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Der Rathaus-Skandal wird klarer – und immer schlimmer

Nach tagelangem wirren Herumschwadronieren der Rathausoffiziellen macht jetzt ein Insider des Energiemarktes erstmals verständlich, wie die Spekulationen der Wien-Energie wirklich gelaufen sind. Das waren zwar keine "Leerverkäufe" im technischen Sinn, aber es waren Verkäufe zu völlig spekulativen, hochriskanten Bedingungen. Gleichzeitig zu dieser Klärung sind neue abenteuerliche Informationen über den Wiener Selbstbedienungs-Saustall selbst und über einen höchstwahrscheinlich kriminellen Bestechungsversuch aus dem Rathaus bekannt geworden. Die Skandalblase hat inzwischen längst die Dimension des Salzburger Spekulations-Debakels übertroffen, der damals nicht nur die rote Landeshauptfrau Burgstaller den Job gekostet hat, sondern auch etlichen anderen die Freiheit. Nur zwei Dinge sind noch immer nicht passiert: erstens, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft aktiv geworden wäre und zumindest alle beteiligten Handys, Computer und Chats beschlagnahmt hätte; und zweitens, dass irgendwer zurückgetreten wäre. Denn Wien ist anders – und die WKStA ist noch viel mehr anders (mit nachträglicher Ergänzung)

Vielleicht könnte man diesen Ausbund linken Justizmissbrauches dadurch in Bewegung setzen, dass man ihnen einredet, einer der beteiligten Beamten oder Politiker hätte insgeheim schwarz oder blau gewählt. Dann würden sie bestimmt aufwachen.

Der Selbstbedienungsladen

Alleine das, was jetzt der "Kurier" ausgegraben hat (was aber bisher weder Opposition noch Medien gestört hat), lässt einem die Zornesader über die unfähigen Privilegien-Ritter anschwellen: In der letzten Bilanz der Wien-Energie sind mehr als 1,2 Milliarden Euro an Pensionsrückstellungen zu finden. Würde es in der Wiener Korruptionsburg wenigstens jetzt irgendwie gerecht zugehen, müsste primär auf dieses Geld zurückgegriffen werden, und nicht auf jenes der ausgepressten Steuerzahler. Das passiert ja auch bei normalen Unternehmen so: Alle Rückstellungen sind hinfällig, wenn sich das Unternehmen verspekuliert hat und der Exekutor vor der Tür steht.

Diese Rückstellungen sind umso empörender, als nur sieben Jahre vorher für die Pensionen in der Wien-Energie nicht einmal 800 Millionen vorgesehen waren. Das ist eine Steigerung von mehr als 50 Prozent!

Diese Selbstbedienung in einem Gebührenunternehmen ist umso empörender, seit sich in den letzten Tagen die Unfähigkeit der Wien-Energie-Menschen auch vor Mikrophonen zeigt. Der Aufsichtsrats-Präsident outet das Wirtschaftsverständnis und die Kommunikationsfähigkeit eines drittrangigen Gewerkschaftsfunktionärs. Sein ständig wiederholter Beweis dafür, dass man eh nicht spekuliert hätte, bestand in der Aussage, dass das ja "per definitionem" verboten ist. Mit dieser Logik kann ja auch nie ein Strafrechtsdelikt passieren, weil diese ja eh alle verboten sind …

Wie sie ständig die Unwahrheit sagen

Und sie haben doch spekuliert. Und sie haben nicht nur in dieser Hinsicht die krasse Unwahrheit gesagt. Das hat nun auch Rupert Reif, der Pressesprecher des Finanzministers, in prägnanter Kürze klargemacht. Sein Wortlaut:

"Fakten:
Kreditlinie in dieser Form ganz normal" (so wird behauptet) ": Nein, in dieser Form bisher einmalig.
Wien hat Offenlegung ,reinverhandelt‘?" (so wird behauptet) ": Nein, dafür braucht Wien niemanden.
Bedingungen kamen vom Bund als Kreditgeber. Wien zu PK nicht eingeladen?" (so wird in Hinblick auf die Pressekonferenz der Bundesregierung behauptet) ": Nein, gab Info & Einladung 1h vor PK."

All das aber hatten Wiens Politiker vor Kameras behauptet.

Ununterbrochen haben sie auch von den internationalen "Strombörsen" gesprochen und eine Aussetzung des Handels verlangt, den es an echten Börsen in turbulenten Zeiten bisweilen gibt. Auch da haben sie wieder – aus Ahnungslosigkeit oder in Täuschungsabsicht? – die Unwahrheit gesprochen. Denn diese "Strombörse" ist alles andere als eine Börse, wie es sie in Österreich und überall anders gibt - wo die Börsen unter strenger staatlicher Aufsicht stehen. Sie ist vielmehr der nichtstaatliche Handelsplatz der internationalen Stromkäufer und -verkäufer, auf dem rund 20 Prozent des europaweit erzeugten Stroms gehandelt werden. Von diesem Handelsplatz kann sich Wien zwar zurückziehen, aber es muss dabei hinnehmen, dass dann all seine bisherigen Kautionen verfallen und dass es dort niemals wieder Strom kaufen und verkaufen kann. Was Wien-Energie aber braucht, weil es sich sonst nirgends mit Strom eingedeckt hat.

Wie die Spekulation wirklich gelaufen ist

Die erste umfassende und nicht widersprüchliche Erklärung, was da vor sich gegangen ist, stammt von einem Insider des Energiemarktes, die der Neos-Abgeordnete Loacker dankenswerterweise an die Öffentlichkeit gebracht hat (Loacker kann freilich an dem Kains-Mal nichts ändern, dass es weiterhin die Wiener Neos sind, die diesen Wiener Genossen die Mandatsmehrheit verschaffen):

"Ich habe berufsbedingt die letzten 20 Jahre viel mit Derivaten zu tun gehabt. Kann bitte jemand den Österreichern erklären, dass die Wien Energie natürlich ein Riesenskandal ist und es sich nicht nur um einen Kommunikationsfehler handelt? Man hat Gas eingekauft und damit Fernwärme produziert und als Nebenprodukt Strom (4 Teile Fernwärme, 1 Teil Strom). Im Winter wollen die Wiener so viel Fernwärme, dass zu viel Strom als Nebenprodukt anfällt. Den will man nicht verfallen lassen und verkauft ihn deshalb. Das könnte man völlig risikofrei im Spotmarkt machen – da gibt es null Risiko. Statt dessen hat man den Strom im Terminmarkt verkauft und damit das Risiko steigender Preise auf sich genommen. Warum? Weil man davon ausging, dass man auf diese Weise mehr Geld verdient. Das hat mit Sicherungsgeschäften null zu tun. Da ging es ausschließlich darum, Geld zu verdienen. Und das ist die Essenz eines Spekulationsgeschäfts. Und offenbar hat man dazu noch so lange Laufzeiten gewählt, dass man auf geopolitische Ereignisse nicht reagieren konnte. Der runde Tisch im ORF2 gestern war eine Katastrophe. Dass der Moderator sich nicht auskennt, ist ja noch verständlich. Aber dass kein einziger der geladenen Gäste in der Lage war, dem AR-Chef der Wien Energie die richtigen Fragen zu stellen, ist äußerst betrüblich. Ich halte das für einen veritablen Skandal, und die Medienberichterstattung ist viel zu freundlich, weil niemand den Sachverhalt versteht. Es wäre schön, wenn man versuchen könnte, der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen. EUR  10 Mrd. nach zig Milliarden Covid-Hilfen – so viel Inkompetenz macht nur noch traurig."

Diese Erklärung macht klar: Die Wien-Bonzen haben zwar keine Leerverkäufe gemacht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie mit unserem Geld extrem riskant an einer "Börse" spekuliert haben, von der sie offenbar nicht einmal richtig wussten, dass es gar keine klassische Börse ist, wo man etwa den "Handel aussetzen" kann.

Zu den von diesem Energieexperten aufgezeigten Fehlern kommt noch ein weiterer Punkt des spekulativen Versagens hinzu: Seit Monaten, im Grund seit Februar, weiß man – zumindest außerhalb des Rathauses –, dass die Energiepreise vor allem auf Grund des Krieges stark steigen. Damit steigen zwangsläufig auch die Kautionen, die man bei einem Terminverkauf deponieren und in der Folge gegebenenfalls erhöhen muss (die Strombörse verlangt nämlich auch vom Verkäufer genauso wie vom Käufer, den vollen Kaufpreis zu deponieren, damit die Handelsplattform mit diesem Geld dann notfalls auch den nötigen Strom bei einem anderen Lieferanten kaufen und an den Käufern liefern kann, falls der ursprüngliche Verkäufer aus irgendeinem Grund nicht liefern kann. Diese Kautionen haben also einzig den Zweck, das Vertrauen in den Handelsplatz zu schützen und die Sicherheit der Konsumenten zu erhöhen, dass sie jedenfalls mit Strom beliefert werden).

Walter Boltz, der langjährige Chef der E-Control, der jetzt die Klimaministerin berät, hat das Ganze – ohnedies euphemistisch – mangelndes Risiko-Management genannt. Die Wien-Energie habe "ihr Risiko nicht im Griff" und "offensichtlich zu große Volumina gehandelt". Er sprach aber auch schon davon, dass das Risiko-Management "total unfähig" oder der Aufsichtsrat habe nicht zugehört – was geradezu eine Steigerung von "total unfähig" wäre.

Die Medienbestechung

Aus einem Randaspekt des Skandals hat sich ein neuerlicher, zusätzlicher Skandal entwickelt, der noch viel dringender nach einer strafrechtlichen Untersuchung ruft: Die ÖVP-nahe (allerdings auffallend oft russlandfreundliche) Plattform "Exxpress" hatte über die Tatsache recherchiert, dass Finanzstadtrat Hanke noch am Freitag in der Adria segeln gewesen ist. Während man dies vielleicht noch als lässliche Sünde und urlaubsbedingt zu späte Reaktion abtun kann, gilt das nicht mehr für die von "Exxpress" berichtete ungeheuerliche Reaktion des Rathauses auf diese Urlaubsrecherche.

Wörtlich schreibt die Plattform: "Ein Sprecher der Stadt Wien meinte, der eXXpress möge doch auf die Erwähnung des Yacht-Urlaubs von Finanzstadtrat Peter Hanke verzichten, dann würde auch eine "neue Medienstudie der Stadt Wien”, die "sicher positiv für den eXXpress ausfällt”, dafür sorgen, dass die Stadt Wien künftig im eXXpress Inserate schalte."

Plumper geht’s nimmer. Das ist ein weiterer Beweis, wie gebräuchlich im Rathaus die Medienbestechung ist, gegen die alle – mutmaßlichen – Untaten des Thomas Schmid, wegen der die WKStA die Republik auf den Kopf stellt, geradezu unter die Geringfügigkeitsgrenze fallen.

Neben dieser moralischen Verkommenheit ist das politisch Ungeheuerlichste aber sicher die Verlogenheit der Genossen. Tagaus, tagein schimpfen sie über den neoliberalen Markt – und dann gehen sie regelmäßig selber hin und machen auf diesem in amateurhafter Weise die riskantesten Geschäfte.

Es ist aber nicht das Casino schuld, wenn jemand dort fremdes Geld verspielt. Das ist vielmehr ganz eindeutig der Täter selbst, der sich mittels Untreue – oder Diebstahl oder Betrug oder Veruntreuung oder Amtsmissbrauch – die Verfügung über fremdes Geld beschafft hat und damit ins Casino gegangen ist.

In anderen Ländern wären die Täter – alle – längst zurückgetreten und der Staatsanwalt hätte U-Haft wegen Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr beantragt.

Aber doch nicht in Wien. Da schaltet man noch ein paar Inserate mehr und die Zeitungen haben es bald wieder vergessen. Falls sie überhaupt jemals die ganze Dimension mitbekommen haben …

PS: Was natürlich auch keiner der Rathausgenossen erwähnt: Ganz selbstverständlich wird auf dieser Strombörse auch Atomstrom gehandelt, den man ja sonst als Ausgeburt der Hölle behandelt. Aber das sagt man den Wiener lieber nicht.

PPS: Die Unfähigkeit der Wiener Genossen wird noch durch die Ahnungslosigkeit der fast bemitleidenswerten Rendi-Wagner übertroffen: Schuld sei das "liberale Strommarkt-System in Europa", erklärt sie uns. Kann der Dame irgendjemand beibringen, dass ja niemand die Wien-Energie gezwungen hat, an diesem "System" teilzunehmen? Hätte sich diese genügend an Kraftwerken aller Art beteiligt oder hätte sie ausreichend Lieferverträge abgeschlossen oder würden nicht die Parteien (die Grünen an der Spitze, knapp gefolgt von den Roten und dann allen anderen) fast jedes Kraftwerk-Projekt in Österreich verhindern, dann bräuchte die Wien-Energie dort keine einzige Kilowattstunde einzukaufen. Wenn sie aber über diese "Börse" einkauft, dann muss sie natürlich auch die dort geltenden Bedingungen (auch samt den sich dort spiegelnden Folgen der Putin-Erpressungen) akzeptieren. Ich kann ja auch nicht bei Spar/Billa/Hofer/Lidl/Adeg einkaufen, aber gleichzeitig erklären, das dort herrschende System nicht zu akzeptieren. Mein Gott, Pamela!

PPPS: Köstlich ist aber auch der Burgenländer Doskozil, der jetzt allen Ernstes behauptet hat, die OMV sei gezwungen, Gas "an der Börse" zu verkaufen. Gott schütze Österreich vor all diesen Ahnungslosen. Wäre er doch Polizist geblieben! Und die andere Medizinerin!

PPPPS: Ganze Buchserien müsste man schreiben und ständig um neue Bände erweitern, will man einen Überblick über das wirklich regelmäßige wirtschaftliche Totalversagen der Genossen behalten. Siehe neben den Bundesländern Wien und Salzburg auch das Burgenland (Commerzialbank), siehe Bawag, siehe Konsum, siehe Lucona, siehe AKH-Bau, siehe das Krankenhaus Nord, siehe Noricum, siehe die Voest der 80er Jahre. Während in anderen Ländern ob solcher Skandalserien schon ganze Parteien untergegangen sind, wie etwa auch die italienischen Sozialisten und Christdemokraten, kann das der SPÖ in Österreich völlig egal sein, solange sie ORF, VfGH und WKStA als treue Verbündete hat. Da braucht sie nicht einmal ständig einen Silberstein.

PPPPPS: Der Wiener Skandal hat noch etwas absolut Ungewöhnliches, aber – hoffentlich – nichts Einmaliges bewirkt: Schwarz und Blau geben eine gemeinsame Pressekonferenz. Freilich nur die auf Wiener Boden – mit Kickl bleibt so etwas undenkbar.

PPPPPPS: Und weil die oben angesprochenen Luxuspensionisten der Wien-Energie offenbar Armutsprobleme haben, bekommen sie auch noch den Strom viel billiger, während gerade alle Wien-Energe-Kunden deutlich erhöhte Stromrechnungen vorgelegt bekommen haben. Das Unternehmen beruft sich dabei auf eine Vereinbarung aus den 70er Jahren!! Absolut irre.

(Nachträgliche – ziemlich sensationelle – Ergänzung: Genau 19 Stunden nach Erscheinen dieses Texte hat die Wien-Energie bekanntgegeben: Sie haben jetzt mit den langfristigen Kontrakten auf den Stromtermin-Märkten aufgehört und verkaufen überschüssigen Strom (den sie nach Eigenangaben freilich nur im Winter haben, wenn dieser bei der Fernwärme-Erzeugung abfällt ...) künftig nur noch auf den Spotmärkten. Das heißt: Einerseits haben sie damit selbst zugegeben, dass sie spekuliert haben; andererseits hat der zitierte Energieexperte absolut Recht gehabt und einen absoluten Erfolg erzielt! Ganz "zufällig" erfolgte die Bekanntgabe erst nach Beginn der ZiB und als alle Zeitungen schon längst in Druck gegangen sind ...)

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