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Griechenland im Würgegriff der Finanzmärkte?

Es ist verständlich, dass es angesichts der Fernsehbilder aus Griechenland schwierig ist, die Finanzsituation des griechischen Staates sachlich und faktenbasiert zu beurteilen. Neben den medialen Darstellungen wird die Analyse durch Aussagen mancher Politiker und Ökonomen erschwert, deren Grundlage eher ideologische Vorurteile bilden, als eine nüchterne Betrachtung der Tatsachen.

Ziel dieser Kurzanalyse ist es daher den politischen Wertungen mittels einer längerfristigen Betrachtung der Entwicklung der Eckdaten der griechischen Finanzpolitik, eine reale Einschätzung gegenüber zu stellen, gemäß dem Motto Friedrich Schillers „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

1. Entwicklung der Staatsverschuldung

Die öffentlichen Schulden Griechenlands lagen im Jahr 1996 bei € 97,8 Mrd. und sind bis Ende 2010 auf € 328,6 Mrd. gestiegen, dies ist ein Anstieg um 236%. Im Vergleich dazu hat sich die gesamte Staatsverschuldung der Eurozone im gleichen Zeitraum um „nur“ 67,5% erhöht. In Relation zu den Staatseinnahmen ist der Schuldenstand von 265,5% auf 365,7% angestiegen, während sich diese Relation in der gesamten Eurozone von 160,1% auf 192,2% verschlechtert hat.

Während die Mitgliedsstaaten der Eurozone vor Ausbruch der Finanzkrise in der Lage waren, die relative Verschuldung bis Ende 2007 auf 149,7% zu senken, hat Griechenland diese Phase ökonomischen Aufschwungs ungenutzt verstreichen lassen: Der Schuldenstand sank bis 2007 nur unmerklich auf 263,9%. Die finanzielle Situation Griechenlands hatte sich somit schon vor Ausbruch der Finanzkrise relativ zu den anderen Mitgliedsstaaten der Eurozone deutlich verschlechtert.

Abbildung 1 Staatsverschuldung in der EU und der Eurozone in % der Staatseinnahmen 2010, Quelle: Eurostat Government Finance Statistics 1/2011; eigene Darstellung

Abbildung 2 Staatsverschuldung in der EU und der Eurozone in % der Staatseinnahmen 2007, Quelle: Eurostat Government Finance Statistics 1/2011; eigene Darstellung

2. Sind die hohen Zinsen schuld?

Die hohe Staatsverschuldung wird zwar auch von politischen Entscheidungsträgern und ökonomischen Experten akzeptiert, allerdings wird diese Erhöhung primär den „Finanzmärkten“ angelastet, die durch „Wucherzinsen“ den Griechen jede Chance auf ein Entkommen aus der „Schuldenfalle“ nehmen würden, unabhängig davon wie sehr sich Griechenland auch anstrengen würde, zu sparen. Hier wird zunächst einmal übersehen bzw. vielleicht auch nicht verstanden, dass die ausgewiesen Yields nicht die Zinsbelastung auf die bestehende Staatsschuld darstellen, sondern den Ertrag eines bereits begebenen Schuldtitels auf Basis des aktuellen Kursniveaus.

Beispiel: Eine zu EUR 100 begebene Anleihe mit einer Kuponzahlung von € 3 notiert derzeit auf einem Kursniveau von EUR 95. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass die Restlaufzeit genau ein Jahr beträgt. Der Investor bezahlt also € 95, erhält aber in einem Jahr den Tilgungsbetrag von € 100 zuzüglich der letzten Kuponzahlung in Höhe von € 3. Seine Investition hat somit einen Ertrag von 8,42% erzielt. Für den Schuldner blieb aber die Zinszahlung weiterhin auf dem ursprünglichen Zinsniveau von 3%, die Kursschwankungen sind für diesen irrelevant, er hat somit keinen „Wucherzins“ zu leisten. Dieses theoretische Beispiel lässt sich am Beispiel Griechenland auch in der Realität beobachten.

Entgegen den Behauptungen ist die absolute und relative Zinsbelastung Griechenlands in den letzten 15 Jahren deutlich gesunken. 1996 lag der effektive Durchschnittszinssatz der griechischen Staatsschuld bei 10,56%, im Jahr 2000 bei 7,13%, 2007 bei 4,46% und selbst im Jahr 2010 ist er von 4,13% (Ende 2009) auf 3,83% weiter gesunken. Gegenüber dem Durchschnitt der Eurozone, deren Werte von 7,43% auf 3,26% gesunken sind, hat sich damit das Zinsdifferential massiv von 313 Basispunkten auf 57 Basispunkte verringert.

Abbildung 3 Entwicklung der effektiven Zinsbelastung 1996 – 2010; Quelle: Eurostat; eigene Berechnungen

Entsprechend deutlich ist auch die Belastung des Staatshaushaltes durch Zinszahlungen zurückgegangen: 1996 musste Griechenland beinahe ein Viertel (23,8%) seines Budgets für die Bedienung der Zinslast aufwenden, damals waren keine Klagerufe über die „irrsinnigen“ Finanzinvestoren zu vernehmen. Bis 2007 sank diese Belastung deutlich auf 10,1% und stieg bis 2010 nur relativ schwach auf 11,1% wieder an.

Im Vergleich zur Eurozone (2010: 5,53%) ist dies zwar eine überdurchschnittliche Belastung des Haushalts, aber im langfristigen Vergleich eher gering und nicht das Resultat eines „Würgegriffs“ der Finanzmärkte, sondern der massiven Ausweitung der Staatsverschuldung in den letzten 15 Jahren.

Abbildung 4 Anteil der Zinszahlungen an den gesamten Staatsausgaben Griechenlands 1996 – 2010; Quelle: Eurostat; eigene Berechnungen

3. Zu Tode sparen, oder zu Tode konsumiert?

Da das Hauptproblem Griechenlands somit nicht die Zinszahlungen sind, sondern der Schuldenstand, muss die Ursachenbekämpfung auch dort ansetzen. Die Einnahmen müssen erhöht, aber auch die Ausgaben reduziert werden. Keynesianisch geprägte Ökonomen warnen allerdings davor, dass dieses „Rezept“ die Krise verschärfen würde, da durch geringere Ausgaben des Staates die Wirtschaftsleistung zurückgehen muss. In den mechanischen Modellen der Neoklassik und dem saldenmechanischen Denken dieser Ökonomen ist dies tatsächlich unausweichlich. Die Empirie liefert für diese Theorien aber keine hinreichende Bestätigung, und das Verständnis für echte ökonomische Zusammenhänge kann diese Überlegungen ebenfalls nicht bestätigen.

Die Keynesiansiche Sichtweise betrachtet im Wesentlichen die Einkommensverwendungsseite des BIP, die, entgegen der begrifflichen Indikation, die bestimmende Determinante der Einkommensentstehung sein würde. Konsum von Staat und privaten Haushalten führe zur Produktion. Dass dies sowohl technisch, als denklogisch unmöglich ist, lässt den überzeugten Keynesianer allerdings kalt.

Nur bereits hergestellte – also produzierte – Güter können auch konsumiert werden. Produktion muss immer vor dem Konsum geschehen, wie auch nur die Einkommensverteilung erst nach geleisteter Produktion vorgenommen wird. Das langfristige Wohlergehen einer Volkswirtschaft hängt daher von der Produktion ab. Wie sich diese dann auf die einzelnen Sektoren verteilt ist eine wesentliche wirtschaftspolitische Frage, aber eben nur eine abzuleitende. Der Wohlstand hängt von der Wertschöpfung ab, nicht vom Konsum.

Um Produktion zu ermöglichen braucht es die entsprechenden Produktionsfaktoren, Kapital und Arbeit. Kapital sind Güter, die nicht für den Konsum verwendet werden, d.h. die zukünftige Produktions- und Leistungsfähigkeit hängt vom Konsumverzicht der Gegenwart ab. Somit ist genau das Gegenteil der Keynesianischen Behauptung (oder Verwirrung) ökonomisch richtig: nur durch die Reduktion des Konsums können die Voraussetzungen für einen mittel- und langfristigen Produktions- und Wertschöpfungsanstieg geschaffen werden.

Die griechische Entwicklung der letzten Jahre bestätigt diese grundsätzlichen Einsichten des ökonomischen Denkens: Die griechischen Staatsausgaben (ohne Zinszahlungen) sind zwischen 1996 und 2007 um 206,6% gewachsen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 8,82% entspricht. Das nominelle Wirtschaftswachstum Griechenlands lag im gleichen Zeitraum allerdings bei nur 6,06%, d.h. Jahr für Jahr sind die Ausgaben durchschnittlich um 2,76%-Punkte stärker gestiegen als die Wirtschaftsleistung. Der Keynesianische Irrtum wurde also wieder einmal offenbart: Griechenland hat sich in den letzten 15 Jahren nicht zu Tode gespart, sondern – wenn man schon das Wort gebrauchen will – zu Tode konsumiert.

4. Der Sozialstaat als Retter?

Die Keynesianer und andere Neo-Sozialisten behaupten auch immer wieder gerne, dass der Ausbau des Sozialstaates ein wesentliches Element zur Minderung oder gar Verhinderung von wirtschaftlichen Krisen wäre. Der Staatsekretär im Finanzministerium, Andreas Schieder, hat wörtlich behauptet: „Es war der Sozialstaat, der verhindert hat, dass aus der ökonomischen eine tiefe soziale Krise wurde.“ Zumindest für den Fall Griechenland ist auch hier nur der Wunsch der Vater des Gedankens.

Die Realität zeigt genau eine gegenteilige Entwicklung. Die griechischen Staatseinnahmen sind zwischen 1996 und 2010 um durchschnittlich 5,95% jährich gewachsen, und damit doppelt so stark wie im Durchschnitt der Eurozone (2,91%). Anstatt diese Mehreinnahmen und die sinkende Zinsbelastung (siehe obige Ausführungen) zur Sanierung der Staatsfinanzen zu verwenden hat Griechenland vor allem die Sozialausgaben massiv ausgeweitet.

Diese sind im Beobachtungszeitraum jährlich um 8,36% gestiegen, und damit dreimal so schnell wie der Durchschnitt der Eurozone (2,79%). Während also in der Eurozone insgesamt die Dynamik der Sozialausgaben in einem ausgewogenen Verhältnis zur Einnahmenentwicklung gestanden ist, hat Griechenland hier ein jährlich negatives Wachstumsdifferential von 2,41%-Punkten ausgewiesen.

Genau umgekehrt verhält es sich mit den Investitionen des Staates: Diese sind zwar auch relativ stark gewachsen (5,51% p.a.), aber eben geringer als die Einnahmen, und deutlich schwächer als die Sozialausgaben. Für eine Volkswirtschaft, die einen Aufholprozess gegenüber den einkommensstärkeren Ländern der Eurozone durchlaufen sollte, ist dies eine nicht adäquate Ausgabenstruktur des öffentlichen Sektors.

Im Falle Griechenlands kann also zu Recht behauptet werden, dass der Ausbau des Sozialstaates die Krise nicht nur nicht verhindert hat, sondern im Gegenteil sogar einen wesentlichen Beitrag zu dessen Entstehung geleistet hat.

Dies soll allerdings nicht als verallgemeinerndes Urteil missverstanden werden. Der Ausbau von Sozialleistungen ist allerdings immer im Verhältnis der Leistungsfähigkeit des Staatswesens zu bewerten. Aber sowohl das Wirtschaftswachstum (4,94% p.a.), als auch das Wachstum der Staatseinnahmen (5,95% p.a.) machen eine derartige Ausweitung der Sozialleistungen auf Dauer nicht trag- und finanzierbar. Daher ist es ein richtiger und notwendiger Schritt auch die Reduktion der Staatsausgaben in den vor der Krise zu stark ausgeweiteten Bereichen vorzunehmen.

 

Abbildung 5 Durchschnittliche jährliche Änderungsraten Griechenlands 1996 – 2010; Quelle: Eurostat; eigene Berechnungen

5. Der Angriff der Rating-Agenturen und/oder Spekulanten?

Auch wenn die Analyse der Fundamentaldaten der griechischen Staatsfinanzen hinreichende Belege für die wirklichen Ursachen der Krise Griechenlands geben sollte, bleiben immer noch die Vorwürfe gegen die Finanzmärkte, in diesem Fall die Rating-Agenturen und die „Spekulanten“ aufrecht.

Betrachten wir die erste Gruppe. Natürlich ist es richtig, dass das Rating die Preisbildung beeinflusst, denn schließlich ist die Einschätzung des Risikos eines Zahlungsausfalls entscheidend für die Frage des Wertes einer Staatsanleihe. Ein Rating stellt daher eine wesentliche Information und Entscheidungshilfe für Investoren dar. Die Politik sieht daher die Tätigkeit der Rating-Agenturen auch nicht grundsätzlich problematisch, aber nur, solange die Bewertungen gut sind.

Auch in der aktuellen Situation wird nicht kritisiert, dass Länder wie Deutschland, Österreich oder die Niederlande die höchste Bonitätsstufe (AAA) aufzuweisen haben. Kritisiert werden nur die schlechten Ratings für Portugal, Griechenland und Irland. Wenn aber die Rating-Agenturen in diesen Fällen falsch liegen sollen, dann müsste dies doch auf generelle Fehler oder Fehlannahmen ihrer Modelle zurück zu führen sein, d.h. auch die guten Ratings wären dann nicht korrekt. Die Inkonsistenz dieser politischen Aussagen fällt der Öffentlichkeit aber seltsamerweise nicht auf.

Aber auch im zeitlichen Ablauf von Hilfsmaßnahmen, Ratings und Kursentwicklung stimmen politische Wertungen und tatsächliche Abläufe nicht überein. Weil Griechenland sich nicht mehr ausreichend oder zu passenden Konditionen auf den Märkten refinanzieren konnte, wurden die ersten Hilfsmaßnahmen der Euroländer und des IWF am 12. April 2010 beschlossen. Da Griechenland aber davon abhängig ist, durch die Aufnahme neuer Schulden die bestehenden und auslaufenden Staatsanleihen zu refinanzieren, war es spätestens durch den Beschluss dieses Pakets ersichtlich, dass die Bedienung der bestehenden Schulden unsicherer geworden ist.

Die Rückstufung durch S&P am 27. April 2010 um drei Bonitätsstufen auf BB+ war daher nur eine Anpassung an die reale Situation.

Auch in der Phase danach waren nicht die Rating-Agenturen die Auslöser für Refinanzierungsprobleme des griechischen Staates: Bis zur nächsten Rückstufung am 29. März 2011 verging beinahe ein Jahr, in dem die Kurse der zehnjährigen Staatsanleihen um 25,1% gefallen sind. Seit damals wurde das Rating um sechs (!) weitere Stufen auf CCC gesenkt, die Kurse sind aber „nur“ noch um 14,3% zurückgegangen. Und seit der letzten Absenkung am 14. Juni 2011 haben sich die Kurse sogar um 6,2% (4. Juli 2011) erhöht.

Die Aussagen eines britischen Bankers scheinen sich also empirisch bestätigen zu lassen: “Die Ratingagenturen machen eine Aufholjagd, um zum Markt aufzuschließen. Der Markt preist eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit ein, dass es in Griechenland zu einem Ausfall kommt. Die Ratingagenturen liefern jetzt ihre negativen Einschätzungen nach, die der Markt schon längst eingepreist hat – und nicht umgekehrt.”

Abbildung 6 Entwicklung der Durchschnittskurse 10-jähriger griechischer Staatsanleihen in der Zeitspanne zwischen zwei Rating-Rückstufungen durch S&P; Quelle: Bank of Greece, eigene Darstellung

Bleiben die „Spekulanten“. Das sind in politischer Auffassung jene nebulosen Personen, die auf den Kursverfall wetten bzw. die Kursverluste ausnützen würden. Es ist natürlich schwer zu beweisen, dass diese Behauptung stimmt, aber genauso schwierig ist es diese Behauptung zu widerlegen. Aber gewichtige Argumente sprechen gegen diese These.

Im Allgemeinen wird ein Anstieg der Spekulation durch eine Zunahme der Handelsaktivität vermutet. Für griechische Anleihen ist aber eine vollkommen gegenläufige Entwicklung zu beobachten. Die Anzahl der Transaktionen mit griechischen Staatsanleihen lag im Juni 2011 bei 15.971. Gegenüber dem Höchststand im März 2010, also noch vor der ersten großen Rückstufung im April 2010, bedeutet dies einen Rückgang um mehr als zwei Drittel (-67,6%).

Dies ist aber kein einmaliges Phänomen, sondern ein bereits seit Jahren anhaltender Trend. 2010 lag die durchschnittliche Anzahl der monatlichen Transaktionen um 8% unter dem Niveau des Jahres 2009. Im ersten Halbjahr 2011 war die Anzahl der Transaktionen um 43% niedriger als 2010, und um 48% geringer als 2009. Die höchsten durchschnittlichen Transaktionen mit griechischen Anleihen gab es im Jahr 2007, also noch deutlich bevor die griechische Finanzkrise offenbart wurde.

 

Abbildung 7 Anzahl der monatlichen Transaktionen griechischer Staatsanleihen Jänner 2010 bis Juni 2011; Quelle: Bank of Greece; eigene Darstellung

6. Fazit

Die gegenwärtige Situation der griechischen öffentlichen Finanzen ist primär die Folge einer exzessiven Ausgabenpolitik des griechischen Staates. Die Staatsausgaben, insbesondere in den Bereichen Sozialtransfers und Personalaufwand im öffentlichen Sektor, sind in den letzten fünfzehn Jahren deutlich stärker als die Wirtschaftsleistung und die Staatseinnahmen gestiegen.

Entsprechend hat sich auch der Schuldenstand deutlich stärker erhöht als die Wirtschaftsleistung und ist somit bis Ende 2010 auf 365% der Staatseinnahmen gestiegen, und weist damit mit Abstand den höchsten Wert der Mitgliedsländer der Eurozone auf. Die Finanzmärkte sind für diese Entwicklung nicht kausal verantwortlich. Die Zinsbelastung des Haushalts ist bis 2009 kontinuierlich gesunken, vor allem auf Grund einer stetig fallenden effektiven Zinsbelastung, die sich auch noch im Jahr 2010 fortgesetzt hat.

Die Rückstufungen durch die Rating-Agenturen waren Reaktionen auf die Marktentwicklungen, und nicht deren Auslöser. Die behauptete Spekulation „gegen“ Griechenland ist aus der Entwicklung der Handelsaktivitäten mit griechischen Anleihen nicht beobachtbar. Ausflüchte und Ausreden werden Griechenland nicht helfen und schon gar nicht retten. An strukturellen, nachhaltigen und fundamentalen Änderungen der Finanzpolitik des griechischen Staates führt somit kein Weg vorbei.

Griechenland ist somit auch ein mahnendes Beispiel für andere Staaten der EU bzw. der Eurozone: Ein dauerhaftes Ausgabenwachstum ist ohne entsprechendes Wachstum der Produktion und Wertschöpfung nicht möglich. Auch eine noch höhere Umverteilung durch Ausweitung der Abgabenquote kann diesen Grundzusammenhang nicht auflösen. Griechenland hat(te) kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem, wie praktisch alle „modernen“ Industrienationen. Wer sich dieser Realität nicht annimmt oder sie sogar verleugnet hat für zukünftige Eskalationen wie in Griechenland die Verantwortung zu tragen.

Mag. Markus Fichtinger ist Mitarbeiter des Bereichs Finanzpolitik & Recht der Industriellenvereinigung

Disclaimer: Die Ausführungen des Artikels geben die persönliche Meinung und die Ansichten des Autors wieder und entsprechen nicht zwingend der Position seines Arbeitsgebers.

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