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Matarella, Biden, Van der Bellen: Die Weltwunder

78, 79, 80: Fast klingt es wie das Zählenlernen eines Volksschülers der ersten Klasse. Dabei ist es das Lebensalter des österreichischen, des amerikanischen und des italienischen Staatspräsidenten. Also das Alter der Männer, die mit, laut Verfassung, großen Kompetenzen an der Spitze dreier respektabler Demokratien stehen. Das verwirrt. Vor allem angesichts der Tatsache, dass alle drei insgeheim oder offen auch die nächste Amtsperiode ansteuern. Oder sich wie der 80-jährige Sergio Mattarella bereits für eine siebenjährige(!) Periode wiederwählen haben lassen.

Dabei löst jetzt schon jeder einzelne Auftritt des "bloß" 78-jährigen Van der Bellen wie auch des 79-jährigen Joe Biden in Zusehern die Frage aus: Ist da noch alles in Ordnung? Dennoch wollen beide weitermachen.

Nun gewiss, alle drei Präsidenten sind demokratisch gewählt. Und es ist gewiss auch gar nicht so vorteilhaft, wenn man allzu jung an die Spitze gelangt. So war zwar die Wahl des Sebastian Kurz dringend notwendig, um das verheerende System der Herren Faymann, Kern und Mitterlehner abzulösen. Aber dennoch sind ihm zweifellos – so charismatisch Kurz auch war – auf Grund seiner Jugend dumme Fehler unterlaufen (auch wenn das keine strafrechtlichen waren).

Wir haben auch daraus gelernt: Ein gerüttelt Maß an Erfahrung ist gerade in Spitzenpositionen gar nicht so schlecht. Dennoch bleiben die zentralen Fragen unbeantwortet:

  1. Sind die drei genannten Herren ein Weltwunder und im Gegensatz zum Rest der Menschheit noch voll amtsfähig – vom 85-jährigen Papst gar nicht zu reden?
  2. Sind sie den in solchen Positionen fast täglich auf sie anstürmenden Krisensituationen und Entscheidungszwängen wirklich gewachsen und studieren all die Akten, die auf ihren Tischen landen?
  3. Oder glauben vielleicht nur wir aus unserer Froschperspektive, dass die Funktionen da ganz oben wichtig und belastend sind; und es sind eigentlich völlig harmlose Pensionistenvergnügungen, vormittags ein paar Sportler zu begrüßen und nachmittags einen von jemand anderem aufgesetzten Redetext vor der Kamera abzulesen.
  4. War der Jugendkult – einst insbesondere durch einen John F. Kennedy ausgelöst – immer schon ein Unsinn (unter dem ja bezeichnenderweise die Geheimdienste immer alle Hände voll zu tun hatten, um Kennedys diverse Amouren aus der Öffentlichkeit draußen zu halten …)?
  5. Sind die Deutschen wieder einmal nicht ganz bei Trost, wo jetzt der linke Medienmainstream breit thematisiert, ob Friedrich Merz mit seinen 66 Jahren nicht schon zu alt ist, um zur Zukunftsalternative zu werden – obwohl er gegen die eingangs Genannten altersmäßig fast wie ein Schulbub wirkt?
  6. Ist Boris Johnson mit seinen 57 vielleicht sogar noch zu jung für das Amt des Premierministers? Droht der radfahrende und joggende Jungvater doch jetzt über typisch studentische Verhaltensweisen zu stolpern, nämlich über unerlaubte Alkohol-Partys ...
  7. Ist vielleicht sogar Waldimir Putin mit seinen 69 noch zu jung und unausgeglichen? Denn leichtfertiges Kriegszündeln spricht eigentlich ganz und gar nicht für die souveräne Ausgeglichenheit, die man als wichtigste positive Eigenschaft von in Würde gealterten Männern erhoffen könnte ...

Die für uns allerwichtigste Frage ist aber an die österreichischen Gewerkschafter und alle rotgrünen Genossen zu richten: Warum verhindern sie eigentlich mit Gewalt eine Anhebung des Pensionsantrittsalters? Es kann doch nicht sein, dass sämtliche weiblichen Büroangestellten schon vor dem 60. Geburtstag nicht mehr arbeitsfähig sind, während ein Staatspräsident weit in die 80 hinein voll dem Amt gewachsen ist. Da stimmt doch etwas nicht.

Das kann nur bedeuten: Entweder ist die eine Aussage eine Lüge oder die andere. Wahrscheinlich sind sogar beide unrichtig. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit in der Mitte. Wahrscheinlich bestünde da wie dort dringender Handlungsbedarf.

Einerseits braucht eine Demokratie gesunde und arbeitsfähige Menschen an der Spitze, was man über 80 einfach nicht mehr ist. Bei allem Respekt vor der Tradition von Naturvölkern, einem Weisenrat der alten Männer eine besonders wichtige Stellung einzuräumen.  Aber auch bei ihnen waren halt die Häuptlinge jünger.

Andererseits müssten wir alle dringend länger arbeiten, solange wir gesund sind. Das muss ja noch nicht gleich eine Arbeitspflicht bis 80 oder darüber hinaus heißen, aber doch die Möglichkeit und den Anreiz, etliche Jahre mehr als heuer zu arbeiten. Und die Unmöglichkeit, mit 60 oder 65 Jahren als Gesunder Anspruch auf eine volle Pension zu haben, also insbesondere auf eine Pension, in der Zuschläge aus dem Steuertopf stecken, die über den versicherungsmathematischen Wert seiner eigenen Einzahlungen hinausgehen.

  • Denn unsere gesunde(!) Lebenserwartung steigt jedes Jahr (wenn man vom jüngsten Knick durch Corona absieht).
  • Denn unser Pensionssystem wird massiv durch die immer größer werdenden Pensionsausgaben belastet und in wenigen Jahren auf dem heurigen Niveau nicht mehr finanzierbar sein (außer Corona wütet weiter wie in den letzten beiden Jahren, also vor allem unter den Alten).
  • Denn angesichts der seit 1970 viel zu niedrigen Geburtenrate fehlen jetzt schon an allen Ecken und Enden die Arbeitskräfte.
  • Denn die meisten heutigen Arbeitsplätze sind ja nicht mehr wie im 19. Jahrhundert solche, die körperliche Schwerarbeit erfordern, sondern solche, wo Erfahrung immer wichtiger geworden ist. Und die geht im Gegensatz zur Körperkraft im Alter nicht verloren, sondern wird größer.
  • Denn die linken Schwachsinnsideen, dass man mit dem Import von Afghanen und Syrern die Wirtschaft in Gang und unseren Lebensstandard aufrechterhalten kann, sind angesichts der gewaltigen kulturellen und bildungsmäßigen Differenzen längst schon als absurd geplatzt.
  • Denn für viele ältere Menschen ist Arbeit, also das Gefühl, in der Gesellschaft noch gebraucht zu werden, die wichtigste Hormonspritze, um sie gesund und agil zu halten.

Aber nicht einmal die würdigen alten Herren an der Staatsspitze bringen den Mut zu ein paar klaren Aussagen in diese Richtung auf. Wahrscheinlich hat sie ihnen ja auch niemand auf den Redezettel geschrieben.

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