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Diese Republik wird auch weiterhin keinen funktionierenden Geheimdienst haben

"Mander, s'isch Zeit!" "Quo usque tandem abutere patientia nostra?" "Wie lange noch wollt ihr unsere Geduld missbrauchen?" Eine ganze Menge klassischer Zitate kommt einem angesichts des nunmehrigen Abschlussberichts einer Kommission über Fehler im Bereich des Verfassungsschutzes und der Terrorbekämpfung in den Sinn. Aber außer der neuerlichen Ankündigung des Innenministers, dass der seit vielen Jahren verkommene Verfassungsschutz jetzt wirklich "auf völlig neue Beine gestellt" wird, hat dieser Bericht nichts zur Folge. Solche Ankündigungen hören wir jedoch schon viel zu lange, nicht erst seit dem Wiener Terroranschlag vom 2. November. Der Kommissionsbericht selber bringt leider fast nur formaljuristische Aufarbeitungen des völlig unzureichenden behördlichen Berichtswesens; er bringt aber weniger neue Reformideen, als in diesem Tagebuch schon wenige Tage nach dem Anschlag aufgelistet worden sind.

Das ist auch kein Wunder. Hat die Regierung doch eine Rechtsprofessorin zur Leiterin der Kommission bestellt, die wenig Ahnung von den dringenden Notwendigkeiten eines funktionierenden Geheimdienstes und einer Abwehr islamistischer und sonstiger Bedrohungen hat. Aber diese Auswahl der Kommissionsvorsitzenden war wohl einer der vielen faulen Kompromisse zwischen den Koalitionsparteien, die sich ja inzwischen schon wie ein schwarz-grüner Faden durch die Arbeit dieser Regierung ziehen.

Hätte die Kommissionsarbeit wirklich Sinn haben sollen, dann hätte man mutig einen internationalen Geheimdienstexperten dafür heranziehen müssen. Das gilt noch viel mehr für die jetzt erneut angekündigte Totalreform des Verfassungsschutzes. Nach wie vor fällt mir kein besser dafür geeigneter Experte ein als der frühere Chef des deutschen Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen. Der wäre nicht nur durch seine Erfahrungen der geeignete Mann, sondern auch deshalb, weil er den Mut und die geistige Unabhängigkeit gehabt hat, andere Meinungen zu haben als die deutsche Regierung. Aber vielleicht gibt es ja auch etwa in der Schweiz jemand Passenden …

Die Notwendigkeit, internationale Experten für den Aufbau eines solchen Dienstes zu holen, kann sich natürlich nur auf die Herstellung der nötigen Professionalität beziehen, da diese in Österreich selbst nicht existiert. Aber natürlich muss dann für die inhaltliche Arbeit ein Österreicher zuständig werden.

Ohne in aufdringliche Rechthaberei zu verfallen, zeigt sich, dass fünf zentrale Probleme des BVT, die ich schon eine Woche nach dem Wiener Anschlag hier aufgelistet habe, heute mehr denn je die zentralen Notwendigkeiten einer Reform wären:

  • Dazu zählt die komplette Eingliederung der Landesämter für Verfassungsschutz in das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (Geheimdienstarbeit in einem Kleinstaat kann keine Spielwiese für neunfachen Föderalismus sein!).
  • Dazu zählt der notwendige Schutz eines arbeitsfähigen Nachrichtendienstes gegen den ständigen Zugriff von Staatsanwälten und Parlamentariern, die ja alle keine Ahnung von den Notwendigkeiten eines solchen Dienstes haben, die in Wahrheit immer nur parteipolitische Agitation beziehungsweise Behördeneifersucht im Sinn haben (Insbesondere die sattsam bekannte WKStA hat sich ja schon in katastrophaler Weise bei der Zerstörung der letzten Restbestände des BVT disqualifiziert).
  • Dazu zählt die Notwendigkeit einer klaren Trennung eines komplett vertraulich arbeitenden Nachrichtendienstes von den jetzt ebenfalls vom BVT besorgten polizeilichen Aufgaben, wo ja die Exekutive seit der verunglückten StPO-Reform unter Justizminister Böhmdorfer nicht nur den Weisungen des eigenen Ministers, sondern auch der Staatsanwaltschaft unterliegt. Was natürlich beides Gift für einen funktionierenden Nachrichtendienst ist.
  • Zweifellos braucht es aber sehr wohl eine enge, aber total vertraulich laufende Aufsicht und Kontrolle aller drei Nachrichtendienste (also des BVT und der zwei Dienste des Bundesheeres) etwa durch einen eigenen Staatssekretär, damit hier keine eigene Welt der Willkür entstehen kann. Damit aber auch die Regierungsspitze wirklich gut informiert wird, so wie eben die Staats- und Regierungschefs anderer Länder täglich durch ihre nationalen Nachrichtendienste informiert werden. Umfassend, aber auch so knapp, dass diese Berichte auch gelesen werden.

Ich erinnere mich gut an jene Jahre, da man mich offensichtlich für einen Journalisten mit außenpolitischem Sachverstand gehalten hat, in denen ich regelmäßig – natürlich auf strenger Hintergrund-Basis – über die globalen Analysen des Heeresnachrichtenamtes informiert worden bin. Diese waren oft ganz hervorragend. Freilich wurde mir zugleich das Gefühl der Frustration vermittelt, dass sich ja sonst kaum jemand in der Regierung für die Arbeit des HNA interessiert.

Mehr argumentativen Sachverstand als in Sachen Geheimdienst hat die jetzt fertig gewordene Kommission in strafrechtlicher Hinsicht gezeigt. Sie wirft die Frage auf, ob es notwendig ist, zusätzlich einen Straftatbestand des religiösen Extremismus einzuführen. Das ist zweifellos ernsthaft zu prüfen. Denn es ist recht fraglich, ob Religion ein Verhalten verschlimmern kann. Denn etwa die mehrfachen Aufrufe im Koran, Christen und Juden zu verfolgen, hätten eigentlich auch ohne neuen Paragraphen schon längst verboten werden müssen, unabhängig davon, dass der Koran halt auch religiöse Elemente enthält. Dabei sind es ja genau diese Aufrufe, die immer wieder islamistische Täter inspirieren.

Freilich geht auch die Kommission nicht ausreichend auf die zentrale Frage einer exakten und operativ verwendbaren Definition von "Extremismus" ein. Solange das nicht ganz präzise geklärt ist, sind alle Anläufe, das Land besser zu schützen, vergebens. Solange bleibt "Extremismus" ein reiner Kampf-, Agitations- und Beschimpfungsbegriff. Den die Grünen ohne jeden Beweis für die FPÖ verwenden. Den das bisherige BVT ebenfalls ohne jeden Beweis für die Identitären verwendet hat.

Dennoch versucht man immer wieder, an die Bezeichnung "extremistisch" rechtliche und politische Konsequenzen zu knüpfen. Das ist so absurd, wie wenn man ohne Kellerkonstruktion auf eine Sanddüne ein Haus zu bauen versucht. Ähnlich ist die Bezeichnung als Rechts-, Links- oder islamischer Extremist zu werten.

Es ist freilich sicher nicht einfach, "Extremismus" juristisch brauchbar zu definieren. Ich habe jedenfalls diesen Ausdruck immer nur dann verwendet, wenn entweder ein klarer Bezug zu Gewalt erkennbar ist; oder wenn es um Propaganda für ein totalitäres (also weit über einzelne Rechtsverletzungen hinausgehendes und ganze Völker unterjochendes) Regime geht. Wie den Nationalsozialismus, wie den Sowjetkommunismus, wie den "Islamischen Staat".

Freilich: Das alles ist Wunschdenken. Es wird in Österreich weder zu einer sauberen Definition von Extremismus kommen, an die man rechtliche Konsequenzen knüpfen könnte, noch werden wir je einen wirklich funktionierenden Nachrichtendienst bekommen. Denn:

  • Dazu fehlen der Koalition in Regierung wie Parlament die notwendigen hochqualifizierten Köpfe, die rechtlich und/oder in Sachen Geheimdienste wirklich versiert wären, die so eine doppelte Reform gut über die Bühne bringen könnten.
  • Dazu fehlt der ÖVP wohl der Mut, den Landeshauptleuten beizubringen, dass sie keinen Landes-Geheimdienst mehr haben werden.
  • Dazu sind die Grünen in ihrer Vergangenheit viel zu nahe an manchen wirklich linksextremistischen Gruppen dran gewesen.
  • Dazu ist der seltsame Besuch (ausgerechnet) der jetzigen Justizministerin in einer überaus bedenklichen Grazer Moschee noch zu gut in Erinnerung.
  • Dazu (also für einen Eingriff in den heiligen Föderalismus und für die Herauslösung und effektive Absicherung eines Nachrichtendienstes aus der normalen Exekutive) wäre wohl auch eine verfassungsrechtliche Absicherung nötig. Ein Konsens mit SPÖ oder FPÖ darüber scheint aber völlig unrealistisch zu sein. Scheint es diesen ja nicht einmal innerhalb der Koalition zu geben. Und sind doch wirklich sämtliche Politiker-Wortmeldungen zu diesem Thema bisher rein partei- und nirgendwo staatspolitisch einzuordnen.

Überhaupt nicht zuzustimmen ist hingegen der Kommissionsvorsitzenden, wenn sie sich gegen einen verstärkten Einsatz von elektronischen Fußfesseln bei islamistischen Tätern ausspricht. Da man diese ja nicht immer lebenslang wegsperren kann, wäre das zweifellos eine Maßnahme für mehr Sicherheit.

Solange die Strukturen nicht viel besser aufgestellt sind, solange ist es auch völlig sinnlos, den Personalstand für BVT und LVTs zu verdoppeln, wie der Innenminister nun ankündigt. Auch wenn das derzeit in Österreich offenbar als das Leichteste erscheint. Handelt die Politik ja auf allen Feldern so, als ob das Geld ohnedies unbegrenzt aus der Steckdose käme …

Wenig weiterführt die beliebte Frage, wer politisch eigentlich die Hauptschuld am Zustand des BVT hat. Denn wenn das Spiel Nehammer vs. Kickl wieder beginnt (die sich beide nicht mit Ruhm bekleckert haben), müsste man auch auf frühere Innenminister zu sprechen kommen, nicht zuletzt auf jenen, der derzeit auch als Tiroler Landeshauptmann eine recht problematische Rolle spielt. Spätestens ab jetzt trifft aber die ganze Regierung von der Spitze angefangen auch wie das ganze Parlament die Verantwortung. Geht es doch um das nationale Interesse der Republik. 

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