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Korruptionsstrafrecht neu: dumm, am Problem vorbei und demokratieschädigend

Da jubeln sie jetzt alle – und begreifen nicht die Dummheit dessen, was sie da bejubeln: Der "Mandatskauf" wird strafbar. Das heißt auf Deutsch: Jetzt bekommt die WKStA eine neue Waffe in die Hand, mit der sie zahllosen Politikern jahrelange Verfahren anhängen kann. Was sie aber natürlich nur bei schwarzen und blauen Mandataren tun wird, obwohl gerade bei roten Gewerkschaftern das Prinzip "Wir finanzieren euch und ihr erfüllt dafür im Parlament unsere Wünsche" ein besonders klares Geschäftsmodell ist. Niemand in dieser großartigen Koalition fällt die Merkwürdigkeit auf, dass kein anderes Land ein solches Gesetz hat. Aus guten Gründen. Dieses Gesetz wird Österreich zum internationalen Gespött machen, wenn sich später herausstellt, wie sehr dadurch die Demokratie zerlegt wird. Als allermindeste Folge wird es zu einer Fülle von unnötigen Prozessen, Umgehungskonstruktionen und Scheingeschäften kommen. Und alles wirklich Wichtige in Sachen Korruption ist wieder liegengeblieben.

Zuwendungen und Hilfestellungen der verschiedensten Art für Parteien kommen nicht nur von Gewerkschaften und Kammern – wobei Wirtschafts- und Arbeiterkammer die weitaus wichtigsten und finanzstärksten sind –, sondern auch von den diversen NGOs. Diese verfügen über dicke Spenden wohlmeinender Witwen, aber längst auch direkte Zuwendungen aus diversen Steuertöpfen, vor allem, seit die Grünen in Regierungen sitzen. Sie alle werden nobel als "parteinahe" umschrieben, sind aber de facto direkte Vorfeldorganisationen, egal, ob sie öffentlichrechtlich oder vereinsrechtlich aufgestellt sind. Sie sind nur formal unabhängig von ihrer Partei.

Nur sehr naive Menschen können glauben, dass es keinen direkten kausalen Zusammenhang zwischen den Zahlungen und "sonstigen(!!) Zuwendungen" dieser Organisationen an die nahestehenden Parteien und dem Inhalt der Politik dieser Parteien gibt.

Man stelle sich nur vor, Frau Gewessler würde sich auch nur in einem einzigen wichtigen Punkt nicht nach den Wünschen von "Global 2000" richten, jenem Verein, dem und dessen Aufwendungen sie ihren Einzug an die Spitzen der Politik zu verdanken hat. Es wäre eine geradezu absurde Verhöhnung des Menschenverstandes, wenn man argumentieren sollte, dass Gewessler (zumindest soviel man weiß) kein formelles "Versprechen" abgelegt hat, was sie in der Politik tun werde; und dass deshalb ihre vielfache Nahebeziehung zu Global 2000 rechtlich irrelevant bleiben könnte, sollte das neue Gesetz Wirklichkeit werden.

Es braucht doch kein formelles Versprechen, wenn implizit völlig klar ist, welche Politik ein Politiker zu vertreten hat! Und wenn ebenso klar ist, dass die NGO/Kammer/Gewerkschaft der jeweiligen Partei sofort die Unterstützung entziehen würde, wenn diese nicht pariert.

Genauso ist wohl jeder Mandatar der Neos künftig Kandidat für ein Strafverfahren. Denn es ist völlig klar, dass ohne den Bautycoon Haselsteiner die Partei niemals den Einzug ins Parlament geschafft hätte. Dieser hat aber auch sehr konkrete und klar formulierte politische Wünsche und  lässt dafür "jüngere Leute arbeiten und nimmt sich selbst zurück", wie die linke deutsche "taz" voll Bewunderung schreibt. Damit tun freilich die Neos und Haselsteiner haargenau das, was jetzt unter Strafe gestellt werden soll.

Soll das alles jetzt wirklich strafbar werden? Da kann man der österreichischen Demokratie nur noch ironisch "Viel Glück!" zurufen. Alle anderen Länder wissen sehr genau, warum sie keine solchen Paragraphen haben. 

Man denke nur, wie die WKStA schon in der Vergangenheit solche Zusammenhänge zu kriminalisieren versucht hat. Siehe das jüngste Strache-Verfahren. Siehe das Verfahren gegen eine ÖVP-Politikerin, weil diese – was völlig legal ist – im Neben- (oder Haupt-)beruf bei Raiffeisen angestellt ist. Menschen, die immer nur dick und fett als Beamte und Staatsanwälte von Steuergeldern gelebt haben, halten tendenziell nach einiger Zeit fast automatisch alle, die im normalen Wirtschaftsleben tätig sind, für Verbrecher. Die nur deshalb in die Politik gehen, um im Eigeninteresse oder im Auftrag dritter Paten etwas zu verändern.

Als erstes Ergebnis des neuen Gesetzes werden wir bald nur noch Politiker haben, die im Hauptberuf Beamte sind oder waren, oder solche, die gleich direkt von der Schule oder Universität Berufspolitiker geworden sind. Die haben dann keine Ahnung von Wirtschaft und davon, dass die Steuergelder erst irgendwo hart verdient werden müssen..

Als zweites Ergebnis macht man damit neuen Parteien den Einzug in die Politik fast unmöglich, die ja noch keinen Zugriff auf öffentliche Kassen haben, aus denen sie ihre politische Arbeit finanzieren können, weder legalen und schon gar keinen illegalen. Spenden dürfen sie künftig nur noch dann nehmen, wenn man zu lügen bereit ist, dass die Spende lediglich dem schönen Gesicht des Kandidaten gilt. Ein Frank Srtronach würde sofort ins Gefängnis wandern.

Will man das? Hat das noch irgendetwas mit Demokratie zu tun? Ist das nicht ein weiterer Schritt hin zur totalen Herrschaft einer abgehobenen Machtschicht, die sich von jedem Bezug zum wirklichen Leben abkapselt, gegen die angesichts der Kosten eines Wahlkampfes kein Durchdringen mehr möglich ist?

Dieses Gesetz ist überdies das absolute Gegenteil zu dem Schlagwort "Transparenz", das die Spitzenpolitik derzeit ständig im Mund führt. Statt De-Facto-Verboten von Parteispenden wäre eine volle Transparenzpflicht viel demokratischer. Wenn der Wähler weiß, wer direkt oder indirekt einer Partei Zuwendungen gibt, kann er sich orientieren. Ob der direkte oder indirekte Spender nun die Gewerkschaft, eine Kammer , Greenpeace, ein Herr Haselsteiner, ein Herr Stronach oder ein Herr Pierer ist (oder in Amerika ein Herr Bezos oder ein Herr Gates). Je offener das ist, umso besser.

Aber der Wähler weiß natürlich, dass eine Partei insbesondere in Wahlzeiten genau dasselbe braucht, was man auch zum Kriegführen braucht, wie es schon im 15. Jahrhundert ein General seinem König gesagt hat: "Drei Dinge, Hoheit, sind zum Kriegführen nötig: Geld, Geld und nochmals Geld."

Eine klare Folge des sogenannten Antikorruptionsgesetzes: Es wird künftig viel mehr unter der Tuchent, getarnt und indirekt (etwa über das Ausland, etwa über zwischengeschaltete Agenturen) erfolgen. Und bei denen, die gerade an der Macht sind, gar durch Nutzung der Steuerkasse für Parteizwecke – wie es insbesondere die Wiener Rathaussozialisten tun.

Es werden darüber hinaus zahllose Verschwörungstheorien in die Welt kommen, die wissen wollen, wer aller heimlich eine Partei, einen Politiker finanziert.

Und noch etwas wird passieren: die allernormalsten und positivsten demokratischen Vorgänge werden dadurch kriminalisiert. Man denke etwa an einen Regionalpolitiker, der dem Waldviertel eine bessere Eisenbahnverbindung verspricht, und der mit diesem Versprechen für den Landtag kandidiert. Daraufhin spendet ein Waldviertler der jeweiligen Partei eine namhafte Summe. Und schon kommt er ins Gefängnis – vor allem dann, wenn er ein Unternehmer ist, der einen Betrieb im Waldviertel bauen will, aber nur dann, wenn er dorthin eine bessere Anbindung bekommt. Er würde wohl nur dann nicht ins Gefängnis kommen, wenn er das Geld über seinen Betriebsrat fließen ließe. Da passiert dann nichts. Denn Betriebsräte gehören für die WKStA-Genossen automatisch zu den Guten (aber liebe Betriebsräte, Vorsicht: Theoretisch kann sich auch einmal die Schlagseite der WKStA ändern …).

In Summe kann man nur sagen: Dieser Koalition, insbesondere dieser ÖVP ist angesichts dieses Unsinngesetzes wirklich nicht mehr zu helfen.

Neben all den schon genannten Einwänden zum nun vorgestellten Entwurf ist diese Kritik noch durch einen weiteren Aspekt legitimiert: Denn die wirklich schlimme Korruption wird überhaupt nicht thematisiert. Die besteht nämlich nicht darin, dass jemand einer Partei etwas spendet, sondern darin, dass ein Politiker für seine parteipolitischen Zwecke aus der Steuerkasse etwas herausnimmt. Etwa um Medien zu bestechen. Das aber wollen die Machthaber offenbar keineswegs abstellen (übrigens taten das auch die Blauen in ihrer Regierungszeit nicht). Dabei begreifen Schwarz und Grün nicht einmal, dass sie damit vor allem der roten Konkurrenz helfen, die das im Wiener Rathaus ja weitaus am hemmungslosesten macht.

Die Verteidigerinnen dieses Schwachsinngesetzes (in diesem Fall ist das "-innen" übrigens durchaus berechtigt, weil es zwei weibliche Minister waren) können das angerichtete Schlamassel auch nicht damit rechtfertigen, dass sie eh "normale" Parteispenden von der Strafbarkeit ausnehmen. Was sollen "normale" Spenden denn bitte sein? Solche die immer schon geflossen sind? Solche, die die WKStA für okay findet? Solche an die richtigen Parteien? Und selbst wenn sie das insgeheim nicht so gemeint haben sollten, werden solche absurden und nicht definierbaren Gummiformulierungen ganze Anwaltskanzleien finanzieren. Aber vielleicht will das ja Frau Zadic, ehemalige Junganwältin …

Genauso schlimm wie die vielen Absurditäten des Mandatskaufgesetzes ist, dass die wirklich wichtigen Justizmaterien wieder einmal total vergessen worden sind. Das wären:

  • Ein Informationsfreiheitsgesetz, das vollen Einblick in alle behördlichen Akten außer solchen zu einer unmittelbaren Tätersuche und zu militärischen Themen ermöglicht, das aber den Einblicknehmer zu vollem Kostenersatz verpflichtet. Sonst legt allein Peter Pilz die ganze Republik lahm.
  • Viel bessere Sicherung persönlicher Chats, damit die Staatsanwaltschaft sie nicht mehr durch Aufnahme in den Strafakt gezielt in die Öffentlichkeit spülen kann.
  • Ausreichender Kostenersatz für alle zu Unrecht Verfolgten.
  • Spürbare, auch finanzielle Konsequenzen für Staatsanwälte, die Verfahren in die Länge ziehen, die ständig Bürger verfolgen, ohne dann in den meisten Fällen ein rechtskräftiges Urteil zu erzielen.

Wie notwendig gerade Letztgenanntes wäre, haben die Staatsanwälte erst in den letzten Stunden wieder bewiesen: Sie haben neuerlich Berufung gegen den Freispruch für H.C. Strache angekündigt. Das ist der nächste himmelschreiende Skandal und zeigt, wie dringend die Machtbalance in der Strafjustiz geändert werden muss. Denn die WKStA hat schon zweimal vor Gericht gegen Strache verloren. Aber dortigen Staatsanwälten kann auch eine dritte Niederlage völlig egal sein. Haben sie doch schon so oft mit ihren Verschwörungstheorien anstelle von Beweisen vor Gericht verloren. Und keinerlei Konsequenzen zu tragen gehabt. Sie bekommen auch nach noch so vielen Pannen weiterhin ihre fürstlichen Gehälter (die deutlich höher sind als die von Richtern!). Und sie können durch die Berufung, die ja immer auch ausführlich beantwortet werden muss, dem verhassten Ex-FPÖ-Chef, der ohnedies schon bankrott ist, weitere massive Kosten zufügen. Was ja ganz offensichtlich ihr eigentliches Hauptziel und das der linksradikalen Ministerin ist.

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