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Schwule Ehen: die verlogene Debatte

Die Schwulen-Lobbies wissen nicht so recht, ob sie glücklich oder unglücklich sein sollen. Dasselbe gilt aber auch für die Verteidiger des christlichen Ehebildes. Ist also der Gesetzesentwurf der Justizministerin zum Thema Homosexuellen-Ehe ein passabler Kompromiss?

Das ist er ganz und gar nicht. Denn die heikelsten Fragen sind weiter ungelöst. Dies auch deshalb, weil alle Seiten sich hüten, ehrlich alle Probleme zu diskutieren.

Das beginnt schon bei der vorgesehenen Regelung für den Ort, wo die „eingetragene Partnerschaft“ eingetragen wird. „Bezirkshauptmannschaft statt Standesamt“: Das klingt nach einem Erfolg konservativer Schwulenehe-Gegner.

Nur: Das ist etwa in Wien ein und dasselbe. Das Rathaus und seine zum Teil in die Bezirke ausgelagerten Magistratsabteilungen sind identisch mit der Bezirkshauptmannschaft. Also wird der Wiener Bürgermeister ganz leicht das durchsetzen können, was die Gegenseite verhindern wollte: Die volle Zeremonie für Schwule in den gleichen Räumen, in denen auch die normalen standesamtlichen Eheschließungen stattfinden. Und Wien ist natürlich der Platz, von wo die demonstrativen Küsse frisch getrauter (respektive „eingetragener“) Schwulenpaare am leichtesten den vierfärbigen Propaganda-Weg in Zeitungen und Fernsehen finden.

Die ÖVP hat nämlich die ganze Zeit aus Feigheit oder Ahnungslosigkeit auch intern die falsche Diskussion geführt: Ob Standesamt oder BH ist ziemlich gleichgültig. Es geht vielmehr um die Frage, ob der Staat überhaupt dazu da ist, pompöse Zeremonien für Eheschließungen zu veranstalten. Er tut das ja auch bei Geburt oder Scheidung nicht.

Katholische Konservative machen da eine besonders unglückliche, zumindest unlogische Figur. Sie stoßen sich in Wahrheit vor allem an Pomp und Öffentlichkeit rund um die durchaus als politische Demonstration intendierten schwulen Eheschließungen. Denn dabei wird – ähnlich wie beim Life Ball im Wiener Rathaus – ja ganz gezielt die unterschwellige Werbebotschaft transportiert: Schwul sein ist super und das Schönste auf der Welt. Was ja deutlich mehr ist als die Forderung nach Freiheit, Privatsphäre und einem Ende von Diskriminierungen.

Aber da die Katholiken ihr Unwohlsein ob dieser – von vielen Medien mit großer Lust transportierten – Propaganda nicht wirklich artikulieren, ist dieser sinnlose Kampf um die zuständige Behörde ausgebrochen.

Die standesamtliche Ehe war historisch als Kampfinstrument des sozialdemokratischen Antiklerikalismus geschaffen worden. Dieser wollte eine Alternative zur kirchlichen Trauung schaffen. Aus der Alternative wurde dann eine vielen Katholiken eher unsympathische Zusatzpflicht für alle Eheschließungen.

Da ist es recht absurd, wenn hundert Jahre später katholische Funktionäre nun zu Vorkämpfern eines Festes auf dem Standesamt für heterosexuelle Paare geworden sind. In Wahrheit müssten sich sowohl Liberale (weil die überall möglichst wenig Staat haben wollen) wie Konservative einig sein: Der Staat sollte eine Eheschließung so wie Geburt oder Tod einfach nur registrieren, durch schlichte Vorsprache, Dokumentenvorlage und Unterschrift während der Dienstzeit in einem kleinen Amtszimmer. Und nachdem man meist lange im Vorzimmer warten hat müssen.

Zeremonien hingegen gehören in den privaten Bereich. Sie können für Gläubige (und erstmals Heiratende) in Kirchen stattfinden; für andere können sie etwa durch private Zeremonienmeister in einem beliebigen Saal veranstaltet werden; und für nüchterne Zeitgenossen – die wissen, welch hoher Prozentsatz von Ehen durch die Katastrophe einer Scheidung enden – können sie einfach ausfallen.

Noch viel heikler ist aber die Frage der rechtlichen Konsequenzen einer Ehe. Diese sind prompt im Gesetzesentwurf der Justizministerin offen gelassen worden; andere Minister sollen nun Vorschläge machen.

Auch hier verhalten sich sowohl Kirche wie Liberale wie Wertkonservative strukturkonservativ – und kommen in Argumentationsnotstände. Denn es gibt in Wahrheit keinen einzigen Grund mehr, dass (hetero- wie homosexuelle) Ehen besondere Rechte, Förderungen, Ansprüche zu Lasten Dritter bekommen – solange sie keine Kinder haben.

Gewiss, historisch haben fast alle Ehen zu Kindern geführt. Daher war es auch kein Problem, gleich die Ehe an sich zu fördern. Heute ist das aber auch bei Heteros massiv anders. Warum gibt es dennoch heute noch auch für kinderlose Ehepartner Witwen/Witwer-Pensionen?

Das sind wohlgemerkt Pensionen, für die kein einziger Cent Beitrag mehr gezahlt worden ist als für Alleinstehende. Wenn sie bei der Scheidung gut beraten sind, können mehrfach verheiratete Männer nach ihrem Tod sogar mehreren (Ex-)Frauen eine saftige Witwenpension hinterlassen! Wieder unabhängig vom Vorhandensein von Kindern. Eine teure Absurdität, die es fast nur in Österreich gibt.

In Zeiten, wo praktisch alle Experten die Unfinanzierbarkeit künftiger Pensionsansprüche konstatieren, wird nun nicht über die dringend notwendige Einschränkung dieses Privilegs auf Eltern mit Kindern (gezeugten oder großgezogenen) debattiert, sondern über eine Ausweitung. Der offenbare Grund: eine unheilige Allianz zwischen Kirche, Feministinnen und Schwulen, denen keine ordnungspolitische Diskussion, keine Gesinnung der Sparsamkeit entgegentritt.

Unsere Gesellschaft ist immer so wahnsinnig großzügig mit der Verteilung von Rechten; und Politik wie viele Medien tun so, als ob die Welt immer besser würde, je mehr Rechte alle haben. Und vergessen dabei, dass sehr viele Rechte auf der anderen Seite Pflichten und Lasten für Dritte bedeuten.

Etwa auch für Vermieter, deren Rechte nun durch die Homo-Partner weiter eingeschränkt werden, ohne dass sie auch nur gefragt worden wären. Wie ist es denn anders zu werten als legalisierter Diebstahl, wenn der reiche 80-Jährige mit der tollen großen Jugendstil-Wohnung zum Billigzins eine 20-Jährige oder eben einen 20-Jährigen „heiratet“, die dann die günstige Wohnung „erben“?

Alle relevanten Rechte von Ehen gehen im Grund zu Lasten Dritter: zu Lasten jener, deren Pensionsbeiträge erhöht werden; jener, die nicht über ihr Haus verfügen können; und oft auch jener, deren Erbteil dadurch geschmälert wird. Werden den schwulen Paaren aber nun bei der gesetzgeberischen Detailarbeit all diese Rechte im Gegensatz zu kinderlosen Heterosexuellen genommen, dann schreien sie mit gewisser Berechtigung „Diskriminierung“.

Bitte um Mitteilung, falls irgendwo in diesem Land irgendwer - oder gar einer der zuständigen Minister - diese Fragen diskutiert.

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