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Die erpresste EU

Und wieder hat die Erpressung funktioniert, kann man vorerst als Gesamtbilanz ziehen: Der zynische Import von Tausenden Migranten aus islamischen Ländern nach Belarus und die Versuche von Diktator Lukaschenko, diese in die benachbarte EU zu pressen, haben ihre wahren Ziele erreicht, auch wenn die Migranten großteils gar nicht in die Union hineingekommen sind. Darüber sollte man sich jenseits aller EU-Rhetorik keine Illusionen machen.

Gleich in mehreren Aspekten zeigt sich der eigentliche Erfolg der Erpressung:

  1. Wladimir Putin hat die Rolle eines besonnenen Vermittlers mimen und dadurch einen Prestigeerfolg erzielen können. Dabei ist Belarus komplett von Russland abhängig und hätte niemals im Alleingang den Migrantentransfer starten können.
  2. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat unter dem Druck der Einmarsch-Drohung (und wohl auch auf Putins Vermittlung hin) mit Alexander Lukaschenko telefoniert. Das ist für den Belarus-Diktator ein noch viel größerer Prestigeerfolg. Ist er doch seit langem völlig isoliert und steht unter Druck einiger westlicher Sanktionen. Diese waren eine Reaktion auf die zynische Fälschung von Wahlen, das brutale Niederschlagen der Massenkundgebungen, die Inhaftierung vieler Demokratieanhänger und das Abfangen eines Flugzeuges mit einem Kritiker an Bord. Jetzt steht Lukaschenko plötzlich als einer da, der auf Augenhöhe mit der Regierungschefin des größten EU-Landes konferiert. Alle seine Untaten sind relativiert.
  3. Zusätzlich scheint Belarus – oder konkret sein Geheimdienst – kräftig am Migrantentransport an die Grenze verdient zu haben. Es werden Beträge von 15.000 Euro pro Kopf kolportiert. Und es gibt wenig Chancen, dass die frustrierten Möchtegern-Migranten das Geld jetzt zurückbekommen.
  4. Besonders empörend ist das für die Polen: Wie 1939 dealen die Deutschen über ihre Köpfe hinweg mit einem östlichen - damals sowjetischen - Nachbarn über eine polnische Angelegenheit. 
  5. Als einzige erkennbare "Gegenleistung" wird ein Nachtlager für die Migranten in einer Halle eingerichtet. Damit verbringen diese die Nächte nicht mehr in Zelten und sind vielleicht eine Spur weniger aggressiv. Es gibt aber keine Anzeichen, dass Belarus einen echten Rücktransport der an die Grenze zwischen Belarus und Polen marschierten Massen in ihre Heimat erzwingen würde; freiwillig kehren jedoch nur wenige zurück. Daher bleibt die Wahrscheinlichkeit groß, dass noch viele Attacken auf die polnische Grenze erfolgen.
  6. Auch die EU-Sanktionen, die noch vor dem Gespräch Merkel-Lukaschenko verkündet worden waren, waren nur symbolisch: Sie treffen 30 Einzelpersonen, die für die Schlepperei vor dem Invasionsversuch verantwortlich sind, sowie jene Fluggesellschaften, die die Transportflüge aus dem Irak und aus Istanbul nach Belarus organisiert haben. Sie tun niemandem weh.
  7. Eine zusätzliche Demütigung ist ein gleichzeitiges Urteil des EU-Gerichtshofs gegen Warschau. Diese Urteile erinnern die Polen immer mehr an die einstige Sowjetherrschaft. Dabei sind jene Dinge, die den Polen als Delikt vorgehalten werden, gar nicht durch irgendeine EU-Verordnung oder Richtlinie verboten, wie etwa die Regelung, dass in Polen der Justizminister gleichzeitig Generalstaatsanwalt ist. Sie werden vom EuGH einfach pauschal als rechtswidrig bezeichnet (Zusatz-Groteske: Die inkriminierte Regelung, dass der Justizminister auch weisungsbefugter Chef aller Staatsanwälte ist, auch wenn er nicht den Titel eines "Generalstaatsanwalts" trägt, gibt es in vielen Ländern, ohne dass sich die EU dafür interessieren würde!). Dieses EuGH-Urteil hat zwar nicht direkt etwas mit den Invasionsversuchen zu tun. Aber die Symbolkraft und die psychologische Wirkung auf die Menschen nicht nur in Polen sind eindeutig: Polen wird von der EU genau in dem Moment gedemütigt, da es die EU vor dem Einmarsch unerwünschter Massen zu schützen versucht – die ja alle nicht nach Polen, sondern weiter ins EU-Kernland Deutschland wollen!
  8. Gleichzeitig ist auch gegen Ungarn ein ebenso demütigendes EuGH-Urteil wegen eines "Delikts" ergangen, das noch viel direkter mit der Migrantenabwehr zu tun hat: Ungarn hatte vor drei Jahren durch Gesetze die Hilfe ausländischer Vereine für Migranten verboten. Es hat also schon damals genau dasselbe getan wie in den letzten Wochen Polen: Es hat ab Beginn der Belarus-Aggression das ganze Grenzgebiet für NGOs und Nichtpolen gesperrt, um deren Aktivitäten und Propaganda zu verhindern, die die polnischen Abwehrversuche massiv behindert hätten. Man kann sicher sein, dass dieses Verhalten vom EuGH nur deshalb nicht auch den Polen als Delikt vorgeworfen worden ist, weil die juristischen Vorlaufzeiten im Gegensatz zu Ungarn zu kurz waren. Das wird aber sicher noch kommen.

Wie auch immer die Dinge rund um Belarus weitergehen, eines ist schon jetzt klar: Diese Vorgänge sind ja kein Einzelfall. Belarus hat das kopiert, was die Türkei seit Jahren mit Erfolg tut. Ankara hat schon viele Hunderttausende illegaler Migranten aus anderen islamischen Ländern vor allem über die griechischen Ägäis-Inseln Richtung EU geschickt. Und es hat das genauso wie jetzt Belarus erfolgreich als Druckmittel gegen die EU einsetzen können.

Einziger Unterschied: Der türkische Machthaber Erdogan hat nicht Anerkennung, sondern Milliarden an EU-Geldern erpresst. Und er hat fast jede politische Kritik an der Repression gegen Oppositionsparteien und die kurdische Minderheit verstummen lassen. In einer Hinsicht ist die Türkei sogar noch schlimmer als Belarus – sie ist auch außerhalb ihrer Grenzen militärisch destruktiv unterwegs:

  • Die Türkei hat im Syrienkrieg die Islamisten massiv unterstützt und deren Mordaktionen überhaupt erst ermöglicht;
  • sie hält bis heute fremde Territorien in Syrien, auf Zypern und im Irak besetzt;
  • sie verletzt mit ihren Hochsee-Ölbohrungen die Souveränität des EU-Staates Zypern;
  • und sie hilft in Libyen den Gegnern jener Kriegspartei, die von Frankreich, Ägypten und Saudi-Arabien unterstützt wird.

Freilich kann die Türkei weiterhin auf die USA zählen, die noch immer glauben, in ihr einen wichtigen Nato-Partner zu haben.

Die Herausforderung für die EU durch die Massenmigration aus Afrika und der islamischen Welt wäre aber nicht einmal dann gelöst, wenn das Unrealistische gelänge, eine stabile Lösung mit Belarus und der Türkei zu finden. Denn die Magnetwirkung der EU ist so groß, dass illegale Migranten immer einen Weg suchen und oft finden werden, vor allem in die mit üppigen Wohlfahrtsleistungen winkenden Staaten Deutschland, Österreich oder Schweden zu gelangen. Man kann ja nicht sämtliche Küstenlinien Europas mit hohen Mauern abriegeln.

Diese Millionenmigration kann nur dann beendet werden, wenn jeder, der auf welchem Weg immer illegal nach Europa kommen will, weiß: Er hat keine Chance, hier zu bleiben, sondern wird wieder abgeschoben.

 

Ein Text mit ähnlichem Inhalt ist  in der europäischen Wochenzeitung "Epoch Times" erschienen.

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