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Der Bösmensch aus Berlin

Thilo Sarrazin: Wie konnte ein übler Mensch wie er nur so weit kommen und im Amt bleiben? Das ist ein großer Skandal.

Kurz die Vorgeschichte, für jene, die diese nicht präsent haben: Der deutsche Sozialdemokrat begann einst als Finanzverantwortlicher der Stadt Berlin mit beinharten – man könnte sagen: neoliberalen – Methoden die Sanierung des zuvor von der CDU zerrütteten Berliner Budgets. Er wurde trotzdem (oder gerade deswegen) sehr populär und Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Nun jedoch sagte er in einem Interview über die türkischen und arabischen Einwanderer Sätze wie: Diese hätten „keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel“; sie produzierten „ständig neue kleine Kopftuchmädchen“; oder: „Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate“. Mehr hat er nicht gebraucht und es bricht ein Sturm der politisch korrekten Empörung aus, in dem sogar sein Rücktritt gefordert und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird. An dessen Ende steht eine Reaktion, die so skurril ist, dass man sogar in Österreich, dem Land barocker Schein- und Parallel-Aktionen, voll Neid auf die deutsche Bundesbank blickt: Sarrazin verliert strafweise die Zuständigkeit für den Bereich Bargeld, behält aber die Kompetenz für Informationstechnologie und Risiko-Controlling.

Ist das nicht wunderbar? Politisch inkorrekte Menschen dürfen nichts mehr mit Bargeld zu tun haben, sehr wohl aber mit der Risiko-Kontrolle - einem zumindest derzeit viel wichtigeren und heikleren Bereich. Das lässt jedenfalls einmal herzlich lachen: Vielleicht steckt da das Prinzip dahinter: „Nur Bares ist Wahres“. Inkorrekte Menschen sind hingegen dazu da, sich (mit schwierigen Aufgaben wie der Risiko-Kontrolle) die Finger zu verbrennen, weil sie sich eh schon den Mund verbrannt haben.

Die Reaktion zeigt aber nicht nur Heiteres, sondern auch Bedenkliches, nämlich, wie sehr sich die Vernunft aus der einstigen Weltzentrale der ökonomischen Vernunft verabschiedet hat. Man kann es freilich auch positiv sehen: In Deutschland ist die Political Correctness inzwischen nicht mehr stark genug, um einen Inkorrekten ganz aus dem Amt zu kippen. Immerhin war ja Deutschland das Land, wo einst ein Parlamentspräsident zurücktreten musste, weil er bei einer Gedenkrede zur NS-Zeit die Anführungszeichen nicht hörbar vorgelesen hatte (und Tugendwächter ihm vorwerfen konnten, er habe die Zitate aus dem nationalsozialistischen Denken als eigene Aussagen gemacht).

Die zweite Pointe ist, dass die ganze heuchlerische Aufregung diesmal einen Sozialdemokraten getroffen hat. Immerhin gelten diese ja (zusammen mit den Grünen) als die Erfinder der P.C.

Gewiss könnte man sagen, ein Zentralbanker hat sich mit öffentlichen Aussagen so zurückzuhalten, bis er am Schluss vom Frühstück bis zum Betthupferl nur noch einen einzigen Satz perpetuum mobilisiert: „Ich bin für mehr wirtschafts- und währungspolitische Stabilität.“ So lange aber solches nicht im Dienstvertrag steht, so lange sollte auch ein Bundesbanker Meinungsfreiheit haben und ähnliches sagen dürfen.

Ein österreichische Randpointe: Auch ein hiesiger Vizekanzler (und späterer Bundeskanzler) hatte einst beinahe zurücktreten müssen, als er in einem – nie wirklich zugegebenen – privaten Geplauder mit Journalisten den damaligen Chef der Deutschen Bundesbank als „richtige Sau“ bezeichnet hatte. Damals war der Sturm noch viel größer, war es doch ein konservativer Politiker, dem diese Äußerung entschlüpft ist, die dann von einem „Standard“-Journalisten in die Öffentlichkeit gespielt worden ist.

In Österreich fällt einem aber auch der Wiener Bürgermeister ein, der einst die Mitglieder einer Konkurrenzpartei als „Koffer“ bezeichnet hatte. Bei ihm gab es freilich – wenn man die medialen Machtverhältnisse in Wien kennt, müsste man eher sagen: natürlich – keine Rücktrittsaufforderungen oder Teilentmachtungen. Obwohl er seine Beschimpfung durchaus öffentlich und nicht nur privat ausgesprochen hatte. Nach dem Vorbild Sarrazin hätte eine Teilentmachtung wohl so ausgesehen: Michael Häupl bleibt Landeshauptmann, muss aber als Bürgermeister gehen . . .

Und die Formulierungen Sarrazins selbst? Hätte man das nicht höflicher und P.C.-mäßig ausdrücken können? Ja, freilich! Etwa so:

„Wir müssen den Integrationsproblemen unserer arabischen und türkischen Mitbürger und insbesondere junger Mitbürgerinnen verstärkte Aufmerksamkeit zuwenden und ihre skandalöse Diskriminierung bei der Suche nach produktiven Arbeitsplätzen durch ein Milliarden-Hilfsprogramm und Bevorzugung bei der Arbeitssuche beenden. Damit die begrüßenswerte Bereicherung durch die Zuwanderer und ihre Nachkommen nicht zu so negativen Folgen wie im Kosovo führt, wo die ehemalige Mehrheitsbevölkerung erst durch einen Krieg in die Schranken gewiesen werden musste, sollte auch ein Integrationsministerium gegründet werden, das von einem Angehörigen der diskriminierten Gruppe geführt wird.“

So lesen wir es ja fast täglich und sollten uns korrekterweise nun fragen: Ist dieser Sarrazin nicht lernfähig? Gehört er nicht in ein Umerziehungslager? Und sind die Deutschen, die in ihrer großen Mehrheit Sarrazin und nicht den Korrektheitswächtern zujubeln, jetzt nicht endgültig als ewige Nazis entlarvt?

Aber vielleicht kann man Sarrazin auch zuhören und nachdenken, ob er irgendwo die Unwahrheit gesagt hat. Ob es nicht gerade so deutliche Worte braucht, um eine Diskussion anzustoßen. Ob die Meinungsfreiheit wirklich schon so eng gezurrt ist, dass da Staatsanwälte ernsthaft eine Anklage prüfen. Ob man die Türken und Araber nicht in Wahrheit viel stärker zur Integration und zu einem Verzicht auf atavistische Traditionen zwingen müsste.

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