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Die bösen Rechten: Warum sie so wichtig sind

Bei fast allen Medien wie auch in vielen sich für intellektuell haltenden Runden gibt es einen klaren Konsens: Die in den letzten Jahren international erfolgreichen rechten Politiker sind zu verachten, zu beschimpfen, zu verhöhnen. Ob sie nun Johnson, Orbán, Trump, Kaczyński oder Salvini heißen. Dabei sind sie bis auf Trump ganz exzellente und gebildete Persönlichkeiten, die mit viel Mut und Klugheit die Bürger ihrer Länder wieder näher an die sich davor zunehmend elitär abkapselnde Politik herangeführt haben. Und selbst an Trump ist – trotz seiner unerträglichen Eitelkeit und Charakterlosigkeit – mehr verständlich, als den meisten Medien zu entnehmen ist.

Zu Recht blickt jetzt ganz Europa insbesondere auf Großbritannien: Dort ist es eindeutig Boris Johnson gelungen, dass jetzt in letzter Minute das jahrelange ergebnislose Ringen um den EU-Austritt in erstaunlich rasche Bewegung gekommen ist. Einzig seine von allen verhöhnte Entschlossenheit hat dazu geführt, dass es erstmals einen Konsens gibt, wie man das Brexit/Irland/Nordirland-Problem lösen könnte. Bisher hat es ja nur den von Theresa May ausgehandelten Deal gegeben, der dieses Problem eben nicht gelöst, sondern nur auf die lange Bank geschoben und Großbritannien voll erpressbar gemacht hat. Nichts anderes hat ja die hierzulande kaum verstandene "Backstop"-Formel bedeutet.

Erst Johnson hat begriffen, dass er in direkten Gesprächen mit dem irischen Ministerpräsidenten die Lösung aushandeln muss. Erst die von ihm in brutaler Direktheit signalisierte Entschlossenheit, das britische Mehrheitsvotum auch ohne Deal umzusetzen, hat die irische und EU-europäische Seite in Panik und damit in Kompromissbereitschaft versetzt.

Gewiss: Solange kein Vertrag unterschrieben ist, kann noch immer alles scheitern. Insbesondere an den völlig unberechenbaren Parlamenten auf beiden Seiten. Glaubt man doch im neuen EU-Parlament dadurch Stärke zeigen zu müssen, dass man ständig gegen alles ist (etwa auch gegen gleich drei neue EU-Kommissare). Ist doch das britische Unterhaus seit Jahr und Tag außerstande, eine Mehrheit für irgendeine Brexit- oder Remain-Variante zu finden, sondern immer nur eine Mehrheit gegen jede vorgeschlagene Variante.

Beide sogenannten Volksvertretungen begreifen noch nicht ganz, welchen Schaden sie dabei der repräsentativen Form der Demokratie antun. Das britische Volk hat hingegen eine Entscheidung getroffen. Diese kann man zwar aus guten Gründen für falsch halten, auch wenn das Wachsen der britischen Aversion gegen die von rechtsbrüchigen Schuldenstaaten und naiven Pro-Migrations-Regierungen dominierte EU nachvollziehbar ist. Aber das Volk hat wenigstens eine Entscheidung getroffen. Das Parlament hingegen war nicht einmal dazu imstande, Neuwahlen zu beschließen, sondern immer nur dazu, das Brexit-Provisorium schier endlos zu verlängern.

Boris Johnson, ein exzellenter Kenner der Antike, hat in diesen Tagen wohl an Alexander den Großen gedacht, wie dieser einst den Gordischen Knoten durchschlagen hat. Genau das hat Johnson jetzt selber unternommen. Mit einer durchaus klugen Strategie: Er hat primär direkt mit Dublin verhandelt. Nicht mit Brüssel, nicht mit Paris, nicht mit Berlin. Er wusste, wenn er den Konsens der Iren hat, dann können die anderen nicht mehr querschießen.

Die repräsentativ herrschende Schicht begreift einfach nicht, dass sich die Menschen nach Persönlichkeiten sehnen, die zu entscheiden und zu handeln vermögen – wenn die herrschende Klasse nicht die Bürger selbst direktdemokratisch mitentscheiden lässt. Was freilich noch viel besser und weiser wäre. Die sich immer öfter handlungsunfähig zeigende politmediale Elite ist sich jedoch in einem einzigen Punkt einig: Nur ja keine Macht abgeben, weder nach oben noch nach unten.

Tatkräftige Entscheidungsfreude an der Spitze prägt heute zweifellos auch Ungarn wie Polen. Auch wenn viele Medien sie ständig heruntermachen. Diese Länder sind derzeit wirtschaftlich unglaublich erfolgreich, sie haben Wachstumsraten von fünf Prozent, die Arbeitslosigkeit ist völlig verschwunden, die Steuern (Ungarn hat sogar eine Flat tax) bewegen sich auf einem sensationell niedrigen Niveau, ebenso ist die Staatsverschuldung sehr gering. Die beiden sind heute absolute Vorzeigeländer und eigentlich Musterbeispiele einer liberalen Wirtschaftspolitik, die sich jeder westliche Neo- oder Altliberale nur wünschen kann.

Und wider alle Propaganda ist ganz eindeutig: Weder ist die Meinungsfreiheit in diesen Ländern eingeschränkt, noch sind die Wahlen undemokratisch, noch ist die Verfassung ausgehebelt. Auch wenn das von der Linken in der EU behauptet wird.

Dass die beiden Länder aber dennoch als "illiberal" gelten, und sich auch selbst so bezeichnen, ist eine der vielen Skurrilitäten der heutigen Welt. In dieser werden neuerdings alle Begriffe ins Gegenteil verkehrt. In dieser ist man heute "liberal", wenn man links ist ...

Aber es geht ja zum Glück nur in medialen und gelehrten Diskussionen um Adjektiva. In der wirklichen Welt geht es primär um die richtige Politik. Die gut fürs Land und  für die Menschen ist. Und die bei diesen gut ankommt.

Das ist – entgegen der neuesten Desinformationswelle durch viele Medien – auch bei der jüngsten ungarischen Lokalwahl durchaus der Fall gewesen. Denn die Regierungspartei Fidesz hat mehr Stimmen als bei der letzten Wahl errungen, und die Opposition weniger. Diese hat lediglich durch die Kooperation der Linken mit der rechtsradikalen Opposition einige Bürgermeistersessel erobert (und dabei in Budapest nur einen sehr knappen Vorsprung vor der Orbán-Partei erzielt, der auffallenderweise weit kleiner ist als die Zahl von Bürgern anderer EU-Länder, die in Budapest mitgestimmt haben und von denen nur wenige Orbán-Sympathisanten  sind …).

Man sollte keinen Korrespondenten ernst nehmen, der diese Wählerzahlen verschweigt. Und der kein Wort der Empörung oder zumindest des Erstaunens findet, dass die Linke bei der Wahl mit der rechtsaußen stehenden Jobbik-Partei ein Bündnis geschlossen hat, um Viktor Orbáns Partei zu besiegen. Das ist ungefähr so, wie wenn in Österreich FPÖ, SPÖ, Grüne und Neos auf einer Liste kandidieren, nur um Sebastian Kurz zu besiegen.

Aber wir wollen heute nicht über Österreich reden, sondern die Erfolge der Mitte-Rechts-Parteien in Mittelosteuropa analysieren. Denn auch in Polen hat die konservative PiS-Partei ihre haushohe Mehrheit sogar noch ausgebaut.

Das Erfolgsrezept ist da wie dort:

  1. eine starke Führungspersönlichkeit, die sich nicht von Medien oder internationalem Druck beirren lässt;
  2. eine erfolgreiche wirtschaftsliberale Politik;
  3. die Betonung konservativer Werte, wobei vor allem die Familie, die eigene Nation und Heimat sowie das Christentum im Zentrum stehen;
  4. strikte Ablehnung jeder illegalen Zuwanderung aus außereuropäischen Ländern;
  5. und eine durchaus großzügige Sozialpolitik – die aber erst begonnen hat, als sich die Länder auf Grund der wirtschaftsliberalen Erfolge das auch leisten konnten (und nicht schon vorher, wie es Rot und Grün fast überall und immer fordern – ohne eine liberale Wirtschaftspolitik als notwendige Vorphase zu akzeptieren).

Diese Länder machen derzeit ziemlich alles richtig.

Auch der Italiener Matteo Salvini gehört in eine ähnliche Kategorie. Nur wirtschaftspolitisch kann man ihn nicht loben. Es ist zumindest recht unklar, ob er ohne die Zwangsehe mit den "Cinque Stelle" eine bessere Wirtschaftspolitik zusammengebracht hätte. Diese wäre aber etliche Jahre lang dringend notwendig, bis auch Italien legitimiert ist, wieder das Füllhorn über seine Bürger auszugießen.

Bei den nächsten Wahlen – die freilich erst 2023 stattfinden dürften – hat Salvini jedenfalls gute Chancen, um sich dann wirklich beweisen zu können.

Allen genannten Politikern ist eines gemeinsam: Sie sind einerseits hochgebildete und hochintelligente Persönlichkeiten, die sich aber andererseits nicht scheuen, die Sprache ihrer Wähler zu sprechen. Und die sich nicht fürchten, wenn sie von ihren Gegnern als unberührbare Rechtspopulisten denunziert werden.

Wieweit gehört auch Donald Trump in diese Reihe, der am meisten Aufsehen erregenden Politiker der Welt? Die Antwort in Kürze: nur sehr zum Teil.

Ihm fehlt schon allein die intellektuelle und charakterliche Dimension der anderen Genannten. Er ersetzt diese durch eine unerträglich aufgeblasene hohle Eitelkeit. Er ist beratungsresistent und nicht teamfähig. Er steht im Lande wie auch international ohne irgendeinen Freund da. Er verfolgt in Sachen Staatsverschuldung eine sehr linke Politik.

Aber Trump hat auch ein Andererseits. Die US-Wirtschaft hat sich unter ihm besser entwickelt als die aller westeuropäischen Staaten. Er setzt rhetorisch ganz auf Nation und Christentum (obwohl er selbst alles andere als ein guter Christ ist). Und er betreibt als erster US-Präsident eine konsequente Politik gegen die illegale Migration.

Ein absoluter Tiefpunkt ist aber jetzt sein Verrat an den Kurden, die viele Jahre lang die engsten Alliierten der USA im Kampf gegen die Islamisten gewesen sind. Diesen Verrat krönte er nun durch die ungeheuerliche Bemerkung, dass die Kurden-Organisation PKK schlimmer wäre als der "Islamische Staat".

In welcher Welt lebt dieser Mann? Hat er nicht mitgekriegt, wie brutal der "Islamische Staat" Christen, Jesiden, Schiiten und andere Nichtislamisten verfolgt, versklavt, vergewaltigt, getötet hat? Ist ihm nicht klar, dass er das nach Israel am ehesten rechtsstaatliche Gebilde im Nahen Osten fallen lässt und dass sich jetzt zwei üble Diktatoren die Beute aufteilen können, der eine aus Ankara und der andere – noch üblere – aus Damaskus? Begreift er nicht, dass die PKK ganz in einer Linie mit den hunderten nationalen Befreiungsbewegungen steht, die in der Dritten Welt den Kolonialismus abgeschüttelt haben? Die damals meist von den USA gegen die europäischen Kolonialherren unterstützt worden sind …

Diese letzte Entwicklung Trumps macht absolut fassungslos. Aber dennoch hat auch sie noch eine zweite Seite. Die freilich nur aus amerikanischer Perspektive zu sehen ist. Sie besteht in folgenden rhetorischen Fragen, die in Amerika nicht nur Trump den Europäern stellt:

  • Warum sollen wir Amerikaner überall den Weltpolizisten spielen, während alle anderen nur gute Ratschläge geben?
  • Warum müssen wir seit vielen Jahrzehnten das Leben unserer Soldaten und viel Geld an allen möglichen Krisenherden fernab unserer Heimat opfern, die uns nicht viel angehen?
  • Warum haben nicht die sogenannten Verbündeten mehr von diesen Lasten auf ihre eigenen Schultern geladen, die uns nur ständig kritisieren, weil wir ihnen einmal zu viel und einmal zu wenig tun?
  • Liegen nicht die neunmalklugen und zehnmalmoralischen Europäer geographisch den nahöstlichen Krisenherden viel näher als wir?
  • Sind nicht sie viel mehr als wir Amerikaner von islamischen "Flüchtlingen" und Terroristen bedroht?
  • Warum diskriminieren sie unter lächerlichen Vorwänden unsere Agrarexporte, als ob die giftig wären?
  • Warum werden die Europäer nicht aktiv, um die Schifffahrt im Golf zu sichern, obwohl sie vom dortigen Öl abhängig sind, nicht wir?
  • Warum unterstützen sie uns nicht bei unserem Disput mit China, obwohl Europa genauso unter dessen protektionistischer Handelspolitik und Diskriminierung ausländischer Investoren leidet?

Das sind alles Fragen, die sich Europa stellen sollte. Die es sich aber nicht stellt, weil Moralismus viel billiger ist, weil es viel einfacher ist, sich nur über die Charakterlosigkeit und Dummheit des aufgeblasenen Großkotzes in Washington zu amüsieren. Oder zu ärgern. Und erhaben zu fühlen.

Fast jede Kritik an Trump ist richtig. Nur absolut heuchlerisch und verlogen ist der dabei angelegte Maßstab. Denn auch die Europäer haben den Freiheitskampf der Kurden verraten. Nur haben sie das nicht erst jetzt getan, sondern schon seit langem. Nur redet in Europa niemand davon. Ebensowenig wie davon, dass Europa absolut nichts getan hat, um den Islamischen Staat zu bekämpfen.

Die Europäer sollten aber auch etwas ganz anderes erkennen: Auf die USA als großer Bruder, der immer alles richtet, der in jeder Not ein treuer Freund ist, ist keine Sekunde mehr Verlass. Die USA haben die Kurden verraten, als sie diese nicht mehr brauchen konnten. Und sie werden mit Sicherheit auch die Europäer verraten, die sich ja zum Unterschied von den Kurden den USA gegenüber ohnedies immer nur egoistisch verhalten haben.

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