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Ungarn: Wie sich das Sanktionenjahr 2000 wiederholt

Keine Frage, dass es in Ungarn Korruption gibt. Keine Frage, dass es gut ist, wenn die EU-Kommission dieser in Hinblick auf die Verwendung von EU-Geldern energisch nachgeht. Aber ebenso ist es keine Frage, dass es eine unglaubliche Sauerei ist, dass die Kommission das nur bei Ungarn tut. Und ebenso ist es eine Sauerei, dass sich die ÖVP nicht klar an die Seite der ungarischen Nachbarn stellt, wenn diese von einer Mafia der Linksparteien zu Unrecht einseitig verfolgt werden – auf genau dieselbe Art, wie sie Österreich selber schon vor 22 Jahren erlebt hatte.

Diese Mafia hat sich insbesondere schon im EU-Parlament durchgesetzt. Dort hat eine Mehrheit sogar behauptet, Ungarn wäre keine Demokratie mehr, sondern eine "Wahlautokratie". Sie tut das gestützt auf Berichte, die von linksradikalen grünen Abgeordneten erstellt worden sind.

Dabei kann in Wahrheit überhaupt kein Zweifel bestehen: Ungarn ist eine volle Demokratie mit allen wesentlichen Eigenschaften, mit geheimen Wahlen, an der jeder Ungar, jede Partei gleichberechtigt teilnehmen kann, mit einer freien, mehrheitlich sehr regierungskritischen Presse. Jedes der vielen Defizite, die es aber dennoch in Ungarn zweifellos gibt, kann man auch in anderen EU-Ländern nachweisen – nicht zuletzt auch in Österreich, in anderen Ländern noch viel schlimmer.

Dies trifft etwa auf die parteipolitische Medienbestechung zu, die in Ungarn wie Österreich aus Steuermitteln und Geldern politiknaher Unternehmen finanziert wird. Das gehört dringend abgestellt, sowohl in Ungarn wie in Österreich. Nur über Österreich regt sich die EU-Linke nicht auf, weil da ja die weitaus schlimmste Bestechung über das Imperium der Gemeinde Wien und der hunderten ihr gehörenden Betriebe läuft. Und die Gemeinde Wien ist links, Ungarn hingegen rechts. Und nur das ist es, was die Mehrheit des EU-Parlaments gar nicht mag.

Das trifft auch auf die Missstände in der Justiz zu, bei denen ebenfalls Ungarn und Österreich einander durchaus ebenbürtig sind. Siehe insbesondere die massiv parteipolitisch agierende Korruptionsstaatsanwaltschaft in Österreich, bei der jetzt binnen weniger Tage gleich dreimal (in zwei Fällen durch gerichtliche Entscheidungen) klar geworden ist, dass diese linke Truppe Politiker rechtsgerichteter Parteien jahrelang zu Unrecht verfolgt hat. Und das ist schon Dutzende Male der Fall gewesen. Wer darin keinen Justizskandal erkennen kann, für den war wohl auch die NS-Justiz eine rechtsstaatliche Organisation.

Wieso daher dennoch die einseitige Kampagne gegen Ungarn? Das hat mehrere Ursachen:

  1. Die erste ist das Faktum, dass Ungarn eine rechte Regierung hat, die Mehrheit im EU-Parlament hingegen links ist. Das hängt wiederum damit zusammen, dass rechtsgerichtete Bürger vieler Länder in den letzten Jahren EU-kritisch geworden sind. Sie glauben – recht einfältig –, die EU strafen zu können, wenn sie nicht zu den EU-Wahlen gehen. Das hat naturgemäß die EU erst recht linker, zentralistischer und bürgerferner gemacht.
  2. Ein weiterer Grund liegt in der Tatsache, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orbán mit seiner Parteienkoalition nicht nur ungemein erfolgreich ist, sondern auch auf einem bewusst christlich-wertkonservativen Kurs unterwegs ist, der besonderen Wert auf Förderung kinderreicher Familien legt.
  3. Dieser Kurs ist nicht nur den Linksparteien, sondern auch dem linken Flügel in christdemokratischen Parteien Europas, insbesondere der noch immer tonangebenden CDU, die unter Angela Merkel massiv nach links gerutscht und unter Friedrich Merz offensichtlich noch immer nicht zu ihren Wählern zurückgekehrt ist, zu konservativ.
  4. Den besonderen Hass der Linken, aber auch der Merkel-Karas-Christdemokraten hat sich Ungarn zugezogen, weil es eine sehr konsequente Strategie zur Abwehr illegaler Einwanderer verfolgt.
  5. Die ungarische Regierung hat sich überdies mit einer derzeit in Europa besonders lauten und von vielen, auch christdemokratischen Parteien angebeteten Gruppe angelegt: den schwulen und Trans-Aktivisten. In Ungarn ist das zum Gesetz geworden, wovon in anderen Ländern viele Eltern nur ergebnislos träumen können: ein Verbot für schwule und Trans-Propaganda im Schulunterricht.
  6. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass Orbán einer der längstdienenden Spitzenpolitiker Europas ist, was bei ihm zu einer gewissen Überheblichkeit geführt hat.
  7. Orbán hat sich in der Juncker- und Merkel-Zeit überdies auch mit diesen beiden Politikern vom linken Flügel der Christdemokratie persönlich angelegt.
  8. Eine weitere zentrale Ursache liegt in der Tatsache, dass die ungarische Opposition jenen Kurs fährt, den im Jahr 2000 auch die österreichische Sozialdemokratie verfolgt hat: den einer hemmungslosen Denunziation der eigenen Regierung im europäischen Ausland. Das hatte damals einige Monate lang zu den antiösterreichischen Sanktionen geführt. In den meisten anderen Ländern hat die jeweilige Opposition hingegen zu viel Anstand, um Ähnliches zu versuchen.
  9. Im Falle Ungarn gelingt der Denunziationskurs noch viel besser, weil praktisch kein Nicht-Ungar die schwierige Sprache versteht, weshalb sich die – durchwegs grünen, also linksradikalen – Möchtegern-Fact-Finder aus der EU ganz auf die "Informationen" aus Oppositionskreisen und Oppositionsmedien verlassen.
  10. Ein weiterer Grund (der auch viele konservative Freunde Ungarns vor den Kopf stößt): Ungarn fährt trotz der Ukraine-Invasion einen demonstrativ Russland-freundlichen Kurs. Es tut das in der Hoffnung, von Russland bei der Gasversorgung besser bedient zu werden. Es tut das aber auch deshalb, weil Orbán der Meinung ist, die Ukraine habe die kleine ungarische Minderheit in ihrem Osten nicht gut behandelt. Und es tut dies vor allem aus einer Art Trotzreaktion gegen die ungerechte Behandlung durch die EU. Orbán will damit zeigen, dass er auch Alternativen zur EU hat. Was freilich reichlich kindisch ist, weil er dadurch gleichzeitig seinen wichtigsten und echten Freund, nämlich Polen, vor den Kopf stößt.
  11. Ein weiterer Vorwurf würde sogar zu Recht erhoben werden, findet sich aber noch gar nicht in den antiungarischen Anklageschriften: Das ist die Tatsache, dass EU-Ausländer in Ungarn beim Tanken einen um 32 bis 57 Prozent höheren Preis als ungarische Staatsbürger zahlen müssen (diese brauchen nur 1,18 Euro pro Liter Benzin oder Diesel hinzulegen). Das ist eine eindeutig gegen den EU-Vertrag verstoßende Diskriminierung – stört aber naturgemäß die ungarische Opposition nicht und daher auch nicht die linke EU-Parlaments-Mehrheit.

Wer auf die sachlichen Argumente der Ungarn-Hasser ernstlich eingehen will, müsste sich beim jüngsten skurrilen Beschluss des EU-Parlaments über Ungarn insbesondere fragen, was eine "Wahlautokratie" überhaupt sein soll. Offenbar ist damit gemeint, dass nach der Wahl der Gewählte auch tatsächlich regiert. Das ist in etlichen Ländern nicht so der Fall, wo mehr gestritten als regiert wird. Diese Bezeichnung trifft aber noch viel stärker als auf Ungarn auf das französische System zu, wo der Präsident (bis auf die Phasen einer Cohabitation, einer feindlichen Mehrheit im Parlament) wirklich fast uneingeschränkt regiert.

Während sich das EU-Parlament mit diesem "Wahlautokratie"-Vorwurf gegen Ungarn (der aber bezeichnenderweise nicht gegen die Großmacht Frankreich mit ihrem linksliberalen Präsidenten erhoben wird) eher lächerlich macht, ist das Vorgehen der Kommission gegen Ungarn für das Land gefährlicher. Denn sie will Ungarn Zahlungen in der Höhe von 7,5 Milliarden kürzen, weil diese Gelder in Ungarn nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt seien. Ausgerechnet der Österreicher Johannes Hahn hat sich zur Speerspitze dieser Attacke machen lassen.

Diese Attacke ist deshalb so infam, weil gegen andere Länder nicht so vorgegangen wird, obwohl ganz eindeutig von Griechenland bis Italien die Liste der Korruptionsvorwürfe sogar noch viel länger und konkreter ist. An der Infamie ändert die Tatsache nichts, dass Ungarn jetzt eine Fülle von Gesetzen vorgelegt hat, die die – zweifellos auch in Ungarn wirklich vorhandene – Korruption und Misswirtschaft bremsen sollen.

Es wird extrem spannend, ob die EU-Linke bei ihrer antiungarischen Hetze auch genügend Unterstützung durch die einzelnen Mitgliedsländer bekommt. Denn der Vorschlag der Kommission, Ungarn diese Gelder wegzunehmen, kann nur dann realisiert werden, wenn 15 der 27 Mitgliedsländer zustimmen (darunter auch ausreichend große). Dieses Projekt könnte zu einer großen Zerreißprobe für die EU werden.

Wenn am Wochenende die italienische Rechte gewinnt (wie von allen Umfragen prophezeit wird), dann hat Ungarn in Kürze eine wichtige Unterstützung mehr. Ebenso, sobald in Schweden die Rechtsregierung nach ihrem Wahlsieg auch die Regierung übernommen haben wird.

Gerade diese beiden Machtverschiebungen in Europa dürften auch klarmachen, warum die Linke in EU-Parlament und Kommission so sehr auf Zeit drängt. Umgekehrt hat jetzt Ungarn eine Fülle von Gesetzesbeschlüssen vorgelegt, die den Wünschen nach mehr Korruptionskontrolle entgegenkommen sollen. Deren Wirksamkeit zu prüfen, dauert bei wenigstens halbwegs seriösem Vorgehen Zeit – also genau das, was Ungarn erreichen will.

Inzwischen ist es Ungarn auch gelungen, Kroatien auf seine Seite zu ziehen – was besonders überrascht angesichts der Serbenfreundlichkeit Orbáns. Entscheidend wird aber sein, ob es Ungarn auch gelingt, die anderen osteuropäischen EU-Mitglieder auf seine Seite zu ziehen. Diese sind an sich allergisch gegen jede Bevormundung der einzelnen Nationen durch eine Zentralmacht. Andererseits fühlen sie sich angesichts der Bedrohung durch Russland sowohl militärisch wie finanziell sehr abhängig vom Westen und stellen sich daher nur ungern gegen Deutschland und Frankreich.

Umso unverständlicher ist daher der schwere Fehler der Ungarn selber, dass sie sich als einziges EU-Land demonstrativ an die Seite Russlands gestellt haben. Das macht es insbesondere für die alten Freunde Ungarns in Polen mühsam, Budapest weiter zu unterstützen – dennoch hat die polnische Rechtsregierung angekündigt, an der Seite Orbáns zu bleiben.

In den letzten Stunden hat sich Ungarn aber neuerlich gegen den Beschluss neuer Sanktionen gegen Russland und gegen eine Verlängerung der alten Sanktionen über das Jahresende hinaus quergelegt. Diese Beschlüsse erfordern aber Einstimmigkeit.

Man darf daher mit gutem Grund vermuten, dass diese Vetodrohung für Ungarn ein Druckmittel ist, um einen Rückzug der von Hahn angekündigten Mittelkürzungen zu erreichen. Ungarn wird sich diesmal aber wohl nicht mehr auf vage Versprechungen nach alter EU-Methode einlassen. Das heißt: Entweder es bekommt doch das Geld oder es wird sich noch mehr an die Seite Russlands stellen. Was für die Ungarn vor allem verlässliche Gaslieferungen bedeutet, eine innenpolitisch sehr interessante Perspektive.

Wirklich unverständlich ist, warum sich die Europäische Volkspartei der Christdemokraten von Ungarn abgewendet hat. Sie tut das offenbar unter Einfluss der noch immer sehr linken CDU. Aber auch der Italiener Berlusconi – der ebenfalls zur EVP gehört – will den Ungarn-freundlichen Kurs der in allen anderen Fragen mit ihm verbündeten Rechtsparteien (Meloni plus Salvini) seltsamerweise nicht mittragen.

Genauso unverständlich ist, warum sich Österreich, oder zumindest die ÖVP nicht klar an die Seite Ungarns stellt. Mehr als 30 Jahre lang dröhnte vor allem die außenpolitische und die bürgerliche Szene im Land von rhetorischer "Mitteleuropa!"-Begeisterung. Aber kaum ist die Nachbarschaftspolitik wirklich gefordert, verstecken sich alle Akteure ängstlich und vergessen alle Solidarität mit einem seit Jahrhunderten eng verbundenen Nachbarn.

Das schenkt der an sich in den letzten zwei Jahren (durch Panikmache in Sachen Impfungen und in Sachen Russland) in die Isolation geratenen FPÖ ein tolles neues Wahlkampfthema: Jetzt sei bewiesen, kann sie behaupten, dass Österreich ja doch nach der Pfeife Brüssels und der diversen Linksregierungen tanze, statt seine eigenen Interessen zu verfolgen, unter denen gute Nachbarschaft immer zentral sein muss.

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