein und dies erfordert uneingeschränkte Solidarität mit Israel.

Johannes Auer, 1982, ist Publizist. In seiner Arbeit beschäftigt er sich hauptsächlich mit der politischen und religiösen Situation im Nahen und Mittleren Osten, mit der Geschichte des Judentums und der Europäischen Einigung. 

 

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Aussetzer

24. November 2010 11:39 | Autor: Pannonicus
Rubrik: Gastkommentar

Auszusetzen gibt es vieles -
ob man’s aber sagen kann,
ist nicht Frage bloß des Stiles,
nein, auf Macht kommt’s meistens an.

Wenn drum einer unbefangen
wo was aussetzt, heißt das nicht,
daß es stets auch den Belangen
und dem Wohl des Volks entspricht.

Doch was andres stört nicht minder:
Heut’ sogar noch ausgesetzt
werden Alte oder Kinder,
weil als Bürde eingeschätzt.

Auszusetzen pflegt hinwieder
ganz von selbst so allerhand -
ob Motoren oder Glieder,
Herzen, Nieren und Verstand.

Letzeres ist wohl geschehen,
wenn man wie gerade jetzt,
ohne Folgen zu verstehen,
über Schluß mit Wehrpflicht schwätzt.

Diese auszusetzen nämlich
hieße ja zu schlechter Letzt,
daß gewissenlos und dämlich
man das Vaterland versetzt!

Denn wer wird sich schon bewerben
als Rekrut in dieser Zeit,
und für welches Ziel zu sterben
ist der allenfalls bereit?

Mamelucken aber greifen
später selber nach der Macht -
und verachten all die Pfeifen,
die es vorher nicht bedacht!

Pannonicus

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Fußnote 144: Wo das Sparen leicht wäre

29. Oktober 2010 12:50 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Sparen wäre nicht schwer. Dazu müsste die Regierung nur Rechnungshofberichte lesen. Und dazu hätte sie so wie alle anderen Länder im Frühjahr mit den Detailarbeiten beginnen müssen (ohne Rücksicht auf Herrn Häupl). Und nicht erst huschpfusch Ende Oktober.

Ein kleines, aber signifikantes Beispiel: Im jüngsten Rechnungshofbericht erfährt man, dass Wien 96 „Polizeiinspektionen“ hat (einst Wachzimmer oder Kommissariate). Die Stadt München hat hingegen nur 25; sie hat zwar rund 20 Prozent weniger Einwohner, aber eine doppelt so große Fläche wie Wien. Da von den 96 Wiener Inspektionen mehr als zwei Drittel sanierungsbedürftig sind (auch wegen des großzügigen Behindertengleichstellungsgesetzes), wird der Wiener Spaß in den nächsten Jahren besonders teuer. Noch teurer kommt der in diesen vielen Inspektionen notwendige hohe Anteil an „dienstführenden“ Vorgesetzten. Diese verdienen nicht nur mehr, sondern fehlen auch im Streifendienst: In München sind Polizisten nämlich zu 69 Prozent im Außendienst – also dort, wo die Bürger sie haben wollen – in Wien hingegen nur zu 43 Prozent. Es wäre also mehr Sicherheit und Einsparung möglich – wenn man sich nur über Bezirksvorsteher und Bürgermeister hinwegsetzen könnte, die in ihrem dumpfen Provinzialismus (den es auch in einer Millionenstadt geben kann) jedes Wachzimmer wie einen Goldschatz verteidigen. Auch wenn man dort am helllichten Tag minutenlang läuten kann, ohne dass irgendwer reagiert.

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Fußnote 127: Wie das Heer spart

16. Juli 2010 03:31 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Jeder weiß, das Bundesheer hat viel zu viel Mann - und neuerdings auch Frauen. Der Staat viel zu wenig Geld.

Und was tut der Darabos-Verein? Er nimmt wieder 350 neue Heeresbedienstete auf, versucht aber gleichzeitig, andere Bedienstete an andere Ministerien weiterzuschieben. Absurder geht's nimmer, wenn einem hinten und vorne das Geld ausgeht. Gleichzeitig sponsert die einstige Nachwuchshoffnung der SPÖ (ganz normale) Sportsendungen im Fernsehen. Für all das ist offenbar Geld da. Vom unsinnigen Heereseinsatz im Burgenland gar nicht zu reden. Aber gleichzeitig wird die Panzertruppe auf ein Viertel reduziert.

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SN-Kontroverse: Ende der Neutralität?

25. Juni 2010 00:20 | Autor: Andreas Unterberger
Rubrik: Tagebuch

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt. Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Soll die notwendige Heeresreform zur Abschaffung der Neutralität genützt werden?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Besser eine Profi-Armee und neutral

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at). In Österreich gibt es  „heilige Kühe". Sie laufen als „grundsätzliche Junktims" durch die res publica. Eine derartige Verknüpfung ist die Frage nach der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht mit jener der Neutralität. Die Sicherheitspolitik der EU oder der UNO - bei beiden Organisationen ist Österreich bekanntlich Mitglied - hat keine grundsätzlichen Auswirkungen auf die Frage der Wehrpflicht. In der EU gibt es sowohl Staaten in denen Wehrpflicht besteht (z.B. Deutschland) und andere, die Berufsheere haben (z.B. Großbritannien). Der Status der bewaffneten Neutralität zwingt Österreich weder zur allgemeinen Wehrpflicht noch zum Berufsheer. Zur Aufgabe der Neutralität - die besagt, dass Österreich sich nicht an Kriegen beteiligt und sich keinem Militärbündnis anschließt - kann Österreich niemand zwingen. Handlungsbedarf besteht aber, weil sich das System der allgemeinen Wehrpflicht selbst überholt hat. Jährlich werden rund 43.000 junge Männer in ein System gepresst, das nicht mehr zeitgemäß ist. Rund 30.000 von ihnen, die sich nicht zum Zivildienst entschließen, hausen in verfallenden Kasernen und absolvieren lebensgefährliche Übungen. Das ist menschenunwürdig. Das Heer ist außerdem wenig effizient, weil moderne Waffensysteme geschulte Profis benötigen, um bedient werden zu können.  Etwa 13.000 Stellungspflichtige, die sich jährlich für den Zivildienst entschließen,  sind gegenüber den Grundwehrdienern benachteiligt. Sie müssen länger dienen und Caritas, Rotes Kreuz, Kinderheime usw. sind auf ihre Mitarbeit dringend angewiesen. Fallen die Zivis aus, herrscht soziales Chaos im Land. Ihre Dienste müssten dann auf dem „freien Markt" zugekauft werden. Das ist teuer, und nur deshalb hält das neutrale Österreich an der teuren allgemeinen Wehrpflicht fest.

Ohne Nutzen und Funktion

Andreas Unterberger Ich weiß nicht, ob eine neue Heeresreform notwendig ist. Ginge es nach der Zahl der Reformbeschlüsse in den letzten 55 Jahren, dann müsste unser Bundesheer ja das beste Heer der Welt sein . . . Ganz unabhängig davon hat die Neutralität – so beliebt sie auch ist – keinerlei Funktion und Nutzen. Österreich hatte im Kalten Krieg vor allem deshalb in Frieden und steigendem Wohlstand überleben können, weil es de facto unter dem Schutz der Nato gestanden ist. Trotzdem wären seine flacheren Landesteile im Falle eines großen Krieges sofort Schlachtfeld geworden – wie das ebenfalls neutrale Belgien in beiden Weltkriegen –, es gab auch konkrete Eventual-Pläne zum Einsatz von Atomwaffen in Österreich. Heute ist unsere Sicherheit nicht unmittelbar bedroht. Sehr wohl aber durch Konflikte, die eine Massenflucht nach Österreich auslösen können, wie auf dem Balkan; durch Konfrontationen, die einen Weltenbrand auslösen können, wie in Nahost; durch Kriege, welche im Fall einer Niederlage einen Vorstoß der terroristischen Aggressionen islamistischer Fanatiker bis ins Herz Mitteleuropas auslösen könnten, wie in Afghanistan; durch die gewaltige Zunahme der Piraterie auf den Weltmeeren, die nicht nur Kreuzfahrer, sondern auch viele österreichische Arbeitsplätze bedrohen; daneben gibt es noch eine Unzahl von potenziellen Konflikten, die „nur“ zu humanitären Katastrophen führen können, wenn nicht eine Streitmacht für Ordnung sorgt, wie im Tschad. Und all diesen Gefahren ist eines gemeinsam: Die zivilisierten Länder können sie nur gemeinsam entschärfen oder gar nicht. Wenn aber die Zahl der Schwarzfahrer immer mehr steigt, die sich an den unangenehmen Aufgaben zur Eindämmung dieser Konflikte nicht beteiligen wollen, dann werden auch die anderen bald sagen: Wir sind doch nicht blöd; wir kümmern uns auch nur noch um uns selbst.

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