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Chaotiker mit schlechtem Benehmen

Selten hat sich ein Neopolitiker so schnell selbst demoliert wie der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. Fast noch mehr demaskiert haben sich in den letzten Tagen aber auch viele Journalisten, die es zwar gewohnt sind, als braves Fußvolk auf Pfiff der Grünen zu marschieren, die aber diesmal genau der Grünen wegen besonders schmerzend auf die Nase gefallen sind.

So schnell und so peinlich hat jedenfalls noch nie ein österreichischer Politiker seine "Meinung" geändert wie Herr Mückstein. Dies geschah ganz offensichtlich auf Weisung seines Parteichefs, des grünen Vizekanzlers Kogler. Dieser hatte erkannt, dass er Mückstein jetzt sehr rasch einfangen muss, wenn die Koalition nicht noch schneller zu Ende sein soll, als sie wohl ohnedies sein wird, und wenn der grüne Wählerverlust nicht noch dramatischer werden sollte.

Mückstein hatte den Bundeskanzler der eigenen Koalitionsregierung öffentlich mit der Behauptung verhöhnt, Sebastian Kurz würde "Luftschlösser" bauen, die nicht "auf Basis von Daten und Fakten" beruhen, Kurz mache "entbehrliche" Aussagen. Dieser hatte davor in Aussicht gestellt, dass nach Auslaufen der jetzigen Verordnungen ab 17. Juni auf Grund der guten Infektionslage weitere Lockerungsschritte zu erwarten seien.

Diese Formulierungen Mücksteins waren nicht nur extrem schlechtes Benehmen, das der offenbar der Pubertät noch nicht entwachsene Turnschuh-Mann zu seinem Markenzeichen machen will (ich kenne keinen einzigen Firmenchef, der sich solche öffentlichen Verhöhnungen gefallen lassen würde, ohne dienstrechtliche Konsequenzen zu ziehen). Sie waren auch inhaltlich extrem dumm, vor allem, da Mückstein gleich auch von Maskenzwang sogar noch im kommenden "Winter" gesprochen hat.

Diese durch nichts provozierten Attacken Mücksteins mussten bei Kogler einen Schock auslösen, weil die damit bezogene extreme Corona-Linie die nächste große Wählervertreibungsaktion bedeuten würde. Dabei verlangt mittlerweile fast ganz Österreich von Tag zu Tag massiver ein Ende möglichst aller Maßnahmen. Da weitere Wählervertreibung wohl nicht ganz die Intention Koglers sein dürfte, hat er daher Mückstein gezwungen, abrupt in die absolut gegenteilige Richtung zu marschieren. Jetzt ist plötzlich nicht mehr von einem Winter mit Masken die Rede, Mückstein will jetzt vielmehr sogar schon am 10. Juni die nächsten Öffnungsschritte sehen.

Atemberaubend, so ein Arzt, der Diagnose und Therapie über Nacht ins Gegenteil umkehrt. Ich möchte nicht sein Patient sein.

Jetzt ist plötzlich das, was Kurz gesagt hat, für Mückstein nur noch das, was man ohnedies schon vorher intern abgesprochen und geplant habe. Wobei er offenließ, ob man intern den 10. oder 17. Juni abgesprochen hat. Wobei er vor allem offenließ, wieso man intern "Luftschlösser" ohne Daten und Fakten abgesprochen hat …

Das alles war sensationellerweise erstmals auch vielen linken Journalisten zu arg. Diese haben ja normalerweise einen klaren Kurs: Bei der kleinsten Differenz in der Regierung ist die ÖVP zu prügeln und die Weisheit der Grünen zu beweihräuchern (so wie die Medien bis 2019 immer ohne nachzudenken die FPÖ geprügelt haben). Genau das haben sie – natürlich – auch diesmal bei den Mückstein-Attacken auf Kurz getan.

Jetzt müssen diese Journalisten erkennen, dass sie "dank" Mückstein nun auch selber blamiert dastehen, nachdem sie zuvor Kurz einen "straffen Öffnungskurs", ein "Vorpreschen" vorgeworfen und einen Widerspruch zu einem Vorarlberger(!) Experten vorgeworfen haben (offenbar stammen diese Formulierungen aus der vom Haupteigentümer ORF auf Linkskurs gebrachten APA, sind sie doch in mehreren Medien gleichlautend zu finden gewesen). In Kommentaren haben sie Kurz sogar mehrfach vorgeworfen, die Lockerungen überhaupt nur deshalb in Aussicht zu stellen, weil er damit von den Aktionen der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen die ÖVP ablenken wolle...

Nun sind die linken Journalisten erstmals zumindest ein wenig böse auf einen grünen Politiker, weil ja auch sie jetzt blamiert dastehen und nicht so schnell die Kurve nehmen können.

Für die Österreicher sind diese Tage aber auch noch in ganz anderer Hinsicht ein Damaskus-Erlebnis: Denn nicht nur Mückstein und Journalisten sind blamiert, das gilt auch für die "Daten und Fakten" und die "Experten", auf die sich der Gesundheitsminister ständig berufen hat. Sowohl für seine Linie von voriger Woche wie auch für die jetzt gerade gültige Linie. Es ist also offenbar doch noch nicht die ganze Weisheit, wenn sich jemand auf "die Experten" beruft.

Hinter dieser Selbstdemolierung von Minister, Medien und Experten-Manie geht freilich das eigentlich längst fällige Thema nach wie vor unter: Das ist die Tatsache, dass es grundrechtlich für die – irgendwann – im Juni zwar milder werdenden, aber in Teilbereichen weitergeltenden Maßnahmen in Hinblick auf die Geimpften überhaupt keine Berechtigung mehr gibt. Um nur zwei konkrete Daten zu nennen:

In den Spitälern liegt weniger als ein Zehntel an Corona-Patienten von jener Zahl, die dort am Höhepunkt zu finden gewesen ist. Und auch damals haben österreichische Spitäler keinen Patienten abgewiesen.

Für Montag ist bisher kein einziges Corona-Todesopfer gemeldet worden. Das hat es zuletzt im September gegeben.

Das müsste längst eine massive Grundrechtsdiskussion auslösen. Denn die verfassungsrechtliche Begründung der Maßnahmen war einzig die drohende Überlastung der Spitäler gewesen. Aber um das zu begreifen, sind die meisten Journalisten in den letzten Wochen wieder einmal zu falsch unterwegs gewesen. Das gilt auch für alle Oppositionsparteien. Denn Rot und Pink haben sich ähnlich den Medien (wie immer) hinter den grünen Minister und gegen Kurz gestellt und daher strengere Maßnahmen verlangt. Sie können daher nicht jetzt glaubwürdig ein Ende der Maßnahmen fordern. Und der blaue Herbert Kickl kommt schon gar nicht von seinem Coronaleugner-Dampfer herunter, schwadroniert gar von einem "Gesundheitskommunismus", lehnt eine "Impfapartheid" ab und behauptet, dass 99,7 Prozent der Österreicher mit Corona überhaupt nicht zu tun gehabt hätten …

Die Grundrechte der Österreicher vertritt in diesem Intrigantenstadl hingegen überhaupt niemand.  Die Regierung gibt den Geimpften nicht die ihnen zustehenden vollen Freiheiten zurück. Die Linksparteien wollen die Menschen am liebsten dauerhaft mit Maßnahmen belegen. Und die Blauen sind überhaupt beim Leugnen der Krankheit steckengeblieben.

PS: Mückstein ist gerade dabei, auch außenpolitisch argen Schaden anzurichten: Er will die Bürger zweier Nachbarstaaten diskriminieren, wenn sie nicht mit einem EU-genehmigten Impfstoff immunisiert worden sind. Dabei könnte es Österreich eigentlich egal sein, wenn ein russisch geimpfter Ungar oder Tscheche vielleicht doch Impfschäden erlitten hat, solange klar ist, dass er so wenig ansteckend ist wie ein EU-konform Geimpfter. Obwohl auch dafür keine seriösen Hinweise bekannt sind.

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