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Die Faschingsunion

Was ist die geplante europäische Fiskalunion, was sind die nationalen Schuldenbremsen wirklich wert? Diese zentralen Fragen dieses Winters sind hinter den vordergründigen Aufregungen um die britische EU-Abstinenz beziehungsweise um das österreichische Ringen Koalition-Opposition bisher völlig untergegangen. Die Antworten, die man dazu derzeit geben kann, sind freilich mehr als ernüchternd.

Denn in Wahrheit geht es bei diesen Aktionen weiterhin primär darum, eine leider anhaltend hässliche Braut mit viel (bürokratischem) Brimborium auf schön zu schminken. Die Freier, die man damit gewinnen will, sind die internationalen Geldverleiher. Diese wollen ja derzeit von der europäischen Braut angesichts allzu vieler bekannter Fälle offensichtlicher Untreue und Betrügereien nichts mehr wissen. Von diesen Selbstbeschädigungen soll nun das Brimborium der geplanten Fiskalunion ablenken.

Worin besteht diese aber genau?

Erstens in Selbstverpflichtungen der Staaten, die Maastricht-Kriterien einzuhalten. Diese setzen zwei Obergrenzen fest: maximal 3 Prozent jährliches Defizit und maximal 60 Prozent Staatsverschuldung insgesamt, jeweils gemessen am Jahres BIP, also an der Summe des von einer Nationalökonomie in einem Jahr Erwirtschafteten. Doch halt! Hat man nicht genau die Beachtung dieser zwei Limits schon einmal versprochen, nämlich im Februar 1992 in Maastricht? Dieses Datum liegt pikanterweise fast auf den Tag genau 20 Jahre vor der nunmehr geplanten Brimborium-Selbstverpflichtung. Diese wird daher wohl von den meisten Geldgebern wohl nur unter einer Devise gelesen werden: Wer einmal lügt, dem glauben die bösen Märkte leider nicht mehr.

Zweitens wird es ein Defizit-Verfahren der Kommission geben. Diese kann den EU-Mitgliedsstaaten finanzielle Sanktionen gegen einen Staat vorschlagen, der die genannten Kriterien verletzt. Doch halt! So ein Defizitverfahren der Kommission hat es ja auch schon bisher gegeben. Auf dem Papier. Denn in der Vergangenheit wie in der Zukunft sind Geldstrafen gegen einen exzessiven Schuldner absolut schwachsinnig. Einem Land, das hinten und vorne zuwenig Geld hat, als Strafe noch einmal Geld abzuknöpfen: Die Perversion einer solchen Armensteuer muss man sich erst einfallen lassen. Mit so einer Strafe löst man ja kein Problem, sondern verschärft es logischerweise nur! Deswegen hat man ja auch schon in der Vergangenheit nie die schon bisher theoretisch möglichen Strafen verhängt, obwohl der Maastricht-Vertrag rund 60 Mal gebrochen worden ist.

An dieser Nicht-Verhängung von Strafen wird auch der als großer Erfolg bejubelte Umstand nichts ändern, dass es künftig für eine Ablehnung eines solchen Kommissions-Vorschlags einer Zweidrittel-Mehrheit bedarf. In Wahrheit gilt: Weder wird die Kommission solche Strafen vorschlagen, noch wird auch nur ein Land für die Bestrafung eines anderen stimmen. Die Strafen bewirken nichts, und sie stellen das verschuldete Land noch schlechter. Außerdem gilt: Man könnte ja selbst einmal in die gleiche Lage kommen, und man hat ja überall befreundete Schwesterparteien.

Drittens soll – nach dem derzeitigen Vorschlag – jedes Land den Europäischen Gerichtshof anrufen können, wenn ein Land die Schuldenbremse nicht einhält. Doch halt! Auch dieser EuGH hat keine Möglichkeiten, Sparsamkeit durchzusetzen. Er kann insbesondere nicht teure Wohlfahrts-Gesetze der einzelnen Staaten aufzuheben, die das Defizit verursachen.

Viertens ist die Rede von einer alljährlichen Vorlage der nationalen Budgetentwürfe an die EU-Kommission. Doch halt! Das heißt an sich noch gar nichts. Denn die Kommission hat ja kein Vetorecht gegen die Budgets, oder gegen finanziell wirksame Beschlüsse der nationalen Parlamente.

Fünftens soll es regelmäßige Euro-Gipfel geben (gähn); weiters ist im Entwurf die Rede von einer verstärkten Zusammenarbeit einiger Staaten (gähn) sowie natürlich auch von diversen Arbeitsgruppen (gähn). Und was es an derlei diplomatischen Redeübungen sonst noch gibt. Das soll die internationalen Geldgeber jetzt beeindrucken? Da glaubt jemand ernsthaft, dass sich diese nun in langen Schlangen anstellen werden, um den Euro-Ländern künftig wieder Kredite geben zu dürfen?

Sechstens und vor allem anderen sollte klar sein: Die ganze Konstruktion nimmt sich ja selbst nicht ernst. Denn wären die verfassungsmäßigen Schuldenbremsen wirksam, dann würde es ja eigentlich gar kein europäisches Sanktionen-Regime brauchen. Durch dessen Einrichtung zeigt man ja gerade: Trotz verfassungsrechtlicher Schuldenbremsen vertraut niemand darauf, dass die Mitgliedsstaaten die Regeln künftig besser einhalten. Gleichzeitig ist aber das Sanktionen-Regime so zahnlos, dass das Ganze bestenfalls zur Postenbeschaffung für einige EU-Beamte dient, die den Märkten Sand in die Augen streuen sollen.

Trotzdem ist man als Euro-Staat gut beraten, bei dem ganzen Brimborium mitzutun. Denn wer das nicht tut, gerät natürlich auf den Finanzmärkten erst recht ins schiefe Licht. Außerdem: Nutzt das Ganze auch nichts, so schadet es ja ebenso wenig.

Welche Regel könnte aber eine solche Fiskalunion glaubwürdig gemacht? Nur eine einzige: Nur das Recht der Kommission, wirklich in die nationale Gesetzgebung eingreifen zu können. Das aber will keine Partei, kein Parlament der EU zugestehen. Da würden sie sich ja selbst redundant machen. Das tut sie nur bei unwichtigen Themen, nicht aber in der heißesten Frage Europas, dem Recht der Parlamente, populistisch immer mehr Geld auszugeben.

In einer funktionierenden Fiskalunion hätte (irgend)eine europäische Institution das Recht, das zu tun, was einzelne Staaten in den letzten zwei Jahren zum Teil schon getan haben: So hat etwa Rumänien die Beamtengehälter um nicht weniger als 25 Prozent gesenkt. Es hofft, dadurch mehr finanzielle Luft und bessere Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Es tat dies aber nicht wegen irgendeiner Schuldenbremse oder wegen einer europäischen Fiskalunion, sondern wegen der nach wie vor obersten Instanz in allen Geldsachen: also wegen des internationalen Finanzmarktes, also der Summe jener Menschen, Institutionen und Staaten, die – das von Italien&Co so dringend benötigte – Geld haben und es verleihen oder auch nicht. Es war ja auch nicht die EU, sondern diese vielgescholtenen Märkte, die Italien und Griechenland zu ihren Sparpaketen gezwungen haben.

In den meistverschuldeten Ländern wäre es natürlich gut gewesen, wenn schon Jahre vorher eine Instanz als Hüterin der ökonomischen Grundrechnungsarten die Länder zu einem sparsameren Verhalten gezwungen hätte. Damals hätten die Einschnitte lange nicht so tief angesetzt werden müssen wie jetzt.

Solange aber kein Land freiwillig einer außenstehenden Institution solche Rechte einräumt, bevor ihm nicht selbst das Wasser weit über beide Nasenlöcher gestiegen ist, sollte man die Fiskalunion aber zumindest nicht ausgerechnet in der Faschingszeit verkünden. Denn sie wird sich als bloßer Faschingsscherz entpuppen.

Solange es keine solche echte Fiskalunion gibt, ist es aber auch weiterhin ein schwerer Fehler, die Steuerzahler (und die nächsten Generationen) anderer Länder zu zwingen, die Schuldnerländer immer weiter zu finanzieren. Denn dann wird es mit der Disziplin in den Schuldnerländern bald wieder vorbei sein. Und am Schluss sind eben alle pleite. Oder aber es kommt zur viel wahrscheinlicheren "Lösung": Das Geld ist nichts mehr wert, und damit sind es auch die Schulden nicht mehr. 

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das neue unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

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