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Die Augen zuhalten hilft nichts

 Es fällt erst im Rückblick auf, welches Thema beim turbulenten Massenrücktritt, einschließlich jenem von Bundeskanzler, Finanzminister und Altbundeskanzler, absolut keine Rolle gespielt hat. Dabei steht das Thema normalerweise weltweit wie auch hierzulande sonst fast immer im Mittelpunkt, insbesondere in dem von Krisen: Das sind Wirtschaft und Finanzen, das ist der Reformbedarf im Sozial- und Steuersystem, das sind Budgets und Defizite.

Nichts, absolut nichts hat da interessiert. Weder die Abgehenden noch die Kommenden, weder Regierung noch Opposition. Dafür gibt es theoretisch zwei mögliche Erklärungen: Entweder, es ist eh alles bestens. Oder aber die politischen Akteure haben durch die Bank nichts begriffen.

Es ist jedoch völlig klar: Von "eh bestens" kann keine Rede sein. Vielmehr ist die Sorgenliste gewaltig, würde man die Fakten anschauen.

  • Wir haben die höchsten Inflationswerte seit 30 Jahren; und manche Pessimisten befürchten gar, dass wir bald mit den 70er Jahren vergleichen müssen, als die Inflationsrate auf 9,5 gestiegen ist.
  • Es gibt keine Diskussion über die verantwortungslose und nur an den Interessen von Italien&Co orientierte Europäische Zentralbank: Müsste Österreich da nicht deutlicher Kritik üben? Hat nicht auch die heimische Regierung durchaus Interesse an der billigen Schuldenfinanzierung auf Kosten von Sparern und Zukunft?
  • Die zuletzt sehr positiv klingenden Wachstumsprognosen werden bereits wieder schrittweise wegen der neuen Corona-Variante reduziert. 
  • Es gibt kein Nachdenken über die Folgen von Staatsschuldenquoten jenseits der 80 Prozent BIP.
  • Niemand sorgt sich um die ungeplant zusätzlich auf uns zurollende Mega-Last infolge der neuen Corona-Welle.
  • Niemand sorgt sich um die Massenflucht der Österreicher in unproduktive Immobilien.
  • Selbst der Nichtbau der für ganz Mitteleuropa wichtigen Umfahrung Wiens wird in vielerlei Richtungen debattiert, nur nicht in Hinblick auf die Wirtschaft, die eine funktionierende Infrastruktur braucht.
  • Es gibt keine Debatte über das viel zu niedrige Pensionsalter trotz steigender Lebenserwartung und mangelnder Geburtenfreude, obwohl dadurch die Finanzierungslast auf den noch Aktiven immer schwerer wird, obwohl uns dadurch die qualifizierten Arbeitskräfte allerorten fehlen, die es in den jungen Pensionisten gäbe.

Unsere gesamte politmediale Debatte erinnert immer mehr an kleine Kinder: Diese halten sich die Hände vor die Augen, wenn sie etwas Unangenehmes nicht sehen, nicht wahrhaben wollen. Nach meiner Erfahrung hat das Kindern aber noch nie geholfen.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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