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Die wahren Gründe und die österreichischen Folgen des Crashs

Klare Ursachen und beklemmende historische Parallelen zeigen sich rund um den gleichzeitigen Absturz der weltweiten Börsen. Zugleich gibt es auch logische Folgen der dramatischen Vorgänge, die bis in Österreichs Politik reichen.

Die auffallendste Parallele besteht zum großen Crash des Jahres 1637. Damals waren die Börsen nach einem noch steileren Höhenflug als den, den sie in den letzten Monaten erlebt haben, tief abgestürzt; dieser Absturz hat viele Existenzen vernichtet und Staaten schwer erschüttert. Auch damals waren sowohl Höhenflug wie Absturz während eines erbitterten europäischen Krieges passiert, eines dreißigjährigen. Auch damals war der Höhenflug durch eine irrationale internationale Euphorie ausgelöst worden.

Damals war die später platzende Euphorie von der Spekulation mit niederländischen Tulpenzwiebeln getragen gewesen. Heute heißen die Tulpen "Künstliche Intelligenz". Rund um diese waren die globalen Erwartungen und damit auch die Börsenkurse der Technologiefirmen fast in den Himmel gestiegen.

Zunehmend zeigte sich jedoch, dass diese Erwartungen maßlos übertrieben waren.

  • Zu oft produzierte die Künstliche Intelligenz Unsinn und eindeutig falsche Daten.
  • Zu oft waren ihre Ergebnisse schlechter als die der "natürlichen" Intelligenz.
  • Zu lange haben Investoren auf konkrete Ergebnisse dessen warten müssen, was die KI konkret kann, um bei den (privaten oder unternehmerischen) Konsumenten echte Bedürfnisse zu befriedigen, für die diese auch gutes Geld zu zahlen bereit sind.
  • Zu klar wurden inzwischen die mit der KI verbundenen Probleme, wobei vor allem der rechtlich hoch riskante Aspekt "Diebstahl von geistigem Eigentum" zunehmend eine Rolle zu spielen beginnt.

Es ist aber auch die amerikanische Politik, die der Chips-Industrie einen heftigen Schlag in den Nacken versetzt hat:

  • Zum einen hat Donald Trump recht aggressiv verlangt, dass Taiwan künftig die USA für seine militärische Verteidigung bezahlen soll. In Taiwan wird aber die große Mehrzahl der modernsten Chips produziert. Solche Drohungen führen logischerweise zu einem viel vorsichtigeren Verhalten der taiwanesischen Unternehmen.
  • Zum anderen hat Joe Biden angekündigt, die Exporte von Maschinen zur Herstellung solcher Chips nach China zu beschränken.

Faszinierend ist jedenfalls, dass die Börsen viel sensibler reagieren als Politik oder Medien. Die sind immer erst im Nachhinein klüger. Denn noch am gleichen Montagmorgen, da in der Früh schon aus Übersee die ersten deprimierenden Nachrichten eintrafen, bejubelte eine österreichische Tageszeitung in ihrem Wirtschaftsteil die "glorreichen Sieben", also die großen High-Tech-Konzerne, die untereinander das scheinbare Zukunftsmatch um die Künstliche Intelligenz austrugen.

Einzelne Unternehmen sind plötzlich um 40 Prozent weniger wert. Der Absturz der ganzen KI-Branche hat aber auch die restliche Wirtschaft mitgerissen. Selbst der Bitcoin- und Goldpreis ging nach unten. Offenbar musste da etliches auch jener Werte, die normalerweise von Krisen als Fluchtinvestitionen profitieren, rasch zu Geld gemacht werden. Lediglich der Schweizer Franken profitierte wieder einmal von der Euro- und Dollar-Talfahrt.

Letztlich ist es fast zwangsläufig, dass auf jeden Boom ein Absturz durch Gewinnmitnahmen und gestiegene Angst vor Übertreibungen folgt. Die meisten Indizes sind freilich vor mehreren Monaten oder Jahren eher niedriger gewesen als jetzt nach dem Absturz. Was man sich in Erinnerung rufen soll, um nicht ganz in Panik zu verfallen.

Dennoch kann es vernünftigerweise kaum Zweifel geben: Der Absturz der Börsenkurse bedeutet mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass Österreich, dass Europa in Bälde eine Rezession, also einen Rückgang des gesamten Wirtschaftsprodukts bilanzieren wird müssen.

Jedenfalls zeigt sich, dass Gewinne durch gestiegene Börsenbewertungen ein sehr volatiles Ding sind. Sie stehen zwar auf dem Papier. Aber wenn man nicht das Glück und den Mut hat, genau zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen, bleiben sie auch lediglich auf dem Papier. Denn es gehören ja Glück und Mut dazu, genau bis zum Zeitpunkt des höchsten Börsewertes mit dem Verkauf zu warten. Genauso wie es Mut braucht, gerade dann einzusteigen, wenn die Kurse wie ein erschöpfter Hund darniederliegen.

Diese Entwicklung widerlegt auch die vor allem in der Sozialdemokratie beheimateten Dummköpfe, die immer beim Höhepunkt des Kursverlaufes eine Neiddebatte führen. Die vor allem Kursgewinne massiv besteuern, aber Kursverluste nicht berücksichtigen wollen.

Die Folgen für die ÖVP

Diese Entwicklungen der letzten Stunden sollten aber auch in der ÖVP-Zentrale aufmerksam – und vor allem angesichts der am Ende des Sommers bevorstehenden Wahlen besorgt beobachtet werden. Gleich aus fünf Gründen:

  • Erstens bedeuten Rezessionen nach einer alten politischen Faustregel für die jeweils Regierenden immer eine schlechte Nachricht. Sie führen zu einem Verlust des Vertrauens jener Wähler, die von der Politik primär erwarten, dass es ihnen persönlich besser geht. Tritt das nicht ein, werden die Amtsinhaber gestraft, egal, ob sie schuld sind.
  • Zweitens verlangt die nun bevorstehende Rezession das genaue Gegenteil von dem, was ÖVP-Chef Karl Nehammer bräuchte, um sein gerade verkündetes Rezept zur Schließung des klaffenden Defizits umzusetzen: Die Wirtschaftsleistung wird in der Rezession kleiner, nicht größer, wie es Nehammers Hoffnung gewesen ist.
  • Drittens: Jetzt wird Österreich auf keinen Fall mehr um ein Sparpaket herumkommen, also genau um das, was Nehammer dummerweise ausgeschlossen hat. Jetzt wird heftiges Sparen und Reformieren doppelt nötig sein, will Österreich nicht in die gleiche Kategorie wie Italien oder Griechenland abstürzen, will es nicht mit höheren Zinsen und Vormundschaft aus Brüssel bestraft werden (auch wenn der ORF im gehorsamen Dienst der SPÖ-Propaganda allen Ernstes ein Sparpaket als eine "Androhung" darstellt).
  • Viertens fehlt Österreich jetzt das Geld, um in der plötzlich ausgebrochenen Krise ein wenig Gas zu geben, nachdem man in den letzten Krisen (Corona, Krieg, Inflation) zu viel des Gases, also Geldes, verschleudert hat.
  • Und fünftens geht Finanzminister Magnus Brunner jetzt auf Nehammers Vorschlag nach Brüssel. Damit fehlt der Regierung und der ÖVP und dem ganzen politischen Personal aber eines von jenen nur zwei Regierungsmitgliedern, die als einzige verstehen, was da in der Welt der Wirtschaft vor sich geht. Das macht bange.

Kleiner Trost: Auch bei keiner anderen Partei blitzen irgendwelche Anzeichen von Wirtschaftskompetenz auf, die über Lobbyismus für einzelne Branchen hinausginge. Die Parteien haben offenbar alle nur "Experten" für das Ausgeben von noch mehr des nicht vorhandenen Geldes ...

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