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Der Wähler hat nicht immer Recht – aber man sollte ihm immer Recht geben

"Der Wähler hat immer Recht": So lautet ein beliebter Satz der politmedialen Szene, dem kaum jemand zu widersprechen wagt. Doch der Satz ist Unsinn, wie sich jetzt gleich mehrfach bestätigt hat. Richtig ist jedoch: In der Demokratie hat der Wähler das letzte Wort, auch wenn er nicht Recht hat – und das ist gut so, auch wenn man bisweilen noch so sehr über den Inhalt dieses Wählerwortes den Kopf schütteln muss.

Das hat man in der letzten Woche gleich viermal tun müssen:

  1. Über das Wahlergebnis von Graz, wo eine Partei die weitaus meisten Stimmen bekommen hat, die sich sogar schon im Namen mit einem der zwei größten Verbrechersysteme des 20. Jahrhunderts identifiziert; bei der ein Abgeordneter sogar jetzt noch als Propagandist für die gegenwärtig schlimmste Diktatur auf europäischem Boden auftreten kann, nämlich jene in Belarus; und bei der der offizielle Pressesprecher den Belarus-Diktator Lukaschenko mit dem ehemaligen US-Präsident Trump gleichsetzen darf (und die beide mit keinerlei parteiinternen Sanktionen rechnen müssen, während etwa gleichzeitig in Deutschland ein Abgeordneter von der offensichtlich viel sensibleren AfD-Fraktion wegen zweideutiger Bemerkungen über den Nationalsozialismus ausgeschlossen worden ist).
  2. Über eine Volksabstimmung in Berlin, wo eine große Mehrheit (ganz im kommunistischen Sinne) die Verstaatlichung von 240.000 Wohnungen verlangt hat: sie tat dies, obwohl durch eine solche Verstaatlichung der Wohnungsmangel noch dramatisch verschlimmert würde, weil danach ja mit Sicherheit kein Privater mehr Geld in den Wohnungsbau investieren wird. Obwohl erzwungene Verstaatlichungen mit großer Sicherheit verfassungswidrig sind. Obwohl bei einer Umsetzung des Referendumswunsches der Berliner Steuerzahler zweistellige Milliardenbeträge an Entschädigungen zahlen müsste. Obwohl das dafür fällige Steuergeld tausend Mal effizienter in die Schaffung von neuem Wohnraum, in die Aufschließung neuer Grundstücke und in die Unterstützung sozial schwacher Wohnungskäufer investiert werden sollte. Obwohl die Wohn- und Mieten-Politik absolut aller kommunistischen Regime in der Vergangenheit zu katastrophaler Wohnungsnot und progressivem Verfall der gesamten Bausubstanz geführt hat.
  3. Über 50.000 Oberösterreicher, die ihre Stimme einer Liste von Impf-Gegnern und Corona-Leugnern gegeben haben. Dabei hat diese Liste Behauptungen aufgestellt, denen alle vorhandenen Daten – etwa über den dramatischen europaweiten Rückfall der Lebenserwartung vor allem von Männern durch Corona wie zuletzt im Weltkrieg – und weit mehr als 90 Prozent aller einschlägigen Wissenschaftler widersprechen.
  4. Über die Schweizer, die mit großer Mehrheit für die völlige Gleichstellung der Homosexuellen-Ehe gestimmt haben: Und zwar ohne dass sie dabei auf den Schutz der Kinder eingegangen wären, ohne dass dabei die Ausdehnung von Privilegien, Förderungen und Witwenpensionen auf homosexuelle Paare verhindert würde. Dabei ist die öffentliche Unterstützung von Paaren – die ja immer von allen anderen beziehungsweise durch Schulden finanziert werden muss! – eindeutig nur dann berechtigt und argumentierbar, wenn diese Paare Kinder in die Welt setzen und großziehen. Das ist schon in den letzten Jahrzehnten ein rasch wachsendes, aber populistisch verdrängtes Problem geworden, seit nicht mehr fast alle Ehen in Kindern münden.

Das waren ziemlich viele demokratische Entscheidungen für ein einziges Wochenende, die man eigentlich nur für katastrophal und abgrundtief falsch halten kann.

Dennoch sei klar gesagt: Auch solche Entscheidungen sind zu respektieren. Auch sie geben in keiner Weise die Berechtigung, am demokratischen Prinzip zu rütteln.

Ein moralisches, und zumindest in Deutschland auch rechtliches Widerstandsrecht gibt es erst dann, wenn eine demokratisch gefällte Entscheidung danach nicht mehr durch eine ebensolche demokratische, von voller Meinungs- und Wahlfreiheit geprägte Entscheidung rückgängig gemacht werden kann. Wie es im vorigen Jahrhundert Nationalsozialisten wie Kommunisten nach einem Wahlsieg für den Rest ihrer Herrschaft verhindert haben.

Der – wenn auch zähneknirschende – Respekt vor solchen abgrundtief falschen Mehrheitsentscheidungen beruht weniger auf der Tatsache, dass halt Rechtsordnungen und Verfassungen es so vorschreiben. Er beruht vor allem auf folgenden fünf Fakten:

  1. Die Erfahrung zeigt, dass jede andere Form der Herrschaft, jedes andere politische System noch viel öfter zu verantwortungslosen Fehlentscheidungen führt (so hat die direktdemokratische Schweiz eine der niedrigsten Staatsverschuldungen).
  2. Ebenso lehrt die Erfahrung, dass die Bürger umso rationaler entscheiden, je öfter und je mehr sie zu entscheiden haben: Das lässt sie ihre Verantwortung erkennen.
  3. Es kann in einer säkularen Welt nach den Gesetzen der Logik oder Ethik keine Instanz geben, die über der Summe der Bürger stehen würde. Wer auch immer in eine solche Position gebracht worden ist, hat sie am Ende übel missbraucht: Siehe etwa die provozierenden Privilegien der Nomenklatura im Kommunismus, während das restliche Volk darbte. Siehe das Feudalsystem, wo sich eine Schicht, deren Vorväter sich vielleicht einst als bessere Richter oder Heerführer erwiesen haben, über unzählige Generationen für etwas Besseres gehalten hat. Sie hat unter diesem Vorwand alle Macht an sich gerafft – mit der sie dann den Großteil der restlichen Bevölkerung ausgebeutet und sogar als Leibeigene versklavt hat, mit der sie für rein dynastische Interessen Millionen in Kriege und in den Tod geschickt haben.
  4. Selbst wenn ein Gottesstaat ausgerufen wird, wie es in den letzten Jahrhunderten nur noch der Islamismus versucht hat, dann krankt der daran, dass Gott – und schon gar nicht der Gott des Islams – uns leider nicht wissen lässt, wie politische oder rechtliche Entscheidungen richtig und gut zu treffen sind, was das im christlichen Raum einst oft angesprochene Naturrecht genau bedeutet. Denn auch im Gottesstaat regiert lediglich eine – halt klerikal geschaffene – Feudalschicht, die genauso schlecht regiert, wie es durch Vererbung von angeblich "blauem Blut" legitimierte Feudalschichten getan haben. Solche Gottesstaaten führen ganze Völker in große Not (von den iranischen Mullahs bis zu den afghanischen Taliban).
  5. Längst haben solche Feudalsysteme auch noch das letzte Argument verloren, mit dem sie ihre Herrschaft zu rechtfertigen versucht haben: Ihre Akteure waren meist besser gebildet und erzogen. Das ist heute ein Nonsens-Argument.

Heißt das, dass man solche schweren Fehlentscheidungen einfach – zwar verzweifelt, aber tatenlos – hinnehmen soll? Ganz und gar nicht. In einer Demokratie, in der echte Meinungsfreiheit herrscht (sonst ist sie keine Demokratie mehr!), müssen sich vielmehr die – bisweilen nur vermeintlich – Klügeren tagtäglich der Diskussion stellen. Sie handeln verantwortungslos, wenn sie sich achselzuckend abwenden und geistig aus dem dummen Volk zurückziehen wollen.

Demokratie sollte vielmehr immer heißen:

  • argumentieren,
  • Beweise suchen und vorlegen,
  • zu überzeugen suchen,
  • sich mutig auch Widerständen stellen,
  • niemals aufgeben,
  • und sich zu Toleranz gegenüber demokratischen Entscheidungen zwingen, auch wenn man diese inhaltlich für total falsch hält.

Denn bei allen Fehlern hat sich das demokratische System als in Summe weit besser, menschenfreundlicher und erfolgreicher als alle Alternativmodelle gezeigt.

Denn der Erwartungshorizont der Bevölkerung – wenn diese einmal die Zusammenhänge durchschaut hat – reicht weiter als jener etwa von Richtern, die sich nicht um außerjuristische Zusammenhänge kümmern und die nur in ihrem kasuistischen Glasperlenspiel-System zu denken vermögen, aber dennoch immer mehr Macht an sich raffen (so wie einst die feudalen Gerichtsherren). Denn die Bürger denken viel eher und stärker an die nächste Generation als Parteipolitiker, die fast immer nur an den nächsten Wahltag denken. (Oder haben Sie seit Wolfgang Schüssel auch nur einen Politiker, nur einen Richter kennengelernt, der sich erkennbar etwa um die Zukunftssicherheit des Pensionssystems gekümmert hätte?)

Und last but not least ist es auch Faktum, dass echte Demokratien viel seltener Kriege begonnen haben als alle anderen Systeme.

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