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Karl Nehammer, das russische und das österreichische Fernsehen

Erstmals hat man H.C. Strache und seinen einstigen Ibiza-Kompagnon Gudenus in einem langen Fernsehinterview wieder hören und sehen können. Aber natürlich nicht im ORF, obwohl dieser als einziges Medium gesetzlich zu Objektivität und Ausgewogenheit verpflichtet wäre. Dort beging man lieber einen skurrilen Schwulen- und Trans-Feiertag. Neuerdings scheint es sogar im russischen Staatsfernsehen pluralistischer und interessanter zuzugehen, wie ein erstaunlicher Vorfall zeigt. Erstaunliche Beobachtungen muss man aber auch neuerlich zu Karl Nehammer machen – und noch erstaunlicher ist, dass der ORF seinen genetischen Hass auf die ÖVP bei Nehammer plötzlich völlig ausblendet. Selbst wenn er neuerlich Unsinn redet.

Im russischen Staatsfernsehen hat ein ehemaliger Generalstabsoffizier in einer (direkt gesendeten) Talk-Show ungewöhnlichen Klartext zum Verlauf des Ukraine-Krieges gesprochen: dass die Motivation der Ukrainer hoch sei, für ihr Land zu kämpfen; dass deren Armee keineswegs vor dem Zerfall stünde; dass die ukrainische Bevölkerung die russische "Operation" keineswegs als Befreiung empfände; dass Russland in eine "völlige geopolitische Isolation" geraten sei; dass Moskau einen Ausweg aus der Lage finden müsse. Solche Aussagen waren im russischen Fernsehen bisher totales Tabu.

Gewiss: Dieser Auftritt war wohl nicht so geplant, wie man am Entsetzen der Moderatorin ablesen konnte. Aber immerhin wurde die Übertragung der Diskussion nicht – durch eine der einst üblichen "technischen Pannen" – abgebrochen. Offenbar hat da bei der Einladung der Gäste zu dieser Show jemand nicht aufgepasst und ungeprüft angenommen, ein ehemaliger russischer Spitzenoffizier müsse ganz automatisch auf der Linie der Staatspropaganda liegen ...

So etwas kann im ORF nicht passieren. Da wird viel besser gesiebt, damit unabhängig von allen gesetzlichen Objektivitäts- und Ausgewogenheitspflichten immer nur die ORF-richtigen Auffassungen ins Bild und in Ton kommen – oder es wird - wie zuletzt die ohnedies hilflose ÖVP-Generalsekretärin - eine für den ORF total falsche Position einer erdrückenden feindlichen Übermacht gegenübergesetzt.

Jedenfalls habe ich in den letzten zwei Jahren im Gebührenfernsehen nie einen Auftritt eines Wissenschaftlers aus dem Lager der Impf- oder Corona-Maßnahmen-Gegner erlebt (wobei ich mir natürlich nur einen Teil der ORF-Sendungen antue). Diese Corona-Gegner hat man nur bei Servus-TV sehen können. Um nicht missverstanden zu werden: Kein einziger dieser Querdenker hat mich irgendwie überzeugen können. Aber selbstverständlich hätte ein die Ausgewogenheits- und Objektivitäts-Pflichten ernstnehmender Sender auch solche Stimmen ordentlich wiedergeben müssen, die von einer nicht ganz unbedeutenden Minderheit als bedeutend angesehen werden. 

Überdies gibt es jenseits der vom ORF seit langem ignorierten Gesetzespflichten eine moralische Verpflichtung, auch die Impfgegner vorkommen zu lassen – allein schon angesichts der Tatsache, dass ja auch diese die Zwangsgebühren zahlen müssen.

Letztlich lebt jedes Medium nur vom Vertrauen der Leser/Seher/Hörer. Wird dieses verspielt, dann geht es mit dem Medium unweigerlich bergab. Genau das passiert beim ORF seit Jahr und Tag. Woran die Tatsache nichts ändert, dass sich die Politik noch eine Zeitlang zwingen lassen wird, dem ORF weiterhin Zwangsgebühren zukommen zu lassen.

Ein anderes, noch viel krasseres Beispiel dafür, wie der ORF das Vertrauen der Seher und Hörer verspielt, ist der gesamte Komplex der illegalen Migration und deren katastrophale Folgen. In diesem Bereich wird sogar die Meinung einer klaren Bevölkerungsmehrheit wegzensuriert.

Stundenlang könnte man die Liste des einseitigen Meinungsterrors fortsetzen. Siehe etwa die Dauerattacken auf Ungarn; siehe die einseitige Homosexuellen- und Transpropaganda, während die klassische Familie nur verspottet wird; siehe das Verbot jeder Infragestellung der Klimapanikmacher. Was im grünen Parteiprogramm steht, ist für den ORF einfach Gesetz. Statt dem, was im Bundesgesetzblatt steht.

Natürlich zählen auch die FPÖ und deren Ex-Chef Strache zu den absoluten Tabuthemen des ORF, über die nichts außer Negatives berichtet wird. Mir persönlich sind zwar sowohl die Corona- wie auch die Russland-Linie der FPÖ der letzten Monate und Jahre zutiefst unverständlich und geradezu zuwider. Aber als parlamentarische Partei hätten die Freiheitlichen im Staatsfernsehen absoluten Anspruch auf faire Behandlung. Was es in Servus unverständlich viel an FPÖ-Auftritten gibt, gibt es im ORF unverständlich wenig. Ganz abgesehen davon, dass Rot, Grün und Pink fast immer positiv vorkommen, Schwarz und Blau fast nie.

Die schlichten Menschen vom Küniglberg begreifen in ihrem linken Gleichschritt einfach nicht: Die Bürger erkennen die ständigen Einseitigkeiten und Untergriffe sehr genau. Sie verlieren daher täglich immer noch mehr an Vertrauen in das Gebührenfernsehen. Das führt bei manchen sogar dazu, dass sie den im ORF verpönten Sichtweisen dann deshalb besondere Glaubwürdigkeit zumessen, wenn sie im Internet auf sie stoßen.

Die Lücke im Fall Strache hat diesmal nicht Servus, sondern Puls4 gesehen und in einen journalistischen Volltreffer verwandelt.

Es kann ja gar keine Frage sein, dass auch heute noch die Sichtweisen des ehemaligen Vizekanzlers interessant sind. War doch sein Sturz ein dramatischer und folgenreicher Donnerschlag der österreichischen Zeitgeschichte.

Anzuerkennen, dass Straches Sichtweisen hochinteressant sind, heißt ganz und gar nicht, dass man sie teilen muss. Aber ein objektiver Sender sollte sie seinen zahlenden Kunden sachlich vermitteln. immerhin sind seine einstigen Äußerungen zu Ibiza – so verachtenswert sie zum Teil waren – strafrechtlich irrelevant geblieben. Immerhin war der Lauschangriff auf ihn mindestens so widerlich und demokratiegefährdend wie der Inhalt seines alkoholschweren Herumredens, aus dem Korruptionsbereitschaft hervorging. Und immerhin hat der ORF die manipulativ von deutschen "Investigativjournalisten" (das ist die euphemistische Bezeichnung für linke Kampfjournalisten) zusammengeschnittenen Szenen des Lauschangriffs geschätzte hundert Mal gesendet – und nie auch nur einen Hauch an Kritik am Lauschangriff zugelassen.

Interessanterweise gehört der neue ÖVP-Parteichef für den ORF ganz zu den Guten. Das hat es noch nie gegeben bei einer der bürgerlichen Parteien. Karl Nehammer wird jede kritische Befassung mit seinen sich häufenden unglücklichen Aussagen erspart. Von denen es zuletzt schon wieder zwei neue gegeben hat.

Das eine war die mehr als seltsame Begrüßung für den ÖVP-Parteitag: "So viele in so einem kleinen Raum heißt auch: so viele Viren! Aber jetzt kümmert es uns nicht mehr! Schön, dass ihr da seid." Mit diesem grob fahrlässigen Satz, den er auch bis heute nicht zu relativieren versucht hat, hat Nehammer die gesamte Corona-Politik der letzten zwei Jahre zertrümmert. Er hat nicht etwa gesagt: "Weil rund 70 bis 80 Prozent der Österreicher durch Impfung oder Genesung vor schwereren Verläufen geschützt sind, können wir wieder feiern". Seine Formulierung kam bei den Menschen vielmehr eindeutig so an: Als Teilnehmer eines Parteitages braucht man sich um das nicht mehr zu kümmern, womit noch immer jeder Bahn- und U-Bahn-Fahrgast, jeder Kunde in einem Supermarkt oder einer Apotheke gequält wird.

Darüber nicht zu berichten (zumindest so weit ich den ORF beobachtet habe), bedeutet einen merkwürdigen Kontrast zu der hasserfüllten Berichterstattung, mit der im ORF frühere ÖVP-Obmänner von Wolfgang Schüssel bis Sebastian Kurz ständig auf Schritt und Tritt "begleitet" wurden und werden. Je erfolgreicher die waren, umso heftiger die Untergriffe.

Das gilt auch für den provozierenden Widerspruch zwischen zwei anderen Aussagen Nehammers: Auf der einen Seite tadelt er die EU-Kommission wegen ihrer Ankündigung eines Ölembargos gegen Russland. Die Kommission solle über Ergebnisse erst dann reden, wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind.

Jedoch, was tut Nehammer selbst gleichzeitig? Er verkündet, für Österreich stelle sich die Frage nach einem Überdenken der Neutralität nicht. Dabei wird spätestens seit dem Nato-Beitrittsantrag der Nordländer vom Boden- bis zum Neusiedlersee genau über diese Frage debattiert. Nehammer dekretiert jedoch ein Ende der Debatte, bevor das Nachdenken überhaupt erst richtig stattfinden hat dürfen. "Österreich war neutral, ist neutral und bleibt neutral." So einfach ist die Welt für den Karl Nehammer.

Bringt man seine zwei zitierten Aussagen zusammen, heißt das: Die EU-Kommission soll zuerst verhandeln, zuerst denken, dann reden. Nehammer braucht das alles nicht. Er und seine Verteidigungsministerin können eine Absurdität nach der anderen behaupten, ohne vorher zu denken oder sich zu beraten. Etwa, dass Schweden eine gemeinsame Grenze mit Russland hätte; etwa dass Schweden und Finnland bisher nicht neutral gewesen wären; etwa, dass es eine "europäische Sicherheitsarchitektur" gäbe, weshalb Österreich der Nato nicht beitreten müsse (das haben nur die dummen Schweden und Finnen ganz offensichtlich nicht gewusst, sonst hätten sie sich den Entschluss, die Neutralität aufzugeben, ja sparen können).

Ehrlich wäre es, anstelle dieser Schwachsinnigkeiten zu sagen: "Da die Kronenzeitung für die Neutralität ist, da wir den Demagogen von Blau und Rot keinen Wahlkampfschlager geben wollen, wagen wir es aus Feigheit und Opportunismus nicht, den Österreichern die Wahrheit zu sagen. Diese lautet erstens, dass wir uns einzig und allein darauf verlassen, dass uns die Nato schützt, ohne dass wir etwas zu ihr beitragen. Und zweitens, dass es so etwas wie eine europäische Sicherheitsarchitektur gar nicht gibt, denn 90 Prozent der gesamten europäischen militärischen Kapazität spielt sich in der Nato ab. Und keine einzige Regierung Europas denkt daran, diese Kapazitäten von der Nato in eine EU-Struktur zu übertragen."

PS: Die ÖVP sollte sich nicht in die Hoffnung wiegen, dass ihr dauerhaft Gerechtigkeit durch den ORF widerfahren würde. Das zeigt ein Beispiel vom gleichen Tag. Eine offizielle Kommission hat soeben festgestellt, dass die Studien, die das ehemalige Meinungsforschungsinstitut der Ex-Ministerin Karmasin für das Sportministerium gemacht hat, in Ordnung gewesen seien. Der ORF verschweigt einerseits nicht nur diesen Kommissionsbericht, redet aber gleichzeitig sehr wohl neuerlich von "zweifelhaften Studien". Mit solchem Framing macht man halt weiter die richtige Stimmung, also "Kampf gegen rechts". Von diesem Kampf ist derzeit interessanterweise, zumindest kurzfristig, Nehammer ausgeschlossen. Vermutlich wollen sie halt wieder weiteres Geld …

PPS: Natürlich – aber das ist ja nichts Neues – gibt es auch keine kritische ORF-Befassung mit der SPÖ-Vorsitzenden. Diese schwingt nicht nur die gleichen lachhaften Neutralitätsphrasen wie Nehammer und Kickl. Sie behauptet sogar: Diplomatie wäre "alternativlos". Die Pippi Langstrumpf hat nur vergessen, diese Zauberlösung dem ukrainischen Präsidenten mitzuteilen. Dann bräuchten nicht Zehntausende Ukrainer in einem verzweifelten Abwehrkrieg zu sterben. Er bräuchte nur ein paar Diplomaten (und die Frage an die Russen, ob sie das halbe oder das ganze Land wollen ...).

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