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Pensions-Träume

Das war wieder ein großartiger Beitrag des ORF, um die Frustration und den Politikerhass der Jungen zu heben. Auf der einen Seite ein breit und zufrieden lachender Karl Blecha, der es ungeniert wagt, die Pensionen als verdiente Gegenleistung für die Lebensarbeit zu bezeichnen – obwohl nachweislich die meisten Pensionen versicherungsmathematisch nicht einmal zur Hälfte durch irgendwelche Einzahlungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verdient sind. Auf der anderen Seite zwei Jugendpolitikter, die agieren, als wären sie vom Kampfzentrum der Ausgleichszulagenbezieher. (wieder einmal lässt der ORF lediglich Rote und Grüne die Jungen vertreten – obwohl hinter denen nur noch eine kleine Minderheit der Jungen steht).

Aber auch sonst wagt keiner, die ganze Wahrheit anzusprechen, nach der einige junge Freunde lechzen, die auch den Beitrag angesehen haben. Ihre – konsequenten wie logischen – Forderungen, die auch auf anderen Ebenen diskutiert werden:

Jedes Pensionsantrittsalter, das sich an einer fixen Altersgrenze(60/65) oder an einer bestimmten Anzahl von Verdienstjahren (40/45) orientiert, ist ein grundsätzlicher Konstruktionsfehler – wobei ja auch diese Regel nicht ernsthaft gelebt wird. Bei einer rapide steigenden Lebenserwartung muss auch das Pensionantrittssalter permanent steigen, und zwar automatisch und ohne lange Diskussionen. Das Mindeste wäre dabei, den Anteil der Pensionszeit an der gesamten Lebenszeit prozentuell stabil zu halten: Derzeit kommt die steigende Lebenserwartung ausschließlich der Pensionszeit zugute, während das wirkliche Pensionsantrittsalter im Lauf der Jahrzehnte sogar gesunken ist. Inhaltlich noch logischer wäre es, die Pensionsdauer in absoluten Jahren stabil zu halten (und zwar auf einem Bruchteil der jetzigen 20 Jahre bei Männern und 25 Jahre bei Frauen).

Die noch viel spannendere Frage: Wozu braucht es überhaupt ein Antrittsalter? Warum kann man nicht mit 30 Jahren in Pension gehen und dann halt nur 27 Euro pro Monat bekommen - oder auch erst mit 85 Jahren und dann halt 7000 Euro? Es ist versicherungsmathematisch recht einfach, die eingezahlten Beiträge rechnerisch umzulegen auf die zu erwartenden Pensionsjahre - aber die Politik scheitert seit Jahren an der Einführung des transparenten Pensionskontos. Vermutlich, weil es das Ende für das permanente gönnerhafte Drehen an den Pensionsschräubchen bedeuten würde.

Lediglich für die Ausgleichszulage (also die beitragsfreien Gratispensionen, hinter denen sich bei manchen auch betrügerisches Verhalten wie Pfusch oder geheimer Bezug von Auslandspensionen versteckt) bräuchte es wohl weiterhin ein Antrittsalter. Freilich sollte man gleichzeitig den rapiden Anstieg der Ausgleichszulagen im letzten Jahrzehnt dringend einbremsen. Es gibt absolut keinen Grund (außer Populismus), dass diese Gratispensionen sogar stärker gestiegen sind als die Einkommen der Aktiven. Nur bei den Frauen, die Kinder großgezogen haben, sollten diese Jahre - auch rückwirkend - großzügig berücksichtigt werden.

Als wesentliches Argument, warum das faktische Pensionsantrittsalter Jahre unter dem gesetzlichen liegt, muss die hohe Altersarbeitslosigkeit herhalten. Nur: Woher kommt die? Haben die bösen Arbeitgeber etwas gegen Leute über 50? Viel realistischer als diese Verschwörungstheorien erscheint mir das alte Prinzip von Angebot und Nachfrage. Vereinfacht ausgedrückt: Alte Arbeitnehmer sind zu teuer für die gebotene Leistung. Was auch nicht sonderlich verwundert - schließlich sieht der Großteil der Kollektivverträge ein kontinuierliches Ansteigen der Löhne bis zur Pension vor. Der Zenit der Leistungsfähigkeit (der Schnittpunkt aus steigender Erfahrung und abnehmender Leistungsbereitschaft bzw. -fähigkeit) liegt aber in nahezu allen Berufsgruppen deutlich davor.

Unser Pensionssystem beruht auf einem Umlageverfahren. In einem Generationenvertrag stehen dem Recht auf den späteren eigenen Pensionsbezug aber zwei Pflichten gegenüber: Erstens einen Beitrag zur Zahlung der jetzigen Pensionisten zu leisten und zweitens (und darauf wird gerne vergessen) selbst Kinder in die Welt zu setzen, die einmal meine Pension zahlen. Es kann nicht sein, dass die kollektive Fortpflanzungsverweigerung eines Landes keinerlei Auswirkung auf sein Pensionssystem hat. Es ist systemwidrig und unfinanzierbar, wenn Menschen, die weniger als zwei Kinder in die Welt setzen, gleich viel Pension erhalten wie Dinkys (abgesehen vom Umstand, dass Eltern durch die Kindererziehungszeiten ohnehin ein finanzieller Schaden entsteht). Es gibt allerdings nach wie vor Tagträumer wie Martin Schenk (Diakonie), welche die sinkende Kinderzahl sogar als Vorteil sehen - schließlich müssen die ja auch von den Aktiven durchgefüttert werden . . .

Kann es sein, dass relevante Bevölkerungsgruppen - nämlich Pensionisten und Beamte - von wirtschaftlichen Krisenzeiten nicht nur unverschont bleiben, sondern die übrigen Gruppen (die ohnehin mit Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit und Lohnkürzungen zu kämpfen haben) für die Pensionsten auch noch Erhöhungen zu erwirtschaften haben?

Kann irgendjemand einen vernünftigen Grund sagen, warum Frauen, die keine Kinder bekommen haben und eine um fünf Jahre längere Lebenserwartung haben, nach wie vor fünf Jahre früher in Pension gehen dürfen?

Wer spricht endlich einmal offen aus, dass es sich beim Großteil der Invaliditätspensionisten um Betrüger handelt, die unter Mithilfe von willfährigen Ärzten Betrug an der Allgemeinheit begehen? Aber das dürfte ja in Österreich ein Kavaliersdelikt sein - genauso wie Steuerhinterziehung.

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