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Die Krise der Sozialdemokratie

Die Sozialdemokraten können einem fast leid tun: Richten sie sich nach den wirtschaftlichen Zwängen, verlieren sie die Wahlen. Richten Sie sich nach links aus, richten sie das Land zugrunde. In der SPÖ setzt sich offensichtlich die zweite Richtung durch. Obwohl interessante Besuche in Wien wie auch der Blick in ausländische Zeitungen die Konsequenzen klarmachen müssten.

Griechenland will, nein muss das Pensionsalter um zwei Jahre hinaufsetzen, alle öffentlichen Gehälter werden eingefroren, Beihilfen gekürzt. Auch die ebenfalls sozialdemokratische Regierung in Portugal hat schon ähnliche Beschlüsse getroffen, die heute schmerzen, die einige Jahre davor nur halb so arg hätten sein müssen. Aber bisher glaubte man, mit den üblichen Schmähs davonzukommen (Wie: Schulden sind besser als Arbeitslose). Krisen aber sind die Stunden der Wahrheit. Auch für jene Banken, die solchen Ländern Kredite gegeben haben.

Dennoch weiß niemand, ob die griechischen und portugiesischen Maßnahmen auch nur annähernd ausreichen werden, damit wieder irgendjemand bereit ist, diesen Ländern Kredit zu erschwinglichen Konditionen einzuräumen. Die spanische Regierung – also jene im weitaus größten der derzeitigen Krankheitsländer des  Euro-Raums – träumt hingegen noch ihre linken Träume. Obwohl dort die Arbeitslosigkeit am höchsten in der ganzen EU ist und das Platzen der hausgemachten (nicht etwa von Amerika ausgelösten!) Immobilienblase am lautesten  war.

Und was tut Österreich, damit es nicht in die gleiche Lage wie die Katastrophenländer am Ufer des Mittelmeers gerät? Hier hat der Sozialminister die unglaubliche Kühnheit, den Vorschlag zu machen, die Hacklerpension – die von Anfang an ein schwerer Fehler war – dauerhaft auf das 62. Lebensjahr (und bei Frauen auf das 57.) einzementieren zu wollen. Rudolf Hundstorfer wagt das auch noch als Reform zu verkaufen, weil dieses Privileg ja derzeit sogar schon ab 60/55 in Anspruch genommen werden darf (wenn man 45/40 Beitragsjahre gearbeitet, sich krank gemeldet oder nachgekauft hat).

Seit ihrer Einführung hat sich aber herausgestellt, dass die Hacklerpension fast zum Normalfall des Pensionsantritts wurde – vor allem für Beamte (42 Prozent von ihnen gehen als „Hackler“ in Pension!), Angestellte und Bauern, während lediglich die Arbeiter die diesbezüglichen Bedingungen nur sehr selten schaffen. Sie durften nur den Namen für die „Hackler“-Regelung hergeben . . .

Hundstorfer deutet zwar an, dass es künftig für die Pseudo-Hackler auch Abschläge geben könnte, aber die sollten definitiv viel niedriger sein als bei den sonstigen Frühpensionisten (=„Korridorpensionisten“). Und auch die Anhebung auf 62/57 will er natürlich nur in Schritten vornehmen.

Kein Wort aber davon, dass eigentlich längst das Regelpensionsalter hinaufgesetzt gehört, dass das noch auf Jahrzehnte niedrigere Frauenpensionsalter zumindest für Nicht-Mütter absolut unbegründet ist, dass es längst eine Automatik braucht, der zufolge bei steigender Lebenserwartung (und damit Volksgesundheit) auch das Pensionsalter mitwächst.

Die SPÖ will also wieder den Bären waschen, ohne ihn nass zu machen.

Mit wirtschaftlicher Vernunft, mit Beherrschung der Versicherungsmathematik und der Grundrechnungsarten hat das alles nichts zu tun, aber sehr wohl mit den Existenzängsten der europäischen Sozialdemokratie. Diese haben ja auch den SPD-Chef Sigmar Gabriel erfasst, der seine auf 23 Prozent gesunkene Partei wieder durch einen Linkskurs beleben will. Etwa indem sie sich nun gegen die – von Gabriel selbst einst mitbeschlossene! – Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre stellt. Das ist zwar in jeder Hinsicht falsch – wird aber wohl bei den Wählern ein wenig bringen.

Also sind die Wähler schuld? Nein primär sind das jene Politiker, also die Sozialdemokraten in allen Parteien, die ständig den Wählern die Lüge eingeredet haben: Hier die Guten mit der sozialen Wärme. Dort die bösen Neoliberalen mit dem Rechenstift.

Es gibt aber auch andere Sozialdemokraten, wie etwa den schwedischen Expremier Göran Persson, der daran erinnerte, wie der einstige linke Vorzeigestaat Anfang der 90er Jahre in Defiziten der heutigen griechisch-spanischen Größenordnung verstrickt war. Gegen heftigen Widerstand der parteiinternen Linken gelang damals die schmerzhafte Sanierung: Arbeitslosen-, Kranken- und Kindergeld wurden gekürzt, das Pensionsantrittsalter wurde erhöht. In geringerem Umfang gab es freilich auch Steuererhöhungen (das absolut einzige, was hingegen den österreichischen Sozialdemokraten einfällt).

In der Folge gelangen Schweden sogar Budgetüberschüsse, also die Erreichung jenes Ziels, dessentwegen die österreichische Linke einst Karl-Heinz Grasser zum meistgehassten Mann des Landes erklärt hatte. In Schweden, das von der SPÖ (wo ja niemand Auslandszeitungen liest) interessanterweise noch immer als sozialdemokratischer Modellfall angepriesen wird wie in den ausgabelustigen 70er Jahren, geht man heute im Schnitt vier Jahre später in Pension als in Österreich; Schweden hat auch keine Lex Dohnal mit günstigerem Frauenpensionsalter. Aber Schweden ist heute saniert und wieder stark. Davor aber hatte es eben Politiker wie Persson, die um der richtigen Politik willen erklärtermaßen bereit waren, ihr Amt zu verlieren.

Und jetzt, liebe SPÖ, hast du die Wahl. Magst du dich an den Kandidaten aus Spanien, an den aus Portugal, an den aus Griechenland oder an den aus Schweden halten?

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