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Nicht nur Schaden hat den Schaden

Die Verurteilung des Salzburger Bürgermeisters Schaden hinterlässt ein mehr als flaues Gefühl. Die österreichische Justiz versteht kaum etwas von komplizierten Finanzgeschäften, macht keinen Unterschied, ob ein echter Schaden entstanden ist oder nicht, und empfindet wachsende Lust daran, Politiker einzulochen.

Linke Richter machen das gerne bei FPÖ- und ÖVP-Politikern, rechte bei denen der SPÖ, wie jetzt beim Salzburger Bürgermeister geschehen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich kenne Herrn Schaden nicht persönlich, habe auch sonst nie mit jemandem aus der ganzen Salzburger Finanzaffäre Kontakt gehabt. Schaden ist mir nur aus der Ferne einmal positiv aufgefallen, als er entgegen der Linie seiner Partei laut und deutlich die Notwendigkeit von Abfangjägern zu betonen gewagt hat. Und er ist mir immer wieder negativ aufgefallen, weil er (neben der Geographie) als Langzeitbürgermeister an der katastrophalen Verkehrssituation in Salzburg wohl mitschuldig ist.

Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass in fast allen Fällen, wo Politiker oder Expolitiker in letzter Zeit vor Gericht gezerrt worden sind (am spektakulärsten: Schaden, Grasser, Westenthaler), die Justiz eindeutig übers Ziel geschossen hat. Sie hat unverkennbar Ressentiments gegen "die Politik" auf intellektuellem Boulevard-Niveau freien Lauf gelassen.

Lassen wir Grasser beiseite, weil hier die Staatsanwaltschaft vielleicht noch im Prozess ja jene Beweise vorlegen kann, die bisher auch nach acht Jahren der Erhebungen (was an sich schon ein Skandal ist) eindeutig fehlen. Aber sowohl im Fall Westenthaler wie Schaden sind die entscheidenden Fakten eindeutig:

  • Beide haben sich nicht persönlich bereichert.
  • Beide haben nicht einmal indirekt einen wirtschaftlichen Nutzen für ihre Partei erzielt oder beabsichtigt.
  • Beide haben durch das, wofür  sie verurteilt worden sind, dem Steuerzahler keinen Schaden zugefügt.
  • Beide haben – zumindest nach allgemeinem Verständnis – ohne jede kriminelle Intention gehandelt.
  • Daher ist bei beiden die Verurteilung zu (teilweise) unbedingten Haftstrafen mehr als absurd und zweifellos ressentimentbedingt (auch wenn man in beiden Fällen annehmen kann, dass die Problemrichter der ersten Instanz von den oberen Instanzen noch korrigiert werden).

Beide haben im Grund nur buchhalterisch unkorrekt gehandelt. Der eine hat in der Bundesliga legal erhaltene Gelder kurzfristig für einen anderen ebenso legalen, aber ihm dringender erscheinenden Ausgabezweck umgepolt. Was ist daran so schwer kriminell, dass eine Richterin ihn zu zweieinhalb Jahren verurteilt? Kann das irgendwie anders als ideologisch motiviert sein? Überdies ist nun ausgerechnet diese Richterin durch eine seltsame Konstruktion des Wiener Strafgerichtspräsidenten, dem jedes Gespür zu fehlen scheint, auch für den Grasser-Prozess eingeteilt worden. Womit auch Grasser realistischerweise jetzt schon nur noch auf die Instanz hoffen kann.

Der andere hat ein riskantes Finanzgeschäft von der Stadt Salzburg an das Land Salzburg weitergeschoben. Wodurch der Schaden für den Steuerzahler weder größer noch kleiner geworden ist. Es wurde nur die Budgetoptik für die SPÖ-regierte Stadt (deren Bürgermeister Schaden ist) verbessert und für das SPÖ-regierte Land verschlechtert.

Grund der Verurteilung war wohlgemerkt nicht das ursprünglich leichtfertig eingegangene Risiko, sondern nur dessen Transfer auf ein anderes Konto. Dafür kann man maximal den Finanzverantwortlichen des Landes einen – kleinen – Vorwurf machen, dass sie sich dieses Risiko anhängen haben lassen. Aber in Wahrheit helfen sämtliche Bundesländer der Republik ständig ihren Gemeinden, wenn diese in Schwierigkeiten sind, ohne es an die große Glocke zu hängen. Das ist im Grund gut so und nicht wirklich skandalös, geschweige denn eine Rechtfertigung für jahrelanges Schmalz. Das war im konkreten Fall auch deshalb sinnvoll, weil man zumindest annehmen hat können, dass im Land diesbezüglich besseres Knowhow vorhanden wäre.

Wo wirklich Korruption stattfindet

Diese seltsamen Verurteilungen stehen in absolutem Kontrast zur Tatsache, dass dort, wo wirklich und vor unser aller Augen Korruption in großem Umfang stattfindet, es noch nie zu einem Prozess gekommen ist. Das sind die Medienbestechungen aus Steuergeldern in Dimensionen von vielen hundert Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft hat diese extrem bedenklichen Vorgänge noch nie einem Richter zugeführt. Sie hat selbst die Causa Faymann/Ostermayer mit Hilfe eines windigen Gutachtens im Vorverfahren abgedreht. Und seither hat sie überhaupt nie mehr einen Fall der vor unser aller Augen stattfindenden Medienbestechung aufgegriffen.

Die größte Dimension haben eindeutig die parteipolitisch vergebenen "Inserate" und Kooperationen" aus dem Imperium der Gemeinde Wien. Aber auch viele andere Länder und Ministerien haben ähnlich üble Spiele auf Steuerzahlerkosten betrieben. In all diesen Fällen hat es eindeutig eine indirekte Bereicherung für die jeweilige Partei gegeben. Denn durch diese Inserate konnten sich Parteipolitiker bei den gierigen und meist wirtschaftlich angeschlagenen Medien eine überaus wohlwollende Propaganda-Berichterstattung kaufen. Deren Wert besteht nur am Rande aus dem (oft läppischen) Inhalt der Inserate, sondern viel mehr aus der massiven Beeinflussung der Kommentarlinie der mit Inseraten und politischen "Kooperationen" beglückten Zeitungen. Und daran, welche Themen diese Medien groß, welche klein und welche überhaupt nicht spielen.

Meine Zweifel, ob wir noch in einem Rechtsstaat leben, werden immer größer.

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