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Der ÖVP gehen die Partner aus

In letzter Zeit mehren sich die grünen Attacken auf den schwarz-türkisen Koalitionspartner. Dieser spürt dadurch zunehmend sein Dilemma der politischen Alternativlosigkeit.

Die grünen Absetzbewegungen von der Koalition zeigen sich vor allem im Verhalten der grünen Parlamentsfraktion, insbesondere der dort sitzenden Frauen.

  • Da agieren die Grünen im Untersuchungsausschuss wie die geistigen Nachfahren des Peter Pilz und alles andere als ein Koalitionspartner.
  • Da attackiert die Klubobfrau Maurer massiv die zur Ägide des Finanzministeriums gehörende Verstaatlichten-Holding ÖBAB und insbesondere den Vorstand Thomas Schmid. Dieser hat vor Jahren wahrscheinlich Kokain konsumiert (wobei er aber jedenfalls nicht strafbar ist, und was gerade bei den Grünen irgendwie seltsam wäre, wenn es sie wirklich stören sollte). Und Schmid war als früherer Finanzministeriums-Generalsekretär offenbar in die Formulierung der Ausschreibung jenes Postens mitinvolviert, den er dann übernommen hat (obwohl es auch bei vielen anderen Unternehmen ganz normal ist, dass ein Exponent der wichtigsten Eigentümergruppe sich selbst in einen Vorstand schickt).
  • Und da verlangt die mazedonienstämmige grüne Abgeordnete Meri Disoski von Bundeskanzler Kurz sogar öffentlich eine Entschuldigung, weil er in einem Interview zu einer linken Fernsehjournalistin "Sie haben doch selbst ein Hirn" gesagt hat, nachdem sich diese bei einer Attacke gegen Kurz hinter einem Artikel der linken Wochenzeitung "Zeit" versteckt hat (der Kurz-Satz ist aber wohl eine völlig legitime Antwort auf die üblichen Tricks linker Journalisten, die sich scheinheilig immer auf andere linke Medien berufen). Frau Disoski bezeichnet diese Kurz-Äußerung jedoch als "völlig inakzeptabel" und "respektlos" (wobei "Respektlosigkeit" der ständige Universalvorwurf von Radikalfeministen und schwarzen Rassisten gegen alle anderen ist).
  • Auf Regierungsebene selbst scheint hingegen die Stimmung deutlich besser. Allerdings begreift man bei der ÖVP zunehmend, dass die durch den Machtwechsel im Justizministerium die von einem grünen Ex-Abgeordneten Walter Geyer als erstem Leiter gegründete (und personell schlagseitig eingerichtete) "Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft" nun endgültig zur parteipolitischen Speerspitze der Linken geworden ist.

Die ÖVP ist angesichts dieser Entwicklung bei der grünen Parlamentsbasis ziemlich hilf- und vor allem alternativlos. Das hängt auch damit zusammen, dass die Mainstreammedien ganz automatisch immer die Partei der Grünen ergreifen:

  • Wenn der Verfassungsgerichtshof die Verordnungen des grünen Gesundheitsministers zerreißt, wird das von diesen Medien primär als Intrige der ÖVP dargestellt.
  • Und wenn der Innenminister auf die ungenügenden Corona-Maßnahmen in Wien hinweist (wo zum Unterschied von den anderen Bundesländern nicht die Polizei, sondern selbstgestrickte Rathausstrukturen die Fahndung gemäß dem sogenannten Contact-Tracing vornehmen; und wo man Asylanten aus einem Corona-Quarantäne-Heim der Gemeinde einfach täglich arbeiten gehen hat lassen), dann befassen sich die Mainstreammedien nicht etwa mit dem Inhalt dieser Vorwürfe, sondern werfen dem Innenminister reflexartig "Wahlkampf" vor.

Die ÖVP erlebt in diesem Verhalten der Medien jetzt einen dramatischen Unterschied gegenüber den Zeiten der schwarz-blauen Koalition, wo ebenso automatisch immer die Schwarzen die Guten und die Blauen die Bösen gewesen sind (auch wenn das etwa im Krieg zwischen Justiz- und Innenministerium zweifellos nicht immer der Fall gewesen ist).

Nicht, dass die Lage in der grün-schwarzen Koalition sich schon so zugespitzt hätte, dass sich die ÖVP dringend nach neuen Partnern umschauen müsste. Aber man sieht zunehmend, dass die Flitterwochen vorbei sind.

Das führt aber auch zunehmend zur Erkenntnis der Schwarzen, dass sie völlig alternativlos dastehen. Und zwar aus zwei Gründen: Einerseits, weil Sebastian Kurz ja hintereinander sowohl Rot wie Blau aus der Regierung geworfen hat (und weil die Neos zu schwach sind, um als Koalitionspartner fungieren zu können). Und andererseits, weil die Entwicklung bei allen drei Oppositionsparteien alles andere als günstig für eine künftige (Wieder-)Annäherung ist.

  1. Bei der SPÖ ist die politische Ermordung der wenig überzeugenden Parteichefin Pamela Rendi-Wagner auf offener Bühne in Gang. Insbesondere der Burgenländer Hans Peter Doskozil stänkert in immer kürzeren Intervallen gegen sie. Zugleich aber kommt Doskozil als Rendi-Erbe schon auf Grund seiner gesundheitlichen Situation zumindest derzeit nicht in Frage. Lediglich der Wiener Michael Ludwig versucht noch, innerparteiliche Ruhe herzustellen. Bis zu den Wahlen will er nämlich keineswegs eine Führungsdiskussion in seiner Partei, um den sich abzeichnenden – und ganz zu den Ergebnissen der Bundespartei kontrastierenden – SPÖ-Erfolg im Wiener Herbst nicht zu gefährden (Umgekehrt dürfte die Tatsache, dass in Wien auf der Linken erstmals seit langem Rot erfolgreicher ist als Grün, auch eine Ursache der wachsenden Nervosität der grünen Abgeordnetinnen, *innen und Innen sein).
  2. Die Neos sind seit dem Abgang von Parteigründer Strolz in allen gesellschaftspolitischen Fragen eindeutiger nach links gerückt, was sie ebenfalls nicht besser koalitionstauglich macht. Der Linksruck hängt einerseits mit personellen Konstellationen bei den Neos zusammen, aber andererseits auch mit einer bewussten strategischen Umpositionierung. Sie glauben nämlich, ganz links außen gäbe es jetzt den größten Spielraum für sie, nachdem ja gleich beide grüne Oppositionsparteien weggefallen sind (die eine ist hinausgewählt worden, die andere von den Oppositions- in die Regierungsbänke gewechselt und daher zumindest anfangs schaumgebremst gewesen). Von der eigentlich dringend notwendigen wirtschaftsliberalen Kritik an der Regierung ist bei den Neos jedenfalls weniger denn je zu hören. Statt dessen agitieren sie in absurdem Europafanatismus dagegen, dass Österreich bei der EU um eine Reduktion seiner ohnedies stark angewachsenen Zahlungsverpflichtungen gekämpft hat. Jedenfalls trifft man auf keine Schwarzen mehr, die noch wie im Vorjahr sagen würden: "Schade, hätten die Neos mehr Mandate, so wären sie ein interessanter Koalitionspartner".
  3. Noch rascher ist die im Vorjahr – auch nach Ibiza – noch recht groß gewesene Sehnsucht der Schwarzen nach den Freiheitlichen gesunken. Im dritten Lager findet nicht nur ein hasserfüllter Kampf auf Leben und Tod zwischen der FPÖ und ihrem ehemaligen Parteichef Strache statt. Bei der FPÖ fehlt es auch weiterhin an einer unangefochtenen Führung. Die Doppelköpfigkeit Hofer-Kickl hat der Partei nicht die vermutlich erhoffte doppelte Stärke gebracht. Sie bedeutet vielmehr eine verwirrende Zweifirmenkonstruktion im gleichen Haus, wo kein Hausteil stark genug ist, den anderen zu besiegen, zu eliminieren oder in eine klare Hierarchie zu zwingen. Vermutlich auch deswegen strahlen die Freiheitlichen seit langem keine kongruente und bei den Wählern ankommende inhaltliche Botschaft mehr aus, beziehungsweise nur solche, die selbst von freiheitlichen Stammwählern als extrem peinlich und dumm empfunden wird. Wie es etwa die blaue Anti-Impf-Kampagne ist. Und bei Herbert Kickl ist überhaupt fast jede Äußerung von nacktem Hass auf die ÖVP dominiert.

Fazit dieser Situation: Die ÖVP bleibt, ob sie will oder nicht, an die Grünen und deren sich häufenden Nadelstiche gekettet.

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