Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Zahlreiche Umfragen und Beobachtungen bestätigen: Das Staatsmodell der republikanischen Demokratie ist in der Krise. Vom Trumpismus bis zum Sozialdemokratismus halten immer mehr populistische Gruppierungen Verantwortungslosigkeit und Gruppenegoismus für ein politisches Konzept. Immer wieder fallen Menschen vor Wahlen auf großsprecherische Versprechungen herein, die ihnen irgendeinen persönlichen Vorteil vorzaubern. Oder die es allen Ernstes für eine Lösung eines Problems ansehen, wenn sie per Gesetz festhalten, dass die übernächste Regierung ein aktuelles Problem lösen soll – wobei überdies vergessen wird, dass diese übernächste Regierung die Lösung genauso in einem Gesetz dann wieder ebenso einfach auf die überübernächste verschieben kann (bis halt zum Beispiel Österreich längst unter dem Pensionsproblem kollabiert ist …). Oder die es in einem unglaublichen dialektischen Zynismus als "demokratisch" bezeichnen, wenn sie gegnerische Parteien von demokratischen Wahlen ausschließen. Es lohnt sich daher nachzudenken, welche staatsrechtlichen Modelle es gibt, die besser funktionieren können – auch wenn dann vielleicht einige Linksextremisten, die sich als Verfassungsschützer ausgeben, dieses Nachdenken sofort als Rechtsextremismus anprangern …
Worüber genau könnte man da seriös nachdenken, damit das Staatsgetriebe besser funktioniert?
Dieses gibt es in zahlreichen Modellen:
Alle Systeme eines Mehrheitswahlrechts haben einen großen Vorteil: Sie führen meist viel eher zu regierungsfähigen Mehrheiten einer Partei und ersparen einem Land damit oft sehr unfruchtbare und auch teure Koalitionen, wo jede Partei primär ihre Anhänger bedient, wo Proporz und gegenseitige Blockaden häufig sind.
Der große Nachteil ist, dass kleinere Parteien dabei kaum eine Chance haben. Eine seltene Ausnahme von dieser Regel scheint derzeit allerdings die britische Reformpartei zu werden, welche die beiden alteingessenen Parteien bei den Umfragen überholt hat.
Dieses sorgt in allen Varianten (da gibt es mathematisch sehr viele Methoden, die aber zu ähnlichen Ergebnissen führen) für die gerechteste Verteilung der Parlamentssitze.
Unterschiedlich ist etwa die Aufteilung der Parlamentssitze auf die Wahlkreise: Werden sie gemäß der Einwohnerzahl verteilt (was kinderreiche Regionen bevorzugt) oder gemäß der Wählerzahl (was überalterte Regionen bevorzugt)?
Der große Nachteil: Das Verhältniswahlrecht führt fast immer zum Zwang zu mühsamen Koalitionen. Und es bedeutet noch lange nicht, dass die einzelnen Entscheidungen im Sinne der Wählermehrheit ausfallen. Denn auch hier sind wie beim Mehrheitswahlrecht die Wähler vier oder fünf Jahre lang de facto entmündigt, also in Wahrheit nur sehr beschränkt mitspracheberechtigt.
Diese gibt es sowohl in Verbindung mit dem Mehrheits-, wie auch Verhältniswahlrecht.
In vielen Ländern werden die Präsidenten direkt gewählt; in einigen wie Deutschland oder Italien nur indirekt durch gewählte Volksvertreter.
Davon unabhängig ist die Macht der Präsidenten: Diese können weitgehend unbedeutende Zeremonienmeister mit nur minimalen Rechten sein, wie in Österreich oder – noch machtloser – in Deutschland. Sie können aber auch mindestens gleich oder sogar mächtiger sein wie der türkische oder der US-Präsident.
Gar nicht so wenige Menschen glauben in kritischen Zeiten, dass ein starker Mann die Probleme lösen kann. Das hat sich historisch aber praktisch immer als absoluter Irrtum erwiesen. Ein starker Mann (samt der Clique rund um ihn), der sich wie die demokratischen Staatsoberhäupter meist Präsident nennt, hat sehr bald nach Machtergreifung praktisch immer nur noch ein oberstes Ziel: die Macht mit allen Mitteln zu behalten. Und je mehr er spürt, dass er die Bevölkerungsmehrheit nicht mehr hinter sich hat, umso mehr greift er zu repressiven Methoden, unterdrückt Meinungen und lässt Andersdenkende einsperren oder umbringen.
Man kann die Diktaturen unterteilen in:
Diese gibt es fast nur noch in rein repräsentativer Form, in der die Monarchen lediglich für Zeremonien gut sind.
Sobald Monarchen aber eine politische Bedeutung bekommen, etwa ein Vetorecht gegen Beschlüsse eines Parlaments haben oder autonom Recht setzen können, werden klare Vor- und Nachteile relevant:
Nachteile:
Vorteile:
Monarchien mit starken und relevanten Monarchen sind selten geworden. Dazu zählen etwa noch die Golf-Fürstentümer oder auch Liechtenstein.
Etlichen dieser Nachteile entgehen Wahlmonarchien. Aktuellstes Beispiel ist der Vatikan, der Heilige Stuhl. Durch das Konklave wählen Wahlmänner (also die Kardinäle) den dann lebenslang als staatliches wie kirchliches Oberhaupt regierenden Papst. Dieser ist im Grund ein absoluter Monarch, dessen Herrschaft bis zu seinem Tod durch kein anderes Gremium limitiert wird. Alle bisherigen Versuche, die Kirche zu demokratisieren (durch Konzile, Synoden aller Art, Bischofskonferenzen), sind Stückwerk geblieben und haben nichts am Recht des Papstes auf Letztentscheidung geändert. Das einzige, was kein Papst im Gegensatz zu Königen oder Diktatoren kann: über seinen Nachfolger entscheiden.
Auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war formal ein Wahlkönigtum; in diesem ist es (insbesondere den Habsburgern) vielen Kaisern beziehungsweise Königen gelungen, die posthume Entscheidung über den Nachfolger durch Vereinbarungen oder durch Bestechungen zu steuern.
Manche Leser werden überrascht sein, an den Ostrazismus als Form demokratischer Entscheidung erinnert zu werden. Hier wählen die Stimmbürger nicht, wer im Parlament oder in der Regierung sitzt, sondern sie wählen umgekehrt einen Politiker ab. Das gab es etwa im alten Athen, das immerhin als Geburtsstätte der Demokratie gilt. Da wurden bei Volksabstimmungen (aller freien Männer mit Bürgerrecht) einzelnen missliebigen oder gefährlichen Bürgern auf zehn Jahre durch Eingravieren des Namens auf einen Tonscherben das Bürgerrecht aberkannt.
Ähnliches gibt es heute nur in kleineren Gruppen, etwa einer Schulklasse, wo einzelne Mitschüler auf oft brutale Weise von den anderen gemobbt und gleichsam aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Es ist recht schwer, sich eine sinnvolle Wiedereinführung dieses Ostrazismus in die politische Gegenwart vorzustellen. Man denke nur daran, dass da Massenmedien gegen einen bestimmten Politiker ad personam zu hetzen beginnen können.
Trotzdem hätte so ein Scherbengericht den Vorteil, wirklich(!) extreme Entwicklungen besser stoppen zu können.
Dieses Modell ist zwar in keiner Verfassung vorgesehen. Aber es ist auf stillem Weg bisweilen sehr dominant geworden. In den Vereinigten Staaten (Abtreibung!) wie in der EU (Migration!) werden die wichtigsten Fragen seit längerem von Höchstrichtern entschieden, die freihändig und ohne Rücksicht auf demokratische Willensbildung ganz zentrale Fragen anders, als sie im Gesetz stehen, geregelt haben.
Eine besonders abstoßende Abart des Richterstaates ist der Geheimdienststaat, zu dem sich Deutschland auf Grund der bedenklichen Aktionen des Verfassungsschutzes gegen die AfD entwickelt hat. Die Hetze gegen die größte Oppositionspartei grenzt an totalitäre Systeme. Denn damit beansprucht der Geheimdienst, über der Demokratie zu stehen.
Sehr gut vorstellbar ist hingegen die direkte Demokratie. Für diese gibt es immerhin ein fast perfektes Exempel, nämlich die Schweiz. Auch in vielen anderen Staaten gibt es zumindest manchmal Referendumsentscheidungen (so in Österreich etwa bei einer Gesamtänderung der Verfassung, wie es der EU-Beitritt gewesen ist) oder unverbindliche Volksbefragungen, die dann aber dennoch große Wirkungsmacht haben (wie etwa in Österreich das Referendum über den Präsenzdienst). In Kombination mit einem repräsentativ gewählten Parlament und einer fast stets unveränderten Proporzregierung aller größeren Parteien funktioniert die Schweizer Referendumsdemokratie ziemlich perfekt: Dort kann auf jeder Verwaltungsebene (Bund, Kanton, Gemeinde) über jede Gesetzesfrage, die sonst halt von den gewählten Parlamentariern entschieden wird, mit einer bestimmten Unterschriftenanzahl ein verbindliches Referendum erzwungen werden. Bei manchen Verträgen ist ein solches Referendum sogar Pflicht.
Auch wenn man manche Schweizer Entscheidungen kritisieren mag, so muss man große Vorteile anerkennen, auch wenn die anderswo machthabende Elite wild dagegen polemisiert:
Als Nachteil, den es aber auch bei repräsentativdemokratischen Modellen gibt, kann man das Problem des Minderheiten- und Individualschutzes erkennen. Dafür braucht es zweifellos unabhängige Gerichte, die die Schutzaufgabe aber eben nicht mit Rechtssetzungskompetenz verwechseln. Letztlich braucht es wohl auch ein Sezessionsrecht.
Auch wenn das Schweizer Modell am interessantesten klingt, so bleibt doch festzuhalten, dass jedes Verfassungsmodell von der inneren Zustimmung der Bevölkerung zum Staat, seinen Entscheidungsmechanismen und dem Inhalt dieser Entscheidungen abhängig ist. Ebenso wichtig ist daher das gleichzeitige Selbstbestimmungsrecht auch "nur" für Regionen, damit überall die Menschen dem erwünschten Staat zugehören. Demokratie ohne Selbstbestimmungsrecht ist ein Widerspruch in sich selbst.
Jedenfalls sollten wir angesichts des wachsenden Demokratiefrustes und erkennbarer Fehlentwicklungen wirklich offen nachzudenken und zu diskutieren wagen.