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Corona: ein Festival an Dummheit

Letztlich kann man es nur noch mit Humor nehmen, was da derzeit alles an Aerosolen voller Dummheiten und Absurditäten durch die Corona-schwangere Luft fliegt. Sie stammen von den Pannen der Regierung genauso wie von der Hysterie ihrer Gegner in Politik und Öffentlichkeit. In Abwandlung eines berühmten Satzes vom Beginn des ersten Weltkriegs könnte man sagen: Ich kenne keine Linken und keine Rechten mehr, sondern fast nur noch lauter Corona-Dummköpfe.

Freilich sind das Dummheiten zweier ganz unterschiedlicher Art:

Die Dummheiten, Unklarheiten und Widersprüche der Regierung

  1. Eine besondere Fundgrube an Köstlichkeiten ist (schon wieder einmal) die neue Lockdown-Verordnung. Dort steht beispielsweise (die Fettungen stammen von mir): "Das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des privaten Wohnbereichs sind nur zu den folgenden Zwecken zulässig: … 3) Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, wie insbesondere … o Die Deckung eines Wohnbedürfnisses." Wer es nicht glaubt, möge selber im Verordnungstext nachlesen. Man darf also den Wohnbereich verlassen, um das Wohnbedürfnis zu decken! Solche sinnbefreiten Formulierungen sollen wir also jetzt befolgen.
  2. Heiter ist auch die folgende Ausnahme vom Ausgangsverbot in der Verordnung: "o der Kontakt mit einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich physischer oder nicht physischer Kontakt gepflegt wird". Wie bitte?
    • Welche Kontakte gibt es für die Regierung sonst noch außer physischen und nicht physischen?
    • Spiritistische vielleicht?
    • Ist nicht auch ein Telefonat ein rein physischer Kontakt, ein Kontakt mit Hilfe physischer Instrumente?
    • Was heißt "einzeln" (das ist ja sprachlich keineswegs gleichbedeutend mit "einsam und allein in einer Wohnung lebend", auch wenn möglicherweise die Verordnungsbastler genau das gemeint haben könnten)?
    • Hat die Politik begriffen, dass man nach diesem Wortlaut logischerweise auch einen "Einzelnen" besuchen kann, der gleichzeitig auch von vielen anderen Menschen besucht wird?
    • Und soll das im Ernst heißen, dass der "Einzelne" offenbar umgekehrt nicht eine Familie besuchen darf, wenn man den holprigen Schwachsinn ernst nimmt?
  3. Noch absurder ist die Ausnahme vom Ausgangsverbot für "Ausbildungszwecke, soweit dies erforderlich ist". Jetzt sollen also offenbar die Bürger wissen und die Polizisten beurteilen, ob beispielsweise der Besuch der Fahrschule "erforderlich" ist oder der Besuch bei meiner Französisch-Lehrerin. Ich freue mich schon auf viele lustige Polizistendialoge und Gerichtsverfahren dazu.
  4. Eine ärgerliche – nein, heute haben wir uns vorgenommen zu sagen: lachhafte – Groteske hat sich bis zur letzten Stunde rund um die Maskenpflicht und die Seilbahnen abgespielt. Alle zwei Tage sind da widersprüchliche Informationen gekommen. Schließlich steht jetzt im Verordnungstext doch – entgegen den regierungsoffiziellen Ankündigungen, dass das die Bundesländer entscheiden würden, – die strenge FFP2-Maskenpflicht ohne jede Spezifizierung "während der Beförderung und im Zugangsbereich". Was die Vorarlberger Skiliftbetreiber aber ein paar Stunden später nicht daran hindert, anzukündigen, bei ihnen gelte das doch nur für Gondel-Seilbahnen, aber nicht für abdeckbare Sessellifte.
  5. Dabei dürfte jede FFP2-Pflicht höchstwahrscheinlich sowieso gleichheitswidrig sein, muss man doch in der mindestens genauso "gefährlichen" U-Bahn nur die weniger belastenden MNS-Masken tragen. Zugleich hat das ständige Hin und Her dazu geführt, dass kein kreativer Kopf mehr Zeit gehabt hat, eventuell FFP2-Masken zu entwickeln, die auch mit einem Ski-Helm vereinbar sind.
  6. Überdies sagte der Gesundheitsminister jetzt gleich – also bevor die Verordnung überhaupt wirksam geworden ist!! – dass man die Maskenregelung vielleicht in ein, zwei Wochen eh wieder ändern wird. Da kann man nur sagen: Mein Gott, Anschober, wenn Sie zu nichts gut sind außer zum täglichen Vortragen von Infektionsstatistiken, dann gehen Sie doch in eine Volksschule zurück. Dort lassen sich die Kinder es vielleicht gefallen, dass alle zwei Wochen alles ganz anders ist.
  7. Genauso ärgerlich ist die ständige Verwirrung, denen man die diversen Museen ausgesetzt hat. Vor kurzem haben sie noch gejubelt: "Wir dürfen wieder aufmachen!". Dann schien wenigstens am 24. und 25. Dezember ein Offenhalten möglich. Jetzt geht auch das nicht. Das ist nicht nur emotional ärgerlich und kann nur noch zu einem höhnischen Verzweiflungslachen führen. Das hat auch dazu geführt, dass unglaublich viele Vorbereitungs-Arbeiten in den Sand gesetzt sind. Aber zugegeben: Wann hat sich eine Behörde schon um Kosten gekümmert, die sie verursacht? Darüber lacht sie höchstens.
  8. So sehr man den Drang der alpinen Österreicher in die Berge und auf die Pisten verstehen kann, so bleibt doch ein fundamentaler Widerspruch bestehen: Denn der einzige Grund, der letztlich die Einschränkungen rechtfertigen kann, ist die Gefahr einer Überlastung von Spitälern und Intensivstationen durch zu viele Corona-Patienten (was eine sehr reale Gefahr ist, da von Südtirol bis Frankreich die Pandemie schon mehrmals die Kapazitätsgrenzen gesprengt hat, weshalb man versucht hat, Erkrankte im Ausland unterzukriegen). Vor diesem Hintergrund ist es schon ein gewaltiger Widerspruch, wenn man ausgerechnet jenen Sport erlaubt, bei dem es eine der höchsten Verletzungs-Wahrscheinlichkeiten gibt, wodurch also weitere Betten belegt werden (während mein geliebtes und sicheres Tennisspiel weiterhin verboten bleibt …).
  9. Der gegenwärtige Hauptvorwurf an die Regierung bleibt aber, dass sich das Gesundheitsministerium ganz auf die EU bei der Beschaffung des Impfstoffes verlässt. Während etwa das ziemlich genauso große Israel seine Bevölkerung bis März durchgeimpft haben will.
  10. Viele andere Fehler der Politik in Bund und Ländern habe ich in früheren Beiträgen schon aufgelistet: vom ständigen verwirrenden Zickzack über das verlogene Verschweigen des hohen Migrantenanteils in den Intensivstationen bis zum allzu großzügigen Hinauswerfen von Steuergeldern auch an jene, die gar keinen Schaden durch die Pandemie erleiden.

Die Dummheiten und Absurditäten von Opposition & Co

  1. Ich teile ja zutiefst die Aversion, ja die Kampfesbereitschaft gegen jede überflüssige Einschränkung der persönlichen Freiheit, mit denen uns die Politik quält. Dieses Tagebuch ist rund ums Jahr voll von Beweisstücken dafür. Ich werde auch bis zum Letzten gegen die zensurgeile Politik dafür kämpfen, dass selbst noch so absurd scheinende Behauptungen, Meinungen und Theorien frei verbreitet werden können, solange sie niemanden beleidigen oder Gewalt gutheißen. Hie und da könnte da ja doch etwas Relevantes drinnen stecken. Aber ich nehme auch für mich die Freiheit in Anspruch, vieles, was da verzapft wird, als unsinnig einzuschätzen.
  2. Vor allem aber kann Freiheit nie grenzenlos sein. Jede Freiheit hat dort ihre Grenze, wo sie die Freiheit anderer bedroht. Und daher hat es mit Freiheit absolut nichts mehr zu tun, wenn man unter Berufung auf die eigene Freiheit die der anderen gefährdet, wenn jemand in der konkreten Pandemie das Recht anderer schmälern will, möglichst frei von Ansteckungen durch ihn zu bleiben. Und der beste, ja der einzig derzeit bekannte Weg dazu ist eben leider jener durch Kontaktreduktion, möglichst häufige Testungen und durch möglichst baldige Impfungen. Und jene, denen ihre persönliche Freiheit von Tests und Impfungen wichtiger ist, mögen dann bitte auch wirklich zu Hause bleiben. Das, was sie da als "Zwang" denunzieren, ist nichts anderes als die Freiheit aller anderen.
  3. Es schäumen haargenau dieselben jetzt über Impfungen, die vorher gegen Masken, Tests und alle Kontaktreduktions-Maßnahmen gewesen sind. Gewiss, man erspart sich das eigene Denken, wenn man prinzipiell und immer gegen alles ist. Glaubwürdig wird man dadurch aber nicht, auch wenn man sich gegenseitig dabei immer neue Achtelwahrheiten und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate zuwirft und dadurch zu immer ärgeren Vorwürfen, Vermutungen und Phantasien aufpeitscht.
  4. Aber wahrscheinlich sind manche Menschen so gebaut, dass es ihnen psychologisch leichter fällt, mit den vielen belastenden Folgen der Pandemiebekämpfung fertig zu werden, wenn sie die Pandemie als Fiktion abtun oder personalisieren können: Wenn sie also Bill Gates, Sebastian Kurz, irgendeinen Geheimdienst, die EU, das Weltwirtschaftsforum, die Pharma-Industrie, Donald Trump oder Xi Jinping zu Schuldigen stempeln können.
  5. Vor allem macht mich fassungslos, dass eine Gruppe militanter Impf- und Testgegner wirklich eine endlose Perpetuierung der Pandemie in Kauf zu nehmen gewillt ist, auch wenn dadurch die ohnedies schon gewaltigen Schäden für Bildung, Wohlstand, psychisch labile Menschen, berufliche Existenzen und nichtbehandelte andere Krankheiten noch größer würden. Gewiss, es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, dass Impfen & Co sicher und rasch wirken, aber die Wahrscheinlichkeit ist tausendmal größer, dass das der klügere Weg ist.
  6. Blau, Pink und Medien haben die Attacken gegen Kanzler und Minister zweifellos schon in zwei Versionen in ihrem Computer eingetippt und werden, sobald die erste Impfung verabreicht wird, eine davon an die Öffentlichkeit bringen: Lassen sich die Regierungsmitglieder gleich in den ersten Stunden impfen, kommt die Variante: "Skandal! Politikerprivilegien-Exzess! Die Bürger müssen noch Monate warten und die Regierung impft sich in Sicherheit!" Lassen sich die Regierungsmitglieder hingegen nicht gleich impfen, dann wird die andere Variante veröffentlicht: "Typisch: Sie verwenden die Menschen in den Altersheimen als Versuchskaninchen und schauen sich an, was die Nebenwirkungen sind, bevor sie sich selber impfen lassen." Wetten, dass genau eine dieser beiden Argumentationen in Bälde ein großes Thema wird!
  7. Größte Profiteure der Corona-Krise sind die sogenannten Verfassungsrechts-Experten. Während bisher immer Handels- und Zivilrechtler zu den meistgefragten Gutachtern unter den Jus-Professoren gezählt haben, sind jetzt die Verfassungsrechtler an der Reihe. Für alles und jedes, gegen alles und jedes kann man sich bei ihnen Blitz-Gutachten bestellen. Das ist nur noch amüsant – vor allem
    • da im Verfassungsrecht derzeit viel weniger als in den anderen Rechtsgebieten auf klare Präjudize zurückgegriffen werden kann;
    • da die Medien in ihrer Einfalt nie fragen, wer denn eigentlich der auftretenden "Experten" den Auftrag gegeben und die Honorarnote bezahlt hat;
    • und da die Medien in ihrer Einfalt glauben, hinter einem Rechts-Gutachten gebe es irgendwo eine absolute Wahrheit, die einem die "Experten" nur zu verraten brauchen.
  8. Absurd ist die jüngste plötzlich aufgebrandete Aufregung um die aus Großbritannien berichtete Mutation des Virus. Als ob es nicht schon zahllose Mutationen gegeben hätte, die an der Öffentlichkeit völlig unbemerkt vorübergegangen sind. Aber plötzlich hat ein Mutations-Bericht große Hysterie ausgelöst. Dabei hat bisher nicht ein einziger der unzähligen sich äußernden Virus-Experten behauptet, die jetzigen Strategien gegen das Virus würden deswegen sinnlos, also Kontaktreduktion, Tests oder Impfungen (die es ja zumindest für Schweizer, Briten und Amerikaner schon etliche Tage gibt).
  9. Noch absurder ist die allerneueste Verschwörungstheorie: dass eine "Begräbnisprämie" ausgezahlt würde, wenn Angehörige zustimmen würden, dass "Covid" als Todesursache eingetragen wird. Würde das stimmen, wären das die ersten Angehörigen, die die Todesursache auf dem Totenschein bestimmen könnten. Und jeder, der eine solche Prämie verspricht, wäre reif für den Strafrichter …
  10. Am absurdesten hat sich jetzt aber der burgenländische Landeshauptmann Doskozil betätigt. Der Mann will den Burgenländern die Impfungen vorenthalten:
    • weil er diese nur für eine "PR-Aktion" hält;
    • weil man noch nicht wisse, ob ein Geimpfter trotz persönlicher Immunität Viren übertragen könnte (was in der Tat noch nicht ganz erforscht ist – was aber in keiner Weise einen Landeshauptmann berechtigt, jemandem den persönlichen Schutz vorzuenthalten, der inzwischen weitestgehend unbestritten ist);
    • weil da Gentechnik involviert sein könnte (als ob Doskozil nicht schon selbst zweifellos Medikamente geschluckt hätte, die gentechnisch entwickelt worden sind);
    • und weil man nicht alle Nebenwirkungen kenne (die man freilich tatsächlich erst in zehn Jahren alle kennen wird – und auch dann werden wohl welche sagen: "Aber in 30 Jahren könnten doch noch schlimme Folgen auftreten!").
      Dabei könnten schon in den allernächsten Tagen auch burgenländische Altersheim-Insassen und Gesundheits-Mitarbeiter die Impfung erhalten. Wenn der Doskozil-Auftritt nicht nur Wichtigmacherei eines geltungsbedürftigen Politikers aus dem kleinsten Bundesland nach Verkostung von zu viel lokalem Eiswein gewesen ist, wenn er also sein "Wir machen nicht mit" wirklich umsetzt, dann kann es freilich noch richtig spannend – fast hätte ich gesagt: lustig – werden. Denn dann kann jeder Provinz-Rechtsanwalt gegen den Mann mit großer Sicherheit gewaltige Summen einklagen, sobald der erste Altersheimbewohner, sobald die erste Krankenschwester an dem Virus stirbt. Auch die Staatsanwaltschaft müsste sich dann lebhaft für Herrn Doskozil interessieren, sofern nicht nur altes pannonisches Fürstenrecht zur Anwendung kommen sollte.

Auch wenn klar ist, dass es auf viele Fragen rund um die Pandemie noch lange keine unumstrittene Antwort geben wird, so ist man doch zunehmend über das immer weiter Auseinanderklaffen der Positionen erstaunt (das schon so weit geht, dass sich jetzt die am weitesten rechts und die neuerdings – nach dem Eintritt der Grünen in die Regierung – am weitesten links stehende Partei des Landes nach dem Motto "les extrêmes se touchent" in ihren Positionen erstaunlich ähnlich geworden sind). So ist man ebenso über die legistischen Patzereien auch nach zehn Monaten Pandemie erstaunt, die man sich wohl nicht nur mit der Unfähigkeit der Gesundheitsministeriums-Legisten alleine erklären kann, sondern auch mit dem Mitmischen von viel zu vielen anderen Köchen – insbesondere aus den Bundesländern.

Es ist wohl die beste Reaktion, zu versuchen, das alles mit Humor zu nehmen – auch wenn da oft die Silben "Galgen" davorzusetzen sind – und unbeirrt und notfalls alleine auf der Suche nach richtigen Antworten voranzustolpern.

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