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Von Stuttgart bis Hamburg: Travestie eines ehemaligen Rechtsstaats

27 meist alte Herren sollen in Deutschland einen gewaltsamen Umsturz geplant haben. Deswegen startete nun in Stuttgart das erste von drei Monsterverfahren gegen die sogenannten "Reichsbürger". Da wird die Justiz der deutschen Ampelregierung Gelegenheit haben, endlich zu zeigen, ob da irgendetwas Gefährlicheres in Gang war als alkoholschwangeres Stammtischgerede und Sandkastenspiele, das die dramatische Anklage wegen "Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens" rechtfertigen würde. Vor allem sollte und müsste sich der deutsche Rechtsstaat zumindest in gleicher Intensität mit Vorgängen befassen, die – in einer zufälligen, aber für die Entwicklung in Deutschland überaus signifikanten Gleichzeitigkeit – die Bundesrepublik und ihr Grundgesetz, die Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat wirklich fundamental und ernstzunehmend bedrohen.

Die Verfahren werden auch zeigen, ob die Pläne genauso wirr sind, wie es beispielsweise das einstige studentische Gerede – oft der gleichen Herren ein paar Jahrzehnte früher – über die Notwendigkeit der Weltrevolution gewesen ist. Diese Generation ist im Alter zwar von links nach rechts gerutscht, im Hang zu skurrilen Theorien aber völlig gleich geblieben.

Am Wochenende sind rund 1200 Islamisten in Hamburg aufmarschiert und haben die Errichtung eines islamischen Gottesstaates gefordert. Sie lehnen die Bundesrepublik mindestens genauso ab, wie es die Reichsbürger tun. Der einzige Unterschied scheint die dahinterstehende Ideologie: Statt des Gefasels, dass das Deutsche Reich gar nicht untergegangen sei, wurde in Hamburg die Herrschaft einer totalitären Ideologie und die Errichtung eines Kalifats, also eines islamischen Gottesstaates, gefordert.

Die restlichen Unterschiede zwischen den beiden Gruppierungen liegen in der viel größeren und bedrohlicheren Zahl der Kalifats-Forderer. Sowie darin, dass diese schon offen auf die Straße gehen, während die Reichsbürger nie über Hinterzimmer-Politisiererei hinausgekommen sind.

Und noch ein Unterschied: Gegen die Kalifat-Demonstranten setzt der deutsche Rechtsstaat nicht – wie bei den Reichsbürgern – dramatische Hausdurchsuchungen und Handschellen ein. Vielmehr wurden ihre Aufmärsche durch Polizisten geschützt (Unbekannt ist vorerst nur, ob sich auch diesmal die Schwulen-, Feministen- und Trans-Szenen angeschlossen haben, die ja verbal immer die Sache der Islamisten unterstützt haben. Obwohl in einem wirklichen Kalifat ihr restliches Leben nur noch ein sehr kurzes wäre …).

Gewiss, ideologischen Missbrauch einer schlagseitigen Strafjustiz kennen wir auch aus Österreich. Aber hier geht es noch – noch – nicht um öffentliche Aufrufe und Demonstrationen zum Umsturz und zur Errichtung eines Kalifats, sondern "nur" um die einseitige Kampagne einer linksgewendeten Justiz gegen Schwarz und Blau etwa wegen semantischer i-Tüpferl-Reiterei über die Unterschiede zwischen "eingebunden" oder "informiert", etwa wegen blauer Inseratenschaltungen, während die viel umfangreicheren Bestechungsinserate der roten Gemeinde Wien nie vor einen Richter gebracht werden.

Zurück zur Kalifat-Demonstration. Diese ist von der Hamburger Polizei beschützt worden, statt dass alle Teilnehmer angehalten und zumindest namentlich festgehalten worden wären. Im Grund unterscheiden sich die Kalifats-Forderungen rechtlich in nichts von einem Putsch- und Umsturzversuch. Auf den Plakaten und in den Inhalten der Sprechchöre wurde von Beobachtern unter anderem notiert:

  • "Kalifat ist die Lösung",
  • "Nein zur Wertediktatur",
  • "Stoppt die Wertediktatur",
  • "Deutschland = Wertediktatur" (diese Formulierung "Wertediktatur" sollte besonders jene interessieren, die sich täglich an den "europäischen Werten" begeistern und zu diesen Werten die breit offenen Tore für weiterhin zuziehende muslimische Massen zählen …),
  • "Staatsräson tötet" (was sich gegen Israel wendet),
  • immer wieder "Allahu Akbar",
  • viele reckten die Zeigefinger gegen Himmel, ein klar islamistisches Signal,
  • und die (wenigen) teilnehmenden Frauen waren totalverschleiert.

Besonders interessant ist auch, dass die Kundgebung angemeldet und von den Behörden genehmigt war. Daraus lernen wir: Im heutigen Deutschland darf man sich zwar nicht auf das alte Deutsche Reich beziehen (das es lange vor den Nazis gegeben hatte!), aber die totalitär-islamistische Diktatur des Kalifats darf man offenbar problemlos fordern.

Dabei war die Wiederrichtung eines Kalifats die Zentralidee des "Islamischen Staates", der reihenweise alle "Nichtgläubigen" umgebracht oder versklavt hat. Daher geht es da keineswegs nur um eine abstrakte Idee aus einer lange zurückliegenden Vergangenheit, aus der wir nur in Märchen gehört haben, dass es einst Kalifen gegeben hat.

Angemeldet wurde die Kundgebung durch einen Internet-Influencer (Propagandisten) namens Boateng. Der Mann studiert in Hamburg Lehramt, wird also seine Thesen bald in Schulen verbreiten dürfen. Zu diesen Thesen zählt die Forderung, man müsse sich entscheiden, ob man "Deutscher" oder "Muslim" sein wolle; man müsse sich zwischen "Grundgesetz" (der deutschen Verfassung) und dem "Koran" entscheiden.

"Kalifat" bedeutet Zusammenfall der religiösen und weltlichen Herrschaft in einer Person, wie es das in der Geschichte mehrfach gegeben hat, wie es heute im Iran verwirklicht ist, wo Freiheit und insbesondere Frauenrechte brutal unterdrückt werden.

Nein, Deutschland ist wohl wirklich nicht mehr zu retten.

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