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Argentinien, Griechenland, Österreich

In Österreich kursieren die kreativsten juristischen Konstruktionen. Sie alle haben das Ziel: Kärnten, Österreich die Einlösung der Garantien zu ersparen, mit denen Kärnten für Anleihen der einstigen Hypo Alpe Adria haftet.

Als kleiner Jurist ist man beeindruckt von den tollen Gedankenspielen. Sie sind wohl nicht aussichtslos, auch wenn sie jedenfalls jahrelange Gerichtsprozesse auslösen werden. Zugleich entsprechen sie den Wünschen der Politiker- und der Volkesseele: Der arme kleine Steuerzahler soll nicht weiter für die dicken Geldsäcke bluten, die da einst Anleihen der Hypo gekauft haben! Nun handelt auch der Finanzminister dementsprechend; und findet Opposition und Medien an seiner Seite.

Maximal wird tadelnd angemerkt, dass Jörg Haider und seine rotschwarzen Helferlein halt schon ziemliche Schlitzohren waren, als sie mit diesen (nun angeblich: Schein-)Garantien der Finanzwelt billiges Geld entlockt haben.

Das Wichtigste in der Wirtschaftswelt übersehen aber offenbar alle: das ist das künftige Vertrauen, die Handschlagqualität. Griechenland und Argentinien haben in den letzten Jahren dieses Vertrauen total verspielt (von jenen Ländern gar nicht zu reden, die nie ein solches hatten). Und jetzt auch Österreich. Vor allem die Vertrauens(=Kredit)würdigkeit der Bundesländer ist massiv beschädigt. Dies gilt auch für viele europäische Provinzen – sofern nicht ihr Staat ausdrücklich per Gesetz die Haftung für sie übernimmt.

So tragisch es ist: Für Österreich ist langfristig der Schaden durch die jetzigen Tricks vermutlich noch viel größer, als wenn es zähneknirschend die Haftungen Kärntens eingelöst hätte. Siehe allein die Hypos der diversen Bundesländer. Sie müssen in den nächsten 30 Monaten 18 Milliarden an ablaufenden Schulden refinanzieren! Zusätzlich zu den Problemen der gemeinsamen Pfandbriefstelle. Die letzten Tage zeigen aber schon eine dramatische Kapitalflucht aus solchen Hypo-Papieren heraus: Die Verzinsung ist von unter einem Prozent auf über acht gestiegen!

Selbst wenn die Zinsen für künftige Hypo-Anleihen nach der ersten Panik nur um zwei Prozentpunkte höher liegen sollten als bisher, würde das zusätzliche Zinskosten von 360 Millionen jährlich bedeuten. Das kann das Bank-Eigenkapital aber keinesfalls drei Jahre lang tragen. Das heißt: Die Bundesländer müssten bald gewaltig Kapital nachschießen. Oder ihre Haftung würde wie die Kärntens eingeklagt.

Und das ist erst der Anfang. Wenn der österreichische Trick durchgeht, gerät der europäische Anleihenmarkt gewaltig ins Schleudern. Dabei geht es um 1,3 Billionen, für die explizit oder implizit öffentliche Haftungen bestehen. Von den Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit der Banken gar nicht zu reden.

Unglaublich viel gerät in Sturzgefahr, wenn auch nur ein einziges Bundesland seine Haftungen nicht einlöst. Bis wir dann zur finalen Frage kommen: Was ist die Haftung eines Staates selbst noch wert?

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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