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Biden und der Horizont der Medien

Es ist extrem peinlich für den amerikanischen Präsidenten Joe Biden, dass nun schon zum dritten Mal bei ihm irgendwelche Geheimdokumente gefunden worden sind, die er an nationale Archive abliefern hätte sollen. Noch peinlicher sollte die Angelegenheit aber für die Mainstreammedien sein. Aber das ist weniger deshalb peinlich, weil sie einst Biden als Saubermann in den Himmel gehoben haben. Sondern vor allem weil die Affäre besonders deutlich macht, wie oberflächlich, wie verzerrt und verlogen ihre Maßstäbe sind. Wie wenig sie imstande sind, das wirklich Wichtige herauszuarbeiten. Wobei man freilich immer anmerken muss, dass die österreichische, die europäische Berichterstattung aus den USA kaum mehr als eine Übung beim Abschreiben amerikanischer Medien ist.

Denn Tatsache ist: Weder bei früheren amerikanischen Präsidenten noch bei europäischen Politikern hat es jemals irgendjemanden interessiert, welche Schriftstücke diese beim Ausscheiden aus dem Amt mit nach Hause genommen haben. In den USA ist es zwar Vorschrift, dass alles pauschal bei staatlichen Archiven abgegeben wird, die unter Sperrfristen, also viele Jahre geheim, alles aufzubewahren haben, bis sich dann Historiker durcharbeiten dürfen. Das war vor allem deshalb so geregelt worden, um sicherzustellen, dass nichts eventuell für die Nachwelt einmal Interessantes im Papierwolf landet. Deswegen wurden lange sogar alle Gespräche der US-Präsidenten mitgeschnitten, damit ja nichts verloren geht. Hat doch jeder Präsident vom ersten Tag an gemeint, dass jede seiner Taten eine große geschichtliche Errungenschaft wäre und keinesfalls in Vergessenheit geraten sollte.

Die Gefahr, dass Massen an interessanten Briefen usw. im Papierwolf oder im Feuer landen, besteht natürlich, wenn ein Präsident auszieht und binnen weniger Tage das ganze Weiße Haus dem Nachfolger übergeben muss. Ist doch dieser sehr oft ein Vertreter der anderen Partei, dem man keine Unterlagen überlassen will. Das haben auch österreichische Politiker des Öfteren so gehalten. So haben insbesondere die im Jahr 2000 übernehmenden schwarz-blauen Minister von den SPÖ-Vorgängern komplett leergeräumte Büros und gelöschte Computer vorgefunden, ohne dass das Staatsarchiv etwa deren Inhalte übermittelt bekommen hätte.

Erst in den letzten Jahren ist das total anders geworden. Das hängt in den USA stark mit Donald Trump zusammen. Zuerst hat er selbst es ziemlich lächerlich dramatisiert, dass die einstige Gegenkandidatin Hillary Clinton als Außenministerin über ihre Privathandy kommuniziert hat. Dann war der Gegenschlag der US-Demokraten noch absurder. Sie haben es als ungeheures Kapitalverbrechen dargestellt, dass Trump – so wie höchstwahrscheinlich alle seine Vorgänger – beim Abschied kistenweise alles nach Hause mitgenommen hat, was sich in seinem Büro angesammelt hat. Praktisch alle Medien haben daraufhin in die Empörung über Trump eingestimmt: Jetzt sei bewiesen, dass er der gesetzloseste Präsident seit langem gewesen ist. Und alle haben ignoriert, dass das früher eigentlich ganz normale Praxis gewesen ist, was ihm vorgeworfen wird. So wie eben auch Joe Biden, der vor Trump unter Obama Vizepräsident gewesen ist, alles Mögliche mitgenommen hat.

Aber bei Trump wie Biden gibt es nicht den geringsten Hinweis, dass sie die Dokumente etwa deshalb mitgenommen hätten, um den USA zu schaden, um sie etwa einem ausländischen Staat zuzuspielen. Daher wäre das Ganze eigentlich nur eine Kurznotiz.

Die Mainstreammedien haben Trump deswegen jedoch heftig und monatelang zum Verbrecher gestempelt. Sie müssten dies daher logischerweise jetzt auch bei Biden tun. Das werden sie jedoch kaum. Glaubwürdigkeit hin, angebliche Objektivität her. Haben sie doch auch schon elegant übergangen, dass Biden schon altersmäßig dem fordernden Amt nicht mehr ganz gewachsen ist. Ebenso wie sie die betrügerischen Aktionen des Biden-Sohnes Hunter unter den Teppich gekehrt haben, der zumindest den Anschein massiv zu Geld gemacht hatte, dass er Einfluss auf seinen Vater hat.

Noch viel ärgerlicher ist, dass der Mainstream-Journalismus mit seiner simplen Faustregel "Rechts ist schlecht, Links ist gut" auch völlig außerstande war, sich in seinem Urteil an den wirklich wichtigen Dingen zu orientieren. Stattdessen vertiefen sie sich in die Lächerlichkeit, dass jemand aus dem Büro beim Ausscheiden pauschal alle Unterlagen mitgenommen hat oder in die letztlich politisch ebenso unwichtige Marginalie, dass Trump in seinen früheren Steuererklärungen sein Einkommen möglichst gering darzustellen versucht hat (was im Grund jeder tut, der solche Steuererklärungen ausfüllen muss). Ein echter Betrug ist Trump aber zumindest bisher nicht nachgewiesen worden.

Versucht man die beiden US-Präsidenten zu vergleichen und versucht man im Unterschied zu vielen Medien die wichtigen Dinge herauszuarbeiten, dann fällt zumindest außenpolitisch die Bilanz positiv für Trump aus:

  1. Russland hat seine Invasionen gegen die Ukraine in der ersten Etappe unter Obama und in der zweiten unter Biden gemacht: Bei dem schwierig einzuschätzenden Trump hat Putin hingegen keinerlei solche Operationen gewagt.
  2. Biden spielt auch bei der von fast der ganzen westlichen Welt verlangten Lieferung moderner Panzer an die Ukraine eine üble Schlüsselrolle, Denn er lässt zu, dass Deutschland sich seit Monaten bei der Nichtentscheidung über Panzerlieferungen auf die USA ausreden kann, ohne dass Biden jemals Klartext reden würde.
  3. Der katastrophale US-Rückzug aus Afghanistan hat erst unter Biden stattgefunden – auch wenn Trump vorher ähnliche Absichten geäußert, aber jedenfalls (noch?) nicht verwirklicht hatte.
  4. Unter Trump gab es zumindest ernsthafte, wenn auch vergebliche Versuche, zu einem "Deal" mit den gefährlichsten Opponenten der freien Welt und des Friedens zu kommen, wie insbesondere Nordkorea. Bei Biden: Leermeldung.
  5. Trump, der Amerika "wieder groß" machen wollte, hat zwar sehr protektionistisch geklungen, aber der wirkliche Protektionismus, der eindeutig Europa und den Welthandel schwer geschädigt hat, ist eindeutig von Biden zum Gesetz gemacht worden.
  6. Und dem größten außenpolitischen Erfolg Trumps steht auf der Haben-Liste Bidens überhaupt nichts gegenüber: Das ist die spektakuläre Aussöhnung zwischen Israel und den wichtigsten Staaten der arabischen Welt.

Das alles sind Fakten. Diese darf eine seriöse Analyse einfach nicht übergehen. Auch wenn Trump unerträglich eitel ist. Und auch wenn seine mangelnde Bereitschaft, eine Wahlniederlage anzuerkennen und seine einen primitiven Aufstand planenden Anhänger zu besänftigen, ebenfalls für jeden demokratisch Denkenden unerträglich ist. An diesem Vorwurf gegen Trump können die zwei Tatsachen wenig ändern, dass das amerikanische Briefkartensystem tatsächlich eine archaische Schande ist; und dass die US-Demokraten keinerlei Versuche zu dessen Besserung unternehmen wollen.

Unabhängig von dieser Bewertung der US-Präsidenten ist in Hinblick auf die Medien die Schande riesengroß, dass sie sich in ihrer linken Verbohrtheit als außerstande erwiesen haben, Personen objektiv zu beurteilen.

Das erleben wir freilich auch in anderen Ländern. Etwa in Österreich, wo die Schande noch durch eine katastrophal einseitige Staatsanwaltschaft verschärft wird. Diese führt etwa seit Jahren ein großmächtiges Verfahren und hat den demokratisch bestellten Bundeskanzler damit (und mit Hilfe eines weiteren ebenso fadenscheinigen Vorwurfs) aus dem Amt gekippt, weil er in einem Untersuchungsausschuss ein unrichtiges Wort gesagt hat, obwohl er dieses im nächsten Satz richtiggestellt hat, obwohl er tags darauf sogar eine Protokollberichtigung beantragt hat.

So machen Medien und – zumindest Österreichs – Justiz in Eilschritten nicht nur die eigene Glaubwürdigkeit, sondern auch die repräsentative Demokratie kaputt. Zu wessen Nutzen?

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