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Was das Bures-Avancement wirklich bedeutet

Doris Bures wird also nun Nationalratspräsidentin (auch wenn die Meldung noch nicht offiziell ist). Das lässt einige mehr als interessante Beobachtungen zu.

Erstens: Der eine Zeitlang kolportierte Wechsel der Unterrichts- und Frauenministerin an die Parlamentsspitze wäre eine Strafaktion gewesen; jener der Infrastruktur-Ministerin dorthin gilt hingegen als Aufstieg. Das macht die Wertigkeit der einzelnen Ministerien in der SPÖ deutlich.
Nach den Aktivitäten der Frau Heinisch-Hosek sollte man übrigens die oben stehende Reihenfolge der Aufgabenverteilung in ihrem Ministerium umkehren. Sie war als Frauen-Ministerin sicher, als Bildungs-Ministerin ist sie extrem unsicher. Allerdings muss man ihr zugute halten, dass sie im Vergleich zu ihrer Vorgängerin deutlich vorsichtiger geworden ist, dass sie etwa zuletzt die linken Vorstöße nach einem Ende der letzten Sonderschulen gebremst hat.

Zweitens: Es musste jedenfalls eine Frau sein, die Barbara Prammer nachfolgt. In der SPÖ und bei vielen Medien ist seit einigen Jahren nur noch der Geschlechterproporz wichtig. Der Länder- und Berufsproporz sind hingegen völlig unwichtig. Die Eignung für ein Amt erst recht.

Drittens: Bures geht genau in dem Zeitpunkt aus ihrem Ministerium ab, da  jener Mann gestorben ist, der im Sinne der Partei bei Bundesbahn, Autobahn und in der Bauindustrie in den verschiedensten Funktionen die Zügel in der Hand gehalten hat – also bei allen geldeswerten Themen. Sie verlässt ihr Haus interessanterweise dann, wo sie erstmals selbst zeigen hätte müssen, dass sie auch selber so geschickt agieren kann wie Horst Pöchhacker. Das war der SPÖ offenbar zu riskant. Nach Pöchhacker wird die SPÖ freilich niemanden finden, der alles so gut erledigen kann. Zwar hätte der Verstorbene etliche Korruptionsanklagen vor sich gehabt. Er hat auch in der Inseratencausa Faymann-Ostermayer eine mehr als zwielichtige Rolle gespielt. Aber er war nie auch nur annähernd so dumm wie seine Salzburger Parteifreunde, die die berufliche Bevorzugung von Sozialisten auf allen Ebenen schriftlich festgehalten haben. Freilich war es in seinem Imperium immer völlig klar, welches Parteibuch angesagt war.

Viertens: Das Ende Barbara Prammers war tragisch. Ihr größter (und im Wesentlichen auch einziger) Erfolg war der Konsens aller Parteien über die Renovierung des Parlaments. Nicht gegen Prammer als viel mehr gegen sämtliche Parteien spricht, dass der jahrelange Widerstand gegen die Renovierung ausgerechnet dann verschwunden ist, als entschieden war, wohin die Abgeordneten während der Renovierung müssen. Sie müssen nicht in die wenig attraktive Spittelau übersiedeln (die ehemalige WU steht nun weiterhin leer), sondern in die noble, aber eigentlich gut genutzte Hofburg. Als das klar war, gab es von allen grünes Licht. Was für ein Zufall.

Fünftens: Kein Gesundheitsminister kann viel bewegen. Landeshauptleute und Sozialpartner sitzen an allen relevanten Stellhebeln des Gesundheitswesens. Der Minister ist nur da, um schuld zu sein. Dafür und im Vergleich zu Dutzenden seiner Vorgänger hat sich Herr Stöger relativ gut gehalten, selbst wenn er nicht reden kann. Daher (und um die nach dem Tod Prammers frustrierten Oberösterreicher zu beruhigen) bekam er jetzt ein etwas bedeutenderes Amt. Ob er seine neue Aufgabe im Infrastrukturministerium ebenfalls ohne Schrammen und mit dem nötigen Geldfluss meistern wird? Auch ohne einen Horst Pöchhaker im Hintergrund? Das wird an all diesen (kolportierten) Revirements wohl am spannendsten.

Sechstens: Wohl nur zur Beruhigung des Gewerkschaftsbundes ist der Aufstieg der Sabine Oberhauser zur neuen Gesundheitsministerin zu verstehen. Aber im Herbst steht Herr Faymann zur SPÖ-Wahl an. Da ist sein Los total mit der Richtung des Daumens der Gewerkschaft verbunden. Durch den Aufstieg einer ÖGB-lerin scheint seine Wiederwahl halbwegs gesichert. Ob Frau Oberhauser hingegen mit der Ärzten kann, ob sie vom Gesundheitswesen eine Ahnung hat, ist für die SPÖ völlig wurscht.

Siebentens: Prammer war der unausgesprochene Vorschlag der SPÖ als nächster Bundespräsident. Jetzt fällt die Partei auf den großväterlich beruhigenden Herrn Hundstorfer trotz seines Nichstuns bei allen gerade in seinem Ressort besonders dringenden Reformen zurück (Man denke nur an das Pensionsalter). Oder schafft nun Frau Bures diese Kandidatur? Diese Variante würde sehr an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn sie sich jetzt im Nationalrat beweist. Dazu muss die Wienerin aber vor allem ihren sehr rauhen Ton ablegen und staatsmännisch zu sein versuchen.

PS: Die Entscheidung der SPÖ kann theoretisch auch noch anders ausfallen. Aber da die Kronen-Zeitung Tag und Nacht am Schoß des (nicht sehr großen) Vorsitzenden sitzt, würde mich jetzt jedes andere Ergebnis sehr wundern.

 

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