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Kurz lernt sein Amt

Der Außenminister hat klare Worte an den türkischen Regierungschef formuliert. Gratulation.

Nachdem Sebastian Kurz in seinen Anfangsmonaten einige Male arg daneben gegriffen hat (in Sachen Berater ebenso wie in Sachen Ukraine) ist es jetzt jedenfalls gerecht und richtig, ihn zu loben für seine klaren Worte in Sachen Erdogan. Der Außenminister warnt den türkischen Regierungschef mit sehr klaren – und nach Erdogans argem Auftritt in Köln auch notwendigen – Worten vor neuerlichen Exzessen in Wien.

Wer Rauhbein Erdogan kennt, muss dem jungen Minister zu seinem Mut doppelt gratulieren. Wenn er Erdogan warnt, das Klima zu vergiften. Wenn er Erdogan auffordert, nicht die österreichische Gesellschaft zu spalten. Wenn er Erdogan rät, hier nicht die falsche Rede zu halten, die letztlich nur den türkischen Einwohnern schadet.

Die Kurz-Worte sind damit unausgesprochen auch eine Warnung an die hier lebenden Türken. Wer sich als Türke in Österreich integrieren will, der sollte nicht vom türkischen Premier scharf gemacht werden, sondern sich hier eben wirklich integrieren. So wenig jemand seinen Geburtsort und den Stolz auf diesen vergessen braucht und sollte, aber Türken, die auf Dauer in Österreich leben, müssen sich hier integrieren, müssen dieses Land zu ihrer ersten Heimat machen (und dazu gehört etwas mehr, als die SPÖ zu wählen). So wie ja auch Hunderttausende Österreicher, die des Jobs wegen einst nach Australien, Kanada oder die USA emigriert sind, binnen weniger Jahre stolze Australier usw. wurden. Ohne die Freude an Dirndl und Schweinsbraten zu verlieren.

Man wird in nächster Zeit aber auch sehr genau Michael Häupl zuhören müssen: Sieht der Wiener Bürgermeister wieder nur Wählerstimmen, oder erwähnt er endlich auch Pflichten eines Neoösterreichers? Die man eben auch deutlich artikulieren muss.

Die Schlüsselfrage ist aber an den türkischen Premier selber zu richten. Begreift Erdogan: Wer das Türkentum über die anderen Völker stellt, der ist kein Nationalist, sondern ein übler Chauvinist. Ob er nun dafür Unterstützung bei manchen bekommt oder nicht. Macht Erdogan auch in Wien auf Paranoia? Gießt er anstachelnd neuerlich Öl ins Feuer – oder beruhigend auf die Wogen?

PS: Man sollte Herrn Erdogan aber auch noch zu einem anderen, sehr aktuellen Thema fragen: Kennt er ein anderes Land außer seinem eigenen, über das der Nachschub zu den sunnitischen Fundamentalisten läuft, die den halben Irak bedrohen? Auch wenn diese Fundamentalisten ein türkisches Konsulat in Mossul besetzt haben - sich also anscheinend auch gegen die Türkei wenden -, so ist doch die Türkei jenes sunnitische Land, über das die Fundamentalisten einen Gutteil ihrer Waffen bekommen. Erst mit deren Hilfe konnten sie ja dann ihre Raubzüge beginnen. Und die Türkei ist jenes Land, das am heftigsten gegen Syriens Regierung kämpft. Weder die Saudis noch die Scheichs aus Katar, die offensichtlichen Financiers der Radikalen, sind nämlich in der Nähe des jetzigen Kampfgebiets. Es sind übrigens auch jene aus Österreich gekommenen jungen Menschen über die Türkei angereist, die dem Fundamentalismus helfen.

PPS: Und noch eine Frage an Erdogan: Warum finanziert die türkische Regierung eigentlich Moscheen in Österreich? Wird dort wirklich Integration gepredigt oder Scharfmacherei? Glauben Rotgrün - um aber auch noch die heimische Politik anzusprechen - wirklich, dass sie den Nationalismus und Fundamentalismus nutzen können? Haben sie nie Sorgen, dass sie den türkischen Gruppierungen in Europa wie einst Goethes Zauberlehrling gegenüberstehen?

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