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Die Unrechtsobrigkeit

Das gab es seit Nazi-Zeiten hierzulande nicht: Reihenweise erlebt man, dass Menschen nur noch zu vertraulichen Gesprächen im privaten Rahmen bereit, sobald es über Wetter oder Fußball hinausgeht. Kaum etwas, was mehr ist als die Verabredung eines Treffens, wird noch am Telefon besprochen, und schon gar nicht will man zu heikleren Dingen schriftlich irgendetwas von sich geben. Diese Republik hat sich in den letzten Monaten in eine deprimierende Richtung entwickelt. In dieser Republik trampeln mächtige Institutionen reihenweise und ungeniert auf unseren Grundrechten herum.

Man kann es nicht laut genug sagen, wer die Hauptschuld daran trägt: Es ist die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Es ist die Justizministerin. Es ist der Parlamentarische Untersuchungsausschuss mit dem unbeschreiblichen Duo Krisper+Krainer an der negativen Spitze. Und es ist – besonders deprimierend – auch der eigentlich zum Schutz der Grundrechte berufene Verfassungsgerichtshof. Dieser hat erstens mit einer an Franz Kafka und George Orwell erinnernden Gummiformel reihenweise unsere Grundrechte verhöhnt, dass alles an die Öffentlichkeit zu bringen sei (nichts anderes als sofortige Öffentlichkeit bedeutet ja der U-Ausschuss), was für einen beweisfrei erhobenen Generalverdacht "abstrakt relevant" sei. Der Präsident dieses VfGH hat zweitens sogar selbst einen Richter wegen des Inhalts eines widerrechtlich beschafften Privatgesprächs hinauskatapultiert, wo noch dazu nicht dieser Richter, sondern nur dessen Gesprächspartner herumgeschimpft hat. Das heißt, ausgerechnet dieser VfGH-Präsident ist im Gefolge einer massiven Grundrechtsverletzung aktiv geworden – aber nicht etwa gegen diese Grundrechtsverletzung, sondern gegen deren Opfer. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen (und sollte sich diese nicht vor Zorn abbeißen).

Sie alle sind schuld daran, dass die Meinungsfreiheit, das Briefgeheimnis, das Telefongeheimnis, der Datenschutz in Österreich heute nur noch Scherzartikel sind. Was besonders schmerzhaft ist, weil die Täter fast alle vorgeben, die Justiz, das Recht zu vertreten.

Sie alle haben aber nicht begriffen, dass das Grundrecht Meinungsfreiheit viel mehr bedeutet, als dass Menschen das "Recht" haben, die von Mächtigen, die von Chefs erwünschte Meinung widerzugeben. Wirkliche Meinungsfreiheit gibt es jedoch erst dann, wenn man auch das Recht auf total konträre, auf verstörende Meinungen hat. Insbesondere gehört auch zur Meinungsfreiheit, dass diese Meinungen privat bleiben, solange man sie nur privat äußert. Und dass man seine Meinung in solchen Privatgesprächen völlig ungehindert auch mit Kraftausdrücken und Schimpfwörtern garnieren und zuspitzen darf, die man öffentlich nie verwenden würde. Das gilt natürlich dann umso mehr, wenn die privaten Meinungsäußerungen als emotionale Sofortreaktion oder in einem alkoholschwangeren Umfeld erfolgt sind.

Tatsache ist jedenfalls, dass praktisch sämtliche Rücktritte der letzten Stunden, Tage und Wochen nur deshalb erfolgt sind – auch der jüngste des Verstaatlichten-Vorstandes Thomas Schmid –, weil bei illegalen Abhöraktionen die Unrechtsobrigkeit noch dazu in ganz anderen Zusammenhängen irgendwelche Zufallsfunde gemacht hat. Und diese Funde bestanden nicht etwa in Strafrechtsdelikten, sondern in verbalen Verstößen gegen die Political Correctness.

Etwa indem eine Managerin über die verpflichtende Frauenquote (entsprechend der Meinung der Mehrheit der Bürger) im Privatgespräch gesagt hat: "Scheiß-Quote". Und deshalb gehen muss. Etwa indem Schmid im Privatgespräch gesagt hat – wie es wohl insgeheim schon Tausende Geschäftsführer in vergeblichem Wunschdenken gedacht haben – "Betriebsrat. Weg damit." Und deshalb (sowie wegen einigen ähnlich politisch inkorrekten Äußerungen) gehen muss.

Diese Vorfälle erinnern mich lebhaft an einige persönliche Erlebnisse:

  • Ich kenne einen sehr angesehenen Höchstrichter, der bisweilen im privaten Kreis, wenn ihn irgendeine Nachricht (meist zu Recht) zornig macht, davon spricht, dass da jemand "aufgehängt gehört". Jeder Anwesende weiß, der Mann würde das am nächsten Morgen niemals ernsthaft so sagen oder meinen. Natürlich dringt keine dieser Äußerungen jemals an die Öffentlichkeit, da der private Kreis aus lauter anständigen Menschen besteht. Zwar stimmt keiner der Anwesenden solchen Äußerungen zu, es brüllt aber auch niemand los: "Skandal, so etwas zu sagen!" (wie es sich der Herr Grabenwarter vom VfGH offensichtlich von dem hinausgebissenen Richter Brandstetter auch beim Führen eines Privatgesprächs erwartet hätte). Da man wenigstens in unserem Kreis sicher sein kann, dass da niemals ein Teilnehmer einen anderen denunzieren würde, kann man dort noch unbekümmert reden, ohne erst Tausende Verbotsschilder "Das sagt man nicht und das sagt man nicht!" im Kopf beachten zu müssen. Und wir werden das hoffentlich auch künftig können – es sei denn, irgendeine der Unrechtsinstitutionen hätte schon unsere Wohnungen verwanzt.
  • Ich hatte einst längere Zeit mit einem Mitglied der eigenen Geschäftsführung zu tun, der in Mails unglaublich aggressiv werden konnte. Wenn ich dann das gleiche Thema mit ihm mündlich besprochen habe, hat der Mann plötzlich sanft wie ein Lamm agiert.
  • Ein früherer Chef ist alle paar Monate sehr cholerisch geworden und hat dabei herumgebrüllt. Wenn man ihn dann am nächsten Morgen mit ruhigen Fakten zu widerlegen geplant hat, hat ihn sein Zorn verlassen und die ganze Sache war ihm plötzlich völlig egal.
  • Gewiss, solche Menschen nerven, bei denen man erst lernen muss, wie man sie zu behandeln hat. Aber in den allermeisten Fällen sind ihre Kraftausdrücke und Schimpfworte nicht wirklich ernst zu nehmen, sondern Ausdrücke momentaner Emotionen, die damit abgeladen und vorbei sind (ich tue mir hingegen viel schwerer damit, dass ich selbst der gegenteilige Typ bin und manchen Groll sehr lange mit mir herumschleppe – auch Groll über die Ausbrüche von Cholerikern, die diese selbst längst vergessen haben).

Wer Friedrich Schiller gelesen hat, wird in diesen Tagen und Wochen jedenfalls an den Gessler-Hut erinnert, den jeder Vorbeikommende als Symbol einer maßlosen Obrigkeit demutsvoll zu grüßen hatte. Nun, ich nehme nicht an, dass Schiller zum kulturellen Hintergrund der Frau Zadic gehört. Aber ihre Erwartung an Beamte, "dass sie allen Institutionen des Rechtsstaates und insbesondere dem Verfassungsgerichtshof den gebührenden und gebotenen Respekt entgegenbringen", ist jedenfalls genau das Verhalten, das Schiller da im "Wilhelm Tell" so packend kritisiert.

Eigentlich ist es sogar noch schlimmer. Denn der Gessler-Hut war ja öffentlich aufgehängt. Zadic hingegen verlangt darüber hinaus sogar von ganz privaten Unterhaltungen "gebührenden und gebotenen Respekt".

Bleibt nur noch offen, ob ein einfacher Kniefall oder gleich dreifacher verlangt wird, wenn man dieser Obrigkeit begegnet.

Dazu kommt, dass den genannten Institutionen eigentlich auch in öffentlichen Wortmeldungen alles andere als Respekt gebührt. Dass sie auch öffentlich ganz scharf zu kritisieren sind.

Der Verfassungsgerichtshof kann sich den Respekt auch kaum mehr zurückerobern. Es sei denn, dass er radikal sein Verhalten der letzten Monate ändert, und dass er sofort die Judikatur des EU-Gerichtshofs übernimmt (wozu er eigentlich verpflichtet wäre!). Dieser lehnt nämlich strikt die Beschlagnahme von Handys, Computern, SMS- und WhatsApp-Inhalten oder Telefondaten ab, wenn es nicht um wirklich schwere Verbrechen geht (wie es etwa jetzt der erfolgreichste Schlag der Geschichte gegen die globale Drogen-Mafia gewesen ist). Solche Verbrechen wagen aber nicht einmal die üblen "Drei K" dieser Republik, also Krainer, Krisper und Korruptionsstaatsanwaltschaft, irgendeinem ihrer Opfer vorzuwerfen.

Man kann auch in anderen Zusammenhängen dem VfGH nicht mehr den früher zweifellos verdienten Respekt entgegenbringen. Siehe die Ermöglichung der Schwulenehe, siehe die Liberalisierung der Sterbehilfe, siehe die unendlich vielen Urteile, die es praktisch unmöglich gemacht haben, illegale Migranten wieder abzuschieben.

Noch weniger Respekt kann man der Korruptionsstaatsanwaltschaft entgegenbringen. Hat sie doch viele Tausende Österreicher durch unberechtigte und manchmal viele Jahre dauernde Verfolgungen, die nie zu einer Verurteilung geführt haben, schwer ge- und beschädigt. Finanziell, beruflich, familiär, psychologisch. Hat sie doch den einzigen wirklich schlimmen Korruptions-Cluster dieses Landes nie vor einen unabhängigen Richter gebracht, nämlich die gigantische Medienbestechung aus Steuermitteln, die vor allem – aber keineswegs nur – von der Gemeinde Wien ausgeht.

Mehr als anrüchig ist auch, dass sich all diese Unrechtsbehörden bezeichnenderweise nie die Handys und Computer eines linken Politikers oder Beamten (etwa auch auf Landesebene) geschnappt haben, obwohl auch dort mit absoluter Sicherheit jede Menge übler Schimpfworte und sonstige Zufallsfunde zu finden wären, mit denen man Existenzen kaputtschießen kann.

Seit das alles möglich geworden ist, soll auch niemand so naiv sein zu glauben, es seien ja eh nur die anderen, es sei ja nur dieser Beamte, nur dieser Verfassungsrichter, nur jene Managerin, die Opfer der behördlichen Unrechtsaktionen werden können. Nein, seit der Damm einmal gebrochen ist, kann es absolut jeden treffen. Und es ist zumindest theoretisch nicht ausgeschlossen, dass es einmal auch Linke sein könnten und nicht nur ÖVP- oder FPÖ-nahe Exponenten.

Besonders hilflos macht es uns Opfer dieser Justizdiktatur, dass auch von den durch uns eigentlich demokratisch gewählten Parteien keinerlei Schutz zu erwarten ist. Von den Linksparteien sowieso nicht; von den Neos nicht, die ja bisweilen behaupten, nicht links zu sein, die sich aber in Wahrheit sogar als autoritäre Obervögte betätigen und die jedenfalls als angeblich Liberale noch keinen Halbsatz zur Verteidigung der Meinungsfreiheit gesagt haben; die Freiheitliche Partei nicht, die längst vergessen zu haben scheint, dass in ihrem Namen das Wort "Freiheit" vorkommt, ist es doch zuletzt total durch das Wort "Hass" ersetzt worden; und die ÖVP nicht, die seit einiger Zeit in allen Rechtsdingen ahnungs- und hilflos wie ein Eunuch ist.

PS: Ohne allzu eitel sein zu wollen, sei noch einmal etwas quasi in eigener Sache gesagt: Wenn Frau Zadic oder Herr Grabenwarter nicht begreifen, was Meinungsfreiheit heißt, dann sollten sie sich die Postings in diesem Blog durchlesen. Da beschimpft mich fast tagtäglich eine winzige (oft mit Verwendung mehrerer Nicknamen zahlenmäßige Bedeutung vorschwindelnde) Minderheit. Ich könnte natürlich diese Attacken mit einem Knopfdruck eliminieren, tue es aber nur dann, wenn ich fürchte, dass eine rechtliche Grenze überschritten worden ist. Ja, man selbst ärgert sich darüber (und der Großteil der Zehntausenden anderen Leser, die nie Postings verfassen, tut es auch), aber man steckt es weg und denkt an die Karawane, die an den bellenden Hunden vorbeizieht. Zadic und Grabenwarter aber verfolgen sogar Beschimpfungen in Vieraugen-Konversationen. Und verstehen dann merkwürdigerweise nicht, dass Ihnen genau deshalb so viele Menschen den Respekt verweigern, den sie so gerne hätten. Dabei ist das Respektverweigern angesichts der politischen und rechtlichen Landschaft in diesem Lande ohnedies die letzte Waffe der Ohnmächtigen.

PPS: Dass das einst zentrale Grundrecht der Meinungsfreiheit heute von so vielen Institutionen mit Füßen getreten wird, überrascht leider nicht mehr wirklich. Umso mehr tut das die brutale Verletzung des Datenschutzes, ist dieser doch vor allem von den Grünen zu einer heiligen und anzubetenden Kuh erhoben worden. Wir müssen zwar weiterhin ständig schwachsinnige (und von niemandem durchgelesene) Dinge auf jeder Internet-Seite wegklicken, bevor wir diese lesen können. Wir haben noch immer keinen funktionierenden grünen Pass, weil EU und Gesundheitsministerium monatelang durch den Datenschutz behindert worden sind. Aber wirklich persönliche Daten, wie eben solche Chats, werden überhaupt nicht geschützt, sondern durchs große Megaphon geblasen.

PPPS: Etwas ganz anderes, weit jenseits der uns alle angehenden Grundrechtsfrage Liegendes ist, ob die einstigen Bestellungen der jeweiligen Herren gutzuheißen waren. Das waren sie eher nicht. Das gilt insbesondere für Brandstetters unmittelbaren Wechsel von einem Regierungsamt in den VfGH. Das gilt auch für die Bestellung des politischen Beamten Schmid zum Verstaatlichten-Vorstand. Dort hätte mit Sicherheit ein Spitzenmanager aus der Wirtschaft hingehört (Vor allem hätte der Staat längst ganz aus der Wirtschaft hinausgehört. Aber Privatisieren ist selbst für die ÖVP zum Unwort geworden, und die Linksparteien wollen ja überhaupt am liebsten alles verstaatlichen). Pilnacek war hingegen gleich für sechs Justizminister der diversesten Parteifarben die rechte und die linke Hand in allen Strafsachen und davor für drei weitere zumindest die linke Hand. Das ist wohl doch ein eindeutiger Qualitätsausweis. Auch wenn das im Lauf der Zeit zu einem deutlich überhöhten Selbstbewusstsein geführt haben dürfte.

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