Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Die Putindämmerung

Das vielgeliebte Russland Dostojewskis und Tschaikowskis lebt doch noch. Lange hat ja man schon glauben müssen, das einst so hoch kultivierte Bürgertum im größten Land des Kontinents sei nach seiner kurzen Wiederbelebung unter Jelzin endgültig verschwunden. Umso eindrucksvoller ist seine Renaissance im Protest gegen das sich immer mehr zur Diktatur wandelnde System Putin.

Seit Zehn- oder wohl Hunderttausende Menschen die Angst vor prügelnden Polizisten verloren haben, ist zwar Putin noch lange nicht gestürzt, aber seine Glaubwürdigkeit endgültig dahin. Seine Macho-Selbstinszenierungen, wie etwa sein öffentlich zur Schau gestelltes Reiten mit nacktem Oberkörper oder seine Tigerauftritte werden künftig nur noch lächerlich wirken. Auch seine Kontakte mit dem Ausland werden wohl dauerhaft überschattet sein. Jeder seiner ausländischen Gesprächspartner wird nach der Zusammenkunft nun wohl beteuern müssen, unter vier Augen den Wert von Demokratie und Menschenrechten betont zu haben (auch wenn diese Beteuerungen oft gelogen sind).

Freilich sollte sich niemand erwarten, dass das von russischem Gas abhängige und noch immer im Schatten russischer Atomraketen lebende demokratische Ausland ernsthaften Druck auf den Putinismus ausüben könnte. Wer das fordert, ist reichlich unrealistisch. Der Kampf um die Demokratie bleibt die Aufgabe der Russen selber. Schließlich haben ja auch sie selbst den Sowjetkommunismus gestürzt. Auch wenn der Druck der amerikanischen Raketenrüstung ein wenig mitgespielt hat, waren es doch die Demonstranten an der Seite Jelzins, die den Altkommunismus zerschellen ließen.

In einer globalen Sichtweise fällt es im übrigen auf, wie sehr es in vielen Ländern immer erst dann zur Explosion kommt, wenn ein Regime Wahlergebnisse manipuliert, während viele andere Sünden von den Bürgern erstaunlich tolerant hingenommen werden. Wie es in Russland die Deportation von Michail Chodorkowski, des bisher ernsthaftesten Herausforderers Putins, nach Sibirien als Ergebnis mehrerer, jeder Rechtsstaatlichkeit spottender Prozesse gewesen ist. Oder das unglaubliche Ausmaß an Korruption auf allen Ebenen der Verwaltung. Oder die Knebelung fast aller Medien.

All das haben die Menschen lange (allzu) gleichmütig hingenommen. Aber wenn sie in den Wahlzellen betrogen werden, explodieren sie. Dieses Verhaltensmuster zeigte sich nicht nur in Russland, sondern auch schon in vielen anderen Ländern zwischen Afrika und dem Kaukasus.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung