Die zwei eigentlichen Parteien

Um zu verstehen, worum es bei der kommenden Nationalratswahl tatsächlich geht, erweist sich möglicherweise ein Rückblick auf die Bundespräsidentenwahl der Jahre 2016/2017 als aufschlussreich.

Damals wurde ersichtlich, dass es in Österreich im Grunde genommen unabhängig von der derzeitigen Parteienlandschaft zwei Meta-Parteien gibt, nämlich die eine, repräsentiert durch den jetzigen FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer, deren Zielsetzung letztlich das Überleben jenes Österreichs und dessen gesellschaftlicher und kultureller Struktur ist, die sich im Laufe einer mehr als tausendjährigen Geschichte mit zum Teil atemberaubenden Höhenflügen, aber auch katastrophalen Rückschlägen, entwickelt hat. Dieses Land ist derzeit in einer politischen und wirtschaftlichen Lage, die an sich alle Voraussetzungen für eine positive Weiterentwicklung aufweist.

Die zweite derartige Meta-Partei war im Zuge des Präsidentenwahlkampfes durch den derzeitigen Bundespräsidenten Alexander van der Bellen personifiziert. Die Zielsetzung dieser politischen Richtung resultiert aus einem Mix von unterschiedlichen, letztlich vor allem in der Einwanderungsfrage gleichgerichteten gesellschaftlichen Strömungen. Zu diesen Strömungen gehört die von der Grünbewegung vertretene Grenzöffnung, die Ausdehnung des Gebotes der Nächstenliebe – im Gegensatz zum Worte Christi – auf die gesamte Welt, das Interesse der Wirtschaft an immer mehr Konsumenten und Arbeitskräften und auch das Interesse der Sozialdemokratie an unterprivilegierten Menschen und damit potenziellen Wählern.

Dieses skizzierte Gegensatzpaar ist in der derzeitigen Wahlwerbungsperiode im Grunde genommen fast unverändert neuerlich sichtbar.

Jener Teil der österreichischen Bevölkerung, der für den langfristigen Erhalt des gegenwärtigen westlich-christlich-sozialistischen Kulturtyps eintritt, wird durch zwei Persönlichkeiten, nämlich durch Hofer einerseits und durch den früheren Innenminister Herbert Kickl repräsentiert. Hiebei zeigt sich, dass die Stoßrichtung der Gegenseite auf eine rational nicht erklärbare Art und Weise den letzteren zum Gegenstand hat. Unerklärlich wohl deshalb, weil Kickl wirklich klar und logisch nachvollziehbar den Weg aufzeigt, der gegangen werden muss, will man das Überleben des gegenwärtigen Kulturtyps einigermaßen sicherstellen und sozusagen retten, was angesichts bereits vorhandener gänzlich anderer Kulturelemente noch für die Zukunft bewahrt werden kann.

Der eigentliche Repräsentant des Gegenmodells ist neuerlich letztlich in der Person des Bundespräsidenten Van der Bellen gegeben. Er hat dem Vernehmen nach wesentlich zur Weichenstellung in die Richtung der Beendigung der türkis-blauen Koalition beigetragen. Hiebei hat sich die mangelnde strategische Einschätzungskapazität des damaligen Bundeskanzlers, verstärkt durch das massive Interesse aus Kreisen der alten ÖVP an weiterer Immigration, als instrumental erwiesen. Die Interessenslagen der bereits weiter oben erwähnten anderen Gruppierungen haben im Vergleich zum Präsidentenwahlkampf wohl kaum eine nennenswerte Änderung erfahren. Neu ist, dass es der zweiten Meta-Gruppierung gelungen ist, und zwar im Einklang mit ähnlichen, zum Teil noch stärkeren Entwicklungen etwa in Deutschland, mit einer wahren Umweltpsychose ein weiteres Hauptthema zu entwickeln.

In der öffentlichen Diskussion ist hiebei der innere Widerspruch innerhalb der links-grünen Thematik bisher nicht dargestellt worden. Steht doch in der Grün-Argumentation der Mensch als primärer Schadensfaktor bei der Umweltgefährdung im Mittelpunkt und Vordergrund. Deren Quintessenz lautet: Es gibt zu viele Menschen. Dies gilt besonders für den dicht besiedelten, eigentlich übervölkerten westeuropäischen Bereich. Dessen ungeachtet redet die Grün-Bewegung einer weiteren Zunahme dieser Übervölkerung durch eine Masseneinwanderung das Wort und verlangt im Gegenzug dazu von den einheimischen Menschen zum Teil substanzielle Einschränkungen in ihrer Lebensweise.

In dieser Sachlage zeigt sich, dass etwa der Altbundeskanzler eigentlich nicht den Gegenpol zur Position der zweiten Gruppe bildet. Bekanntlich zeigt sein bisheriges Agieren einen Wechsel zwischen verschiedenen Positionen, angefangen vom dessen früherer Kritik an der mangelnden Willkommenskultur der einheimischen Bevölkerung bis zur Übernahme von Hauptforderungen der freiheitlichen Gruppierung. Bei Beachtung dieser bisherigen unterschiedlichen Positionen des Altbundeskanzlers ist nicht ganz auszuschließen, dass ähnliche Entwicklungen möglicherweise bis hin zu einer Kehrtwendung gegenüber den gegenwärtigen Positionen durchaus denkbar sind – siehe die Art und Weise der Ablehnung des früheren Innenministers – sofern sich ein Opportunitätsgrund hiefür ergibt.

Dr. Heinrich Birnleitner ist Land-und Forstwirt in Aistersheim, Oberösterreich; er war früher österreichischer Diplomat.

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