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Vom faulen Reform-Zauber

Der Vorgeschmack auf die Qualität des Spar- und Schröpfpakets der Regierung ist bitter – aber nicht unerwartet: Die laut verkündeten Durchbrüche auf dem Gebiet der Gesundheits(kosten)reform, die uns ereilt haben, sind nicht mehr als nette, halb verhandelte Absichtserklärungen. Vor Reform keine Spur – wie auch, wenn man jahrelang jede Reform-Anstrengung vermeidet und dann unter dem gnadenlosen Diktat der Schuldenkrise ganz schnell etwas zusammenschustert.

Zuerst kam das erste Ei des Kolumbus: Die Gesundheitsausgaben dürfen nicht mehr stärker wachsen als die Wirtschaftsleistung. Der Applaus war noch nicht verklungen, da relativierte der Gesundheitsminister: Ja, das ist schön, aber wann diese Kostenbremse zum Tragen kommen kann, lässt sich nicht sagen. Jedenfalls nicht sofort, denn jetzt müssen erst die zähen Verhandlungen mit den Ländern geführt werden.
Auch das zweite Ei ist von windiger Qualität: Eine Steuerungsgruppe soll sicherstellen, dass die Spitäler, Ambulanzen und niedergelassenen Ärzte gemeinsamer Planung und Finanzierung unterlagen. Jubel, Trubel – und Heiterkeit: Wir haben ein neues Gremium, nur leider ist über sein Funktionieren gar nichts fix. Am allerwenigsten die alles entscheidende Frage, wer die Mittelverteilung über hat. Und dass der Reform-Verhandler der Bundesländer, Oberösterreichs Josef Pühringer, seine Vorstellung unmissverständlich klar gemacht hat, lässt nichts Gutes erwarten. Er verlangt, dass Bund und Krankenversicherungen das Geld zur Verfügung stellen und die Länder es verteilen.
Den Status quo nennt man also Reform.
Wohin die Allmacht der Bundesländer führt, das wissen wir längst.
Umso rührender war denn auch der treuherzige Auftritt des Steirers Franz Voves im Bundesrat. Die Bundesregierung soll es doch genauso machen wie die steirische: Notwendige Sparmaßnahmen gemeinsam ohne Rücksicht auf die eigene Klientel durchziehen, zusammenhalten, die Parteiinteressen hintanstellen und sich erst in zwei, drei Jahren wieder im parteipolitischen Kleinkrieg üben.
Der Sparmeister aus der grünen Mark hat freilich zweierlei übersehen: Es selbst und sein schwarzer Partner haben ihr Sparprogramm unmittelbar nach Wahlen beschlossen. Die Kollegen auf Bundesebene, erstmals im Genuss einer fünfjährigen Gesetzgebungsperiode haben hingegen jahrelang jede Handlung vermieden und müssen sich spätestens im nächsten Jahr dem Wähler stellen. Angesichts dieses Damoklesschwerts ist ihnen natürlich das Parteiwohl viel näher als das Staats-Ganze. Dabei haben Gusenbauer-Molterer mit genau dem Argument, dass große Würfe längere Atempausen zwischen Wahlen brauchen, die Verlängerung der Legislaturperiode erfunden.
Noch viel fataler ist der zweite Denkfehler beim steirischen Nachhilfeunterricht: Ein Land allein kann alles Mögliche beschließen, der Bund aber muss sich bei fast allem gegen neun Landeskaiser durchsetzen. Die Länderegoismen, die Landeskaiser-Allüren sind die Kehrseite des Föderalismus. Daran sind bisher noch alle Reformideen gescheitert. Das ist allen Beteiligten klar, aber niemand hat bisher den notwendigen Rückbau der Länder-Allmacht begonnen.
Nur: Solange die Landeskaiser nach eigenem Belieben das Geld ausgeben dürfen, werden viele dringliche Reformen nie stattfinden – von der Gesundheit, über das Schulwesen, die Verwaltung etc.
Doch der Mutige, der die neun hungrigen Löwen bändigt, muss erst gefunden werden. Für die Bewältigung der Schuldenkrise kommt er jedenfalls zu spät – falls er je kommt.
 

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