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Zensur, die nächste Etappe

Offenbar damit es möglichst unbemerkt über die Bühne geht, hat jetzt die EU einen weiteren Schlag gegen die – theoretisch ja immer heftig herbeigesehnte – Digitalisierung ausgerechnet in den Morgenstunden des Montags der Karwoche beschlossen. Also genau dann, wenn viele Menschen in die Osterferien entschwunden sind. Noch schlimmer: Nicht weniger als sechs EU-Länder haben dagegen gestimmt, und drei weitere sich enthalten – trotzdem wurde das Ganze durchgezogen. Und am bedauerlichsten: Österreich hat dafür gestimmt, also für einen neuen Schlag gegen die Digitalisierung.

Das bedauerliche Verhalten der Republik reiht sich damit nahtlos an zwei andere österreichische Kampfaktionen gegen die Digitalisierung während der letzten Monate – bei denen das Land sogar im Alleingang handelt: Bei der Ankündigung einer Einführung der Digitalsteuer und beim Gesetzesentwurf über die Schaffung einer Internet-Klarnamenpflicht. Beide Aktionen sind als rein österreichische besonders skurril.

Daher ist es auch ziemlich aussichtslos, wenn die Regierung da noch durch teure Marketing-Strategien glaubhaft machen will, Österreich hätte eine positive und zukunftsweisende Digitalstrategie.

Auch beim nun endgültig beschlossenen EU-Urheberrecht ist eindeutig die Anti-Internet-Intention erkennbar. Alle Plattformen werden künftig gezwungen sein, sogenannte Upload-Filter zu installieren, die vorweg alles wegfiltern, also zensurieren, was irgendwie fremde Urheberrechte verletzen könnte. Worte wie Upload-Filter kommen zwar nicht direkt vor, aber ohne solche Filter sind die neuen Regelungen gar nicht einhaltbar.

Gewiss, Urheberrechtsverletzungen sind nicht akzeptabel. Genauso wenig wie es die mit ihnen eng verwandten Plagiate sind, derer in den letzten Jahren etliche deutsche und österreichische Politiker überführt worden sind. Aber Faktum bleibt, dass hier neuerlich der alten Industrie, den Verlagen der diversesten Arten, gegenüber der neuen elektronischen Welt und den sich frei im Internet bewegenden Jungen der Vorrang gegeben worden ist. Faktum bleibt vor allem, dass die Politik ständig die Internet-Welt durch Vorweg-Zensur (also Klarnamenregistrierung schon vor dem ersten Posting, Upload-Kontrolle schon vor dem ersten Hochladen) pauschal und a priori bekämpft, statt wie in der analogen Welt erst dann einzuschreiten, wenn eine Rechtsverletzung passiert sein dürfte.

Das ist traurig wie dumm.

Niemand soll noch behaupten, dass die Urheberrechts-Richtlinie nichts mit Zensur und Upload-Filtern zu tun hätte. Wenn man schon dem Konsens der Internet-Experten nicht glaubt, hätte man wenigstens stutzig werden können, wenn nicht weniger als neun EU-Staaten dieser Zensur-Richtlinie nicht zustimmen. Die machen das ja alle nicht, weil sie geistige Diebstähle gutheißen, sondern weil ihnen eben die verlangte Vorwegzensur zu weit geht.

Und weil sie sich nicht von den Musikverlagen und Medienhäusern unter Druck setzen haben lassen. Die österreichische Regierung ließ sich hingegen schon – obwohl sie weder bei den klassischen Medien noch in der Künstlerszene sonderlich viele Fans hat. Aber immerhin wird sie für dieses Stimmverhalten in den alten Medien wenigstens dieses eine Mal nicht verhöhnt und geprügelt werden. Auch schon was.

Übrigens: Der Widerstand in der EU gegen das neue Urheberrecht kam sowohl von rechten Regierungen (etwa Italien und Polen) wie auch von linken (etwa Luxemburg, Schweden und Slowenien). Es ist daher offensichtlich keine ideologische Frage gewesen. Es war viel stärker ein Konflikt Groß gegen Klein, wo – Überraschung, Überraschung – die Großen gewonnen haben, wo die großen Verlage sitzen, die für die Neuregelungen sind.

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