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„Nehme jeden, Hauptsache arbeitswillig“

Hämisch wird seit Wochen tagtäglich über die Probleme Großbritanniens berichtet: Tausende Tankstellen saßen wegen des Mangels an LKW-Fahrern, die Treibstoff ausliefern, auf dem Trockenen. Das führte zu langen Schlangen und wachsenden Aggressionen. Das haben die Briten nun vom Brexit, wird gehöhnt. In Wahrheit aber muss man sagen: Schön wär‘s, wäre das nur eine Folge des Brexits. Denn dieser ist bloß für einen Bruchteil eines europaweit explodierenden Megaproblems verantwortlich.

Nach einem Jahr coronabedingter Massenarbeitslosigkeit und Kurzarbeit ist es freilich schwer zu begreifen, dass wir eigentlich strukturell das gegenteilige Problem haben. Das zu verstehen wird auch durch die ständigen Schauermärchen linker Soziologen erschwert, dass uns Roboter und Künstliche Intelligenz arbeitslos machen würden. Aber in Wahrheit sind nicht nur für Großbritannien, sondern  für ganz Europa halbwegs qualifizierte Arbeitskräfte auf Dauer Mangelware. Zahllose österreichische Unternehmen sagen schon: "Nehme jeden, Hauptsache arbeitswillig". Während die Briten nicht ans Benzin herankommen, kommen wir nicht mehr an Handwerker heran.

Das merkt man jetzt im Nach-Corona-Konjunkturboom ganz besonders. Der legt aber nur schlagartig offen, was sich schon seit vielen Jahren als Problemberg aufgebaut hat. Dessen Ursachen:

  1. Das ist die Demographie, die dramatisch zunehmende Überalterung.
  2. Das ist ein nun schon 50 Jahre langes Geburtendefizit (das manchen südeuropäischen Völkern bereits eine Halbierung der Einwohnerzahl beschert).
  3. Das sind Pensionssysteme, in denen arbeitsfähige Menschen viel zu früh in den (nur durch Staatsschulden finanzierten!) Ruhestand gehen können.
  4. Das ist der Boom in Osteuropa, von wo der Westen 30 Jahre lang exzellente Arbeitskräfte abgesaugt hat, die jetzt daheimbleiben können, weil es auch dort Vollbeschäftigung gibt.
  5. Das ist der überbordende Sozialstaat, der nicht nur eine Hauptursache der Schulden ist, der auch vielen ermöglicht, sich einer regulären Arbeit zu entziehen.
  6. Das ist ein Bildungssystem, das um teures Steuergeld junge Menschen in Disziplinen ausbildet, wo sie niemand benötigt.

Gegen diese Megaprobleme verblassen selbst die Schuldenlasten der Corona-Lockdowns. Dagegen verblassen auch die Fehler der Briten, die Hunderttausenden EU-Bürgern die Arbeitsgenehmigung entzogen haben, statt froh zu sein, dass auf Grund der Sprache viele arbeitswillige Osteuropäer gerade zu ihnen gekommen waren.

PS: Die ORF-ZiB hat sich empört darüber, dass die Briten auch Soldaten zur Milderung des Fahrer-Engpasses einsetzen, und deshalb sogar ihren Charakter als westliche Demokratie in Frage stellen würde. Seltsam: Denn als im Vorjahr das Bundesheer in Österreich zur Bekämpfung von Engpässen im Zug der Corona-Lockdowns etwa im Handel eingesetzt worden sind, hat der Sender die Demokratie nicht in Frage gestellt.

Aber auch für England gilt halt, was man bei der innenpolitischen Berichterstattung täglich merkt: Wenn sie gegen einen Konservativen, einen Bürgerlichen hetzen können, dann geht mit ihnen der blinde Hass durch.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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