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Der Ukraine sei Dank

Wir müssen den Männern der Ukraine überaus dankbar sein. Sie haben mehr für unsere eigene Sicherheit getan, als viele noch begreifen. Diese Dankespflicht schafft zugleich eine doppelte Bringschuld gegenüber den Millionen (vor allem) Frauen und Kindern, die sie zu uns auf Zuflucht vor Putins Terrorkrieg geschickt haben.

Das wurde mir jetzt beim Gespräch mit einer jungen Frau russischer(!!) Muttersprache wieder besonders eindringlich klar, die aus Kiew vom Vater ihre vierjährigen Sohnes an die ungarische Grenze gebracht worden ist, von wo aus sie sich bis Wien durchgeschlagen hat. Er hingegen ist ganz selbstverständlich zurückgekehrt, um gegen die Russen zu kämpfen.

Er kämpft wie so viele andere Ukrainer jetzt an einem der vielen Orte, deren Namen wir großteils bis vor wenigen Tagen nicht einmal gekannt haben. Und sie kämpfen tapfer – und erfolgreicher, als die meisten militärischen Experten erwartet haben. Zwar haben die russischen Truppen etliche Gebiete im Norden, Osten und Süden erobert. Aber sie sind von einem Blitzsieg und ihrem Krieg, den sie zuerst als Manöver, dann als bloße "Militäroperation" ausgegeben haben, meilenweit entfernt.

Ihr Vorstoß ist territorial fast steckengeblieben. Die Russen haben schmerzliche Verluste erlitten. Die Zahl von mehreren Tausend getöteten Russen dürfte stimmen. Nach amerikanischen Satellitenbeobachtungen sind hunderte Panzer zerstört, und rund 20 Prozent der militärischen Stärke der russischen Offensivkräfte zerstört. Das schon zwei Wochen anhaltende Verschwinden des russischen Verteidigungsministers aus der Öffentlichkeit ist ein weiteres Krisenindiz.

Die Ausrüstung der Ukraine mit westlichen Waffen in den letzten Jahren hat die Armee, ohne dass das am Beginn des Jahres der Außenwelt wirklich klar gewesen ist, aus dem mediokren Standard sowjetischen Zuschnitts herauskatapultiert und deutlich modernisiert – genau für den Verteidigungskrieg, den sie jetzt tatsächlich führen muss. Sowohl Panzer- wie auch Flugzeugabwehrwaffen haben überraschende Erfolge. Der stärkste Beweis für mangelnde russischen Erfolge ist die Tatsache, dass sich die Angreifer seit etlichen Tagen ganz auf Bomben- und Raketenangriffe verlegt haben, die sie relativ am leichtesten ausführen können. Und mit denen sie immer mehr zivile Gebäude zerstören, sogar schon Dutzende Spitäler.

Nun heißt das alles gewiss nicht, dass man glauben sollte, die Ukrainer hätten eine echte Chance, den Krieg zu gewinnen und die Russen wieder zu vertreiben. Ihre Kräfte scheinen so strukturiert zu sein, dass sie dem Feind zwar empfindliche Verluste zufügen können, dass sie aber keine echten Gegenangriffe machen können. Das zwingt Russland jedoch zumindest dazu, in großem Umfang neue Reserven zu mobilisieren. Das macht die gesamte Taktik Putins zunichte, den Ukraine-Krieg vor der eigenen Bevölkerung weiterhin wie eine Polizeioperation darzustellen. Vor allem der Tod vieler Wehrpflichtiger droht da zusammen mit den in Russland immer deutlicher spürbar werdenden Auswirkungen der Sanktionen zum Problem zu werden.

Freilich nur zu einem langfristigen. Kurzfristig deutet alles darauf hin, dass der Krieg bei der Mehrheit der einfachen Russen populär ist. Und dass auch nur eine Minderheit der Intelligenz und Oberschicht erkennt, was für ein Verbrechen da in ihrem Namen begangen wird.

Nationalistischer Furor ist zumindest kurzfristig sehr ansteckend. Man soll sich auch nicht dem Täuschung hingeben, dass die russische Oberschicht sich nur aus Opportunismus nach außen hin Putin beugt, innerlich aber empört wäre. Auch dort dürfte die Mehrheit vorerst klar in Putins Lager stehen.

Man nehme nur Anna Netrebko als Beispiel: Der Sängerin sind ja nicht die früheren Putin-Freundlichkeiten vorzuhalten. Haben sich doch in der Vergangenheit auch viele andere im Westen von ihm täuschen lassen. Vielmehr ist die Tatsache ernüchternd, dass sie auch nach der Invasion kein Wort, kein Zeichen der Distanzierung zustande gebracht hat, obwohl sie in Wien – oder sonstwo in der freien Welt – mit ihrem österreichischen Pass für den Rest ihres Lebens problemlos und umjubelt singen wie auch in Luxus leben könnte. Eine Netrebko wäre im Unterschied zu vielen einfachen Russen auch nicht darauf angewiesen, ihre Informationen aus den absurden Lügen der russischen Medien zu beziehen.

Dennoch kann kein Zweifel sein: Der Krieg läuft für Putin alles andere als gut. Weil

  1. der Blutzoll nichtsahnend in "Manöver" geschickter junger Russen schon viel zu hoch ist, um problemlos und auf Dauer verschwiegen werden zu können;
  2. die Kriegskosten wie auch Sanktionen zu schweren wirtschaftlichen Schäden für ein Land geführt haben, dass abgesehen von seiner Bodenschätzen und seiner Hochrüstung wirtschaftlich ziemlich jämmerlich dasteht;
  3. die ukrainischen Männer eindrucksvolle Tapferkeit beweisen;
  4. die ganze Ukraine totale emotionale Geschlossenheit zeigt – also einschließlich jener, die Russisch als ihre erste Sprache gelernt haben, und auf die die völlig falsch gelegene russische Propaganda gesetzt hat;
  5. der junge ukrainische Präsident sensationelles Charisma entwickelt hat, der in seinem Uniform-T-Shirt den größtmöglichen Kontrast zu dem hinter skurrilen Megatischen verbarrikadierten Putin darstellt (dessen Corona-Ängste alles andere als mitreißend wirken);
  6. der Westen mit Ausnahme der Frage, ob man auch die Gasgeschäfte stoppen soll, erstaunliche Geschlossenheit zeigt (auch wenn die deutsche und die ungarische Regierung wenig vorbildlich agiert haben);
  7. die amerikanischen Geheimdienste mehrfach bewiesen haben, dass sie extrem gut informiert sind über Moskaus Aktionen, die sie immer wieder richtig vorhergesagt haben;
  8. Russland rund um den Globus total isoliert ist, sind doch die einzigen Staaten, die sich in der UNO an die Seite Russlands gestellt haben, Belarus, Nordkorea, Syrien und Eritrea – was eine peinliche weltpolitische Bankrotterklärung ist.

Noch einmal: Das heißt noch immer nicht, dass die Ukraine den Krieg gewinnen wird. Das heißt aber mit großer Gewissheit, dass Russland schwer beschädigt daraus herausgehen wird.

Wenn es ihm überhaupt gelingen sollte, daraus herauszugehen, und wenn nicht die Ukraine für Russland ein jahrelanger Alptraum werden sollte.

  • So etwa wie es Vietnam für die USA geworden ist, die auch danach rund ein Jahrzehnt in einer schweren Krise gesteckt sind (vor allem unter den Präsidenten Ford und Carter – bis zur Wiederauferstehung unter Ronald Reagan).
  • Oder so wie es der Afghanistan-Einmarsch 1980 für die Sowjetunion geworden ist, dessen katastrophale Folgen zweifellos ein kausaler Faktor (von mehreren) dafür waren, dass das kommunistische Imperium und die Sowjetunion ein Jahrzehnt später implodierten.

Das alles heißt mit hoher Wahrscheinlichkeit: Nach der Ukraine wird Russland für die Außenwelt, also vor allem für Europa, für unsere Sicherheit viel weniger bedrohlich sein als vorher. Denn:

  • Russland wird – egal ob von Putin oder irgendeinem Nachfolger regiert – wirtschaftlich noch schwächer sein;
  • jede russische Führung wird zumindest für eine Generation die Erkenntnis internalisiert haben, dass der Preis einer militärischen Aktion viel, viel höher ist, als man am Anfang glauben möchte;
  • und das Land wird einem Europa gegenüberstehen, dass die eigenen Verteidigungsvorbereitungen zumindest eine Zeitlang ernster nimmt als je in den letzten 40 Jahren.

Man kann auch aus einigermaßen gutem Grund spekulieren, dass selbst China – das den Krieg zurückhaltend, aber sehr genau beobachtet – in diesen Wochen und den nächsten Jahren erkennt, dass ein Krieg gegen Taiwan sehr opferreich werden würde. Und es ist daher wahrscheinlicher geworden, dass China sich daher zurückhalten, und vorerst nicht so wie Putin versuchen wird, ein Land zurückzuholen, das man für einen Teil des eigenen historischen Imperiums hält, das aber ganz und gar nicht dazugehören will.

Für all das müssen wir den tapferen ukrainischen Männern dankbar sein. Auch wenn sie ja eigentlich "nur" die eigene Heimat verteidigen wollen.

Aber genau das, die Stärke der Motivation, ist ja die vielleicht wichtigste Waffe jeder Armee. Vor allem, wenn die Gegenseite mit lauter Lügen gefüttert wird, wie etwa der, dass sie ja nur in ein Manöver geführt worden sei.

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