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Demokratie: Sieger oder Absteiger?

Reihenweise wurde in den vergangenen Tagen gewählt. Und reihenweise ist dabei Unzufriedenheit mit den bestehenden Regierungen zum Ausdruck gekommen. Aber ist das nicht der Kern der Demokratie? Im Grund ist sie ja nur die Möglichkeit, regelmäßig die Regierungen abwählen zu können – während man dazwischen weiterhin nicht mitsprechen darf (es sei denn, man ist Schweizer).

Der gemeinsame Nenner, der über alle Wahlen der vergangenen Tage gelegt werden kann: Die Unzufriedenheit mit dem Istzustand ist größer als die Gewissheit, wem man sich als Wähler nunmehr zuwenden soll.

Das zeigte sich insbesondere bei den Wahlen auf dem Balkan. Dort gibt es überall nur relative Wahlsieger. In dem einen Land ist eine Partei relativ am stärksten, die beim letzten Mal noch gar nicht angetreten war. Im anderen siegte überhaupt nur ein Bündnis aus mehreren Parteien. Wie lange solche Bündnisse halten, ist jedoch mehr als zweifelhaft, wie man etwa an der Slowakei oder Tschechien sieht.

Aber in keinem dieser Länder bedeutet der Wahlausgang eine Katastrophe. Er wäre höchstens Anlass, darüber nachzudenken, ob nicht andere Verfassungskonstruktionen effizienteres Regieren ermöglichen würden. Also vor allem Modelle eines mehrheitsfördernden Wahlrechts oder solche einer direkten Demokratie.

Viel frustrierender ist der russische Wahltag. Im größten Land Europas hat die regierende Partei einen schweren Dämpfer erlitten. Sie kann aber immer noch mit einer knapp gewordenen absoluten Mehrheit regieren. Darum geht es aber gar nicht: Denn in Russland hat gar keine demokratische Wahl nach europäischen Standards stattgefunden.

Russland ist – wieder – ein Land, in dem politische Konkurrenten wie Chodorkowski für viele Jahre auf Befehl der Politik in Sibirien verschwinden können. In Russland werden die Wahlkampagnen demokratischer Parteien massiv behindert. Versammlungen werden gesprengt, Mitarbeiter verhaftet, Internetseiten gestört, bei der Stimmauszählung ist es unsauber zugegangen. Die meisten russischen Medien verweigern anderen Parteien als jenen der Macht die im Wahlkampf notwendige Präsenz. Und wenn es ein Medium doch tut, dann bekommt es sehr rasch Probleme mit den Behörden.

Es ist auch noch aus einem weiteren Grund ein Trugschluss, wenn man jetzt die Ohrfeige für das System Putin bejubelt. Denn jene Gruppierungen, die nun im russischen Parlament eine etwas besser wahrnehmbare Opposition bilden werden, sind im Grund noch viel unerfreulicher als der Putinismus.

Denn in der russischen Duma wird es neben der Machtpartei vor allem nostalgische Altkommunisten (die sich einen Stalin zurückwünschen) und rassistisch-chauvinistische Nationalisten geben. Wobei diese Nationalisten überdies unter Verdacht stehen, ohnedies an den Fäden der Kreml-Machthaber zu hängen, die es ganz praktisch finden, wenn sich das Protestpotenzial unter den Wählern in einem kontrollierten Auffangbecken sammelt.

Kleiner Trost: Der Putinismus ist wenigstens nur autoritär, nicht totalitär, wie es die Kommunisten vorher waren. Er lässt also die Bürger solange in Ruhe, solange sie nicht wirklich glauben, demokratisch mitbestimmen zu können. Demokratisch und rechtsstaatlich ist er aber nicht. Er ist vor allem perfekte Basis für jeden Korruptionismus. Und: Er hat schon jetzt alle Instrumente in der Hand, wieder ins Totalitäre zurückzusinken, wenn die Lage kritischer wird.

Noch besorgter macht das ägyptische Wahlergebnis den Europäer: Denn die massiven Erfolge der islamistischen Parteien – in allen Ländern des arabischen „Frühlings“! – machen jene „Experten“ endgültig lächerlich, die am Beginn dieses Jahres noch über die demokratisch-freiheitliche Zukunft der arabischen Welt gejubelt haben. Hinter all dem Geschwätz von Facebook- und Twitter-Revolution hat man übersehen, dass die entscheidende Gegenbewegung zu den mehr oder weniger moderaten – jedoch korrupten – Diktatoren nicht irgendwelche westlichen Werte, sondern die Moscheen sind.

Das war an sich von Anfang an jedem nüchternen Beobachter klar. Das hat aber wieder einmal das Wunschdenken des europäischen Polit- und Medien-Geschwätzes entlarvt.

Nun bleibt uns nur die kleine Hoffnung, dass die arabische Entwicklung vielleicht doch nur ein normaler Anfang eines demokratischen Prozesses gewesen ist; dass es in der ersten Phase völlig natürlich war, dass die einzig vorhandene Struktur die Wahlen gewinnt; und dass sich aber nun erst die neuen politischen Parteien langsam formieren werden.

Vielleicht entpuppen sich die Islamisten sogar als weniger korrupt als ihre Vorgänger – trotz aller Verlockungen der orientalischen Machttradition. Das ist in der Anfangsphase sogar durchaus wahrscheinlich. Viel fraglicher ist jedoch, ob sich die Islamisten auch in Zukunft innerhalb der demokratischen Spielregeln bewegen werden. Sehen sie doch den Koran als weit über allem Gesetz und allen Verfassungen stehend an. Stufen sie doch das fundamentale Prinzip der Trennung von Staat und Kirche als verbrecherisch ein. Diese Haltung gibt naturgemäß die totale Legitimation zur Bekämpfung jeder nichtislamistischen Partei.

Daher stellt man sich jetzt erst recht die bangen Fragen:

Wird es in diesen arabischen Ländern auch noch beim nächsten Mal so wie diesmal relativ freien Wahlen geben? Werden sich die Islamisten in ihrem religiösen Fanatismus in Kriege gegen Israel und/oder den Westen verstricken? Wird ihr religiöser Dogmatismus zu innerislamischen Konflikten Schiiten-Sunniten führen, wie wir sie etwa im Irak oder in Bahrain sehen mussten? Drohen in den arabischen Ländern nicht jetzt heftige ethnische Auseinandersetzungen (etwa zwischen den einzelnen Stämmen oder zwischen Arabern und Kurden), die bisher von einer starken Faust noch halbwegs niedergehalten worden sind? Und vor allem: Werden die neuen Machthaber die nichtislamischen Bevölkerungsgruppen, also insbesondere die Christen, als gleichberechtigt tolerieren?

Diese konnte ja unter einem Saddam Hussein, einem Mubarak, einem Assad noch eine relativ sichere Existenz fristen. Die Massenvertreibung der Christen aus dem Irak – mit Schockwellen bis Europa – lässt hingegen alle Alarmglocken klingen. Daher stellen sich Syriens Christen auch aus voller Überzeugung hinter den Diktator Assad.

Und dahinter türmen sich überhaupt die noch viel schwierigeren Fragen nach der Zukunft der demokratischen Idee als solcher: Leidet diese Idee an Verschleißerscheinungen? Ist sie immer die beste denkbare Staatsform? Ist nicht das rechtsstaatliche Prinzip – also etwa auch der unabdingbare Schutz von Minderheiten – noch viel wichtiger? Und setzt Demokratie nicht einen inneren Grundkonsens unter allen Bürgern über die wichtigsten Spielregeln voraus?

Ja und last not least: Wo gibt es in Europa noch Staatsmänner, die all das mit Sorgfalt beobachten und analysieren, die für die EU die richtigen Schlüsse daraus ziehen?

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