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SPÖ: die Vernunft auf (mancher) Landesebene, der Irrsinn auf Bundesebene

Es geht ja doch mit der SPÖ. So atmen gar nicht wenige Bürgerliche derzeit auf. Von Kärnten über die Steiermark und Tirol bis Salzburg zeigen sich die Genossen als durchaus verantwortungsbewusste Partei, der man auch Regierungsfunktionen zumuten kann. Das sollte aber nicht täuschen. Denn das, was sich zur gleichen Zeit auf Bundesebene abspielt, zeigt eine ganz andere SPÖ. Damit ist keineswegs nur ihr peinliches Versagen bei der simplen Aufgabe gemeint, auf einem sauberen demokratischen Weg einen neuen Parteichef zu wählen. Da geht es vielmehr auch um sehr inhaltliche Fragen, die immer wieder schockieren.

Bleiben wir aber vorerst auf der Länderebene. Da fällt in den letzten Stunden insbesondere der Salzburger SPÖ-Chef Egger auf, der angesichts eines gar nicht gut laufenden Wahlkampfes jetzt haargenau das fordert, was seine Genossen in den letzten Tagen als das Allerverbrecherischste am schwarz-blauen Regierungsübereinkommen in Niederösterreich attackiert haben, was die üblichen Protestier-, Demonstrier- und Unterschriftentrüppchen in vor Erregung zitternde Empörung versetzt hat. Herr Egger will nämlich so wie die Niederösterreicher jene Verwaltungsstrafen rund um Corona zurückzahlen, die auf einer später vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnung beruht haben.

Das trifft zwar – in Niederösterreich wie in Salzburg und im Rest der Republik – nur auf einen sehr, sehr kleinen Teil der rund um Corona erlassenen Verordnungen beziehungsweise Strafbescheide zu. Aber ebenso ist klar: Ein Landesgesetz, das diese Rückzahlungen ermöglicht, ist alles andere als eine Aushöhlung des Rechtsstaates. So notwendig es auch für den Rechtsstaat ist, dass normalerweise – also wenn es kein anderslautendes Gesetz gibt – Bescheide und Urteile natürlich in Kraft bleiben, wenn sie einmal rechtskräftig geworden sind. Sonst würde ja ewige Rechtsunsicherheit bestehen und nie Rechtsfriede einkehren.

Andererseits ist es aber durchaus verständlich und rechtlich in Ordnung, wenn – natürlich nur durch ein sauberes Gesetz – in konkreten Fällen auch Strafen zurückgezahlt werden, die inzwischen schon bezahlt worden sind. Etwa weil die Betroffenen einst im Gegensatz zu jenen, die bis zum Verfassungsgericht gegangen sind, nicht das Risiko einer weiteren Rechtsganges eingehen wollten, die ja immer mit neuerlichen Kosten verbunden wären.

Ganz ähnlich hat man ja auch – leider mit viel zu großer Verspätung – einst bestimmte Urteile der NS-Zeit aufgehoben. Ohne dass man pauschal alle NS-Urteile für nichtig erklärt hätte. Denn sonst wären etwa damalige Scheidungen ungültig und etliche der Geschiedenen in der Folge Bigamisten geworden; denn sonst hätten rein kriminelle Mörder und Betrüger (derer es auch in der NS-Zeit genug gegeben hat, wenngleich die Medien oft nicht darüber schreiben durften) am Ende noch Ansprüche an die Republik stellen können. Diese Urteils-Aufhebungen haben den Rechtsstaat nicht geschädigt, sondern gestärkt.

Ähnlich positiv wie diese Abweichung des Herrn Egger von der Linie der Partei und der wie immer auf Parteilinie schwimmenden Mainstreammedien ist auch die in Kärnten jetzt abgeschlossene Koalition zu bewerten. Denn der Koalitionsvertrag könnte inhaltlich ja praktisch zur Gänze auch der Vertrag einer schwarz-blauen oder schwarz-pinken Koalition sein. Nur mit den Grünen wäre so ein Paket nicht möglich (wie die ÖVP auf Bundesebene zunehmend erkennen muss).

Das zeigen schon die vier Schwerpunkte der Kärntner: Infrastrukturausbau, Klimakrise, Arbeitskräftemangel und Standortentwicklung, wo höchstens einer mit den Grünen möglich wäre. Das zeigt das plakative Ziel, Kärnten zum "unternehmerfreundlichsten Bundesland" zu machen. Das zeigt die Festlegung gegen das Verbrenner-Aus bei Autos durch ein Bekenntnis zur "Antriebsneutralität". Das zeigt der Umstand, dass offenbar nicht geplant ist, den Gemeinden zwangsweise Windmühlen in die Landschaft zu drücken.

Wechseln wir jedoch nach Niederösterreich und auf die Bundesebene. Da tritt uns eine ganz andere SPÖ entgegen. Da fordert sie etwa unter der geschmacklosen Erpressung "Sonst hacke ich mir die Hand ab" reihenweise Dinge, die die SPÖ nicht einmal in den von ihr geführten Bundesländern realisiert hat, wie etwa ein mehrere Hundert Millionen teures Programm für Langzeitarbeitslose – in Zeiten, da wirklich auf jeden Arbeitswilligen und -fähigen zahllose Jobs warten.

Auf Niederösterreich- und Bundes-Ebene ist die SPÖ einerseits tief im 19. Jahrhundert steckengeblieben, wo der Sozialstaat noch sehr unterentwickelt gewesen ist (oder in Wahrheit in wohltätigen Angeboten von Kirchen & Co bestanden hat). Andererseits hat sie ihre inzwischen völlig ausgelaugte Ideologie durch blockweise Übernahme aus dem grünen Parteiprogramm übernommen.

Auf diesen Ebenen ist die SPÖ massiv geprägt von all dem wirklichkeitsfernen Schwachsinn, den ihre Nachwuchspolitiker auf politologischen, publizistischen oder soziologischen Instituten vermittelt bekommen haben.

Der Inbegriff dieser Fehlentwicklung ist der derzeit in allen roten Zirkeln gefeierte Kleinstadt-Bürgermeister Babler. Er hat zwar durchaus gute Chancen, aus dieser Abstimmung mit wehender roter Fahne als neuer SPÖ-Vorsitzender hervorzugehen. Werden doch an ihr nur eingefleischte SPÖ-Mitglieder teilnehmen und alle anderen trotz Parteibuchs daheimbleiben. Als Regierungschef ist Babler aber nur denkbar in einer – bisher nie mit Mehrheit ausgestatteten – Koalition mit den Grünen und den nach dem Abgang des Bäume-Umarmers Strolz ganz nach links abgeschwommenen Neos (genauer gesagt sind die Neos in zwei wichtigen Fragen noch auf einem vernünftigen und positiven, sogar die heutige ÖVP und FPÖ überholenden Kurs, nämlich bei der Infragestellung der Neutralität und der Thematisierung der Pensionsfrage, während sie jedoch in einem Bündnis mit Rot und Grün gerade mit diesen beiden Punkten keinerlei Chancen haben; sie müssten daher eigentlich eine solche Konstellation eindeutig absagen, wenn es ihnen ernst mit diesen Anliegen wäre. Eine Ampelkoalition hat ja auch ihrer deutschen Schwesternpartei FDP schon so schwer geschadet, die sich seit dem Wahltag fast halbiert hat: Aber eine solche Absage an eine Linkskoalition ist von den Neos in keiner Weise zu hören).

Zurück zu Babler. Wenn man ihn international vergleichen will, dann fallen einem Jeremy Corbyn, Bernie Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez in Großbritannien und den USA ein. Diese sind dort von Labour beziehungsweise den Demokraten verhindert beziehungsweise bald wieder gestürzt worden, weil ihre sozialistischen Vorstellungen das Land bankrott gemacht und weil sie deshalb schon vorher einen linken Wahlsieg verhindert hätten.

Umso mehr Begeisterung lösen solche Typen aber in Bobo-Kreisen aus, in deren Kaffeehäusern man immer von einem diffusen Sozialismus-Ideal träumt. Und damit ist Babler eben auch in den Mainstreammedien und bei SPÖ-Hardcore-Mitgliedern beliebt (also bei jenen, die nicht nur wegen Gemeinde-Wohnung oder wegen Jobs der Partei beigetreten sind, sondern wirklich an das Ganze glauben, das so oft in der Geschichte schiefgegangen ist).

Babler verkörpert das, wofür weitgehend auch die noch amtierende, aber letztlich mangels Erfolgs nur noch auf die Frauenstimmen zurückgeworfene Parteichefin Pamela Rendi-Wagner steht, auch wenn sie sich soziologisch ganz anders gibt als Babler. Unter ihrer Führung hat die SPÖ fast täglich eine Forderung erhoben, die die Schulden der Republik noch mehr erhöht hätten. Babler ist darüber hinaus aber auch gesellschaftspolitisch sehr links unterwegs.

  1. So fordert er das Wahlrecht für in Österreich lebende Ausländer.
  2. So fordert er die viel leichtere Vergabe der Staatsbürgerschaft.
  3. So fordert er eine weitere Arbeitszeitverkürzung auf 32(!!!) Stunden bei vollem Lohnausgleich.
  4. So fordert er Tempo 100 auf Autobahnen.
  5. So fordert er die Abschöpfung von Übergewinnen (was auch immer er darunter versteht).
  6. So fordert er gratis öffentliche Verkehrsmittel "für untere Haushaltseinkommen" (was de facto fast nur Haushalte von Migranten und Schwarzarbeitern wären).
  7. So zeigt er massiv Sympathien für die Klimakleber.
  8. So ist er für Erbschaftssteuern (was immer auch Schenkungssteuern bedeutet).
  9. So lebt er selbst bei klaren Fakten in einer Traumwelt und sagt: "Im Landtagswahlkampf in Niederösterreich haben mein Team und ich bei FPÖ-Wählern abgeräumt." (dabei hat in Niederösterreich die SPÖ 3 Prozentpunkte verloren und die FPÖ 9 dazugewonnen …).

Ohne sich allzuweit aus dem Fenster zu lehnen, kann man summieren: Herr Babler hat in seiner Partei gute Chancen – bei den Österreichern jedoch überhaupt keine, wenn er sich nicht total wandelt. Denn im Grund sind seine Ideen ein Gebäude, das man auch "Kommunismus ohne Mauer und politische Gefangene" nennen kann. Aber selbst wenn ein solches linkssozialistisches Programm mit dem Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaat verbunden ist, erweisen sich diese Dinge in der Realität nach wenigen Jahren als unvereinbar. Denn die auf wirklichen Sozialismus immer folgende wirtschaftliche Verarmung eines Landes verführt die Machthaber dazu, Richtung Diktatur zu gehen, da ihnen sonst die Wähler davonlaufen. Siehe Venezuela, siehe Nikaragua, siehe Kuba.

In einem ist sich Babler mit dem Kandidaten vom rechten Parteiflügel, dem Burgenländer Hans Peter Doskozil, aber völlig einig: Beide sprechen sich ausdrücklich sowohl gegen eine Koalition mit ÖVP wie auch eine mit der FPÖ aus, müssen also darauf warten, dass sich erstens endlich einmal Rot-Grün-Pink ausgeht; und dass zweitens die Pinken nichts aus dem Schicksal ihrer deutschen Freunde von der FDP lernen, dass sie also wirklich auf österreichischer Ebene den eventuellen Mehrheitsbringer für Rotgrün abzugeben bereit sind, wie sie es in Wien für die SPÖ schon tun.

Inhaltlich steht Doskozil allerdings für etliche positive Dinge, die als "rechts" gelten, die ihm bei geeichten Genossen daher wohl wenig Sympathien einbringen werden:

  • So werden bei burgenländischen Genossenschafts-Wohnbauten die Mieter anteilig zu ihren Zahlungen Eigentümer; dieses Modell bedeutet eine massive Bedrohung vor allem für das wirtschaftliche Imperium der Wiener SPÖ.
  • So hat er sich jetzt dafür ausgesprochen, dass Mediziner nach ihrem Studium eine Zeitlang in Österreich arbeiten müssen; das bedeutet de facto die Einführung sehr hoher Studiengebühren, die von Rot und Grün vehement bekämpft worden sind.
  • So will er die Zahl der Polizisten vermehren und das Bundesheer stärken (konkretisiert aber nicht, was er damit meint – etwa die von seinem burgenländischen Parteifreund Darabos kastrierten Eurofighter?).
  • So steht er in den Augen vieler für eine restriktivere Migrationspolitik, ohne aber jemals genau zu sagen, wie er dieses Ziel erreichen will.

Ansonsten steht er aber in allen ökonomischen Fragen so wie seine Konkurrenten für klar linke Positionen ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Machbarkeit.

  • Mindestlohn von 2000 Euro netto (was viele Branchen umbringen würde, wie sogar die Gewerkschaften wissen).
  • So solle die "elementare Daseinsvorsorge" durch die öffentliche Hand organisiert werden (was immer er sich konkret unter dieser ebenfalls an die kommunistische Realität erinnernden Phrase vorstellt).
  • So sollen Arbeitseinkommen geringer besteuert werden als "leistungslose Kapitaleinkommen" (was de facto auf eine Verdopplung der Anleihen- und Sparbuchsteuer KESt auf 50 Prozent hinauslaufen müsste, obwohl deren Erträge auch ohne Steuer nicht einmal annähernd die Inflation decken).
  • So verspricht auch er einen "Energie- und Wohnpreisdeckel" (was entweder eine massive Budgetbelastung oder Ausbleiben von Energiesicherheit oder eine Teilenteignung der Wohnungseigentümer bedeutet – oder alles zusammen).

In Summe: Alle drei Kandidaten für den Job eines Bundesparteivorsitzenden wären als Regierungschef tödlich für Österreich – Doskozil halt "nur" in wirtschaftlicher Hinsicht. Und alle drei sind meilenweit entfernt von dem Weg der Vernunft, den einige SPÖ-Landesparteien eingeschlagen haben, den die Bundespartei aber zuletzt in einem anderen Jahrtausend unter Franz Vranitzky verfolgt hat, unter dem die Vermögenssteuer abgeschafft worden ist und Österreich der EG/EU beigetreten ist.

Babler scheint jedenfalls der aussichtsreichste der Drei zu sein. Wird er doch von allen, die immer ganz links stehen wollen, daher auch vom ORF massiv unterstützt. Das konnte man am Freitagabend neuerlich im Radio hören (bevor er dann auch in der ZiB propagiert worden ist). Dabei war der längste Beitrag im sogenannten Europa-Journal beim ersten Hinhören ja ganz erstaunlich: Wurde doch da in sehr kritischem Ton einer Reihe niederösterreichischer Abgeordneter massive Hörigkeit gegenüber den Diktatoren Putin und Lukaschenko vorgeworfen, für die sie, wie im O-Ton zu hören war, heftig Propaganda gemacht haben. Ist im ORF plötzlich Journalismus eingekehrt, dass neuerdings auch kritische Beiträge über die SPÖ gesendet werden, fragte man sich völlig verblüfft. Oder hat da nur eine junge Kollegin in der Ferienwoche unbeaufsichtigt werken können und nicht gewusst, was im ORF selbstverständlich zu sein hat? Aber am Ende kam die Lösung. Denn da kam die massive Attacke auf gleich beide Konkurrenten Bablers: Pamela Rendi-Wagner hätte längst als Parteivorsitzende wie auch als außenpolitische Sprecherin der Partei (was die nicht alles ist ...) einschreiten müssen. Und zugleich bekam auch Hans Peter Doskozil sein Fett ab: Jene Abgeordneten, die da für Putin Propaganda machen, seien seine Anhänger.

Da war dann auch für jeden roten Analphabeten klar, für wen er daher bei der SPÖ-Wahl nur stimmen kann, wenn er gegen Diktatoren ist. Und niemand frägt, warum der ORF eigentlich erst im SPÖ-Wahlkampf die Fünfte Kolonne Putins outet, obwohl deren Verrücktheiten schon lange bekannt sind ...

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