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Sanktionen wirken doch

Sanktionen schaden allen Beteiligten, sind sinnlos, bewirken das Gegenteil: Da ist man sich in Wirtschaftskreisen einig – und täuscht sich.

Denn Sanktionen wirken sehr wohl, wie auch immer man ihr politisches oder humanitäres Ziel bewertet. Vor allem, wenn sie langfristig sind. Und vor allem – wenn die USA sie tragen. Ganz eindeutig sind die USA noch immer weltwirtschaftlich so dominierend, dass es sehr schmerzhaft ist, wenn man sie sich zum Feind macht. Denn:

  • Die USA sind das weitaus wichtigste Importland für Industrieprodukte.
  • Für jede Bank ist es eine Katastrophe, wenn sie in den USA nicht mehr aktiv werden darf.
  • In der Welt der Elektronik und des Internets geht ohne amerikanische Firmen und Knowhow überhaupt nichts.

Das alles hat sich jetzt eindringlich bestätigt. So ziehen sich viele europäische Banken heimlich wieder aus dem Iran zurück, seit die USA neuerlich Sanktionen verhängt haben. So haben sich die Garantien der EU-Kommission für eine ungehinderte Fortsetzung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Iran als leeres Gerede entpuppt.

So haben auf der anderen Seite auch die Machthaber in Iran ihre anfänglich sehr scharfen Worte gegen die neuen US-Sanktionen deutlich abgemildert. Und es ist absolut kein Zufall, dass der iranische Präsident ausgerechnet jetzt zum ersten Mal von einem Rückzug der iranischen Truppen aus Syrien gesprochen hat. Dafür bestünde "keine Notwendigkeit" mehr. Aber genau dieses Vorrücken iranischer Truppen in Syrien war ja von Israel als äußerst bedrohlich empfunden worden, es hat auch schon zu direkten militärischen Auseinandersetzungen geführt, und es war von Israel und Trump sogar als Hauptbeweis genannt worden, warum der Vertrag mit Iran unbrauchbar sei.

Es wäre freilich zu früh, zu hoffen, dass Iran nun bald wieder in den Kreis der erlaubten Partner zurückkehren kann (was dann übrigens auch die gegenwärtige durch den Kollaps des sozialistischen Regimes in Venezuela verursachte Ölknappheit wieder beenden würde). Aber wir sehen jedenfalls eindeutige Beweise, dass Sanktionen wirken.

Noch viel wirkungsvoller sind sie im Fall Nordkorea. Einerseits hat ihre Verschärfung in den letzten Monaten Nordkorea selbst hart getroffen. Aber noch viel wichtiger ist die bloße Androhung der USA, auch gegen China vorzugehen. Verzeichnet doch Chinas Wirtschaft derzeit die geringsten Wachstumsraten seit 1996. Da wären US-Sanktionen – die in diesem Fall halt nicht Sanktionen, sondern Handelskrieg heißen – eine absolute Katastrophe für China. Dieser will Peking zuvorkommen, weshalb es Nordkorea zum Einlenken gezwungen hat. Denn Nordkorea ist wieder von China total abhängig.

Gegen Russland dürften die Sanktionen hingegen nicht gefruchtet zu haben. Auch das ist nicht so eindeutig, wie es scheint. Zwar haben die Russen in der Ukraine keinen Rückzug gemacht. Aber der 2015 offensichtlich schon geplante weitere Vorstoß (Richtung Odessa, Charkiw und Mariupol) hat eindeutig nicht mehr stattgefunden.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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