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Österreich und die Geschichte: Zwischen Mogersdorf und Bleiburg

In linken Kreisen, die sich für intellektuell halten, ist es derzeit schick, gegen jeden Ansatz nationaler oder regionaler Identität zu hetzen. "Nationalist!" ist das neue "Nazi!"-Geschrei. Freilich nur dann, wenn man politische Gegner treffen kann. Wenn man die Kraft dieser Identität selbst nutzen kann, dann ist Heimat und Nation plötzlich gar nicht mehr ein Skandal, sondern offenbar gut und selbstverständlich.

Es gibt viele Beispiele: Eines davon  war der grüne Van der Bellen, der im Präsidenten-Wahlkampf plötzlich ganz massiv die Karte "Heimat" gezogen hat. Er hat dieses Wort in Riesenlettern plakatieren und sich vor typisch österreichisch-ländlichen Idyllen abbilden lassen.

Wenn die Heimat und die Nation nützen, dann sind sie plötzlich doch wieder etwas Gutes ...

Die Sowjetunion

Die größte und brutalste Realisierung linker Machtansprüche war die Sowjetunion. Die Kommunisten grölten zwar so wie die Sozialisten ständig von einer "Internationale", als Lied wie als Organisation. In der Realität war das Sowjetimperium aber reinster russischer National-Imperialismus. Wer auch immer damals in den versklavten Satellitenstaaten der UdSSR gelebt hat, hat das tagtäglich miterleben müssen.

Das heutige Russland ist in Sachen Nationalismus und geistiger Identität die totale Fortsetzung. Das zeigt sich nicht nur an der Rückeroberung von Gebieten in der Ukraine, Georgien oder Moldawien. Das hat auch Staatschef Putin selbst klargemacht, als er den Zerfall des sowjetischen Imperiums als traurigsten Tag seines Lebens bezeichnet hat.

In der Tat waren es ja nur die beiden Lichtgestalten Gorbatschow und Jelzin, die den unterjochten Nationalitäten die Freiheit gaben, die also als einzige Herrscher der russischen Geschichte nicht vom Dominanzstreben und Nationalismus getrieben waren.

Diese beiden sind aber heute in Russland Persona non grata ...

Das Rote Wien

In Wien gibt es neuerdings den Wien-Bonus, wo Wohnungssuchende, Lehrlinge, Jobsuchende in gemeindenahen Bereichen bevorzugt werden, wenn sie in Wien ihren Hauptwohnsitz haben. Sofern das Ganze nicht nur ein propagandistischer Schmäh ist, bedeutet jede Bevorzugung automatisch auch eine Benachteiligung anderer, also insbesondere der Menschen aus den anderen Bundesländern und dem Rest Europas.

Wenn aber die Bundesregierung etwas ganz Ähnliches bei den Familienbeihilfen tut, und die in Österreich ansässigen Jugendlichen und ihre Eltern bevorzugen will, bekommt jeder stramme Linke Schaum vor dem Mund. Das ist ja ganz, ganz böser Nationalismus. Bundesland-Nationalismus ist hingegen voll in Ordnung.

Ein bisserl verlogen halt ...

Die Türken und Mogersdorf

Da hat es vor ein paar Tagen in der Nähe des burgenländischen Ortes Mogersdorf eine große Feier zum Gedenken an eine Schlacht im Jahr 1664 zwischen der kaiserlichen, also der Habsburger Armee und den Osmanen, also den Türken gegeben. Die Schlacht endete mit einem Sieg der Kaiserlichen trotz ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit, was freilich nur bis zum Jahr 1683  eine Abwehr der Türkenbedrohung gebracht hat.

Jetzt wurde dort ein großer Obelisk errichtet – aber nicht etwa zum Gedenken an die Schlacht oder zur Feier des österreichischen Sieges, sondern zum Gedenken an die etwa 12.000 osmanischen Gefallenen! Der türkische Vizeaußenminister war gekommen, um den Obelisken zu preisen, aber auch die sozialistische burgenländische Landtagspräsidentin war demonstrativ dabei.

Wir lernen: Wenn eine andere Nation ihrer eigenen Geschichte sehr nationalbewusst gedenkt, dann ist das eine gute Sache, dann darf sie das ungehindert und unkritisiert auch auf österreichischem Boden tun – zumindest wenn die von dieser Nation abstammenden Menschen heute in Österreich mehrheitlich die SPÖ wählen.

Hingegen gibt es seit Jahrzehnten keinerlei österreichische oder gar regierungsoffizielle Ansätze, irgendwo selbst österreichischer Gefallener zu gedenken, die vor dem 20. Jahrhundert umgekommen sind. Schlachten, die mehr als 350 Jahre zurückliegen, sind schon längst dem Gedächtnis entschwunden. Und wer außerhalb von Geschichtsbüchern an sie erinnert, gerät sofort in Gefahr, von Mainstream-Medien oder Oppositionsparteien sofort das "Nationalismus!"- und "Rechtsextremismus!"-Beil nachgeworfen zu bekommen.

Wohlgemerkt: Kein Hauch der Kritik daran, dass die Türken ihrer einstigen Gefallenen im Dienste eines islamischen Sultans und des jahrhundertelang aggressiven osmanischen Imperialismus und Kolonialismus gedenken. Aber jede Menge Kritik daran, dass die linke Political Correctness sich mit dem Diktat durchgesetzt hat, dass die große österreichische Geschichte immer etwas Böses ist (sofern man sie nicht Sisi-artig vermarkten kann). Dass nirgendwo österreichischer Feldzüge (die meist Abwehrschlachten waren) und deren Gefallener gedacht werden darf. Dass selbst ein Haus der österreichischen Geschichte erst der Geschichte ab dem 19. Jahrhundert gedenken darf, also ab Beginn des marxistischen Sozialismus.

Nationen, die keine Geschichte haben, haben auch oft keine Zukunft …

Die Kroaten und Bleiburg

Während also die SPÖ-kompatiblen Türken alles dürfen, bricht in Hinblick auf die eher "schwarzen" Kroaten alljährlich ein unglaubliches Wutgeheul los, wenn die ebenfalls ihrer Toten auf österreichischem Boden gedenken wollen.

Dabei liegt das Massaker von Bleiburg aus dem Jahr 1945 weit weniger lang zurück. Dabei sind die Opfer nicht in einer offenen Schlacht gefallen wie bei Mogersdorf, sondern wurden wehrlos massakriert, als die britische Armee die geflüchteten Kroaten den Tito-Partisanen auslieferte. Dabei gab es als Folge vermutlich noch mehr Todesopfer als in Mogersdorf, betrug die Zahl der Ausgelieferten doch 40.000.

Daher müsste Bleiburg eigentlich auch für Österreicher ein Ort der Trauer sein, auch wenn sie nur Augenzeugen und nicht Täter oder Opfer waren. Aber keine Spur davon. Vielmehr erregt sich das offizielle wie das kirchliche Österreich regelmäßig, weil einige Kroaten in Bleiburg auch positiv des kurzlebigen kroatischen Staates von damals gedenken, dessen letzte Zuckungen eben die Flüchtlinge von Bleiburg gewesen sind. Das ist alles andere als unverständlich: War doch dieser Ustascha-Staat der überhaupt erste kroatische Staat der Geschichte, und der einzige vor  dem Zerfall Jugoslawiens. Waren die Kroaten doch vorher immer unterjocht gewesen. Von Venezianern, von Osmanen, von Österreichern, von Ungarn, von Serben.

Nun werden manche einwenden, dieser Staat war doch alles andere als ein demokratischer Rechtsstaat, und in der kurzen Zeit der Ustascha-Herrschaft sind doch auch viele Nichtkroaten brutal verfolgt und ermordet worden. Ja, beides ist absolut richtig.

Aber mit Verlaub: Die osmanischen Türken waren genausowenig ein demokratischer Rechtsstaat. Sie haben noch viel mehr Angehörige anderer Völker ermordet als die Kroaten. Und sie haben überdies sehr zum Unterschied von den Kroaten Angriffskriege geführt und halbe Kontinente für Jahrhunderte kolonialisiert.

Wieso bitte, sind dann die einen die Guten und die anderen die Bösen? Wieso dürfen die einen völlig ungehindert der Vergangenheit gedenken, die anderen nur unter strengster Aufsicht und vielfältigen Strafdrohungen?

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