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„Digitalisierungsstrategie!“ – eine Lachnummer

Es gibt seit vielen Jahren kein politisches Programm in Österreich oder Europa, in dem nicht mit großen Worten die Digitalisierung als zentrale Aufgabe herausgestrichen würde, die durch eine besondere Strategie zu fördern wäre. Nur: Geschehen ist immer das Gegenteil. Was sich auf vielen Ebenen beweisen lässt, bis in die unmittelbare Gegenwart. Bei der konkreten Umsetzung ist nämlich aus dem Einsatz für die Digitalisierung immer ein Kampf gegen die Digitalisierung geworden. In Europa haben sich jeweils die alten gegen die neuen Technologien durchsetzen können. Bei dieser Retro-Strategie haben sich besonders die "Sozialpartner" hervorgetan: Wirtschaft wie Gewerkschaft haben immer wieder mit Erfolg das Neue zu dämonisieren verstanden.

Die dabei am häufigsten verwendeten Schlagwörter der Besitzstandwahrer:

  • Die neue Konkurrenz wäre unfair;
  • die Interessen der Künstler und Journalisten sind wichtiger als die Freiheit des Internets;
  • die Digitalisierung würde Arbeitsplätze vernichten;
  • durch sie drohten ganz neue Gefahren;
  • der Überwachungsstaat stünde vor der Tür;
  • russische Trollfabriken würden europäische Wahlen manipulieren;
  • die Menschen würden sich in Echokammern zurückziehen, wo sie nur noch das ihnen Genehme hören würden;
  • wenn wir digitalisieren, können wir in einem künftigen Cyberwar durch China/Russland/Amerika besiegt werden;
  • Künstliche Intelligenz würde sich selbständig machen und den Menschen angreifen.

Nicht alle dieser Sorgen sind ganz absurd, viele freilich schon.

In Europa haben diese Sorgen jedenfalls einen totalen Sieg errungen. Bei den anderen großen Playern der Welt, vor allem in Nordamerika, hat hingegen die Digitalisierung gesiegt – ohne dass sich dort bisher auch nur eine einzige der an die Wand gemalten Gefahren konkret realisiert hätte.

In Europa haben die Sorgen aus vier Gründen siegen können:

  • Erstens weil hier die alten Besitzstandswahrer, die Beati possidentes, mächtiger sind als anderswo (oder hat irgendjemand in den letzten zehn Jahren ein Lebenszeichen von amerikanischen, russischen oder chinesischen Gewerkschaften vernommen?).
  • Zweitens wirkt in Europa das Angstmachen immer, egal ob es um Angst vor der Digitalisierung, vor dem Waldsterben oder vor der Klimaveränderung geht.
  • Drittens hat Europa einen unheilvollen Hang zur Überregulierung; dafür ist nicht zuletzt der starke deutsche Einfluss verantwortlich.
  • Viertens: Ganz übel wirkt sich auch aus, dass Europa dort, wo es in Amerika nur eine politische Ebene gibt, eine zusätzliche Ebene voller gestaltungsgieriger Politiker hat: neben der nationalen auch die europäische. Und während in Amerika ein einziger "Supreme Court" als Höchstgericht amtiert, gibt es etwa für Österreich einen Verfassungsgerichtshof, einen Verwaltungsgerichtshof, einen Obersten Gerichtshof, einen EU-Gerichtshof und einen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Lauter Höchstgerichte! Und fast alle dort tätigen Höchstrichter versuchen einander an Gestaltungswut und Regelungsgier zu übertreffen, um nur ja in die Geschichtsbücher einzugehen. Was die Verhinderer nicht auf europäischer Ebene verhindern können, verhindern sie national und umgekehrt. Sei es via Gesetzgeber, sei es via Gerichte.

Die vielbeschworene Digitalisierung wird nicht dadurch vorangetrieben, dass jedem Schüler ein iPad oder Laptop in die Hand gedrückt wird, sondern durch die Freiheit, neue Dinge auszuprobieren und entwickeln zu können; sowie durch die Möglichkeit, diese dann rasch und einfach in den Markt bringen zu können. Nur so werden Start-Ups erfolgreich, nicht aber durch noch ein weiteres staatliches (oder europäisches) Förderungsprogramm für irgendwelche von einer beamtendominierten Kommission für gut befundene Neuentwicklungen.

Neben dieser Freiheit ist nur noch eines wichtig, damit viele neue digitale Blumen erblühen können, wenn die alte, analoge Wirtschaft unweigerlich verwelkt und verdorrt: eine niedrige Abgabenquote. Hätten wir beides in Europa, so hätten wir binnen fünf Jahren eine unglaublich faszinierende Ernte an neuen IT- und Internet-Unternehmen. So aber findet diese Ernte seit Jahrzehnten fast nur in den USA statt; und zum Teil auch in China, wo niedrige Steuern und ein flaches Regulierungsniveau bei einem hochintelligenten und fleißigen Volk viel Dynamik ausgelöst haben, wo aber diese Dynamik mit Sicherheit früher oder später an den Mauern der politischen und geistigen Unfreiheit sowie auch an der in jedem Unrechtsstaat unvermeidlichen Korruption zerschellen wird.

Die jungen Menschen, die in Europa die entscheidenden Ideen für den nächsten Digitalisierungsschub und die unternehmerischen Fähigkeiten zu deren Kommerzialisierung haben, verschwenden nicht viel Zeit auf Lobbying und Jammern über prohibitive Regulierung und hohe Steuern. Sie übersiedeln einfach über den Atlantik, und gehen meistens ins Silicon Valley. Es ist alles andere als ein Zufall, dass sämtliche global erfolgreiche Internet- und IT-Unternehmen in den USA entstanden sind und von dort aus weltweit blühen. Und wenn ihnen irgendwo eine Konkurrenz erwächst, dann einzig und allein aus Ostasien. Bei uns blühen hingegen nur noch die Immobilienspekulanten, die Benkos und Tojners.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele für die Behinderung der digitalen Zukunft in Österreich, beziehungsweise Europa:

  1. In Europa muss bei Kauf jedes Druckers (also eines Geräts der digitalen Welt) eine zusätzliche Abgabe geleistet werden, weil das Journalisten und Schriftsteller (also Exponenten der alten Welt) durchgesetzt haben.
  2. Diese Abgabe wird an alle möglichen Kreativen ausgeschüttet – aber nur, wenn sie auf dem alten Medium Papier arbeiten. Wenn sie ihre Produkte elektronisch verbreiten, bekommen sie nichts, obwohl zweifellos ein digitaler Text aus dem Internet eher ausgedruckt wird als ein Zeitungsartikel, der ja dem Zeitungskäufer ohnedies schon in Papier vorliegt. Das soll jetzt geändert werden – aber 20 Jahre zu spät.
  3. Ganz ähnlich bei der Mehrwertsteuer: Hier hat die EU (die sich unnötigerweise in alles einmischt) bisher nur für Papier-Bücher und -Zeitungen den Mitgliedsländern einen reduzierten Steuersatz erlaubt, nicht aber für elektronische Bücher. Auch in diesem Punkt haben sich die Exponenten der alten und sterbenden Medien bei der Verhinderung des Neuen durchsetzen können. Auch hier kommt eine geplante Änderung um Jahrzehnte zu spät.
  4. Die Zwangsgebühren für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Europa sind in einer digitalen Welt völlig überholt: Sie hatten ihre Begründung zu Zeiten, wo Fernsehen von terrestrischen Sendern abhängig war, deren Errichtung teuer war. Heute jedoch erfolgt der TV-Konsum ganz überwiegend über Kabel, Satellit oder Internet – also über rein digitale und viel billigere Mittel, die meist Hunderte oder auch Tausende Sender transportieren, die überdies auch für viele andere Zwecke genutzt werden können. Dennoch müssen die Europäer weiterhin per gesetzlichem Zwang für die Gebührenbetriebe aus der Vordigitalzeit zahlen.
  5. Besonders heftig bekämpft wird in Österreich der taxiähnliche Dienst Uber. Zünftlerische Gesetze umsetzende Gerichte haben in Österreich Uber insgesamt schon zu Strafen von mehr als einer Million Euro verurteilt. Dabei sind die Vorteile von Uber für die Konsumenten gewaltig: Durch die digitale Adresserfassung erreicht ein Uber-Auto jeden Ort der Bestellung (ich habe einst an einer etwas komplizierteren privaten Adresse nächtens schon oft vergeblich auf ein Taxi gewartet!) und erst recht jedes Ziel problemlos; man sieht am Handy genau, wo sich das kommende Auto befindet; es wird rein elektronisch abgerechnet; die rein durch Angebot und Nachfrage bestimmten Preise sind meist deutlich niedriger als bei Taxis; und wenn sie höher sind, dann sind das oft jene Situationen, wo man überhaupt kein Taxi bekommt (und wo man manchmal fast jeden Preis zu zahlen bereit ist, um rechtzeitig irgendwo zu sein – etwa um einen Flug zu erwischen oder zu einem wichtigen Meeting zu kommen – was nur mit Uber möglich ist). Jedoch: Die Politik – auch dieser Regierung – hat sich vollkommen zur Befehlsempfängerin der Wirtschaftskammer und deren Taxiinnung gemacht. Während ihr die Konsumenten offensichtlich wurscht sind.
  6. Ähnlich unerträglich schikanös hat sich die im Vorjahr erlassene Datenschutz-Grundverordnung der EU ausgewirkt. Sie hat die Internetbetreiber Milliarden gekostet; ihretwegen müssen die Konsumenten immer erst lästige Cookie- und Datenschutzinformationen wegklicken. Sie hat aber absolut null Vorteile gebracht: Es gibt genausoviele Spams, Virus- und Wurm-Attacken, Phishing- und Betrugs-Versuche wie vorher.
  7. Ein weiterer absoluter Kontrapunkt zu einer "Digitalisierungsstrategie" sind die in mehreren EU-Ländern, nicht zuletzt in Österreich vorangetriebenen Pläne zu einer neuen Digitalsteuer. Das wäre nicht einmal den Schildbürgern eingefallen: Eine Regierung will etwas fördern, wo sie und ihr Land zurückliegen – und was tut sie dazu als ersten Schritt? Sie besteuert das zu Fördernde. Solchene Sachen kann man nicht erfinden …
  8. Eine neue Attacke auf die Internet-Welt wird gerade von Medienminister Blümel vorbereitet. Er will ein Gesetz "gegen Hass im Netz". Da die Regierung "Hass" – der ja nur ein Gefühl und sonst gar nichts ist! – naturgemäß nicht einmal definieren kann, ist das nicht nur ein Frontalangriff auf die digitale Welt; ein solches Gefühl wird auch zu einer Fülle von kafkaesken Verfahren führen, in denen Richter mühsam herausfinden müssen, was "Hass" eigentlich sein könnte. Ein solches Gesetz ist darüber hinaus auch die schlimmste Attacke auf die Meinungsfreiheit seit Generationen. Denn zur Meinungsfreiheit gehört untrennbar auch die Freiheit, etwas zu hassen. Wenn man nicht hassen darf, kann man auch nicht lieben. Und schon gar nicht ehrlich sein. Ein künftiger Diktator kann sich freuen: Er wird gar keine neuen Gesetze erlassen müssen, um unliebsame Meinungen zu verfolgen.
  9. Seit längerer Zeit werden Facebook, Google & Co von politisch-korrekten Zensur-Fanatikern unter Druck gesetzt, damit sie möglichst viele unerwünschte Inhalte löschen (de facto geht es dabei seltsamerweise immer nur um rechts der Mitte eingeordnete Inhalte). Das ist so, wie wenn man das Telefon für den Inhalt der Gespräche verantwortlich machen würde.
  10. Und zu katastrophaler Letzt hat das EU-Parlament soeben ein neues Urheberrecht im (zugegeben schwierigen) Interessenkonflikt zwischen kreativen Urhebern und Usern erlassen. Das nun beschlossene Ergebnis brüskiert ganz einseitig nur die Internet-User, schikaniert sie auf übelste Art (auch wenn sie das erst in zwei Jahren voll merken werden), und es stellt sich voll an die Seite der Interessen von Zeitungsverlagen und Musikern. Durch diese neue Richtlinie wird überdies die Installierung sogenannter Upload-Filter unumgänglich, die es gleich von vornherein unmöglich machen werden, dass möglicherweise bedenkliche Inhalte auf Facebook usw. hochgeladen werden. Die Zeitungs- und Musik-Verlage jubilieren. Sie werden am Ende freilich mit Sicherheit nicht das bekommen, was sie eigentlich gewollt haben: nämlich Geld. Es werden zwar Rechtsanwälte sehr viel mit Musterprozessen verdienen. Aber mit Sicherheit werden die Verlage selbst im Falle eines Prozessgewinns maximal eines erreichen: dass im Internet künftig halt vieles nicht mehr stattfinden kann.
    Gratulation weise EU!

Ganz ehrlich: Ich halte es nicht aus, wenn ein Regierungs- oder EU-Politiker auch nur einmal noch von Digitalisierungsstrategie spricht!

PS: Besonders köstlich – nein: absurd ist, dass es vor allem die "schwarzen" EU-Abgeordneten gewesen sind, die die Urheberrichtlinie durchgebracht haben, während die linken überwiegend dagegen gestimmt haben (und die der FPÖ sich feig enthalten haben). Dabei sind es zweifellos gerade diese bürgerlichen Parteien und Werte, die von der Mehrzahl der Zeitungen und Künstler tagtäglich verhöhnt und beschimpft werden, während die Linksparteien in Journalisten, Comedians und Musikanten auch weiterhin ihre größten Fans haben. Oder glaubt die ÖVP wirklich, dass sie künftig von diesen auch nur einen Millimeter weniger verhöhnt und beschimpft wird, dass die sogenannte "Kultur"-Szene künftig weniger links sein wird? Aber freilich: Wortführer der ÖVP war ein gewisser Othmar Karas, den sie in ihrer Weisheit auch jetzt wieder an die Spitze ihrer Liste gestellt hat …

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